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German Pages 110 Year 2018
H
Edition Bildungsinnovationen
Peter Speck Detlef Jürgen Brauner Herausgeber
The Clash of Generations Wissens- und Erfahrungstransfer zwischen Generationen
Verlag Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89673-740-3
© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2018 Nußbaumweg 6, D-75447 Sternenfels Tel. +49 7045 930093 Fax +49 7045 930094 [email protected] www.verlagwp.de © Einbandgrafik: iIIu24 - Fotolia Druck und Bindung: Media-Print Informationstechnologie GmbH, Paderborn Alle Rechte vorbehalten
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Inhalt Vorwort der Herausgeber...............................................................................................7 HoV Festo Case Challenge „The Clash of Generations"........................................... 9
von Christoph Georgi und Alexander Krüger I.
Die Fallstudie „The Clash of Generations"......................................................11
II.
Lösungsansatz: Wissenstransfer zwischen Generationen.............................. 23
von Werner Weiss und Michael Wiedmann III. Expertenbefragungen............................................................................................ 41
Expertenantworten von Dr. Verena Kaiser..................................................... 42 Expertenantworten von Dr. Michael Müller.................................................. 44 Expertenantworten von Prof. Dr. Julia Sander..............................................49 Expertenantworten von Prof. Werner Sauter ................................................. 55 Expertenantworten von Prof. Joachim Freimuth ...........................................61 IV.
Wie man soziales Lernen in virtuellen Lernumgebungen fördern kann ....63
von Univ. Prof. Dr. Nikolaus Franke, Martin Finkenzeller, M. Eng., Mag. Albrecht Karlusch, MBA, Mag. Vinzenz Treytl V.
Bildungsinnovationen 2013 - Rückblick und Chancen für die Zukunft ....81
1. Innovationen im Bildungssystem im Zeitalter der Digitalisierung.......... 81 von Kurt Hoffmann 2. HCM heißt jetzt EDUYOU und auch sonst hat sich viel geändert......... 92 von Thomas Lutzeier 3. Versteckte Potenziale nutzen - 2.0............................................................ 97 von Frank Dehring
4. The Score - alles was zählt bist Du!........................................................ 103 von Alexander M. Blass
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Vorwort der Herausgeber Im Sommer 2016 fand die 2. House of Ventures (HoV) Festo Case Challenge „The Clash of Generations" in Zusammenarbeit mit der European Business School (EBS) unter der Projektleitung von Herrn Prof. Dr. Ronald Gleich statt. Studenten, Fach- und Führungskräfte sowie Bildungsexperten waren gefordert, innovative Ideen und Konzepte für den Wissens- und Erfahrungstransfer zwischen den Ge nerationen zu entwerfen bzw. weiterzuentwickeln. Der Fokus lag dabei auf den Auswirkungen/Veränderungen der Zusammenarbeit unterschiedlicher Generati onen im Unternehmen sowie den daraus resultierenden Problemen/Risiken und Chancen. Im Zeitalter der Digitalisierung in nahezu sämtlichen Lebensberei chen, insbesondere aber der Bildung und Information, kommt der Frage, wie die Wissensvermittlung und Wissensumsetzung bei den unterschiedlichen Generati onen erfolgt, eine übergeordnete Bedeutung zu; dies hat weitreichende Folgen für Kommunikation, Akzeptanz, Betriebsklima und Personalarbeit im Unterneh men und damit letztlich auch für dessen wirtschaftliche Entwicklung. Unser Dank gilt den „Ideengebern" für ihre Beiträge, den Jury-Mitgliedern für die Diskussion und die Bewertung der Konzepte sowie den Organisatoren für den reibungslosen Ablauf vor und während des Challenge-Day am 18. August 2016 in Stuttgart. Besonders danken möchten wir Herrn Dr. Wilfried Stoll, Geschäfts führer der Festo Holding GmbH und Schirmherr der HoV Festo Case Challenge, ohne dessen Weitsicht und ideelle wie finanzielle Unterstützung dieses wichtige Projekt nicht hätte realisiert werden können.
Des Weiteren bedanken wir uns bei Frau Ulrike Dunz für das Lektorieren und Korrektorat des Buches, bei den Herren Prof. Dr. Christoph Georgi und Alexander Krüger von der EBS und bei Herrn Dr. Alfred Ermers für alle operativen Arbeiten und die Betreuung der HoV Festo Case Challenge.
Wir würden uns freuen, wenn diese Publikation mit dazu beiträgt, sich intensiver mit dem Wissens- und Erfahrungstransfer zwischen Generationen zu beschäfti gen und gleichzeitig neue „Ideengeber" ermutigt, interessante Konzepte zu ent wickeln und umzusetzen.
Prof. Dr. Peter Speck
Dr. Detlef Jürgen Brauner
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HoV Festo Case Challenge „The Clash of Generations" von Christoph Georgi und Alexander Krüger
Festo und das House of Ventures (HoV) der EBS Business School setzen mit der 2. Case Challenge „The Clash of Generations" ihre erfolgreiche Zusammenarbeit für innovative Weiterbildungsideen und -konzepte fort Mit der zweiten HoV Festo Case Challenge „The Clash of Generations" knüpfen Festo und das House of Ventures (HoV) der EBS Business School an das gute Er gebnis der ersten gemeinsamen Case Challenge „Bildungsinnovationen" an und widmen sich einem praxisnahen und besonders für die Unternehmenswelt bri santen Thema: Der demografische Wandel führt in Unternehmen zusehends zu einer starken Veränderung der Personalstruktur. Das stellt Unternehmen vor be sondere Herausforderungen, kann jedoch auch als eine große Chance verstan den werden.
Um dieses Potential zu heben, bieten Festo und das House of Ventures mit der Case Challenge „The Clash of Generations" eine Plattform für Studenten, Fachund Führungskräfte sowie Bildungsexperten aus der DACH-Region, um innovati ve Ideen und Konzepte zur Verbesserung der Zusammenarbeit und des Wissens transfers zwischen den Generationen zu entwerfen und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus unterstützen ausgewählte Partnerunternehmen die HoV Festo Case Challenge: Sie werden aktiv in den Konzeptentwicklungsprozess einge bunden und profitieren von einem beidseitigen Austausch.
Finaltag und Siegerehrung der 2. HoV Festo Case Challenge „The Clash of Generations" Am 18. August 2016 fand bei Kaiserwetter im eindrucksvollen Phoenixbau der Unternehmensberatung Horvath und Partners das Finale der HoV Festo Case Challenge „The Clash of Generations" statt. Die sechs für die Endrunde qualifi zierten Teams trugen ihre zuvor mit den Partnerunternehmen erarbeiteten Kon zepte einer Jury aus Vertretern von Festo, der EBS Business School, der Partner unternehmen ZF Friedrichshafen, IBM und Daimler sowie weiteren Fachexper ten vor. Werner Weiss und Michael Wiedmann von der Universität Ulm errangen den mit €3.000 dotierten 1. Platz für ihre Arbeit mit dem Titel: „Business Family, DMA Championship und Knowledge Cascade". Das erste Modell der „Business
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Alexander Krüger
Family" überträgt Elemente des Zusammenlebens von Eltern und ihren Kindern in der Familie auf die Arbeitswelt, während ergänzend dazu das zweite Modell „DMA Championship" (Digital meets Analog) die menschliche Eigenschaft auf greift, gerne in spielerischen Wettbewerb zueinander zu treten. Das dritte und wichtigste Modell stellt ein computergestütztes Kaskadensystem zur Förderung eines gegenläufigen Wissenstransfers in Unternehmen dar, was besonderen An klang bei dem an der Konzeptentwicklung beteiligten Partner, IBM, fand. Das Sieger-Konzept von Werner Weiss und Michael Widmann wird in überarbeiteter Form ab S. 23 ausführlich vorgestellt.
Den mit €2.000 ausgestatteten 2. Platz erhielten Michelle Krämer und Johannes Herr der EBS Business School für ihre Arbeit „Knowledge Transfer between diffe rent Generations in a Company". Auf dem 3. Platz setzten sich Otto Arms und Maxim Bollig, ebenfalls von der EBS Business School durch. Für ihre Arbeit mit dem Titel „What processes and actions can be taken to transfer job-related knowledge between generations in a company?" erhielten sie ein Preisgeld von €1.000. Die ebenfalls sehr guten und mit je €500 dotierten Plätze 4 bis 6 beleg ten ein Team der WHU Otto Beisheim School of Management sowie zwei weite re Teams der EBS Business School. Im Rahmen der Siegerehrung wurden den sichtlich glücklichen Gewinnern die Platzierungen noch am gleichen Tag von den Schirmherren Prof. Dr. Speck, Dr. Ermers (beide Festo) und Prof. Dr. Gleich (HoV) bekannt gegeben und die Preise verliehen. Es gratulierten den Finalteilnehmern darüber hinaus die Vertreter der Partnerunternehmen: Susanne Obert (ZF Friedrichshafen), Ralf Essigke (IBM), Daniela Baumhauer und Andreas Mürdter (Daimler) sowie der Verleger Dr. Det lef Jürgen Brauner (Verlag Wissenschaft & Praxis) und Dr. Dierk Suhr (Geschäfts führer Klett-Ml NT). Im Namen von Festo und dem HoV sei allen Teams und Unterstützern nochmals sehr herzlich für ihren Einsatz und ihre kreativen Ideen gedankt.
Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Georgi: [email protected] Alexander Krüger: [email protected]
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I.
Die Fallstudie „The Clash of Generations"
1.
Ausgangslage
Herr Dr. Wieser ist seit 1. Januar 2015 neuer Personalvorstand der Firma F. In seiner Einarbeitungsphase hat er sich mit den verschiedenen Bereichen und Ab teilungen des Unternehmens vertraut gemacht und in ersten Gesprächen ist er mit den jeweiligen Verantwortlichen immer wieder auf eine bereichsübergreifen de Thematik gestoßen, die sich gleichsam durch das ganze Unternehmen zieht: In den letzten Jahren ist es im Unternehmen vermehrt zu Problemen und Kon flikten zwischen verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und auch de ren Vorgesetzten gekommen. Diese Schwierigkeiten behindern inzwischen im mer wieder Prozessabläufe sowie die allgemeine Zusammenarbeit und Zufrie denheit in der Mitarbeiterschaft. Der Vorstand von Firma F. vermutet, dass die oft zwischenmenschlichen Prob leme und Konflikte durch die sehr heterogene Altersstruktur innerhalb des Unter nehmens hervorgerufen werden könnten. Diese Vermutung liegt nahe, da die Schwierigkeiten insbesondere in Abteilungen und Projekten auftreten, in denen die unterschiedlichen Generationen besonders stark gemischt sind und die Ge nerationen in puncto Führungsstile, Arbeitswerte und Arbeitsweisen aufeinander treffen.
Das stellt das Unternehmen vor eine besondere Herausforderung, kann jedoch in den Augen von Herrn Dr. Wieser auch eine große Chance bedeuten. Ziel soll te es seiner Meinung nach sein, gemeinsam mit den unterschiedlichen Generati onen Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein effizientes und zeitgemäßes Zu sammenarbeiten und Lernen voneinander ermöglichen. Herr Dr. Wieser möchte deshalb Lösungen zur Verbesserung der generationenübergreifenden Zusam menarbeit und der gegenseitigen Wissensvermittlung entwickeln und diese in seinem Unternehmen implementieren, um eine mögliche Gefährdung des Ge schäfts von Firma F zu verhindern und verborgene Potentiale zu heben. Außer dem sieht er in diesem Zusammenhang das Recruiting und die Mitarbeiterfüh rung als zentrale Bausteine und möchte zudem Raum schaffen, um die beste henden Arbeitswelten und -modelle auf den Prüfstand zu stellen. Deshalb wen det er sich an seinen Assistenten Lohmann. Dieser soll zunächst eine Analyse über die allgemeine Struktur der Arbeitneh merschaft von Firma F und die auftretenden Probleme sowie Konflikte anferti gen. In einem zweiten Schritt soll er Konzepte entwickeln, die zu einer Lösung beitragen können. Ein dritter Schritt umfasst Vorschläge zur Implementierung der Konzepte, um das Arbeitsumfeld im konkreten Fall zu verbessern.
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Christoph Georgi
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Alexander Krüger
Firma F
Zunächst verschafft sich Lohmann einen ausführlichen Überblick über das Un ternehmen und seine Arbeitnehmerschaft. Nachdem diese Informationen ausge wertet sind, möchte er die stereotypischen Charakteristika der einzelnen Genera tionsangehörigen aufbereiten. Hierzu führt er Interviews mit den betreffenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen durch und fertigt kleine anschauliche Kurzbi ografien an (Hinweis: Die Kurzbiografien stehen exemplarisch für je eine Gene ration mit ihren speziellen, überspitzt dargestellten Charakteristika): Hans A., 63 Jahre
Hans A., Jahrgang 1951, ist einer der letzten typischen Mitarbeiter aus der Nachkriegsgeneration. Er durchlebt mit seinen Eltern und seinen drei älteren Ge schwistern die für diese Zeit typischen Notsituationen wie Hunger und Wohn raummangel. Die Familie lebt bei Nachbarn, da das eigene Haus durch eine Fliegerbombe zerstört worden ist. Ende der 1950iger Jahre verbessert sich die fi nanzielle Situation der Familie. A. macht nach seinem Volksschulabschluss und ab Mitte der 1960iger bei Firma F eine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Durch eine hohe berufliche Leistungsbereitschaft über sein ganzes Berufsleben hinweg, seine gründliche Arbeitsweise und seine starke Loyalität gegenüber der Firma F steigt er trotz fehlenden Studiums in der Hierarchie des Unternehmens zum stellvertretenden Produktionsleiter auf, während seine Ehefrau Renate als Hausfrau die vier Kinder großzieht. Sein Sohn Tilmann, der für einen längeren Forschungsaufenthalt in die USA gegangen ist, hat ihm im letzten Jahr einen Lap top geschenkt und ihm Internet zu Hause eingerichtet. Nun können beide über Skype kommunizieren, obwohl sich A. mit der Bedienung noch etwas schwer tut, da er neue Medien stets abgelehnt und er so den Anschluss an die Neuerun gen in Technik und Kommunikationsmittel verloren hat. Im Unternehmen über nimmt aus diesem Grund die Sekretärin von A. den digitalen Postverkehr und pflegt seinen Kalender in Outlook. Der Computer in A.s eigenem Büro mit Sicht auf den angrenzenden Park und Büromöbeln aus Holz steht auf einem Seiten tisch und wird, ähnlich wie das Mobiltelefon, kaum genutzt. Er schätzt es per sönlich oder per Telefon angesprochen oder informiert zu werden. In über 40 Jahren bei Firma F beginnt A. seinen Arbeitstag stets um 7:15 Uhr und hat sich ein enormes Wissen über langjährige Prozesse, Geschäftspartner und andere As pekte des Unternehmens angeeignet. Dabei hatten das Verhältnis zu seinen Vor gesetzten und die Wahrung hart erarbeiteter Privilegien stets eine sehr hohe Prio rität für ihn. Peter E., 55 Jahre
Peter E., Jahrgang 1959, verkörpert einen typischen Mitarbeiter aus der Genera tion der Baby-Boomer. Den Krieg und die Notsituationen der Nachkriegszeit hat er selbst nicht mehr erlebt und kennt diese nur aus den elterlichen Erzählungen.
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E. wächst wohlbehütet mit einer Schwester während des Wirtschaftswunders auf und wohnt zusammen mit seinen Eltern in einer kleinen Drei-Zimmerwohnung. Nach dem Abschluss an einer FH im Bereich Maschinenbau wird er zunächst Produktionsassistent bei Firma F. Durch enormen Arbeitseinsatz und durch sein Bekenntnis zum Unternehmen steigt er nach 25 Jahren Betriebszugehörigkeit zum Vertriebsleiter auf. Seine Frau Bettina hat, seitdem Sohn Christian in die Schule geht, ihren alten Job als Arzthelferin wieder aufgenommen und arbeitet halbtags.
Das Internet hat E. als nützliches Hilfsmittel kennengelernt. Selten bestellt er Wa ren bei Onlineversandhäusern oder bucht Urlaub in einem Online-Reiseportal. Dennoch präferiert er klassisches Einkäufen in Kaufhäusern oder im Reisebüro. Ähnlich hält er es mit neuen Medien in seinem Arbeitsleben. So arrangiert sich E. mit Standardanwendungen von Microsoft und SAP, zieht jedoch für tiefergrei fende Anwendungen und Systeme vermehrt seine Mitarbeiter zu Rate und dele giert solche Aufgaben gerne dauerhaft in deren Verantwortungsbereiche. Als durchsetzungsstarker Vorgesetzter stellt dies auch seine Position nicht infrage, sondern entspricht vielmehr seiner Teamorientierung und seinem Selbstver ständnis „Teil des Ganzen" zu sein. Er fordert sich und seinen Mitarbeitern seit jeher viel ab, denn er sieht Arbeit als Hauptinhalt seines Lebens. Neuerdings kann er allerdings auch ein steigendes Bedürfnis nach Entschleunigung bei sich bemerken. Kritik zu seiner Arbeit oder gar seiner Person verarbeitet E. nur sehr schwer, ist es doch seine Arbeitsleistung, die ihn stets gut vor seinen Vorgesetz ten und Bekannten hat dastehen lassen. Nicole I., 41 Jahre
Nicole I. ist 1973 geboren und wird der Generation X zugeordnet. Ihre Eltern sind Architekten. I. wächst als Einzelkind auf, sodass es für ihren Vater kein Problem darstellt, als sie in ihrer Jugend den Wunsch nach einem Pferd äußert. Zu ihrem 18. Geburtstag erhält I. ein Auto. Von ihren Eltern lernt sie früh den Grundsatz sich mit genügend Einsatz jeglichen Karrieretraum erfüllen und so ein materiell abgesichertes Leben führen zu können. I. studiert deshalb ein Ingeni eursfach und setzt ihr berufliches Vorankommen an oberste Stelle bei der Suche nach einem Job. Dennoch stellt sie die Arbeit, anders als ihre Vorgängergenera tion, nicht komplett vor andere Bedürfnisse, sondern betrachtet sie eher als Mit tel zum Zweck. Nur so kann sie ihre Rollen als erfolgreiche Geschäftsfrau und liebevolle Mutter unter einen Hut bringen. Durch ihre Belastbarkeit, ihre Anpas sungsfähigkeit und einen Arbeitgeberwechsel konnte sie zur Teamleiterin im Be reich Research & Development aufsteigen. I. ist eine enge und unkomplizierte Abstimmung mit ihrem Chef wichtig. Entscheidungen lässt sie sich im Zweifels fall lieber noch einmal absegnen. Mit ihrem Team sitzt sie in einem Gemein schaftsbüro, in dem jeder seinen individualisierten Bereich hat und das nach dem neuesten Stand der Technik ausgestattet ist. Den Fernseher lernt sie als
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Leitmedium kennen. I. benutzt das Internet gerne und regelmäßig sowohl privat als auch geschäftlich und nutzt dafür auch ihr Smartphone. Nach langem Zögern hat sie sich sogar einen Facebook-Account zugelegt, um mit ihren alten Studien freunden in Kontakt zu bleiben. Für die Internet-Spiele-Welt ihres Neffen Tom ein leidenschaftlicher WoW-Spieler - hat sie jedoch kein Verständnis und sieht diese Aktivitäten als verlorene Lebenszeit an. I. arbeitete vor einiger Zeit bereits mit A. und E. in einem Projektteam. Hierbei musste sie sich erst an eine andere Denkweise und die anderen Wertevorstellungen der beiden älteren Kollegen gewöhnen. Julia O., 30 Jahre
Julia O., Jahrgang 1985, zählt zur Generation Y. Julias Eltern gehören der Gene ration der Baby-Boomer an, die in ihrem Leben mehr erreicht haben, als sie er wartet hatten. Aufgrund dieser Erfahrung, dass es besser kommt, als gedacht, wird O. in dem optimistischen Glauben aufgezogen etwas ganz Besonderes zu sein und alle Wege offen stehen zu haben. Materiell fehlt es ihr und ihrem Bru der an kaum etwas. Außerdem standen verschiedene Sportarten genauso auf dem Programm ihrer Jugend wie das Testen mehrerer Instrumente, von denen sie keines je richtig beherrschte. Nach erfolgreichem BWL-Studium in Regelstudien zeit, mehreren Auslandsaufenthalten und diversen Praktika ist Firma F bereits das dritte Unternehmen, für welches sie seit kurzem als Referentin im Marketingbe reich der Sales-Abteilung tätig ist. Sie liefert exzellente Arbeitsergebnisse, braucht hierfür jedoch auch den sanften Druck ihres Vorgesetzten. O. hat viele Hobbies, sie engagiert sich unter anderem für den lokalen Jugendableger ihrer Partei, liebt Reisen und geht gerne Feiern. In den nächsten Jahren möchte Sie Kinder haben, aber auch weiterhin ihren Beruf als Marketing Expertin ausüben. Das funktioniert in ihren Augen nur, wenn private Angelegenheiten auch wäh rend der Arbeitszeit geregelt werden können, wobei sie gleichzeitig auch bereit ist, bei Bedarf in der Freizeit zu arbeiten. Freiraum für Privates und eine WorkLife-Balance sind ihr sehr wichtig, denn Arbeit ist nicht alles im Leben. Vielmehr sollte Arbeit Sinn stiften und Abwechslung bieten und ihr so Raum zur Selbst verwirklichung geben. Seit ihrem Teenageralter nutzt sie Computer und Internet intensiv und pflegt mit Web-2.0-Anwendungen wie Facebook, Twitter und Xing seit deren Aufkommen ein großes Netzwerk. Ihr Smartphone hat sie immer dabei und im Dauereinsatz. O. ist mit der Stimmung in ihrer Abteilung sehr zufrieden. Viele Mitglieder ihres Teams betrachtet sie als Freunde und unternimmt auch außerhalb der Arbeitszeit mit diesen Aktivitäten. Oft hat sie ihnen schon im Ver trauen gesagt, dass sie vermutlich das Unternehmen verlassen würde, wenn sich der Zusammenhalt ändern sollte.
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Luca LL, 16 Jahre
Luca U. ist 1999 geboren und gehört der Generation Z an. Nach dem Realschul abschluss beginnt er gerade seine Ausbildung zum Mechatroniker. Er ist bisher zufrieden mit seiner Arbeit bei Firma F, möchte aber nach seinem Abschluss noch einige andere Unternehmen kennenlernen und gegebenenfalls sein Abitur nachholen. Ähnlich und doch anders als O. ist ihm die virtuelle Welt schon aus dem Kinderzimmer bekannt. Dies spiegelt sich in der allumfassenden Vernet zung und Digitalisierung seines Lebens wieder. Aufgaben und Gedankengänge werden in der virtuellen Welt auf verschiedensten, miteinander verbundenen, Endgeräten kanalisiert und verarbeitet. Er nutzt das Web-2.0 sowohl beruflich als auch in Schule und Freizeit exzessiv, sein Leben spielt sich zu wesentlichen Tei len dort ab. U. hat viele Bekannte, mit denen er seine Freizeitaktivitäten unter nimmt. Getreu dem Motto „YOLO" ist „Spaßhaben" der bestimmende Faktor in seinem Leben. U. hat wenig Verständnis für Kollegen und Kolleginnen, denen das Nutzen von Computern, Internet und Web-2.0 fremd ist. Seiner Meinung nach ist man ohne diese Kenntnis kein ernst zu nehmender Kollege. Obwohl diese Kollegen unter Umständen wertvolle Erfahrungen gesammelt haben, kann er sie so jedoch nur wenig wertschätzen. Spannungsfelder in der Zusammenarbeit der Generationen bei Firma F
Aufgrund der heterogenen Altersstruktur der Beschäftigten innerhalb Firma F be stehen merkliche Probleme zwischen den Generationen. Es kommt hierbei zu einem Zusammenprall unterschiedlicher Wertesysteme sowie Einstellungen und unterschiedlichen Arbeitsweisen der Beschäftigten aus verschiedenen Alters gruppen. Im Folgenden werden exemplarisch verschiedene Spannungsfelder und Generationenkonflikte in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens dar gestellt. Research & Development
In einem Forschungsprojekt im Bereich Produktionsstraßen, welches die Durch laufzeit verringern und den Prozess kosteneffizienter gestalten soll, kommt es zu Spannungen zwischen zwei Mitarbeitern unterschiedlichen Alters. Im Fokus des Disputs liegen der generelle Umgang mit wissenschaftlichen Quellen, der Prä sentationsmodus der gewonnen Ergebnisse und die Terminfindung von TeamMeetings.
F., der Leiter R&D aus der Generation der Baby-Boomer, hält wenig von der Verwendung von digitalen Quellen. Insbesondere Wikipedia ist für ihn ein „rotes Tuch". Analoge Medien versprechen für F. Seriosität und valide Ergebnisse. I. (Generation X) hingegen benutzt ausschließlich digitale Medien wie Wikipedia oder Google Scholar um sich in ein Thema einzuarbeiten.
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Auch möchte F. Teammeetings zur Abstimmung ausschließlich über seine Sekre tärin organisiert haben. Diese sollen zudem in seinem Büro stattfinden. Der sehr junge Kollege Q. (Generation Y) würde die Treffen lieber in einem digitalen Raum, zum Beispiel auf einer Onlinevideokonferenzplattform, stattfinden lassen. Dieses würde laut Q. insbesondere den Mitarbeitern, die zu den Meetings von anderen Standorten in Deutschland anreisen müssen, zu Gute kommen und eine erhebliche Zeitersparnis bedeuten. Zur Terminfindung schlägt Q. Doodle oder eine ähnliche Software vor.
F. ist berüchtigt für seine überladenen und langweiligen PowerPointPräsentationen. I. ist der Meinung, dass durch diese Vortragsweise die Ergebnisse des Forschungsprojekts geschmälert werden könnten. I. schlägt daher die Ver wendung von neuen Formen der Präsentation mit Adobe oder Prezi vor. F. lehnt den Vorschlag als „neumodischen und unnötigen Kitsch'7 ab. Vor diesem Hinter grund kommt es im Forschungsbereich von Firma F immer wieder zu Spannun gen in der Zusammenarbeit. Produktion
Hans A. ist als stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Produktion und für die Ausbildung von Azubis und Studierenden zuständig. Mit Luca U. hat er ei nen jungen motivierten Mitarbeiter, der eine Ausbildung bei Firma F absolviert. Dieser soll zunächst von langjährigen Mitarbeitern der Abteilung eingearbeitet werden und die traditionellen Produktionsprozesse der Firma kennenlernen. U. sieht nach wenigen Wochen der „Praxiserfahrung" verschiedene Möglichkeiten, um die einzelnen Prozesse effizienter zu gestalten. Er unterbreitet seine Vor schläge den anderen Mitarbeitern, in der Hoffnung etwas in der Abteilung be wegen und verändern zu können. Die Reaktion der Kollegen ist für U. enttäu schend: „Er solle lieber mal die Kirche im Dorf lassen und seine Arbeit machen" ist noch eine der netteren Antworten. Daraufhin versucht U. seinen Chef A. von seinen Ideen zu überzeugen. Dieser lässt sich jedoch von den alteingesessenen Mitarbeitern überzeugen, dass „der Junge erst mal geschliffen werden müsste". A. sieht U. wie die anderen älteren Kollegen eher als Unruhestifter, denn als Innovationsressource an.
U. überlegt nun, ob er seine Ideen noch dem Leiter der Produktion vorstellen soll. Auf der anderen Seite verliert er langsam die Lust und hat kein Interesse an weiteren Konflikten. Administration
Innerhalb der Administration soll das gegenwärtige Ordnerablagesystem hin zu einem EDV-gestützten System nach dem Vorbild eines „papierlosen Büros" um gestellt werden. So sollen Softwarelösungen aus dem Bereich Dokumentenma-
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nagement implementiert werden, die bei der elektronischen Archivierung unter stützen und die Anzahl der Papier-Dokumente im Büro reduzieren sollen. Des Weiteren sollen elektronische Signaturen eingeführt werden, die einen Ersatz für die traditionellen manuellen Unterschriften darstellen.
Während K. (Generation X) keine Probleme bei der Umsetzung hat und die Effi zienz der neuen Systeme schätzt, regt sich massiver Widerstand bei den älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Haupttreiber für die Ablehnungshaltung ist mangelnde EDV-Kompetenz und eine allgemeine Unsicherheit bei Veränderun gen. IT
P. (Generation Y) arbeitet nach seinem Studienabschluss seit 2003 in der ITAbteilung von Firma F und ist ab 2006 hier in einer leitenden Funktion tätig. Für ein Cloud-Computing-Projekt, welches zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens sowie SAP-Beratern durch geführt werden soll, wird er als Projektleiter eingesetzt.
Die Geschäftsführung von Firma F möchte die gegenwärtige IT-Infrastruktur durch ein das ganze Unternehmen umspannendes Cloud-Computing-System von SAP ersetzen. So soll mit der SAP-Lösung „HANA" die Analyse von riesigen Da tenmengen, beschleunigte Innovationen und optimierte Transaktions- und Ana lyseverarbeitung für sämtliche Betriebsbereiche durchgeführt werden. Des Wei teren sollen die SAP-Anwendungen „Cloud for Sales" und „Personalmanage ment" implementiert werden. Für die Implementierung und Benutzung des Cloud-Computing-Systems wird ei nerseits modernes technisches IT-Wissen und Verständnis benötigt. Außerdem ist eine unvoreingenommene Arbeitsweise bezüglich neuer Medien und Web-2.0 Anwendungen bei der Verwendung des Systems erforderlich. Andererseits wer den für die Verknüpfung spezifische Erfahrungen und tiefgreifendes Verständnis von den traditionellen Arbeitsprozessen des Unternehmens benötigt.
Im Rahmen der Implementierungsphase des neuen IT-Systems entstehen zwi schen Beschäftigten aus verschiedenen Generationen massive Probleme. Ältere Arbeitnehmer haben Probleme bei der Verinnerlichung der neuen Technologien und meiden in der Folge den Kontakt zu jüngeren Kollegen. Außerdem haben insbesondere Mitarbeiter der Nachkriegsgeneration und Baby-Boomer Probleme mit den Einstellungen und Wertevorstellungen der jüngeren Generationen Y und Z. Die Mitarbeiter der jungen Generationen wiederum sehen die Einstellungen und die für sie umständliche Arbeitsweise der älteren Generationen als problema tisch an.
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Allgemein ist festzustellen, dass die verschiedenen Generationen „unterschiedli che Sprachen" sprechen. Ein konstruktiver Erfahrungs- und Wissensaustausch, der für den Erfolg des Projektes erforderlich wäre, findet nicht statt. Human Resources
Firma F hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und die Einstellung neuer Mitarbeiter (hauptsächlich zwischen 25 und 35 Jahren) hat zu einer starken Ver änderung der Personalstruktur geführt. Die Werte und Erwartungen der Genera tion Y bedingen dabei einen erheblichen Kulturwandel und stellen die Personal abteilung vor eine große Herausforderung. Gerade die jungen Akademiker stre ben eine umfassende Weiterentwicklung an und wechseln häufig den Arbeitge ber, um neue Chancen wahrzunehmen, wenn sie nicht ausreichend gefordert und gefördert werden. Gleichzeitig fühlen sich gerade die älteren und fachlich wie auch persönlich sehr erfahrenen Mitarbeiter zu wenig wertgeschätzt. Vor ih rem Ausscheiden aus dem Unternehmen wundern sie sich oft über den leichtfer tigen Umgang mit ihrem „Erfahrungsschatz". Ihrer Meinung nach können sich Unternehmen bei dem heutigen Wettbewerbsdruck eine solche Haltung nicht mehr leisten.
Die HR-Abteilung steht nun vor dem Dilemma auf die Bedürfnisse der jungen Generation einzugehen und gleichzeitig den sozialen Frieden innerhalb der Fir ma zu bewahren, ohne die anderen Generationen zu vernachlässigen. Deshalb ist eine Anpassung des Personalmanagements nicht nur zur Aufrechterhaltung der aktuell hohen Mitarbeiterbindung und Vermeidung einer steigenden Fluktua tionsrate notwendig, da es sonst an beiden Enden der Altersstruktur zu einem Wissens- und Potentialverlust kommen kann. Die HR-Abteilung setzt hier zu künftig auf einen ganzheitlichen Lösungsansatz von Recruiting über Personal entwicklung bis hin zu Alterszeitmodellen. Sales
Julia O. ist im Bereich Sales Referentin für Marketing. Hier hat sie für das neue Produkt Vergo eine umfangreiche Werbekampagne entwickelt. Hierbei greift die Mitarbeiterin auf neue Medien wie Facebook, YouTube und Xing zurück. Zu sätzlich möchte O. Banner über Google AdWords schalten. Ihr Chef E. lehnt den Vorschlag ab. Er möchte eine traditionellere Anzeigen- und Plakatkampagne rea lisieren: „Mit neuen Medien kann unsere Zielgruppe nicht erreicht werden. Sie sind kein Allheilmittel." O. stört sich seit einiger Zeit an der Engstirnigkeit ihres Chefs und fühlt sich zunehmend demotiviert, wenn sie regelmäßig mit ihren Ideen ausgebremst wird.
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Management
Bei Firma F gehen in den nächsten drei Jahren vier altgediente Abteilungsleiter in Rente. Diese haben teilweise eine Personalverantwortung von über 100 Mitar beitern und managen Budgets von mehreren Millionen Euro. Des Weiteren sind sieben Teamleiter in den letzten Monaten zum Aufbau von neuen Tochtergesell schaften ins Ausland abberufen worden. Es ist geplant, dass weitere Teamleiter folgen sollen, um das globale Geschäft weiter auszubauen. Der Vorstand würde diese Positionen gerne intern neu besetzen. Die Besetzung gestaltet sich aller dings als schwierig. Es gibt zwar ausreichend qualifizierte und motivierte Mitar beiter, allerdings möchten diese keine Führungsverantwortung übernehmen. Bei ihnen herrscht das Motto: „Für ein paar Hundert Euro mehr im Monat, bei ex trem viel mehr Stress - nein Danke!". Konfliktlinien zwischen den Generationen bei Firma F
Durch seine intensiven Gespräche mit der Belegschaft kann Lohmann feststellen, dass einige der identifizierten Konflikte zwischen den Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern aus den fünf unterschiedlichen Generationen über alle Abteilungen hinweg, mal stärker, mal weniger ausgeprägt, auftreten. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: Analog vs. Digital
Bei den intensiven Nachforschungen stellt Lohmann immer wieder fest, dass sich der Umgang mit und der Zugang zu digitalen Medien zwischen den Generatio nen erheblich unterscheidet. So sind die Nachkriegsgeneration und die BabyBoomer diesen gegenüber eher skeptisch eingestellt und weisen bei deren Be nutzung Defizite auf. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab Generation Y ist der Umgang mit digitalen Medien jedoch problemlos und natürlich. Arbeit vs. Work Life Balance
Für viele jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (ab Generation X) wird eine ausgewogene „Work Life Balance" immer wichtiger. In der Folge werden bei spielsweise flexiblere Arbeitszeiten und Home Office gefordert. So wünscht sich Q. flexible Gleitzeiten, um seine sportlichen Ziele im Triathlon verwirklich zu können. Für K. wären Home Office Tage sehr hilfreich, damit er sich um Tochter Marie kümmern kann. Die älteren Entscheidungsträger der Firma (Nachkriegsge neration und Baby-Boomer) halten das allerdings für kein Umfeld, in dem pro duktiv gearbeitet werden kann und lehnen solche „Flausen" der jungen Kollegen ab.
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Auch die Schichtarbeiter aus dem Bereich Produktion schütteln hier nur mit dem Kopf und haben für diese Forderungen wenig Verständnis. Dennoch fühlen sich letztgenannte Gruppen nicht minder angesprochen, wenn es um flexible Aus stiegsmöglichkeiten, Altersteilzeitregelungen oder das „Konzept 60 +" geht. Autorität vs. Flache Strukturen
Auch die interne Nachbesetzung von Managementpositionen bei Firma F gestal tet sich als äußerst schwierig. Zwar gibt es ausreichend junge, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, allerdings möchten diese kaum Führungs- und Budget verantwortung übernehmen. Dies ist insbesondere bei Beschäftigten ab Genera tion Y der Fall. In den vorherigen Generationen war dieser Umstand nie ein Thema. Die jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben jedoch keine Am bitionen auf Führungspositionen, lieben flache Hierarchien und bevorzugen eine „Duz-Mentalität". Aus diesen Gründen empfinden die Nachkriegsgeneration und die Baby-Bommer die jungen Kollegen und Kolleginnen als frech und respektlos. Führen die jüngeren Generationen ein Team, geht das enorme Wissen und der Erfahrungsschatz älterer Mitarbeiter aufgrund deren Resignation oft verloren. Restaurierung vs. Innovation
In vielen Unternehmensbereichen kommt es zu Konflikten zwischen Mitarbei tern, die den Status quo (bspw. das erfolgreiche Geschäftsmodell) bewahren und neuen jungen Beschäftigten, die mit Innovationen das Unternehmen weiterent wickeln wollen. Spannungen im Bereich Produktion von Firma F dienen hier als Beispiel. Es kommt aufgrund unterschiedlicher Arbeitseinstellungen zu Unzu friedenheit insbesondere auf Seiten der jungen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. So möchten auf der einen Seite altgediente Facharbeiter aus der Nachkriegs- und Baby-Boomer Generation altbewährte Fertigungsprozesse beibehalten. Auf der anderen Seite gibt es junge Mitarbeiter und Auszubildende aus den Generatio nen Y und Z, die mitunter übermotiviert Innovationen verwirklichen wollen. Vor diesem Hintergrund sehen die älteren Mitarbeiter die Jüngeren als „Unruhestif ter" an und umgekehrt sprechen die Jungen von „Innovationsverweigerern".
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2. Aufgabenstellung Versetzt Euch in die Rolle des Geschäftsführungsassistenten Lohmann. Dieser hat hier
1.
zunächst eine Analyse über die Altersstruktur,
2.
die spezifischen Charakteristika der unterschiedlichen Altersgruppen und
3.
die generationsbedingten Konfliktlinien durchgeführt.
Ergänzt diese gegebenenfalls.
Nun liegt es an Euch auf eine der folgenden Fragestellungen innovative Konzepte/Strategien/Systeme/Methoden für Firma F zu entwickeln:
• Wie kann die Zusammenarbeit und der Wissenstransfer zwischen den Ge nerationen verbessert werden? • Wie sehen innovative Arbeitswelten und -modelie von morgen aus? • Wie lassen sich besonders die jungen Generationen zukünftig rekrutieren und führen?
Hierbei sollen die spezifischen Charakteristika (Stärken und Schwächen) der ein zelnen Generationen berücksichtigt werden. Die Lösungen können auf einzelne Unternehmensbereiche oder auf das ganze Unternehmen bezogen werden.
In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, inwiefern die entwickelten Konzep te im Unternehmen eingeführt und verankert werden können. Hier bekommen die teilnehmenden Teams die Gelegenheit mit ihren erarbeiteten Konzepten bei Managern und Experten eines Partnerunternehmens der Festo Case Challenge vorzusprechen, um sie am konkreten Fall zu spiegeln, zu verbessern und anzu wenden. Was ist nötig, damit einerseits die einzelnen Generationen Eure Ideen annehmen und verinnerlichen sowie andererseits Organisationen einen Mehr wert aus Euren Ideen schöpfen können? Hinweis: Firma F kann gegebenenfalls und auf Wunsch des Partnerunterneh mens durch das jeweilige Partnerunternehmen für den internen Gebrauch ersetzt werden (Firmennamen werden nicht veröffentlicht).
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II. Lösungsansatz: Wissenstransfer zwischen Generationen1 von Werner Weiss und Michael Wiedmann
1 Einleitung Der römische Brunnen
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt Er voll der Marmorschale Rund, Die, sich verschleiernd, überfließt In einer zweiten Schale Grund; Die zweite gibt, sie wird zu reich, Der dritten wallend ihre Flut, Und jede nimmt und gibt zugleich Und strömt und ruht. Conrad Ferdinand Meyer, 1882
Die letzten vier Zeilen des Gedichts von Conrad Ferdinand Meyer sind uns spontan beim Nachdenken über das Thema Wissenstransfer zwischen Generati onen im Unternehmen in Erinnerung getreten. Ähnlich wie das Wasser in einem Brunnen kaskadenförmig fließt, stellen wir uns das Fließen von Wissen von einer Generation zur nächsten vor, nämlich, dass jede Generation Wissen empfängt und weitergibt. Wie dies möglichst reibungslos und erfolgreich funktionieren soll, darüber soll die vorliegende Arbeit Aufschluss geben. Der Case Challenge zum Thema „The Clash of Generations" liegen zwei funda mentale Trends (einen Überblick zu den in unseren Augen herrschenden Trends liefert Abbildung 1) zugrunde, die sowohl die Gesellschaft als Ganzes vor große Herausforderungen stellen als auch die Geschäftstätigkeit der Mehrheit deut scher Firmen nachhaltig verändern werden.
Mit diesem Konzept gewannen Werner Weiss und Michael Wiedmann den 1. Preis bei der 2. HOV Festo Case Challenge „The Clash of Generations" 2016.
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Werner Weiss und Michael Wiedmann
MEGATRENDS
Ökonomische und soziale Veränderungen mit Auswirkung auf Wissenstransfer im Unternehmen
• • •
OuaMat durch Wettbewerb Offene Markte globale Netze Wi»»en»ge*ell»chaft
• • •
Flexible Arbeitszeiten Freie Entfaltung Arbeitspsychoiogie
8,4 Mrd Menschen ble 2030 Neue Kundengruppen, Migration Urbanisierung
Wertewandel
Industrie 4.0
Dezentrale Selbstorganisation Wertschopfungsnetzwerke Data Science
Abbildung 1: Megatrends mit Auswirkungen auf sozioökonomisches Unternehmensumfeld (Quelle: eigene Darstellung, de.statista.com, Projektunterlagen)
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche betont, mit Ausprägungen in den neuen Medien, das Thema einer eigenständigen Kommunikation und Steuerung belie big vieler Endgeräte zu beliebigen Zeiten von beliebigen Orten aus. Während sich soziale Netzwerke und Produktivitätsapplikationen für Einzelnutzer ständig weiterentwickeln, definiert das Internet der Dinge Standards ganzer Produktions linien neu. Die vierte industrielle Revolution ist dabei mehr als die bloße Konse quenz digitalisierter Abläufe als Entsprechung der Vernetzungsdynamik einer Gesellschaft - sie bedeutet vielmehr die Schaffung dezentral selbstorganisierter Prozesse und gipfelt in Wertschöpfungsnetzwerken, die mittels Mustererkennung aus riesigen Datenmengen effizientere Produktionsabläufe ableiten. Erkenntnisse aktueller physikalischer Forschung im Bereich komplexer Systeme könnten dabei eine wichtige Rolle im Umgang mit Big-Data-Aspekten bilden. Ähnlich wie bei der dynamischen Beschreibung offener Quantensysteme, bei der aus einer un endlichen Menge möglicher Einflussfaktoren und Stellhebel wenige, entschei dende Freiheitsgrade extrahiert werden, mit denen dann das zukünftige Verhal ten eines speziellen Systems charakterisiert wird, könnten Reduktionsverfahren Licht ins Dunkel einer anfallenden Datenflut bringen.
Wir identifizieren die demographische Entwicklung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten als zweiten Megatrend, der in Wechselwirkung und Über schneidung zur digitalen Gesellschaft disruptive Veränderungen in etablierten Arbeitswelten und -modellen erforderlich macht. Dabei lassen sich zwei Kern punkte erkennen, die von Unternehmen Handlungspläne erfordern:
Wissenstransfer zwischen Generationen
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• Verlust von Know-how durch ausscheidende Mitarbeiter mit langer Firmen treue • Spannungsfelder zwischen prä- und postdigitalen Mitarbeitergenerationen
Die Weitergabe von Wissen und Erfahrung an jüngere Mitarbeiter ist nicht erst in heutigen Arbeitswelten essenziell, um wettbewerbskritische Prozesse und er worbene Best-Practices zu sichern. Jedoch wächst im Umfeld der medialen Ver netzung eine Generation heran, deren Wertevorstellungen und Denkmuster sich diametral von ihren Vorgängern unterscheiden. Die Aufgeschlossenheit der Mit arbeiter eines Unternehmens gegenüber den Bedürfnissen von Kollegen anderer Altersgruppen ist keine Selbstverständlichkeit, sondern erfordert die Einführung neuer Konzepte in den Berufsalltag, die diesen Erfolgsfaktor auch in Zukunft ga rantieren.
Für eine schematische Darstellung der Problemstellung verweisen wir auf Abbil dung 2. SPANNUNGSFELDER IM UNTERNEHMEN
Veränderte Arbeitswelt - Demographie und Wandel zur digitalen Gesellschaft (Modell)
Großer Wissens- und Erfahrungsschatz
Vernetzungsdynamik als integraler Bestandteil des Alltags
Schlüsselpositionen, etabliertes Senior-Management
Hochqualifizierte, aufstrebende Innovationsträger
gegenwärtiger Unternehmenserfolg
Werteverständnis Arbeitshaltung Kommunikation
> Umkehrung von Spannungsfeldern in positive Impulse > Gemeinsamkeiten erkennen und nutzen
zukünftiger Unternehmenserfolg
[ ACTION REQUIRED!" J
Abbildung 2: Mitarbeitergenerationen im Unternehmen, grobe Einordnung orientiert an den Megatrends Demographie und Digitalisierung (Quelle: eigene Darstellung, Projektunterlagen)
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Michael Wiedmann
2 Generationen im Kontakt 2.1 Analyse
2.1.1 Beschreibung der im Unternehmen auftretenden Generationen
Auf Basis der beschriebenen Trends in Gesellschaft und Unternehmen ist es nun erforderlich, die Wesenszüge und treibenden Kräfte der unterschiedlichen Gene rationen näher zu charakterisieren und in einen höheren Kontext einzuordnen. Das Ziel ist dabei, verborgene Verhaltensmuster zu erkennen, um im nächsten Schritt Ansätze zu entwickeln, die auftretende Spannungen bestenfalls als positi ve Impulse im Sinne des Unternehmensziels kanalisieren. Für eine tatsächliche Umsetzung im Unternehmen muss in jedem Fall der respektvolle Dialog mit Mitarbeitern der verschiedenen Gruppen an erster Stelle stehen. Hypothesen müssen jederzeit mit empirischen Beobachtungen und Tatsachenbefunden über einstimmen. Eine Zusammenfassung und grafische Aufbereitung des folgenden Abschnittes unter den Gesichtspunkten „Karriere", „Arbeitshaltung" und „Erfah rung" ist in Abbildung 3 zu sehen.
Betrachtet man die Altersstruktur der Mitarbeiter eines Unternehmens in Deutschland, so beträgt der Altersunterschied zwischen jüngstem und ältestem Mitarbeiter knapp 50 Jahre. Die Geschichte dieses halben Jahrhunderts ist ge prägt von großen gesellschaftlichen, politischen und technischen Veränderun gen. Wirtschaftliche Boomzeiten wechselten sich mit teils schweren Krisen (z.B. Ölkrise 1973, Zusammenbruch der New Economy 2000, Subprime- und Staats schuldenkrise seit 2007) ab (vgl. historischer Kontext in Abbildung 3).
Die Gesellschaftsforschung unterscheidet in diesem Zeitraum fünf Generationen, die sich durch jeweils spezielle Eigenschaften, Wertvorstellungen, Rollenbilder usw. auszeichnen und voneinander abgrenzen. Diese Generationen möchten wir im Folgenden und in Ergänzung zur Aufgabenstellung etwas näher beschrei ben und insbesondere jene Punkte hervorheben, die in unseren späteren Lö sungsansätzen eine wichtige Rolle spielen.
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Wissenstransfer zwischen Generationen
nSMEDATinkiBMIU UnUTAlfT
Charakterisierung von Mitarbeitergenerationen im Unternehmen Klassifikation
• INachknegsgeneration (~60a) ▼ II Baby-Boom* ('50«) ♦ III Ganaration X (~40a) ■ IV Ganaration Y (~30a)
▲ V Ganaration Z (-20a)
Historischer Kontext Wiederaufbau
bis 1055
Wirtschaftswunder
bis 1073
Wiedervereinigung
1000
New Economy
2000
Subprime Krise
ab 2007
Abbildung 3: Schematische Analyse ausgezeichneter Mitarbeitergenerationen hinsichtlich Ausprägungen in den Werteklassen „Karriere", „Arbeitshaltung" und „Erfahrung" (Quelle: eigene Darstellung, Projektunterlagen)
Die Gruppe der ältesten Mitarbeiter im Unternehmen bilden die Kinder der Nachkriegsgeneration. Sie sind heute ca. 60 Jahre alt und sind vor allem geprägt durch die Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. Aufstieg war nicht nur eine Frage der Bildung, sondern vor allem auch des Fleißes und der Anstrengung. So war zum Beispiel ein Hochschulstudium nicht notwendiger weise Voraussetzung dafür, eine leitende Position im Unternehmen einzuneh men. Des Weiteren herrschen in dieser Generation eher konservative Werte wie Loyalität, Korrektheit und Verbindlichkeit und ein klassisches Familienbild vor. Geführt wird in starren, patriarchalisch geprägten Hierarchien. Von Untergebe nen wird viel abverlangt. Die Arbeit wird als sehr wichtiger Bestandteil des Le bens angesehen. Oft besetzen Vertreter dieser Generation Schlüsselpositionen in der Firma, was es sehr schwierig macht ohne sie bzw. an ihnen vorbei Verände rungen im Unternehmen einzuleiten und dann durchzuführen. Auch haben sie sich über die vielen Jahre, die sie loyal im selben Betrieb verbracht haben, einen immensen Erfahrungs- und Wissensschatz angehäuft. Technischen Neuerungen, insbesondere den digitalen, stehen die Mitglieder der Nachkriegsgeneration eher kritisch bis ablehnend gegenüber. Es herrschen große Berührungsängste, auch wird die neue, von Anglizismen, Abkürzungen und neuen Fachwörtern geprägte Sprache als fremd empfunden. Soweit irgend möglich, wird versucht, auf den Einsatz der modernen Technologien und Kommunikationsmittel zu verzichten, da sie als kompliziert eingeschätzt werden. Hingegen zählen das direkte Ge spräch bzw. Telefonat viel. In der Folge fühlen sich diese Mitarbeiter schnell ab
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gehängt und nicht wertgeschätzt, was zu großer Frustration führen kann. Dies ist ein essenzielles Problem und die Lösung nimmt bei unseren Konzepten in Ab schnitt 3 großen Raum ein.
Gefolgt wird die gerade beschriebene Generation von den sog. Baby-Boomern. Diese um 1960 geborenen Mitarbeiter haben viel mit der Nachkriegsgeneration gemein, insbesondere wenn es um den hohen bis sehr hohen Stellenwert von Arbeit im Leben oder um Respekt vor Vorgesetzten geht. Ebenso werden Ent scheidungen top-down getroffen, Teams werden dominant von oben geführt. Generell kommen die Babyboomer gut mit der Vorgängergeneration aus, jedoch gibt es auch Unterschiede. Besonders ist dies bei der Nutzung digitaler Medien und Kommunikationswege der Fall.
In den 1990er-Jahren, als das WorldWideWeb erfunden wurde und sich Compu ter zu Hause und in Firmen vermehrt durchsetzten, waren die Babyboomer zwi schen 30 und 40 Jahren alt und neuen Technologien gegenüber aufgeschlossener als die Nachkriegskinder. Noch jüngere Entwicklungen, wie das Web 2.0 und soziale Netzwerke, sind ihnen jedoch fremd. Dies resultiert darin, dass Baby boomer zwar den Sinn von digitalen Techniken durchaus sehen und anerken nen, die Arbeit damit jedoch ihren jüngeren Untergebenen überlassen. Von wirklicher Begeisterung für den digitalen Wandel kann hier also nicht die Rede sein. Deshalb fassen wir beide Generationen unter dem Begriff analoge Genera tionen zusammen. Um den relevanten Kontrast deutlicher herauszuarbeiten, machen wir nun an dieser Stelle einen Schritt von gleich 20 Jahren, überspringen vorerst die Generation X und wenden uns gleich den beiden jüngsten Generati onen, der Generation Y der jetzt 20- bis 30-Jährigen und der noch jüngeren Ge neration Z zu. Erstere Generation, die Generation Y, hat im Vergleich zu den analogen Genera tionen ein deutlich verändertes System von Werten und Einstellungen. Der viel leicht wichtigste Unterschied ist eine komplett andere Sicht auf das Verhältnis zwischen Leben und Arbeit. Aufgewachsen in großem Wohlstand, mit guter (meist universitärer) Ausbildung, Auslandsaufenthalt, einem halben Dutzend Praktika, haben ihre Mitglieder bessere Voraussetzungen als die Generationen vor ihnen.
Dennoch war ihre Jugend geprägt von teilweise einschneidenden Ereignissen und Krisen. Hier seien zum Beispiel die Terroranschläge vom 11. September 2001, die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland 2004/2005 (mit Einführung der Hartz-Reformen) und natürlich die Wirtschaftskrise seit 2007/2008 genannt. Durch all diese Ereignisse herrscht in der Generation Y das Gefühl vor, dass die Welt deutlich unvorhersehbarer geworden und es nicht sicher ist, dass der Wohlstand der Eltern zu halten und Erfolg durch harte Arbeit garantiert ist. Des wegen ist der Wunsch, das Leben schon am Beginn der Karriere zu genießen
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und nicht allein der Arbeit zu opfern, groß. Zum Beispiel nimmt die Bereitschaft, aus Karrieregründen ins Ausland zu gehen, ab. Generell verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit, man arbeitet auch von zu Hause oder bei Bedarf am Wochenende. Im Gegensatz zu früher binden sich Vertreter der Ge neration Y seltener für lange Zeiträume an ein Unternehmen, häufige Wechsel der Stelle sind üblich. Ein gewisser Hang zu Prokrastination und Beliebigkeit ist beobachtbar.
Die Rollenbilder haben sich ebenfalls stark verändert, Frauen möchten Familien gründung und Karriere unter einen Hut bekommen, Männer nutzen vermehrt Angebote wie das Elterngeld und nehmen eine Auszeit vom Beruf. Statt straffer Führung von oben wird lieber im Team gearbeitet, es herrschen flache Hierar chien vor. In Hinblick auf neue Medien stellt die Generation Y die Gruppe der ersten Digital Natives dar, das heißt Menschen, die schon in ihrer (späten) Kind heit und Jugend mit digitalen Kommunikationsmitteln und Techniken aufge wachsen sind. Es ist eine hohe Technikbegeisterung zu beobachten, soziale Netzwerke werden rege genutzt, es gibt keine Berührungsängste in Hinblick auf neue Trends. Gesteigert tritt diese Affinität zum Digitalen nur in der nachfolgenden Generati on, der Generation Z, auf. Diese Gruppe der Unter-20-Jährigen ist ihr ganzes Leben mit neuen Technologien groß geworden und kennt kein Leben ohne In ternet und Computer. Durch die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Smartpho nes, Tablets o.ä. ist Kommunikation immer und überall möglich, Wissen stets verfügbar und Spaß und Ablenkung durchweg zu haben. Diese Grundhaltung, Dinge vor allem zu tun, wenn sie „Spaß machen", ist charakteristisch für die Generation Z. Konservative Muster und Hierarchien werden abgelehnt. Informa tionen werden nicht aus der Tagesschau, sondern aus dem Youtube-Channel von LeFloid bezogen, also aus dezentralen Medien. Auch der Zugang zu Wissen wurde durch Portale wie Wikipedia und Internetforen dezentralisiert: Bevor ein Student der Generation Z ein Mathematikbuch aufschlägt, lässt er sich Dinge wie partielle Integration lieber auf Youtube im Video erklären oder nutzt den Online-Vorlesungsmitschnitt der Universität. Ein Leben ohne Smartphone ist in dieser Generation faktisch unmöglich, man ist in diesem Fall von jeglicher Information von Gleichaltrigen abgeschnitten. Dies ist schon in der Schule der Fall und führt dazu, dass zwar Touchdisplays wie im Schlaf bedient werden können, die Hand beim Schreiben dafür nach kurzer Zeit schmerzt, da Handschrift im Vergleich zu früher viel weniger eingesetzt wird. Briefe und auch Telefonate, also direkte Kommunikationsformen, werden als umständlich und kompliziert eingeschätzt. Um das Generationenbild zu vervollständigen fehlt natürlich noch die Generati on der 40-Jährigen, die sogenannte Generation X. Sie ist zwischen den beiden
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„analogen" (Nachkriegsgeneration und Babyboomer) auf der einen und den bei den „digitalen" Generationen (Y und Z) angeordnet und kann somit als Über gangsgeneration von der einen in die andere Welt gesehen werden. Wie die Ge nerationen nach ihnen, haben die Mitglieder dieser Generation keine entbeh rungsreiche Kindheit erlebt. Arbeit nimmt wie bei den älteren Kollegen einen wichtigen Stellenwert im Leben ein, wird aber vor allem als Mittel zum Erhalt des Wohlstands gesehen. Die Ausbildung findet mehr und mehr im akademi schen und weniger im betrieblichen Umfeld statt. Im Arbeitsverständnis ist, ge prägt von einer fortschreitend globalisierten Welt, eine zunehmende Amerikani sierung zu beobachten, die sich an wesentlichen innerbetrieblichen Abläufen bemerkbar macht:
• Bürokonzepte (Cubicle-Office, Großraumbüros)
• Hierarchien, Entscheidungsfindung, Führungsstilistik • Tendenz zu Arbeit in Teams
Die Mitglieder der Generation X haben durchaus einen Zugang zu neuen Medi en, mit Computern und dem Internet können sie ohne Probleme umgehen. Je doch haben sie zu sozialen Medien wie Facebook, Twitter usw. kein intuitives Verhältnis und sind diesen neuesten Entwicklungen gegenüber eher skeptisch eingestellt. Da sie aber sowohl mit den althergebrachten als auch mit den modernen Kom munikationsformen zurechtkommen und auch in ihren Einstellungen und Wer ten eine Übergangsgeneration darstellen, identifizieren wir die Arbeitnehmer der Generation als wichtiges und essentielles Bindeglied im Unternehmen. 2,1.2 Key Takeaways - Generationen im Vergleich
Wir haben die Generationen nun auf Basis von Beobachtung, Einschätzung und Einordnung in den historischen Kontext untersucht. Dabei fallen markante Ei genheiten auf, die sich häufig überschneiden und deren Beachtung fundamental wichtig ist, um Ansätze für Wissenstransfer zu entwickeln. 1.
Es gibt zwei große Parteien im Unternehmen: Die analogen Generationen (Nachkriegsgeneration und Babyboomer) und die digitalen (Generationen Y und Z) mit der Generation X dazwischen.
2.
Diese Gruppen weisen große Unterschiede auf in Hinblick auf Vorstel lungen und Werte, die analogen Generationen schätzen eher das Substan tielle, die Digitalen das Virtuelle.
3.
Die Sprache der beiden Gruppen unterscheidet sich ebenfalls deutlich. Dazu zählen die u.a. Benutzung von Jargon aus der digitalen Welt, Emo ticons, Jugendsprache.
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4.
Sowohl die älteste als auch die jüngste Generation empfindet Kommuni kationsmittel der jeweils anderen als kompliziert und umständlich.
5.
Der Wandel bei Werten und der Zugang zu neuen Medien vollzieht sich nicht abrupt, sondern stetig. Das heißt, dass jede Generation mit den Nachbargenerationen Schnittmengen hat, die sich im Sinne von Unter nehmenszielen nutzen lassen.
Bei allen Betrachtungen ist es wichtig zu erwähnen, dass sich unsere Charakteri sierung der einzelnen Generationen stark am Text der Challenge-Aufgabenstellung orientiert, in der die Situation in einem fiktiven Unternehmen beschrieben wird. In dieser Beschreibung sind die Altersgruppen sehr plakativ und teilweise überspitzt dargestellt. In den Aussagen der Aufgabenstellung mag sicherlich ein wahrer Kern stecken, jedoch ist die Realität deutlich komplexer und nicht so kli scheehaft. Betrachtet man zum Beispiel die aktuelle Forschung zur Jugend (hier seien die Shell-Jugendstudie und die SINUS-Studie genannt), so stellt man fest, dass die eine Studie die Jugendlichen in vier, die andere in neun unterschiedli che Gruppen unterteilt. Teilweise werden aus wenig signifikanten Daten Aussa gen über Trends abgeleitet. Alles in allem wird deutlich, dass allgemeine Aussa gen zu Generationen nur sehr schwer zu treffen sind, einer großen Unsicherheit unterliegen und stark klischeebehaftet sein können. 2.2 Clusterbildung - Wirkungszusammenhänge
Mit Fokus auf fruchtbare Zusammenarbeit und effektiven Wissens- und Erfah rungstransfer zwischen Generationen erstellen wir nun Wirkungszusammenhän ge und leiten generische Handlungsstrategien ab, aus denen sich im Anschluss konkrete Techniken und Maßnahmen erschließen. In Abbildung 4 unterscheiden wir Wirkungscluster, Interdependenzen und generische Strategien. Die Wir kungscluster ergeben sich als logische Verknüpfungen und offensichtliche Er gebnisse der Analyse der Generationencharakteristika und stellen primäre Ursa chen mit direkter Auswirkung auf den Arbeitsbetrieb eines Unternehmens dar. Mit Interdependenzen bezeichnen wir Effekte zweiter Ordnung, die sich als di rekte oder indirekte Konsequenz ergeben und deren potenzielle Auswirkung auf wettbewerbskritische Faktoren als hoch einzuschätzen ist. Die generische Strate gie bezeichnet den Ansatz, der uns zur Ableitung der Techniken im nachfolgen den Teil dieser Fallstudie führt. Die gesamte Durchführung dieses Projekts verlangt von vornherein klar definier te Kommunikationswege innerhalb des Unternehmens. Ohne allen Beteiligten das Gefühl des „Dabeiseins" bereits in frühen Stadien eines solchen Programms zu vermitteln, kann drohenden Widerständen, Blockadehaltung oder Gleichgül tigkeit nicht effektiv begegnet werden. Erkenntnisse computerbasierter Kommu nikationsforschung (z. B. Prof. Knieper, Universität Passau) betonen dabei das
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Kriterium der Authentizität als wesentlich, um Motivation und Drive bei Perso nen anzuregen.
Ältere Generationen werden es daher als Wertschätzung anerkennen, frühzeitig über Neuerungen bestenfalls persönlich informiert zu werden. Für jüngere Teile der Belegschaft können so Chancen für gegenseitigen Austausch geschaffen werden, das Risiko oktroyiert empfundener Top-down Entscheidungen wird mi nimiert. ABLEITUNG STRATEGIE
Clusterbildung und Ableitung von Handlungsansätzen Wirkungscluster
> Koexistenz analoger und digitaler Kommunikation > Heterogene Wissens- und Erfahrungslandschaft
> Werte und Sinn von Arbeit im Wandel
Interdependenzen
> Ablehnung von Veränderung > Sprachbarrieren und Verständigungs problematik > Einstellung zu Arbeit und Karriere > Hierarchiemodell Art der Entscheidungs kultur > Durchlässigkeit innovativer Ideen
authentische und offene Kommunikation mit Belegschaft
Abbildung 4: Ableitung einer generischen Strategie für das Unternehmen auf Basis vorangehen der Ergebnisse (Quelle: eigene Darstellung, Projektunterlagen)
Wie kann Zusammenarbeit und Wissenstransfer zwischen Generationen verbes sert werden? Um diese Frage zu beantworten, ordnen wir die Erkenntnisse der bisherigen Ausführungen nun in einen höheren Kontext ein und identifizieren Erstursachen (causa prima), d.h. Kernthemen, die dazu führen, dass sich Arbeits welten so verhalten, wie wir sie momentan erleben und die zu einem möglichen Clash of Generations führen können. In Abbildung 4 erkennen wir zunächst die Koexistenz analoger und digitaler Kommunikation im Unternehmen als Herausforderung. Nichts Neues dagegen ist die Existenz einer heterogenen Wissens- und Erfahrungslandschaft. Schon immer gibt es verdiente Mitarbeiter älterer Jahrgänge in Betrieben, die ihr Wissen mehr oder minder effizient an nachfolgendes Personal weitergeben. Was die Si tuation in Gegenwart der Digitalisierung doch grundlegend anders macht als zu Zeiten des Wirtschaftswunders, ist die schier unglaubliche Geschwindigkeit, der sich Unternehmen in ihren Funktionalbereichen heute ausgesetzt sehen. Wir be-
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obachten außerdem einen Wertewandel weg von dem Prinzip der Arbeit als Le bensinhalt Nr. 1 hin zu einer freizeitlich orientierten Arbeitshaltung, in der Ar beitgeber flexibel auf immer neue Trends reagieren müssen, um für Spitzenkräfte attraktiv zu sein.
Ausgehend von diesen drei Hauptthemen, haben wir Interdependenzen oder wechselseitige Beziehungen zu Faktoren erkannt, auf die wir mit unseren Tech niken im nächsten Abschnitt direkt Einfluss nehmen möchten. Die Koexistenz analoger und digitaler Kommunikation im Unternehmen ist eine Tatsache, die wir beobachten, aber ad hoc nicht ändern können. Wir können aber sehr wohl etwas gegen Folgeeffekte tun, die im schlimmsten Fall wettbewerbskritisch den langfristigen Betriebserfolg gefährden. Eine Eigenart des Menschen, die in Zu sammenhang mit jeder Form von Neuem steht, ist die Ablehnung von Verände rung. Etablierte Mitarbeiter sehen sich leicht in ihren Verdiensten angegriffen und nehmen eine Blockadehaltung ein, wenn langjährige Arbeitsmodelle zur Disposition stehen. „Das haben wir schon immer so gemacht...", ist dabei mehr als ein Satz aus der TV-Serie Stromberg, es ist ein Problem, das Fortschritt und Effizienzsprünge durch neue Techniken bremst, wenn nicht gar verhindert. Die Befürchtungen von Mitarbeitern mögen ab und an berechtigt sein, häufig ist es aber die Ablehnung des Unbekannten, die Angst vor Fremdem, welche Fort schritt erschwert. Sprachbarrieren im Umgang mit Jargon, sowie die Einstellung zu und das Werteverständnis von Arbeit im Wandel der Generationen wurden bereits in früheren Abschnitten angesprochen. Die Sichtweise auf Hierarchien und Entscheidungsfindung unterliegt ebenso Veränderungen über die vergangenen Jahrzehnte. Gefährlich werden vor allem steile Hierarchiestufen, wenn sie Mitarbeitern de facto den Mund verbieten bzw. Missstände anzusprechen, Bedenken zu äußern oder Ideen loszuwerden. Die Durchlässigkeit innovativer Ideen muss in jedem Fall durch ein starkes Innovati onsmanagement garantiert werden. Dazu gibt es eine Reihe erprobter Modelle die hier nicht weiter vertieft werden sollen. Herauszuheben im Kontext junger Generationen ist ein Prämierungsmodell für innovative Ideen von Mitarbeitern unterhalb einer bestimmten Altersgrenze. In Bezugnahme auf die generische Strategie, die wir als Richtschnur in Abbildung 4 gewählt haben, kommen wir nun zum konkreten Teil dieser Arbeit.
3 Techniken In diesem Teil der Ausführung widmen wir uns der Definition konkreter, aus führbarer Konzepte. Als Ausgangspunkt dienen dabei die Wirkungscluster, Inter dependenzen und Strategieansätze des vorherigen Schrittes. Wir setzen direkt an den primären Treibern an, um nach der Umsetzungsphase von möglichen Mui-
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tiplikatoren zu profitieren, die sich aus den Interdependenzen ergeben und auf die Kernelemente wettbewerbsfähiger Geschäftstätigkeit mittelbar und unmittel bar einwirken.
Einen Kurzüberblick über alle drei Konzepte bietet Abbildung 5. TECHNIKEN - ÜBERBLICK
DREI Konzepte für ein erfolgreiches Miteinander der Generationen Abbau von Berührunqsänqsten 1. Business Family • Alternatives Mentoring (gespiegeltes AltersverhAltnis) • Ansatz Interaktion (Tandempartner)
2. DMA Championship • Wettbewerb® gene ration® nubergreifender Teams • Ansatz gemeinsamer Erfolg (gegenseitige Wertschätzung)
Abbildung 5: Miteinander der Generationen, dazu primäre und sekundäre Techniken zur Um setzung im Unternehmen (Quelle, eigene Darstellung, Bildnachweis: © Eric Ward/Wikimedia Commons/CC-BY-SA-2.0, rct2005/Wikimedia Commons/CC-BY-SA-3.0, MSeses/Wikimedia Commons/CC-BY-SA-3.0)
3.1 Festo Business Family
Das Modell der Business Family (Übersicht in Abbildung 6) überträgt Elemente des Zusammenlebens von Eltern und ihren Kindern in der Familie auf die Ar beitswelt. Die Idee entstand als Antwort auf die Frage, in welchem Umfeld aus geprägte Hierarchien vorhanden sind, diese aber das persönliche Miteinander nicht gefährden und Raum für die Entfaltung von Ideen und die Ausprägung von Talenten besteht, ja sogar begünstigt und gefördert wird. Die Familie ist ein Ort, an dem unterschiedliche Generationen nicht immer spannungsfrei Zusammenle ben, ihre persönlichen Belange in entscheidenden Momenten aber dem Wohl der Gemeinschaft unterordnen.
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ABBAU VON BERÜHRUNGSÄNGSTEN
Technik 1: Business Family • Nutzenstiftendes Zusammenleben von Generationen in Familie ■ Karriereorientiertes Mentoring als Teil des Personalmanagements • Top-Down Struktur hierarchiegebundene Rollenbilder
Idee:
Ausprägung:
• Umkehrung der Mentoringidee digitale G. coacht analoge G Tandempartner: neue Technologien/moderne Arbeitswelten ■ Regelmäßiger Austausch in freizeitlicher Atmosphäre ■
Ziel:
• Freundschaften über Generationen hinweg • Senkung der Mitarbeiterfluktuation
Abbildung 6: Darstellung der Technik Business Family mit Hauptziel „Abbau von Berührungsängsten" (Quelle: eigene Darstellung)
Wir schlagen im Unternehmen ein Konzept vor, bei dem junge Mitarbeiter ältere Kollegen adoptieren und damit eine Verbindung Mutter-Tochter, Vater-Sohn, Mutter-Sohn oder Vater-Tochter eingehen. Anders als bei konventionellen Mentoringprogrammen spiegelt das Adoptionsverhältnis bewusst das umgekehrte Al tersverhältnis wider. Hierarchiestufen im realen Arbeitsalltag sollen so spiele risch überwunden werden und einem Wissens- und Erfahrungsaustausch nicht im Wege stehen. Haben sich zwei Partner im Unternehmen gefunden, erfolgen auf regelmäßiger (z. B. monatlicher) Basis gemeinsame Treffen, die familiären Charakter haben. Der junge Anhänger der Generation Z oder Y würde bei spielsweise mit seinem Adoptivkind der Generation Baby-Boom in freizeitlicher Atmosphäre über Erlebnisse des Arbeitsalltags sprechen. Die formale Veranke rung und seniore Schirmherrschaft des Programms Business Family ist wichtig, um den Dialog der Generationen in Gang zu setzen. Behaftet mit positiven Er lebnissen des familiären Verbunds sollen dann im Unternehmen Freundschaften über Generationen entstehen, die mehr sind als bloßes Karrierementoring. Es gibt außerdem keinen Grund ein bestehendes Adoptivverhältnis bei Rentenein tritt einer Partei zu beenden. Auch über das Businessleben hinaus ließen sich so wertvolle Erfahrungen weiterhin nutzen. Neben des Beitrags zum Dialog der Generationen, dem Transfer von Wissen und dem Abbau von intergenerationären Vorbehalten würde durch die Idee der Business Family das Gemeinschafts gefühl des gesamten Unternehmens auf lange Sicht gestärkt. Mögliche positive Effekte auf Mitarbeiterfluktuation wären weiterhin vorstellbar. Für eine Umset zung im Unternehmen müsste man zunächst geeignete Partner finden und einen Prozess definieren, der die entstehenden Adoptivverhältnisse erfasst und langfris
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tig für das Unternehmen nutzbar macht. So müsste klar sein, über welche Ver antwortlichkeiten ein Mitarbeiter verfügt und welche Rolle sein Tandempartner besetzt. Anbieten würden sich für Testläufe Trainees beliebiger Fachrichtung und Angehörige älterer Generationen des mittleren Managements. Für den Anfang sehen wir besonders in diesem Bereich großes Potenzial, da die Vermittlung von Teams, bei denen die Chemie stimmt, in diesen Bereichen machbar sein sollte aufgrund der großen Zahl aufgeschlossener Mitarbeiter. 3.2 DMA Championship
Wie oben festgestellt, ist es für ein gelungenes Zusammenleben und -arbeiten unabdingbar, dass sich die Generationen zum einen sprachlich wie kulturell ver stehen und zum anderen Respekt vor dem Wissen, dem Können und den spezi ellen Fähigkeiten der jüngeren bzw. älteren Mitarbeiter haben. Vor allem zwischen Mitarbeitern mit großem Altersunterschied kann es Berüh rungsängste geben. Deshalb ist die Lösung dieses Problems notwendige Bedin gung dafür, um darauf aufbauend den kaskadenförmigen Wissenstransfer (siehe Abschnitt 3.3) zu implementieren. Neben der vorgestellten Business Family, bei der gezielt das positive und verständnisvolle Verhältnis zwischen zwei Mitarbei tern gefördert wird, appelliert das hier besprochene DMA (Digital Meets Analog) Championship (Zusammenfassung in Abbildung 7) an den homo ludens, also die Eigenschaft des Menschen, gerne zu spielen, sich zu messen und (alleine oder als Mannschaft) in Wettbewerb zueinander zu treten. Wir nehmen an, dass der menschliche Spieltrieb eine relativ altersunabhängige Eigenschaft ist. Konkret stellen wir uns einen jährlich organisierten Wettbewerb vor, ähnlich einer Liga, bei der verschiedene Teams gegeneinander antreten. Wichtig ist hierbei, dass die Teams nach Alter bunt gemischt sind und nicht ein Wettbewerb „alt gegen jung" entsteht.
Die so gebildeten Teams müssen nun das ganze Jahr über verschiedene Aufga ben bewältigen, bei denen es von Nöten ist, Methoden und Techniken sowohl aus der analogen wie auch der digitalen Welt zu verwenden, um gemeinsam zum Ziel zu kommen. Wir erhoffen uns von diesen Aufgaben vor allem, dass die Teammitglieder einen Eindruck von der Arbeitsweise der anderen Generationen bekommen und sehen, dass beide, also alte und neue Techniken gemeinsam zum Erfolg führen. Gleichzeitig soll den älteren Mitarbeitern im praktischen Ein satz die Scheu vor den neuen Techniken genommen und eine gewisse Begeiste rung für die modernen Technologien erzeugt werden.
Natürlich sind der Fantasie bei der Auswahl der Aufgaben keine Grenzen ge setzt, solange die oben genannte Maßgabe erfüllt ist, dass die Teams das Ziel nur durch konsequente Zusammenarbeit zwischen den Generationen erreichen und
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wenn möglich. Niemand sollte sich bei der Lösung der Aufgaben unnütz oder abgehängt vorkommen. Beispielhaft möchten wir hier zwei Aufgaben vorstellen, die uns sinnvoll er scheinen: • Geocaching Challenge: Ausgesetzt in der „Wildnis" und ausgestattet nur
mit dem Nötigsten an Verpflegung, Landkarten, einem Kompass, Fernglä sern, einem GPS-Empfänger und Smartphones ist es Ziel der Teams, in einer Art moderner Schnitzeljagd oder Schatzsuche verschiedene Teilaufgaben zu lösen, um damit am Ende den „Schatz" zu heben. Die Teilaufgaben bauen aufeinander auf und sind räumlich getrennt in einem weitläufigen, abgeschiedenen Gelände verteilt. Nur wenn ein Team alle Aufgaben be wältigt, kann es den Ort des Schatzes finden. Die Aufgaben sollten ab wechslungsreich gestaltet und teilweise auch in gewissem Maße körperlich fordernd sein. Es müssen Aufgabenteile vorhanden sein, die sich nur „ana log" lösen lassen, z.B. indem man Punkte auf der Landkarte verbinden muss, andere wiederum, bei denen der Einsatz neuer Techniken zwingend notwendig ist. Des Weiteren sollten knifflige Rätsel vorkommen, die sowohl breites allgemeines Wissen (das möglicherweise bei älteren Mitarbeitern in größerem Maße vorhanden ist) als auch Spezialwissen, das eher mit dem Smartphone beschafft werden kann, enthalten. Auch sollte logisches Den ken erforderlich sein. Der Zeitrahmen sollte mindestens einen Tag betragen, besser könnten jedoch zwei Tage mit Übernachtung sein. Die Teams wer den durch die Challenge „zusammengeschweißt" und erfahren ein großes Gemeinschaftsgefühl. Der „Schatz" bzw. Preis bei vollständiger Bewälti gung der Challenge sollte stark motivierend sein. • Wirtschaftsplanspiel: Hier geht es um das gemeinsame Spielen von Wirt
schaftssimulationen wie z.B. Spiele aus der ANNO-Reihe. Solche Spiele handeln vom Aufbau einer oder mehrerer Städte auf einer inselreichen Landkarte. Um die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Bewohner zu befriedi gen, müssen teils komplexe Produktionsketten implementiert werden. Das Spielkonzept wirkt zwar auf den ersten Blick nicht sonderlich spektakulär, jedoch geht vom Beobachten und Steuern des wirtschaftlichen Aufstiegs „seiner" Stadt (z. B. vom kleinen Dorf bis zur riesigen Metropole) eine große Faszination aus. Selbstverständlich ist man als Spieler nicht allein auf der Welt, es gibt andere Mitspieler, mit denen man Handel treiben oder auch Krieg führen kann. Wichtig ist bei solchen Spielen vor allem strategisches Vorgehen und Denken in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Auch Erfah rung spielt eine große Rolle. Für die Umsetzung im Rahmen des DMA Championships schwebt uns vor, dass je ein Team eine Spielerpartei über nimmt. Natürlich kann zu jedem Zeitpunkt nur eine Person direkt das Spiel steuern, deswegen wechseln sich alle Teammitglieder ab (z.B. im 30-
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Minuten-Rhythmus). Die Steuerung selbst erfolgt mit der Maus und ist sehr intuitiv, weswegen sie auch eine gute Möglichkeit für ältere Mitarbeiter dar stellt, die Scheu vor dem Medium Computer zu verlieren. Selbstverständ lich sind die ANNO-Spiele nur eine Möglichkeit, möglicherweise könnte auch ein anderes Wirtschaftsplanspiel geeigneter sein. Wie schon erwähnt, sind die beiden Beispiele nur Anregungen, in welche Richtung das DMA Championship gehen könnte, je nach konkreter Situati on im Unternehmen könnte es auch einen anderen Weg nehmen, wichtig ist nur, dass alle Generationen beteiligt sind und durch spielerisches Han deln mehr Respekt füreinander entwickeln. Selbstverständlich kann das Championship auch durch Dinge wie ein Fußballturnier oder andere sport liche Mannschafts-Wettkämpfe ergänzt werden, bei denen der Spaß im Vordergrund steht und die zu zusätzlichem Teamgeist beitragen. Essentiell ist in unseren Augen vor allem, dass der Team-Erfolg ausreichend gewürdigt wird. Während für jüngere Mitarbeiter oder auch Auszubildende ein mate rieller Anreiz in Form von Geldpreisen oder zusätzlichem Urlaub sinnvoll sein kann, ist unserer Meinung nach hauptsächlich eine Belohnung über soziales Prestige zu bevorzugen. Dies kann zum einen durch die firmen weite Bekanntmachung eines „Team des Monats" geschehen, zum anderen wären Hauptpreise wie spektakuläre Reisen oder Events mit Prominenten usw. stark motivationssteigernd. Der DMA Pokal ist nicht als Konkurrenz zur Business Family gedacht, son dern soll dieses Konzept ergänzen und als generationenübergreifendes Teambuilding dienen.
ABBAU VON BERÜHRUNGSÄNGSTEN
Technik 2: DMA (Digital Meets Analog) Championship
Idee:
■ Mensch als spielendes Wesen, Wettkampfgedanke als Motivation ■ Digitale und analoge Methoden mit unterschiedlichen Vorzügen • 1 ♦ 1 > 2: Kompetenzen als wechselseitige Ergänzung
Ausprägung:
■ Auf jährlicher Basis stattfindende Wettbewerbe • Heterogene Gruppen, Altersstruktur wie im Unternehmen allgemein ■ Beispiel: Geocaching, Wirtschaftsplanspiel (begleitend/blockweise)
Ziel:
■ Respekt zwischen Generationen und Gegenseitige Wertschätzung • Mehr als bereichsspezifisches Teambuilding • Bewusstsein und Schaffung von Wertekulturen
Abbildung 7: Darstellung der Technik DMA Championship mit Hauptziel „Abbau von Berührungsängsten" (Quelle: eigene Darstellung)
Wissenstransfer zwischen Generationen
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3.3 Knowledge Cascade
Die Etablierung eines Kaskadensystems (für eine Übersicht siehe Abbildung 8) zur Förderung eines gegenläufigen Wissenstransfers im Unternehmen basiert auf der Erkenntnis, dass zwischen aufeinander folgenden Generationen niedrige Kommunikationsbarrieren bestehen. Mit Ausprägungen hinsichtlich ähnlicher Wertevorstellungen, dem Grad der Nutzung neuer Medien sowie intensiven, ar beitsbedingten persönlichen Kontakts und allgemeiner Toleranz als Grundlage ist die stufenweise Weitergabe und Interaktion zwischen Generationsebenen na türlicher Bestandteil heutiger Arbeitswelten. Das Ziel ist nun, diese natürliche Gegebenheit zu nutzen und zu etablierter Downstream Kommunikation ein Pendant entsprechender Upstream-Kommunikation zu schaffen.
TDAMAEFD VHN W1R.QPN
Technik 3: Knowledge Cascade
Idee:
Ausprägung:
• •
Niedrige Kommunikationsbarrieren aufeinander folgener Generationen Etabliert: top-down Wissenstransfer, Neu: bottom-up Äquivalent
*
Neue Technologien im Bereich Big Data und Personal Assistance -> Siri, Google Analytics, IBM Watson
• • • ■
Plattform zur adressatsensitiven Ein- und Ausgabe von Wissen Aufdeckung verborgener Zusammenhänge Aggregation und Verarbeitung von verfügbaren Daten Datenquellen: Sprache, mobile Eingabe. Industrie 4 0
■
Positive GrundeinsteHung zu intelligenter Datenverarbeitung nötig, deshalb. > nachgelagerte, systematische Verankerung in Prozessarchitektur Verbesserte Entscheidungsfindung auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse Generationen tragen individuell zu Aufbau des Modells bei
Ziel: • •
Abbildung 8: Darstellung der Technik Knowledge Cascade mit Hauptziel „Transfer von Wissen" (Quelle: eigene Darstellung)
Das Rückgrat der von uns präsentierten Technik bildet eine IT-basierte Daten plattform, die sämtliches im Unternehmen verfügbares Wissen in digitaler Form sammelt. Dieses Wissen hat mehrere Quellen: Zum einen sehen wir Methoden der vernetzten Produktion (Industrie 4.0) als Möglichkeit zur Datengewinnung. In Verbindung mit persönlichen Einschätzungen und Bewertungen seitens Mitar beitern der verschiedenen Generationen, kann so eine Verknüpfung zwischen abstrakten, maschinellen Informationen und menschlichem Erfahrungsschatz ge schaffen werden. Stellen wir uns vor, die Auswertung von Absatzdaten des vergangenen Monats stellt einen Trend weg von Produktvariante A hin zu Produktvariante B fest. Gleichzeitig könnte das Wissen eines verdienten Mitarbeiters intuitive Begrün
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Werner Weiss
und
Michael Wiedmann
düngen dafür liefern, was so aus den maschinellen Daten nicht zu erkennen ist. In Summe würde das System eine schlüssige Darstellung des Phänomens liefern und die Information darüber an die relevanten Entscheidungsträger im Unter nehmen weitergeben. Diese Weitergabe von Information erfolgt in einer für je den Mitarbeiter individuell konfigurierbaren Form und Komplexität, wie z.B. Wikis, Mobilgeräte, intelligenter Sprachassistent (vgl. Apple Siri) etc. Ein solches System in vollendeter Ausführung ist sicherlich noch Zukunftsmusik, doch zei gen Entwicklungen im Big-Data-Bereich wie z.B. IBM's Watson ganz klar, wo hin die Reise geht.
Voraussetzung für das Gelingen dieses Konzepts ist eine grundsätzlich positive Haltung gegenüber intelligenter Datenverarbeitung über alle Generationen hin weg. Deshalb sehen wir das Prinzip der Knowledge Cascade als abschließenden Schritt, der sich logisch an Business Family und DMA Championship anschließt.
4 Ausblick Um etablierte Arbeitsmodelle an neue Herausforderungen anzupassen, die sich im Zuge der Digitalisierung und Vernetzung aller Lebensbereiche beim Aufei nandertreffen verschiedener Generationen ergeben, schlagen wir die Umsetzung von drei Konzepten vor. Obgleich der Fokus auf eine spezielle Technik beson ders für Test- und Anfangsphasen sinnvoll sein kann, glauben wir an eine gegen seitige Verstärkung der Methoden und erachten eine gemeinsame oder stufen weise Ausführung als logisch:
• Business Family • Digital Meets Analog Championship • Knowledge Cascade Während die ersten beiden Techniken zur Verbesserung des kollegialen Mitei nanders die Voraussetzung für einen effizienten Wissens- und Erfahrungstransfer bilden, zielt das Projekt Knowledge Cascade auf eine systematische Verankerung im Unternehmensgebilde ab. Wie bei dem Brunnen aus dem Eingangsbeispiel fließt das Wasser von selbst von Schale zu Schale, sofern der Brunnen gut gebaut ist, es bedarf aber einer zentralen Konstruktion, um den Fluss am Laufen zu halten.
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III. Expertenbefragungen Der demografische Wandel führt in Unternehmen zunehmend zu einer starken Veränderung der Personalstruktur; dies stellt viele Unternehmen vor besondere Herausforderungen, kann jedoch auch als große Chance verstanden werden. In diesem Zusammenhang haben wir einige Experten zu wichtigen Fragen um eine kurze Stellungnahme gebeten (aus dem nachfolgenden Fragenkatalog sollten je weils fünf Fragen beantwortet werden). 1.
Welche Rolle wird zukünftig die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung spielen angesichts der rasanten Entwicklungen speziell im technischen Bereich, sowie der Anforderungen aus Internationalisierung und Fachkräftemangel?
2.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei der Umsetzung von Mobile Learning und Workplace Learning Ansätzen (Learning Labs, Level und Badges) in der Zukunft?
3.
Nachdem sich die Lebensarbeitszeit verlängert und damit lebenslanges Lernen durch die Veränderungen eine Bedeutung erlangt, stellen sich neue Herausforderungen für die demografieorientierte Personalentwick lung. Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie?
4.
Durch das rasante Tempo der Digitalisierung nimmt der Handlungsdruck - auch bei mittelständischen - Unternehmen zu: Welche Rolle spielen Gründermentalität sowie die Bereitschaft, die Unternehmenskultur wie auch die Produktionsprozesse zu verändern?
5.
Die Zukunft wird geprägt sein von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA): Welche Auswirkungen hat das auf die Bildung von morgen?
6.
Welche Rollen werden Dozierende im Zeitalter der Digitalisierung ein nehmen?
7.
Lebenslanges Lernen na klar! Doch was bedeutet das für die Lernenden?
8.
Mit welchen Kriterien kann die Qualität von Bildung bewertet und evalu iert werden?
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Expertenantworten von Dr. Verena Kaiser Kontakt: [email protected] zu 1Welche Rolle wird zukünftig die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung spielen angesichts der rasanten Entwicklungen speziell im technischen Bereich, sowie der Anforderungen aus Internationalisie rung und Fachkräftemangel? Formalisierte Bildung im Sinne von Universitätsabschlüssen oder Berufsausbil dung wird nach wie vor eine Rolle spielen, als Grundvoraussetzung. Allerdings wird sich die „Ansammlung" der Abschlüsse entzerren. Bachelor, danach Mas ter, danach Promotion oder PhD wird die Ausnahme sein. Bachelor, dann Ar beit, dann Master, dann Executive Education oder Promotion etc. wird die neue Realität. Und natürlich das lebenslange Lernen on the job.
zu 3.:
Nachdem sich die Lebensarbeitszeit verlängert und damit lebenslanges Lernen durch die Veränderungen eine Bedeutung erlangt, stellen sich neue Herausforderungen für die demografieorientierte Personalentwick lung. Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie?
In unserem Unternehmen arbeiten 5 verschiedene Generationen. Diese stellen völlig unterschiedliche Anforderungen an Entwicklung und Weiterbildung. Es muss der Personalentwicklung gelingen, möglichst alle davon abzubilden. Reine Fokussierung auf digitiale Bildung wird ebenso realistisch sein wie classroomonly trainings. Im Sinne von predictive Analytics (welche Skills brauchen wir für welche Jobs in den nächsten x Jahren versus welche Skills und Demografie ha ben unsere Mitarbeiter heute) wird big data eine gewaltige Rolle einnehmen. zu 5.:
Die Zukunft wird geprägt sein von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA): Welche Auswirkungen hat das auf die Bildung von morgen?
Bildungsinhalte ändern sich permanent. Vorlesungen und Programme müssen ständig überarbeitet werden. Das bedeutet, dass beispielsweise in einem Master studienprogramm keine zwei Jahrgänge genau die gleichen Inhalte vermittelt be kommen werden. zu 6.: Welche Rollen werden Dozierende im Zeitalter der Digitalisierung ein nehmen?
Dozierende werden eine stärkere Moderatorenrolle einnehmen. Sie werden we niger Informationslieferant sein (denn Informationen sind über Moocs oder Lear ning Management Systeme verfügbar) als vielmehr jemand, der Informationen auswählt, kanalisiert, und bei der Analyse und Anwendung hilft.
Expertenantworten Dr. Verena Kaiser
zu 7.:
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Lebenslanges Lernen na klar! Doch was bedeutet das für die Lernenden?
Keiner kann sich auf einem Abschluss ausruhen und denken, dass das Erlernte bis ans Karriereende reicht. Jeder muss sich kontinuierlich weiterbilden, auch in Bereichen, die einem vielleicht nicht besonders liegen.
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Expertenantworten von Dr. Michael Müller Kontakt: [email protected] zu 1.: Welche Rolle wird zukünftig die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung spielen angesichts der rasanten Entwicklungen speziell im technischen Bereich, sowie der Anforderungen aus Internationalisie rung und Fachkräftemangel?
Formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung - in meinem Verständ nis vermittelt durch Bildungsinstitutionen wie Schulen, Hochschulen oder Wei terbildungsinstitute - wird in meinen Augen im Gegensatz zum rein selbstge steuerten Lernen auch in der Zukunft drei zentrale Vorteile bieten: Motivation, soziale Interaktion, Vereinfachung. Motivation erfolgt zum einen dürch eine zielorientierte Ausrichtung des (Aus-) Bildungsprogramms auf die Anforderungen des zukünftigen Arbeitsmarktes. Hierbei übernimmt die Institution eine Steuerungsfunktion hinsichtlich Angebot und Nachfrage. Zum anderen gibt sie direkte Ziele für den einzelnen Lernenden vor und motiviert ihn damit extern bezüglich der Auswahl des Lernstoffes aus dem unendlichen Angebot an Informationen, der Zeitplanung oder der Nachholbedarfe, beispielsweise durch persönliches Feedback.
Soziale Interaktion können Instrumente des selbstgesteuerten Lernens wie ELearning nur bedingt sicherstellen. Bildungsinstitutionen werden in meinen Au gen zukünftig einerseits relevanter in der Bereitstellung von Lern- und Begeg nungsorten für Lernende. Plattformen für gemeinsames Lernen und Üben sind Voraussetzung für die Ausprägung und Ausbildung von Kompetenzen. Der posi tive „Herdentrieb" motiviert zusätzlich im Gegensatz zum Individualunterricht. Andererseits werden Bildungsinstitutionen eine wichtige Vermittlerrolle zwi schen Lernenden und Lehrenden in sehr spezialisierten Themen oder auch zwi schen Lernenden, Lehrenden, Unternehmenspraxis und Gesellschaft spielen. Vereinfachung leisten Bildungsinstitutionen durch das Setzen und Umsetzen von Standards insbesondere im internationalen bzw. globalen Kontext. Vorgefertigte und vergleichbare Bildungsprogramme wie ein MBA helfen Lernenden bei der Auswahl ihres Studiums oder ihrer Bildungsinstitution. Akkreditierungen von Bildungsinstitutionen und Zertifizierungen von Abschlüssen erleichtern die Qua litätssicherung von Bildungsprogrammen. Der Name des Bildungsinstituts wird für viele Arbeitgeber als Qualitätsindikator transparenter als das personalisierte Bildungsprogramm eines Bewerbers bleiben. Bildungsinstitutionen werden damit wichtige Vereinfacher in einer komplexen Welt.
Diese Rollen Motivation, soziale Interaktion und Vereinfachung wird ein selbst gesteuertes Lernen nur schwer übernehmen können. Jedoch wird allein das Aus
Expertenantworten von Dr. Michael Müller
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füllen dieser drei Rollen aus meiner Sicht die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung zukünftig nicht rechtfertigen können. Nur die vollstän dige Integration des selbstgesteuerten Lernens in die Institution wird die zukünf tigen Anforderungen aus Internationalisierung und Fachkräftemangel erfüllen.
zu 2.: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei der Umsetzung von Mobile Learning und Workplace Learning Ansätzen (Learning Labs, Level und Badges) in der Zukunft? Ansätze von Mobile Learning, Workplace Learning oder im weiteren Sinne selbstgesteuertes E-Learning haben in meinen Augen entscheidende Vorteile und einige schwer zu ignorierende Nachteile. Als vorteilhaft sehe ich die Flexibilisie rung und Personalisierung der Bildung und Ausbildung an. Nachteilig sind aus meiner Sicht dagegen die beschränkte soziale Interaktion und teilweise fehlende externe Motivation der Lernenden.
Die Möglichkeit des flexiblen Lernens - und Lehrens - überall zu jeder Zeit er öffnet einen ungeheuren Raum an Möglichkeiten. Plötzlich bestehen Lern- und Lehrmöglichkeiten für eine exponentiell größere Zielgruppe, dadurch dass Privi legien der Zeit oder des Ortes verschwinden. E-Learning ist in meinen Augen hervorragend geeignet für das Teilzeitlernen - beispielsweise im Rahmen von Weiterbildungen, Fortbildungen oder berufsbegleitendem Lernen - oder für das Distant Learning für Lernende im Mutterschutz, auf Auslandseinsätzen oder semestern und in sonstigen Familiensituationen, die eine Vollzeit- und Präsenz bildung unmöglich machen. Aber auch für Lehrende ist E-Learning eine flexible Möglichkeit, ihr Bildungsangebot zu transportieren. Als externer Dozent vermitt le ich in meinem aktuellen Kurs „International Management" theoretische Grundlagen und Praxiserfahrungen aus meinem privaten Arbeitszimmer über die Plattform „Moodie" an MBA-Studenten aus Deutschland, Ecuador, Myanmar, Neuseeland oder auch Saint Lucia.
Personalisiertes Lernen wird dadurch möglich, dass sich der Lernende einerseits sein individuelles Lernprogramm zusammenstellen kann, anderseits seine Lern geschwindigkeit und Schwierigkeitsgrade selbst steuert. Gerade für Einstiege in eine neue Thematik oder für Überblicke, Strukturvermittlungen und Wiederho lungen scheinen mir die Ansätze des E-Learning eine sehr effektive Wissensver mittlung zu gewährleisten. Herausfordernd für Methoden des E-Learning ist aus meiner Erfahrung eine Ver mittlung von komplexen und erklärungsintensiven Zusammenhängen. Gerade die „häppchenweise" Wissensvermittlung im Mobile oder Workplace Learning ist nur bedingt geeignet für praktische Anwendungsübungen, für die individuelle Verarbeitung des Lernstoffes oder für das Training von Kompetenzen im spezifi schen Kontext des Lernenden.
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Expertenantworten von Dr. Michael Müller
Intrinsische Motivation ist unbedingte Voraussetzung für selbstgesteuertes Ler nen. E-Learning kann mit Hilfe von Levels oder Badges zwar im Lernprozess ex tern motivieren. Jedoch muss der Lernende die erste Hürde überwinden und selbst mit dem Lernprozess bzw. konkreten Lerntätigkeiten beginnen, insbeson dere wenn feste Zeiten oder Lernpartner zur Disziplinierung fehlen. Die eingeschränkte soziale Interaktion ist aus meiner heutigen Sicht der ent scheidende Nachteil des selbstgesteuerten E-Learning gegenüber dem institutio nalisierten Lernen. In vielen Fällen funktioniert die Kommunikation in Form ei ner Einbahnstraße ohne direktes Feedback sowohl für Lernende als auch für Leh rende. Wurde alles richtig verstanden? Wurde das Wissen vollständig vermittelt? Erfolgte ein Transfer in die eigene Anwendungswelt? Diese Fragen bleiben in vielen Formen des E-Learning noch unbeantwortet. Die oftmals sehr mechani sche, fast schon maschinelle Kommunikation zwischen Lernenden und Mobile Learning-Anwendungen verhindert eine Übung der sozialen Interaktion und da mit die Ausprägung kommunikativer und sozialer Kompetenz. Fähigkeiten wie das Stellen richtiger Fragen oder das Formulieren von Hypothesen und Zusam menfassungen können schlichtweg nicht oder nur eingeschränkt trainiert wer den. Vor diesem Hintergrund erscheinen mir Ansätze des Blended Learning - al so die Kombination aus sehr effektiver Wissensvermittlung beispielsweise in Form von Mobile Learning einerseits und der Übung der Wissens- und Kompe tenzanwendung im Rahmen von Präsenzveranstaltungen anderseits - als sehr vielversprechend.
zu 5.:
Die Zukunft wird geprägt sein von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA): Welche Auswirkungen hat das auf die Bildung von morgen?
Wissen und Informationen ändern sich heutzutage in einer Geschwindigkeit, welche Lernen zur reinen Wissensaufnahme fast nicht mehr rechtfertigt. Ausge bildet werden müssen in meinen Augen daher vielmehr Kompetenzen und Fä higkeiten beispielsweise zur Identifikation von in jeder spezifischen Situation notwendigem Wissen, zur Fokussierung bei der Wissensaufnahme, zur effektiven und effizienten Wissensverarbeitung und -anwendung in dynamischen Kontex ten, zur Komplexitätsreduktion bei komplexen Problemen oder zur Priorisierung bei der Lösungsanwendung.
Gegebenenfalls muss bereits in der Schule ein noch stärkeres Umschwenken von fächerbezogener Wissensvermittlung - wie Biologie, Geografie oder Geschichte - zum methodenbezogenen Kompetenztraining - wie wissenschaftliches Re cherchieren, analytisches Denken, soziale Kompetenzen oder Selbstkonzeption - stattfinden. Nicht Wissen zählt, sondern Können. Zudem wird gerade die Aus prägung eines Selbstkonzepts bzw. eines persönlichen Wertesystems für die Bil dung und Erziehung vor dem Hintergrund unterschiedlichster Herkünfte von
Expertenantworten von Dr. Michael Müller
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Schülern, Studenten und Berufserfahrenen in meiner Wahrnehmung wichtiger als in der Vergangenheit. Die weiterführende (Aus-)Bildung muss diese Kompetenzen in konkreten „An wendungsfällen" - das heißt in Studienfächern oder in Ausbildungsberufen ausprägen, die Anwendung weiter trainieren und aktuelles fachspezifisches Wis sen dabei personalisiert vermitteln.
Weiterbildung im Beruf - auch im Sinne einer Aufnahme von aktuellem Wissen, jedoch aber auf Basis eines soliden Gerüsts der oben genannten Kompetenzen wird damit zu einer fortwährenden Aufgabe für Jeden. Lebenslanges Lernen ist erforderlich, denn ohne die richtigen, aktuellen Inhalte bleibt methodisches Können wirkungslos. zu 6.: Welche Rollen werden Dozierende im Zeitalter der Digitalisierung ein nehmen?
Aus meiner Sicht wird einerseits der Anteil von 1 :n-Lernformen, das heißt bei spielsweise klassische Vorlesungen, abnehmen und durch digitalisierte Formen der Wissensvermittlung, wie zum Beispiel E-Learning, ersetzt. Anderseits werden in kombinierten Lernformen - wie dem Blended Learning - die Präsenzveranstal tungen wichtiger sowohl für die Anwendung des bereits vermittelten Wissens in neuen, komplexen Zusammenhängen und Übungssituationen als auch für die soziale Interaktion und entsprechende Ausbildung. Dozenten werden zwar für die reine Wissensvermittlung unbedeutender, für Übungsformate mit vorausge setztem Grundwissen sowie individuelle Betreuungen und Beziehungsarbeit als individuelle Coaches immer relevanter. Sie werden damit vom Wissensvermittler zum Kompetenzentwickler und helfen bei wichtigen Fragen der Lernenden: Was ist konkret zu lernen? Wie ist das Erlernte anzuwenden? Wie sind komplexe Probleme mit Hilfe des Erlernten zu lösen?
Zudem wird sich die Orientierung der Lernenden auf den einen Lehrenden (n:1) verringern. Vielmehr werden sich die Lernenden aneinander orientieren und sich gemeinsam (aus-)bilden. Der Lehrende wird als Orchestrator einer effektiven Zu sammenarbeit zwischen den Lernenden (peer to peer) damit relevanter. Die zukünftigen Rollen von Dozenten werden aus meiner Sicht dabei jedoch in hohem Maße von der Adaptionsfähigkeit der Bildungsinstitutionen und von er folgreichen Veränderungsprozessen in Richtung Digitalisierung abhängen. Die Digitalisierung öffnet Institutionen und fördert dadurch den globalen (Qualitäts-) Wettbewerb, bei dem die sehr gute Qualität gefragter wird und vielleicht „Super stars der Wissensvermittlung" auf Plattformen wie coursera.org mit einem hohen „Marktanteil" hervorbringen wird. Die gute bis schlechte Qualität - auch in der Wissensvermittlung durch Dozenten - wird in der Bedeutungslosigkeit ver schwinden. Dagegen können sich Dozenten zum einen als individuelle Coaches
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Expertenantworten von Dr. Michael Müller
für die Kompetenzentwicklung der Lernenden an der jeweiligen Institution posi tionieren. Zum anderen können neue Professionen für Dozenten entstehen, bei spielsweise als Instructional Designer in der Gestaltung von sehr institutionen spezifischen Lehr- und Lernszenarien auf Basis digitaler oder kombinierter Platt formen. In jedem Fall benötigt nicht nur der einzelne Dozent, sondern jede Bil dungsinstitution eine strategische Vision zur Digitalisierung, Entscheidungen zur Organisations- und Personalentwicklung oder auch eine technische Infrastruktur. Ansonsten wird eine Verzahnung von institutionalem und selbstgesteuertem Ler nen an einer Bildungseinrichtung nicht gelingen, diese ihre Relevanz verlieren und damit die Rolle ihrer Dozenten in vielen Bereichen in Frage gestellt. zu 8.: Mit welchen Kriterien kann die Qualität von Bildung bewertet und evalu iert werden?
Qualität von institutionalisierter Bildung wird sich aus meiner Sicht an der er folgreichen Umsetzung ihrer Rolle hinsichtlich Motivation, sozialer Interaktion und Vereinfachung festmachen. Gibt Bildung relevante Ziele vor und motiviert den Lernenden, diese Ziele zu erreichen? Bietet Bildung eine Plattform für wert schöpfende soziale Interaktion? Setzt Bildung qualitätsfördernde Standards für Lernende und Lehrende (um)?
Qualität von selbstgesteuerter Bildung kann nach meinem Dafürhalten an der er folgreichen Personalisierung des Lernens gemessen werden. Wurde - basierend auf sämtlichen relevanten Voraussetzungen - ein Optimum an Aus- oder Wei terbildung der jeweiligen Person erreicht? Bildungsqualität wird durch den zunehmenden Wettbewerb auf dem globalen Bildungsmarkt immer transparenter und vergleichbarer. Bildungseinrichtungen müssen in diesem globalen Markt ihre „ Geschäfts mode Ile" überdenken, um eine Rolle in der Zukunftsgesellschaft zu spielen. Internationalisierung der Lehre durch Kooperationen mit ausländischen Institutionen, Career Services für Berufs einsteiger oder Weiterbildungsangebote für das lebenslange Lernen können da bei wichtige Säulen des Bildungsangebots sein. Bildungseinrichtungen müssen sich verstärkt mit ihrem Marketing durchsetzen, beispielsweise durch Online"Schnupperkurse". Sie müssen Vorreiter in der Anwendung von Technologien wie Augmented oder Virtual Reality, Learning Analytics oder Digital Collabora tion sein. Das Risiko, global den „Anschluss zu verpassen", ist in meinen Augen auch für deutsche Bildungseinrichtungen sehr real.
Aus meiner Sicht werden sich nur Bildungsinstitutionen oder -programme im globalen Wettbewerb durchsetzen können, die Vorteile von institutionalisiertem und selbstgesteuertem Lernen qualitativ hochwertig kombinieren und ihre soli den Geschäftsmodelle professionell vermarkten.
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Expertenantworten von Prof. Dr. Julia Sander Kontakt: [email protected] zu 1.: Welche Rolle wird zukünftig die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung spielen angesichts der rasanten Entwicklungen speziell im technischen Bereich, sowie der Anforderungen aus Internationalisie rung und Fachkräftemangel?
Bildung ist zunächst nicht an formalisierte, standardisierte und staatlich über wachte Wege gebunden. Der berufliche Erfolg zahlreicher Autodidakten zeigt sogar, dass diese womöglich gar nicht notwendig - vielleicht sogar hinderlich sind. Dennoch nimmt Bildungspolitik Platz 1 aller Regierungs- und Parteipro gramme ein. Folgende Punkte sprechen jedoch dafür, dass die Formalisierung gerade auch angesichts von Digitalisierung und Internationalisierung geboten ist:
•
Bildung bedeutet Zukunft für den Einzelnen aber auch für Länder und Re gionen. Diese dem Zufall oder alleine den Marktkräften zu überlassen er scheint fahrlässig.
•
Bildung ist mit hohen (Opportunitäts-)Kosten verbunden - egal, ob diese vom Einzelnen oder der Allgemeinheit getragen werden. Sie stellen eine Investition dar, die immer auch mit Risiken in Hinblick auf den return ver bunden ist. Eine möglichst hohe Sicherheit erleichtert die Entscheidung sowohl aus Sicht des Bildungswilligen wie auch der Arbeitgeber.
•
Unternehmen und Bildungswillige benötigen auch Sicherheit in Hinblick auf Qualität von Inhalten und Didaktik. Es wird erwartet, dass diese von Fachleuten beurteilt und überwacht wird.
Gerade weil Bildung der Schlüssel für individuellen und kollektiven Wohlstand darstellt, sind die nachfolgenden Fragen nach Inhalten, Didaktik aber auch Bil dungsteilnehmer von elementarer Bedeutung. Formalisierung und Standardisie rung weisen folgende strukturelle Nachteile auf: 1. Sie führt zu Ausgrenzung und erlaubt keine Individualisierung.
2. Sie erfordert langwierige und gesicherte Prozesse und erlaubt somit wenig Spielraum für kurzfristiges Agieren. 3. Sie erfordert Experten, die tatsächlich nicht nur aktuellen Bildungsbedarf richtig beurteilen können, sondern auch zukünftige Bedarfe erkennen, ein schätzen und in Angebote umsetzen können.
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Expertenantworten von Prof. Dr. Julia Sander
Diesen Anforderungen konnte bislang recht gut begegnet werden. Die Individua lisierung war angesichts der geburtenstarken Jahrgänge zunächst nicht allzu notwendig. Die Ansätze der Verstärkung der Durchlässigkeit der Bildungswege hat dazu beitragen, dass zunehmend auch individuellere Bildungswege möglich wurden und letztlich zu den formalen Bildungsabschlüssen geführt haben. Die starke Zunahme z.B. von berufsbegleitenden (Hochschul-)bildungsangeboten belegt dabei deutlich den hohen Bedarf nach Individualisierung von Bildungs wegen.
Kurzfristig erkannte Bildungsbedarfe werden von Seiten der Arbeitgeber über be darfsorientierte Weiterbildungsangebote für ihre Mitarbeiter abgedeckt. Oftmals sind es die Personalabteilungen, die über Inhalte und Teilnehmer entscheiden. Internationalisierung und Digitalisierung fordern jedoch zunehmend dieses Sys tem der aufgeteilten Zuständigkeiten heraus. Unternehmen werden mit Lebens läufen konfrontiert, deren Bildungsverläufe sie nicht mehr nachvollziehen und beurteilen können, da sie nicht den bekannten standardisierten Formen entspre chen. Sie wissen dennoch, dass womöglich ein enormes Potenzial entdeckt werden kann und muss. Gleichzeitig nimmt die Geschwindigkeit der techni schen Innovationen eine Größenordnung an, die es sowohl den Personalabtei lungen wie auch den Experten der Bildungsbürokratie unmöglich macht, die Bil dungsinhalte vorausschauend und qualitätsgesichert zu gestalten. So können Bildungspläne bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens veraltet sein. Nicht nur welche Inhalte tatsächlich aktuell relevant sind, sondern auch wer für welches Themengebiet als Experte gilt, ist alleine schon Expertenwissen und oftmals sehr schwer zu erlangen. Betroffen davon sind dabei nicht nur das Fachwissen, son dern auch Führungs-Know-how und Schlüsselqualifikationen. Dies zur Seite der Bildungsanbieter und Nachfrager seitens der Arbeitgeber. Fragt man darüber hinaus auch - was selten genug geschieht - die Bildungsteilnehmer, so erwarten diese natürlich aktuelles Wissen und Können, aber auch eine moderne, den neuen Lebensformen angemessene Didaktik. Und diese sollte auch digital sein und Flexibilität zulassen. Es scheint so, als ob die wirtschaftliche und gesellschaftliche Realität das tradier te Bildungssystem - vor allem in Deutschland - stark herausfordert. Ihre Rolle wird sich verändern müssen, denn sie wird aus strukturellen Gründen gar nicht in der Lage sein, den Herausforderungen zu begegnen. Schon heute werden z.B. bestimmte micro degrees höher bewertet als formale Abschlüsse, weil sie näher am aktuellen Wissensbedarf sind und in kürzerer Zeit, meist mit digitaler Didak tik zu erlangen sind. Der Fachkräftemangel erfordert eine Mobilisierung aller Po tenziale, nicht nur solcher die „ins System passen" usw.
Die größte Gefahr besteht in der Versuchung, diesen Herausforderungen mit noch größeren bürokratischen Anstrengungen zu begegnen. Die Rolle der forma
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lisierten, institutionellen Bildung wird besonders dort von großer Bedeutung sein, wo es um die Definition der Grundsätze einer akademischen und berufli chen Ausbildung und um die Qualitätssicherung geht. Parallel dazu müssen gro ße Freiräume bei der konkreten Ausgestaltung zugelassen werden und zwar so wohl bei der Frage nach den Inhalten wie bei der Didaktik. zu 2.: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei der Umsetzung von Mobile Learning und Workplace Learning Ansätzen (Learning Labs, Level und Badges) in der Zukunft?
Die Vorteile von Mobile Learning und Workplace Learning liegen auf der Hand: Das hohe Maß an Flexibilität (durch Mobile Learning) ermöglicht Effizienz und die Nähe zum Arbeitsumfeld (durch Workplace Learning) hohe Effektivität. Ob und in welchem Maße die grundsätzlich vorhandenen Vorteile genutzt wer den, variiert zwar stark von der Qualität der Umsetzung. Entscheidend ist je doch, welchen Nutzen die Mitarbeiter aus den jeweiligen Angeboten für ihre be rufliche Qualifikation und ihre Karrieren ziehen können - also die Motivation. Wenn solche Angebote nicht verknüpft sind mit einem Personalentwicklungs konzept werden sie daher mit hoher Wahrscheinlichkeit auch dann keine Wir kung entfalten können, wenn sie gut gemacht sind. Dies gilt für alle Ebenen der Wissensvermittlung und der Hierarchien in Unternehmen. Insbesondere bei mittleren und höheren Qualifikationsebenen, werden darüber hinaus zukünftig vor allem die Tools erfolgsversprechend sein, die SocialLearning-Aspekte berücksichtigen. Wissen ist nicht mehr beständig, kein Lernan gebot kann alles Wissen immer auf dem aktuellen Stand garantieren. Daher geht es zunehmend darum, die Metafähigkeiten der selbstständigen Problemlösung und Reflexionsfähigkeit im Team zu entwickeln oder zu fördern - ggf. unterstützt durch Lerncoaches oder Mentoren. Dazu stehen zwischenzeitlich Lernplattfor men zur Verfügung, die solches kollaboratives Lernen unterstützen.
Nachteile können entstehen, wenn Mobile Learning als kompletter Ersatz traditi oneller Lernformen verstanden wird. Zum einen werden bestimmte Personen kreise aufgrund mangelnder Kompetenz/Affinität im Umgang mit moderner Technik oder aufgrund weniger ausgeprägter Fähigkeit zur Selbstorganisation damit vom lebenslangen Lernen ausgeschlossen. Zum anderen ist es aufgrund der Notwendigkeit zur Aufbereitung des Wissens in kleinere Einheiten schwieri ger, komplexe und hoch differenzierte Inhalte aufzubereiten, zu vermitteln und weiterzuentwickeln. Grundsätzlich eignet sich Workplace Learning eher für die Vermittlung von bedarfsorientiertem Wissen und Know-how. Lernen „auf Vorrat" ist in diesem Zusammenhang wenig wahrscheinlich. Es besteht darüber hinaus grundsätzlich - wie bei der Digitalisierung insgesamt - die Gefahr des Daten missbrauchs.
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zu 5.:
Die Zukunft wird geprägt sein von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA): Welche Auswirkungen hat das auf die Bildung von morgen?
Die Auswirkungen sind fundamental, denn VUKA erfordert ein komplett neues mindset aller Akteure im Bildungswesen: Der Lehrenden, der Lernenden, der In stitutionen und der Politik. Das Zauberwort heißt: „Agilität".
Agile Learning könnte dabei folgende Eckpunkte umfassen:
•
Reflexion vs. Wissensvermittlung.
Wissen ist zum einen ausreichend vorhanden und hat zum anderen eine zu ge ringe „Halbwertszeit". Notwendig sind die Schulung der Reflexionsfähigkeit und das Verstehen von Zusammenhängen.
•
Dialog vs. Monolog.
Die Lehrenden stehen im täglichen Austausch mit ihren Studierenden und rich ten sich nach deren Bedürfnissen und Anforderungen aus. Lernen soll dem Ler nenden gefallen, nicht dem Lehrenden.
•
Teamarbeit vs. „Guru-Lehre".
Erfahrungs- und Wissensaustausch fördert die Perspektivenvielfalt. PeerFeedback ersetzt weitgehend eine Top-down-Bewertung, Transparenz erhöht dabei den Lernerfolg. Fehler werden konstruktiv und offen angesprochen. zu 6.: Welche Rollen werden Dozierende im Zeitalter der Digitalisierung ein nehmen?
Die Rolle des Dozierenden verändert sich stark. Wissen oder zumindest Informa tion ist allzeit und überall verfügbar. Damit schwindet zunächst einmal die Wis senshoheit des Lehrenden. Der Dozierende ist demgegenüber mit sehr unter schiedlichen Wissensniveaus seiner Lernenden konfrontiert.
Die Aufgabe der Dozierenden wird daher nicht mehr die Vermittlung von Fach wissen sein. Sie werden zunehmend Metafähigkeiten wie Informationsselektion und -bewertung, Strukturierung und Systematisierung, Selbstorganisation und Teamarbeit, Kommunikations-, Präsentations-, und Argumentationsfähigkeiten, Verhandlungstaktik usw. vermitteln. Die Heterogenität der Lernenden erfordert darüber hinaus eine Individualisie rung des Lernprozesses.
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Daher wird die Rolle des Dozierenden zunehmend zu der eines Lerncoaches, der den Lernenden motivierend durch den Lernprozess leitet und begleitet. Neue didaktische Ansätze wie flipped classrooms zeigen in diese Richtung. zu 7.:
Lebenslanges Lernen na klar! Doch was bedeutet das für die Lernenden?
Selbstverständlich lernt jeder Mensch ein Leben lang, das entspricht dem Menschsein. Für den Lernenden hat sich allerdings geändert, dass eine erste Ausbildung nicht mehr ein gesamtes Berufsleben trägt, sondern eine fortwähren de Aktualisierung und Weiterentwicklung nicht nur des Fachwissens, sondern al ler berufsbezogenen Fähigkeiten und Fertigkeiten erwartet wird. Bei Vorliegen der entsprechenden Angebote ist damit die Chance für den Einzelnen verbun den, sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln sowie am aktuellen Ge schehen aktiv teilnehmen zu können.
Lebenslanges Lernen erzeugt jedoch auch Unsicherheit und permanenten Druck. Die Sicherheit, dass einmal erlangtes Wissen und formale Abschlüsse auch in der Zukunft die Arbeitsfähigkeit garantieren, geht verloren und der Wettbewerb verschärft sich. zu 8.:
Mit welchen Kriterien kann die Qualität von Bildung bewertet und evalu iert werden?
Da bereits der Begriff „Bildung" vielschichtig und mitunter auch kontrovers ver wendet wird, scheint es als nahezu unmöglich, Bewertungskriterien für gute Bil dung abzuleiten. Gleichzeitig werden an die Bildung hohe Erwartungen sowohl auf individueller Ebene als auch gesellschaftlich geknüpft. So ist sie z.B. der Weg zu einem selbstbestimmten Leben und gleichzeitig der Garant für eine funktionierende Demokratie. Darüber hinaus ist Bildung immer auch Gegen stand politischer Machtbestrebungen und Ideologien.
Dennoch oder gerade deswegen trifft man z.B. in Evaluierungs- und Akkreditie rungsverfahren sowie Rankings auf Kriterienkataloge, die gute Bildung operatio nalisieren. Ohne diese im Einzelnen zu betrachten, sollten dabei zunächst folgende fünf grundsätzliche Fragen gestellt werden: 1.
Richtet sich das jeweilige Bildungsangebot nach den Bedürfnissen und In teressen der Lernenden?
2. Schafft das Bildungsangebot Chancen für die berufliche und persönliche Entwicklung der Lernenden? 3. Ist das Bildungsangebot inhaltlich nachhaltig und werteorientiert?
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Expertenantworten von Prof. Dr. Julia Sander
4.
Ist die Didaktik am Menschen ausgerichtet - also motivierend, flexibel und individuell?
5. Sind die Inhalte auf dem aktuellen Stand sowohl aus Sicht der Wissen schaft wie der Praxis?
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Expertenantworten von Prof. Werner Sauter Kontakt: [email protected] zu 1.: Welche Rolle wird zukünftig die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung spielen angesichts der rasanten Entwicklungen speziell im technischen Bereich, sowie der Anforderungen aus Internationalisie rung und Fachkräftemangel? Die formalisierte, institutionalisierte Bildung wird sich im Zuge der Digitalisie rung und der Entwicklung humanoider Computer, die als persönliche Lern partner fungieren, grundlegend verändern. Der Aufbau des Fachwissens und die Qualifikation werden tendenziell nicht mehr in Seminaren mit ihrer skandalös geringen Umsetzungseffizienz von ca. 7% in der Praxis (vgl. Kirkpatrick & Kirk patrick) erfolgen. Vielmehr werden die Bildungsanbieter ihren Lernern einen Er möglichungsrahmen zur Verfügung stellen, in dem diese bei Bedarf das notwen dige Fachwissen und problemorientierte Qualifizierungsmodule nach dem Prin zip des Micro-Learning abrufen.
Zentral vorgegebene Curricula, die für alle Lerner einer Zielgruppe gleich sind, werden an Bedeutung verlieren. Die Lerner werden zunehmend individuelle Kompetenzziele im Sinne der Problemlösungsfähigkeit definieren, die als Basis von personalisierten Lernprozessen dienen. zu 2.: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei der Umsetzung von Mobile Learning und Workplace Learning Ansätzen (Learning Labs, Level und Badges) in der Zukunft?
Workplace Learning bedeutet, dass Arbeiten und Lernen wieder zusammen ge führt wird. Damit findet Lernen immer dann statt, wenn der Mitarbeiter eine Herausforderung zu bewältigen hat. Lerner, die direkt bei ihrer Problemstellung abgeholt werden, haben nachweisbar die höchste Lernmotivation (vgl. z.B. Wahl 2011). Außerdem ist dieses Lernen besonders nachhaltig, weil die Erfah rungen, die der Lerner beim Lösen seines Problems sammelt, quasi emotional imprägniert werden und damit als individuelles Wertesystem aufgebaut werden. Dies hilft dem Lerner bei späteren Herausforderungen, Entscheidungen zu treffen und Lösungen zu entwickeln. Für den Lerner entstehen nur Vorteile, weil er im mer genau das lernt, was er gerade benötigt.
Evtl, könnte er empfinden, dass das Zusammentreffen mit Kollegen in schicken Seminarhotels nicht mehr stattfindet. Deshalb empfehlen wir, auch zukünftig re ale Treffen für die Mitarbeiter anzubieten, die der Netzwerkbildung und dem Aufbau von Communities of Practice dienen. Zwei Hinweise: Mobile Learning sehe ich nicht als eine eigene Lernkonzeption, sondern als notwendige Voraussetzung für Workplace Learning. Den Klammer
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Expertenantworten von Prof. Werner Sauter
zusatz „Learning Labs, Level und Badges verstehe ich nicht. Es ist doch gerade das Merkmal von Workplace Learning, dass man auf extrinsische „Motivations instrumente" wie Badges verzichten kann, die eh keine Auswirkung auf die Lern effizienz haben. zu 3.:
Nachdem sich die Lebensarbeitszeit verlängert und damit lebenslanges Lernen durch die Veränderungen eine Bedeutung erlangt, stellen sich neue Herausforderungen für die demografieorientierte Personalentwick lung. Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie?
Wir erleben eine Entwicklung zu kompetenzorientierten Lernarrangements im Rahmen von Social Blended Learning und Workplace Learning. Da Kompetenz entwicklung nur selbstorganisiert erfolgen kann (vgl. Erpenbeck & Sauter 2007), werden sich immer mehr Lernszenarien, die durch Eigenverantwortung und Selbstorganisation geprägt sind, durchsetzen. Dies bedeutet, dass jeder Lerner zukünftig auf Basis von Kompetenzmessungen seine individuellen Lernziele entsprechend seiner beruflichen Herausforderungen, seiner Kompetenzen und evtl, auch seines Alters - formuliert und auf dieser Grundlage seine personali sierten Lernprozesse plant und umsetzt.
Hierbei wird er von Lernpartnern, Communities und professionellen Lernbeglei tern, aber auch zunehmend von digitalen Systemen (Personal Learning Environ ment, Humanoide Computer als persönliche Lernpartner) unterstützt.
zu 4.:
Durch das rasante Tempo der Digitalisierung nimmt der Handlungsdruck - auch bei mittelständischen - Unternehmen zu: Welche Rolle spielen Gründermentalität sowie die Bereitschaft, die Unternehmenskultur wie auch die Produktionsprozesse zu verändern?
Der Handlungsdruck zur Veränderung der Lernsysteme wird erst entstehen, wenn sich die Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung und Disruption verändert hat. Mit Vorträgen, Broschüren oder Gesprächen wird man kaum eine Verände rung bewirken.
Da die Lernwelt die Mitarbeiter auf die heutigen und zukünftigen Herausforde rungen in der Arbeitswelt vorbereiten soll, ergibt sich zwangsläufig der Ände rungsbedarf im Bildungsbereich. Dies bedeutet, dass die Veränderung der Un ternehmenskultur einhergeht mit der Entwicklung der Lernkultur, hin zur selbst organisierten Kompetenzentwicklung mit Systemen der Kollaboration und Kom munikation, wie sie im Arbeitsprozess eingesetzt werden.
Nach unseren Erfahrungen kann eine Gründermentalität insbesondere im Verän derungsprozess sehr hilfreich sein. So haben wir z.B. im Projekt Next Education der Deutsche Bahn AG die Projektarbeit wie in einem Start-up Unternehmen ge staltet. Das Projekt hatte ein eigenes Budget, Entscheidungen über Pilotprojekte
Expertenantworten von Prof. Werner Sauter
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wurden im Projektteam (ohne weiteren Genehmigungsprozess) getroffen, es durften ausdrücklich auch die Grenzen von Lösungen ausgetestet werden, d.h. Fehler waren erlaubt.
zu 5.:
Die Zukunft wird geprägt sein von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA): Welche Auswirkungen hat das auf die Bildung von morgen?
Unsere Gesellschaft sowie die Arbeits- und damit die Lernwelt werden sich durch diese Entwicklungen dramatisch verändern. In den kommenden Jahren wird ein Großteil der Routinetätigkeiten durch Maschinen oder Software über nommen werden (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 2015). Mitar beiter werden sich zunehmend mit der Steuerung von vernetzten Systemen aus einandersetzen müssen und in der Lage sein, digital vernetzte Systeme und de ren informationstechnische Infrastruktur zu verstehen und das eigene Arbeiten und Lernen in virtualisierten Arbeitsprozessen und Kommunikationsstrukturen zu gestalten (McKinsey Digital 2016).
Die Maschinen passen sich zunehmend den Menschen an - und nicht umge kehrt. Intelligente industrielle Assistenzsysteme mit multi-modalen Benutzer schnittstellen bringen auch digitale Lerntechnologien direkt an den Arbeitsplatz und zu den Menschen (vgl. Erpenbeck & Sauter 2013, 201 7). Die Anforderungen an die Weiterbildung werden sich dadurch dramatisch weiter wandeln (vgl. Er penbeck & Sauter 2016). Deshalb gewinnen Geschäftsmodelle von Weiterbildungsanbietern mit einer Verlagerung von Wissens- zu Kompetenzzielen auf Basis einer Ermöglichungsdi daktik (vgl. Arnold 2017), vom formellen und fremdgesteuerten Lehren zum in formellen und selbstorganisierten Lernen und einer Rückbesinnung auf Lernen in realen Herausforderungen sowie das Lernen im Netz an Bedeutung (vgl. Erpen beck & Sauter 2017). Dieses agile Lernen ist vor allem durch folgende Merkmale geprägt: •
Skalierbarkeit: Die Lernprozesse entstehen bei Bedarf, so dass Lernen „on demand", je nach Herausforderung, möglich ist. Deshalb werden die per sonalisierten Lernprozesse in eine Serie von Paketen (,Inkremente') zerlegt, die jeweils in kurzen Zyklen entstehen und umgesetzt werden.
•
Flexibilität und Dynamik: Agile Lernsysteme sind durch ein hohes Maß an Flexibilität und große Robustheit gegenüber Herausforderungen geprägt, auch wenn sie noch unbekannt sind.
•
Aktualität: Formelles Wissen und Erfah rungs wissen der Lerner müssen sich in einem dynamischen Prozess laufend weiterentwickeln.
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Expertenantworten von Prof. Werner Sauter
•
Strukturelle Anschlussfähigkeit: Das Lernsystem wird in die Strukturen, Prozesse und in die IT-Infrastruktur des Unternehmens integriert.
•
Fokussierung auf die Lernenden: Agile Lernmethoden rücken den Men schen, Lerntandems und -gruppen sowie deren persönliche Interaktion in den Mittelpunkt.
•
Lernen im Netz: Agiles Lernen basiert auf effizienter Kollaboration, d.h. der gemeinsamen Bewältigung von Herausforderungen in der Praxis mit Lernpartnern, der erfahrungsorientierten Kommunikation und schnellen Rückmeldungen.
•
Nutzenorientierung: Agile Lernsysteme beziehen die Lerner in die Ent wicklung der Lernprozesse ein und ermöglichen es, für sie früh Werte zu schaffen.
Agile Lernprozesse weisen dabei folgende Kennzeichen auf (Sauter & Sauter & Wölfing 2018 in Druck):
•
Selbstorganisiertes Lernen: Die Lerner gestalten ihre Lernprozesse in eige ner Verantwortung, meist in Abstimmung mit Lernpartnern, ihrer Füh rungskraft und bei Bedarf einem Lernbegleiter. Sie legen damit Ziele und Inhalte, aber auch Lern- und Sozialformen, Medien und Zeiten sowie Lernorte selbst fest. In regelmäßigen Reflexionsphasen optimieren sie ihre personalisierten Lernprozesse. Daraus ergibt sich zwingend, dass die Ler ner immer mehr die Fähigkeit aufbauen müssen, selbstorganisiert heute noch unbekannte Herausforderungen zu bewältigen, sie müssen agil han deln können. Die Trainer, die bisher ihre Lehrarrangements gesteuert ha ben, wandeln sich zu Lernbegleitern.
•
Lernen in Herausforderungen in der Praxis: Das Lernen orientiert sich am Lernbedarf im Praxisprozess, nicht mehr an vorgegebenen Lernzielen (Curricula). Für die Motivation der Lerner ist in erster Linie eine klare Struktur am Anfang des Lernprozesses, die die Vorkenntnisse mobilisiert, die sinnvolle Verknüpfungen zwischen schon vorhandenem und neuem Wissen ermöglicht und die Prozesse des Verstehens anbahnt, maßgebend (vgl. Wahl 2013). Dies wird ermöglicht, indem die Lerner auf Basis ihrer selbst definierten Kompetenzziele mit ihrer Führungskraft herausfordernde Praxis- und Projektaufgaben definieren, in denen sie ihre Kompetenzen selbstorganisiert und eingebunden in ein Netzwerk bearbeiten. Die Wei terbildung kann dabei ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie ein Spiegelbild der - zunehmend digitalisierten - Lebens- und Arbeitswelt wird. Wenn die Lerner auf ihre zukünftigen Herausforderungen vorbereitet werden sollen, dann müssen Lernformen, Kommunikationsmöglichkeiten und Medien dem aktuellen Umfeld einer zunehmend selbstorganisierten Arbeitswelt
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entsprechen, im besten Fall sogar die Zukunft in diesem Bereich vorweg nehmen.
•
Soziales Lernen: Agiles Arbeiten und Lernen erfolgt kollaborativ. Diese Zusammenarbeit wird durch die Werte Einfachheit, Kommunikation, Feedback, Respekt und Courage geprägt. Deshalb ist ein Ermöglichungs rahmen für das agile Lernen erforderlich, der soziales Lernen durch Social Media, soziale Netzwerke oder Communities ermöglicht. Dabei werden die Medien und Tools eingesetzt, die auch im Arbeitsprozess verwendet werden.
•
Verbindliche zeitliche Taktung und definierte Lernpakete: Der Lernprozess wird in Pakete zerlegt, die einen eigenständigen Wert für den Lerner besit zen. Deshalb ist für die Strukturierung des gesamten, personalisierten Lernprozesses ein Advanced Organizer erforderlich (vgl. Wahl 2013 S. 284). Diese Expertenstruktur erleichtert den Einstieg in die Lernumge bung, weil die Lerner ihre Aufmerksamkeit auf die für sie wichtigen Teile lenken. Sie schaffen eine klare Orientierung für ihre selbstorganisierten Lernprozesse, können das neue Wissen mit ihrem Vorwissen verknüpfen, vermeiden Missverständnisse, z.B. aufgrund von Verwechslungen und er leichtern die Bewältigung von Herausforderungen in der Praxis. Die jewei ligen Vereinbarungen werden schriftlich dokumentiert, um die Verbind lichkeit zu sichern.
Diese Veränderungen berühren damit nicht nur Technologien und wirtschaftli che Faktoren. Auch Erkenntnisse aus der Gehirn- und Verhaltensforschung, Fak ten aus den Bereichen Datenschutz und Sozialökonomie, Einsichten aus der modernen Bildungsforschung und Bildungsökonomie sind zu berücksichtigen (Borell, 2015). Unternehmen, die sich aktiv den disruptiven Entwicklungen stellen wollen, be nötigen die Fähigkeit, die damit verbundenen Einflüsse auf ihre organisationalen wie individuellen Kompetenzstrukturen angemessen zu interpretieren und Stra tegien zur Anpassung zu entwickeln. (Reinhardt 2014).
Agile Kompetenzentwicklung ist die Weiterbildung der Zukunft! zu 6.: Welche Rollen werden Dozierende im Zeitalter der Digitalisierung ein nehmen? Dozenten oder Trainer, die LEHRarrangements mit dem Ziel umsetzen, Wissen zu „vermitteln", werden zunehmend überflüssig. Da die Lerner ihre Lernprozes se zunehmend selbstorganisiert gestalten und ihr Wissen bei Bedarf mit Hilfe des Ermöglichungsrahmens aufbauen, benötigen sie u.a. professionelle Lernbeglei ter, die u.a. folgende Aufgaben erfüllen sollten:
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Expertenantworten von Prof. Werner Sauter
•
Beratung bei Kompetenzmessungen und Unterstützung bei der Definition bzw. Anpassung individueller Kompetenzziele
•
didaktisch-methodische und fachliche Unterstützung der Lerner, evtl, mit Hilfe von Experten
•
Moderation der Lernprozesse ( z.B. in Kick-offs und in Workshops bzw. Webinaren) und Reflexionen
•
gibt als Coach Rückmeldungen zu Fragen, Ausarbeitungen oder Ergeb nissen
•
laufende Optimierung des Lernrahmens
zu 7.:
Lebenslanges Lernen na klar! Doch was bedeutet das für die Lernenden?
Alle Macht für die Lerner! Die Lerner übernehmen die Verantwortung für ihre Lernprozesse. Dabei nutzen Sie die Möglichkeiten des Ermöglichungsrahmens, die Unterstützung des Lernbegleiters sowie die den Austausch von Erfahrungs wissen mit Lernpartnern und in Communities of Practice. Deshalb müssen sie ih re Kompetenz, mit Hilfe digitaler Systeme ihre Lernprozesse selbstorganisiert zu planen, zu gestalten und umzusetzen, konsequent aufbauen. zu 8.:
Mit welchen Kriterien kann die Qualität von Bildung bewertet und evalu iert werden?
Das Testen von Wissen und Qualifikationen (Bulimielernen) wird an Bedeutung verlieren. Kompetenzorientiertes Lernen hat zum Ziel die Handlungssicherheit der Mitarbeiter und damit die Performance zu steigern. Deshalb zeigt sich die Qualität der betrieblichen Bildung in den Ergebnissen von Praxisprojekten oder des Arbeitsprozesses. Wir benötigen deshalb Instrumente der Workforce Ana lytics, einer Kombination aus Softwarelösungen und Methoden, welche Daten aus den individuellen Arbeitsprozessen analysieren, um die persönlichen Ar beitsprozesse der Mitarbeiter durch Bereitstellung der dazu notwendigen Infor mationen und der personalisierten Aufbereitung zu optimieren, sowie um valide Informationen für die Aufgaben des Human Resource Management, z.B. Perso nalplanung, Recruiting, Mitarbeiterentwicklung oder Wertemanagement zu ge nerieren.
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Expertenantworten von Prof. Joachim Freimuth Kontakt: [email protected] zu 1.: Welche Rolle wird zukünftig die formalisierte, institutionalisierte Bildung und Ausbildung spielen angesichts der rasanten Entwicklungen speziell im technischen Bereich, sowie der Anforderungen aus Internationalisie rung und Fachkräftemangel?
Die Rolle wird weniger bedeutend sein, stattdessen werden flexiblere Methoden der Qualifizierung wichtiger, am Arbeitsplatz selber und mit Hilfe von elektroni-
zu 2.: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei der Umsetzung von Mobile Learning und Workplace Learning Ansätzen (Learning Labs, Level und Badges) in der Zukunft? Der Nachteil ist sicher, dass es eher unsystematisch ist und nicht dokumentiert. Der Vorteil ist die Flexibilität und der unmittelbare Nutzen.
zu 3.:
Nachdem sich die Lebensarbeitszeit verlängert und damit lebenslanges Lernen durch die Veränderungen eine Bedeutung erlangt, stellen sich neue Herausforderungen für die demografieorientierte Personalentwick lung. Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie?
Ich glaube, dass es vor allem Konzepte für ältere Mitarbeiter geben muss. Au ßerdem Ansätze für ehemals ambitionierte Mitarbeiter, die auf einem Karriere plateau sind. Der ausschließliche Fokus auf junge Talente ist zu kurz.
zu 4.:
Durch das rasante Tempo der Digitalisierung nimmt der Handlungsdruck - auch bei mittelständischen - Unternehmen zu: Welche Rolle spielen Gründermentalität sowie die Bereitschaft, die Unternehmenskultur wie auch die Produktionsprozesse zu verändern? Gründer haben eher ihre Idee im Kopf, weniger die kulturellen Aspekte. Da wird Beratungsbedarf sein.
zu 5.:
Die Zukunft wird geprägt sein von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA): Welche Auswirkungen hat das auf die Bildung von morgen?
Metakompetenzen werden wichtig, die Fähigkeit, sich neue Kompetenzen anzu eignen. Ich glaube auch, Denken und Handeln in komplexen Systemen wird ein Thema. Fachlich wird man ohne Informatik-Kenntnisse nicht auskommen (In dustrie 4.0)
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Prof. Freimuth
zu 6.: Welche Rollen werden Dozierende im Zeitalter der Digitalisierung ein nehmen? Sie müssen Medienkompetenz erwerben, da sind die Schüler oder Studenten oft besser. zu 7.:
Lebenslanges Lernen na klar! Doch was bedeutet das für die Lernenden?
Ich glaube, dass Employability nach wie vor ein Thema bleibt, auch wenn im Moment weniger darüber geredet wird. zu 8.:
Mit welchen Kriterien kann die Qualität von Bildung bewertet und evalu iert werden?
Wichtig wird sein, wie flexibel Menschen auf Änderungen reagieren können und sich immer wieder neu definieren und neu erfinden. Das sind auch psychische Belastungen, daher wird es auch darauf ankommen, auf die Resilienz von Men schen bei Evaluierungen zu achten.
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IV. Wie man soziales Lernen in virtuellen Lernumgebungen fördern kann von Univ. Prof. Dr. Nikolaus Franke, Martin Finkenzeller, M. Eng., Mag. Albrecht Karlusch, MBA, Mag. Vinzenz Treytl Digitalisierung, Internet und Mobilkommunikation ermöglichen neuartige For men der Wissensaneignung. Optimisten sehen damit ein neues Zeitalter des „le benslangen Lernens'7 angebrochen, in dem alle Gesell sc hafts- und Altersschich ten direkten Zugang zu herausragenden Bildungsangeboten erhalten. Besonders an die sogenannten „MOOCs" (Massive Open Online Courses) knüp fen sich große Hoffnungen. MOOCs sind Online-Kursangebote, bei denen Lern inhalte - meist kostenfrei - einer sehr großen Teilnehmerzahl vermittelt werden. Dabei kommen neben konventionellen Lernmaterialien (z.B. lehrbuchartige Tex te) unterschiedliche medien-didaktische Ansätze wie Videos, interaktive Elemen te oder Kurzbefragungen zum Einsatz.
MOOCs bieten im Vergleich zu traditionellen „Offline" Lehrformen wie Prä senzkursen nicht nur zusätzliche Möglichkeiten zur Darstellung und didakti schen Aufbereitung der Lerninhalte. Sie ermöglichen es auch, zeit- und ortsun abhängig zu lernen. Außerdem können sie auch inhaltlich individualisiert wer den, d.h. den individuellen Interessen und Fähigkeiten angepasst werden. Schließlich versprechen sie durch den geringen Anteil an variablen Kosten auch eine extreme Kosteneffizienz. Die Verwirklichung der Vision einer Demokratisie rung des Lernens scheint mit ihnen in greifbare Nähe gerückt. Schätzungen zufolge gibt es weltweit aktuell mehr als 6.000 MOOCs zu buch stäblich allen möglichen Themen, von der Quantenmechanik über die Datenvi sualisierung im loT-Bereich bis zum klassischen französischen Theater des 17. Jahrhunderts, angeboten von führenden Universitäten wie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder Harvard und Unternehmen wie Google oder IBM. Betrachtet man jedoch die Abschlussquoten, dann stellt sich eine gewisse Er nüchterung ein. Zwar melden sich tatsächlich sehr viele Menschen zu MOOCs an und Spitzenkurse wie der Coursera-Kurs „Introduction to Artificial Intelli gence" erreicht in einem einzigen Semester bis zu 160.000 Teilnehmer aus mehr als 190 Ländern, doch nur ein winziger Bruchteil schließt den Kurs auch tatsäch lich erfolgreich ab. Die Abbruchraten betragen selbst bei Kursen von Top Uni versitäten meist 90% oder mehr. Beispielsweise schlossen nur 7% der über 50.000 Teilnehmer den MOOC-Kurs „Software Engineering" der UC Berkeley ab.
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Nikolaus Franke, Martin Finkenzeller, Albrecht Karlusch, Vinzenz Treytl
Woran liegt das? In der Wissenschaft besteht Konsens, dass der zentrale Grund die mangelnde so ziale Interaktion zwischen den Kursteilnehmern untereinander sowie zwischen Kursteilnehmern und Lehrenden ist. In traditionellen Präsenz-Kursen ist enge Zu sammenarbeit und persönlicher Austausch selbstverständlich und seit jeher als zentraler Erfolgsfaktor des Lernerfolgs anerkannt. Bei MOOCs gibt es keinen automatischen persönlichen Kontakt. Die räumliche und zeitliche Trennung sowie die oft vorhandenen Alters-, und Kulturunter schiede machen es unwahrscheinlich, dass die Teilnehmer ihn aktiv herbeifüh ren oder entsprechende Angebote des Betreibers nutzen. Die Folge ist die sozia le Isolation des einzelnen Teilnehmers. Damit fehlt MOOCs ein wichtiger Faktor für den Lernerfolg - das soziale Lernen. Unter sozialem Lernen versteht man das Lernen auf Basis von sozialer Interakti on. Lernende teilen mit anderen Lernenden ihre komplementären Wissensres sourcen, helfen sich untereinander, indem sie individuelle Zugänge zu Proble men sowie Lern- und Problemlösungswege austauschen bzw. gemeinsam erar beiten, und geben sich wechselseitig Feedback. Erwiesenermaßen steigert dies nicht nur die individuelle Lerneffizienz, sondern erhöht auch die Motivation des einzelnen Lernenden stark.
Die Frage, wie man soziales Lernen fördern kann, ist somit eine zentrale Heraus forderung bei der Erschließung des Potenzials der neuen Lernformen. Ziel dieses Aufsatzes ist die Sammlung, Verdichtung und Integration der Forschungsliteratur zu diesem Thema. Sie fand im Rahmen eines großen Forschungsprojekts zu „Social Learning" des Instituts für Entrepreneurship & Innovation der Wirt schaftsuniversität Wien statt, das seit 2013 von der Festo AG gefördert und in haltlich begleitet wird.
Datenbasis und methodische Vorgehensweise Kennzeichnend für neuartige Phänomene und die sich entsprechend dynamisch entwickelnde wissenschaftliche Forschung ist die breite Streuung in unterschied lichen Fachdisziplinen und Wissensgebiete. Entsprechend waren Interdisziplina rität, ein hohes Maß an Problemoffenheit und ein besonders breiter Literaturzu gang für die Recherche von entscheidender Bedeutung.
In einem ersten Schritt wurden geeignete Suchbegriffe und Konzepte erarbeitet. Es wurden 20 Search Strings (beispielsweise „MOOC", „Open Learning", „Per sonal Learning Networks" oder „Online Interactions") identifiziert. Dabei wurde
Wie man soziales Lernen in virtuellen Lernumgebuncen
fördern kann
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darauf geachtet, dass die Suchbegriffe neben Konzepten des sozialen Lernens auch andere Aspekte abdecken, die im Rahmen von MOOCs wichtig sind (z.B. allgemeine Online-Interaktion). Dies war wichtig, um alle relevanten Aspekte für das soziale Lernen in MOOCs zu berücksichtigen. Über die darauffolgende Suche in vier Metadatenbanken zu wissenschaftlichen Publikationen (SSRN Social Science Research Network, OECD iLibrary, IBSS, Google Scholar) wurden 1.160 Studien identifiziert. Nachdem die Ergebnisse von schlüsselwort-basierten Datenbankrecherchen normalerweise sehr viele nicht relevante Treffer enthalten, wurden in einem dritten Schritt die Zusammen fassungen und Abstracts der gefundenen Fachartikel analysiert, und nicht ein schlägige Studien aussortiert. Die verbliebenen 342 Publikationen wurden in einem vierten Schritt einer ersten Volltext-Analyse unterzogen, um die Relevanz der jeweiligen Publikationen für die Problemstellung, d.h. die Förderung von sozialem Lernen in MOOCs sicher zustellen. Diese Bereinigungen ergaben eine vorläufige Literaturbasis von 87 wissenschaftlichen Studien.
Diese vorläufige Literaturbasis wurde einerseits weiter auf die unmittelbare Rele vanz für die vorliegende Problemstellung analysiert. Andererseits diente sie nach dem Prinzip des Snowball-Sampling zur Identifikation von zusätzlicher relevan ter Literatur über die in den Artikeln zitierte Literatur (keine Datenbank ist voll ständig, insbesondere Buchpublikationen, Internetquellen, Workingpapers, Con ference Proceedings und Sammelbände sind nicht immer erfasst). Dadurch wur den weitere 19 wissenschaftliche Publikationen gefunden.
Schritt #
Beschreibung
Schritt 1
Qualitatives Screening der relevanten Literatur zur Auffindung von geeigneten Suchbegriffen Ergebnis: Identifikation von 20 Suchbegriffen
Schritt 2
Sammlung von relevanter Literatur auf Basis der identifizierten Suchbegriffe in führenden Datenbanken (SSRN Social Science Research Network, OECD iLibrary, IBSS, Google Scholar) Ergebnis: 1.160 Studien identifiziert
Schritt 3
Filterung nach Schlüsselbegriffen in Zusammenfassungen zur Präzisierung der Literaturbasis Ergebnis: 342 Studien ausgewählt
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Nikolaus Franke, Martin Finkenzeller, Albrecht Karlusch, Vinzenz Treytl
Schritt 4
Volltext Screening der Publikationen und Auswahl der vorläufi gen Literaturbasis Ergebnis: 87 Studien ausgewählt
Schritt 5
Review der vorläufigen Literaturbasis hinsichtlich Relevanz
Ergebnis: 27 Studien identifiziert Schritt 6
Analyse der Literaturverzeichnisse zur Identifikation von zusätz licher Literatur Ergebnis: 13 Studien hinzugefügt
Schritt 7
Integration von zusätzlichen Publikationen auf Basis von Auto renschaft
Ergebnis: 5 Studien hinzugefügt
Schritt 8
Finalisierung der Literaturbasis Endgültige Literaturbasis: 45 einschlägige Studien Tabelle 1 - Schritte der Literaturrecherche
Durch die Analyse von 1.160 wissenschaftlichen Publikationen konnten also insgesamt 45 einschlägige Studien zum Thema identifiziert werden. Dabei han delt es sich um 43 Studien, die in internationalen Fachzeitschriften erschienen sind, sowie um zwei Beiträge auf Fachkonferenzen. Diese Literaturbasis bildet in weiterer Folge die Grundlage für die Analyse. Dabei wurden die zahlreichen un terschiedlichen Handlungsempfehlungen verdichtet, strukturiert und nach Be deutung gewichtet. Das Ergebnis ist eine aktuelle State-of-the-Art-Übersicht der internationalen wissenschaftlichen Forschung zur Verbesserung sozialen Lernens in MOOCs.
Drei Handlungsfelder für die Verbesserung sozialen Lernens in virtuellen Lernumgebungen Die einzelnen Handlungsempfehlungen lassen sich konzeptionell in drei unter schiedliche Handlungsfelder unterteilen: 1. Schaffung einer attraktiven virtuellen Lernumgebung.
2. Förderung der individuellen Fähigkeiten der einzelnen Kursteilnehmer.
Wie man
soziales Lernen in virtuellen
Lernumgebuncen fördern
kann
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3. Förderung der Motivation der Beteiligten, sich in virtuellen Umgebungen erfolgreich und lernend einzubringen.
Abbildung 1: Drei Handlungsfelder für erfolgreiches virtuelles soziales Lernen in MOOCs
Schaffung von attraktiven virtuellen Lernumgebungen Unter einer virtuellen sozialen Lernumgebung versteht man einen zentralen vir tuellen sozialen Treffpunkt, der allen Lernenden zum gemeinsamen Wissensaus tausch zur Verfügung steht. Es erscheint notwendig, dass eine solche Plattform die Funktionen, Werkzeuge und Kommunikationskanäle für einen effektiven und effizienten Austausch der Lernenden zur Verfügung stellt.
Im folgenden Abschnitt wird auf die wirksame Ausgestaltung dieser Kommunika tionssysteme eingegangen. Die Bausteine sind (a) der technische Rahmen, (b) die Auswahl der Mentoren und (c) der Aufbau einer Lernkultur. a)
Technischer Rahmen: Welche Anforderungen müssen erfüllt werden?
Traditionelle Bildungsangebote (Präsenzunterricht) geben durch ihren Aufbau bereits sehr stark eine Struktur vor. Die Kursteilnehmer haben einen Vortragen den, der Unterricht ist auf die Teilnehmer angepasst, Übungen zur Nachberei tung werden bereitgestellt und Fragen an den Kursleiter sind im Rahmen der Prä senz (oder darüber hinaus) möglich. Mit anderen Worten: Die Bildungsinstituti on hat die Aufmerksamkeit der Lernenden und kann sicherstellen, dass zusätz lich benötigte Informationen gezielt vermittelt werden. Durch die gemeinsame
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Nikolaus Franke, Martin Finkenzeller, Albrecht Karlusch, Vinzenz Treytl
Präsenz können sich Kursteilnehmer - zumindest in Gruppen beschränkter Grö ße - auch unkompliziert untereinander austauschen. Wechselseitige Bekannt schaft vor dem Kurs ist dafür keine Bedingung. Soziale Lernangebote sind also von Grund auf implementiert.
Anders stellt sich die Lernumgebung in einem MOOC-Setting dar. In MOOCs werden den Kursteilnehmern zwar alle Lern- und Übungsmaterialien sowie all gemeine Informationen zur Verfügung gestellt, um in einem Kurs oder einem Lehrgang erfolgreich zu lernen, allerdings ist jeder Kursteilnehmer prinzipiell auf sich selbst gestellt, d.h. ohne weitere Maßnahme zunächst isoliert. Aufgrund der Heterogenität der Teilnehmer kennt der einzelne Lernende norma lerweise keine oder kaum andere Kursteilnehmer, und die soziale Interaktion mit dem Vortragenden beschränkt sich auf E-Mail-Austausch. Übungsaufgaben wer den zwar bereitgestellt, es erfolgt aber häufig keine bzw. nur eine eingeschränkte Überprüfung, ob und wie diese erledigt werden. Dies impliziert eine hohe Auto nomie bzw. Selbstverantwortung. Durch die mangelnde Interaktion mit anderen Kursteilnehmern verfügt der Einzelne über kein soziales Netz und kein intellek tuelles Referenzsystem, das ihn bei der Strukturierung des eigenen Lernprozesses unterstützen bzw. führen könnte.
Besonders motivierte und eigenständige Kursteilnehmer sind erfahrungsgemäß fähig, sich wirksame Lernumgebungen selbst aufzubauen. Die große Mehrheit der Lernenden ist dazu langfristig jedoch nicht in der Lage. Diesen Kursteilneh mern wird es erst durch das proaktive Angebot einer strukturierten Lernumge bung möglich, an virtuellen sozialen Lernprozessen teilzunehmen. Idealerweise sollte ein MOOC also jedem Kursteilnehmer eine virtuelle Lernumgebung bereit stellen, die die (sozialen) Funktionen des Klassenzimmers ersetzen kann. Es gibt zwei prinzipielle Ansätze, wie diese virtuellen Lernumgebungen umge setzt werden können: (1) Die Bildungsinstitution entwickelt und unterhält ein proprietäres Kommunikationssystem, das speziell auf die angebotene Kursinhalte angepasst ist, oder (2) bereits bestehende soziale Plattformen werden genutzt, um die benötigten Funktionen bereitzustellen. Beide Optionen haben spezifische Vor- und Nachteile. Eine proprietäre Platt form ist zwar typischerweise (potenziell) besser auf das Lernprogramm abge stimmt, sie ist aber normalerweise teurer als bereits vorhandene Lösungen (we sentliche Kostenpunkte sind die Entwicklungs- und Wartungskosten für die Bil dungsinstitution und der Aufwand der Anmeldung und Benutzung für die Teil nehmer). Daneben zeigt die Forschung, dass viele von Unternehmen unterhalte ne Plattformen nicht genutzt werden, weil (1) der Aufbau einer Community nicht aktiv unterstützt wurde und (2) die Plattformen aus Kostengründen nicht dem ak tuellen Stand der Technik entsprechen und damit von den Teilnehmern als we nig benutzerfreundlich wahrgenommen werden. Bereits vorhandene Lösungen
Wie man
soziales Lernen in virtuellen Lernumgebuncen fördern kann
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(wie beispielsweise Facebook-Gruppen) sind auf der anderen Seite zwar deutlich kostengünstiger und technisch ausgereift, prinzipiell aber weniger gut auf das Lernprogramm abgestimmt. Die Bereitstellung eines zentralen Kommunikationssystems mit den benötigten Funktionen genügt selbstverständlich nicht. Es ist wichtig, dass der Betreiber si cherstellt, dass die Lernenden dieses System auch konkret nutzen können.
Der erste Schritt ist dabei, dass die Kursteilnehmer Zugang zu entsprechenden Computerclients und funktionierende Internetzugänge haben sowie Accounts mit individuellen Profilen erstellen können. Während jüngeren Kursteilnehmern mit hoher Kompetenz in virtuellen sozialen Netzwerken dieser Prozess norma lerweise intuitiv gut gelingt, haben ältere Kursteilnehmer hierbei häufig Proble me. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Qualität dieses sogenannten „Onboarding"-Prozesses maßgeblich für die zukünftige Nutzung der virtuellen sozia len Lernumgebung im Kurs ist. Daher wird geraten, die Kursteilnehmer in dieser „Kennenlernphase" der virtuellen Lernumgebung intensiv zu begleiten und zu unterstützen. Dieser Prozess wird idealerweise von Mentoren begleitet. b)
Mentoren als Initiatoren für den Lernprozess: Wie sieht der ideale Mentor aus?
Bei traditionellen Bildungsangeboten ist der Kursleiter gleichzeitig Wissensver mittler und Mentor der Lernenden. Er steht für Fragen zur Verfügung und ist während des Unterrichts vor Ort und erreichbar (oft auch darüber hinaus). Dadurch gibt es eine sehr geringe Barriere, diese wichtige Leistung in Anspruch zu nehmen. In einem MOOC gibt es eine Trennung zwischen dem wissensver mittelnden Medium (d.h. den elektronisch bereitgestellten Unterlagen und Vi deos) und dem Mentor, der für Rückfragen zur Seite steht. Die Barriere, einen Mentor anzusprechen, ist dadurch entscheidend höher. Deshalb ist es wichtig, diese Barriere gezielt abzubauen.
Die wichtigste Eigenschaft für einen wirksamen Mentor ist, dass er von der Mehrheit der Teilnehmer als Vorbild akzeptiert wird. Nur wenn dies der Fall ist, kann der soziale Lernprozess von ihm initiiert werden. Als Vorbild wird ein Mentor in der Regel dann akzeptiert, wenn er einen hohen sozialen Status in nerhalb des Kurses hat. Dieser Status kann erreicht werden durch (1) spezifisches Wissen, durch (2) das bisher Erreichte (wahrgenommene Kompetenz) und (3) durch die Persönlichkeit des Mentors. Deshalb eignen sich ehemalige Absolven ten des Programms oder Experten mit entsprechendem fachlichem Hintergrund besonders gut als Mentoren.
Es ist wichtig, den Kursteilnehmern diese drei Eigenschaften des Mentors proak tiv zu kommunizieren. Zur Kommunikation eignen sich besonders Profil Informa tionen sowie das Offenlegen von Interaktionen des Mentors in vergangenen Kur-
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sen in der virtuellen sozialen Lernumgebung. Daneben sollte dem Mentor auch innerhalb des Kurses die Möglichkeit gegeben werden, sich (interaktiv) vorzu stellen und den Kursteilnehmern einen ersten Eindruck von sich zu geben. Ein kurzer Chat zum Kennenlernen oder auch eine simple Freundschaftsanfrage können helfen, affektive Barrieren zwischen Lernenden und Mentoren abzubau en und eine erste emotionale Beziehung aufzubauen. Grundsätzlich kann - zusätzlich zu den durch den Plattformbetreiber „bereitge stellten" Mentor - jeder Kursteilnehmer im Laufe eines Kurses zu einem akzep tierten Mentor in der Gruppe werden, wenn er durch wertvolle Interaktionen ei nen Beitrag leistet und sich damit eine entsprechende Reputation aufbaut. Es ist daher für Bildungsinstitutionen prinzipiell möglich, auf einen eigenen Mentor zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass in der Gruppe der Lernenden genügend Potenzial vorhanden ist, diese Rolle einzunehmen. In der kritischen Phase des Kursanfangs sollte allerdings gezielt ein fähiger und passender Mentor eingesetzt werden, damit der virtuelle soziale Lernprozesse wirksam initiieren wird.
Soziale Lernkultur aufbauen: Wie verstetigt sich virtuelles soziales Lernen? Erst eine effektive „Lernkultur" schafft geeignete Rahmenbedingungen für das selbstständige soziale Lernen in einer virtuellen Lernumgebung. Unter einer Lernkultur wird in der Literatur die Summe der gelebten Lernpraktiken in einer Gruppe verstanden, die durch individuelle und kollektive Interessen und Verhal tensmuster determiniert ist. Damit sich eine effektive Lernkultur innerhalb der Gruppe überhaupt entwickeln kann, ist es wichtig dafür zu sorgen, dass sie erfährt, welche Verhaltensweisen, Normen und Werte erwartet werden. Die Übermittlung dieses Wissens gelingt am einfachsten, wenn die Gruppe direkt zu Beginn des Kurses reale Interaktio nen und soziale Reaktionen erlebt. Durch dieses prototypische Verhalten kann eine wirksame Vorbildwirkung erreicht werden, sofern es als authentisch und re alistisch empfunden wird. In einem ersten Schritt sollte der Kursanbieter daher reale Beiträge und Interakti onen aus früheren Kursen (d.h. der virtuellen sozialen Lernumgebung) als Bei spiele zur Verfügung stellen und diese zusammen mit den Kursteilnehmern exemplarisch durchgehen. Diese Vorgehensweise verfolgt zwei Ziele: (1) Kurs teilnehmer sollen verstehen, was typisches Verhalten, Normen und Werte für den virtuellen sozialen Austausch sind. Insbesondere sollte klar gemacht wer den, dass jede auf das Lernziel ausgerichtete aktive Teilnahme an der Diskussion von anderen Teilnehmern und den Mentoren honoriert wird und mit einem sol
Wie man
soziales Lernen in virtuellen
Lernumgebungen fördern kann
71
chen Verhalten gleichermaßen Reputation und Wissen aufgebaut werden kann. (2) Durch die Grundaktivität wird auch die oft anfängliche „Leere" (die ihrerseits Interaktionen stark hemmen kann) in virtuellen Lernumgebungen durch Refe renzbeispiele ersetzt. Insgesamt werden dadurch Vorbehalte gegen die Teilnah me in der virtuellen Lernumgebung abgebaut, und die Lernenden motiviert, sich aktiv einzubringen.
Wenn dieser Schritt gelingt, kann eine echte virtuelle soziale Lern-Gemeinschaft entstehen. Die Teilnehmer motivieren sich gegenseitig zur aktiven Teilnahme, geben einander Feedback und bauen zwischenmenschliche Beziehungen auf. Das aktive Teilen von Wissen wird belohnt, und idealerweise entsteht in der Gruppe ein „Wir"-Gefühl. Der von der Bildungsinstitution anfangs bereit gestell te Mentor kann in den Hintergrund treten, und seine Rolle wird mehr und mehr von Kursteilnehmern selbst übernommen. Fähigkeiten fördern, in virtuellen sozialen Lernumgebungen zu lernen
Die technische Lernumgebung und die Initiierung sozialer Lernprozesse durch Mentoren sind naturgemäß nur „Enabler", also eine Voraussetzung für das Zu standekommen sozialer Lernprozesse. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Fähigkeiten der Lernenden, am eigentlichen virtuellen sozialen Lernprozess teilzunehmen, gefördert werden. Es ist ratsam, sie nicht als gegeben vorauszu setzen. Dabei sind in virtuellen Lernumgebungen drei Fähigkeiten besonders wichtig: (a) Technologiekompetenz, (b) Reflexion der Informationsqualität und (c) Selbstregulationsfähigkeit. a)
Technologiekompetenz ausbauen
Um überhaupt Zugang zur virtuellen Lernumgebung zu erhalten, sind elementa re technische Kompetenzen erforderlich. Egal ob der Zugang mit Notebook oder Smartphone erfolgt, ohne entsprechende Technologiekompetenz stoßen (vor al lem oft ältere) Anwender schnell an ihre Grenzen und können das Potenzial der neuen Anwendungen nicht nutzen. Für Bildungsinstitutionen gibt es zwei Indika toren, die darüber Auskunft geben, ob ein (potentieller) Kursteilnehmer das not wendige technische Rüstzeug mitbringt, um eine virtuelle Lernumgebung effektiv nutzen zu können. Der erste Indikator ist die Häufigkeit und Dauer, mit der relevante Technologien vom Lernenden bereits genutzt werden. Das bisherige Nutzungsverhalten von Smartphones, Notebooks und sozialen Netzwerken ist einer der stärksten Indika toren, ob die Person die erforderlichen technischen Basiskompetenzen mitbringt. Vor allem, wenn der Lernwillige die benötigte Technologie nicht nur beruflich, sondern auch privat und in seiner Freizeit nutzt, deutet das fast immer auf eine hohe technologische Kompetenz hin.
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Der zweite Indikator ist eine entsprechend hohe Selbstwirksamkeitserwartung des Teilnehmers in Hinblick auf die Nutzung relevanter Technologien. Anders ausgedrückt: wenn der Teilnehmer davon überzeugt ist, dass er selbst die techni schen Fähigkeiten hat oder entwickeln kann, um eine virtuelle Lernumgebung effektiv zu nutzen, wird er virtuelle Lernumgebungen zumindest in absehbarer Zeit auch effektiv nutzen können.
Diese Indikatoren sollten vor Kursbeginn zur besseren Einschätzung der Kursteil nehmer erhoben werden. Dies kann mit Hilfe von bewährten Messinstrumenten (z.B. Selbstwirksamkeits-Skala von Compeau) erfolgen. Wenn die Indikatoren ergeben, dass Teilnehmer voraussichtlich nicht die erforderliche Technologie kompetenz für ein optimales Lernergebnis mitbringen, sollte die Bildungsinstitu tion präventiv ein auf solche Kursteilnehmer maßgeschneidertes Programm an bieten (beispielsweise durch Maßnahmen wie Tutorials oder 1:1 Tutoring). Dadurch kann das Selbstvertrauen dieser Teilnehmer in die eigenen Fähigkeiten gestärkt und die Häufigkeit und Qualität der Nutzung der virtuellen sozialen Lernumgebung erhöht werden. b)
Selbstregulationsfähigkeit fördern
Unter Selbstregulationsfähigkeit wird im Lernkontext das Formulieren und Expli zieren von Lernzielen, die regelmäßige Reflexion des eigenen Lernfortschritts zur Erreichung der eigenen Ziele und das Reagieren auf Abweichungen verstanden. Diese Fähigkeit ist aus zwei Gründen in virtuellen Lernumgebungen von wesent lich größerer Bedeutung als in traditionellen Lernumgebungen.
Erstens verlieren Menschen ohne ausreichende Selbstregulationsfähigkeit in vir tuellen Umgebungen häufiger das eigentliche Lernziel aus den Augen und nut zen die Plattformen dann vorwiegend, um sich zu unterhalten, anstatt mit ihnen zu lernen. Die Verlockung, Unterhaltungs-Videos anstatt der relevanten Lernin halte zu konsumieren, führt in weiterer Folge dazu, dass viele einen begonnenen Kurs nach einiger Zeit abbrechen. Zweitens haben Menschen ohne ausreichende Selbstregulationsfähigkeit in vir tuellen Umgebungen Schwierigkeiten bei der Selektion der Lerninhalte, die für sie wichtig sind. Anders als in traditionellen Lernumgebungen, in denen meist eine begrenzte Anzahl an Lernressourcen vorgegeben wird, stehen in virtuellen Umgebungen nahezu unendlich große Wissensressourcen zur Verfügung. Es liegt dabei am Teilnehmer selbst, zu selektieren, welche Lernressourcen für ihn überhaupt relevant sind. Ist er sich seiner eigenen Ziele nicht ausreichend be wusst, kann er nicht (oder nicht hinreichend gut) entscheiden, welche Lerninhal te diese Zielerreichung unterstützen. In einem solchen Fall lernen die Teilneh mer zwar möglicherweise viel, aber nicht unbedingt das, was dem Lernziel ent spricht und sie für eine erfolgreiche Kursteilnahme entsprechend benötigen.
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in virtuellen
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Verschiedene Studien haben gezeigt, dass man die Selbstregulationsfähigkeiten der meisten Lernenden nicht überschätzen darf - insbesondere nicht im Kontext von virtuellen Lernumgebungen. Deshalb sind Interventionen durch den Kursan bieter bzw. Mentoren, die auf den Ausbau dieser Fähigkeiten zielen, sehr wich tig. Folgende Maßnahmen sind besonders wirkungsvoll:
Am Anfang des Kurses sollten die Teilnehmer von den Mentoren aufgefordert werden, ihre Lernziele und Meilensteine zu verschriftlichen und mit dem eige nen Profil auf der virtuellen Lernumgebung zu posten. Dieses Explizieren der ei genen Lernziele ist ein wesentlicher Schritt, weil sich Teilnehmer mit ihren indi viduellen Zielen deutlich besser identifizieren und sich für deren Erreichung ver antwortlicher fühlen, als wenn sie lediglich auf extern vorgegebene Kursziele hinarbeiten. Durch positives Feedback kann der Mentor gut formulierte Ziele in nerhalb der Gruppe belohnen. Im Laufe des Kurses sollten die Mentoren die Teilnehmer zur wiederholten Re flexion der eigenen Lernfortschritte und gegebenenfalls zur Anpassung der Ziele, Meilensteine und Lernaktivitäten auffordern. Dieser Prozess sollte in regelmäßi gen Abständen wiederholt werden. Die wissenschaftliche Literatur rät hier zu ei ner Überprüfung und erneuten Festlegung der Lernziele in einem Abstand von 2 bis 4 Wochen, zusammen mit einem Mentor oder anderen Kursteilnehmern. c)
Reflexion der Informationsqualität
Eine weitere wichtige Fähigkeit von Kursteilnehmern ist die Fähigkeit, die Quali tät der aus den virtuellen sozialen Lernumgebungen erhaltenen Informationen kritisch zu hinterfragen. Im Gegensatz zu Lernmaterialien, die von einer zentra len Instanz zur Verfügung gestellt werden, unterliegen die im Netz verlinkten In formationsressourcen häufig keiner Qualitätskontrolle. Der Lernende steht also nicht mehr in einer isolierten 1:1 Beziehung mit der Bildungsinstitution, sondern tritt als vernetztes Individuum auf, das auf ein Netzwerk von Quellen für den Wissensaufbau zugreifen kann. Damit müssen die Teilnehmer aus einer Vielzahl von Wissensquellen jene aus wählen können, die die benötigte Qualität haben. Das Identifizieren neuer Quel len, das Prüfen und Selektieren relevanter Informationen und vor allem das Aus sortieren weniger relevanter Quellen ist für den Erfolg des Lernprozesses ebenso wichtig wie die eigentliche Aneignung der Lerninhalte.
Das Erlernen dieser Fähigkeit wird am besten dadurch gefördert, dass Teilneh mer die ihrer Meinung nach besten Lernquellen zu spezifischen Themen in der virtuellen Lernumgebung bereitstellen und gemeinsam diskutieren. Durch den Austausch mit Mentoren und anderen Teilnehmern kann ein produktiver gegen seitiger Reflexionsprozess entstehen, der (idealerweise) nach wenigen Wiederho lungen dazu führt, dass die Teilnehmer ihre eigenen Informationsquellen schon
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vor dem allgemeinen Gruppendiskurs kritischer reflektieren. Die Entwicklung der Fähigkeit zur Informationsselektion ist gut daran erkennbar, dass im Kursver lauf die Qualität der geposteten Lernressourcen kontinuierlich steigt.
Motivation in virtuellen sozialen Lernumgebungen richtig fördern
Neben dem Bereitstellen einer passenden virtuellen Lernumgebung und dem Fördern der für einen Lernerfolg notwendigen Fähigkeiten ist für die erfolgreiche Teilnahme an einem MOOC die Motivation von besonderer Relevanz. Mangelt es den Teilnehmern an der Motivation, sich aktiv in der virtuellen Lernumge bung einzubringen, entsteht kein positiver Interaktionskreislauf und damit kein wirksames virtuelles soziales Lernen. Um die Motivation der Teilnehmer positiv zu beeinflussen, sind drei Einflussfak toren von besonderer Bedeutung: (a) die grundsätzliche Einstellung gegenüber computerbasierten virtuellen Umgebungen, (b) die Lernmotive der Lernenden, welche inhaltlich (intrinsisch) oder (c) am Reputationsgewinn orientiert (extrinsisch) sein können. a)
Technologie Anxiety
Die grundlegende Einstellung gegenüber computerbasierten virtuellen Umge bungen ist für den Lernerfolg in diesen Umgebungen wichtig. Wenn (oft ältere) Teilnehmer Unbehagen bei der Nutzung von neuen Medien oder virtuellen so zialen Netzwerken empfinden (Technologie Anxiety), kann es zu einem Vermei dungsverhalten kommen, das gefährliche Folgewirkungen haben kann. Studien zeigen, dass ein Hauptgrund für die Angst vor neuen Technologien und Medien mangelndes Vertrauen in die eigene Fähigkeit ist, diese erfolgreich zu nutzen. Eine solche negative Selbstwirksamkeitserwartung beeinflusst zunächst die Motivation und damit die Nutzung der Technologie. In weiterer Folge wirkt sie sich aber auch auf die oben dargestellten Fähigkeiten zur erfolgreichen Technologienutzung (z.B. Technologiekompetenz) negativ aus, wodurch sich die ursprüngliche negative Erwartungshaltung bestätigt.
Möchte man diesen problematischen Kreislauf durchbrechen, ist es wichtig, den Teilnehmer zunächst zur Teilnahme zu verpflichten (d.h. bewusst gewisse Zwänge zu setzen). Das kann beispielsweise dadurch geschehen, dass ein Kurs abschluss nur möglich ist, wenn ein gewisses Level an aktiver Teilnahme in der virtuellen Lernumgebung erreicht wird.
Hat der Teilnehmer seine anfängliche Angst-Barriere überwunden, ist es beson ders wichtig, dass mit der Nutzung der virtuellen Lernumgebung unmittelbar po sitive Erlebnisse verknüpft werden. Neben konkreten Lernerfolgen kann explizi tes positives Feedback durch einen Mentor dazu beitragen, dass der Teilnehmer
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trotz ursprünglicher Angst sein aktives Verhalten beibehält. Im Laufe der Zeit steigen durch die wiederholte Nutzung der virtuellen sozialen Lernumgebung die Fähigkeiten und damit auch die Selbstwirksamkeitserwartung („Ich kann von der Nutzung profitieren!Dies fördert letztlich auch die Motivation. Das Vor handensein von Teilnehmern mit geringer technischer Selbstwirksamkeitserwar tung kann vor Kursbeginn relativ einfach erhoben werden (z.B. Selbstwirksam keits-Skala von Compeau, siehe oben), sodass ein Mentor auf solche Teilnehmer besonders sensibel eingehen kann. b) Mastery-Orientierung: Motivation über Inhalte
Der zweite Motivationshebel, der genutzt werden kann, um die Lernwilligen zur aktiveren Teilnahme an der virtuellen sozialen Lernumgebung zu bewegen, be steht darin, dass der inhaltliche Kompetenzaufbau in den Vordergrund gestellt wird. Lernwillige mit einer sogenannten „Mastery"-Orientierung sind an einer mög lichst hohen Expertise und ihrer eigenen Horizonterweiterung interessiert. Ob andere ihre Kompetenzen dabei erkennen und wertschätzen, ist für Menschen mit dieser motivationalen Orientierung zweitrangig. Diese Mastery-Orientierung ist oft bei Technikern besonders stark ausgeprägt.
Möchte der Mentor solche Menschen zur aktiveren Teilnahme in der virtuellen Lerngruppe motivieren, sollte er wissen, dass Anerkennung durch bloßes positi ves emotionales Feedback auf ihre Diskussionsbeiträge kein Motivationsfaktor ist, sich wiederholt aktiv in der virtuellen Lernumgebung einzubringen. Vielmehr sollte auf gut gelungene Beiträge dieser Teilnehmer (z.B. Postings) in haltlich ebenso wertvolles Feedback gegeben werden. Mentoren können dabei beispielsweise fachlich auf den Beitrag aufbauende Wissensressourcen bereit stellen oder Spezialaufgaben stellen, die erst nach Erreichen weiterer Lernziele selbständig gelöst werden können. Das motiviert diese Gruppe von Lernenden auf der intrinsischen Ebene, sich weiter an der Lerngruppe zu beteiligen und verhindert, dass sie zu passiven Teilnehmern werden. c)
Performance-Orientierung: Motivation durch Reputationsgewinn
Im Gegensatz zu Menschen mit einer Mastery-Orientierung sind Lernende mit einer Performance-Orientierung vor allem am eigenen Reputationsaufbau inte ressiert. Für diese Gruppe ist es wichtiger, kompetent zu erscheinen als tatsäch lich kompetent zu sein. Sie werden stark vom Wunsch nach Anerkennung ange trieben, und sie erreichen dies durch die Demonstration ihrer Kompetenz bzw. durch soziales Feedback hierzu.
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Vor allem positives emotionales Feedback durch Mentoren und Kollegen moti viert solche Kursteilnehmer, weiterhin an der Lerngruppe teilzunehmen. Die meisten Menschen mit einer ausgeprägten Performance-Orientierung haben auch eine hohe (gleichwohl schwächere) Mastery-Orientierung, sodass eine wiederholte Teilnahme in der Lerngruppe auch die inhaltliche Qualität der Dis kussion steigert.
Diese Gruppe ist für Mentoren relativ einfach in der Lerngruppe aktiv zu halten. Es besteht aber die Gefahr, dass die inhaltliche Dimension bei Menschen mit be sonders stark ausgeprägter Performance-Orientierung auf Dauer zu kurz kommt, weil sie überwiegend damit beschäftigt sind zu versuchen, ihren Selbstwert und Status in der Gruppe zu verbessern. Ein guter Mentor gibt diesen Menschen durchaus auch kritisches Feedback auf inhaltlich schwache Beiträge. Üblicherweise weckt kritisches Feedback den Ehr geiz dieser auf Wertschätzung angewiesenen Gruppe, sich inhaltlich tiefer mit der Thematik auseinander zu setzen, um wieder die volle Anerkennung des Mentors zu erhalten. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Art und Weise, wie der Mentor in der Lerngruppe Feedback gibt, abhängig von der MotivationsOrientierung zu unterschiedlichen Reaktionen führen kann. Spezifische Interven tionen, die auf einen Kurs bzw. Teilnehmer zugeschnitten sind, können von er fahrenen Mentoren individuell durchgeführt werden. Die MotivationsOrientierung eines Teilnehmers oder des Kurses kann relativ einfach mit weni gen standardisierten Fragen erhoben werden. Das ermöglicht es dem Mentor, auch bei einer großen Anzahl von Teilnehmern individuelles und auf den Moti vationstyp abgestimmtes Feedback geben zu können.
Fazit und Ausblick Die obenstehenden Ausführungen haben insofern Hypothesencharakter, als ihre Wirkungen auf die Senkung der Abbruchquote in MOOCs noch kaum systema tisch und experimentell unter kontrollierten Bedingungen untersucht wurden. Es erscheint außerdem plausibel, dass verschiedene Handlungsfelder in vielfältigen Wechselbeziehungen stehen. Ihre jeweilige Einflusswirkung wird zudem mit Kontextfaktoren wie der Qualifikation und dem kulturellen Hintergrund der Teil nehmer, dem Charakter der Lerninhalte sowie der konkreten Ausgestaltung der Aktivitäten variieren.
Mit anderen Worten: Die vorliegende Analyse der bestehenden Literatur ist nur ein wichtiger erster Schritt. Die Kooperation mit Festo ermöglicht uns weiterfüh rende eigene empirische Untersuchungen zur Frage, wie man soziales Lernen in
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MOOCs fördern kann. Antworten sind von hoher wissenschaftlicher, praktischer und gesellschaftlicher Relevanz. Besonders wichtig im Rahmen dieser Koopera tion waren und sind die wertvollen inhaltlichen Beiträge durch Dr. Alfred Ermers und Prof. Dr. Peter Speck. Besondere Anerkennung gebührt jedoch Dr. Wilfried Stoll, der die Bedeutung dieses Themengebiets zu einem frühen Zeitpunkt visionär erkannte und großzü gig förderte. Danke.
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V. Bildungsinnovationen 2013 Rückblick und Chancen für die Zukunft Im Jahr 2013 fand die erste HoV Festo Case Challenge „Bildungsinnovationen" statt. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, „was aus den preisgekrönten Kon zepten" geworden ist, ob sich die Konzepte ganz, teilweise oder gar nicht um setzen ließen und wo neue Entwicklungen/Perspektiven absehbar sind.
1.
Innovationen im Bildungssystem im Zeitalter der Digitalisierung
von Kurt Hoffmann
Einleitung
Im ersten Band zu den Bildungsinnovationen2 habe ich unter dem Titel „Virtual Social Knowledge" ein Konzept für Lernprozesse der Zukunft vorgestellt. Über multimediale wie auch soziale Kanäle wird Wissen ausgetauscht, das sowohl als „Alltagswissen", aber auch für Aus- und Weiterbildung relevant sein kann. Wis sen kann so global abgerufen und verwendet werden. Der Weg zum Wissen, vor allem im beruflichen Zusammenhang, führt über die noch vorwiegend von öffentlichen Einrichtungen angebotenen Bildungssysteme. Der Trend bei der Wissensvermittlung geht hin zu multimedial gestützten Lern prozessen mit offenen Bildungsressourcen, teilweise verbunden mit modernen Vernetzungsaktivitäten über Social Media.
Diese Entwicklung wirft die Frage auf, ob die bestehenden Bildungssysteme im herkömmlichen Sinne mit starren Lehrplänen und Prüfungen noch vonnöten sind? Anders herum gefragt: sind öffentliche Bildungseinrichtungen mit ihren starren Strukturen noch zeitgemäß und offen genug für die Digitalisierung des Lernens? Und wie kann Wissen und das Ergebnis individueller Lernprozesse als erworbene Kompetenzen den Arbeitgebern durch potentielle Arbeitnehmer ver mittelt werden? Ich versuche in diesem Beitrag, diesen Fragen nachzugehen und einen Vor schlag zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen zu unterbreiten.
Speck, P. und Brauner, D.J., Hrsg.: Bildungsinnovationen - Neue Bildungskonzepte und Geschäfts modelle, Verlag Wissenschaft & Praxis, Sternenfels, 2014
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Kurt Hoffmann
Wissensgesellschaft
Spätestens seit dem Lissabonner Gipfel 2000 hat der Europäische Rat festgehal ten, dass die Union sich ein neues strategisches Ziel für das kommende Jahr zehnt gesetzt hat: den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft und Ge sellschaft.3 Wissen entsteht durch Bildung, womit dieser Aufruf einer Investition in die Bildung der EU-Staaten gleichkommt. Dies zeigt sich ein Jahr später in ei ner Rede von Dr. Heinz Gruber, Sektionschef und Leiter der Sektion V im Bun desministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur anlässlich der Expert/lnnentagung lebenslanges Lernen: „...Wo aber die gesellschaftlichen, tech nischen und ökonomischen Rahmenbedingungen sich immer schneller verän dern, ist ein immer offenerer, dynamischerer Bildungsbegriff notwendig: Nur wer ständig dazulernt - und zwar im umfassenden Sinn des Wortes - wird beruflich und sozial adäquat auf die veränderte Umwelt reagieren können."4 Bildungssystem in Deutschland und Österreich
Wie steht es aber aktuell um die Bildungssysteme in Deutschland und Öster reich, die sich den neuen Herausforderungen der Zielvorgabe der Europäischen Union stellen müssen? Sind sie auf die Forderung des lebenslangen Lernens schon vorbereitet? Bildungssystem in Deutschland
Die Grundstruktur des deutschen Bildungssystems zeigt sich wie auch in Öster reich grundsätzlich als dreistufiges System:
• Primärbereich: Grundschule • Sekundärbereich: - Sekundarbereich 1: Gymnasium, Hauptschule, Realschule, Sonderformen - Sekundarbereich 2: Berufsschulen, Fachschulen, Gymnasium Oberstufe
• Tertiärbereich: Hochschulen Die Ausbildung über den primären und sekundären Bereich kann bis zu 13 Jahre dauern, die Ausbildung an Hochschulen ist vom Zeitraum her offen.
vgl. http://www.europarl.europa.eu/summits/lis1 de.htm, [zuletzt aufgerufen am 4.9.201 7] Gruber, H: Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft, abrufbar unter: http://erwachsenenbildung.at/downloads/themen/TagungLLL Gruber.pdf [zuletzt aufgerufen am 4.9.2017]
Innovationen im Bildungssystem im Zeitalter der Digitalisierung
83
Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik Deutschland
Mittlerer Schulabschluss (Realschulabschluss) nach 10 Jahren. Erster allgemembrldender Schulabschluss (Hauptschulabschluss) nach 9 Jahren
9
HAUPTSCHULE
REALSCHULE
REALSCHULE
REALSCHULE
8 7 6
S
JAHR GANGSSTUFE
In der Grafik wird die Grundstruktur des deutschen Bildungssystems dargestellt. Für länderspezifische Besonderheiten und Einzelheiten sei auf die unten ange führte Quelle verwiesen.
Das österreichische Bildungssystem zeigt sich in ähnlicher Form:
Das
bildungssystem.at
Bildungssystem
österreichische
84 Kurt Hoffmann
Innovationen
im
Bildungssystem
im
Zeitalter der Digitalisierung
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Im österreichischen System ist die Primärstufe und Sekundärstufe ähnlich aufge baut wie in Deutschland, wo entweder ein allgemeinbildender oder ein berufs orientierter Zweig eingeschlagen werden kann. Auch die Ausbildungszeit bis zum Ende der Sekundarstufe ist im Allgemeinen mit 13 Jahren gleich. In der ös terreichischen Darstellung der tertiären Bildungslandschaft fällt auf, dass hier konkrete Zeitvorgaben, d.h. bis wann welcher Ausbildungszweig abgeschlossen werden soll, ersichtlich sind. Es handelt sich dabei um die Regulärstudienzeit, die von beiden Seiten, sowohl von den Studierenden als auch von den Bildungs einrichtungen, erwartet wird. Universitäten in Österreich gehen eher davon aus, dass ein Studium als Vollzeitstudierende(r) absolviert wird. Fachhochschulen in Österreich mit einer stärkeren Orientierung an eine akademische berufliche Ausbildung bieten auch berufsbe gleitende Möglichkeiten an, die von der Organisationsform auf die Berufsaus übung der Studierenden Rücksicht nimmt. Auffallend ist, dass beide Bildungssysteme vor der Schulpflicht beginnen und als Ausbildungssystem bis zum Hochschulabschluss reichen. In beiden Systemen ist der Hinweis zu finden, dass im Erwachsenenalter Weiterbildungsmöglichkeiten bestehen, aber nicht näher spezifiziert werden. Ab diesem Zeitpunkt gibt es auch keine Regelung mehr für die staatlich organisierte und finanzierte Lehre. Die Weiterbildung erfolgt daher betrieblich initiiert und organisiert oder auf Eigenini tiative der Berufstätigen hin. Diesem Umstand wird nur durch die Möglichkeit des berufsbegleitenden Studiums, im Prinzip ohne Altersbeschränkung, in Öster reich Rechnung getragen.
Man kann ein berufsbegleitendes Studium als ersten Schritt in Richtung einer staatlichen Unterstützung des lebenslangen Lernens sehen. Aufgrund des be schränkten Studienangebots und auch der beschränkten Studienplätze an öster reichischen Fachhochschulen sind die Möglichkeiten für Erwachsene nur be dingt vorhanden. Erstes Zwischenergebnis: Das öffentliche Bildungssystem hält zurzeit für das
Konzept des Lebenslangen Lernens keine adaptierten und altersgerechten Ange bote nach dem Ausbildungssystem bereit.
Lebenslanges Lernen
Zur Definition des Lebenslangen Lernens wird noch einmal der Standpunkt der europäischen Union zu Rate gezogen: Lebenslanges Lernen ist „alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikatio nen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesell schaftlichen, sozialen, bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt." In
86
Kurt Hoffmann
dieser sehr breiten Definition spiegelt sich auch das gesamte Spektrum von Ler nen wider, das auch formales, nicht-formales und informelles Lernen umfasst.5
Diese Definition legt nicht nur dar, auf welchen Gebieten das Lebenslange Ler nen erfolgen kann, sondern vor allem auch, dass dieses Konzept weit über den Zeithorizont der Bildungssysteme in Deutschland und Österreich hinausreicht. Des Weiteren sei explizit darauf hingewiesen, dass nicht nur formales Lernen (vorwiegend organisiert durch das Bildungssystem), sondern auch nicht-formales bzw. informelles Lernen gemeint ist. Damit werden der lernenden Person die ausgewählten Kanäle für seine lebenslangen Lernprozesse freigestellt.
Tertiärbereich Sekundärbereich
Wifi bfi
Primärbereich
Volkshochschule Akademien
Abbildung: Lebenslanges Lernen im Zeitverlauf am Beispiel Österreichs, eigene Darstellung
Das Bild versucht aufzuzeigen, dass die formalen Lernangebote über staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen gut abgedeckt sind, aber Hinweise für die Quellen des nicht-formalen Lernens fehlen. In Österreich existieren im Rahmen der beruflichen Weiterbildung Einrichtungen wie bfi = Berufsförderungsinstitut, Wifi = Wirtschaftsförderungsinstitut, Volkshochschulen und zahlreiche Akade mien. Die dort angebotenen Bildungsangebote sind aber nicht frei, sondern müs sen von den teilnehmenden Personen oder deren Arbeitgeber bezahlt werden. Zweites Zwischenergebnis: Lebenslanges Lernen kann nicht nur in der Form des
formalen Lernens in öffentlichen oder öffentlich anerkannten Bildungseinrich
https://www.bibb.de/dokumente/pdf/foko6 neues-aus-euopa 04 raum-lll.pdf [zuletzt aufgerufen am 4.9.2017]
Innovationen im Bilduncssystem im Zeitalter der Digitalisierung
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tungen, sondern auch nicht-formal oder informell stattfinden. Ungeklärt bleibt vorerst, wie der Zugang von lernbereiten Personen zu informellen Wissensquel len gefunden werden kann.
Trends in der Wissensvermittlung
Eingangs wurde auf ein Konzept hingewiesen, das im ersten Band der Bildungs innovationen näher erläutert wurde. Basis dieses Konzepts ist das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten des Datenaustausches und der Kommunikati on. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Trends in der Wissensvermittlung auf den Möglichkeiten des Internets aufbauen.
So entstanden vor knapp 10 Jahren die ersten MOOCs. Es handelt sich dabei um „Massive Open Online Courses", die massiv im Sinne von mehr als 150 Teilnehmern, offen im Sinne ohne Zulassungsbeschränkungen und kostenfrei, nur Online als rein webbasierte Kurse und als Lehrveranstaltungen konzipiert sind.6
Vor allem höher Gebildete halten daher Ausschau nach alternativen Bildungs möglichkeiten, die beispielsweise in MOOCs gefunden werden können. MOOCs erlauben sowohl eine stärker auf die Interessensgebiete der Lernenden fokussierten Kurse als auch die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig lernen zu können. Die Attraktivität der MOOCs rührte auch daher, dass namhafte MOOCProvider wie Stanford, Harvard oder MIT auftraten und Kurse von EliteHochschulen und namhaften Professoren versprachen.7 Zugänglich gemacht werden die Kurse über MOOC-Plattformen wie beispielsweise COURSERA.8 Zu Beginn standen sehr soziale Ziele wie Offenheit, keine Vorkenntnisse und Kos tenfreiheit auch bei der Gründung von „udacity"9 im Vordergrund. Inzwischen müssen die Kursangebote vieler Kurse auf coursera oder auf udacity bezahlt werden, da die hohen Kosten der Entwicklung und Bereitstellung sonst nicht fi nanziert werden können. Es existieren aber noch einige Kursangebote, die frei zugänglich sind.
Interessant im Zusammenhang mit MOOCs erscheint, dass für die Kursgebühren beispielsweise bei udacity „nanodegrees" vergeben werden, kombiniert mit ei nem Versprechen, nach erfolgreicher Kursabsolvierung eine Anstellung in nam haften Unternehmen, die bei der Kursentwicklung mitgewirkt haben, in Aussicht
vgl. https://www.e-teaching.org/lehrszenarien/mooc [zuletzt aufgerufen am 4.9.201 7] vgl. MOOC - eine Bildungsrevolution? In: https://www.uni-hamburg.de/onTEAM/newsletter/pdf/ 21392210141.pdf [zuletzt aufgerufen am 4.9.201 7] https://www.coursera.org/ https://de.udacity.com/
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Kurt Hoffmann
stellen oder wie bei coursera, dass Kurse kostenlos absolviert werden können, die Begleitung durch Tutoren oder die Ausstellung von Zertifikaten mit Kosten verbunden sind.
Ein anderer Trend geht hin in Richtung OER (Open Educational Resources). OER hat sich aus dem Begriff „Open Content" entwickelt, wo der „Open Source"Gedanke auf Inhalte übertragen wurde. Allgemein wird unter OER digitales Lehr-/ Lernmaterial verstanden, das im Internet frei zur Verfügung steht und von Leh renden wie Lernenden ausgewählt, genutzt, verändert und verwertet werden kann.10 Nicht zu vergessen sind vielfältig angebotene Social Media Kanäle, allen voran Youtube, Facebook oder Instragram, wo Inhalte, die durchaus für Lernprozesse geeignet sind, größtenteils kostenlos zur Verfügung stehen. Drittes Zwischenergebnis: Das Internet bietet vielfältige Möglichkeiten, Materia
lien zum Lernen kostenlos in Anspruch zu nehmen. Diese Angebote können durchaus für informelle Lernprozesse intensiv genutzt werden.
Kompetenznachweis
Staatliche oder staatlich anerkannte Bildungseinrichtungen erfüllen nicht nur den Zweck, Bildungsangebote für die Bevölkerung bereitzustellen, sondern auch die erfolgreiche Absolvierung der Bildungsangebote mit Diplomen, Abschlusszeug nissen oder andere Formen von Zertifikaten „offiziell" zu bescheinigen. Dieser Nachweis ist nicht nur wichtig als „Eintrittskarte" in weitere Stufen des Bildungs systems, sondern nach Abschluss des sekundären oder tertiären Bereichs oder der beruflichen Weiterbildungsangebote einen Qualifizierungsnachweis für die Berufsausübung zur Vorlage bei potentiellen Arbeitgebern in Händen zu halten. Der erfolgreiche Abschluss der einzelnen Stufen im Bildungssystem wird durch sogenannte „Schulnoten" dokumentiert. Kritik am Schulnotensystem
Zuerst sei nochmals die Frage aufgeworfen, wer „Noten" braucht? • Noten entscheiden über die weitere Schullaufbahn • Noten sind ein Maßstab für Betriebe und Hochschulen • Noten dienen der Standortbestimmung für Schüler und Eltern
vgl. https://www.e-teaching.org/didaktik/recherche/oer [zuletzt aufgerufen am 4.9.201 7]
Innovationen im Bilduncssystem im Zeitalter der Digitalisierung
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Andererseits können Noten: • subjektiv gefärbt • ungerecht • verzerrt • nicht vergleichbar sein.11 Dieses Urteil über Noten und Notensysteme ließ und lässt den Ruf nach Ab schaffung laut werden. Nach längeren Recherchen kommt Rudolf Weiss zum Schluss, dass es „Bei der Leistungsbeurteilung selbst ginge es weniger darum, ein genau zutreffendes Bild der Leistung zu geben, sondern um die Frage, wie jun gen Menschen am besten geholfen werden könne."12 Weiss konkretisiert diese Änderungswünsche aber weiter, dass eine Abschaffung der Ziffernnoten und ein Ersatz durch eine Wortbeschreibung keine wesentliche Verbesserung der Situati on bringt, da Untersuchungen zeigen, dass Schüler wie Eltern mit dem Notensys tem durchaus zufrieden sind. Es geht mehr um die verlässlichere Bewertung von Lernleistungen. Dies kann nur durch Diskussion und Weiterbildung der Beurteiler/lnnen in Pädagogischer Diagnostik erfolgen.13
Wie aber bewerten, wenn keine „Diagnostiker", vor allem bei informellen Lern prozessen, zur Verfügung stehen? Eine mögliche Antwort darauf gibt das Ar beitspapier der Kommissionsdienststellen der EU zum Lebenslangen Lernen:
• Änderungen beim Bildungs- und Berufsbildungssystem: Anerkennung von Kompetenzen, die durch nicht-formales oder informelles Lernen erworben wurden • Anerkennung früherer Lernerfahrungen
• Dokumentation des nicht-formalen oder informellen Lernens in der Hoch schulbildung führt zu Befreiungen und einer verkürzten Studiendauer14
Diese Aufzählung soll als Beispiel dienen, wie über die Integration von informel len Lernprozessen in offizielle Studienabschlüsse, aber auch über eigenständige Kompetenznachweise nachgedacht werden kann.
vgl. http://www.bpb.de/gesellschaft/kultur/zukunft-bildung/213307/schulnoten?p=all [zuletzt aufge rufen am 4.9.201 7]
12
Weiss, R.: Leistungsbeurteilung in den Schulen - Notwendigkeit oder Übel?, Jugend und Volk Ver lagsgesellschaft m.b.H., Wien, 1989, S. 214 f
13
ebda, S. 214f.
14
vgl. http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/2/2001/DE/2-2001 -1939-DE-1-1 .PDF [zuletzt auf gerufen am 4.9.201 7
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Kurt Hoffmann
Neuer Ansatz des Bildungsnachweises
Die Formen der Aus- und Weiterbildung im formalen wie im informellen Be reich werden immer mehr verschmelzen. Vor allem über Lernangebote im Inter net sind für lernbereite Personen vielfältige Möglichkeiten gegeben, das eigene Wissen zu erweitern. Sollten die Lernangebote nicht mit offiziellen Bescheini gungen über den Nachweis erbrachter Lernleistungen gekoppelt sein, bleibt das Problem des Nachweises eines Qualifizierungsprozesses. Der Digitalisierung im Aus- und Weiterbildungsbereich Rechnung tragend ist es daher denkbar und sinnvoll, eine elektronische Erfassung aller Erfahrungen und Lernergebnisse vorzunehmen, egal ob mit Zeugnissen und Zertifikaten hinterlegt, von Dritten bescheinigt oder bloß mittels Selbstdokumentation aufgezeichnet. Eine interessante Möglichkeit dazu stellen sogenannte E-Portfolios bereit. Ein mächtiges Tool dazu findet man in „Mahara".15 Mahara ist eine lerner/innenzentrierte E-Portfolio-Software mit Community-Funktionen, die als Open Source Projekt von Neuseeland aus entwickelt wird. Die Software erlaubt eine lückenlo se Dokumentation erworbener Kompetenzen, unabhängig von der Quelle. So können alle Qualifizierungsanstrengungen einer Person vom ersten Beginn an durch Eintritt in ein verpflichtendes Bildungssystem bis hin zu den letzten Quali fizierungsmaßnahmen im Beruf, unabhängig der formalen oder informellen Ka näle, erfasst werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich einerseits die Kreativität in der Darstellung der ein zelnen Kompetenzen durch kompetente Selbstreflexion der lernenden Personen entfaltet und die Akzeptanz der an den Qualifikationsprofilen interessierten Ad ressaten wie Arbeitgeber sich erhöht, beide Seiten sich an dieses neue Format gewöhnen und gewinnbringend einsetzen.
Fazit
Ausgehend von der Frage nach Innovationen im Bildungssystem wurde auf zwei Ebenen ein Bild gezeichnet, das einerseits neue Wege in der Aufnahme von Bil dungsangeboten, vor allem auf dem informellen Wege, aufgezeigt hat, anderer seits aber auch eine der wichtigsten Funktionen von Bildungssystemen, dem Nachweis des Lernerfolgs, nachgegangen wurde. Die Ausführungen zeigen, dass sich im Bildungssektor neue Möglichkeiten durch das Internet aufgetan haben, welche eine noch größere Vielfalt als die be reits bestehende den Lernbereiten eröffnet hat. Diese Kanäle sind aber meist für informelle Lernprozesse vorgesehen und geeignet, wo der Qualifikationsnach
15
vgl. http://www.mahara.at/ [zuletzt aufgerufen am 4.9.201 7]
Innovationen im Bildungssystem im Zeitalter der Digitalisierung
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weis schwierig erscheint. Deshalb wurde eine Möglichkeit im digitalen Bereich aufgezeigt, den Kompetenzzuwachs lückenlos zu dokumentieren. Wünschenswert ist, dass die aufgezeigten Entwicklungen einen Zwischenschritt darstellen, um langfristig der Vision von „virtual social knowledge" näherzu kommen. Die Einschätzung dazu lautet, dass die Entwicklungen der letzten Jahre sowohl auf technologischer wie auch organisatorischer Ebene aus der Hoffnung Zuversicht werden lässt.
Autor
Asc. Prof. (FH) Ing. Mag. Kurt Hoffmann
Diplomstudium der Wirtschaftspädagogik an der Leopold Franzens Universität Innsbruck, Professor für Betriebs wirtschaftslehre an der FH Kufstein Tirol mit Schwer punkt Rechnungswesen und Produktion, Forschungstä tigkeit im Bereich Lehren und Lernen mit Neuen Medien, eh. Präsidiumsmitglied im Verein Forum Neue Medien in der Lehre Austria. Berufserfahrung als Product Manager in der Glasindustrie und als Vertriebsleiter für technische Beleuchtungen. Kontaktdaten
FH Kufstein Tirol Bildungs GmbH Andreas Hofer Str. 7 A-6330 Kufstein, Austria
E-Mail: [email protected] Telefon: +43 5372 71819- 115
Telefax: +43 5372 71819- 104
www.fh-kufstein.ac.at
92
2.
HCM heißt jetzt EDUYOU und auch sonst hat sich viel geändert
von Thomas Lutzeier 2013 nahm die LS Learning for Success GmbH an der HoV Festo Case Challenge „Bildungsinnovationen 2013" teil, und konnte mit HCM auf Anhieb einen vorde ren Preis gewinnen. Die Idee: Das mehrsprachige Internetportal HCM strukturiert und organisiert umfassend alle Weiterbildungsaktivitäten des Einzelnen im ganzheitlichen Kontext des lebenslangen Lernens. Es unterstützt die Einzelperson in Ausbildung und Beruf genauso wie im Privatbereich. Für Unternehmen bietet es integrierte und ausgereifte Tools für das Bildungsmanagement und das Bil dungscontrolling. Seither hat sich Einiges getan. HCM heißt nun EduYou und wurde in die Tat umgesetzt. Aus HCM wird EduYou: das Projekt
Motivation
Obwohl die Bedeutung des lebenslangen Lernens immer mehr hervorgehoben wird, haben sich die Strukturen zur Organisation der Aus- und Weiterbildung kaum verändert. Intransparente oder fehlende Standards verhindern notwendige bessere Ergebnisse. Deswegen entstehen hohe Kosten durch die nicht optimale Beschäftigungsfähigkeit vieler Menschen. Hauptsache
Mit EDUYOU stellt LS ein Internetportal vor, das alle Aspekte des lebenslangen Lernens strukturiert und organisiert. Dabei ist das nachhaltig wachsende Weiter bildungsprofil in EDUYOU unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation, ob Student, Angestellter, Selbstständiger oder Arbeitssuchender.
EDUYOU bildet die Schnittstelle zwischen Einzelperson, Mitarbeiter, privaten oder öffentlichen Unternehmen und Seminarveranstalter. EDUYOU nutzt die Eigeninitiative des Einzelnen, dadurch wird die Effizienz der Personalentwick lung wesentlich verbessert und Kosten werden drastisch reduziert. EDUYOU bildet alle bestehenden Qualifizierungen ab und stellt jederzeit den aktuellen Lebenslauf online oder gedruckt zu Verfügung, stets aktuell und verifi zierbar. Für die weitergehende Karriereplanung bietet EDUYOU konkrete Werk zeuge für Zielvereinbarungen und Qualifizierungsmanagement. Die Erreichung der Qualifizierungsziele wird durch individuelle Weiterbildungsangebote unter stützt.
HCM HEIßT JETZT EDUYOU UND AUCH SONST HAT SICH VIEL GEÄNDERT
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EDUYOU sorgt dann für die umfassende Organisation der jeweiligen Weiterbil dung. Effiziente und automatisierte Kommunikation zum Teilnehmer per E-Mail, Teilnahmebestätigungen, Terminverschiebungen, Absagen, Erinnerungen, Downloads, Routenplanung, Hotelbuchung, das alles sind feste und sofort ver fügbare Bestandteile in EDUYOU.
EDUYOU arbeitet nach dem Modell „Pay Per Use". Außer einer geringen Profil gebühr fallen nur bei konkreten Buchungsvorgängen Gebühren an. Das garan tiert niedrige und absolut transparente Kosten. EDUYOU ist in verschiedenen Sprachen verfügbar und kann in bestehende In ternet-Seiten integriert werden.
Für Unternehmen und Behörden bietet EDUYOU eine Arbeitsumgebung, die der Abteilung Personalentwicklung alle Werkzeuge zur Erledigung der vielen anfallenden Organisationsaufgaben an die Hand gibt.
So behalten Mitarbeiter und Vorgesetzte ihre Ziele und den erreichten Fortschritt immer im Auge. Vorgesetzte können berufliche Qualifikationen jederzeit einse hen und damit schnell und effizient die zukünftigen Weiterbildungsmaßnahmen gemeinsam mit dem Mitarbeiter planen. EDUYOU bietet vollständige Budget kontrolle aus der Sicht aller Hierarchien im Unternehmen. Entsprechende Statis tiken ergänzen verschiedene Berichte zur Dokumentation. Für den Einzelnen bildet EDUYOU den gesamten Curriculum Vitae ab. Ein indi viduell konfigurierbares Weiterbildungsangebot garantiert die Fokussierung auf individuelle Zielvorgaben des lebenslangen Lernens im beruflichen wie im pri vaten Bereich.
Zusammenfassung und Vorschlag EduYou
Das mehrsprachige Internetportal EDUYOU strukturiert und organisiert ganzheitlich alle Weiterbildungsaktivitäten des Einzelnen in- und außerhalb des Unternehmens im ganzheitlichen Kontext des lebenslangen Lernens und si chert die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelnen und des Un ternehmens. Daher sollte EDUYOU möglichst vielen Men schen zur Verfügung stehen. EduYou: Das geschah nach der EBS Challenge:
Gründung der „LS Learning for Success GmbH"
Im Dezember 2015 wurde die LS - Learning for Success GmbH gegründet. Ziel der GmbH ist die Entwicklung und die Vermarktung von EduYou.
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Thomas Lutzeier
Entwicklung der EduYou App
Mit HCM bestand bereits eine leistungsfähige Portallösung, die aber nicht mobil fähig war. So entschloss sich LS zu einer vollkommenen Neuentwicklung mit dem Prinzip „mobil first".
EduYou läuft nun als responsive WebSite auf allen Devices - vom Smartphone über das Tablet bis hin zum herkömmlichen PC. EduYou ist eine komplette Cloud-Anwendung, gehostet auf der hochmodernen Plattform Microsoft Azure, auf der Basis des Microsoft SQL-Servers und unter Verwendung der Programmiersprache ASP.NET. Ausarbeitung des Business-Plans
Es wurde ein umfangreicher Businessplan erstellt, der auf insgesamt 16 Seiten die Geschäftsidee und deren konkrete Umsetzung erläutert. Im Businessplan ist eine detaillierte Finanzkalkulation dargestellt, die auf alle Fragen hinsichtlich Gründungskosten, laufenden Kosten, Kapitalbedarf, Liquidi tät, Einnahmen und GuV Antwort gibt.
Und es wurde ein Erklärvideo produziert, das auf der Homepage EduYou. EU präsentiert wird. Im Januar 2018 starten wir nun mit der Version 2.0 des Businessplans, der, wie schon die erste Version, in gedruckter Form vorliegen wird.
HCM HEIßT JETZT EDUYOU UND AUCH SONST HAT SICH VIEL GEÄNDERT
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EduYou: das sind die Probleme
Umfang der Anwendung
EduYou hat den Anspruch, alle Prozesse der Bildung im ganzheitlichen Kontext des lebenslangen Lernens abzubilden.
Dazu unterscheidet EduYou unterschiedliche Benutzer-Rollen für Lernende und für Lernanbieter. Das schafft eine enorme Komplexität der Anwendung, die aber trotzdem möglichst einfach zu bedienen sein soll. Deswegen haben wir uns zu einem Stufenmodell entschlossen und werden uns zunächst auf die Volkshochschulen und deren Studierende konzentrieren. Investoren gesucht
EduYou befindet sich momentan in der Testphase und startet Anfang 2018 pro duktiv. Der weitere Fortschritt wird davon abhängen, ob es gelingt, Investoren und Unterstützer zu finden.
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Thomas Lutzeier
Kontaktinformationen
Thomas Lutzeier LS - Learning for success GmbH Tel. +49 151 26 15 82 04 Thomas [email protected] Firmeninforma tionen
LS - Learning for Success
Holzstr. 32, 82256 Fürstenfeldbruck Tel.+49 151 26 15 82 04
www.LS-Online.de
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3.
Versteckte Potenziale nutzen - 2.0
von Frank Dehring
Das Konzept „Versteckte Potenziale nutzen" gewann im Jahr 2013 mit knappem Vorsprung die HoV Festo Case Challenge „Bildungsinnovationen". Diese Aus zeichnung war Anerkennung und Ansporn zugleich, die Konzeptidee weiter umzusetzen und den Herausforderungen der gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.
Hintergrund
Durch das stark selektive Bildungs- und Schulsystem werden in Deutschland nicht alle Kinder und Jugendliche gleich und ihren Fähigkeiten entsprechend ge fördert. Sogar zahlreiche Jugendliche mit Schulabschlüssen - scheitern wegen mangelndem Kompetenzerwerb und unzureichender Berufsorientierung daran, eine für sie passende Ausbildung zu finden oder diese erfolgreich zu bewältigen. Der Zugang zur weiterführenden Bildung und zum lebenslangen Lernen bleibt ihnen verschlossen. Diese Bildungsbenachteiligung betrifft besonders Angehöri ge der unteren Sozialschichten, Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund und setzt sich im Berufsbildungssystem fort.
In den Jahren 2015 und 2016 ist die Anzahl von Menschen, die aus ihrem Hei matland aufgrund von Bürgerkrieg, Gewalt und politischer Verfolgung geflohen sind, kontinuierlich gestiegen. Bei vielen geflüchteten Menschen ist die Bleibe wahrscheinlichkeit aufgrund der politischen Situation in den Heimatländern
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Frank Dehring
hoch. Neben dem Erwerb der deutschen Sprache gilt die Heranführung und Vermittlung in Arbeit und Ausbildung als wesentlicher Baustein für eine gelin gende Integration. Im Vergleich zu Arbeitsmigranten können sich die geflüchte ten Menschen allerdings nicht auf die Spezifika des Arbeitsmarktes im Aufnah meland vorbereiten, was von allen Akteuren einen langen Atem und eine Kultur des aktiven Zusammenwirkens der unterschiedlichen Beteiligten fordert (vgl. Werner Schmidt, 201 7. S 39) Erfreulicherweise ist das Ausbildungsangebot auf dem Arbeitsmarkt dank der hervorragenden Wirtschaftslage im Jahr 2017 weiterhin hoch. Aufgrund der de mographischen Entwicklung, besteht jedoch bei anhaltendem „mismatch" und mangelnden Teilhabechancen für einen Teil der Bevölkerung die Gefahr, den Bedarf an Fachkräften dauerhaft nicht mehr decken zu können und somit zu ei ner gesellschaftlichen Fehlentwicklung zu führen (vgl. Fratzscher, 2016, S 81). Die Entwicklung der „WABE-Idee" als CSR Netzwerkpartnerschaft als Basis für eine erfolgreiche und nachhaltige Bildungsinnovation
Die vom Wabe e.V. 1999 entwickelte „WABE-Idee" war es, die Kräfte verschie dener regionaler Akteure zu bündeln und ihre Mittel und Fähigkeiten so zu kombinieren, dass die Arbeitsmarktsituation vor Ort verbessert werden sollte. Mit dem Ziel, eine große Akzeptanz und breite Basis in der Bürgerschaft zu errei chen, gewann der Verein WABE, Vertreter aus allen Bereichen des regionalen Arbeitsmarktes/Gemeinwesen (Unternehmen, Schulen, Politik und Verwaltung ...) für die Arbeit im Wabe-Netzwerk. Mit steigendem Aktivitätsniveau wurde das operative Geschäft im Jahr 2004 auf die neu gegründete gemeinnützige Ge sellschaft mit den Gesellschaftern Wabe e.V., Stadt Waldkirch, August Faller GmbH & Co KG und Sick AG ausgelagert. Im Jahr 2010 traten mit der Hummel AG und der Ganter Interior GmbH zwei weitere Firmengesellschafter dem Netzwerk bei. Der Wabe e.V. blieb als Förderverein und Ideengeber weiterhin erhalten und ist bis heute ergänzend und unterstützend aktiv.
Das Institut für Mittelstandsforschung erörterte in seiner Studie „Chancen und Ri siken von CSR im Mittelstand" von 2015 die Erfolgsfaktoren für die gelingende CSR Netzwerkpartnerschaft der Wabe im Aus- und Weiterbildungsbereich. Hier zu zählen u.a.: • „Räumliche Nähe und Bekanntheit der Mitglieder als Grundlage für eine positive • Kooperationsbereitschaft
• Peer-Pressures (dt. Gruppen - oder Konformitätsdruck) um gemeinsam und zielführend kollektive Interessen des Gemeinwesens umzusetzen
Versteckte Potenziale nutzen - 2.0
99
• Überwindung von Informationsasymmetrie auf dem lokalen Arbeitsmarkt durch die Institutionalisierung
• Vereinnahmung von immateriellen Gewinnen (z.B. gemeinsame Erfahrun gen, entwickelte Kompetenzen) für die Netzwerkpartner • Akzeptanz des Projektes in der Bevölkerung durch das Ansehen der han delnden Akteure und der Anreiz der Partner sich langfristig, loyal und fair für die Zielgruppen zu engagieren." (vgl. IfM Bonn, 201 5, S 32-37) Das vielschichtige CSR Netzwerk bildet die Grundlage für die Bildungsarbeit. Methoden, Maßnahmen und Projekte
Im Laufe der Jahre wurden für die unterschiedlichen Zielgruppen, passgenaue Maßnahmen im Bereich des Überganges Schule/Ausbildung entwickelt, erprobt, umgesetzt und weiterentwickelt.
Hierzu zählen:
a) Ausbildungslotse - vertiefte Berufsorientierung b) die Verbundausbildung - zusätzliche Ausbildungsplätze
c) Aktivierungsmaßnahme P 1 7 für junge Menschen im ALG II Bezug d) Lernort Betrieb - Heranführung von geflüchteten Menschen an den Arbeitsmarkt Ausbildungsmarkt
a) Ausbildungslotse
Mit dem Wissen, dass auf Seiten der jungen Menschen: • die berufliche Ausbildung an gesellschaftlichem Ansehen verloren hat
• das Berufswahlspektrum sich auf nur wenige Berufe beschränkt, • viele Berufe und vor allem auch kleine Firmen in der Region Jugendlichen unbekannt sind • praktische Erfahrungen Schülerinnen und Schülern den besten Einblick in die Anforderungen des Arbeitsmarktes bieten, wurde in Kooperation mit allen relevanten Netzwerkpartnern ein regional orga nisiertes, mit lokalen Gegebenheiten und Entwicklungen korrespondierendes, niedrigschwelliges und praxisorientiertes Angebot der beruflichen Orientierung für Schülerinnen und Schüler nachhaltig etabliert. Das Projekt „Ausbildungslot se" bietet Schulabgängern und Schülern die Chance, ihre Leistungsfähigkeit un
100
Frank Dehring
abhängig von der Schule im Betriebsalltag zu zeigen. Schulzeugnisse und sozia le Zuschreibungen verlieren durch das persönliche gegenseitige Kennenlernen von Betrieb und Jugendlichen an Bedeutung. Durch Erfolgserlebnisse, Wert schätzung und Verständnis wird ein Sinn im Tun gefunden und die Lernmotiva tion geweckt bzw. gestärkt. Übergänge ins duale Ausbildungssystem und in die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen können erleichtert werden. Gleichzeitig bieten die Angebote ansässigen klein- und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, die Gefahr eines drohenden Fachkräftemangels und der Nichtbe setzung von Ausbildungsstellen - insbesondere bei kleinen, von Jugendlichen oft „übersehenen" Betrieben - zu verringern. Jährlich nehmen ca. 275 Schüler an den Berufsorientierungseinheiten teil, rund 110 werden intensiv persönlich be gleitet. b) Verbundausbildung
Trotz intensiver Bemühungen unterschiedlichster Bildungsanbieter (Schule, Ar beitsagentur, Maßnahmeträger) gelingt es nicht, alle jungen Menschen mit einem Ausbildungswunsch in eine betriebliche Ausbildung zu vermitteln. Dies liegt oft daran, dass die individuellen Vermittlungshemmnisse der einzelnen Bewerber nicht mit dem Anforderungsprofil der ausschreibenden Unternehmen in Einklang zu bringen sind (z.B. Altbewerber, Alleinerziehend, Migrationshintergrund ...). Die Wabe gGmbH bietet diesen „Risiko-Azubis" im Rahmen ihrer Geschäftstä tigkeit eine reguläre duale Ausbildungsmöglichkeit in den Bereichen: Kaufleute für Büromanagement, Fachlageristen, Verkäufer/Kaufleute im Einzelhandel, Ma ler, Schreiner und Hauswirtschaft an. Die jungen Menschen werden dann so wohl bei dem Träger selbst ausgebildet, als auch in unterschiedlichster Form bei Partnerunternehmen. Durch diese Form der Verbundausbildung können jährlich bis zu 10 zusätzliche Ausbildungsplätze für junge Menschen mit erschwertem Zugang zum Ausbildungsmarkt geschaffen werden. Die Betreuung der Azubis läuft über die Ausbildungsabteilung der Wabe gGmbH in Kooperation mit dem Beruflichen Schulzentrum und der Ausbildungsabteilung der Sick AG. Die Fi nanzierung der Ausbildungskosten im Ausbildungsverbund wird über Kostenzu sagen und Spenden der teilnehmenden Firmen gedeckt.
c) Aktivierungsmaßnahme P 1 7
Mit dem Angebot der „P 1 7" sollen gemeldete, erwerbsfähige hilfebedürftige Ju gendliche unter 25 Jahren im ALG Il-Bezug mit zum Teil multiplen Vermitt lungshemmnissen erreicht werden. Ziel ist es, die Teilnehmenden im Vorfeld von Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung durch einen niederschwelli gen Zugang an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt heranzuführen und sie für das Lernen zu motivieren. Bei Erfolg ist ein nahtloser Übergang in eine Ausbil dung möglich.
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Versteckte Potenziale nutzen - 2.0
d) Lernort Betrieb - Heranführung von geflüchteten Menschen an den Ausbil dungsmarkt
Die Zielgruppe der geflüchteten Menschen stellt das Netzwerk der Wabe vor neue, komplexe Herausforderungen. Auf der einen Seite stehen speziell in der Personengruppe liegende Gründe (mangelnde Sprachkenntnisse und unzu reichende berufliche Kompetenzen für die Anforderungen des deutschen Ar beitsmarktes) und auf der anderen Seite strukturelle Gründe (fehlende Rechtssi cherheit, mangelnde Anpassungsfähigkeit des Ausbildungssystems). Das WabeNetzwerk möchte mit dem Konzept Lernort Betrieb antworten und Lösungen für den langwierigen Prozess anbieten. So konnten im Projektzeitraum Dezember 2015 - September 201 7 sieben (von 35 teilnehmenden) geflüchteten Menschen durch eine Kombination von Berufsorientierung und Sprachkurs an eine Ausbil dungsstelle herangeführt werden. Graphischer Überblick
Versteckte Potenziale nutzen 2.0. - Gesamtüberblick
Berufsorientierung
Ausbildung
P17-2. Chance
Lernort Betrieb
Schüler im Berufswahlprozess 8-10 Klasse
Bev^rber mit erschwertem Zugang zur Ausbildung
Junge Menschen im Bezug von ALGII
Geflüchtete Menschen mit Ausbildungsperspektive
Ausbildungslotse an Gemeinschafts- und Realschulen
Bereitstellung von zusätzlichen Ausbildungs plätzen im betrieblichen Kontext
Bereitstellung und Durchführung von Aktivierungsmaßnahmen in Kooperation mit dem JC
Betriebliche, praxisnahe Einheiten zur Berufs orientierung, sozial pädagogische Begleit ung im Übergang Schule und Beruf.
Verbundausbildung, beruflicher Abschluss mit vielfältigen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt
Jobcoaching, Praxis erprobung, sozial pädagogische Begleitung, Vermittlung, Stärkung der Selbstwirksamkeit
Heranführen an den Ausbildungs - und Arbeitsmarkt. Vermittlung von (berufs bezogenen) Sprach kenntnissen, berufliche Orientierung, Praxis erprobung, Jobcoaching.
Gemeinnütziges Wabe-Netzwerk: bürgerschaftliches Engagement, soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR), regionale Verwurzelung, Sozialraumorientienjng
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Frank Dehring
Literatur
Institut für Mittelstandsforschung (2015): Chancen und Risiken von CSR im Mit telstand, IfM Materialien, Ansprechpartner Dr. Frank Maaß, Bonn Marcel Fratzscher (2016): Verteilungskampf - Warum Deutschland immer un gleicher wird, München Werner Schmidt (201 7): Die Integration von Flüchtlingen und Arbeitsmigranten in der Arbeitswelt, APuZ, Zeitschrift der Bundeszentrale für politische Bildung, Seite 34-39
Geschäftsführer Waldkircher Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft Wabe gGmbH Dipl. Sozialarbeiter und Betriebswirt (IWW)
Seit über 15 Jahren Umsetzung von innovativen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und sozialen Projekten.
DIENSTLEISTUNGEN ALLER ART
LDKIRCHER BESCHÄFTIGUNGSUND QUALIFIZIERUNGS GESELLSCHAFT MBH Gemeinnützige Gesellschaft
Kontaktdaten
Wabe gGmbH Frank Dehring Geschäftsführer Mauermattenstr. 8 79183 Waldkirch
[email protected] 07681 -474 54 52 www.wabe-waldkirch.de
103
4.
The Score - alles was zählt bist Du!
von Alexander M. Blass Zuerst möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Dr. Detlef Jürgen Brauner, Prof. Dr. Peter Speck und dem Verlag Wissenschaft & Praxis für die Veröffentli chung meines Beitrags: „The Score" recht herzlich zu bedanken. Gerne möchte ich die Geschichte wie es zu dieser Idee gekommen ist und was hinter dem Konzept von The Score steckt hier nochmals kurz erzählen.
Die Geschichte hinter The Score
Nachdem ich zwei erfolgreiche Konzepte auf der Ideen Plattform 1000x1000 von Professor Reinhard Willfort (TU-Graz) präsentiert hatte (Cargoloft - Wohnen der Zukunft und Highgreen - Vertical Gardening) wurde ich auf der Plattform angesprochen, (da die Konzepte wirklich faszinierend waren » OT) - ob ich denn nicht eine Idee zum Thema: „Lernen der Zukunft"
hätte. Ich machte mir Gedanken darüber und da sich mein Vater schon mit diesem Thema ausführlich beschäftigt hatte (Trainer und Coach in der Erwachsenenbil dung), waren mir die Problematiken und die Schwierigkeiten dieser sehr interes santen Aufgabenstellung durchaus bewusst. Da ich zum damaligen Zeitpunkt das Internet und seine immensen Möglichkei ten auch beruflich schon genutzt hatte (ehm. Internet-Cafe Besitzer) wurde mir schnell klar, dass es nur eine Lösung geben kann, nämlich eine, die künftig das Internet und die digitalen Möglichkeiten in den technologischen Mittelpunkt bei der Umsetzung und Nutzung dieses Konzepts stellen würde.
Ich schrieb das 11-seitige „whitepaper" zu The Score an einem Wochenende und glaube noch heute, dass es Wert wäre, dieses Konzept in vollem Umfang umzusetzen. Ob es jemals dazu kommen wird, das wird die Zukunft weisen. Was ist „The Score"?
Bei The Score geht es darum ein System zu entwickeln, bei dem jeglicher Inhalt der gelesen, gesehen oder gehört werden kann, ratifiziert (bewertet) mit Punkten versehen und nach Abschluss einer Prüfung auf einem grafischen Diagramm sichtbar gemacht werden kann.
104
Alexander M. Blass
The Score ist somit ein unabhängiges Bewertungssystem mit einem grafischen Diagramm, welches es Menschen egal welchen Alters, Geschlechts, Herkunft oder Religion möglich macht, an einem Weiterbildungssystem teilzuhaben, das lebenslanges Lernen vereinfacht und spielerisch möglich macht.
Der Spaß und die kontinuierliche Weiterentwicklung des Lernens stehen im Vordergrund. Das grafische Diagramm verrät seinen Mitmenschen welche Inte ressen, Begabungen und Talente man hat und ist von jedem Menschen interpre tier- und lesbar, auch von Kindern. I EBENSI ANGES LERNEN
SCORE: 1125 cts
KONZEPT-STUDIE
coins to sample / gesamelte Punkte
Linderflagge Woher? weiter Leitung an die Heimdomain zur Registrierung und Ratifizierung der cts A- Adult ( 18 + ),Y-Youth ( 12-18.) C “ Child ( 6-12 )
H 11 RI LEARNING
■
125 cts
□ Ökonomie
285 cts
LJ Sozial
205 cts
□ Umwelt
200 cts
■ Technik
315 cts
SCORE total / Punktestand gesamt aus allen Bereichen
125
1125 cts Example of a New vcf Alexander Blass Austria-Europe
l berbegrifflichcr Titel
Self Social Control Communication Of Of Relative Reliable Education Education
ALLES WAS ZÄHLT BIST DU
Persönlicher Wissens-,Erfahrungs-,Begabung»- Barometer
Kunst
SCORE:\
“THE SCORE—
FB Alex Blass Skype: alex blass Tel
+43 650 7007720
Jedes Buch, Video. Fachbuch, Seminar kODZCDt Workshop, Praktikum, Arbeitsprojekt, Kurs, Weiterbildung etc. wird zum einen von Experten: Lehrern, Prof., Coaches, Lektoren, Wissenschaftlern etc. mit Cts ( Coins = Wert) versehen und zum anderen durch Bewertung der Studierenden ( +/-20%) Plattform, Quellen und Recourcen unabhängig mitbewertet
ziel
Durch lesen, ansehen, beschäftigen, arbeiten sowie durch kurze Tests werden im BildungsArbeits- und Betätigungs-Bereich bei Kommerziellen als auch bei NGO's Punkte gesammelt und dem eigenen Score zu gerechnet.
Dieser Score ( Punktestand ) kann und wird das Ganze Leben erweitert und kann als Vor gabe dienen für Arbeitgeber, Schulen und Lehrgänge um ein Anforderungsprofil an den Bewerber zu vermitteln. z.B. Sozial-Akademie mind. 250 cts ( im Sozial-Barometer ) bei Aufnahme des Studiums.
E-Mail alex blass(ahotmail de |SCOR^I25cU = |
Lebenslanges Lernen, sichtbar machen des eigenen Interessens-,Wissens- und Ausbildungsstandes, Orts und Organisations unabhängig. Länderübergreifend
Lernen der Zukunft: was sich seither verändert hat?
Seit 2012 und der Ausgabe von „Neue Bildungsinnovationen & Geschäftsmodel le" sind 5 Jahre vergangen - in der digitalen Welt fast eine Ewigkeit. Neue Player im Ausbildungsbereich sind auf der Internationalen Bühne erschienen wie Udemy, Udacity und Co. Sie haben eine These, die ich in meinem Beitrag 2012 aufgestellt habe, wahr gemacht. • „Unabhängiges Lernen über das Internet von • jedem Ort der Welt aus - 24/7 auf jedem Gerät".
The Score - alles was zählt bist du!
105
Mit Udacity hat Sebastian Thrun (ehm. Professor am MIT) auch bewiesen, dass er mit seinen Nano-Degrees recht behalten sollte, denn er sagte damals schon voraus, dass die geforderten modernen Lerninhalte schneller voranschreiten werden als die (veralteten) Schulungsinstitutionen Schritt halten können.
Er behauptete, dass 2-3jährige Studien in Kürze gänzlich überholt sein werden, da die Absolventen, Wissen von vor ein paar Jahren haben und dass dieses Wis sen zum Zeitpunkt des Studienabschlusses für die Wirtschaft schon überholt sein kann und wird! Er hat deshalb bei Udacity Lerninhalte auf Spezialthemen heruntergebrochen und Kurse neu kreiert. Er hat inhaltlich das Ohr ganz nah an die Wirtschaft ge legt und den lauten Ruf nach ausgebildeten Menschen gehört, die schnell zur Verfügung stehen müssen um den Fortschritt voranzutreiben, den die Firmen heute und nicht erst in ein paar Jahren dringend brauchen.
Udacity hat den Bedarf frühzeitig erkannt und diese Lücke erfolgreich gefüllt. Zwischen 30-90 Tage gehen im Schnitt die Kurse zum Nano-Degree Diplom und die zunehmende Anzahl internationaler Teilnehmer und Unternehmen die Udacity nützen steigt kontinuierlich an.
Fazit: Veränderungen beim Lernen der Zukunft - damals und heute
1.
Kurse und Weiterbildung über das Internet sind auch bei den Unterneh men angekommen.
2.
Lernen von Fachwissen 24/7 auf jedem Gerät von jedem Ort aus ist heute Realität.
3.
Inhalte und Themen werden auf Spezialbereiche verkürzt und herunter gebrochen.
4.
Enge Zusammenarbeit mit der Industrie, welche spezielle Themenberei che benötigen.
5.
Wichtigkeit der innerbetrieblichen Weiterbildung steigt - learning on the job = Plus für HR.
6.
Diplome (BA, MBA) werden zusehends unwichtiger und sind oft nur noch Türöffner.
7.
Die Kosten für einzelne Spezialkurse (Nano-Degrees) werden bezahl- und leistbar.
8.
Der Grundstein für permanentes fachspezifischen Lernen der Zukunft ist gelegt.
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Alexander m. Blass
Was uns die Zukunft des Lernens schon morgen bringen wird.
Der Mensch stellt intelligente Fragen, auf die der Computer die Antworten fin den wird. Es besteht kein Zweifel, dass die fortschreitende künstliche Intelligenz im Computerbereich das Lernen - wie wir es kennen - nachhaltig verändern wird. Der Zugriff auf Millionen von Daten, die Auswertung dieser Daten und die Prognose wie sich etwas aufgrund dieser Daten verändern wird, sind komplexe Rechenprozesse, die der Mensch unmöglich mit dem minimalen zeitlichen Auf wand die ein Computer benötigt, bewerkstelligen kann. Daher sind Arbeitsplätze in diesem Bereich extrem gefährdet. Was aber ein Computer noch lange nicht umsetzen und erfüllen kann, sind krea tive Prozesse und künstlerische Interpretation, soziale Kompetenz und Denkmus ter, die sich weit ab jeder Logik bewegen.
Die Kl oder AI wird uns auch im Bildungsbereich begleiten und Tests für Profes soren bewerten, eine Fülle an Daten zur Verfügung stellen oder bei der Recher che zu wichtigen Themen helfen. Er wird Antworten auf komplexe Fragen liefern, Modelle berechnen und Wahr scheinlichkeiten in Prozentpunkten bereitstellen, die als Basis dienen, um künftig treffsicherer neue Konzepte und Ideen umzusetzen. Auswendig lernen gehört der Geschichte an, intelligente Fragen zu formulieren und die Antworten kreativ zu präsentieren sind die Aufgaben, die auf die Men schen künftig warten.
Intel Was uns die Zukunft des Lernens schon morgen bringen wird.
hsel!
Nach dem Cloud-Computing stehen wir am Anfang einer weiteren Revolution im Bereich Netzwerke und dezentraler Systemverwaltung. Die Blockchain mit der Möglichkeit der smart contracts.
Wie in den Bereichen der Datenanalyse, der Datenerfassung und der Interpreta tion von Daten, Menschen künftig ihre Arbeitsplätze schwinden sehen, werden durch die Blockchain auch Vermittler, Makler, Zwischenhändler, Buchhalter, Steuerberater etc. um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen.
Das dezentrale unmanipulierbare Netzwerk der Blockchain wird all diese Arbei ten überflüssig machen. Auch in der Verwaltung, bei den Beamten und in vielen anderen Bereichen z.B. der Versicherungsbranche darf mit einem kontinuierli chen Kahlschlag der Arbeitsplätze gerechnet werden.
The Score - alles was zählt bist du!
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„Wir stehen vor einem bedeutenden Paradigmenwechsel, der ganze Bereiche der Gesellschaft nachhaltig verändern wird, auch unser Staatswesen." Auch die Bildungs- und Lehrinstitute werden mit der Blockchain arbeiten und von ihr beeinflusst werden. Schule, Weiterbildung, Kurse, Praktika etc. all diese Informationen werden auf der Blockchain abgespeichert und nur jenen zur Ver fügung gestellt werden, die ein direktes Interesse haben und wissen müssen, wie es um die eigene Ausbildung steht. Was heute (halb) öffentlich auf LinkedIn, Xing, Facebook & Co zu lesen ist, wird in Zukunft zum geschützten Gut der Privatsphäre werden.
Der Grund liegt auf der Hand, die ungefragte Nutzung der eigenen Daten, die Auswertung für Werbung, der ungeschützte eigene Content und die Analyse des sen z. B. von Facebook, Google & Co wird in naher Zukunft ausufern! Die Menschen wollen ihre Privatsphäre wieder zurück und werden daher Diens te in Anspruch nehmen, welche diese Privatsphäre schützen. Die verwendete Technologie dahinter wird die Blockchain sein, das steht für mich persönlich fest.
Wissenschaft & Praxis wichtige Plattform für Autoren und deren Ideen.
Nachdem ich nun einen kurzen Ausblick in die Zukunft des Lernens gewagt ha be möchte ich zurückkehren zum eigentlichen Thema und zum Gastgeber die ses Artikels.
Der Verlag Wissenschaft & Praxis hat mich gebeten, ein Roundup und eine sneak-preview sowie Verbesserungsvorschläge im Umgang mit tollen Ideen die in dem ersten Buch: „Neue Bildungsinnovationen & Geschäftsmodelle" entstan den sind zu schreiben. Was hat die Veröffentlichung meines Beitrags in diesem Fachbuch gebracht?
Der Beitrag war sehr hilfreich für meine Karriere, denn wer kann schon behaup ten, an einem Buch mitgewirkt zu haben. Auf meiner Vita macht die Erwähnung als Autor in diesem Fachbuch daher einen guten Eindruck und hilft sicherlich bei künftigen Bewerbungen für neue Aufträge oder der weiteren beruflichen Karriere. Was könnten die Medien besser machen, um die tollen Ideen und Konzepte zu präsentieren!
Nun zuallererst wäre eine Übersetzung der deutschen Texte ins Englische eine wichtige Sache. Der englischsprachige Markt ist um ein Zigfaches größer und damit auch die Aufmerksamkeit und die Reichweite die eine Idee dadurch er hält.
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Alexander m. Blass
Das Promoten einzelner Ideen und das Verbreiten über fachspezifische Magazi ne und Blogs wäre (mit Erlaubnis der Ideengeber) ein weiterer Schritt, Konzepten zu einer realen Umsetzung zu verhelfen.
Das Bereitstellen der Texte als E-Book (mit Audio Interviews und visueller mul timedialer Vorstellung) der Konzepte wäre ein weiterer wichtiger Schritt der in Zukunft in Erwägung gezogen werden sollte, denn zweidimensionale Buchseiten ohne Grafiken, Bilder und Videos sprechen nur einen Teil der Zielgruppen an. Eine Podiumsdiskussion mit den Ideengebern die als Youtube (livestream) Video anderen die Möglichkeit gibt (in einem modernen Format), an den Ideen teilzu haben (und sie ihrerseits auch zu teilen), wäre eine weitere wünschenswerte Maßnahme, die Inhalte der Autoren der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Das mediale Netzwerk ist so zu erweitern, dass Entscheidungsträger aus Politik, Finanzwelt und Industrie unter Umständen auf den einen oder anderen Autor und seine Idee aufmerksam werden.
The Score - alles was zählt bist du!
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Autor
Kurzvita
Alexander Maria Blass
Designer für Stoffdruck und Musterdesignateur 1986- 1991 Tourismus & Gastronomie - in der 3. Generation 1991 -2011
davon selbständiger Unternehmer im Tourismus - 7 Jahre
Marketing & Consulting - seit 2003
Dipl. FW für Mediendesign & Medieninformatik Diplom Fachstudium - Abschluss m. a. E. 2013
Kontaktdaten
Alexander M. Blass Fachwirt für Mediendesign & Medieninformatik i.A. Beratung für soziale u. technische Zukunftsfragen Fischbachgasse 28 6850 Dornbirn
Austria-EUROPE P: 43 650 700 77 20 E: [email protected] FB: Alexander Blass Skype: Alexander - Blass - Austria Blog: socialmindfields.wordpress.com LinkedIn: Alexander Blass