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German Pages 1170 [1180] Year 1903
Systematische Sammlung der
für das gegenwärtige Recht von Bedentnng gebliebenen
Wfilititaiii'ii örs Uktzszmlhk
in Livilsachen nach der Gesetzes-Ordnung zusammengestellt
aus den Amtlichen Entscheidungen des Reichsgerichts, Blnms Annalen, Gruchots Beiträgen, der Juristischen Wochenschrift und Seufferts Archiv von
Otto Nudorff^ Oberlandesgerichtsrat in Hamburg.
Erster Land. Bürgerliches Gesetzbuch mit Kinfützrungsgesetz.
Berlin 1903. I. Gnttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H.
Dem Andenken meines unvergeßlichen Onkels, des Geheimen Justizrats, Professors
Dr. Adolph Friedrich Rudorfs bei der hundertjährigen Wiederkehr seines Geburtstages,
21. März 1903, in ehrfürchtiger Liebe und Dankbarkeit gewidmet.
Vorwort. Welche Entscheidungen des Reichsgerichts für das gegenwärtige bürgerliche Recht von Bedeutung geblieben sind, welche nicht, ist eine Frage, die so über
haupt nicht gestellt werden sollte.
Mehr oder weniger, glaube ich, sind sie alle
von Bedeutung geblieben; cs fragt sich nur, von welchem Gesichtspunkte.
Manche
z. B. vom Standpunkte rechtsgeschichtlicher Betrachtung oder der Rechtsvergleichung immerhin noch beachtenswerte Entscheidungen haben keine unmittelbare prak
tische Bedeutung mehr.
Nur auf diese Bedeutung kam es mir an.
Ich
wollte ein praktisches Haltsmittel für den Gebrauch zunächst des BGB-, eine
Ergänzung zu Kommentaren desselben liefern und damit insbesondere auch Studenten und Referendaren das Studium des neuen Rechts erleichtern.
Auch von diesem Standpunkte aus war die Sichtung oft schwer. Entscheidungen deswegen ganz wegzulassen, weil der Inhalt inzwischen positive
Gesetzesnorm geworden ist, würde oft entschiedene Lücken hervorgerufen haben. Selbst dann habe ich es oft nicht für richtig gehalten, solche wegzulassen, wenn
das gegenwärtige Gesetz mit der bisherigen Norm zwar übereinstimmt, diese Übereinstimmung aber nur eine zufällige ist und aus verschiedenen Rechts auffassungen
herausgewachsen
ist, welche eine duplex interpretatio fordert.
Mindestens bleibt die Entscheidung dann als praktischer Beispielsfall lehrreich
und namentlich bei der abstrakt konstruktiven Veranlagung des BGB. ist nichts für den Praktiker lehrreicher als tatsächliche Beispiele zur Veranschaulichung
der Rechtsregeln.
Wo freilich das neue Recht inhaltlich gegensätzlich das alte
beseitigt hat, ist ohne Bedenken die auf Grund des beseitigten alten Rechts be
ruhende Entscheidung wegzulassen.
Aber wie oft geht beides ineinander über,
wie oft haben nicht glatte Beseitigungen, sondern nur Einschränkungen, Ver schiebungen, Änderungen des Gesichtswinkels im Verhältnisse des alten und des
neuen Rechts stattgesunden!
Nicht weniger Sorge hat mir die Prüfung des Maßes dessen gemacht, was von der einzelnen Entscheidung zu bringen war! Die Entscheidungen ganz abzudrucken, verbot der Zweck der Sammlung
ohne weiteres.
Andererseits erschien es durchaus wünschenswert, nicht bloß den
abstrakten Rechtsspruch mitzuteilen.
Damit schien wenig gedient zu sein. Das
tatbestandliche Element ist das Fleisch und Blut, in dem das Leben pulsiert.
Oft ergibt sich nun aus den Gründen der Tatbestand zur Genüge, wo es nicht
der Fall zu sein schien, habe ich ihn kurz zusammengefaßt; auch die Gründe
forderten und gestatteten vielfach Kürzungen; wenn cs linzweckmäßig erschien,
die Entscheidung ailseinanderzureißen, ist es vermieden, selbst wenn sie ver schiedene Rechtssütze und selbst Rechtsmaterien betraf, und ist dann durch Ver
weisungen zu helfen gesucht, ebenso im umgekehrten Falle, wenn es erforderlich schien, auf ein anderes Bruchstück derselben Entscheidung hinzuweisen.
Vielfach
ist dieselbe Frage wiederholt entschieden, vielleicht mit geringen Abweichungen
in der Betonung; auch hier mußte es oft bei den Verweisungen, die meist in den Entscheidungen selbst schon reichlich und eingehend gegeben sind, sein Be
wenden behalten. Daß die Einteilung sich dem vom BGB. gewählten „System" anschließt, bedarf wohl kaun« der Begründung.
der Hand.
Die praktischen Vorteile davon liegen auf
Natürlich erwuchsen auch hierbei Bedenken und Schwierigkeiten,
namentlich bei der Auseinanderhaltung des allgemeinen Teils und der speziellen
Rechtsmaterien, die z. B. bei den Entscheidungen
über Schadensersatz zu der
Erkenntnis leiteten, daß eine genaue Sonderung der Entscheidungen nach diesen Richtungen sich nicht durchführen ließ und an jeder Stelle diejenigen Fälle als Beispiele gegeben wurden, die am besten zu passen schienen.
Dieselben Schwierigkeiten wiederholten sich im Verhältnis zu den im Ein führungsgesetze zum BGB. vorbehaltenen Materien. Entscheidungen
scheinen
sich
am
einfachsten
Die hierüber ergangenen
in der vom Einführungsgesetze
getroffenen Anordnung den übrigen anzuschließen.
Alle diese Rücksichten waren zu erwägen und sind erwogen worden und
haben von Band zu Band das Empfinden grpßesten Nachsichtsbedürfnisses bei mir gesteigert.
Sie werden andererseits wenigstens den guten Willen erkennen
lassen, dem so lobenswerten Verlangen der Verlagsbuchhandlung nach einer praktischen umfassenden und doch übersichtlichen Zusammenstellung der anwend
baren Reichsgerichtsentscheidungen nach besten Kräften zu entsprechen.
Otto Audorff.
Abkürzungen AG. = Aussührungsgesetz. ALR. — Preußisches Allgemeines Landrecht. Annalen — Blums Annalen des Reichs gerichts. Appell.-G. — Appellationsgericht. Bett. = Beklagte (r). BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BG. — Beruftlngsgericht. BR. = Berufungsrichter. BU. — Berufungsurteil CPO. — Civilprozeßordnung. E. — Entscheidungen des RG., amtliche Aus gabe. EG. — Einführungsgesetz. Entsch. — Entscheidung (en). Erl. = Erlaß GH. — Gerichtshof. Ger.-Bollz. — Gerichtsvollzieher. Gew.-O. = Gewerbeordnung Gr. = Gruchots tRassow & Küntzel) Bei träge z. (Preuß.) Deutschen Rechte. HGB. — Handelsgesetzbuch. JMBl. = Justizministerialblatt.
IW. — Juristische Wochenschrift. KG. — Kammergericht. Kl. kl. = Kläger, klägerisch. LG. = Landgericht. Min. --- Minister, Ministerium, Ministerial. Nr. — Nummer. OLG. ----- Oberlandesgericht. OTrib. = Preußisches Obertribunal. OBGH. — Preuß Oberverwaltungsgerichtshof. R. = Recht. Rev. — Revision. RG. = Reichsgericht. RKl. — Revisionskläger. ROHG. — Reichsoberhandelsgerickt r. R. — römisches Recht. Senfs. = Seufferts Archiv für Entsch. der obersten Gerichte. StGB. = Strafgesetzbuch. StrS. — Strafsache oder Strafsenat. U. = Urteil. I — Erste Instanz, oder in Citaten Erster Band oder Teil. II — Zweite Instanz oder wie vor.
Zusätze und Serichttgungen. Nr. 4 Titel: Scuff. 93b. 48 Nr. 80. Nr. 9: Bgl. Nr 1311, 1314. S. 8: RMilitärfiskuS. Vgl. Nr. 582, 857. S. 16 a. ®.: Vgl Nr. 885, 887; Kirchplatz: Nr 899, 1530 ff. § 123 S. 33: Vgl. § 823 Nr. 477 ff. Nr. 27: Vgl. Nr. 899, 1530ff. Nr. 65: v. 18. 10 1893. Nr. 38: Scuff. Bb. 51 Nr. 3. Nr. 46: (Frankfurt a. M.). Vgl. Nr. 257. § 134 S. 48: Vgl. über Art. 32 bet Rcichsvcrf. für Mitglieder des Reichstages IV 160/86 v. 25.11. 1886. E. Bb. 16 Nr. 19 S. 88 ff. (Insterburg). Nr. 1307. „ Nr. 93: Vgl. Nr. 788.
Zu „ „ „ „ „ „ „ „ „
Abkürzungen AG. = Aussührungsgesetz. ALR. — Preußisches Allgemeines Landrecht. Annalen — Blums Annalen des Reichs gerichts. Appell.-G. — Appellationsgericht. Bett. = Beklagte (r). BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BG. — Beruftlngsgericht. BR. = Berufungsrichter. BU. — Berufungsurteil CPO. — Civilprozeßordnung. E. — Entscheidungen des RG., amtliche Aus gabe. EG. — Einführungsgesetz. Entsch. — Entscheidung (en). Erl. = Erlaß GH. — Gerichtshof. Ger.-Bollz. — Gerichtsvollzieher. Gew.-O. = Gewerbeordnung Gr. = Gruchots tRassow & Küntzel) Bei träge z. (Preuß.) Deutschen Rechte. HGB. — Handelsgesetzbuch. JMBl. = Justizministerialblatt.
IW. — Juristische Wochenschrift. KG. — Kammergericht. Kl. kl. = Kläger, klägerisch. LG. = Landgericht. Min. --- Minister, Ministerium, Ministerial. Nr. — Nummer. OLG. ----- Oberlandesgericht. OTrib. = Preußisches Obertribunal. OBGH. — Preuß Oberverwaltungsgerichtshof. R. = Recht. Rev. — Revision. RG. = Reichsgericht. RKl. — Revisionskläger. ROHG. — Reichsoberhandelsgerickt r. R. — römisches Recht. Senfs. = Seufferts Archiv für Entsch. der obersten Gerichte. StGB. = Strafgesetzbuch. StrS. — Strafsache oder Strafsenat. U. = Urteil. I — Erste Instanz, oder in Citaten Erster Band oder Teil. II — Zweite Instanz oder wie vor.
Zusätze und Serichttgungen. Nr. 4 Titel: Scuff. 93b. 48 Nr. 80. Nr. 9: Bgl. Nr 1311, 1314. S. 8: RMilitärfiskuS. Vgl. Nr. 582, 857. S. 16 a. ®.: Vgl Nr. 885, 887; Kirchplatz: Nr 899, 1530 ff. § 123 S. 33: Vgl. § 823 Nr. 477 ff. Nr. 27: Vgl. Nr. 899, 1530ff. Nr. 65: v. 18. 10 1893. Nr. 38: Scuff. Bb. 51 Nr. 3. Nr. 46: (Frankfurt a. M.). Vgl. Nr. 257. § 134 S. 48: Vgl. über Art. 32 bet Rcichsvcrf. für Mitglieder des Reichstages IV 160/86 v. 25.11. 1886. E. Bb. 16 Nr. 19 S. 88 ff. (Insterburg). Nr. 1307. „ Nr. 93: Vgl. Nr. 788.
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Nr. 108: Vgl. Nr. 355. S. 74 Tit. 4: Vgl. Nr. 712. Nr. 127: Vgl. Nr. 293. Nr. 139: Vgl. Nr. 477 f. S. 103 a. E.: Zu Z 246: Zinsen, vgl. bei Art. 61: II. v. 7.1. 1896 Seuff. Bd. 51 Nr. 189. Nr. 191: (Stuttgart). Nr. 193: Seuff. Bd. 39 Nr. 204. Vgl. Nr. 228. Nr. 196: Vgl. Seuff. Bd. 51 Nr. 4 v. 4. 1. 1995 (III 287/94). Nr. 198: E. Bd. 30 Nr. 86 S. 296 (Magdeburg, Naumburg). Nr. 200: Vgl. Nr. 229. Nr. 220: Vgl. Nr. 396. Nr. 229: Vgl. Nr. 2OO. Nr. 244: Seuff. Bd. 39 Nr. 206 S. 293. Nr. 247: E Bd. 16 Nr. 22 S. 116. Tit. 3 S. 172: Zu 8 393 vgl. Nr. 511. E. Bd. 29 Nr. 29. 4. Abschn S. 174: Über Abtretung der Forderung aus dem pactum de mutuo dando vgl. Nr. 526 u. E Bd. 32 S. 364; Seuff. Bd. 53 Nr. 99. Nr. 283: E. Bd. 16 Nr. 22 S. 116. Nr. 287/288: Vgl. Nr. 54. Nr. 337 lies 1885 statt 1855. Tit. 14 S. 251: Vgl. Nr. 1282. Tit. 15 S. 255: Vgl. auch Nr. 389 u. 1000. Nr. 338: Vgl. Nr. 1311 u. 1321. Ebenso Illa 193/86 v. 4. 11. 1886. E. Bd. 18 S. 173 (Frankfurt a. M.). S. 273, § 808: Vgl. Nr. 1343. Nr. 368: Ebenso VI. 190/94 v. 5. 11. 1894 Seuff. Bd. 50 Nr. 89. Nr. 406 lies: „von der Bekl." statt von dem Bekl. Nr. 411 S. 279 lies: „nicht seinem Schuldner" statt mit seinem Schuldner. Nr. 428: Vgl. Nr. 1286. Nr. 431: Gr. Bd. 37 S. 991 Nr. 54. Nr. 462: Vgl. Nr. 1299. Nr. 523: Vgl. Nr. 857. Nr. 530: Vgl. Nr. 595 ff. Nr. 582: Vgl. Nr. Uff., 857. Tit. 5 S. 408: Vgl. Nr. 1210. S. 409 Nr. 594 lies: Nebenbestrmmung quamdiu volam und zu 5. Abschn.: Vgl. Nr. 1199s. u. in Nr. 595 lies: Vgl. Nr. 530, nicht 521. Nr. 726: Cautela Socini.
Erstes Buch.
Allgemeiner Teil 1. Abschnitt. Personen. §§ 7 ff.
Titel 1. Natürliche Personen. Wohnsitz.
1. Begründung des Wohnsitzes bei ungewisser Dauer des Aufenthalts. III. v. 17. 6. 1834.
Smff. Bd. 40 Nr. 7 S. 9.
IW. 1884 S. 274 f. (Celle).
Aus der bloß prozessualischen Vorschrift des § 20 CPO. kann für die
Feststellung des nach civilrechtlichen Grundsätzen zu bestimmenden Wohnsitzes
nichts hergeleitet werden.
Zur Begründung des letzteren gehört Einheit des
Willens und der Tat, der Entschluß an Aufenthalt an demselben.
einem Ort zu wohnen und
der
In betreff des Willens ist nicht die Absicht er
forderlich, dauernd an einem Ort zu bleiben, sobald man damit das Erfordernis verbindet, daß dieser Wille von vornherein auf einen unveränderlichen Auf enthalt gerichtet sein müsse, und zugleich voraussetzt, daß eine auf ungewisse Dauer des Aufenthalts gerichtete Absicht nicht zu berücksichtigen sei.
Nur so
viel läßt sich behaupten, daß die Annahme der Begründung eines Wohnsitzes
regelmäßig dann ausgeschlossen ist, wenn der Wille von Anfang an nur bis
zum Zeitpunkt des Aufhörens des Aufenthalts gerichtet war.
2. Mehrfacher Wohnsitz des Ehemannes. III. 418/82 v. 2. 3. 1883. IW. 1883 S. 126 Nr. 47.
Vgl. CPO. § 606.
RG. nimmt an, daß es auch für Ehesachen einen mehrfachen allgemeinen
Gerichtsstand des Wohnsitzes geben kann und führt aus: wenn der Ehemann seine Frau böslich verläßt und anderswo ein Domizil gewinnt,
wird man
freilich in der Regel voraussetzen dürfen, daß er nicht die Absicht hatte, daneben noch seinen bisherigen Wohnort als zweites Domizil beibehalten zu wollen.
Wenn aber der Ehemann im Einverständnis mit seiner Frau außer Landes geht, um dort eine gewerbliche Stelle einzunehmen, beim Weggang aber Frau
und Kinder an seinem bisherigen Wohnsitz zurückläßt, um sie erst Nachkommen zu lassen, sobald sich dazu passende Gelegenheit findet, so läßt sich nur an nehmen, daß er beabsichtigt habe, das Domizil, welches er selbst bisher gehabt Rudorfs. Reichsgerichts-Entscheidungen. Bd. I. 1
hat und in welchem er den Hausstand für die Seinigen vorläufig auf un bestimmte Zeit fortbestehen lasten will, nicht sofort aufzugeben, und würde es besonderer tatsächlicher Momente bedürfen, um eine entgegengesetzte Annahme
zu rechtfertigen.
Namensrecht.
§ 12.
3. Gestattung der Führung LeS Familiennamens.
I. 585/81 v. 22.10.1881. (Kiel). Dgl. EG. Art. 208.
Ob
Senfs. Bd. 37 Nr. 86 S. 130
E. Bd. 5 Nr. 45 S. 176.
holsteinische Recht
das
Annahme.
etwa
zu
denjenigen Landesrechten
gehört,
welche dem unehelichen Kinde das Recht beilegen, den Familiennamen des^
Vaters zu führen, wenn derselbe zustimmt (vgl. Roth, System d. d. PrR. Bd. 2r S. 357 Nr. 2; Stobbe, Handb. d. d. PrR. Bd. 3 S. 51 Nr. 4), würde nicht in
Betracht kommen, weil die Zulassung des Einwandes der Einwilligung des Kl. Kl. ficht dieselbe an, weil nicht feststehe, daß.
nicht auf dieser Erwägung beruht.
die Gestattung, seinen Namen zu führen, durch einen Vertreter des Kindes
angenommen worden
sei.
Wenn man nun auch unterstellt, daß die Er
klärung des Kl. der Annahme bedurfte, und zwar von feiten des Kindes, so
ist eine Annahme aus der unbestrittenen Tatsache zu entnehmen, daß die Mutter des Kindes für dasselbe die Eintragung im Taufregister auf den Namen
Paul v. d. P. erwirkt und das Kind diesen Namen seither unter Zustimmung, der Vormünder geführt hat. 4. Namenssührung nach Schrinarrogatio« zum Zwecke der Übertragung des Adels.
VI. 316/91 v. 11. 4.1892. E. Bd. 29 Nr. 32 S. 124. IW. 1892 S. 278 Nr. 32 (Heilbronn, Stuttgart). Vgl. §§ 117, 1757 ff.; EG. Art. 55ff.
Wenn die
unbefugte Führung des Namens
objektiv
geeignet ist,
den
Schein der Zugehörigkeit zu der Familie, welche beit Namen führt, zu er regen,
was
bei
sehr verbreiteten Familiennamen
nicht
leicht,
bei seltenen
Familiennamen häufiger der Fall sein wird, muß der Regel nach jedes einzelne
Familienmitglied
zur Abwehr des
Eingriffes
in
sein
aus
zugehörigkeit entspringendes Namensrecht berechtigt erscheinen.
der
Familien
Umsoweniger
läßt sich die Aktivlegitimation im vorliegenden Falle bezweifeln, da nach der
unangefochtenen Annahme der Vorinstanz die Klage hier von sämtlichen der zeitigen (männlichen) Mitgliedern der Familie v. O. in Vertretung der Familie
und daneben im eigenen Namen angestellt worden ist.
Allerdings
will Bekl. nach
den von ihr abgegebenen Erklärungen bett
Familiennamen der Kläger nicht ausschließlich an Stelle des ihrigen führen, ihn vielmehr, unter Fvrtlassung der Adelsbezeichnung „von", ihrem eigenen
Familiennamen
hinzufügen;
indessen
auch eine derartige Hinzufügung eines
fremden Namens kann, falls sie unbefugt vorgenommen wird, unter
Um
ständen eine Verletzung des Namensrechtes der Familienmitglieder enthalten.
4. Abschn. Personen. Titels. Natürliche Personen. § (2. Namensrecht.
3
Ob dies der Fall, ist nach den konkreten Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden.
Nach den Erwägungen des BG.:
Die Fortlassung des „von" vor dem
Namen O. habe zweifellos ihren Grund in dem Mangel der landesherrlichen
Genehmigung zur Führung des Adelsprädikates und sei nicht geeignet, Schein
der Familienzugehörigkeit
zu
beseitigen,
den
zumal Bekl. möglicherweise
künftig das Recht auf Führung des Adelsprädikates erlangen könnte; ebenso wenig stehe der Klage der Umstand entgegen, daß Bekl. sich nicht einfach O.,
sondern B.-O. nennen will, vielmehr komme gerade hierdurch in Verbindung mit den Einträgen und der öffentlichen Bekanntmachung der Namensänderung
zu Tage, daß Bekl. ihren: Namen den Namen der Kl. zufolge des mit einem Mitgliede dieser Familie geschlossenen Arrogationsvertrages beilegt: läßt sich in
der Annahme der Vorinstanz, daß Bekl. den Familiennamen der Kl. in einer
Weise führen will, welche geeignet ist, den Schein der Zugehörigkeit zu der
Familie der Kläger zu erregen, die Verletzung irgend welcher revisibler Rechts normen nicht erkennen. Da dem Namensberechtigten ein gerichtlicher Schutz nur gegenüber einer
unbefugten Führung seines Familiennamens zu gewähren ist, so könnten Kl. mit dem erhobenen Ansprüche nicht durchdringen, wenn Bekl. nach den für die
Beurteilung ihrer persönlichen Befugnisse maßgebenden Gesetzen ihres Wohn
sitzes ein Recht auf die Führung des Namens B.-O. erworben hätte.
Ein
solches Recht wird von ihr aus dem bestätigten Adoptionsvertrage hergeleitet.
Diesen Vertrag erachtet indessen BG. ohne Verletzung einer revisibelen Rechts norm für nichtig und unwirksam — und zwar wegen Simulation.
Wesent
licher Inhalt des Arrogations- wie des Adoptionsvertrages ist die Begründung
eines Kindes- und Familienverhältnisses zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen, und nur als eine der Wirkungen des neubegründeten Kindes verhältnisses stellt sich der Übergang des Familiennamens und Standes des
Adoptivvaters auf das Adoptivkind dar.
Sind also die Kontrahenten darüber
einverstanden gewesen, daß der von ihnen abgeschlossene Vertrag einzig und allein den Übergang des Familiennamens hervorbringen, im übrigen aber ein
Kindesverhältnis nicht begründen sollte, so ist der Arrogationsvertrag als solcher, weil eine Annahme an Kindesstatt nicht beabsichtigt, sondern nur zum Scheine erklärt war, nichtig, und es bleibt nur noch zu untersuchen, ob etwa der Teil
der Vertragsbestimmungen, welcher dem wirklichen Willen der Kontrahenten entspricht, für sich allein als rechtsgültig und wirksam anzusehen ist.
muß indessen verneint werden.
Dies
Mag man das Recht zur Führung eines be
stimmten Namens als Eigentum am Namen bezeichnen wollen oder nicht, in jedem Falle fehlt dem Namensberechtigten die — sonst an sich im Eigentums
liegende — Befugnis, den Namen zu veräußern oder sonst darüber zu ver
fügen.
Der Erwerb des Familiennamens vollzieht sich nach (gemeinem) deutschen
Rechte als unmittelbare Folge bestimmter Ereignisse, welche eine Familien-
1*
Zugehörigkeit begründen, namentlich der Geburt, der Verehelichung, der An erkennung, der Legitimation, der Annahme an Kindesstatt.
Der so erworbene
Familienname haftet an der Person des Berechtigten und kann von diesem weder unter Lebenden noch von Todes wegen durch Rechtsgeschäfte auf einen anderen übertragen werden.
Hätte also v. O. mit B. und dessen Deszendenten
nichts weiter vereinbart, als daß letztere fortan berechtigt sein sollten, neben
ihrem eigenen Namen den Namen O. zu führen, so wäre einer derartigen
Disposition über den Familiennamen jede rechtliche Bedeutung abzusprechen. Solche Bedeutung konnte aber die an sich wirkungslose Vereinbarung dadurch
nicht erlangen, daß sie zum Scheine in die Form eines Arrogationsvertrages gebracht und zu diesem Zwecke mit Erklärungen verknüpft wurde, die von keinem
der Kontrahenten ernstlich gewollt waren.
5. Interesse des Namensberechtigten. VI. 210 98 u. 3. 11.1898.
E. Bd. 42 Nr. 36 S. 147 (Würzburg, Bamberg).
Das Recht am Namen ist nicht von dem Vorhandensein eines vermögens rechtlichen Interesses bedingt, sondern
ein selbständiges, mit dem den Namen
gebenden Ereignisse für den Namensträger entstehendes Individualrecht. kann somit auch
Es
dem Namensträger, insoweit die Führung des bürgerlichen
Namens für sich in Frage steht, nicht durch die Rechtshandlung eines anderen
Trägers, dessen Verfügungen sonst für ihn rechtlich bindend wären, somit auch nicht den Erben durch eine Rechtshandlung des Erblassers, entzogen werden. Der erkennende Senat hat in einer Entscheidung v. 11. April 1892 das
Erfordernis der Verletzung eines Interesses des Namensberechtigten insofern anerkannt, als er das Klagerecht auf Unterlassung der Führung des Namens
dann zugesteht, wenn im gegebenen Falle die Führung des Namens objektiv geeignet erscheint, den Schein der Zugehörigkeit zu der Familie, die den Namen führt, zu erregen.
sS. Nr. 4.]
Nach der Zurücknahme der von der Firma eingelegten Revision und gemäß der Einwilligung der Firma in die Führung des Namens kommt das ver
mögensrechtliche Interesse nicht mehr in Betracht, dagegen aber das familien rechtliche Interesse der Zugehörigkeit zur Familie.
Dieses konnte auch durch
die bloße Hinzufügung des fremden Namens zu dem eigenen Namen verletzt
sein.
sDas.j
Ob die tatsächlichen Verhältnisse eine solche Verletzung begründen,
fällt zunächst in das Gebiet der tatsächlichen Feststellung.
Verletzung
und begründet dies damit,
„Schiedmayer"
daß
BG. verneint die
durch den Zusatz des Namens
und die Art der Verbindung des angenommenen Namens mit
dem eigenen des Bekl.
nur seine Verwandtschaft von mütterlicher Seite aus
gedrückt sein solle, er somit von der Familie der Kläger und deren Namen
deutlich unterschieden sei, und eine Zugehörigkeit des Bekl. zur Familie der Kl. nicht hervortrete.
Ein Rechtsirrtum ist hierin nicht erkennbar....
(. Abschn.
Titel 2.
Personen.
Juristische Personen.
§§ 2\ff.
5
6. Führung eines Familiennamens durch ein Hotel. Seuff. Bd. 42 Nr. 92 S. 134 (Celle).
III. v. 19. 5.1886.
Vgl. HGB. § 22.
Will man auch mit dem BG. dem Dritten, dessen Name in nicht miß zuverstehender Weise zur Bezeichnung eines ihm fremden gewerblichen Etablisse
ments gebraucht wird, ein im Wege der Klage zu verfolgendes Widerspruchs
recht
einräumen,
so
sind
doch
dieses Rechtssatzes auf die
bei Anwendung
vorliegende Sache die besonderen Verhältnisse derselben nicht ausreichend be rücksichtigt worden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Name, unter
welchem ein Hotel bisher mit Erfolg betrieben und nach außen bekannt geworden ist, ebenso wie eine Firma von anerkanntem Ruf, an sich einen Wert hat, und
daß bei einem Verkauf des Hotels der Verkäufer auf einen geringeren Preis rechnen muß, wenn er eine Namensänderung zur Bedingung macht.
Soweit
ein Hotel mit größerem Betriebe in Frage ist und nicht besondere Verhältnisse vorliegen, wird für den.Verkäufer wie für den Erwerber nach der Natur der Sache immer der Ruf und der Name des Etablissements für den geforderten
und bewilligten Preis ein so erheblicher Faktor sein, daß Verkauf und Erwerb
des Grundstücks mit seinem Namen solange als gewollt anzusehen ist, als sich aus besonderen kontraktlichen Bestimmungen oder den Umständen des
nicht Falls
eine entgegengesetzte Willensmeinnng ergibt.
Auch ist der Verkäufer,
wenn er das Hotel mit der bisherigen Bezeichnung verkauft hat, nicht in der
Lage, der Fortführung der Bezeichnung durch einen späteren Nacherwerber zu
widersprechen,
es
sei
denn,
daß er nur seinem Mitkontrahenten die Fort
führung der bisherigen Bezeichnung gestattet haben sollte; denn durch den
Verkauf mit dem Namen wird letzterer an sich mit dem Grundstück ver bunden und erscheint als eine Eigenschaft desselben.
Nach diesen Gesichts
punkten wird es bei Beurteilung der vorliegenden Sache wesentlich darauf ankommen, ob Kl. bei dem Verkauf seines Hotels eine Änderung der Be
zeichnung
bedungen
oder doch die Fortführung der bisherigen Bezeichnung
nur seinem Mitkontrahenten gestattet hat, während ein später von dem Er werber
erteiltes,
Namensänderung
jedoch die
nicht
würde rechtfertigen können.
gebrachtes Versprechen
zur Ausführung
jetzige Klage
Für
gegen
die
den
der
späteren Nacherwerber nicht
Beantwortung dieser Frage gewährt
der bezogene Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils eine ansreichende Grund
lage nicht.
Titel 2.
Juristische Personen (§§ 21 ff.).
7. Geschäftsführung für eine zukünftige juristische Person. V. v. 30. 10. 1886.
Seuff. Bd. 42 S. 160 Nr. 112 (Landr.).
Rechtsirrtümlich ist die Erwägung, daß der Verein keinen Kaufvertrag
abschließen durfte, in welchem als eigentliche Käuferin die juristische Person, in die er sich künftig zu verwandeln gedachte, hingestellt wurde.
BG. hält
solchen Kaufvertrag um deswillen für rechtlich unmöglich, weil der Verein
nicht das Recht gehabt habe, die erhoffte künftige juristische Person zu ver
Gründe für letztere Ansicht sind nicht angegeben, sie ist aber auch
treten.
nicht
zu
prinzipiell
würde
Es
begründen.
eine
dieser
Vertretung
Art
unter den Begriff der unbeauftragten Geschäftsführung fallen; aber weshalb
eine Geschäftsführung nicht auch für eine dermalen noch jurfftische Person
sollte
dürfen
stattfinden
nicht existierende
wie allerdings
—
in
Förster-
Eccius, Theorie und Praxis des pr. R. Bd. 2 S. 490 Anm. 19, gelehrt wird — ist nicht erfindlich.
der
Geschäftsführung,
Es handelt sich hier nur um diejenige Seite
welche das
Verhältnis zwischen
daß
der Kauf
eine
für
ihrer Entstehung
abgeschlossen werden sollte, so
Person
dem
Geschäftsführer
Wußte der dritte Kontrahent,
und dessen drittem Vertragsgenossen betrifft.
nach
noch
ungewisse juristische
gestaltete sich die Vertragsschließung
zwischen ihm und dem Verein (dem Geschäftsführer der juristischen Person)
einfach zu einer durch die Entstehung der juristische): Person bedingten, und die Hinzufügung dieser Bedingung zu einem Kaufverträge kann keinem Be denken unterliegen. Überdies läßt sich die Zulässigkeit einer Geschäftsführung für eine künftige natürliche Person (einen nasciturus) (mit Zeugnissen aus
dem römischen Recht) belegen (fr. 29 de neg. gest. 3. 5; fr. 19 § 2 de
test. tut. 26. 2) svgl. BGB. §§ 1912, 1923, 1963]; es ist ferner unbezweifelt,
daß
die Geschäftsführung für
auch
eine zwar schon bestehende, aber noch
ungewisse Person zuzulassen ist (BGB. § 1913]
ALR. I 11
(vgl. preuß.
§§ 13, 14; I 13 § 261); und von diesen Fällen ist derjenige einer Geschäfts
führung
für
verschieden.
eine
eventuelle
künftige juristische Person
grundsätzlich
nicht
Eine Geschäftsführung letzterer Art wird auch bei der Gründung
von Aktiengesellschaften wie von sonstigem Zweckvermögen in anerkannt rechts
wirksamer Weise gehandhabt. 8. Mitgliedschafts, und Sonderrechte. VI. 408/93 v. 12. 4. 1894.
§§ 32 ff. E. Bd. 33 Nr. 38 S. 175 (Stuttgart).
Durch ihren Beitritt zu dem verkl. Vereine, welcher erfolgte auf Grund bestimmter,
insbesondere
den Erwerb
und
den
Verlust
der Mitgliedschaft
regelnder Statuten, sowie durch die Zahlung der statutenmäßigen Beiträge haben Kl. gegen
den Verein den Anspruch
auf die in den Statuten be
zeichneten Leistungen, auf Jnvalidenunterstützung, Witwen- und Waisenunter stützung und Beiträge zu den Beerdigungskosten, erworben.
Dieser Anspruch
ist ein jus quaesitum oder, wenn man den Ausdruck gebrauchen will, ein
Sonderrecht vermögensrechtlicher Natur der Kl. (als Mitglieder) gegen den Verein,
welcher nach
Organisation
als
heutiger Rechtsanschauung vermöge seiner
Subjekt
(vgl. Bd. 8 S. 121).
der
entsprechenden
Verbindlichkeit
besonderen
anzusehen
ist
Unerheblich ist in dieser Beziehung, daß es sich uni
bedingte oder betagte Ansprüche handelt; dies liegt in der Art der von dem Vereine
seinen
Mitgliedern gewährleisteten Unterstützungen.
Der Anspruch
(. Abschn.
§§ 32ff., § 8Y.
Juristische Personen.
Titel 2.
Personen.
7
■auf dieselben ist in gleicher Weise zu beurteilen, wie bei einer auf Gegen
seitigkeit beruhenden
Versicherungsgesellschaft der
der Versicherten
Anspruch
auf die Versicherungssumme bei Eintritt des Falles, in Beziehung auf welchen die Versicherung lautet. dekl. Verein,
dem
Hieran kann der Umstand nichts ändern,
namentlich durch das besondere Verhältnis,
Allg. D. Buchdruckergehilfenvereine steht,
auch
daß der
in welchem er zu
ideale Zwecke
verfolgt.
In erster Linie ist er seit seiner Gründung nach der deutlichen, auch bei der
Rev. der Statuten vom Dezember 1892 beibehaltenen Zweckbestimmung ein
Unterstützungsverein für gewisse in den Statuten vorgesehene Fälle.
Auch
die Rev. zieht nicht in Zweifel, daß den Kl. wohlerworbene Ansprüche gegen
den Verein in dem bezeichneten Sinne zustehen.
der
wie
zudem,
Versicherten
des
Anspruch
Diese Ansprüche sind aber
auf
die
Versicherungssumme,
vertragsmäßiger Natur und können als solche den Mitgliedern gegen ihren
Willen nicht im Wege der Statutenänderung, selbst wenn diese formell gültig
Dafür spricht sich auch für Fälle der vor
beschlossen ist, entzogen werden.
liegenden
Art
Theorie
und
Praxis
überwiegend
aus
(vgl.
Gierke,
Ge-
nossensch. S. 239; ROHG. Bd. 8 S. 180 f.; RG. Bd. 25 S. 153—160).
§ 89.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts.
Ä. Stallones flscl.
IV. 309/95 v. 12. 3. 1896. E. Bd. 37 Nr. 61 S. 248 (Marienwerder). Vgl. § 823. Der Rechtssatz,
daß die einzelnen fiskalischen Stationen
als solche
der
selbständigen Rechtspersönlichkeit entbehren und nur in ihrer Gesamtheit die juristische Person des Fiskus ausmachen, hat nicht bloß in der Rechtsprechung
des preuß. OTrib., sondern auch in der Praxis des RG. Anerkennung gefunden (vgl. Entsch. Bd. 2 S. 393, Bd. 21 S. 57). 10. Keine Vertretung des Reichsfiskus durch den Preuß. Proviuzialfteuerdirektor.
E. Bd. 11 Nr. 19. S. 93 (Berlin).
IV. 438/83 v. 9. 4. 1884.
Die Vertretung im Prozesse ist
ein Bestandteil der allgemeinen Ver
tretungsbefugnis Dritten gegenüber und letztere, soweit sie nicht vom Kaiser persönlich
ausgeübt
wird,
den
steht
mit
der
Verwaltung, der
Reichsan
gelegenheiten betrauten obersten Reichsbehörden, d. i. dem Reichskanzler bezw. dem Reichskanzleramt und den innerhalb derselben bestehenden Reichsämtern
zu;
denn
die Vertretungsbefugnis ist ein Attribut der obersten Leitung des
Staatswesens. Ressorts
bei
Geschäftskreis
Andere als jene Zentralbehörden haben zwar innerhalb ihres
der
Verwaltung
ermächtigt
sie
der
aber
Reichsangelegenheiten nur,
die
erforderlichen
mitzuwirken;
ihr
Maßregeln
zur
Ausführung der für ihren Verwaltungszweig gegebenen Gesetze und Instruk tionen zu treffen und innerhalb der hierzu gehörigen Geschäfte liegt die Vertretung des Reiches Dritten gegenüber nicht. Zur Übertragung der Ver-
tretungsbefugnis bedarf es einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung wie z.
in §§ 151—153 des Reichsbeamtenges. v. 31. März 1873.
des
Reiches
durch
andere
als
seine
Eine Vertretung
eigenen Behörden ist
an sich etwas
Abnormes und bedarf umsomehr einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Ein Gesetz,
eingezogenen direktor
in
welches für
vorliegenden Fall Wage auf Erstattung einer
den
Reichsstempelabgabe Berlins
die
gegen
den
Vertretung ■ des
Kgl.
Preuß.
Reichsfiskus
Provinzialsteuer
den
Behörden
der
Bundesstaaten überträgt, gibt es aber nicht. Ebenso für Reichszöüe III. 438/81 v. 1. 7. 1'885. E. Bd. 5 Nr. 9 S. 34 (Hannover, Celle.) Reichsmilitärfiskus.
11. Vertretung in ReichsfestnngSangelegenheitrn (Ulm) dnrch das preuß. Kriegsministerium. II. 256/82 v. 13. 6. 1882.
E. Bd. 8 Nr. 1 S. 1 (Ulm, Stuttgart).
Die Klage ist durch das preuß. Kriegsministerium namens des Reichs
militärfiskus erhoben; sie stützt sich darauf, daß, wie außer Zweifel ist (vgl. RG. v. 25. Mai 1873 § 1), das Recht des Eigentumes an dem Festungs
gouvernementsgebäude dem Deutschen Reiche zustehe, und bezweckt die Beseitigung
eines dieses Recht angeblich beeinträchtigenden Zustandes.
Eine besondere oberste Reichsmilitärverwaltungsbehörde ist nicht vorhanden.
Nimmt man nun auch an, daß die Landeskontingentsverwaltungen innerhalb Verwaltungskreises
ihres
ermächtigt
seien,
die Interessen des Reiches hin
sichtlich derjenigen Gegenstände zu vertreten, welche im Eigentume des Reiches
stehen, aber in ihrem Besitze sich befinden, so kann doch aus diesem Grunde das preuß. Kriegsministerium zur Erhebung der vorliegenden Klage nicht für legitimiert erachtet werden; denn es handelt sich in diesem Falle um einen
Gegenstand, der nicht zu einer Landeskontingentsverwaltung gehört, sondern sich im ausschließlichen Besitze des Deutschen Reiches befindet.
Zn dessen Ver
tretung ist aber der Reichskanzler oder ein gesetzlicher Stellvertreter desselben
(RGes. v. 17. März 1878) berufen, sofern nicht durch besondere Bestimmung diese Vertretung einer bestimmten Behörde übertragen ist.
Eine reichsrechtliche
Norm, wonach das preuß. Kriegsministerium den Reichsmilitärfiskus, sei es
allgemein, sei es in denjenigen Angelegenheiten, bei welchen es sich um das Eigentum des Reiches an Festungsgegenständen handelt, zu vertreten Hütte,
existiert nun aber nicht. des
Es kann sich daher nur fragen, ob die Legitimation
preuß. Kriegsministeriums
zur Vertretung
des Reichsmilitärfiskus
in
dem gegenwärtigen Prozesse sich aus der bezüglich der Festung Ulm zwischen
Preußen, Bayern und Württemberg getroffenen Vereinbarung v. 16. Juni 1874 ergibt.
Diese Frage muß verneint werden.
Für eine reichsrechtliche Norm
kann diese Vereinbarung, da ihr die Gegenzeichnung des Reichskanzlers fehlt, nicht erachtet werden (Art. 17 der Reichsverfassung).
Außerdem kann aber
auch die daraus von der Vorinstanz gezogene Folgerung nicht für richtig erachtet werden; denn es ist weder in den angezogenen Art. I, III, VIII noch
sonst in der Vereinbarung eine Bestimmung enthalten, welche einen solchen
Schluß rechtfertigen würde. 12. Vertretung durch die KorpS-Jntendautur bei Entschädigungsklagen aus dem Kriegs und Friedensleistungsges. gegen das Reich.
V. 469/54 v. 16/20.12.1885. E. Bd. 15 Nr. 11 S. 37. IW. 1886 S. 168 Nr. 19. Das nach Art. 63 Abs. 4 dem Kaiser allgemein zustehende Dislokationsrecht kann in seiner Ausübung, auch unter Einhaltung der ihm durch die einzelnen
Konventionen mit den Bundesstaaten gegebenen Schranken, dahin führen, daß durch Übungen eines Truppenteils, welcher nicht dem Kontingente angehört, auf dessen Gebiete er sich befindet, Beschädigungen verursacht werden, wie sie das Kriegs- und Friedensleistungsges. vorgesehen hat, ein Fall, in welchem in
materieller, wie formeller Beziehung nur das Reich als der Entschädigungs pflichtige gedacht werden könnte.
Das Gesetz unterscheidet überhaupt nicht in
Bezug aus den unmittelbaren Urheber der Beschädigung und
es ist deshalb
mit Laband (Staatsrecht des Deutschen Reichs III S. 316) anzunehmen, daß als solcher nur das Reich in Frage kommt.
(Es wird weiter ausgeführt, daß
die Intendantur des (preußischen] Armeekorps, in dessen Bezirk die Leistung
erfolgt, oder der Schade zugefügt worden, das Reich im Prozesse zu vertreten
„In dieser Beschränkung tritt die Entscheidung nicht in Widerspruch
habe.)
mit den Urteilen in Bd. 8 S. 1 ff. u. Bd. 11 S. 93ff."
[@. 0. Nr. 10 u. 11.]
13. Vertretung durch die Landeskontingentsverwaltungen.
III. 153/87 v. 9. 3. 1888. (Kastel).
E. Bd. 20 Nr. 34 S. 148. IW. 1888 S. 184 Nr. 23
Nach der Reichsverfassung sind die Kontingentsverwaltungen der Einzel staaten, vorbehältlich der sich aus der Verfassung selbst ergebenden Beschränkungen
zur selbständigen wirtschaftlichen Verwaltung des Militärwesens und insbesondere
zur selbständigen wirtschaftlichen Armeeverwaltung auf Rechnung und in Ver
tretung des Reiches berechtigt, sie sind befugt, in dieser Beziehung den Reichsfiskus (Reichsmilitärfiskus) sowohl beim Abschlüsse von Rechtsgeschäften, als im Prozesse
zu vertreten, und infolgedessen ist eine Vollmacht des Reichskanzlers zur Führung
eines Prozesses bezüglich der dem Ressort der Militärverwaltung unterliegenden Gegenstände nicht erforderlich, vielmehr muß die Frage, welche spezielle Behörde
die Landeskontingentsverwaltung in einem einzelnen Prozesse zu vertreten habe, in Ermangelung reichsgesetzlicher Bestimmungen nach dem Landesrechte beurteilt
werden. Für den vorliegenden Fall erscheint es nicht zweifelhaft, daß zur Führung
des gegenwärtigen Prozesses die Intendantur des XI. Armeekorps befugt ist. Denn abgesehen davon, daß die Korpsintendanturen als Provinzialbehörden nach den in Preußen bestehenden Grundsätzen bezüglich der zu ihrem Ressort
gehörenden Gegenstände zur Vertretung der Militärverwaltung im Prozesse
befugt sind (vgl. Erlaß des preuß. Kriegsministers v.
6. Aug. 1828
und
des Justizministers v. 4. Juli 1828), herrscht darüber kein Streit, daß das Preuß. Kriegsministerium die Anstellung der vorliegenden Klage genehmigt hat.
Mit der vorstehenden Entscheidung tritt der Senat auch nicht mit anderen Entscheidungen des RG. in Widerspruch.
Zunächst erscheinen die Urteile, durch
welche der Landesfiskus als der richtige Beklagte bei Klagen auf Rückzahlung
zuvielgezahlter Zölle und Reichsstempelabgaben erklärt worden ist (Bd. 5 S. 34, Bd. 11 S. 65, 93, 96, fs. o. Nr. 10]), für den hier vorliegenden Fall von keiner
Allerdings nimmt Laband (Staatsr. S. 194) an, daß die Militär
Bedeutung.
verwaltung in dieser Beziehung der Zollverwaltung gleichstehe.
Allein mit
Recht ist diese Analogie schon von anderer Seite (vgl. G. Meyer, Verwaltungs recht Bd. 2 S. 40 Note 18) als unzutreffend bezeichnet.
Der Einzelstaat erhebt
zwar die Zölle für Rechnung des Reiches, er ist aber nur verpflichtet, die Rein erträge an das Reich abzuliefern und ist insoweit Schuldner des Reiches.
Die
Verwaltung ist im übrigen vorbehältlich des Aufsichtsrechtes des Reiches lediglich
Sache der Einzelstaaten, und werden auch die Ausgaben der Verwaltung aus schließlich von den Einzelstaaten bestritten. Im Reichsetat werden daher auch nur die an das Reich abzuliefernden Überschüsse gebucht, während abweichend von dem Etat der Militärverwaltung der Etat der Zollverwaltung durch die
Gesetzgebung
daß
alle
der Einzelstaaten festgestellt wird.
militärischen
Ausstattungsstücke
dem
Gerade durch den Umstand,
Reichsfiskus
gehören,
und
daß der Etat für die Militärverwaltung durch Reichsgesetz festgestellt wird,
wird das Argument beseitigt,
auf Grund dessen
das Reichsgericht in Zoll-
und Reichsstempelsachen den Landesfiskus für das berechtigte Prozeßsubjekt erklärt hat.
Was aber die Entscheidungen des RG. über die Vertretung des Reichsmilitürfiskus anlangt, so ist bisher eine prinzipielle Entscheidung der Frage, wer
denselben in Prozessen zu vertreten habe, noch nicht ergangen.
In Bd. 8 S. 1
(f. o. Nr. 11] ist ausdrücklich die Annahme als eine mögliche hingestellt, daß
die Landeskontingentsverwaltungen innerhalb ihres Verwaltungskreises ermächtigt
seien, die Interessen des Reiches hinsichtlich derjenigen Gegenstände zu vertreten, welche im Eigentume des Reiches stehen, oder in ihrem Besitze sich befinden.
In Bd. 15 S. 37 [f. o. Nr. 12] findet sich gleichfalls eine prinzipielle Ent scheidung der Frage nicht.
Auch abgesehen von diesen Urteilen sind dem Senati
keine Entscheidungen bekannt geworden, welche mit der hier getroffenen im
Widersprüche stehen. Ebenso III. 226/89 v. 24. 9. 1839.
E. Bd. 24 Nr. 6 S. 36 (Celle); s. bei § 1004.
Vertretung durch die Fortifikation in Festungsbausache«.
VI. 371/94 v. 7. 3. 1895. E. Bd. 35 Nr. 4 S. 13 (Berlin). V. 292/95 v. 14. 3. 1896. Gr. Bd. 40 S. 1126 Nr. 6. (Marienwerder); (f. bei §§ 925 ff.). II. 238/98 v. 6. 12. 1898. E. Bd. 43 Nr. 3 S. 12.
(. Abschn. Personen.
Juristische Personen.
Titel 2.
§ 8Y.
11
Vertretung durch die Artillerie-Werkstatt in Angelegenheiten ihres Betriebes. II. 201/98 v. 1. 11. 1898.
E. Bd. 42 Nr. 16 S. 66 (Köln).
14. Vertretung des preutz. Staates den Kirchengesellschaften gegenüber. IV. 202/87 v. 19. 3. 1888. Art. 55.
IW. 1888 S. 190 Nr. 46 (Halle, Naumburg).
Das ALR. stellt im § 113 Tl. II
Tit. 11
den Grundsatz
Vgl.
auf, daß
die Rechte des Staates den Kirchengesellschaften gegenüber durch den Minister
der geistlichen Angelegenheiten wahrzunehmen sind, soweit sie nicht dem Staats
oberhaupt ausdrücklich Vorbehalten worden.
Ein solcher Vorbehalt ist im
Gesetzbuch selbst nur für die Fälle der §§ 308 und 311 a. a. O. gemacht und auch aus der späteren Gesetzgebung bis zum Jahre 1832 hin nicht zu ent Namentlich sind in der Verordnung v. 27. Okt. 1810, betreffend
nehmen.
die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden, unter C, im Anschluß an den § 113, Tl. II Tit. 11 des ALR. dem Kultusminister alle Rechte der
obersten Aufsicht und Fürsorge des Staats in Bezug auf Religionsübung delegiert, und dem Könige nur die ausdrückliche Genehmigung für jede Annahme und Veränderung von Stiftungen für religiöse Zwecke Vorbehalten (vgl. ALR.
Tl. II Tit. 11 §§ 197—216, 949 und jetzt Ges. v. 23. Febr. 1870, §§ 1, 2).
15. Evangelische Landeskirche. IV. 352/92 v. 29. 4.1893.
IW. 1893 S. 374 Nr. 101 (Posen).
Vgl. Art. 55.
Für die Nachprüfung der Sache kommt es zunächst darauf an, welches Rechtssubjekt unter der mitbeklagten evangelischen
ist.
Landeskirche zu verstehen
Diese Bezeichnung weist nicht notwendig auf die Gesamtheit der evan
gelischen Kirche in den
älteren Provinzen der preußischen Monarchie hin.
Nach der für dieses Staatsgebiet bestehenden evangelischen Kirchenverfassung,
wie solche
ihren Abschluß in
der Kirchengem.- und Syn.-O. v.
10. Sept.
1873, dem Ges. v. 25. Mai 1874, der General-Syn.-O. v. 20. Jan. 1876
und dem Ges. v. 3. Juni 1876 gefunden hat, ist die ev. Kirche derart ge
gliedert, daß sie mehrere, teils engere teils weitere, selbständige Verbände ent hält.
Die Grundlage bilden die einzelnen lokalen Kirchengemeinden (Gem.-
u. Synodal-O. v. 10. Sept. 1873 §§ 1—48).
Die
zu
einer Diözese ver
einigten Kirchengemeinden bilden der Regel nach den Kreissynodalverband (§§ 49
bis 57
a. a. O.).
Die Kreissynoden
jeder Provinz
Provinzial-Synodalverband (§§ 58—70 a. a. O.).
bilden
zusammen den
Die ev. Landeskirche der
neun älteren Provinzen endlich bildet den General-Synodalverband (Gen.-Syn.-O.
v. 20. Jan. 1876 § 1).
Deshalb ist vorliegend das entscheidende Gewicht
darauf zu legen, welchen kirchlichen Verband die der Klage zu Grunde liegende Kirchenangelegenheit berührt.
Nun
will die
klagende
Kirchengemeinde das
Recht, ihren Pfarrer zu wählen, gegen die beiden Bekl., Patron und evangelische
Landeskirche, festgestellt wissen.
Danach steht in Streit ein kirchliches Wahl
recht mit Bezug auf eine lokale Kirche, wobei als Prätendenten die lokale
Kirchengemeinde und das Konsistorium der Provinz in Vertretung der geist lichen Oberen einander gegenüberstehen. daß
das
streitige Rechtsverhältnis
evangelischen Gesamtkirche
Demzufolge muß angenommen werden,
außerhalb des
rechtlichen Interesse
der
liegt und nur dasjenige des provinzialkirchlichen
Verbandes der Provinz Posen berührt. Kirchengemeinde,».
16. IV. 263/88 v. II. 1.1889.
IW. 1889 S. 73 Nr. 24 (®em. R ).
Eine Kirchengemeinde,
welche der Aufsichtsführung
des
Konsistoriums
unterstellt ist, hat keine unbeschränkte Selbstverwaltung, so daß man sie in ihrem Verfügungsrecht auf eine Linie mit physischen Personen stellen und an
nehmen dürfte, daß es überall nur von ihrem eigenen Ermessen abhängig sei, ob sie zur Wahrung der Gemeinde-Interessen sich auf einen Prozeß über die
selben einlassen wolle oder nicht.
Der mit der Aufsichtssührung betrauten Be
hörde erwächst aus dieser aber nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht,
darüber zu wachen, daß die mit der Verwaltung betraute Behörde der Gemeinde es an einer ordnungsmäßigen Wahrung ihrer Interessen nicht fehlen läßt.
Na
türlich kann dabei das Verhältnis der Aufsichtsbehörde zum Organ der Gemeinde
verschieden gestaltet sein und im allgenieinen wird sich mehr nicht darüber sagen lassen, als daß eine wirksame Aufsichtsführnng über die Verwaltung der
Gemeinde der vorgesetzten Behörde die Mittel zu Gebote stellen muß, um die
zur Abwendung von Vermögensverlusten notwendigen Maßregeln einer renitenten Gemeindevertretung gegenüber zur Ausführung zu bringen. 17. IV. 386/87 v. 12. 3.1888.
IW. 1888 S. 172 Nr. 26.
Daß Korporationen und Gemeinden Besitz nicht bloß durch den Vorstand, sondern
auch
durch Beamte erwerben können,
(§§ 32, 34 des ALR. Tl. I Tit. 7).
sagt das Gesetz ausdrücklich
Danach ist nicht zu bezweifeln, daß
Kirchengemeinden durch den Pfarrer als Kirchenbeamten die Ersitzung eines affirmativen Rechts anfangen und fortsetzen können, wie solches auch von dem
preuß. OTrib. v. 16. Okt. 1868, Striethorst A. Bd. 72 S. 289, angenommen worden ist.
Bon diesem Grundsätze völlig verschieden ist die von dem OTrib.
Plbeschl. v. 5. Okt. 1863 Entsch. Bd. 50 S. 1 bejahte Frage, ob gegen den
Pfarrer zum Nachteile der Pfarre die Verjährung anfangen und fortgesetzt
werden kann. 18. IV. 224/86 v. 8.1. 1887.
Es
besteht in
IW. 1887 S. 58 Nr. 74.
Doktrin
und Praxis des pr. R. darüber kein Zweifel,
daß unter den vom Staate ausdrücklich aufgenommenen „Kirchengesellschaften",
welchen § 17 Tl. II Tit. 11 des ALR. die Rechte privilegierter Korporationen
erteilt, nicht die rezipierten Kirchen als Gesamtverbände, sondern nur die den selben angehörigen einzelnen Lokalverbände (Kirchengemeinden) zu verstehen und
(. Abschn. Personen.
Titel 2.
Juristische Personen. § 89-
13
daß die letzteren die Träger der kirchlichen Vermögensrechte in aktiver und passiver Hinsicht sind.
Demnach sind denn auch die Worte „Kirchengesellschaft"
und „Kirchengemeinde" im Sinne des ALR. wesentlich von gleicher Bedeutung.
Es kann einem gegründeten Bedenken nicht unterliegen, daß gegenwärtig die Kirchengemeinden in allen ichren Vermögensangelegenheiten, zu welchen auch die gemeinsamen Angelegenheiten der Eingepfarrten als solcher gehören von
den Gemeindekirchenräten vertreten werden, die nur in gewissen Beziehungen an die beschließende Mitwirkung der Gemeindevertretung gebunden sind (§§ 22, 23 der Kirchengem.- u. Syn.-O. Art. 2, 3 des Ges. v. 25. 5. 1874).
Neben diesen
Organen ist für die Funktion anderweit von den Eingepfarrten gewühlter Re präsentanten kein Raum, wie dies ausdrücklich auch durch die Aufhebung des § 159 Tl. II Tit. 11 ALR. völlig klargestellt ist.
Insbesondere erstreckt sich die
Zuständigkeit der Gemeinde-Organe auch auf solche Angelegenheiten, bei welchen
die eventuelle Verpflichtung der Eingepfarrten zur Bestreitung kirchlicher Be dürfnisse in Frage steht.
19. Pfarrkirchen. IV. 114/90 v. 4.10. 1890. IW. 1890 S. 380 Nr. 27. Die Rkl. irrt, wenn sie meint, Pfarrkirchen seien nur diejenigen Kirchen, welche für einen bestimmten örtlichen Bezirk errichtet sind.
dies zutreffen.
In der Regel wird
Dadurch werden aber Ausnahmen nicht ausgeschlossen; vielmehr
haben namentlich
auch in Preußen, von jeher Personalgemeinden bestanden,
deren Mitglieder nicht sowohl durch ihren Wohnsitz als durch gewisse besondere persönliche Eigenschaften zu der betreffenden Gemeinde gehören (vgl. Richter-
Dove-Kehl, Lehrbuch des kath. und ev. Kirchenrechts 8. Aufl., § 159, S. 530 ff., Jacobson, Das ev. Kirchenrecht Abt. I §§ 57, 59 S 233 ff.; ALR. Tl. II Tit. 11
.§§ 260 ff.; bezüglich der franz. Kolonisten die KO. v. 30. Okt. 1809. Bd. 10 S. 169).
Rabe
Es darf nur an die Militär- und Garnisönkirchen, sowie
an die Anstaltskirchen und an die Kirche der franz. Kolonisten erinnert werden,
deren Eigenschaft als Pfarrkirchen bisher nicht angezweifelt ist.
20. Erlöschen einer Parochie. IV. 384/89 v. 16. 4.1890. Das
Erlöschen
IW. 1890 S. 168 Nr. 45.
einer Parochie erfordert sachlich,
daß
der
Zweck des
Parochialverbandes, nämlich die Gemeinschaft des öffentlichen Gottesdienstes, sich nach den Verhältnissen der Parochie nicht mehr erreichen läßt, und formell
eine das Erlöschen aussprechende Verfügung des Landesherrn, und es hat zur Folge, daß das Vermögen der erloschenen Parochie als herrenloses Gut der
landesherrlichen Disposition anheimfällt (§§ 172, 308, 618, Tl. II. Tit. 11, §§ 177, 179, 192, Tl. II Tit. 6 ALR., Deklaration v. 13. Mai 1833, Löwen
berg Mot. I S. 557, 559, Striethorst A. Bd. 67 S. 16).
Dagegen setzt die
Zusammenschlagung zweier Mutterkirchen nur voraus, daß einer derselben die
Unterhaltung des öffentlichen Gottesdienstes, sei es wegen Verringerung der Mitgliederzahl oder wegen Armut der Mitglieder, Schwierigkeiten bereitet.
erfolgt nur zwecks Erleichterung der Unterhaltungskosten.
Sie
Sie läßt die Rechte
und Patronatsverhältnisse jeder der vereinigten Kirchen bestehen.
Sie schließt
sogar nicht aus, daß die Vereinigung unter Umständen wieder aufgehoben wird (§§ 246, 247, 752 a. a. O.).
Vertretung des Kirche«, und PfarrvennögenS.
21. V. 216/94 v. 13.10.1894.
Vgl. Ar». 55 EG-
Gr. Bd. 40 S. 385 Nr. 16 (Stettin).
Vgl. CPO. §§ 56.
Das ALR. wie die Kirchengem.- u. Syn.-O. für die acht älteren preuß.
Prov. v. 10. Sept. 1873 und das zugehörige Ges. v. 25. Mai 1874 kennen die „Pfarre" als besondere juristische Person nicht.
Das Pfarrvermögen ist zwar
(seiner Zweckbestimmung gemäß) von dem Kirchenvermögen zu unterscheiden
(ALR. II11 § 772), hat aber eben die äußeren Rechts wie dieses (das. § 774)
und bildet sonach, wie auch der § 22 der Kirchengem.- u. Syn.-O. besonders
hervorhebt
(in
den
Worten:
„das
Kirchenvermögen,
einschließlich ...des
Pfarr-... Vermögens"), einen Teil des Kirchenvermögens im weiteren Sinne.
Trägerin
Vermögens
dieses
ist
die Kirchengemeinde
(„Kirchengesellschaft"
des ALR.), ALR. II 11 §§ 160, 170, 179, 183, 193, 228, 618, Entsch. des RG. Bd. 17 S. 192.
Die Verwaltung des Pfarrvermögens war im ALR.
wohl den» Pfarrer übertragen (das. § 778), aber dem Patron und den Kirchen
vorstehern stand,
soweit die Verwaltung nicht bloß auf den Nießbrauch des
Pfarrers sich bezog, eine entscheidende Mitwirkung zu (§§ 779, 782, 800, 807). Die Kirchengem.- u. Syn.-O. überträgt die Verwaltung der Nutzung des Pfarr vermögens dem Gemeindekirchenrat (§ 22).
Eine
das
Pfarrvermögen
Kirchengemeinde erhoben werden.
betreffende Klage kann sonach nur von der
Die von der „Pfarre" erhobene Klage muß
aber als Klage der Kirchengemeinde als derjenigen juristischen Person ange sehen werden, der das Gesetz das Eigentum der Pfarrgüter zuspricht.
Für
diese juristische Person, und nicht für seine Person als Nießbraucher, hat auch
der Pastor von S. geklagt und klagen wollen.
Durch die in der BJnstanz
abgegebene Erklärung, der Pastor habe als Nießbraucher, für seine Person,
klagen wollen, würde somit in das anhängige Verfahren eine andere Person als Prozeßpartei eingeschoben werden, was, da die Bezeichnung der Parteien
zu den wesentlichen Erfordernissen der Klage gehört, eine unzulässige Klage änderung darstellen würde (CPO. §§ 268, 527).
22. V, 113/92 v. 24. 9.1892.
IW. 1892 S. 433 Nr. 29.
Dieser Rechtszustand rechtfertigt das Fortbestehen der Befugnis der geist
lichen Oberen im Falle des Widerstreits der Interessen beider Vermögens massen gemäß § 661
dieses Tit. derjenigen Masse, deren Interessen durch
den Gemeindekirchenrat tatsächlich nicht vertreten werden, von Amtswegen einen Daß das Konsistorium im vorliegenden Falle
Bevollmächtigten zu bestellen.
nicht der Kirche, sondern der Pfarre einen Bevollmächtigten bestellt hat, daß. die Klage nicht gegen Patron und Kirchenkollegium, sondern gegen die Kirche,
vertreten durch Patron und Gemeindekirchenrat gerichtet ist, entspricht zwar nicht dem Wortlaut des § 661, enthält aber keine Verletzung desselben, sondern
lediglich eine Anpassung an die durch die neuere Gesetzgebung geänderte Kirchen verfassung.
23. V. 10/86 v. 29. 5.1886.
IW. 1886 S- 241 Nr. 56.
BG. geht von der Anschauung aus, daß die im ALR. Tl. II Tit. 11
§ 803 vorgeschriebene Mitwirkung des Patrons und der Kirchenvorsteher bei der Verpachtung von Pfarrgrundstücken, falls daran auch der Amtsnachfolger
gebunden sein soll, nicht als Mitverpachtung aufzufassen sei, weil nach § 800 das. der Pfarrer zur selbständigen Verpachtung der Pfarräcker berechtigt sei.
Dies beruht auf einem Rechtsirrtum.
Der Pfarrer hat den Nießbrauch und
die Verwaltung der Pfarrgrundstücke nur für die Dauer seines Amts und kann darum nicht über die Dauer seines Amts hinaus verpachten, soll letzteres ge
schehen, so bedarf es dazu der Mitwirkung der sonstigen Repräsentanten des
Pfarrvermögens und dies sind eben der Patron und die Vertreter der Kirchen gemeinde, in deren Eigentum das Pfarrvermögen steht.
Diese Mitwirkung
kann rechtlich nicht anders denn als Mitverpachtung aufgefaßt werden. 24. Schulgemeinden.
V. 299/87 v. 15. 2. 1888.
IW. 1888 S. 143 Nr. 34 (ALR.).
BG. stützt seine Annahme, daß die Schulgemeinde als besondere Korporation existiere, auf die Feststellung, daß im Jahre 1835 ein eigener Schulbezirk für
die zu N. längst bestehende Schule abgegrenzt sei, in jenem Jahre auch schon von einem Schulvorstande die Rede sei und daß im Jahre 1868 für die Schul gemeinde Repräsentanten gewählt worden seien. seit
dem Plbeschl. des preuß. OTrib.
Etwas Weiteres ist nach der,
v. 20. Juni 1853
(Entsch. Bd. 25
S. 301) konstanten und als gesetzentsprechend anzuerkennenden Rechtsprechung
nicht erforderlich, um eine Schulgemeinde als bestehend, und zwar als mit den Rechten einer juristischen Person bestehend, anzuerkennen. 25. Vertretung der Ruhegehaltskasse für Lehrer und Lehrerinnen.
IV. 156/96 v. 26.11. 1896.
IW. 1897 S. 73 Nr. 73 (Danzig, Marienwerder).
Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist der erhobene Anspruch gegen den
jenigen zu verfolgen, welcher zu dessen Beftiedigung verpflichtet sein würde. Dieses ist die Gesamtheit (die Gemeinschaft) der Schulverbände des Regierungs
bezirkes.
Denn
durch das Ges. v. 23. Juli 1893 ist bezweckt worden, die
Pensionslast von der Einzelgemeinde loszulösen und auf die Gesamtheit der Schulverbünde zu übertragen.
Es ist in der Gesamtheit der Schulverbände ein
neues Rechtssubjekt geschaffen, auf welches an Stelle der einzelnen Schulverbände die Verpflichtung zur Tragung der Pensionslast
überkommen ist.
Rechtssubjekte ist die Bezeichnung „Ruhegehaltskasse" beigelegt.
Diesem
Es bildet eine
öffentlich-rechtliche Korporation, welcher ebenso wie dem einzelnen Schulverbonde die juristische Persönlichkeit beiwohnt.
Zu seiner Vertretung in Rechtsstreitig
keiten mit dem Lehrer ist der Kassenanwalt berufen.
Ohne Rechtsnormverletzung
hat deshalb das BG. „die Ruhegehaltskasse, vertreten durch den Kassenanwalt" als passiv legitimiert erachtet.
26. Verfassung der Dorfgemeinden in den östlichen preutz. Provinzen. IV. 287/67 v. 2. 2.1888.
IW. 1888 S. 131 Nr. 27 (ALR.).
Die Verfassungsverhältnisse der Dorfgemeinden in den östlichen Provinzen
des preußischen Staates regeln sich nach den Bestimmungen des zweiten Abschnitts Tit. 7 Tl. II ALR., nach dem Gesetze, betreffend die Landgemeindeverfassung in den bezeichneten Provinzen, v. 19. April 1856, und nach den §§ 22 ff. der
Kreisordnung v. 13. Dez. 1872.
Nach diesen Bestimmungen ist das Willens
organ der Dorfgemeinde die Gemeindeversammlung.
gesetzliche Vertreterin der Dorfgemeinde. § 8
Diese ist die regelmäßige
Das Ges. v. 14. April 1856 hat im
die Bildung einer anderen Vertretung, nämlich einer Vertretung durch
gewählte Gemeindeverordnete, zugelassen.
Wo eine solche gewählte Gemeinde
vertretung nicht vorhanden ist, wird aber immer nur die Gemeindeversammlung
als gesetzliche Vertreterin der Gemeinde angesehen werden können.
Der Gemeinde
vorsteher (§§ 46 ff. Tl. II Tit. 6 ALR., §§ 29, 30 der Kreisordnung) ist zur Vertretung der Gemeinde gesetzlich nicht berufen.
Er ist als solcher nur Vor
steher, nicht gesetzlicher Vertreter der Gemeinde (Eccius, Theorie und Praxis
Bd. 4 § 283 I, 2e).
Soll er zum Vertreter der Gemeinde behufs Abschlusses
eiues Vertrages namens der Gemeinde bestellt werden, so ist seine Bevoll mächtigung durch die Gemeindeversammlung erforderlich.
Von diesem Gesichts
punkte aus erscheint ein Vertragsschluß mit einer Landgemeinde in der Art
rechtlich möglich, daß der von der Gemeindeversammlung in einem Gemeinde
beschlusse
erklärte
Vertragswille
als
Vertragsangebot
seitens
des
in
der
Gemeindeversammlung gegenwärtigen Dritten oder dessen Vertreters angenommen oder die Annahme eines der Gemeinde gemachten und von der Gemeinde versammlung angenommenen Vertragsangebotes in der Gemeindeversammlung
zur Kenntnis des Dritten oder des Vertreters desselben gebracht, wird.
2. Abschnitt. Sachen (§§ 90ff.). Res extra commerciumt Kirchen: s. §§ 854, 903, 925, Art. 55,132, 133; Flüsse: Art. 65; Luftraum: § 905; öffentliche Wege: §§ 1018ff., Art. 55, 113; Begräbnisplätze: Art. 133.
§§ 93ff.
Bestandteile und Zubehör von Grundstücken. Entspringende Quellen.
III. 190/84 v. 3.10.1884. E. Bd. 12 Nr. 45 S. 183. IW. 1884 S. 281 Nr. 37. Bgl. Art. 65 EG. 27. Erbbegräbnis.
III. v. 18. 2. 1881.
Senfs. Bd. 36 Nr. 176 S. 264 (Kiel).
Kl. behauptet, daß er beim Verkauf des Rittergutes G. Eigentümer deK
auf demselben errichteten Erbbegräbnisses geblieben sei, und daß der Vater der Bekl. dasselbe zerstört habe.
Er verlangt die Verurteilung der Bekl.
zur
Wiederherstellung und führt aus, daß Erbbegräbnisse, welche mit Genehmigung der zuständigen Behörde erbaut seien, nicht mehr einen Teil des Guts, zu welchem sie gehört haben, ausmachen, sondern ein persönliches Recht der be
treffenden Familie bilden.
BG. hat diese Ansicht verworfen;
die Beschwerde
ist verfehlt.
Die Ausführungen des Kl. sind vorzugsweise dem Rechtsverhältnis ent
nommen, welches beim Ankauf eines Familienbegräbnisses auf einem öffentlichen Kirchhofe entsteht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Besitzer eines Guts,
-em ein derartiges Erbbegräbnis gehört, dies beim Verkauf des Guts mit
überträgt, oder als persönliches Recht zurückbehält.
Hier handelt es sich darum,
ob durch die behördlich genehmigte Anlegung des Erbbegräbnisses ein Eigentums
wechsel an dem betreffenden Teil des Gesamtguts eingetreten ist.
Mit Recht
nimmt BG. an, daß die Vorschriften des röm. Rechts über res religiosae bei
uns nicht mehr gelten.
Durch Begraben eines Toten an einem Orte wird das
Eigentum des Orts nicht geändert.
Der Ort bleibt im Eigentum seines bis
herigen Eigentümers und ist Gegenstand des freien Verkehrs. Dies erleidet auch dadurch keine Änderung, daß im vorliegenden Fall das Konsistorium
die Anlegung des Erbbegräbnisses genehmigt hat.
Denn diese Genehmigung
ist jetzt für die Anlegung jedes Begräbnisplatzes erforderlich, hat jedoch keine
Wirkung auf das Eigentum an dem Platze. 28. Angebauter Kirchturm.
V. 106/86 v. 2. 10. 1886.
IW. 1886 S. 357 Nr. 38.
Die Annahme des BG., daß der mit der Kirche in dauernden Zusammen
hang gebrachte, nämlich dem Kirchengebäude angebaute Turm dadurch Pertiuenz oder Teil der Kirche geworden sei, ist (§§ 42 ff. Tl. I Tit. 2 ALR.) nicht irr
tümlich; sie ist auch namentlich dadurch rechtlich nicht ausgeschlossen, daß der
Erbauer nach der Auffassung des Berufungsrichters nicht die Absicht gehabt hat, das katholische Kirchengut zu vermehren, sondern daß von ihm bezweckt
worden, durch das Turmgelüut die Solennität der Begräbnisse evangelischer Dorfbewohner zu erhöhen; denn wenn auch jene Absicht gefehlt haben sollte, so trat die Vermehrung gleichwohl durch die Tatsache ein, daß der Erbauer
-en Turm als Anhang oder gar als Teil dem Kirchengebäude anbaute. Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen.
Bd. I.
2
ÄS. Gasrohrleitung einer Gasanstalt.
IV. 201/96 v. 21. 12. 1896.
E. Bd. 39 Nr. 51 S. 204 (Berlin).
Für die Ermittelung der Substanzteile einer Sache kommt es nicht auf sondern auf die konkrete Bestimmung der Sache an, und die
die abstrakte,
Frage, welche besondere Bestimmung eine Sache hat, kann nur in Hinblick auf
das, was gerade diese Sache vorstellen soll, beantwortet werden (vgl. Gruchot, Beitr. Bd. 37 S. 961, RG. Bd. 2 S. 253, Bd. 36 S. 264).
Die Gasanstalt war unstreitig zu dem Zwecke hergestellt und eingerichtet worden, um das daselbst gewonnene Gas mittels einer Röhrenleitung den
Laternen zuzuführen
und
sonstigen
und
in
Beleuchtungsapparaten
im
dieser Weise die Beleuchtung
Gebäude zu bewirken.
Gemeindebezirke Gr.-L.
der Straßen, Plätze und
Die besondere Bestimmung der fraglichen Gasanstalt
würde vereitelt und die den Beleuchtungszwecken dienende einheitliche Anlage teilweise zerstört werden, wenn man das Rohrnetz von der Gasanstalt tat
sächlich abtrennen oder ganz beseitigen wollte.
Hieraus ergibt sich, daß auch
begrifflich die durch die verschiedenen Straßen verzweigten Adern des Röhren systems, mit dessen Hilfe die einzelnen Beleuchtungsflammen von dem Fabrik
grundstücke aus gespeist werden soll, als Substanzteile der immobilen Gas anstalt anzusehen sind.
Dieser Auffassung steht auch der Umstand nicht entgegen, daß die fraglichen Röhren sich über die Grenzen des mit der Gasanstalt bebauten Grundstückes
weit hinaus erstrecken, und daß sie in fremdem Grund und Boden liegen; denn
hierdurch erhielten die Röhren rechtlich nicht die Eigenschaft von Bestandteilen der betreffenden fremden Grundstücke, sondern sie blieben, trotz ihrer tatsächlichen
Einfügung in den Körper der Straßen und Plätze, Eigentum der die Beleuchtung betreibenden Gesellschaft und konnten deshalb auch als Bestandteile der Gas anstalt mit dieser an die Klägerin veräußert werden.
Bgl. V. 200/00 v. 7. 11. 1900. Eleltrizitätswerks).
E. Bd. 48 Nr. 57 S. 267 (Leitungsnetz eines
30. Brenuerei Apparate.
V. 273/93 v. 7. 2. 1894.
Gr. Bd. 38 S. 934 Nr. 52 (Hamm).
Die Behandlung der streitigen Apparate als Substanzteile des Gebäudes wird dadurch ausgeschlossen, daß sie in keiner mechanischen Verbindung mit dem Gebäude stehen; sie können deshalb auch nicht als in demselben (ALR.
§ 334 I 9) [§ 94 BGB.s verbaut gelten. gebraucht werden zu
Sie mögen, um zu ihren Zwecken
können, einer Befestigung nicht bedürfen, sie sind aber
auch nicht befestigt, sondern mit dem Gebäude in keine weitere Verbindung gebracht,, als daß sie darin stehen, zwar auf einem besonders für sie her
gerichteten Fundament, aber ohne mit diesem oder mit sonst einem Teil des Gebäudes
anders
als
vermöge
ihrer
eigenen
Schwere
zusammenzuhängen.
Aus dem Wortsinn wie aus dem Begriff sowohl des Substanzteils als des
Berbautseins folgt aber als notwendiges Erfordernis, daß der Teil irgendwie verbunden
mechanisch mit der Hauptsache
sein muß (vgl. Entsch. Bd. 26
Nr. 66 S. 347). 31. Zubehör verschiedener Grundstücke einer Fabrik.
V. 289/97 v. 7. 2. 1898.
E. Bd. 41.
Nr. 79 S. 317 (Paderborn, Hamm).
BG. hat festgestellt, daß die Grundstücke Nr. 1, 2 und 3 insofern zu
einer wirtschaftlichen Einheit verbunden sind, als sie sämtlich zum Betriebe desselben Fabrikgeschäftes dienen.
Auf dem Grundstück Nr. 1 befindet sich
das Wohnhaus und das Kontor; auf Nr. 2 ist die eigentliche Produktions stätte, und Nr. 3 enthält die Lagerräume für Material und Waren.
Aus
dieser Gemeinsamkeit für denselben Endzweck (für das Fabrikgeschäft), schließt
BG., als
daß
ein
die drei Grundstücke
Fabrikgrundstück,
Pertinenzien
einen
des
auch
anzusehen Grundstückes
Dies ist unrichtig.
geworden seien.
rechtlich als ein Grundstück, nämlich
und
seien,
folgert
hieraus,
Pertinenzstücke
zugleich
des
daß
die
anderen
Es ist dabei übersehen, daß trotz der
Einheitlichkeit des Endzweckes jedes der drei Grundstücke seine eigene und von
den anderen Grundstücken verschiedene wirtschaftliche Bestimmung beibehalten hat.
dient
Allerdings gehören alle drei Grundstücke zum Fabrikgeschäft; ein jedes
ihm
aber
Beschaffenheit
nur
einer
in
seiner
bestimmten,
Weise.
entsprechenden
Sie
sind
eigenen
nicht
ein
wirtschaftlichen Grundstück
mit
derselben wirtschaftlichen Bestimmung geworden, sondern sind geblieben, was
sie waren: das eine bestimmt zum Wohnen und zur Geschäftsleitung, das andere bestimmt zur Herstellung der Waren, mit deren Anfertigung sich die
„Fabrik"
beschäftigt,
das
dritte
bewahrung des Materials.
bestimmt zum
Warenlager und, zur Auf
Daraus folgt dann aber auch, daß die Zubehör
stücke des einen Grundstückes nicht zugleich Zubehörstücke des anderen sind. 32. Zubehör einer in Miteigentum stehenden Fabrik.
V. 345/88 v. 16. 3. 1889. BG.
hat auf
Grund
Gr. Bd. 33 S. 913 Nr. 37 (Naumburg).
der
Verwendung
und der
Befestigungsart
der
gepfändeten Maschinen angenommen, daß sie Zubehör des Fabrikgrundstücks
seien.
Wenn Bekl. hiergegen einwendet, daß auf jener Grundlage höchstens
die Eigenschaft der Maschinen als Zubehör der Fabrik, nicht des Grundstücks, angenommen werden dürfe, so scheitert dieser Einwand an der Tatsache, daß
BG. zugleich festgestellt hat, daß das Grundstück ein Fabrikgrundstück war,
daß also Fabrik und Grundstück zusammengehörten, woraus folgt, daß die zum Betriebe der Fabrik bestimmten Gerätschaften, soweit sie (nach §§ 42, 93
ALR. I 2) sBGB. § 98 Nr. 1] zu den Pertinenzstücken der Fabrik gehören,
Pertinenzen des (Fabrik-)Grundstücks darstellen. Gegen die Annahme solcher Zubehörseigenschaft kann auch daraus kein Einwand entnommen werden, daß die Maschinen dem L. allein gehört haben
2»
und das Fabrikgrundstück im Miteigentum der Eheleute L. steht. Daß der Miteigentümer berechtigt ist, Sachen, welche ihm allein gehören, zu Pertinenzen einer im Miteigentum stehenden Hauptsache zu machen, ist nicht zu bezweifeln. Daraus folgt freilich nicht, daß allemal, wenn durch den Miteigentümer eine Verbindung hergestellt wird, welche die Auffassung der einen Sache als Zubehör der andern,
der äußeren Erscheinung nach, ermöglicht, auch ohne
Rücksicht auf die Absicht des Miteigentümers, also auch dann, wenn er nicht beabsichtigte, sein Alleineigentum an der einen Sache aufzugeben, die Ent stehung eines Pertinenzverhältnisses angenommen werden müßte.
33. Dampfmaschine, Zubehör einer Windmühle. III. 287/88 v. 19. 2. 1889.
IW. 1889 S. 142 Nr. 19 ((Sein.9?.).
Ob die Kriterien einer Pertinenz in einem einzelnen Falle zutreffen, ist eine Frage, welche sich nur nach den konkreten Umständen dieses Falles beurteilen läßt. Das aufgeworfene Bedenken, daß die Dampfmaschine hiernach als
Pertinenz einer Hauptsache, der Windmühle, erscheine, welche ihrer Natur nach nicht durch Dampf betrieben werde, ist nicht zutreffend. Denn der
Wind wie der Dampf sind nur die treibenden Kräfte, durch welche die Mühle in Bewegung gesetzt wird, und wenn hier durch Aufstellung einer Dampf maschine eine zweite Triebkraft der ursprünglich nur für. die eine Triebkraft hergestellten Mühle hinzugefügt wird, so konnte ohne Rechtsirrtum auch die Maschine als Pertinenz der Mühle betrachtet werden, wenn, wie vom BG. festgestellt wird, damit ein dauerndes Verhältnis geschaffen werden sollte.
34. Verschiedenes Eigentum an Hanptsache und Zubehör. VI. 100/91 v. 11. 7. 1891.
E. Bd. 28 Nr. 32 S. 147 (Tübingen, Stuttgart).
Nach (gern.) deutschen Rechte können auch Sachen verschiedener Eigentümer zu einander in dem Verhältnisse von Hauptsache und Zubehör stehen. Da nach der richtigen und heutzutage wohl allgemein angenommenen Ansicht die
Bedeutung des Begriffes der Zubehörung nur diejenige einer Auslegungsregel für Verträge der verschiedensten Art und für andere Willenserklärungen ist, so muß notwendig die Frage des Eigentumsrechtes dabei einflußlos sein.
Denn man kann zweifellos ebensogut über fremde, wie über eigene Sachen, bezw. ebensogut über Sachen eines Dritten wie über Sachen des Mit
kontrahenten Willenserklärungen aller Art abgeben; insoweit ist es un erheblich, daß die Rechtsfolgen in vielen Fällen nicht die gleichen sind; in vielen Fällen sind sie übrigens ja auch dies. Namentlich soweit der gute Glaube der Vertragschließenden in der fraglichen Beziehung sich erstreckt, wäre gar kein Grund denkbar, den Pertinenzbegriff, d. h. also die Auslegungsregel, enger zu fassen. Hiermit stimmt auch die herrschende Auffassung überein (vgl. Unger, Österreich. Privatr. Bd. 1, Aufl. 3).
Auch vom Standpunkte des gern. Rechtes aus konnte es nur gebilligt werden,
daß
angenommen
worden ist, eine
bewegliche Sache
verliere nicht
schon dadurch die Eigenschaft eines Zubehöres eines Grundstückes, daß sie von
dort zur Aufbewahrung auf ein nahe belegenes anderes Grundstück verbracht
werde, welches seinerseits selbst den Zwecken des Hauptgrundstückes zu dienen bestimmt sei... 35. Pferde, Zubehör zu eiuem Brauereibetriebe.
V. 153/00 v. 29. 9. 1900.
E. Bd. 47 Nr. 64 S. 262 (Berlin).
Ist ein Grundstück durch seine Einrichtungen und Anlagen mit einem be stimmten Gewerbebetriebe in Verbindung gesetzt, so sind alle Sachen, die dem
Betriebe dieses Gewerbes dauernd dienen, direkt Zubehör des Grundstückes ... RG. hat bereits in V 156/98 v. 12. Nov. 1898 ausgesprochen, daß bei einem zum Betriebe eines Speditionsgeschäftes eingerichteten Hause die zum Betriebe
bestimmten Pferde Zubehör des Hauses seien . .. Zum Betriebe gehört der
Regel nach auch der Vertrieb der gewerblichen Erzeugnisse und daher sind
Sachen, welche zum Vertriebe bestimmt sind, der Regel nach ebenfalls Zubehör
des Grundstückes.
So hat NG. (IW. 1895 S. 607 Nr. 51/2) einen Dampfer,
der zur Beförderung der Erzeugnisse eines Landgutes dient, für Zubehör des
Gutes erklärt. ..
Daß BG. noch die notorischen Verkehrsanschauungen heran
gezogen hat, kann nicht gemißbilligt werden, da diese allerdings für die Frage,
ob eine Sache zum Zubehör bestimmt ist, in Betracht kommen. 36. Begründung der Zubehöreigenschast.
V. 6/86 v. 19/22. 5. 1886.
Guter Glaube.
IW. 1886 S. 237 Nr. 41.
Zur Begründung der Pertinenzeigenschaft
(nach § 42
Tl. I Tit. 42
des ALR.) ist der Wille des Eigentümers der Hauptsache erforderlich dieser eine andere Sache dauernd als Zubehör zuzuschlagen; und dieser Wille wird sich in der Regel aus der dauernden Benutzung der einen Sache für die andre
ergeben.
Ausgeschlossen ist er aber nicht notwendig dadurch, daß der Eigen
tümer der Hauptsache, obschon auch tatsächlich Eigentümer der zur Pertinenz bestimmten Sache, sich doch irrtümlich nicht dafür hält; es genügt vielmehr,
daß er sich zu dauernder Disposition über die Sache für ermächtigt achtet, etwa, wie hier wegen seines Verhältnisses zu dem vermeintlichen Eigentümer. 37. Bestimmung als Zubehör durch de« Zwangsoerwalter.
V. 266/88 v. 16.1.1889. Gr. Bd. 33 S. 1111 Nr. 103; IW. 1889 S. 89 Nr. 24. Vgl. RG. E. Bd. 19 S. 321 ff. Das Gesetz über die Zwangsvollstr, in Immobilien bestimmt [in §§ 142, 150 ff.], daß dem Verwalter das Grundstück durch einen Beamten des Gerichts
zur Verwaltung und Erhebung der Einkünfte zu übergeben ist.
Der Verwalter
hat die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters anzuwenden, alljährlich Rech-
nung zu legen und die ihm vom Gericht erteilten Anweisungen zu befolgen und während der Dauer seiner Verwaltung alles zu tun, was erforderlich ist, um das ihm übergebene Grundstück in wirtschaftlichem Stande zu erhalten und
es für die Gläubiger zu nutzen.
Soweit dieser Zweck es nötig macht, werden
durch die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens die dem Eigentümer des Grundstücks als solchem zustehenden rechtlichen Befugnisse von dem Zwangs
verwalter ausgeübt.
Verträge, welche er zu diesem Behufe mit dritten Per
sonen abschließt, sowie alle sonstigen Verwaltungsakte haben für Dritte dieselbe
rechtliche Wirkung, als wenn sie von dem Eigentümer selbst vorgenommen wären.
Insbesondere muß der Verwalter auch für befugt erachtet werden, auf
dem Gute vorhandene und ihm bei Einleitung der Zwangsverwaltung mitüber-
gebene Sachen, welche der Eigentümer nicht zum Betriebe des Ackerbaues und
der Viehzucht verwendet hatte, für diesen Zweck zu bestimmen und sie dadurch zu Pertinenzstücken des Landgutes zu machen.
Ob eine solche Disposition un
zweckmäßig ist und den Eigentümer schädigt, kann zwar von letzterem bei der Rechnungslegung des Verwalters in Frage gestellt werden.
Dritte Personen
können jedoch aus diesem Grunde die Rechtmäßigkeit der Verfügung des Ver
walters nicht beanstanden. 38. Aufhebung der Eigenschaft als Zubehör.
in. 248/94 v. 15.1. 1895.
E. Bd. 34 Nr. 37 S. 167 (Neustrelitz, Rostock).
Dem OLG. ist darin beizustimmen, daß die Aufhebung des Zubehörver
hältnisses der Maschine nebst Kessel zum Gebäude nicht allein durch den hier auf gerichteten Willen des Eigentümers, ohne Trennung der Pertinenz von
der Hauptsache, bewirkt werden konnte.
Soll der Zubehörsache ihre frühere
Selbständigkeit wiedergegeben werden, so muß dieselbe als selbständige Sache
wieder
hergestellt
werden, mithin in
äußerlich erkennbarer
Weise von der
Hauptsache wieder getrennt werden, damit der Wille des Berechtigten auf Auf hebung der rechtlichen und tatsächlichen Verbindung in Kraft tritt.
Die nament
lich von Kohler (Jahrb. f. Dogm. Bd. 26 S. 100—111) und auch von Dern-
burg (Pand. Bd. 1 § 77) vertretene gegenteilige Ansicht verkennt unter alleiniger Betonung des Willensmomentes, daß für den Zubehörbegriff wesentlich ein
tatsächlicher Zustand in Betracht kommt, an welchen für die Dauer seines Be stehens das Recht bestimmte gesetzliche Wirkungen geknüpft hat...
3. Abschnitt. Rechtsgeschäfte. Titel 2. Willenserklärung (§§ 116 ff.). 39. Beweis der Ernstlichkeit.
IV. 12/89 v. 4. 4.1889.
IW. 1889 S. 117 Nr. 33 (ALR.).
Nicht die Bell, hatte Umstände darzulegen, aus welchen auf die Ernst lichkeit der fraglichen Erklärung zu schließen war, sondern es war Sache des
3. Abschn. Rechtsgeschäfte.
Titel 2. Willenserklärung.
§§
23
Kl., die rechtliche Bedeutung dieser, so viel erhellt, dem äußeren Anschein nach ernsthaft abgegebenen Erklärung durch den Nachweis von Umständen, aus lenen die Nichternstlichkeit derselben als eine auch für die Bekl. erkennbare, zu entnehmen war, zu beseitigen. Sonst würde der Kl. in unstatthafter Weise «uf eine nicht zu beachtende Mentalreservation sich berufen. Gleiche Grund sätze sind bereits in (IV 231/88 und IV 253/88) v. 17. u. 20. Dez. 1888
nusgesprochen. Vgl. auch zu § 1570. 40. Scheingrschiift und Mentalreservation. V. 12/93 v. 19. 4.1893.
Gr. Bd. 37 S. 97 Nr. 47.
Vgl. § 164 Abs. 2.
BG. verkennt das Wesen des Scheingeschäfts. Von einem solchen könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Kontrahenten bei Abschluß des Vertrags darin einig gewesen wären, daß die von ihnen zum Ausdruck gebrachten Er klärungen die diesen an sich zukommenden Rechtsfolgen nicht haben sollten, daß also nicht der als Käufer auftretende Kl. die Sachen durch den Kauf erwürbe, sondern sein Schwiegersohn Gustav Sch. Ein solches Einverständnis stellt BG. nicht fest; er spricht immer nur davon, daß sich die in dem Vertrage ent haltene Willenserklärung des Kl. mit seiner wahren Willensmeinung nicht decke, daß Kl. als Selbstkontrahent ausgetreten sei, während er in Wirklichkeit als Stellvertreter gehandelt habe. Ein dem anderen Teil nicht bekannt gewordener innerer Wille des Käufers, der von dem ausgesprochenen Inhalt des Vertrags nbweicht, ist aber, wie RG. wiederholt entschieden hat, als bloße Mental reservation rechtlich ohne Bedeutung, vgl. Entsch. Bd. US. 285 und Gruchot, Beitr. Bd. 35 S. 397. Fiducia, kein Scheingeschäst.
41. I. 395/80 v. 9.10.1880.
E. II Nr. 44 S. 168.
Seuff. Bd. 36 Nr. 101 S. 145.
Aus den Umstande, daß das Geschäft — Kaufvertrag und Übertragung
des Besitzes und Eigentums unter Vorbehalt des Rückkaufs innerhalb dreier Monate — zum Zweck der Sicher stell ung des Kl. geschlossen sei, folgt keineswegs, daß das Kaufgeschäft nur simuliert sei. Es ist nicht nur rechtlich durchaus zulässig sondern auch in häufiger Übung, daß einem Gläubiger zu seiner Sicher st ellung wegen einer persönlichen Forderung von seinem
Schuldner ein Vermögensobjekt in der durchaus ernstlichen Absicht verkauft und übertragen wird, daß der Gläubiger als Käufer wirklicher Eigentümer und zur Ausübung aller Rechte eines Eigentümers befugt werden soll, der wirtschaftliche Zweck einer bloßen Sicherstellung
aber dadurch erreicht wird, daß der Gläubiger sich durch Nebenabreden per sönlich verbindlich macht, unter gewissen vereinbarten Bedingungen das Eigentum des bisherigen Schuldners zurückzuübertragen ... Im vorliegenden
Falle ist nach jetziger Lage der Akten nur anzunehmen, daß es allerdings die
Absicht der Kontrahenten gewesen ist,
daß Kl. durch den Vertrag Eigen
tümer werden, keineswegs aber, daß er in jedem Falle Eigentümer bleiben solle. (Ebenso Bd. 2 S. 170 Anm. 1; ferner I 431/84 v. 10. 1. 1885 u. E. Bd. 13 Nr. 47 S. 200 Bd. 24 S. 54, 161; Bd. 30 S. 275. Gr. Seift. Bd. 27 S. 1088; Bd. 30 .©. 1034; Bd. 40 S. 036 Nr. 68, S. 944 Nr. 70. IW. 1895 S. 301 Nr. 33, 1896 S. 82 Nr. 71. Seuff. Bd. 36 Nr. 8.]
/> 42.
V. 26/92 v. 7. 12. 1892. Gr. Bd. 37 S. 911 Nr. 38 (Breslau).
Es kann sehr wohl ein Kaufvertrag, insbesondere ein Kauf auf Wieder
kauf den wirtschaftlichen Zweck einer Sicherung des Käufers für eine ihm an den Verkäufer zustehende oder gleichzeitig begründete Forderung haben. Nach der positiven Vorschrift des (§ 321 ALR. I 11) [§ 138 BGB.j ist, wenn
unter dem vorbehaltenen Wiederkauf ein wucherliches Geschäft verborgen ift, der Kauf ungültig. Das Vorliegen eines wucherlichen Geschäfts hält BG. für nicht erwiesen. Dann steht aber auch nichts entgegen, den Vertrag als das, wofür er sich gibt, zu beurteilen, nämlich als Verkauf unter dem Vorbehalt des Wiederkaufs. Dem Kl. werden sämtliche Rechte des Eigentümers ein geräumt, nur das Veräußerüngsrecht obligatorisch beschränkt durch den vor
behaltenen Wiederkauf. Dieser in dem schriftlichen Vertrage zum Ausdruck gelangte Vertragswille wird nicht ausgeschlossen durch die Tendenz, daß dem Käufer für die unter dem Namen des Kaufpreises hingegebene Geldsumme Sicherheit gewährt werden sollte, was eben durch die Übertragung des Eigen tums bis zur etwaigen Ausübung des Wiederkaufs geschah und begrifflich ge schehen konnte. Dagegen: 48.
III. 58/80 v. 24. 9.1880. E. Bd. II Nr. 45 S. 173.
Seuff. Bd. 36 S. 144 Nr. 100.
Der ... vorgelegte Vertrag trägt unverkennbar den Charakter einer ver
schleierten Verpfändung an sich. Zwar kann unter Umständen ein wirk licher Kaufvertrag zu dem Zwecke abgeschlossen werden, um dem Gläubiger Sicherheit wegen seiner Forderung an den Schuldner zu verschaffen, und es wird der rechtliche Charakter und die Wirkung eines solchen Kontraktes an sich
dadurch nicht geändert, daß die Kontrahenten den Beweggrund zum Vertrage ausdrücklich hervorheben. Allein immerhin muß deren Absicht erkennbar auf die Übertragung des Eigentums am Kaufobjekt gegen Gewährung des Kauf preises gerichtet sein wahrer Kaufpreis
... Im vorliegenden Falle ist zweifellos weder ein vereinbart worden, noch die Absicht der Kontrahenten
dahin gegangen, dem
Käufer die streitigen Mobilien eigentümlich zu über
tragen u. s. w. Scheinkauf und verbotene Verpfändung. 44.
III. v. 7. 5.1880.
Seuff. Bd. 36 Nr. 8 S. 14 (Hessische Sache).
Der Vertrag ist ohne Zweifel ein simulierter Kaufkontrakt, nur dem Namen nach als solcher bezeichnet, in Wirklichkeit aber dazu bestimmt, eine verbotene
3. Abschn.
Rechtsgeschäfte.
Titel 2. Willenserklärung. § ((7.
25
Es gilt daher weder das ab
Verpfändung von Mobilien zu verschleiern.
geschlossene noch das beabsichtigte Geschäft. Schon der Umstand, daß der Kaufpreis dem wirklichen Wert des Inventars
nicht entsprach, 1200 Tlr. unter dem Taxatum blieb, und die Tatsache, daß. die Verkäufer (C.) das zu ihrem Ackerbau notwendige lebende Gutsinventar ver
äußerten, gleichwohl aber für unbeschränkte Zeit in dessen Besitz und Genuß,
bleiben sollten, lassen erhebliche Bedenken darüber aufkommen, ob die Absicht der Kontrahenten auf die Verabredung eines wirklichen Kaufpreises gerichtet
war.
Das Gegenteil geht aber mit Bestimmtheit aus § 2 des Vertrags her
vor, worin der Kaufpreis ausdrücklich ein „Kapital" genannt wird, das der angebliche Käufer (R.) zu fordern habe und die Verkäufer mit 6°/0 Zinsen in
vierteljährigen Raten zu verzinsen versprechen.
Aber auch die Absicht des
Käufers, die angeblich gekauften Gegenstände wirklich als sein Eigentum zu be halten, liegt nicht vor.
In § 3 des Vertrags wird den Verkäufern das Recht
zugesprochen, willkürlich vom Vertrage abzugehen; sie brauchen nur die Be
dingungen des Vertrags nicht zu erfüllen, um den Käufer zu nötigen, entweder
das Kaufgeld zurückzufordern oder die Jnventarstücke an Zahlungsstatt an zunehmen.
Dieses Wahlrecht des Käufers
ist
ausschließlich
auf den Zweck
seiner Befriedigung wegen des erwähnten „Kapitals" gerichtet und geht nicht
weiter, als dessen sog. Kontokorrentforderung reicht, gleichviel ob solche zur Zeit
des Abschlusses des Vertrags bereits begründet und füllig war oder erst später begründet und fällig wurde.
R. hat denn auch das Konto des C. nicht etwa
am 24. Jan. 1874 abgeschlossen und sich den verabredeten Kaufpreis zur Last
gesetzt, sondern jenes Konto fortgeführt, gleich als ob ein Kaufvertrag gar nicht
zustande gekommen wäre u. s. w.
45. III. to. 9. 1.1880. Senfs. Bd. 36 Nr. 99 S. 142. Der Inhalt des Vertrags ... läßt erkennen, daß der darin ausgesprochene Wille, Eigentum zu übertragen, nur als äußere Form benutzt ist zur Umgehung,
(des § 12) des Ges. (v. 29. Mai 1873) und in Wirklichkeit eine Eigentums übertragung sich nicht vollzogen hat. — In dem Vertrage ist von „verkauftem"
und „gekauftem" Inventar, auch vom „Rückkauf" die Rede, und es hat offenbar der Vertrag einen unter Vorbehalt des Rückkaufsrechts mit gleichzeitiger Beredung eines Mietsvertrages abgeschlossenen Kaufkontrakt darstellen sollen. —
Ein rechtsgültiger Kaufkontrakt ist aber unter den Kontrahenten nicht zustande gekommen.
Denn es fehlt an dem hierfür wesentlichen Erfordernis der Fest
setzung eines Kaufpreises.
Dieser Mangel wird nicht ersetzt durch die vertrags
mäßige Bestimmung über den Wert der einzelnen Jnventarstücke.
Andererseits
läßt sich auch ebenso wenig annehmen, wird auch vom Kläger selbst nicht be
hauptet, daß die zu der Wertbestimmung nicht in einem entsprechenden Verhältnis stehende Darlehnssumme den Kaufpreis habe bilden sollen.
Im übrigen enthält
-auch der Vertrag ... keine Bestimmung darüber, unter welchen Voraussetzungen denn etwa Kl. F. seinem Mitkontrahenten gegenüber zur Geltendmachung der
Rechte eines Eigentümers
befugt sein
solle, und
um so weniger kann es
.zweifelhaft erscheinen, das; mit der in diesem Vertrage ausgesprochenen Er klärung, welche so lautet: „zur Sicherung dieser Forderung überträgt Herr Schl. Herrn F. sein nachstehendes Ökonomie-Inventar mit den beigesetzten Preisen
zum Eigentum", nur beabsichtigt worden, dem Kl. für sein Darlehen ein Vor
zugsrecht vor anderen Gläubigern zu gewähren. Ein solcher Vertrag kann schon wegen des ihn treffenden Vorwurfs der
Umgehung
machen.
eines Derselbe
gesetzlichen kann
aber
Verbots
auch,
auf Rechtsgültigkeit hiervon abgesehen,
keinen Anspruch
die erhobene Klage
deshalb nicht begründen, weil das jener Willenserklärung zu Grunde liegende
Rechtsgeschäft
bei
der fehlenden
Feststellung
verbindlich nicht angesehen werden darf.
eines Kaufpreises
als
rechts
Denn wenn auch unzweifelhaft der
übereinstimmende Wille, Eigentum zu übertragen und zu erwerben, es ist, durch den die Tradition sich zu einem den Eigentumsübergang vollziehenden Rechtsakt
gestaltet, so darf doch dies nicht in dem Sinne aufgefaßt werden, als wenn bei
Vertrügen, in welchen der Wille, Eigentum zu übertragen und zu erwerben,
ausdrücklich erklärt wird, nicht darauf ankomme, ob das der Willenserklärung .zu Grunde liegende Rechtsgeschäft rechtsverbindlich ist oder nicht, und ob mit
solcher Willenserklärung der übrige Inhalt des Vertrags in Einklang steht
oder nicht.
46. Cessio in securitatem und pignus nominis. III. 133/89 v. 17. 9.1889.
E. Bd. 24 Nr. 30 S. 161.
Die erteilte Session ist jedenfalls insoweit kein Scheingeschäft, vielmehr ein durchaus ernstlich gemeintes Geschäft als die Cessionarin, durch dieselbe hat in
den Stand gesetzt werden sollen, „sich für ihre zu machenden Vorlagen aus den ihr zu dem Ende zur Verfügung gestellten Mitteln zu befriedigen".
Die Fest
stellung des BG. hebt daher die beurkundete Session keineswegs auf, gibt der--
selben vielmehr nur eine vom Inhalte der Urkunde abweichende Beziehung; der Cessionarin hat nicht für die in der Urkunde genannten Kredite, sondern für die ihr aus der Einlösung der Wechsel u. s. w. gegen den Cedenten erwachsenden
Forderungen Sicherheit durch die cedierten Forderungen desselben gewährt werden
sollen.
Ist die Session auch nur zur Sicherheit der Cessionarin erfolgt, so ge
winnt sie hierdurch doch keineswegs den Charakter eines bloßen pignus nominis,
übertrügt vielmehr auch bei solcher Vertragsabsicht das Gläubigerrecht auf die Cessionarin, während dem Cedenten das Recht verbleibt, von der Cessionarin
nach Abtragung der gesicherten Schuld Rückcession und bei einer nach Fälligkeit
der Schuld erfolgten Erhebung oder weiteren Session den nach Abzug von Kapital, Zinsen und Kosten verbliebenen Überschuß zu fordern.
3. Abschn.
Rechtsgeschäfte.
Titel 2.
Willenserklärung.
§ f (7.
27
47. Schein-Ctsfion.
VI. 1/96 v. 8. 6.1896.
E. Bd. 37 Nr. 27 S. 103 (Cöslin, Stettin).
Die Cession einer Forderung kann als eine ernst gemeinte und wirkliche nur angesehen werden, wenn nach dem Willen der Kontrahenten die Forderung
von dem einen derselben, dem seitherigen Gläubiger, auf den anderen übergehen, an letzteren also veräußert werden soll; jedenfalls erheischt der Cessionsbegriff,
daß der Empfänger der Cessionserklärung durch dieselbe berechtigt und ermächtigt
jein soll, die Forderung auf eigenen Namen gegen den Schuldner geltend zu wachen.
Mag demnach auch einem Cessionsakte, obwohl materiell nach der
Abrede zwischen (Siebenten und Cessionar das Gläubigerrecht bei ersterem ver
bleiben soll, dann, wenn trotz dieser Abrede nach dem Willen der Kontrahenten der Empfänger der Cessionserklärung dem debitor cessus gegenüber als der
berechtigte Gläubiger gelten soll, die Wirkung als Cession nicht abgesprochen werden dürfen,
und ist solchenfalls dem debitor cessus der
Einwand
der
Simulation zu versagen, so ist eben hierfür die unerläßliche Voraussetzung,
daß der
Empfänger
Schuldner
der
Cessionserklärung
jedenfalls
und
mindestens
dem
gegenüber die Rechte des Gläubigers für sich auszuüben befugt
werden soll. Die Auffassung des BG., die F. habe fiduziarische Gläubigerin werden
sollen, steht, wenn hiermit gemeint ist, daß sie lediglich dem Lu. obligatorisch
verpflichtet worden sei, nach seinem Belieben, aber in ihrem Namen über die Forderung zu disponieren, mit den weiteren Feststellungen des BG. im Wider spruch, wenn sie nicht auf einer mißverständlichen Ansicht von dem Cessions-
begriffe beruht.
Gemäß diesen Feststellungen über die Abrede zwischen Lu. und
der F. wurde letztere nicht obligatorisch verpflichtete Mandatarin
(zu treuen
Händen) des Lu.; sie gab sich vielmehr nur als Werkzeug zu dem von diesem geplanten Betrüge gegen seine Gläubiger her, indem sie versprach, andrängenden Gläubigern den Schein der Cession entgegenzuhalten.
Die Forderung ver
blieb also in jeder Beziehung dem Lu.
Vgl. ROHG. Bd. 24 S. 323; RG. Bd. 25 S. 207ff.; Gruchot, Seist. Bd. 34 S. 464 ff. 48. Forderungs Abtretung zur Zinsen-Einziehung.
III. 108/97 v. 4. 5. 1897. §§ 671 ff.
E. Bd. 39 Nr. 41 S. 166 (Hanau, Kassel).
Vgl. BGB.
Das BG. hat festgestellt, daß trotz der schriftlichen Cessionserklärung das Gläubigerrecht in betreff der streitigen Forderung bei dem Cedenten ... ver
bleiben sollte, und die Cessionsurkunde dem Kl. nur zum Zwecke seiner Legiti
mation bei Eintreibung der damals rückständigen Zinsen
behändigt wurde.
Diese Feststellung begründet, wie die Rev. mit Recht ausgeführt hat, so wenig die Beanstandung der Aktivlegitimation des Kl., wie die Einrede der Simulation. Die Befugnis des Kl. zur Geltendmachung der Forderung folgt aus der vor-
behaltlos schriftlich erklärten Cession, und sollte dieselbe nach dem Willen der
Kontrahenten keineswegs ein bedeutungsloser Rechtsakt sein, sondern der Cessionar
die Rechte eines solchen dem Schuldner gegenüber erhalten, um die Einziehung
der Zinsen aus eigenem Rechte betreiben zu können. Vgl. Bd. 24 S. 63, Bd. 25 S. 207 ff., Bd. 37 S. 106.
Die getroffene Sachentscheidung wird jedoch durch die weitere Feststellung
des BG. begründet, daß der Cedent die Cession widerrufen hat, und hiervon dem Kl. noch vor Erhebung der Klage Kenntnis gegeben ist.
Wenn, wie hier,
die Cession tatsächlich nur an Stelle einer Einziehungsvollmacht gegeben war,
so stand es dem Gebenten jederzeit frei, seinen Auftrag zu widerrufen, und der Cessionar durfte die Cession in gutem Glauben nur solange gegen den Schuldner
geltend machen, wie dies dem Willen des Gebenten entsprach.
Mochte er nach
dem Widerrufe des Auftrages dadurch, daß die Cessionsurkunde in seinen Händen verblieben war, bezw. eine Rückcession der Forderung nicht stattgefunden hatte,
formell noch zur Erhebung von Ansprüchen gegen den Schuldner legitimiert
sein, so hatte er doch kein berechtigtes eigenes Interesse, den Schuldner zur Zahlung zu zwingen, und steht ihm die Einrede der Arglist entgegen, wenn er nach dem Erlöschen seiner Vollmacht den formalen Stand der Sache zum
Nachteile des Schuldners zu verwerten versuchte. 49. Einrede der Richtigkeit der Crffion gegen den Cessionar. III. 335/89 v. 15. 4.1889.
IW. 1890 S. 206 Nr. 21.
Vgl. § 226.
Das Rechtsgeschäft, auf Grund dessen die Abtretung einer Forderung er
folgte, ist der Regel nach für den Schuldner gleichgültig.
Insbesondere kann
dem Cessionar nur dann die Einrede, daß die Abtretung der Forderung zum Scheine erfolgt sei, entgegengesetzt worden, wenn der Schuldner ein besonderes eigenes Interesse darzulegen vermag, daß ihm der Cedent gegenübertrete. 50. Verschleierte Schenkung.
III. 215/95 v. 19.11.1895.
Gr. Bd. 40 S. 964 Nr. 76 (Celle). Vgl. §§ 516ff.
Um den Charakter des Kaufgeschäftes als einer verschleierten Schenkung
darzutun, genügt nicht die Feststellung, daß der Wert der Sache den Preis über stieg.
Auch der Schenkungswille, der voraussetzt, daß die Kontrahenten des
Mißverhältnisses zwischen dem Preise und dem Werte der Sache sich bewußt waren, und daß dem Käufer eine Bereicherung zugewendet werden sollte, muß feststehen.
Mit der angestellten Klage können Kl. dem Bekl. nicht den Gewinn
aus einem vorteilhaften Kaufe abfordern. In vielen Fällen wird der Schenkungs wille unmittelbar aus dem Mißverhältnisse zwischen dem Preise und dem Werte der Sache sich ergeben und kann in solchen Fällen über den Mangel einer
ausdrücklichen Feststellung des Schenkungswillens hinweggesehen werden, näm lich dann, wenn daß Mißverhältnis ein so offenkundiges war, daß dasselbe
den Kontrahenten nicht entgehen konnte.
So liegt aber die Sache in dem
vorliegenden Falle nicht.
ein
Nach der Bewertung des ersten Urteils hat Bell,
unvorteilhaftes Geschäft gemacht.
Hiernach
fehlt aber
die
notwendige
Grundlage für die Annahme des Schenkungswillens. Schein-Arrogation.
E. Bd. 29 Nr. 32 S. 124.
§§ 119 ff.
Bgl. §§ 12 u. 1741 ff.
Irrtum.
51. Uber die Person des Hauptschuldners.
IV. 433/96 v. 3. 6.1897.
IW. 1897 S. 425 Nr. 35.
Unbedenklich zutreffend ist die Annahme, daß ein Irrtum über die Person
des Hauptschuldners als ein wesentlicher Irrtum zu erachten ist. Wegen Irrtums über die Bermögensverhältnisse des anderen Kontrahenten vgl. Nr. 63 a. E. 52. Über Eigenschaften der Vertrags-Sache.
V. 318/88 v. 20. 2.1889.
IW. 1889 S. 133 Nr. 14 (ALR ).
Bgl. zu § 459.
Wie das NG. (U. v. 15. Juni 1888, Entsch. Bd. 21 S. 308) ss. Nr. 53] überzeugend dargelegt hat, ist nicht jede Angabe eines Kontrahenten über die Eigenschaft einer Sache als ein für den Vertragsschluß maßgebendes Versprechen
einer ausdrücklich vorausgesetzten Eigenschaft anzusehen, vielmehr muß zum Aus
druck gebracht sein oder aus den Umständen erhellen, daß die Zusage einer Eigenschaft für Willensbestimmung des betreffenden Kontrahenten maßgebend
gewesen sei, daß der letztere also ohne eine solche Zusage und den dadurch hervorgerufenen Irrtum dem Vertrage nicht oder nicht so, wie er abgeschlossen worden, seine Zustimmung erteilt hätte. 53. über den Ertrag eines Grundstückes.
V. 103/88 v. 15. 6.1888.
E. Bd. 21 Nr. 57 S. 308 (Stolp, Stettin).
Bereits das frühere pr. OTrib. hat in einem Erkenntnisse v. 7. Sept. 1868 (vgl. Gruchot, Beitr. Bd. 13 S. 519) die Ansicht, daß unter dem Begriffe „Eigenschaften" nur ein der Sache objektiv und unter allen Voraussetzungen
anklebendes Merkmal zu verstehen sei, mißbilligt, und den von einem Grund
stücke während eines gewissen Zeitraumes aufkommenden Revenüenbetrag um so unbedenklicher für eine Eigenschaft des Grundstückes erklärt, als der Miets
ertrag bei Häusern nach der bestehenden Gesetzgebung einen wesentlichen Faktor für die Wertsermittelung abgibt.
Ebenso hat das RG. IV. CS. (vgl. IW.
v. 1885 S. 24) ausgesprochen, daß unter den Begriff „Eigenschaften" nicht
nur die natürlichen, der Person oder Sache an sich zukommenden Eigenschaften, sondern, nach dem Grunde des Gesetzes und dem Sprachgebrauchs des Lebens,
auch solche tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse derselben fallen, welche in ihren Beziehungen zu anderen Personen oder Sachen wurzeln, und zufolge ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzten Dauer nach den Anschauungen des
Verkehres einen Einfluß auf die Wertsschätzung der Sache in allen, oder doch
in gewissen Rechtsverhältnissen zu üben pflegen.
In diesem Sinne wird beim
Hausverkaufe der Revenüenbetrag ausdrücklich zu den Eigenschaften gerechnet. Der Berufungsrichter war hiernach wohl befugt, zu prüfen, welchen Ein fluß die unrichtige Angabe
den Vertragswillen
der
der Bell, über den Mietsertrag des Hauses auf
Kl.
(Käuferin)
gehabt hat.
An einer Feststellung
darüber, ob die Kl. zum Ausdrucke gebracht habe, sie mache den Abschluß deK
Vertrages von der Richtigkeit der Angabe über den Mietsertrag abhängig, fehlt es zwar.
Der Berufungsrichter nimmt jedoch für bewiesen an, daß die Kl.
den Vertrag auch dann abgeschlossen haben würde, wenn sie die Differenz von 36 Mk. gekannt hätte.
Diese Feststellung bringt genugsam zum Ausdrucke,
daß die unrichtige Vorstellung über die Eigenschaft der Kaufsache im gegebenen
Falle für den Vertragswillen der Kl. ohne Bedeutung gewesen ist.
Der Be
rufungsrichter hat von dieser Grundlage aus mit Recht entschieden, daß die behauptete Ungültigkeit des Vertrages nicht vorliegt, und daraus die richtigen
Folgerungen für die Klage und Widerklage gezogen. 54. Über wesentliche Eigenschaften eines Patents.
I. 356/87 v. 7. t. 1888.
E. Bd. 20 Nr. 18 S. 94 (Glogau, Breslau).
Der Wert des Patentes bezw. der Erfindung hängt von dem Grade seiner
Nutzen bringenden Verwertbarkeit ab.
Nach der Lebenserfahrung wird in der
bei weitem überwiegenden Anzahl von Fällen der Wert eines Maschinenpatentes oder der betreffenden maschinellen Erfindung in dem allerhöchsten Maße da
durch verringert sein, daß für das mit der betreffenden Maschine herzustellende
Produkt einem Dritten bereits ein Patent erteilt ist.
Deswegen wird nur sehr
ausnahmsweise ein anderer, als der bezüglich des Produktes Patentberechtigte,
seine schöpferische Kraft betätigen, um Maschinen zur Herstellung eines solchen Produktes neu zu erfinden und sich patentieren zu lassen.
Aus diesen Erfahrungssützen rechtfertigt sich der Schluß, daß bei Veräußerungsvertrügen über Erfinder- oder Patentrechte an Maschinen zur Her
stellung von Fabrikaten, welche Gegenstand gewerblichen Vertriebes sind, der Ersteher gewöhnlich (in Ermangelung konkreter für das Gegenteil schlüssiger
Grundlagen) den Vertrag unter der Voraussetzung abschließen wird, daß die
Erfindung, bezw. das Patent, welches ihm übereignet wird, sich auf eine Ma schine zur Herstellung von Produkten beziehe, deren freiem Betriebe ein auf derartige Produkte erteiltes Patent nicht entgegenstehe, während der Veräußerer (dem entsprechend) annehmen muß, daß der Ersteher von jener Voraussetzung
ausgehe. Ob nun in einem Streitfälle der Erfinder in dieser Richtung durch einen
wesentlichen Irrtum über die gekennzeichnete Eigenschaft der Erfinder- oder Patentrechte, bezw. über die Voranssetzung seines betreffenden Verhaltens dazu geführt ist, einen Vertrag der gekennzeichneten Art zu schließen, während er
3. Abschn. Rechtsgeschäfte. Tit. 2. Willenserklärung. §§U9ff. Irrtum.
31
im Falle der Kenntnis des wirklichen Tatbestandes den Vertrag nicht abge schlossen haben würde, so daß der Vertragsschluß auf einem wesentlichen Irrtums
beruht, das läßt sich nur durch sorgfältige tatsächliche Würdigung aller kon
kreten Umstände des Streitfalles entscheiden. 55. Über die Kursfähigkeit von Jnhaberpapieren.
IV. 557/82 v. 1.3.1883.
Gr. Bd. 28 S. 904 Nr. 42 (Berlin).
Auf den Inhaber lautende Papiere, also auch Pfandbriefe, werden gleich barem Gelde durch die bloße Übergabe in das Eigentum eines andern über tragen.
Die Leichtigkeit ihrer Verwertung im Verkehre hat sie zu einer Ware
mit marktgängigem Preise gestaltet.
Wer ein Jnhaberpapier erwirbt, will eben
ein solches erwerben, welches in jedem Augenblick wieder verkäuflich ist.
Diese
besondere Bedeutung für den Erwerber hört auf, wenn das betreffende Papierseine Kursfähigkeit verliert.
Die Kursfähigkeit gehört zum Wesen eines solchen
Papiers, sie ist eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft desselben.
Dies ist
auch von dem preuß. OTrib. (Entsch. Bd. 16 S. 114) und von dem vorm. ROHG. (Entsch. Bd. 16 S. 22) angenommen worden. 56. Über den Nachlahbcstand beim Erbvergleich.
IV. 317/92 v. 20. 2. 1893.
E. Bd. 31 Nr. 66 S. 292 (Berlin).
Bgl. § 133.
BG. hat einen wesentlichen Irrtum der Kl. auf Grund folgender Erwägungen
angenommen:
„Offenbar Hütten die Beteiligten das von der Bell, aufgestellte
Inventar dem Vergleiche vom 23. Jan. 1890 zu Grunde gelegt ...
Demnach,
habe Kl. als den zur Verteilung gelangenden Nachlaß des Erblassers dasjenige
Vermögen angesehen, welches in dem von der Bekl. gelegten Inventare ver
zeichnet gewesen
sei.
Dies Vermögen sei aber in Wirklichkeit nicht das zu
teilende Vermögen; denn es gehöre zu demselben noch dasjenige Vermögen der-
Bekl., welches diese von ihrem Vater ererbt gehabt.
Infolgedessen habe sich die
Kl. bei Abschluß des Vergleiches in dem Objekte, auf welches sich derselbe bezogt
also in dem Hauptgegenstande ihrer Willenserklärung, oder wenigstens in dem vorausgesetzten Werte, also einer wesentlichen Eigenschaft desselben geirrt."
Die Nichtigkeit dieses letzten,
den vorausgesetzten Wert als
wesentliche
Eigenschaft bezeichnenden Satzes kann unerörtert bleiben, da die übrigen vor
stehenden Ausführungen im wesentlichen für zutreffend und durchgreifend zu
erachten sind. RG. hat in einem Urteile (Rep. IV, 148/81), wo behauptet war, daß ein Nachlaßaktivum von 2500 Talern bei Abschluß des Erbvergleiches übersehen
sei, im Anschlüsse an mehrere Entscheidungen des ehemaligen OTrib. (vgl. Striethorst, A. Bd. 3 S. 207,
Bd. 40 S. 260, 263,
S. 26, 29) allerdings ausgeführt:
Bd. 41 S. 54, 59, Bd. 96
„Als Hauptgegenstand einer Erbteilung sei
der Nachlaß als solcher, das ist der Inbegriff aller Sachen, Rechte und Ver-
Pflichtungen des Erblassers zu betrachten.
Ein Irrtum, welcher bezüglich einzelner
dem Inbegriffe angehörender Objekte stattgefunden habe, könne dagegen nur als
ein Irrtum über die Beschaffenheit des der Teilung unterworfenen Nachlasses betrachtet werden, und ein solcher Irrtum sei in der Regel nicht geeignet, die
Anfechtung zu begründen."
Ob an diesen Grundsätzen in solcher Allgemeinheit
-festzuhalten ist, kann hier dahingestellt bleiben, da der leitende Gesichtspunkt
jener Entscheidung jedenfalls dann nicht zutrifft, wenn die Absicht der Kon
trahenten in Wirklichkeit darauf gerichtet war, sich auf Grund eines Verzeichnisses über
die
spezifizierten
Vermögensstücke
auseinanderzusetzen,
und
wenn sie
dabei in der irrigen Annahme, daß das Verzeichnis den ganzen Nachlaß dar
stelle, den gesamten Nachlaß als Objekt der Auseinandersetzung bezeichneten?) In solchem Falle darf das entscheidende Gewicht nicht auf den irrtümlich zur
Anwendung gebrachten, zu weit gehenden Ausdruck, sondern es muß darauf
gelegt werden, was die Kontrahenten als Gegenstand der Auseinandersetzung wirklich im Auge gehabt haben.
So liegt die Sache nach der an sich nicht zu
beanstandenden Feststellung des BG. auch in dem hier zu entscheidenden Streit
fälle.
Unerheblich ist dabei, ob die Kl. sich infolge eines rechtlichen oder tat
sächlichen Irrtumes über den wahren Umfang der Vermögensmasse, die zwischen
den drei Interessenten zur Teilung gebracht werden sollte, in Unkenntnis befunden hat (vgl. IW. 1892 S. 488 Nr. 31).
57. Über die Bedeutung der olt-Klausel. I. 277/98 v. 22.10.1898.
E. Bd. 42 Nr. 35 S. 143 (Hamburg).
Indem die Parteien auf eine im Handelsverkehr gebräuchliche Geschäfts klausel (cif Rotterdam) kontrahierten, unterwarfen sie sich derselben nach Maß
gabe ihrer wirklichen, durch den Verkehr entwickelten und in demselben an
erkannten Bedeutung, nicht anders, als wenn sie ein Reglement oder eine ähnliche Bestimmung dem Vertrage zu Grunde gelegt hätten.
Insbesondere ging auch
ersichtlich der Wille des Kl. dahin, als mit dem Inhalt der Klausel bekannt betrachtet und behandelt zu werden, mag nun der Vorschlag zur Aufnahme der
Klausel von seinem Gegenkontrahenten herrühren und seine Zustimmung gefunden haben, oder aber von ihm selbst ausgegangen sein. als Kl. selbst Kaufmann und Großhändler ist.
Dies muß umsomehr gelten,
Wenn er sich nun auch über
die wirkliche Bedeutung der Klausel getäuscht hat, so wurde sein auf Geltung
derselben, entsprechend ihrem wirklichen Inhalt, gerichteter Wille hierdurch nicht ausgeschlossen; derselbe blieb nach seiner Art und nach seinem Umfange eine
ausreichende Grundlage für den Eintritt einer der Bedeutung der Klausel voll
ständig entsprechenden Rechtsfolge. *) In gleicher Weise hat RG. durch Urteil in IV. 9/93 entschieden, wobei auch auf Arch. f. Rechtspfl. Bd. 79 S. 267, Entsch. des preuß. OTrib. Bd. 36 S. 96 und Gruchot, Beitr. Bd. 24 S. 452 Bezug genommen ist.
-3. Abschn. Rechtsgeschäfte. Tit. 2. Willenserklärung. § \25. a) Betrug.
33
Ein die Willensübereinstimmung hindernder Irrtum würde ferner auch 'deshalb verneint werden müssen, weil für den Handelsverkehr davon auszugehen
ist, daß jeder Kontrahent sich, der Verkaufsauffassung gemäß, derjenigen Aus
legung seiner Erklärungen fügen will, welche nach Lage der Sache die zutreffende ist, vorausgesetzt, daß der Gegenkontrahent die Erklärungen tatsächlich im Sinne
dieser Auslegung versteht und entgegennimnrt.
Eben dies liegt aber hier vor.
§ 123.
a) Arglistige Täuschung. ■mgs>Widerri»f bei mehreren Erbe« (§ 530 Abs. 2). IV. 125/941>. 1.11. 1894. E. Bd. 34 Nr. 49 S. 204 (Paderborn, Hamm). Vgl. § 2040. Das NG. hat bereits in Rep. IV. 358/93, vgl. Entsch. Bd. 33 S. 247 angenommen, daß der Widerruf einer Schenkung da, wo die Schenkung aus
einer ehelichen Gütergemeinschaftsmasse erfolgt ist, nach dem Tode des einen Gütergenossen mit Rechtswirksamkeit jedenfalls nur von dessen Erben und dem
anderen Gütergenossen gemeinschaftlich ausgeübt werden kann.
Der vorgedachte
Grundsatz muß aber auch da, wo, wie im jetzigen Rechtsfalle, die Schenkung zwar nur von einer Person vorgenommen, diese jedoch von mehreren Personen
beerbt ist, zur Geltung gelangen in der Art, daß in jedem Falle nur den
Erben gemeinschaftlich die Befugnis zum Widerrufe zugesprochen werden kann. Dem gegenüber erscheint der Hinweis des BG. auf den Rechtssatz, daß der einzelne Erbe zu allen Maßregeln befugt sei, welche die Feststellung, Sicherstellung
und Erhaltung des Nachlasses betreffen, nicht zutreffend, da es sich bei der vorliegenden Frage nicht um eine Schutzmaßregel, sondern um eine rechtsgeschäft liche Erklärung betreffs der Substanz des Nachlasses handelt, durch die der
Nachlaß eine mit dem Willen des Testators in Widerspruch stehende rechtliche Gestaltung erhalten soll. Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen.
Bd. I.
14
210
Bürgerliches Gesetzbuch.
Titel 3.
II. Buch. Recht der Lchuldverhältnisse.
Miete.
Pacht (§§ 535 ff.).
Über den Schleppvertrag als Werkvertrag s. Tit. 7 Nr. 351.
321. Vertragliche Haftung des Staates für die Beschaffenheit von Hafenanlagen? V. 574/82 v. 16.12. 1882. E. Bd. 9 Nr. 65 S. 243.
Vgl. bei §§ 241, 823.
Dadurch, daß Kl. kraft des allgemeinen Gebrauchsrechts den Hafen für seine Schiffe benutzt hat, kann eine Verpflichtung des Staates nicht begründet werden. Merdings wird ein Hafengeld erhoben in der Weise, daß derjenige, welcher den Hafen benutzt, diese Abgabe zu entrichten
hat.
Nach Art. 54 der RV. ist
eine solche Abgabe bestimmt, einen Ersatz für die zur Unterhaltung und Her
stellung der Schiffahrtsanstalten erforderlichen Kosten zu gewähren.
Aus dem
Umstande, daß der Staat die Abgabe angeordnet hat und erhebt, läßt sich aber nicht folgern, daß er eine vertragsmäßige Verpflichtung in betreff der Beschaffen
heit der im Hafen vorhandenen, für die Schiffahrt bestimmten Anstalten hat
übernehmen wollen.
Das Hafengeld wird vielmehr, wie andere Abgaben, auf
Grund einer gesetzlichen Anordnung erhoben.
Wenn auch der Staat nach der
RV. insofern in der Bestimmung desselben beschränkt ist, daß der Gesamtbetrag der Abgabe die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Schiffahrts anstalten in deni Hafen erforderlichen Kosten nicht übersteigen darf, so wird doch hierdurch der Charakter des Hafengeldes nicht geändert; es bleibt eine auf
Grund des Gesetzes zu entrichtende Abgabe und kann nicht als vertragsmäßige Leistung angesehen werden, welche zu einer Gegenleistung verpflichtet.
Hiernach fehlt es an einem Grunde für diese Annahme, daß Bekl. dem Kl. gegenüber vertragsmäßig die Verpflichtung übernommen habe, für die Sicherung
der Schiffe des letzteren in dem Hafen, soweit es dabei auf die von demselben
zu benutzenden Schiffahrtsanstalten ankomme, zu sorgen ...
322. Beleuchtungspfltcht des Vermieters. VI. 290/93 v. 12. 2. 1894.
E. Bd. 33 Nr. 50 S. 225 (Halle, Naumburg).
Mit Recht erhebt die Rev. den Angriff, daß aus dem Mietverträge an sich die Verpflichtung des Vermieters zur Beleuchtung der vermieteten Räume
nicht hergeleitet werden könne. sBGB.
§§ 536, 580]
vermietete
haltung
Sache
in
der
Es ist richtig, daß nach (§ 272 ALR. I. 21)
Verpächter oder Vermieter
brauchbarem
eines Hauses
Stande
gehört aber die
zu
die
erhalten
Beleuchtung nicht.
verpachtete
hat.
oder
Zur Unter
Der
Vermieter
hat namentlich auch die dem Mieter zum alleinigen Gebrauche überlassenen Räume zu unterhalten;
aber soweit für ihn eine Beleuchtung derselben nötig
oder erwünscht ist, hat der letztere selbst auf eigene Kosten dafür zu sorgen,
es wäre denn, daß ausnahmsweise der Vermieter eine solche Leistung über nommen hätte.
Bezüglich der Beleuchtung der Zugänge zu den vermieteten Wohnungen und der dahinführenden Treppen kann es, wenn in dem Mietverträge hierüber
nichts bestimmt ist, zuweilen zweifelhaft sein, ob der Vermieter stillschweigend
übernommen hat, hierfür zu sorgen. zu entscheiden.
Diese Frage ist nach den Umständen
Es kommt namentlich auf den Ortsgebrauch bei derartigen
Mietsverhältnissen an.
Daneben kann auch das Verhalten der Kontrahenten,
insbesondere der Umstand von Erheblichkeit sein, daß der Mieter den Miet vertrag nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Zeit ohne Remonstration
erneuert oder fortgesetzt hat, obgleich er wußte, daß der Vermieter die Zugänge und Treppen zu beleuchten nicht willens war.
Auch die Höhe des Mietzinses
kann einen Schluß auf die Absicht der Kontrahenten rechtfertigen.
Die aus
bedungene Miete kann eine so geringe sein, daß schon hieraus erhellt, daß der Vermieter die Beleuchtung der zu der Wohnung führenden Zugänge und Treppen während der
üblichen Verkehrszeiten nicht hat übernehmen sollen.
Dabei ist
indessen zu berücksichtigen, daß, wenn in größeren Hänsern dieselben Zugänge
und Treppen zu mehreren Wohnungen führen, die von einem einzelnen Mieter zu zahlende Miete nicht entscheidend ist, und daß es auch vorkommen kann, daß
der Vermieter die Zugänge und Treppen in seinem eigenen Interesse beleuchten muß oder zu beleuchten pflegt, in welchem Falle die Übernahme einer solchen Leistling in einem Mietverträge eine besondere Ausgabe für ihn nicht erforder
lich machen würde.
BG. nimmt eine allgemeine Pflicht des Bell, an, sein anderen Personen
zllgüngliches Grundstück, welches von solchen, namentlich seinen Mietern, betreten werde, während der allgemeinen Verkehrszeiten in einem Zustande zu erhalten,
welcher keine Gefahr für Leben und Gesundheit der dort verkehrenden Personen mit sich bringe, und dasselbe zu diesem Zwecke insbesondere auch zu beleuchten. Ein Rechtssatz, welcher einem Hausbesitzer, der Wohnungen in seinem Hause
vermietet, im öffentlichen Interesse die Verpflichtung auferlegt, die Zugänge zu
den Mietwohnungen während existiert nicht.
der allgemeinen
Verkehrszeiten zu
beleuchten,
Ein solcher Rechtssatz würde auch, wenn in einem Hause nur
eine oder wenige kleine Mietswohnungen vorhanden sind, zu einer verhältnismäßig
erheblichen Steigerung der Mietspreise führen müssen.
Dagegen kann es bei größeren Häusern, in denen eine Anzahl Miets wohnungen vorhanden sind, und in welchen, namentlich in den großen Städten, auch des Abends nach eingetretener Dunkelheit die Zugänge und Treppen nicht
bloß von den Mietern und deren Hausgenossen, sondern auch von Fremden vielfach betreten werden, im Interesse der öffentlichen Sicherheit geboten sein,
daß für eine genügende Beleuchtung derartiger Räume gesorgt wird. In solchen Fällen, in denen, wie man es ausgedrückt hat, ein Verkehr in dem Hause er öffnet ist, kann sich für den Hauswirt aus den Umständen eine Zwangspflicht
zur Beleuchtung ergeben, deren Vernachlässigung ihn haftbar macht für den dadurch entstandenen Schaden. Etwas anderes ist auch in den von dem BG. angezogenen Entscheidungen
des RG. nicht ausgesprochen.
In Bd. 14 S. 362 ff. Str. findet sich die
Bemerkung: „Wenn ein Hauseigentümer... Mitbewohner aufnimmt und dadurch
14*
Bürgerliches Gesetzbuch.
212
II. Buch. Becht der chchuldverhältnisse.
oder auf andere Weise einen Verkehr in dem Hause herstellt, so hat er die
Pflicht, dafür Sorge zu tragen, daß bei dem von ihm hergestellten Verkehre
andere durch die Anlagen des Hauses an ihrem Körper nicht Schaden erleiden." Bolze, Praxis Bd. 4 Nr. 338, betrifft ein zu Gerichtszwecken benutztes Gebäude, zu welchem das Publikum Zutritt hatte.
Auch hier ist das Gewicht darauf gelegt,
daß der Justizfiskus einen Verkehr für andere in dem Hause eröffnet hatte. In Gruchots Beitr. Bd. 36 S. 447, in welchem es sich um ein sog. „Familien
haus" handelt, hebt das Urteil ausdrücklich hervor, daß der Hausbesitzer zu
prüfen gehabt hätte, ob eine Beleuchtung des Hausflures vorgeschrieben oder sonst erforderlich
sei, nimmt also eine allgemeine Verpflichtung
des Haus
besitzers, für die Beleuchtung der Zugänge zu den vermieteten Wohnungen zu
sorgen, nicht an. Danach hängt hier die Entscheidung davon ab, ob sich aus den Umständen eine Verpflichtung des Bell, ergibt, den Gang, in welchen: die Kl. gefallen ist,
zu der fraglichen Zeit beleuchten zu lassen ...
323. Kenntnis des Mieters von Mitngeln der Mietsache. VI. 88/97 v. 12. 7.1897.
IW. 1897 S. 481 Nr. 67.
Der Satz des BG., daß Bell, sich habe sagen müssen, daß die Alwine als
eine alte, gebrauchte Maschine Mängel haben werde, die im Betriebe hervor
treten könnten, läßt die Auffassung zu, daß die Maschine habe mit Mängeln behaftet sein dürfen, die dem Gebrauche hinderlich waren.
Dies ist rechts
irrtümlich und kann daraus, daß im Vertrage die Maschine als eine gebrauchte,
— nicht als eine alte —, bezeichnet war, nicht hergeleitet werden.
Nach dem
Vertrage sowohl, in welchem Kl. sich verpflichtet hatte, die Maschine in kom plettem und betriebsfähigem Zustande zu übergeben, als auch nach dem Gesetze (§ 318 des MR. Tl. I Tit. 5, §§ 272ff. Tl. I Tit. 21) haftete Kl. für die
Gebrauchsfähigkeit
der Maschine.
Bekl.
hatte
vorhandene Schäden, die im
Betriebe hervortraten, nicht auf seine Kosten zu beseitigen; er hatte auch im
Vertrage
nur die
Verpflichtung
übernommen,
die Maschine
in
ordnungs
mäßigem Zustande zu erhalten und Kl. mit Ablauf der Mietszeit in kom plettem und betriebsfähigem Zustande zurückzuliefern, wobei der ordnungs mäßige, d. h. fehlerfreie Zustand der Maschine bei der Übergabe an Bekl. vorausgesetzt war.
324. Gewährleistung des Vermieters für bekannte Mängel der Mietsache. III. v. 19.10. 1880.
Seuff. Bd. 36 Nr. 115 S. 164 (Nassau).
Mit Recht ist das OLG. davon ausgegangen, daß der Mieter, welcher mit Kenntnis der fehlerhaften Eigenschaften des Mietgegenstandes den Mietvertrag
abgeschlossen oder stillschweigend erneuert habe, dadurch auf die Geltendmachung
der ihm durch jene Mängel dem Vermieter gegenüber erwachsenen Rechte ver zichte.
Es ist gleichgültig, ob dabei ein einzelner Mangel der Mietwohnung
oder deren Unbrauchbarkeit zu den Zwecken des Mieters überhaupt in Frage steht; denn die Gesetze geben dem Vermieter unter solchen Umständen bezüglich aller Gewährsmittel eine wirksame Einrede.
Pacht oder Kauf?
325. Steinbruch.
III. 140/81 v. 19. 11.1881. E. Bd. 6 Nr. 2 S. 4. (Limburg, Frankfurt). Vgl. § 581.
S-uff. Bd. 38 Nr. 18 S. 27
Der vorliegende Vertrag ist nur darauf gerichtet, daß dem Bekl. das Recht gewährt werden soll, aus den
Steine zu brechen".
beiden Kalksteinfelsen
„nach freiem Belieben
Die Gewährung dieses Rechts kann aber, bei dem um
fassenden Inhalt desselben, nur dadurch erfolgen, daß Kl. ihm für die Dauer
der Vertragszeit die — innerhalb
der
durch
den Vertragszweck
gegebenen
Schranken — beliebige Verfügung über das ganze Grundstück gestattet, mit anderen Worten, daß sie ihn in den Besitz des Grundstücks einsetzt.
Hieraus
folgt nicht nur, daß Kl. mit der Einräumung dieses Besitzes alles getan hat, was ihr aus dem Vertrage obliegt, sondern auch andererseits, daß Bekl. durch
die Annahme dieses Besitzes alles in Empfang genommen hat, was er aus
dem Vertrage zu fordern hat.
Ob und in welchem Umfang derselbe von dem
ihm somit gewährten Recht Gebrauch machen wolle, ist lediglich seine Sache; der Vertrag ist durch die Gewährung und Belassung des Besitzes des auszu
nutzenden Grundstücks erfüllt, einerlei ob Bekl. das in demselben vorhandene Gestein bis auf den letzten Stein ausbricht, oder ob er beim Ablauf der Pacht
zeit sämtliche Steine ungebrochen sitzen läßt.
Hiermit sind offenbar alle recht
lichen Erfordernisse des Abschlusses eines Pachtvertrages gegeben.
Es erhellt
aber hieraus zugleich, daß der abgeschlossene Vertrag als ein Kaufvertrag nicht
aufgefaßt werden kann.
Denn da der Kaufvertrag darauf gerichtet sein muß,
daß der Käufer von dem Verkäufer eine ihm verkaufte Sache zu erhalten hat,
so kann von einem Kauf von Steinen da nicht die Rede sein, wo, wie hier,
zur vollständigen Erfüllung des Vertrages es nicht erforderlich ist, daß der eine Vertragsteil von dem andern Teil auch nur einen einzigen Stein erhält.
328. Ausbeutung eines Toulagers.
IV. 153/90 v. 22. 9. 1890.
Gr. Bd. 35 S. 1024 Nr. 86 (Berlin).
Die Frage, ob ein Vertrag, in welchem ein Grundeigentümer dem anderen Vertragsteile gegen Entgelt das Recht einräumt, Substanzteile des Grundes
und Bodens selbst zu gewinnen und zu verwenden, unter den Begriff eines
Pachtvertrages gebracht werden kann, ist von der pr. Rechtsprechung verschieden beantwortet worden.
Das pr. OTrib. hat einen Vertrag über Austorfung
einer Wiese nicht für einen Pachtvertrag erachtet (Strieth. A. Bd. 13 S. 36
und Bd. 61 S. 63).
Ebenso hat es einen Vertrag über Einräumung des Rechtes
zum Brechen von Steinen in einem Steinbruche nicht als einen Pachtvertrag, sondern als einen Kaufvertrag angesehen (Strieth. A. Bd. 59 S. 79). Desgleichen
214
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
einen Vertrag über Ausbeutung eines Bergwerkes (Strieth. A. Bd. 29 S. 149).
Dagegen hat es einen auf die Ausbeutung von Tonlagern und Ziegelfabrikation gerichteten Vertrag mit einem dem Inhalte des vorliegenden Vertrages ähnlichen Inhalte (U. v. 25. Juni 1879 Gruchot Beitr. Bd. 14 S. 277) für einen
Pachtvertrag erachtet.
RG. hat (U. v. 19. Nov. 1881 E. Bd. 6 S. 4) das
Recht, in einem Steinbruche Steine zu brechen, als Gegenstand eines Pacht vertrages angesehen.
Die Auffassung, nach welcher Nutzungen, wie die in
Rede stehenden, Gegenstand eines Pachtvertrages sein können, hat in der Vor schrift des § 114 des pr. allg. Bergg. v. 24. Juni 1865, in welcher die Über lassung und Ausbeutung eines Bergwerkes als Verpachtung bezeichnet wird, gesetzliche Anerkennung gefunden.
Auch ist zu bemerken, daß der gegenwärtig
erkennende Senat des RG. (IV. 52/90, 12. Juni 1890) ausgesprochen hat, es bestehe an sich kein Hindernis, ein bergbauliches Nutzungsrecht, welches auf Überlassung von Grund und Boden zum Betriebe eines Bergwerks gerichtet
sei, durch einen Pachtvertrag zu begründen. Die in den zuletzt angegebenen Urteilen dargelegte, der Vorschrift im
§ 114 dess. Bergges. zum Grunde liegende Auffassung ist im Streitfälle fest zuhalten.
Wird der damit gegebene Maßstab an den vorliegenden Vertrag
angelegt, so stellt sich der Vertrag als Pachtvertrag dar, und zwar nicht bloß insoweit, als er für die Kl. das Recht auf die Überlassung des für den Bau
und den Betrieb der Ziegelei nötigen Landes im Umfange bis zu 25 a für
jede Million jährlich herzustellender Ziegel begründet, sondern auch insoweit, als er auf die Überlassung der Tonlager zur Ziegelfabrikation gerichtet ist. Daß es sich hierbei nicht um einen ein für allemal bestimmten Gegenstand
des Pachtvertrages handelt, die der Kl. zu überlassenden Grundstücksflächen vielmehr dem Wechsel unterliegen, ändert hierin nichts.
327. Ausbeute eines Bergwerks. III. 215/88 v. 29.1.1889.
IW. 1889 S. 116 Nr. 32 (Gem. R). Vgl. Art. 67 EG.
Es muß zugegeben werden, daß die Verpachtung der Ausbeute eines Berg
werks ein vollkommen zulässiger Vertrag ist, insofern — nach gemeinem Rechte — die aus einem Grundstücke gewonnenen Mineralen als Früchte desselben be
trachtet werden
(vgl. RGEntsch. Bd. VI Nr. 2 S. 6).
Allein die Gründe,
welche BG. dafür anführt, daß in Wirklichkeit Werkverdingungsverträge ge schlossen worden seien, lassen es mindestens als zweifelhaft erscheinen, ob die Kontrahenten Pachtverträge eingehen wollten oder doch, wenn dies in ihrer
Absicht lag, die wirklich geschlossenen Verträge ihrem materiellen Inhalt nach als Pachtkontrakte anzusehen sind.
Bedürfen hier aber solchergestalt die Ver
träge der Auslegung, so ist der Name, welchen ihnen die Kontrahenten bei
legten, nicht von ausschlaggebender Bedeutung, es sind vielmehr die getroffenen Verabredungen nach ihrem Gesamtinhalte und die Umstände des Falles für die rechtliche Würdigung des Vertragsverhältnisses maßgebend.
Titel 5.
Darlehen (§8 607 ff.).
Über Baugeldervertrag, pactum de mutuo dando, vgl. Nr. 256 bei §§ 362 ff. 328. Kündigung trotz entgegenstehender Einrede. in. 106/83 v. 6. 7. 1883. (Braunschweig).
E. Bd. 9 Nr. 61 S. 229.
Senfs. Bd. 39 Nr. 92 S. 141
Es ist eine unrichtige Rechtsansicht, von welcher BG. ausgeht, wenn es annimmt, daß eine Kündigung, um rechtswirksam zu werden, zur Voraussetzung habe, daß der erfolgreichen Einklagung der gekündigten Forderung weder die
Einrede des nicht erfüllten Vertrages, noch eine andere, die Klage zur Zeit elidierende Einrede entgegenstehe. Die Kündigung hebt einfach nur den bisher gewährten Kredit auf, und je nachdem der Vertrag die Fälligkeit der gekündigten Forderung von dem Ablaufe eines bestimmten Zeitraumes abhängig macht oder nicht, nimmt die Forderung mit der Kündigung den rechtlichen Charakter einer betagten oder einer unbetagten Forderung an. Ausgeschlossen ist es damit natürlich nicht, daß im einzelnen Falle nach erfolgter Kündigung die Verhältnisse
der Parteien zu einander sich so gestalten, daß sie eine genügende tatsächliche
Grundlage bieten für die Annahme einer stillschweigenden Willenseinigung über eine weitere Kreditgewährung bis zur erneuerten Kündigung. Allein dann ist es eben diese Willenseinigung, welche eine wiederholte Kündigung notwendig macht. Ferner ist auch, obwohl es begreiflich nicht leicht vorkommen wird, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß in einem Vertrage ausbedungen wird, die Kündigung dürfe erst erfolgen, nachdem alle zur Zeit der wirksamen Einklagung etwa entgegenstehenden rechtshindernden Tatsachen beseitigt sind. Allein eine Gesetzesvorschrift, derzufolge auch ohne eine solche Beredung die Rechtswirk samkeit der Kündigung von jener Voraussetzung abhängig wäre, besteht nicht,
und worauf BG. seine Rechtsansicht glaubt stützen zu können, ist unerfindlich. 329. Kündigung durch Aufrechnungserklärung.
IV. 169/86 v. 29.11.1886.
E. Bd. 17 Nr. 37 S. 148 (Bromberg, Posen).
An sich ist die Kündigung eines Darlehns durch den Gläubiger der Aus druck seines Willens, nach Ablauf der Kündigungsfrist befriedigt zu werden. Der Regel nach wird dieser Wille dahin gehen, durch Zahlung befriedigt zu
werden; darin besteht ja auch die ursprüngliche Verpflichtung des Darlehnsschuldners. Die Praxis nimmt an, daß, wenn der Gläubiger einer auf Kündi gung stehenden Forderung ohne vorgängige Kündigung die Klage erhebt, die
Der Schuldner wird, wenn die Kündigungsfrist bis zum Erlaß des Urteiles abgelaufen ist, einfach zur Zahlung
Zustellung der Klage als Kündigung gilt.
verurteilt. (Vgl. Entsch. Bd. 8 S. 415 (Nr. 210 zu § 271]). Wie nun unzweifelhaft die Verpflichtung des Darlehnsschuldners, die er
haltene Summe zurückzuzahlen, auch durch gegenseitige Anrechnung erfüllt werden kann, so kann der Kündigungswille des Gläubigers auch den Inhalt haben, sein Recht auf Auszahlung dadurch erfüllt zu sehen, daß seine Darlehns-
216
Bürgerliches Gesetzbuch. II. Buch. Recht der Schvldverhältnisse.
forderung zur Kompensation gegen eine Forderung des Darlehnsschuldners an ihn zugelassen wird.
gemachte
In diesem Falle ist die ohne vorherige Kündigung geltend
Kompensation
mit einer der Kündigung unterliegenden Forderung
gegen die Forderung des Darlehnsschuldners in Ansehung des Rechtes zu kom pensieren, als Kündigung anzusehen und, wenn die Kündigungsfrist bis zum Erlasse des Urteiles abgelaufen ist, der Gegner auf Grund der Kompensations
einrede abzuweisen.
Titel 6. Dienstvertrag (§§ 611 ff.). 330. Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertrag. HL 10. 5. 1881. Senfs. Bd. 42 Nr. 29 S. 37. Ztschr. f. Bcrw. it. Rechtspfl. im Gr. Oldenb. Bd. 13 S. 73 (Oldenb. ©.). Vgl. § 631.
Da der Werkverdingungsvertrag loc. cond. den einen Teil zur Leistung
eines Werks an den andern Teil verpflichtet, so ist zum Wesen dieses Vertrags erforderlich, daß derselbe sich auf die Ausführung eines festbestimmten Werks
richtet.
Daß unter Umständen ein Zweifel darüber entstehen kann, ob ein über
eine Arbeitsleistung abgeschlossener Vertrag als eine Werkverdingung oder als eine Dienstmiete zu verstehen sei, ist nur deshalb möglich, weil auch bei der
Dienstmiete die vertragsmäßige Aufgabe der gemieteten Dienste auf die Her stellung eines festbestimmten Werks beschränkt sein kann.
Wenn der Vertrag
die Bezeichnung eines festbestimmten Werks, welches ausgeführt werden soll, nicht
enthält, so ist die Annahme einer Werkverdingung begriffsmäßig ausgeschlossen. In dem vorliegenden Vertrag hat nun aber Kl. sich in keiner Weise verpflichtet,
für ein bestimmtes Ergebnis der von ihm übernommenen Arbeiten aufzukommen. Er hat sich nicht verpflichtet, eine bestimmte Anzahl Ziegeln fertig zu stellen,
noch auch, eine bestimmte Quantität Lehm zu verarbeiten oder eine bestimmte Anzahl Brände auszuführen.
Seine Verpflichtung hinsichtlich des Umfangs
der ihm obliegenden Leistungen geht nur dahin, daß er nebst etwa 50 Gehilfen im Frühjahr, sobald mit Ziegelarbeiten begonnen werden kann, auf der Ziegelei
des Gemeinschuldners sich einstellen und daselbst die Arbeiten ununterbrochen fortsetzen soll, so lange, als es im Herbst die Witterung gestattet.
Für seine
und seiner Gehilfen Arbeiten soll er bezahlt werden mittels eines für die ver
schiedenen Sorten der von ihm herzustellenden Fabrikate festgesetzten Stück lohns.
Er hat sonach übernommen, seine und seiner Gehilfen ganze Arbeits
kraft für den Gemeinschuldner aufzuwenden, und zwar in dessen Erwerbs geschäft und während eines längeren Zeitraumes.
Dieser Vertrag ist offenbar
eine Dienstmiete.
331. Aufnahme ins Krankenhaus. IH. 148/87 v. 28.10.1887.
IW. 1888 S. 29 Nr. 62 fGem. R.).
Das Hospital, welches einen Kranken aufnimmt, verpflichtet sich, nicht in ähnlicher Weise wie der conductor operis zur Hervorbringung eines besümmten
Endergebnisses, etwa zur Heilung des aufgenommenen Kranken: es übernimmt
nur eine Reihe von Einzel-Verpflichtungen, wie solche durch die Verpflegung eines Kranken erfordert werden.
Ob das Krankenhaus einer Korporation an
gehört oder im Besitz eines Einzelnen steht, immer sind es nur diese einzelnen Leistungen, auf welche der Kranke Anspruch zu erheben hat und welche den In
halt der Verbindlichkeit der Krankenanstalt bilden.
Für derartige Obligations
verhältnisse muß aber an der vorhin erwähnten Regel festgehalten werden, daß
der Prinzipal nur für Fahrlässigkeit in der Auswahl und Beaufsichtigung seiner Die Pflicht der Bewachung des Kranken be
Hilfspersonen einzustehen hat.
gründet keine Ausnahme: sie ist nur eine der mannigfaltigen Leistungen, welche nach der Natur der Krankheit und den persönlichen Zuständen des Kranken
nötig werden können, sie steht also unter den gleichen rechtlichen Gesichtspunkten wie die übrigen, zur Wartung und Pflege des Kranken dienenden Handlungen
und kann darum auch nicht in betreff die
dabei
verwendeten
Gehilfen
einen
der Haftpflicht des Prinzipals besonderen
und
strengeren
für
Maßstab
rechtfertigen.
332. Öffentliche Fähre. I. 202/88 v. 16.10. 1888.
E. Bd. 23 Nr. 16 S. 90 (Hamburg).
Bekl. ist Pächter einer „öffentlichen" Fähre. ders.
(Fassung von
Die GewO, findet nach § 6
1883) keine Anwendung auf die Befugnis zum Halten
öffentlicher Fähren, wodurch, da der § 6 zu den einleitenden allg. Bestimmungen gehört, auch die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 120 GewO, auf den vor
liegenden Fall allerdings ausgeschlossen erscheint.
Mit Recht hat aber BG. den
Vertrag des Fahrgastes mit dem Fährmanne nicht als eine Dienstmiete, sondern als eine locatio conductio operis aufgefaßt, gerichtet auf die Beförderung des Fahrgastes nach einem bestimmten Ziele, und es ist deshalb auch mit Recht
nicht bezweifelt, daß Bekl., von welchem persönlich die Bewirkung der über
nommenen Leistungen offenbar nicht erwartet werden konnte, als conductor
operis an sich für schuldhafte Handlungen und Unterlassungen der von ihm angenommenen Hilsspersonen den seine Fähranstalt benutzenden Personen gegen
über haftet: sBGB. §§ 278, 831] (Vgl. ROHG. Bd. 12 S. 73 ff. und Bd. 13
S. 77 ff.; RG. Bd. 10 S. 165 ff.).
Ebensowenig scheint
das
BG.
zu be
zweifeln, daß Bekl. schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen verpflichtet war,
auf den von ihm zur Führe benutzten Schiffen die zur tunlichsten Sicherung
der Fahrgäste gegen Gefahr für Leben und Gesundheit geeigneten Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten.
Es ist aber der Ansicht, daß I der desfallsigen
Verpflichtung des Bekl. einen zu weiten Inhalt beigelegt habe, daß insbesondere
das Vorhandensein einer Sperrkette vor'dem Eingänge zum Maschinenraume
nicht erforderlich gewesen sei, und daß deshalb Bekl. auch nicht dafür ver antwortlich gemacht werden könne, daß dieselbe zur Zeit des Unfalles nicht vorgehängt war.
218
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Allerdings kann als Gegenstand der Verpflichtung des Fährmannes die
sichere Beförderung des Fährgastes schlechthin nicht angesehen werden und es
geht zu weit, die Verpflichtung des Fährmannes dahin zu formulieren, daß er
die den Passagieren zugewiesenen Räume in einem die Gefährdung derselben
ansschließenden Zustande zu erhalten habe; denn es wird mit Recht darauf hingewiesen, daß nach der Natur der Sache kleine Fahrzeuge, wie sie zum Fähr
dienste benutzt zu werden pflegen, mancherlei Unvollkommenheiten in sich tragen
und auch in Bezug auf die Sicherheit nicht so weitgehende Garantieen bieten können, wie z. B. ein großer, aufs beste eingerichteter Dampfer; der Fährgast, welcher sich den daraus sich ergebenden Gefahren aussetze, habe dieselben daher
selbst zu tragen.
BG. führt sodann aus, der durch die Benutzung eines Fährbootes be gründete Werkverdingungsvertrag habe nicht die Beförderung in der denkbar
sichersten Weise, sondern die Beförderung nach Maßgabe des zur Verfügung gestellten Transportmittels zum Gegenstände, wobei allerdings jeder Fährgast
beanspruchen könne, daß es an denjenigen zur Sicherheit des Publikums die nenden Vorrichtungen nicht fehle, welche allgemein üblich, und insbesondere nicht an solchen, welche polizeilich vorgeschrieben sind.
Auch hierin ist dem BG. zwar im allgemeinen beizutreten, jedoch nur mit der Maßgabe, daß der aus dem Vertrage seinen Fahrgästen für jede, auch die geringste Nachlässigkeit haftende Bekl. auch eine dieser Haftung entsprechende Sorgfalt aufzuwenden hatte, daß deshalb die allgemeine Üblichkeit und die
Anforderungen der Polizeibehörde in betreff der zur Sicherheit des Publikums
geeigneten Vorrichtungen für ihn nur die Minimalgrenze des zu Leistenden bildeten, und daß er auch über dieses Maß hinaus seinen Fahrgästen haftete,
wenn er bei Aufwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und geschäftskundigen Fährmannes erkannte oder erkennen mußte, daß das allgemein Übliche oder polizeilich Vorgeschriebene zu der auch auf solchen Fährbooten zu ermöglichenden
tunlichsten Sicherung des Publikums nicht genüge, und daß die Beschaffenheit
des von ihm zum Transporte benutzten Fahrzeuges noch weitere Vorsichts maßregeln erfordere und gestatte, ohne daß hierdurch ein unverhältnismäßiger Kostenaufwand oder eine untunliche Erschwerung in der Handhabung des Fahr
zeuges oder ein anderer Nachteil, durch welchen die Unterlassung sich recht-
fertigt, herbeigeführt werde. Was BG. zu der Annahme veranlaßt hat, daß die Sperrkette nicht als
Sicherungsmittel gegen das Hineinfallen in den Maschinenraum dienen könne und, wo sie angebracht sei, nur die Bestimmung habe, dem Publikum den Zu
tritt in denselben zu verwehren, ist nicht ersichtlich. Daß eine feste Türe in der die Öffnung des Maschinenraumes umgebenden Einfriedigung eine noch größere Sicherheit als eine Sperrkette gewähren würde, schließt noch nicht aus,
mindestens eine Verringerung der Gefahr des Hineinstürzens für geboten zu
erachten.
7. Abschn.
Tit. 6.
Dienstvertrag.
§ 6(8. Dienstanweisung.
219
§ 618. Vgl. Art. 95 EG. u. Gew O. § 120 in Bd. 2. 333. Dimftinstruktion.
III. 20/88 v. 13. 4.1888. Es ist kein
IW. 1888 S. 221 Nr. 10 (Gem.R.)
Grund erfindlich, in Ansehung der Beweislast den Dienst
mietevertrag anders aufzufassen als andere Obligationsverhältnisse, aus welchen der Schuldner zu einer Leistung verpflichtet ist und dem Nachweise der Obli
gation gegenüber beweisen muß, daß er gehörig geleistet oder ein Zufall ihm
die gehörige Leistung unmöglich gemacht hat; zu den Verpflichtungen des Dienst herrn gehört die Erteilung einer entsprechenden Instruktion, wenn dem Die
nenden eine mit Gefahren verbundene Arbeit übertragen wird, es sei denn,
daß der Dienende schon ausreichend unterrichtet ist; im Streitfälle muß daher der
(wegen Verletzung
seiner Vertragspflichten auf Schadensersatz belangte)
Dienstherr auch beweisen, daß er diese kontraktliche Verpflichtung erfüllt hat. 334. Regelung der Dienstleistungen des Lehrlings.
VI. 142/94 v. 12. 7. 1894.
E. Bd. 34 Nr. 1 S. 1 (Hamburg).
Der Sohn des Kl. trat um Pfingsten 1892 bei dem Bekl. in die Lehre. Am 21. Juli desselben Jahres half er dem Gesellen bei dem Abschlagen eines Stückes Eisens oder Stahls.
schlug auf das Eisen.
Der Geselle hielt den Meißel, und der Lehrling
Dabei sprang ein Stück ab und flog ihm in das Auge.
Dieses lief infolgedessen aus.
Kl. hat den Bekl. auf Schadenersatz in Anspruch
genommen. I hat die Klage abgewiesen, II die Berufung zurückgewiesen ... Kl. hat ... vorgebracht: vor der Übertragung der Arbeit sei eine Unter
weisung des Lehrlings nötig gewesen; jedenfalls hätte es bei der Arbeit einer
Anweisung bedurft; der Schlagende müsse bei einer solchen Arbeit dem Meißel gegenüberstehen, da ihn dann ein abgemeißeltes Stück Eisen nicht treffen könne;
sein, des Kl., Sohn habe nun nicht dem Meißel, sondern dem Eisen gegenüber gestanden; dadurch sei der Unfall herbeigeführt; für eine entsprechende Anweisung hätte der Bekl. sorgen müssen.
Der Sohn des Kl. hat bei einer Vernehmung
erklärt, daß ihm für die fragliche Arbeit eine Anweisung nicht erteilt sei. BG. führt hierüber folgendes aus: für eine allgemeine Anweisung an den klägerischen Sohn, wie er sich bei Arbeiten der fraglichen Art zu verhalten habe, sei umsoweniger Veranlassung vorhanden gewesen, als der Sohn des Kl.
dem Gesellen, mit dem er zusammen arbeitete, für alle vorkommenden Arbeiten
zugewiesen gewesen sei; Bekl. habe daher annehmen dürfen, daß die Anweisung
in jedem einzelnen Falle von dem direkten Vorgesetzten des klägerischen Sohnes erfolgen werde; wenn den Gesellen ein Vorwurf treffen sollte, weil er den Sohn
des Kl. nicht gehörig instruiert habe, so hafte der Bekl. hierfür nur insoweit, als ihm eine culpa in eligendo zur Last falle; eine solche sei nicht behauptet. Die Ausführung wird mit Recht von der Revision angegriffen; sie verletzt
insbesondere den § 120 Gew.O.
Nach diesem muß der Lehrherr entweder
220
Bürgerliches Gesetzbuch. II. Buch.
Recht der Schuldverhältniffe.
selbst oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die
Ausbildung des Lehrlings leiten.
Der Meister nmß daher, wenn er allgemein
oder in einzelnen Fällen die Anweisung des Lehrlings einem geeigneten Ge
sellen überlassen will, diesen ausdrücklich hierzu bestimmen und ausdrücklich be
auftragen, den Lehrling, soweit erforderlich, anzuweisen. allgemein.
Die Vorschrift lautet
Man darf daher weder für einfache Arbeiten, noch für den Fall,
daß der Meister nur einen Gesellen hält, hiervon eine Ausnahme machen. Bekl. würde danach in dem vorliegenden Falle seine Pflicht nur dann erfüllt
haben, wenn er den Gesellen, mit welchem der Sohn des Kl. bei dem Unfälle zusammen gearbeitet hat, ausdrücklich
beauftragt haben sollte, dem Lehrlinge
die nötigen Anweisungen zu erteilen, vorausgesetzt, daß der Geselle seiner Persön lichkeit nach überhaupt zur Vertretung des Meisters bei der Ausbildung des
Lehrlings geeignet gewesen ist. Ebenso: III. v. 13. 4. 1888. das. Bd. 46 Nr. 255. 335. Gefährliche Räume.
Heuboden.
III. 63/89 v. 10. 5. 1889.
Soweit
Senfs. Bd. 43 Nr. 266 u. VI. 274/90 v. 9. 3. 1891,
IW. 1889 S. 260 Nr. 17 (Gem.R.).
eine Haftpflicht des
Bekl. aus
Vgl. Art. 95 EG.
dem Dienstverträge
hergeleitet
wird, weil der Bekl. nach diesem Vertrage verpflichtet gewesen sei, die Räume, welche seine Dienstboten zu betreten haben oder welche denselben auch nur zu
gänglich sind, so einzurichten,
daß
denselben dort keine
heimliche Gefahren
drohen, oder aber die Dienstboten auf die mit dem Betreten solcher Räumlich
keiten verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen, so ist eine solche Ver pflichtung an sich vorhanden, andererseits aber auch nicht zu bestreiten, daß
sich das Maß der dem Dienstherrn obliegenden Sorgfalt nur nach den konkreten Umständen bestimmen kann.
Muß nun das Betreten der Heuböden in der
fraglichen Gegend nach der dort bestehenden Einrichtung eines losen Belags schon an sich jeden mit der Einrichtung Bekannten zur Vorsicht auffordern
und hat der Bekl. die klägerische Tochter noch ausdrücklich zur Vorsicht beim Betreten des Heubodens ermahnt, so kann die Annahme des BG. nicht für
rechtsirrtümlich gehalten werden, daß der Bekl. durch seine allgemeine Warnung auch gegenüber den besonderen Gefahren, welche sich für die klägerische Tochter aus der mit dem losen Bodenbeläge nicht im Zusammenhänge stehenden Öffnung
am Kamin ergeben konnten, seine der klägerischen Tochter (aus 1. 28 C. de loc.
IV 65) geschuldete custodia erfüllt hat, selbst wenn ihm bekannt war, daß einige Jahre vorher schon eine andere Person durch die Öffnung einen Unfall er litten hatte. 336. Gefährliche Maschine.
V. 553/82 v. 29.11.1882.
Gr. Bd. 27 S. 1017 Nr. 93 (Naumburg).
BG. verneint, daß Bekl. nach Gew.O. § 120 verpflichtet gewesen sei, die
Tummelbaumwinde durch eine den Arbeitern größere Sicherheit gewährende
*Z. Abschn.
Dienstvertrag.
Tit. 6.
Arbeitsgeräte u. -ittiume.
§ 6(8.
221
Er führt aus, es sei eine nach den
Winde neuer Konstruktion zu ersetzen.
konkreten Umständen des Falls zu beantwortende Tatfrage, was zur Sicherheit gegen Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeiter tunlichst erforderliche
Anstalten seien; es sei mit dem § 120 a. a. O. nicht der Sinn verbunden, als ob von dem Gewerbeunternehmer jede neue Erfindung, die sich praktisch
bewährt, zum Schutze der Arbeiter in seiner Betriebsstätte eingeführt werden müsse; von einer solchen Verpflichtung könne füglich nur dann die Rede sein,
wenn die alten bestehenden Einrichtungen einen objektiv unzureichenden Schutz gewährten.
Indem BG. hiervon ausgeht, und berücksichtigt, daß die Tummel
baumwinde jahrelang,
ohne daß ein Unfall dabei vorgekommen, in Gebrauch
gewesen, daß sie bei ordnungsmäßiger Bedienung ohne Gefahr für die Arbeiter
gewesen; daß derartige Winden auch noch sonst in dortiger Gegend, und sogar im städtischen Packhofe in Magdeburg in Gebrauch seien, daß somit der Unfall,
von welchem Kl. betroffen, nicht sowohl der Beschaffenheit der Winde, als anderen Umständen zuzuschreiben sei, kommt er zu dem Resultat, daß ein Ver schulden des Bekl. darin, daß er die in Rede stehende Winde benutzt habe,
nicht gefunden werden könne.
Der RKl. greift diesen Entscheidungsgrund mit der Ausführung an, da der BR. anerkenne, daß gegenwärtig besser konstruierte Winden im Gebrauch
seien, so könnten die Gründe, aus denen er den weiteren Gebrauch der Tummel baumwinde abseiten des Bekl. für zulässig erkläre, nicht als richtig angesehen
werden. Dieser Angriff ist nicht begründet.
Man
muß dem BG. darin bei
treten, daß aus dem § 120 a. a. O. nicht die unbedingte Verpflichtung für
den
Gewerbeunternehmer
welche den Arbeitern
hergeleitet
werden
jede
kann,
neue
Einrichtung,
einen größeren Schutz gewährt, einzuführen.
Vielmehr
ist „mit Rücksicht aus die besondere Beschaffenheit des Gewerbebetriebs und der Betriebsstätte"
„zu
im einzelnen Falle
tunlichster Sicherheit
gegen
zu
Gefahr
entscheiden, für Leben
welche
und
Einrichtungen
Gesundheit
not
wendig sind".
337. Gerüst.
III. v. 9. 1. 1855. S. 300.
Seuff. Bd. 40 Nr. 231 S. 342.
Annal. d. RG. Bd. 1 Nr. 171
Dem Bekl., welcher durch seine Gesellen bei dem Neubau eine hohe Giebel
wand aufführen ließ, lag die Pflicht ob, ihnen das dazu unentbehrliche Gerüst in einem solchen Zustande zu liefern, daß sie durch das Besteigen desselben keinen
Schaden an Leben oder Gesundheit zu leiden hatten.
Hieraus folgt aber
weiter, daß, wenn die Arbeiter dennoch infolge des Bruchs des Gerüstes zu
Schaden gekommen sind, Bekl. solange für denselben verantwortlich zu erachten war, bis er den Nachweis führte, daß ihn bei Stellung des Gerüstes ein Verschulden
nicht treffe.
Dieser Nachweis liegt ihm
ob,
nicht aber trifft
Bürgerliches Gesetzbuch.
222 den
Kl.
die
Last
des
II. Buch.
Nachweises
eines
Recht Ver Schuldverhältnisse,
Verschuldens
des
Bekl.,
da
er
seinen Anspruch nicht aus einer außerkontraktlichen Schuld des letzteren her leitet,
sondern
Erfüllung
des
Vertrages
bezw.
Schadensersatz
für
Nicht
erfüllung fordert, ein Anspruch, von dem sich Bekl., da der Vertrag feststeht, nur durch den Nachweis, seiner Verpflichtung gehörig nachgekommen zu sein,
freimachen kann.
338. Mangelhafte Treppe im Dienstgebäude. V. 184/84 v. 25. 10. 1884.
Gr. Bd. 29 (9) S. 385 Nr. 11 (Königsberg).
Vgl. Art. 77 EG.
Kl., welcher als Beamter bei der Güteccxpedition der Ostbahn in Insterburg im Dienst stand, ist an einem Abend im Januar 1881 auf der Treppe, welche von dem ihm angewiesenen Dienstlokale nach der Straße führte und von ihm passiert werden mußte, weil die Treppe
unbeleuchtet und beeist, aber nicht bestreut war, gefallen, dadurch verletzt und lediglich infolge
hiervon dienstunfähig geworden.
Ohne Rechtsverletzung hält BG. den Bekl. (Fiskus) hiernach wegen Nicht erfüllung der ihm dem Kl. gegenüber obliegenden Verpflichtung, die bezeichnete
Treppe in einem gefahrlosen Zustande zu erhalten, für ersatzpflichtig. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Verpflichtung, schon außerkontraktlich,
unmittelbar durch das Gesetz begründet war, und ob dasjenige, was BG. zur Rechtfertigung dieser Annahme anführt, nicht aus dem besonderen Rechts verhältnis entnommen ist, in welchein Kl. als Beamter (bei der Güterexpedition
der Ostbahn) zu dem Bekl. stand. Wohl aber ist die gedachte Verpflichtung des Bekl. mit dem ersten Richter
aus seinem kontraktlichen Verhältnis zum Kl. herzuleiten.
Denn aus dem von
den Parteien abgeschlossenen Dienstkontrakte, mag dieser in einer besonderen Vertragsurkunde enthalten oder lediglich in der Anstellung des Kl. zu befinden
sein, ergaben sich alle gegenseitigen Verpflichtungen derselben, welche die Natur des Dienstverhältnisses mit sich brachte.
Wie aber danach Kl. zur Tätigkeit in
dem ihm angewiesenen Dienstlokale, so war Bekl. seinerseits kontraktlich ver pflichtet, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, welche den Umständen nach er
forderlich waren, damit Kl. dieses Lokal ohne Gefährdung von Leben
oder
Gesundheit betreten und verlassen konnte.
Diese Kontraktspflicht ist von ihm im vorliegenden Falle tatsächlich nicht erfüllt und, da ihr Inhalt den Bekl. zu einem Tun (facere), nämlich zur Er
haltung der Treppe in gefahrlosem Zustande obligierte, der Kl. auch nicht mehr begehrt, als was ihm bei gehöriger Vertragserfüllung abfeiten des Bekl. an
Dienstbezügen hätte gezahlt werden müssen, so konnte Bekl. seinem Ansprüche mit Erfolg nur durch den Nachweis begegnen, daß er diejenige Sorgfalt, welche
ihm nach Maßgabe des Vertrags oblag und abverlangt werden durfte, angewendet
habe, sonach ohne Verschulden zur Erfüllung der Vertragspflicht außer stände gewesen sei.
(Vgl. Entsch. des ROHG. Bd. 15 S. 293, Bd. 14 S. 16; des
OTrib. Bd. 74 S. 153; Strieth. A. Bd. 94 S. 52.)
7. Abschn.
Tit. 6. Dienstvertrag.
§ 6(8.
Schutzvorrichtungen.
223
339. Unbefestigtes Mpositorium.
VI.. 85/90 v. 16. 6.1890. Gr. Bd. 35 S. 146 Nr. 11 (Stettin). Vgl. Art. 77 EG. Daß der verklagte Fiskus wie jeder Arbeitgeber oder Prinzipal die Ver pflichtung hatte, für ungefährdete und ungefährliche Arbeitsräume Sorge zu tragen, ist der Revision zuzugeben und wird auch von dem BG. nicht verkannt. Nach dessen Annahme hat aber Bekl. dieser Verpflichtung in Ansehung des
Repositoriums (welches dem Kl., als er an den oberen zur Aufbewahrung von
standesamtlichen Nebenregistern dienenden Fächern dienstlich beschäftigt war, auf den Leib fiel) dadurch genügt, daß er einen sachverständigen Handwerker mit der Aufstellung beauftragte.
Eine Gesetzesverletzung ist hierin nicht zu erkennen.
Denn rechtsgrundsätzlich läßt sich nicht behaupten, daß der Arbeitgeber oder Prinzipal jede Einrichtung in
den Arbeitsräumen, welche den von ihm be
schäftigten Personen Gefahr bringen könnte, auch wenn sie von einem quali fizierten Sachverständigen ausgeführt ist, noch besonders auf ihre Ungeführlichkeit
selbst prüfen oder beim Mangel der erforderlichen Sachkenntnis durch einen anderen Sachverständigen prüfen lassen müsse.
Vielmehr ist in jedem einzelnen
Falle nach den konkreten Umstünden — der Art der Einrichtung, der Wahr
scheinlichkeit einer Gefahr rc. — zu entscheiden, ob der Prinzipal sich mit der
Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen begnügen durste oder aber zu einer Kontrolle und demnüchstigen Prüfung der vorgenommenen Einrichtung verpflichtet war. Wenn nun hier das LG. zu der Überzeugung gelangt ist,
daß der bekl. Fiskus sich — ebenso wie ein Privater im gleichen Falle — auf die Tüchtigkeit des angenommenen Handwerkers verlassen und sich ordnungsmäßig auf die Konstatierung der Ausführung der Arbeit beschränken durfte, dagegen Dritten, namentlich auch dem Kl., gegenüber nicht verpflichtet war, durch seinen
Bauverständigen die Art der Befestigung des Repositoriums noch besonders prüfen zu lassen, so läßt sich diese auf tatsächlicher Beurteilung beruhende Auffassung nicht beanstanden.
Daß an die Diligenz des Fiskus in betreff der überwiesenen
Arbeitsräume und Einrichtungsgegenstände höhere Anforderungen zu stellen seien, als an die anderer Arbeitgeber, ist weder aus den Vorschriften ALR. I. 6, noch
aus den Grundsätzen über den Dienstmietevertrag, noch endlich aus den Be
stimmungen über die Rechte und Pflichten des Staatsbeamten abzuleiten. 340. Schutzvorrichtungen.
V. 392/80 v. 12.1.1881.
Gr. Bd. 25 S. 1093 Nr. 137 (Hamm).
Kl. macht den Verkl. den Vorwurf, daß sie die gefährliche Arbeit des
Zerkleinerns von Spiegeleisen, ohne irgendwelche Schutzvorrichtungen zu treffen, auf einem Platze haben vornehmen lassen, welcher nicht allein den Arbeitern zugänglich war, sondern häufig von ihnen passiert werden mußte.
Den Vorder
richtern muß darin beigetreten werden, daß die Verkl. bei einem solchen Ver
fahren die gebotenen Vorsichtsmaßregeln nicht beobachtet haben, und daß ihnen
insofern ein Versehen zur Last fällt.
224
Bürgerliches Gesetzbuch.
IL Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Die Verkl. haben zu ihrer Verteidigung angeführt, daß Schutzvorrichtungen
bei der erwähnten Arbeit seither in den Fabriken nicht üblich gewesen seien,
dieses wird von den Sachverständigen bestätigt; abgesehen aber davon, daß ver einzelte Fälle angeführt sind, in welchen solche Schutzvorrichtungen in den
Fabriken getroffen worden sein sollen, so ist die Notwendigkeit derselben wegen
der besonderen mit der Arbeit verbundenen Gefahren so einleuchtend, daß in
dem Umstand, daß die meisten Fabrikunternehmer in der dortigen Gegend mit gleicher Sorglosigkeit verfahren sind, eine Entschuldigung für die Verkl. nicht
gefunden werden kann.
Dieselben waren vielmehr nach dem § 107 der hier
maßgebenden Gew.O. vom 21. Juni 1869 unter den vorliegenden Umständen
verpflichtet, eine entsprechende Schutzvorrichtung anzubringen, wenn man ihnen auch im allgemeinen in der Allsführung Recht geben kann, daß es nicht gestattet ist, die Vorschrift des erwähnten Paragraphen soweit
auszudehnen,
daß der
Gewerbeunteruehmer alle überhaupt technisch möglichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen hätte.
(Vgl. Entsch. des ROHG. Bd. 2 S. 48.)
Schutzbrillen. 341. III. v. 14. II. 1884. Seufs. Bd. 40 Nr. 230 S. 341. RAnz. 1885 Beil. 2 S. 524 (Celle). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß eine Schutzbrille eine geeignete Vorkehrung ist, um gegen die Gefahr der Verletzung des Auges, welche mit
der dem Kl. aufgetragenen Arbeit vermöge ihrer besonderen Beschaffenheit ver bunden ist, Schutz zu gewähren, und es wird die Annahme, daß die Lieferung
von Schutzbrillen bei Arbeiten, wie den hier in Frage stehenden, eine notwendige im Sinn des § 120 der Gew.O. sei, dadurch nicht ausgeschlossen, daß die
Schutzbrillen nicht unter allen Umständen den mit dieser Arbeit beschäftigten Arbeitern
einen absoluten Schutz
gegen die Verletzung ihrer Augen
durch
abspringende Eisensplitter gewähren, da nach § 120 der Gewerbeunternehmer auch zur Herstellung der nur einen relativen Schutz gelvährenden Schutzmaß-
regeln verpflichtet ist.
Irrig ist es ferner, wenn das OLG. deshalb die Notwendigkeit der Lieferung einer Schutzbrille an den Kl. bei Vornahme der ihm aufgetragenen Arbeit für ausgeschlossen erachtet, weil mit Rücksicht darauf, daß mit dem Gebrauch von Schutzbrillen in dem Gewerbebetrieb der Eisen- und Stahlindustrie auch Nach
teile und Gefahren verbunden seien, in den Kreisen der beteiligten Fabrik unternehmer Meinungsverschiedenheit über den Wert der Schutzbrillen herrsche,
ein Teil derselben den Nutzen, ein Teil die Nachteile für überwiegend erachte. Wesentlich ist nur, ob die Schutzbrille ein geeignetes Mittel ist, um gegen die
mit der betreffenden Arbeit,
bei deren Vornahme der Arbeiter verletzt ist,
verbundene Gefahr für Gesundheit und Leben Schutz zu gewähren, mag sie
auch nicht geeignet sein, gegen die mit andern in diesem Gewerbebetrieb vor zunehmenden Arbeiten verknüpften Gefahren zu schützen, oder ihr Gebrauch bei
diesen sich nicht empfehlen.
Tit. 6. Dienstvertrag. § 6(8. Schutzvorrichtungen.
7. Abschn.
225
Da nun nach den Feststellungen des BG. an dem Kausalzusammenhang zwischen der Nichtlieferung der Schutzbrille an Kl.
dem
und
eingetretenen
Unfall nicht zu zweifeln ist, auch sonstige besondere Umstände nicht vorliegen, welche geeignet wären, die aus der Nichtlieferung der Schutzbrille entstehende
Verpflichtung des Bell, zum Schadensersatz zu beseitigen, so muß diese als
feststehend erachtet werden.
RA. 1884 Beil. 4 S. 4 ff.
Seuff. Bd. 39 Nr. 331 S. 456.
342. II. v. 12. 2.1884.
Unter den Einrichtungen, deren Herstellung und Unterhaltung der § 120
der Gew.O. dem Gewerbeunternehmer zur Pflicht macht, sind, wie vom RG. wiederholt ausgesprochen worden ist, nicht bloß dauernde Anlagen, auch nicht
bloß solche Einrichtungen, welche mit der Gewerbeanlage in Verbindung gebracht werden müssen, zu verstehen, und es gehören dazu insbesondere auch Schutz brillen, wenn nach der Art des Gewerbebetriebs deren Benutzung zu tunlichster
Sicherheit gegen Gefahr für Leben und Gesundheit notwendig ist (Entsch. des RG. II 343/81 v. 30. 9. 1881 Bd. 5 S. 102).
343. Schutzeinrichtungen auch gegen etwaige Ausschreitungen der Arbeiter. Seuff. Bd. 38 Nr. 54 S. 85.
V. v. 18. 12. 1880.
Bell, trifft der Vorwurf, daß er bei Einrichtung seiner Fabrik die Vor schrift des cit. § 107 nicht nach allen Richtungen hin beobachtet hat (weil der hinter der früheren Arbeitsstelle des Kl. befindliche Gang bätte breiter und mit einer Barriere versehen sein müssen). Es muß aber weiter auch an
genommen werden, daß die vorschriftswidrige Beschaffenheit des Gangs mit dem
Unfall,
von
welchem
steht.
sammenhang
Kl.
betroffen
in
worden ist,
ursachlichem
Zu
Erwiesen ist, daß Kl. infolge eines Stoßes, welcher von
Arbeitern im Gange ansgegangen, mit der Hand in die Kreissäge geraten ist.
Nun war eine breitere Anlage des Gangs und die Anbringung einer Barriere
deshalb
um
geboten,
die
Arbeiter
gegen
die Gefahren
schützen,
zu
welche
durch ein Anstoßen von feiten der in dem Gang sich bewegenden Personen entstehen konnten.
Man kann zugeben, daß das Benehmen der Arbeiter B.
und D. in dem Gang bei dem fraglichen Unfall ein ordnungswidriges ge wesen ist, und daß die Ausschreitung dieser Arbeiter die Veranlassung zu
dem
Stoß,
welchen
angenommen
Kl. erhalten
werden,
daß
hat,
diesem
gegeben
Anstoßen
Andrerseits muß aber
hat.
und
also
auch
dem
dadurch
herbeigeführten Unfall vorgebeugt worden wäre, wenn der Gang ordnungs mäßig beschaffen gewesen, insbesondere dort eine Barriere angebracht wäre.
Es läßt sich mit Grund nicht zu Gunsten des Bekl. anführen, er sei nur verpflichtet
gewesen,
Benutzung
des
Schutzmaßregeln
Gangs
entstehenden
gegen
Gefahren
die
bei
der
zu treffen,
ordnungsmäßigen dagegen
könnten
seine Verpflichtungen nicht soweit gehen, daß er auch den durch etwaige Aus
schreitungen der Arbeiter entstehenden Gefahren Rudorfs, RetchsgertchtS-Entscheidungen. Bd. I.
vermittelst geeigneter Vor15
226
11. Buch.
Bürgerliches Gesetzbuch.
kehrungen vorzubeugen habe.
Recht der Schuldverhältnisse.
Es kann zugegeben werden, daß dem Bekl. nicht
eine solche Ausdehnung der Schutzvorrichtungen zugemutet werden kann, daß sie gegen alle möglichen Ausschreitungen der Arbeiter in dem Gang sichern;
andrerseits ist aber zu erwägen, daß an einem Ort, über welchen eine größere Anzahl von Personen,
insbesondere Arbeiter,
sich
regelmäßig
oder häufig
bewegen, erfahrungsgemäß Ordnungswidrigkeiten und unbesonnene Streiche nicht ausbleiben; und daß, wenn Gefahren von einem derartigen Verhalten in einer
Fabrik zu befürchten sind, der Fabrikunternehmer verpflichtet erscheint, auch hiergegen, soweit tunlich, Fürsorge zu treffen. 844. Schutzvorrichtungen beim Aufwinde«.
IW. 1887 S. 499 Nr. 19.
VI. 206/87 v. 3. 11. 1887.
Vgl. Art. 77 EG.
Auf die Dienstmietsverträge mit Handarbeitern und Tagelöhnern finden
neben den besonderen Bestimmungen die allgemeinen Vorschriften über Verträge
insbesondere (die §§ 277 ff. Tl. I Tit. 5 des ALR.) [§ 618 BGB.s Anwendung.
Nach der Feststellung des BG. gehört es zu den Vertragspflichten des Bekl., eine Vorrichtung zu treffen, wodurch die Arbeiter, insbesondere der Verunglückte, geschützt wurden, wenn infolge eines unglücklichen Zufalls ein Kasten beim
Diese Verpflichtung ist, und zwar aus einem
Aufwinden herabfallen sollte.
groben Versehen des Beamten, unerfüllt geblieben.
Dieses Versehen muß der
Fiskus vertreten, da es sich um die Erfüllung einer von ihm übernommenen Vertragspflicht handelt.
Es treffen daher auch hier die Ausführungen der auf
das gemeine Recht bezüglichen Entsch. des RG. in Bd. 8 pag. 151 der Samm lung im wesentlichen zu.
345. Beschäftigung der Arbeiter außerhalb der Arbeitsstätte.
III. 124/86 v. 12. 10. 1886.
IW. S. 356 Nr. 36.
Wenn ein Gewerbeunternehmer, welcher die für tunlichste Sicherheit seiner
Arbeiter erforderliche Umsicht und Sorgfalt zu betätigen hat, seine Arbeiter außerhalb seiner Arbeitsstätte, in fremden Fabriken, Gewerbeetablissements, auf
Bauplätzen rc. beschäftigt, so muß er auch die zur tunlichsten Sicherung der
Arbeiter vor Gefahren für Leben und Gesundheit erforderlichen Vorkehrungen
treffen, und sich daher auch danach erkundigen, unter welchen Umständen die den Arbeitern aufgetragenen Arbeiten vorzunehmen sind, ob damit nach Lage
der konkreten Verhältnisse besondere Gefahren verbunden sind und die zu deren tunlichster Abstellung geeigneten und notwendigen Anordnungen treffen, oder
den Arbeitern eine Person beigeben, welche imstande ist, die nach Lage der Sache zum Schutze der Arbeiter notwendigen Maßregeln zu übersehen und zu
veranlassen.
Wenn
der
Gewerbeunternehmer
auch
nicht
imstande
ist,
in der fremden Fabrik rc., wo Arbeiten durch die in seinem Dienste stehenden
Arbeiter vorzunehmen sind, selbst die erforderlichen Schutzvorrichtungen und Anordnungen zu treffen, so muß er doch dafür Sorge tragen, daß dieselben
getroffen werden, und wenn dieses nicht geschieht, die Vornahme der Arbeiten unterlassen. 346. Verzicht des Dienstboten auf Schutzvorrichtungen an einem Göpelwerke.
VI. 274/90 v. 9. 3. 1891.
IW. 1891 S. 108.
Vgl. Art. 95.
Insbesondere von einem Arbeitgeber, der, wie der Besitzer eines Landgutes
eine größere Anzahl Arbeiter beschäftigt, kann gefordert werden, daß derselbe die für tunlichste Sicherheit der Leute bei ihren Arbeiten erforderliche Umsicht
und geschäftliche Erfahrung betätige und der Arbeiter kann um so mehr ver langen, daß ihm keine Arbeit zugemutet wird, gegen deren Gefahren nicht die nötigen Schutzvorrichtungen getroffen sind, als er nach der Natur des Vertrages strenge an die Befehle des Dienstherrn gebunden ist.
Unter diesen Umständen
ist der Arbeiter gar nicht veranlaßt, bei Abschluß des Dieustmietevertrages bezüglich der nach den Vertragspflichten des Dienstherrn sich von selbst ver
stehenden Schutzvorrichtungen eine besondere Vereinbarung zu treffen und es kann daher — ganz abgesehen von der Frage der Zulässigkeit eine die Schutz vorrichtungen ausschließenden Übereinkommens — aus dem Mangel bezüglicher Vertragsbestimmungen nichts weniger als ein Verzicht des Dienstboten auf die
dem Dienstherrn von Rechtswegen obliegende Pflicht, seine Dienstboten gegen Gefahr zu sichern, abgeleitet werden. — Anlangend die weitere Rüge einer Verletzung der Grundsätze über Kausalität sowie unrichtiger Verteilung der Beweislast, so stellt BG. zunächst fest, daß das Fehlen einer gehörigen Ver
kleidung des Räderwerkes der Göpelmaschine ein Verschulden des Bekl. involviere, da die aus einem offenen Räderwerke hervorgehenden Gefahren einem sorgfältigen und verständigen Manne nicht verborgen bleiben könnten.
Wenn nun auch im
allgemeinen zuzugeben ist, daß jeder, der aus dem Verschulden eines anderen einen Anspruch auf Schadensersatz ableitet, darzutun hat, daß der Schaden, den
er ersetzt verlangt, auch wirklich die Folge jener Verschuldung sei, so ist doch dieser Kausalzusammenhang bei Verletzungen durch Maschinen, welche die zur
Sicherheit der an denselben beschäftigten Arbeiter erforderlichen Schutzvorrichtungen nicht besitzen, regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Arbeiter bei der ihm
aufgetragenen Arbeit an dieser Maschine verunglückt und, nach dem normalen
Verlaufe der Dinge angenommen werden muß, daß die Nichtherstellung der gebotenen Einrichtung für den Unfall kausal geworden sei, ohne daß es bei der Schwierigkeit und der häufigen Unmöglichkeit des bezüglichen Beweises nötig
wäre, daß der Verlauf des ganzen Vorganges in allen seinen Einzelheiten nach
gewiesen werde. — (Vgl. Rep. III 32/85 v. 7. März 1885 und v. 9. Okt. 1883, Entsch. Bd. 10 S. 141 ff.)
Ob die Behauptung, daß ein für den Unfall
kausales Verschulden des Entschädigungspflichtigen durch ein entgegengesetztes Verschulden des Verletzten überwogen oder ausgeschlossen sei, in das Gebiet der
Einrede oder der qualifizierten Abläugnung des Klagegrundes und demnächst
in das des selbständigen Einrede- oder des Gegenbeweises gehöre, kann nach 15*
Bürgerliches Gesetzbuch.
228
II. Buch.
Recht der Schuldverhältmsse.
Verschiedenheit der tatsächlichen Unterlagen der Behauptung im einzelnen Falle verschieden beurteilt werden.
347. Schutz gegen gewerbliche Krankheiten. III. 80/88 v. 6. 7. 1888. IW. 1888 S. 333 Nr. 16. Vgl. Haftpflichtgesetz in Bd. 2.
Allerdings kann der erhobene Anspruch nicht aus dem Ges. v. 7. Juli 1871 begründet werden, weil auch dieses Ges. für solche die Erwerbsfähigkeit allmählich
mindernden
oder
aufhebenden Gesundheitsstörungen,
welche als
gewöhnliche
Nachteile mit dem Betriebe verbunden sind, dem Arbeiter einen Entschädigungs
anspruch nicht gewährt; dagegen ist ein Entschädigungsanspruch aus dem Dienst verträge begründet, wenn der Arbeitgeber es unterläßt, solche Anordnungen zu
treffen und solche Einrichtungen herzustellen, welche geeignet sind, die schädlichen Folgen des Betriebs für die Gesundheit der Arbeiter abzuwenden oder doch
tunlichst zu mindern.
Diese Verpflichtung besteht nicht bloß in Beziehung auf
Unfälle, sondern in demselben Maße auch in Beziehung auf die durch den Betrieb verursachten gewerblichen Krankheiten.
Hat nun Kl. behauptet, daß seine Er
krankung, wie dieselbe durch Lähmung der Hände ?c. zum Ausbruch gekommen
ist, auf einem Verschulden der Verwaltung und ihrer Angestellten beruhe, weil die Verarbeitung des Bleiweiß im trockenen Zustande zugelassen sei rc., so ist
die Klage aus dem vorliegenden Vertragsverhältnisse an sich zur Genüge be
gründet und eine weitere Verhandlung und Entscheidung nach der Richtung geboten, ob der Bekl. verpflichtet gewesen ist, die vom Kl. für notwendig erklärten Anordnungen und Einrichtungen zu treffen und ob derselbe event, diese Ver pflichtungen durch seine Organe erfüllt hat.
Enllaffun-S-ründt.
348. III. 120/89 v. 25. 6.1889.
E. Bd. 23 Rr. 35 S. 167 (Göttingen, Celle).
Dem BG. ist darin beizutreten, daß der Richter die Frage,
ob im ein
zelnen Falle genügende Gründe zur vorzeitigen Aufhebung des Vertrages vorgelegen haben, unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nach freiem
Ermessen zu entscheiden habe. 349. III. v. 21.10.1881.
Seuff. Bd. 37 Nr. 109 S. 160.
Der zwischen den Parteien bestandene Dienstvertrag ist nicht nach der
Gesindeordnung, sondern nach (dem gemeinen Recht) sBGB.s zu beurteilen. Nach [§ 626 desf letzteren kann ein dauerndes Dienstverhältnis vor Ablauf der
Vertragszeit
einseitig
aufgehoben
werden,
wenn Umstände
eintreten,
unter
welchen vom Standpunkt der Billigkeit aus dem betreffenden Vertragsteil eine längere Fortsetzung des Verhältnisses nicht zugemutet werden darf.
Dieser
Rechtssatz folgt aus dem den ganzen Vertrag beherrschenden Prinzip der bona fides.
Die von diesem Standpunkt aus zu einer vorzeitigen Dienstentlassung
berechtigenden Umstände können namentlich auch bestehen in Vergehungen des
Bediensteten gegen die ihm obliegenden Vertragspflichten.
Ob in einem vor
liegenden Fall die wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Bediensteten erfolgte
vorzeitige Aufhebung des Dienstvertrages als genügend gerechtfertigt erscheint, hat der Richter nach den Umständen des Falles zu ermessen.
Kl. (Wirtschaftsinspektor) schuldete der Bekl. (Hofbesitzerin) als seiner Dienst herrin ein achtungsvolles Benehmen; es lag ihm in seiner dem Gesinde vor gesetzten Stellung eines Verwalters außerdem ob, auch dem Gesinde gegenüber
sich die Aufrechterhaltung des Ansehens der gemeinschaftlichen Dienstherrschaft
angelegen sein zu lassen.
Die Vorinstanz hat festgestellt, daß Kl. sich gegen
die Bekl. in Gegenwart zweier Dienstmädchen in einer sie gröblich beleidigenden
und ihre Autorität bei dem Gesinde untergrabenden Weise benommen hat; bei
ihrer Entscheidung, daß Bekl. hierdurch berechtigt worden sei, Kl. sofort seines Dienstes zu entlassen, hat sie auch weder das voraufgegangene Verhalten der Bekl. noch die vom Kl. eingenommene Dienststellung eines Verwalters unbe rücksichtigt gelassen.
350. Einrede anderweitiger Verwendung von Diensten.
Beweislaft.
III. v. 22.1t. 1879. Seusf. Bd. 35 Nr. 256 S. 375. Heuser Annalen Bd. 24 S. 435.
Kl. klagte auf Fuhrlohn für ihm von der Bekl. übertragene Abfuhr von bestimmten Waggonladnngen Kalk, deren Anfuhr Bekl. unterlassen hatte. I und II hatten abgewiesen;
RG. verurteilte.
BG. hält es nicht für genügend, wenn Kl. darlegt, daß er bereit und im stande gewesen sei, die von ihm übernommenen Fuhren zu leisten; es verlangt
außerdem die Darlegung, daß derselbe das nötige Fuhrwerk ausschließlich für Bekl. in Bereitschaft gehalten habe.
Ob das Fuhrwerk auch für Dritte in
Bereitschaft stand, war für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien völlig gleichgültig; nur wenn er Fuhren für Dritte um Lohn verrichtete
[ober zu verrichten böswillig unterließ) konnte Bekl. die Absetzung des hierdurch erzielten [oder erzielbaren) Verdienstes von der Klageforderung verlangen.
Titel 7.
Werkvertrag (§§ 631 ff.).
Über den Unterschied vom Dienstvertrag s. Nr. 330ff. bei §§ 611 ff. Über den Lchleppvertrag als Frachtvertrag vgl. auch E. Bd. 6 Nr. 27 S. 99 u. Bd. 10
Nr. 45 bei HGB §§ 425 ff.
Über den Umfang der Pflichten aus dem Schleppvertrage vgl.
auch Nr. 188.
Schleppvertrag. 351. Gegensatz zum Frachtvertrag. I. v. 23. 4.1887.
Seuff. Bd. 43 Nr. 50 (Hamburg).
Der Schleppvertrag hat einen wesentlich anderen Inhalt als der Fracht
vertrag.
Während der Frachtführer das Gut übernimmt, auf dem Transporte
bewahrt und nach vollendetem Transporte abliefert, also neben der Beförderung
begriffsmäßig die custodia übernimmt, erhält der Schleppschiffer das Gut nicht
übergeben, hat er das Gut nicht zu bewahren und nach vollendetem Transporte
230
Bürgerliches Gesetzbuch.
nicht abzuliefern.
II. Buch. Recht der Schuldverhältnisse.
Er übernimmt lediglich die Fortbewegung des Fahrzeugs
Diese Grundsätze sind ^auch von der
(ROHG. Bd. 23 Nr. 108 S. 320).
Literatur und neueren Judikatur angenommen.
Dieser Auffassung ist auch das
RG. beigetreten (Entsch. Bd. 10 Nr. 45 S. 165, vgl. auch Bd. 6 Nr. 27 S. 99).
Auch BG. ist bei der Beurteilung des vorliegenden Rechtsverhältnisses von
diesen Grundsätzen ausgegangen und hat mit Recht angenommen, daß Bell, für einen während des Schleppens des Kahns entstandenen Schaden dem Eigentümer
des Kahns in ihrer Eigenschaft als conductor operis nur dann verhaftet ist, wenn der Schade auf ihrem eigenen oder einem Verschulden ihrer Leute beruht.
Der hiergegen erhobene Angriff geht daher fehl.
352. Beweis der Erfüllung.
I. 249/83 v. 23. 6. 1883. E. Bd. 10 Nr. 45 S. 166 (Hamburg). Die rechtliche Natur der hier in Frag« stehenden Übernahme des Schleppens des klägerischen Leichterschiffes von Harburg nach Hamburg als eines Werk verdingungsvertrages war nicht zu bezweifeln, und somit erschien nach dem vorigen die Annahme des BG., daß Bekl.
schadensersatzpflichtig seien, wenn
wirklich durch Schuld der Besatzung ihres Schleppdampfers „Baas" jenes Leichter schiff unterwegs auf Grund geraten und dadurch beschädigt ist, als völlig ge
rechtfertigt. Bekl. haben aber in dieser Hinsicht ferner die vom BG. vorausgesetzte Verteilung der Beweislast als
unrichtig angegriffen ...
Beweislast hier durchaus richtig verteilt.
Es ist jedoch die
Mag auch zugegeben werden können,
daß dem Satze, wonach jeder bekl. Kontraktsschuldner eventuell stets die Beob
achtung der schuldigen Diligenz zu beweisen haben soll, keine absolute Geltung zukomme, namentlich nicht für Fälle, wo nur eine diligente Geschäftsbesorgung
als solche geschuldet war und die Ausführung des Geschäftes im allgemeinen schon feststeht, so liegt doch der gegenwärtige Fall so, daß an eine andere Ver teilung der Beweislast gar nicht zu denken ist.
nämlich das Schleppen
der „Ema"
Die übernommene Leistung,
nach Hamburg, ist von feiten der Bekl.
überhaupt nicht zu Ende geführt worden.
Sie berufen sich nun freilich darauf,
daß die Ausführung durch das Festgeraten der „Ema" unmöglich gemacht sei, und daß sie sich für diesen Vorfall selbst nicht zu exkulpieren brauchen, weil sie das geschleppte Schiff nicht in ihrer custodia gehabt haben.
Wie es mit
diesem letzten Punkte an und für sich stehen mag, bedarf indessen keiner Er
örterung, weil Bekl. selbst gar nicht bestreiten, daß die nächste Ursache dafür, daß die „Ema" auf die Sandbank geraten ist, in dem Verfahren des Maschinisten
des „Baas" erblickt werden muß, welches, während der Schiffer ihm zeitweilig die Führung dieses Dampfschiffes übertragen hatte, die „Ema" absichtlich von der rechten Seite des Stromes auf die linke hinüberzog.
Der Beweis, daß hierin
keine Fahrlässigkeit des Maschinisten oder des Schiffers zu finden sei, lag daher selbstverständlich den Bekl. ob.
353. Prlmafaele-®etoet8 der Erfüllung des Schlrppvertrages.
Gr. Bd. 38 S. 1144 Nr. 125 (Hamburg).
I. 467/98 v. 21. 3. 1894.
BG. geht davon aus, daß, wenn das zu schleppende Schiff vor Been
digung des Transports gesunken, also nicht
mehr zu
schleppen gewesen ist,
nicht der Schlepper sich deshalb zu exkulpieren, sondern der Schiffseigner zu
nächst den Nachweis zu führen habe, daß er seine Verpflichtung nicht erfüllt habe, oder doch einen Sachverhalt darlegen müsse, aus dem prima facie ein ursäch
licher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Schleppers und dem Sinken
des Schiffes zu entnehmen sei. Rev. greift diese Ausführung mit Recht als die Regeln über die Beweis last verletzend an. Dem BG. ist nur darin beizutreten, daß mit Rücksicht auf die Natur des Schleppvertrages, bei dessen Ausführung der Schlepper auf die mitwirkende
Tätigkeit der Mannschaft des geschleppten Schiffes angewiesen ist, das Sinken des geschleppten Schiffes
ohne
Schlepper nicht haftbar macht.
äußere erkennbare Veranlassung
allein den
Hier streiten die Parteien darüber nicht, daß
der Kahn beim Schleppen durch die Einfahrt gegen den Duc d'Alben geschleudert
und dadurch zum Sinken gebracht ist.
Auch das Schleudern gegen die Einfahrt
kann auf Gründe zurückzuführen sein, für die der Schlepper (Bekl.) nicht ver
antwortlich zu machen ist.
Aber regelmäßig, nach dem zunächst entscheidenden
normalen Verlauf der Sache, soll und darf es nicht vorkommen.
Bekl. selbst zieht
das auch gar nicht in Zweifel, sondern exkulpiert sich damit, daß er richtig manövriert habe und das Aufwerfen auf die Einfahrt seitens des Führers des
geschleppten Kahns durch Versehen bei der Steuerung des Kahns verschuldet sei. Dies war festzustellen.
Denn grundsätzlich hat derjenige, der die Aus
führung eines Geschäfts übernomnien und nicht geleistet hat, zu beweisen, daß er an der Ausführung durch ein von ihm nicht zu vertretendes Ereignis ver
hindert worden ist, und derjenige, der omnem diligentiam zu prästieren, hat das Präsüeren darzutun.
Im vorliegenden Falle ist mit Rücksicht auf den
oben hervorgehobenen Gesichtspunkt von dem Bekl. mehr als der Nachweis, daß er seinerseits alles getan hat, was erforderlich war, um das Aufwerfen
des Kahns zu vermeiden, nicht zu fordern. nicht erlassen werden.
Aber dieser Beweis kann ihm auch
Statt dessen läßt BG. ausdrücklich
dahin gestellt, ob
den Kahnführer oder den Bekl. ein Verschulden trifft, und ob Bekl. alles Er forderliche zur Vermeidung des Unfalls getan hat, sondern
lediglich
aus
weist die Klage
dem Eingangs erwähnten Grunde ab, welcher der Kl. (Ver
sicherungsgesellschaft, als Cessionarin
des Schiffseigners) einen Beweis auf
bürdet, den sie nicht zu führen hat. 354. Billigung eines vom Besteller abgeuommenm Werkes.
III. 145/84 v. 12. 6. 1885.
Senfs. Bd. 41 Nr. 10 S. 15 (Kiel).
Vgl. § 119.
Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wird man der Billigung keine größere
Bedeutung beilegen können als einer Quittung.
Wie man die Wirkung der
232
II. Buch.
Bürgerliches Gesetzbuch.
Recht der Schuldverhältnisse.
letzteren, je nachdem sie im einzelnen Fall die Bedeutung eines Geständnisses oder eines dispositiven Akts hat, durch einfachen Gegenbeweis oder den Nach
weis eines entschuldbaren Irrtums beseitigen kann, so wird auch die erfolgte
Billigung den Ansprüchen des locator an sich nicht entgegenstehen, insofern er nachweist, daß die Billigung in entschuldbarer Unkenntnis der später entdeckten
Mängel erfolgt ist. Die Billigung hat in der Sache selbst nur die Wirkung, daß der locator wegen der offenbaren oder ihm bekannt gewordenen Mängel keine weiteren
Ansprüche mehr erheben kann, weil insoweit in der Billigung ein dispositiver Akt liegt und angenommen werden muß, daß er auf die Geltendmachung seiner Ansprüche wegen Mängel dieser Art verzichten wolle.
Dagegen darf ein solcher
Verzicht nicht auch angenommen werden wegen solcher Ansprüche, die rücksichtlich
verborgener, dem locator ohne sein Verschulden unbekannt gebliebenen Mängel geltend gemacht werden können.
Bezüglich dieser Ansprüche hat die Billigung
vielmehr nur eine Bedeutung für die Beweislast, indem der locator das in der Billigung liegende Zeugnis gegen sich selbst durch Gegenbeweis entkräften muß, während ohne die dazwischen liegende Billigung der conductor operis einer
vorgeschützten Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages gegenüber den Beweis erbringen müßte, daß die von ihm gemachte Leistung vertragsmäßig sei. 355. Abnahme.
I. 409/94 v. 27. 2.1895.
E. Sb. 35 Nr. 31 S. 136 (Berlin).
Es ist richtig, daß grundsätzlich und regelmäßig der Werkmeister, der eine
Sache zu Reparaturarbeiten erhalten hat, Bezahlung nicht eher fordern kann, als bis er die reparierte Sache dem Besteller zurückgegeben hat, weil regelmäßig
damit der Vertrag erst erfüllt ist.
Aber dieser Grundsatz findet nur Anwen
dung, wenn der Werkmeister die Sache aus den Händen des Bestellers erhalten hat.
Dann ergeben der Inhalt und die Natur des Vertrages, daß die repa
rierte Sache dem Besteller zurückzugeben, der Vertrag durch Rückgabe der repa rierten Sache an ihn zu erfüllen ist.
Der Grundsatz erleidet indessen
feines
natürliche Modifikation, wenn der Besteller die Reparatur einer fremden Sache
aufgetragen hat, die der Werkmeister aus der Hand des Eigentümers erhalten
hat.
Dann wird der Vertrag durch Ausführung der Reparatur erfüllt, wenn
der Vertrag nicht ergibt, daß die reparierte Sache dem Besteller zurückzugeben
ist.
Ohne solche Vertragsbestimmung ist nicht ersichtlich, wie die Herausgabe
der reparierten Sache an den Besteller, von dem der Werkmeister sie nicht er
halten hat, zur Erfüllung des Reparaturvertrages gehören soll.
Im vorliegenden Falle gehörte der Kahn dem D., und durch ihn ist er
auf Veranlassung des Direktors der Bekl. unstreitig in das Dock des Kl. ge bracht.
Aus dem Auftrage zur Reparatur konnte Kl. nicht entnehmen, daß er
den reparierten Kahn der Bekl. herauszugeben hatte; vielmehr verstand sich von selbst, daß der reparierte Kahn dem D. znrückzugeben war, der gegen die Haverei-
7. Abschn.
Tit. 8.
Mäklervertrag.
233
§§ 652 ff.
schaden versichert war, die durch die Reparatur beseitigt werden sollten.
Kl.
konnte etwas anderes umsoweniger annehmen, als er unstreitig in allen frü
heren Fällen ohne Widerspruch der Bell. Kähne, die ihm in ihrem Auftrage zur Reparatur übergeben waren, an den Schiffseigentümer zurückgegeben hatte.
Bei dieser Sachlage mußte Bekl., wenn sie der Rückgabe des Kahnes an D.
vorbeugen wollte, weil sie sich nicht für verpflichtet hielt, diesem den Schaden zu ersetzen, dem Kl. die Herausgabe des Kahnes untersagen.
Titel 8.
Mäklervertrag (§§ 652 ff.).
Voraussetzung gültigen Abschlusses.
356. VI. 319/91 v. 14. 3.1892.
E. Bd. 29 Nr. 56 S. 230 (Berlin).
BG. geht von dem richtigen Satze aus, daß ein Anspruch auf die Mäkler gebühr erst durch das Zustandekommen des vom Mäkler vermittelten Geschäftes
begründet werde; seine weitere Annahme aber, daß im vorliegenden Falle das Geschäft zustande gekommen sei, ist rechtsirrtümlich.
Der Vertrag bedurfte der
schriftlichen Form, und nach §126 BGB. erhielt er seine Gültigkeit erst durch die Unterschrift. unterschrieben hat.
Es ist nun aber festgestellt, daß Bekl. den Vertrag nicht Er war daher an den Vertrag nicht gebunden, mochten
auch die Gegenkontrahenten durch ihre Unterschrift sich ihrerseits gebunden haben. 357. VI. 291/89 v. 6. 2. 1890.
IW. 1890 S. 88 Nr. 36.
Allerdings fällt der Anspruch auf Mäklergebühr fort, wenn der durch den
Mäkler zum Abschluß gebrachte Vertrag aus irgend welchen Gründen nichtig
ist, und dasselbe muß, auch abgesehen von dem Falle völliger Nichtigkeit, da
gelten, wo der Vertrag infolge des Fehlens beiden oder von einem der Kontrahenten
der vorgeschriebenen Form von
aufgerufen werden kann und aus
diesem Grunde wirklich aufgerufen worden ist. 358. III. 184/99 v. 7.11. 1899.
Seuff. Bd. 55 Nr. 70 (Kiel).
S. § 138.
BG. hat in zutreffender Weise das vom Bekl. erteilte Provisionsversprechen (für die bewußte Vermittelung des Verkaufs eines Bordells) als ein unsittliches
Versprechen gekennzeichnet und folgenweise den vom Kl. seinem Ansprüche zu Grunde gelegten Vertrag ohne Rechtsirrtum für nichtig erklärt. Kausalznsammeuha«-.
359. VI. 342/93 v. 5.2.1894.
Gr. Bd. 38 S. 977 Nr. 69 (Berlin).
Wenn Bekl. von der ihm durch
den
Kläger nachgewiesenen Verkaufs
gelegenheit Gebrauch gemacht hat, so mangelt der ursächliche Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Kl. und dem Geschäftsabschlüsse nicht. zeitweise Abbruch der Verhandlungen kann daran nichts ändern.
Auch der Zwar fügt
234
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
BG. hinzu, die Verhandlungen seien nicht wieder ausgenommen worden; damit ist aber, wie die weitere Begründung ergibt, nur gemeint, daß sie nicht vom
Kl., sondern durch einen anderen Agenten ohne weitere Mitwirkung des Kl.
wieder angeknüpft und zu Ende geführt seien.
Für die Frage nach dem Vor
handensein des Kausalzusammenhanges zwischen dem Geschäftsabschlüsse und der,
auftragsgemäß nur auf den Nachweis und die Zuführung eines Kauflustigen zu richten gewesenen, Tätigkeit des Kl. ist das Eintreten noch eines zweiten Geschäftsvermittlers gleichgültig.
Es kann in dieser Beziehung keinen Unter
schied machen, ob der Auftraggeber mit dem ihm nachgewiesenen Käufer das
Geschäft unmittelbar abschließt (vgl. Entsch. Bd. 6 S. 187, 188), oder ob er
hierbei sich eines anderen Vermittlers bedient.
Denn auch in letzterem Falle
erscheinen die Verhandlungen mit dem nachgewiesenen Kauflustigen als herbei
geführt durch die nachweisende Tätigkeit des Maklers.
Eine rechtsirrtümliche
Auffassung des Erfordernisses des Kausalzusammenhanges liegt ferner darin,
daß BG. auf die Möglichkeit Rücksicht nimmt, daß auch der zweite Vermittler die Verkaufsgelegenheit gekannt haben könne und daher vielleicht in der Lage gewesen wäre, sie dem Bekl. nachzuweisen, wenn dies nicht schon durch den Kl. geschehen wäre.
Selbstverständlich ist die Möglichkeit, daß der Auftraggeber
noch von anderer Seite auf die Verkaufsgelegenheit aufmerksam gemacht wird,
immer vorhanden.
Der Nachweis, daß ohne die Tätigkeit des Maflers das
Geschäft unmöglich gewesen wäre, läßt sich nicht erbringen. bedarf es aber auch nicht.
Dieses Nachweises
Wenn die vorliegenden Tatsachen die Zurückführung
eines eingetretenen Erfolges auf eine gewisse Ursache nach den Regeln der Er
fahrung gestatten, darf nicht nach entfernten Möglichkeiten gesucht werden, die, wenn sie zu Wirklichkeiten geworden wären, den Erfolg auch für sich allein
herbeigeführt haben würden (vgl. Entsch. Bd. 12 S. 190).
360. I. 627/81 v. 15. 2. 1882.
E. Bd. 6 Nr. öl S. 187.
S-uff. Bd. 37 Nr. 306 S. 419
(Lübeck, Hamburg).
Ein Anspruch auf Maklergebühr ist zwar nur dann begründet, wenn das Geschäft durch Vermittelung des Maklers zustande gekommen ist.
Dies ist
aber nicht dahin zu verstehen, daß Maklergebühr nur dann gefordert werden kann, wenn die Feststellung der Vertragsbedingungen und der Austausch der
den Abschluß des Vertrages bewirkenden Erklärungen unter Mitwirkung des Maklers stattgefunden hat.
Es genügt vielmehr zur Begründung des An
spruches, daß ein ursachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Maklers und dem Abschlüsse des Geschäftes besteht; ein solcher Zusammenhang kann aber auch dann vorhanden sein, wenn die Tätigkeit des Maklers nur in der
Zuführung oder Zuweisung einer zum Abschluß des Vertrages geneigten Person bestand, der Abschluß des Vertrages mit dieser Person dagegen ohne weitere
Benutzung der Dienste des Maklers durch den Auftraggeber desselben un mittelbar bewirkt worden ist...
361. I. 216/81 v. 22. 2. 1882.
E. Bd. 6 Nr. 52 S. 188 (Frankfurt a/M.).
Wenngleich der Anspruch des Maklers auf Gebühr nicht davon abhängt,
daß der Abschluß des Geschäftes von ihm vermittelt wird, vielmehr dieser An spruch auch dann begründet erscheint, wenn der durch die Kontrahenten un
mittelbar bewirkte Abschluß durch die Tätigkeit des Maklers herbeigeführt worden ist, und in dieser Beziehung schon die Zuführung oder Zuweisung des anderen
Kontrahenten unter Umständen genügen kann, so ist dies doch dann nicht der Fall, wenn der Makler seinem Auftraggeber eine Person zuführt oder zuweist,
welche demselben
ohnehin als zum Abschlüsse des fraglichen Geschäftes oder
als im allgemeinen zum Abschlüsse derartiger Geschäfte unter bestimmten Be dingungen bereits bekannt ist. 362. Kenntnis des Grschäftshrrrn von der Maklertättgkeit beim Abschluß.
VI. 140/93 v. 7. 1893.
E. Bd. 31 Nr. 65 S. 289 (Berlin).
Bei sonstigen Verträgen über Handlungen ist allerdings der Anspruch auf
die bedungene Vergütung für begründet zu erachten, sobald die übernommenen Handlungen geleistet sind, ohne daß es darauf ankommt, ob der andere Kon
trahent die geleisteten Handlungen angenommen hat, und ob die Annahme mit
dem Bewußtsein, es werde durch die Handlungen der Vertrag erfüllt, erfolgt
ist.
(Vgl. RG. bei Gruchot, Beitr. Bd. 35 S. 915.)
findet auf den Mäklervertrag keine Anwendung.
Allein dieser Grundsatz
Der Anspruch auf Mäklerlohn
setzt nicht bloß die Vermittlungstätigkeit des Mäklers, sondern noch außerdem einen vom Willen des Mäklers unabhängigen Umstand, das Zustandekommen
des zu vermittelnden Geschäftes,
voraus.
Dem Ermessen des Auftraggebers
bleibt es also überlassen, ob er die vom Mäkler geleisteten Dienste annehmen
will oder nicht.
Erst wenn er sich für die Annahme entschieden und auf Grund
der Vermittlerdienste das Geschäft abgeschlossen hat, wird er zur Zahlung der Vermittlergebühr verpflichtet.
Von einer Annahme der Dienste wird aber nur
da die Rede sein können, wo der Auftraggeber bei dem Geschäftsabschlüsse von der vorausgegangenen Vermittlertätigkeit Kenntnis gehabt hat.
Daß solche
Kenntnis und das damit erlangte Bewußtsein von der Verpflichtung zur Zahlung der Mäklergebühr auf die Entschließungen des Auftraggebers in Ansehung des Geschäftsabschlusses selbst, der Preisbestimmung sowie der Gewährung ander
weiter Provisionen von wesentlichem Einflüsse sein kann, liegt auf der Hand, wie denn auch im vorliegenden Falle der Bekl. nach der Feststellung des Vorder richters der Frau K. eine Vermittelungsprovision bezüglich des Verkaufes an F.
hat zukommen lassen.
Die Rev. weist freilich darauf hin, daß es dem Bekl.
freigestanden habe, sich vor dem Geschäftsabschlüsse durch Befragung der Kl. über deren Vermittlertätigkeit Gewißheit zu schaffen.
Zu solcher Befragung lag
aber für Bekl. kein Anlaß vor, wenn er nach der Sachlage annehmen durfte, daß Frau K. ohne eine vorherige Vermittlertätigkeit der Kl. und F. infolge der
Permittlertätigkeit der Frau K. als Kauflustige zu ihm gekommen seien.
Wollte
236
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Kl. sich ihren Provisionsanspruch sichern, so war es, wie BG. mit Recht hervorhebt, ihre Sache, dafür Sorge zu tragen, daß Bell, von ihrer Vermittler
tätigkeit rechtzeitig Kenntnis erlange. Dies folgt schon aus dem Inhalte des ihr erteilten Auftrages. Sie sollte dem Bekl. Kauflustige „zuführen" und hatte
danach, sofern sie das Zuführen nicht persönlich bewirkte, doch jedenfalls ihre
Tätigkeit so einzurichten, daß dem Bekl. vor dem Geschäftsabschlüsse ihre Mit wirkung zu dem Auftreten der Kauflustigen als eine „zuführende" zum Bewußtsein kam. Hatte Bekl. von solcher Mitwirkung weder durch direkte Mitteilungen der Kl. noch in anderer Weise Kenntnis erhalten, so können die von Kl. geleisteten Dienste als dem Bekl. geleistet nicht angesehen werden. (Vgl. RG. Rep. IV 73/85, Bolze, Bd. 1 Nr. 974; Senfs. A. Bd. 30 Nr. 22 S. 27.)
Titel 10.
Auftrag (tztz 662 ff.).
Über das Auftragsverhältnis zwischen Gläubiger und Gerichtsvollz. s. Nr. 137 ff. u. 466 ff.
363. überseeischer Verkaufsauftrag. I. 296/92 v. 10.12. 1892. Vgl. HGB. §§ 383 ff.
E. Bd. 30 Nr. 41 S. 132 (Hamburg).
Die Filiale der Bekl. in Hongkong war 1888 auf deren Veranlassung vom Kl. Champagner zum kommissionsweisen Vertriebe gegen Provision über sandt, der größte Teil der Sendung aber im August 1889 ohne vorherige Einholung der Disposition des Kl. zur Verfügung desselben nach Havre mit der Benachrichtigung zurückgeschickt worden, daß der Verkauf nicht gelungen sei. Kl. verweigerte die Annahme und klagte auf Zahlung der fakturierten Preise nach Abzug der Provisionsansprüche der Bekl. bei vollzogenem Verkaufe als Schadensersatz. A. d. Gr.: Einer Prüfung, ob ein Agentur- oder Konsignations- oder Kommissions
verhältnis vorliege, bedarf es nicht. Für die Entscheidung ist lediglich der auch von den Vorderrichtern als ausschlaggebend erachtete Gesichtspunkt maß
gebend, ob der Filiale in Hongkong in Ansehung des von ihr übernommenen Auftrages ein Verstoß gegen die anzuwendende Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zur Last falle. Diese Frage ist von beiden Vorderrichteru aus zutreffenden Gründen bejaht worden. Die Filiale in Hongkong hat den Auftrag nicht ausgeführt, auch das Vertragsverhältnis nicht gekündigt und dem Kl. nicht die Möglichkeit gewährt, anderweite Verfügungen zu treffen, sondern es ist einfach die Ware nach Europa zurückgesandt und dadurch die Ausführung des
Auftrages unmöglich gemacht worden. Daß dieses Vorgehen durch Gründe gerechtfertigt werden könne, welche eine derartige vertragswidrige Maßnahme bedingt hätten, ist von den Bekl. selbst Glicht behauptet. Die sämtlichen Aus führungen derselben des Inhaltes, daß unter den obwaltenden Verhältnissen die Rücksendung im Interesse des Kl. gelegen habe, sind nicht beachtlich. Rechtlich
würde daraus nur der Schluß gezogen werden können, daß die Filiale in
7. Abschn. Einzelne Kchuldverhältnisse.
Tit. {0. Auftrag.
§§ 662ff.
237
Hongkong ausreichenden Anlaß gehabt habe, den Kl. von der Unausführbarkeit
des übernommenen Auftrages in Kenntnis zu setzen und ihm die Erteilung anderweiter Dispositionen anheimzugeben. Demgemäß hat Kl. mit Recht seinen Anspruch darauf gegründet, daß die
Ausführung des Auftrages durch ein Verschulden der Filiale in Hongkong gemacht sei,
unmöglich
daraus weiter
und
zutreffend
die Schlußfolgerung
gezogen, daß Bekl. ihm für dasjenige aufzukommen hätten, was er im Falle der ordnungsmäßigen Ausführung des Auftrages erhalten haben würde.
Dieser
Satz hat in der Praxis schon wiederholt zu der Annahme geführt, daß derjenige, welcher den Verkauf von Waren an einem überseeischen Platze übernommen
hat, für den von ihm nicht beanstandeten Fakturapreis der übersandten Ware
aufzukommen habe.
(Vgl. Erk. des OAG. in Lübeck v. 15. Nov. 1856 sSamml.
Bd. 3 S. 147] u. des OLG. in Hamburg v. 19. Okt. 1888 (Hanseat. GZ.
Hauptbl. Jahrg. 9 S. 290]).
Diese Annahme ist nach den besonderen Umständen
des vorliegenden Falles unzweifelhaft zutreffend. Demgegenüber würde der Einwand rechtlich erheblich sein, daß es für Kl. nicht ausführbar gewesen wäre, den eingeklagten Betrag zu erzielen, daher er mit seiner Klage erstrebe.
einen
ungerechtfertigten, ihm nicht zukommenden Gewinn
Da die Bekl. für ihren Einwand beweispflichtig waren,
und einen
schlüssigen Beweis dafür hätten antreten müssen, so kann der Einwand nicht berücksichtigt werden. Die Bekl. haben'ferner den Einwand erhoben, daß Kl. verpflichtet gewesen
sei, die von Hongkong nach Havre zurückgelangte Ware in Empfang zu nehmen
und „bestens" zu verwerten.
BG. hat sich, ohne anzugeben, auf welche Rechts
norm
dieser Auffassung angeschlossen.
es
rechtsirrig.
sich hierbei stützt,
Das ist aber
BG. erkennt unzweideutig an, daß die bewirkte Rücksendung der
Waren ein Vertragsbruch enthielt und somit rechtswidrig war.
Deshalb konnten
die Bekl. oder deren Filiale hieraus unmöglich das Recht für sich herleiten, zu verlangen, daß Kl. die Ware annehme und „bestens" verwerte.
Der zutreffende
Gesichtspunkt, von welchem aus das Verhalten des Kl. geprüft werden muß,
ist der, daß itn Handelsverkehre der durch einen Vertragsbruch mit Schaden
bedrohte Vertragstreue Kontrahent sich nicht passiv verhalten darf, sondern nach Treue und Glauben diejenigen Maßnahmen treffen muß, welche in gleicher Lage jeder verständige Mensch
und ordentliche Kaufmann zum Zwecke der
Abwendung oder Herabminderung des Schadens getroffen haben würde. ROHG. Bd. 13 S. 197 [207]).
(Vgl.
In dieser Beziehung kann aber den Kl. nach
dem in den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalte keinerlei Vorwurf treffen. Alsbald nach Empfang der Nachricht, daß die Ware von Hongkong an ihn
zurückgesandt sei, hat er den Bekl. das mitgeteilt und ihnen erklärt, daß er die
Annahme verweigere und die Ware zur Verfügung der Bekl. auf der Zollstelle in Havre belasse.
Die Bekl. haben darauf erwidert, daß sie das Vorgehen
ihrer Filiale in Hongkong für richtig hielten und sich auf nichts einließen.
238
II. Buch. Äecht der Schuldverhältnisse.
Bürgerliches Gesetzbuch.
Nach diesem Sachverhalte ist es nicht erfindlich und auch von den Bell, nicht dargelegt, welche zweifelsfrei angezeigt gewesene Maßnahme der Kl. versäumt
haben könnte.
864. Beweislast. I. 366/87 v. 25.1.1888. E. Bd. 20 Nr. 61 S. 269. IW. 1888 S. 112 Nr. 13 (KG.).
In Konsequenz der allgemeinen Regel, daß der Vertragspflichtige die Er
füllung der Vertragspflicht darzutun hat, sowie der Normen über die Rechen schaftspflicht des Bevollmächtigten hat der Mandatar, ioenn er mit der rechten
Mandatsklage wegen Beschädigung des Mandanten durch nicht gehörige Aus
führung des Auftrages auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, darzutun, daß er den Auftrag vollzogen und bei der Vollziehung die ihm obliegende Sorgfalt angewendet
habe.
Diese Verteilung der Beweislast entspricht auch
einer verständigen Berücksichtigung der durchschnittlichen Gestaltung der Lebens verhältnisse; da in der Regel nur der Mandatar
eigene Kenntnis von den
betreffenden Vorgängen besitzt, ihm auch die Nachweisungen leichter zu Gebote zu stehen Pflegen.
Vgl. Erk. des OAG. Lübeck v. 8. Sept. 1845, Hamb. Rechtspr. Bd. 1 S. 457. 458, v. 26. Sept. 1861, Seuff. A. Bd. 15 Nr. 45 S. 64, und v. 29. April 1865,
Kierulff Jahrg. 1865 S. 454, 455; ROHG. Bd. 6 Nr. 44 S. 216—219.
365. Haftung des Beauftragten bei Zusammentreffen der Haftung des Berkitufers. III. 429/85 v. 8. 6. 1886.
E. Bd. 16 Nr. 26 S. 130 (Dessau, Naumburg).
Kl. hatte von B. Heringe gekauft, welche bei dem Bell, lagerten.
Er ersuchte Bekl.
dieselben aus ihn zu überschreiben und bat um Auskunft, ob die Heringe Peterheader seien.
Bekl. antwortete: die Tonnen trügen sämtlich die Marke: I. Ritchie Fraserburgk.
Infolge
dessen zahlte Kl. anstandslos an B. und verkaufte die Ware unter dieser Marke weiter.
Die
selbe wurde ihm jedoch als minderwertige Lervicker Ware zur Verfügung gestellt, und Bekl.
gab nun zu, bei der Untersuchung der Tonnen nur die oberen Lagen untersucht und eine Besichtigung der unteren Lagen, zu denen die Fässer der verkauften Marke gehörten, unterlassen
zu haben.
Schadensersatz-Klage wurde in beiden Instanzen abgewiesen.
des Kl. auf.
RG. hob auf Rev.
A. d. Gr.:
Daß Bekl. an sich für die unrichtige Mitteilung haftet, ist nicht zweifelhaft, wird auch vom BG. nicht verkannt; rechtsirrtümlich ist aber die Annahme, daß
bei dieser Sachlage der Kl. sich zunächst an seinen Verkäufer halten müsse und
Bekl. erst in zweiter Linie hafte. Die Entsch. des BG. beruht in dieser Beziehung auf einer unrichtigen Auffassung des Begriffes eines Schadens und der Grundsätze über den Kausal
zusammenhang.
BG. ist der Meinung, daß zur Zeit ein Schade für Kl. noch
nicht entstanden sei, weil er trotz der Zahlung noch alle Ansprüche gegen B.
geltend machen könne, welche
er ohne die Zahlung geltend machen konnte.
Dabei wird aber vom BG. übersehen, daß es sich hier um den Ersatz eines
bereits verwirklichten Schadens handelt.
Denn der Schade ist dadurch bereits
7. Abschn. Einzelne Schuldverhaltnisse.
Eit. JO. Auftrag. §§ 662 ff.
239
eingetreten, daß Kl. eine Zahlung geleistet hat, zu welcher er in diesem Um
fange nicht verpflichtet war, und daß er damit die Verfügung über diese Bar mittel verloren hat.
Für diesen Schaden war aber das Verschulden des Bekl.
kausal, indem Kl. nach seiner Behauptung bei wahrheitsgemäßer Auskunfterteilung
die Zahlung nicht geleistet, vielmehr die Ware seinem Verkäufer B. zur Disposition gestellt haben würde.
War sonach die Nachlässigkeit der Bekl. in Ausführung
des von ihr übernommenen Auftrages kausal für den Schaden, welcher den Kl. getroffen
hat, so erscheint auch der Anspruch auf Ersatz gegen die Bekl.
begründet, da ein Rechtssatz des Inhaltes, daß der Mandatar für ein von ihm zu vertretendes Verschulden nur subsidiär haftet, nicht existiert.
A. Bd. 39 Nr. 139; ROHG. Bd. 14 S. 400.)
(Vgl. Seuff.
Allerdings wird auch der Auf
traggeber gegenüber einem Versehen des Beauftragten sich nicht rein Passiv
verhalten dürfen, wenn er ohne wesentliche Belästigung imstande ist, einen in folge des Versehens eines Beauftragten ihm drohenden Schaden durch eigene
Tätigkeit von sich abzuwenden.
Im vorliegenden Falle handelt es sich aber
nicht um die Abwendung eines drohenden, sondern um den Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens.
In solchem Falle ist dem Beschädigten nicht zuzumuten,
daß er zunächst die ihm etwa noch sonst zu Gebote stehenden Mittel benütze, um auf anderem Wege zum Ersätze seines Schadens zu gelangen.
Er kann
sich vielmehr unmittelbar und ohne weiteres an den Beauftragten halten und
diesem überlassen, die etwa dem Kl. gegen Dritte, hier gegen den Verkäufer B.,
zustehenden Ansprüche geltend zu machen.
Kl. ist nur verpflichtet, auf Verlangen
des Bekl. diesem sein Klagerecht gegen B. abzutreten ... Vgl. auch §§ 249 ff. Nr. 179 ff.
366. Auftrag zur Verzollung durch einen Zwischen-Mandatar mit falscher Inhaltsangabe. I. 102/90 v. 2. 7. 1890.
E. Bd. 26 Nr. 22 (Gleiwitz, Breslau).
Vgl. §§ 278, 447.
Bekl. hatte an R. in Rumänien Walzeifen, welches zollfrei eingeht, und Drahtnägel,
die einem Zoll unterliegen, verkauft, und die Falvahütte, von der er das Walzeifen bezog, beauftragt, dasselbe nebst den ihr zugesandten Drahtnägeln an R. abzusenden, die Kl. aber
mit der Verzollung zu beauftragen.
Die Falvahütte sandte das gesamte Gut mittels Fracht
briefes, in dem der Auftrag zur Verzollung an Kl. enthalten, unter dem Namen des Bekl.
an R., ohne dast im Frachtbriefe die Drahtnägel als solche deklariert waren. Kl. deklarierten auf Grund des Frachtbriefes dem rumänischen Zollamte das Gut als (zollfreies) faconniertes Eisen und wurden deshalb nach Entdeckung der Beiladung der zollpflichtigen Drahtnägel
ihrer Stellung als Zollspediteure enthoben.
II wies ihre Klage auf Schadensersatz gegen
den Bekl. als Absender wegen mangelnder Passivlegitimation ab.
RG. hob auf.
A. d. Gr.:
Kl. sind befugt, den Bekl. als ihren Auftraggeber für den im Frachtbriefe enthaltenen Auftrag zur Verzollung anzusehen, da der Frachtbrief mit dem
Namen des Bekl. gezeichnet ist.
Daß Bekl. der Falvahütte den Auftrag zur
Verzollung durch die Kl. gegeben hat, ist von ihm zugestanden.
Es fragt sich
deshalb, ob die Falvahütte befugt war, diesen Auftrag im Namen des Bekl. an
die Kl. zu geben, oder verpflichtet war, ihn im eigenen Namen zu geben.
War
240
Bürgerliches «Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
sie befugt den Namen des Bekl. zu geben, so kommt darauf nichts an, daß der den
Auftrag enthaltende Frachtbrief nicht vom Bekl. selbst, sondern für ihn
durch die Falvahütte bezeichnet ist.
Es kommt in Betracht, daß Bekl. Käufer der Hütte und Verkäufer des R. war. Die Hütte hatte als Verkäufer des Walzeisens nach [§§ 433, 447 BGB.s die Ware nach der Übung als Teil der Vertragserfüllung denr Bekl. zu über senden und dabei allerdings in ihrem Namen zu handeln. Daraus folgt aber regelmäßig keine Pflicht für den Verkäufer zur Übersendung im eigenen Namen an die Käufer des Käufers, denen gegenüber der Käufer der Verpflichtete zur Übersendung ist. Vgl. ROHG. Bd. 18 S. 326. Falsch beurteilt BG. außerdem die Bedeutung der Tatsache, daß die Hütte nicht nur eigene, sondern auch fremde
Ware zu versenden hatte, und zwar gerade solche die der Verzollung unterlag. In Bezug auf solche Ware bestand keinerlei Verpflichtung für sie, im eigenen
Namen zu versenden. Sie folgt auch nicht aus der bekundeten, allgemeinen Übung, die sich auf solche Ware nicht bezieht. Daß die Hütte im Frachtbriefe die Ware als fremde bezeichnen konnte, ist nicht entscheidend, zumal dies durch
aus nicht üblich ist.
Zu fragen war, ob bei der besonderen Sachlage, der
Verbindung des Auftrages zur Versendung eigener Ware mit dem Auftrage zur Versendung fremder Ware und zur Übermittelung des Auftrages zur zoll
amtlichen Behandlung an einen Dritten die Hütte dadurch unbefugt gehandelt
hat, daß sie den ihr ohne Angabe, in welchem Namen sie den Auftrag geben sollte, erteilten Auftrag im Namen des Bekl. als ihres Auftraggebers gab.
Dies
ist ohne jedes Bedenken zu verneinen. Über die Frage, ob Bekl. oder die Falvahütte den Kl. daraus haftet, daß in dem Frachtbriefe, in welchem zugleich der Auftrag zur Verzollung enthalten ist, das Gut welches zur Verzollung zu deklarieren war, unter der allgemeinen
Bezeichnung faconniertes Eisen angegeben worden ist, ohne das Walzeisen und die Drahtnägel zu trennen, vgl. ROHG. Bd. 6 S. 404, 407.
Selbst wenn die
Falvahütte ein Vorwurf trifft, besteht ihr Verschulden lediglich darin, daß sie in dem Frachtbriefe und in den Begleitpapieren das Gut unvollständig oder
unrichtig deklariert hat. Darin kann ein Versehen bei Ausführung des Auf trages, aber keine Überschreitung des Auftrages gefunden werden. Am aller
wenigsten liegt darin eine Überschreitung der Vollmacht, die Kl. mit der Ver zollung zu beauftragen.
Dieser Auftrag ist so erteilt, wie er zu erteilen war.
Er ist mit Recht unter dem Namen des Bekl. erteilt.
An diesen allein können
die Kl. sich deshalb halten, wenn sie ohne eigenes Verschulden dadurch Schaden
erlitten haben, daß der Aufttag das zur Verzollung zu bringende Gut nicht vollständig oder unrichtig bezeichnet.
Ist diese mangelhafte Bezeichnung auf
ein Versehen des Bevollmächtigten zurückzuführen, so haftet den Kl. doch dafür (nach § 164 BGB.j der Bekl., nicht dessen Bevollmächtigter, mit dem die Kl.
in ein Rechtsverhältnis nicht getreten sind. Bd. 1 S. 9).
(Vgl. ROHG. Bd. 6 S. 404; RG.
7. Abschn. Tit. (0. Auftrag. § 676. Rat. Empfehlung.
211
367. Rat «ad Empfehlung (§ 676).
I. 201/98 v. 24. 9. 1898. (Hamburg).
E. Bd. 42 Nr. 30 S. 125.
Seuff. Bd. 50 Nr. 26
Wenn das Recht den Satz ausgebildet hat, daß für Rat und Empfehlung an und für sich nicht gehastet wird, so wird dabei unterstellt, daß zwischen den
Parteien etwas anderes als Rat oder Empfehlung nicht vorgefallen ist.
Dem
gemäß hat denn auch die Ausnahine, daß, wenn dem erteilten Rate eine Bös
willigkeit zu Grunde liegt, eine Verhaftung für den angerichteten Schaden ein tritt, nur Bedeutung, insoweit es sich wiederum nur um Rat und Empfehlung
handelt.
Besteht zwischen den Beteiligten ein anderweitiges Rechtsverhältnis,
und steht der Rat oder die Empfehlung mit diesem Rechtsverhältnisse in Be
ziehung, so
kommen. für
jenes
kann weder jene Regel, noch diese Ausnahme weiter in Frage
Es handelt sich dann nur um die Anwendung der Rechtssätze, die
anderweitige Verhältnis
gelten.
Hat also — wie es
hier
den Behauptungen der Klage der Fall ist — die Empfehlung Bezug
nach
auf
ein zwischen dem Ratsuchenden und dem Raterteilenden abgeschlossenes Kauf
geschäft, und zwar in der Weise, daß die Erteilung des Rates kausal für den Abschluß des Geschäftes war, so liegt, wenn die Raterteilung arglistig war,
der Tatbestand
vor, daß
der eine Vertragsteil
den anderen
durch
absicht
liche Jrrtumserregung zur Eingehung des Geschäftes bewogen hat, und aus
diesem Tatbestände ergeben sich die Rechtsfolgen.
Daß die Vorspiegelungen
die Form des Rates oder der Empfehlung angenommen haben, ist rechtlich ohne Bedeutung. Ähnlich verhält es sich mit der Verantwortung für eine Fahrlässigkeit in
der Raterteilung.
Im allgemeinen besteht keine Haftung dafür, daß bei einem
Rate oder einer Empfehlung nicht ein Versehen unterläuft.
Wo kein Vertrags
verhältnis besteht, bedarf es besonderer Umstände, wenn eine Rechtspflicht zur
Aufwendung von Sorgfalt entstehen soll.
Solche besonderen Umstände hat
der erk. S. (Entsch. v. 31. Jan. 1891 Bd. 27 S. 119 sNr. 118 (Berlin); ebenso Seuff. Bd. 41 Nr. 100 S. 154; RAnz. 1885 Beil. 7 S. 387 ff. v. 18. April 1885])
unter anderem darin gefunden, daß zwischen dem Ratsuchenden und dem Rat erteilenden eine Geschäftsverbindung besteht, wobei dann nicht nur die einzelnen Geschäfte, losgelöst von einander, obligatorische Wirkungen hervorriefen, sondern auch die auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Verbindung als solche eine
Verpflichtung zur Aufwendung gehöriger Sorgfalt auch außerhalb des besonderen
Gebietes der Einzelgeschäfte erzeuge.
Es bedarf der Heranziehung dieses Gesichts
punktes nicht, wenn ein Vertragsverhältnis vorliegt, aus dem ohnehin schon eine Verpflichtung zur Anwendung gehöriger Sorgfalt erfließt.
BG. verkehrt
die Bedeutung der angezogenen Entscheidung ins Gegenteil, wenn es die Haftung
für Sorgfalt bei der Raterteilung verneint, weil es zur Zeit der Erteilung des Rates an einer ständigen Geschäftsverbindung zwischen den Parteien gefehlt
habe, ohne sich zuvor die Frage vorgelegt zu haben, ob das konkrete VertragsRudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen. Bd. I. 16
242
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Verhältnis, das zwischen den Parteien bestand, jene Verantwortung nicht bereits erzeugt hatte.
Im vorliegenden Falle komnit in Frage, daß es sich um den Verkauf von Wertpapieren seitens eines Bankiers an einen Privatmann handelt.
Es gehört
zum Gewerbe des Bankiers, zinstragende Wertpapiere an das Publikum, das
Belegung für seine Kapitalien flicht, abzugeben. der Bankier den Kunden berät.
Dabei ist Verkehrssitte, daß
Dem Privatmann gehen häufig die Kenntnisse
ab, die zur Beurteilung der Güte eines Wertpapieres im allgemeinen und im einzelnen Falle erforderlich sind.
Vom Bankier wird vorausgesetzt, daß er
diese Kenntnisse kraft seines Berufes hat oder doch leichter sich zu verschaffen imstande ist; er gilt als Sachverständiger, der Kunde als Laie.
Raterteilung
und Empfehlung bilden ein notwendiges Glied in diesem Zweige des Bank geschäftes, und ein Bankier, der sich der Beratung seiner Klientel entschlagen
wollte, würde seine Effektenabteilung bald schließen können.
Die Vorteile, die
für den Bankier aus den Geschäftsabschlüssen entstehen, bilden zugleich das
Entgelt für die Dienste, die er dem Kunden bei den Vorbereitungen zu den Geschäften leistet.
In Füllen dieser Art mischt sich daher mit den Kaufgeschäften
selbst die Leistung von Diensten: die Inanspruchnahme und die Darbietung der
Kenntnisse und Erfahrungen des Fachmannes an den minder kundigen Laien.
Diese Dienste sind ein Teil des entgeltlichen Geschäfts, und wer sie leistet, wird daher auch dafür einzustehen haben, daß er sie ohne Fahrlässigkeit leistet.
Es
würde denn auch ein wenig angemessenes Ergebnis sein, die Verantwortlichkeit des Bankiers für die Beratung seiner Klientel verschieden bemessen zu wollen,
je nachdein das Geschäft demnächst die Form der Kommission, oder die Form des unmittelbaren Kaufs angenommen hat. Erfolgt eine Raterteilung oder Empfehlung dieser Art, so wird es freilich
nach den herrschenden Verkehrsanschauungen in der Regel nicht die Meinung
der Beteiligten sein, daß der Bankier eine bedingungslose Garantie für die objektive Richtigkeit seiner Äußerungen übernehme. Die Absicht, verbindliche Zusagen über die Eigenschaften einer Sache, wegen deren Veräußerung man
unterhandelt, zu geben und zu nehmen, wird — von besonderen Umständen
abgesehen — dabei in der Regel fehlen.
Die Eigenschaften, um die es sich
dabei handelt, werden häufig einer genaueren objektiven Bestimmung kaum
zugänglich sein, und auch sonst spielt das Moment der rein subjektiven Be urteilung hierbei eine zu große Rolle.
Wofür aber eingestanden wird, ist, daß
der Bankier bei der Raterteilung nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kauf manns außer Augen setzt, daß also namentlich seine positiven Äußerungen auf einer sorgfältigen Prüfung der Umstände und Verhältnisse beruhen, auf die ein sachverständiger Beurteiler Wert legen wird.
Eine Fahrlässigkeit, bei der diese
Sorgfalt außer acht gelassen ist, macht den Bankier dem abkaufenden Kunden
gegenüber, der seinem Rate vertraut hat, für den entstandenen Schaden ver antwortlich.
368. Betrügliche Auskunft über Kreditwürdigkeit.
Offene Handelsgesellschaft.
I. 68/88 v. 21. 4. 1888. E. Bd. 20 Nr. 42 S. 190 (Schweidnitz, Breslau). Vgl. HGB. 88 124/5 u. oben Nr. 190.'
Auf sein Auskllnftsersuchen erhielt Kl. folgende „den 6. Febr. 1886" datierte Antwort:
„Der Angefragte ist ein entschieden ehrlicher und
braver sowie fleißiger
Geschäftsmann und arbeiten wir mit ihm seit einer Reihe von sechs Jahren
und genießt er bei uns volles Bertranen und zwar gewährten wir ihm bisher einen Kredit von zwischen 3—5000 Mk.
Seinen Verpflichtungen ist
er bisher stets nachgekommen und reguliert er größtenteils entweder mit
eigenen Accepten oder Kundenpapieren, welche bis auf einige kleine der letzteren prompt honoriert wurden.
Dies ist das, was wir Ihnen über K. mitteilen
können, selbstredend ohne unser Obligo.
Hochachtungsvoll H. Kr. & Sohn."
Es ist tatsächlich festgestellt: 1. daß der Inhalt des Briefes v. 6. Febr. 1886 in Bezug auf die wesentlichsten für die Kreditwürdigkeit des K. erheblichen
Tatsachen nicht nur objektiv unrichtig, sondern auch wissentlich unwahr und mit dem Bewußtsein erklärt sei, daß der Kl. durch den (mittels jenes Briefes wissentlich
und vorsätzlich bei ihm veranlaßten) Irrtum einen Schaden, wie den demnächst
erlittenen, erleiden könne; sowie 2. daß die Abfassung und Zusendung jenes
Briefes den Schaden des Kl. verursacht habe, auf dessen Ersatz der Klagantrag gerichtet sei.
Wenn auf Grund dieser Feststellung ausgeführt wird, es liege eine be trügliche Verleitung des Kl. zum Kreditgeben an K. vor, und müsse derjenige, welcher für die Folgen der beträchtlichen Verleitung zu haften habe, dem Kl.
nach dem Klagantrage gerecht werden; so wird weder das Wesen des civil rechtlichen Betruges verkannt, noch das maßgebende Gesetz verletzt. Wohlbegründet ist ferner die Ausführung des BG., daß die Schlußworte
des Briefes v. 6. Febr. 1886: „Selbstverständlich ohne Obligo"
in keiner Weise geeignet seien, die Rechtsfolge der tatsächlich verübten arglistigen
Verleitung abzuwenden.
Sogar eine Abmachung, daß für arglistiges Verhalten
nicht zu haften sei, ist (als gegen die gute Sitte verstoßend) wirkungslos [§ 276 BGB.j.
Die weitere Ausführung des BG., daß die Schadensersatzpflicht aus (§ 212 ALR. 1.14) eine Verbindlichkeit der Gesellschaft sei, für welche beide Gesellschafter
solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen haften müßten, beruht auf richtiger An wendung der §§ 17, 124, 125, 128 HGB.
Nach der Gestaltung des kaufmännischen Verkehres der Gegenwart bestehen
die kaufmännischen Geschäfte überwiegend in Kreditgeschäften. welcher den Entschluß zu
Jeder Kaufmann,
fassen hat, eine Geschäftsverbindung, in welcher er
Kredit geben soll, mit einem Kaufmanne einzugehen, dessen Verhältnisse ihm selbst nicht genügend bekannt sind, ist darauf gewiesen, um sich eine annähernd
16*
244
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Achuldverhältnisse.
sichere Überzeugung darüber zu bilden, ob derjenige, welcher ihm die Geschäfts verbindung (mit dem Verlangen zu gewährenden Kredites) anbietet, das Ver
trauen verdiene, daß derselbe den Vorleistungen des Kreditgebers entsprechenden zukünftigen Gegenleistungen erfüllen werde, bei anderen Kaufleuten, bei welchen er eine genaue Kenntnis von den Vermögensverhältnissen und der geschäftlichen
Zuverlässigkeit jener Person, sowie die eigene kaufmännische Solidität und Sorgfalt voraussetzt, welche ihrer Antwort die Bedeutung einer festen Über zeugungsgrundlage verleiht, Auskunft über die Kreditwürdigkeit des Betreffenden einzuholen.
Bei der Ausdehnung und Verzweigung des gegenwärtigen Handelsverkehres müssen derartige Anfragen und Auskunftserteilungen sehr
häufig vorkommen.
Dieselben gehören zu den gewöhnlichen Vorkommnissen im kaufmännischen Ge
schäftsleben. Da der Kaufmann im Geschäftsleben unter seiner Firma ins Auge gefaßt wird, insbesondere bei der offenen Handelsgesellschaft die Gesellschafter unter der Namenseinheit der Gesellschaftsfirma kaufmännisch handeln und zum kaufmännischen
Handeln
veranlaßt
werden;
so
werden
Anfragen
der
ge
kennzeichneten Art an die Firma gerichtet und von der Firma beantwortet. Die Personen, welche sich zu einer offenen Handelsgesellschaft vereinigen, müssen
von vornherein darauf gefaßt sein, daß ein solches gewöhnliches Vorkommnis
des kaufmännischen Geschäftslebens auch in dem Geschäftsbetriebe des von ihnen etablierten Hauses vorkommen und die betreffende Auskunft durch einen der Gesellschafter, welche die Geschäfte ihres Hauses führen, im Namen dieses Hauses,
d. h. unter der Gesellschaftsfirma, erteilt werden werde.
Eine Anfrage der gekennzeichneten Art ist für den Nnfragenden eine Rechts geschäfte vorbereitende Handlung.
Auch
die
Auskunfrserteilung
besitzt den
Charakter einer zum kaufmännischen Gewerbebetriebe gehörigen Rechtshandlung. Dieselbe wurzelt in der Natur des kaufmännischen Verkehres.
Geschäftsüblich
wird sie von dem Kaufmanne unter seiner Firma auf eine an die letztere mit
Rücksicht auf die derselben zugetraute, in ihrem Geschäfte erworbene Kenntnis und Erfahrung, sowie auf die nach ihrem guten Rufe in der Geschäftswelt bei ihr vorausgesetzte Loyalität (gewöhnlich, wie im vorliegenden Falle) unter aus
drücklichem Erbieten zu ähnlichen geschäftlichen Gegendiensten, jedenfalls unter stillschweigender Voraussetzung
einer solchen Bereitschaft)
gerichtete,
für
die
Geschäfts- und Vermögensinteressen des Anfragenden ersichtlich wesentliche Auf
forderung erklärt.
Diese Erklärung ist (ihrer Natur nach) geeignet, je nach
ihrem Inhalte das Vermögen des Anfragenden zu schädigen oder günstig zu
beeinflussen, auch unter gewissen Voraussetzungen Verbindlichkeiten für den
jenigen zu erzeugen, an dessen Adresse die Anfrage gerichtet war und in dessen
Namen die Antwort erfolgte. Daraus ergibt sich die Konsequenz, daß, wenn von einem zur Vertretung der offenen Handelsgesellschaft befugten Gesellschafter unter der Gesellschaftsfirma über die Kreditwürdigkeit einer Person auf eine in dieser Beziehung an die
7. Abschn. Tit. (0. Auftrag. § 676. Rat. Empfehlung.
245
Firma gerichtete Anfrage eine derartige Auskunft erteilt wird, daß, wenn eine solche Anfrage an einen Einzelkaufmann gerichtet wäre und derselbe auf diese
Anfrage eine gleiche Auskunft erteilt hätte, durch den Inhalt der Auskunft und
die Beschaffenheit des Wissens und Willens bei ihrer Erteilung (nach den maß
gebenden Rechtsnormen) eine Schadensersatzverbindlichkeit erzeugt werden würde, dadurch eine Schadensersatzverbindlichkeit der offenen Handelsgesellschaft entsteht,
für welche (gemäß § 125 HGB.) die Gesellschafter solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen haften.
Die vorstehend klargelegten Rechtsgrundsätze stehen im Einklänge mit den Gründen der Entsch. des RG. Bd. 15 Nr. 26, Bd. 17 Nr. 21.
Die abweichende
Rechtsprechung des ROHG. mißt dem Inhalte der Materialien des HGB. ein zu großes Gewicht bei unter Heranziehung des (an sich richtigen, aber bei der zu entscheidenden Rechtsfrage nicht zu verwertenden) Grundsatzes, daß Gesellschaften
zur Verübung von unerlaubten Handlungen nicht geschlossen werden könnten.
Ebenso in Betreff des Prokuristen (vgl. oben Nr. 189): III. 131/99 v. 10.10. 1899. Seuff. Bd. 55 Nr. 83 (Stuttgart).
369. Arglistige Auskunft. I. 162/88 v. 11. 7. 1888.
E. Bd. 23 Nr. 25 S. 137.
IW. 1888 S. 385 Nr. 8.
Außerhalb eines Vertragsverhültnisses vermag allerdings die bloße Unter
lassung der Berichtigung eines fremden Irrtums den civilrechtlichen Betrug
nicht zu begründen.
Aber dies nehmen auch die Vorderrichter nicht an, welche
vielmehr — und zwar ganz zutreffend — den Dolus des Bekl. nicht in einer Verweigerung der Auskunft, sondern
vielmehr gerade darin finden, daß der
Bekl. zwar Auskunft erteilt, dabei aber einen wesentlichen Punkt verschwiegen
und in Verbindung mit feinem positiven Tun den Kl. durch sein Schweigen getäuscht hat.
Ebenso ist es für den Rechtsbegriff des Betruges unerheblich,
ob man durch die Täuschung für sich selbst oder für einen Dritten einen rechts widrigen Vorteil zu erreichen bezweckt; ein solcher Zweck wird für den civil rechtlichen Betrug überhaupt nicht vorausgesetzt.
lex 19, 39 und 40 Dig. de dolo (4,3).
allerdings eine bösliche Absicht.
Vgl. lex 9 § 1, lex 18 § 5,
Voraussetzung des Dolus ist aber
Diese braucht jedoch nicht direkt auf Schädigung
eines Dritten gerichtet zu sein, es genügt vielmehr schon das Bewußtsein, daß durch die Täuschung möglicherweise ein Schaden herbeigeführt werden kann, welcher ohne dieselbe vermieden sein würde.
370. Arglistiges Verschweigen des Empfehlenden. VI. 413/95 v. 13. 4. 1896.
Gr. Bd. 40 S. 970 Nr. 79 (Breslau).
Arglist kann ebenso im Verschweigen, wie im Behaupten bestehen (E. Bd. 23 S. 137) [f. Nr. 369],
Die Kenntnis des Empfehlenden von der durch ihn bestätigten Tatsache gewährt die Garantie für die Richtigkeit der Bestätigung.
Das Vertrauen auf
diese Kenntnis bestimmt den Entschluß dessen, der den Rat oder die Empfehlung
246
empfängt.
Recht der SchuldverhLltnisse.
II. Buch.
Bürgerliches Gesetzbuch.
Die Verschweigung der Unkenntnis bewirkt somit die Täuschung des
letzteren.
ob Bell, von der Wertlosigkeit der
Läßt nun das Gericht dahingestellt,
svon ihm als sicher und gut bezeichneten) Hypothek Kenntnis gehabt habe, so ließe diese Offenlassung der Frage auch die Möglichkeit zu, daß die Nicht kenntnis auf Irrtum beruht habe.
Würde die Nichtkenntnis von der Wert
losigkeit der Hypothek auf einer vermeintlichen Kenntnis des Wertes, also auf
Irrtum beruht haben, so ließe sich hierauf nicht die Folgerung bauen, daß Bekl. sich bewußt gewesen sei, es habe das Vermögen des Kl. durch diese Täuschung erheblich
geschädigt werden
Die
können.
völligem Mangel an Wissen beruhen.
Unkenntnis
kann
aber
auch
auf
Gibt dann der Nichtwissende bestimmtes
Wissen vor, so muß er sich auch sagen, daß er auf sein angebliches Wissen
Vertrauende getäuscht werden und zu Schaden kommen kann.
Bestimmt er
gleichwohl trotz dieser Einsicht den ihm Vertrauenden znr Vornahme einer diesen schädigenden Handlung, so ist sein Handeln auf Grund seiner Voraussicht der Möglichkeit eines schädigenden Erfolges kein fahrlässiges, sondern ein arg
listiges.
(Bd. 23 S. 137.)
Denn die Grenzen der Fahrlässigkeit sind über
schritten, sobald der Erfolg in den Willen des Handelnden ausgenommen ist.
BG. ist allerdings auf die mit der Annahme des Mangels der Kenntnis von der Wertlosigkeit der Hypothek vereinbare Möglichkeit eines Irrtums nicht
eingegangen.
Die Ausführungen des BG. über die dem Bekl. obgelegene Pflicht,
dem Kl. davon Mitteilung zu machen, daß er seinen Rat in völliger Unkenntnis der Verhältnisse erteile, in Verbindung mit der Erwägung der Bedeutung, welche
die Kenntnis des Kl. von der
„gänzlichen Unkenntnis der Sachlage" seitens
des Bekl. für die Willel'.sbestimmung des ersteren gehabt hätte, geben jedoch keinem Zweifel Raum, daß BG. seine Entsch. nicht auf die hypothetische Er
wägung der völligen Unkenntnis sondern auf die Annahme und Feststellung der völligen Unkenntnis gründet.
Auf dieser Grundlage erscheint aber die
Annahme arglistigen Verhaltens gerechtfertigt.
371. Fahrlässigkeit unb Arglist.
I. 12/91 v. 25. 3. 1891. (Hamburg).
IW. 1891 S. 285 Nr. 29.
Seuff. Bd. 46 Nr. 258
In Bezug auf die Haftung für Empfehlungen außerhalb eines Vertrages
ist zur Begründung des Dolus nicht unbedingt erforderlich, daß das Bewußt
sein des Empfehlenden dargetau werde, daß die gemachten Angaben mit der wahren Sachlage nicht übereinstimmen.
Der Empfehlende, der zum Zweck der
Empfehlung bestimmte Tatsachen über eine Person oder einen Gegenstand aus sagt, erklärt, daß er sich von der Richtigkeit dieser Tatsachen überzeugt hatte.
Fahrlässig handelt, wer eine solche Erklärung abgibt, ohne die Grundlagen seiner Überzeugung gehörig geprüft zu haben. Arglist liegt vor, wenn die Erklärung
subjektiv wahrheitswidrig ist, d. h. abgegeben wird, ohne daß dem Empfehlenden
7. Abschn. die Überzeugung
Tit. JJ. Geschäftsführung ohne Auftrag.
§§ 677ff.
247
von der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen inne wohnt.
Subjektive Wahrheitswidrigkeit ist auch dann vorhanden, wenn der Empfehlende
Angaben in positiver Form macht, die an sich richtig oder unrichtig sein können, von deren Richtigkeit er aber nicht positiv überzeugt ist.
Erweisen sich diese
Angaben als unrichtig, und ist durch dieselben eine Schädigung desjenigen herbei geführt, dem die Auskunft erteilt ist, so ist die actio de dolo begründet.
Denn
das Bewußtsein von der Möglichkeit einer Schädigung, welches für den Dolus
im civilrechtlichen Sinne ausreicht — Entsch. RG. Bd. 23 S. 137 sNr. 369] —, ist auch in diesem Fall unbedenklich anzunehmen. Vgl. auch Nr. 295.
Titel 11.
Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff.).
Für eine zukünftige jur. Person: s. o. Nr. 7.
Vgl. auch Art. 103 EG.
372. Bezahlung fremder Schulden. III. v. 14. 10. 1881.
9 S. 155 (Rennerod, Wiesbaden).
Aus den Vorschriften über die Ausschließung des Rechtsweges in den zum Ressort der Verwaltungsbehörden gehörenden Angelegenheiten folgt aber keines
wegs, daß
auch
diejenigen
Rechtsmittel, welche
das
gern.
R.
zum Schutze
des Sonderinteresses des einzelnen Staatsangehörigen auf Benutzung eines öffentlichen Weges gewährt, nicht mehr zulässig seien; diese Rechtsmittel müssen vielmehr, wenn
die Polizeibehörden die Beseitigung der den Gebrauch eines
öffentlichen Weges beeinträchtigenden Anlagen nicht anordnen wollen, für statt haft erachtet werden, weil sie zum Schutze gegen unbefugte Eingriffe in das
dem einzelnen zustehende Recht auf Benutzung öffentlicher Wege dienen und
zugleich 'auf Ersatz des durch solche unbefugte Eingriffe dem Kl. entstandenen
Schadens gerichtet sind,
also nicht publizistische Rechte, sondern einen privat
rechtlichen Anspruch betreffen.
Im vorliegenden Falle handelt es sich aber, wie die Begründung der Klage, das Klagegesuch und der Tenor des den Bekl. verurteilenden Erkennt nisses ergeben, nur um den Schutz des Interesses, welches der Kl. an dem
Gebrauche des in Frage stehenden öffentlichen Weges mit Rücksicht auf die Lage seiner Scheune und auf die erleichterte Kommunikation mit den höher gelegenen Teilen der Stadt hat, sowie um den Ersatz des Schadens, welcher
ihm durch die unbefugte Verhinderung beziehungsweise Erschwerung der Be nutzung des Weges durch den Bekl. verursacht ist.
472. Vereitelung der Geltendmachung des Grundschuldrechtes. V. 171/90 v. 19. 11. 1890.
IW. 1891 S. 26 Nr. 64 (Hagen, Hamm).
Kannte die Bekl. (Stadtgenieinde Hagen)
das Grundschuldrecht der Kl.
oder mußte sie es kennen, so griff sie, indem sie die verpfändete Parzelle außer Verkehr setzte und dadurch die Realisierung des Grundschuldrechts unmöglich
machte, bewußt oder doch schuldbar in das Recht der Kl. ein, und muß deshalb Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen. Bd. I
21
Bürgerliches Gesetzbuch.
322
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
die aus dieser Rechtsverletzung entspringenden Folgen tragen (§§ 7, 8 Tit. 3,
§ 26
Tit. 8,
§ 24
Tit. 20 Tl. I ALR.),
mithin
auch
der
Kl.
den
Schaden ersetzen, der ihr aus der Vereitelung ihres Grundschuldrechts erwachsen ist.
Für diese Schadensersatzpflicht der Bell, ist es gleichgültig, ob die Kl.
auch den Verkäufer auf Herausgabe des für die Parzelle erhaltenen Kaufgeldes in Anspruch nehmen könnte. 473. Unwahre Prospekte.
I. 101/00 v. 2. d. 1900. E. Bd. 46 Nr. 24 S. 83 (Berlin). Vgl. Börsenges. 88 43,44.
BG. führt aus: Die Erklärung im Prospekte, laut deren den Mehrein nahmen entsprechende Ausgaben gegenüberstehen, charakterisiere sich als Ver sicherung einer Tatsache; sie habe in jedem Leser die Annahme hervorrufen
müssen, daß prozentual die Ausgaben nicht in höherem Maße als die Ein
nahmen
gestiegen
seien;
in Wirklichkeit aber liegt eine unverhältnismäßige
Steigerung der ersteren vor... Die unrichtige Versicherung entbehre auch einer
ausreichenden subjektiven Grundlage, da den eigenen Erklärungen der Bekl. zufolge eine Berechnung der Kosten, insbesondere des elektrischen Betriebes, zuvor nicht stattgefunden hat, sondern der Vorstand sich nur an die derzeit
über die Kosten des
elektrischen Betriebes allgemein herrschenden Ansichten
gehalten haben könne und die Versicherung im Bewußtsein des Fehlens ander
weitiger Anhaltspunkte für ihre Richtigkeit abgegeben habe.
Hieraus ergibt
sich, daß die Feststellung eines groben Versehens eine Gesetzesverletzung nicht Denn in dem Umstande, daß der Vorstand eine für den Wert der
zeigt.
Aktien sehr erhebliche Tatsache als wahr versicherte, obwohl er für sie keine
andere Gewähr als die vorhin erwähnte hatte, und obwohl er sich nicht ver
hehlen daß
konnte, daß die Erwerber der Aktien notwendig voraussetzen mußten,
eine
bessere Grundlage vorhanden sei, namentlich daß toenigftenS eine
oberflächliche Berechnung der Kosten, welche möglich gewesen wäre, auch statt
gesunden hätte, durfte ein auch ohne Anstrengung der Aufmerksamkeit zu ver meidendes, also grobes Versehen als vorliegend angenommen werden.
474. Fahrlässig falsche Anzeige und Beschlagnahme.
VI. 208/88 v. 3. 12. 1888. (Hamburg).
E. Bd. 22 Nr. 42 S. 208.
Seuff. Bd. 44 Nr. 181
Bekl. hatte den Kl. wegen Patentverletzung bei der Staatsanwaltschaft
angezeigt und diese hatte darauf dessen Lager von Büffelhaar-Treibriemen mit Beschlag belegen lassen.
Hierdurch war Kl. von Oktober 1886 bis 1887 am
Absätze dieser Waren und an Weiterführung des Geschäftsbetriebes behindert. Die Anzeige erwies sich als unbegründet.
Kl. behauptete Arglist jedenfalls
Fahrlässigkeit der Bekl. in Erstattung derselben und klagt auf Schadensersatz.
OLG. nahm zwar fahrlässige falsche Anzeige an, wies aber ab wegen mangelnder
Rechtsnorm.
RG. hob auf, weil dieser Grund gegen das (richtig aufgefaßte)
7. Abschn.
Tit. 25.
Unerlaubte Handlungen. § 823. Beschlagnahme.
323
Recht verstoße, da die Beschädigung des Kl. an seinem Vermögen durch die von der Bell, schuldhafterweise verursachte zeitweilige Verhinderung der Ver wertung seiner Waren bewirkt sein solle, und verwies zurück, weil der Kausal zusammenhang zwischen
der fahrlässigen Anzeige und der Beschlagnahme des
Warenlagers noch nicht formell feststehe.
475. Widerrechtliche Beschlagnahme. III. 107/90 v. 17. 10. 1890. E. Bd. 26 Nr. 38 S. 204 (Hildesheim, Celle). BG. geht davon aus,
daß der Gläubiger,
welcher einen Arrest erwirkt
hat, falls der Arrest auf Widerspruch des Schuldners als ungerechtfertigt aus
gehoben wird, ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, verpflichtet sei, dem Schuldner sämtliche durch die Anlegung und die Vollziehung des
Arrestes verursachten Kosten zu erstatten, daß dagegen durch die Erwirkuug
eines für ungerechtfertigt erkannten Arrestes eine Schadensersatzpflicht des
Gläubigers nicht unbedingt, sondern
nur unter der Voraussetzung begründet
werde, daß den Arrestsucher bei der Erwirkung des Arrestes der Vorwurf eines
schuldvollen oder gar dolosen Verhaltens treffe.
BG. hat demgemäß, indem
es feststellt, daß nach den feststehenden tatsächlichen Verhältnissen sowohl ein Dolus, wie ein Verschulden der Bekl. für widerlegt zu halten sei, die Bekl.
zur Zahlung der durch die Anlegung und die Vollziehung des Arrestes ent standenen Kosten verurteilt, dagegen den Anspruch des Kl. auf Ersatz des ihn,
angeblich durch die Arrestanlage verursachten Schadens abgewiesen. Der hiergegen vom Revkl. erhobene Angriff ist nicht begründet, die von
dem BG. seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Ansicht vielmehr zu billigen. Da in der CPO. keine Bestimmungen darüber sich finden, unter welchen
Voraussetzungen der Gläubiger, welcher einen Arrest erwirkt hat, zum Ersätze
des Schadens verpflichtet ist, welcher dem Schuldner, abgesehen von den Kosten der Anlegung und Vollziehung des Arrestes,
durch den für ungerechtfertigt
erkannten und aufgehobenen Arrest entstanden ist, so ist diese Frage nach den
allgemeinen Grundsätzen über die Verpflichtung zum Schadensersatz in außer
kontraktlichen
Verhältnissen zu
beantworten (vgl. Entsch. Bd. 7
Bd. 11 S. 417; Seuffert A. Bd. 44 S. 406).
S. 377 ff.,
[®. aber CPO. 8 717.]
476. Bewußt oder schuldhaft widerrechtliche Pfändung. VI. 174/90 v. 6. 11. 1890.
IW. 1891 S. 28 Nr. 68, 69.
Es ist nicht schon dann ein Schaden als mit Vorsatz verursacht anzusehen, wenn derselbe durch eine vorsätzlich vorgenommene Handlung, mag diese auch
objektiv widerrechtlich sein, herbeigeführt ist. der Widerrechtlichkeit voraus.
Der Vorsatz setzt das Bewußtsein
Nach den tatsächlichen Feststellungen des BG.
ist Bekl. der Ansicht gewesen, daß sie zu der fraglichen Pfändung berechtigt sei; sie hat sich lediglich ihres Rechtes innerhalb der gehörigen Schranken zu
bedienen geglaubt (§ 36 Tl. I Tit. 6 des ALR.); sie ist sich nicht allein der
21*
324
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch. Recht der Schuldverhältnisse.
Widerrechtlichkeit der Pfändung nicht bewußt gewesen, sondern sie hat auch ge
nügenden Grund gehabt, ihre Handlungsweise für berechtigt zu halten. Es ist ein Rechtsgrund nicht ersichtlich, weshalb der Gläubiger, welcher einen
Ger.-Vollz.
mit einer Zwangsvollstr,
für
beauftragt,
das
Versehen,
welches derselbe sich dabei zu Schulden kommen läßt, unbedingt haften soll.
Soweit der Ger.-Vollz. nach eigenem Ermessen, bezw. nach der Instruktion, wie selbige von ihm aufgefaßt wird, handelt, ohne daß eine besondere Anweisung
des Auftraggebers vorliegt, kann den letzteren eine Verantwortlichkeit für das Versehen des ersteren nicht treffen.
Eine abweichende Ansicht ist auch in Entsch.
Bd. 14 S. 364, 365 nicht ausgesprochen.
Damals waren Gegenstände ge
pfändet, welche sich nicht im Gewahrsam des Schuldners, sondern eines Dritten
befanden, und der Gläubiger hatte, nachdem er dieses erfahren, die Freigabe der Gegenstände verweigert.
Deshalb wurde angenommen, daß der Gläubiger
die ungesetzlichen Handlungen des Ger.-Vollz. genehmigt habe, und daher die
Spolienklage gegen ihn begründet sei.
(Vgl. Nr. 509 bei §§ 858 ff.]
477. Haftung des beauftragenden Gläubigers?
III. v. 7. 3. 1893.
Seuff. Bd. 49 Nr. 14 (Jena).
Rechtswidrig war zwar die von dem Ger.-Vollz. bewirkte Pfändung der mit dem Gebäude untrennbar verbundenen Brauereigeräte, wie Braukessel, Kühl schiff rc.,
da
derartige
Bestandteile
Mobiliarexekution sein konnten.
des Grundstücks
nicht Gegenstand der
Allein die Entschädigungspflicht der Bell, hängt
noch weiter davon ab, ob sie für das ungesetzliche Vorgehen des Ger.-Vollz. einzustehen hatte.
Allerdings ist der Gläubiger für die Handlungen des Ger.-
Vollz. insoweit verantwortlich, als dieser in Vertretung und im Auftrage des Gläubigers tätig wurde.
(Entsch. d. RG. Bd. 9 S. 361; Bd. 16 S. 406,
Seuff. Bd. 39 Nr. 70, Bd. 42 Nr. 204 S. 290.)
[@. o. Nr. 139.]
Kl. irrt jedoch, wenn sie schon auf Grund des allgemeinen Auftrags zur
Pfändung die Bekl. auch für die gesetzwidrigen Pfändungsmaßregeln haftpflichtig
machen will, denn der dem Ger.-Vollz. erteilte Auftrag,
„die Fässer und die
Jnventarstücke in der Brauerei zu pfänden," enthielt an sich noch keine Ver
letzung der über die Zulässigkeit der Mobiliarpfändung bestehenden Vorschriften, überließ vielmehr die Auswahl der einzelnen Pfandstücke dem pflichtmäßigen in dieser Beziehung selbständigen Ermessen des Ger.-Vollz.
der Pfändungsauftrag ausdrücklich
auf die mit dem
Nur dann, wenn
Gebäude verbundenen
Brauereigeräte gerichtet gewesen wäre, würde von einer Haftpflicht der Bekl. die Rede sein können (Entsch. Bd. 14 S. 364).
In dieser Beziehung geht
BG. zu weit, wenn es mit Rücksicht auf die selbständige Stellung des Ger.-
Vollz. als öffentlichen Vollstreckungsbeamten auch bei einem speziellen Auftrag zu einer ungesetzlichen Pfändung jede Haftpflicht des betreffenden Gläubigers ausschließen will.
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen. § 823. Beschlagnahme.
325
Mit Unrecht sucht Kl. diese Haftpflicht auch daraus herzuleiten, daß Bell, vor dem Verkaufstermin von dem Pfändungsprotokoll Einsicht
erhalten habe
und hiernach zur Freigabe der ungesetzlich gepfändeten und ihr bekannt ge
wordenen Stücke verpflichtet gewesen,
dieser Verpflichtung
aber nicht nach
gekommen sei, denn für die Bekl. bestand keine Verpflichtung, das Pfändungs protokoll, das an sich die Eigenschaft von Braukessel, Kühlschiff rc. als Be
standteile des Gebäudes nicht ergab, nach der Richtung einer näheren Prüfung zu unterziehen, ob alle darin aufgeführten Gegenstände auch gesetzmäßig ge
pfändet seien.
Die Bekl. konnte vielmehr bis auf weiteres ein gesetzmäßiges
Vorgehen des Vollstreckungsbeamten voraussetzen und wäre zu einer näheren
Prüfung nur durch Erhebung von Einwendungen oder Ansprüchen veranlaßt gewesen, wie solche in dem in Bd. 14 S. 367
Dritter
der Entsch. d. RG.
publizierten Rechtsfall erhoben worden waren, gegebenenfalls aber nicht vor liegen.
sVgl. Nr. 509 bei §§ 858 ff.]
478. Widerrechtliche Beschlagnahme wegen Mufterschutzverletznng. III. 269/82 v. 3. 10. 1882. (Darmstadt).
E. Bd. 8 Nr. 4 S. 15.
Senfs. Bd. 39 Nr. 13 S. 20
Kl. verlangen von dem Bekl. teils Ersatz der von ihnen zur Verteidigung
wider die (von ihm erhobene) Anklage wegen Zuwiderhandlung gegen das Muster schutzgesetz aufgewendeten Kosten, teils Entschädigung für die Nachteile, welche ihnen durch die in der eingeleiteten Untersuchung verfügte Beschlagnahme des
als gesetzwidrige Nachbildung bezeichneten Etuis in dem Betriebe ihres Gürtler
geschäfts zugefügt worden sein sollen.
Die Vorinstanzen haben die Klage ab
gewiesen, weil Bekl. nur im Falle eines dolosen Verhaltens Zivilrechtlich ver antwortlich genmcht werden könne, demselben überdies, selbst wenn man ihn
für grobe Fahrlässigkeit oder gar für Fahrlässigkeit überhaupt haftbar erklären wolle, nach dem Ergebnisse der Verhandlung und Beweisaufnahme bei Erhebung
der Anklage keinerlei Verschulden zur Last falle. Dieser Entscheidung konnte nicht beigetreten, der Klaganspruch mußte viel
mehr, nachdem sich infolge der Wiederaufnahme der gegen die jetzigen Kl. auf
Antrag des Bekl. verhängten Untersuchung ergeben hat,
daß das von den
letzteren zum Einträge in das Musterregister angemeldete Etui nicht als ein
neues und eigentümliches Erzeugnis im Sinne des § 1 des RGes. v. 11. Jan. 1876 anzusehen war, die erhobene Anklage mithin objektiv der Begründung
entbehrte, ihrem Grunde nach für gerechtfertigt erkannt werden. Die Besonderheit des hier in Frage stehenden Rechtsinstitutes bedingt die
Anwendung der Grundsätze über die Schadensersatzpflicht der unterliegenden Partei im Civilprozesse.
Das Musterschutzgesetz vom 11. Januar 1876 führt
ein bis dahin unbekanntes Individualrecht ein, dessen Ausübung nicht an die Erfüllung materieller Voraussetzungen, sondern an rein formale Bedingungen geknüpft ist (§§ 7, 10, 13, 14).
326
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältniffe.
Bei dieser Sachlage ist es einleuchtend, daß der angerufene Strafrichter
bei Einleitung und Fortsetzung der Untersuchung gar nicht in der Lage ist,
die Befugnis des Antragstellers zur Erhebung der Anklage von Amts wegen einer sachlichen Prüfung zu unterziehen, daß er vielmehr, sobald ihm von dem Ankläger die Erfüllung der formellen Bedingungen des Mnsterschutzgesetzes dar gelegt worden sind, von dem Beschuldigten den Exkulpationsbeweis zu erwarten
hat.
Damit wird der letztere in die Zwangslage gebracht, im Strafverfahren
genau so wie im bürgerlichen Prozesse die von ihm vorgebrachten Einwendungen zu erweisen
oder doch die für den Kl. sprechende rechtliche Vermutung im
Gegenbeweise zu beseitigen.
Aus diesem Grunde muß aber auch der Kl. die
Verantwortung für die Durchführung seines Anspruches übernehmen.
Er muß
im Strafverfahren im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf Bestrafung des Beschuldigten, Einziehung der angeblichen Nachbildung und Zuerkennung
einer Buße die von dem Beschuldigten aufgewendeten notwendigen Verteidi gungskosten nicht weniger ersetzen, als er zur Kostenerstattung im Civilprozesse
im Falle der Abweisung der Klage nach den dort maßgebenden Grundsätzen
verpflichtet wäre, und er muß auch die sonstigen infolge des Anklageprozesses, bezw. der angeordneten Beschlagnahme von Muster und Form dem Beschuldigten
erwachsenen erweislichen Schäden tragen.
In Ansehung der letzteren kann sich
der Unterliegende auch nicht etwa darauf berufen, daß er bei Erhebung der Anklage nur von einer ihm gesetzlich zustehenden Befugnis Gebrauch gemacht
habe.
Denn dieser Einwand trifft, wenn überhaupt, doch in Fällen der vor
liegenden Art nicht zu, in welchen sich der Kl. sein Recht durch die bloße Be
hauptung, daß er Urheber sei, und durch die auf Grund dieser Angabe voll
zogene Eintragung selber schafft.
und Niederlegung des Musters bei
der Gerichtsbehörde
Wird hier durch Führung des Gegenbeweises festgestellt, daß
ein Recht des Eingetragenen auf Schutz in Wirklichkeit nicht bestand, so füllt
die zu dessen Gunsten im Gesetze aufgestellte Vermutung und mit dieser zu gleich der einzige Rechffertigungsgrund für den Eingriff des Eingetragenen in das Rechtsgebiet des Dritten hinweg.
479. Ungünstige Beeinflussung des Zwangsverkauss durch den Gläubiger. VI. 259/90 v. 19. 2. 1891.
IW. 1891 S. 207
Durch die Pfändung tritt der Gläubiger in Bezug auf die gepfändeten
Sachen in ein gewisses Rechtsverhältnis zu dem Schuldner.
sonst dieses Rechtsverhältnis auffassen mag,
Wie man auch
jedenfalls kann dem Gläubiger
nicht gestattet sein, eine solche Art des Verkaufs der gepfändeten Gegenstände
herbeizuführen, daß voraussichtlich ein dem Wert derselben entsprechendes An gebot nicht erfolgt, und er selbst in die Lage kommt, sich durch Ankauf der
Pfandsachen unter ihrem Wert auf Kosten des Schuldners zu bereichern.
Ein
solches Verhalten haben die Bekl. hier (durch Aufnahme der Bestimmung in die Kaufbedingungen, die gekaufte Sache müßte binnen 24 Stunden von dem
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen. § 823. Abhalten v. Bieten.
327
obwohl sie wußten, daß diese Frist völlig un-
Grundstück entfernt werden,
zureichend war) geflissentlich und absichtlich beobachtet, und es ist ihnen auch gelungen, den Kl. auf diese Weise zu beschädigen.
Auf Grund ihres dolus
müssen sie als verpflichtet angesehen werden, demselben den ihm hierdurch ent standenen Schaden zu ersetzen.
480. Abhalten vom Bieten. III. 67/90 v. 8. 7.1890. Vgl. § 333 Abs. 3.
E. Bd. 26 Nr. 60 S. 310 (Osnabrück, Celle).
Es handelt sich im vorliegenden Falle darum, ob Bell, wegen seines an
geblichen rechtswidrigen und dolosen Verhaltens im Versteigerungstermine dem Kl. schadensersatzpflichtig ist. Das LG. weist die auf Verletzung der Vorschrift in § 270 pr. StGB,
vom 14. April 1851
gestützte Klage ab,
weil
es
an dem ursachlichen Zu-
samnienhange zwischen der angeblichen Tat des Bell, und der für Kl. ein
getretenen Schädigung fehle,
da der schädigende Erfolg, trotz der angeblichen
Verletzung des § 270 nicht eingetreten sein würde, wenn Kl. seine Interessen
in dem Zwangsversteigerungsverfahren besser wahrgenommen hätte; dieses unterlassen habe,
Nachteiles.
weil Kl.
sei diese Unterlassung die Ursache des eingetretenen
Wenn BG. diesen Abweisungsgrund als unzutreffend verwirft, weil
die Kausalität zwischen zwei Ereignissen dadurch nicht ausgeschlossen werde, daß das Dazwischenkommen eines dritten die Wirkung des ersten verhindert hätte, so ist darin ein Rechtsirrtum nicht zu erblicken.
Nach den tatsächlichen Fest
stellungen des BG. kann es einem Zweifel nicht unterliegen, daß der Verlust,
welchen Kl. bei dem in Rede stehenden Zwangsversteigerungsverfahren erlitten
hat, dadurch bewirkt ist, daß U. seine Absicht, auf das zum Verkaufe gebrachte Grundstück des Gemeinschuldners mindestens so weit zu
bieten, als es zur
Deckung seiner Hypothekenforderung erforderlich war. aufgegeben hat.
Denn,
führte U. diese Absicht aus, so würde die dem Kl. zustehende, der Forderung des U. vorgehende Hypothekenforderung vollständig zur Auszahlung gelangt
sein.
Da nun ferner festgestellt ist, daß Bekl. den U. zum Aufgeben der Ab
sicht, auf das Grundstück zu bieten, dadurch bewogen hat, daß er ihn im Ber-
steigerungstermine zur Abtretung seiner Forderung gegen die Verpflichtung,
deren Betrag vollständig zu bezahlen, veranlaßte, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß an sich ein ursachlicher Zusammenhang zwischen dieser Handlung des Bekl. und der Nichtbefriedigung des Kl. wegen seiner gedachten Hypotheken
forderung, also
dem vom Kl. erlittenen Schaden, dessen Ersatz er vom Bekl.
fordert, besteht.
Wenn es nun auch richtig ist, daß Kl. diesen Schaden nicht
erlitten haben würde, falls er in dem Zwangsversteigerungstermine erschienen und so weit auf das aufgesteckte Grundstück geboten hätte, als zur Deckung seiner Forderung erforderlich war, so wird doch dadurch der ursachliche Zu
sammenhang zwischen der Handlung des Bekl. und dem eingetretenen Schaden
328 des
Bürgerliches Gesetzbuch. Kl.
und
Bedingungen
II. Buch. Recht der Schuldverhältnisse.
Haftbarkeit
die
seiner
des
Haftbarkeit,
Bekl.,
vorausgesetzt,
daß
doloses
rechtswidriges,
Rechtsverletzung vom BG. als gegeben angenommen sind,
die
sonstigen
Verhalten,
ohne
keineswegs aus
geschlossen, umsoweniger, als bei Lage der Sache nicht einmal angenommen
werden kann, daß darin, daß Kl. in dem zweiten Versteigerungstermine nicht erschienen ist, ein Verschulden desselben enthalten sei, und man nicht sagen
kann, daß der ihn betroffene Schaden lediglich durch seine eigene Nachlässigkeit
eingetreten sei.
Dem BG. ist ferner darin beizutreten,
daß § 270 pr. StGB, noch in
Geltung sei, in welcher Beziehung auf die Ausführungen in Straff. Bd. 10 S. 221 ff. verwiesen wird.
(Vgl. Civils. Bd. 18 S. 219 [bei § 134 und
Die Ausführung, daß im Falle der Verletzung der Vorschrift
Art. 7 ff. EG.j)
in § 270 dem geschädigten Gläubiger ein Schadensersatzanspruch gegen den jenigen, welcher einen anderen vom Mitbieten abgehalten habe, nicht zustehe, da § 270 nicht bestimmt sei, die Rechte der einzelnen Gläubiger zu schützen,
sondern eine fiskalische Veranlassung habe, kann für zutreffend nicht erachtet
werden.
Die Vorschrift in 8 270 hat den Zweck, zu verhüten, daß die Zwecke
der öffentlichen Versteigerungen, die Interessen des Schuldners und der übrigen
beteiligten Gläubiger an der Erlangung eines möglichst hohen, dem Werte der
versteigerten Gegenstände entsprechenden Kaufpreises dadurch gefährdet und ge schädigt werden, daß durch Gewalt oder Drohung oder durch Zusicherung oder Gewährung von Vorteilen Kauflustige vom Mitbieten oder Weiterbieten ab
gehalten werden.
Handelt jemand der Vorschrift des § 270 entgegen mit dem
Bewußtsein der Rechtswidrigkeit
seiner Handlung
und
ihres Dritte benach
teiligenden Erfolges, so haftet er dem Geschädigten für den Ersatz des Schadens.
Ob im Gebiete des ALR. eine solche Schadensersatzklage nicht gegeben, sondern nur ein Anspruch begründet sei auf den Vorteil, welcher dem vom Bieten Ab
gehaltenen gewährt oder versprochen worden, kann dahingestellt bleiben?) Das BG. hat aber weiter auch ohne Rechtsverletzung angenommen, daß
Bekl. gegen die Vorschrift in § 270 verstoßen
habe,
und
daß die Voraus
setzungen der actio doli vorliegen. Auch die weitere Annahme des BG., daß in dem Versprechen des Bekl.,
dem U. den vollen Betrag seiner Hypothekenforderung nebst Zinsen zu bezahlen, die Zusicherung eines Vorteils im Sinne des § 270
enthalten
sei,
beruht
nicht auf der Verletzung dieses Gesetzes. Diese Annahme wird nicht dadurch aus geschlossen, daß Bekl. dem U. nur Zahlung des Betrages seiner Forderung
nebst Zinsen,
also nur desjenigen Betrages zugesichert hat, welchen U. zu
fordern hatte.
Denn damit die Gewährung oder Zusicherung eines Vorteils
im Sinne des § 270 angenommen werden kann, ist keineswegs unbedingt er forderlich, daß dem vom Milbieten Abgehaltenen mehr zugesichert oder gewährt Vgl. Entsch. des pr. OTrib. Bd. 26 S. 246; Striethorst, A. Bd. 11 S. 143.
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen. § 823. photogr. Abnahme.
329
werde, als er zu fordern hat, es kann vielmehr schon in der Gewährung
oder in der Zusicherung der vollständigen Befriedigung eines bei einer Zwangsversteigerung beteiligten Hypothekengläubigers wegen seiner Forderung die Zusicherung oder Gewährung eines Vorteils im Sinne des § 270 ent halten sein. 481. Widerrechtliche Beitreibung durch die Steuerbehörde. VI. v. 27.10. 1892. Senfs. Bd. 48 Nr. 249 (Bremen, Hamburg). Vgl. 88 249 ff., 288 ff., 849.
Zutreffend und in Übereinstimmung mit früheren Entscheidungen des RG.
hat BG. angenommen, daß (gemeinrechtlich) von einem zu Unrecht beigetriebenen und unter Rechtsverwahrung gezahlten Geldbeträge sofort Verzugszinsen zu laufen beginnen. 482. Widerrechtliche Verpfändung. I. 427/97 v. 15. 12. 1897. (Hamburg).
E. Bd. 40 Nr. 54 S. 205.
Senfs. Bd. 53 Nr. 225
Die Feststellung, daß Bekl. widerrechtlich und grob fahrlässig gehandelt
habe, unterliegt nicht dem geringsten rechtlichen Bedenken. Bekl. wußte, daß die Papiere Eigentum des Kl., daß Kl. Angestellter der Handelsbank, daß die Papiere von ihm der Handelsbank als Kaution bestellt waren. Er konnte nicht in Zweifel sein, daß die Verpfändung der Papiere für fremde Schuld dem Interesse des Kl. nicht entsprach, und er haftet, nachdem sich nicht nur dies, sondern weiter herausgestellt hat, daß die Verpfändung den Kl. in Schaden gebracht hat, dem Kl. für das volle Interesse. 483. Rechtswidrige photographische Abnahme. VI. 259/99 v. 28. 12. 1899.
E. Bd. 45. Nr. 43 S. 170 (Hamburg).
Bekl. waren in der Nacht nach Bismarcks Tode widerrechtlich gegen den Willen der Bismarckschen Kinder in Friedrichsruh in das Zimmer eingedrungen, wo Bismarcks Leiche mhte und hatten bei Magnesiumlicht eine photographische Aufnahme von der Leiche und den sie umgebenden Teilen des Zimmers ausgenommen. Auf Klage der Bismarckschen Kinder wurden sie solidarisch verurteilt in die Vernichtung der negativen Platten, Plattenabzüge und sämtlicher Reproduktionen zu willigen und wurde ihnen bei Strafe verboten, die Aufnahme irgendwie zu verbreiten oder verbreiten zu laffen. Berufung und Revision sind verworfen.
Es ist mit dem natürlichen Rechtsgefühle unvereinbar, daß jemand un angefochten behalte, was er durch eine widerrechtliche Handlung erlangt und dem
durch sie in seinen Rechten Verletzten entzogen hat. Die beiden Bekl. sind nun mittels eines Hausfriedensbruches gegen den Willen der Kl. in dasjenige Zimmer eingedrungen, in welchem diese die Leiche ihres Vaters, die sie in Gewahrsam hatten (StGB. §§ 168, 367 Nr. 1) aufbewahrten und damit das Hausrecht, das den Kl. seit dem Tode ihres Vaters in Ansehung dieses Zimmers zustand, verletzt und diese Gelegenheit benutzt, um eine photographische Aufnahme eines Teiles des Innern des Zimmers mit der darin ruhenden Leiche herzustellen.
330
II. Buch. Recht der Schuldverhältnisse.
Bürgerliches Gesetzbuch.
Solche photographische Aufnahme eines umfriedeten Raumes und folgeweise deren Veröffentlichung zu hindern, hat der Inhaber des Hausrechts an sich das Recht
und die Macht und diese Möglichkeit haben hier die Bell, durch ihr rechtswidriges Tun den Kl. zunächst entzogen, indem sie gleichzeitig für sich die tatsächliche Verfügung über das in Frage stehende photographische Bild erlangt haben.
Die Kl. haben den Bekl. gegenüber ein Recht darauf, daß dieses Ergebnis
wieder rückgängig gemacht werde.
Das röm. Recht gewährte ... dem durch eine
rechtswidrige Handlung Verletzten eine condictio ob injustam
Wiedererstattung alles desjenigen,
causam
auf
was tatsächlich durch jene Handlung aus
seinem Machtbereiche in die Gewalt des Täters gelangt ist.
Diese cond. stellt
sich dar als ein ergänzender Rechtsbehelf neben allen Deliktsklagen, soweit es sich nicht etwa um Schadenersatz sondern um Restitution handelt.
Dabei
ist freilich zunächst nur an körperliche Sachen, die ans dem Vermögen
des Beeinträchtigten herrühren, gedacht, sei es, daß das Eigentum oder doch
wenigstens der Besitz verletzt erscheint.
Aber dies muß entsprechende Anwendung
finden aus die widerrechtliche tatsächliche Entziehung anderer Machtbefugnisse und Aneignung der entsprechenden Vorteile.
484. Berriifserklärung. Haftung des Organs eines Vereins. I. 96/90 v. 25. 6. 1890.
E. Bd. 28 Nr. 54 S. 238 (Berlin).
Der Börsenverein der deutschen Buchhändler zu Leipzig, eingetragene Genossenschaft, hat
seine Mitglieder verpflichtet, die von ihnr sür den Kundenrabatt gesteckten Grenzen einzu halten und gegen den Willen der Verleger deren Verlag an solche — Mitglieder wie Richt mitglieder — nicht zu liefern, welche diese Grenzen nicht einhielten.
Die Verletzung dieser
Pflichten sollte Ausschluß vom Verein zur Folge haben; Nichtmitglieder, gegen welche Tat
sachen ermittelt wurden, welche Mitgliedern Ausschluß vom Verein zuzog, hatte der Vorstand im Börsenblatte ebenso wie jene zu bezeichnen. Gegen die in Berlin wohnende klagende Buchhandlung, hat deswegen der Vorstand im Börsenblatt veröffentlicht, lägen solche Tat
sachen vor, und er hat sämtliche BereinSmitglieder aufgefordert, gegen sie gänzliche Auslieferungs sperre eintreten zu lassen.
Die von der Kl. gegen die beiden in Berlin ivohnhaften an der
Veröffentlichung direkt beteiligten Vorstandsmitglieder erhobene Schadensklage wurde in beiden
Instanzen abgewiesen.
RG. hob auf und verwies zurück.
A. d. Gr.
Es handelt sich um Schadenszufügungen außerhalb eines Vertragsver-
hültnisses.
Bekl. sollen die Kl. in ihren berechtigten Ansprüchen auf Achtung
ihrer Persönlichkeit, ihres Geschäftsbetriebes und der Freiheit ihrer gewerblichen
Betätigung gekränkt haben.
Mögen solche Handlungen in dieser Wirkung auch
der juristischen Person, als deren Organ die Handelnden aufgetreten sind, zu
zurechnen sein, wenn sie innerhalb des satzungsgemäßen Betätigungsgebietes der juristischen Person liegen, so folgt daraus nicht, daß sie nur dieser zuzurechnen
sind, und daß die tatsächliche Urheberschaft der mit Zurechnung handelnden
physischen Personen in Bezug auf die sich hieraus ergebende Verantwortlichkeit
unberücksichtigt bleiben
kann.
Auf
dem Gebiete des Privatrechtes kann die
Verantwortlichkeit für ein rechtswidriges Handeln nicht durch die Berufung auf einen Auftrag oder eine Stellung als Organ abgelehnt werden.
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen. § 823. Verrufserklärung.
331
BG. nimmt selbst an, daß Kl. durch das Vorgehen der Bell, geschädigt,
und daß dies vorsätzlich geschehen ist.
Es stellt sodann zutreffend die Frage,
ob diese Schädigung eine widerrechtliche ist.
Bei der Verneinung dieser Frage
stehen im Vordergründe die Erwägungen, daß der auf Unterwerfung der Kl. unter die Rabattnormen des Vereines gerichtete Zweck deshalb nicht widerrecht lich sei, weil der Kl. ihr Gewerbebetrieb auch in Bezug auf die Art der Rabatt
gewährung freigelassen, nicht unmöglich gemacht, sondern nur erschwert, ihr die
Innehaltung bestimmter Preise nicht aufgenötigt worden, und ferner, daß das angewandte Mittel der Aufforderung an die Verleger, der Kl. nichts mehr zu nicht widerrechtlich sei, weil Kl. gegen die Verleger keinen
Rechts
anspruch, sondern nur eine rechtlich nicht geschützte Aussicht darauf,
daß sie
liefern,
den Verkehr mit ihr fortsetzten, gehabt habe.
BG. macht nicht ersichtlich, auf welche Tatsachen hin es geglaubt hat, an
nehmen zu dürfen, daß eine bloße Erschwerung des Gewerbebetriebes im Gegen satze zu dessen Vereitelung und deshalb nur ein Anreiz, nicht eine wirkliche Nötigung zur Unterwerfung unter die Rabattnormen des Vereines beabsichtigt
worden sei.
Insbesondere aber kann die Auffassung nicht für zutreffend er
achtet werden, welche den nach den natürlichen Verhältnissen und Beziehungen
berechtigten Erwartungen eines Gewerbetreibenden, ins
gewerblichen Lebens
besondere was seine Versorgung mit den Erzeugnissen, die er für seinen Gewerbe betrieb braucht,
und
deshalb den Rechtsschutz
die am Markte sind, anlangt,
versagt, weil es sich dabei noch uni keine durch Rechtsgeschäft erworbene Güter
handle und deshalb Untergrabungen jener Beziehungen eines bestimmten Ge
werbetreibenden, die
nicht lediglich
die Wirkungen
eines Wettbetriebes sind,
sondern auf geflissentlichen, solche Untergrabung unmittelbar anstrebenden Ver anstaltungen beruhen,
für die Rechtsordnung als indifferent erachtet, solange
nicht dadurch noch daneben ein im Sinne des Privatrechtes erworbenes Gut oder etwa ein Strafgesetz verletzt wird . ..
Zunächst ist entgegenzutreten den Ausführungen der Kl., daß schon in der Verfolgung des Zweckes des Börsenvereins, die Einhaltung bestimmter Normen
für den Kundenrabatt seitens sämtlicher Gewerbsgenossen zu erwirken, an sich
eine
rechtswidrige
Beeinflussung
der
freien
Preisbildung,
auf welche der
Konsument ein Recht habe, sowie eine Beeinträchtigung der Gewerbefreiheit und somit eine Verletzung der öffentlichen Ordnung oder auch der guten Sitten
liegen soll, wobei von einem „Ringe" gesprochen wird.
möchten zutreffend handelte, welche
sein,
wegen
wenn
Solche Gesichtspunkte
es sich nm eine Vereinigung von Personen
eines spekulativen Zweckes
dieser Einzelnen die Be
herrschung des Marktes für eine Ware und die Unterbindung freier Betätigung
wirtschaftlicher Kräfte, Gegenstände hat.
welche sich diesem Zwecke entgegenstellen könnten, zum
Von solchen Verbindungen sind aber Vereinigungen von
Gewerbsgenossen zu dem in gutem Glauben verfolgten Zwecke, einen Gewerbe
betrieb durch Schutz gegen Entwertung der Gewerbserzeugnisfe und die sonstigen,
aus Preisunterbietungen Einzelner hervorragenden Nachteile lebensfähig zu er halten, durchaus zu unterscheiden.
Aus dem Prinzipe der Gewerbefreiheit folgt
keine Unantastbarkeit des freien Spieles wirtschaftlicher Kräfte in dem Sinne, daß
den Gewerbetreibenden der Versuch untersagt wäre, im Wege genossenschaftlicher Selbsthilfe die Bethätigung dieser Kräfte zu regeln und von Ausschreitungen, die für schädlich erachtet werden, abzuhalten. Den von dem Börsenvereine in Bezug aus den Kundenrabatt verfolgten
Zweck als einen durchaus erlaubten anzusehen, kann einem Bedenken umso
weniger unterliegen, als entsprechend der historischen Entwickelung des Buch handels in Deutschland die Regelung der Rabattfrage im Sinne der Aufstellung
und Durchführung eines einheitlichen Kundenrabatts von jeher bei den Einläufen zu genossenschaftlichen
Bildungen
wie
bei Verwirklichungen
solcher
als ein
Bedürfnis hingestellt worden ist (vgl. Schürmann, Organisation und Rechts gewohnheiten des
deutschen
Buchhandels, Tl. 1 S. 56. 147. 161 flg.), den
Börsenverein aber innerhalb des deutschen Buchhandels vorzugsweise als der Vertreter der Gesamtinteressen desselben anerkannt wird, und die von ihm in
das Leben
gerufenen Verkehrseinrichtungen für den gesamten Geschäftsbetrieb
den Mittelpunkt bilden.
Prüft man die von Kl. behaupteten Kundgebungen des Vereinsvorstandes,
so ergibt sich ihre Erheblichkeit für den Klageanspruch unter drei verschiedenen Gesichtspunkten.
Ist in der Tat seitens des Vorstandes des Börsenvereines an seine Mit
glieder die Aufforderung ergangen, an Kl. überhaupt nichts mehr zu liefern,
so ist nicht abzusehen, wie dieser Maßregel die Bedeutung einer unter erfolg versprechenden Umständen vorsätzlich bewirkten Veranstaltung, um der Kl. den Betrieb des Sortimentsbuchhandels überhaupt unmöglich zu machen, abgesprochen
werden kann.
Vermochte Kl. Verlagsartikel überhaupt nicht mehr zu erlangen,
so konnte sie solche auch
nicht mehr vertreiben.
Daß die Aufforderung sich
nur an die Vereinsmitglieder richtete, rechtfertigt es nicht, diese Auffassung mit
dem Hinweise darauf, daß danach noch Gewerbsgenossen verblieben, an welche die Aufforderung nicht gerichtet war, so daß Kl. immer noch von diesen Bücher beziehen konnte, abzulehnen.
schlossener
Mitgliederzahl,
Dem Börsenvereine, einem Vereine mit nicht ge mußte nach
seiner ganzen Tendenz daran liegen,
möglichst viele Gewerbsgenossen für seine Zwecke zu vereinigen und die Zahl der denselben Entgegenhandelnden möglichst zu vermindern.
Je geringer die
Zahl der letzteren wurde, desto vollkommener wirkte es gegen dieselben, wenn
die übrigen der Aufforderung zur Sperre entsprachen.
Die Beurteilung kann
demnach nicht eine nach dem Maße fortschreitenden Gelingens der Lahmlegung
des Geschäftsbetriebes verschiedene
sein.
Vielmehr kann
es nur darauf an
kommen, ob die Veranstaltung überhaupt zur Herbeiführung des Erfolges ge
eignet war.
Bei dieser Prüfung ist der Umstand, daß die Mitglieder der Auf
forderung zu völliger Lieferungssperre nachzukommen nach den Satzungen nicht
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen. § 823. Verrufserklärung.
333
verpflichtet waren, nicht erheblich, sofern nur nach der autoritativen Stellung,
welche der Börsenverein tatsächlich einnahm, eine erhebliche Wirkung seiner
Aufforderung zu gewärtigen war. Wenn auch diese Unterbindung des Ge schäftsverkehrs der Kl. nur als Mittel für den Zweck der Einhaltung der vom Vereine normierten Kaufpreise seitens derselben gewollt war, so war sie doch eben als eine dauernde gewollt, solange nicht Kl. sich in irgend einer für die zukünftige Einhaltung jener Preise gewährbietenden Weise den Vereinsnormen unterwarf. Ein solches Handeln kann, sofern das Verhalten der Kl., gegen welches es gerichtet war, weder rechtswidrig noch unsittlich war, nicht für be rechtigt erachtet werden. Kl. unterbietet, wie behauptet ist, andere Sortimentshandlungen beim Ab
sätze der Bücher. Deshalb betreibt es der Verein, daß die Verleger ihr, bis sie dies unterläßt, nur mit entsprechender Rabattverkürzung liefern. Nun mag dieses System des Kampfes Unvollkommenheiten haben, und es mag für den verfolgten Zweck von vollkommenerer Wirkung sein, wenn dem Entgegenhandeln den überhaupt jeder buchhändlerische Vertrieb unmöglich gemacht wird. Wenn es sich aber nicht um Abwehr eines rechtswidrigen Angriffes handelt, sondern ein frei gewählter, wenn auch durchaus erlaubter und vielleicht sogar löblicher Zweck verfolgt wird- so kann selbst der Umstand, daß ein bestimmtes Mittel sich als das allein wirksame für den Zweck erweist, die Wahl dieses Mittels nicht rechtfertigen, wenn dieses ein rechtsverletzendes ist. In Veranstaltungen, um einem Gewerbetreibenden die Möglichkeit seiner Versorgung mit den gängigen Erzeugnissen, die er für seinen Gewerbebetrieb nicht entbehren kann, gänzlich zu verschließen, liegt, soweit sie ganz oder teilweise Erfolg haben, eine rechtswidrige Vermögensbeschädigung. Freilich sind die den natürlichen Verhältnissen ent sprechenden Erwartungen keine erworbenen Vermögensstücke. Aber die Erhaltung und Nutzbarmachung eines Gewerbsvermögens beruht zu einem wesentlichen Teile darauf, daß natürliche Beziehungen des gewerblichen Lebens die natür
lichen Wirkungen, die sich für alle gleichmäßig zu vollziehen pflegen, äußern. Wenn nun jemand diese natürlichen Wirkungen geflissentlich in anderer Weise als durch Betätigung eines Konkurrenzbetriebes zum Nachteile eines bestimmten Gewerbetreibenden in der Absicht, dessen Gewerbebetrieb zu untergraben, ver
hindert, und dadurch dessen Gewerbsvermögen eine Beeinträchtigung erfährt, so
liegt eine vorsätzliche rechtswidrige Vermögensbeschädigung vor. Rechtswidrig ist dieselbe, sobald der Beschädigende dazu kein Recht hat. Das in der Konkurrenzberechtigung liegende Recht, mittels des eigenen Kon kurrenzbetriebes in solche Beziehungen einzugreifen, kommt hier nicht in Frage, da die getroffenen Veranstaltungen keine der Kl. ihre Beziehungen abwendig
machenden Handlungen eines Konkurrenzbetriebes sind. Der zweite Gesichtspunkt ist der, daß bei Unterstellung der Kundgebung im Börsenblatte, daß gegen Kl. Tatsachen vorlägen, welche bei Mitgliedern die Einleitung des Ansschlußverfahrens nach sich ziehen würden, daß ferner bei
334
Bürgerliches Gesetzbuch.
Recht der Schuldverhältnisse.
II. Buch.
Unterstellung einer sich anschließenden Kundgebung aller sich hieran knüpfenden Folgen, also des Ausschlusses von der Benutzung aller Vereinsanstalten und Vereinseinrichtungen,
Ausschlusses
des
aller
Geschäftspapiere
der Kl.
von
der Bestellanstalt, der Sortimentslieferungsenthaltung des Vereines Leipziger Kommissionäre und
endlich
der Aufforderung zur vollständigen Lieferungs
sperrung unter Mitteilung entsprechender Namenslisten an die Mitglieder das
Ganze sich als öffentliche Verhängung des Ausschlusses der Kl. aus der Gemein schaft der Gewerbsgenossen darstellen würde. Der Eindruck eines öffentlich verkündeten Verdiktes mit Strafenverhängung ließe sich nicht leugnen.
Der Zulässigkeit solcher Maßregelungen widersprechen
insbesondere Nichtmitglieder mit Recht.
das Recht
Dergleichen Maßregelungen verletzen
auf Achtung der Person und das Ansehen des individuellen Ge
schäftsbetriebes, auf dessen Wahrung jeder Gewerbetreibende, solange er nicht rechtswidrig oder unsittlich handelt, einen Anspruch hat.
Es ist das charak
teristische des Mittels der Achterklärung, daß der Anlaß zu derselben gegen den
peinlichen Eindruck, den die Anwendung des Mittels au sich in der Hand einer ansehnlichen Körperschaft hervorruft, indem
die betreffende Person als eine
gemiedene und zu meidende gekennzeichnet wird,
für die Genossen zurücktritt.
Beim Gewerbetreibenden kommen aber noch ganz reale Momente in Betracht. Er wird nicht ohne Grund unansehnlich, wenn er öffentlich als ein in den
Verkehrsbeziehungen
nach den verschiedensten Richtungen erheblich gehinderter
Mann gekennzeichnet wird.
Das Vertrauen in seine Fähigkeit, den Anforderungen
Eine unmittelbare oder analoge
von Kunden zu genügen, wird damit erschüttert.
Anwendung des § 193 StGB, kann Anwendung finden, wenn der Verein das
geschäftliche Verhalten des einzelnen Buchhändlers als unheilvoll oder rück sichtslos in Wort oder Schrift darstellt, und hierbei den Geschäftsbetrieb des selben eine herabgesetzte Beleuchtung erfährt.
Aber das vom Vereine frei ge
wählte System über das Nichtmitglied zu verhängender Maßregeln, welches das
Nichtmitglied zu verletzen geeignet ist, stellt nicht die Wahrnehmung berechtigter
Interessen dar, welche die Rechtsverletzung ausschlösse oder für die Rechtsordnung indifferent erscheinen ließe. Ein dritter Gesichtspunkt ergibt sich endlich bei der Unterstellung, daß die Kundgebungen des Vorstandes zugleich die Androhung an Mitglieder wie Nicht
mitglieder enthielten, daß gegen sie bei Vermittelung indirekten Verlagsbezuges an Kl. mit gleichen Kundgebungen wie gegen diese selbst vorgegangen werden würde, so daß auch diese alle bereits gekennzeichneten Verhängungen von Maß
regeln, insbesondere die Aufforderung an die Mitglieder zu vollständiger Aus
lieferungssperre gegen sie, zu gewärtigen hatten. Waren, wie oben ausgeführt, jene Maßregeln selbst gegen Kl. in der unter
stellten Art unberechtigt, so wären die Androhungen gleicher Maßregeln gegen
die den indirekten Verlagsbezug an Kl. vermittelnden Androhungen unberechtigte
Maßregeln gewesen, und so ergäbe sich ein ganzes System von Einwirkungen
7. Abschn.
Tit. 25.
durch Androhungen
Unerlaubte Handlungen. § 823. unberechtigter,
«Livilrechtl. Dolus.
335
aber empfindlicher Schädigungen im Ge
Dies gilt zunächst von den Bedrohungen der Nichtmitglieder,
werbebetriebe.
die als solche durch nichts gehindert sind, Verlag weiter zu veräußern, der sich
in ihren Händen befindet, und in Bezug auf welchen ihnen beim Erwerb des selben eine wirksame Beschränkung in betreff der Weiterveräußerung nicht auf erlegt worden ist.
Es gilt aber auch in betreff der Bedrohungen der Mitglieder, da diese in den Vereinssatzungen eine Verpflichtung, ein Betreiben ihres Ausschlusses von
mit der Bestellanstalt und dem Kommissionärvereine und ins
dem Verkehre
besondere eine öffentliche Aufforderung, gegen sie völlige Auslieferungssperre eintreten zu lassen, im Falle ihrer Verletzung der Mitgliederpflichten zu er
dulden, nicht übernommen haben und zur Erduldung der letztgedachten Maß regel sich auch nicht hätten wirksam verpflichten können, weil, wie vorher aus
geführt, darin eine Verpflichtung, sich die ganze gewerbliche Existenz untergraben zu lassen, zu finden wäre, so daß dies Strafmittel, auch wenn es in den Satzungen nicht zu Recht hätte angewendet und nicht zu Recht
festgesetzt worden wäre,
hätte angedroht werden können. des Geschäftsverkehrs
Ein solches System der öffentlichen Sperrung
eines Gewerbsgenossen
durch Bedrohung
der übrigen
Genossen mit gleicher Sperrung, falls sie die Sperrung gegen jenen nicht voll
ziehen, wäre mit der Rechtsordnung unverträglich.
Civilrechtlicher dolus.
Begriff.
Vgl. Nr. 58ff.; 369.
485. Arglistiges Verschweigen. III. 287/94 v. 4. 1.1895.
Seuff. Bd. 51 Nr. 4 S. 213 (Braunschweig).
BG. geht zunächst davon aus, daß nach den den Rechtsverkehr beherrschenden Grundsätzen von Treu und Glauben jeder Kontrahent verpflichtet sei, dem Mit kontrahenten alle Umstände mitzuteilen, die auf dessen Entschließung von Einfluß
Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsirrtum.
sein mußten.
Nach gern. R.
besteht jene Verpflichtung nicht allgemein, sondern nur dann, wenn ausnahms weise durch Gesetz oder Vertrag eine besondere Rechtspflicht zur Mitteilung be
gründet ist.
Eine solche Verpflichtung bestand im vorliegenden Falle nicht; die
Bell. (Erbin)
handelte
daher
nur dann
dolos,
wenn
sie ausdrücklich oder
durch konkludentes Verhalten den Mitkontrahenten (Legataren) solche Tatsachen wissentlich vorspiegelte.
Das BU. beruht aber auf diesem Irrtum nicht, denn
es hat ferner als erwiesen festgestellt, daß Bekl. bei den dem Vergleichsabschlusse vorangehenden Verhandlungen der Mitkontrahenteu, also auch der Klägerin,
ausdrücklich erklärt habe, sie werde sich nicht wiederverheiraten, während sie bereits entschlossen war, mit ihrem jetzigen Ehemanne sich zu verloben und die Ehe einzugehen.
Durch diese Feststellung wird das Urteil getragen, da außerdem
festgestellt ist, daß Klägerin durch diese falsche Vorspiegelung zum Abschluß des Vergleichs bewogen sei.
Bürgerliches Gesetzbuch.
336
II. Buch.
Recht der Schuldverhältniffe.
486. Arglistige Nichterfüllung einer Zusage. I. 523/82 v. 7. 3.1883.
E. Bd. 8 Nr. 46 S. 176 (Bremen, Hamburg).
Das einer vorgängigen Zusage widersprechende, arglistige Verhalten be
gründet einen Anspruch auf Schadensersatz auch in solchen Fällen, in denen
aus der Zusage auf deren Erfüllung nicht hätte geklagt werden können.
Ent
scheidend ist, ob derjenige, welchem die Zusage erteilt ist, Aufwendungen gemacht
hat, welche er im Vertrauen darauf machen durfte, daß die Zusage gehalten würde, und daß ihm nur durch die Zurücknahme der Zusage die Möglichkeit entzogen
wird, sich für seine Aufwendungen bezahlt zu machen.
In dieser Zurücknahme
einer vorher redlich erteilten Zusage liegt die zum Schadensersätze verpflichtende
Arglist.
Zur Substanziierung der actio doli ist keineswegs die Behauptung
erforderlich, daß schon die Zusage in der Absicht erteilt sei, sie nicht zu halten.
487. Arglist des Konkursverwalters. IV. 107/94 v. 18. 10. 1894.
E. Bd. 34 Nr. 6 S. 26 (Königsberg). Vgl. KL. § 82.
BG. stellt in ausreichender Begründung fest, daß Bekl. bei der von ihm
betriebenen Zwangsversteigerung der zur v. Ll-schen Konkursmasse gehörigen Z.er Mühle im Versteigerungstermine den Beteiligten und insbesondere auch der Kl. gegenüber unredlich gehandelt hat, indem er in der Absicht, die Mühle
unter ihrem wahren Werte für sich zu erstehen, den übrigen Beteiligten die ihm bekannten rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Mühle, welche eine Staugerechtigkeit derselben gegenüber fiskalischen Gewässern betrafen und für
die Schätzung der Mühle von Einfluß waren, verschwiegen hat.
Danach liegt
ein arglistiges Verhalten des Bekl. vor, welches denselben auch nach bürger lichem Rechte jedem dadurch geschädigten Beteiligten haftbar macht. Die Rev. sucht nun freilich geltend zu machen, Bekl. habe seiner Pflicht dadurch Genüge geleistet, daß er vom Gläubigerausschusse die Ermächtigung, für sich selbst auf die Mühle zu bieten, erwirkt und die bezügliche Urkunde im
Bersteigerungstermine vorgelegt habe; damit habe er eine völlig freie Stellung
erlangt. achtet.
Allein BG. hat dies Verteidigungsmittel mit Recht für belanglos er Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gläubigerausschuß überhaupt be
fugt war, dem Bekl. die vorgedachte Ermächtigung zu erteilen, und ob Bekl.
nicht, um für sich mitbieten zu dürfen, der Entbindung von seiner Stellung als Verwalter durch das Konkursgericht bedurft hätte.
Zutreffend hat BG.
dem Bekl. entgegengehalten, daß derselbe, um dem Vorwurfe der Unredlichkeit zu entgehen, in jedem Falle den Beteiligten rechtzeitig die Mitteilung von den
Staurechtsverhältnissen der Mühle hätte machen müssen ... Nach Lage der Sache kam es... nur darauf an, ob auf Grund der von dem Bekl. verschwiegenen Verhältnisse zu erwarten stand, daß durch eine Klar
legung sowohl der Verhandlungen, die über die Ablösung der als bestehend angenommenen Stauberechttgungen geführt waren, als auch des Ergebnisses
dieser Verhandlungen die Bieter und namentlich die Kl. zu einem höheren
7. Abschn.
Gebote
Tit. 25. Unerlaubte Handlungen.
bestimmt
worden
§ 823.
Livilrechtl. DoluL.
Und diese Tatfrage ist vom
wären.
337
BG. aus
bedenkenfreien tatsächlichen Erwägungen bejaht worden. 488. Mangelhafte Aufsicht des Gläubigerausschuffes. 1.170/93 v. 23.9.1893. Der frühere
E. Bd. 31 Nr. 21 S. 121.
Gemeinschuldncr klagte
Seuff. Bd. 49 Nr. 293 (BreSlau).
auf Schadensersatz
gegen
die Mitglieder
des
Gläubigerausschusses, weil es dem Konk.-Berw. infolge ihrer mangelhaften Aussichtsführung
möglich geworden sei, einen Teil der Masse zu unterschlagen.
Bell, bestritte» die Aktiv-
Legiuiation des Kl., weil sie zu ihm in keinem obligatorischen Verhältnis gestanden hätten
(KO. §§ 81, 80 Abs. 2).
RG. bezeichnete die Einrede als hinfällig.
A. d. Gr.
Dieselbe beruht auf der schon zurückgewiesenen (vgl. Entsch. Bd. 20 S. 109,
Seuff. Bd. 44 Nr. 158 v. 28. 1. 1888)
Auffassung, daß der Gläubiger
ausschuß bedinglich in einem Mandatsverhältnis zu den Gläubigern stehe.
Der
Gläubigerausschuß wird zwar mit dem Willen der Gläubiger und durch ihre Wahl bestellt (KO. § 79), hat aber, sobald er bestellt ist, nach §§ 76, 78, 85,
92, 113, 118, 120 ff., 147, 163 ff.) die rechtliche Stellung und Funktion eines
von den Gläubigern wesentlich unabhängigen selbständigen gesetzlichen Hilfs organs der Konk.-Verw. ... Sie treten ebenso wie der Konk.-Berw. zu den
Gemeinschuldner und seinem in der Konkursmasse befindlichen für sie fremden
Vermögen in die Stelle eines im öffentlichen Interesse für die Durchführung der Zwecke des Konkurses geschaffenen gesetzlichen Organs, welches Recht und
Pflicht nicht aus einem Mandat der Gläubiger sondern unmittelbar aus dem Gesetze entnimmt (vgl. Entsch. Bd. 29 S. 29, 36, Seuff. Bd. 48 Nr. 77).
Verletzung der ihnen nach KO. §§ 80, 81 obliegenden gesetzlichen Pflicht ist
deshalb auch nicht nur (sic 1) Verletzung einer Vertragspflicht gegenüber den Gläubigern sondern außerkontraktliches Verschulden wofür sie (nach preuß. R.)
schon dann haften, wenn ihr Verschulden in Nachlässigkeit besteht, durch welche
das ihrer Aufsicht anvertraute fremde Vermögen beschädigt ist.
Den Anspruch
auf Ersatz dieses Schadens macht während des Konkurses der Konk.-Verw. geltend
(Entsch. Bd. 20 S. 109) nach Aufhebung des Konkurses durch den Zw.-Vergleich der frühere Gemeinschuldner und Eigentümer des beschädigten Vermögens;
denn der Fall des § 153 Abs. 1 oder 2 KO. liegt nicht vor. 489. Unerlaubte Erwirkung eines rechtskräftigen Urteils. VI. 38/00 v. 26. 4.1900.
E. Bd. 46 Nr. 22 S. 75 (Thorn, Marienwerder).
Vgl. CPO. § 322.
Der Vater des Bell, hatte 1886 durch einen Meineid, mit welchem er die erfolgte Zahlung der damals eingeklagten Wechselsumme abschwor, gegen den Vater des Kl. ein obsiegliches Urteil auf Zahlung derselben erstritten, dasselbe vollstrecken lasse» und war 1896 wegen dieses Meineids und Betruges verurteilt und bestraft.
nebst Zinsen.
I u. II haben abgewiesen.
Kl. klagt nun auf Rückzahlung
RG. hat aufgehoben und verurteilt.
„Bei einer solchen Zurückforderung,"
A. d. Gr.:
— condictio sine causa speziell
ob injustam causam — „welche nur darauf gestützt wurde, daß der Anspruch
aus dem Wechsel durch eine vor der damaligen Klageforderung erfolgte Zahlung Rudorfs, ReichSgertchtS-ElttscheiVurtgeri.
Bd. I.
22
338
Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
getilgt gewesen fei", wurde (die gleiche Frage, eadem quaestio) „von neuem in Streit gezogen,
ob für die geleistete Zahlung eine feste causa, ein vom
Recht anerkannter Schuldgrund bestand, ... während durch das Urteil im Vor
prozeß ein rechtmäßiger Schuldgrund festgestellt worden, in dem Judikat eine selbständige causa geschaffen ist . . . Nun kam aber weiter in Frage, ob die
erhobene Klage aus dem Rechtsgrund eines Schadensersatzanspruches wegen unerlaubter Handlung begründet sei . . . Ein solcher Anspruch wird durch die Rechtskraft des 1886 ergangenen Urteils nicht ausgeschlossen.
Diese Rechts
kraftwirkung vermag nicht den fundamentalen Rechtssatz außer Kraft zu setzen, wonach die vorsätzliche Rechtsverletzung zum Ersätze des daraus entstehenden
Schadens verpflichtet.
Wenn die Tatsache und die Wirkung eines rechtskräftigen
Urteiles, gerade durch eine widerrechtliche strafbare Handlung geschaffen worden sind, wenn eine Prozeßpartei dieses Urteil durch Meineid und Betrug erschlichen hat,
so kann dem hierdurch beschädigten Gegner ein
Schadensersatzanspruch
nicht versagt werden; . . . und es wäre mit dem natürlichen Rechtsgefühl un vereinbar, wenn der Betrüger oder dessen Mitschuldiger das, was sie mittels
eines auf verbrecherischer Weise erwirkten Urteils sich verschafft haben, ungestört unter dem Schutze der Rechtskraft behalten durften."
490. Mitverschulden eines deliktSsähigen Minderjährigen unter 18 Jahre» (§ 828). III. v. 9. 2. 1883.
Seuff. Bd. 38 Nr. 211 S. 271 (Frankfurt a/M.).
Der (von der Bekl. in ihrer Fabrik an einer Maschine, deren Bedienung
besondere Vorsicht erforderte und mit Gefahr verbunden war, angestellte und verletzte) Kl. war zur Zeit des Unfalls vermöge seines jugendlichen Alters zwar zum Abschluß von Rechtsgeschäften nicht befähigt, wohl aber imstande, sich durch Delikte zu verpflichten und durch anderweite schuldvolle Handlungen
Rechtswirkungen herbeizuführen.
Insofern war es, wovon auch II ausgeht,
immerhin möglich, aus der Handlungsweise des Kl. eine rechtlich begründete Einrede der Selbstverschuldung
abzuleiten.
Allein
bei der Frage,
ob eine
Selbstverschuldung auf feiten des Kl. wirklich vorliege, welche Bekl. von ihrer
Verantwortung liberieren könnte, mußte seine Jugend, seine mangelnde Willens und Verstandesreife wesentlich mit in Betracht gezogen werden.
Geschah dies,
so konnte BG. ohne gegen Rechtsgrundsätze zu verstoßen, auch wenn Kl. den
Unglücksfall durch eigene jugendliche Spielerei sich zugezogen haben sollte, das
überwiegende Verschulden an demselben auf feiten des Bediensteten der Bekl.
finden, welcher den Kl. trotz seiner Jugend auf einen so gefahrvollen Posten gestellt und ihn, wenn auch nur auf kurze Zeit, unbeaufsichtigt gelassen hatte.
491. Mittäterschaft (§ 830). in. v. 3. 3. 1885.
Seuff. Bd. 40 Nr. 93 S. 146 (Celle).
BG. stellt fest, daß die beiden bekl. Grenzaufseher den Kl. in der Nacht vom 30. Nov. 1881
auf einem Schmuggelgange betroffen haben, daß jeder
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen.
§ 830.
Mittäterschaft.
339
derselben einen Schuß auf den Kl. abgefeuert hat und daß nur durch einen dieser Schüsse, ungewiß durch welchen, dem Kl. eine Verwundung zugefügt und
infolge derselben ein Schaden erwachsen sei.
Es stellt weiter fest, daß jeder
der Bell, zu gleicher Zeit denselben Erfolg durch eine gleichartige Handlung
herbeizuführen unternommen habe, und daß jeder von ihnen den Entschluß zu dieser Handlung in Verfolg einer Dienstausübung gefaßt habe, welche beiden gemeinschaftlich gewesen und offenbar einem gemeinschaftlichen Entschluß ent
BG. nimmt eine Mittäterschaft der Bell, jedoch nicht an, weil
sprungen sei.
es davon ausgeht, daß dieselbe nur dann vorliegen würde, wenn Bell, den gemeinsam gefaßten Entschluß, den Kl. mittels der Schußwaffe rechtswidrig zu
töten oder zu verletzen, durch gemeinsames Handeln derart ausgeführt hätten,
daß der eine auf die Mitwirkung des andern für den Erfolg gerechnet habe; der auf eine Pflichterfüllung gerichtete Entschluß der Bekl. könne aber nicht
zugleich als ein Moment in Anspruch genommen werden, welches ein nur an läßlich
dieser Pflichterfüllung entstandenes Delikt zu
einem
gemeinschaftlich
begangenen zu stempeln vermöchte, es hätte vielmehr einer neuen besonderen Verabredung, auf Kl. zu schießen, bedurft, welche mit dem beiderseitigen Be
wußtsein hätte zustande kommen müssen, daß das Schießen ein rechtswidriges sei. Diese Ausführungen erscheinen nicht zutreffend, beruhen vielmehr auf einer
Verkennung
der Voraussetzungen der Mittäterschaft, welche nach den
stellungen des VG. gegeben sind.
schlossener
und
ausgeführter
Fest
Wenn beide Bekl. bei gemeinschaftlich be
Dienstausübung
gleichzeitig
denselben,
später
eingetretenen Erfolg durch gleichartige Handlung herbeizuführen unternommen
haben, so liegt ein > gemeinschaftliches, auf denselben Erfolg gerichtetes Handeln vor.
Das
tatsächliche Zusammenwirken
beider erscheint notwendig als ein
gewolltes, weil es in unmittelbarer Verbindung mit der auf gemeinschaftlichen
Entschluß ausgeführten, auf die Ergreifung des Kl. gerichteten Dienstausübung steht, und auf Herbeiführung desselben Erfolges durch gleichzeitiges und gleich artiges Handeln gerichtet gewesen ist.
Hiermit ist die Mittäterschaft für die
Körperverletzung des Kl. gegeben und ist es, nachdem beide Bekl. geschossen haben und der gewollte Erfolg eingetreten ist, ohne Bedeutung, ob beide Schüsse
oder
nur einer
derselben den Kl. getroffen habe.
Aus ihrem vorsätzlichen
gemeinsamen Handeln haften beide Bekl. für den angerichteten Schaden soli darisch, wenn nicht angenommen werden kann, daß sie das Recht zum Gebrauch
der Schußwaffen gegen Kl. gehabt haben.
492. Haftung mehrerer Anstifter. III 160/91 v. 11. 12. 1891. E. Bd. 28, Nr. 38, S. 166, Senfs. Bd. 47, Nr. 270 (Hildesheim, Celle).
Es genügte die getroffene Feststellung, daß K. B. die Tat infolge des
Zusammenwirkens des Einflusses beider getrennten Anstiftungen auf seinen
Willen begangen hat; denn nur das war für die Entscheidung maßgebend, was 22*
340
Bürgerliches Gesetzbuch.
tatsächlich geschehen ist.
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Hat, wie feststeht, die kombinierte Einwirkung beider
Anstifter den Willen des Täters bestimmt, ist also die Handlung jedes der
selben für diesen Erfolg mit kausal geworden, so ist es für ihre Haftung un erheblich,
vielleicht die
ob
Anstiftung des
einen sich als ausreichend stark
erwiesen haben würde, den Entschluß des Täters herbeizuführen, wenn die Anstiftung des zweiten nicht vorgelegen hätte oder nicht hinzugetreten wäre.
Wenn zwischen dem zu vertretenden Verschulden und dem schädigenden Erfolge
der Kausalzusammenhang bestand, so war es für die Haftung dessen, den das Verschulden trifft, unerheblich, ob ein Verschulden dritter Personen konkurrierte,
oder ob das schädigende Resultat vielleicht auch durch andere Umstände hätte
herbeigeführt werden können.
(Vgl. Bd. 25 S. 77; Bolze, Praxis Bd. 5
Nr. 214. 373.) Rev. hat weiter die rechtliche Grundlage der getroffenen Sachentscheidung
angefochten
und
auszuführen
gesucht,
daß
eine
mehrfache Anstiftung durch
mehrere unabhängig von einander auf den Angestifteten wirkende Handlungen
Die Bejahung dieser im Gebiete des
verschiedener Personen nicht möglich sei.
Strafrechtes
bestrittenen
Frage würde, wie
die
mit Recht an
Vorinstanz
genommen hat, die erfolgte Verurteilung der Bekl. begründen, da der Anstifter
gleich dem Täter haftet. Die von Rev. vertretene Rechtsansicht wird von einigen Strafrechtslehrern gebilligt
(vgl. Oppenhoff,
§ 48
Nr. 23;
Schwarze,
S. 132;
O l s-
hausen, § 48 Nr. 5 Abs. 4), während andere nicht nur Mitanstifter haften
lassen wollen, sondern alle diejenigen, welche, ohne von einander zu wissen, sukzessive dieselbe Person angestiftet haben, wofern der Entschluß des Täters
aus der Kombination ihres motivierenden Einflusses entsprungen ist.
(Vgl.
Hälschner, Straft. Bd. 1 S. 397; v. Buri, Zeitschr. für d. d. Strafwiss. Bd. 2 S. 273; Geyer, Grundriß Bd. 1 S. 138; Schütze, Lehrb. S. 153;
Borchert, Teilnahme S. 63.)
Auf dem letzteren Standpunkte steht die obenerwähnte Entscheidung des II. Straff, des RG., der auch vom Gesichtspunkte des Civilrechtes beizutreten
war.
Entscheidend für die Haftung des Anstifters ist seine Absicht, den Ent
schluß des Täters zur Tat hervorzurufen, keit für die Tat kausal geworben ist.
der Tat
und
der Einwirkung
und der Erfolg,
daß seine Tätig
Dieser Kausalzusammenhang zwischen
des Anstifters wird aber
dadurch nicht auf
gehoben, daß andere selbständige Umstände, wie die Tätigkeit eines ferneren Anstifters, auf den Willen des Täters einen mitbestimmenden Einfluß geübt haben; denn auch die Anstiftung, welche allein nicht genügte, diesen Willen zu
bestimmen, kann in der den Entschluß des Täters begründenden Kombination fortgewirkt und so für denselben eine ausschlaggebende Bedeutung gehabt haben. Ob bei mehreren selbständigen Anstiftungen jeder derselben dieser Einfluß und die Kausalität für die Tat beizumeffen ist, betrifft eine Frage der tatsächlichen Feststellung, welche vom Revisionsrichter nicht nachzuprüfen ist.
§§ 831 ff. Haftung für Angestellte. 493. Kontrollpflicht. III. 118/83 v. 9. 10. 1883.
E. Bd. 10 Nr. 41 S. 141 (Kiel).
Bgl. § 823.
sich durch
Bekl. als Eigentümer der explodierten Pulverfabrik konnten
Annahme eines technischen Direktors, auch wenn ihnen bei der Auswahl des
selben kein Versehen zur Last fällt, nicht von jeder Verantwortlichkeit frei
machen.
„Ihre Pflicht war vielmehr, die Leitung des Betriebes durch den
Direktor sorgfältigst zu kontrollieren und sie mußten namentlich
dafür auf
kommen, daß von dem Direktor und dem Fabrikpersonale die Konzessions anordnungen eingehalten wurden." 494. Bi,«Wirt.
VI. 216/92 v. 19.12.1892.
IW. 1893 S. 88 Nr. 41.
Der nicht in dem Hause wohnende Eigentümer wird zwar durch die Be auftragung eines geeigneten Stellvertreters von der Verantwortlichkeit für die
Nichtbeleuchtung der Treppen nicht schlechthin befreit, insbesondere dann nicht, wenn sein Beauftragter die aufgetragene Handlung nicht ausführte und er
hiervon Kenntnis erlangte.
Daß Bekl. keinen Anlaß hatte, dem T. zu miß
trauen und ihn zu überwachen, stellt BG. tatsächlich fest.
495. Besondere gesetzliche Verpflichtungen. VI. 233/88 v. 3.12.1888.
IW. 1889 S. 47 Nr. 21.
Ein Rechtssatz des Inhaltes, daß, wenn es sich um besondere gesetzliche
Verpflichtungen handelt, der an sich Verpflichtete von jeder Haftung dadurch befreit sei, daß er einen geeigneten Stellvertreter aufstelle, existiert nicht; für
das Gegenteil vgl. Entsch. des RG. Bd. 8 S. 236, Bd. 17 S. 195 rc.
§ 839. Verletzung der Amtspflicht. Vgl. Art. 55, 77 ff. EG. 496. Staatsbeamten Begriff. IV. 407/82 v. 23.11.1882.
IW. 1883 S. 23 Nr. 37.
Zum Begriffe eines Staatsbeamten gehört ein dauerndes Verhältnis zur selbständigen Verwaltung gewisser,
das öffentliche Interesse
angehender Ge
schäfte in einem bestimmten Bereiche unter öffentlicher Autorität und das Ein treten in dieses Verhältnis durch Übernahme der damit verbundenen Rechte und Pflichten gegenüber dem Repräsentanten der Staatsgesellschaft.
497. Privatpostgehilfe.
I. Slras-S. Urt. v. 1. Juli 1880.
Rep. 1700/80 (Ansbach).
Bgl. EG. Art. 55.
Der Privatpraktikant H. wurde als „Privatpostgehilfe zu H."
über die
zu übernehmenden „Dienstespflichten" als „Bedientester der Königlichen Ver kehrsanstalten", insbesondere über die „Pflicht der Verschwiegenheit in allen
Bürgerliches Gesetzbuch.
342
II. Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Dienstessachen", über die Achtung der „dienstlichen Autorität der Vorgesetzten", überhaupt hinsichtlich aller Obliegenheiten als „pflichttreuer Bediensteter der Königl. Verkehrsanstalten zur Ehre und Würde des Königlichen Dienstes" ver
ständigt und hat Angekl. Erfüllung dieser Pflichten beschworen. Angell, hatte bei der Postexpedition zu H. den Schalterdienst zu besorgen,
insbesondere —
seit seiner Verpflichtung — die mit Postanweisungen ein
gezahlten Gelder zu vereinnahmen, zu buchen, den Absendern Quittung zu erteilen
rc.,
deshalb
„öffentliche
Dienste"
zu
leisten.
Wenn
trotzdem
die
damalige Eigenschaft des H. als „Beamter" im Sinne des StGB. § 359 ver
neint wird, weil seine Verwendung im Postdienst nur auf „Haft und Gefahr"
des Postexpeditors 8. genehmigt worden, Angekl. nicht selbst der Oberbehörde und dem Publikum gegenüber verantwortlich, die Beeidigung nur zum Schutze
des Postexpeditors dienlich gewesen sei und daraus gefolgert wird, H. habe
lediglich als Privatgehilfe des 8. Tätigkeit geäußert, so
erscheint diese Auf
fassung rechtsirrig. Angekl. hat nicht bloß einen Privatdienstvertrag mit 8. eingegangen, ist
vielmehr von diesem Beamten mit ordnungsmäßiger Genehmigung und
unter
selbständigem Eingreifen der Oberbehörde als Gehilfe bei der Postexpedition H.,
einer Staatsstelle, angenommen, als „Bediensteter der Königl. Verkehrsanstalten"
und auf Erfüllung der durch den Königl. Dienst gebotenen Pflichten beeidigt, auch mit Dienstesverrichtungen befaßt worden, die ihrer Natur nach Bedeutung
und Wirkung nur unter der Voraussetzung der Wahrnehmung durch einen öffentlichen Beamten gewinnen konnten. Dadurch ist Angell., gleichgültig, ob die nächste Veranlassung in einem Privatabkommen mit 8. zu finden, in ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zu diesem und den staatlich vorgesetzten Behörden getreten
und hat kraft solcher,
einer Anstellung im Sinne StGB. § 359 gleichzuachtenden Berufung im Königl. bayerischen Dienste im Interesse und für Zwecke des Staates als Organ des selben eine dem Publikum gegenüber öffentliche Autorität ansprechende Tätig keit geübt.
Diese dem Angekl. sohin gebührende Eigenschaft als Beamter kann nicht
deshalb beanstandet werden, weil die ursprüngliche Genehmigung zur Aufnahme bei der Postexpedition H. nur auf „Haft und Gefahr" des jeweiligen Post
expeditors 8. abgefaßt war.
Mittels dieser, privatrechtlichen Beziehungen entlehnten Klausel weist das Oberpostamt nur seine unmittelbare Verantwortung für vermögensrechtliche,
aus der direkt von dem Postexpeditor zu überwachenden Tätigkeit oder aus Unterschlagungen rc. des Angekl. erwachsende Ansprüche ab und überträgt des-
halbige Haftbarkeit auf 8.
Der öffentlichrechtliche Charakter der Dienstführung des später auf Beob achtung amtlicher Pflichten vereideten Postgehilfen H. wird dadurch nicht be
rührt.
498. Gemeindebeamten-Begriff.
IV. 13/97 v. 16. 9.1897.
IW. 1897 S. 534 Nr. 16 (Königsberg).
BG. versteht unter Gemeindebeamten solche Personen, die von der Ge meindebehörde zur Mitwirkung bei den von ihr im Interesse des Gemeinde wohles zu besorgenden öffentlichen Angelegenheiten berufen werden.
Diese An
nahme geht von einer zutreffenden Bestimmung des Begriffs der Gemeinde beamten aus (vgl. die §§ 4, 56 der StädteO. vom 30. Mai 1853, U. des
RG. in IW. 1896 S. 19, 1897 S. 358).
BG. nimmt dann an, daß diese
Begriffserforderniffe bei dem Kl. im Verhältnis zur Bell, vorliegen.
Es wird
zunächst dargelegt, daß die Gasanstalt und die Wasserwerke der Bekl., bei
denen der Kl. als Buchhalter und Rendant rc. tätig gewesen ist, ihrem wesent
lichen Zweck nach
nicht auf industriellen Erwerb, sondern
auf Schutz
der
Personen und des Eigentums der Stadtbewohner gerichtet, somit als öffent
liche Gemeindeanstalten im Sinne des § 4 der StädteO. anzusehen seien.
In
dieser wesentlich tatsächlichen Annahme ist die von der Rev. gerügte Verkennung
des Begriffs der öffentlichen Gemeindeanstalten nicht erkennbar.
Vgl. U. des
RG. v. 19. April 1894, v. 5. Oktober 1896, v. 17. Mai 1897 (IW. 1897 S. 357).
499. Scheidung der Beamteneigenschast «ach außen und innen?
IV. 268/95 v. 10. 2.1896. E. Bd. 37 Nr. 58 S. 225 (Berlin). Vgl. EG. Art. 55. Kl. ist ununterbrochen in den verschiedenen Zweigen der städtischen Ver waltung beschäftigt worden.
Nach der Feststellung des BG. sind ihm Geschäfte,
die zur Förderung und Durchführung staatlicher und städtischer Aufgaben be
stimmt waren, übertragen worden; dabei hat es sich um Funktionen gehandelt,
die der Regel nach von Beaniten versehen werden, die auch im Sinne der Bekl. angestellte Gemeindebeamte sind, und die von dem Kl. geleisteten Dienste sind obrigkeitlichen Inhalts gewesen.
Danach aber stellt sich die dem Kl. übertragene
Beschäftigung als eine solche dar, die nach den Normen des öffentlichen Rechtes nur Ausfluß und Äußerung eines öffentlichen Amtes sein kann. Dem Kl. ist auch — bald nach dem Beginne des Dienstverhältnisses — von dem Magistrate
die Beamteneigenschaft ausdrücklich verliehen und es ist von ihm der Diensteid für Gemeindebeamte erfordert worden.
Er hat die ihm übertragenen Dienst
funktionen unter der Aufsicht und der Autorität der vorgesetzten Dienstbehörde ausgeübt, und demgemäß ist er in ein lediglich nach den Grundsätzen des
öffentlichen Rechtes zu beurteilendes Dienst- und Abhängigkeitsverhältnis eines
Beamten zur Behörde getreten.
Trifft dies aber zu, so ist die Folgerung, die
von dem BG. aus dem von dem Magistrate bei der Verleihung de^ Beamten
eigenschast an den Kl. gemachten Vorbehalte hergeleitet ist, daß Kl. nur nach
außen hin als Beamter, dagegen nach innen hin, im Verhältnisse zur Stadt gemeinde und in Bezug auf privatrechtliche Ansprüche, nicht als Beamter an zusehen sei, nicht haltbar.
Das Gesetz und insbesondere die hier maßgebende
Bürgerliches Gesetzbuch.
344
II. Buch. Recht der Schuldverhältnisse.
Städteordnung erkennt eine derartige Rechtsstellung von Gemeindebeamten, welche BG. selbst als ein Zwitterverhältnis bezeichnet, nicht an.
Allen in den
Gemeindedienst berufenen.Personen kommen, ebenso wie ihnen die Erfüllung sämtlicher Pflichten obliegt, auch die Rechte eines Beamten im vollen Umfange,
und daher auch der Gemeinde gegenüber, in deren Dienst sie getreten sind, zu statten.
500/ Boriibrrgehtude Beschäftigung. IV. 132/91 v. 17. 9 1891.
E. Bd. 28 Nr. 15 S. 80 (Berlin).
Vgl. EG. Art. 32.
Mit Recht wird das entscheidende Gewicht darauf gelegt, daß dem Kl. die Eigenschaft eines Beamten fehle. Weder ist dem Kl. mit der Übertragung der Stellung als Posthalterei-Roßarzt ein Amt übertragen, noch ist ihm die Eigen
schaft eines Bsamten beigelegt. fiskus
ein Dienstvertrag
Es ist zwar zwischen dem Kl. und dem Post
geschlossen;
aber in
diesem Vertrage stehen
beide
Kontrahenten einander gleichberechtigt gegenüber, und er begründet nicht, wie
das auf der Anstellung beruhende Dienstverhältnis eines Beamten, ein Gewalt verhältnis
des Reiches
gegenüber dem Kl.
Gerade hierin aber liegt das
charakteristische Merkmal des Beamtenverhältnisses, mag die Anstellung durch formale Berufung oder durch Übertragung öffentlich-rechtlicher Dienstfunktionen
erfolgt sein, deren Ausübung die Beamteneigenschaft voraussetzt.
Von dem
Dienstverträge des Obligationenrechtes unterscheidet sich dieses Beamtenverhältnis
dadurch, daß einerseits ein Gewaltverhältnis des Staates mit der Pflicht zum Schutze und zur Gewährung des zugesicherten Diensteinkommens, andererseits eine besondere Gehorsams-, Treue- und Dienstpflicht des Beamten begründet wird.
Nicht entscheidend ist die Dauer der Amtsübertragung.
Das Reichsges.
v. 31. März 1873 erwähnt der „vorübergehenden Beschäftigung" der „einst
weilig in den Ruhestand versetzten" Reichsbeamten (§ 30) und der „vorüber gehenden Wiederbeschäftigung im Reichs- oder im Staatsdienste" seitens des „in den Ruhestand versetzten" (pensionierten) Reichsbeamten (§ 60).
Auch hier
setzen beide Bestimmungen, nicht bloß § 30, sondern auch § 60 in den Worten
„im Reichs- oder im Staatsdienste", die damit verknüpfte Beamteneigenschaft
voraus.
Der § 60 steht daher der Auffassung der Revkl. ebensowenig zur
(Seite; wie der § 38, in welchem die Beamteneigenschast trotz der nur vorüber gehenden Beschäftigung ausdrücklich anerkannt ist.
501. Notare. IV. 228/88 v. 24. 2.1888.
E. Str. Bd. 17 Nr. 91 S. 341 LG. (Breslau).
Daß die Notare Staatsbeamte sind, ergibt sich für den hier in Betracht kommenden Geltungsbereich des Gesetzes über das Verfahren bei Aufnahme von Notariatsinstrumenten v. 11. Juli 1845 zweifellos daraus, daß sie nach Anhang
§ 462 zu § 3 Allg. GO. III 7 als wirkliche Staatsdiener angesehen werden sollen, womit ferner in Verbindung steht, daß sie durch den Justizminister er-
7. Abschn. Tit. 25, Unerlaubte Handlungen. § 839- Beamtenversehen.
nannt werden
und dem unmittelbaren staatlichen Aufsichtsrechte,
345
sowie der
staatlichen Disziplinargewalt unterworfen sind (V. über Aufhebung der Privat gerichtsbarkeit rc. v. 2. Jan. 1849 § 36, Ges. enthalt. Bestimmungen über
d. Notariat v. 8. März 1880 § 7, Ges. betr. d. Dienstvergehen der nicht richterl.
Beamten rc. v. 21. Juli 1852 §§ 66 ff., Gesetz betr. die Abänderung von Bestimmungen d. Disziplinarges, v. 9. April 1879 §§ 22, 23).
502. Regreß gegen den Notar.
IV. 199/97 v. 17.1. 1898.
E. Bd. 40 Nr. 84 S- 314 (Berlin).
Nach Lage der Gesetzgebung rechtfertigt sich die Folgerung des BG., daß
Bell, durch die Weglassung der Übernahmeerklärung
sdes Meistgebots seitens
des Cessionarsj in der von ihm abgefaßten Urkunde ein an sich vertretbares Versehen im Amte begangen habe.
Bekl. sucht seine Vertretung durch den Einwand abzuwehren, daß den Kl.
ein konkurrierendes Versehen zur Last falle.
BG. hat den
Einwand
ohne
Gesetzesverletzung verworfen.
Schließlich ist BG. ausgehend von dem Rechtssatze, daß Bekl. als Notar jedes Versehen zu vertreten und den wirklichen Schaden zu ersetzen habe, der infolge seiner amtlichen Unachtsamkeit der Kl. erwachsen sei,
dem Einwande
des Bekl., daß nur ein nicht vorherzusehender, zufälliger Schade vorliege, mit der Erwägung begegnet, daß Bekl. bei Anwendung der ihm obliegenden Amts
sorgfalt wohl habe vorhersehen können, es möchten aus einem Versehen seiner
seits Vermögensnachteile für die Kl. erwachsen, daß aber keinesweges Erfordernis
sei, daß er die einzelnen möglichen Nachteile habe vorhersehen müssen.
Die
hiergegen von der Revision erhobenen rechtlichen Bedenken können nicht für durchgreifend gelten. 503. Forftpoltzeibeamter.
II. SlrS. v. 3. 6. 1881. Rep. 1225/81. E. Bd. 4 Nr. 79 S. 214 (Könitz). Vgl. EG. Art. 55. Wenn darauf hin festgestellt worden ist, daß Angekl., welcher die Ehefrau
W. in Ausübung der Aufsicht in dem ihm anvertrauten Schutzreviere miß handelt haben soll, dieses in der Eigenschaft als Beamter getan habe, so läßt
sich gegen diese Ansicht der Vorwurf rechtsirrtümlicher Auslegung des Beamten begriffes aus § 359 StGB, nicht erheben, da, wie vom RG. anerkannt worden
ist (vgl. Bd. 2 S. 306), die von Privateigentümern angestellten (auf Grund der Voraussetzungen in § 32 Ziff. 2 u. letzt. Abs. gemäß § 33 des preuß.
Ges. v. 2. Juni 1852) vereidigten mit dem Forstschutz beauftragten Personen im Sinne des
§ 359 als im Dienste des preuß. Staates für die Ausübung
forstpolizeilicher Funktionen angestellt betrachtet werden müssen. Denn es ist zunächst nicht zu bestreiten, daß, wenn danach der betreffende Bedienstete eidlich gelobt, daß er die Diebstähle von Holz und anderen Wald-
346
Bürgerliches Gesetzbuch. II. Buch. Recht der Schvldverhältniffe.
Produkten, welche in seinem Bezirke Vorkommen und zu seiner Kenntnis ge langen, mit aller Treue, Wahrheit und Gewissenhaftigkeit anzeigen wolle rc., mit dieser dem
Staate gegenüber
eidlich übernommenen
Anzeigepflicht ihm
eine Funktion übertragen worden ist, welche nur von Beamten des Staates, als solchen Personen, welche zu demselben in einem dienstlichen Pflichtverhältnisse
stehen, ausgeübt werden kann. Dabei vermag es auch keinen Einfluß zu üben, daß die Anstellung selbst
von Privatpersonen ausgeht, da der Gesichtspunkt entscheidet,
daß der Staat
diese von einem anderen erfolgte Anstellung für sich anerkennt und den so Angestellten mit staatlichen Funktionen ausstattet, wie dieses auch auf anderen
Gebieten, z. B. dem Gebiete der Sicherheitspolizei auf Privateisenbahnen, der Fall ist.
Zwar hat durch das preuß. Forstdiebstahlsges. v. 15. April 1878 (pr.
GS. S. 222) die Stellung derartiger vereidigter Privatbediensteter insofern eine Änderung erlitten, als das damit nach §31 b. Ges. v. 2. Juni 1852
verbundene Vorrecht, daß ihre eigenen dienstlichen Wahrnehmungen Beweis kraft bis zum Gegenteile besitzen, mit dem 1. Oktober 1879 erloschen ist. Da
gegen ist der Umfang ihrer dem Staate gegenüber eidlich übernommenen Ver pflichtungen, abgesehen von einer etwas abgekürzten Form des Eides (§ 24), derselbe geblieben. 504. Unbefugte Hinderung der Jagd durch einen Gendarm.
IV. 84/93 v. 15. 6.1893.
Gr. Bd. 38 S. 261 Nr. 3 (Posen).
Vgl. EG. Art. 69.
Stil, hatte dem Kl. und dessen Jagdgästen die Fortsetzung der von ihnen begonnenen Jagd in dem von diesem gepachteten Gemeinde-Jagdgebiete untersagt, ohne daß ihm die Be
rechtigung zustand, ein solches Verbot zu erlassen, da die Jagdpolizei in Preußen lediglich dem Landrat zusteht; vgl. Jagdpolizeiges. v. 7. -'s. 1850 und § 103 des Zuständigkeitsgesetzes;
Eutsch. des OBerwG. Bd. 7 S. 246, Bd. 17 S. 344.
A. d. Gr.
In der Sache selbst unterliegt es keinem Bedenken, daß Bekl., welcher unter Überschreitung seiner Amtsbefugnisse die Fortsetzung der Jagd gehindert
hat, verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, welchen er durch sein unberech
tigtes Verhalten veranlaßt hat.
(§§ 88, 89 ALR. II. 10.)
505. Telegrapheu-Beamtmuersehen.
IV. 309/95 v. 12. 3. 1896. Bgl. § 89.
E. Bd. 37 Nr. 61 S. 248 (Danzig, Marienwerder).
Nach der bedenkenfreien Annahme des BG. hat Bekl. als Reichsbeamter bei Erledigung einer von der XII. Gendarmeriebrigade zu D. an den Gendarm
L. zu Pr. St. gerichteten Depesche ein grobes Versehen insofern begangen, als er im Texte der Depesche, wodurch dem L. befohlen wurde, nach O. zu reiten, statt dieses Ortes den Ort I. telegraphiert hat.
Es steht fest, daß infolge
dieses Versehens der Gendarm L. sich mit seinem Pferde statt nach O. nach
I. begeben hat, daß nach Aufklärung des Irrtumes das Pferd des L. von I.
7. Abschn.
Tit. 25. Unerlaubte Handlungen
§ 83Y. Beamtenversehen.
347
nach O. transportiert worden ist, und daß durch den Transport des Pferdes
von O. nach I. und zurück auf der Staatseisenbahn 27 Mk. Frachtkosten erwachsen sind.
BG. nimmt nun zwar an, daß Bekl. für den durch sein grobes Amts versehen dem Fiskus erwachsenen unmittelbaren Schaden zu haften habe, ohne
daß er durch eine etwaige Mitverschuldung der Aufgeberin des Telegrammes
entlastet würde.
Es vermißt indes den Nachweis, daß und in welcher Höhe
dem Fiskus ein Schade entstanden sei, weil nur eine Zahlung aus einer fiskalischen Kasse in die andere erwachsen sei.
Allein die Zugrundelegung dieses
Rechtssatzes führt zu der Annahme, daß die seitens der Regierungshauptkasse zu K. an die Kasse der Eisenbahndirektion zu B. geleistete Zahlung der 27 Mk.
Transportgebühr mit Rücksicht darauf, daß
die zahlende Station und die
empfangende Station nur einer Rechtspersönlichkeit angehören, im rechtlichen Sinne überhaupt nicht als Zahlung gelten kann, und daß somit der Anspruch der
Staatseisenbahn auf die tarifmäßige Transportgebühr von 27 Mk. noch besteht. 506. SyndtkatSklage gegen ein Beamtenkolleg. VI. 16/99 v. 23. 3. 1899. Art. 55 ff., 77 ff. EG.
Seuff. Bd. 54 Nr. 224 (Hamburg).
Vgl. §§ 3 ff., 89.
Die Klage ist nur gegen das Medizinalkollegium gerichtet, nicht auch gegen dessen Mitglieder.
Der Ansicht des BG. daß mit der Syndikatsklage nicht
ein Beamtenkollegium als solches belangt werden könne, ist beizupflichten.
Da
es im röm. R. an einschlägigen Bestimmungen fehlt, können nur allgemeine Grundsätze als entscheidend erachtet werden.
Diese führen mit Notwendigkeit
dahin, daß (privatrechtliche) Klagen, wofern nicht bestimmte Spezialgesetze die
Klage gegen ein Kollegium, etwa als Vertreter des Staates zulassen oder vor schreiben, nur
gegen
die Mitglieder erhoben werben können.
schuldens kann nur in Anspruch genommen
Wegen Ver
werden derjenige, welchem ein
Verschulden zugerechnet werden kann, also eine physische oder juristische Person, diese aber nur dann, wenn sie dabei für das Verschulden ihrer Vertreter zu haften hat und diese Vertreter sind eben physische Personen.
Staatliche Be
hörden oder Beamtenkollegien sind aber nach heutiger Verfassung keine juristische Personen oder Korporationen, nicht selbständige Rechtssubjekte oder Vereine
mit Vermögensfähigkeit.
Auch nach preuß. R., in dem die Haftung für Ge
schäfte der Kollegien besonders geregelt ist (§§ 127 ff. II. 10 ALR.), kann die Klage nur gegen die einzelnen Mitglieder gerichtet werden; auf dem gleichen Standpunkt steht das BGB. (§§ 839ff.); § 736).
Mot.
Bd. 2
S. 826 z. Entw.
Einem Beamtenkolleg als solchen fehlt hiernach auch (auf dem Ge
biete des Privatrechts) die Parteifähigkeit ... und deshalb auch die Prozeß
fähigkeit (CPO. § 50). Vgl. dagegen über württemb. Recht (Unterpfandsgesetz) die Entsch. VI. 369/93 v. 15. 3. 1894 in der Syndikatsklage gegen die Unterpfandsbehörde zu Mllingen. Seuff. Bd. 50 Nr. 248,
348
II. Buch.
Bürgerliches Gesetzbuch.
Recht der Schuldverhältnisse.
507. Hast««« des Schiedsrichters (§ 889 Abs. 2). VI. 350/97 v. 21. 3. 1898.
Der Vertrag zwischen
E. Bd. 41 Nr. 69 S. 251 (Berlin).
den
Parteien
und dem Schiedsrichter ist nach
seinem Inhalte und Gegenstände ein eigenartiger Vertrag, der in dieser Hinsicht,
soweit nicht ausdrückliche Vorschriften entgegenstehen, eine besondere Beurteilung
erheischt.
Die Eigenartigkeit des Vertrages besteht darin, daß die Parteien
entsprechend dem Schiedsvertrage einem Dritten die Funktion eines Richters über die zwischen ihnen streitige Angelegenheit übertragen, den Schiedsrichter
in die Stellung des vom Staate bestellten Richters über sich erheben, und die
von den Parteien gewählte Person diese Stellung und Funktion übernimmt. Der Schiedsrichter soll nach dem Vertrage den zwischen den Kompromittierenden
bestehenden Streit entscheiden, diesem Behufe im
unabhängig wie der Richter,
wesentlichen dieselbe
und er hat zu
geistige Tätigkeit zu entfalten, wie
dieser, nur daß, sofern der Schiedsvertrag und das receptum nicht besondere Schranken setzen, die Stellung des Schiedsrichters gegenüber dem materiellen Rechte und dem Prozeßgesetze eine viel freiere ist, als diejenige des Staats
richters.
(Vgl. CPO. § 1034; Mot. S. 476; RG. Bd. 23 S. 436.)
Hiermit verträgt sich die Annahme der Haftung des Schiedsrichters wegen Versehens, auch wegen groben Versehens,
bei Abgabe des Spruches
nicht.
Auch er soll und muß möglichst unbefangen und frei von der Furcht, nach
Abgabe des Schiedsspruches wegen eines solchen Versehens in Anspruch ge
nommen zu werden, seine Aufgabe erfüllen können.
Soweit es sich um die
Anwendung von Gesetzen oder um die Auslegung von Urkunden handelt, liegt die Notwendigkeit dieser Auffassung
betrifft, so sind
geschützt.
ganz klar
vor.
Was
das
Verfahren
die Parteien durch die Vorschriften der §§ 1041 ff. CPO.
Haben sie wesentliche Bestimmungen des Verfahrens als Grundlage
für den Schiedsspruch vereinbart, so kommt ihnen im Falle einer Verletzung
dieser Vertragsbestimmungen insbesondere die Vorschrift des § 1041 Ziff. 1 zu statten.
Soweit es mit dem Wesen des Schiedsvertrages und des Schieds
spruches vereinbar ist, wird
Möglichkeit, die Aufhebung
den
Parteien
hiernach
durch
das
Gesetz
die
des Schiedsspruches zu erlangen, gewährleistet.
Daneben steht nichts im Wege, daß die Parteien, wenn sie es für angemessen
erachten, als eine Garantie für einen sachgemäßen und gerechten Schiedsspruch
noch eine schiedsrichterliche Rekursinstanz vereinbaren.
Hierzu kommt, daß die
Reichsgesetze die richterliche und die schiedsrichterliche Funktion, das gerichtliche Urteil und den Schiedsspruch in einigen wichtigen Beziehungen auf gleicher Linie behandeln.
Der Schiedsspruch kann (§ 1041 Ziff. 6 CPO.) aus den
gegenüber den Urteilen der Gerichte in § 580 Ziff. 1—6 statuierten Resti
tutionsgründen angefochten werden, während die Aufhebung eines
Schieds
spruches wegen eines neu aufgefundenen Urteiles oder einer neu aufgefundenen
Urkunde (§ 680 Ziff. 7 a. a. O.) bemerkenswerterweise deshalb ausgeschlossen ist, weil diese Aufhebung
eine materielle Beurteilung der Sache durch das
7. Abschn. Tit. 25. Unerlaubte Handlungen. § 859. Beamtenversehen. staatliche Gericht erfordern würde
(Mot. S. 478 ff.).
349
Die Ablehnung eines
Schiedsrichters ist (§ 1032 Abs. 1 CPO.) aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen gestattet, wie die Ablehnung des Richters.
ist
einen Schiedsrichter
die Rechtsbeugung durch
gestellt,
wie diejenige durch einen Richter,
Sodann
unter dasselbe Strafgesetz
und ebenso sind in Ansehung der
Bestechung Richter und Schiedsrichter strafgesetzlich gleichgestellt (§§ 334—336
Wenn auch hieraus nicht der Schluß gezogen werden darf, daß der
StGB.).
Schiedsrichter eine öffentlichrechtliche Stellung habe,
oder daß dem Schieds
sprüche eine formell autoritative Bedeutung zukomme (dagegen vgl. §§ 1040,
1042 CPO.), so folgt daraus doch, daß die Gesetze die Funktion des Schieds richters ähnlich wie diejenige des Richters betrachten und
unter staatlichen
Diese Erwägungen nötigen zu der Annahme, daß ein Schieds
Schutz stellen.
richter in Beziehung auf seinen Spruch,
wo nicht aus positiven gesetzlichen
Bestimmungen eine weitergehende Haftung zu entnehmen ist, von der Partei nur unter derselben Voraussetzung in Anspruch genommen werden kann, wie der Richter.
(Vgl. aber § 276.]
508. Subjektives Unrecht. IV. 226/87 v. 12. 12. 1887. IW. 1888 S. 36. Es wird von BG. nicht verkannt, daß der Beamte auf die pflichtmäßige
Führung seines Amtes die genaueste Aufmerksamkeit zu wenden hat und für
jedes dabei begangene Versehen verantwortlich ist, welches bei gehöriger Auf merksamkeit und nach den Kenntnissen,
erfordert
vermieden werden
hätte
werden,
Tit. 10).
die
bei der Verwaltung
können
des Amtes
(§§ 88, 89 ALR. Tl. II
Nach diesen Vorschriften aber ist von dem Beamten bei Aufnahme
einer Urkunde ein höheres Maß von Aufmerksamkeit und Sorgfalt nicht zu als daß von ihm diejenigen Formen beobachtet werden, welche von
fordern,
den obersten Gerichtshöfen
als
die dem Gesetze
entsprechenden
erklärt sind.
Es begründet daher noch keine Verschuldung, wenn die Urkunde trotzdem als
formwidrig erkannt wird. Eine weitergehende Verantwortlichkeit würde Haftung nicht für Verschuldung („subjektives" Unrecht), sondern für „objektives"
Un
recht sein.
509. Ermessen und Verschulden. Aufhebung einer Gerichts-Sitzung. IV. 91/93 v. 10. 7. 1893. Zuzugeben die
daß
ist,
Aufrechterhaltung
auferlegt,
der
Gr. Bd. 38 S. 162 Nr. 4 (Marienwerder).
die Bestimmung Ordnung
in
des § 177 der
Sitzung
des GVG., dem
welche
Vorsitzenden
dem letzteren auch die Befugnis gewährt, zu Ordnungszwecken die
Sitzung aufzuheben.
Es sind sehr wohl Fälle denkbar, in denen ein anderes
Mittel, um jenen Zweck zu
erreichen, als die Aufhebung
der Sitzung, nicht
übrig bleibt; das Gesetz hat in dieser Beziehung eine Beschränkung nicht aus gesprochen und in den folgenden Paragraphen nur festgesetzt, in welchen Fällen
und unter welchen Voraussetzungen die Mitwirkung des Gerichts einzutreten
Nicht zutreffend ist aber die Behauptung, daß überall da, wo ein Er
hat. messen
stattfindet,
ein Verschulden ausgeschlossen ist.
Die Begründung des
Entwurfs des GVG. enthält die Bemerkung, daß es dem diskretionären Ermessen
des Vorsitzenden überlassen bleibe, die geeigneten Anordnungen zu treffen, um Störungen der Verhandlungen abzuwenden
sowie aus dem Wortlaut des Gesetzes,
und
zu
unterdrücken.
folgt aber keineswegs,
Daraus,
daß den Vor
sitzenden, der sein subjektives Ermessen walten läßt, für die von ihm angewendete
Maßregel und deren Folgen keine Verantwortung trifft; vielmehr legen gerade
jenes unbeschränkte Ermessen
und
der Umstand, daß der Richter nicht nur
berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, für Aufrechterhaltung der Ordnung zu
sorgen, ihm die Pflicht auf, die gehörige Aufmerksamkeit anzuwenden und unter
Erwägung aller Umstände sorgfältig zu prüfen, ob eine Veranlassung vorliegt, welche das gewählte Mittel zu rechtfertigen vermag, und ob er bei dessen An wendung nicht seine anderweiten Amtspflichten verletzt, zu welchen im Streit
fälle auch die gehörte, Sorge dafür zu tragen, daß sowohl im Interesse des Staates als der Parteien die sämtlichen zur Verhandlung anstehenden Sachen
in der dazu bestimmten Sitzung erledigt werden.
BG. begeht hiernach keine
Gesetzesverletzung durch die Annahme, es sei nach den tatsächlichen Umständen
jedes einzelnen Falles zu beurteilen, ob ein genügender Grund für die ergriffene
Maßregel als vorhanden zu erachten sei.
Seine weitere Feststellung aber, daß
ein genügender Grund nicht vorliege, beruht auf einer tatsächlichen Würdigung der eingehend erörterten einzelnen Umstände und ist im Wege der Revision
mit Erfolg nicht anfechtbar.
Anders könnte die Sache beurteilt werden, wenn
Bell, behauptet hätte, er sei infolge des Verhaltens des Gerichtsschreibers so erregt gewesen, daß er sich für unfähig gehalten habe, weiter seine richterliche
Tätigkeit in der Sitzung auszuüben.
Eine derartige Begründung für die von
ihm getroffene Maßregel der Aufhebung der Sitzung hat Bekl. jedoch nicht
geltend gemacht, vielmehr wiederholt hervorgehoben, daß er die Fortsetzung der Sitzung mit dem Ansehen des Gerichts für unvereinbar gehalten habe. Über Gerichtsvollzieher s. Nr. llOff., 518ff. u. die folgende Nr.
510. Gerichtsschreiber.
Einrede der Teilung.
Hl. 304/94 v. 26. 2. 1895.
Seuff. Bd. 50 Nr. 249 (Anhalt. S.).
Ein Gerichtsschreiber wurde auf Ersatz der Piozeßkosten verklagt, weil er die vor geschriebene Übertragung der Terminsbestimmung auf das für den Bekl. bestimmte Klage exemplar verabsäumt hatte. Er schützte Einrede der Teilung vor, weil der Ger.-Vollz. bei der ihm obliegenden Beglaubigung unterlassen hatte zu prüfen, ob jenes Exemplar mit dem
Original der Klage, namentlich bezüglich der Terminsbestimmung übereinstimme. die Einrede für begründet.
RG. hob auf.
II hielt
A. d. Gr.
Die bei Windscheid Pand. Bd. 2 § 298 Anm. 10 angeführten Stellen der Digesten und des Kodex betreffen nur den besonderen Fall, wo die Mit
glieder eines Magistratskollegiums (magistratus municipales) die ihnen ge-
7. Abschn. ttit. 25. Unerlaubte Handl. §§ 8^2 ff. Verletzung einer Person.
351
meinsam obliegende Fürsorge für die gehörige Bevormundung eines Pupillen verletzt haben und wegen dieses gemeinsamen Verschuldens haftbar werden.
Ein allgemeines Prinzip läßt sich in dieser Vorschrift, die mit der Unteilbarkeit der Amtspflicht zusammenhängt, nicht finden, vielmehr gilt im allgemeinen der
entgegengesetzte Grundsatz, daß die aus gemeinsamer Verschuldung Verhafteten
auf die Einrede der Teilung keinen Anspruch haben (fr. 1 § 14 de tutel. et Am wenigsten aber läßt sich obige Vorschrift auf den vor
rat. 2 T. 3).
liegenden Fall anwenden, wo zwischen dein Ger.-Vollz.
8t.
weder
in
Ansehung
verkl. Gerichtsschreiber und dem
ihrer Amtspflicht noch
ihres Verschuldens ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
in
Ansehung
Hier liegt viel
mehr ein selbständiges Verschulden eines jeden der beiden Beamten vor; die Einrede der Teilung kommt daher dem Bekl. nicht zu statten. Schadensersatz wegen Verletzung einer Person ($$ 842 ff.).
511. III. v. 28. 4.1885. Vgl. CPO. 8 256.
Senfs. Bd. 41 Nr. 2 S. 2.
RAnz. 1885 Beil. 6 S. 291 (Celle).
Nach den Behauptungen des Kl. ist durch den Schuß der Daumen der
rechten Hand seines Sohnes für immer gelähmt, die Sehkraft des linken Auges
desselben für immer erheblich gemindert und außerdem dessen Gesicht verun staltet.
Sind diese Behauptungen wahr, so liegt schon jetzt nach dem gewöhn
lichen Lauf der Dinge vor, daß durch die Beschädigung, welche der Sohn des Kl. erlitten hat, eine Beeinträchtigung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des
selben in irgend einer Weise eintreten,
für ihn also
ein Vermögensschaden
entstehen wird, vorausgesetzt, daß derselbe nicht vor Erreichung eines Alters,
in welchem seine Erwerbsfähigkeit überhaupt erst eintritt, versterben sollte.
Es
handelt sich daher nicht, wie BG. meint, um einen Ausspruch über das Be
stehen eines völlig ungewissen, bloß möglichen Rechtsverhältnisses zwischen Kl.
und Bekl., dessen Existenz davon abhängig ist, ob und welche Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit des jetzt noch im Kindesalter stehenden Sohns des Kl.
möglicherweise eintreten wird, sondern um ein schon gegenwärtig bestehendes und nur seinem Umfange nach
unbestimmtes Rechtsverhältnis,
dessen Fest
stellung keineswegs eine bloß theoretische, sondern für Kl. auch eine wesentliche praktische Bedeutung hat.
Der Umstand aber, daß möglicherweise der Verletzte
den Eintritt seiner Erwerbsfähigkeit nicht erlebt und also die an sich festgestellte Schadensersatzpflicht des Bekl.
faktisch nicht zur Geltung kommt,
kann
die
erhobene Feststellungsklage nicht ausschließen. Operationspflicht des Verletzte«. 512. IV. 244/90 v. 22. 12. 1890. (Breslau).
Gr. 35 S. 401 Nr. 15.
IW. 1891 S. 100 Nr. 33
Es ist allerdings nicht richtig, daß jemand, welcher durch einen andern verletzt ist und einen Schadensersatzanspruch gegen denselben erheben will, sich unbedingt allen Operationen zu unterwerfen habe, welche zu seiner vollständigen
352
Bürgerliches Gesetzbuch.
IL Buch. Recht der Schuldverhältniffe.
oder möglichst vollständigen Wiederherstellung führen können, widrigenfalls die
Folgen der Verletzung seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben seien.
Anderer
seits kann er aber nur dann einen Ersatzanspruch erheben, wenn er selbst das
jenige, was in seinen Kräften steht, zu seiner Heilung getan, und insbesondere die Heilmittel, welche die Wissenschaft an die Hand zu geben vermag, in ver
nünftiger Weise benutzt hat.
Sein Verhalten muß auch in dieser Beziehung
demjenigen eines vernünftigen Menschen entsprechen.
besondere um eine Operation,
Handelt es sich ins
so läßt sich zwar nicht als allgemeine Regel
aufstellen, daß es auf die Schwierigkeit und Schmerzhaftigkeit derselben nicht ankomme, wofern sie nur, soweit die menschliche Voraussicht reicht, zu einem Erfolg führen werde.
Man wird vielmehr auch insoweit als Maßstab das
Verhalten eines vernünftigen Menschen unter solchen Umständen annehmen müssen und dabei auch die Erheblichkeit des Übels, welchem durch die Operation
abgeholfen oder vorgebeugt werden soll,
nicht außer Betracht lassen dürfen.
ob
der Verletzte die Vornahme einer
Dasselbe gilt in betreff Operation
der Frage,
wegen ihrer Gefährlichkeit
man es nicht als gerechtfertigt ansehen
verweigern
dürfe.
Insbesondere wird
können, wenn eine Operation, welche
nach vernünftigem Ermessen besondere Gefahren nicht mit sich führt, wegen
Gefahren, die nur in der Einbildung des Verletzten beruhen, abgelehnt wird.
Damit ist selbstverständlich nicht gesagt, daß übertriebene subjektive Vorstellungen von der Schmerzhaftigkeit und der Gefährlichkeit einer Operation auch dann
keine Berücksichtigung verdienen, wenn gerade durch diese Einbildung die Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Verletzten in bedenklichem Grade erhöht oder der Erfolg des ärztlichen Eingriffs in Frage gestellt wird.
513. III. 147/90 v. 30. 1. 1891. IW. 1891 S. 138 Nr. 28. Seuff. Bd. 46 Nr. 189 (Kassel). Es ist in Übereinstimmung mit der Entsch. des RG. vom 22. Dez. 1890
Rep. VI244/90 [f. vorige Nr.j davon auszugehen, daß die Weigerung eines Ver
letzten die zur Wiederherstellung oder Besserung seiner Gesundheit erforderliche Operation zu dulden, unter Umständen sehr wohl die Einrede der Arglist gegen
seinen Anspruch auf Schadensersatz begründen kann, insbesondere dann, wenn die
nötige Operation nach den Regeln der ärztlichen Wissenschaft ganz gefahrlos ist und bei regelmäßigem Verlauf der Dinge enffprechende Aussicht auf Erfolg bietet.
514. Brmeffimg der Rente bet Tötung des Ernährers (§ 844). III. v. 18. 9. 1883.
Seuff. Bd. 39 Nr. 106 S. Ib9 (Thür. S.).
Was die Höhe der zuerkännten Rente betrifft, so hat BG. die Möglichkeit
eigenen Erwerbs seitens der Kl. bei Bestimmung des Betrags außer Betracht gelassen, weil sie einen Anspruch darauf habe, daß ihr der zu Lebzeiten ihres
Mannes taffächlich bezogene Unterhalt ersetzt und sie in der früheren Lage er halten werde, in welcher sie nicht genötigt war, ihren eigenen Unterhalt durch
den Verdienst von Lohnarbeit zu bestreiten.
Diese Annahme ist nicht rechts-
7. Abschn. CiL 25. Unerlaubte Handl. §§ 8^2 ff. Verletzung einer Person.
353
Es handelt sich nicht um Bestimmung der Höhe einer Alimentation,
irrig.
wo freilich das Bedürfnis und folgeweise die Erwerbsfähigkeit des zu Alimen-
tierenden von Bedeutung wird, sondern um Vergütung des zugefügten Schadens.
Das zu vergütende Interesse besteht aber in Gewährung dessen, was Kl. bei Lebzeiten des Mannes gehabt hat und voraussetzlich auch weiter gehabt haben Ihr eigener Verdienst kommt hierfür nicht in Betracht.
würde.
Von diesem
Gesichtspunkt aus ist auf der Grundlage des Haftpflichtgesetzes auch bereits vom RG. entschieden worden (Entsch. Bd. 5 S. 110, Senfs. Bd. 37 Nr. 119. Bd. 7 S. 144, Senfs. Bd. 38 Nr. 24; ROHG. Bd. 13 S. 24).
[. h. zur Fortschaffung des wild ablaufenden Wassers, ALR. I 8, §§ 102, 103) oder zur Entwässerung
des Grundstücks des
Bekl. erforderlich wären.
Zum Zwecke der Förderung
einer Bewässerungsanlage, um die es sich vorliegend handelt, kann nach Lage der Gesetzgebung Bekl. derartige Einrichtungen
auf
dem
Grundstück
der Kl.
und der übrigen unterliegenden Besitzer nicht einmal gegen Entschädigung bean spruchen, und es ist also um so weniger von der Kl. zu verlangen, daß sie
um Benachteiligungen, welche die Bewässerungsanlage des Bekl. ihr verursachen
könnten, abzuwenden, solche Einrichtungen auf ihre Kosten Herstelle. 582. Vertretung des RMil.Fiskus.
Rechtsweg.
III. 225/89 v. 24. 9. 1889. E. Bd. 24 Nr. 6 S. 36 (Aurich, Celle). Vgl. oben Nr. 13.
Bekl. hat auf seinem Kasernenhofe unmittelbar neben dem Garten und nur 50 Schritte
vom Hause des Kl. entfernt Schießstände errichtet.
Kl. klagt auf Anerkennung seines Eigen
tums, Unterlassung des Schießens event. Vorrichtungen gegen den damit verbundenen Lärm.
Nach den im Urteile v. 9. März 1888, Bd. 20 S. 148, ausgesprochenen Grundsätzen ist davon auszugehen, daß der RMil.Fiskus in Prozessen durch
die Landeskontingentsverwaltung vertreten wird.
Welche Behörde innerhalb
der Landeskontingentsverwaltung für diese den Prozeß zu führen hat, richtet sich nach der betreffenden Landesgesetzgebung, sofern nicht in der Reichsgesetz
gebung dieserhalb spezielle Anordnungen getroffen sind.
geltenden Rechte sind dies die Intendanturen. Norm des geschriebenen Rechtes.
Nach dem in Preußen
Allerdings besteht hierfür keine
Von jeher sind aber die im § 13 Abs. 1
und § 14 der Geschäftsinstr. f. d. Regierungen v. 23. Okt. 1817 ausgesprochenen Grundsätze analog auch auf die Korpsintendanturen, als die dem Kriegsmin. unmittelbar untergeordneten Provinzialbehörden, welche die alleinige Zwischen
instanz zwischen dem Kriegsmin. und den unteren Militärbehörden bilden (vgl.
Publik, des Kriegsmin. v. 10. Febr. 1828, v. Kamptz' Annalen Bd. 12 S. 204),
zur Anwendung gebracht.
(Vgl. Vers, des Kriegsmin. v. 6. Aug. 1828, v. Hell
dorf, Dienstvorschr. der Königl. preuß. Armee Bd. 2 Abt. 4 S. 446 und Cirk.Reskr. des Justizmin. v. 4. Juli 1828, v. Kamptz' Annalen a. a. O. S. 789.)
Insofern daher der RMil.Fiskus der richtige Bekl. ist und für den angeblichen Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen. Bd. I.
26
unberechtigten Eingriff in die Privatrechte des Kl. verantwortlich gemacht werden
könnte, muß auch die Intendantur als die gesetzliche Vertreterin der Landes-
Wenn die Vorinstanz anscheinend
kontingentsverwaltung aufgefaßt werden.
annimmt,
daß im
vorliegenden Falle
das Kriegsmin. zur Vertretung des
RMil.Fiskus deshalb befugt und verpflichtet sei, weil dieses nach § 3 der Anleit. v. 7. Dez. 1888 die für den Bau von Schießständen erforderliche all
gemeine Genehmigung zur Anlage dieser Schießstände erteilt habe, so ist dem nicht beizutreten, da die Verwaltung der Kasernen und Kasernenhöfe den In
tendanturen unterliegt und der RMil.Fiskus vom Kl. in seiner Eigenschaft als
Eigentümer der der Verwaltung der Intendantur unterstellten Kasernen in Anspruch genommen wird.
Hiernach ist es rechtsirrtümlich, wenn in den Vor
instanzen die Klage wegen der mangelnden
Befugnis der Intendantur zur
Vertretung des RMil.Fiskus abgewiesen ist.
Die Abweisung der Klage erscheint aber gleichwohl gerechtfertigt, weil der Rechtsweg in dieser Sache für unzulässig zu erachten ist.
kann hier,
Dahingestellt bleiben
ob die Zulässigkeit des Rechtsweges anzunehmen sein würde, wenn
auf Entschädigung geklagt wäre.
Eine solche Klage ist nicht erhoben.
Geklagt
ist vielmehr auf Unterlassung einer vermeintlich die Rechte des Kl. beeinträch tigenden Handlung des Truppenkommandos, welche seitens des letzteren zum
Zwecke der militärischen Ausbildung der Truppen angeordnet ist.
Die Aus
bildung der Truppen geschieht aber auf Grund des Militärhoheitsrechtes, und wenn in Ausübung dieses Rechtes Verletzungen des Privateigentumes vor
kommen, so mag, was hier nicht zu entscheiden, unter Umständen eine Ent schädigungsklage zulässig sein, eine Klage auf Unterlassung dieser Handlung
ist aber nach § 36 der Verordn, v. 26. Dez. 1808 ausgeschlossen.
583. Immission unerträglichen Gestankes.
VI. 418/95 v. 16. 4.1896.
E. Bd. 37 Nr. 45 S. 172 (Bremen, Hamburg).
Die Verurteilung des Bekl. zu einem bestimmten Verhalten in Ansehung derjenigen Grundstücke, die er selbst inne hat, ist überhaupt unstatthaft.
Die
Kl. hat als Eigentümerin ihres Grundstückes nur ein Recht darauf, daß Bekl.
die unerträgliche Einwirkung auf dieses unterlasse; weiter reicht die negatorische Klage überhaupt nicht.
Daher ist auch das eventuelle Klagegesuch, Bekl. zur
völligen Unterlassung der Lagerung von Fäkalien zu verurteflen, formell nicht
zu rechtfertigen; wie Bekl. es anfangen möchte, die Bewirkung von unerträg
lichem Gestanke auf dem Grundstücke der Kl. zu vermeiden, müßte unter allen Umständen zunächst ihm überlassen bleiben.
§ 26 Gew.O. hat für den Fall,
daß die benachteiligenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück von einer mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage (vgl. §§ 16,
24 Gew.O.) ausgehen, den Wirkungskreis der negatorischen Klage noch mehr eingeschränkt, aber damit nicht etwa seinerseits bewirkt, daß in solchen Fällen
jetzt der benachteiligte Nachbar jemals die Herstellung bestimmter jene Ein-
3. Abschn.
Tit. 4.
Ansprüche aus dem Eigentums.
§§ 985ff.
Wirkungen ausschließender Einrichtungen zu verlangen berechtigt wäre.
403 Wenn
dort vorgeschrieben ist, daß in solchen Fällen nicht auf Einstellung des Ge
werbebetriebes geklagt werden könne, so ist damit einerseits gesagt, daß ein direkt auf solche Einstellung gerichteter Klagantrag in den Fällen des § 26 auch dort ausgeschlossen sein solle, wo er bis dahin zulässig war.
Andererseits und außerdem bedeutet jene Bestimmung in Verbindung mit der weiteren Vorschrift, wonach nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche
die benachteiligende Einwirkung ansschließen, oder, wo solche Einrichtungen un
tunlich oder mit einem gehörigen Betriebe des Gewerbes unvereinbar sein sollten,
auf Schadloshaltung geklagt werden kann, nur noch das, daß der
negatorisch Belangte seinerseits die Einrede vorschützen kann, es seien keine Einrichtungen tunlich und mit einem gehörigen Betriebe seines Gewerbes ver einbar, welche die im Klagantrage bezeichnete Einwirkung auf das Grundstück
des Kl. verhindern würden, und es sei daher die negatorische Klage hier über
haupt ausgeschlossen, und bleibe nur eine Klage auf Schadloshaltung übrig. So auch Seuff. Bd. 38 Nr. 6, Bolze Bd. 11 Nr. 63, Bd. 12 Nr. 46, RG. Bd. 36 Nr. 42 S. 178 (nicht entgegen RG. Bd. 13 S. 57).
Aus dem Ausgeführten ergibt sich, daß Rev.Kl. freilich mit entschiedenem Unrechte gemeint hat, nach § 26 Gew.O. hätte Kl. im Klagantrage die von ihr verlangten Einrichtungen bestimmt bezeichnen müssen, daß er dagegen mit Recht event, geltend gemacht hat, dem allgemein gefaßten Anträge der Kl. hätte
das BG. event, auch nur mittels einer ebenso allgemein gefaßten Verurteilung entspreche»! dürfen ...
584. Immission von Rauch. III. 241/90 v. 13. 3.1891.
Gr. Bd. 35 S. 666 Nr. 29 (Kiel).
Es ist nicht Aufgabe des Kl. zur Begründung seiner Klage darzulegen, welche zur Beseitigung der schädlichen Immissionen geeignete und mit dem Be
triebe der Fabrik vereinbarliche Einrichtungen getroffen werden können, und es
ist auch nicht Aufgabe des Richters, von Amtswegen bestimmte Vorschriften hierüber zu erteilen.
585. Genehmi-ungsbedürsttgr FruerungsAnlage. GewO. %% 16f„ 24 f. III. 186/97 v. 19. 11. 1897. E. Bd. 40 Nr. 49 S. 183 (Braunschweig). BG. geht davon aus, daß § 26 RGew.O. dem, an sich begründeten, An träge (auf Untersagung übermäßiger Immission von Ruß und Flugasche aus
den Schornsteinen der verkl. Zuckerraffinerie) nicht entgegenstehe. Zu den nach dem § 16 daselbst der Genehmigung bedürfenden Gewerbebetrieben gehöre die
Zuckerraffinerie nicht.
Zwar sei der Bekl. nach und nach die Anlegung und
der Betrieb von 23 Dampfkesseln genehmigt, auch bei mindestens
11
wegen
der zu befürchtenden Flugasche die Bedingung der Anlegung und regelmäßigen Reinigung großer Flugaschekammern gestellt.
Genehmigt seien aber nur die
26*
Dampfkessel, nicht die Heizungs- und Feuerungsanlagen,
und der Schutz des
§ 26 RGew.O. stehe nur den genehmigten Anlagen zu ... Die gegen diese
Entscheidung gerichtete Revision konnte keinen Erfolg haben.
Es ist davon auszugehen, daß es im allgemeinen keinen Unterschied macht,
ob die Immissionen infolge eines Gewerbebetriebes, oder anderer Vorrichtungen erfolgen.
Für das
gern. R.,
das
eine Klage auf Einstellung des Gewerbe
betriebes nicht kennt, ist der § 26 nur dadurch von Bedeutung geworden, daß
in der jetzigen Fassung des Gesetzes nicht nur jene Klage beseitigt ist, sondern positiv nur Klagen auf Herstellung von schützenden Einrichtungen, event, auf Schadensersatz zugelassen, Klagen auf Unterlassung der Immission also aus
geschlossen sind.
Jedenfalls ergibt aber die Fassung, daß der § 26 nur auf
die mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten, einer gewerbepolizeilichen Ge nehmigung bedürfenden Anlagen anwendbar ist.
Hierunter fallen zunächst die
im Z 16 genannten gewerblichen Anlagen, zu denen aber die Zuckerraffinerien
nicht gehören.
Der erk. S. hat jedoch schon wiederholt ausgesprochen,
daß
der § 26 sich auch auf die nach § 24 der gewerblichen Genehmigung bedürftige Anlegung und Betreibung von Dampfkesseln beziehe, ist auch im vorliegenden Falle auszugehen.
und von dieser Ansicht
Jni Gegensatze zu den Fällen des
§ 16, in denen die gesamte gewerbliche Anlage mit allem, was dazu gehört, der gewerbepolizeilichen Genehmigung bedarf, ist diese im § 24 ausdrücklich auf einen bestimmten Teil, die Dampfkessel, beschränkt, gegen deren besondere Ge
fahren die Nachbarn geschützt werden sollen.
Die Gewerbebetriebe selbst werden,
falls sie an sich nicht genehmigungsbedürftig sind, es auch nicht dadurch, daß sie Dampfkessel benutzen wollen oder benutzen.
Daher hat der erk. S. bereits
am 4. Dez. 1894 (Rep. III. 203/94) ausgesprochen, daß der Schutz des 8 26
RGew.O. nur der genehmigten Dampfkesselanlage, nicht aber dem Betriebe der mit dieser Anlage verbundenen und ein Ganzes bildenden Dampf- und Dynamo
maschine gewährt, mithin der gegen Belästigungen durch diese an sich zustehende Klaganspruch durch den 8 26 nicht eingeschränkt sei.
Der jetzt vorliegende Fall
unterscheidet sich allerdings dadurch, daß nicht die Verwendung des in
Dampfkesseln bereits erzeugten Dampfes für den Maschinenbetrieb
den
in Frage
steht, sondern der Betrieb der die Kessel speisenden Feuerungsanlage, ohne die eine Benutzung der angelegten und genehmigten Dampfkessel nicht möglich ist. Aber das praktische Resultat für den Gewerbebetrieb ist dasselbe, mag man
den
erzeugten Dampf nicht verwenden,
oder ihn
überhaupt nicht erzeugen
können, und entscheidend ist, daß die Feuerungsanlage, die in manchen Fällen schon vor der Anlegung der Dampfkessel bestanden haben mag, ihr Betrieb
und das Brennmaterial der Genehmigung nicht bedurften und nicht speziell
genehmigt sind.
Zwar ist die Genehmigung der Dampfkessel von der
An
legung von Flugaschekammern und anderen Einrichtungen abhängig gemacht; aber gerade diese Form zeigt, daß für die Feuerungsanlage die Genehmigung
nicht nötig und nicht erteilt, sondern nur von den für sie gemachten Vor-
Z. Abschn. Tit.
Ansprüche aus dem Eigentums.
§§ 985ff.
405
schriften, wie es nach Abs. 2 des § 24 zulässig ist, die Genehmigung der Kessel Es kann nicht zweifelhaft sein, daß, wenn die vor
abhängig gemacht war.
geschriebenen Aschekammern nicht eingerichtet würden, zwar nicht der Betrieb der Dampfkessel, wohl aber der Gewerbebetrieb im übrigen, falls er ohne diese
möglich ist, zulässig war.
Daran ändert endlich auch nichts die Bestimmung
des § 24, daß die für die Genehmigung zuständige Gewerbebehörde die Zulässig
keit der Anlage zugleich nach den bestehenden bau-, feuer- und gesundheits
polizeilichen Vorschriften zu prüfen hat.
vorschriften unterliegt,
wie jede andere,
sonstigen Polizei
Diesen und den
so
auch jede
gewerbliche
und
jede
Feuerungsanlage; mit der gewerbepolizeilichen Genehmigung hat dies an sich
nichts zu tun.
Daß die Prüfung hier der Gewerbebehörde zugewiesen ist,
erklärt sich, ebenso wie im § 18, daraus, daß eine solchen Vorschriften wider sprechende Anlage überhaupt nicht genehmigt werden darf, und daß eine gleich zeitige Würdigung aller polizeilichen Gesichtspunkte bei Prüfung des Gesuches
aus praktischen Gründen dringend wünschenswert ist.
In demselben Sinne hat sich auch der bay. Verwalt.-G.Hof am
7. Dez.
1880 (Entsch. Bd. 2 Nr. 55 S. 291), ausgesprochen.
Schadensersatz. 588. III. 118/83 v. 9. 10. 1883.
Subjektives Verschulden.
E. Bd. 10 Nr. 41 S. 142 (Altona, Kiel).
Ob es richtig ist, daß mit der negatorischen Klage nur dann Schadens ersatz gefordert werden darf, wenn der widerrechtliche Eingriff in das Eigentum auf einem Verschulden beruht, kann unerörtert bleiben, da die negatorische Klage eine Handlung voraussetzt, bei der sich der Handelnde des Eingriffes in fremdes Eigentum bewußt werden kann und muß, es sich hier aber um die Einwirkung einer unabsichtlich eingetretenen Explosion handelt.
587. 388/97 v. I I. 5. 1898. IW. 1898 S. 401 Nr. 50.
Vgl. § 823.
Es kann sich nur fragen, ob Bekl. für den Schaden verantwortlich ist,
der dadurch entstanden ist, daß während seiner Besitzzeit der rechtswidrige Zu
stand, der Anlaß zur Klage gegeben hat, bestanden hat. weiteres bejaht.
I hat dies ohne
Es ist hierbei aber übersehen, daß wie bei der Negatorienklage
(Gr., Bd. 32 S. 890) so auch bei der konfessorischen Klage (Gr., Bd. 27 S. 893)
der
Anspruch
auf
Schadensersatz gemäß
den
allgemeinen
Vor
schriften über Schadensersatz durch eine Verschuldung desjenigen, der einem
fremden dinglichen Recht zuwider gehandelt hat, bedingt ist.
Die Frage ist
hiernach dahin zu stellen, ob Bekl. dadurch ein vertretbares Verschulden be
gangen hat, daß er die bei seinem Erwerb auf dem belasteten Grundstück vor gefundenen Baulichkeiten hat weiter bestehen lassen.
Diese Frage ist zu ver
neinen, da er nach Lage der Umstände, namentlich da sie schon seit 12 Jahren bestanden hatten, wohl annehmen durfte, daß Kl. seine Genehmigung hierzu
erteilt habe (vgl. Dernburg, 5. Ausl., Bd. I S. 612/613, Note 14.
Seine
Gutgläubigkeit ist aber durch die Aufforderung des Kl. zur Entfernung der
Es war nunmehr seine Pflicht, diese alsbald abzubrechen.
Gebäude beseitigt.
588. I. 705/81 v. 29. 3. 1881. E. Bd. 6 Nr. 61 S. 217. Seuff. Bd. 38 Nr. 7 S. 11 (Frankfurt a. M.).
Die Verurteilung zum Schadensersätze entspricht den Gesetzen, soweit sie sich auf die Zeit seit der Klagerhebung bezieht, welche nach CPO. in dieser
Beziehung an die Stelle der Litiskontestation getreten ist.
Daß der mit der Negatoria Belangte soweit auf das Interesse des Kl. zu verurteilen ist, rechtfertigt sich für die Zeit nach dem Urteile damit, daß
der Bell, dem Urteile nicht Genüge leistet, für die Zeit des Prozesses ent
spricht es dem allgemeinen Grundsätze, daß der siegreiche Kl. durch das Urteil dasjenige erhalten soll, was er gehabt haben würde, wenn im Augenblicke der
Litiskontestation das Urteil hätte erfolgen können.
Der Prozeß geht insoweit,
als dieser Grundsatz durchgeführt ist, auf Gefahr des Bekl.
Dagegen darf nicht mit der Negatoria schlechthin, auch für die Zeit vor der Klagerhebung das Interesse des Kl., welches er daran hatte, daß sein
Eigentum nicht verletzt wurde,
gefordert werden;
gemeinen Rechtsprinzipien widersprechen.
denn es würde dies all
Die Negatoria ist auch da begründet,
wo das Eigentum durch ein lediglich objektives Unrecht verletzt wird.
Der
Umstand aber, daß jemand durch seine Handlung objektiv ein fremdes Recht verletzt, begründet wohl einen Anspruch auf Beseitigung des Fortbestandes dieses objektiv widerrechtlichen Verhaltens, er reicht aber nicht aus, um eine Ver
pflichtung des Urhebers jener Verletzung zum Schadensersätze zu begründen —
Jhering, Das Schuldmoment S. 6 ff. —, es muß dazu ein weiterer Rechts grund hinzutreten, sei es eine subjektive Verschuldung des Schadensstifters, sei
es ein Vertrag etwa des Inhaltes, daß die von ihm beabsichtigte Handlung auf seine Gefahr gehe, sei es ein anderer Grund, welcher diesen Übergang der
Gefahr auf den Handelnden rechtfertigt u. bergt Nun wird sich in vielen Fällen, wenn gegen den Urheber der Verletzung negatorisch geklagt wird, das Moment der Verschuldung aus der Erzählung
des tatsächlichen Vorganges ergeben, durch welche die Verletzung begründet ist, so daß beim Mangel der Darlegung entschuldigender Momente die bewußte oder
fahrlässige Rechtswidrigkeit ohne weiteres festzustellen ist.
Allein im vorliegen
den Falle handelt es sich um die bisher sehr bestrittene Frage, wieweit der Grundeigentümer gegen den Nachbar wegen eines Lärm und Erschütterung er
zeugenden Gewerbebetriebes den Anspruch auf Abänderung der entsprechenden
Vorrichtungen hat.
In dem landgerichtlichen Urteile ist bezeugt, daß dieselbe
in Franffurt a. M. früher konstant verneinend entschieden worden ist; dazu
kommt, daß der Bekl. die Konzession zu seiner Anlage mit Genehmigung der
Kl. erhalten hat.
Unter solchen Umständen läßt sich daraus, daß, wie nunmehr
Ansprüche aus dem Eigentums.
3. Abschn. Tit. 4.
§§ 985ff.
407
in diesem Prozesse erkannt ist, die Anlage des Bell, objektiv das Recht der Kl. verletzt, nicht ohne weiteres ableiten, daß die Verletzung auch dem Bekl. als Schuld anzurechnen sei.
Andere Tatsachen, aus welchen sich die Haftung
des Bekl. für den Schadensersatz ergeben könnte, sind nicht behauptet. 589. Urteilssassung.
III. 186/97 v. 19. 11. 1897. Vgl. bei §§ 906 ff.
E. Bd. 40 Nr 49 S. 183 (Braunschweig).
Zunächst ist der Eigentümer nicht verpflichtet, das Eindringen übermäßiger belästigender Immissionen,
namentlich auch von Ruß und Flugasche, aus den
Nachbargrundstücken zu dulden; er kann mit der Negatorienklage aus die Unter lassung übermäßiger Immissionen klagen, und der Richter kann in dieser Fassung
verurteilen,
wie der Revision zuzugeben ist, eine große Un
obgleich darin,
bestimmtheit liegt.
Diese im Urteile zu beseitigen, ist jedoch nicht möglich; denn
die Unbestimmtheit liegt nicht allein darin, daß je nach dem Zusammenwohnen der Menschen und den in den verschiedenen Ortschaften vorherrschenden Be
schäftigungen, je nachdem ein landwirtschaftlicher, oder ein industrieller Bezirk in Frage steht, das Maß der nach Billigkeit zu ertragenden und andererseits der übermäßigen Belästigungen ein verschiedenes sein wird, sondern durch Worte
ist im voraus eine feste Begrenzung in der Urteilssormel überhaupt nicht zu
geben.
Vielmehr
wird
stets
einzelnen Fällen,
also
in
nur in den in der Zukunft etwa eintretenden
der Zwangsvollstreckung,
geprüft
und entschieden
werden können, ob die konkrete Belästigung als eine übermäßige im Sinne des
erlassenen Urteiles anzusehen ist. Verpflichtung zur Duldung (§ 1004 Ms. 2).
590. V. 59/91 v. 9. 5. 1891.
IW. 1891 S. 396 Nr. 35.
Vgl. Art. 124 EG.
Für den negatorischen Anspruch aus der Immission ist es gleichgültig, ob die Fenster mit oder ohne Einwilligung angelegt sind.
Da die Fenster (sowohl
nach § 137 Tl. 1 Tit. 8 des ALR. als auch beiläufig nach § 1 Tit. IV der Berliner Observanzen) bestimmt sind, Licht und Luft zu gewähren, so wird der
Nachbar, der sich dieselben auf Grund des Gesetzes oder über das Maß des
Gesetzes hinaus gefallen läßt, dadurch nicht verpflichtet, sich die Immissionen gefallen zu lassen,
die ihren Weg durch jene Fenster nehmen, insbesondere
nicht gehindert, solche Maßregeln zum Schutz gegen die Immissionen zu erwirken,
wie sie der BR. angeordnet hat. 591. in. 18/90 v. 22. 4. 1890.
Hatte der Bekl. das
IW. 1890 S. 182 Nr. 18. an
sein Wohnhaus angrenzende Grundstück zum
Zwecke einer gewerblichen Anlage verkauft, welche die Errichtung eines Dampf
hammers regelmäßig
mit sich bringt, so mochte daraus seine Verpflichtung
hergeleitet werden, sich diejenigen Unannehmlichkeiten gefallen zu lassen, welche
ein solcher Geschäftsbetrieb für bewohnte Nachbargrundstücke zur unvermeidlichen Folge hat.
Keinesfalls ist aber aus dem ihm bekannten Zwecke des Ankaufes
seines bisherigen Grundstücks seine Einwilligung dazu herzuleiten, daß dort ein Dampfhammer von
derartiger Konstruktion und
in so
unmittelbarer Nähe
seines Wohngebäudes erbaut werde, daß letzteres durch dessen Betrieb in seiner Substanz geschädigt, und die Möglichkeit angemessener Vermietung infolge fort gesetzter heftiger Erschütterungen ausgeschlossen werde.
Hier handelt es sich um
eine gegen den Widerspruch des Kl. mit obrigkeitlicher Genehmigung erfolgte
neue Anlage eines Dampfhammers seitens des Bekl., welche für den Kl. die gedachten nachteiligen Folgen herbeigeführt hat, und ist dagegen die erhobene
negatorische Klage innerhalb der gesetzlichen Grenzen des § 26 StrPO. mit
Recht gerichtet und als begründet anerkannt. 592. Eigentumsbeweis bei Besitz eines Sparkaffenbuches (§ 1006).
IV. 240/96 v. 28. 1. 1897. IW. 1897 S. 176 Nr. 39. Da das Sparkassenbuch unstreitig auf den Namen der Frau T., der Erb
lasserin der Bekl. geschrieben war, sich auch zur Zeit des Todes der Frau T.
in deren Nachlaß befunden hat, so geht das BG. unter Bezugnahme auf die (sich aus den §§ 18, 179 des ALR. Tl. I Tit. 7 ergebende) Vermutung für
die Redlichkeit und Rechtmäßigkeit des Besitzes mit Recht davon aus, daß die Kl. das Eigentumsrecht ihres Erblassers, des Ehemannes T., an dem Spar
kassenbuch zu beweisen haben.
Dieser Auffassung steht auch nicht das reichsgerichtl.
U. E. Bd. 11 S. 241 (s. o.) entgegen.
Denn wenn
daselbst ausgeführt ist,
es sei für die Eigentumsfrage der Umstand, daß ein Sparkassenbuch auf den Namen eines anderen geschrieben worden, als desjenigen, welcher die darin
verbrieften Einzahlungen geleistet hat, an sich nicht entscheidend, so befindet sich
hiermit, ganz abgesehen von der Verschiedenheit des damals entschiedenen gemein rechtlichen Falles, die Annahme des BG. nicht in Widerspruch.
Dasselbe er
achtet es an sich nicht für ausgeschlossen, daß das Sparkassenbuch, obgleich es
auf den Namen der Ehefrau T. geschrieben war, dennoch dem Ehemann T. bis zu seinem Tode gehörte, es regelt vielmehr nur die Beweislast, und zwar
nach Lage der Umstände mit Recht, dahin, daß diese den Kl. obliege.
Titel 5.
Miteigentum (§§ 1008 ff.). Vgl. Nr. 536.
593. Confessoria von Miteigentümern (§ 1011).
V. 148/85 v. 18. 11. 1885.
IW. 1886 S. 25 Nr. 62.
Den Miteigentümern eines Grundstückes ist es gestattet, das einem jeden
von ihnen zustehende Recht auf Benutzung einer mit dem Grundstücke ver
bundenen Servitut als Sonderrecht ohne Zuziehung der anderen Miteigentümer konfessorisch geltend zu machen.
4. Abschnitt. Erbbaurecht (§§ 1012 ff.). 594. Erbbaurecht auf beliebigen Widerruf.
III. 358/97 v. 18. 3. 1898.
Senfs. 53 Nr. 216 (Thür. S.t
Die Rev. bestreitet wegen des Widerrufsrechtes das Vorhandensein eines dinglichen (Erbbau-) Rechtes.
Die Frage, ob der Eigentümer ein dingliches
Recht habe begründen wollen, entscheide sich allein danach, ob er sich in einer
ihn selbst und jeden späteren Eigentümer bindenden Weise der Einwirkung auf das begründete Recht habe entschlagen wollen; wie eine Grnndgerechtigkeit, die jederzeit durch den Willen des Eigentümers des belasteten Grundstücks wider
rufen werden könnte, ein rechtliches Unding sein würde, so sei auch ein superfiziarisches Recht an einem Gebäude, dessen Niederlegung der Eigentümer der
Grundstücke jederzeit ohne Entschädigung verlangen könne, rechtlich nicht möglich. Diesen Erwägungen
kann nicht beigetreten werden.
Der Vergleich mit der
Prädialservitut spricht nicht für sondern gegen die Rev.
Ursprünglich waren
allerdings bei Prädialservituten weder Zeitbestimmungen noch Befristungen zu gelassen, weil die Servitut bestimmt war, den Interessen eines anderen Grund stücks dauernd zu dienen; das spätere r. R. hat aber nach fr. 4 pr. de serv. 8. 1. solche Überbestimmungen und selbst die Klausel quamdiu volam zugelassen.
Ist nun in der Doktrin einstimmig anerkannt, daß eine superficies unter Befristung und auflösender Bedingung begründet werden kann, so fehlt es an einem ausreichenden Grunde, der Überbestimmung quamdiu volam die Geltung
zu versagen oder wegen dieser Bestimmung dem Rechtsverhältnisse die Dinglich keit abzusprechen. oder
Entscheidend kaun immer nur der Wille der Kontrahenten
des Testators sein.
Ist dieser auf Begründung
dinglichen) und ver
erblichen und veräußerlichen Rechts, auf eigentumsgleiche Benutzung eines aus
fremdem Boden stehenden Gebäudes gerichtet, so kann dem Umstande, daß der Eigentümer den Widerruf Vorbehalten hat, nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß dadurch das gewollte Recht nicht zustande komme und die Ver
leihung
trotz
des
entgegenstehenden
Willens der
Kontrahenten
oder
des
Testators nur als precarium bestehe.
5. Abschnitt. Dienstbarkeiten. Titel 1: Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 ff.). 595. Nenrini res sna servil. V. 266/83 v. 6. 12. 1883.
IW. 1884 S. 61 Nr. 63.
Vgl. aber Nr. 521.
Der Eigentümer zweier Grundstücke kann für das eine Grundstück auf
dem andern eine Servitut bestellen, wenn auch nur mit der Wirkung, daß
dieselbe erst mit der Aufhebung der Personalunion ins Leben tritt, und den
das verpflichtete Grundstück mit der Belastung
erwerbenden Besitzer ihrem
Inhalte gemäß verbindet, vgl. Strieth. A. 39 S. 288.
596. V. 334/84 v. 15. 4. 1885. IW. 1885 S. 198 Nr. 25.
Man muß davon ausgehen, daß der Eigentümer zweier Grundstücke, wenn
er das eine in der Weise nützt, daß es den Zwecken des andern dient, nur das Wenn jedoch in solchem
ihm als Eigentümer zustehende Gebrauchsrecht ausübt.
Falle das dienende Grundstück in andere Hände übergeht, so nimmt die kon stante Judikatur sowohl des gern, als des preuß. Rechts an, daß es eines neuen Akts behufs der Begr. einer Grundgercchtigkeit nicht bedarf, sofern der
Veräußerer und der Erwerber gewollt haben, daß die bisherige Benutzungsart Das früher tatsächliche Ver
des dienenden Grundstücks fortbestehen sollte.
hältnis verwandelt sich alsdann in ein rechtliches, der Gebrauch des Eigen tümers geht in eine Grundgerechtigkeit über.
Einer besonderen Manifestierung
des Willens bei dem Vertragsschluß (bezügl. der Subhastation) bedarf es nicht.
War der Wille des Eigentümers beider Grundstücke,
daß die Parzelle des
Kl. zu Gunsten des Brauereigrundstücks die Röhrenleitung aufnehmen sollte, schon früher gefaßt und betätigt, und war eine Änderung bis zu der
Veräußerung (Subhastation) hierin nicht eingetreten, so ging das Grundstück
des
Kl.
mit
worfen war,
derjenigen
Beschränkung, welcher
es
bisher
tatsächlich unter
nunmehr als Grundgerechtigkeit belastet in das Eigentum des
Kl. oder seines Vorbesitzers über.
Ob dem Erwerber desselben die Einrichtungen
zur Ausübung der Gerechtigkeit speziell bekannt waren, erscheint ohne Bedeutung.
Er erwarb es
mit
aus der
den
bisherigen
Benutzungsart folgenden Be
schränkungen. 597. V. 5/88 v. 14. 3.1888.
IW. 1888 S. 190 Nr. 43.
Der BR. geht von der richtigen Rechtsanschauung aus, daß im Zweifel eine Grundgerechtigkeit auch schon dann als bewilligt gilt, wenn ein Grundstück so veräußert wird, wie es besessen und benutzt wurde, falls der Veräußerer
bisher zu dessen Bewirtschaftung ein zweites ihm gehöriges Grundstück namentlich mittels dauernder Anlagen in Anspruch genommen hatte.
(Dernburg, Bd. 4
S. 755 4. Ausl.; vgl. Entsch. des RG. Bd. 13 S. 251.) 598. V. 278/90 v. 25. 2.1891.
IW. 1891 S. 213 Nr. 49.
Das RG. hat (U. v. 15. April 1885, Entsch. Bd. 13 S. 249) folgende
Sätze ausgesprochen: Der Eigentümer zweier Grundstücke übt nur das ihm als
Eigentümer zustehende Gebrauchsrecht aus, wenn er das eine in der Weise nutzt, daß es den Zwecken des anderen dient.
Wenn jedoch in solchem Falle
das dienende Grundstück in andere Hände übergeht, so bedarf es eines neuen
Aktes behufs Begr. einer Grundgerechtigkeit nicht, sofern der Veräußerer und der Erwerber gewollt haben, daß die bisherige Benutzungsart des dienenden
Grundstücks fortbestehen sollte.
Das früher tatsächliche Verhältnis verwandelt
sich alsdann in ein rechtliches, der Gebrauch des Eigentümers geht in eine Grundgerechtigkeit über.
Einer besonderen Manifestierung des Willens beim
5. Abschn. Tit. V
Grunddienstbarkeiten.
§§ (0(8 ff.
Vertragsschlusse bezw. der Subhastation bedarf es nicht.
411
War der Wille des
Eigentümers beider Grundstücke, daß das eine derselben dem andern in be stimmter Weise dienen sollte, schon früher gefaßt und betätigt, und war eine Änderung bis zur Subhastation hierin nicht eingetreten, so geht das subhastierte
Grundstück mit derjenigen Beschränkung, welcher es bisher tatsächlich unter worfen war, nunmehr als mit einer Grundgerechtigkeit belastet in das Eigentum
des Erstehers über.
Ob dem letzteren die Einrichtungen zur Ausübung der
Gerechtigkeit speziell bekannt waren, erscheint ohne Bedeutung.
Er erwirbt das
Grundstück mit den aus der bisherigen Benutzungsart folgenden Beschränkungen.
... Das RG. findet umsoweniger Veranlassung, von jener Entscheidung wieder abzugehen, als es damit keineswegs einen Schritt weiter gegangen ist, als das
preuß. OTrib., sondern lediglich die von letzterem für freiwillige Verkäufe ge fundenen Sätze auf die Zwangsversteigerung übertragen hat, als aber diese Übertragung auch im Interesse der Sicherheit des Verkehrs geboten erscheint.
599. Rachbarschaftserfordernis. III. v. 3. 3.1882.
Seuff. Bd. 37 Nr. 296 S. 405 (Kassel).
BG. hat den Schafhaltern der kl. Gemeinde das Recht zugesprochen, ihre
Schafe zum Zweck der Wüsche in den Hirschhagener Teichen über die Grund stücke des Bekl. zu treiben.
Nach den vorliegenden lokalen Verhältnissen ist
die Ausübung dieses Rechts nicht möglich, ohne das in Mitte liegende Stück c
des Forstorts Steinbach in Anspruch zu nehmen; ein Servitutenrechl auf dieses letztere Grundstück ist aber von Kl. in dem gegenwärtigen Prozeß nicht recht zeitig geltend gemacht.
Nichtsdestoweniger hat BG. nicht gegen die für Grund
dienstbarkeiten maßgebenden Rechtssätze verstoßen, indem er den Anspruch der
Kl. in demjenigen Umfange, in welchem er zur Zeit erhoben ist, als ein durch
Verjährung erworbenes Recht anerkannte.
Das Erfordernis der sog. Vicinitüt
bei Prädialservituten ist kein absolutes, kein derartiges, daß ein unmittelbares Nebeneinanderliegen oder ein fortgesetztes privatrechtliches Durchgangsrecht vor
auszusetzen wäre; es genügt, wenn solche räumliche Verhältnisse bestehen, daß
das eine Grundstück zu Gunsten des anderen benutzt werden kann, wenn also nicht zur Zeit des gerichtlichen Erkenntnisses über die Servitut die Beschaffenheit
des zwischenliegenden Grundstücks eine Unmöglichkeit ihrer Ausübung begründet.
600. Bestimmung des Umfangs. I. v. 24. 3. 1880.
Seuff. Bd. 36 Nr. 13 S. 20 (Bremen, Hamburg).
Es handelt sich nicht um eine der Bekl. persönlich eingeräumte Berechtigung, sondern um eine Realservitut, nämlich um die dem zur Zeit der Bekl. gehörigen Grundstück Nr. 210b gegenüber dem kl. Grundstück Nr. 210a zustehende Durch
fahrtsgerechtigkeit.
Maßgebend für den Inhalt und den Umfang dieser Ge
rechtigkeit ist daher nach bestimmten Rechtsgrundsätzen nicht etwa das lediglich
persönliche Interesse des jedesmaligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks,
sondern vielmehr das Bedürfnis des letzteren, d. h. seines Eigentümers als solchen, nicht auch als Eigentümers anderer Grundstücke oder wegen sonstiger
persönlicher Verhältnisse. Geht nun hiernach die auf dem Grundstück Nr. 210 a ruhende Servitut
nicht über das sich aus dem Bedürfnis des herrschenden Grundstücks Nr. 210b ergebende Maß hinaus, so wird dieses Bedürfnis allerdings ein verschiedenes
sein, je nachdem man das Grundstück Nr. 210b als ein für sich bestehendes
selbständiges Ganzes oder als bloßes Zubehör eines andern Grundstücks oder als Bestandteil eines größeren Grundstücks betrachtet.
Es wäre also an sich
rechtlich möglich, daß bei Bestellung der Servitut der Wille der Beteiligten
auch, ja vielleicht vorzugsweise, dahin gegangen sei, indirekt dem anstoßenden Grundstück Nr. 204 den Vorteil einer Fahrverbindung mit der Osterstraße über
die Grundstücke Nr. 210b und Nr. 210a zu verschaffen, d. h. das Interesse
des Grundstücks Nr. 204 mit dem Interesse
des
herrschenden
Grundstücks
Nr. 210b zu identifizieren und den Inhalt sowie das Maß der Ausübung der Servitut demgemäß stillschweigend zu erweitern. Dies als gewollt anzunehmen genügen aber die Örtlichkeit und die sonstigen Umstände keineswegs.
601. Realgewerbelast zu Gunsten des Fiskus. Gastwirtschastsbetrieb. V. 293/98 v. 18. 2. 1891.
Seusf. Sb. 54 Nr. 171 (Landr. ©.).
Vgl. Nr. 101 ff. u. § 1090. Aus dem Grundstück des Bekl. ist die von feinem Vorbesitzer übernommene Verpflichtung
eingetragen, „daß bet Eigentümer in dem Hause Gast- ober Schaukwirtschasl nur mit Ge nehmigung des Kgl. Bergsiskus betreiben bars".
Bergfiskus klagt aus Untersagung von Zu-
wiberhanblungen re.; Bekl. wendet ein, die eingetragene Belastung sei nach §§ 1, 10 Gew.O. ungültig, da sie nicht bloß auf seinem Grundstück, sondern noch aus 49 anderen Grundstücken derselben Gemeinde haste und einen unzulässigen Eingriff in die Jndividualsreiheit darstelle. Der Einwand ist in allen Jnstauze» verworfen. A. d. Gr.:
Rev. rügt, daß BG. es unterlassen habe, die Einwendung des Bekl. unter
dem in den U. v. 14., 17. 12. 1897 IW. 1898 S. 77, 78 Nr. 41, 42 zur Geltung gebrachten Gesichtspunkte zu prüfen, daß die durch die streitige Be
lastung herbeigeführte Beschränkung der
wirtschaftlichen
Tätigkeit dergestalt,
namentlich nach Zeit und Ort übermäßig sei, daß durch sie die Erwerbsfreiheit des Belasteten
als
aufgehoben
angesehen werden
muß.
Der Angriff
geht
fehl... die Erwägung, daß das räumliche Gebiet, auf welches sich das Unter sagungsrecht des Kl. erstreckt, ein verhältnismäßig kleines sei und daß daher für die Entfaltung
erwerbender Tätigkeit burd) Ausübung der Gast- und
Schankwirtschast dem Bekl. genügender Spielraum verbleibe, erscheint völlig
ausreichend, zumal da es sich um eine Beschränkung der Gewerbebetriebsfreiheit handelt, der nicht wie bei den kaufm. Konkurrenzverboten eine bestimmte Person als solche unterworfen ist, die sich vielmehr an den Besitz eines Grundstücks
knüpft.
Daß aber jemand unter Umständen ein sehr berechtigtes Interesse
daran haben kann, von einem bestimmten Grundstück einen
bestimmten Ge-
5. Abschn.
Tit. (.
§§ (0(8 ff.
Grunddienstbarkeiten.
413
Werbebetrieb fern zu halten, liegt ebenso auf der Hand, wie, daß eine zum Schutz eines solchen Interesses getroffene Vereinbarung nicht in das Prinzip
der Gewerbefreiheit eingreift, da sie das Recht des anderen Kontrahenten, außer halb seines Grundstücks tätig zu sein, völlig unberührt läßt. 602. Zu Gunsten ganzer Territorien.
III. 638/80 v. 23. 11. 1880. (Gotha, Jena). Vgl. § 1105.
E. Bd. 4 Nr. 38 S. >31.
Seuff. Bd. 37 Nr. 9 S. 14
Was sodann die Verpflichtung zur Übernahme einer Röhrenleitung auf das erkaufte Areal anlangt, so wird durch den Vertrag allerdings ein bestimmtes einzelnes Grundstück des Kl. nicht bezeichnet, zu dessen Gunsten die Leitung
dienen soll, vielmehr als Ziel nur im allgemeinen der Ort Elgersburg an
gegeben.
Dies muß indessen zur Begründung einer Servitut genügen.
Denn
wie das deutsche Recht überhaupt die Möglichkeit zur Bestellung von länd lichen Grunddienstbarkeiten mit mannigfaltigerem Inhalt und in weiterem Um fang anerkennt als das r. R., so hat es namentlich nicht schlechthin festgehalten
an dem Erfordernis, daß die Dienstbarkeit lediglich zum Nutzen eines bestimmten
einzelnen Grundstückes bestellt werden könne, läßt sie vielmehr in mannigfachen Anwendungen
(namentlich
bei Beholzigungsrechten, Weide-
und Hutgerecht
samen rc.) auch zu Gunsten ganzer territorialer oder personaler Kreise zu, wofern nur das durch die Servitut zu befriedigende Bedürfnis könkret begrenzt ist und den Charakter der Dauer (perpetua causa)
trägt.
Von diesem Ge
sichtspunkt aus ist auch dem Abkommen, welches hier in Frage steht, die recht
liche Anerkennung nicht zu versagen. 603. Zu Gunsten einer Stadtgemeinde.
III. 299/90 v. 20. 3. 1891.
IW. 1891 S. 254 Nr. 27 (Celle).
Nach den Feststellungen des BG. wurde durch den in das Grundbuch ein getragenen Revers vom 8. März 1876 dem zu stimmenden Magistrat der Stadt Hannover eine Servitut des Inhalts bestellt, daß jedermann den fraglichen Weg benutzen könne, jedoch nur zum Zweck des Zuganges von der Joseph straße ab zu den betreffenden Grundstücken der Mitkontrahenten, insbesondere
nicht, um auf diesem Wege zu dem Grundstücke Langelaube 12 zu gelangen,
daß die Bestellung einer solchen Servitut zulässig, ist bereits vom III. CS.
(U. v. 6. Okt. 1885, Entsch. Bd. 15 S. 214/) auf dessen Ausführungen lediglich verwiesen werden kann, ausgesprochen. 604. Z« Gunsten einet Eisenbahn. VI. 356/95 v. 24. 2.1896. Gr. Bd. 40 S. 40 S. 1006 Nr. 89 (Berlin). Bgl. Art. 105 ff., Gew.U. § 26.
Kl. (der auf Ersatz von Brandschaden infolge von Funkenauswurf einer
vorbeifahrenden Lokomotive klagt) hat für sich und seine Besitznachfolger gegen*) Das Citat ist unzutreffend!
die Verpflichtung übernommen, sich die Be
über dem bekl. Eisenbahnfiskus
lästigung und Gefährdung durch den Funkenauswurf aus den vorbeifahrenden Lokomotiven und
gefallen
Gefährdungen
lassen.
zu
enthalten
Danach
mehr
nicht
einen
stücke bestehenden Eigentumsrechte.
Eingriff in
derartige Belästigungen
die an dem kl. Grund
Es ist nicht abzusehen, weshalb eine der
artige Verpflichtung nicht als Grundgerechtigkeit oder Servitut für ein Grund stück sollte konstituiert werden können.
herrschenden Grundstück.
Rev. meint, es fehle hier an einem
Das herrschende Grundstück ist der Eisenbahnkörper.
Hiergegen wird eingewandt, Bekl. habe sich die Rechte in der Vereinbarung der Parteien für den Eisenbahnbetrieb und nicht für das Eisenbahnplanum ein räumen lassen.
Allein es steht der Bestellung einer Grundgerechtigkeit oder
Servitut für den auf einem andern Grundstücke stattfindenden Gewerbebetrieb
ein rechtliches Hindernis nicht entgegen; auch in einem solchen Falle gereicht die Gerechtigkeit zum Nutzen des herrschenden Grundstücks.
Hier ist die Grund
gerechtigkeit oder Servitut für den Eisenbahnbetrieb bestellt, welcher auf dem in der Nähe des klägerischen Gehöfts liegenden Eisenbahnplanum stattfindet. Die Nutzbarkeit dieses Eisenbahnplanums wird dadurch erhöht.
Dasselbe ist
also, soweit es sich um die Grundgerechtigkeit handelt,
als das herrschende
Grundstück in Verhältnis zu den klägerischen anzusehen.
Kl. hätte allerdings
auf die Beseitigung der mit dem Eisenbahnbetrieb verbundenen Eingriffe in
klagen können.
seine Eigentumsrechte
nicht
aus
Grunde
warum
diesem
die Bestellung
Allein es ist nicht
einer
einzusehen,
Grundgerechtigkeit
aus
geschlossen sein könnte, nach welcher diese Eingriffe den rechtswidrigen Charakter verlieren, den sie insoweit haben, als
dadurch Privatrechte verletzt werden.
Die praktische Bedeutung der Grundgerechtigkeit besteht dann in dem Verzicht auf Ersatz
des durch
die
Einwirkungen
des
Eisenbahnbetriebs
entstehenden
Schadens.
605. Waldservitute« und Forstkultur. III. 12/93 v. 21. 4.1893. E. Bd. 31 Nr. 37 S. 178 (Darmstadt). Vgl. Art. 55 EG. BG. geht davon aus, daß alle an Waldungen bestehenden Dienstbarkeiten
in ihrer Ausübung den Forstordnungen und der Forsthoheit unterworfen seien,
daß sich der Berechtigte zwar forstwirtschaftlich und forstpolizeilich notwendige
Beschränkungen gefallen lassen müsse, daß dagegen willkürliche auf dauernde Entziehung der Gerechtsame abzielende Maßregeln ausgeschlossen seien, und daß bei der
Entscheidung
über
die
Zulässigkeit
etwaiger
Einschränkungen
der
Nutzungsbefugnisse des Servitutberechtigten nicht das Belieben des Waldeigen tümers ausschlaggebend sei.
führung,
daß bei
Hiergegen wendet sich die Revision mit der Aus
Kollisionen
zwischen Waldservituten und
Forstkultur die
Befugnisse des Waldeigentümers denjenigen des Servitutberechtigten vorgingen,
daß es mindestens dem billigen Ermessen des ersteren anheimgestellt bleiben müsse, die Art der Ausübung der servitutischen Rechte nach der Leistungs-
fähigkeit des belasteten Waldes zu regeln und als zweckmäßig erkannte Betriebs
änderungen vorzunehmen. Dieser Angriff ist nicht begründet.
Vom Standpunkte des (gemeinen deutschen Privatrechts) sBGB.j aus ist
der Waldeigentümer durch das Bestehen eines Beholzungsrechtes an der Vor nahme zweckmäßiger Forstkulturen nicht gehindert, sofern diese zur Erhaltung
des Waldes dienen.
Es liegt in der Natur der Sache und ergibt sich aus
Gründen des öffentlichen Wohles, daß das Waldeigentum wirtschaftlich behandelt werden muß.
Deshalb ist jede auf dem Walde haftende Dienstbarkeit solchen
Einschränkungen unterworfen, welche einerseits mit der Ausübung der Servitut
verträglich sind und andererseits dem Waldeigentümer einen billigen Nutzen
belassen.
Entsteht aber Streit über die Grenzen der beiderseitigen Befugnisse,
so kann deren Ausgleichung nicht dem Ermessen des Waldeigentümers anheim
gestellt werden; es hat vielmehr
hierüber in der nämlichen Weise, wie hin
sichtlich anderer Privatrechte, der Richter zu befinden.
Wenn die Rev. darauf
hinweist, daß dem Waldeigentümer mindestens die Befugnis zugestanden werden
müsse, den Nutzungsberechtigten wegen der Einhegung der streitigen Wald distrikte durch Öffnung anderer gleichartiger schadlos zu halten, BG. daher mit
Unrecht der hierauf gestützten Einrede des Bekl. Beachtung versagt habe, so ist
auch dieser Ausführung nicht beizutreten.
Da der ganze Waldkomplex des
Forstrevieres S. servitutpflichtig ist, so braucht sich die klagende Gemeinde
keine Entziehung einzelner Teile desselben gefallen zu lassen, sobald die Voraus setzungen zur Ausübung ihres Rechtsbesitzes überhaupt gegeben sind. 606. Kellerrecht.
m. 406/81 v. 17. 3.1881.
E. Bd. 4 Nr. 40 S. 135.
Vgl. EG. Art. 115, 124.
Der RevKl. hat ohne Grund bestritten, daß das sogenannte Kellerrecht
überhaupt der Inhalt einer städtischen Prädialservitut abgeben könne.
Zwar ist
anzuerkennen, daß eine Prädialservitut, welche ihrer Natur nach zeitlich un
begrenzt ist, nicht auch ihrem Umfange nach so unbegrenzt konstituiert werden kann, daß sie das Eigentum selbst ganz oder nahezu erschöpft.
Hiervon ist
aber auch bei dem Kellerrecht nicht die Rede, wenn man nur im Auge behält,
daß es sich nicht um Bestellung einer Servitut an dem Kellerraum, sondern um eine Servitut an dem ganzen Hausgrundstücke handelt und es immer
nur ein verhältnismäßig geringer Teil dieses letzteren ist, um dessen mehr oder weniger umfangreiche Ausnutzung es sich fragt.
607. Unteilbarkeit der Grunddienstbarkeit (§§ 1025, 1026).
III. 281/85 v. 19. 3.1886. IW. 1886 S. 152 Nr. 29 (G-m. R.). Das Prinzip der Unteilbarkeit von Servituten hat nur den Sinn, daß
ein Bruchteil einer Servitut nicht existieren, also auch weder erworben noch verloren werden kann, auch nicht durch Teilung des herrschenden oder dienenden
Grundstücks.
Nicht aber auch bedeutet sie, daß nicht auch ein Teil des dienenden
Grundstücks von der ganzen Servitut entlastet werden könnte, sei es in der
Hand des bisherigen Eigentümers, sei es nach teilweiser Veräußerung in der
Hand des Erwerbers, noch hat sie den Sinn, daß nicht einzelne in der Gerecht
same liegende Befugnisse aufgegeben und die Servitut auf die übrigen beschränkt werden könnte. 608. Änderung der Benutzungsweise. IV. 4/89 v. 15. 3.1889.
IW. 1889 S. 175 Nr. 29 (Sem. R.).
Die Prädialservitut will das Bedürfnis des herrschenden Grundstücks be friedigen, wird daher der Regel nach für die Dauer geschaffen; eine Änderung der Benutzungsweise
hat mithin auf den
der Servitut keinen
Fortbestand
Einfluß, wenn nicht nachgewiesen werden kann,
daß die Servitut nur mit
Rücksicht auf die zur Zeit der Bestellung stattgefundene Benutzung und nur für diese Benutzung geschaffen worden ist. 609. Actio confessoria.
Wegegerrchtigkkit.
V. 132/94 v. 17. 10. 1894.
Gr. Bd. 40 S. 828 Nr. 47 (Berlin).
Es ist rechtsirrtümlich, wenn BG. den Satz aufstellt, daß es zur Be
gründung eines Untersagungsrechts (des Wegeberechtigten gegen die Benutzung des Weges durch andere) nicht des Nachweises der Ausschließlichkeit des Wege
rechts bedarf; es liegt vielmehr in der Natur des Wegerechts, daß gleiche Rechte verschiedenen Berechtigten eingeräumt werden können, ohne daß diese sich gegen
seitig in der Ausübung hindern .. . G. sagt zwar weiter: „Und auch tatsächlich kann kein Zweifel sein,
daß jeder,
der den Weg
durch Gehen, Reiten oder Fahren benutzt, in das Wegerecht eingreift". Allein dieser Satz entbehrt, wenn damit gesagt sein soll, daß durch das Gehen, Reiten oder Fahren anderer Personen die Ausübung des Wegerechts seitens
der Kl. gehindert wird, der tatsächlichen Unterlage.
Es kann sich hiernach nur fragen, ob im vorliegenden Falle aus dem
Inhalt des das Wegerecht begründenden Vertrages die Ausschließlichkeit desselben
herzuleiten ist. 610. Aktivlegitimatio« einzelner Gcm.-Mitglieder zur Geltendmachung von Gem.-Servit«trn. III. 103/99 v. 19. 9. 1899. (Hannover, Celle).
E. Bd. 44 Nr. 34 S. 145.
Senfs. Bd. 55 Nr. 63
Wie RG. schon öfter (z. B. i. S. Stadt R. w. Finanzministerium in Schwerin, Rep. III 228/96) ausgesprochen hat, und
anscheinend auch BG.
nicht in Abrede nimmt, ist auch bei Gemeindeservituten zum besten der Gemeinde
angehörigen die Gemeinde selbst die berechtigte Person.
Ihr, der juristischen
Person selbst, steht das Recht zu; sie allein kann darüber verfügen, und die
Gemeindeangehörigen
üben das Recht nicht als ein zu
ihrer individuellen
5. Abschn.
Tit.
Grunddienstbarkeiten.
§§ 10(8 ff.
417
Rechtssphäre gehörendes Recht, sondern nur aus dem Rechte der Gemeinde aus. Haben aber die Gemeindeglieder kein eigenes Recht, so würde das Recht, das sie im Prozeßwege geltend machen, können.
auch nur das Recht der Gemeinde sein
Ganz abgesehen aber auch davon, daß der einzelne nicht ohne weiteres
nls Vertreter der Gemeinde angesehen werden kann, würde diese Auffassung,
daß er als Vertreter der Gemeinde handelte, folgerecht auch dahin führen, daß fein Prozeß auch für die Gemeinde Rechtskraft begründete; eine Konsequenz,
die auch von den Vertretern der hier mißbilligten Ansicht wegen ihrer prak tischen Folgen als unmöglich anerkannt wird.
Nach dem Satze: ohne Recht
keine Klage, kann daher auch bei Gemeindeservituten zu Gunsten der Gemeinde mitglieder allein die berechtigte Gemeinde selbst für die Klage als aktiv legitimiert
erachtet werden, und muß daher Kl. mangels seiner Aktivlegitimation mit der Klage abgewiesen, und die auf seinen Antrag erlassene einstweilige Verfügung
ausgehoben werden ... Über die a. conf. gegenüber Gastwirtjchaftsbetrieb vgl. Nr. 601.
611. Teilweise Freiheitserfitzung (§ 1028). III. 95/84 v. 3. 7. 1884.
E. Bd. 14 Nr. 53 S. 211 (Ulm, Stuttgart).
BG. hat die angestellte Konfessorienklage zurückgewiesen, weil der Kl. als
Besitzer des angeblich herrschenden Grundstückes alle Veranlassung gehabt hätte, auf die Entfernung des vom Bekl. errichteten Bauwesens zu dringen oder zum
mindesten sein Recht ausdrücklich zu wahren, und da er eine derartige Ein sprache während der Verjährungszeit unterließ, die ganze Dienstbarkeit durch
usucapio libertatis erloschen sei. Aber daraus, daß Kl. die Geltendmachung seines Rechtes dem errichteten
Schuppen gegenüber versäumt hat, kann nicht ohne weiteres gefolgert werden, daß ihm die ganze Dienstbarkeit verloren gegangen sei.
Sonst wäre eine teil
weise Erlöschung der Realservituten durch usucapio libertatis gar nicht denk bar, weil in jeder Handlung, die zu dieser Usukapion führen kann, eine Ver
letzung des betreffenden Servitutenrechtes zu finden ist, die den Berechtigten zur Wahrung seines Rechtes veranlassen muß.
Hier kommt in Betracht, daß, wie der Augenschein lehrt, an einer Ecke des dienenden Grundstückes auf einem Raume, welcher nur einen geringfügigen Teil des gesamten Grundstückes ausmacht, ein verhältnismäßig niedriges und unbedeutendes Bauwesen, nämlich der in Frage stehende Schuppen, errichtet worden ist, und die Verjährungszeit hindurch bestanden hat.
Sind die Voraus
setzungen einer usucapio libertatis in betreff dieses Schuppens vorhanden, sa
läßt sich darum das gleiche nicht auch in Beziehung auf den übrigen weitaus
größten Teil des Grundstückes behaupten, welcher unbebaut geblieben, jedenfalls nicht während der ganzen Berjährungszeit bebaut gewesen ist.
Die Erlöschung
des ganzen Dienstbarkeitsrechtes bezw. die Befreiung des gesamten dienenden
Grundstückes könnte in Frage kommen, wenn das letztere durchweg überbaut Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen. Bd. I.
27
oder in dasselbe hinein ein Bauwesen gestellt worden wäre, neben welchem ber
Unüberbaute Teil des Grundstückes seine Bedeutung und ein Interesse für das-
herrschende Grundstück verloren hätte.
Davon ist aber bei den vorliegenden
Verhältnissen das Gegenteil der Fall.
Titel 2. Nießbrauch (§§ 1030 ff.). 612. Überlassung der Ausübung a« einen anderen.
III. 19/86 v. 11. 5. 1886. heim, Celle).
E. Bd. 16 Nr. 20 S. 110. Seuff. Bd. 42 Nr. 20 (Hildes
Es ist der von dem LG. vertretenen Ansicht beizustimmen, daß durch den Verzicht der Ehefrau des Bell, auf ihr Nießbrauchsrecht das dem letzteren in
rechtswirksamer Weise übertragene Recht zur Ausübung dieses Nießbrauches nicht beseitigt sei.
Derjenige, welchem von dem Nießbraucher die Ausübung,
des Nießbrauches übertragen wird, erwirbt dadurch nicht bloß ein obligatorisches Recht gegen den Veräußerer des Nießbrauches, sondern ein Recht, den ihm der
Ausübung nach abgetretenen Nießbrauch kraft eigenen Rechtes geltend zu machen. Die Ausübung des Nießbrauches stellt sich als Gegenstand eines Rechtes dar, über welches selbständig verfügt werden, und welches derjenige, dem es abgetreten
ist, gegen den Eigentümer und Dritte geltend machen kann (1. 11 § 2 Dig. de
pignor. 20,1). Das abgetretene Recht auf Ausübung des Nießbrauches unterliegt aller dings den Erlöschungsgründen des Hauptrechtes, des Nießbrauchrechtes selbst. Allein es bleibt bestehen, wenn der Usufruktuar auf den Nießbrauch freiwillig
dem Eigentümer gegenüber verzichtet, da ein solcher Verzicht das abgetretene, der Dispositionsbefugnis des Usufruktuars entzogene Recht auf die Ausübung
des Nießbrauches nicht trifft, indem derjenige, welcher die Ausübung des Nieß brauches einem Dritten übertragen hat, wenn er auch seinerseits dem Eigen
tümer gegenüber sein Recht aufgeben kann, das Recht über die Ausübung des Nießbrauches anderweit zu disponieren, verloren hat. 613. Wirkung der Abtretung der Ausübung.
III. v. 6. 4 1880.
Seuff. Bd. 35 Nr. 189 S. 274 (Kassel).
Dem App.-Richter muß recht gegeben werden, daß er davon ausging, dem Kl. durch die Übertragung der Ausübung des Nießbrauchs nicht bloß ein obligatorisches, lediglich der Witwe H. gegenüber geltend zu machendes Recht
erwachsen.
Wer einem anderen die Ausübung seines Nießbrauchs einräumt,
gestattet ihm, daß er dieses Recht in seinem ganzen Umfange zum eigenen Vorteil ausübe.
Der Cessionar des Ususfrukts kann nicht nur die betreffenden
'Nutzungen ziehen, sondern er darf auch der Rechtsmittel sich bedienen, welche
zum Schutze der abgetretenen Berechtigung gegeben sind.
Darin liegt, daß der
Cessionar eines Nießbrauchs das ihm cedierte Recht seinem Cedenten als auch
dritten Personen gegenüber zur Geltung bringen kann.
Diese Konsequenz ist
5. Abschn. Dienstbarkeiten.
Tit. 2.
Nießbrauch.
§§ (030 ff.
419
in der rechtlichen Natur der Verhältnisse begründet und von den Rechtsquellen
unzweideutig anerkannt (1.11 § 2 Dig. de pignor. 20,1): War der Nießbrauch
der Witwe H. am 27. Juni 1878 in der bemerkten Weise auf den Kl. über
gegangen, so standen die Nutzungen desselben von diesem Zeitpunkte an nicht mehr der Witwe H. zu, sie konnten also auch nicht als ein ihr gehöriges
Aktivum zu Gunsten ihrer Gläubiger sequestriert oder gepfändet werden.
614. Berwirkung durch Mißbrauch? (§§ 1051 ff., 1061 ff.) III. 19/86 v. 11.5.1886. E. Bd. 16 Nr. 20 S. HO (Hildesheim, Celle). Vgl. Nr. 612.
Die Ansicht, daß der Nießbrauch bezw. das Recht auf Ausübung desselben durch Mißbrauch des Rechtes, schlechte Bewirtschaftung des Nießbrauches ver wirkt werde, ist nicht für begründet zu erachten.
615. Erlöschen des Nießbrauchs einer offenen Handels-Gesellschaft. II. 459/85 v. 28. 4. 1886.
E. Bd. 16 Nr. 1 S. 1 (Dresden).
Daß eine offene Handelsgesellschaft als solche dingliche Rechte an Grund
stücken, also auch die persönliche Dienstbarkeit des Nießbrauches erwerben kann,
ergibt sich aus der Vorschrift des § 124 HGB.
Ist der Gesellschaft ein Nieß
brauch eingeräumt, so steht er dem Gesellschaftsvermögen zu, dieses als selb
ständiges, vom Privatvermögen der Gesellschafter getrenntes Ganze gedacht, wie es nach Art. 119ff. HGB. gedacht werden muß.
Die Gesellschafter sind zwar
befugt, über das Recht zu verfügen, indessen lediglich zu Gesellschaftszwecken. Sie sind nicht Inhaber des Rechtes in dem Sinne, daß sie dasselbe, wie ein
ihnen für ihre Person zukommendes Recht handhaben, mithin zu Privatzwecken
ausüben dürften. Wenn das BG. weiter noch das Nießbrauchsrecht für die Dauer des wider die Gesellschaft anhängigen Konkursverfahrens — und mehr ist nicht zu
gesprochen — als fortbestehend betrachtet hat, so war hierin eine irrtümliche Anwendung der Vorschriften von § 131 Nr. 3 und § 145 HGB. nicht zu finden.
Der § 131 erklärt allerdings die Gesellschaft mit der Konkurseröffnung
für „aufgelöst".
Hiermit ist jedoch nicht ausgesprochen, daß von diesem Zeit
punkte ab die bereits begründeten Rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu Dritten
ohne weiteres zu bestehen aufhören.
Beschränkte persönlich» Dienstbarkeit (§§ lOSOsf.).
616.
III. 638/80 v. 23.11.1880. E. Bd. 4 Nr. 38 S. 131 (Gotha, Jena). S. o. Nr. 601. Was die ... Verpflichtung zur Übernahme einer Röhrenleitung auf das
erkaufte Areal anlangt, so wird allerdings ein bestimmtes einzelnes Grundstück nicht bezeichnet, zu dessen Gunsten die Leitung dienen soll, vielmehr als Ziel
nur im allgemeinen der Ort Elgersburg angegeben.
Begründung einer Servitut genügen.
Dies muß indessen zur
Denn ... das deutsche Recht ... hat
nicht schlechthin festgehalten an dem Erfordernis, daß die Dienstbarkeit lediglich
zum Nutzen eines bestimmten einzelnen Grundstückes bestellt werden könne, läßt 27*
Bürgerliches Gesetzbuch.
420
III. Buch.
Sachenrecht.
sie vielmehr in mannigfachen Anwendungen (namentlich bei Beholzigungsrechten, Weide- und Hutgerechtsamen rc.) auch zu Gunsten ganzer territorialer oder
personaler Kreise zu, wofern nur das durch die Servitut zu befriedigende Be dürfnis konkret begrenzt ist.
617. III. 464/81 v. 4.11.1881. E. Bd. 7 Nr. 53 S. 164 (Darmstadt). Bei der Übertragung der Baumgartenwiese an J. ist den seitherigen Eigen tümern, ihren Nachkommen und event, den übrigen Schiffern zu N. auf ewige
Zeiten das Recht eingeräumt worden, ihre Wasserfahrzeuge zum Schutze gegen den Eisgang zubringen.
unter bestimmten Modalitäten
auf
jenem Grundstücke unter
Damit ist die Servitut nicht nur hinsichtlich der Berechtigten selber,
sondern auch rücksichtlich des Umfanges der ihnen zustehenden Befugnisse genügend
begrenzt und derselben der Charakter der Dauer beigelegt. 618. Gemeinde-Servitut für das Publikum.
III. 137/85 v. 6. 10. 1885. S. 266 (Meiningen, Jena).
E. Bd. 14 Nr. 54 S. 214.
Senfs. Bd. 41 Nr. 17.3
Wie vom RG. bereits ausgesprochen ist (vgl. Entsch. Bd. 4 Nr. 38 S. 132
und Bd. 7 Nr. 53 S. 164), hat die moderne Rechtsentwickelung den römisch rechtlichen Grundsatz, daß eine Grunddienstbarkeit nur zum Besten eines be
stimmten Grundstückes bestehen kann, nicht festgehalten, vielmehr
auch
das
Bestehen einer Grunddienstbarkeit zu Gunsten eines ganzen territorialen oder
personellen Kreises zugelassen, sofern dieselbe nur die Befriedigung eines konkret begrenzten Bedürfnisses zum Gegenstände hat und den Charakter der Dauer
Hiernach kann
(perpetua causa) an sich trägt.
auch eine Gemeinde zum
Besten ihrer Gemeindeangehörigen die Inhaberin einer Servitut sein, und es kommen als Servituten, welche einer Gemeinde zustehen, nicht bloß häufig Weide- und Hutungs-, sowie Waldnutzungsgerechtigkeiten, sondern auch Wege
gerechtigkeiten, insbesondere Kirchen- und Schulwege (vgl. Seuff. A. Bd. 8
Nr. 113, Bd. 26 Nr. 4), und in dem Bd. 4 a. a. O. behandelten Falle auch
eine Wasserleitungsgerechtigkeit vor.
Kann aber einer Gemeinde eine Wege
gerechtigkeit zustehen, so kann man es auch nicht für rechtlich unstatthaft halten, daß eine Gemeinde an einer dem Zwecke des Vergnügens und der Erholung
dienenden Privatanlage (Park, Garten u. dergl.) eine Servitut des Inhaltes besitze, daß ihre Gemeindeangehörigen berechtigt seien, dieselbe zu besuchen und sich daselbst diesen Zwecken entsprechend aufzuhalten.
Wenn ferner in bem
vorliegenden Vertrage der zeitige Inhaber der dienenden Anlagen auch noch
zur gehörigen Unterhaltung derselben dinglich verpflichtet worden ist, so kann, wie gleichfalls in dem angezogenen reichsgerichtlichen Urteile bereits erkannt ist, auch die Gültigkeit einer solchen, zu einer Leistung verpflichtenden Reallast
nicht in Zweifel gezogen werden.
Nun soll freilich kraft der in Rede stehenden
Servitut das Recht zum Besuche der Schloßberganlagen nicht bloß den Ange
hörigen der klagenden Gemeinde, sondern jedermann, dem gesamten Publikum
gewährt fein, und ebenso wird jetzt von der Kl. das servitutische Recht an dem fraglichen Fahrwege dahin in Anspruch genommen, daß derselbe zum Besuche
der Anlagen von jedermann soll benutzt werden dürfen; allein auch die recht
liche Statthaftigkeit einer solchen Ausdehnung der Servitut ist nicht zu bean standen.
Denn
der
Umfang,
in
welchem
eine
einer
Gemeinde
zustehende
Servitut rechtlich zu existieren vermag, kann nur abhängen von dem Umfange des bezüglichen Interesses der Gemeinde.
Eine Gemeinde ist aber vermöge
ihres Interesses an der Hebung des Verkehres in ihrem Bezirke und der ihr
obliegenden Fürsorge für die dortigen Verkehrsanlagen aller Art auch daran interessiert, daß die in der Gemeinde verkehrenden Auswärtigen an der Be nutzung
der den
Gemeindeangehörigen
zum Gemeingebrauche
offenstehenden
Verkehrsanlagen teilnehmen dürfen . . .
7. Abschnitt. Reallasten (§§ 1105 ff.). Vgl. Art. 113 ff. EG. 619. Reallaft-Berechtigtrr.
III. 251/87 v. 31.1.1888.
IW. 1888 S. 123 Nr. 17.
Daß die einer Reallast gegenüberstehende Gerechtsame nicht vermöge recht licher Notwendigkeit mit einem herrschenden Grundstück unzertrennlich verbunden sein muß, daß sie vielmehr recht wohl einer Person, selbst einer physischen, zustehen kann, verkennen auch die Rkl. nicht und kann überhaupt nicht bezweifelt
werden.
Andererseits nehmen die Vorderrichter zu ihren Gunsten an, daß wo
Gerechtsame und Last einem meierrechtlichen Verbände ihre Entstehung ver danken, die erstere als Realrecht mit dem Gute unzertrennlich verbunden ist,
dergestalt, daß sie von diesem nicht einseitig und willkürlich getrennt und auf
ein anderes Subjekt übertragen werden kann.
Sie verneinen aber jenen Ent
stehungsgrund, weil ein meierrechtlicher Verband in dem Landesteile, in welchem
das llägerische Gut und die beklagtischen Bauerstellen gelegen sind, nicht bestanden habe.
Hierin liegt eine tatsächliche Feststellung, welche durch Bezugnahme auf
Geschichtsquellen nicht anfechtbar ist. 620. Gegenseitige Reallasten.
I. 237/83 v. 3. 10.1883. E. .Sb. 10 Nr. 47 S. 172. Gr. Sb. 28 (8) S. 246 Nr. 3 (Rostock). Dauernde Lasten und Rechte der fraglichen Art — (Arbeiten der klagenden
Büdner (vgl. EG. z. BGB. Art. 63] für das Gut des Bekl. in der Heu- und Roggenernte, Hilfe beim Richten von Gebäuden u. s. w. gegen bestimmten Tage lohn u. a. jährliche Emolumente) — sind in der Form der Reallasten sehr wohl denkbar.
Freilich sind die Reallasten der Regel nach nur auf Verhält
nisse angewendet, in welchen einseitige Verpflichtungen in der Weise geregelt werden sollen, daß das verpflichtete Subjekt durch den Besitz eines Grundstückes bestimmt wird, während das berechtigte Subjekt entweder durch den Besitz eines
Grundstückes oder durch einen anderen Zustand oder auch individuell gegeben ist.
Begrifflich steht aber nichts entgegen, das durch den Besitz bestimmte
berechtigte Subjekt zugleich für Leistungen, welche als konnexe Gegenleistungen für das Forderungsrecht erscheinen, zum verpflichteten
Subjekte auf Grund
seines Besitzes zu machen und auf diesem Wege dem auf gegenseitige Leistungen abzielenden Verhältnisse den Charakter einer gegenseitigen Reallast mit ent sprechendem Forderungsrechte zu verleihen.
Voraussetzung eines solchen Ver
hältnisses ist die Natur der gegenseitigen Leistungen.
Handelt es sich um solche
gegenseitige Leistungen, welche sich nach dem Willen der Beteiligten niemals
erschöpfen,
vielmehr
in
einer
einheitlichen,
auf
ihre dauernde Gewährung
gerichteten Obligation aufgehen sollen, so ist ein solches Verhältnis seiner Natur
nach wohl geeignet an den Besitz eines bestimmten Grundstücks auf beiden
Seiten angeknüpft zu werden. 621. Inhalt einer Reallast.
Regulierung einer Turmuhr.
III. 638/80 v. 23. 11. 1880. E. Bd. 4 Nr. 38 S. 131. (Golha, Jena). Vgl. Nr. 601 u. 615.
Seuff. Bd. 37 Nr. 9
Es ist nicht abzusehen, weshalb die vom Käufer des Schlosses Elgersburg übernommene Leistung (bie im Schlosse befindliche Turmuhr stets in richtigem
Gang zu halten), ungeeignet wäre, den Inhalt einer Reallast zu bilden, da dieser keineswegs auf die durch die Geschichte überlieferten Arten beschränkt ist,
vielmehr jede Verbindlichkeit aufnehmen kann, welche im übrigen den Bedin gungen dieser Rechtsform entspricht. 622. Priefteracker-Nutzuug gegen Kano«.
III. 52/84 v. 26.9.1884. E. Bd. 12 Nr. 43 S. 176 (Ratibor, Breslau). Vgl. Nr 984.
Wenn es nach deutschem Rechte gestattet war, an den Besitz eines Grund
stückes obligatorische und gewerbliche Rechte der mannigfachsten Art (z. B. die den Reallasten entsprechenden Rechte, Retraktrechte, Bannrechte rc.) zu knüpfen, so wird ein grundsätzliches Bedenken sich auch nicht gegen einen Vertrag erheben
lassen, durch welchen die landwirtschaftliche Benutzung eines Grundstückes dem
jeweiligen Besitzer eines anderen Grundstückes gegen die Bezahlung eines Kanons dauernd übertragen wird.
Der jährliche Kanon erscheint als eine wahre, auf
dem berechtigten Grundstücke hastende Reallast, für welche als Gegenleistung der Besitz und der Genuß eines Grundstückes dem zur Leistung der Reallast Verpflichteten gewährt wird. 623. Altenteil. Hostslast. III. 325/84 v. 10. 3.1885. E. Bd. 13 Nr. 44 S. 186 (Detmold. Celle). Vgl. EG. Art. 96 u. Pr. AG. z. BGB. Art. 15, sowie V. 216/90 v. 10.1.1891. E. Bd. 27 Nr. 55 S. 230 (Ratibor, Breslau).
Das preuß. OTrib. hat in konstanter Judikatur angenommen, daß Alten teile, welche sich der Verkäufer bei Überlassung bäuerlicher Grundstücke vor-
behält, den Charakter von Reallasten besitzen, und zwar nicht bloß in betreff der jenigen Rechte des Auszüglers, welche aus dem Grundstücke selbst gewährt werdest, wie Wohnungsrechte, sondern in betreff aller dem Gutsannehmer auferlegten
Leistungen.
(Vgl. Rehbein, Entsch. des OTrib. Bd. 2 S. 178 ff., namentlich
Entsch. Bd. 27 S. 283, Bd. 29 S. 301; Strieth. A. Bd. 12 S. 329, 342.) Das OTrib. hat in diesen Erkenntnissen weiter ausgesprochen, daß Real lasten zu den an sich dinglichen Rechten gehören, und daß ihre Eintragung in
das Grundbuch erfolgt, nicht weil die Berechtigung dadurch dinglich werden soll, sondern weil und insofern sie dinglich ist.
Dieser Rechtsansicht des OTrib.
hat sich das RG. angeschlossen.
«24. Fruchtzinsrecht.
I. 42/80 v. 29. 5. 1880. E. Bd. 1 Nr. 129 S. 360. Senfs. Bd. 36 Nr. 52 S. 73 (Lübeck). Vgl Art. 113 EG. Die Verbindlichkeit, von einem landwirtschaftlichen Grundstück jährlich eine
bestiminte Quantität von Feldfrüchten als Zins zu entrichten, wird, sofern nicht ein anderer Inhalt derselben durch Gesetz oder Vertrag festgesetzt oder
aus dem Besitzstände zu
entnehmen ist, bald dahin verstanden, daß die zu
leistende Quantität von den auf dem zinsbaren Gut im Zinsjahr gezogenen
Früchten zu entrichten sei, bald dahin, daß die zu leistenden Früchte nur der Gattung
nach
bestimmt
und
entweder
solche,
wie sie
auf
dem
belasteten
Grundstück überhaupt erzeugt zu werden Pflegen, oder Früchte der bestimmten
Gattung
in
marktgängiger Ware von mittlerer
empfangbarer Beschaffenheit
(vgl. Entsch. des OAG. Rostock von Budde u. Schmidt Bd. 6 S. 294) zu liefern seien.
Es mag dahingestellt bleiben, welche dieser Auffassungen den
Vorzug verdient,
wenn es sich um einen Fruchtzins handelt,
Zusammenhang mit
einem
Leihe-
oder Pachtverhältnis
als
welcher ohne
eine
für
sich
bestehende Reallast auf dem Grundstück haftet. Bildet dagegen der Fruchtzins die Gegenleistung für die Überlassung des Nutzungsrechts an dem Grundstück,
von welchem er zu entrichten ist, so erscheint ohne Zweifel die zuerstgedachte Auffassung der Verpflichtung gerechtfertigt.
Sie entspricht der Natur eines
derartigen Rechtsverhältnisses, welches darauf abzielt, den Grundeigentümer für
die Aufgebung des Fruchtertrages,
den er bei eigener Bewirtschaftung des
Grundstücks jährlich gezogen haben würde, durch einen Teil des jährlichen Ertrages zu entschädigen und den Rest desselben dem Besteller für die Be
wirtschaftung des Grundstücks zu überlassen, mag der dem Grundeigentümer abzugebende Teil des jährlichen Fruchtertrages in einer Quote (wie bei dem eolonus partiarius, fr. 25 § 6 loc. cond. 19. 2) oder in einer festen Quan
tität bestehen. des Grundstücks
Diese Ordnung des Verhältnisses, welche einerseits dem Besteller die Erfüllung seiner Verbindlichkeit erleichterte, andrerseits
dem Grundeigentümer den regelmäßigen Eingang seines Anteils an dem Frucht erträge sicherte, entsprach jedenfalls zu der Zeit dem beiderseitigen Vertrags-
willen, als bei noch wenig entwickelter Geldwirtschaft die Überlassung
von
Grundstücken an Bauern durch erbliche oder nichterbliche Leihe zuerst in Ge
brauch kam (vgl. Arnold z. Gesch. des Eigentums 1861 S. 65). Sie erscheint aber auch jetzt noch als die regelmäßige, wo in neuerer Zeit die Überlassung bäuerlicher Grundstücke zu Nutzungsrecht gegen Entrichtung
eines jährlichen Fruchtzinses als ein Überrest der alten Naturalwirtschaft bei behalten worden ist, da die Entwickelung der Geldwirtschaft zwar die Ver
drängung der Fruchtzinsen und deren Ersatz durch Geldabgaben, nicht aber eine Umgestaltung der beibehaltenen Fruchtzinse zur Folge hatte.
Um einen Fruchtzins dieser Art handelt es sich in dem gegenwärtigen Rechtsstreit.
Wenngleich die Parteien unterlassen haben, die Vertrüge bei
zubringen, auf welchen das Recht der Bell, an ihren Stellen beruht, oder doch nähere Angaben über den Inhalt derselben und den Ursprung des zwischen
den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses zu machen, so geht doch aus der Bezeichnung des Kl. als Gutsherrschaft, der Bell, als Hauswirte und der frag lichen Abgabe als Pachtkorn, sowie aus dem ausdrücklichen Anführen in der
Klageschrift, daß Bell, diese Abgabe „für die Nutzung ihrer Hufen" zu ent
richten haben, wenigstens so viel hervor, daß dieselbe die Gegenleistung für die Einräumung des Nutzungsrechts an den Stellen der Bell, bildet.
625. Abgaben an den Grundherrn.
III. 266/87 v. 9. 3. 1888. IW. 1888 S. 187 Nr. 32. So wenig es der Natur der Reallasten widerstreitet, daß dem Eigentümer eines Grundstücks von demjenigen, der ein abgeleitetes Recht an demselben hat, Abgaben in der Form der Reallasten geleistet werden, so wenig erscheint es bei dem Verhältnis, in welchem früher die bäuerlichen Grundbesitzer zum Guts herrn standen, ausgeschlossen, daß die Bauern, mochten sie auch erst durch die
Verfestung ein rechtlich gesichertes dingliches Recht im römisch-rechtlichen Sinne
an ihren Grundstücken erlangen, schon vor der Verfestung Abgaben an den
Grundherrn zahlten,
welche mit
Rücksicht
auf ihre
Unveränderlichkeit und
Gleichmäßigkeit als auf den Grundstücken lastende Reallasten erscheinen, wie denn auch nach der Feststellung des BG. die qu. Abgaben in den Festebriefen
zum Teil als „auf dem Grundstücke bereits liegende Lasten" bezeichnet werden.
626. Holzbezug.
III. 220/84 v. 9. 12. 1879. IW. 1885 S. 33 Nr. 36. Der Inhalt des streitigen in dem Kontraste zwischen den Grundherrn und dem Müller vereinbarten Rechtsverhältnisses kann nur dahin aufgefaßt werden,
daß der Grundherr zum Vorteile des Besitzers der Mühle etwas tue, nämlich
das zur Reparatur der Mühle nötige Holz gewähre, während zugleich der Berechtigte sich zur Zahlung des Stammgeldes und Hauerlohns, auch zur Abfuhr des Holzes bereit erklärt.
Jene vom Grundherrn gegen den Müller über-
nommene Verpflichtung zur Reichung des Reparaturholzes zeigt die wesent lichen Merkmale
einer Reallast.
Der Natur der
Reallast
als einer dem
Grundstückseigentümer obliegenden Verpflichtung widerspricht es auch in keiner
Weise, daß das erforderliche Holz nach dem angenommenen Vertragswillen der Kontrahenten dem Müller auch auf solchem Terrain angewiesen werden durfte, auf welches das belastete Grundstück eine Holzgerechtigkeit hatte.
zu
Woher der
einem Handeln verpflichtete Grundstückseigentümer die Leistung
nimmt,
berührt die rechtliche Natur der Leistung nicht; dem Vertragswillen der Kon
trahenten bezw. dem Ermessen des Verpflichteten ist keine Schranke zu setzen und kann mithin der vom Revkl. auch gegenüber einer etwaigen Reallast geltend gemachte Satz servitus servitutis esse non potest überall nicht in Frage kommen. 627. Unübertragbarkeit der Reallastbrrechtigung.
III. 102/84 v. 28. 11. 1884.
E. Bd. 12 Nr. 50 S. 201 (Oldenburg).
Das Wesen eines Realrechtes besteht in der Verknüpfung der Berechtigung mit einem bestimmten Grundstücke, und ein Realrecht kann daher nur fort
bestehen als Recht desjenigen Grundstückes, welchem es durch seine Entstehung angehört. Folglich ist die Übertragung eines Realrechtes auf ein anderes
Rechtssubjekt
—
nicht bloß auf eine Person,
sondern auch auf ein anderes
Grundstück — unter Erhaltung der Identität des Rechtes überhaupt unaus führbar; sie ist nur in dem Sinne und in der Weise rechtlich möglich, daß
unter Aufhebung des bisherigen Realrechtes zugleich zum Ersätze desselben eine andere,
auf dieselbe Leistung
sich richtende, personelle oder reale, Reallast
berechtigung neu konstituiert wird. umwandlung
nicht
durch
eine
Deshalb kann
einseitige
aber eine solche Rechts
Verfügung
des
Eigentümers
des
berechtigten Grundstückes, sondern nur nach Maßgabe der über die Begründung und Aufhebung von Reallasten geltenden Grundsätze bewerkstelligt werden.
8. Abschn. Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld. Tit. 1 (§§ 1113 ff.). 628. Sicherheit für künftige Forderungen.
III. 185/87 v. 25. 11. 1887.
IW. 1888 S. 27 Nr. 57.
Unter Hinweis auf die Entsch. des RG. I 54/86, s. o. Nr. 87, ist geltend gemacht, daß, wenn für künftig entstehende Forderungen Sicherheit gewährt werde, im Zweifel anzunehmen sei, daß die Sicherheit bestellt werden solle für
den Kredit, welche der eine Kontrahent dem anderen gibt.
Im Zweifel würden
daher auch nur die Forderungen durch die bestellte Sicherheit gedeckt, welche der Kreditgeber mit dem Willen des Kreditnehmers wider diesen erwerbe, nicht
aber auch solche Forderungen, die er ohne Wissen und Willen des letzteren
erworben habe, z. B. wie in vorliegendem Falle Forderungen aus Wechseln, welche von einem Dritten auf den Gläubiger indossiert sind und aus welchen
der Schuldner haftet.
Zu §§ 1127 ff. vgl. Art. 75.
629. Pfandfreie Veräußerung (88 1121, 1122).
von
V. 221/89 v. 18.12. 1889.
Zubehörstücken
eines
verpfändeten
Grundstücks
E. Bd. 25 Nr. 5 S. 18 (Bartcnstein, Königsberg).
Ob die Veräußerung durch einen freiwilligen Rechtsakt des Eigentümers
erfolgt oder ob ein persönlich oder dinglich berechtigter Gläubiger sie im Wege der Zwangsvollstr, herbeiführt, ist . .. gleichgültig.
Auch bei einem Verkaufe
im Wege der Zwangsvollstr, erlischt das Pfandrecht mit der räumlichen Trennung der Zubehörstücke von dem Grundstücke.
Dieselben gehen pfandfrei in das
Eigentum des neuen Erwerbers über und die Hypothekengläubiger haben als
solche an dem durch ihre Veräußerung erzielten Erlöse kein besseres Recht als
jeder andere Gläubiger des früheren Eigentümers.
(Vgl. Turnau GBO. zu
§ 30 des preuß. Eigenth.Erwerbsges. RG.Urt. v. 30. 3. 1881, Ztschr. f. pr. R.
Bd. 2 Nr. 3 S. 3.) ... Dieselben rechtlosen Folgen treten aber auch bei dem Verkaufe der Pertinenzien durch den Konk.Verw. ein .. . Vgl. KO. § 127.
630. Gefährdung der Sicherheit (88 1133ff.). VI. 114/92 v. 22. 9. 1892.
E. Bd. 30 Nr. 33 S. 111 (Hamburg).
Vgl. § 880.
Bekl. hatte sich dem Kl. vertragsmäßig verpflichtet, mit einem ihm in einem Grundstücke des letzteren zugeschrieben stehenden Hypothekposten in der Priorität zu rücken, sobald das aus dem Grundstücke zu erbauende Haus putzfertig, die Fenster eingesetzt und die Treppen
gestellt sein würden.
Das weitere ergibt sich aus den folgenden Gründen:
... Bekl. hat sich ... darauf berufen, daß das Gebäude so erhebliche
Schäden
und
Mängel aufweise,
daß
es
ihm
nicht denjenigen
Grad
von
hypothekarischer Sicherheit gewähren könne, der bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrage vorausgesetzt sei, weswegen ihm das Zurücktreten in der Priorität trotz an sich eingetretener Bedingung nicht zugemutet werden dürfe.
Mit Recht hat BG. grundsätzlich diese Einwendung als dem wahren Sinne
eines Vertrages über pfandrechtliche Sicherung entsprechend zugelassen und ferner auch darin, daß jene Schäden und Mängel großenteils erst entstanden sein
mögen, nachdem Bekl. trotz Putzfertigkeit des Gebäudes, eingesetzter Fenster und gestellter Treppen mit seinem Hypothekposten zu rücken sich geweigert hatte, keinen Gegengrund gefunden.
Denn was den letzteren Punkt betrifft, so hat
OLG. mit Recht angenommen, daß Bekl. damals nicht im Verzüge sich befunden
habe, und zwar deshalb, weil das Gebäude auf das Nachbargrundstück über gebaut gewesen sei und übergehangen habe, so daß die Giebelmauer erst noch habe abgerissen und neu errichtet werden müssen.
631. Erlöschen des Pfandrechts an einem Weinlager durch Rückgabe der Schlüssel? (§ 1253). III. 258/92 v. 28. 1. 1893.
Seuff. Bd. 50 Nr. 8 (Braunschweig).
In dem ursprünglichen Verpfändungsvertrage
war
Vgl. Nr. 516.
von vornherein in
Aussicht genommen, daß dem Verpfänder der zeitweise Zutritt zum Keller zur
Entnahme und zum Neueinlegen von Vorräten gestattet werden solle.
Dem
entsprechend hat der Gemeinschuldner in der Zeit vor der Konkurs-Eröffnung
öfter den Kellerschlüssel anvertraut erhalten und nach gemachtem Gebrauch zurückgeliefert.
BG. leitet hieraus für jeden Fall einer solchen Anvertrauung
eine Aufhebung und Rückeinräumung der Jnhabung der Pfandsache und damit •ein Erlöschen des Pfandrechts her;
zugleich
Schlüssel eine Wiederverpfändung gefunden. Rev.Kl. als nicht genügend begründet an: achtet werden.
wird in der Rücklieferung der
Die letztere Annahme greift der diese Rüge muß für zutreffend er
Indessen ist doch richtig entschieden.
Die Annahme, daß mit
pen einzelnen inzwischen erfolgten Gestattungen des Zugangs jedesmal
ein
Wechsel der Jnhabung am Lager verbunden gewesen sei, ist rechtsirrtümlich.
Es steht tatsächlich fest, daß die zeitweise Gestattung des Zugangs
und
die
Ausantwortung des Schlüssels nur dem bezeichneten, im Verpfändungsvertrage gedachten Zwecke dienen sollten. Bei Übergabe der Schlüssel zu verschlossenen
Gelassen, in denen Ware lagert, ist zu unterscheiden, ob sie geschieht, damit der
Empfänger die räumliche Herrschaft über das Lager erlange, oder ob der Zutritt
nur zum Zweck des Abholens einer gewissen Quantität von Ware gestattet sein
solle (Jahrb. f. Dogmatik Bd. 26 S. 314).
In dem letzteren hier vorliegenden
Falle wird nur an den abgeholten Waren Besitz erworben.
Die Jnhabung am
Weinlager im ganzen sollte von dem Pfandgläubiger nicht eingeräumt werden
und es fehlte auch dem Gemeinschuldner der nach der rechtlichen Natur des konsensualen Jnhabungswechsels notwendige Wille der Besitzergreifung.
Dann
aber hat Bekl. vor der Konk.-Eröffnung den Pfandgewahrsam nie verloren.
Titel 2.
Grundschuld.
Reuteuschuld (§§ 1191 ff.).
632. Abtretung von Grundschulden durch Indossierung.
V. 213/85 v. 9. 1.1886. Gr. Bd. 30 Nr. 10 S. 1033 Nr. 100 (Hamm). Bgl. 274. Auf dem Grundschuldbriefe befindet sich ein Indossament auf L. Sch. mit der Unterschrift des Kl.
Dasselbe lautet: „Für mich an die Ordre des Herrn
L. Sch. Wert erhalten. 30. Juni 1880. V." In diesem Indossament hat BG. ohne Rechtsirrtum eine zur Übertragung der Grundschuld geeignete Cession
gefunden. Denn für die Cession sind bestimmte Worte gesetzlich nicht vor geschrieben; das Indossament aber ist die gesetzliche Form der Übertragung be
stimmter verbriefter Ansprüche unter Beschränkung der gegen den Indossatar
zulässigen Einreden und mit Begr. einer Regreßpflicht gegen den Indossanten; wo diese Abweichungen von der gewöhnlichen Abtretung der Forderungen nicht eintreten, weil das Gesetz das Indossament als solches nicht zuläßt, behält das selbe doch als Übertragung des Gläubigerrechts seine Gültigkeit, vorausgesetzt nur, daß in ihm der Übertragungswille genügenden Ausdruck gefunden hat.
«Bgl. Bd. 27 S. 1038; Dernburg, pr. R. Bd. 2 § 88.)
Daß aber letzteres
in obigem Indossament geschehen ist, hat BG. aus seiner Fassung entnommen.
Zwar sagt es an einer späteren Stelle der Urteilsgründe, es sei nicht erkennbar,
ob durch das Indossament nur eine Verpfändung oder eine Abtretung des
Grundschuldbriefs beabsichtigt gewesen; aber die dieser Stelle folgenden Sätze machen klar, daß mit jener nicht die vorher konstatierte Übertragung des vollen
Gläubigerrechts auf den Sch. in Frage gestellt, sondern nur erörtert werden sollte, ob der Übereignung der Forderung der Zweck zum Grunde lag, dem Sch. Sicherung für einen Anspruch zu gewähren, unbeschadet also seines Rechts,
Dritten gegenüber als Cessionar über die Grundschuld zu disponieren.
(Entsch.
des RG. Bd. 13 S. 200 [I. 431/84; o. Nr. 41 91 nm.].)
Insoweit also ist die Revision unbegründet.
9. Abschnitt. Pfandrecht an bewegt. Sachen n. Rechten (§§ 1204 ff.). Über den Begriff der Sicherheit für „ alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen"
vgl. I. 54/86 v. 7. 4. 1886. Hamburg), Nr. 87 u. 672.
E. Bd. 18 Nr. 47 S. 232.
Seuff. Bd. 41 Nr. 262 (Bremen,
633. Verpfändung von Legitimationspapieren (Hypothekenbrief).
V. 3/86 v. 15. 5.1886.
IW. 1886 S. 239 Nr. 49.
Nach den im Pachtverträge gebrauchten Worten ist dem Bell, der Hypo thekenbrief als Faustpfand übergeben worden und die Vorderrichter haben dem
entsprechend die dadurch beabsichtigte Sicherstellung rechtlich als Bestellung eines Faustpfandes aufgefaßt, deren Möglichkeit sie verneinen.
Allerdings bestehen
über die rechtliche Möglichkeit eines Faustpfandes an Beweis- und Legitima tionspapieren, in welche Kategorie der in Streit befindliche Hypothekenbrief gehört, verschiedene Ansichten.
Sie ist bejaht worden in einem Erk. des preuß.
OTrib. v. 14. Febr. 1870 (Entsch. Bd. 63 S. 79), und ebenso v. ROHG. (Entsch. Bd. 3 S. 159, Bd. 6 S. 198, Bd. 18 S. 12); dagegen hat sich die
Entsch. Bd. 9 S. 243 mehr ablehnend ausgesprochen, und entschieden verneint worden ist die Frage v. 1. Sen. des RG. (Entsch. v. 12. Febr. 1881, Bd. 3
S. 153 u. v. 10. Juni 1882, Bd. 10 S. 40).
Für die verneinende Ansicht
wird im wesentlichen geltend gemacht, daß Papiere, welche bloß zum Beweise
einer Forderung bezw. bloß zur Legitimation dienen — nicht also zugleich, wie
z. B. die Jnhaberpapiere, Träger der Forderung selbst sind — zwar immerhin für die beteiligten Personen von Wert und Wichtigkeit seien, jedoch
keinerlei
selbständigen Vermögens- und Verkaufswert besäßen und aus diesem Grunde
der Fähigkeit ermangelten, im Wege des dem Pfandgläubiger als wesentlichster Inhalt seines Pfandrechts zustehenden Verkaufsrechts zu
desselben zu führen.
einer Befriedigung
(Vgl. auch Exner, Pfandrechtsbegriff 99 v. 15. 6.1899.
IW. 1899 S. 497 Nr. 39.
Der § 37 des Reichsbeamtenges. erfordert, daß die von dem Beamten bekleidete Stelle im Etat aufgeführt sei, und diese Vorschrift würde keinen Sinn
haben, wenn man sie dahin auslegen wollte, daß schon diejenigen, die aus einer
im Etat stehenden Pauschalsumme ihre Vergütung erhielten, eine etatsmäßige Stelle bekleiden, da dann jeder auf Kündigung angestellte Beamte einen Pensions anspruch erheben könnte und die Voraussetzung, von der § 37 diesen Anspruch
abhängig mache, überflüssig wäre.
Diese Erwägungen sind als zutreffende an
zuerkennen. — Eingehend begründet. 813. Begiu« der pensionsfähtgen Post-Dienstzeit.
Nebenamt (88- 1, 44).
II 391/98 v. 21. 3. 1829. IW. 1899 S. 283 Nr. 21. BG. ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kl. infolge seiner Pen sionierung als Vorsteher des Postamtes in Clotten Ruhegehalt gemäß den Be-
stimmungen
des
RGes. v. 31. März 1873 zusteht.
dieser seit Sept. 1891
Denn der Kl. war in
ihm definitiv und mit Ruhegehaltsberechtigung über
tragenen amtlichen Stellung nach Art. 50 der RVerf. verpflichtet, den An ordnungen des Kaisers Folge zu leisten, war also nach § 1 des Reichsbeamtenges. Reichsbeamter im Sinne dieses Gesetzes, und finden dessen Bestimmungen
auf ihn Anwendung.
Wenn der Bell, dem gegenüber auszuführen versucht hat,
daß dieses Gesetz für die Frage, von welchem Zeitpunkte ab die Dienstzeit bei Bemessung der Pension zu rechnen sei, nicht angewendet werden dürfe, weil nach Art. 48 Abs. 2
der RVerf. der Reichs- bezw. Bundesgesetzgebung die
jenigen Post- und Telegraphenangelegenheiten entzogen seien, deren Regelung nach den damaligen, in der pr. Post- und Telegraphenverwaltung maßgeben
den Grundsätzen der reglementarischen oder administrativen Anordnung über
lassen gewesen seien, zu denselben aber gerade die Bestimmung des Beginnes der Dienstzeit für die Festsetzung des Betrages der Pension solcher Postbeamten gehört habe, — so hat das OLG. mit Recht diesem Einwande gegenüber hervor
gehoben, daß das Reichsbeamtenges. nach seinem Inhalte und dessen Begr. dem Reiche gegenüber die Rechte der Reichsbeamten, namentlich auch in Rücksicht
auf ihre Pensionierung, einheitlich und erschöpfend für das ganze Reich reichs gesetzlich geregelt hat, und daneben landesgesetzliche Bestimmungen, soweit die
selben nicht in dem RGes. selbst aufrecht erhalten sind, ihre Geltung ver loren haben.
Mit Unrecht behauptet Bekl., daß der § 44 deshalb nicht zu
Gunsten des Kl. angezogen werden könne, weil derselbe im Reichsdienste ein
anderes Amt außer dem Amte als Verwalter des Postamtes zu Clotten nicht bekleide, also ein Hauptamt im Reichsdienste nicht inne habe.
Denn letzteres
verlangt das Gesetz nicht, dasselbe spricht nur von reichsdienstlichen Neben ämtern,
ohne des Hauptamtes überhaupt Erwähnung zu tun.
Ein solches
Nebenamt setzt allerdings begrifflich ein Hauptamt, aber keineswegs ein reichs
dienstliches Hauptamt voraus, und BG. hat zutreffend aus den von ihm an
geführten Motiven des Gesetzes sowie aus dem Umstande, daß das Gesetz da, wo es auf die Anstellung in einem unmittelbaren Staatsamte Gewicht legt,
dies ausdrücklich hervorhebt, gefolgert, daß das im § 44 unterstellte Hauptamt
sowohl ein unmittelbares, als auch ein mittelbares Bundesstaatsamt, also in
Preußen auch das Amt eines Bürgermeisters sein kann. der Kl. infolge seiner
War aber hiernach
am 1. Juni 1897 als Reichspostbeamter eingetretenen
Pensionierung ruhegehaltsberechtigt, so hat auch das OLG. ohne Rechtsirrtum den Beginn der für die Höhe der Pension maßgebenden Dienstzeit v. 30. Juni 1870 an,
als
dem Tage der ersten
eidlichen Verpflichtung des Kl. für den
Postdienst, gerechnet, wenn auch damals der Kl. nur auf Kündigung und ohne Pensionsberechtigung angestellt war.
Das Gesetz macht keinen Unterschied, ob
der Beamte bei seiner Anstellung voll oder nicht voll beschäftigt, ob er auf Kündigung oder definitiv, mit Ausschluß der Pensionsberechtigung oder als
pensionsberechtigt angestellt war, wenn er nur im Augenblicke seiner Pensionierung
Linführungsgesetz z. BGB.
536
ruhegehaltsberechtigt war.
2. Abschn. Verhältnis z. d. Aeichsgesetzen.
Ebensowenig trifft die Rüge des Bell, zu, daß das
OLG. durch seine Berechnung der Dienstzeit des Kl. den Grundsatz verletzt habe, daß an sich die Gesetze keine rückwirkende Kraft haben, denn nicht das OLG., sondern das Reichsbeamtenges. selbst hat seinen bezüglichen Vorschriften rückwirkende Kraft beigelegt.
814. Staatsdienftbegriff (§ 46).
II. 497/81 v. 21. 3. 1882. Die Frage,
oder
Bundesstaates
E. Bd. 6 Nr. 29 S. 105 (Straßburg, Kalmar).
ob jemand im Sinne des § 46 Ziff. 2 im Dienste eines der Regierung
eines
zu einem Bundesstaate gehörigen
Gebietes sich befunden habe, ist nicht auf Grund der Gesetze über die Beamten
(Dienerpragmatik) des betreffenden Partikularstaates, sondern nach den Prin
zipien des Reichsrechtes zu beurteilen.
Es folgt dies aus dem Zwecke des
Reichsbeamtenges., ein einheitliches Recht für sämtliche Reichsbeamten zu schaffen,
aus dessen §§ 70, 71, worin auch betreffs erworbener Ansprüche der An wendung des partikulären Rechtes bestimmte Schranken gezogen sind, aus dem
letzten Absätze des § 46 und aus § 52.
Durch § 46 Abs. 2 in Verbindung
mit § 45 sind zu Gunsten der Reichsbeamten solche partikularrechtliche Be stimmungen beseitigt, wonach der eigentliche Staatsdienst oder das zur Pension berechtigende Beamtenverhältnis nicht schon mit dem Eintritte in den Dienst
für den Staat oder mit der Beeidigung für solchen beginnt, sondern erst von einem späteren Zeitpunkte — etwa der
landesherrlichen Bestallung — an,
nnd durch den § 52 werden prinzipiell Landesgesetze ausgeschlossen, wonach die im Kirchen-, Hofdienste u. dergl. Angestellten
in
Bezug
auf Pension
den
Staatsbeamten gleichgestellt sind. Das Reichsrecht enthält nun
zwar,
abgesehen
von
dem hier nicht in
Betracht kommenden § 359 StGB, keine Definition des Beamten, sondern nur
einzelne Vorschriften, bei welchen der Begriff vorausgesetzt wird; es ist daher unter Berücksichtigung dieser einzelnen Bestimmungen unter Anwendung all gemeiner Rechtsgrundsätze aus den gegebenen Tatsachen festzustellen, ob ein
Reichsbeamter im Sinne des § 46 Ziff. 2 sich im Dienste eines Bundesstaates befunden habe. 815. Gleichstellung von Reichs- «nd Staatsdienst bei Berechnung der Dienstzeit.
IV. 65/99 v. 12. 5. 1899. Es ist
IW. 1899 S. 442 Nr. 29.
eine organische bundesstaatliche Verbindung zwischen sämtlichen
deuffchen Einzelstaaten hergestellt, mit der es nicht vereinbar erscheint, in dem gegenseitigen Verhältnisse derselben von fremden oder ausländischen Staaten zu reden.
Dieser Verbindung hat seitdem auch die Gesetzgebung im Reiche und
in Preußen Rechnung getragen.
Insbesondere ist dies auf dem hier fraglichen
Gebiete der vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten geschehen, indem in einer Reihe von Gesetzen dem Reichs- nnd dem Staatsdienste die gleiche Geltung
zugesprochen ist. Dahin gehören u. a. das Reichsbeamtenges. v. 31. März 1873, §§ 46, 57, das Reichsmil.-Pensionsges. v. 27. Juni 1871 (Fassung des Ges.
v. 22. Mai 1893), § 107, wie das pr. Pensionsges. für die unmittelbaren
Staatsbeamten v. 27. März 1872, §§ 14, 27; denn nach diesen Vorschriften ist wesentlich gleichmäßig bestimmt, daß bei Berechnung der Dienstzeit auch die Zeit, während deren sich ein Beamter des Reichs im Dienste eines Bundes staats oder ein preußischer Beamter im Dienste des Reichs befunden hat, zur
Anrechnung kommen, andererseits die Pension so lange ruhen soll, als der pensionierte Beamte das
deutsche Jndigenat verliert oder im Reichs- oder
Staatsdienste ein anderweitiges, unter Hinzurechnung der Pension das frühere Diensteinkommen
übersteigendes Einkommen bezieht.
Angesichts dessen würde
auch ein etwaiges Bedenken, ob eine Anstellung in einem außerpreußischen
Bundesstaate dem Beamten die gleichen finanziellen Garantiern, wie eine An
stellung in Preußen gewähren möchte, der Berechtigung entbehren.
Einen der
vorstehenden Auffassung entsprechenden Standpunkt hat bereits das ROHG.
(U. v. 11. Febr. 1876, Entsch. Bd. 19 S. 378) angenommen. 816. Teilnahme an einem Feldznge (g 49).
IV. 508/82 v. 29. 1. 1883.
IW. 1883 S. 84 Nr. 31.
Die Vorschrift des § 49 findet nach ihrem Schlußsätze im zweiten Alinea auf die Vergangenheit überhaupt keine Anwendung.
— der Satzstellung und
Nach der äußeren Fassung
der Druckweise — könnte es zwar den Anschein ge
winnen, als ob sich die einschränkende Vorschrift über die zeitliche Anwendbar keit des § 49 nur auf den, im zweiten Alinea zum Ausdruck gekommenen Gedanken beziehe,
wonach die Bestimmung, ob eine militärische Unternehmung
als ein Feldzug anzusehen, der Entscheidung des Kaisers überlassen bleibt, nicht
auf die im ersten Alinea sanktionierte Anrechnung eines Kriegsjahres für die Teilnahme an einem Feldzuge; allein diese Annahme wäre unberechtigt und
dem Willen des Gesetzgebers zuwider. 817. Unterbrechung der Dienstleistung (§ 50).
IV. 395/97 v. 12. 5. 1898.
IW. 1898 S. 391 Nr. 22.
Die für die Beurteilung maßgebenden reichsrechtlichen Bestimmungen geben
keinen Anhalt dafür, daß es in der Absicht des Gesetzes liegt, grundsätzlich
diejenige Zeit, während welcher der Beamte seinen Dienst tatsächlich nicht aus übt, er, wie hier geschehen, beurlaubt wird, also eine Unterbrechung der Dienst leistung eintritt, der Anrechnung auf die Dienstzeit zu entziehen.
§ 50 sieht
den Fall eines Festungsarrestes oder einer Kriegsgefangenschaft besonders vor
und trifft unter Hinweis auf die für die Pensionierung der Militärpersonen geltenden
gesetzlichen
Bestimmungen
(§ 24
des
Reichsmil.-Pensionsges.
v.
27. Juni 1871, RGBl. S. 275) eine einschränkende Anordnung, inwieweit die
Zeit einer solchen Haft bei Bemessung der Dienstzeit anzurechnen sei.
Diese
538
Ginführungsgesetz 3. BGB.
2. Abschn. Verhältnis 3. d. Reichsgesetzen.
Vorschrift ist eine singuläre, die nur im gegebenen Falle Anwendung findet. Sie stellt sich als eine Ausnahmevorschrift dar, die als solche die Annahme rechtfertigt, daß im allgemeinen eine Unterbrechung der Dienstleistung den Lauf
Daß dies die Auffassung des Gesetzes ist, läßt
der Dienstzeit nicht aufhebt.
sich auch aus dem Wesen des Beamtendienstverhältnisses folgern.
818. Dienfttinkomme» im Reichs- oder Staatsdienste (§§ 57 ff.). IV. 132/91 v. 17. 9. 1891. (Berlin).
E. Bd. 28 Nr. 15 S. 80.
IW. 1891 S. 514 Nr. 18
Das BG. hat angenommen, ein Diensteinkommen im Reichs- oder Staats dienste könne nur derjenige beziehen, welcher Reichs- oder Staatsdiener, mithin im Reichs- oder Staatsdienst angestellt, also Beamter des Reichs oder Staats
sei.
Das Gericht findet diesen Sinn der Vorschrift schon in dem Wortlaute
des erwähnten § 57 klar ausgesprochen
und sieht ferner in den folgenden
§§ 58 und 59 eine Bestätigung seiner Auffassung insofern, als diese Vor schriften, von welchen der § 58 den Fall des Wiedereintritts in den Reichs
dienst, der § 59 den Eintritt in den Staatsdienst betrifft, die Anwendungs
fälle des § 57 erschöpfen.
Dieser Auffassung ist beizutreten.
819. „Grundsätze" des Bundesrats. IV. 46/97 v. 25. 11. 1897.
IW. 1898 S. 78 Nr. 44.
Vgl. Nr. 727 f.
Der Anspruch des Kl. hat, wie BG. zutreffend annnnmt, zur Voraus
setzung, daß demselben während seines Probedienstjahres gesetzlich *]4 des etatsmüßigen Stelleneinkommens
eines Telegraphenassistenten
zugestanden hätten.
Die Existenz dieser Voraussetzung ist vom BG. aus der Erwägung verneint, daß die vom Bundesrat 1882 erlassenen Grundsätze für die Besetzung der
Subaltern- und Unterbeamtenstellen bei den Reichs- und Staatsbehörden mit
Militäranwärtern lediglich eine Instruktion für die Verwaltungsbehörden, nicht aber zugleich eine gültige Rechtsverordnung enthielten. nicht beigetreten werden.
Dieser Auffassung kann
Eingehend begründet.
Zu §§ 70, 71 vgl. II. 138/91 v. 22. 9.' 1891. IW. 1891 S. 476 Nr. 32.
820. Dienstenthebung (§§ 125 ff.). VI. 29/95 v. 22. 4. 1895.
E. Bd. 35 Nr. 11 S. 36 (Bremen, Hamburg).
... Die erste vorläufige Dienstenthebung des Kl. trat infolge seiner Ver haftung im gerichtlichen Strafverfahren kraft des Gesetzes ein (§ 125 Ziff. 1)
und dauerte bis zum Ablaufe des zehnten Tages nach Wiederaufhebung des Verhaftungsbeschlusses (§ 126 Abs. 1), mithin bis zum 26. Jan. 27. Febr. verfügte die oberste Reichsbehörde die Einleitung
Erst am
des förmlichen
Disziplinarverfahrens und beschloß anderweit, den Kl. vorläufig des Dienstes zu entheben.
Bekl. will diese zweite Dienstenthebung als Fortsetzung der während
des gerichtlichen Verfahrens eingetretenen Suspension betrachtet wissen. stehen aber die Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes entgegen.
Dem
Die frühere
Suspension beruhte auf dem § 125 Ziff. 1; die spätere wurde gemäß § 127 angeordnet, indessen nicht rechtzeitig, sondern erst mehr als vier Wochen nach
Wiederaufhebung des Verhastungsbeschlusses.
Hier ist nun darüber nicht zu
entscheiden, ob eine im Disziplinarverfahren vor Ablauf der zehntägigen Frist
nach der Haftanfhebnng erfolgte Dienstenthebung als Aufrechthaltung der vorher
im gerichtlichen Strafverfahren stattgefundenen Dienstenthebung aufzufassen sei.
Jedenfalls aber kann dies nicht von einer Dienstenthebung gelten, welche erst nach Verfluß der zehn Tage ausgesprochen wird.
schriften, Abs. 2 Satz 3 § 126.
Letzteres folgt aus den Vor
Danach soll für die im Abs. 1 erwähnte Zeit
von zehn Tagen die im § 128 vorgesehene Gehaltskürzung nicht eintreten,
„wenn nicht vor Ablauf derselben die Suspension vom Amte im Wege des
Disziplinarverfahrens beschlossen wird".
Läßt also
die oberste Reichsbehörde
die zehn Tage verstreichen, ohne die Fortdauer der Suspension zu beschließen,
so ist dem im Strafverfahren freigesprochenen Beamten das ihm innebehaltene
Gehalt nach § 130 Abs. 1 vollständig nachzuzahlen.
821. Vorläufige Dienstenthebung (§§ 128, 130). IV. 115/88 v. 22. 10. 1888. E. Bd. 22 Nr. 7 S. 41. (Münster, Hamm).
IW. 1888 S. 428 Nr. 16
Der Anspruch auf Nachzahlung des [bet Amtssuspensions iuuebehaltenen
Diensteinkommens
ist lediglich durch die Tatsache der Freisprechung des An
geschuldigten bedingt, und solche liegt im gegenwärtigen Falle vor.
schauung des Bekl. steht auch die Sinne des
Gesetzes
entgegen.
Der An
rechtliche Natur der Amtssuspension im
Die
Amtssuspension — vorläufige
enthebung — hat nicht den Charakter der Dienstentlassung.
Dienst
Sie bezweckt nur,
den Beamten, der einer strafbaren Handlung oder eines Dienstvergehens be schuldigt ist, während des schwebenden Verfahrens von der Ausübung der Amts
funktionen zu entbinden.
Der Beamte verbleibt also trotz der Suspension in
seinem Amte und behält den rechtlichen Anspruch auf sein volles Dienstein kommen.
Die Anordnung wegen der teilweisen Jnnebehaltung des letzteren ist
nur eine Arrestmaßregel, die dazu dient, den Fiskus sicher zu stellen wegen der
Untersuchungskosten und der Kosten der Stellvertretung, welche letztere der Be amte, wenn es zu seiner Bestrafung kommt, als durch seine Schuld verursacht
(abgesehen
von
dem Falle des § 130 Abs. 2) zu tragen
hat.
Aus solcher
Rechtslage folgt aber mit Notwendigkeit, daß, wenn der Beamte freigesprochen
und damit festgestellt wird, daß seine Suspension materiell nicht gerechtfertigt gewesen, ihm das innebehaltene Diensteinkommen ungekürzt nachgezahlt werden muß.
§ 130 Abs. 1 spricht die Verpflichtung des Fiskus zur Nachzahlung
des innebehaltenen Teiles
des Diensteinkommens
bei der Freisprechung des
Beamten unbedingt aus, ohne den Fall auszunehmen, wenn nach vorangegangener
rechtskräftiger Verurteilung des Beamten die Freisprechung auf Grund erwirkter Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt, obgleich Anlaß gegeben war, dieser
540
Linführungsgesetz
BGB.
2- Abschn.
Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
Ausnahme, wenn sie beabsichtigt wurde, besonderen Ausdruck zu leihen, da in
den meisten der zur Zeit des Erlasses des Gesetzes in den Bundesstaaten gelten den StPO, ein dem Wiederaufnahme-Verfahren der RStPO. entsprechendes Verfahren vorgesehen war (vgl. Hahn, Materialien S. 261, 382 ff.).
Defektenbeschluß (§§ 141, 144).
822. IV. v. 5. 2.1885. Seuff. Bd. 40 Nr. 233 S. 244. Vgl. E. Bd. 12 Nr. 32 S. 143. § 144 bestimmt, daß gegen den
Defektenbeschluß dem Beamten sowohl
hinsichtlich des Betrages als hinsichtlich der Ersatzverbindlichkeit der Rechts weg zusteht. lich
Dadurch ist die Grenze der Zulässigkeit des Rechtswegs deut
bezeichnet.
Gegenstand
der gerichtlichen
Entscheidung
sollen
nur
die
Fragen sein: ob und in welcher Höhe eine Verpflichtung des Beamten zum Ersatz materiell begründet sei? Wird die
erste Frage durch
das Gericht verneint,
so macht dies den
Defektenbeschluß allerdings materiell wirkungslos und insofern ist die gerichtliche
Klage gegen den Beschluß gerichtet.
Der Beschluß wird unausführbar, da das
richterliche Urteil seinen materiellen Inhalt beseitigt.
Auch dies beruht freilich
auf dem Fehlen einer gesetzlichen Voraussetzung für den Erlaß des Beschlusses, nämlich einer Handlung oder Unterlassung des Beamten, welche denselben nach dem Gesetz dem Fiskus zum Ersatz verpflichtet, allein diese Voraussetzung ist
ein Bestandteil der materiellen Begründung des Beschlusses.
Davon verschieden ist die Frage: ob die im § 141 angegebenen formellen und den dasselbe ab
Voraussetzungen für das Defektenfeststellungsverfahren schließenden Defektenbeschluß vorliegen.
Diese Frage gehört nicht dem Privat
recht, sondern dem publizistischen Verhältnis des Staats zu dem Beamten an.
Dieselbe kann nicht im Rechtswege, sondern nur im Wege der in § 144 Abs. 1 ausdrücklich erwähnten „Beschwerde im Jnstanzenzuge" erledigt werden.
Nur
der materielle Inhalt des Beschlusses, nämlich die Feststellung, daß dem Fiskus
an den Beamten ein Anspruch auf den festgesetzten Geldbetrag zusteht, betrifft das Privatrecht, privatrechtliche
und es kann daher der Richter darüber befinden, ob dieser
Anspruch
des
Fiskus,
welcher
freilich
verhältnis entspringt, nach den Gesetzen begründet ist.
aus
dem
Beamten
Dies ist die Bedeutung
des § 144. Hiernach wird dem in Strieth. A. Bd. 17 S. 99 mitgeteilten Erk. beigetreten, welches vom OTrib. auf Grund der pr. V. v. 24. Jan. 1844 (auf welcher die betr. Satzungen des Reichsbeamtenges. wesentlich beruhen), erlassen ist; es werden
die davon abweichenden Ausführungen des neueren Erk. desselben Gerichtshofs v. 4. Sept. 1857 (Entsch. Bd. 36 S. 382) reprobiert.
823. VI. 27/92 v. 28. 4. 1892. IW. 1892 S. 315 Nr. 24, 25 (Hamburg). Hier handelt es sich um diejenige Klage, deren Anstellung nach § 144 in
^Verbindung mit § 28 Abs. 1 des Reichsbankges. zur erstrebten Beseitigung der
Rechtswirkung des Defektenbeschlusses des Reichsbankdirektoriums formell not
wendig war, und für solche Klagen ist die ausschließliche Norm -gegeben in
§ 153
des Reichsbeamtenges.,
wonach,
die
falls
Abfassung
des
Defekten
beschlusses durch die oberste Reichsbehörde geschehen ist, diese die Vertretung des
Reichsfiskus
übernimmt.
Bei der aus § 28 Abs. 1 des Reichsbankges.
folgenden entsprechenden Anwendung auf die Reichsbank ergibt sich, daß an
sich nur das Reichsbankdirektorium, welches nach § 2 der K. V. v. 19. Dez. 1875 unter B, I hier der „obersten Reichsbehörde" gleichsteht, und welches
im
vorliegenden
Falle
den
Defektenbeschluß
abgefaßt
hatte,
zu
verklagen
gewesen wäre. Die rechtliche Beurteilung der Sache gestaltet sich verschieden, je nachdem
man sich als die zu entscheidende Frage nur die denkt, ob die gesetzlichen Voraus
setzungen für den vom Reichsbankdirektorium gefaßten Defektenbeschluß in der Tat gegeben gewesen seien, oder die, ob die vom Kl. bestellte Amtskaution über
haupt für den entstandenen Defekt hafte.
Denn nicht in jedem Falle, wo ein
Reichsbeamter, bezw. Reichsbankbeamter für einen Defekt verantwortlich ist, ist nach § 141 Raum für einen von der zuständigen Behörde abzufassenden Defekten
beschluß; vgl. Laband, Staatsrecht d. D. Reiches (Ausl. 2), Bd. 1 § 48, S. 459. Die Amtskaution aber haftet nach § 28 Abs. 1 und § 40 Abs. 1 des Reichs bankges. in Verbindung mit § 1 der K. V. betr. Pensionen u. Kautionen d.
Reichsbankbeamten, v. 23. Dez. 1875 und § 10 des RGes., betr. die Kautionen
der Reichsbeamten, v. 2. Juni 1869 der Reichsbank für alle vom Kl. aus
seiner Amtsführung zu vertretenden Schäden
und Mängel an Kapital und
Zinsen, sowie an gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Ermittelung
des Schadens, also nicht bloß für die durch Defektenbeschluß ihm zur Last zu
bringenden Beträge.
Faßt man nun die vorliegende Klage als nur auf An
fechtung des Defektenbeschlusses als solchen im Sinne des § 144 abzielend auf,
so würde in Frage kommen, ob nicht der Beweis, daß der Defekt durch Arglist
oder grobes Versehen des Kl. verursacht sei, der Bekl. obliege,
und ob nicht
event, bei der Annahme des BG., daß ein solcher Beweis erbracht sei, die Ver letzung einer revisibeln Rechtsnorm im Spiele sei.
Gegenstand
Sieht man dagegen als den
des Rechtsstreites die Frage an, ob der Kl. überhaupt für den
fraglichen Defekt civilrechtlich zu haften habe, so kommt es
hervorgehobenen Punkte nicht an.
auf die soeben
Denn insoweit sind nur die allgemeinen
Grundsätze des maßgebenden bürgerlichen Rechtes über die Haftung eines Be amten für Sachen, die ihm und anderen Beamten gemeinsam zur Aufbewahrung und Bewachung anvertraut sind, in Anwendung zu bringen; dieses maßgebende
bürg. R. ist hier nach § 28 Abs. 1 des Reichsbankges. in Verbindung mit § 19 Abs. 1 des Reichsbeamtenges. das in Hamburg geltende gern. d. R., und nach diesem kann es keinem Bedenken unterliegen, daß jeder der beteiligten Beamten
für das Fehlende solidarisch ersatzpflichtig ist, insofern er nicht darlegt und be
weist, daß dasselbe ohne sein Verschulden abhanden gekommen ist.
542
Einführungsgesetz z. BtSB.
2. Abschn. Verhältnis z. d. Aeichsgesetzen.
KK 149—155: Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche. 824. II. 253/84 v. 14.11.1884. E. Bd. 12 Nr. 16 S. 71 (Straßburg, Kalmar). § 149 erklärt den Rechtsweg über vermögensrechtliche Ansprüche der Be
amten aus ihrem Dienstverhältnisse „mit den in den nachfolgenden Paragraphen enthaltenen Maßgaben" für statthaft.
In § 155 wird sodann die Entscheidung der
Verwaltungsbehörde darüber, ob und von welchem Zeitpunkte an ein Beamter einst weilig in den Ruhestand zu versetzen fei, für die Beurteilung der vor dem Gerichte
geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche für maßgebend erklärt. Der klare,
unzweideutige Wortlaut dieser Bestimmung, welche zu den
„Maßgaben" gehört, auf welche der § 149 verweist, führt nun zu der Aus legung, daß damit den Gerichten die Nachprüfung darüber entzogen ist, ob die Verwaltungsbehörde aus zureichendem gesetzlichen Grunde und auf genügend festgestellte Tatsachen hin den Beamten aus seinem Anite entfernt, einstweilig
oder definitiv in den Ruhestand versetzt habe; denn maßgebend für die Be
urteilung der geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche sind die ge dachten Entscheidungen nur, wenn für eben diese Beurteilung die Tatsache, daß
der Beamte, wie im gegebenen Falle, einstweilig in den Ruhestand versetzt sei, mit der rechtlichen Folge unanfechtbar feststeht, daß nur danach, d. h. also nur
auf der Grundlage, daß es sich um vermögensrechtliche Ansprüche eines einst weilig in den Ruhestand versetzten Beamten handele, der Umfang dieser An
sprüche richterlich bestimmt werden soll. Bei der anderen Auslegung, welche in den Kreis der gerichtlichen Er
der Rechtmäßigkeit des Ausspruches der Ver
wägungen auch die Prüfung
waltungsbehörde zieht, wodurch der Beamte in einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist, nach welcher also das Gericht auch zuständig wäre, die vermögens rechtlichen Ansprüche auf der entgegengesetzten Grundlage festzusetzen, daß der Beamte mangels der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen nicht in den einstweiligen Ruhestand habe versetzt werden dürfen, wäre der Ausspruch der
Verwaltungsbehörde für die Beurteilung der vermögensrechtlichen Ansprüche offen bar nicht maßgebend.
Schon an diesem Zusammenhänge der §§ 149—155
und an der aus dem klaren Wortlaute sich notwendig ergebenden Folgerung
muß jeder Versuch scheitern, dem § 155 eine die richterliche Zuständigkeit er weiternde Auslegung zu geben.
825. II. 230/91 v. 15. 12. 1891.
IW. 1892 S. 41 Nr. 12.
Die Entscheidung beruht auf der Annahme 1. daß gemäß § 155 die von der Verwaltungsbehörde getroffene Entscheidung, daß der Kl. nicht arbeits- und
dienstunfähig sei, für das Gericht maßgebend erscheine,
2. daß auch die aus
dem RG. v. 15. März 1886 hergeleiteten vermögensrechtlichen Ansprüche eines Be amten
gegen
den Fiskus
den Vorschriften
der §§ 149—155
des
Reichs-
beamtenges. unterworfen seien. In Bezug auf beide Rechtsfragen sind die Ausführungen des ÄG. für zutreffend zu erachten.
826.
I. 843/80 v. 24.11.1880.
E. Bd. 3 Nr. 28 S. 91 (Frankfurt a. M.)
Die Kündigung des Dienstes
ist keine Entfernung aus dem Amte im
Sinne des155, weil hierunter die im § 73 erwähnte Disziplinarstrafe zu verstehen ist.
Der Erlaß des Generalpostamtes enthält keine Entscheidung
darüber, ob Kl. in den Ruhestand zu versetzen, sondern nur darüber, ob ihm
eine Pension zu bewilligen sei; er enthält auch keinen Ausspruch darüber, ob Kl. dienstunfähig sei, da der Grund, weshalb dem Gesuch um Bewilligung eines Ruhegehaltes nicht zu entsprechen sei, nicht angegeben, mithin nicht ersichtlich
ist, ob die erbetene Pension wegen Mangels der im § 53 geforderten Nach weisung der Dienstunfähigkeit oder wegen der stattgehabten Kündigung oder
aus irgend einem anderen Grunde versagt worden ist.
827.
II. 233/96 v. 4.12. 1896.
E. Bd. 38 Nr. 79 S. 298 (Trier, Köln).
Zu erwähnen ist, daß § 155 im wesentlichen dieselben Bestimmungen ent hält, wie § 5 des pr. Ges. v. 24. Mai 1861.
Die §§ 149—155 sind dem
Ges. v. 24. Mai 1861 nachgebildet (Mot. z. Reichsbeamtenges. am Schlüsse).
Das Reichsbeamtenges. enthält aber auch in § 55 wörtlich dieselbe Vorschrift wie § 24 des Pr. Ges. v. 27. März 1872.
Es ist also auch im Reichs
beamtenges. der Zeitpunkt, mit welchem der Beamte in Ruhestand versetzt werden soll, in gleicher Weise wie für Preußen genau bestimmt. in demselben Reichsbeamtenges. § 155 vor, daß lediglich
Gleichwohl schreibt die Verwaltungs
behörde über den Zeitpunkt der Jnruhestandsetzung des Beamten zu entscheiden
habe.
Es besteht also bezüglich der hier zu entscheidenden Frage
(Zeitpunkt
der Pensionierung) für die deutschen Reichsbeamten derselbe rechtliche Zustand,
wie für die preußischen Beamten.
828.
IV. 282/93 v. 1. 2. 1894.
E. Bd. 32 Nr. 31 S. 120 (Glatz, Breslau).
Die Bestimmungen der §§ 149,152, 153, wonach über vermögensrechtliche Ansprüche der Reichsbeamten aus ihrem Dienstverhältnisse der Rechtsweg zu gelassen, und die Entscheidung in letzter Instanz dem ROHG. übertragen ist,
finden
in Gemäßheit des § 157 auf Soldaten nur in dem hier nicht vor
liegenden Falle eines Defektenverfahrens (§§ 134—148) Anwendung. Ebenso IV. 431/93 v. 21. 5. 1894. E. Bd. 33 Nr. 109 S. 410 (Berlin) u. IV. 240/92 v. 17.12.1894. E. Bd. 34 Nr. 111 S. 419 (Berlin).
829. Ausschlndfrist. VI. 150/93 v. 25. 9.1893. (Dresden).
E. Bd. 31 Nr. 23 S. 130.
Als endgültige Entscheidung
IW. 1893 S. 504 Nr. 20
erscheint die Entscheidung,
welche in ab
schließender Weise den Pensionsanspruch in der Weise festsetzt, daß aus der selben mit voller Bestimmtheit der gewährte Betrag und der Ausschluß ander
weitiger Regelung im ordentlichen Verwaltungsinstanzenzug hervorgeht.
setzt voraus,
Dies
daß die oberste Verwaltungsbehörde einen Endbescheid erlassen
544
«Änführungsgesetz z. BGB.
hat.
Demgemäß ist aber auch schon dieser den Pensionsbetrag festsetzende und
denselben
dem
Berechtigten
2. Abschn. Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
kundmachende
Bescheid
der
obersten
Militär
verwaltungsbehörde die endgültige Entscheidung, von deren Bekanntmachung die
Ausschlußfrist läuft.
Wie das ROHG. hinsichtlich der in § 150 für die Klage
erhebung festgesetzten, von der Eröffnung der Entscheidung der obersten Reichs behörde an laufenden Ausschlußfrist (Entsch. v. 21. Febr. 1879, Bd. 24 S. 411)
erörtert hat,
steht es dem Beteiligten
nicht zu,
den Beginn der Frist durch
an keine Zeitschranke gebundene Bitten oder Anträge hinauszuschieben. Zik § 159 und der A«sführ«ngs-B. t>. 23.11. 1874 vgl. III. 163/87 v. 9. 3. 1888. E. Bd. 20 Nr. 34 S. 151 (Kassel), s. o. S. 9 Nr. 13.
Art. 44, 45.
Reichsmilitärgesetz.
830. Dauernder Aufenthalt (§ 11).
StrS. III. 3265/88 v. 4. 2. 1889.
IW. 1889 S. 102 Nr. 7.
Vgl. Nr. Iss.
Die Entsch. darüber, ob der ehemalige Reichsangehörige bei seiner Rückkehr
in Deutschland einen „dauernden" Aufenthalt genommen
hat, muß erfolgen
unter Berücksichtigung der damals bei der Aufenthaltsnahme erkennbar in die Erscheinung getretenen Absichten des Betreffenden nach Maßgabe der objektiv
vorliegenden Verhältnisse des Zurückgekehrten, wie sie sich nach der Rückkehr gestaltet haben.
In Zweifelsfällen ist es
auch gestattet, aus der Dauer des
tatsächlich abgelaufenen Aufenthalts Rückschlüsse zu ziehen auf die entscheidende Absicht des Betreffenden, wie sie bei Beginn der Aufenthaltsnahme gestaltet war.
831. Benachteiligung von Gerichtsvollziehern dnrch Einberufung (8 66). IV. 371/84 v. 5. 3. 1885. (Magdeburg, Naumburg).
E. Bd. 13 Nr. 13 S. 35.
IW. 1885 S. 160 Nr. 16
Die allgemeine Zusicherung des § 66 Abs. 1, daß die Beamten durch ihre
Einberufung zum Militärdienste in ihren bürgerlichen Dienstverhältnissen keinen
Nachteil erleiden sollten, wird im Abs. 2 dahin bestimmt, daß denselben ihre Stellen, ihre Anciennität und ihr persönliches Diensteinkommen, sowie alle sich
daraus ergebenden Ansprüche gewahrt bleiben sollen.
Es wird daher in jedem
einzelnen Falle zu prüfen sein, auf welches Einkommen der betroffene Beamte
gegenüber dem Reiche, Staate oder der Gemeinde, von der er angestellt ist, nach Maßgabe der bezüglichen allgemeinen Vorschriften oder seines speziellen
Dienstvertrages einen begründeten Anspruch hat, wie denn auch der letzte Abs. des § 66 die näheren Bestimmungen hierüber den einzelnen Bundesregierungen überlassen hat.
In dieser Beziehung steht dem Klaganspruche nicht schon der
Umstand entgegen, daß die Ger.-Vollz. ihr amtliches Einkommen in erster Reihe
nicht aus der Staatskasse erhalten, da nach § 11 des StaatsminBeschl. v. 22. Jan. 1831 hierauf allein nichts ankommt.
Als entscheidend ist aber an
zusehen, daß den zunächst auf den Bezug der Gebühren für ihre Amtshandlungen
angewiesenen spr.j Ger.-Vollz. vom Staate z. Z. nur ein Jahreseinkommen von
Art. H6.
Personenstandsgesetz.
§§ (ff.
545
1800 Mk. gewährleistet ist, auf welches das gesamte Diensteinkommen, mit
Ausschluß der Vergütungen für bare Auslagen, zur Anrechnung kommt (§§ 23, 27 der pr. Gelc.-VollzO.).
Es muß angenommen werden, daß sich auf diesen Betrag
die Haftung des Staates auch im Falle des § 66 beschränkt.
Denn nach dieser
Vorschrift steht dem zum Militärdienste einberufenen Beamten nicht ein Anspruch
auf Ersatz jedes durch die Einberufung erlittenen Schadens, sondern nur ein solcher auf den Fortbezug seines Diensteinkommens zu, und letzteres ist für die Ger.-Vollz., soviel deren Anspruch an den Staat anlangt, auf den Jahresbetrag von 1800 Mk. fixiert. Über diesen Betrag hinaus hat Kl. einen Anspruch
all die Staatskasse aus dem Dienstverhältnisse überhaupt nicht (vgl. auch § 14
des StaatsminBeschl. v. 22. Jan. 1831 vo. „fixierte Besoldung").
Der § 66
a. a. O. verleiht aber nicht neue Ansprüche, sondern will nur die bestehenden wahren. Zu 8 74 (Wohnsitz): vgl. IW. 1883 S. 135; BGB. § 9 u. Art. 32.
Art 46. 832. Standesbeamter.
Personenstandsgesetz.
Gemeindebeamter (§§ 4 ff.).
IV. 326/96 v. 29. 3. 1897.
E. Bd. 39 Nr. 66 S. 262 (Erfurt, Naumburg).
... Die durch den Gemeindevorstand unter Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde ernannten besonderen Standesbeamten sind allerdings nach
§ 4 Abs. 4 Gemeindebeamte.
Sie sind dies aber nur in ihrer Eigenschaft als
Standesbeamter, und zwar auf Grund der Bestimmung des gedachten RGes.,
welches daneben in § 5 ausspricht, daß die durch die höhere Verwaltungs behörde erfolgte Genehmigung zur Bestellung jederzeit widerruflich ist.
Macht
die Verwaltungsbehörde von diesem Widerrufsrechte Gebrauch, so erledigt sich
damit das
Amt des
besonderen Standesbeamten.
Dem BG. muß deshalb
darin beigetreten werden, daß Kl., welcher in solcher Weise, infolge eines die
Genehmigung zu seiner Bestellung widerrufenden Oberpräsidialerlasses,
aus
seiner standesamtlichen Stellung geschieden ist, die Eigenschaft eines Gemeinde
beamten gleichzeitig mit dem ihm übertragen gewesenen Amte verloren hat, und daß er sich demgegenüber für die von ihm behauptete Fortdauer seiner Gemeinde beamtenqualität auf die Vorschrift des § 56 Ziff. 6 der StädteO. v. 30. Mai
1853 nicht berufen kann, weil er von dem Gemeindevorstande nur als Standes beamter mit der sich aus § 5 ergebenden Beschränkung angestellt worden war.
Dieser Auffassung steht auch die Entstehungsgeschichte der hier in Frage kommenden Bestimmungen des RGes. nicht entgegen. 833. Falsche Beurkundung (§§ 1, 13, 15). StrS. I 448/89 v. 28. 3. 1889,
IW. 1889 S. 200 Nr. 80.
Das Gesetz betrachtet, wie sich aus den §§ 1, 13 und 15 das. ergibt, als rechtlich erhebliche Tatsachen nicht bloß die allerdings in erster Linie in Betracht kommenden Tatsachen der Geburt, der Verehelichung und des Todes an sich,
sondern auch diejenigen Tatsachen, deren Beurkundung aus dem Grunde vorNudorff, Rcichsgcrichts-Entscheidungcn.
Bd. I.
35 -
546
Linführungsgesetz z. BGB.
2. Abschn. Verhältnis z. d. Aeichsgesetzen.
geschrieben ist, weil durch sie eine Garantie für die Richtigkeit der erstgenannten
Tatsachen gewonnen werden wollte.
Hierher gehören
insbesondere die Tat
sachen, daß die mündliche Anzeige von einer Geburt und einem Sterbefall von dem beurkundenden Standesbeamten entgegengenommen, daß vor ihm die hier über im Register niedergelegte Eintragung den Anzeigenden vorgelesen, vo>r
ihnen als mit der mündlichen Anzeige übereinstimmend genehmigt und wenn möglich unterzeichnet wird.
Vgl. Entsch. in Strass. Bd. 13 S. 116 ff.
Eine
von dem Standesbeamten bezüglich dieser Tatsachen vorsätzlich begangene falsche
Beurkundung fällt daher auch in dem Falle, wenn die beurkundete Tatsache
der Geburt oder des Sterbefalles rc. an sich der Wahrheit entspricht, unter den § 348 Abs. 1 StrGB.
834. Intellektuelle Urkundenfälschung (§§ 17, 25, 26). StrS. I 1940/89 v. 28. 1. 1889. IW. 1889 S. 472 Nr. 28. Neben einem Vergehen in Beziehung auf den Personenstand ideell kon
kurrierend liegt nicht eine intellektuelle Urkundenfälschung nach § 271 StrGB. vor, wenn der Eheniann vor dem Standesamte, vor welchem seine Ehe ge
schlossen ist, nachträglich sich zur Vaterschaft des von ihm in Wirklichkeit nicht
erzeugten, von seiner Ehefrau vor der Eheschließung unehelich im Bezirke eines anderen Standesbeamten
geborenen
Kindes
bekennt, dessen
Geburt in
das
Geburtsregister des Standesamts seines Geburtsorts eingetragen ist, und diese Anerkennung der Vaterschaft vor dem Standesamt der Eheschließung beurkunden läßt.
des
Die selbständige Beurkundung der Vaterschaft in dem Geburtsregister letzteren
kann
nicht
als
ordnungsmäßig
vollzogener Eintrag angesehen
werden und auch nicht als Grundlage zu einem Vermerk in dem Geburts
register desjenigen Standesamtes dienen, vor loelchem die Geburt des Kindes beurkundet ist.
835. Öffentliche Urkunde (§§ 1, 12, 14, 17, 19).
StrS. IV. 386/85 v. 3. 3.1885. IW. 1885 S. 234 Nr. 21. Eine in das Standesregister eingetragene Erklärung, welche in Abwesenheit des Standesbeamten von einer zu dessen Vertretung nicht befugten Person entgegen genommen und eingetragen ist, bildet keine öffentliche Urkunde, wenn
sie auch nachträglich vom Standesbeamten unterzeichnet wurde.
836. Eintragung (§ 22). StrS. III. 1442/87 v. 13. 7. 1887. IW. 1887 S. 401 Nr. 23. Die Feststellung der Straße und des Hauses einer Stadt, in welcher eine zum Standesregister anzumeldende Geburt erfolgt ist, kann nicht als rechts unerheblich
behandelt werden.
Als Vorsatz einer hierüber eine falsche Be
urkundung bewirkenden Person genügt das Bewußtsein, daß der beurkundende Beamte die genaue Angabe des Orts für rechtserheblich hält.
837. Eidesstattliche Versicherung (§ 27).
StrS. II. 3049/88 v. 28. 12. 1888.
IW. 1889 S. 94 Nr. 15.
Dem Standesbeamten steht nicht die Befugnis zu, in einem die Beurkundung einer Geburt bezweckenden Verfahren — speziell behufs einer gemäß §§ 27
und 81 vorzunehmenden
nachträglichen
Beurkundung
von Geburtsfällen —
eidesstattliche Versicherungen abzunehmen.
S. dagegen § 45. 838. Versicherung an Eidesstatt (§ 45).
StrS. II 2895/85 v. 11. 12. 1885.
IW. 1886 S. 105 Nr. 15.
Die wissentlich falsch abgegebene Versicherung an Eidesstatt von einem
Beamten in einem Falle, in welchem gesetzlich eine solche Versicherung gestattet ist, ist strafbar, ohne daß der Strafrichter zu prüfen hat, ob nach den tatsäch lichen Umstünden die Abnahme der Versicherung geboten war. 839. Stand (§ 59).
StrS. I 954/87 v. 21. 5. 1887.
IW. 1887 S. 403 Nr. 8.
Unter „Stand" ist nach § 59 Ziff. 1 nicht der Familienstand, sondern der Berufsstand
zu verstehen.
Deshalb ist es straflos,
wenn eine getrennt
lebende Ehefrau bei der Anzeige des Todesfalls eines Kindes vor dem Standes amte sich als Witwe bezeichnet. Kirchliche Trauung (§ 67. Vgl. BGB. § 1588).
840.
StrS. II 2071/87 v. 11. 11. 1887.
IW. 1887 S. 65 Nr. 15.
Ein Religionsdiener, welcher zu den religiösen Feierlichkeiten einer Ehe schließung schreitet, nachdem ihm nachgewiesen ist, daß die Ehe im Auslande
in einer dort gültigen Weise geschlossen worden war, ist nicht strafbar.
Als
Vorsatz einer nach § 67 strafbaren Tat genügt das Bewußsein mangelnden Nachweises. 841.
StrS. I 1966/90 v. 16. 10. 1890.
IW. 1890 S. 401 Nr. 6.
Allerdings reicht der gute Glaube des Geistlichen betreffs Abschlusses der Ehe vor dem Standesbeamten nicht hin, ihn straflos zu machen, aber anderer seits ist, um ihn bestrafen zu können, das Bewußtsein erforderlich, daß ihm
der Nachweis des Abschlusses einer bürgerlich gültigen Ehe nicht erbracht sei. Genehmigung der Militärbehörde (§ 69). 842.
StrS. Pl Bcschl. 1834/86 v. 13. 11. 1886.
IW. 1887. S. 35 Nr.'12.
Ein Standesbeamter ist nach § 69 strafbar, wenn er unter vorsätzlicher
oder fahrlässiger Außerachtlassung der Vorschriften, welche die Ehe der Militär
personen von einer Erlaubnis abhängig machen, die Eheschließung einer Militär person vollzieht.
548
Linführungsgesetz z. BGB.
2. Abschn. Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
843. StrS- II 1834/86 v. 10. 12. 1886. IW. 1887 S. 35 Nr. 13. Zur Eheschließung eines in seine Heimat beurlaubten Ersatzreservisten ist die militärbehördliche Genehmigung erforderlich.
844. StrS. II 1834/87 v. 11. 11. 1887. IW. 1887 S. 512 Nr. 12. Der die Eheschließung bewirkende Standesbeamte haftet für die Prüfung
der Zulässigkeit der Eheschließung, auch wenn sein Stellvertreter das Aufgebot
angeordnet hatte.
845. Aushebung der ehelichen Gemeinschaft (§ 77 Abs. 1). I. 85/87 v. 4. 6. 1887.
IW. 1887 S. 317 Nr. 21.
Beständige Trennung kann von dem anderen Ehegatten wegen Ehebruchs desselben ohne Lösung des Ehebandes ebensowenig durch Einrede gegen die Klage desselben auf Wiederherstellung des ehelichen Lebens wie durch Klage auf Gestattung der Trennung erreicht werden.
Ehebruchs
Der Ehegatte, welcher wegen
des anderen die Auflösung der Ehe verlangen könnte, aber von
diesem Rechte keinen Gebrauch macht, bleibt bei Aufrechterhaltung der Ehe den
für ihn
Recht,
daraus entspringenden Pflichten unterworfen
die Wiedervereinigung
und hat deshalb kein
mit dem anderen Ehegatten anders
als durch
Erwirkung der Scheidung oder der einstweiligen Gestattung des Getrenntlebens während des Scheidungsprozesses zu verhindern.
Wollte man dies nicht an
nehmen, so würde, wie das OAG. Wiesbaden (Seuff. A. Bd. 16 Nr. 52) zu
treffend ausführt, der mit dem Wesen der Ehe unvereinbare Rechtszustand eintreten, daß die Ehe nach wie vor in allen Beziehungen bestehen bliebe und dennoch die Lebensgemeinschaft der Ehegatten aufgehoben wäre.
Vgl. aber BGB. §§ 1576 s.
846. Wirksamkeit für Ausländer. II. 352/88 v. 4. 1. 1881.
E. Bd. 3 Nr. 14 S. 29.
IW. 1881 S. 35 (Dresden).
§ 77 weist die Gerichte an, fortan die Auflösung des Bandes der Ehe
auszusprechen, wenn nach dem bisherigen Rechte auf beständige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett zu erkennen sein würde.
Damit ist für das
ganze Deutsche Reich die lebenslängliche Trennung von Tisch und Bett ab
geschafft mit der Maßgabe, daß an deren Stelle, sofern nur ein deutsches Gericht zuständig ist, überall eine Auflösung des Ehebandes zu treten hat; gleichviel ob die streitenden Ehegatten Deutsche oder Ausländer sind.
So das
Gesetz auszulegen, erfordert a) der Wortsinn.
Die Vorschrift lautet ganz allgemein: sie unterscheidet
nicht zwischen Deutschen und Ausländern.
Allerdings läßt sich der Ausdruck
„bisheriges Recht" nur auf das inländische Recht beziehen.
Darunter sind
jedoch nicht bloß die für Inländer gegebenen eherechtlichen Bestimmungen be griffen, sondern auch Satzungen, welche, dem sogenannten internationalen Privat
rechte angehörig, die von deutschen Gerichten abzuurteilenden ehelichen Ver-
hältnisse von Ausländern betreffen. Ein Jnlandsgesetz, welches den Richter verpflichtet, die zwischen Ausländern anhängigen Ehestreitigkeiten nach dem im Heimatsstaat des Ehemannes geltenden Rechte zu entscheiden') und demzufolge immerwährende Trennung der Eheleute von Tisch und Bett anzuordnen, ist
nicht minder „bisheriges Recht", wie ein Jnlandsgesetz, in dessen Befolgung zwischen Inländern die nämliche Anordnung zu treffen war. Beiderlei Gesetze
sind durch § 77 Abs. 1 abgeändert. Gesetze der ersten Gattung sind es insoweit, als sie neben dem Reichsgesetze nicht fortbestehen können. Diese international rechtlichen ^Bestimmungen behalten ihre Kraft, soweit sie die Statthaftigkeit der Eheauflösung von dem ausländischen Rechte abhängig machen. Dasselbe ent
scheidet fernerhin noch darüber, ob die eheliche Verbindung der Parteien zu trennen sei. Umstände, denen die Wirkung der Scheidung im Heimatlande des Ehemannes abgesprochen, im Jnlande beigelegt ist, führen nicht zur Scheidung. Umgekehrt hat der Richter auf Grund von Tatsachen, welche das Auslandsrecht als Scheidungsgründe gelten läßt, mit der Ehescheidung vorzugehen ohne Rück sicht darauf, wie daL Jnlandsrecht den gleichen Fall behandelt. Nur soll da Scheidung vom Bande erfolgen, wo das einschlagende Auslandsgesetz bloße Trennung von Tisch und Bett verstattet. Hierdurch ist das materielle Ehe recht insofern umgestaltet worden, als für alle bei deutschen Gerichten Recht suchenden Ehegatten der nämliche Vorgang, welcher ehedem die beständige Trennung von Tisch und Bett nach sich zog, vom Inkrafttreten des RG. ab eine Scheidung dem Bande nach bewirkt. Diese Auffassung entspricht ferner noch
b) der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers. Alle älteren staatsgesetzlichen Vorschriften, welche katholischen Ehegatten gegenüber die Ehe für unauflöslich erklärten und nur die Trennung von Tisch und Bett auf Lebenszeit als Mittel zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft darboten, standen unter dem Einflüsse kirchlicher Lehrsätze. Davon hat die weltliche Gesetzgebung befreit; das dem Dogma einer einzelnen Kirche entnommene Hindernis der Ehebandslösung hat entfernt werden sollen im Einklänge damit, daß das bürgerliche Eheschließungsrecht gleichfalls ohne Berücksichtigung kirchlicher Lehren geregelt worden ist. Die Mot. zu § 76 des Entw. (Stenogr. Ber. 1874/75 Bd. 4 S. 1054) bezeichnen dies ausdrücklich als Zweck des Gesetzes. Ebenso ist bei der Beratung des Gesetzes im Reichstage wiederholt (Stenogr. Ber. Bd. 2 S. 1086, 1087,
1253) hierauf hingewiesen worden. Augenscheinlich würde aber der be merkte Zweck nur unvollkommen erreicht sein, wenn die Vorschriften in § 77
nicht auch in Ehestreitigkeiten zwischen Ausländern Anwendung finden sollten. Obwohl die Anwendbarkeit des Gesetzes auf Ausländerehen weder in den
Motiven, noch bei den Reichstagsverhandlungen zur Sprache gekommen ist, gebricht es doch an einem durchschlagenden Grunde, derartige Streitverhältnisse dem §
77
nicht zu unterstellen.
') Art. 17 EG. z. BGB.
Eine Vermutung für den gegenteiligen
550
Ginführungsgesetz z. BGB. 2. Abschn
Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
Willen des Gesetzgebers läßt sich aus den von der Vorinstanz angedeuteten Unzuträglichkeiten nicht herleiten. Daß der Ausländer, dessen Ehe ein deutsches
Gericht, den Gesetzen seines Heimatlandes zuwider, dem Bande nach geschieden hat, Gefahr läuft, in seinem Staate als
nicht geschieden behandelt, bei einer
Wiederverheiratung vielleicht sogar strafrechtlich verfolgt zu werden, daß ferner
das Jnlandsgesetz dem Ausländer die Möglichkeit einer Umgehung der ihn verpflichtenden Gesetze des Heimatsstaates gibt, alles das ist nicht zu verkennen.
Immerhin erlangt der Ausländer durch das Scheidungsurteil des deutschen Gerichts soviel, daß seine Ehe innerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs
als gelöst betrachtet wird; und das kann ihm nach Befinden genügen. Ebenso II. 461/83 v. 22. 4. 1884.
E. Bd. 11 Nr. 9 S. 29 (Leipzig, Dresden).
§ 77 Ms. 2. 847. VI. 153/93 v. 9. 10.1893. E. Bd. 32 Nr. 3 S. 17 (Plauen-Dresden). § 77 Abs. 2 gibt eine mit dem ersten Absätze zusammenhängende Übergangs
vorschrift.
Dem vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erlassenen Urteile auf be
ständige Trennung von Tisch und Bett wird die Kraft eines Scheidungsurteiles
verschafft, demnach den rechtskräftig von Tisch und Bett getrennten Ehegatten
die Möglichkeit der Wiederverheiratung eröffnet. Es handelt sich bei Abs. 2 um ein Ausnahmegesetz; von der Regel, daß
rechtskräftige Urteile den darin geordneten Rechtszustand unabänderlich fest stellen, gestattet das Gesetz eine Abweichung.
Diese Abweichung gilt von den
inländischen Urteilen, darum aber nicht ohne weiteres auch von den im Aus lande ergangenen.
Letztere beruhen auf einer anderen,
Vorschriften nicht übereinstimmenden Gesetzgebung.
mit den inländischen
Jedenfalls aber geht aus
dem Gesetze selbst klar hervor, daß es sich nur auf Urteile deutscher Gerichte bezieht.
Bei den Worten:
„Ist vor dem Tage, an welchem dieses Gesetz in
Kraft tritt, auf beständige Trennung von Tisch und Bett erkannt worden,"
kann nur an das deutsche Rechtsgebiet gedacht worden sein, in welchem eine beständige Trennung von Tisch und Bett bisher möglich war, fortan jedoch
durch § 77 Abs. 1 ausgeschlossen ist. Sollte §77 Abs. 2 auch auf Erkenntnisse aus anderen Rechtsgebieten Anwendung finden, in denen, wie in Österreich, auch jetzt noch die beständige Trennung von Tisch und Bett verfügt werden
kann, so würde die Beschränkung des § 77 Abs. 2 auf Erkenntnisse, welche vor
dem Inkrafttreten des Gesetzes gesprochen sind, keinen Sinn geben.
Denn für
diese Beschränkung fehlte, wenn Urteile außer-deutscher Gerichte dem Gesetze mit unterstellt werden, jeder Grund.
848. 107/83 v. 1. 6. 1883. E. Bd. 9 Nr. 20 S. 98. Gr. Bd. 1884 S. 199 Nr. 29 (Dresden). Die Annahme des BG., daß die Vorschrift im § 77 Abs. 2 auf Ehe
trennungen der vorliegenden Art keine Anwendung finde, verstößt nicht gegen das Gesetz.
Nach der Behauptung des Kl. sind er und seine Ehefrau zwar
für immer von Tisch und Bett getrennt worden, aber nicht durch richterliches Erkenntnis, sondern gemäß §§ 103 ff. des österr. Allg. BGB. durch Vertrag, im Wege freier, wennschon unter Mitwirken des Gerichtes, zustande gekommener Vereinbarung. Mag immerhin der Ausspruch des Gerichtes, welcher die von beiden Teilen verlangte Trennung bewilligte, nach österreichischen Gesetzen dieselbe Rechtswirkung haben, wie das auf einseitiges Verlangen erlassene Trennungsurteil und sollte selbst der Grund jener reichsgesetzlichen Vorschrift dafür sprechen, die einverständlich von Tisch und Bett getrennten Ehegatten ebenso zu behandeln, wie die durch Urteil getrennten, so wird doch die vertrags mäßige Ehetrennung von den Worten des Gesetzes nicht getroffen. Die Worte lassen keinen Zweifel über die beschränkte Tragweite der gesetzlichen Bestimmung. Das Gesetz erfordert ein Trennungsurteil, somit einen förm lichen Richterspruch, welcher nur in streitigen Rechtssachen erteilt wird. Die richterliche Bestätigung eines Vertrages gehört dagegen zu den Gegenständen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit, fällt also nicht unter den zweiten Absatz des § 77. 849. StrS. IV. 311/88 v. 14. 2. 1889.
IW. 1889 S. 132 Nr. 10.
Daß in § 77 Abs. 2 mit den Worten „vor dem Tag, an welchem dieses Gesetz in Kraft tritt," der in § 79 des Gesetzes festgesetzte Tag, d. i. der 1. Jan. 1876 gemeint ist, kann nicht bezweifelt werden. Art. 47.
Wuchergesetz.
Vgl. bei BGB. § 138 Abs. 2 Nr. 114 u. 115. 850. Auslegung des aufgehobenen Art. 3, jetzt BGB. §§ 134, 138.
II. 146/84 v. 27. 5. 1884.
E. Bd. 11 S. 191 Nr. 38 (Düsseldorf, Köln).
Durch die Urkunden wird nämlich eine fällig gewesene Forderung des Kl. von 3500 £ gegen Erhöhung ihres Betrages auf 4800 £ gestundet und stellt BG. unangefochten fest, daß dieser Prolongationsvertrag ein wucherliches Geschäft sei, indem Kl. die augenblickliche Not- und Zwangslage des Bekl. ausgebeutet habe; es kann auch darüber kein Zweifel sein, daß der Vorteil, welchen sich Kl. für die Stundung zusichern ließ, sich als ein übermäßiger im Sinne von Art. 1 bezw. §§ 302 a, 302 b StGB, darstellt. Dieses Stundungsgeschäst und die aus Grund desselben vom Bekl. aus gestellten Urkunden sind demnach gemäß (Art. 3 des Ges.) [§§ 138,139 BGB.j ungültig, und zwar ihrem ganzen Inhalte nach. Dies ergibt sich nicht nur aus dem klaren Wortlaute des Ges., sondern auch aus dessen Mot., welche S. 15,16 ausdrücklich hervorheben: „Indem (er, Art. 3) [§ 138 BGB.j aus spricht, daß Verträge, welche gegen die §§ 302 a, 302 b verstoßen, ungültig sind, läßt (er) [§ 139 BGB.j zugleich, was den Bestand des Vertrages als solchen betrifft, eine Teilung des einheitlichen Rechtsgeschäfts nach dem das Kapital betreffenden Inhalte nicht zu.
552
2. Abschn. Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
Linführungsgesetz z. BGB.
851. I 133/83 v. 28. 3. 1883. E. Bd. 8 Nr. Nr. 24 ®. 98. (Berlin). Vgl. Art. 82 WO.
IW. 1883 S. 186 Nr. 29
Da die Wechselverbindlichkeit nicht aus dem Rechtsgeschäfte, welches die
Wechselerklärung veranlaßt hat, sondern aus dem in Wechselform ohne Angabe
des Schuldgrundes gegebenen Zahlungsversprechen entspringt, so zieht auch die Ungültigkeit jenes Rechtsgeschäfts, selbst wenn sie auf einem gesetzlichen Verbote
desselben beruht, die Ungültigkeit der Wechselobligation nicht nach sich.
Ein
in Ausführung eines tvucherlichen Vertrags formgerecht ausgestellter Wechsel begründet mithin eine gültige und klagbare Wechselforderung.
Es kann jedoch
unter den Voraussetzungen der § 82 WO. der Wechselklage die Einrede des
Wuchers entgegengesetzt werden,
da
(nach Art. 3 Abs. 2) die Rückgabe des
Wechsels gefordert, mithin auch vor Rückgabe des Wechsels der darauf gestützten
Klage durch Einrede begegnet werden kann.
Art. 48, 49. 852. III. 197/83 v. 2. 11. 1883.
Es ist außer Streit, daß G.
Kurhessen
Reliktengesetze.
E. Bd. 10 Nr. 21 S. 82 (Kassel).
einen Pensionsanspruch
Vgl. Nr. 889.
zur Zeit der Toxischen Postverwaltung in von
jährlich
400 Mk.
für seine Hinter
bliebenen erworben und diesen Anspruch als sein wohlerworbenes Recht beim Übergange Kurhessens auf den preußischen Staat behalten hat. Hieraus folgt, daß,
wenn Preußen in der Folge ein Pensionsgesetz eingeführt hätte, nach welchem die Hinterbliebenen des G. eine geringere Summe als 400 Mk. erhalten würden, jener
Anspruch dadurch in Kraft getreten wäre, daß die G.schen Relikten die Ergänzung
der Summe bis zu dem eben genannten Betrage verlangen könnten.
Keineswegs
aber würde der von G. erworbene Anspruch dazu geführt haben, daß seine Relikten
ohne weiteres die frühere Pension neben der neuen preußischen zu fordern gehabt
hätten.
Denn eine Garantie, wie sie der preußische Staat gegenüber den vormals
Taxisschen Postbeamten übernommen hat, ist nur dahin zu verstehen, daß in dem
neuen Dienstverhältnisse, in welches die Beamten eintreten, die von ihnen bereits erworbenen Pensionsansprüche ungemindert zu verbleiben haben.
Wenn und
soweit daher in dem neuen Dienste Witwen- und Waisengelder verabreicht werden, insoweit erschöpft sich das im früheren Dienste erworbene Recht, und der be
treffende Anspruch des Beamten fällt, weil befriedigt, ganz oder teilweise hinweg. Wie auf den preußischen Staat, so müssen die vorstehenden Grundsätze
auch auf das Deutsche Reich in seinem Verhältnisse zu dem verstorbenen Ehe manne der Klägerin zutreffen.
Art. 54. Festungs-Rayongesetz. 853. Matzgebender Zeitpunkt für die Entschädigung (§ 35).
II. 115/89 v. 2. 7.1889. E. Bd. 24 Nr. 5 S. 29. IW. 1889 S. 327 Nr. 10 (Köln).
Der Sinn des § 35 unter Abs. 1 und 2 ist dahin festzustellen, daß die Grundlage für die zu gewährende Entschädigung die gesetzlichen Beschränkungen
bilden sollen, welchen das Grundstück in seiner Beschaffenheit zur Zeit der Ab steckung der Rayonlinien von da an unterworfen ist und daß behufs Bestimmung
des hierdurch verursachten Minderwerts, welchem die Entschädigung entsprechen soll, der bisherige Wert des Grundstücks in der gleichen Beschaffenheit ohne Berück
sichtigung der Preisverhältnisse, welche nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers
sich gebildet haben, festzusetzen ist. Vgl. U. des OLG. für Bayern v. 15. Dez. 1881, Entsch. 1883 Bd. 9 S. 427 ff., Hirths Ann., 1880 S. 241—254.
II. CS. i. S.
Görgens c. Reichsfiskus v. 2. Juli 1889 Nr. 115/89 II. Bgl. auch das U. dieses Gerichtshofes v. 29. 4. 1880 in Seuff. Bd. 35 Nr. 217 S. 316, wo es heißt:
„Den primären und für sich allein ausreichenden Entscheidungsgrund, durch
welchen BG. seinen Ausspruch rechtfertigt, bildet die Erwägung, daß wegen Beschränkungen des Grundeigentums in der Umgebung von Festungen, welche bei Erlassung des Reichsgesetzes schon bestanden, — von dem hier nicht gege
benen Falle einer Armierung abgesehen — auf Grund dieses Gesetzes eine Entschädigung überhaupt erst dann gefordert werden
könne, wenn ein Neu
oder Verstärkungsbau stattfinde und infolgedessen die Festungsrayons nach Vor schrift des Reichsgesetzes abgesteckt werden, daß es aber im gegebenen Falle an
diesen
Voraussetzungen mangle.
Die Richtigkeit dieses Entscheidungsgrundes
wird auch in Ansehung der ihm unterstellten rechtlichen Anschauung durch die ganze Anlage des Reichsgesetzes, durch dessen einzelne Bestimmungen und ihren
Zusammenhang bewährt. Berechtigter (§ 36 Ms. 4). 854. II. 240/86 v. 20. 11.1886. Kolmar).
E. Bd. 17 Nr. 8 S. 33 IW. 1886 S. 448 Nr. 18 (Metz-
§ 36 Abs. 4 bestimmt, daß die Rente an den jeweiligen im Rayonkataster
eingetragenen Besitzer des Grundstücks zu bezahlen sei.
Damit ist zwar nicht,
reichsrechtlich das Grundstück zum Träger des Forderungsrechtes, die Eintragung nicht zur Bedingung der materiellen Berechtigung, wohl aber ist sie in der
Weise zur formalen Voraussetzung für die Rechtsverfolgung gegen den Fiskus
gemacht, daß dieser rechtsgültig durch Zahlung an den Eingetragenen befreit wird und nicht verpflichtet ist, mit einem nicht im Rayonkataster Eingetragenen über dessen angeblich besseres Recht einen Prozeß zu führen.
Diese Auslegung
ergibt sich aus dem Wortlaute und dem Zusammenhangs der einzelnen Bestim
mungen des Gesetzes, sowie aus den Vorarbeiten zu demselben.
Vorarbeiten ergibt sich,
Aus diesen
daß das Gesetz über die materielle, privatrechtliche
Berechtigung an der Rente nicht entscheidet, daß dasselbe insbesondere kein
Obligationsverhältnis schafft, dessen berechtigtes Subjekt das Grundstück ist, daß es aber anderseits die Legitimation dem Fiskus gegenüber von der Ein tragung als Besitzer im Rayonkataster abhängig macht.
das Gesetz auch von den Schriftstellern verstanden.
Ann. 1874. S. 1079/1080.
Laband, StR. III S. 392.
In diesem Sinne wird
Vgl. Seydel in Hirth
554
Ginführungsgesetz z. BGB.
2. Abschn.
Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
IW. 1887 S. 291 Nr. 15.
855. IV. 8/37 v. 9. 5.1887.
Die Festungsrayon-Entschädigung besteht in dem Ersatz derjenigen Werts minderung, welche ein Grundstück zufolge der durch das Rayongesetz demselben auferlegten Benutzungsbeschrünkung
Gestalt
der
Kapitalsabfindung
für den Besitzer erleidet, und
an
den
zeitigen
Besitzer,
in
wird
Gestalt
in der
Rente an den jeweiligen, im Rayonkataster bezeichneten Besitzer geleistet (vgl.
§§ 35, 36).
Danach bildet sie ein dem Grundbesitzer als solchem zustehendes
Forderungsrecht. 856. Hinterlegung der Kapitalsentschädigung
37).
E. Bd. 22 Nr. 5 S. 31. IW. 1888 S. 24 Nr. 43
V. 140/88 v. 26. 9. 1888. (Thorn, Marienwerder).
Für die Revisionsinstanz handelt es sich in dieser Sache nur um die Entscheidung der Rechtsfrage, ob die Kapitalsentschädigung, welche der Kl. auf Grund des Reichsges. v. 21. Dez. 1871, zugesprochcn ist für die Einbeziehung
von ihr gehörigen Grundstücken in den ersten Rayon eines neu erbauten Forts der Festung Thorn, wegen der auf diesen Grundstücken eingetragenen Hypo
theken gegen den Widerspruch der Kl. und lediglich auf den Antrag des Bekl. mit befreiender Wirkung für diesen zu hinterlegen ist.
BG. hat diese Frage
im Gegensatze zum ersten Richter bejaht und Kl. verurteilt, anzuerkennen, das; sie durch die Hinterlegung bezüglich ihres Anspruches abgefunden sei.
Es mußte auf die eingelegte Revision der Ansicht des ersten Richters beigetreten werden.
Das angezogene Gesetz gedenkt der Rechte Dritter nur in seinem § 37: „Welche Rechte anderen Realberechtigten an der Entschädigung zustehen,
bestimnlt sich nach den Landesgesetzen."
Diese Vorschrift schließt sich an die Weisung des vorhergehenden Para graphen, es werde die in Rente zu zahlende Entschädigung abgeführt an den
jeweiligen im Rayonkataster bezeichneten Besitzer des Grundstückes, welchem die Beschränkung auferlegt ist.
Daß die im Rayonkataster gegebene Bezeichnung des Besitzers trotz aller Sorgfalt die Möglichkeit offen
wirkliche Eigentümer ist,
läßt, daß der
bezeichnete Besitzer nicht der
läßt sich nicht verkennen.
§ 36 an sich und in
seiner Verbindung mit dem folgenden § 37 hat also jedenfalls den Zweck, dem
Reichsfiskus
die
Befreiung von
seiner
Entschädigungsverpflichtnng zu
sichern, wenn er die Entschädigung zahlt an den nach der Bezeichnung des
Rayonkatasters
sich
ergebenden Grundstücksbesitzer.
ausdrücklich nur von Zahlung einer Rente die Rede. der Fall, handelt.
wenn es sich
um
Es ist zwar
im § 36
Gemeint ist aber auch
die Gewährung der Entschädigung in Kapital
Diese Art der Entschädigung soll nach § 36 Abs. 1 (vgl. auch § 40
letzt. Abs.) geleistet werden, wenn die durch die auferlegte Beschränkung bewirkte Wertsverminderung
des Grundstücks
mindestens
ein Drittel des bisherigen
Werts beträgt und der Besitzer die Kapitalentschädigung verlangt.
Ohne dieses
Verlangen bleibt es bei der Rente, also auch in dem Falle, in welchem wegen der Wertsverminderung um mehr als ein Drittel die Sicherheit der auf dem Grundstück eingetragenen
die nach pr. R. (ALR. Tl. I Tit. 14
Hypotheken,
§ 188) bei Landgütern nur innerhalb der beiden ersten Drittel des Wertes -gegeben ist, gefährdet sein kann.
Weil nun auch unter dem „Besitzer", welchem
in dem gesetzten Falle die Wahl überlassen ist zwischen Rente und Kapital,
nur der Besitzer nach Ausweis des Rayonkatasters verstanden werden kann,
so darf man davon ausgehen, es habe das Gesetz mit der Vorschrift, es sei die Rente an jenen Besitzer zu zahlen, jede Art der Entschädigung gemeint, unter der Regel auch den nur durch den Willen des Besitzers entstehenden
Ausnahmefall einbegreisend.
Der Zweck der beiden §§ 36 und 37 ist aber
nicht erschöpft dadurch, daß der Reichsfiskus durch die Bezeichnung der Person, an welche die Entschädigung gezahlt werden soll, gesichert wird gegen Ansprüche
anderer Eigentumsprätendenten, wie solches schon vom RG. (vgl. RG.Entsch. Bd. 17 S. 35) angenommen worden ist, sondern auch in dem Falle, in welchem
dinglich Berechtigte im engeren Sinne, wie hier Hypothekengläubiger, bei der Wertsverminderung des Grundstücks und der dafür zu zahlenden Entschädigung
interessiert sind, soll die Verpflichtung des Reichsfiskus, wenigstens für das pr.
R.,
erfüllt
sein
durch
die
Zahlung
Rayonkataster bezeichneten Besitzer.
der
Entschädigung
an
den
im
Das Rayongesetz läßt in seinem § 41
letzt. Abs. nur im Falle der „Enteignung", worunter nur der der Eigentums entziehung verstanden werden kann, das in den Landesgesetzen geordnete Ver
fahren eintreten.
Bezüglich der bloßen Rayonbeschränkung bewendet es bei
dem Verfahren, wie es im Rayongesetze geregelt ist, da dem RGes. gegenüber nur in den von demselben besonders vorgesehenen Füllen das Landesgesetz An
wendung findet.
Dieses Verfahren erfaßt aber in keiner Weise die Rechte der
Realberechtigten, soweit es sich nicht um die Feststellung des Besitzers handelt. Der Rayonkataster bietet
keinen Platz
treffenden Grundstück haftenden Lasten.
für
die Aufnahme der auf dem
be
Das im Fall des Streits über die
Verpflichtung des Reichsfiskus zur Entschädigung
überhaupt oder
über
die
Höhe des letzteren in §§ 39 ff. vorgeschriebene Verfahren hat, so lange der
Fiskus nicht zur Entziehung des betreffenden Grundstücks übergeht, gleichfalls nichts zu schaffen mit der Ermittelung der das Eigentum beschränkenden Rechte
Dritter.
Für diese Ermittelung
gebricht
es,
so
lange
nur
eine Rayon
beschränkung in Frage steht, an einer dem Fiskus im Gesetze gegebenen Be rechtigung, sich der dafür nötigen Beihilfe anderer Behörden zu bedienen, die
nur (in §§ 10 und 11) vorgesehen ist, soweit die Aufstellung des Rayonplans
und Rayonkatasters es erfordert. einem
anderen
pr. Ges.
mangelt,
Aus diesen Gründen und weil es auch an
welches
die
streitige
Verpflichtung
zur
Hinterlegung im vorliegenden Falle auferlegt, kann dem § 37 a. a. O. neben der bereits erwähnten nur noch die Bedeutung beigelegt werden, daß es der
Linführungsgesetz z. BGB.
556
2. Abschn.
Verhältnis z. d. Reichsgesetzen.
Initiative der anderen Realberechtigten überlassen bleiben müsse, ihre etwaigen nach Landesrecht zustehenden Rechte zur Geltung zu bringen; so lange dies
nicht geschehen und nicht in entsprechender Weise geschehen ist, muß der Reichs fiskus der Zahlungsvorschrift des § 36 nachkommen.
857. Evtschädigmigsklagen sind gegen den Rrichsfiskns, vertreten durch den Reichskanzler.
$it richten.
Umfang der Entschädigung.
V. 269/83 v. 12. 12. 1883. Bgl. Nr. 11 ff., 582.
Entziehung von Grundwasser.
Gr. Bd. 28 S. 1118 Nr. 116 (Marienwerder).
Die Festung Thorn ist im Königreich Preußen belegen; aber ihre Werke
stehen im
Eigentum des Reichs, RG. v. 25.
1873 S. 113 und 123). tums
und in
u. v. 30. Mai 1873 (RGBl.
Die Klage ist gestützt auf Mißbrauch dieses Eigen
zweiter Linie auf die vermöge des Expropriationsrechts dem
Exproprianten obliegende Verpflichtung zur Entschädigung. Recht gegen den Reichsfiskus aus
dem Verwaltungsrecht
Anspruch.
Sie ist daher mit
gerichtet; denn es handelt sich nicht um einen
der
preußischen Militärverwaltung entfließenden
Zur Vertretung des Reichsfiskus ist (wenn nicht besondere Gesetze
anders verordnen) der Reichskanzler berufen; unbestrittener Angabe zufolge ist von
ihm die Kommandantur zu Thorn zur Vertretung in diesem Prozeß ermächtigt.
In der Sache selbst ist der Anspruch des Klägers mit Recht zurückgewiesen.
Das pr. ALR. gewährt dem Grundeigentümer kein Eigentum, auch kein eigentumähnliches Recht an dem in seinem Grundstück befindlichen Grundwasser; er darf dasselbe zwar fassen und benutzen, aber er hat bloß vermöge seines
Grundeigentums, keinen Anspruch dahin, daß ihm dasselbe nicht durch Anlagen
anderer Grundeigentümer in ihren Grundstücken geschmälert oder dem Stande nach
gesenkt werde.
bewirkt sein.
Nur darf eine derartige Anlage nicht in der Absicht zu schädigen
Vgl. Scheele, Wasserrecht S. 90; Nieberding, Wasserrecht S. 96,
103, 127, 128; ALR. I. 8 §§ 26ff.
Es ist richtig, daß dieser Rechtslage auch die Spezialvorschrift des § 130 ALR. I. 8 entspricht.
Wenn der § 16 des Vorflutedikts vom 15. Nov. 1811
unter b von der Untersuchung „ob nicht durch die beabsichtigte Entwässerung andere Grundbesitzer leiden werden" und das Gesetz vom 23. Januar 1846
(GS. S. 26) in dem § 1 Nr. 2 und § 3 Nr. 3 von den „Entschädigungen
wegen der von der Entwässerung zu erwartenden Senkung des Wasserstandes" redet, so ist dabei an Entwässerungen mittels Ableitung über fremde Grund stücke respektive an spezielle Titel zum Recht
auf Untersagung
der Wasser
ableitung oder Wasserstandsenkung gedacht.
Die angebliche Tatsache also, daß die Tieferlegung des Grundwasserstandes
durch die Wasserableitung auf dem Grundeigentum des Bekl. das klägerische Eigentum ausgetrocknet und für den Kl. geschädigt habe, ist ungeeignet, den
Schadensersatzanspruch des Kl. zu begründen.
Denn daß „Mißbrauch" nicht
vorliegt, ist im BU. ohne erkennbaren Rechtsirrtum festgestellt.
Die Berufung auf das Enteignungsgesetz v. 11. Juni 1874 ist an sich zulässig; denn es handelt sich nicht um „Entwässerung im Interesse der Landes kultur" (§ 54 dieses Ges.). Und wenn auch die Enteignung des Streifens zur Verlängung des Ableitungskanals nicht im durchgeführten Expropriations verfahren stattgefunden Hatz sondern die Abtretung nach eingeleitetem Ent eignungsverfahren und nach aufgestelltem Enteignungsplan freiwillig erfolgt ist — §§ 16, 17 —, so wäre doch an sich die Entschädigung nach Maßgabe
der für das Expropriationsverfahren bestehenden Normen zu gewähren, also nicht bloß als Ersatz des vollen Wertes des abgetretenen Streifens (§ 8),
sondern unter Umständen auch als Ersatz der Nachteile, welche die durch die Abtretung ermöglichte Entwässerung dem übrigen Grundbesitz des Kl. zu gefügt hat. Aber es muß dem BG. darin beigestimmt werden, daß wenn, wie hier, nach eröffnetem Enteignungsverfahren die freiwillige Abtretung unter Ver einbarung und Zahlung eines bestimmten Preises erfolgt, mangels ausschließen der Umstände angenommen werden muß, dieser Preis umfasse die ganze Ent schädigung, welche dem Abtretenden nach Maßgabe des Enteignungsgesetzes ge bührt, namentlich also auch die Vergütung der Nachteile, welche durch den Betrieb der Anlage, zwecks deren Herstellung expropriiert resp, abgetreten worden, für den Restbesitz entstanden sind oder voraussichtlich entstehen können. Denn die Rechtsansicht, welche zu der im Tit. II. des Ges. normierten Entschädigung
auch die Vergütung jener Nachteile rechnet und dem Exproprianten auflegt, beruht gerade auf der Erwägung, daß wenn Grund und Boden nicht zwangs weise, sondern freiwillig zu einer beabsichtigten und kündbar gemachten Anlage verkauft wird, der Verkäufer den Preis verständigerweise auch in Veranschlagung jener Nachteile bestimmt, daß er, wenn dieser Preis nicht bewilligt wird, die freiwillige Veräußerung weigert, daß also rechtlich die zwangsweise Ent eignung selbst auch betreffs jener Nachteile als zur Entschädigung verpflichtend angesehen werden muß. 858. Beweiswürdigung (K 42).
II. 225/87 v. 2. 12.1887.
IW. 1887 S. 24 Nr. 43
Nach § 13 Abs. 1 des EG. zu CPO. werden die prozeßrechtlichen Vor schriften der Reichsgesetze durch die CPO. nicht berührt. § 42 des Reichs-
Rayon-Ges. ist aber auch durch die weiteren Vorschriften des erwähnten § 13 nicht außer Kraft gesetzt worden. BG. hat nun allerdings mit Unrecht an
genommen, § 42 Abs. 3 des erwähnten Gesetzes, welcher lediglich sagt, daß das Ergebnis der Beweisaufnahme vom Gericht nach freier Überzeugung zu würdigen sei, stimme mit § 287 CPO. überein.
Eine solche Überein
stimmung besteht keineswegs. Vielmehr gibt § 42 lediglich dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung Ausdruck, der auch in § 287 CPO. Aufnahme gefunden hat.
558
Linführungsgesetz z. BGB.
Art. 55.
5. Abschn.
Verhältnis z. d. tandesgesetzen^
Privatrechtsverhältniffe an Gegenständen des öffent lichen Rechts. A. Öffentliche Straßen, Plätze, Anlagen.
Über öffentliche Flüsse und Gewässer vgl. Art. 55, 65; über Siele, cloaca publica, über interdictum ne quid in loco publico fiat Art. 66 und Nr. 524, 527; über Brückengerechtigkeit an einem öffentlichen Kanal Art. 106 ff. Nr. 524, 527. 859. III. 200/85 v. 27.11. 1885. IW. 1886 S. 20 Nr. 40 (gern. R). Öffentliche Straßen und Plätze, welche im Eigentum einer Gemeinde
stehen, sind dem Privatrechtsverkehr keineswegs in dem Sinne entzogen, daß
sie nicht den Gegenstand obligatorischer Verbindlichkeiten bilden könnten und
vollends kann davon nicht die Rede sein, daß eine Gemeinde durch unberechtigte Verwendung und Bestimmung des Grundstücks zum öffentlichen Gebrauch sich
solchen Verpflichtungen entziehen dürfte.
Vielmehr bleiben diese bestehen und
können, wie alle anderen privatrechtlichen Verpflichtungen, auch im Rechtsweg
geltend gemacht werden. 860. V. 324/86 v 16. 2.1887.
IW. 1887 S. 105 Nr. 46 (ALR.).
Es ist, wie für den vorliegenden Fall gerade die anderen Personen gegen Entgelt erteilte Befugnis zu besonderer Benutzung von Straßenflächen zeigt,
durch den Begriff der öffentlichen Straße nicht ausgeschlossen, daß dieselbe dem öffentlichen Verkehr nur soweit dient, als nicht einzelnen besondere, diesen
Verkehr einschränkende Rechte daran zustehen, und es ist deshalb auch der Er
werb solcher besonderen Rechte
durch Ersitzung nicht
undenkbar.
Daß der
Inhalt dieser Rechte durch die dauernde und vorzugsweise Nutzung der Straße zu solchen Zwecken gebildet wird, zu denen die Straße in vorübergehender Weise
von jedermann gebraucht werden
kann, wie zum Hinstellen von Wagen und
sonstigen Geräten, kann begrifflich keinen Unterschied machen.
Die Möglichkeit,
daß eine solche dauernde Nutzung in dem guten Glauben eines bestehenden be
sonderen Rechtes geschehe, ist nicht dadurch ausgeschlossen, daß unter anderen
Umständen die gleiche Nutzung auch unter Mißbrauch der Verkehrsfreiheit, also in bösem Glauben, vor sich gehen kann.
Diese letztere Möglichkeit nötigt
nur den Richter zu besonders sorgfältiger Prüfung, ob im Einzelfalle ein Mißbrauch der Straße oder die gutgläubige Absicht besonderer Nechtsübung vorliegt. 861. IV. 95/88 v. 29. 6. 1888.
IW. 1888 S. 337 Nr. 24 (ALR.).
Daß diesem Mietverträge der öffentlich rechtliche Charakter der Straßen und Plätze wie die Nichtausschließlichkeit des daran eingeräumten Gebrauchs keineswegs entgegensteht, ist im U. des RG. v. 7. 7. 1884 (Pr. JMBl. 1884
S. 209) näher dargelegt. S. die folgende Nr.
862. IV. 99/84 v. 7. 7. 1884.
IW. 1884 S. 225 Nr. 31 (ALR.).
Hiernach (Ges. v. 26. April 1872, Gew.O. § 68; Strieth. A. Bd. 25 S. 158; Bd. 99 S. 333; OTrib. Entsch. Bd. 81 S. 18) ist eine öffentliche städtische Straße an sich nicht untauglich, Gegenstand eines Mietsvertrages zu
sein, und sie wird zu einem solchen dadurch gemacht, daß einer Gesellschaft der Gebrauch derselben zum Betriebe einer Pferdebahn gegen Entgelt eingeräumt wird.
Es ist dies eine Nutzung der Straße und die Nutzung eines solchen Gemeinde
wegs steht dem Eigentümer,
der Gemeinde, zu (Dernburg pr. PR. 1 S. 257).
Ebenso in Bezug auf Privatrechte an
stoßenden um ihn herumführenden
einem unmittelbar an den Kirchhof
Wege: V. 30/88 v. 23. 6. 1888.
Gr. Bd. 32
'S. 1011 Nr. 75 (Hamm).
863. Grundgerechtigkeit auf Überbrückung eines öffentlichen Kanals. V. 55/93 v. 3. 6. 1893.
Gr. Bd. 37 Nr. 59 S. 1012.
IW. 1893 S. 369 Nr. 85
Bgl. Art. 85.
(Posen).
Durch den aus schiffahrtspolizeilichen Gründen verfügten und im März 1890 aus geführten Abbruch der „Schaafbrücke", die über den im Privateigentum des Fiskus stehenden
Bromberger Kanal führte, sind die Kl. von ihren jenseits des Kanals liegenden Wiesen ab
geschnitten worden. Sie haben gegen den Fiskus auf Wiederherstellung der Brücke event, aus Schadensersatz geklagt. Beide Klageanträge wurden von I und II abgewiesen; NG. hat
bezüglich der Schadensersatzklage aufgehoben und die Sache insoweit zurückverwiesen. Jetzt hat BG. den Schadensanspruch der Kl. dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Rev. des Bekl. ist verworfen.
BG. gibt folgende Gründe: Eine Schädigung der Kl. durch Wirtschafts
erschwerung liege zweifellos vor. — Die von den Kl. beanspruchte Grund gerechtigkeit habe in der Überbrückung des Kanals bestanden, also den Kanal als Grundstück betroffen.
Der Kanal stehe im Eigentum des Bekl. und sei,
zwar nicht wegen des fiskalischen Eigentums, aber doch wegen seiner Bestimmung zur Schiffahrt, also zu einem öffentlichen Zwecke, den öffentlichen Sachen zu
zurechnen.
Aber dadurch werde der Erwerb einer Grundgerechtigkeit am Kanal,
soweit sie mit dem öffentlichen Zweck vereinbar sei, nicht ausgeschlossen.
Daß
die Benutzung der Schaafbrücke früher mit den Interessen der Schiffahrt vereinbar
gewesen sei, ergebe sich aus dem Verhalten des Fiskus, und zwar sei dies die ganze Ersitzungszeit hindurch, 44 Jahre, vom März 1890 zurückgerechnet, der
Fall gewesen.
Aus den Zeugenaussagen ergebe sich zugleich, daß Kl. und ihre
Vorbesitzer die Brücke zu Privatzwecken und als Privatrecht benutzt hätten, und
dies werde auch durch andere (näher angeführte) Umstände bestätigt.
Diese
Benutzung durch Kl. habe fortwährend, ohne Unterbrechung, auch nicht bloß
bittweise stattgefunden, Bekl. habe sie geduldet, weil er sich dazu für verpflichtet gehalten habe.
Mithin sei der Eingriff in dieses Recht nach § 75 der Eint,
z. ALR. ein geeigneter Titel für die von den Kl. an den Staat erhobene Ent schädigungsforderung. Die gegen diese Entscheidung erhobenen Revisionsangriffe sind nicht ge
rechtfertigt.
560
Ginführungsgesetz z. BGB.
3. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen.
Dies gilt zunächst von der Ausführung, daß nicht der dem Bell, gehörige Kanal, sondern die Schaafbrücke selbst den Gegenstand einer etwaigen Grund
gerechtigkeit der Kl. bilden würde, weil diese sowohl ein Eigentumsrecht als die
Unterhaltungspflicht bezüglich der Brücke ablehnten.
Nach den Anführungen
der Parteien kann die Brücke nur entweder dem Bekl. oder den Kl. gehören und in beiden Fällen besteht die von den Kl. in Anspruch genommene Grund
gerechtigkeit in dem Recht, den Kanal mittels dieser Brücke zu überschreiten; an der Benutzung des Brückenkörpers, wenn dieser nicht über dem Kanal läge, haben sie kein Interesse.
Welche der Parteien das Eigentum an der Brücke
besitzt und sie zu unterhalten hat, ist hierbei gleichgültig.
864. Dauer der Berkehrsentziehuug. V. 54/89 v. 25. 5. 1889.
IW. 1889 S. 295 Nr. 41.
§ 581 I 9 ALR. lautet:
„Wenn eine Sache durch Gesetze dem bürger
lichen Verkehr ganz entzogen worden, so kann sie durch keine Verjährung er
worben werden."
Daß städtische Straßen und öffentliche Plätze in Städten
zu diesen durch Gesetz dem bürgerlichen Verkehr entzogenen Sachen gehören, so lange sie ihrer Bestimmung nicht entzogen sind, ist in Doktrin und Praxis
nicht streitig.
Vgl. Kochs Komm, zu § 15 des ALR. T. 1 Tit. 4; Dern-
burg pr. PR. Bd. I § 67.
Eine bloß tatsächliche andere Benutzung derselben
oder deren Teile genügt nicht, ihnen die Eigenschaft einer öffentlichen Sache
zu entziehen.
Eine solche Benutzung durch Privatbesitz, eine Behandlung der
selben als Gegenstand des Privateigentums, ist die Voraussetzung einer jeden
Ersitzung, es würde deshalb die Bestimmung des § 581 von keiner Bedeutung sein, wenn eine solche Entziehung ansreichen sollte, die Ersitzung zu ermöglichen.
Deshalb muß dafür ein Akt der zuständigen Behörde hinzukommen, welche die ^Bestimmung für den öffentlichen Zweck aufhebt.
Ob es dieserhalb einer
ausdrücklichen Erklärung bedarf, oder ob konkludente Handlungen ausreichen
(vgl. Dernburg a. a. O.; Entsch. des OTrib. S. 92 Bd. 51) kann dahin gestellt bleiben (Fiskus c. Stadt Swinemünde).
865. Übergang des Eigentums an Chausseen auf die Gemeinden. II. 146/87 v. 28. 10. 1887. IW. 1887 S. 502 Nr. 29.
Vgl. Nr. 870.
§ 18 des Ges. v. 8. Juli 1875 hat den Eigentumsübergang ausdrücklich an die Übernahme der Unterhaltung geknüpft, und daraus folgt, daß wo diese Voraussetzung nicht zutrifft, ein solcher Übergang nicht stattfindet.
In dem
Sinne ergibt sich aus der Verbindung von Abs. 1 und 2 des § 18 eit., daß,
was die nicht ausgebauten Straßen betrifft, welche in die Verwaltung und Unterhaltung Dritter übergehen, ein Eigentumsübergang auf die Kommunal
verbände ausgeschlossen erscheint.
Das führt mit Notwendigkeit zu der An
nahme, daß ein Gleiches auch bezüglich der ausgebauten Straßen gelten
muß, wenn im gegebenen Fall begründete Rechte Dritter entgegenstehen.
Nach
Auffassung des Gesetzes bildet die Übertragung des Eigentums der Staats chausseen mit ihren Nutzungen und Partinenzien neben der Gewährung der Rente des § 20 eit. das Äquivalent für die mit der Übernahme der Ver
waltung und Unterhaltung verbundenen Lasten und ist deshalb der Eigentums übergang von der wesentlich gleichen Voraussetzung als die Überweisung der Rente, abhängig gemacht. Rechte der Gemeinde» an iiffentlichen Wege».
866. V. 181/88 v. 24. 10. 1888.
IW. S. 446 Nr. 19.
Daß das den Gemeinden an den Gemeindewegen zustehende Vermögens
recht Eigentum
sei,
folgt allerdings aus deren Zweckbestimmung nicht not
wendig; denkbar ist auch ein den Gemeinden zustehendes Nutzungsrecht für den Verkehr neben dem Eigentum eines Andern an dem Wegekörper.
BG. verstößt
über nicht gegen Rechtsnormen, wenn es, dieses als Ausnahmeverhältnis an
sehend, aus den auf Seiten der Gemeinde festgestellten Besitzhandlungen (Be nutzung der Wege für den öffentlichen Verkehr, Bepflanzung und Unterhaltung)
«ine Vermutung für das Eigentum der Gemeinde,
wie sie dem vollständigen.
Besitze überhaupt zur Seite steht, herleitet, welche durch Gegenbeweis entkräftet
werden müßte, aber nicht entkräftet worden ist, da der Separationsrezeß kein Eigentum und keinen Eigentumsanspruch eines Andern beurkundet, und
der
Bekl. sich, statt einen andern Eigentümer auch nur zu nennen, auf die An deutung der Möglichkeit beschränkt hat, daß ein solcher existiere (in den Worten: „aus der Öffentlichkeit des Weges folge nicht ohne Weiteres ein Eigentums
recht der Gemeinde"). 867. V. 267/88 v. 16. 1. 1889. Gr. Bd. 33 S. 420 Nr. 12 (Berlin). Vgl. Nr. 527. Wenn auch Kl. durch Vertrag und Übergabe nicht das Eigentum an den [im Grundbuch nicht verzeichneten) Straßen und Plätzen Berlins erworben haben sollte, so steht doch ihre Legitimation zur Klage aus einem anderen Grunde außer Zweifel. Durch Vertrag und Übergabe ist sie vollständige Besitzerin der Straßen und Plätze geworden und als solche hat sie gegen jeden
anderen,
als
den
Flusses ausdrücklich anerkannt (ALR. I 9 § 262, II 15 § 70), und es kann dabei rechtlich keinen Unterschied machen, ob, was in den bezeichneten Gesetzes
stellen zunächst vorgesehen ist, der alte Flußlauf eingeht oder neben dem neuen
bestehen bleibt, ob der neue Flußlauf in den alten irgendwo wieder einmiinbetr oder die Richtung zu
bedarf
nicht
der
einem andern Flusse oder zum
Entscheidung,
ob
hiernach
IDfeere
Dernburg
(pr.
nimmt. PR.
Bd.
Es 1
§ 253 4. Ausl. S. 644) mit Recht alle künstlichen Gräben und Kanäle, soweit
nicht besondere gesetzliche Bestimmungen für sie bestehen, zu den (Privat-) Flüssen
rechnet; jedenfalls muß man mit Nieberding (Wasserr., 2. Aust, von Franst
§ 13 S. 60) die tatsächliche Bestimmung des künstlich angelegten Wasserlaufes, als Teil eines von Natur vorhandenen Flusses (auch als Arm eines solchen)
zu dienen, für entscheidend ansehen, und das Beweisthema ist somit ungenau bloß auf die Tatsache der natürlichen Entstehung des Mühlgrabens gestellt
worden.
Daraus, daß solche künstlich hergestellten Wasserstrecken, welche ihrer'
tatsächlichen Bestimmung nach Teile eines Flusses sind, auch rechtlich von dem Flusse nicht unterschieden werden dürfen, ergibt sich zugleich, daß die Entscheidung
der Frage, ob ein
gewisser
Wasserlauf
ein Fluß sei, die gegenwärtig sich
bietende Erscheinung in erster Linie berücksichtigt werden muß, nicht aber ohne
solche Rücksicht demjenigen, der auf die Eigenschaft des Wasserlaufes als Fluß einen Anspruch stützt, der Beweis der natürlichen Entstehung des Wasserlaufes
auferlegt werden darf, ein Beweis, der, sobald irgend einer bestimmten Strecke eines Wasserlaufes, der im ganzen unzweifelhaft als Fluß sich darstellt, die natürliche Entstehung bestritten würde, wohl in den meisten Fällen ebenso unerbringlich sein würde, wie der Beweis des Gegenteils.
Daraus, daß der Graben die Mühle des Bell, treibt, folgt nicht, daß er Zubehör der Mühle ist.
Auch wenn derselbe von der früheren Eigentümerin
der Mühle, der Stadt Herzberg, angelegt, vielleicht gar zunächst zum Zwecke
des Mühlenbetriebes angelegt sein sollte,
so würde daraus nicht folgen, daß
der Graben mit der Mühle an den Bekl. veräußert worden sei.
mindestens der ausschließliche Besitz
Es müßte
des Müllers hinzukommeii, und einen
solchen Besitz anzunehmen bietet der Tatbestand keinen Anhalt; die erhebliche
Ausdehnung des Grabens, der oberhalb der Stadt Herzberg beginnt und unter halb der Stadt endet, macht vielmehr das Gegenteil wahrscheinlich (vgl. Strieth. A. Bd. 89 S. 61, Gruch. Bd. 31 S. 924).
Es bleibt also, wenn der Mühl
graben kein Fluß ist, immer noch die Möglichkeit, daß er nicht oder nicht aus schließlich Eigentum des Bekl. ist.
Aber selbst wenn der Mühlgraben als
Eigentum des Bekl. anzusehen, würde damit die Entscheidung noch nicht ge
geben sein.
Denn im §§ 99 ALR. I 8, welcher die Hemmung des Ablaufes
an Privatflüssen zum Nachteile der Nachbarn
und Uferbewohner untersagst
müssen nach dem Zwecke der Vorschrift, wie nach dem Zusammenhänge, tu
welchen dieser Paragraph mit dem mit dem folgenden § 100 durch das Wort
Wasser- und Mühlenrecht nach AtR.
Art. 65.
697
„Vielmehr" gebracht ist, wenigstens diejenigen künstlichen und im besondern
Eigentum stehenden Wasserzüge unter den Privatflüssen mitverstanden werden, durch welche das Wasser „seinen
ordentlichen
und gewöhnlichen Ablauf" hat
(Strieth. A. Bd. 49 S. 56).
1040. Entschädigungspflicht der Benutzer. VI. 344/96 v. 27. 3. 1897. IW. 1897 S. 280 Nr. 48. Nach § 99 des MR. Tl. I Tit. 8 §§ 1, 13 des Ges. v. 1843 war Bell, befugt, das Wasser der Ruhr — die nach der Feststellung von I an dieser
Stelle Privatfluß ist — für ihre Zwecke zu benutzen und abzuleiten.
Wenn
dabei nichts zum Nachteil der anderen Uferbesitzer geschehen, insbesondere kein Rückstau über die Grenzen des eigenen Grundstücks hinaus und keine Über
schwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke stattfinden durfte, so folgt daraus nicht, daß allgemeinen Grundsätzen zuwider Bekl. für allen, auch den nicht voraussehbaren und daher im Rechtssinne zufälligen Schaden, der infolge der Anlage an fremden Grundstücken durch Überschwemmung eingetreten ist,
haftet (vgl. U. des RG. v. 21. Nov. 1895 VI 223/95, IW. 1896, S. 84).
Der Nachweis des Kausalzusammenhanges zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Bestehen der Wehranlage kann für sich allein den Schadensersatz
anspruch nicht rechtfertigen.
1041. Widerspruchsrecht des Mühlenbesttzers gegen Anlage». V. 231/92 v. 11. 1. 1893. IW. 1993 S. 108 Nr. 48. BG. befindet sich in Übereinstimmung mit der begründeten Rechtsprechung,
des pr. OTrib. (vgl. Strieth. A. Bd. 11 S. 6, Bd. 14 S. 73), indem es bei Anwendung der §§ 1, 13 Nr. 1 des Ges. v. 28. Febr. 1843 davon ausgeht,
daß dem Mühlenbesitzer nur dann ein Widerspruchsrecht gegen eine Anlage,
durch
welche
zusteht, wenn
ein
seinem
Rückstau
bewirkt wird,
unter gewöhnlichen Verhältnissen,
bei mittlerem
Mühlenbetriebe
diese Folge
schädlicher
Wasserstande, nicht bloß unter ungewöhnlichen Umständen auf kurze Zeit möglicher weise eintritt.
Es setzt sich damit auch nicht in Widerspruch durch die Annahme,
daß das für gewöhnlich auf längere Zeit im Winter eintretende Zufrieren nicht
unter die außergewöhnlichen Verhältnisfe falle; denn es ist im einzelnen Falle nach den besonderen Tatumständen zu bemessen, ob eine Eisstopfung zu den
gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist.
Unzuläsfige Zuführungen.
Vgl. Art. 67.
1042. Immission von Grubenwasser. V. 6/79 v. 21. 4. 1880.
E. Bd. 2 Nr. 59 S. 208 (Recklinghausen. Münster).
Ob § 43 des Ges. v. 1843 sich auf die aus den Bergwerken ablaufenden
Grubenwasser bezieht,
kann
dahingestellt
bleiben.
Jedenfalls
ist
hier
der
698
Einführungsgesetz j. BGB. Z. Abschn. Verhältnis z. d. tandesgesetzen.
Polizeibehörde nur
die Wahrung des
öffentlichen Interesses
anheimgegeben.
Bez. fraglicher Privatrechte tritt das ordentl. Prozeßverfahren ein, wie vom OTrib. wiederholt — namentlich auch bez. der Beschädigungen durch Gruben wasser angenommen worden ist1)
Aus
§ 1 des Ges. v. 1843
Angriff zu.
steht der
Nichtigkeitsbeschwerde
auch
kein
Dieser Paragraph handelt in Verbindung mit §§ 13 ff. von den
Rechten des Uferbesitzers, und es enthält weder das zweite Erk. noch das in
Bezug genommene erste die Feststellung, daß Bekl. ein Stück Ufer an dem Seiden-Holterbach, in den sie das Grubenwasser ableitet, besitzt. Übrigens berechtigt das in den allegierten Paragraphen dem Uferbesitzer eingeräumte
Benntzungsr. an dem im Privatfluß vorhandenen Wasser den Uferbesitzer nicht zur Zuleitung von fremdem Wasser, insbesondere nicht von schädlichen Gruben
wässern.
Hierin liegt nicht die gestattete Benutzung des Flußwassers, sondern
eine Verwertung des durch das Bett des Privatflusses geschaffenen Abzugs-
Kanales, die in dem angeführten Gesetze nicht für erlaubt erklärt wird.
Dem
Prinzip nach darf auch die Benutzung seitens des einen Uferbesitzers in den Rechtskreis der Benutzung des anderen Uferbesitzers, der ebenfalls reines und
brauchbares Wasser zu beanspruchen hat, nicht hinübergreifen, vgl. die Gründe
des PlBeschl. des OTrib. v. 7. Juni 1862, Entsch. Bd. 23 S. 252, 259, 261, 263, falls nicht besondere gesetzliche Vorschriften maßgebend sind.
1043. Schuldhafte Immission. VI. 147/96 v. 12. 11. 1896.
Es ist nicht richtig,
IW. 1897 S. 31.
daß der
oberhalb
Vgl. § 69.
liegende Uferbesitzer
an
einem
Privatfluß sich jeder den unterliegenden Besitzer irgendwie schädigenden Zuleitung in den Fluß enthalten müsse.
Die Flüsse dienen ihrer natürlichen Bestimmung
zufolge zur Aufnahme und Abführung von Flüssigkeiten, und die Grenze, die dabei im Interesse der unterliegenden Besitzer nicht überschritten werden darf,
läßt sich nach den Grundsätzen des Nachbarrechts nicht dahin bestimmen, daß jede Schädigung der
unterliegenden Besitzer unterbleiben müsse, selbst dann, wenn
diese Schädigung nur infolge eines nicht gewöhnlichen Gebrauchs eintritt, den der unterliegende Besitzer von seinem Eigentum macht.
Es würde dies zu
«iner Beschränkung des oberhalb liegenden Besitzers in seinem Eigentumsr. führen, die diesen in einen ungerechtfertigten Nachteil gegenüber dem den völlig
ungehinderten Gebrauch seines Eigentums beanspruchenden Nachbar versetzt.
Der
letztere muß solche Zuleitungen dulden, die das Maß des Regelmäßigen, Gemein gewöhnlichen nicht überschreiten, selbst wenn dadurch die absolute Verwendbar
keit des ihm zufließenden Wassers zu jedem beliebigen Gebrauche irgendwie *) Erk. des 3. S. v. 19. Juni 1865; Brassert Zeitschr. s. Bergr. Bd. 7 S. 95; des 2. S. v. 14. Juli 1864; Strieth. Bd. 53 S. 335; des 5. S. 27. Juni 1865; Strieth. Bd. 60 S. 82, 98; des 3. S. v. 7. Juli 1879 Nr. 341/111. - Nieberding, Massen. S. 47, 142 Abs 2 U. 3,149.
Art. 65.
Wasser- und Mühlenrecht nach ALR.
699
beeinträchtigt wird (Entsch. des RG., Bd. 16 S. 178; IW. 1894 S. 29 Nr. 88).') Eine Prüfung von
diesem Gesichtspunkte hat nicht stattgefunden; es müßte
dabei in Betracht kommen, daß hier nur die Unverwendbarkeit des Wassers zu
einem bestimmten, nicht gerade gewöhnlichen Gebrauch behauptet wird.
Ferner
aber haftet der Bekl. für den Schaden dann nicht, wenn ihn kein Verschulden
trifft
(vgl. IW. 1893 S. 569 Nr. 46).
Er hat behauptet,
daß
er
das
behördlich empfohlene, ganz zuverlässige Hulvasche Klärungsverfahren eingeführt habe, auch von einem seitdem bis zum Jahre 1892 eingetretenen Schaden an
der Fischzucht des Kl. ihm nichts bekannt geworden sei.
Hierin liegt auch die
Behauptung, daß Bekl. das Hulvasche Verfahren für geeignet gehalten und halten durfte, um die Abwässer unschädlich zu machen.
habe
Ist dies der Fall,
so konnte er den Schaden nicht voraussehen und haftet, soweit nicht spezielle Verbotsgesetze in Frage kommen, für den Schaden nicht (§§ 6, 11, 13 des MN. Tl. I Tit. 3; §§ 4, 16 das. Tl. I Tit. 6).
Auch nach dieser Richtung
hin fehlt jede Prüfung.
1044. Zuführung vou Schlammabgiingen und bergt.
V. 224/87 v. 7. 12. 1887. Die dem
Gr. Bd. 32 S. 691 Nr. 29 (Hamm).
BG. zu Grunde
liegenden
tatsächlichen Feststellungen gehen
dahin, daß der Bochumer Bach in seiner ganzen Ausdehnung von der Stadt Bochum bis herunter zu den Wiesen des Kl. in erheblicher Weise verschlammt
ist, daß das Bachwasser von dunkler, auch schmutzig-gelber Färbung und höchst
übelriechend, der (zwischen der Stadt und den Wiesen des Kl. liegende) Mühlen teich ganz mit Schlammwasser angefüllt ist, und daß dieser Zustand mit den
in der Urteilsformel bezeichneten Anlagen der Bekl. in ursachlichem Zusammen
hänge steht.
Weiter ist vom BG. festgestellt, daß, sobald das unreine Bach
wasser in den Mühlenteich gelangt und dort zu langsamerem Fließen und zeit weisem Stillstände gezwungen wird, eine vollständige Zersetzung und faulige
Gärung eintritt, welche sich durch starke Trübung, Aufsteigen von Gasblasen und üblen Geruch zu erkennen gibt, und daß in diesem Zustande das Wasser
zu den Grundstücken des Kl. gelangt, wo es anscheinend tiefgründige Schlamm ablagerungen bildet.
BG. erachtet die zu diesem Zustande Ursache gebenden
Immissionen der Bekl. für solche, welche qualitativ das Maß des Regelmäßigen,
Gemeinüblichen in einer den Kl. erheblich schädigenden Weise übersteigen und über die natürliche Bestimmung des Bachbettes hinausgehen.
Daß möglicher
weise auch andere, als Bekl. in ungebührlichem Maße Schmutzwasser in den Bach einleiten, wird nicht für einen Grund erachtet, das Verfahren der Bekl. für statthaft zu erklären.
Die auf diese Erwägungen gestützte Enffcheidung folgt der Rechtsauffassung,
welche in mehrfachen Entscheidungen des RG., der jetzigen Rev. gegenüber
*) S. Sinnt, zu Nr. 1045.
700
Einführungsgesetz
BGB. Z. Abschn. Verhältnis z. d. tandesgesetzen.
v. 4. Dez. 1886 und 15. Okt. 1887 ausgesprochen, und an welcher festzuhalten ist.
Ob eine Immission in einen Privatfluß das in
diesen Entscheidungen
als unzulässig bezeichnete Maß erreicht, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles zu entscheiden.
Ebenso: V. 79/86 v. 18. 9. 1886. IW. 1886 T. 324 Nr. 32. Gr. Bd. 31 S. 926 Nr. 64 (Hamm). V. 220/86 v- 4. 12. 1886. IW. 1887 S. 50 Nr. 50. Gr. Bd. 31 S. 416 Nr. 20 (Hamm). V. 308/86 v. 7. 2. 1887. IW. 1887 S. 73 Nr. 35. 1045. Ist Schädigung Voraussetzung unstatthafter Immission?
Mehrheit von Jmmittrnten.
Urteilsfaffung.
V. 22/88 v. 4. 4. 1888.
E. Bd. 21 Rr. 55 S. 298 (Münster, Hanim).
BG. schließt sich in Beantwortung der Frage, inwieweit Immissionen in Privatflüsse den
unterliegenden Uferbesitzer zum Widerspruche berechtigen,
der Entsch. des RG. v. 2. Jnni 1886, Bd. 16 S. 178/) und verschiedenen jüngeren Entscheidungen an.
Er stellt demgemäß zunächst fest, daß die Im
missionen aus den Schächten der Bell, das Maß des Regelmäßigen und Ge meinüblichen übersteigen, sowohl in Rücksicht ans die Menge des der Emscher
zugeleiteten
und
mit einem Verluste durch Verdunstung ic. von nur etwa
2 °/0 bis zu den Grundstücken des Kl. hinabgelangenden Wassers, als auch insbesondere wegen der mitgeführten Quantität von Salzen, welche den pflanz
lichen und tierischen Organismen nachteilig sind.
Wenn BG. aus der Tat
sache, daß eine große Zahl anderer Zechen im Emschergebiete, auch einige Städte,
in neuerer Zeit ähnlich große Wassermengen, wie drei von den vier bei dem Prozesse beteiligten Zechen, in die Emscher ableiten, nicht die Folgerung zieht,
daß derartige Zuleitungen Folgerung dann
gemeinüblich seien, auch, wie er
nicht ziehen würde,
hinzufügt,
diese
wenn solches schon seit 30—40 Jahren
geschähe, so ist damit weder, wie die Bell, meinen, das gleichmäßige Bestehen
einer gewissen Art von Einrichtungen während einer bestimmten längeren Zeit,
eine Art von Unvordenklichkeit, als zum Begriffe der Gemeinüblichkeit erforder lich bezeichnet, noch auch ist damit grundsätzlich die Möglichkeit geleugnet, daß sich für einen bestimmten Kreis von Beteiligten, eine bestimmte Gegend rc. eine
Benutzungsweise des Eigentums als die dort gemeinübliche im Gegensatze zu dem überall, wo Menschen in geordneten Verhältnissen zusammenleben, Ge
bräuchlichen herausbilden kann, und daß auch diese den Anspruch auf Duldung seitens der dadurch in ihrer absoluten Eigentumsfreiheit eingeschränkten Nachbarn
haben mag.
Vielmehr nimmt BG. auf die Würdigung der konkreten
tat
sächlichen Verhältnisse sich beschränkend, an, daß bei der erheblichen quantitativen
Abweichung dessen, was die Zechen (und einige Städte) tun, von dem, was sonst infolge des Zusammenlebens von Menschen gebräuchlich ist, nicht die Verfahrungsweise der Zechen (und der einzelnen Städte) als die im Emscher-
*) V. 334/86 v. 2. 6. 1886 (Essen, Hamm), bctr. Ableitung von Abfallwässern in den Sälzerbach, einen Privatfluß: Rr. 1047.
Wasser- und Wühlenrecht nach ALR.
Art. 65.
sie
angesehen
gemeinübliche
gebiete
bestehe;
und
als
ohne
dürfe,
werden
Rücksicht,
Moment,
tatsächliches
besonderes
Quantität des Wassers die Zuleitung der Zechen von
701
welches sonst
wie
lange
neben
üblichen
der
Zu
leitungen unterscheidet, hebt er dann noch den Salzgehalt des Grubenwassers
hervor...
Zur Begründung der Eigentumsklage ist die Feststellung, daß die Im mission der Bekl. ihrem Maße und ihrer Art nach das Gemeinübliche über steige, an sich ausreichend. Doch würde es, wie BG. in Übereinstimmung mit den
vom RG. ausgesprochenen
Einwand
geben, wenn Kl. von
Grundsätzen
seinem
annimmt,
Widerspruchsrechte
eigener Interessen Gebrauch machen wollte.
den
Bekl. einen
ohne Verletzung
Dagegen ist zur Begründung der
Klage der Nachweis einer durch die Wasserzuführung der Bekl. dem Kl. zu gefügten Schädigung nicht erforderlich.
Deshalb wird die Klage nicht beseitigt
durch den Einwand der Bekl., daß ihre Wasserzuführung nicht für sich allein, sondern
nur etwa in Verbindung mit
anderen Zechen her uni
die
Interesse
nachteilig wirke.
den
gleichartigen Zuführungen
Einrede des mangelnden Interesses des geht
eben
von
Daß das letztere der Fall ist, genügt, Kl. zu widerlegen.
Sein
auf Beseitigung der durch das Zusammenwirken einer
Reihe von Immissionen bewirkten Schädlichkeit.
Vollständig kann Kl. dieses
Ziel zwar nur erreichen, indem er sein Klagerecht gegen alle diejenigen, welche zur Ungebühr zuleiten, oder doch gegen einen namhaften Teil derselben geltend
macht.
Aber weil eine Rechtsgemeinschaft
unter den mehreren solchergestalt
Zuleitenden nicht besteht, und weil gegen jeden derselben die Zulässigkeit der Klage nur von Art und Maß seiner Znleitung abhängt, steht keinem von ihnen die Einrede zu, daß andere neben oder vor ihm belangt werden müßten.
Die Ansicht der Rev., daß unter mehreren Jmmittenten derjenige der rechte Bekl. sei, in dessen Verfahren die wesentliche Ursache der Übelstände zu finden sei, geht von der unrichtigen Unterstellung aus, daß der Nachweis einer schädigenden Wirkung der Immission neben dem Nachweise ihres Übermaßes
zur Begründung der Klage gehöre. das
Erheben
der Klage
gegen
Ein Dulden der Schädlichkeit, welches
nur einzelne der Jmmittenten als arglistig
oder schikanös erscheinen ließe, folgt noch nicht daraus, daß nicht eine größere
Zahl
von Zechen
gleichzeitig
und in einem Prozesse belangt ist; vielmehr
läßt sich ein successives, oder selbst ein nur teilweises Vorgehen aus manchen anderen Gründen erklären.
Selbst wenn Kl. mit einzelnen Zechen über das
Recht der Zuleitung pastieren würde, so würde auch das eine nicht unzulässige
Art der Geltendmachung seines Eigentumes am Flußbette sein und den Best,
keinen Einwand geben.
Daß aus dem Bestehen anderer ungebührlicher Immissionen der auf Unter lassung einer solchen Belangte einen Einwand nicht entnehmen könne, ist übrigens
auch in anderen Fällen, z. B. in Sachen B. wider V. Rep. V. 220/86 (v. 4. Dez. 1886) vom RG. angenommen worden ...
702
«Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. tandesgesetzen. Der die Verurteilung der Bell, beschränkende Zusatz, nach welchem ihnerr
die Wasserzuleitung „in der bisherigen Weise" untersagt ist, ist durch die Er wägung, daß eine das Maß des Regelmäßigen und Gemeinüblichen nicht über
schreitende oder den Kl. nicht belästigende Zuleitung den Bell, nicht untersagt werden kann, gerechtfertigt und zugleich in ihrer Bedeutung dahin klargestellt, daß.
das gegen die Bell, erlassene Verbot eine innerhalb dieser Grenzen liegende Zuleitung nicht treffen, wohl aber jede darüber hinausgehende Zuleitung um-
fassen soll. Anliegrrrechte. 1046. V. 856/81 v. 19. 4.1882.
Gr. Bd. 27 S. 148 Nr. 2 (Hamm).
Die Vorschriften der landrechtlichen Gesetzgebung über das rechtliche Ver
hältnis eines Privatflusses zu den Eigentümern der anliegenden Grundstücke werden in sehr verschiedener Weise aufgefaßt. Nach der einen Ansicht stehen die Privatstüsse im privaten Eigentums
der Uferbesitzer nach der Ausdehnung ihres Uferbesitzes und bis zur Mitte
Es wird dies Recht als Ausfluß ihres Eigentums an den
des Gewässers.
am Ufer gelegenen Grundstücken und der Kontinuität des Bodens unter bem Wasser angesehen.
Diese Ansicht hat das OTrib. auf Grund des ALR. II
15 §§ 39, 73, I 9 §§ 225—273 in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen. (31. Aug. 1846, Entsch. Bd. 15 S. 361; 3. Nov. 1864, Entsch. Bd. 52 S. 38,
namentlich S. 40; 2. Dez. 1870, Entsch. Bd. 64 S. 34, namentlich S. 39.) Derselben
Meinung sind Scheele (Wasserr. S. 18, 26, 29, 31, 53, 55,
89) und Dernburg (Lehrbuch des pr. Privatr. 3. Aufl. Bd. 1 S. 620 bei Note
4 und 5).
Wie Scheele (a. a. O. S. 18) mitteilt, hatte der erste Entw. z. Allg.
Gesetzb. die Nutzungen der Privatflüsse ausdrücklich den Uferbesitzern in § 37 zugesprochen.
Dieser § 37 wurde nur deshalb gestrichen, weil man die dies
fällige Bestimmung in einen der speziellen Titel aufnehmen wollte, und dies ist später vergessen worden.
Auch RG. hat (28. Okt. 1880, Entsch. Bd. 3
S. 275)/) wo allerdings nicht über einen Privatfluß, sondern über einen Land see zu befinden war, angenommen,
„daß das Eigentum an einem Landsee,
ebenso wie an einem Privatflusse, den Anliegern nach der Ausdehnung des Uferbesitzes und bis zur Mitte des Gewässers als Ausfluß ihres Eigentums
rechts an den am Ufer liegenden Grundstücken" zusteht. Übereinstimmend ist v. V. S. OTrib. (Strieth. A. Bd. 75 S. 15, 24. Nov. 1868) für
einen
nach rhein. R. zu beurteilenden Fall ausgeführt, daß der
Wasserlauf eines Privatflusses trotz seiner ewigen Erneuerung als ein iden tisches und fortbestehendes Objekt anzusehen und dem Privateigentum der Ufer
besitzer unterworfen sei. Abweichend will OTrib. IV (16. Dez. 1853, Entsch. Bd. 27 S. 46) das Eigentum an den Privatflüssen nicht nach den allgemeinen Grundsätzen des
’) Falsch citiert statt S. 245; s. o. Nr. 1034.
Art. 65.
Wasser- und Mühlenrecht nach AkR.
708
Eigentums beurteilt (S. 49) und die sonst in dieser Beziehung maßgebenden Konsequenzen über Benutzung und Verfügungsbefugnisse
über das Eigentum
auf das Recht der Uferbesitzer an dem Flußbette und an dein Wasserschutze
eines Privatflusses nicht angewendet wissen (S. 50). Förster
(Theorie
und
Praxis
des
heutigen
gern. pr.
PR.,
2. Ausl.
Bd. 3 S. 140, 141) geht davon aus, daß das Flußbett Eigentum der Ufer
besitzer ist, und daß diese ein — nur uneigentlich als
Eigentum zu bezeich
nendes, ausschließliches Benutzungsrecht des überfließenden Wassers innerhalb
der Grenzen ihres Grundstücks und bis in die halbe Breite des Flusses Haben-
Lette und v. Rönne (Die Landeskulturgesetzgebung des pr. Staates Bd. 2 Abt. 2 S. 630 Note) nehmen an, daß das Landrecht vom Uferbesitze nur ein
zelne Nutzungsbefugnisse auf den Fluß abhängig mache, nirgends das Eigentums „Vielmehr ist" — so heißt es weiter — „bezüglich der
recht an demselben.
eigentlichen Substanz
des Privatflusses
wegender oder befruchtender Kraft),
des fließenden Wassers (dessen be
bei den legislativen Verhandlungen über
das Ges. v. 28. Febr. 1843 wiederholt anerkannt:
„daß das Wasser vermöge
seiner wechselnden Natur, so lange es nicht geschöpft und abgeleitet, so lange
es also ein Teil des Flusses ist, sich der ausschließlichen Nutzung und Ver
fügung eines einzelnen Uferbesitzers, mithin auch der Okkupation, dem Begriffe des
Besitzes
wie
des
Eigentums
entziehe
und
als nes
rullius
betrachtet
werden müsse."
Nach Nieberding (Wasserr. und Wasserpolizei im pr. Staate) sind Privat flüsse dem Eigentumsrechte nicht unterworfen (S. 35, 133 bei Note 2). An dem
in ihnen
befindlichen
Wasser
steht niemandem
das Eigentum zu (@. 35).
Der gemeine Gebrauch ist jedem freigegeben, der befugterweise an die Ufer gelangen kann (S. 133,134).
Die besonderen — neben dem
gemeinen Ge
brauche — möglichen Nutzungen des Wassers stehen in Ermangelung beson
derer Rechtstitel in der Regel den Uferbesitzern als ein Ausfluß ihres Eigen tums an den angrenzenden Grundstücken zu (S. 36, 136).
Bezüglich deK
Flußbettes nimmt Nieberding an, daß auch dieses dem Eigentum entzogen ist (S. 38),
daß
aber
einzelne an
demselben
ungeachtet des darin fließenden
Wassers noch mögliche Nutzungen denjenigen gebühren, denen die Nutzungen an dem Wasser zustehen, also den Uferbesitzern.
Sobald aber das Wasser
einzelne Teile des Bettes verläßt, hören diese alsbald auch auf, von dem
privativen Besitze ausgeschlossen zu sein und fallen nach festbestimmten Regeln
dem Eigentümer wieder anheim (S. 38).
Die Ufer hält Nieberding als Teile
der anstoßenden Besitzungen und dem Privateigentum unterliegend (S. 37, 38).
Die Denkschrift, mit welcher der Entw. z. Ges. v. 28. Febr. 1843 über die Benutzung der Privatflüsse den
ständischen Ausschüssen
vorgelegt wurde„
saßt die landrechtlichen Grundsätze über die Privatflüsse dahin auf, „daß die Nutzungen der Privatflüsse nach der Theorie des LR. zu den Gegen
ständen des Privateigentums gehören, geht aus den Bestimmungen in den
704
Linführungsgesetz j. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen.
§§ 225—273 I. 9
und §§ 39—43 II. 15
hervor.
Natur dieses Rechts aber sind die Vorschriften unzureichend.
Über
die besondere
des LR. unbestimmt und
Nur über einzelne Nutzungsrechte, über das Fischereir., das
R. zu Alluvionen, die Mühlengerechtigkeit ic. enthält es bestimmte Grund sätze; über die Nutzung des Elements selbst, der Masse des fließenden Wassers,
fehlt es an ausdrücklichen Vorschriften."
Es wird sodann in der Denkschrift der leitende Grundsatz für die in dem neuen Ges. projektierten Vorschriften über die Benutzung des Wasserschatzes dahin
angegeben: „So ist denn in Übereinstimmung mit der Auffassung der Provinzial behörden und im Anschlüsse an rc. die Nutzungsbefugnis des in den Privat flüssen enthaltenen Wasserschatzes als ein Gegenstand des Privateigentums
anerkannt worden, der, wo nicht besondere Rechtstitel ein anderes feststellen,
dem Uferbesitzer als Annexum seines Eigentums an Grund und Boden zusteht." (Beil, zur Allg. pr. Staatszeitung vom Jahre 1812 Nr. 303 S. 2193). Einer so verschiedenen Auffassung also auch die Vorschriften der land
rechtlichen Gesetzgebung über die Rechtsverhältnisse der Privatflüsse fähig sein mögen, so ergibt sich doch für dieselben der Grundsatz, daß sie, wenngleich unter
sehr erheblichen Beschränkungen, im Privateigentume stehen, und daß dieses Privateigentum
gebührt.
in
Ermangelung
anderer
Rechtstitel
den
Ufereigentümern
Die Gesetze selbst legen diesem Eigentum an den Privatflüssen im
öffentlichen Interesse, im Interesse der anderen am Flusse Berechtigten, insbe sondere der Stauungsberechtigten erhebliche Einschränkungen auf.
Einschrän
kungen und Belastungen des Eigentums werden aber nicht vermutet (ALR. I 19 § 14).
Soweit diese Einschränkungen nicht durch Naturgesetze oder Willens-
«rklärungen bestimmt sind (ALR. I 8 § 25), äußert das Eigentum seine volle Wirkung, insbesondere auch bezüglich der ihm innewohnenden Ausschließlichkeit
(ALR. 18 81). Diese dem Kl. zur Seite stehende Ausschließlichkeit des Eigen
tums begründet für Bekl. die Verpflichtung, den Rechtsgrund nachzuweisen, uns welchem sie zur Einleitung ihres Grubenwassers in die fraglichen Privat flüsse ermächtigt sein will (ALR. I. 7 §§ 181, 182).
Es wird hiermit übrigens
nicht, wie irrtümlich deduziert ist, eine Benutzung des Wasserschatzes dieser Privatflüsse in Anspruch genommen, sondern lediglich das Recht, den in dem
Flußbett geschaffenen Abzugsweg zur Abführung benutzen.
(Vgl.
OTrib.
v.
7. Juli 1879,
des
fremden
Brasserts
Zeitschr.
Wassers
für
zu
Bergr.
Bd. 21 S. 249, 253, RG. v. 21. April 1880, Entsch. Bd. 2 S. 208, namentlich S. 210.)»)
BG. findet darin, daß nicht behauptet ist, die zugeleiteten Wasser seien «an sich schädlich, einen Grund zu der Annahme, es liege kein Eingriff in das
Eigentum oder in das Nutzungsrecht des Kl. vor.
') Oben Nr. 1042.
Diese Schlußfolgerung ist
Art. 65. unstatthaft.
Wasser- und Mühlenrecht nach AtR.
Ges. v. (84(3.
705
Vermöge der Allsschließlichkeit des Eigentums ist der Eigentümer
befugt, jeden Eingriff eines Dritten in sein Eigentum zurückzuweisen, selbst wenn eine schädliche Einwirkung damit nicht verbunden ist. Daß die Un schädlichkeit eines Eingriffs in das Privateigentum die Zulässigkeit dieses Eingriffs nicht rechtfertigt, ist auch vom RG. II. HS. v. 2. Mai 1881 (Nr. 804/1880)
angenommen, wo es sich um die Zuleitung von angeblich nicht schädlichem Sielwasser in die im fiskalischen Privateigentum befindlichen Kanüle der Festung W. handelte. Ebenso spricht sich das Erk. des Gerichtshofes z. Entsch. d. Kompetenzkonfl, v. 12. Nov. 1881, in welchem in einer der vorliegenden ähn lichen Streitsache über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu befinden war, dahin aus, daß die Unterscheidung zwischen schädlichen und nicht schädlichen Gruben wassern die Auffassung bezüglich der Zulässigkeit des Rechtsweges nicht ändere, „da auch in der Zuleitung von sogenanntem nicht schädlichem Grubenwasser
ein Eingriff in die Privatrechte des Uferbesitzers gefunden werden" kann (Brasserts Zeitschr. Bd. 23 S. 247, 249). Hiernach kommt es auf Prüfung der der Bekl. etwa zur Seite stehenden Rechtsgründe an. Aus den gesetzlichen Vorschriften über die Entwässerung und über die Gewährung der Vorflut läßt sich das von den Bekl. beanspruchte Ableitungsrecht nicht begründen. § 99 ALR. I. 8 verbietet, in den Privatflüssen durch Hemmung ihres Ablaufes zum Nachteile der Nachbarn und Uferbesitzer etwas vorzunehmen. § 7 des Ges. v. 1843 (GS. S. 11) legt den Uferbesitzern die Verpflichtung auf, diese Privatflüsse soweit zu räumen, als es zur Beschaffung der Vorflut
nötig ist. In gleicher Weise ist nach ALR I. 8 § 100 ein jeder die über sein Eigentum gehenden Gräben und Kanäle, wodurch das Wasser seinen ordentlichen und gewöhnlichen Ablauf hat, zu unterhalten verbunden. Aus diesen Be stimmungen ist zu entnehmen, daß das Gesetz das Bett der Privatflüsse, Gräben und Kanäle als das natürliche Ableitungsmittel desjenigen Wassers ansieht, welches nach den Bodenverhältnissen diesen Betten zufließt, und daß das Gesetz die volle Wirksamkeit dieses Ableitungsmittel sichern will.
Vgl. Lette und v. Rönne, Landeskulturgesetzgebung Bd. 2 (Abt. 2) S. 577, 583 C 1. Aber eben nur für das auf natürlichem Wege zufließende Wasser ist Borflut zu gewähren, nicht für das durch künstliche Leitungen zugeführte. Ebenso: Lette und v. Rönne a. a. O. S. 581, 2a; Nieberding, Wasserrecht
S. 65, 66, 142. Die Vorschriften des MR. I. 8 §§ 102 ff. über Gewährung der Vorflut
sind in dem Ges. v. 1811 (GS. S. 352) und in der zusätzlichen Bestimmung im Art. 3 des Ges. v. 11. Mai 1853 (betr. unterirdische Ableitungen, GS. S. 113) erheblich erweitert. Bei überwiegendem Vorteile für die Bodenkultur und unter Gewährung vollständiger Entschädigung kann jeder Grundbesitzer verlangen, daß ihm das Ziehen von Abwässerungsgräben durch fremden Bodeu Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen.
Bd. I.
45
706
Ginführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
gestattet wird, selbst zur Ableitung
von Teichen
und Seen (Ges. v. 1811
§§ H-14).
Jedes mit Umgehung des in den §§ 15 ff. des Ges. v. 15. Nov. 1811 vorgeschriebenen Verfahrens bewerkstelligte eigenmächtige Ableiten des Wassers in oder aus das Nachbar-Grundstück ist unberechtigt und mit der Negatorien
klage abwendbar.
(OTrib. v. 2. Dez. 1870, Strieth. A. Bd. 80 S. 117.)
Die Vorschriften über Entwässerungsanlagen stehen also der Bekl. nicht zur Seite. (Übereinstimmend Brasserts Zeitschr. Bd. 21 S. 254.)
Bekl. gründet ihr Zuleitungsrecht unter Anrnsung von § 1 des Ges. v. 1843 insbesondere darauf, daß sie mit dem Besitzer des am Präsidentenbache
gelegenen H.'schen Hofes einen Traddevertrag geschlossen habe, auf diese Weise
Uferbesitzerin dieses Privatflufses geworden sei, und ihr als solcher das Recht der Mitbenutzung dieses Privatflusses, insbesondere zur Ableitung ihres Gruben wassers zustehe.
Es ist verfehlt, die Befugnis zu einer Entwässerungsanlage and dem Ges. v. 28. Febr. 1843 herleiten
zu wollen, weil dieses Gesetz im Interesse der
Wasserbenutzung zu Bewässerungen ergangen ist.
Nach dem Eingänge des
Gesetzes beruht dasselbe auf einer Revision der gesetzlichen Vorschriften über
die Benutzung der Privatflüfse, „mit besonderer Rücksicht auf die Erfahrungen, welche in neuerer Zeit über die Verwendung des fließenden Wassers zur Ver
besserung der Bodenkultur gemacht worden sind".
Dem entsprechend enthält
das Gesetz auch nur unter den allg. landespoliz. (nicht Privatrechtlichen) Be stimmungen der §§ 2—12 Verbote gegen die Verunreinigung und Verengung,
der Flüsse (§§ 3—6) und eine Bestimmung über Räumung derselben (§ 7).
Die in den §§ 1, 3 ff. gegebenen Vorschriften über die Benutzung des Wassers seitens der Uferbesitzer regeln eben nur die Benutzung des Wassers haupt sächlich im Interesse der Bodenkultur. In Ansehung der Benutzung des Wassers
zu
Mühlen
ic.
wird auf die bestehenden Gesetze verwiesen (§ 1 letzter Satz).
(Vgl. Scheele, Wasserr. S. 57; Nieberding, Wasserr. S. 17, 18; Lette
und v. Rönne, Landeskulturgesetzgebung Bd. 2 S. 633, 635 I. 636 Nr. 4 und 5, S. 637, 641 bei 1, S. 646 V. 1.) OTrib. v. 7. Juli 1879 (Brassert's Zeitschr. Bd. 21 S. 249 namentlich S. 253) und RG. (21. Okt. 1880 Entsch. Bd. 2 S. 208 namentlich S. 210)'> ist bereits ausgeführt, daß dem Bergwerkseigentümer nicht das Recht zusteht,,
fremde Wasser, insbesondere schädliche Grubenwasser in einen Privatfluß zu leiten, daß er vielmehr behufs Beseitigung dieser Wasser bei den Verwaltungs
behörden ein Enteignungsverfahren nachzusuchen habe (Allg. Bergges. §§ 135 ff.,.
§ 142).
Daselbst ist auch schon die Annahme widerlegt, als ob er durch den
Erwerb von Uferbesitz zu einer solchen Ableitung befugt werden könne, weil eben in der prätendierten Zuleitung nicht eine im Ges. v. 1843 dem Uferbesitzev
•) Oben Nr. 1042.
Art. 65.
Wasser- und Mühlenrecht nach AtN.
707
Ges. v. {843.
freigegebene Benutzung des Flußwassers zu finden ist, sondern der Anspruch auf Benutzung des Flußbettes als Abzugskanal. Überdies sind die Nutzungs
rechte des Uferbesitzers im Ges. v. 1843 nach Beseitigung des ursprünglichen Entwurfs § 15 (vgl. pr. Staatsztg. 1842 S. 2199, 2243) nur in beschränktem
Umfange an andere Grundbesitzer übertragbar (Ges. §§ 24, 25 Nr. 5, § 19 Nr. 2).
Vgl. OTrib. Bd. 52 S. 113, 116; Nieberding S. 136, 139 oben,
S. 140, 131, 168; Scheele S. 49.
Hiernach ist der Abweisungsgrund des Berufungsrichters nicht durchgreifend. Ebenso V. 63/84 v. 27. 9. 1884.
1047. V. 334/86 v. 2. 6 1886.
Gr. Bd. 29 Beil. S. 873 Nr. 63 (Hamm).
IW. 1886 S. 251 Nr. 23 (Hagen, Hamm).
RG. hat sich in wiederholten Entscheidungen der in Doktrin und Praxis
verbreitetsten Auffassung angeschlosien, daß das Eigentum der Privatflüffe unter
den aus ihrer Natur und den positiv gesetzlichen Bestimmungen sich ergebenden Einschränkungen den Ufereigentümern je für ihre Uferstrecke zusteht.
Es liegt
keine genügende Veranlassung vor, diesen einmal gewonnenen Rechtsstandpunkt aufzngeben.
Wenn nun auch in diesem Eigentum am Privatflusse ein Eigen
tum an der, der ausschließlichen Herrschaft des Einzelnen durch die entzogenen fließenden Wasserwellen nicht enthalten ist, das Eigentum sich somit auf das Eigentum am Bette und auf eine gewisse Verfügungsbefugnis über den von
dem vorüberfließenden Wasser eingenommenen Raum und über das jeweilige vorüberfließende Wasser selbst beschränken muß, so folgt doch aus dem Eigen tum auch in dieser Gestaltung das Recht, unbefugte Eingriffe jedes Dritten,
insonderheit auch des oberliegenden Uferbesitzers abzuwehren, und zwar dieses ohne den besonderen Nachweis, daß durch solche Eingriffe dem Eigentümer ein
Nachteil zugefügt wird, und
unabhängig von den aus der Zufügung eines
Nachteils entstehenden besonderen Rechtsfolgen. Aus diesen Vordersätzen und aus der weiteren Ausführung, daß aus den Vorschriften des positiven Rechts über
die Entwässerung und die Gewährung der Vorslut sich ein Recht, dem Privat
flusse Wasser oder sonstige Flüssigkeiten durch künstliche Leitung zuzuführen, sich
nicht
begründen
lasse,
ziehen
die
angeführten
Entsch.
des
RG.
den Schluß, daß der Uferbesitzer jeder oberhalb seines Besitzes stattfindenden Zuleitung, außer der des auf
natürlichem Wege
zufließenden
Wassers
zu
widersprechen befugt sei. Die durch den gegenwärtigen Streitfall veranlaßte wiederholte Prüfung hat indessen zu der Überzeugung geführt, daß dieser Schluß nicht ohne jede Einschränkung aufrecht erhalten werden kann. Allerdings
besteht keine positive Rechtsvorschrift darüber, in welchem Umfange der ober
liegende Uferbesitzer oder derjenige, welcher, ohne selbst Uferbesitzer zu sein, mit diesem Einverständnis handelt, dem unterhalb liegenden Uferbesitzer gegen über ein Recht hat, des Flusses als Ableitungskanals sich zu bedienen.
Das
Gesetz über die Benutzung der Privatflüsse v. 28. Febr. 1843 insbesondere regelt diese Frage nicht.
Neben seinen ausführlichen Bestimmungen, welche die Ord-
45*
Linführungsgesetz 3; BGB. 5. Abschn. Verhältnis 3. d. tandesgesetzen.
708
nung der Benutzung des Wasservorrats, insbesondere zur Bewässerung,
be
zwecken, spricht es in seinen §§ 3—6 nur einige die Zuführung fremder Stoffe
aus Rücksichten auf das Gemeinwohl beschränkende Verbot aus, welche von den
Polizeibehörden zu handhaben und welche, wie auch der BR. mit Recht an nimmt, für die Privatrechte der Uferbesitzer nicht maßgebend sind.
Mangels
einer positiv-rechtlichen, unmittelbar anwendbaren Vorschrift kann aber nur von der aus der Sache selbst sich ergebenden Erwägung ausgegangen werden, daß
der
private ebenso
wie der öffentliche Fluß innerhalb seines Zuflußgebietes
der von der Natur gegebene Rezipient ist, nicht bloß für das aus dem Boden von dessen Oberfläche von selbst absließende Wasser, sondern vermöge
und
der Bedingungen, unter denen menschliche Ansiedelung und Bodenbenutzung naturgemäß vor sich gehen muß, auch für dasjenige Wasser, das aus wirt
schaftlichen Gründen
künstlich
fortgeschafft werden muß, wie nicht minder für
mancherlei Stoffe, welche dem
wirtschaftlich benutzten Wasser sich beimengen
und vor dessen Ableitung nicht wieder ausgeschieden werden können.
Die Be
nutzung der Flüsse zu einer derartigen Ableitung ist älter, als die Bildung
irgend welcher Rechtsnormen über das Eigentum an den Flußläufen; sie ist
in gewissem Maße unvermeidlich und unentbehrlich, und die Verpflichtung, sie zu
gestatten,
gehört
insoweit
zu
den durch
„die Natur bestimmten
Ein
schränkungen des Eigentums" an den Flußläufen, denen jeder sich unterwerfen muß.
(ALR. Tl. I Tit. 8 § 25).
Bei fortschreitender Bevölkerungsdichtigkeit
und Industrie kann allerdings die Benutzung der Flüsse als Ableitungskanäle
eine Ausdehnung gewinnen, welche die berechtigten Interessen anderer gefährdet. Bei
öffentlichen Flüssen und bei derjenigen
Benutzung
von
Privatflüssen,
welche das Gemeinwohl beeinträchtigt, ist es eine der polizeilichen Aufgaben des
Staates, die erforderlichen Grenzen zu ziehen.
Bei der Kollision mit privat
rechtlichen Interessen, wie es die des unterhalb
liegenden Uferbesitzers
sind,
muß das Prinzip den Ausschlag geben, daß die Ausschließlichkeit und Will
kürlichkeit des Gebrauchsrechts des einen
Eigentümers ihre
notwendige Be
grenzung findet in der dem anderen Eigentümer ebenfalls zustehenden Aus schließlichkeit und Willkürlichkeit (Entsch. OTrib. Bd. 23 S. 259).
So wenig
es sich mit der Ausschließlichkeit und Willkürlichkeit des Gebrauchsrechts des oberliegenden Eigentümers vertragen würde, wenn ihm die Benutzung seines Eigentums am Flußlaufe zu jeder den Unterliegenden irgendwie berührenden
Immission versagt sein sollte, so wenig ist es mit den Rechten des Unterliegen den vereinbar, daß er jede beliebige Immission zu dulden habe.
Es würde
auch mit dem Grundsätze der Ausschließlichkeit des Eigentums nicht zu verein
baren sein, wenn dem Unterliegenden zur Begründung des Einspruches gegen
eine Immission neben der Berufung auf sein Eigentum noch der Nachweis einer besonderen Schadenszufügung auferlegt werden sollte.
Wohl aber leitete
aus jenem Prinzipe schon das röm. R. in einem anderen Falle, in welchem natur gemäß die freie Verfügung eines Eigentümers über sein Grundstück nicht ohne
Art. 65.
Wasser- und Mühlenrecht nach AkR.
Ges. v. (8H3.
709
jede Rückwirkung auf andere Grundstücke bleiben kann, nämlich soweit es sich um den
an und für sich jedem Eigentümer freistehenden Gebrauch der Luft
säule über seinem Grundstücke handelt, den Satz ab, daß der Eigentümer eines Grundstücks Alles das
von
dem Eigentümer
des Nachbargrundstücks dulden
muß, was als regelmäßige Folge der gemeingebräuchlichen Eigentumsausübung
erscheint, wie mäßigen Rauch, Staub u. bergt, während er zum Wider sprüche berechtigt ist, wenn die Überleitung derartiger Stoffe durch die Luft in ungewöhnlichem Maße, etwa als Folge eines besonderen außergewöhnlichen
Gebrauches des Nachbargrundstücks geschieht und diesem Satze hat auch die Wissenschaft und Praxis des pr. R. sich angeschlossen.
Die Anwendung des
gleichen Grundsatzes auf die Zuleitungen durch Vermittelung des fließenden Wassers führt dahin, daß der dadurch betroffene unterhalb liegende-Uferbesitzer
sich
diejenigen
Zuleitungen, mögen
sie
in
einer
bloßen Vermehrung
des
Wasservorrats oder in der Beimengung fremder Stoffe bestehen, gefallen lassen muß, welche das Maß des Regelmäßigen, Gemeinüblichen, nicht überschreiten, selbst wenn dadurch die absolute Verwendbarkeit des ihm zufließenden Wassers
zu jedem beliebigen Gebrauche irgendwie beeinträchtigt wird (insofern erleidet die Äußerung des RG., daß der Unterliegende reines und brauchbares Wasser zu beanspruchen habe, Entsch. Bd. 2 S. 210,') eine Modifikation); daß dagegen
der Unterliegende jeder dieses Maß überschreitenden Zuleitung als einem Ein
griffe in sein Eigentum zu widersprechen befugt ist.
Daß eine über das Ge
meinübliche hinausgehende Zuleitung von Wasser oder von fremden Stoffen,
wenn schon keine direkt nachweisbare Beschädigung, so doch eine über das, was als naturgemäße Folge des Zusammenlebens anzusehen ist, hinausgehende somit
ungebührliche Belästigung des unterliegenden Uferbesitzers mit sich bringt, also eine Verletzung des Eigentumsrechts dieses ohne weiteres angenommen werden.
liegenden der Nachweis frei
bleiben,
letzteren ist, muß der Regel nach
Für den Ausnahmefall würde dem Ober
daß seine,
wenn auch ungebräuchliche,
Zuleitung den Unterliegenden nicht, oder nicht anders, wie der ganz gemein
übliche Gebrauch des Flusses, belästige, daß also der Unterliegende von seinem Widerspruchsrechte ohne jede wirkliche Verletzung eigener Interessen, d. h. zur
Chikane des Oberliegenden (vgl. ALR. T. I Tit. 8, § 28) Gebrauch machen wolle.
Ob eine bestimmte Art der Zuleitung zu einem Flusse nach Stoff und
Umfang das Maß des Gemeinüblichen überschreite, kann nur nach den tatsäch
lichen Umständen des Einzelfalles beurteilt werden.
1048. AK 2-6 des Grs. o. 1843. V. 265/83 v. 8. 12. 1883.
IW. 1884 S. 62 Nr. 70.
Die §§ 2—6 des Ges. v.
28. Febr.
1843 enthalten
allgemeine Be
stimmungen über die Benutzung von Privatflüssen; sie geben den Berwaltungs-
') Oben Nr. 1042.
710
Linführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis j. d. kandesgesetzen.
behörden Befugnisse zum Einschreiten im allgemeinen Interesse.
Einen privat
rechtlichen Anspruch gibt die Verletzung dieser Vorschriften an sich nicht, ein solcher muß nach den Vorschriften der §§ 13 ff. begründet werden, welche von
den Rechten der Adjazenten handeln. 1049. Polizeiliche Anordnung der Räumung.
V. 236/85 v. 27.1.1886.
Gr. Bd. 30 S. 1002 Nr. 89 (Posen).
Insoweit die Klage nicht direkt auf Beseitigung einer polizeilichen An
ordnung gerichtet ist, bezweckt sie, dem bisher von der Polizeibehörde in einer Anzahl von Räumungsfällen eingehaltenen Verfahren den Boden zu entziehen
und der wiederholten Inanspruchnahme des Kl. vorzubeugen.
Dies konnte Kl.
mit Erfolg aber nur durch eine Klage gegen die wirklich Verpflichteten, weil
ein
Rechtsstreit zwischen
zwei Nichtverpflichteten
niemals
dasjenige positive
Resultat geben kann, welches das öffentliche Interesse im Fall des § 5 des Ges. v.
11. Mai 1842 erheischt (vgl. Entsch. des OTrib. Bd. 47 S. 309).
Es braucht sich daher ein Nichtverpflichteter auf eine Klage eines anderen, der
seine eigene ihm durch die Behörde angesonnene Verpflichtung von sich ab
zulehnen
sucht,
nur
einzulassen, wenn
dem Kl. sonst ein
negatorisch gegen jenen zu klagen — zur Seite steht.
Rechtsgrund
—
Rev. führt aus, daß
ein solcher berechtigter Anlaß zur Klage durch den Eingriff in das Eigentum
gegeben sei, dessen sich der Bekl. dadurch, daß er die fraglichen polizeilichen
Verfügungen veranlaßt, schuldig gemacht habe.
nicht für richtig erachtet werden.
Es kann aber diese Ausführung
Nach dem ohne Grund als verletzt bezeichneten
§ 7 des Ges. v. 28. Febr. 1843 ist die Polizeibehörde ermächtigt, diejenigen, welchen die Räumung obliegt, hierzu anzuhalten, und hat, wenn Streit unter
den Beteiligten entsteht, das Recht und die Pflicht vorläufiger Entscheidung, wobei sie insbesondere den Besitzstand, d. h. die bisherige Ausübung zu be
rücksichtigen hat.
Wenn nun Bekl., der an der Räumung des Bogdanka-Baches
als Mühlenbesitzer ein besonderes Interesse hatte, die Räumung bei der Polizei
behörde in Antrag brachte, so kann hierin, auch wenn er dabei auf den bis herigen Besitzstand verwiesen, ein Eingriff in das Eigentum oder den Rechts
bereich des Kl. nicht gefunden werden. resp,
seiner Mühle,
gegen
Das Bekl. dabei ein vermeintlich ihm
den Kl. als Besitzer eines ehemaligen Mühlen
grundstückes zustehendes privatives R. geltend
gemacht
rühmt hat, ist vom Kl. nicht behauptet worden.
oder
sich dessen be
Das Angehen der Polizei
behörde von feiten des Bekl. um Anordnung der Räumung und Verteilung
der Kosten in bisheriger Art, kann als tatsächliche Behauptung eines ent sprechenden Rechts nicht angesehen werden.
Es wäre an sich nicht ausgeschlossen, daß Kl. das Nichtvorhandensein eines Rechtsverhältnisses, auf Grund dessen er dem Bekl. gegenüber zur Beteiligung
an der Räumung des Bogdanka-Baches verpflichtet sei, im Wege der Fest stellungsklage (EPO. § 256) unabhängig von der ergangenen polizeilichen Ver-
sügurig ausführen könnte.
Die Begründung der Klage, sowie ihr Antrag bot
aber keinen Anhalt, dieselbe von diesem Gesichtspunkte aufzufassen. 1050. Userei-rntmn und Flußeigentum.
Daß
den
nach
Fischereirecht.
Gr. Bd. 31 S. 1001 (Königsberg).
V. 160/86 v. 13. 10. 1886.
im Gebiete
des ALR. gemeingültigen Grundsätzen
dem
llfereigentümer eines Privatflusses bis zum Nachweise des Gegenteils das Eigen tum bis zur Mittellinie des Flusses zustehe, nimmt BG. in Übereinstimmung mit der konstanten, von den neueren Schriftstellern durchweg gebilligten Praxis
des OTrib. wie des RG. an.
Statt weiterer Belege genügt der Hinweis auf
die angeführten, sowie auf die bei Gruch. Bd. 27 S. 148 und Bd. 29 S. 873
abgedruckten Entsch. des RG. in deren ersterer auch die Literatur über die Frage erschöpfend
nachgewiesen ist.
Auch in der Entsch. v. 2. Juni 1886')
hat RG. diesen Standpunkt festgehalten, und die dagegen vom Rev.Kl. erhobenen
Bedenken bieten keinen Anlaß, davon abzuweichen.
Es ist über diese Bedenken
nur folgendes zu bemerken:
1. Die §§ 39—42 ALR. II. 15 wie das Ges. v. 1843, insbesondere dessen SS 1 und 8, sprechen aus, daß die Privatflüsse Gegenstand des Privateigentums,
also grundsätzlich weder Eigentum des Staates, noch res nullius sind.
Darüber,
wem das Eigentum der Privatflüsse zustehe, sprechen die §§ 39—42 a. a. O. sich nicht aus, es war dazu aber auch an dieser Stelle im System des Gesetzbuches
keine Veranlassung.
Das Ges. v. 1843 läßt die Möglichkeit offen, daß das
Privateigentum an nicht schiffbarem Flusse einem anderen als dem Uferbesitzer,
zustehe, es regelt sowohl solche Befugnisse und Pflichten des Ufereigentümers, welche ihm zustehen ohne Rücksicht darauf, ob er zugleich Eigentümer des Flusses
ist, als auch solche, welche ihm nur zustehen, wenn er zugleich Eigentümer des
Flusses ist. Daß das Ges. es aber als die Regel ansieht, daß das Ufereigentum und das Eigentuni am Flusse längs des Ufers sich decken, erhellt sowohl daraus,
daß der
§ 1
des
Ges. in
den
angeführten
Worten
das
Eigentum
eines
anderen am Flusse als die Ausnahme hinstellt, wie auch beispielsweise aus § 7 das.,
wo das Ges. die Räumungspflicht als Verpflichtung
bezeichnet,
des
Uferbesitzers
ohne eines besonderen Eigentümers des Flusses, welcher, falls ein
solcher vorhanden, selbstverständlich statt des Uferbesitzers räumungspflichtig, weil allein räumungsberechtigt sein würde, auch nur zu gedenken.
In der Tat
bildet auch für den Fall, daß ein besonderer Eigentümer des Privatflusses nicht nachzuweisen ist, die Annahme,
daß die Ufereigentümer je für ihre Strecke
und Flußseite auch die Eigentümer des Flusses sind, die einzig mögliche An
wendung des gesetzlich ausgesprochenen Satzes, daß die Privatflüsse im Privat-
«igentume stehen. *) Entsch. Bd. 16 S. 178.
Siehe Anm. zu 1045.
712
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen. 2. Die §§ 225 ff. ALR. I. 9 regeln den Erwerb der Anspülungen, Inseln-
und verlassenen Flußbette zu Gunsten der Userbesitzer gleichförmig für öffent
liche und für Privatflüsse.
Dadurch wird indessen nicht ausgeschlossen, daß
der innere Rechtsgrund dieses Erwerbes bei den beiden Kategorieen von Flüssen
ein verschiedener, und daß er insbesondere bei den Privatflüssen in der Unter stellung eines an dem mit Wasser bedeckten Flußbette schon bestehenden Eigen
tums der Uferbesitzer zu suchen ist.
Daß übrigens die Angerapp auf der hier streitigen nicht schiffbaren Strecke ein Privatfluß sei, hat BKl. nicht, wie in OTrib.-Enffch. Bd. 80 S. 136 mit geteilt, in Abrede gestellt.
Zum Nachweise der Ersitzung des Eigentums am Flusse hat der Rev.Kl. einzig darauf sich berufen, daß er seit rechtsverjährter Zeit die Fischerei ver pachtet habe.
Daß das Fischereirecht, wenn es besteht,
nicht notwendig ehr
Ausfluß des Eigentums am Fischwasser sei, ist schon in den, Erk. des RG. v. 28. Okt. 1880 (Bd. 3 S. 249)J) gezeigt worden.
Der vom Rev.Kl. als ver
letzt bezeichnete § 177 ALR. I. 9 sagt nun, daß die Fische in geschlossenen
Gewässern, d. i. in solchen, welche sich über die Grenze des Grundstücks nicht erstrecken (§ 176), dem Eigentümer des Grundstücks gehören, d. h. nicht Gegen stand des Erwerbes durch Besitzergreifung, des Fischereirechts, sind.
Wenn er
aber auch sagte, daß in der Regel das Fischereirecht dem Eigentümer des Ge
wässers zustehe, so würde daraus nicht umgekehrt gefolgert werden dürfen, daß Jeder, dem ein Fischereirecht zusteht, bis zum Gegenbeweise Eigentümer desGewässers sei. 1051. Bewässerung.
Viehtränke.
V. 75/88 v. 26. 5.1888.
E. Bd. 21 S. 302 (Münster, Hamm).
Die Benutzung des vorbeifließenden Wassers zur Bewässerung und zur'
Viehtränke hat als eine berechtigte im Gesetze mehrfach Ausdruck gefunden.
BG. hat festgestellt, daß Kl. das Wasser der Emscher da, wo er Adjazent ist, für diese Zwecke nicht mehr verwenden kann.
Es fragt sich also nur: Ist der
Anspruch des Kl. gegen Bekl. deshalb nicht begründet, weil sie nicht für sich allein die Beschädigung bewirkt und auch nicht bewirkt haben würde ohne die Mitwirkung der gleichartigen Benutzung durch andere Zechen? rc. w. vorher. 1052. Rechte an einem von den Grundstücken verschiedener Befitzer umgebenen Gewäster.
II. H. 413/81 v. 13. 4. 1882. Gr. Bd. 15 S. 943 Nr. 89 (Breslau). In konstanter Praxis hat das OTrib. angenommen, daß der ini ALR. I. 9 § 176 ausgesprochene Rechtsgrundsatz:
Teiche, Hälter, Seen und andere geschlossene Gewässer, welche sich nicht über die Grenze des Grundstücks erstrecken, in welchem sie liegen, sind in der Regel als das Eigentum des Grundherrn anzusehen,
') Oben Nr. 1034.
Art. 65.
lvaffer. und Mühlenrecht nach ALR.
Ges. v. (8^5.
713
nicht allein auf den Fall sich beziehe, daß ein solches Gewässer innerhalb der
Grundstücksgrenzen eines Grundstücksbesitzers liegt, sondern auch die Regel für
den Fall aufstelle, daß dasselbe von den Grundstücken verschiedener Grundstücks besitzer (Adjazenten) umgeben wird.
Es ist dieses aus der die Eigentumsver
hältnisse an dem Bett abgelassener Landseen betreffenden Vorschrift der §§ 268 ff. a. a. O. hergeleitet, wonach, wenn die Eigentumsanteile mehrerer Interessenten
an dem See selbst nicht bestimmt gewesen sind, der abgelassene Grund unter die Uferbesitzer nach den für verlassene oder zngelandete Flußbetten gegebenen Bestimmungeit und gegen Entschädigung derer verteilt werden soll, welche, ohne
Uferbesitzer zu sein, nutzbare Rechte in dem See auszuüben hatten.
Entsch. Bd. 15 S. 361, Bd. 52 S. 40, Bd. 64 S. 39.
Vgl. OTrib;-
Der innere Zu
sammenhang des § 176 mit den §§ 268 ff. liegt auf der Hand.
Die Recht
sprechung des OTrib. ist daher vollständig zutreffend.
1053. Zurückleitungspflicht des Uferbefitzers. V. 27/89 v. 18. 5. 1889. IW. 1889 S. 298 Nr. 51. Die gesetzliche Verpflichtung des Uferbesitzers zur Zurückleitung (Ges. 1843
§ 13, 2) erstreckt sich nur auf das von ihm aus dem Flusse (dem an seinem Grundstücke von Natur vorüberfließenden Wasservorrate) abgeleitete Wasser; wenn aber durch eine einheitliche Anlage, wie es das vorliegende Unternehmen
der Bell, ist, einerseits der Wasservorrat im Flußbette künstlich vermehrt, dann aber diese Vermehrung dem Flußbette in gleicher Weise wieder entzogen toitbr so wird dadurch im Resultate an dem natürlichen Wasservorrate, über welchen
nach der Absicht des Gesetzes der Oberliegende nicht ohne Rücksicht auf die
Interessen der Unterliegenden verfügen soll, nichts geändert; eine solche Anlage würde somit jedem Uferbesitzer kraft seines Eigentums am Flußbette sreistehen
und ein Widerspruchsrecht des Unterliegenden nicht begründen. keinen Unterschied machen,
Es kann auch
ob die künstliche Zuleitung der demnächst wieder
abgeleiteten Wassermenge durch
Einführung eines besonderen Wasserstromes
in den Fluß, oder durch bessere Erschließung der in dessen Zuflußgebiete vor handenen Wasserschätze geschieht. Haben aber wie in Übereinstimmung hierinit
das BG. anerkennt, Kl. nur insofern einen Anspruch auf Zurückleitung des von der Bell, abgeleiteten Wassers, als die Ableitung auch solches Wasser um
faßt, welches nicht erst durch Bell, selbst dem Flusse zugeführt war, so kann
der zur Begründung der Klage erforderliche Nachweis eines Schadens nicht schon auf die Tatsache gestützt werden, daß Bekl., nachdem sie den Wasservorrat
vermehrt hat, Wasser in einer für den Mühlenbetrieb erheblichen Menge fort leite; eine den Anspruch auf Schadensersatz und Wiederherstellung des früheren
Zustandes begründende Rechtsverletzung besteht vielmehr nur dann, wenn eine in diesem Sinne erhebliche Wasfermenge jetzt fortgeleitet wird, während hier
vor der Kanalisation und bis zu dieser der Mühle aus der faulen Netze zufloß.
(Meliorations-Genossenschaft der Labischin Bromberger Netzwiesen c. FalkenbergI
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis 3. ö. tandesgesetzen.
714
1054. Teilweise Ableitung. V. 127/98 v. 25. 5. 1898. IW. 1898 S. 450 Nr. 51. Unbegründet ist die Ausführung der Revision, daß die Entnahme des
Wassers im vorliegenden Falle keine Ableitung im Sinne des § 13 Nr. 2 des Privatflußges. v. 28. Febr. 1843 darstelle.
Kl. selbst behauptet, daß er
Wasser ans dem Privatflusse bis zu seiner Wasserstation leite und daß er den nicht verbrauchten Teil des Wassers in den Fluß zurückleite. gesetzlichen Voraussetzungen der Ableitung gegeben.
Damit sind die
Unrichtig ist auch die An
sicht, daß § 13 Nr. 2 auf nur teilweise Wasserablcitungen nicht Anwendung finde.
Das Ges. selbst unterscheidet in dieser Hinsicht nicht.
Es mag der Re
vision zugegeben werden, daß der Uferbesitzer das im natürlichen Flußbette vor
überfließende, sowie das abgeleitete Wasser zuin Nutzen seines Ufergrundstückes und der darauf befindlichen gewerblichen und industriellen Anlagen gebrauchen und verbrauchen darf (vgl. Nieberding- Frank, Wasserr., S. 301 ff.).
Sein
Recht ist aber ein subjektiv-dingliches, dessen Ausübung nur zum Nutzen des
Ufergrundstückes, nicht im Interesse der Grundstücke dritter und ebensowenig im Interesse nicht am Privatflusse gelegener Grundstücke des Uferbesitzers statt
haft ist.
Der etwa statthafte Verbrauch des Wassers muß sich auf dem Ufer
grundstücke vollziehen.
Erstreckt sich ein einheitlicher gewerblicher oder industrie-
«ller Betrieb weit über die Grenzen des Ufergrundstückes hinaus, dann kann
nicht mehr die Rede davon sein, daß das in diesem Betriebe verbrauchte Wasser
Lum Nutzen des Ufergrundstücks verbraucht ist, insbesondere dann nicht, wenn
das abgeleitete Wasser zum Zwecke des Verbrauches auf andere Grundstücke geschafft wird (vgl. Nieberding-Frank S. 257 ff., und 301 ff.).
hier der Fall.
Dies aber ist
Auf dem Ufergrundstücke werden im wesentlichen nur die Loko
motiven mit Wasser gespeist; verbraucht wird das von den Lokomotiven fort geschaffte Wasser zum größten Teile auf weit abgelegenen Betriebsstrecken. Zum
Nutzen des Ufergrundstücks dient auch kein Teil des verbrauchten Wassers,
sondern lediglich zum Nutzen eines einheitlichen Betriebes,
welcher sich im
wesentlichen auf anderen Grundstücken vollzieht.
1055. Pmnpeinrichtml- Ableitung ! VII. 179/00 v. 19. 10. 1900.
E. Bd. 47 Nr. 71 S. 291 (Breslau).
Mögen auch z. Zt. des Erlasses des Ges. v. 28. Febr. 1843 Ableitungen nur in der Weise üblich gewesen sein, daß dem Flußwasser ein Ablauf aus dem Bette durch das natürliche Gesetz der Schwere eröffnet wurde, so ist der
Begriff der Ableitung doch nicht auf diesen Tatbestand einzuschränken, sondern wird auch erfüllt, wenn das Herausgehen von Wasser aus dem Flußbett in der
Weise ermöglicht wird, daß das Wasser zunächst durch ein in dauernder Weise tätiges Pumpwerk in die Höhe gehoben und erst dann seinem Laufe durch
das Gesetz der Schwere überlassen wird.
Die Benutzung einer derartigen Ein
richtung erfüllt aber den Tatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 2 des Ges. anderer-
Art. 65.
Wasser- und Mühlenrecht nach AtR.
Ges. v. J8^3.
715
seits dann nicht, wenn das ausgepumpte Wasser von dem Anlieger voll
ständig verbraucht wird, so daß die Zurückleitung von Wasser in das ursprüng
liche Flußbett, wie § 13 erfordert, gar nicht erfolgen kann; denn das Ges. v. 1843 verbietet dem Anlieger an einem Privatflusse keineswegs, aus demselben
Wasser zum Verbrauch auf dem angrenzenden Grundeigentum
zu entnehmen, vielmehr gehört solche Befugnis unbestrittencrmaßen zu den aus dem Eigentum am Flußbett sich ergebenden Rechten.
1056. Änderung der Zuleitungspflicht durch Vertrag.
II. 213/96 v. 24. 11.1896.
E. Bd. 38 Rr. 75 S. 274 (Trier, Köln).
Nach § 13 Ziff. 2 des Ges. v. 28. Febr. 1843, welches insoweit im Ge
biete des rhein. R. an die Stelle des im wesentlichen gleiche Bestimmungen enthaltenden Art. 644 BGB. getreten ist, unterliegt das dem Uferbesitzer nach
§ 1 zustehende Recht zur Benutzung des
vorüberfließenden Wassers der Be
schränkung, daß das abgeleitete Wasser in das ursprüngliche Bett des Flusses zurückgeleitet werden muß, bevor dieser das Ufer eines fremden Grundstückes
berührt.
Die Ableitung
zuleitung
ist objektiv
des Wassers aus
einem Privatfluß ohne Wieder
und verletzt die Rechte der unterliegenden
unberechtigt
Uferbesitzer, auch wenn denselben ein aktueller Schade dadurch wird.
nicht zugefügt
Durch die Feststellung der mangelnden Einwirkung auf den Mühlen
betrieb der Kl. kann daher der auf das Ges. über die Privatflüsse gestützte Klagansprnch nicht beseitigt werden.
BG. hat sodann die streitige Wasserzuleitung zu den L.fchen Wiesen auf Grund des Vertrages v. Juli 1893 um deswillen für eine berechtigte erklärt,
weil diese Wiesen unterhalb an den Lieserbach angrenzen und dem Eigentümer
derselben daher an sich ein Recht auf die Benutzung dieses Wassers nach § 1 Dabei wird anerkannt und ausgesprochen,
des mehrbezogenen Ges. zustehe.
daß die Verpflichtung der Wiederzuleitung des Wassers in den Lieserbach den
Kl. gegenüber allerdings bestehe, aber nicht auf feiten des Bekl., sondern auf
Diesen
feiten der X.schen Verwaltung.
beigepflichtet werden.
rechtlichen Ausführungen kann nicht
Der llferbesitzer an einem Privatflusse hat, wie früher
nach Art. 644 C. c., so jetzt nach dem § 1
des Ges. ein Recht auf die Be
nutzung des Wassers nur, soweit dasselbe in dem Bachbett an seinem Grund
stücke vorbeifließt.
Wo das Bett sein Grundstück berührt, darf er das Wasser
dem Bache entnehmen, mit der Verpflichtung der Wiederzuleitung, bevor der Fluß sein Grundstück verläßt.
Ein Recht an dem Wasser, das noch oberhalb
seines Grundstückes sich befindet,
hat er nur insoweit,
als er die Wieder
zuleitung von dem benutzenden Oberlieger beanspruchen kann.
Gerade in dieser,
der Natur der Verhältnisse entsprechenden Art des Benutzungsr. findet das in
Frage stehende quasiservitutische Verhältnis im Interesse der sämtlichen Ufer besitzer seine naturgemäße Regelung und Beschränkung.
Danach kann die künst
liche Zuleitung des Wassers von einem oberhalb gelegenen Teile des Flusses
716
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis
d. tandesgesetzen.
auf ein unterhalb an denselben angrenzendes Grundstück, insbesondere wenn infolgedessen das abgeleitete Wasser vollständig verbraucht wird, entgegen dem
Rechte des Unterliegers nicht auf das gesetzliche Benutzungsr. des durch die Zuleitung bewässerten Grundstückes gegründet werden.
Die von dem Bell, der
L.schen Verwaltung vertraglich eingeräumte Wasserableitung ist daher den Kl.
gegenüber, soweit lediglich die gesetzlichen Verhältnisse maßgebend sind, un berechtigt, und die auf der gegenteiligen rechtlichen Annahme beruhende Ab
weisung der Klage kann nicht aufrecht erhalten werden.
Insbesondere ist es
nicht richtig, daß Kl. nur einen Anspruch an die L.sche Verwaltung auf Wieder zuführung des Wassers in das Bachbett erheben könnten.
Die Rechtswidrigkeit
liegt schon, wie vorerörtert, in der Ableitung in Verbindung mit den sich von selbst ergebenden Folgen, und diese ist herbeigeführt und veranlaßt durch Bekl.
Die X.sche Verwaltung wäre, wenn von ihr die Wiederzuführung verlangt
würde, in der Lage, geltend zu machen, daß sie das abgeleitete Wasser nicht
auf Grund des Ges., sondern auf Grund eines Privatvertrages
beziehe, daß
daher die gesetzlichen Vorschriften auch rücksichtlich der Wiederzuführnng auf
das vorliegende Verhältnis nicht anwendbar seien;
und es würde dann die
Annahme des BG. tatsächlich dahin führen, die Kl. völlig rechtlos zu stellen.
1057. Berhältnis u»n § 246 ALR. II. 15 u. pr. Ges. v. 1843 § 16.
V. 55/90 v. 21. 6. 1890.
E. Bd. 26 Rr. 55 S. 294 (Allenstein, Königsberg).
Die Vorderrichter stimmen darin überein, daß der erst im Jahre 1847
errichteten Mühle des Kl. diese Bestimmungen
des § 16, insbesondere der
Schlußsatz des § 16 des Ges. v. 28. Febr. 1843 nicht zu statten kommen, auch
nicht, weil dem Kl. ein ausdrücklich verliehenes Recht im Sinne dieser Vor schrift nicht zur Seite stehe.
polizeibehörde
erteilte
Die dem Vorbesitzer des Kl. seitens der Landes
Genehmigung zur
Errichtung der Mühle könne
als
Verleihung eines Rechtes nicht angesehen werden. Dem ist zuzustimmen.
Die gegenteilige Auslegung,
vgl. Lette und von
Rönne, Landeskulturgesetzgebung S. 660; auch Dernburg, pr. PR. Bd. 1 § 255
N. 6 a. E., ist schon mit dem Wortlaute der Vorschrift schwer vereinbar; sie
widerlegt sich aber auch aus dem Zusammenhänge des Ges. und findet in dem Grunde und Zwecke
des letzteren keine Unterstützung.
Hätte der Gesetzgeber
nur die in Zukunft gesetzwidrig (d. h. ohne die vorgeschriebene polizeiliche Ge
nehmigung) errichteten Triebwerke von dem den bereits rechtmäßig bestehenden Triebwerken
gewährten
Schutze ausschließen wollen,
so würde er die Aus
schließung der künftig anzulegenden Triebwerke nicht, wie geschehen, als Regel mit
der durch den Zwischensatz ansgedrückten Ausnahme haben aussprechen können. Daß das nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, darüber läßt auch die Entstehungsgeschichte des Ges. keinen Zweifel.
Nach der Fassung des 8 16 im
Entw. des Ges. ist es klar, was unter einem ausdrücklich verliehenen Rechte
im Schlußsätze dieses Paragraphen verstanden worden ist, nämlich das unter
Wasser- und Nühleurecht nach AkR.
Art. 65.
e Gemeinschafts- und Gesellschaftsverhältnis,
welches sich aus deutschem Boden
mit dem Bergbau
entwickelt und den eigentümlichen Zuständen und Bedürfnissen des letzteren an gepaßt hat", — die Mitbeteiligten an einer Mutung bilden nicht eine Gewerk
schaft; denn das Recht aus der Mutung ist nicht ein bedingtes Bergwerks
eigentum.
Das
Bergwerkseigentum
entsteht erst
durch
Verleihung —
das
Bergwerkseigentum ist kein Sacheigentuni, sondern eine Berechtigung, dasselbe wird aber zu den unbeweglichen Sachen gerechnet (§ 50) — unterliegt bezüglich
der Veräußerung den allgemeinen für das Grundeigentum geltenden Vorschriften
(§ 52 Mot. 56), und es ist nicht die Cession die Veräußerungsform, sondern es war dies früher der Veräußerungsvertrag und die Übergabe und es ist dies (nach Ges. v. 5. Mai 1872 § 1) gegenwärtig die Auflassung. — Dies gilt
namentlich auch für die Veräußerung ideeller Anteile, wenngleich durch diese
Veräußerung
eine Gewerkschaft entsteht,
deren
Anteile (Kuxe) alsdann
die
Eigenschaft beweglicher Sachen haben (§§ 94, 101). 1099. Übertragung von Kuxanieilen (§§ 101, 105). II. 81/90 v. 25. 3. 1890.
IW. 1890 S. 165 Nr. 31 (S. aber die folg. Nr.).
Nach den hier maßgebenden Vorschriften des ALR. Tl. I Tit. 11 §§ 376, 377 und 382 geschieht die Übertragung der Rechte durch Cession und es be stimmt § 393, daß „durch die Erklärung des Cedenten, daß der Andere das
abgetretene Recht von nun an als das feinige auszuüben befugt sein soll, und durch die Annahme dieser Erklärung das Eigentum des Rechts auf den neuen Inhaber übergeht".
Diese Regel greift unbedenklich auch bei Anteilsrechten an
einer Gewerkschaft, den Kuxen — § 101 des Bergges. — Platz.
(Vgl. Brassert,
Bergges. S. 301.) Bezüglich der letzteren schreibt dann der § 105 vor, das; zur Übertragung der Kuxe die schriftliche Form erforderlich ist. In der land
rechtlichen Jurisprudenz besteht nun Einverständnis darüber, daß es der Schrift form nur für die rechtsübertragende Erklärung des Cedenten — § 377 cit. — bedarf,
während
die Acception
auch mündlich und selbst durch konkludente 48*
756
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
Handlungen, z. B. durch Annahme der Cessionsurkunde geschehen kann.
Vgl.
Rehbein, Entsch. des OTrib. Bd. II S. 261; Brassert a. a. O. S. 302 oben.
Daraus folgt nun, daß, wenn auch die Cession, wie das OLG. hervorhebt, ein Vertrag ist, doch die Annahmeerklärung kein die Gültigkeit des Cessionsaktes bedingendes Formerfordernis bildet. 1100. Kauf- oder CesfionS-Strmprl bei Kurübertragung (§ 105). IV. 51/91 v. 13. 4. 1891.
E. Bd. 28 Nr. 55 S. 259 (Breslau).
Zum § 105 bemerken die Mot. (S. 202): Die Bestimmungen über die Übertragung der Kuxe entsprechen den all
gemeinen Rechtsgrundsätzen und helfen einem dringenden Bedürfnisse ab,
indem die Veräußerung der Kuxe durch die seitherigen Formen in nachteiliger Weise erschwert war.
Die für die Umschreibungen im Gewerkenbuche an
gegebenen Erfordernisse sichern die Richtigkeit des letzteren.
Sonach hat das Allg. Bergges. nicht vorgeschrieben, daß Cession die Form der Übertragung der Kuxe sei, sich vielmehr auf die Vorschrift der schriftlichen Form der Übertragung beschränkt und diese Erleichterung der Form der Über tragung damit motiviert, daß die bisherigen Formen die Veräußerung in nach teiliger Weise erschwert hätten.
In dem Ber. d. Komm, des AH. ist zu den
§§ 104—106 bemerkt, daß diese Bestimmungen den Formen entsprechen, welche für den Verkehr mit Namensaktien in der Regel eingeführt sind und sich bei
Aktiengesellschaften
als zweckmäßig bewährt haben.
Ber. des AH. 1865 Bd. 7 Nr. 126 S. 1233.
Vgl. Anl. z. d. stenogr.
Man ist sonach, wie anzu
nehmen, auch hier davon ausgegangen, daß Kuxe, wie Namensaktien, durch Kauf vertrag übertragen werden können.
Sodann ist in den Mot. z. § 109 bemerkt:
„Es ist eine besondere Bestimmung über die Exekution in den Anteil eines Gewerken erforderlich, weil die bestehenden Vorschriften auf diesen Fall nicht
Passen.
Eine Forderung in ihrem Sinne ist der Anteil eines Gewerken
nicht, vielmehr repräsentiert derselbe die Mitgliedschaft an der Gewerkschaft,
den Inbegriff aller mit dieser Mitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten,
also ein besonderes Vermögensrecht."
Diese Ausführung ist zutreffend. Ist aber der Kux kein Forderungsrecht, so ist einerseits die Übertragung desselben nicht Abtretung eines Forderungs rechtes im Sinne des § 377 ALR. I. 11 [§ 398 BGB.) und es steht anderer seits nichts entgegen, dieses „Vermögensrecht" als eine — unkörperliche —
Sache im engeren Sinne des § 3 Tit. 2 das. und demzufolge die Abtretung
des Eigentumes derselben gegen eine bestimmte Geldsumme als Kauf im Sinne des § 1 Tit. 11 anzusehen, wobei, wie bereits dargelegt worden ist, nicht in Be tracht kommt, daß eine Übergabe der verkauften Sache eben wegen ihrer unkörper lichen Natur nicht stattfinden kann. (Vgl. Koch, Allg. Bergges., Anm. zu § 105.) Rep. II. 34/90 (IW. 1890 S. 165 Nr. 31) v. 25. März 1890 (vorige Nr.j
steht dieser Auffassung nicht entgegen.
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. (865.
757
1101. Übertragung solidarischer Kuxe und Kuxanteile. II. 134/86 v. 22. 10. 1886.
IW. 1886 S. 362 Nr. 54.
Wenn es richtig ist, daß H. die ihm verliehenen Kuxe und selbst Kux
anteile an verschiedene Personen mit denselben Rechten, wie er sie gehabt hatte, übertragen konnte, so war doch nach der Auslegung des BG. das in Rede
stehende Recht nicht mit jedem einzelnen Kux und Kuxanteile verknüpft, sondern die früheren Miteigentümer des ganzen Bergwerks waren darin übereingekommen,
daß nur die sämtlichen Inhaber der ursprünglich dem H. allein verbliebenen Kuxe gemeinschaftlich das Recht sollten ausüben dürfen.
Eine derartige vertrag
liche Bestimmung steht weder mit den Vorschriften des zur Zeit der Vertrags schließung maßgebenden Ges. v. 12. Mai 1851, noch mit dem Allg. Bergges.
v. 24. Juni 1865, soweit dieses auf die bereits früher vorhandenen Bergwerke Anwendung findet, in Widerspruch.
1102. Dividendtuauspruch der Kuxbesitzer (§ 102). III. 292/92 Ml. 3.1892.
Gr. Bd. 36 S. 693 Nr. 26 (Frankfurt a. M.).
Das Bergges. enthält keine Bestimmung darüber, wie es mit der Ermitte lung und der Verteilung des Ertrages aus dem Bergwerksbetriebe unter die
mehreren Beteiligten eines Bergwerks — die Gewerken — zu halten sei.
Es
beschränkt sich in § 102 aus die Anordnung, daß die Gewerken nach dem Ver
hältnisse ihrer Kuxe an
dem
Gewinne
und
Verluste
teilzunehmen
haben.
Weder ist die regelmäßige und jährliche Ziehung einer Bilanz vorgeschrieben, noch
können die in dieser Beziehung für Aktiengesellschaften und Genossen
schaften geltenden Vorschriften auf die Rechtsverhältnisse der Kuxinhaber An
wendung finden.
Denn die Gewerkschaft hat kein festes Grundkapital, über
welches periodisch Rechenschaft abzulegen wäre.
Das Anlagekapital wandert bei
dem Bergwerksbetriebe in den ausgeschriebenen und einbezahlten Zubußen in die
Grube, von deren Besitz der Bestand der Gewerkschaft abhängt, und kehrt mit dem erzielten Gewinne in den verfügbaren Ertrag der geförderten Produkte zurück.
Gleichwie die Gewerkschaft die zum Bergwerksbetriebe erforderlichen Zubußen ohne Beschränkung auf eine zum Voraus festgesetzte Summe, jedoch unbeschadet
der jedem Gewerken nach § 130 des Bergges. zustehenden Befugnis der Anheim stellung seines Kuxes, von den Mitbeteiligten einziehen kann, so ist auch der Regel nach die Festsetzung der Dividende ohne Zeitbeschränkung dem jedesmaligen
Beschlusse der Gewerkschaft überlassen.
Voraussetzung für einen klagbaren An
spruch der Gewerken auf Verteilung der festgestellten Dividende ist nur, daß der bezügliche Beschluß in statutenmäßiger Weise zustande gekommen, daß derselbe nicht
innerhalb 4 Wochen nach seiner Fassung gemäß § 115 als den Interessen der
Gewerkschaft widerstreitend durch Anrufung des zuständigen Gerichts angefochten worden und daß endlich die ermittelte Ausbeute zur Zeit der Verteilung wirklich
vorhanden ist.
(Vgl. Klostermann, Lehrb. § 25.
Komment. Anm. 222 zu § 102.
Busse, Das ABG. nebst Entsch. des OTrib. S. 75 ff.)
758
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen. Daß nun hier diese Voraussetzungen für das Forderungsrecht des Kl.
vorliegen, ist unter den Parteien nicht bestritten.
Nach allgemeinen Grund
sätzen konnte daher der Klaganspruch nicht durch die Behauptung und den Nachweis allein, daß der angenommene Gewinn in Wirklichkeit nicht bestehe
oder nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Bilanzziehung nicht habe fest
gestellt werden dürfen, beseitigt werden, da es ja der Gewerkschaft freisteht, den zur Verteilung bestimmten und gebrachten Gewinn sofort wieder als Zubuße
einzufordern; es bedurfte vielmehr BG. zur Anfechtung des fraglichen Gewerken
beschlusses der
Behauptung und tatsächlichen
Begründung
eines
bei
dessen
Fassung untergelaufenen entschuldbaren Irrtums. Ebenso V. 259/91 v. 13. 2. 1«92.
IW. 1892 S. 225 Nr. 41.
/
1103. Ziibilße des Nießbrauchers und bei ungeteiltem Kuxeigrntum. (§§ 101, 102). V. 439/98 v. 17. 5.1898.
E. Bd. 44 Nr. 52 S. 211 (Duisburg, Hamm).
Kl. (die Gewerkschaft) verlangte von den Bekl., den Erben der verstorbenen Gewerken A. und B., nämlich von der Witwe des A. und den Kindern des anderen B., rückständige Zubußen von den auf den Namen der beiden Erblasser geschriebenen 24 Kuxen. In erster Instanz wurden sämtliche Bekl. gemeinschaftlich verurteilt. Auf B. der Bekl. zu 1 (der Witwe, welcher die Nutznießung des Nachlasses A. mit der Bestimmung vermacht war, daß sie die volle Ausbeute beziehen und die Zubußen be
zahlen solle) wurde Bekl. zu 1 verurteilt, sich wegen eines Betrages von 6000 Mk. nebst Zinsen, zu dessen Zahlung die anderen Bekl. als Erben des A. verurteilt waren, die Zwangs vollstreckung in den Nachlaß ihres verstorbenen Ehemannes M. Sch. gefallen zu lassen. Rev. der mitverklagten Witwe, sowie Anschließung der Kl. sind zurückgewiesen. A. d. Gr.
Das Prinzip der Unteilbarkeit der Kuxe neueren Rechts schließt ein durch Erbgang oder Rechtsgeschäft entstandenes ungeteiltes Eigentum mehrerer Per sonen an einem Kuxe oder einer Mehrheit von Kuxen selbstverständlich nicht aus.
In diesem Falle stehen die zwei oder mehreren Miteigentümer zwar der
Gewerkschaft als eine Einheit gegenüber, dergestalt daß sie ihre gewerkschaft
lichen Rechte nur gemeinschaftlich oder durch einen gemeinschaftlichen Bevoll mächtigten ausüben können
und der Gewerkschaft
gegenüber gemeinschaftlich
verpflichtet sind (vgl. Klostermann-Fürst, Allg. Bergges. Bem. 4 zu § 101; Oppenhoff, Allg. Bergges. Anm. 571); aber daraus folgt noch nicht eine soli
darische Verpflichtung der Einzelnen.
Die Entsch. der Frage kann nur aus
den Grundsätzen (des ALR.) über Schuldverhältnisse mit mehreren Verpflich teten gewonnen werden, für deren Anwendung allerdings die rechtliche Natur
und Entstehung der Forderung selbst, wie sie sich aus dem Bergges. ergibt, maßgebend' bleibt.
Eine allgemeine Vermutung für die solidarische Haftung
mehrerer Mitverpflichteter ist (im ALR.) nirgends ausgesprochen. ALR. 1.5) sprechen nur schlossenen Verträgen.
von
der Verpflichtung
aus
(§§ 424 ff.
gemeinschaftlich
abge
Im übrigen tritt solidarische (korreale) Haftung meh
rerer Mitverpflichteter nur dort ein, wo sie ausdrücklich vorgeschrieben ist; andernfalls gilt anteilige, oder, wenn die Unteilbarkeit des Gegenstandes oder
Des Rechtsverhältnisses es erheischt, gemeinschaftliche Haftung, die sich, soweit
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. {865.
759
gemeinschaftliches Vermögen der Mitverpflichteten als Objekt der Befriedigung
nicht vorhanden ist, naturgemäß in anteilige Haftung der Einzelnen auflösen wird.
Allerdings kann die gemeinschaftliche Verpflichtung auch eine solidarische
sein oder zu einer solchen werden (z. B. bei Miterben nach der Teilung); das
setzt aber immer eine entsprechende gesetzliche Vorschrift voraus.
An sich folgt
aus der ungeteilten Gemeinschaft mehrerer Schuldner nicht die Haftung des
Einzelnen für das Ganze. Hierüach könnte man zur Annahme einer solidarischen Verpflichtung der (Erblasser) Brüder A. und B. nur durch Anwendung der Vorschriften (des
ALR.) über Korrealverträge (§ 424 I. 5) gelangen.
Diese Anwendung ist
aber ausgeschlossen, weil es, an einem auf die Entrichtung der Zubußen ge
richteten Vertrage zwischen der Gewerkschaft einerseits und den Miteigentümern des Kuxes andererseits fehlt, die Verpflichtung zur Zahlung der Zubuße viel mehr auf der gesetzlichen Vorschrift des § 102 beruht.
Insbesondere kann der
Gewerkschaftsbeschluß, durch den die Umwandlung der alten Gewerkschaft in
eine solche neueren Rechtes stattgefunden hat, nicht als vertragsmäßiger Grund
der
Beitragspflicht
der
Gewerken
angesehen
werden.
Die
gesetzliche
Ver
pflichtung der Gewerken, nach Verhältnis ihrer Kuxe die erforderlichen Bei träge zu zahlen (§ 102) besteht auch für die Gewerkschaften alten Rechts und erleidet durch die Mobilisierung der Kuxe grundsätzlich keine Änderung. Waren aber die ursprünglichen Miteigentümer der Kuxe, A. und B. nicht
solidarisch für die Gewerkschaftsbeiträge verhaftet, so fehlt es an jedem Rechts
grunde, den dem Nießbrauch der Witwe M. Sch. unterliegenden Nachlaß ihres Mannes als Befriedigungsobjekt auch für denjenigen Anteil der rückständigen
Beiträge gelten zu lassen, welchen Bekl. 2 bis 6 als Erbeserben des B. ver schulden.
Daß der BR. die beiden Brüder als je zur Hälfte an den 24 Kuxen beteiligt angesehen hat, erscheint (nach § 2 ALR. I. 17) wohl berechtigt.
1104. Gültigkeit eines Gewerkendeschluffes (§ 112). V. 221/86 v. 8. 12. 1886. E. Bd. 17 Nr. 42 S. 171. IW. 1887 S. 59 Nr. 77 (Dortmund, Hamm). Nach § 112 ist zur Gültigkeit eines Gewerkenbeschlusses erforderlich, daß alle Gewerken anwesend oder unter Angabe des zu verhandelnden Gegenstandes zu der Versammlung eingeladen worden sind.
Das Einladungsschreiben zur
Gewerkenversammlung enthält die Tagesordnung und in dieser die Angabe: „Antrag auf Bewilligung von Betriebsmitteln."
Damit ist zugleich ausge
sprochen, daß die Versammlung berufen sein soll, darüber zu beschließen, in
welcher Art die Betriebsmittel beschafft werden sollen.
Diese generelle Be
zeichnung des Gegenstandes der Tagesordnung erscheint auch allein sachgemäß,
wo verschiedene Wege zur Erreichung eines Zwecks zur Erledigung eines Gegen standes der Verhandlung möglich sind.
Denn andernfalls würde die Gewerken-
. 9. 7. 1890.
E. Bd. 26 Nr. 64 S. 334.
IW. 1890 S. 290 Nr. 51
(Münster, Hamm).
Nach § 94 Tit. 4 bilden zwei oder mehrere Mitbeteiligte eines Bergwerks eine Gewerkschaft, für welche Gesellschaftsform die Bestimmungen der §§ 94
bis 132
a. a. O.
Rechtsverhältnisse
zur Anwendung der
kommen.
Mitbeteiligten
Nach
§ 133 aber können die
eines Bergwerks
durch
Vertrag oder
sonstige Willenserklärung auch anderweit geregelt, mithin auch eine bereits be
stehende Gewerkschaft in eine andere gesetzlich zulässige Gesellschaftsform um gewandelt werden, wozu nur ein einstimmig gefaßter Gewerkschaftsbeschluß er fordert wird.
Im Fall einer solchen
Umwandlung bleibt das Rechtssubjekt
dasselbe, ein Wechsel im Eigentum findet nicht statt, und ebensowenig
Veränderung in den rechtlichen Beziehungen zu dritten Personen;
eine
die neue
Gesellschaft bleibt den Gläubigern wie den Schuldnern der bisherigen Gewerk
schaft gegenüber verpflichtet wie berechtigt,
nicht auf Grund einer Succession,
sondern als dasselbe Rechtssubjekt in neuem Gewände. Die Sache wurde zurückverwiesen,
weil nicht aufgeklärt Ivar, ob Umwandlung oder
Veräußerung des Gewerkschaftsvermögens und inwieweit stattgefunden habe.
Die neue Ver
handlung vor dem BG. ergab, daß eine eigentliche Umwandlung in eine A.-G. nicht statt
gefunden, sondern daß die Gewerkschaft sämtliche Aktiva und Passiva in die Aktiengesell schaft so eingebracht hatte, daß jeder Gewerke für einen Kux Aktien beanspruchen kann.
766
Linführungsgesetz 5. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. tandesgesetzen.
1116. V. 220/91 v. 9. 1. 1892. E. Bd. 28 Nr. 83 S. 358 (Münster, Hamm). Die Eigenart des vorliegenden Falles liegt vorzugsweise darin, daß es eine Gewerkschaft ist, welche mit ihrem Bergwerke auch ihre sonstigen Aktiva
und zugleich ihre Passiva in die von ihr mitgegründete Aktiengesellschaft ein
geworfen hat.
Damit hat die bisherige Gewerkschaft zu existieren aufgehört.
(Vgl. Klostermann, Allg. Bergges. 4. Ausl. S. 202; Brassert, Allg. Bergges. S. 279; Turnau, GBO. Bd. 2 S. 133.)
Zwar ist in Theorie und Praxis an
genommen, daß eine Gewerkschaft durch ihre infolge Veräußerung des Berg werkseigentumes eintretende Auflösung ihre Eigenschaft als juristische Person
nicht sofort verliert, daß diese vielmehr so lange fortdauert, als unverteiltes
Vermögen der Gewerkschaft vorhanden ist.
(Vgl. Werner in Gruchot Bd. 20
S. 483; Brassert, a. a. O. S. 280 ff., Entsch. des ROHG. Bd. 19 S. 190.)
Aber die gedachte Voraussetzung für die Fortdauer der Gewerkschaft als ver
pflichteten Rechtssubjektes liegt hier nicht vor,
da die Gewerkschaft nicht bloß
ihr Bergwerkseigentum, sondern ihr gesamtes Vermögen in die Aktiengesell schaft eingeworfen hat, und das Äquivalent dafür in Gestalt von Aktien bezw.
in Gelde nicht der Gewerkschaft als solcher, sondern den Kuxinhabern, also den
einzelnen Gewerken, zu teil geworden ist.
Es fehlt also an jedem Objekte für eine
nach Auflösung der Gewerkschaft zum Zwecke der Befriedigung ihrer Gläubiger
vorzunehmende Vermögensliquidation und damit an der Grundlage für die Fiktion des Fortbestehens der Gewerkschaft zum Zwecke dieser Liquidation. Man könnte an den Befreiungsanspruch denken, welcher aus der Übernahme der Passiva seitens der Aktiengesellschaft der Gewerkschaft gegen letztere erwachsen sei.
Aber ein solcher
Befreiungsanspruch stellt keinen selbständigen Vermögenswert dar, aus dem eine
Befriedigung der Gewerkschaftsgläubiger erfolgen könnte.
Es setzt ja auch gerade
das voraus, was erst aus ihm bewiesen werden soll, nämlich, daß die Gewerkschaft aus den von der Aktiengesellschaft übernommenen Schulden noch belangt werden kann.
Eine Beweisführung aus der Annahme eines solchen Befreiungsanspruches
würde also (weil eine petitio principii enthaltend) nicht zulässig sein. Wenn nun bisher die Rechtsprechung im Falle
der Veräußerung
eines
Vermögensinbegriffes mit Aktiven und Passiven dem Gläubiger die direkte Klage gegen den Übernehmer ohne das Hinzutreten besonderer rechtsbegründender
Tatsachen als Regel versagt hat, so ist dabei doch überall vorausgesetzt, daß dem Gläubiger sein Anspruch gegen den ursprünglich Verpflichteten verbleibt.
Ist das nicht der Fall, weil das bisher verpflichtete Rechtssubjekt mit der Ver äußerung seines Vermögens, an welches seine rechtliche Existenz gebunden war,
untergegangen ist, so erweist sich jene Regel als unanwendbar.
1117. Auflösung der Gewerkschaft durch Konsolidation? I. 258/88 v. 28. 11. 1888. E. Bd. 23 Nr. 43 S. 202. Nr. 33. IW. 1889 S. 50 Nr. 33 (Schweidnitz, Breslau).
Gr. Bd. 33 S. 1049
Das Bergges. enthält keine Bestimmungen über die Auflösung der Gewerk
schaften und über die Folgen der Auflösung.
Die hierher gehörigen Fragen
Art. 67.
Bergrecht,
pr. 2111g. Bergges. v. 1865.
767
sind daher, insoweit sich nicht etwa aus dem Wesen der Gewerkschaft Modifi
kationen ergeben, nach den für juristische Personen geltenden allg. Grundsätzen zu entscheiden.
Die Frage, ob durch die Vereinigung sämtlicher Kuxe in einer
Hand die Gewerkschaft aufgelöst wird, ist in der Praxis wie in theoretischen
Erörterungen S. 109).
verschieden
beantwortet
worden
(Zeitschr.
f. Bergr. Bd. 26
Die Möglichkeit, daß die juristische Person erhalten bleibt, obwohl
nur ein Mitglied vorhanden ist, ergibt sich nicht bloß bei den vom Staate genehmigten
Gesellschaften.
Die
Anwendung
dieser Bestimmungen
auf die
Gewerkschaft würde daher nur dann zu verneinen sein, wenn das Wesen der Gewerkschaft einer solchen Anwendung entgegenstände. Dies ist nicht der Fall: vielmehr ist der Umstand, daß die Vereinigung sämtlicher Kuxe in einer Hand
eine äußerlich nicht hervortretende Tatsache ist, die jeden Augenblick wieder beseitigt werden kann, geeignet, jene Bestimmungen gerade hier als besonders praktisch und dem Verkehrsbedürfnis entsprechend erscheinen zu lassen.
So
lange die Vereinigung dauert, kann zwar von einer Gewerkversainmlung nicht
die Rede sein, wohl aber können von den allein vorhandenen Gewerken mit Wirkung für die Gewerkschaft Beschlüsse gefaßt werden; ebenso ist eine Ver tretung der Gewerkschaft durch den Repräsentanten, den Grubenvorstand oder
sonstige Bevollmächtigte möglich.
Die Auflösung der Gewerkschaft wird demnach
nicht schon infolge jener Tatsache, sondern erst dann anzunehmen sein, wenn der Alleineigentümer der Kuxe einen bestimmten auf die Auflösung gerichteten
Willen in äußerlich erkennbarer Weise kundgegeben hat.
1118. Auflösung von Gewerkschaften durch Verzicht der Mitbeteiligten? (§§ 131 ff.) II. 29/90 v. 28. 3. 1890.
IW. 1890 S. 198 Nr. 32.
Das Bergges. enthält keine Vorschriften über die Gründe, welche die Auflösung
einer bestehenden Gewerkschaft herbeiführen. Die einzigen Beteiligten waren aller dings ursprünglich außer dem Kl. nur die beiden Bekl., welche in Ausübung des
ihnen nach § 132 zustehenden Rechtes auf ihre Beteiligung Verzicht geleistet
haben, indem sie ihre Kuxscheine dem Kl. einsandten.
Dieser Verzicht hatte aber,
wie der BR. zutreffend ausführt, nicht den Eigentumsübergang der Anteile
auf den Kl. zur Folge, vielmehr waren in diesem Falle nach den §§ 131 und 132, sofern die Gewerkschaft nicht anderweitig verfügte, die aufgegebenen An
teile durch den Repräsentanten zu Gunsten der Gewerffchaft zu verkaufen, und erst nach Feststellung der Unverkäuflichkeit trat das Zuwachsr. ein, welches
durch Zuschreibung in dem Gewerkbuche zu verwirklichen war.
Daß irgend eine
dieser Verfügungen stattgefunden habe, daß insbesondere die Löschung der beiden Bekl. in dem Gewerkbuche erfolgt sei, wird nicht behauptet.
Der Repräsentant
ist daher noch heute in der Lage, den Verkauf der Anteile vorzunehmen, und falls derselbe gelingt, hat die Gewerkschaft in keinem Augenblicke zu bestehen
aufgehört.
während
Mit Recht wird daher von dem Vorderrichter angenommen, daß. dieses
Zustandes der Schwebe die Gewerkschaft in
ihrer Rechts-
768
Linführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
subjektivität, Verfassung und Vertretung fortbesteht, die Gewerkschaft also zur Erhebung der Klage legitimiert war.
1119. Fortbestehen der Gewerkschaft nach Veräußerung des Bergwerks. V. 39/89 v. 3. 4. 1889.
IW. 1889 S. 214 Nr. 38.
Abgesehen davon, daß ein Einwand in dieser Beziehung nicht erhoben ist, war der freilich nicht unbestrittenen Ansicht beizutreten, nach welcher eine Ge werkschaft auch nach der Veräußerung ihres Bergwerks, soweit es sich um Er
füllung ihrer vor
der
Veräußerung
entstandenen
Verbindlichkeiten
Dritten
gegenüber handelt und so lange sie noch anderes Vermögen besitzt, dessen Vor handensein namentlich bei freiwilliger Veräußerung geltend zu machen Sache der Einrede ist, als rechts- und prozeßfähiges Subjekt fortbesteht.
Titel 5. Bon den Rechtsverhältnissen zwischen den Bergbautreibenden und den Grund besitzern (§§ 135-155).
Abschn. 1. Bo« der Grundabtretung (§§ 135—147). 1120. Das Hangende und die Erdoberfläche. V. 187/88 v. 27. 10. 1888.
IW. 1888 S. 446 Nr. 20.
Versteht man unter dem Hangenden das gesamte Deckgebirge bis zu Tage, also einschl. der Erdoberfläche, so
kann doch die letztere als im Sinne des
§ 135 zur Benutzung für den Bergbau in Anspruch genommen nicht angesehen werden, wenn die Niederziehung des Hangenden für den planmäßigen Fort
betrieb des Bergbaues nur insoweit notwendig ist und demgemäß von dem Bergbautreibenden erstrebt wird, als dies zur Ausfüllung der ausgekohlten
Abteilung erforderlich, die Fortpflanzung des Einbruchs aber bis zur Tages oberfläche durch die Zwecke des Bergbaues nicht geboten ist.
Planmäßiges Zubruchebaucn. 1121. V. 358/85 v. 7. 11. 1885.
IW. 1886 S. 32 Nr. 74.
Der BR. erwägt, daß das Zubruchegehen der Erdoberfläche nach unter irdisch erfolgtem Abbau nur als eine Folge des letzteren, nicht aber als ein
Grubenbau anzusehen sei, der wie Schächte und Stollen den Zweck habe, das
Mineral aufzuschließen und zu fördern.
Wären die hier gemachten Voraus
setzungen im konkreten Falle zutreffend, wäre also das Zusammenbrechen der Erdoberfläche nur eine, wenn auch vorauszusehende Folge des unterirdischen
Abbaues, so müßte dem
BG. beigetreten und die in
dem
Zubruchebauen
liegende Schadenzufügung lediglich nach §§ 148 ff. des Bergges. beurteilt werden, da es nach letzterem keinen Unterschied macht, ob der Schaden vorausgesehen
werden konnte oder nicht.
In diesem Falle würde also eine Kautionspflicht
des Bergbautreibenden nicht begründet And die angegriffene Entscheidung gerecht fertigt sein.
BG. geht aber weiter, indem es den §§ 135 ff. die Anwendung
auch dann versagt, wenn das Zubruchegehen planmäßig, d. h. in der in dem
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. (865.
minister. Erl. v. 27. Juni 1881 angegebenen Weise geschieht.
769
Diese Auffassung
ist rechtsirrtümlich, indem sie den Unterschied verkennt zwischen einer schädlichen
Einwirkung auf das Grundeigentum, die bloß Folge bergbaulicher Tätigkeit ist, und einer solchen Einwirkung, deren beabsichtigter Erfolg zugleich als Mittel
zum Zweck, nämlich für den weiteren Betrieb des Bergbaues dienen soll und technisch notwendig ist.
Wenn, wie es in dem minister. Erl. heißt, die Ge
winnung der Kohle selbst ohne das Zubruchebauen der Oberfläche nicht aussührbar ist, wenn — wie es dort ferner heißt — im Falle die beabsichtigte
Wirkung (d. h. das Zubruchegchen des Hangenden innerhalb einer bestimmten
Frist) ausbleibt, der Abbau entsprechend modifiziert werden muß, also nicht in der planmäßigen Art fortgeführt werden kann, so kann sehr wohl im konkreten
Falle das Zubruchebauen einer bestimmten Fläche als Mittel zum Zweck der Gewinnling der Kohlen angesehen werden, und es ist in solchem Falle die
fragliche Fläche für den planmäßigen Betrieb des Bergbaues notwendig und wird von den Bergbautreibenden genommen.
für diesen Zweck
tatsächlich in Anspruch
Das aber ist die Voraussetzung des § 135 a. a. O.
Es handelt
sich hierbei nicht um Einschiebung eines neuen in dem gedachten Paragraphen nicht vorgesehenen
Falles, sondern es wird, wenn die Fortsetzung der plan
mäßigen Gewinnung der Kohle selbst von dem rechtzeitigen Zubruchegehen der
ubgebauten Flüche abhängig ist, die letztere gleich wie beim Tagebau als zu den
Grubenbauen selbst in Anspruch genommen, anzusehen sein.
1122. V. 333/86 b.-^—?-1887. BG. nimmt an:
IW. 1887 S. 321 Nr. 37.
ein den Bestimmungen der §§ 135 ff. zu unterstellendes
planmäßiges Zubruchebauen sei dann vorhanden, wenn der Bergmann absichtlich das Zubruchegehen des Hangenden herbciführt, wenn hierdurch Tagebrüche be wirkt werden und die Grundstücke, unter denen der Abbau stattfindet, bis zur Oberfläche berührt werden, bersten oder einsinkcn.
Es muß,
Dies ist irrig.
nm die Anwendbarkeit der §§ 135 ff. hier zu begründen, nicht bloß die Aus
füllung der abgebauten Abteilung durch das Hangende im Plane des Berg bauenden liegenden und für die Fortsetzung des Abbaues notwendig sein, sondern es muß darüber hinaus die planmäßige Fortführung des Bergbaues davon abhängig sein, daß auch die Erdoberfläche zu Bruche geht, der Einbruch des
Hangenden also sich bis zu Tage fortpflanzt.
Nur.in diesem Fall kann von
einer Benutzung der Oberfläche, wie sie §§ 135 ff. voraussetzt, die Rede sein.
Der Kausalnexus zwischen der Füllung des ausgekohlten Bruches und dem Einbruch der Erdoberfläche genügt hierzu nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn er vorausgesehen werden mußte, der schädliche Erfolg unvermeidlich war.
Freilich muß auch in solchem Fall der schädliche Erfolg als (indirekt) gewollt -angesehen werden, aber er ist nicht als Mittel zum Zweck gewollt.
Ohne den
Nachweis eines von dem bloßen Kausalnexus zu unterscheidenden inneren Zu
sammenhanges zwischen dem Zubruchegehen der Erdoberfläche und der durch Rudorfs, Reichsgerichts-Entscheidungen.
Bd. I.
49
letzteres bedingten Fortführung des Betriebes ist der Fall nicht gegeben, daß. „die Gewinnung der Kohle selbst ohne das Zubruchebauen der Oberfläche nicht
ausführbar", daß „die Fortsetzung der planmäßigen Gewinnung der Kohle von dem rechtzeitigen Zubruchegehen der abgebauten Fläche" (d. h. der Fläche,
unter welcher der Abbau stattgefunden hat) abhängig ist.
Nur in diesem ) Im wesentlichen gleichlautend mit den §§ 135 ff. 148 des pr. Allg. Bergges. tu 24. Juni 1865; vgl. Reichsges. v. 15. März 1881 Ziff. 1 (RGBl. S. 38).
Art. 67.
Bergrecht,
dem widersprechen dürfte.
pr. Allg. Bergges. v. (865.
771
Etwaige Beschädigungen der Oberfläche des Grund
stückes berechtigen diesen nur, vom Bergwerksbesitzer Schadensersatz zu fordern Dagegen gibt die bergrechtliche Verleihung dem Gruben
(Art. 141 a. a. O.).
besitzer nicht das Recht, eigenmächtig in das Eigentum an der Erdoberfläche
einzugreifen und hiervon, wenn er ihrer bedarf, den Grundeigentümer auszu schließen.
Ist für den Betrieb des Bergbaues die Benutzung eines fremden
Grundstückes notwendig, so muß der Grundbesitzer dies, er sei Eigentümer oder
Nutzungsberechtigter, an den Bergwerksbesitzer abtreten.
Dieser darf aber das
Grundstück nicht eigenmächtig in Besitz nehmen, sondern hat, wenn nicht eine
gütliche Einigung mit dem Grundbesitzer zu erzielen ist, zuvor die Abtretung nach Vorschrift der Artt. 126 ff. des Bergges. herbeizuführen.
Bis dahin hat
er sich jeden Eingriffes in das Oberflächeneigentum zu enthalten.
dem zuwider, so
Handelt er
setzt er sich nicht nur der Eigentumsfreiheitsklage und den
possessorischen Rechtsbehelfen aus, sondern
er hat auch in allen Fällen dem
beschädigten Grundeigentümer das volle Interesse zu ersetzen.
Auch die Klage
aus Art. 141 des Bergges. ist dem Eigentümer hier nicht zu versagen, wenn
sonst deren Voraussetzungen vorliegen.
Dagegen gibt das Gesetz dem Grund
besitzer nicht das Recht, den Grubenbesitzer zur Herbeiführung des Abtretungs
verfahrens zu zwingen, sondern es unterliegt lediglich dem Ermessen des Berg
werksbesitzers, ob er von den ihm in den Artt. 126 ff. beigelegten Befugnissen Gebrauch machen will oder nicht.
Die Frage, ob dem Grubenbesitzer, der planmäßig die Erdoberfläche zu Bruche baut, ein Recht, die Abtretung zu fordern, zusteht, ist, wie Arndt (Allg.
Bergges. S. 144,
146) zutreffend bemerkt, im wesentlichen eine tatsächliche.
Die Beantwortung hängt davon ab, ob in einem solchen Abbaue, wie beim
Tagebaue, ein unmittelbarer Eingriff in das Oberflächeneigentum oder ein unterirdischer Bergbaubetrieb zu finden ist.
Im vorliegenden Falle bedarf die
Frage keiner Entscheidung. Außer Streit ist, daß bisher eine Grundabtretung nicht stattgehabt hat,
Bekl. vielmehr
mit seinem
zurückgewiesen ist.
hierauf gerichteten
Anträge in
allen
Instanzen
Daraus ergibt sich, daß Bekl. den Abbau, den er selbst
für einen Eingriff in das Oberflächeneigentum ansieht, erst dann beginnen
durfte, wenn er entweder infolge gütlicher Einigung oder infolge Abtretungs beschlusses das Recht zur Besitzergreifung erlangt hatte.
wenn man
das
von
Bekl. hat daher, selbst
ihm beanspruchte Enteignungsrecht anerkennen müßte,
durch den vorzeitigen Abbau rechtswidrig in das Eigentum der Kl. eingegriffen
und ist ihnen deshalb zum Schadensersätze verpflichtet, gleichviel ob man die Klage als eine negatorische, eine aquilische oder eine aus Art. 141 des Berg ges. hergeleitete anzusehen hat. — Steht dem Bekl. das Enteignungsrecht nicht zu, so regeln sich die erhobenen Ansprüche lediglich nach der zuletzt erwähnten Vorschrift.
In allen Fällen ist hiernach der Bekl. verpflichtet, den durch das
Zubruchebauen bewirkten Schaden den Kl. zu ersetzen.
772
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis
d. tandesgesetzen.
Sollte es dem Bekl. später gelingen, die Abtretung herbeizuführen, so
würden dadurch die vorher entstandenen Entschädigungsforderungen nicht berührt Der Schätzung ist dann der Zustand der Grundstücke zu Grunde zu
werden.
legen, den sie zur Zeit der Abtretung haben werden, und die Enteignungs behörde ist, da die Beschädigung nicht eine Folge der Abtretung ist, nicht befugt,
bei Feststellung der Entschädigungssumme die frühere Beschädigung zu berück (Vgl. RG. U. v. 4. April 1883, Daubenspeck, Bergrechtl. Entsch.
sichtigen.
S. 183.) Mit Unrecht
beruft sich Bekl. auf die RG.-Entsch. v. 7. Nov. 1885,
4. Mai 1887, 27. Okt. 1888 (a. a. O. 196—203). Rechtsfalle
hatten
In dem dort entschiedenen
sich die Parteien vertragsmäßig dahin geeinigt, daß der
Grundeigentümer dem Bergwerksbesitzer die von diesem in Anspruch genommene Grundstücksoberfläche abzutreten, und der Bergwerksbesitzer jenem die festgesetzte
Sicherheit zu leisten habe, wenn die unter den Parteien bestehende Meinungsverschiedenheit über die Anwendbarkeit des § 135 des pr. allg. Bergges. zu Gunsten des Kl. entschieden werden sollte.
Eine solche Einigung liegt in dem
jetzt zu entscheidenden Falle nicht vor; der Streit ist vielmehr allein nach dem Ges. zu beurteilen. 1123. Abtretungspflicht und freiwillige Abtretung.
V. 303/88 v. 9. 2. 1889.
IW. 1889 S. 145 Nr. 39.
Zuzugeben ist, daß im Fall freiwilliger Abtretung die Vorschriften des Abschn. von der Grundabtretung (§§ 135 ff.) nur dann zur Anwendung kommen können,
wenn die Abtretung zu den im § 135
des
fremden Grundstücks
notwendig war.
angegebenen
bergbaulichen
Eine hiervon verschiedene Frage ist es, ob die Benutzung
Zwecken verfolgt.
zu den
im
§ 135 angegebenen Zwecken
wirklich
Diese Frage kann entscheidend nur in Betracht kommen, wenn
es sich um die Abtretungspflicht des Grundbesitzers handelt, insbesondere wenn dieser die Abtretung verweigert.
Die Entscheidung dieser Frage, welche wesent
lich eine technische ist, liegt in diesem Fall ausschließlich den Verwaltungs behörden ob (§ 142, § 145 Abs. 2 a. a. £>.).
Verlangt der Bergwerksbesitzer Die
Abtretung zu bergbaulichen Zwecken im Sinne der §§ 64 und 135, und
der
Grundeigentümer findet keinen Grund, die Notwendigkeit der Abtretung zu
bezweifeln oder zu bestreiten, und kommt demgemäß eine gütliche Einigung
zustande, so kann hinterher ein Streit über die Notwendigkeit nicht mehr auf kommen. als
zu
Wollte der Bergwerksbesitzer die Notwendigkeit der von ihm selbst
bergbaulichen
Zwecken
erforderlich
verlangten
Abtretung
hinterher
bestreiten, um sich seiner Verpflichtungen aus § 137 zu entziehen, so würde er dolos handeln.
Zur Klagebegründung aber gehört der Nachweis der Not
wendigkeit der Abtretung nicht; denn die im § 137 erwähnten Verpflichtungen
des Bergwerksbesitzers haben ihren Grund
wesentlich in der
Abtretung und Benutzung des Grundstücks zu
den
Tatsache der
in § 135 angegebenen
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. (865.
773
Zwecken, dagegen ist die Notwendigkeit der Benutzung wohl die Vorbedingung
für die Abtretungspflicht des Grundbesitzers, nicht aber für die Entschädigungs pflicht des Bergwerksbesitzers, nachdem einmal die Abtretung erfolgt ist.
Daß
in dem Vertrage die abzutretenden Flächen nicht individuell bezeichnet sind,
„die zu bergbaulichen Zwecken erforderlichen
vielmehr der Bekl. das Recht,
Ländereien" selbst zu okkupieren, eingerüumt worden ist, macht keinen Unterschied,
wenn nur die tatsächlich okkupierten Flächen zu den unter § 135 fallenden
Zwecken in Besitz genommen und benutzt worden sind. Meinung,
daß
das
Bewußtsein
Der BR. hat für seine
daß
der Kontrahenten,
die
Abtretung
in
Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung dazu geschehe, positiv festgestellt werden müsse,
auf eine Entsch.
Dieser
berufen.
des OTrib. in Strieth. A.
Entscheidung
lag
ein
von
dem
72, S. 162
Bd.
vorliegenden
sich
wesentlich
verschiedener Fall zu gründe.
1124. Grundabtretung und Enteignung (§ 138). V. 121/97 v. 3. 11. 1897.
IW. 1897 S. 647 Nr. 51, 52 (Kassel).
BG. legt § 142 dahin aus, daß der Grundeigentümer, der sich auf § 138
beruft,
das
Verlangen
auf
Abnahme
des
Grundstücks
zunächst
bei
den
Enteignungsbehörden zu stellen habe, und daß diese in allen Fällen darüber
in erster Reihe zu befinden hätten, der Grundstückseigentümer aber die Ent scheidung des Gerichts über diese Frage erst dann begehren könne, wenn die
Enteignungsbehörden
seinem
Anträge
nicht
stattgegeben
Rev. hiergegen erhobenen Angriffe sind unbegründet.
hätten.
Die' von
Zunächst spricht hiergegen
der Wortlaut des § 142, der die Entscheidung darüber, ob der Bergwerks besitzer
zur
Erwerbung
des
Enteignungsbehörden zuweist.
Eigentums
verpflichtet
sei,
ausdrücklich
den
Hinzu kommt, daß der Bergwerksbesitzer auch
dann verpflichtet ist, das Eigentum zu erwerben, wenn die Benutzung nach drei Jahren noch fortdauert.
Daraus erhellt, daß abweichend vom § 25 Abs. 7
des Enteignungsges. der Antrag auf Erwerb des Grundstücks vom Grund eigentümer auch dann noch gestellt werden kann, wenn ihm die Benutzung des
Grundstücks infolge Beschlusses der Enteignungsbehörden schon entzogen und die
Vergütung
dafür schon
festgesetzt war, daß
also
nach Erledigung des
Antrags des Bergwerksbesitzers auf Antrag des Grundeigentümers ein völlig
neues Enteignungsverfahren zulässig ist, dessen Grundlage der § 138 bildet. Rev. verkennt aber auch das Wesen der bergrechtlichen Enteignung, wenn sie meint, der Grundstückseigentümer dürfe die Rechte aus § 138 im gerichtlichen Verfahren geltend machen, wenn er auch im Vorverfahren ein solches Verlangen
nicht gestellt gehabt habe. Grundeigentümer dem
Das Allg. Bergges. stellt als Regel auf, daß der
Bergwerksbesitzer das
Grundstück
nur
zur vorüber
gehenden Benutzung abzutreten, und dieser das Grundstück zurückzugewähren hat,
wenn
es
für
die Zwecke des Bergbaues
entbehrlich
geworden.
Der
Enteignungsbeschluß hat sich in diesem Falle nur zu verhalten über den Ersatz
Linführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis z. d. tandesgesetzen.
774 der
entzogenen
Nutzungen,
die Rückgewähr
und
die Kautionsleistung
Erfüllung der dem Bergwerksbesitzer obliegenden Verpflichtungen.
für
Ganz anders
ist der Inhalt des Beschlusses, wenn der Bergwerksbesitzer das Grundstück zu
erwerben verpflichtet ist.
Hier greifen im wesentlichen die allgemeinen Grund
sätze der Enteignung Platz, und es ist insbesondere der Wert des Grundstücks
zu ermitteln, den der Bergwerksbesitzer dem Grundeigentümer als Vergütung zu gewähren hat.
Die Enteignung unterliegt hiernach, je nachdem die eine
oder die andere Art der Abtretung stattfindet, wesentlich verschiedenen Grund
sätzen, und dem Gesetzgeber, der eine Vorprüfung der Entschädigungsfrage durch die Verwaltungsbehörden vorgeschrieben hat, würde eine Inkonsequenz zur Last
fallen, wenn anzunehmen wäre, daß der Grundeigentümer im Falle des § 138 die Entscheidung über die Übernahme des Grundstücks unter Umgehung der Verwaltungsbehörden zur Entscheidung des Gerichts bringen dürfe. — Von
ähnlichen Grundsätzen
geht der
Minister
der
öffentlichen
Arbeiten
in
der
Rekursinstanz aus: die jetzt herrschende Praxis erachtet es für unzulässig, daß
der Grundeigentümer erst in der Rekursinstanz mit dem Anträge hervortrete, daß der Bergwerksbesitzer das Grundstück zu Eigentum erwerbe (f. Brassert,
Zeitschr. Bd. 28 S. 112 und Bd. 29 S 134). Fehl geht die Ausführung der Rbkl., daß durch den Antrag auf Über nahme des Grundstücks der Anspruch auf Entschädigung für die entgehenden
Nutzungen ausgeschlossen werde. Denn erstens ist der Antrag bei der zuständigen Behörde noch nicht gestellt und es hängt von dem Belieben der Kl. ab, ob sie den Antrag überhaupt stellen werden.
Sodann wird durch die Erwerbung des
Grundstücks der Beschluß der Enteignungsbehördeu, der die Entschädigungs
rente festgesetzt hat,
nicht mit rückwirkender Kraft aufgehoben, sondern bleibt,
wenn nicht eine Abänderung der Rente durch das Gericht erfolgt, bis zu dem
Zeitpunkt maßgebend, wo der Bergwerksbesitzer das Eigentum erlangt (Allg. Bergges. § 146). Ändert das Gericht den Beschluß, so bleibt das Urteil des Gerichts bis zu diesem Zeitpunkt bestimmend.
1125. Wafferbenutzungsrechte. Nach dem Allg. Bergges.
ist nur die Überlassung eines fremden Grund
stückes zur Benutzung Gegenstand des Rechtes des Bergwerkseigentümers, und nur zur Herstellung der in dem § 135 genannten bergbaulichen Anlagen kann die Abtretung verlangt werden. Wasserberechtigungen
Eine analoge Ausdehnung ist unstatthaft.
(das heißt Wasserbenutzungsrechte) unterliegen dem
Expropriationsrechte nicht.
BG. deutet zutreffend
den
von
der Bekl. einzuschlagenden
Weg
an,
indem es sagt: „das im § 135 des Bergges. eingeräumte Expropriationsrecht genüge vollständig, § 135 erwähne auch ausdrücklich die Wasserläufe als eine
Anlage, zu deren Herstellung der Bergwerksbesitzer die Grundabtretung verlangen könne."
Die Bekl. kann, wenn ihr dies zweckdienlich erscheint, das Benutzungs-
Art. 67.
pr. Allg. Bergges. v. {865.
Bergrecht,
775
recht an geeignet gelegenen Grundstücken erwerben, um auf denselben einen
Kanal zur Ableitung der Grubenwässer anznlegen, oder um zur Befreiung derselben von den schädlichen Stoffen Klärteiche oder andere Anstalten zu
errichten.
Selbst die Erwerbung von Privatslüssen im Wege der Expropriation
wird für zulässig erachtet. Inwieweit dies ausführbar ist,
da § 135 dein Bergwerkseigentümer kein
Recht auf Eigentumserwerb, sondern nur das Recht auf Abtretung zur Be
nutzung zugesteht, kann dahin gestellt bleiben, zumal über diese Fragen lediglich die Verwaltungsbehörden zu befinden haben würden (§ 142).
Die Nichtigkeitsbeschwerde beruft sich für ihre Ansicht, daß es überhaupt keines Expropriationsverfahrens bedürfe, auf die Ausführung in Achenbachs
Gem. d. Bergr. (S. 170 ff. § 51).
Der Bergwerkseigentümer sei da, wo die be
treffende Wasserzuführung zum Betriebe des Bergbaues erforderlich ist, was
durch Sachverständige nachzuweisen (S. 177), hierzu ohne jegliches amtliches
Verfahren befugt,
ohne sich der Gefahr der Untersagung durch die Gerichte
auSzusetzen (S. 176), und dem beschädigten Grundeigentümer stehe in einem
solchen Falle nur ein Anspruch auf Entschädigung zu (S. 174, 175). In dieser Allgemeinheit kann diese Ausführung als richtig nicht anerkannt
werden.
Aus
der im Bergwerkseigentume enthaltenen Befugnis, alle Vor
richtungen unter und
über Tage zu treffen,
die erforderlich sind, um das
verliehene Mineral zu gewinnen (§ 54), aus dem Rechte zur Anlegung von
Hilfsbauten (§ 60), und aus dem Expropriationsrecht (§§ 64, 135 ff.) ergibt sich eine so umfassende Berechtigung des Bergwerkseigentümers nicht.
Selbst
bei gewöhnlichen Beschädigungen durch den Bergbau gilt nach der Rechtsprechung des OTrib. der richtige Satz, daß zunächst alles so viel als möglich in den früheren Zustand
versetzt werden muß (§ 148 Bergges., ALR. I. 6, §§ 79 ff.).
Es ist also doch vor allem die Beschädigung möglichst zu verhüten.
Berwergseigentum ist vor dem Grundeigentume gesetzlich
Bevorzugung gilt aber eben nur in
bevorzugt.
den vom Gesetze gezogenen
Das
Diese
Schranken.
1126. Vollständige Entschädigung (§§137 ff.). V. 380/85 v. 12. 5. 1886.
Gr. Bd. 30 (10) S. 1011 Nr. 34 (Hamm).
BG. erkennt an, daß nach §§ 134 ff. ein Kunst- und Handelsgärtner, wenn
ihm ein Stück seines zu seinem Gewerbebetriebe dienenden Landes enteignet wird, eine dem höheren Ertragswert einer Kunst- und Handelsgärtnerei ent
sprechende höhere Entschädigung beanspruchen dürfe; es steht also insoweit auf demselben rechtlichen Standpunkt, wie Kl.;
es hat aber die Anwendung dieses
Grundsatzes auf den vorliegenden Fall abgelehnt, weil das fragliche Terrain, abgesehen von einem vorübergehenden Versuch im Jahre 1879, tatsächlich nicht
zum Betriebe der Kunst- und Handelsgärtnerei, sondern als Ackerland benutzt worden ist, und Kl. nicht dargetan habe, daß dasselbe für den gedachten Betrieb
eingerichtet, und er in der Entschädigungssumme in der Tat nicht gedeckt sei.
An sich würde also Kl. eine besondere Entschädigung für die zeitweilige Ver hinderung der Bewirtschaftung des nördlichen Teils seines Grundstücks gemäß §§ 137 und 139 beanspruchen dürfen.
Es kann auch dem Kl. diese Entschädigung nicht mit dem ersten Richterschön aus dem Grunde versagt werden, weil Bekl. vor dem erwähnten Vergleich zur Herstellung der Überfahrt nicht verpflichtet gewesen, jedenfalls mit Erfüllung dieser Verpflichtung nicht in Verzug geraten sei. Denn die Verpflichtung des Bergwerksbesitzers, den Grundbesitzer für die entzogene Nutzung vollständig zu entschädigen, ist nicht durch ein schuldbares Verhalten des ersteren, insbesondere
in Erfüllung bei der Enteignung übernommener Verpflichtungen bedingt. BG. fügt aber jenem Grunde des ersten Richters einen zweiten selbständigen Ent scheidungsgrund hinzu, indem es erwägt, daß Kl. die Schuld an dem Umstande, daß er das Trennstück mangels einer Überfahrt angeblich nicht bewirtschaften konnte, sich selbst zuzuschreiben habe, da er bei der Verhandlung vor der Enteignungskomm. außer der von dem Bekl. hergestellten Einfriedigung mit ver schließbarer Pforte andere Einrichtungen nicht beantragt und dann auf die Aufforderung des Bergrats von D., in dieser Richtung seine Wünsche zu äußern, keine Antwort erteilt habe. Wenn BG. hierin ein kulposes Verhalten,
einen Mangel an Diligenz erblickt, so kann hierin ein Rechtsirrtum nicht gefunden werden. Die Feststellung des kulposen Verhaltens aber schließt den
Anspruch auf Entschädigung insoweit aus, als der fragliche Nachteil ohne dasselbe voraussichtlich vermieden worden wäre (Entsch. d. RG. Bd. 5, S. 253). Daß dies der Fall, hat BG., indem es die Schuld an dem Nachteil dem Kl. beimißt, offenbar angenommen. 1127. KailtionsLerechtigtrr nach § 137.
V. 161/94 v. 14. 11. 1694.
E. Bd. 34 Nr. 54 S. 217 (Halle, Naumburg).
Dem BG. ist darin beizutreten, daß die Kautionsbestellung nach § 137 zu jeder Zeit während der Dauer der Benutzung des Grundstückes zu Berg bauzwecken und von jedem Grundeigentümer gefordert werden kann, wenn nicht
vertraglich etwas anderes festgesetzt ist. Zunächst ergibt sich aus dem Wortlaute des § 135, daß als für den Betrieb des Bergbaues abgetreten auch solche Grundstücke gelten, welche zu einer für Betriebszwecke bestimmten Eisenbahn abgetreten sind.
Aus der Ab
tretung eines Grundstückes zur Benutzung für Bergbauzwecke entstehen in allen Fällen für den Bergwerksbesitzer die beiden Verpflichtungen: dem Grundbesitzer für die entzogene Nutzung jährlich im voraus vollständige Entschädigung zu leisten und das Grundstück nach beendeter Benutzung zurückzugeben. Diesen Verpflichtungen tritt für den Fall, daß durch die Benutzung eine Wertsver
minderung des Grundstückes eingetreten ist oder voraussichtlich eintreten wird, (vgl. Brasserts Kommentar S. 366 Nr. 5) als dritte hinzu, daß der Berg-
Art. 67.
Bergrecht.
£r. Allg. Bergges. v. (865.
777
Werksbesitzer bei der Rückgabe des Grundstückes dessen Minderwert ersetzen und daß er auf Verlangen des Grundbesitzers schon bei der Abtretung des Grund
stückes zur Sicherung Kaution bestellen muß.
der Erfüllung
dieser Verpflichtung eine angemessene
Aus der Formulierung des diese Bestimmungen ent
haltenden § 137 hat BG. mit Recht geschlossen, daß der Grundbesitzer, wenn
er schon bei der Abtretung des Grundstückes die Bestellung der Kaution ver
langen dürfe, diese jedenfalls auch später fordern könne.
Ferner findet es
darin, daß der Kautionsanspruch dem Grundbesitzer als solchem zugesprochen
ist, ausgedrückt, daß dieser Anspruch nicht nur von dem Grundbesitzer, welcher
das Grundstück freihändig oder zwangsweise zum Bergbaubetriebe abgetreten hat, sondern auch vou dessen Besitznachfolgern während der ganzen Dauer der
Nutzungsentziehung geltend gemacht werden kann. Hierfür sprechen auch folgende Erwägungen.
Den Ersatz des Minderwertes muß der Bergwerksbesitzer bei der
Rückgabe des Grundstückes nach beendeter Benutzung leisten.
Wenn auch im
Gesetze nicht ausdrücklich gesagt ist, welchem Grundbesitzer der Ersatz zu leisten sei, so ergibt sich dies mittelbar doch daraus, daß die Ersatzleistung bei der Rückgabe des Grundstückes geschehen soll.
sOhne sie] bliebe den: derzeitigen
Grundbesitzer nur das entwertete Grundstück, welches sich in seinem dermaligen
Zustande für die fernere anderweite Benutzung durch ihn vielleicht gar nicht oder doch nicht in dem Maße, wie bis zu dessen Abtretung, eignete.
Der
zeitige Grundbesitzer wäre geschädigt, und deshalb muß auch er entschädigt Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der nach dem Ges.
werden.
zu leistende Ersatz des Minderwertes demjenigen gebührt, welcher z. Z. der Rückgabe der Eigentümer des abgetretenen Grundstückes ist.
Dies steht auch
im Einklänge mit der Bestimmung im § 141.
Abschn. 2. Vo« dem Schadensersätze für Beschädigungen des Grundeigentums
. (.§§ 148-152)?)
1128. Örtlich maßgebendes Bergrecht. V. 298/88 v. 24. 4.1889. Seufs. Bd. 44 Nr. 161. IW. 1889 S. 246 Nr. 12 (Celle). BG., welches die Anwendung des pr. Ges. rechtfertigt mit der Tatsache der Einwirkung des in Braunschweig betriebenen Bergbaues auf ein pr. Grund stück, hat nicht unterschieden zwischen der im bergbaulichen Sinne vollendeten
Handlung (die hier vorgenommenen und vollendeten sein sollen auf nichtpr. Gebiet) und der nach der Vollendung eintretenden besonderen Wirkung.
Die
dem Bergbau auferlegte Verpflichtung, den durch ihn dem Grundeigentume zu gefügten Schaden zu ersetzen, ist eine sog. obligatio ex lege, welche dem Ges.
untersteht, wo die Handlung vorgenommen wird, welche die Obligation be
gründet.
An der Individualität der Betriebshandlung wird dadurch
geändert, daß sich mit ihr schädliche Einwirkungen verknüpfen.
*) Vgl. Nr. 458.
nichts
Durch diese
Verbindung wird zwar die Ersatzpflicht konkret, aber es bleibt immer die Hand lung, welche als solche die Obligation begründet; daß ohne Schaden von keinem
Schadensersatz gesprochen werden kann, dieser Satz ist deshalb ohne Bedeutung, weil er auch bei eigentlichen Deliktsobligationen zutrifft, bei denen unbestritten
nicht der Ort des hervortretenden Schadens, sondern der Ort der Delikts handlung für die Bestimmung des maßgebenden Gesetzes entscheidend ist.
Eine
Bestimmung, welche dem Grundeigentümer jeden Anspruch gegen Beschädigung
durch den Bergbau abschneidet, kann für das Gebiet des d. PR. nicht oder doch nicht mehr als gültig anerkannt werden. Vgl. Stobbe, d. PR. II § 141, 143 Nr. 9, Seuff. Ä. Bd. 26 Nr. 51. Auch besteht, abgesehen von Parti
kulargesetzgebungen neuerer Zeit, für das gern. R. nicht das dem pr. R. be
kannte und im § 151 aufgenommene Institut der dreijährigen Verjährung gegen Ansprüche aus außerkontraktlicher Beschädigung.
Vgl. Mot. z. § 719
des Entw. BGB. (Stadt Goslar c. Kommunionharzbehörde). 1129. Allgemeine Grundsätze.
V. 259/91 v. 13. 2. 1892. IW. 1892 S. 226 Nr. 43. Richtig ist, daß sich auch im Falle des § 148 Allg. Bergges. die Ermittelung
und die Ausgleichung des Schadens nach den Grundsätzen des Civilr. regeln. 1130. Bergschaden, Begriff, Entschädigungspflicht (§§ 148 ff.).
V. 210/92 v. 21. 12.1892. E. Bd. 30 Nr. 73 S. 250. IW. 1893 S. 109 (Beuchen, Breslau). Mit dem BG. ist davon auszugehen, daß die im § 148 anerkannte Legal obligation des Bergwerksbesitzers sowohl aktiv, als passiv einen persönlichen
Charakter hat, und daß die Verpflichtung mit dem Zeitpunkt, wo der Schade
entstanden ist, zur Vollendung gelangt.
Der Kl., der den Anspruch lediglich
aus eigenem Recht erhebt, ist hiernach zur Klage nur dann legitimiert, wenn
der Schade, für den er Ersatz fordert, während seiner Besitzzeit entstanden ist. Der Bergwerksbesitzer ist verpflichtet, für allen Schaden, der dem Grund
eigentum oder dessen Zubehörungen durch den Betrieb des Bergwerks zugefügt wird, vollständige Entschädigung zu leisten, ohne Unterschied, ob der Betrieb
unter dem beschädigten Grundstück stattgefunden hat oder nicht, ob die Be
schädigung von dem Bergwerksbesitzer verschuldet ist, und ob sie vorausgesehen werden konnte oder nicht.
Hiernach erfordert das Ges. zur Begründung des
Entschädigungsanspruchs in objektiver Beziehung nichts weiter, als daß ein
Schade an dem Grundeigentum des Kl. entstanden ist, und daß dieser Schade mit dem Betrieb des Bergwerks im ursächlichen Zusammenhänge steht.
Die
Art und Weise, wie der Kausalzusammenhang hergestellt wird, ist dabei ohne
rechtliche Bedeutung. — Der Begriff des Schadens ist im Berggesetz nicht defi niert und muß deshalb nach den Vorschriften des allgem. Civilr. beurteilt werden.
(Nach § 1 Tl. I Tit. 6 ALR.) ist darunter jede Verschlimmerung zu verstehen,
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. (865.
779
die eine Person an ihrem Vermögen erleidet. Zur vollständigen Entschädigung gehört der Ersatz des gesamten (positiven) Schadens und des entgangenen Ge winnes. (§ 7 a. a. O.) Hieraus ergibt sich, daß der Eigentümer des beschädigten Grundstücks für alle mit dem Betriebe des Bergwerks im Zusammenhänge stehenden Vermögensnachteile, mögen sie unmittelbar oder mittelbar durch den Bergbau veranlaßt sein, Ersatz fordern kann, und daß es keineswegs erforderlich
ist, daß die Integrität des Grundstücks infolge der Einflüsse des Bergbaues aufgehoben werde oder auch nur eine Einbuße erleide. Es genügt, daß das Grundstück entwertet wird, und daß die Entwertung ohne den Betrieb des Bergbaues nicht eingetreten wäre, also hier, daß die Parzellen bisher zu Bau
plätzen geeignet waren, diese Eigenschaft aber durch die von dem Bergbau drohende Gefahr verloren hatten. § 150 Abs. 2 steht dem nicht entgegen. Ebenso: V. 471/84 v. 24. 6. 1885. Gr. Bd. 30 S. 142 Nr. 6 (Hamm). S. Nr. 1137.
1131. Zuleitung von Grubenwasser. V. 415/96 v. 19. 6. 1897.
IW. 1897 S. 429 Nr. 45, 46 (Hamm.)
Ein Eingriff in das Eigentum liegt nicht bloß'dann vor, wenn der Dritte schädliche Substanzen, die geeignet sind, die Benutzung des Wassers zu hindern, dem Privatflusse zuführt, sondern auch wenn die Zuleitung sonst das Maß des Regelmäßigen und Gemeinüblichen übersteigt. Dieser allgemeinen Rechtsregel unterliegt auch der Bergwerksbesitzer, der die erschrotenen Grubenwasser in einen Privatfluß leitet. Allerdings darf der Grundeigentümer vom Bergwerks besitzer nicht Maßregeln verlangen, die zur Einstellung des Betriebes führen müßten, aber der Bergwerksbesitzer, den hierfür die Beweislast trifft, kann sich hierauf erst dann berufen, wenn er alle Mittel erschöpft hat, die geeignet sind, den Eingriff in das Eigentum des Uferbesitzers zu verhüten. Dies sind bei Verunreinigung des Wassers in erster Reihe Klärvorrichtungen und ähnliche Anlagen und wenn diese versagen, Enteignung des Flußlaufs. Ist der Ein griff in das Eigentum das Produkt der Zuleitung mehrerer Zechen, so können die einzelnen Bekl. die negatorische Klage des Uferbesitzers nicht durch den Einwand von sich abwenden, daß die Zuleitung des Einzelnen nicht für sich allein, sondern nur in Verbindung mit anderen Zuleitungen schädlich wirke. Von diesen Grundsätzen, an denen das RG. in gleichmäßiger Rechtsprechung
bisher festgehalten hat, geht auch BG. aus. Die hiergegen erhobenen Aus stellungen, im wesentlichen die Ausführungen von Achenbach (Das gern. d. Bergr. I S. 170 ff.) und von Strohn (Brafferts Zeitschr. Bd. 7 S. 109), sind in den U. v. 21. April 1880, 2. Juni 1886 (Entsch. Bd. 2 S. 208 und Bd. 16 S. 178) eingehend widerlegt worden. Wenn Rev. dagegen geltend macht, daß die Ableitung der Grubenwasser von dem Betriebe des Bergwerks unzertrenn lich sei, und der Grundeigentümer nicht dessen Einschränkung verlangen dürfe, sondern sich mit einer Entschädigung begnügen müsse: so verkennt sie die recht
liche Bedeutung des § 54 Allg. Bergges., der dem Bergwerksbesitzer nicht das
780
«Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
Recht gibt, unmittelbar in fremdes Eigentum, namentlich in das Oberflächen Allerdings entsteht, wenn die Rechtsstörung sich nicht
eigentum, einzugreifen.
auf andere Weise beseitigen läßt, ein Konflikt zwischen den Rechten des Berg
werksbesitzers und denen des Grundeigentümers; aber der Konflikt wird durch
das Gesetz nicht dadurch gelöst, daß der Grundeigentümer sich in allen Fällen mit einer Entschädigung zu begnügen hätte, sondern dadurch, daß dem Berg
werksbesitzer das Recht beigelegt ist, die Abtretung des beanspruchten Wasser laufs im Wege der Enteignung zu verlangen (§ 135 Allg. Bergges.). Nach § 196 des Allg. Bergges. steht die polizeiliche Aufsicht über den Betrieb
den Bergbehörden zu;
aber wie in dem Erk. des Kompetenzgerichtshofes v.
12. Nov. 1881 (Stölzel, Rechtspr. des Gerichtshofes z. Entsch. der Kompetenz
konfl. S. 498) zutreffend ausgeführt ist, handelt es sich bei Klagen vorliegender
Art lediglich um Privatrechte, für die das Gericht zuständig ist, und daraus
folgt, daß das Gericht auch die Frage zu beantworten hat, ob ein Eingriff in das Eigentum vorliege, und wie die Rechtsstörung zu beseitigen sei.
Ob die
Bergbehörde zur Wahrung des öffentlichen Interesses davon abweichende 9(11=
ordnungen treffen darf, ist hier nicht zu erörtern, da nach dieser Richtung hin Einwendungen nicht erhoben worden sind.
Ebenso: V. 6/82 v. 9. 10. 1882. Gr. Bd. 27 S. 1012 Nr. 90. S. Art. 65. VI. 106/88 v. 14. 6. 1888. Gr. Bd. 32 Nr. 83 S. 1046 Ziff. 3 (Hamm). V. 39/89 v. 3. 4. 1889. Gr. Bd. 33 S. 1055 Nr. 84 (Hamm). Vgl. Nr. 1134. 1132. Unterbrechung des Gewerbebetriebes durch Beschädigung eines Gebäudes.
V. 40/82 v. 20. 12. 1882.
Gr. Bd. 27 Nr. 89 S. 1011 (Hamm).
Diese lediglich aus dem Gesetze entspringende Entschädigungsverpflichtung ist auf den „dem Grundeigentume oder dessen Zubehörungen" Schaden beschränkt.
verursachten
Wie die Mot. z. Reg.-Vorlage (S. 88 zu 3) unter Be
zugnahme auf ein Präjudiz des OTrib. v. 11. März 1859, Nr. 1462, bemerken,
sind unter den Zubehörungen z. B. auch industrielle Anlagen zu verstehen.
Sind behufs des Betriebes eines gewissen Gewerbes besondere Einrichtungen
und Anlagen in dem dazu benutzten Gebäude erforderlich, so werden nach Be schaffenheit des Falles Störungen in dem Fortbetriebe dieses Gewerbes, welche in bergbaulichen Beschädigungen des Gebäudes ihren Grund haben, unter die jenigen Beschädigungen zu rechnen sein, für welche nach § 148 der Bergwerks
besitzer verhaftet ist.
Im vorliegenden Falle behauptet Kl., daß es ihm wegen
der Reparaturen, die an seinem durch den Bergbau der Berkl. beschädigten Gebäude notwendig sind, während eines dreimonatlichen Zeitraumes unmöglich sein werde,
den Schankbetrieb und .den Spezereiwarenhandel, welche er bis
dahin in seinem Gebäude ausgeübt hat, fortzusetzen, daß er vielmehr diesen Geschäftsbetrieb bis zur Beseitigung der Beschädigungen an dem Gebäude werde
aussetzen müssen und daß ihm hierdurch der liquidierte Gewinn aus dem Ge schäfte entgehe.
Es kann also das Gebäude zu dem Zwecke, zu welchem Kl.
dasselbe bestimmt hat, nicht benutzt werden und hierin liegt eine Beschädigung
des Grundstücks.
Die Geschäftsunterbrechung und der Gewinnverlust aus dem
Geschäfte ist eine mittelbare Folge der Beschädigung, und der zur vollständigen
Entschädigung verpflichtete Bergwerkseigentümer auch zum Ersätze dieses ent gangenen Gewinns verbunden (ALR. I. 6 § 7, §§ 3, 5, 6). 1133. Senkung der Bodenfliiche.
V. 224/86 v. 13. 11. 1886.
IW. 1886 S. 453 Nr. 37. Bgl. Nr. 1149.
Nicht jede Veränderung, welche infolge des Bergbaues dem Grundeigentum widerführt, gibt dem Eigentümer einen Anspruch aus § 148 des Allg. Bergges. Es mutz ein Schaden d. h. eine Verschlimmerung des Vermögenszustandes des
Eigentümers (§ 1 Tit. 6 T. I ALR.), die sich in einer Verminderung des
Ertrags- oder Verkaufswerts des Grundstücks ausdrückt, entstanden sein.
Aus
der Senkung einer Bodenflüche ergibt sich eine solche Wertverminderung an sich
noch nicht.
Zudem hat die Beweisaufnahme ergeben, daß diese Senkung einer
Bestellung und weiteren Ausnutzung des Ackers nicht entgegensteht. Bei diesem
Resultat der Beweiserhebung hätte Kl. das Vorhandensein eines Schadens durch
Angabe derjenigen Nachteile dartun müssen, welche dem Acker aus der Senkung eines Teiles desselben erwachsen sind.
Er hat aber laut Tatbestand auf Be
fragen des Vorsitzenden tatsächliche Momente für eine infolge der fraglichen Senkung eingetretene Verminderung des Werts des Grundstücks anzugeben sich außerstande erklärt.
Hiernach fehlt es dem Anspruch des Kl., soweit er aus
der Senkung des Ackers hergeleitet ist, an einem wesentlichen Teil des Klag grundes, nämlich der schlüssigen Behauptung eines vorhandenen Schadens. 1134. Unmittelbare Schäden.
V. 217/97 v. 15.1.1898.
IW. 1898 S. 149 Nr. 31.
Es ist die Ansicht abzuweisen, daß der Bergwerksbesitzer nach § 148 nur
für solche Schäden
aufzukommen habe,
Bergbaubetriebes wären.
welche eine unmittelbare Folge des
Wie das NG. in gleichmäßiger Rechtsprechung bisher
angenommen hat, ist der Bergwerksbesitzer, wenn sonst die Voraussetzungen jener Gesetzesbestimmung gegen ihn vorliegen, verpflichtet, dem Grundeigentümer
allen Schaden zu ersetzen, der auf den Betrieb des Bergwerks zurückzuführen ist, gleichviel ob dieser dabei mittelbar oder unmittelbar wirksam gewesen; der
Bergwerksbesitzer ist ersatzpflichtig, sobald zwischen seinem Betriebe und der Be schädigung des Grundstücks ein ursächlicher Zusammenhang besteht (vgl. RGU.
v. 9. Okt. 1882, 24. Juni 1885, Daubenspeck Entsch. S. 242 und 287)?) Ver fehlt ist die Bezugnahme der Bekl. auf das U. v. 8. Febr. 1890 (a. a. O.
S. 221).
Darin ist nur der Begriff des Bergbaubetriebes klargestellt und
ausgesprochen, daß darunter nach § 148 nur der Bergwerksbetrieb im engeren Sinne, d. h. die Anstalten und Einrichtungen zu verstehen seien, die der Förde
rung des Minerals dienten, nicht aber Anlagen, die lediglich zu dem Zwecke
*). ©. Anm. zu Nr. 1131 u. Nr. 1137.
782
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis
d. kandesgesetzen.
errichtet wären, einen durch den Bergbau entstandenen Schaden zu beseitigen.
— Daß ein Naturereignis, wofür das Zusammenbrechen der Schlotten zweifellos zu erachten ist, bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat, ändert nichts in der Beurteilung der Sache.
Der ursächliche Zusammenhang zwischen der
Trockenlegung des Salskebaches und dem Betriebe des Bergwerks wird durch diese Tatsache nicht ausgeschlossen; dies würde nur dann der Fall sein, wenn der Zusammenbruch der Schlotten die Abtrocknung auch dann
hervorgerufen
haben würde, wenn der Grubenbau nicht vorhanden gewesen wäre.
Wie BG.
feststellt, ist dies Naturereignis erst dadurch schädlich geworden, daß die in die
Tiefe fließenden Wasser den Weg in die Grubenbaue der Bekl. fanden und
hier entfernt werden mußten, um den ferneren Betrieb des Bergwerks zu er möglichen.
Das Zusammenbrechen der Schlotten ist hiernach nur ein Faktor,
der bei Entstehung des Schadens mitgewirkt hat; doch die wirkliche Ursache ist die Hebung der in das Bergwerk eingedrungenen Wasser, eine Handlung, ohne die das Mineral nicht gewonnen werden kann, die sonach einen wesentlichen
Teil des Bergwerksbetriebes bildet.
1135. Entschädigung für Verlust der Bauplatzeigenschast. V. 415/97 v. 4. 6. 1898. IW. 1898 S. 450 Nr. 52. Mit dem BG. ist davon auszugehen, daß Kl. Entschädigung in Kapital
(den durch Entziehung der Bauplatzeigenschaft bewirkten Minderwert des Grund stücks) nur dann zu fordern berechtigt ist, wenn das Grundstück diese Eigen
schaft dauernd verloren hat.
Ist anzunehmen, daß der Grund und Boden in
absehbarer Zeit seine frühere Festigkeit und Tragfähigkeit wieder erlangen werde,
so kann der Kl., wenn sich das Ende der Bodenbewegungen noch nicht mit
Sicherheit übersehen läßt, nur Entschädigung in Rente verlangen, die nach den
Nachteilen zu bemessen ist, welche ihm daraus erwachsen, daß das Grundstück vorübergehend zum Bau nicht verwendbar ist.
Bei sich fortsetzenden Boden
bewegungen kann ein gänzlicher Verlust der Bauplatzeigenschaft,
der die Er
stattung des Minderwerts nach sich zöge, erst dann angenommen werden, wenn feststeht, daß der durch die Einwirkung des Bergbaues gelockerte und seiner
Tragfähigkeit beraubte Grund und Boden in absehbarer Zeit nicht die frühere
Festigkeit wieder erlangen wird.
Da sich die Entwertung des Grundstücks als
Bauplatz erst mit diesem Zeitpunkt vollendet, so ist er auch für die Ermittelung
des Minderwerts entscheidend, und kommt nichts darauf an, ob schon früher
Bodenbewegungen stattgefunden haben, selbst wenn sie mitwirkend gewesen sein sollten (vgl. U. des RG. v. 16. Sept. 1885, Daubenspeck, bergrechtliche Entsch.
Bd. I S. 304).
1136. Entschädig««- für Wasserentziehung. n. 106/91 v. 12. 6.1891. IW. 1891 S. 402 Nr. 43. Die Rev. faßt den § 148 des Bergges. dahin auf, daß die Entschädigung
bei Wasserentziehung in der Regel durch Gewährung einer Rente zu erfolgen
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. {865.
783
habe, eine Kapitalabfindung aber nur in dem Falle gerechtfertigt sei, wenn fest gestellt werde, daß die Wasserentziehung eine dauernde sei.
Diese Unterscheidung
wird von dem Ges. nicht gemacht; es wird vielmehr dem Ermessen des Richters
anheimgestellt, ob er eine Kapitalabfindung für erforderlich, oder nach den Um
ständen des Falles die Bewilligung einer Rente für eine ausreichende Ent
schädigung erachte.
Die Zuerkennung eines Kapitals verletzt daher nicht das
Ges., aber der Richter stellt auch ausdrücklich fest, daß es sich im vorliegenden Falle um einen fortdauernden Schaden handle.
1137. Beschädigung einer Gasleitung als Zubehör des Grundeigentums. V. 471/84 v. 24. 6.1885.
Gr. Bd. 30 S. 142.
IW. 1885 S. 277 Nr. 48 (Hamm).
Das Rohrnetz einer Gasanstalt, deren Betrieb nicht nur die Erzeugung,
sondern auch die Zuleitung des Gases an die Konsuinenten umfaßt, stellt sich, wenn nicht als Bestandteil, so doch mindestens als Zubehör der Gasanstalt selbst und der für letztere errichteten Gebäude dar, deren Zwecken es dient und mit denen es in feste und dauernde Verbindung gesetzt ist.
Es erscheint hierbei
gleichgültig, in wessen Grund und Boden die Röhren sich befinden, da der die Zubehöreigenschaft bedingende
äußere
und
innere Zusammenhang
mit
der
Hauptsache dadurch nicht aufgehoben wird, daß ein Zubehörstück räumlich in den Bereich eines fremden Grundstücks sich erstreckt.
Mit Recht also hat BG.
die beschädigten Gasleitungsröhren — soweit sie im Eigentum der Klägerin
stehen — als Zubehör des Grundeigentums der letzteren angesehen und dem gemäß den
§ 148
auf
den
infolge des Bergbaues der Bell, an denselben
unmittelbar entstandenen Schäden
angewendet.
Das Ges. unterscheidet nicht
zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden; da aber die Entschädigung
für allen Schaden und vollständig zu leisten ist, so muß unbedenklich auch der mittelbare Schade (§ 3 Tit. 6 Tl. I ALR.) in die Entschädigungspflicht des Bergwerksbesitzers
einbezogen
werden
S. 640 RG.Entsch. v. 9. Okt. 1882.
(Dernburg, pr. PR., 4. Ausl. Bd. 1 Brassert Zeitschr. Bd. 24 S. 500).
Vorausgesetzt ist nur, daß der Schade an dem Grundeigentum Zubehörungen entstanden ist.
oder seinen
Ein dem Grundeigentum erwachsener Schade
liegt aber vor, wenn und insoweit dasselbe entwertet worden ist, und zwar ist
hierbei nicht nur der Wert der Substanz, sondern auch
der Nutzungs- resp.
Gebrauchswert in Betracht zu ziehen und nicht bloß eine dauernde, sondern auch eine vorübergehende Entwertung zu entschädigen, demgemäß aber auch für
die bis zur Wiederherstellung der beschädigten Sache oder Ersatz des Kapital wertes eingetretenen Ausfälle an Nutzungen und die durch Verminderung des
Gebrauchswertes des Grundstücks dem Eigentümer etwa erwachsenen vermögens
rechtlichen Nachteile dem letzteren Ersatz zu leisten.
Anderenfalls würde der
Grundeigentümer nicht zu der ihm gebührenden vollständigen Entschädigung, gelangen.
(RGU. v. 20. Okt. 1882, Brassert a. a. O. Bd. 25 S. 396.)
Im
vorliegenden Fall ist der Schade unmittelbar an den Gasleitungsröhren, als»
784
Ginführungsgesetz z. BGB. .5. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
nach
der bereits oben gebilligten Annahme des BG. an Zubehörungen des
Nun ist es unzweifelhaft ein den Ertrags
Grundeigentums der Kl. entstanden.
wert der Gasanstalt selbst bedingendes Moment, ob die Röhren, welche dazu
bestimmt sind, das erzeugte Gas in sich aufzunehmen und den Konsumenten zuzuführen, gut funktionieren
oder
nicht.
Eine Gasanstalt mit
brüchigen,
schlecht zusammengefügten Röhren wird infolge des dadurch verursachten Gas
verlustes teurer produzieren, deshalb weniger Nutzen abwerfen und folglich einen geringeren Wert haben, als unter sonst gleichen Umständen eine Gas
anstalt mit fehlerlosem Röhrensystem.
Es ist also klar, daß, wenn infolge des
Bergbaues der Bekl. die Gasleitungsröhren der Kl. Brüche erlitten haben und undicht
geworden
sind,
hierdurch
beschädigten Röhren aufgehoben
in
erster
Linie
der Gebrauchswert
der
aber
der
oder doch beeinträchtigt,
Ertragswert der Gasanstalt selbst vermindert worden ist.
dadurch
Insofern liegt ein
dem Grundeigentum der Kl. selbst erwachsener Schade vor, der sich keineswegs
deckt mit den durch zur Ausbesserung der Brüche und Undichttgkeiten erforder
lich gewordenen Kosten, sondern auch den der Kl. durch das infolge jener Brüche und Undichtigkeiten eingetrctene, resp, vermehrte Entweichen des Gases
erwachsenen Verlust umfaßt.
Das Quantum des entwichenen Gases bildet
hierbei nicht sowohl das Objekt des Schadensbetrages als vielmehr den Maß
stab, nach welchem die durch die Beschädigung der Röhrenleitung eingetretene
Entwertung der Gasanstalt, also des Grundeigentums der Kl. zu bemessen ist. 1138. Verschuldung des Bergschadens (§ 150).
V. 282/90 v. 28. 1. 1891.
IW. 1891 S. 142 Nr. 39.
Die Nev. behauptet, daß die angefochtene Entsch. auf Verletzung dieses
Ges. insofern beruhe, als BG. rechtsirrtümlich die Voraussetzungen desselben den
Voraussetzungen
Grund.
des
§ 150
Die Voraussetzungen
der
gleichgestellt
beiden
habe.
Diese Rüge ist
Paragraphen
in
ohne
Ansehung
der
Voraussehbarkeit der den zu errichtenden Anlagen durch den Bergbau drohenden
Gefahr sind wesentlich die gleichen.
Ob die Gefahr bei Anwendung gewöhnlicher
Aufmerksamkeit (§ 150) oder — wie sich der § 116b Tit. 16 Tl. II des
ALR. ausdrückt — vernünftigerweise vorauszusehen Unterschied.
war,
begründet
keinen
Beide Paragraphen setzen eine Fahrlässigkeit, ein Versehen des
jenigen voraus, der die erkennbare Gefahr unbeachtet läßt, und mit der Ver neinung eines solchen Versehens wird die Anwendung sowohl des einen wie des anderen Ges. ausgeschlossen.
Eigenes Verschulden des Beschädigten. 1139. Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit (§ 150).
V. 29/84 v. 5. 7. 1884. . E. Bd. 11 Nr. 77 S. 334 (Beuchen, Breslau). BG. hat sich keiner Rechtsverletzung
Ausdruck
schuldig gemacht,
in § 150 „Anwendung gewöhnlicher
wenn
Aufmerksamkeit"
für
es
den
gleich-
Art. 67.
Bergrecht,
pr. Allg. Bergges. v. (865.
785
bedeutend mit „Vermeidung eines groben Versehens" hält, und wenn es die tatsächlichen Umstände von diesem Gesichtspunkte aus prüft.
Bekl. beruft sich
zwar für seine Annahme, daß schon ein mäßiges Versehen die Verhaftung ) Va. 13/82 v. 21. 9. 1882 (Berlin). — 2) S. Nr. 1413. Nudorff, Reichsgerichts-Entscheidungen.
darin
Gehöft zu dem durch die Bahn
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen.
094
der Passage auf dem Bahnübergänge sei nicht eine Folge der Enteignung; sie treffe wie den Kl., so auch andere Eigentümer, von deren Grundstücken nichts
enteignet worden; Kl. habe also hierfür keinen Anspruch auf Entschädigung. Bekl. versucht mit dieser Aufstellung eine Beseitigung der feststehenden Rechtspr.
des RG. (vgl. Entsch. Bd. 13 S. 244T) und dortige Allegate); mit Unrecht; denn da die teilweise Enteignung des Grundstücks des Kl. zum Zwecke gerade des Unternehmers erfolgt ist, welches die Bewirtschaftung des Restgrundstückes
beschwerlicher und kostspieliger macht, so ist der für den Enteigneten hierdurch
entstehende Schade als eine Folge der Enteignung selbst anzusehen.
Der An
griff gegen die Berechnung des Schadens nach Proz. des Grundstückswerts
erledigt sich dadurch, daß derselbe Betrag in dem Gutachten selbst durch eine besondere Berechnung der zugefügten Nachteile gefunden ist.
Gr. Bd. 26 S. 1064 Nr. 158 (Posen).
Vgl. V. 637/81 v. 18. 5. 1881.
1382. Einfluß des Erlöschens einer Servitut auf die Wertschätzung (§ 8).
V. 100/92 v. 17. 9. 1892. (Naumburg).
E. Bd. 30 S. 176.
IW. 1892 S. 435 Nr. 34
Den vollen Wert des abzutretenden Grundstücks hat der Unternehmer, zu dessen Gunsten enteignet wird, von dem Falle der vertragsmäßigen Übernahme einer (dann selbstredend in Anrechnung zu bringenden) privatrechtl. Grundstücks
belastung (§ 45 des Ges.) abgesehen, immer zu zahlen; mehr ausnahmsweise, indessen nicht an den Eigentümer, sondern an andere Nutzungsberechtigte, in dem
hier nicht interessierenden Falle des § 11 des Ges., niemals aber weniger. Das Bestehen
einer
Servitut, wie jede
andere
dingliche Last
(Hypothek,
Real
last rc.) kann den Ertrag und die Verwertbarkeit des Grundstücks für den Eigentümer beeinträchtigen, ändert aber den Wert des Grundstückes an sich
nicht;
die
Wertschätzung
eines
mit Hypotheken,
Servituten rc.
belasteten
Grundstücks kann zu keinem anderen Ergebnis führen, als die eines lastenfreien
Grundstücks.
Deshalb ist es unrichtig, wenn
der
BR. das
Erlöschen
der
Servitut durch die Anlage der Straße, zu deren Zweck die Enteignung geschehen ist, als eine durch jene Anlage herbeigeführte und deshalb nach § 10 des Ges. bei der Abschätzung nicht zu beachtende Erhöhung des Wertes des Grundstücks
bezeichnet; die Belastung hatte eben den Wert des Grundstücks nicht gemindert. Erst bei der Frage, ob und welchen Anteil der Realberechtigte an dem Werte
des, durch die Enteignung auch ihrem Recht entzogenen Grundstücks zu bean spruchen habe, kommt der Wert der Realberechtigungen in Betracht. Frage aber berührt nicht den Unternehmer.
Diese
Den Realberechtigten ist zwar
mit Rücksicht auf ihr Interesse an der Feststellung der nach dem Gesamtwerte
des Grundstücks zu bemessenden Entschädigung eine Einwirkung auf diese Fest stellung selbst eingeräumt (§§ 30, 46), aber nur zu dem Zwecke, deren Erhöhung soweit zu betreiben, daß sie wegen ihrer Ansprüche gedeckt werden.
*) S. Nr. 1413.
1383. Mehrwert durch Belegenheit am Kanal (§ 8).
III. 141/88 v. 12.10. 1888.
IW. 1888 S. 433 Nr. 26.
Bei der Beurteilung der Sache ist davon auszugehen, daß es sich für die Kl. muc um einen rein tatsächlichen Vorteil gehandelt hat, welcher ihnen durch
die Benutzung der zwar im Eigentum des Staats stehenden, aber doch für den allg. Verkehr
bestimmten öffentlichen Wasserstraße erwuchs.
Diesen Vorteil
haben die Kl. durch die Enteignung eines Teils ihres Grundbesitzes verloren; die Bewirtschaftung ihres Platzes ist dadurch erschwert worden.
BG. hat an
genommen, daß Bekl. verpflichtet ist, den Kl. für den Verlust dieses Vorteils bezw. für die wirtschaftlichen Nachteile Entschädigung zu gewähren, welche den
Kl. durch den infolge
der Abtretung
eines Teils ihres Grundbesitzes
getretenen Verlust des Wasserwegs entstanden sind. zu billigen.
ein
Diese Entscheidung war
daß der Staat als Eigentümer des Kanals
Man kann zugeben,
in der Lage gewesen wäre, den Kanal zu verlegen oder denselben als öffent
liche Wasserstraße einzuziehen,
ohne daß daraus für den Staat eine Ver
pflichtung entsprungen wäre, diejenigen zu entschädigen, welchen die Benutzung
des Kanals bisher zum Vorteil gereichte. es sich hier nicht.
Allein um etwas derartiges handelt
Der Kanal bestand als öffentliche Wasserstraße und ist
auch heute noch eine solche.
Die Möglichkeit, daß der Staat eine einmal be
stehende öffentliche Wasserstraße wieder einziehen oder dem öffentlichen Verkehr entziehen werde, ist eine so entfernte, daß sie füglich bei der Wertschätzung des
Grundbesitzes der Kl. außer acht gelassen werden kann.
Hätten daher Kl. ihren
ganzen Grundbesitz abtreten müssen, so würde zum vollen Werte desselben im
Sinne des § 8 zweifellos auch
der Vorteil mitberücksichtigt werden müssen,
welcher durch die Lage desselben am Kanal und die daraus entspringende Er
leichterung der Bewirtschaftung gegeben war.
Nun ist zwar den Kl. nur ein
Teil ihres Grundbesitzes enteignet, aber gerade derjenige, durch dessen Besitz
den Kl. die fortdauernde Ausnutzung des Wasserweges nach dem gewöhnlichen Lglff der Dinge gewährleistet war.
Es findet daher hier der § 8 Abs. 2 An
wendung, nach welchem die Entschädigung zugleich dem Mehrwert, welchen der
abzutretende Teil durch seinen örtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Ganzen hat, sowie den Minderwert umfaßt, welcher für den übrigen
Grundbesitz durch die Abtretung entsteht.
1384. Aufrechnung des Vorteils mit dem Nachteil der Enteignung (§ 8).
II. 40/97 v. 9. 4.1897. IW. 1897 S. 299 Nr. 37 (Bonn, Köln). Es ist kein rechtlicher Grund vorhanden, aus welchem der Vorteil, welcher
durch die Anlage der Kronprinzenstraße für das dem Bekl. verbliebene Eigen
tum erwachsen ist, auf dessen Entschädigungsanspruch aus der Enteignung auf gerechnet werden könnte.
’) S. dasselbe hiernach.
Die Enteignung hat gemäß § 14 des Fluchtl.Ges.')
nach den Vorschr. der §§ 24 ff. des Expropriationsges. stattgefunden; nach t- 8
besteht die Entschädigung in dem vollen Werte des abzutretenden Grundstücks; und nach § 57 sind alle den Vorschr. desselben entgegenstehende Bestimmungen aufgehoben, die Art. 30, 49 und 54 des Ges. v. 16. Sept. 1807, betr. die Austrocknung der Sümpfe rc. find in diesem Ges. nicht ausgenommen, daher
mit Recht in dem angegriffenen U. für unabwendbar erklärt worden.
Auch
handelt es sich nicht um einen durch die Enteignung für das dem Bell, ver bliebene Restgrundstück verursachten Minderwert, wegen dessen die Frage ent stehen könnte, ob darauf der Vorteil angerechnet werden dürfte, welchen speziell
dieses Restgrundstück durch die Enteignung etwa erlangt hat...
der Ausführung des BG.
beizupflichten,
Ebenso ist
daß das nach dem Fluchtl.Ges. v.
2. Juli 1875') im Jahre 1886 erfolgte Alignement, als Vorbereitung und Ein
leitung der demnächstigen Anlage der Kronprinzenstraße, einen Bestandteil dieser neuen Anlage bildet, und daher die durch das in dem Alignement enthaltene Bau
verbot hervorgerufene Wertverminderung des Eigentums des Bekl. nach § 10- des Enteignungsges. ebensowenig bei der Bemessung der Entschädigung in Anschlag gebracht werden darf, wie eine durch die Neuanlage hervorgerufene Werterhöhung.
1385. Berücksichtigung der Nachteile der Anlage und des Unternehmens (§ 8).
II. 24/91 v. 26. 3. 1891. IW. 1891 ®.*227 Nr. 21. Die erhobenen Angriffe gehen von folgenden beiden Sätzen aus:
1. daß
bezüglich des Minderwerts des Restgrundstücks nur die durch die Enteignung
selbst, nicht die durch die Anlage, für welche die Enteignung erfolgt,
ent
stehenden Schäden in Betracht gezogen werden dürften, während es sich hier nur
um durch die
Eisenbahnanlage
und
den
Eisenbahnbetrieb
verursachte
Schäden handle; 2. daß für die in Rede stehenden Nachteile deshalb keine Ent schädigung zu leisten sei, weil sie auch alle anderen benachbarten Grundstücke, von denen nichts enteignet sei, treffen, und weil auch das kl. Grundstück, wenn
nichts von ihm weggenommen worden und die Eisenbahn an ihm vorbeigeführt worden wäre, dieselben Nachteile erleiden würde.
Was den ersten Satz be
trifft, so ist er zwar früher ausgestellt, aber längst als unrichtig aufgegeben
und in konstanter Rechtspr. anerkannt worden, daß auch die durch die Anlage und das Unternehmen herbeigeführten Nachteile mit zu berücksichtigen sind, weil gerade der Grundbesitzer erst durch die Enteignung genötigt worden ist,
sich
diese Anlage und den mit derselben in Verbindung stehenden Betrieb gefallen
zu lassen.
Vgl. Eger, I, S. 194, II.
Von dem zweiten Satze ist nur soviel
richtig, daß in jedem einzelnen Falle des Kausalnexus zwischen der Enteignung bezw. der Anlage oder dem Betriebe derselben und dem entstehenden Nachteile
erwiesen sein muß, und daß solche Nachteile nicht zu berücksichtigen sind, bei welchen es an diesem ursächlichen Zusammenhänge fehlt.
Aber nachdem einmal
der vom OLG. in Bezug genommene I R. mit hinreichender Begr. den Zul) S. dasselbe hiernach.
sammenhang zwischen den in Rede stehenden Nachteilen und der Anlage, bezw. dem Betriebe der Eisenbahn festgestellt hat, kann die sich daran knüpfende Ent
schädigungspflicht des Unternehmers
nicht durch den Hinweis auf die bloße
Möglichkeit, daß die Eisenbahn auch ohne Enteignung eines Teiles des kl.
Grundstücks an diesem Grundstücke hätte vorbeigeführt werden können, beseitigt werden.
Es wird hier Bezug genommen auf RG.Entsch. Bd. 13 S. 246?)
Ebenso: II. 79/88 v. 26. 6.1888. IW. 1888 S. 338 Nr 28. 1386. Berücksichtigung eines mögliche« Gewerbebetriebes (§ 8).
V. 276/91 v. 27. 2. 1892. Gr. Bd. 36 S. 1104 Nr. 93 (Naumburg).
Vgl. 1419.
Es entspricht dem Ges. und der Rechtspr., daß im Falle einer Teilenteig
nung bei der Frage nach dem Minderwert des Restgrundstückes, und zwar nach gleichen Grundsätzen, wie im Falle der Enteignung des ganzen Grund
stückes, die darauf betriebene gewerbliche Anlage mitzuberücksichtigen ist, und das nicht ohne weiteres nach der bisherigen Betriebsart und nach deren Um fange,
sondern
(auch)
nach
deren
Betriebsfähigkeit.
Ebenso
aber, wie in
wiederholten Entsch. ausgesprochen ist, daß nicht die bloße Möglichkeit der Er richtung, und wenn die Umstände sich günstig gestalten, der künftigen Ver
wertung eines Gebäudes einem Grundstücke die Eigenschaft eines als solchen zu schätzenden Bauplatzes gibt, daß vielmehr Tatsachen (bestehende Nachfrage nach Bauplätzen in der Lage des Grundstückes) hinzukommen müssen, welche
die Verwertbarkeit des Grundstückes als Bauplatz mit Sicherheit erkennen lassen, ebenso ist auch die Tatsache, daß ein Grundstück nach Lage und Beschaffenheit zu einem bestimmten Gewerbebetrieb sich eignet, nicht für genügend erachtet
worden, um die Möglichkeit dieses Gewerbebetriebes als werterhöhenden Faktor für das Grundstück anzuerkennen, so lange nicht ein Einfluß dieser Möglichkeit
auf die Verwertbarkeit des Grundstückes, insbesondere auf seinen Verkaufswert mit Sicherheit zu erkennen war.
Dem entspricht es, wenn BG. die Berück
sichtigung der Benutzungsfähigkeit dahin beschränkt, daß sie nur insoweit zu
würdigen sei, als sie auf der Beschaffenheit des Grundstücks selbst beruhe, nach allen objektiven Verhältnissen
Aussicht (nämlich
sicher erkennbare Aussicht)
auf Verwirklichung habe, daß die Benutzungsfühigkeit eine gegenwärtige, für jeden rationell wirtschaftenden Besitzer verwertbare in dem Sinn sein müsse, daß der vorgestellte Betriebsumfang nach den bereits gegebenen Verhältnissen
mit Sicherheit zu erwarten sei, während bloß unsichere Hoffnungen keine Be
rücksichtigung finden können. 1387. Umfang und Zeitpunkt der Entschädigung.
V. 303/90 v. 11. 3. 1891.
Vorläufige Einigung (§§ 8, 13,16).
IW. 1891 S. 227 Nr. 20 (Magdeburg, Naumburg).
Kl. als Grundstückseigentümer mußten sich die Versagung von Bauten: über die Fluchtlinie hinaus gefallen lassen, Bekl. war berechtigt, ihnen die für
») S. Nr. 1413.
998
Ginführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen.
die Straßen bestimmte Grundfläche zu entziehen, Kl. hatten wegen dieser Be
schränkung und Entziehung einen Entschädigungsanspruch, 1. wenn die zur Straße bestimmte Fläche auf Verlangen der Bekl. für den öffentl. Verkehr ab getreten wurde, 2. wenn das Grundstück bis zur neuen Fluchtlinie von Ge
bäuden freigelegt wurde.
Während durch diese Bestimmungen des § 13 nicht
nur die Voraussetzungen, unter welchen, sondern auch Zeitpunkt, wann Ent schädigung gefordert werden kann, festgesetzt worden, ist der Umfang der Ent schädigung, sofern, was vorliegend nicht der Fall, das Strafges. nicht ab
weichende
Bestimmungen
enthält, wie
bei
und
anderen Entziehungen
Be
schränkungen des Grundeigentums lediglich nach dem Enteignungsges. zu be urteilen.
(Vgl. Entsch. des RG. Bd. 2 S. 279,') Bd. 8 S. 239.)*)
Da im
gegenwärtigen Falle nur ein Teil des Grundbesitzes der Kl. in Anspruch ge
nommen ist, umfaßt die Entschädigung gemäß § 8 Abs. 2 Enteignungsges. zu gleich den Minderwert, welcher für den übrigen Grundbesitz durch die Abtretung
entstanden ist.
An diesem gesetzlichen Umfange der Entschädigung ist auch
dadurch nichts geändert worden, daß die Beteiligten sich, wie es § 16 des Ent
eignungsges. vorsieht,
über den Gegenstand der Abtretung zum Zweck der
sofortigen Abtretung des Eigentums unter Vorbehalt nachträglicher Feststellung der Entschädigung geeinigt haben.
Diese Einigung, wenn sie sich nicht zugleich
auf die Entschädigung erstreckt, ersetzt nur die definitive Planfeststellung.
1888. Verbindungsweg. Minderwert (§ 8). II. 114/91 v. 23. 6. 1891.
IW. 1891 S. 422 Nr. 74.
Durch die Bahnanlage wurde dem kl. Restgrundstücke die bisherige Ver bindung mit der Bachstraße, welche der genannte Weg vermittelte, genommen, und es wäre dasselbe von der letzteren abgeschnitten worden, wenn nicht der Fiskus durch
den
fraglichen Parallelweg eine anderweite Kommunikation zu jener Straße
eröffnet hätte.
Insoweit nun hier ein Ersatz geschaffen ist, haben daher Kl. über
haupt einen Schaden nicht erlitten, und kann deshalb auch in dieser Beziehung von einem nach § 8 Abs. 2 abzugeltenden Minderwerte keine Rede sein.
Wenn dem
gegenüber die Revis, das Argument betont, daß es sich hier von einem durch die
Bahnanlage für das Restgrundstück entstandenen Vorteile handele, der bei der Entschüdigungsfrage nicht in Betracht kommen könne, so beruht das auf einer
irrigen Auffassung.
Die Bahnanlage ist' ein einheitliches Ganzes, zu dem auch
der fragliche längs des Dammes sich hinziehende Weg gehört.
1889. BenutzmtgSfiihigkeit in bebautem und unbebautem Zustande (§ 8). V. 328/90 v. 1. 4. 1891.
IW. 1891 S. 317 Nr. 41 (Berlin).
Zu Gunsten des Eigentümers, dem
nach § 8 des Enteignungsges. der
volle Wert des enteigneten Grundstücks gewährt werden soll, ist zwar davon
auszugehen,
daß er die Entschädigung nicht bloß nach
der augenblicklichen,
*) Va. 385/79 v. 24. 6. 1880 (Paderborn). — 2) S. Nr. 1392.
möglicherweise wenig erschöpfenden Benutzungsart, sondern nach der Ausnutzungs
fähigkeit fordern darf, allein soweit die nach der Fähigkeit unterstellte Aus nutzung reicht, kann
gebracht werden.
nicht gleichzeitig die wirkliche Ausnutzung in Rechnung
Wenn also im vorliegenden Falle der Wert der enteigneten
71 qm tm Gegensatz zu dem früheren wirklichen Ertrage der darauf stehenden
Gebäude nach der „normalen Ausnutzungssähigkeit"
geschätzt ist, also unter
Voraussetzung einer anderen Bebauung als die bisherige, so kann der Wert der letzteren als selbständiger Faktor jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn, wie der BR. unterstellt, „die
vollständige Ausnutzung der Baufläche
durch ihren (bet Gebäude) Abbruch bedingt ist".
Die vom BR. gemißbilligte
Konsequenz, „daß eine unbebaute Baustelle ebenso hoch vergütet werden müßte,
wie ein bebautes Grundstück", ist nicht zu leugnen, aber auch mit den Grund sätzen des Enteignungsges. wohl vereinbar: es steht dem Eigentümer frei, den Wert seines Grundstücks nach der bisherigen Benutzungsart zu fordern, will er aber seiner Forderung eine mögliche höhere Ausnutzung unterstellen, die ohne Abbruch der bisherigen Gebäude nicht zu erreichen ist, so kann er den Wert
der letzteren, die bei Verwirklichung der ins Auge gefaßten Möglichkeit eben
nicht verhanden wären, nicht daneben in Rechnung stellen.
1390. Berechnung entgangene» Gewinns durch Torfstich (8 8).
V. 152/84 v. 3. 12. 1884. IW. 1885 S. 39 Nr. 58. In Übereinstimmung mit § 1, wonach die Enteignung der Grundstücke nur „gegen vollständige Entschädigung" erfolgen darf, bestimmt der § 8, daß
die Entschädigung „in dem vollen Werte des Grundstücks einschließlich der
enteigneten Zubehörungen und Früchte" bestehen soll. von entgangenem Gewinn zugesichert. wärtige Benutzungsart an.
ziehen.
Damit ist auch der Ersatz
Es kommt nicht bloß auf die gegen
Auch die Benutzungsfähigkeit ist in Betracht zu
Deshalb ist auch der Wert des in einem Grundstück befindlichen eine
besondere nutzbare Verwendung gestattenden Bodenbestandteile, hier der Wert
des Torfes — zu berücksichtigen. S. 216 unten,
218.)1)
(RG. HS. v. 24. Okt. 1882.
Entsch. Bd. 8
Daraus folgt aber nicht, daß Kl. den kapitalisierten
Reingewinn aus dem Betriebe des Torfstiches beanspruchen kann.
Denn nach
§ 10 kann die bisherige Benutzungsart bei der Abschätzung nur bis zu dem jenigen Geldbeträge Berücksichtigung finden, welcher erforderlich ist, damit der
Eigentümer ein anderes Grundstück in derselben Weise und mit gleichem Er trage benutzen kann.
Die bisherige Benutzungsart ist, sowie die Benutzungs
fähigkeit nur ein Umstand mehr, um den Wert des Grundstücks in seiner konkreten Lage zu ermitteln.
BG. geht davon aus, daß es auf Ermittelung des
Verkaufswertes der enteigneten Ländereien ankommt.
Er hat Beweis dafür
erhoben, für welchen Preis in den letzten Zeiten Torfgrundstücke in Ziegnitz
*) IVa. 214/82 (Posen); s. auch Nr. 1416 ff.
1000
Ginführungsgesetzz. BGB. 3. Abschn. Verhältnis 3. d. kandesgesetzen.
von ähnlicher Art und in der Nachbarschaft der veräußerten Flächen gelegen,
verkäuflich gewesen sind und hat demnächst den dem Kl. gebührenden „vollen Wert" nach den höchsten bei diesen freihändigen Verkäufen zu erzielen gewesenen Preisen ... Mark für den Morgen bestimmt.
Von dem so ermittelten Ver
kaufswerte des ganzen Grundstückes hat er die Beträge abgezogen, welche dem Kl. nach dem Vertrage bereits zugesichert sind und den Seit, zur Zahlung des Überschusses verurteilt.
Diese Festsetzungen entsprechen den gesetzlichen Vor
schriften und stimmen im wesentlichen mit den Grundsätzen überein, von denen
in dem oben allegierten Erk. des HS. und in dem Erk. des III. CS. vorn
27. Jan. 1880, UI. 208/79, ausgegangen ist.
1391. Wirtschaftlicher Zusammenhang (§ 8). III. 184/84 v. 25. 11. 1884.
IW. 1885 S. 39 Nr. 59.
Unrichtig ist, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne des § 8
nur dann vorliege, wenn das enteignete Grundstück in irgend einer Hinsicht
für
die wirtschaftlichen Bedürfnisse des
Ganzen
notwendig sei, ein
solcher
Zusammenhang ist vielmehr auch schon dann anzunehmen, wenn das fragliche
Grundstück geeignet ist, den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Ganzen zu dienen
und diesen Zwecken gedient hat, für die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Ganzen
von dem Eigentümer benutzt worden ist.
Ebenso ist es unrichtig, wenn gegen
über der Behauptung der Kl., das; ihnen die aus dem enteigneten Grundstücke
seit einer langen Reihe von Jahren zum Verstopfen der in dem Mühlenwehr
entstandenen
Risse
entnommenen
Plaggen unentbehrlich
seien,
BG.
darauf
Gewicht legt, daß das fragliche Grundstück nicht in einer dauernden Weise den
Bedürfnissen des Mühlengewerbes diene, auch nicht diesem Gewerbe als solchem, sondern lediglich dem zu Bedürfnissen des zufällig schadhaften Wehres diene. Darauf, daß das enteignete Grundstück dauernd und ununterbrochen den wirt schaftlichen Bedürfnissen des Ganzen diene, kann es für den Begriff des wirt schaftlichen Zusammenhangs nicht entscheidend ankommen, sondern es genügt,
daß es diesen Bedürfnissen dient, so oft eben diese hervortreten.
Das ent
eignete Grundstück dient aber in concr. dem auf den übrigen Grundstücken der Kl.
betriebenen Mühlenbetriebe, wenn es das Material und zwar das unentbehrliche und von den Kl. anderweit nicht zu beschaffende Material liefert, um die für den Mühlenbetrieb notwendigen Anstalten,
das
Wehr
bei
eintretenden Be
schädigungen in den Zustand zu versetzen, welcher für den Betrieb notwendig ist.
1392. Wann muß die Bebanungseigenschast vorhanden sein (§ 8; Fluchtl.Gcs. § 13). I. 39/82 v. 18. 8.1882. E. Bd. 8 Nr. 61 S. 238 (Frankfurt a. M.). Vgl. Nr. 1471.
Die kl. Stadtgemeinde behauptet, daß das Grundstück die Eigenschaft seines zur Bebauung geeigneten] zu dem für die Feststellung der Entschädigung maß
gebenden Zeitpuntte nicht mehr
gehabt habe,
weil
durch die 1873 erfolgte
Feststellung der Straßen und Baufluchtlinie und das Ortsstat. von 1876 die
Artt. (09ff.
pr. Lnteignungsgesetz v. ((. 6. f87^.
1001
Baufreiheit aufgehoben und hiermit die Benutzung des Grundstückes als Bauplatz
ausgeschlossen gewesen sei.
Daraus, daß das Grundstück nicht mehr Bauplatz
sei, für die Beschränkung der Baufreiheit aber nach § 13 des Ges. v. 2. Juli 1875 •)■ keine Entschädigung gewährt werde, zieht Kl. den Schluß, daß bei Abschätzung
des Wertes desselben die frühere Bauplatzeigenschaft nicht in Anschlag gebracht werden dürfe.
Wenn
es
nun auch richtig ist,
daß
das Grundstück zu dem gedachten
Zeitpunkte als Bauplatz nicht mehr zu gebrauchen war,
so
ergibt sich doch
hieraus nicht der von Kl. gezogene Schluß. Nach § 8 besteht die Entschädigung Werte des abzutretenden Grundstückes.
herige Benutzungsart,
wenngleich
ausschließlich maßgebend,
für die Abtretung in
dem
vollen
Bei Abschätzung desselben ist die bis
gemäß § 10 zu berücksichtigen,
doch nicht
da sie nur als Beweismittel für die Benutzbarkeit
des Grundstückes in Betracht kommt und die Möglichkeit einer vorteilhafteren
anderen Benutzungsweise daneben in Anschlag zu bringen ist. Liegenschaft der Bekl. wurde daher, wenngleich
Der Wert der
sie bisher nur als Gärtnerei
und Gartenland benutzt war, doch durch ihre Tauglichkeit als Bauplatz mit bestimmt.
Wäre die Abtretung derselben, was der kl. Gemeinde freistand, zur
Zeit der Feststellung des neuen Bebauungsplanes alsbald verlangt worden, so
Hütte ihr Wert als Bauplatz bei Bemessung der Entschädigung in Anschlag gebracht werden müssen.
Dadurch aber,
daß das Verlangen der Abtretung
auf eine spätere Zeit verschoben worden ist, hat die Entschädigungspflicht der
Kl. sich nicht dahin verändert, daß ohne Rücksicht auf die Bauplatzeigenschaft
nur der nach der bisherigen Benutzungsart berechnete Wert zu ersetzen wäre. Zwar ist es richtig,
daß bei Ermittelung der Entschädigung für Entziehung
des Grundeigentumes der Wert maßgebend ist, welchen dasselbe zur Zeit der Enteignung hat.
Auch ist nicht zu bezweifeln,
daß etwaige zu dieser Zeit
bestehende gesetzliche Eigentumsbeschränkungen zu berücksichtigen sind, sofern der
Wert des Grundstückes dadurch beeinträchtigt wird.
Allein es ist unstatthaft,
dies auch auf solche Beschränkungen anzuwenden, welche gerade durch die neue
Anlage veranlaßt sind,
8 10 Abs. 2 schreibt vor, Grundstück
erst infolge
deren Ausführung
die Enteignung ermöglichen soll.
daß eine Wertserhöhung,
welche das abzutretende
neuen Anlage erhält,
bei Bemessung der Ent
der
schädigung nicht in Anschlag kommen soll.
Hieraus ist der Grundsatz abzuleiten,
daß überhaupt nur der seitherige Wert des abzutretenden Grundstückes maß gebend sein und eine jede erst durch die neue Anlage herbeigeführte Veränderung
dieses Wertes unberücksichtigt bleiben soll.
Daher ist auch eine dadurch herbei
geführte Wertsverminderung außer Anschlag zu lassen und insbesondere auch
eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung nicht
zu berücksichtigen,
wenn sie
mittelbar oder mittelbar erst infolge der neuen Anlage eingetreten ist. *) S. dasselbe hiernach bei Art. 111.
un
Dieser
Zusammenhang mit der neuen Anlage besteht jedenfalls hinsichtlich der Be-
schränkung der Baufreiheit, welche den zur [Strassen] Verbreiterung bestimmten,
sowie den zwischen der Straßen- und Baufluchtlinie gelegenen Teil des Grund stückes dadurch betroffen hat, daß über die Fluchtlinie hinausgehende Bauten nach § 11 des Ges. v. 2. Juli 1875 ’) versagt werden konnten.
Was den hinter
der Baufluchtlinie gelegenen Rest des Grundstückes betrifft, so kann dahingestellt
bleiben, ob auch die durch das Ortsstat. bewirkte Beschränkung der Baufreiheit als eine Folge der neuen Anlage zu betrachten und aus diesem Grunde bei
der Schätzung nicht zu berücksichtigen war.
wie feststeht,
Es kommt darauf nicht an, weil,
nach Feststellung der Baufluchtlinie der Rest des Grundstückes
wegen Mangels der erforderlichen Tiefe als Bauplatz nicht
mehr verwendet
werden konnte und diese Entziehung der Bauplatzeigenschaft unzweifelhaft eine Folge der neuen Straßenanlage ist.
Somit führen die Grundsätze des Ges. v. 11. Juni 1874 dahin, daß die frühere Bauplatzeigenschaft mit Recht bei der Abschätzung berücksichtigt worden ist, in welcher Beziehung kein Unterschied zu machen ist zwischen dem Teile der
Liegenschaft, dessen Abtretung die kl. Gemeinde verlangt hat, und dem Reste derselben, dessen Übernahme von der Bekl. auf Grund des § 9 Abs. 1 oder
des als Anwendung dieses § 9 erscheinenden vorletzten Abs. des § 13 des Ges. v. 2. Juli 1875 *) verlangt worden ist.
Ebenso II. 94/92 v. 13. 5.1892. Art 111, Fluchtlinienges. §§ 11, 13.
IW. 1892 S. 284 Nr. 51 (Köln).
Dgl. Nr. 1421 u.
1393. Schätzung des Werts „an und für sich" von Vorgärten (§ 8). V. 300/93 v. 7. 3. 1894.
Gr. Bd. 38 S. 1092 Nr 108 (Naumburg).
Der in der früheren Rev.-Jnst. erhobene Angriff, daß dem Kl. durch die
Bewertung der enteigneten Flächen als den bebauten Flächen gleichwertiges Vorgartenterrain und die Berechnung eines Minderwertes der Restgrundstücke
aus der durch den Verlust der Vorgärten bedingten Verminderung ihres Miet
werts für einen und denselben Nachteil eine doppelte Entschädigung zu teil
werde, wurde für unbegründet erachtet und bemerkt, daß die von den Sach verständigen angewendete Methode zur Feststellung des Werts der enteigneten
Flächen neben dem Minderwert der Restgrundstücke ungeeignet sei, da sie zu der gerügten Doppelentschädigung mindestens führen könne. Der Irrtum der (erneut vernommenen) Sachverständigen liegt darin, daß sie den Wert „den die enteignete Fläche an und für sich hat", dem Werte gleich
achten, den sie als „Vorland" des ganzen noch unbebauten Grundstücks haben würde, während man unter dem Wert, den eine enteignete Fläche an und für
sich hat (dem objektiven Wert), gegenüber dem Mehrwert, der ihr vermöge ihres örtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhanges mit einem größeren Ganzen
*) S. dasselbe hiernach bei Art. 111.
zukam, und dem Minderwert, der aus der Abtretung für den übrigen Grund besitz des Eigentümers entsteht (§ 8 Abs. 2), nur denjenigen Wert verstehen
kann, der aus ihrer Benutzungsfähigkeit als Trennstück ohne Rücksicht aus ihren bisherigen Zusammenhang mit dem Restgrundstück sich ergibt. Dieser rein objektive Wert steigert sich zum „vollen Wert", d. h. zu demjenigen Wert, den l>as enteignete Stück für den Eigentümer hatte, durch Berücksichtigung jenes Mehrwerts und Minderwerts im Sinne des § 8 Abs. 2, doch so, daß die ^Vorteile, die dem Restgrundstück aus dem bisherigen Zusammenhänge erwuchsen und durch den Verlust des enteigneten Grundstücks entzogen werden, nicht
gleichzeitig, und zwar weder ganz noch zum Teil, als einen Minderwert des Restgrundstücks und einen Mehrwert des enteigneten Teiles bedingend in Be tracht kommen können. Wenn nun dem Kl. durch den Minderwert der Rest grundstücke diejenigen Vorteile vergütet werden, welche aus dem Vorhandensein der die Sicherheit und Annehmlichkeit der Wohnungen erhöhenden Vorgärten erwüchsen, so kann nicht außerdem dem Vorgartenterrain ein Wert beigemessen werden, der aus einer Benutzungsfähigkeit desselben als Teil eines größeren Ganzen abstrahiert wird, die mit der Bebauung der Grundstücke und Anlage der Vorgärten sich erschöpft hat. Konnten die fraglichen Flächen dem Kl. keinen größeren Nutzen gewähren, als durch ihre Verwendung als Vorgärten, so kann auch nur nach diesem Nutzen der Wert bemessen werden. 1394. Baulandseigenschast (§ 8).
V. 355/97 v. 20. 4. 1898.
IW. 1898 S. 379 Nr. 93.
Die Rev. ist unbegründet. Es steht fest, daß die dem Kl. enteignete Flüche bereits in dem städtischen Bebauungsplan von 1878 als Straßenland verlangt worden ist und es kommt daher nach der konstanten Judikatur des RG. (vgl. u. a. Entsch. Bd. 17 S. 162/) Bd. 28 S. 278)") darauf an, ob für das enteignete Terrain bereits damals die Baulandseigenschast in Anspruch genommen werden konnte. 1395. Benutzungsfähigkeit als Bauland (§ 8).
V. 211/86 v. 27.11.1886.
E. Bd. 17 S. 162. IW. 1887 S. 23 Nr. 38 (Berlin).
Die Benutzungsfähigkeit oder eine sichere Aussicht, daß das Grundstück
dieselbe in Zukunft erlange, in Wahrheit vorhanden sein, oder doch vorhanden gewesen und infolge der Enteignung, d. h. im kausalen Zusammenhänge mit letzterer verloren gegangen sein. (Vgl. RG.Entsch. Bd. 8 S. 237.)8) Im vor liegenden Fall erhellt nicht, daß das Grundstück der Kl. in seinen hier in Rede
stehenden Teilen zu irgend einer Zeit als Bauplatz hätte benutzt oder durch
Verkauf verwertet werden können, also auch nicht, daß ihm diese Eigenschaft etwa durch die Aufstellung des Bebauungsplanes genommen worden sei. Durch !) S. folgende Nr. — *) VI. 104/91 v. 9. 7. 1891 (Berlin). — ’) Nr. 1392.
1004
LinführungsgesetzBGB. Z. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
den Bebauungsplan aber, welcher die in Rede stehende Fläche zu Straßenterrain bezw. Vorgartenland bestimmt, wurde die Bebauung derselben, so lange der
Bebauungsplan nicht abgeändert wurde, definitiv ausgeschlossen.
Wenn also
die enteigneten und abzutretenden Flächen als Bauplatz geschätzt wurden, so
entspricht dies nicht der Wirklichkeit, der so ermittelte Preis stellt weder den Ertrags- noch den Verkausswert des abzutretenden Grundstücks dar, sondern beruht auf der Fiktion eines tatsächlich nicht bestehenden Zustandes, entspricht
also nicht dem nach 8 8 zu ersetzenden vollen Werte.
Es kann auch nicht eine
durch den Bebauungsplan herbeigeführte und also mit der in Ausführung des
letzteren bewirkten Enteignung in Kausalverbindung stehende Entwertung des Grundstücks angenommen und bei Feststellung der Enteignungsentschädigung als ein aus der Enteignung sich ergebender Nachteil berücksichtigt werden, so lange nicht erhellt, daß das fragliche Terrain vor dem Bebauungsplan Bau
platzqualität gehabt, oder solche ohne den Bebauungsplan voraussichtlich er halten haben würde.
Hierfür fehlt es aber an jedem Anhalt.
Allerdings ist
der Berliner Bebauungsplan von 1862 nicht publiziert worden und es ist in
Anlaß eines aus der Versagung einer Bauerlaubnis hergeleiteten Schadens anspruchs vom RG. angenommen (Entsch. Bd. 6 S. 295) *) und seither in kon stanter Praxis festgehalten worden, daß ein behördlich festgestellter Bebauungs
plan nicht schon durch seine bloße Existenz, sondern erst durch seine Veröffent lichung oder in deren Ermangelung durch seine Anwendung im Einzelfalle die
davon betroffenen Grundstücke mit der Servitut der Nichtbebaubarkeit in öffent
lichem Interesse belaste.
Mag nun auch demgemäß im vorliegenden Fall die
erwähnte öffentlich rechtliche Servitut vor der Enteignung noch nicht zur recht
lichen Existenz gelaugt sein, so folgt daraus nicht, daß der aus der Existenz des Bebauungsplans sich ergebende tatsächliche Zustand der Unbebaubarkeit bei
Abschätzung des abzutretenden Grundstücks nicht zu berücksichtigen sei.
Denn
der Wert einer Sache, insbesondere eines Grundstücks, wird wesentlich auch
durch bloß tatsächliche Verhältnisse bedingt und, so wie Vorteile, die einem Grundstück aus seiner Lage faktisch erwachsen, den Wert desselben erhöhen,
auch wenn dem Eigentümer auf die Fortdauer desselben ein Rechtsanspruch nicht zusteht (vgl. Loebell Note 11 zu § 8), so kann die faktisch bestehende Un bebaubarkeit der bezüglichen Grundstücksteile nicht aus dem Grunde unbeachtet
bleiben, weil dieser faktische Zustand sich noch nicht zu einem Rechtszustand
gestaltet hatte.
Bei der nach Behauptung der Bekl. den Kl. nicht unbekannten
Existenz des Bebauungsplans konnten diese nicht daran denken, die außerhalb
der durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufluchtlinie belegenen Teile ihres Grundstücks als Bauterrain zu verwerten, und wären dieselben als solches über haupt nicht verkäuflich gewesen.
*) V. 733/91 v. 14. 1. 1882 (Berlin); auch Va. 60/81) v. 21. 10. 1880. S. 935 Nr. 62 (Arnsberg).
Gr. Bd. 25.
1396. Entstehung der EntschädigungSberechtignng durch Publ. des Bebauungsplans.
V. 81/88 v. 2. 7. 1888. Was die Frage betrifft, Eigenschaft
eines
Bauplatzes
IW. 1888 S. 338 Nr. 27. ob auch dem unbebaut gewesenen Terrain die
bei
der Wertsberechnung
beizumessen
erscheint auch hier die Rev.-Beschwerde nicht ohne Grund.
sei,
so
Es sieht nämlich
die Erwägung des BR., „daß der Kl. diese Fläche bereits im Jahre 1885,
also mit der durch den Bebauungsplan festgesetzten Beschränkung erworben und
daß eine Cession der etwaigen Rechte seines Vorbesitzers an ihn nicht statt gesunden hat", augenscheinlich im Widerspruch mit dem in der Entsch. des RG. Bd. 6 S. 295 aufgestellten und seither sestgehaltenen Grundsatz, daß die aus
einem behördlich festgestellten aber nicht publizierten Bebauungsplans sich er gebenden Beschränkungen des Eigentums erst mit der nachträglichen Publikation
oder in deren Ermangelung mit der Anwendung im Einzelfalle in rechtliche Wirkung treten, so daß derjenige entschädigungsberechtigt wird, in dessen Besitz
zeit die fragliche Beschränkung in der angegebenen Art rechtliche Existenz ge winnt, gleichviel, ob demselben die tatsächliche Existenz des Bebauungsplans
schon vorher bekannt war oder nicht.
Ebenso: VI. 236/88 v. 6. 12. 1888. IW. 1889 S. 51 Nr. 35. V. 320/98 v. 19. 4. 1898. E. Bd. 43 Nr. 86 S. 358 (Berlin). S. Nr. 1399; vgl. auch die vorige Nr. 1397. Entschädigung für die Umlegung von Zugongswegen.
V. 48/87 v. 30. 4. 1887.
Bauplatzqualität (§ 8).
IW. 1887 S. 322 Nr. 38 und 39.
Wenn BG. feststellt, daß die Zugangswege nicht Gegenstand des Enteignungsverf. gewesen sind, und daraus folgert, daß aus der Umlegung der Wege in Gemäßheit des Enteignungsges. ein Schaden überhaupt nicht geltend
gemacht werden könne,
so befindet
es
sich durchaus
in Einklang mit der
Judikatur des RG., das in konstanter Praxis an dem Satz festhält, daß nach
den: erwähnten Ges. eine Entschädigung nur insoweit zu gewähren ist, als ein Kausalzusammenhang zwischen der Enteignung und der Entwertung des Grund stücks besteht.
Kl., welcher Bauplatzqualität behauptet, hat nichts weiter nach
zuweisen, als daß das Grundstück vermöge seiner Lage und Beschaffenheit zur
Besetzung mit Gebäuden geeignet ist, und daß es sich nach dem gewöhnlichen
Lauf der Dinge in naher Zukunft als Bauplatz hätte verwerten lassen.
Fehl
geht aber BG., wenn man seine Ausführung dahin verstehen muß, daß es noch außerdem vom Kl. den Nachweis fordert, daß ihm schon ein Angebot für
Parzelle n gemacht worden, und daß ein Mangel an Bauplätzen im Orte vorhanden war.
Das erstere Moment kann unter Umständen zur Begr. einer
auf eine entgangene Verkaufsgelegenheit gegründeten Jnteresseforderung dienen, ist aber an sich für die Wertsermittelung ohne Bedeutung. — Der Mangel zur Bebauung geeigneter Stellen in einem Orte kann unter gewissen Verhältnissen
ein Argument dafür bilden, daß sich ein Grundstück als Bauplatz verwerten läßt, ein Erfordernis für die Bauplatzqualität dagegen bildet dieser Umstand
nicht.
BG. wird sich bei nochmaliger Prüfung des Sachverhalts bestimmt
darüber auszusprechen haben, ob die Grundstücke des Kl. z. Z. der Umlegung
der Wege zur Bebauung geeignet und als Baustellen verkäuflich waren und
event, ob und inwieweit sie durch die Wegeverlegung entwertet sind.
Vgl. I. 39/82 v. 18. 8. 1882. E. Bd. 8 S. 238 (1392). III. 72/84 v. 17. 6. 1884. E. Bd. 13 Nr. 57 S. 244 (f. Nr. 1413). IVa. 17/83 v. 12. 6. 1883. E. Bd. 9 Nr. 74 S. 276. V. 637/81 v. 18. 5. 1881; Gr. Bd. 26 S. 1064 (Posen). 1398. Wertminderung in Voraussicht der Enteignung.
V. 327/87 u. 7. 3. 1888.
IW. 1888 S. 174 Nr. 34 (Berlin).
Der Sachverständige hat bei Berechnung des Mietsvertrages die Jahre
1883 und 1884 aus dem von dem BG. gebilligten Grunde ausgeschieden, weil
die
1882
seit
schon
in Aussicht stehende Enteignung
Ertrages herbeigeführt habe. nicht angefochten worden.
einen Rückgang
des
Die tatsächliche Grundlage dieser Erwägung ist
Ist sie aber richtig, so entspricht es den Prinzipien
des Enteignungsges., daß gleich einer Werterhöhung (§ 10 Abs. 2) auch eine Wertverminderung, welche das abzutretende Grundstück infolge des die Ent
eignung veranlassenden Unternehmens erführt, bei Abmessung der Entschädigung nicht in Anschlag zu bringen ist.
welche mit der Enteignung im
Wollte man wertmindernden Umstünden,
ursachlichen Zusammenhang stehen, einen die
Höhe der Entschädigung herabdrückenden Einfluß einräumen, so würde der Eigentümer nicht das volle Äquivalent für das infolge der neuen Anlage zunächst im Werte verminderte,
erhalten.
Das Prinzip des
sondern ihm gänzlich entzogene Grundstück
vollständigen
Ausgleichs
zwischen Vermögens-
aufopferung und Entschädigung (§ 8) erheischt, daß in einem solchen Fall bei
Feststellung des Werts des enteigneten Grundstücks unter Umständen auf eine
frühere von der bevorstehenden Enteignung noch unbeeinflußte Zeit zurück gegangen werden muß, unbeschadet des Grundsatzes, daß für die Feststellung der Entschädigung im allgemeinen die Zeit der Enteignung maßgebend ist.
Der
Eigentümer hat solchen Falls Anspruch auf den Wert nicht wie er faktisch
z. Z. der Enteignung ist, sondern wie er in dieser Zeit gewesen sein würde, wenn das Unternehmen nicht schon vorher einen wertmindernden Einfluß aus
geübt hätte.
1399. Entschädigung für Mietausfälle (§ 8).
V. 320/98 v. 19. 4.1899.
Pr. Fluchtlinienges. §§ 1, 13, 14.
E. Bd. 43 Nr. 86 S. 356 (Berlin).
Nach den Grundsätzen des Enteignungsrechtes (vgl. Bd. 31 S. 215) kann
der Eigentümer, dem infolge der Einleitung des Enteignungsverfahrens schon vor Vollziehung der Enteignung die Nutzung des abzutretenden Grundstückes entzogen oder geschmälert worden ist, hierfür eine besondere Entschädigung
neben dem
nach
beanspruchen ...
§
8
des
Enteignungsges.
zu
ersetzenden Grundstückswert
Artt. 109ff.
pr. Enteignungsgesetz v. ((. 6. (87^.
BG. geht insofern fehl, als es
1007
unter Enteignungsverfahren im Sinne
der erwähnten Entsch. des RG. lediglich das Verfahren vor der Enteignungs eine
behörde versteht und
des Grundstückes durch
„Inanspruchnahme"
die
Stadtgemeinde im Sinne jenes U. nicht eher als vorhanden annimmt, als nicht auf Grund der erfolgten Fluchtlinienfestsetzung die Stadtgemeinde die Ab
tretung des Grundstückes für den öffentlichen Verkehr verlangt hat (§ 13 Abs. 1 Ziff. 1 des Ges. v. 2. Juli 1875).
Das erwähnte U. des RG. erklärt aus
drücklich den Unternehmer für entschädigungspflichtig auch wegen solcher Nach teile, die dem Eigentümer als Folge nicht der Vollziehung der Enteignung,
sondern des auf Entziehung des Eigentums gerichteten Verfahrens erwachsen sind, und findet den Grund dieses Anspruches in dem Eingriff in das Privat
eigentum, der mit der Enteignungserklärung abschließt, aber „schon mit der des Grundstückes
Inanspruchnahme
also mit Ein
durch den Unternehmer,
leitung des Enteignungsverfahrens" (b. h. des auf Entziehung des Eigentums
gerichteten Verfahrens) „beginnt". Dieses erste Stadium des Enteignungsverfahrens, enthaltend die vorläufige
und endgültige Planfeststellung, wird bei der auf der (Grundlage einer nach
den Vorschriften des Ges. v. 2. Juli 1875 stattgehabten Fluchtlinienfestsetzung erfolgenden Enteignung ersetzt durch das in diesem Ges. vorgeschriebene Ver fahren, welches
und
dahin geordnet ist, daß der Gemeindevorstand die Slraßen-
Baufluchtlinien
im
Einverständnisse mit
der
Gemeindevertretung
und
unter Zustimmung der Ortspolizeibehörde festzusetzen und nach erfolgter Offen
legung
und nach
Erledigung
der etwa erhobenen Einwendungen den Plan
förmlich festzustellen und abermals offen zu legen hat (§§ 1, 7, 8 des ange
führten
Ges.).
Dieses
feststellung nach §§
Verfahren
entspricht
völlig
dem
Gange der Plan
15 ff. des Enteignungsges. und bietet,
wie dieses,
dem
nachfolgenden Verfahren auf Feststellung der Entschädigung und Vollziehung
der Enteignung die unverrückbare Grundlage, sobald die Gemeinde bei ein
tretendem Bedürfnis oder auch, wie im vorliegenden Falle, sofort die Abtretung der zur Anlage oder Erweiterung einer Straße planmäßig bestimmten Flächen verlangt.
Insofern steht also auch die Fluchtlinienfestsetzung, gleich der Plan
feststellung des Enteignungsges., in organischem Zusammenhänge mit der nach folgenden Enteignung.
Unter diesen Umständen konnte es im vorliegenden Falle keinem Bedenken
unterliegen, in der zum Zwecke der Erweiterung des Schloßplatzes getroffenen Fluchtlinienfestsetzung den ersten Akt des auf Entziehung des Eigentums der davon
betroffenen Grundstücke gerichteten Verfahrens zu erblicken und anzunehmen, daß
dadurch diese Grundstücke für die Stadtgemeinde zu dem angegebenen Zweck in Anspruch genommen worden sind.
Hieraus ergibt sich die Anwendbarkeit der
Grundsätze des U. (Bd. 31 S. 215) auf den vorliegenden Fall. Die Vorschriften des Ges. v. 2. Juli 1875
stehen dem
nicht entgegen.
Nicht die Fluchtlinienfestsetzung an sich mit den daraus nach §§ 11, 12 des
1008
Linführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
Ges. sich ergebenden Beschränkungen ist es, was die Entwertung der kl. Miet
räume herbeigeführt haben soll, sondern die nahe und begründete Aussicht auf
die Enteignung selbst, und nicht in der Fluchtlinienfestsetzung als solcher liegt der die Stadtgemeinde zur Entschädigung verpflichtende Eingriff in das Eigen
tum der Kl., sondern in der damit an den Tag getretenen Inanspruchnahme
des Grundstückes zur Ausführung der beschlossenen Anlage.
Die Enteignungs
entschädigung — und nach richtiger Auffassung handelt es sich um einen Teil derselben — kann nicht nach anderen Grundsätzen bemessen werden, je nachdem der Enteignung eine Fluchtlinienfestsetzung nach dem Ges. v. 2. Juli 1875
vorangegangen ist, oder eine Planfeststellung nach dem Enteignungsges. Es kommen dabei hauptsächlich drei Momente in Betracht:
1. die erste
Aufstellung und Vorlage des Planes durch den Gemeindevorstand; 2. die Ge
nehmigung des Planes durch die Gemeinde oder Gemeindevertretung; 3. die erste Offenlegung des Planes nach § 7 des Ges. v. 2. Juli 1875.
Das
Gericht hat sich für den erstgedachten Zeitpunkt entschieden, weil nach § 1 des
Ges. der Gemeindevorstand, wenn auch im Einverständnis mit der Gemeinde
und unter Zustimmung der Ortspolizeibehörde, die Fluchtlinien festzusetzen hat, und weil in dem von ihm aufgestellten Projekte zuerst die Grundstücke bezeichnet sind, welche zur Ausführung desselben abgetreten werden müssen. 1400. Entgangene Annehmlichkeiten.
n. H. 880/80 v. 5. 11. 1881.
Gr. Bd. 26 S. 1140 Nr. 191 (Hamm).
Es ist schon in dem Erk. des RG. v. 26. Mai 1880 (Entsch. Bd. 2 S. 238) darauf hingewiesen, daß durch § 8 des Ges. keineswegs jede Berück sichtigung der durch die späteren Anlagen verursachten Nachteile für das Rest
grundstück unbedingt ausgeschlossen sei, sondern nur die solcher nachteiligen
Folgen der Anlagen, welche mit der Enteignung in keinem ursächlichen Zu sammenhang ständen, vielmehr in ihrer Art auch eingetreten sein würden, wenn die Enteignung lediglich Nachbarland betroffen hätte.
Ferner ist in dem Erk.
v. 23. Mai 1881 näher begründet, daß auch nachteilige Folgen des Unter nehmens, für welches die Enteignung erfolgt ist, zwar nicht unbedingt, aber
jedenfalls insoweit zu vergüten seien, als sie den bisherigen Eigentümer nicht getroffen hätten, wenn ihm nichts enteignet wäre. In dem vorliegenden Falle kann aber nicht in Zweifel gezogen werden,
daß die von den Sachverst. festgestellte Entwertung des kl. Restgrundstücks in ursächlichem Zusammenhang mit der Enteignung steht und nicht hätte eintreten können, wenn die Enteignung nicht erfolgt wäre.
Denn die Eisenbahn durch
schneidet das kl. Gut, Kl. war Eigentümerin des Terrains, auf welchem die Bahn das Gut durchschneidet, war also berechtigt, jede ihrem Gut nachteilige
Anlage auf diesem Terrain zu verbieten, und nur durch die Enteignung ist ihr
diese Befugnis entzogen und die Möglichkeit geschaffen, durch Anlage der Bahn diejenigen Nachteile für das Gut zu verursachen, welche die Sachverst. als das-
■selbe entwertend bezeichnet haben, namentlich die Störung der Ruhe und des
ländlichen Aufenthaltes durch die Nähe der Eisenbahn am Hause, sowie die
Aufhebung der Abgeschlossenheit des Gütchens nach außen durch Niederlegung des größten Teils der der Kl. gehörig gewesenen Kastanien-Allee, Beseitigung
des Walles und Grabens und der Tannenschutzwand, und Gewährung eines treten Einblicks auf die Gebäude und Anlagen von dem Eisenbahndamme und
Alle diese Nachteile
dem dem Hause näher gerückten öffentlichen Wege aus. hätten das kl. Grundstück, welches eben wesentlich zum
Sommeraufenthalte
tnente, ohne die Enteignung nicht treffen können und sind daher unzweifelhaft
Folgen der Enteignung, für welche nach § 8 Entschädigung geleistet werden muß.
1401. Erhöhung von Grund und Boden.
V. 191/86 v. 6. 11. 1886.
Mittelbare EnteignungSfolge (§ 8).
IW. 1886 S. 455 Nr. 42.
§ 1851. 8 ALR. gibt dem Eigentümer nicht ein besonderes Recht auf Erhöhung seines Grund und Bodens, beschränkt vielmehr ihn in dieser Beziehung in Ausübung seiner Eigentumsrechte zu Gunsten des Nachbars. Eigentum Beschränkte
kann
Einwand niemals erheben.
Der solchergestalt in seinem
aus dieser Beschränkung selbstverständlich einen
Unterliegt eine Erhöhung
des Bodens der ein
schränkenden Bestimmung des § 185 nicht, so folgt doch daraus nur, daß deren Beseitigung nicht aus dem Nachbarr. gefordert werden kann, keineswegs aber, daß die durch die Erhöhung unmittelbar herbeigeführten Nachteile, wenn sie sich mittelbar als Folgen
einer Enteignung
darstellen und eine Wertsver
minderung des dem Expropiaten verbliebenen Restgrnndstücks bedingen, von der nach § 8 festzustellenden Enteignungs-Entschädigung auszuschließen wären. Es handelt sich bet Feststellung der Enteignungs-Entschädigung auf Grund des Ges. v. 11. Juni 1874 wesentlich nur um die Feststellung des vollen Wertes des
enteigneten Stückes, bezw. des durch die Enteignung verursachten Minderwerts
des Restgrundstücks.
Bei dieser Wertschätzung kommen aber faktische Vorteile,
welche das von der Enteignung betroffene Grundstück genossen und, bezw. der Eigentümer, durch die Enteignung verloren hat, naturgemäß in Betracht, selbst
wenn ein Rechtsanspruch
auf die Fortdauer
hätte (vgl. ßoebell a. a. O. zu § 8 S. 59).
dieser Vorteile nicht bestanden
Die Enteignung selbst mit allen
ihren Folgen ist der Eingriff in die Rechtssphäre des Eigentümers, es bedarf
nicht der Feststellung so vieler einzelner Eingriffe, als Faktoren für die Er mittelung der Entschädigung geltend gemacht werden.
Es genügt überall die
Feststellung des Kausalzusammenhanges, d. h. es muß feststehen, daß die wert
mindernde Veränderung nicht eingetreten wäre, wenn die Enteignung stattgefunden hätte.
nicht
Das hat aber BG. ausreichend festgestellt.
1402. Wertschätzung bei dinglicher Belastung des eigenen Grundstückes (§ 8).
V. 82/94 v. 11. 7.1894. E. Bd. 33 Nr. 71 S. 303 (Berlin). Der Ausgangspunkt des BG., daß
schon die rechtliche Belastung des
Grundstückes mit den Nutzungsrechten zu Kirchen- und Schulzwecken eine bei Rudorfs, ReichSgcrichts-ErUscheidungen.
Bd.I.
64
1010
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. tandesgesetzen.
Bemessung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigende Wertsverminderung,
bewirke, wird mit Recht angegriffen.
RG. hat bereits (vgl. Entsch. Bd. 30
S. 176) *) und ebenso in Rep. V. 173/92 v. 19. Nov. 1892 entschieden, daß eine
privatrechtl. Belastung des enteigneten Grundstückes nicht geeignet sei, den dem Eigentümer zu ersetzenden Wert herabzumindern.
Der Grund ist der, daß dem
Eigentümer nach § 8 der volle Wert des abzutretenden Grundstückes ersetzt werden soll, daß dingliche Lasten zwar den Ertrag und die Verwendbarkeit des
Grundstückes für den Eigentümer beeinträchtigen können, jedoch den Wert des
Grundstückes an sich nicht ändern, und daß in allen Fällen, wo nicht eine noch über
den vollen Wert des Grundstückes hinausgehende besondere Entschädigung für
die Nutzungsberechtigten zu leisten ist (§ 11), der dem Eigentümer zu ersetzende
Wert auch die Entschädigung der Nutzungsberechtigten, mit denen der Eigentümer
sich auseinanderzusetzen hat, mit einschließt, also auch aus diesem Grunde den vollen Wert des Grundstückes umfassen muß und soll.
Das Verhältnis zwischen
dem Eigentümer und den Nutzungsberechtigten ist eine den Unternehmer der Enteignung nicht berührende Angelegenheit dritter Personen, es kann wieder beseitigt werden, und sobald es beseitigt wird, hört auch die gegenwärtige Be schränkung des Eigentümers im vollen Gebrauche seines Eigentumes wieder auf.
Müßte der
Eigentümer
begnügen, den
sich
mit
einer Abfindung
für den
Gebrauchswert
gegenwärtig das enteignete Grundstück für ihn und für den
Nutzungsberechtigten
besitzt, so
erhielte er also nicht den vollen Wert des
Grundstückes, den das Ges. ihm gewährleistet hat; andererseits erhielte aber der Unternehmer in dem fortan lastenfreien Grundstücke dessen vollen Wert, ohne daß er diesen voll zu bezahlen brauchte.
1403. Wrrtvermindenmg des Restgrundstücks durch Eisenbahnanlage. HS. 21/83 v. 26. 7.1883. IW. 1883 S. 245 Nr. 68. RG. hat mehrfach (Entsch. Bd. 5 S. 248,2) Bd. 7 S. 258 ff.)8) den Grund
satz ausgesprochen, daß die durch Anlagen und den Betrieb der Eisenbahn
herbeigeführte Wertsverminderung des Restgrundstücks als Folge der zum Zwecke des Eisenbahnunternehmens ausgeführten Enteignung zu betrachten und nach
§ 8 Abs. 2 zu vergüten ist.
Allerdings ist dabei eine Einschränkung dahin
gemacht worden und zu machen, daß die bezüglichen Nachteile alsdann nicht als Folge der Enteignung zu betrachten sind, wenn sie auch ohne dieselbe eingetreten
sein würden.
Es versteht sich jedoch, daß, um dies annehmen zu können, es-
gewiß sein muß, daß der Eintritt der Nachteile auch ohne die Enteignung
erfolgt wäre (Förster, Theorie und Praxis § 106 Note 35).
Es muß von
dem Unternehmer nachgewiesen werden, daß die Bahn, wenn sie nicht den Weg genommen hätte, den sie tatsächlich genommen hat, in einer dieselben oder —
soweit es sich um die Differenz handelt — wenn auch geringere, so doch auch
') V. 100/92 v. 17. 9. 1892 (Naumbg.). — 2) Va. 826/80. — ’) Va. 13/82; vgl. 1406.
Artt. (09ff.
pr. Lnteignungsgesetz v. ((. 6. (87^.
1011
immerhin Nachteile für das enteignete Grundstück zur Folge habenden Nähe
aufgeführt worden wäre.
Bloße Möglichkeiten bleiben selbstverständlich gegen
über dem wirklich vorhandenen Sachverhältnisse außer Betracht.
Daß in diesem
Sinne die oben in Bezug genommenen Entsch. des RG. anzuwenden sind, hat
RG. bereits im U. v. 31. März 1883 I. 139/83 ausgeführt. 1404. Entschädigung des individuellen Wertes (§§ 8, 10).
V. 175/93 v. 4.11.1893.
E. Bd. 32 Nr. 73 S. 298 (Berlin).
Die Frage, inwieweit der langjährige Betrieb des Optikergeschäftes in dem
enteigneten Grundstücke bei Feststellung der Enteignungsentschädigung zu berück sichtigen sei, ist vom Gesichtspunkte des sogenannten individuellen Wertes aus
zu beurteilen, das heißt desjenigen Wertes, den das enteignete Grundstück für die Kl. hatte.
Daß der nach
8 zu erstattende volle Wert des abzutreten
den Grundstückes den individuellen Wert mitumfaßt, hat BG. ausdrücklich an
genommen, und es ist dem mit der aus § 10 Abs. 1 sich ergebenden Ein schränkung beizutreten. Allerdings ist behufs Ermittelung des vollen Wertes eines enteigneten
Grundstückes, auf dessen Ersatz der Eigentümer nach § 8 Anspruch hat, zunächst
der objektive, das heißt der dem Grundstücke an
und
für sich
beiwohnende
durch seine Benutzungsfähigkeit bedingte Wert (der gemeine Wert des § 112 ALR. I. 2), festzustellen, und es wird in diesem reichlich zu bemessenden Werte
der Eigentümer in der Regel die ihm gebührende „vollständige Entschädigung" (§ 1) finden.
Trifft dies aber in einem gegebenen Falle nicht zu, so würde
es eine Verletzung des in § 1 an die Spitze gestellten Prinzipes
sein, wenn
man dem Eigentümer den Ersatz der durch den gemeinen Wert des Grund
stückes nicht gedeckten Nachteile versagen wollte, welche ihm aus der Entziehung seines Eigentumes erwachsen.
Diesem Prinzipe wird vollständig nur Rech
nung getragen, wenn der Eigentümer den Wert ersetzt erhält, welchen das enteignete Grundstück für ihn hatte.
Daß dabei der sogenannte Affektionswert,
der Wert der besonderen Vorliebe ausgeschlossen bleibt, liegt in der Natur der Sache, weil
derselbe jeder
realen Grundlage entbehrt und
Meinung des Eigentümers besteht (§ 115 a. a. O.).
nur in der
Dagegen nötigt das
Prinzip der „vollständigen Entschädigung", bei Bemessung des „vollen Wertes" im Sinne des § 8 alle vermögensrechtlichen Vorteile zu berücksichtigen, die dem Eigentümer aus dem Besitze und der Benutzung des Grundstückes erwachsen
und durch die Enteignung entzogen werden.
Der Vermögensstand des Eigen
tümers soll nach der Enteignung kein schlechterer sein, als er vorher war. Dieser Satz bedingt mit Notwendigkeit, daß bei Ermittelung des vollen Wertes des enteigneten Grundstückes neben dem Werte, den dasselbe nach seiner Benutz
barkeit für jeden Besitzer (Käufer) haben würde, das besondere vermögens
rechtliche Interesse zu berücksichtigen ist, welches der Besitz und die Benutzung
desselben für den bisherigen Eigentümer hatte.
Linführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis
1012
d. kandesgesetzen.
Diesen überwiegenden Gründen gegenüber läßt sich auch aus der Ent stehungsgeschichte des § 8 eine Einschränkung der Erstattungspslicht auf den
objektiven Wert des abzutretenden Grundstückes nicht herleiten.
S. 105ff.; Baehr und Langerhans (1. Ausgabe)
S. 33;
(Vgl. Eger
dagegen
Loebell
S. 47ff.; Dernburg, Pr. PR. 4. Ausl. Bd. 1 S. 73/74.)
Minderung des Wertes des Reftgrundftückes (§ 8). 1405. HS. 213/82 v. 23. 1. 1883. IW. 1883 S. 130 Nr. 83. Nicht zu bezweifeln ist, daß, wenn die teilweise Enteignung eines Bau grundstücks geschieht zum Zwecke eines Unternehmens,
welches die Bebauung
des Restgrundstücks kostspieliger macht, oder gar die Zulässigkeit derselben in
Frage stellt, dies von nachteiligem Einfluß auf den Wert des Restgrundstücks
ist und daß dieser Einfluß nicht erst mit der Ausführung des Unternehmens,
sondern schon mit der Enteignung wirksani wird, welche die Ausführung mit Gewißheit erwarten läßt.
Der so herbeigeführte Minderwert des Restgrundstücks
stellt sich mithin nicht als eine Folge des Unternehmens, sondern als eine Folge
der Enteignung dar, die ohne die letztere der Eigentümer nicht getroffen haben würde, da ihm ohne dieselbe das Recht zugestanden Hütte, die nachteilige Anlage
aus seinem Grundstücke zu verbieten, auch bei unterbliebener teilweiser Ent
eignung nicht von dem Bahnunternehmen an sich, sondern von der Nähe der dann anders zu tracierenden Bahnlinie die Einwirkung baupolizeilicher Be
schränkungen abhängen folg. Nr.j.)
würde.
(Vgl. Entsch. d. RG. Bd. 7 S. 258
[in der
Auch jener Minderwert ist ihm somit nach 8 8 zu vergütigen.
1406. I. 139/83 v. 31. 3. 1883. IW. 1883 S. 189 Nr. 48. Das Grundeigentum kann (§ 1) nur aus Gründen des öffentlichen Wohls für ein Unternehmen,
dessen Ausführung
fordert, entzogen oder beschränkt werden.
die Ausübung des Enteignungsr. Die Enteignung
geschieht mithin
stets behufs Ausführung eines bestimmten Unternehmens, welches in der die Enteignung anordnenden Verordnung oder Verfügung bezeichnet werden muß
(§§ 2, 3) und dessen Ausgebung den Verlust des Enteignungsrechts nach sich zieht (§ 42).
Da die Pflicht zur Abtretung nur in Beziehung auf dieses mit
dem öffentlichen Wohl zusammenhängende Unternehmen besteht,
so kann auch
bei dem dieser Pflicht entsprechenden Rechte auf Entschädigung von dem Unter
nehmen, welches die Abtretung veranlaßt, nicht abgesehen werden.
Die Ent
schädigung wird also nicht bloß dafür, daß das Eigentum überhaupt abgetreten
wird, sondern auch dafür geleistet, daß dasselbe gerade für dieses Unternehmen abgetreten wird.
Daher müssen auch diejenigen Nachteile, welche durch Her
stellung und Betrieb desselben voraussichtlich den Restgrundstücken erwachsen
werden, bei Festsetzung der Entschädigung nach § 8 Satz 2 in Anschlag gebracht werden.
Sind solche Nachteile, wie RG. angenommen hat (Entsch. Bd. 7 S. 266),
sogar dann zu ersetzen, wenn sie durch Errichtung und Benutzung einer Eisen-
bahnanlage nicht enteigneten Grundstücken erwachsen, so können dieselben um
so weniger bei Festsetzung der Entschädigung bei der Enteignung unberücksichtigt gelassen werden. 1407. Voller Wert bei Teilenteignung (K 8).
II. 169/91 v. 13. 10. 1891.
IW. 1891 S- 519 Nr. 39.
Der volle Wert, welchen § 8 Abs. 1
feststehender Rechtsprechung des RG.
der
dem Enteigneten zuspricht, ist nach reichlich bemessene
objektive Wert,
welcher, wie der BR. richtig anführt, durch die Benutzungsfähigkeit des ent eigneten Grundstücks bestimmt wird.
Handelt es sich,
wie im vorliegenden
Falle, nicht um Enteignung des einzigen und ganzen Grundstücks einer Person, sondern um Teile eines Grundstücks oder Grundbesitzes, muß also, wie § 8 Abs. 2 bestimmt, dem Enteigneten nicht nur der Mehrwert, welcher dem abzu
tretenden Teil wegen seines Zusammenhangs mit dem Ganzen zukommt, sondern auch der Minderwert ersetzt werden, welcher dem Nestgrundbesitz aus der Ent
ziehung eines Teils erwächst, so ist jener objektive Wert in der Art bestimmend, daß
die Benutzungsfähigkeit
des
verbleibenden
Restes
des ursprünglichen Gesamtgrundbesitzes
verglichen
und
so
mit der
der Minderwert des letzteren
gefunden wird.
Vgl. IVa. 214/82 v. 14. 10. 1882. E. Bd 8 Nr. 55 S. 214. V. 191/82 v. 28.11.1882. Gr. Bd. 27 S. 1045 Nr. 109 (Berlin). 1408. Schätzung im Fall der Teilenteignung (§ 8 Abs. 2).
V. 281/93 v. 14. 2. 1894. E. Rd. 32 Nr. 87 S. 350 (Magdeburg, Naumburg). Mit § 8 Abs. 2 ist keineswegs gesagt, daß die Entschädigung in
allen
Fällen die Teilenteignung aus dem vollen Werte des Teilstückes und dem durch
das Ges. bezeichneten Mehrwerte und Minderwerte, als aus drei selbständigen behufs Feststellung der Entschädigung zusammen zu rechnenden Faktoren besteht. Abgesehen davon, daß der Minderwert, welcher für das Restgrundstück durch die Abtretung entsteht, der Regel nach auf demselben Standpunkte beruht, wie
der durch den Zusammenhang
bedingte Mehrwert des Trennstückes, nämlich
auf dem Nutzen, den das Trennstück dem Ganzen leistete, daß sich also Minder wert und Mehrwert in solchen Fällen decken, sind auch Fälle denkbar, in denen ein Teil einer größeren Fläche enteignet wird, ohne daß dadurch der Wert der nicht enteigneten Fläche vermindert wird, ohne daß das Teilstück also durch den Zusammenhang
einen höheren Wert hatte, als den
Nutzungsfähigkeit begründeten.
durch
seine eigene
Der Zweck des Ges. ist nur der, dem Eigen
tümer in den Fällen, wo der abgetretene Teil vermöge der Dienste, die er dem
übrigen Grundstücke leistete, einen höheren Wert, als den gewöhnlichen Verkaufs wert hat, diesen höheren Wert zu sichern. Übersteigt aber der Verkaufswcrt
des Trennstückes den Nutzen, den der Eigentümer aus demselben vermöge des Zusammenhanges mit dem übrigen Grundbesitze ziehen konnte, so kann von einem Mehrwerte des Trennstückes überhaupt nicht die Rede sein, und wirk
1014
Linführungsgesetz 3. BGB. Z. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
der Minderwert des Restgrundstückes durch den Preis den Trennstückes gedeckt. Wenn der Rev.Kl. ausführt, es hätte festgestellt werden müssen, zu welchem Preise das Teilstück hätte verkauft werden können, und wie hoch die im übrigen ihm entstandenen Nachteile zu schätzen seien, so übersieht er, daß das Trennstück nicht gleichzeitig verkauft werden und dennoch zur Errichtung eines Seitenflügels, wenigstens mittelbar, benutzt werden kann. 1409. Benutzung des Restgrundstücks nach seiner bisherigen Bestimmung (§ 9). III. 56/91 v. 2. 6. 1891. IW. 1891 S. 403 Nr. 47.
Die „Bestimmung", welche § 9 unterstellt, ist nicht eine dem Grundstück als solchem innewohnende Eigenschaft, sondern lediglich der wirtschaftliche Zweck, zu welchem der Expropriierte bis jetzt sein Grundstück tatsächlich benützt hatte. Künftige mögliche Bestimmungs- und Benützungsarten bleiben außer Betracht
und ebenso fallen alle Verwendungszwecke hinweg, .welche, wenngleich sie schon bisher von dem Expropriierten beabsichtigt wurden, doch noch nicht in die äußere Erscheinung getreten waren. Sodann setzt § 9 voraus, daß das Restgrundstück so, wie das ganze Grundstück bisher verwendet wurde, „zweckmäßig" nicht mehr benützt werden kann. Nach dem Vorherbemerkten kommt es nicht darauf an, was der Kl. bei Erwerbung seines Grundstücks beabsichtigte, auch nicht darauf, wie hoch der ihm durch die Expropriation zugefügte Schaden zu taxieren sei. Dieser letztere Gesichtspunkt ist für die Bemessung der Entschädigungssumme nach 8 8, nicht aber für die spezielle Vorschrift des 8 9 entscheidend, deren Anwendung immer verlangt, daß die Fortsetzung der seitherigen Benützung des Grundstücks durch eine partielle Expropriation unmöglich oder untunlich ge worden ist. ' Zerstückelung und Verkleinerung (§ 9). 1410. II. 81/91 v. 10. 6. 1891. IW. 1891 S. 402 Nr. 45. Vgl. 1450.
Wenn BG. die Spezialvorschrift des 8 9 cit. dahin auslegt, daß derselbe lediglich dann Platz greife, wenn durch die infolge der Abtretung herbeigeführte Verkleinerung oder Zerstückelung die verminderte Brauchbarkeit des Restgrund besitzes verursacht sei, und demnach annimmt, daß die nachteiligen Folgen der Bahnanlage selbst für die Frage der Anwendbarkeit des 8 9 cit. außer Be tracht zu bleiben hätten, so beruht das auf einer richtigen Gesetzesauffassung, und ist in dieser Beziehung auch ein Angriff nicht geltend gemacht. Vgl. Eger S. 228, Loebell S. 63 Nr. 3. U. des RG. v. 4. Dez. 1885, Rep. II 9/1885.’) (S. folg. Nummer.)
1411. II. 9/85 v. 4. 12. 1885.
IW. 1886 S. 34 Nr. 79.
§ 8 Abs. 2 stellt die allgemeine Regel auf, daß im Falle die Enteignung
nur einen Teil eines bestimmten Grundstücks trifft, der Eigentümer für diesen in Anspruch genommenen Teil, sowie für den Minderwert des Restgrundstücks *) Ebenso HS. 103/82 v. 10. 4. 1883.
IW. 1883 S. 204 Nr. 80.
Artt. (09ff. entschädigt wird,
pr. Enteignungsgesetz v. ((. 6. (87^.
1015
daß aber eine Pflicht des Enteignenden, auch solche Rest
parzellen gegen Entschädigung zu übernehmen,
nach § 9 nur in dem Falle
eintritt, wenn das Grundstück durch die Enteignung eine solche Zerstückelung
oder Verkleinerung erleidet,
daß erstere nach ihrer bisherigen Bestimmung
nicht mehr zweckmäßig benutzt werden können.
1412. V. 116/88 v. 30. 6. 1888.
IW. 1888 S. 352 Nr. 36.
Eine Wertsverminderung des Restgrundstücks hatte Kl. daraus hergeleitet, daß trotz der Verkleinerung des Gutes die
unterhalten werden müßten.
gleichen Arbeitskräfte wie früher
Der BR. tritt hier den Ausführungen des Kl.
und den einen Minderwert aus dem angegebenen Grunde annehmenden Gut
achten einiger Sachverständigen mit der Erwägung entgegen: es sei an Stelle
des enteigneten Landes das Entschädigungskapital, an Stelle der Naturalerträge,
der Zinsengenuß getreten, ein Minderertrag also gar nicht vorhanden.
Diese
Erwägung ist vom Rkl. mit Recht als rechtsirrtümlich angegriffen worden. Sie verstößt gegen das Prinzip
des
§ 8
des Enteignungsges., welcher im
Fall einer Teilenteignung dem Eigentümer als Teil der ihm gebührenden Ent schädigung neben dem Wert der enteigneten Grundstücksteile auch den Minder
wert des Restgrundstücks sichert.
Dieser Minderwert ist aber objektiv zu be
stimmen und steht in keiner Beziehung zu dem Nutzen, welchen der Eigentümer
aus einem Kapital ziehen kann, welches
lediglich den Wert des enteigneten
Landes ohne Rücksicht auf seine bisherige Verbindung mit dem Restgrundstück
deckt und zu decken bestimmt ist. 1413. Kausalzusammenhang u. Berechnung bei Teilentetgnung. III. 72/84 v. 17. 6. 1884.
E. Bd. 13 Nr. 57 S. 244 (Stade, Gelle).
Wenn die teilweise Enteignung eines Grundstückes zum Zwecke eines Unter nehmens erfolgt, welches die Bewirtschaftung des Restgrundstückes beschwerlicher
und kostspieliger macht, so ist der für den Enteigneten hierdurch entstehende
Schade als eine Folge der Enteignung selbst anzusehen, durch welche dem bis
herigen Eigentümer des Teilgrundstückes das Recht entzogen wird, die seinem übrigen Besitztume nachteilige Anlage zu verhindern.
Der Enteignete ist solchen
falls im vollen Maße nur dann entschädigt, wenn ihm sein Interesse daran ersetzt wird, daß er durch die Enteignung gezwungen ist,
einen Teil seines
Grundstückes zur Ausführung des schädigenden Unternehmens abzutreten.
(Vgl.
Entsch. Bd. 7 S. 262 ff.)1) Die Tatsache, daß dem Kl. ein Teilgrundstück enteignet wurde und seine Behauptung, daß ihm in unmittelbarer Folge hiervon ein Schade durch er schwerte Bewirtschaftung, mithin durch Wertsverminderung seines Restgrund
stückes erwachsen sei, sind an und für sich geeignet, seinen Entschädigungs
anspruch
zu
substanziieren.
Beseitigt kann
dieser Anspruch
nicht dadurch
1016
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis z. d. kandesgesetzen.
werden, daß die Nachbarn des Kl., welche ähnlichen Schaden durch die Bahn anlage erleiden, einen gleichen Anspruch zu erheben nicht berechtigt sind.
Dies-
aus dem einfachen Grunde nicht, weil den betr. Nachbarn nichts enteignet wurde,
weil ihnen gegenüber kein Expropriationsfall vorliegt, weil also diese unter anderen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen stehen als Kl., dessen An
spruch in den obligatorischen Beziehungen wurzelt, welche durch die Enteignung
zwischen ihm und der Expropriantin herbeigeführt sind.
Auch der von BG.
als möglich hingestellte Umstand, daß Kl. den gleichen Schaden gehabt Hütte,
wenn
ihm nichts enteignet und die Bahnanlage unmittelbar an der Grenze
seines ungeteilten Grundstückes entlang geführt worden wäre, vermag die so
fortige Abweisung der Klage nicht zu rechtfertigen.
Von dieser fingierten Mög-
lichkeit kann der Anspruch eines Expropriaten nicht abhängig sein, welcher aus Grund der durch das wirklich ausgeführte Bahnunternehmen geschaffenen Ver
hältnisse erhoben ist und nach Maßgabe dieser Verhältnisse begründet erscheint. Allerdings greift auch bei Expropriationsansprüchen, wie bei allen Arten von
Schadensersatzforderungen der Grundsatz Platz, daß ein Kausalzusammenhang zwischen dem
ersetzt verlangten Schaden
und der zum Schadensersätze ver
pflichtenden Tatsache bestehen muß, daher der Anspruch wegfällt, falls erwiesener
maßen der Schade auch dann eingetreten sein würde,
wenn die zum Ersätze
verpflichtende Handlung nicht vorgenommen worden wäre.
Die bloße Mög
lichkeit dagegen, daß der Schade auch ohnedies eingetreten wäre, ist nicht ge eignet, die im übrigen begründete Ersatzpflicht auszuschließen.
Ebenso ist erkannt v. I. CS., 31. 3. 1883 (1406). III. CS., 23.1.1885. III. 265/8 i (Nr. 1378). Via. 149/99 v. 6. 10. 1899. E. Bd. 44 Nr. 78 S. 331 (Berlin). III. v. 1. 7.1884. Senfs. Bd. 40 Nr. 114 S. 173 (Celle). 103/82 v. 10. 4. 1883. Gr. Bd. 28 S. 461 Nr. 19 (Königsberg). Va. 385/79 v. 24. 6.1880. E. Bd. 2 Nr. 75 S. 279.
1414. Verhältnis des § 9 zum Fluchtl.Ges. g 13.
V. 10/93 v. 6. 5. 1893. E. Bd. 31 S. 272. Vgl. Nr. 1377, 1414, 1456, 1461.
IW. 1893 S. 319 Nr. 50 (Stettin).
Es ist anzunehmen, daß die Vorschriften des § 9 durch § 13 Abs. 3 des
Fluchtl.Ges. für den Bereich des letzteren nicht ersetzt, sondern ergänzt sind, daß also der Eigentümer in den Fällen des § 13 die Übernahme des ganzen Grundstücks sowohl dann verlangen kann, wenn das Restgrundstück nicht mehr zur Bebauung geeignet ist,
als auch dann,
wenn dasselbe nach seiner bis
herigen Bestimmung nicht mehr zweckmäßig benutzt werden kann, und unterliegt
es weiter
auch
keinem Zweifel, daß insbesondere Abs. 3 des § 9 auch für
Teilenteignungen auf Grund des Fluchtl.Ges. gilt.
(Eingehend begründet.)
1415. BrmltzungSart u. Nutzungsfähigkeit (§ 10). HS. 194/82 v. 28.11. 1882.
IW. 1883 S. 54 Nr. 48.
Soweit bei der Enteignung der Nutzungswert die Grundlage der Ab
schätzung abgibt, kann es weiter auch keinem Zweifel unterliegen, daß nicht bloß
Artt. {09ff.
Pr. Lnteignungsgeseß v. {{. 6. {87^.
1017
die bisherige Benutzungsart, wenn auch nur diese in dem Enteignungsges. (§ 10)
ausdrücklich Erwähnung gefunden hat, sondern die Nutzungssähigkeit den Maß stab geben muß, wie dies auch bereits in mehreren Entscheidungen des U. HS.
des RG. (z. B. Nr. 363 v. 1881) angenommen worden ist.
Allerdings muß
diese Nutzungsfähigkeit eine gegenwärtige, für jeden Besitzer verwertbare in dem Sinne sein, daß nicht nur die in Rede stehende Benutzungsart nach den bereits gegebenen Verhältnissen möglich, sondern auch der berechnete Reinertrag nach diesen
Verhältnissen mit Sicherheit zu erwarten ist, während bloß unsichere Hoffnungen keine Berücksichtigung finden können (cf. OTrib.Erk. Entsch. Bd. 86 S. 75).
1416. Bisherige Benutzungsart (§ 10). V. 225/91 v. 23. 11.1892.
IW. 1892 S. 156 Nr. 24.
Der Ausdruck: „bisherige Benutzungsart" im § 10 kann nicht dahin ver
standen werden,
daß es dabei gerade auf
einen bestimmten Tag ankomme,
sondern es ist ein längerer Zeitraum ins Auge zu fassen, innerhalb dessen eine
regelmäßige Benutzung stattfindet, und wenn diese kurz vor der Enteignung durch höhere Gewalt oder eine sonst zufällig in dem Grundstück eingetretene
Veränderung unterbrochen war, so ist zu prüfen, ob damit die bisherige Be
nutzungsart dauernd verhindert oder eingeschränkt worden wäre,
oder ob es
sich nur um eine vorübergehende Unterbrechung handelte, welche, wenn die Ent eignung nicht stattgefunden
hätte, durch Wiederherstellung des früheren Zu
standes beseitigt werden konnte und voraussichtlich beseitigt worden wäre. auch
£>at
der Eigentümer die vor Zustellung des Entschädigungsbeschlusses ein
getretene Verschlechterung seines Grundstücks allein zu tragen, so kann er doch
durch die Enteignung nicht noch schlechter gestellt werden, als er ohne diese ge
wesen wäre, d. h. es darf ihm der in der Wiederherstellbarkeit des beschädigten Grundstücks für ihn liegende Vorteil in keiner Beziehung, also auch nicht im
Sinne des § 10 Abs. 1 entzogen werden.
1417. V. v. 19. 11. 1892. IW. 1893 S. 51 Nr. 54. Es bleibt zu berücksichtigen die zeitige Beschaffenheit der enteigneten Grund
stücke als Wege, ihre ihnen vom Eigentümer selbst gegebene Besfimmung, den
Zugang zu den angrenzenden Villenbesitzungen zu vermitteln. Diese bisherige Be nutzungsart der Grundstücke bildet einen in § 10 Abs. 1 des G. ausdrücklich
anerkannten Gesichtspunkt für die Wertsermittelung: auf sie, nicht wie BG.
irrtümlich annimmt auf eine andere Benutzungsfühigkeit (durch Anpflanzung,
von Obstbäumen), bezieht sich die in diesem Paragraphen gegebene Beschränkung auf denjenigen Geldbetrag, welcher erforderlich ist, damit der Eigentümer ein anderes Grundstück in derselben Weise und mit gleichem Ertrage benutzen kann.
1418. V. 310/86 v. 26. 1. 1884. IW. 1884 S. 99 Nr. 64. § 10 bestimmt, daß die bisherige Benutzungsart bei der Abschätzung nur bis zu demjenigen Geldbeträge Berücksichtigung finden könne, welcher erfvrder-
GinführungsgesetzBGB. Z. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen.
1018
lich, damit der Eigentümer ein anderes Grundstück in derselben Weise und mit
gleichem Ertrage benutzen kann.
Dabei ist indes — was die Beschränkung
angeht — vorausgesetzt, daß es sich um ein Ertragsgrundstück handelt, und daß der Ersatz des gemeinen Werts den Eigentümer deshalb nicht vollständig
entschädigen würde,
weil aus der besonderen
bisherigen Benutzungsart
höherer Ertragswert des Grundstücks resultiert.
ein
Selbstverständlich muß, wenn
letzterer beansprucht wird, der Ertrag angegeben und erwiesen werden.
Aber
es gibt eine Kategorie von Fällen, in welchen ein gegen den gemeinen Wert
höherer Ertrag entweder kaum nachweisbar oder überhaupt nicht vorhanden,
gleichwohl aber die bisherige Benutzungsart für die Entschädigung maßgebend ist.
Dies sind die Fälle, in denen es sich um Grundstücke handelt, die entweder
vermöge ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu anderen Grundstücken des Ex-
propriaten einen Sonderertrag schwer
konstatieren lassen oder
aber — wie
z. B. ein städtisches Krankenhaus, eine Schule ?c. — überhaupt nicht Ertrags zwecken, sondern zur Genügung der dem Enteigneten vermöge seiner individuellen Lage obliegenden Aufgaben dienen.
Für diese Fälle besteht das Entschädigungs
prinzip gleichfalls darin, daß dem Enteigneten derjenige, den gemeinen Wert
des Grundstücks übersteigende Geldbetrag zu gewähren ist, welcher ihn in den Stand setzt, ein anderes Grundstück zu erwerben und so einzurichten, daß
dasselbe in derselben Weise wie das enteignete benutzt werden kann.
1419. Beschaffung eines Ersatzgrundstücks (§ 10 Abs. 1). V. 276/91 v. 27. 2. 1892.
Gr. Bd. 36 S. 1104 Nr. 93 (Naumburg). Vgl. 1386.
§ 10 Abs. 1 trifft den Fall der Abschätzung nach der seitherigen tatsäch lichen Benutzungsart des enteigneten Grundstückes. fähigkeit des Grundstückes für ein bisher
Aber wenn die Benutzungs
nicht darauf betriebenes Gewerbe
geschätzt werden soll, so bedarf es keiner besonderen Gesetzesvorschrift, um den
selbstverständlichen Satz zu rechtfertigen, daß der Enteignete voll entschädigt ist, wenn er die Kosten des Erwerbes und der Einrichtung eines anderen Grund
stückes erhält, auf welchem erweislich der Betrieb in gleicher Art und mit gleichem Vorteile möglich ist.
Ebenso im Falle der Teilenteignung: kann die
durch dieselbe eintretende Wertsverminderung des Restgrundstückes durch neue
Einrichtungen aus dem Restgrundstücke selbst gehoben werden, so kann die Werts verminderung nicht richtiger, als nach den Kosten dieser neuen Einrichtungen
geschätzt werden; daß vorliegend außerdem noch der Erwerb eines anstoßenden Landstückes und dessen Einrichtung nötig werden würde, ändert grundsätzlich
nichts.
Erforderlich ist nur, daß mit Zuhilfenahme eines solchen Landstückes
die Wertsverminderung ausgeglichen werden kann.
Dazu muß dargetan werden,
daß ein bestimmtes Landstück zur Verfügung steht, welches diejenigen Ein
richtungen möglich macht, die zur Wiederherstellung der durch die Teilenteignung gestörten Benutzungsfähigkeit des Restgrundstückes nötig sind, und ein solches
Landstück hat Rev. bezeichnet.
Daß das zu Hilfe zu nehmende Grundstück,
welches im vorliegenden Falle zugleich Ersatzstück nicht für ein enteignetes, sondern für ein durch die Bahnanlage von dem Überreste abgetrenntes Teilstück bilden soll, diejenigen Einrichtungen, welche es zu dieser Bestimmung geeignet
machen würden, schon fertig trage, ist nicht nötig, da es nur darauf ankommt,
rechnungsmäßig festzustellen, wie hoch sich die aus dem Preise dieses Grund stückes und den Kosten der auf diesem, wie auf dem Grundstücke des Klägers
selbst zu
treffenden
Einrichtungen zusammensetzenden
Gesamtkosten belaufen,
welche erforderlich sind, damit Kl. den Betrieb, zu welchem sein Grundstück vor der Enteignung hätte nutzbar gemacht werden können, auch nach der Enteignung
ebenso wie vorher einrichten könnte.
Mit der Zahlung dieses Betrages ist der
Schaden des Kl. ausgeglichen.
1420. Kosten der Anschaffung des Ersatzgrundstücks.
V. 107/88 v. 15. 6. 1888.
IW. 1888 S. 316 Nr. 24.
Nach § 8 hat der Eigentümer Anspruch auf den vollen Wert des ab
zutretenden
Grundstücks;
bei Feststellung dieses Werts ist nach § 10 auch
auf die bisherige Benutzungsart des Grundstücks Rücksicht zu nehmen, jedoch
nur bis zu demjenigen Betrage, welcher erforderlich ist, damit der Eigentümer ein anderes Grundstück in derselben Weise und mit dem gleichen Ertrage be nutzen kann.
Die Kosten der Anschaffung und Einrichtung eines Ersatzgrund
stücks sind daher nicht als solche zu erstatten, sondern sie bilden nur die (obere) Grenze, bis zu welcher der den gemeinen Wert übersteigende Nutzungswert des enteigneten Grundstücks vergütet werden soll.
Immer bildet nur der Wert
des enteigneten Grundstücks den Gegenstand der Entschädigungsforderung, nicht der für die Beschaffung eines Ersatzgrundsstücks tatsächlich gemachte Aufwand. Die bezügliche Erwägung des BG. wird von der Rev. mit Unrecht als gegen
§ 10 verstoßend angegriffen.
Insbesondere aber kam der Eigentümer die für
die Anschaffung und Einrichtung eines Ersatzgrundstücks aufgewendeten Kosten
im vollen Betrage dann nicht ersetzt verlangen, wenn das neue Grundstück das enteignete im Werte übertrifft.
Er wird sich in solchem Fall die Werts
differenz von dem Betrage der zur Erstattung liquidierten Anschaffungskosten kürzen lassen müssen, weil ihm sonst auf Kosten des Unternehmers ein Vorteil zuwachsen würde, auf welchen er keinen Anspruch hat.
1421. Verhältnis von § 10 zu in Flnchtlinienges. (HK 11, 13.).
II. 94/92 v. 13. 5.1892. IW. 1892 S. 284 Nr. 51 (Köln). (§ 10 Abs. 2).
Vgl. Nr. 1392 Anm.
Nach § 13 Nr. 1 des Fluchtl.Ges. tritt infolge des Fluchtlinienplanes die Entschädigungspflicht der Gemeinden ein, wenn und soweit dieselbe Abtretung
des Grundeigentums beansprucht, woraus von selbst folgt, daß, wenn es zur
zwangsweisen Abtretung kommt, für das Maß der Entschädigung lediglich die für die Enteignung gegebenen Vorschriften maßgebend sind und insbesondere
eine Abweichung von dem [in § 10 Abs. 2 ausgesprochenen) Grundsätze nicht
Linführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis 5. d. Landesgesetzen.
1020
stattfindet.
Das Bauverbot, welches nach § 11 des Ges. v. 2. Juli 1875 mit
der Offenlegung des Planes beginnt, wirkt auf die Entschädigungsfrage nur
indirekt ein und zwar insofern, als es den Eigentümer verhindert, auf der be troffenen Fläche Neu-, Um- und Ausbauten vorzunehmen und
dadurch die
Entschüdigungspflicht der Gemeinde für den Fall, daß dieselbe zur Enteignung
schreitet, zu erschweren.
Weiter geht in dieser Beziehung die Wirkung des 8 11
nicht, insbesondere hindert derselbe weder den Eigentümer, durch Verbesserung
der Benutzungsfähigkeit der fraglichen Grundfläche den Wert derselben zu er höhen, noch beraubt er ihn des Vorteils, welcher ihm aus einer von seinem Willen unabhängigen Wertserhöhung erwächst, wozu insbesondere diejenige ge hört, welche mit der Eigenschaft als Bauland an einer anderen als der neu eröffneten Straße verknüpft ist, sei es, daß diese Eigenschaft schon vor dein Ftuchtlinienplan vorhanden war oder unabhängig von dem gegenwärtigen Unter
nehmen in der Zwischenzeit zwischen dem Fluchtlinienplan und der Enteignung, genauer der Zustellung des Entschädigungsbeschlusses, erworben wurde.
1422. Eiuflutzlofigkeit des Zweckes der Enteignung ans die Wertschätzung (§ 10).
VI. 183/92 t>. 19. 12. 1892.
IW. 1893 S. 109 Nr. 51.
Die Frage, ob nicht das Haus durch seine jetzige Lage unmittelbar an
der Straße, behufs deren Anlegung die Enteignung stattgefunden hat, eine
Werterhöhung erfahren hat, darf bei der Abschätzung eines Minderwertes nach dem pr. Enteignungsges. überhaupt nicht berücksichtigt werden.
Ebenso V. 192/87 v. 9. 11. 1887. IW. 1888 S. 46 Nr. 107. 1423. Werterhöhung infolge der neuen Anlage (g 10 Abs. 2).
I. 14/84 v. 5. 7. 1884. IW. 1884 S. 227 Nr. 40. Nach § 10 Abs. 2 kommt eine Werterhöhung, welche das abzutretende
Grundstück erst infolge der neuen Anlage erhält, bei der Bemessung der Ent
schädigung nicht in Anschlag.
Durch den Ausdruck „infolge" ist nicht bloß
die zeitliche Aufeinanderfolge, sondern ein ursachlicher Zusammenhang zwischen der Herstellung oder Benutzung der neuen Anlage und der Werterhöhung er fordert.
Zur Annahme dieses Zusammenhangs ist es keineswegs erforderlich,
daß der eingetretene Erfolg eine notwendige oder eine unmittelbare Folge der neuen Anlage sei. 1424. Schade« von Pächtern und Mietern (§ 11).
VI. 50/92 v. 12. 5. 1892. (Frankfurt a. M.). Inhalt und Wortlaut
E. Bd. 29 Nr. 67 S. 273.
des Ges. zwingen
IW. 1892 S. 324 Nr. 46
zu der Annahme,
daß
durch
dasselbe dem Pächter und Mieter ohne Rücksicht darauf, ob ihn nach dem für
das Pacht- und Mietverhältnis maßgebende Civilr. dingliche oder nur obliga torische Rechtsstellung zukommt, der Anspruch auf Entschädigung gegen Unter
nehmer mit der in § 11 ausgesprochenen Maßgabe gewährt werden soll.
§ 11
redet ganz allgemein.
Die Übereinanderstellnng der Nutzungs-, Gebrauchs-
»nd Servitutberechtigten einer- und der Pächter und Mieter andererseits ge
stattet nicht den Schluß, daß das Ges. hier nur diejenigen Pacht- und Mietr. im Auge habe, welche nach dem für sie geltenden Rechte dinglicher Natur sind.
Diese Unterstellung erscheint geradezu ausgeschlossen, wenn man erwägt, daß das Ges. für die ganze pr. Monarchie bestimmt ist. 1425. Entschädigungsanspruch der Pächter (§ 11).
II. 252/92 v. 3. 1. 1893.
IW. 1893 S. 90 Nr. 50, 51 (Aachen, Köln).
Die Ansicht, daß § 11 den Pächtern einen Entschädigungsanspruch gegen
den Enteigner nur in denjenigen Landesteilen gewähre, in denen das Pachtr. die Eigenschaft eines dinglichen Rechts habe, kann
als richtig nicht anerkannt
werden, weil das für den Umfang der ganzen Monarchie gegebene Ges. weder in § 11 noch an allen anderen Stellen jene Unterscheidung macht und, wie
das U. des RG. v. 12. Mai 1892 (Entsch. Bd. 29 S. 273)') näher ausführt, sonstige Gründe nicht obwalten, welche dazu berechtigten, jene Unterscheidling
in das Ges. hineinzutragen. Das Ges. in § 11 gewährt dem Pächter gegen den Enteigner einen An spruch auf Ersatz des ihm durch die Enteignung entstandenen Schadens nur
insoweit, als derselbe nicht in der für das enteignete Grundeigentum bestimmten
Entschädigung begriffen ist. 1426. Verwirkung des Anspruchs der Mieter durch Nichtbeteiligung (§ 11).
V. 60,89 v. 11. 3. 1889.
E. Bd. 24 Nr. 43 S. 205.
IW. 1889 S. 298 Nr. 56.-)
Dem BG. ist darin beizutreten, daß der Mieter den ihm durch § 11 des Enteignungsges. zustehenden Anspruch gegen den Unternehmer nicht dadurch
verwirkt, daß er sich bei den administrativen Vorverhandlungen trotz erlassener
Ladung nicht beteiligt.
Mit Recht hat BG. hervorgehoben, daß das gesetzliche
Präjudiz, welches für den Fall der Nichtbeteiligung gestellt ist, nur dahin geht,
daß die Entschädigung ohne Zutun der Ausbleibenden festgestellt werden würde. Dagegen kann es als eine richtige Auslegung des Ges. nicht erachtet werden, daß BG. weiter folgert, es habe der Beteiligte, welcher sich nicht gemeldet und
für den deshalb eine besondere Entschädigung nicht ausgeworfen, daß die Ent
schädigung bestimmende Resolut der Verwaltungsbehörde auch nicht für seine Person besonders zugestellt worden sei, das Recht erlangt, nunmehr ohne Zeit beschränkung, wie sie im § 30 durch die sechsmonatliche Frist gegeben, seinen Entschädigungsanspruch im Rechtswege zu verfolgen.
Diese Auslegung
hat
von vorne herein gegen sich, daß sie eine Lücke im Ges. voraussetzt, die gewiß
nicht gewollte Lücke, daß der Nebenberechtigte (§ 11) durch seine Willkür sich von dem Verfahren anschließen kann, welches, soweit nicht die Hauptbeteiligten,
') S. Nr. 1424. 2) Ebenso Va. 773/80 v. 30.6.1881.
E. Bd.5 Nr. 76 S. 281 (Magdeburg, Naumburg).
1022
Ginführungsgesetz z. BGB. 3. Abschn. Verhältnis
d. Landesgesetzen.
der Unternehmer und der Grundeigentümer unter sich eine besondere Einigung treffen (§ 16), allgemein für notwendig erachtet ist, und namentlich auch dazu dienen soll, dem Unternehmer binnen bestimmter Zeit über den Umfang der Ansprüche der Beteiligten Kenntnis zu geben.
1427. Feststellung der Entschädigung nicht notwendig in einem Akt. IW. 1886 S. 363 Nr. 59.
V. 93/86 v. 25. 9. 1886.
In der rechtlichen Natur der Expropriationsentschädigung liegt kein Grund, eine Feststellung der Entschädigung in mehreren Teilen für grundsätzlich un
statthaft zu erklären.
Charakterisiert sich auch die Enteignung nach der für
den vorliegenden Fall maßgebenden landrechtlichen Auffassung als (Zwang-)
Kauf und faßt man hiernach die Entschädigung des Expropriaten als Kauf preis auf, so kann doch — ganz abgesehen davon, daß für die Expropriation keineswegs alle Konsequenzen des Kaufgeschäfts zu ziehen sind — nicht zu gegeben werden, daß die Feststellung dieses Kaufpreises immer nur in einem einzigen Akt geschehen könne und müsse.
Freilich ist der Kaufpreis ein ein
heitlicher und es ist auch in mehreren Entsch. des RG. (vgl. Bd. 2 Nr. 63
S. 243 j1) Bd. 14 Nr. 70 S. 268 ss. die folg. Nr.)) die Notwendigkeit einer ein heitlichen der Festsetzung Expropriationsentschädigung betont worden, aber in
dem Sinne, daß die einzelnen Entschädigungstitel nur Rechnungsfaktoren sind und deshalb nicht jeder getrennt für sich, sondern nur in Berücksichtigung der für die übrigen aufgestellten Berechnung zur Abgeltung gelangen dürfen.
Er
weist sich z. B. ein später eingeklagter Entschädigungstitel als bereits abgegolten durch eine früher zugesprochene Entschädigung, oder als mit derselben unver einbar, so wird sich daraus allerdings die Notwendigkeit einer Abweisung ergeben. Aber das ist eine Frage, die erst aus den besonderen Umständen jedes einzelnen
Falls beantwortet werden kann.
1428. Einheitlichkeit der Entschiidignng. Zulässigkeit des Rechtsweges. V. 19/98 v. 22. 6. 1898.
IW. 1898 S. 489 Nr. 42.
RG. hat allerdings ausgesprochen: „Es ist unzulässig, einen Teil der ent eigneten Fläche herauszugreifen und für diesen einen besonderen Wert ohne
Rücksicht auf den Wert des Ganzen zu berechnen.
Die enteigneten Flächen sind
Teile eines im Zusammenhänge stehenden Grundbesitz desselben Eigentümers. Die Berechnung der geleisteten Entschädigung mag sich aus verschiedenen Posi
tionen zusammensetzen.
Rechtlich aber erscheint die Summe dieser Position
als eine einheitliche, nämlich als die Entschädigung für das gesamte, dem zu
sammenhängenden Grundbesitz entzogene Areal.
Ist der Grundbesitzer mit dieser
Gesamtentschädigung nicht zufrieden, weil nach seiner Meinung einzelne wesent
liche Rechnungsfaktoren unberücksichtigt geblieben oder falsch berechnet sind, so hat er eine vollständig neue, "der von ihm behaupteten Sachlage entsprechende
*) Vb. 35/80 v. 26. 5. 1880 (Breslau).
Artt. 109ff. Berechnung aufzustellen."
pr. Lnteignungsgesetz v. ff. 6. (87^. (Entsch. Bd. 2 S. 243.)
1023
Und hieraus ist gefolgert:
„Daß nach Beschreitung des Rechtsweges nur von der einen Seite die einzelnen
Ansätze, aus welchen die Entschädigung sich zusammensetzt, auch zum Vorteile derjenigen Partei, welche den Regierungsbeschluß nicht angefochten hat, in der gerichtlichen Entsch. geändert werden können, sofern nur die Gesamtentschädigung keine Änderung zum Vorteile derselben erleidet." (Entsch. Bd. 14 S. 268
sNr. 1442]); vgl. Bolze Bd. 1 Nr. 1384, Bd. 6 Nr. 763.
Eine Entsch. dahin,
daß die Gerichte auch in dem Falle, in welchem die Parteien nur einen streitig gebliebenen Ansatz unter Übergehung der übrigen durch Einigung festgestellten
Ansätze zur gerichtlichen Entsch. gebracht haben, bei Feststellung des streitigen
Ansatzes auch die festgestellten Ansätze zu erörtern habe, um möglicherweise durch Erhöhung dieser zu einer Erhöhung der Gesamtentschädigung bis zu
deren zulässigem Betrage zu gelangen, ist aber nicht ergangen.
Vielmehr ist
in dem von Bolze in Bd. 9 unter Nr. 569 mitgeteilten Urteile angenommen, daß einzelne Entschädigungsansprüche, die neben dem Ansprüche auf Ersatz des
vollen Wertes von der Enteignungsbehörde anerkannt und in einem bestimmten Betrage dem Expropriaten zugesprochen sind, bei Beschreitung des Rechtswegs ausgeschieden werden können mit dem Erfolge, daß dieselben als außer Streit
anzusehen und bei Berechnung des Betrages für die streitigen Ansätze außer
Betracht zu lassen sind. nicht stützen.
Auf Entsch. des RG. kann der Bekl. also seine Rüge
Es würde den Rechtsgrundsätzen von Vertrügen widersprechen, sollte
dem einen Vertragschließenden gestattet sein, einseitig von einer Einigung über eine
ihm vom anderen Teile zu gewährende Entschädigung wider abzugehen und seinem
vertraglichen Gebundensein entgegen eine höhere Entschädigung ohne besonderen Grund zu verlangen.
Solchen Grund deutet Bekl. an, indem er bemerkt, daß die
Entschädigungen vergleichsweise nur bedingt festgesetzt seien, nämlich unter der Be dingung, daß die durch den Enteignungsbeschluß festgesetzte Gesamtentschüdigung
ihm ungekürzt verbleibe.
Von solcher bedingten Verabredung ergeben aber weder
die vom BG. mitgeteilten Vorverhandlungen noch der Enteignungsbeschluß des
Bezirksausschusses etwas. Sie wird durch die Sachlage geradezu ausgeschlossen, da dem Bekl. der Betrag der ihm zufallenden Gesamtentschädigung z. Z. des Vertrags
abschlusses nicht bekannt war, er also an dessen Aufrechterhaltung auch keine Be dingung knüpfen konnte.
Daß ein Vertrag unter besonderen Bedingungen ge
schlossen sei, wird auch nicht vermutet (ALR. Tl. I Tit. 5 § 229).
Das RG.
tritt dem BG. darin bei, daß die Parteien an die durch Vergleich erfolgte Fest
setzung der Entschädigungsansprüche gebunden sind und daß diese bei der Entsch.
über den streitig gebliebenen Anspruch außer Betracht bleiben mußten.
BerhSltnis zwischen Verwaltnngs- und Gerichtsverfahren. 1429. V. 186/88 v. 27. 10. 1888.
IW. 1888 S. 448 Nr. 24.
In § 8 liegt die Vorschrift nicht bloß, daß die Entschädigung nicht hinter
diesem Maße zurückbleiben, sondern auch, daß sie dasselbe nicht überschreiten
Linführungsgesetz z. BGB. 5. Abschn. Verhältnis z. d. Landesgesetzen.
1024 soll.
Sie gilt sowohl für die Verw.-Behörde, welche die vorläufige ^Bestimmung
der Entschädigung zu treffen hat, wie auch für den Richter.
Dieser würde
aber außerstande sein, der ihm gegebenen Aufgabe zu genügen, wenn er an
die Positionen, aus denen sich die Summe der Entschädigung im Verw.-Versahren bildet, insoweit gebunden sein sollte, als sie nicht angegriffen sind.
Er
würde dadurch zu einer Schätzung gelangen können, welche im Widersprüche stände mit seiner Überzeugung von der Höhe des vollen Wertes des Gegen standes der Enteignung oder doch behindert sein, sich eine solche Überzeugung zu verschaffen.
Hat nur d:r von der Enteignung betroffene Teil den Rechts
weg beschritten, so bleibt die bezeichnete Aufgabe an sich dieselbe, nur mit der
Maßgabe, daß der Unternehmer die gegen ihn im Vorverfahren festgestellte Entschädigungssumme zahlen muß, wenn sich auch finden sollte, daß dieselbe
nach richterlicher Schätzung zu hoch gegriffen ist. Ebenso in der Auffassung der Einheitlichkeit der Entschädigung V. 116/88 v. 30. 6. 1888.