Theologie ALS Biographie Im Ezechielbuch: Ein Beitrag Zur Konzeption Alttestamentlicher Prophetie 316147869X, 9783161578175, 9783161478697

English summary: Karin Schopflin regards the Book of Ezekiel as a literary composition providing a prophet's fictit

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Die Sicht der alttestamentlichen Prophetie – ein Problemaufriß
1.1 Die Frage der Genese eines Prophetenbuches
1.2 Die Frage des Prophetenbildes
1.3 Ansatz der Untersuchung
2. Thematisierung von Prophetie: Ez 21 als Beispiel sprachlich-stilistischer und kompositorischer Besonderheiten im Ezechielbuch
2.1 Wort und Wirkung (21,1–12)
2.1.1 Ein Gerichtswort und die prophetische Reaktion (21,1–5)
2.1.2 Gottes Antwort auf Ezechiels Klage: Eine Neuformulierung des Gerichtswortes (21,6–10)
2.1.3 Der Prophet als Bekräftigungszeichen der Gerichtsbotschaft (21,11f.)
2.2 Worte vom Schwert (21,13–37)
2.2.1 Ein Gedicht vom Schwert (21,13–22)
2.2.2 Wegweiser und Schwertgericht (21,23–37)
2.2.2.1 Der Wegweiser für Babels Schwert gegen Jerusalem (21,23–32)
2.2.2.2 Schwert und Feuer über Ammon (21,33–37)
2.3 Das Schwertmotiv im Ezechielbuch
2.4 Zusammenfassende Beobachtungen
3. Prophetische Sprachsignale: Die wiederkehrenden Wendungen
3.1 Einleitende feste Wendungen
3.1.1 Die Wendung „es erging das Wort YHWHS an mich“ (wayehî debar YHWH ’elay le’mor)
3.1.2 Die Wendungen „es kam über mich die Hand YHWHS“ (wattehî/hāyetāh ‘ālāy yad-YHWH) sowie „und er sprach zu mir“ (wayyo’mœr ’elay)
3.1.3 Die Anrede „Mensch“ (bœn-’ādām)
3.1.4 Weitere Einleitungsmuster
3.1.4.1 Imperativische Formulierungen
3.1.4.1.1 „Prophezeie“ (hinnābe’) und „Richte dein Angesicht gegen ...“ (śîm pānœ̂kā ’œl/‘al)
3.1.4.1.2 Literarische Gattungsbezeichnungen
3.1.4.1.3 Sonstiges
3.1.4.2 Indikativische Formulierungen
3.1.5 Der Höraufruf
3.1.6 „So hat der HERR YHWH gesprochen“ (koh ’āmar ’adonāy YHWH)
3.1.7 Resümee
3.2 Abschließende feste Wendungen
3.2.1 „Spruch YHWHS“ (ne’um YHWH)
3.2.2 „Ich habe [es] gesagt“ (’anî dibbartî)
3.2.3 „Sie werden/ihr werdet erkennen, daß ich YHWH bin“ (weyāde‘û /wîda‘tœm kî ’anî YHWH)
3.3 Resümee im Blick auf die wiederkehrenden Wendungen
4. Das prophetische Programm: Ez 1–7
4.1 Die programmatische Eingangs- und Indienstnahmevision (1,3b–3,15.24b–27)
4.1.1 Die Gottesvision (1,3b/4–28a)
4.1.2 Die Indienstnahme (1,28b–3,11)
4.1.3 Das sogenannte Verstummungsmotiv (3,24b–27)
4.1.4 Die Gattung „Berufungsbericht“ und Ezechiels programmatische Indienstnahme
4.1.5 Das Wächtermotiv (3,16b–21/33,[1–6.] 7–9)
4.2 Der programmatische Zeichenhandlungszyklus (Ez 4f.)
4.2.1 Der Text und seine Interpretation
4.2.2 Zur Gattung „prophetische Zeichenhandlung“
4.2.3 Ez 12,1–20 – zwei weitere Zeichenhandlungen zum Vergleich
4.3 Programmatische Wortverkündigung: Ez 6 und 7
4.3.1 Gerichtsankündigung wegen der Verletzung des 1. Gebotes (Ez 6)
4.3.2 Das sichere und bittere Ende kommt (Ez 7)
5. Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21–14,11
5.1 Die Zuverlässigkeit des prophetischen Wortes (12,21–28)
5.2 Propheten und Prophetinnen (Ez 13)
5.2.1 Propheten (13,2–16)
5.2.1.1 „Sie schauen Täuschung und weissagen Lüge“ (13,2–9)
5.2.1.2 „Sie bewerfen die Wand mit Putz“ (13,10–16)
5.2.1.3 Die sogenannte „Falschprophetie“
5.2.2 „Prophetinnen“ üben magische Praktiken (13,17–23)
5.3 Zum Propheten kommen und Gott befragen (14,1–11)
6. (Auto)Biographische Notizen in Ez 24 und 33
6.1 „Schreib dir diesen Tag auf ...“ (Ez 24,1f.)
6.2 Der Tod der Frau und Ezechiels Nicht-Trauern (Ez 24,15–24)
6.3 Die Nachricht vom Fall Jerusalems und das Lösen der Stummheit (Ez 24,25–27 und 33,21.22)
7. Schlußbetrachtung: Ezechiels prophetische (Auto)Biographie als Theologie
Literaturverzeichnis
Stellenregister
Sachregister
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Theologie ALS Biographie Im Ezechielbuch: Ein Beitrag Zur Konzeption Alttestamentlicher Prophetie
 316147869X, 9783161578175, 9783161478697

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Forschungen zum Alten Testament Herausgegeben von Bernd Janowski und Hermann Spieckermann

36

Karin Schöpflin

Theologie als Biographie im Ezechielbuch Ein Beitrag zur Konzeption alttestamentlicher Prophetie

Mohr Siebeck

Karin Schöpflin, geboren 1956; Studium der Anglistik, Klassischen Philologie, Romanistik, Erziehungswissenschaft; 1988 Promotion im Fach Anglistik; 1988-1995 Studium der Evangelischen Theologie; 1996-2002 Wissenschaftliche Assistentin an der Universität Hamburg; 2001 Habilitation; ab 2002 Lehrstuhlvertretung an der Georg-August-Universität Göttingen.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen, gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. ISBN 3-16-147869-X ISSN 0940-4155 (Forschungen zum Alten Testament) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

978-3-16-157817-5 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 © 2002 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Times new roman belichtet, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden.

Vorwort Die vorliegende Monographie wurde im Wintersemester 2001/2002 von der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Habilitationsschrift angenommen. Für den Druck habe ich lediglich einige noch verbliebene Druckfehler korrigiert. Ergänzungen von Sekundärliteratur waren verzichtbar, da seit der Abgabe der Arbeit im Sommer 2001 bis zur Drucklegung keine für die Fragestellung dieses Buches relevanten Beiträge veröffentlicht wurden. Mein Dank gilt zunächst Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spieckermann, der die Entstehung der Arbeit begleitet hat und ein wertvoller Gesprächspartner war. Für die Gutachten im Rahmen des Habilitationsverfahrens danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spieckermann, Herrn Prof. Dr. Reinhard Gregor Kratz und Herrn Prof. Dr. Erik Aurelius. Der Göttinger Theologischen Fakultät bin ich für das zügige Verfahren dankbar. Weiteren Dank schulde ich Frau Prof. Dr. Ina Willi-Plein und Herrn Prof. Dr. Stefan Timm vom Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg; sie gewährten mir den nötigen Freiraum dafür, daß während meiner Assistententätigkeit in Hamburg die Arbeit an der Habilitationsschrift voranschreiten konnte. Herrn Prof. Dr. Bernd Janowski und Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spiekkermann danke ich für ihre Bereitschaft, diese Monographie in die Reihe „Forschungen zum Alten Testament" aufzunehmen. Eine letzte Danksagung gilt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die den Druck dieser Habilitationsschrift mit einem Zuschuß gefördert hat. Hamburg, im Juli 2002

Karin Schöpflin

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

1. Einleitung: Die Sicht der alttestamentlichen Prophetie - ein Problemaufriß 1.1 Die Frage der Genese eines Prophetenbuches 1.2 Die Frage des Prophetenbildes 1.3 Ansatz der Untersuchung 2. Thematisierung von Prophetie: Ez 21 als Beispiel sprachlich-stilistischer und kompositorischer Besonderheiten im Ezechielbuch

1 1 10 17

21

2.1 Wort und Wirkung (21,1-12) 2.1.1 Ein Gerichtswort und die prophetische Reaktion (21,1-5) .. 2.1.2 Gottes Antwort auf Ezechiels Klage: Eine Neuformulierung des Gerichtswortes (21,6-10) 2.1.3 Der Prophet als Bekräftigungszeichen der Gerichtsbotschaft (21,11 f.)

21 21

2.2 Worte vom Schwert (21,13-37) 2.2.1 Ein Gedicht vom Schwert (21,13-22) 2.2.2 Wegweiser und Schwertgericht (21,23-37)

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2.2.2.1 Der Wegweiser für Babels Schwert gegen Jerusalem (21,23-32) 2.2.2.2 Schwert und Feuer über Ammon (21,33-37) 2.3 Das Schwertmotiv im Ezechielbuch 2.4 Zusammenfassende Beobachtungen 3. Prophetische Sprachsignale: Die wiederkehrenden Wendungen 3.1 Einleitende feste Wendungen 3.1.1 Die Wendung „es erging das Wort YHWHS an mich" (wayehi debar YHWH 'elay le'mor)

31 34

42 48 51 53

56 57 57

VIII

Inhaltsverzeichnis

3.1.2 Die Wendungen „es kam über mich die Hand YHWHS" (watfhi/häyetäh 'äläy yad-YHWH) sowie „und er sprach z u m i r " ( w a y y o ' m o e r 'elay)

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3.1.3 Die Anrede „Mensch" (bcen-'ädäm) 3.1.4 Weitere Einleitungsmuster

72 74

3.1.4.1 Imperativische Formulierungen 3.1.4.1.1 „Prophezeie" (hinnäbe') und „Richte dein Angesicht gegen ..." (sim pänaekä 'oel/'al) 3.1.4.1.2 Literarische Gattungsbezeichnungen 3.1.4.1.3 Sonstiges 3.1.4.2 Indikativische Formulierungen 3.1.5 Der Höraufruf 3 . 1 . 6 „So hat der H E R R Y H W H gesprochen" ( k o h 'ämar '"donäy

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YHWH)

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3.1.7 Resümee 3.2 Abschließende feste Wendungen 3.2.1 „Spruch Y H W H S " («''um YHWH) 3.2.2 „Ich habe [es] gesagt" ('"nidibbarti) 3.2.3 „Sie werden/ihr werdet erkennen, daß ich YHWH bin" (weyäde'ü

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/wida'tcem

kt '"ni YHWH)

3.3 Resümee im Blick auf die wiederkehrenden Wendungen 4. Das prophetische Programm: Ez 1-7 4.1 Die programmatische Eingangs- und Indienstnahmevision (l,3b-3,15.24b-27) 4.1.1 Die Gottesvision (l,3b/4-28a) 4.1.2 Die Indienstnahme (l,28b-3,ll) 4.1.3 Das sogenannte Verstummungsmotiv (3,24b-27) 4.1.4 Die Gattung „Berufungsbericht" und Ezechiels programmatische Indienstnahme 4.1.5 Das Wächtermotiv (3,16b-21/33,[1-6.] 7-9) 4.2 Der programmatische Zeichenhandlungszyklus (Ez 4f.) 4.2.1 Der Text und seine Interpretation 4.2.2 Zur Gattung „prophetische Zeichenhandlung" 4.2.3 Ez 12,1-20 - zwei weitere Zeichenhandlungen zum Vergleich 4.3 Programmatische Wortverkündigung: Ez 6 und 7 4.3.1 Gerichtsankündigung wegen der Verletzung des 1. Gebotes (Ez 6) 4.3.2 Das sichere und bittere Ende kommt (Ez 7)

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Inhaltsverzeichnis

5. Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11 5.1 Die Zuverlässigkeit des prophetischen Wortes (12,21-28) 5.2 Propheten und Prophetinnen (Ez 13) 5.2.1 Propheten (13,2-16) 5.2.1.1 „Sie schauen Täuschung und weissagen Lüge" (13,2-9) . . . 5.2.1.2 „Sie bewerfen die Wand mit Putz" (13,10-16) 5.2.1.3 Die sogenannte „Falschprophetie" 5.2.2 „Prophetinnen" üben magische Praktiken (13,17-23) 5.3 Zum Propheten kommen und Gott befragen (14,1-11) 6. (Auto)Biographische Notizen in Ez 24 und 33 6.1 „Schreib dir diesen Tag auf..." (Ez 24,lf.) 6.2 Der Tod der Frau und Ezechiels Nicht-Trauern (Ez 24,15-24) . . . . 6.3 Die Nachricht vom Fall Jerusalems und das Lösen der Stummheit (Ez 24,25-27 und 33,21.22)

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7. Schlußbetrachtung: Ezechiels prophetische (Auto)Biographie als Theologie

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Literaturverzeichnis

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Stellenregister

379

Sachregister

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1. Die Sicht der alttestamentlichen Prophetie ein Problemaufriß Die wissenschaftliche Betrachtung des prophetischen Corpus innerhalb der hebräischen Bibel hat Problembereiche eröffnet, von denen zwei grundlegende zum Auftakt kurz in ihren wesentlichen Zügen charakterisiert seien, bevor vor diesem Hintergrund der Ansatz der Untersuchung dargestellt wird. Zum einen stellt sich die Frage, wie man sich die Entstehung eines schriftprophetischen Buches denkt; zum anderen tritt das Problem auf, welche Vorstellung man mit alttestamentlichen Propheten - nicht allein mit den sogenannten Schriftpropheten, sondern auch mit den Gestalten, die in den Geschichtsbüchern vorkommen - verbindet. Diese beiden Aspekte stehen in enger Verbindung miteinander.

1.1 Die Frage der Genese eines

Prophetenbuches

Soweit man nicht ein Prophetenbuch in seiner Gesamtheit als von der namengebenden Gestalt aufgeschrieben betrachtet, geht die nunmehr „klassisch" zu nennende Vorstellung von der Entstehung eines Prophetenbuches davon aus, daß der Prophet, unter dessen Namen das Buch überliefert wurde, einen gewissen Anteil des darin gesammelten Spruchgutes zunächst mündlich verkündigt hat. Diese Worte wurden später aufgezeichnet - teilweise vielleicht schon von dem Propheten selbst, eher aber und zum überwiegenden Teil von seinen Anhängern oder „Schülern", die die Worte des Meisters erhalten wollten. Diese Schüler macht man für die Sammlung des Spruchgutes und für dessen erste Anordnung verantwortlich sowie - soweit vorhanden - für Fremdberichte über den betreffenden Propheten. Im Laufe der Überlieferung erfolgte eine „Fortschreibung" 1 , d.h. eine überarbeitende Aktualisierung der Texte von einem veränderten historischen Standpunkt aus, die sich in Erweiterungen des vorfindlichen 1

Diesen Begriff prägte W. Z I M M E R L I im Zuge seiner Arbeiten am Ezechielbuch. Vgl. dazu besonders seinen Beitrag: Das Phänomen der „Fortschreibung" im Buche Ezechiel, in: J.A. Emerton (hrsg.), Prophecy. Essays Presented to Georg Fohrer on his 65 lh Birthday, Berlin 1980 (BZAW 150), 174-191. „Fortschreibung" bedeutet, „daß eine zunächst in sich geschlossene Texteinheit unter einem neuen Aspekt nochmals aufgenommen und weitergeführt wird." - Mit diesem Begriff vermeidet Z I M M E R L I die bis dahin geläufige negative Bewertung des Gutes, das man nicht auf den Propheten selbst zurückführen zu können meinte, als „unecht". Z I M M E R L I räumt den redaktionellen Bestandteilen demgegenüber ihr eigenes Recht ein.

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Die Sicht der alttestamentlichen

Prophetie

Gutes niederschlägt. Diese Aktualisierung wird in geringerem Maße dem betreffenden Propheten selbst zugeschrieben, überwiegend späteren Tradenten 2 , zunächst wiederum der Anhängerschaft des Propheten. Die Endgestalt, also das endgültige Arrangement des Spruch- und (soweit vorhanden) Erzählgutes sowie letzte Kommentierungen und ergänzende Aktualisierungen kann demnach also Jahrhunderte nach der angenommenen Lebenszeit des Propheten erreicht sein, insbesondere soweit man Prophetie des 8. Jh.s im Blick hat. Dies bedeutet ein schrittweises Werden und Wachsen eines schriftprophetischen Buches über einen möglicherweise sehr ausgedehnten Zeitraum. Setzt man voraus, daß prophetische Texte ursprünglich und zunächst ausschließlich zur mündlichen Verkündigung dienten, muß man sich Gedanken darüber machen, weshalb diese Aussprüche überhaupt aufgeschrieben wurden. Mehrere Gründe führt man ins Feld: „Verschriftung der Botschaft zum Zwecke ihrer unübersehbaren Bekundung. Gott will auf jeden Fall zu Wort kommen." 3 . Oder die Aufzeichnung soll „zunächst verborgener Ankläger und Schuldzeuge für den späteren Tag' /../ sein. Soll das Volk dann nicht, wenn das Unglück wirklich hereinbricht, sich mit der Ausrede herausreden: ,Wir haben es ja nicht gehört.' Im niedergeschriebenen Wort wird Gott präsent sein auch in jener späteren Stunde des Gerichtes." 4 Oder: „Wo die Propheten ihr Schreiben erläutern, da begründen sie es insbesondere mit der Ablehnung, die ihre Worte bei den gegenwärtigen Hörern erfahren haben. Die Ablehnung aber - das soll die Schriftlichkeit der Worte verdeutlichen - bedeutete nicht, daß Gottes Wort durch den Propheten unwirksam war, sondern sie bedeutete, daß das Wort neue Hörer bzw. Leser suchen mußte, bei denen es zum Ziel kommen konnte." 5 Auch die 2

Diese klassische Sicht der Genese eines Prophetenbuches vertreten etwa G. VON RAD, Theologie des Alten Testaments II: Die Theologie der prophetischen Überlieferungen Israels, München (i960) '1987; W. Z I M M E R L I , Vom Prophetenwort zum Prophetenbuch, in: ThLZ 104 (1979), 481^196; J . J E R E M I A S , Das Proprium der alttestamentlichen Prophetie, in: ThLZ 119 (1994), 483-494; K. KOCH, Die Profeten, Bd. 1, Stuttgart 3 1995,33-52; vgl. auch die Darstellung bei D.I. BLOCK, The Book of Ezekiel, Grand Rapids 1997 (NICOT), 17-20. Für das Ezechielbuch wird häufig eine entsprechende Entstehung ausgehend von einer mündlichen Verkündigung Ezechiels angenommen. Vgl. etwa: K. VON R A B E N A U , Die Entstehung des Buches Ezechiel in formgeschichtlicher Sicht, in: W Z (H).GS 5 ( 1 9 5 5 ) , 6 5 9 - 6 9 4 ( 6 8 1 ) ; W. Z I M M E R L I , Ezechiel, Neukirchen-Vluyn 2 1 9 7 9 (BK X I I I / 1 / 2 ) , 1 0 4 * - 1 1 4 * ; H . F . F U H S , Ezechiel 1 - 2 4 , Würzburg 1 9 8 6 (NEB 7 ) , 5 ; J . B L E N K I N S O P P , Ezekiel, Louisville 1 9 9 0 , 1 - 3 . 3 Z I M M E R L I , Prophetenwort, 4 8 4 . 4 Ebda. 5 J E R E M I A S , Proprium, 489, im Anschluß an C. H A R D M E I E R , Verkündigung und Schrift bei Jesaja. Zur Entstehung der Schriftprophetie als Oppositionsliteratur im alten Israel, in: ThGl 73 (1983), 119-134. „Die Wiege der Schriftprophetie als Literatur ist in der Opposition zu suchen, in die diese Propheten durch ihre gegenwartskritische Verkündigung angesichts einer unheilvollen innen- und außenpolitischen Praxis der zeitgenössischen Machthaber in Israel geraten sind." (HARDMEIER, Verkündigung, 120). „Nicht die Nicht-Erfüllung des Angekündigten, sondern die ausgebliebene Wirkung bei den Angesprochenen wäre dann /.../ als Hauptursache für die schriftliche Aufzeichnung der prophetischen Verkündigung in Anschlag zu bringen;" (ebda.). - Vgl. dagegen R.G. KRATZ, Die Redaktion der Prophetenbücher, in: ders./T. Krüger

Die Frage der Genese eines

Prophetenbuches

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Ü b e r p r ü f b a r k e i t p r o p h e t i s c h e r A n s a g e n wird in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g g e n a n n t : „ W e n n d i e B e s t ä t i g u n g d e s p r o p h e t i s c h e n W o r t e s i m m e r erst ex

eventu

e r f o l g e n k a n n , führt d i e s z u s e i n e r V e r s c h r i f t l i c h u n g . D a s W o r t m u ß für d e n A u g e n b l i c k d e r E r f ü l l u n g u n d für d i e Z e i t d a n a c h a u f g e h o b e n w e r d e n . " 6 M a n w i r d d i e g e n a n n t e n M o t i v e für e i n e A u f z e i c h n u n g p r o p h e t i s c h e r B o t schaft keinesfalls verallgemeinern dürfen, sondern wird diese Frage e b e n s o wie d i e d e r j e w e i l i g e n G e n e s e i m E i n z e l n e n für j e d e s B u c h n e u b e a n t w o r t e n m ü s sen. D a b e i darf a b e r a u c h d i e M ö g l i c h k e i t nicht a u ß e r A c h t b l e i b e n , d a ß e i n P r o p h e t e n b u c h v o n v o r n h e r e i n in literarischer A b s i c h t g e s c h a f f e n w o r d e n s e i n k a n n , u m e i n e t h e o l o g i s c h e A u s s a g e zur G e l t u n g z u b r i n g e n . F ü r d i e E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e d e s E z e c h i e l b u c h e s gibt e s in d e r g e g e n w ä r t i gen E x e g e s e im Wesentlichen folgende Sichtweisen7: Z w e i Positionen sehen d e n T e x t i m W e s e n t l i c h e n als „ e i n h e i t l i c h " an, n ä m l i c h e i n e r s e i t s d i e „holistis c h e " I n t e r p r e t a t i o n r e p r ä s e n t i e r t d u r c h M o s h e G r e e n b e r g , d e r in s e i n e m K o m mentar8 die Endgestalt des B u c h e s betrachtet, und andererseits die B e h a n d l u n g d e s T e x t e s als e i n e s p s e u d e p i g r a p h e n W e r k e s d u r c h J o a c h i m B e c k e r 9 . D i e s e n (hrsg.), Rezeption und Auslegung im Alten Testament und in seinem Umfeld, Fribourg/Göttingen 1997 ( O B O 153), 9-27 (18£). 6 M. W E I P P E R T , Aspekte israelitischer Prophetie im Lichte verwandter Erscheinungen des Alten Orients, in: G. Mauer/U. Magen (hrsg.), Ad bene et fideliter seminandum. FS K.H. Deller, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1988 (AOAT 220), 287-319 (317). Ähnlich A. M I L L A R D , La Prophétie et l'écriture: Israël, Aram, Assyrie, in: R H R 202 (1985), 125-144. Vgl. ferner die Darlegung von Gründen für eine Verschriftlichung bei O.H. STECK, Die Prophetenbücher und ihr theologisches Zeugnis, Tübingen 1996, 146-157. 7 Vgl. dazu auch die Ausführungen von J. B E C K E R , E Z 8-11 als einheitliche Komposition in einem pseudepigraphischen Ezechielbuch, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuven 1986 (BEThL 74), 136-150 (137f.), und F.L. H O S S F E L D , Die Tempelvision Ez 8-11 im Licht unterschiedlicher methodischer Zugänge, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel, 151-165 ( 151 f.) sowie T.A. RUDNIG, Heilig und Profan. Redaktionskritische Studien zu Ez 40-48, Berlin 2000 (BZAW 287), 8-28. 8 Ezekiel 1-20, Garden City, N.Y. 1983 (AncB 22), und Ezekiel 21-37, Garden City, New York 1997 (AncB 22A). 9 Erwägungen zur ezechielischen Frage, in: L. Ruppert, P. Weimar, E. Zenger (hrsg.), Künder des Wortes. Beiträge zur Theologie der Propheten, Würzburg 1982 (FS J. Schreiner), 137149. Für die pseudepigraphe Auffassung hat er einen gewissen Vorläufer in dem 1930 erschienenen Buch von C.C. TORREY, Pseudo-Ezekiel and the Original Prophecy, (and critical articles by S. Spiegel and C.C. Torrey, prolegomenon by M. Greenberg, reissued New York 1970). G. H Ö L S C H E R , Hesekiel, Gießen 1924 (BZAW 39), 40, betrachtet die Bearbeitung der Worte des Dichters Hesekiel durch einen Redaktor als so weitgehend, daß sie durchaus pseudepigraphen Charakter trage. - Wenn N. MESSEL, Ezechielfragen (SNVAO H F 1), Oslo 1945, Ezechiel um 400, den Redaktor um 350 v. Chr. datiert, steht er der pseudepigraphen Lösung ebenso nahe wie A. VAN D E N B O R N (1954), der das Buch als pseudepigraphe Autobiographie eines belesenen Verfassers aus der Zeit Esras und Nehemias betrachtet. T . K R Ü G E R , Geschichtskonzepte im Ezechielbuch, Berlin 1 9 8 9 (BZAW 1 8 0 ) , 4 6 4 - 4 7 1 , entwirft eine Genese des Buches, die mit Ezechiel selbst beginnt; zeitnah zu diesem habe eine Redaktion das „ältere Ezechielbuch" geschaffen, indem sie kleinere Sammlungen nach einem zweigliedrigen Schema arrangierte; in der Makkabäerzeit habe dann eine Überarbeitung stattgefunden, die dem Buch den Stempel der Apokalyptik aufdrückte.

4

Die Sicht der alttestamentlichen

Prophetie

Ansätzen steht die klassische literarkritische Analyse gegenüber, die Walther Zimmerli in seinem Kommentar 1 0 in gemäßigter Form repräsentiert 11 ; dort exemplifiziert er das Konzept einer „Fortschreibung", d.h. die Annahme einer Grundschicht, die mehrere Erweiterungen erfahren hat; die einzelnen Schichten scheidet Zimmerli durch eine Kombination aus literar- und formkritischer Methode voneinander. Die Grundschicht wird mit dem Propheten, dem die Überschrift das Buch zuweist, selbst in Verbindung gebracht, sei es, daß in ihr seine ipsissima vox erscheint, der Ezechiel selbst auch bereits schriftliche Gestalt gegeben hat, sei es, daß erst eine postulierte Anhängerschaft für den Vorgang des Sammeins und Verschriftens verantwortlich zeichnet. Spätere haben den Text dann glossierend, erweiternd und bearbeitend weiter überliefert. Nach Zimmeriis Kommentar sind weitere Untersuchungen entstanden, die zum Teil eine Vielzahl von Schichten im Ezechielbuch ausmachten 12 und eine ipsissima vox Ezechiels nur noch an wenigen Stellen erkennen 13 . Je nach dem, wie viele Schichten literarkritisch ermittelt werden und welchen Umfang sie besitzen, fällt der Ezechiel zugewiesene Anteil am Buch also größer oder kleiner 14 aus. Doch gehen die literarkritisch operierenden Untersuchungen dennoch überwiegend davon aus, daß die autobiographische Gestaltung des Buches historisch-authentisches Erleben und Reden einer Person namens Ezechiel widerspiegelt. Dem steht die These Beckers gegenüber, der das Buch als pseudepigraphe Schrift sieht 15 und die autobiographische Gestaltung somit als literarische Fiktion beurteilt, die für ihn die Nähe des Buches zur apokalyptischen Literatur unterstreicht 16 . Generell gelten vor allem die in 1. Pers. Sg., also im Selbstbericht, gehaltenen Passagen prophetischer Bücher - vornehmlich die Visionsberichte - als authentische Zeugnisse, für die die prophetische Gestalt selbst verantwortlich zeich-

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Ezechiel, Neukirchen-Vluyn 21979 (BK XIII/1/2). L.C. ALLEN, Ezekiel 20-48, Dallas 1990 (WBC 29), xixf., sieht sich in einer Mittelposition zwischen holistischer Auslegung und dem Vorgehen ZIMMERLIS. 12 Vgl. etwa J. GARSCHA, Studien zum Ezechielbuch. Eine redaktionskritische Untersuchung von 1-39, Frankfurt/ M. 1974; F.-L. HOSSFELD, Untersuchungen zu Komposition und Theologie des Ezechielbuches, Würzburg 1977 (fzb 20); K.-F. POHLMANN, Ezechielstudien, Berlin 1992 (BZAW 180). 13 Extrem: GARSCHA, Studien, der sich praktisch auch auf eine pseudepigraphe Lösung zu bewegt. 14 RUDNIG, Heilig, 8-23, unterscheidet deshalb das „konservative" vom kritischen Modell. 15 „Im Falle des Ezechielbuches dürfte der redaktionelle Gestaltungsdrang den Grenzwert der totalen Redaktionalität und damit der reinen Pseudepigraphie errreichen". Es handelt sich also um ein „Prophetenbuch aus der Retorte" (Historischer Prophetismus und biblisches Prophetenbild, in: J. Zmijewski [hrsg.]. Die alttestamentliche Botschaft als Wegweisung, Stuttgart 1990 [FS H. Reinelt], 11-23 [19]). 16 U. FEIST, Ezechiel, Stuttgart 1995 (BWANT 138), 219.223, vermerkt zu Recht das Problem, daß Ezechiel sich nicht als auch außerhalb des Buches bekannte historische Gestalt nachweisen lasse. 11

Die Frage der Genese eines

Prophetenbuches

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net 17 . Nicht zuletzt diese als authentische Selbstberichte betrachteten Anteile schriftprophetischer Bücher gaben Anlaß dazu, eine Biographie des betreffenden Propheten aus seinem Buch heraus zu rekonstruieren. In der Neuzeit gehörten dazu auch die Bemühungen, das Wirken des Propheten in einen historischen Kontext einzuordnen und - vor allem für die drei großen Schriftpropheten - Wirkungsperioden zu ermitteln 18 . In diesem Zusammenhang tritt auch die Diskussion darüber auf, wie Unheilsansagen und Heilsverheißungen einzuschätzen sind, ob einige Propheten nur Gericht angedroht haben, die Heilspassagen in ihren Büchern also durchweg als Erweiterungen zu gelten haben19. Bereits frühe Rezipienten nahmen schriftprophetische Bücher biographisch wahr und malten diese Biographien der atl. Propheten weiter aus. Dies fand seinen Niederschlag in legendenhaften Geschichten 20 . Die Auffassung, daß diese Bücher das Leben und die besonderen Erfahrungen genialer Ausnahmegestalten dokumentieren, findet sich noch im 20. Jh. sehr ausgeprägt 21 . Mögen einige Prophetenbücher vielleicht tatsächlich Spuren „echter" Lebensgeschichten enthalten 22 - deren Anteile dürften in den einzelnen Schriften jedenfalls in recht unterschiedlichem Ausmaß vorhanden sein. Als besonders hoch schätzt man den Anteil im Jeremiabuch ein, wo Passagen wie die sogen. „Konfessionen" sogar einen Einblick in das innere Empfinden Jeremias zu gewähren scheinen. Zu bedenken bleibt auch, daß das Ich des Propheten neben das göttliche Ich im Spruchgut tritt, in dem die Person des übermittelnden Propheten faktisch nicht vorkommt 23 .

17 Vgl. etwa W.H. S C H M I D T , Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches, in: ZAW 77 (1965), 168-193 (171): „Jedenfalls gehört A m 1,1 als Erwort einem fortgeschritteneren Stadium in der Sammlung von Amosworten und nicht dem ältesten Überlieferungskern an, der sich wie bei anderen Prophetenbüchern um die Ichworte gebildet haben wird." In der Anm. verweist er auf Jes 6,1-9,6 „oder Jer 1, wahrscheinlich die Einleitung zu der Jer 36 erwähnten ,Urrolle"'. 18 Vgl. etwa die Darstellungen bei VON RAD, Theologie II; K. KOCH, Profeten, I/II. 19 Vgl. dazu R.P. C A R R O L I . , When Prophecy Failed, London 1979, 16-21. R.E. C L E M E N T S , Patterns in the Prophetic Canon, in: G.W. Coats/B.O. Long, Canon and Authority, Philadelphia 1977,42-55, erneut in: ders., From Oracles to Canon, Louisville 1996,191-202. 20 Vgl. dazu etwa Studien zu den frühjüdischen Prophetenlegenden. Vita prophetarum Bd. I. Viten der großen Propheten Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Daniel. Einleitung, Übersetzung und Kommentar von A.M. S C H W E M E R , Tübingen 1995. Zur Ezechiel-Vita vgl. 238-295. 21 Vgl. etwa P. VOLZ, Prophetengestalten des Alten Testaments. Sendung und Botschaft der alttestamentlichen Gotteszeugen, Stuttgart 1938. 22 K, B A L T Z E R , Die Biographie der Propheten, Neukirchen-Vluyn 1975, geht bei seiner Betrachtung von der Gattung der Biographie in der Antike aus, die das öffentliche Leben einer Person darstellt und dabei dieselbe auch idealisiert. „Das heißt nicht, daß alles Dargestellte Fiktion sein muß, es ist sicher historisches Material verarbeitet, aber es ist stilisiert, auf das Amt, wie es sein soll, ausgerichtet." (69). Bei den prophetischen Biographien konzentriert er sich auf die Einsetzungsberichte, die den Amtsträger legitimieren sollten. 23 Nicht einmal bei einer Auseinandersetzung zwischen einem Propheten und seinen Spot-

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Die Sicht der alttestamentlichen

Prophetie

Demgegenüber gibt es anerkannte Beispiele fiktiver Selbstberichte aus jüngeren Schriften des hebräischen Kanons. Die Visionsschilderungen im zweiten Teil (Kap. 7-12) des Danielbuches, das als eines der jüngsten, wenn nicht als das jüngste Buch des AT gilt, sind - der „Gattung" „Visionsbericht" gemäß - als IchErzählungen gestaltet. Das Ich wird ausdrücklich mit dem Daniel der in Kap. 1-6 vorfindlichen Legenden identifiziert (7,2; 8,1; 9,2; 10,2). Da die in apokalyptischen Bildern gehaltenen Visionen auch auf politische Gegebenheiten der Zeit des Hasmonäeraufstandes verweisen, ist deutlich, daß die Zuweisung der Visionsschilderungen an Daniel, der zu den mit der Zweiten Deportation nach Babylon gelangten Exilierten gehört (Dan 1,1-6), fiktiv sein muß. Am Beginn des Buches Kohelet findet sich eine Selbstvorstellung des Verfassers (1,12), die zunächst seine Bemühungen um die Weisheit schildert (1,13-2,3) und schließlich auch einen Katalog von Elementen königlichen Luxuslebens bietet (2,4-9 24 ). Die „Königsfiktion" 25 führte zu einer Identifizierung des Predigers mit Salomo (impliziert in 1,126). Die Aussage „ich war König über Israel [d.h. über beide Reiche] zu Jerusalem" (1,12), die Charakterisierung als ein alle übertreffender Weiser (1,16) und die Beschreibung des königlichen Reichtums (2,4-9) legten diese Gleichsetzung nahe 27 . So konnte die Tradition Salomo als den Verfasser des Buches betrachten. Daß er tatsächlich nicht der Autor dieses mit Sicherheit erst in nachexilischer Zeit 28 entstandenen Werkes ist, ist in der Forschung allgemein akzeptiert 29 . Es ist also auch in alttestamentlichem Schrifttum mit autobiographischen Fiktionen zu rechnen. Man wird im Falle des Ezechielbuches deshalb zunächst von dem Anspruch Abstand zu nehmen haben, den Verfasser mit dem Ich des Selbstberichtes gleichzusetzen und ihn folglich mit Ezechiel zu identifizieren. Denn man wird antiker Literatur keine Naivität in dem Sinne unterstellen dürtern erscheint der betroffene Prophet als Ich in dem Spruch (vgl. Jes 28). Eine seltene Ausnahme findet sich Mi 3,8. 24 „Dabei verbietet es sich, die Details des Abschnittes, die den königlichen Prunk beschreiben, als Abbildungen israelitischer Wirklichkeit aufzufassen. In Wahrheit widerspiegeln sich darin sagenhafte Vorstellungen, die während der nachexilischen Zeit ohne eigenen jerusalemischen König in der Volksphantasie über Macht und Glanz des orientalischen Souveräns auflebten." (A. LAUHA, Kohelet, Neukirchen-Vluyn 1978 [BK XIX], 44). 25

V g l . LAUHA, B K , 4 2 .

26

Diese Überschrift wurde sekundär vorangestellt, eben um den Verfasser „in die Nähe des Urtyps aller Weisen Israels, des Königs Salomo, zu rücken, wenn nicht vorsichtig mit ihm gleichzusetzen." (N. LOHFINK, Kohelet, Würzburg 1980 [NEB 1], 19; vgl. W. ZIMMERLI, Prediger, G ö t t i n g e n 27

3

1 9 8 0 [ A T D 16,1], 1 4 7 ) .

„Diese literarische Fiktion eines Idealkönigs ist im Predigerbuche später historisiert worden. Die Überschrift des Buches (1,1) ist so ergänzt, daß Kohelet das Epitheton „Davids Sohn" bekommen hat. Da der Verfasser des Buches besonders weise war und von seinen märchenhaften Reichtümern erzählt, ist es nur natürlich, daß dieser Davidide fast immer mit Salomo, dem Archetypus des weisen und reichen Königs, identifiziert worden ist." (LAUHA, BK, 2). 28 Die Datierungen schwanken zwischen dem 5. bis 3. Jh. v.Chr. 29 „Wegen ihrer literarischen Beschaffenheit spielt die Königsfiktion keine Rolle für die Enträtselung der Verfasserfrage des Predigerbuches." (LAUHA, BK, 2).

Die Frage der Genese eines

Prophetenbuches

1

fen, daß die von ihr produzierten Texte stets für bare Münze zu nehmen, dem äußeren Wortlaut folgend zu lesen sind und ihr deshalb bestimmte Stilisierungen und Fiktionen nicht zuzutrauen wären. In profaner Literatur akzeptiert man selbstverständlich, daß ein Selbstbericht fiktiv und insofern literarisches Mittel ist. Dies gilt für antike Romane wie Petrons Satyricon oder Apuleius' Metamorphoses, für Dantes als Vision angelegte Divina commedia ebenso wie für Swifts Gulliver's Travels30 - Werke, die niemand für Realberichte halten wird, sondern bei denen die literarische Absicht das Mittel des den Schein realistischen Erlebens weckenden Selbstberichtes rechtfertigt. Sogar in Autobiographien wie Augustins Confessiones, Cellinis Vita oder Goethes Dichtung und Wahrheit, bei denen gesichert ist, daß der verantwortlich zeichnende Verfasser tatsächlich sein eigenes Leben schildert, wird man mit Stilisierungen rechnen müssen, die nicht zuletzt auch mit der Verschriftung des Erlebens zusammen hängen, da diese aus einer gewissen Distanz heraus erfolgt. Schließlich kommt in antiker Literatur auch das entgegengesetzte Phänomen vor, nämlich die Stilisierung selbst erlebter Ereignisse als Fremdbericht, um auf diese Weise den Eindruck einer objektiven Darstellung zu wecken. Dafür sind C. Iulius Caesars Commentarii de bello Gallico das berühmteste Beispiel. Bei der Lektüre profaner Texte tut man sich eindeutig nicht so schwer damit, ihre Fiktionalität, insbesondere ihre Verfasserfiktionen zu akzeptieren. Angesichts von Schriften des Hebräischen Kanons, die Bestandteil der Heiligen Schrift sind, herrschte in dieser Hinsicht überwiegend offensichtlich größere Zurückhaltung und Scheu 31 . So hielten die meisten Exegeten am Postulat einer historischen Gestalt Ezechiel fest 32 , obwohl sie eingestehen, daß das Buch letztlich wenig Informationen über Ezechiel liefert 33 , und manche selbst gleichzeitig Argumente gegen die 30 So der geläufige Titel des Buches, das veröffentlicht wurde als Travels into Several Remote Nations of the World. By Lemuel Gulliver. 31 Vgl. dazu M. OEMING, Bedeutung und Funktionen von „Fiktionen" in der alttestamentlichen Geschichtsschreibung, in: EvTh 44 (1984), 254-266. 32 So G. A. COOKE, A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Ezekiel, Edinburgh 1936 (ICC), xxvii; H. B A R D T K E , Hesekiel, Leipzig/Hamburg o.J. (BhG), 8; VON R A B E N A U , Entstehung; G. F O H R E R , Ezechiel, Tübingen 1955 (HAT 13); W. E I C H R O D T , Der Prophet Hesekiel, Göttingen 3 1968 (ATD 22); H. LAMPARTER, Zum Wächter bestellt. Der Prophet Hesekiel, Stuttgart 2 1986 (BAT 21); Z I M M E R L I , BK, 24*; R. Mosis, Das Buch Ezechiel Kap. 1,1-20,44, Düsseldorf 1978 (GSL.AT 8/1); F . - L . H O S S F F X D , Untersuchungen, 51 Of.; B. L A N G , Kein Aufstand in Jerusalem, Stuttgart 1978 (SBB 3); FUHS, NEB, 11; KOCH, Profeten II, 89-123; E.F. DAVIS; Swallowing the Scroll, Sheffield 1989 (JSOT.S 78); KRÜGER, Geschichtskonzepte; R.E. C L E M E N T S , Ezekiel, Louisville 1996; L.C. A L L E N , Ezekiel, Dallas 1990/94 (WBC28/29); B L O C K , NICOT. Auch H Ö L S C H E R sieht den Dichter Hesekiel durchaus als reale Person. In seinem Kommentar (Der priesterliche Prophet, Stuttgart 1971 [SKK AT 12], 6-9) wendet sich J. B E C K E R noch gegen eine pseudepigraphe Lösung. L A M P A R T E R , BAT, 20, wehrt die Vorstellung vom Schriftsteller Ezechiel ab: „Fest steht, daß Hesekiel wirklich Prophet, kein Literat gewesen ist.". 33 „So deutlich uns die geschichtlichen Ereignisse, die zu dieser Katastrophe führten, vor Augen stehen, so wenig wissen wir über die Person des Hesekiel und seine Lebensgeschichte." ( L A M P A R T E R , BAT, 15). „Das Lebensbild Ezechiels bleibt gegenüber dem des Jeremia ein wenig

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Die Sicht der alttestamentlichen

Prophetie

Annahme einer realistischen Autobiographie in den Raum stellten34. Da das Buch anerkanntermaßen als ein durchkomponiertes Produkt literarische Qualität 35 besitzt, erklärte man den historischen Ezechiel zum Schriftsteller und brachte so das Erscheinungsbild des Buches in Einklang mit der gängigen Vorstellung des Propheten als inspiriertem von Gott Erwählten 36 . In jüngster Zeit beginnt man jedoch, die Frage der Genese eines Prophetenbuches differenzierter zu betrachten: J...I there are still good reasons for maintaining that the process went from an oral to a written stage in many if not most cases. /..../ Nevertheless, we also have to recognize that some prophecy was written to begin with, and that written recomposition of oracular lore was a process of reflective reinterpretation that /.../ constituted a kind of prophetic activity in its own right. The study of prophetic literature /.../ should also allow for the possibility of prophecy's having been expressed in a purely literary form at a relatively early stage."37. blaß. Das liegt am Charakter des Buches und am Propheten selbst. Er läßt uns nur selten einen Blick in sein persönliches Erleben und Empfinden tun. Er sagt uns darüber nur so viel, wie zur Verdeutlichung seiner Botschaft nötig ist." (FUHS, NEB, 14). „About Ezekiel we know very little and nothing apart from what we are told in the book." (J. B L E N K I N S O P P , Ezekiel, Louisville 1990, 8). 34 „Selbst wenn man mit einer größeren Überarbeitung des Buches durch Schülerhand rechnet, muß man angesichts der Ähnlichkeit von Form und Inhalt die enge Zusammengehörigkeit von Prophet und Redaktor, etwa ein direktes Schülerverhältnis postulieren." (VON R A B E N A U , Zukunftswort, 62). - Z I M M E R L I , BK, 27*f., erkennt an, „daß sich die Person Ezechiels so tief wie keines zweiten großen Propheten Person hinter stilisierten Formen und Traditionen verbirgt". Außerdem: „Ezechiel ist weniger als die Propheten vor ihm auf eine konkrete Situation bezogen. Er ist in seiner Exilsferne ungleich stärker der das zusammenfassende Handeln Jahwes an Israel verkündigende ,Theologe' unter den Propheten." (ZIMMERLI, BK, 151). „Die spärlichen Angaben und Hinweise verfolgen kein biographisches Interesse. Sie sind ganz auf die theologische Aussage hin konzentriert." (FUHS, NEB, 14); „While it is not difficult with many of the prophets to feel we can ,hear' how they preached /.../, with Ezekiel this is less possible. Instead we have brief reports telling us what God told him to do or say to the people; we are left to infer that he actually did so." (CLEMENTS, Ezekiel, 6). 35 VON R A B E N A U , Zukunftswort, 62: „Bei der Untersuchung des Rahmens /.../ hat sich /../ herausgestellt, daß kein Prophet vor ihm so durchdacht und planmäßig den Offenbarungsempfang und die Übermittlung der Botschaften dargestellt hat wie dieser." - Mosis, GSL.AT, 21, führt die Beobachtung größerer, zusammenhängender Kompositionen in dem Buch zur Annahme, daß große Teile desselben von Anfang an schriftlich gestaltet wurden. C L E M E N T S , Ezekiel, 6, hegt keinen Zweifel daran, daß der Prophet selbst die Herausgabe und den Formungsprozeß des Buches einleitete und beschreibt das Buch als „a great person's collected papers edited after the author's death". (Vgl. auch die These AUVRAYS, Ezéchiel I-III, in: RB 6 7 [ 1 9 6 0 ] , 4 8 1 - 5 0 2 [ 5 0 0 ] , der als Vorstufe zwei Bücher annimmt „contenant l'un la biographie du prophète avant la prise de Jérusalem, l'autre les événements et oracles postérieures", was er durch Flavius Josephus' Zeugnis von zwei Büchern des Ezechiel bestätigt findet). Als Schriftsteller sehen Ezechiel ferner F O H R E R , HAT, Xf. XXV; E I C H R O D T , ATD, 1 0 * . 1 4 * - 1 7 * ; Z I M M E R L I , B K ; L A N G , Aufstand, 1 6 2 ; A L L E N , Ezekiel, WBC 2 9 , xxv; B L O C K , NICOT, 2 0 - 2 2 . 36

37

V g l . FEIST, E z e c h i e l , 160.

M.H. FLOYD, Prophecy and Writing in Habakkuk 2:1-5, in: ZAW 105 (1993), 4 6 2 ^ 8 1 (479).

Die Frage der Genese eines

Prophetenbuches

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Dazu gehört das Bewußtsein, daß den Lesern schriftprophetischer Bücher die Sprüche, die ggf. einmal mündliches Gut gewesen sind, nur in schriftlicher Form vorliegen und folglich auch nur diese für eine Untersuchung zur Verfügung stehen 38 . Dieser Ansatz ruft verstärkt redaktionsgeschichtliche Betrachtungen hervor und zwar sowohl zunächst des einzelnen Prophetenbuches 39 , dessen „buchspezifisches Redaktionsmodell" 4 0 es zu erhellen gilt, als auch des Ensembles schriftprophetischer Bücher 41 sowie schließlich des gesamten Kanonteils rfbt'im,42 Daß das Ezechielbuch letztlich von Beginn an ein schriftliches Produkt war, hat in jüngerer Zeit E.F. Davis ausführlich vertreten. Sie setzt voraus, „Ezekiel's words and actions are to be understood as elements of his public activity as a prophet, or as literary representations of such activity." 43 Der Grund für die Verschriftung der Aktivitäten Ezechiels liegt für sie in seinem Aufenthaltsort außerhalb Palästinas begründet, was Ezechiel dazu zwang, die Legitimität seiner Botschaft abzusichern 44 . Schließlich nimmt sie an, „it is likely that Ezekiel composed his oracles in writing, yet in a manner deeply imbued with the forms and practices of oral traditional prophecy." 45 Der anzunehmende Bildungsstand der Exilierten in Ezechiels Umfeld läßt sie zudem mit einem lesefähigen Publikum rechnen 46 . Udo Feist 47 bietet einen Überblick über die Prophetenexegese seit Eichhorn und Herder unter dem Aspekt des Propheten als eines Schriftstellers und exemplifiziert dies an der Wahrnehmung Ezechiels. Feist selbst betrachtet das Ezechielbuch als ein von Anfang an literarisches Produkt und plädiert dafür, „das 38

Vgl. O.H. STECK, D i e Prophetenbücher und ihr theologisches Zeugnis, Tübingen 1996: „Schon in der Keimzelle eines Prophetenbuches /.../ bleibt das vorgängige mündliche, unmittelbar kerygmatische Wirken des Propheten direkt unerreichbar. Was wir antreffen, ist immer schon die konzentrierte, reduzierte, Wirkung einbeziehende Sprachgestalt der Verschriftung solchen Redens". ( 1 3 9 ) . - I . W I L L I - P L E I N , Spuren der Unterscheidung von mündlichem und schriftlichem Wort im Alten Testament, in: G. Sellin/F. Vouga (hrsg.), Logos und Buchstabe, Tübingen 1 9 9 6 , 7 7 - 8 9 , betont hingegen: „Prophetie ist und bleibt, auch dann, als sie Schriftprophetie geworden ist, wesentlich mündliches Wort, das weder verfügbar noch kontrollierbar ist." (83). 39

Vgl. STECK, Prophetenbücher, sowie KRATZ, Redaktion.

40

STECK, P r o p h e t e n b ü c h e r , 93.

41 Vgl. R.E. CLEMENTS, Patterns in the Prophetie Canon (1977), in: ders., From Oracles to Canon, Louisville 1996,191-202. 42 Vgl. R.E. CLEMENTS, Prophecy A s Literature: A Reappraisal (1986), in: ders., From Oracles to Canon, Louisville 1996,203-216; O.H. STECK, Der Abschluß der Prophetie im Alten Testament. Ein Versuch zur Frage der Vorgeschichte des Kanons, Neukirchen-Vluyn 1991 (BThSt 17). 43 E.F. DAVIS, Swallowing the Scroll, Sheffield 1989 (JSOT.S 78), 26. 44 DAVIS, Swallowing the Scroll, 29f. 45 DAVIS, Swallowing the Scroll, 37. 46 DAVIS, Swallowing the Scroll, 44. 47 Ezechiel. Das literarische Problem des Buches forschungsgeschichtlich betrachtet, Stuttgart 1995 ( B W A N T 138).

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Die Sicht der alttestamentlichen

Prophetie

Ezechielbuch konsequent auf dem Hintergrund apk Literatur zu lesen bzw. als auf dem Weg in diese Richtung aufzufassen." 48 In einer d e r j ü n g s t e n M o n o g r a p h i e n zum E z e c h i e l b u c h insgesamt hat T. R e n z 4 9 zwar das Buch als G e s a m t k o m p o s i t i o n im Blick, d o c h g e h t es i h m in e r s t e r Linie d a r u m , d e n K o m m u n i k a t i o n s a k t zu r e k o n s t r u i e r e n u n d die A u s s a g e a b s i c h t des B u c h e s h e r a u s z u a r b e i t e n . Ezechiel selbst w a n d t e sich mündlich an die e r s t e G e n e r a t i o n d e r Exilierten; die R e d a k t i o n , die seine W o r t e a u f g r e i f t , das W i r k e n Ezechiels i n t e r p r e t i e r t u n d f ü r die v o r l i e g e n d e G e s t a l t des B u c h e s v e r a n t w o r t l i c h ist, w e n d e t sich an die zweite G e n e r a t i o n im Exil. „ T h e a r r a n g e m e n t of t h e b o o k is not so m u c h o n e of d o o m f o l l o w e d by salvation, b u t first of dissociating t h e r e a d e r s f r o m t h e past a n d t h e n associating t h e m with Y a h w e h ' s p u r p o s e for t h e f u t u r e . " 5 0 .

1.2 Die Frage des

Prophetenbildes

Das Phänomen, das man als „Prophetie" zu bezeichnen pflegt, erscheint im AT in unterschiedlichen Facetten: Im Pentateuch werden herausragende Gestalten - wie Mose - als „Propheten" bezeichnet 51 ; außerdem befassen sich zwei gesetzliche Passagen im Dtn mit dem Propheten (Dtn 13,1-6; 18,15-22). Das D t r G W hebräisch als „Vordere Propheten" klassifiziert - bietet Erzählungen über prophetische Gestalten. Mit den schriftprophetischen Büchern enthält die hebräische Bibel einen ausschließlich mit Prophetie befaßten Kanonabschnitt. Analog zu DtrGW erzählt dann auch die Chronik von Propheten. Die Septuaginta-Tradition reiht selbst das Danielbuch unter die schriftprophetischen Bücher ein. In den übrigen „Schriften" spielen Propheten keine Rolle 52 . Die europäischen Sprachen haben jeweils den Begriff Mpotptjrtjgaus der Septuaginta adaptiert. Schon der griechische Terminus impliziert ein bestimmtes Prophetenbild 53 , nämlich das des „Vorhersagers" (Jipo + D o r n e n und Disteln (V. 17), also w i e d e r u m zunächst den trockenen, minderwertigen Bewuchs; im nächsten Schritt fallen W ä l d e r u n d G ä r t e n d e r Vernichtung anheim (V. 18) - m a n darf davon ausgehen, d a ß d e r heftige B r a n d auch diese saftige, g e h o b e n e Vegetation e r f a ß t u n d vernichtet. N u r einige wenige B ä u m e ü b e r s t e h e n die Katastrophe, - ihre Z a h l ist derartig gering, daß ein Kind sie zu zählen vermag (V. 19). Bei dieser Gerichtsansage durchdringen deutlich zwei E b e n e n einander: Z u m einen wäre auf einer realistischen E b e n e tatsächlich eine N a t u r k a t a s t r o p h e in Gestalt eines v e r h e e r e n d e n Steppen- u n d W a l d b r a n d e s d e n k b a r , die erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursacht und so die Schwächung, wenn nicht Vernichtung des A d r e s s a t e n mit sich bringt. Z u m a n d e r e n aber ist die Aussage deutlich metaphorisch, wobei D o r n e n u n d Disteln sowie die Bäum e in W ä l d e r n u n d G ä r t e n metaphorisch die Mitglieder des Volkes meinen, die der Z o r n G o t t e s - v e r k ö r p e r t im Feuer - tödlich trifft (in welcher tatsächlichen Form auch immer). Die bildhafte Ausdrucksweise erhält eine zusätzliche Pointe durch die Gottesbezeichnung 'dr yi'srä'el am Anfang: D e r f ü r Israel Licht mit allen positiven K o n n o t a tionen ( L e b e n , W ä r m e , O r i e n t i e r u n g ) b e d e u t e t , wird f ü r Israels B e d r ü c k e r zu vernicht e n d e m Feuer, zur t o d b r i n g e n d e n Macht. Auch bei Jeremia sagt Y H W H das Gericht im Bild des W a l d b r a n d e s an (Jer 21,14): E r zitiert die selbstsichere rhetorische Frage d e r Jerusalemer, die ihre Stadt für uneinn e h m b a r halten. W ä h r e n d die J e r u s a l e m e r auf diese Frage keine bzw. ein „ N i e m a n d " als A n t w o r t e r w a r t e n , kündigt Y H W H ihnen an, d a ß E r sie ihrem H a n d e l n entsprechend heimsuchen will: „ U n d ich will F e u e r a n z ü n d e n in ihrem < J e r u s a l e m s > Wald, und es soll alles verzehren ringsumher." (V. 14b). Diese bildhafte Aussage b e d e u t e t zunächst in sich eine massive Vernichtungsandrohung: D a s Feuer, das G o t t gelegt hat, breitet sich unkontrolliert u n d u n a u f h a l t s a m über d e n Wald hinaus aus und erfaßt seine gesamte U m g e b u n g . Es bleibt die Frage, was der Begriff „Wald" im Kontext d e r G e richtsankündigung meint: H a n d e l t es sich um einen echten Wald, etwa vor d e r bzw. u m die Stadt, dessen B r a n d dann auch auf die b e n a c h b a r t e Stadt ü b e r g r e i f t ? 3 2 O d e r ist hier vielmehr kein k o n k r e t e s bewaldetes A r e a l gemeint, sondern in verschlüsselter Weise die einem Wald e n t n o m m e n e n B a u m s t ä m m e , die m a n in Jerusalem als Bauholz für zahlreiche G e b ä u d e , vor allem die P r a c h t b a u t e n f ü r G o t t und König v e r w e n d e t hatte. Bei dieser I n t e r p r e t a t i o n steckt bereits in d e m Wort ya'ar eine massive Kritik an der verschwenderischen Bautätigkeit d e r Jerusalemer Oberschicht (vgl. Jer 22,7). Z u und erschrecken zu lassen, indem die Allegorien die todeswirkende Kraft des Zornes Jahwes herausstellten. 30 Diesen Textabschnitt datiert man vielfach (vgl. R. KILIAN, Jesaja 1-12, Würzburg 1986 [ N E B 17], 83) spät, nämlich in persische Zeit. N I E L S E N , There Is Hope, 190ff. weist dagegen überzeugend nach, daß Jes 10,16-19 zwar redaktionell in nachexilischer Zeit in den Kontext eingefügt worden sei, daß aber ein Spruch verwendet wurde, der zwei Bilder kombiniert, die von Jesaja selbst stammen (Waldbrand, Jes 9,17f„ und auszehrende Krankheit, Jes 17,4-6); dieser auf Jesajas Bildsprache zurückgreifende Spruch sei ursprünglich auf Juda gemünzt gewesen und in die Zeit zwischen 701 und 612 zu datieren. Insofern kann er dem Ezechielbuch durchaus vorgelegen haben. 31 Vgl. Am 5,6. 32 Dann erhebt sich die Frage: Gab es einen solchen Wald bei Jerusalem, der im Falle eines Brandes die Stadt gefährdet hätte?

28

Thematisierung von Prophetie: Ez 21

gleich betont dies Verständnis die im Kontext mit V. 13 sinnvolle Aussage, daß die Stadt, die sich uneinnehmbar wähnt, aus ihrem Inneren heraus von Y H W H zerstört wird. Das Bild vom Waldbrand ist somit besonders raffiniert und verfremdend-rätselhaft verwendet. Das Jeremiabuch bietet außerdem noch eine besondere Variante der Motivverbindung von Personen repräsentierenden Bäumen und dem Feuer. In Jer 11 klagt Y H W H sein Volk an, weil es nicht von der Fremdgötterverehrung abläßt, und sagt ihm deshalb Unheil an. In V. 16.17a heißt es: „Einen grünen, schönen, gute Frucht < t r a g e n d e n > Ölbaum nannte dich YHWH, unter großem Getöse läßt er Feuer legen an ihn, so daß seine Zweige verderben 3 3 . Denn Y H W H Zebaot, der dich pflanzte, spricht über dich Unheil < a u s > ...". Hier verkörpert ein einzelner Baum eine Vielzahl von Menschen, nämlich das gesamte Gottesvolk, das sich Y H W H Zebaot verdankt (V. 17b). Dieser Ölbaum ist ein edles Nutzgewächs, dies Exemplar besonders schön und durch gute Frucht ausgezeichnet. Wenn Gott sein Volk („dich") als einen solchen Ölbaum bezeichnet (qr' sem), dann vergleicht er es damit, benutzt also ein Bild. Dies erfährt seine Fortsetzung im Ausmalen des Gerichts: Die Äste des Ölbaums fallen Feuer zum O p f e r - zurück bliebe allenfalls ein verkohlter Stamm. Somit haben die Bilder vom Wald/Baumbrand bei Jeremia eine je eigene Note 3 4 . D a s E z e c h i e l b u c h k o n n t e d e m n a c h auf v o r g e p r ä g t e s p r o p h e t i s c h e s M a t e r i a l z u r ü c k g r e i f e n . E s gibt V o r l a g e n f ü r e i n e n expliziten Vergleich v o n P e r s o n ( e n ) u n d B ä u m e n , f ü r d a s F e u e r als k o n k r e t e s , ö f t e r m e t a p h o r i s c h e s G e r i c h t s w e r k zeug, speziell f ü r e i n e G l e i c h s e t z u n g v o n G o t t e s Z o r n mit u n l ö s c h b a r e m F e u e r s o w i e f ü r d i e V e r b i n d u n g b e i d e r K o m p o n e n t e n i m Bild v o m W a l d b r a n d , in welc h e m sich d a s v e r n i c h t e n d e G e r i c h t m a n i f e s t i e r t . D a s W o r t v o m W a l d b r a n d bei E z e c h i e l z e i c h n e t sich g e g e n ü b e r d e n m ö g l i c h e n V o r l a g e n d u r c h s t a r k e K o n z e n t r a t i o n aus. D i e u n b e d i n g t e G e r i c h t s a n d r o h u n g b l e i b t fast ausschließlich auf d e r b i l d h a f t e n E b e n e , o h n e d a ß V e r g l e i c h s p a r t i k e l ( k e ) o d e r a n d e r e s (qr' sem) 33

Bei Konjektur in Anlehnung an Vulg. „verbrennen" (b'rü). Dies gilt auch für Jer 5,14b, wo YHWH seinem Volk Unheil ansagt, weil es den Unheilsansagen der Propheten keinen Glauben schenkt (Vv.l2f.): „ich will meine Worte in deinem Munde zu Feuer machen und dies Volk zu Bäumen/Hölzern, daß es verzehrt werde". Das Motiv des Feuers, das Holz verzehrt, als Ausdruck des Gerichtsgeschehens erfährt in Ez 15 eine Variation eigener Art, zumal da es um das Holz des Weinstocks geht, der sonst ein positives Sinnbild für Israel zu sein pflegt: In rhetorischen Fragen, die scheinbar die Rezipienten einbeziehen, stellt Gott die Unbrauchbarkeit des Rebholzes fest (2f.), um dann zu konstatieren, daß es nur zum Verbrennen taugt (4a; dabei bleibt offen, ob es allenfalls als Brennholz doch noch einen geringen Nutzen hat oder aber ob es einfach um die Vernichtung des Nutzlosen geht). V. 4b bringt bildhaft einen weiteren Aspekt zum Ausdruck, indem er das Rebholz betrachtet, das bereits an den Enden verkohlt und in der Mitte versengt, also vom Feuer beschädigt, aber noch nicht völlig verbrannt ist. V. 5 stellt fest, daß das zuvor schon Unbrauchbare dadurch noch weniger brauchbar geworden ist. Die explizite Deutung der Bildrede in Vv.6.7a.ba bezieht diese auf die Einwohner Jerusalems im Blick auf die erste Einnahme 597, der die zweite Eroberung und völlige Vernichtung folgen werde. Vv.7bß.8 dürfte mit HÖLSCHER, Hesekiel, 92, als Anreicherung anzusehen sein, die nach der abschließenden Erkenntnisansage in 7ba den Gerichtsvorgang als Richten des Angesichts gegen die zu Richtenden und das Gericht selbst als Verwüstung umschreibt und zusätzlich den Treubruch als Begründung nennt. 34

Wort und Wirkung

29

explizit darauf verwiesen. Schon die Anrede bezieht sich auf eine bildhaft gemeinte Größe, über deren Identität man sich erst Gedanken machen muß. Anders als in den prophetischen Vorlagen leistet der vorhergehende Kontext hier keine Hilfestellung: Die formelhaften Wendungen in V. 1, 2 und 3a markieren deutlich einen Neuansatz gegenüber Kap. 20,44. Es wird also nicht eine sachliche Aussage durch ein Bild neu entfaltet oder vertieft wie etwa Jer 17,6.8 oder Jes l,30f., sondern der Rezipient wird einfach mit dem bloßen Bild konfrontiert. Allerdings vermag die Kenntnis einschlägigen Bildmaterials bei Arnos, Jesaja und Jeremia beim Verstehen des Wortes zu helfen und zugleich die besonderen Akzente des Bildes bei Ezechiel zu erfassen. Ein erster Akzent liegt auf Y H W H als dem Brandstifter: Gott selbst ist es, der das Feuer legt bzw. zuläßt (Hif'ilForm). Damit hängt der zweite Akzent zusammen, die Unauslöschbarkeit der Flamme, die mit traditioneller Wendung ausgedrückt wird 35 . Daß hier keine natürliche Feuersbrunst beschrieben wird, sondern das Feuer bildhaft Gottes Zorn, der das Gerichtsgeschehen einleitet, meint und zugleich als sinnbildliches Gerichtsinstrument das Vollstrecken der Strafe umschreibt, deutet sich nirgends an, muß vielmehr erschlossen werden. Im Blick auf den Wald fällt als kleiner Unterschied auf, daß Ezechiel zuerst die saftigen, dann die dürren Bäume nennt, während sonst nur dürre (Jes l,30f.) oder zuerst die trockenen, dann die grünenden Gehölze (Jes 9,17; 10,17f.; Jer 17,6.8) genannt werden. Bedeutet es eine Steigerung des Gerichts, wenn die grünen Bäume zuerst als Opfer erwähnt werden, weil dies eine Umkehrung der natürlichen Ordnung wäre, nach der trockenes Holz eher brennt als ein noch grünender, somit feuchter Baum? - Die Formulierung käl-pänim in V. 3bß durchbricht als einziges Element die Bildhaftigkeit des Wortes und gibt einen Hinweis auf seine Deutung: Alle Gesichter sollen versengt werden. Da partim auch synekdochisch eine Person bezeichnen kann 36 , zeigt dieser Ausdruck, daß es tatsächlich um die Vernichtung von Menschen durch das Feuer geht 37 . Personen werden also, wie es in prophetischer Tradition vorgebildet ist, durch Bäume repräsentiert. Von daher erschließt sich auch, daß der angeredete Wald keine topographische Größe, sondern als Sammelbegriff für eine Ansammlung von Bäumen relevant und hier gleichbedeutend mit „Volk" ist. Daß der Wald im Süden liegt, zielt auf das Südreich, also auf Juda/Jerusalem als eigentlichen Adressaten dieser Unheilsandrohung ab. 35

/' tkbh bei Jer 7,20; 'yn mkbh bei Am 5,6; Jer 4,4; 21,12. Die Konstruktion mit Partizip setzt den Akzent: Es ist niemand da, der löscht (weil nämlich alle vom Feuer betroffen sind), die verneinte finite Verbform besagt dagegen: Es kann niemand löschen (weil das göttliche Feuer unlöschbar ist). 36 Vgl. A.S. VAN DER WOUDE, Art. pänim, in: THAT II, 432-460 (440f.). 37 EICHRODTS Interpretation, ATD, 188 (vgl. ZIMMERLI, BK, 466), daß hier Brandnarben erlitten werden, erscheint zu harmlos. HÖLSCHER, Hesekiel, 111, meint, das Erglühen der Gesichter solle das Entsetzen der zuschauenden Erdenbewohner ausdrücken. An die Zuschauer dachte auch COOKE, ICC, 227, ebenso ALLEN, WBC 29, 25, LAMPARTER, BAT, 151, dagegen an die, die den Brand bekämpfen wollen.

30

Thematisierung von Prophetie: Ez 21

Die nähere Betrachtung der sprachlichen Gestalt dieses Gotteswortes läßt die klagende Reaktion des Propheten verständlich erscheinen: Jemand, der die Verse 3 f. nur oberflächlich hört, mag denken, daß ein gewöhnlicher, wenngleich heftiger Waldbrand angekündigt wird, und sich fragen, was ihn das angehe. Nur wer aufmerksam zuhört, sich auf das Wort einläßt und es gedanklich zu erschließen versucht, wird es wirklich verstehen. Er erkennt, daß das Wort vom Waldbrand bildhaft gemeint ist und daß dahinter ein Vergleich (mäsäl) zwischen einem in der Natur angesiedelten Geschehen und dem Geschick Juda/Jerusalems besteht. Der willige Rezipient vermag traditionelle Elemente aus der älteren Prophetie wiederzuerkennen und dadurch auch die besondere Akzentuierung dieses Wortes zu bemerken. Und er könnte sich vor diesem Hintergrund auch die Begründung für die schreckliche Gerichtsansage ergänzen. Denn die Gerichtsweissagungen des Jesaja oder Jeremia, deren Bildmaterial hier aufgenommen ist, kündigen Unheil an als Strafe für die Abkehr von YHWH. Ezechiel erscheint hier als jemand, den die Erfahrung gelehrt hat, daß seine Hörerschaft sich dieser Mühe nicht unterzieht, sondern seine in Bildsprache gekleidete Botschaft als unverständliches Gerede mißachtet. Die zitierten Hörer belegen den Begriff mäsäl mit dem negativen Beigeschmack der Unverständlichkeit, charakterisieren Ezechiels Rede jedoch zugleich zutreffend als „vergleichendes Reden", als eine Sprache also, die durch Bilder geprägt ist, welche letztlich auf einem Vergleichsvorgang beruhen, und die deshalb des gedanklichen Durchdringens bedarf. Zu dieser Anstrengung sind sie jedoch offenkundig nicht bereit. Es bleibt festzuhalten, daß Ezechiel in 21,5 nicht den Inhalt der Botschaft kommentiert, sondern deren Sprachgebung, die offenbar dazu führt, daß man ihm gar nicht erst zuhört, weil man seine Worte ohnehin nicht versteht, sie gar nicht verstehen will. Damit setzt das Buch in dieser Anrede Ezechiels an Y H W H einen anderen Akzent als die wenigen übrigen an Gott gerichteten prophetischen Worte im AT: Am 7,1-6 reagiert auf die visionär vermittelte Gerichtsabsicht Gottes als solcher, ebenso spricht Jer 14,7-9 im Interesse des Volkes 38 . In den sogen. „Konfessionen" beklagt Jeremia sich über die mit seiner Indienstnahme durch Y H W H verbundenen persönlichen Schwierigkeiten und Bedrohungen 39 . Im Gegensatz zu Jeremia ist Ezechiel wegen unliebsamer Verkündigung nicht gefährdet, sondern macht hier in erster Linie einer gewissen Frustration Luft.

38 39

Vgl. noch Hab 1,12 f. Vgl. ferner noch die persönliche Betroffenheit des Gottesknechtes in Jes 49,4.

Wort und

2.1.2 Gottes Antwort Gerichtswortes

auf Ezechiels (21,6-10)

31

Wirkung

Klage: Eine Neuformulierung

des

Wie vielfach beobachtet, sind die Verse 6-10 über weite Strecken analog zum ersten Abschnitt des Kapitels gebaut 40 - allerdings (dies sei hier hervorgehoben) trifft dies nur auf V v . z u . Auch ein Teil der zuvor verwendeten Begriffe kehrt wieder, während andere jedoch gegen neue Wörter ausgetauscht sind, die die Botschaft deutlicher werden lassen. So entsteht der Eindruck, daß Gott auf die Klage des Propheten eingeht, indem er sein Wort noch einmal anders formuliert 41 . Wieder eröffnet die Wortereignisformel diesen neuen Abschnitt (V. 6 = V. 1), wieder ergeht (V. 7) die Anrede bcen-'ädäm an Ezechiel, gefolgt von denselben Imperativen wie in V.2; als deren Objekte erscheinen jetzt aber anstelle des Südens und des Waldes im Südland Jerusalem, sein Heiligtum und das Land Israels, so daß der Adressat hier und in der anschließenden Sprechaufforderung unmißverständlich benannt ist: 'admat Yisrä'el. Nach der Botenformel - der Höraufruf fehlt hier - und dem Präsentativ mit dem Suffix der 1. Pers. Sg. folgt ein Satzglied ohne Parallele in V. 3, 'elayik, das als Gegenüber zu hineni tritt: „Siehe, ich gegen dich". Erst dann beschreibt Gott analog zu V. 3, was geschehen soll: Er will sein Schwert aus der Scheide ziehen und in dem angeredeten Land Israel Gerechte und Ungerechte ausrotten. Damit stellt Gott sich selbst bildhaft statt als Brandstifter nun als Krieger dar, der sich erschrekkenderweise gegen sein eigenes Volk wenden will. Das Ziel seines Handelns formuliert Y H W H gänzlich unverblümt: Er will Gerechte und Ungerechte austilgen. Damit ist nachträglich geklärt, daß mit den grünen und dürren Bäumen in V. 3 (analog zum Bildmaterial bei Jeremia) Gottesfürchtige und Gottlose gemeint waren. V. 9 wiederholt V.8b und fügt lediglich einleitend eine kausale Konjunktion ein, wodurch diese Aussage zur Begründung für die Ankündigung in V. 9b wird - dies ist ohne Analogie in V. 4. V. 9ba nimmt leicht abgewandelt V.8aß auf: Nicht mehr führt Gott das Schwert (höse'ti, 8a), sondern die Waffe wird selbst aktiv (tese'Y 2 , und zwar gegen kal-bäsär minncegceb säpön, was der Formulierung am Ende von V. 3 entspricht (käl-pantm minncegceb säpönäh)43. V. 8ayb wird also in umgekehrter Reihenfolge in V. 9 wiederholt und die Aussa40

Vgl. dazu v.a. die tabellarische Übersicht bei

BLOCK, N I C O T ,

666-668; vgl. auch

COOKE,

I C C , 2 2 8 ; FOHRER, H A T , 118; FUHS, N E B , 109; A L L E N , W B C 2 9 , 2 2 . 2 5 . 41

42

Vgl. ALLEN, W B C 29, 25.

Diejenigen ( H Ö L S C H E R , Hesekiel, 112; F O H R E R . HAT, 119; Z I M M E R L I , BK, 467; F U H S , NEB, 109), die V. 9 als sekundär betrachten, begründen dies mit der Wiederholung, die allerdings eher ein stilistisches Mittel zur besonderen Betonung zu sein scheint. Die Tatsache, daß das Schwert hier selbständiger gezeichnet ist als in V. 8 und 10, was eine Parallele in V. 19 hat, könnte man ggf. als Hinweis auf einen redaktionsgeschichtlichen Zusammenhang zu diesem Vers sehen. Doch läßt die Selbständigkeit der Waffe in V.9 vor allem den Aspekt durchscheinen, daß sich hinter dem Schwert ein konkretes feindliches Heer verbirgt, das Israel heimsucht, wenn Gott es einmal hat losziehen lassen. 43 Die Formulierung basür in V. 9 stützt die Interpretation von päntm als Synekdoche für die ganze Person.

32

Thematisierung

von Prophetie:

Ez 21

ge, das Vollstrecken des Gerichts an allen durch das Schwert, so besonders eingeschärft. Die vom Gericht Betroffenen (käl-basar) sind in dieser Fassung identisch mit den im Rahmen der Erkenntnisformel genannten Subjekten der Erkenntnis 44 . In der Erkenntnisformel (V. 10) steht das auch sonst bei Ezechiel geläufige Verb yd' (statt des ungewöhnlicheren r'h in V.4); Gegenstand der allgemeinen Erkenntnis bildet auch hier die Tatsache, daß Y H W H selbst den Vernichtungsprozeß in Gang gesetzt hat. Der Nachsatz V. 10b, der wie in V. 4b dem bildhaften Gerichtsinstrument entsprechend formuliert ist, betont die Unabwendbarkeit des Unheils. Die Passagen 21,1-4 und 6-10 sind somit durch ihre Struktur, das verwendete Formelgut und das übrige Vokabular deutlich aufeinander bezogen. Ob man Vv.6-10 allerdings als „Deutung" 4 5 bezeichnen kann, scheint zumindest fraglich. Denn Vv.6-10 haben keinen erläuternden Charakter; die Struktur von 1-4 bleibt erhalten. So handelt es sich vielmehr um eine Neuformulierung der Unheilsandrohung mit reduziertem Bildanteil. Alle Aussagen, die den Adressaten betreffen, nennen die Betroffenen nun deutlich beim Namen: Jerusalem mit dem Tempel, das Land Israel, Gerechte und Ungerechte gleichermaßen und damit kurz „alles Fleisch", alle in diesem Gebiet Lebenden. Soweit Gott jedoch sein eigenes Handeln schildert, bleibt das Wort bildhaft, wenngleich der verwendete Bildkomplex gegenüber der ersten Version konventioneller anmuten mag und dem, was tatsächlich geschehen wird, zunächst näher steht 46 . D a s Schwert erscheint in der Schriftprophetie als Gerichtsinstrument, mit d e m G o t t Frevler tötet 4 7 . D a das Schwert in der Regel als Vernichtungswaffe im Kriege dient, assoziiert es eine kriegerische Auseinandersetzung, bei der e n t w e d e r die aktiv k ä m p f e n den Krieger durch das gegnerische Schwert den Tod finden oder die Unterlegenen von den Siegern mit d e m Schwert hingemetzelt werden. Weil eben in vielen Fällen ein tatsächliches G e t ö t e t - W e r d e n mit der Waffe im Blick ist, haftet d e m Schwert als Gerichtswerkzeug G o t t e s eine vergleichsweise k o n k r e t e r e B e d e u t u n g an als d e m Feuer, das nicht nur Gerichtsinstrument, sondern auch Sinnbild des Gotteszorns sein kann. Allerdings k o m m t sprachlich durch die Verwendung des Singulars mit d e m bestimmten Artikel der bildhaft-repräsentierende C h a r a k t e r des Wortes zum Ausdruck. Eine Personifizierung des Schwertes liegt vor, wenn es heißt, G o t t wolle Schuldige d e m Schwert ü b e r g e b e n (ntn lahasrceb, Jer 25, 31), das Schwert k o m m e bzw. G o t t lasse es k o m m e n 4 8 oder schicke es 4 9 ; deutlich belebt ist die Waffe, wenn vom Schwert gesagt ist, es fresse die, die es heimsucht 5 0 , wenn j e m a n d in die H ä n d e des Schwertes gegeben 44

In V.3f. läßt die unterschiedliche Formulierung die Möglichkeit zu, den Kreis der Erkenntnissubjekte für größer zu halten als den der vom Gericht Betroffenen. 45

46

So EICHRODT, A T D , 188; ZIMMERLI, B K , 460; vgl. a u c h FOHRER, H A T , 118.

ZIMMERLI, BK, 466: „nochmals ein Bild, /../ aber als Bild der Kriegswaffe schon ungleich wirklichkeitsnäher als das Bild vom Waldbrand." Es fällt schwer, die These BLOCKS, NICOT, 668, nachzuvollziehen, der das Feuer als Symbol für das Schwert betrachtet. 47 Vgl. Am 9,10. 48 bw\ vgl. Ez 5,17; 6,3; 11,8; 30,4. 49 slh Jer 25,16.27. 50 Jes 1,20; Hos 11,6; Jer 12,12.

Wort und

Wirkung

33

wird 51 , wenn Gott dem Schwert einen Befehl erteilt 52 oder wenn es angeredet wird wie eine Person 53 . Noch deutlicher sticht die Bildhaftigkeit ins Auge, wenn davon die Rede ist, daß das Schwert Gott gehört („mein Schwert" 54 , „Schwert YHWHS"55), oder aber wenn es heißt, daß er es handhabt 56 . „Das Schwert" bzw. „das Schwert Y H W H S " umschreibt dabei den Sachverhalt, daß eine feindliche Heeresmacht Krieg gegen die in der Unheilsansage mit dem Schwert bedrohten Adressaten führt und dies gewissermaßen im Auftrag und als Werkzeug Y H W H S tut. Der Kriegsgegner wird also im Bild zur Waffe Gottes stilisiert, mit der Gott Vergehen ahndet. Durch dieses Bild erscheint Y H W H einerseits als Krieger, der seine Feinde im Kampf vernichtet - diese Feinde können Gegner seines Volkes sein (Fremdvölkersprüche), er kann sich aber auch gegen sein eigenes Volk wenden und so die altorientalische Konzeption des Nationalgottes, der im Krieg stets die Partei seines Volkes ergreift, pervertieren. Da Gott andererseits im Krieg eine Strafexpedition vollzieht, das Schwert also als Gerichtsvollzugswerkzeug 57 dient, läßt ihn das Schwert zugleich als Richter erscheinen. W i e d e r u m greift Ezechiel im an sich geläufigen Bild vom Schwert vorfindliches Material auf, setzt dabei jedoch einen eigenen Akzent. D e n H a u p t a k z e n t legt er auf G o t t als den U r h e b e r des Geschehens. G o t t spricht von seinem Schwert (V. 8.9.10), er zieht es aus der Scheide (V. 8.10) 58 . So zeichnet Ezechiel Gott deutlich als einen Krieger, der eine Schwertscheide mit Waffe umgegürtet hat, der also zum Kampf gerüstet ist (d.h. G o t t ist jederzeit zum Gerichtsschlag bereit), und die Waffe zieht, um sie in tödlicher Absicht zu gebrauchen - und das ganz gewiß („es soll nicht wieder eingesteckt werden"). Vergleichbares, aber nicht Gleiches begegnet nur noch bei Jer 47,6 in einer Unheilsdrohung gegen die Philister, wo allerdings das Schwert angeredet ist mit d e m Wunsch, es möge sein Treiben beenden. Ein derartiges Eigenleben f ü h r t das Schwert auch in Ez 21,9, wo es selbständig zu wüten scheint, weil Gott es gewähren läßt. A u ß e r d e m hat Ezechiel in seinem Wort die Vorstellungen a u f g e n o m m e n , d a ß das Schwert G o t t gehört (Jes 34,5.6; Jer 12,12; 47,6) und d a ß er es selbst h a n d h a b t ( A m 7,9; 9,1). D e r zweite A k z e n t ruht auf der allumfassenden Wirkung des Gerichts, das sich explizit gegen Jerusalem richtet, und G e r e c h t e und Ungerechte, alles Fleisch vom Südland bis nach N o r d e n treffen soll. So ist unmißverständlich gesagt, d a ß G o t t selbst der G e g n e r ist, der Jerusalem heimsucht. D e r durch die Tradition vorgegebene Aspekt, d a ß im Bild des Schwertes eine k o n k r e t e Feindesmacht - hier die Babylonier - verkörpert wird, tritt d e m g e g e n ü b e r zurück, wenngleich sie durchaus noch mitschwingen mag. Indem G o t t als gerüsteter 51

Jer 18,21. A m 9,4. 53 Jer 47,6. 54 Jes 34,5; Zeph. 2,12; Ez 30,24.25; 32,10. 55 Jes 34,6; Jer 47,6; vgl.12,12. 56 A m 7,9; 9,1; Ez 5,12. 57 Als Hinrichtungsinstrument erscheint das Schwert Jer 26,23. 58 hai^bbt mitta'räh kommt dreimal vor; ZIMMERLI, BK, 466, betrachtet dies als mythische Aussage. 52

34

Thematisierung

von Prophetie: Ez 21

Krieger gezeichnet wird, der seine Waffe zieht und damit ausnahmslos alle zu töten gewillt ist, entfaltet sich mit poetischen Mitteln eine Bedrohlichkeit, die keine prosaische Aussage vermitteln könnte. Eine Begründung der Gerichtsansage gibt auch diese neue Version nicht. Als Antwort auf Ezechiels Klage in 21,5 formuliert Gott seine unbedingte Gerichtsandrohung noch einmal mit anderen Worten. Diese Neufassung enthält einen geringeren Bildanteil, da die Angesprochenen und von der Drohung Betroffenen nun nicht mehr im Bild des Waldes verschlüsselt erscheinen, sondern direkt benannt werden. Die zweite Hälfte der Aussage, die den Urheber und den Vollzug des Unheils umschreibt, verharrt allerdings im Bildhaften. Doch wählt Gott jetzt ein anderes Bild für sein Gericht, das geläufiger, aber keineswegs weniger bedrohlich wirkt als das des verheerenden Waldbrandes, jedoch aufgrund der deutlichen Benennung der Betroffenen und des vielleicht erschreckenderen Bildes Gottes als eines Kriegers für die Angeredeten größere Eindeutigkeit und Eindringlichkeit gewinnt. Insofern korrigiert Gott seine Redeweise auf den Einwurf des Ezechiel hin zumindest ein Stück weit. Vielleicht würden die zitierten Hörer die neue Version des Gerichtswortes nicht mehr als mäsäl bezeichnen?

2.1.3 Der Prophet als Bekräftigungszeichen (21,Uf)

der

Gerichtsbotschaft

Die beiden unmittelbar anschließenden Verse kann man von ihrem inneren Zusammenhang her als dem doppelt formulierten Gerichtswort zugehörig betrachten, weil es auch hier noch um dieselbe Vernichtungsbotschaft für Juda/Jerusalem geht. Insofern, als auch hier der Prophet und seine Rezipienten in den Blick kommen, bilden Vv.llf. eine ausführlichere Entsprechung zu V. 5, wo Ezechiel sich an Gott wandte. Nun wendet Gott sich direkt an Ezechiel mit dem Pronomen der 2. Pers. Sg. und der üblichen Anrede bcen-'adäm und fordert ihn auf, zu seufzen (IIa). Dies soll er mit äußerster Intensität tun „bis zum Bruch der Leisten", eine möglicherweise fest stehende Formulierung, die anschaulich die Heftigkeit und Dauer der Handlung ausdrückt, ohne daß der Effekt als tatsächlich eintretend zu denken wäre 59 . Außerdem soll er mit Bitterkeit/bitterlich stöhnen, was die lautliche Qualität des Stöhnens näher umschreiben dürfte ( l l b a ) . Schließlich ergeht unter Wiederholung des Verbums der Auftrag, dies „vor ihren Augen" (F'enehcem, l l b ß ) mithin also öffentlich, zu tun 60 . Insofern verlangt Gott deutlich das, was man als „prophetische Zeichenhandlung", „Symbolhandlung", „demonstrative act" oder ähnlich bezeichnet hat 61 . 59

Vgl. G R E E N B E R G , AncB, 420f., „with body collapsed" und seine Erläuterung dazu. Zu Ez 2 1 , 1 1 f. als Zeichenhandlung vgl. K . G . F R I F . B E L , Jeremiah's and Ezekiel's Sign-Acts, Sheffield 1999 (JSOT.S 283), 289-293. 61 Der Zusammenhang zwischen einer Gerichtsankündigung, die der Prophet erhält, und 60

Wort und

35

Wirkung

In die Tat umgesetzt wäre das Handeln, das Gott Ezechiel aufträgt, dazu angetan, Aufmerksamkeit und Aufsehen zu erregen bei denen, die das Treiben wahrnehmen. Gott rechnet jedenfalls damit, daß die Leute Ezechiel nach dem Grund für sein Stöhnen fragen werden. Diese Frage zitiert er vorwegnehmend ('al-mäh 'attüh na''"'näh, 12a) - ähnlich hatte der Prophet in V.5 die Reaktion seiner Hörer wiedergegeben. Gott trägt Ezechiel die Antwort für die Fragenden auf: „Wegen einer Nachricht; wenn sie kommt" 6 2 , wird die Wirkung eintreten, die die folgenden vier Satzglieder (12ba) schildern: „Jedes Herz schmilzt, alle Hände werden schlaff, jeder Geist erlischt/verzagt, alle Knie fließen von Wasser." Anhand dieses Versagens der jeweils im Wechsel angeordneten physischen 63 und psychischen Kräfte wird das Entsetzen illustriert 64 , das die Hörer der Nachricht ergreift. Der Blick auf verschiedene Bestandteile der Person, die beeinträchtigt werden, malt die Schreckenswirkung aus und intensiviert sie, da die Reihe der anschaulichen Details stärker wirkt als jede summarische Feststellung. Außerdem bedeutet der Schock der zukünftigen Hörer der Botschaft eine klare Steigerung gegenüber dem Seufzen Ezechiels. Da dies zeichenhafte Handeln auf eine Ursache zurückverweist, bedarf sie des expliziten kommentierenden Hinweises auf ihren Grund, die Schreckensnachricht, die Kunde vom Untergang Juda/Jerusalems 587/6, welche im unmittelbaren Kontext, nämlich im vorhergehenden doppelt formulierten Gerichtswort angekündigt wurde 65 . Während sich die Unheilsverkündigung in 21,1-10 auf die direkt vom Gericht betroffenen Israeliten in Juda und Jerusalem bezieht, nimmt die Ezechiel Vv.llf. aufgetragene Kombination aus Handeln und Verkündigen die bereits der heftigen ( m e t a p h o r i s c h ? ) physischen R e a k t i o n des P r o p h e t e n ist auch in Jes 21,2^1 bestimm e n d , e i n e m Abschnitt, der sicher nicht von P r o t o j e s a j a s t a m m t . Allerdings berichtet hier ein prophetisches Ich von seiner R e a k t i o n . Es handelt sich o f f e n k u n d i g nicht um ein G e b a r e n , das als Z e i c h e n h a n d l u n g vollzogen wird. Im Sinne einer Z e i c h e n h a n d l u n g k ö n n t e m a n hingegen Mi 1,8 verstehen, wo das Ich ebenfalls auf ein Unheil u.a. mit Klagen und H e u l e n reagiert. D a bei ist allerdings nicht eindeutig ersichtlich, ob sich dieses Verhalten auf das V o r h e r g e h e n d e o d e r das Folgende bezieht (vgl. dazu R. KESSLER, Micha, H T h K A T , 90-94). Z u r sogen. Zeic h e n h a n d l u n g vgl. u n t e n 4.2. 62 A n dieser Stelle gibt es zwei Auffassungen: ZIMMERLI, B K . 461, übersetzt: „so sprich: Weil eine K u n d e k o m m t . " (vgl. COOKE, ICC, 228; GREENBERG, AncB, 415). D a g e g e n scheint die Version von ALLEN, W B C , 17, auch grammatisch plausibler: „teil t h e m it is because of w h a t you have h e a r d . W h e n it happens, every heart will m e l t . . . " (vgl. BLOCK, N I C O T , 666). 63 Z u r nur physischen W i r k u n g ( H ä n d e und Knie) vgl. Ez 7,17. M a n c h e übersetzen hier „die Knie w e r d e n weich", verstehen es also als Schwächezustand, der Kraft- und Mutlosigkeit ausdrückt. Richtiger scheint indessen das drastischere Verständnis zu sein: D i e Panik f ü h r t zu unwillkürlichem U r i n a b g a n g , läßt also die Knie fließen von Wasser. Vgl. dazu FOHRER, HAT, 120; ZIMMERLI, B K , 4 6 8 ; GREENBERG, A n c B , 4 2 2 ; BLOCK, N I C O T , 64

671.

Jes 1 3 J beschreibt dasselbe V o k a b u l a r das Erschlaffen der H ä n d e und das Schmelzen des H e r z e n s angesichts des N a h e n s des Tages YHWHS. GREENBERG, AncB, 421 f., b e t r a c h t e t die kunstvolle Gestalt dieser R e d e f i g u r , die er als „expansion of 7:17" beurteilt. 65 Diese Botschaft erhält im Ezechielbuch eigene Relevanz in 24,27 und 33,21 f. - ba'ah in 21,12b hat p r i m ä r Bezug zu s'mü'äh', doch klingt d a r ü b e r h i n a u s auch das n e u t r a l e „es k o m m t " mit an, das im Ezechielbuch b e d e u t s a m ist. Vgl. dazu 4.3.

36

Thematisierung

von Prophetie: Ez 21

Deportierten in den Blick, die von der Katastrophe, die sich in der Heimat zugetragen hat, hören und dadurch in Schrecken und Mutlosigkeit versetzt werden, auch weil dies ihre Hoffnung auf Heimkehr zerstört. Auf diese Weise berücksichtigt der Abschnitt beide Teile des räumlich gespaltenen Gottesvolkes. Geht man von der im Buch gegebenen Voraussetzung aus, daß Ezechiel Verkündigung und Zeichenhandlung unter den bereits Deportierten vollzieht, bleibt es dabei, daß die Gerichtsankündigung unmittelbar die in Palästina weilenden Israeliten betrifft. Mittelbar wirkt sich diese aber auch auf die bereits Deportierten aus. Letztere als die vorauszusetzenden Hörer von Ezechiels Verkündigung bilden den Rezipientenkreis, den Ezechiel in seiner Klage 21,5 zitiert; sie wollen Ezechiels Botschaft nicht hören, ja, sie nehmen ihn nicht ernst. Die in V. 11 f. aufgetragene Handlung mit ihrer Deutung verweist auf das Eintreffen der in 1-4 und 6-10 zweifach formulierten Gerichtsandrohung über Jerusalem, indem sie die Reaktion der Exilierten vorwegnehmend gestaltet66. Indem so auf die Erfüllung der Weissagung verwiesen ist, wird die Wahrhaftigkeit der Unheilsansage bekräftigt und damit letztlich eine Legitimation der Unheilsprophetie Ezechiels vorgenommen, der seine Hörerschaft mit Unglauben begegnete. Durch Gottes Anrede erhält Ezechiel ein Vorherwissen um zukünftiges Geschehen; er ist gehalten, die Gerichtsansage zu verkünden und die zukünftige menschliche Reaktion auf das Unheil vorwegnehmend darzustellen. Seine Aufgabe besteht darin, durch Reden und Handeln die unmittelbar bevorstehende Katastrophe als Gericht Gottes anzukündigen, und zwar hier ohne Begründung. Er sagt zukünftiges Geschehen in seiner Unausweichlichkeit an; durch das angeordnete zeichenhafte Tun erscheint er auch als Person als Bestandteil der Verkündigung. 2.2 Worte vom Schwert 2.2.1 Ein Gedicht vom Schwert

(21,13-37)

(21,13-22)

Ausgehend von den Anfang und Ende einer Sprucheinheit kennzeichnenden Formeln (V. 13 „Wortereignisformel"; V.22b Variante der „Gottesspruchformel"67) sind die Verse 13-22 als ein Abschnitt zu betrachten. Das Gotteswort beginnt mit der bcen-'ädäm-Anrede und einer Redeaufforderung bestehend aus 66 D.R. H I L L E R S , A Convention in Hebrew Literature: The Reaction to Bad News, in: ZAW 77 (1965), 86-90, sieht die von ihm skizzierte Konvention auch in Ez 21,11 f. gegeben. BLOCK, NICOT, 671, nennt dafür, was mit der Nachricht gemeint sein könne, drei Möglichkeiten. Abgesehen von der „preceding message of judgment" zieht er das Vorrücken der babylonischen Armee gegen Jerusalem in Betracht (dann stellte Ezechiel die Reaktion von Jerusalemern und/oder Exulanten dar) oder die Nachricht vom Fall der Stadt. Letzteres stellt keine echte Alternative zu der erstgenannten Möglichkeit dar. (Daß B L O C K S Bedenken dagegen, daß die Nachricht vom Fall gemeint sei, bei der gemäß 24,15-24 nicht getrauert werden dürfe, nicht greifen, wird unten in 6.2 zu zeigen sein). 67 Zu V. 18b vgl. unten.

Worte vom Schwert

37

dem Imperativ Hif'il von nb' (vgl. V. 2 und 7) und der diesen sinngemäß fortsetzenden konsekutiven Perfektform 2.Pers.Sg. von 'mr (vgl. V. 3 und 8). Anders als in 1-12 wird kein Adressat der folgenden Rede genannt, die mit der prophetischen „Botenformel" einsetzt (14aß) 68 . Die folgenden Verse ab V. 14b beschreiben, ja besingen ein Schwert und sein Wirken offensichtlich in rhythmisierter Sprache. Den Abschnitt, der einige text- und literarkritische Probleme enthält, untergliedern die baen-'ädäm-Anreden (V. 17 und 19) in weitere Teilabschnitte. 14b Ein Schwert, ein Schwert, geschärft und auch geglättet, 15aa um zu Schlachtendes zu schlachten, geschärft, 15aß um Glanz zu erhalten, geglättet; [15b] 16a Und man (Vulg.:ich) gab es [.]69 zum Ergreifen 70 mit der Hand 16ba dies Schwert, geschärft und geglättet, 16bß um es zu legen in die Hand dessen, der tötet. Die Verse 14b.l5a.l6a.b befassen sich mit einem Schwert, das einsatzbereit gemacht wurde durch Schleifen und Polieren (14b), das also aufgrund seiner Schärfe zum Töten bereit gemacht ist und aufgrund des Blank-Putzens bedrohlich blitzt (15a). Es wird jemandem in die Hand gedrückt (16a), der erst, nachdem V. 16ba in Abwandlung von V. 14b nochmals gesagt hat, daß das Schwert geschliffen und poliert ist, näher bezeichnet wird als einer, der tötet. Stilistisch prägt diese Passage abgesehen von einer Rhythmisierung die Beschränkung auf einen schmalen Wortschatz: Die Stämme hrb, hdd, mrt, ntn werden mehrfach wiederholt, zusätzlich erscheinen die Synonymenpaare yad / kap und tbh I hrg. V. 15b ist einerseits in verderbter Form überliefert. Andererseits stört der Vers deutlich den Zusammenhang zwischen V. 15aß und 16a - sowohl inhaltlich als auch aufgrund seiner rhythmischen Beschaffenheit. Über das Stichwort sebcet besteht eine Verbindung zu V. 18a, der gleichfalls verderbt scheint und aus dem Zusammenhang herausfällt. Vv.l5b und 18a sind deutlich als spätere Zuwächse zu erkennen und stellen möglicherweise ehemalige Randglossen dar. Für beide Verse gibt es diverse Verbesserungsund Deutungsvorschläge71. Den Zuwächsen scheint ein weisheitliches Kolorit zu eig68 Zu lesen ist sehr wahrscheinlich '"donäy V H W H wie auch sonst; 'mr kann man als Dittographie erklären. 69 Imrth stört sowohl als Infinitiv als auch als Partizip die Logik des Ablaufes, da das Schwert bereits geglättet ist. Es ist am ehesten denkbar, daß das Wort zu einer Zeit, als V. 15b noch nicht in den Text geraten war, durch aberratio oculi als Dittographie in V. 16a hineinkam. Angesichts der sonst stets gekoppelt auftretenden Formen von hdd und mrt erscheint diese isolierte Form verdächtig, zumal das Scharf-Sein für die Funktion der Waffe bedeutender wäre. Für das spätere Eindringen von Imrth spricht zudem, daß V. 16a ohne dies Wort vor allem rhythmisch stärker analog zu V. 16bß geformt wäre, welcher dann zugleich eine Steigerung mit sich bringt: Das Schwert wird gegeben, damit man es packe (16a), erst 16bß nennt mit dem Partizip den Empfänger als Höhepunkt dieses Teilabschnitts. 70 Itp's ist als Partizip zu vokalisieren. 71 Vgl. Z I M M E R L I , B K , 4 6 9 - 4 7 1 . B L O C K , NICOT, 677-679, versucht, beide Verse sinnvoll zu interpretieren, soweit dies möglich erscheint. F R I E B E L , Sign-Acts, will ebenfalls an den beiden

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nen, wenn man sebaet als „Zuchtrute" 72 versteht: Frühere Züchtigungen haben nicht zu einer Besserung des Zöglings geführt - deshalb greift der göttliche Erzieher nun zum Schwert statt zur Rute, also zu härteren Maßnahmen. Andere - schon die Vulgata verstehen sebcet als „Szepter" und vermuten eine Anspielung auf Gen 49,8-1273. V. 17aa wendet sich an den Propheten. Die an ihn gerichtete Aufforderung zum Schreien und Wehklagen 74 gekoppelt mit der Anrede bazn-'ädäm bildet einen gewissen Neuansatz gegenüber dem Vorhergehenden. Da der Vokativ jedoch auf die Imperative folgt, entsteht hier kein so starker Einschnitt wie in den Fällen, wo die Anrede, meist mit einem vorangestellten we'attäh, den Beginn eines neuen Abschnitts markiert. Der Prophet wird - ähnlich wie in 21,11 f. - in den Verkündigungsvorgang einbezogen: Er soll die der vorangehenden poetisch gestalteten Botschaft entsprechende emotionale Reaktion zeigen. Die folgenden Worte liefern die Begründung dafür (ki), weshalb ein Wehgeschrei angemessen ist: „Es (3. Sg. fem.), sc. das Schwert, wird sein unter/in meinem Volk (17aß), es wird sein unter allen Fürsten Israels (17ay), preisgegeben dem Schwert sind sie zusammen mit meinem Volk (17ba)". Damit wird nachgetragen, was die Einleitung verschwieg, nämlich wer mit den bedrohlichen Versen gemeint ist, d.h. gegen wen sich das einsatzbereite Schwert richten soll. Ein neuerlicher Aufruf an den Propheten, der sich zum Ausdruck von Verzweiflung auf die Oberschenkel schlagen soll, schließt den Gedanken ab. So rahmen Handlungsanweisungen an den Propheten Aussagen, die die vorausgehende bildhafte Schilderung in V. 14b-16 in ihrem Sinn verdeutlichen: Das Schwert als bildhafte Verkörperung des göttlichen Gerichtswerkzeuges soll Gottes eigenes Volk und dessen Fürsten treffen. Für Israel ist die Waffe geschärft. Somit fungiert die Schilde-

Versen festhalten (295). Er geht davon aus, daß die Zuschauer der zeichenhaften Handlung glauben, das göttliche Gerichtsschwert werde gegen die Feinde, die Babylonier, gerichtet. V. 15b enthält daher seiner Ansicht nach die Wiedergabe der Haltung des Publikums: „It seems that in v. 15b, the prophet echoed the audience's initial sentiment by stating 'Or, we shall rejoice.'" (295). Dieser unangemessenen Freude werde entgegnet: „the staff of my son [Yahweh's people] despises every tree [other nations]" (296). Ähnlich verfährt er mit V. 18: „v. 18 can be interpreted as expressing the response of the people to the announcement that the sword of judgment was about to come upon them and not their enemies: 'For (it is) a testing!'" (300). „The sentiment of the people is countered by the question 'And what if also the staff despises [this tree, which is Babylon]?' The response to the question is a divine pronounce that 'It shall not be [a testing]'". (301 ). F R I E B E L geht auch hier von seinem Grundsatz aus, daß Zeichenhandlungen grundsätzlich mehrdeutig seien und die mögliche Irreführung der Zuschauer als psychologisches Mittel bewußt nutzten. 72 Es könnte allerdings auch ein Bezug zu Jes 10,5 bestehen, wo Assur als Zuchtrute Gottes erscheint. 73 Vgl. dazu L.C. A L L E N , The Rejected Sceptre in Ezekiel XXI 15b, 18a, in: VT29 (1989), 6771, der 15b und 18a als fehlplazierte spätere Kommentierung von Ez 21,32b im Lichte von Gen 49,10 versteht. 74 Die Kombination kommt vor, wenn es um Angst vor einer Bedrohung (Jer 25,34; 47,2; Jes 14,31) oder Trauer angesichts von Verwüstung (Jer 48,20; Jes 15,2—4) geht.

Worte vom Schwert

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rung des Schwertes als Drohwort, dessen Adressat in V. II 7 5 nachträglich benannt wird. Die Gesten, zu denen der Prophet aufgefordert ist, sollen, ähnlich wie schon 21,11 den zukünftig zu erwartenden Schrecken des Gerichts vorwegnehmend darstellen, d.h. das vollziehen, was die Deportierten tun werden, wenn sie von der - drohenden oder eingetretenen - Vernichtung Juda/Jerusalems erfahren 76 . Die „Gottesspruchformel" V. 18b markiert einen Einschnitt, ebenso wie die stereotype Anrede V. 19aa anzeigt, daß etwas Neues beginnt, nämlich ein zweiter Teil des Gesanges vom Schwert. Während der erste Teil mit einer doppelten Handlungsaufforderung an den Propheten schloß, eröffnet den zweiten der Aufruf an Ezechiel, zu weissagen und die Handflächen aneinander zu schlagen (19a). V. 19b wendet sich dann erneut dem Schwert zu: Es soll sich vervielfältigen 77 , d.h. es agiert so behende, daß nicht nur eine, sondern mehrere Waffen tätig zu sein scheinen. Die beiden folgenden Kola umschreiben erneut den vernichtenden Zweck der Waffe („Ein Schwert der Erschlagenen < i s t > es, ein Schwert des großen Erschlagens") vor der abschließenden Partizipialkonstruktion („es umkreist sie" 78 ). V.20aoc gibt als Zweck dieses Geschehens an: „auf daß das Herz erbebt und eine Menge von Gestrauchelten 7 9 " , d.h. die unmittelbar drohende Gefahr soll Schrekken auslösen, der sich in einer - zugleich konkret und bildhaft gemeinten - Erschütterung der Herzen äußert und in einem Hinstürzen vieler, die wohl in Panik umherlaufend und dabei fallend zu denken sind. Dabei dürfte noch nicht an ein Fallen der vom Schwert Getroffenen gedacht sein 80 . Wenn es V.20aß heißt: „An allen ihren Toren will ich < s i e > hingeben dem Schlachten 81 des Schwertes", dann ist deutlich, daß es kein Entrinnen für die Bewohner der Stadt gibt. V. 20b greift dann auf die Schilderung des Schwertes im ersten Teil des Gedich-

71

ZIMMERLI,

BK,479,

FUHS,

NEB,

111,

sehen den Vers als spätere Einfügung; anders

ALLEN,

WBC, 23. 76 F R I E B E L , Sign-Acts, 298, interpretiert die Gestik als Ausdruck von Trauer. Ausgehend von der Voraussetzung, daß das Publikum annimmt, das Schwert bedrohe seinen Feind, meint er: „The reason for mourning was because the sword had been prepared not for Judah's enemies, but for Judah itself (v. 17)." (298). Damit stellt er die These auf, daß nicht eine zukünftige Reaktion auf ein dann erst eingetretenes Verhängnis gemeint sei, sondern „appropriate response to the message of doom" (299) vom Publikum gefordert werde. 77 MT: „und es soll sich verdoppeln dreifach"; Vulg.: „es verdoppelt und verdreifacht sich". 78 hdr Qal ptz. fem. ist hapax legomenon. 19 Aufgrund von LXX und Peschitta geänderte Punktierung (Hof'al ptz.). 80 ksl „straucheln" aufgrund eines Stolperns oder Erschöpft-Seins. 81 MT hier korrupt; der Sinn ist aufgrund der Übersetzungen klar: LXX schreibt „sie werden übergeben dem Schlachten des Schwertes", Vulg.: „an allen ihren Toren habe ich gegeben Verwirrung".

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Thematisierung von Prophetie: Ez 21

t e s z u r ü c k : „ W e h e 8 2 , g e m a c h t ist es z u m B l i t z < e n > , g e s c h ä r f t 8 3 z u m Schlachten!" Z u V. 21 gibt es mancherlei Varianten in der Überlieferung (wie schon zu V. 15b und 18) und dementsprechend einige Verbesserungsvorschläge 8 4 . Der Vers fällt deutlich aus dem Rhythmus des Gedichtes heraus - dies ließe sich durch Tilgen des hästmi, das in MS, LXX und Vulg. fehlt, bereinigen. Die Tatsache, daß das Schwert hier nun direkt angeredet wird, macht V.21 gleichfalls literarkritisch verdächtig: Eine derartige Anrede und eine diese ermöglichende Personifizierung des Schwertes gibt es in diesem ganzen Abschnitt (im Gegensatz zu V. 9) nicht. Gedanklich liegt in dem „Sei scharf, nach rechts [..], nach links, wohin deine Schneide bestellt ist" eine gewisse Doppelung zu V. 19ba - das Schwert soll überall zuschlagen; in V. 19 ist dieser G e d a n k e jedoch origineller formuliert. V. 21 wäre allenfalls zu „retten", wenn man ihn aufgrund der plötzlichen Personifizierung und der Aufforderung an das Schwert als Auftakt des eigentlichen Gerichtsgeschehens und somit als H ö h e p u n k t des Abschnitts verstünde. G o t t e s A n s a g e in V. 22 - „ U n d a u c h ich will m e i n e H a n d f l ä c h e n g e g e n e i n a n d e r schlagen u n d m e i n e m Z o r n R u h e v e r s c h a f f e n Gestus". COOKE, ICC, 71, interpretiert die Gesten in 6,11 als „gestures of malignant satisfaction", die er aber in Kap.21 „inconsistent with the action which follows" (230) findet. 86 So GREENBERG, AncB, 424, „being fed up and about to take action", ein anderes Verständnis also als in 6,11. Man könnte hier Ez 22,13 als Analogie anführen. 87 So FUHS, NEB, 112; EICHRODT, ATD, 193, der es als „Waffenzauber" einschätzt. Dann wäre der Prophet als „Magier" am Vernichtungsgeschehen beteiligt, indem er es in Gang setzt und beschleunigt. 88 Vgl. Ps 47,2; 98,8; Jes 55,12; als Ausdruck der Schadenfreude: Ez 25,6; Nah 3,19; Thr 2,15 sowie Zef 2,15.

Worte vom Schwert

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gesgewissen Heeres vorweg, in den Gott selbst - so grausam diese Vorstellung anmuten mag - einstimmt, sobald das Gericht sich vollzieht 8 9 . Schließlich bleibt in diesem Zusammenhang noch die These zu bedenken 9 0 , daß das Gedicht auf ein vorfindliches Schwertlied zurückgreift 91 , bzw. im Stil eines derartigen Liedes abgefaßt ist. D e n „Sitz im Leben" hat man im Beisammensein von Kriegern gesehen, die sich vor dem Kampf in die rechte Stimmung versetzen 9 2 und ggf. ihr Singen mit Klatschen begleiten, sich vielleicht auch im Takt dazu bewegen 9 3 . Unter diesem A s p e k t betrachtet verstärkt sich die Konnotation der unmittelbaren Vorbereitung eines kriegerischen Geschehens. D a s Schwert steht also bildhaft stellvertretend für die kriegerische Macht, die sich zum Kampf gegen Gottes Volk rüstet - in der konkreten damaligen Situation deutet es auf Babylon. Auffällig ist, daß der Prophet den Auftrag erhält, im R a h m e n seiner Verkündigung die Geste vorwegzunehmen, die am E n d e Gott selbst vollführen will. So besteht ein deutliches Abbildungsverhältnis zwischen Prophet und Gott: D e r Prophet macht den Adressaten konkret anschaulich, was Gott allenfalls bildhaft vollzieht, und erscheint damit einmal mehr als Ausdrucksinstrument YHWHS. D i e s bildet eine wesentliches M o m e n t des Abschnittes 21,13-22: In die Botschaft, die Gott Ezechiel laut V. 13.14a aufträgt, ist er als Person stark einbe89 FRIEBEL, Sign-Acts, 301-303, bietet als zusätzliche Deutungsmöglichkeiten des Händeklatschens: Zorn (unter Verweis auf Num 24,10), Kummer (wie nach seiner Ansicht auch in Ez 6,llf.), das Rufen eines Dienstboten (ohne Beleg) sowie das Nachahmen des Geräusches, das das Zuschlagen des Schwertes macht. „The most fitting interpretation is that the gesture expressed God's indignation at the rebelliousness of the people" (303). Damit verweist die Gestik für ihn wiederum auf etwas, das zum Zeitpunkt des Vollzugs der Zeichenhandlung als gegenwärtig zu betrachten ist. 90

Vgl. FOHRER, H A T , 120; ZIMMERLI, B K , 4 7 4 - 4 7 8 ; ALLEN, W B C 29, 23; POHLMANN, A T D ,

325. Letzterer sieht ähnliche Schwertlieder in Jer 47,6f. und 50,35-38 gegeben (ATD, 325 Anm. 86). 91 Dies vorfindliche Lied wäre dann in den Versen 14b.l5a(16?).19b.(20a).20b zu vermuten, die im Zusammenhang gelesen einen solchen Gesang abgeben, ohne Bezüge auf den speziellen Kontext bei Ezechiel aufzuweisen. Vgl. dagegen die Rekonstruktion des Schwertgedichtes von R.J. TOURNAY, Le Poème de l'Épée, Ezéchiel 21:13-22 et ses relectures, in: Essays on the Bible and the Ancient World, hrsg. A. Rofé & Y. Zakovitch, Vol. Ill (Isaac Leo Seeligmann Volume), Jerusalem 1983, 249-262: 14.15a.l6.17a.l5b.l7b.l8-22. Zu anderen Rekonstruktionen in der älteren Forschung, vgl. HÖLSCHER, Hesekiel, 113, oder N. Messel, Ezechielfragen, Oslo 1945, 85. 92 Vgl. die Ausmalung dessen bei R.M. HALS, Ezekiel, Grand Rapids 1989 (FOTL 19), 151. 93 EICHRODT, ATD, 192, sieht es als Tanzlied im Rückgriff auf van den Born. Ebenso FUHS, NEB, 111. S. TERRIEN, Ezekiel's Dance of the Sword and Prophetic Theonomy, in: R. Weis/D. Carr (hrsg.), A Gift of God in Due Season, Sheffield 1996 (JSOT.S 225), 119-132, geht davon aus, daß das Schwert als „Tanzpartner" Ezechiels fungiere und der Prophet die Worte durchgehend mit Aktionen begleitet, indem er wie ein Gaukler mit dem Schwert jongliert, in die Hände klatscht, es hochwirft und wieder auffängt, und sich dabei womöglich auch Verletzungen bis hin zur Selbstverstümmelung zuziehe. Dagegen FRIEBEL, Sign-Acts, 298: „There is no textual basis for assuming that from the very beginning of the oracle Ezekiel was performing an excited and frenzied 'sword dance' of which the nonverbal behaviors of vv.17 and 19 were only a part."

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zogen: Er soll nicht allein Gottes Wort sprechend übermitteln, sondern außerdem die Worte durch Handeln ergänzen und begleiten, illustrieren und interpretieren: Der erste Teil des Schwertliedes gipfelt im Aufruf zu Klagegeschrei und Trauergestus - hier repräsentiert das von Ezechiel geforderte Tun die menschliche Reaktion der Angst, Verzweiflung und Trauer angesichts des drohenden Gerichts. Der zweite Teil des Gedichts beginnt mit dem Verweis auf ein Handeln des Propheten, welches die Worte der Gerichtsansage vermutlich begleiten soll. Damit nimmt er die Aktion Gottes vorweg, die den Höhepunkt und Abschluß der gesamten Passage bildet: War Ezechiels Klatschen Anstoß und Begleitung zu den Worten über das hereinbrechende Gericht, welches im Bild des kampfbereiten Schwertes versinnbildlicht wird, markiert die analog bezeichnete Handlung Gottes den Vollzug des Gerichts, durch welches Gott seinen Zorn zu befriedigen gedenkt.

2.2.2 Wegweiser und Schwertgericht

(21,23-37)

„Wortereignisformel" (V.23) und „Gottesspruchformel" (V.37bß) fassen diese Passage ein. Anrede und Beauftragung (V. 33aa) schaffen eine Unterteilung des Abschnitts: Die Anweisung zu einer zeichenhaften Handlung dient als Anknüpfungspunkt für zwei Gerichtsworte. 2.2.2.1 Der Wegweiser für Babels Schwert gegen Jerusalem (21,23-32) Eingeleitet durch die Wortereignisformel (V.23) sowie die mit Kopula angeschlossene direkte Anrede we'attäh und die bcen-'üdam-Apostrophe erhält Ezechiel die Aufforderung zu einer Aktion: „Richte dir ein zwei Wege für das Kommen des Schwertes [des Königs von Babel] 94 . Aus dem Land als einer 95 gehen beide aus. Und einen Wegweiser richte 96 auf den Anfang des Weges (der) zur Stadt. Einen Weg sollst du einrichten für das Kommen des Schwertes nach Rabbah, der Ammoniter, und nach Juda in das befestigte Jerusalem." (Vv.24f.). Die gesamte Wendung läbö' hcera?b mwlask-bäbcel wird von Z I M M E R L I , BK, 481.485, und NEB, 113, als interpretierende Glosse angesehen; ebenso die Erwähnung des Schwertes in V. 25. Allerdings besteht die Interpretation - wenn überhaupt - vor allem in der Erwähnung des Königs von Babel. Daß die Wege für das Kommen des Schwertes bestimmt sind, greift Späterem weniger vor; in V.25 erscheint wiederholt die Infintivkonstruktion und präzisiert dann als neue Information die Ziele des Schwertes. Wer/was mit dem Schwert gemeint ist, geht dann aus V.26, der Deutung, hervor. 95 In zwei hebr. Handschriften sowie in Übersetzungen heißt es „aus einem Land"; daher wird die Änderung von 'aehäd in MT in die feminine Form 'ahat als gegeben betrachtet. Doch könnte sich das Zahlwort auch auf das maskuline Nomen d&rtek beziehen und dann ausdrükken, daß die zwei Wege aus einem hervorgehen, also eine Weggabelung vorliegt. 96 Man könnte sich hier den Imperativ stm noch fortwirkend denken; das zweimal vorkommende bf scheint eine korrupte Überlieferung zu sein (vgl. Zimmerli). 94

FUHS,

Worte vom Schwert

43

Das dem Propheten hier aufgetragene Tun hat man sich unterschiedlich vorgestellt: Entweder solle die Weggabelung en miniature dargestellt werden - als Zeichnung im Sand 97 , als Einritzung in Stein 98 oder als Abbildung in natürlicher Größe 9 9 , aber eben an dem Ort in der Fremde, wo sich die Deportierten um Ezechiel aufhalten. Es wäre schließlich auch denkbar, daß die Handlung gar nicht konkret ausgeführt wird, sondern auf der Wortebene verbleibt, indem eben lediglich diese Beauftragung wiedergegeben wird 100 . Anders als im vorausgehenden Abschnitt ist Ezechiel hier nicht als Person involviert, sondern lediglich gehalten, eine Szenerie zu schaffen, die dann in den folgenden Versen als Schauplatz des Geschilderten dient - das aber wohlgemerkt nicht realistisch abgebildet, sondern eben nur beschrieben wird 101 . V. 26 knüpft mit der Konjunktion ki an die Handlungsanweisung an und wirkt dadurch wie eine Begründung derselben; tatsächlich erfüllt sich die von Ezechiel zu schaffende Szenerie des Scheideweges nun mit Leben und erhält so einen Sinn: „Der König von Babel wird hintreten an (die Mutter des Weges) den Knoten-/Ausgangspunkt des Weges, an den Anfang der beiden Wege, um durch Orakel eine Entscheidung zu suchen: Er lost mit Pfeilen, befragt mit Teraphim, beschaut die Leber." (26). Damit macht der Vers zunächst unmißverständlich deutlich, wer mit dem „Schwert" in Vv.24f. gemeint ist: der König von Babel mit seiner Armee - ist das Gerichtswerkzeug. Angesichts der am Scheideweg anstehenden Frage, welchen der beiden Wege er wählen soll, trifft der Babylonier seine Entscheidung nicht eigenmächtig, sondern verläßt sich auf gründliche Gottesbefragung: Drei unterschiedliche mantische Praktiken werden erwähnt, die hier aus israelitischer Sicht zwar als heidnisch anzusehen sind 102 , aber von tiefer Gottesfurcht des babylonischen Königs zeugen. Als Ergebnis dieser Bemühungen konstatiert V.27: „In seiner Rechten wird sein der Lospfeil Jerusalems ...". Erst daraufhin lenkt er sein Heer in Richtung auf Jerusalem. V. 27 malt mit wenigen Worten die Schrecken der Belagerung und Bestürmung der Stadt aus, indem er Kriegsgeschrei, Sturmböcke, Belagerungswall und -werk erwähnt. V.28 nimmt die Reaktion der Jerusalemer auf das an den König von Babel ergangene Orakel (kqsm, vgl. Qere) in den Blick: Sie betrachten es als Lüge, als heidnischen Trug - sie fühlen sich nämlich durch Eidesleistungen gesichert 103 , d.h. wohl, sie verlassen sich auf Gottes vermeintliche Zusage, auf die Unein97 98

So So

COOKE, I C C , 2 3 1 ; GREENBERG, EICHRODT, A T D ,

ALLEN, W B C , 99

196;

AncB, 426; B L O C K , N I C O T , 684. 157; F U H S , NEB, 113, unter Verweis auf Ez

LAMPARTER, B A T ,

4,1;

26.

Von Z I M M E R L I , BK, 486, als eine von mehreren Möglichkeiten genannt. Dies berührt die noch zu betrachtende Frage nach der Natur der sogen. Zeichenhandlungen bei Ezechiel. Vgl. unten 4.2. »)' Vgl. F R I E B E L , Sign-Acts, 3 0 9 , gegen die von J.B. T A Y L O R , Ezekiel, Downers Grove 1 9 6 9 ( T O T C ) , 1 6 3 , vertretene Ansicht, Ezechiel habe auch den babylonischen König dargestellt. 102 Diese aus der babylonischen Umgebung bekannten Praktiken beschreibt der Text mit dem ihm zu Gebote stehenden hebr. Wortschatz. 103 28aß nicht in LXX und Peschitta, daher z.T. als Zusatz betrachtet. 100

44

Thematisierung

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nehmbarkeit Jerusalems, die die Erfahrungen des Jahres 701 zu garantieren scheinen. Er jedoch, der König von Babel nämlich, wird sie - zunächst durch sein Erscheinen vor ihren Mauern, später durch die Einnahme der Stadt - an ihre Schuld erinnern, damit sie dafür haftbar gemacht werden. Mit dem Ausblick auf das Anrücken der babylonischen Kriegsmacht in Vv. 26-28 macht Gott klar, daß der König von Babel sein Werkzeug ist. Hinter der Entscheidung, die der heidnische Großkönig durch seine Orakelpraktiken erlangt, steht letztlich der Wille des Gottes Israels, der sich der Babylonier bedient. Wenn die Jerusalemer, die selbstverständlich davon ausgehen, daß eine Weissagung, die auf diese Weise erfolgte und ihnen mit Vernichtung droht, nur Trug sein kann, dann täuschen sie sich in diesem Falle ironischerweise selbst. Somit berühren die Verse 26-28 auch das Thema der Gottesbefragung im weiteren Sinne und lassen die Frage nach „wahrer" und „falscher" Prophezeiung durchscheinen. Heidnische Orakelpraxis ist nicht automatisch inhaltlich falsch. Der Verständnisfehler liegt aufseiten des Gottesvolkes, das sich der Zuwendung seines Gottes zu selbstverständlich gewiß ist104. Während das YHWH-Wort sich in Vv.26-28 an Ezechiel richtet 105 , ihn zu einem Handeln auffordert und ihm in einer Erklärung dazu das zukünftige Geschehen vor Augen führt, ergeht in Vv.29-31 ein Gottesspruch bzw. zwei Gottessprüche, die die vom Gericht Betroffenen bzw. den Fürsten in Israel direkt in der 2. Pers. anreden (vorher wurde über sie, aber auch über den König Babels in 3. Pers. gesprochen). Das erste, an eine Mehrzahl gerichtete Wort (V. 29), eingeleitet durch die prophetische „Botenformel", setzt sich aus einer Anklage und einem Drohwort (29bß) zusammen. Es berührt sich inhaltlich stark mit V. 28b, wirkt wie eine Wiederaufnahme und Entfaltung im Blick auf die Adressaten. Während allerdings die hier gemeinten Personen in V.28b passivisch an ihre Schuld erinnert wurden, heißt es jetzt, daß sie selbst daran erinnert haben. Die Schuld wird spezifiziert als offenkundige Abtrünnigkeit (ps'), als Sünden, die all ihr Tun erkennen läßt. Dafür sollen sie zur Verantwortung gezogen werden, nämlich indem sie „gepackt" werden, d.h. einem gewaltsamen Übergriff zum Opfer fallen. In V.28b macht der angreifende Feind den Jerusalemern ihre Schuld, die Gottlosigkeit, bewußt; denn eine solche Bedrohung gemahnt daran, daß YHWH seine schützende Hand von ihnen nimmt. In V. 29 dagegen erinnert das Gottesvolk selbst an sein Verschulden, eben durch ihr Treiben, welches ihren Abfall von YHWH zeigt. Die Berührung zwischen V. 28b und V. 29 besteht im wesentlichen in der Verwendung derselben Verbalstämme (zkr und tp's), der ausgesprochene Gedanke wird unterschiedlich akzentuiert. 104 EICHRODT, ATD, 197, meint, qsm beziehe sich auf die Ankündigungen Ezechiels selbst, denen man keinen Glauben schenke. 105 Dies entspricht also einem sogen, „privaten Orakel", definiert als direkte Rede, die der Prophet nicht weiterzugeben hat (vgl. K. KOCH Was ist Formgeschichte, Neukirchen-Vluyn 5

1989, 233).

Worte vom Schwert

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Den ganzen V.29 einschließlich der „Botenformel" verbindet die Konjunktion laken mit dem Vorhergehenden. Normalerweise knüpft sie mit nachfolgender „Botenformel" innerhalb einer längeren Unheilsprophezeiung das eigentliche Drohwort an eine vorausgehende Anklage an. Hier jedoch geht ein Ausblick auf das Herannahen des Gerichtes in der konkreten Gestalt des babylonischen Königs voraus, den Gott dem Propheten gewährt. In diese Zukunftsschau integriert ist allerdings die Frage der Gottesbeziehung, die anhand des Themas der Prophetie angeschnitten wird. Babels König erhält mittels heidnischer mantischer Praktiken einen Bescheid, der im Sinne YHWHS, ja, von ihm gewirkt ist, während die Jerusalemer sich in trügerischer, selbstgefälliger Gottesgewißheit und Sicherheit wiegen. In der Verblendung, daß die Jerusalemer im Orakel an den Babylonier nicht Y H W H S Hand erkennen, sondern Gottes frühere Zusage an sie trotz eigener Untreue als Sicherheitsgarantie betrachten, liegt das Vergehen, für das sie büßen müssen. Das Wort an den Propheten (25-28) enthält somit bereits die Anklage. Insofern drängt sich der Verdacht auf, daß das direkt an die Jerusalemer adressierte Wort V. 29 vor dem Hintergrund von Vv.24-28 aus V.28b heraus formuliert wurde 106 . Die folgende Gerichtsansage an das Oberhaupt Israels (30f.) bildet eine kleine Untereinheit in sich. V. 30 enthält eine direkte Anrede an eine männliche Person (w e 'attäh), die zuerst als „unheiliger Frevler" qualifiziert und erst dann als Fürst Israels identifiziert wird (30a). Der Relativsatz (30b) impliziert bereits eine allgemeine Gerichtsandrohung: „Dessen Tag soll kommen - mit der Zeit der Schuld Ende". Wenn also die Schuld durch Gottes Gericht ein Ende hat, wird auch ihn das Gericht ereilen. Die „Botenformel" eröffnet einen doppelten, als synthetischen Parallelismus gestalteten Imperativ: „Entferne den Kopfbund und nimm weg die Krone." Bei dieser Formulierung fällt auf, daß das Wort misnoepoet außer hier bei Ezechiel nur in priesterschriftlichen Passagen in Ex und Lev107 vorkommt, wo es die Kopfbedekkung des Priesters bezeichnet, '"täräh benennt die Krone als königliche Insignie108 oder als schmückendes, jemanden auszeichnendes Attribut 109 , was auch im übertragenen Sinne gemeint sein kann110. Wichtig in diesem Zusammenhang sind einige Stellen, an denen der Verlust einer Krone als Ausdruck des sich vollziehenden Gerichts dient. Jes 28,1^1 verwendet bildhaft die Krone bzw. den Blütenkranz, mit dem sich die Teilnehmer bei einem Gelage zu schmücken pflegten. Das Wehewort dort kündigt an, daß der Kranz zu Boden geworfen und zertreten wird. Dieser Kranz, den der Parallelismus mit einer welken Blume gleichsetzt (V. 1, vgl. V.4), deutet bildhaft auf die Stadt Sama106 Es besteht aus grammatischen (Personenwechsel) und formalen (Botenformel) Gründen ein deutlicher Einschnitt zwischen V. 28 und 29. - P O H L M A N N , ATD, 321, beurteilt V. 29 als Zusatz. 107 Ex 28,4.37.39; 29,6; 39,28.31; Lev 8,9; 16,4. 108 1 Chr 20,2; Est 8,15; Cant. 3,11; Ps 21,4; Sach 6,11 (vom Hohenpriester). Es fragt sich, ob aufgrund der Kombination der beiden Vokabeln an eine Art Priesterkönig gedacht ist? 109 Ez 16,12; 23,42. 110 Hi 31,36; Prov 4,9; 12,4; 16,31; 17,6.

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von Prophetie: Ez 21

ria und deren Untergang hin. Zugleich schließt das Bild der bekränzten Zecher auch den Vorwurf ein, der die Vernichtung begründet, nämlich die Trunkenheit - auch sie ist zusätzlich ein Sinnbild, nämlich für die Verblendung der Betroffenen. V.5f. greift das Bild auf und deutet es um: Tatsächlich ist Gott selbst die Krone für die, die das Gericht überstehen, d.h. er ist es, dessen man sich rühmt und ihm kommt die herrscherliche Stellung zu. Im Zusammenhang eines Jeremia-Wortes gegen den Hochmut Israels (Jer 13,15-19) sollen König und Königinmutter angeredet werden: „Setzt euch ganz nach unten, denn die Krone der Herrlichkeit ist euch vom Haupt gefallen." (18b). Dies verweist auf den Verlust der Herrschaft aufgrund der Deportation des Volkes Juda (V. 17 und 1 9 ) m . D a s E n t f e r n e n der Insignie signalisiert den Verlust des hochgestellten Amtes. D a s B e s o n d e r e in der Formulierung liegt in der A u f f o r d e r u n g an den Amtsinhaber, selbst das Zeichen seiner W ü r d e zu entfernen. D i e K r o n e erscheint nur noch als äußerer Putz, weil die Stellung, die sie symbolisieren soll, nicht m e h r gegeben ist. G o t t begründet seinen Befehl mit der Ankündigung, daß die besteh e n d e n Verhältnisse sich in ihr Gegenteil verkehren werden (31b). D e r G e d a n ke, daß H o h e s niedrig und Niedriges hoch wird, k o m m t in P r o p h e t e n b ü c h e r n und Schriften des A T häufiger vor. Das Verkehren von Hoch und Niedrig in ihr Gegenteil ist ein Handeln Y H W H S , in dem sich seine (Schöpfer-)Macht ausdrückt 112 und das meist im Zusammenhang mit dem Gericht Gottes genannt wird (explizit in Ps 75,8). Dabei assoziiert das Gegensatzpaar hoch - niedrig, abgesehen von einem konkreten Hinweis auf die tatsächliche gesellschaftliche Position, vor allem die gegensätzlichen Haltungen von Hoch- und Demut Ein hoffärtiger Mensch überhebt sich selbst, fühlt sich möglicherweise selbst wie Gott und gesteht Gott nicht die Ihm eignende Macht zu. So verursacht der Hochmütige seinen Sturz selbst (vgl. Prov 29,23; 16,18). Dementsprechend ist die Erniedrigung des Stolzen als Gericht Gottes zu werten" 4 . Diese Vorstellung, daß Gott die Hoffärtigen zur Strafe erniedrigt, tritt vor allem im Jesajabuch im Kontext des göttlichen Endgerichts, des Tages Y H W H S , auf 115 ; sie findet sich auch in Ez 17,24 in Verbindung mit dem Bild des Baumes. Auch hier bei Ezechiel erscheint das Motiv im Z u s a m m e n h a n g eines Gerichtswortes und impliziert, daß der Fürst Israels seine h o h e Stellung einbüßt, weil er sich des H o c h m u t e s schuldig gemacht, d.h. Y H W H nicht die ihm g e b ü h r e n d e E h re gegeben hat. 111 Hinter der Klage, daß die Krone vom Haupt gefallen ist (Thr 5,16) steht wiederum die Vorstellung des Festes, aus Anlaß dessen man sich bekränzt. Freude und Reigen (V. 15) gehören ebenso in dieses Bild hinein. Hi 19,9 beklagt, daß Gott dem leidenden Hiob sein Ehrenkleid ausgezogen und die Krone genommen habe: Damit ist bildhaft gesagt, daß er ihn seiner gesegneten, ausgezeichneten Stellung beraubt habe. Diese beiden Stellen beklagen also den Verlust der Lebensfülle, die sich im Bild des Festes, zu dem auch der Blütenkranz gehört, ausspricht. 112 Vgl. 1 Sam 2,7; Ps 113,7; 147,6; Jes 40,4; Hi 40,11. 113 Ps 18,28 (= 2 Sam 22,28); Jes 2,11; Hi 22,29. 114 Jes 10,33 im Bild der Bäume; Jes 13,11; 29.4. 115 Jes 2,9-17;v.a. V.2 (vgl. 5,15).11.12.17; Jes 25,11.12; 26,5; Zeph 2,10.

Worte vom

Schwert

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V.32a stellt dreimal asyndetisch das Wort 'awwäh nebeneinander, ein nur hier vorkommendes Substantiv, das sich von dem Verbalstamm 'wh herleitet, der „umkehren" im Sinne von „umstülpen, das Oberste zu unterst kehren", bedeutet. Das Substantiv läßt sich als „Zerstörung", „Trümmer" nur ungenügend wiedergeben: „Trümmer, Trümmer, Trümmer, ich will sie machen." 116 . Diese Aussage spielt deutlich auf die Ankündigung der Zerstörung Jerusalems beim Propheten Micha (3,12) an. Die Formulierung ist dort ausführlicher; bei Ezechiel wird hier derselbe Gedanke lapidar, aber kraftvoll in dem einen Wort 'awwäh konzentriert und eingefangen. Bei Micha gibt es drei, letztlich synonyme, Glieder: Es ist vom Umpflügen des Zion die Rede (auch dies eine Art von „Umstülpen"); Jerusalem soll werden zu 'iyytmul, ein Nomen, das ebenfalls vom Verbalstamm 'wh abgeleitet wird und sich mit Ezechiels 'awwäh stark berührt, und schließlich soll der Tempelberg von Gestrüpp überwuchert werden. Interessant ist, daß auch Micha in den vorhergehenden Versen unter anderen Kritikpunkten das Problem der Prophetie aufwirft und die Überzeugung der Jerusalemer, eine Sicherheitsgarantie zu haben, anspricht. Mi 3,12 wird zudem in Jer 26,18 zitiert 118 , wo es gleichfalls um die Frage der wahren und falschen Prophetie geht. L i t e r a r k r i t i s c h b e t r a c h t e t e r s c h e i n t es d u r c h a u s w a h r s c h e i n l i c h , d a ß d e r in V. 23 e i n s e t z e n d e A b s c h n i t t u r s p r ü n g l i c h mit V. 32a e i n e n A b s c h l u ß f a n d , d e r m i t d e m S c h l u ß v o n M i 3 v e r g l e i c h b a r w a r u n d auf d i e s e n in l a p i d a r e r K ü r z e u n d ä u ß e r s t e r K o n z e n t r a t i o n d e u t l i c h a n s p i e l t e . F e r n e r ist zu v e r m u t e n , d a ß V. 30/31 u r s p r ü n g l i c h n i c h t in d i e s e n Kontext gehörten119. D a s Wort an den Fürsten Israels bindet der Schuldgedanke (V.30) a n V . 2 9 a n , w ä h r e n d d a s M o t i v d e s I n s - G e g e n t e i l - V e r k e h r e n s ( V . 3 1 b ß y ) z u m S t i c h w o r t 'awwäh in V e r b i n d u n g s t e h t 1 2 0 . S o m i t h a t V. 32a w o h l e i n m a l u n m i t t e l b a r a n V . 2 8 ( o d e r 29) a n g e s c h l o s s e n . V . 3 2 b b i e t e t e i n e n A u s b l i c k auf d i e Z e i t n a c h d e r Z e r s t ö r u n g : A u c h d i e s e r Z u s t a n d soll n i c h t b l e i b e n ( 3 2 b a vgl. 3 1 b a 1 2 1 ) ; e i n e r soll k o m m e n , d e r d a s R e c h t h a t , „ d e m will ich es (= d a s R e c h t ? ) g e b e n . " . 3 2 b ß s p r i c h t v o n e i n e m ( e n d z e i t l i c h e n ? ) v o n G o t t b e s o n -

116 Das Suffix der Verbform kann sich auf das dreimalige 'awwäh zurückbeziehen, vorausgesetzt, dies ist als fem. betrachtet. Es wird jedoch auch auf die Stadt Jerusalem bezogen und dann übersetzt: „ Z u Trümmern will ich sie machen." Zwar ist dies letztlich gemeint, doch besteht die Schwierigkeit, daß das Bezugswort Jerusalem recht weit von diesem Vers entfernt steht. 117 Mi 1,6 verwendet eine ähnliche Formulierung im Blick auf Samaria. 1,8 A u ß e r d e m nimmt Ps 79,1b rückblickend auf die eingetretene Zerstörung Jerusalems den Wortlaut auf. Dies spricht für die Bekanntheit des Micha-Spruches. 119 Die auffällige B e r ü h r u n g von V.30 mit V.34 könnte n a h e legen, daß eine Abhängigkeit der beiden Verse voneinander besteht. 120 Das Wort an den Fürsten Israels mag an dieser Stelle eingefügt sein, weil die Erwähnung des babylonischen Königs auch an den unterlegenen Herrscher denken ließ, oder weil - wie zuvor in 21,17 e t w a - d a s Volk und seine Machthaber getrennt behandelt werden. BLOCK, NICOT, 689, meint, Ezechiel sei derartig in Erregung geraten, d a ß er sich zu einem Ausbruch gegen Zedekiah hinreißen lasse. 121 Diese W i e d e r a u f n a h m e legt zusammen mit dem Blick auf den Herrscher in Israel nahe, daß V.32b erst zugewachsen ist, nachdem V.30f. in den Kontext eingebettet wurden.

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Thematisierung

von Prophetie: Ez 21

ders ermächtigten Herrscher, reiht sich somit ein in die Reihe der sogen, „messianischen" 122 Texte. Betrachtet man das Kapitel bis hierher - ohne Vv.l5b, 18,21 sowie 30f. und 32b - , so ergibt sich eine Steigerung, indem das drohende Gericht sich zunehmend konkretisiert: Vom Bild des Waldbrandes über das des gezogenen Schwertes und den Gesang über ein scharfes, blitzendes Schwert, das als dämonische Größe das Gottesvolk bedroht, wird das Gerichtswerkzeug Gottes schließlich konkretisiert im König von Babel, der aufgrund göttlicher Lenkung gegen Jerusalem ziehen wird. Gottes Gerichtswort wird also im Laufe des Kapitels immer unverblümter und gipfelt in einer deutlichen Anspielung auf ein bekanntes Micha-Wort. Darin äußert sich noch einmal pointiert der Rückgriff auf die prophetischen Vorgänger und ihre Bildersprache innerhalb dieses Kapitels. 2.2.2.2. Schwert und Feuer über Ammon

(21,33-37)

Es schließt sich eine weitere Passage an, die mit dem Vorhergehenden durch die - z.T. wörtlich wiederaufgenommene - Bildersprache in engere Beziehung tritt. D a es keine neue Wortereignisformel gibt, sondern die bœn-'âdâm-Anrede und der Redeauftrag mit dem doppelten Imperativ und anschließender „Botenformel" (33aa) die Verse einleiten, erscheinen sie mit dem vorigen Abschnitt enger verknüpft. Als Betroffene des Gotteswortes sind die Ammoniter und ihr Schmähen genannt. Offenkundig knüpft dieser Text also an die Aussage in V. 25 an, daß einer der Wege in die Hauptstadt der Ammoniter, der andere nach Jerusalem führt. Wie aus dem Spruch gegen A m m o n in Ez 25,1-7 hervorgeht, haben die Ammoniter die Zerstörung Jerusalems und die Deportation seiner Bewohner mit hämischer Schadenfreude beobachtet. Das ihnen nun zur Strafe dafür angesagte Gericht vollzieht sich somit später als das an Juda/Jerusalem. Die Passage gilt einhellig als spätere Anreicherung 1 2 3 . 122

So bereits Hieronymus, der eine Anspielung auf Gen 49,10 sah (PL 25, 207). F O H R E R , HAT, 126, sieht 32b zwar abhängig von Gen 49,10, betrachtet den Vers aber nicht als messianisch. W.L. MORAN, Gen 49,10 and Its Use in Ez 21,32, in: Bib 39 (1958), 405-425, sieht sowohl in Ez 19 als auch in 21,32 eine Anspielung auf Gen 49,10. Es gehe Ezechiel in beiden Fällen darum, die Frustration auszudrücken, die durch die Nicht-Erfüllung des Segenswortes gegeben sei, statt des Heilskönigs komme ein Zerstörer (S.423f.). G R E E N B E R G , AncB, 435, nimmt diese Interpretation auf, da diese Parodie zu Ezechiel passe. 123 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 116; C O O K E , I C C , 226.235; B A R D T K E , Hesekiel, 110; F O H R E R , HAT, 1 2 6 ; EICHRODT, A T D , 2 0 1 ; LAMPARTER, B A T , 1 6 0 ; ZIMMERLI, B K , 4 8 4 ; A L L E N , W B C , 2 4 ; G R E E N -

AncB, 448; P O H L M A N N , ATD, 3 1 9 . - D i e „authentische Stellungnahme" ( E I C H R O D T , ATD, 201) Ezechiels zu Ammon liege in 25,1 ff. vor. Ferner begegnet die Annahme, es handle sich um einen Spruch Ezechiels, der gegen Israel gerichtet war und später auf Ammon umgemünzt wurde (so B. LANG, Kein Aufstand in Jerusalem, Stuttgart 1978, [SBB 3] 120-125, der unerträgliche Fluch sei ins Ausland abgelenkt worden [123; vgl. B. GOSSE, Ez 28,11-19 et les détournements de malédictions, in: BN 44, (1988), 30-38 (30f.) ]; 33b-35a werde das Schwert angeredet, das wieder eingesteckt werde, nachdem es seine blutige Arbeit getan habe; 35b-37 sei die an das Volk gerichtete Ansage des Unterganges ohne Benützung des Schwertbildes). Nimmt man BERG,

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Der Beginn der Unheilsankündigung (33b) ist im Anklang an 14b/15a formuliert und trägt damit gleichfalls Züge eines Schwertliedes: „Ein Schwert, ein Schwert, gezückt, um zu töten, geschärft, um zu vertilgen, < u n d > um zu blitzen. 124 ". Wie in V.28 spielt auch in V.34a das Thema der Prophetie eine Rolle: „In Schauungen (war dir) erhieltest du Trug, im Losorakel (war dir) Täuschung." Aufgrund falscher Weissagungen wiegen sich die Angesprochenen in Sicherheit und fühlen sich nicht vom Gericht bedroht. Die knappe Bemerkung V. 34a impliziert Kritik an den geübten mantischen Praktiken, an einer Verblendung, die auf einen garantierten göttlichen Schutz setzt, ganz gleich, wie man sich verhält. Eben deshalb verdienen sie die Bezeichnung „Frevler", an deren unheilige Hälse das Schwert gesetzt werden soll125. In diese Formulierung ist bereits Material aus V. 30 eingeflossen (rs; hll), der Rest von V. 34 nimmt den Wortlaut von V. 30b auf, lediglich das Suffix an yöm ist hier passend zum Kontext in den Plural gesetzt. Die ersten drei Wörter von V. 35 („Bring < e s > zurück in seine Scheide") sind nicht ganz leicht zu deuten und haben deshalb zu verschiedenen Hypothesen Anlaß gegeben 126 . Auffällig ist der Gegensatz zum ersten Schwertwort in diesem Kapitel, wo es gerade hieß, es solle nicht wieder eingesteckt werden, um die Unausweichlichkeit des Gottesgerichts auszudrücken. Hier soll das Schwert wieder eingesteckt werden; doch bedeutet dies nicht, daß die Angeredeten vom Gericht verschont werden - ganz im Gegenteil. Vielmehr revidiert Gott die Art, das an, müßte man konsequenterweise auch davon ausgehen, daß rbt bny 'mwn in V. 25 gleichfalls sekundär ist. Denn für das Gerichtswort gegen Jerusalem ist es gleichgültig, wohin der zweite Weg führt; wichtig ist nur, daß es eine Weggabelung gibt und daß der eine Weg nach Jerusalem führt. POHLMANN, ATD, 326, erkennt zwei Teile in diesem Stück: V. 33f., hervorgerufen durch die Erwähnung der Ammoniter in 21,25, und 35-37, eine Stellungnahme zum Geschick Babels. Daß ein Völkerspruch außerhalb der Sammlung von Völkerworten in 25-32 erscheint, ist mit Ez 35 im übrigen gleichfalls gegeben. - Zur redaktionellen Einordnung des Ammoniterwortes 21,33-37 vgl. B. GOSSE, Le Recueil d'oracles contre les nations d'Ezéchiel xxv-xxxii d a n s la r é d a c t i o n d u livre d ' E z é c h i e l , in: R B 93 (1986), 5 3 5 - 5 6 2 ( 5 4 9 - 5 5 3 ) . 124 EICHRODT versteht dies als Verschreibung von JehaleV\ was „zum Blitzen" bedeute; die beiden folgenden Wörter bilden dann eine Glosse, die aufgrund der Verschreibung entstand. Die Übersetzungen, allen voran LXX („zur Vernichtung") und Vulg. („ut interficias et fulgeas"), lassen jedoch seinen Vorschlag unwahrscheinlich erscheinen. 125 MT bietet die 2. Pers., als werde das Schwert angeredet. Sicherlich zu Recht wird im gegenwärtigen Kontext 'ötäk zu 'ôtâh emendiert. Die 2. Pers. ist erklärbar durch das zweimalige läk, welches hier abgefärbt haben wird. Der kollektive Sg. wird zwecks Veranschaulichung im Bilde zum PI. aufgelöst. 126 So wurden Vv.35-37 als Wort gegen Babel gedeutet (zuletzt BLOCK, NICOT, 695:33f. sei eine Version des Schwertliedes gegen die Ammoniter, 35-37 sei ein Wort gegen das Schwert, das durch Schmelzen zerstört werde); ähnlich GREENBERG, AncB, der 33-37 als „coda" unter dem Titel „the punishment of the sword" auffaßt und darin „a veiled anti-Babylonian oracle" (448) erblickt. Ferner gibt es die These, daß die Ammoniter Krieg gegen Juda planten - das hieße, das Schwert in 33f. ist gleichfalls ihres? - und daß ihnen diese Absicht nun verwehrt wird (vgl. EICH-

RODT, A T D , 202).

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Thematisierung

von Prophetie: Ez 21

wie das Gericht sich vollziehen soll (Vv.35b-37): E r will das Gericht vollstrecken in d e m Ursprungsland 1 2 7 der Betroffenen; G o t t will seinen Z o r n über sie ausgießen 1 2 8 , „mit Feuer will ich entfachen meinen Z o r n gegen dich, und ich gebe dich in die H a n d roher Männer, Schmiede des Verderbens." Die Stichworte 'es,pwh, hrs assoziieren den Bildbereich einer Schmiedewerkstatt bzw. eines Schmelzofens (vgl. Ez 22,20f.). Der Verbalstamm pwh ist verwandt mit dem Verb nph, das häufiger in der Bedeutung des Feuer-Anblasens auftaucht 129 , hrs bezeichnet den Handwerker, der etwas herstellt, indem er Materialien wie Metall, Holz oder Stein bearbeitet; je nach Material und Produkt gibt man den Begriff unterschiedlich wieder. Im Hebräischen scheint das Wort ohne weitere Zusätze den Schmied zu meinen; dies metallverarbeitende Handwerk geht im Kontext eindeutig aus den verwendeten Materialien oder den Produkten hervor 130 . Ist von Steinmetz, Maurer oder Zimmermann die Rede, geht das Wort eine Constructus-Verbindung mit 'cebcen, qir oder 'es ein 131 . Außerdem bezeichnet hrs in speziellen Kontexten einen Handwerker, der ein Götzenbild herstellt 132 . Dabei kann es sich um Holzverarbeitung handeln (Jer 10,3), häufiger jedoch eindeutig um Schmiedearbeit 133 . Sollte diese spezielle Verwendung des Begriffes hier assoziiert werden, dann könnte die Tatsache in den Blick kommen, daß diese Männer Götzenverehrer sind und deshalb „unkultiviert" (bo"'rtm). D a s von G o t t angeblasene Feuer (36aß) legt nahe, härästm hier als „Schmiede" (eigentlich „Leute, die Verderben h e r b e i f ü h r e n " ) wiederzugeben, die jedoch durch die Construktus-Verbindung mit mashtt metaphorisch gemeint sind. Die Formulierungen in V.36aß.b umschreiben Gottes Z o r n wie so oft mit d e m Bild des Feuers; faktisch vollstreckt wird das Gericht dann durch Menschen, derer G o t t sich als Werkzeug bedient. Als „Schmiede des Verderbens" nutzen sie die Glut, die G o t t e s Z o r n entfacht, als Mittel ihres Tuns, nämlich der Vernichtung des angeredeten Volkes. Bezogen auf A m m o n besagt V. 36 in bildhafter Verschleierung, was 25,4f. direkt aussprechen. V. 37a bleibt noch im Bild des Gerichtsfeuers: Das angeredete Volk soll zum Fraß des Feuers werden, eine Formulierung, die an 21,3 d e n k e n läßt, so d a ß in der jetzigen A n o r d n u n g der bisher betrachteten Abschnitte das Bild des Gerichtsfeuers in zwei verschiedenen Ausprägungen - Waldbrand und Schmelzofen - das Kapitel rahmt und die Variationen des Bildes vom Schwert einfaßt 1 3 4 . 127

Vgl. Gen 19,38 zur Herkunftslegende der Ammoniter. Eine gängige Wendung bei Ezechiel; hier sowie 22,31 bezeichnet za'am den Zorn; sonst steht meist das Synonym hemäh; Ez 7,8; 9,8; 14,19; 20,8.13.21.33.34; 22,22; 30,15; vgl. Jes 42,25; Jer 10,25. I2l > Ez 22,20; Jer 1,13; Jes 54,16; Hi 41,12. 130 Chr 29,5; 2 Chr 24,12 Metalle; 1 Sam 13,19 Messer und Schwert als Produkte. 131 Vgl. Ex 28,11; 2 Sam 5,11; 1 Chr 14,1; 22,15; 2 Kön 12,12; 22,6. 132 Vgl. Dtn 27,15; Jes 40,19; 44,11; 45,16; Hos 8,6; 13,2. 133 Jes 41,7; 44,12. 134 Zu dieser Rahmenkomposition des Kapitels vgl. Z I M M E R L I , BK, 460; F U H S , N E B , 109. Die Kapiteleinteilung in LXX zählt 21,1-5 MT noch zu Kap. 20; dadurch ist das entsprechende kürzere Kap. in LXX ganz auf die Schwertthematik konzentriert und die Rahmenkomposition verwischt. 128

Das Schwertmotiv

im

Ezechielbuch

51

Dies Bild, zum Fraß des Feuers zu werden, bedeutet konkret Blutvergießen (37aß), welches sich der Drohung in V. 35 entsprechend im Heimatland vollziehen soll. Das Gericht bedeutet völlige Vernichtung - dies drückt sich in der knappen Formulierung lo' tizzäkeri (37bot) aus: Selbst das Gedächtnis an dies Volk wird ausgelöscht. Die abschließende Variante der Gottesspruchformel ist als Begründung (ki) angeschlossen: Weil Y H W H es gesagt hat, wird es gewiß so geschehen.

2.3 Das Schwertmotiv im

Ezechielbuch

Die obige Betrachtung hat gezeigt, daß Ez 21 eine Komposition 1 3 5 von Gerichtsansagen darstellt, in deren Zentrum das Schwert als Bild des Gottesgerichtes steht. Doch damit nicht genug - ein Blick in die Konkordanz zeigt, daß das Wort hoerceb im Vergleich zum übrigen atl. Schrifttum im Jeremia- (rund 60mal) und im Ezechielbuch (rund 70mal) unverhältnismäßig häufig vorkommt. Sachlich leuchtet dies insofern ein, als es in beiden Büchern um das bevorstehende Gericht an Jerusalem geht, das sich in Gestalt des kriegerischen Übergriffes durch die Babylonier vollzieht. Das Schwert verweist also einerseits auf ein konkretes kriegerisches Geschehen, andererseits avanciert es durch die Interpretation der kriegerischen Eroberung als Gericht Gottes zum Inbegriff der strafenden Aktivität YHWHs 1 3 6 und erhält so bildhafte Qualität 1 3 7 . Im Gebrauch des Schwert-Begriffes sind trotz dieser grundlegenden Gemeinsamkeit zwischen Jer und Ez Unterschiede festzustellen. Zunächst fällt auf, daß ein Viertel der Belege in Jer die Kombination von Schwert, Hunger und Pest zu einer Trias von Strafmitteln („Heimsuchungstrias"' 3 8 ) bietet 139 . Die betreffenden Stellen gelten als redaktionell 1 4 0 bzw. dtr 141 . Diese Trias findet sich bei Ez le135

Vv.15b.18.21.30f.32b; vielleicht auch 29. Ausnahmen bilden Jer 26,23 (Uria wird mit dem Schwert hingerichtet) und 41,2, wo Gedalja mit dem Schwert ermordet wird. 137 O. E I S S F E L D T , Schwerterschlagene bei Hesekiel, in: Studies in OT Prophecy, hrsg. H.H. Rowley, New York 1 9 5 0 (FS T.H. Robinson), 7 3 - 8 1 , betont für Ez 2 1 ausdrücklich, es handle sich um ein Richtschwert, nicht um ein Kampfschwert, „mag immerhin Jahwe sein Gericht durch kriegerische Maßnahmen des Babylonierkönigs vollstrecken lassen" (77). Doch wird man die beiden Aspekte des Schwertes hier schwerlich voneinander trennen können. Vgl. auch K A I S E R , Art. hcerceb, in: ThWAT I I I , 1 6 4 - 1 7 6 : „Über die Grenzziehung zwischen wörtlichem und metonymem Sprachgebrauch kann man im einzelnen streiten." ( 1 7 2 ) . 136

138

139

KAISER, A r t . hcerceb,

174.

Jer 14,12; 21,7.9; 24,10; 27,8.13; 29,17.18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13. 140 I. MEYER, Jeremia und die falschen Propheten, Fribourg/Göttingen ( O B O 13), 52. 141 LIWAK, Probleme, 81; KAISER, Art. hcerceb, 174f.; THIEL, Die deuteronomistische Redaktion von Jer 1-25, Neukirchen-Vluyn 1973 ( W M A N T 41), 182f. H . R E V E N T L O W , Das Amt des Propheten bei Arnos, Göttingen 1962 ( F R L A N T 80), 82ff.; ders., Liturgie, 168f„ hält diese Trias für im alten, zur Gesetzesverkündigung am Bundesfest gehörigen Segens- und Fluchformular verwurzelt. D. V I E W E G E R , Die literarischen Beziehungen

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Thematisierung von Prophetie: Ez 21

diglich in 6,llf. und 12,16, darüber hinaus auch in 7,15 mit der Differenzierung: draußen das Schwert, drinnen Hunger und Pest. Die Dreierkombination zielt deutlich auf den Belagerungszustand ab, der den Eingeschlossenen durch Hunger und Seuche den Tod bringt, während die aktiven Verteidiger durch das Schwert fallen. Jer 14,13.15.16 nennen nur Hunger und Schwert, ähnlich Jer 15,3 und 16,4, wo aber noch Vögel und Tiere hinzu treten, die sich über die Leichen hermachen. Im Ezechielbuch gibt es abweichend von Jer weitere Kombinationen: Pest und Hunger/Schwert/Zerstreuen in den Wind (und das Schwert hinter ihnen her ziehen) nehmen zu Belagerung und Kampf die Vertreibung hinzu (5,12)142. Als weitere Zusammenstellungen sind zu nennen: Feuer, Schwert und Zerstreuen (5,2); Hunger und wilde Tiere/Pest und Blutvergießen/Schwert (5,17) 143 und schließlich besonders ausgeprägt in 14,12-20 Hunger, wilde Tiere, Schwert, Pest (und Blutvergießen) 144 , auf die 14,21 als „meine vier schweren Strafen" verweist 145 . Die meisten Belege bieten jedoch in Jer und Ez das Schwert allein. Während sich in Jer ein buntes Bild aus abwechslungsreichen Formulierungen, z.T. von ausgeprägter Bildhaftigkeit 146 , ergibt, beherrscht das Ezechielbuch die Kombination des Schwertes mit drei Verbalstämmen, nämlich £>w'147, nplu& und hll, Letzteres meist in der Constructus-Verbindung halcle-härceb149 und beschränkt auf die Völkersprüche. Diese drei Stichworte kennzeichnen drei Aspekte: Es kommt, sie werden fallen durch das Schwert, sie sind vom Schwert erschlagen. Als besondere Ausformung fällt 30,20-26 auf, wo das Bild vom gebrochenen Arm Pharaos, mit dem er kein Schwert mehr fassen kann, die militärische Schwäche Ägyptens illustriert; demgegenüber stärkt Gott den Arm des babylonischen Königs und gibt ihm sein Schwert in die Hand (30,25). Zum Schwert des Königs von Babel vgl. außer Kap. 21 und 30,25 noch 32,11. zwischen den Büchern Jeremia und Ezechiel, Frankfurt/M. 1993 (BEAT 26), 40-46 hält die Trias für ein von Jeremia geprägtes Element, das von Ez aufgenommen und bewußt verarbeitet sowie noch in der redaktionellen Nacharbeit seines Buches mehrfach aufgegriffen wurde. 142 Vgl. 12,14: in alle Winde zerstreuen und das Schwert hinter ihnen her ziehen; 17,21 die Abwandlung: durch das Schwert fallen, die übrigen in alle Winde zerstreuen. 143 Vgl. 28,23: Pest und Blutvergießen; vom Schwert Erschlagene; 33,27: Schwert, Tiere, Pest. 144 Vgl. auch 38,21 f.: Schwert, Pest und Blutvergießen, Platzregen, Hagel, Feuer und Schwefel. 145 K. VON R A B E N A U , Zukunftswort, 71, spricht von einem „Katalog urtümlicher Unheilsgewalten", zu denen er Hunger, Pest, Blut und wilde Tiere zählt. Dazu träten mit ähnlicher Eigenmacht Schwert und Feuer auf. 146 Das Schwert „frißt" (VW), vgl. Jer 2,30; 12,12; 46,10. 147 Vgl. Ez 5,17; 6,3; 11,8; 14,17; 29,8; 30,4; 32,11; 33,2.3.4.6. 148 Vgl. Ez 5,12; 6,11.12; 11,10; 17,21; 23,25; 24,21; 25,13; 30,6.17; 32,12.22.23.24; 33,27; 39,23. KAISER, Art. hoeroeb, 167, verweist auf die ältere Konstruktion mit Fpi im Unterschied zur jüngeren Konstruktion mit b", (die bei Ez vorliegt). 14g 28,23; 31,17.18; 32,20.21.22.23.24.25.26.28.29.30.31.32; 35,8; den Gegensatz des dem Schwert Entrinnens bietet nur 6,8. Relativ selten treten die Verbindungen mit ryq (5,12; 12,14; 28,7; 30,11) oder hrg (23,10; 26.6.8.11) auf.

Zusammenfassende

Beobachtungen

53

Bemerkenswert ist ferner, daß in dem metaphorisch gestalteten Geschichtsüberblick 16,40 nicht nur das übliche Steinigen der Hure vorgesehen ist, sondern anschließend ein Zerhacken mit dem Schwert und das Verbrennen ihrer Häuser. Schwert und Verbrennen sind Durchblick auf das Gericht an Jerusalem, das die hurerische Frau verkörpert. Ähnlich töten die Liebhaber/Assyrer in 23,10 Ohola/Samaria mit dem Schwert. So begegnet das Schwert kontinuierlich bei der Lektüre des Ezechielbuches. Vereinzeltes Vorkommen hält es gewissermaßen im Bewußtsein des Lesers. Selbst wenn mancher einzelne Vers als Anreicherung zu beurteilen sein mag, er verstärkt dann die Grundtendenz, ein Netz von Schwert-Verweisen über das Buch auszubreiten. Hervorzuheben sind im Rahmen der Komposition die Abschnitte mit einem gehäuften Vorkommen dieses leitmotivischen Wortes. In den programmatischen Kapiteln 5 und 6 erscheint es je viermal, in 21 elfmal, dann in den Völkersprüchen mit steigender Tendenz (viermal in 26; achtmal in 30, siebzehnmal in 32) und schließlich siebenmal in Kap. 33. Innerhalb der Völkersprüche liegt das Schwergewicht auf Ägypten, also auf der Macht, an die man in Jerusalem die Hoffnung knüpfte, daß sie den Machtzuwachs der Babylonier einzudämmen vermöchte. Doch Gott will Ägypten entmachten und Babylon stärken (30,20-26). Kap. 32 bringt ab V.20 in fast jedem Vers das Stichwort halelehärceb in dem in V. 17 einsetzenden Blick in die Totenwelt, wo sich alsbald die Ägypter unter anderen vom Schwert erschlagenen Völkerschaften wiederfinden sollen 150 . Wenngleich in den Völkerworten nicht Jerusalem das Gericht angesagt wird, scheint das kriegerische Gerichtsgeschehen, das auch diese Stadt betrifft, darin auf. Verweist Kap. 21 auf Nebukadnezar, der sich auf den Weg nach Jerusalem macht, und spricht 24,2 vom Belagerungsbeginn, gibt 33,21 f. letzte Gewißheit über den Fall der Stadt. In der Zeit, die die Völkerworte gewissermaßen überbrücken, bedroht das Schwert auch Jerusalem unmittelbar und sucht es schließlich heim. So ist es sicher kein Zufall, daß die Komposition die Völkersprüche so arrangiert hat, daß die Erwähnung des Schwertes, noch dazu der vom Schwert Erschlagenen, ihre höchste Dichte vor Kap. 33 erhält, wo die Katastrophe Jerusalems sich als endgültig besiegelt erweist.

2.4 Zusammenfassende

Beobachtungen

Die obige Betrachtung hat gezeigt, daß das Kapitel 21 eine sorgfältige Komposition von Gerichtsansagen darstellt. Formal-äußerlich ist diese Komposition als eine Anredesituation gestaltet, d.h. als eine Kommunikationssituation, die schwerpunktmäßig nicht dialogisch angelegt ist, sondern monologisch von Gott 150

Der Abschluß ist deutlich kompositorisch abgestimmt: V.29 (Edom) schlägt den Bogen zurück zu Kap. 25, V. 30 (Sidon) zu 28,20ff.; den Gipfel bildet dann das zum Schluß behandelte Ägypten.

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Thematisierung

von Prophetie: Ez 21

her auf den angeredeten Menschen zu läuft, aus dessen Perspektive der Kommunikationsrahmen geschildert ist. Außerdem nimmt diese Kommunikationssituation auch die Adressaten in den Blick, an die der angeredete Ezechiel die aufgetragenen Worte weitergeben soll. Diese Implikation eines doppelten Kommunikationsaktes (Gott - Einzelner; Einzelner - Volk) zeugt von einem hohen „Medienbewußtsein" des Verfassers und setzt deutlich die Schriftlichkeit des Textes voraus. Inhaltlich fiel die ausgeprägte Bildhaftigkeit auf, die auf zwei Ebenen angelegt ist: Einerseits trägt Gott Ezechiel Reden auf, die in sprachlichen Bildern gestaltet sind - 21,5 legt explizit den Finger auf diese Bildhaftigkeit, die innerhalb von 21,1-10 von verschlüsselterer Form zu expliziterer Aussage fortschreitet. Andererseits evoziert die Gottesrede bildhaftes Handeln, welches Y H W H dem Angeredeten ebenso aufträgt wie die Reden. Dabei ist die Frage einer faktischen Ausführung der aufgetragenen Aktionen für die Darstellung insofern, als sie Text ist, irrelevant. Als thematischer Schwerpunkt steht das Schwert als Bild für das Gottesgericht im Zentrum des Kapitels - in den rahmenden Teilen tritt das Feuer als zweites Bild hinzu. Das Schwert bildet ein Leitwort, das als Motiv das Ezechielbuch durchzieht und darin kompositorische Akzente setzt - ein weiterer Hinweis auf eine wohlbedachte Gesamtkonzeption dieser Schrift. Eine weitere Besonderheit stellt die starke Bindung an vorfindliche Tradition. Die bildhafte Sprache nimmt offenkundig Bezug auf anderes, älteres prophetisches Spruchgut: Bildelemente aus der Schriftprophetie seit dem 8. Jh. sowie des Jeremiabuches werden aufgegriffen und teils umgeprägt und neu akzentuiert. Die Kenntnis dieser Vorgaben erleichtert nicht nur das Verständnis, sie sorgt überdies für zusätzliche Effekte. Man wird also bei der intendierten Leserschaft des Ezechielbuches derartige Kenntnisse voraussetzen dürfen. Literarhistorisch bzw. textgenetisch betrachtet setzt sich das Kapitel zwar aus mehreren Unterabschnitten zusammen, ist aber konzeptionell in sich zusammengehalten und mit dem Kontext des Buches verzahnt. Schrittweise nähert sich Ez 21 dem Beginn der Katastrophe: Auf die bildhaft stärker verschlüsselte Gerichtsankündigung folgt eine zweite, sprachlich deutlichere. Die Reaktion Ezechiels betont das zu erwartende Unglück. Das Schwertgedicht führt die Person ein, die das Schwert führt, und läßt Gottes Rolle dabei durchscheinen. Die aufgetragene Zeichenhandlung weist dann explizit auf den König von Babel als Y H W H S Gerichtsinstrument. Die Gerichtsdrohung für Juda-Jerusalem gipfelt im Anklang an ein bekanntes Micha-Wort (Mi 3,12). Die „redaktionelle Nacharbeit" an dem Kapitel, die sich abgesehen von relativ wenigen Anreicherungen im Textkorpus (wie den kommentierenden Versen 15b.18a.32b) in dem Schwertwort an Ammon am deutlichsten zeigt, bewegt sich innerhalb der Vorgaben der „Grundkomposition" und führt deren Prinzipien weiter. Im Falle von 21,33-37 handelt es sich um eine vervollständigende Anreicherung, die durch 21,25 angeregt wurde.

Zusammenfassende

Beobachtungen

55

Schließlich führt die vor allem mit Hilfe der formelhaften Wendungen evozierte Kommunikationssituation auf das Thema der Prophetie, welches in Kapitel 21 mehrfach anklingt: in der Klage Ezechiels (21,5), in Gottes Handlungsanweisungen an ihn und schließlich in der Orakelpraxis bzw. dem Umgang mit Wahrsagerei im Schlußabschnitt (21,26ff.). Somit bildet die Prophetie selbst offensichtlich ein Leitthema innerhalb des Ezechielbuches; man kann hier geradezu von prophetischer (Selbst)Reflexion sprechen. Den genannten Aspekten und Themen gilt es nun im Folgenden weiter nachzugehen. A m Anfang soll dabei die Betrachtung der formelhaften Wendungen stehen.

3. Prophetische Sprachsignale: Die wiederkehrenden Wendungen E x e g e t e n des Ezechielbuches haben immer schon das durchgehende, konsequente Auftreten bestimmter fester Wendungen1 - etwa der sogen. „Wortereign i s f o r m e l " , d e r „ B o t e n f o r m e l " o d e r d e r „ G o t t e s s p r u c h f o r m e l " - als e i n C h a rakteristikum des B u c h e s vermerkt2. Wie bei k e i n e m anderen Schriftpropheten s o r g e n d i e s e „ F o r m e l n " - z u m i n d e s t t e i l w e i s e - für e i n e G l i e d e r u n g d e s T e x t e s in A b s c h n i t t e u n d w e i t e r e U n t e r g l i e d e r u n g e n . V i e l f a c h b i l d e t e n d i e W e n d u n g e n d a h e r e i n w i c h t i g e s H i l f s m i t t e l b e i d e r literar- u n d r e d a k t i o n s k r i t i s c h e n A n a l y s e 3 . A u f g r u n d d e s r e i c h e n F o r m e l g u t e s hat d a s E z e c h i e l b u c h z u e n t s p r e c h e n d e n f o r m k r i t i s c h e n B e t r a c h t u n g e n e i n g e l a d e n 4 . M a n hat in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g ein mehrgliedriges A u f b a u s c h e m a des Prophetenspruches rekonstruiert 5 u n d d a b e i V e r g l e i c h e m i t der V e r w e n d u n g d e r e n t s p r e c h e n d e n F o r m e l n bei den Schriftpropheten vor Ezechiel und bei den Vorderen Propheten angestellt. D i e R e k o n s t r u k t i o n d e s „ S i t z e s i m L e b e n " f ü h r t e auf e i n e B o t e n s i t u a t i o n d e s P r o p h e t e n , d i e mit e i n e r b e s o n d e r e n I n s t i t u t i o n , e i n e m „ A m t " in V e r b i n -

1 Dieser Begriff wird hier dem der (formkritisch vorbelasteten) „Formel" vorgezogen trotz der Differenzierung bei W . R I C H T E R , Exegese als Literaturwissenschaft, Göttingen 1 9 7 1 , 1 0 1 : „Terminologisch sollte man zwei Möglichkeiten auseinanderhalten: Eine geprägte Wendung liegt vor, wenn sich die festgeprägte Wortverbindung auf ein literarisches Werk beschränkt; sie ist hier Ausdruck der Ansicht eines Autors. Eine Formel liegt vor, wenn sich die festgeprägte Wortverbindung in mehr als einem literarischen Werk findet. Wenn sich diese literarischen Werke nicht aufeinander zurückführen lassen, so daß die Formel nicht durch literarische Abhängigkeit - etwa als Zitat - erklärt werden kann, muß man annehmen, daß die festgeprägte Wortverbindung den einzelnen literarischen Werken vorgegeben ist; sie weist dann eine von den Werken unabhängige Existenz auf." 2 Vgl. zuletzt den Kommentar von D.I. BLOCK, NICOT. 3 So schreibt H Ö L S C H E R , Hesekiel, 26f., die stereotypen Redewendungen und gleichartigen Überschriftformeln, die das Buch schematisch in bestimmte Kapitel teilen, sowie das stereotype wida'toem und dessen Varianten der ersten Redaktion zu, die dem Buch seinen planmäßigen Aufbau gegeben habe. MESSEL, Ezechielfragen, 31, betrachtet die Vorliebe für feste Redensarten als erstes und wichtigstes Merkmal, an dem Beiträge des Redaktors zu erkennen seien, da dieser sich durch Mangel an Originalität auszeichne. Vgl. auch G A R S C H A , Studien, 3 1 1 - 3 1 5 . Z I M M E R L I , BK, 3 9 * , äußert sich zurückhaltender: Für ihn vermag das Formelgut auf Nähte und Risse zu führen. 4 Vgl. etwa VON R A B E N A U , R E V E N T L O W sowie die zahlreichen Veröffentlichungen Zimmeriis zu Ez. 5 R E V E N T L O W , Prophetenamt und Mittleramt, in: ZThK 5 8 ( 1 9 6 1 ) , 2 6 9 - 2 8 4 .

Einleitende feste

57

Wendungen

dung gebracht wird6. Dem liegt die Annahme zugrunde, daß sich mündliche Verkündigung in diesen Formeln widerspiegele. Unabhängig von formkritischen Betrachtungen boten sich die wiederkehrenden Wendungen an, um die Abgrenzung von Texteinheiten vorzunehmen 7 . Liegt im Ezechielbuch nun tatsächlich nur eine stereotype Verwendung von bereits in der Tradition vorgegebenem Formelgut vor, das die mündliche Verkündigungsweise anzeigen und damit auch den dazugehörigen „Sitz im Leben" evozieren will? Wieweit sind diese auf formkritischer Analyse beruhenden Thesen haltbar - insbesondere in einer verallgemeinernden Perspektive angewandt auf sämtliche prophetische Literatur? Und vor allem: Welche inhaltlichen Funktionen haben sie? Welche theologischen Aussagen implizieren sie?

3.1 Einleitende feste 3.1.1 Die Wendung „es erging das Wort YHWH 'elay le'mor)

Wendungen YHWHS

an mich" (wayehi

debar

Die zunächst wichtigste Wendung ist die sogenannte „Wortereignisformel" 8 , die auch als „Wortempfangsformel" 9 , „Wortgeschehensformel" 10 , „JahwewortErgehensformel" 11 „Revelations- bzw. Offenbarungsformel" 12 „message reception formula" 13 bezeichnet worden ist. Bei Ezechiel lautet die Wendung durchgehend wayehi debar YHWH 'elay le'mor, „es erging an mich das Wort Y H W H S , folgenden ". Diese Wortereignis- oder Wortempfangsaussage (WEA) bildet das deutlichste Gliederungssignal, indem sie jeweils den Anfang eines Abschnittes markiert. Dies geschieht insgesamt fünfzigmal im Ezechielbuch 14 , davon achtmal 15 mit einer vorausgehenden Datierung, wodurch die Verbform - außer in 24,1 - als AK hüyäh erscheint. Einzig in 1,3 be6 So vor allem R E V E N T L O W . Kritische A n m e r k u n g e n zum Amtsbegriff bei D . P E T E R S E N , R O les, 11-15. 7 So etwa H O S S F E L D , Untersuchungen, 20-26. 8 So Z I M M E R L I , B K , 88-90, K O C H , Formgeschichte, 247f.261; ders., Profeten 1 , 3 2 spricht vom „Wortgeschehensvermerk".. 9 Reventlow, Prophetenamt, 274. 10 P . K . D . N E U M A N N , Das Wort, das geschehen ist... Z u m Problem der Wortempfangsterminologie in Jer I - X X V , in: V T 23 (1973), 171-217. 11

POHLMANN, A T D , 96.

12

H.

13

ALLEN,

WILDBERGER,

Jahwewort und prophetische R e d e bei Jeremia, Zürich 1942, 49.

WBC.

14 Ez 3,16b; 6,1; 7,1; 11,14; 12,1.8.17.21.26; 13,1; 14,2.12; 15,1; 16,1; 17,1.11; 18,1; 20,2; 21,1.6.13.23; 22,1.17.23; 23,1; 24,1.15.20; 25,1; 26,1; 27,1; 28,1.11.20; 29,1.17; 30,1.20; 31,1; 32,1.17; 33,1.23; 34,1; 35,1; 36,16; 37,15; 38,1; mit dem Namen Ezechiel statt des Suffixes l.Pers. Sg. in 1,3. 15 24,1; 26,1; 29,1.17; 30,20; 31,1; 32,1.17. In 12,8 begegnet einmalig die Zeitangabe „am Morgen".

58

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

gegnet eine stärker abweichende Formulierung: „häyoh häyäh debar YHWH 'celyehwzqe'l...". Die Wendung benennt das Gotteswort als Subjekt, das auf denjenigen zukommt, der im Anschluß an die Präposition 'cel genannt wird. Dieser Jemand wird - abgesehen von 1,3 - bei Ezechiel ausnahmslos durch das Suffix der 1. Pers. Sg. bezeichnet. Das Geschehen wird also aus der Perspektive eines Ich wiedergegeben, das als Erzähler fungiert, und damit als dessen subjektives Erleben gekennzeichnet. Das Ezechielbuch ist durch das fünfzigmalige Auftreten dieser Wendung (und durch weitere Elemente) als Selbstbericht stilisiert. Zudem suggeriert der in der 1. Pers. implizierte Sprecher, daß er zugleich Verfasser des Textes ist, was Letzterem einen erhöhten Authentizitätsanspruch verleiht. Gleichzeitig aber wird der subjektive Blickwinkel dadurch ein Stück weit modifiziert, daß das Ich nicht als aktives Subjekt auftritt, sondern als Betroffener grammatisch ausgedrückt als präpositionelles Objekt. Wirkendes Subjekt ist das Gotteswort, das dem Sprecher zustößt und ihn jeweils im Folgenden bestimmen wird. Indem in der ezechielischen Ausformung der Wendung das redende Ich sich als vom YHWH-Wort betroffen beschreibt, macht es eine theologische Aussage und bekennt sich zur Existenz und Wirkmächtigkeit YHWHS. Greenberg, AncB, 83, weist darauf hin, daß die Constructus-Verbindung „Wort Y H W H S " dem Muster ,,'word of the king' = a royal command" folge. Meier, Speaking, 315, nennt einige Belege aus dem AT dafür 16 sowie Analogien aus dem Akkadischen. Die Constructus-Verbindung mit Titel oder Namen einer menschlichen Herrschergestalt betrachtet er als Vorbild für die Anwendung auf Y H W H , dessen königlicher Status auf diese Weise anklinge.17 Wenn statt der 1. Pers. Sg. in 1,3 der N a m e „Ezechiel" fällt, wird dem sonst im Buch impliziten Erzähler ein Eigenname beigelegt. Ein Leser, der den gesamten Text wahrnimmt, ist auf die Information angewiesen, wer sich hinter der 1. Pers. Sg. verbirgt, dem Sprecher und Erzähler, als dessen Erfahrung die Texte gestaltet sind. Die Stilisierung des Selbstberichtes ist am Buchanfang zugunsten der Klarheit für den Rezipienten durchbrochen und aus einer objektivierten Perspektive in der 3. Pers. Sg. wiedergegeben. Wie an acht weiteren Stellen in der zweiten Hälfte des Buches ist die W E A auch hier mit einer vorangehenden Datumsangabe verknüpft und das Verbum entsprechend in die A K gesetzt, zusätzlich aber noch durch einen infinitivus absolutus betont. 16 2 Kon 18,28; 2 Sam 14,17; 24,4; 1 Chr 21,6; Est 4,3; 8,17; 9,1; Koh 8,4. „Not only kings, but the authority of other individuals exercising political power may also be described with this phrase" (S.316): 1 Sam 4,1; Est 5,5. 17 S.A. MEIER, Speaking of Speaking: Marking Direct Discourse in the Hebrew Bible, Leiden 1992 (VT.S 46), 316, weist den von Andersen und Freedman vertretenen Standpunkt zurück, nämlich, daß in 2 Kön 18,28-29 die Constructus-Verbindung „represents 'someone imitating Yahweh' whose 'patently blasphemous utterance reflects royal style.' But this is backwards. It is the mundane, non-theological context which provides color for the metaphorical backdrop used to depict divine communication."

Einleitende feste

Wendungen

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Die Eingangspassage des Ez.-Buches stellt in zweifacher Hinsicht ein b e s o n d e r e s Problem dar: In M T findet ein Personenwechsel statt: V. 1 ist in 1. Pers. Sg. formuliert (wie dann k o n s e q u e n t ab V.4), V.2 ist als D a t e n b e s t i m m u n g p e r s o n e n n e u t r a l , w ä h r e n d in V.3 dann die 3. Pers. Sg. erscheint. Zusätzliche Schwierigkeiten bereiten die D a t i e r u n gen in V. 1 u n d 2; ü b e r ihre Beziehung z u e i n a n d e r hat m a n e b e n s o gerätselt wie über die Bezugsgröße f ü r das 30. Jahr in V. 1 1 8 . E s herrscht in der Forschung Einigkeit darüber, d a ß das P r o b l e m auf literarkritischem Wege zu lösen ist. Die Lösungsvorschläge sehen allerdings recht unterschiedlich aus: Hölscher, Hesekiel, 45, b e t r a c h t e t die D a t i e r u n g nach d e r Ä r a Jojachins (V. 2) sowie 1,3 als d e n ursprünglichen A n f a n g . G . R . B e r r y 1 9 b e t r a c h t e t V.2 als später in d e n Text e i n g e d r u n g e n e R a n d b e m e r k u n g , V. 3a e n t h a l t e eine typische P r o p h e t e n b u c h ü b e r s c h r i f t . D a s D a t u m in V. 1 g e h ö r e ursprünglich z u s a m m e n mit 1,4-14.22-27.28* vor E z 43,4. Die ursprüngliche Einleitung d e r Buchrollenvision h a b e gelautet: „The h e a v e n s were o p e n e d , and I saw visions of G o d " (1,1), „and when I saw it, I fell u p o n my face," (1,28). Fohrer, HAT, 5, stellt um: l,3a.l.[2.]3b ( o h n e Harri). E n t s p r e c h e n d analysiert Z i m merli, BK, 21-23, der 1,1.3b als Einleitung d e r in 1,4 b e g i n n e n d e n Vision sieht. V.2 bild e eine auf V. 1 b e z o g e n e Z u s a t z b e m e r k u n g , w ä h r e n d V. 3a die Buchüberschrift in rein e r F o r m sei (ebenso Eichrodt, ATD, 2f.; FUHS, N E B , 20). Vogt 2 0 interpretiert das 30. Jahr in V. 1 als Ezechiels L e b e n s a l t e r bei d e r B e r u f u n g , die Glosse V. 2 setze es mit d e m 5. Jahr des königlichen Exils gleich; V. 3a faßt er als Ü b e r s c h r i f t des gut i n f o r m i e r t e n R e d a k t o r s auf. Kutsch 2 1 nimmt die Verflechtung zweier ursprünglich u n a b h ä n g i g e r Ü b e r s c h r i f t e n an: 1,1.3b h a b e die Thronwagenvision eingeleitet, 1,2.3a die Buchrollenvision. G r e e n b e r g , AncB, 39, u n d Block, N I C O T , 83, b e t r a c h t e n V.2f. als s p ä t e r e E i n f ü gung.

18 Der klassischen Interpretation des Origenes, der darin das Lebensalter des Ezechiel angegeben findet (im 5. Jahr von Jojachins Exil war er 30 Jahre alt, d.h. von 593/2 rückrechnend hätte man auf 623/2 als Geburtsjahr Ezechiels zu schließen; J.E. MILLER, The ,Thirtieth Year' of Ezekiel 1:1, in: RB 99 (1992), 499-503, gefolgt von M.S. ODELL, You Are What You Eat: Ezekiel and the Scroll, in: JBL 117 (1998), 229-248,238f„ mißt dem 30. Lebensjahr neuerdings wieder Bedeutung zu, da in diesem Alter laut Num 4 levitische und - so nimmt er an - vermutlich auch priesterliche Aktivität zu beginnen pflegte und Ezechiel laut 1,3 aus priesterlicher Familie kam), steht als Gegenextrem die Auffassung gegenüber, es handle sich um das jüngste Datum des Buches, nämlich das 30. Jahr im Bezug auf den Beginn von Jojachins Exil, d.h. - wegen der Ansetzung der Deportation auf 598-569/8 (so Z.B.B. LANG, Ezechiel. Der Prophet und das Buch, Darmstadt 1981 [EdF 153], 19; E. KUTSCH, Die chronologischen Daten des Ezechielbuches, Fribourg/Göttingen 1985 [OBO 62], 50). Mit dieser Berechnung geht das literarkritische Urteil einher, dies Datum sei die Überschrift der jüngsten Vision des Buches, nämlich der in Kap. 1 wiedergegebenen. Vgl. A.D. YORK, Ezekiel I: Inaugural and Restauration Visions? in: VT 27 (1977), 82-98 (90-98) (dort S.82-90 ein Überblick über Lösungsversuche in der Forschung). Schließlich wäre im äußersten Falle noch eine Rechnung ausgehend vom 5. Jahr der Exilierung Jojachins denkbar; dann würde das 30. Jahr auf 563/2 führen. 19 The Title of Ezekiel 1:1-3, in: JBL 51 (1932), 54-57 (56). 20 E. VOGT, Untersuchungen zum Buch Ezechiel, Rom 1981 (AnBib 95), 3. 21 Daten, 50-54; so auch K. KOCH, Profetenbuchüberschriften, in: Verbindungslinien, Neukirchen-Vluyn 2000 (FS W.H. Schmidt), 165-186 (171).

60

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

Am plausibelsten erscheint an dieser Stelle allerdings ein Wachstum des Textes nach vorn (wie Hölschers Lösungsansatz es nahelegt), nämlich folgendermaßen: V. 3b bietet die auch sonst im Ezechielbuch begegnende Einleitungswendung für eine Vision (vgl. dazu 3.1.2) und gehört insofern zweifellos zur folgenden Visionsschilderung in 1,4ff. Auf der nächsten Stufe wurde V. 3a davor gesetzt, wobei V. 3b mit der Kopula daran angeschlossen und die Partikel säm, die in LXX fehlt, in 3b als Wiederaufnahme der Ortsangabe in 3a eingefügt wurde. Die sekundäre Verknüpfung von 3a und 3b spiegelt sich noch wider in der Variation der 3.Pers. Sg. des Suffixes an der Präposition 'al in MT und der 1. Pers. Sg. eji'e/jem LXX. Die 1. Pers. paßt besser zum Folgenden, die 3. ist stimmig im Blick auf die vorausgehende namentliche Nennung der im Buch nur als „Ich" auftretenden Person. V. 3a bietet die W E A durch den absoluten Infinitiv in besonders akzentuierter Form 22 . V. 3a erinnert stark an die Überschriften anderer prophetischer Bücher, indem auch hier von einem Wortgeschehen die Rede ist, das einen mit Eigennamen und Vaternamen bezeichneten Mann erreicht. Bezeichnend ist aber der Unterschied: Während in anderen Prophetenbüchern formuliert wird debar

YHWH

m

scer hayüh

'cel PN23,

also ein casus pendens

mit Relativsatz

kombiniert ist, erscheint hier die W E A , die auch sonst im Ezechielbuch einen Abschnittsanfang markiert, d.h. ein stilistisches Charakteristikum des Buches findet hier Verwendung 24 . Die WEA, die nur hier in unmittelbarer Nachbarschaft zur visionseinleitenden Wendung auftritt, leitete also einmal das gesamte Buch ein. Vermutlich bereits in Verbindung mit V. 2 (zunächst ohne hl', das in der Endfassung den Bezug zum Datum in V. 1 herstellt), der ein Datum bietet, das zum Verständnis aller folgenden Datenangaben im Buch nötig ist, weil sich nur hier zeigt, daß die Zeitrechnung sich nach dem Jahr der Verbannung König Jojachins richtet. Insofern ist V.2 im Zusammenhang mit allen folgenden Datierungen innerhalb des Buches zu sehen. Es ist keineswegs auszuschließen, daß V. 2 und V. 3a gleichzeitig angefügt wurden 25 , zumal die 22 Z I M M E R L I , BK, 4 , will den Infinitiv als Dittographie tilgen; G R E E N B E R G , AncB, 4 1 , dagegen bemerkt: „This construction is usual at absolute beginnings of narrative". 23 Hos 1,1; Joel 1 , 1 ; Mi 1,1; Zef. 1,1. Zum „Dabar-Muster" in Buchüberschriften vgl. K O C H , Profetenbuchüberschriften, 166f., zum „Muster der narrativen Wortgeschehensformel" vgl. ebda. 170. 24 Vergleichbar formuliert wird die Überschrift in Sach 1,1 (dort auch eine vorangehende Datierung analog zu Ez 1,2). Das erzählende Jonabuch setzt mit der WEA im Narrativ ein. 25 Vgl. H Ö L S C H E R S Lösung. - B A R D T K E , Hesekiel, 17, meint, ein Bearbeiter habe in V.2 versucht, das Datum aus V. 1 nach Ezechiels sonstiger Praxis zu bestimmen. Auf L A N G , Ezechiel, 19, macht V. 2 den Eindruck einer Randglosse, die das 30. Jahr in V. 1 mit dem 5. Jahr identifiziere. G.M. T U C K E R , Prophetic Superscriptions and the Growth of a Canon, in: G.W. Coats/B.O. Long (hrsg.), Canon and Authority, Philadelphia 1977, 56-70, der die Prophetenbuchüberschriften in formkritischer Hinsicht betrachtet, dabei aber Ez, Hag und Sach als Ausnahmefälle ausklammert (59, Anm.6), hält für die übrigen 11 Bücher fest, daß die Überschriften zunächst einen schriftlich fixierten Text voraussetzen. Die beiden Interessen, die die Überschriften verfolgen, weist er verschiedenen Redaktionen zu: Vordeuteronomistische Redaktoren seien verantwortlich für den Aspekt, daß die prophetischen Worte göttliche Offenbarung seien, während deuteronomistische Redaktoren die Datierungen vorgenommen hätten. Wenn man auch im Blick auf das Ezechielbuch der Ansicht ist, daß die Datierungen einer speziellen Redaktionsschicht zuzuschreiben sind, wird man V.2 für jünger halten als V.3a. K O C H S gattungsgeschichtlicher Überblick führt zu dem Ergebnis, die Form der Überschriften auf den Einfluß weisheitlicher Lehren zurückzuführen (Profetenbuchüberschriften, 175).

Einleitende feste

Wendungen

61

Kombination von V.2.3a d e n übrigen V e r b i n d u n g e n d e r W E A mit einem D a t u m durchaus ähnelt 2 6 . Aus m e h r e r e n G r ü n d e n scheint V. 1 d e r jüngste Z u w a c h s a m B u c h a n f a n g zu sein: Die D a t i e r u n g in ein 30. Jahr mag zwar ein F a k t u m o d e r eine Tradition (etwa eine 30jährige Wirksamkeit des P r o p h e t e n , sein Lebensalter o d e r sonst etwas) b e w a h r e n , doch ist sie o h n e einen B e z u g s p u n k t sinnlos. F e r n e r k o m m t es sonst nirgends im Ezechielbuch vor, d a ß Ezechiel das P r o n o m e n der 1. Pers. Sg. f ü r sich v e r w e n d e t - dies bleibt ganz G o t t vorbehalten, dessen R e d e n d e r menschliche Berichterstatter zitiert. Ezechiels Ich erscheint grammatisch n u r in Verbalaffixen und Suffixen, nicht so selbstb e w u ß t in e i n e m b e t o n e n d e n P e r s o n a l p r o n o m e n . - Die in V. 1 u n d 3aß zweigliedrige O r t s a n g a b e stimmt im zweiten Glied wörtlich überein ( „ a m Fluß K e b a r " ) . Die beiden ersten Glieder stimmen sachlich zwar überein, doch w ä h r e n d das erste Glied in 3aß die neutrale geographische Bezeichnung be'cerces ka'sdim bietet, b e t o n t die E n t s p r e c h u n g in V. 1 d e n A u f e n t h a l t u n t e r d e n Exilierten, verschiebt d e n Blickwinkel also auf die Judäer. Die Tatsache des Exiliert-Seins und dessen Verortung in Babylonien w e r d e n sonst im Ezechielbuch jeweils a m E n d e d e r Visionskomplexe l,3b-3,15 und 8,1-11,25 angesprochen. D a b e i erscheint der Begriff göläh jeweils in V e r b i n d u n g mit einem geographischen N a m e n , Tel A b i b (3,15) o d e r Kassidim (mit He locale, 11,24) 27 , d.h. die visionäre E r f a h r u n g des Ich e n d e t jeweils mit dessen R ü c k f ü h r u n g an einen k o n k r e t e n Ort, wo sich aus Israel W e g g e f ü h r t e a u f h a l t e n . Es entsteht d e r Eindruck, als wolle 1,1 sich nicht mit d e r rein geographischen A n g a b e in 1,3a begnügen, s o n d e r n auch d e n Begriff d e r G o l a h einbeziehen, d e r auch am E n d e d e r b e i d e n Visionsberichte auftritt 2 8 . Schließlich erscheint es als zweifelhaft, o b das A u f t u n des H i m m e l s (V. I b a ) d e m entspricht, was in 1,4ff. geschildert wird, o b diese im A T völlig singulare W e n d u n g nicht vielmehr einen apokalyptischen Anstrich hat. A u ß e r d e m gebraucht V. l b ß das Wort mar'ceh, welches innerhalb d e r Visionen nur im Singular v o r z u k o m m e n pflegt 2 9 , im Plural 3 0 . Dieser Plural will o f f e n k u n d i g hier a m A n f a n g des B u c h e s dessen Inhalt charakterisieren, wie es in d e n Ü b e r s c h r i f t e n a n d e r e r P r o p h e t e n b ü c h e r mit a n d e r e n Begriffen ( h ä z ö n , Jes 1,1; O b 1; dabär im Plural A m 1,1; Jer 1,1; im Singular constructus 26

Abgesehen vom Inf. abs. und dem Fehlen einer Monatszahl. Die übrigen Kombinationen weisen untereinander gewisse Varianten auf: 24,1 folgt das Datum der WEA, die anders als sonst bei der Verbindung mit einem Datum mit dem Narrativ gebildet ist. 26,1; 29,17; 30,20; 31,1; 32,1.17 geht der vorangestellten Datumsangabe jeweils noch ein Narrativ von hyh voraus. - Auffällig an der Angabe in 1,2 ist die Bezeichnung nuelosk, die im Ezechielbuch abgesehen von David sonst fast nur Königen von Nachbarvölkern beigelegt wird (vgl. Z I M M E R L I , BK, 178. 384). Sie ist aber ein typisches Merkmal in den Überschriften anderer Prophetenbücher, die das Wirken des jeweiligen Propheten mit der Regentschaft von Königen Israels in Verbindung bringen: Jes 1,1; Jer 1,2; Hos 1,1; Am 1,1; Mi 1,1; Zef 1,1. Hag 1,1 und Sach 1,1 nennen naturgemäß den Perserkönig Darius. 27 In 3,15 wird obendrein der Fluß Kebar erwähnt - vgl. 1,3a. - In 11,24 steht überdies nur das Wort mar'oeh. 28 In 12,13, wo im Rahmen einer bildhaften Beschreibung die Exilierung des judäischen Königs erwähnt wird, lautet die Formulierung w'hebe'ti 'otd bäboeläh 'ceraes ka'sdim. Da gerade die bildhaft formulierten Passagen und dabei einige spezielle Bilder für Ez charakteristisch sind, man also in den Bildpassagen typisches Eigengut des Buches vorfindet, liegt der Schluß nahe, daß dem geographischen Namen textgenetisch betrachtet der Vorrang vor dem Wort göläh zukommt. 29 In einigen Übersetzungen steht der Singular auch hier. 30 So nochmals in 8,3 und 40,2, Versen, die ebenfalls literarkritisch näher zu beleuchten sind.

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Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

mit Tetragramm Hos 1,1; Joel 1,1; Mi 1,1; Zef 1,1; Hag 1,1; Sach 1,1; Mal 1,1; ma's'sa' Nah 1,1; Hab 1,1; Mal 1,1) geschieht. Der relativ hohe Anteil an Visionsschilderungen im Ezechielbuch stellte offensichtlich für Rezipienten eine Besonderheit dar, ebenso wie die durchgehende Stilisierung als Selbstbericht, die sich im Personalpronomen in l a ß und der Verbform in lbß niederschlägt. V. 1 hebt somit besondere Merkmale des Buches hervor, offenkundig aus einer Perspektive, die zeitlich später anzusetzen ist als der überwiegende Teil der Gesamtkomposition des Buches. Aus dieser Perspektive heraus hatte auch das 30. Jahr einen Sinn, der späteren Lesern anhand der überlieferten Textgestalt nicht mehr zugänglich ist. Im Gefolge der Zufügung von V. 1 wurde in V. 2 das Wort hl' eingesetzt und dabei vermutlich das Datum in V. 2 beschädigt. Folgende Genese des Buchanfanges wird also angenommen: Vor l,3bff. tritt 3a entweder allein oder bereits mit V.2 verbunden, zum Schluß wird V. 1 vorgeschaltet. D i e k o n s e q u e n t e V e r w e n d u n g d e r W E A bei Ezechiel stellt eine Hilfe bei d e r G l i e d e r u n g des Buches dar, weil diese feste W e n d u n g jeweils den Beginn eines n e u e n A b s c h n i t t s verläßlich markiert 3 1 . Wie k o n s e q u e n t g e r a d e diese W e n d u n g bei Ezechiel eingesetzt wird, fällt b e s o n d e r s d u r c h d e n Vergleich mit d e m Jerem i a b u c h ins Auge. In Jer kommt die W E A häufig vor, aber in zweifacher Hinsicht in unterschiedlicher Gestalt 32 : Das personale Objekt des Wortgeschehens wird zum Teil in 1. Pers. Sg. benannt - analog zum Gebrauch bei Ez mit dem Suffix der 1. Pers. an der Präposition W 3 - , zum überwiegenden Teil jedoch in der 3. Pers. unter Verwendung des Eigennamens des Propheten 3 4 . Zusätzlich gibt es syntaktische Variationen: Neben der bei Ezechiel g e b r a u c h t e n F o r m 3 5 s t e h e n haddäbär '"soer häyäh 'acl-yirnfyähü me'et YHWH36, l 1 '"soer häyäh d 'bar YHWH 'cel-yirrrfyähic' s o w i e e i n e F o r m u l i e r u n g mit figura etymologica: haddäbär '"soer dibbosr YHWH 'oel yirmeyähü hannäbt'38. D i e U n t e r s c h e i d u n g zwi-

schen Selbstbericht und Berichten über Jeremia schlägt sich also auch beim Gebrauch dieser Wendung nieder. Es fällt auf, daß in den erzählenden Teilen ab Kap. 37 dem Na31 „As is usual for Hebrew, the end of a speech unit often remains unmarked, but in the case of Ezekiel a unit's close is normally evident by the appearance of the next unit's first formulaic element." ( M E I E R , Speaking, 232). Vgl. zuvor H O S S F E L D , Untersuchungen, 27. 32 Zwischen M T und LXX gibt es in diesem Bereich immer wieder Abweichungen in der Formulierung der Wendungen, vor allem im Hinblick auf die Verbform von hyh und auf die Nennung des personalen Objektes in 1. oder 3. Pers. Außerdem fehlen diese Wendungen in LXX zuweilen ganz. 33 Jer 1,4.11.13; 2,1; 13,3.8; 16,1; 18,5; 24,4 (LXX schreibt in 1,4 npögavvöv); in 25,3 und 32,6 eröffnet die Wendung eine Gottesrede, die Jeremia wiedergibt. 34 Jer 7,1; 11,1; 18,1; 21,1; 25,1; 27,1; 28,12; 29,30; 30,1; 32,1.26; 33,1.19.23; 34,1.8.12; 35,1.12; 36,1.27; 37,6" (die m i t x gekennzeichneten Stellen fügen dem Namen den Titel hannäbt' hinzu); 39,15; 40,1; 42,7; 43,8; 44,1; 46,1"; 47,1" (nicht in LXX); 49,34*; in 35,12; 36,1 bietet L X X die Variante Jipog[iE, in 46,13* ¿v%eipistatt des einfachen Äquivalentes für die hebr. Präposition; lediglich in 1,2 erscheint statt des Eigennamens das Suffix der 3. Pers. Sg. 35 An allen oben in A n m . 3 3 genannten Stellen sowie 28,12; 29,30; 32,26; 33,1.19 (nicht in LXX).23 (nicht in LXX); 34,12; 35,12; 36,27; 37,6; 42,7; 43,8. 36 Jer 7,1 (nicht in LXX); 11,1; 18,1; 21,1; 25,1; 30,1; 32,1;34,1.8; 35,1; 40,1; 44,1. In 26,1 fehlt das personale Objekt. 37 Jer 14,1 (LXX bietet: xai eyevero); 46,1; 47,1; 49,34. 38 Jer 46,13; 50,1.

Einleitende feste

Wendungen

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m e n Jeremia die A p p o s i t i o n hannäbt' zugesetzt wird. Die Formulierung dient im Jeremiabuch nicht n u r als Einleitung für eine G o t t e s r e d e , sondern wird auch genutzt, u m im R a h m e n von E r z ä h l u n g festzustellen, d a ß G o t t e s Wort Jeremia erreicht 3 9 , o h n e d a ß unmittelbar im A n s c h l u ß d a r a n die G o t t e s r e d e wiedergegeben würde. A n einigen Stellen hat die W e n d u n g deutlich d e n C h a r a k t e r einer (redaktionellen) Überschrift 4 0 . Somit erfüllt die W e n d u n g offensichtlich unterschiedliche F u n k t i o n e n im Jeremiabuch 4 1 , e b e n nicht nur die bei Ez g e g e b e n e der Einleitung von G o t t e s r e d e mit gleichzeitiger M a r k i e r u n g des Beginns eines Z u s a m m e n h a n g e s . Zwei Stellen bilden überdies eine Besonderheit: die A n f ä n g e von Jer 25 u n d 32. D i e erzählende Einleitung in 25,1 kombiniert die W E A mit einer ausführlichen Z e i t b e stimmung, was d e m Vers Überschrift-artigen C h a r a k t e r verleiht. Anschließend wird in einem R e d e - e i n l e i t e n d e n Vers (25,2) berichtet, d a ß Jeremia zu b e s t i m m t e n A d r e s saten spricht. D e r erste Satz der J e r e m i a - R e d e (25,3) bildet einen Rückblick des Prop h e t e n auf seine bisherige Tätigkeit: Jeremia datiert d e n Beginn seiner Wirksamkeit (25,3acc) u n d beschreibt diese: hayäh debar YHWH 'elay (25,3aß, ein Halbvers, der in L X X fehlt) wä'"dabber '"lekosm ...: G o t t e s Wort hat ihn getroffen, u n d er hat es weitergesagt in all diesen Jahren. V. 4 verallgemeinert noch weiter, indem er die S e n d u n g von „ G o t t e s K n e c h t e n , den P r o p h e t e n " konstatiert (4a) sowie die Tatsache, d a ß die A n g e r e d e t e n nicht auf Jeremia gehört h a b e n (4b). Die Sprachgebung von V.4, v.a. in seiner ersten H ä l f t e weist eindeutig auf eine deuteronomistische R e d a k t i o n hin. Z u d e m lassen die D i f f e r e n z e n zwischen M T u n d L X X - b e s o n d e r s das Fehlen von 25,3aß im griechischen Text 4 2 - an dieser Stelle redaktionelles Wirken im hebräischen Text v e r m u t e n . Nicht zuletzt d e r generalisierende, rückblickende Inhalt dieses Kapitelanfangs e r h ä r t e t den Verdacht, d a ß hier ein ü b e r a r b e i t e n d e r Eingriff in das Buch vorliegt. - In Kap. 32,1-5 findet sich eine (mehrschichtige) breite Situationsbeschreibung, die als Vorspann für die d a n n w i e d e r g e g e b e n e J e r e m i a r e d e dient. V. 1 kombiniert eine Variante der W E A mit einer Datierung. V. 2 schildert die politische Situation und die Lage Jeremias, den der König gefangengesetzt hat. Vv.3-5 liefern die B e g r ü n d u n g Z e dekias f ü r diesen Schritt: E i n e Unheilsweissagung Jeremias, die der König zitiert (3b5), bildete den A n s t o ß . In M T lautet der nächste Vers: wayy'omar yirrrfyähü hayäh debar YHWH 'elay le'mor\ V. 6a m a r k i e r t also die folgenden W ö r t e r als R e d e Jeremias, die mit d e r in 1. Pers. Sg. f o r m u l i e r t e n W E A einsetzt (6b). L X X dagegen schreibt: xal köyog xvpiov eyevero Jtpög Iepe/iiav Aeyaiv (39,6), formuliert also in 3. Pers. v o m S t a n d p u n k t eines Erzählers aus. Auch hier m u ß m a n von einer B e a r b e i t u n g des Textes ausgehen, die sich an d e n D i f f e r e n z e n zwischen M T u n d L X X sowie d e m Vorspann, d e r das Zitat eines ( f r ü h e r e n ) J e r e m i a w o r t e s einbezieht, ablesen läßt. Dies sind die b e i d e n einzigen Stellen, an d e n e n die W E A in d e r direkten R e d e eines Prop h e t e n erscheint - zumindest in MT. Somit k ö n n t e d e r E i n d r u c k e n t s t e h e n , d a ß die W e n d u n g Bestandteil mündlicher Verkündigung sei. E b e n d i e s scheint aber g e r a d e a u f g r u n d dieser beiden Belege ausgeschlossen, da beide Verse deutlich redaktionell, 39

Vgl. Jer 21,1; 25,1; 32,1; 40,1. Jer 46,1 als Überschrift über die Fremdvölkerworte, 47,1; 49,34; 50,1 auch bei einzelnen Worten. 41 Dies versuchen P.K.D. N E U M A N N , Wort, und T . S E I D L , Die Wortereignisformel in Jer., in: BZ 23 (1979), 20-47, nachzuweisen. 42 Daß diese Formel (ebenso wie weiteres Formelgut) in LXX gelegentlich fehlt, wertet auch MEIER, Speaking, 270, als Anzeichen dafür, daß sie dem redaktionellen Bearbeitungsprozeß entstammt. 40

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Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

m i t S i c h e r h e i t a l s o n i c h t auf J e r e m i a s e l b s t z u r ü c k z u f ü h r e n bzw. B e s t a n d t e i l j e r e m i a n i s c h e n S p r u c h g u t e s sind. D e r B e f u n d im Jeremiabuch bietet ein vergleichsweise uneinheitliches Bild. D i e W e n d u n g ist d o r t k e i n e s f a l l s s y s t e m a t i s c h g e b r a u c h t . M a n d a r f a n n e h m e n , d a ß d i e W E A in d i e s e m B u c h ü b e r w i e g e n d , w e n n n i c h t d u r c h g e h e n d , als r e d a k t i o n e l l e Z u t a t a n z u s e h e n ist 4 3 . E s s c h e i n t , als s e i e n i m J e r e m i a b u c h n o c h u n g e o r d nete A n f ä n g e des G e b r a u c h s der W e n d u n g greifbar, und das E z e c h i e l b u c h h a b e die v o n dort ü b e r n o m m e n e F o r m e l erst kultiviert44. E i n Blick auf das sonstige V o r k o m m e n der W e n d u n g i m A T v e r m a g w e i t e r e Klarheit z u erbringen. I m Jesajabuch gibt es diese F o r m u l i e r u n g

überhaupt

nicht45; bei d e n K l e i n e n P r o p h e t e n erscheint sie zumeist nur einmal46, u n d zwar b e z e i c h n e n d e r w e i s e in d e r B u c h ü b e r s c h r i f t , d i e a n e r k a n n t e r m a ß e n r e d a k t i o n e l l z u s e i n p f l e g t 4 7 . L e d i g l i c h in d e n b e i d e n f r ü h n a c h e x i l i s c h e n P r o p h e t e n H a g gai u n d Sacharja b e g e g n e t m a n der W e n d u n g häufiger48. D a m i t ergibt sich im B l i c k auf d i e s c h r i f t p r o p h e t i s c h e n B ü c h e r - a b g e s e h e n v o n e i n i g e n r e d a k t i o n e l l e n B u c h ü b e r s c h r i f t e n - e i n e d e u t l i c h e K o n z e n t r a t i o n auf d i e exilische (dtr R e 43

So bereits S. M O W I N C K E L , Z u r Komposition des Buches Jeremia, Kristiania 1914, 31. Vgl. Prophetenamt, 280t., sowie Z I M M E R L I S vorsichtige Äußerung, BK, 89, gerade bei Jeremia sei das Eindringen der Formel in das Eigenwort des Propheten wohl nicht zu verkennen. - P.K.D. N E U M A N N , Wort, befaßt sich eingehend mit der Formel in Jer 1-25. E r betrachtet die Wortereignisformel als ein Gliederungselement der schriftlichen Komposition. E r unterscheidet von der Wortereignisformel ihre beiden o.g. Varianten, die er als zwei Typen der von ihm so bezeichneten „Wortgeschehensformel" erfaßt (193). Aufgrund unterschiedlicher Funktionen bilden die Formeln seiner Ansicht nach ein Indiz für die Literar- und Redaktionskritik: So identifiziert er '"scer häyäh d'bar YHWH 'oe! yirmeyähü als ursprüngliche Rollenüberschrift der einzelnen Fremdvölkerworte, die der R e d a k t o r ü b e r n o m m e n habe (199); und die neue, um me'et YHWH erweiterte Formel h a b e der R e d a k t o r zusätzlich benutzt, um das Gesamtmaterial zu gliedern (201). 44 M E I E R S Formulierung, Speaking, 2 6 7 , legt den u m g e k e h r t e n Vorgang nahe: „Jeremiah only exceptionally /.../ mimics Ezekiel's persistent three-part structure ...". 45 Jes 38,4 // 2 K ö n 20,4 fällt als Erzähltext aus dem R a h m e n des eigentlichen P r o p h e t e n b u ches. Z u Jes 28,13 vgl. MEIER, Speaking, 319. 46 Hos 1,1; Joel 1,1; Mi 1,1; Zef 1,1. Im Jonabuch, einem Erzähltext, der auf jeden Fall in nachezechielische Zeit, vermutlich ins 4., wenn nicht sogar 3. Jh. zu datieren ist, eröffnet die W E A die beiden Buchhälften (1,1; 3,1). 47 Vgl. dazu H.-M. WAHL, „Die Überschriften der Prophetenbücher", E T h L 70 (1994), 9 1 104.- LIWAK, Probleme, 46f., macht darauf a u f m e r k s a m , daß in den Überschriften vorexilischer P r o p h e t e n die Wirkungszeit, in den exilisch-nachexilischen hingegen das erste Ergehen des YHWH-Wortes in den Blick g e n o m m e n werde. KOCH, Profeten 1,27-31 und 50f., betrachtet die Überschriften dagegen nur teilweise als redaktionell. KOCH, Profetenbuchüberschriften, 176181, schließlich bezweifelt eine dtr H e r k u n f t der Überschriften (wie sie etwa W.H. S C H M I D T , Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches, in: Z A W 77 [1965], 168-193 [168-171] vertritt) und rechnet sie zum G r u n d b e s t a n d . 48 Hag 1,1.3; 2,1.10.20; Sach 1,1.7; 6,9; 7,1.4.8; 8,1. W ä h r e n d bei Haggai ausschließlich in 3. Pers. mit d e m Eigennamen des P r o p h e t e n formuliert wird, gibt es bei Sach die Konstruktion mit 3. Pers (1,1.7; 7,1) und mit 1. Pers (übrige Belege). Bei Hag ist als Besonderheit zu vermerken, daß es in 2,1 heißt: häyäh d'bar YHWH b'yad haggay. Diese Formulierung setzt voraus, daß der Prophet als Instrument, als Sprachrohr angesehen wird. REVENTLOW,

Einleitende feste

Wendungen

65

d a k t i o n v o n Jer) u n d f r ü h n a c h e x i l i s c h e Z e i t ( H a g , P r o t o - S a c h ) 4 9 . A u ß e r d e m sind e i n p a a r B e l e g e a u s d e m D t r G W z u n e n n e n 5 0 . D a b e i fällt auf, d a ß d i e W e n d u n g ü b e r w i e g e n d d o r t auftritt, w o an e i n e r e n t s c h e i d e n d e n

historischen

S c h a l t s t e l l e e i n V e r w e i s auf g ö t t l i c h e A u t o r i s i e r u n g d e s W o r t e s e i n e r p r o p h e t i s c h e n G e s t a l t w i c h t i g e r s c h e i n t 5 1 . D i e s e A u t o r i s i e r u n g wird a u c h d e m W i r k e n E l i a s m e h r f a c h d u r c h d i e e n t s p r e c h e n d e F o r m u l i e r u n g zuteil 5 2 . D i e s w e c k t d e n E i n d r u c k , d a ß d i e W E A als b e s o n d e r e L e g i t i m a t i o n s a u s s a g e in D t r G W e i n g e setzt w u r d e . D e r U r s p r u n g d e r s o g e n a n n t e n „ W o r t e r e i g n i s f o r m e l " ist a l s o nicht in d e n in d a s D t r G W a u f g e n o m m e n e n P r o p h e t e n b e r i c h t e n z u s e h e n 5 3 ; v i e l m e h r e r s c h e i n t sie in d i e s e n als Z u t a t d e r dtr S c h r i f t s t e l l e r bzw. R e d a k t o r e n 5 4 . D i e 4

' Wenn der Erzähler des Jonabuches die W E A an markanten Stellen der Geschichte einsetzt, so greift er dabei offenkundig diese schriftprophetische Tradition auf und kennzeichnet seinen Protagonisten durch die etablierte Formulierung als eine prophetische Gestalt bzw. als einen Menschen, der einen prophetischen Auftrag erhält. 50 Der einzige Beleg im Pentateuch, Gen 15, 1(4), erscheint in einem späten Text. 51 1 Sam 15,10 (Verwerfung Sauls); 2 Sam 7,4 (Beauftragung Nathans mit der Verheißung an David); 1 Kön 6,11 (Rückbezug auf 2 Sam 7); 2 Sam 24,11 (Davids Vergehen und das Finden des Tempelplatzes). An letzterer Stelle wird die Autorisierung noch weiter getrieben durch die Bezeichnungen „der Prophet, der Seher", die Gad beigelegt werden sowie in 1 Kön 12,22 durch die Apposition „Schemaja, der Gottesmann". 52 1 Kön 17,2.8; 18,1; 21,17.28. Die wenigen übrigen Belege erscheinen durchweg in späten Texten (1 Kön 13,20; 16,1(7)) bzw. sind als redaktionell (1 Kön 18,31) zu erkennen. 53 VON R A B E N A U , Entstehung, 665, meint, die Formel vom Wortempfang sei vermutlich zunächst in der Prophetenlegende heimisch. Z I M M E R L I , BK: „Die Formel ist keineswegs eine originale Bildung Ez.'s. /.../ Die Redeweise wurzelt ohne Zweifel in der prophetischen Sprache. Und zwar ist sie zunächst in den Prophetengeschichten der früheren Königszeit, die in den Prophetengruppen überliefert zu denken sind, häufiger gebraucht..." (89). „Ez steht /.../ in seiner Verwendung dieser gängigen Redeweise vom Wortereignis in einer alten prophetischen Schultradition /..../ Ez übernimmt diese Formulierungen aus der Schulsprache, ohne ihnen eine besonders starke eigene Akzentuierung zu geben."(90) „Nur an einer Stelle läßt sich die Besonderheit Ez's /.../ erkennen. Schon Jer /.../ zeigt das Eindringen der 1. pers. in die Formel. Bei Ez herrscht diese Verpersönlichung ganz ausschließlich." (90). P.K.D. N E U M A N N , Wort, 179f., meint, die Formel in Mittelstellung innerhalb eines Textabschnittes sei aus den Prophetenlegenden in D t r G W entnommen, wo sie ein Gotteswort einleitete, welches als Gliedgattung innerhalb einer Prophetenlegende fungierte (175f.). Eine entsprechende Aufgabe erfülle sie in Jer in Berichten über Symbolhandlungen und Visionen. R.R. WILSON, Prophecy and Society, 145, zählt die W E A zu den prophetischen Redeformen der Ephraimitischen Tradition; diese findet in D t r G W ihren Niederschlag. Im Ezechielbuch stellt die W E A für ihn eine dtr Eigenart dar (283), die zeige, daß zumindest die spätere Tradition Ezechiel als typisch Ephraimitischen Propheten gesehen habe (284). T. SEIDL, Wortereignisformel, der die Formel bei Jer betrachtet und diese im D t r G W mehrfach in Kombination mit „Auftrags- und Botenformel" als dreiteiliges redeeinleitendes Schema vorfindet, schließt aus diesem Befund: „Ein altes, lang tradiertes Formschema zur Einführung prophetischer Berichte wird also bei den in Jer häufig verwendeten Kombinationen von W E F - Auftr.F - BF übernommen, freilich oft stark erweitert durch Zeit- und Umstandssätze, die die einzelnen geprägten Elemente weit voneinander trennen. Allerdings sind selbst diese Erweiterungen nicht ohne Vorbild in D t r G ..." (40). 54 Vgl. KOCH, Formgeschichte, 247f.: die Wortempfangsformel finde sich häufig bei Jeremia und jüngeren Propheten; in der älteren Legende sei der Erzähler noch frei gewesen (vgl. 2 Kön

66

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

Wendung mag durchaus vorgegeben gewesen sein, wo und wie läßt sich jedoch nicht mehr feststellen. In systematischer Weise wurde die Wortempfangsaussage zuerst bei der Komposition des Ezechielbuches verwendet. Sie gliedert den Gesamttext äußerlich konsequent und betont inhaltlich immer wieder neu, daß die auf die Wortempfangsaussage folgende Passage als von Gott ausgegangenes Wort zu betrachten ist. Diese Feststellung war dem Verfasser offensichtlich außerordentlich wichtig. Das berichtende Ich, das im Suffix an der Präposition 'cel enthalten ist, bindet seine Reden damit an die übergeordnete Autorität Y H W H S und legitimiert auf diese Weise seine Aussagen 55 . Dies Legitimationsbestreben mag man aus der innerhalb des Buches vorausgesetzten Situation des menschlichen Sprechers erklären: Ezechiel ist als Deportierter dargestellt 56 , der unter Exilierten im fremden Lande wirkt 57 . Vor dem Hintergrund der gemeinaltorientalischen Vorstellung, daß der Wirkungsbereich, insbesondere der einer Stadtoder Nationalgottheit als auf ein bestimmtes Territorium begrenzt galt 58 , heißt das, daß eben diese räumliche Begrenzung auf Y H W H nicht zutrifft; zum anderen mochte die Tatsache der ersten Deportation gleichfalls im Kontext gemeinaltorientalischen Denkens zu der Ansicht veranlassen anzunehmen, daß Y H W H sich als machtlos erwiesen bzw. die Deportierten verlassen habe. Demgegenüber schärft die wiederkehrende Wortempfangsaussage ein, daß Y H W H eben

1,3 oder 1 Kön 17,1, wo der Prophet sofort spreche). Gelegentlich komme die W E F schon in den Eliageschichten vor, „was vielleicht redaktionsgeschichtlich aus späteren Zusätzen zu erklären ist" (248). Vgl. W. D I E T R I C H , Prophetie und Geschichte, Göttingen 1972 ( F R L A N T 108), 71 f.; ferner W.H. S C H M I D T , Art. dbr, in: ThWAT II, 89-133, (121): kein Beleg (Gen 15; D t r G W ) sei eindeutig alt; es sei umstritten, ob die Wortereignisformel in D t r G W auf dtr Bearbeitung beruhe. G R E E N B E R G , AncB, 83: „/.../ the phrase may have originated in the seventh century and its usage in stories of the monarchy may be ,modernizing'." 55 „Was vom Wort her wie eine Niedrigkeitsaussage, eine Demütigung aussieht, ist der Intention nach die Unterstreichung des Anspruchs, in Jahwes Namen zu reden, das heißt: Jahwes Autorität für die eigene Sache zu beanspruchen." (LANG, Aufstand, 178). 56 Vgl. dazu abgesehen von 1,1.3 Ez 3,11.15.23; 8,3; 10,20.22; ll,24f.; 24,26; 33,21f.; 40,2. Alle diese Hinweise auf den exilischen Aufenthaltsort Ezechiels bilden ein Netz innerhalb der Endgestalt des Buches. Dabei ist zu erwägen, ob einige dieser Verse Anreicherungen sind, die dies Motiv verstärken wollen - so sicher 10,20.22, aber vermutlich auch 3,15.23 und 11,24f. - Hinzu kommt als weiteres Indiz das gelegentliche Schwanken zwischen 2. und 3. Pers. PI., das zwischen den angeredeten Deportierten und den betroffenen Jerusalemern zu unterscheiden scheint. 57 „Dieser Wille oder sogar Zwang zur Legitimierung ist am ehesten verständlich, wenn man Ezechiel in ständigem Kontakt mit einer Zuhörerschaft sieht, die ihm solche Legitimation abverlangt." (LANG, Aufstand, 178). 58 Vgl. B L O C K , N I C O T , 8 3 f . : „/../ Yahweh's sudden appearance to Ezekiel among the deportees shatters the widespread myth that the influence of patron deities was localized in the territory over which they were understood to have jurisdiction, and that a person's access to the divinity depended on one's physical presence in the god's land."

Einleitende feste Wendungen

67

doch auch unter den Exilierten gegenwärtig ist 59 und keineswegs an Macht verloren hat - im Gegenteil kündet er weiteres Wirken an. Für die These, daß die Wortempfangsaussage einen integralen Bestandteil des Ezechielbuches bildet, ist der Umstand zu bedenken, daß eine derartige Behauptung, nämlich das Wort Y H W H S empfangen zu haben, zunächst nur von einer subjektiven Warte aus möglich ist. wayehidebar YHWH 'elay le 'mor ist die Beauptung des redenden Ich, anders gesagt, dessen persönliche Überzeugung, dessen Bekenntnis. Von außen kann sie zunächst nicht überprüft und verifiziert werden. Wenn die Wendung in 3. Pers. (einem Eigennamen oder einem entsprechenden Suffix) erscheint, liegt eine objektive Aussage vor: Ein allwissender, aber anonymer Erzähler konstatiert dann, daß die betreffende anschließende Rede der genannten Person ihr von Gott mitgeteilt wurde und auf Gott zurückgeht. Im Rahmen einer solchen Erzählung kann der Erzähler die Behauptung, daß Y H W H der betreffenden prophetischen Gestalt sein Wort mitgeteilt hat, im Laufe seiner Erzählung verifizieren, indem er berichtet, daß und wie das Wort Wirklichkeit geworden ist, anders gesagt, daß es eingetroffen bzw. erfüllt ist. Erst dieser Nachweis beglaubigt die in der Wortempfangsaussage implizierte These. Die Verfasser/Redaktoren des DtrGW nutzen die Formulierung in einem Teil der Prophetenerzählungen mit dem Ziel, das Wort der betreffenden Figur entsprechend zu legitimieren, noch bevor es sich durch sein Eintreffen als göttlich autorisierte Rede erweist. Eine derartige Beglaubigung bietet das Ezechielbuch als Gesamtkomposition ebenfalls: Wie die Datierungen 60 , Selbstberichte und der Inhalt der prophetischen Sprüche deutlich machen, erstreckt sich die im Buch zugrunde gelegte Wirkungszeit Ezechiels von kurz nach der ersten Deportationswelle bis nach der einschneidenden Katastrophe von 587/6. Damit ist der Ich-Erzähler Ezechiel in der besonderen Situation, daß er die Erfüllung seiner Unheilsworte selbst als Zeitzeuge erleben kann. Die Aufnahme der Wortempfangsaussage durch Redaktoren zunächst in das Jeremiabuch erscheint von daher ebenfalls erklärlich: Auch Jeremia ist Zeitzeuge der Einnahme Jerusalems und erlebt insofern die Verwirklichung seiner Gerichtsansagen sogar hautnah mit. Der uneinheitliche Befund im Jeremiabuch spricht indessen deutlich für einen unsystematischen Gebrauch, wahrscheinlich für ein sekundäres Eindringen der Wendung dorthin. Die Wortempfangsaussage, die in Ez aufgrund ihres zahlreichen Erscheinens in immer gleicher Gestalt auf den ersten Blick wie eine stereotype, erstarrte Formel wirken könnte, dürfte also tatsächlich eher den besonderen Zwecken dieses Buches dienen. Sie erscheint dann in den Büchern der nachexilischen Propheten Haggai und Sacharja sowie darüber hinaus in den redaktionellen Überschriften einiger Kleiner Propheten (Hos, Jo^ Vgl. VON R A B E N A U , Entstehung, 665: „Der Prophet will festhalten, daß das Wort gerade bei ihm, dem exilierten Priester, Ereignis geworden ist." fl ° Vgl. P O H L M A N N , ATD, 49: „Das in 1,2 eröffnete Datierungsystem des Buches dient also auch dazu, die Texte auf die Weise zu ordnen, daß der Weissagungs- und Erfüllungscharakter vorausgehender und folgender Worte deutlicher in den Blick gerät."

68

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

el, Mi, Zef sowie Hag und Sach). In der Jonaerzählung schließlich bildet die Wendung ein wichtiges Signal, und, da sie indessen ein etabliertes Traditionselement geworden ist, impliziert sie, daß der Leser Jona als prophetische Gestalt betrachten soll, die durch ihr Verhalten dann aber in einem besonderen Lichte erscheint. Auf jeden Fall ist die Wortempfangsaussage Bestandteil von Erzählung, sei es im Selbst- oder Fremdbericht, und klassifiziert die anschließende direkte Rede als Gottesrede 6 1 . Es spricht alles dafür, sie von vornherein für ein schriftliches Element zu halten, welches jeweils an seinem Orte Gottesrede als solche markiert und zugleich bei Jeremia und noch mehr bei Ezechiel eine Gliederungsfunktion innerhalb des Buches übernimmt.

3.1.2

Die Wendungen

„es kam über mich die Hand

YHWHS"

(watfhî/hâyetâh 'äläy yad-YHWH) sowie „und er sprach zu mir" (wayyo'mœr 'elay) Die Wortempfangsaussage findet zwar konsequente Anwendung, kommt aber charakteristischerweise in bestimmten Zusammenhängen nicht vor 62 : In den Kapiteln 1-3 6 3 ; 8,1-11,13; 19; 37,1-14 und 40-48 gibt es keine Wortempfangsaussagen. Sieht man von Kap. 19 ab, so verfügen die genannten Abschnitte jedoch über eigene typische Einleitungswendungen, nämlich watfh!/häyetäh 'äläyM 5 (säm) yad-YHwtt . Wie in der Wortempfangsaussage erscheint der Ich-Erzähler und Betroffene auch hier lediglich im Suffix der Präposition 'al, und wiederum trifft ihn etwas, das zu Gott gehört und von Gott her kommt, nämlich die Hand Y H W H S - eine anthropomorphe Metapher für das Einwirken Gottes auf

61 MEIER, Speaking, 232, bemerkt zutreffend, daß diese Wendung „identifies the source of the revelation without specifying what form it takes. Although the content is specified as verbal (dbr YIIWH), this opening phrase retreats from the position that God's voice is heard, for it obscures any precision - God's word simply happened...". Demgegenüber scheint es in der Tat fraglich, ob man die Verbindung des Verbs hyh mit d'bar YHWH in sich bereits als Anzeichen einer Hypostasierung des Wortes oder Ausdruck einer Worttheologie verstehen darf (so ZIMMERLI, B K , 8 9 ; vgl. auch die Hinweise bei M E I E R , Speaking, 3 1 7 ) . 62 Laut H O S S F E L D , Untersuchungen, 27, ist das Fehlen der Wortereignisformel das sicherste Kennzeichen der Visionsberichte. 63 Abgesehen von 1,3 nur noch in 3,16b, was noch näher zu betrachten sein wird. 64 Dem Suffix der 3. Pers. Sg. in 1,3 in MT steht das Suffix der 1. Pers. Sg. in LXX, der Peschitta und hebr. Handschriften gegenüber. Vgl. dazu oben. 65 Ez 1,3; 8,1 - dort mit dem Verb wattippol - ; 37,1; 40,1; außerdem in 3,22 sowie in 33,22. An der letztgenannten Stelle folgt zwar keine Visionsschilderung, wohl aber ein einschneidendes Erlebnis Ezechiels, welches zudem in Bezug zu Kap. 3 steht.

Einleitende feste

Wendungen

69

ihn66. In 1,3b; 8,1; 37,1 und 40,1 eröffnet dies Besitz-Ergreifen Gottes 67 von Ezechiel eine Visionsbeschreibung68. Die Wendung begegnet ferner in 3,22 und 33,22 im Zusammenhang mit dem Motiv des Verstummens sowie in 3,14 im Rahmen der Beschreibung des Endes des Entrückungszustandes. Allen Stellen ist gemeinsam, daß Ezechiel durch einen Ein-„griff" Y H W H S Außergewöhnliches widerfährt. Innerhalb altorientalischer Gottesvorstellungen, die ausgehend von einem mythischen Denken, welches Gottheiten anthropomorph konzipiert, sich in personhaften Gottesdarstellungen (Götterstatuen) manifestieren, ist die Hand einer Gottheit zunächst nichts Bildhaftes. Wird die Hand dann aber zum Ausdruck des Handelns einer Gottheit, ihres Einwirkens auf bestimmte Bereiche, bestimmte Menschen oder die Welt, erhält der Begriff aus moderner Sicht übertragene Bedeutung 6 9 (und mag dann mit „Macht" wiedergegeben werden) bzw. bildhaften Anstrich. Tatsächlich gibt es Bildmaterial, welches dies illustriert: Keel 7 0 zeigt zwei Darstellungen aus Amarna, auf denen die Sonnenstrahlen als von der Sonnenscheibe ausgehende überlange Arme zu sehen sind, deren Hände die Erde berühren. Eine ursprünglich mythische Redeweise, die in der Umwelt geläufig ist (und vielleicht auch in Israels eigener Vergangenheit wurzelt), verweist also in bildhafter Weise auf das Wirken der als Person konzipierten Gottheit 71 .

Mit diesem Ausdruck beschreibt Ezechiel ein subjektives Erleben, einen Ausnahmezustand, den er auf Y H W H S Einwirken zurückführt. In der Forschung versteht man die Wendung meist als „rather specific reference to an ecstatic or 66

Vgl. auch die Hand Gottes in 2,9. Außerdem spielt die rü"h (ohne Constructus-Verbindung mit dem Tetragramm) in den Visionen eine bedeutende Rolle als „Transportmittel", als entrückende und rückführende Größe. 67 R.R. WILSON, Prophecy and Ecstacy, in: JBL 98 (1979), 321-337, zählt diese Wendung zu den Ausdrücken, die „indicate possession but do not necessarily imply trance or ecstacy." 68 BLOCK, NICOT, 35, etikettiert diese stehende Wendung als „divine coercion formula" und differenziert sie von der „divine inspiration formula" watippol 'celay rü"h-YHWH. HOSSFELD, Untersuchungen, 27-29, bemerkt, die Einleitungen der Visionsberichte seien im Unterschied zu den Redekompositionen wenig standardisiert. Die fünf Visionsberichte (1,1-3,15; 3,16a.22-27; 8-10.11,22-25; 37,1-14; 40-48) würden vielgestaltig eingeleitet und hätten nur drei Elemente gemein: Das Fehlen der Wortereignisformel, die Betonung der ekstatischen Ergriffenheit (Translokation, „Kommen der Hand Jahwes") und dem damit kombinierten Sehvorgang. Da die Formel vom „Kommen der Hand Jahwes" in 3,14 die Vision ausleite und sich 33,22 in einer Erzählung finde, sei die Formel im Rahmen des Ezechielbuches keineswegs auf Visionsschilderungen spezifiziert (29). Spezifiziert ist sie allerdings auf direktes göttliches Einwirken auf die Person des Propheten - u n d dazu gehört auch der Beginn eines Entrükkungs- bzw. Visionsgeschehens. 69 „figurative sense", vgl. K.W. CARLEY, Ezekiel Among the Prophets, London 1975 (SBT II 31), 13. 70 Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament, Göttingen 51996, Abb. 288 und 289. 71 Bedenkenswert ist auch die Bemerkung H.W. WOLFFS, Anthropologie des AT, München 6 1994, 23: „... das stereometrische Denken [setzt] zugleich eine Zusammenschau der Glieder und Organe des menschlichen Leibes mit ihren Fähigkeiten und Tätigkeiten voraus. Es ist das synthetische Denken, das mit der Nennung eines Körperteils dessen Funktion meint."

70

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

trance state" 72 . In den von Roberts beigebrachten außerbiblischen Texten umschreibt die Rede von der Hand einer Gottheit deren schädliches Einwirken, vor allem das Verursachen von Krankheit 73 . Vor diesem Hintergrund entwickelt Roberts die These, daß die prophetische Wendung, die nur in Israel belegt sei, eine sekundäre Entwicklung sei. Ekstatisches Verhalten und Wahnsinn ähnelten einander für einen Betrachter: „It is possible, then, that the expression, 'hand of Yahweh', was applied to the prophetic phenomenon precisely because that phenomenon bore a remarkable similarity to the symptoms of human illness normally designated by the expression" (250). Dies lege den Schluß nahe, daß die „Hand Y H W H S " in prophetischem Kontext auf ein ekstatisches Erleben verweise (251). Der Versuch einer Verallgemeinerung dessen, was Y H W H S Hand bei Menschen bewirkt, die als Propheten bezeichnet werden, ist allerdings problematisch. Die vier atl. Stellen, die regelmäßig zum Vergleich herangezogen werden 74 - 1 Kön 18,46; 2 Kön 3,15; Jer 15,17 sowie Jes 8,11 - sprechen offenkundig keine völlig gleichartigen und in jedem Falle als Ekstase zu bezeichnenden Erlebnisse an 75 . Zu bedenken bleibt auch, daß Y H W H S Hand im Ezechielbuch selbst auch bei der Rede von Gottes Gerichtshandeln an Israel und den Völkern in der Wendung nätiti 'oet-yädt 'al NN (z.B. Ez 6,14; 25,7.13)76 und generell im AT in Verbindung mit unterschiedlichen Verbalstämmen auf die verschiedensten Aktivitäten Y H W H S in Geschichte und Schöpfung 77 verweist. Die vier ins Feld geführten Belege haben nur miteinander gemein, daß Gott an ausgewählten Einzelpersonen handelt, daß subjektives Erleben von Außergewöhnlichem von Jesaja, Jeremia und Ezechiel auf Einwirkung Y H W H S zurückgeführt wird 78 . Auf diesen Zusammenhang kommt es an; was genau geschieht, läßt sich aufgrund dieser Umschreibung nicht feststellen 79 - und soll vielleicht auch geheimnisvoll und offen bleiben 80 .

72

J . J . M . R O B E R T S , The Hand of Yahweh, in: V T 21 (1971), 244-251 (245, mit A n m . 2 ) .

73

„disastrous manifestation of the supernatural power especially as seen in sickness or pla( R O B E R T S , Hand, 249).

gue" 74

75

Z . B . b e i Z I M M E R L I , B K , 4 8 f . ; G R E E N B F . R G , N I C O T , 4 1 f.

Vgl. dazu die ausführlichen Betrachtungen bei C A R L E Y , Ezekiel, 1 4 - 2 3 . 76 Außerdem in Verbindung mit ns', „die Hand zum Schwur erheben". 77 Vgl. dazu Z I M M E R L I , BK, 48; A.S. VAN D E R W O U D E , Art. jad, in: T H A T I , 667-674 (673f). 78 1 Kön 18 erzählt dagegen in 3. Pers. von einem wunderhaften Geschehen, das einen ganz anderen Anstrich hat als die schriftprophetischen Belege. In 2 Kön 3,15 beschreibt die Wendung das Inspirationsgeschehen. Sind beide Stellen möglicherweise sekundär aus der Schriftprophetie entlehnt? 79 So mutmaßt G R F . E N B E R G , AncB, 42: „a trance brought on by consciousness of being addressed by G o d [...], but in connection with some sensory or physical effect other than mere audition"; oder B L O C K , NICOT, 35: „'hand' is used metaphorically of the overwhelming pressure that God exerts on the prophet". 80 Zweifel sind an zwei Thesen Z I M M E R L I S anzumelden: ( 1 ) Die Aussage gehöre „prophetischer Schulsprache" (BK, 47) an. Da die Wendung nur noch zweimal in der Schriftprophetie erscheint und die Belege in Kön jünger sein dürften als die schriftprophetischen Stellen,

Einleitende feste

Wendungen

71

Innerhalb der Visionen gibt es weitere formelhafte Elemente 81 , mit denen der Erzähler den Rezipienten durch den Visionsbericht begleitet: waeroe'82 unmittelbar oder dicht gefolgt vom Präsentativum hinnehs3 zur Darstellung des visuellen Eindrucks, zum anderen wayyo'maer 'elaym (stets gefolgt von der Anrede an Ezechiel, bcen-ädäm) zur Einleitung göttlicher Rede - direkt von Gott oder durch einen 'ts ergehend - innerhalb der Vision. Wayyo'maer 'elay bildet somit die visionsinterne Entsprechung zur Wortempfangsaussage. Dabei macht der Kontext jeweils deutlich, daß das maskuline Subjekt der Verbform Gott selbst bzw. eine in seinem Sinne sprechende männliche Gestalt ist. Das berichtende Ich Ezechiels erscheint dabei rezeptiv: Er läßt das, was vorgeht, optisch und akustisch auf sich wirken, wird herumgeführt, entfaltet aber kaum eigene Aktivität. Die beiden verschiedenen einleitenden Wendungen differenzieren zwischen Gottesrede, die in außerordentlichem, entrücktem Zustand innerhalb des Visionserlebnisses ergeht, und dem Gotteswort, das Ezechiel im nicht-entrückten, also im „Normalzustand" trifft. Das visionsinterne wayyo'maer wirkt weniger „formell" und mag so den Umstand betonen, daß Ezechiel in der zuvor durch eine eigene Wendung eingeleiteten Entrückung der göttlichen Sphäre näher ist als sonst. So markieren die Einleitungswendungen zwei verschiedene Erlebnisbereiche. Modern gesprochen könnte man dem Ezechielbuch in dieser Hinsicht ein „formkritisches" Bewußtsein unterstellen, ein Zug, der noch öfter zu betrachten sein wird. Vor diesem Hintergrund werden die Stellen besonders zu beachten sein, an denen die betreffenden Formulierungen in untypischer Weise, also „gattungsfremd" gebraucht erscheinen.

kommt die Wendung nur in Ez in Ausmaßen vor, die es erlauben, von einer festen Wendung in prophetischem Kontext zu sprechen. (2) ZIMMERLI vermutet, daß die auffällige Redeweise von der Hand YHWHS aus dem Bildkreise der Exodustradition stamme (BK, 48), nämlich der Rede von der Herausführung aus Ägypten byd hzqh wtzrw' ndwyh, was er als altes religiöses Sprachgut Israels betrachtet. ROBERTS, Hand, 249 bemerkt dazu: „the expression was neither created by the Exodus tradition, nor is it legitimate to assume that there is an allusion to the Exodus tradition every time the expression occurs in the Bible." Zudem tritt im Zusammenhang mit dem Exodus teils yd hzqh allein auf (Ex 13,9 oder Dtn 6,21; 7,8; 9,26 z.B.), teils kombiniert mit zrw' ntwyh (Dtn 4,34; 5,15; 7,19; 11,2; 26,8; Jer 32,21; Ps 136,12), überwiegend an Stellen also, die stark deuteronomistisch anmuten und wohl kaum durchweg als alt gelten können. 81 Zu formgeschichtlichen Beobachtungen an den Visionsberichten vgl. VON RABENAU, Entstehungsgeschichte, 661. 82

1 , 4 . 1 5 . 2 7 . 2 8 ; 2 , 9 . 3 , 2 3 (rä'iti);

8 , 2 . 7 . 1 0 ; 1 0 , 1 . 9 ; 11,1; 3 7 , 8 ; 4 4 , 4 . L a u t VON RABENAU, E n t s t e -

hungsgeschichte, 661, wird das Verb bei jeder Veränderung des Bildes wiederholt. 1,28 und 2,12 steht die entsprechende Form von sm' für die akustische Wahrnehmung des Erzählers. 83 1,4.15; 2,9; 3,23.25; 8,2.4.5.7.8.10.16.17; 9,2; 10,1.9; 37,2.7.8; 40,3.5.24; sowie auch 4,8; 43,2; 44,4. 84 2,1.3; 3,1.3.4.10.22.24; 4,16; 8,5.6.8.12.13 (ohne Anrede).15.17; 11,2.5 (ohne Anrede); 37,3.9.11; 43,7.18; 44,5; 47,6; 40-48 auch mit dbr formuliert: 40,4; 41,4; 42,13; 44,2; 46,20.24.

72 3.1.3

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende Wendungen Die Anrede

„Mensch"

(boen-'adam)

E i n als P r o p h e t e n a d r e s s e n u r bei E z a n z u t r e f f e n d e s M e r k m a l u n d im R a h m e n d e r s t e h e n d e n W e n d u n g e n ein w e i t e r e s G l i e d e r u n g s s i g n a l mit e i g e n e m t h e o l o gischen Sinn bildet Y H W H S A n r e d e a n Ezechiel, bcen-'ädäm^, „ M e n s c h " , im S i n n e v o n „ V e r t r e t e r d e r Spezies M e n s c h " 8 6 . D a m i t ist d e r A n g e r e d e t e zwar als E i n z e l n e r aus d e r M e n s c h h e i t h e r a u s g e r u f e n , d o c h wird er auf diese Weise ano n y m a n g e s p r o c h e n , g e r a d e nicht bei s e i n e m p e r s ö n l i c h e n N a m e n wie e t w a Arnos 8 7 . E r ist also zwar individualisiert, a b e r als I n d i v i d u u m nicht p e r s ö n l i c h identifiziert. Inhaltlich k o m m t es dieser A n r e d e d a r a u f an, d e n G e g e n s a t z zwischen d e m Sprecher YHWH und der angeredeten Person hervorzuheben88. Die C o n s t r u c t u s - V e r b i n d u n g verweist auf die G e s c h ö p f l i c h k e i t des A n g e s p r o c h e n e n im G e g e n s a t z zu d e m r e d e n d e n ( S c h ö p f e r ) G o t t u n d zeigt, d a ß die Vorstellung v o n d e r E r s c h a f f u n g des M e n s c h e n , wie sie a u c h im 2. S c h ö p f u n g s b e r i c h t vorliegt 8 9 , v o r a u s z u s e t z e n ist. I n s o f e r n , als dieser A u s d r u c k G o t t als d e n ü b e r l e g e n e n , s o u v e r ä n e n S c h ö p f e r impliziert, g e m a h n t er a n weisheitliches D e n k e n 9 0 . A b g e s e h e n v o n 17,11 u n d 18,1 gibt es im E z e c h i e l b u c h k e i n e W o r t e m p f a n g s aussage, auf die nicht u n m i t t e l b a r die bazn-'ädäm-Anrede folgte 9 1 . D i e g e r a d e z u gesetzmäßige Abfolge von Wortempfangsaussage und bcen-'ädäm-Anrede 85 Ez 2,1.3.6.8; 3,1.3.4.10.17.25; 4,1.16; 5,1; 6,2; 7,2; 8,5.6.8.12.15.17; 11,2.4.15; 12,2.3.9.18.22.27; 13,2.17; 14,3.13; 15,2; 16,2; 17,2; 20,3.4.27; 21,2.7.11.14.17.19.24.33; 22,2.18.24; 23,2.36; 24,2.16.25; 25,2; 26,2; 27,2; 28,2.12.21; 29,2.18; 30,2.21; 31,2; 32,2.18; 33,2.7.10.12.24.30; 34,2; 35,2; 36,1.17; 37,3.9.11.16; 38,2.14; 39,1.17; 40,4; 43,7.10.18; 44,5; 47,6. 86 Die Constructus-Verbindung bezeichnet „den einzelnen innerhalb der Gattung Mensch", so H . HAAG, Art. bcen-'adäm, in: ThWATI, 6 8 2 - 6 8 9 (683), vgl. C. WESTERMANN, Art.'adäm, in:

T H A T 1 , 4 1 - 5 7 (43). J. KÜHLEWEIN, A r t . ben, in: T H A T I, 3 1 6 - 3 2 5 (323): d e r A u s d r u c k s t e h e

parallel zu '"nos und 'is, 'adäm ist der Mensch im Unterschied zu Gott. HÖLSCHER, Hesekiel, 9 (vgl. FOHRER, HAT, 16), vermutet dabei babylonischen Einfluß und verweist auf das Gilgamesch-Epos (Tafel XI, Z.38), wo Gott Ea den Sintfluthelden Ut-napistim mit „Mensch" anredet. 87 Vgl. Am 7,8; 8,2. VON RABENAU, Entstehungsgeschichte, 665, benennt die wenigen Stellen „in voraufgehender Prophetie" und stellt fest, daß dort stets der Eigenname benutzt werde: Ex 3,4; 1 Sam 3,4.6.10; 1 Kön 19,9.13;Am 7,8; 8,2; Jer 1,11; 24,3 (dabei ist allerdings fraglich, ob diese Texte tatsächlich durchweg älter sind als Ez). „Auffällig ist, daß der Prophet, von Gott angeredet, seinen Namen verliert: er ist ein namenloser Mensch, der Gott gegenübersteht." (LANG, Aufstand, 177f.). 88 Das Gerichtswort gegen den König von Tyrus, der sich den Status eines Gottes anmaßt, spricht diesen Gegensatz deutlich aus, indem es den König darauf hinweist: we'attah 'adäm we~ lo' 'el (Ez 28,2ba.9ba). Vgl. Hos 11,9b kt 'el 'änoki w'l'o-'is, eine Umkehranalogie dazu, die den Blick auf den göttlichen Sprecher richtete. 89 Vgl. Gen 2,7. 90 Vgl. die Gottesreden in Hi 38^tl. - Könnte die Anrede Ezechiels als bosn auch den weisheitlichen Lehrbetrieb assoziieren, wo der Schüler ebenso angesprochen wird (vgl. Prov 4,1; 5,7; 7,24; 8,32, allerdings jeweils in MT im Plural)? Dann suggerierte die Anrede zusätzlich Ezechiels rezeptives Verhalten gegenüber Gott, der gewissermaßen als Lehrmeister agiert. 91 Dies legt den Schluß nahe, an diesen beiden Stellen mit dem Ausfall der Anrede zu rechnen. - Fünfmal betont zusätzlich das Pronomen 2. Sg. mask. den Anredecharakter: 7,2; 21,24; 22,2; 27,2; 37,16.

Einleitende feste Wendungen

73

stellt somit unermüdlich die grundsätzliche Anredesituation heraus, in der sich der menschliche Sprecher des Selbstberichtes befindet. D e m Rezipienten wird diese Anredesituation unablässig bewußt gemacht, wenn er das Buch insgesamt wahrnimmt. D i e Tatsache, daß die bcen-'ädäm-Anrede eine Eigentümlichkeit des Ezechielbuches darstellt 92 , spricht dafür, darin eine eigene Prägung des Buches zu sehen 9 3 . Über die Verknüpfung mit der Wortempfangsaussage hinaus erscheint die bcen-'ädäm-Anrede zusammen mit der vorangehenden Formulierung wayyo'mcer 'elay in den Passagen, die als Erleben im entrückten Zustande gekennzeichnet sind 94 , wayyo'mcer 'elay bcen-'ädäm leitet alle R e d e n ein, die innerhalb des visionären Erlebens an das Ich des Selbstberichtes ergehen. D i e Gestaltung der festen Einleitungselemente erhärtet damit die Differenzierung in eine sprachorientierte und eine visionär ausgerichtete Wahrnehmung Ezechiels. Schließlich erscheint die spezifische Anrede mit vorangestelltem we'attäh sowohl in Passagen, die mit Wortempfangsaussage eingeleitet wurden, als auch innerhalb von Visionsberichten 9 5 . D i e s e betonte A n r e d e markiert einen Neuansatz innerhalb einer bereits begonnenen R e d e an Ezechiel 9 6 ; bei dieser Gelegenheit wird an die Redesituation wiederum erinnert. So betrachtet bildet diese betonte Anredeform we'attäh bcen-'ädäm durchgehend ein strukturierendes Element, das allerdings noch nicht zwangsläufig Indiz einer literarischen Schichtung ist 97 , sondern zunächst als Mittel besonderer Emphase (z.B. 21,11) 92

Eine Nachwirkung gibt es nur in Dan, Hen und grch. Baruch; vgl. VON RABENAU, Entstehungsgeschichte, 665. 93 „Viel eher ist solch merkwürdiger Sprachgebrauch einem echten Propheten zuzutrauen als einem Redaktor, der, wie die Apokalypsen reichlich beweisen, immer auf Vorbilder angewiesen ist." (VON RABENAU, Entstehungsgeschichte, 665). 94 Ez 2,1.3; 3,1.3.4.10; 8,5.6.12.15.17; 11,2; 37,3.9.11;40,4; 43,7.18; 44,5;47,6. Außerhalb dieser Passagen nur noch in 4,16, am Ende eines Dialoges, in dem der Wechsel der Sprecher angezeigt wurde (wayyo'mcer, V. 14, und wayyo'mcer 'elay, V. 15). In 4,13 ist der Text-wie die Variante in LXX zeigt - offensichtlich korrupt. In 4,16 liegt vermutlich eine besondere Akzentuierung durch den Gebrauch der Wendung vor (oder sie ist als sekundäres Element anzusehen). Die Nennung des Tetragramms als Subjekt in 23,36 könnte die Wendung dort verdächtig erscheinen lassen. 95 Ez 2,6.8; 3,25; 4,1; 5,1; 12,3; 13,17; 21,11.19.33; 24,25; 33,7.10.12.30; 36,1; 39,1.17; 43,10. bcen-'ädäm findet sich nur kombiniert mit einem Imperativ Ez 11,4; 20,4.27; 21,17; 38,14. In 4,3.4.9 steht das Pronomen allein ohne die bcen-'ädäm-Anrede. 96 Vgl. HOSSFELD, Untersuchungen, 36: Diese 19 Vorkommen untergliederten ein- und dieselbe Jahwerede, was entweder als leichte Zäsur („der Sprecher holt gleichsam Luft und gibt seiner Rede einen neuen Akzent oder ein neues Thema") zu bewerten ist oder sie „insinuiert /.../ nur eine leichte Zäsur, obwohl sie in Wirklichkeit den Einsatz einer neuen Rede bedeutet, die mit ihrer Vorgängerin nicht in einem Zuge linearisiert wurde. In diesem Fall ist sekundäre Erweiterung der ursprünglichen Redesituation anzunehmen." 97 Ausgehend von VON RABENAUS Befund dreier verschiedener Gestalten der bosn-'ädämAnrede wendet C.B. HOUK (bn-'dm-Patterns As Literary Criteria in Ezekiel, in: JBL 88 [1969] 184-190) diese als literarkritisches Kriterium an. Es führt ihn auf eine Sammlung von Prophezeiungen Kap. 12-38 (in der Anordnung 20-24.12-18. 25-38), die charakterisiert ist durch die

74

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

oder zur Einführung eines neuen thematischen Aspektes (z.B. 13,17), d.h. als Untergliederungssignal innerhalb einer Passage, dienen kann.

3.1.4 Weitere

Einleitungsmuster

Auf die boen-ädäm-Anrede folgen zwar unterschiedliche Elemente, doch läßt sich bei näherer Betrachtung eine begrenzte Zahl weiterer fester Muster erkennen. 3.1.4.1 Imperativische

Formulierungen

Die häufigste Weiterführung besteht in einer - oft auch mehrgliedrigen - Aufforderung an den Angeredeten, etwas zu sagen oder zu tun. Am häufigsten begegnet dabei der Imperativ eines Verbums, das den Angeredeten zu artikulierter, mitteilender Rede auffordert. Dabei fällt die Neigung auf, das aufgetragene Reden zuerst näher zu qualifizieren 98 und eine auffordernde Form vom 'mr darauf folgen zu lassen. 3.1.4.1.1 „Prophezeie" (hinnäbe') pän&kä 'ael/'al NN)

und „Richte dein Angesicht gegen ..." (sim

Die dabei am meisten gebrauchte Form ist der Imperativ Nif. von nbkonstruiert mit der Präposition 'aell'al. Die präpositionale Konstruktion benennt den Personenkreis, dem dies Sprechen gelten soll. Immer schließt daran ein we'ämartäm an, das den Beginn der wiederzugebenden Rede markiert. J. J e r e m i a s 1 0 1 , H.-P. M ü l l e r 1 0 2 , sowie R. R e n d t o r f f 1 0 3 b e t r a c h t e n d e n im Hitp. u n d Nif. v o r k o m m e n d e n V e r b a l s t a m m einhellig als d e n o m i n a t i v . D a s N o m e n näbi' d e u t e n sie im Rückgriff auf W.F. A l b r i g h t s klassischen B e i t r a g 1 0 4 vor d e m H i n t e r g r u n d v e r w a n d Wortempfangsaussage und die boen-'üdäm-Anrede, sowie auf ein Büchlein mit Visionen (Kap. 2-3.8.37.40.43.44.47) wo sich die kürzere Form wayyo'mcer 'elay boen-ädäm finde. Aufgrund der Kurzform wl"attäh bwn-'ädäm sieht er einen Zusammenhang zwischen einer Reihe von Fragmenten (3,22-27; 8,1-4; 24,25-27; 33,21f.; 40,1 ff.), die mit dem Motiv des Verstummens und des Flüchtlings aus Jerusalem zusammenhingen und von der Hand eines Redaktors stammten, der die Prophezeiungs- und Visionssammlung verband. 98 MEIER, Speaking, 233: „this command to speak may be prefaced by other verbs that nuance the type of speech which Ezekiel is to employ, a nuancing that is quite peculiar to Ezekiel". 99 Ez 6,2; 13,2.17; 21,2.14.33; 25,2; 28,21; 29,2; 30,2; 34,2 (zweimal); 35,2; 36,1.3.6; 37,4.9; 38,2.14; 39,1. In 11,4 tritt der Imperativ zweimal auf, allerdings ohne daß eine Rede folgte. 100

E z 6,3; 1 3 , 2 . 1 8 ; 2 1 , 3 . 1 4 . 3 3 ; 2 5 , 3 ; 2 8 , 2 2 ; 2 9 , 3 ; 3 0 , 2 ; 3 4 , 2 ; 3 5 , 3 ; 3 6 , 1 . 3 . 6 ; 3 7 , 4 . 9 ; 3 8 , 3 . 1 4 ; 3 9 , 1 .

HOSSFELD, Untersuchungen, 381, nennt die Kombination „ezechielische Auftragsformel". 101 Art. näbi', in: T H A T II, 7-25. 102 Art. näbi', in: ThWAT V, 140-163. 103 Art. jzpoprjnjg. B. näbi', in: ThWNT VI, 796-813. 104 From Stone Age to Christianity, Baltimore 1940, 231 f.

Einleitende feste

Wendungen

75

ter altorientalischer Wörter als passivisch/ergativisch im Sinne von „Berufener" - im Gegensatz zu der früher geläufigen aktivischen Deutung im Sinne von „Sprecher, Verkünder" 105 . Für die Verbalstämme konstatiert Rendtorff, 797f., in älteren Texten komme überwiegend das Http, vor, die ekstatischen Züge stünden dort im Vordergrund; das Nif. meine das Reden, Orakelgeben. Bei Jeremia und Ezechiel sei ohne weiteres das Reden gemeint. Jeremias, 16f., meint, eine sichere Abgrenzung der Grundbedeutung des Nif. gegenüber der des Hitp. gelinge nicht, wenngleich auch er festhält, daß das Nif. in der Mehrzahl der Fälle prophetisches Reden meine und das Hitp. meist die äußerlich sichtbaren Seiten prophetischer Tätigkeit106. Später könne auch das Hitp. ein Reden bezeichnen und wie das Nif. konstruiert werden. Müller, 146, bestimmt die Bedeutung des Verbs im Nif. und Hitp. als „sich als näbV betätigen, prophezeien"; insbesondere das Hitp. nehme gelegentlich den abschätzigen Sinn von „sich als niih'i' gebärden" an107. - Demgegenüber denkt Fleming108 unter Verweis auf neu veröffentlichte Texte aus Mari und Emar an die Bedeutung „einer, der Gott anruft". hinnäbe' wäre dann - unter Vermeidung des in diesem Zusammenhang stark vorbelasteten „Propheten"-Begriffes - wiederzugeben mit: „als Berufener sprechen", freier: „aufgrund göttlicher Eingebung reden, als göttlich Inspirierter sprechen". So gesehen enthält das Verbum den Aspekt der außergewöhnlichen Erfahrung (die von der Umwelt als Ekstase erlebt werden mag) und der Mitteilung dessen, was in dieser besonderen Situation erfahren wurde 109 . Der Aspekt einer ekstatischen Erfahrung entfällt bei Ezechiel 110 ; bei ihm geht es deutlich um die verbale Mitteilung, da er es im Rahmen der Einleitungswendungen als ein direkte Rede markierendes Wort verwendet 11 '. Es ist in der 105

Vgl. R E N D T O R F F , ThWNT 6, 796. Vgl. auch WILSON, Prophecy and Ecstacy, 329-336. 107 In Auseinandersetzung mit M Ü L L E R S Artikel hat M . G Ö R G , Randbemerkungen zum jüngsten Lexikonartikel zu nâbî' in: BN 26 (1985), 7-16, Einwendungen geltend gemacht, da er aufgrund ägyptischer medizinischer Texte das ekstatische Element stärker berücksichtigt wissen will („rasen", „erregt sein", vgl. dazu GÖRG, Weiteres zur Etymologie von nâbî', in: BN 22 [1983], 9-11 [10f.]). In einer früheren Veröffentlichung gab G Ö R G im Blick auf die Etymologie die Möglichkeit zu bedenken, daß ein ägyptischer Ausdruck für den „Sehenden" (Der Nâbî' „Berufener" oder „Seher", in: BN 17 (1982), 23-25 [24f.]) eine Rolle spielen könnte. AULD, Prophets Through the Looking Glass, 6, differenziert zwischen dem verbalen Gebrauch der Wurzel und dem nominalen. Das Verb habe sich früher durchgesetzt (Am 7,14f.), während nâbî' erst in nachexilischer Zeit auf Personen angewandt worden sei. Weder Ezechiel noch Jeremia hätte sich selbst nâbî' genannt oder das entsprechende Verb für die eigene Aktivität benutzt. „Only in the subséquent présentation of their traditions did verb (and more slowly) noun become acceptable terms of reference." Vgl. B. VAWTER, Were the Prophets nâbî'?,!, in: Bib 66 (1985), 206-220, der gleichfalls annimmt, daß das Verb unabhängig vom Nomen einen eigenen Weg genommen habe. 108 D.E. F L E M I N G , The Etymological Origins of the Hebrew nâbî''. The One who Invokes God, in: C B Q 5 5 ( 1 9 9 3 ) , 2 1 7 - 2 2 4 ; vgl. J.-G. H E I N T Z , La ,Fin' des prophètes bibliques?, in: J.-G. Heintz (hrsg.), Oracles et Prophéties dans l'Antiquité, Paris 1 9 9 7 , 1 9 5 - 2 1 4 ( 1 9 8 - 2 0 2 ) . ll)1 ' Im Blick auf F L E M I N G S Theorie müßte man zurückhaltender von einer besonderen Gottesbeziehung sprechen. 110 Diese kennzeichnet er ja mit einer eigenen Wendung. S.o. 111 H O S S F E L D , Untersuchungen, 3 8 2 , betrachtet das Nif. von nb' als terminus technicus für prophetische Rede. MEIER, Speaking, 195: „The imperative of this verb is a quite distinctive fea106

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende Wendungen

76

Tat b e m e r k e n s w e r t , d a ß a u ß e r h a l b v o n Jer u n d E z k a u m ein P r o p h e t e n w o r t m i t d i e s e m V e r b u m m a r k i e r t wird 1 1 2 u n d d a ß d a s V e r b in d e r S c h r i f t p r o p h e t i e sonst n u r n o c h in Arnos, S a c h a r j a u n d Joel a u f t r i t t . A l s ein V e r b u m des mit b e r u f e n e m M u n d e R e d e n s zeugt hinnäbe' v o n d e m B e s t r e b e n , b e r e i t s in d e r R e d e e i n l e i t u n g die f o l g e n d e n W o r t e als i h m a u f g e t r a g e n e zu q u a l i f i z i e r e n u n d sein S p r e c h e n als d a s eines b e s o n d e r s B e a u f t r a g t e n h e r a u s z u h e b e n 1 1 3 . Der Vergleich mit Jeremia verdeutlicht wiederum diese Besonderheit. Von den insgesamt 35 Vorkommen in Jer dient « ¿ ' n u r sechsmal als Markierung für eine direkte Rede 1 1 4 . Meistens begegnet der Verbalstamm - oftmals in der figura etymologica - ' l 5 , um zu beschreiben, was die rfbi'im (im Plural) tun 1 1 6 , oder im Bericht über das Treiben Jeremias zur Umschreibung seines Tuns 117 . Sowohl das mit nb' umschriebene Tun der rf~ bi'im als auch das Jeremias selbst besteht allerdings in sprachlicher Äußerung. In e t w a d e r H ä l f t e d e r F ä l l e g e h t d e m I m p e r a t i v hinnäbe' als w e i t e r e A u f f o r d e r u n g d i e W e n d u n g stm päncekä 'cel/'al NN voraus 1 1 8 . O b j e k t ( N N ) ist e n t w e d e r e i n e P e r s o n / P e r s o n e n g r u p p e o d e r e i n e p e r s o n i f i z i e r t e G r ö ß e , wie z.B. d i e B e r g e Israels 1 1 9 . W ö r t l i c h g e n o m m e n b e f i e h l t G o t t E z e c h i e l , e i n e G e s t e zu vollziehen, i n d e m e r sich d e r R i c h t u n g z u w e n d e t , w o sich die v o m W o r t B e t r o f f e n e n b e f i n d e n . U n t e r d e n A u s l e g e r n ist strittig, o b Y H W H z u r A u s f ü h r u n g e i n e r k o n k r e t e n G e s t e a u f f o r d e r t 1 2 0 o d e r o b d e r A u s d r u c k b i l d h a f t zu v e r s t e ture in Ezekiel, for of the 28 times the niphal imperative is found in the Bible, all but one are found in Ezekiel [Ausnahme: Am 7,15]. /.../ the collocation with the finite form of 'mr is a further distinctive of Ezekiel, for everywhere else except Jer 25:30 the infinitive I'mr is found." 112

113

Vgl. MEIER, S p e a k i n g , 196.

MEIER, Speaking, 196f., stellt in dieser Hinsicht fest „a concern in the case of Ezekiel to set apart qualitatively the verbal utterances of the prophet from non-prophetic speech." 114 Vgl. dazu MEIER, Speaking, 195. 115 2,8; 5,31; 14,14.15.16; 23,16.21.25.26.32; 37,19. 116 27,10.14.15.16; 28,8; 29,9. Im Singular nur 28,6.9. 117 19,14; 20,1 u.ö. In 11,21; 26,11 und 32,3 wird Jeremias Aktivität entsprechend benannt in den zitierten Reden anderer. 118

E z 6,2; 13,17; 21,2.7; 25,2; 28,21; 29,2; 35,2; 38,2. BLOCK, N I C O T , 34, b e z e i c h n e t d i e W e n -

dung als „hostile orientation formula". 119 Hinter diesen Personifizierungen mögen durchaus alte mythische Vorstellungen stehen, von denen sich schwer sagen läßt, ob sie von den damaligen Rezipienten noch mitgehört wurden. Sollte dem so sein, dann impliziert diese Wendung allerdings, daß diese Größen, die in der Umwelt (und in Israels Vergangenheit?) als göttlich betrachtet wurden, nun als YHWHS Macht unterworfen zu sehen sind. 120 So R.E. CLEMENTS, Ezekiel, 92: „Ezekiel took up a fixed position when delivering some of his prophecies, a strange mannerism but linked to his intention of projecting his words in the direction of the territory that would be most affected by what he declared." Eine Extremposition im Blick auf eine wörtliche Deutung der Wendung in anderem Sinne vertritt W. BROWNLEE, 'Son of Man Set Your Face', Ezekiel the Refugee Prophet, in: HUCA 54 (1983), 83110, da er in ihr „a formula for travel" (86) sieht. Dementsprechend geht er davon aus, daß Gott Ezechiel auf Reisen schicke zu den jeweils genannten Personen und Orten. Diese „Reiseroute" Ezechiels zeichnet er nach. Dies erscheint als einigermaßen abwegig - um mit S. LAYTON (Biblical Hebrew 'to set the face' in the Light of Akkadian and Ugaritic, in: UF 17 [1986], 169181 [181]) zu sprechen: „ /../ as Brownlee himself admits (p. 91 n.30), there are no reports in the

Einleitende feste

Wendungen

77

h e n ist 1 2 1 . M e i s t wird v o n e i n e m a n f a n g s k o n k r e t e n G e b r a u c h d e r W e n d u n g a u s g e g a n g e n , d i e d a n n s p ä t e r b i l d h a f t e Q u a l i t ä t a n g e n o m m e n h a b e ; b e i d e Stad i e n s i e h t m a n i m E z e c h i e l b u c h als g e g e b e n an 1 2 2 . A l l e r d i n g s b l e i b t z u b e d e n k e n , d a ß d i e W e n d u n g j e w e i l s i m R a h m e n der s t e r e o t y p a n g e l e g t e n E i n l e i t u n g e n d e r E z e c h i e l a u f g e t r a g e n e n G o t t e s r e d e steht. In d i e s e m K o n t e x t h a t sie die Aufgabe, die dann f o l g e n d e n Worte

YHWHS

an d i e g e n a n n t e n A d r e s s a t e n

näher zu qualifizieren. In w e l c h e r W e i s e d i e s e Q u a l i f i z i e r u n g e r f o l g t , e r h e l l t e i n B l i c k auf d a s V o r k o m m e n d i e s e s W o r t f e l d e s in E z : Z w e i m a l e r s c h e i n t d i e V e r b i n d u n g ntn bNN

mit

YHWH

pänay

als S u b j e k t 1 2 3 in d e r B e d e u t u n g , d a ß G o t t s e i n A n g e s i c h t j e -

m a n d e m z u w e n d e t u n d z w a r z u d e s s e n U n h e i l / S c h a d e n 1 2 4 . In z w e i U n h e i l s a n k ü n d i g u n g e n b e i Jer 1 2 5 e r s c h e i n t statt ntn d a s V e r b sym, pänay

bNN,

wiederum mit

YHWH

a l s o d i e W e n d u n g sim

als S u b j e k t . B e i d e V e r b i n d u n g e n b e g e g n e n

a u c h i n n e r h a l b v o n V e r n i c h t u n g s a n d r o h u n g e n G o t t e s im H e i l i g k e i t s g e s e t z 1 2 6 , w o der Kontext unmißverständlich deutlich macht, daß

YHWHS

Strafgericht

d r o h t , w e n n er s e i n A n g e s i c h t , s e i n e n B l i c k 1 2 7 g e g e n j e m a n d e n richtet. E s s c h e i n t sich i n s o f e r n e i n p r i e s t e r l i c h e r K o n t e x t d i e s e r W e n d u n g a n z u d e u t e n , zubook of Ezekiel of the prophet's compliance and his actual travels to the locales and persons mentioned." 121

S o z . B . FÜHRER, H A T , 1 1 8 , u n d BLOCK, N I C O T , 35: „ E z e k i e l ' s u s a g e is p u r e l y f i g u r a t i v e ,

reflecting Yahwe's hostile psychological disposition towards the object." 122 VON R A B E N A U , Entstehung, 668: „Diese Formel hat offenbar im magischen Bereich dazu gedient, Kontakt über eine Entfernung hinweg herzustellen. Ezechiel benutzt sie, um zeichenhaft den räumlichen Abstand zu überbrücken, der zwischen seinem und seiner Hörer Exil und den Adressaten in der Heimat und unter den Völkern besteht." Z I M M E R L I , BK, 142f., geht davon aus, daß es sich um eine Ausdruckshandlung handle, die das prophetische Reden begleite. „Das Absinken des einst selbständigen Zuges einer Zeichenhandlung zur Begleithandlung des ausgesprochenen Wortes ist im Nebeneinander der drei Stellen 4,3.7; 6,2 deutlich zu verfolgen."(143) In der Bileamerzählung findet Z I M M E R L I die ursprüngliche inhaltliche Bedeutung der Handlung: der optische Kontakt des Gottesmannes mit dem durch sein Wort zu Treffenden sei notwendig. Im Spruch gegen den Pharao (Ez 29,2) könne es nicht mehr um direkten optischen Kontakt gehen, die zunächst direkt gemeinte Redeweise sei verblaßt und uneigentlich verwendet. LAYTON, Hebrew, 173: „Zimmerli has admirably explained the origin of this gesture ...by referring to the Balaam narrative. /..../ In a like manner, the prophet Ezekiel was to have optical contact with that which he was to prophecy against. As in Daniel 9:3, there is a lack of direct optical contact in a few instances, most notably Ezekiel 29:2. This reflects a weakening of the original meaning of the saying, as well as a step in the direction of the idiomatic usage of the expression." 123 Ez 14,8, 15,7 mit nota acc. 'et pänay. 124 Die Präposition hat hier adversativen Sinn, vgl. A.S. VAN DER WOUDE, Art. pänim, 452 u n d LAYTON, H e b r e w , 125

177.

Jer 2 1 , 1 0 ; 4 4 , 1 1 . L A Y T O N , Hebrew, 1 7 7 , betrachtet die beiden Verbalstämme in diesem Zusammenhang als austauschbar. 126 yy fn p g n a y £ L e v 17,10; 26,17; ntn 'et pänay b Lev 20,3.6; sym 'et pänay b Lev 20,5. 127 Eine gedanklich verwandte bildhafte Wendung, die jeweils Y H W H zum Subjekt hat, bietet Ez 7,22: wah"sibbötipänay mehoem sowie die Verbindung hws 'eni (Ez 20,17; sonst verneint: Ez 5,11; 7,4.9; 8,18; 9,10).

78

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

mal die anthropomorphe Redeweise von Gottes Angesicht oder Blick im Bereich von Segen 128 und Fluch eine Rolle spielt. Die Aufforderung an Ezechiel ist also vor dem Hintergrund des sonst offenkundig üblichen Sprachgebrauches zu sehen, wo Gott selbst als Subjekt fungiert. Die Wendung wird hier also vom göttlichen Sprecher auf ein menschliches Subjekt übertragen, das die Gerichtsworte Y H W H S den Adressaten gegenüber aussprechen soll. Damit ist einerseits die Beauftragung und Autorisierung des menschlichen Sprechers betont, der so schon fast als stellvertretend für Gott 129 hingestellt wird, und andererseits wird die folgende Rede bereits im Vorfeld als massive Unheilsansage etikettiert. Von daher dürfte auszuschließen sein, daß Ezechiel hier tatsächlich eine Geste ausführen soll. Vielmehr ist es ein Anliegen dieser Wendung, die Autorisierung dieses Menschen zum Aussprechen der Gerichtsbotschaft auszudrücken. Außerdem erhärtet insbesondere diese Wendung die Vermutung, daß die der jeweiligen auszurichtenden Gottesrede vorausgehenden Imperative, die die Gottesrede etikettieren (gattungsmäßig beschreiben), eine Einleitung bilden, die im Zuge der schriftlichen Komposition des Ezechielbuches entstanden ist. Die betreffenden Einleitungsphrasen sind also auf eine Leserschaft hin konzipiert, bei der sie bestimmte Assoziationen auslösen sollen. Sie sollen hingegen nicht ein konkretes Tun Ezechiels im Sinne einer historischen Dokumentation tatsächlichen Handelns beschreiben. Die besondere Stilisierung des Ezechielbuches wird an diesem Punkte einmal mehr augenfällig.

3.1.4.1.2. Literarische

Gattungsbezeichnungen

Außerdem gibt es weitere Redeaufforderungen, die die literarische Gestalt oder „Gattung" der aufgetragenen Passage benennen: sä' qinäh 'ael AW130 oder hüd hidüh ünfsol mäsäl 'cel AW131. Analoge Formulierungen dazu gibt es sonst im AT kaum. Außerhalb des schriftprophetischen Kanons gibt 2 Sam 1,19-27 einen Text wieder, der als qinäh bezeichnet wird (V. 17: wayeqonen däwid 'cet-haqqinähU2) - 2 Sam 1,19-27 und 3,33f. gelten in formkritisch ausgerichteter For128

Man vgl. nur Num 6,24-26. „So, to speak of God - or one of his prophets - setting his face toward people or things was a figurative way of saying that God's own power was active toward them ... Ezekiel's actions are therefore to be distinguished from magical cursing. For Ezekiel acted at the instruction of Yahweh and as his representative, and not at the request of any man or from personal spite." (CARLEY, Ezekiel, 42). Vgl. auch LAYTON, Hebrew, 173, im Blick auf Ez 4,3.7: „Evidently, the prophet is acting the part of Yahweh, and the gesture represents the fixed determination of Yahweh in the siege of Jerusalem." 130 Ez 19,1; 27,2f.; 28,12; 32,2. 19,14 und 32,16 setzen darüber hinaus eine entsprechende Schlußrahmung. 131 Ez 17,2; oder nur m'sol 'cel NN mäsal (24,3). 132 V. 18 bietet ferner eine Art Titel sowie die Angabe, daß der Text im „Buch des Redlichen" aufgeschrieben sei. - In 2 Sam 3,33a leitet allein das Verb way'qonen den folgenden Klageliedtext Vv.33b.34 ein. Am 8,10; Jer 9,9 sowie 2 Chr 35,25 verweisen jeweils auf die Handlung des Klagens, ohne jedoch entsprechende Texte wiederzugeben. I2 " ( F L E I S C H E R , qtnäh, 24), scheint es jedoch angebrachter, von einer eigenen prophetischen und literarischen (?) Ausdrucksform zu sprechen. Die als qtnäh ausgewiesenen Passagen weisen gewisse gemeinsame Charakteristika (benannt bei F L E I S C H E R , qtnäh, 24) a u f - vor allem den Kontrast zwischen Einst und Jetzt - unterscheiden sich aber von einer „richtigen" Totenklage durch den Blick auf Zukünftiges (daß auch „nationale Größen" beklagt werden können, ist imgrunde kein Unterschied zur „echten", auf eine konkrete Person bezogene qinah, da sich der prophetische Text dann des Mittels der Personifizierung bedient). Unter dieser Voraussetzung kann man wohl kaum, wie F L E I S C H E R , qtnäh, 24f., es tut, die „Auflösung der Gattung" daran fest machen, daß eine qtnäh als YHWH-Wort ausgewiesen wird (Ez 27,3) bzw. als YHWH-Rede durchgestaltet ist (Ez 28,11-19). Vielmehr machen die Ezechiel-Texte die komplexere Natur der prophetischen qinah, die sehr wohl auf eine tatsächlich geübte Leichenliedpraxis Bezug nehmen wird, explizit. „The Standard dirge eulogized the person lamented, contrasted his splendid former state with his miserable latter one, and offered him various consolations /../ In the prophetic adaptation the glorious past of the lamented is depicted censoriously so as to give the ground for his fall /.../." ( G R E E N B E R G , AncB, 357). „The lament form essentially looks back to past glory from the perspective of present disaster. Here < Ez 27 > the usage is typically prophetic, serving the function of a prophetic announcement of doom by speaking as if that doom had already occurred." (L.C. ALLEN, W B C 29, 85). „Sitz im Leben und Kommunikationssituation haben miteinander nichts zu tun. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß /.../ das Klagelied eine verschärfte Form prophetischer Unheilsankündigung sein möchte, welche das sichere Eintreffen betont". (F. F E C H T E R , Bewältigung der Katastrophe, Berlin/New York 1992 (BZAW 208), 195). BLOCK, NICOT, bezeichnet unter Verweis auf G. A. YEE, Anatomy of Biblical Parody: The Dirge Form in 2 Samuel 1 and Isaiah 14, CBQ 50 (1988), 565-586, Ez 19 als Parodie. Ezechiel „has taken the form of a qtna and infused it with alien content" (Ez 1-24,594), ebenso beurteilt er auch Ez 32,1-16 als „not a serious dirge, but a parodic adaptation of the genre" (Ez 25^18, 199). Erwähnt sei in diesem Zusammenhang die These H A R D M E I E R S , der zwischen qtnäh, Leichenlied, und neht, Untergangslied, differenziert und A m 5,2 als Gattungsparodie begreift, die bei Ezechiel Schule mache. Seit Arnos sei die prophetische qtnäh sachlich als Untergangslied zu betrachten (Texttheorie, 337f.). Zu beachten bleibt ferner die Betrachtung der Gattung in schriftprophetischen Büchern bei M. KRIEG, Todesbilder im Alten Testament, AThANT 73, Zürich 1988, 443^159, zu Ezechiel 453f. 138 19,2 die Fürsten Israels (LXX hat hier den Singular; eine Dittographie des y in MT wäre durchaus denkbar), 27,2 Tyrus; 28,12 König von Tyrus; 32,2 Pharao. 139 Vgl. dazu abgesehen von den Kommentaren J A H N O W , Leichenlied, 1 9 9 - 2 1 0 ; I . K O T T S I E -

Einleitende feste

Wendungen

81

im Bild des Löwen in erzählender R ü c k s c h a u auf dessen Stärke und Bändigung, in 19,10-14 im Bild des zunächst prächtig g e d e i h e n d e n Weinstocks, d e r der Vernichtung a n h e i m fällt. V. 14b nimmt die Überschrift wieder auf, indem der v o r a u s g e h e n d e Text nochmals als Klagelied qualifiziert wird (qlnäh hi') und die A n k ü n d i g u n g erfolgt watf' htqinäh „zum Klagelied ist es geworden (MT)/soll es w e r d e n ( L X X ) " ' 4 0 , d.h. das U n glück, das bildhaft in d e m Kapitel geschildert wurde, trifft ein, so d a ß dies Klagelied, das im M u n d e G o t t e s noch d e n C h a r a k t e r d e r A n k ü n d i g u n g besitzt, tatsächlich als Klagelied v e r w e n d e t w e r d e n wird, wenn es geschehen ist 141 . 27,3ff. 1 4 2 setzt ein mit einer breiten Beschreibung d e r B e d e u t u n g u n d des R e i c h t u m s von Tyrus im Bild eines Handelsschiffes. V.26 m a r k i e r t d e n U m s c h w u n g ins Unglück. Die hier b e g i n n e n d e Passage m ü n d e t aus in das Zitat eines zukünftigen Klageliedes, so daß das insgesamt als qtnäh bezeichnete Kapitel in sich ein Klagelied, eine „integrierte Q i n a h " (Fleischer, qinäh, 24) enthält. D a s a u f g e t r a g e n e Klagelied 28,12-19 1 4 3 stellt zunächst rückblickend in mythologischen Vorstellungen die glanzvolle Position des Königs d a r (12b-15a), blickt d a n n zurück auf dessen Vergehen und U n t e r g a n g (15b—19) u n t e r E r w ä h n u n g d e r entsetzten R e a k t i o n d e r B e o b a c h t e r (19, aber auch 17 E n d e u n d 18bß). In d e m Abschnitt 32,2-16 1 4 4 konstatiert V.2 in e i n e m Ausruf das E n d e u n d bezieht den f r ü h e r e n Z u s t a n d u n d das Vergehen durch T i e r m e t a p h e r n ein. D e r G o t t e s s p r u c h kündigt u n t e r W e i t e r f ü h r u n g d e r zweiten M e t a p h e r das Gericht an (3-8) zuzüglich d e r entsetzten R e a k t i o n d e r B e o b a c h t e r (9f.). Die Verse nach d e m N e u a n s a t z in V. 11 muten wie eine D e u t u n g der bildhaften A n k ü n d i g u n g an.

per, „Was ist deine Mutter?" Eine Studie zu Ez 19,2-9, in: ZAW 105 (1993), 444-461, sowie LANG, A u f s t a n d , 8 9 - 1 1 4 , z u K a p . 19 i n s g e s a m t . 140

Der Narrativ in MT bringt eine rückblickende Kommentierung zum Ausdruck, d.h. vom Blickwinkel des Verfassers aus ist das Unglück als eingetreten vorausgesetzt. Das grch. Futur earai dagegen bleibt auf der Ebene der Zeit, zu der die GFNÄ/I von YH WH dem Propheten mitgeteilt wird. Denkbar wäre, daß das Tempus im Hebräischen im Zuge der Textüberlieferung eine Veränderung erfahren hat. Unabhängig von der Zeitgebung geht es der Schlußqualifizierung jedoch in jedem Falle um den Aspekt des Eintretens des im Klagelied entfalteten Unglücks. 141 Vgl. 32,16, wo dieser Gedanke deutlich ausformuliert ist. Buchkompositorisch betrachtet erhalten also die erste qlnäh und die letzte im Buch einen solchen Schlußrahmen. 142 Vgl. dazu abgesehen von den Kommentaren (zur literarkritischen Analyse v. a. ZIMMERLI, BK) H.-P. RÜGER, Das Tyrusorakel Ez 27, Diss Tübingen 1961; VAN DIJK, Prophecy on Tyre, 5091; E.M. GOOD, Ezekiel's Ship: Some Extended Metaphors in the Old Testament, Semitics 1 (1970), 79-103, v.a. 82-89; C. A. NEWSOM, A Maker of Metaphors - Ezekiel's Oracles Against T y r e , I n t e r p r e t a t i o n 3 8 ( 1 9 8 4 ) , 1 5 1 - 1 6 4 ; FECHTER, B e w ä l t i g u n g , 1 0 4 - 1 2 3 ; J . B . GEYER, E z e k i e l 2 7

and the Cosmic Ship, in: Among the Prophets, eds. D.J.A. Clines/P.R. Davis, Sheffield 1993 ( J S O T . S 144), 105-126. 143

Vgl. dazu JAHNOW, Leichenlied, 221-321; J.L. MCKENZIE, Mythological Allusions in Ezek 28:12-18, JBL 75 (1956), 322-327; K. YARON, The Dirge over the King of Tyre, ASTI 3 ( 1 9 6 4 ) , 2 8 - 5 7 ; VAN DIJK, P r o p h e c y o n T y r e , 1 1 3 - 1 2 2 ; FECHTER, B e w ä l t i g u n g , 1 6 3 - 2 0 7 . V o r a l l e m

wegen des Begriffes „Cherub" in V. 14 ist dieser Abschnitt viel besprochen und seine mögliche Beziehung zu Gen 2-3 problematisiert worden. Vgl. etwa J. BARR, ,Thou art the Cherub': Ez 28:14 and the Post-Ezekiel Understanding of Gen 2-3, in: Priests, Prophets and Scribes, hrsg. E. Ulrich et al., Sheffield 1992 (JSOT.S 149), 213-223; J.E. MILLER, The Mcelcek of Tyre, in: ZAW 105 (1993), 497-501. B. GOSSE, EZ 28, sieht hier eine ursprünglich gegen Jerusalem gerichtete, zu einem Engelsturz umgearbeitete Passage. 144 Vgl. dazu L. BOADT, Ezekiel's Oracles Against Egypt, Rom 1980 (BibOr 37), 127-150.

82

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende Wendungen

Die Einordnung der als qinäh eingeführten, nicht völlig gleichartigen 145 Texte hat mehrere Aspekte: Es wird von Anfang an deutlich, daß der anschließende Text eine Unheilsansage einschließt. Die Texte blicken auf die Zeit nach dem Eintreten des Verhängnisses; abgesehen von Kap. 32 enthalten sie die Reaktion auf ein bereits eingetretenes Gerichtsgeschehen und heben insofern den Aspekt der Erfüllung dessen hervor, was das Klagelied als prophetischer Text ankündigt. Denn innerhalb der prophetischen Biographie Ezechiels erscheint die qinäh als Vorgriff auf die Zukunft. Die qinäh ist stilisiert als Äußerung derer, die das Eintreten des Unglücks beobachtet bzw. miterlebt haben, hat also die Rezeption des unheilvollen Geschehens im Blick. So erscheinen die besungenen Zustände nach dem Gericht als unausweichlich 146 . Es ist nicht auszuschließen, daß implizit ein Lerneffekt angestrebt wird, zumal wenn ausdrücklich gesagt wird, daß der Untergang eines Mächtigen letztlich in dessen Verfehlung begründet ist. Von daher gesehen steckt in diesen Texten eine implizite Warnung an die, denen das Klagelied nach dem Untergang in den Mund gelegt wird, sowie an alle, die den Text rezipieren: Der ins Unglück Gestürzte dient als er- und abschreckendes Beispiel. In 17,2 erscheinen im Parallelismus hidäh und mäsäl innerhalb des Einleitungsmusters, beide in figura etymologica. hidäh kommt seltener im AT vor als mäsäl. hidäh begegnet überwiegend in weisheitlichen Zusammenhängen und bezeichnet dort offenkundig einen Rätselspruch. Die Königin von Saba will Salomo mit hidöt prüfen (nsh), d.h. Salomo als exemplarischer Weiser unterzieht sich entsprechenden Rätselaufgaben (1 Kön 10,1; 2 Chr 9,1). In Ri 14,12-19, wo der Begriff mehrfach auftritt, stellt Simson den Philistern eine Rätselfrage.

145 Insbesondere Kap. 32 hebt sich ab. V.2 entspricht noch am ehesten der Anlage der übrigen Texte; die den Gottessprucheinleitungen (V. 3 und 11) folgenden Ankündigungen unterscheiden sich von den übrigen qinöt über die Vernichtung des einstmals Starken und Mächtigen durch den zukünftigen Blickwinkel. Ist Kap. 32 eine Anreicherung auf der Basis von Kap. 29? ZIMMERLI, BK, 766, betrachtet V. 2 als Kern der Einheit, von dem her das ganze Stück in der abschließenden Redaktion in Vv.2.16 seine Kennzeichnung erhalten habe. FLEISCHER, qinäh, 25, sieht hier den Auflösungsprozeß der Gattung gegeben, „insofern hier ein auf die Zukunft gerichtetes Unheilswort JHWHs (vgl. das Tempus in Vv.3-15) allein aufgrund des Qinahfragments v.2 als ganzes von redaktioneller Hand als Qinah bezeichnet wird (Vv.2-16)". ALLEN, WBC 29,130, nennt den Abschnitt „iament-tinged oracle of (future) judgment". 146 Vgl. die These zu mit höy eingeleiteten prophetischen Worten, „die Propheten hätten in den höj-Worten nichts anderes ausdrücken wollen, als daß das Gericht unausweichlich ist." (ZOBEL, Art. höj, ThWAT II, 382-388 [385]). „Das wohl ursprünglich der Totenklage zugehörige höj soll deutlich machen, daß einem bestimmten menschlichen Verhalten der Keim des To-

d e s b e r e i t s i n n e w o h n t . " ( G . WANKE, oj u n d hoj, Z A W 78 [1966], 2 1 5 - 2 1 8 [218]). I m Blick a u f

die qinah Ez 27 deutet sich diese Sicht bei ZIMMERLI, BK, 648, an: „In der prophetischen Leichenklage, die wie der Sturmvogel das kommende Gewitter verkündet, hebt das Geschehen des großen Todesfalls schon an." Vgl. FECHTER, Bewältigung, 194: Das Interesse des Textes liegt darin, „zukünftiges Geschehen anzukündigen, das für den Adressaten einen unwiderruflich negativen Ausgang nehmen wird UND /.../ die eigentlichen Adressaten davon zu überzeugen, daß dies auch wirklich eintreffen wird."

Einleitende feste

Wendungen

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D a s Rätsel Simsons soll im Kontext der jetzigen Geschichte o f f e n b a r unlösbar sein u n d ist es auch, weil er eine ungewöhnliche Tatsache beschreibt, die er allein (vgl. 14,9b) w a h r g e n o m m e n hat, nämlich d e n Bienenschwarm im L ö w e n k a d a v e r . Äußerlich scheint sein Rätsel (14,14a) d e r Konvention zu e n t s p r e c h e n {parallelismus membrorum, bildhaft verschlüsselt klingende Sprache); tatsächlich liegt d e r Trick Simsons im Verstoß gegen die literarische Konvention: Die Philister meinen, sie m ü ß t e n Begriffe entschlüsseln, diese sind aber hier k o n k r e t gemeint. Auch diese V e r k e h r u n g der Konvention bestätigt j e d o c h die B e d e u t u n g von hidäh im Sinne eines Textes, d e r d e r E n t schlüsselung bedarf 1 4 7 . I n d e r viel d i s k u t i e r t e n P a s s a g e N u m 1 2 , 6 - 8 g e h t es u m d i e S o n d e r s t e l l u n g d e s M o s e i m V e r h ä l t n i s z u G o t t 1 4 8 . W ä h r e n d Y H W H sich e i n e m näbi'149 (mar'ceh)

in V i s i o n

u n d T r a u m ( h " l d m ) o f f e n b a r t (V. 6), d . h . in A u s n a h m e z u s t ä n d e n d e s

B e w u ß t s e i n s 1 5 0 , s p r i c h t e r m i t M o s e „ v o n M u n d z u M u n d " ümar'ceh^] e

b hidöt hidäh

welo'

(8acc) „ u n d ( i m S e h e n ) a n s c h a u l i c h u n d n i c h t in R ä t s e l n " . D a m i t ist h i e r e i n d e u t i g als e i n e i n d i r e k t e R e d e w e i s e c h a r a k t e r i s i e r t 1 5 2 .

In E z 17,2 b e s c h r e i b e n hidäh d e n f o l g e n d e n Text 17,3-10

155

u n d mäsäl153

als b e i n a h e s y n o n y m e B e g r i f f e 1 5 4

. E r bietet, eingeleitet durch die Zitatansage, eine

b i l d h a f t e E r z ä h l u n g , d i e in d e r T r a d i t i o n v o n J e s 5 , 1 - 7 b e i d e n R e z i p i e n t e n e i n e 147 Zum Rätsel, seiner „Sondersprache" und seiner Funktion zu prüfen, ob ein Fremder die Sprache einer Gruppe von Eingeweihten versteht, vgl. A. JOLLES, Einfache Formen, Tübingen 1930,134ff. Zu Ri 14 vgl. H.-P. MÜLLER, Der Begriff „Rätsel" im AT, in: VT 20 (1970), 465^189 (465^171), der literarkritische Erwägungen anstellt und davon ausgeht, daß ein Rätsel mehrere Lösungen haben kann. V. H A M P , Art. hidäh, in: ThWAT I I , 870-874 (871f.), sieht Ri 14 als ältesten Beleg für ein volkstümliches Rätsel und nimmt einen Bedeutungswandel an: „Der Begriff hidäh wurde zu einem der vielen, fast synonymen Bezeichnungen für Weisheitssprüche." 148 Vgl. dazu L. P E R L I T T , Mose als Prophet, in: EvTh 31 (1971), 588-608 (592-596); erneut in: ders., Deuteronomium-Studien (FAT 8). Tübingen 1994, 1-19 (5-8). Vgl. auch J. VAN S E T E R S , The Life of Moses, Louisville 1994, 236-238. I4 '' Zur textkritischen Problematik des Verses vgl. BHS. 150 H.-P. MÜLLER, Begriff, 471, denkt dabei an eine „traumhafte Verrätselung der Wirklichkeit durch Chiffrierung der einzelnen Gegenstände"; die Sondersprache des Traumes bedürfe der Entschlüsselung. 151 Das Wort ist aufgrund des Überlieferungsbefundes textkritisch zu betrachten; vgl. BHS. Vermutlich ist die Präposition be zu ergänzen. 152 Vielleicht impliziert diese Stelle zugleich, daß Propheten im „Normalfall" auslegungsbedürftige Worte sprechen, die sie selbst bereits verschlüsselt empfangen haben - so wie es in den Bildreden des Ezechielbuches gegeben ist. Von diesem prophetischen „Normalfall" soll Mose hier als besonders Ausgezeichneter abgehoben werden. - Problematisch ist die Spekulation H A M P S , hidäh, 8 7 3 , über den Grund, weshalb der Begriff hidäh bei den klassischen Propheten selbst kaum vorkomme, nämlich „daß die prophetischen Bildreden meistens ziemlich leicht durchschaubar und ohne große Schwierigkeiten deutbar sind." 153 Zum viel diskutierten und unterschiedlich definierten mäsäl-Beghii vgl. K. S C H Ö P F L I N , „Mäsäl - ein eigentümlicher Begriff der hebräischen Literatur", BZ 46 (2002), 1-24. 134 hidäh und mäsäl kommen gemeinsam in Ps 49,5 und 78,2 vor; Hab 2,6a erscheint m'lisäh als 3. Begriff, Prov 1,6 kommt als weiterer fast synonymer Terminus noch dibre hakämim hinzu. H.-P. MÜLLER, Begriff, 480, meint, die Häufung der Begriffe zeige, daß die Gattungen nicht mehr scharf unterschieden wurden. Zu diesen Stellen vgl. auch S C H Ö P F L I N , Mäsäl, 14-15.18. 155 Zu Ez 17,3-10 vgl. abgesehen von den Kommentaren R . S . F O S T E R , A Note on Ezekiel

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Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

Erkenntnis (nämlich die des Fehlverhaltens Israels bzw. seines Herrschers) bewirken will. Die lehrhafte Absicht der Passage wird in 17,9 (und 10156) deutlich, wo in Form von rhetorischen Fragen die Rezipienten einbezogen werden (vgl. Jes 5,4)157, der Text sich also in Richtung der Hörer öffnet, bis der göttliche Sprecher selbst die noch im Bild gehaltene Antwort gibt, die die Gerichtsansage enthält. Diesen Textabschnitt betont zudem eine neuerliche Redeaufforderung an Ezechiel gefolgt von der Zitatansage. Es entspricht der einführenden Charakterisierung des Textes als rätsei- und bildhaft und deshalb deutungsbedürftig, wenn in V. 11 ein Neuansatz 158 erfolgt und Gott Ezechiel beauftragt, die Rezipienten, das Haus des Widerspruchs, auf ihr Verständnis der Rede anzusprechen. Die Frage, die Ezechiel ihnen stellen soll, unterstellt, daß die Hörer die Bildgeschichte nicht verstanden haben. Deshalb wird Ezechiel die 159 Deutung aufgetragen (12b-21 160 ), die auf eine Kritik an der Bündnispolitik Judas kurz vor der Katastrophe von 587 hinausläuft. Ez 24,3 begegnet mäsäl allein in der figura etymologica. Der an das Einleitungsmuster anschließende Text 24,3b-14 enthält wiederum eine Bildrede 161 , die hier anhand eines Vorgangs die Schuld Juda-Jerusalems und vor allem das bevorstehende Gericht anschaulich machen soll. Sowohl in Kap. 17 als auch in Kap. 24 bieten die als mäsäl qualifizierten Passagen also bildhafte Reden, die inhaltlich Kritik am Verhalten Israels bzw. seines politischen Oberhauptes üben wollen und das Gericht als dessen Konsequenz ebenfalls im Bild umschreiben. Vom Rezipienten fordern beide Texte ein Entschlüsseln durch Analogieschluß auf die von der Kritik intendierten Verhältnisse oder Vorgänge. Können oder wollen die Rezipienten dies nicht leisten, bedürfen sie einer erklärenden Deutung 162 . and 22-24, in: V T 8 (1958), 374-379; L A N G , Aufstand, 28-19; H . S I M I A N - Y O F R E , E Z 17,1-10 como enigma y paräbola, in: Bib 65 (1984), 2 7 ^ 3 . 156 V. 10 dürfte eine Anreicherung des Textes sein. 157 K. VON R A B E N A U , Die Form des Rätsels im Buche Hesekiel, in: Gottes ist der Orient, Berlin 1957 (FS Eißfeldt), 129-131, betrachtet die Fragen in 17,[9]10 sowie in 15,2-1 als Grundelement der Gattung, die diese beiden Ezechiel-Abschnitte seiner Ansicht nach repräsentieren, nämlich eine „Vermischung von Elementen des eigentlichen Rätsels mit der Grundform des Kasus bzw. des Problems" (131). In Ez 15 und 17 sei eine „Sonderform des Rätsels" gegeben; die „Form des kasusartigen Rätsels" vermutet er auch in Jes 5,1-7; A m 3,3-8; 6,12; Jes 10,15; 28,24-26.27-29. 158 Zu literarkritischen Gedanken vgl. Z I M M E R L I , BK, 384. 159 S I M I A N - Y O F R E , E Z 1 7 , 4 2 , sieht hier wie auch in 2 2 - 2 4 jeweils nur eine von vielen möglichen Deutungen gegeben. 160 Vv.22-24 bieten einen neuen Gedanken: Das Bild der Zeder aus 17,3 wird aufgenommen und für einen Heilsausblick genutzt: Durch Y H W H wird der Zedernwipfel zum Weltenbaum, dem Inbegriff von segensreicher Herrschermacht. Besonders ausführlich dazu LANG, Aufstand, 61-88. 161 Zu dieser Stelle vgl. auch S C H Ö P F L I N , Mäsäl, 10-12; zur Problematik, den Text als Zeichenhandlung zu verstehen, vgl. unten 4.2.2. 162 Die in Ez 21,5 wiedergegebene Kritik der Rezipienten Ezechiels auf die ihm von Gott aufgetragenen Kundgaben bezieht sich auf Texte wie 21,3f., aber auch 17,3-10 oder 24,3-14.

XVII1-10

85

Einleitende feste Wendungen

Die einzige vergleichbare Stelle zu diesem Gebrauch von literarischen Termin i i m E z e c h i e l b u c h f i n d e t s i c h in J e s 14,4: wena'sä'tä

hammüsäl

hazzceh

'al-mce-

Icek häba'l we'ümärtä. V.4 steht als Überschrift über dem anschließenden poetischen Stück. Es drängt sich hier allerdings der Verdacht auf, daß Jes 14,4 später, möglicherweise nach dem Vorbild der entsprechenden Einleitungen bei Ezechiel gebildet sein könnte, da das Jesajabuch nur diese eine Stelle bietet. Wiederum fällt also im Ezechielbuch das Bestreben auf, die jeweils nachfolgende Rede im Voraus zu charakterisieren. Von den drei literarischen Termini erscheint qinäh schwerpunktmäßig in den sogen. Fremdvölkersprüchen, während hidäh und mäsäl im Blick auf Bildreden an Israel eingesetzt sind, Passagen, die einen Erkenntnisprozeß auslösen wollen: Wer die Bildreden entschlüsselt und sie auf historische Gegebenheiten hin zu deuten versteht, vermag daraus eine Lehre zu ziehen. Dies setzt ein hör- und aufnahmewilliges Publikum voraus, Voraussetzungen, die das „Haus des Widerspruchs" nicht erfüllt. Im übrigen ist bemerkenswert, daß die Wortempfangsaussage und die übrigen vorausgehenden Einleitungswendungen diese mit literarischen Termini überschriebenen Texte allesamt als Gottesrede bzw. als prophetische Reden kennzeichnen 163 . Somit sind qinäh, hidäh und mäsäl literarische Formen, die die Gottesrede sich je nach ihrer Intention dienstbar macht. D i e Praxis, Texte wie etwa die Psalmen oder prophetische Bücher durch Überschriften zu charakterisieren, auch zu sortieren und zu datieren, könnte man im weitesten Sinne als „weisheitlich" bezeichnen 1 6 4 . Es handelt sich sicherlich um „schriftgelehrtes" Tun, welches zumeist vorfindliche Texte aufbereitet. Es stellt sich die Frage, in welche Zeit dieser U m g a n g mit Literatur gehört.

3.1.4.1.3

Sonstiges

Zweimal erscheint eine imperativische Form von yd', Hif.165 mit anschließendem we'ämärtä, was den belehrenden Charakter der wiederzugebenden Rede ankündigt. Gelegentlich wird statt eines näher qualifizierenden Wortes auch Buchkompositorisch betrachtet mag es bedeutsam sein, daß 21,5 etwa in der Mitte zwischen Kap. 17 und 24 steht. Aus moderner Sicht ist man geneigt, auch Kap. 16 und 23 als gleichnishafte Texte zu begreifen und daher als mäsäl zu qualifizieren. Allerdings bleibt Kap. 16 (wie weitgehend auch 23) ganz im Bild der ehebrecherischen Frau, ohne eine explizite Deutung vorzunehmen - diese liegt vor dem Hintergrund der traditionellen Prägung dieses Bildes vermutlich deutlich auf der Hand. Auch Kap. 19 erhält trotz seiner bildhaften Anlage keine Deutung. Erhält es unter anderem deshalb die Überschrift qinäh statt mäsall 163 VON R A B E N A U , Form, 129, drückt diese Beobachtung formgeschichtlich aus: „/.../ in seiner Urform ist jedem Spruch der göttliche Auftrag zu seiner Übermittlung vorangestellt, der nicht selten einen Hinweis darauf enthält, daß der Spruch nicht den üblichen Charakter des Prophetenwortes, also des Scheit- und Drohwortes bzw. der Begründung und des Zukunftswortes hat, sondern einem fremden Formbereich entstammt." 164 Vgl. KOCH, Profetenbuchüberschriften, 172-175. 165 Ez 16,2; 22,2; vgl. auch die Ptz.-Konstruktion in 20,4.

86

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

der Imperativ dabber in Kombination mit we'ämärtä verwendet 166 , was dann lediglich auf den Redecharakter des Folgenden hinweist. Selten begegnet der einfache Imperativ 'a'mor167. Damit ist Folgendes deutlich geworden: Im Rahmen der einleitenden Sätze einer Passage erfährt diese in der Regel eine nähere Bestimmung, welcher Art sie sein wird, bevor die Form wi"ämärtä den Beginn dieser Rede markiert. Die Einleitung nimmt also eine Systematisierung der Texte vor, durch die der Rezipient auf den Abschnitt eingestimmt wird. Dies Etikettieren von Textabschnitten ist ein Spezifikum des Ezechielbuches. Ein derartiges ordnendes und einordnendes Verfahren mag man im weitesten Sinne als „weisheitlich" 168 betrachten. Auf jeden Fall stellt diese Systematisierung das durchgehende Interesse der Buchkomposition dar und ist folglich im schriftlichen Bereich anzusiedeln. In einer geringeren Anzahl von Fällen fordert Y H W H den Angeredeten zu einer Handlung auf, die zeichenhaften Charakter besitzt 169 . Aufrufe zu einer Aktivität begegnen im übrigen öfters im Rahmen des visionären Erlebens Ezechiels, wobei Gott ihn entweder zu einer Tätigkeit anhält 170 oder zu Sinneswahrnehmungen auffordert 171 . Da Y H W H Ezechiel recht unterschiedliche Aktionen aufträgt, gibt es in diesem Bereich naturgemäß keine sich wiederholenden Muster wie bei den reinen Redeaufforderungen. 3.1.4.2 Indikativische

Formulierungen

Gegenüber den Imperativen an den Angeredeten bilden die „Mitteilungen" 172 an ihn den weitaus selteneren Fall. Als erste Möglichkeit sind dabei Aussagesätze zu nennen, die entweder auf ein Handeln des Sprechenden, also Y H W H S verweisen oder auf eine Situation, die der Angeredete vor Augen hat. Das im Anschluß an die Wortempfangsaussage und den Vokativ konstatierte Handeln Gottes betrifft überwiegend Ezechiel selbst: Y H W H sendet ihn ( 2 , 3 ) , 166

Ez 14,4; 20,3.27; 33,2. Ez 28,2; 31,2; in 7,2 bietet LXX sbiöv, eine Entsprechung zum Imperativ '"mor also, der in MT hier fehlt. Angesichts der Tatsache, daß die Einleitungspassagen im Ezechielbuch sonst aber regelmäßig eine Redeaufforderung enthalten, scheint LXX hier den korrekteren Text zu bieten. Zu weiteren Vorkommen des einfachen Imperativs im Zusammenhang mit der sogenannten „Botenformel" vgl. 3.1.6. 168 Die sogenannte „Listenweisheit" zeigt dies weisheitliche Streben nach Einordnen in Kategorien. Eine Kategorisierung von literarischen Erzeugnissen deutet sich an in 1 Kön 5,12, wo von den poetischen Aktivitäten Salomos, des exemplarischen Weisen, die Rede ist, die als müsäl und sir bezeichnet werden. 169 Ez 4,1 (eröffnet eine Reihe von Aufforderungen 4,1-7.9-12); 5,1 (ebenfalls als Beginn einer Anweisungsreihe in 5,l^t); 12,3.18 (12,18 unmittelbar gefolgt von einer Redeaufforderung); 21,11.17.19.24; 24,16b.l7; 37,16 (in 37,19 gefolgt von einer Redeaufforderung). 170 Ez 2,1.6.8; 3,1.3.4.10 sowie 3,22.24. 171 Ez 8,5.8.9.13; 40,4; 43,10; 44,5. 172 So VON RABENAU, Entstehungsgeschichte, 669, der diese in Fragen und Erklärungen differenziert. 167

Einleitende feste

Wendungen

87

hat ihn zum sopceh gemacht (3,17; 33,7), kündigt ihm an, daß er ihm sein Liebstes nehmen werde (24,16). In 30,21 verweist Gott dagegen auf sein Strafhandeln am Pharao 173 . Weitaus häufiger beschreibt Gott zum Auftakt einer Rede an Ezechiel jedoch Zustände, die die Voraussetzung für das anschließende Gotteswort bilden 174 . Zum Teil handelt es sich dabei um Äußerungen der Israeliten, deren Inhalt Y H W H mißbilligt, etwa wenn die (noch) nicht Exilierten behaupten, das Land sei ihr Eigentum (11,15)175; zum Teil geht es um schuldhaftes Treiben der betreffenden Menschen, etwa ihre Götzenverehrung (14,3)176. Es kommen dabei auch Verweise auf die Situation Ezechiels vor, so in 12,2, wo Y H W H auf Ezechiels Aufenthalt im bei hammcert verweist, bevor er ihn zu einer zeichenhaften Handlung auffordert. Damit wird an dieser Stelle nach der Visionssequenz in Kap.8-11 ein Rückbezug zu Kap.2f. hergestellt 177 . Zweimal (14,13; 23,2) folgen auf die Wortempfangsaussage und die Anrede längere Ausführungen Gottes, nämlich exemplarische Fallbeispiele (14) bzw. eine gleichnishafte Erzählung (23), die aufgrund dieser Einleitung als an Ezechiel gerichtet erscheinen, aber nicht mit einer Aufforderung zur Weitergabe an andere Rezipienten versehen sind 178 . Als zweite Möglichkeit der „Mitteilung" begegnen Fragen an den Angeredeten, die fast ausschließlich rhetorischer Natur sind und folglich nur eine syntaktische Variante der Aussage darstellen. Dies wird besonders deutlich in Kap. 12, wo Y H W H Ezechiel fragt, ob die Leute ihm nicht eine bestimmte Frage gestellt haben (12,9) - d.h. Gott verweist damit auf eine Äußerung von Zeitgenossen Ezechiels ähnlich wie in 11,15 - , und er fragt nach einem anschließend zitierten Spruch, der in Israel umläuft (12,22), auf den er dann mit einem Gegenwort ant173 An diese Vorgabe knüpft sich dann ein mit laken angeschlossener Spruch gegen Ägypten in V. 22f. Das in 4,16 in den Blick genommene Tun YHWHS wird mit der für die Visionskapitel typischen Redeeinleitung an das Vorhergehende angeschlossen. 4,16f. hinterlassen den deutlichen Eindruck eines sekundären Anhanges. 174 Dies logische Verhältnis läßt sich an der syntaktischen Konstruktion ablesen: W E A + Vokativ + Aussagesatz + (jeweils im folgenden Vers) laken + Imperativ von 'mr oder dbr + „Botenformel". 175

176

E b e n s o E z 12,27; 2 6 , 2 ( o h n e I m p e r a t i v ) ; 3 3 , 2 4 .

Vgl. Ez 22,18, wo die Aussage in ein Bild gekleidet ist, 29.18, wo ein Handeln Nebukadnezars angesprochen wird, sowie 36,17-21, wo ausführlicher Israels unrechtes Wandeln betrachtet wird, bevor Vv.22ff. das Gotteswort an diese wiedergeben. 177 Außerdem spricht YHWH in 3,25 die rätselhafte Ankündigung aus, daß man ihm Stricke anlegen werde; und in 33,30 stellt Gott fest, daß die Israeliten über Ezechiel reden. In beiden Fällen geht diesen Aussagen keine Redeeinleitungsformel voraus, sondern lediglich der Vokativ w'"attäh bcen-ädäm. 178 Auch innerhalb der Visionsabschnitte gibt es Vergleichbares: In 11,2 eröffnen Redeeinleitungsformel und Anrede den Hinweis Gottes auf verwerfliche Männer, deren Rede er zitiert (V.3), um Ezechiel dann zum Reden gegen sie aufzufordern. Ähnlich, nur mit positivem Vorzeichen, ist 37,11 f. gestaltet. In 43,7 schließlich wird Ezechiel im Rahmen der Vision von der Rückkehr des kaböd in den Tempel angeredet, um ihn auf den Thronsitz Gottes ausdrücklich hinzuweisen. Hier dienen Redeeinleitung und Anrede offenkundig der besonderen Betonung der Aussage.

88

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

w o r t e t . I m u n m i t t e l b a r a n s c h l i e ß e n d e n A b s c h n i t t b i l d e t V. 2 7 , w o e i n A u s s a g e s a t z g e g e b e n ist, e i n e d e u t l i c h e A n a l o g i e z u V . 2 2 . D i e F r a g e in 15,2, d i e s i c h i n V . 3 n o c h fortsetzt, impliziert eine negative A n t w o r t , w e l c h e G o t t selbst auss p r i c h t , w e n n e r in V. 4f. f o r m u l i e r t , w i e e s s i c h t a t s ä c h l i c h v e r h ä l t 1 7 9 . N u r e i n m a l a n t w o r t e t E z e c h i e l auf e i n e F r a g e G o t t e s a n ihn, u n d z w a r in d e r Vision v o n d e n T o t e n g e b e i n e n (37,3)180. D a ß sonst G o t t seine Frage selbst bea n t w o r t e t , b e l e g t d i e r h e t o r i s c h e N a t u r d i e s e r F r a g e n , d i e f o l g l i c h e i n stilistis c h e s G e s t a l t u n g s m i t t e l sind. D o c h m a g es z u g l e i c h a u c h e i n e t h e o l o g i s c h e Imp l i k a t i o n g e b e n : In 3 7 , 3 r e a g i e r t E z e c h i e l z w a r a u f d i e F r a g e , d o c h ü b e r l ä ß t e r G o t t d i e e i g e n t l i c h e A n t w o r t . S o g a r in s e i n e m e n t r ü c k t e n Z u s t a n d w a g t e r a l s o k e i n e e c h t e E n t g e g n u n g . I m R a h m e n e i n e s W o r t e m p f a n g e s scheint sich für d e n M e n s c h e n erst recht e i n e R e a k t i o n zu verbieten181. Bis hierher sind die E i n l e i t u n g s e l e m e n t e - unabhängig davon, o b G o t t E z e c h i e l e i n e H a n d l u n g o d e r e i n e R e d e a u f t r ä g t ( u n d l e t z t e r e r ggf. n o c h e i n e B e m e r k u n g als A n k n ü p f u n g s p u n k t v o r a u s s c h i c k t ) - B e s t a n d t e i l e d e s S e l b s t b e richtes; E z e c h i e l e r z ä h l t , w a s i h m v o n S e i t e n Y H W H S w i d e r f a h r e n ist. E s l i e g t als o d a s v o r , w a s m a n als „ p r i v a t e s O r a k e l " b e z e i c h n e t h a t 1 8 2 , d i e S c h i l d e r u n g d e s 179 Auch hier gibt es einen eigentümlichen Sonderfall, und zwar in 24,25, wo die A n r e d e und die nachfolgende Frage offensichtlich der besonderen Akzentuierung dienen sollen. Anders als an den oben genannten Stellen wird 24,25ff. nicht durch die Wortempfangsaussage als ein eigener neuer Abschnitt eingeleitet. Auf diese Verse wird noch zurückzukommen sein (vgl. 6.3). Einen weiteren Sonderfall bildet die dreimal auftretende Frage Gottes, ob Ezechiel über die Greueltaten der Israeliten richten wolle (20,4; 22,2; 23,36). Die Frage ist offensichtlich ebenfalls rhetorisch gemeint: Die Antwort müßte negativ ausfallen: Die Greueltaten sind derartig schwerwiegend, daß der Angeredete, der „Mensch" gewiß nicht darüber richten kann und will. In 22,2f. ist die Frage in das übliche Einleitungsmuster integriert: W E A , Vokativ, dann die Frage, w'"ämärta und „Botenformel". In 20,4 hingegen stört sie imgrunde zwischen V.3 und V.5; Gott hat in 20,1-3 ein Wort an die Ältesten abgelehnt; die n'"um-Formel am E n d e von V. 3 markiert einen Abschluß. Trotzdem beauftragt YHWH Ezechiel in V.5 mit einer Rede, einem langen Geschichtsrückblick. 23,36 mutet gleichfalls verdächtig an, schon allein deswegen, weil der Frage die sonst nur in Visionskapiteln auftretende Redeeinleitung vorangeht, die überdies noch ungewöhnlicherweise das Tetragramm enthält: wayyo'M&r YHWH 'elay bcen-ädäm. (Vgl. ZIMMERLI, BK, 537, der 23,36-49 als sekundäres Sonderstück einschätzt). 180 In Kap.8 besitzt die wiederholte Frage „Siehst du..?" (8,6.12.15.17; vgl. auch 47,6) den Charakter eines verstärkten Hinweises. In Kap. 8 schwingt dabei auch E m p ö r u n g mit über das, was zu sehen ist. Die Stellung der A n r e d e wayyo'mcer 'elay + Frage + bcen-ädäm verstärkt die Emphase. 181 In 21,5 formuliert Ezechiel im Anschluß an das empfangene Wort eine Klage. 182 Vgl. KOCH, Formgeschichte, 233, wo er ausgehend von der Beauftragung des Propheten mit einem Botendienst definiert: „Eine solche Beauftragung ist die R e d e der himmlischen Macht an den Menschen persönlich, eine Rede, die er nicht weiterzugeben hat." Das Pendant zum „privaten Orakel" bildet das „öffentliche Orakel", der Vortrag in der Öffentlichkeit. „ /.../ dem öffentlichen Orakel < g e h t > das private Orakel voraus /.../ Dies empfängt der Prophet dort, wo er mit seinem Gott allein ist. G e n a u genommen, schließt das private Orakel schon das öffentliche - wenigstens in den Grundzügen - in sich. A b e r um einer klaren Unterscheidung willen empfiehlt es sich, nur jene Worte privates Orakel zu nennen, die an den Propheten persönlich gerichtet sind; das ist in der Regel die Beauftragung." (268).

Einleitende feste Wendungen

89

Umganges des Propheten mit YHWH, der ihn anredet. Im Ezechielbuch sind durch die Wiederholung des relativ stereotypen Einleitungsschemas so gut wie alle Einheiten als ein „privates Orakel" eingeführt. Die Initiative geht jeweils von Y H W H aus, der Ezechiel zu Wort oder Tat auffordert. Von daher bedeutet die Wiedergabe des „privaten Orakels" immer wieder neu eine Autorisierung und Legitimierung Ezechiels. Die im Folgenden zu betrachtenden einleitenden Elemente betreffen die Markierung des Anfangs von wiederzugebender Gottesrede. 3.1.5 Der Hör auf ruf Der Hörauf- oder Aufmerksamkeitsruf gilt im Rahmen formgeschichtlicher Betrachtung als ein Strukturmerkmal prophetischer Rede. So betrachtet Reventlow den Höraufruf als festen Bestandteil des jeremianischen „Wortübermittlungsschemas"183. Von Rabenau, der die Bezeichnung „Heroldsruf" verwendet, stellt für Ezechiel fest, daß ein vor den Heroldsruf gestellter Vokativ die Adressaten benenne, wenn diese nicht schon im vorangehenden Auftrag genannt wurden184. Allerdings trifft diese These nirgends auf das Ezechielbuch zu. Der Höraufruf kommt bei Ezechiel relativ selten vor185, zum Teil im Rahmen der Einleitungselemente eines Abschnitts, zum Teil innerhalb einer Passage186. Immer sind jedoch die Adressaten bereits aus der voranstehenden Redeaufforderung an Ezechiel bekannt. Ein Vokativ wiederholt also lediglich die bereits bekannte Adresse, und er kommt in der Redeeinleitung eines Kapitels auch nur gelegentlich vor187. Regelmäßig aber nennt Ezechiel das, was gehört werden soll, nämlich de~ bar-YHWH. Das zu hörende Wort Gottes wird also im Kontext des Höraufrufes

Vgl. auch MEIER, Speaking, 197: „...in every case in Ezekiel one finds G o d speaking privately with his p r o p h e t before the prophet speaks to the people." 183 Prophetenamt, 275. E r fügt hinzu (S.276), d a ß der „fortwirkende Formzwang" des Höraufrufes in Jer 26,3 („vielleicht werden sie h ö r e n " ) oder Jer 35,15 („wollt ihr nicht hören") ablesbar sei. 184 Entstehungsgeschichte, 678. Die Bezeichnung „Heroldsruf" weist auf den „Sitz im Leb e n " hin, den er dieser Formel zuweist, nämlich den königlichen Botenverkehr. KOCH, Formgeschichte, 251, nennt dies Element den „Appell zur A u f m e r k s a m k e i t " , der seit Arnos häufig vor dem Scheltwort auftrete. 185 Ez 6,3; 13,2; 21,3; 25,3; 34,7.9; 36,1.4; ferner zweimal mitten in einem Kapitel (16,35; 18,25), d.h. nicht im R a h m e n der abschnittseinleitenden Elemente, sowie innerhalb der Vision in 37,4. 186 In Kap. 16 und 18 sowie in 34 ergeht der Höraufruf nicht als Auftakt der wiederzugebenden Gottesrede. In 36,4 erscheint er ein zweites Mal, nachdem er bereits in der Einleitung vorkam. 187 In 6,3 und 36,1.4 sind die Berge Israels angesprochen, 37,4 die Gebeine; mitten in einem Abschnitt erscheinen in 16,35 die H u r e und 18,25 das H a u s Israel, schließlich in 34,7.9 die Hirten im Vokativ.

90

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

stets a k z e n t u i e r t , die d a v o n a n g e s p r o c h e n e n R e z i p i e n t e n sind v o r h e r g e n a n n t u n d e r s c h e i n e n n u r bisweilen als zusätzlicher Vokativ. Diese konsequente Betonung des Zu-Hörenden gibt es bei den übrigen Schriftpropheten, die den Höraufruf verwenden, nicht. Auch im Jesajabuch ist der Höraufruf relativ selten 188 ; bis auf eine Ausnahme (28,23) gibt es dabei immer einen Vokativ, der die Adressaten des nachfolgenden Wortes benennt. Das, was gehört werden soll, erscheint in dem Höraufruf entweder als debar-YHWH oder als qöli, oder es fehlt ganz. Der Akzent liegt also auf den Angeredeten. Bei Jeremia 1 8 9 variiert die Gestalt der Höraufrufe ebenfalls: Meistens gibt es sowohl einen Vokativ als auch ein Objekt, das überwiegend debar-YHWH lautet, aber auch in einem Objektsatz bestehen kann. Ein paarmal fehlt ein Vokativ 190 , einmal (6,18f.) bleibt es beim bloßen Imperativ. Deuterojesaja 1 9 1 bietet gleichfalls Variationen: Als Objekt dient bei ihm häufig ein Demonstrativpronomen, den Vokativ versieht er gern mit zusätzlichen Bestimmungen, die die Adressaten näher charakterisieren. Manchmal lautet der mit Vokativ kombinierte Aufruf auch sim'ü 'elay, zuweilen begegnet ein einfacher Imperativ 192 . Schließlich kommt der Höraufruf auch bei den Kleinen Propheten des 8. Jahrhunderts vor 193 , wiederum in unterschiedlicher Form 194 . D i e s e r B e f u n d beweist einmal m e h r , d a ß im E z e c h i e l b u c h eine b e w u ß t vereinheitlichte Stilisierung v o r g e n o m m e n w u r d e , die die A b s i c h t verfolgt, d e n A k z e n t auf das W o r t Y H W H S zu setzen. M a n m a g v e r m u t e n , d a ß d e r H ö r a u f r u f bereits in d e r „klassischen" P r o p h e t i e angesiedelt w a r (wenngleich sich der p r a k t i s c h e G e b r a u c h eines solchen I m p e rativs, der M e n s c h e n z u m Z u h ö r e n a u f f o r d e r t , realistischerweise nicht auf prophetische o d e r H e r o l d s r e d e b e s c h r ä n k t , s o n d e r n in d e n v e r s c h i e d e n s t e n Kontexten - e t w a auch im L e h r b e t r i e b - d e n k b a r ist). E s m a g sein, d a ß ein e v e n t u e l ler m ü n d l i c h e r V o r t r a g d e r a r t i g e r W o r t e in dieser Weise b e g a n n , i n d e m die A d r e s s a t e n a n g e s p r o c h e n u n d z u m Z u h ö r e n a u f g e f o r d e r t w u r d e n . Bei d e r Verschriftung d e r Texte m a c h t e d e r Vokativ d a n n deutlich, w e m die f o l g e n d e R e d e galt. Bei Ezechiel e n t s t e h t h i n g e g e n d e r E i n d r u c k , d a ß d e r „ H ö r a u f r u f " nicht so s e h r eine tatsächliche R e d e s i t u a t i o n d o k u m e n t i e r e n soll. V i e l m e h r m a r k i e r t d e r Ruf z u m Z u h ö r e n d e n B e g i n n d e r G o t t e s r e d e , die d e m zuvor a n g e s p r o c h e n e n ban-'adäm von Y H W H zur W i e d e r g a b e a u f g e t r a g e n wird. D a b e i b e t o n t d e r 188

Jes 1,2.10; 7,13; 28,14.23; 32.9; 33,13; 34,1. Jer2,4;6,18f.;7,2;9,19; 10,1; 11,2; 13,15; 17,20; 19,3;21,11;22,2.29;29,20;31,10;34,4;42,15; 44,24.26; 49,20; 50,45. Den zahlreichen Höraufrufen bei Jeremia stehen auf der anderen Seite Aussagen gegenüber, die konstatieren, daß die Aufgerufenen nicht hören wollen oder können: 6,10; 7,13.24.26-28; 11,8; 12,17; 13,10.11.17; 17,23; 19,15; 22,21. Zwischen beidem entsteht so ein inhaltliches Spannungsverhältnis. 190 Jer 11,2; 13,15; 21,11; 49,20; 50,45. 191 Jes 44,1; 46,3.12; 47,8; 48,1.12.14.16; 49,1; 51,1.7.21; 55,2.3. 192 Jes 48,14; 55,3. 193 Hos 4,1; 5,1; Am 3,1.13; 4,1; 5,1; 7,16; 8,4; Mi 1,2; 3,1.9; 6,1.2.9; später nur noch Joel 1,2 und Sach 3,8. 194 Bis auf Am 3,13 immer mit Vokativ. Hos setzt als Objekt d'bar-YHWH, Am und Mi verwenden dagegen häufiger Objektsätze. 189

Einleitende feste

91

Wendungen

Aufmerksamkeitsappell durchgehend einmal mehr, daß die A d r e s s a t e n

dem

Y h w h - W o r t z u h ö r e n sollen. W e n n der H ö r a u f r u f v e r w e n d e t wird, soll er also d i e s e n A k z e n t in b e s o n d e r e r W e i s e n o c h m a l s s e t z e n 1 9 5 .

3.1.6

„So

hat

der

HERR

D i e f e s t e W e n d u n g koh

YHWHgesprochen" 'ämar

PN

(koh

'ämar

'"donäy

YHWH)

tritt b e i E z e c h i e l a u s s c h l i e ß l i c h m i t

'"donäy

YHWH als S u b j e k t a u f u n d z w a r 1 2 5 M a l . I n d e r F o r s c h u n g e r h i e l t d i e W o r t v e r b i n d u n g koh

'ämar

„Heroldformel"

197

YHWH u n t e r s c h i e d l i c h e B e n e n n u n g e n :

, „Orakelformel"

198

„Botenformel"196,

, „Proklamationsformel"199,

„Legitima-

t i o n s f o r m e l " 2 0 0 u n d s c h l i e ß l i c h „ Z i t a t f o r m e l " 2 0 1 . B e i E z e c h i e l tritt s i e i m G e f o l g e d e r W o r t e m p f a n g s a u s s a g e , d e r baen-ädäm-Anrede

und den imperativischen

F o r m u l i e r u n g e n f a s t i m m e r auf, b e g e g n e t d a r ü b e r h i n a u s a b e r a u c h i n n e r h a l b e i n e s R e d e g e f ü g e s . I n s o f e r n ist s i e a n d e r s als d i e W o r t e m p f a n g s a u s s a g e n i c h t nur ein Indikator für d e n N e u a n s a t z e i n e r Passage. Sie k e n n z e i c h n e t j e d o c h imm e r d i e f o l g e n d e n W ö r t e r o d e r S ä t z e als Y H W H r e d e . I m m e r d a n n , w e n n 'ämar

'"donäy

koh

YHWH u n m i t t e l b a r a u f d i e b e r e i t s b e t r a c h t e t e n E i n l e i t u n g s e l e -

m e n t e folgt, markiert es - z u w e i l e n z u s a m m e n mit d e m Höraufruf - die Schnittstelle zur R e d e Gottes, die an b e s t i m m t e , o f t m a l s explizit b e n a n n t e A d r e s s a t e n 1.5 Als literarkritisches Kriterium ist der Höraufruf nicht geeignet, VON R A B E N A U , Entstehungsgeschichte, 678, meint zwar, die Formel spiele wegen ihres seltenen Auftretens für die Komposition keine Rolle, aber, da er davon ausgeht, daß die Formel seit alters in der Prophetie lebe, schreibt er: „Es kann darauf verwiesen werden, daß sie nur in Abschnitten auftaucht, die zur ,Urfassung' des Buches gehört haben werden." 1.6 W T L D B E R G E R , Jahwewort, 4 8 , im Rückgriff auf K Ö H L E R , Deuterojesaja, Gießen 1 9 2 3 ( B Z A W 3 7 ) , 1 0 2 - 1 0 5 ; so auch VON R A B E N A U , Entstehung, 6 7 9 ; R E V E N T L O W , Prophetenamt, 2 7 8 ; W E S T E R M A N N , G r u n d f o r m e n ; Z I M M E R L I , B K , 7 3 ; H O S S F E L D , Untersuchungen, 3 0 , im englischen Sprachraum ü b e r n o m m e n als „messenger formula". 197 „herold formula", M. ESKULT, Studies in Verbal Aspect, Uppsala 1990, 80. 198 J. L I N D B L O M , Die literarische Gattung der prophetischen Literatur, Uppsala 1924, 97; F. B A U M G Ä R T E L , Z u den G o t t e s n a m e n in den Büchern Jeremia und Ezechiel, in: A. Kuschke (hrsg.), Verbannung und Heimkehr, Tübingen 1961, 21-23, betrachtet sie als alte Formel aus dem Orakelritual. 199 KOCH, Profeten I, 32: „Die Forschung pflegt hier von ,Botenformel' zu reden und deren Aufgabe darin zu erblicken, den Nabi als Mund der Gottheit zu legitimieren. Ebensogut könnte man v o n , P r o k l a m a t i o n s f o r m e r sprechen, da dadurch der Inhalt der nachfolgenden Aussage nicht nur in seiner Bedeutung als Gott entstammend hervorgekehrt wird, sondern auch für die Z u k u n f t als gültig und nur noch bedingt a b w e n d b a r erklärt wird." - L I N D B L O M , Gattung, 103f., führte die „ O r a k e l f o r m e l " auf die Proklamationsformel alter orientalischer Kundmachungen sowie die Formel von Botschaftseinleitungen zurück. 200 Vgl. K O C H , Formgeschichte, 231; D. R O T Z O L L , Die K H 'MR...-Legitimationsformel, in: V T 39 (1989), 323-340. 201 A. J. B J 0 R N D A L E N , Z u den Zeitstufen der Zitatformel, in: Z A W 86 (1974), 393-403; „citation formula", MEIER, Speaking; BLOCK, NICOT; H.W. WOLFF, Das Zitat im Prophetenspruch. Eine Studie zur prophetischen Verkündigungsweise (1937), in: ders., Ges. Studien zum AT, München 1964, 36-129 (TB 22) (38), nennt koh 'ämar YHWH „Zitationsformel", behandelt in der Studie Zitate anderer Stimmen als derjenigen Gottes.

92

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

zu richten ist. In diesem Zusammenhang ist bei Ezechiel bemerkenswert, daß koh 'ämar '"donäy YHWH von einer vorausgehenden Redeaufforderung (we'ämartä202 oder mor203) bestimmt ist 204 . So wird explizit deutlich, daß die Rede, die dem bcen-ädäm aufgetragen wird, mit einem koh 'ämar '"donäy YHWH anheben soll 205 (soweit nicht noch ein Aufmerksamkeitsappell vorausgeht). D i e einleitende Wendung besagt unmißverständlich, daß sein Sprechen Wiedergabe des Sprechens Y H W H S ist, anders gesagt, daß das Folgende das Zitat einer Gottesrede bildet, welche Y H W H zunächst zu ihm gesprochen hat. Deshalb erscheint die Bezeichnung Zitatansage am angemessensten. Diese B e z e i c h n u n g beschreibt lediglich neutral die F u n k t i o n , die die W e n d u n g überall im A T besitzt. Alle übrigen B e n e n n u n g e n suggerieren bereits einen b e s t i m m t e n „Sitz im L e b e n " bzw. eine b e g r e n z t e r e F u n k t i o n . D a s gilt vor allem f ü r den Begriff d e r „Bot e n f o r m e l " , mit d e m M e i e r sich kritisch auseinandersetzt 2 " 6 . D e m „general consensus /../ that t h e p r o p h e t s w e r e m e s s e n g e r s w h o s e role is d e f i n e d by t h e p h r a s e koh 'ämar YHWH" (Speaking, 277) stellt er seine T h e s e entgegen: „ k o h 'ämar / W i s not diagnostic of m e s s e n g e r speech and c a n n o t b e used in s u p p o r t of the m e t a p h o r of p r o p h e t as messenger. We a r e not arguing at this point t h a t t h e p r o p h e t s w e r e not messengers, f o r that m a y b e defensible on o t h e r grounds. B u t t h e r e is n o speech f o r m for the i n t r o d u c t i o n of messages in the H e b r e w Bible that unequivocally points t o m e s s e n g e r activity." (278). E s gebe n u r wenige Fälle in biblischen E r z ä h l u n g e n , w o B o t e n geschildert w e r d e n , die

202

Ez 6,3; 12,19; 13,2.18; 14,4; 16,3; 17,3; 20,3.5.27; 21,3.8.14; 22,3; 25,3; 27,3; 28,12.22; 29,3; 30,2; 34,2; 35,3; 36,2; 38,14. Abweichungen im Stellenbefund zu HOSSFELD, Untersuchungen, 31, erklären sich daraus, daß die hier genannten Belege die Kombination von WEA, Anrede, Imperativ und Zitatansage umgreifen. 203 Ez 12,10; 20,30; 28,2; in Ez 7,2 sowie 13,8; 15,6; 17,19.22; 22,19 und 39,17 bietet LXX zusätzlich den Imperativ eijzöv, der einem hebr. '"mor entspräche. Hier scheint LXX angesichts des sonstigen Sprachgebrauchs im Ezechielbuch gegenüber MT den korrekteren Text bewahrt zu haben. 204 LINDBLOM, Gattung, 98, nennt die Kombination mit we'ämartä ... „Diktatformel". Während sie bei Jeremia entweder sekundär oder als erzählerisches Element zu werten sei (111), benutze Ezechiel „diese Ausdrucksweise unendlich häufig, und zwar nicht mehr nur als Form einer naiven Erzählung, sondern als stilistische Formel, um eine prophetische Rede überhaupt einzuführen." (111). Sie sei von Ezechiel eingeführt (112) und entspringe dem „uralten Botschaftsstil" (113). 205 Vgl. R. RENDTORFF, Botenformel und Botenspruch, in: ZAW 74 (1962), 165-177 (167), der feststellt, „daß in einer Anzahl von Beispielen im AT die Botenformel Bestandteil des dem Boten aufgetragenen Wortlauts ist.", nämlich Gen 32,5; 2 Kön 18,19; 1 Kön 22,27. 206 Bereits BAUMGÄRTEL, Gottesnamen, 23f., äußert Bedenken gegen die „neuere Botenspruchtheorie". Auch G.M. TUCKER, Prophetic Speech, in: Interp.32 (1978), 31^45 (35), betrachtet das Verfahren, prophetisches Reden verallgemeinernd als Botenrede zu begreifen, kritisch. KOCH, Formgeschichte, verwendet zwar die Bezeichnung „Botenformel", gibt aber zu bedenken, „daß die Profeten nie ausdrücklich Boten Gottes genannt werden." (265). ROTZOLL, Legitimationsformel, 333, fragt, „ob (alttestamentliches) Nabitum /.../ wirklich ausschließlich vom Botensendungsvorgang her zu begreifen ist, oder ob nicht vielmehr auch damit gerechnet werden muß, daß Nabis bloß ,im Namen Jahwes' reden /.../" Die Unterscheidung, die ROTZOLL hier anstrebt, nämlich zwischen einer wörtlich aufgetragenen verbalen Botschaft und einer freien Formulierung des von Gott Gesandten, trägt im Ergebnis allerdings kaum etwas aus.

Einleitende feste

Wendungen

93

die W e n d u n g benutzten 2 0 7 , doch: „It is m o r e often omitted in narrative descriptions of messengers doing their task /..../ By labelling this ,the messenger f o r m u l a ' a misimpression may be conveyed that t h e phrase was the peculiar p r o p e r t y of messengers."(279). E i n e e n t s p r e c h e n d e Z i t a t f o r m e l in akkadischen Texten markiert „a s t a t e m e n t , o f t e n formal, m a d e by an individual" (280), niemals aber eine Botschaft, die ein B o t e weitergibt oder weitergeben soll. E i n e e n t s p r e c h e n d e F u n k t i o n des Ausdrucks zur Markierung eines Zitats sei b e s o n d e r s deutlich in A m 7,11; 1 Sam 9,9 o d e r 2 Sam 19,1. Auch in Schriftprophetie k o m m e die W e n d u n g vor, o h n e eine Botentätigkeit zu implizieren, wenn die Botschaft f ü r d e n P r o p h e t e n , a b e r nicht zwingend zur Weitergabe bestimmt sei 2 0 8 . U n d so k o m m t er zu d e m Schluß: „The typical use of the p h r a s e had nothing to d o with messenger activity b u t simply cited a n o t h e r ' s w o r d . " (284). D e s h a l b verweist sie auch nicht eindeutig auf einen b e s t i m m t e n „Sitz im L e b e n " (285). D a die W e n d u n g im prophetischen Schrifttum sehr ungleichmäßig v o r k o m m t , k ö n n e m a n nicht a u t o m a tisch j e d e n P r o p h e t e n als B o t e n w a h r n e h m e n , sondern müsse das einzelne P r o p h e t e n buch jeweils für sich b e t r a c h t e n , d e n n „the p r o p h e t s d o not present a unified f r o n t with respect to their self-perception (and their use of t h e citation f o r m u l a koh 'amar YHWH)." (289). D a d i e Z i t a t a n s a g e d e n A u f t a k t zur W i e d e r g a b e e i n e s A u s s p r u c h s bildet, ist sie im Blick auf d i e s e W i e d e r g a b e s i t u a t i o n formuliert. D e s h a l b erscheint das Verb u m i m Perfekt 2 0 9 , d e n n zu d e m Z e i t p u n k t , w o d a s Zitat als d a s Wort e i n e s and e r e n w i e d e r g e g e b e n wird, liegt d a s a u t h e n t i s c h e A u s s p r e c h e n d e s s e l b e n in der V e r g a n g e n h e i t - d e s h a l b ist 'amar a u c h präterital w i e d e r z u g e b e n 2 1 0 .

207

Gen 32,5; Ex 5,10; Num 22,16; Ri 11,15; Num 20,14; 2 Kön 1,11; 18,19.31; 2 Kön 19,3; Gen 45,9 sei ein Zweifelsfall. 208 Z.B. Jes 21,6 oder Jer 17,19 sowie weitere Stellen, wo die Wendung um ein 'celay erweitert ist (MEIER, Speaking, 282f.). 209 KOCH, Formgeschichte, 232, Anm. 12, interpretiert das Perfekt als Ausdruck der unbedingten Gültigkeit des Spruches und übersetzt: „So spricht jetzt NN in verpflichtender Weise." Diese Auffassung setzt voraus, daß es sich um einen Botenspruch handelt, der von einer Autoritätsperson ausgeht. BJ0RNDALEN, Zeitstufen, 394, spricht die Möglichkeit an, „daß die Zitatformel im profanen Botenverkehr mit Rücksicht auf den Augenblick der Ausrichtung der Botschaft an den Empfänger formuliert sein könnte.", betrachtet aber auch einen weiteren Aspekt: „Die Tatsache, daß die Rede des Auftraggebers sich bei der Ausrichtung der aufgetragenen Rede durch den Boten im Zitat, in direkter Rede an den Empfänger wendet und ihn im Vokativ anspricht, zwingt dazu, wo sie vorliegt, die eventuell verwendete Zitatformel präsentisch zu übersetzen." (396f.). Eine präsentische Wiedergabe der Zitatformel fordert er auch, wenn Y H W H als deren Subjekt erscheint; einzig wenn als Objekt 'celay hinzu kommt, hält er eine imperfektische Wiedergabe für geboten. B J 0 R N D A L E N S Überlegungen vermögen die im Hebräischen gegebene Afformativkonjugation nicht wegzudiskutieren. Die Formel selbst dient als Einleitung der dann folgenden direkten Rede, die als eine solche wiedergegeben wird. Daß es sich um den Ausspruch eines anderen handelt und daß dieser zeitlich vor seiner Zitierung getan worden ist, macht eben die Zitatansage kenntlich. Anzumerken bleibt, daß LXX (Tccöeleyei xvptog) präsentisch übersetzt. 210 So auch MEIER, Speaking, 290f. Das Phänomen wäre am ehesten vergleichbar mit dem lateinischen Briefstil, in dem die Tempusgebung ebenfalls auf die Empfangssituation des Adressaten abgestimmt wird.

94

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende

Wendungen

Der Rezipient des Ezechielbuches wird durch die vorausgehenden Einleitungselemente zum Zeugen der Übermittlung der Gottesrede an Ezechiel, der davon berichtet, wie Y H W H ihn ansprach und zur Wiedergabe seiner Worte aufforderte. Die Zitatansage verweist ihn vor allem durch ihre Verbform auf die angestrebte Übermittlungs- und Rezeptionssituation 211 . Wollte man spekulativ eine tatsächliche Redesituation Ezechiels rekonstruieren, dann müßte man eine mündliche Wiedergabe der YHWH-Rede durch Ezechiel vor einer Zuhörerschaft mit der Zitatansage beginnen lassen 212 ; allenfalls ein Höraufruf könnte noch vorgeschaltet sein. Da das Ezechielbuch jedoch nicht die Wiedergabesituation an menschliche Zuhörer beschreibt, sondern die Übermittlungssituation an den von Gott direkt angesprochenen bcen-'üdäm, erlebt der Rezipient die authentische Äußerung Y H W H S gewissermaßen hautnah, unmittelbar mit. Die nachfolgende, zu übermittelnde Rede erscheint so als besonders wortgetreue Wiedergabe dessen, was Y H W H selbst sagt. Die weiterzugebende Gottesrede wird - wie üblich - nicht durch die übermittelnde Person distanziert, indem der menschliche Übermittler etwa von Gott in 3. Pers. spräche und dessen Rede durch grammatische Veränderungen als Fremdrede kennzeichnete, wie es im Lateinischen 213 oder den meisten modernen europäischen Sprachen durch indirekte Rede möglich wäre. Als auffällige Besonderheit im Ezechielbuch bleibt zu vermerken, daß Gott als Subjekt der Zitatansage durchgehend 214 als '"donäy yT/vra21 Erscheint, es wird also nicht wie in der Wortempfangsaussage im Ezechielbuch das einfache Tetragramm verwendet. Insofern muß man davon ausgehen, daß '"donäy in die211 Nur ausnahmsweise sind die Adressaten erst im Anschluß an die Zitatansage benannt: vgl. Ez 7,2 und 12,19. 212 Vgl. KOCH, Formgeschichte, 258, der davon ausgeht, daß die Botenformel den mündlichen Vortrag einer Prophezeiung selbstverständlich eröffnet habe. 213 In der lateinischen oratio obliqua werden Hauptsätze in die Gestalt des a.c.i. überführt und so vom übergeordneten Verb des Sprechens abhängig gemacht. Nebensätze treten unter strenger Beachtung der Zeitenfolge in den Konjunktiv, Pronomina werden dem Sinn entsprechend verändert (Reflexiva im Blick auf den Sprecher der Rede). 214 Ez 11,5; 21,8 und 30,6 steht das Tetragramm allein, in 21,14 nur '"donäy. Da die hebr. Überlieferung außerhalb von MT sowie Übersetzungen in 21,8.14 jeweils beides zusammen bieten, kann man hier wohl von einer Verderbnis in der MT-Texttradition ausgehen. Vgl. J. HERRMANN, Die Gottesnamen im Ezechiel-Texte, in: Atl. Studien (FS R. Kittel), Leipzig 1913 (BWAT 13), 76f. 215 In LXX meistens nur mit einfachem xvpiog wiedergegeben. BAUMGÄRTEL, Gottesnamen, 15f., mutmaßt über mögliche Gründe dafür, verficht aber - wie auch J. HERRMANN, Gottesnamen, die Authentizität der doppelten Gottesbezeichnung bei Ezechiel (so auch J. LUST, Traditie, Redactie en Kerygma bij Ezechiel, Brüssel 1969, 71-74 und zuletzt M. RÖSEL, Adonaj warum Gott ,Herr' genannt wird, Tübingen 2000 [FAT 29], 147-163). Bereits HERRMANN, Gottesnamen, 77, stellte fest, daß die doppelte Bezeichnung sich fast ausschließlich auf die Formeln koh 'amar und ne 'um YHWH sowie die Anrede Gottes beschränke. ZIMMERLI, BK, 1258, schreibt, es sei ernsthaft mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Doppelbezeichnung Gottes in den drei Formelgruppen ursprünglich sei. Deshalb sei sein durchgehend praktiziertes Einklammern des '"dön wohl zu revidieren.

Einleitende feste

Wendungen

95

ser s p e z i e l l e n Phrase b e w u ß t h i n z u g e f ü g t w u r d e , n ä m l i c h u m d a m i t z u m A u s druck z u bringen, d a ß

YHWH

als der H e r r g e s p r o c h e n hat 2 1 6 , m a n sich d i e s e m

s e i n e m Wort folglich u n b e d i n g t z u b e u g e n hat. J. Lust 2 1 7 hat die Ansicht vertreten, d a ß m a n abweichend von der masoretischen P u n k tierung '"donl, also „mein H e r r " lesen sollte. D a r i n d r ü c k e sich die I n d i e n s t n a h m e Ezechiels einerseits sowie die königliche W ü r d e u n d E r h a b e n h e i t Y H W H S andererseits aus. Dies ist in d e r Tat ein e r w ä g e n s w e r t e r 2 1 8 G e d a n k e , zumal diese Lesart mit d e r Stilisierung als Selbstbericht h a r m o n i e r t . Beide möglichen Lesarten sind im Kontext des Ezechielbuches d e n k b a r und sinnvoll, j e d e setzt ihren eigenen A k z e n t : '"dont betont, d a ß das b e r i c h t e n d e Ich des P r o p h e t e n Y H W H als seinen H e r r n betrachtet, dessen Autorität es sich unterwirft. So tritt der B e k e n n t n i s c h a r a k t e r deutlich hervor u n d damit womöglich ein Kontrast zwischen Ezechiel und seinen H ö r e r n , die Y H W H e b e n nicht ihren H e r r n sein lassen. Bei d e r masoretischen Lesart '"donäy , „der H e r r " , hingegen liegt der Ton auf d e m absoluten H e r r s c h a f t a n s p r u c h Y H W H S , (vielleicht zu umschreiben mit „der H e r r schlechthin"), den er den Rezipienten seines Wortes g e g e n ü b e r erhebt. 'dny steht allerdings im Kontext der Zitatansage, die Bestandteil der zu zitierenden G o t t e s r e d e ist. D a das Ezechielbuch jeweils d e n M o m e n t einfängt, w o G o t t Ezechiel die b e t r e f f e n d e R e d e aufträgt, wird der Leser gewissermaßen Z e u g e dieses privaten Orakels. Diese spezielle Situation macht es wohl doch wahrscheinlicher, '"donäy als Ausdruck des Ausschließlichkeits- u n d Universalanspruches Y H W H S zu lesen. A n d e r n falls w ü r d e Ezechiel das b e k e n n t n i s h a f t e '"doni mit aufgetragen. Ein Blick auf die V e r w e n d u n g d e r Zitatansage bei d e n übrigen S c h r i f t p r o p h e t e n vermag die B e s o n d e r h e i t bei Ezechiel w i e d e r u m zu verdeutlichen. D a b e i sind an dieser Stelle vor allem die V e r w e n d u n g e n von Belang, die den Beginn einer G o t t e s r e d e markieren 2 1 9 . In einigen P r o p h e t e n b ü c h e r n k o m m t sie ü b e r h a u p t nicht vor 2 2 0 . In O b 1 kennzeichnet sie den Beginn der folgenden G o t t e s r e d e ü b e r E d o m , in N a h 1 , 1 2 - nach d e m alphabetischen Psalm in 1,2-8 und einem Zwischenstück in 1,9-11 - d e n A n f a n g eines Gotteswortes; Mal 1,4 erscheint sie in einem fiktiven Dialog zwischen G o t t und menschlichen G e s p r ä c h s p a r t n e r n , n a c h d e m zuvor in 1,2 ein 'ämar YHWH gesetzt wurde. Mi 3,5 leitet sie das Wort G o t t e s gegen die P r o p h e t e n ein, die das Volk v e r f ü h r e n ,

216 Den Gedanken, daß koh 'ämar PN eine „Proklamationsformel" sei, kann man also allenfalls an der genannten Person festmachen, wenn nämlich ein Titel oder Name erscheint, der auf eine hochgestellte, mit Autorität versehene Person verweist (z.B. Ex 5,10 Pharao oder Jes 36,14 der König). 217 J. LUST, ,Mon Seigneur Jahweh' dans le texte hebreu d'Ezéchiel, in: E T L 4 4 (1968), 48288; ders., Traditie, 75-80. F. SEDLMEIER, Studien zu Komposition und Theologie von Ez 20, Stuttgart 1990 (SBB 21), 71-81, ist ihm darin gefolgt. 218 So auch ZIMMERLI, BK 21979, 1265, im Nachtrag zu seinem Exkurs zum Gottesnamen. 219 Dazu zählen nicht all die Vorkommen, wo die Zitatansage durch läken oder kî an das Vorhergehende angeschlossen ist und das Zitat damit (sei es primär oder sekundär) zum Bestandteil einer größeren Einheit geworden ist. Die zitierte Gottesrede folgt dann häufig auf eine Aussage/Anklage, die zuweilen als Reflexion des Propheten angesehen wird, mit der jener eine Grundlage für das dann zitierte Gotteswort schafft. So gesehen würde die Zitatansage den Umbruch von Propheten- zu Gottesrede markieren. 220 Hos, Joel, Hab, Zef, Jona, Dan. Wie MEIER, Speaking, 276, konstatiert, muß ein Prophet, wenn er Gott zitiert, das Zitat nicht notwendig mit der Formel einleiten.

96

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrende Wendungen

während sie in 2,3 mit läken an das Vorhergehende angeschlossen einen göttlichen Urteilsspruch eröffnet. A m häufigsten unter den Kleinen Propheten, die dem Ezechielbuch zeitlich vorausgehen, verwendet das Amosbuch die Zitatansage. Sie erscheint schwerpunktmäßig zu Beginn des Buches, wo sie die einzelnen Völkersprüche bis hin zum Israelspruch einleitet 2 2 1 . Da der Zitatformel jeweils im Teil a a der betreffenden Verse die gleiche Wendung lediglich unter Änderung des Völkernamens folgt, erscheint die Abfolge der Sprüche durch den einleitenden Kehrvers als eine größere Komposition. Den Neuansatz einer Einheit markiert die Zitatansage nur noch ein weiteres Mal in A m 3,12 222 . Bei Haggai kennzeichnet die Wendung zweimal zusammen mit einer Datierung den Beginn eines größeren Abschnitts (1,2; 2,11). In Hag 1,5.7 steht sie fast kehrversartig wie bei Arnos. Haggai und Sacharja gleichen einander darin, daß die Gottesbezeichnung im R a h m e n der Zitatformel YHWH fbä'öt lautet 2 2 3 . In Sach 1,3.14.17 und 6,12 geht der Zitatansage jeweils eine Redeaufforderung an den Propheten voraus, derjenigen in 7,9 steht in 7,8 eine Wortempfangsaussage voran, was der Praxis des Ezechielbuches sehr nahe kommt. In 3,7 verwendet ein Engel die Zitatansage. In größter Dichte kommt die Wendung in Kapitel 8 2 2 4 vor und markiert dort in einer Zusammenstellung von Heilsworten jeweils den Beginn eines neuen Wortes 2 2 5 . Bei Jesaja ist die Zitatansage vergleichsweise selten und mit einer größeren Variationsbreite anzutreffen: Viermal 2 2 6 erscheint sie als koh 'ämar YHWH 'elay, d.h. im Rahmen eines Selbstberichtes - der nur in Kap. 8 über diese Formulierung hinausgeht - zitiert Jesaja die an ihn ergangene Rede Gottes 2 2 7 . In 7,7 leitet die Zitatformel einen poetischen Spruch ein, der seinerseits in eine längere Rede Gottes eingebettet ist, die Jesaja an König A h a s richten soll (7,4ff). In 22,15 folgt auf die Formel ein doppelter Imperativ („geh und sprich"), dann folgt die Wiedergabe des Gotteswortes an Schebna. Die Gottesbezeichnungen innerhalb der Wendung variieren: abgesehen vom einfachen Tetragramm lauten sie: '"donäy YHWH (7,7; 10,24; 28,16), '"donüy YHWH fbä'öt (22,15), q'dös yi'srä'el (30,12) und '"donäy YHWH q'dös yisrä'el (30,15). Bei Deuterojesaja fallen in diesem Zusammenhang die Zusätze zum Tetragramm 2 2 8 auf, die Gottes Handeln als Schöpfer, Erlöser/Retter Israels und als sein König hymnisch beschreiben. Doch kommt die Wendung auch mit einfachem Tetragramm vor 2 2 9 .

221

Am 1,3.6.9.11.13; 2,1.4.6. Einige davon werden mit 'ämar YHWH beendet (1,5.8.15; 2,3), so daß eine (sekundäre) Rahmung entsteht. 222 Die weiteren Vorkommen in 3,11; 5,16; 7,17 sind mit läken bzw. in 5,3.4 mit Wangeschlossen. Dabei fällt auf, daß in 3,11; 5,3 die doppelte Gottesbezeichnung '"donäy YHWH gebraucht ist, in 5,16 sogar eine weitere Häufung von Gottesbezeichnungen auftritt. 223 Ausnahmen: Sach 1,16; 8,3 sowie die einzige Stelle bei Deuterosacharja 11,4: YHWH LOhäy. 224 Sach 8,2.3.4.6.7.9.14.19.20.23. Dies erinnert an das Muster bei Am lf. 225 Vgl. auch Sach 1,16 Anschluß mit laken und 2,12 mit kl. 226 Jes 8,11; 18,4; 21,16; 31,4. 227 Angeschlossen mit laken begegnet sie ferner in 10,24; 28,16; 29,22; 30,12 sowie mit ki in 30,15. 228 Jes 43,la.l4a.l6f.; 44,2a.6a.24; 45,11a; 48,17a; 49,7a; 51,22. Vgl. zusätzlich 42,5 hä'el YHWH und 49,22 '"donäy YHWH. 229 Jes 45,14; 49,8; 50,1 sowie 56,1; 65,8 und 66,1.

Einleitende feste

Wendungen

97

In allen diesen Fällen m a r k i e r t die Z i t a t a n s a g e den Beginn einer n e u e n G o t t e s r e d e 2 3 0 . D e u t e r o j e s a j a nutzt die Zitatansage meistens dazu, den zitierten G o t t Y H W H im Sinne seiner Theologie zu charakterisieren und damit die folgende R e d e in ein bestimmtes Licht zu rücken: D e r zitierte Y H W H ist d e r G o t t , d e r sich als Schöpfer u n d R e t t e r Israel liebevoll zuwendet. Im J e r e m i a b u c h erscheint die W e n d u n g koh 'ämar YIIW/I noch häufiger als bei Ezechiel, nämlich 151 Mal; sie begegnet ebenfalls in zweifacher Weise: als A u f t a k t einer (längeren) R e d e Y H W H S u n d in kausaler Verbindung zu v o r h e r g e h e n d e n Aussagen inn e r h a l b einer R e d e e i n h e i t 2 3 1 . Auch bei Jeremia erscheint die Z i t a t a n s a g e im G e f o l g e einer R e d e a u f f o r d e r u n g an d e n P r o p h e t e n 2 3 2 ; bei dieser G e l e g e n h e i t wird deutlich, d a ß koh 'ämar YHWH den A n f a n g d e r w i e d e r z u g e b e n d e n R e d e bildet, indem eben die Quelle d e r W o r t e im Voraus g e n a n n t wird. D a ß d e m so ist, zeigt sich besonders deutlich bei d e r E i n b e t t u n g von R e d e n Jeremias in einen Er-Bericht: wayya'"mod bah"sar bet YHWH wayyo'mcer 'ael kal-hä'am koh 'ämar YHWH fbä'ot... (19,14f.) 2 3 3 , am offensichtlichsten ist dies in 26,18, w o ein von Micha ausgesprochenes Wort zitiert wird 2 3 4 . Die Zitatansage begegnet bei Jeremia a n d e r s als bei Ezechiel auch mit d e r Präposition 'ael mit d e m Suffix d e r 1. Pers. 2 3 5 o d e r vor einem Wort, das nur d e n P r o p h e t e n betrifft 2 3 6 . Z u d e m erscheint sie im Selbstbericht ü b e r eine Z e i c h e n h a n d l u n g , u m d e n (dann a u s g e f ü h r t e n ) A u f t r a g als von G o t t initiiert zu erweisen, indem sein Befehl zitiert wird 2 3 7 . Jer 13,1-11 v e r w e n d e t die Zitatansage im Wechsel u n d in K o m b i n a t i o n mit d e r Wortempfangsaussage 2 3 8 . Auffällig ist die Variationsbreite d e r G o t t e s b e z e i c h n u n g e n , die bei Jeremia mit d e r Z i t a t a n s a g e v e r k n ü p f t sind 2 3 9 : abgesehen vom T e t r a g r a m m 2 4 0 k o m m e n vor: '"donäy YHWH241, YHWH fbä'ot242, YHWH 'alohe fbä'ot243 YHWH lohe yisrä'el244, YHWH

230 Gelegentlich ist die Zitatansage durch kt mit dem vorhergehenden Text verbunden: 45,18; 49,25; 52,3.4 sowie 56,4; 66,12; in 65,13 Anschluß mit laken. 231 Mit ki angeschlossen Jer 4,3.27; 6,6; 10,18; 16,3.5.9; 20,4; 22,6.11; 24,8; 25,8.15; 27,19.21; 28,14; 29,8.10.16; 30,5.12; 31,7; 32,15.42; 33,4.17; 42,18; 48,40; 49,12; 51,33. Mit laken angeschlossen Jer 5,14; 6,21; 7,20; 9,6.14; 11,11.21.22; 14,15; 15,19; 18,13; 22,18; 23,2.15.38; 28,16; 29,32; 32,28.36; 34,17; 35,17.19; 36,30; 44,11; 50,18; 51,36. 232 Jer 8,4; 11,3; 13,12.13; 15,2; 18,11; 19,3.11; 21,8.11; 22,3; 25,27.28; 26,4; 36,29; 39,16; 43,10; 45,4. 233 Vgl. auch 21,3f. 234 Im (fiktiven) Dialog mit Gott zeigt die Wendung zudem den Sprecherwechsel an: 18,11— 13; vgl. 15,2; 45,2-4. 235 Jer 13,1; 17,19; 25,15; 27,2. 236 Jer 19,1; 22,1. 237 Hier ist die Bezeichnung „Botenformel" ebenso unpassend wie an den entsprechenden Jes-Stellen (s.o. Anm.226), vgl. MEIER, Speaking, 267. 238 1 3,1 koh ..; 13,3 WEA; 13,6 wayyo'mcer YHWH 'elay; 13,8f. WEA + koh... 239 Vgl. dazu auch W. DIETRICH, Prophetie, 70f. 240 Jer2,2.5;4,3.27;8,4;9,22; 10,2; 11,11.21.22; 12,14; 13,9.12; 14,10; 17,5.21; 18,11; 19,1;22,1.3; 26,2; 30,18; 31,15.16.23.35.37; 32,3.14; 33,2.10.20.25; 34,2.4.13; 35,18; 37,7.9; 38,2.3; 47,2. 241 Jer 7,20. 242 Jer 9,6.16; 23,15.16. 243 Jer 5,14. 244 Jer 11,3; 13,12; 21,4; 23,2; 24,5; 25,15; 29,4; 33,4; 34,2.13; 37,7; 42,9.

98

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrende

Wendungen

sowie YHWH '""lohe fbä'öt '"'lohe yisrä'el246. Im Jeremiabuch zeigt sich somit eine Tendenz, Gottesbezeichnungen und Hoheitstitel im Rahmen der Zitatansage zu häufen 247 . Ähnlich wie bei der Wortempfangsaussage bietet das Jeremiabuch auch im Blick auf die Zitatansage ein vielfältiges, uneinheitliches Bild 248 , welches durch das Fehlen mancher Zitatansage in der Septuaginta 249 noch gesteigert wird. In diesem Befund wird sich die komplizierte Entstehungsgeschichte des Jeremiabuches widerspiegeln 250 .

fbä'öt

'"'lohe

yisrä'el245

Vor dem Hintergrund der Tatsache, d a ß die Zitatansage bei Ezechiel konseq u e n t jeweils eine neu ansetzende G o t t e s r e d e eröffnet, drängt sich die Frage auf, ob die Wendung, wenn sie innerhalb eines dieser Abschnitte auftritt, ebenso bewußt eingesetzt wird. Es fällt auf, d a ß die Zitatansage unter dieser Bedingung häufig durch eine Partikel mit b e g r ü n d e n d e m Sinn in den Kontext eingeb u n d e n ist 251 . So markiert sie sehr oft einen Urteilsspruch Y H W H S u n d verleiht diesem durch die (neuerliche) B e n e n n u n g des göttlichen Sprechers b e s o n d e r e n Nachdruck 2 5 2 .

245

Jer 7,3; 9,14; 16,9; 35,13.18.19; 42,11; 43,10; 44,2.25; 48,1. Jer 35,17; 38,17. 247 D i e F r a g e , o b v o r d i e s e m H i n t e r g r u n d e i n e l i t e r a r k r i t i s c h e S c h e i d u n g m ö g l i c h w ä r e , soll h i e r nicht w e i t e r verfolgt w e r d e n . BAUMGÄRTEL, G o t t e s n a m e n , 12f., hält YIIWII fbä'öt f ü r die u r s p r ü n g l i c h mit d e r F o r m e l verb u n d e n e G o t t e s b e z e i c h n u n g , weil e r die F o r m e l u r s p r ü n g l i c h im O r a k e l r i t u a l a n d e r L a d e ansiedelt. „ D i e P r o p h e t e n b e d i e n t e n sich d e r a l t e n F o r m e l s p r a c h e d e s mit d e r L a d e in B e z i e h u n g s t e h e n d e n O r a k e l r i t u a l s " (23). Vor d i e s e m H i n t e r g r u n d m u t m a ß t e r (28f.), E z e c h i e l h a b e s p ä ter wegen der Zerstörung des Tempels einen anderen, ebenfalls alten G o t t e s n a m e n gewählt. 248 „ T h e m e a n s f o r m a r k i n g D D [=direct d i s c o u r s e ] in J e r e m i a h a r e t h e m o s t v a r i e d , u n p r e dictable, a n d q u i t e simply, c h a o t i c of a n y b o o k in t h e H e b r e w B i b l e . " (MEIER, S p e a k i n g , 258). 249 So J e r 11,22; 17,5; 18,11; 22,30; 29,25; 31,37; 35,19; 44,11; 49,12. 250 „ T h e i r [sc. t h e f o r m u l a s ' ] f r e q u e n t a b s e n c e f r o m t h e G r e e k text implies t h a t m a n y of t h e m result f r o m t h e e d i t o r i a l process, a n d t h a t t h e y w e r e n o t a p p l i e d consistently, n o r w e r e all a p p l i e d at t h e s a m e t i m e . " (MEIER, S p e a k i n g , 270). D a s a u s g e p r ä g t e f e s t e S c h e m a E z e c h i e l s find e t sich in v e r g l e i c h b a r e r Weise a c h t m a l b e i J e r e m i a (Jer 2,1 f.; 7,1-3; 11,1-3; 28,12-14; 29,30f.; 36,27-29; 39,15-16; 4 3 , 8 - 1 0 ) . MEIER, S p e a k i n g , 267, b e t r a c h t e t dies als N a c h a h m u n g E z e c h i e l s ( „ J e r e m i a h o n l y e x c e p t i o n a l l y /.../ m i m i c s E z e k i e l ' s p e r s i s t e n t t h r e e - p a r t s t r u c t u r e . " ) . MEIER e r w ä g t f e r n e r e i n e A u s w i r k u n g auf d i e P l a g e n e r z ä h l u n g e n in E x (vgl. 276f.). 251 Mit laken a n g e s c h l o s s e n E z 5,7.8; 11,7; 13,8.13.20; 15,6; 17,19; 21,29; 22,19; 23,22.35; 24,6.9; 25,13.16; 26,3; 28,6; 29,8.19; 30,22; 31,10; 34,20; 36,5.7; 39,25. M i t n e u e r l i c h e m I m p e r a t i v '"'mor in 12,23.28; 14,4.6; 33,25; 36,22. O h n e laken, a b e r m i t d e m I m p e r a t i v '"'mor e i n g e l e i t e t schließt sich a n d i e B i l d g e s c h i c h t e in 17,3b-8, d i e die F u n k t i o n e i n e r A n k l a g e e r f ü l l t , e i n e n e u e r l i c h e Z i t a t a n s a g e a n , d e r die G e r i c h t s a n d r o h u n g in G e s t a l t r h e t o r i s c h e r F r a g e n u n d b i l d h a f t e r A u s s a g e n folgt. M i t / t f a n g e s c h l o s s e n E z 14,21; 16,59; 23,28.46; 25,6; 26,7.19; 29,13; 32,11; 34,11. 252 HOSSFELD, U n t e r s u c h u n g e n , 32f., u n t e r s c h e i d e t h i e r zwei V e r w e n d u n g s w e i s e n : D i e K o m b i n a t i o n m a r k i e r e e n t w e d e r d e n Ü b e r g a n g v o n p r i v a t e r R e d e YHWHS bzw. d e s P r o p h e t e n zu e i n e r ö f f e n t l i c h e n R e d e YHWHS d u r c h s e i n e n B o t e n ( s i e b e n m a l ) o d e r in d e r M e h r z a h l d e r F ä l l e ( 2 1 m a l ) d i e N a h t s t e l l e z w i s c h e n d e m e r s t e n u n d z w e i t e n Teil e i n e r YHWHrede, die sich m e i s t k a u s a l z u e i n a n d e r v e r h i e l t e n . E i g e n t l i c h sei die E r w ä h n u n g d e r B o t e n f o r m e l zu B e g i n n d i e s e s z w e i t e n Teils r e d u n d a n t . „ D a r i n k a n n sich e i n e r s e i t s T u t i o r i s m u s a u s d r ü c k e n , a u c h j a d e n z w e i t e n Teil als ö f f e n t l i c h e YHWHrede a b z u s i c h e r n , o d e r es m e l d e t sich h i e r die T r a d i t i o n 246

Einleitende feste

Wendungen

99

H ä u f i g folgt auf d i e Z i t a t a n s a g e in allen ihren P o s i t i o n e n i n n e r h a l b einer größ e r e n R e d e e i n h e i t e i n P r ä s e n t a t i v u m mit d e m S u f f i x der 1. Pers. Sg. als das erste Wort d e r zitierten G o t t e s r e d e . hineni ist d a b e i e n t w e d e r mit der P r ä p o s i t i o n 'all 'azl mit S u f f i x 2 5 3 o d e r mit Partizip 2 5 4 konstruiert. D i e v o r a u s g e h e n d e Zitatansag e identifiziert die mit d e m Präsentativ v e r b u n d e n e 1. Pers. z w e i f e l s f r e i als Ich YHWHS255.

3.1.7

Resümee

I n s b e s o n d e r e der Vergleich mit d e n ü b r i g e n S c h r i f t p r o p h e t e n erhellt s o m i t insg e s a m t , d a ß es i m E z e c h i e l b u c h a u f f a l l e n d f e s t e S c h e m a t a gibt, die j e w e i l s e i n e n n e u e n A b s c h n i t t e i n l e i t e n und d i e s e n im V o r a u s als visionäres E r l e b e n o d e r als W o r t e m p f a n g charakterisieren. V o r a l l e m die W e i t e r g a b e göttlicher R e d e verfügt ü b e r e i n e R e i h e f e s t e r E i n l e i t u n g s e l e m e n t e , v o n d e n e n drei - W o r t e m p f a n g s a u s s a g e , i m p e r a t i v i s c h e R e d e a u f f o r d e r u n g u n d Z i t a t a n s a g e ( s o w e i t vor-

zu Wort, nach der ursprünglich nur die Ankündigung bzw. der zweite Teil des zweiteiligen Gerichtswortes als öffentliches YHWHWort ausgewiesen wurde." (33). Zu letzterem Gedanken vgl. KOCH, Formgeschichte, 234: „Nach dem Verständnis der Profetenkreise, die solche Legenden [sc. 2 Kön 1] und Sprüche weitergeben, ist also das Scheltwort des Propheten nicht im Sinne einer Verbalinspiration eingegeben, sondern höchstens der Sache nach. Der Profet hat die Möglichkeit der Abwandlung. Neuerdings fragt man, ob dieser Teil des profetischen Spruches überhaupt als eingegeben verstanden wurde. Handelt es sich hier vielleicht um grundsätzlich menschliche Sätze, die der Profet aus eigener Reflexion dem Gotteswort voranstellt? Dafür könnte die Beobachtung sprechen, daß die Legitimationsformel ,So hat Jahwä gesprochen' bei den älteren Profeten (vor Jeremia) in der Regel erst nach dem Scheltwort vorgetragen wird /.../. Freilich gibt es Fälle, wo die Formel auch in älterer Zeit schon dem ganzen Spruch voransteht". Ähnlich W O L F F , Zitat, 72 (= Ges.Stud., 92f.); W E S T E R M A N N , Grundformen, 107; J . J E R E M I A S , Die Vollmacht des Propheten im AT, in: EvTh 31 (1971), 305-322 (313). Es ist fraglich, ob man aus der „Botenformel" und ihrer Stellung diese weitreichenden Schlüsse ziehen kann. Für das Ezechielbuch gilt in jedem Falle, daß die gesamte prophezeiende Rede als Gottesrede qualifiziert ist - eben durch die Zitatansage an ihrem Anfang. 253 Ez 5,8; 13,20; 21,8; 26,3; 28.22; 29,3; 30,22; 34,10; 35,3; 38,5; 39,1. P. H U M B E R T , Die Herausforderungsformel „hinnenielekä", in: ZAW51 (1933), 101-108, nennt diese Verbindung „Herausforderungsformel", da er ihren Ursprung in der Herausforderung zum Zweikampf sieht (107). Allerdings ist diese „Formel" außer bei Ezechiel nur noch bei Jer (21,13; 23,30-32; 50,31; 51,25) und Nah (2,14; 3,5) belegt; im Kontext einer Erzählung, die einen Zweikampf schildert (etwa 1 Sam 17,45ff.), ist sie nicht nachgewiesen, wie H U M B E R T selbst konstatiert (106). Seine These, „Gedanke, Bilder und Stimmung zielen also miteinander darauf hin, diesen Orakeln das Gepräge eines unerbittlichen Kampfes zu geben." (105), zeigt, daß die Bilder aus dem Kontext ihn zu der Annahme einer „Herausforderungsformel" verleitet haben, die tatsächlich als solche nirgends belegt ist. Die Bilder verweisen überdies nicht auf einen Zweikampf, sondern auf die vernichtende Übermacht des jeweils redenden Y H W H über den Angesprochenen, der unweigerlich zugrunde geht, VON R A B E N A U , Zukunftswort, 67 zieht den neutraleren Begriff „Begegnungsformel" vor. 254 Ez 6,3; 21,3; 23,22.28; 24,21; 26,7; 28,7; 29,8. 255 Dies leistet in Nah und Jer ein nachgestelltes ne'um Yhwh.

100

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

handen auch der Höraufruf) - den Sprechakt hervorheben. Wortempfangsaussage und Zitatansage verweisen auf den göttlichen Urheber der Rede, die Imperative sowie die vokativische bcen-'ädäm-Anrede machen auf das menschliche Gegenüber aufmerksam, bcen-'ädäm und '"donäy YHWH stehen einander dabei als Kontrastpaar gegenüber. Als stärker variierendes Element kommen imperativische Formulierungen hinzu, die die folgende Rede „gattungs"-systematisch einordnen; als Auftakt der weiterzusagenden YHWH-Rede erscheint fakultativ der Höraufruf, der bei Ezechiel immer das YHWH-Wort als Objekt einschließt, also nochmals die Tatsache des Sprechens Gottes betont. Diese feste Einleitungsstruktur ist abgesehen von den Visionen schildernden Kapiteln mit äußerster Konsequenz eingesetzt256. Die Einleitungen sind also offenkundig sehr bewußt in dieser festen Gestalt gebildet worden in der Absicht, zunächst YHWH als Urheber der Worte, die dann wiedergegeben werden, herauszustellen. Zugleich schildert das menschliche Ich sich in seinem Selbstbericht als jemanden, den YHWH direkt anspricht und ihm sein Wort mitteilt mit der Aufforderung, diese göttliche Rede an bestimmte Adressaten weiterzusagen. Wortempfangsaussage und Redeaufforderungen autorisieren und legitimieren den angeredeten bcen'ädäm dazu, Gottesrede als solche weiterzugeben und sie für die Rezipienten mit der entsprechenden Zitatansage als solche kenntlich zu machen. Mit den jeweiligen Einleitungspassagen eines Wortgeschehens läßt das Ich des Selbstberichtes den Rezipienten an einem sogenannten „privaten Orakel" teilhaben. Durch diese besondere Stilisierung werden jeweils zwei Gottesreden ineinander verschachtelt: Von der nur an den angeredeten bcen-'ädäm gerichteten YHWH-Rede ist der zur Weitergabe bestimmte Gottesspruch abhängig; die Zitatansage markiert den Übergang zwischen der einschließenden und eingeschlossenen Rede. Es spricht manches dafür, das konsequent verwendete Einleitungsschema als von vornherein schriftliches Gestaltungselement zu betrachten: die Konsequenz der Anwendung selbst; die Betonung des Redens als solchem, das durch die Verschriftung ja ein Stück Distanzierung erfährt; und schließlich ist der eindeutige Verweis auf die „Quelle" YHWH sowohl für die einschließende wie die eingeschlossene Rede im schriftlich fixierten Text besonders wichtig, um eben diese Tatsache für künftige Lesergenerationen festzuhalten.

3.2 Abschließende

feste

Wendungen

Während der Beginn eines längeren Abschnittes durch die Wortempfangsaussage bzw. die typische Entrückungseinleitung klar markiert wird, fällt die Kennzeichnung des Endes - zumindest in der vorliegenden Endgestalt des Textes 256 Vgl. dazu den tabellarischen Überblick bei MEIER, Speaking, 235-238 für das Ezechielbuch sowie zum Vergleich die entsprechende Übersicht zum Jeremiabuch, 266f.

Abschließende feste

Wendungen

101

weniger deutlich aus. Gleichwohl gibt es stereotype Wortverbindungen, die für die Funktion des „Schlußsignals" in Frage kommen: ne'um YHWH, dibbartt und die sogenannte „Erkenntnisformel".

3.2.1

„Spruch

YHWHS"

(n e 'um

YHWH)

Auch diese Wendung hat unterschiedliche Bezeichnungen erhalten: „Bekräftigungsformel" 2 5 7 , „Orakelformel" 2 5 8 , „Gottesspruchformel" 2 5 9 oder „Jahwespruchformel" 2 6 0 , „signatory formula" 261 und „prophetic utterance formula" 262 . D i e Etymologie 2 6 3 von rf'um und damit seine genaue Bedeutung sind ungeklärt. Entsprechend verschieden fällt die Wiedergabe des Ausdrucks aus. Sie erfolgt entweder verbal als „spricht der HERR"(Lutherbibel) 264 oder nominal als „Raunung Jahwähs" 265 , „Spruch Gottes, des Herrn" 266 , „utterance of Lord YHWH" 267 , „word of Yahweh" 2 6 8 , „declaration of Yahweh" 2 6 9 . Meier 2 7 0 betrachtet das Wort aufgrund der starren, unveränderlichen Vokalisation und der Vergleichbarkeit mit dem akkadischen umma und anumma als Partikel, die eine Rede, genauer ein Zitat markiert, ohne eines begleitenden verbum dicendi zu bedürfen 2 7 1 . Wie schon bei koh 'ämar YHWH fällt das ungleichmäßige Vorkommen auch dieser Wendung im AT auf. Außerhalb der Schriftprophetie kommt rf'um äußerst selten

Entstehungsgeschichte, 6 7 8 . Prophecy in Ancient Israel, Oxford 1 9 6 3 , 2 8 3 , der diese Wendung zusammen mit koh 'ämar YHWH betrachtet. Vgl. B A U M G Ä R T E L , Gottesnamen, 2 1 , der aber weiter differenziert, weil die beiden Begriffe ursprünglich nichts miteinander zu tun hätten: rf'um sei im Sinne eines divinatorischen Ahnens zu verstehen, koh 'ämar hingegen meine ganz konkret die Mitteilung in Gestalt des d'bar YHWH. 259 Z I M M E R L I , B K , 3 9 * ; H O S S F E L D , Untersuchungen, 3 7 . 260 D V E T T E R , Art. rf'üm, in: THAT II, 1 - 3 ( 2 ) ; H . E I S I N G , Art. rf'um, in: ThWAT V , 1 1 9 - 1 2 3 ( 1 2 0 ) . D. V E T T E R , Seherspruch und Segensschilderung, Stuttgart 1 9 7 4 (CThM 4 ) , 3 0 , vertritt die These, es handle sich ursprünglich um eine „Seherspruchformel", die zur „Jahwespruchformel" abgewandelt worden sei. Als solche sei sie vor Amos nicht belegt. Wahrscheinlich habe Amos sie als erster anstelle der abschließenden Botenspruchformel 'amar YHWH gebraucht. 261 B L O C K , N I C O T , 3 3 ; vgl. G R E E N B E R G , AncB, 6 5 : „kind of divine signature". 262 R.M. H A L S , Ezekiel, Grand Rapids, 1 9 8 9 ( F O T L 1 9 ) , 3 6 1 . 263 Häufig wird arabisch n'm „flüstern" ins Spiel gebracht (vgl. V E T T E R , n€'um, 1). Während V E T r E R darauf verweist, ein akkadisches Äquivalent ließe sich nicht nachweisen, sieht M E I E R , Speaking, 299ff., Berührungspunkte zu akkadisch umma und anumma. 264 Bzw. „spricht J A H W E " ( E I C H R O D T , Z I M M E R L I ) , vgl. „says the Lord G O D " ( C L E M E N T S ) . 257

VON R A B E N A U ,

258

J. LINDBLOM,

265

KOCH, F o r m g e s c h i c h t e , 255.

266

FUHS,

267

GREENBERG,

268

MEIER, S p e a k i n g , 304. BLOCK, N I C O T .

269

270 271

NEB.

AncB.

Speaking, 302-304. Speaking, 305.

102

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

vor 2 7 2 . Unter den Kleinen Propheten fehlt sie bei Habakuk und Jona, die meisten übrigen bieten vereinzelte Belege 2 7 3 , am häufigsten findet sie sich bei Arnos 2 7 4 , Haggai 2 7 5 und Sacharja 276 . rf'um Ynwn begegnet auch im gesamten Jesajabuch relativ selten 2 7 7 . Die weitaus meisten Belege sind im Jeremiabuch zu verzeichnen, wo die Wendung doppelt so häufig ist wie bei Ezechiel 2 7 8 . Im Vergleich zu ihrer Kombination mit koh 'ämar variieren die Gottesbezeichnungen bei rf'um weniger: Bei Deuterojesaja 2 7 9 , Hosea, Micha, Obadja, Joel und Maleachi steht ausschließlich, bei Jeremia 2 8 0 fast ausschließlich, bei Zefanja 2 8 1 und Arnos 2 8 2 überwiegend das Tetragramm. Bei Jesaja begegnet wieder der Wechsel zwischen Tetragramm allein 283 , YHWH fbä'dt2^4 und '"donäy YHWH fbä'ot285, während Haggai und 286 Sacharja das Tetragramm allein oder um fbü'dt erweitert 2 8 7 etwa gleich häufig bieten. Demgegenüber gebraucht das Ezechielbuch wie bei koh 'ämar konsequent die Kombination '"donäy YHWH288, betont also auch bei dieser Wendung den Herren(Herrscher)status YHWHS. In der F o r s c h u n g hat m a n d i e s e r W e n d u n g m e i s t d i e F u n k t i o n e i n e r Schlußform e l , die mit der „ B o t e n f o r m e l " als A n f a n g s m a r k i e r u n g k o r r e s p o n d i e r t , 2 8 9 zug e w i e s e n 2 9 0 , s o d a ß sie damit a u c h als literarkritisches Kriterium d i e n e n k o n n t e .

272 273

Gen 22,16; Num 14,28; 1 Sam 2,30; 2 Kön 9,20; 19,33; 22,19; 2 Chr 34,27. Joel 2,12; Ob4.8; Mal 1,2; Mi 4,6; 5,9; Nah 2,14; 3,5; Hos 2,15.18.23; 11,11; Zef 1,2.3.10; 2,9;

3,8.

274

Am 2,11.16; 3,10.13.15; 4,3.5.6.8.9.10.11; 6,8.14; 8,3.9.11; 9,7.8.12.13. Hag 1,9.13; 2,4 (3x).8.9.14.17.23 (2x). 276 Sach 1,3.4.16; 2,8.10 (2x).14; 3,9.10; 5,4; 8,6.11.17; 10,12; 11,6; 12,1.4; 13,2.7.8. 277 Jes 3,15; 14,22 (2x).23; 17,3.6; 19,4; 22,25; 30,1; 31,9; 41,14; 43,10.12; 49,18; 52,5 (2x); 54,17; 55,8; 56,8; 59,20; 66,2.17.22. 278 Rund 175 mal in Jer, gut 80 mal in Ez. 279 Nur in 56,8 '"donäy YHWH fbä'öt. 2S0 Ausnahmen: '"donäy YHWH Jer 2.22, YHWH fbä'öt Jer 8,3; 25,29; 30,8; 49,26; '"donäy VHWH fbä'öt Jer 2,19; 49,5; 50,31. 281 Abgesehen von 2,9: YHWH fbä'öt. 282 '"donäy YHWH Am 3,13; 4,5; 8,3.9.11. 283 Jes 14,22; 17,6; 30,1; 31,9. 284 Jes 14,22.23; 17,3; 22,25. 285 Jes 3,15; 19,4. 286 Hag 1,13; 2,4 (2x).14.17.23; Sach 1,4; 2,9.10 (2x).14; 8,17; 10,12; 11,6; 12,1.4; 13,8. 287 Hag 1,9; 2,4.8.9.23; Sach 1,3.16; 3,9.10; 5,4; 8,6.11; 13,2.7. 288 Bloßes Tetragramm nur 16,58 und 37,14; J. HERRMANN, Gottesnamen, 77, geht von Textverderbnis aus, die zum Fehlen von '"donäy geführt habe. 275

289

S o F. BAUMGÄRTEL, D i e F o r m e l ne'um

Jahwe,

in: Z A W 73 (1961), 2 7 7 - 2 9 0 (284). In d i e -

sem Schema sei Formelsprache aus zwei verschiedenen religiösen Bereichen vereint: koh 'ämar sei eine alte rituelle Formel aus dem mit der Lade verbundenen priesterlichen Orakelspruch, während er den Ursprung von nr'um YHWH im Nabitum vermutet (287). Die Vereinigung habe sich vor der Zeit der Schriftpropheten vollzogen (289). Im Vergleich zu diesen recht spekulativen Überlegungen äußert sich KOCH wesentlich vorsichtiger: „Die Wendung ist gewiß auch unabhängig von der Botenformel entstanden und gebraucht worden, zu der sie in einer gewissen Konkurrenz steht. Aber der Weg ihrer Wandlungen ist noch undurchsichtig und ebenso ihre genauere Bedeutung." (Formgeschichte, 255). 290 MEIER, Speaking, 310-312, weist dies scharf zurück.

Abschließende feste

Wendungen

103

Für das Jeremiabuch hat Rendtorff 2 9 1 eine entsprechende Untersuchung zu dieser Wendung durchgeführt und dabei Folgendes festgehalten: Als den häufigsten Gebrauch stellt er denjenigen „als Abschluß eines selbständigen Jahwewortes" fest (36) und folgert für die Literarkritik: „So wird man die Formel auch vielfach dort zu verstehen haben, wo sie jetzt in einem größeren Zusammenhang einen Vers abschließt. Manchmal ist sie durch sekundäre Zusätze aus ihrer Abschlußfunktion verdrängt worden." (36). Weitere Möglichkeiten sind: „Die zweite Grundstellung hat die Formel in Verbindung mit anderen formelhaften Wendungen, die als Einleitung eines Jahwewortes stehen, besonders mit eschatologischen Formeln, Schwurformeln und mit der Herausforderungsformel. In ihrer dritten Stellung tritt die Formel in die Mitte eines Jahwewortes, und zwar zwischen die beiden Glieder des parallelismus membrorum bzw. seiner nichtmetrischen Nachahmungen. Neben diesen drei Hauptgebrauchsweisen lassen sich noch die Stellung zwischen Scheltrede und Drohwort - also in einer vorläufigen Abschlußfunktion - und die Verbindung mit rhetorischen Fragen als planmäßige Anwendungen der Formel erkennen. In allen diesen Fällen besteht kein Anlaß, die Formel zu beanstanden. An einer Reihe von Stellen dagegen steht sie in Verbindung mit Zusätzen und ist mit diesen zusammen als sekundär zu beurteilen." (36f.) Hossfeld urteilt mit Blick auf das Ezechielbuch: „Überblicken wir das gesamte Auftreten der Gottesspruchformel im Ezechielbuch, dann entsprechen ihre Verwendungsweisen dem Funktionsbild der Formel im Jeremiabuch, wie es Rendtorff aufgezeichnet hat. Sie funktioniert als Endsyntagma eines Textes; sie markiert das Ende eines Abschnittes, unter Umständen das Ende eines in sich abgeschlossenen Mikrotextes. Als Kontextformel unterstreicht sie den Vorgängersatz und in fester Verbindung mit bestimmten Formeln unterstützt sie deren Emphase und textlinguistische Aufgabe." 292 . Baumgärtel weitet den Blick auf die gesamte Schriftprophetie 293 und stellt ebenfalls die Kombination mit anderen Formeln 294 heraus. Wenn RF'UM YHWH bei diesen Formeln fehle, stehe kurz vorher ein koh 'ämar (279-81). Nach einer inhaltlichen Funktion der Wendung fragt er ebenso wenig, wie er den Unterschied zwischen den einzelnen Schriftpropheten berücksichtigt. Vielmehr bleibt er bei rein äußeren Beobachtungen stehen. So z.B. wenn er aus der Kombination der sogenannten Herausforderungsformel mit „ausleitendem" r f ' u m YHWI^95, einleitendem koh 'ämar296 sowie einmaligem Vorkommen ohne Ein-

291

Zum Gebrauch der Formel n"'um Jahwe im Jeremiabuch, in: ZAW 66 (1954), 27-37. Untersuchungen, 39f. Ähnlich in knapper Form für Ez vgl. VON RABENAU, Entstehungsgeschichte, 678. 293 Formel, 277f. Angesichts des Befundes verallgemeinert er zu sehr, wenn er ne'um YHWH als „allgemein-prophetische Art des Redens" (277) bezeichnet. 294 hy 'ny\ hnny 'l/'l, by nsb'ty, bywm hhw'. 295 Dies findet er in Jer 21,13; 23,30.31.32; 50,31; 51,25; Ez 13,8; Nah 2,14; 3,5 vor. 296 Ez 5,8; 13,20; 21,8; 26,3; 28,22; 29,3; 30,22; 34,10; 35,3; 38,3; 39,1. 292

104

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrenden

Wendungen

und Ausleitung 297 folgert: „Die feststehende Formel ist also hnny 'l (7) n'

ich")-' 68 . Wie Michel (Nur ich bin Jahwe, 151 ff.) ausdrücklich vermerkt, muß das Tetragramm bei diesem Verständnis „sinnerfüllt" sein - nur unter dieser Voraussetzung ist ein Zusatz bzw. eine Entfaltung, wie Rendtorff sie bei einer Selbstvorstellung zu Recht anmahnte, entbehrlich. 3 6 9 Im Kontext des Ezechielbuches ist eine Selbstvorstellung denn auch nicht sinnvoll: ist als bekannt vorausgesetzt; obwohl Israel ihn kennt, achtet das Volk ihn nicht. Es geht Y H W H hier um seinen Machtanspruch und -erweis. D a ß der bloße Gottesname ausreicht, beweist, daß dieser die entsprechenden Assoziationen weckt, insofern also „sinnerfüllt" ist 370 . Insofern ist dem Begriff der „Selbstvorstellungsformel" bei Zimmerli Elligers Bezeichnung „Selbstaussage" (Ich bin der Herr, 15) bzw. „Selbstbezeugungsformel" (ebda., 30) vorzuziehen 3 7 1 , sofern man nicht Sedlmeiers Vorschlag übernimmt, der im Anschluß an Michels grammatische Überlegungen von der „,Absolutheits-' oder ,Einzigkeits-' oder noch deutlicher von einer ,Ausschließlichkeitsformer" (Studien, 308) spricht 372 . Die Selbstaussage '"ni YHWH mag allerdings als ein Sonderfall der Selbstprädikation altorientalischer Götter und Könige anzusehen sein. Schon E. Norden 3 7 3 stellt eine Korrelation fest zwischen anakletischem aii ei, der Gottesprädikation in Gebet und bei YHWH

367 D i e O f f e n b a r u n g s v o r s t e l l u n g e n im A l t e n Israel, in: O f f e n b a r u n g als G e s c h i c h t e , hrsg. W. P a n n e n b e r g , G ö t t i n g e n 2 1963 ( K u D Beih. 1), 32f. 168 Vgl. N u r ich bin Jahwe, v.a. 150. 369 Vgl. f e r n e r die Kritik bei A . JEPSEN, B e i t r ä g e z u r A u s l e g u n g u n d G e s c h i c h t e d e s D e k a logs, in: Z A W 79 (1967), 2 7 7 - 3 0 4 (285f.); P. WEIMAR, U n t e r s u c h u n g e n zur p r i e s t e r s c h r i f t l i c h e n E x o d u s g e s c h i c h t e , W ü r z b u r g 1973 ( f z b 9), 88f.; KOCH, P r o f e t e n II, 109f. 370 Vgl. a u c h RENDTORFF, O f f e n b a r u n g s v o r s t e l l u n g e n , 34, d e r die K u r z f o r m als R e d u k t i o n d e r L a n g f o r m a u f f a ß t : die P r ä g n a n z d e r R e d u k t i o n zeige sich b e s o n d e r s deutlich bei D e u t e r o j e s a j a : „ D e r N a m e J H W H ist v i e l m e h r p r ä g n a n t e r A u s d r u c k f ü r d e n M a c h t a n s p r u c h , f ü r all das, w a s sonst in d e r P o l e m i k g e g e n die a n d e r e n G ö t t e r e n t f a l t e t w i r d . " 371 ELLIGER, Ich bin d e r H e r r , 15, n e n n t '"ni YHWH „Heiligkeits- o d e r H o h e i t s f o r m e l " , '"ni YHWH '"'lohekä d a g e g e n „Heilsgeschichts- o d e r H u l d f o r m e l " . B e i d e f i n d e t er im Heiligkeitsgesetz, d e r P r i e s t e r s c h r i f t sowie E z e c h i e l u n d D e u t e r o j e s a j a , also in d e r Exilszeit, k o n z e n t r i e r t (10). F ü r E z e c h i e l hält er fest, d a ß die „ H u l d f o r m e l " in s e i n e r V e r k ü n d i g u n g f e h l e (26); statt d e s s e n b e g e g n e die „ H o h e i t s f o r m e l " , die „im Sinne d e s H e i l i g - U n h e i m l i c h e n , d e s S t r a f e n s u n d R i c h t e n s qualifiziert ist" (25). In E z 20,5.7.19 f i n d e sich zwar die „ H u l d f o r m e l " , d o c h sei sie d u r c h die G e d a n k e n f ü h r u n g d e s K o n t e x t e s in R i c h t u n g H e i l i g k e i t s t h e o l o g i e u m g e b o g e n (27f.) u n d t r e t e ü b e r h a u p t n u r auf, weil sie „mit d e m Stoff d e r religiös-kultischen Tradition ü b e r die M o s e z e i t e i n f a c h v o r g e g e b e n " (28) sei. 372 BECKER, „ I c h - b i n " - F o r m e l , 46, spricht von „ A u t o r i t ä t s f o r m e l o d e r a u c h I m p o n i e r f o r mel". 373 A g n o s t o s theos, 1912, N a c h d r u c k d e r 4. Aufl. D a r m s t a d t 1956, 183-186.

Abschließende

feste

Wendungen

115

m a g i s c h e n P r a k t i k e n , u n d d e r S e l b s t p r ä d i k a t i o n syco eifii ( w i e sie a u c h G e n 17,1; 28,13; E x 3,6; 20,2; J e s 43,3 v o r k o m m e ) ; d e r e n P a r t i z i p i a l - u n d R e l a t i v k o n s t r u k t i o n e n s e i e n typisch „ o r i e n t a l i s c h " ( i m G e g e n s a t z z u m „ H e l l e n i s t i s c h e n " ) . N o r d e n leitet d i e s e Stilf o r m e n a u s a l t b a b y l o n i s c h e n T e x t e n a b u n d zitiert a u s e i n e m I s c h t a r - H y m n u s : „ I s c h t a r , d i e G ö t t i n d e s A b e n d s bin ich, I s c h t a r , d i e G ö t t i n d e s M o r g e n s bin ich. Ischtar, die d e n Verschluß der g l ä n z e n d e n H i m m e l öffnet, d a s m e i n R u h m ; D i e H i m m e l lasse ich e r l ö s c h e n , d i e E r d e e r s c h ü t t e r e ich, d a s m e i n R u h m ; etc."374 u n d a u s e i n e m O r a k e l a n A s a r h a d d o n , K ö n i g v o n A s s y r i e n a u s d e m 7. Jh.: „ I c h b i n die I s c h t a r v o n A r b e l a ... F ü r c h t e dich n i c h t , p r e i s e m i c h ! ... Ich b i n N e b o , d e r H e r r d e s S c h r e i b m e i ß e l s . Preise mich!"375 F ü r s u m e r i s c h e u n d a k k a d i s c h e K ö n i g s i n s c h r i f t e n stellt e r fest: „ E i g e n t ü m l i c h v e r h ä l t es sich mit d e r u n s h i e r v o r a l l e m a n g e h e n d e n F o r m e l ,Ich b i n ' . D i e K ö n i g e d e r ä l t e s t e n Z e i t s p r e c h e n , w e n i g s t e n s n a c h d e m u n s bis j e t z t v o r l i e g e n d e n M a t e r i a l , in d i e s e r F o r m n i c h t v o n sich selbst: sie ist d e n G ö t t e r n v o r b e h a l t e n . " (2 1 0 ) 3 7 6 . E r s t in d e r E i n l e i t u n g s e i n e s G e s e t z e s k o d e x s p r e c h e H a m m u r a p i v o n sich: „ H a m m u r a p i , d e r H i r t e , d e r v o n Enlil B e r u f e n e , bin ich . . . " (211). I n s c h r i f t e n d e s a l t a s s y r i s c h e n R e i c h e s z e i g t e n d e n s e l b e n Stil, in n e u b a b y l o n i s c h e n K ö n i g s i n s c h r i f t e n sei ein „ P r ä s k r i p t m i t ( N a m e ) , E r w ä h l t e r d e s u n d d e s G o t t e s , b i n i c h " (212) k o n s t a n t , e b e n s o in p e r s i s c h e n I n s c h r i f t e n . N o r d e n f o l g e r t , „ d a ß d i e F o r m e l e i n e r S e l b s t p r ä d i k a t i o n m i t ,Ich b i n ' u n d h i n z u g e f ü g t e m N a m e n u r s p r ü n g l i c h auf G ö t t e r b e s c h r ä n k t g e w e s e n u n d erst v o n d i e s e n auf d i e K ö n i g e als i h r e i r d i s c h e n R e p r ä s e n t a n t e n ü b e r t r a g e n w o r d e n ist." (214). V o r d i e s e m H i n t e r g r u n d fällt d i e B e s o n d e r h e i t d e s k n a p p e n '"ni YHWH a u f : N ä h e r e A u s f ü h r u n g e n zu I d e n t i t ä t u n d T a t e n d e r G o t t h e i t s i n d i m Blick auf YHWH o f f e n k u n d i g nicht e r f o r d e r l i c h . D a s T e t r a g r a m m allein sagt g e n u g . E i n e a u s f ü h r l i c h e r e S e l b s t b e s c h r e i b u n g ist v o r a l l e m in e i n e m p o l y t h e i s t i s c h e n K o n t e x t n o t w e n d i g , d . h . w e n n ein e G o t t h e i t sich v o n a n d e r e n , e b e n f a l l s als e x i s t e n t b e t r a c h t e t e n N u m i n a a b s e t z e n o d e r a u s d e r V i e l h e i t h e r a u s t r e t e n will. D i e S e l b s t p r ä d i k a t i o n v o n G ö t t e r n 3 7 7 ist e i n e „ V a r i a n t e d e s h y m n i s c h e n Stils" 3 7 8 . „ T a t s ä c h l i c h sind H y m n e n R e f l e x d e r m a c h t v o l l e n E r f a h r u n g e i n e s e i n z e l n e n G o t t e s , a n d e r e G ö t t e r r ü c k e n m e i s t g a r n i c h t ins B l i c k f e l d . W e n n sie a b e r mit in B e t r a c h t g e z o g e n w e r d e n , e r s c h e i n e n sie d e m e i n e n h a n d e l n d e n G o t t g e g e n ü b e r als N e b e n f i g u r e n . S o e r g e b e n sich t y p i s c h e A u s s a g e n d e r U n v e r g l e i c h -

374 NORDEN, Agnostos Theos, 207; vgl. „Eine H y m n e mit Selbstlob Inannas", in: T U A T II, 646-649. 375 NORDEN, Agnostos theos, 208. 376 Dazu verweist er auf die eingelegte A n s p r a c h e des Kriegsgottes Ningirsu auf dem Zylinder A des Gudea: „Ich bin Ningirsu, welcher h e m m t das tobende Wasser, der große Krieger des Ortes Enlil, der Herr, welcher seinesgleichen nicht hat." (211). 377 Kürzere Selbstprädikationen können auch als Beschriftung von Götterstatuen dienen; diese Praxis schlägt sich nieder in der sagenhaften Inschrift des Bildnisses zu Sai's, die bei Plutarch überliefert wird: „ s y w e i ß i Jiävrö yeyovog xal övxal SAO/ievov xal TÖV Efiöv JIEJTXOV ovöeig nu) dvrjrög ajiexäXvtpeV (De Iside et Osiride 9). 378 F. STOLZ, E i n f ü h r u n g in den biblischen Monotheismus, Darmstadt 1996, 45.

116

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

barkeit des Gottes." 3 7 9 Auch diese Unvergleichlichkeit ist offensichtlich im bloßen Tetragramm impliziert. D a die Selbstprädikation nicht nur für Götter, sondern auch für altorientalische Könige - wiederum in ausführlicherer Gestalt - charakteristisch ist, assoziiert dieser Stil, der gerade auch in der Umwelt der Exilierten anzutreffen ist 380 , den absoluten Herrschaftsanspruch YHWHS, der letztlich Israels Gott und König ist. D i e in d i e s e r W e i s e stilisierten, mit der E r k e n n t n i s a n s a g e s c h l i e ß e n d e n

YHWH-

R e d e n ü b e n schriftlich n i e d e r g e l e g t a u c h auf die R e z i p i e n t e n e i n e W i r k u n g aus, d i e v o n d e n u n h e i l v o l l e n h i s t o r i s c h e n E r e i g n i s s e n , n ä m l i c h der K a t a s t r o p h e v o n 587/6 w i s s e n u n d d e n e n damit b e w u ß t ist, d a ß das a n g e k ü n d i g t e U n h e i l tatsächlich e i n g e t r e t e n ist. Vor d e m H i n t e r g r u n d d i e s e s B e w u ß t s e i n s erscheint auch d i e E r k e n n t n i s a n s a g e in d e n T e x t e n in e i n e m e i g e n e n Licht: W i e die i m Text gen a n n t e n E r k e n n t n i s s u b j e k t e sind a u c h sie - w e n n auch aus e i n e m a n d e r e n , dis t a n z i e r t - ü b e r l e g e n e n B l i c k w i n k e l - erst recht zur E r k e n n t n i s

YHWHS

genötigt.

Ü b e r d i e s unterstreicht die s y s t e m a t i s c h e W i e d e r h o l u n g der W e n d u n g für d e n L e s e r der schriftlichen G e s a m t k o m p o s i t i o n n o c h die Z w a n g s l ä u f i g k e i t d e r Erkenntnis. Z u b e d e n k e n ist ferner, d a ß ein w e i s h e i t l i c h e r E r k e n n t n i s v o r g a n g nicht bei einer t h e o r e t i s c h e n E i n s i c h t s t e h e n bleibt, s o n d e r n darauf zielt, praktische K o n s e q u e n z e n für d i e L e b e n s f ü h r u n g zu erbringen 3 8 1 . Das Spezifische der ezechielischen Sprachgebung und Aussage vermag wiederum der Vergleich mit dem Befund bei den übrigen Schriftpropheten sowie im gesamten AT zu erhellen. Dabei wird das Verbum yd' (sowie auch das N o m e n da'at) in der Bedeutung „erkennen" und in Verbindung mit einem YHWH betreffenden Erkenntnisinhalt betrachtet. In der älteren Schriftprophetie kommt es verhältnismäßig selten vor: A m 3,2 ist Gott selbst Subjekt, so daß diese Stelle nicht vergleichbar ist. Mi 6,5 findet sich die nominale Konstruktion Lema'an da'at sidqöt YHWH in einem Kontext, der text- und literarkritisch Schwierigkeiten bereitet und dessen Datierung ins 8. Jh. strittig ist. Bei Protojesaja tritt yd' selten auf. Jes 9,7 ist von einem Wort (in L X X von Oavarog, i.e. dcebcer) die Rede, das Gott ('"donäy ) gesandt hat auf/gegen Jakob und das in Israel niedergefallen ist weyäde'ü hä'äm kullo (8a), „und dessen ganzes Volk sollte erkennen/Erkenntnis haben" - es fehlt ein expliziter Erkenntnisinhalt an dieser Stelle. In 11,2 ist rü"h mit da'at w'yir'at YHWH verbunden. Die Nominalverbindung Erkenntnis und Furcht YHWHS erscheint nochmals in 33,6 sowie in 33,13 der Imperativ mit dem Objekt g'buräti. Die ein379

STOLZ, Einführung, 44, mit Textbeispielen mesopotamischer Herkunft. » ) Vgl. d a s Schlußgebet Nebukadnezars II. an Marduk („du bist ..., du hast ... Ich bin der König, der Versorger,... dein treuer Hirte ..."), in: TUAT II, 782f. 381 Vgl. G.J. BOTTERWECK, Gott erkennen im Sprachgebrauch des AT, Bonn 1951 (BBB 2), 42f.: „Gott erkennen als Ausdruck der religiös-sittlichen Haltung des Menschen mit der Kehrseite dazu Gott nicht erkennen als Bezeichnung für den Abfall von Gott und Sittlichkeit"; sowie KOCH, Profeten II, 110: „Im Akt des menschlichen Erkennens liegt nicht nur theoretische Einsicht beschlossen, sondern auch ein verändertes praktisches Verhalten. Denn das hebräische Lexem für Erkennen ,jada', meint nicht ein objektives, distanziertes Zur-Kenntnis-Nehmen, sondern ein ,sich verstehen auf eine Sache' durch Gebrauch und Umgang". KOCH, Profeten I, 219, definiert das Verb als „handlungsleitendes Sich-Einlassen auf Personen und Dinge zu Lebensgewinnung und -Steigerung."

Abschließende feste

Wendungen

117

zig mit d e m G e b r a u c h bei Ezechiel vergleichbare Stelle bildet Jes 19,21aß w*yüde'ü misraim 'oet YHWH bayyöm hahü'. Dieser Vers u n d sein Kontext sind deutlich späte Formulierungen. Die w i e d e r k e h r e n d e Z e i t a n g a b e bayyöm hahü' (19,16-25) weist die Passage als auf f e r n e Z u k u n f t , ja in eschatologische D i m e n s i o n e n d e u t e n d aus, d e r G e d a n k e einer B e k e h r u n g d e r Ä g y p t e r zu YHWH ( n a c h d e m er sie geheilt hat), die schließlich auch die Assyrer erfaßt (19,24f.), gehört gleichfalls einer späten E n t s t e h u n g s p h a s e atl. Texte an. D e r Schlußsatz von Hiskias G e b e t Jes 37,20b ist als Parallele zu 2 K ö n 19,19 im R a h m e n von D t r G W zu b e h a n d e l n . Lediglich im H o s e a b u c h gibt es b e m e r k e n s w e r t e s Vergleichsmaterial: H o s 2,10 wird von d e r als H u r e b e s c h r i e b e n e n Frau gesagt lo' yäd"'äh ki '"noki nütatti Iah haddagan etc. Im Rückblick wird also die m a n g e l n d e Einsicht Israels in G o t t e s l e b e n e r h a l t e n d e s Wirken konstatiert (vgl. auch 11,3). Die im Blick auf die Z u k u n f t f o r m u l i e r t e Aussage in 2,22 schillert zwischen d e r Bildebene mit ihrer sexuellen K o n n o t a t i o n und der Sachebene, die geistliche G o t t e s e r k e n n t n i s meint, yd' ist mit nota accusativi konstruiert 3 8 2 bezeichnenderweise bieten einige hebräische H a n d s c h r i f t e n (sowie die Vulgata) hier stattdessen ki ni YHWH, eine o f f e n k u n d i g e Angleichung an die f o r m e l h a f t e E r k e n n t nisansage bei Ezechiel 3 8 3 . Weitere Stellen konstatieren die m a n g e l n d e G o t t e s e r k e n n t nis in d e r G e g e n w a r t : we'en da'at '"'lolürn bä'äraes (4,1 3 8 4 ), We'cet-YHWH lo' yädä'ü (5,4bß). I m Vorgriff auf die Z u k u n f t gibt G o t t eine R e d e d e r Israeliten wieder, die sie f ü h r e n w e r d e n , w e n n es ihnen schlecht geht; d a n n w e r d e n sie e i n a n d e r zur G o t t e s e r kenntnis a u f f o r d e r n (läda'at 'ost-YHWH, 6,3) - e b e n dies ist es, woran G o t t nach eigener Aussage Gefallen hat (6,6) 3 8 5 . Die Verse 13,4f. illustrieren noch einmal eindrücklich die D o p p e l d e u t i g k e i t des S t a m m e s yd' bei Hosea 3 8 6 : A n die Selbstaussage Y H W H S (13,4a) k n ü p f t sich die M a h n u n g we'"lohim zülätilo' tedä' (13,4bß), u n d der Rückblick auf die Wüstenzeit (13,5) beschreibt die Beziehung zwischen G o t t u n d Israel im Bild d e r Sexualbeziehung: '"ni yeda'tikä bammidbär. yd' schillert also vor d e m H i n t e r g r u n d des das Buch b e h e r r s c h e n d e n Bildes zwischen d e m k o n k r e t e n Sinn und d e r B e d e u t u n g eines intellektuellen E r k e n n e n s 3 8 7 . Im J e r e m i a b u c h erscheint die Vokabel yd' zwar öfter, doch k o m m t Y H W H als E r kenntnisinhalt relativ selten vor. In zwei G o t t e s r e d e n konstatiert YHWH, d a ß die Israeliten ihn nicht ( e r ) k e n n e n : 'öti lo' yada'ü (4,22, vgl. 9,2, ähnlich 9,5) bzw. sein R e c h t nicht k e n n e n (8,7). A u ß e r d e m beschreibt Jeremia seine Mitbürger als Leute, die d e n Weg Y H W H S nicht k e n n e n (5,4f.). Diese Aussagen beziehen sich auf d e n gegenwärtigen Z u s t a n d d e r b e t r e f f e n d e n Menschen, d e r zur F o r d e r u n g G o t t e s in Widerspruch steht, nämlich: ki 'im-bezo't yithallel hammithallel ha'skel w'yado'" 'öti ki '"rti YHWH 'osceh

382 ZIMMERLI, Erkenntnis, 58, der die Konstruktion mit ki für alt hält, bezeichnet diese Form der Erkenntnisaussage als „gelockert" gegenüber der strengen Erkenntnisaussage ki '"ni

YHWH. 383

Bei Hosea findet sich auch sonst die Konstruktion mit nota accusativi: Hos 5,4; 6,3. 384 Yg\.A,6 mibb'lihadda'at. 385 y'd'ü yisrä'el im Rahmen der Aussage, daß die Zeit des Gerichts gekommen ist (9,7), könnte ein Zusatz sein, der durch die Erwähnung des Propheten in 9,8b ausgelöst sein könnte. 386 Selbst wenn man diese Verse dem Hosea selbst abspräche, bleibt es dabei, daß diese Komposition sich an seinem Stil orientiert. 387 Zum Thema der Gotteserkenntnis bei Hosea vgl. R.G. KRATZ, Erkenntnis Gottes im Hoseabuch, in: ZThK 94 (1997), 1-24.

118

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

hcesosd mispüd üfdäqäh bä'ärces (9,23a) 388 . Nur wenige Stellen nehmen ein zukünftig in Aussicht gestelltes Erkennen Gottes in den Blick: In einer Heilsankündigung erklärt Y H W H seine Absicht, den Weggeführten ein Herz zu geben läda'at 'otiki '"nt YHWHW1' häyü-lil'"äm

w'"anoki

'cehyceh lühasm le'lohtm

(24,7a) - ähnlich 31,34b: kl külläm

yed'"ü

'öti. Durchgehend konstruiert das Jeremiabuch das Erkenntisobjekt mit der nota accusativi, eine stereotype Gestaltung der wenigen Vorkommen gibt es nicht 389 . Im Hinblick auf den Vergleich zu Ez ist Jer 44,28b bemerkenswert, wo es heißt, daß die Übriggebliebenen erkennen werden, wessen Wort sich erfüllt hat, Y H W H S oder ihres, die Erkenntnis bezieht sich also auf die Verwirklichung des Gotteswortes. Bei Deuterojesaja finden sich mehrfach Erkenntnisansagen, deren Inhalt sich allerdings nicht auf ein stereotypes kl '"nt YHWH beschränkt wie bei Ezechiel, sondern ausführlicher beschrieben wird. Im Kern geht es dabei um die monotheistische Aussage nur Y H W H allein ist überhaupt Gott, auf ihn ist letztlich alles Geschehen zurückzuführen: Wenn Y H W H in der Wüste Wasser quellen und Bäume wachsen lassen will (41,18f.), tut er dies l'ma'an

yir'ü wcyed"ü

...klyad-YHWH

'as'tä zo't (41,20). Die S c h ö p f e r m a c h t

Gottes soll so erkennbar werden. Im Kontext der anschließenden götzenpolemischen Passage werden die Götzen herausgefordert, Zukünftiges zu weissagen wened'"äh kl '"'lohim 'attcem (41,23); Ankündigung von Zukunft ist also einzig Y H W H vorbehalten. In seiner Rede an Kyros kündigt Gott an, was er an ihm zu tun gedenkt, l'ma'an teda'ki '"nt YHWH haqqdre' b'simkä '"loheyi'srä'el (45,3); er, der einzige Gott handelte auch in der Vergangenheit bereits an ihm, obwohl Kyros ihn nicht (er)kannte (45,4bß.5b). Schließlich verfolgt Y H W H S Handeln an Kyros auch den Zweck, daß man allenthalben erkennt, daß er allein Gott ist (45,6), der Schöpfer und Herrscher der Welt (45,7). In Jes 49 kündigt Gott Zion Heilstaten an, w'yäda'at kl '"ni YHWH '"scer lo' yebosü qowäy (49,23b). Auch dieses Wort gipfelt in der Ansage allgemeiner (käl basär) Erkenntnis (49,26b). Und schließlich soll Y H W H S Volk an jenem Tage Gottes Namen erkennen (52,6a) 390 . Der einzige Beleg bei Tritojesaja (Jes 60,16b) ist ähnlich gelagert. Auch die Heilsankündigungen bei Joel klingen zweimal mit einer Erkenntnisansage für Israel aus (2,27; 4,17), die an Deuterojesaja gemahnt 3 9 1 . Auffällig ist schließlich der Befund bei Sacharja: Insgesamt viermal (2,13b.l5bß; 4,9b; 6,15aß) wird den Angeredeten der Erkenntnisinhalt angesagt, daß der Sprecher, also der Prophet Protosacharja, von Y H W H Zebaoth (zu ihnen) gesandt wurde. Protosacharja (oder die Buchredaktion) kennzeichnet den Propheten und damit seine Mitteilungen als von Y H W H autorisiert, d.h. als „echten" Propheten 3 9 2 . A b g e s e h e n von H o s e a b i e t e t kein s c h r i f t p r o p h e t i s c h e s Buch vor Ezechiel in n e n n e n s w e r t e r H ä u f i g k e i t die E r k e n n t n i s a n s a g e mit Y H W H als i h r e m Inhalt. D a das H o s e a b u c h in d e n A n f a n g s - u n d Schlußkapiteln d e n S t a m m yd' auch im R a h m e n d e r M e t a p h e r v e r w e n d e t , die d a s Verhältnis von Y H W H u n d Israel als

38« Yg( 22,16, wo Unterstützung der Armen als Ausdruck rechter Gotteserkenntnis bezeichnet wird. 389 Jer 16,19-21 bietet Götzenpolemik, wie sie für Deuterojesaja typisch ist. Der Abschnitt gipfelt in einer Erkenntnisansage: w'yad'"ü kt s'mi YHWH. 390 Vgl. ferner noch 43,10. 391 Hab 2,14 zitiert die Erkenntnisansage aus Jes 11,9. 392 In dem späten Text Mal 2,4 besteht der Erkenntnisinhalt schließlich darin, daß Gott „dies Gebot" über die Angeredeten gesandt hat.

Abschließende feste

119

Wendungen

das von Mann und Frau umschreibt, besitzt das Verbum bei Hosea eine schillernde Qualität, die sich bei den Propheten nach ihm nicht zu wiederholen scheint. Bei den Propheten vor Ezechiel wird das Objekt von yd' offensichtlich nominal mit nota accusativi ausgedrückt. Bei Ezechiel erscheint die Konstruktion mit einem durch ki eingeleiteten Objektsatz. Die konsequent und damit stereotyp eingesetzte Erkenntnisansage im Ezechielbuch zielt auf Zweierlei ab: Die Erkenntnissubjekte erkennen die (All)Macht Y H W H S anhand seiner in Aussicht gestellten Taten, und zugleich zeigt sich ihnen die Zuverlässigkeit des Gotteswortes, das ihnen Zukünftiges im Voraus mitteilt. Deuterojesaja nimmt den erstgenannten Aspekt auf, indem der Ausschließlichkeitsanspruch Y H W H S als Erkenntnisinhalt erscheint, welcher sich an dem Handeln Gottes ablesen läßt (während die Götzen weder zu handeln noch zu reden vermögen). Die Sacharja-Belege dagegen führen den Aspekt der Worterfüllung weiter 393 , indem der Übermittler des YHWH-Wortes als von Gott gesandt bezeichnet wird. Von den Belegen außerhalb der Schriftprophetie seien zunächst diejenigen aus dem DtrGW betrachtet, die sich vor allem auf die Königebücher konzentrieren. Hier erscheint zunächst eine kleine Gruppe von Erkenntnisansagen im Rahmen von Gebetstexten. Salomo bittet Gott um Gebetserhörung, lema'anyede'ünkäl-

'amme

simkä niqrä' ma'an

da'at

hä 'ärces 'cet-semaskä

'al habbayit käl-'amme

hazzash hü'ürces

leyir'üh

'otkä ke 'ammkä

yi'srä 'el weläda

'atki

(1 K ö n 8,43). In 8,60 lautet sein A n l i e g e n le~

ki YHWHhü'

hä'wlohim

'en 'od. I n 2 K ö n 19,19

(par. Jes 37,20) bittet Hiskia um Rettung aus der Hand Sanheribs, damit die Völker erkennen ki 'attäh YHWH 'a'lohim Lebaddaekä. Da die erbetenen Erkenntnisinhalte zweifelsfrei monotheistisch und universalistisch sind, handelt es sich deutlich um Texte, die später anzusetzen sind als die Erkenntnisaussagen bei Ezechiel. Sie gehören allenfalls in die Nähe Deuterojesajas. Ähnliches gilt für 2 Kön 5,15, wo der Nicht-Israelit Naaman nach seiner Heilung spricht: hinneh-nä' yäda'ti

ki 'en ''clohim

lfkal-hä'ära's

ki-'im

beyi'srä'oel.

Lediglich im G e b e t Elias 1

Kön 18 zielt die Bitte um Erkenntnis auf Israel ab mit dem Inhalt ki 'attäh hä'^lohim

YHWH

(V. 37).

Die beiden Erkenntnisansagen im Rahmen von 1 Kön 20 spricht ein anonymer Prophet zu König Ahab. Gott gebe die Menge der aramäischen Kriegsgegner in Ahabs Hand, weyäda'tä kt-'"ni YHWH. (V. 13, vgl. V.28). Während Zimmerli dies Kapitel für alt hält und die Erkenntnisformel hier in ihrem frühen „Sitz im Leben" in einem Orakel im Blick auf den Heiligen Krieg vorzufinden meint 394 , ist indessen eher davon auszugehen, daß, wenn man schon nicht das gesamte Kapitel als ein späteres Produkt ansieht, zumindest der prophetische Auftritt auf eine späte Hand (DtrP?) zurückzuführen ist. Es bleiben noch die Stellen, an denen der Erkenntnisinhalt in der Identifikation eines Propheten bzw. in der Verwirklichung von Gottes Wort besteht: Als

31,4

Dieser ist auch Jer 44,28 gegeben. Vgl. dazu oben.

120

Prophetische

Sprachsignale:

Wiederkehrenden

Wendungen

Elia das Kind der Witwe reanimiert hat, spricht die Frau yäda 'ti kt 'is '"'lohim 'attäh üdebar-YHWHbepikä '"'man (1 Kön 17,24). Elisa fordert den König auf, den v o m A u s s a t z b e f a l l e n e n N a a m a n z u i h m z u s e n d e n weyeda'

ktyes

näbi'

b"yisrä'el

(2 Kön 5,8). Als Jehu dem Volk die Ermordeten aus dem Haus A h a b präsentiert, verweist er auf ein Wort Elias, welches sich an den gegenwärtigen Gegebenheiten als eingetroffen erkennen läßt: de'ü 'epö' ktlo'yippolmidd€bar YHWH 'arsäh

... w':YHWH

'asäh

'et '"scer dibbcer

beyad

'abdö

'eliyyähü

(2 K ö n 10,10, m i t

Rückbindung an das Elia-Wort 1 Kön 21,21). Diese zuletzt genannten Stellen bieten zudem weniger eine Erkenntnisansage als vielmehr eine Erkenntnisaussage, da die Erkenntnis nicht in der Zukunft stattfinden soll, sondern vom gegenwärtigen Standpunkt aus bereits gegeben ist, weil die Umstände, an denen sich die Erkenntnis vollziehen konnte, eingetreten sind. Abgesehen von 1 Kön 20 erscheinen die Erkenntnisformulierungen nicht in Gottesrede, sondern sind als Bitte oder Feststellung in menschliche Rede einbezogen. Außerhalb der Königebücher begegnen Erkenntnisformulierungen in D t r G W im Zusammenhang mit gottgewirkten Zeichen: Gideon bittet Gott, ihm anhand eines speziellen Arrangements zeichenhaft die angekündigte Rettung I s r a e l s z u b e s t ä t i g e n : w'yäda'ti

ki-tosia'

beyädi

'cet-yi'srä'el

ka'ascer

dibbartü

(Ri

6,37). Josua sagt den Israeliten, die diese Worte Gottes anhören sollen (Jos 3,9), ein Geschehen voraus, an dem sie erkennen werden, kl 'el hay beqirbekcem (3,10aß). Im Rückblick konstatiert Josua, daß alle Worte Gottes wahr geworden s i n d : wida'tcem

bekäl-lebabekcem

üb'käl-naps'kcem

kilo'-näpaldäbär

'oehädmik-

(Jos 23,14). In diesem Vermächtnis Josuas, also an einer Schaltstelle innerhalb des Geschichtsablaufs, treten deutlich dtr Formulierungen hervor. In allen drei Fällen geht es letztlich um die Erfüllung göttlichen Wortes. e

kol hadd bärim

hattöbim

'"scer dibbcer

YHWH

'"'loheka>m

'alekcEm

Schließlich bleiben noch die Erkenntnisformulierungen im Pentateuch. Sie treten schwerpunktmäßig im Exodusbuch auf und dort vor allem im Zusammenhang der Plagenerzählungen sowie des Berichtes vom Schilfmeerwunder 395 . Wiederum soll sich Erkenntnis vornehmlich anhand von gottgewirkten Zeichen vollziehen. Fast ausschließlich ergeht die Erkenntnisansage als Ankündigung in YHWH-Rede396. Erkenntnissubjekte sind überwiegend der Pharao bzw. die Ägypter 397 ; der Erkenntnisinhalt ist meist formuliert als Selbstaussage Y H W H S ( k t '"nt YHWH)398, doch sind Erweiterungen hinzugefügt, die entweder das von Gott geplante Handeln 3 9 9 oder seine Macht umschreiben, welche sich 395 Ex 6,7; 7.5.17; 8,6.18; 9,14.29; 10,2; 11,7 sowie 14,4.18, schließlich auch 16,6.12. Zur literarhistorischen Einordnung der Stellen in Ex 1-14(15) im R a h m e n der Pentateuchforschung vgl. J.C. GERTZ, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung. ( F R L A N T 1 8 6 ) Göttingen 2000, v.a. 106-111 sowie 167.182.203. 396 Ausnahme: Ex 8,6 und 16,6 in Mose-Rede. 397 Nur Ex 6,7; 10,2 sowie 16,6.12 ist Israel Erkenntnissubjekt. 398 Ex 7,5.17; 8,18; 14,4.18. 399 Ex 7,5.17; 14,4 (vorangestellt).18.

Abschließende feste

Wendungen

121

auch über Ägypten erstreckt (8,18). Um die Macht Y H W H S geht es auch, wenn der Erkenntnisinhalt in der Unvergleichlichkeit Y H W H S besteht: So sagt Mose z u m P h a r a o : teda' ki 'en keYHWH

'"lohenü

(8,6), u n d G o t t s e l b s t e r k l ä r t : teda'

ki

'en kämont bekal-hä'ärces (9,14)4I)0. Schließlich besteht der Erkenntnisinhalt in Ex 11,7 darin, daß Gott einen Unterschied macht zwischen Ägypten und Israel. Da die angekündigten Handlungen Gottes bzw. sein Machterweis sich in Gestalt der Plagen bzw. des Schilfmeerwunders zeitlich in großer Nähe zur Erkenntnisansage verwirklichen, ist deutlich, daß es in diesem Kontext letztlich ebenfalls darum geht, die Verwirklichung des göttlichen Wortes zu demonstrieren und damit unmittelbar verbunden die Macht YHWHS, die sich hier auch auf ein fremdes Volk erstreckt. Die Besonderheit besteht darin, daß der Pharao aufgrund der Verstockung zu einer derartigen Erkenntnis unfähig ist. Der Rezipient der Erzählungen findet allerdings die Erkenntnisansagen bestätigt - dies dürfte dann auch ihr Hauptanliegen sein. Israel tritt seltener als Erkenntnissubjekt auf. Ex 6,7 wird ihm angesagt: wiki '"ni YHWH lohekaem, die anschließende Partizipialkonstruktion stellt die Befreiung von ägyptischer Bedrückung in Aussicht. Nur in 10,2 bildet die Selbstaussage Y H W H S ohne weitere Ergänzung den Erkenntnisinhalt. 16,6 verweist wiederum eine Partizipialkonstruktion auf die Herausführungstat YHWHS, während in 16,12 der Objektsatz lautet: kl '"ni YHWH ''vlohekoem.m Auch im Blick auf Israel spielt die alsbaldige Erfüllung göttlich zugesagter Geschehnisse eine entscheidende Rolle, zumal sich an ihnen die Selbstaussage Y H W H S bestätigt - auch hier für den Rezipienten. da'tcem

In E x 29,46 erscheint eine E r k e n n t n i s f o r m u l i e r u n g im Kontext kultischer Anweisungen. Kultstätte, Altar und Kultpersonal will YHWH heiligen, er selbst will u n t e r den Israeliten w o h n e n und ihr G o t t sein wl'yädl"ü ki '"ni YHWH loheham '"scer höse'ti 'otäm me'aeroesmisrayim lesäknibetdkäm '"niYHWH lohehasm. Die Selbstbeschreibung G o t tes besteht hier aus d e r Selbstaussage kombiniert mit d e m Hinweis auf seine Rettungstat, die in d e r Absicht geschah, unter d e n Israeliten w o h n e n zu wollen, u n d der „Bundes"aussage, d a ß er ihr G o t t sei. D a d e r Schluß von V.46 Aussagen von V.45 wiederholt, entsteht d e r Eindruck, d a ß V. 46 s e k u n d ä r angefügt wurde, um in massiver Weise G o t t e s Verhältnis zu Israel neuerlich zu b e t o n e n . D e r Verweis auf die H e r a u s f ü h r u n g aus Ä g y p t e n , der in V.46 g e g e n ü b e r d e m vorigen Vers neu ist, paßt nicht unbedingt in d e n Kontext d e r Kultanweisung, ist aber ein E l e m e n t , das der E r k e n n t n i s a n s a g e n a h e steht und folglich z u s a m m e n mit dieser an d e n Textabschnitt angehängt w o r d e n sein wird.

400 Vgl. die weitere Variante der Erkenntnisansage in Ex 9,29: fda' ki LE YHWH ha 'arces. - Diese Aussagen nähern sich schon der monotheistisch-universalistischen Ausprägung der Erkenntnisansage bei Deuterojesaja an. 401 Z I M M E R L I S These (Erkenntnis, 19f.), daß die priesterschriftlichen Stellen (Ex 6,7; 7,5; 14,4.17f.; 16,6.9.12; 29,43ff.) die strenge Formulierung zeigten wie das Ezechielbuch, in den älteren Texten die Formulierung dagegen freier sei, trifft wohl kaum zu, da es auch an den besagten priesterschriftlichen Stellen nicht bei der bloßen Selbstaussage Gottes bleibt.

122

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

In Num 16,28 steht die Erkenntnisansage im Dienst der Legitimation des Mose als des Gesandten Y H W H S ( b e z o ' t tede'ün ki YHWH selähant la'asöt 'et käl-hamma'astm

hä'elloeh

ki-lo'

millibbt).

D a s gottgewirkte Geschehen, das Mose an-

kündigt (die Rotte Korach wird auf unerhörte Weise bestraft, indem die Erde sie verschlingt), vollzieht sich alsbald, so daß die Äußerung des Mose sich als Gotteswort bestätigt und ihn legitimiert 402 . Der Befund zeigt somit deutlich, daß die Erkenntnisansage keineswegs ein urtümliches Element in prophetischer Rede darstellt 403 . Vielmehr scheint sie 402

Die Erkenntnisformulierung in Dtn 4,39 bildet eine Anweisung für die Gegenwart, der Erkenntnisinhalt ist eine monotheistische Aussage, verknüpft mit der Aufforderung, seine Gebote zu halten. Ähnlich ist Dtn 7,9 zu beurteilen. Dtn 29,5 blickt zurück auf die Wüstenzeit, wo die Erkenntnis YHWHS als des Gottes der angeredeten Israeliten angestrebt war. Die Festanweisung Lev 23,43 erläutert den Brauch des Laubhüttenbaues damit, daß die Späteren daran erkennen sollen, wie Gott die Vorfahren während des Exodus in Hütten wohnen ließ. Auch hier schweift der Blick also zurück in die Geschichte. 403 ZIMMERLI, Erkenntnis, geht von der Unterscheidung zwischen der strengen Form der Erkenntnisaussage und freieren Formulierungen aus - allerdings mit der (inkonsequenten) Einschränkung, daß die strenge Form ki '"ni YHWH Erweiterungen bei sich haben könne (7). Außerdem setzt er voraus (17-19), daß in 1 Kön 20,13.28 „in reiner und knapper Form der Typ des in die Erkenntnisaussage ausmündenden Prophetenwortes vorliege", daß dieser Text nicht von Ez abhängig sein könne, sondern eine eigenständige ältere Gestaltung sei, bestimmt vom Gedanken des heiligen Krieges; schließlich „daß das Buch Ezechiel in seinem reichen Gebrauch der Erkenntnisaussage jüngerer Zeuge einer wesentlich älteren, schon in den Prophetengruppen des Nordreiches faßbaren Tradition der Gestaltung des Prophetenwortes ist." (19). In einem zweiten Ansatz konstatiert er die Nähe zwischen Ez und P (19). In P sei wie bei Ez die strenge Erkenntnisformel anzutreffen, P sei aber als „Zweig eines zunächst von Ezechiel unabhängigen Überlieferungsstammes" einzuschätzen (20); schon die Mosegeschichte der älteren Erzählungsschriften zeige eine Vorliebe für die Erkenntnisformel (19); allerdings fänden sich in den älteren Berichten freiere und bewegtere Formulierungen des Erkenntnisinhaltes. Bei Deuterojesaja (30f.) findet er die strenge Formel im Erhörungswort, freiere Anklänge in der Gerichtsrede vor und schließt daraus, daß die Erkenntnisformel ein ursprünglich selbständiges Element gewesen sei, das außer mit dem Prophetenspruch noch andere Verbindungen eingegangen sei (32). Aus dem Vorkommen von yd' in rein profanen Zusammenhängen erschließt ZIMMERLI die Definition: „Erkennen heißt: sich durch ein Zeichen die Gewißheit einer Sache geben lassen." (52). Die Erkenntnisaussage gehört für ihn in den Bereich des Zeichengeschehens (53); dies spiele eine besondere Rolle im gerichtlichen Geschehen und erhalte auf religiösem Boden Gewicht im Zusammenhang der Gottesbefragung (56). Für Ez konstatiert er abschließend, daß er in der prophetischen Tradition von 1 Kön 20 (ein Kapitel, das seinerseits in nordisraelitischen nationalen Prophetenkreisen anzusiedeln sei) stünde; in der Erwartung der Erkenntnis Jahwes in der Völkerwelt stehe Ez in Verwandtschaft zu Deuterojesaja. ZIMMERLIS Analyse erscheint einerseits aufgrund der seinerzeit üblichen Datierung der Texte problematisch. Seine formgeschichtliche Rekonstruktion verkennt aber auch, daß die Erkenntnisansage als etwas Zukunftsgerichtetes letztlich auf den Zusammenhang zwischen Ankündigung und Worterfüllung verweist, an dem sich die (All)Macht YHWHS (sowie die Legitimation seines Beauftragten) ablesen läßt. Dieser Zusammenhang scheint erst in exilischer Zeit theologisch virulent zu werden. Die Erkenntnisansage wird dann von dort her zum Teil sekundär in manche Texte eingetragen.

Abschließende

feste

Wendungen

123

ein besonderes Anliegen erst der Exilszeit auszudrücken. Sie verweist auf den Themenbereich der Ankündigung von YHWHS Wirken an seinem Volk (oder anderen Völkern) und deren Verwirklichung, kurz, auf Ansage und Erfüllung. Daran wird der ausgesprochene Erkenntnisinhalt, die einzigartige Macht YHWHS ablesbar. Die Belege im DtrGW und in Ex machen diesen Zusammenhang noch expliziter und deutlicher als Ez, da sie aufgrund ihres erzählenden Charakters zumeist unmittelbar nach der göttlichen Ansage des Geschehens, an dem sich das Erkennen vollziehen soll, eben dies Geschehen berichten, so daß die Erfüllung des Gotteswortes offenkundig ist - auch und vor allem für die Rezipienten der Texte. Für das Ezechielbuch gilt Entsprechendes: Die Informationen, die es über seine zeitliche Einordnung und den als „Ich" auftretenden Sprecher/Verfasser gibt, verweisen genau in die Phase der schlimmsten Katastrophe für Israel seit seinen staatlichen Anfängen: Den Verfasser, der zu dem ersten Schub von Deportierten gehört und der im Exil weilt, trifft den Datierungsvermerken gemäß ab 5 9 3 / 2 bis etwa 5 7 0 v.Chr. YHWHS Wort. Gottes ihm übermittelte Reden betreffen zunächst die vollständige Zerstörung Jerusalems und den Verlust von Land und Staatlichkeit. Zwar erlebt er den Untergang der Stadt nicht persönlich mit, aber er ereignet sich zu seinen Lebzeiten, nachdem er selbst die erste Deportation erlebt hatte. Hatte sich mit der ersten Deportationswelle die Gerichtsbotschaft früherer Propheten schon ein Stück weit erfüllt, so wird Ezechiel gemäß der Fiktion seines Buches Zeuge der Erfüllung seiner eigenen Gerichtsbotschaft in der endgültigen Katastrophe von 587/6. Keine Generation zuvor hat den Zusammenhang zwischen Gerichtsansage und Gerichtsvollzug YHWHS so massiv, unmittelbar und am eigenen Leibe erfahren wie die, der Ezechiel angehört. Eine derartige Erfahrung vermag rückblickend zu der Überlegung anzuleiten, im Zusammenhang zwischen Ankündigung und entsprechendem Geschehen YHWHS Wirken und Macht zu erkennen, was in der Formulierung der Erkenntnisansage seinen Niederschlag gefunden hat. Diese Einsicht rückt dann auch weiter zurückliegende Geschichte in ein neues Licht: In den Kontext der Plagenerzählungen wird analog das Motiv des Erkennens in eigener Weise eingefügt (zumal der Aufenthalt in Ägypten als Entsprechung zum Babylonischen Exil aufgefaßt werden kann). Deuterojesaja ordnet das Motiv in seine Theologie der Hoffnung ein: Dieser Gott, der in der Vergangenheit so zuverlässig gehandelt hat, wird das auch in Zukunft tun, indem er einen neuen Exodus analog zu dem am Anfang der Volksgeschichte ermöglicht. Die letztlich weisheitliche Konzeption, an innerweltlichen Phänomenen und Zusammenhängen Gott und sein Wirken zu erkennen, wird durch die Erkenntnisansage im Ezechielbuch explizit auf den geschichtlichen Bereich angewendet. Prophetische Themen und weisheitliches Erkenntniskonzept gehen eine Verbindung ein, indem Schuldaufweis und Ansage von Gericht (und Heil) für König und Volk in Israel in eine zukünftige Erkenntnis ausmünden, die YHWHS

124

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

Wirken hinter den Ereignissen wahrnimmt und damit ihn (allein) als mächtig anerkennt - und fürchtet 404 .

3.3 Resümee im Blick auf die wiederkehrenden

Wendungen

Ez ist das erste schriftprophetische Buch, das eine klare, in sich stimmige Gesamtkomposition und -Stilisierung aufweist: Es ist als Selbstbericht stilisiert: Das „Ich" läßt den Rezipienten teilhaben am sogenannten „privaten Orakel", d.h. an den Mitteilungen, die Y H W H ihm macht, sei es als Wortmitteilung, sei es im visionären Erleben. Als Bericht erfolgt die Darstellung im Rückblick, was man an dem Erzähltempus ablesen kann (way e hi, wayyo'mazretc.). Durch diese zeitliche Gestaltung tritt eine Distanzierung ein, die dem Rezipienten die Möglichkeit eröffnet, zu sehen, daß das, was vordem gesagt wurde, inzwischen eingetreten ist. Außerdem erhält der Bericht, weil er von einem Ich-Erzähler erstattet wird, einen persönlichen Anstrich: Dies Ich legt von seiner Gotteserfahrung ein persönliches Zeugnis ab, dem Bekenntnischarakter zukommt. Die wiederkehrenden Wendungen bilden das tragende Gerüst des Selbstberichtes. Sie halten die Gesamtkomposition einerseits zusammen, indem sie sie refrainartig durchziehen; andererseits markieren sie als Gliederungssignale die Abschnitte des Buches, vorzugsweise deren Beginn. Feste Formulierungen charakterisieren den jeweiligen Abschnitt entweder als Wortmitteilung (Wortempfangsaussage) oder (seltener) als Visionserfahrung. Bei den Passagen, die eine Wortmitteilung enthalten, treten mehrere Elemente gemeinsam auf, die die folgenden Sätze als Gottesrede kennzeichnen, die der angesprochene Mensch weitergeben soll (Wortempfangsaussage, Anrede, Imperativ(e), Zitatansage). Diese Redeeinleitungen etikettieren die nachfolgende Rede häufig noch genauer als Prophezeiung (nb', Imperativ Hif.), Klagelied (qtnäh) oder Bild-/Gleichnisrede (mäsäl) und benennen oftmals die Adressaten und/oder von der Aussage Betroffenen. Überdies zeichnet sich die Tendenz ab, auch das Ende dieser Redeabschnitte durch wiederkehrende Wendungen zu markieren, wenngleich dies weniger konsequent geschieht. Ein Zulaufen auf die Erkenntnisansage scheint vielfach angestrebt zu sein, doch gibt es daneben oder zusätzlich Formulierungen, die nochmals herausstellen, daß Y H W H Sprecher/Urheber der Rede ist (idibbarti, ne'um), und/oder in Abwandlung der Erkenntnisansage den Erfüllungscharakter der Worte betonen. Manche wiederkehrende Wendungen - Anrede, Zitatansage, rf'um und yd'Verbindung - können innerhalb eines Abschnittes erneut oder mehrfach begeg404 ZIMMERLI, Quellen, 237, spricht verallgemeinernd von den Propheten, die „nicht Ereignisse ankünden [wollen], sondern den, der in den Ereignissen zu seinem Volke kommt." Dies illustriert er dann am „Erweiswort", nämlich an 1 Kön 20 und Ez sowie an Deuterojesaja. Was klingt, als gelte es für die gesamte Prophetie, ist tatsächlich nur ein an einem Ausschnitt aus der prophetischen Literatur gewonnenes Bild.

Resümee

125

nen. Dann dienen sie einer Feingliederung des Abschnittes oder können zumindest gelegentlich Indiz eines Textwachstums sein (dieser Schluß ist allerdings keineswegs automatisch gegeben, sondern muß von Fall zu Fall geprüft werden). Immerhin weisen die festen sprachlichen Elemente bei aller Regelmäßigkeit durchaus eine gewisse Variationsbreite auf, was ihre Kombination untereinander und mit anderen syntaktischen Elementen angeht. Das Ensemble der betrachteten, wiederkehrenden Wendungen erfüllt inhaltlich eine wichtige Aufgabe, indem es bedeutende theologische Aussagen impliziert: Zum einen thematisiert es den Gegensatz zwischen Gott und Mensch. '"donäy (bzw. '"dorn) YHWH, der mächtige, einzige (königliche) Herr und Gebieter steht dem angeredeten bwn-'ädäm gegenüber, einem einzelnen Vertreter des Menschengeschlechts, mit dem er diesem Gegensatz zum Trotz das Gespräch aufnimmt. Zum anderen kennzeichnen die stereotypen Wendungen die Passagen des Buches, in denen es um göttliche Wortmitteilung geht, als das, was man den Begriff aus LXX aufnehmend, „prophetische" Texte nennt. Die wiederkehrenden Elemente weisen immer wieder ausdrücklich darauf hin, daß Gott zu einem Menschen spricht, der die göttlichen Worte in der Regel weitergeben soll (gelegentlich soll er eine Handlung ausführen, der dann meist Worte folgen). Insbesondere durch die abschließende Erkenntnisansage, aber auch durch die anderen Formulierungen mit abschließendem Charakter kommt die verläßliche Verwirklichung des Angesagten in den Blick. Diese Stilisierung schreibt somit sämtliche inhaltliche Aussagen Y H W H als Urheber zu, der Ich-Erzähler gibt lediglich wieder, was Gott ihm gesagt hat bzw. ihn hat schauen lassen. Durch die rahmenden Elemente werden die Aussagen Y H W H S als in der Vergangenheit ergangen hingestellt, da Gottes Worte aber in direkter Rede zitiert werden, wirken sie aktuell-vergegenwärtigt. Der Rezipient, der das Ezechielbuch liest, vermag aufgrund seines Wissens um die geschichtlichen Ereignisse die Zuverlässigkeit bzw. das Zutreffen der Worte zu erkennen. Der Rahmen schafft somit einerseits eine Distanzierung, gewährleistet aber zugleich eine Aktualisierung. Die wiederkehrenden Wendungen verdanken sich eindeutig einer schriftlichen Gesamtkomposition. Die festen Redeelemente der Rahmenstilisierung sind zum überwiegenden Teil, vor allem insoweit sie sich auf die Dialogsituation zwischen Gott und dem Propheten beziehen, kaum als Bestandteile eines mündlichen Vortrags vorstellbar (am ehesten wären das noch die Zitatformeln und der Höraufruf) 4 0 5 . Es erscheint keineswegs gesichert, wie vor allem in formkritisch ausgerichteter Forschung vertreten, daß die einzelnen Wendungen, die im Ezechielbuch so auffällig gehäuft begegnen, durchweg bereits etablierte, alte „Formeln" sind. Vielmehr drängt sich bei einigen (v.a. bei der Erkenntnisansage) der Verdacht 405 Dies schließt nicht von vornherein aus, daß manche Gottesrede vor der Komposition des Buches schriftlich vorgelegen hat.

126

Prophetische Sprachsignale: Wiederkehrenden

Wendungen

auf, daß besondere Erfordernisse und theologische in der Exilszeit aufgekommene Anliegen diese Stilisierung mit sich brachten und daß von daher sprachliche Elemente hier ihren frühesten Ort haben. Die Entwicklung, die sich im Jeremiabuch anbahnt und bei Ezechiel in „Reinkultur" vorliegt, setzt sich bei Haggai und Protosacharja fort und strahlt auf die Bearbeitung anderer schriftprophetischer Bücher aus. Die wiederkehrenden Wendungen dienen insgesamt der Stilisierung des Buches als prophetischem Selbstbericht und implizieren damit Aussagen zum prophetischen (Selbst)Verständnis Ezechiels. Dieses wird in einigen Kapiteln explizit thematisiert: entweder indem der Ich-Erzähler seine persönlichen Erfahrungen darstellt oder indem er den Mißbrauch prophetischer Aktivität betrachtet. Diesen Themenkomplexen werden sich die folgenden Kapitel zuwenden.

4. Das prophetische Programm: Ez 1-7 4.1 Die programmatische Eingangs- und (l,3b-3,15.24b-27)

Indienstnahmevision

Neben dem Jeremiabuch ist das Ezechielbuch das einzige schriftprophetische Buch, das eindeutig mit der Indienstnahme der Person beginnt 1 , unter deren Namen die Schrift überliefert wird. So berühren sich Jer und Ez nicht nur in der häufigen Verwendung fester Formulierungen, sondern auch darin, daß Sammlungen ihrer Worte mit der Schilderung der Indienstnahme durch Y H W H einsetzen; die Position des Berufungsberichtes am Anfang der Buchkomposition verleiht dieser Schilderung vielschichtige Bedeutung. Jer und Ez geben in der 1. Pers. ein persönliches Erlebnis wieder. Bei Ez, wo es keine Schwankungen zwischen Er- und Selbstbericht gibt wie bei Jer, erscheint das Buch als Autobiographie, die - wie man bei der Lektüre des Buches feststellt - die Erlebnisse und Erfahrungen des Erzählenden schildert, die im Zusammenhang mit seiner besonderen Gottesbeziehung und -erfahrung stehen. Der Leser erhält somit Einblick in einen - wenngleich den entscheidenden - Ausschnitt aus dem Leben des Betreffenden; er erfährt jedoch kaum etwas über den Menschen namens Ezechiel, ein Umstand, der zu vielerlei Mutmaßungen Anlaß gegeben hat, nicht zuletzt weil das in der Romantik verstärkt aufgebrochene Interesse am Einzelnen, vorzugsweise wenn er sich als genial oder sonst außergewöhnlich aus der Menge hervorhebt, unvermindert lebendig geblieben ist. Dem Ezechielbuch hingegen ist die Titelgestalt als solche nur insofern wichtig, als sie in einem besonderen Verhältnis zu Y H W H steht 2 . 1 Vgl. die Auseinandersetzung in der Forschung um Jes 6, ob das Kapitel als Berufungsvision zu betrachten sei oder nicht (vgl. etwa O.H. STECK, Bemerkungen zu Jes 6 [1971]; in: ders., Wahrnehmungen Gottes im AT, München 1982 [TB 70], 149-170). Auch Jes 40 wird von manchen als Berufungsschilderung interpretiert. Ferner gibt es Versuche, auch bei den Kleinen Propheten Berufungen ausfindig zu machen. Hier stellt sich die Frage, ob Jeremia- und Ezechielbuch einen entsprechenden Erwartungshorizont geschaffen haben. Vgl. etwa S. H E R R MANN, Ursprung, 31 Anm.89, der die einschlägigen Texte bei Jes, Jer und Ez als eindeutige Berufungsberichte betrachtet; zusätzlich lägen in Am 7,1-9; 8,1.2, Teilstücken von Jes 40,1-11 sowie Ri 6,11-24 und Ex 3 Berufungsberichte vor. B. LANG, Wie wird man Prophet in Israel?, 43, nimmt für alle Propheten ein Berufungserlebnis an. 2 Man erfährt lediglich, daß Ezechiel aus priesterlichem Stand hervorging (1,3a), verheiratet war (24,18), unter den 597 Deportierten in Babylonien weilte, von dort aus den Untergang wahrnahm und über 586 hinaus tätig war. All dies wird nicht erzählend mit einem dezidiert bio-

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Das prophetische

Programm: Ez 1-7

D e n Beginn der b e s o n d e r e n Beziehung gibt der Berufungsbericht wieder. Als Selbstbericht schildert er subjektive E r f a h r u n g e n , die, da sie mit G o t t zu tun haben, einen b e k e n n t n i s h a f t e n C h a r a k t e r haben und - zumindest aus m o d e r n e r Sicht - dessen Authentizität steigern. D a s Anliegen des ezechielischen Berichtes liegt auf derselben Linie wie das der Verwendung des größeren Teils der wied e r k e h r e n d e n Wendungen: Es soll deutlich werden, d a ß Ezechiel YHWHS Wort wiedergibt (und nicht etwa eigene G e d a n k e n ) , daß Y H W H immer wieder neu mit ihm Kontakt a u f g e n o m m e n und ihn zum H a n d e l n und R e d e n aufgefordert hat. Die Eingangskapitel h a b e n die Aufgabe, den Beginn dieser Beziehung zwischen Y H W H und Ezechiel darzustellen und damit die Legitimation in besonderer Weise zu begründen, die die festen Wendungen innerhalb des Buches d a n n immer wieder ins Gedächtnis rufen. Im R a h m e n der Buchkomposition hat der Berufungsbericht somit programmatischen Charakter, indem er schildert, wie das außergewöhnliche Verhältnis Y H W H S zu Ezechiel begann und wie G o t t diesem Menschen mitteilte, was er mit ihm vorhatte. Diese programmatische Funktion n e h m e n Kap. 1 - 3 innerhalb der schriftlich fixierten Komposition des Ezechielbuches ein. Es ist die Frage, ob eine mündliche Wiedergabe eines solchen Berufungsberichtes bei Ez (oder Jeremia) jemals stattgefunden haben mag oder ob man nicht vielmehr davon auszugehen hat, daß die Berichte - zumindest in der vorliegenden Gestalt - Texte sind, die auf die Leser des Buches abzielen und die Aussagen des Gesamtwerkes aufgrund des geschilderten besonderen Erlebnisses legitimieren wollen. Ferner ist fraglich, ob man aufgrund von Ez 11,25 folgern darf, daß Ez die Eingangsvision mündlich an die Exulanten weitergegeben habe 3 . Ob Ez 1-3 in einem als ezechielisch zu betrachtenden Grundbestand je mündlich wiedergegeben wurde, ist letztlich nicht mit Gewißheit aufgrund des vorliegenden Textes beweisbar. Im Gegenteil, anders als bei den Gottesreden, die Ezechiel im Folgenden zur Weitergabe aufgetragen werden, gibt es bei der Eingangsvision in Kap. 1-3 keine Anweisung, das Erlebte einer Hörerschaft zu berichten 4 . Ez l,3b-3,15 läßt sich in zwei Abschnitte untergliedern: Kap. 1 bietet die Darstellung einer überwältigenden Gotteserscheinung, die auf Ezechiel zukommt; Kap. 2 und 3 schildern, wie G o t t in Kontakt zu dem Erzähler tritt, mit diesem spricht und an ihm handelt. D e m inhaltlichen Unterschied entsprechend sind die beiden Abschnitte auch sprachlich-stilistisch differenziert; d e n n o c h bilden sie eine deutliche Einheit.

graphischen Interesse entfaltet, sondern geht beiläufig aus den Texten hervor oder ist daraus zu erschließen. Die erwähnten Details erscheinen wegen ihrer theologischen Bedeutung. 3

4

S o VOGT, U n t e r s u c h u n g e n , 1 0 u n d 2 0 .

1 Kön 22,19-22 berichtet Micha ben Jimla von einer Vision, aus der er seine Prophezeiung gewonnen hat. Dies ist offenkundig keine Berufungsvision (cf. STECK, Bemerkungen, 153f.). Es stellt sich hingegen die Frage der Abhängigkeitsverhältnisse, ob etwa DtrP aus der Schriftprophetie geschöpft haben könnte - etwa aus Jes 6.

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

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In der Forschung w u r d e erwogen, o b in diesen Eingangskapiteln zwei unterschiedliche Visionsberichte miteinander kombiniert wurden, u n d damit die These aufgestellt, d a ß l,3b/4—3,15 keine literarische Einheit darstellten 5 . Mittlerweile hat sich als fast allgemeiner Konsens die Ansicht durchgesetzt, die G o t t e s s c h a u in Kap. 1 und die Buchrollenvision in Kap. 2 und 3 grundsätzlich als z u s a m m e n g e h ö r i g zu betrachten 6 . Allerdings rechnet m a n mit s p ü r b a r e r Ü b e r a r b e i t u n g der Kapitel, deren U m fang unterschiedlich eingeschätzt wird, zumindest a b e r mit zusätzlichen Glossierungen, teils auch mit Textverderbnis 7 . Auffällig sind in j e d e m Falle W i e d e r h o l u n g e n , 5 H E R N T R I C H , Ezechielprobleme, 80, betrachtet die Vision der Herrlichkeit Gottes als unecht, da sie sich mit der Berufung stoße (59); A. B E R T H O L E T , Hesekiel, Tübingen 1936 (HAT 13), XIV, schreibt beide Visionen Ezechiel zu, nimmt aber einen zeitlichen Abstand von mehreren Jahren zwischen der (früheren) Buchrollen vision und der Thronwagenvision an. P. AuvRAY, Ézéchiel I-III, in: RB 67 (1960), 481-502 (500) unterscheidet zwischen Berufungsvisison (1,2-3; 3,22-24a; l,28b-3,12) und Thronwagenvision (l,1.4-28a; 3,13-15). Vgl. in jüngerer Zeit B. LANG, Die erste und die letzte Vision des Propheten. Eine Überlegung zu Ez 1-3, in: Bib 64 (1983), 225-230 (227-229), der von zwei miteinander verflochtenen Texten ausgeht, dem Berufungsbericht (l,3a.2,3—3,11.15) und dem Visionsbericht (l,1.3b-2,2; 3,12-14); erst der Herausgeber des schriftlichen Ezechiel-Nachlasses habe beide Berichte auf dasselbe Ereignis bezogen; LANG, Ezechiel, 21 f., differenziert den Berufungsbericht nochmals in 2,3-7; 3,4-9 (Berufungsbericht) und 2,8-3,3.10-11.14b-15 (Bericht vermutlich über Erstberufung). Andere meinen, die Vision in Kap. 1 sei erst redaktionell an ihren jetzigen Ort gestellt worden, so E. B A U M A N N , Die Hauptvisionen Hesekiels, in: ZAW 67 (1955), 56-67 (58), der meint, die „Geistwagenvision" l,1.4-28a habe ursprünglich die Vision in Kap. 37 eingeleitet. A. Y O R K , Ezekiel I, 93ff„ nimmt die Abfolge l,l-43,4ff. - l,2ff. an. AUVRAY, Ézéchiel I-III, 491, ist der Ansicht, daß als logische Reihenfolge der Herrlichkeitsvisionen gefordert sei „1) Départ de Jérusalem (X); 2) Arrivée en Babylonie (I-III); 3) Départ de Babylonie (non raconté); 4) Retour à Jérusalem (XLIII)". 6 So etwa VOGT, Untersuchungen, 26: „Beide Visionen sind innerlich ungleiche Grössen, aber das schließt ihre Zusammengehörigkeit nicht aus. /..../ Das in Ez 1 gezeichnete Bild ist ein Notbehelf, um die persönliche, unaussprechliche Nähe des weltbeherrschenden Gottes Israels /.../ irgendwie anschaulich zu machen." Und P O H L M A N N , ATD, 51: „Die Verweise auf das Widerfahrnis der Jahwevision allein wirken funktionslos, die Aussagen über den Auftrag ohne den Kontext der Jahwevision uneingeleitet und unvermittelt." Als frühere Verfechter der literarischen Einheit sind FOHRER, HAT, 6 (lediglich 1,1-28 als aufgrund späterer Reflexion und Spekulation erweitert; 3,10f. als Zusatz von Ez selbst); E I C H R O D T , ATD, 15 und Z I M MERLI, BK, 13 zu nennen. Der Zusammenhang 1,1-3,15 wolle zweifellos in seiner Endgestalt als geschlossene Einheit verstanden werden. Traditionsgeschichtlich trennt Z I M M E R L I jedoch Ez 1 von Ez 2f. (BK, 18). D. V I E W E G E R , Die Spezifik der Berufungsberichte Jeremias und Ezechiels im Umfeld ähnlicher Einheiten des AT, Frankfurt/M. 1986, 50, beurteilt Ez 1-3 in heutiger Anordnung als geschlossene Einheit, versucht sich aber an einer Genese dieses Textes. 7 Dies gilt zunächst für Kap. 1: D. BLOCK, Text and Emotion: A Study in the „Corruptions" in Ezekiel's Inaugural Vision (Ez 1 : 4 - 2 8 ) , in: CBQ 5 0 ( 1 9 8 8 ) , 4 1 8 ^ 1 4 2 ( 4 1 9 - 4 2 5 ) , listet die Probleme auf, die den Text schwierig machen. B L O C K selbst meint, daß der Grund „why the account appears so garbled and contains so many obscurities lies in the emotional State of the recipient" ( 4 3 3 ) . Als eine „klassische" Erklärung für diese Schwierigkeiten führt E I C H R O D T Überlieferungsfehler, d.h. Schreiberfehler ins Feld, während z.B. FREEDY, The Glosses in Ez I-XXIV, in: VT 2 0 ( 1 9 7 0 ) , 1 2 9 - 1 5 2 ( 1 3 1 - 1 3 6 ) , an eine Glossierung denkt. Z I M M E R L I führt anhand des Kriteriums der Suffigierung literarkritische Operationen durch. Dies Kriterium wird von T.N.D. M E T T I N G E R , The Dethronement of Sabaoth, Lund 1 9 8 2 , 1 0 0 , und G R E E N B E R G , AncB, 5 2 , in Frage gestellt. Bereits O. KEEL, Jahwe-Visionen und Siegelkunst, Stuttgart 1977, 213/5 Anm.203,

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Das prophetische

Programm:

Ez 1-7

die insbesondere in Ez 1 das gedankliche Voranschreiten der Schilderung beeinträchtigen8. Dies zeigt sich rein äußerlich an den rahmenden Versen, die das Ganze als Visionserlebnis charakterisieren. Selbst wenn man diese Rahmung für redaktionell hält, hebt sie doch explizit die Zusammengehörigkeit der beiden Teile hervor. In 1,3b findet sich die für eine Visionseinleitung bei Ez typische Wendung f~ ht 'äläy säm yad-YHWH. Durch säm ist sie im jetzigen Text verzahnt mit der Ortsangabe am Ende von 1,3a. Aufgrund der Bearbeitung, die am Buchanfang stattgefunden hat 9 , ist nicht mehr erkennbar, ob Ortsangabe und/oder Datierung vermutlich auf das 5. Jahr der Wegführung König Jojachins, also die, die sich in V. 2 noch andeutet - ursprünglich zu der Visionseinleitung gehörten 10 . Die Analogie zu den Visionseinleitungen Ez 8,1 und 40,1 legt die Zugehörigkeit einer Datierung nahe; in 8,1 erscheint zudem eine Ortsangabe; 37,1 hingegen bietet lediglich die Wendung fht 'äläy yad-YHWH. So mag eine solch schlichte Einleitung auch dieser Vision in Kap. 1 das Ursprünglichste sein. Anders als die Vision in 37,1-14 und der Visionskomplex Kap. 4 0 ^ 8 , aber analog zu Kap. 8-11 verfügt die Eingangsvision auch über eine Ausleitung (3,1215). Sie scheint Spuren von Überarbeitung zu tragen: So ist V. 13 nicht zur Grundschicht zu rechnen", wenn man entsprechende Entscheidungen innerhalb von Kap. 1 getroffen, nämlich die Beschreibung der Räder (1,15-21) sowie l,24f. als sekundär eingeschätzt hat. Der eigentliche Abschluß liegt in 3,14f. vor, zog die Möglichkeit in Erwägung, d a ß die Suffixe das Geschlecht d e r Wesen b e w u ß t verwischen sollen. „ M a n m u ß sich vielleicht einmal fragen, o b bei Ez 1 / . . . / d e r - s c h e i n b a r z i e l l o s e Wechsel nicht beabsichtigt ist. Beabsichtigt, weil für d e n A u t o r die b e t r e f f e n d e n Wesen praktisch geschlechtslos w a r e n o d e r weil er ihre b e t o n t e Geschlechtlichkeit (in unserm Fall) verwischen o d e r weil er ihre Bisexualität zur Darstellung bringen wollte." A n ZIMMERLI kritisiert er, d a ß auch in d e m von j e n e m r e k o n s t r u i e r t e n G r u n d b e s t a n d der Wechsel der Suffixe noch da sei. Einige literarkritische R e k o n s t r u k t i o n e n von Ez 1 seien hier genannt: HÖLSCHER, Hesekiel, 49, bietet die radikalste Lösung: l,4.28aa bilden d e n ursprünglichen Visionsbericht, d.h. die gesamte Thronwagenvision sei auszuscheiden (48). MESSEL, Ezechielfragen, 39, hält Ezechiel für den Verfasser von 1,4-28a, doch h a b e ein R e d a k t o r d e n Text an sein e n gegenwärtigen Platz gestellt. FOHRER, HAT, r e k o n s t r u i e r t u n t e r Ausscheidung einiger Glossen einen G r u n d b e s t a n d in 10 S t r o p h e n aus 1,4aa.5.6-7.10.11.13.f5-16.22-23a.26.27-28a. D e r G r u n d b e s t a n d u m f a ß t laut EICHRODT: 1,4-7.10-13.22.23.26-28; ZIMMERLI, BK, 21-30: 1,4a.5.6b.l lb.l2.[13*]22a.26.27*.28. C. HOUK, A Statistical Linguistic Study of Ezekiel 1:4-3:l 1, in: Z A W 93 (1981), 76-85 (83), n i m m t als G e n e s e an: I: 1,4-5a.22*.26-28; II: 1,5b-14.23-25; III: 1,15-20.21. VOGT, U n t e r s u c h u n g e n , l,3b.4aa.5.6b.llb,13a.l4.13b.22a.26-28. FUHS, N E B , rekonstruiert: l,4aa.5a.22a.26-28; N a c h i n t e r p r e t a t i o n in l,5b-14.23-25; Zusatz: 15-21. POHLMANN, ATD, b e t r a c h t e t hier nichts als d e m älteren P r o p h e t e n b u c h e n t s t a m m e n d . 8 Vgl. etwa die wörtlichen W i e d e r h o l u n g e n l , 9 b ß = 12a; 9 b a = 12bß; 1 l b ß = 23b o d e r eine sachliche W i e d e r h o l u n g wie 9a ~ 1 I b a . 9 Vgl. zu 1,1-3 o b e n 3.1.1.1. 10 K. KOCH, Vom profetischen z u m apokalyptischen Visionsbericht, in: D. Hellholm (hrsg.), Apocalypticism in the M e d i t e r r a n e a n World and t h e N e a r East, T ü b i n g e n 1983, 4 1 3 ^ t 4 6 , 4 2 3 , postuliert als M u s t e r f ü r den Beginn eines Visionsberichtes: Z e i t b e s t i m m u n g , E r ö f f n u n g s n o tiz, r'h. 11

V g l . ZIMMERLI, B K , 33.

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

131

w o v e r s u c h t w i r d , d e n Ü b e r g a n g v o n d e m A u s n a h m e z u s t a n d in d i e N o r m a l i t ä t z u u m s c h r e i b e n : E r f ü h l t sich v o n d e r rü"h g e p a c k t u n d m i t g e n o m m e n ; bah"mat

wä'eleku

ruht ( 1 4 b a ) ist e i n r ä t s e l h a f t e r A u s d r u c k , d e r w o h l k a u m r e a l e F o r t b e -

w e g u n g m e i n t , s o n d e r n a u f d e n U b e r g a n g s z u s t a n d h i n w e i s e n will. 1 4 b ß e r w ä h n t d i e H a n d Y H W H S - w i e 1,3b - , d i e a u f i h m ist, als hüzäqäh,

„ s c h w e r " , i.S.

v o n „ l a s t e n d " bzw. „ s t a r k , m ä c h t i g , < w e i t e r > w i r k e n d " 1 3 . V. 15a s c h l ä g t d i e B r ü c k e z u r ü c k z u r O r t s a n g a b e in 1,3 bzw. 1,1; w i e d e r u m ist f r a g l i c h , o b d a s V e r b wa'äbö'

h i e r e i n e t a t s ä c h l i c h e B e w e g u n g im S i n n e e i n e r O r t s v e r ä n d e r u n g b e -

s c h r e i b t o d e r - w i e s c h o n f ü r hlk in 1 4 b a v e r m u t e t - e i n b e s o n d e r e s E r l e b e n c h a r a k t e r i s i e r t , h i e r i m S i n n e v o n „ z u sich k o m m e n " , d . h . e r k o m m t z u d e n W e g g e f ü h r t e n in d e m S i n n e , d a ß e r s e i n e r e a l e U m g e b u n g w i e d e r

wahrnimmt.

V. 1 5 b z e i g t d i e N a c h w i r k u n g d e s ü b e r w ä l t i g e n d e n E r l e b n i s s e s : S i e b e n T a g e l a n g ( e i n e Z e i t a n g a b e , d i e n i c h t u n b e d i n g t w ö r t l i c h g e m e i n t sein m u ß , s o n d e r n a u c h e i n e n s y m b o l i s c h e n W e r t h a b e n m a g ) sitzt e r v e r s t ö r t d a . Soweit m a n V. 12 nicht als Z u w a c h s b e t r a c h t e t - o h n e d e n s e k u n d ä r e n V. 13 ergibt sich eine D o p p e l u n g der A n f ä n g e von V. 12 und V. 14; wie die G e r ä u s c h e in 1,24f. k ö n n t e das G e r ä u s c h auch hier s e k u n d ä r sein; das Sich-Erheben d e r Herrlichkeit m a g aus 11,23 hergeleitet sein - schildert er das E n d e der Beschreibung des visionären G e g e n standes. D o c h bleibt inhaltlich problematisch, daß d e r Geist ihn h o c h h e b t und die Erscheinung so seinem Blick entzogen ist, so d a ß er n u r das G e r ä u s c h des Sich-Erhebens hört u n d a u f g r u n d des akustischen E i n d r u c k s das Verschwinden d e r Herrlichkeit off e n b a r erschließt 1 4 . D i e A b s c h l u ß r a h m u n g im j e t z i g e n T e x t will a l s o d e n A u s n a h m e z u s t a n d , a u s d e m E z e c h i e l n a c h d e r E i n g a n g s v i s i o n in d i e R e a l i t ä t z u r ü c k k e h r t , h e r v o r h e b e n . D a m i t b e t o n t sie z u g l e i c h d i e Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t v o n K a p . 1 u n d 2,1-3,11. Eine grundsätzliche literarkritische E r w ä g u n g sei noch angefügt: W e n n die Schlußrahm u n g 3,12-15 insgesamt als redaktionell beurteilt wird (N.B.: in K a p . 3 7 sowie 4CM8 gibt es keinerlei erzählenden Visionsabschluß), k ö n n t e diese dann nicht h e r v o r g e r u f e n sein durch den allgemein als redaktionell eingeschätzten Abschnitt 3,16-21? Letztgen a n n t e Passage u n t e r b r a c h die Vision, die in 3,24b mit d e m stereotypen E l e m e n t der Einleitung von G o t t e s r e d e innerhalb einer Vision, wayy'omcer 'elay, fortgesetzt wurde. Nach E i n f ü g u n g von 3,16-21 w u r d e deshalb eine n e u e Visionseinleitung notwendig, die in 3,22-24a vorliegt. Sie wiederholt eindeutig E l e m e n t e aus d e m v o r h e r g e h e n d e n Text: die Visionseinleitungswendung, W e n d u n g zur Einleitung von G o t t e s r e d e in Visionen, Begriff der Herrlichkeit (vgl. 1,28), das Niederfallen auf das Angesicht (1,28b), das A u f g e r i c h t e t - W e r d e n durch d e n Geist (2,2); schließlich der Rückverweis auf den

12

mar könnte aufgrund des Befundes in LXX zu tilgen sein. Vielleicht liegt hier wie in 3,8 auch eine Anspielung auf den Namen y'hwzqe'I vor. 14 VOGT, Untersuchungen, 15f., hält 3,12-14 für eine Interpolation, weil sie ein anderes Verständnis der Herrlichkeit YHWHS voraussetzten als ihre Beschreibung in Ez 1. Der Interpolator habe betonen wollen, daß die von ihm materialisierte Herrlichkeit YHWHS während der ganzen Audition vor den leiblichen Augen des Propheten stand. 11

132

Das prophetische

Programm: Ez 1-7

S c h a u p l a t z a m F l u ß K e b a r (1,1.3). U n g e w ö h n l i c h ist die A u f f o r d e r u n g , in die E b e n e zu g e h e n ( 3 , 2 2 b a ) v e r b u n d e n mit G o t t e s A n k ü n d i g u n g , d o r t r e d e n zu wollen (3,22bß), sowie d e r A u s f ü h r u n g s b e r i c h t (3,23a).

4.1.1 Die Gottesvision

(l,3b/4-28a)

I m A n s c h l u ß an die einschlägige E i n l e i t u n g s w e n d u n g (V.3b) hebt die eigentlic h e V i s i o n s b e s c h r e i b u n g a n m i t wä'erce',

was den Vorgang des Schauens und

d u r c h die N a r r a t i v f o r m d e n r ü c k b l i c k e n d e n Bericht explizit m a c h t , u n d mit d e m P r ä s e n t a t i v u m , welches signalisiert, d a ß n u n d a s G e s c h a u t e b e s c h r i e b e n wird15. Was sieht Ezechiel? Z u n ä c h s t k o m m t stürmischer Wind16 von N o r d e n , eine g r o ß e W o l k e 1 7 u n d z u c k e n d e s 1 8 F e u e r 1 9 - d i e s k ö n n t e m a n als m e t e o r o l o g i -

15 KOCH, Visionsbericht, 423, verzeichnet als typische Gliederungssignale des Visionsberichtes seit Arnos: Zeitbestimmung, Eröffnungsnotiz, Lexem r'h mit Präsentativ und Nominalsatz, Verbalsatz. Hier allerdings kein Nominalsatz, sondern ein Verbalsatz, Nominalsätze erst ab V.4b. 16 s'"ärah, was hier rü"h qualifiziert, begegnet in den meisten Fällen als Instrument göttlichen Gerichts-entweder allein (Jer 23,19; 30,23; Jes 40,24 [bildhaft Jes 41,16]) oder kombiniert mit anderen Unwetterbestandteilen (Jes 29,6; Ez 13,11.13; Sach 9,14; vgl. dagegen Ps 148,8, wo der Wind als eines der Elemente zum Lob aufgerufen wird). Ps 107,25.29 drückt Gottes Erregen und Stillen des Sturms die Macht Gottes aus. - Dem Gebrauch in Ez 1,4 steht vor allem Hi 38,1; 40,6 nahe, wo Gott Hiob aus dem Wetter antwortet, der Sturm also eine Erscheinungsbzw. Verhüllungsform Gottes ist. 2 Kön 2,1.11 benennen s'"ärüh als das, wodurch Elia in den Himmel geholt wird, d.h. das Wort benennt ein Instrument Gottes. 17 Die meisten Belege für 'änän finden sich im Pentateuch, wo die Wolke entweder allein oder in Kombination mit Feuer als Erscheinungs- bzw. Verhüllungsform Gottes auftritt, und zwar zum einen mit der Funktion des Leitens auf der Wüstenwanderung (JE), zum anderen als Indiz der Gegenwart Gottes, vor allem im Heiligtum und dabei an einigen Stellen in Kombination mit dem Terminus käböd (P, vgl. aber auch 1 Kön 8,10f., 2 Chr 5,13f.). Zum Vorkommen in P vgl. T. PODELLA, Das Lichtkleid JHWHs, Tübingen 1996 (FAT 15), 214.223f. - Seltener kommt die Wolke im Pentateuch als Bestandteil eines Gewitters vor (Ex 19,16; 24,15; cf. Hi 37,11) oder kombiniert mit Feuer und Dunkel auf dem Berg (Dtn 4,11; 5,22). Wolken illustrieren aber auch die Unzugänglichkeit Gottes (Thr 3,44; Hi 26,8f.) oder werden metaphorisch mit ihm in Verbindung gebracht (Jer 4,13; Nah 1,3). 18

Iqh Hitp. nur noch Ex 9,24, ebenfalls bezogen auf 'es. Auch Feuer assoziiert unterschiedliche Vorstellungsbereiche: vulkanische Phänomene (Ps 18,8f., vielleicht Jes 29,6), in Unwetterschilderungen ist häufig der Blitz gemeint (Ps 29,3.7; 77,17; 97,2^1; Nah 1,3b.6; Ps 50,3; Jes 30,30); ferner erscheint Feuer als Sinnbild für Gottes Zorn und Instrument der Vernichtung (Jes 66,15f.; vgl. auch Jes 30,30) - dies wird als Begleiterscheinung einer Theophanie eingeordnet (vgl. J. JEREMIAS, Theophanie. Die Geschichte einer alttestamentlichen Gattung. Neukirchen-Vluyn 1965, 29: Feuer „stellt in Theophanietexten stets vernichtende Gewalt dar und wendet sich entweder wie in < P s 97> V. 3b als Waffe wider Jahwes Feinde oder ist nur Vergegenständlichung seines glühenden Zornes."). Man bedenke aber auch das Feuer besonderer Natur in Ex 3,2. Dort wie hier geht es darum, die Präsenz Gottes auszudrücken, eine Gerichtsassoziation ist nicht im Spiel. Die Kombination von Feuer und Wolke erinnert vor allem an die Tradition von Wolken- und Feuersäule. Zu 'es vgl. den Art. von F. STOLZ, in: T H A T I, 242-246 (245f.).

Die programmatische Eingangs- und Indienstnahmevision

133

sches P h ä n o m e n v e r s t e h e n : E i n U n w e t t e r n a h t 2 0 , ein G e w i t t e r s t u r m , w o b e i d e s s e n H e r k u n f t aus n ö r d l i c h e r R i c h t u n g b e r e i t s e i n e zusätzliche D i m e n s i o n e r ö f f n e t , w e n n m a n süpön nicht n u r als rein g e o g r a p h i s c h e n Begriff, s o n d e r n zugleich als m y t h o l o g i s c h - t h e o l o g i s c h e G r ö ß e v e r s t e h t , die auf d e n G ö t t e r s i t z bzw. - b e r g im N o r d e n verweist 2 1 . D a die E i n l e i t u n g s e l e m e n t e d e u t l i c h g e m a c h t h a b e n , d a ß ein v i s i o n ä r e s E r l e b e n d a r g e s t e l l t wird, d ü r f t e d e r R e z i p i e n t d e s Textes a u c h die m e t e o r o l o g i s c h e n P h ä n o m e n e als K o m b i n a t i o n t r a d i t i o n e l l e r B e g l e i t u m s t ä n d e e i n e r G o t t e s e r s c h e i n u n g e r k a n n t h a b e n . D a ß es sich u m k e i n alltägliches G e w i t t e r h a n d e l t , d e u t e t V . 4 a ß a n , w o v o n d e m u m g e b e n d e n 2 2 G l a n z 2 3 d i e R e d e ist; V. 4 b 2 4 e r h e l l t dies endgültig, w e n n es h e i ß t , d a ß „ m i t t e n d a r a u s h e r v o r wie S c h e i n 2 5 v o n g l ä n z e n d e m M e t a l l 2 6 m i t t e n aus d e m F e u e r < k a m > " , d.h. entweder aus d e m genannten Feuer oder (wahrscheinlicher) w e n n es a u s d e m F e u e r k o m m t , d . h . w e n n es glüht. O f f e n s i c h t l i c h n ä h e r t sich die E r s c h e i n u n g , z u m i n d e s t wird sie f ü r d e n B e r i c h t e n d e n i m m e r d e u t l i c h e r erk e n n b a r ( w i e d e r h o l t e s mittökäh, 4 b a . 5 a a , zeigt, d a ß sich d e r K e r n d e r E r s c h e i n u n g z u n e h m e n d h e r a u s s c h ä l t ) ; j e d o c h ist d a s W a h r g e n o m m e n e so eigenartig, d a ß d e r B e r i c h t e n d e die B e h e l f s m ä ß i g k e i t d e r s p r a c h l i c h e n S c h i l d e r u n g h e r v o r h e b t d u r c h d e n E i n s a t z d e r V e r g l e i c h s p a r t i k e l k? sowie d e r W ö r t e r k€'en21,

20

ba'ah impliziert hier sicher: „es kam auf den Sprecher zu". H Ö L S C H E R , Hesekiel, 5 0 : „aus Norden, wo sich babylonische Mythologie den Berg der Götter dachte."; vgl. Z I M M E R L I , BK, 5 1 f. V O G T , Untersuchungen, 5 denkt dabei an die „höchste Stelle des Himmelsgewölbes". B L O C K , NICOT, 92 interpretiert: „Yahweh is free to come from any direction he pleases, even the purported home of the storm deity ." 22 16 bezieht sich entweder auf 'änän zurück (so Z I M M E R L I ) oder auf das Vorhergehende insgesamt, i.e. Wolke und Feuer. G R E E N B E R G , NICOT, 43 argumentiert, „'es is referred to both as feminine and masculine /.../ in the same verse (Jer 20:9; Job 20:26)". 23 nogah meint offensichtlich die Leuchtkraft der Himmelskörper (Joel 2,10; 4,15 Sterne; Jes 50,10, Prov 4,18 Sonne), der auf die Gottheit übertragen wird, also eine Gestirns-, speziell eine Sonnenmetaphorik darstellt. Dies zeigen deutlich Jes 60,3.19; 62,1; Hab 3,4 (3,11). Vgl. die Negation vom Erscheinen von Gottes Lichtglanz in Am 5,20 (cf. Zef 1,15). Als Besonderheit zu vermerken ist Jes 4,5 (vgl. Ex 13,21). (Das Verb erscheint Jes 9,1; 13,10; 59,9; Hi 18,5; 22,28). Vgl. dazu T. P O D E L L A , Lichtkleid, 206 mit Anm.211. 24 V.4b wird gern als Zufügung betrachtet, die V.27 (wo die Wendung aber nicht in identischer Gestalt auftritt!) entnommen sei (so etwa Z I M M E R L I , BK); ebenso V.4aß, ein gleichfalls als Zusatz verdächtigtes Glied, das in V.27bß identisch vorkommt. Es bliebe dann nur der Sturm von Norden, die große Wolke und das zuckende Feuer übrig, also eine recht „normale" Unwettererscheinung. V.4aß.b machen schon zu Beginn der Beschreibung etwas Besonderes aus dem geschilderten Anblick: Es geht um mehr als um ein gewöhnliches Gewitter, um mehr als eine bloße Begleiterscheinung einer Theophanie. Das erneute Vorkommen der Wendungen in V. 27 führt stilistisch zu einer Rahmung (vgl. G R E E N B E R G , AncB, 52), die zudem chiastisch angeordnet wäre (erst eine Entsprechung zu V.4b, dann die Wiederholung von 4aß). Vgl. ferner die Kombination in Ps 18,12f. 25 O . PROCKSCH, Die Berufungsvision Hesekiels, in: K. Marti, (hrsg.) Beiträge zur atl. Wissenschaft. Karl Budde zum 70. Geburtstag, Gießen 1920, 141-149 (142), versteht 'ayin als „Spiegel" bzw. „Sonnenspiegel" (144). 26 haimal „Blaßgold", „Elektrum" nur bei Ez 1,4.27; 8,2. 27 Bei Metallen und Eis/Kristall, also bei reflektierenden Materialien verwendet. 21

134

Das prophetische

Programm:

Ez 1-7

und mar'oeh29. Diese „analoge Sprache" 30 zeichnet Ezechiels Gottesschau vor allen anderen vergleichbaren Texten im AT 31 aus, das häufige Auftreten dieser Wörter als Relativierungssignal bildet ein Charakteristikum des Ezechielbuches 32 . demüt2S

D i e m e i s t e n B e l e g e f ü r demüt (16 x, in L X X öfioicofia) gibt es im E z e c h i e l b u c h 3 3 , 1 5 da-

von erscheinen in umschreibender Funktion 3 4 . Ez 23,15 meint der Ausdruck eine Wandmalerei, 2 Kön 16,10 eine Zeichnung, also eine bildliche Darstellung; Jes 40,18 bezieht sich das Wort im Rahmen der Aussage der Unvergleichlichkeit Y H W H S auf eine figürliche Gottesdarstellung. Die übrigen Vorkommen dienen einem poetischen Vergleich (Jes 13,4; Ps 58,5) oder begegnen in späten Texten, die von Ez abhängig sein dürften (Dan 10,16; vielleicht auch 2 Chr 4,3). Als B e s o n d e r h e i t ist d'müt

im priesterschriftlichen S c h ö p f u n g s b e r i c h t G e n 1,26 zu

vermerken (Bezugnahmen darauf in Gen 5,1.3), wo der Mensch als Abbild Gottes bezeichnet wird, während Ez 1 schließlich Gott in Menschengestalt erscheinen läßt. Hier drängt sich die Frage nach dem Verhältnis der beiden korrespondierenden Aussagen auf: Veranlaßt die priesterschriftliche Aussage diese Formulierung von Ezechiels Vision oder umgekehrt? Oder hängen beide unabhängig voneinander von einer gemeinsamen vorlaufenden Tradition ab? D e r A u s d r u c k mar'ah

( L X X : öpaoig)

b e g e g n e t im A T in V e r b i n d u n g mit e i n e m A d -

jektiv zur Beschreibung der (meist angenehmen) äußeren Erscheinung einer Person 3 5 ; für sich allein meint er das Aussehen 3 6 oder auch den Vorgang des Ansehens 3 7 . Mit vergleichender Bedeutung erscheint das Wort am häufigsten im Ezechielbuch 3 8 und zwar wie auch d'müt in den Visionsschilderungen 3 9 ; daneben nur noch Joel 2,4; Nah 2,5 so28

< dmh „vergleichen". < rh' „ ( a n ) s e h e n " . 30 BLOCK, Text, 429, spricht von „language of analogy"; KEEL, Jahwe-Visionen, 59 A n m . 58, n e n n t dies „ a b s c h w ä c h e n d e A u s d r ü c k e " ; VOGT, U n t e r s u c h u n g e n , 10: „Einzelheiten w e r d e n mit fast scheuer Z u r ü c k h a l t u n g n u r vergleichsweise g e n a n n t " ; PODELLA, Lichtkleid, 202: „ U m schreibungsweisen". 31 H i e r ist z u m einen an T h e o p h a n i e t e x t e zu d e n k e n , zum a n d e r e n an Visionsbeschreibungen, wobei der Ü b e r g a n g zuweilen fließend sein m a g (z.B. Ex 3). 32 Vgl. etwa G. WIDENGREN, Literary and Psychological A s p e c t s of the H e b r e w Prophets, Uppsala 1948, 118f.; AUVRAY, Ezechiel I-III, 485f. 33 E. JENNI, A r t . dmh, in: T H A T I, 451^156 (452): „ A m häufigsten ist d'müt I.J in Visionsschilderungen bei Ezechiel /.../ und Daniel (10,16), wo die Identität des G e s c h a u t e n mit der göttlichen Wirklichkeit nur a n g e d e u t e t w e r d e n soll." 34 Ez 1,5 (2x). 10.13.16.22.26 (3x).28; 8,2; 10,1.10.21.22. 35 G e n 2,9; 12,11 u.ö.; Jos 22,10; 1 Sam 17,42; 2 Sam 11,2; 14,27; E s t e r . 36 1 Sam 16,7; Jes 52,14; C a n t 2,14; 5,15. 37 Lev 13, passim; Koh 6,9; 11,9; Hi 41,1. 38 Ez 1,5.13.14.16.26 (2x). 27 (2x). 28 (2x); 8,2 (3x). 8,4; 10,1.10; 40,3; 41,21; 42,11; 43.3 (3x). Ez 23,15f. ist von der B e t r a c h t u n g eines Bildes die R e d e . 39 Es scheint fraglich, o b die D i f f e r e n z i e r u n g angezeigt ist, die D. VETTER, A r t . r'h. in: T H A T II, 692-701 (699f.), vornimmt: „ H ä u f i g e r deutet mar'wh i n n e r h a l b der Schilderung einer Vision d e n G e g e n s t a n d der Schau a n : , A u s s e h e n ' , , e t w a s , das aussah wie' (Ez 1,5.13.27f.; 8,2 u.ö.; N a h 2,5; Hi 4,16). Die nur a n n ä h e r n d b e s c h r e i b e n d e F u n k t i o n des A u s d r u c k s wird durch die Verbindung kema r'eh .anzusehen wie' o.ä. h e r v o r g e h o b e n ( E z 1,13. 26f.28; 8,2; 10,1; 40,3; /.../, e b e n s o durch die V e r d o p p e l u n g mar'ceh k'ma r'eh ( E z 40,3; 41,21; 43.3)." 29

Die programmatische

Eingangs- und

Indienstnahmevision

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wie in Ex 24,17 (ümar'eh k'böd YHWHk'"es 'okcelaet)m und N u m 9,15 (kl'mar'eh-'es)4>. N u m 8,4 u n d 12,8 verweist der Singular des Wortes auf etwas visionär Geschautes.

Ezechiel wagt sich bei der Beschreibung weiter vor als seine Vorgänger 42 insofern, als er zumindest versucht, die Gotteserscheinung in Begriffe zu fassen, die dem damaligen Rezipienten vertraut sein konnten. Von daher bietet Ezechiel eine Enthüllung des göttlichen Anblicks, der sich ihm eröffnete. Indem die Vergleichspartikel sowie demüt und mar'oeh jedoch die zur Beschreibung herangezogenen Begriffe relativieren 43 , bleibt das Enthüllte doch auch wieder ein Stück weit verhüllt. Da die analoge Ausdrucksweise das stilistische Charakteristikum der Vision in Ez 1 bildet, bietet es sich an, sie als literarkritisches Kriterium zu erproben 44 . Folgende Verse enthalten diese relativierenden Markierungen: l,4b.5.7.10. 13.14.16.22.24.26-28a. V.5a spricht von etwas, das vier (Lebe)Wesen gleicht. 5ba markiert den Auftakt zu deren Beschreibung: „Und dies < w a r > ihr Aussehen." Ihr erstes Merkmal: „Ähnlichkeit mit Menschen hatten sie" (5bß), d.h. aufrechte Haltung 45 . In V. 6 heißt es, jede Gestalt hatte vier Gesichter und vier Flügel - dies zwar ohne Relativierungsmarkierungen; doch gehört V. 6 eng zu V. 5, da er die Betrachtung des Gesamterscheinungsbildes fortsetzt (die - spätere - Versabgrenzung und -Zählung kann kein Kriterium sein), die vom Kopf bis zu den Füßen herabgleitet. V. 7 nämlich blickt auf den unteren Bereich der Wesen: Ihre Beine sind „gerade", gestreckt 46 , und ihre Fußsohlen sind wie Rinderhufe und funkeln wie 4(1 Diese Stelle steht Ez 1 am nächsten. Wiederum drängt sich die Frage nach dem Verhältnis der Passagen zueinander auf. 41 Vgl. zusätzlich auch Ri 13,6, wo der Gottesmann beschrieben wird ümar'ehü k'mar'eh mal'ak hävlohim. 42

A m 7,7; 9,1; J e s 6; 1 K ö n 2 2 , 1 9 . V g l . a l s „ A n t i - T e x t " d a z u E x 3 3 , 1 8 - 2 3 .

43

Vergleichbar mit Ez 1 ist allenfalls Dan 12, wo die vorsichtige Formulierung aufgegeben ist. Darin unterscheidet sich die spätere Apokalyptik von Ez (gegen POHLMANN, ATD, 61 f., der meint, die Einsichtnahme in eine göttliche Welt in Verbindung mit der Vision von der Herrlichkeit des thronenden Gottes deute auf eine der Apokalyptik nahestehende oder von ihr beeinflußte Bearbeitung). 44 Vgl. die beiläufige Bemerkung J. MUILENBURGS, Form Criticism and Beyond, in: JBL 88 (1969), 1-18, (18): „The structure of the first chapter of Ezekiel is determined by the recurring motif of the demuth at the beginning of each of its major divisions, and in the finale reaches its climax by the dramatic threefold repetition". 45 Vgl. GREENBERG, AncB, 44. Das ist im Vergleich zu altorientalischem Bildmaterial etwas Besonderes, da dort Vierfüßler Podeste mit Gottessitzen tragen; vgl. KEEL, Jahwe-Visionen, 174. 46 Vgl. GREENBERG, AncB, 44. Sie kauern also nicht wie manche vierfüßige Thronträgerfiguren. - „Ez 1,7 verleiht der Platte und ihren Trägern etwas Podesthaftes" (KF.EL, Jahwe-Visionen, 177, vgl. den archäologischen Befund, ebda., 177-80). Der Singular könnte bedeuten, daß sie nur ein Bein haben nach Art von Karyatiden (so PROCKSCH, Berufungsvision, 145): „An ein Gestell mit vier Beinen, von denen jedes in einen metallenen Stierfuß ausmündet, scheint Ez 1,7 zu denken." (KEEL, Jahwe-Visionen, 178; in Anm. 115 bedenkt er allerdings Gründe, die für zwei Beine sprechen könnten). Die Einzahl mag aber auch kollektiv gemeint sein im Blick auf

136

Das prophetische

Programm: Ez 1-7

glattes Kupfer/polierte Bronze. V. 10 beschreibt dann die vier unterschiedlichen Gesichter, die jedes einzelne Wesen hat: Mensch, Löwe, Stier und Adler 47 . Es handelt sich somit um Mischwesen 48 . Wenn man nicht - wie die meisten Kommentatoren - in M T eingreift 49 , lautet V. 13: „Und die Gestalt der Wesen [casus pendens]: ihr Aussehen < w a r > wie Kohlen im Feuer, die brennen; wie der Anblick von Fackeln; es (ging) zuckte hin und her zwischen den Wesen, und Glanz hatte das Feuer, und aus dem Feuer ging Blitz hervor." 5 0 Die Wesen scheinen also selbst zu brennen, sie glühen und wirken in ihrer aufrechten Haltung daher wie Fackeln (13act). Dieses Leuchten der Gestalten macht es dem Betrachter sicher schwerer, ihr Aussehen genauer zu erkennen, zudem mag die feurige Erscheinung auch auf die ungewöhnliche Substanz verweisen 51 . Erst 13aß.b betrachten den Raum zwischen den Wesen, der gleichfalls von Feuer erfüllt ist und zudem Blitze aussendet 52 .

jedes ihrer Beine (wegen ihrer Menschengestalt wären es dann zwei; vgl. KEEL, Jahwe-Visonen, 215); dies scheint der casus pendens w'raglehaem am Versanfang eher nahezulegen (unentschied e n : ZIMMERLI, B K , 6 2 ) . K E E L , Jahwe-Visionen, 1 7 8 , hält es (wie Z I M M E R E T ) für denkbar, Ez 1 , 7 als spätere Ergänzung zu betrachten. Andererseits überdenkt er angesichts der Stierelemente bei altorientalischen Himmelsträgergestalten, „ob die Stierfüße in Ez 1,7 nicht doch zum ursprünglichen Bestand gehören könnten" ( 2 1 3 ) . Damit wäre nämlich die Übereinstimmung mit solchen Figuren vollkommen. W.B. B A R R I C K , The Straight-Legged Cherubim of Ezekiel's Inaugural Vision (Ez 1:7a), in: C B Q 44 (1982), 543-550, widmet V. 7a einen eigenen Beitrag: Er betrachtet die auf E I C H R O D T , ATD, 55, zurückgehende These der aufrechten Haltung, die auf eine anthropomorphe Gestalt verweise, als anderen Vorschlägen überlegen, weil 1,5b sie zu stützen vermag, bemängelt aber, daß E I C H R O D T den redaktionsgeschichtlichen Aspekt außer acht lasse; Z I M M E R L I habe im Kommentar z.St. das Wachstum des Textes und die gegenseitige Beeinflussung von Ez 1 und 10 dabei dargelegt, in deren Verlauf aus den menschengestaltigen Wesen, die die in einer Wolke verhüllte Gottheit tragen, implizit mit den beiden Tempelcherubim identifiziert wurden. B A R R I C K kommt zu dem Ergebnis: „In the extensive redaction of Ezekiel 1 the man-like 'living creatures' envisioned by the prophet have been transformed into cherubic quadrupeds reminiscent of the golden figures of the Temple. Their legs were 'straight' because these creatures did not use their legs for purposes of locomotion." 47 Vgl. dazu KEEL, Jahwe-Visionen, 216-243. Vgl. auch E. VOGT, Die vier .Gesichter' (pänim) der Keruben in Ezechiel in: Bib 60 (1979), 327-347. 48 Es wäre eventuell noch denkbar, V. 8a - die Wesen haben zusätzlich zu den Flügeln Menschenhände - einzubeziehen. 49 Das erste Wort wdmwt wird geändert in wbtwk oder wmtwk aufgrund von xai ev fieaw in LXX, so daß in lectio facilior der Raum zwischen den Wesen betrachtet wird. Ebenso wird mit LXX statt des Plurals mr'yhm Singular gelesen; hy' hhywt wird als Glosse verdächtigt. Zuzustimmen ist lediglich dem Wegfallen des Artikels vor Ipdym (Dittographie, vgl. LXX). 50 Vgl. die englische Wiedergabe bei BLOCK, NICOT, 95. 51 Vgl. den brennenden Dornbusch in Ex 3,2b. 52 Der schwierige V. 14 fehlt in LXX und ist offensichtlich in MT verderbt. B L O C K gibt ihn wieder: „And the creatures shot back and forth like sparks." Überdies stellt sich die Frage, ob V. 14 in logischem Widerspruch zu den Aussagen über die Bewegung der Wesen in V. 12 oder auch V.9 steht.

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

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In V. 22 gleitet der Blick weiter nach oben: Über den Köpfen der Wesen befindet sich etwas, was dem Himmelsgewölbe gleicht, wie Glanz von Eis/Kristall, furchtbar anzusehen. Bis hierher strukturiert das Wort demüt den Text deutlich: V. 5 die Beschreibung der Mischwesen; V. 10 die verschiedenen Gesichter; V. 13 die feurige Erscheinungsform; V. 22 wandert der Blick nach oben zum Gewölbe über ihren Köpfen. In den Vv.26-28a steigert sich die analoge Ausdrucksweise, weil sich die Schilderung nun dem Göttlichen selbst zuwendet: Auf dem Gewölbe, oberhalb ihrer Köpfe ist es wie das Aussehen (mar'ceh) von Lapislazuli-Stein 53 gleich wie (demüt) ein Thron und auf dem gleich (d e müt) wie der Thron gleich wie das Aussehen (d e müt kemar'eh) eines Menschen darauf (V. 26). Dreimal d'müt und zweimal mar'ceh erscheinen hier, wobei das letzte demüt mit der Vergleichspartikel und mar'ceh kombiniert wird: Hier nimmt der Berichtende das Unbeschreiblichste wahr, den Thronenden in Menschengestalt. Vor dem Hintergrund babylonischer Tradition assoziiert diese Menschengestalt den thronenden Gott mit der Sonnengottheit 54 . Und diese Assoziation macht die folgende Beschreibung einsichtig: V. 27 wiederholt zunächst das Verbum wä'erce', das so an die visionäre Situation erinnert und zugleich den Höhepunkt des Geschauten betont, nämlich die genauere Betrachtung der Gestalt auf dem Thronartigen: „Wie der Glanz von Weißgold /Amber oberhalb von dem, was aussah wie seine Hüften, und unterhalb von dem, was aussah wie seine Hüften, erblickte ich (rä'iti- ein neuerlicher Hinweis auf den Visionsvorgang - kemar'eh-'es ) < e t w a s > wie das Aussehen von Feuer und Glanz darum herum." In V.27 begegnet also dreimal mar'ceh55 und einmal die Vergleichspartikel. V.28aa beschreibt diesen Glanz näher durch den Vergleich (k e mar'eh ... ken mar'eh) mit dem Regenbogen: „Die Formulierung ,wie das Aussehen des Regenbogens' kann in bezug auf den ,Lichtglanz' (ngh) jedoch nur die im Sonnenlicht sich bildenden Spektralfarben meinen und nicht etwa die Form des Bogens. Der Thronende ist also von verschiedenfarbigem Licht umgeben." 56 . Erst V.28aß benennt in einer knappen 53 Vgl. Ex 2 4 , 1 0 . Zum Lapislázuli vgl. K E E L , Jahwe-Visionen, 2 5 5 - 2 6 0 . P O D E L L A , Lichtkleid, 205, schreibt unter Verweis auf das Gilgamesch-Epos: „Edelmetalle, Edelsteine, besonders aber der Lapislazuli-Stein werden nach diesen Texten mit den himmlischen/irdischen Wohnorten oder Auszugsorten der Götter verbunden." 54 P O D E L L A , Lichtkleid, 204, verweist auf babylonische Texte, die zeigen, „daß in der Ikonographie nämlich nur die Symbole des Sonnen- und Mondgottes mit einer menschengestaltigen Figur anthropomorphisiert werden." M.S. SMITH, Divine Form and Size, in: ZAW 100 (1988), 424-247 (426F.), sieht Ez 1,26 im Gegensatz zu Gen 1,26f.: „Whereas Ez 1,26 conveys the prophet's vision of God in the likeness of the human person, the P writer's vision of the human person is in the likeness of God." 55 kmr'h ... sbyb in V.27aa ist als Dittographie aufzufassen (vgl. B H S , Z I M M E R L I ) . 56 P O D E L L A , Lichtkleid, 202. Damit ist der schon von Z I M M E R L I , BK, 57, zurückgewiesene, jedoch von VOGT, Untersuchungen, 11, wiederaufgenommene Gedanke, der Regenbogen könnte wie in der priesterlichen Tradition Gen 9,12f. Zeichen des festen Heilswillens Gottes sein, hier unwahrscheinlich. Zu Solarisierungstendenzen vgl. auch K E E L / U E H L I N G E R , Göttinnen, Götter und Gottessymbole, Freiburg i.Br. 41998, 465.332ff.

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Das prophetische

Programm:

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Deutung, was der Berichtende sieht: hü' mar'eh demüt keböd-YHWH,57 und setzt dabei die bisher als Relativierungssignale verwendeten Begriffe ein, die nun nicht mehr eindeutig diesen umschreibenden Sinn haben: „Das < w a r > das Aussehen des Abbildes der Herrlichkeit YHWHS." Bis zu diesem Punkt wurde explizit nicht von Gott geredet und auch sein Name nicht genannt. Die bildhafte Evokation sprach aber für sich, so daß für den Rezipienten bei aller abschwächenden Sprachgebung kein Zweifel daran bestand, daß der menschengestaltige Thronende Gott ist. Es scheint nicht angebracht, hier eine subtile Unterscheidung zwischen Y H W H selbst und dem k'böd-YHWH zu vermuten 5 8 , zumal käböd 57 An dieser Stelle mag man sich - vor allem auch vor dem Hintergrund von Kap. 8-11 durchaus fragen, ob die k'böd-YHWH-Vorstellung bereits Bestandteil der Grundkomposition des Ezechielbuches war. ZIMMERLI, BK, 237f., führt aus, daß 8,4; 9,3a sowie die Nachinterpretation von Kap. 10 sekundäre Bestandteile seien, deren Anliegen es sei zu zeigen, daß der aus dem Tempel wegziehende G o t t auch in seinen Attributen und der Thronherrlichkeit derselbe sei wie bei der Berufung. Auch POHLMANN, ATD, 147-150, betrachtet die Herrlichkeit in Kap. 10 als Zusatz eines Bearbeiters, welcher mit 8,4 vorbereitet werde. Der Bearbeiter setze voraus, daß die Jerusalemer Thronherrlichkeit der Himmelsthronherrlichkeit in Ez 1 entspreche. Z u m Verhältnis zwischen Ez 1 und 10 vgl. auch D. J. HALPERIN, The Exegetical Character of Ezek. X 9-17, V T 26 (1976), 129-141, der Ez 10,9-17 als (angelologische) Auslegung von Ez

1 , 1 5 - 2 1 a u f f a ß t . V g l . f e r n e r C . U E H L I N G E R / S . M Ü L L E R T R U F A U T , E z e k i e l 1. B a b y l o n i a n

Cosmo-

logical Scholarship and Iconography: Attempts at Further Refinement, in: T h Z 57 (2001), 140171, die sich gegen die oft a n g e n o m m e n e einseitige Priorität von Ez 1 wenden (vgl. bes. die tabellarische Übersicht 151 f. zur Genese der Kap. 1 und 10). D e n k b a r ist, daß der k'böd-YHWHM 1,28b durchaus seinen ursprünglichen Ort hat und daß er die späteren Ausführungen in Kap. 8-11 ausgelöst hat. Was in Kap. 1 asoziierend-anspielend auf priesterliche Tradition gestaltet ist, wird in Ez 8-11 explizit gemacht, wenn dort von der Herrlichkeit in ihrer Beziehung zum bzw. ihrem Sich-Entfernen vom Tempel die R e d e ist. So erscheinen 8,4; 9,3a; 10,3.4.6 als sekundäre Elemente. Ebenfalls mögen 1 l,22f. und deren Pendant 43,2.4.5 einer bearbeitenden H a n d zuzuschreiben sein. Wie dem auch sei, in jedem Falle besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Schau YHWHS gewissermaßen als Pantokrator in Ez 1 und den Visionen in Kap. 8-11 und 40-48, wo der k'böd- YHWH mit dem Jerusalem e r Tempel in Verbindung gebracht wird. Ez 1,28 mag den Motiv-Komplex des k'böd-Y HWH in den späteren Abschnitten des Buches begründet haben. - Z u r Beziehung der drei Visionskomp l e x e v g l . H . VAN D Y K E P A R U N A K , T h e L i t e r a r y A r c h i t e c t u r e o f E z e k i e l ' S M A R Ö / 'elöhJm,

in: J B L

99 (1980), 61-74. Zu einer literarkritischen Analyse vgl. F.-L. HOSSFELD, Die Tempelvision Ez 8 - 1 1 im Licht unterschiedlicher methodischer Zugänge, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuven 1986 ( B E T h L 74), 151-165; ders., Probleme einer ganzheitlichen Lektüre der Schrift. Dargestellt am Beispiel Ez 9-10, in: T h Q 167 (1987), 266-277 (bes. 272f.). >s Vgl. etwa PROCKSCH, Berufungsvision, 148: „Nicht die Urgestalt Gottes, auch nicht die Urgestalt der Welt b e k o m m t er zu schauen, sondern nur das Spiegelbild in der Scheibe aus Glanzerz: auch hierdurch wird die Unsichtbarkeit des kbwd YHWH für das Menschenauge /.../ veranschaulicht." W.H. SCHMIDT. Ausprägungen des Bilderverbots, in: H. Balz/S. Schulz (hrsg.), Das Wort und die Wörter, Stuttgart 1973,25-34, meint, in der Priesterschrift erscheine nicht mehr Gott selbst auf E r d e n , sondern seine Herrlichkeit. Auch 1 Kön 22,19, Jes 6,1.5 und A m 9,1 beschrieben nicht, wie Gott aussieht. U n d Ez 1,4 male hauptsächlich die U m g e b u n g Gottes aus. der „Vorbehalt" „etwas, das aussah wie" (V.22.26f.) weise auf die Inadäquatheit der Ausdrucksweise hin; und zu V.28 b e m e r k t er: „/.../ selbst in diesem Satz scheint die auffällig breite Ausdrucksweise eine Aussage wie ,das war die Gestalt Jahwes' meiden zu wollen." Auch POHLMANN, ATD, 59 A n m . 123: „ D e r R e d e von der Konfrontation mit der ,Herrlichkeit' Jahwes ist zu e n t n e h m e n , daß offensichtlich nicht an eine direkte Begegnung mit Jahwe selbst gedacht

Die programmatische

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d u r c h a u s G o t t s e l b s t m e i n e n , als N a m e G o t t e s f u n g i e r e n 5 9 k a n n . P o d e l l a i n t e r pretiert zu recht: „Himmlischer, durch das Sonnenlicht h e r v o r g e b r a c h t e r Lichtg l a n z u m f l u t e t s o m i t d i e F i g u r d e s T h r o n e n d e n u n d gilt E z e c h i e l als A b b i l d d e s kbwd

Y H W H , "

6 0

.

V e r w e n d e t m a n die Relativierungssignale als literarkritisches K r i t e r i u m , so erscheint z u m e i n e n die Passage als A n r e i c h e r u n g , die sich mit d e n R ä d e r n b e f a ß t (Vv.15-21) 6 1 . D a ß dieser A b s c h n i t t , d e r d u r c h wä'erce' mit f o l g e n d e m P r ä s e n t a t i v eine e i g e n e Einleit u n g e r h ä l t u n d somit ein N e u a n s a t z m a r k i e r t wird, als s e k u n d ä r a n z u s e h e n ist, h a t sich zur h e r r s c h e n d e n M e i n u n g u n t e r E x e g e t e n entwickelt 6 2 . D i e s e A n s i c h t f i n d e t z u d e m R ü c k h a l t an a r c h ä o l o g i s c h e n B e f u n d e n 6 3 . war, sondern an die Wahrnehmung der Begleiterscheinungen, der Wirkungen seiner nicht direkt zu schauenden Präsenz.", verkennt die Bildhaftigkeit der sprachlichen Schilderung, die sehr wohl die Gegenwart Gottes selbst evozieren will. J. BARR, Theophany and Anthropomorphism in the OT, in: Congress Volume Oxford 1959, Leiden 1960 (VT.S 7), 31-38, (38), benennt das Problem: „Anthropomorphism in the OT has often drawn attention to itself because of the difficulty and offence it presents to modern thought." Innerhalb des AT konstatiert er unterschiedliche Traditionen; so gebe es etwa seit alter Zeit die Tradition, daß es für Menschen tödlich ist, Gott zu sehen (34). Nicht alle Theophanien seien mit einer Beschreibung verbunden; in Ez 1,26 sei das menschliche Aussehen Gottes explizit. Die prophetische Tradition habe zwei alte Theophaniethemen bewahrt, „appearing to the special person and the discernible human form of the appearing." (37). Zur Frage einer Metaphorik über Gott vgl. auch A.J. BJ0RNDALEN, Untersuchungen zur allegorischen Rede der Propheten Arnos und Jesaja, Berlin/New York 1986 (BZAW 165), 62-96, bes. 72-78 zur Körperlichkeit Y H W H S . ^ Vgl. M E T T I N G E R , Dethronement, 107. 6(1 P O D E L L A , Lichtkleid, 206. K E E L , Jahwe-Visionen, 140, meint, käböd gebe den Gesamteindruck, die Majestät der Vision wieder, ein Aspekt, der noch hinzukommen dürfte, eben weil es sich um eine Gottesvision handelt. fl1 Einzig V. 16 bedient sich des Relativierungssignals, bemüht sich also um Nachahmung des typischen Stils. Eventuell läßt dies darauf schließen, daß V. 15 f. zuerst zugewachsen sind, Vv. 17-21 dann in einem späteren Schritt. Die Aussagen über die Beweglichkeit und Bewegungsart der Wesen wollen offenkundig die Beweglichkeit der gesamten Erscheinung illustrieren. Die Räder führen zusätzlich aus, wie das technisch möglich ist. Die zugefügte Beschreibung der Räder verändert die Textproportionen massiv, da sie mehr Raum einnimmt als die Verse über die Wesen oder die thronende Gottesgestalt. 62 Vgl. erstmals SPRANK, 1926; dann z.B. E HORST, Die Visionsschilderungen der atl. Propheten, in: EvTh 20 (1960), 193-205 (198); Z I M M E R L I , BK, 27-29.64-68; K E E L , Jahwe-Visionen, 251 f.; R . H O E P S , Ezechiels Thronwagenvision, in: LingBib 63 (1989), 86-105 (102f.); P O H L M A N N , ATD, 56.59. Dagegen in jüngerer Zeit M E T T I N G E R , Dethronement, 105, sowie A. R U W E , Die Veränderung tempeltheologischer Konzepte in Ez 8-11, in: B. Ego, A. Lange und P. Pilhofer (hrsg.), Gemeinde ohne Tempel, Tübingen 1999, 3-18 (11). 63 Vgl. KEEL, Jahwe-Visionen, 162-167 sowie 181-188 mit dem Fazit: „Es scheint mir wahrscheinlich, daß ein Ergänzer in Ez 1 gerade angesichts des Ansehens, das der Gotteswagen im persischen Reich genoß, die ezechielische Vision um die Räder vervollständigt hat." (187). Die Räder wollen schon hier Beweglichkeit veranschaulichen; dieser Aspekt spielt dann in Kap. 10 und 11 im Blick auf die Ortsveränderungen der Herrlichkeit eine besondere Rolle. Sämtliche Passagen, in denen Räder vorkommen (neben 1,15-21 also 10,9-13.16.17.19*, aber auch 10,2; 11,22f.) und alle Aussagen über das Verlassen des Tempels, soweit Räder daran beteiligt sind, dürften also nicht der Grundkomposition angehören.

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Das prophetische Programm: Ez 1-7

Im übrigen w e r d e n die Verse a u s g e k l a m m e r t , die sich mit den Flügeln d e r Wesen und vor allem deren Stellung befassen (Vv.8. 9a. I I 6 4 . 23) sowie mit ihrer B e w e g u n g (Vv.9b.12. evtl. 14?). D a ß die Flügelhaltung in Jes 6,2b präzise geschildert ist, m a g eine e n t s p r e c h e n d e Präzisierung in Ez 1 angeregt h a b e n . Die Beschreibung d e r Beweglichkeit der Wesen soll offensichtlich die Beweglichkeit d e r g e s a m t e n Gotteserscheinung versinnbildlichen: D i e T h r o n t r ä g e r g e s t a l t e n bewegen durch ihre D y n a m i k d e n Thron. Allerdings scheint sich die Beweglichkeit d e r Erscheinung bereits a n z u d e u t e n in V. 4 durch das Verb bä'äh einerseits u n d durch die Vorstellung von Wolke u n d F e u e r andererseits, die - wie unten a u s g e f ü h r t wird - P e n t a t e u c h t r a d i t i o n e n evozieren, die ihrerseits die Beweglichkeit der YHWH-Erscheinung in sich tragen. V.24f. (V.24b=25b, also D u b l e t t e ) beschreiben akustische E i n d r ü c k e ; V. 24a vergleicht das G e r ä u s c h , das die B e w e g u n g der Wesen verursacht, mit Wasserrauschen, d e r S t i m m e des Allmächtigen u n d d e m L ä r m in einem H e e r l a g e r (dreimal k'qdl) - eine disparate 6 5 Z u s a m m e n s t e l lung, innerhalb d e r e r vor allem k'qdl sadday b e f r e m d e t , weil dies Glied aus d e r Logik des anschaulichen Vergleichs herausfällt. V.25a e r w ä h n t D o n n e r im H i m m e l ü b e r den Wesen und bietet so die akustische E r g ä n z u n g zu V.4a, d e m a u f z i e h e n d e n Wetter. D a D o n n e r öfters als E l e m e n t in T h e o p h a n i e b e s c h r e i b u n g e n v o r k o m m t 6 6 , m a g also eine Vervollständigung im Blick auf solche Texte erfolgt sein. Z i e h t m a n V. 25b als verdächtige D u b l e t t e zu V. 24b ab, so w ü r d e der D o n n e r d e n H ö h e p u n k t der Gottesschau, das Vordringen z u m Z e n t r u m einleiten. Allerdings ist man geneigt, die akustischen Eind r ü c k e für s e k u n d ä r zu halten 6 7 , da das Schauen eindeutig im Mittelpunkt steht. D i e systematische V e r w e n d u n g analoger Sprache als B e s o n d e r h e i t von E z 1 erhärtet sich, wenn m a n einen Blick auf das sonstige V o r k o m m e n derselben im Ezechielbuch wirft. Mar'ceh k o m m t in Ez 4CM-8 sechsmal vor, d a v o n dreimal in 43,3 im Sinne von „Vision", „Gesicht"; in 42,11 in einem vergleichenden Rückverweis auf 42,4. Vergleichbar analoge Sprache liegt lediglich in 40,3 vor wehinneh-'is mar'ehü k1'mar'eh rfhosat sowie in 41,21 f. hammar'eh k'mar'eh hammizbe"h. Auffällig ist dabei die jeweils d o p p e l t e V e r w e n d u n g mit Vergleichspartikel mar'eh k'mar'eh sowie das einmalige A u f t r e t e n im jeweiligen Kontext. In E z 8,2^1 begegnet viermal mar'eh (8,2.4), einmal demüt (8,2) sowie zusätzlich tabnit (8,3) 68 . mar'eh b e d e u t e t in 8,4 ebenfalls „Vision". Es bleiben Vv.8,2.3a, Verse, die die meisten E x e g e t e n zu R e c h t als s e k u n d ä r einschätzen wegen der eigenartigen D o p pelnatur des Mannes, der den angelus interpres von Kap. 40 mit d e m Aussehen Y H W H S in l,26b.27 vereint 6 9 . In 8,2 sind die einschlägigen Satzelemente eindeutig aus l,26b.27 64 Vor allem V. 11 scheint mit Blick auf Jes 6,2 formuliert zu sein. Z I M M E R L I bezieht V. I I b in die Grundschicht ein, sieht in der Haltung der Flügelpaare Beziehungen und Unterschiede zu Jes 6; V. IIa sei eine von den Tempelkeruben her bestimmte Nachinterpretation. 65 Z I M M E R L I , BK, 69, stellt immerhin die Assoziation von Meer und Waffenklirren durch beider Bezug zur Chaosvorstellung als plausibel hin. 66 Vgl. Ps 18,14; 29; 68,34b; Jer 10,13a = 51,16a; Hi 26,11. J E R E M I A S , Theophanie, 10.13, betrachtet das Brüllen Y H W H S als „Breviloquenz" für sein Kommen im Gewitter. 67 So auch Z I M M E R L I , B K , 68, und V O G T , Untersuchungen, 17. 68 In 8,10 bezeichnet dies Wort eine konkrete Abbildung, nämlich ein Wandgemälde. 69 So F.-L. H O S S F E L D , Die Tempelvision Ez 8-11 im Licht unterschiedlicher methodischer Zugänge, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuwen 1986 (BeThL 74), 151-165 (157). Vgl. Z I M M E R L I , BK, 210f.; V O G T , Untersuchungen, 39-41; P O H L M A N N , ATD, 138. J. B E C K E R , E Z 8-11 als einheitliche Komposition in einem pseudepigraphischen Ezechielbuch, in: J. Lust

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übernommen 7 0 . Eigenartig in 8,2bß mutet die Relativierung von zohar („Glanz", nur noch in Dan 12,3 belegt) an, zumal unmittelbar darauf die Verbindung k'en hahasmaläh (vgl. Ez 1,4.27) folgt. Eine Entsprechung zu zohar ke'en fehlt überdies in LXX. Der Begriff tabnit in 8,3aa, der in Ez 1 nicht vorkommt, will offenkundig gleichfalls relativieren - wie auch in 10,8. Inhaltlich wirken 8,2.3a im Kontext verdächtig: Die typische Visionseinleitung ist in 8,1 b bereits gegeben: Die Hand Y H W H S fiel auf ihn. 8,2.3a schildern dann zusätzlich, daß eine Gestalt, die wie Gott in Ez 1 beschrieben ist, ihn mit der Hand an den Haaren packt, während 8,3b dann die rü"h die Entrückung bewirkt. In Ez 10 begegnen mar'ash und demüt zusammen in V. 1 und V. 10; d'müt allein in 10,21.22. Bei den letztgenannten Versen liegt wiederum eindeutig eine Anleihe aus Kap. 1 vor, keine gleichberechtigte Kreation 71 . In 10,10 geht es um die Räder (vgl. l,16aß.b), deren Beschreibung auch in Kap. 1 als sekundär erkannt wurde. Zu 10,laß ke'oeboen sappir k'mar'eh demüt kisse', ist 1,26 zu vergleichen, wo - wie auch in der Überlieferung der L X X hier in Kap. 10 - das Wort k'mar'eh fehlt, was zeigt, daß hier in Kap. 10 eine Imitation vorliegt, die die Stilmerkmale der Vorlage übertreibt. Auch aus inhaltlichen Gründen gilt 10,1 vielfach als sekundärer Vers 72 . Darüber hinaus sehen zahlreiche Exegeten Kap. 10 als in Abhängigkeit von Ez 1 gestalteten Text an 73 . D e r a u f g r u n d der charakteristischen a n a l o g e n S p r a c h e ermittelte G r u n d b e stand v o n E z 1 e v o z i e r t vor a l l e m Feuer- und L i c h t e r s c h e i n u n g e n einschließlich d e s G l a n z e s v o n M e t a l l e n und Eis. H i n z u k o m m e n die (statische) Thronvorstellung s o w i e die M i s c h w e s e n u n d die B e t o n u n g der Vierzahl. E s stellt sich die Frage, w i e d i e s e D a r s t e l l u n g einer G o t t e s s c h a u 7 4 i m R a h m e n atl. T r a d i t i o n ( e n ) z u b e u r t e i l e n ist. (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuwen 1986 (BeThL 74), 136-150, verteidigt hingegen die Einheitlichkeit von Kap. 8-11 im pseudepigraphen Ezechielbuch. Allerdings: Schließt die Annahme von Pseudepigraphie zwingend eine Schichtung aus? 7(1 Nämlich d'müt k'mar'eh (vgl. 1,26bß) k'mar'eh 'es (vgl. 1,27aa; allerdings sollte man in 8,2 aufgrund des Kontextes 'ts lesen; die Verschreibung wurde durch das folgende 'es gefördert; vgl. G R E E N B E R G , AncB, 166), sowie mimmar'eh matnäw ül'mtßh (vgl. L,27bct). 71 10,21a = 1,6; 10,21b = l,8aa, dabei bildet d'müt hier einen Überschuß im Vgl. zu Kap. 1. 10,22a verweist ausdrücklich zurück auf die Vision am Kebar in Kap. 1 (i.e. 1,10; dort stellt d" müt am Versanfang allerdings keine Relativierung dar); 10,22b = 1,12a. 72 Vgl. etwa H O S S F E L D , Tempelvision, 161. 73 Z I M M E R L I , BK, 203.238-240; C. H O U K , The Final Redaction of Ez 10, in: JBL 90 (1971), 4254, (46); FUHS, N E B , 57f.; POHLMANN, A T D , 149.155; BLOCK, N I C O T , 3 1 5 - 1 7 . J E R E M I A S stellte in seiner formgeschichtlichen Untersuchung ( 1 9 6 5 ) die Frage nach der Stellung von Ez 1 im Kontext der Gattung Theophanie, A. SCRIBA, Die Geschichte des Motivkomplexes Theophanie, Göttingen 1995, nach der im Kontext des Motivkomplexes Theophanie. J E R E M I A S definiert: „Theophanie" bezeichnet diejenigen Erscheinungen Y H W H S , „die nur an den Begleitumständen seines Kommens erkannt werden, ohne daß seine Gestalt und sein Aussehen beschrieben werden." (Theophanie, 1 ) . Y H W H werde nie selbst beschrieben, „sondern nur die Art und Weise seines Kommens und die Folgen, die es mit sich bringt." (ebda.). Obwohl Ez 1 dieser Definition streng genommen nicht entspricht, schreibt J E R E M I A S , „daß Ez 1, die großartigste Gestaltung einer Theophanie Jahwes im Lichtglanz, in V.4 [aa, der Rest wird mit Z I M M E R L I als sekundär beurteilt] durch eine Schilderung seines Nahens in Sturm, Wolke und Feuer eingeleitet wird, weist deutlich darauf hin, daß diese Texte von den bisher behandelten Theophanieschilderungen nicht zu trennen sind. Daß das Motiv des Lichtglanzes nicht von Anbeginn zu den Theophanietexten gehörte, soll damit nicht bestritten sein. Besonders Ez 1,4 be74

142

Das prophetische

Programm:

Ez 1-7

D a s K o m m e n G o t t e s wird - w i e auch in Israels U m w e l t - mit U n w e t t e r p h ä n o m e n e n (Sturm, Gewitter, v e r h e e r e n d e N i e d e r s c h l ä g e ) , aber auch mit E r d b e b e n bzw. vulkanis c h e n E r s c h e i n u n g e n ( „ S c h m e l z e n v o n B e r g e n " , Ps 97,5; Mi 1,4) 7 6 in Verbindung gebracht, b e s o n d e r s in P s a l m e n bzw. psalmartigen Texten 7 7 , aber auch in p r o p h e t i s c h e n Texten, w o vor allem vernichtendes, strafendes H a n d e l n Y H W H S in d i e s e Bilder gefaßt wird 7 8 . Grundsätzlich dient dieser M o t i v k o m p l e x dazu, die Macht G o t t e s zu illustrieren, der die S c h ö p f u n g als G a n z e beherrscht und als darin wirkend erkannt w e r d e n kann. Ein atl. Text, nämlich 1 K ö n 19,11 f., n i m m t B e z u g auf d i e s e Traditionen und negiert diese, i n d e m G o t t d e m Elia e b e n nicht in Wind, E r d b e b e n o d e r Feuer erscheint, s o n d e r n in „stillem s a n f t e m Sausen" 7 9 . E s ist n i c h t v ö l l i g a u s z u s c h l i e ß e n , d a ß E z l , 4 a a a u c h A s s o z i a t i o n e n in R i c h t u n g a u f d i e s e n T r a d i t i o n s k r e i s w e c k e n w i l l , d o c h fällt i m m e r h i n auf, d a ß d e r E z e chieltext keinerlei W i r k u n g der P h ä n o m e n e Sturm, W o l k e und F e u e r auf die S c h ö p f u n g b e s c h r e i b t 8 0 ; d a m i t e n t f ä l l t a u c h d e r in p r o p h e t i s c h e n S p r ü c h e n g e gebene Aspekt, daß

Y H W H

in d i e s e n E r s c h e i n u n g e n s e i n G e r i c h t a n k ü n d i g t

o d e r v o l l s t r e c k t ( s o j a a u c h in E z 1 3 , 1 1 . 1 3 ) . D i e b e s c h r i e b e n e E r s c h e i n u n g v e r bleibt v i e l m e h r g a n z im h i m m l i s c h e n B e r e i c h . S o wird o f f e n k u n d i g statt d e s U n -

weist, daß man auch dort, wo man Jahwes Lichtglanz so ausführlich beschrieb, wie das in der Visionsschilderung Ez 1,5-28 der Fall ist, sein Kommen mit den traditionellen Theophanieelementen des Sturmes, des Feuers etc. verband. Der Vers Ez 1,4, der im Ganzen des Kapitels fast wie ein F r e m d k ö r p e r wirkt, hat nur die eine Aufgabe: das Kommen Jahwes anzukündigen. In Ez 1 ist also die Verbindung zwischen den traditionellen Theophaniemotiven und dem Lichtglanz Jahwes nur sehr lose und leicht wieder aufzulösen. Der Lichtglanz Jahwes hat von Haus aus nichts mit seiner Theophanie zu tun, k o n n t e aber in formgeschichtlich späten Ausformungen der G a t t u n g der Theophanieschilderungen mit ihr verbunden werden." (63). Diese Ausführungen illustrieren die Problematik des formgeschichtlichen Ziels, eine G e n e s e der Gattung rekonstruieren zu wollen. Laut SCRIBA, Geschichte, 128, der JEREMIAS' Definition übernimmt, kommen Theophanieschilderungen nicht vor in Erscheinungen Gottes vor Einzelnen, in prophetischen Berufungsvisionen (widersprüchlich: „nur einzelne Theophaniemotive in H e s 1", 128) u.a. Gattungen. Doch ist Ez 1 unbestreitbar mit dem folgenden Berufungsbericht verknüpft, und der Stil des Selbstberichts macht unmißverständlich eine Gotteserscheinung vor einem Einzelnen daraus, wenngleich in visionärem Status. D a s ist im übrigen in Jes 6 nicht anders. Und wie steht es darüber hinaus mit Ex 3? 75 Vgl. dazu JEREMIAS, Theophanie, 78ff. 76 Beides kombiniert in Ps 18,8f.; Ri 5,4f. 77 Vgl. Ps 18,11.15; 29; 50,2f.; 77,17f.; 97,2^1. Nah 1; H a b 3; Ri 5,4f. 78 Jes 29,6; 30,30; Jer 10,13; Sach 9,14. Diese E l e m e n t e finden sich auch beim Motiv des „Tages YHWHS", das man am besten als eine Spielart dessen versteht - JEREMIAS, Theophanie, 97ff., spricht hier von einer engen Beziehung zur G a t t u n g der Theophanieschilderung und von gegenseitiger Beeinflussung. - Vgl. die Ausführungen L.C. ALLENS, The Structure and Intention of Ezekiel I, in: V T 43 (1993), 145-161 (153f.): „The basic use of the storm theophany in the Old Testament is to portray Yahweh's coming as a warrior to conquer his human enemies who are also foes of his people." „The prophets used the storm theophany genre to convey the intervention of Yahweh to bring judgement upon Israel." 79 D e r Text will damit vermutlich die in der Umwelt üblichen, auch in Israel vorhandenen Traditionen für YHWH zurückweisen. 80 Von einem E r d b e b e n oder Vulkanausbruch ist aus eben diesem G r u n d e nicht die Rede.

Die programmatische

Eingangs-

und Indienstnahmevision

143

wettermotivs ein anderer Traditionskontext vorausgesetzt, nämlich zunächst eine Anspielung auf die im vorpriesterschriftlichen Pentateuch beschriebene Wolken- und Feuersäule, in der YHWH seinem Volk während der Wüstenwanderung erscheint und sich zugleich darin verhüllt 81 , und verweist damit auf YHWHS Präsenz. Die Erwähnung des Lichtglanzes in Ez l,4aß.27 deutet auf eine Sonnenmetaphorik hin, die gedanklich mit der Vorstellung des Königsgottes zusammenhängt 82 . Schließlich deutet Ez l,28aß auf priesterliches Gedankengut hin, wenn dort das Stichwort käbödm fällt. In der Priesterschrift erscheint die Herrlichkeit teils gemeinsam mit der Wolke, teils allein 84 ; Aussagen über den k*böd YHWH strukturieren P und bilden die zentrale theologische Aussage von der „aktiven Präsenz Jahwes" 85 . Die Herrlichkeitstheologie der Priesterschrift erscheint /../ explizit als Heiligtumstheologie, als Tempeltheologie" 86 . Dabei hält Podella fest, „daß bei P G die meteorologische Wolke zunächst als Verhüllung der eigentlichen Epiphanie verstanden werden kann (Ex 16,10; 25-40). Nach der Einweihung des Heiligtums übernimmt die Wolke /.../ die Funktion eines Führers auf der Wanderung. Auf dem Heiligtum lagernd signalisiert sie, daß die Herrlichkeit JHWHs im Heiligtum präsent ist." (225). Er vermutet ferner, „daß P G das Erscheinen des kbwd Y H W H mit dem Aufgang der Sonne am Morgen verbunden hat."(225). Von daher erhelle sich auch die Rede vom Feuer Ex 24,17, mit der die Morgenröte über der Bergspitze gemeint sein könne. So beschreibe P G YHWHS Präsenz und Hilfsbereitschaft mit verdeckt gehaltenen solaren Kategorien (225)87. Ez 1 scheint sich auch auf diese priesterliche Tradition zu beziehen und diese überbietend umzugestalten. Da in Ez 1 keine explizite Verbindung zum Heiligtum existiert (wie dies in Jesajas Vision geschieht), erscheint Y H W H in kosmischen Ausmaßen über der Welt. Durch den Thron und die Wesen als dessen Träger mag zwar noch ein gewisser Anhalt an Tempelvorstellungen bestehen, doch wird diese gleichfalls überboten, wenn YHWH über der Feste (1,22.26) thront 88 , die Wesen verschiedene, in zeitgenössischer Ikonographie sonst kaum in Kom81

D i e s Motiv b e g e g n e t auch in Jes 4,5; Ps 78,14; 105,39 (99,7 nur W o l k e n s ä u l e ) ; N e h 9,12.19. Vgl. PODELLA, Lichtkleid, 202ff.; in Ps 50,2; Jes 60,3 ff. 62,1 ff. steht d e r G l a n z in Verbind u n g mit d e m Z i o n . Z u solaren A s p e k t e n in d e r YHWH-Verehrung vgl. auch B. JANOWSKI, J H W H u n d d e r S o n n e n g o t t , in J. M e h l h a u s e n (hrsg.), Pluralismus u n d Identität, G ü t e r s l o h 1995, 214-241. - F ü r die P s a l m e n konstatiert M.S. SMITH, .Seeing G o d ' in the Psalms, in: C B Q 50 (1988), 171-183 (176); „/.../ the language of light with respect to G o d ' s face, including 'seeing G o d ' s f a c e ' , o v e r l a p p e d with the solar imagery applied to Y a h w e h . " u n d „Solar language was used in a variety of m e t a p h o r s for Y a h w e h /.../. T h e solar language was also used flexibly to describe divine p r e s e n c e o r blessing in general t e r m s /.../." 83 E s stellt im übrigen auch eine V e r b i n d u n g zu Kap. 10 her. 84 Vgl. PODELLA, Lichtkleid, 214, mit Textubersicht S.214f. 85 U. STRUPPE, D i e Herrlichkeit J a h w e s in d e r Priesterschrift, K l o s t e r n e u b u r g 1988,232. Vgl. ihren z u s a m m e n f a s s e n d e n Ü b e r b l i c k 222-239. 82

86

PODELLA, L i c h t k l e i d , 2 2 0 .

87

Z u astralen E r k l ä r u n g e n vgl. f e r n e r UEHLINGER/MÜLLER TRUFAUT, Ezekiel 1, 160ff. Z u d e n T h r o n k o n s t r u k t i o n e n vgl. KEEL, Jahwe-Visionen; M. METZGER, K ö n i g s t h r o n u n d

88

144

Das prophetische Programm: Ez 1-7

bination miteinander auftretende Merkmale in sich vereinen 89 und zudem die Vierzahl den universellen Anspruch unterstreicht 90 , insbesondere wenn man die durch diese Zahl bestimmten Wesen als Himmelsträger begreift 91 . Ez 1 integriert also verschiedene Traditionen und Motive mit dem Ziel, eine Steigerung gegenüber allem bisher Dagewesenen 9 2 zu erreichen und Y H W H als den über dem Universum thronenden Weltenherrscher mit uneingeschränkter Macht darzustellen 93 . Dies geschieht - wie es einem Text ja auch nicht anders möglich Gottesthron, in: AOAT 15,1.2, Neukirchen-Vluyn 1985, 366, beschreibt das Ergebnis seiner Untersuchung zum Kerubenthron im Jerusalemer Tempel; sein Entwurf ähnelt Ez 1 stark. 89 KEEL, Jahwe-Visionen, 191-243: „In Ez 1 sind alle diese Züge, die in der Ikonographie zwar beim Typus, aber nie in einem Exemplar vereinigt sind, in einem, bzw. in vier Exemplaren vollständig beisammen. /..../ Hauptgrund für diese Konzentration wird /.../ sein, Jahwe mächtiger erscheinen zu lassen als irgend einen andren Gott" (236). 90 Z I M M E R L I ; B K , 53, spricht hier von der Zahl der Totalität, die wie in Sach 6,5 die nach allen Seiten hin wirksame Allmacht Y H W H S zum Ausdruck bringe. Vgl. K E E L , Jahwe-Visionen, 243.247f. 91 So KEEL, Jahwe-Visionen, 207ff. 92 Dies gilt vor allem im Blick auf Jes 6; sowohl die Wesen als auch die Gestalt Gottes erscheinen in gewaltigeren Dimensionen. Am nächsten steht Ps 1 8 , 8 - 1 4 Ez 1. Vgl. G R E E N B E R G , AncB: „the individual elements are found in the tradition, but the ensemble is unique" (54); „Virtually every componant of Ezekiel's vision can /../ be derived from Israelite tradition supplemented by neighbouring iconography" (58); vgl. BLOCK, NICOT, 103 mit Anm.95. 93 So auch P O D E L L A , Lichtkleid, 2 0 6 : „Der wesentliche Gesichtspunkt der Darstellung Ezechiels liegt demnach in dem lichthaften Charakter des im Himmel thronenden Königsgottes." Diejenigen, die eine Theophanie im Unwetter in Ez 1,4 gegeben sehen, meinen aufgrund dessen die Erscheinung als Theophanie zum Gericht einschätzen zu können (so etwa R . K R A E T Z S C H M A R , Das Buch Ezechiel, Göttingen 1900 [HAT], 21 oder W. B R O W N L E E , Ezekiel 1-19, Waco 1986 [WBC 28], 18). Etwas vorsichtiger die Formulierung von ALLEN, Structure, 160f.: „Prophetic usage of the storm theophany tradition and earlier examples of the heavenly throne tradition are associated with divine judgement; moreover, certain elements in Ezekiel i may point to this very purpose. The ensuing commission of Ezekiel as a prophet of judgement makes plausible a characterization of Yahweh as judge." A L L E N vertritt eben die Ansicht, daß in Ez 1 eine Sturmtheophanie (Vv.3b.4;13-14) und eine Thronvision (5—12;15—21 ;22—25) zusammengestellt und in 1, 26-28 miteinander kombiniert seien (X49f.). Die richterliche Gewalt gehört selbstverständlich zu einem König(sgott); sie muß aber nicht zwingend auf den verurteilend-strafenden Aspekt eingeengt werden. Dies würde das universelle Gottesbild in Ez 1 einschränken. Vgl. die Ausführungen bei P O D E L L A , Lichtkleid, 1 9 3 f . , zur richterlichen Funktion des Sonnengottes. In dem rekonstruierten Grundbestand von Ez 1 ist im übrigen weder die Rede davon, daß der Thron als solcher irgendwie beweglich ist, noch daß er nach Babylon komme (so z.B. WILSON, Prophecy in Crisis, 125: „Ezekiel actually saw the divine throne come to rest on Babylonian soil, and the divine presence there suggests that the deportees remain part of the true Israel."; oder R. B A R T E L M U S , Begegnung in der Fremde, in: BN 78 [1995], 21-38 [32], der meint, Ezechiel vertrete die These, „daß Jahwe, der Gott Israels, nicht an Jerusalem und den dort befindlichen Tempel gebunden ist." Es wird „positiv behauptet, daß Jahwe außerhalb des israelitischen Staatsgebiets im Lande der Feinde in seiner kabod erscheinen kann. Ja, Ezechiel behauptet, daß Jahwe dort - ohne jeden Bezug zu einem Heiligtum - in der gleichen Weise agiert, wie man sich das eigentlich nur in einem kultischen Raum vorstellen kann/..../ Ist es zu viel der Spekulation, wenn man /.../ den Schluß zieht, daß der Ort - das Feindesland - dadurch geheiligt

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

145

ist - mit rein sprachlichen Mitteln: Die Beschreibung evoziert durch das Aufgreifen von bildhaft-anschaulichen Elementen aus bekannten Texten sowie durch Assoziation an Bestandteile vorhandener Ikonographie, die allerdings neu zusammengefügt werden, ein Gesamtbild, das Y H W H S Gegenwart zur Darstellung bringen will. Diese Darstellung ist metaphorischer Natur. Mit der Gegenwart dieses Gottes wird Ezechiel in seiner Vision konfrontiert. Dieser Gewaltige spricht ihn im Folgenden an.

4.1.2 Die Indienstnahme

(l,28b-3,ll)

V. 1,28b leitet über zum nächsten Teil der Vision, in dem das erzählende Ich nach seiner Gottesschau als Gegenüber Y H W H S fungiert, indem es angeredet und an ihm gehandelt wird94, wä'erce' betont, daß ein visionärer Zustand vorliegt bzw. wird?"). Es geht dieser Vision vielmehr um die Allmacht Gottes: Y H W H ist räumlich nicht begrenzt, sondern thront über der ganzen Schöpfung, d.h. er ist weder auf den Tempel begrenzt noch auf eine bestimmte Region. Den Aspekt, daß die Vision die Gegenwart Y H W H S unter den Exulanten anzeigen solle, betont eine Vielzahl von Exegeten (C.H. TOY, The Book of the Prophet Ezekiel, New York 1899, 96: „The vision is intended to declare that the God of Israel was come, in all his glory. to dwell with the exiles."; vgl. F O H R E R , HAT, 14-16; VON R A B E N A U , Zukunftswort, 75; E I C H R O D T , ATD, 8f.; Z I M M E R L I , BK, 83f.; B L O C K , NICOT, 108; gegen eine Übersiedlung der Herrlichkeit nach Babel sprechen sich G R E E N B E R G , AncB, 59; A L L E N , Structure, 152; P O H L M A N N , ATD, 57, aus). Die Erscheinung gilt jedoch eindeutig dem, der sie visionär schaut und beschreibt. Beabsichtigt ist in dieser Hinsicht doch wohl vor allem, die Größe und Majestät des übermächtigen Gottes zu zeigen, der sich dann dazu herabläßt, mit dem Erzähler, dem „Menschen", Kontakt aufzunehmen und ihn anzureden. 94 Zur Genese von Kap. 2f. gibt es wiederum recht unterschiedliche Entwürfe. Einige davon seien knapp vorgestellt: H Ö L S C H E R , Hesekiel, 51-54, sieht den echten Kern der Berufungsvision in 2,8b-3,3 enthalten; 2,8b schließe unmittelbar an 1,28 bzw. 2,1 an; sukkzessive Auffüllung durch die parallelen Sendungsreden, zunächst 3,4-9 (zusammen mit 2,1-2), dann, - weil stilistisch minderwertiger und deshalb jünger - 2,3-7; 3,10f. gehört der Gedanke der Sendung an die Gola möglicherweise zum ursprünglichen Text der Vision. G A R S C H A , Studien, 250, findet den ursprünglichen Berufungsbericht in l,laa.3a*. 2,4-10. 3,2.4-9.25-27 (das „Haus Widerspenstigkeit" bilde hier eine starke Klammer); anschließend erfolgte eine Lokalisierung in der Gola durch einen Bearbeiter (1,1.3. 3,10-15), dann kam 1,4-2,1 als Beweis der Nähe Y H W H S in der Gola hinzu sowie 3,22-24. 3,16b-21 bildet eine „sakralrechtliche Ergänzung" (251). R. LIWAK, Überlieferungsgeschichtliche Probleme des Ezechielbuches, Bochum 1976,50-54: I: l,28b-2,2a. 2,8-3,3; II: 2,2b.3.4b.5. 3,4-9 (mit dtr Gepräge); dann wurde 3,10f. zugefügt, 2,6f. eingearbeitet, schließlich 2,4a in Anlehnung an 3,7 formuliert. V I E W E G E R , Spezifik, 7 7 , rekonstruiert 1,3a. 2,3-3,3 als ursprüngliche literarische Größe; 3,4-9. lOf. sind Fortschreibungen. Die literarisch selbständige Einheit l,l(2).3b.4-28a; 3,12-15 (S.71) wurde redaktionell mit 1,3a; 2,3-3,3 verbunden (83). P O H L M A N N , Ezechielstudien, 9 4 F . : 2,3-7 und 3,4-9 sind nachträglich eingearbeitet in 2,9.10; 3 , l a a . b a (ohne Sendungswort). 2.3.10a.ll.l4b.l5. Diesen literarkritischen Analysen stehen andererseits Hinweise auf die bewußte kompositorische Durchgestaltung von Kap. 2f. bzw. 1 - 3 gegenüber, etwa bei Z I M M E R L I , BK, 30-33, der nur wenige kleinere Zusätze ausscheidet (vgl. KUTSCH, Daten, 53, der konstatiert, daß allein Kap. 1

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Das prophetische

Programm:

Ez 1-7

fortbesteht. Das redende Subjekt nimmt sich zunächst selbst wahr 9 5 in seiner unmittelbaren Reaktion auf die visionäre Gotteserscheinung: wä'ceppol 'al-pänay. Dies Niederfallen ist einerseits als Geste der Unterwerfung und Anbetung geläufig, andererseits drückt es in diesem Kontext zusätzlich das ÜberwältigtSein aus 96 . Zudem wird der Gesichtssinn damit ausgeschaltet; die akustische Wahrnehmung tritt in den Vordergrund: wü'cesma' qöl rrfdabber - w e r spricht, wird nicht explizit gesagt, doch legt der Kontext nahe, daß die Stimme von der geschilderten YHWH-Erscheinung ausgehen muß. Vor diesem Hintergrund führen 2,1.2 in die Situation ein, die im Folgenden vorausgesetzt ist: Die formelhafte Einleitung von Gottesrede, wie sie für die Visionskapitel im Ezechielbuch typisch ist {wayyo'mosr 'elay) eröffnet V. 1, gefolgt von der beert-'ädäm-Anrede, die hier erstmals auftritt und dazu beiträgt, die Stimme als göttlich zu identifizieren, da dieser Vokativ den Gegensatz zwischen vergänglichem Menschen und allmächtigem Gott impliziert. Die Aufforderung an Ezechiel, sich auf seine Füße zu stellen, nimmt Bezug auf das Niederfallen in l,28ba und fügt als Zweck oder Begründung die Redeabsicht des Sprechenden an ( w a ' " d a b b e r 'otak 2,1 ba) 9 7 . V.2a schildert, wie die Aufforderung aus 2 , I b a in die Tat umgesetzt wird: Es kommt rü"h im Sinne von „Leben", „ < n e u e r > A t e m " in Ezechiel (dadurch wird das Fallen in 1,28b nachträglich als Schwächezustand, sogar fast als Ohnmacht qualifiziert) und stellt ihn auf seine Füße 9 8 . Er rappelt sich also nicht mit eigener Energie auf, sondern eine Kraft besorgt dies. V. 2b konstatiert seine Hörbereitschaft: „und ich hörte dem zu, der mit mir redete". So schildert der einleitende Abschnitt l,28b-2,2, was dem berichtenden Ich innerhalb seiner Vision zunächst persönlich widerfährt, und schafft damit die Grundlage für die Situation, in der der menschliche Erzähler sich mit Gott konfrontiert sieht. Es fällt auf, daß der Redende nicht explizit als YHWH bezeichnet „eine relativ umfangreiche .Kommentierung' durch Zusätze erfahren hat, nicht aber der Berufungsbericht"); R. Mosis, Das Buch Ezechiel, Teil I, Düsseldorf 1978 (GSL.AT). 42f. („zyklische A n o r d n u n g " ) ; GREENBERG, AncB, 72-75; FUHS, NEB, 19 („konzentrische Struktur" in 1,1-3,15). D e r Bericht läßt dabei offen, ob das erzählende Ich sich in einer Innen- oder Außenperspektive wahrnimmt, ob es sich also wie im Normalzustand als Ich erlebt oder sich selbst sieht wie eine andere Person, also wie einen A k t e u r auf einer Bühne - beide Möglichkeiten gibt es ja auch im Traum. 96 A. OHLER, Sendung zu den Widerspenstigen, in: BiLe 12 (1971), 16-25 (17), interpretiert: „Das kraftlose Niederfallen k ö n n t e Zeichen des Todes sein, den der Mensch in Gottes Gegenwart fürchten muß". 97 A. OHLF.R. Sendung, 18, versteht die Aufforderung zum Aufstehen unter Verweis auf Dtn 1.38; 1 Kön 1,2; Jer 52,12 u.a. als Aufforderung, „sich zum Dienst bereit zu halten". ka'"s ) um das Herz des Pharao, welches sich verhärtet, also der Einsicht gegenüber YHWH verschlossen wird. Hinzu kommt in Ex jeweils noch die Angabe der Folge dieses Vorgangs, nämlich daß er nicht hörte (Ex 7,13.22; 8,15; 9,12) bzw. die Israeliten nicht ziehen ließ (Ex 4,21; 9,35; 10,20.27; 11,10) oder ihnen nachsetzte (Ex 14,4.8)1117. Jes 6,10 verwendet für den vergleichbaren Vorgang smn, Jer 5,3 hzq im Pi'el mit pänim als Objekt (vgl. Ez 3,8); nur bei Ez gibt es die Bildung mit Adjektiv sowie mit dem Objekt mesah (3,7.8.9). D e r sprachliche B e f u n d d e u t e t d a r a u f hin, d a ß der Sachverhalt, d e n J e s a j a mit smn leb beschrieb, s p ä t e r mit d e m V e r b a l s t a m m hzq in d e r R e g e l mit d e m O b j e k t leb a u s g e d r ü c k t wird. D i e adjektivische K o n s t r u k t i o n bei E z ermöglicht d e n Parallelismus mit qsh in 2,4 u n d 3,7. D a b e i sind die b e i d e n parallelen Glied e r chiastisch a n g e o r d n e t , so d a ß 2,4a u n d 3,7 kunstvoll a u f e i n a n d e r b e z o g e n sind. D i e b e i d e n Verse bilden in d e r E n d g e s t a l t von K a p . 2 f . einen R a h m e n , der die bildhaft u m s c h r i e b e n e I n d i e n s t n a h m e u m k l a m m e r t - dies R a h m e n p r i n z i p ist ein d u r c h g e h e n d e s M e r k m a l d e r E n d g e s t a l t des Ezechielbuches. D i e d e n ge103 104

Vgl. LIWAK, Probleme, 5 1 f. Ex 7,3 heißt es we'am 'aq'soeh 'cet-leb par'oh; Ps 95,8; in Prov 28,14b findet sich das Parti-

zip.

105

Als Ausdruck der „Selbstverstockung" (A.S. VAN

DER W O U D E ,

Art. hzq in:

THAT1,538-

541 [540]). 106

Als „Verstockung durch Gott" (VAN DER W O U D E , Art. hzq, 5 4 0 ) . Vgl. sonst nur noch Jos 11,20. In Ex wird ferner der Stamm kbd für diesen Vorgang verwendet (Ex 7,14; 8,11.28; 9,7.34; so auch Jes 6,10; Sach 7,11; 1 Sam 6,6). F. H E S S E , Das Verstokkungsproblem im AT, Berlin 1955,10, führt diese unterschiedliche Begrifflichkeit auf die Vorlieben der einzelnen Pentateuchquellen zurück (kbd bei J; hzq bei P und E). Zu den Termini und Bildern, die das Phänomen der „Verstockung" umschreiben, vgl. die Materialsammlung bei H E S S E , Verstockungsproblem, 7-30. Zu einer Differenzierung zwischen „Verstockung" (des Pharao) und „Verblendung" (Israels) vgl. A. SCHENKER, Gerichtsverkündigung und Verblendung bei den vorexilischen Propheten, in: RB 93 (1986), 563-580. Zum Verhältnis der Exodus-Erzählung zu den schriftprophetischen Stellen vgl. VAN SETERS, Life, 87-91. 107

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

149

naueren Ausführungen in Kap. 3 vorgreifende Charakterisierung der Adressaten in 2,4aa betont ausdrücklich das Verhalten der Rezipienten, das für den Leser des Buches als eine zu verurteilende, nicht zur Nachahmung empfohlene Haltung erscheinen soll. Denn hier wie an allen oben genannten Stellen beschreibt das verschlossene Herz den Gegensatz zum „hörenden Herzen", also der Aufnahmebereitschaft und -fähigkeit Gott gegenüber, die den Weisen auszeichnet (vgl. 1 Kön 3,9 leb some a ') 108 . V. 2,4aa bringt somit verstärkt eine lehrhafte Tendenz ins Spiel. Die Konzeption des verschlossenen bzw. des hörenden Herzens gehört zu der vor allem in weisheitlichen Kontexten bedeutsamen Beschreibung des Kommunikationsverhältnisses zwischen Gott und Mensch. Die Einführung von 2,4aa führte zur Wiederholung des Nominalsatzes aus 2,3aa in 2,4aß (lediglich das Pronomen '"lehcem ersetzt das benannte Objekt), so daß 2,4b an seine ursprüngliche Voraussetzung, insbesondere das perfectum consecutivum, angegliedert bleibt. Abgesehen von 2,3b.4a spiegeln 2,3a.4b deutlich das spätere Einleitungsmuster der Prophezeiungen wider: bcen-'ädämAnrede, Auftrag (hier allgemein die Sendung) mit Benennung der Adressaten, Redeaufforderung we'ämartä und Zitatansage. Die formelhafte Einleitung der einzelnen Sprucheinheiten ab Kap. 6 im Ezechielbuch wird also hier in der Beauftragungsvision programmatisch eingeführt und damit aus dieser visionären Gottesbegegnung heraus besonders legitimiert. So drängt sich die Vermutung auf, daß 2,3a.4b derselben literarisch-kompositorisch wirkenden Hand zuzuweisen sind wie die formelhaften Einleitungsmuster. Einzugehen ist noch auf slh, das als Schlüsselwort des Abschnittes gesehen wird 109 . Das Verb erscheint hier als Partizip und bildet zusammen mit dem Pronomen '"ni einen Nominalsatz. Die Partizipialform drückt die Aktion des Sendens entweder aus „in a durative circumstance involving repeated actions" 110 (also „ich sende dich jetzt und noch öfter") oder als „ f u t u r u m instans participle" 111 , also im Sinne von „im Begriff stehen, zu senden". Direktes Objekt der Verbalform ist der Angeredete (nota accusativi mit Suffix 2. Pers. Sg.), die Zielangabe erfolgt mit der Präposition 'ael. Es ist fraglich, ob das Verbum an und für sich bzw. nur in einer bestimmten grammatischen Konstruktion ein terminus technicus sei.

los Yg[ i K ö n 3 ^ 2 Gottes Antwort auf Salomos Bitte natatti l'ka leb hakam w'nabön; vgl. auch 10,24. Z u m Z u s a m m e n h a n g zwischen dem Herzen und der Weisheit vgl. ferner Prov 2,10, 14,33; 15,14; 28,14. Vgl. H. B R U N N E R , Das h ö r e n d e Herz, (1954) in: ders., Das h ö r e n d e Herz, Fribourg/Göttingen 1988 ( O B O 80), 3f., der verweist auf „zahlreiche Belege für die Auffassung, daß das Herz eines Weisen das Organ ist, mit dem er die göttlichen G e b o t e in sich a u f n e h m e n , sie verstehen kann ..." 109 B L O C K , N I C O T , 117: „key term". 110 B.K. W A L T K E / M . O ' C O N N O R , A n Introduction to Biblical H e b r e w Syntax, Winona Lake 1990, §37.6e. 111 W A L T K E / O ' C O N N O R , Syntax, § 37.6f.

150

Das prophetische Programm: Ez 1-7

M. Delcor/E. Jenni, Art. slh, in: T H A T II, 909-916 (913f.), b e t r a c h t e n die V o r k o m m e n im Qal und Pi'el mit G o t t als Subjekt; dabei sei die B e d e u t u n g „ j e m a n d e n s e n d e n " am wichtigsten. Die direkten O b j e k t e o r d n e n sie in drei G r u p p e n : göttliche Mächte, die z u m Schutz o d e r a n d e r e n A u f g a b e n gesandt w e r d e n , Menschen, die mit einem A u f t r a g gesandt w e r d e n , der kein Botendienst ist, u n d schließlich „ B o t e n Gottes, insbesondere Propheten"112. S. H e r r m a n n , Jeremia, Neukirchen-Vluyn 1986 (BK XII/1), 64, sieht slh im A T als „das Hauptstichwort für den prophetischen Sendungsauftrag, beispielhaft an Jes 6,8 abzulesen". A u ß e r d e m verweist H e r r m a n n auf sechs Stellen, wo G o t t sagt, er h a b e ausgesandt o d e r er werde seine Knechte, die P r o p h e t e n aussenden (Jer 7,25; 25,4; 26,5; 29,19; 35,15; 44,4), Formulierungen, die auch in 2 Kön 17,13 in einem a n e r k a n n t dtr Text verwendet seien. H e r r m a n n e r k e n n t slh somit eine S o n d e r b e d e u t u n g zu. W. Richter, Die sogen, vorprophetischen Berufungsberichte, Göttingen 1 9 7 0 , 1 5 6 158, versucht, eine solche S o n d e r b e d e u t u n g durch sprachwissenschaftliche Mittel erk e n n b a r zu m a c h e n ( G o t t als Subjekt, eine Person als O b j e k t des Verbs, „die bisweilen mit '/ zu einer weiteren Person o d e r mit / + Infinitiv zu einer Tätigkeit gesandt wird" [156]). Z w a r sei die E i n o r d n u n g als geprägte W e n d u n g nicht ganz sicher, d e r G e b r a u c h j e d o c h eindeutig: „Sie ist beschränkt auf prophetische Bücher u n d Literatur über Prop h e t e n , ferner auf Texte zur E i n o r d n u n g von Personen und Tätigkeiten als P r o p h e t und gehört also zu p r o p h e t i s c h e m Sprachgebrauch." (158). I. Meyer, Jeremia und die falschen P r o p h e t e n , Fribourg/Göttingen 1977 ( O B O 13), 55f., stellt fest: „ E i n e gleichmäßige, von a n d e r e n V e r w e n d u n g e n formal a b h e b b a r e V e r w e n d u n g von slh für Prop h e t e n s e n d u n g gibt es nicht." (56) Hossfeld/van der Velde, A r t . sülah, in: T h W A T VIII, 46-68, sehen einerseits „ k e i n < e n > A n h a l t s p u n k t f ü r eine gesonderte V e r w e n d u n g des Begriffs mit G o t t als Subj." (58), andererseits erscheinen ihnen Richters Kriterien zur f o r m a l e n Isolierung einer prophetischen S o n d e r b e d e u t u n g nicht ausreichend (59f.). Sie präzisieren diese durch das Formalkriterium der Tilgung der konstitutiven Ziel- und Z w e c k b e s t i m mung: „überall dort, wo G o t t eine Person ,schickt' (slh) und wo gleichzeitig eine ersatzlose Tilgung des dritten A k t a n t e n vorliegt, die nicht aus d e m Kontext als stilbedingte Ellipse plausibel gemacht w e r d e n k a n n , liegt f o r m e l h a f t e Sprache im Sinne eines festen S o n d e r b e g r i f f e s prophetischer S e n d u n g vor." (61 ) 1 1 3 . „Die I n f o r m a t i o n d e r getilgten Ziel- u n d Z w e c k b e s t i m m u n g wird /../ erst aus einem explizit als prophetisch ausgewiesenen Kontext verständlich" (61). Für das prophetische B e r u f u n g s s c h e m a sei slh in der S o n d e r b e d e u t u n g eines terminus technicus nicht konstitutiv 1 1 4 . „Die S o n d e r b e d e u t u n g entwickelt sich aber im Kontext prophetischer Sendung, wobei die f r ü h e s t e n 112 Nämlich: Mose: Ex 3,14.15; 4,13.28; 5,22; 7,16; Num 16,28.29; Dtn 34.11; Jos 24,5; 1 Sam 12,8; Mi 6,4; Ps 105,26; anonyme Einzelgestalten Ri 6,8 Jes 42,19; 48,16; 61,1: Mal 3,1; bekannte Propheten: 1 Sam 15,1; 16,1 Samuel; 2 Sam 12,1 Nathan; 2 Sam 24,13 Gad; 2 Kön 2,2.4.6; Mal 3,23 Elia; Jes 6,8 Jesaja; Jer 1,7; 19,14; 25,15.17; 26.12.15; 42,5.21; 43,1.2 Jeremia; Jer 28,15 Hananja; Jer 29,31 Schemaja; Ez 2,3.4; 3,6 Ezechiel; Hag 1,12 Haggai; Sach 2,12.13.15; 4,9; 6,15 Sacharja; Neh 6,12 Schemaja ben Delaja sowie „wahre und falsche Propheten in der Mehrzahl" Jer 7,25; 14,14.15; 23,21.32.38; 25,4; 26,5; 27,15; 28,9; 29,9.19; 35,15; 44,4; Ez 13,6; 2 Chr 24,19; 25,15; 36,15 (THAT 11,914). 113 Belege: Ri 6,14; 13,8; 2 Sam 24,13; Jes 6,8 (2mal); (42,19); 48,16; Jer 14,14.15; 23,21.32; 27,15; 28,9.15; Hag 1,12; Sach 2,13; Ps 105,26; Neh 6,12 (THWAT VIII, 60). 114 Die von HOSSFELD/VAN DER VELDE ermittelte Sonderbedeutung findet sich nur Ri 6,14 im Auftrag, in Ex 3,10 1 Sam 9,16 stehe sie im üblichen Sprachgebrauch; in der Abweisung des

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Belege in Jes 6,8; Ri 6,14 und 2 Sam 24,13 zu finden sind. Unbeschadet der zur Diskussion stehenden Datierung besonders von Ri 6,14b /.../ ist doch eine Sonderbedeutung von slh im Sinne der prophetischen Sendung ab dem 8. Jh. anzunehmen." (62). Das Interesse an einer möglichen Sonderbedeutung des Verbums beruht auf der Frage des Nachweises prophetischer Legitimation. Dies illustriert beispielhaft Zimmeriis Kommentar: „Aus den Worten der Schriftpropheten wird immer wieder klar, daß die Tatsache der Sendung durch Gott die grundlegende prophetische Legitimation bedeutet. Nicht die Beherrschung einer mantischen Technik, nicht der Besitz einer bestimmten psychischen Verfassung weist einen Menschen als Propheten aus, sondern allein das Geschehnis der Sendung durch Jahwe. So tritt die Vokabel slh an den entscheidenden Stellen in den Berufungsgeschichten auf (Jes 6,8 Jer 1,7). Es bedeutet die gefährlichste Bestreitung eines Propheten, wenn ihm gesagt wird:,Jahwe hat dich nicht gesandt' /..../. Auch die Verwendung der Botenspruchformel /../ zur Einleitung der prophetischen Rede verrät, daß der Titel,Gesandter' /.../ das prophetische Amtsbewußtsein am besten treffen würde." (BK, 71)115. Insbesondere formgeschichtliche Zugänge zu den einschlägigen atl. Texten haben die Ansicht gefördert, in slh einen terminus technicus für eine Prophetenberufung zu sehen 116 , die Zitatansage als „Botenformel" und von daher den Propheten selbst als „Boten" zu begreifen 117 . Diese Sicht bedarf einer kritischen Überprüfung, zunächst im Blick auf das Verb slhm Die Belege, die T H A T und ThWAT 119 für eine prophetische SonderbedeuEinwandes erscheine slh einmal im geprägten (Ex 3,12), einmal im analogen (Jer 1,7) Sprachgebrauch (ThWAT VIII, 62). 115 Vgl. F O H R E R , H A T , 17; F U H S , NEB, 26; V I E W E G E R , Spezifik, 38; A L L E N , WBC, 38f. 116 N. H A B E L , The Form and Significance of the Call Narratives, in: ZAW 7 7 ( 1 9 6 5 ) , 2 9 7 - 3 2 3 ( 3 0 4 ) ; V I E W E G E R , Spezifik, 6 4 ; A L L E N , WBC, 3 9 . 117 Stellvertretend seien genannt J.F. Ross, The Prophet as Yahweh's Messenger, in: B.W. Anderson/W. Harrelson (hrsg.), Israel's Prophetic Heritage (FS J. Muilenburg), New York 1961, 98-107: slh als „the verb ordinarily used to describe the sending of a messenger" (99); „The form of the prophetic oracle was often derived from that of the typical ancient Near Eastern Botenspruch" (101); „the messenger's authority/.../ is that of the one who sends him. Thus a messenger is to be treated as if he were his master." (101); und R E N D T O R F F , Botenformel, 172, der in den Prophetenerzählungen der Geschichtsbücher mehrfach die Beauftragung eines Propheten durch Y H W H ausdrücklich in der Form der Sendung eines Boten findet (nämlich 2 Sam 7,5 „Geh und sage"; 2 Sam 12,1; 2 Sam 24,12 „Geh und rede"; 1 Kön21,18f. „Geh und sprich"; 2 Kön 20,5 „Kehre um und sage"). „Hier tritt überall das Verständnis des Propheten als eines Boten Jahwes sehr deutlich in Erscheinung. Darin zeigt sich, daß die Formel koh 'ümar YHWH, die in diesen Zusammenhängen regelmäßig verwendet wird, tatsächlich als Botenformel verstanden werden muß." Angewandt auf Ez bei LAMPARTER, BAT, 3 9 . 118 Es ist ein überaus häufiges Verb: Laut D E L C O R / J E N N I , Art. slh, 910, kommt es 847mal im AT vor, davon rund 450mal im qal in der Bedeutung „jemanden senden" (912). 119 Auch die „Präzisierung" der Kriterien in diesem Artikel bleibt unbefriedigend; offensichtlich läßt sich kein grammatisch-syntaktisches Unterscheidungskriterium etablieren, weil immer auch eine Betrachtung des Sinnzusammenhanges nötig ist.

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t u n g b e n e n n e n , sind in zweierlei Hinsicht d i f f e r e n z i e r t e r zu b e t r a c h t e n , nämlich z u m einen redaktionskritisch, z u m a n d e r e n im Blick auf d e n Stellenwert, d e n die Aussage des G e s a n d t - W e r d e n s / S e i n s im jeweiligen Kontext besitzt. D a b e i spielt es eine Rolle, o b slh lediglich in e i n e m N e b e n s a t z erscheint, o b ein anonym e r E r z ä h l e r von einer P e r s o n sagt, G o t t h a b e diese gesandt, o d e r o b j e m a n d in einer direkten R e d e von sich in d e r 1. Pers. b e h a u p t e t , er sei gesandt, o d e r a b e r o b die Aussage in einer G o t t e s r e d e erscheint. Ü b e r d i e s entscheidet d e r jeweilige Kontext d a r ü b e r , o b d e r G e d a n k e des G e s a n d t - W e r d e n s / S e i n s ein derartiges Gewicht besitzt, d a ß m a n ihm eine legitimierende Absicht unterstellen darf. Alle Belege, die in 3. Pers. einschlägig von Mose sprechen, haben aufgrund der besonderen - späten - Stilisierung der Mose-Gestalt einen gewissen Sonderstatus 120 . Die erzählende Einleitung zur Rede eines anonymen (!) Propheten Ri 6,7.8a macht wie die Rede dieses Propheten den Eindruck einer (dtr) Anreicherung. Auch Ri 6,14b scheint doch wohl ein redaktioneller Zuwachs zu sein, und in Ri 13,8 ist zweifelhaft, ob es hier überhaupt um eine prophetische Gestalt geht; offenkundig besteht eine Diskrepanz zwischen der behelfsmäßigen Bezeichnung „Gottesmann" in den direkten Reden des Paares (13,6.8) und dem mal'ak YHWH (13,3.9.13 u.ö., vgl. aber auch 13,6) im Erzähltext. 2 Sam 12,1 bietet eine lapidare erzählende Einleitung zu dem anschließenden Dialog zwischen David und dem bereits als Prophet bezeichneten (2 Sam 7,2) Natan. Jer 19,14 und Hag 1,12 erscheint der Aussage des Gesandt-Seins in berichtendem Kontext und in einem '"sosr-Satz, der in Jer 19 glossierend wirkt, während Hag l,12f. einen überfüllten Eindruck macht 121 . In den bisher genannten Fällen qualifiziert ein Erzähler also eine Gestalt als gesandt, wobei diese Bewertung in der Mehrzahl der Fälle als nachträgliche Anreicherung zu beurteilen sein wird. An einigen Stellen sprechen Personen in direkter Rede davon, daß Y H W H sie gesandt hat. Hier ist zu prüfen, ob diese Selbstaussage in dem betreffenden Fall eine legitimierende Absicht verfolgt. Dies ist eindeutig nicht der Fall, wenn Elia 2 Kön 2,2.4.6 jeweils erklärt, Gott habe ihn an einen bestimmten Ort gesandt. 2 Sam 24,13 spricht Gad mit David und fordert ihn auf, wohl zu überlegen, mäh-'üsib sol'h'i dabär, „welches Wort ich dem erwidern soll, der mich gesandt hat". Hier ist ungewöhnlich, daß das Partizip ohne eine Gottesbezeichnung oder ein auf Gott verweisendes Pronomen auftritt. Daß Y H W H der Sendende ist, geht aus V. 11, der prophetische Terminologie häuft (WEA, näbt', hozeh däwid) und den Imperativen 12a nebst Zitatansage hervor. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß V. 13bß gerade angesichts der im prophetischen Kontext ungewöhnlichen Formulierung eine Anreicherung darstellt. Zumindest ist - wie auch

120

Ex 4,28 '"scer-SsAz, der das Tetragramm als Beziehungswort hat und insofern literarkritisch bedenklich ist; Dtn 34,11 (ebenfalls in '"saer-Satz), eine eindeutig späte resümierende Wertung der Mose-Gestalt; Geschichtsrückblicke in 1 Sam 12,8 und Ps 105,26 sprechen von der Sendung von Mose und Aaron (Ps 105 qualifiziert Mose als „Knecht"); auch Jos 24,5 und Mi 6,4 sind Bestandteil von Geschichtsrückblicken, die aber als Gottesreden stilisiert sind. Jos 24,5a fehlt in LXX, ist also nicht ganz einhellig überliefert (Zuwachs in MT?); in Mi 6,4 fällt auf, daß Mirjam zusätzlich zu Mose und Aaron genannt wird. - RICHTER, Berufungsberichte, 158, wertet 1 Sam 12,8; Dtn 34,11 und Mi 6,4 als „späte Nachklang" der Sendung des Mose. 121 Besonders auffällig die Bezeichnung mal'ak YHWH für Haggai in 1,13, die auf eine späte Entstehungszeit hindeutet.

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Eingangs- und lndienstnahmevision

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bei Ri 6,14b - m e h r als zweifelhaft, d a ß dieser Halbvers einer d e r ältesten Belege ist (so Hossfeld/van der Velde, slh, 62). In seiner R e d e 1 Sam 15,1 blickt Samuel zurück auf die Salbung, die er an Saul vollzogen hat im A u f t r a g Y H W H S („mich hat gesandt Y H W H , u m dich zu salben z u m König"), u m so d e m G o t t e s w o r t , das er Saul g e g e n ü b e r ä u ß e r t (2f.), Gewicht zu verleihen. Jer 26,12.15 b e r u f t sich Jeremia darauf, d a ß Y H W H ihn gesandt hat, u m zu weissagen/ zu sprechen, als m a n ihn wegen seiner Verkündigung zur R e c h e n s c h a f t ziehen will. Die legitimierende Absicht der Selbstaussage Jeremias ist hier eindeutig. E i n e n Beweis, etwa in Gestalt einer Worterfüllung kann Jeremia nicht erbringen; doch k o m m t ihm d e r Hinweis auf die p r o p h e t i s c h e Tradition zu Hilfe (Mi 3,12 zitiert in Jer 26,18) 1 2 2 . Jes 48,16 u n d 61,1 leitet jeweils ein a n o n y m e r prophetischer Sprecher die folgende G o t t e s botschaft mit d e m Hinweis auf sein Gesandt-Sein ein. A n beiden Stellen dient d e r Hinweis der Beglaubigung des jeweils anschließend g e ä u ß e r t e n Wortes. Dies gilt auch f ü r Sach 2,12. A m deutlichsten legitimierend sind j e d o c h die A n s a g e n im Sacharjabuch, d a ß m a n e r k e n n e n wird „ d a ß Y H W H Z e b a o t mich gesandt h a t " (2,13.15; 4,9; 6,15), zumal in diesen E r k e n n t n i s a n s a g e n d e r G e d a n k e mitschwingt, d a ß das E i n t r e f f e n des von Sacharja A n g e s a g t e n d e n Beweis für sein von Y H W H Gesandt-Sein erbringt. Dieser Z u s a m m e n h a n g bestimmt auch die M o s e - R e d e N u m 16,28-30: Die Ereignisse sollen die Worte des M o s e bestätigen u n d so beweisen, d a ß G o t t ihn gesandt hat u n d M o se nicht „aus eigenem H e r z e n " (28) 1 2 3 handelt. H i e r h e r gehört f e r n e r die Ä u ß e r u n g Jeremias (Jer 28,9) in d e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit H a n a n j a . D a s größte Gewicht erhält die Aussage, d a ß Y H W H eine Person sendet, wenn sie in einer G o t t e s r e d e ausgesprochen wird. D e r S c h w e r p u n k t d a f ü r liegt eindeutig im Jeremiabuch. Jer 1,7 und 25,15 trägt Y H W H Jeremia auf, d o r t aktiv zu werden, wohin er ihn sendet. 1 2 4 . A u ß e r d e m erscheinen zwei fast feste W e n d u n g e n im Jeremiabuch, nämlich G o t t e s Aussage, d a ß er b e s t i m m t e P r o p h e t e n (PI.) nicht gesandt hat 1 2 5 und daß diese Lüge weissagen, einerseits u n d andererseits G o t t e s Hinweis auf „ m e i n e Knechte, die P r o p h e t e n " , die er gesandt hat 1 2 6 . Schließlich trägt Y H W H Mose R e d e n auf, die Mose mit d e m Hinweis e r ö f f n e n soll, d a ß Y H W H ihn gesandt hat 1 2 7 . Dies stellt w i e d e r u m eine B e s o n d e r h e i t dar gerade im Vergleich zu d e n schriftprophetischen Belegen, die eine „falschprophetische" Front vor A u g e n haben. A n d e r e r s e i t s wecken die Exodus-Belege den E i n d r u c k d e r N ä h e zu d e r vielbeschworenen p r o f a n e n B o t e n b e a u f t r a g u n g , e b e n weil Y H W H Mose die A b -

122 Wenn Samuel in seiner Rede 1 Sam 15,1 auf die Salbung zurückblickt, die er an Saul vollzogen hat im Auftrag YHWHS („mich hat gesandt YHWH, um dich zu salben zum König"), um so dem Gotteswort, das er Saul gegenüber äußert (2f.), Gewicht zu verleihen, weist dies in eine ähnliche Richtung: Die frühere Erfahrung, daß Samuel in Gottes Auftrag gehandelt hat, soll Saul empfänglich machen für Samuels aktuelle Botschaft. 123 Zu dieser Formulierung vgl. Ez 13,2.17. 124 Zu diesem Gebrauch vgl. 1 Sam 16,1. 125 Jer 14,14.15; 23,21.32; 27,15; 29,9. - Vgl. Jeremias Rede an Hananja 28,15 und den Vorwurf an Jeremia in 43,2. - Daß Gott den Schemaja ben Delaja nicht gesandt hat, erkennt Nehemia, weil er herausgefunden hat, daß Schemaja bestochen wurde (Neh 6,12). 126 Jer 7,25; 25,4; 26,5; 29,19; 35,15; 44,4. Als zukünftige Aussage mit dem direkten Objekt im Sg. Jes 42,19 ('"bdi und mal'äki im Parallelismus) und Mal 3,1.23. 127 Ex 3,14.15 (Zielgruppe Israel; in 5,22 nimmt Mose im Dialog mit Gott darauf Bezug); 7,16 (Zielperson Pharao).

154

Das prophetische Programm: Ez 1-7

Senderangabe als Einleitung der B o t s c h a f t mit aufträgt. D a s B e s o n d e r e besteht d a n n darin, d a ß d e r A b s e n d e r göttlicher N a t u r ist.

Die Durchsicht der in der Forschung als einschlägig betrachteten Stellen ergibt zunächst, daß lediglich Jes 6,8 verläßlich als früher Beleg von slh im Sinne einer von Y H W H vorgenommenen prophetischen Sendung zu gelten vermag 128 . Eine legitimierende Absicht impliziert das Verbum selbst in Jes 6 offenbar nicht. Diese läßt sich zweifelsfrei überall dort in der Schriftprophetie erkennen, wo es entweder um das Problem der sogenannten „Falschprophetie" 129 geht oder um den (dtr) Vorwurf, daß Israel auf die Gottgesandten Propheten nicht gehört habe. Der Schwerpunkt dieser Aussagen liegt dabei deutlich im Jeremiabuch. Man darf vermuten, daß im Zuge einer zunehmenden Stilisierung der Mose-Gestalt dieses prophetische Element auf ihn übertragen wurde. In DtrGW machen entsprechende Bemerkungen über als prophetisch bewertete Gestalten überwiegend den Eindruck der redaktionellen Anreicherung, slh stellt mitnichten einen terminus technicus der prophetischen Berufung dar. Im Rahmen einer Initialberufung kommt es - da Jes 6 nicht einhellig als solche beurteilt wird - zweifelsfrei nur in Jer 1,7 und Ez 2,3.4; 3,5.6 vor. Einzig in Ez 2,3 steht das Verb in exponierter Position und drückt im Nominalsatz programmatisch Gottes Vorhaben, Ezechiel zu Israel zu senden, aus 130 . Das Verb hat - zusammen mit der sogenannten „Botenformel" - sicher die Auffassung gefördert, prophetische Gestalten als „Boten" zu begreifen. Doch werden Propheten im AT erst sehr spät mit dem Begriff mal'äk bezeichnet 131 , der sonst für profane Boten gebräuchlich ist, in der Constructus-Verbindung mit dem Tetragramm im Sg. aber offensichtlich Mächten zugeordnet ist, die auf einer anderen ontologischen Ebene angesiedelt sind als die menschlichen Propheten 132 . Auch die Zitatansage besitzt im Rahmen dieser Passage besonderen Charakter, weil sie gewissermaßen absolut gebraucht wird. Sie repräsentiert in Ez 2,4b jegliche YHWH-Rede, die Ezechiel fürderhin äußern soll133. Insofern stellt sie einen programmatischen Vorgriff auf alle späteren Zitatansagen in den folgenden Sprucheinheiten des Buches dar. 2,5a bietet zwei refrainhafte, wiederkehrende Elemente, die gemeinsam die Reaktion der Adressaten in den Blick nehmen und damit die in 2,3a.4b umrisse12s

Dazu, daß die Äußerung des Mose Ex 4,13 im Lichte von Jes 6,8 zu sehen ist, vgl. VAN SF.-

TERS, Life, 60. 129

Vgl. dazu 5.2.1.3. Jer 1,7 steht es im Nebensatz; Ez 2,4; 3,5.6 nehmen letztlich 2,3 variierend wieder auf. Vergleichbar in seiner programmatischen Bedeutung ist allenfalls die Mose-Berufung Ex 3,14f. m Jes 42,19; Hag 1,13; Mal 3,1; vgl. auch 2 Chr 36,15f.; vgl. Ross, Prophet, 106f. 132 Zu mal'äk vgl. R. FICKER, Art. mal'äk , in: THAT I, 900-908 (904-906). Sie kann also mit H O S S F E L D , Untersuchungen, 32, als „Kürzel für die prophetische Botschaft überhaupt" bezeichnet werden. Vgl. BLOCK, NICOT, 120, „shorthand for the oracles themselves". 110

Die programmatische Eingangs- und Indienstnahmevision n e K o m m u n i k a t i o n s s i t u a t i o n v e r v o l l s t ä n d i g e n : 'im-yisryf'ü

155 w'J'im-ya'hdälü134

(2,5aa; vgl. 2,7; 3,11), „sie mögen hören oder es unterlassen", d.h. gleichgültig, ob sie die wiedergegebene Gottesrede anhören, wirklich zuhören und sie beherzigen. Das Motiv des Nicht-Hören(-Wollen)s begegnet häufiger innerhalb der Schriftprophetie. Es stellt eine Variante zu der Aussage dar, daß potentielle Rezipienten Augen und Ohren haben, aber damit nicht sehen und hören, d.h. über Wahrnehmungsorgane verfügen, diese aber nicht gebrauchen (können); sie kommt erstmals in Jesajas sogen. „Verstockungsauftrag" (Jes 6,9f.) vor 135 . Jes 28,12b und 30,9b bieten dagegen die Formulierung „sie wollten nicht hören" (w e lo' 'äbü semö"'). Nur hier bei Jes ist das Modalverb 'bh verwendet. Sehr häufig findet sich das Motiv im Jeremiabuch 1 3 6 ; dabei erscheint es mehrfach in Verbindung mit der Wendung welo' hittü 'cet-'azämnl sowie (zusätzlich) im Kontext der Aussage, daß sie „meine Knechte, die Propheten" nicht hören wollten 1 3 8 . Insbesondere im Zusammenhang mit der letztgenannten Wendung, aber auch darüber hinaus steht das Motiv innerhalb des Jeremiabuches im Verdacht dtr Ursprungs zu sein 139 . Schließlich spielt das Motiv in dem Abschnitt Sach 7,7-14 eine Rolle 1 4 0 . D a s z w e i t e E l e m e n t ki bet meri hemmäh

(2,5aß; vgl. 2,6.7.8; 3,9), „ f ü r w a h r , sie

sind ein Haus des Widerspruchs", rückt das erste Element in ein bestimmtes Licht, denn es läßt eher die zweite Alternative erwarten: Sie werden das Gotteswort nicht anhören, weil sie sich im Widerstand gegen ihren Gott befinden 141 . bei rrfri als Bezeichnung für Israel kommt nur im Ezechielbuch vor 1 4 2 . Vergleichbar 134 wehemmäh fehlt in der Übertragung von LXX. 135 Jer 5,21 nimmt diese Stelle auf. Innerhalb des Jesajabuches nehmen die Heilsaussagen Jes 29,18; 32,3; 35,5 in kontrastierender Umkehrung darauf Bezug (vgl. auch Jes 43,8). Das offene Ohr spielt ferner eine Rolle in Jes 42,20; 48,8; 50,4 f. 136 Jer 7,13.27; 12,17; 13,11.17; 17,24 (wenn ihr hört). 27 (wenn ihr nicht hört) 18,10; 22,5; 25,3.8; 26,5; 29,19; 42,21; mit unterschiedlichen Objekten (dich, mich, das Wort, meine Stimme); vgl. auch 26,3; 38,15.20; 42,5f. 137 Jer 7,24.26; 11,8; 17,23; 25,4; 35,15; 44,5. 138 Jer 7,25; 25,4; 26,5; 29,19; 35,15. 139 Die Stellen, die LIWAK, Probleme, 64, zur Unterstützung dieser These anführt, sind allenfalls von ihrer grammatischen Konstruktion her vergleichbar, nicht aber inhaltlich; denn nur die Vorkommen sind wirklich vergleichbar, in denen es darum geht, daß Menschen nicht auf Gott, sein Wort oder seinen Propheten hören. Dies Kriterium trifft zu auf Dtn 18,19; Ri 2,2.17; 6,10; 1 S a m 12,14.15; 15,19; 28,18; 1 K ö n 20,36; 2 K ö n 17,14; 18,12; 21,9; 22,13. 140

Hag 1,12 bietet den Kontrast (man hört auf die Worte); Ps 95,7b formuliert das Motiv als

Bitte. 141

„As a recurring closing formula in this commissioning speech /.../ < i t > justifies gloomy expectations of Israel" (GREENBERG, AncB, 66). Vgl. POHLMANN, ATD, 64: Diese Charakterisierung der Adressaten deute von vornherein die Aussichtslosigkeit und das Scheitern der Mission an. FOHRER, HAT, 18, meint, den Adressatenkreis genauer bestimmen zu können als die, die nicht glauben wollen, daß die Jerusalemer Sünder dem Untergang geweiht sind. Ezechiel soll sich „an die Deportierten , die sich im Glauben an die Unbesiegbarkeit Jerusalems und in der Hoffnung auf ihre baldige Rückkehr dorthin wiegen." 142

E z 2,5.6.7.8; 3,9.26.27; 12,2.3.9.25; 17,12; 24,3; 44,6. V g l . GREENBERG, A n c B , 65, d e r d e n

Ausdruck als „Ezekiel's coinage" bezeichnet.

156

Das prophetische Programm: Ez 1-7

sind nur zwei Einzelbelege 1 4 3 : Num 17,25 lib< ne-mcerisowie Jes 30,9 ki 'am rrfrihü' banim koehüsim bäntm lo' 'äbü s'md"' torat YHWH. In Jes 30 scheint das Vorbild der Wendung vorzuliegen, zumal es auch in Jes 30 um die Rezeption der durch Seher vermittelten Gottesbotschaft geht, die die Adressaten nicht annehmen wollen; sie ziehen für sie wünschenswerte Aussagen vor (Jes 30,10f.) - die inhaltliche Berührung zu Ez 2 liegt auf der Hand. Wenn Ez bei statt 'am verwendet, so wandelt er damit die geläufige Verbindung betyi'srä'el in anklagend-vorwurfsvoller Weise ab 1 4 4 .

2,5b enthält eine Erkenntnisansage ungewöhnlichen Inhalts: weyäde'ü ki näbt' häyäh betdkam, die eine Parallele in 33,33bßy hat: Nicht Y H W H selbst ist der Erkenntnisinhalt, sondern die Tatsache, daß ein Prophet unter ihnen/in ihrer Mitte war. Der Kontext macht deutlich, daß dieser besagte näbt' mit dem hier von Gott Angeredeten und mit der Wiedergabe Seines Wortes Beauftragte ist145. Den Begriff näbt' hat man in der alttestamentlichen Forschung vielfach diskutiert 146 , ist aber bis heute zu keinem einhellig anerkannten Ergebnis gelangt. Der Kontext in Ez 2 erhellt allerdings, was hier im Ezechielbuch mit dieser Bezeichnung gemeint ist: Einer, den Gott zu den Israeliten sendet und der zu diesen reden soll. Dieses sein Reden beginnt mit der Zitatansage, der Gotteszitatansage, die hier programmatisch und stellvertretend für die gesamte Gottesrede steht, die Ezechiel dann jeweils weiterzugeben hat. Die Wiedergabe von Gottesrede erfolgt unabhängig davon, wie die angesprochenen Adressaten sie aufnehmen. Die Erkenntnisansage in 2,5b besagt, daß „sie" - i.e. vorrangig die Adressaten selbst 147 , aber auch spätere Rezipienten - merken werden, daß ein näbt' unter ihnen weilte. Woran werden sie dies erkennen? Doch wohl nur daran, daß die Worte, die er von sich gegeben hat, sich bewahrheiten, so daß deutlich wird, daß seine Äußerungen - zumal sie unerfreulicher Art sein werden, so daß seine Hörer sie nur ungern wahrhaben wollen - Gottes vorankündigendes Wort waren, er also im Auftrag und Namen Y H W H S gesprochen hat, etwas angesagt hat, was zum Zeitpunkt der Äußerung auf Zukünftiges hindeutete. Diesen Gedankengang unterstellt 2,5b, d.h. eine Definition des näbt', wie sie in Dtn 18,21 f. vorliegt 148 . 2,5b hat zudem einen gewissen drohenden Unterton: Da 2,5a Israel als bet me~ rt charakterisiert, ist impliziert, daß die Hörer so geartet sind, daß sie nicht hören werden - dann müssen sie eben fühlen und werden auf diese Weise zur Ein143

Aus dem schmalen Gesamtbefund: Dtn 31,27; 1 Sam 15,23; Hi 23,2. LANG, Aufstand, 179, nennt es einen polemischen Ausdruck, mit dem Ezechiel seine Zeitgenossen treffen wolle. 145 Dies sagt die griechische Übersetzung in LXX (und die Peschitta) explizit: jtpov. Statt häyä in MT setzt dies ein 'attäh in der hebräischen Vorlage voraus. Textkritisch wäre diese Variante erklärlich; die Parallelstelle in Ez 33 lautet zweifelsfrei so wie 2,5b MT; zu bedenken ist ferner, daß die persönliche Formulierung in LXX an Dtn 18,18 erinnert. 146 Vgl. 3.1.4.1.1. 147 Wegen des Suffixes b'tökäm. 144

148

V g l . FOHRER, H A T , 16; BLOCK, N I C O T , 122.

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

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sieht und Erkenntnis gelangen. Sie hätten hören können, haben aber nicht gehört, und so kommt die Einsicht zu spät. Nicht umsonst rahmt mit 2,5b und 33,33 ausgerechnet eine Erkenntnisansage mit diesem Erkenntnisinhalt den Teil des Ezechielbuches, in dem überwiegendst Unheilsankündigungen für die Israeliten und die Völker zusammengestellt sind. In dieser Erkenntnisansage klingt also das Prinzip der Ankündigung durch ein Gotteswort und dessen Erfüllung an, ein Prinzip, das gemäß Dtn 18,21 f. den näbi' nachträglich legitimiert und seinen Spruch rückblickend als authentisches Gotteswort erweist. In dem näbi' vermögen die Adressaten mittelbar also auch Y H W H S Wirken zu erkennen, so daß auch diese Erkenntnisansage letztlich auf YHWH-Erkenntnis abzielt. Insofern greift auch 2,5b programmatisch auf die späteren Erkenntnisansagen im Buch vor 149 . Der Begriff näbi' taucht sonst - gerade im Vergleich zum Jeremiabuch - relativ selten im Ezechielbuch auf. D e n Schwerpunkt bilden die Kap. 13 und 14,1-11 1 5 0 , w o das Thema der Prophetie behandelt wird 151 . Hinzu kommt allerdings der häufigere Gebrauch der Verbalwurzel im Nif'al152 im Rahmen des Einleitungsmusters in den imperativischen Wendungen, die Gott als Handlungsanweisungen an Ezechiel richtet und die jeweils der zu zitierenden Gottesrede vorausgehen 1 5 3 , sowie zur Beschreibung von Ezechiels Tun 154 . Vor allem der Verbalgebrauch im Sinne von „mit berufenem Munde reden" wird in 2,5b (und 33,33) zusammenfassend-programmatisch in den Blick genommen.

2,5b will zusammen mit seinem Analogon in 33,33 einen Rahmen um die Unheilsankündigungen Ezechiels legen und interpretiert diesen Komplex als Sammlung von Worten, die durch ihr Eintreffen im Jahre 587/6 den mit der Verkündigung Beauftragten legitimieren und ihn als wahren Gesandten Y H W H S ausweisen. Für die Buchkomposition und die theologische Aussage im Blick auf die Prophetie besitzen 2,5b und 33,33 hohe Bedeutung. Es ist schwer zu entscheiden, ob diese Verse auf derselben genetischen Stufe anzusiedeln sind wie die Elemente innerhalb des Textkorpus, auf die sie Bezug nehmen, oder aber von diesen Elementen angeregt als kompositorische und theologische Signale hinzu gesetzt wurden 155 . 149

Schließlich bildet die Erkenntnisansage in 2,5b auch einen Vorgriff auf die formale Gestaltung der Sprüche, die ja überwiegend in einer Erkenntnisansage gipfeln und enden. 150 Ez 13,2.3.4.9.16 im Plural (ferner noch 22,25.28) mit kritischem Tenor (in Ez 38,17 steht die dtr Formel, die auch Jer 7,25.26; 25,4; 26,5; 29,19; 44,4 vorliegt); sowie im Sg. in Ez 14,4.7.9.10 (sowie Ez 7,26). 151 Vgl. dazu 5.2. 152 Das Hitp. kommt nur zweimal vor: Ez 13,17; 37,10. 153 Vgl. oben 3.1.4.1. Dabei ist das hnb' selbst neutral, d.h. es kann Heils- oder Unheilsansage einleiten; der häufig davor stehende Imperativ sim pän&ka (vgl. 3.1.4.1.) allerdings qualifiziert die folgende zu zitierende Gottesrede als eine Unheilsankündigung. 154 Ez 4,7; 11,4.13; 12,27; 21,19; 37,7.9.10. 155 So sah H E R N T R I C H , Ezechielprobleme, 127, diese Versteile als redaktionelle Zusätze. P O H L M A N N , ATD, 64, meint, in 2,5b stelle eine von späterer dtr Prophetentheologie beeinflußte

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Das prophetische Programm: Ez 1-7

Vergleichbares findet sich im Sacharjabuch, wo es vier 1 5 6 E r k e n n t n i s a n s a g e n gibt, die besagen, kl YHWHfbä'otsHahanl (Sach 2,13.15; 4,9; 6,15). H i e r wird der A n s p r u c h des Ich, i.e. des r e d e n d e n P r o p h e t e n , von Y H W H gesandt u n d damit zu den b e t r e f f e n d e n W o r t e n autorisiert zu sein, u n v e r b l ü m t geäußert. In Sach 2 wirken diese E r k e n n t n i s a n sagen m e r k w ü r d i g angehängt, w ä h r e n d sie in Kap. 4 als sinnvoller, integrativer Bestandteil des Spruches 4,8-10a erscheint; auch in 6,15 ist die V e r k l a m m e r u n g mit d e m Kontext gelungener als in Sach 2. E s hat d e n Anschein, d a ß in Sach w i e d e r u m eine A n leihe bei E z gemacht wird. Die g e n a n n t e n vier (oder f ü n f ) E r k e n n t n i s a n s a g e n n e h m e n deutlich Bezug auf Ez 2,5b/33,33 und greifen diese verdeutlichend auf: Nicht G o t t spricht den G e d a n k e n d e r S e n d u n g eines Bevollmächtigten aus, sondern d e r P r o p h e t selbst e r h e b t d e n A n s p r u c h , ein G e s a n d t e r zu sein 1 5 7 . Sachlich verwandt ist überdies die Notiz, die den Bericht von der B e r u f u n g Samuels summarisch abschließt (1 Sam 3,19-21). D o r t heißt es in V. 20: wayyeda' kal-yi'srä'el/.../ kl nce'cemän s'mü'el lL'näbV la YHWH, „ganz Israel erkannte, d a ß Samuel fest stand als nabi' YHWHS". 2 K ö n 5,8 f o r d e r t Elisa d e n König auf, den aussätzigen N a a m a n zu ihm zu schicken, damit er e r k e n n e kl yes nabi' b'yisra'el. D a m i t impliziert Elisa, d a ß er d u r c h w u n d e r s a m e s H a n d e l n an N a a m a n g e d e n k t , sein näbl'-Sein u n t e r Beweis zu stellen. D i e n e u e r l i c h e A n r e d e a n E z e c h i e l in 2,6 m a r k i e r t e i n e n l e i c h t e n N e u a n s a t z . D e r beert-'ädäm,

der d e n widerspenstigen A d r e s s a t e n g e g e n ü b e r steht, wird auf-

g e f o r d e r t , sich n i c h t v o r i h n e n , s e i n e n H ö r e r n , u n d i h r e n W o r t e n z u f ü r c h t e n 1 5 8 . D i e s e A u s s a g e w i r d n a c h d e m kt-Satz

in c h i a s t i s c h e r A n o r d n u n g d e r O b j e k t e

des Nicht-Fürchtens wiederholt (6b). 'al tlrä' wird als ein f o r m e l h a f t e s E l e m e n t b e t r a c h t e t , welches „als G o t t e s w o r t /.../ in d e n Heil und Trost z u s p r e c h e n d e n O f f e n b a r u n g s f o r m e l n < s t e h t > " 1 5 9 ; die W e n d u n g wird auch selbst als „ O f f e n b a r u n g s f o r m e l " bestimmt, als d e r e n ursprünglicher Sitz im L e b e n das priesterliche Heilsorakel 1 6 0 o d e r das T h e o p h a n i e - E r l e b e n 1 6 1 a n g e n o m m e n wurde. Wie auch immer dies sein mag, diese W e n d u n g ist traditionell vorgeprägt und Stimme Ezechiel in die Reihe der Propheten. Setzt man diese Prophetentheologie allerdings voraus, muß 2,5b kein Zusatz sein. A.G. AULD, Prophets and Prophecy in Jeremiah and Kings, in: ZAW 96 (1984), 66-82 (73) geht davon aus, daß weder Ezechiel noch Jeremia sich selbst als näbl' bezeichneten oder das Verb nb' für ihre eigenen Aktivitäten verwendeten; für ihn ist beides redaktionelle Eintragung aus nachexilischer Zeit. Seine Voraussetzung ist allerdings, daß Ezechiel als Dichter eine historische Gestalt war. 156 In Sach 2,12 ist der Text korrupt, evtl. liegt hier eine fünfte Erkenntnisansage vor. 157 Zu einer buchstrukturierenden Funktion der Erkenntnisansage vgl. Joel 2,27 und 4,17. 158 2,6a MT enthält offensichtlich eine Dittographie: ümiddibreheem 'al tirä' begegnet erneut als erste Hälfte von 2,6ba. In 6a bietet zudem LXX eine Variante fitjöe eartjg äjtö jipoocbitov avzwv, also eine Entsprechung zur zweiten Hälfte von 6ba. Dies lädt zu einer Emendation des zweiten tirä' in tehat ein, so daß in 6a und 6b jeweils ein Parallelismus von yr' und tht gegeben ist. 159

160

H . - P STÄHLI, A r t . yr',

in: T H A T I, 7 6 5 - 7 7 8 ( 7 7 2 ) .

So GRESSMANN, ZAW 34 (1914), 254-297; als klassischer Nachweis des Heilsorakels gilt J. BEGRICH, Das priesterliche Heilsorakel, in: ZAW 52 (1934), 81-92. Vgl. dazu FUHS, Art. järe', in: ThWAT III, 869-893 (884f.). 161 So L. KÖHLER, Die Offenbarungsformel „Fürchte dich nicht!" im AT, in: SThZ36 (1919), 33-39; vgl. FUHS, An. järe', 885.

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Indienstnahmevision

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d e r Leserschaft aus verschiedenen Z u s a m m e n h ä n g e n vertraut, die hier alle evoziert sein mögen: D a in Ez 2 eine G o t t e s r e d e gegeben ist, d e n k t m a n zunächst an G o t t e s r e den, an d e r e n A n f a n g diese A u f f o r d e r u n g erscheint, und zwar häufig v e r b u n d e n mit einer Selbstprädikation d e r r e d e n d e n Gottheit. Dies ist nicht nur biblisch 1 6 2 , sondern auch a n d e r n o r t s im A l t e n O r i e n t belegt 1 6 3 . O f t m a l s folgt eine B e g r ü n d u n g 1 6 4 , in d e r die G o t t h e i t ihre tätige Hilfe oder ihr Mit-Sein zusichert - ihr Erscheinen bzw. ihre G e genwart b e d r o h t den a n g e r e d e t e n M e n s c h e n also nicht. E i n e derartige A n r e d e Y H W H S kann e n t w e d e r unmittelbar innerhalb des E r l e b e n s einer T h e o p h a n i e (wie hier zu Beginn des Ezechielbuches) erfolgen oder mittelbar durch d e n M u n d eines dazu bevollmächtigten M e n s c h e n - etwa eines Priesters - an einen A d r e s s a t e n weitergegeben w e r d e n . Mit d e r letztgenannten Verwendungsweise tritt ein weiterer Bereich in d e n Blick, wo diese W e n d u n g im A T begegnet, nämlich A n s p r a c h e n vor einer Schlacht 1 6 5 , in d e n e n ein H e e r f ü h r e r seine Krieger zur Furchtlosigkeit a u f f o r d e r t mit der Begründung, d a ß Y H W H mit ihnen sei. Doch auch hier gibt es die Variante, d a ß G o t t selbst einer Führergestalt Mut zuspricht, indem er sie seiner Hilfe versichert. 1 6 6 In Ez 2,6 fällt auf, d a ß yr' im Parallelismus mit htt (vermutlich sogar doppelt) auftritt. Diesen parallelen G e b r a u c h gibt es sonst in der Geschichtsschreibung: D t n 1,21b, D t n 31,8b; Jos 8,1a; 10,25a; 1 Chr 22,13b; 2 Chr 20,15.17; 32,7. A b g e s e h e n von 1 Chr 22 ist überall an eine im weitesten Sinne b e v o r s t e h e n d e A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit Kriegsgegnern gedacht (bei d e n die zukünftige L a n d n a h m e b e t r e f f e n d e n Stellen bleibt dies eine eher vage G e f a h r ) . D i e D t n - und Jos-Texte d ü r f t e n als „deuteronomistisch" zu bewerten sein. Hinzu k o m m e n noch wenige schriftprophetische Belege: Jer 23,4; 30,10; 46,27; Jes 51,7. Offensichtlich gehört d e r Parallelismus der beiden Verben nicht in die älteren literarischen Schichten des AT. Möglicherweise b e d e u t s a m ist die Tatsache, d a ß in d e r Beauftragungsvision Jeremias beide Verben v o r k o m m e n , jedoch nicht im Parallelismus (Jer 1,8a u n d 1,17b). K ö n n t e es sein, daß Ez 2,6 hier b e w u ß t k o m p r i m i e r t ? In E z 2,6 e r g e h t d e r g e p r ä g t e A u f r u f 'al tirä' i m R a h m e n e i n e s T h e o p h a n i e - E r lebnisses, d.h. direkt an eine b e s o n d e r s h e r a u s g e h o b e n e P e r s o n . E i n e Selbstpräd i k a t i o n d e s r e d e n d e n G o t t e s g i b t es h i e r n i c h t , d a es sich u m e i n e n U n t e r a b schnitt einer bereits b e g o n n e n e n YHWH-Rede handelt. A u ß e r d e m fehlt eine explizit als B e g r ü n d u n g d e r F u r c h t l o s i g k e i t a u s g e d r ü c k t e Z u s a g e G o t t e s , m i t d e m A n g e r e d e t e n z u s e i n ( s o in J e r 1,8). M ö g l i c h e r w e i s e v e r s t e h t sich d e r G e d a n k e , d a ß F u r c h t n i c h t g e b o t e n ist, weil

YHWH

m i t d e m A n g e r e d e t e n ist, a u f g r u n d d e s

g e p r ä g t e n A u f r u f e s g e w i s s e r m a ß e n v o n s e l b s t . Z u d e m ist d i e s e m V e r s d e r B l i c k a u f d a s z u f ü r c h t e n d e O b j e k t w i c h t i g e r : D e r im p o e t i s c h e n P a r a l l e l i s m u s g e s t a l 162 Vgl. die bei STÄHLI, THAT I, 772, genannten Stellen: Gen 15,1; 26,24:46,3 und vor allem bei DtJes (41,10.13.14; 43,1.5) 163 Vgl. etwa das Orakel an Asarhaddon in: ANET 449f.; vgl. S. PARPOLA, Assyrian Prophecies, Helsinki 1997 (SAA IX), LXVI. 164 Vgl. Gen 26,24; Dtn 3,2 und häufig bei Dtjes; vgl. dazu STÄHLI, Art. yr\ 772. 165

166

V g l . d a z u STÄHLI, A r t . yr\

773; FUHS, T h W A T I I I , 883f.

Man hat die Formel als „zur Institution der Orakelerteilung im JHWH-Krieg" (VON RAD) betrachtet und ihr als Bestandteil des alten Kriegsorakels ihren ursprünglichen Sitz im Leben eben dort zuweisen wollen (vgl. dazu FUHS, ThWAT III, 884). Wie STÄHLI, yr\IIA, bemerkt, ist die Formel auch hier als Heilsorakel zu verstehen, d.h. es handelt sich um einen Spezialfall desselben.

160

Das prophetische Programm: Ez 1-7

tete Aufruf zur Furchtlosigkeit rahmt einen mit ki eingeleiteten Nominalsatz, der metaphorisch die Lage beschreibt, in der Ezechiel sich im Verhältnis zur Hörerschaft befindet: „selbst wenn widerborstige Dornen/Disteln und Dornen 167 (bei dir) um dich sind und du Skorpionen gegenüber sitzt". Die Israeliten, die der Nachsatz 2,6bß erneut als bet meri168 bezeichnet, werden in ihrer passivischen Widerborstigkeit (Dornen) und ihrem potentiell aggressiven und gefährlichen, aktiven Widerstand (Skorpione) 1 6 9 gegenüber Ezechiel beschrieben. S. Garfinkel, Of Thistles and Thorns: A New Approach to Ezekiel II 6, in: VT 37 (1987), 430-434, versteht 'aqrabbtm dagegen als eine Pflanze („scorpion-like plant"), die wegen der Ähnlichkeit eines ihrer Teile mit der Skorpionsgestalt so benannt ist (435). Außerdem faßt er „thistles and thorns and scorpions (scorpion-like plants)" als „environment of protection" (436) auf. Diese These stützt er mit dem Verweis auf akkadische Beschwörungstexte 170 sowie auf Jer 1,8 und 15,20, wo der Aufruf zur Furchtlosigkeit mit der Zusage Gottes einhergeht, den Betreffenden zu schützen.171 Beiden Aufforderungen zur Furchtlosigkeit vor den Israeliten, die in chiastischem Verhältnis zueinander stehen, folgt ein ki-Satz. Der erste davon bietet die ausgeprägte Bildersprache, der zweite wiederholt den Refrain betnfrihemmüh. Es scheint näher zu liegen, einen synonymen Parallelismus zwischen den beiden Vershälften anzunehmen, als an ein antithetisches Verhältnis zu denken, wie es Garfinkeis Lösung voraussetzt. Der zweite, unverblümte &?-Satz dient nämlich der Verdeutlichung des Bildes. Außerdem: Während Jer 1,8 im gängigen Sprachgebrauch ein „Heilsorakel" darstellt, kommt es Ez 2,6 auf die Darstellung der zu fürchtenden Gefahr an. Es ist nicht auszuschließen, daß der Gedan-

167 Die Begriffe säräblm w'salldnim sorgen für Unsicherheit, weil säräblm ein hapax legomenon ist und salldnlm allenfalls nochmals in Ez 28,24 erscheint. LXX gibt diesen Versteil wieder, als hätten in der hebr. Vorlage zwei Partizipien gestanden: Siöu Jiapoiarprjaovoi xai EjnovoTijoovTai em at xvxXm ( E I C H R O D T , ATD, übernimmt die LXX-Fassung und übersetzt sie „wenn sie dich befehden und verschmähen"). Z I M M E R L I , BK, 1 0 , rekonstruiert aufgrund der LXX-Wiedergabe als hebr. Vorlage slwnym sbbym 'wtk, „wenn Dornen dich umgeben", was durchaus korrekt sein mag. Auffällig an der LXX-Fassung ist die Tatsache, daß sie die beiden Hälften des kl-Satzes unterschiedlich wiedergibt, nämlich nur die zweite Hälfte bildhaft. Dies legt den Verdacht nahe, daß diese griechische Übersetzung die hebräische Vorlage bereits erklärt (oder vielleicht gar eine hebräische erklärende Randbemerkung übernahm?), was beweist, daß die hebräische Vorlage offensichtlich als schwer verständlich empfunden wurde. 168 Eine besondere Pointe entsteht durch yöseb im ersten ki-Satz und bayit im zweiten, da hier die Wortbedeutungen „wohnen" und „Haus" in einem konkreten Sinne mitgehört werden können. 169 Vgl. FOHRER, HAT, 18: Ez erfahre nicht nur Ablehnung, sondern erbitterte Feindschaft. C L E M E N T S , Ezekiel, 1 6 : „Because they are people of a rebellious nature, they will give him a very hostile reception (especially v. 6)." 170 Er zitiert dazu aus Maqlü III: „/..../1 am the spike of a thornbush; you cannot step on me!/I am the stinger of a scorpion; you cannot touch me!" (436). 171 Übernommen von BLOCK, NICOT, 121 f.

Die programmatische

Eingangs-

und Indienstnahmevision

161

ke des Mit-Seins G o t t e s unausgesprochen mitschwingt, daß aber explizit gerade eine Verschiebung des Akzentes gegenüber Jer 1 angestrebt ist. Es bleibt die literarkritische Anfrage an 2,6, der zudem in LXX mit Abweichungen überliefert ist. Der Vers könnte durchaus erweitert worden sein und etwa gelautet haben: „Und du, Mensch, fürchte dich nicht vor ihnen und erschrick nicht vor ihren Worten, denn sie sind ein Haus des Widerspruchs". Dann entstünde aus 2,4aß.b.5a.6*.7 ein ebenmäßigeres zweiteiliges Kehrversgedicht. Der Zusatz des durch bildhaften Stil charakterisierten /d-Satzes wäre dann durch die chiastisch arrangierte Verdoppelung des Aufrufs zur Furchtlosigkeit kunstvoll in den Text einbezogen worden. Das Interesse des bildhaften &?-Satzes ist es, das Leidvolle und Gefährliche der prophetischen Existenz zu betonen, ein Aspekt, der insbesondere im Jeremiabuch vorgegeben war. Vorstellbar wäre allerdings auch, 2,6 insgesamt als einen Zusatz zu betrachten, der den Aufruf zur Furchtlosigkeit hier einbeziehen will, weil er im Berufungsbericht Jeremias doppelt vorgegeben war (Jer 1,8.17) und infolgedessen zur Beauftragung eines von seiner Umgebung stark angefochtenen Propheten als nötig empfunden wurde. 2,7 setzt die R e i h e der Anweisungen fort: Nach V.4b, wo ihm die Zitatansage aufgetragen wurde, verweist V. 7 a a auf die Worte Gottes, die Ezechiel zu ihnen, Israel, sagen soll. Dies ist ein expliziter Hinweis auf die eigentlichen Gottesreden, die auf die Zitatansage jeweils folgen. Wie bei der A u f f o r d e r u n g in V.4b folgt auch hier der Blick auf die Adressaten, deren Reaktion - H ö r e n oder nicht - auf das R e d e n Ezechiels für seine Aktivität keine Rolle spielt - denn sie sind ohnehin bet meri (7b, vgl. 5a). D a m i t ist die Aufgabe, die Y H W H d e m angeredeten Menschen überträgt, verbal umrissen: Y H W H sendet ihn zu den Israeliten, damit er zu ihnen spricht. Die Zitatansage soll seine R e d e e r ö f f n e n , d.h. der Hinweis auf den, dessen Wort er wiedergibt, und er soll Y H W H S Worte zu ihnen reden. So ist das Handlungsprofil des bcen-'ädam umrissen und damit auch eine erste Beschreibung dessen gegeben, was aus der Sicht des Ezechielbuches einen P r o p h e t e n ausmacht. Daß der Prophet als Bote definiert ist, wird explizit nicht gesagt 172 , man kann diese Bestimmung lediglich aus dem Verbum slh ableiten, das mit dem Auftrag verbunden ist, eine Rede des Sendenden an einen bestimmten Adressatenkreis weiterzugeben. Hinzu k o m m t noch ein Blick auf das zu erwartende Ergebnis der Sendung. D a zu werden die A d r e s s a t e n als unwillig charakterisiert, das Wort anzuhören und zu beherzigen. Einen unmittelbaren Erfolg wird es also nicht geben; lediglich in 2,5b schimmert ein E f f e k t des Wirkens Ezechiels durch: Man wird schließlich erkennen, d a ß er ein näbl' war. D e r Aspekt, d a ß Ezechiel angesichts dieses Auftrags bzw. dieser Hörerschaft persönlicher G e f a h r ausgesetzt sein wird, scheint später ergänzt worden zu sein.

172 D e r Begriff mal'ak halten.

ist offenkundig besonderen, nichtmenschlichen Wesenheiten vorbe-

162

Das prophetische

Programm: Ez 1-7

Nun vollzieht Y H W H innerhalb der Vision eine Handlung an Ezechiel (2,8-3,3)- Strukturell steht sie in der Mitte des Beauftragungsgeschehens, eingerahmt von der rein verbalen Indienstnahme in 2,3-7 und 3,4-9 (-11) 173 . Die neuerliche betonte Anrede an Ezechiel (we 'attah baen-'ädäm 2,8) eröffnet zwei Aufforderungen, die ein Verhalten von ihm verlangen, welches mit dem der Israeliten kontrastiert: „Höre das, was ich zu dir sage" (8aa, im Gegensatz zu 2,7aß 'im-yisme'ü wl"im-ycehdälü, was ein Nicht-Hören implizierte), „sei nicht widerspenstig wie das Haus der Widerspenstigkeit" (2,8aß) 174 . Die Gottesrede 2,8b bereitet die folgende Handlung vor: „Sperre deinen Mund auf und iß das, was ich dir gebe". 2,9.10 unterbrechen die seit 2,3 andauernde Gottesrede mit einer Schilderung des nun folgenden Geschehens: Das Verb wä'oer'czh gefolgt vom Präsentativum leitet zur Beschreibung über und betont, daß es sich immer noch um visionäre Vorgänge handelt. Eine Hand streckt sich dem IchErzähler entgegen (2,9a), ein zweites Präsentativum verweist auf eine Schriftrolle darin 175 (2,9b). 2,10 beschreibt dieselbe genauer: Sie wird entrollt (10aa), und es zeigt sich, daß sie beidseitig beschriftet ist (lOaß); da antike Schriftrollen meistens nur einseitig, nämlich auf der Innenseite beschrieben sind, ist dies eine Besonderheit, die auf eine große (doppelte) Textmenge hinweist 176 . Geschrieb e n a u f i h r w a r qinim

wähcegceh

wähl-

so l O b ß M T .

D e n ersten u n d d e n letzten d e r drei B e g r i f f e h a t m a n als e r k l ä r u n g s b e d ü r f t i g e m p f u n d e n : qinim w u r d e von Cornill in A n l e h n u n g an dpfjvog in L X X in qinäh g e ä n d e r t . In d e r Tat ist e i n e Verlesung von he u n d mem textkritisch d e n k b a r ; Z i m m e r l i versucht, d e n PI. m a s k . a n d e r s als Cornill ( d e r auf das m e h r f a c h e V o r k o m m e n von Klagen im E z e c h i e l b u c h verwies) e n t w e d e r als ein A n a l o g o n zur P s a l m b u c h ü b e r s c h r i f t thlym zu v e r s t e h e n , was „ein G a n z e s an Klage z u m A u s d r u c k b r i n g e n " solle, o d e r als e i n e Intensivierung. D e s h a l b will e r M T nicht v e r ä n d e r n ( B K , 10). hi wird ü b e r w i e g e n d als d e f e k t i v e S c h r e i b u n g von hoy a n g e s e h e n ; ein a n d e r e r Vorschlag verweist auf das W o r t rfhi „ K l a g e l i e d " , das A m 5,16; Mi 2,4; Jer 9,9.17-19; 31,15 v o r k o m m t 1 7 7 , haegoeh begeg-

173

Zum kunstvollen Aufbau von Ez 1,1-3,15 in konzentrischen Kreisen vgl. Funs, NEB, 19f. Z I M M E R L I , BK, 7 6 , fragt: „Ist darin /../ der verborgene Seitenblick auf die Möglichkeit eines Sich-Sträubens, wie es Jer 1 , 6 sichtbar wird, zu erkennen?"; vgl. V I E W E G E R , Spezifik, 7 6 , der in Ez 2,6 im Aufruf zur Furchtlosigkeit die „Überwindung eines in die Gottesrede implizierten und daher sachlich vorauszusetzenden Einwandes" sieht. Beide Interpretationen sind von dem formgeschichtlichen Interesse geleitet, den Einwand als Teil des Form-Schemas eines Berufungsberichtes nachzuweisen. 175 bw sicher zu korrigieren in bh. 176 Z I M M E R L I , BK, 7 6 , spricht von einer „ b e d r ä n g e n d e < n > Überfülle der göttlichen Botschaft". Es ist kaum anzunehmen, daß nur die drei in 2,10bß genannten Begriffe, die den Inhalt der Schrift zusammenfassen, außen auf der zusammengerollten Rolle stehen, wie G R E E N B E R G , AncB, 67, meint. Dagegen spricht schon allein die Reihenfolge der Details im Text. 177 C. H A R D M E I E R , Texttheorie, 333-338 differenziert zwischen qinäh „Leichenlied", in dem um eine verstorbene Person getrauert werde, und n'hi „Untergangslied", wo die Trauer der Vernichtung einer politischen Größe gelte. Am 5,2 stelle eine Gattungsparodie dar, die in der Unheilsprophetie vor allem bei Ezechiel Schule gemacht habe. Seit Arnos sei die prophetische 174

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

163

net noch in Ps 90,9 und Hi 37,2 und bedeutet als möglicherweise lautmalerischer Begriff178 „Seufzen". Die drei Begriffe sollen offensichtlich den Inhalt der Schriftrolle näher charakterisieren. Gern werden sie erklärt als Bezeichnungen für die Wirkung, die der Inhalt der Rolle hervorrufe 179 , nämlich Klagen und Seufzen und Weherufe. Allerdings ist im Ezechielbuch, in dem des öfteren Genrebezeichnungen vorkommen, ebenso gut denkbar, daß auch hier literarische Formen genannt werden, in denen prophetische Unheilsansagen zum Ausdruck gebracht werden. Für die qtnäh und den Weheruf (höy) liegt dies ohne weiteres auf der Hand. Vielleicht bezeichnet auch hasgceh eine „elegische" Gattung, von der wir nichts Genaueres mehr wissen? Jedenfalls ist deutlich, daß der Inhalt der Schriftrolle unerfreulicher Natur ist. Der Kontext läßt keinen Zweifel daran, daß diese Rolle Gottes Worte versinnbildlicht, die Ezechiel ausrichten soll180: In der Gottesrede, die nach Y H W H S Präsentation der Buchrolle erneut einsetzt (vgl. die typische Einleitungswendung und die Anrede), fordert Gott Ezechiel auf: „Iß 181 diese Rolle und geh reden zum Haus Israel" (3,1). Aus dieser Anweisung geht zweifelsfrei hervor, daß der geforderte Vorgang des Verzehrens der Rolle - in bildhaft programmatischer Weise - der Übergabe bzw. dem Eingeben des göttlichen Wortes entspricht, das Ezechiel dann Israel gegenüber aussprechen soll182. 3,2 unterbricht die Gottesrede für den Ausführungsbericht 183 : „Ich öffnete qinäh als Untergangslied zu betrachten, die Gattungsbezeichnungen würden jedoch promiscue gebraucht. 178 BLOCK, NICOT, 125, hält die Beschriftung insgesamt für lautmalende Klageworte. S o ZIMMERLI, B K , 77; vgl. BLOCK, N I C O T , 125. 180

M.S. ODELL, YOU Are What You Eat: Ezekiel and the Scroll, in: JBL 117 (1998), 229-248 (241-245), interpretiert die Rolle nicht als „equivalent to the divine message" (242), sondern: „What Ezekiel eats are not words that he must speak but the judgment itself and its consequences." (244). Da sie Ezechiels priesterlichen Status in den Vordergrund rückt, sieht sie im Verspeisen der Rolle eine Analogie zum Verzehren des Sündenopfers durch den Priester. Unter Verweis auf Lev 8f. interpretiert sie: „When the priests eat the sin offering, they take on the guilt of the people and thereby absolve it /.../. Similarly when Ezekiel eats the scroll, he takes on the judgment of his people. Ezekiel thus retains the priestly dimensions of identifying with his people by ingesting a symbolic representation of their condition." (244). 181 Eine Entsprechung zu 'et '"scer-timsa '"köl gibt es in LXX nicht. Es könnte sich also um einen späteren Zusatz handeln, der betont, daß ihm die Rolle unmittelbar vor (das Gesicht) gehalten wird. 182 Ezechiel führt „das, was er danach seinen Volksgenossen vorträgt und schließlich auf Buchrollen niederschreibt, auf einen Fundus von Schrift zurück, der ihm von Gott schon vorgegeben war." (K. KOCH, Bücher auf Erden und Bücher im Himmel, in: Zwischen Studium und Verkündigung. Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Nordelbischen Kirchenbibliothek in Hamburg. [Bibliothemata 13] 1995, 395-408 [401]). Vgl. auch WILSON, Prophecy in Crisis, 127: „the eating of the scroll indicates that God has supplied the prophet with oracles in a fixed form that cannot be changed." „Ezekiel in fact claims that his entire book was given directly by God." (ebda.). 183 Solch ein Ausführungsbericht im Anschluß an einen göttlichen Befehl bildet in Ez die Ausnahme, ein Umstand, der dieser Passage um so mehr Gewicht verleiht. Vgl. nur noch 12,7 und 24,18.

164

Das prophetische Programm: Ez 1-7

m e i n e n M u n d , u n d e r ließ m i c h d i e s e R o l l e e s s e n " , d . h . e r s c h i e b t sie E z e c h i e l in d e n M u n d ; dies Tun begleitet G o t t mit einer weiteren A n w e i s u n g (die wieder durch die typische E i n l e i t u n g s w e n d u n g u n d die A n r e d e eingeleitet

wird):

„ D e i n L e i b soll e s s e n , u n d d e i n I n n e r s t e s soll sich f ü l l e n m i t d i e s e r R o l l e , d i e ich d i r g e b e . " ( 3 , 3 a ) . E z e c h i e l soll d i e R o l l e , u n d d a m i t d i e B o t s c h a f t , d i e sie v e r sinnbildlicht, buchstäblich verinnerlichen. D e r k n a p p e

Ausführungsbericht

( „ U n d ich a ß s i e " , 3 , 3 b a ) ist m i t d e r D a r s t e l l u n g e i n e r p e r s ö n l i c h e n E r f a h r u n g d e s I c h - E r z ä h l e r s v e r k n ü p f t : „ U n d sie w u r d e in m e i n e m M u n d w i e H o n i g s o süß." (3,3bß). H o n i g k o m m t im A T häufig in der f o r m e l h a f t e n W e n d u n g „das Land, wo Milch und H o n i g fließt", vor o d e r aber in R e i h u n g e n , wo luxuriöse Lebensmittel aufgezählt werden. Mit E z 3,3 am ehesten vergleichbar sind drei Stellen im Psalter (19,11; 119,103; 81,17) und zwei in d e n Proverbien (16,24; 24,13) 1 8 4 . Im Kontext von Ps 19 steht der Vergleich mit H o n i g in Parallele zum Vergleich mit G o l d , b e t o n t also die Kostbarkeit, gepriesen w e r d e n hier YHWH-Furcht u n d seine mispatim, also weisheitliche Werte. Ps 119,103 steht d e r Ez-Stelle b e s o n d e r s nahe, auch hier liegt ein weisheitlicher G e d a n k e n k o m p l e x vor: „Ich weiche nicht von deinen O r d n u n g e n ; d e n n du lehrest mich. Dein Wort ist m e i n e m M u n d e s ü ß e r als Honig. Dein Wort macht mich klug ..." (119,102104a). In Ps 81 spricht G o t t selbst: „Wenn doch mein Volk mir gehorsam wäre u n d Israel auf m e i n e m Wege ginge! D a n n wollte ich seine Feinde bald demütigen /.../ U n d ich w ü r d e es mit d e m besten Weizen speisen und mit H o n i g aus d e m Felsen sättigen." (81,14.15a.l7). H o n i g erscheint also als G o t t e s L o h n f ü r G e h o r s a m . Prov 16,24 setzt freundliches R e d e n bildhaft mit H o n i g gleich, d e r als a n g e n e h m gilt. Einige d e r vora u s g e h e n d e n Einzelsprüche (16,20.21.23) befassen sich mit d e m Wort bzw. d e m R e d e n in unterschiedlicher Hinsicht, b e s o n d e r s 16,20 ist von Interesse, wo es um G o t t e s Wort geht. Prov 24,13 f o r d e r t ein L e h r e r seinen Schüler auf, H o n i g zu essen, d e r gut ist und süß schmeckt. Dieser Aufruf ist bildhafter Natur, d e n n 24,14 zieht den Vergleich: „So ist Weisheit gut f ü r deine Seele ...". D e r Honig-Vergleich scheint somit im weisheitlichen Bereich angesiedelt zu sein; d e r Vergleich selbst erscheint im Z u s a m m e n h a n g mit G o t t e s Wort, der Weisheit u n d ihren Werten, d e m G e h o r s a m g e g e n ü b e r G o t t . Sollte d e r Vergleich schon fast sprichwörtlichen C h a r a k t e r besitzen? D e r honigsüße G e s c h m a c k hat o f f e n b a r etwas mit der göttlichen Provenienz d e r R o l l e z u t u n ; a u ß e r d e m k ö n n t e als w e i t e r e K o n n o t a t i o n f o l g e n d e r G e d a n k e g e g e b e n sein: D a ß d i e R o l l e f ü r E z e c h i e l s ü ß s c h m e c k t , liegt d a r a n , d a ß e r G o t t g e g e n ü b e r g e h o r s a m h a n d e l t , sich s o m i t als g o t t e s f ü r c h t i g u n d e i n s i c h t i g e r w e i s t (im G e g e n s a t z z u r bet 184

men)[H5.

Auch ZIMMERLI, BK, 7 8 (ebenso F U H S ) , gibt diese Stellen - außer Ps 8 1 - an. Der süße Geschmack ist unterschiedlich erklärt worden: H Ö L S C H E R , Hesekiel, der 3 . 3 für einen Zusatz hält, meint im Anschluß an KLIEFOTH, der süße Nachgeschmack deute darauf hin, daß auf das Unheil Heil folgen werde. Andere betrachten den süßen Geschmack als typische Begleiterscheinung bestimmter Arten der Verzückung ( F O H R E R , HAT, 2 0 ; EICHRODT, ATD, 13). Der süße Geschmack entstünde wegen des Auserwähltseins, des Gefühls der Auszeichnung dadurch (LAMPARTER, BAT, 41) oder zeige das Einverständnis zwischen Prophet und Botschaft (VON RAD, Theologie II, 233). Für BLOCK, NICOT, 126, beruht die Süße auf der Begegnung mit Gottes Wort (so implizit offenbar auch ZIMMERLI, BK, 7 8 ; für die süße Qualität der 185

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

165

D e r Angeredete, Ezechiel, spricht also nicht (wie Jesaja und Jeremia es tun), sondern führt nur die Anweisungen des göttlichen G e g e n ü b e r s aus; durch diesen G e h o r s a m beweist er, daß er nicht widerspenstig ist. Deshalb bietet der Text hier anders als bei a n d e r e n Handlungsanweisungen G o t t e s an Ezechiel jeweils unmittelbar an eine A u f f o r d e r u n g Y H W H S den entsprechenden Ausführungsbericht, e b e n um Ezechiels G e h o r s a m hervorzuheben. Wenn

dieser Visionsabschnitt auszurichtende Unheilsankündigungen als Schriftrolle versinnbildlicht, so setzt er die Schriftlichkeit solcher Texte voraus, weil das Bild nur dann f ü r die Rezipienten verständlich ist. Z u betonen ist, d a ß hier göttliches Wort buchstäblich anschaulich gemacht wird, d.h. es handelt sich in E z 2,9-3,3 um eine himmlische Schriftrolle, die nicht der Prophet erstellt hat, sondern die göttlichen Ursprungs ist 186 . D a m i t unterscheidet sich diese Schriftrolle von den Verweisen auf eine Verschriftung des von G o t t h e r k o m m e n d e n prophetischen Wortes bei Jesaja und Jeremia, deren Ä u ß e r u n gen allerdings die Existenz prophetischen Schrifttums belegen. YHWHS

Jes 30,8 bietet eine Anweisung Gottes, die Botschaft niederzuschreiben, um sie dauerhaft (und damit auch überprüfbar?) zu machen und ihren den Hörern unangenehmen Inhalt als unumstößlich und unwiderruflich zu charakterisieren. Auch bei Jes 30,8 geht es im weiteren Kontext darum, daß die Adressaten die Botschaft Jesajas nicht hören und nicht akzeptieren wollen (30,9: kl 'am nfrihü' bänim koehästm bänim lo' 'äbü i'" mötorat YHWH). Die Stelle dürfte wohl von Ez abhängig sein.

Im Jeremiabuch entfaltet Kap. 36 das Thema des schriftlich fixierten Wortes 187 . Auch hier ergeht Gottes Anweisung, seine Worte aufzuschreiben (36,2), bei denen es sich gleichfalls um Unheilsworte handelt (36,3 härü'ah). Der Versuch des Königs, die Worte in einem quasi-magischen Akt außer Kraft zu setzen, indem er die Schriftrolle stückweise verbrennen läßt, bleibt nutzlos, da Y H W H eine zweite Anweisung ergehen läßt, die Worte aufzuschreiben (36,28)188. Jer 30,2 bietet eine weitere Aufforderung an Himmelsspeise verweist FOHRER, HAT, 20, auf Ex 16,31, das Manna.). „Die mit dem Vollzug der gehorsamen Tat geschenkte innere Befreiung spiegelt sich in dem süßen Geschmack der seltsamen Speise wider." (EICHRODT, ATD, 13). Für VOGT, Untersuchungen, 15, ist es die „Süßigkeit des Gehorsams", ein Aspekt, den auch FOHRER, HAT, 20, andeutet, wenn er schreibt, die Botschaft sei nur für den Widerspenstigen bitter. 186 Vgl. KOCH, Profeten II, 95: „Die Schau setzt voraus, daß Profetie bereits in Buchform vorliegt. Daraus ist zu entnehmen, daß Ezechiel von vornherein seine Botschaft verschriftet hat und sich zu solcher Verschriftung beauftragt sah." 187 B. SEIDEL, Ezechiel und die zu vermutenden Anfänge der Schriftreligion im Umkreis der unmittelbaren Vorexilszeit, in: ZAW 107 (1995), 51-64, vermutet. Ezechiel habe das in Jer 36 geschilderte Geschehen miterlebt und sei davon bestimmt (59f.). Er konstatiert eine Verbindungslinie zwischen der Auffindung eines Buches (2 Kön 22), der Zerstörung eines Buches durch einen bösen König (Jer 36) und Ezechiels Buchrollenvision: „Der junge Priesterprophet Ezechiel nimmt diese Erfahrung mit ins Exil. Er muß /.../ sich zum Prophetenamt rüsten, indem er ein Buch schluckt /.../ mit dem Buch nimmt er die Traditionen (Jer) und die Tradition des Buches, das prophetische Schicksal des prophetischen Buches, in sich auf." (64). 188 VOGT, Untersuchungen, 14f., meint nicht nur, daß die „Gleichsetzung einer Schriftrolle mit den auf ihr geschriebenen Worten Gottes /../ Ezechiel und seinen Mitverbannten vertraut < w a r > aus dem Ereignis, das in Jer 36 erzählt wird.", sondern auch daß Ezechiel „von der Tat

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Das prophetische

Programm: Ez 1-7

Jeremia, Gottes Worte an ihn niederzuschreiben. Jer 51,60 berichtet, daß Jeremia Unheilsworte über Babel niedergeschrieben habe; dies Buch nutzt er für eine Zeichenhandlung (51,63f.). Jer 25,13 verweist auf die Erfüllung der Worte, die Jeremia gesprochen hat und die in diesem Buche stehen - damit wird von redaktioneller Hand auf das bereits existierende Jeremiabuch verwiesen. 189 Ähnlich verhält es sich mit Jes 34,16190. D i e Unausweichlicheit des Unheils steht also im Mittelpunkt des Interesses, wenn das Motiv des schriftlich fixierten Unheilsspruches im A T auftritt. Dessen E i n t r e f f e n ist zwingend; und damit wird das Wort - gerade auch angesichts unwilliger H ö r e r - ü b e r p r ü f b a r , vermag zumindest nachträglich als gültiges YHWH-Wort erkannt zu werden 1 9 1 . Dies ist abzugrenzen vom Motiv eines himmlischen Buches, in das Namen entweder eingeschrieben sind (Mal 3,16; Ps 139,16; Dan 12,1) oder aus dem sie getilgt (Ex 32,33; Ps 69,29) bzw. in dem sie versiegelt werden (Dan 12,4). Schließlich bleibt noch die Beziehung zu zwei Aussagen im Jeremiabuch zu bedenken 1 9 2 ; Bei der Indienstnahme Jeremias berührt G o t t Jeremias M u n d mit der Hand 1 9 3 und deutet diese symbolhafte G e s t e mit den Worten: hinneh nätatti debüray beplkä (Jer 1,9). Im Vergleich zu Ez 3,3 ist diese H a n d l u n g geradezu abstrakt zu nennen; denn bei E z wird das YHWHwort in Gestalt der Schriftrolle veranschaulicht; zudem wird nicht nur der M u n d des Beauftragten als das ausf ü h r e n d e O r g a n in den Blick g e n o m m e n , sondern der Leib, das Innerste, also der ganze Mensch wird ausgefüllt mit d e m Wort Gottes. Ezechiel wird gewisserm a ß e n zum Gefäß 1 9 4 des YHWHwortes. Hinzu k o m m t der bildhafte Ausdruck Jer 15,16a; nimf'ü d'bärcekä wä'okHem wayehid'bu^'ykä II l'säson. „ D e i n e Worte fanden sich, und ich aß/verschlang sie,

Jojaqims gewiss gehört, möglicherweise die Rolle selbst gesehen" hat. Ähnlich bereits E I C H R O D T , ATD, l l f : „Dieses etwa 10 Jahre vorher erschienene und größtes Aufsehen erregende Schriftstück hat Hesekiel zweifellos gekannt und als Dokument autorisierter Prophetenrede verehrt."; und Z I M M E R L I , B K , 7 9 : „Ist es angesichts der offenbaren Abhängigkeit Ez's von Jer an anderen Stellen /../ abwegig, die Frage zu stellen, ob nicht Ez von diesem Geschehen her bestimmt sein kann, bei dem er die Buchrolle Jer's sehr wohl noch mit eigenen Augen gesehen haben könnte?". 189 In einem visionären Kontext taucht ferner eine fliegende Schriftrolle in Sach 5,1—4 auf, die den von Gott ausgehenden Fluch symbolisiert, den er über das Land ausgehen läßt. 1,(1 Vgl. dazu H . D O N N E R , „Forscht in der Schrift Jahwes und lest!", in: ZThK 87 (1990), 285298. - W. Z I M M E R L I , Vom Prophetenwort zum Prophetenbuch, 483-488, betrachtet die einschlägigen Stellen als Indizien für Anfänge einer Verschriftung von Prophetenworten und damit als Anfang der Entwicklung zum Prophetenbuch. 191 Zu diesem Motivkreis vgl. auch Dan 9,2 mit dem Bezug zu Jer 25. 192 Vgl. F O H R E R , HAT, 16; V O G T , Untersuchungen, 1 3 f. 193 Wenn in Jes 6,7 einer der Serafen den Mund des Jesaja mit einer glühenden Kohle berührt, um ihn zu reinigen, dann ist wiederum ein anderer Akzent gesetzt, zumal dies Geschehen sich vor der eigentlichen Sendung vollzieht. 194 Z I M M E R L I , B K , 7 7 , faßt „das Aufnehmen des Gegessenen ins eigene Innere" so auf, „daß der Prophet nun schwanger geht mit der göttlichen Botschaft".

Die programmatische

Eingangs- und

Indienstnahmevision

167

und es wird mir dein Wort zur Freude und zur Wonne meines Herzens" 195 . Jeremia hat zuvor in 15,15 das Thema der feindseligen Hörer angeschlagen, die ihn als zur Wiedergabe des Y H W H W o r t e s Beauftragten verfolgen. Im Gegensatz zu seinen Widersachern nimmt er dies Wort in sich auf, was eine beglückende Wirkung auf ihn ausübt - trotz der bedrückenden Lebenssituation, in der er sich befindet (15,17). In diesen Versen aus einer der sogenannten „Konfessionen" äußert sich Jeremia also über seine persönliche Situation und sein persönliches Empfinden. Das in Jer 15 angedeutete Bild mag hier im Ezechielbuch durchaus übernommen sein, doch erhält es einen neuen Akzent: Das Ich Ezechiels wird im Vergleich zu Jeremias stark zurückgenommen, ist passiver und unterwürfiger gezeichnet und tritt gegenüber dem allgewaltigen Gott in den Hintergrund. Das Bild vom Einverleiben des Gotteswortes will kein persönliches Empfinden motivieren, sondern aussagen, daß der von Y H W H Beauftragte des Gottes Wort buchstäblich verinnerlicht, um es dann in authentischer Form weiterzugeben, sein Reden geht also nicht auf sein eigenes Denken zurück 196 . Wie schon häufiger beobachtet, nimmt das Ezechielbuch auch hier in 3,3 Motive aus dem Jeremiabuch auf, kombiniert sie, führt sie umprägend weiter und überbietet sie dadurch 197 . Aus dem anschaulichen Verspeisen der Schriftrolle im Rahmen der Beauftragung ergibt sich die programmatische Aussage, daß Ezechiel Y H W H S Wort, nachdem er es in sich aufgenommen hat, so an die Adressaten weitersagt, für die es bestimmt ist. Zugleich illustriert das Verzehren der Buchrolle als einer der wenigen Ausführungsberichte zu einer Handlungsanweisung Gottes programmatisch auch den absoluten Gehorsam Ezechiels seinem Herrn gegenüber 198 . In jedem Fall drückt die sogenannte „Buchrollenvision" eindeutig die Indienst195 So MT. In L X X zählt der Beginn von V. 16 M T noch zu V. 15 und hat demensprechend die Widersacher im Blick, „"die, die deine Worte verachten"; V. 16 lautet „Bringe sie ans Ende, und es sei dein Wort für mich Freude ...". Diese Differenz hat zu einem Konjekturvorschlag für M T geführt, nämlich das erste Wort in 15,16a zu ändern in minno"'se, so daß der Sinn entsteht: „Deine Worte wurden verächtlich behandelt". 1% Dies wird in Kap. 13 wichtig in der Auseinandersetzung mit anderen Propheten. Vgl. auch EICHRODT, ATD, 11: es geht „um seine Vergewisserung über den von seinem subjektiven Ermessen unabhängigen, göttlichen Ursprung der ihm aufgetragenen Botschaft." 197 Das Motiv, Gottes Wort im übertragenen Sinne als N a h r u n g zu verstehen, begegnet dann in D t n 8,3b, wo es heißt: „denn nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jeglichem, das ausgeht vom Mund YHWHS, lebt der Mensch." Hier wird der G e d a n k e zu einer verallgemeinerten Sentenz. 198 O b man das Geschehen als „testing of Ezekiel's will" (so BLOCK, NICOT, 123; vgl. zuvor EICHRODT, ATD, 11) bezeichnen darf, sei dahin gestellt. E h e r mag man davon sprechen, d a ß das Verzehren der Rolle „Zustimmung und Mitwirkung Ezechiels" ausdrückt (VOGT, Untersuchungen, 14). Sicher geht es der Stelle nicht darum, eine A r t „Inspirationstheorie" zu liefern (so BLOCK, NICOT, 126, „the combination of commands, ' E a t this scroll', and ' G o and teil' illustrates the nature of prophetic inspiration"); „Die H a n d l u n g will nicht sagen, dass Ezechiel die einzelnen Worte, die er in den k o m m e n d e n Jahren verkünden muss, schon jetzt erfährt" (VOGT, Untersuchungen, 14). Wieweit magische Vorstellungen gemeinantiken Volksglaubens, wie B. OLSSON, Die ver-

168

Das prophetische Programm: Ez 1-7

nähme Ezechiels und sein damit verbundenes besonderes und intensives Gottesverhältnis aus. Nach der symbolträchtigen Handlung an dem angeredeten bcen-'üdäm setzt die Gottesrede ein drittes Mal im üblichen Muster neu ein (3,4) und erteilt ihm nun endgültig den Auftrag: „Auf, geh zum Haus Israel und rede zu ihnen mit meinen Worten." 3,5-9 betrachtet Y H W H die Adressaten und deren Reaktion und rüstet Ezechiel dementsprechend aus. V.5f. beschreiben das Ausmaß der Hörunwilligkeit Israels durch den Kontrast zu fremden Völkern: „Fürwahr, nicht zu einem Volk unbekannter Rede und unverständlicher Sprache 199 bist du gesandt, sondern 200 zum Hause Israel (5); nicht zu vielen Völkern unbekannter Rede und unverständlicher Sprache, deren Worte du nicht (hören) verstehen kannst; wenn ich dich zu ihnen sandte, würden sie dir zuhören. (6)" 201 . In paralleler Ausdrucksweise wird der Kontrast zwischen dem einen Volk, das Ezechiels Sprache versteht, und den zahlreichen anderen Völkern etabliert, der Unterschied auf die Spitze getrieben und zum Hyperbaton gesteigert: Trotz der Sprachbarriere würden fremde Völker Ezechiel zuhören, obwohl sie seine Sprache gar nicht verstehen. Bei den Israeliten liegt es nicht daran, daß sie Verständnisschwierigkeiten hätten, weil in einer Fremdsprache zu ihnen geredet würde. Es gibt keinen äußeren Hinderungsgrund, sondern es liegt allein am Nicht-Wollen: „Vielmehr will das Haus Israel nicht auf dich hören, denn sie sind nicht willig auf mich zu hören." (3,7a). Damit wird die Identifizierung Ezechiels mit 202 Y H W H deutlich : Ezechiels Wort ist Gottes Wort; Letzterem verweigert sich Israel, und das bekommt Ezechiel zu spüren. Diese Haltung Israels gründet in seiner „Verstocktheit": „denn das ganze Haus Israel - harte Stirnen und verhärtete Herzen haben sie." (7b). Dickköpfigkeit (Stirn) und Uneinsichtigkeit bringt die Unempfindlichkeit der beiden Körperteile bildhaft zum Ausdruck: Durch die Verhärtung sind sie nicht mehr aufnahmebereit, alles prallt an ihnen ab. Dieses „erkenntnistheoretische", weisheitliche Vokabular drückt die Unbelehrbarkeit Israels aus. schlungene Buchrolle, in: ZNW 32 (1933), 90f., sie als Hintergrund von Off.lO,9f. darstellt, auch hier zum Tragen kommen, ist schwer einzuschätzen. 199 w'kibde läsön fehlt im Codex B der LXX; die Wendung findet sich auch in Ex 4,10 als Einwand des Mose gegen seine Beauftragung. BHS vermutet hier einen Eintrag nach dem Vorbild der Exodus-Stelle. In Ez 3,6 erscheint die Wendung abermals; dort fehlt eine Entsprechung zu ihr und dem vorhergehenden Glied in der Peschitta. V. 5 und 6 gehen hinsichtlich der beiden Elemente 'imqe säpäh w'kibde läsön parallel, V. 5 spricht von einem Volk, nämlich Israel, welches diese Eigenschaften nicht hat, während V. 6 andere Völker beschreibt, die sich eben dadurch auszeichnen. Die Abweichungen in LXX bzw. der Peschitta können durchaus auf Abschreibeversehen zurückgehen. 200 Eine entsprechende Konjunktion fehlt in MT; es wird sich bei diesem Satzglied um eine erläuternde Glosse handeln. 201 EICHRODT, ATD, 14, sieht hier eine Anspielung auf Jes 28,11; der Gedanke der Drohung mit einer unverständlichen Gottesbotschaft werde hier umgekehrt. GREENBERG, AncB, 68, verweist zusätzlich auf Jes 33,19. 202 Vgl. Jer 1,9b; 15,19.

Die programmatische

Eingangs- und

Indienstnahmevision

169

D i e s e A n s a g e d e r U n e m p f ä n g l i c h k e i t von A d r e s s a t e n f ü r das W o r t entspricht Jes 6,9f. 2 0 3 D a s M o t i v des N i c h t - H ö r e n - W o l l e n s b e g e g n e t z u d e m mit v e r g l e i c h b a r e m Vok a b u l a r in Jer 5,21-24; Jer 6,10 ( u n b e s c h n i t t e n e s O h r ) ; Jer 7,24-27; Jes 48,8. Jer 5,3b nutzt das Bild v o m A n g e s i c h t , das h ä r t e r ist als Fels. E i n w e i t e r e n t w i c k e l t e s K o n z e p t , das aus d e r R ü c k s c h a u e i n e explizite B e z i e h u n g herstellt zwischen d e r W a r n u n g d u r c h das v e r k ü n d e t e G o t t e s w o r t , d e m N i c h t - H ö r e n Wollen u n d d e m E i n t r e t e n des U n h e i l s f i n d e t sich in Jes 4 8 , 3 - 8 u n d Sach 7,7-14, bes. 11-13.

Nachdem 3,7b das Gegenüber Ezechiels beschrieben hat, schildert Gott in 3,8f. wie er ihn zugerüstet hat, damit er seinem Gegenüber widerstehen kann: „Siehe, ich habe dein Gesicht hart gemacht ganz wie ihr Gesicht und deine Stirn hart ganz wie ihre Stirn (8), wie einen Diamanten 2 0 4 , härter als Kiesel 205 habe ich deine Stirn gemacht (9a)". Gott macht nur die äußere Seite Ezechiels hart, nicht sein Herz, verleiht ihm also äußere Widerstandsfähigkeit 206 . So ausgestattet braucht Ezechiel sich nicht vor seiner unwilligen Hörerschaft zu fürchten (3,9b, mit kl-Satz als abschließendem Refrain). Die Metapher in Ez 3 entstammt weisheitlicher Kommunikationstheorie; das Jeremiabuch dagegen verwendet in vergleichbarem Kontext ein militärisches Bild (Jer l,18f.; vgl. 15,20): Jeremia wird zur „ehernen Mauer", der man nichts anhaben kann, erscheint also als eine Festung, die unbezwingbar ist, weil Gott mit ihm ist. Dreimal erscheint hier in Ez 3 der Stamm hzq, und es drängt sich der Verdacht auf, daß der Name yhzq'l hier programmatisch anklingt und in seiner Bedeutung begründet wird 207 . 3,10, eingeleitet mit dem typischen Muster für Gottesrede in einer Vision, ergänzt im Blick auf Ezechiel, daß die Härte, die ihm verliehen ist, etwas Äußeres, der Abwehr Dienendes ist; anders als bei seinen Hörern, deren Herzen verhärtet sind (3,7b), soll seine Aufnahmefähigkeit nicht beeinträchtigt sein: „Alle meine Worte, die ich zu dir sage, nimm mit deinem Herzen < a u f > und mit deinen Ohren höre." (3,10) 208 . Das Ohr als Organ, durch welches das Wort eindringt, und das Herz als der Sitz des Verstandes und der Einsicht sollen Gottes

203

Für eine positive Bewertung des Hörens vgl. etwa Prov 15,31; 18,15; 23,12. samlr, i.S. „Diamant, sehr harter Stein" wird Jer 17,1 als Instrument zum Einritzen gebraucht; Sach 7,12 ist abhängig von Ez 3,9. N.B.: Bei Jesaja erscheint der Begriff i.S. „Dorngestrüpp" in Kombination mit säyit („Disteln"), Jes 5,6; 7,23.24.25; 9,17; 10,17; 27,4 (ohne säyit nur 32,13). Damit hat das Wort eine Doppeldeutigkeit; in seinem jesajanischen Gebrauch besteht eine inhaltliche Beziehung zu Ez 2,6. 205 sor, i.S. „Flintmesser", wird benutzt zur Beschneidung, vgl. Ex 4,25; Jos 5,2.3; Ps 89,44 als „Schwertschärfe"; Dtn 8,15; 32,13 ist es kombiniert mit hallümis. 206 Das „harte Gesicht" drückt Entschlossenheit aus, aber auch Mitleids- und Gefühllosigkeit; Jer 5,3 charakterisiert die Adressaten so. Jes 50,7 sagt der Knecht von sich: „Darum habe ich mein Angesicht hart gemacht wie einen Kieselstein." 207 Soweit er nicht sogar von dieser Stelle her gewonnen und einer - historischen oder fiktiven - Prophetengestalt beigelegt wurde. Zum Wortspiel mit dem Namen vgl. G R E E N B E R G , AncB, 69; BLOCK, NICOT, 128. 20» Ygj 2,8 die Aufforderung, nicht widerspenstig zu sein. 204

170

Das prophetische Programm: Ez 1-7

Wort aufnehmen 2 0 9 . Dieser verinnerlichte Wortempfang ist offensichtlich die Voraussetzung für die Weitergabe des YHWH-Wortes, zu der 3,11 Ezechiel erneut aufruft: „Auf, geh zu den Weggeführten, zu den Söhnen deines Volkes und rede zu ihnen und sage zu ihnen: ,So hat der H E R R Y H W H gesprochen', ob sie es hören oder es lassen." (3,11). Ezechiel wird zu Volksgenossen geschickt, und zwar zur gölah2U\ so daß seine direkte Hörerschaft als ein Teil Israels spezifiziert wird. Damit kommt die doppelte Adresse - angeredete Hörer und die von der Botschaft direkt Betroffenen - ins Spiel. Die Zitatansage repräsentiert erneut wie in 2,4 als Auftakt einer Ansprache die jeweilige gesamte Gottesrede. Die eigentliche Legitimation und Autorisation erfolgt dabei wiederum nicht durch die Zitatansage, sondern durch die an Ezechiel gerichteten Aufforderungen sowie zuerst und vor allem durch die Sendungsaussage in 2,3a. Wer das Ezechielbuch liest, soll und wird sich an die Beauftragungsvision erinnern, in deren Zusammenhang die Zitatansage dreimal (2,4; 3,11; 3,27) programmatisch vorkommt. Durch diese Erinnerung erhalten die Zitatansagen der einzelnen Redeabschnitte erst indirekt den Anstrich besonderer Legitimation. Nach 3,11 ergibt sich ein deutlicher Einschnitt, da 3,12-15 vom Ende der Vision berichten. Dieser Bericht orientiert sich an Elementen aus Kap. I 2 " und 2 212 . 3,16-21 gestalten die Wächtermetapher, die in Kap. 33,7-9 (2-9) wiederkehrt und somit eine rahmende Aufgabe erfüllt, indem sie die dazwischen stehenden Unheilsankündigungen einfaßt. Die Wortempfangsaussage in 3,16b läßt vermuten, daß die Wächterpassage einen kompositorischen Einschub darstellt. Denn unmittelbar im Anschluß wird erneut Visionäres geschildert. Es scheint, als habe das Einfügen von 3,16-21 eine erneute berichtende Visionseinleitung 213 erforderlich gemacht vor den Versen, die vermutlich noch zu der großen Beauftragungsvision hinzu gehörten - ein Ende dieses Visionsgeschehens wird nicht berichtet. Es spricht manches dafür, 3,24b-27 als zunächst unmittelbare Fortsetzung von 3,11 zu betrachten 2 1 4 : Der refrainhafte ki-Satz kehrt wieder, die Zitatansage erscheint zum dritten Male, auch die Verbindung sm' - hdl ist wieder da.

209 Erneut ein Bezug zum Kap. 13 und dem dort erhobenen Vorwurf „aus eigenem Herzen" zu weissagen. 210 Der Begriff bestätigt den auch andernorts vorausgesetzten Aufenthaltsort Ezechiels unter den bereits Exilierten - soweit man ihn nicht als Glosse betrachten will. 211 Akustische Eindrücke, k'böd-YHWH, Flügel und Räder der Wesen. Elemente also, die überwiegend als sekundär erwiesen wurden. Zu 3,12-15 vgl. auch oben. 212 Die rü"h aus 2,2 kehrt in 3,12.14 nicht als belebende Kraft, sondern als eine Gott dienende Macht wieder. 213 Sie ist deutlich am Vorhergehenden orientiert: 3,22a vgl. 1,3b; 3,23b vgl. 1,28b ; 3,24 vgl.

2,2. 214

A n d e r s POHLMANN, A T D , 69f., d e r 3 , 2 2 - 2 7 a l s N a c h t r a g z u 3 , 1 7 - 2 1 a n s i e h t , d e r s i c h g e -

gen den Exklusivanspruch der ersten Gola richte. Das Verstummungsmotiv, das in Ez 3 und 33 der Beauftragung zum Wächter unmittelbar folgt, diene dazu, den zeitlichen Rahmen für die Wirksamkeit als Wächter zu strukturieren.

Die programmatische

Eingangs-

und Indienstnahmevision

171

In der Endgestalt des Textes erhält l,3b-3,ll einen Abschluß in 3,12-15; die Gottesschau und die Beauftragungsvision, die so weit vergleichsweise allgemein gehalten ist, werden damit zusammengruppiert. In den Versen, die durch die Wächterpassage hinausgeschoben wurden und eine eigene Einleitung erhielten, die sie als Vision qualifiziert, präzisiert Y H W H , wie die Verkündigungssituation Ezechiels konkret aussehen wird (3,24b-27). Dann geht die Gottesrede über in Anweisungen zu symbolträchtigen Handlungen (4,1-5,4) mit anschließender Sinndeutung (5,5-17). Die Wortempfangsaussage in 6,1 markiert einen deutlichen Neuansatz, nämlich zu reiner Wortverkündigung. Man darf also wohl in groben Zügen für die Textgenese annehmen, daß in einen Grundbestand aus l,3b-3,ll (vielleicht abzüglich mancher Anreicherungen), 3,24b-27; 4*; 5* die Wächterpassage 3,16-21 einerseits sowie die von Visionsende und -beginn berichtenden Elemente andererseits eingefügt wurden.

4.1.3 Das sogenannte

Verstummungsmotiv

(3,24b-27)

Dieser Abschnitt umreißt die Verkündigungssituation, die im Folgenden vorausgesetzt wird. Auf die Redeeinleitung für Gottesrede innerhalb von Visionen (wayyo'mcer 'elay) folgt die Aufforderung: „Geh, schließ dich ein in deinem Haus." (3,24b). Die pronominal verstärkte bcen-'ädäm-Anrede und das Präsent a t u m leiten die Schilderung der Situation Ezechiels in seinem Hause ein: „Siehe, ich215 will dir Stricke anlegen und dich damit binden, so daß du nicht herausgehen kannst in ihre Mitte." (3,25)216. Der B e g r i f f b ö t i m ist unterschiedlich gedeutet worden, je nachdem ob man ihn buchstäblich oder metaphorisch verstand: Ezechiel werde tatsächlich von seinen Mitbürgern als Gefangener in seinem Hause gehalten; der Widerstand und Anfeindungen seiner Hörer gegen 215 M T näfnü m a g d u r c h a u s auf einer V e r s c h r e i b u n g von h e b r . y in w b e r u h e n , so d a ß an ein ursprüngliches natatti zu d e n k e n wäre. ZIMMERLI, BK, 110, sieht die E x u l a n t e n als U r h e b e r des G e s c h e h e n s , ausdrücklich nicht G o t t (ähnlich GREENBERG, A n c B , 102; BLOCK, N I C O T , 154). D o c h da im u n m i t t e l b a r v o r a u s g e h e n d e n K o n t e x t k e i n e 3. Pers. PI. a u f t a u c h t , w ä r e die in M T v o r h a n d e n e V e r b f o r m eine n e u t r a l e r e A u s d r u c k s w e i s e ( „ m a n " ) ; s i n n g e m ä ß steht j e d e n f a l l s YHWH d a h i n t e r ; vgl. die F o r m u l i e r u n g e n in 3,26 und 4,8. 216 HÖLSCHER, H e s e k i e l , 56, sieht e i n e n W i d e r s p r u c h zwischen d e m freiwilligen Sich-Einschließen in 3,24b u n d d e m Fesseln in 3,25. Auch ZIMMERLI m a c h t e i n e n literarkritischen Schnitt zwischen 3,24 u n d 3.25-27, da er die letzten drei Verse als N a c h i n t e r p r e t a t i o n d u r c h Ezechiels J ü n g e r b e t r a c h t e t , die von 3,24b ausgeht: „ H a t t e das ursprüngliche G o t t e s w o r t in 24b d e m P r o p h e t e n die p r o p h e t i s c h e K l a u s u r g e b o t e n u n d dieses G e b o t gleichzeitig auf die E i n s c h l i e ß u n g J e r u s a l e m s hin durchsichtig u n d zur Z e i c h e n h a n d l u n g w e r d e n lassen, so fügt die N a c h i n t e r p r e t a t i o n /.../ d e n Hinweis auf das G e b u n d e n w e r d e n des P r o p h e t e n d u r c h die A n f e i n d u n g e n d e r U m w e l t u n d d u r c h das /.../ v o n J a h w e g e w i r k t e V e r s t u m m e n hinzu /.../." ( B K , 111).

Allerdings k a n n m a n 3,24b-27 d u r c h a u s im Z u s a m m e n h a n g v e r s t e h e n , nämlich als sich steig e r n d e n Dreierschritt: N a c h d e m Ezechiel sich im H a u s e eingeschlossen hat, w e r d e n die Aufe n t h a l t s b e d i n g u n g e n v e r s c h ä r f t , i n d e m er an das H a u s gefesselt ist u n d nicht m e h r frei sprechen k a n n .

172

Das prophetische Programm: Ez 1-7

ihn m a c h t e n ihn zu e i n e m G e f a n g e n e n im ü b e r t r a g e n e n Sinne 2 1 7 ; o d e r die Strikke b e z e i c h n e t e n e i n e L ä h m u n g o d e r e i n e a n d e r e b e w e g u n g s h e m m e n d e K r a n k heit 2 1 8 . Die sonstige Verwendung des Wortes '"bötim im AT läßt die letztgenannte Interpretation wohl kaum zu: Es erscheint als Fessel für Menschen 2 1 9 - auch metaphorisch als Ausdruck für eine Einengung bzw. einengende Abhängigkeit 2 2 0 - oder als das Mittel, mit dem ein Zugtier vor den Pflug gebunden wird 221 ; auch hier ist ein bildhaft übertragener Gebrauch belegt 222 . Durch '"botim werden also Mensch oder Tier in ihrer Bewegungsfreiheit gehemmt, und das Zugtier wird dadurch in eine bestimmte Richtung gelenkt 223 . Ezechiel sollen die Stricke in s e i n e m H a u s e festhalten; d a f ü r , d a ß es sich d a b e i u m k o n k r e t e Fesseln h a n d e l t , gibt es k e i n e n Hinweis. V i e l m e h r h i n d e r t Y H W H ihn - mit w e l c h e n tatsächlichen Mitteln auch i m m e r dies geschähe, steht nicht zur Diskussion - d a r a n , sein H a u s zu verlassen. Ezechiel ist aus rein theologischen G r ü n d e n an sein H a u s gefesselt. E b e n d e s h a l b spielen Fragen d a n a c h , wie m a n sich dies realistisch vorzustellen h a b e , letztlich k e i n e Rolle 2 2 4 . Ezechiel wird als ein P r o p h e t dargestellt, d e r nicht in d e r Ö f f e n t l i c h k e i t auftritt, wie es vor allem v o n J e r e m i a ü b e r l i e f e r t wird 2 2 5 . Ezechiel k a n n zwar sein H a u s nicht verlassen, doch k a n n m a n ihn d o r t a u f s u c h e n - insofern ist die Aussage G o t t e s 217 So GREENBERG, AncB, 102, der die buchstäbliche Bedeutung zwar nicht ausschließt, doch den Sinn für wahrscheinlicher hält: „the public repulsion to you is so great, it has as good as driven you off the streets and confined you to your quarters." Vgl. auch FUHS, NEB, 31, der beim Fesseln mit Stricken auch Anfeindungen in Erwägung zieht. - Der Gedanke der Anfeindungen wird sicherlich begünstigt durch die Aussagen in 2,6 und 3,8f., die einen Widerstand der Rezipienten implizieren, der jedoch keineswegs physische Dimensionen annehmen muß. Überdies ist die Frage, ob nicht in 3,24b-27 ein neues Motiv, nämlich die exklusive Inanspruchnahme Ezechiels durch Gott, angeschlagen wird, in dem der frühere Aspekt der Rezeption keine Rolle spielt. Dagegen ODELL, YOU Are What You Eat, 245. Sie meint: „The act of binding Ezekiel symbolizes the captivity of the exiles." (245). „By binding Ezekiel and confining him to his house, the people allow him to symbolize their own situation in Exile and thereby express their willingness to accept him as their representative." (246). 218 219

220

LANG, E z e c h i e l , 5 7 - 6 3 . 6 6 - 7 4 . R i 15,13.14; 16,11.12.

Ps 2,3. Hi 39,10. Hos 11,4; Jes 5,18; Ps 129,4. 223 Unter Berufung auf Ex 28,14.22.24.25; 39,15.17.18, wo das Wort die Goldketten bezeichnet, mit denen Teile des priesterlichen Ornats befestigt werden, sieht ODELL, YOU Are What You Eat, 246, hier einen priesterlichen Bezug: „Rather than signifying a restriction of Ezekiel's ministry, the cords 'tie' him to his people." 224 ZIMMERLI, BK, 108, der 3,24b als Auftakt zu einer Reihe von Zeichenhandlungen interpretiert, stellt in diesem Zusammenhang die Frage, ob es eine prophetische Klausur gegeben habe, vermutet hier also offensichtlich ein verallgemeinerbares Tun, eine Art prophetischer Konvention. 225 Dies geht aus den Aufforderungen Gottes an Jeremia hervor: Jer 1,17; 2,2; 7,2; 11,6; 19,2; 22,1; 26,2; 28,5; 34,2, sowie aus den Berichten Jer 19,14; 25,2; 26,7; 34,6; 43,1. Vgl. ferner Jes 6,9; 7,3 sowie evtl. Am 7,10ff. Fraglich bleibt, inwieweit Höraufrufe wie Hos 4,1; Joel 1,2; Am 3,1; 221

222

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

173

in 3,25 auch in Verbindung zu Ez 8,1; 14,1 und 20,1 zu sehen 226 und schafft so ein weiteres strukturelles Netz innerhalb der Buchkomposition 2 2 7 . Für potentielle Hörer sind die Bedingungen also verschärft, da der Prophet nicht zu ihnen kommt, sondern sie sich zum Propheten bemühen müssen. Gott verschärft diese Situation Ezechiels noch: „Und deine Zunge will ich haften lassen an deinem Gaumen, und du wirst stumm sein und für sie nicht mehr zu einem Mann werden, der < s i e > zurechtweist. Denn sie sind ein Haus des Widerspruchs (26). Doch wenn ich zu dir rede, will ich deinen Mund öffnen, und du sollst zu ihnen sagen: ,So hat der Herr Y H W H gesprochen' (27a). Wer < e s > hört, soll hören, und wer < e s > unterläßt, der unterlasse es. Denn sie sind ein Haus des Widerspruchs (27b)." Y H W H will Ezechiel verstummen lassen, d.h. er darf nicht mehr reden - außer wenn Gott ihm ein Wort mitteilt, das er aussprechen und weitergeben soll. Es wird also keine Äußerungen des Privatmannes Ezechiel mehr geben; aus seinem Munde kommen nur noch durch die entsprechende Zitatansage als solche gekennzeichnete Gottesreden. Y H W H erhebt exklusiv Anspruch auf Ezechiels Redefähigkeit, so daß Ezechiel zum offiziellen Sprachrohr Y H W H S wird. Für seine Mitbürger müßte damit erkennbar sein, daß, wenn Ezechiel überhaupt redet, er dann Gottes Wort ausspricht. Der refrainhafte Satz kt bet rrfrt hemmäh begründet einerseits das Verstummen Ezechiels (26b), andererseits die wenig optimistische Einschätzung der Rezipienten des G o t t e s w o r t e s hassomea'

yismä'

wehoehädel

yaehdäl.

Der refrainhafte ki-Satz und die Hören-oder-Lassen-Aussage stellen einen Bezug zu 2,1-3,11 her, dessen unmittelbare Fortsetzung 3,24*.25-27 wohl einmal bildeten, bevor die Passage 3,16b-21 hinzu kam. Wie in 3,27b markiert die Kombination der zudem getrennt auftretenden beiden Elemente auch in 2,5 und 2,7 einen Sinneinschnitt. Auffällig in 3,27b ist einzig, daß das Hören oder Lassen durch die Verbindung von Partizip und finiter Verbform singularisch ausgedrückt wird, nicht mit Verben in 3. Pers. PI. in der 'im ... ^'«¡-Konstruktion. Die Schlußmarkierung scheint durch diese grammatisch abweichende Formulierung stärker zu sein. Die Interpretation des Verstummens Ezechiels und die Frage, was der Begriff 'is möktah meint, haben die Forschung immer wieder beschäftigt und zu den unterschiedlichsten Lösungsmodellen geführt. Die Deutung des hier angekündigten Verstummens stand dabei im Mittelpunkt. Man hat dies Phänomen pathologisch verstanden entweder als eine nur kurze Zeit (bis 5,4b) anhaltende Folge des überwältigenden Eindruckes des vorhergehenden Visionserleb-

4,1; 5,1; Mi 1,2; 3,1; 6,1 eine tatsächliche Auftrittssituation widerspiegeln oder aber ein kompositorisch-literarisches Mittel der schriftlichen Sammlung sind. 226 Vgl. G R E E N B E R G , AncB, 120 („Confinement to home is reflected in all the locations of prophesying mentioned in the book (8:1; 14:1; 20:1; 33:30)"), sowie P O H L M A N N , ATD, 77, der 8,1; 14,1 und 20,1 als auf 3,24b abgestimmt sieht. Zu bedenken ist ferner 33,31. 227 Die Notizen, daß Älteste ihn in seinem Haus aufsuchen, gliedern Kap. 8-24 in drei etwa gleich lange Unterabteilungen.

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Das prophetische Programm: Ez 1-7

nisses 2 2 8 oder analog zu u n d k o m b i n i e r t mit d e m Fesseln mit Stricken in V.25 als Symp t o m einer K r a n k h e i t bzw. als Folge eines psychisch bedingten körperlichen Leidens Ezechiels 2 2 9 . Setzt m a n voraus, d a ß Ezechiel seine Sprechfähigkeit krankheitsbedingt verliert, sieht m a n einen Widerspruch zwischen Vv.26 und 27 2 3 0 o d e r zwischen 3,26 u n d den d a n n im Folgenden w i e d e r g e g e b e n e n G e r i c h t s r e d e n Ezechiels, weil es von der k r a n k h a f t e n S p r a c h b e h i n d e r u n g keine A u s n a h m e n geben k ö n n e - auch nicht f ü r G o t tes Wort 2 3 1 . Dies f ü h r t e e n t w e d e r zu d e r besagten Behelfslösung, die eine begrenzte zeitliche E r s t r e c k u n g des P h ä n o m e n s annimmt 2 3 2 , o d e r zu literar- u n d redaktionskritischen O p e r a t i o n e n . Einen zusätzlichen Ausgangspunkt literarkritischer L ö s u n g e n bildet z u d e m häufig „die Frage, o b dieses V e r s t u m m e n des P r o p h e t e n , das nach d e m Fall Jerusalems sein E n d e findet, in d e r Tat schon 7 Tage nach d e r B e r u f u n g des P r o p h e t e n b e g o n n e n habe. D i e ganze Verkündigung, die in E z 4 - 2 4 enthalten ist, verbietet diese A n n a h m e . " 2 3 3 228

229

MESSEL, E z e c h i e l f r a g e n , 46f.

Die konkret pathologische Deutung erstmals bei A. K L O S T E R M A N N , Ezechiel. Ein Beitrag zu besserer Würdigung seiner Person und seiner Schrift, in: ThStKr 5 0 ( 1 8 7 7 ) , 3 9 1 - 4 3 9 . E I C H R O D T , ATD, 2 2 , meint, von Anfang an begleite schweres Leiden die Ausrichtung des prophetischen Auftrages; L A N G , Ezechiel, 6 6 - 7 4 , interpretiert das Verstummen als Aphasie, wofür er diverse psychische Ursachen angibt. F U H S , NEB, 3 0 ; C L E M E N T S , Ezekiel, 1 9 ; 3 , 2 5 f . als „pointing to the temporary paralysis and dumbness of an overstressed personality." Gegen die Krankheitsthese z.B. KOCH, Profeten II, 98. Z I M M E R L I , BK, 109, wirft hingegen zunächst die Frage auf, ob es bei Fesselung und Sprechunfähigkeit um ein und dieselbe Sache gehe. J. DETHOMASSON, Acte-signes OU actes magiques?, in: BN 64 (1992), 18-25, beurteilt das Verstummen und Gefesselt-Sein vor dem Hintergrund mesopotamischer Beschwörungstexte: „Cette association étroite entre mutisme et ligature /.../ peut aussi suggérer un rapport entre ce qui arrive au Prophète, sur l'ordre de l'Esprit, et le fait d'avoir mangé une nourriture tabou dont Surpu fait l'origine du mal. On remarquera que 1' 'acte-signe' ézéchiélien succède à la manducation du rouleau céleste et précède la manducation obligée de nourritures rendues impures." (22). 230 „Wie kann Ezechiel nach V. 26 stumm sein und nach V. 27 soll er dennoch reden?" (MESS E L , Ezechielfragen, 45). E I C H R O D T , ATD, 22, sieht dagegen den Widerspruch zwischen 3,26 und dem Redebefehl in 2,4ff.; 3,4ff. 231 Allerdings wäre das Aussetzen einer Behinderung zwecks Äußerung eines Gotteswortes um so wundersamer und daher eindrucksvoller. 232 MESSEL, Ezechielfragen, 46, postuliert aufgrund von 3,15, daß die Lähmung nur sieben Tage anhalte, die Gebundenheit währe nur, solange die Symbolhandlung der Belagerung dauere, und auch die Stummheit sei nur bis 5,4b vorauszusetzen. 233 Z I M M E R L I , BK, 1 0 9 . G R E E N B E R G , AncB, 1 0 3 , wendet sich gegen die These eines solchen Widerspruches zwischen 3,26 und dem Rest des Buches. G A R S C H A , Studien, der 2,3-3,9.25-27 im Zeichen des Stichwortes vom Haus der Widerspenstigkeit betrachtet (246), schreibt: „In Fortsetzung des Motivs der Widerspenstigkeit schildert auch der letzte Abschnitt (3,25-27) ein Handeln des Volkes, das dessen Verstockung ausdrückt. Sie werden den Propheten binden, damit er seinen Auftrag unter ihnen nicht ausrichten kann (3,25). Wiederum wird Jahwe diesem Verhalten des Volkes mit gleichem Mittel entgegentreten, indem er den Propheten verstummen läßt, um ihm nur auf Grund eines besonderen Redeauftrages den Mund wieder zu öffnen. Diese Aussagen nehmen die in 2,4-3,4 berichtete Berufung zur Wortverkündigung wieder zurück und scheinen somit dem ersten Teil der Berufungsschilderung zu widersprechen. Andererseits zeigt der kunstvolle Aufbau der Prophetenberufung, daß diese Spannung beabsichtigt ist. Ezechiel wird zwar als Prophet berufen, aber seine Tätigkeit wird wegen des Verhaltens seines Volkes gleich wieder eingeschränkt." (248).

Die programmatische Eingangs- und Indienstnahmevision

175

Da das Motiv des Verstummens in 24,27 und 33,22 erneut vorkommt, vermuten manche Exegeten den ursprünglichen Ort von 3,22-27 im Zusammenhang von Kap. 24: „/.../ in 24,15ff. und 33,21 f. < s t o ß e n wir> auf ein kurz vor dem Fall Jerusalems dem Propheten auferlegtes, zeichenhaftes Verstummen, dessen längere D a u e r mit dem Eintreffen der Nachricht von der Eroberung der Gottesstadt beendigt wird. Die Vermutung liegt nahe, daß auch dieses als Strafe des hartnäckigen Widerstands verhängte Schweigen der prophetischen Predigt für seine Schüler, die die ganze Wirksamkeit ihres Meisters überblickten und verständlich zu machen suchten, als ein seinem ungläubigen Volke immer wieder entgegentretendes Zeichen verstanden wurde, das von Anfang an den Entscheidungscharakter der Botschaft unterstrich und deshalb ebenso wie das Wächteramt an den Anfang gestellt wurde." 2 3 4 Meist vermutet man die ursprüngliche Position von 3,22ff. dann bei 24,26 235 . Eine andere literarkritische Variante betrachtet 3,27 als Glosse, die ausgleichend zu 3,11 wirken wolle in dem Sinne, daß Ezechiel stumm da gesessen habe abgesehen von den Momenten, wo er Y H W H S unmittelbare Worte vermittelte 2 3 6 , oder sieht 3,27 als im Vorblick auf das in 24,27 und 33,21 f. Erwähnte gestaltet 2 3 7 . Ein Lösungsansatz anderer Art interpretiert diese Verse dahingehend, daß Ezechiel am Anfang seines Verkündigens auf Widerstand (3,25) 238 gestoßen sei, darin eine Fügung Gottes erkannt habe (3,26) und daraufhin seine öffentliche Wirksamkeit aufgegeben und nur noch vor einem kleinen Kreis in seinem Hause gesprochen 2 3 9 oder aber die Worte nicht mehr ausgesprochen, sondern sie statt dessen niedergeschrieben habe; das Verstummen wird also als Symbol für eine Verschriftlichung der Botschaft angesehen 2 4 0 . Auch ein symbolisches Verständnis des Verstummens geht zumeist zusätzlich mit einer literarkritischen Operation einher: So betrachtet Fohrer 3,22-27; 24,25-27 und 33,21 f. als eine Symbolhandlung. „Überliefert ist sie in 3 kleinen Berichten, die von der Redaktion über das Buch verteilt worden sind; dadurch sollte insbesondere unterstellt werden, daß der Prophet während der meisten Zeit seiner Tätigkeit stumm gewesen sei und seinen Mund nur zur Mitteilung der Jahweworte habe öffnen dürfen /.../. Tatsächlich handelt es sich jedoch um ein zusammenhängendes Geschehen, das unbestimmte Zeit vor dem Fall Jerusalems begonnen und bis zum Eintreffen der Nachricht darüber gedauert hat." 2 4 1 . „ /../ der Prophet hat tatsächlich zahlreiche Worte gesprochen, wie sich aus vielen Stellen erschließen läßt /.../. < D > a s Verstummen Ez's < i s t > symbolisch gemeint. Wie und indem er aufhört zu reden, hört auch Jahwe auf, zu den 234

EICHRODT, A T D , 2 2 .

235

Vgl. VOGT, U n t e r s u c h u n g e n , 34; F u n s , N E B , 31 n i m m t an, daß 3,26 hinter 24,26a gestand e n h a b e n könnte. 236

HÖLSCHER, H e s e k i e l , 59.

237

So ZIMMERLI, BK, 109, in A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit HÖLSCHER. G e g e n eine literarkritische

T r e n n u n g v o n Vv. 26 u n d 27 ALLEN, W B C , 238

62.

Die „Stricke" w e r d e n d a n n e n t w e d e r als k o n k r e t e s Mittel der G e w a l t a n w e n d u n g gegen Ezechiel g e d e u t e t (HÖLSCHER, Hesekiel, 56, „die E x u l a n t e n w e r d e n den P r o p h e t e n in der Ausü b u n g seiner Tätigkeit gewaltsam h i n d e r n " ) o d e r als m e t a p h o r i s c h e r Ausdruck für A n f e i n d u n g e n seiner U m g e b u n g . - FOHRER, HAT, 26, versteht 3,25 als Glosse, die e r l ä u t e r n d die G e w a l t a n w e n d u n g als Motiv hinzufüge. 239 SMEND, K E H , 25.27. 240 Vgl. aus j ü n g e r e r Zeit den A n s a t z von DAVIS, Swallowing the Scroll, vor allem 50-56. 241

FOHRER, H A T , 2 5 .

176

Das prophetische Programm: Ez 1-7

widerspenstigen D e p o r t i e r t e n zu reden. Wie und indem Ez's Verkündigung a u f h ö r t , erlischt auch das M ü h e n u n d Sorgen Jahwes um sie. /..../ Jetzt wird nicht m e h r gewarnt, s o n d e r n endlich d e r f u r c h t b a r e Schlag fallen /.../." 2 4 2 . Auch Friebel 2 4 3 sieht 3,22-27; 24,25-27 u n d 33,21 f. z u s a m m e n als eine Z e i c h e n h a n d lung, o h n e die redaktionsgeschichtliche Ü b e r l e g u n g Fohrers zu teilen. „Ezekiel's speechlessness was a voluntary abstention, carried o u t t h r o u g h the e n a b l e m e n t of G o d , which s p a n n e d the initial period of his ministry (c. 593-586 B C E ) . T h e imposition of speechlessness was lifted t h r o u g h o u t the seven-year period w h e n e v e r Ezekiel was divinely compelled to utter a p r o p h e t i c message. T h e speechlessness thus m e a n s that Ezekiel still verbally prophesied, but that he did not carry on any n o n p r o p h e t i c conversation with those a r o u n d him." (185). Im V e r s t u m m e n sieht er folgende Botschaft ausgedrückt: „the speechlessness was a representational expression a b o u t the p e o p l e ' s behavior: just as t h e p r o p h e t was speechless, so they should be in relationship with G o d . /.../ in light of their iniquity, they should be silent and n o longer assume a n o r m a l dialogic relationship with G o d . " (186f.) 2 4 4 . In d e m M o m e n t , wo das Volk den Dialog mit G o t t a u f g r u n d des Tempelverlustes zerstört sehe, e n d e Ezechiels Stumm-Sein; sein neuerliches R e d e n v e r k ü n d e , d e n Dialog mit G o t t w i e d e r a u f z u n e h m e n (190). Friebel interpretiert damit dies Verhalten Ezechiels als A u f f o r d e r u n g an die Rezipienten, nicht als Aussage ü b e r Ezechiel und seine Beziehung zu G o t t u n d Volk. Allerdings gesteht Friebel zu, das V e r s t u m m e n sei „ambiguous as to its m e a n i n g s " (192) 2 4 5 , da Ezechiel zu diesem „sign-act" keine E r k l ä r u n g liefere (192f., vgl. 405). Von d a h e r erscheint die D e u t u n g als „klassische" Z e i c h e n h a n d l u n g fragwürdig. D e m V e r s t u m m e n h a f t e t etwas Z e i c h e n h a f t e s an, was aber vor allem auf d e n Leser abzielt; denn erst d e r unmittelbare Kontext d e r I n d i e n s t n a h m e zeigt, w o r u m es dabei geht, nämlich u m die absolute I n a n s p r u c h n a h m e der Sprechwerkzeuge Ezechiels durch Y H W H . Die Interpretation der V e r b i n d u n g 'is mökf'h weist in zwei unterschiedliche Richtungen: Die meisten E x e g e t e n verstehen diese Aktivität im Blick auf die g e n a n n t e 3. Pers. PI., also auf die M e n s c h e n in Ezechiels U m g e b u n g gerichtet, und zwar in zwei verschiedenen N u a n c e n : E n t w e d e r als „ S t r a f p r e d i g e r " 2 4 6 o d e r als „ M a n n , d e r zurechtweist" (Zimmerli, B K ) , „ M a h n e r " (Eichrodt, A T D ) , also im Sinne eines „ U m k e h r p r e digers" 2 4 7 . E i n e zweite Auffassung b e t r a c h t e t das Tun als auf G o t t gerichtet, nämlich als Fürbitte. D a n a c h w ü r d e Ezechiel in 3,26 also das f ü r b i t t e n d e E i n t r e t e n für Israel vor Y H W H untersagt 2 4 8 .

242

243

FOHRER, H A T , 2 6 f .

Sign-Acts, 169-195, widmet sich dem Verstummen unter Darstellung vorfindlicher Positionen dazu. 244 Den Zusammenhang zwischen Sünde und Verstummen sieht er in Ez 16,63 belegt, die Anfragen in Ez 14,1 und 20,1 zeigten, daß die Leute Gott anreden. 245 „Ezekiel's speechlessness (Ez 3:26), on the nonverbal level, did not communicate whether it was a social withdrawal for personal reasons or whether it was an indictment against the people's speaking." (416). 246 So übersetzt F O H R E R , H A T , 25; vgl. V O G T , Untersuchungen, 34 und vor allem A L L E N , WBC, 62, „proclaimer of punishment". 247 G R E E N B E R G , AncB, 102: „one who reproaches wrongdoers with their wickedness and calls on them to emend their ways". Vgl. schon H Ö L S C H E R , Hesekiel, 57. Sowohl Z I M M E R L I als auch G R E E N B E R G verweisen dabei auf Am 5,10 und Jes 29,20f. 248 R. WILSON, An Interpretation of Ezekiel's Dumbness, in: VT 22 (1972), 91-104 (101f.): „the prophet is forbidden by Yahweh to be a legal mediator for the people. /.../ He can no Ion-

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Sowohl als „Mahner" als auch als „Fürbitter" würde Ezechiel in einer Weise handeln, die Gottes Gerichtshandeln zumindest hinausschieben könnte, sei es weil die Ermahnten ihr Verhalten ändern, sei es weil Gott aufgrund von Fürbitte von seinem Gerichtsplan Abstand nimmt. Beide Auffassungen stehen zunächst in der Gefahr, ein aus anderen Teilen des AT gewonnenes Prophetenverständnis hier einzutragen. D e r Gedanke der „Umkehrpredigt" etwa ist in der dtr Formel („immer wieder habe ich meine Knechte, die Propheten, zu euch gesandt ,.." 2 4 9 ) impliziert, geht aber auch aus einem Abschnitt wie Jer 3,11 ff. hervor. Zweck der Wiedergabe des Gotteswortes durch den Propheten ist also das Ermahnen, welches zu einer Verhaltensänderung der Adressaten führen soll 250 . Das Motiv der Fürbitte begegnet ebenfalls im Jeremiabuch 2 5 1 ; inwieweit sich die A n n a h m e einer speziell prophetischen Fürbitte halten läßt, die womöglich zum „ A m t " eines Propheten gehört, ist eine umstrittene Frage, auf die in einem anderen Zusammenhang noch einzugehen sein wird 252 . Eine Klärung läßt sich für Ez 3,26 nur mit Hilfe einer Betrachtung des sonstigen Gebrauches von ykh im Hif'il sowie des Kontextes der Passage herbeiführen. Hos 4,4 steht das Verb parallel zu ryb, an den jüngeren Stellen Jes 2,4 // Mi 4,3; Jes 11,3; H a b 1,12 parallel zu spt; in Gen 31,37 und Hi 9,33 (ptz.) ist die Bedeutung eines Vermitteins am ehesten gegeben; das Ptz. A m 5,10 und Jes 29,21, das durch die Lokalisierung des Handelns „im Tor" eindeutig als juristischer Vorgang qualifiziert ist, muß aber keineswegs auf eine „Vermittlung" hindeuten, sondern kann ebenso gut als richterliche Entscheidung i.S. eines strafenden Urteils oder einer Vermahnung verstanden werden. D.h. der Befund gibt eine „Vermittlung", wie die Fürbitte-Vorstellung sie voraussetzt, nicht zweifelsfrei her, zumal die Bedeutung eines strafenden, mahnenden oder belehrenden - die Übergänge der Nuancen sind dabei fließend - „Zurechtweisens" bei weitem überwiegt 2 5 3 . Der bedeutendste Beleg für den Kontext von Ez 3,26 findet sich in Lev 19,17b. Innerhalb des Kontextes von Kap. 3 spricht gegen die Wiedergabe von 'is mökPh als „Fürbitter" die Tatsache, daß Ezechiel sich nirgends an Gott wendet - anders als von Jesaja (Kap. 6) oder Jeremia (Kap. 1) wird von ihm keine verbale Reaktion auf die Indienstnahme berichtet; er verhält sich ganz rezeptiv. D e r nächste Kontext (V. 27) weckt ger intercede with Yahweh on behalf of the people to make sure that they receive a fair trial." (101). Der Prophet dürfe vielmehr nur noch das Wort des göttlichen Richters aussprechen. BLOCK, NICOT, 157, übernimmt diese Sicht, auch POHLMANN, ATD, 77, neigt ihr zu, da ihn das Verstummungsmotiv an das Fürbitteverbot für Jeremia erinnert. GREENBERG, AncB, 102 („the word never carries that sense"), weist sie ebenso zurück wie N. TROMP, The Paradox of Ezekiel's Prophetic Mission, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuwen 1986, 202-213 („no indication in the text of a forensic figurative part", 210), und ALLEN, WBC, 62 („his suggestion imports an alien notion into the context."). 249

250

J e r 7,25; 25,4; 26,5; 29,19; 44,4. Vgl. POHLMANN, A T D , 73.

Unterstellt man, daß 'is mökPh auf ein Verbot der „Umkehrpredigt" abzielt, dann steht die Annahme FOHRERS im Raum: „Jahrelang hat der Prophet auf sie einzuwirken gesucht, jetzt ist das „Zurechtweisen", das Warnen und Mahnen, zu Ende" (HAT, 26), d.h. die Unterstellung, Ezechiel habe sich zuvor als ein 'is mdkPh betätigt. 251 YHWH untersagt Jeremia die Fürbitte (Jer 7,16; 11,14; 14,11). Andererseits fordern Menschen ihn zum Gebet für sie auf (Jer 37,3; 42,2.4). 252 Vgl. unten 5.2.1.1. Zu dem Problem vgl. S.E. BALENTINE, The Prophet As Intercessor: A R e a s s e s s m e n t , J B L 103 (1984), 1 6 1 - 1 7 3 . 253 Vgl. 2 S a m 7,14; 2 K ö n 19,4; Ps 6,2; 38,2; 50,21; 141,5; H i 5,14; 6,25f.; 13,10; 22,4; 32,12; 40,2; P r o v 3,12; 9,7.8; 15,12; 19,25; 24,25; 25,12; 28,23.

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Das prophetische Programm: Ez 1-7

den Eindruck, d a ß y k h im Gegensatz zu der offiziellen Mitteilung der von Gott aufgetragenen Botschaft steht, insofern also eine gewissermaßen „private" Handlung Ezechiels auf rein zwischenmenschlicher Ebene wäre, wenn er nämlich weisheitlich-lehrhaft, mahnend-unterweisend zu seinen Mitmenschen spricht, im Sinne von Lev 19,17b 254 . Im Blick auf Lev 19,17b fällt auf, daß Ez 3,18-21 einen deutlichen Bezug dazu aufweisen, indem diese Verse Lev 19,17b geradezu kasusmäßig zu entfalten scheinen. Könnte das Stichwort 'ts mdkf'h in 3,26 „Initialzündung" für 3,18-21 gewesen sein? 255 Grundsätzlich d ü r f t e unstrittig sein, d a ß die Passage 3,24b-27 eine kompositorische u n d zugleich p r o g r a m m a t i s c h theologische F u n k t i o n erfüllt. 3,26 k o r r e s p o n d i e r t klar mit 33,22, wo nach der Z e r s t ö r u n g Jerusalems die Nachricht v o m E i n t r e t e n des Gerichts zu Ezechiel gelangt u n d seine Z u n g e gelöst wird. D a s V e r s t u m m u n g s m o t i v r a h m t somit die U n h e i l s a n k ü n d i g u n g e n . Es erscheint zusätzlich in 24,25-27 w i e d e r u m in b u c h s t r u k t u r i e r e n d e r F u n k t i o n , nämlich am E n d e d e r D r o h w o r t e gegen Israel und vor d e m Beginn d e r S a m m lung d e r V ö l k e r s p r ü c h e in Kap. 25-32 2 5 6 . D i e s e r kompositorische A s p e k t geht H a n d in H a n d mit d e r inhaltlichen B e d e u t u n g des Motivs. D e r von G o t t in Dienst g e n o m m e n e Mensch Ezechiel unterliegt schärfsten persönlichen Bes c h r ä n k u n g e n : E r ist nicht n u r an sein H a u s gefesselt, s o n d e r n darf a u ß e r d e m nicht mit seinen M i t b ü r g e r n sprechen, a u ß e r w e n n es gilt, G o t t e s Wort mitzuteilen. Dies b e d e u t e t , d a ß m a n den P r o p h e t e n gezielt in seinem H a u s e aufsuchen m u ß , u m ihn zu h ö r e n , u n d d a ß m a n d a v o n ausgehen m u ß , d a ß er, w e n n er überh a u p t spricht, Y H W H S Wort v e r k ü n d e t . Inwieweit diese Darstellung einen realistischen A n h a l t hat, etwa an im R a h m e n d e r Ü b e r l i e f e r u n g zur L e g e n d e gesteig e r t e m , e r z ä h l e n d e m Material ü b e r einen P r o p h e t e n , d ü r f t e zumindest zweifelh a f t sein. Ein realistisch biographisches Verständnis scheint in der G e f a h r zu stehen, sich von e i n e m d u r c h das J e r e m i a b u c h g e p r ä g t e n Bild des leidenden P r o p h e t e n herzuleiten 2 5 7 . Vielmehr legt d e r b u c h k o m p o s i t o r i s c h e A s p e k t nahe, 254 Vgl. GREENBERG, AncB, 102, der beim 'Ismokfh an einen „public censor" denkt, für den gelte: „He evidently fulfilled, on a communal scale, the religious injunction of Lev 19:17." 253 HÖLSCHER, Hesekiel, 58, sieht im 'ls mökPh sachlich dasselbe wie im „Späher" des Interpolators in 3,17, sieht insofern also auch eine Beziehung zwischen den beiden Abschnitten. Diese Sicht HÖLSCHERS hat andererseits sicher auch sein Verständnis des 'ls mökPh geprägt, indem er ihn als „Bußprediger" definiert. 256 Es sei hier dahin gestellt, ob die Fremdvölkerworte als eine gesondert eingearbeitete Größe zu beurteilen sind, d.h. ob ihre Aufnahme in die Buchkomposition die Verse 24,25-27 erst hervorgerufen hat. Innerhalb der Sammlung der Fremdvölkersprüche erscheint das Verstummungsmotiv in 29,21, allerdings in einer völlig anderen Funktion: Es dient alseine von zwei Begründungen der Erkenntnisansage, ist also Bestandteil eines Wortes und erfüllt keine strukturierende Aufgabe wie die übrigen Passagen über das Verstummen. Von daher ist anzunehmen, daß 29.21 sich aus den Verstummungstexten herleitet. 257 Vgl. GREENBERG, AncB, 121, „Our passage may be interpreted in this light: the prophet's extreme despondency (,desolateness') estranged him from and opposed him to his neighbors. He lost the capacity for normal human contact (cf. the striking parallels in Jer 15:17, 16:1)". POHLMANN, ATD, 77, der hier eine Charakterisierung des Propheten als Einsamem, vom

Die programmatische

Eingangs- und Indimstnahmevision

179

daß es sich um rein theologisch begründete Beschränkungen der Kommunikation Ezechiels mit seinen Mitbürgern handelt: Betont werden soll die Tatsache, daß Y H W H von einem bestimmten Zeitpunkt an nur noch das nahe bevorstehende Unheil ansagen läßt, bis es schließlich eingetreten ist. Um dies zu erreichen, nimmt Gott Ezechiel vollständig und exklusiv in seinen Dienst - Ezechiel wird zum reinen Instrument Gottes. Ein persönliches Leiden dieses Menschen an diesen Lebensumständen ist dabei - anders als im Jeremiabuch - nicht im Blick. Ezechiels Klausur und sein Schweigen sind somit theologisches Programm. Beide Motive sind auf den Rezipienten des Buches abgestellt. Die Autorität des im Buch wiedergegebenen YHWH-Wortes wird gesteigert, der Zusammenhang zwischen dem Unheilswort und seiner Erfüllung wird veranschaulicht, indem das Verstummungsmotiv die Verkündigung des Gerichts an Juda-Jerusalem mit dessen Eintreffen verklammert. So spricht letztlich alles dafür, das Verstummungs-, aber auch das Klausurmotiv nicht so sehr für eine echte autobiographische bzw. eine aus einer authentischen Biographie gewonnene Notiz zu halten, sondern an eine bewußt gestaltete theologische Aussage zu denken, die sich (fiktiv) biographisch gibt. Dabei ist es unerheblich, ob und inwieweit eine tatsächliche Biographie im Hintergrund steht 258 .

4.1.4 Die Gattung „Berufungsbericht" Indienstnahme

und Ezechiels

programmatische

Eine form- und traditionsgeschichtliche Betrachtungsweise hat die Exegese von Ez 1-3 vielfach geprägt. Die Tatsache, daß das Jeremia- und das Ezechielbuch mit einem sogen. „Berufungsbericht" 259 einsetzen, hat dazu geführt, auch in anderen schriftprophetischen Büchern nach vergleichbaren Texten Ausschau zu halten und darüber hinaus Abschnitte in erzählenden Passagen des Pentateuch und im DtrGW als Analogien, wenn nicht als Vorläufer schriftprophetischer Berufungen anzusehen.

Volk Abgesonderten und Angefeindeten, d.h. ein „typisches Prophetengeschick" erblickt. Damit verallgemeinert er offenkundig ein vom Jeremiabuch vermitteltes Prophetenbild. 258 33,22 und 3,26f. wären somit kompositorische Elemente, die zur gleichen Zeit aus theologischen Gründen in das werdende Buch Eingang gefunden haben. Deshalb ist es müßig, 3,26 aus Kap. 24 herzuleiten. Auf diesen Aspekt wird unten bei der Behandlung von Kap. 24 zurückzukommen sein. 259 Zu einer Problematisierung des Begriffs vgl. K. S E Y B O L D , Die Bildmotive in den Visionen des Propheten Sacharja, in: VT.S 26 (1974), 92-110 (109); V I E W E G E R , Spezifik, 131 ff.; B A R T E L MUS, Begegnung, 23.

180

Das prophetische

Programm: Ez 1-7

Im schriftprophetischen Bereich werden abgesehen von Jes 6 genannt: Am 7,12ff.260, Jes 40,1-11261; Jes 49,1-6 und 50,4-9262 sowie Sach 1,7ff.263. Für die formgeschichtliche Diskussion werden neben den allgemeiner akzeptierten Erzählungen über Mose (Ex 3f.), Gideon (Ri 6) und Saul (1 Sam 9,1; 10,16.) noch die Rede Micha ben Jimlas (1 Kön 22,19-22) herangezogen sowie Ri 4,4-10264, Dtn 31,1-8.14.15.23265 und 1 Sam 16,1—3266. Schließlich betrachten manche auch Texte wie 1 Sam 3 267 ,1 Kön 3 268 oder Hi 1,6—12269 als sachlich verwandt - zumindest mit einem Teil der genannten Abschnitte. Für eine formgeschichtliche Betrachtung zieht man meistens Jes 6, Jer 1, Ez 1 - 3 als Selbstberichte und Ex 3f.; Ri 6,11-24, und 1 Sam 9,1-10,16 als Fremdberichte heran und erstellt anhand dieser Texte mehrgliedrige Schemata 270 , nach denen ein Berufungsbericht abzulaufen pflege. In seinem Ezechiel-Kommentar unterschied Zimmerli 271 zwei Typen von Berufungsberichten, einen wortbestimmten wie Jer 1 (Ex 3f. 6 , Ri 6, 1 Sam 9) und einen theophaniebestimmten mit der Schilderung einer visionären Thronszene wie Jes 6 und 1 Kön 22. Vor diesem Hintergrund sei Ez 1 traditionsgeschichtlich von Ez 2f. zu trennen. In Auseinandersetzung mit dieser These haben manche auf einem Schema beharrt 272 , andere bestritten, daß es sich bei den mit einem himmlischen Hofstaat verbundenen 260 LINDBLOM Prophecy, 182. H. REVENTLOW, Das Amt des Propheten bei Arnos, Göttingen 1962 ( F R L A N T 80), 21, liest Am 7,15 als indirektes Zeugnis der Berufung. H.W. WOLFF, Wie verstand Micha von Moreschet sein prophetisches Amt?, in: VT.S 29 (1978), 403^117 (405), weist auf einige Kommentare hin, die in Mi 3,8 die Hauptelemente sonstiger Berufungsberichte wiederfinden wollen. EISSFELDT, Berufungsbewußtsein, 23, sprach seinerzeit von der den „Rang einer Berufungsvision einnehmenden Ehe-Erfahrung, von der Hos 3 berichtet". 261

V g l . HABEL, F o r m , 3 1 ; STECK, B e m e r k u n g e n , 1 9 7 1 , 1 8 9 ( = 1 9 8 2 , 1 5 0 ) .

262

LINDBLOM, P r o p h e c y , 1 8 2 .

2W

R. PRESS; „Das erste Nachtgesicht des Propheten Sacharja", ZAW 54 (1936), 43ff.; A. JEPSEN, „Kleine Beiträge zum Zwölfprophetenbuch III", ZAW 61 (1945/48), 98f.; W.A.M. BEUREN, Haggai - Sach 1-8. Studien zur Überlieferungsgeschichte der frühnachexilischen Prophetie, StSN 10 (1967), 241 ff. 264 B. O. LONG, Prophetic Call Traditions and Reports of Visions, in: ZAW 84 (1972), 494-500 (495). 265

BARTELMUS, B e g e g n u n g , 2 7 .

266

Ebda. Vgl. RICHTER, Berufungsberichte, 174: „Für unsere Untersuchung wäre es wertvoll, wenn man hinter 1. Sam 3 ein Berufungsschema für Samuel entdecken könnte." 268 LONG, Call Traditions, 497, als „oneiric epiphany reports /.../ being used as legitimating devices". 269 STECK, Bemerkungen, 1971, 191 f. (= 1982, 153), wegen der Auftragsvergabe in einer himmlischen Thronversammlung. 270 Vgl. etwa E. KUTSCH, Gideons Berufung und Altarbau Jdc 6,11-24, in: ThLZ 81 (1956), 75-84 (79), der vier Glieder in Ri 6, Ex 3, Jer 1 und 1 Sam 10,1-7; 9,21 feststellt; LINDBLOM, Prophecy, 192, führt als Elemente der Berufung Theophanie, Konsekration und Bereitung sowie Entdeckung zukünftiger Schwierigkeiten an. REVENTLOW, Liturgie, 24-77, entwickelt ein Schema als Sonderform des allgemeinen priesterlichen Heilsorakels. Bei HABEL, Form, 298, ist das Schema sechs-, bei RICHTER, Berufungsberichte, fünfgliedrig (vgl. VIEWEGER, Spezifik, 23.37 u.ö.); vgl. ferner das Schema bei K. BALTZER, Biographie, 33. 271 BK, 16-21. 267

272

HABEL, F o r m .

Die programmatische

Eingangs- und Indienstnahmevision

181

Visionen 1 Kön 22; Jes 6 und Sach 1,7-15; 6,1-8 um Berufungsvisionen handelt 273 . Insbesondere im Blick auf Jes 6 wurde zunehmend in Frage gestellt, daß es in diesem Text um eine En/berufung gehe 274 . Ein weiterer problematischer Aspekt formgeschichtlicher Entwürfe ist die Frage der Datierung der betreffenden Texte und damit der angenommenen Abhängigkeitsverhältnisse 275 und folglich der Geschichte der Gattung, deren sogen. „Sitz im Leben" ohnehin nicht einhellig geklärt werden konnte 276 . Dieser disparate Befund innerhalb der Forschung erklärt sich zu einem guten Teil daraus, daß es keinen hebräischen Begriff gibt, an dem sich das Phänomen einer „Berufung" einwandfrei festmachen ließe. Letztlich handelt es sich um einen modernen, neuzeitlichen Terminus, den man unterschiedlich weit fassen kann. Long versucht, die verschiedenen Facetten in den Blick zu nehmen, wenn er definiert: „Berufung bedeutet /../ die unmittelbare Zuwendung Gottes, die einen Menschen aus seiner alltäglichen Existenz in ein besonderes Dienstverhältnis zu Gott ruft. Berufung ist somit eng mit /./ Erwählung verwandt, wie aus Dtn 7,7; Jer 1,5; Jes 41,9 deutlich wird. /..../ häufiger wird der Leser Zeuge eines Befehls Gottes, der an eine bestimmte Einzelperson (z.B. Mose, Gideon, Saul, Jeremia) gerichtet wird mit der Absicht, den Berufenen zu ,senden' (slh), um eine Aufgabe von längerer oder kürzerer Dauer zu erfüllen. Das göttliche Wort ist 273 HORST, Visionsschilderungen, 197f. Ross, Prophet, 102-105, dagegen, der Propheten als Boten begreift, mißt der himmlischen Ratsversammlung als „ultimate source of the messenger's authority" (104) große Bedeutung bei: „The inaugural visions of Isaiah of Jerusalem and Deutero-Isaiah are to be interpreted against the background of the sod yhwh" (104). 274 Vgl. H O R S T , Visionsschilderungen, 1 9 8 ; K O C H , Profeten I , 2 2 1 ; V I E W E G E R , Spezifik, 2 3 f . 1 0 5 . S T E C K , Bemerkungen, 1 9 7 1 , 1 9 1 f. (= 1 9 8 2 , 1 5 3 ) , beschreibt Jes 6 als völlig andere Gattung, nämlich als „Vergabe eines außergewöhnlichen Auftrags in der himmlischen Thronversammlung". „Diese Gattung ist wohl als eine Sonderform der geprägten Wiedergabe eines Auftragsempfangs in himmlischer Szene, wie sie z.B. Sach 1,7ff. und Hi 1 , 6 - 1 2 belegt ist, anzusehen und ist dadurch gekennzeichnet, daß ein Abgesandter zur Ausführung eines Auftrags erst gesucht werden muß /.../". 275 Schon der Titel von R I C H T E R S Untersuchung („Die sogenannten vorprophetischen Berufungsberichte") spiegelt die Annahme wider, daß diese Texte (Ex 3f.; Ri 6, 1 Sam 9f.) als den schriftprophetischen vorausgehend betrachtet wurden. Vgl. HABEL, Form, 317 („the prophets are successors to the saviors of old"), oder R. KILIAN, Die prophetischen Berufungsberichte, in: Theologie im Wandel (TThR 1), 1967 (374f.), wenn er die Moseberufung als normative Größe ansieht. Noch V I E W E G E R , Spezifik, 37, geht von einer Übernahme des Form-Schemas von den Rettergestalten in den prophetischen Bereich aus. Dagegen vertritt B.O. LONG, Art. „Berufung" I. AT, in: T R E V (1980), 676-684 (682), den Standpunkt, die Berichte über Mose, Gideon und Saul seien nachträglich geformt. Vgl. GouDERS, Diss 1967, die Berufung des Mose sei nach dem Schema der prophetischen Berufungen konzipiert (lt. V I E W E G E R , Spezifik, 118), A.G. A U L D , Prophets Through the Looking Glass, in: JSOT 27 (1983), 3-23 (16). 276 So nahm R E V E N T L O W , Liturgie, einen Sitz im kultischen Ritual an (vgl. die Kritik bei K I L I A N , Berufungsberichte, 3 6 7 - 3 7 2 ) ; R I C H T E R , Berufungsberichte, sah die Wurzeln im Heiligen Krieg; LONG, Call Traditions, 500 und T R E V, 678, sieht dagegen eine Verbindung zum gemeinaltorientalischen Traumvisionsbericht. Häufig dachte man an wirkliche Konfliktsituationen von Propheten, an Anfeindungen, die zur Rechtfertigung zwangen.

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Das prophetische

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für die Berufung konstitutiv; es bezeichnet jemand als besonders ausgewählt und schafft unter den Menschen Ereignisse." 277 Das Phänomen der „Berufung" im Sinne einer Erwählung durch Gott, die sich darin äußert, daß er einen Menschen in besonderer Weise anredet 278 , ist im AT jedenfalls breiter angelegt als das unter formgeschichtlichem Aspekt ausgewählte Material 279 . Berufung meint häufig speziell ein grundlegendes Berufungserlebnis, „ein einziges irrationales Berufungserlebnis als Startpunkt für alle nachfolgenden profetischen Äußerungen /.../, so daß diese nur jenen erstmalig-einmaligen göttlichen Ruf entfalten." 280 . Eine solche grundlegende „Initialzündung", also eine „einmalige, generelle und beispielhafte Beauftragung am Anfang des Auftretens" 281 ist aber eindeutig nur im Jeremia- und im Ezechielbuch gegeben, wo der einschlägige Textkomplex auch eine programmatische Position am Buchbeginn einnimmt 282 . Per Analogieschluß hat man diese Gegebenheit auf andere Schriftpropheten übertragen und auch bei den formgeschichtlich untersuchten Berichten ähnlich gedacht 283 . Die Erwartung, bei einem Propheten eine Erstberufung ausmachen, zumindest aber voraussetzen 284 zu können, hängt mit der Auffassung zusammen, daß in den schriftprophetischen Büchern die wirkliche Biographie der jeweils als Buchüberschrift genannten Person zugrunde liege und zumindest teilweise nachvollziehbar sei. Die Stilisierung von Visions- bzw. „Berufungs"berichten als Selbstberichte tat dazu ein übriges 285 . Im Berufungsbericht dokumentiert also unter dieser Maßgabe ein besonders ausgezeichnetes Individuum seine besondere Gotteserfahrung 2 8 6 . Häufig geht diese Einschätzung auch damit einher, 277

LONG, T R E V, 6 7 6 .

278

Sei es nur durch das Wort (Abraham), durch eine besondere Vision (Jakob, Gen 28,10ff.) oder durch ein besonderes zeichenhaftes Geschehen (Ri 6). 279 Vgl. die bei LONG, T R E V, 677, Z. 19-25, genannten Gestalten (Jona, Barak, David, Abraham, Josua, Samuel, Elia und Elisa, Simson) und Texte, die sich um weitere vermehren ließen (zu Josua vgl. außer Jos 1,18 noch Num 27 und Dtn 31). 280 KOCH, Profeten 1,120, beschreibt so einen vom ihm kritisierten Standpunkt. 281

282

VIEWEGER, S p e z i f i k , 1 0 5 .

Für KOCH, Profeten I, 120.221, ist die Position am Buchanfang das entscheidende Argument, Visionen des Arnos sowie Jes 6 nicht als Berufungsvisionen zu beurteilen. VIEWEGER, Spezifik, 23, warnt davor, Jes 6 in vorschnellen Analogieschlüssen zu Jer 1 und Ez 1 - 3 zu beurteilen. 283 VIEWEGER, Spezifik, 97-102, führt dagegen aus, daß Mose, Gideon und Saul jeweils konkrete, zeitlich begrenzte Aufträge erhielten. 284 Vgl. LANG, Wie wird man Prophet in Israel?, 43: „Auch wenn wir nur von drei Propheten einen Berufungsbericht besitzen, darf man auch bei anderen (allen?) Propheten ein Berufungserlebnis annehmen." LANG gliedert die Berufspraxis eines Propheten in mehrere Phasen (Wahrnehmung, Erlernen, Durchbruch, Aktivität). 285 „Das Buch Hesekiel - jetzt ganz einerlei, wie weit echt oder unecht - ist ein großer tagebuchartig angelegter Selbstbericht des Propheten, in dem Visionen der verschiedensten Art eine große Rolle spielen." (O. EISSFELDT, Einleitung, 74). 286 Vgl. VON RAD, Theologie II, 61 f.: „wie sehr die Berufung eines Propheten für Israel ein Ereignis war, das aus dem Kreis der religiösen Erfahrung herausfiel /.../, das kann man beson-

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Eingangs- und

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d a ß d e r B e r u f u n g s b e r i c h t für e i n e L e g i t i m a t i o n d e s P r o p h e t e n s o r g e n solle. M a n v e r m u t e t d e n „Sitz i m L e b e n " für d i e B e s c h r e i b u n g d e s B e r u f u n g s e r l e b n i s s e s j e d e n f a l l s in d e r k o n k r e t e n L e b e n s s i t u a t i o n d e s P r o p h e t e n u n d r e c h n e t allenfalls m i t e i n e r g e w i s s e n S t i l i s i e r u n g bei d e r N i e d e r s c h r i f t 2 8 7 . D i e s e Sicht trägt r o m a n t i s i e r e n d e Z ü g e , i n d e m sie d i e P r o p h e t e n s c h l e c h t h i n als g r o ß a r t i g e Ausnahmeerscheinungen im Sinne eines „schöpferischen religiösen Genius"288 b e t r a c h t e t , d i e e n t s p r e c h e n d e literarische Z e u g n i s s e h i n t e r l a s s e n h a b e n , d i e E i n b l i c k in ihr i n n e r s t e s E r l e b e n g e w ä h r e n 2 8 9 . D i e s e E i n s c h ä t z u n g w u r d e v o n d e r F o r s c h u n g d e n n a u c h z u R e c h t relativiert u n d revidiert. E i n e r s e i t s r e c h n e t e m a n d a m i t , d a ß d i e ä u ß e r e F o r m d e s S e l b s t b e r i c h t e s e i n e Stilisierung s e i n k ö n n t e 2 9 0 , d i e a l l e r d i n g s auf r e a l e p e r s ö n l i c h e Erlebnisse zurückgreifen mag291. A l s das wichtigste A n l i e g e n dieser Texte wur-

ders daran sehen, daß im Alten Testament so oft von ihm erzählt wird /.../." Und zum „Novum des prophetischen Berufungsberichtes im Ichstil" bemerkt er: „das < I c h > der prophetischen Aufzeichnungen < i s t > ausgesprochen ein exklusives Ich /../. Diejenigen, die in diesen Berichten zu uns reden, waren ja Männer, die in einem entscheidenden Sinn aus den religiösen Ordnungen, die die Vielen noch für gültig hielten, herausgerufen waren /.../ und die deshalb vor der Notwendigkeit standen, sich in ihrer neuen und durchaus analogielosen Situation vor sich und vor den anderen zu rechtfertigen." (62). 287 Vgl. VON RAD, Theologie II, 63: „Damit wird deutlich, daß die Niederschrift des Berufungsberichtes neben der Berufung selbst ein zweites Ereignis war /.../ In der Berufung selbst wurde dem Propheten sein Auftrag übermittelt; die Niederschrift dagegen geschah im Hinblick auf eine gewisse Öffentlichkeit, der gegenüber der Prophet sich zu rechtfertigen hatte. Ohne Zweifel gestatten diese Berichte einen wichtigen Einblick in den Bereich des primären prophetischen Erlebens, /.../ gleichwohl muß sich der Ausleger immer der Tatsache bewußt bleiben, daß er in ihnen doch wahrscheinlich nicht einen ganz unmittelbaren und völlig erlebnisechten Niederschlag des Berufungsgeschehens vor sich hat, sondern eben eine Niederschrift, die einem bestimmten Zwecke diente und in der der Vorgang zweifellos schon in einer gewissen Stilisierung wiedergegeben wird." 281i So E. JENNI, Jesajas Berufung in der neueren Forschung, in: ThZ 15 (1959), 321-339 (328), in einer kritischen Bemerkung zu H. Schmidts Jes-Kommentar aus dem Jahr 1923. 289 Vgl. E I S S F E L D T , Berufungsbewußtsein, 2 2 : „Am allereindrücklichsten zeugen indes die Ich-Berichte von dem Sendungsbewußtsein der Propheten. So tief ist der durch sie ermöglichte Einblick in das Innenleben der Propheten /.../". 290 So J E N N I ZU Jes 6: „Die naheliegende Annahme, es handle sich hier um Selbstbiographie, wird heutzutage mit Recht abgelehnt." „In Jes. 6 steht nicht der Bios oder das innere Erleben im Mittelpunkt, sondern der Nachweis, daß die aller menschlichen Erwartung ins Gesicht schlagende Gerichtsverkündigung Auftrag Jahwes ist." (Jesajas Berufung, 328f.). Vgl. K. B ALTZER, Biographie, 125: „Bei beiden Formen können bestimmte Interessen an einer solchen Stilisierung vorliegen, ohne daß daraus direkte Schlüsse auf Authentizität oder Verfasserschaft abgeleitet werden können." 291 KILIAN, Berufungsberichte, 373: „Weder eine vorgegebene Form noch vorgegebene Inhalte schließen notwendig ein persönliches Berufungserlebnis aus. /..../ Es ist aber auf der anderen Seite ebenso zu beachten, daß weder die Verwendung einer vorgegebenen Form noch die Verwendung vorgegebener Inhalte notwendig ein derartiges Berufungserlebnis implizieren". V I E W E G E R , Spezifik, 1 0 7 : „Natürlich darf man davon ausgehen, daß sich Jeremia und Ezechiel in wie auch immer gearteter Form selbst aufgrund ihrer für uns allerdings nicht näher zu bestimmenden Sendungserlebnisse von Beginn der prophetischen Tätigkeit an vor ihrer Um-

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de jedoch die legitimierende Absicht betont 292 , welche nicht dem Propheten selbst 293 unterstellt, sondern vielmehr seinen Schülern und Tradenten zugeschrieben wurde 294 . Unter dieser Maßgabe und vor dem Hintergrund neuerer Theorien zur Genese der erzählenden Literatur des AT hat sich auch die Einschätzung der Berufungen des Mose, Gideon und Saul verändert; sie gelten als nachträglich 295 , möglicherweise nach schriftprophetischem Vorbild 296 geformt. weit legitimiert haben, doch sind die uns heute vorliegenden Überlieferungen davon abzusetzen." STECK, Bemerkungen, 1971,204 (= 1982,167) Anm. 37, bemerkt: „Haben schon die gattungsmäßig als solche gestalteten prophetischen Berufungsberichte im Stadium ihrer mündlichen Weitergabe nicht die Funktion öffentlicher Legitimation des Propheten - sie fehlen ja als Gattung da, wo prophetische Legitimation zur Debatte steht /.../, so gilt dies erst recht von Jes 6". Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit und ob überhaupt Vorformen der uns heute vorliegenden „Berufungsberichte" mündlich tradiert wurden. 292 J. J E R E M I A S , Vollmacht, 3 1 5 („ihre Berufungsberichte dienen dem Nachweis ihrer Bevollmächtigung"). K . B A L T Z E R , der Jes 6 , Jer 1 und Ez 1 - 3 im Rahmen einer Abhandlung betrachtet, die Biographien biblischer Gestalten im Blick auf die „antike Idealbiographie" beleuchtet, bemerkt zum biblischen Einsetzungsbericht generell: „Er steht oftmals am Anfang der Biographien und bietet häufig eine Zusammenfassung der einzelnen Topoi der biographischen Darstellung. /.../ Sachlich hat der Einsetzungsbericht die Aufgabe der Legitimation des in der Biographie Dargestellten in seiner öffentlichen Funktion." (Biographie, 23). 293 V I E W E G E R , Spezifik, 107, geht davon aus, „daß die vorliegenden Sendungsberichte /.../ erst in einer gewissen Rückschau, also mit einem zeitlichen Abstand zu dem in ihnen mitgeteilten Geschehen selbst niedergeschrieben worden sind. Für Jer l,2aßb.4-10 wird überhaupt keine Verbindung mehr zu dem historischen Auftreten des Propheten anzunehmen sein. Auch Ez 1,3a; 2,3-3,3 weist durch die Verwendung eines Gestaltungsformulars auf eine Reflexionsphase zwischen dem Erlebten und der schriftlichen Fixierung hin." Während er Jer 1 einem Schülerkreis zuschreibt (48), führt V I E W E G E R Ez 1 - 3 auf Ezechiel selbst als Redaktor zurück (87). 294 Vgl. B.O. LONG, Prophetic Authority as Social Reality, in: G.W. Coats/B.O. Long (hrsg.), Canon and Authority, Philadelphia 1977, 3-20 (13): „In sum, I would suggest that the accounts of call have been shaped much more by a later, reflective concern than by the immediacy of the prophetic activity with its potential for contested authority." „/.../ it seems sufficiently clear that accounts of call relate most directly to problems of authority in the life situation of tradents /.../, who were concerned with transmitting a body of vindicated portraits, claims, and exhortations.", vgl. ders., T R E V, 683, Z. 16ff. Vgl. dazu auch R.P. C A R R O L L , From Chaos to Covenant. Uses of Prophecy in the Book of Jeremiah, London 1981, 31-58. 295 KILIAN, Berufungsberichte, 373: „/.../ das Schema kann samt Form und Gehalt auch später erst sekundär auf eine bedeutsam gewordene Gestalt übertragen worden sein, ohne daß ein entsprechendes Berufungserlebnis im Leben dieser Gestalt stattgefunden haben muß. Mit dieser Möglichkeit wird man z.B. bei Gideon in Ri 6 zu rechnen haben." Für Ri 6 hat bereits KUTSCH, Gideons Berufung, nachgewiesen, daß der Altarbau und die Berufung zwei verschiedene Pole der Erzählung bilden, wobei der Altarbau der ältere Bestandteil sei (80), die Berufung in V14ff. nach demselben Schema gestaltet sei wie Ex 3,10-12 und Jer 1,5-10 (82). Vgl. etwa L O N G , T R E V, 682, oder B A R T E L M U S , Begegnung, 28 („literarisch-fiktive Legitimationsurkunden von Josua, Gideon und Jesaja, von Saul und David"). 296 Vor allem die Stilisierung des Mose als Prophet läßt vermuten, daß Ex 3 f. auch im Lichte von Jer 1 und Ez 1 - 3 zu sehen ist (vgl. AULD, Prophets Through the Looking Glass, 16; VAN SETERS, Life, v.a. 58-61). KILIAN, Berufungsberichte, 374f., betrachtete dagegen die Moseberufung als normativ, so daß Spätere ihr Berufungserlebnis in die Formen der Moseberufung kleideten. Wer „nach den Weisen des Moses berufen war, der konnte Anspruch darauf erheben,

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Eingangs- und Indienstnahmevision

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Zu bedenken bleibt die Tatsache, daß eine Legitimation von Propheten auch über den Zusammenhang von Wortverkündigung und deren Erfüllung 297 sowie durch wundersame Ereignisse 298 , die dadurch Zeichencharakter erhalten, erfolgen kann. Dies ist eben dann der Fall, wenn die betreffende Gestalt sich in einer Situation befindet, die eine derartige Legitimation ihrer unmittelbaren Umgebung gegenüber erfordert. Der Verweis auf ihre (Erst)Berufung spielt bei solchen Gelegenheiten keine Rolle. Dieser Umstand erhärtet den Eindruck, daß die einschlägigen Berufungsberichte literarische Produkte 299 , d.h. auf einen Rezipienten des größeren literarischen Zusammenhanges, in dem der Berufungsbericht steht, hin konzipiert sind 300 . Was folgt aus alledem für Ez 1-3? Zunächst dürfte klar sein, daß man den historischen Wirklichkeitsgehalt der Kapitel, d.h. den Anhalt, den sie - wenn nicht in Gänze, so doch vielleicht in Teilen - an der Lebensgeschichte einer historischen Persönlichkeit namens Ezechiel haben könnte, nicht ermitteln kann 301 . Die Frage der historischen Faktizität des Geschilderten in einem neuzeitlichen Sinne scheint ohnehin sekundär, wenn es nicht gar völlig unerheblich ist, ob Ez 1 - 3 teilweise oder ganz aus fiktiven Elementen besteht 302 . Denn entscheidend ist die theologische Aussage in Verbindung mit der Funktion innerhalb des Buches. Wie Jer 1 macht Ez 2f. unmißverständlich deutlich, daß der hier angeredete Mensch von Y H W H in seinen Dienst genommen wird. Ezechiels Dienst soll darin bestehen, daß er den Israeliten die Worte sagt, die Gott zu ihm spricht. Da gehört zu werden, weil er von Gott gesandt war." (375). Noch VIEWEGER, Spezifik, 118, meint, Jer 1 und Ez 1-3 steigerten ihre Legitimation durch den Bezug auf die Moseberufung. 297 Besonders deutlich Num 16,28-33; Jer 28,16f. Vgl. ferner LONG, Prophetic Authority, 14, und T R E V, 680. 298 Z.B. Ex 4; lKön 18; 2 Kön 4; vgl. dazu LONG, Prophetic Authority, 14f„ und T R E V, 680. 299 Vgl. LONG, Prophetic Authority, 11: „the vocational accounts of Isaiah, Jeremiah, and Ezekiel are balanced presentations of reflected material, far removed from direct conflict and any immediate need to justify. They function most directly in relation to the edited form of the book." (vgl. ders., T R E V, 682, Z.26-30; 683, Z. 16-23.). Insofern haben beide Passagen einen „Sitz in der Literatur" (VIEWEGER, Spezifik, 129), so daß „die unmittelbare Lebenslage der Propheten nicht oder nur z.T. für die Abfassung der Beauftragungsperikopen von Bedeutung war." (ebda.). 300 Dies gilt sowohl für Jeremia und Ezechiel als auch für Mose, Gideon, Saul, aber etwa auch für Samuel oder Salomo, deren Berufung nicht nach dem einschlägigen formgeschichtlichen Schema erfolgt. 301 Auch als wirklich durchlebtes Ereignis wird eine derartige Vision durch Sprachgebung sei sie mündlich oder schriftlich - verfremdet. (Vgl. die Äußerung DUHMS, Jesaja, 41922, 64: „Erzählte Visionen sind immer halb unecht") Ez 1 deutet ein Bewußtsein dafür an, indem dort konsequent die relativierende Sprache verwendet wird. 302 Zum Problem von „Historie" und „Fiktion" in atl. Exegese vgl. M. OEMING, „Bedeutung und Funktionen von ,Fiktionen' in der alttestamentlichen Geschichtsschreibung", EvTh 44 (1984), 254-266. Die Problematik, inwieweit sich in poetischen Produkten Biographie ihres Verfassers spiegelt, ist aus der Literaturwissenschaft hinlänglich bekannt. Man denke nur an die Spekulationen über den biographischen Hintergrund von Shakespeares Sonetten.

186

Das prophetische

Programm:

Ez 1-7

sich der Text von Kap.2f. derselben sprachlichen Elemente bedient, die in den folgenden Einheiten des Buches immer wieder vorkommen, wollen diese beiden Kapitel eindeutig die grundsätzlich für das gesamte Buch geltende Konstellation darstellen: Abgesehen von wenigen berichtenden Notizen in 1,28b; 2,2.9f.; 3,3b sowie der Gottesrede innerhalb von Visionen einleitenden Wendung wayyo'mcer elay liegt nur YHWH-Rede vor. Dies wird auch im Folgenden so sein; die einzigen Ausnahmen bilden beschreibende Abschnitte innerhalb der Visionskapitel - z.B. 8,8,10f. - , knappste Schilderungen wie etwa 12,7 oder 24,18f. sowie die standardisierten Situationsangaben 8,1; 14,1 und 20,1 und Redeeinleitungen der Gottesrede in Gestalt der Wortempfangsaussage. Immer wenden sich die YHWH-Reden wie in Ez 2f. an den angeredeten bazn-'ädäm, Ezechiel 303 . Die weitaus meisten Gottesreden bieten unterschiedlich formulierte Aufforderungen an Ezechiel, den genannten Adressaten gegenüber die dann wiedergegebene Rede YHWHS auszusprechen. Den Anfang der wiederzugebenden Rede kennzeichnet die Zitatansage koh 'ümar '"donäy YHWH. Sie erscheint in Ez 2f. insgesamt dreimal und vertritt dabei verallgemeinernd YHWH-Rede, die damit als solche angekündigt, aber noch nicht wiedergegeben wird. (Wenn Gott Ezechiel bisweilen auch Handlungen aufträgt, so pflegen auch sie auf eine diese Handlung erklärende Rede hinauszulaufen 304 .) Lediglich die Beschriftung der Rolle, die die aufgetragene Gottesrede versinnbildlicht, läßt ahnen, daß es sich inhaltlich um Unheilsansagen handeln wird. Dadurch, daß YHWH in diesem Buch beständig Ezechiel als Übermittler des Wortes anredet, deutet sich eine Dialogsituation an, die allerdings faktisch fast zum Monolog wird, weil das menschliche Gegenüber Gottes sich beinahe ausschließlich rezeptiv verhält und nur in Ausnahmefällen das Wort an YHWH richtet 305 . Die vollständige Instrumentalisierung Ezechiels zum Sprachrohr YHWHS zeigt der Abschnitt 3,24b-27 besonders drastisch. Kap.2f. nehmen zudem die Rezipienten Ezechiels als dritte Komponente des Kommunikationsprozesses in den Blick. Sie sind in einer Weise charakterisiert, die nicht erwarten läßt, daß sie die ihnen durch Ezechiel mitgeteilte Gottesrede willig aufnehmen und beherzigen werden, ganz im Gegenteil. Durch sprachliche Gestaltungselemente und Wendungen sowie durch die vorgezeichnete Kommunikationssituation sind Kap. 2f. mit dem Kern des Buches nicht nur kompositorisch verzahnt, sondern auch als programmatische Zusammenschau mit ihm verbunden. Die Kommunikationssituation, in der Ezechiel auch im Folgenden steht, wird hier grundsätzlich charakterisiert, bei der Lektüre der einzel303 Ausgenommen sind hier lediglich Anweisungen, die YHWH innerhalb von Visionen an ihm dienstbare Gestalten gibt (Ez 9.4. 5-7). 304 An zwei Stellen im Ezechielbuch bleiben YHWH und Ezechiel im Gespräch allerdings unter sich, und zwar in 14,12-20 (21-23 dann ein angefügtes Heilswort) und Kap. 18, wo YHWH jeweils eine Art Lehrgespräch führt, in dem er verschiedene Fälle diskutiert. 105 Ez 4,14; 9,8; 11,13; 21,5; 37,3. Abgesehen von 21,5 geschieht dies nur innerhalb von Visionsschilderungen.

Die programmatische

Eingangs-

und

Indienstnahmevision

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nen Einheiten des Buches soll und wird sich der Rezipient an diese Einleitung des Ganzen erinnern 306 . Inhaltlich wird das bestimmende Grundthema, das sich bis Kap. 3 3 hinzieht, angeschlagen: Y H W H will Israel durch Ezechiel anreden, aber die Widerspenstigen hören nicht zu 307 . Zwar bewirken die göttlichen Aussagen (slh) und Imperative in diesen beiden programmatischen Kapiteln für sich bereits eine Autorisierung und damit eine Legitimation der Ezechiel-Gestalt 308 , doch ist dieser Aspekt vorbereitet und erheblich verstärkt durch die in Kap. 1 geschilderte Gottesvision 309 , die ohne die Fortsetzung in Kap.2f. in der Tat „ein Torso" 310 bliebe 311 . Kap. l,3b-28a führt das göttliche Gegenüber des angeredeten Ich-Erzählers ein als Y H W H , den allmächtigen Herrscher, der über dem gesamten Universum als gewaltige Lichterscheinung menschengestaltig thront. Dieser machtvollen Erscheinung entspricht die Unterwürfigkeit und Rezeptivität Ezechiels als einzig angemessene Reaktion 312 . Was die Gottesschau in Bildelementen beschreibt, drücken Kap.2f. durch die sprachliche Gestaltung aus: Alles geht auf göttliche Initiative zurück, fast alles ist Gottesrede. Y H W H ist Urheber des mitzuteilenden Wortes, und er nimmt einen Menschen in Dienst, der es mitteilen soll313. Dieser angeredete Mensch ordnet sich Y H W H vollkommen unter, ist letztlich nur als göttlicher Ansprechpartner und als sein Instrument von Bedeutung 314 . Deshalb bleibt 306 D a r j n b e s t e h t die „ p a r a d i g m a t i s c h e B e d e u t u n g " dieses „ B e r u f u n g s b e r i c h t e s " : „Sie < d i e B e r u f u n g s b e r i c h t e > s p r e c h e n in typischen B i l d e r n v o n d e r e r s t e n , religiös gültigsten E r f a h rung. Sie g e b e n das M o d e l l ab, das im K l e i n e n in j e d e r f o l g e n d e n S i t u a t i o n n a c h g e a h m t wird, in d e r m a n sich als v o n G o t t in die Pflicht g e n o m m e n e r k e n n t . " (LONG, T R E V, 679). 307 Vgl. LONG, P r o p h é t i e Authority, 12f.: „ B e s i d e s its carefully b a l a n c e d s t r u c t u r e , t h e text as a w h o l e a n t i c i p â t e s i m p o r t a n t t h e m e s t o follow: t h e w o r d s of l a m e n t a t i o n a n d w o e (2:10; cf. 19:1,14, et al.); t h e t h e m e of t h e S t u b b o r n a n d r e b e l l i o u s Israel (2:3-4; 3:7; 12,1-3); a n d t h e glory of Y a h w e h (1:28; 3:12; 10:3-4; 11:22-33)." 308 j n j g j ^ e j n z i g e n v e r g l e i c h b a r e n B e r u f u n g s t e x t J e r 1,4-10 b e s c h r ä n k t sich die L e g i t i m a tion auf A u s s a g e n u n d A u f f o r d e r u n g e n G o t t e s . A n d e r s als E z e c h i e l e r h e b t J e r e m i a e i n e n Einw a n d (V. 6). E i n e S t e i g e r u n g d e r L e g i t i m a t i o n J e r e m i a s wird d u r c h die A u s s a g e e r r e i c h t , d a ß er b e r e i t s vor seiner G e b u r t zu d i e s e m D i e n s t e a u s e r s e h e n w a r (V.4). In J e r 1,11 f; 13f. schließen sich zwei k u r z e Visionen mit D e u t u n g e n an, die sich p r o g r a m matisch auf d e n Inhalt j e r e m i a n i s c h e r V e r k ü n d i g u n g , nämlich die U n h e i l s a n s a g e , b e z i e h e n . D e r Inhalt v o n Ezechiels V e r k ü n d i g u n g k o m m t in a n d e r e r Weise a b K a p . 4 in d e n Blick. 310

311

ZlMMERLI, B K , 3 5 .

A u c h auf diese Vision n i m m t d a s B u c h s p ä t e r w i e d e r Bezug, vgl. E z 8,2f.; 10; l l , 2 2 f . ; 4 3 , 2 ^ . A l l e r d i n g s ist hier w o h l d a v o n a u s z u g e h e n , d a ß d e r M o t i v k r e i s u m d e n kabôd YHWHS aus K a p . 1 a b g e l e i t e t ist. 312 Vgl. AUVRAY, É z é c h i e l I-III, 501, E z 1 „souligne le g r a n d e u r c o s m i q u e d e Yahvé, et son e x t r a o r d i n a i r e c o n d e s c e n d e n c e qui le fait s ' a d r e s s e r à u n 'Fils d ' h o m m e ' p o u r e n faire son p r o phète." 313 D a b e i wird E z e c h i e l e b e n s o w e n i g wie J e r e m i a explizit als „ B o t e " b e z e i c h n e t (wie es in H a g 1,12 u n d Mal 3,1 geschieht); allenfalls an d e r V e r b a l w u r z e l slh ließe sich e t w a s D e r a r t i g e s fest m a c h e n . Von d e m B e s t r e b e n geleitet, G e s t a l t e n wie J e r e m i a , Ezechiel und a n d e r e P r o p h e ten u n t e r Rückgriff auf a n t i k e Ä m t e r zu klassifizieren, o r d n e t K. BALTZER, B i o g r a p h i e , d e r die B o t e n v o r s t e l l u n g als hinderlich kritisiert (136), P r o p h e t e n als „Vezier G o t t e s " ein (153ff.). 314 HERRMANN, G o t t e s n a m e n , 80f., k o n s t a t i e r t , „wie a u ß e r o r d e n t l i c h h o h e n Wert er < E z >

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Das prophetische

Programm: Ez 1-7

Ezechiel als Person blaß und gewinnt so wenig persönliches Profil - im Gegensatz etwa zu Jeremia. Auch von daher legt es sich nahe, im Ezechielbuch eher eine autobiographische Fiktion als den stilisierten Reflex einer tatsächlichen Biographie zu vermuten 315 . Die im Gegensatz zum Jeremiabuch konsequent durchgehaltene autobiographische Stilisierung des Ezechielbuches erfüllt die theologisch bedeutsame Funktion, daß die Wiedergabe der Gottesreden als persönliches Zeugnis eines Menschen erscheint: Y H W H wendet sich dem Menschen durch Anrede zu, der Angeredete ist aufgerufen, das ihm anvertraute Wort Y H W H S weiterzugeben. Indem Gottes Reden in Beziehung zu einem Mann gesetzt sind, sind sie in eine bestimmte Zeit eingebunden - das wollen auch die über das Buch verstreuten Datierungen verdeutlichen - , nämlich die Jahre kurz vor und nach der Zerstörung Jerusalems von 587/6. Da die Katastrophe mit der im Buch vorausgesetzten ersten Deportation imgrunde schon angebrochen ist, wird die Widerspenstigkeit der Adressaten Ezechiels um so unverständlicher bzw. verwerflicher sowohl in den Augen der Verfasser als auch in denen der Leser, die beide aus einer gewissen Distanz auf die Zeit, in der das Ezechielbuch gewissermaßen „spielt", zurückblicken und eine theologische Einsicht damit vermitteln wollen bzw. darin erkennen sollen. Zusätzlich kommt der Ort ins Spiel, an dem Ezechiel sich aufhält, Babylon. Diese Lokalisierung hat mehrere Aspekte. In der Kommunikationssituation des Buches führt sie dazu, daß Ezechiel zwei Adressatenkreise in den Blick nehmen kann: Die mit ihm Deportierten seiner direkten Umgebung, die er ansprechen, zu denen er aber auch in dritter Person über die in Palästina Verbliebenen reden kann, sowie die in der Heimat lebenden Israeliten, die er bisweilen gleichfalls direkt anspricht. Ein zweiter Aspekt, der in der Forschung immer wieder

darauf legt, seine Worte je und je als Willenserklärung Jahwes sicherzustellen, so können wir keinen Moment zweifeln, daß er sich der Formel dem Wind" (5,2a.baß 431 ). Tatsächlich ausgeführt wäre diese Handlung recht spektakulär, vor allem im Vergleich zu den in 4,4-17 enthaltenen Aktionen. Im Blick auf das 425 Z I M M E R L I , BK, 125, konstatiert eine deutliche Beziehung zu 12,17-20, „einem Wort, von dem her es durch die Ergänzungen wbd'gh und wbsmmwn glossiert worden ist." Doch mag man fragen, ob nicht 4,16aß.b als Konglomerat aus 4,10aa.llaa und den adverbialen Bestimmungen aus 12,19 Beziehungen in beide Richtungen herstellt und insofern 4,16aa seine unmittelbare Fortsetzung in 4,17 findet. 426 ALLEN, WBC, 70, sieht 4,16f. als literarische Brücke zu Lev 26. 427 Vgl. E I C H R O D T , ATD; Z I M M E R L I , BK, 1 2 4 ; F U H S , NEB, 3 6 ; U E H L I N G E R , Zeichne, 1 1 5 , qualifiziert die Stelle als „relecture". G R E E N B E R G , AncB, 1 1 8 , befindet: „its originality is made more dubious by its anticipation of 5:16 and its likeness to 12:9. As an interpretation of the scant rations, it corresponds to vs. 13 (the interpretation of the unclean food) and may have been added here as its complement." 428 Z I M M E R L I , BK, 1 2 4 F . , schließt aus der Einleitungsformel und der Stellung von 16f. als „Deutungsbemerkung über 12-15 hinweg", daß die beiden Verse „ein eigenständiges Wort an den Propheten" sind, „das allerdings inhaltlich ganz nahe bei der Aussage der Zeichenhandlung 4,9-11 liegt." Ob hier tatsächlich ein möglicherweise selbständig überliefertes Gerichtswort für eine Deutung der befohlenen Handlung herangezogen und bearbeitet wurden, muß allerdings offen bleiben. 429 Dabei drängt sich die Frage der praktischen Durchführbarkeit auf. 430 G R E E N B E R G , AncB, 108, erläutert im Rückgriff auf 4,1, daß Ezechiel dies Haardrittel auf dem Ziegelstein verbrennen solle. So auch bereits B A R D T K E , Hesekiel, 4 3 . F O H R E R , HAT, 3 5 Anm.2, betrachtet „mitten in der Stadt" als Glosse. 431 5,2by wird meist als Glosse ausgeschieden; vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 61, Anm. 3; M E S S E L , Ezechielfragen, 48; F O H R E R , HAT, 33 ; Z I M M E R L I , BK, 97, meint, der Versteil stamme aus der Deutung in 5,12 (vgl. auch 130f.). Vgl. ferner U E H L I N G E R , Zeichne, 116.-Soll mit der Wendung ausgesagt werden, daß der Rückweg versperrt ist (vgl. Gen 3,24, wo das Schwert der Kerubim

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Das prophetische

Programm: Ez 1-7

Scheren von Haupthaar und Bart hat man einerseits daran erinnert, daß dies für Ezechiel als Priester eine besondere Zumutung bedeute 432 , andererseits dies Treiben als Trauergestus oder Ausdruck der Schande interpretiert 433 . Als Metapher für das Gericht Y H W H S erscheint das Scheren des ganzen Körpers durch das Schermesser, den König von Assyrien, in Jes 7,20. Diese Stelle, auf die die meisten Exegeten hier hinweisen, könnte - ähnlich wie oben die eiserne Mauer aus dem Jeremiabuch - aufgegriffen und zu einer Handlungsanweisung ausgestaltet worden sein 434 . Allerdings steht hier vor allem das Produkt des Vorgangs, das abgeschnittene Haar, im Mittelpunkt des Interesses 435 , weniger der ausführende Prophet, auf dessen Doppelrolle im Zuge dieser Handlung man hingewiesen hat 436 . 5,3 f. e n t h ä l t in V.3.4a noch e i n e H a n d l u n g s a n o r d n u n g , nämlich von d e m letzten D r i t tel einen Teil in seinen G e w a n d z i p f e l e i n z u b i n d e n , a b e r d a v o n noch einmal e t w a s zu v e r b r e n n e n . V. 4b wird als D e u t u n g d a z u a b g e t r e n n t 4 3 7 u n d m a n c h m a l mit 5,5 ff. zus a m m e n g e n o m m e n 4 3 8 . D i e b e i d e n Verse gelten h ä u f i g insgesamt als s e k u n d ä r 4 3 9 , d a

den Weg in den Garten versperrt) oder geht es um die andauernde Gefahr weiterer Vernichtung? 432 Vgl. L A M P A R T E R , BAT, 5 5 ; B L O C K , NICOT, 1 9 2 ; F R I E B E L , Sign-Acts, 2 4 3 . G R E E N B E R G , AncB, 1 2 6 , verweist auf Lev 2 1 , 5 und Ez 4 4 , 2 0 . Daß Ezechiel nicht wie in 4 , 1 4 protestiere, ist für ihn ein Zeichen für das höhere Alter dieser Stelle ( 1 2 7 ) . 433 „Daß ein Mensch sich selbst kahlschert, ist Ausdruck seines äußersten Jammers. Diesen Ritus vollzieht man an sich, wenn alle Hoffnung zu Ende ist, angesichts des Todes und der Vernichtung. < Jes 15,2; 22,12; Jer 47,5; 48,37; Am 8,10; Mich 1,16; Ez 7,18; 27,31 > Wenn einer einen anderen kahlschert, tut er ihm damit die tiefste Demütigung und Schmach an. So werden zum Beispiel Kriegsgefangene und Sklaven geschoren. .Kahlkopf' ist darum auch ein böses Schimpfwort (2 Kön 2,23). /.../ Kahlheit verweist also in die Sphäre der Schmach und Entehrung, ja mehr noch: in die Sphäre des Todes." (Mosis, GSL.AT, 61); ähnlich U E H L I N G E R , Zeichne, 184; zur Mehrdeutigkeit des Scherens vgl. auch B L O C K , NICOT, 192; F R I E B E L , Sign-Acts, 234-236, v.a. Anm.353. F O H R E R , HAT, 35, nimmt eine allegorische Ausdeutung vor, wenn er das Scheren mit dem „Lösen der Einwohner vom Land" gleichsetzt. F R I E B E L , Sign-Acts, 440, erwägt eine Beziehung zu magischen Ritualen in dem Sinne „that the prophets may have played on the people's praxis, which had syncretized pagan and magical rituals, by performing actions, which were externally similar to magical actions /.../ for example: /.../ Ezekiel's activities with his hair (Ez 5.1 —4) to sympathetic hair magic." 434 F O H R E R , HAT, 34: Ez 5,1 f. wandle das Bild Jes 7,20 in wirkliches Geschehen um. Vgl. F R I E B E L , Sign-Acts, 233. 435 So richtig L A M P A R I E R , BAT, 56; P O H L M A N N , ATD, 95. 436 So sei er beim Scheren gleichzeitig aktiv und passiv, repräsentiere also zugleich den Richter und dessen Opfer, beim Abwiegen des Haars und bei dessen anschließender Behandlung spiele er dann die Rolle des richtenden Gottes; vgl. Z I M M E R E I , BK, 129; Mosis, GSL.AT, 61; A L L E N , WBC, 71; P O H L M A N N , ATD, 95; B L O C K , NICOT, 192; F R I E B E L , Sign-Acts, 236. Für P O H L M A N N , ATD, 95, spricht diese Doppelrolle dafür, „daß hier im Rückgriff auf vorgegebene Bilder und Formeln eine Texteinheit über die Beauftragung zu einer prophetischen, also Künftiges abbildenden Zeichenhandlung konstruiert worden ist." Die Komplexität einer solchen Handlung allein wäre jedoch noch kein ausreichender Grund dafür. 437 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 6 3 („Glosse"); U K H I . I N G E R , Zeichne, 1 1 6 , 5,4b als Fortschreibung. 43S Vgl. Z I M M E R L I , BK, 101.132; Mosis, GSL.AT, 58; F U H S , NEB, 36f. 439 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 63; F O H R E R , HAT, 32; Z I M M E R E I , B K , 130f.; F U H S , N E B , 36; U E H L I N G E R , Zeichne, 116, 3.4a als „relecture", 4b als Fortschreibung; B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 38.

Der programmatische

211

Zeichenhandlungszyklus

sie d e n G e d a n k e n a n e i n e n R e s t a u s g e s t a l t e n 4 4 0 , d e r a l l e r d i n g s n i c h t völlig b e w a h r t werden wird441.

5,4b ist in MT und LXX verschieden überliefert: MT lautet „von ihnen soll/wird ausgehen ein Feuer (mimmosnnü tese'-'es) auf das ganze Haus Israel", während die griechische Übersetzung eine Redeaufforderung bietet: „und du sollst sagen zum ganzen Haus Israel" (xai epeig, was einem hebr. we'ämartä entspräche). Manche folgen der Lesart von LXX 442 . Dies hat angesichts der in 5,5a folgenden Zitatansage den Vorzug, daß man eine sonst im Ezechielbuch übliche Kombination zweier Wendungen erhält, die eine YHWHrede einleiten, welche Ezechiel zur Verkündigung aufgetragen wird 443 . So betrachtet ist es plausibel 5,4b 5,5ff. zuzuordnen 444 . Andere behalten MT bei 445 , entscheiden sich damit also für die lectio difficilior446. In diesem Fall gehört 5,4b als drohende Weiterführung, weniger als Deutung, zu 5,4a 447 . Anders als bei späteren Sprucheinheiten im Ezechielbuch ergeht gemäß MT kein ausdrücklicher Befehl an Ezechiel, diese Worte weiter zu sagen, und es wird auch kein andersartiger Übergang geschaffen, der die folgende deutend-begründende Rede anknüpfen würde 448 . Die Zitatan440 Z u m R e s t g e d a n k e n vgl. e t w a FRIEBEL, Sign-Acts, 240f. A l s Beispiel sei f e r n e r CLEMENTS zitiert, d e r e i n e a l l e g o r i s c h e A u s d e u t u n g d a m i t v e r b i n d e t : „ A l t h o u g h t h e p r e c i s e w o r d ' r e m n a n t ' is n o t u s e d , this s e e m s clearly to b e t h e r o l e E z e k i e l e n v i s a g e s f o r t h o s e w h o w e r e with h i m in B a b y l o n . M o r e o v e r , it e x p l a i n s m u c h of t h e o v e r w h e l m i n g i m p o r t a n c e he a t t a c h e d t o his w o r k as a p r o p h e t . T h o s e w h o w o u l d listen t o h i m , a n d so c o u l d l e a r n t o t h i n k in t h e t e r m s he b r o u g h t to t h e m , w o u l d b e p r e s e r v e d in t h e skirts of his r o b e . T h e m e t a p h o r is a w k w a r d , b u t it p u t s t h e highest level of s i g n i f i c a n c e o n t h e w o r k of t h e p r o p h e t as o n e w h o s e w o r d s w o u l d build t h e n u c l e u s of a n e w c o m m u n i t y of Israel." ( E z e k i e l , 24). 441 I n s g e s a m t nicht in e i n e m positiven S i n n e i n t e r p r e t i e r t BARDTKE, H e s e k i e l , 43f.: „ D a s E i n b i n d e n in d e n Z i p f e l soll nicht n u r S a m m l u n g , s o n d e r n a u c h gleichzeitig G e f a n g e n s c h a f t d a r s t e l l e n . G e f a n g e n s c h a f t u n d V e r b a n n u n g b e d e u t e t e n nicht e t w a R e t t u n g u n d H e i l , s o n d e r n w a r e n e b e n f a l l s Teil d e s G e r i c h t e s , u n d o f t m a l s ein h ä r t e r e s G e r i c h t als d a s d e s Fallens u n d Sterbens." 442

C O O K E , BARDTKE, F O H R E R , EICHRODT, ZIMMERLI, LAMPARTER. M O S I S ; a u c h B H S

propa-

giert d i e V e r s i o n v o n L X X . 443 In E z 11,5.16.17 v e r h ä l t es sich u m g e k e h r t ; d o r t b i e t e t M T d e n I m p e r a t i v '"'mor, d e r in L X X (11,5) u n d a n d e r e n Ü b e r s e t z u n g e n (11,16.17) fehlt. E s ist m ö g l i c h e r w e i s e e r h e l l e n d , d a ß d i e s e A b w e i c h u n g e n a u s g e r e c h n e t in K a p i t e l n a u f t r e t e n , die zu e i n e m V i s i o n s k o n t e x t g e h ö ren. 444 Vgl. ZIMMERLI, B K , 9 7 : „ D a s g r a m m a t i s c h n i c h t e i n g e p a ß t e mmnwts' 's d e s M ist e i n e v o n G n o c h n i c h t b e z e u g t e E r w e i t e r u n g ( n a c h 19,14?). A n s e i n e r Stelle s c h e i n t G ein w'mrt v o r g e f u n d e n zu h a b e n . D a n a c h ist 4 b u r s p r ü n g l i c h E i n l e i t u n g zu 5,5ff.". 445

446

F U H S , GREENBERG, A L L E N , CLEMENTS, P O H L M A N N , BLOCK s o w i e FRIEBEI., S i g n - A c t s .

E n t g e g e n d e r T h e s e ZIMMERLIS, B K , 125, m u ß m a n h i e r k e i n e n g r a m m a t i s c h e n A n s t o ß nehmen. 447 A l s d r i t t e M ö g l i c h k e i t k ö n n t e m a n allenfalls e r w ä g e n , u n t e r V e r n a c h l ä s s i g u n g d e r m a s o r e t i s c h e n T e x t e i n t e i l u n g 'wl-käl-bet yisrä'el a u s 4 b zu 5a zu z i e h e n : „ Z u m g a n z e n H a u s Israel h a t YHWH SO g e s p r o c h e n " . D a b e i w ä r e allenfalls die S a t z s t e l l u n g u n g e w ö h n l i c h ; d o c h m ü ß t e M T nicht a n g e t a s t e t w e r d e n . D i e S a t z s t e l l u n g w ü r d e d a n n d e n G e g e n s a t z b e t o n e n z w i s c h e n d e m k l e i n e n Teil d e r J e r u s a l e m e r B e v ö l k e r u n g , auf d e n sich d i e A k t i o n in 5,3.4a b e z i e h t , u n d d e r f o l g e n d e n R e d e , d i e auf alle I s r a e l i t e n zielt. 448 GREENBERG, A n c B , 120, löst d i e S c h w i e r i g k e i t f o l g e n d e r m a ß e n : „It is r e m a r k a b l e t h a t

212

Das prophetische

Programm:

Ez 1-7

sage qualifiziert das Folgende als Gottesrede, als einen Kommentar YHWHS, der streng genommen zunächst nur für Ezechiel bestimmt wäre. Die beschriebenen Schwierigkeiten zeigen, daß offensichtlich eine Nahtstelle im Text vorliegt. Man wird deswegen und aus weiteren noch zu benennenden Gründen damit rechnen müssen, daß 5,5ff. ganz 449 oder zumindest in weiten Teilen eine Anreicherung zu 4,1-5,2(4) darstellt. 5,5 schillert zwischen einer Deutung 450 , welche vor allem diejenigen annehmen, die das explizite Nennen Jerusalems in 4,1 für eine Glosse halten, und einem Kommentar zum Ergebnis des Gerichts: Die menschenleere Trümmerstätte, die man aufgrund von 5,2 voraussetzen muß, „das < a l s o > < i s t > / < w i r d > Jerusalem < s e i n > ! " (5,5aa). Die Gottesrede 5,5aßff. scheint in ihrer jetzigen Gestalt nicht aus einem Guß zu sein 451 . Ihre Genese ist schwer und nur annähernd zu erhellen 452 . Deutlich aber ist, daß in diesen Versen Vokabular und Gedankengut erscheinen 453 , welthe prophecy lacks an opening formula /..../ In 4:3, among the directions for enacting a siege, the prophet was told to 'direct his face toward the city'; to this vs. 7 adds 'and with bared arm prophesy against it.' This amounts to a formula for opening a prophecy - and taken with the abrupt commencement of the prophecy in 5:5 one might suppose that the prophecy which the prophet is ordered to speak in 4:7 is in fact spelled out in 5:5-17." 449

S o FUHS, N E B , 36.

H Ö L S C H E R , Hesekiel, 6 5 : „ A n die symbolischen Handlungen ist in Form einer Gottesrede eine Deutung, und zwar insbesondere der letzten Handlung angefügt 5 , 5 - 1 7 . Die Deutung bezieht sich nicht auf die Exilssymbolik, sondern nur auf die Belagerungssymbolik, ist also älter als die exilssymbolischen Interpolationen." C O O K E , I C C , 5 8 ; E I C H R O D T , ATD, 3 1 ; Z I M M E R L I , BK, 112, sieht 5,5 als zusammenfassende Deutung (vgl. 132); Mosis, GSL.AT, 58; aber auch G R E E N B E R G , AncB, 1 1 0 . U E H L I N G E R , Zeichne, 1 3 3 , betont ausdrücklich, daß ein völlig stummes Geschehen vorliege, das erst nach dem Vollzug aller Handlungen durch Worte gedeutet werde. 451 Dies legen allein schon die Schlußsignale in 5,13.15 und 17 nahe. D a ß die Wendung '"ni YHWH dibbarti im Ergebnis insgesamt dreimal in fast regelmäßigen Abständen erscheint, verleiht der Endgestalt der R e d e eine eigene stilistische, auf ihre Art kunstvolle Note. 452 Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 65 mit Anm. 1, („Der vorliegende Text ist äußerst weitschweifig, offenbar infolge zahlreicher Wucherungen. Eine genaue Herausschälung des ursprünglichen Textes ist kaum möglich.", 65); A L L E N , W B C , 57; B L O C K , N I C O T , 196 („collage of sayings"; „the convoluted nature of the passage as a whole arises from the concern to provide interpretations of a series of sign-acts in a single literary unit."). Analysen und Rekonstruktionsversuche fallen dementsprechend unterschiedlich aus. H. R E V E N T L O W , Wächter über Israel, Berlin 1962 ( B Z A W 82), 4-24, lehnt jeglichen literarkritischen Scheidungsversuch ab und erklärt die Schwierigkeit des Abschnitts mit den Beziehungen zu Lev 26. F O H R E R , HAT, 32, nennt einen Grundbestand 5,5-6*.8-9*.12.14; E I C H R O D T , ATD, scheidet 5,13.16.17 aus; Z I M M E R L I , BK, 101.132, setzt als Grundbestand 5,4b-6a.8-9.14-15 an; LIWAK, Probleme, 74: Grundbestand 5,4b-5.8.9; 5,6.7.10a.l2.14 als nachträgliche Beschreibung der Begründung und Folge des Gerichts; sowie 10b; 11.13.15.16f. als Interpretationszusätze. F U H S , NEB, Grundbestand: 5,4b.5-6a.8-9.14.15; U E H L I N G E R , Zeichne, 116, sieht 5,4b.7Ende.9f.lt*.14-17 als Fortschreibung. KRÜGER, Geschichtskonzepte, 67, konstatiert, daß „die Vielfalt der Lösungsvorschläge /../ die Problematik einer literarkritischen Interpretation des Textes deutlich < m a c h t > . " „Die Möglichkeit eines rekonstruierbaren literarischen Textwachstums soll damit keineswegs grundsätzlich bestritten werden." (68). 453 Als Beispiele seien genannt: 5,6 mrh vgl. betm"ri\ zur Verunreinigung des Heiligtums mit Götzen vgl. 8-11, insbesondere 8,9-18; 5,11b vgl. 7,9; 8,18; 9,10; 5,13 vgl. 7,8; zur Trias von In450

Der programmatische

Zeichenhandlungszyklus

213

che auch sonst mehrfach in den folgenden Texten des Ezechielbuches begegnen (und jeweils auch in Beziehung zu atl. Traditionskomplexen stehen) 454 , so daß man den Eindruck bekommt, daß die Gottesrede diese Themen und Motive anschlagen will, um so eine programmatische Zusammenschau anschließender Gerichtsankündigungen zu geben 455 . Insofern fügt sie sich in die Gesamttendenz der Eingangskapitel des Ezechielbuches ein, die einen zusammenfassenden Vorspann für das Buch bilden. Wen auch immer man für die Rede 5,5ff, verantwortlich macht - der oder die Betreffenden haben im Duktus des Kompositionsprinzips gewirkt, das als eine Verklammerungs- und Verweistechnik charakterisiert werden kann; das Ergebnis ihrer Tätigkeit zeigt, daß sie den vorfindlichen Textbestand in diesem Sinne verstanden und literarisch-schöpferisch dementsprechend verfuhren. Mit der Wortempfangsaussage in 6,1 ist ein deutlicher Neuansatz gegeben; der Anfang von Kap. 6 bietet erstmals das charakteristische Einleitungsmuster ezechielischer Wortverkündigung und kennzeichnet die Rede Y H W H S somit zweifelsfrei als eine Ansprache, die der Angeredete an die genannten Adressaten weitergeben soll456. Für die Vision insgesamt, an deren Fortbestehen (oder Neueinsatz) 3,22a erinnert, gibt es kein explizites Schlußsignal. In MT gehen die innerhalb der Vision erfolgenden Handlungsaufforderungen in eine Gottesrede über, die als programmatische Gerichtsankündigung und vor allem -begründung letztlich im Blick auf die angeordneten zeichenhaften Aktionen zusammengestellt wurde. In LXX erscheint schon diese Rede Y H W H S wie die anschließenden durch den knappen Imperativ, den sie abweichend von MT bietet, als wiederzugebende Sprucheinheit. Auch die Visionsabschnitte 37,1-14 und 40-48 verfügen nicht über eine Schilderung des Visionsendes. Die Wendung wattisä'eni rü"h, die im Rahmen von abschließenden Schilderungen in 3,12.14 und 11,24 vorkommt, bildet ein eigenes Motiv, das in 11,1 analog auch als Eröffnungsbemerkung für einen neuen Abschnitt innerhalb der Vision 8-11 dient. Diese vier Verse scheinen allesamt gestaltet zu sein, um eingearbeitetes Material einzubinden.

Strumentender Heimsuchung in 5,12 vgl. 6,11 f.; 7,15; 12,16. Die vier in5,16f. genannten Strafen kommen dagegen in 14,12-21 vor. 454 Vgl. dazu unter den Kommentaren etwa COOKE, ICC, 58-63, sowie die Ausführungen bei LIWAK, Probleme, 77-85 (dessen Beurteilung des Materials als dtr nicht so pauschal zutreffen dürfte), KRÜGER, Geschichtskonzepte, 96-99, mit tabellarischer Übersicht, 100. Insbesondere die Beziehung zu Lev 26 ist von Interesse. GREENBERG, AncB, 127, betrachtet Ez 5,5ff. als von Lev 26 abhängig; BLENKINSOPP, Ezekiel, 39, vergleicht Dtn 28 mit Ez 5,5-17. 455 Vgl. KRÜGER, Geschichtskonzepte, 68: „Insbesondere wäre m.E. die Möglichkeit einer redaktionellen ,Auffüllung' des Textes durch Aussagen, die anderen Texten des EB [= Ezechielbuch] entlehnt sind, zu erwägen, da für die Redaktion ein Interesse bestehen konnte, in der ersten ausgeführten Gerichtsprophezeiung des Buches möglichst viele Topen der folgenden Texte bereits anzudeuten." 456 Sieht man Kap. 6 als eine spätere Anreicherung an, so gilt dasselbe für Kap. 7, welches ebenfalls eine Variante des Einleitungsmusters eröffnet.

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Programm:

Ez 1-7

Den Schwerpunkt der angewiesenen Handlungen bilden die Verweise auf die Belagerung, die Not der Belagerten und ihr Geschick nach der Einnahme der Stadt. Hinzu kommt eine weitere Handlung, die möglicherweise zunächst das Andauern der Belagerung illustrieren sollte 457 . Auf priesterliche Tradition dürfte das Element einer Schuldverrechnung in 4,4-8 sowie der in 4,12-15 ausgeführte Aspekt der Unreinheit zurückgehen. Ferner scheint 5,3.4a als Weiterführung zu beurteilen zu sein. Für 4,1-5,4 insgesamt bleibt entscheidend, daß der Text, der die einzige Diskussionsbasis ist, nur Gottes Anordnungen an den Propheten bietet. Im Rahmen der Gottesrede werden die aufgetragenen Aktionen genau beschrieben, so daß der Rezipient sich diese lebhaft vorzustellen vermag. Auch diese Passage läßt - ganz so wie das Ezechielbuch es auch sonst tut - den Rezipienten am Wortempfang teilhaben ( sogen, „privates Orakel"). Die tatsächliche Ausführung wird hier nicht thematisiert 458 . Da das menschliche Gegenüber Gottes, Ezechiel, als gehorsam dargestellt wird, versteht es sich innerhalb dieser Fiktion von selbst, daß der Angeredete so handelt, wie Y H W H es von ihm verlangt 459 . Diese Darstellung bedeutet aber keineswegs zwingend, daß ein Prophet namens Ezechiel diese Aktionen wirklich durchgeführt hat - für die angestrebte theologische Aussage ist dies auch nicht wichtig. Vielmehr spricht vieles dafür, die Handlungsanweisungen Gottes als eine literarische Konstruktion zu betrachten; in Gestalt einer Anweisungsrede zu einer Kette von zeichenhaften Aktionen wird für das Buch inhaltlich Bedeutsames ausgesagt. V o n d a h e r g e s e h e n s c h e i n t es z u n ä c h s t e i n m a l v e r f e h l t , d e m A b s c h n i t t R ü c k s c h l ü s s e auf d i e P e r s o n bzw. p s y c h i s c h e K o n s t i t u t i o n E z e c h i e l s a b s p ü r e n zu w o l l e n 4 6 0 . H i e r ist Z i m m e r i i s w a r n e n d e n B e m e r k u n g e n R e c h t zu g e b e n : „ D e r Text leitet a b e r a u c h h i e r nicht z u r S p e k u l a t i o n ü b e r d i e b i o g r a p h i s c h e n E l e m e n t e d e s L e b e n s E z ' s a n . E r h ä l t 457

Die These, daß eine Dreizahl von Handlungen den G r u n d b e s t a n d bilde (HÖLSCHER, Hesekiel, 61-63; oder Z I M M E R L I , BK. 111), hat etwas durchaus Bestechendes, ist aber nicht völlig garantiert. Die Zählungen der Exegeten bieten unterschiedliche Ergebnisse: Abgesehen von der Dreizahl bei H Ö L S C H E R und Z I M M E R L I (4,1 f.; 4,9a.10-11; 5,1 f.), die etwa F U H S , NEB, 32, übernimmt, zählt FOHRER, HAT, 28-36, vier Berichte (3,16a.4,l-3; 4,4-8; 4,9-17; 5,1-17), MESSEL, Ezechielfragen, 48, fünf (4,1-3; 4,4-6; 4,9-11.16.17; 4,12-15; 5,1^1), ALLEN, WBC, 55, ebenfalls fünf, nämlich 3,24b-27 ( D e u t u n g 3,26aß27aßb); 4 , l - 3 a ( D e u t u n g 3b); 4,4-8 ( D e u t u n g eingeschlossen); 4,9-15 ( D e u t u n g 16F.); 5 , l - 4 a ( D e u t u n g 2b Ö). BLOCK, NICOT, 167, dagegen kommt auf neun „clusters of actions": 4,1 f.; 4.3; 4,4-6; 4,7; 4,8; 4.9-11; 4,12.14f.; 5.1f.; 5,3f. 458 Vgl. E. Tov, Der Text der hebräischen Bibel, Stuttgart 1997, 73: „Es ist charakteristisch für den Stil biblischer Erzählungen, daß A n o r d n u n g e n sehr detailliert berichtet werden, die Ausführung hingegen nur recht kurz mit den Worten erwähnt wird ,... und er (etc.) tat so ..."'. 459 „Even if one ends up disagreeing with the assumption of actual performance, /.../ it cannot be denied that the literary accounts of the sign-acts intend the reader to assume that the actions really took place." (FRIEBEL, Sign-Acts, 34). 460 So G R E E N B E R G , AncB, 1 2 3 : „But the withdrawal of the prophet to his h o m e and his cutting off normal communication with his surroundings are events which, though authorized by divine orders, betray the interposition of his own intimidated personality. May it not be that the unusual accumulation of self-afflictions in this passage is at bottom a kind of compensation for withdrawal from the public fray, a turning upon oneself of stoppled anger and r e s e n t m e n t ? "

Der programmatische

Zeichenhandlungszyklus

215

diese ganz im Unbestimmten. Es ist ihm allein wichtig, den Verkündigungsgehalt, der im Tun bzw. Leiden des Propheten liegt, klar herauszuheben." (BK, 116; vgl. auch 104). Die Anordnungen YHWHS veranschaulichen bildhaft-symbolisch, und insofern verfremdet, das Geschick Jerusalems und vor allem seiner Bewohner. Zu der Zeit, die die Buchkomposition hier als Zeitpunkt für das Ergehen der Aufforderungen an Ezechiel voraussetzt, liegen die Ereignisse, die die Aktionen andeuten, noch in der Zukunft. Da Gott die Handlungen anordnet, ist unmißverständlich klar, daß das in den Befehlen an Ezechiel vorweggenommene Geschehen auf YHWHS Willen beruht und deshalb unausweichlich eintreten wird 461 . Weil die Leser des Buches wissen, daß alles so gekommen ist, bedürfen sie auch keiner expliziten Deutung, sondern vermögen aufgrund ihres Wissens um die Geschichte diese wiederzuerkennen. Spätestens in 24,2462 und endgültig in 33,21 erfährt auch ein Leser, der mit der Geschichte Israels nicht vertraut ist, daß das in den Handlungsaufforderungen Angezeigte sich erfüllt. So wird der Zusammenhang zwischen Gottes Willen und Geschichte deutlich gemacht. Bedeutsam ist ferner, daß die Anordnungen YHWHS für die zeichenhaften Aktionen - zumindest in der vorliegenden Gestalt des Buches - immer noch im Kontext einer Vision erfolgen 463 . Da der Angeredete immer noch diesen ausgezeichneten Ausnahmezustand besonderer Gottesgegenwart erfährt, wird die Legitimation der Botschaft Ezechiels, d.h. seiner Gerichtsverkündigung gegen Jerusalem noch gesteigert und dem Inhalt der Botschaft noch größeres Gewicht 461

Vgl. POHLMANN, ATD, 82: „ /../ Ezechiels erster k o n k r e t e r Verkündigungsauftrag spricht eine erst künftige unheilvolle Ereignisabfolge an, deren erste E t a p p e zu einem späteren Zeitpunkt seines Wirkens dann als tatsächlich eingetreten verbucht werden kann." 462 POHLMANN, ATD, 83: „ D e m Leser soll somit von 4,1 ff. h e r k o m m e n d in 24,1 signalisiert werden, daß die in 4,1-5,4 vorgestellte Unheilssystematik nach Jahwes Plan angelaufen ist und nun auch weiter abläuft." 463 Vgl. etwa COOKE, ICC, 57, „all is taking place in vision"; UEHLINGER, Zeichne, 122, erklärt gegen diese in der älteren Forschung noch öfter vertretene Sicht, die Verknüpfung 3,24b-27 mit 4,1 ff. sei erst auf redaktioneller E b e n e erfolgt - das hieße dann aber nur, daß erst durch die redaktionelle Tätigkeit die A n o r d n u n g e n in den Visionskontext gerückt wurden. Vgl. GARSCHA, Studien, 87, der meint, eine zu strikte Trennung von 4,lff. von den vorhergehenden Abschnitten sei nicht zu empfehlen. POHLMANN, ATD, 81: „ < E s > wäre zu erwarten, daß mit den hier folgenden Schilderungen der R a h m e n des zuvor dargestellten Berufungsgeschehens verlassen ist. Das ist aber merkwürdigerweise nicht der Fall; denn zu 4,1 ff. fehlt eine spezielle Ein- oder Überleitung; die Anweisungen aus Jahwes M u n d in 4,1 ff. scheinen jetzt direkt im Anschluß und im R a h m e n jener zweiten Vision (3,22-27) zu erfolgen, in der Ezechiel mit der Einengung seiner Wirksamkeit /.../ konfrontiert wurde." Zumindest als literarische Einheit betrachtet GREENBERG, AncB, 117, 3,22-5,17, ALLEN, WBC, 55,3,16-5,17. Auch ZIMMERLI sah 3,16a.22-5,17 als Z u s a m m e n h a n g . Wenn Maimonides die als anstößig erscheinenden Zeichenhandlungen im Ezechielbuch generell als „merely visionary" bezeichnet (vgl. dazu GREENBERG, AncB, 122) und so den A n s t o ß beseitigt, dann mag die Einordnung des programmatischen Handlungszyklus in 4f. in den Kontext der Eingangsvision ihn zu diesem Urteil bewogen haben. - A u f die A n n a h m e , Ezechiel habe die in Kap.4f. dargestellten Handlungen in visionärem Zustand ausgeführt, verweist G. FOHRER, Die symbolischen Handlungen der Propheten, Zürich/Stuttgart 2 1968 ( A T h A N T 54), 85.

216

Das prophetische Programm: Ez 1-7

verliehen. D a ß die später im Buch geschilderten Zeichenhandlungen, die die in 4,1-5,4 angeordneten A k t i o n e n letztlich in neuen A s p e k t e n entfalten und vertiefen, nicht in Visionen mitgeteilt werden 4 6 4 , erhärtet nur noch die Besonderheit des einleitenden Zyklus in seiner programmatischen Funktion.

4.2.2 Zur Gattung „prophetische

Zeichenhandlung"

Ein großer Teil der Exegeten interpretiert Ez 4,1-5,4 im Lichte der sogen, „prophetischen Zeichenhandlung" oder „symbolischen Handlung", die man sowohl in einigen schriftprophetischen Büchern als auch im DtrGW dargestellt fand. Fohrer definiert sie als „Verkündigung durch die Tat" 465 . Im AT zählt er 32 Berichte über derartige Aktionen, die überwiegend als „Ich-Bericht" oder „im Stil des an den Propheten ergangenen Jahwewortes" 466 , seltener als „reiner Er-Bericht" 467 gestaltet sind. Er charakterisiert die Struktur der symbolischen Handlungen durch die regelmäßig wiederkehrenden selbständigen Merkmale „Befehl zur Ausführung der symbolischen Handlung", „Bericht über die Ausführung" und „Deutung" 468 . Allerdings stellt Fohrer dann sofort fest, daß die genannten drei Merkmale keineswegs immer alle gemeinsam vertreten sind 469 , ein Umstand, der die Aussagekraft dieser formgeschichtlichen Bemühungen sogleich in Frage stellt. Einen zweiten Schwerpunkt der Betrachtungen Fohrers bildet die religionsgeschichtliche Fragestellung. Er bringt die symbolischen Handlungen der Propheten mit magischen Handlungen in Verbindung und zieht umfängliches Vergleichsmaterial aus den unterschiedlichsten Religionen und Zeiten heran. Seiner Ansicht nach „läßt sich darauf hinweisen, daß die Struktur der magischen und der prophetischen Handlungen die gleichen Merkmale aufweist. Als Gegenstand der Handlungen können alle möglichen Dinge dienen, die als Abbild eines Urbildes oder Symbol eines anderen Gegenstandes gelten, zu dem sie in einem unterschiedlich nahen Verhältnis der Darstellung oder Repräsentation stehen. Die Handlung besteht in der Nachahmung des mit ihr bezweckten Ereignisses und wird nach dem Grundsatz der Analogie vollzogen, so daß das, was am Abbild vorgenommen wird, sich auch am Ur-

464 Vielleicht sollte man hier auch an das Eingangskapitel des Jeremiabuches denken, wo der programmatische Verkündigungsinhalt in Gestalt zweier kurzer Visionen (1,11 f.;13f.) dargestellt wird, die allerdings (redaktionell?) mit der Wortempfangsaussage eingeführt werden. Zudem schaut Jeremia hier etwas, das Gott ihm jeweils anschließend deutet. Im Ezechielbuch hingegen empfängt Ezechiel Befehle Gottes noch in dem Ausnahmezustand, der der Vision eigentümlich ist. 465 HAT, 28, vgl. ferner FOHRERS weitere Arbeiten zu dieser „Gattung". 466 FOHRER, Handlungen, 17. 467 Er-Berichte laut FOHRER, Handlungen, 17f„ sind 1 Kön 11,29-31; 19,19-21; 22,11; 2 Kön 13,14-19 sowie Hos 1,2-9; Jer 28,10-11; 43,8-13; 51,59-64; unsicher sind Jes 7,3 und Jer 19,1. 468 Ebda. 18. Hinzu kommen noch „unselbständige Merkmale", nämlich „Angaben über vielleicht vorhandene Augenzeugen", „Ausdrücke für die Zusage Jahwes zur Verwirklichung des symbolisiertenGeschehens" und „Ausdrücke für die Beziehung der symbolischen Handlung zu dem durch sie symbolisierten zukünftigen Geschehen" (Handlungen, 18; vgl. HAT, 28). 469 Ebda. 18. Lediglich in sieben von den benannten 32 symbolischen Handlungen im AT erscheinen alle drei (2 Kön 13,14-19; Hos 1,2-9; 3,1-5; Jer 13,1-11; 32,1-15; Ez 12,1-11; 24,1524).

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Zeichenhandlungszyklus

217

bild ereignen soll." 4 7 0 . Allerdings hebt Fohrer als wichtigen Unterschied einer p r o p h e tischen S y m b o l h a n d l u n g zu magischen H a n d l u n g e n aus aller Welt hervor: „ E b e n s o deutlich wie die Verwandtschaft ist aber auch d e r Unterschied zwischen magischen und p r o p h e t i s c h e n H a n d l u n g e n . Die H a n d l u n g des P r o p h e t e n bewirkt das E i n t r e f f e n des symbolisierten G e s c h e h e n s nicht m e h r mechanisch durch ihre A u s f ü h r u n g und die ihr i m m a n e n t e K r a f t . Die Gewißheit, d a ß es sich ereignen wird, liegt f ü r d e n P r o p h e t e n in d e r M a c h t Jahwes u n d in seinem Willen, das durch die H a n d l u n g V e r k ü n d e t e zu verwirklichen. So soll die prophetische H a n d l u n g zwar auch wirksam sein, j e d o c h nicht infolge magisch zwingender Kraft, sondern als A n k ü n d i g u n g des göttlichen H a n delns." 4 7 1 Diese Relativierung des magischen C h a r a k t e r s atl. Symbolhandlungen ist zu R e c h t kritisiert worden 4 7 2 . Fohrers B e t r a c h t u n g prophetischer S y m b o l h a n d l u n g e n setzt eine tatsächliche Ausf ü h r u n g dieser A k t i o n e n selbstverständlich voraus 4 7 3 . Dies betont Z i m m e r l i ausdrücklich: „die D u r c h f ü h r u n g < g e h ö r t > z u m Wesen d e r echten Z e i c h e n h a n d l u n g /../. Z u mal dort, wo in diesem Z u s a m m e n h a n g der Begriff des Zeichens /.../ v e r w e n d e t wird, ist dieses deutlich. Im Begriff des 'wt liegt ja gerade das Sichtbarwerden eines zunächst nicht o h n e weiteres sinnenfälligen Tatbestandes in einer den Sinnen e r k e n n b a r e n Verdichtung. E i n e nicht m e h r gehandelte, s o n d e r n nur berichtete Z e i c h e n h a n d l u n g m ü ß t e als eine späte Z e r s e t z u n g s f o r m betrachtet werden." 4 7 4 . Zimmerli meint überdies einen F o r m w a n d e l d e r Berichte über Z e i c h e n h a n d l u n g e n - „von einer . G a t t u n g ' wird m a n hier besser nicht r e d e n " 4 7 5 - e r k e n n e n zu k ö n n e n : W ä h r e n d der „einfache Bericht" sich aus Exposition der Geschichte, Bericht über die H a n d l u n g und D e u t u n g zusammensetzt, „ k a n n in d e r Folge die Exposition durch d e n göttlichen Befehl ersetzt werd e n /.../. In diesen göttlichen Befehl k a n n d a n n aber auch schon die D e u t u n g eingehen

470

FOHRER, P r o p h e t i e u n d M a g i e , in: Z A W 7 8 ( 1 9 6 6 ) , 2 5 - 4 7 ( 3 3 f . ) .

471

FOHRER, HAT, 28. Vgl. dazu ders., Prophetie, 34f„ besonders: „Der Prophet vollzieht in symbolischer Weise ein bevorstehendes Ereignis, das er in Vollmacht ankündigt. Indem er es tut, symbolisiert er zugleich das Eintreten dieses Ereignisses als einer göttlichen Tat, die er verbürgt, begründet oder anzeigt und die er insofern vorwegnimmt und unausweichlich macht. So ist die symbolische Handlung eine wirkungsmächtige Ankündigung und eben dieses Moment der Wirksamkeit ist die Folge der ursprünglichen magischen Verwurzelung der Handlung." (34f.). 472 ALLEN, WBC, 66: „/../ the view that the sign-act is to be distinguished from the oracle, inasmuch as it had special power bestowed upon it to shape the future, is based on its supposed development from acts of magic /.../. Such a developmental view is no longer in vogue among a n t h r o p o l o g i s t s / . . . / " . Z u r K r i t i k a n FOHRER vgl. LANG, A u f s t a n d , 1 6 7 - 1 7 0 ; UEHLINGER, Z e i c h n e , 1 2 4 - 1 2 6 ; KRÜGER, U n t e r s u c h u n g e n , 1 1 6 - 1 1 9 ; FRIEBEL, S i g n - A c t s , 4 2 ^ 1 6 . 473

Vgl. dazu Handlungen, 79-85. Dies beweist auch die folgende Aussage: „Häufig ist freilich nur der Befehl mit der angeschlossenen Deutung schriftlich niedergelegt worden; der Bericht über die Ausführung erschien angesichts des vollkommenen prophetischen Gehorsams gegenüber dem Befehl als überflüssig." (HAT, 28, vgl. Handlungen, 82). 474 BK, 103f. Aufgrund seiner literarkritischen Analyse datiert ZIMMERLI EZ 5,3^1a in die Zeit nach 587 und schließt, daß diese Handlung nicht wirklich durchgeführt worden sein kann. „So stoßen wir in 5,3^1a auf die Form der lediglich mehr verkündigten (und aufgezeichneten) Zeichenhandlung - eine Form, die wir in früherem Zusammenhang /.../ als späte Zersetzungsform meinten betrachten zu müssen." (BK, 132). - Für BARDTKF., Hesekiel, 35, ist das Wort „Zeichen" in 4,3 der Grund für die Annahme, daß die Handlungen wirklich ausgeführt wurden. 475 BK, 104.

218

Das prophetische Programm: Ez 1-7

( H o s 1 3). D a r i n ist der Typ des Berichtes a n g e b a h n t , in d e m schließlich die A u s f ü h rung der H a n d l u n g gar nicht m e h r berichtet wird, s o n d e r n alles in das g e b i e t e n d e Wort Jahwes hinein verschlungen ist. So ist es m e h r f a c h bei Jer ( 1 6 , 1 ^ . 5 - 7 . 8 f . ; 19,lf.l0f.; 43,8-13) zu sehen. Dieser Typ herrscht auch bei Ez vor ( n e b e n 3,25-5,4a noch 12,17-20; 2 1 , l l f . 2 3 - 2 9 ; 24,1-14; 37,15-28). In diesem A u f g e h e n des ganzen Berichtes im Jahwewort k o m m t einmal zum Ausdruck, d a ß die Z e i c h e n h a n d l u n g /.../ ganz von der göttlichen S e n d u n g u n d Bevollmächtigung gehalten ist. U n d z u m a n d e r e n , d a ß die Zeichenh a n d l u n g ganz und gar nur leibhafte Manifestation des Wortes Jahwes ist /.../." 4 7 6 Lindbloms schlagwortartige Definition prophetischer Z e i c h e n h a n d l u n g e n als „verbum visibile"477 findet eine ausführlichere E n t s p r e c h u n g etwa bei Eichrodt: „In Wirklichkeit ist j e d o c h die symbolische H a n d l u n g bei d e n P r o p h e t e n weit m e h r als eine Begleiterscheinung ihrer Rede, sie ist selbständiges Mittel d e r Verkündigung, das bisweilen an die Stelle des Wortes t r e t e n k a n n /..../. D a s hat seinen G r u n d /../ in d e m engen Z u s a m m e n h a n g von Wort u n d Tat im hebräischen D e n k e n . Dasselbe Wort dabar bezeichnet nicht nur ,Wort', s o n d e r n auch ,Tat'. /.../ Wort und Tat bilden also eine Einheit, u n d so ist die prophetische H a n d l u n g nichts Nebensächliches, s o n d e r n kraftvolle Verkündigung des göttlichen Willens." 4 7 8 Die prophetische Tat ist „wirkliches Symbol f ü r das von G o t t in der Z u k u n f t beabsichtigte Tun" 4 7 9 . Lang w e n d e t sich gegen die vor allem von F o h r e r v e r t r e t e n e Auffassung, d a ß prophetische Z e i c h e n h a n d l u n g e n ein zukünftiges G e s c h e h e n nicht nur v o r w e g n e h m e n d abbilden, s o n d e r n es gewissermaßen bewirken, zumindest aber sein E i n t r e t e n als unabänderlich darstellen. Lang selbst setzt d e m den A s p e k t d e r Publikumswirkung entgegen, der „auf Publikum b e r e c h n e t e < n > u n d Publikum b e e i n f l u s s e n d e < n > Agitation": „Wird künftiges Unglück dargestellt, d a n n soll die Darstellung nicht das U n glück h e r b e i f ü h r e n , sondern dazu a u f r u f e n , das Unglück zu verhindern; als Aufruf zu U m k e h r und B u ß e h a b e n Z e i c h e n h a n d l u n g e n mit Magie nichts zu tun. Sie sind vielm e h r als V o r f o r m des m o d e r n e n politisch u n d sozial agitatorischen S t r a ß e n t h e a t e r s anzusprechen." 4 8 0 . D e r Blick auf zeitgenössische Rezipienten der H a n d l u n g setzt selbstverständlich voraus, d a ß die b e t r e f f e n d e A k t i o n vor d e m e n t s p r e c h e n d e n Publik u m tatsächlich v o r g e f ü h r t wurde. D e r G e d a n k e , d a ß ein P r o p h e t mit einer Z e i c h e n handlung A u f m e r k s a m k e i t u n d Interesse zu wecken vermochte, der Längs Auffassung bestimmt, ist als zusätzlicher Faktor indessen ö f t e r g e ä u ß e r t worden 4 8 1 .

476

Ebda. Prophecy, 172. 47S EICHRODT, ATD, 26. Vgl. Funs, NEB, 32: „Symbolische Handlungen sind selbständige Elemente der Verkündigung." 477

EICHRODT, A T D , 27. 480

LANG, Aufstand, 167f.; vgl. ders. Ezechiel, 86-89, sowie ders., Street Theater. Raising the Dead and the Zoroastrian Connection in Ezekiel's Prophecy, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuwen 1986, 297-316 (297-307); tendentiell übernommen von UEHLINGER, Zeichne, 139, der von „prophetischer Provokationshandlung" spricht. Kritik bei KRÜGER, Geschichtskonzepte, 116-119. 481 Vgl. FOHRER, Handlungen, 91; S. AMSLER, Les prophètes et la communication par les actes, in: R. Albertz u.a. (hrsg.), Werden und Wirken des AT. Göttingen/Neukirchen-Vluyn 1980, 194-201,200: „il provoque l'auditeur-spectateur avec une telle efficace qu'il oblige à réagir en manifestant une écoute nouvelle, ou au contraire un refus total et définitif". FUHS, NEB, 32: „Die Zeichenhandlungen sind vom Propheten wirklich ausgeführt worden, und zwar so, daß möglichst viele sie sehen konnten. Das manchmal Bizarre und Abstoßende will die Gleichgül-

Der programmatische

Zeichenhandlungszyklus

219

Als Frage, insbesondere angesichts von Ez 4,1-5,4, steht das Verhältnis von Handlung und (erläuterndem) Wort im Raum: Wurden die Aktionen vom Wort begleitet, oder liefen sie stumm ab und erhielten erst nachträglich eine Erklärung?482. Und bezieht sich das in einer Zeichenhandlung Dargestellte stets auf ein zukünftiges Geschehen? Unter dieser Maßgabe hat man etwa bei den Spekulationen über das Verständnis von Ez 4,4-8 ausgeschlossen, daß sich die Aktion auf die schuldhafte Vergangenheit Israels beziehen könne483. Ähnlich wie beim sogen. Berufungsbericht erscheint es auch bei der prophetischen Zeichen- oder Symbolhandlung problematisch, eine größere Anzahl von Texten in verschiedenen atl. Schriften gattungs- und funktionsmäßig systematisieren und eine Entwicklung der Form nachzeichnen zu wollen. Sicherlich ist anzunehmen, daß Menschen, die in einer besonderen Gottesbeziehung standen, Aktionen vollführten, die nicht wie eine gewöhnliche Alltagshandlung nur als solche vollzogen werden, sondern die die Funktion einer Mitteilung an andere besitzen. Dazu gehören zum einen wunderhafte Taten, die den Ausführenden als jemanden kennzeichnen, dem Y H W H entsprechende Fähigkeit verliehen hat, um zu zeigen, daß der betreffende Mensch als dessen Werkzeug agiert. Letztlich dienen diese außergewöhnlichen, aufsehenerregenden Taten der Legitimation der Ausführenden als der Beauftragten YHWHS. Die Geschichten von Elia und Elisa bieten die meisten Beispiele für diese Art von besonderem Handeln 484 , doch gehören auch die in Ex 4 benannten Aktionen des Mose dazu, die ausdrücklich zur Beglaubigung dienen sollen. Zum anderen berichtet das AT von Handlungen, deren Inhalt als Botschaft für die Rezipienten bedeutsam ist, indem die Aktionen die angestrebte Aussage, die häufig die Zukunft betrifft, in mehr oder minder verfremdender Weise zum Ausdruck bringen. Beide Spielarten von außergewöhnlichen Handlungen sind Gestalten zugeordnet, die als „Gottesmänner" bzw. als Propheten gelten. Das AT liefert Berichte von diesen Taten, sei es als Fremd-, sei es als Selbstbericht. Ob oder inwieweit diese Aktio-

tigen und Verstockten aufrütteln und wieder sensibel machen für das Wollen und Tun Jahwes."; A L L E N , W B C , 66: „If actions speak louder than words, here they were a megaphone for the prophetic words." Vgl. BLOCK, NICOT, 166: „Sign-acts are best interpreted as dramatic performances designed to visualize a message and in the process to enhance its persuasive force so that the observers' perceptions of a given situation might be changed and their beliefs and behavior modified." Vgl. F R I E B E L , Sign-Acts, passim. 482 So nimmt G R E E N B E R G aufgrund von Ez 4 , 7 an, daß die Aktion von der in 5 , 5 f f . wiedergegebenen R e d e begleitet wurde, während die meisten diese als nachträgliche D e u t u n g ansehen; vgl. dazu oben. AMSLER, Prophètes, 200: „l'acte n'est pas autre chose que la parole dont il est à la fois le support er le prolongement." ALLEN, WBC, 66: „Sign and interpretation worked in mutual confirmation." 483 F R I E B E L , Sign-Acts, 52 versteht Zeichenhandlungen auch als Ausdruck einer Forderung an die Zuschauer: „Some of the sign-acts were advice to the people of how they should respond to the circumstances, not predictive of how they would respond." 484 Vgl. dazu die Ausführungen von T. O V E R H O L T , „Seeing Is Believing", in: J S O T 2 3 (1982), 3-31.

220

Das prophetische

Programm: Ez 1-7

nen im Sinne eines aufgeklärt-positivistischen Realitätsverständnisses wirklich stattgefunden haben, entzieht sich jeglicher Überprüfbarkeit. Es mag ein „wirklicher" Kern darin stecken, der etwa im Laufe der Erzählung über dieses Ereignis und deren weiterer Überlieferung in legendärer Weise angereichert wurde. Entscheidend jedoch ist, daß man diese Vorfälle theologisch einordnete, indem man sie als von Y H W H veranlaßt bzw. als von ihm ermöglicht ansah und darstellte. Auf diese theologische Einordnung und Deutung kommt es in den atl. Texten an - für die verantwortlichen Verfasser und für die Rezipienten. So gesehen wird die Frage nach der historischen Realität beider Spielarten wundersamer oder wunderlicher Aktionen der Intention der Texte nicht gerecht, da diese eine Glaubensaussage beabsichtigen. Im Blick auf die sogen, prophetischen Zeichen- oder Symbolhandlungen darf man sicher davon ausgehen, daß den im Ezechielbuch dargestellten eine Vorgeschichte vorausgeht, d.h. daß es bereits Texte gab, die derartige Handlungen schilderten 485 - bisweilen vielleicht auch konstruierten 486 so daß eine entsprechende literarische Konvention bestand, die das Ezechielbuch nutzt. Es zeichnet das Bild eines Propheten, der im Anschluß an eine gewaltige Gottesschau in Y H W H S Dienst genommen wird und dessen Botschaft zunächst mit Hilfe göttlicher Anweisungen zu einer Reihe von Zeichenhandlungen inhaltlich programmatisch umrissen wird. Es gehört somit zum Prophetenbild des Ezechielbuches, daß Aufträge zu solchen sinnträchtigen Handlungen an den Indienstgenommenen ergehen. Deren Ausführung mag von der Konvention her als selbstverständlich gelten; das Ezechielbuch nutzt die als schriftliche Texte gestalteten Aufforderungen Y H W H S als literarisches Mittel. Eine realistische Auffassung der Aktionen in Ez 4,l-5,4 487 hat mancherlei Probleme erst herbeigeführt: Aufgrund von 3,24 sah man sich genötigt, als Schauplatz für die 485

Etwa Hos 1 und 3; Jes 7 oder Jer 27. 1 Kön 11,29-39, vgl. FOHRER, Handlungen, 75, der für 1 Kön 11 immerhin zugesteht, daß manchmal geschichtliche Gegebenheiten legendarisch ausgestaltet wurden; so habe Ahia den Mantel ursprünglich nur in zwei Stücke gerissen. 487 Die tatsächliche Ausführung betonen ausdrücklich im Grundsatz FOHRER, Handlungen, 74-85; für Ez 4f.: Z I M M E R L I , BK, 103; L A N G , Ezechiel, 89; G R E E N B E R G , AncB, 122; F U H S , NEB, 32; C L E M E N T S , Ezekiel, 22f.; F R I E B E L , Sign-Acts, 20-34. F R I E B E L versucht, in seinem Buch durchgehend Zeichenhandlungen Jeremias und Ezechiels bis ins Detail der Ausführung zu rekonstruieren. Diese Bemühungen zeigen bei kritischer Wahrnehmung einmal mehr, wie problematisch dies Unterfangen ist, da stets eine gehörige Portion Spekulation mit im Spiel ist. C.J. M U L L O W E I R , Aspects of the Book of Ezekiel, in: VT 2 ( 1 9 5 2 ) , 9 7 - 1 1 2 , gibt im Rahmen seiner Verteidigung Babylons als Aufenthaltsort Ezechiels zu den Symbolhandlungen zu bedenken „if they are not a mere literary artifice" ( 1 0 2 ) : „/../ if Ezekiel really had performed in Jerusalem many of the symbolic actions he mentions he would have attracted much more hostile attention than Jeremiah ever did /.../." ( 1 0 3 ) . Anläßlich von Ez 4 , 4 - 8 , der Handlung, die in tatsächlicher Ausführung am schwierigsten akzeptabel erscheint, heben E I C H R O D T , ATD, 2 8 , und A L L E N , W B C , 6 7 , explizit die Durchführung hervor. Umgekehrt schloß S M E N D , zitiert bei U E H L I N G E R , Zeichne, 1 2 0 , daß, da 4 , 4 - 8 nicht wirklich ausgeführt worden sei, auch die anderen Handlungen nicht als ausgeführt gelten könnten. Dem entgegengesetzt argumentiert F R I E B E L , Sign-Acts, 3 1 : „/.../ when understood as 486

Der programmatische

Zeichenhandlungszyklus

221

Handlungen Ezechiels sein Haus anzusehen 4 8 8 . Dann wäre nur mit einem begrenzten Zuschauerkreis zu rechnen, nämlich mit denjenigen, die Ezechiels Haus aufsuchen, was in 8,1; 14,1 und 20,1 gesagt wird. Die dortigen Einleitungsnotizen würde man also auf Kap. 4f. stillschweigend übertragen. Allerdings scheint die Lokalisierung der aufgetragenen Handlungen ebenso wenig eine Rolle zu spielen wie deren zeitliche Erstreckung, die erst durch die vermutlich priesterliche Eintragung von Zahlen konkret in den Blick genommen wird. Eine realistische Auffassung muß ebenso zur Frage nach den Zuschauern wie nach der angestrebten Wirkung auf dieselben führen. Geht man von der Voraussetzung aus, die die biographischen Notizen suggerieren, dann befindet sich Ezechiel in Babylonien unter den Israeliten, die gemeinsam mit ihm 597 deportiert wurden. Für diesen Zuschauerkreis bedeuten die Ezechiel aufgetragenen Handlungen eine Darstellung der unmittelbaren Zukunft der Heimat, aus der sie gewaltsam entfernt wurden. Die Darbietung Ezechiels ist dann ein Sichtbar-Machen von dem, was sich in der Ferne zutragen wird, eine Art von „Fern-Sehen". Allerdings sind die unmittelbar Betroffenen im Heimatland ebenfalls im Blick, wenngleich die realistisch gedachte Darstellung sie nicht direkt erreichen würde - dies wäre allenfalls in Form mündlicher Kunde von diesen Aktionen oder in verschriftlichter Form denkbar. Welche Wirkung sollte die Darbietung erzielen? Die Ankündigung einer neuerlichen (unerwarteten? 4 8 9 ) Belagerung Jerusalems und der Einnahme der Stadt sollte die bereits Deportierten nach Aussage vieler Exegeten auf den Fall Jerusalems vorbereiten 4 9 0 , ihnen die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr dorthin nehmen 4 9 1 und sie desillusionieren im Blick auf das Vertrauen auf eine Uneinnehmbarkeit Jerusalems 492 . Da

a part of the complex of actions of chs. 4-5 /../, the confirming indicators of the term 'sign' in 4.3 and the reference to eyewitnesses in 4.12 can be adduced to substantiate the actual performance of all of the actions in the complex." P O H L M A N N , ATD, 84f., weist darauf hin, daß es auffällig sei, daß die Tätigkeit „Ezechiels" mit Zeichenhandlungen einsetzt. Die Forschung habe es als merkwürdig empfunden, „daß hier im Vergleich zu anderen Berichten jeglicher Hinweis auf deren tatsächliche Durchführung fehlt, da diese zum Wesen einer echten Zeichenhandlung gehört." P O H L M A N N hält dem entgegen: „Für das mit 4,1 ff. verfolgte buchkonzeptionelle Anliegen war eine Notiz über den Vollzug der Zeichenhandlung überflüssig." (85). DAVIS, Swallowing the Scroll, 71, bemerkt: „It is best to remain agnostic about whether any of the sign-actions was actually performed. One can only say that /.../ they are all comprehensible and effective as literary devices." 488 Vgl. Z I M M E R L I , B K , 111; B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 34; U E H L I N G E R , Zeichne, 121 f., der differenziert: „Ez 3,24b-27 und Ez 4f. dürften /../ erst auf redaktioneller Ebene miteinander verknüpft worden sein, weshalb die Frage nach der Situation, in der Ezechiels Zeichenhandlung von der ,Stadtbelagerung' durchgeführt wurde, besser unabhängig von Ez 3,24b-27 diskutiert werden sollte." (122). 489 So C L E M E N T S , Ezekiel, 2 2 . 490

ALLEN, W B C ,

79.

Ezekiel, 2 3 : „ G e i s t ( h i n t e r h e r g e h e n ) folgen (ptz.), o h n e d a ß sie seh e n . " (3b). D a m i t wird e r n e u t mit a n d e r e n W o r t e n ausgesagt, d a ß das, was die a n g e k l a g t e n P r o p h e t e n ä u ß e r n , v o n i h n e n selbst s t a m m t ; es g e h t nicht auf ein S c h a u e n z u r ü c k , d.h. nicht auf die W a h r n e h m u n g v o n göttlich O f f e n b a r t e m . F ü r d e n Leser, d e r die K a p i t e l 1 - 3 u n d 8 - 1 1 b e r e i t s g e l e s e n h a t , s t e h e n diese P r o p h e t e n d a m i t implizit im G e g e n s a t z zu Ezechiel 3 7 , d a das V e r b rh' jeweils die S c h i l d e r u n g d e s s e n einleitet, was E z e c h i e l visionär w a h r n i m m t 3 8 . A u c h d e r B e griff rü"h stellt e i n e B e z i e h u n g zu E z e c h i e l s V i s i o n e n her, da d e r G e i s t ihn in ein e n b e s o n d e r e n Z u s t a n d versetzt u n d so seine S c h a u u n g e n vermittelt 3 9 . Auf d e n W e h e r u f , d e r wie meist üblich die v o m „ W e h e " B e t r o f f e n e n in d e r 3. Pers. b e n e n n t 4 0 , folgt mit V.4 ein k u r z e r A u s r u f , d e r Israel in d e r 2. Pers. e i n b e zieht (Suffix nebi'&ka) u n d d a m i t a n r e d e t . I n s o f e r n stellt d e r Vers e i n e g e d a n k l i che P a r e n t h e s e dar; in d e r YHWH-Rede wirkt er wie ein beiseite g e ä u ß e r t e r (an)klagender K o m m e n t a r Gottes. Der explizite Vergleich (kc) führt ein bildhaftes Element ein: Israels Propheten werden mit Füchsen oder Schakalen (su'älim) verglichen, die sich unter Trümmern bzw. in einer (ver)wüst(et)en Gegend aufhalten. Diese Tiere kommen in Hld 2,15 vor, wo es heißt, junge Füchse verdürben die Weinberge. Thr 5,18 beklagt, daß der Berg Zion so wüst daliegt, daß Füchse darüber laufen. Neh 3,35 äußert der Ammoniter Tobija angesichts des Mauerbaus in Jerusalem: „Laß sie nur bauen; wenn ein Fuchs auf ihre steinerne Mauer springt, reißt er sie ein." 41 Zwei weitere hebräische Wörter bezeichnen dieselben oder zumindest nahe verwandte Tiere: 'iyyim und tannim, beide meist mit „Schakal" wiedergegeben, sind, wie aus Jes 13,22 hervorgeht, synonyme Begriffe. Die Vierbeiner leben in der Einöde und in verwüsteten menschlichen Siedlungen, so daß ihre Anwesenheit signalisiert, daß eine Gegend unbewohnt oder ein Ort unbewohnt, ja unbewohnbar für Menschen (geworden) ist. Das hundeähnliche Aussehen und ihre 36

Vgl. Ps 14,1 = Ps 53,2; der Begriff erscheint ferner Ps 39,9; 74,18.22; Prov 17,7.21; 30,22; Hi

2,10; 30,8; ä h n l i c h a u c h D t n 32,6.21. GREENBERG, A n c B , 235, u n d BLOCK, N I C O T , 400, v e r w e i -

sen auf Jes 32,6, eine Stelle, die sich inhaltlich stark mit Ez 13,3 berührt. Inhaltlich zu vergleichen ist außerdem Prov 18,2. - Ferner ist nicht auszuschließen, daß mit dem ähnlichen Wortklang von n'bi'tm und n'bültm gespielt wird. 37 Aber auch anderer Propheten wie Jesaja (6,1). 38 Vgl. Ez 1,4.15.24.28; 2,9; 8,2; 10,1.9; 11,1.24; 40,2; 43,3. 39 Vgl. Ez 3,12.14.24; 8,3; 11,1.5.24; 37,1; 43,5. Diese Stellen können allesamt sehr wohl zugewachsen sein. Damit wäre die Formulierung in MT auf jene Passagen abgestimmt, um den Kontrast zwischen Ezechiel und jenen Propheten hervorzuheben. Der Relativsatz in 13,3, der als Nachtrag angesehen wird, wäre zeitlich also später als die mit der rü"h operierenden Bemerkungen zu Ezechiels Visionen anzusetzen. 40 Vgl. WESTERMANN, Grundformen, 138. 41 Diese Stelle veranlaßt ZIMMERLI, BK, 291, zu der Frage, ob es eine entsprechende Redewendung gegeben habe.-su'älim kommen noch in Ri 15 vor, wo Simson 300 Füchsen paarweise brennende Fackeln an die Schwänze bindet und sie durch die Getreidefelder der Philister jagt, sowie in Ps 63,11, wo als zukünftige Strafe angesagt wird: „sie werden Füchsen zur Beute werden". Die Konnotation dieser Tierbezeichnung ist also durchweg negativ.

264

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

E r n ä h r u n g s w e i s e - sie sind überwiegend A a s f r e s s e r - lassen sie zu den unreinen Tieren g e h ö r e n . Ihre nächtliche Aktivität und ihr H e u l e n (vgl. Mi 1,8; Hi 30,29) geben ihn e n etwas Unheimliches u n d verstärken die negativen Assoziationen. So überrascht es nicht, d a ß sie in Unheilsweissagungen im Jesaja- u n d J e r e m i a b u c h erscheinen, wenn die Z e r s t ö r u n g einer Stadt angekündigt wird: Nach d e r Z e r s t ö r u n g w e r d e n Schakale an d e m b e t r e f f e n d e n O r t leben, was dessen U n b e w o h n b a r k e i t für M e n s c h e n illustriert 4 2 . Z u d e m erscheint das Wort tfräböt vorzugsweise an Stellen, wo von der Verwüstung als Vollzug und Ergebnis des göttlichen Gerichts die R e d e ist 43 . D a s Bild in diesem Vers ist unterschiedlich gedeutet w o r d e n 4 4 . D e r Vergleich bewertet die P r o p h e t e n Israels eindeutig negativ. F ü r das Verständnis des Vergleichs spielt die O r t s a n g a b e baäharäböt eine wichtige Rolle, da sie unwillkürlich an das zerstörte Jerusalem d e n k e n läßt. Sieht m a n d e n Ausruf als Bestandteil d e r G o t t e s r e d e , die den P r o p h e t e n das Gericht erst ankündigt, so d e u t e t der Vergleich die K a t a s t r o p h e als bevorstehend an - allerdings für eine Leserschaft, die um den U n t e r g a n g Jerusalems weiß. D u r c h d e n Vergleich erscheinen die P r o p h e t e n als Leute, die sich in einem R a u m bewegen, der d e m V e r d e r b e n geweiht ist, ja, sie sind selbst ein Indiz der d r o h e n d e n Verheerung. Vielleicht schwingt zusätzlich auch noch mit, d a ß sie einen eigenen Beitrag dazu leisten, d a ß das G e r i c h t Y H W H S hereinbricht, i n d e m sie zum Verfall des Baus beitragen, dessen Z e r s t ö r u n g beschlossene Sache ist. - Als Einwurf, der Israels Prop h e t e n allgemein, geographisch und zeitlich ü b e r g r e i f e n d bewertet, impliziert d e r Vers einen G e g e n s a t z zwischen „deine P r o p h e t e n " (Israel) und „meine P r o p h e t e n " ( Y H W H ) sowie möglicherweise zwischen d e m Plural d e r P r o p h e t e n Israels und einem einzelnen, von Y H W H b e a u f t r a g t e n P r o p h e t e n . D e r k n a p p e Tiervergleich als solcher erinnert an Ez 2,6a, doch liegt hier in 13,4 eindeutiger eine A n r e i c h e r u n g vor 4 5 .

42 Vgl. Jes 13,22; 34,13f. Jer 50,39; 51,37 mit Blick auf Babel; Jer 49,33 (Hazor); Jer 10,22 (Städte in Juda); Jer 9,10 (Jerusalem). Vgl. auch Jes 35,7 und Mal 1,1, wo die Tatsache, daß die Schakale sich an dem betreffenden Ort nicht mehr aufhalten, Indiz des heilvollen Zustandes ist. 43 Vgl. Ez 5,14; 25,13; 29,9f.; 33,24.27; 35,4; 36,4; sowie Lev 26,31.33; Jes 5,17; 64,10; Jer 7,34; 22,5; 25,9.11.18; 27,17; 44,2.6.22; 49,13; Ps 9,7; 109,10 sowie mit einem Tiervergleich Ps 102,7; vgl. auch Mal 1,4; Dan 9,2. 44 COOKE, ICC, 139: „The point of comparison lies rather in the mischievous, destructive character of foxes, than in the fact that they haunt waste places." FOHRER, HAT, 69 Anm. 1: „Der Vergleich der falschen Propheten mit Füchsen erfolgt nicht wegen ihrer unterminierenden Tätigkeit (J. Herrmann), ihrer Ausbeutung (H. Greßmann, Der Messias, 1929, S.79) oder ihrer feig erscheinenden Art (G. Quell, Wahre und falsche Propheten, 1952, S. 146 Anm. 1), sondern wegen ihrer unheilbringenden Bedeutung, so daß jene Propheten als Ursache des Unglücks Israels hingestellt werden (A. Jirku, Materialien zur Volksreligion Israels, 1914, S. 111—116)." EICHRODT, ATD, 90, meint, der Zerfall Israels sei für diese Propheten keine Schreckenserscheinung; sie fühlten sich in diesem Niedergang vielmehr ganz wohl. FUHS, NEB, 71, interpretiert V.4 komplementär zu V.5: Statt die Lücke zu schließen, unterhöhlten sie mit falschen Heilssprüchen die Mauer. GREENBERG, AncB, 236, „They /.../ benefit from and contribute to ruin." A L L E N , WBC, 201: „The ironic point appears to be that the discredited prophets, who envisioned a wonderful future for Israel, have been reduced to mulling over their disappointment, skulking in their ruined hopes." BLOCK, NICOT, 401: „Instead of helping to rebuild the nation, the false prophets capitalize on the devastation". 45 So fast einhellig die Kommentare zu dieser Stelle.

Propheten und Prophetinnen (Ez 13)

265

V. 5 benennt die Versäumnisse der Propheten, die nun direkt angeredet werden (2. PI.): „Ihr seid nicht in die Breschen 46 getreten und habt keinen Steinwall aufgeschichtet um das Haus Israel, damit es fest stehe im Kampf am Tag Y H W H S . " Im Gegensatz zu V. 4, der fast allgemein als in den Text eingedrungene Randbemerkung gilt, wird V. 5 literarkritisch unterschiedlich bewertet 47 . Unter der Maßgabe, daß V.4 eine spätere Anreicherung darstellt, schließt V.5 unmittelbar an den Weheruf in V. 3 an. Der eigentliche Weheruf (3aß) ist - wie bei prophetischen Weherufen generell üblich - nominal konstruiert. Die nominale Konstruktion (ob mit einem Substantiv oder einem Partizip) an sich läßt zunächst noch nicht erkennen, ob die vom „Wehe" Betroffenen direkt angesprochen sind („Wehe < e u c h > Propheten") oder ob das „Wehe" über sie ausgerufen wird („Wehe den Propheten"). Hier vermag erst die Fortsetzung für Klarheit zu sorgen. 13,3b bietet einen Relativsatz, der ein Partizip und eine finite Verbform in 3. Pers. PI. enthält; dort wird durch Letztere also über die Propheten gesprochen. So gesehen liegt im Übergang zu V. 5 ein Personenwechsel zur 2. Pers. PI. hin vor. Ein derartiger Wechsel ist allerdings auch in anderen schriftprophetischen Weherufen zu beobachten 4 8 ; doch gibt es auch Beispiele für eine durchgehende Gestaltung in der 3. 49 oder - 2. 50 Pers. jeweils im Anschluß an den nominal ausgedrückten Weheruf selbst. Einer zu unterstellenden „Gattung" des prophetischen Weherufes ist also offenkundig eine gewisse Variationsbreite zuzubilligen, will man nicht eine notgedrungen spekulative Entwicklung der Gattung aus einer in sich personal einheitlichen G r u n d f o r m postulieren und bei allen Passagen mit einem Personenwechsel ein sekundäres Textwachstum unterstellen 5 1 . Auf äußerlich-formalem Wege ist eine definitive Entscheidung über V. 5 also nicht möglich.

Ferner bleibt auch die inhaltliche Klärung von V. 5 schwierig. Zunächst ist der Gehalt der beiden Bildelemente in V.5a zu erhellen. pceraes, hier im PL, bezeichnet mehrfach eine Lücke in einer Mauer, welche zu Verteidigungszwecken dient 5 2 . Auch in Ez 13,5a ist die militärische Assoziation deutlich: es ist 46 So MT; LXX und weitere Übersetzungen bieten hier den Singular, der in MT auch an der parallelen Stelle Ez 22,30 steht. Der Plural in 13,5 MT dürfte auf die Assoziation der zerstörten Mauern Jerusalems zurückzuführen sein. 47 Vgl. dazu oben die unterschiedlichen literarkritischen Modelle zum ganzen Kapitel. 48 Vgl. Jes 1,4 (3. Pers.), 1,5 (2. Pers.) Jes 30,lf. (3. Pers.), 30,3 (2. Pers.); Jer 22,13f. (3. Pers.), 22,15 (2. Pers.), v.a. aber Ez 34,2 (3. Pers.), 34,3 (2. Pers.). In Mi 2,1-3 sowie in Jer 23,lff. folgt auf den Weheruf eine Redeeinleitung, die den Übergang zur Anrede der vom „Wehe" Betroffenen markiert. - Vgl. zu einem „fließende Gebrauch der Personen", der im Michabuch nicht ungewöhnlich sei, KESSLER, HThKAT, 153. 49 Vgl. Jes 28,l^t; Jes 5,llff.l8ff.21.22f.; 10,5ff.; Zef 3,1^1. 50 Vgl. z.B. Ez 13,18a (nominal).18b (2. Pers. PI.); Am 5,18; Jes 10,1 (nominal).3 (2.Pers.); 33,1; sowie die Reihe von Weherufen Hab 2,6bff. (jeweils partizipial konstruierter Weheruf in Vv.6b.9.12.15, anschließende Weiterführung in 2. Pers.). 51 Würde man Ez 13,3b als sekundär ausscheiden, wären 13,3a.5 als personal einheitlich zu betrachten. 52 Am 4,3 sagt den verschwenderischen Frauen als Gericht an, daß sie durch die Mauerlükken - sc. die durch eine militärische Aktion entstanden sind - die Stadt verlassen müssen und verschleppt werden. 1 Kön 11,27; Neh 6,1 haben das Verschließen solcher konkreten Lücke in der Jerusalemer Stadtmauer vor Augen. Hi 30,14 setzt das Wort als militärischen Vergleich ein,

266

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez ¡2,21-14,11

von einem Hinaufsteigen in die Breschen die R e d e , von einem In-die-Bresche-Treten. D a s Bild setzt also d e n G e d a n k e n an einen D u r c h b r u c h in d e r S t a d t m a u e r voraus, welcher durch einen feindlichen A n s t u r m zustande g e k o m m e n ist. Tritt j e m a n d in eine solche M a u e r l ü c k e hinein, so versucht er, das Vordringen des Feindes zu verhindern, ind e m er sich unter höchst gefahrvollem persönlichen Einsatz d e m A n g r e i f e r in den Weg stellt und diesen i.d.R. mit Waffengewalt z u r ü c k z u d r ä n g e n sucht 5 3 . Dies Bild erscheint ebenfalls in Ez 22,30, dort mit d e m Verb 'md (statt 'lh). A u ß e r d e m gebraucht Ps 106,23 die W e n d u n g 'md bappoerces nicht im R a h m e n einer Anklage, sondern als A k t i o n des Mose: E r trat vor G o t t in die Bresche, um seinen Z o r n a b z u w e n d e n 5 4 . Diese Aussage steht im Kontext eines Rückblicks auf das Vergehen der Israeliten am Sinai, als sie ein Kalb herstellten. A u f g r u n d d e r E r z ä h l u n g in Ex 32, die d e m Psalm vorausgehen dürfte 5 5 , ist deutlich, d a ß hier Moses Bitte um Verschonung des Volkes vor Strafe gemeint ist 56 . Veranlaßt durch Ps 106 h a b e n m a n c h e das Bild des In-die-Bresche-Tretens in Ez 13,5a (22,30) als Hinweis auf prophetische Fürbitte verstanden, worauf noch n ä h e r einzugehen sein wird. D e r zweite Unterlassungsvorwurf wird mit einer figura etymologica der Wurzel gdr formuliert. D a s Substantiv gäder bezeichnet eine Einfassung, die insbesondere Weingärten schützt 5 7 . D e r Begriff läßt vor allem an Jesajas „Weinberglied" d e n k e n , wo G o t t d e m mit einem Weinberg gleichgesetzten Israel bildhaft das d r o h e n d e Gericht ansagt, indem er ankündigt, die schützende M a u e r (gäder) w e r d e eingerissen (prs), so d a ß d e r Weinberg der Verwüstung preisgegeben ist (Jes 5,5). Auf das in Jes 5,1-7 vorgeprägte Bildmaterial greift E z 13,5 offensichtlich zurück. Israel wird durch die A n s p i e l u n g auf

um die Bedrängung Hiobs zu veranschaulichen; Hi 16,14 ist die Bildhaftigkeit noch weiter verdichtet, da Hiob nun sich selbst als das Objekt sieht, in das Gott Breschen schlägt. 53 F. HESSE, Die Fürbitte im Alten Testament, Diss. Erlangen 1949,57, deutet das Bild nicht in diesem militärischen Sinn, sondern meint: „Israel hat eine /.../ wirksam schützende bildliche Mauer um sich. Das ist das ,In-Ordnung-Sein' mit Jahwe. Diese Mauer hat Breschen bekommen, ist rissig geworden durch Treulosigkeit und Bundesbruch." 54 Die übrigen Vorkommen von pa'rces dürften den Belegen in Ez nachzuordnen sein: Das Heilswort Jes 58,12 blickt auf die Zeit, wo das Verwüstete wieder instand gesetzt wird. Die Verbindung goder pwr(Es kombiniert, was in Ez 13,5 und 22,30 in zwei getrennten Gedanken formuliert ist. Dies gilt auch für das Heilswort Am 9,11, wo YHWH die Risse in der ruinösen Hütte Davids zumauern (gädarti 'cet-pirsehcen) will. Besonders auffällig ist Jes 30,13, weil es im Kontext dieses Verses ebenfalls um Prophetie geht: Gott erteilt dem Angeredeten den Auftrag, sein Wort niederzuschreiben, weil die Adressaten als 'am m'ri (30,9) es nicht hören wollen, sondern nur das, was ihnen angenehm ist, zu vernehmen gedenken (30,10). Deshalb ergeht folgender Spruch an sie: „Weil ihr dies Wort verwerft und auf Frevel und Verkehrtes vertraut und euch darauf verlaßt (12), darum soll diese Schuld für euch sein wie ein fallender Riß, der anschwillt/ sich vorschiebt in einer hohen Mauer, die plötzlich unversehens zu Bruch geht (13)." Es scheint, als sei in dieser Passage, die man nicht dem Jesaja des S.Jh.s zuzuschreiben pflegt (vgl. KILIAN, Jesaja II, Würzburg 1994 [NEB 32], 174), die aus Ez bekannte „Bresche" ausgedeutet als Schuld, die die Betreffenden angreifbar macht. Zugleich wird auch das Bild der einstürzenden Wand, dasEz 13,10-15 bestimmt, mit einbezogen. Ez 13 dürfte also als Vorbild für Jes 13,13 gedient haben. 55 Vgl. E. AURELIUS, Der Fürbitter Israels, Stockholm 1988 (CB 27), 208. 56 Vgl. Ex 32, 11-13.31-32. 57 Vgl. Num 22,24; Jes 5,5; Ps 80,13; Prov 24,31; das Substantiv g'deräh bezeichnet einen Zaun aus Flechtwerk, mit dem Schafe gesichert werden (Num 32,16.24.36; 1 Sam 24,4; Zef 2,6.

Propheten

und Prophetinnen

(Ez 13)

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Jes 5 implizit als Weinberg gezeichnet 58 ; es wäre die Aufgabe der angeklagten Propheten gewesen, durch Errichten einer festen Einfassung für dessen Schutz vor Verheerung von außen zu sorgen 59 . Dies Bild hat man als Hinweis auf prophetische (Umkehr)Predigt verstanden. 13,5b macht einerseits den kriegerischen Vorstellungszusammenhang (bammilhämäh) explizit, andererseits rückt das Stichwort vom Tag Y H W H S die Aussage in einen topischen theologischen Kontext. Die Konzeption vom Tag Y H W H S , die inhaltlich unterschiedlich gefüllt werden kann 60 , ist hier eindeutig militärischer Natur. Das Gericht Gottes ereignet sich also als kriegerische Auseinandersetzung. Hinter dem Feldzug eines gegnerischen Volkes gegen Israel steht somit Y H W H selbst als der eigentliche Gegner 61 . Ez 13,5b denkt sicher zunächst an die Eroberung und Zerstörung Jerusalems; zugleich mag aber auch die Assoziation einer eschatologischen Endabrechnung mitschwingen, wenn man den Vers wie 13,4 als generelle Anklage gegen Israels Propheten liest 62 . Für die Interpretation von 13,5a stellt sich die Frage, ob die beiden bildhaften Ausdrücke auf ein und dieselbe Tätigkeit abzielen oder ob sie verschiedene A s p e k t e ansprechen wollen. Ein größerer Teil der K o m m e n t a t o r e n deutet V. 5 als Vorwurf, daß die b e t r e f f e n d e n P r o p h e t e n es versäumt hätten, das Volk durch m a h n e n d e s Predigen aufzurütteln 6 3 . Wenige verstehen den Vers im G a n z e n als Verweis auf die Forderung nach einem f ü r b i t t e n d e n Eintreten der P r o p h e t e n für das Volk vor Gott 6 4 . Einige finden sowohl m a h n e n d e Predigt als auch Fürbit58

Ä h n l i c h GREENBERG, A n c B , 2 3 6 , u n d BLOCK, N I C O T , 4 0 1 .

Beide Bilder in 13,5a sind im weitesten Sinne d e m Bereich des Bauens, insbesondere im Blick auf schützende Anlagen, zuzuordnen. D a s O b j e k t d e r beiden Tätigkeiten ist bet-yisra'eldie B e d e u t u n g von batt als k o n k r e t e s H a u s mag den Bildern dabei einen zusätzlichen Reiz geben. 60 Vgl. dazu oben die A u s f ü h r u n g e n zu Ez 7. 61

62

V g l . EICHRODT, A T D , 9 1 ; F U H S , N E B 7 1 ; BLOCK, N I C O T , 4 0 1 .

HOSSFELD/MEYER, Prophet, 135, schreiben V. 5b aufgrund des vorausgesetzten Topos vom Tag YHWHS einem R e d a k t o r zu. 63 COOKE, ICC, 139, „ D r o p p i n g the figures, these men, w h o should have been the spiritual leaders at a time of utmost need, contributed nothing in the way of foresight or e n c o u r a g e m e n t to stop the invader or d e f e n d the city." BARDTKE, Hesekiel, 82: „ D e r predigende Prophet hätte dann die Bresche zwischen G o t t und Volk ausgefüllt und die U m k e h r zu G o t t und die Gesinnung hierzu im Volk gewirkt als eine Mauer, die in der Auseinandersetzung G o t t e s mit seinem Volk dieses geschützt hätte a m Tage des H e r r n " . EICHRODT, A T D , 91, meint, der Weg zur Rettung k ö n n e von der Prophetie noch in letzter Stunde gezeigt werden. „Dies kann aber nur geschehen, wenn die Prophetie selbst sich zu den großen G r u n d f o r d e r u n g e n Jahves b e k e n n t und sie dem Volk e r n e u t in H e r z und Gewissen einprägt." FUHS, N E B , 71: „Jahwes P r o p h e t e n wissen um die d r o h e n d e G e f a h r . Ihre A u f g a b e ist es, d e m Volk die Augen d a f ü r zu ö f f n e n , es zur U m k e h r zu bewegen, damit Jahwe von seinem Gericht ablassen kann." CLEMENTS, Ezekiel, 59: „So the true p r o p h e t sets his own life on the line in putting his message b e f o r e the people." BLOCK, NICOT, 402: „standing in the breach by denouncing evil and reconstructing the wall by calling for the renewal of the covenant relationship in which true security was to be f o u n d " . M Mosis, GSL.AT, 138f.: „Sodann wird ihnen vorgeworfen, d a ß sie sich selbst, ihr eigenes Leben und ihre eigene Person, aus der Bedrängnis und der Not des Volkes heraushalten (V. 5). Seit je ist es A u f g a b e des echten P r o p h e t e n , am ,Jahwetag', wenn das schuldig g e w o r d e n e Volk vor der hereinstürzenden Herrlichkeit Gottes zerbricht, mit seinem Leib und L e b e n für

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Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez

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te in Ez 13,5 angesprochen 65 . Vermutlich wird man den Sachverhalt differenziert betrachten müssen, um das Problem lösen zu können. Zunächst scheint der Sprachgebrauch in Jes 58,12 und Am 9,11, wo pcerces das Objekt zum Verbum gdr bildet, dafür zu sprechen, daß die beiden Ausdrücke in Ez 13,5 letztlich auf nur eine Handlung abzielen: Die Propheten hätten sich in die Mauerlücke begeben sollen, um sie mit einer Schutzmauer zu schließen. Versucht man das Bild auf eine prophetische Aktivität hin zu deuten, liegt der Gedanke an die Verkündigung aus zwei Gründen auf der Hand: Der unmittelbare Kontext 13,2-16 befaßt sich - abwertend - mit dem, was die gescholtenen Propheten schauen und von sich geben. Das Ezechielbuch als der umfassende Kontext legt eindeutig den Schwerpunkt auf das verkündete Gotteswort, das sich als YHWH-Wort auch erfüllt. Für die Auffassung, daß das versäumte In-die-Bresche-Treten eine unterlassene prophetische Fürbitte meint, spielt ganz offenkundig die Kenntnis von Ez 22,30 und Ps 106,23 eine Rolle. Insbesondere der Psalmvers spricht eindeutig von einem fürbittenden Tun. Beide Stellen sind jedoch von Ez 13,5 abhängig. Der Verfasser von Ps 106 nimmt die Formulierung aus Ez 13,5 auf, wo eine Mehrzahl von Propheten negativ beurteilt wird, weil sie nicht in die Bresche getreten sind. Der Psalmist sagt von Mose, der allmählich zu dem einen überragenden Propheten schlechthin avanciert ist66, daß er für Israel eingetreten ist. Hier dieses Volk vor Gott einzutreten. Mose, das Urbild eines Propheten, hat sich so stellvertretend vor Israel gestellt /.../." Vgl. H . - J . H E R M I S S O N , Kriterien ,wahrer' und .falscher' Prophetie im AT, in: ZThK 92 (1995), 121-139 (133). ALLEN, WBC, 201: „The clear echo of this charge in 22:30/.../ establishes that it is a metaphorical statement referring to the prophetic responsibility of intercession, as the Targum interpreted." 65 FOHRER, HAT, 70: „Wenn dem Volke die Einsicht in den Ernst der Lage vor Gott und in der Welt fehlte, hätte die prophetische Verkündigung sie wecken und aus den Erlebnissen der Vergangenheit zum Verstehen der Gegenwart führen können. Sie hätte die Umkehr zu Gott als schützende Mauer bewirken können. Zur prophetischen Verkündigung tritt noch das fürbittende Gebet hinzu; denn außer der Mitteilung des göttlichen Willens an den Menschen ist die Vertretung dieses Menschen vor Gott eine prophetische Aufgabe. So hätten die Berufspropheten den Willen und Mut zur Fürbitte aufbringen und auf diese Weise selbst schützend in die Bresche treten müssen." Z I M M E R L I , BK, 290: „Die Lehrgeschichte von Jona macht in 3f. sichtbar, wie durch die Ausrichtung des bedrohlichen Wortes vom Gericht eine Stadt gerettet werden kann. Diesen Retterdienst haben die Propheten Israels an ihrem Volke versäumt. Daneben mag auch im Sinne von Jer 27,18 an das Amt der Fürbitte, das dem Propheten in besonderem Maße aufgetragen wäre /.../, gedacht sein." G R E E N B E R G , AncB, 236: „The prophet's task was on the one hand to warn the people of their iniquity (build a fence), and, on the other, to intercede with God on their behalf (stand in the breach)." P O H L M A N N , ATD, 190: „Nach Ez 22,30f. und Ps 106,23 bedeutet ,in die Bresche treten vor Jahwe', Jahwe von seinem Zorn zum Verderben abzubringen. Das konnte auf doppelte Weise geschehen, einmal durch Fürbitte (so Ps 106,23 mit Anspielung auf Ex 32,7-14), zum andern durch Aufdecken der Schuld des Volkes (Klgl 2,14), durch Mahnen und Warnen." 66 Vgl. dazu vor allem L . P E R L I T T , Mose als Prophet, in: EvTh 3 1 ( 1 9 7 1 ) , 5 8 8 - 6 0 8 ; ferner W I L -

Propheten und Prophetinnen (Ez 13)

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k o m m t also der G e g e n s a t z z w i s c h e n e i n e m Plural v o n ( s c h l e c h t e n ) P r o p h e t e n und der vorbildlichen Mittlergestalt M o s e z u m Tragen. E z 22,30 ist B e s t a n d t e i l e i n e s A b s c h n i t t e s , d e r i n s g e s a m t v o n d e n m e i s t e n E x e g e t e n 6 7 mit g u t e n G r ü n d e n als N a c h t r a g beurteilt wird. Ez 22,23-31, als „Ständepredigt" 68 etikettiert, setzt mit Wortempfangsaussage (23), Anrede und Redeaufforderung (24a) ein und endet mit der Wendung RF'UM YHWH. Adressat der Botschaft ist das Land, das zwei verneinte Partizipien charakterisieren: Es wird nicht bewässert ( L X X ) 6 9 und beregnet am Tage des Zorns. D e m entspricht V. 31 a, wo Y H W H erklärt, er habe seinen Zorn über sie (die zuvor gescholtenen Bewohnergruppen des Landes) ausgegossen und sie mit dem Feuer seines Grimms ausgetilgt. Statt Regen - Sinnbild von Fruchtbarkeit und Segen - goß Gott vernichtendes Feuer Verkörperung seines Zorns - über das Land aus. Diese rahmenden Verse 7 0 zeigen, daß Gott auf das Gericht zurückblickt 71 und einsichtig machen will, warum es über Jerusalem kommen mußte. Von daher fällt der Abschnitt aus dem chronologischen Duktus des Buches heraus, das das Eintreten der Zerstörung in Kap. 24 noch ankündigt und in Kap. 33 als eingetreten schildert. 22,25-29 beschreiben die Vergehen der insgesamt fünf „Stände" (Fürsten 72 , Priester, Beamte, Propheten und 'am hä'ärazs), Vergehen, die den Zorn Y H W H S relativ ausführlich begründen. Vv.25a.27a bieten für Fürsten und Beamte Vergleiche mit Raubtieren 7 3 analog zu Zef 3,3 74 , jeweils mit konkreter Explikation (25b; 27b). Besonders ausführlich fällt die Behandlung der Priester (26) unter Aufnahme von Zef 3,4b aus. Der Vers über Prophetenvergehen (28) nimmt dann nicht die Formulierung aus Zef 3,4a auf, sondern greift zurück auf Ez 13.22,28aot enthält das Bild des Tünchens aus Ez 13,10 (11.14); 22,28ßy nutzen die Stichwortkombination hzh, sw\ qsm, kzb aus Ez son, Prophecy and Society, 1 5 7 - 1 6 6 ; C . S E I T Z , Mose als Prophet. Redaktionsthema und Gesamtstruktur des Jeremiabuches, in: BZ 3 4 ( 1 9 9 0 ) , 2 3 4 - 2 4 5 , sowie VAN S E T E R S , Life, passim. 67 Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 119; M E S S E L , Ezechielfragen, 89; F O H R E R , HAT, 130; E I C H R O D T , ATD, 210; LAMPARTER, BAT, 169f.; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 123-126, F U H S , N E B , 119. C L E MENTS, Ezekiel, 104, nimmt nur V. 31 als Ergänzung an, die aus der Prophezeiung einen Rückblick macht. Z I M M E R L I , B K , 522, ist unsicher, ob der Abschnitt von Ezechiel selbst oder aus seiner Schule stammt. T A L M O N / F I S H B A N E , Structuring, 136, sehen Ezechiel als Verfasser an, dem Kap. 13 z. Z. der Abfassung bereits vorlag. Auch ALLEN, WBC, 35, schließt eine Verfasserschaft Ezechiels nicht aus. 68 Z I M M E R L I , BK, 521; als weitere Texte dieser Art nennt er Mi 3 , 1 1 und Jer 5,31 - abgesehen von der besonderen Berührung mit Zef 3,3f. Einzelne Gruppen würden in Hos 4,4ff; Am 4,lff; Jes 3,16ff; Mi 3,5ff. und Jer 23,9ff. angesprochen. 69 MT: „gereinigt". 70

71

V g l . ALLEN, W B C , 3 5 ( „ i n c l u s i o n " ) .

So auch H Ö L S C H E R , Hesekiel, 119: „Der Sinn kann nur ein präteritaler sein /.../. Der Gerichtstag bezieht sich also auf das schon geschehene Gericht über Jerusalem.", sowie C O O K E , I C C , 244; F O H R E R , HAT, 130; Z I M M E R L I , B K , 522; E I C H R O D T , ATD, 210; LAMPARTER, BAT, 169f.; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 123; F U H S , N E B , 119. B L O C K , N I C O T , 722, hält ein rückblickendes Verständnis zwar für möglich, zieht es aber vor, ein perfectum propheticum zu veranschlagen und so einen Vorausblick in die Zukunft zu gewinnen. 72 So die allgemein akzeptierte Lesart aufgrund von LXX statt „die Verschwörung ihrer Propheten" gemäß MT. 73 ALLEN, WBC, 39: „civil authorities /.../ should have been shepherds". 74 Dort geht es allerdings um Beamte und Richter.

270

Reflexion

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Handeln: Ez

12,21-14,11

13,6-9; in 28b findet m a n 13,7b w i e d e r mit der V e r ä n d e r u n g der 1. Pers. in 13,7bß in die 3. Pers. in 22,28bß und vor allem unter A u s t a u s c h der W e n d u n g rf'um YHWH ( 1 3 , 7 b a ) g e g e n die Z i t a t a n s a g e ( 2 2 , 2 8 b a ) . 22,28 kann als Z u s a m m e n f a s s u n g v o n 1 3 , 2 - 1 6 gelten. A l l e r d i n g s b e s c h r e i b e n die v o n dort ü b e r n o m m e n e n B e s t a n d t e i l e hier e t w a s anderes, nämlich die B e z i e h u n g der P r o p h e t e n zur politischen Oberschicht, in d e r e n M a c h t m i ß brauch sie sich verstricken lassen: Sie w e i s s a g e n Falsches für d i e s e (lühcem) und übert ü n c h e n damit offensichtlich d e r e n Missetaten 7 5 . 22,30 ü b e r n i m m t die Bilder aus E z 13,5a in u m g e k e h r t e r R e i h e n f o l g e . D e r Satz zeigt eindeutig, d a ß sie hier ein Eintreten vor G o t t w o h l im Sinne fürbittender Aktivität meinen: E s soll für das Land g e s c h e h e n , damit G o t t e s nicht vernichten muß. G o t t erwartet also, daß sich j e m a n d (ein „ G e r e c h t e r " ) findet, u m d e s s e n t w i l l e n er S c h o n u n g g e w ä h ren kann. D i e s M o t i v erinnert z u m e i n e n an Jer 5,1 7 6 , z u m a n d e r e n an das im Pentateuch mehrfach b e s c h r i e b e n e Eintreten d e s M o s e für Israel 7 7 s o w i e an A b r a h a m s D i a log mit Y H W H ( G e n 18,22-33). D a G o t t unter ihnen ( m e h c e m ) suchte, w o m i t nicht allein die P r o p h e t e n , s o n d e r n alle g e n a n n t e n Mitglieder der Oberschicht g e m e i n t sind, ist die v o n Y H W H v e r g e b e n s ( 3 0 b ) g e s u c h t e Aktivität nicht auf die P r o p h e t e n beschränkt 7 8 . V o n daher g e h t Kap. 2 2 über Kap. 13 hinaus. D e r Verfasser der Passage E z 2 2 , 2 3 - 3 1 greift o f f e n k u n d i g auf Z e f 3 7 9 (v.a. Vv.3.4.8b) zurück und n i m m t zusätzlich F o r m u l i e r u n g e n aus d e m E z e c h i e l b u c h auf 8 0 . 75 Vgl. GKEENBERG, AncB, 463: „The p r o n o u n refers to the preceding leading classes, whose malfeasance the prophets encouraged by their complaisant oracles." 76 Vgl. GREENBERG, AncB, 469, sowie BLOCK, NICOT, 728: „What kind of person the figure of speech anticipated is not specified. On the basis of the Jeremianic antecedent, he must have been looking for someone who would stand u p for justice, call a halt to oppression, break the spiral of increasing violence, and appeal for repentance. If only there had been a voice to announce the certain judgment of G o d in the face of their criminal activity, to warn the people of Yahweh's approach". 77 GREENBERG, AncB, 463: „ O n the basis of the parallel in Ps 106:23 /.../ it is plausible to suppose that this worthy, like Moses (Exod 32,1-14) would have saved the people by intercessory prayer /.../. But since the text does not say so, the idea may be that the mere presence of the righteous would have been enough to save the city;". HOSSFELD/MEYER, Prophet, 125, geben zu bedenken: „Damit ist doch wohl eine vernachlässigte Fürbittpflicht gemeint, die hier den genannten Ständen zugeschrieben wird /.../. Das /.../ stößt sich mit der Auffassung Ezechiels, wonach jeder Einzelne für sich selbst einzustehen hat (wie es 14,11-21 und 18,20 unmißverständlich formulieren)." GREENBERG, AncB, 469, argumentiert gegen einen derartigen Widerspruch. Im Blick auf Ez 14,12ff. bleibt festzuhalten, d a ß dem Abschnitt kein Hinweis auf eine Fürbitte der drei exemplarischen Gerechten zu e n t n e h m e n ist. Allein daß sie sich in dem Territorium befinden, ist G r u n d genug, das Land um ihretwillen zu schonen, damit ihnen nichts geschieht. Vgl. dazu die explizite Formulierung dieses G e d a n k e n s in Gen 18,23f. 78 Dies paßt wiederum dazu, daß nach m o d e r n e r Betrachtung auch atl. Gestalten die Fürbitte üben, die keine Propheten sind bzw. bei Ausüben dieses Tuns nicht so bezeichnet werden. 79 Dies stellen sämtliche Kommentare fest. 80 Vgl. dazu etwa die Auflistung von HÖLSCHER, Hesekiel, 119 A n m . 2, oder die Verweise bei

ZIMMERLI, B K , 5 2 4 - 5 2 6 . HOSSFF.LD/MEYER, P r o p h e t , 124: „ U n t e r s u c h t m a n d e n B e s t a n d a n

Wörtern und Wortgruppen in 22,23-31, so ergibt sich, daß der Autor in einer Art Collage Teile von Scheltreden des Ezechielbuches aus den Kapiteln 13; 18; 19; 44,23 und vor allem 22,1-16 zusammengesetzt und auf fünf Stände verteilt hat. Diese Technik geht über die bei Ezechiel gewohnte nachträgliche, k o m m e n t i e r e n d e Erweiterung hinaus und verrät die H a n d eines späteren Bearbeiters." - Für POHLMANN, ATD, 329, bildet 22,23-31 hingegen aufgrund seines Redaktionsmodells den „Kerntext" des Kapitels, der „im R a h m e n des älteren Prophetenbuches

Propheten und Prophetinnen

(Ez 13)

271

I m ü b r i g e n w u r d e die sogen. „ F ü r b i t t e " g e r n als g e n e r e l l e F u n k t i o n atl. P r o p h e t e n b e t r a c h t e t 8 1 , e i n e These, die g e r a d e in j ü n g e r e r Zeit kritisch g e s e h e n wird 8 2 . Festzuh a l t e n bleibt zunächst, d a ß es sich d a b e i u m e i n e m o d e r n e E t i k e t t i e r u n g h a n d e l t . E s gibt k e i n e n h e b r ä i s c h e n Terminus, d e r die „ F ü r b i t t e " von a n d e r e m R e d e n mit G o t t u n t e r s c h i e d e 8 3 . D a ß die F ü r b i t t e i n s b e s o n d e r e von P r o p h e t e n g e ü b t w e r d e , ja g e r a d e zu e i n e A u f g a b e p r o p h e t i s c h e r „ A m t s t r ä g e r " sei, ist erst recht eine - vor allem in vera l l g e m e i n e r n d e r F o r m - ä u ß e r s t p r o b l e m a t i s c h e K o n s t r u k t i o n 8 4 . D i e s läßt sich nicht zuletzt an der F ü r b i t t e r g e s t a l t des AT, Mose, ablesen, d e n n w o M o s e F ü r b i t t e a u s ü b t , heißt er nicht P r o p h e t 8 5 . A l s ältester Beleg f ü r ein als F ü r b i t t e a u f f a ß b a r e s R e d e n mit G o t t in e i n e m s c h r i f t p r o p h e t i s c h e n B u c h galt d e r Visionszyklus A r n o s 7,1-9, w o d e r ergänzend klarstellen , daß die regierenden und führenden Personen die Verantwortung für die Misere des Landes trugen." (330). Dementsprechend hält er es auch nicht für zwingend, daß der Zefanja-Text vorgegeben war (330 Anm.23). 81 G. VON RAD, Die falschen Propheten, in: ZAW 51 (1933), 109-120: „Wir meinen somit, daß die kultische Funktion des Propheten in früher Zeit die Fürbitte war/.../." (114). „Das prophetische Tun besteht dann einerseits in der Fürbitte selbst, andererseits in der Verkündigung desdabar, d.h. der göttlichen Antwort." (115). HESSE, Fürbitte, 40: „Nach Auffassung der alten Schriftsteller war die Fürbitte /.../ prophetische Funktion." Dementsprechend sucht er nach Erklärungen für das Fehlen der Fürbitte in einigen schriftprophetischen Büchern (123-126). R E V E N T L O W , Liturgie, 140-205; H.-J. K R A U S , Prophetie in der Krisis, Studien zu Texten aus dem Buch Jeremia, Neukirchen-Vluyn 1964 (BSt 43): „Das altprophetische Amt der Fürbitte ist in seiner Bedeutung in Gen 20,7; 1 Sam 7,5; 12,19.23 und 2 Kön 19,1 ff. erkennbar. Hinzuweisen wäre auch auf die Fürbitten des Arnos in Am. 7,1 ff. und auf Jer. 15,1." (80). Vgl. ferner: J E R E M I AS, Vollmacht, 308-311; WILSON, Prophecy and Society, passim. (Diese Auflistung ließe sich noch beliebig erweitern.). Noch R. A L B E R T Z , Art. „Gebet I I . AT", in: T R E 12,34^12 (40) geht von Fürbitte „der mit besonderer Macht ausgestatteten Gottesmänner" aus; diese Form des Gebets im AT sieht er am deutlichsten im Bereich der religiösen Magie verwurzelt. „Sie findet ihre abgemilderte Fortsetzung in der prophetischen Fürbitte, die wahrscheinlich zu den Aufgaben der Kultpropheten gehörte. /.../ Reflexe dieser prophetischen Fürbittefunktion sind auch noch bei den Gerichtspropheten erkennbar (Am 7,2f.5f; Jer 18,20; 37,3; 42,2.4; Ez 9,8f.; 11,13f.), doch wird ihnen die Fürbitte von Gott abgeschlagen (Amosvisionen, deuteronomistisches Fürbitteverbot bei Jeremia: Jer 7,16; 11,14; 14,1 lf; vgl. 15,1 f.; Ez 9,8f; ll,13f.)." 82 Vgl. etwa VAN SETERS, Life, 172. Er sieht „no clear evidence that such tasks were regularly viewed as prophetic before Jeremiah". H. S P I E C K E R M A N N , Konzeption und Vorgeschichte des Stellvertretungsgedankens im AT. in: Congress Volume Cambridge 1995, hrsg. J.A. Emerton, Leiden 1997, 281-295 (287-289) 83 Vgl. dazu die Übersicht über die Terminologie bei H E S S E , Fürbitte, 8 9 - 9 4 ; vgl. auch S . E . B A L E N T I N E , Prophet, 1 6 2 - 1 6 4 . 84 „/.../ die Vorstellung vom Propheten als Fürbitter per se ist eher in der Forschung als in der Bibel belegt" ( A U R E L I U S , Fürbitter, 90). Vgl. B A L E N T I N E , Prophet, 161: „biblical evidence in support of the idea that intercession was a prophetic responsibility is strikingly scarce." „Prophets do in fact call to Yahweh, but even here specific references to intercession per se are too infrequent to support the view that this was a routine activity for all or even most of the prophets." 8:1 P E R L I T T , Mose, 599: „Das Problem besteht /.../ darin, daß der fürbittende Mose als .Prophet' verstanden werden kann, ohne Prophet genannt zu werden, und daß er andernorts Prophet genannt werden kann, ohne fürbittend tätig zu sein." Daraus ergibt sich als Folgerung: „Nicht alles Prophetische ist interzessorisch, nicht jede Fürbitte ist prophetisch, und vor allem tangiert das ,Mosaische' beide Bereiche, ohne doch in ihnen aufzugehen." (daselbst, 600). Zu Mose als Fürbitter vgl. A U R E L I U S , Fürbitter.

272

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

P r o p h e t angesichts e m p f a n g e n e r G e r i c h t s a n d r o h u n g e n z w e i m a l mit e i n e r Bitte u m S c h o n u n g r e a g i e r t ( A m 7,2.5), die Y H W H d a z u b e w e g t , das A n g e d r o h t e nicht gescheh e n zu lassen. O b die b e t r e f f e n d e n Verse allerdings tatsächlich aus d e m 8. J h . stamm e n , wird in j ü n g s t e r Zeit d u r c h a u s angezweifelt 8 6 . D e s h a l b ist es auch nicht völlig sicher, d a ß E x 32,30ff. n a c h d i e s e m Vorbild gestaltet w u r d e 8 7 . D o c h m ö g e n A m 7,2.5 als M u s t e r d e n F ü r b i t t e n in E z 9,8 u n d 11,13 z u g r u n d e liegen 8 8 , Versen, die m a n als späte A n r e i c h e r u n g e n zu b e t r a c h t e n h a b e n wird 8 9 . Schließlich wird auch J e r e m i a z u m „ F ü r b i t t e r " stilisiert 9 0 , i n s b e s o n d e r e d u r c h das (dtr) F ü r b i t t v e r b o t (Jer 7,16; 11,14; 14,11 f.), a b e r auch in d e r E r z ä h l u n g (Jer 37,3 9 1 ). Jer 15,1 n e n n t Y H W H selbst M o s e u n d S a m u e l

86

Vgl. etwa H.

SPIECKERMANN,

ter, in: V T 51 (2001), 87

Konzeption, 2 8 8 f . , sowie

U . BECKER,

Der Prophet als Fürbit-

141-165.

Vgl. A U R E L I U S , Fürbitter, 87-89. In A m und Ez steht jeweils wa'omar als Redeeinleitung, gefolgt vom Anruf donay VHWH, der in Ez 9 und 11 noch durch die klagende Partikel '"hah getönt wird. Arnos schließt jeweils einen Imperativ mit na' an, wozu es bei Ez keine Entsprechung gibt. Arnos stellt sodann eine Frage mit emotionalem Appell, was auch Ez9,8; 11,13 geschieht. Zudem erfolgt Ezechiels Reaktion in 9,8 (und 11,13?) in visionärem Zustand wie bei Arnos auch. - F. S E D L M E I E R , „Deine Brüder, deine Brüder..." Die Beziehung von Ez 11,14—21 zur dtn.-dtr. Theologie, in: Jeremia und die ,dtr' Bewegung, hrsg. W. Groß, Weinheim 1995 (BBB 98), 297-312, betrachtet neben Ez 9,8 und 11,13 auch Ez 4,14 und 21,5 als „Fürbitte", d.h. offensichtlich jede Anrede des Propheten an Y H W H . 89 Insbesondere 11,13 gilt öfters als später Vers, der 9,8 voraussetzt (so FOHRER, HAT, 59; S E D L M E I E R , Brüder, 2 9 8 ) . H Ö L S C H E R , Hesekiel, 7 3 und 7 5 - 7 7 sieht beide Verse als redaktionell. Man wird sich angesichts beider Verse fragen müssen, ob diese angebliche Fürbitte in das sonstige Bild paßt, welches das Buch von Ezechiel zeichnet. H . W . H E R T Z B E R G , Sind die Propheten Fürbitter?, in: Tradition und Situation, hrsg. E. Würthwein & O. Kaiser, Göttingen 1963,63-74 (73), sieht in Ez 9,8 und 11,13 keine Fürbitte, sondern lediglich Reaktionen des Propheten auf etwas besonders Furchtbares. Vgl. auch H O S S F E L D / MEYER, Prophet, 181 Anm.225: „Die beiden klagenden Fragen 9,8; 11,13 reichen nicht aus, um Ezechiel die Rolle eines Fürbitters beizulegen". Da Y H W H anders als in Am 7 auf die Fragen nicht mit einem Einlenken reagiert, ist deren fürbittender Charakter in der Tat nicht so eindeutig wie im Amosbuch. C.G. M A C H O L Z , Jeremia in der Kontinuität der Prophetie, in: Probleme biblischer Theologie, hrsg. H.W. Wolff, München 1971,306-334 (FS von Rad), erklärt im Blick auf Jeremia: „Jeremia hatte kein ,Fürbitt-Amt' inne." (326). Ausgehend vom Verbalstamm pll Hitp. in Jer 37,3ff. und 42,1 ff. sucht er nachzuweisen, daß htpll in der Jeremiaüberlieferung nicht „Fürbitte tun" bedeute, sondern Einholung des Jahweorakels (313-319). Das gelte auch für die in Jer 15,1 benannten Gestalten Mose und Samuel entsprechend, wenn von ihnen ein htpll ausgesagt werde (327-330). Das Verbot des htpll bedeute, daß die Orakeleinholung überhaupt untersagt werde (321), was einem Schweigen Gottes gleichkomme (326). Den vielleicht eindeutigsten Beleg für eine Fürbitte bietet Hi 42,8, wo allerdings keine prophetische Gestalt entsprechend aktiv wird. 90 Vgl. B A L E N T I N E , Prophet, 1 6 3 : „ /.../ of the major prophets in the OT only Jeremiah is described with any real consistency as one who intercedes." H E R T Z B E R G , Sind die Propheten Fürbitter?, 7 3 , meint, Jeremia sei in seiner Fürbitte der untypische Prophet. C . S C H N E I D E R , Krisis des Glaubens, Berlin 1988 (ThA 46), 87, schreibt den dtr Bearbeitern die Darstellung Jeremias als engagiertem Fürbitter zu, dem Y H W H schließlich das Eintreten für seine Mitbürger untersagen müsse. 91 In Jer 42,2.4, wo manche (ALBERTZ, T R E ) Fürbitte gegeben sehen, liegt deutlich Gottesbefragung vor. 88

Propheten

und Prophetinnen

(Ez 13)

273

als „Fürbitter" 92 , was wiederum eine entsprechende Stilisierung beider Gestalten vorQ'l aussetzt . Auffällig ist, daß Ez 13,5 Bilder aus dem militärischen Bereich verwendet, genauer gesagt Bilder, die Defensivmaßnahmen gegen eine Bedrohung von außen umreißen. Damit liegt 13,5 auf derselben Ebene wie die Wächtermetapher 9 4 . Sowohl das In-die-Bresche-Treten als auch die Wächteraufgabe verweisen auf ein warnend-mahnendes Verkündigen des Propheten. Beide Bilder sind dem Ezechielbuch zugewachsen, um das Prophetenbild entsprechend auszudeuten. Das Verständnis von 13,5 als Verweis auf ein fürbittendes Eintreten spiegelt schon die Anreicherung in Ez 22 wider. Das Motiv der Fürbitte „vervollständigt" das Prophetenbild so um einen Aspekt, der im Amosbuch und dann auch im Jeremiabuch vorgegeben ist. Nach der bildhaft gefaßten Anklage, die die Unterlassung beschrieb, sprechen Vv.6f. aus, was die betreffenden Propheten getan haben und bewerten dies Tun durch die Wortwahl negativ. Inhaltlich sind 6aaß und 7aba identisch, auch das Vokabular ist fast gleich. Der Hauptunterschied besteht darin, daß V. 6 in 3. Pers. PI. formuliert ist, während V. 7 die Angeklagten in 2. Pers. PI. anspricht 95 : „Sie schauen Täuschung und weissagen Lüge, Cnämlich die> die sagen ,Spruch Y H W H S ' - doch Y H W H hat sie nicht gesandt; aber sie warten darauf, daß das Wort eintrifft. (6) Schaut ihr nicht nichtige Schauung und sprecht ihr < n i c h t > falsche Wahrsagung aus? Zwar sagt ihr ,Spruch YHWHS', doch habe ich nicht geredet. 92 D a s Verb 'md (vgl. Ps 106,23) erscheint hier gewissermaßen als terminus technicus\ man verweist auf die Beschreibung entsprechender Aktivität in Ex 32,11 sowie 1 Sam 7,5.9; 12,19.23. F ü r Ex 32,7-14 weist A U R E L I U S , Fürbitter, 91-100, nach, daß es sich um eine frühnachexilische Passage handelt. 93 Damit stellt sich die Frage nach der Datierung von Jer 15,1. Versteht sich Jeremiaselbstals Prophet wie Mose (so W . L . H O L L A D A Y , The Background of Jeremiah's Self-Understanding. Moses, Samuel, and Psalm 22, in: J B L 83 [1964], 153-164 [163f.])? War die Vorstellung Moses' als Fürbitter in der späten Königszeit populär (so PERLITT, Mose, 599)? O d e r ist Jer 15,1 ein Produkt nachexilischer Zeit? THIEL, Die deuteronomistische Redaktion von Jeremia 1-25, Neukirchen-Vluyn 1973 ( W M A N T 41), 189f. meint: „ G e h t man der hier vorausgesetzten Funktion Moses und Samuels als Fürbitter nach, so ergibt sich, daß dies eine im wesentlichen dtr. Vorstellung ist. Sie kann zwar auf ältere Tradition zurückgehen (vgl. Ex 32,31-34; Ps 99,6). A b e r es ist nicht zu übersehen, daß die wesentlichsten Texte, die Mose Cnämlich Ex 32,11.14; Num 14,13—20> und Samuel < n ä m l i c h 1 Sam 7,5-11; 12,19.23> in dieser Tätigkeit zeigen, dtr. Charakters sind." VAN SETERS, Life, 175, urteilt: „this function of intercession is an internal development within the Jeremiah tradition that had an impact first upon the Dtr. tradition of prophecy, as in the Samuel story, and subsequently on the Moses tradition as well." 94

Vgl. dazu 4.1.5. Literarkritisch betrachtet bilden die Verse also weitgehend eine Doppelung. Das Kriterium der grammatischen Person führt dann auf die Rekonstruktion einer „Grundschicht", die Vv.3.7.8.9b (2. Pers.) umfaßt. D a ein selbst stets nominal formulierter Weheruf jedoch auch in der 3. Pers. weitergeführt werden kann, wäre auch die Rekonstruktion Vv.3.6.9a vorstellbar. Berücksichtigt man die Überlieferung in LXX, dann m ü ß t e man 6aß Vorrang gegenüber 7b einräumen, da eine Entsprechung zu 7b in L X X fehlt. Eine eindeutige Entscheidung ist also schwierig zu treffen. 95

274

Reflexion

über prophetisches

Handeln: Ez

12,21-14,11

(7)". Die Stämme hzh und qsm bezeichnen das Tun als solches, säw' und käzäb sorgen für eine negative Qualifizierung 96 . Während hzh wertneutral einen Offenbarungsempfang benennt 97 , besitzt qsm eine überwiegend negative Konnotation 98 ; in dem Wort schwingt außerdem der Aspekt der Zukunftsprognose mit (vgl. Ez 21,26). Vv.6 und 7 bieten jeweils einen eigenen „Überschuß", durch den sich die Verse inhaltlich voneinander unterscheiden. V.6ay besagt: „ Y H W H hat sie nicht gesandt", hat also ihr Tun nicht autorisiert. Das Stichwort slh läßt an Ez 2,4aß denken, wo die Sendung Ezechiels mit der Aufforderung verbunden war, die Zitatansage als Redeeinleitung zu verwenden. 13,6b führt dies und damit auch den impliziten Kontrast zu Ezechiel selbst weiter: Sie warten - unsinnigerweise darauf, daß das Wort - das sie als Gotteswort verkündet haben - eintrifft. Der Gedanke, daß die Erfüllung von Verkündigung Beweis für das autorisierte YHWH-Wort ist (vgl. Dtn 18,22), steht deutlich im Hintergrund. D.h. diese Leute müssen selbst verblendet sein, weil sie ihr Reden für Gottes Wort halten 99 . V. 7bß bietet dagegen im Anschluß an die analog zu V. 6 getroffene Feststellung 'omerim rf'um-YHWH die einfache Aussage YHWHS: „Ich habe nicht gesprochen" - folglich können sie auch nicht in seinem Namen geredet haben. Sowohl in V. 6 als auch in V. 7 wird die Anmaßung dargestellt, die im Gebrauch der Formulierung rf'um-YHWH liegt. Dabei fällt zunächst auf, daß im Gegensatz zu der % Z u diesen beiden Begriffen vgl. M. KI.OPFENSTEIN, Die Lüge nach dem Alten Testament, Zürich/Frankfurt/M. 1964. Z u Ez b e m e r k t er zusammenfassend: „ O f f e n b a r will Ezechiel mit diesem D o p p e l a u s d r u c k sowohl den O f f e n b a r u n g s e m p f a n g , die ,Schauung', als auch die Verkündigung, das ,Orakeln', somit möglichst umfassend das ganze Wesen und Wirken der Pseud o p r o p h e t e n als Wahn und Lüge geißeln." (239f.). Z u käzäb vgl. auch KLOPFENSTEIN, Art. käzäb, in: T H A T I, 817-823; R. Mosis, Art. kzb, in: T h W A T IV, 111-130 (sechsmaliges Vorkommen in Ez 13 als „Bezeichnung einer falschen, weil der Wirklichkeit nicht e n t s p r e c h e n d e n prophetischen Botschaft", 123); zu säw' vgl. J.F.A. SAWYER, A r t . säw', in: T H A T II, 882-884; F.V. REITERER, A r t . s a w \ in: T h W A T VII, 1104-1117 (1109-1111): „Seit dem Exil ist eine markant geprägte Verwendung von säw' im Z u s a m m e n h a n g der Qualifikation a b z u l e h n e n d e r /.../ Erscheinungen gegeben." (1109). käzäb und säw' seien o h n e gravierende B e d e u t u n g s u n t e r schiede austauschbar (1110). Vgl. D. VEITER, Art. hzh, in: T H A T 1,533-537 (535); hzh und seine Derivate bezeichneten zunächst das visionäre Schauen, erscheinen allerdings niemals bei der Wiedergabe einer Schauung (dort wird r'h gebraucht), hzh weise allgemein auf den E m p f a n g einer O f f e n b a r u n g

h i n . V g l . a u c h FUHS, S e h e n , 2 5 1 - 2 5 7 . 1,8 Israel distanziert sich von d e r Ü b u n g des qsm als einer nichtisraelitischen Praxis (vgl. N u m 2 2 J ; 23,23; Jos 13,22; 1 Sam 6,2; Dtn 18,14; Ez 21,26-28) o d e r verurteilt diese ausdrücklich (vgl. 1 Sam 28,8 sowie das V o r k o m m e n in einer Reihe v e r w o r f e n e r Praktiken in D t n 18,10 und 2 Kön 17,17). Vgl. STOLZ, Streit, 23-25. Vgl. das V o r k o m m e n von qsm in den verwandten schriftprophetischen Aussagen Mi 3.6f. (11); Jer 14,14; 29,8; Ez 13,6.9.23; 21,34; 22,28; Sach 10,2. Vgl. STOLZ, Streit, 25: „In späteren Zeiten /.../ dient qsm deutlich dazu, die feindlichen Propheten als falsche, von Jahwe nicht eingesetzte P r o p h e t e n zu qualifizieren." Vgl. auch L. RUPPERT, Art. qäsam, in: T h W A T VII, 78-84,

u n d ALLEN, W B C , 99

201.

GREENBERG, AncB, 236, sieht dies als „indication that these p r o p h e t s were sincere and believed in their mission.".

Propheten und Prophetinnen (Ez 13)

275

Verwendung des formelhaften Ausdrucks sonst im Ezechielbuch (vgl. gleich darauf in 13,8bß) '"donäy fehlt. Die zu Recht gebrauchte legitimierende Wendung setzt also den Gottestitel '"donäy vor das Tetragramm. Somit scheint es zum rechten Gebrauch dieser Formel zu gehören, Y H W H Herr sein zu lassen, d.h. auf ihn zu hören. Im Kontrast zur Beauftragung Ezechiels in Kap.2f., wo ihm die Zitatansage, also eine redeeinleitende Wendung aufgetragen wird, nutzen die hier angeklagten Propheten die Endformel ne'um-YHWH. Darf man daraus schließen, daß ein legitimer Prophet seine Quelle bereits im Voraus nennt, ein nicht-autorisierter dagegen erst am Schluß seine (vermeintliche) Legitimierung nachschiebt? Auf jeden Fall kontrastiert Kap. 13 diesen Plural von tfbi'im mit Ezechiel durch die Anspielungen auf Ez 2f. Kap. 13 weckt hier den Eindruck, als könne ein Hörer aufgrund des Sprachgebrauches (Fehlen des Herrentitels) unterscheiden, ob eine autorisierte oder angemaßte Gottesrede an sein Ohr dringt. V. 8 knüpft begründend an das Vorhergehende an; läkenm leitet hier wie so oft in einem Prophetenspruch zur Gerichtsansage über. Bewußt kontrastierend zum Vorausgehenden ist diese kurze Gerichtsansage deutlich als Gotteswort gekennzeichnet - mit der Zitatansage zu Beginn (8aa) und RF'UM '"donäy YHWH am E n d e (8bß) 101 , wobei jeweils '"donäy YHWH die Gottheit bezeichnet, somit also deren Machtstellung herausgehoben wird - und damit die Autorität dieses Wortes. Der eigentliche Spruch (8aß.ba), gegliedert durch die Kausalbeziehung ya'an - läken, ist sehr knapp: Die Begründung des Urteils nimmt die Stichwörter von vorher (säw \ hzh, käzäb) auf, kombiniert sie aber anders (hzh mit käzäb, säw' mit dbr, es fehlt qsm). Die Drohung selbst lautet lapidar: „Siehe, ich gegen euch." 1 0 2 N. B.: Meistens 1 0 3 , aber nicht in j e d e m Falle folgt darauf eine Explikation, wie sich diese Opposition Y H W H S gegen die b e t r o f f e n e ( n ) P e r s o n ( e n ) als G e r i c h t s h a n d e l n manifestiert. So folgt in den inhaltlich v e r w a n d t e n Versen Jer 23,30-32 dreimal auf hinrfni 'alhanncbi'tm nc'um-YHWH in der zweiten Vershälfte ein vorwurfsvoller Blick auf das Treiben der P r o p h e t e n .

100

LXX bietet zusätzlich den Imperativ e'utöv. Vgl. A L L E N , W B C , 2 0 1 f.: „Here the divine-saying-formula takes on a special quality, in the light of its misuse in v 6: now a true prophet speaks." 102 Seit HUMBERT, Herausforderungsformel, so genannte „Herausforderungsformel". BAUMGÄRTEL, n' "um jahwe, 279f., vertritt die Ansicht, daß n'"um YHWH integrierender Bestandteil der Redewendung sei. Ihr Fehlen an den meisten Ezechiel-Stellen sei dafür kein Gegenbeweis. 103 Vgl. Jer 21,13f.; 50,31 f.; 51,21; Ez 5,8; 21,8; 26,3; 28,22; 29,3.10; 30,22; 34,10; 35,3; Nah 2,14; 3,5. 101

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

276

In V. 9 heißt es zunächst u n t e r W i e d e r h o l u n g d e r einschlägigen Stichwörter: „ U n d m e i n e H a n d soll sein 1 0 4 gegen (die) euch 1 0 5 P r o p h e t e n , die ihr T ä u s c h u n g schaut (Ptz.) u n d L ü g e weissagt (Ptz.)". D i e F o r m u l i e r u n g mit hyh in M T erinn e r t an die Visionseinleitungswendung im E z e c h i e l b u c h 1 0 6 u n d hat vor d i e s e m H i n t e r g r u n d im Blick auf G o t t e s s t r a f e n d e s H a n d e l n a n diesen P r o p h e t e n eine ironische Qualität 1 0 7 . Der Rest von 13,9a zählt drei Strafen auf, die jeweils eine Heilsaussicht für die nun eindeutig in 3. Pers. PI. erwähnten Propheten negieren. Diese dreifache Präzisierung des Gerichts wird einerseits aufgrund der sprachlich späten Formulierungen 1 0 8 eine Anreicherung sein; andererseits spricht auch die Tatsache dafür, daß der folgende Unterabschnitt 13,10-16 den Tatbestand noch einmal bildhaft aufgreift und in diesem Zusammenhang eine bildhafte Beschreibung des Gerichtes liefert. Zu der unverblümten Anklage, daß die Propheten Täuschung schauen und Lüge weissagen, paßt es insofern, wenn auch die Strafe dafür dementsprechend allgemein zum Ausdruck kommt. Schließlich müßte man, wenn man mit der analogen Anlage von 13,2-16 und 13,17-23 argumentiert 1 0 9 , bedenken, daß den Prophetinnen zwar das Handwerk gelegt werden soll, ihre Person aber offenkundig nicht angetastet wird. Auch in dieser Hinsicht wäre die präzise Beschreibung der Vernichtung der Propheten in 13,9a (wie dann auch der Hinweis in 14,ba) als Anreicherung zu bewerten. Die Erkenntnisansage (13,9b) 110 beschließt diesen ersten Unterabschnitt gegen Propheten 1 1 1 . 5.2.1.2

„Sie bewerfen

die Wand mit Putz"

(13,10-16)

D e n zweiten U n t e r a b s c h n i t t hält das Bild d e r ü b e r t ü n c h t e n W a n d , die d e m U n w e t t e r nicht s t a n d h ä l t , z u s a m m e n . E s geht n o c h u m dasselbe T h e m a ; doch wird n u n das R e d e n d e r P r o p h e t e n inhaltlich präzisiert sowie d e r e n W i r k u n g auf ihre Rezipienten einbezogen. 104 ¿KTEvw'mLXX führt auf hebr. wenatiti wie auch in Ez 14,9.13 (vgl. BHS), aber auch 35,3 sowie Jer 51,25. 105 Da die beiden Verben hzh und qsm als Partizipien erscheinen, wäre in Fortsetzung der Anredesituation von V. 8 auch die angeführte Übersetzung denkbar abweichend von dem Üblichen: „gegen die Propheten, die Täuschung schauen und Lüge weissagen ...". 106 Vgl. Ez 1,3b; 3,22a; 37,1; 40,1. 107 108

109

V g l . BLOCK, N I C O T , 403f. V g l . HÖLSCHER, H e s e k i e l , 85; COOKE, I C C , 143; ZIMMERLI, B K , 293.

So HOSSFELD/MEYER, Prophet. In MT steht sie in der 2. Pers. PI.; damit schließt sie von der Person her gesehen an V. 8 an und könnte folglich ein Indiz dafür sein, daß der in der 3. Pers. formulierte Anteil von V. 9a zugewachsen ist. LXX bietet die Erkenntnisansage in der 3. Pers. PI., offenkundig in Angleichung an den vorhergehenden Satz. 111 Abweichende Textgliederungen bei CLEMENTS, Ezekiel, 58, der in 1-7 und 8-16 gliedert und als „attacks" bezeichnet. Einige Analysen heben den Gesamtzusammenhang von 13,2-16 hervor: LAMPARTER, BAT, 96, gliedert in 1-3 (Weheruf), 4-9 (Anklage), 10-16 (Gericht); BLENKINSOPP, Ezekiel, 68, in 1-9 (indictment) und 10-16 (verdict). POHLMANN, ATD, 186, sieht 3-7 als Anklagen, 8-16 als Ankündigung von Sanktionen. 110

Propheten und Prophetinnen

(Ez 13)

277

Der Kausalsatz V. 10 (ya'an) formuliert noch einmal eine Anklage, die nun lautet: „Weil sie mein Volk verleiten, indem sie sagen ,Heil/Friede', es aber kein Heil/Frieden gibt, und sie, siehe 112 , < w e n n > dies eine Wand baut, sie diese mit Putz bewerfen," - der Satz verlangt also nach einem entsprechenden Hauptsatz, der die Konsequenz dessen benennt. Dieser ist am deutlichsten mit V. 13 gegeben, den das korrelierende lüken einleitet, säldm (10a) faßt die Botschaft der kritisierten Propheten mit einem Schlagwort zusammen. Ebenso schlagwortartig verneint Y H W H diese Verkündigung (w'"en sä/öm)"3. Bildhaft wird ihr verführerisches Treiben (t'h, 10a) beschrieben: Das Volk baut eine leichte Wand 114 , und sie bewerfen diese mit Putz bzw. bestreichen diese mit Mörtel oder Tünche 115 . Dies will besagen: Das Volk - womöglich bereits ermutigt durch die Heilsverkündigung dieser Männer 116 - wiegt sich in Sicherheit und baut sich die Hoffnung auf eine friedvolle Zukunft auf. Indem sie Putz oder Tünche auf diese Wand aufbringen und ihr so den Anstrich soliden Mauerwerkes geben, verstärken die Propheten das trügerische Gefühl der Sicherheit und die Zukunftsillusion des Volkes noch, indem sie nämlich weiter Heil ansagen 117 . 112

LXX (entsprechend Peschitta und Vulgata) xai avroi deutet auf die Möglichkeit einer Verschreibung in MT, wo dementsprechend w'hemmäh zu lesen sein könnte. 113 Die Wendung säldm w"'en säldm findet sich ebenfalls Jer 6,14; 8,11. P O H I . M A N N , ATD, 189 Anm. 915, verweist ferner auf Jer 4,10; 14,13f. und 23,17. Sie könnte im Jeremiabuch vorgelegen haben und im Ezechielbuch aufgenommen worden sein. M Ü N D E R L E I N , Kriterien, 119, meint hingegen, die Wendung stamme weder von Jer noch von Ez, sondern sei eine geläufige Formulierung, in der die Exilszeit ihre Erfahrungen mit den Heilspropheten zusammenfaßte. Diese Behauptung ist allerdings kaum beweisbar. 114 So die einhellige Deutung des hapax legomenon hayis aufgrund seines Vorkommens in der Mischna (Shebi'it 3 , 8 ) , vgl. C O O K E , ICC, 1 4 1 ; E I C H R O D T , ATD, 9 3 ; Z I M M E R L I , BK, 2 9 4 ; G R E E N B E R G , AncB, 237; A L L E N , WBC, 202f.; B L O C K , NICOT, 406. Soll die Assoziation einer ungeeigneten Verteidigungsmauer geweckt werden? (Wegen der Friedensbotschaft wird eine dicke Mauer nicht für nötig gehalten?). B A R D T K E , Hesekiel, 8 3 , bezieht den Mauerbau konkret auf die Schließung der Mauerbreschen nach 597. 115 Das Wort täpel kommt nur hier, Ez 2 2 , 2 8 und Thr 2 , 1 4 vor. Zu seiner Erläuterung und seinem möglichen Doppelsinn vgl. COOKE, ICC, 141 („täphel 'whitewash' /.../ is to be explained by a kindred root taphal, which means 'to plaster over', and in a metaphorical sense, 'to flatter, use hypocrisy'."); Z I M M E R L I , B K , 2 8 3 ; G R E E N B E R G , AncB, 2 3 7 ; B L O C K , NICOT, 4 0 6 f . , sowie vor allem W H . P R O P P , The Meaning of täpel in Ezekiel, in: ZAW 1 0 2 ( 1 9 9 0 ) , 4 0 4 ^ 1 0 8 . B L O C K , NICOT, 407, meint: „he is developing a common metaphor for hypocrisy in general." Das Verb twh ist außer in Ez 2 2 , 2 8 belegt in Lev 1 4 , 4 2 . 4 3 . 4 8 , wo es um „Aussatz" an Häusern geht, die dann neu mit Lehm beworfen werden müssen ( H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 1 4 1 , sehen Lev 1 4 , 3 3 - 5 3 als Hintergrund für das Bild in Ez 1 3 , 1 0 ) , sowie 1 Chr 2 9 , 4 , wo gesagt wird, daß die Wände des Tempels mit Gold und Silber überzogen sind. 116 Das Gewicht liegt eindeutig auf dem Verschulden der Propheten; das Volk wird hier nicht kritisiert. Es ist „mein" - Gottes - Volk und wird ihm durch die Botschaft dieser Propheten entfremdet. 117

V g l . F O H R E R , H A T , 7 2 ; E I C H R O D T , A T D , 9 4 ; LAMPARTER, B A T , 9 7 ; F U H S , N E B , 7 2 ; A L L E N ,

WBC, 203; BLOCK, NICOT, 406f. Manche formulieren hier auch, was diese Propheten hätten tun sollen, nämlich „presenting God's call for repentance and a return to the divine path" (CLEMENTS, Ezekiel, 59; vgl. F O H R E R , HAT, 72; P O H L M A N N , ATD, 189). K L O P F E N S T E I N , Lüge, 241, geht schon über das Bild hinaus, wenn er schreibt: Sie „decken in falscher Beruhigungsabsicht

278

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

Auf die Anklage folgt als Konsequenz (läken) eingeleitet durch die Zitatansage die Strafandrohung (13 f.): Y H W H kündigt sein aktives Eingreifen an: In sein e m Zorn 1 1 8 will er ein vernichtendes U n w e t t e r (Sturm, strömender Regen und H a g e l k ö r n e r wie Steine) losbrechen lassen (13aß.b), was eine der traditionellen Schilderungen einer T h e o p h a n i e zum Gericht ist 119 . Dessen Vollstreckung beschreibt V. 14a: „ U n d ich will die Wand, die ihr mit Putz beworfen habt, einreißen und will sie an die E r d e rühren lassen und ihren Sockel aufdecken 1 2 0 ." Es ist gut vorstellbar, d a ß das U n w e t t e r die radikale Z e r s t ö r u n g der leichten Wand bis auf ihr F u n d a m e n t bewirkt; die konventionelle Umschreibung der Gerichtstheophanie paßt also hier konkret zum Bild in B e g r ü n d u n g (10) und Vollzug (14a) des Gerichts 1 2 1 . Zornig vollzieht Y H W H das Gericht, welches die leichte Wand zerstört, d.h. die verfehlte optimistische Zukunftssicht zunichte macht und mit ihr die diese unterstützende R e d e der P r o p h e t e n von zukünftigem Heil/ Frieden, so d a ß Y H W H die P r o p h e t e n damit Lügen straft. V. 14ba dehnt das Gericht auf die Person der Propheten aus: „und sie wird fallen, und ihr sollt darin umkommen". Zimmerli weist auf die Schwierigkeit der femininen Verbform näp''läh hin, die sich nicht auf qir (14a) beziehen könne 122 . „Ein Späterer hat dabei im besonderen an die Stadt Jerusalem und ihren Zusammenbruch, der ihre Bewohner unter sich begrub, gedacht und 14ba zugesetzt." 123 Die Erkenntnisansage (V. 14bß), in 2. Pers. PI. an die P r o p h e t e n gerichtet, schließt die Gerichtsandrohung zunächst ab. Vv.llf. setzen einen anderen Akzent als Vv.l3f„ wirken insofern wie eine Variation. Die ungewöhnliche isolierte Redeaufforderung 'a'mor zu Beginn von V. 11 dient der Einfügung des Verses. Y H W H als aktive Größe fehlt hier; im Mittelpunkt steht die Wand als leidendes Subjekt. „Sprich zu denen, die Putz auftragen: ,Sie wird fallen.' Es wird (sein) kommen strömender Regen, und 124 Hagelkörner wie Steine werden fallen, und ein Windsturm wird losbrechen. (11) Und siehe, die Wand ist gefallen. (12a) Wird man < d a n n > nicht zu euch sagen:,Wo ist der Putz, den ihr aufgetragen habt?' (12b)". Auch hier wird das verheerende Unwetter mit demselben Vokabular wie in V. 13, jedoch in leicht veränderter Reihenfolge der Elemente und ohne Erwähnung des Gotteszornes, angesagt. Das Verbum w''yippol (IIa) betrachtet man öfter als

die Sünden des Volkes wie der Einzelnen zu, statt sie aufzudecken /.../" (ähnlich Mosis, GSL.AT, 140f., der von einer „Verkleisterung der tiefen Schäden im Gottesvolk" spricht). 118 Bei allen drei Bestandteilen des Unwetters benannt (bahamati, bl"appi, b'hemah). 119 Vgl. Jes 28,2.17; 30,30; Ps 18,8-16; 78,47f. (vgl. Ps 105,32). Vgl. auch die Verweise bei Cooke, ICC, 141. 120 BI.OCK, NICOT, 408, betrachtet glh y'sodö unter Verweis auf Mi 1,6 als Hinweis auf die Praxis des Schleifens eroberter Städte. 121 So auch FUHS, NEB, 72. 122 BK, 284. 123 BK, 294. Die konkrete Deutung der Mauer auf Jerusalem in 13,14 hat bereits HÖLSCHER, Hesekiel, 84, gesehen; vgl. auch GREENBERG, AncB, 238; POHLMANN, ATD, 189. 124 Zu w''attenah vgl. ZIMMERLI, BK, 283f.; BLOCK, NICOT, 397 Anm.27.

Propheten und Prophetinnen (Ez 13)

279

Dittographie, weil in L X X und Peschitta eine Entsprechung dazu fehlt . Allerdings scheint es sich hier in MT eher um eine bewußte Verdeutlichung zu handeln. Als erstes trägt Y H W H dem Propheten diese knappe Zukunftsansage auf: „Sie wird fallen". Dann folgt die Ankündigung des Unwetters, das implizit die Ursache des Falles bildet. V. 12a konstatiert dann w'hinneh näpal (AK!) haqqir - „siehe, sie ist gefallen!" Im Blick auf die Ankündigung weyippol ( I I a ) bedeutet dies das Eintreffen derselben. Während die angeklagten Propheten gemäß 13,6b vergebens auf die Erfüllung ihrer Worte warten, läßt das Eintreffen dessen, was Y H W H Ezechiel anzusagen befiehlt, nicht lange auf sich warten 126 . V. 12b gibt die unterstellte Reaktion darauf wieder, eine Frage, die die Nichtigkeit und das Trügerische am Treiben der „Tüncher" entlarvt. V. 15 verstärkt - nach der einen Abschluß signalisierenden Erkenntnisansage - die Aussage von V. 14 in einer zusammenfassenden Zuspitzung: „Ich will meinen Zorn vollenden an der Wand und an denen, die sie mit Putz bewerfen (15a), und (ich will) man wird 127 zu euch sagen:,Weder Wand noch welche, die sie verputzen.' 128 ". V. 16 bindet die beiden Unterabschnitte von 13,2-14(15) zusammen, indem 16a aus V. 2 das Stichwort „Propheten Israels" aufnimmt, und 16b aus V. 10 die Verbindung sälöm w"'en sülöm zitiert. Der Vers, der dann die Schlußformel rf'um '"donäy Y H W H gebraucht, macht zudem klar, daß die Tätigkeit dieser Propheten Jerusalem gilt. Ein Durchblick auf den Fall der Stadt schimmerte ja bereits in Vv.5 und 14b, vielleicht auch V.4 durch. Auch diese Durchblicke nimmt V. 16 damit explizit auf. D e r L e s e r d e s E z e c h i e l b u c h e s v e r m a g n a c h der inhaltlichen Präzisierung der B o t s c h a f t d i e s e r P r o p h e t e n u n d ihrer B e w e r t u n g als - im B i l d d e s Ü b e r t ü n c h e n s buchstäblich - hinfällig ( 1 3 , 1 0 - 1 5 ) zu e r k e n n e n , d a ß säw'

und

käzäb

( 1 3 , 2 - 9 ) darin b e s t e h e n , d a ß sie H e i l a n g e s a g t u n d damit das z u k ü n f t i g e G e r i c h t YHWHS

an Jerusalem negiert h a b e n , d a s i n z w i s c h e n e i n g e t r e t e n ist. D a r a n zeigt

sich, d a ß die P r o p h e t e n e i g e n e n V o r s t e l l u n g e n A u s d r u c k v e r l i e h e n h a b e n u n d nicht v o n

YHWH

g e s a n d t w a r e n - i m G e g e n s a t z z u d e m e i n e n , hier v o n

YHWH

mit der G e r i c h t s a n s a g e an d i e s e P r o p h e t e n im Plural b e a u f t r a g t e n P r o p h e t e n n a m e n s E z e c h i e l - er h e b t sich durch impliziten Vergleich als p o s i t i v e s G e g e n bild v o n i h n e n ab. Kriterium für d i e E i n s c h ä t z u n g d i e s e r L e u t e ist s o m i t letztlich einzig d e r Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n der V e r k ü n d i g u n g u n d ihrer Erfüllung 1 2 9 . D i e A n r e i c h e r u n g e n verstärken d i e s e n A s p e k t redaktionell. 125

Vgl. BHS. Ohne w'yippol bliebe also nur die Ankündigung des Unwetters und der daraus resultierende Fall der Wand. 126

127

V g l . B H S u n d ZIMMERLI, B K .

128 Wegen des Befundes in der Peschitta wollen manche (vgl. BHS; ZIMMERLI) 'en in w''ayyen ändern, so daß die Doppelfrage lautete: „Wo ist die Wand und wo sind die, die sie tünchen?" 12 ' Von daher ist es müßig, darüber zu spekulieren, ob die n'bi'im diese Bezeichnung gewissermaßen zu Recht erhalten oder nicht (COOKE, ICC, 137: „Ezekiel allows them the title; he does not deny their prophetic gift, but he charges them with abusing it."; ähnlich EICHRODT, ATD, 89. FUHS, NEB, 70: „Im Gegensatz zu Jer bestreitet Ez ihr Prophetenamt nicht. Sie sind von Gott berufene Boten. Aber sie haben ihr Botschaftsamt mißbraucht.") oder ob sie in guter Absicht handeln (Mosis, GSL.AT, 138: „Sie mögen durchaus überzeugt sein, daß nützlich und gut ist, was sie aus sich selbst gefunden haben. Wie das Auftreten Hananjas [vgl. Jer 28] erkennen läßt, können sie ,ehrlich und wahrhaftig' ihre Ansichten und Programme vortragen."; ähn-

280

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez

12,21-14,11

In der Forschung hat man herauszufinden versucht, welcher Personenkreis mit dieser Anklage gemeint sein mag 130 . Meistens bezeichnet man die kritisierten rfbi'im dabei als „falsche" Propheten. Man betrachtet andere atl. Texte, in denen „wahre" und „falsche" Propheten einander gegenüber stehen und sucht bei dieser Gelegenheit Kriterien zu ermitteln, die eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Größen ermöglichen. Hinzu kommen Texte, die Aussagen über Prophetie machen. Diesen viel bearbeiteten Problemkreis gilt es nun, knapp zu beleuchten. 5.2.1.3 Die sogenannte

„Falschprophetie"

Den Anfang für diesen Begriff setzte die LXX, indem sie im Jeremiabuch mehrmals, aber nicht durchweg, die rt'bi'im interpretierend mit ipEvdojipocpiiTai übersetzte 131 . Dies spiegelt das Verständnis der Zeit wider, in der die Übersetzung entstand; es muß sich dabei zunächst einmal nicht um das ursprüngliche Verständnis handeln - schon gar nicht an allen Stellen. In der atl. Wissenschaft geht man bei der Exegese von Ez 13 und einigen anderen Texten in klassischer Sichtweise davon aus, daß dort zwischen zwei Gruppen von Propheten differenziert werde, nämlich „falschen" und „wahren". Damit unterscheidet man in der Regel Propheten, die nicht von der Gottheit bevollmächtigt Prophezeiungen aussprechen, von solchen, die von Y H W H inspiriert sein Wort verkünden. Häufig sind die „falschen" Propheten den bzw. dem einen wahren YHWH-Propheten zahlenmäßig überlegen. Letzterer ist infolge seiner unbequemen oder unangenehmen Verkündigung Feindseligkeiten und Angriffen ausgesetzt im Gegensatz zu den „Falschpropheten", deren Botschaft Anklang findet. Diese Betrachtung geht folglich einher mit der These, „falsche" Propheten verkündigten grundsätzlich Heil zu einem Zeitpunkt, wo wahre Propheten Unheil ankündigten. „Falschprophetie" ist insofern Gefälligkeitsprophetie, die den Erwartungen ihrer Rezipienten entgegen kommt und sie in ih-

lich FUHS, Sehen, 254: „Diese trügerische Verkündigung /.../ mag persönlich durchaus guten Glaubens geschehen"). Diese Aussagen sind offenkundig gespeist aus der Lektüre der einschlägigen Kapitel im Jeremiabuch. Entscheidend ist, daß sie als Mehrzahl mit einem einzelnen Propheten kontrastiert werden. 130 FOHRER, HAT, differenziert zwischen einem Scheltwort gegen falsche Propheten (Vv.3^1.6.9) und einem gegen Heilspropheten bei den Deportierten (Vv.10-16). G R E E N B E R G , AncB, 243, dagegen bezieht Vv.2-9 auf „counterfeit prophets in exile", Vv.10-15 auf „counterfeit prophets in Jerusalem". ALLEN, WBC, 200, bemerkt zu 13,1-3: „ H e addresses a local group of rival prophets who had been active in the critical pre-fall years, but he regards them as part of a larger group, .Israel's prophets', who included spiritual cousins back in Jerusalem in recent history." 131 Jer 6,13; 26,7f.ll.l6; 27,9; 28,1 (MT), d.h. in LXX 6,13; 33,7f.ll.l6; 34,9; 35,1; vgl. G. VON R A D , Die falschen Propheten, in: Z A W 51 (1933), 109-120 (109), sowie E. O S S W A L D , Falsche Prophetie im AT, Tübingen 1962, 7.

Propheten

und Prophetinnen

(Ez 13)

rem Tun bestätigt, w ä h r e n d „wahre" Propheten ihren Hörern

281 unbequeme

W a h r h e i t e n sagen u n d sie auch zu V e r h a l t e n s ä n d e r u n g e n auffordern132. V o r a l l e m in d e r ä l t e r e n F o r s c h u n g f ü h r t e n T h e o r i e n ü b e r d i e F r a g e e i n e s p r o phetischen „ A m t e s " und dessen (Sozial)Geschichte dazu, „Falschpropheten" m i t b e a m t e t e n B e r u f s p r o p h e t e n , d i e m a n als K u l t - u n d H o f p r o p h e t e n v e r s t a n d , gleichzusetzen und diesen den großen Einzelgänger, den freien Charismatiker g e g e n ü b e r z u s t e l l e n 1 3 3 . Ü b e n d i e b e a m t e t e n P r o p h e t e n e i n e n „ B e r u f " aus, s o charakterisiert den wahren P r o p h e t e n seine „Berufung"134. D a b e i unterstellte m a n a u ß e r d e m U n t e r s c h i e d e in der M e t h o d e d e s

Offenbarungsempfanges,

nämlich induktive Verfahren der Berufspropheten, die z u m G e d a n k e n einer V e r f ü g b a r k e i t YHWHS 1 3 5 p e r v e r t i e r e n k ö n n t e n i m K o n t r a s t z u r r e i n i n t u i t i v e n „wahren" Prophetie. A u ß e r d e m knüpfen m a n c h e hieran die Erwägung, o b d e n in d e n T e x t e n n e g a t i v b e w e r t e t e n P r o p h e t e n g r u n d s ä t z l i c h d a s p r o p h e t i s c h e „ A m t " bestritten u n d d a m i t d a n n a u c h j e g l i c h e r O f f e n b a r u n g s e m p f a n g bzw. In-

132 Eine solche „klassische" Ansicht vertreten F.I. ANDERSEN und D.N. FREEDMAN, Micah, A n c B 24E, G a r d e n City/N.Y. 2000, anläßlich der Kommentierung von Mi 2,6-11: „The false prophet is characterized in three ways, each derogatory. First as a man of spirit he perpetuates or imitates the charisma of the old pneumatic seers, who were prominent and respectable in association with Samuel, Elijah, and Elisha /.../, but who seem to have receded from view by the eighth century /.../, discredited and replaced by the classical, literary prophets, who were visionaries, m o r e individualistic, less institutionalized than the prophets of the tenth and ninth centuries. The transition is documented by the confrontation between Micaiah and Z e d e k i a h in 1 Kings 22 /.../. Second, they resorted to alcohol; Hosea (chapter 7), Isaiah (chapter 28), and Micah are agreed on that. W h e t h e r they used alcohol to assist inspiration is not indicated. The testimony of the canonical prophets is doubtless biased and could be just another piece of invective. /.../ these prophets were prepared to prophecy for a consideration and to say what the people wanted them to say, which would be necessary if payments were to k e e p up. The most desirable message was saldm /.../ Third, Micah's use of the terms seqer and kizzeb implies that these persons were consciously fraudulent and deliberately deceitful." (330f.) 133 Vgl. FOHRER, HAT, 68-70, sowie ders., Priester und Prophet - A m t und Charisma? in: K u D 17 (1971), 15-27 (25); auch JEPSEN, Nabi, 211-217 sah einen Gegensatz zwischen Berufsund Schriftpropheten; M.-L. HENRY, Prophet und Tradition, Berlin 1969 ( B Z A W 116), 43, unterscheidet zwischen „ S p o n t a n k ü n d e r n " und „Vertretern der Tradition". J. JEREMIAS, Kultprophetie und Gerichtsverkündigung in der späten Königszeit Israels, Neukirchen-Vluyn 1970 ( W M A N T 35), kontrastiert ein institutionelles G r u p p e n p r o p h e t e n t u m in Jerusalem, dessen primäres A m t die YHWHbefragung vor allem für den König gewesen sei (190), mit den kanonischen Unheilspropheten, den „ K ü n d e r < n > des ungefragten und unbeeinflußbaren Jahwewortes" (191). Ähnlich imgrunde auch HOSSFELD/MEYER, Prophet, 32, wenn sie angesichts von 1 Kön 22 „ H o f p r o p h e t e n " mit „Jahwepropheten" konfrontieren. Vgl. auch LANG, Wie wird man Prophet, 39, sowie ALLEN, WBC, 200, der auf „traditional rivalry between established prophets and antiestablishment p r o p h e t s " verweist. 134

V g l . BARDTKE, H e s e k i e l , 8 1 f.; FOHRER, H A T , 7 0 ; WILDBERGER, B K , 1 0 6 2 ; a b e r a u c h n o c h

ANDERSEN/FREEDMAN, AncB, 366: „The classical prophets of Israel were independent voices. They usually had no regular institutional support, although some could function in the cult - a very fragile connection at best." 135 Vgl. ANDERSEN/FREEDMAN, AncB, 366: „In addition, the prophets would claim for themselves proprietary powers over the word of Yahweh, which they could dispense as they pleased."

282

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

spiration abgesprochen werde, oder ob ihnen zwar „Amt" und damit auch eine Gottesbeziehung zugestanden 136 , aber „Amtsmißbrauch" vorgeworfen werde 137 . Diese Art der Wahrnehmung ist zu Recht zunehmend in die Kritik geraten 138 . Insbesondere die zuletzt genannte Sicht zeigt neben dem romantisierenden Einschlag dieser These, daß das Phänomen der atl. Prophetie - oder besser die Reflexe von Prophetie, die atl. Texte dem modernen Leser bieten - zu pauschalisierend beurteilt werden. Die Verse und Abschnitte, die sich mit der sogenannten „Falschprophetie" befassen, sowie die Passagen, die sich theoretisch reflektierend mit Prophetie beschäftigen, müssen zunächst unabhängig von einem wie immer gearteten abstrahierten und womöglich von Vorverständnissen geleiteten Bild atl. Prophetie gelesen und jeder der Texte in seiner Besonderheit und seinem Kontext wahrgenommen werden. Selbstverständlich wird man dabei damit zu rechnen haben, daß Anreicherungen spätere Stadien atl. Prophetieverständnisses widerspiegeln bzw. Texte auf Prophetie hin gedeutet haben, die ursprünglich nicht so intendiert waren. Es würde in diesem Rahmen zu weit führen, dieser komplexen Fragestellung ausführlicher nachzugehen. Ein knapper Blick auf die einschlägigen Texte, die das Phänomen der „Falschprophetie" widerspiegeln sollen, muß genügen, um damit einige Schlaglichter auf Ez 13 zu werfen. Zu den meistgenannten loci classici zum Thema gehören aus dem Michabuch 139 die Verse 2,(6-)ll 1 4 0 und 3,5-8.([9-]ll) 1 4 1 , an denen die Grundproble136

Dies schließt man daraus, daß sie als „Propheten" bezeichnet werden. Vgl. oben zu Ez 13,2-16. Vgl. COOKE, ICC, 137; KRAUS, Prophetie, 109 (bemerkt zu 1 Kön 22, „daß die geisterfüllten nebiim durchaus mit dem Anspruch auftreten können, der Geist, der aus ihnen spricht, sei von Jahwe ausgegangen."); FUHS, NEB, 70: „Im Gegensatz zu Jer bestreitet Ez ihr Prophetenamt nicht. Sie sind von Gott berufene Boten. Aber sie haben ihr Botschaftsamt mißbraucht." 137 „ < E s > wird von Jeremia und Ezechiel das Gruppenprophetentum zuweilen des Amtsmißbrauchs und der Vernachlässigung der wahren Amtsfunktionen < , welche in fürbittendem und fragendem Gebet an Jahwe bestehen> angeklagt.", so JEREMIAS, Kultprophetie, 193. 138 Dazu hat nicht zuletzt die von A.G. AULD ausgelöste Debatte (vgl. JSOT 27 [1983], 3^44; J S O T 4 8 [ 1 9 9 0 ] , 3 - 4 9 ; H . BARSTAD, N O P r o p h e t s ? i n ; J S O T 5 7 [ 1 9 9 3 ] , 3 9 - 6 0 ) u m d e n

nabt'-Be-

griff und alles, was daraus folgt, beigetragen. - Zur Kritik vgl. auch unten. 139 Zum Thema der Falschprophetie in Mi vgl. A.H. EDELKOORT, Prophet and Prophet, in: OTS 5 (1948), 179-189; A.S. VAN DER WOUDE, Micah in Dispute With the Pseudo-Prophets, in: VT 19 (1969), 244-260; H.W. WOLFF, Wie verstand Micha von Moreschet sein prophetisches Amt?, in: Congress Volume Göttingen 1977 (VT.S 29), Leiden 1978, 403^117; R . P CARROLL, Night Without Vision. Micah and the Prophets, in: F. Garcia Martinez, A. Hilhost, C.J. Labuschagne (hrsg.), The Scriptures and the Scrolls, Leiden 1992, 74-84. 140 Vgl. die Verweise bei EICHRODT, ATD, 88 (nur 2,11); Mosis, GSL.AT, 134; FUHS. NEB, 70 (nur 2,11); sowie die Betrachtungen bei HOSSFELD/MEYER, Prophet, 45f.; F. STOLZ, Streit, 18f. 141

V g l . FOHRER, H A T , 6 8 ; EICHRODT, A T D , 8 8 ( n u r 3 , 5 - 7 ) e b e n s o FUHS, N E B , 7 0 ; ZIMMERLI,

BK, 288 (3,5-8); ebenso LAMPARTER, BAT, 95; HOSSFELD/MEYER, Prophet, 46^18; STOLZ, Streit, 13-17; Mosis, GSL.AT, 134; SCHNEIDER, Krisis, 31-33; ALLEN, WBC, 200; POHLMANN, ATD, 1 8 7 ; - z u 3 , 9 - 1 1 vgl. STOLZ, Streit, 10-12;zu 3,9-12 HOSSFELD/MEYER, Prophet,48-50; SCHNEIDER, Krisis, 30f. VAN DER WOUDE, Micah in Dispute, liest auch 4,9-14 unter diesem Gesichts-

Propheten und Prophetinnen (Ez 13)

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matik der Texte, die man aus der Schriftprophetie des 8. Jh.s heranzieht, beispielhaft in der gebotenen Kürze dargelegt werden soll. Bei dem Abschnitt Mi 2,6-11 ist zunächst nicht eindeutig feststellbar 142 , ob es sich bei dem Gegenüber in Vv. 6-10 überhaupt um Propheten 1 4 3 handelt. Kessler 144 führt überzeugend aus, daß Micha hier ein Streitgespräch mit seinen Gegnern führt, bei denen es sich nicht um Propheten, sondern um die zuvor in 2,1-3 angegriffenen reichen Grundbesitzer handelt 1 4 5 . Nachdem die direkte Auseinandersetzung mit den Gegnern mit V. 10 abgeschlossen ist, bietet V. 11 eine Reflexion darüber, „welche Art von,Weissager' für,dieses Volk' geeignet wäre, wenn es ihn als Weissager' ablehnt. /..../ Nicht die Wahrheit, für die Micha steht, sondern ,Wein und Bier' wäre für diese Leute ein angemessener Gegenstand des Weissagens." 146 . So verstanden ginge es hier also nicht um prophetische Gegner oder Rivalen, sondern um eine Polemik gegen Hörer, die Michas Botschaft ablehnen. Klarer im Blick auf das Gegenüber Michas sind die Verhältnisse in Mi 3,5-8, da im Anschluß an die Zitatansage die Adressaten benannt sind: 'al-hanne' bi'tm,147 Ihnen wird vorgeworfen, daß sie Gottes Volk irre führen, indem sie den Inhalt ihrer Sprüche von der Bezahlung abhängig machen. So sagen sie der zahlenden Kundschaft sälöm an, denen aber, die wenig oder nichts geben (d.h. wohl im Kontext der Sozialkritik des Michabuches, daß sie nichts zu geben vermögen), stellen sie Krieg in Aussicht (V. 5). Diese Anklage scheint offenbar vorauszusetzen, daß man diese Propheten aufsuchte, um von ihnen ein Gotteswort zu erfragen. Die bloße Tatsache, daß sie für ihre Dienste entlohnt werden, wird an sich noch nicht verwerflich sein, sondern der Umstand, daß sich die „ G ü t e " der Leistung nach der H ö h e des Honorars richtet. Außerdem impliziert der Vorwurf, daß die besagten Propheten der gut zahlenden Kundschaft nicht die Wahrpunkt. In seinem Kommentar (Micah. De Prediking van het Oude Testament, Nijkerk 1976) betrachtet er das gesamte Buch unter diesem Aspekt. 142 Für das Michabuch formulieren A N D E R S E N / F R E E D M A N , AncB, dies bei der Lektüre schriftprophetischer Bücher öfter auftretende Problem: „/.../ there is almost no narrative framework on which to hang the oracles. This lack leaves us guessing most of the time as to who is talking to whom." (367). 143 So zuletzt A N D E R S E N / F R E E D M A N , AncB, 2 9 6 , die den Abschnitt „Attack on Prophets" (294) betiteln. 144 HThKAT, 129-135. 145 Wichtig auch seine Feststellung, daß es sich kaum um ein Protokoll einer tatsächlich stattgefundenen Auseinandersetzung handle, sondern daß „in dem Text zahlreiche Einzelerfahrungen des Propheten und seiner Anhängerschaft mit ihren Gegnern zusammengefaßt und im wahrsten Sinne des Wortes verdichtet sein < d ü r f t e n > . " (129). 146 K E S S L E R , HThKAT, 1 3 4 f . Vgl. dagegen die in klassischen Bahnen verlaufende Auslegung des Abschnitts durch A N D E R S E N / F R E E D M A N , AncB, 2 9 4 - 3 3 1 , die zu V. 1 1 bemerken: „Verse 1 1 picks up the theme of v 6, using similar terms to describe prophesying. It is best interpreted as Micah's final assessment of the pseudoprophets." ( 3 2 4 ) ; der ganze Abschnitt handle von „the strife between opposing factions of prophets in ancient Israel, of which we catch a glimpse in Micah 2 " ( 3 3 1 ) . 147 Entsprechend lautet der Titel bei A N D E R S E N / F R E E D M A N , AncB, 357: „Condemnation of Prophets".

284

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

heit sagen, sondern das, was man immer gern hört, nämlich rosige Aussichten 148 . So schmeicheln sie den Betuchten, erhalten sich deren Kundschaft, versäumen es aber, den Reichen ihre Vergehen vorzuhalten und werden so zu deren Helfershelfern. Micha „entlarvt /.../ die Propheten nicht nur als solche, die Unzuverlässiges prophezeien, sondern als aktive Stützen im Dienst der herrschenden Klasse." 149 . Aufgrund des kritisierten Treibens ergeht eine Gerichtsandrohung an die Propheten: Sie sollen keine Offenbarung mehr empfangen (V. 6). Dies wird zu einer Beschämung der „Seher" (hahozim) und „Wahrsager" (haqqose~ mim) führen, die infolgedessen ihren Bart verhüllen, d.h. eine Trauergeste vollziehen (V. 7), „weil keine Antwort Gottes mehr da sein wird" und nicht zuletzt, weil ihre Einnahmequelle damit versiegt. Kessler merkt zu 3,5-7 insgesamt an, daß Micha den Propheten nicht bestreite, daß sie göttliche Gesichte haben, sondern ihnen ankündige, daß diese aufhörten, weil sie von ihnen mißbraucht würden 150 . Und zu V. 7: „Gedacht ist wohl daran, daß die, die den Propheten etwas zu beißen geben, dafür ein Orakel erwarten. Dieses aber wird ausbleiben, so daß die Propheten schnell ihre Kundschaft verlieren werden." 151 . Daß die ne~ bi'im in V. 7 als hoztm und qosemtm bezeichnet werden, dürfte seine Erklärung im Bezug auf V.6 finden, wo in entsprechenden Nomina Offenbarungsarten oder Praktiken erscheinen, die den Propheten versagt bleiben sollen 152 . So weit kritisiert dieser Spruch das Verhalten zeitgenössischer Propheten, weil sie offensichtlich denen, die zu ihnen kommen, nicht das mitteilen, was aufgrund von Offenbarungen tatsächlich mitzuteilen wäre, sondern sich aus Selbstsucht korrumpieren lassen. Die Frage der Legitimation dieser Propheten wird mit keiner Silbe thematisiert. V.8 153 stellt eine „Reflexion über die Rolle des bevollmächtigten Propheten" 154 dar. Darin setzt sich der Sprecher (Micha) 155 von den zuvor betrachteten 148 Für ANDERSEN/FREEDMAN, AncB, 363, ist die Friedensbotschaft „the usual means for pseudoprophets to gain popularity". 149 KESSLER, HThKAT, 155, ähnlich ANDERSEN/FREEDMAN, AncB, 361 f. 150 HThKAT, 156; vgl. auch EISSFELDT, Berufungsbewußtsein, 9; JEREMIAS, Vollmacht, 316;

STOLZ, Streit, 17, u n d SCHNEIDER, Krisis, 32. 151 KESSLER, H T h K A T , 156. 152 Daraus mag man dann erschließen, daß Schauung und Orakel ihnen zuvor zukamen. Es ist keineswegs sicher, daß die Wurzel qsm hier bereits eine negative Konnotation hat, wie EDELKOORT, Prophet, 187, es aus V.7 entnimmt („Micah indicates that the whole prophecy of his colleagues is soothsaying.") und aus der Wendung ma'"neh lohim (nicht: YHWH) schließt er „those prophets sought their oracles not only from the God of Israel but also from other gods" (188). Für STOLZ, Streit, 22, kennzeichnet die Wurzel „offenbar die typische Berufshandlung der Kultpropheten". KESSLER, HThKAT, 156, meint zu Recht, daß man aufgrund des Parallelismus zu hzwn hier kaum „eine an sich negativ bewertete Art prophetischen Offenbarungsempfangs" sehen dürfe. 153 Daß die Worte '(et-ru"h YHWH, die in einigen Übersetzungen fehlen, auf eine Überarbeitung zurückgehen, dürfte unbestreitbar sein. 154

KESSLER, H T h K A T , 156.

155

Die literarkritische Beurteilung des Verses ist in der Forschung umstritten. Er wird -

Propheten und Prophetinnen

(Ez 13)

285

Leuten ab. Er beansprucht für sich von koah, mispät und g'büruh erfüllt zu sein (8a), so daß/damit er Jakob/Israel seine Vergehen und Sünde verkündigen kann (8b). Die drei genannten Kräfte sind Voraussetzung für die inhaltlich allgemein umrissene Verkündigung, die im Blick auf V. 5 im Gegensatz zu dem steht, was die kritisierte Gruppe praktiziert. Die drei Kräfte 156 bilden die innere Motivation seiner Verkündigung, nicht etwa Profitgier wie bei den angegriffenen Propheten; er erscheint somit auch als unabhängig von äußeren Einflüssen wie der Nachfrage von „Kundschaft". Bedenkt man die vorherrschende Thematik gerade der drei Eingangskapitel des Michabuches, so mag man hinzufügen, daß Micha hier eine Art Grundsatzerklärung abgibt, nämlich daß er beherzt Kritik an den bestehenden sozialen Zuständen übt. Darin unterscheidet er sich von den kritisierten Propheten 157 . Zutreffend wurde bemerkt, daß Micha nirgends als „Prophet" bezeichnet wird - weder im Michabuch noch in Jer 26158. Und so kann man die Passage Mi 3,5-8 im Blick auf die Propheten folgendermaßen lesen: „The charge is comprehensive, as if all prophets are under indictment, and Micah does not belong to their league." 159 Carroll 160 hatte diese Beobachtung schon zuvor weiter zugespitzt: Da von den 15 Schriftpropheten nur drei als „Propheten" bezeichnet werden, betrachtet er diese Qualifizierung der Gestalten als Werk der Tradition. Für ihn ist in Mi 3,5-8 als einem „example of the topos 'prophet versus prophet'" 1 6 1 der scharfe Gegensatz bedeutsam, den die Anfänge von V.5 und V.8 formulieren. So kommt er zu dem Schluß: „The attacks on prophets in the book of Micah make perfectly good sense as denunciations of prophets by somebody who is not a prophet." 162 . Man gesteht dieser Sicht zu, daß an ihr „durchaus etmöglicherweise durchaus zu Recht - auch als sekundär eingeschätzt, so von KESSLER, HThKAT, 153. Vgl. STOLZ, Streit, 17 Anm.35. 156 O b damit eine „Bevollmächtigung" (KESSLER, HThKAT, 157) im Sinne eines Legitimationsanspruches gegeben ist, steht dahin. Die spätere Einfügung 'oet-rü"h YHWH(so bereits MoWINCKEL, Spirit, 201, und JEPSEN, Nabi, 28) rückt den Vers jedenfalls klar in ein derartiges Licht. Vgl. CARROLL, Night, 80: „The gloss in v. 8 'et-räah yhwh 'with the spirit of YHWH' may mislead the uncareful reader into thinking that the speaker of v. 8 must be a prophet or some charismatic figure". 157 ANDERSEN/FREEDMAN, AncB, die den V. 8 in Gänze stillschweigend als authentisch ansehen, messen ihm erhebliches Gewicht als einer prophetischen Selbstaussage zu: „ /.../ it is an apologia for the forthrightness of the oracles in which it is embedded /.../. This unit contrasts Micah's endowment as a genuine prophet with the false claims of his opponents. In claiming the spirit of Yahweh, Micah lists the distinguishing marks of the true prophet - his courageous declaration of the truth about the nation's sins (v 8b), in contrast to the reassuring words of peace spoken by the pseudoprophets, and his support by supernatural power. This general claim could cover all the prophet' ministry, not just the ensuing oracle." (376). 158

159

ANDERSEN/FREEDMAN, A n c B , 361.

Ebda. Night Without Vision, 1992. 161 CARROLL, Night Without Vision, 76. 162 CARROLL, Night Without Vision, 81. H.W.WOLFF, Wie verstand Micha von Moreschet sein prophetisches Amt?, 416, sieht „das Ältestenamt als die Basis seines Wirkens". „Von ihm 160

286

Reflexion

über prophetisches

Handeln:

Ez

12,21-14,11

was Richtiges" 163 ist, hält dem aber entgegen, daß die Tradition Micha zu den Propheten rechne 164 . Die Beurteilung der Gegenüberstellung in Mi 3,5-8, die manche auch in 2,11 durchschimmern sehen, hängt somit einerseits von der literarkritischen Einschätzung des Verses 3,8 ab (ist er als „authentisch" anzusehen oder nicht), andererseits von der Deutung der - ebenfalls möglicherweise einem Wandel unterworfenen - Terminologie, die die Texte verwenden, um prophetische Gestalten im weitesten Sinne zu benennen und damit verbunden von der - sicher stark hypothetischen - sozialhistorischen Rekonstruktion. Die Frage der „Authentizität" stellt sich gleichfalls bei dem Vers Mi 3,11165, der einerseits die Korruption dreier herrschender Stände („Häupter, Priester und Propheten", IIa) konstatiert, andererseits deren Überzeugung zitiert (llbß), die man als „eine bestimmte Zionstheologie"166 charakterisieren mag, eine Sicherheitsgewißheit, die sich auf Y H W H S Anwesenheit im Tempel zu stützen scheint. Dies Reden beschränkt sich nicht auf die Propheten, sondern wird der gesamten Führungsschicht zugeordnet. Dennoch hat man darin den Inhalt der (säldm) Botschaft der Propheten ausgedrückt gefunden 167 . Was bedeuten die einschlägigen Verse im Michabuch im Blick auf Ez 13? Läßt man außer Acht, daß die Micha-Texte Anreicherungen erfahren haben mögen, sind in den Passagen im Ansatz Motive zu entdecken, die auch in Ez 13 eine Rolle spielen: Das Stichwort säldm - ggf. näher ausformuliert im Zitat V.3,llbß charakterisiert die Verkündigung der Propheten. Diese stehen als eine Mehrzahl einem Einzelnen konträr gegenüber. Zudem ist die mangelnde Aufgeschlossenheit der Hörer gegenüber dem Einzelnen, die bei Micha anklingt, im Ezechielbuch zum Grundsatzproblem geworden. Das Motiv der Korruption thematisiert Ez 13,2-16 nicht. Die Frage nach der Legitimation der Propheten und der Herkunft ihrer Botschaft, die in Ez 13 von Bedeutung ist, stellt das Michabuch nicht. In den Michaversen steckt also ein Potential für eine Weiterentwicklung der Thematik. Es bleibt aber ein textgenetischer Vorbehalt sowie die Schwierigkeit, daß aus den knappen Äußerungen im Michabuch vieles durch

her trat er seinen Jerusalemer Kollegen, den H ä u p t e r n und Richtern, aber auch den Priestern und P r o p h e t e n entgegen." WOLFF weist zudem auf das „äußerst erstaunliche P h ä n o m e n innerhalb der klassischen P r o p h e t i e " hin, „wie sparsam Micha von sich aus auf Jahwe hinweist." (412). 163

KESSLER, H T h K A T , 154.

164

KESSLER, H T h K A T , 154. Ähnlich ANDERSEN/FREEDMAN, AncB, 370: „It comes down to us in a literary mode, a finished literary composition that has attained lasting prestige in a later community that acknowledged Micah as a true p r o p h e t of Yahweh with an enduring voice /.../. Even if at first he was recognized as an authentic p r o p h e t of Yahweh by only a small g r o u p of faithful followers, in d u e time he b e c a m e a p r o p h e t for the whole community of the faithful in later Judaism." 165 Vgl. dazu die Überlegungen bei KESSLER, H T h K A T , 161f. 166

KESSLER, H T h K A T , 161.

167

VAN DER WOUDE, Micah and the Pseudoprophets, 250f.257; STOLZ, Streit, 12.

Propheten und Prophetinnen

287

(Ez 13)

Interpretation erschlossen werden muß, weil die Texte sich in diesem Punkt nicht sehr explizit äußern. Als Text, der eine Abgrenzung gegen andere Propheten vornehme 168 , gilt manchen 169 der schwierige, viel behandelte Abschnitt Am 7,10-17, besonders 7,14. Im Hoseabuch verweist man auf Hos 4,5170, dessen einschlägiger Bestandteil V. 5aß indessen als zweifelsfrei zugewachsen gilt171. Hos 9,7-9 reflektiert die Schmähung und Anfeindung, der der Prophet ausgesetzt ist, läßt also insofern die Ablehnung, ja, hier den Widerstand gegen seine Botschaft durchscheinen, ein Motiv, das auch im Michabuch begegnet. Schließlich bleiben noch Jes 28,7-13 172 und 30,9-ll(13) 1 7 3 zu nennen 174 . Bei den beiden Jesajastellen begegnet man ähnlichen Schwierigkeiten wie im Michabuch, weil auch hier Uneinigkeit in Bezug auf ein mögliches Textwachstum herrscht 175 und weil dasselbe terminologische und sozialhistorische Problem 176 auftritt, welches nur in hohem Maße hypothetisch behandelt werden kann. Soweit es die k n a p p e n Abschnitte, die der Schriftprophetie des 8. Jh.s zugeordnet werden, e r k e n n e n lassen, bilden abfällige oder gar feindselige R e a k t i o n e n gegenüber d e m schriftprophetischen Sprecher/Autor der Stellen den A n l a ß zu den entsprechenden Ä u ß e r u n g e n . Von daher m u ß m a n in diesen Versen auch mit einem polemischen Einschlag 1 7 7 rechnen, mit überspitzten Formulierungen 168

V g l . FOHRER, H A T , 68.

169

SO;

Außer F O H R E R , HAT, 6 8 , vgl. H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 37^13; S C H N E I D E R , Krisis, I S speziell 7 , 1 4 : E I C H R O D T , ATD, 8 8 ; Z I M M E R L I , B K , 2 8 8 ; L A M P A R T E R , BAT, 9 5 ; F U H S , N E B , 7 0 .

170

Z I M M E R L I , B K , 2 8 8 ; LAMPARTER, B A T , 9 5 ; F U H S , N E B , 7 0 ; A L L E N , W B C ,

171

Vgl.

ATD, 63; sowie

200.

Prophet, 43; S C H N E I D E R , Krisis, 72. 172 F O H R E R , H A T , 6 8 ; E I C H R O D T , A T D , 8 8 ; Z I M M E R L I , BK, 2 8 8 ; LAMPARTER, B A T , 9 5 ; HossF E L D / M E Y E R , Prophet, 5 1 - 5 5 ; S T O L Z , Streit, 1 9 - 2 2 ; S C H N E I D E R , Krisis, 3 3 - 3 5 ; A L L E N , W B C , 2 0 0 . 173 H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 5 5 f.; Mosis, G S L . A T , 1 3 4 ; F U H S , N E B , 7 0 . 174 Die Verdeutlichung zum Vorausgehenden in Jes 9,14, spricht u.a. von den Propheten, die Lüge verkünden. 9,14-16a sind eine dtr Erweiterung (vgl. KILIAN, NEB, 77); ähnlich wurden auch in Jes 29,10 „Propheten" und „Seher" als deutende Glossen eingefügt (vgl. W I L D B E R G E R , JEREMIAS,

B K , 1112 u n d 1114; KILIAN, N E B ,

HOSSFELD/MEYER,

167).

BK, 1056, weist den Kern von 28,7b-12 Jesaja zu, während K I L I A N , NEB, 159, nur 7b-l 1 auf ihn zurückführt. In Kap. 30,1-17 liegt, „ein Konglomerat von Einzelworten vor/.../, die redaktionell zusammengefügt sind" (WILDBERGER, BK, 1175), was die Dinge vor allem hinsichtlich der Abgrenzung von Einheiten kompliziert macht. Vgl. KILIAN, NEB. 174, der darauf hinweist, „daß sich in 8-17 auch dtr oder nur spät belegte Termini finden", und schließt, daß der Text der nachexilischen Zeit zuzuordnen sei. 176 Man vgl. für eine „klassische" Sicht nur die Ausführungen W I L D B E R G E R S zu Jes 2 8 , 7 - 1 3 , BK, 1058: „Es fällt auf, daß Jesaja mit den Priestern zusammen die Propheten nennt. Es muß Propheten gegeben haben, die in enger Verbindung mit der Priesterschaft standen und wie diese am Heiligtum zu Hause waren /.../. Zugleich ist die Stelle aber ein Hinweis darauf, daß man Jesaja mit den meisten andern vorexilischen Schriftpropheten nicht als einen Kultpropheten verstehen kann. Er bezeichnet sich selbst nie als nby' /.../, nur die Jesajalegenden geben ihm diesen Titel". Und „Das Thema Amt und Charisma liegt im Raum." ( 1 0 6 2 ) . Sowie zu Jes 3 0 , 1 0 : „Es ist bezeichnend, daß nicht von nby'ym gesprochen wird, die in 28,7 mit den Priestern zusammen als Gegner Jesajas erscheinen. Der tiefe Graben zwischen den ,wahren' und ,falschen' Propheten ist bei Jesaja auch terminologisch durchgehalten." ( 1 1 7 1 ) . 177 VON RAD, Falsche Propheten, 110, konzediert zwar, daß die Stellen nicht objektiv über Gegner berichten wollten und meist in stark abwehrendem Affekt gesprochen seien, bedenkt 175

WILDBERGER,

288

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

sowie mit rhetorischer Übertreibung und Verallgemeinerung. Deshalb sind die Bemerkungen von Coggins178 zu bedenken: J...I to some extent in these passages /.../ we find language that makes it appear as if the condemnation is nearer to /.../ vilification on ideological grounds." (82) „/.../ this condemnation has often been understood to be part of a more general condemnation of groups described as 'official' or 'cultic' prophets; it may be so, but there is no clear indication of this in the text, or adequate grounds for such assertions from our knowledge of the religious structures of ancient Israel." (83). „/.../ they are often taken entirely at their face value by modern scholars, with no serious consideration being given to the possible underlying ideological viewpoint." (82). „It will be evident, therefore, that in ancient Israel /.../ different religious interpretations led to conflict, and that such conflict might well have been expressed in harsh and bitter terms." (83). Das Jeremiabuch räumt dem Nebeneinander von bzw. der Rivalität und der Auseinandersetzung zwischen Jeremia und anderen Propheten breiten Raum ein179. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Einzelbemerkungen und knappen Sprüchen einerseits und ganzen Kapiteln, in denen prophetische Aussagen als solche thematisiert werden und in denen Jeremia in Widerspruch zu anderen Propheten gerät. In diesem Rahmen ist angesichts der Fülle von Material, das eine eigene Untersuchung erfordern würde, eine Beschränkung auf die hier entscheidenden Aspekte erforderlich, da eine vertiefende Behandlung, vor allem der speziellen textgenetischen Probleme des Jeremiabuches hier zu weit führen würde180. Zunächst ein Blick auf die kürzeren Texte. Bei diesen ist abgesehen von der Frage ihrer „Authentizität" teilweise strittig, ob sie sich überhaupt auf die sogenannten „Falschpropheten" beziehen. In Jer 2,8181 erscheinen Propheten nach Priestern und Hirten als eine dritte führende gesellschaftliche Gruppe, die wie die beiden anderen Y H W H mißachtet. Bei den Propheten konkretisiert sich diese Mißachtung in einer Hinwendies aber bei seinen Betrachtungen nicht hinreichend. 178 R. J. C O G G I N S , Prophecy - True and False, in: Of Prophets' Visions and the Wisdom of Sages, Essays in Honor of R. Norman Whybray on his Seventieth Birthday, Sheffield 1993 (JSOT.S 162), 80-94. 179 Vgl. S C H N E I D E R , Krisis, 36: Zur „Frage der innerprophetischen Auseinandersetzung /.../ findet sich im Buche Jeremia bei weit.em die größte Zahl an Belegen." •SO Yg] hierzu die bereits vorliegenden Untersuchungen von H.J. KRAUS, Prophetie in der Krisis, Neukirchen-Vluyn 1964 (BSt 43); T.W. O V E R H O L T , Jeremiah 27-29: The Question of False Prophecy, in: J A A R 35 (1967), 241-249; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 57-113; I . M E Y E R , Jeremia und die falschen Propheten, Fribourg/Göttingen 1977 ( O B O 13), R.P. C A R R O L L , Chaos, 158-197; ders., Jeremiah: A Commentary, London 1986 (OTL), sowie S. H E R R M A N N , Jeremia. Der Prophet und das Buch, Darmstadt 1990 ( E d F 271), 140-145. Vgl. auch die knappen Ausführungen bei V I E W E G E R , Beziehungen, 28-36. Zur Textgenese vgl. W. T H I E L , Die deuteronomistische Redaktion von Jer 1-25, Neukirchen-Vluyn 1973 ( W M A N T 4 1 ) und ders., Diedeuteronomistische Redaktion von Jer 26^15, Neukirchen-Vluyn 1981 ( W M A N T 52). 181 Vgl. dazu H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 60f.; M Ü N D E R L E I N , Kriterien, 48f.; M E Y E R , Jeremia, 73-76; S C H N E I D E R , Krisis, 39.

Propheten

und Prophetinnen

(Ez 13)

289

dung zu Fremdgöttern. Der Vers gilt meist als kommentierender Zusatz 182 , vor allem aufgrund der für die Redaktion typischen stereotypen Polemik gegen die führenden Stände 183 . Weil letztlich allen drei genannten Gruppen im Kern dasselbe Vergehen angelastet wird, steht Jer 2,8 Mi 3,11 nahe. Es handelt sich um eine allgemeinere Gesellschaftskritik, die jedoch nicht die Propheten als spezielle Gegner Jeremias anspricht und angreift 184 . Den Gegensatz zu Jeremia vermag man erst von der Lektüre später folgender Texte her dann auch hier hineinzulesen 185 . Diese Gefahr besteht an weiteren Stellen, die Propheten zusammen mit anderen Führungsgruppen nennen 186 . Innerhalb von Jer 5 hat man die Vv.12-14, insbesondere V. 13, sowie Vv.30f. betrachtet. Deutlich ist zunächst, daß V. 12 Leute zitiert, die Y H W H verleugnen, indem sie nämlich sein drohendes Gericht nicht wahr haben wollen. V. 13 dürfte noch Fortsetzung dieser Rede 187 sein, die im Kontext des Kapitels dem Volk zugeschrieben wird 188 . Es geht also um die ungläubige Reaktion der Israeliten gegenüber Gerichtsansagen einer Mehrzahl 189 von Propheten, die die Zitierten als 182 Vgl. J. S C H R E I N E R , Jeremia 1-25,14, Würzburg 1981 ( N E B 3), 19; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 61; anders THIEL, Redaktion von Jer 1-25,185. 183 H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 6 1 ; vgl. M E Y E R , Jeremia, 7 3 , der auf die Aufzählung von Ständen in den redaktionellen Texten Jer 8 , 1 ; 1 3 , 1 3 ; 1 7 , 2 5 ; 3 2 , 3 2 ; 4 4 , 1 7 . 2 1 verweist. 184 Insofern ist M E Y E R S These (Jeremia, 7 5 ) zuzustimmen: „Eine Information über konkretes Fehlverhalten der angegriffenen Stände erhalten wir hier also nicht, vielmehr wird in theologischer Begriffssprache ein Urteil gefällt." Dagegen faßt S C H N E I D E R , Krisis, 3 9 , „die Ä u ß e rung von V.8 über die P r o p h e t e n durchaus als Bestandteil der aktuellen Auseinandersetzung Jeremias mit seinen prophetischen G e g n e r n " auf. 185 Ähnlich verhält es sich in Jer 2,26; vgl. M E Y E R , Jeremia, 76. M E Y E R S Warnung (Jeremia, 79), daß „man die Unterscheidung von wahren und falschen Propheten gar nicht vorschnell an den Text h e r a n t r a g e n " sollte, ist deshalb nur allzu berechtigt. 186 Jer 2,30 (dazu: MEYER, Jeremia, 77-80); 4,9 nimmt wiederum Führungskreise in den Blick ( H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 63, sehen hier den authentisch jeremianischen Prototyp für die späteren redaktionellen Abwandlungen, da die Stände noch nicht in stereotyper Weise aufgezählt würden) und sagt ihnen zukünftiges Erschrecken, nämlich angesichts des Gerichtes, an. D e r folgende V. 10 wird unterschiedlich interpretiert: Je nachdem, wie man das einleitende w'mr versteht, ist entweder die 1. Pers. Sg. Subjekt (Jeremia) oder die 3. Pers. Sg.,die man dann unpersönlich aufzufassen pflegt (vgl. dazu M Ü N D E R L E I N , Kriterien, 120f.; M E Y E R , Jeremia, 81f.). Nimmt man Jeremia als Subjekt an, ergibt sich die Voraussetzung, „daß sich Jeremia einmal mit den Heilshoffnungen der falschen Propheten identifiziert hat" (MÜNDERLEIN, Kriterien, 120). Entscheidet man sich für die zweite Lösung, so gilt: „Die Frage, ob als Sprecher in Vers 10 nur die P r o p h e t e n als letztes Glied der in V 9 vorausgehenden Reihe zu denken sind oder alle dort genannten G r u p p e n , läßt sich nicht m e h r entscheiden." ( H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 63). Vor allem das Stichwort sälöm (lOaß) dürfte eine D e u t u n g in Richtung auf die i.d.R. als „Heilspropheten" verstandenen sogen. „Falschpropheten" - so etwa bei S C H N E I D E R , Krisis, 40f. - veranlaßt haben. 187 A n d e r s J.R. L U N D B O M , Jeremiah 1-20, G a r d e n City/N.Y. 1999 ( A n c B 21A), 3 8 6 , der 5, lOf. als YHWH-Rede, 5,12f. als R e d e Jeremias versteht, in der Jeremia Dritte zitiert (12aß.ba), die er als „shalom p r o p h e t s " identifiziert, als die G e g n e r Jerermias. 188 5,13b gilt dabei als Glosse; vgl. B H S ; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 64. S C H R E I N E R , N E B , 43, erwägt auch eine Umstellung hinter V. 14. Im „Wo im Jeremiabuch von den Propheten im M u n d e Jeremias die R e d e ist, sind die fal-

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Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

unglaubwürdig abtun 190 . Gott reagiert darauf mit einer bildhaft formulierten Gerichtsankündigung, die die Wirksamkeit seines Wortes betont. Insofern ist diese Passage vergleichbar mit Ez 12,21-28, nicht aber mit Kap. 13. - Jer 5,30f.191 wirft gleichfalls Interpretationsprobleme auf; von Interesse ist hier das Verständnis von basswqaer in 31a. Viele Übersetzungen geben das Wort wie ein Akkusativobjekt wieder, berücksichtigen also die Präposition nicht. Demgegenüber wird auch die Auffassung vertreten, die Propheten weissagten durch Lüge, und das hieße in Analogie zu Jer 2,8 durch Baal 192 . Hossfeld und Meyer halten 5,30f. für „ein relativ selbständiges, authentisches, fragmentarisches Wort" 193 . Es handle sich hier um „die erste authentische Polemik Jeremias im Buch gegen seine Berufskollegen" 194 . Allerdings scheint fraglich, ob 5,30f. von einer Redaktion lediglich an diese Stelle gesetzt wurden oder ob die Verse nicht auch eine redaktionelle Fortschreibung sein könnten, die erfolgte, um den „Stände"kanon zu vervollständigen 195 . Es ist insofern kaum möglich, die These der Authentizität dieser Verse überzeugend zu begründen.

sehen Propheten gemeint." ( H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 64). Diese Beobachtung hat zusammen mit den Ensprechungen zum 2. und 3. Satz in der zitierten Rede (V. 12), die sich in Jer 14,13 und 23,17 „im Munde falscher Propheten" ( H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 64) finden, dazu geführt, „in V 13 nicht eine Fortsetzung der Zitatenreihe, sondern eine Reflexion Jeremias zu sehen" (ebda.) und damit den Vers auf dessen Gegner, die „Falschpropheten" zu deuten. Abgesehen von den bei H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 64f., genannten Gegenargumenten bleibt zu bedenken, daß V. 13a als Zitat einer Volksrede entsprechend stilisiert sein dürfte, d.h. der Plural „Propheten" ist eine übertreibende Verallgemeinerung oder auch ein Hinweis darauf, daß Unheilspropheten ohnehin und schon immer Unsinn redeten (weil das Gericht nicht eintraf). 190 „Der Abschnitt enthält also keine Auskunft über einen Konflikt zwischen Jeremia und Berufskollegen, vielmehr stehen sich hier das Volk und eine von ihnen abgelehnte Mehrzahl von Propheten gegenüber." (MEYER, Jeremia, 91). M Ü N D E R L E I N , Kriterien, 7 0 . 7 7 - 7 9 , sieht aufgrund des Stichwortes rü"h in V. 1 3 einen „Text, der den Anspruch auf Geistbesitz ironisiert" (70). Den Interpretationsschwierigkeiten meint er nur auf literarkritischem Wege begegnen zu können, indem er die Verse als Nachtrag versteht, „der die Terminologie der Polemik Jeremias gegen die falschen Propheten aufnimmt." (78). Für seine Fragestellung ist die Echtheitsfrage belanglos, „denn in 5,13 ist in jedem Falle der jeremianische Gedanke belegt, daß die prophetischen Gegner über keine Jahwe-Offenbarung verfügen" (79). 1,1 Vgl. dazu H O S S F E L D / M E Y E R , 6 5 ; M E Y E R , Jeremia, 93-99; S C H N E I D E R , Krisis, 38f. Vgl. die Verweise anläßlich von Ez 1 3 bei E I C H R O D T , A T D , 8 8 , und Mosis, G S L . A T , 1 3 4 ; F U H S , N E B , 7 0 . 192 So bereits E H R L I C H , Randglossen, 2 5 5 ; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 6 5 , sowie zuletzt L U N D B O M , AncB, 4 1 0 . 193 Prophet, 65; THIEL, Redaktion von Jer 1-25, 185, zählt 5,31 zu den genuinen Sprüchen über das Thema der Pseudoprophetie. 194 M E Y E R , Jeremia, 99. Es ist für H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 65, allerdings nicht mehr erkennbar, ob dies auch die älteste erhaltene Notiz von einer ersten Auseinandersetzung sei. 195 Zuvorgeht es um das unsoziale Verhalten von Führenden (5,26-28). „Daß die Propheten Lüge weissagen, /.../ kehrt als Vorwurf in der Auseinandersetzung Jeremias mit diesen Falschpropheten oft wieder." (SCHREINER, NEB, 47) - dies ist zwar zutreffend, könnte aber auch den Schluß nahe legen, daß der Vorwurf von diesen umfangreicheren Texten her hier eingetragen wurde.

Propheten

und Prophetinnen

(Ez

13)

291

Die Passage 6,13-15 1% , die in 8,10-12 ein zweites Mal vorliegt, macht in 13a den Vorwurf der allgemeinen Gewinnsucht. Den in 13b genannten Priestern und Propheten wird vorgehalten, daß sie Täuschung betreiben ('osceh sceqoer) und damit nur für oberflächliche Heilung sorgen (14a), nämlich indem sie sagen sälöm, sälöm - doch es ist/gibt kein(en) Heil/Frieden (14b). Deshalb wird ihnen Schande und Gericht angekündigt (15). V. 14b führt also näher aus, was mit der Täuschung gemeint ist und faßt die Rede - wohlgemerkt nicht nur der Propheten, sondern auch der Priester - in dem Schlagwort sälöm zusammen. Hossfeld und Meyer sehen Letzteres als „jeremianische Etikette für die derzeitige Tätigkeit der falschen Propheten' < 1 9 7 > ." 1 9 8 . Münderlein hingegen findet die Wendung „Heil - aber es ist kein Heil" lose im Kontext verankert und schließt, daß es sich dabei „um ein Schlagwort der Exilszeit handelt, das die Botschaft der Heilspropheten zusammenfaßte - und der Wirklichkeit gegenüberstellte." 199 . Folglich datiert er Jer 6,13-15 als Anhängsel zum Vorhergehenden in exilischnachexilische Zeit 200 . Denkbar ist, daß 6,13-15 seine Existenz der Tatsache verdankt, daß in 6,10 Gott oder Jeremia darüber klagt, daß Jeremias Adressaten Y H W H S Wort nicht hören wollen. Das Motiv der unliebsamen Verkündigung mag den Gedanken an die Friedensbotschaft und damit an deren Urheber, die dann im Gegensatz zu Jeremia stehen, ausgelöst haben. - Für unsere Belange ist bedeutsam, daß sich Jer 6,14b (= 8,1 laß.b) wörtlich in Ez 13,10a und dann auch 13,16 wieder findet und dort aus dem Jeremiabuch übernommen sein dürfte 201 . Der angeprangerte Tatbestand des Täuschung-Betreibens ist dagegen mit anderen Wörtern ausgedrückt und betrifft überdies bei Jeremia auch Priester. Jer 14,13—16202 als Bestandteil des Abschnittes 14,10ff. gilt überwiegend als „Einschub der dtr. Redaktion" 203 . In V. 13 ist Jeremia eine Klage in den Mund 196

V g l . d a z u H O S S F E L D / M E Y E R , P r o p h e t , 6 6 - 7 0 ; M Ü N D E R L E I N , K r i t e r i e n , 1 1 8 f . ; MEYF.R, J e r e -

m i a , 9 9 - 1 1 0 ; SCHNEIDER, Krisis, 39f.; auf die Stelle v e r w e i s e n a n l ä ß l i c h v o n E z 13 EICHRODT, A T D , 88, u n d M o s i s , G S L . A T , 134; FUHS, N E B , 70. 197 D a z u f ü h r e n sie aus: „ M a n wird h i e r n i c h t s c h l i e ß e n d ü r f e n , d a ß J e r e m i a s G e g n e r a u s dogmatischen G r ü n d e n schon i m m e r nur Heil verkündet hätten. Es geht zunächst d a r u m , d a ß sie z u r U n z e i t H e i l a n s a g e n " ( P r o p h e t , 69). REVENTLOW, Liturgie, 122, b e m e r k t z u J e r 6,13-15: ,„Heil' k a n n d e s h a l b j e t z t n i c h t z u g e s p r o c h e n w e r d e n , weil s e i n e E m p f ä n g e r d i e V o r a u s s e t z u n g e n z u m H e i l s e m p f a n g nicht e r f ü l l t e n . " U n d „ /../ weil < d i e B u n d e s o r d n u n g > v e r d o r b e n ist u n d k e i n e r d a r a u f R ü c k s i c h t n i m m t , ist die V e r k ü n d i g u n g v o n H e i l in d i e s e m A u g e n b l i c k L ü ge." (123). 198 P r o p h e t , 69. SCHNEIDER, Krisis, 39, m e i n t , h i e r l i e ß e n sich „ e r s t e i n h a l t l i c h e Schlüsse hinsichtlich d e r A n s c h a u u n g e n d e r von J e r e m i a k r i t i s i e r t e n P r o p h e t e n z i e h e n . " 199 K r i t e r i e n , 119. 200 THIEL, R e d a k t i o n von Jer 1 - 2 5 , 185, zählt 6,13 zu d e n g e n u i n e n S p r ü c h e n . 21)1 G e g e n MÜNDERLEIN, K r i t e r i e n , 119, d e r die W e n d u n g w e d e r J e r e m i a n o c h E z e c h i e l zuweist, s o n d e r n sie als „ g e l ä u f i g e F o r m u l i e r u n g " d e r Exilszeit a u f f a ß t . D i e s U r t e i l MÜNDERLEINS h ä n g t d a m i t z u s a m m e n , d a ß e r mit J e r e m i a u n d E z e c h i e l e i n e ipsissima vox v e r b i n d e t . 21,2 A n l ä ß l i c h von E z 13 v e r w e i s e n d a r a u f EICHRODT, A T D , 88; M o s i s , G S L . A T , 134, u n d

GREENBERÜ, A n c B , 2 4 3 . 203

SCHNEIDER, Krisis, 47; vgl. SCHREINER, N E B , 74; vgl. f e r n e r d a z u die d e t a i l l i e r t e v.a. a u c h

s p r a c h l i c h e A n a l y s e b e i T H I E L , R e d a k t i o n v o n J e r 1 - 2 5 , 1 8 3 - 1 8 7 , u n d MF.YER, J e r e m i a , 4 8 - 6 5 ,

292

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

gelegt, in der er „die Propheten" ausführlicher zitiert. Sie negieren das Gericht und stellen beständigen Frieden bzw. Frieden und Bestand 204 in Aussicht. Mit V. 14 gibt Jeremia eine YHWH-Rede wieder, in der Gott das Treiben der Propheten bewertet, bevor in V. 15 eine Gerichtsansage über die Propheten und in V. 16 über ihre Hörer ergeht. Y H W H negiert in drei Aussagen die Legitimation dieser Propheten: Er hat sie nicht gesandt, ihnen nichts befohlen 205 und nicht zu ihnen geredet (14a). Daraus ergibt sich die dreifache Bewertung ihrer Verkündigung als h"zön

soeqcer, qcescem

[wce] comes down to us in literary mode, a finished literary composition that has attained lasting prestige in a later community that acknowledged Micah as a true prophet of Yahweh with an enduring voice and authoritative message perpetuated beyond his own time. Even if at first he was recognized as an authentic prophet of Yahweh by only a small group of faithful followers, in due time he became a prophet for the whole community of the faithful in later Judaism." Vgl. auch COGGINS, Prophecy, 93: „/.../ there are ideological factors to be taken into account - particularly the recognition of the need within the religious community to legitimate certain voices and to exclude others - factors that make objective assessment extremely elusive." 267 Vgl. MEYER, Jeremia, 148: „Spätere Generationen /.../ haben dann aus eben diesen Texten Maßstäbe für die Unterscheidung von echt und falsch zu gewinnen versucht".

304

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez

12,21-14,11

Lage versetzt würde, in einem konkreten Zweifelsfall zu entscheiden, wer ein „wahrer" Prophet ist und wer nicht 268 ; vielmehr bildet das Eintreffen eines prophetischen Wortes 269 den Beweis dafür, daß es sich um ein YHWHwort handelte. Dies Kriterium kann nur bei rückblickender Bewertung zuverlässig und sinnvoll sein 270 und nur unter der Voraussetzung, daß man prophetische Worte als Zukunftsansage versteht. Bei der theologischen Aufarbeitung der Katastrophe von 587/6 spielt die Prophetie für dtr Kreise eine gewichtige Rolle 271 . Denn in der Gesamtlinie von DtrGW entsteht das Bild einer Reihe von (einzelnen) Propheten, die das Gericht ankündigen, die aber kein Gehör finden. Als untergeordnetes zusätzliches Motiv erscheinen im Jeremiabuch Propheten, die ihren Zuhörern eine heilvolle Zukunft versprechen. In vereinzelten Worten, die auf Schriftpropheten des 8.Jhs. zurückgehen, ist die Thematik angelegt, daß das Publikum Heilszusagen kritischen Äußerungen und Drohungen vorzieht und Letztere dementsprechend ablehnt, was sich als Opposition gegen den „Unheilspropheten" äußert, der mit Spott behandelt wird. Aus dtr Sicht erscheinen die mit der Verkündigung eines Jeremia kontrastierenden Heilsansagen rückblickend als „Falschprophetie", eben weil die Ereignisse 587/6 sie Lügen straften. Dies bedeutet keine pauschale Verurteilung von Heilsansagen, sondern eine negative Beurteilung von Heilsankündigungen für eine nähere Zukunft zum damaligen Zeitpunkt 272 , als sich die Bedrohung Juda-Jerusalems abzeichnete. Was im Jeremiabuch als persönliches Problem und Anfechtung Jeremias erscheint, gestaltet Ez 13 in allgemeiner, unpersönlicher Weise. Es scheint, als habe der Verfasser von Ez 13 das Jeremiabuch in seiner dtr Ausformung sowie die beiden innerhalb von Dtn späten Passagen Dtn 13,2-6 273 und Dtn 18,(20).21 f.274 268

Vgl. M E Y E R , Jeremia, 1 4 7 ; C A R R O L L , When Prophecy Failed, 1 8 6 . Ein Zeichen wird demgegenüber skeptischer bewertet, indem der dadurch gegebene Machterweis gewissermaßen an die rechte Predigt gebunden wird, vgl. Dtn 13,3f. 270 Vgl. L O N G , Authority, 1 9 ; C A R R O L L , When Prophecy Failed, 1 9 7 . 271 Vgl. M E Y E R , Jeremia, 147; vgl. S C H N E I D E R , Krisis, 87. 272 S A N D E R S , Hermeneutics, 3 1 : „true prophets wereapparent by invoking a right theology at the right time", d.h. der Zeitpunkt, zu dem Heilsansagen geschehen, ist entscheidend (32). 273 Vgl. T . V E I J O L A , Wahrheit und Intoleranz nach Deuteronomium 13, in: ZThK 92 (1995), 287-314, vor allem: „Es fehlen alle Indizien dafür, daß die in V.2-6 vorliegende Vorschrift in der alttestamentlichen Zeit je als positives Recht aufgefaßt und praktiziert worden wäre. Man muß sie als theoretisches Gebilde ansehen, das allein paränetischen Zielen diente. Versucht man, sie genauer in der Geschichte Israels zu lokalisieren, lohnt es, sich zu vergegenwärtigen, daß sie überraschend viele Ausdrücke und Themen enthält, die auch in der Polemik des Jeremiabuches gegen die falschen Propheten, vor allem in Jer 14,13-16 sowie in den Kapiteln Jer 23 und Jer 27-29, auftreten." (297). Dies führt zu der Annahme, daß Jer die gebende und Dtn 13 die nehmende Seite gewesen sei (299) und zu einer zeitlichen Ansetzung nicht vor 550 (301); „die Bestimmungen von Dtn 13 /.../religiöse Paränesefür die Bedürfnisse einer sich nach der Katastrophe des Exils konsolidierenden Glaubensgemeinscaft dar /.../". (310f.). Vgl. ferner K Ö C K E R T , Ort, 82-85. 274 Zu Dtn 18,20-22 als „Nachtrag zum dtr Prophetengesetz" (SCHNEIDER, Krisis, 70), vgl. R.P. M E R E N D I N O , Das deuteronomische Gesetz, 1969 (BBB 31), 193-198; G. S E I T Z , Redaktionsgeschichtliche Studien zum Deuteronomium, 1971 (BWANT 93), 239-242. U. R Ü T E R S 269

Propheten und Prophetinnen (Ez 13)

305

bereits vor A u g e n . E z 13 greift jeremianisch-dtr 2 7 5 M a t e r i a l auf, f o r m u l i e r t a b e r d a r ü b e r h i n a u s d e n n o c h d u r c h a u s eigenständig 2 7 6 u n d bezieht d a b e i auch priesterliche E l e m e n t e (sakralrechtliche F o r m u l i e r u n g ) ein. E i n U n t e r s c h i e d z u m J e r e m i a b u c h ist d a b e i b e s o n d e r s h e r v o r z u h e b e n : D a E z 13 wie auch sonst in diesem B u c h üblich v o n v o r n h e r e i n als YHWHrede an Ezechiel stilisiert ist, gibt es keinerlei Z w e i f e l an d e n Aussagen, die die L e g i t i m a t i o n von P r o p h e t e n b e t r e f fen. Y H W H spricht d e n kritisierten P r o p h e t e n e i n e B e a u f t r a g u n g seinerseits r u n d w e g ab. D i e Frage, die etwa aus d e r B i n n e n p e r s p e k t i v e einer E r z ä h l u n g wie Jer 28 ( o d e r 1 K ö n 22) h e r a u s zunächst noch a u f t r e t e n k ö n n t e , nämlich welc h e r d e r K o n t r a h e n t e n tatsächlich G o t t e s Wort v e r k ü n d e t 2 7 7 , stellt sich in E z 13 von v o r n h e r e i n nicht. F ü r E z 13 wird m a n keinesfalls eine wirkliche biographische Situation v o r a u s s e t z e n dürfen 2 7 8 , die hier ihren Niederschlag findet, sond e r n wird vielmehr von d e r A u f n a h m e eines im (dtr) J e r e m i a b u c h u n d im D e u t e r o n o m i s m u s v o r g e g e b e n e n T h e m a s a u s z u g e h e n h a b e n . M a n m a g sogar fragen, o b P r o p h e t i e f ü r d e n Verfasser von E z 13 ü b e r h a u p t noch l e b e n d i g e G e g e n w a r t ist o d e r o b sie nicht r ü c k b l i c k e n d zu e i n e m literarischen Mittel d e r Vera n s c h a u l i c h u n g v o n geschichtlichen V o r g ä n g e n u n d d e r geschichtstheologischen B e l e h r u n g g e w o r d e n ist. Von d a h e r b e l e u c h t e t E z 13 r ü c k w i r k e n d bzw. v o r a u s s c h a u e n d die Aussage: „sie w e r d e n e r k e n n e n , d a ß ein P r o p h e t in ihrer M i t t e w a r " (Ez 2,5b; 33,33bßY). Ezechiel als ein nübt' steht „den P r o p h e t e n " , wie sie E z 13 n ä h e r qualifiziert, geworden, Von der politischen Gemeinschaft zur Gemeinde, Frankfurt/M. 1987 (BBB 65), 7688; K. Z O B E L , Prophetie und Deuteronomium, Berlin 1992 (BZAW 199), 203f.; G. B R A U L I K , Deuteronomium II, Würzburg 1992 (NEB 28), 137, bemerkt, daß Dtn 18,21 f. Dtn 13,2-6 voraussetzen. R Ü T E R S W Ö R D E N , Gemeinschaft, 87, konstatiert für Dtn 18,16-20 einerseits die Verwurzelung im Dtn, andererseits die Verwandtschaft zur dtr Redaktion des Jeremiabuches. Vgl. zur Beziehung von Dtn 18 und Jer K Ö C K E R T , Ort, 85-94. 275 THIEL, Redaktion von Jer 1-25.185f., schreibt von der stereotypen Phraseologie Jeremia selbst die Wendungen nb' bsqr und /' slh zu, während /' suh und bsmy aus Dtn 18,20 geflossen seien. 276 E I C H R O D T , ATD, 89: „Obwohl er < E z > dessen < J e r > Verkündigung offenbar zum großen Teil gekannt hat und in manchen Formulierungen vorauszusetzen scheint, bewegt er sich in seiner Polemik ganz selbständig". Auch K L O P F E N S T E I N , Lüge, 240, betrachtet Ez 13 als an Jer angelehnt; um so auffälliger ist ihm die Ersetzung von sqr durch kzb und sw'. LAMPARTER, BAT, 95, konstatiert die enge Verwandtschaft zwischen Jer 23,9ff. und Ez 13, meint aber, man müsse keine direkte Abhängigkeit postulieren. 277 Auch bleibt es zunächst bloße unüberprüfbare Behauptung, wenn Jeremia für sich beansprucht, von Gott gesandt zu sein (26,12.15). 278 Schon H Ö L S C H E R , Hesekiel, 8 3 , betrachtet Kap. 1 3 als „Literatur". Vgl. S C H N E I D E R , Krisis, 66, der vermutet, „daß er nicht mehr in unmittelbarer Konfrontation mit anderen Propheten gestanden hat."- Den entgegengesetzten Standpunkt vertreten etwa FUHS, NEB, 70 („Wenn auch Ezechiel keine Namen nennt und von persönlichen Auseinandersetzungen nicht spricht [anders Jeremia, vgl. 2 7 - 2 9 ] , so läßt doch die Erregung, die durch sein Wort gegen die falschen Propheten durchscheint, die tiefe Not erkennen, die ihm dadurch erwachsen ist. [Vielleicht sind die Dornen und Skorpione von 2 6 eine Anspielung auf sie?])", C L E M E N T S , Ezekiel, 58 („glimpse of Ezekiel's own soul"), sowie BLOCK, NICOT, 395, der annimmt, Kap. 13 entspringe aus „heated personal encounters between Ezekiel himself and these prophetie frauds".

306

Reflexion

über prophetisches

Handeln:

Ez

12,21-14,11

genüber, als Einzelner gegenüber einer Mehrzahl. Vermutlich reiht die Bemerkung Gottes in Ez 2,5b und 33,33bßy Ezechiel darüber hinaus in die Dtn 18,15.18 thematisierte successio mosaica279 ein. Ebenso wird rückwirkend Y H W H S Aussage, daß er Ezechiel sendet (2,3.4; 3,5.6), mit der Negation der Sendung der anonymen Mehrzahl von Propheten (13,6) kontrastiert. Im Rahmen der Komposition des Ezechielbuches sind die Erwähnungen entgegengesetzter prophetischer Ankündigungen nebst der Verurteilung ihrer Erzeuger chronologisch vor das Eintreten der Katastrophe gestellt. So entsteht das Bild Ezechiels als eines Einzelpropheten, der Unheil ansagt und weiß, daß die gleichzeitigen Heilsansagen anderer unzutreffend sind.

5.2.2 „Prophetinnen"

üben magische Praktiken

(13,17-23)

Die neuerliche Anrede an Ezechiel zu Beginn von V. 17 markiert einen Neuansatz, die nachfolgenden Imperative (simpän&kü 'cel, hinnäbe''al) machen deutlich, daß das Folgende eine Gerichtsankündigung darstellt, die sich an einen anderen Adressatenkreis wendet als die zuvor aufgetragene Rede, nämlich an Frauen (benöt 'amkä)m\ Diese Israelitinnen sind näher charakterisiert als hammitnabbe'6t millibb''hcen, also mit dem Ptz. Hitp. von nb'; diesen Stamm übersetzt man zur Unterscheidung vom Nif. gern „sich als Prophet gebärden" und schreibt dem einen geringschätzigen Unterton zu 281 . Die eigentliche, mit der üblichen Zitatansage eröffnete aufgetragene Gottesrede leitet ein Weheruf ein. Dessen Partizipialkonstruktion (18a) enthält den Vorwurf, den Y H W H gegenüber diesen Frauen erhebt. Für den modernen Leser bleibt allerdings rätselhaft, 279 H o s 12,10-14 gilt als Q u e l l e d i e s e r dtr A u f f a s s u n g . MACHOLZ, J e r e m i a , 331, b e u r t e i l t die „Vorstellung v o n e i n e r k o n t i n u i e r l i c h e n R e i h e d e r P r o p h e t e n " nicht als „ E r g e b n i s e i n e r Z u s a m m e n h ä n g e k o n s t r u i e r e n d e n geschichtlichen R ü c k s c h a u , s o n d e r n sie h ä n g t z u s a m m e n mit d e r A u f f a s s u n g J e r e m i a s v o m Wesen des prophetischen , Amtes' selber: es ist d a s A m t , d a s d e m Volk J a h w e s in s e i n e r G e s c h i c h t e d e n W e g J a h w e s weist; die G e s c h i c h t e Israels ist also o h n e die P r o p h e t i e ü b e r h a u p t nicht d e n k b a r , s o n d e r n Israel b e d a r f des s t ä n d i g e n G e l e i t s d u r c h die Prop h e t e n " . C . R . SEITZ, T h e P r o p h e t M o s e s a n d t h e C a n o n i c a l S h a p e of J e r e m i a h , in: Z A W 101 (1989), 3 - 2 7 (12): „ T h o s e w h o s h a p e d t h e B o o k of J e r e m i a h saw him as the last M o s a i c p r o phet.". 280 Ä h n l i c h wie b e i m 1. A b s c h n i t t d e s Kapitels gibt es a u c h hier u n t e r s c h i e d l i c h e literarkritische A n a l y s e n . MESSEL, E z e c h i e l f r a g e n , schreibt Ezechiel 13,18 ( a b /!wy).19a.20.21 zu, alles ü b r i g e bis auf die G l o s s e 19b d e m R e d a k t o r . FOHRER, H A T , u n t e r s c h e i d e t zwei S p r ü c h e , n ä m lich 17.18aa.22.23 g e g e n P r o p h e t i n n e n u n d 18aß-21 g e g e n Z a u b e r i n n e n ; HOSSFELD/MEYER, P r o p h e t , 139, leiten 18a.20.21a v o n Ezechiel her, d e n R e s t a b g e s e h e n v o n d e r s p ä t e n G l o s s e 19b, v o m K o m p o s i t e u r o d e r R e d a k t o r . MÜNDERLEIN, K r i t e r i e n , sieht V. 17 als r e d a k t i o n e l l e K l a m m e r z u m V o r h e r i g e n , 22f. als z u s a m m e n f a s s e n d e n N a c h t r a g . COOKE, I C C ; FUHS, N E B , 73;

ALLEN, W B C , 197; POHLMANN, A T D b e t r a c h t e n 2 2 f . a l s A n h a n g , w ä h r e n d ZIMMERLI, B K , 2 9 7 ,

lediglich 19b als Z u f ü g u n g e i n s c h ä t z t . W. BROWNLEE, Exorcising t h e Souls f r o m E z 13:17-23, in J B L 69 (1950), 3 6 7 - 3 7 3 r e k o n s t r u i e r t eine p o e t i s c h e ezechielische G r u n d s c h i c h t ( a b g e d r u c k t S.371). 2S1

V g l . GREENBERG, A n c B , 2 3 9 ; POHLMANN, A T D , 192 A n m . 9 3 4 .

Propheten und Prophetinnen

(Ez 13)

307

was diese Frauen treiben, weil die aufgeführten Gegenstände kesätöt (18.20) und mispähöt (18.21) nur hier in Ez 13 vorkommen. Wahrscheinlich handelt es sich um Hilfsmittel für (Schutz-? oder Schaden-?) Zauber 282 , bei dem Handgelenke und Häupter der Klienten oder der Zauberinnen mit diesen Gegenständen versehen werden. Umstritten ist ferner, ob die geringen Mengen an Getreide und Brot (V. 19) im magischen Ritual dieser Frauen eine Rolle spielen 283 oder ob sie damit für ihre Dienste entlohnt werden 284 . Deutlich ist, daß die Frauen durch ihr Treiben in Opposition zu Y H W H treten: Sie entheiligen ihn ( f h a l Icelnäh 'oti, 19)285, und zwar indem sie Menschen ( r f p ä s ö t ) Leben zusprechen, die nach Gottes Willen nicht leben sollten und umgekehrt (19, vgl. 18b die entrüstete Frage) 286 . Durch Zauberei gewinnen sie Macht über Leben und Tod von Menschen und wollen darüber anders entscheiden, als Gott es bestimmt 287 . Damit machen sie Y H W H die Verfügungsgewalt über sein Volk ('ammi) streitig. Nachdem die Anklage (18.19a 288 ) die Vorgänge benannt hat, folgt die mit läken und Zitatansage eingeleitete Gerichtsandrohung (20f.), die sich bildhafter Formulierungen bedient, die auf den Bereich der Jagd verweisen, und zwar auf den Vogelfang 289 mittels Netz, Schlinge oder auf andere hinterhältige Weise. So kommt das heimtückische Überlisten der Opfer zum Ausdruck 290 . Die Wörter, die Gottes Vorgehen dagegen beschreiben, welches ein Befreien ihrer Opfer be282

Vermutungen über das, was die Zauberinnen tun bei COOKE, ICC, 145f.; FOHRER, HAT, ATD, 94f.; Z I M M E R L I . BK, 296f.; LAMPARTER, BAT 99; G R E E N B E R G , AncB, 239; F U H S , NEB, 73; B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 70f.; A L L E N , WBC, 204; B L O C K , NICOT, 413f.; F . D U M MERMUTH, Z U E Z XIII 18-21, in: VT 13 (1963), 228f., denkt an ein Festbinden der „mediumistischen" Person, die so ihre mantischen Fähigkeiten imponierend zur Schau stelle. V. OREL, Textological Notes, in: ZAW 109 (1997), 408-413 (411-13) deutet als „phylacteries". 283 So C O O K E , I C C , 147; G R E E N B E R G , AncB, 240; P O H L M A N N , ATD, 193. 284 So E I C H R O D T , ATD, 96; Z I M M E R L I , BK, 296; LAMPARTER, BAT 99; M Ü N D E R L E I N , Kriterien, 28f.; Mosis, G S L . A T , 144; A L L E N . W B C , 204. B L O C K , N I C O T , 416, läßt beide Möglichkeiten offen. Bei dieser Deutung spielt die Erinnerung an Mi 3 , 5 eine Rolle (vgl. Z I M M E R L I , BK, 2 9 7 ; A L LEN, WBC, 2 0 4 ) . 28:> Einige Kommentatoren nehmen an, daß dies durch einen Mißbrauch des Gottesnamens im Rahmen der Zauberhandlungen geschieht (vgl. E I C H R O D T , ATD, 95f.; G R E E N B E R G , AncB. 2 4 0 ; F U H S , NEB, 7 2 ; A L L E N , WBC, 2 0 4 ) . Zumindest praktizieren sie unter Berufung auf Y H W H (vgl. MOSIS, GSL.AT, 144), „ < t h e y > pretended to speak and act in Jahweh's name" (COOKE, 74f.;

ICC, 286

EICHRODT,

147).

MOSIS. GSL.AT, 144, verweist auf eine ähnliche Verkehrung in Jes 5,20. Vgl. Z I M M E R L I , „Leben" und „Tod" im Buche des Propheten Ezechiel, in: ThZ 13 (1957), 494-508: „Dem gottgewollten Amt des Propheten /.../ sieht Ezechiel das Zerrbild eines wilden Amtes gegenübertreten, das ohne die Verantwortung vor dem Recht Jahwes Leben und Tod eigenmächtig zuteilt - ein frevler Einbruch in die göttliche Ordnung der konditionalen Lebenszusage." (503f.). 288 y 19b fällt das aus 13,6-9 vertraute Stichwort käzäb (das in V. 23 fehlt, wo die übrigen Begriffe aus 13,6-9 erscheinen). Es soll offensichtlich eine Verbindung zum ersten Abschnitt des Kapitels schaffen. Inhaltlich steckt in 19b ein Seitenhieb auf die „Kundschaft" der Frauen. 289 swd (18.20); l'pofhöt (20, 2x) m'südah (21). 290 Vgl. 13,10 d'h als Pendant. 287

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

308

deutet, entsprechen diesem Vokabular 291 . Das Gericht Y H W H S richtet sich gegen die Zaubermittel der Frauen 2 9 2 , die Y H W H zerstören und so die Opfer aus ihrer Gewalt befreien will. Die Person der Frauen bleibt dabei offensichtlich unangetastet 2 9 3 . Eine auf die Frauen bezogene Erkenntnisansage (21b) rundet die Passage abschließend ab. 13,22f. bilden ein eigenes Gerichtswort, gegliedert durch ya'an - laken u n d versehen mit einer Erkenntnisansage. Die Formulierungen erinnern an dtr Sprache ( A s p e k t d e r U m k e h r ) , a b e r auch an weisheitliche Terminologie (Herz, Weg, Gottloser und G e r e c h ter als G e g e n s a t z p a a r ) . Gedanklich b e r ü h r e n sich die Verse mit E z 18, mit 33,11 sowie 3,18f. 294 , mit Passagen also, die einem eigenen G e d a n k e n k r e i s innerhalb des Ezechielbuches a n g e h ö r e n und A n r e i c h e r u n g e n darstellen d ü r f t e n . V. 23 nimmt die Stichwörter hzh säw' u n d qsm aus 13,6-9 auf, Letzteres als figura etymologica, nicht wie dort mit d e m O b j e k t käzäb295, was Cornill zu einem entsprechend e n Eingriff in d e n Text bewog. Diese Stichwortverbindung scheint darauf hinzudeuten, daß Vv.22f. die beiden Kapitelhälften z u s a m m e n b i n d e n wollen ähnlich wie V. 16 durch S t i c h w o r t a u f n a h m e n die beiden Abschnitte in 13,2-15 m i t e i n a n d e r verknüpft 2 9 6 .

Angesichts der Tatsache, daß es hier um magische Praktiken 2 9 7 zu gehen scheint, befremdet das Partizip hammitnabbe'öt als Apposition zu den Adressatinnen (17aß) 298 . Dafür hat es zwei unterschiedliche Erklärungsversuche gegeben: Entweder löst man das Problem auf literarkritischem Wege, indem man einen Teil der Verse als redaktionell einstuft 2 9 9 oder eine Verbindung zweier Sprüche annimmt, von denen einer an Prophetinnen und der andere an Zauberinnen 21,1 292

qr' (20), nsl (21), slh 'otän häp'sim (mit BHS) (20).

Die sogen. „Herausforderungsformel" richtet sich hier nicht auf Personen, sondern auf Gegenstände, die k'satöt (20). Das ist immerhin ungewöhnlich und könnte darauf hinweisen, daß diese Drohung nach dem Muster von 13,8 formuliert wurde, nicht umgekehrt. 293

V g l . POHLMANN, A T D ,

194.

294

Vgl. Z I M M E R L I , B K , 296; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 133. 295 Auffällig ist in diesem Zusammenhang der Begriff sceqcer in V.22, der im Ezechielbuch sonst nicht vorkommt, jedoch im Jeremiabuch mehrfach begegnet. Vgl. dazu K L O P F E N S T E I N , Lüge, 95-129. 296 Von daher gesehen liegt eher ein Anhang ( F U H S , N E B , 7 3 ; P O H L M A N N , A T D ) bzw. eine Zusammenfassung (COOKE, ICC, 148) vor als eine Variante des vorhergehenden Gerichtswortes (so Z I M M E R L I , B K , 298, vgl. A L L E N , W B C , 205: „The repetition is intertwined with a characterization of the sorcerers in terms of the vocabulary of vv2-9."). 297 So die meisten Exegeten dieser Passage; vgl. COOKE, ICC, 144: „witches or sorceresses"; MESSEL, Ezechielfragen, 64: „Zauberpraktiken"; FUHS, NEB, 72: „Zauberei und Magie"; BLOCK, NICOT: „witches". 298 „Prophetesses is too good a name for them" (COOKE, ICC, 144); „Es ist unverkennbar/.../ ein Bereich, der nur recht uneigentlich unter das Stichwort .prophetisch' zu rücken ist." (ZIMMERLI, B K , 2 9 6 ) . 299 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 84f., sieht hier ein „verwirrtes Stück", in dem Vv.18-21 mit den umgebenden Versen nichts zu tun hätten. M Ü N D E R L E I N , Kriterien, betrachtet V. 17 als redaktionell. H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 142, meinen, der Kompositeur von Kap. 13 habe „Hexen unter das Phänomen der Falschprophetie subsumiert".

Propheten und Prophetinnen

309

(Ez 13)

gerichtet war 300 . Oder aber man interpretiert das Treiben der Frauen als Wahrsagerei, die sie mit magischen Praktiken bewerkstelligen 301 . Man mag diese Lösungen durchaus in Erwägung ziehen. Deutlich ist in jedem Falle, daß im Zusammenhang des gesamten Kapitels ein paralleler Auftakt der beiden Unterabschnitte angestrebt ist, wobei die Priorität des Etiketts nb' eindeutig im ersten Teil von Ez 13 liegt, nb' erhält einen negativen Klang, einerseits wegen des Begriffes millibbämlmillibtfhasn, der anzeigt, daß ihr Agieren nicht auf göttlicher Initiative beruht wie bei Ezechiel, den Gott immer wieder auffordert hinnübe'\ andererseits mag auch die Tatsache, daß eine Mehrzahl von Menschen als „prophezeiend" in den Blick genommen wird, zu der negativen Einschätzung beitragen. Es geht um das komplementäre Erfassen von Phänomenen, die „geistliches" Handeln zu sein beanspruchen, sich als an Y H W H gebundenes Tun geben, tatsächlich aber ein rein menschliches Unterfangen sind und im Gegensatz zu Gottes Willen und Gebot stehen. Indem die beiden Kapitelhälften sich mit Männern und Frauen befassen sowie mit Wortverkündigung und mit Handlungen einbeziehenden divinatorisch-magischen Praktiken, welche einem Kollektiv bzw. Einzelnen 302 gelten, will Ez 13 offensichtlich den Bereich der verurteilten „prophetischen" Aktivitäten erfassen. Ez 13,17ff. verurteilt das, was Dtn 18,9 als „Greuel" bezeichnet und was Dtn 18,10f. anhand einer Reihe von Begriffen näher ausführt. Was Ez 13 den Frauen zum Vorwurf macht, wird in diese Kategorien einzuordnen sein303. Wie sich Ez 13,2-15 auf Dtn 18,20-22 bezieht, so besteht eine Verbindung von Ez 13,17-21 zu Dtn 18, 9-12 304 .

5.3 Zum Propheten

kommen

und Gott befragen

(14,1-11)

Bemerkenswert an dem Abschnitt 14,1—II305 ist hier zunächst der einleitende erzählende Vers, der die Situation beschreibt, die den Anknüpfungspunkt für 300

FOHRER, H A T .

301

A m deutlichsten ALLEN, WBC, 204: „ /.../ their concern was /.../ to resolve the personal problems of their clients /.../. Moreover, they performed magical spells as a means of prognostication."; vgl. G R E E N B E R G , AncB, 239 („fortune-tellers"); P O H L M A N N , A T D , 192f. Z I M M E R L I S „Bereich einer niederen Kleinmantik und des Zaubers", BK, 296, könnte in eine ähnliche Richtung weisen. B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 70: „The women condemned here were not really prophets but witches masquerading as prophets". 302

303

V g l . ZIMMERLI, B K , 2 9 6 ; POHLMANN, A T D ,

193.

Zur Problematik der ideologischen (Über)Formung der Darstellung mantischer Praktiken in den Texten des AT vgl. F.H. CRYER, Divination in Ancient Israel and its Near Eastern Environment, Sheffield 1994 (JSOT.S 142), bes. 229-263. 304 Vgl. aber auch Lev 19,26b.31; 20,6.27. CRYER, Divination, bemerkt allgemein: „The Deuteronomist and the Priestly Writer will have us believe that Israel banned all forms of divination except for the priestly oracle and prophecy at an early date." Zu Dtn 18,9-14 vgl. ebda. 254f. 305 Literarkritische Untersuchungen dieser Passage münden vielfach in die Überzeugung,

310

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez

12,21-14,11

die folgende Gottesrede bildet: „Und es kamen zu mir (Männer) einige von den Ältesten Israels und setzten sich vor mir < n i e d e r > . " (14,l) 306 . Dieses Sich-Niedersetzen vor einer Person drückt offenkundig aus, daß sie eine rezeptive Haltung einnehmen - dies zeigt sich deutlich in Ez 33,31, wo es heißt: „Und sie werden zu dir kommen /.../ und sich vor dir setzen /.../ und deine Worte hören ...". U n t e r d e n v o n K o m m e n t a t o r e n 3 0 7 g e n a n n t e n Stellen sind lediglich zwei wirklich verg l e i c h b a r , n ä m l i c h 2 K ö n 4,38 u n d 6,1. S o w o h l in 2 K ö n 6,32 ( „ E l i s a s a ß in s e i n e m H a u se u n d die Ä l t e s t e n s a ß e n bei i h m ['ittoY) als a u c h in N u m 22,8 ( „ D a b l i e b e n die F ü r der Abschnitt sei einheitlich (so H Ö L S C H E R , Hesekiel, 86, der ihn aber dem Redaktor zuschreibt; Z I M M E R L I , BK, 307f.; F U H S , NEB, 74; A I . L E N , WBC, 195; ferner J . S C H R E I N E R , Götzendiener wollen Jahwe befragen [Ez 14,1-11], in: ders., Segen für die Völker. Gesammelte Schriften zur Entstehung und Theologie des AT. Hg. E. Zenger zum 65. Geburtstag des Autors, Würzburg 1987, 166-173; JOYCE, Divine Initiative, 66f.) oder enthalte lediglich vereinzelte Glossen ( L A M P A R T E R , BAT, 100 A n m . 2 , sieht V.4b als Glosse, E I C H R O D T , ATD, dagegen V.6b; H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 118, betrachten den Redebefehl in V. 4 sowie Vv.5.8b und 1 1 [ohne die Gottesspruchformel] als Glossen). MESSEL, Ezechielfragen. 62, sieht 14,1-4.8-10 als ezechielischen Grundbestand und 14,5-7.11 als vom Redaktor stammend. Die Aussagen über das „Betören" in V. 9 sind Glossen. F O H R E R S Grundbestand umfaßt Vv.l-2.3*.4a.4b-5.8; Vv.9.10-11* sind Nachtrag; 3b.6f. und einen Teil von 11 scheidet er als Glossen aus. WEVERS, CeB, 111-113, beurteilt V.6 als Zusatz auf der Basis von V.5, V. 7 als Dublette zu V.4 und als Glosse. Vv.9-11 sind „postscript". Für TALM O N / F I S H B A N E , Structuring, 137, sowie M Ü N D E R L E I N , Kriterien, 51, bilden Vv.9-11 einen Nachtrag. Selbst G R E E N B E R G , AncB, 251, sieht Vv.9f. als Appendix. P O H L M A N N , ATD, 198, vermutet den ursprünglichen Kern der Rechtsunterweisung in 14,7-11*. 306 Ähnliche Einleitungen haben Ez 8 und 20. Die Unterschiede sind hier bedeutsam: Ez 8,1 beginnt mit einem Datum und lautet daran anschließend: „ich saß (ptz.) in meinem Haus, und Älteste Judas saßen (ptz.) vor mir". Dann fällt Gottes Hand auf Ezechiel, und er erlebt eine Vision. Hier ist der Rückbezug zu 3,24bß deutlich: Ezechiel sitzt in seinem Haus, dort suchen ihn Älteste auf, die Juda zugeordnet sind. Damit betont 8,1 deren H e r k u n f t aus dem Teilbereich Israels, der zur genannten Zeit noch eine politische G r ö ß e bildet und um deren kultische Vergehen es in der folgenden Vision geht. Vgl. R. Mosis, Ez 14,1-11, 190. Ez 20,1 beginnt ebenfalls mit einem Datum und bietet dann den Wortlaut: „Es kamen (Perf./ A K ) (Männer) einige von den Ältesten Israels, um Y H W H zu befragen, und sie setzten sich vor mir < n i e d e r > . " (laß.b). Dieser Vers scheint nach dem Vorbild von 14,1 gebildet zu sein: Die Tatsache, daß die Ältesten zwecks Gottesbefragung kommen, geht in Ez 14 nicht aus V.l, sondern erst aus dem Folgenden hervor. 20,3 greift überdies auf 14,3 zurück. Z u d e m leitet 20,1 ein Kapitel ein, das insgesamt im Verdacht steht, eine Anreicherung darzustellen (vgl. LIWAK, Probleme, 144-193, der Ezechiel selbst Kap. 20 abspricht), insbesondere wenn man die Ausführungen M. F I S H B A N E S (Sin and Judgment in the Prophecies of Ezekiel, in: Interp 38 [1984], 131— 150) bedenkt, der den Widerspruch in der Theologie zwischen Kap. 18 und 20 heraus stellt (142— 145). (Für G A R S C H A , Studien, 266, ist Kap. 20 allerdings älter als Ez 14). P O H L M A N N , ATD, 302, beurteilt Ez 20 als nachträglich vor Kap. 21/22 untergebrachten Text. Die Darlegungen in 20,5ff. seien durch den „Topos der Jahwebefragung" veranlaßt und so im Kontext verklammert (304). BLOCK, NICOT, 422f., listet strukturelle Parallelen zwischen 14,1-11 und 8,1-11,25 auf. Die drei einander ähnlichen Verse 8,1; 14,1 und 20,1 erfüllen eine buchstrukturierende Funktion, was schon aus ihrer gleichmäßigen Verteilung im Abstand von sechs Kapiteln hervorgeht. Vgl. RENZ, Function, 61. 307 Vgl. Z I M M E R L I , B K , 209; Mosis, GSL.AT, 149; B L O C K , NICOT, 425.

Zum Propheten kommen und Gott befragen

(14,1-11)

311

sten der Moabiter bei [ 'im] Bileam") gibt ysb jeweils an, daß man sich in unmittelbarer Nähe des namentlich Genannten aufhält. Die Tatsache, daß Elisa als „Gottesmann" und Bileam als „Seher" als prophetenhafte Gestalten betrachtet werden, hat dazu geführt, die beiden letzteren Belege zum Vergleich heranzuziehen 308 . Da in Ez 14,1 Älteste Subjekt des Sitzens sind, sieht Mosis hier die Haltung gegeben, „die ihnen zukommt, wenn sie zu einer offiziellen Amtshandlung zusammenkommen." 309 . D a s Sitzen der Ältesten suggeriert damit, daß sie erwarten, etwas aus dem Munde Ezechiels zu vernehmen 3 1 0 . D i e meisten Exegeten gehen aufgrund der folgenden Gottesworte davon aus, daß die Ältesten mit einer gezielten Anfrage zu Ezechiel gekommen sind, und mutmaßen, welchen Inhaltes diese Anfrage gewesen sein möchte 3 1 1 . Lediglich Cooke meint, es sei eine Gewohnheit der Ältesten, sich bei Ezechiel aufzuhalten 312 . Allerdings geht es in diesem Zusammenhang nicht um den Inhalt der Anfrage, sondern lediglich um die Aktion des Fragens als solcher 313 . Und es handelt sich nicht um die Darstellung einer konkreten historisch zu verortenden Gegebenheit, aus der man womöglich verläßlich auf eine tatsächliche mündliche Verkündigung Ezechiels schließen könnte 3 1 4 ; vielmehr hat die knappe Schilderung typisierten Charakter 315 , da die Passage die Bedingungen einer YHWH-Befragung grundsätzlich behandeln will.

308 vergleicht Mosis, GSL.AT, 149, die Ältesten mit „den Prophetenjüngern, wenn sie von ihrem Meister Weisung empfangen.", unter Verweis auf 2 Kön 4,38; 6,1 und Num 22,8. Unter Verweis auf Ri 20,26 erklärt CARLEY, Ezekiel, 45: „sitting before Yahweh seems to have been a technical expression used of people consulting Yahweh, or his priestly or prophetic representatives." 309 Ez 14,1-11,191. Zuvor führt er aus, daß „man" vor YHWH bzw. vorder Lade sitzt (an den genannten Stellen ist allerdings das Volk Subjekt [Ri 20,26; 21,2] oder David [2 Sam 7,18; 1 Chr 17,16]; Ri 20,26 muß ferner kein reguläres „Sitzen" meinen) sowie Gerichtsverhandlung oder Rechtsfindung (auch hier vermögen nicht alle Belege restlos zu überzeugen). 110 O b dabei auch gilt, daß „ein ,Sitzen vor' Respekt vor dem Höheren zum Ausdruck bringen [kann], wie ihn das Schüler-Lehrer-Verhältnis fordert (vgl. etwa 2 Kön 4,38)." (M. GÖRG, Art.jäsab, in: THWAT III, 1012-1032 (1018f.)), sei dahin gestellt. Vgl. ALLEN, WBC, 205: „The public recognition of Ezekiel as a prophet to the exilic community is indicated by the visit of members of its governing body and their respectful squatting before him (cf. 2 Kgs 4:38; 6:32)."; ähnlich bereits LUST, Traditie, 52. 311

V g l . e t w a EICHRODT, A T D , 102; ZIMMERLI, B K , 3 0 8 ; CLEMENTS, E z e k i e l . 6 3 ; BLENKINSOPP,

Ezekiel, 71. 112 COOKE, ICC, 150: „It is not said that they came to consult the prophet on any particular point /.../; they were in the habit of sitting before the prophet (cp. 333,)f.), waiting for any word that might be given him, perhaps hoping that he would have something to say about affairs at home." 313

314

V g l . SEDLMEIER; S t u d i e n , 157.

So FOHRER, HAT, 76. Dagegen Mosis, Ez 14,1-11,194: „Es liegt auf der Hand, daß Ez 14,1-11 nicht der unmittelbare Niederschlag einer mündlichen Verkündigung sein kann, sondern von Anfang an als literarische Komposition aufzufassen ist." 315 Vgl. Mosis, Ez 14,1-11, 188: „Schon die Formulierungen in V. 1 legen nahe, die einleitende Situationsangabe nicht im Sinn eines historischen Berichts, sondern als Skizzierung einer paradigmatischen, typischen Situation zu verstehen.", sowie SEDLMEIER, Studien, 159.

312

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

D a ß ausgerechnet von Männern die R e d e ist, die als Älteste Israels qualifiziert werden, dürfte kaum zufällig sein. Sie sind damit Repräsentanten des Volkes insgesamt 316 . Doch könnte noch mehr hinter dieser G r ö ß e stecken, die im vorpriesterschriftlichen Pentateuch mehrfach vorkommt. Die Ältesten repräsentieren dort den gesamten Zwölfstämmeverband und „sind stumme Repräsentanten des Volkes, die von Mose zusammengerufen oder instruiert werden bzw. mit ihm zusammen auftreten, ohne irgendeine eigene Initiative zu entwikkeln." 3 1 7 Im Kontext von Moseerzählungen bilden die Ältesten als G r u p p e stets ein Gegenüber zu Mose als Einzelnem, da dieser als ihr A n f ü h r e r immer der Aktive ist. Die Ältesten nehmen an Handlungen des Mose teil 318 bzw. sind Zeugen dessen, was sich zwischen Gott und Mose ereignet 319 ; und sie sind es, denen Mose stellvertretend für das ganze Volk Worte und Aufträge Y H W H S mitteilt 320 . Sie partizipieren an der besonderen Gottesbeziehung des Mose bis hin zur Teilhabe an dessen Geistbegabung, was Num ll,16f.25 darstellt. Diese untergeordnete Stellung der Ältesten ist sicher „das Ergebnis eines überlieferungsgeschichtlichen Prozesses, bei dem die verschiedenen Stoffe eine gesamtisraelitische Ausrichtung erhielten und einheitlich mit der Person des Mose verbunden wurden. /.../ < D i e Ä l t e s t e n > wurden dabei zugleich ihrer ursprünglichen Selbständigkeit entkleidet und spiegeln nun umgekehrt die einzigartige Stellung des Mose wider." 321 . Eine entsprechende Funktion dürften die „Ältesten Israels" auch in Ez 14,1 besitzen: Sie bilden das Gegenüber Ezechiels, der als beauftragter Prophet Y H W H S in einer besonderen Gottesbeziehung steht. Bedenkt man außerdem Dtn 18,15.18, so ist nicht auszuschließen, daß die erzählende Einleitung Ez 14,1 insbesondere durch die Bezeichnung „Älteste Israels" die Assoziation wecken will, daß Repräsentanten des Volkes rezeptiv dem Propheten gegenüber sitzen, der ein Prophet wie Mose ist, also in der Sukzession dieser auch zum Propheten stilisierten übermächtigen Autoritätsperson steht. In der skizzierten Situation erreicht Ezechiel ein YHWH-Wort (14,2 Wortempfangssaussage), also im Beisein der Ältesten. Vv.3^t gehen auf diese Situation ein 322 . Die R e d e richtet sich zunächst exklusiv an Ezechiel, ist insofern ein sogenanntes „privates Orakel" (das dem Leser jedoch mitgeteilt wird) und durchbricht abgesehen von der A n r e d e an Ezechiel das sonst übliche Einleitungsmu-

316

Vgl. dazu den Exkurs bei Z I M M E R L I , BK, 1258-1261. auf den in diesem Zusammenhang immer wieder verwiesen wird. 317 J. CONRAD, Art. zäqen, in: THWAT II, 639-650 (648). 318 Ex 3,18; 18,12; 24,1.9; Num 16,25. Ähnliches gilt dann auch von Josua als dem Nachfolger des Mose; vgl. Jos 7,6; 8,10. 319 Ex 17,5 f. 320 Ex 3,16; 4,29; 12,21. Vgl. Jos 23,2. 321

322

C O N R A D , A r t . zäqen,

648.

ha'anästm hü'elloeh (3a) sowie die Verformen und Suffixe in 3. Pers. PI. in V.3 und der Redeeinleitung in V.4a. Die neue Redeeinleitung in V.6 markiert eine Zäsur.

Zum Propheten kommen

und Gott befragen

(14,1-11)

313

ster 323 . Y H W H charakterisiert „diese Leute", die Ezechiel gegenüber sitzen als Götzenverehrer: „Sie lassen ihre Götzen in ihrem Herzen aufsteigen und setzen den Anstoß/Stolperstein ihrer Schuld vor (ihre Gesichter) sich" (3a). Sie haben also andere Götter im Sinn, diese gewinnen Raum in ihrem Innern 3 2 4 , und zugleich üben sie dazugehörige Bräuche, vermutlich indem sie kleine Götterfiguren aufstellen oder Amulette tragen, um diese Götzen greifbar vor Augen zu haben 325 . Wie in Kap. 13 ist auch hier das menschliche Herz der Ort, an dem sich das eigentliche Vergehen vollzieht; weil das Herz der kritisierten Personen nicht ungeteilt Gott gehört, sondern die Betreffenden in sich selbst hinein horchen, werden sie schuldig (miksöP 2 6 '"wönäm). Ihr Herz ist - weisheitlich gesprochen - nicht offen für YHWH, um auf ihn zu hören. Deuteronomistisch formuliert lieben sie Gott nicht von ganzem Herzen und nehmen seine Worte nicht zu Herzen (Dtn 6,5f.). In Anbetracht des religiösen Zustandes, in dem sich die vor Ezechiel Sitzenden befinden, stellt Y H W H die rhetorische Frage: „Soll ich mich wirklich von ihnen befragen lassen?" (3b) - und selbstverständlich müßte die Antwort lauten: „Nein". Trotzdem erteilt Gott Ezechiel den Auftrag, den Männern eine Gottesrede mitzuteilen 327 , in der er allerdings nicht inhaltlich auf eine Anfrage der Ältesten eingeht 328 , sondern sich grundsätzlich zu ihrer YHWH-Befragung äußert. Diesen grundsätzlichen Charakter der Auskunft bringt die Formulierung von V.4 in Anklang an einen kasuistischen Rechtssatz 329 zum Ausdruck. Die Be323 ALLEN, WBC, 195, merkt an, daß die Abfolge „preparatory private oracle" - „public oracle" außerdem in Ez 22,18/19-22; 23,2-21/22-27 und 36,17-21/22-23(32) vorkomme. 324 J. S C H O N E V E L D , Ezekiel XIV 1 -8, in: O T S 1 5 (1969), 193-204, versteht bereits 3acc als „expression of a concrete fact" (193) und denkt dabei nicht nur an Amulette, sondern auch an Tätowierungen (197). Dagegen verweist S C H R E I N E R , Götzendiener, 170, auf atl. Belege, wo die Wendung in übertragener Bedeutung verwendet werde. „Darum darf man sie eher dahingehend auslegen, daß diese Männer sich ihre Götzen haben einfallen lassen (vgl. Jer 7,31), sich ihre Verehrung ausgedacht (vgl. Ez 38,10) und vorgenommen (vgl. 2 Kg 12,5)." G R E E N B E R G , AncB, 253, sieht hier einen rein innerlichen Vorgang: „The prophet refrains from charging his audience with open idolatry; he reads it in their minds. /.../ Overtly, it would appear, the people's conduct had been blameless". Vgl. BLOCK, NICOT, 425: „the issue in context is the internalization of idolatry, not its external expression." 325 Manche Kommentare ( F O H R E R , HAT, 7 6 ; C R E N S H A W , Conflict, 8 6 ; B L O C K , NICOT, 4 2 5 ) vermuten hier Praktiken aus der babylonischen Umwelt, die die Exilierten angenommen hätten. Wie dem auch sei, letztlich kommt es auf den Vorwurf eines wie auch immer gearteten Synkretismus an. P O H L M A N N , ATD, 199, denkt an „eine vom offiziellen ,orthodoxen' Jahweglauben abweichende ,Frömmigkeit'". 326 Zu miksöl vgl. Z I M M E R L I , BK, 91 f. und 182, sowie S C H O N E V E L D , Ezekiel XIV, 198f. 327 Die Charakterisierung der Ältesten in V.3a erhält dadurch den Anstrich einer Anklage, daß V.4 mit läken anschließt, worauf Redeauftrag und Zitatansage folgen. Durch diese Verknüpfung erscheint V.4 als das aus der Anklage in V. 3 resultierende Gerichtswort. 328 Dieser Umstand beweist einmal mehr, daß es der Passage um derartige Inhalte nicht geht. 329 Zu den Berührungen dieser Passage mit dem gesetzlichen Stil, insbesondere dem Bereich des Sakralrechts wie er im Heiligkeitsgesetz vertreten ist, hat sich Z I M M E R L I , Die Eigenart der prophetischen Rede des Ezechiel, in: ZAW 66 (1954), 1-26, ausführlich geäußert. Vgl. fer-

314

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez

12,21-14,11

Schreibung des Tatbestandes nimmt zunächst die Charakterisierung der Ältesten aus V. 3a auf und bezieht dann die Tatsache ein, d a ß sie Ezechiel aufgesucht haben: Jeder, der so beschaffen ist und dann zu d e m P r o p h e t e n k o m m t (üba' 'cel-hannäbt', 4aß), dem, der mit seinen zahlreichen G ö t z e n kommt 3 3 0 , droht als Straffolge eine höchstpersönliche Antwort 3 3 1 YHWHS332 (4b). Weil der Vordersatz wie die Bedingung eines kasuistischen Rechtssatzes formuliert ist, erhält der Nachsatz seinen bedrohlichen Klang; die A n t w o r t Gottes erscheint als Rechtsfolge im Sinne einer Bestrafung, so d a ß sich andeutet, d a ß G o t t e s A n t wort keine verbale Auskunft, sondern ein Strafhandeln sein wird 333 . Insofern, als die A n t w o r t anders ausfällt als erwartet, ist das Verb 'nh hier bitter ironisch 334 gebraucht. V.5 ist anders als V. 4 nicht in der 3. Pers. Sg., sondern im PI. gestaltet. Diesen Wechsel vermag man nicht mit dem „Zwang des gesetzlichen Stils" (Zimmerli, Eigenart, 7) zu erklären wie das „Ausweichen der Gottesrede mitten im Wort an Ezechiel" (ebda.). Der Plural scheint die pluralische Anrede im sogen. Umkehrruf V.6 vorzubereiten. Zimmerli, Eigenart, 5, nennt 14,5 eine „Ausbiegung", eine „Zweckaussage", die das vorausgehende Drohwort durchsichtig machen solle 335 . Und: „In diesem Zwecksatz lenkt die Erörterung, die sich bisher mit einzelnen Götzendienern befaßt hatte, entschlossen hinüber zu einer Aussage über ganz Israel." Dies verkennt die Tatsache, daß

ner

BK, 302-308; bereits H Ö L S C H E R , Hesekiel, 87, und C O O K E , ICC, 150f.; sowie F O H HAT, 76; E I C H R O D T , ATD, 104; F U H S , NEB, 74f.; S C H R E I N E R , Götzendiener, 168; A L L E N , WBC, 205f.; BLOCK, NICOT, 423f. Es darf als gesichert gelten, daß dem Verfasser des Ezechielbuches das Heiligkeitsgesetz vorlag (dies setzt offenbar schon H Ö L S C H E R , Hesekiel, 6, voraus, wenn er die literarischen Berührungen mit der Gesetzesliteratur, insbesondere mit H, dem Redaktor oder jüngeren Ergänzern zuweist) und es sich nicht so verhält, wie B A R D T K E annahm („Diese an das Rechtsdenken angelehnte Denkart des Hesekiel hat später die Sprache des Gesetzes im 3. Buch Mose geprägt.", Hesekiel, 85). 330 Lies statt bäh in M T mit dem Qere das Partizip ba'\ vgl. auch G R E E N B E R G , AncB, 247. E I C H R O D T , ATD, 102 ändert in bi analog zu V.7 und übersetzt: „dem erbiete ich, Jahwe, mich in eigener Person zur Antwort trotz der Menge seiner Götzen." Es ist nicht auszuschließen, daß zumindest die beiden letzten Wörter zugewachsen sein könnten. 331 Die Übersetzung von 'nh Nif. hat immer wieder Schwierigkeiten bereitet. Vgl. etwa die Vorschläge bei F O H R E R , H A T , 7 6 : Y H W H „wird nur bei sich selbst antworten, dem Frager unhörbar. Diese Antwort wird sich danach im Tun Jahwes zeigen". H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, übersetzen hier unter Berücksichtigung des AK „ich habe mich zur Antwort schon entschlossen", d.h. die Antwort steht schon fest. Vielleicht könnte man sagen: „dem will ich eine Antwort zukommen lassen" (vgl. S C H O N E V E L D , Ezekiel XIV, 2 0 1 f.). 332 Laut Z I M M E R L I , B K , 310, klingt in '"ni YHWH „die Formel der Selbstvorstellung an, die nicht nur im Dekalog die Proklamation der Rechtssätze eröffnet, sondern auch in H von Lev 18 ab oft die einzelnen Rechtssatz-Reihen abschließt". Vgl. auch F U H S , N E B 75, sowie B L O C K , N I COT, 424, der zudem „an aura of authority" daran hervorhebt (429). 333 BLOCK, NICOT, 427 Anm. 39, versteht den Stamm 'nh im Sinne von „react". ZIMMERLI,

RER,

334

V g l . EICHRODT, A T D ,

104.

Ezekiel XIV, 2 0 2 , bemerkt dagegen zur Verknüpfung von V . 4 und 5 : L" ma'an „does not only serve to indicate the aim, but in certain cases also the result." - Fraglich scheint außerdem, ob V. 5 in seiner Funktion tatsächlich mit Lev 17,5 (so etwa BLOCK, NICOT, 423) vergleichbar ist oder ob man hier den formalen Vergleich nicht überstrapaziert. 3:TO

SCHONEVELD,

Zum Propheten kommen und Gott befragen (14,1-11)

315

die Ältesten Israels R e p r ä s e n t a n t e n des Volksganzen sind u n d bereits die Tatbestandsaussage V.4 das „ H a u s Israel" in d e n Blick nimmt. Die Vielzahl unterschiedlicher Ü b e r s e t z u n g e n von V. 5 d e u t e t auf die Verständnisschwierigkeiten mit diesem Vers hin. D a s V e r b tp's besitzt sonst stets eine gewalttätige Konnotation 3 3 6 ; wörtlich verstanden m ü ß t e V. 5a ein Strafwirken Y H W H s umreißen. Schoneveld interpretiert e n t s p r e c h e n d : „The expression, then, should be i n t e r p r e t e d as an aggressive act. J H W H will j u m p at his people because of their idolatry. T h e imagery is p o w e r f u l and expressive and can be c o m p a r e d to Job xvi 12 /.../, or to Ps iii 8 /.../, or to H o s x i i i 8 / . . . / . " 3 3 7 . Z i m m e r l i dagegen versteht das Verb hier o f f e n k u n d i g metaphorisch u n d interpretiert V. 5a in einem verinnerlichten Sinne: E r geht von G o t t e s „ h e i l i g e < m > Z ü r n e n mit d e m einzelnen S ü n d e r " aus. „ D a s ,Haus Israel' soll durch das Gottesurteil ü b e r d e n G ö t z e n diener an seinem H e r z e n gepackt werden." 3 3 8 ; so gesehen leitet V. 5 ü b e r z u m nächsten Abschnitt d e r G o t t e s r e d e u n d bereitet den G e d a n k e n d e r U m k e h r vor, die in Zimmeriis Sinn eingeleitet w ü r d e durch das a b s c h r e c k e n d e Beispiel einzelner Bestrafter 3 3 9 . U n t e r Verweis auf N u m 5,13 verstehen G r e e n b e r g 3 4 0 u n d Pohlmann 3 4 1 , das Verb im Sinne von „ e r t a p p e n " . D i e wohl freiste U m s c h r e i b u n g bietet Allen: „My p u r p o s e will be to hold t h e community of Israel responsible for their thinking, inasmuch as they have alienated themselves f r o m allegiance with me, with all their idols." 3 4 2 D a s G r u n d p r o b l e m bei d e r Auslegung von V. 5 setzt sich letztlich in V. 6 fort, d e m sog e n a n n t e n U m k e h r r u f , in d e m G o t t u n t e r dreimaliger V e r w e n d u n g des Verbalstammes swb zur A b k e h r von der b e t r i e b e n e n H a l t u n g a u f r u f t 3 4 3 . D e r G e d a n k e der U m kehr, ja, d e r göttliche Wunsch nach U m k e h r des G o t t l o s e n gehört zu d e m offensichtlich s e k u n d ä r e n Motivkreis, der mit d e m Wächterbild v e r b u n d e n ist 344 . Von d a h e r ist es durchaus d e n k b a r , d a ß d e r U m k e h r r u f auch hier in 14,1-11 eine A n r e i c h e r u n g darstellt, die gewissermaßen den allgemeinen Satz Ez 3,18 bzw. 33,8 praktisch ausführt. Im Kern geht es in diesem Abschnitt j e d o c h d a r u m , d a ß YHWH d e n e n A n t w o r t verweigert, die ihm nicht mit ganzem H e r z e n zugetan sind. Dies k o m m t in 14,3.4 o d e r 7 und 8 zum 336 Vgl. ZIMMERLI, Eigenart, 5 Anm.3, sowie BK, 310; SCHONEVELD, Ezekiel XIV, 199f.; BLOCK, NICOT, 427 Anm.41. 337 SCHONEVELD, Ezekiel XIV, 201. Er versteht fpo's 'cet-bet-yisra 'et b'libbüm zudem wörtlich als ein Am-Oberkörper-Packen (200) und setzt es in Beziehung zu dem Vergehen „that they had applied their gillülim to their breast" (201). 338

ZIMMERLI, B K , 310.

339

Ähnlich bereits COOKE, ICC, 151; sowie FOHRER, HAT, 76; Mosis, GSL.AT, 152; FUHS, NEB, 76. 340 AncB, übersetzt: „so as to catch the house of Israel at their thought, they who have fallen away from me with their idols!". 341 342

POHLMANN, A T D , 195. W B C , 187.

343 „This call to repentance comes as something of a surprise after vv.3-5" - so JOYCE, Divine Initiative, 69 (vgl. BLOCK, NICOT, 428), der von der Einheitlichkeit der Passage ausgeht. Streng genommen handelt es sich um einen „Abkehraufruf", der eine „Umkehr" zu YHWH allenfalls impliziert. Das Verbum swb hat zu der Bezeichnung „Umkehrruf" herausgefordert. 344 Ez 3,18-21; 33,8f.; 33,11; 18,30.32. - Vgl. dazu 4.1.5. GARSCHA, Studien, 266, betrachtet Ez 14,1-20; 18; 33,11-20; 3,17-21 sowie auch 22,1-16 als „eigenständige literarische Tradition" innerhalb des Ezechielbuches. POHLMANN, ATD, 197f., erklärt, die „lehrhaft definierende Form sakraler Rechtssätze" sei auch in 14,12-20; 3,17-21; 18; 22,1-6; 33,1-20 prägend, merkt aber an, es handle sich nicht um eine durchgängig einheitliche Schicht.

316

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez

¡2,21-14,11

A u s d r u c k . G e h t m a n von d e r F o r m des „ s a k r a l r e c h t l i c h e < n > D e k l a r a t i o n s w o r t < e s > „ aus, das u n t e r w e i s e n u n d b e l e h r e n wolle 3 4 5 , v e r k e n n t m a n die H ä r t e d e r G o t t e s r e d e , die letztlich d a v o n a u s g e h t , d a ß d e r in V. 4 bzw. 7 gesetzte Fall i m g r u n d e auf ganz Israel z u t r i f f t 3 4 6 . D i e s t r e n g e kasuistische F o r m ist ja in E z 14 o h n e h i n teilweise aufgelöst 3 4 7 : D e r T a t b e s t a n d ist sozusagen g a t t u n g s k o n f o r m f o r m u l i e r t , die Straffolge a b e r nicht, d a sie nicht n e u t r a l a u s g e d r ü c k t wird 3 4 8 , s o n d e r n als G o t t e s aktives Eingreifen erscheint. D i e G e r i c h t s a n s a g e e r h ä l t hier d u r c h die s a k r a l r e c h t l i c h e n A n k l ä n ge einen b e s o n d e r e n A k z e n t . Implizit verweist sie d a r a u f , d a ß es einschlägige b e k a n n t e G e b o t e G o t t e s gibt. Z u g l e i c h e r f ä h r t sie e i n e b e s o n d e r e Z u s p i t z u n g , weil letztlich ganz Israel, d a s „ H a u s des W i d e r s p r u c h s " des b e s a g t e n T a t b e s t a n d e s schuldig ist, also die Israeliten, die g e m ä ß d e r B u c h f i k t i o n Z e i t g e n o s s e n Ezechiels sind 3 4 9 . V. 6 bildet in d e r E n d g e s t a l t des Textes die M i t t e dieses Abschnittes. D e r Vers d ü r f t e auch d a f ü r v e r a n t w o r t l i c h sein, d a ß e n t w e d e r V.4 o d e r V . 7 3 5 0 sowie V.5 h i n z u k a m e n . V. 4 wirkt jetzt wie ein W o r t an die Ä l t e s t e n 3 5 1 . D i e R e d e a u f f o r d e r u n g in V . 6 a a k e n n zeichnet das F o l g e n d e d a n n als G o t t e s r e d e a n ganz Israel, kt a m A n f a n g von V. 7 sorgt f ü r die V e r k n ü p f u n g mit d e m F o l g e n d e n . Ü b e r das Stichwort tö'ebäh ist V.6 z u d e m mit d e n z a h l r e i c h e n Stellen im Ezechielb u c h v e r k n ü p f t , an d e n e n von G r e u e l n die R e d e ist. Fast a u s n a h m s l o s wird an j e n e n Stellen wie hier explizit von G ö t z e n ( d i e n s t ) g e s p r o c h e n 3 5 2 , i m m e r a b e r sind diese Belege B e s t a n d t e i l von G e r i c h t s a n d r o h u n g e n . D a m i t ist E z 14,6 d e r einzige Vers im ganzen Buch, d e r zur A b k e h r von G ö t z e n u n d G r e u e l n a u f r u f t .

345 FUHS, NEB, 74f. Die starke Akzentuierung von V. 6 führt in der Interpretation der Passage dazu, „die Verse V. 7f.9 als Rechtsbelehrung für das zur Umkehr aufgerufene Israel" (Mosis, Ezechiel 14,1—11, 182) anzusehen. 346 Z I M M E R L I , Eigenart, bemerkt zu der auf den Umkehrruf folgenden Rechtsformulierung in 7f.: „Hören wir, was für ein seltsamer, beinahe sinnloser Mißton dabei entsteht? /..../ Und nun gerät diese Formel in den Raum der radikalen prophetischen Gerichtsverkündigung. Ganz Israel, sie alle sind zu den Götzen abgewichen. So müßten also alle aus dem Volke Gottes /.../ dem Gottesurteil verfallen." (25). 347 Vgl. H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 1 1 9 : An drei Bruchstellen werde die juristische Redeweise verlassen, nämlich in 4 . 7 . 9 , wo „ich Y H W H " die Abfolge Tatbestandsdefinition - Rechtsfolgebestimmung zerstöre. 348 Vgl. etwa Lev 17,4.9.14. Z I M M E R L I , B K , 310, erwartet diese neutrale Strafformulierung nach dem strengen Stil des Sakralrechtes, verweist aber daneben auf Lev 17,10; 20,2.4f. 349 Der Umkehrruf hat manche (so FUHS, NEB, 76) dazu bewogen, die Passage in die Zeit vor 587 zu datieren, wo angeblich noch eine Umkehr möglich gewesen sei. Die zeitliche Anlage der Buchfiktion läßt den Spruch in der Tat vor dem Fall Jerusalems ergehen. Das heißt aber auch, daß ein Umkehrruf vom Standpunkt der Grundkonzeption des Buches wenig sinnvoll ist. Selbst ein Verfechter der Einheitlichkeit von 14,1-11, JOYCE, räumt ein: „Israel is under final judgment; repentance now will not avert the collapse of Jerusalem." (Divine Initiative, 69). „The call to repentance in 14.6 offers just a hint of the possibility of a new future. Yet no new beginning can be envisaged until after the judgment is complete." (70). Ebendies läßt deutlich erkennen, daß ein Umkehrgedanke hier nur ein Nachtrag sein kann. 350 G R E E N B E R G , AncB, 2 5 2 , erklärt die Wiederholung unter Verweis auf Lev 1 7 als typisches Merkmal priesterlichen Rechtsstils. 351 Vgl. P O H L M A N N , ATD, 198. P O H L M A N N zählt dort Vv.4.5.6 nicht zum ältesten Kern. 352 Ausnahmen: 5,9; 22,11; 33,26.29.

Zum Propheten kommen

und Gott befragen

(14,1-11)

317

V. 7 wiederholt im Wesentlichen V. 4, bietet aber kleine Abweichungen, die über V. 4 hinausgehen 3 5 3 : Die überraschende Erwähnung des ger354 in 7a erklärt man sich mit der Ü b e r n a h m e einer festen Formel die in H mehrfach vorkommt 3 5 5 , also dem „Formzwang der übernommenen Redeweise" 3 5 6 des kasuistischen Rechts. D a das Wort ger nur hier bei Ezechiel vorkommt, mag man sich allerdings fragen, ob der Fremde vom Verfasser bewußt bei der Ü b e r n a h m e der Formel aus Lev übernommen wurde oder ob diese aus dem Heiligkeitsgesetz geläufige Formulierung einem frühen Abschreiber aus der Feder floß. Bevor die Hinwendung zu den Götzen konstatiert wird, wird das Sich-vonYHWH-Entfremden festgestellt (w e yinnäzer me'alfrayf51. Schließlich sagt 7 b a explizit, daß die betreffende Person zum Propheten kommt, „um durch ihn mich zu befragen" (lidräs-lö bi). Außerdem ist der Hauptsatz im Vergleich zu V.4 klarer formuliert bzw. fehlerfrei überliefert: „Ich, YHWH, antworte (ptz.) ihm (durch mich) selbst". In V. 8 erfährt man dann, wie diese Antwort aussehen soll. Sie äußert sich in einem Dreischritt eindeutig als Gerichtsgeschehen an dem Betroffenen und führt damit aus, was man eigentlich im Anschluß an V. 4 schon erwarten mochte: „Ich will mein Angesicht gegen diesen (Mann) richten." Diese Wendung erinnert an die Aufforderungen Gottes an Ezechiel, sein Gesicht gegen bestimmte Adressaten zu wenden, denen stets eine Unheilsansage folgt. 14,8 verweist demgegenüber nicht mehr auf die Ankündigung, sondern auf den Vollzug des Gerichts. „Und ich will ihn zum Zeichen und Sprichwort machen", d.h. ihm wird etwas Entsetzliches widerfahren, das als ein Handeln Gottes an ihm erkennbar ist 358 und das so furchtbar ist, daß er zum exemplarischen Gestraften wird, an dem man das Unglück anderer mißt, indem man es mit seinem Geschick vergleicht 359 . „Und ich will ihn herausschneiden aus der Mitte meines Volkes" (8aß). Dies bedeutet für den Betroffenen den Tod, gleichgültig ob man diese im priesterlichen Schrifttum geläufige Formulierung 3 6 0 als

353 Welchem der beiden Verse der Vorrang einzuräumen ist, ist schwer zu entscheiden. Für die hier anstehende Frage nach dem Propheten und seiner Funktion ist diese Entscheidung nicht von Belang. 354 LXX übersetzt hier jipoarjÄvrog. Diese Bedeutung nimmt BLOCK, NICOT, 429, hier an. 355 Vgl. Z I M M E R L I , Eigenart, 12f.; vgl. auch E I C H R O D T , ATD, 105; G R E E N B E R G , AncB, 249; A L LEN, WBC, 206f.; BLOCK, NICOT, 423. 356 Mosis, Ezechiel 1 4 , 1 - t l , 176. 357 Vgl. 14,5b. 358 'ot im Sinne eines Geschehens, mit dem Y H W H seine Macht demonstriert. Vgl. dazu oben. 359 Statt des Plurals in M T wird hier der auch sonst bei dieser Wendung übliche Singular von mäsäl zu lesen sein (vgl. Z I M M E R L I , BK, 3 0 2 , der auf Dtn 2 8 , 3 7 ; 1 Kön 9 , 7 ; Jer 2 4 , 9 ; Ps 6 9 , 1 2 ; 2 Chr 7,20 verweist - zusätzlich ist noch Ps 44,15 zu nennen; vgl. ferner BLOCK, NICOT, 430, der die gesamte Passage 1 Kön 9 , 6 - 9 zum Vergleich heranzieht; G R E E N B E R G , AncB, 2 5 0 , verteidigt MT's Plural). Z u mäsäl in diesem Sinne vgl. auch S C H Ö P F L I N , Mäsäl, 1 5 - 1 7 . 360 Z u dieser „Bannformel" vgl. die Ausführungen bei Z I M M E R L I , Eigenart, 13-19; B L O C K , NICOT, 431.

318

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

Ausschluß aus der gottesdienstlichen Gemeinde 361 versteht oder als „early, untimely death" 362 . In jedem Falle heißt es, „daß ein Mensch aus der Nähe Gottes ausgeschlossen und damit dem Verderben übergeben ist." 363 Die Wortwahl und der thematische Kontext stehen Lev 20,1-6 sehr nahe 364 . Die Erkenntnisansage (8b) schließt diese Gottesrede in gewohnter Weise ab. An seinem Strafhandeln wird man Y H W H und seine Macht erkennen. Im Kern geht es dieser Passage deutlich um den Vorgang, daß man zum Propheten kommt, um durch diesen Y H W H ZU befragen (drs) - so die Formulierung in V. 7365. Angesichts der Personen, die den Propheten aufsuchen, lehnt Gott es ab, die Anfrage zu beantworten, weil eine Antwort seinerseits volles Vertrauen auf ihn voraussetzt und nicht zuläßt, daß man ihn womöglich nur als eine unter anderen Gottheiten befragt. Es würde hier zu weit führen, das gesamte Spektrum des Verbums drs zu beleuchten 366 . In diesem Zusammenhang sind lediglich all jene Stellen als Vergleich bedeutsam, an denen folgende Elemente gegeben sind: Der- oder diejenigen, die die Befragung anstreben, begeben sich entweder selbst oder senden Boten zu einer Person, durch die die Befragung erfolgen soll367; drs ist mit Y H W H als Objekt verbunden 368 , hinzu kommt noch die mit einer Präposition vorgenommene Benennung der Person, mittels derer die Befragung stattfindet. Dabei ergibt sich, daß sich fast alle Belege hierfür in DtrGW (sowie in einzelnen Fällen an Parallelstellen in der Chronik) finden 369 . Unter den schriftprophetischen Büchern bietet nur Jer zwei entsprechende Aussagen 370 . Somit gehören sämtliche Stellen dieser Art dtr Schrifttum an. Die Person, durch die die Befragung erfolgt, ist ein Prophet oder Gottesmann. Die einzige charakteristische Ausnahme bildet Ex 18,15, wo Mose zu seinem Schwiegervater sagt: „Das Volk kommt zu mir, um Gott zu befragen." Hier ist offenkundig im Rahmen der Stilisierung der Mosegestalt diesem auch der Ursprung der Gottesbefragung zuge361 Z I M M E R L I , Eigenart, 1 2 und 1 9 . Dabei weist er der Gemeinde die Aktivität zu, den Betreffenden auszuschließen. „Das Strafgericht draußen dagegen ist Sache Gottes." (19). 362 G R E E N B E R G , AncB, 2 5 0 , gegen Z I M M E R L I . 363 Z I M M E R L I , Eigenart, 1 9 . 364

3fo

V g l . A L L E N , W B C , 2 0 8 ; BLOCK, N I C O T ,

431.

In der rhetorischen Frage V.3b sowie in V.4aß ist derselbe Vorgang angesprochen. 366 Vgl. dazu C. W E S T E R M A N N , Die Begriffe für Fragen und Suchen im AT, in: KuD 6 (1960), 2-30; G . G E R L E M A N / E . R U P R E C H T , Art. drs, in: T H A T I , 460-467: S. W A O N E R , Art. däras, in: ThWAT II, 313-329. 367 Vgl. W A G N E R , däras, 3 1 4 : „Das Bewegungselement als Voraussetzung für den Such- bzw. Fragevorgang scheint allen Belegen mehr oder weniger inhärent zu sein"; so spricht er dann von einem „ v o r l a u f e n d e < n > Bewegungselement" ( 3 2 5 ) . 368 Vgl. dazu auch LUST, Traditie, 33-55. 369 1 Kön 14,5; 22,7.8 (2 Chr 18,6.7); 2 Kon 3.11: 8,8; 22,13.18 (2 Chr 34,21.26) sowie die Bemerkung 1 Sam 9 , 9 . Vgl. W A G N E R , däras, 323f. 370 Jer 21,2 und 37,7; vgl. LUST, Traditie, 47, der feststellt, daß außer Ezechiel nur Jeremia ausdrücklich sage, daß ihn Leute konsultieren kommen. Allerdings wird man hier die dtr Redaktion des Jeremiabuches bedenken müssen.

Zum Propheten

kommen

und Gott befragen

(14,1-11)

319

schrieben und damit in mosaische Zeit rückprojiziert worden 3 7 1 . So erscheinen alle im Kanon nach Ex geschilderten YHWHbefragungen durch von Gott bestellte Propheten als in der Nachfolge des Mose stehend. D t r G W benennt darüber hinaus auch negative Gegenbilder, in denen nicht YHWH, sondern ein fremder Gott 3 7 2 bzw. ein Totengeist befragt wird 373 . In allen Fällen, den positiv wie den negativ bewerteten, geht es um Divination. D t r G W stilisiert diese Praxis in besonderer Weise 374 , da einzig eine YHWHbefragung durch einen Propheten bzw. Prophetin als legitime Form hingestellt wird 375 . Dies befindet sich mit den Bestimmungen in Dtn 18,9-14, wo sämtliche sonstigen, im Alten Orient geübten Arten von Divination geächtet werden, in Einklang. Ez 14,1-8 hat vermutlich diese Tradition vor Augen und spitzt sie im Blick auf die anfragenden Personen zu, denen die erforderliche innerliche Disposition für ein derartiges Handeln abgesprochen wird. D a ß der Prophet - im Singular, d.h. der in mosaischer Sukzession stehende, autorisierte Prophet - die richtige Adresse für eine YHWHbefragung ist, steht außer Zweifel. Mit der Rolle des Propheten befaßt sich die folgende Anreicherung. 14,9-11 dürfte als in mehreren Schritten gewachsene Anreicherung anzusehen sein, die zunächst den Propheten als das menschliche Gegenüber der Fragenden in den Blick nimmt (V. 9), dann die beiden Fälle unter dem Stichwort des Schuld-Tragens 376 als korrespondierend zusammenfaßt (V. 10) und zum Schluß als Ziel dieses göttlichen Strafhandelns die Wiederherstellung einer intakten Beziehung zwischen Y H W H und seinem Volk nennt 3 7 7 (V. 1 1 ) . Der 371

Vgl. L U S T , Traditie, 4 1 ^ 3 . Wenn R e b e k k a geht, um Y H W H ZU befragen ( G e n 25,22b), bleibt offen, durch welche Person sie es tut - einen Propheten gibt es zu ihrer Zeit ja auch noch nicht! 372 2 Kön 1,2.3.6.16 B a a l - S e b u b ; 1 Sam 28,7(1 Chr 10,13.14). Vgl. dazu auch Jer 8,2 ( „ H e e r des Himmels" wurde befragt und angebetet); Jes 8,19. 373 U n t e r der Maßgabe, daß bei Befragung einer fremden Gottheit diese mit der Präposition b" in den Satz eingebunden wird (vgl. R U P R E C H T , Art. drs, 464), könnte in Ez 14,7 in dem auf Y H W H bezogenen bt eine harte Kritik stecken. 374 Es ist fragwürdig, wenn man es für eine historisch zutreffende Darstellung hält, so d a ß man dies P h ä n o m e n als auf die Königszeit begrenzt ansieht (wie R U P R E C H T , Art. drs, 4 6 2 ) , oder es als feste Institution betrachtet und für das Ezechielbuch annimmt: „Wir erleben in diesen Worten Ezechiels das E n d e einer prophetischen Institution mit." (so W E S T E R M A N N , Begriffe, 2 1 ) . Vgl. den Vorbehalt bei W A G N E R , däras, 3 2 4 . Z u r ideologischen Darstellung der Divination vgl. CRYER, D i v i n a t i o n . 375 M A C H O L Z , Jeremia, 321-326, rechnet für die Jeremiaüberlieferung mit „Spuren eines Zusammenhangs zwischen Prophetie und Losorakel-Praxis" (322). Dabei bedenkt er neben „den beiden Möglichkeiten der Orakelantwort noch das Dritte, d a ß das Orakel /.../,nicht antwortet'." (325). Dieser Fall läge im Ergebnis in Ez 14 dann vor. 376 Z u ns' 'äwon und seiner Verwendung v.a. in priesterrechtlichen Regelungen („Es handelt sich um Vergehungen, die den Bereich des Heiligen /.../ verletzen oder mißachten.", 10) vgl. Z I M M E R L I , Eigenart, 9 - 1 2 . G R E E N B E R G , AncB, 1 0 4 , und B L O C K , N I C O T , 4 3 5 , verstehen 'äwon hier im Sinne von „Strafe", nicht wie Z I M M E R L I als „Schuld". 377 Nämlich zunächst negativ formuliert als Abschaffung der kritisierten Z u s t ä n d e des Abirrens von Y H W H und der Unreinheit, positiv mit der sogenannten „Bundesformel" (vgl. Ez 11,20b; 36,28b; 37,23b.27aß.b). Z u Letzterer vgl. G R E E N B E R G , AncB, 254.

320

Reflexion über prophetisches Handeln: Ez 12,21-14,11

Schlußvers b i e t e t somit e i n e n Heilsausblick 3 7 8 . Statt d e r meist üblichen E r k e n n t n i s a n s a g e bildet rf'um '"donäy YHWH - die v o r a u s g e h e n d e „ B u n d e s f o r m e l " b e k r ä f t i g e n d - d a s Schlußsignal. D i s k u t i e r t w i r d in d i e s e m A b s c h n i t t V. 9, u n d z w a r die W o r t e '"ni YHWH pitteti 'et-hannäbt' hahü' (9aßy). 3 7 9 V . 9 a a d e f i n i e r t d e n T a t b e s t a n d : „ W e n n d e r P r o p h e t sich b e t ö r e n läßt (pth im Pu'al) u n d ein Wort sagt, d a n n " - so die geläufige Ü b e r s e t z u n g - „ h a b e ich YHWH diesen P r o p h e t e n b e t ö r t " . D i e p e r f e k t i s c h e Pi'el-Form, d e r e n S u b j e k t G o t t ist, gibt m a n also präterital wieder. D e r G e d a n ke, d a ß YHWH d e n P r o p h e t e n zu d i e s e r - i n n e r h a l b v o n 14,1-11 als v e r b o t e n zu b e t r a c h t e n d e n - W o r t v e r k ü n d i g u n g verleitet hat, erschien problematisch 3 8 0 . D e s h a l b f a n d die A u s l e g u n g von R . Mosis 3 8 1 A n k l a n g 3 8 2 , d e r V. 9aßy als Straffolge f ü r d e n P r o p h e t e n versteht. Mosis faßt das Verb pitteti nicht als „Verursachung der unrechtmäßigen prophetischen Verkündigung durch Jahwe selbst" (165) auf, sondern als „die strafende Reaktion Jahwes auf die Verschuldung des Propheten" (166). Grundlage für seine Interpretation ist zum einen die grammatische Eigenart des /Ve/stammes allgemein sowie die Bedeutung des Pi'el von pth, die in den Bereich weisheitlichen Denkens weise („jmd. zu einem Narren machen"), zum anderen die Form des kasuistischen Rechtssatzes, die dazu zwinge, pitteti als erstes Glied der die Straffolge angebenden Apodosis anzusehen. Das „zum Toren machen" bedeutet laut Mosis, daß Gott „ihm die Fähigkeit < n i m m t > , sich zu behaupten, und /.../ ihn dadurch jedes Ansehens im Vlk < b e r a u b t > " 3 8 3 . D i e s e L ö s u n g besticht insofern, als analog zu V.8 a u c h hier die S t r a f e in drei W e n d u n g e n angesagt wird 3 8 4 . V. 9b b e n e n n t d a n n zweifelsfrei Straffolgen, n ä m 378 Dieser ist insgesamt vergleichbar mit 11,17-21, einem ebenfalls zugewachsenen Abschnitt. 379 MESSEL, Ezechielfragen, 66, löst das Problem, indem er diesen Satzteil als Glosse nach 1 Kön 22,19ff. bezeichnet. 380 PJ E S b r i n gt SCHREINER, Götzendiener, 173, zum Ausdruck: „Jahwe hätte diesen Propheten betört, um ihn zu Fall zu bringen (vgl. 1 Kön 22,20ff.). In dieser Erklärung, die für menschliches Verstehen undurchsichtig bleibt, sind göttliche Prüfung, Zulassung und Strafe für vorangegangene Schuld nicht auseinandergefaltet." Auch HOSSFELD/MEYER, Prophet, 120, konstatieren die Anstößigkeit von V. 9, der Jahwe als Ursache des Vergehens erscheinen läßt, und interpretieren: „14,9 also droht mit der Möglichkeit, daß Jahwe auch das Institut der Prophetie pervertiert, um den Götzendiener dem Gericht (endgültig) zuzuführen." YHWH könne dem Volk das prophetische Wort entziehen, wie es die Glosse Ez 7,26b zum Ausdruck bringe, und als Strafe für das Volk den Propheten verstummen lassen, wie es in Ez 3,26 ein Schüler des Propheten formuliere (120, mit Anm. 198) - Zum Verstummen der Prophetie als Gericht vgl. Ps 74,9 und Thr 2,9. Für CRENSHAW, Conflict, 86f., ist es ein wesentlicher Aspekt von Ez 14,1-11, daß falsche Prophetie auf den göttlichen Willen selbst zurückgeführt werde. Mit dieser „dämonischen" Seite Gottes befaßt er sich ausführlich (77-90). 381 Ezechiel 14,1-11 - ein Ruf zur Umkehr, in: BZ 19 (1975), 161-194 (163-171). 382

383

V g l . FUHS, N E B , 7 5 ; ALLEN, W B C , 2 0 7 ; POHLMANN, A T D , 2 0 0 .

Ezechiel 14,1-11,170. GSL.AT, 153, beschreibt Mosis diesen Toren als einen, „der unfähig ist, recht zu erkennen, was an der Zeit ist, und die Situation, in die er gestellt wird, ohne Schaden für sich recht zu bestehen." 384 Schließlich ergibt sich analog zu Vv.4.7 ein ironisches Wortspiel: „Schuld und Strafe wer-

Zum Propheten kommen und Gott befragen (14,1-11)

321

lieh: Y H W H will seine H a n d gegen ihn ausstrecken 3 8 5 u n d ihn aus d e r M i t t e sein e s Volkes h e r a u s s c h n e i d e n (vgl. 8aß). Was f ü r einen P r o p h e t e n meint dieser Rechtssatz? 3 8 6 E r läßt sich von d e n Fragern b e t ö r e n - dies scheint sich auf d e r E b e n e d e r G e d a n k e n in E z 13,2-16 zu b e w e g e n . D e r P r o p h e t geht auf W ü n s c h e u n d womöglich auf H o f f n u n g e n d e r H ö r e r s c h a f t ein ähnlich wie die P r o p h e t e n in 13,10. I n s o f e r n läge er auf d e r Linie d e r s o g e n a n n t e n „ F a l s c h p r o p h e t e n " 3 8 7 , u n d das Wort, das e r d a n n sagte, wäre ein Heilswort 3 8 8 , mit d e m er d e n B e f r a g e r n nach d e m M u n d e redete 3 8 9 . U n t e r d e r M a ß g a b e von Mosis' V e r s t ä n d n i s von 14,9aßy z e i c h n e t e d e r u n g e h o r s a m e 3 9 0 P r o p h e t selbst f ü r sein V e r g e h e n verantwortlich. Akzeptiert man Mosis' Lösung nicht, dann trüge Gott die Verantwortung für das Fehlverhalten des („wahren"?) Propheten, der damit zum Gerichtsinstrument würde 391 . Bei dieser Interpretation verweist man auf Jer 20,7, wo Gott als Subjekt des Verbs pth als aktiv betörende Größe auftritt, sowie auf 1 Kön 22,20-23 392 , wo eine Vielzahl von Propheten als letztlich von Y H W H zu einer falschen Prophezeiung bewegt hingestellt wird. Diese Passage gilt allgemein als eine spätere Einfügung in das Kapitel 393 , die eiden /.../ in V.4 und V.7 in einer wortspielartigen Formulierung aufeinander bezogen. Dem Befragen entspricht das sich nicht Befragen lassen V. 3; dennoch gibt Jahwe selbst eine .Antwort', die allerdings das Gegenteil der erfragten Antwort' darstellt. Das seltene Nifal von 'nh begegnet hier in einer sonst ungebräuchlichen Verwendung. Das erklärt sich jedoch leicht dadurch, daß die Formulierung der Schuld und die Formulierung der korrespondierenden Strafe in einem Wortspiel aufeinander abgestimmt werden sollen. /.../ pth Piel entspricht dem pth Pual in einer wortspielartigen Transponierung. Der Prophet, der sich von götzendienerischen Fragern zu einem Toren machen läßt, so daß er zu Unrecht eine Antwort erteilt, wird dafür von Jahwe ebenfalls zu einem Toren gemacht, allerdings in einem anderen Sinn." (170f.) 385 £)¡ ese stereotype Wendung beschreibt auch in Ez 6,14; 20,23; 25,7.13.16; 35,3 den Vollzug des Gerichts. 386 HOSSFELD/MEYER, Prophet, 116, sehen hier persönliches Erleben Ezechiels gespiegelt. Unter Verweis auf 8,1 und 20,1 konstatieren sie, Ezechiel selbst stehe „öfters in Versuchung mit dem unbußfertigen Volksgenossen bzw. seiner Vertretung, den Ältesten, zu kollaborieren und bei der Gottesbefragung zu vermitteln." 387 Vgl. COOKE, ICC, 151, „Ez here goes deeper into the causes of false prophecy"; vgl. CLEMENTS, Ezekiel, 64; BLOCK, NICOT, 432 („attack on false prophets"). 388 BLOCK, NICOT, 431, deutet dies im Sinne der konkreten Exilssituation, wo er von einer Vielzahl von Propheten ausgeht „who capitalized on the insecurity of the people by offering reassuring (counterfeit) oracles."; vgl. ebda., 435. 389 MÜNDERLEIN, Kriterien, 52f., erschließt daraus ein Kriterium für „wahre Prophetie": „Der wahre Prophet ist hier daran zu erkennen, daß er Götzendienern das Wort verweigert." (53). 390 ZIMMERLI, BK, 312, verweist auf die „prophetische Schulgeschichte" 1 Kön 13, die verrate, daß „man von der Möglichkeit eines Beschwatztwerdens /.../ des Propheten weiß". 391 Die Bestrafung dieses Propheten ist dann ein problematisches Element, das etwa COOKE, ICC, 151 f., hinweg zu argumentieren sucht. GREENBERG, AncB, 254, schreibt, für Ezechiel sei „the illegitimate prophet" Opfer und Zeichen von Gottes Zorn. 392 Als vergleichbar werden auch Jer 4,10 und 15,18 angesehen. Vgl. J.J.M. ROBERTS, Does God Lie? Divine Deceit as a Theological Problem in Israelite Prophetic Literature, in: Congress Volume: Jerusalem 1986, Leiden 1988 (VT.S 40), 211-220 (216-220). 393 Vgl. etwa H. SEEBASS, Micha ben Jimia, in: KuD 19 (1973), 109-124 (113f.): „Während die

322

Reflexion über prophetisches

Handeln: Ez 12,21-14,11

nen theologischen Gedanken einträgt 394 , welcher erst relativ spät vor dem Hintergrund eines strengen, durchreflektierten Monotheismus wichtig wurde 395 . Diese Problemkonstellation paßt allerdings nicht in den Kontext von Ez 12,2114,11. Denn darin kommt es ja gerade auf die Zuverlässigkeit des prophetischen Unheilswortes, wie Y H W H es Ezechiel in diesen Kapiteln wegen der Verwerflichkeit Israels immer wieder aufträgt, an. Propheten, die „aus eigenem Herzen" sprechen bzw. sich von den Wünschen der Hörerschaft leiten lassen und die folglich nicht auf Y H W H hören - insbesondere nicht darauf, daß er Götzendienern keine Auskunft erteilen will - solche Propheten verfallen durchweg Gottes Gericht - wie im übrigen auch ihre Rezipienten. So gesehen müßte man Ez 14,9aßy als eine Glosse/Nachinterpretation einstufen, die im Blick auf 1 Kön 22,20-23 erfolgte 396 . In j e d e m Falle will 14,9 den A s p e k t der Befragung des P r o p h e t e n ergänzen vor d e m Hintergrund der in Kap. 13 behandelten Thematik. 14,1-8 wirft noch einmal Licht auf das Verstummen Ezechiels. Nach 3,26f. darf Ezechiel nur noch auf Y H W H S G e h e i ß und nur die Worte sprechen, die G o t t ihm aufträgt. E r darf nicht aus eigenem A n t r i e b zum „ H a u s des Widerspruchs" reden, e b e n selbst dann nicht, wenn die Leute zu ihm k o m m e n und ein Wort hören wollen wie hier in Ez 14. Y H W H verweigert den Fragenden eine direkte inhaltliche A n t w o r t auf ihre Anfrage, und das heißt wohl, er verweigert ihnen ein Heilswort, wie sie es gern hören würden. Ezechiel soll ihnen mitteilen, daß 397 Y H W H sich von ihnen nicht befragen läßt, und die Begründung d a f ü r liefern, die mit einer Gerichtsansage einhergeht. Es handelt sich um eine Grundsatzerklärung Y H W H S , die zunächst innerhalb der Buchfiktion Israel vor der Zerstörung Jerusalems betrifft. D e r Rechtssatz (V. 4 und 7) mag - dann auch zusamm e n mit d e m sogenannten „ U m k e h r r u f " in V. 6 - als M a h n u n g f ü r die Leserschaft intendiert sein.

Grunderzählung den Konflikt zwischen dem König und dem Propheten verhandelt, geht es in 19b-23a um den innerprophetischen Konflikt der Wahrheit des ergehenden Wortes." (114); H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 32-35; O . H . S T E C K , Bewahrheitungen des Prophetenworts, in: H . G. Geyer et al. (hrsg.),Wenn nicht jetzt, wann dann? (FS H.-J. Kraus), Neukirchen-Vluyn 1983, 87-96. 394 „Es kann vorkommen, daß Jahwe falsche Prophetie will, daß er sie also nicht nur zuläßt, sondern selber ausdrücklich bewirkt." (SEEBASS, Micha, 113). 395 Vgl. H O S S F E L D / M E Y E R , Prophet, 3 5 : Die theologische Reflexionsstufe, die hier erreicht sei, nötige zur Spätdatierung. Vgl. ferner C A R R O L L , When Prophecy Failed, 1 9 8 - 2 0 4 , vor allem: „Israel's monist outlook /.../ lacked a sophisticated demonology which could take the responsibility for the negative aspects of life so it had to attribute death and evil to Yahweh." ( 2 0 1 ) . Im Blick auf die sogen. „Falschprophetie"hat dies C R E N S H A W , Conflict, 84, zu der Ansicht geführt: „the recognition that Yahweh is responsible for lying prophecy sets the phenomenon of false prophecy in a new light. /.../ this story depicts the 'false prophets' as men who gave in good faith the message conveyed to them." 396

D e r Verweis auf D t n

1 3 , 2 - 6 , b e s . a u f V . 4 (BARDTKE, H e s e k i e l , 8 6 ; FOHRER, H A T ,

76;

BLOCK, NICOT, 432), paßt insofern nicht so recht, als dort ein anderer Akzent gesetzt ist: Der Prophet dort will zum Abfall von Y H W H verleiten und ist ein Test für die YHWHtreue Israels. 397 Kap. 20 gestaltet eine entsprechende Begründung breit aus in Form eines Geschichtsrückblickes.

Zum Propheten kommen und Gott befragen (14,1-11)

323

Y H W H will sich zwar nicht befragen lassen, aber er spricht doch zu Israel. Verstummt ist Y H W H also nicht 398 . Innerhalb des „comprehensive Cluster" 399 12,21— 14,11 sind 12,21-28 und 14,1—8(—11) als Kontrastpaare aufeinander bezogen: Das Doppelwort 12,21-28 demonstriert, daß die Israeliten das ihnen mitgeteilte Gerichtswort nicht wahrhaben wollen; 14,1-8 zeigt, daß sie andererseits Y H W H durch den Propheten befragen wollen - in der Hoffnung, etwas anderes zu hören als die von Ezechiel auf Gottes Initiative hin übermittelte Gerichtsansage. Die beiden Passagen umrahmen Kap. 13, das die Verirrung von Propheten und den verfehlten Umgang des Volkes mit Prophetie und Magie schildert. Ezechiel steht hier seiner Beauftragung gemäß als der gehorsame Prophet Y H W H S da, der zu diesem Zeitpunkt im Auftrag seines Herrn Israel nur Gericht ansagt - auch wenn seine Rezipienten es nicht hören wollen bzw. nicht glauben.

398 Mosis, GSL.AT, 150: „Wenn dagegen Jahwe nicht antwortet, wenn er das Volk ohne seine Weisung läßt, tappt man im dunkeln. Wenn einer Zeit das Licht und die Kraft des Wortes Gottes fehlen, bedeutet dies das Gericht über diese Zeit. Dieses Fehlen ist Folge und zugleich Enthüllung des erfolgten Bruches zwischen Gott und seinem Volk." Dafür, daß Gottes Schweigen Gericht bedeute, verweist er auf Ez 7,26; Jer 18,18; 1 Sam 28,6 und bes. Am 8,11 f. Zu erwähnen sind zusätzlich Ps 74,9 und Thr 2,9. Doch geht es in Ez 14,1-8 um konkrete Auskunftsverweigerung, nicht um ein Gerichtsschweigen YHWHS, d.h. daß er von sich aus, ungefragt auch einem Propheten nichts mehr mitteilte. Dies Motiv klingt in Hos 12,11 an, wo Gott für die heilvolle Zukunft sein neuerliches Reden durch die Propheten in Aussicht stellt. Am 8,11 f.; Mi 3,7b; Ez 7,26b enthalten dies Motiv. 391) TALMON/FISHBANF., Structuring. 136.

6. (Auto)Biographische Notizen in Ez 24 und 33 Kap. 24 und 33 enthalten knappe Passagen, die die „Autobiographie" Ezechiels weiterführen. Nach dem Auftakt in Gestalt der umfangreichen Beauftragungsvision, welche den Beginn des Verstummens in dem Sinne einschließt, daß Ezechiel ausschließlich Gottes Wort reden darf (Kap. 1-3), bildet die Einleitung zur Entrückung nach Jerusalem zur Schau der Greueltaten, der Fremdgötterverehrung im Tempel, die nächste Station (Kap. 8). Sowohl die Beauftragungsvision als auch die Schau der Jerusalemer Kultvergehen sind datiert, und zwar die Beauftragung in das Jahr 594/3 (1,2), die Greuelvision auf den 28. September 593 (8,1)1. Die programmatische Einleitung und der daran anschließende Verkündigungsteil sind also in die Zeit bald nach der ersten Deportation und kurz vor der endgültigen Einnahme und Zerstörung Jerusalems verlegt. Die Aufforderung in 24,2, den Termin zu dokumentieren, macht die Darstellung Ezechiels als eines Deportierten, der in Babylonien weilt, plausibel 2 . Abgesehen von der Wiedergabe der Gotteserfahrungen Ezechiels im Rahmen der beiden Visionsschilderungen erinnert das Einleitungsmuster der Gottesreden, zu deren Weitergabe Y H W H Ezechiel beauftragt, vor allem durch die Wortempfangsaussage an die autobiographische Fiktion. Hinzu kommt noch die Darstellung zeichenhaften Handelns wie etwa in 12,1-16. Nachdem der autobiographische Charakter des Buches so konsequent im Bewußtsein des Lesers gehalten wurde, bietet zunächst Kap. 24 weitere „autobiographische" Angaben, an denen sich allerdings auch der fiktive Status der Autobiographie ablesen läßt. Zudem zeichnet sich Kap. 24 dadurch aus, daß es einerseits die vertrauten Merkmale des Buches enthält, andererseits aber auch teils davon abweicht. So wird die besondere inhaltliche Bedeutung des Kapitels hervorgehoben.

6.1 „ Schreib dir diesen Tag auf..."

(Ez 24,1 f.)

24,1 eröffnet den ersten Teil des Kapitels mit einer Wortempfangsaussage und einer Datierung. An dem Datum fällt die von den übrigen Datierungen abweichende Gestaltung im Blick auf die Art der Monatsangabe auf sowie die syntak1

So die Bestimmung nach K U T S C H , Daten, bzw. Sept. 592 datiert. 2 Vgl. auch MESSEL, Ezechielfragen, 19.

71.

Anders

GREENBERG,

AncB,

8,

der auf Juli

593

„Schreib dir diesen Tagauf..."

(Ez24,lf.)

325

tische Stellung der Zeitbestimmung, die nicht am Satzanfang steht, sondern zwischen der eigentlichen Wortempfangsformulierung und dem dazugehörigen le'mor3. Man hat darauf hingewiesen, daß diese Datierung 4 mit derjenigen in 2 Kön 25,1, die sich dann auch Jer 52,4 (und 39,1) findet, übereinstimmt. Deshalb vermutet man zu Recht, daß die Datierung aus dem Königebuch vermutlich redaktionell in das Ezechielbuch übernommen wurde 5 . Möglicherweise enthielt der Ezechielvers zunächst ein Datum, dessen Formulierung den übrigen Zeitbestimmungen des Buches entsprach 6 . Der Eintrag des Datums aus 2 Kön 25,1 erfolgte sicherlich, „um diesem durch die ganz wörtliche Übereinstimmung mit der offiziellen Zeitrechnung des Historikers noch größeres Gewicht zu geben." 7 Womöglich liegt in der Verwendung der Datierungsform aus dem den Lesern des Ezechielbuches bekannten Königebuch auch ein Hinweis darauf, daß das in Ez 24,1 genannte Datum korrekt ist8.

3

Vgl. Z I M M E R L I , BK, 562; K U T S C H , D a t e n , 62; B L O C K , NICOT, 772. Sie wird in jüngster Zeit als 1 5 . Januar 5 8 8 verstanden; vgl. G R E E N B E R G , AncB, 8 ; K U T S C H , Daten, 7 0 ; A L L E N , W B C 2 9 , 5 9 , während H Ö L S C H E R , Hesekiel, 1 2 6 ; E I C H R O D T , ATD, 2 2 5 , oder Z I M M E R L I , BK, 5 6 1 , von D e z e m b e r 5 8 9 ausgingen ( Z I M M E R L I korrigiert in der 2 . Aufl. seines Kommentars, 1 5 * , gleichfalls auf 1 5 . 1 . 5 8 8 ) . 5 Vgl. Z I M M E R L I , B K , 5 6 2 ; E I C H R O D T , ATD, 2 2 5 F . ; F U H S , N E B , 1 2 8 ; K U T S C H , D a t e n , 6 2 ; B L O C K , N I C O T , 7 7 3 . A n d e r s F O H R E R , HAT, 1 4 0 , der das exilische Königebuch von Ez 2 4 . 1 abhängig wähnt. 6 Z I M M E R L I , BK, 562; „Das D a t u m von Ez 24,1 ist nachträglich dem D a t u m des Geschichtsberichtes angeglichen worden." G R E E N B E R G , AncB, 496, meint dagegen, der Ezechieltext habe ursprünglich kein D a t u m enthalten - ein originales D a t u m hätte man am Satzanfang erwartet. Auch KUTSCH, D a t e n , 62, hält es für wahrscheinlicher, daß zunächst keine Datierung vorlag; vgl. auch BLOCK, NICOT, 773. Allerdings m u ß die ungewöhnliche Stellung der Zeitangabe im Vers, die G R E E N B E R G als Kriterium anführt, nicht bedeuten, daß ein ursprüngliches D a t u m nicht auch bewußt ungewöhnlich auf die Wortempfangsaussage folgte, um gerade hier das YHWHwort zu betonen. 7 E I C H R O D T , ATD, 2 2 6 . Vgl. B L O C K , NICOT, 7 7 3 ; „The timing of this prophetic event is intentionally highlighted by adopting the official system of dating". 8 M a n c h e K o m m e n t a t o r e n machen sich G e d a n k e n darüber, wie Ezechiel das Wissen um dies D a t u m erlangt haben könne. FOHRER, HAT, 138, der das D a t u m nicht für redaktionell hält, meint, Ezechiel habe a n n ä h e r n d berechnen können, wann das sich auf dem Marsch befindende babylonische H e e r in Jerusalem eintreffen werde. Die Wortereignisformel zeige, daß es sich um eine Eingebung gehandelt habe. Angesichts der Übereinstimmung mit 2 Kön 25,1 fragt er dann: „Sollte Ez zufällig den richtigen Tag geahnt h a b e n ? " ( 1 3 9 ) . Ähnlich Z I M M E R L I , BK, 5 6 2 ; „Ist bei Ez mit einer Kraft der Fernschau zu rechnen, die ihm ermöglicht, das geschichtlich anderswo vorliegende D a t u m genau zu treffen?" U n d noch C L E M E N T S , Ezekiel, 1 1 0 , warnt davor, „the prophetic ability to sense an event" anzuzweifeln. D e m steht die These eines vaticìnium posi eventu gegenüber, wenn m a n wie MESSEL, Ezechielfragen, 20, das D a t u m einem Interpolator zuschreibt. - Dies Problem tritt auf, wenn man die Autobiographie Ezechiels für bare Münze nimmt und eben nicht mit einer autobiographischen Stilisierung rechnet, die keine realistische Abbildung sein will, sondern theologischen Aussagen dient. P O H L M A N N , Ezechielstudien, 1 2 , stellt dagegen fest, d a ß das D a t u m in 2 4 , 1 dazu diene, „vorgegebene Texte auf die Weise zu ordnen, daß /.../ der Weissagungs- und Erfüllungscharakter vorausgehender und folgender Worte deutlicher in den Blick gerät". 4

326

(Auto)Biographische

Notizen

(Ez 24 und 33)

24,2a enthält die übliche Anrede Gottes an Ezechiel und einen Imperativ, der aber zunächst noch nicht zum Reden auffordert, sondern zu einer Handlung: „Schreib dir den Namen des Tages, eben dieses selben Tages 9 auf". 24,2b liefert dann die Angabe darüber, was diesen Tag bedeutsam macht, nämlich die Tatsache, daß der König von Babel an eben diesem Tage „gegen Jerusalem stemmt", d.h. die Belagerung aufnimmt. Bedenkt man, daß Ez 21,23-28 den babylonischen König am Scheideweg präsentierte, wo er den Weg nach Jerusalem wählte (21,26), um es zu belagern, so ist die Gefährdung der Stadt nun näher gerückt und steht unmittelbar bevor 10 . Buchkompositorisch ergibt sich also ein Fortschritt von 21,26 bis 24,2 im Sinne des in Kap. 7 programmatisch heraufbeschworenen „es kommt". 24,3a fährt dann mit dem gewohnten Einleitungsmuster göttlicher Rede fort: fordert Ezechiel zum Sprechen auf mit einer Genrebezeichnung (msl in figura etymologica) und dem eigentlichen Redeimperativ, auf den die Zitatansage folgt. Auf das Aufschreiben des Datums geht der Text also explizit nicht weiter ein. Viele Ausleger verstehen die Niederschrift als notwendig, „um ein Beweismittel in Händen zu haben, wenn das Ereignis in einigen Wochen bestätigt wird." 11 Messel allerdings fiel auf: „der Zweck wird nicht angezeigt, Ezechiel macht nachher von diesem Beweis keinen Gebrauch" 1 2 . Auch Greenberg äußert sich skeptisch, nachdem er eine einschlägige mittelalterliche Interpretation Kimhis zitiert hat: „Such confirmatory purpose and procedure are not even hinted at in the following oracle, hence we may doubt that originally its opening lines contained an exact date that would lead one to suppose them (as Kimhi and others did)." 13 . YHWH

Für das Verständnis der Aufforderung, das Datum schriftlich zu fixieren, spielen vermutlich auch die wenigen Verse im Jesajabuch eine Rolle, in denen Gott Jesaja befiehlt, etwas aufzuschreiben14. Jes 8,1 f. soll Jesaja vor Zeugen die Wörter notieren, die dann den Namen seines zu dieser Zeit noch nicht einmal gezeugten Sohnes abgeben sollen (8,3f.). Ist das Aufzeichnen hier Bestandteil eines zeichenhaften Geschehens, so 9 D a ß 24,2aß a b g e s e h e n v o m D e m o n s t r a t i v p r o n o m e n wohl zu tilgen ist, da sich in Peschitta u n d Vulgata k e i n e E n t s p r e c h u n g f i n d e t (so B H S ) , ü b e r z e u g t nicht. ZIMMERLI, B K , 556, schließt eine nachträgliche G l ä t t u n g in den Ü b e r s e t z u n g e n nicht aus. Die von B H S verdächtigte Wend u n g bewirkt i m m e r h i n eine zusätzliche E m p h a s e . D a s Stichwort ydm fällt so d r e i m a l in d e m Vers. Vgl. auch GREENBERG, A n c B , 496, d e r sich gegen ein Tilgen d e r W e n d u n g ausspricht. POHLMANN, A T D , 353, sieht 24,2 bis auf die A n r e d e als s e k u n d ä r an. 10 Vgl. A L L E N , W B C 29, 59: „it spelled the beginning of the e n d . " 11 E I C H R O D T , A T D , 225; vgl. A L L E N , W B C 2 9 , 5 9 ; B L O C K , N I C O T , 774. 12 E z e c h i e l f r a g e n , 19. 13 AncB, 496. 14 Vgl. die H i n w e i s e auf diese Stellen bei ZIMMEREI, BK, 563; EICHRODT, A T D , 225; o d e r ALLEN, W B C 29, 59. Allerdings sind die Belege nicht so zahlreich, d a ß m a n wie ZIMMERLI, B K , 563, d a v o n s p r e c h e n k ö n n t e , ein schriftliches Festhalten sei nicht ungewöhnlich, z u m a l sich nicht mit letzter G e w i ß h e i t sagen läßt, o b Jes 8,16 o d e r 30,8 wirklich als jesajanisch a n z u s e h e n sind. ZIMMERLI, B K , 41 f., ä u ß e r t sich zur „Sitte d e r D a t i e r u n g " u n d unterstellt d a b e i u n b e g r ü n det, d a ß a u c h in Jes 8,1 u n d H a b 2,2 e i n m a l D a t e n g e s t a n d e n h ä t t e n .

„ Schreib dir diesen Tag auf..."

(Ez 24, l f . )

327

zielt Jes 30,8, ein Vers in einer späten, womöglich von Ez abhängigen Passage, (vielleicht auch 8,16?) darauf ab, (ein Stück?) Verkündigung aufzuschreiben, um es für die Zukunft, ja auf ewig zu bewahren, weil - wie der Kontext besagt - die zeitgenössischen Rezipienten die Botschaft nicht hören wollen. Hab 2,2f. macht unmißverständlich deutlich, daß das Aufschreiben dessen, was Habakuk geschaut hat, dazu dienen soll, das Geschaute auf diese Weise aufzubewahren, bis es eintrifft 15 . Allerdings d ü r f t e das, was h e u t e selbstverständlich ist, auch im A l t e n O r i e n t bereits geläufig gewesen sein, nämlich d a ß Worte, die schriftlich fixiert sind, in bes o n d e r e m M a ß e b i n d e n d u n d ü b e r p r ü f b a r sind 1 6 . Ein magisches Schriftverständnis, wie es in e i n e m negativen Sinne aus d e m in Jer 36 geschilderten Verhalten K ö n i g J o j a k i m s h e r v o r g e h t , wird m a n in d i e s e m K o n t e x t ausschließen dürfen 1 7 . I m R a h m e n d e r Fiktion des E z e c h i e l b u c h e s ist Ezechiel als im Exil in B a b y l o n befindlich zu d e n k e n . D o r t k a n n er u n t e r n o r m a l - m e n s c h l i c h e n B e d i n g u n g e n an d e m Tag selbst, w o die B e l a g e r u n g J e r u s a l e m s eintritt, nicht von diesem Ereignis wissen. E r e r f ä h r t es, weil Y H W H es ihm mitteilt. Letztlich steht damit Ezechiels G o t t e s b e z i e h u n g auf d e m P r ü f s t a n d : D a r a n , d a ß er d e n Tag d e s B e l a g e r u n g s b e g i n n s a n e b e n diesem Tage von G o t t e r f ä h r t , zeigt sich seine bes o n d e r e B e a u f t r a g u n g u n d Legitimation 1 8 . A n dieser I n f o r m a t i o n läßt der Verfasser die exilischen R e z i p i e n t e n i n n e r h a l b d e r B u c h f i k t i o n nicht teilhaben. D i e Notiz in 24,1 f. zielt somit eindeutig auf d e n L e s e r des Ezechielbuches, der hier einmal m e h r in Ezechiel d e n w a h r e n YHWHpropheten e r k e n n t , u n d zwar in Ver15 H a b 2,3 b e r ü h r t sich auffallend mit F o r m u l i e r u n g e n des Ezechielbuches; vgl. die Stichw ö r t e r hüzön, qes, kzb und bw \ i n s b e s o n d e r e 2,3bß g e m a h n t inhaltlich an E z 12,23. So stellt sich die Frage, o b H a b 2,2f. v o m Ezechielbuch geprägt sein könnte. Z u H a b 2,1-5 vgl. M . H . FLOYD, P r o p h e c y and Writing in H a b b a k u k 2,1-5, in: Z A W 105 (1993), 462-481. 16 Vgl. A . R . MILLARD, La P r o p h é t i e et l'écriture. Israël, A r a m , Assyrie; in: R H R 202 (1985), 125-145. „Souvent, bien sur, l'inspiration ne devenait évidente q u ' a p r è s l'accomplissement des certains é v é n e m e n t s prédits: il fallait a t t e n d r e un certain laps de t e m p s après le discours du prop h è t e avant d ' é v a l u e r la prophétie. A ce m o m e n t - l à . le p r o p h è t e , ses disciples ou ses auditeurs pouvaient se r a p p e l e r ses paroles et les vérifier. /.../ Voilà t o u t e l'importance de l'écriture en ce qui c o n c e r n e la p r o p h é t i e . " (126). Die P r o p h e z e i u n g e n in d e n Mari-Briefen w u r d e n aufgeschrieben, u m sie auf schriftlichem Wege d e m König zu ü b e r m i t t e l n (139). D o c h : „Les oracles dans les histoires d ' A s s o u r b a n i p a l , Z a k k o u r et David ont été conservés parce qu'ils se sont réalisés. N'est-il pas possible q u e d ' a u t r e s aient été conservés afin d e voir si eux aussi se réaliseraie n t ? " (140). „ A p r è s la réalisation de quelques-unes des paroles d ' u n p r o p h è t e les autres paroles seraient r e s p e c t é e s " (144). Vgl. f e r n e r WEIPPERT, A s p e k t e , 317. 17 LAMPARTER, BAT, 182, gibt d e m A u f s c h r e i b e n des D a t u m s den inhaltlichen Sinn, d a ß d e r Z e i t p u n k t der Belagerung nicht vom babylonischen König und seinen G ö t t e r n bestimmt werde, s o n d e r n vom G o t t Israels. 18 Vgl. BLOCK, N I C O T , 774: „the precise dating of t h e beginning of t h e siege of Jerusalem and the correlation of this oracle with that event were necessitated by the d e t e r m i n a t i v e test of a true p r o p h e t ( D e u t . 18:21-22). Since t h e exiles could not observe the fall of the city themselves, their skepticism could b e answered only by preserving a written record of the present oracle, and dating it precisely." „The written dated oracle t h e r e f o r e provided a litmus test of Ezekiel's authenticity." Allerdings ist nicht d a v o n die R e d e , d a ß Ezechiel das schriftlich fixierte D a t u m d e n exilischen R e z i p i e n t e n zur K e n n t n i s bringen soll; an j e n e soll er d e n folgenden Gleichnistext richten.

328

(Auto)Biographische

Notizen (Ez 24 und 33)

bindung mit d e m f ü r die Theologie des Buches entscheidenden historischen Ereignis. Die D a t e n a n g a b e n in Ez 1,1 f.; 8,1, hier in 24,1 und später in 33,21 bilden den entscheidenden zeitlichen R e f e r e n z r a h m e n , indem sie die Zeit vor der sich vielleicht schon abzeichnenden Katastrophe, den Beginn der Belagerung als den A n f a n g vom E n d e und die Z e r s t ö r u n g Jerusalems in den Blick n e h m e n . Die Gerichtsworte an das H a u s Israel trägt Y H W H Ezechiel auf, bevor der Babylonier zum zweiten Mal vor den Toren der Stadt erscheint; sie erfüllen sich d a n n noch zu Lebzeiten des b e a u f t r a g t e n Propheten. Insofern spielen diese vier Datierungen 1 9 eine entscheidende Rolle innerhalb der Buchkonzeption im Hinblick auf ihre Darstellung von Prophetie und bilden in diesem Sinne „an original feature of the book" 2 0 . 24,3b-14 bietet einen gleichnishaften Text. Unter den Auslegern ist umstritten, ob hier eine Gleichnisrede oder eine Anweisung zu einer Zeichenhandlung vorliegt 21 . Auf diese besondere Problematik des Textes, der sich zudem offensichtlich in einem schlechten Uberlieferungszustand befindet, kann in diesem Rahmen ebenso wenig näher eingegangen werden wie auf das Verhältnis zu Ez 11,2-12. Für die gegenwärtige Fragestellung ist der inhaltliche Aspekt des Abschnitts bedeutsam, der unabhängig von seiner „Gattung" gegeben ist, nämlich das Bild von der Stadt als eines Topfes und der Einwohner als Fleischstücke, die darin gekocht werden. Der Kochvorgang scheint zu einer Verunreinigung des Topfes zu führen; ein Ausglühen im Feuer soll diese beseitigen, was aber erfolglos bleibt. Die Schuld ist zu groß, um eine Läuterung gelingen zu lassen. Das Gleichnis blickt somit zurück in die Vergangenheit, in der es nicht möglich war, die Schuld auszutilgen, so daß nun ein schlimme(re)s Gericht bevorsteht. Es liegt nahe, daß der bildhaft umrissene Vorgang auf die erste Ein19

Die Datierung in Ez 20,1 wäre gesondert zu bedenken (abgesehen von d e m D a t u m bildet 20,1 eine auffällige Doublette zu 14,1.3). E b e n s o ist hier nicht der Ort, um die im Verhältnis zum übrigen Buchkorpus häufigen Datierungen der Völkersprüche (26,1; 29,1.17; 30,20; 31,1; 32,1.17) näher zu betrachten. D a s D a t u m in 40,1 schließt die Vision in 40-48 an das vorfindliche Buchkorpus an unter Verwendung des dort vorgegebenen gestalterischen Merkmals des Datierens. Deutlich ist in jedem Falle, d a ß das Ezechielbuch ein Datierungssysiem besitzt - im G e gensatz zum Jeremiabuch, wo es auch eine Anzahl von Datierungen gibt, „die von wechselnden Verfassern unter wechselnden Gesichtspunkten nach und nach hinzugefügt wurden. Die Chronologie ist nicht gemacht, sondern allmählich gewachsen, und zwar /.../ ziemlich wild und unkontrolliert." (C. LEVIN, Noch einmal: Die A n f ä n g e des Propheten Jeremia, in: V T 31 (1981), 428^140 (429). 20 DAVIS, Swallowing the Scroll, 59; vgl. dort auch: „It would seem that Ezekiel was moving prophecy in the direction of archival speech, marking and filing the evidence, documenting the case that the divine word was indeed delivered in due time, though the warning was not heeded." 21 Als Gleichnisrede fassen H Ö L S C H E R , Hesekiel, 126; Z I M M E R L I , BK, 559-564; F U H S , NEB, 128; A L L E N , W B C 29,56; B L O C K , NICOT, 774; G R E E N B E R G , AncB, 497, diese Passage auf, während etwa F O H R E R , HAT, 138-140, vgl. ders., Handlungen, 61-64; sowie W.H. B R O W N L E E , Ezekiel's Copper Cauldron and Blood on the Rock (Chapter 24:1-14), in: R. A. Coughenor (hrsg.), For Me to Live, Essays in H o n o r of J.C. Kelso, Cleveland 1972,21-43 (30); L A M P A R T E R , BAT, 182, an eine Zeichenhandlung denken. C O O K E , ICC, 266, und E I C H R O D T , ATD, 226, bieten eine Mischlösung. Die Einleitung in 24,3a spricht eher für eine Bildrede.

Tod der Frau und Nicht-Trauern

(Ez

329

24,15-24)

nähme Jerusalems und die erste Deportation abzielt und vor diesem Hintergrund auf das bevorstehende Gericht in Gestalt der zweiten Eroberung und Zerstörung der Stadt verweisen will. Es beschränkt sich vermutlich also nicht auf eine einfache Gleichung: „Der Sinn dieses Gleichnisses ist klar: wie die Fleischstücke im Kessel, so sollen die Jerusalemer in der belagerten Stadt gekocht werden."22. Der gleichnishafte Text in 24,3b-14 steht zur Einleitung 24,1 f. in Beziehung, weil er auf das unmittelbar drohende Gericht an Jerusalem zu führt. Wie 24,3a besagt, teilt Ezechiel seinen Rezipienten also nicht das aufgezeichnete Datum und dessen explizite Zuordnung zum Beginn der Belagerung mit, sondern soll sich ihnen gegenüber in Form der gleichnishaften Gottesrede über die drohende Gefahr äußern. Auffällig ist die sprachlich-stilistische Gestalt der Abschlußformulierungen dieser aufgetragenen Y H W H r e d e in 24,14. Der Vers betont einerseits, daß Gott es ausgesprochen hat und daß es bestimmt geschehen wird (V. 14aa 23 ), andererseits in drei verneinten Verben, daß Gott nicht gewillt ist, Aufschub zu geben oder Milde walten zu lassen (14aß 24 ). Der Vers schließt mit der Formel rf'um 'adonäy YHWH (14bß), eine Erkenntnisansage gibt es hier nicht. Das zuverlässige Eintreten des Gerichts heben diese Schlußformulierungen somit stark hervor.

6.2 Der Tod der Frau und Ezechiels Nicht-Trauern

(Ez

24,15-24)

Die Wortempfangsaussage (V. 15) und der Vokativ am Anfang von V. 16 markieren einen Neuansatz. Gleich der erste Satz der anschließenden Gottesrede (16aa) zeigt jedoch einen gewissen Ausnahmecharakter auch dieses Abschnitts im Vergleich zu der sonst üblichen Gestaltung im Ezechielbuch: Y H W H kündigt in einem mit Präsentativ eingeleiteten Nominalsatz an: „ich will von dir nehmen die Freude deiner Augen mit einem Schlag/durch plötzlichen Tod 25 ". Der Ausdruck mahmad 'en&ka bezeichnet etwas, was einem lieb und teuer ist26. Gott will Ezechiel also etwas bzw. jemanden nehmen, an dem Ezechiels Herz hängt. Mit der Ankündigung dieses Vorhabens Y H W H S ist ein Handlungsbefehl an Ezechiel verknüpft: Mit drei verneinten Verbalformen untersagt Gott ihm jegliches äußere Zeichen der Trauer (16b). V. 17 präzisiert diesen Auftrag dahingehend, daß Ezechiel nur (leise) stöhnen darf, ansonsten still sein soll und die H Ö L S C H E R , Hesekiel, 1 2 6 . bä'äh verweist zurück auf Kap. 7. 24 D a das letzte Glied in L X X keine Entsprechung hat, wird es als Zusatz angesehen (vgl. BHS). Auffällig ist zudem der absolute G e b r a u c h von hws, das sonst in G o t t e s r e d e in der Kombination mit 'ene auftritt (5,11; 7,4.9; 8,18; 9,5.10; 16,5; 20,17). 25 W ä h r e n d H Ö L S C H E R , Hesekiel, 1 2 8 A n m . 7 , b'maggepäh als Glosse streicht, betont Z I M MERLI, BK, 572, daß das Wort im priesterlichen Sprachgebrauch den jäh tötenden Schlag eines Gottesgerichtes aussagen könne. 26 Vgl. Thr 2,4; 1 Kön 20,6, wo ebenfalls die Verbindung mahmad 'enoeka vorliegt. In Hld 5,16 wird mahmad im PI. auf einen geliebten Menschen bezogen. 22

23

330

(Auto)Biographische

Notizen

(Ez 24 und 33)

sonst üblichen Trauerriten, die im Einzelnen benannt werden, unterlassen soll27. Anders als bei den übrigen sogenannten Zeichenhandlungen im Ezechielbuch ist hier Gott derjenige, der einen Tatbestand schafft, von dem ausgehend Ezechiel das zeichenhafte Tun, das hier in einer Unterlassung besteht, vollziehen soll. In allen übrigen Fällen hatte Gott Ezechiel aufgefordert, mit Hilfe von Gegenständen oder auch lediglich als Person zu agieren, und ihn beauftragt, die so dargestellte Handlung in einer weiterzugebenden Gottesrede zu deuten. Die Aktivität Y H W H S an dieser Stelle unterscheidet diese Anweisung zu einer Zeichenhandlung von allen übrigen und hebt sie so hervor. Ist - abgesehen vom Beginn des Verses 17a - der Text soweit klar, so hat das Folgende, das zunächst bis zur ein Schlußsignal setzenden Erkenntnisansage in 24b betrachtet werden soll, den Auslegern immer wieder Schwierigkeiten bereitet. Der Grund dafür liegt auf der sprachlich-stilistischen Ebene im Wechsel der Sprechhaltung innerhalb der Verse 20-24: Innerhalb seiner Ansprache an das Volk zitiert Ezechiel in V. 21 eine Y H W H r e d e , kehrt dann in die V. 20b begonnene Rede in 1. Pers. zurück (22a); V.24 scheint dann aber ohne jegliche Einleitung oder Übergang wieder aus der Perspektive Gottes gesprochen zu sein. Dieser Sachverhalt hat zu unterschiedlichsten literarkritischen Lösungsversuchen geführt 28 . Mit diesem Problem des Eindruckes einer gewissen Textverwirrung, 27 Die ersten drei Wörter von V. 17 haben immer wieder zu Konjekturen A n l a ß gegeben und sind verschieden wiedergegeben worden. Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 128 A n m . 7 („Halt an dich in d u m p f e m Schweigen"); C O O K E , I C C , 270 („Groan, keep still, or Groan, sigh'c)\ Z J M M E R L I , BK, 568f. („Stöhne in tödlicher Starre"); G R E E N B E R G , AncB, 508f. ( „ G r o a n a moaning for the dead"); sowie ausführlich F R I E B E L , Sign-Acts, 332-336. 28 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 128, sieht lediglich V. 16f. als kurzen Spruch Ezechiels und damit als G r u n d b e s t a n d an. Auch G A R S C H A , Studien, 7 9 , vermutet einen minimalen Grundbestand, und zwar in Vv.21.24. J. HEMPEL, Eine Vermutung zu Hes 24,15ff., in: Z A W 51 (1933). 312f„ geht davon aus, daß der Text früh, d.h. noch vor der LXX-Übersetzung „mißdeutet und von solcher Falschinterpretation aus überarbeitet" (313) sei. E r entfernt als Glossen die letzte verneinte Verbform in V. 16, das Verbot der Totenklage in V. 17, V. 18aa, das zweite länü in V. 19 als Dittographie, von V.24 behält er nur die Erkenntnisansage bei. Insbesondere aber greift er in die R e d e Vv.21-23 ein, wo er vor allem die Pronomina ändert: „21 Jetzt entweihe ich mein Heiligtum, den Stolz ^ e i ner' Macht, die Lust .meiner' Augen, das .ich' schonen wollte! 22 ,Du' aber sollst tun, wie i c h tat: ,Trag' offen den Bart,/iß' kein ,Trauer'brot // 23 ,setz' den Turban aufs H a u p t /,deine' Schuhe zieh an! // .Klage' nicht, .weine' nicht! Ihr aber werdet verfaulen in euern Sünden und allzumal stöhnen". MESSEL, Ezechielfragen, 92, schreibt Ezechiel die Verse 15.16* (nur A n r e d e ) . 17.18b.19.20.21a.22.23aa zu, d e m R e d a k t o r 23b.24; 16.18a.21b.23aß sind für ihn spätere Zusätze. W ä h r e n d B A R D T K E , Hesekiel, 117, eine Umstellung vornimmt und Vv.22.23 hinter V.25 einordnet, schafft E I C H R O D T , ATD, 228f., zwei Textkomplexe, nämlich 24,15-17.18a.21aß.b. 24.25a.26*.27 einerseits und 24,18b,19.20.21aa.25b.22.23 andererseits. Z I M M E R L I , BK, 570, meint, 18aa habe ursprünglich entweder vor V. 20 gestanden oder sei ein Zusatz; Vv.22f. scheidet er als „ungeschickte nachträgliche Verdeutlichung" aus, Bestandteile, die zuvor schon FOHRER, HAT, 141, als Glossen eingeordnet hatte. F U H S , E Z 24 - Überlegungen zu Tradition und Redaktion des Ezechielbuches, in: J. Lust (hrsg.), Ezekiel and His Book, Leuven 1986,266-282, (274), rekonstruiert einen G r u n d b e s t a n d aus 15-17a.l8aß.b.l9.20.21a.22a.23. In NEB, 13,

Tod der Frau und Nicht-Trauern

(Ez

24,15-24)

331

die in der ersten Hälfte des Kapitels in ähnlicher Weise gegeben zu sein scheint, geht zudem noch die Frage einher, wie die Zeichenhandlung Ezechiels, sein Nicht-Trauern zu deuten ist. Dies gilt es bei der Betrachtung von Vv.18-24 zu bedenken. Auf die Anrede Y H W H S an Ezechiel mit der Ankündigung und dem Handlungs- oder besser Unterlassungsauftrag folgt eine autobiographische Notiz. „Und ich redete (zum Volk) zu den Leuten am Morgen. Und es starb meine Frau am Abend. Und ich tat am Morgen, wie mir befohlen war." (18). V. 18aß macht explizit, was mit der Ankündigung Y H W H S in V. 16a gemeint war. 18b konstatiert die Ausführung der in 16b aufgetragenen zeichenhaften Handlung, ein Zug, der im Zusammenhang von Zeichenhandlungen nicht nur im Ezechielbuch die Ausnahme bildet 29 . Anläßlich von 18aa hat man überlegt, was Ezechiel zu den Leuten geredet haben wird, und auf den Inhalt der vorausgehenden Gottesrede verwiesen 30 . Diesen Versteil haben manche 31 allerdings als Zusatz betrachtet. Wenn dem so ist, dann erfolgte diese Anreicherung wiederum in der Absicht, den Zusammenhang von Wortverkündigung und Eintreffen des angesagten Ereignisses zu betonen. V. 18aa weckt den Eindruck, als habe Ezechiel nach einem nächtlichen Wortempfang am Morgen das Gotteswort den Leuten in seiner Umgebung mitgeteilt, also zumindest davon gesprochen, daß Y H W H ihm den Tod dessen, was ihm am liebsten sei, angekündigt habe. In Verbindung mit V. 18aß wirkt es, als sei die Frau Ezechiels am Abend desselben Tages gestorben 32 . Das Angekündigte tritt also umgehend ein - derartige Verdeutlichungen

schreibt er die Aufzählung der Trauerbräuche in V. 17 sowie 22b.23a ebenso einer späteren Hand zu wie den „redaktionellen Schluß" in V . 24. P O H L M A N N , Ezechielstudien, 14, erachtet 2223 sowie 21b als zusatzverdächtig; 18aa als nachträgliche Einfügung. Daneben versuchen manche Ausleger, den Wechsel der Sprecherhaltung gewissermaßen psychologisch zu erklären. So konstatiert L A M P A R T E R , BAT, 186: „Die Gottesworte, die Hesekiel mitteilt (V.21ff.), gehen in V.22 unvermerkt in seine eigenen Worte über". J. G A L A M B U S H , Jerusalem in the Book of Ezekiel. The City as Yahweh's Wife, Atlanta 1992 (SBL.DS 130), 141: „The confusion between Yahweh and Ezekiel in the oracle both reflects and compounds the sense that the roles of Yahweh and Ezekiel are the same." 29 Vgl. als Analogie nur noch Ez 12,7. W. Z I M M E R L I , Das verhüllte Gesicht des Propheten Ezechiel, in: Studien zur atl. Theologie und Prophetie, Ges. Aufsätze Bd. II, München 1974 (TB 51), 135-147, bemerkt hierzu immerhin: „Hängt es mit dieser Konzentration auf das Gotteswort zusammen, daß die konkrete Ausführung der Zeichenhandlungen oft fast nicht mehr vorstellbar ist /.../?" (143). 30 C O O K E , I C C , 2 7 1 : „/.../ from the context it seems most likely that he communicated to the people the divine word v.15/.../ viz. the announcement that he was about to lose the desire of his eyes and yet was to abstain from all outward signs of grief". G R E E N B E R G , AncB, 5 1 0 : „Presumably, reporting to them the substance of vss. 1 6 - 1 7 . " Allerdings wäre zu erwägen, ob Ezechiel sinnvollerweise nicht nur vom angekündigten Verlust gesprochen hat. 31 Vgl. oben Anm. 28. 32 So faßt es C L E M E N T S , Ezekiel, 111, auf. P O H L M A N N , Ezechielstudien, 15, bemerkt dazu: „Offensichtlich soll hier auch am Beispiel eines den Propheten selbst betreffenden Jahwewortes (v.16) deutlicher vor Augen gestellt und belegt werden, daß sich Jahwes ansagendes Wort erfüllt." (vgl. ders., ATD, 358).

332

(Auto)Biographische

Notizen (Ez 24 und 33)

im Blick auf dies Thema sind schon mehrfach im Ezechielbuch begegnet. Am darauffolgenden Morgen zeigt Ezechiel dann laut V. 18b das von Gott geforderte Verhalten des Nicht-Trauerns. Das Unterlassen der Riten, die unerläßlicher Bestandteil des damaligen gesellschaftlichen Zusammenlebens waren, mußte und sollte als Zeichenhandlung Aufsehen erregen. Dies besagt auch die autobiographische Notiz, indem Ezechiel die Frage der Leute an ihn zitiert (V. 1933). Im Gegensatz dazu ist eine entsprechende Frage in Ez 12,9 in eine Gottesrede integriert, die dort als am Morgen nach der abendlichen Zeichenhandlung ergehend dargestellt ist. Ab 24,20 beantwortet Ezechiel die Frage. Auch dies geschieht in außergewöhnlicher Form, weil hier nicht wie sonst im Ezechielbuch die Antwort auf die Frage der Leute gleichfalls in die Gottesrede integriert wird, sondern Ezechiel sie gewissermaßen selbständig formuliert („Und ich sprach zu ihnen", 20a). Dabei wahrt er allerdings insofern die sonst im Buch vorgegebene Form, als er den göttlichen Ursprung seiner Worte unmißverständlich herausstellt, indem er nämlich die Wortempfangsaussage 34 umformt: „ Y H W H S Wort ist mir geschehen/hat mich getroffen folgendermaßen" (20b). Mit der Spitzenstellung des debar-YHWHin diesem „invertierten Verbalsatz" verweist er auf den eigentlichen Sprecher, dessen Rede er in V.21 zitiert. Die zitierte Rede weist rudimentär das Einleitungsmuster von Gottesreden im Ezechielbuch auf: einen Imperativ, der zur Rede auffordert, die Benennung der Adressaten und die Zitatansage 35 . Dadurch wird es nochmals deutlich, daß die Erklärung, d.h. die Deutung der Zeichenhandlung, von Gott stammt. Bevor die Deutung, die 24,21-24 präsentiert, betrachtet wird, sei der metaphorische Sachverhalt selbst kurz beleuchtet. Mag der Begriff mahmad 'en&kä noch eine schillernde Bedeutung haben (geliebter Mensch, insbesondere Frau, oder kostbarer Besitz), stellt die Notiz über das Eintreten des von Y H W H Angekündigten Eindeutigkeit her: Ezechiels Frau stirbt 36 . Die Ehe des Propheten, der dem Buch seinen Namen gibt, kommt also ins Spiel und damit ein Motiv, welches in anderen schriftprophetischen Büchern ebenfalls vorkommt, aber 33 „Willst du uns nicht erklären, was das, was du tust, für uns bedeutet?" - Das in MT überlieferte, in LXX, Peschitta und Vulgata aber fehlende zweite länü wird gern als Dittographie ausgeschieden. Es mag sich jedoch ebenso gut um eine bewußte Einfügung handeln, die im Zusammenhang mit der noch zu zeigenden Umdeutung des zeichenhaften Tuns Ezechiels steht. 34 Z I M M E R L I , BK, 5 7 5 , nimmt die Stelle zum Anlaß, um zu bemerken: „Man wird /.../ davor gewarnt, etwa mit Hölscher alle einleitenden Wortereignisformeln allein dem Redaktor zuzuschreiben. Die Formel hat hier ihren Ort in der Rede des Propheten selber." Hier wird der umgekehrte Schluß gezogen: Die Formel ist wesentlicher Bestandteil der Buchkomposition, die das Wirken eines historischen Propheten nicht zwingend voraussetzt. Diese Formel wandelt die Komposition an dieser für das Konzept des Buches bedeutenden Stelle um. 35 Es gibt keinen Grund, wegen dieser - fiktiv! - autobiographischen Notiz vorauszusetzen, daß ein historischer Ezechiel tatsächlich so geredet habe. 36 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 128f., der nur 24,16f. auf Ezechiel selbst zurückführt, bezweifelt, „ob die Deutung 24,18ff. die Meinung Hesekiels wirklich trifft." (129). Im Anschluß an die Interpretation Jahns meint er: „Der Sinn des Spruches 24,16-17 ist dann einfach der: Jerusalem soll untergehen, ohne daß man es betrauert." (130).

Tod der Frau und Nicht-Trauern

(Ez

24,15-24)

333

auch im Ezechielbuch selbst breiteren Raum einnimmt: Hos 1 und 3 spiegeln metaphorisch das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk in der Ehe Hoseas mit einer untreuen, hurerischen Frau 37 , um so Israel das Vergehen der Fremdgötterverehrung vorzuhalten. Gott gebietet Jeremia, ehe- und damit kinderlos zu bleiben (Jer 16,2)38. Hier liegt das Schwergewicht des bildhaften Verhaltens auf der Kinderlosigkeit, denn diese soll „zeichenhaft darstellen, daß Familien bald ohne Söhne und Töchter sein werden, die auf qualvolle Weise umkommen." 39 Außerdem erlegt Y H W H Jeremia auf, daß er sich von Trauerfeiern fernhalte (Jer 16,5). Damit soll er vorwegnehmend darauf hinweisen, daß aufgrund der bevorstehenden Dezimierung der Bevölkerung bei dem kriegerischen Ereignis Trauerfeiern nicht mehr möglich sein würden 40 . Im Ezechielbuch selbst gestalten Kap. 16 und 23 zwei Geschichtsrückblicke unter Verwendung des im Hoseabuch vorgeprägten Bildes einer ehelichen Beziehung, die das Verhältnis Gottes zu seinem Volk umschreibt 41 . Bedenkt man, daß ein Leser des Ezechielbuches die breite Ausgestaltung des metaphorischen Vergleiches in Ez 23 gerade gelesen hat, so steht zu erwarten, daß er auch Kap. 24,15ff. in diesem Sinne wahrnehmen wird und dies zunächst auch tun soll. Ezechiels Frau entspricht zeichenhaft der Stadt Jerusalem, und das bedeutet, daß Ezechiel als Ehemann wie Hosea - bildhaft Gottes Rolle verkörpert. Sein Nicht-Trauern veranschaulicht damit, daß Y H W H beim „Tod" Jerusalems, also bei dessen Zerstörung nicht trauert, wie man es von ihm erwartete. Darin drückt sich die Erbarmungslosigkeit aus 42 , mit welcher er das Gericht an der Stadt geschehen läßt. Dies klang in 37 J. JEREMIAS, Der Prophet Hosea, Göttingen 1983 (ATD 24,1), 27, formuliert die klassische Herleitung des Bildes: „Hosea hat kühn aus kannaanäischer Mythologie die Ehemetaphorik für Israels Gottesverhältnis übernommen und abgewandelt." Zur Ehemetaphorik bei Hosea vgl. A, WEIDER, Ehemetaphorik in prophetischer Verkündigung, Diss. Fulda 1992 (auch zu Jer), sowie B. SEIFERT, Metaphorisches Reden von Gott im Hoseabuch, Göttingen 1996

( F R L A N T 166), 119-138.

Auch angesichts des Hoseabuches wird man allerdings einerseits zu bedenken haben, ob Hos 1 - 3 zum ursprünglichen ältesten Kern des Buches gehören, und andererseits die Frage aufwerfen müssen, ob der zu den sogenannten prophetischen Zeichenhandlungen gerechnete Sachverhalt wie vielfach angenommen als ein wirkliches Geschehen anzusehen ist oder ob nicht auch hier eine Fiktion, ein Stück literarischer Theologie vorliegt. Die im Spruchgut Hos 4ff. vorliegende Metaphorik wäre dann zu einem biographischen Vorspann verarbeitet worden. 38

A u ß e r a u f H o s 1 - 3 u n d J e r 16 v e r w e i s t COOKE, I C C , 2 7 0 , a u c h a u f J e s 8 , 1 ^ 1 . 1 8 , ZIMMERLI,

BK, 573, nimmt auch noch Jes 7,3 (14?) hinzu, Stellen, an denen es um Frau und Kinder des Propheten geht. Ähnlich BLOCK, NICOT, 788. 39

SCHREINER, N E B , 1 0 4 .

40

Vgl. FRIEBEL, Sign-Acts, 93; LUNDBOM, AncB, 761. Zur Ehe-Metaphorik vgl. ferner Jer 2

sowie 3,1-10. 41

Vgl. KRÜGER, Geschichtskonzepte, 164-181 (mit Blick auf die traditionellen Vorgaben);

vgl. f e r n e r VIEWEGER, B e z i e h u n g e n , 1 9 - 2 8 . 42 Vgl. HEMPEL, Vermutung, 313f., der seine These, daß der Prophet symbolisch die Haltung Gottes darstellen solle und das Nichtklagen folglich die Erbarmungslosigkeit Gottes symbolisiere, knapp folgendermaßen begründet: „Daß eine Gotteshandlung symbolisiert werden soll, geht eindeutig aus v.21 a hervor; nur von der hier vorgeschlagenen Deutung aus gewinnt v.23b

334

(Auto)Biographische

Notizen

(Ez 24 und 33)

24,14aß bereits an. Daß Y H W H den Untergang der Stadt dennoch nicht völlig emotionslos mit ansieht, deutet sich im Begriff mahmad 'en&ka sowie in V. 17a Anfang an. Unter dieser Voraussetzung wird man von dem deutenden Gerichtswort in V.21 die Worte: „Siehe, ich will mein Heiligtum entheiligen, und eure Söhne und Töchter, die ihr zurückgelassen habt, werden durch das Schwert fallen." auf das bildhafte Geschehen beziehen. Die drei Appositionen zu miqdäsi, die jeweils mit dem Suffix der 2. Pers. PI. versehen sind, scheinen auf die offensichtlich erfolgte Umdeutung zurückzugehen 4 3 . Das deutende Gerichtswort wird mit der in V.24b vorhandenen Erkenntnisansage geendet haben. O b der Hinweis Gottes, „Ezechiel wird für euch zum Wahrzeichen werden, wenn es kommt 4 4 " (24aa.ba), mit in dies Gerichtswort gehörte oder eine aus 24,27 gewonnene Anreicherung darstellt, ist schwer zu entscheiden. Wie in Kap. 12 nennt Y H W H ihn mdpet45, dort einmal in einem sogenannten privaten Orakel (12,6) und einmal in einer Rede, die er Ezechiel aufträgt, in der dieser sich den Rezipienten gegenüber als mdpet bezeichnen soll (12,II) 4 6 . Demgegenüber ist hier die Sprachgebung ungewöhnlich, da Gott innerhalb der aufgetragenen Rede in 3.Pers. von Ezechiel spricht und ihn namentlich benennt - außer am Buchanfang fällt nur hier der Name Ezechiel. Diese Auffälligkeit mag man als Indiz für ein literarisches Wachstum ansehen oder als eine stilistische Hervorhebung dieser Stelle, an der es um das für das Ezechielbuch entscheidende Ereignis geht. Setzt man Letzteres voraus, so gilt: Als ein solches Wahrzeichen verkörperte Ezechiel im Unterlassen des Vollzugs von Trauerriten Gottes Haltung gegenüber der Katastrophe, die dadurch eine sinnbildliche Bestätigung findet. Es erscheint denkbar, daß der Tod der Frau Ezechiels aufgrund ihres Symbolcharakters zeitgleich mit der Erstürmung Jerusalems zu denken sein soll 47 . Damit wäre in Ez 21,26 der Anmarsch des babylonischen Heeres angesprochen, in 24,1-14 der Beginn der Belagerung, und in 24,15ff. der Fall Jerusalems, der durch die Nachricht in 33,21f. gewissermaßen objektiv zur letzten Gewißheit wird, nachdem das Unglück in Kap. 24,15 ff. bildhaft angedeutet wurde.

e i n e n Sinn u n d n u r so wird die G i p f e l u n g ,ihr werdet erkennen, daß ich Jahwe bin' d e m Z u s a m m e n h a n g wirklich e i n g e g l i e d e r t . " 43 Soweit m a n nicht mit HEMPEL, V e r m u t u n g , 313, e i n e Ä n d e r u n g n u r d e r Suffixe a n n e h m e n will. 44 b'bo'äh als n e u e r l i c h e r A n k l a n g an K a p . 7 . 45 Vgl. d a z u S . H . BLANK, T h e P r o p h e t as P a r a d i g m , in J.L. C r e n s h a w / J . T . Willis (hrsg.), Essays in O l d T e s t a m e n t Ethics, N e w York 1974, 111-130 (122-124). 46 Vgl. d a z u o b e n 4.2.3. 47 BARDTKE, H e s e k i e l , 117, u n d ZIMMERLI, B K , 571, g e h e n d a v o n aus, d a ß 24,15ff. nicht a u c h u n t e r d a s D a t u m in 24,1 fallen. B e i d e r ü c k e n d a s G e s c h e h e n in 24,15ff. in die Z e i t k u r z vor d e r E i n n a h m e J e r u s a l e m s . W e n n BLENKINSOPP, E z e k i e l , 104, eine K o i n z i d e n z von Tod d e r F r a u u n d B e l a g e r u n g s b e g i n n k o n s t a t i e r t , u n t e r s t e l l t e r die Passage 24,15 ff. o f f e n k u n d i g d e m D a t u m in 24,1.

Tod der Frau und Nicht-Trauern

(Ez

24,15-24)

335

Offensichtlich ist dem in 24,16f. angeordneten zeichenhaften Vorgang im Blick auf das Verhalten Ezechiels noch eine weitere Deutung zuteil geworden. Darin gilt Ezechiels Verhalten als Vorwegnahme der R e a k t i o n der E x u l a n t e n auf den U n t e r g a n g Jerusalems 4 8 . V. 22a spricht dies direkt aus als eine Deutung, die E z e c h i e l seinen H ö r e r n in eigener Person gibt, was die Stilisierung von D e u teworten sonst im E z e c h i e l b u c h klar durchbricht 4 9 . Vv.22b.23a nehmen 1 6 b . l 7 variierend auf 5 0 und formulieren sie als Ausblick auf das zukünftige Tun der H ö rer. Meist nimmt man an, daß die E x u l a n t e n deshalb nicht trauern k ö n n e n , weil sie vor E n t s e t z e n erstarrt sind 5 1 . Friebel hingegen meint, es handle sich analog zu 21,11 f. 1 3 - 2 2 um eine „exhortatory representation of what the appropriate response should b e . " D e n n weil das G e r i c h t gerecht sei, sei Trauer über den Verlust der H e i m a t nicht angebracht 5 2 . D i e s e zusätzliche Deutung, die im Vergleich zu der ursprünglicheren eine gewisse Verharmlosung enthält, da sie von G o t t e s unabwendbarer Gerichtsentschlossenheit ablenkt, dürfte von den zeichenhaften A k t i o n e n beeinflußt sein, die YHWH J e r e m i a aufträgt ( J e r 1 6 , 1 - 9 ) . D o r t bildet J e r e m i a V o r g ä n g e ab, die

sich auf der menschlichen E b e n e bewegen. D i e beiden in E z 2 4 , 1 5 - 2 4 enthaltenen D e u t u n g e n kombinieren also die Traditionsvorgaben aus dem H o s e a - und dem J e r e m i a b u c h miteinander 5 3 . D a s am H o s e a b u c h orientierte zeichenhafte G e s c h e h e n stellt eine literarische Konstruktion 5 4 dar, welche innerhalb der B u c h k o m p o s i t i o n in metaphorischem G e w a n d auf den Fall Jerusalems hinweist, der die Erfüllung der Gerichtsansagen in den vorausgehenden Kapiteln bedeutet und deshalb für die G e s a m t konzeption des B u c h e s äußerst wichtig ist. S o gesehen erübrigen sich sowohl die Spekulationen über einen historischen E z e c h i e l und sein Privatleben 5 5 , die geDavon geht POHLMANN, ATD, 359, für diese Stelle grundsätzlich aus. In V. 24aß wird der Gedanke nochmals in „ordnungsgemäßer" Weise als Gotteswort formuliert. 50 Vgl. dazu ALLEN, W B C 29, 58: BLOCK, NICOT, 787.793. 51 Vgl. etwa COOKE, ICC, 270; FOHRER, HAT, 142; EICHRODT. ATD, 231; LAMPARTER, BAT, 185; GREENBERG, AncB, 515 („breakdown of mourning rites in the face of universal grief"). 52 Sign-Acts, 342. BLOCK, NICOT, 794, der ebenso wie vor ihm GARSCHA, Studien, 80, feststellt, daß der Text keine Begründung für das Nicht-Trauern des Volkes liefere, greift deshalb auf 24,25-27 zurück und folgert: „The exiles would refrain from mourning /.../ because they would recognize the dawn of a new age." 53 Es reicht keineswegs hin, die Vorlage des Berichtes nur in Jer 16,1 f. zu erblicken (so GARSCHA, Studien, 82). GREENBERG, AncB, 515, stellt dagegen fest: „Themes from Hosea and Jeremiah are combined here in a manner characteristic of Ezekiel." 54 GARSCHA, Studien, 81: „Allein schon die Tatsache, daß Ezechiels Frau zu .Demonstrationszwecken' sterben muß /.../ deutet darauf, daß der vorliegende Bericht bestenfalls eine nachträgliche Reflexion über ein Ereignis im Leben des Propheten darstellt." „Obwohl durchaus Worte im Bericht überliefert sein können, die der Prophet während der dargestellten Ereignisse gesagt oder gehört haben könnte, ist der Bericht in 24,15-29 auf alle Fälle ein literarisches Produkt mit eigenen Adressaten, die nicht mit denen identisch sind, die bei den geschilderten Ereignissen aufgetreten sein sollen." (81 f.). 55 So hält etwa LAMPARTER, BAT, 186, den Schluß, „daß Hesekiel mit seiner Frau in inniger 48 49

336

(Auto)Biographische

Notizen (Ez 24 und 33)

rade diese Passage angeregt hat, als auch die Empörung mancher Ausleger darüber, daß Gott die Frau Ezechiels sterben lasse, nur um einen Ausgangspunkt für seine Verkündigung zu erlangen 56 .

6.3 Die Nachricht vom Fall Jerusalems und das Lösen der (Ez 24,25-27 und 33,21.22)

Stummheit

Nach der Erkenntnisansage am Ende von V. 24 markiert die neuerliche Anrede 57 Y H W H S an Ezechiel einen Neueinsatz der Gottesrede. „Siehe/Fürwahr, heute habe ich von ihnen genommen ihre Feste, ihren herrlichen Schatz, die Freude ihrer Augen, und was ihr Leben trägt, ihre Söhne und Töchter (25). An dem Tag, der Entronnene zu dir kommt, um < e s > deine Ohren hören zu lassen (26), an dem Tag wird dein Mund geöffnet [gegenüber dem Entronnenen] 59 , und du wirst reden und nicht mehr stumm sein; und du wirst für sie sein ein Zeichen, und sie werden erkennen, daß ich Y H W H bin ( 2 7 ) . " Innerhalb dieser Verse, die vielfach insgesamt als Nachtrag gelten 60 , wird V. 26 als Glosse bzw. NachLiebe verbunden war", für keine Eintragung. Auch B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 104, sieht hier „one of the very few glimpses into the inner, emotional life of the prophet who is otherwise totally sacrificed to his calling." (ähnlich BLOCK, NICOT, 788). FOHRER, HAT, 141, spekuliert, daß die Frau vielleicht schon erkrankt war und daß die Deportierten wegen des innigen, nicht nur konventionellen Eheverhältnisses Ezechiels erwarteten, „er werde seiner Trauer besonders starken Ausdruck verleihen." Demgegenüber mahnt Z I M M E R L I , BK, 572, zwar zur Zurückhaltung („Es ist dabei angebracht, nochmals an die /.../ Begrenzung der darin gebotenen Erkenntnismöglichkeiten für die Biographie des Propheten zu erinnern."), doch zieht er den biographischen Schluß, „daß Ez verheiratet war, und das heißt wahrscheinlich auch /.../, daß er 597 nicht allein, sondern zusammen mit seiner Frau deportiert worden ist." (573). Ders., Das verhüllte Gesicht, 138, sieht „gelegentlich biographisch auswertbare Elemente". 56 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 129, zitiert einerseits Hengstenbergs Äußerung, es sei „seltsam, wenn Gott seinen Diener so weit erniedrigt hätte, daß er ihm aus keinem andern Grunde seine Frau genommen, als um ihm zu einer mimischen Darstellung zukünftiger Zustände des Volkes Anlaß zu geben", andererseits referiert er den Standpunkt Kuenens, Smends und Kraetzschmars, die das Familienereignis primär setzten und die göttliche Ankündigung als nachträgliche Spekulation des Propheten betrachteten. Während Z I M M E R L I , BK, 574f. (vgl. L A M P A R T E R , BAT, 185) Hengstenbergs Unterstellung ausdrücklich zurückweist, findet sie bei ALLEN, WBC 29,60, einen Widerhall: „Ezekiel is called to sacrifice his wife on the aitar of his prophetic vocation. The pain of this bereavement is utilized as a reflection of his people's imminent catastrophe." 57 V. 25 steht anders als am Anfang von V. 26 und 27 b'yöm ohne ein Demonstrativum, so daß man einen anderen Sinn dafür wird annehmen müssen. 58 V.26 und V.27 werden hier als durch den identischen Satzanfang aufeinander bezogen verstanden. 59 'eet-happälit dürfte nachträglich in den Vers gekommen sein (vgl. Z I M M E R L I , B K , 5 7 0 ; zuletzt P O H L M A N N , ATD, 3 6 1 ; sowie bereits F O H R E R , HAT. 1 4 3 ) . Vielleicht als durch aberratio oculi verursachte Dittographie? 60 Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 131 („nachredaktioneller Nachtrag"); Z I M M E R L I , BK, 578 („redaktioneller Anhang"). Z I M M E R L I betrachtet 24,25.27 als sekundär gegenüber 33,21f. und bewertet den Abschnitt in Kap. 24 mit ungewöhnlicher Abschätzigkeit.

Der Fall Jerusalems und das Lösen der Stummheit

337

trag 61 ausgeschieden, da dieser Vers eine Verknüpfung zu 33,21 herstellen wolle62. Allerdings ist der ganze kleine Abschnitt als ein Gelenkstück innerhalb der Buchkomposition zu betrachten. Dies zeigt sich rein äußerlich bereits daran, daß Gott Ezechiel hier keine Rede zur Weitergabe mitteilt, sondern nur ihn selbst anspricht. An diesem „privaten Orakel" läßt das Buch die Leser teilhaben. Geht man davon aus, daß der Todestag von Ezechiels Frau innerhalb der biographischen Fiktion den Untergangstag Jerusalems anzeigt - ähnlich wird man im übrigen vermuten dürfen, daß 21,23 ff. innerhalb der Buchchronologie zu der Zeit zu denken ist, wo sich der Marsch Nebukadnezars auf Jerusalem zuträgt - , so wird man die Zeitmarkierung beyöm in V. 25 als Verweis auf eben diesen im vorigen Unterabschnitt thematisierten Tag auffassen können. An diesem Tag kündigt Gott Ezechiel nun noch ein weiteres persönliches Widerfahrnis an, das mit der Zerstörung Jerusalems in Zusammenhang steht: Wenn Ezechiel durch einen Augenzeugen des Untergangs von dem Fall hört, wird er von dem Verstummen, das ihm im Rahmen der Beauftragung auferlegt wurde 63 (Ez 3,26f.), befreit werden. Das heißt, er kann wieder normal mit seinen Mitmenschen kommunizieren und ist nicht mehr darauf beschränkt, nur Y H W H S Worte auszusprechen, Worte, mit denen Gott den nahe bevorstehenden Untergang Jerusalems als ein Gerichtsgeschehen ankündigte. Mit dem Vollzug des Gerichts an der Stadt endet dieser außergewöhnliche Zustand Ezechiels, dessen (fiktive Aut o b i o g r a p h i e somit deutlich im Dienste einer theologischen Aussage steht.

61 H Ö L S C H E R , Hesekiel, 131, bzw. Z I M M E R L I , BK, 577, auch F O H R E R , HAT, 143; G A R S C H A , Studien, 84; A L L E N , WBC 29, 61; P O H L M A N N , Ezechielstudien, 18, sowie ATD, 361. Man empfindet einen Widerspruch innerhalb der Zeitangaben, da aufgrund von 24,25 der Tag der Eroberung das Ende des Stumm-Seins markiere, nach 33,21 f. jedoch der Zeitpunkt, zu dem der Entronnene bei Ezechiel eintrifft. FOHRER, HAT, 143, versucht dies durch eine recht konstruierte Psychologisierung wegzudiskutieren, LAMPARTER, BAT, 188, indem er den Tag als „Tag Jahwes" versteht. B A R D T K E , Hesekiel, 118, begnügt sich damit, die Zeitangabe in V.26 auszuscheiden, während C O O K E , I C C , 273, vorschlägt, statt „in the day"' „in that day" und damit als Fortsetzung von V.25 aufzufassen. Angesichts der oben angegebenen Übersetzungsmöglichkeit erscheint fraglich, ob der Widerspruch überhaupt in dieser Weise besteht. Überdies ergeben sich durchaus „Verdachtsmomente" gegen Teile von V.25 - schon R O T H S T E I N hielt lediglich V. 25aa für „echt". M. A. S C H M I D T , Komposition, 84, beurteilt V. 25 als Zusatz, der 26f. nach vorne verbinde. Wenn Z I M M E R L I , BK, 570, die Nachträglichkeit von V.25 und 27 mit der Parallelität zu V. 21 und 24 begründet, verkennt er, daß sich die Entsprechung zwischen V. 21 und 25 auf mahmad 'énè + Sf. sowie die Erwähnung von Söhnen und Töchtern beschränkt. Es mag sein, daß in V.25 eine eigene Auffüllung mit Epitheta für Jerusalem stattgefunden hat. Die Analogie zwischen V. 24 und 27 besteht nur zwischen der möpet-Aussage 24aa/27ba und der Erkenntnisansage 24bß/27bß. Im übrigen ist der Sinn der beiden Verse völlig verschieden, ihre Vergleichbarkeit also begrenzt. 62

FOHRER, H A T , 143; GARSCHA, 84.

B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 1 0 5 . 1 5 0 (ähnlich zuvor B A R D T K E , Hesekiel, 1 1 8 ) , nimmt ein 1 9 Monate währendes Stumm-Sein an, das somit nur für die Dauer der Belagerung der Stadt gegeben sei. VOGT, Untersuchungen, 107, geht davon aus, daß das Stummsein vom Tag der Eroberung Jerusalems bis zum Eintreffen des Flüchtlings dauere. 63

338

(Auto)Biographische

Notizen

(Ez 24 und

33)

V.27ba macht dies explizit, indem Y H W H Ezechiel wissen läßt, daß er zum môpet für sie werden wird, d.h. innerhalb der Buchfiktion wie schon in Kap. 12 zunächst für die Exulanten in seiner Umgebung, selbstverständlich aber auch und in erster Linie für die Leserschaft des Buches. Sowohl in Kap. 12 als auch hier verweist der Begriff môpet letztlich auf den Zusammenhang zwischen jeweils zumindest fiktiv - zeichenhafter Verkündigung und deren Eintreffen 64 . In beiden Fällen akzentuiert die Bezeichnung Ezechiels als Wahrzeichen ein zeichenhaftes Handeln, das Geschehen aufzeigt, das unmittelbar mit der Einnahme und Zerstörung Jerusalems zusammenhängt: Gefangenschaft und Deportation (Kap. 12) sowie das Ende der Stadt selbst. Die Verse 24,25-27 verweisen also zurück auf das Ende von Kap. 3 und deuten voraus auf 33,21 f.65 Kap. 24 schließt somit den Rahmen um die Unheilsverkündigung an das Haus Israel 66 . Die jetzige Buchkomposition läßt auf Ez 24 eine Sammlung von Völkersprüchen folgen (Kap. 25-32) 67 . Buchdramaturgisch betrachtet überbrücken 68 diese die Zeit, die innerhalb der autobiographischen Fiktion vergeht, bis der Entronnene bei Ezechiel eintrifft. Man wird nicht völlig ausschließen können, daß 24,25-27 ihre Existenz möglicherweise auch dem Einbau der Völkersprüche 69 in das Buch verdanken. In jedem Falle hätte aber der 64 In 1 K ö n 13,3.5, e i n e m sicher d t r g e p r ä g t e n Text, ist d i e s e r A s p e k t von môpet b e s o n d e r s deutlich: V. 3 k ü n d i g t das Z e r b e r s t e n des A l t a r s an als Z e i c h e n , u n d z w a r zceh hammôpet '"sœr dibbœr YHWH. V. 5a schildert das Z e r b e r s t e n d e s Altars, V. 5b k o m m e n t i e r t d a n n : kammôpet '"sœr natan 'îs ha'"'lohîm bid'bar VHWH. 65 COOKE, I C C , 367, vertritt die A n s i c h t , d a ß 3,22-24; 4,4.5 u n d 24,26.27 u r s p r ü n g l i c h e i n e n Z u s a m m e n h a n g bildeten. EICHRODT, A T D , 234f., n i m m t an, d a ß 3 , 2 4 - 2 6 u n d 4 , 4 - 8 u r s p r ü n g l i c h e i n e n z u s a m m e n h ä n g e n d e n Text mit 24,25-27 b i l d e t e n , d e r erst s e k u n d ä r v o n d e r R e d a k t i o n g e w i s s e r m a ß e n zerrissen w u r d e (ähnlich M . A . SCHMIDT, K o m p o s i t i o n , 85), sich allerdings nicht w i e d e r h e r s t e l l e n lasse. VOGT, U n t e r s u c h u n g e n , 98, d a g e g e n v e r s u c h t , diesen Text zu r e k o n s t u r i e r e n (nämlich 24,25.26acc; 3,25aß-26a; 24,26aß.b.27; 33,21 f.). FUHS, EZ 24, 282 A n m . 4 8 , meldet zu R e c h t Z w e i f e l an d e r B e w e i s b a r k e i t v o n VOGTS T h e s e an. - KRÜGF.R, G e s c h i c h t s k o n z e p te, 352, sieht in 3,22-27*; 24,25-27 u n d 33,21 f. e i n e ursprünglich z u s a m m e n h ä n g e n d e Z e i c h e n h a n d l u n g ; POHLMANN, E z e c h i e l s t u d i e n , 15, b e t o n t d a g e g e n das b u c h ü b e r g r e i f e n d e Bezieh u n g s g e f l e c h t d e r Verse. 66 Z u K a p . 24 als „ B e z u g s m i t t e d e s B u c h e s " vgl. FUHS, EZ 24, passim, bes. die t a b e l l a r i s c h e

Übersicht 67

S.279.

Vgl. d a z u B. GOSSE, L e R e c u e i l d ' o r a c l e s c o n t r e les n a t i o n s d ' E z é c h i e l X X V - X X X I I d a n s la r é d a c t i o n d u livre d ' E z é c h i e l , in: R B 93 (1986), 535-562. 68 Vgl. J. KEGLER, D i e V e r a r b e i t u n g d e r Z e r s t ö r u n g J e r u s a l e m s 587/6 in d e r p r o p h e t i s c h e n Ü b e r l i e f e r u n g J e r e m i a s u n d Ezechiels, in: M . A u g u s t i n / K . - D . S c h u n c k (hrsg.), W ü n s c h e t J e r u salem F r i e d e n , F r a n k f u r t / M . 1988, 3 0 3 - 3 1 2 (304). 69 E s ist h i e r nicht d e r O r t , u m auf die inhaltliche B e d e u t u n g d i e s e r S p r ü c h e s a m m l u n g inn e r h a l b des E z e c h i e l b u c h e s e i n z u g e h e n . Es e r s c h e i n t allerdings fraglich, o b sie als G e r i c h t s a n sagen ü b e r einige V ö l k e r Heil f ü r Israel a n k ü n d i g e n - so die l a n d l ä u f i g e M e i n u n g (vgl. e t w a ZIMMERLI, V o m P r o p h e t e n w o r t z u m P r o p h e t e n b u c h , 491: „ D i e W o r t e welche d a s r i c h t e n d e E i n g r e i f e n J a h w e s g e g e n die V ö l k e r u m Israel h e r e n t h a l t e n , k ü n d e n in d e r W e n d u n g g e g e n die U m w e l t schon die V o r b e r e i t u n g d e r n e u e n Z u w e n d u n g J a h w e s zu s e i n e m e i g e n e n V o l k e a n " ) . B e d e u t e t YHWHS H a n d e l n an d e n V ö l k e r n nicht z u n ä c h s t u n d vor allem, d a ß e r H e r r a u c h ü b e r diese V ö l k e r u n d d a m i t letztlich A l l e i n h e r r s c h e r ist? I n n e r h a l b d e r V ö l k e r s p r ü c h e b e g e g n e t in 29,21 die W e n d u n g p i t l i ô n - p œ h , bei d e r m a n ver-

Der Fall Jerusalems und das Lösen der

Stummheit

339

für die Verse verantwortliche Verfasser das Leitprinzip der Komposition aufgenommen, indem er in 24,26f. eine Ankündigung schafft, die sich innerhalb der autobiographischen Fiktion in 33,21 f. verwirklicht, und so den Zusammenhang zwischen Ansage und Eintreffen einmal mehr demonstriert. Ez 33,21 f. bilden ebenfalls eine knappe autobiographische Notiz, die typische Sprachmuster des Buches abwandelt, wie es auch in Kap. 24 zu beobachten war. Ein way''hi eröffnet den Satz, gefolgt von einer Datierung auf den 19. Januar 58670 (33,21a). Seit dem Fall Jerusalems ist also etwa ein halbes Jahr vergangen. Abgesehen von dem einleitenden wayehi enthält der Satz noch zwei weitere Elemente der Wortempfangsaussage, nämlich ihr personales Objekt 'elay und das zur Rede überleitende le'mor. Doch statt eines YHWHwortes kommt - das Verb bä' läßt gewiß nicht umsonst das geradezu leitmotivisch wiederkehrende, das Gericht androhende ba'äh anklingen -hier der Entronnene 7 1 aus Jerusalem zu Ezechiel (21b). Daß dieser Ezechiel etwas mitteilt, läßt sich nur an dem lapidaren le'mor ablesen. Auch die Nachricht selbst ist auf das Nötigste beschränkt, auf die zwei Wörter hukkl'läh hä'tr. Darin finden alle Gerichtsansagen, die 72 Y H W H Ezechiel übermittelte, ihre Bestätigung und Bewahrheitung. Das ist durch das Eintreffen eines Augenzeugen, der hier als Bote fungiert, für den im sucht ist, an

und 3 3 , 2 2 zu denken. Die meisten Ausleger ( C O O K E , I C C , 3 3 0 ; F O H R E R , HAT, BK, 7 2 1 ; A L L E N . WBC 2 9 , 1 1 0 ; B L O C K , 1 5 2 F . ) betrachten diesen Vers nicht nur als späten Zusatz, sondern verstehen die Wendung im Sinne von Ez 1 6 , 6 3 , nicht als Verweis auf Ezechiels Verstummen. Z I M M E R L I , BK, 8 1 3 F . , sieht 1 6 , 6 3 als „Schul-Nachtrag", 2 9 , 2 1 als „spät e < s > Wort". Nur FUHS, NEB, 163, liest den „kleinen Nachtrag" als Hinweis auf die grundsätzliche Bedeutung der Völkersprüche: „Die in 2 4 2 7 angekündigte und in 3 3 2 2 eintretende Wende zur Heilsverkündigung wird kurz eingeblendet." 70 KUTSCH, Daten, 44f., zeigt überzeugend auf, daß der Text von MT korrekt ist und zwischen dem in 24,1 genannten Datum und demjenigen in 33,21 etwa 6 Monate liegen, nicht - wie viele Ausleger vor ihm errechneten - eineinhalb Jahre. Letztgenannte Rechnung führte dazu, die Zahl Zwölf in MT aufgrund einiger Handschriften der Übersetzungen in „Elf" zu ändern (so C O O K E , ICC, 366; B A R D T K E , Hesekiel, 128; F O H R E R , HAT, 187; E I C H R O D T , ATD, 317; Z I M M E R L I , B K , 812; B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 105.149; A L L E N , WBC 29,152; eine andere, kaum überzeugende Lösung bietet J.A. BEWER, Das Datum in Hes 33,21, in: ZAW 54 [1936], 114f.) und die MTDatierung in 33 damit zu erklären, daß das Datum im Interesse einer korrekten Chronologie wegen des Datums in 32,17 nachträglich angepaßt worden sei ( E I C H R O D T , ATD, 317; Z I M M E R L I , B K , 812). 71 Was die Bedeutung von pältd betrifft, gehen die meisten (vgl. F O H R E R , HAT, 1 8 7 ; E I C H RODT, ATD, 3 1 8 ; B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 1 4 9 ; A L L E N , WBC 2 9 ; 1 5 2 ; B L O C K , N I C O T 1 1 , 2 5 4 ) davon aus, daß es sich dabei um jemanden handelt, der mit der zweiten Deportation nach Babylonien gekommen sei; damit erklärt man sich auch die Tatsache, daß die Reise sechs Monate gedauert habe, also länger als Esra laut Esr 7,9; 8,31 für eine vergleichbare Entfernung benötigt habe. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 1 6 5 , will den Sg. kollektiv verstehen i. S. „deportierte Juden". Z I M MERLI,BK,811, versteht darunter einen, „der im Kampfe am Leben geblieben ist. /.../ Es kann aber auch ein Gefangener sein, der nachher deportiert wird." FUHS, NEB, 186, hält alle Spekulationen über die Person dieses Boten und die Dauer seines Weges für überflüssig, weil es sich um einen „nach 2425~27 literarisch erwarteten Boten" handle. 72 „Der Ausruf: ,Die Stadt ist gefallen', ist die gewaltige Bestätigung seiner jahrelangen Prophetenarbeit." ( B A R D T K E , Hesekiel, 1 2 8 ) . Vgl. F O H R E R , HAT, 1 8 8 ; E I C H R O D T . ATD, 3 1 8 ; Z I M 24,27

170; ZIMMERLI,

MERLI, B K , 8 1 0 ; L A M P A R T E R , B A T , 2 3 6 ; B L O C K , N I C O T I I , 7 9 6 .

340

(Auto)Biographische

Notizen (Ez 24 und 33)

Exil befindlichen Ezechiel (und die Deportierten um ihn) erwiesen. Doch damit nicht genug: Ezechiel wird von dem Stumm-Sein befreit (22). V. 22aa betont zunächst den Ausnahmecharakter der Situation: Die Hand Y H W H S kommt über Ezechiel wie sonst als Auftakt eines visionären Erlebens, und zwar am Abend, bevor der Entronnene eintrifft, so daß sich das einschneidende Ereignis für Ezechiel spürbar ankündigt. V.22aß hebt die Gleichzeitigkeit zwischen dem Öffnen 7 3 von Ezechiels Mund und dem Kommen des Entronnenen am nächsten Morgen hervor. V. 22b konstatiert als Abschluß der Notiz: „Und mein Mund wurde aufgetan, und ich mußte nicht mehr stumm sein.", mit denselben Worten also wie in 24,27 - lediglich die Verbformen sind der Sprechsituation des Ich-Berichts angepaßt. Das bedeutet, daß Ezechiel nun nicht mehr ausschließlich das zu sprechen hat, was Y H W H ihm aufträgt, sondern in zwischenmenschlicher Kommunikation wieder frei zu reden imstande ist. Gern verstehen Ausleger diese Stelle vor allem als Wende zur Heilsbotschaft Ezechiels 74 . Doch geht dies aus dem Text von 33,21 f. nicht explizit hervor, sondern allenfalls aus den in der kanonischen Gestalt des Buches nun noch folgenden Kapiteln. Dabei bleibt Zweierlei zu bedenken: Zum einen ist zu erwägen, daß das Buch auf einer vorkanonischen Stufe mit Kap. 33 geendet haben kann. Zum anderen bieten die anschließenden Texte keineswegs nur Heilsausblicke - 33,23-29 und Kap. 35 sind deutliche Gerichtsansagen, und Kap. 34 kündigt zumindest den Hirten, wenngleich nicht der von ihnen mißhandelten Herde, Gericht an 75 . Um eine Wende zum Heil geht es in 33,21 f. also zunächst wohl nicht; vielmehr konzentriert sich das Interesse darauf, daß Gott das Verstummen Ezechiels aufhebt als ein Zeugnis dafür, daß er in den bild- und zeichenhaften Ankündigungen der Eroberung und Zerstörung Jerusalems einzig Y H W H S Sprachrohr gewesen ist. Damit erhärtet Gott rückwirkend noch einmal die Beauftragung und Legitimation Ezechiels, die durch das Eintreffen der Gerichtsbotschaft allgemein einsehbar sein muß, ganz im Sinne der besonderen Erkenntnisansage in 2,5 (und 33,33). In dieser Hinsicht ist Ezechiel dann das besagte „Wahrzeichen" (möpet 7 6 ). 33,21 f. ist insofern in erster Linie rückwärts gewandt und schließt kompositorisch und

73

Subjekt dieser aktivischen Formulierung ist Y H W H . Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 166; C O O K E , I C C , 366; B A R D T K E , Hesekiel, 129; E I C H R O D T , A T D , 319; LAMPARTER, B A T , 234; F U H S , N E B , 186; B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 150; A L L E N , W B C 29,152: „Whatever the precise significance of the dumbness /.../ its termination, here mentioned twice for emphasis, clearly marked a turning point for the prophet and his people, and made possible a new message of national hope to replace that of judgment." P O H L M A N N , Ezechielstudien, 34, weist Ez 24 die Funktion zu, den Unheilsteil abzuschließen und die Wende zum Heil zu markieren (vgl. ders., ATD, 362f.). 75 G R E E N B E R G ; AncB, 6 8 2 , vermutet: „Now he could speak freely with them - perhaps as a public censor, admonishing them on his own /.../. We have no evidence, however, of this new freedom, for the prophet's speech in subsequent chapters of the book is not more spontaneous than in the foregoing ones; as before, all that Ezekiel speaks is 'the word of Y H W H ' . " 76 Vgl. BLOCK, NICOTII, 256; Ezechiel als „living proof of the veracity of the divine word" zumindest innerhalb der (auto)biographischen Fiktion des Buches ist dem so. 74

Der Fall Jerusalems und das Lösen der

341

Stummheit

theologisch den Rahmen, der in 3,26f. geöffnet wurde, ein Schluß, der durch die Ankündigung in 24,27 selbst den Charakter der Worterfüllung trägt. Durch die Analogie zu 2,5b entsteht schließlich mit 33,33b ein letzter äußerer Rahmen um die Gerichtsansagen Ezechiels an die Adresse Juda-Jerusalems. Dazu paßt auch 33,33a als Gerichtsdrohung, die das Motiv des bä'äh enthält. 33,33 besitzt somit deutlich buchkompositorische Funktion, indem der Vers einen Schlußpunkt unter die Gerichtsworte setzt: „Und bei seinem Kommen und siehe, es ist gekommen (AK!), werden sie erkennen, daß ein Prophet in ihrer Mitte gewesen ist." Sinngemäß und funktional hängt der Vers mit 33,21 f. zusammen 77 . Die Ausleger haben sich bei der Interpretation von V. 33a schwer getan, da sie ihn als Fortsetzung und Schlußpunkt der Passage 33,30-32 betrachteten 78 . Diese beschäftigt sich mit der Rezeption von Ezechiels Worten und steht von daher 21,5 nahe, aber auch 12,21-28 79 . Demgegenüber hat sich die Haltung der Hörer verändert, da sie einander von Ezechiel erzählen, sich gegenseitig auffordern, das Wort, das von Y H W H ausgeht - und das Ezechiel ausspricht - anzuhören (V. 30). Sie hören ihm nicht nur zu (31a 8ü ), sie hören ihn auch gern (32a), weil sie seinen Vortrag als ästhetischen Genuß würdigen, doch schätzen sie ihn nicht aus inhaltlichen Gründen (32a.ba), da sie sich nicht nach seiner Botschaft richten (32bß, vgl. 31aß). Die Stellung des Abschnittes, den man wegen seiner Form als „privates Orakel" als tröstenden Zuspruch an Ezechiel aufgefaßt hat 81 , hat den Eindruck geweckt, der Wandel der Hörerschaft habe etwas damit zu tun, daß Ezechiel nicht mehr stumm ist82. Zudem hat man unterstellt, daß das Eintreten der Katastrophe zu einer gewissen Anerkennung Ezechiels bei den Exulanten geführt habe 83 . Schließlich hat man sich gefragt, welchen Inhalt die Worte gehabt haben 77

Dafür spräche auch die formale Beobachtung, daß 3 3 , 3 0 - 3 3 insgesamt - wie 3 3 , 2 1 f. - ein „privates Orakel" bildet, das nicht zu einem auszusprechenden Gotteswort führt (vgl. E I C H RODT, ATD, 3 2 2 ; G R E E N B E R G , AncB, 6 9 0 ; Z I M M E R L I , BK, 8 2 1 , erwartet als „natürliche Gestaltung" ein Klagelied). 78 Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 168: „Das Kommende ist das erwartete Eingreifen Jahwes, den Frommen seines Volkes zu Hilfe, den Widerspenstigen zum Gericht." C O O K E , I C C , 369, stellt nur fest: „the subj. is left undefined" (vgl. B L O C K , N I C O T , 267); LAMPARTER, B A T , 239, meint, die Neuschöpfung des Gottesvolkes (36,24ff.) werde eintreffen; Z I M M E R L I , BK, 824, äußert sich vage: „Jahwe wird sein Werk mit Israel so weiterführen, wie er es verheißen hat. Zugleich aber wird er auch über dem einzelnen zu dem Worte stehen, das er durch seinen Späher hat ausrichten lassen." 79

V g l . BLOCK, N I C O T , 265.

H Ö L S C H E R , Hesekiel, 167 Anm. 4, und Z I M M E R L I , BK, 823, sehen 33,31aß.b als Glosse bzw. Zusatz an. V. 31b ist wahrscheinlich eine Anreicherung, die die negative Charakterisierung der Hörer verstärken will. L. A. ALLEN, Annotation Clusters in Ezekiel, in: ZAW 102 (1990), 408413 (410f.), versteht die Vershälfte als zunächst auf die schlechten Hirten in Kap. 34 gemünzt. 80

81

V g l . EICHRODT, A T D , 3 2 2 ; FUHS, N E B , 187; A L L E N , W B C , 154; BLOCK, N I C O T ,

82

ZIMMERLI, B K , 8 2 2 .

83

HÖLSCHER,

Hesekiel,

167; COOKE, I C C , 3 6 8 ; MESSEL,

190; FUHS, N E B , 188; ALLEN, W B C ,

153.

Ezechielfragen,

265.

115; FOHRER,

HAT,

342

(Auto)Biographische

Notizen (Ez 24 und 33)

mögen. Da die Exulanten sie gern hören, hat man an Heilsworte gedacht 84 ; da sie die Worte jedoch nicht tun und in V.33a eine Gerichtsansage steckt, hat man bedingte Heilsansagen erwogen 85 , die man dann aber in den Heilsankündigungen Kap. 34ff. nicht vorfindet 86 . Doch geht es dem Abschnitt offensichtlich weniger um den Inhalt der Worte 87 ; vielmehr gilt das Interesse dem Verhalten der Hörer. In dieser Hinsicht scheint die Passage eine Klammerfunktion zwischen der völlig negativ beurteilten Hörerhaltung in Kap. 1-24 („Haus des Widerspruchs") und der in Zukunft für Gottes Gebote geöffneten Wahrnehmung, die 36,26f.88 in Aussicht stellt, zu sein: Die Exulanten, wie 33,30-32 sie beschreibt, bringen lediglich eine rein äußerliche Hörbereitschaft zustande, eine Wahrnehmungsfähigkeit im Vollsinne, die auch ein entsprechendes Verhalten nach sich zieht, kann nur von Gott selbst geschenkt werden 89 . So gesehen blickt 33,30-32 voraus auf die Heilsansage 90 und verzahnt Ez l-24(-33) mit dem letzten Drittel des Buches.

84

BARDTKE, H e s e k i e l , 1 3 2 ; EICHRODT, A T D , 3 2 4 .

85

Vgl. HÖLSCHER, Hesekiel, 168; ZIMMERLI, BK, 823: es müsse ein Wort sein, das Zukunft eröffnet, aber auch zum Gehorsam ruft und eine Entscheidung fordert; ders., Das verhüllte Gesicht, 142, spricht von einem zur Umkehr rufenden Wort. 86 So GREENBERG, AncB, 691; er erwägt, daß es bedingte Heilsansagen Ezechiels gegeben haben könnte, die aber nicht überliefert seien. Eine Verbindung „repent and live" findet er led i g l i c h in E z 1 8 , 2 1 - 3 2 u n d 3 3 , 1 - 2 0 v o r . 87

Man könnte sich allenfalls fragen, ob die Bezeichnung Sir '"gabim (zur Textkritik vgl. MESSEL, Ezechielfragen, 115; ZIMMEREI, BK, 816), der „Minnesang" (BARDTKE, Hesekiel, 131) etwas mit dem metaphorischen Liebesverhältnis zwischen YHWH und Israel zu tun hat. Das Volk meint, sein Verhältnis zu Gott sei wieder eingerenkt, ein Mißverständnis, wie auch das als „sensuality" (BLOCK, NICOT, 266) negativ konnotierte Wort '"gäbim beweist. 88 Vgl. auch 11,19. Verweise auf diese beiden Heilsansagen auch bei FUHS, NEB, 187. 89 Anders der Aufruf Ez 18,31. 90 HÖLSCHER, Hesekiel, 168, sowie COOKE, ICC, 363.368, haben den gesamten Abschnitt 33,30-33 als Überleitung zu den Heilsweissagungen ab Kap. 34 gesehen. COOKE, ICC, 363, erwog, daß 33,21-33 logisch besser vor 33,1-20 stehen sollten.

7. Schlußbetrachtung: Ezechiels prophetische (Auto)Biographie als Theologie Im Laufe der Untersuchung hat sich das Ezechielbuch einmal mehr als ein planvoll gestaltetes literarisches Werk erwiesen. Man wird davon auszugehen haben, daß es sich um eine als Buch konzipierte Größe handelt. Dies zeigt sich zuerst an der autobiographischen Anlage des Ganzen. Daß dem Ezechielbuch eine durchgehende Konzeption zugrunde liegt, läßt sich dann auch formal an den konsequent eingesetzten Einleitungs- und Abschlußmustern der Buchabschnitte ablesen. Hinzu kommen inhaltlich bedeutsame Stichworte (z.B. „Schwert", oder „es kommt"), die immer wiederkehren und das Buch wie ein Netz durchziehen. Diese vernetzende Funktion, die solche Stichworte im Kleinen ausüben, leisten in größerem Maßstab innerhalb der Buchstruktur Motivkomplexe wie Y H W H S Herrlichkeit, das Verstummen Ezechiels oder die Umkehrthematik, aber auch die kürzeren Heilsausblicke innerhalb von Kap. 1-24 1 oder das Anschlagen des Bundesmotivs 2 , schließlich Ezechiels visionäres Erleben oder seine Beauftragungen zu zeichenhaftem Handeln. Hier ist auch das Datierungssystem zu nennen. Alle Versuche, diese grundlegende Gesamtkonzeption des Buches - innerhalb dessen sich zwar Anreicherungen erkennen lassen - in Richtung auf eine wie immer geartete Vorgeschichte hin zu befragen, müssen rein spekulativ bleiben. Dies gilt vor allem für die Frage nach einem Propheten namens Ezechiel als historischer Gestalt und dessen ipsissima vox. Daß dieser Ezechiel der lange Zeit herrschenden Vorstellung von einem Propheten und der Entstehung eines Prophetenbuches entsprechend die Reden, die Gott ihm in dem Buch aufträgt, tatsächlich weitergegeben hat - etwa zunächst mündlich, um sie erst dann (wie

' 6 , 8 - 1 0 ; 11,14-21; 14,21-23; 16,59-63; 17,22-24; 20,32^14. Vgl. d i e s o g e n . B u n d e s f o r m e l in 11,20b; 14,1 l b ; 36,28b; 37,27 s o w i e die T h e m a t i s i e r u n g ein e r b'rlt 16,59-63; 34,25; 37,26; vgl. d a z u C. LEVIN, D i e V e r h e i ß u n g d e s n e u e n B u n d e s in i h r e m t h e o l o g i e g e s c h i c h t l i c h e n Z u s a m m e n h a n g a u s g e l e g t , G ö t t i n g e n 1985 ( F R L A N T 1 3 7 ) , 2 0 5 - 2 2 2 , d e r d i e s e P a s s a g e n als E r z e u g n i s s e e x e g e t i s c h e r N a c h a r b e i t u n d d e r e n A b h ä n g i g k e i t v o m J e r e m i a b u c h a u f z e i g t . D. BALTZER, L i t e r a r k r i t i s c h e u n d l i t e r a r h i s t o r i s c h e A n m e r k u n g e n zur Heilsp r o p h e t i e im E z e c h i e l b u c h , in: J. L u s t (hrsg.), E z e k i e l a n d H i s B o o k , L e u v e n 1 9 8 6 , 1 6 6 - 1 8 1 , b e m e r k t z u R e c h t , d e r B u n d e s b e g r i f f h a b e im E z e c h i e l b u c h k e i n e t r a g e n d e F u n k t i o n u n d „ d a ß die R e d e v o m B u n d nicht zu d e n s p e z i f i s c h e n W o r t e n d e r t h e o l o g i s c h e n S p r a c h e E z e c h i e l s geh ö r t . " (172). Vgl. d a z u f e r n e r S. OHNESORGE, J a h w e g e s t a l t e t sein Volk n e u . Z u r Sicht d e r Z u k u n f t Israels n a c h E z 11,14-21; 20,1^14; 36,16-38; 3 7 , 1 - 1 4 . 1 5 - 2 8 , W ü r z b u r g 1991 ( f z b 64). 2

344

Schluß: Ezechiels Biographie als Theologie

es gerade für das Ezechielbuch angenommen wird) selbst aufzuschreiben 3 , all das geht aus dem Buch so nicht hervor 4 . Diese Hypothese will die Annahme bewahren, daß das Buch wenigstens in seinem Kern auf eine authentische Prophetengestalt zurückgeht, die darin ihre echte eigene Gotteserfahrung darstellt. Denn eine solche wird als höherwertig betrachtet gegenüber einer am Schreibtisch entworfenen theologischen Reflexion 5 . Diese Vorstellung entspringt ferner dem Versuch, aus den Texten des AT ein allgemein gültiges Bild von Propheten bzw. von Prophetie zu abstrahieren, ohne dabei die Möglichkeit zu bedenken, daß die Darstellung dessen, was man als „Prophetie" bezeichnet, in verschiedenen Schriften des AT unterschiedlich und darüber hinaus auch noch nachträglich überformt sein kann. Der Umstand, daß man das Ezechielbuch schon frühzeitig als realistische Autobiographie gelesen hat, rührt einerseits daher, daß das Buch die autobiographische Fiktion konsequent durchgehalten und so mit einer gewissen Glaubhaftigkeit gestaltet hat; andererseits beeinflußte sicher die Lektüre und Kenntnis des Jeremiabuches die Wahrnehmung des Ezechielbuches in diesem Punkte. Zudem wird die Tendenz eine Rolle gespielt haben, die sich in den Psalmenüberschriften ankündigt, nämlich die Zuordnung der Schriften der werdenden jüdischen Bibel zu Verfassern, die als Personen innerhalb der Geschichte Israels bedeutsam waren. Als sich im Judentum eine entsprechende Zuschreibung aller kanonischen Bücher vollzogen hatte 6 , war es sicher keine Frage mehr, das Ezechielbuch als Werk der Person zu betrachten, die der Schrift den Titel gegeben hatte. Das Buch setzt allerdings deutlich das historische Faktum der Einnahme und Zerstörung Jerusalems im Jahre 587/6 voraus sowie die damit zusammenhängenden Ereignisse der Ersten Deportation, des Anmarsches Nebukadnezars und seiner Truppen auf Jerusalem, der Belagerung der Stadt und der Zweiten Deportation nach dem Fall Jerusalems. Dazu liefert das Ezechielbuch allerdings kaum präzise Einzelheiten 7 ; ihm sind vielmehr die Geschehnisse als solche und in ihrer Abfolge wichtig.

3 Eine Darstellung dieser klassisch zu nennenden Sicht findet sich bei W. Z I M M E R L I , Prophetenwort, vgl. auch B L E N K I N S O P P , Ezekiel, 2. 4 Zwar rechnen die Gottesreden mit einem Publikum Ezechiels und kalkulieren auch dessen Reaktionen ein, doch handelt es sich dabei um Bestandteile der Fiktion bzw. rhetorische Mittel. Die wenigen Verse wie 11,25 und vermutlich auch 24,18acc, die explizit die Weitergabe von Gottesworten schildern, sind Anreicherungen. 5 Vgl. dazu F E I S T , Ezechiel, 1 9 . 2 6 - 5 0 . 1 6 0 - 1 7 7 . 6 Vgl. Der Babylonische Talmud, Baba bathra, Fol. 14b.l5a (hrsg. L. Goldschmidt, 6. Band, 976-979). Dabei ist vor allem die Zuweisung „Moseh schrieb sein Buch" (976) im Bewußtsein geblieben. Daß Jeremia außer den Klageliedern auch die Königebücher zugeschrieben werden, ist ebenso erhellend für den Scharfblick wie die Zuweisung des Ezechiel an die „Männer der grossen Synagoge" (976), d.h. nicht an einen Verfasser Ezechiel. 7 Details scheinen allenfalls in Ez 17 oder 19 auf und betreffen das Schicksal des Herrscherhauses. Auch die in 12,1-16 festgestellten Überformungen beziehen sich auf den König.

Schluß: Ezechiels Biographie als

Theologie

345

Über eine Person Ezechiel ist außerhalb des Buches hingegen nichts bekannt. Man mag vermuten, daß eine historische Gestalt im Hintergrund steht, von der man vielleicht auch legendenhaft erzählte; doch bleibt dies Spekulation. Man muß vielmehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß „Ezechiel" ein programmatischer Personenname ist (analog zu Elijah), der die theologische Kernaussage des Buches umreißen will8. Nicht umsonst kommen im Rahmen der Indienstnahme wortspielhafte Elemente zur Wurzel hzq vor. Ob Teile dessen, was man in traditioneller exegetischer Sicht als „Spruchgut" bezeichnen würde, vorgegeben waren - etwa die von Hölscher dem „Dichter" Ezechiel zugeschriebenen poetischen Partien - , läßt sich ebenfalls nicht mit Gewißheit entscheiden. Mit Sicherheit steht dies „Spruchgut" nicht in einem luftleeren Raum, sondern greift auf vorgeprägte sprachlich-stilistische und gedanklich-theologische Traditionen zurück. Daß dabei auch einmal vorfindliche Texte verwendet werden, ist nicht ausgeschlossen - man denke nur an das sogenannte Schwertlied in Kap. 21. Die Bezüge zu Vorgaben aus der Tradition zeigen sich in den Bildreden besonders deutlich, wo geprägte Metaphern aufgegriffen, umgestaltet und entfaltet werden. Zum einen, um Hypothesen zu vermeiden, zum anderen wegen der Gestaltung des Buches und der darin erkennbaren theologischen Aussageabsicht empfiehlt es sich, von einer autobiographischen Fiktion auszugehen, mithin also von „Pseudepigraphie" in dem Sinne, daß nicht die Person, die innerhalb des Textes als Sprecher/Verfasser in Erscheinung tritt, für das Buch verantwortlich zeichnet, sondern ein anonymer Autor. Insofern als auch die Verfasser des Pentateuch, des DtrGW oder der Psalmen unbekannt bleiben, verhält sich das Ezechielbuch analog zu diesen Schriften. Da die Person Ezechiel, die als Sprecher/ Verfasser des Buches erscheint, nicht wie Mose, Esra oder Henoch als Gestalt aus der Geschichte Israels bekannt ist und von daher Autorität beanspruchen kann, liegt im Falle des Ezechielbuches keine Pseudepigraphie in dem Sinne vor, wie sie mit apokalyptischem Schrifttum verbunden zu sein pflegt 9 . Im Rückblick auf die Untersuchung und deren Ergebnisse soll im Folgenden eine Gesamtcharakteristik des Ezechielbuches entworfen werden. Am Beispiel von Ez 21 zeigten sich exemplarisch Auffälligkeiten der Komposition: Bildreden (mesülim) kündigen das Gericht an. Bildhafte Motive - wie das Schwert halten ein Kapitel zusammen, durchziehen aber auch das Buch und setzen so Akzente innerhalb der Komposition. Als Aufforderung gestaltete Zeichenhandlungen lassen historische Ereignisse durchscheinen. Prophetie wird selbst zum Thema (21,5.26-28.34); sie ist dabei deutlich als Vorankündigung von Geschehen verstanden. Die bildhaften Elemente erwiesen sich als Aufnahmen und 8

„Gott ist stark/mächtig" - das beweist er in seinem Handeln an Israel, bzw. „Gott möge stark/mächtig sein", nämlich im Leben der Leser. 9 Vgl. dazu D.S. RUSSELL, Apokalyptik - Prophetie - Pseudonymität, in: K. Koch/J.M. Schmidt, Apokalyptik, Darmstadt 1982 ( W d F 365), 311-326 (321-326). Vgl. FEIST, Ezechiel, 219-223.

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Verarbeitungen von vorgeprägtem Gut, hier v.a. aus dem Jeremiabuch, aber auch aus (schrift)prophetischem Spruchgut des 8. Jh.s. Die Vertrautheit mit diesen Texten scheint vorausgesetzt zu sein, zumal da sie das Verstehen der Ezechielpassagen fördert 10 . Der Eindruck einer Gesamtkomposition und -konzeption gründet sich vor allem auch auf die wiederkehrenden Wendungen, die durchweg als prophetische Sprachsignale dienen. Sie erfüllen im Wesentlichen drei Aufgaben: Sie stellen YHWH unmißverständlich als Urheber der Worte heraus, die Ezechiel mitgeteilt und überwiegend zur Verkündigung aufgetragen werden 11 . Die Stilisierung als Selbstbericht erlaubt es, den Leser die Beauftragung unmittelbar miterleben, ja, ihn den Urheber selbst mit anhören zu lassen. So gesehen besteht das Ezechielbuch eigentlich nur aus sogen, privaten Orakeln und ist im Grunde weitgehend ein Gottesmonolog. In der Regel bleibt es bei der Beauftragung; die Ausführung wird nicht thematisiert (da sie implizit als selbstverständlich gilt). YHWH ist damit die eigentliche Hauptperson, der letztlich Aktive, der nicht nur den bcen'adäm anredet, sondern vor allem auch alle Geschehnisse auslöst, von denen er zu jenem spricht und die er so ankündigt. Damit klingt die zweite Aufgabe der Sprachsignale bereits an: Sie heben nämlich außerdem die Erfüllungsgewißheit dessen hervor, was Gott sagt. Als YHWHworte werden die Ankündigungen eintreffen. In den Einleitungsmustern schwingt dies implizit mit (qinah), die abschließenden Wendungen, vor allem die Erkenntnisansage, machen es explizit. Schließlich halten die festen Einleitungswendungen die autobiographische Anlage des Buches in Erinnerung und kennzeichnen den von Gott so Angeredeten als besonders Ausgezeichneten, der allein von daher eine Legitimation für seine (eben auch schriftlich fixierten) Mitteilungen erhält. Sie differenzieren zudem zwischen visionärem Erleben und Wortempfang, lassen Ezechiel also als Visionär und Empfänger von Auditionen erscheinen, also als einen, der schaut und hört 12 . Das Ezechielbuch verfügt mit Kap. 1-7 über eine breite programmatische Einleitung, die deutlich als literarisches Produkt, hinter dem keine echte Biographie steht, zu erkennen ist. Der große visionäre Auftakt (1-5 13 , zunächst ohne 3,16b-21) läßt das Buch - abgesehen von den Überschriftversen 1,1-3 - mit einer Theophanie beginnen, mit dem Erscheinen der eigentlichen Hauptperson, YHWH als Pantokrator. Die anschließende ausführliche Beauftragung Eze10

Vgl. DAVIS, Swallowing the Scroll, 62: „Ezekiel's language and imagery shimmer with reflections f r o m the poetic and prophetic sources, and are at times intelligible only against that background. Most numerous are the points of contact with Jeremianic tradition. /.../ Ezekiel appears primarily in conversation with the tradition." 11 Vgl. DAVIS, Swallowing the Scroll, 136: Ezechiel „casts himself in the role of first listener and model respondent to what is effectively a divine monologue." 12 Es ist denkbar, daß damit auch ein Bezug zur „erkenntnistheoretischen" Motivkette des Buches besteht, dem Nicht-Hören-Wollen der Rezipienten. 13 Die Kapitel-Angaben hier und im Folgenden berücksichtigen die jeweils vorhandenen Anreicherungen nicht.

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chiels legitimiert ihn als von Gott Gesandten und zum Mitteilen Seines Wortes Beauftragten, charakterisiert aber darüber hinaus auch die ihm innerhalb der Buchfiktion zugeordneten Adressaten als hörunwillig gegenüber seiner Botschaft. Diese ist inhaltlich als Gerichtsansage gekennzeichnet, zum einen explizit durch die Beschriftung der Rolle, die Ezechiel in der Vision verzehrt, zum anderen durch die ablehnende Haltung seiner Rezipienten, die eine verheißungsvolle Verkündigung sicher gern aufnähmen. Der als noch innerhalb der Eingangsvision zu lesende aufgetragene Handlungszyklus stellt entsprechend die Belagerung Jerusalems und deren Ergebnis aus dem Blickwinkel der Belagerten dar. Diese Szenenfolge appelliert an die Vorstellungskraft der Leser und umschreibt für sie das zentrale Geschehen, um das es in den Ankündigungen der folgenden Kapitel (bis Kap. 24) im Kern immer wieder geht und das in Kap. 33 als eingetretenes Ereignis zur Gewißheit wird. Ein sich allmählich verdichtendes Geflecht solcher Handlungsaufträge an Ezechiel 14 (Kap. 12; 21; 24) führt auf das einschneidende Ereignis hin. Auch die programmatische Wortverkündigung, die die Einleitung abrundet, thematisiert klar das Ende in Gestalt des (Gerichts)Tages Y H W H S (Kap. 7 ) , nachdem zuvor die Verletzung des Ersten Gebotes als Begründung des Gottesgerichts dargelegt wurde (Kap. 6). Die programmatischen Einleitungskapitel bieten in besonderer Dichte die Eigenart des Ezechielbuches, offenkundig vorliegende Motive aufzugreifen, zu entfalten, zu kombinieren, und vorfindliche Traditionen auf diese Weise zu verarbeiten, anzueignen und zu überbieten. So greift Ez 1 auf Theophanie- und Thronvorstellungen zurück und spielt dabei insbesondere auf Jes 6 an. Ez 2f. nehmen dagegen vor allem auf jeremianisches Gut Bezug. Die „erkenntnistheoretische" Dimension, die Hörunwilligkeit und der angesagte Erkenntnisvorgang, speist sich aus dem weisheitlichen Bereich, assoziiert bewußt den jesajanischen Verstockungsgedanken und läßt das deuteronomistische Motiv anklingen, daß Y H W H seine Knechte, die Propheten zu einem Volk sandte, das nicht hören wollte. In manchen Details bieten die Formulierungen in den Eingangskapiteln darüber hinaus Bezüge vorzugsweise zu schriftprophetischer Literatur, aber auch zu priesterlichen und dtr Traditionen. Möglicherweise impliziert die Gottesschau in Ez 1 kombiniert mit Y H W H S Anrede an ihn in Kap. 2f. eine Anspielung auf das in D t n 34,10; N u m 12,8 ( ü f m u n a t YHWHyabbit)

u n d E x 33,11

vermittelte Mosebild und stellt damit eine Verbindung zu dieser zum alle überragenden Propheten stilisierten Gestalt her. 14 Vor dem Hintergrund einer realistischen Autfassung der Zeichenhandlungen als tatsächlich von einer historischen Gestalt Ezechiel ausgeführte Aktionen haben diese Handlungen dazu beigetragen, Ezechiel - wiederum in Analogie zu Jeremia - als unter seiner Indienstnahme leidend einzuschätzen, da die Aufträge ihm einiges zumuten. Vgl. etwa VON RAD, Theologie II, 242: „/.../ es ist auch /.../ zu sehen, wie das Prophetenamt dem Hesekiel an Leib und Leben ging, wie sich der Stoß der ihm aufgetragenen Botschaft zuerst gegen den Propheten selbst richtete und von ihm gelegentlich auf die seltsamste Weise in Symbolhandlungen erlitten werden mußte."

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Als Rezipienten benennt das Buch einerseits Israel, häufig charakterisiert als „Haus des Widerspruchs", andererseits wenden sich die ausgeführten Reden an einen doppelten Adressatenkreis, nämlich die in Jerusalem verbliebenen Israeliten und die Deportierten, unter denen Ezechiel der Buchfiktion gemäß lebt. Diese doppelte Perspektive, die bisweilen auch innerhalb einer Rede einen Wechsel zwischen 2. und 3. Pers. PI. mit sich bringt, hat unter der Maßgabe, daß Ezechiel eine historische Gestalt war, zu den bekannten Auseinandersetzungen um seinen Aufenthaltsort geführt (Jerusalem, Babylon oder beides in zeitlicher Abfolge). Tatsächlich bildet die Ausrichtung auf einen doppelten Rezipientenkreis ein weiteres Indiz für den rein literarischen Charakter des Buches. Sie verfolgt das Ziel, Israel, das als ideelle Einheit begriffen wird, in seiner Gespaltenheit zu zeigen, nämlich als die in Palästina Ansässigen und die außerhalb des Landes Zerstreuten. Darin bildet das Buch zunächst vordergründig die Situation der gespaltenen Nation nach der ersten Deportation 597 ab 15 , erfaßt damit aber auch die Lage während des Babylonischen Exils und noch darüber hinaus: Wie Babylon zur Chiffre für Fremdherrschaft über Israel wird, kann die zwangsweise erfolgte Verstreuung in Babylon zum Sinnbild für die Existenz in der Diaspora avancieren und damit bleibende Relevanz erlangen. Die Vision 16 kultischer Greueltaten im Tempel zu Jerusalem (Ez 8) begründet die Schau des Gerichts über die Jerusalemer (Ez 9). Nach den doch wohl als Anreicherungen zu beurteilenden Kapiteln 10 und 1117 sowie einer Zeichenhandlung, die das Deportieren von Israeliten darstellt, thematisiert der Zusammenhang Ez 12,21-14,11 nochmals explizit die Aufgabe Ezechiels als eines Propheten. In 12,21-28 sichert Y H W H angesichts der Zweifel von Ezechiels Hörerschaft das garantierte Eintreffen seiner durch Ezechiel vermittelten Ansagen zu. Mit Kap. 13,2-16 gewinnt das Tun Ezechiels Profil durch den Gegensatz zu einer Mehrzahl von Propheten, die Gott kritisiert und mit Strafe bedroht. Deren Botschaft entspringt ihrem eigenen Herzen, Gott hat sie nicht gesandt, und so weissagen sie Lüge, d.h. in der Zeit unmittelbar vor Jerusalems Untergang geben sie Heilsverheißungen von sich. Bei Ezechiel verhält es sich genau umgekehrt, wie der Leser aus dem Indienstnahmebericht in Ez 2f. weiß. Die Prophetenkritik ist geprägt von jeremianisch-dtr Vorgaben, weist also starke Berührungen mit dem Jeremiabuch auf, entfaltet aber auch die Prophetencharakteristik aus Dtn 18. Zusammen mit der Kritik an verpönten mantisch-magischen Praktiken von Prophetinnen (Ez 13,17-23), die auf dem Hintergrund von Dtn 13,2-6 zu lesen 15 Darüber hinaus erscheint die Erinnerung an die geteilten Reiche in dem Geschichtsrückblick Ez 23. 16 Vgl. dazu die sicher zutreffende These von RUWE, Veränderung, 8: „Die Komposition Ez 8-11 ist m.E. überhaupt nicht als ein Tatsachenbericht über visionäre Erlebnisse zu verstehen, sie m u ß vielmehr als eine narrative Inszenierung theologischer Probleme und Positionen und deren Bearbeitung aufgefaßt werden." 17 Vgl. Z I M M E R L I , Phänomen, 180f., der Ez 10 als Fortschreibung, Ez 11,1-13 als „nachträgliches Erweiterungsstück" einstuft.

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ist, gestaltet Ez 13 offensichtlich diese beiden dtr Anreicherungen des Dtn aus. So entsteht das Bild von Ezechiel als einem Einzelpropheten, der in Gottes Auftrag Unheil weissagt, welches eintrifft - im Gegensatz zu einer anonymen Mehrzahl von Propheten, deren Heilsbotschaft unwahr ist. Der göttliche Ursprung des Wortes garantiert dessen Eintreffen. Durch das Gegenüber des einen berufenen Propheten zu einer Mehrzahl wird ferner die successio mosaica aus Dtn 18 und Jer 28 suggeriert 18 . Als kontrastierendes Pendant zu 12,21-28 führt 14,1-8* aus, daß Y H W H sich nicht auf die Anfragen einläßt, die man durch einen Propheten an ihn stellt. Die Personen, die die Botschaft Ezechiels in Zweifel ziehen (Kap. 12), scheinen sich von einer Prophetenbefragung einen positiveren Bescheid zu erhoffen. Y H W H verweigert ihnen, zumal sie nicht mit ungeteiltem Herzen an ihm hängen, jegliche Auskunft. Die Initiative geht also von Gott allein aus, und er hat zu diesem Zeitpunkt nur Gericht anzusagen. Gerichtsworte Y H W H S sind ja auch das Einzige, was Ezechiel von sich zu geben vermag - ansonsten bleibt er den Anordnungen Gottes im Rahmen der Indienstnahme gemäß stumm. Der anschließende Zyklus von Bildreden gestaltet Variationen über die Gerichtsansage für Jerusalem und deren Begründung (Ez 15; 16; 17; 19; 21,1-10.1322*; 22,17-22; 23; 24,3b-14). Der Vorwurf von Untreue und Ungehorsam gegenüber Y H W H bleibt an sich ebenso stereotyp wie die Vernichtungsankündigung für Jerusalem; erst die Aufnahme traditionell vorgeprägter Metaphern und deren breite Ausgestaltung bringen Abwechslung und Farbe ins Spiel. Mit Kap. 24 und 33,21 f. schließt sich der mit der Indienstnahme begonnene Rahmen um die Unheilsprophezeiungen für Jerusalem. Die Datierungen in 24,1 und 33,21 verweisen auf den historischen Referenzrahmen des Untergangsgeschehens. Das Ende des Spannungsbogens der Gerichtsankündigungen und der Durchblicke auf historische Abläufe in Gestalt aufgetragener Handlungen (21,23-28; 24,1524) bahnt sich in Kap. 24 unmittelbar an, um dann in 33,21 f. mit der lapidaren Nachricht vom Fall der Stadt endgültige Bestätigung zu finden. Die Einbindung eines Zyklus von Gerichtsansagen über andere Völker zwischen Ez 24 und 33 suggeriert, daß auch diese Ankündigungen ideell den Anspruch auf ein Eintref-

18

Die Einreihung Ezechiels in die prophetische Sukzessionskette erfolgt also nicht erst in den späten Anreicherungen im Rahmen von Ez 11. S E D L M E I E R , „Deine Brüder, deine Brüder. ..". Die Beziehung von Ez 11,14-21 zur dtn-dtr Theologie, in: W. Gross (hrsg.), Jeremia und die „deuteronomistische" Bewegung, Weinheim 1995 (BBB 98), 297-311, beurteilt auch 11,11 f. 13 zu Recht als „redaktionell"; der Tod des Pelatja illustriere die Verläßlichkeit des Prophetenwortes im Sinne seines Eintreffens vor dem Hintergrund von Dtn 18,15-22. Abschließend vermutet S E D L M E I E R : „Könnte es nicht sein, daß die Schüler Ezechiels daran interessiert waren, ihren Ezechiel in den Reihen jener Propheten zu sehen, die Jahwe seinem Volk je und je gewährt?' 4 (311). Teilt man den Standpunkt von C. SEITZ, Prophet Moses, 12, daß die dtr Tradition Jeremia als den letzten mosaischen Propheten darstellt, liegt bei Ezechiel auch in diesem Punkt eine Überbietung vor.

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fen erheben (auch wenn die historischen Fakten dem teilweise widerraten 19 ). Abgesehen von der dramaturgischen Funktion der Zeitüberbrückung stellen die Fremdvölkersprüche die Macht Y H W H S auch über diese und damit über alle Menschen heraus. Prophetie, d.h. die Aufgabe des menschlichen Protagonisten dieses Buches ist zunächst eindeutig verstanden als ein Vorhersagen (ganz im Sinne des griechischen Begriffes jTpo-cprytrig), als ein Ankündigen von Zukünftigem. Da Y H W H dem Propheten die Ansagen mitgeteilt hat, treffen diese verläßlich und unabwendbar ein. Die Erfüllung der Prophezeiung erweist die Macht Gottes und den von ihm in Dienst genommenen Propheten als einen solchen (vgl. Ez 2,5b und 33,33b). Der letzte Teil des Buches (34^18), der überwiegend heilvolle Ausblicke bietet, wurde in der Untersuchung nicht näher beleuchtet. Zur Beurteilung der autobiographischen Fiktion und der Prophetenkonzeption enthält er auch kein weiteres Material. Angesichts des schon in 1-33 deutlich erkennbaren Kompositionsprinzips, Entsprechungen zu schaffen, die eine Rahmenstruktur bilden, liegt es nahe zu erwarten, daß eine über Kap. 33 hinaus reichende Grundkomposition des Buches Pendants enthielt, die heilvolle Gegenbilder zu entscheidenden unheilskündenden Komponenten im vorderen Teil des Buches zeichnen. Heilsverkündigung als aufgetragene Gottesrede liegt in Kap. 34 und 36 vor. Kap. 34 zeigt durch die breit entfaltete Hirtenmetapher Berührungspunkte zu dem Block gerichtsansagender Bildreden innerhalb von Ez 15-24. Kap. 36,16ff. verheißen einen Neubeginn Gottes mit seinem Volk, das er nun auch mit der rechten Wahrnehmungsfähigkeit ausstattet; dies kontrastiert mit der Ansage des Endes und dem Schlagwort „Haus des Widerspruchs". In 37,15-28 20 fordert Gott Ezechiel zu einer Zeichenhandlung auf, durch die die Wiedervereinigung und Wiederherstellung des Hauses Israel als eines Ganzen in Aussicht gestellt wird, ein deutliches Pendant zu den zeichenhaften Aktionen, die auf die Zerstörung und Verstreuung verwiesen. Schließlich wird man noch ein Gegengewicht zu der Unheilsvision Ez 8f. erwarten. Diese ist in einem Teilbestand von 40^-8 zu vermuten 21 , vielleicht in 40,1 f.; 4 3 , 1 H ? -9? 2 2 ) und vor allem 47,1-12 23 .

Vgl. dazu F I S H B A N E , Biblical Interpretation, 476f. zu Ez 29,17f., wo die Tatsache, daß Nebukadnezar Tyrus nicht, wie in den vorausgehenden Kapiteln angekündigt, zerstörte, bedacht wird. 20 Dieser Abschnitt enthält einige Anreicherungen, doch gilt: „Nichts spricht gegen eine Herleitung der Zeichenhandlung 3 7 , 1 5 - 1 9 von Ezechiel." (D. B A L T Z E R , Anmerkungen, 1 7 9 ) . 21 Vgl. H Ö L S C H E R , Hesekiel, 27, der 40-42 als korrespondierend zu Kap. 8 sieht. 22 Diese Verse schließen den Motivkreis um die Herrlichkeit Y H W H S ab, können also ggf. als eine Anreicherung gesehen werden. Der kaböd stellt auch eine Verbindung zur Eingangsvision Ez 1 her, verfeinert insofern also die Komposition nochmals ihren eigenen Prinzipien gemäß. 23 Es scheint denkbar, daß die Schau der lebenspendenden Tempelquelle von Jer 2,13 (17,13) inspiriert sein könnte und insofern ähnlich wie das Verspeisen der Buchrolle eine Entfaltung jeremianischer Metaphorik darstellt. - Zur Interpretation der Tempelquelle vgl. W. Z W I C K E L , Die Tempelquelle Ezechiel 47, in: EvTh 55 (1995), 140-154.

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M a n wird in allen diesen g e n a n n t e n A b s c h n i t t e n mit A n r e i c h e r u n g e n zu r e c h n e n haben. I n s b e s o n d e r e 4 0 - 4 8 w u r d e zu e i n e m g r o ß e n R e f o r m e n t w u r f 2 4 ausgestaltet. Allein die m i n u t i ö s e n D e t a i l s in d e r Schilderung des ( u t o p i s c h e n ) n e u e n T e m p e l s (4CM2) verr a t e n ein I n t e r e s s e an E i n z e l h e i t e n , das d e m übrigen E z e c h i e l b u c h f r e m d ist. E s verb i n d e n sich d a r i n d e r d e u t l i c h e H i n w e i s auf d e n visionären Z u s a m m e n h a n g d u r c h die G e s t a l t des M a n n e s , d e r d e n I c h - E r z ä h l e r h e r u m f ü h r t u n d d e r d e m angelus interpres n a h e steht, mit E l e m e n t e n von B e s c h r e i b u n g e n kultischer B e g e g n u n g s s t ä t t e n u n d deren A u s s t a t t u n g ( E x 25-27.30.36-38; 1 K ö n 6f. // 2 C h r 3f.). - E z 37,1-14 d ü r f t e e b e n s o eine A n r e i c h e r u n g d a r s t e l l e n wie die n o c h d e u t l i c h e r apokalyptisch g e p r ä g t e n Kap. 38f. mit i h r e r e n d z e i t l i c h e n A u s r i c h t u n g . D a s G r u n d k o n z e p t des Ezechielbuches wird eindeutig bestimmt von d e m Z u s a m m e n h a n g A n k ü n d i g u n g - E r f ü l l u n g , u n d z w a r in d e r c h r o n o l o g i s c h e n u n d autobiographischen A n l a g e sowie im Prophetenbild - kleinere A n r e i c h e r u n g e n h a b e n d i e s e n E r f ü l l u n g s a s p e k t n o c h v e r s t ä r k t . Will m a n diese G r u n d k o m p o s i tion zeitlich e i n o r d n e n , so e m p f i e h l t sich z u n ä c h s t e i n e B e s t i m m u n g i h r e r R e l a t i o n z u a n d e r e n atl. S c h r i f t e n . V o r a u s z u s e t z e n ist o f f e n k u n d i g d a s D t r G W , i n s b e s o n d e r e soweit es im Blick auf P r o p h e z e i u n g e n d e n E r f ü l l u n g s g e d a n k e n enthält25. E b e n s o liegen d a s dtr b e a r b e i t e t e J e r e m i a b u c h 2 6 u n d das D t n einschließ-

24

Dieser erfordert in sich eine eigene Betrachtung. Vgl. etwa H. GESE, Der Verfassungsentwurf des Ezechiel (Kap.40-48), traditionsgeschichtlich untersucht, Tübingen 1957 (BHT 25); W. Z I M M E R L I , Planungen für den Wiederaufbau nach der Katastrophe von 587, in: VT 18 (1968), 229-255; V O G T , Untersuchungen, 127-175; M . G R E F . N B E R G , The Design and Themes of Ezekiel's Program of Restoration, in: Int 38 (1984), 181-208. T. A. RUDNIG, Heilig und Profan. Redaktionskritsche Studien zu Ez 40^t8, Berlin 2000 (BZAW 287), sowie ders., Ez 4 0 ^ 8 , in: P O H L M A N N , ATD, 527-631. Erwähnenswert ist der Gedanke von H . M C K E A T I N G , Ezekiel the 'Prophet Like Moses'?, in: JSOT 61 (1994), 97-109, der erwägt, daß die Redaktion Ezechiel in Kap. 40^18, aber auch in 37 präsentiert „as one who repeats Moses' work in a new setting, and, be it noted, repeats it with more success than Moses himself." (104), und zwar in dem Sinne: „What Moses does for the first tabernacle and the first settlement, Ezekiel is attempting to do for the second temple and for the restoration." (103). 25 Das entspräche laut D I E T R I C H , Prophetie, dem von ihm herausgearbeiteten DtrP, den er zwischen 580 und 560 v.Chr. datiert (143f.) und als von Jer geprägt ansieht. Die Erfüllungsvermerke führt D I E T R I C H (58-63) auf DtrPzurück. Vgl. auch F I S H B A N E , Biblical Interpretation,469f. Vgl. auch I.L. S E E L I G M A N N , Die Auffassung von der Prophetie in der deuteronomistischen und chronistischen Geschichtsschreibung (mit einem Exkurs über das Buch Jeremia), in: Congress Volume Göttingen 1977, Leiden 1978 (VT.S 29), 254-284. Er unterscheidet zwei Hauptformen der Auffassung von Prophetie und nennt zuerst: „Das Wort sagt die Zukunft an und bestimmt sie, es ist als solches unabänderlich." (255). „Was wir heute [als dtr Element] Am. iii 7 lesen, könnte als Motto für die Auffassung von der Prophetie in der deuteronomistischen Geschichtsschreibung der Königsbücher dienen." (258). H.W. WOLFF, Das Kerygma des Deuteronomistischen Geschichtswerks, in: ZAW 73 (1961), 171-186, stellte als „theologisches Leitmotiv" fest: „Die Geschichte wird als Eintreffen prophetisch verkündeten Gotteswortes verstanden, vor allem als Erfüllung des dem ganzen Werk vorangestellten Mosewortes im Deuteronomium." (172). Den Ruf zur Umkehr bezeichnete er dagegen als das eigentliche Anliegen und „Kerygma" des Werkes (183). Er nahm keine redaktionelle Scheidung dieser beiden Motive vor. 26 C. S E I T Z , Theology in Conflict, Berlin 1 9 8 9 , ( B Z A W 1 7 6 ) , nimmt dagegen eine exilische

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lieh seiner späten dtr Zusätze in Kap. 13 und 18 bereits vor. Denn es dürfte wahrscheinlicher sein, daß etwa der diffuse Gebrauch prophetischer Sprachsignale in DtrGW und dtrJer und das Erfüllungsprinzip dort zeitlich vor der systematischen Verwendung im Ezechielbuch anzusetzen sind. Bemerkenswert ist überdies, daß der Erfüllungsgedanke auch an einigen Stellen bei Deuterojesaja 2 7 zum Tragen kommt 28 . Die allgemein als dtr Nachträge angesehenen Verse im Amosbuch 29 , die sich explizit mit Prophetie befassen (2,11 f.; 3,7) und dabei deren Vorhersagecharakter (3,7) und den Widerstand der Hörer (2,12) betonen, belegen die einschlägige nachträgliche Überformung älteren Spruchgutes aus dtr Sicht in einem Kleinen Prophetenbuch. Die stark metaphorisch geprägte Sprache des Ezechielbuches, nicht zuletzt die breit entfalteten Bildreden, setzen abgesehen von Spruchgut, das sich in den Büchern der im 8. Jh. angesiedelten Schriftpropheten findet, vor allem das Jeremiabuch voraus. Letzteres fungiert auch als Vorbild der (auto)biographischen Anlage, da das Jeremiabuch die Lebensgeschichte seines Titelhelden in einer Mischung aus Selbst- und Fremdbericht präsentiert 30 und speziell in den Fremdberichten mit der Schilderung der historischen Ereignisse der Zeit um 587/6 verbindet. Priesterliche Tradition, wie sie im Heiligkeitsgesetz und der Priesterschrift greifbar wird, nimmt das Buch gleichfalls auf. Die Aufnahme verschiedener Traditionsbereiche 31 und der eigenständige Umgang mit diesen zeugen von Redaktion des Jeremiabuches an, die ezechielisches Gedankengut in Jer eingebracht habe: „The final form of the Book of Jeremiah reflects significant redactional intervention carried out under the influence of Ezekiel traditions. The normative presentation of exile, judgment, and restoration which exists in Ezekiel and 2 Kings 24/25 gradually finds its place within the Book of Jeremiah." (295). 27 D. B A L T Z E R , Ezechiel und Deuterojesaja, Berlin 1971 (BZAW 121), beleuchtet die Berührungspunkte zwischen beiden Propheten. Seine Ergebnisse wären vor dem Hintergrund eines zeitlich späteren Ansatzes des Ezechielbuches neu zu überdenken. 28 Vgl. dazu M . W E I P P E R T , „Das Frühere, siehe, ist eingetroffen...": Über Selbstzitate im Prophetenspruch, in: J.-G. Heintz (hrsg.), Oracles et prophéties dans l'antiquité. Actes du Colloque de Strasbourg 15-17 juin 1995, Paris 1997, 147-169. Zur Überarbeitung von Prophetenworten im Blick auf das Erfüllungskriterium vgl. F I S H B A N E , Biblical Interpretation, 467^485. Schließlich kann man Ps 89 als eine Problematisierung des Erfüllungszusammenhangs lesen; vgl. dazu M.H. F L O Y D , P S LXXXIX: A Prophetie Complaint about the Fulfillment of an Oracle, in: VT 42 (1992), 442-457; B. RENAUD, Un Oracle prophétique (2 Samuel 7,1-17) invalidé? Une approche du Psaume 89 (88), in: J.-G. Heintz (hrsg.), Oracles et prophéties dans l'antiquité. Actes du Colloque de Strasbourg 15-17 juin 1995, Paris 1997, 215-229. 29 Vgl. W.H. S C H M I D T , Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches, in: ZAW 77 (1965), 168-193 (180-188). - A m 3,7 besagt an sich nur, daß Gott nichts tut, ohne es zuvor durch Propheten zu verkündigen. Im Kontext von A m 3,3-6 entsteht der Eindruck, den auch S C H M I D T gewonnen hat (187), nämlich des Propheten als eines Warners. 30 Zur Stilisierung der Jeremiagestalt vgl. C A R R O L L , Chaos, passim, der abschließend festhält: „the life of Jeremiah presented in the tradition is neither a historical nor a biographical feature, but part of the interpretation and presentation of the redactors;" (267). 31 Vgl. dazu knapp zusammenfassend C A R L E Y , Ezekiel Among the Prophets, 4 8 - 6 8 . Die Berührungen zum Heiligkeitsgesetz und priesterlicher Tradition betonte besonders R E V E N T L O W , Wächter; vgl. A. H U R V I T Z , A Linguistic Study of the Relationship Between the Priestly Source

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einem gewissen zeitlichen Abstand von diesen. Es scheint, daß die Bücher Haggai und Sacharja Elemente aus dem Ezechielbuch übernehmen. Darüber hinaus stehen Sacharjas Nachtgesichte Ez 8f. zwar nahe, sind aber in ihrer fremdartigrätselhaften Metaphorik weiter getrieben in Richtung auf entsprechende apokalyptische Texte. Gerade im Vergleich zum Jeremiabuch weckt das Ezechielbuch den Eindruck, daß es aus einem größeren zeitlichen Abstand auf die Katastrophe zurückblickt 32 . Dies liegt nicht nur daran, daß die Gestalt Ezechiels weniger lebendig erscheint als Jeremia, an dessen inneren Konflikten und emotionalen Regungen das Buch seinen Leser teil haben läßt. Sowohl die Gerichtsansage als auch die das Strafgericht begründenden Vergehen sind pauschal und unkonkret gehalten. Die Schuld besteht in einer Verletzung des Ersten Gebotes - dies liegt wiederum ganz auf der Linie deuteronomisch-deuteronomistischer Tradition; detailliertere Hinweise auf kultische Verstöße (Kap. 8) bringen aber auch priesterliches Denken ins Spiel. Nicht zuletzt der intensive Gebrauch bildhafter Sprache sorgt dafür, Schuldaufweise und Strafe auf eine Ebene zu stellen, die einen allgemeinen Charakter besitzt und die Aussagen von daher auch verallgemeinerbar und somit aktualisierbar macht. Ohnehin scheint der Katastrophe von 587/6 etwas Exemplarisches zu eignen: Anhand dieses eindrücklichen und in Israel allgemein bekannten Geschehens macht das Buch die Macht Gottes und seines Wortes zum Gegenstand einer allgemeinen Belehrung über Y H W H und sein prophetisch vermitteltes, uneingeschränkt wirksames Wort. Y H W H S Macht ist absolut. Ein monotheistischer Anspruch und ein Ansatz zum Universalismus in der Behandlung der Völker sind darin zumindest angelegt. Daß sein Wort gilt und wahr wird, läßt sich an dem Untergang Jerusalems, am Unheilsgeschehen unbezweifelbar und eindringlich zeigen. So gesehen käme das Buch zunächst ohne den Heilsteil aus 33 . Doch führt das Buch den Machterweis Y H W H S in den hinteren Kapiteln weiter, da Gott allein es ist, der den Boden für das Heil bereitet und es Israel schenkt.

and the Book of Ezekiel, Paris 1982 (CahRB 20); LIWAK, Probleme, konzentrierte sich v.a. auf den dtr Einschlag; vgl. dazu F.-L. HOSSFELD, Ezechiel und die deuteronomisch-deuteronomistische Bewegung, in: W. Gross (hrsg.) Jeremia und die „deuteronomistische" Bewegung, Weinheim 1995 (BBB 98), 271-295; die Beziehung zu Jeremia betrachtet VIEWEGER, Beziehungen. 32 Von daher erscheint der Akzent der These von RENZ, Rhetorical Function, zweifelhaft, die er selbst zusammenfaßt: „The author dissociates the exiles from their past by motivating them to regard the fall of Jerusalem as the just punishment for Israel's former disloyalty to Yahweh. Having accepted the destruction of Jerusalem as justified, the readers learn to see Yahweh's involvement in other activities of Nebuchadnezzar as well. These activities prepare the ground for the return of the exiles to the land of Israel /.../." (249). 33 Es trifft allerdings zu, daß „die Heilsprophetie im Ezechiel-Buch organisch aus der Tiefe ezechielischer Verkündigung " (D. BALTZER, Anmerkungen, 179) und „daß die Heilsbotschaft im Ezechiel-Buch von der Unheilsbotschaft nicht abgetrennt werden darf." (180).

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Ezechiels

Biographie

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Nicht umsonst siedelt das Buch Ezechiel unter den Deportierten in Babylon an. Im Blick auf das Jeremiabuch liegt ein komplettierender Gegensatz vor: Während Jeremia im angestammten Lande Israels wirkt, weilt Ezechiel unter den deportierten Israeliten, also bei dem anderen Teil des zerrissenen Volkes. Aus der Position im Exil ist Ezechiel - bei aller denkbaren innerlichen Verbundenheit mit Jerusalem - ein distanzierter Beobachter 34 , ganz wie die Leser, die ggf. nicht nur räumlich, sondern in jedem Falle auch zeitlich von den im Buch historisch bedeutsamen Ereignissen getrennt sind. Sie kennen die historischen Abläufe, die im Hintergrund stehen, und vermögen so der kompositorischen Strategie des Buches zu folgen. Das babylonische Exil im Ezechielbuch mag also nicht allein eine Chiffre für die jüdische Diaspora generell sein, es ist in jedem Fall ein Ausdruck für die Distanz zu dem Geschehen in Jerusalem um 587/635. Anders als DtrGW geht es dem Ezechielbuch offensichtlich nicht mehr darum, die durch den Untergang Jerusalems, den Verlust des Tempels als kultischer Mitte und das Ende des letzten Restes einer Eigenstaatlichkeit entstandene theologische Krise 36 zu bewältigen 37 . Statt dessen will es belehren über das Verhältnis Y H W H S zu Israel: Y H W H hat das widerspenstige Israel hart bestraft, um ihm dann aber doch einen Neuanfang zu schenken. Der belehrende Charakter des Buches 38 zeigt sich an seinen weisheitlichen Elementen 39 : etwa an der „erkenntnistheoretischen" Sprache (auch und vor allem in der Erkenntnisansage) oder besonders in den Bildreden, die den Leser zum Nachdenken auffordern, weil sie eine Entschlüsselung verlangen (die sich in Gestalt der Deutung meist anschließt). Die lehrhaften Anreden Y H W H S an Ezechiel in 14,12ff.; 18 und 20 verstärken als Lehrgespräche diese weisheitliche Ausrichtung noch. Alles dies führt auf eine Datierung der Grundkomposition frühestens allenfalls in spätexilische Zeit, eher aber doch deutlich in den (früh?)nachexilischen 34 A b g e s e h e n v o n d e m A s p e k t , d a ß e r im Exil d a s G e s c h e h e n in J u d a - J e r u s a l e m nicht vor A u g e n hat, s o n d e r n sein V o r h e r w i s s e n n u r d e r M i t t e i l u n g G o t t e s v e r d a n k e n k a n n . 35 D e r A b s t a n d z u r Z e i t u m 587 zeigt sich a u c h d a r a n , d a ß im E z e c h i e l b u c h d a s K ö n i g t u m e i n e geringe R o l l e spielt. D e n Königstitel v e r w e n d e t es f ü r N e b u k a d n e z a r , v e r m e i d e t ihn a b e r fast ganz f ü r d a s f ü h r e n d e A m t in J u d a ( s t a t t d e s s e n tritt d e r Begriff nasi' auf, vgl. d a z u HÖLSCHER, H e s e k i e l , 68; ZIMMERLI, B K , 178). D i e Ä l t e s t e n , die m e h r m a l s a u f t r e t e n , gelten als A m t s t r ä g e r , die erst im Exil B e d e u t u n g e r l a n g t e n (vgl. CONRAD, zäqen, 646). 36 Vgl. d a z u e t w a L. PERLITT, A n k l a g e u n d F r e i s p r u c h G o t t e s . T h e o l o g i s c h e M o t i v e in d e r Z e i t d e s Exils, in: Z T h K 69 (1972), 290-303. 37 S o sieht e t w a S. HERRMANN, D i e B e w ä l t i g u n g d e r Krise Israels, in: H. D o n n e r , R . H a n h a r t , R . S m e n d (hrsg.), B e i t r ä g e z u r A l t t e s t a m e n t l i c h e n T h e o l o g i e , G ö t t i n g e n 1977 (FS W. Z i m m e r li), 164-178 (172), in Jer, E z u n d D t J e s diese Bewältigung; JOYCE, D i v i n e Initiative, 16f., ents p r e c h e n d f ü r Jer u n d Ez. Vgl. a u c h RENZ, R h e t o r i c a l F u n c t i o n , passim. 38 Vgl. DAVIS, Swallowing t h e Scroll, 118: „ E z e k i e l devises a /.../ f o r m of p r o p h e t i c s p e e c h /.../ which is ' e d u c a t i o n a l ' " . 39 W . H . SCHMIDT, D i e d e u t e r o n o m i s t i s c h e R e d a k t i o n , 184 A n m . 5 1 , n e n n t als weisheitliche E l e m e n t e im A m o s b u c h die F r a g e f o r m des D i s p u t a t i o n s - o d e r D i s k u s s i o n s w o r t e s , die Z u s a m m e n s t e l l u n g v o n E r e i g n i s s e n aus N a t u r u n d G e s c h i c h t e z u m Vergleich u n d die Z u o r d n u n g v o n Tat u n d Folge.

Schluß: Ezechiels Biographie als Theologie

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Bereich 40 , in eine Epoche, in der sich ein Neuanfang bereits abzeichnet bzw. beginnt und sich entwickelt. Das schließt auch keineswegs die Existenz des Zweiten Tempels aus. Denn die Beschreibung des ezechielischen Tempels stimmt nicht mit dem überein, was man vom realen Zweiten Tempel weiß; dieser Umstand muß nicht bedeuten, daß dieses Gotteshaus noch nicht gebaut war 41 , sondern läßt sich sehr wohl auch als Gegenentwurf zu einem bereits erfolgten Bau begreifen, ja als eine theologische Utopie 42 . Den zweiten Aspekt des dtr Prophetenbildes, das Propheten als Umkehr- und Gesetzesprediger zeichnet und einmal in DtrGW 4 3 vor allem aber in dtrJer zu finden ist44, hat man in das Ezechielbuch eingetragen. Für die Grundkomposition stand ein Abwenden der Katastrophe durch eine Verhaltensänderung der Schuldigen nicht zur Debatte. Denn im Rückblick erscheint der Untergang als unausweichlich: Y H W H bestraft das verstockte Israel, das sich jeglicher Anrede eines von Y H W H gesandten Propheten verschlossen hatte. Daß das Ezechielbuch trotzdem darstellt, wie Y H W H im Vorfeld, ja am Vorabend des eintretenden Unheils Ezechiel mit Gerichtsansagen an das Haus Widerspenstigkeit beauftragt, zielt in erster Linie auf den Leser des Buches ab. Diesem soll die Widerspenstigkeit und das dann eintretende Unglück ein abschreckendes Beispiel sein. Zugleich führt das Buch dem Leser vor Augen, daß Y H W H als allmächtiger Gott konsequent handelt. Was in Bezug auf das angekündigte Unheil und dessen Eintreten gilt - welches faktisch-historischen Anhalt hat - , darf der Leser sich auch von den gegenüber der Gerichtsverkündigung vageren Heilsansagen erhoffen, die der Schlußteil des Buches ihm bietet. Aus einem anderen Blickwinkel erscheint nach der Katastrophe ein Umkehren im Sinne einer beständigen Orientierung hin auf Gott als eine Chance, ein neuerliches Strafhandeln Gottes nun am je Einzelnen zu verhindern. Das nachgetragene Umkehrmotiv vervollständigt also nicht nur das Prophetenbild, sondern erweitert auch die lehrhafte Absicht des Buches. Die Konzeption des Pro-

40 Vgl. auch BARTON, Oracles, der herausstellt, daß das Exil den entscheidenden Einschnitt in der Wahrnehmung von Prophetie und ihrer Darstellung bildet. 41 Vgl. dazu etwa COOKE, ICC, xxvi. 42 Ähnlich bereits HÖLSCHER, Hesekiel, 31 f. 43 Vgl. 2 Kön 17,13. H.W. WOLFF, Kerygma, 177-183, verweist für das Thema der Umkehr überdies auf Ri 2; 1 Sam 7 und 12; 1 Kön 8; ferner weist er die Abhängigkeit von Dtn 30,1-10 und 4,29-31 von den Jeremiaüberlieferungen und somit deren redaktionellen Status nach. 44 Vgl. dazu SEELIGMANN, Auffassung, 279-284. „In der Bearbeitung der Jeremiaworte gelangt der Aufruf zur Umkehr /.../ zu einem Höhepunkt. /.../ in der Ablehnung der Bußpredigt liegt eine Theodizee der Katastrophe." (281). „Die Königsbücher stellen (2 Rg. xvii 13 ausgenommen) die Propheten nie als Mahner zur Umkehr dar." (283) „Wir wagen die Behauptung, daß wir in der Redaktion des Buches Jeremia, mit ihren vielfachen Aufrufen zur Umkehr, eine Art Übergang zwischen der deuteronomistischen und der chronistischen Auffassung von der Prophetie vor uns haben." (284).

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pheten als eines Umkehrpredigers wird in der zeitlich auf das Ezechielbuch folgenden Literatur bestimmend, nämlich im Jonabuch und in der Chronik 45 . Man hat darauf hingewiesen, daß das DtrGW von den Schriftpropheten einzig Jesaja erwähnt, von allen anderen hingegen nicht spricht 46 . Im Blick auf Ezechiel wird man konstatieren dürfen, daß DtrGW ihn verschweigt, ja verschweigen mußte, weil er seine Existenz einer literarischen Fiktion verdankt. Jeremia kommt in DtrGW vermutlich deshalb nicht vor, weil dtr Schriftsteller in Gestalt des Jeremiabuches in einem komplizierten Entstehungsprozeß eigens ein Werk schufen, das einen Propheten präsentiert, der den Untergang der Stadt ankündigt und, indem er ihn hautnah miterlebt, die Erfüllung seiner Botschaft selbst erfährt. Die Wahrhaftigkeit prophetischer Verkündigung erweist sich somit innerhalb eines Menschenalters 47 . Gegenüber den Samuel- und Königebüchern verlagert das Jeremiabuch den Schwerpunkt des Interesses von den Königen 48 auf den Propheten Jeremia. Insofern ließe sich das Jeremiabuch als eine Ergänzung zu DtrGW begreifen. Denn in den Königebüchern selbst wird das Ende Juda-Jerusalems nicht so radikal angekündigt 49 wie in der Schriftprophetie etwa eines Micha, Jeremia oder Ezechiel, und nicht mit derselben konsequenten Anwendung des Ansage-Erfüllungsschemas dargestellt 50 . Am auffälligsten ist es, daß es zum Unheilsteil der Prophezeiung Huldas (2 Kön 22,16) keinen Erfüllungsvermerk gibt 51 . Die Königebücher geben aber für die Rolle der Propheten 45

Vgl. dazu S E E L I G M A N N , Auffassung, 2 7 0 - 2 7 9 , besonders: „In der Chronik erscheinen die Propheten als Mahner und Warner, die zur Umkehr auffordern. /.../ Unbestreitbar bleibt, daß die älteste Exegese: das Buch Jona, die deuteronomistische Bearbeitung des Buches Jeremia die Prophetie als Mahnung zur Umkehr verstanden hat - so auch die Chronik." ( 2 7 5 ) . 46 Vgl. S E E L I G M A N N , Auffassung 267; K . K O C H , Das Profetenschweigen des deuteronomistischen Geschichtswerks, in: J. Jeremias/L. Perlitt (hrsg.), Die Botschaft und die Boten, Neukirchen-Vluyn 1981 (FS H.W. Wolff), 115-128. 47 KOCH, Profetenschweigen, bemerkt zu DtrGW: „Das Erfüllungskriterium des Dtn (18,21 f.): Echt ist nur ein Nabi, dessen dbr sich nachweislich erfüllt, wird also restriktiv verstanden, auf Erfüllung noch zu Lebzeiten des Sprechers gedeutet, aber auch auf ein vollmächtiges Auftreten des göttlichen Boten mit Beweisen des Geistes und der Kraft." (120f.). 48 S E E L I G M A N N , Auffassung, 2 6 5 , beschreibt die Eigenart der Geschichtsschreibung in den Königebüchern: „Die Könige stehen überall im Zentrum der Ereignisse, ihr Verhalten ist weithin entscheidend für den Gang der Geschichte und damit für das Geschick ihres Volkes." 49 „Läßt sich dem Werk keine Überzeugung vom totalen Ende entnehmen, markiert vielmehr gerade sein Schluß eine bleibende Zuversicht /.../" (KOCH, Profetenschweigen, 123). 50 KOCH, Profetenschweigen, nennt 2 Kön 17,23;24,3; 25,21 sowie 20,17f.; 21,12-14 und 22,19 und fragt: „Sind das jedoch nicht, aufs ganze gesehen, schwache und magere Ankündigungen?" (122). „Selbst eine Exilierung der Judäer verkündet kein Nabi /.../. Nach der ersten Einnahme Jerusalems und der ersten Deportation 598/7 wird kurz festgestellt, der Abtransport der Prinzen und der Schätze habe sich vollzogen ,wie Jahwä gesprochen' (24,13); interessanterweise wird - den vorher zitierten Nabisprüchen korrekt entsprechend - die Exilierung ganz Jerusalems V. 14 nicht in die Erfüllungsaussage einbezogen! Das dunkle Geschehen von 587/6 vollends bleibt außerhalb des Systems von Gottes geschichtsmächtigen Jahwäsprüchen und äußerer Erfüllung." (123). 51 „ /.../ weil der Verfasser des Hulda-Spruchs darauf rechnen konnte, daß seinen Lesern auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis klar sein würde, welches Ereignis Hulda da voraus-

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vor, „daß von wenigen Ausnahmen abgesehen (2 Rg. x 30, xiv 25) die Propheten der Königsbücher immer Unheil und Untergang verkünden." 5 2 „In diesen Unheilsansagen, die den in der deuteronomistischen Geschichtsschreibung auftretenden Propheten in den Mund gelegt werden, vollzieht sich ein für die Auffassung von der Prophetie folgenschwerer Übergang: In das Wort der Vorhersage /.../ wird der Gedanke der Vergeltung eingebaut. Diese Vergeltung betrifft König und Dynastie, doch zieht sie /.../ das Volk in Mitleidenschaft. /..../ In den Königsbüchern kommt die Vergeltung über das Königshaus und seine Untertanen nicht wegen sozial-sittlichen Verhaltens, sondern wegen kultischer Verfehlungen, namentlich der Verehrung fremder Götter. Anders als bei den klassischen Propheten fehlt auch jeder Ruf zur Umkehr. (Dem ist 2 Rg. xvii 13 nicht entgegenzuhalten; der Vers steht in einem sehr späten geschichtstheologischen Exkurs ganz eigener Herkunft.) In der deuteronomistischen Historiographie verkünden die Propheten das von Gott wegen der Sünden der Könige beschlossene Unheil." 53 „Die Prophetenworte setzen /.../ die Vergehen der Könige voraus, ohne zur Umkehr aufzufordern. Die Strafe, mit der gedroht wird, bekommt dadurch etwas Unausweichliches, man darf sagen: Schicksalhaftes." 54 In dieser Hinsicht führt die Darstellung von Prophetie in den Königebüchern den „Ged a n k e < n > , Geschichte sei im entscheidenden Erfüllung von Weissagung" 55 durch. Das Konzept von Ankündigung und Erfüllung setzt die Erfahrung der Katastrophe voraus. Es gehört zur Bewältigung der durch den Untergang ausgelösten Krise, die Niederlage Israels nicht als Schwäche Y H W H S , sondern als seinen Willen zu begreifen. Den göttlichen Vernichtungswillen begründet ein menschliches Verschulden. Gott äußerte seinen Willen im Voraus, nämlich in Prophetenworten. In einem nächsten Schritt konnte dann das Nicht-Hören-Wollen der Rezipienten den Grund dafür abgeben, daß diese Ankündigungen keine Frucht trugen. Implizit bahnt sich das Umkehrmotiv darin an, denn vor diesem Hintergrund mag man fragen: Was wäre gewesen, wenn sie gehört hätten? Erst das Ezechielbuch bietet eine systematische Durchführung des dtr Erfüllungsprinzips im Rahmen einer Prophetenbiographie, die auf dieses Prinzip hin stilisiert wurde. Das Buch Ezechiel entfaltet dabei konsequent Vorgaben des Jeremiabuches wie etwa den sogen. Berufungsbericht, zeichenhafte Handlungen, die sogen. Falschprophetenkritik oder prophetische Sprachsignale. So schafft es ein systematisiertes Prophetenbild - zunächst des Propheten als eines im Dienste Gottes stehenden Ankündigers von garantiert eintretendem zukünftigem sah" - so D I E T R I C H , Prophetie, 26. Zu 2 Kön 21,10-14 (vgl. dazu D I E T R I C H , Prophetie, 31-34) konstatiert 24,2 die Erfüllung, 24,3 korrigiert diesen Vermerk (vgl. D I E T R I C H , Prophetie, 29f.) offensichtlich. 52 S E E L I G M A N N , Auffassung, 2 6 6 . 53 S E E L I G M A N N , Auffassung, 266f. 54 S E E L I G M A N N , Auffassung, 269. 55 D I E T R I C H , Prophetie, 108, zur Theologie von DtrP.

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Theologie

Geschehen. Dies Bild wurde dann noch vervollständigt um den Aspekt des Propheten als eines Rufers zur Umkehr. Und schließlich hat auch noch das Üben von Sozialkritik Eingang in das Buch gefunden 5 6 - ein Zug der ihm angesichts seiner kultkritischen Ausrichtung zunächst fremd ist, aber Vorbilder im prophetischen Spruchgut des 8. Jhs. oder auch bei Zefanja findet. Insofern entwickelt sich das Ezechielbuch zu einem Kompendium atl. Prophetie. Damit hat das Buch vermutlich Einfluß auf die Gestaltung anderer Prophetenbücher ausgeübt. In jedem Falle aber hat es die Wahrnehmung anderer schriftprophetischer Bücher, der Prophetenerzählungen in DtrGW und der sekundär als prophetisch gekennzeichneten Gestalten im Pentateuch beeinflußt, indem es Lesern des hebräischen Kanons ein Vorverständnis davon lieferte, was ein Prophet bzw. ein Prophetenbuch ist und insofern mehr oder minder unbewußt zum Maßstab der Lektüre prophetischen Schrifttums wurde.

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Vgl. Ez 22,23-31, Zef 3, 3F.; vgl. dazu FISHBANE, Biblical Interpretation, 461-463.

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Bibelstellenregister

(Auswahl) Genesis 1,26 1,26 f. 2,7 3,24 5,1 5,3 6,13 9,12 9,13 9,17 15,1 15,4 17,1 17,11 18,22-33 19,38 26,24 28,1 Off. 28,13 31.37 32,5 49,8-12 49,10

137 72 209 134 134 253 137; 203 137; 203 203 65 65 115 203 270 50

8,11 8,18 8,19 8,28 9,7 9,14 9,24 9,29 9,34 10, lf. 10,2 11,3 11,7 14,4 14,18 16,6 16,12

159 182 115 177 92 38 48

18,15 19,16 20,2 24,4f. 24,10 24,15 24,17

134

Exodus 3 3 f. 3,2 3,4 3.6 3,12 4 4,10 5,10 6,7 7,3 7,5 7,14

127; 142 180 132 72 115 151; 204 219

7,17 8,6

120 120 f.

168 95 120 f. 148;203 120 148

148 120f. 203 148 148 121 132 121 148 203 120 f. 203 120 f. 120 120 120 f. 120 f. 318 132 115 204 137 132

25-27 29,46

135;143 351 121

30 31,13 31,17 32,30ff. 32,33 33,11 33,18-23 36-38

351 203 203 272 166 347 135 351

Leviticus 17 19,17 19,19 20.1-6 21.5

316f. 177 f. 206 318 210

380

Bibelstellenregister

23,43 26

122 209; 212; 236f.; 243; 245

Numeri 5,13 6,24-26 8,4 9,15 ll,16f. 11,25 12,6-8 12,8 14,11 14,22 15,39 16,28 16,28-30 16,28-33 17,3 17,25 22,8 24,10 27

316 78 135 135 313 313 83 135; 347 203 203 240 122 153 185 203 156; 203 310 41 182

Deuteronomium 3,2 159 4,11 132 4,24 25 122 4,39 5,22 132 6,5 f. 313 6,8 203 6,22 203 7,7 181 122 7,9 7,19 203 8,3 167 11,18 203 12,2 244 12,2f 236f.; 245 13 352 13,1-6 10; 258 302-304; 348 13,2-6 13,2f. 204 13,6 300 17 348f.; 352 18,9-12 309 18,9-14 319 18,9 309 309 18,10f. 18,15-22 10 299;301;306;312 18,15 18,18 156; 299; 306; 312

18,20 18,21 f. 18,22 22,9 23,13 26,8 28,46 29,2 29,5 29,16 30 31,1-8 31,14t 31,23 34,10 34,11

296; 300; 303f.; 309 156f.; 299f.; 303f.; 309 274; 302 206 208 203 203 203 122 236 182 180 180 180 301; 347 152; 203

Josua 1,18 3,9f. 4,6 8,1 10,25 11,20 23,14 24,5 24,17

182 120 203 159 159 148 120 152 203

Richter 4,4-10 5,4f. 6 6,7f. 6,11-24 6,14 6,17 6,37 9,8-15 13 13,6 14,12-19

180 142 180;182 152 127 151f. 204 120 25 152 135 82 f.

1 Samuel 3 3,4 3,6 3,10 3,19-21 6,6 9,1 9,7 9,9 10,16

180 72 72 72 158 148 180 204 93; 204 180

Bibelstellenregister 12,8 15,1 15,10 16,1-3 16,1

152 153 65 180 153

2 Samuel 1,19-27 3,33f. 7,2 7,4 12,1 19,1 24,11 24,13

78 78 152 65 152 93 65 151 f.

1 Könige 3 3,9 3,12 6 f. 6,11 8,10f. 8,43 8,60 10,1 11,27 12,22 13 14,9f. 14,23 15,12 17,24 18 18,46 19,9 19,llf. 19,13 20 20,6 21,21 21,26 22 22,19 22,19-22 22,20-23 22,22 22,27

180 149 149 351 65 132 119 119 82 265 65 301 241 244 236 120 119; 301 f. 70 72 142 72 112; 119 329 120 236 181; 301 f. 135;138 128; 180; 189 321 258 92

2 Könige 2,1 2,2 2,4

132 152 152

2,6 2,11 3,15 4,38 5 5,8 5,15 6,1 6,32 10,10 16,4 16,10 17,10 17,12 17,13 18,19 18,28f. 19,19 19,29 20,8-11 21 21,11 21,21 22,16 23 23,14 23,16 23,20 23,24 25,1 Jesaja 1,1 1,20 1,28 1,29 l,30f. 2,4 2,12-17 2,20 4,5 5,1-7 5,19 5,26-30 6 6,2 6,7 6,8 6,9f. 6,10 7 7,4 ff.

381 152 132 70 311 112 120; 158 119 310 310 120 244 134 244 236f. 150; 193 92 58 119 204 204 241 236f. 236f. 356 237 237 237 237 236f. 325 61 32 26 26 29 177 253 252 133 83f.; 266 260 112 127;135; 138; 142; 144; 180f.; 182; 189; 347 140 166 150 f.; 154 155; 169 148 220 96

Bibelstellenregister

382 7,7

96

33,6

7,11

204

33,13

116

7,14

204

33,19

168 33

116

7,20

210

3 4 , 5 f.

8 , 1 f.

326; 333

34,16

166

8 , 3 f.

326; 333

36,14

95

8,11

70

37,20

119

8,16

327

37,30

204

9,7

116

38,7

204

9,9-10,4

249

38,22

204

9,17-19

26

40,1-11

127; 180

9,17

29

40,18

134

10,5

38

40,24

132

1 0 , 5 ff.

112

41,9

181

10,15

84

41,16

132

10,17f.

29

41,18-23

118

10,17-19

27

43,3

115

10,24

96

43,10

118

10,33

46

45,3-7

118

11,2

116

48,3-8

169

11,3

177

48,16

153

11,9

118

49,1-6

180

13,4

134

49,4

30

13,7

35

49,23

118

13,22

263

49,26

118

14,4

85

50,4-9

180

17,4-6

27

50,7

169

17,8

236

50,10

133

19,16-25

117

51,7

159

21,2-1

35

52,8

195

21,5-8

194

55,12

40

22,15

96

56,10f.

195

23,1-14

80

58,12

266; 268

27,9

236

60,3

133

28,l^t

4 5 f.

60,16

118 133

2 8 , 5 f.

46

60,19

28,7-13

287

61,1

153

28,11

168

6 6 , 1 5 f.

132

28,12

155

28,16

96

28,23

90

1

180; 185

28,24-26

84

61

28,27-29

84

1,1 1,4-10

29,4

46

1,5

1 4 7 ; 181

29,6

132; 142

1,7

151-153

29,21

177

1,8

159-161

30,8

165; 3 2 7

30,9

155 f.

1,9 1,11

72

30,9-11

287

1,17

159

30,12

96

1,18

201

Jeremía

187

166; 168

30,13

266

l,18f.

169

30.15

96

2

239

30,30

1 3 2 ; 142

2,8

2 8 8 f.

Bibelstellenregister 2,20 3 3,6 3,13 4,4 4,13 4,22 5,1 5,3 5,4 f. 5,12-14 5,21-24 5,30 f. 6,10 6,13-15 6,14 6,17 6,18f. 7,16 7,20 7,24-27 7,29 ff. 8,10-12 8,1 f. 8,7 9,2 9,5 9,9 9,17-19 9,19 9,23 10,3 10,13 11,14 ll,16f. 11,19 12,2 12,12 13,1-11 13,15-19 14,7-9 14,11 f. 14,13-16 14,14 15,1 15,3 15,17 15,19 15,20 16,1-9 16,2 16,4 16,5

244 239 244 244 25 132 117 270 148;169 117 289 169 290 169 291 252 194 90 177; 272 25 169 237 291 237 117 117 117 78; 162 162 79 117 f. 50 142 177;272 28 25 25 32 f. 97; 223 46 30 177; 272 52; 291 f. 294; 301 272f. 52 70 168 160; 169; 201 218;335 333 52 333

17,1 17,6-8 17,15 17,27 18,18 19,1 f. 19,10f. 19,14 19,14f. 20,7 21,14 22,7 23,4 23,9-32 23,13-15 23,16-21 23,19 23,25 f. 23,30-32 24,3 24,7 25,1 25,13 25,15 25,31 26 26,12 26,12-15 26,15 26,17-19 26,18 26,23 27 28 28,9 28,16f. 29 30,2 30,10 30,23 31,15 31,34 32,20f. 35,15f. 36 37,3 39,1 39,6 41,2 42,2 42,4 43,8-13 44,28

169 25; 29 260 25 252 218 218 152 97 321 27 27 159 293; 295 293 293 f. 132 301 275; 294f. 72 118 63 166 153 32 295 f.; 303 153 296 153 296 f. 47; 97; 193 33;51 220; 297f.; 300; 303 297-300; 303; 349 153 185 259; 300 f. 165 159 132 162 118 203 193 165; 327 177;272 325 63 51 177 177 218 118f.

Bibelstellenregister

384 46,27 47,6 47,6f. 50,2 50,35-38 51,60 51,63 f. 52,4 Ezechiel 1 1,1-3 1,1 f. 1,2 1,3 l,3b-28a 1,4 1,5 1,7 1,8 1,9 1,10 1,11 1,13 1,14 1,15-21 1,16 1,22 1,23 1,24 1,24 f. 1,26 1,27 1,28a 1,28b l,28b-3,ll 2,1-3,11 2,1 2,2 2,3-7 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8-3,3 2,8 2,9 2,10 3,1 3,2 3,3 3,4

159 33 41 236 41 166 166 325

189; 347 5 9 - 6 2 ; 346 328 324 58; 130; 208 1 3 2 - 1 4 5 ; 187 133; 135; 141 133;135 135 140 140 135 f. 140 135 f. 135 130; 139 135 135; 137 140 135 130f.;140 135; 137 135; 137; 141 131;135;137 145; 186 145-171 173 146 131; 146; 186 147-161 86; 154; 306 148 f.; 154; 306 110; 154-157; 3 0 5 f . ; 3 4 0 f . ; 350 158-161; 264 161 162-168 162 162; 186 162f.; 186; 2 0 0 163 163 164 168

3,5-9 3,5 3,6 3,7 3,8 3,9 3,10 3,11 3,12-15 3,12 3,14 3,16-21 3,16b-21 3,17 3,17-19 3,18 3,18f. 3,18-21 3,20f. 3,22 3,22-24a 3,24 3,24b-27 3,25 3,26 3,27 4,1-5,4 4,1 4,2 4,3 4,4-8 4,6 4,7 4,9-17 4,9-11 4,12-15 4,14f. 4,16 4,17 5,1 5,2 5,3 f. 5,5-17 5,5 5,6 f. 5,11 5,12 5,17 6 6,1-7 6,1 6,2 6,3

168 f. 154; 168; 306 154; 168; 306 148; 168 148; 169 169 169 170 130f.; 170f. 213 69; 213 131; 170; 253 190; 196 f.; 346 87 192 f.; 195; 197 315 308 178 193; 195; 197 69; 213 131 f. 220 127; 170-179; 186 173 173; 178; 322; 337; 341 173; 175; 199; 322; 337; 341 171; 214; 224; 232f. 200; 212 201 201; 203f. 2 0 3 - 2 0 6 ; 214 206 202 232 206f. 207; 214; 223 208 208 209 209 207;209 2 1 0 - 2 1 2 ; 214 171; 212; 223 52; 200; 212 239 239 52 52 2 3 3 - 2 4 5 ; 347 2 3 3 - 2 3 6 ; 244 213;233 233 233f.; 238; 262

Bibelstellenregister 6,4 6,5 6,6 6,7 6,8-10 6,9 6,11-14 6,11 6,14 7 7,1-9 7,2 7,3 7,4 7,6 7,7 7,10-27 7,10 7,11 7,12 7,13 7,14-16 7,15 7,1 Vf. 7,19 7,20 7,23 7,25 7,26 7,27 8 8,1 8,2 8,2-4 8,8 8,10f. 9,8 10,1 10,10 10,21 f. 11,1 11,2-12 11,13 11,15 11,23 11,24 11,25 12,1-20 12,1-16 12,1 12,2 12,3

235; 243 235; 243 235 235 f. 108; 239-241 240 109; 241-244 40; 52 70 245-254; 347 246;249 246f. 246f. 247 248 248;253 246 250 250 250 250f. 251 52 251 251 251 f. 252 252 252 252 239; 245; 348 69; 130; 173; 186; 221; 324; 328 141 140 186 186 272 141 141 141 213 328 272 87 131 213 128 224 233; 324 224 87; 224 224f.

12,4-6 12,7 12,8 12,9 12,10-16 12,11 12,15 12,16 12,17-20 12,18 12,19 12,20 12,21-28 12,21-25 12,22 12,23 12,24 12,25 12,26-28 12,28 13 13,1 13,2 13,2-16 13,3 13,4 13,5 13,6f. 13,6-9 13,7 13,8 13,9 13,10 13,11 13,12 13,13 13,14 13,15 13,16 13,17-23 13,17 13,22 f. 14,1-11 14,1 14,2 14,3 14,3f. 14,4 14,5 14,6 14,7 14,8

385 225f.; 334 225; 227 227 87; 229f.; 334 227f. 226; 228f. 228f. 52 230-233 109 109 109 255; 290; 323; 341; 348 255-258 87; 255f.; 257 256f.;258 257f.; 262 106;258 258-260 106 305 f.; 323 260 260; 262 261; 262-280; 295; 308f.; 321; 348 262f. 263 265; 267 f. 273;292 308 274 275 276 252; 277; 279; 291 f. 142; 278f. 278f. 142; 277f. 278 279 179; 291; 308 239; 261; 306-309; 348 74; 260; 262 308 239; 252; 309; 323 173; 186; 221; 260; 309 f. 260 87 312f. 313f. 314 315 f. 317f. 317f.; 320

386 14,9-11 14,9 14,12ff. 14,13 15 15,2^t 15,2-5 15,6-8 16 16,40 17 17,2 18 18,24 19 19,3-14 20 20,1 21,1-10 21,1-5 21,1-4 21,3 21,5 21,6-10 21,11 f. 21,11 21,12 21,13-22 21,17 21,17f. 21,19 21,23-32 21,23-27 21,23-28 21,24-27 21,26 21,26-28 21,33-37 21,34 22,17-22 22,23-31 22,30 22 23,2 23,10 23,15 23 24,1-14 24,1 24,2 24,3a 24,3b-14 24,14

Bibelstellenregister 319 320f. 354 87 28; 349 84 88 109 85; 239; 333; 349 53 349 82 f. 195; 253; 308; 354 193 48; 80; 85; 349 80 354 173; 186; 221 54; 349 21-25; 28-30 31f. 50 23f.; 30; 34; 36; 55; 341; 345 31-34 34-36; 38f.; 224; 232f.; 335 73 251 36-42; 335; 349 232 f. 224 232 42-48 233; 337 349 224 274; 334 345 48-51; 54 345 349 252; 269f. 266; 268f. 85; 239; 333; 349 87 53 134 233 334 324f.; 328; 349 53; 215; 233;324;326 326 84; 328f.; 349 106

24,15-24 24,15 24,16 24,17 24,18 24,18f. 24,18-24 24,19 24,20 24,21 24,22 24,23 24,24 24,25-27 24,25 24,26 24,27 24 25,1-7 25,4f. 25,7 25,13 26,15-18 27,3 27,3 ff. 27,29-36 28,11-19 28,12-19 28,20ff. 30,20-26 30,21 30,25 30 32,2-16 32.11 32,20ff. 31 33,1-6 33,1-9 33,7-9 33,7 33,8 33,10-20 33,11 33,21 33,21 f. 33,22 33,23-29 33,30-32 33,31 33,33 34

224; 329; 334; 349 329 87; 329; 331 329f. 227;331 186 331 332 332 332;334 335 335 226;334 178; 336; 338 336f. 336 175; 226; 336; 338 53 48 50 70 70 79 80 81

79 80 81

53 52 87 52 82 80f. 52 53 189; 224; 347 191 f.;195 191-198; 253 170; 192 f.; 195; 197 87 315 195 308 106; 204; 215; 233; 328; 337; 349 53; 334; 336; 338f. 69; 175; 340 340 341 f. 311 110; 156f.; 305 f.; 340f.; 350 340

Bibelstellenregister

387

35

49; 340

3,3-8

35,1-15

109

3,6

84 195

34

245

3,12

96

36,16ff.

350

4,3

265

3 6 , 2 2 ff.

109

5,1

79

36,26f.

342

5,2

80; 162

37,1-14

68; 213; 3 5 1

5,6

25; 27

37,1

69; 130

5,10

1 7 6 f.

37,3

88

5,16

162

37,14

107

5,18-20

253

37,15-28

350

5,20

133

38f.

351

6,12

84

40-48

68; 140; 213; 3 5 0

7,1-6

30

40,1

69; 130

7,1-9

127; 208; :

4 0 , 1 f.

350

7,7

135

43,1-9

350

7,8

72

47,1-12

350

7,9

33; 237

Hosea

7,10-17

287

7,11

93

1

218; 220; 239; 333

7,12ff.

180

1,1 2,10

60; 62; 6 4

7,14f.

7 5 f.

117

7,15

180

2,22

117

8 , 1 f.

127; 208; :

3

180; 218; 220; 239; 3 3 3

8,2

72; 2 4 6

4,1

117

8,10

78

4,5

287

8 , 1 1 f.

323

4,13

237; 244

9,1

33; 135; 1

5,4

117

9,10

32

6,3

117

9,11

266; 268

6,6

117

8,1

195

Obadja

9,7-9

287

1

9,8

194

10,8

237

Jona

11,3

117

allg.

112; 189;

11,6

32

1,1

64

12,10-14

306

3,1

64

12,11

323

13,4f.

117

Joel

61; 95

Micha 1,1

60; 62; 6 4

1,2

24

1,4 1,6

47

allg.

253

1,1 2,4

60; 64 134

1,8

35; 2 6 4

2,10

133

2,1-3

283

2,27

156

2,3

96

4,15

133

2,4

162

4,17

158

2,6-11

281; 283

3,5

95; 307

3,5-8

283-286 323

Arnos

142

lf.

147

3,7

1,1 3,2

61

3,8

180

116

3,11

286;289

Bibelstellenregister

388 3,12 4,3 6,4 6,5 7,4 Nahum 1 1,1 1,3 1,12 2,5 3,19

47; 54; 297 III 152 116 195

142 62 132 95 134 40

2,15 3,7 4,9 5,1^1 6,1-8 6,5 6,12 6,15 7,7-14 7,8 7,9 7,11 7,12 9,14

153;158 96 118; 153; 158 166 181 144 96 118; 153; 158 155 96 96 148 169 132; 142

Habakuk 1,1 1,12 2,1 2,2f. 2,3 2,6 2,14 3 3,4 Zefanja allg. 1,1 1,15 1,18 2,15 3,3 f. Haggai allg. 1,1 1,2 1,5 1,7 1,12 1,13 2,11 Sacharja allg. 1,1 1,3 1,7 ff. 1,7-15 1,14 1,17 2,12 2,13

62 30; 177 194 327 327 83 118 142 133

358 60; 62; 64 133 251 40 269f.

353 62 96 96 96 152; 187 152 96

353 60; 62 96 180;189 181 96 96 153;158 118; 153; 158

Maleachi 1,1 1,4 2,4 3,1 3,16

62 95 118 187 166

Psalmen 1,3 18,8f. 18,8-14 18,12f. 19,11 29 29,3 29,7 47,2 49,5 50,2f. 50,3 69,29 74,9 75,8 77,17 78,2 78,43 79,1 81,17 86,17 89 90,9 92,13 95,8 97,2-4 97,5 98,8 105,26 105,27

25 132; 142 144 133 164 142 132 132 40 83 142 132 166 320;323 46 132;142 83 203 47 164 204 352 163 25 148 132; 142 142 40 152 203

Bibelstellenregister 106,23 107,25 107,29 119,103 135,9 139,16 148,8

266; 268 132 132 164 203 166 132

Hiob 1,6-12 9,33 16,14 18,5 19,9 22,28 26,8t 30,14 30,29 37,2 37,11 38-11 38,1 40,6 42,8

180; 189 177 266 133 46 133 132 265 264 163 132 72; 113 132 132 272

Proverbien 1,6 2,10 4,1 4,18 5,7 7,24 8,32 14,33 15,14 16,18 16,24 18,2 24,13 f. 28,14 29,23

83 149 72 133 72 72 72 149 149 46 164 263 164 148 f. 46

Hoheslied 2,15 5,16

263 329

389

Kohelet 1,1 1,12 1,16 1,13-23 2,4-9

6 6 6 6 6

Threni 2,4 2,9 2,15 3,44 5,15f. 5,18

329 320; 323 40 132 46 263

Daniel 1-6 7,2 8,1 9,2 10,2 10,16 12 12,1 12,3 12,4

6 6 6 6; 166 6 134 135 166 141 166

Nehemia 3,35 6,1 9,10

263 265 203

1 Chronik 22

159

2 Chronik 3 f. 4,3 5,13f. 14,4 15,2 ff. 20,15 20,17 32,7 34,4 34,7 35,25

351 134 132 236 193 159 159 159 236 236 78

Sachregister A b r a h a m 270 Älteste 311 f. A m t 13; 56; 281 f. Anrede 21; 31; 72-74; 91; 100; 149 Ausführungsbericht 163t; 167; 214-218; 220; 225 Authentizität 4f.; 128; 286; 289 Autobiographie 7f.; 127; 344 Autorität 179; 275; 345 Befragen 318f. Berufungsbericht 127; 179-190; 357 Bildrede 113; 345; 349; 352; 354 Biographie 5; 179; 182; 188; 223; 324; 337 Botenformel 91-93; 154 Bresche 265 f.; 268; 273 Buchüberschrift 59-62; 64 Bund 343 Bundesformel 320 Charismatiker

Gideon 180f.; 184; 204 Gottesbefragung 43f.; 49; 309-323 Gottesspruchformel 101-105 Händeklatschen H a n d YHWHS

39 42; 242 68-70

Heiligkeitsgesetz 352 Heilsorakel 158; 160 Heimsuchungstrias 51 Heroldformel 91 Herrlichkeit 131; 138f.; 143; 343 Herz 148f.; 262; 294; 313 Höraufruf 22; 24; 89-91; 94; 100; 125; 262 Honig 164 f. Hunger 51f.;243;251 ipsissima vox

4; 18; 343

Jeremia 5; 30; 67; 153; 181; 356 Jona 68

11; 13; 281; 302

Datierung 59-61; 67; 123; 188; 324f.; 328; 343; 349 David 152 Eintreffen 166; 189; 304; 331; 339f.;348f. Elia 11 f.; 65; 120; 142; 152; 345 Ende 246 Erfüllung 36; 107; 111; 123f.; 157; 185; 204; 229; 233; 257; 260; 274; 279; 299; 346; 351; 356 f. Erkenntnisansage 107-124; 156f.; 340; 346 Erkenntnisformel 23; 32; 107 Erstes Gebot 239; 347; 353 Erweiswort 112 Falschprophetie 154; 257; 280-306; 357 Feuer 22-28; 50; 132; 136; 142 Fiktion 4-7; 16; 18; 123; 327 Fortschreibung 1; 4; 17 Fremdbericht 7; 180; 219; 352 Fürbitte 176f.; 266-271

Klagelied 78-82 Krone 45 f. Legitimation 35; 66; 128; 151; 185; 187; 189; 215; 219; 275; 288; 292; 294-296; 303; 305; 327; 340; 346 Legitimationsformel 91 Leser 9; 18; 58; 68; 78; 100; 116; 127f.; 188; 201; 205; 215; 223f.; 230; 233; 239; 243;

279; 296; 299; 324f.; 327; 333; 338; 346f.; 353 f. Magie 216f.; 323 Mari 15 f. Mäsäl 30; 83-85; 255f. Mauer 201 Mose 10; 121 f.; 153f.; 184; 204; 266; 268; 270; 272; 312; 318f.; 345; 347 Natan 12; 152 Norden 132f.

392

Sachregister

Offenbarungsformel 57 Ohr 155; 169 Orakel 43-45; 55 Orakelformel 91; 101 Personifizierung 24 Pest 51f.; 243; 251 Präsentativum 22; 71 Prediger 11; 176f.; 196f.; 267 Priesterschrift 143; 352 Privates Orakel 88f.; 100; 124; 195; 214; 223; 312; 337; 341; 346 Proklamationsformel 91 Prophetenbuch 1; 8 Pseudepigraph 3f.; 345 Rätsel 82-84 Regenbogen 137 Revelationsformel 57 Salomo 6; 82 Samuel 272 Saul 153; 180f.; 184 Schriftlichkeit 54; 125; 165 Schriftrolle 162; 167; 186; 347 Schwert 31-34; 36-14; 49; 51-53; 191; 209; 234; 243; 251 Selbstbericht 4-7; 58; 73; 88; 100; 124; 126; 128; 180; 182f.; 219; 229; 346; 352 Selbstprädikation 114 f. Selbstvorstellungsformel 113 Sendung 149-154;274 Simson 82f. Ständepredigt 269 Sukzession 299; 306; 319; 349 T a g YHWHS

Tetragramm

249; 253; 267

62; 94; 102; 106; 109; 113-115;

275

Theophanie 140; 158f.; 278; 346f. Thron 137-140; 143f. Umkehr 193-198; 267; 316; 343; 355 Unwetter 133; 142; 278f. Verschriftung 2; 100; 175 Verstockt 121; 148; 155; 168f. Verstummen 171-179; 196; 322; 336-342; 343 Verwirklichungsformel 105-107 Vision 69; 71; 127-171; 215 Völkersprüche 52f.; 338; 350 Wächter

170; 190-198; 273; 315

Wahrzeichen 334; 338; 340 Waldbrand 25; 27 Wand 276-278 Weheruf 163; 263; 265 Wolke 132; 142f. Wortbekräftigungsformel 105 Wortempfangsaussage 57-68; 71; 85; 91; 100; 124; 170; 186; 190; 332; 339 Wortempfangsformel 57 Wortereignisaussage 57 Wortereignisformel 21; 57 Wortgeschehensformel 57 Zeichen 203; 226; 229f. Zeichenhandlung 34; 42; 176; 216-233; 330; 345; 357 Zitatansage 91-99; 100; 124; 149; 154; 156; 161; 186

Hebräische Begriffe (Auswahl) '"donäy 94f. 1s halohim 13 ls möklah 173-178 'dt 203f.; 226 boen-'ädäm 21; 72-74 betmert 155f.; 224f. d'müt 133-135; 140f. drs 318 f. höy 162 f. hidäh 82 f. hozeh 13;152 hzq 148;169; 345 yd' 107-122; 124 kaböd 138f.; 143 k''en 133; 141 koh amar 91-98;101-105 mar'ceh 83; 133-135; 140f. möpet 203; 225f.; 229; 334; 338; 340 msl/mäsäl 23f.; 30; 82-85; 124; 255f.; 326 ne'um 101-105; 124 nb' 74-76; 124; 296; 307; 309 näbt' 13-15; 156-158: 262; 275; 280; 298; 306 sopceh 194f. qinäh 78-82; 124; 162; 346 qes 246 ro'wh 13 sim pün&ka 76-78 slh 149-154; 296 tö'ebah 240-242

Forschungen zum Alten Testament Herausgegeben von Bernd Janowski und Hermann Spieckermann Alphabetische Ubersicht Barthel, Jörg: Prophetenwort und Geschichte. 1997. Band 19. - siehe Hermisson, Hans-Jürgett. Baumann, Gerlinde: Die Weisheitsgestalt in Proverbien 1—9. 1996. Band 16. Bodendorfer, Gerhard und Matthias Miliard (Hrsg.): Bibel und Midrasch. Unter Mitarbeit von B . Kagerer. 1998. Band 22. Chapman, Stephen B.: T h e Law and the Prophets. 2 0 0 0 . Band 21. Diße, Andreas: siehe Groß, Walter. Ego, Beate: siehe Janowski, Bernd. Emmendörffer, Michael: D e r ferne Gott. 1997. Band 21. Groß, Walter: Die Satzteilfolge im Verbalsatz alttestamentlicher Prosa. U n t e r Mitarb. von A. Diße und A. Michel. 1996. Band 17. Hanhart, Robert: Studien zur Septuaginta und zum hellenistischen Judentum. 1999. Band 24. Hausmann, Jutta: Studien zum Menschenbild der älteren Weisheit (Spr lOff). 1995. Band 7. Hermisson, Hans-Jürgen: Studien zu Prophetie und Weisheit. Hrsg. v o n j . Barthel, H . Jauss und K. Koenen 1998. Band 23. Huwyler, Beat: Jeremia und die Völker. 1997. Band 20. Janowski, Bernd und Ego, Beate (Hrsg.): Das biblische Weltbild und seine altorientalischen Kontexte. 2 0 0 1 . Band 32. Janowski, Bernd und Stuhlmacher, Peter (Hrsg.): D e r Leidende Gottesknecht. 1996. Band 14. Jauss, Hannelore: siehe Hermisson, Hans-Jürgen. Jeremias, Jörg: Hosea und Amos. 1996. Band 13. Kagerer, Bernhard: siehe Bodendorfer, Gerhard. Knierim, Rolf P.: Text and C o n c e p t in Leviticus 1:1—9. 1992. Band 2. Köhlmoos, Melanie: Das Auge Gottes. 1999. Band 25. Koenen, Klaus: siehe Hermisson, Hans-Jürgen. Kratz, Reinhard Gregor: Kyros im Deuterojesaja-Buch. 1991. Band 1. Lange, Armin: Vom prophetischen Wort zur prophetischen Tradition. 2 0 0 2 . Band 34. Michel, Andreas: siehe Groß, Walter. Miliard, Matthias: Die Komposition des Psalters. 1994. Band 9. — siehe Bodendorfer, Gerhard. Niemann, Hermann Michael: Herrschaft, Königtum und Staat. 1993. Band 6. Otto, Eckart: Das D e u t e r o n o m i u m im Pentateuch und Hexateuch. 2 0 0 1 . Band 30. Perlitt, Lothar: Deuteronomium-Studien. 1994. Band 8. Podella, Thomas: Das Lichtkleid J H W H s . 1996. Band 15. Rosei, Martin: Adonaj — Warum Gott 'Herr' genannt wird. 2 0 0 0 . Band 29. Rtiwe, Andreas: „Heiligkeitsgesetz" und „Priesterschrift". 1999. Band 26. Schaper, Joachim: Priester und Leviten im achämcnidischen Juda. 2 0 0 0 . Band 31. Schenker, Adrian (Hrsg.): Studien zu Opfer und Kult im Alten Testament. 1992. Band 3. Schmidt, Brian B.: Israel's B e n e f i c e n t Dead. 1994. Band 11. Schöpßin, Karin: Theologie als Biographie im Ezechielbuch. 2 0 0 2 . Band 36. Spieckermann, Hermann: Gottes Liebe zu Israel. Band 33. Steck, Odil Hannes: Gottesknecht und Zion. 1992. Band 4. Stuhlmacher, Peter: siehe Janowski, Bernd. Weber, Cornelia: Altes Testament und völkische Frage. 2 0 0 0 . Band 28. Weippert, Manfred: Jahwe und die anderen Götter. 1997. Band 18. Willi, Thomas: Juda - J e h u d - Israel. 1995. Band 12. Young, Iati: Diversity in Pre-Exilic Hebrew. 1993. Band 5. Zwickel, Wolfgang: D e r Tempelkult in Kanaan und Israel. 1994. Band 10. Einen Gesamtkatalog

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Tübingen.