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German Pages 450 [452] Year 1874
SYSTEM DER
L O G I K UND
GESCHICHTE DER LOGISCHEN
LEHREN.
VON
DR FRIEDRICH UEBERWEG, WIOII.. l-KiIK1-:SH1 /.iti
TIC
Tlliìmti
X(tTtll>i)oVI'.
Arixtoteles. I n t e l l i g i t u r , q u o d ars ilia, q u a e dividit g e n e r a in species et species in g e n e r a resolvit, q u a e cfi«XFXTIXÌ] d i c i t u r , non ab h u m a n i s m a c h i n a t i o n i b u s sit facta, sed in n a t u r a r e r u m a b a u c t o r c o m n i u m a r t i u m , q u a e v e r e a r t e s sunt, c o n d i t a et a sapient i b u s i n v e n t a et ad u t i l i t a t e m solerti r e r u m indagine usitata. Johannes
Scotus
(Eri
gena).
N a m n o r m a e illae: e x p e r i e n t i a , p r i n c i p i a , intellectiis consequentiae, s u n t r e v e r a vox d i v i n a . Philippic
Das Keoht tier Ifebersctziinp iat vorbeliallen.
Melm.icht.hoii.
Vorrede.
S c h l e i e r m a c h er, dessen philosophische Bedeutung nur zu oft neben der theologischen übersehen zu werden scheint, hat in seinen Vorlesungen über die ' D i a l e k t i k ' (herausg. von Jonas, Berlin 1839) die Formen des Denkens aus dem Wissen als dem Zwecke des Denkens zu begreifen und die Einsicht in ihren Parallelismus mit den Formen der realen Existenz zu begründen versucht. Diese Auffassung der Denkformen hält die Mitte zwischen der subjectivistisch-formalen und der metaphysischen Logik und steht im Einklang mit der logischen Grundansicht des Aristoteles. Die subjectivistisch-formale Logik, vornehmlich von der K a n t i s c h e n und I l e r b a r t s c h e n Schule vertreten, setzt die Formen des Denkens zu den Formen des Seins ausser Beziehung; die metaphysische Logik dagegen, wie H e g e l sie geschaffen hat, identificirt beiderlei Formen und glaubt in der Selbstbewegung des reinen Gedankens zugleich die Selbsterzeugung des Seins erkannt zu haben. A r i s t o t e l e s , gleich fern von beiden Extremen, sieht in dem Denken das Abbild des Seins, ein Abbild, welches von seinem realen Correlate verschieden ist, ohne doch zu ihm ausser Beziehung zu stehen, und demselben entspricht, ohne mit ihm identisch zu sein. In engerem Anschluss an Schleiermacher haben namentlich R i t t e r und V o r l ä n d e r (später auch L e o p . G e o r g e ) die Logik bearbeitet; mehr oder minder liegen in der gleichen Richtung auch die
IV
Vorrede.
erkenntnisstheoretischen Untersuchungen der meisten unter den neueren Logikern, die nicht einer bestimmten Schule zugethan sind. So berührt sich namentlich T r e n d e l e n b u r g , indem er die echte Aristotelische Logik erneut, eben darum auch vielfach mit Schleiermacher's Platonisirender Erkenntnisslehre, wiewohl ohne Abhängigkeit von dem letzteren und auf einer in der Polemik gegen Hegel und Herbart selbständig errungenen Basis metaphysischer Kategorien ; eine entferntere Verwandtschaft zeigt u. A. die der Kantischen sich wiederum annähernde Ansicht L o t z e ' s , wonach in den Formen und Gesetzen des Denkens nur die nothwendigen metaphysischen Voraussetzungen des menschlichen Geistes über die Natur und den Zusammenhang der Dinge sich wiederspiegeln ; von Schleiermacher's Grundsätzen ist in wesentlichen Beziehungen, namentlich was das Verhältniss des Denkens zur Wahrnehmung und der Wahrnehmung zum Sein betrifft, auch B e n e k e ausgegangen, um dieselben darnach mit seiner theilweise im Anschluss an Herbart ausgebildeten psychologischen Theorie zu einem neuen Ganzen zu verschmelzen. In der durch die Leistungen dieser Männer bezeichneten Richtung, jedoch unter Wahrung des Rechtes voller Selbständigkeit in der Art der Durchführung, bewegt sich die vorliegende Bearbeitung der Logik. Dieselbe setzt sich sowohl die w i s s e n s c h a f t l i c h e Aufgabe einer Mitarbeit an der Fort*) Wenigstens ohne ein unmittelbares Abhängigkeitsverhältniss; Schleiermacher's 1839 veröffentlichte Vorlesungen über die Dialektik sind von ihm mir sporadisch berücksichtigt worden. Doch scheint sich namentlich in der Lehre vom Begriff und vom Urtheil ein Einfluss der Rit-.cr'schen Logik zu bekunden.
Vorrede.
v
hildung der Logik, als auch die d i d a k t i s c h e einer Einführung in das Studium derselben. In der e r s t e n Beziehung hofft der Verfasser, dass es ihm gelungen sein möge, in der vorliegenden Schrift zur Lösung sowohl der Principienfragen über die Aufgabe, Begrenzung und Anordnung der Logik und über die erkenntnisstheoretischen Standpuncte, als auch mancher einzelnen Probleme einen nicht werthlosen Beitrag zu liefern. Polemik ist zwar überall, wo die Sache es zu erfordern schien, in aller Schärfe ohne Rückhalt, aber doch namentlich wohl nur gegen solche geübt worden, von welchen ich mit "Wahrheit sagen kann : 'verecunde ab illis dissentio'. Dass das einzige Interesse, welches mich in jedem Falle zur Zustimmung oder zum Widerspruch bestimmte, das der Wahrheit war, wird nicht erst der Versicherung bedürfen, sondern für den unbefangenen Beurtheiler aus dem Werke selbst hervorgehen. Auch ich werde meinerseits jede auf die Sache gründlich eingehende Bekämpfung nicht minder, als Zustimmung willkommen heissen, und nur das Eine möchte ich nicht, dass das auf der Aristotelischen Grundlage selbständig durchgeführte Werk mit der Subsumtion unter diese oder jene allgemeine Rubrik, wie z. B. Empirismus oder Rationalismus oder Eklekticismus abgethan werde, worin die Unwahrheit liegen würde, dasselbe für die blosse Exposition irgend eines einseitigen und veralteten Parteistandpunetes zu erklären, oder, da es zu den sämmtlichen philosophischen Richtungen in wesentlichen Beziehungen steht, mit Verkennung des leitenden Grundgedankens der Principlosigkeit zu beschuldigen.
VI
Vorrede.
Als einen durchgeführten Versuch einer objeetivistischen Erkenntnisslehre im Gegensatz z u K a n t s subjectivistischer Vernunftkritik möchte ich das vorliegende Werk insbesondere auch der Beachtung der Naturforscher empfohlen haben; specielleren Darstellungen der Methodik kann es zur philosophischen Basis dienen. Der Kern meines Gegensatzes gegen K a n t liegt in dem durchgeführten Nachweis, wie die wissenschaftliche Einsicht, welche die blosse Erfahrung in ihrer Unmittelbarkeit noch nicht gewährt, nicht mittelst aphoristischer Formen von rein subjectivem Ursprung, die nur auf die im Bewusstsein des Subjectes vorhandenen Erscheinungsobjecte Anwendung finden, gewonnen wird (auch nicht, wie H e g e l und Andere wollen, a priori und doch mit objectiver Gültigkeit), sondern durch die C'ombination der Erfalirungsthatsaclicn nach logischen, durch die objective Ordnung der Dinge selbst mitbedingten Normen, deren Befolgung unserer Erk e n n t n i s eine objective Gültigkeit sichert. Ich suche zu zeigen, wie insbesondere die räumlich-zeitliche und causale Ordnung, auf deren Erkenntniss die Apodikticität beruht, nicht erst von dem anschauenden und denkenden Subjecte in einen chaotisch gegebenen Stoff hineingetragen, sondern in Uebereinstimmung mit der (natürlichen und geistigen) Realität, in der sie ursprünglich ist, successive durch Erfahrung und Denken von dem subjectiven Bewusstsein nachgebildet wird. In d i d a k t i s c h e r Hinsicht war mein Streben auf eine klare, exaete, übersichtliche und relativ vollständige Darstellung der allgemeinen Logik als Erkenntnisslehre und der Hauptmomente ihrer ge-
Vorrede.
VII
schichtliclien Entwickelung gerichtet; das allgemein Anerkannte sollte in präciser und streng systematischer Form wiedergegeben, das Zweifelhafte und Streitige aber zwar nicht mit monographischer Ausführlichkeit, jedoch mit zureichender Erwägung der die Entscheidung bedingenden Momente genau erörtert werden. Eine systematische Darstellung der wissenschaftlichen Logik muss, auch sofern sie Neuhinzutretenden als Lehrbuch zu dienen bestimmt ist, doch stets echte Jünger der Wissenschaft voraussetzen, welche die Schwierigkeiten nicht zu umgehen, sondern zu überwinden trachten. Einzelne Partien mögen immerhin beim ersten Studium übergangen werden ; dieselben sollen dem Bedürfniss derer entgegenkommen, die, mit den Elementen bereits vertraut, nun auch in die tieferen Forschungen eingeführt werden möchten. Die Beispiele sollen die Bedeutung der logischen Gesetze in den sämmtlichen Wissenschaften zur Anwendung bringen. Durch die historisch- litterarischen Mittheilungen und Untersuchungen endlich, bei denen der Aristotelische Gesichtspunct der schuldigen dankbaren Rückbeziehung auf alle wesentlichen Entwickelungsmomente der wissenschaftlichen Wahrheit der leitende war, weist die vorliegende Schrift über sich selbst hinaus, um zu möglichst vielseitigen logischen Studien anzuleiten. In einer Zeit, wo in anscheinend praktischem Interesse eine Mannigfaltigkeit verschiedenartiger Aufgaben den Studirenden in eine zerstreuende Yielthätigkeit hineinzuziehen und ihm die Müsse zu philosophischer Vertiefung zu rauben droht, ist die Beobachtung um so erfreulicher, dass der Sinn für logische Studien noch unerloschen ist.
vnr
Vorrede.
Von der Leidenschaftlichkeit, mit der solche philosophische Parteifragen behandelt zu werden pflegen, welche die Grundlagen unserer gegenwärtigen politischen und kirchlichen Gemeinschaften betreffen, sind die logischen Controversen unter allen am wenigsten tangirt: die Unbefangenheit der Untersuchung wird hier nicht leicht getrübt durch den Hinblick auf gewünschte oder unerfreuliche Resultate; in den logischen Problemen erscliliesst sich das freiestc Gebiet für die erste philosophische Gymnastik, und dieselben haben doch zugleich ein hohes Interesse f ü r den denkenden Geist durch die Bedeutung ihres Objects und durch ihre grundlegende Beziehung zu aller andern philosophischen Erkenntnis«. Mit lebhaftem Interesse bin ich den Bestrebungen der Manner gefolgt, welche f ü r Neubelebung des propädeutisch-philosophischen Unterrichts auf Gymnasien in jüngster Zeit eifrig und erfolgreich gewirkt haben. Dieser Unterricht, dessen Hauptobject und vielleicht zur Zeit einziges Object die Elemente der Logik bilden müssen (denn kein anderer Zweig der Philosophie und am wenigsten die Psychologie besitzt gegenwärtig gleich der Logik einen Kreis von gesicherten und allgemein anerkannten Theoremen, wie solche für den Schulunterricht unbedingt erforderlich sind), liegt nicht nur im Interesse des Studiums der Philosophie, insbesondere auf der Universität, sondern auch im Interesse des Gymnasiums selbst. Der Universitätsvortrag und die eigene Leetüre muss, um rechte Frucht zu bringen, die Kenntniss der Elemente und eine Vertrautheit mit denselben, wie sie nur durch schulmässige Einübung gewonnen werden kann, vor-
Vorrede.
IX
aussetzen. Für die Gymnasialstudien aber ist die philosophische Propädeutik von Werth theils als angemessener Absehluss der intellectuellen Bildung, theils noch insbesondere als ein unabweisbares Hülfsmittel des deutschen Unterrichts (wiewohl es zu dem letzteren Zweck der mit mehrfachen Unzuträglichkeiten verknüpften Einschiebung der Propädeutik in die deutschen Stunden nicht bedarf). Ich habe mich bemüht in den neuen Auflagen dieses Buches (die zweite ist 1865 die dritte 1868 erschienen) nicht nur durch eine, noch schärfere Fassung mancher Theoreme und durch eine eingehende Berücksichtigung neu hervorgetretener Aporien den wissenschaftlichen Werth des Werkes zu erhöhen, sondern auch in der Art der Erläuterungen und in der Wahl der Beispiele noch mehr, als es in der ersten 1857 erschienenen geschehen war, dem Bediirfniss der Lehrer, welche den propädeutischen Unterricht ertheilen, entgegenzukommen, ebenso wie auch dem Bediirfniss der Studirenden, welchen es um eine solide Grundlage philosophischer Studien ernstlich zu thun ist. Der Männer, deren Lehren von wesentlichem Einfluss auf das vorliegende Werk gewesen sind, bleibe ich dankend mit Anerkennung und Achtung eingedenk.
F. Ueberweg.
Vorrede.
X
Aus besonderem
Interesse für das vorliegende W e r k
des leider zu früh verstorbenen Verfassers sowie aus Rücksicht auf den Verleger desselben
habe
ich nach der vorlie-
genden eigenen Correctur des Verfassers
die Aufsicht über
die Herausgabe dieser vierten Auflage übernommen und durchgeführt.
Die vorliegenden Correcturen erstreckten sich im
Einzelnen über das ganze Buch; in sachlichen Zusätzen,
sie bestanden
zum Thcil auch in
und passenden Zusamnicnziehungen. Vorreden waren zur
zum
Thcil
Weglassungen
Auch die verschiedenen
nun vorliegenden
verschmolzen. — Ich
selbst habe mich beschränkt auf gelegentliche Vervollständigung der literarischen Angaben und mir nur bei §§
und
35 in
dem
Berücksichtigung
der
neueren
Leistungen
auf
Gebiete der Logik eine etwas freiere Behandlung verstattet. Da es aber auch
hierbei
sich nicht um eigene
Ansichten,
sondern um thatsächlichen Bericht handelte, so habe ich es nicht für nötliig- gehalten diese rein literarischen Zusätze besonders zu bezeichnen.
Der Verfasser selbst hätte j a
der-
gleichen Anführungen kaum anders, wenn nicht etwa vollständiger machen können. Dass mein Hauptaugenmerk darauf gerichtet gewesen ist, für die zuverlässige Berücksichtigung der von U e b e r w e g selbst herrührenden Correcturen zu sorgen, bedarf wohl kaum einer besonderen Versicherung. B o n n , den 12. Mai 1874.
Jürgen Bona Meyer.
Inhalts verzeichniss.
Kiiileitiuig. Bogrill', Eintheilung und allgemeine Geschichte der Logik.
§ §
1. 2.
§
3.
§ § § §
4. 5. (i. 7.
§
8.
§ 9. § 10. §11.
Definition der L o g i k Die Erkenntnissformeu. Ihre zweifache Bedingtheit. Ihre Beziehung auf den Inhalt der Erkenntniss . . . Der Zweck der Erkenntnissthätigkeit. Die Wahrheit. Das Wissen . . . . . . . . . Die Möglichkeit der Logik als Wissensehaft . . . Der absolute und relative Werth der Logik . . . Die Stellung der Logik im Systeme der Philosophie . Das Studium der Logik als Propädeutik zu dem Studium der übrigen philosophischen Disciplinen . . . Eintheilung der L o g i k
Der Werth der G e s c h i c h t e d e r L o g i k . . . Der historische Ursprung der Logik . . . . Die Ionischen Naturphilosophen, die Pythagoreer und die Eleaten . . . . . . . . . § 12. Die Sophisten und Sokrates . . . . . . § 13. Die einseitigen Sokratiker . . . . . . § 14. Plato § 15. Die Platoniker § 16. A r i s t o t e l e s § 17. Die Peripatetiker § 18. Die Epikureer, Stoiker und Skeptiker . . . . § 19. Die Neuplatoniker § 20. Die Kirchenväter. Das Studium der Dialektik in den Schulen bei den Christen, Arabern, Juden . . . § 2 1 . Die Scholastiker § 22. Das Reformationsaeitalter § 23. Baco von Verulam § 24. Cartesius
Seite.
1
2 4 8 8 9 12 13 15 15 16 20 20 21 23 24 27 27 29 29 30 32 33 34
XII
Inhal tsvcrzcichniss. Seite.
§ § § § §
25. 26. 27. 28. 29.
§ 30. §31. § 32. § 33. § 34. § 35.
Spinoza Lockc Leibnitz und Wölfl' Kant Die Kantisclic Scluilc und verwandte Richtungen. Fries. Ilerbart Fichte, Schelling und ihre Schulen . . . . . Hegel Die Hegelsche Schule Schleiermachcr Die neuesten deutschen Logiker . . . . . Neuere Logiker ausserhalb Deutschlands . . . .
I.
36 37 38 41 4(i 48 50 54 55 57 (io
Theil.
Die Wahrnehmung in ihrer Beziehung zu der objeetiven Räumlichkeit und Zeitlichkeit. § 3ü.
D e f i n i t i o n der W a h r n e h m u n g A.
§ 37. § 38. § 39.
C. § § § §
41. 42. 43. 44.
.
.
.
G7
Die äussere oder sinnliche Wahrnehmung.
Argumente gegen die Ucbereinstimmung der sinnlichen Wahrnehmung mit der äusseren Wirklichkeit . . Die Unrichtigkeit der Kantischen Trennung von Stoff und Form der Wahrnehmung Ueber die Erkennbarkeit der Existenz von afficirenden Objecten auf Grund der sinnlichen Wahrnehmung . B.
§ 40.
.
69 70 72
Die innere oder psychologische Wahrnehmung.
Die Ucbereinstimmung der inneren Wahrnehmung der wahrgenommenen Realität
mit 73
Die Verbindung der inneren und äusseren Wahrnehmung. Die Erkenntniss der Mehrheit beseelter Wesen Die Erkenntniss der Stufenreihe der Wesen . Ueber die Realität von Materie und Kraft . Ueber die Realität von Raum und Zeit . .
. . . .
. . . .
78 79 84 84
Inhaltsverzeichniss.
II. Tlieil.
XIII
Seite.
Die Einzelvorstellung oder Anschauung in ihrer Beziehung zu der objectiven Eiuzelexistenz. § 45.
D e f i n i t i o n d e r E i n z e l v o r s t e l l u n g oder Anschauung . . . . . . . 95 § 4G. Die Unterscheidung der Individuen vermittelst der Einzelvorstellungen . . . . . . . . 95 § 47. Die Formen der Einzelvorstellung und die Formen der Einzelexistenz. Die K a t e g o r i e n i m A r i s t o t e l i s c h e n Sinne. Der Parallelismus zwischen den Formen der Einzelexistenz, den Vorstellungsformen und den Wortarten 98 § 48. Die klare und deutliche Vorstellung . . . . 105 . . . 100 § 49. Das Merkmal und die Theilvorstellung . § 50. Der Inhalt der Vorstellung. Die Partition . . . 10G
III. Tlieil. Der Begriff nach Inhalt und Umfang in seiner Beziehung zu dem objectiven Wesen (essentia) und der Gattung (genus). § 51. § 52. § 53.
Die Reflexion und Abstraction. Die allgemeine Vorstellung Die Determination Der Umfang. Die Division. Die Verhältnisse der Vorstellungen zu einander nach Umfang und Inhalt . § 54. Das Verhältniss zwischen Inhalt und Umfang . . § 55. Die Stufenordnung (Pyramide) der Vorstellungen . . § 56. D e f i n i t i o n d e s B e g r i f f s . Das Wesen . . . § 57. Die Erkenntniss des Wesentlichen. Die Idee und die Werthverhältnisse. Das Element a priori und a posteriori in der Begriffsbildung § 58. Die Classe, Gattung, Art etc. Ihre Realität und ihre Erkennbarkeit § 59. Der Individualbegriff § 60. § 61. § 62.
Die D e f i n i t i o n . Ihre Elemente: Gattungsbegriff und specifische Differenz Die Arten der Definitionen Die bemerkenswerthesten Definitionsfehler . . .
Die E i n t h e i l u n g . Der Eintheilungsgrund. Die Eintheilungsglieder. Die Dichotomie. Trichotomie etc. . § 64. Die Unter- und Nebeneintheilung . . . . . § 65. Die bemerkenswerthesten Eintheilungsfehler . . . § 66. Der Zusammenhang der Begriffsbildung mit den übrigen Functionen des erkennenden Denkens . . . .
108 110 110 114 117 117 127 130 133
134 137 142
§ 63.
146 149 151 152
XIY
Inhal tsverzeichniss. IV. Tlieil.
Soite.
Das Urtheil i n seiner Beziehung zu den objectiven G r u n d verhältnissen oder Relationen. § 67. i; 68.
§ 69. § 70. § 71. § 72. § 73.
D e f i n i t i o n des U r t h e i l s Das einfache u n d das zusammengesetzte Urtlieil. Die einzelnen Urtheilsverhältnisse und ihre Beziehung auf die entsprechenden Existenzverhältnisse. Die K a t e g o r i e n der R e l a t i o n im K a n t i s c h e n Sinne Die Q u a l i t ä t und die M o d a l i t ä t der Urtheile . Die Q u a n t i t ä t Combination der Eintheilungen nach d e r Qualität und Quantität. Die vier Urtheilsformen a, e, i und o Der contradictoriscbe u n d der conträre Gegensatz zwisehen zwei Urtheilen und die Sulialternation Die F o r m u n d Materie der Urtheile. Das A p r i o r i und A posteriori in der Urtheilsbildung
154
160 168 175 176 179 180
V. Tlieil. Der Schluss in seiner Beziehung zu der objectiven Gesetzmässigkeit. § § § Í; §
74. 75. 76. 77. 78.
§ 79.
§ 80.
§ 81. § 82. § 83.
§ § § § §
84. 85. 86. 87. 88.
§ 89. § 90.
Definition des Schlusses 184 Die P r i n c i p i e n d e s S c h l i e s s e n s im Allgemeinen . 180 Der Grundsatz der I d e n t i t ä t . . . . . . 188 Der Grundsatz des W i d e r s p r u c h s 191 Der Grundsatz des ausgeschlossenen Dritten oder Mittleren zwischen zwei contradictorisch entgegengesetzten Urtheilen 209 Zusammenfassung der Gruudsät/.e des W i d e r s p r u c h s und des ausgeschlossenen Dritten in dem P r i n c i p der contradictorischen Disjunction 219 Die Verhältnisse zwischen Urtheilen m i t c o n t r ä r entgegengesetzten Prädicaten. Die dialektische Opposition. Der Satz des zwischen conträren Gegensätzen in d e r Mitte liegenden D r i t t e n . Der Satz der V e r m i t t l u n g oder der Coincidenz der Gegensätze . . . . 221 Der Satz des (zureichenden) Grundes . . . . 224 Die F o r m e n der u n m i t t e l b a r e n S c h l ü s s e ü b e r h a u p t 227 Die apalytische Urtheilsbildung als Ableitung eines Urtheils aus einem Begriff, und die synthetische Urtheilsbildung 229 Die Conversion ü b e r h a u p t . Ihre innere Berechtigung . Die Conversion des allgemein bejahenden Urtheils . . Die Conversion des particular bejahenden Urtheils . . Die Conversion des allgemein verneinenden Urtheils . Die Unmöglichkeit der Conversion des particular verneinenden Urtheils Die Contraposition ü b e r h a u p t . I h r e innere Berechtigung Die Contraposition des allgemein bejahenden Urtheils .
233 235 240 242 24 fi 217 24S
Inhaltsverzeichniss.
xv Seite.
§ § §
91. 92. 93.
§ § § § §
94. 95. 96. 97. 98.
§
99.
§ 100. § 101. § 102. § 103. § 104. § 105. § 10G. § 107. § 108. § 109. § 110. § 111. § 112. § 113. § 114. § 115. § 11G. § 117.
Die Contraposition des allgemein verneinenden Urtheils Die Contraposition des partieular verneinenden Urtheils Die Unmöglichkeit der Contraposition des partieular bejahenden Urtheils Die Umwandlung der Relation Die Subalternation Die (qualitative) Aequipollenz Die Opposition Die modale Consequeuz . . . . . . .
252 25G 257 258 259 2G2
Die m i t t e l b a r e n die Induction
2G8
Schlüsse.
Der Syllogismus und
Der einfache und der zusammengesetzte S y l l o g i s m u s . Die Bestandtheile des Syllogismus. Die Relation desselben Der Syllogismus als Erkenntnissform. Seine Beziehung auf die reale Gesetzmässigkeit . . . . . Der e i n f a c h e kategorische Syllogismus. Die drei Termini desselben . . . . . . . . Die drei Hauptclassen (Figuren im umfassenderen Sinne) oder vier Abtheilungen (Figuren im beschränkteren Sinne) der einfachen kategorischen Syllogismen . . Die verschiedenen Combinationsformen der Prämissen. Die Modi Die Sphärenvergleichung als Kriterium der Schlussfähigkeit Ex mere negativis nihil sequitur. Ausscheidung der Combinationsformen ee, o e, eo, oo . . . . Ex mere particularibus nihil sequitur. Ausscheidung der Combinationsformen ii, oi, io Die Combination eines particularen Obersatzes mit einem negativen Untersatze ist nicht schlussfähig. Ausscheidung der Combinationsform i e . . . . Die erste Figur im engeren Sinne, Ausscheidung der Combinationsformen i a, o a; a e, a o . . . . Der erste Modus der ersten Figur Barbara . . . Die übrigen Modi der ersten Figur: Celarent, Darii, Ferio Die zweite Figur. Ausscheidung der Combinationsformen ia, o a ; aa, a i Die gültigen Modi der zweiten F i g u r : Cesare, Camestres, Festino, Baroco Die dritte Figur. Ausscheidung der Combinationsformen a e und ao Die gültigen Modi der dritten F i g u r : Darapti, Felapton, Disamis, Datisi, Bocardo, Ferison . . . . Die vierte Figur. Ausscheidung der Combinationsformen oa, a o ; a i Die gültigen Modi der vierten Figur oder der zweiten Abtheilung der ersten Figur im umfassenderen Sinne: Bamalip, Calemes, Dimatis, Fesapo, Fresison . .
251 251
2Gf> 2G7 277 278 29G 298 299 302 304 307 309 320 323 324 330 331 335 337
Inhaltsverzeichniss.
XVI
Seite.
§ 118.
Vergleichende Uebersicht über die verschiedenen Figuren und Modi. Die F o r m des Schlusssatzes. Die Modi Barbari, Celaront; Cesaro, Camestros; Calemos. Das Werthverhältniss der verschiedenen Formen. Die Namen der sämmtlichen Modi . . . . . . .
341
§ 119,
Die Modalität des Syllogismus
344
§ 120.
Die Substitution eines Begriffs für einen andern in einem objectiven oder attributiven Yerhältniss. Zurückführung der Syllogismen aus zwei einfachen kategorischen IJrtheilen auf das Substitutionsprincip .
347
§ 121.
Die Syllogismen aus subordinirt zusammengesetzten und insbesondere aus hypothetischen Prämissen . . .
350
§ 122.
Vermischte Schlüsse aus einer hypothetischen und einer kategorischen Prämisse oder die vorzugsweise sogenannten hypothetischen Syllogismen . . . .
353
§ 123.
Vermischte Schlüsse mit coordinirt zusammengesetzten Prämissen und insbesondere mit einer disjunetiven Prämisse. Das Dilemma, Trilemma, Polylemma, oder der sogenannte Syllogismus cornutus . . . . .
350
§ 124.
Z u s a m m e n g e s e t z t e Schlüsse. Die Schlusskette. Der Prosyllogismus und Episyllogismus . . . .
302
§ 125.
Einfache und zusammengesetzte Schlüsse mit verkürztem Ausdruck. Das Enthymem. Das Epicherem. Der Iiettenschluss oder Sorites . . . . . .
304
§ 120.
Die Paralogismen und Sophismen
§ 127.
Die I n d u c t i o n
§ 128.
.
.
.
.
.
307
.
.
.
.
.
.
371
Die vollständige Induction
.
.
.
.
.
.
375
§ 129.
Die unvollständige Induction
.
.
.
.
.
.
370
§ 130.
Die bemerkenswerthesteu Inductionsfehler
382
§ 131.
Der Schluss der A n a l o g i e
383
überhaupt
§ 132.
Die Bestimmung
des W a h r s c h e i n l i c h k e i
tsgrades
391
§ 133.
Die m a t e r i a l e Schlusssatzes
W a h r h e i t der Prämissen und dos . . . . . . . . .
393
§ 134.
Die H y p o t h e s e
§ 135.
Der B e w e i s
§ 136.
Die Widerlegung.
§ 137.
Die bemerkenswerthesten Beweisfehler
394 400 Die Untersuchung.
Das P r o b l e m .
.
.
410
.
413
.
VI. Tlieil. Das System in seiner Beziehung zu der Ordnung der objectiven T o t a l i t ä t . § 138.
D e f i n i t i o n d e s S y s t e m s . Das Denkgesetz d e r T o t a l i t ä t
§ 139.
Das P r i n c i p .
Die Analysis und Synthesis
.
.
.
422 423
§ 140.
Die analytische (oder regressive) Methode
.
.
.
427
§ 141.
Die synthetische (oder constructive) Methode
.
.
432
E inleitung. H e g r i f f , Eiiitlieilinig' u n d a l l g e m e i n e G e s c h i c h t e d e r L o g i k .
§ 1. Die L o g i k i s t d i e W i s s e n s c h a f t v o n d e n 11 o r in ;i t i v e n G e s e t z e n d e r m e n s c h l i c h e n E r k e n n tn i s s . Das Erkennen ist die Thätigkeit des Geistes, vermöge deren er mit Bewusstsein die Wirklichkeit in sieh reproducirt. Ks ist tlieils unmittelbares Erkennen oder äussere und innere Wahrnehmung, tlieils mittelbares oder denkendes Erkennen. Die auf mittelbares Erkennen abzielende Geistesthätigkeit ist das Denken. Die normativen Gesetze (Gebote, Vorschriften) sind diejenigen allgemeinen Bestimmungen, denen die Erkenntnissthätigkeit sich um der Erreichung des Erkenntnisszweckes willen unterwerfen muss. Die L o g i k a l s E r k e n n t n i s s l o h r e hält die Mitte zwischen der gewöhnlich sogenannten f o r m a l e n , oder b e s t i m m t e r : s u b j e c t i v i s t i s e h - fo r m a l e n L o g i k , welche das Denken mit Abstraction von seiner Beziehung auf das zu erkennende (ob.jective) Sein b e t r a c h t e t , und der m i t d e r M e t a p h y s i k i d e n t i f i c i r t e u L o g i k , welche mit den Gesetzen des E r k e n n e u s zugleich den allgemeinsten (metaphysischen oder ontologischen) Inhalt aller E r k e n n t n i s s darstellen will. Das Nähere hierüber und namentlich die R e c h t f e r t i g u n g dieser Mittelstellung s. unten bei §§ 3 und C und in dem Ueberblick über die allgemeine Geschichte der Logik besonders §§ 28—35. — Die E r k e n n t n i s s in dem weiteren Sinne, in welchem wir hier das W o r t gebrauchen, umfasst sowohl die K e n n t n i ss, welche auf der W a h r n e h m u n g (und dem die fremde W a h r n e h m u n g überliefernden Zeugniss) b e r u h t , als die E r k e n n t n i s s i m e n g e r e n S i n n e , die d u r c h das Denken gewonnen wird. - Das menschliche E r k e n n e n als Nachbildung des Wesens der Dinge im menschlichen Bewusstsein ist zugleich ein N a c h d e n k e n d e r Gedanken, welche das schöpferische göttliche Denken in die Dinge liineingebildet hat. Im H a n d e l n soll der vorausgehende Gedanke die Wirklichkeit bestimmen, im E r k e n n e n aber die an sich v e r n u n f t gemässe Wirklichkeit den menschlichen Gedanken. Das hier in der
1
9
§ 2. Die E r k e n n t n i s s f o r m e n .
E i n l e i t u n g - G e s a g t e soll n u r als A n t i c i p a t i o n d e r s p ä t e r (von § 37 an) d u r c h eine d a v o n u n a b h ä n g i g e U n t e r s u c h u n g zu g e w i n n e n d e n R e s u l t a t e gelten ; es soll h i e r n u r zur vorläufigen O r i e n t i r u n g d i e n e n . Die h i e r aufgestellten Definitionen sind z u n ä c h s t n u r N o m i n a l e r k l ä r u n g e n (s. u. § Gl), d e r e n G ü l t i g k e i t (gerade so, wie in E u k l i d ' s Geomet r i e die d e r an die Spitze gestellten Definitionen) so lange d a h i n gestellt bleibt, bis die n a c h f o l g e n d e U n t e r s u c h u n g dieselbe d a r t l u i t . Den G e d a n k e n , dass d u r c h das Sein das E r k e n n e n b e d i n g t sei, ä u s s e r t P l a t o R e p . V, p. 477 ed. Steph. Z u m e i s t in Beziehung auf das U r t h e i l entwickelt denselben A r i s t o t e l e s . A r i s t . Cat. 12, p. 14, B, 18: TMI o Uf)' < U t j , X o y o i aithtuiTi; HYTIO; TOÜ TU rioüyu«, To
SI'TOI
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ii'i'K/ To Tioüyua
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M e t a p h . IX, uh'
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T-IIIA
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Xoyov'
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Arist.
10, § 2 ed. Sohweglcr, p. 1051 B, 3 ed. B e k k e r : ¿>.¡¡,'>(¿(1 otouffo*
t):- o ?iai'it'(>>^ t/toi'
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A r i s t . M e t a p h . X , 6, 18, p . 1 0 5 7
A, 1 1 : TOO,ioi' Tirü }) {¡KOirjuii UFTIJFITDI Tot f;IINI)}T ro aotf-ov
¡jre ol'i/ xvßfoi'/icrei)
Con-
Derselbe bei
D i o g . L a e r t . I X , 1 : TToXvuu'Hi]
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7iie Ionischen N a t u r p h i l o s o p h e n , die P y t h a g o r e e r u. E l e a t e n .
t r e n n b a r e u n d derselben e n t g e g e n g e s e t z t e G e i s t e s t h ä t i g k e i t , als vielm e h r n u r das volle Offenseiu d e r Sinne f ü r die a l l g e m e i n e a l l h e r r s c h e n d e V e r n u n f t , die I s o l i r u n g a b e r b e g r ü n d e t den I r r t h u m , s. Sext. E m p . adv. M a t h . VII, 129. — A n a x a g o r a s bei Sext. E m p . a d v . M a t h . VII, 9 0 : ¿nò «(/¡«i'pori/rof ttvtóii> (iwv nìafltjaeoji') ov ävvctjoi lauer xolvnv n'c/.'i^t'i. N a c h A n a x a g . bei Simplic. in A r i s t . phys. fol. 33 sq. e r k e n n t die göttliche V e r n u n f t alle Dinge, die m e n s c h l i c h e a b e r ist Ung l e i c h a r t i g : iiiintt 'tyroi róoi • — l'óog ift jiiit ' o (,-
vgl. l'lat. Theaet. ]i. 170, und in ganz analoger Weise w i r f t H e r b a r t Hegel »Empirismus« vor.) Indem Heraklit die synthetische E i n h e i t der Gegensatze als Identität, ihr Vereinigtsein als Einssein bezeichnete, reizte er den strengen Denker Parmenides zum W i d e r s p r u c h und zur E r g r e i f u n g des entgegengesetzten E x t r e m s : P a r menides verneint von dem w a h r h a f t Seienden alle Vielheit und allen Wechsel. (Es ist der nämliche Gegensatz philosophischer Grundansichten, der sich in dem Ilegel'schen und dem Ilerbart'schen Systeme wiederholt, jedoch mit dem Unterschiede, dass Heraklits unmittelbare Anschauung sich bei Hegel zur dialektischen Methode vertieft hat, und dass H e r b a r t n u r die Vielheit der Eigenschaften Eines Dinges und die V e r ä n d e r u n g f ü r widersprechend hält, aber nicht die Vielheit einfacher realer Wesen aufhebt, und den von Parmenides nicht gewagten Versuch u n t e r n i m m t , den Schein der Veränderung: aus dem Sein des Unveränderlichen philosophisch abzuleiten.) Das Denken, lehrt Parmenides ferner, g e h ö r t dem Einen w a h r h a f t Seienden, welches gedacht wird an und ist identisch mit ihm, das Seiende selbst ist das Denkende, der vovs. P a n n e n , f r a g m . vrs. 94—97: }tMf
(¡> JIEIFXITIAUSVOR
y(\o
ij ¡-am'
(/
¿(tTc.i
FOVTO^.
*) Metaph. IV, 3, § 14 ist vielleicht xuih'aitn r/rt, o'ontti Ii (je • xXt.no v zu lesen und dem Sinne nach i>iToXttußti.i'fir, nicht Xfyeiv, zu e r g ä n z e n ; denn g e s a g t hat Heraklit wirklich, dass das Nämliche sei und auch nicht sei (vgl. ft'iifv xiu ovx fiutr bei Heraklides, Alleg. Horn, e. 24), aber a n n e h m e n , ( l e n k e n konnte er es nicht, weil dies überh a u p t nicht möglich ist.
20
§ § 12. 13. D i e S o p h i s t e n u n d
lieber
Sokrates. Die einseitigen
die W a h r h e i t sollen n i c h t die t ä u s c h e n d e n Sinne
dern die V e r n u n f t . [jqdt
P a r m . f r a g m . vrs.
ufixonov
xtu yXwtjaav
xQTvm
ti; (ue'hv Heber Z e n o rnuTflta
ouuu
tionen
xit) r}%rj£(tö«r
ßt(tfJÜ-(0,
uxori]!'
iii Xoyto ¡roXvüriQiv
'O.ty/jn'
den
E l e a t e n b e r i c h t e t Diog. L a e r t . IX, f i p f T r / r avrbv
bestand
wesentlich
yeveufhti
darin ,
25:
tf t]n) J'i U y t -
äntXexTix^;.
dass
er
Zeno's dia-
durch
Argumenta-
g e g e n d a s Sein d e s V i e l e n ( S i m p l i c . in P l i y s . f o l . 3 0 b) u n d
B e w e g u n g ( A r i s t . P h y s . V I , 9) d e n i n d i r e c t e n
Beweis
f ü r die
der Parmenideisehen L e h r e
welches
wahrhaft
führen
unternahm,
von
s. (Fiat.V)
dem Einen,
Pannen,
n a c h ( l ' l a t . ? ) P a r m o n . p. 127 m e h r e r e Xir/m\\
son-
{»¡tH'mi.
(>• tü) Zoipimy,
lektische K u n s t
nrtheilen,
54—57:
ij' fii-og 710Xtj71£l00V ÖcFüJ' X((T(< Tl}Vdt
voHutv
Sokratiker.
e n t h a l t e n zu
p. 128.
Seine Dialoge
geordnete
der
Wahrheit sei, zu seheinen
Argumentationsreihen,
haben.
§ 12. Durch die S o p h i s t e n wurde mit der Rhetorik auch eine Kunst des doppelseitigen Disputirens ausgebildet, die der subjeetiven Willkür diente. Die dialektische Kunst stellt S o k r a t e s (470—399 v. Chr.), beseelt von der Idee des Wissens, in den Dienst des Strebens nach objectiv gültiger Erkenntniss, welche von jedem denkenden Subjecte gleiehmässig und mit N o t w e n d i g k e i t als wahr anzuerkennen sei. Auf Grund des Einzelnen sucht er zusammenfassend und prüfend das Allgemeine zu erkennen, Uber welches er dann mittelst der Begriffsbestimmung Rechenschaft giebt. So wird er der Urheber der Induetion und Definition, aber zunächst nur in der Anwendung auf ethische Probleme und ohne die logische Theorie. Protagoras ftnionoi,
TiZv
iilv
a p . D i o g . L . I X , 5 1 : urii'To»'
bvnov
o>f ean,
d e m : 7T()C0T0i f f f i r j d'vo Xöyous t\XX)]).oii. oix
t'ivni
yrotmbr,
(Arist.?)
de Melisso,
rprjaiv oiäiv «W
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IdTtr
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t ' inuxzixovs ttcqi
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Xoyovg IniaTriurjq.
Tic TjS-txu 7iQctyf.utT£vou£vov,
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Tov t!]ir ifictt'otcer.
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G o r g i a c. 5 : tlvuf
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Ibi-
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fl i, — os itv r« ovxa ).( elf f'niir,
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alt]!h);
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it'>± oi'z (an.
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S o p h . p. 2 6 3 B:wA('yfr
6 i öi'nc «oft oi,' ov}i( lf'yti). Der dialektischen Kunst weist Plato theoretisch dieselbe Doppelaufgabe zu, die er auch im wirklichen Denken zu lösen sucht: 1. »das überall hin Z e r s t r e u t e anschauend zusammenzufassen in Eine Gestalt, um ein Jedes genau zu bestimmen« (Pliaedr. p. 265: der W e g der Hegrift'sbildung durch A b s t r a e t i o n , und Begriffsbestimmung oder D e f i n i t i o n ) und auf diesem Wege in gleicher Art weiter zu den höheren Begriffen bis zu dem absolut höchsten aufzusteigen (de llcp. Hb. VI, p. 511; cf. Hb. VII, p. 532 sqq.), 2. d a n n wieder von dem höheren Begriffe aus zu den niederen, die ihm u n t e r geordnet sind, herabzusteigen, »nach Artbegrifl'en zertheilen zu können, gliedermässig wie ein Jedes gewachsen ist« (Phaedr. 1. 1.: E i n t h e i l u n g oder D i v i s i o n ) , und das, was aus den zum G r u n d e geleg-
23
§ 15. Die Platoniker.
ten Voraussetzungen hervorgehe, zu betrachten (l'haedon 101: Ded a c t i o Ii;, um auch diesen W e g bis zu den letzten Consequenzen zu verfolgen. Den richtig gebildeten Begriffen aber entsprechen reale Wesen, welchc d u r c h sie e r k a n n t werden, die I d e e n , und diese gliedern sich nach derselben Stufenfolge, wie die Begriffe, von den niederen bis hinauf zu der absolut höchsten Idee, der Idee des Guten (Rei>. )i. 509). Die Mathematik geht von Voraussetzungen aus, welche nicht die obersten s i n d ; die Dialektik g e b r a u c h t diese nämlichen Voraussetzungen als Grundlagen der E r h e b u n g zu den ideellen Vrincipien; die Mathematik aber n i m m t den entgegengesetzten W e g , indem sie aus denselben das Besondere und Einzelne ableitet. Aus diesem G r u n d e steht die mathematische E r k e n n t u i s s in der Mitte zwischen dem reinen Denken und der sinnlichen W a h r n e h m u n g . Ebenso sind auch die mathematischen Objecto Mittelwesen zwischen den Ideen und den sinnlichen Dingen. Indem l'lato bei der sinnlichen Erkenntuiss wiederum das Vertrauen auf die sinnliche W a h r n e h m u n g und die blosse Vermutliung, und in entsprechender Weise unter den sinnlichen Objccten dir, sinnlich w a h r n e h m b a r e n Dinge und die Schattenbilder unterscheidet, so gewinnt er (Rep. VII, 533 sq.) die folgende E i n t e i l u n g der Erkenritnissweisen: Norjois tniarrlut)
¡Sittvonc
.limn
tlxuaiu
und die folgende analoge E i n t h e i l u n g der Gesammtheit des Seietiden: Norftbv tth'fa
ytvoi IIU»t)UttTIXK
Oomov tlMUUTU
yivos tixövci.
Es ist nicht nur f ü r I'lato's Methode charakteristisch, dass er die Untersuchungen über das Denken und über das Gedachte überall gemeinschaftlich f ü h r t , sondern auch f ü r den Inhalt seiner Lehre, dass er die sämmtlichen Verhältnisse der Denkformen auch auf die Denkobjectc ü b e r t r ä g t . Das Logische, und das Metaphysische steht bei ihm noch iu sehr naher Beziehung und fast in u n m i t t e l b a r e r E i n h e i t (ohne dass er jedoch zur Identificirung fortginge).
§ 15. Plato's Nachfolger in der A k a d e m i e bedurften zum Zweck des zusammenhängenden Lehrvortrags der strengeren systematischen Form. Hierdurch wurde Speusippus veranlasst, die Wissenschaften überhaupt, und Xenokrates, die philosophischen Disciplinen übersichtlich einzutheilen. Xenokrates soll zuerst die Eintheilung der Philosophie in Physik, Ethik und Dialektik ausdrücklich aufgestellt haben. Die zweite und dritte akademische Schule oder die sogenannte m i t t l e r e A k a d e m i e , begründet durch Arcesilaus und Karneades, neigte sich zum Skepticismus hin, die vierte und fünfte, begründet durch Philo und Antiochus von Askalon, zum Dogmatismus und Synkretismus.
§ 16. l'eber iitix'hjiucrrii'
tipeusijipus
¿Otitacdü
Aristoteles. ohog
s. D i o g . I , a e r t . IV, 2 :
7o y.oii'ör
y.r,
7 o r Btl'oxoitTi]
rc.i rijuh
tm\v
tiQ/nyo;,
ovx o/.iyoti' xal
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1 )'i ol U71Ö rrji
U e b e r K a m pa cl es,
71(0).
710/.-
0. 1857). — Eine andere Auffassung findet die Logik in der psychologischen Schule, so bei: M a i n e d e B i r a n , oeuvres philos, pubi, par Cousin. T . I I . Paris 1841, p. 347. Remarques sur la logique de M. de Tracy; u. oeuvres inédit, pubi, par E. Naville. T. II. Paris 1859, p. 221 , Section 4 e système reflexif. — Pli. D a m i r o n , cours de philosophie. 3 e part. Logique. Paris 1836. — Ch. W a d d i n g t o n , essais de logique, leçons faites à la Sorbonne de 1848 à 1856, Paris 1857. — Die Schullogik stellen dar : Manuel de philosophie par Ain. J a c q u e s , Jules S i m o n , Em. S a i s s e t , oeuvr. autorisé par le conseil de l'instruct. pubi. 2 édit. Paris 1855. — Ch. J o u r d a i n , notions de logique, rédig. conformém. aux programmes officiels du 30 août 1854 et du 3 août 1857. 5 édit. Paris 1858. — P e l l i s s i e r , précis d'un cours élément, de logique d'après les progr. offic. de 1857, 2 éd. Paris 1860; — Ch. B é n a r d , la logique enseignée par les auteurs, Paris 1858. — Auf dem Boden der Erkenntnisstheorie behandelt die Logik: A. C o u r n o t , essai sur les fondements de nos connaissances et sur les caractères de la critique philos. 2 tms. Paris 1851 ; u. traité de l'enchaînement des idées fondamentales dans les sciences et dans l'histoire 1861; — der Erkenntnisslehre gehört auch der Hauptinhalt des Werkes von E. V a ober o 1 an: la métaphysique et la science, Paris 1858, 2 éd., Paris 1S63: ferner J . T i s s o t , essai de logique objective ou théorie de la connaissance de la vérité et de la certitude, Dijon 1867. Zu beachten ist A. R o n d e l e t , théorie logique des propositions modales, Paris 1861. — Die Methodenlehre behandelt J. M. C. D u h a m e l , des méthodes dans 5
GC
§ 35. Neuere Logiker ausserhalb Deutschlands.
les sciences du raisonnement, P a r i s 1865. — Beaohtenswerth ist a u c h : Ch. de R e m u s a t , essais de philos. 2 tomes, Paris 1842 (bes. T. 2. essai VIII du j u g e m e n t ) . — In der theologischen Schule ist die Logik behandelt worden von: L a m e n n a i s , esquisse d'une philosophie, 4 tomes, Paris 1840 (T. 2 liv. I l l chap. III—IX); — A. G r a t r y , logique, a t o m e s , Paris 1855; — N o i r o t , leçons de philosophie professées au lycée de Lyon (logique p. 143 —1220) Lyon et Paris 1852. — Einen auf X a t u r forschung und Mathematik basirteli » Positivismus « v e r t r i t t A. ( ' o i n t e in s. cours de philosophie positive 6 tomes, Paris 1830—42; die logischen ürundiiuschauuugen seines iuduetiven E m p i r i s m u s sind besonders am A n f a n g des ersten und am E n d e des letzten Bandes dargelegt. E i n e ausführlichere B e h a n d l u n g haben dieselben noch gefunden in s. B u c h : Synthèse subjective T. I. conten. le système de logique positive ou traité de philosophie m a t h é m a t . Paris 1856. Zu vergi, über Comte das Buch von E. L i t t r é , A. Comte et la philosophie positive. Paris 1863 (iusbes. 3" part, cliap. v. la mathématique est-elle identique à la logique?); — und J. St. M i l l , A. Comte and positivism. London 1865 (oder ges. Werke übers, v. Goiiipertz, lid. 9, Leipzig 1874). — lieber den Zustand der logischen Wissenschaft in F r a n k r e i c h ist zu vergi.: B a r t h é l é m y S t . l l i l a i r e , de la logique d'Aristote, sect. I l l , chap. XII, T. II. Paris 1838; von demselben der A r t . Logique im Dictionn. des sciences philosoph. T. 3° Paris 1847; — Ad. F r a n c k , esquisse d ' u n e histoire de la logique, Paris 1838; u. die Bemerkungen von L. P e i s s e in d. Vorrede seiner liebers. der F r a g m e n t s de philosophie par W . H a m i l t o n , Paris 1840. Derselbe constatili das. p. CXX einen Verfall der logischen Studien: »Cette décadence date de loin; elle n'est que le dernier retentissement de la réforme cartésienne et baeonienne, qui détruisit la scolastique: or la scolastique s'identifiait presque avec la logique. J e n'insisterai pas sur les preuves du fait, qui n ' e s t que t r o p évident. Il serait facile de m o n t r e r les phases successives de cette extinction graduelle de la logique à p a r t i r de Descartes jusqu' à Condillac, et de Condillac j u s q u ' à Destutt de Tracy.« Peisse b e r u f t sich d a f ü r auf den von Barthélémy St. Hilaire gegebenen Nachweis. Vergi. F . R a v a i s s o n , la philos, en Fi-ance au 19 s. (Recueil de r a p p o r t s etc.) Paris 1868, p, 206.
Erster
Theil.
I)Ie Wahrnehmung: In ihrer Beziehung zu (1er objeetiveu Räumlichkeit und Zeitlichkeit.
§ 36. Die W a h r n e h m u n g (perceptio) ist die unmittelbare Erkenntniss des neben- und nacheinander Existirenden. Die äussere oder sinnliche Wahrnehmung ist auf die Aussenwelt, die innere oder psychologische Wahrnehmung auf das psychische Leben gerichtet. l)io W a h r n e h m u n g ist die erste und unmittelbarste Erkenntnissform, weil in ihr die Beziehung des Subjoctos zu dem Objecte auf gegebenen Naturverhältnissen beruht, so dass sie keine anderen Erkenntnissformen voraussetzt, sondern allen anderen zum Grunde liegt und nur durch die Gegenwart ihres Objecto« bedingt wird. Das geistige Element ist in ihr noch am engsten mit der Naturbestimmtlieit verflochten, und diese Verflechtung ist überall nach dem allgemeinen Gesetze der Entwickeluug t] oder TU a/r]uuTu rij; xtiTtiyoiu'ug oder T(öi> XUIijyooiojy, auch k o m m t häufig die wegen i h r e r Kürze bequemere Bezeichnung xuTtjyooica vor. N u n heisst xuTi]yo(i(u bei Aristoteles z u n ä c h s t : Aussage oder P r ä d i c a t , und danach lässt sich der A u s d r u c k : Tu y{vr) cwv xuTrjyooiüv oder cd xuTtiyoüica übersetzen: die A r t e n der Aussagen oder der Prädicate. Wollten wir hiernach unter xmiiyom'a dasjenige verstehen, was seiner N a t u r nach im Satze die Stelle des Prädicates und nicht die des Subjectes e i n n e h m e , so w ü r d e diese Bezeichnung zwar auf die meisten der neun letzten F o r m e n passen, aber nicht auf die erste, da dieser vielmehr naturgemäss die Stelle des Subjectes zukommt. N u r die Vorstellungen der Genera oder der von Aristoteles sogenannten »zweiten Substanzen«, aber nicht die Individualvorstellungen, die auf die Einzelsubstanzen, also auf die Substanzen im e r s t e n , vollsten Sinne dieses W o r t e s g e h e n , treten leicht und naturgemäss in die Stelle des P r ä d i c a t e s ; die Einzelsubstanz dagegen kann n u r in Verbindung mit einem noch nicht seiner eigenen N a t u r nach bestimmten Subjecte als P r ä d i c a t ausgesagt w e r d e n , wie z. B. in dem Satze »dieses Weisse ist Sokrates« oder; »dieses Herankommende ist Kallias«. Da nun aber doch Aristoteles u n t e r der Bezeichnung XUTIJyooi'ai auch die Einzclsubstanzen m i t b e f a s s t , so können d a r u n t e r nicht die Prädicate ü b e r h a u p t zu vorstehen sein, sondern n u r die P r ä d i c a t e gewisser Sätze. Welche Sätze Aristoteles im Auge habe, zeigt die vollständigere Bezeichnung: xaxr\yo{>iui TOV OVTOS oder TMV ovim1. Jedes YQTTFA/XCTTIXOV,
102
§ 47. Die K a t e g o r i e n im A r i s t o t e l i s c h e n Sinne.
ov (im weitesten Sinne dieses W o r t e s ) ist e n t w e d e r eine ohain o d e r ein noaov oder ein noiov etc. Alle b e s t i m m t e n V o r s t e l l u n g e n , m ö g e n sie von s u b s t a n t i v i s c h e r F o r m oder von a d j e c t i v i s c h e r oder v e r b a l e r etc. sein, sind P r ä d i c a t e i h r e r Objecte, also d e r b e t r e f f e n d e n Dinge, E i g e n s c h a f t e n , T h ä t i g k e i t e n etc., in einem Satze, dessen S u b j e c t d u r c h eben diese, a b e r n u r u n b e s t i m m t , als i r g e n d w e l c h e o n t t ü b e r h a u p t , vorgestellten Objecte g e b i l d e t wird. Als S u b j e c t ist TOVTO ro OY o d e r (nach T o p . I, 5, p. 102 A, 34) ro niioy.tiutvtjv oder (nach T o p . I, 9, p. 103 B, 30) ro ixxeifievov zu d e n k e n . Der P l u r a l xcer/jyooita bezeichnet die A r t e n nach einer b e k a n n t lich n i c h t u n g e w ö h n l i c h e n g r a m m a t i s c h e n A n a l o g i e : die y.uTiy/ooita r o r ovros Met. IX, 1, § 1 sind d i e A r t e n o d e r F o v m v e r s e h i e d e n h e i t e n d e r Aussagen (und d e m g e m ä s s auch d e r V o r s t e l l u n g e n von dem Seienden), sofern dieselben den A r t e n oder F o r m v e r s c h i e d e n h e i t e n des Seienden e n t s p r e c h e n , u n d m e t o n y m i s c h die l e t z t e r e n selbst. Der Begriff A r t oder F o r m v e r s c h i e d e n h e i t kann nicht n u r d u r c h den P l u r a l , sondern a u c h d u r c h ein zu y.tariyooir< oder xariiyoniia h i n z u t r e t e n d e s W o r t , wie n/rjf" oder ye'rog a u s g e d r ü c k t w e r d e n : A r t d e r Aussage über das Seiende, d e r P r ä d i e i r u n g des S e i e n d e n , oder F o r m d e r V o r s t e l l u n g von dem S e i e n d e n , nämlich entweder s u b s t a n t i v i s c h e V o r s t e l l u n g , d. i. Bezeichn u n g des S u b s t a n t i e l l e n , oder adjectivische V o r s t e l l u n g , d. i. Bezeichnung' des Quäle etc. M e t a p h . V, 28. § 7. Die erste K a t e g o r i e , die Kategorie der S u b s t a n z , g e h t nach Aristoteles tlieils auf d i e von i h m sogen a n n t e n ersten Substanzen {ntjuniu ovntca). d. h. die I n d i v i d u e n , theils auf die zweiten Substanzen (dfvieoca ova(ai), d. h. die A r t e n u n d Gatt u n g e n . An den ersten Substanzen u n t e r s c h e i d e t Aristoteles die M a t e r i e (¡U>) oder vjioxsifitvov), die F o r m (tiSog o d e r iioot/ ri oder ro T( rjv slvai oder rj xciTci Xoyov ovain) u n d das Ganze (ro fy. TOVTWV ciuipoiv oder ro trwokov). Die n e u n ü b r i g e n V o r s t e l l u n g s a r t e n fasst Aristoteles u n t e r d e m g e m e i n s a m e n N a m e n la ußt,9ijxörr< z u s a m m e n ; m i t u n t e r (Metaph. XIV, 2, 1089 B, 23) werden von i h m d r e i H a u p t c l a s s e n , n ä m l i c h ovaiai, NU{H>I u n d TIQOS rI u n t e r s c h i e d e n * ) . Die S t o i k e r b r i n g e n die zehn
*) W i e sich diese K a t e g o r i e n l e h r e im Geiste des Aristoteles genetisch e n t w i c k e l t habe, ist ungewiss. T r e n d e l e n b u r g (de A r i s t . e a t e g o r . 1833; Geschichte d e r K a t e g o r i e n l e h r e , 1846, bes. S. 11—33) g l a u b t , Aristoteles 6ei d a r a u f d u r c h die B e t r a c h t u n g g r a m m a t i s c h e r B e z i e h u n g e n g e f ü h r t w o r d e n , n a m e n t l i c h d e r W o r t a r t e n , d e r e n K e n n z e i c h e n in den E n d u n g e n { n r o j a f i i ) vorlagen. I n s b e s o n d e r e e n t s p r e c h e die e r s t e K a t e g o r i e dem S u b s t a n t i v , die zweite, d r i t t e u n d v i e r t e d e m A d j e c t i v n e b s t d e m N u m e r a l e , die f ü n f t e u n d sechste dem A d v e r b des Ortes u n d d e r Z e i t , die siebente bis z e h n t e d e m V e r b u m in seinen v e r s c h i e d e n e n F l e x i o n s f o r m e n . In d e r T h a t ist die V e r w a n d t s c h a f t d e r K a t e g o r i e n l e h r e m i t d e r g r a m m a t i s c h e n L e h r e von den W o r t a r t e n d u r c h T r e n d e l e n b u r g ebenso g r ü n d l i c h u n d s c h a r f s i n n i g , w i e evident d a r g e t h a n w o r d e n ; ob a b e r d e r U r s p r u n g d e r K a t e g o r i e n l e h r e in einer B e t r a c h t u n g der W o r t a r t e n u n d U n t e r s c h e i d u n g derselben m i t den mtaang l i e g e , d ü r f t e w i e d e r u m z w e i f e l h a f t sein. Die Aristotelische U n t e r s c h e i d u n g d e r R e d e t h e i l e (s. o.) ist zu w e n i g d u r c h g e f ü h r t , u m diese A n n a h m e zu b e g ü n s t i g e n ; n u r ovofia u n d orjua sind als B e g r i f f s w ö r t e r u n t e r s c h i e d e n , die in einigem Maasse wohl m i t ovolu u n d ovfißißqxö; ü b e r e i n k o m m e n , a b e r n i c h t die
§ 47.
Die Kategorien im Aristotelischen Sinne.
103
von Aristoteles aufgestellten Kategorien auf vier z u r ü c k , welche sie r a yti'ixwTazcc (die allgemeinsten Geschlechter) nennen und als F o r m e n der objectiven Realität auffassen, nämlich 1. das S u b s t r a t (ro vnoxtifjivov), Zehnzahl der Kategorien begründen k ö n n e n ; zu den riTioam aber rechnet Aristoteles (de int. c. 3) gerade solche Flexionsformen des Verbums, auf welche er keine verbalen Kategorien g r ü n d e t (wie die Tempora in vy(«vei> und vytuvti). Wenn ferner Aristoteles ein Substantiv (*«ipo'ff) als Beispiel eines logischen iiqo; n a n f ü h r t , so setzt dies eine von der Unterscheidung der W o r t a r t e n unabhängige und auf wesentlich verschiedenen Gründen b e r u h e n d e Einsicht in die Bedeutung und die Unterschiede der Vorstellungsformen voraus. Nicht sowohl die W o r t a r t e n , als die Satztheile (Subject, Prädicat) hat Aristoteles unterschieden^ Auf diese letztere Unterscheidung bezieht sich die der OVO/LUITU und ¡5t'iftciTcc. Bei der Unterscheidung der verschiedenen A r t e n der letzteren von einander konnte sich Aristoteles an die in verschiedenen Sätzen empirisch gegebenen Prädicato halten (wie. z. B. Sokrates ist von geringer Körpergrösse, Sokrates ist gebildet, Sokrates d i s p u t i r t , widerlegt, ist widerlegt), doch mag Aristoteles bei seiner Ausbildung der Kategorienlehre auch d u r c h bestimmte philosophische Beziehungen und namentlich d u r c h seine Polemik gegen die Platonische Ideenlehre auf die Kategorienlehre geleitet worden sein. Aristoteles, der überall das Allgemeine im Besonderen zu erkennen s u c h t , seine Speeulation auf Pimpirie b a s i r t , p r ü f t die W a h r h e i t der Ideenlohre an der Beziehung zu der gegebenen Wirklichkeit. Bei diesem kritischen Streben k o n n t e seinem Scharfblick das Missverhältniss nicht entgehen, dass sich nicht alle Erscheinungen in gleicher Weise als Abbilder der Ideen betrachten lassen, sondern einige schon in formaler Beziehung dieser Ansicht w i d e r s t r e b e n , u n d indem er sich hierüber -nähere Rechenschaft g a b , musste er den Grund darin finden, dass Plato die Ideen n u r unter einer einzigen E x i s t e n z f o r m denke und als Ideen denken könne, nämlich unter der F o r m der Substantialität, während sich die Wirklichkeit unter verschiedenen Existenzformen darstelle. Die Idee des Guten z. B. soll eine einige sein von substantieller Existenz und doch zugleich das gemeinsame Urbild f ü r alles in der Wirklichkeit erscheinende Gute abgeben; dieses letztere aber ist nur zum Theil gleichfalls etwas Substantielles, wie der Gott und der (von Aristoteles substantiell gedachte) vovs, zum anderen Theil aber etwas Prädicatives oder Accidentielles, eine T h ä t i g k e i t , eine E i g e n s c h a f t , ein Verhältniss, wie die g u t e Handlung, die Güte der Gesinnung, die Brauchbarkeit des Mittels zum Zweck etc., und diese formale Verschiedenheit widerstreitet der formalen E i n h e i t des von Plato angenommenen gemeinsamen Urbildes (Arist. E t h . Nie. I, 4; E t h . E u d . I, 8, Metaph. I, 9, § 8 - 1 2 Schw.; XIII, 4, § 17—20; XIV, 2, § 23). Durch d e r a r t i g e Betrachtungen auf die Verschiedenheit der Existenzform a u f m e r k s a m g e w o r d e n , musste der ordnende und systematisirönde Geist des Aristoteles bald dahin gelangen, eine geschlossene Reihe derselben aufzustellen. Als p o s i t i v e A n k n ü p f u n g s p u n c t e konnten ihm bei der E r f o r s c h u n g der Kategorien etwa die von Plato oder einem Platoniker im Sophista g e f ü h r t e n Untersuchungen über das Seiende ü b e r h a u p t , über Ding u n d H a n d l u n g , B e h a r r u n g u n d Bewegung, I d e n t i t ä t u n d Verschiedenheit, Einheit u n d unbestimmte Grösse u n d Kleinheit , ferner E r ö r t e r u n g e n wie Rej>. IV, p. 438 über relative Begriffe, Soph. p. 248 über nuutr und naaytiv als A r t e n der y fr tau etc.. Plat. Pliaed. p. 93 B über Seele u n d Harmonie dienen, jedoch wohl n u r in geringem Maasse, weil bei Plato die F r a g e nach den F o r m e n der Einzelexistenz noch ganz hinter die F r a g e nach dem Verhältniss des Einzelnen zum Allgemeinen z u r ü c k t r i t t ; die Aufstellung der Kategorien ist vielmehr als ein fast selbständiges W e r k des
104
§ 47. Dio K a t e g o r i e n der Stoiker u n d A n d e r e r .
2. dio (wesentliche) E i g e n s c h a f t (TÖ noiov), 3. die (unwesentliche) Beschaffenheit (TO 7ICÓÍ i/ov), 4. die R e l a t i o n (r¿ noág TI TIIIJÍ e/ov). Allen diesen K a t e g o r i o n o r d n e n sie den allgemeinsten aller B e g r i f f e , n ä m l i c h den des ov oder a u c h (wahrscheinlich später) d e n des TÍ ü b e r . (Von den d u r c h Aristoteles M e t a p h . XIV, 2, § 23 z u s a m m e n g e s t e l l t e n d r e i Klassen von K a t e g o r i e n : TIC ¡NH YÜO OUAIIA, T« J Í JIÁ!)R¡, U'T ÉT NOÓS TI, kommt die erste m i t d e r e r s t e n u n d z w e i t e n , die zweite m i t der d r i t t e n , u n d die d r i t t e m i t d e r v i e r t e n d e r Stoiker überein.) Z u g l e i c h bilden die S t o i k e r die L e h r e von den W o r t a r t e n w e i t e r aus, indem sie das imOoov als eine W o r t a r t , n ä m l i c h als den A r t i k e l b e s t i m m e n u n d s p ä t e r a u c h das A d v e r b i u m (narät'xrris s. v. a. t7ií>-¡ut'. d i e n t d e r E r w e i t e r u n g d e r Aussage, w ä h r e n d d e r aivfiin/ios der Verbindung der Ilauptredetheile unter einander dient. Die Lehre! von d e r A c h t z a h l der l l e d e t h e i l e ist erst in d e r a l e x a n d r i n i schen Zeit a u f g e k o m m e n . Von den Philosophen w a r e n n a c h logischen G e s i c h t s p u n c t e n die B e s t a n d t e i l e des G e d a n k e n s und d e m g e m ä s s d e r R e d e g e s o n d e r t w o r d e n ; die G r a m m a t i k e r , welche das e m p i r i s c h geg e b e n e S p r a c h m a t e r i a l zu o r d n e n u n t e r n a h m e n , k n ü p f t e n die von d e n P h i l o s o p h e n im w e i t e r e n S i n n e g e b r a u c h t e n Bezeichnungen an b e s t i m m t e einzelne W o r t a r t e n u n d b r a c h t e n neue Bezeichnungen f ü r d i e ü b r i g e n W o r t a r t e n auf. Der avvdenuos, welcher die C o n j u n e t i o n u n d P r ä p o s i t i o n u m f a s s t h a t t e , b e z e i c h n e t e n u n m e h r bloss die e r s t e r e , die P r ä position w a r d TIQÖÖTMG g e n a n n t ; von d e m OVO/JA zweigte sich die UVTO>vvfiia (das P r o n o m e n ) a b ; zwischen das V e r b u m u n d das N o m e n w a r d das P a r t i c i p (/.UTOXIJ) gestellt; Adjectiv und Numerale wurden dem N o m e n z u g e r e c h n e t , die I n t e r j e c t i o n a b e r galt n i c h t als ein w i r k l i c h e r T h e i l d e r Rede. P r i s c i a n f u s s t in seiner A u f s t e l l u n g d e r »octo p a r t e s orationis« auf Apollonius Dyscolus; seine T h e o r i e ist f ü r d i e F o l g e z e i t m a a s s g e b e n d g e b l i e b e n , w ä h r e n d zugleich im M i t t e l a l t e r die A r i s t o t e lische K a t e g o r i e n l c h r e h e r r s c h t e . M i t d e r Stoischen K a t e g o r i e n l e h r e sind die f o r m a l e n metaphysischen Begriffe des C a r t e s i u s u n d des S p i n o z a : s u b s t a n t i a , a t t r i b u t u m , modus, des L o c k c : s u b s t a n t i a , m o d u s , r e l a t i o , u n d des W o l f f : e n s , e s s e n t i a l i a , a t t r i b u t a , m o d i , r e l a t i o n e s e x t r i n s e c a e v e r w a n d t ; die L e i b n i t z i s c h e n f ü n f a l l g e m e i n e n A b t h e i -
A r i s t o t e l e s a n z u e r k e n n e n . Vgl. B o n i t z in den S i t z u n g s b e r i c h t e n d e r phil.-hist. Classe d e r W i e n e r A k a d . d e r Wiss. Bd. X, S. 591—645, 1853 B r a n d i s , Gesch. der Gr.-Röm. P h i l . II, 2, a, S. 375 ff; P r a n t l , Gesch. d e r L o g i k I, S. 182 ff., 1855; Willi. S c h u p p e , die A r i s t o t e l i s c h e n K a t e g o r i e n , Berlin 1871 (zuvor im J u b i l ä u m s p r o g r a m m des Gleiwitzer G y m n a s i u m s , Gleiwitz 1866.)
§ 48.
Klare und deutliche Vorstellung.
105
langen der Wesen (cinq titres généraux des êtres): Substanzen, Quantit ä t e n , Qualitäten, Actionen oder Passionen, und Relationen kommen der Aristotelischen E i n t h e i l n n g näher. Die K a n t i s c h c n Kategorien oder • reinen Stammbegriffe des Verstandes« sollen nicht den Vorstellimgsformen, sondern den Urtheilsverhältnissen zur metaphysischen Grundlage dienen. I l e r b a r t b e t r a c h t e t die F o r m e n der gemeinen E r f a h r u n g : Ding, Eigenschaft, Verhältniss, Verneintes, so wie die zugehörigen Kategorien der inneren A p p e r c e p t i o n : Empfinden, Wissen, Wollen, Handeln, n u r als Ergebnisse des psychologischen Mechanismus ohne metaphysische u n d ohne logische Bedeutung. H e g e l versteht unter den Kategorien die allgemeinen begrifflichen Wesenheiten, von denen alle Wirklichkeit durchflochten ist. S c h l e i e r m a c h e r g r ü n d e t seine formale E i n t h e i l n n g der Begriffe in »Subjccts- und P r ä d i c a t s b e g r i f f e i , welche er mit der g r a m m a t i s c h e n E i n t h e i l n n g der die Begriffe bezeichnenden W ö r t e r in H a u p t w ö r t e r und Zeitwörter parallelisirt, auf den Unterschied der Existenzformen des f ü r sich gesetzten Seins und des Zusammenseins, oder d e r Dinge und der Actionen. Die A b s t r a c t a sind Substantiv», welche die Action f ü r den Subjectsgebrauch substantiiren. Das Zusammensein zerfallt in Activität und Passivität, T h u n und Leiden. Das Adjectiv, welches die Qualität, d. h. das schon in das substantielle Sein aufgen o m m e n e Resultat einer T h ä t i g k e i t a u s d r ü c k t , muss mau sich als vermittelst der Participia und Verbalia aus dem Zeitwort entstanden denken (Dial. S. 197). L o t z c (Log. S. 77, vgl. S. 42 u. 50) theilt die mancherlei Begriffe, die wir in unserem Bewusstscin vorfinden, in die drei grossen G r u p p e n der Gegenstandsbegriffe, der prädicativen (d. i. verbalen und adjectivischen) und der Rolationsbegriffe; in jeder bedinge die Eigent ü m l i c h k e i t des K e r n p u n c t e s , der als Ansatzpunct f ü r die Merkmale d i e n e , die gesammte Configuration der Theile. — Vgl. T r e n d e l c n b u r g , Geschichte der Kategorienlehre, Berlin 1846.
§ 48. Eine Vorstellung heisst k l a r (notio clara, im Gegensatz zur notio obscura), wenn sie hinreichende Bewusstseinsstärke besitzt, um uns zur Unterscheidung ihres Objectes von allen anderen Objecten in den Stand zu setzen. Sie heisst d e u t l i c h oder b e s t i m m t (notio distineta im Gegensatz zur notio confusa), wenn auch ihre einzelnen Elemente klar sind, mithin wenn sie zur Unterscheidung der Elemente ihres Objectes von einander ausreicht. Das C a r t e s i a n i s c h e K r i t e r i u m der W a h r h e i t (s. o. § 24) musste Anlass g e b e n , das Wesen der Klarheit und Deutlichkeit näher zu erforschen. Die obigen Bestimmungen sind die L e i b n i t z i s c h e n (s. § 27). Sie finden sieh wieder in den sämmtlichen Logiken der W o l f f i s c h e n u n d der K a n t i s c h e n Periode, wo ihuen oft sogar eine fundamentale Bedeutung beigelegt wird. Sie wurden dagegen von einem Theile der neueren Logiker mit unverdienter Geringschätzung hintangesetzt, als
106
§§ 49. 50. Die Merkmale. Der Inhalt d. Vorstellung. Die Partition.
der Ueberschätzung der Klarheit und Deutlichkeit, die im 17. und 18. Jahrhundert geherrscht hatte, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Unterschätzung derselben gefolgt war. § 49.
Merkmal
(nota, ctxiu'jQiov) eines Objectes
alles d a s j e n i g e an d e m s e l b e n , wodurch Objecten unterscheidet.
ist
es sich von anderen
D i e Vorstellung des Merkmals ist in
der Vorstellung- des Objectes als T h e i l v o r s t c l l u n g , d. h. als
ein T h e i l
der Gesammtvorstellung
(repracsentatio
parti-
cularis) enthalten. Die Merkmale sind Merkmale der Sache, des realen (oder doch so, als wäre es real, vorgestellten) O b j e c t e s . Von Merkmalen der V o r s t e l l u n g kann nur insofern mit Recht geredet werden, als sie selbst als etwas Ob.jectives, d . h . als Gegenstand des auf sie gerichteten Denkens betrachtet wird. »Ein Merkmal in die Vorstellung aufnehmen« ist ein abgekürzter Ausdruck für: das Merkmal der Sache vermöge der entsprechenden Theilvorstellung sich zum Bewusstseiu bringen, oder: in die Vorstellung ein Element aufnehmen, durch welches das betreffende Merkmal der Sache vorgestellt wird. § 50. D i e einzelnen Merkmale eines Objectes bilden nicht ein
blosses A g g r e g a t ,
sondern stehen zu einander und zum
Ganzen in bestimmten Beziehungen, rung,
von denen ihre Gruppi-
ihr eigenthtimlicher Charakter
a b h ä n g i g ist. Verhältniss
Dieses
und selbst ihr D a s e i n
reale Verhältniss
der T h e i l v o r s t e l l u n g e n
sammtvorstellung wiederspiegeln.
muss
sich
in
dem
zu einander und zur GeD i e Gesammtheit der Theil-
vorstellungen in der durch die entsprechenden realen Verhältn i s s e bestimmten W e i s e ihrer g e g e n s e i t i g e n Verbindung ist der I n h a l t (complexus) einer Vorstellung.
D i e Zerlegung des In-
haltes einer Vorstellung in die T h e i l v o r s t e l l u n g e n oder die Angabe der einzelnen Merkmale ihres Objectes heisst P a r t i t i o n . Sofern die subjectivistisch-formale Logik jenes reale Verhältniss unbeachtet lässt, vermag sie die Verbindung der Merkmale nur unter dem ungenügenden Schema einer Summe oder dem etwas näher zutreffenden , aber immer noch ungenügenden Bilde eines Productes aufzufassen. Wird ein Summand = 0 gesetzt, so tangirt dies die übrigen Summanden nicht und die Summe wird nur um den früheren Werth jenes Summandus selbst vermindert: ist ein Factor = 0, so wird das Product seihst = 0. Die Aufhebung eines Merkmals aber pflegt weder die übrigen Merkmale unberührt zu lassen, noch auch sofort das Ganze zu annihiliren. Beides kann in gewissen Fällen geschehen; in der Regel
§ 50.
Der Inhalt der Vorstellung.
aber werden durch
die
(reale
oder
Die P a r t i t i o n .
107
als r e a l g e d a c h t e ) A u f h e b u n g e i n e s
M e r k m a l s a n d e r e M e r k m a l e t h e i l s a u f g e h o b e n , t'neils m o d i f i e i r t o h n e dass doch sofort das Ganze m i t a u f g e h o b e n Der Ausdruck I n h a l t TM
tC
T A N
gebildet.
).eyovTi
oder
Der Ausdruck
ist i m A u s c h l u s s a n ivvnc'coytiv
H ' V N C I I T / f i v
I V Ttii
gegenseitige
dessen sich n a m e n t l i c h L o t z e
t(
werden,
würde. iv
rm ).oy ols
rff,
tvsmtv ulnihjuii'ots (oder, n a c h T r e n d e l e n b u r g s C o n j e c t u r , tur\ edofiavo/.it'voig, d i e Codices h a b e n g r ö s s t e n t h e i l s idoöuvouei'oig ohne /urj, einer, I),
7] inj)
,">''lu1, (unttoias nuoa
Üytiv
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(t'i t)
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Tt( noXXa,
xitl hxigtrjut]g
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t'uiuaiv
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tfitvTicm'iu
diu x«i fi> to/V
uiv
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yirofifi'i];
roü xittiöXov h'rj
(Arist. Anal, poster. II, 24:
'Ex avruü
¡¡oeurjnuvTo;
f) «v tv
d e a n . I I I . 2, 4 2 5 B , idaHriang
rrj ijjvyij-
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Ix
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fvos
Ttyvt]g v
Ttji' tov
(tyadov
idiuv,
von
allem
Andern
d i e I d e e des G u t e n u n t e r s c h e i d e n d ) . — Die F u n c t i o n e n der Reflexion u n d A b s t r a c t i o n , die von den F r ü h e r e n meist d e m » V e r s t ä n d e « , einer h y p o s t a s i r t e n allgemeinen K r a f t u n d gleichsam persönlichen M a c h t inn e r h a l b d e r G e s a m m t p e r s ö n l i c h k e i t d e r Seele, z u g e s c h r i e b e n w u r d e n , h a b e n in d e r n e u e r e n Zeit n a m e n t l i c h H ö r b a r t u n d B e n e k e auf psychologische Gesetze z u r ü c k g e f ü h r t . U e b r i g e n s b e m e r k t H e r b a r t m i t R e c h t , dass eine r e i n e S o n d e r u n g d e r g l e i c h a r t i g e n u n d u n g l e i c h a r t i g e n K i e m e n t e ein logisches Ideal sei, welches wohl d u r c h die Definition gef o r d e r t , a b e r d u r c h den Process d e r A b s t r a c t i o n n u r a n n ä h e r u n g s w e i s e v e r w i r k l i c h t w e r d e n könne. W i r entschliessen uns, d i e j e n i g e Verschied e n a r t i g k e i t , auf welche es im Z u s a m m e n h a n g e gewisser G e d a n k e n r e i h e n n i c h t a n k o m m t , ausser B e t r a c h t zu lassen, wiewohl sie im w i r k l i c h e n Vorstellen n i e m a l s ganz ausgetilgt w e r d e n k a n n . D a m i t eine möglichst reine S o n d e r u n g zu S t a n d e k o m m e , muss die b e w u s s t e wissenschaftliche A b s i c h t zu d e r u n b e w u s s t e n B e t h ä t i g u n g des psychologischen Gesetzes e r g ä n z e n d h i n z u t r e t e n . — Vgl. I. H. F l i e h t e , G r u n d z ü g e z u m System d e r Philosophie, 1. A b t h . : das E r k e n n e n als S e l b s t e r k e n n e n , § 86 ff. V o r K a n t w a r die g r a m m a t i s c h e C o n s t r u c t i o n ü b l i c h : die gem e i n s a m e n M e r k m a l e a b s t r a h i r e n . So sagt z. B. L a m b e r t (N. Org. I. § 17): » m a n a b s t r a h i r t die g e m e i n s a m e n M e r k m a l e von d e n eigenen, d a m i t m a n j e n e besonders habe, welche s o d a n n einen a b g e z o g e n e n , a l l e e m e i n e n o d e r a b s t r a c t e n Begriff a u s m a c h e n « . K a n t ( L o g . h e r a u s g . von J ä s c h e , S. 146) tadelte diesen G e b r a u c h u n d liess n u r d i e Construct i o n g e l t e n : von d e n u n g l e i c h a r t i g e n V o r s t e l l u n g s e l e m e n t e n a b s t r a h i r e n ( u m auf die g l e i c h a r t i g e n zu r e f l e c t i r e n ) . A u f seine A u t o r i t ä t h i n ist die l e t z t e r e C o n s t r u c t i o n die h e r r s c h e n d e g e w o r d e n , die a u c h n i c h t w o h l w i e d e r a u f g e g e b e n w e r d e n k a n n . D o c h k n ü p f t sich an dieselbe theils d e r g r a m m a t i s c h e ü e b e l s t a n d , dass sie m i t d e r C o n s t r u c t i o n des P a r t i c i p s a b s t r a c t n i c h t z u s a m m e n s t i m m t , theils d e r sachliche, dass
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§§ 52. 53. Die Determination.
Der Umfang.
Die Division.
sie die Aufmerksamkeit auf einen blossen N e b e n v o r g a n g vorzugsweise h i n l e n k t ; denn nicht das Unbewusstwerden der ungleichartigen Elemente. sondern die Concentrirung des Bewusstseins auf die gleichartigen ist (wie Kant selbst anerkennt) das Wesentliche in dem sogenannten Abstraetionsprocess. Der Abstraetionsprocess steht, in Wechselbeziehung zu der Bezeichnung vieler gleichartigen Objecte durch das nämliche W o r t : durch ihn wird diese Gleichheit der Bezeichnung möglich, und sein Resultat wird durch dieselbe wiederum gestützt und fixirt. Doch versucht mit Unrecht ein extremer Nominalismus den Abstraetionsprocess gänzlich auf die blosse Identität der sprachlichen Bezeichnung zu reduciren.
§ 52. Unter der D e t e r m i n a t i o n {/iQngfruai.cj verstellt man die Bildung- minder allgemeiner Vorstellungen von den allgemeineren aus, wobei der Inhalt der letzteren durch saeli gemässe Hinzutiigung von neuen Vorstellungselementen vermehrt und somit dasjenige, was an der allgemeineren Vorstellung unbestimmt geblieben w a r , näher bestimmt wird (determinatur). Die Neubildung gültiger Vorstellungen durch Determination setzt Einsicht in das reale Abhängigkeitsverhältniss der Merkmale voraus. Die subjectivistisch-formale Logik vermag von ihrem Princip aus die wesentliche F o r d e r u n g , dass bei der Zufügung neuer Inhaltselemente auf das reale Yerhältniss der Merkmale zu einander und zum Ganzen Rücksicht genommen werde, nicht zu begründen.
§ 53. Der U m f a n g (ambitus, sphaera, zuweilen auch extensio) einer Vorstellung ist die Gesammtlieit derjenigen Vorstellungen, deren gleichartige Inhaltselemente (vgl. § 50) den Inhalt jener ausmachen. Die Angabe der Theile des Umf'angs einer allgemeinen Vorstellung beisst E i n t h e i l u n g oder D i v i s i o n (divisio). Die allgemeine Vorstellung heisst im Verhältniss zu denjenigen Vorstellungen, die in ihren Umfang fallen, die h ö h e r e oder ü b e r g e o r d n e t e , diese im Verhältniss zu ihr die n i e d e r e n oder u n t e r g e o r d n e t e n (Verhältniss der Subordination). Vorstellungen, welche der nämlichen höheren untergeordnet sind, heissen einander neb e n g e o r d n e t (Verhältniss der Coordination). G l e i c h g e l t e n d e oder W e c h s e l v o r s t e l l u n g e n (notiones aequipollentes oder reciprocae) sind solche, deren Sphären mit einander identisch sind, ohne dass der Inhalt ganz der nämliche ist;
§ 53. Verhältnisse , — to~> /ioi»rw, ebend.). An diesen Aristotelischen Ausdruck hat sich die Darstellung der Vorstellungsvevhältnisse durch Kreise g e k n ü p f t , welche sich zuerst in dem von J . C h . L a n g e verfassten Nuclevis Log. Weisianae 1712 nachweisen lässt, s. unten § 85. Ueber den e o n t r i i r e n G e g e n s a t z vgl. (Plat.?) Sopli. p. 257 B, wo (rctvrtor und tTCoor unterschieden wird; Arist. Metaph. X, 4, wo der Gegensatz als die /Kyiartj thittf.ooit zwischen Species derselben G a t t u n g bestimmt wird. Auf gleichgeltende "Vorstellungen bezieht sich der Aristotelische Ausdruck ( E t h . Nie. V, 3 u. 4): I m i u h ' THVTO, To dt fh'tti ov TinWo. Der Ausdruck d i s j n n c t k n ü p f t sich an den Aristotelischen ävTuhgnrifjfvov (Top. VI, (i) und näher an den spät e m T e r m i n u s tfidieufn- (vgl. unten § 123).
§ 54. Der höheren Vorstellung kommt, da sie nur die Übereinstimmenden Inhaltselemente mehrerer niederen Vorstellungen enthält, im Vergleich mit einer jeden der niederen ein b e s c h r ä n k t e r e r I n h a l t , aber ein w e i t e r e r Umf a n g zu. Die niedere Vorstellung dagegen hat einen reicheren Inhalt, aber engeren Umfang. Doch wird keineswegs durch jede Verminderung oder Vennehrung eines gegebenen Inhalts der Umfang vermehrt oder vermindert, noch auch durch jede Vermehrung oder Verminderung eines gegebenen Umfangs der Inhalt vermindert oder vermehrt. Ebensowenig herrscht in den Fällen, wo die Verminderung des Inhalts eine Vermehrung des Umfangs und die Vermehrung des Inhalts eine Verminderung des Umfangs zur Folge hat, das Gesetz einer genauen umgekehrten Proportionalität. D r o b i s c h (Logik, 2. Aufl. S. 196—200, 3. Aufl. S. 206) versucht das Verhältniss, welches zwischen der Zunahme der Grösse des Inhalts
§ 54. Das Verhältniss zwischen I n h a l t und Umfang.
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und der A b n a h m e der Grösse des Umfangs besteht, auf einen mathematischen A u s d r u c k zu bringen. E r weist nach, dass nicht der Inhalt dem U m f a n g u m g e k e h r t proportional sei, sondern dass andere Verhältnisse bestellen, und zwar (um hier n u r das Wichtigste zu erwähnen), dass unter der einfachsten Voraussetzung, d. i. wenn in der Reihe der Unterordnungen die Zahl der Vorstellungen, die einer jeden zunächst untergeordnet oder um e i n luhaltselement reicher sind, immer wieder die gleiche sei, und wenn zugleich der Umfang ausschliesslich nach der Zahl der Vorstellungen der untersten Ordnung gemessen werde, die Grösse des Umfangs nach einer geometrischen Reihe zu- oder abnehme, während die Grösse des Inhalts nach einer arithmetischen Reihe ab- oder zunehme. Drobisch b r i n g t diesen Satz noch auf zwei andere gleichbedeutende Ausdrücke, nämlich: der U m f a n g einer Vorstellung ist u n t e r der obigen Voraussetzung urngekehrt proportional derjenigen Potenz, deren Basis d u r c h die Zahl der einer jeden Vorstellung zunächst untergeordneten Vorstellungen, und deren Exponent d u r c h die Zahl der Inhaltselemente jener Vorstellung gebildet w i r d ; u n t e r der gleichen Voraussetzung ist die Differenz zwischen der (grösseren) Zahl der Inhaltselemente einer der untersten Vorstellungen und der (kleineren) Zahl der Inhaltselemente irgend welcher Vorstellung dem L o g a r i t h m u s der Zahl, welche die jedesmalige Grösse des Umfangs ausdrückt, direct proportional. Die A n w e n d u n g dieser Untersuchung (die als mathematisch-logische Speculation sehr werthvoll ist) scheitert jedoch in den meisten Fällen an dem Umstände, dass die Möglichkeit des Zusammenseins der Merkmale zufolge realer Abhängigkeitsverhältnisse eigent ü m l i c h e n Beschränkungen zu unterliegen pflegt, die sich nicht auf allgemeine F o r m e l n bringen lassen. So fallen z. B. in den U m f a n g der allgemeinen Vorstellung: Dreieck (oder g e n a u e r : ebenes geradliniges Dreieck), wenn der Inhalt derselben d u r c h die beiden Reihen disj u n c t e r Thcilvorstellungeu: spitzwinklig, rechtwinklig und s t u m p f w i n k lig, u n d : gleichseitig, gleichschenklig und ungleichseitig, näher bes t i m m t wird, nicht neun unterste Vorstellungen, sondern n u r sieben, weil nämlich die beiden Combinationen: rechtwinkliges gleichseitiges, u n d : stumpfwinkliges gleichseitiges Dreieck, zufolge der geometrischen Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den Seiten und Winkeln eines Dreiecks keine Gültigkeit haben*). Bei Vorstellungen, die sich auf N a t u r -
*) Z u r Veranschaulichung diene folgendes Schema: (Geradliniges ebenes) Dreieck, spitzwinklig rechtwinklig stumpfwinklig gleichs. gleichsch. [gleichs.] gleichsch. [gleichs.] gleichsch. ungleichs. ungleichs. ; ungleichs. W e r d e n die ungültigen Combinationsformen [gleichs. rechtw. Dr.] und |gleichs. s t u m p f w . Dr.] mitgezählt, so ergiebt sich allerdings folgende (den Drobisch'schen Sätzen entsprechende) R e c h n u n g : D r e i e c k , Inh. = a, Umf. = 9 = 3 2 . S p i t z w . Dr., Inh. = a + 1, Umf. = 3 = 3'. G l e i c h s . s p i t z w . D r . , Inh. = a + 2, Umf. = 1 = 3°. Aber die Ungültigkeit j e n e r zwei F o r m e n macht die R e c h n u n g imaginär.
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§ 54. Das Verhältniss zwischen Inhalt und Umfang.
objecte und Verhältnisse des geistigen Lebens beziehen, ist die Anwendbarkeit dieser Gesetze sehr häufig noch in weit höherem Maasse beschränkt. Mitunter findet sich allerdings die Voraussetzung realisirt. unter der (wie Drobiscli in der dritten Aufl. seiner Logik, S. 211, hervorhebt) die Theorie Gültigkeit hat, dass die Arten jeder Ordnung sämmtlich durch die Artunterschiede der folgenden Ordnung determiuirt werden können, aber in voller Strenge doch in verhältnissmässig seltenen Fällen. Die subjectivistisch - formale Logik vermag als solche nicht auf den Grund der beschränkten Gültigkeit jener Voraussetzung einzugehen, der eben in realen Abhängigkeitsverhältnissen liegt. Die allgemeine Vorstellung lässt sich (mit T r e n d e l e n b u r g , log. Unters. II, S. 154; 2. Aufl. II, S. 220 ff., 3. Aufl. S. 244 ff.) der unbestimmten, aber in einigen Grundzügen markirten Zeichnung vergleichen, bei welcher im Ganzen die Umrisse dastehen, aber im Einzelnen ein freier Spielraum für die ergänzende Phantasie übrig bleibt, so dass das Gemeinbild innerhalb der Grundstriche, die seine Grenzen bilden, gleichsam elastisch ist und die mannigfaltigste Gestaltung annehmen kann. Will man nun (mit L o t z e , Logik, S. 71 ff.; S. 79) diese Unbestimmtheit und Klasticität eine eben so grosse Anzahl unbestimmter, aber bestimmbarer Merkmale oder Allgemeinheiten der Merkmale nennen, als die niedere Vorstellung deren bestimmte einzelne in sich fasse, so lässt sich unter Voraussetzung dieser Terminologie der alten Lehre, dass die höhere Vorstellung bei reicherem Umfang einen ärmeren Inhalt habe, mit einem gewissen Hechte die neue Lehre gegenüberstellen, dass der Inhalt der höheren Vorstellung dem Inhalte der niederen in der Zahl der Merkmale nicht nachstehe. Allein diese Terminologie ist künstlich und ungerechtfertigt. Die Kraft.des reicheren Inhalts muss sich allerdings (wie T r en d e l e n b u r g, log. Unters. II, S. 159, 2. Aufl. S, 226 ff., 3. Aufl. S. 250 fordert) auch in Bezug auf den Umfang bethätigen ; aber die Weise, wie sie sich bethätigt, ist nicht die Erweiterung des Umfangs, was nur nach einer dem besonderen Charakter des vorliegenden Verhältnisses fremden Analogie erwartet werden könnte, sondern ist die fortschreitende Fixirung des Gedankens auf bestimmte Objecte, welcher Aufgabe nicht durch Erweiterung, sondern nur durch Eingrenzung der anfänglich schweifenden Möglichkeit genügt werden kann. Die Gesammtheit der Einzelvorstellungen ist in der allgemeinen Vorstellung nur der Möglichkeit nach enthalten, wird aber der Wirklichkeit nach erst durch den Hinzutritt der übrigen Inhaltselemente erzeugt. Nun aber giebt es, der Natur der Sache gemäss, ausser dieser oder jener einzelnen Verbindung des gemeinsamen Merkmals mit einer bestimmten Gruppe ungleichartiger Merkmale in der Regel auch noch andere Verbindungen, in welche das nämliche Merkmal eingehen kann. Der geringsten Zahl von (logischen) Inhaltselementen und (realen) Merkmalen oder Attributen entspricht zwar der weiteste, aber nur potentiell gesetzte Umfang, der grösseren Zahl ein kleinerer, in der Individualvorstellung der kleinste, aber actuell gesetzte Umfang; der weiteste Umfang endlich gelangt zum actuellen Sein nur durch die Combination der gross-
§ 55. Die Stufenordnung (Pyramide) der Vorstellungen. teil Zahl von Inhaltselementen stelhingen.
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in der Gesammtheit der Individualvor-
§ 55. Indem sich das Verhältniss der Unter- und Ueberordnung bei fortgesetzter Abstraction so lange unablässig wiederholt, bis ein einfacher Inhalt gefunden ist, so lässt sich die Gesammtheit aller Vorstellungen nach den Verhältnissen des Umfangs und Inhalts zu einer vollständig gegliederten . S t u f e n f o l g e geordnet denken. Die Spitze oder obere Grenze wird durch die allgemeinste Vorstellung e t w a s gebildet. Zunächst unter derselben liegen die K a t e g o r i e n . Die Basis oder untere Grenze wird durch die unbegrenzte Zahl der E i n z e l V o r s t e l l u n g e n gebildet. Die Stufenordnung der Vorstellungen lässt sich mit einer P y r a m i d e vergleichen: doch hat dieses Bild nur approximative Wahrheit. weil die Unterordnung der Vorstellungen nicht mit strenger Gleichmässigkeit fortschreitet. Die oberste Vorstellung ist nicht die Vorstellung des Seins, sondern des £ t w a s , weil das S e i n unter eine einzelne der Kategorien fällt, nämlich unter die der attributiven (prädicativen) Existenz, und dem S e i e n d e n als dem Substantiellen gegenübersteht, das Etwas dagegen über alle Kategorien übergreift. (Auch ein Handeln oder Leiden, auch eine Eigenschaft, auch ein Verhältniss wie z. B. bei, neben etc. ist e t w a s ) . Allerdings gestattet der Sprachgebrauch, falls nicht die höchste formale Strenge erforderlich ist, für die in manchen Verbindungen pedantisch erscheinende Form: das Seiende, die gefälligere: das Sein, einzusetzen: aber die sprachliche Unbestimmtheit darf doch die logische Grenze nicht verwischen. An die Kategorien als die obersten formalen Bestimmungen schliessen sich die obersten materialen Gegensätze, wie Reales und Ideales, Natürliches und Geistiges, die, nach einem anderen Eintheilungsgrunde unterschieden, sich in einer jeden der Kategorien wiederholen.
§ 56. Der B e g r i f f (notio, conceptus) ist diejenige Vorstellung, in welcher die Gesammtheit der w e s e n t l i c h e n Merkmale oder das W e s e n (essentia) der betreffenden Objecte vorgestellt wird. Unter dem Ausdruck: Merkmale des Objectes begreifen wir nicht nur die äusseren Kennzeichen, sondern alle Theile, Eigenschaften, Thätigkeiten und Verhältnisse desselben, überhaupt alles, was in irgend einer Weise dem Objecte angehört. W e s e n t l i c h (essentialia) sind diejenigen Merkmale, welche a. den gemeinsamen und bleibenden Grund einer Mannigfaltigkeit anderer enthalten, und von wel-
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§ 56. Der Begriff.
Das Wesen.
clien b. das Bestehen des Objectes und der Werth und die Bedeutung abhängt, die demselben theils als einem Mittel für Anderes, theils und vornehmlich an sich oder als einem Selbstzweck in der Stufenreihe der Objecto zukommt. In einem weiteren Sinne heissen auch diejenigen Merkmale wesentlich, welche mit den im engeren Sinne wesentlichen Merkmalen und nur mit diesen nothwendig verknüpft sind, und deren Vorhandensein daher das Vorhandensein jener mit Gewissheit anzeigt. Die im engeren Sinne wesentlichen Merkmale werden auch g r u n d w e s e n t l i c h (essentialia constitutiva oder essentialia schlechthin), die anderen, nur im weiteren Sinne wesentlichen aber a b g e l e i t c t - w e s e n t 1 ic h oder A t t r i b u t e (essentialia consceutiva, attributa) genannt. Die übrigen Merkmale eines Objectes heissen ausserwescntlich (accidcntia oder modi). Die M ö g l i c h k e i t der Modi gehört zu den Attributen; denn die Fälligkeit, diese oder jene Modificationcn anzunehmen, muss im Wesen des Objects begründet sein. Unter den wesentlichen Bestimmungen sind diejenigen, welche der Begriff mit den ihm neben- und tibergeordneten Begriffen theilt, die g e m e i n s a m e n (essentialia communia), diejenigen a b e r , wodurch er sich von jenen Begriffen unterscheidet, die e i g e n t ü m l i c h e n (essentialia propria). Die V e r h ä l t n i s s e oder B e z i e h u n g e n (relationes) gehören in der Regel zu den ausserwesentlichen, bei Verhältnissbegriffen aber zu den wesentlichen Merkmalen. In dem Maasse, wie die grundwesentlichen Bestimmungen noch nicht erkannt sind, ist die Begriffsbildung noch schwankend, so dass bei anderer Gruppirung der Objecto andere Bestimmungen als gemeinsame und wesentliche erscheinen und das ganze Verfahren sich nicht über eine Relativität, die auf zufälligen subjectiven Ansichten beruht, zu erheben vermag; in dem Maasse aber, wie dieselben erkannt w e r d e n , gewinnen die Begriffe feste wissenschaftliche Bestimmtheit und objective Allgemeingültigkeit; nur insoweit, als eine gewisse Relativität objectiv in dem nicht absolut festen Typus der realen (natürlichen und geistigen) Gruppen begründet ist, muss eine entsprechende Relativität auch bei vollendeter Erkenntniss den Begriffen anhaften. Wenu die Bcgriffsbildung nicht im rein wissenschaftlichen In-
§ 56. Der Begriff.
Das Wesen.
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tcrrssc erfolgt, sondern durch irgend einen äusseren Zweck bedingt wird (und wäre es auch nur der Zweck der leichtcren Ucbersicht über irgend ein Gebiet von Objecten), so wird dasjenige als das Wesentlichste erscheinen, was für jenen Zweck die höchste Bedeutung hat. So können mehrere verschiedenartige Begriffsbildungen mit relativer Berechtigung nebeneinander bestellen; aber absolut berechtigt ist doch immer uur eine, nämlich diejenige, welche die Begriffe rein nach objectiven Normen auf Grund dessen bestimmt, was für die Objeete an sich selbst das Wesentlichste ist. Nachdem das Bewusstsein über den Werth des Begriffs für die Erkenntniss sich zuerst in So k r a t es entwickelt hatte, suchte P l a t o die Frage zu lösen, welches Reale das eigentliche Object der begrifflichen Erkenntniss sei. Er bestimmt als solches die I d e e (liiia oder fitfof) und' unterscheidet dieselbe als die reale Wesenheit, welche durch den Begriff erkannt werde, streng von dem Begriff selbst (dem Xöyo?) als dem entsprechenden subjcctiven Gebilde in unserer Seele (de Rep. V, p. 477; VI, 509 sqq.; VII, 533 sqq.; Tim. p. 27 D; 29 C: 37 B, C; 51 I), E ; vgl. oben § 14)*)- Man wird vergeblich in dem ganzen Umfange der Platonischen Schriften auch nur eine einzige Stelle suchen, wo ii'Joi oder läta den subjeetiven Begriff bezeichnete oder auch nur mitbezeichnete, und wo nicht vielmehr diese Bedeutung nur vom Interpreten hineingetragen worden wäre. Mit Recht suchte Plato zu dem subjeetiven Begriff ein objectives Correlat; er fehlte nur darin, dass er dieses Correlat, statt es in dem den Dingen innewohnenden Wesen zu erkennen, zu einem neben den Dingen und gesondert von ihnen oxistirenden Objecto hypostasirte, mit anderen Worten: darin, dass er der Idee eine für sich seiende Existenz zuschrieb. Die Platonische Idccnlehre ist die Ahnung der logisch - metaphysischen Wahrheit in mythischer Form, wesshalb auch A r i s t o t e l e s (Metaph. III, 2, § 24) mit Recht die Platonischen Ideen den anthropoeidischen Gottheiten der Mythologie vergleicht"*). — A r i s t o t e l e s polemisirt gegen das Plato*) Die in der ersten Auflage dieser Schrift angeführte Stelle Parm. p. 132 B, die sehr anschaulich die Beziehung des Subjeetiven auf das übjective, der begrifflichen Erkenntniss auf das ideelle Sein darstellt, kann nicht zum Beleg dienen, wenn der Parm. unecht ist, was ich in meinen I'lat. Untersuchungen (Wien 1861, S. 175—184) und besonders in einer Abhandlung über den Dialog Parmenides in den Jahrb. f. class. Philol. (Leipzig, 1864, S. 97—126) zu erweisen gesucht habe. Auch die Echtheit der Dialoge Sophistes und Politicus steht, wie Schaarschmidt (im Rhein. Mus. f. Philol. N. F. XVIII. 1863, S. 1—28 und ebend. XIX, 1864, S. 63—96 und in seiner Schrift über die Plat. Sehr., Bonn 1866) nachgewiesen hat, keineswegs ausser Zweifel. **) Es ist eine mit Plato's eigenen Aeusserungen, besonders in seinen späteren Schriften, im Ganzen wohl zusammenstimmende, historisch treue Auffassung und nicht, wie Einige meinen (Ritter, Gesch. der Philos. III, 1831, S. 120), eine »offenbare Missdeutung«,. wenn Aristoteles bei Plato hypostasirte und von den sinnlichen Dingen getrennt existirendc Ideen findet; nur hat Aristoteles die bei Plato doch immer noch in der Schwebe zwischen bildlicher und eigentlicher Gül-
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§ 56.
Der Begriff'.
Das W e s e n .
n i s c h e /«ji>i(tif d e r Ideen, d. h. gegen die A n n a h m e , dass d i e Ideen in realer T r e n n u n g von d e n Einzelwesen als b e s o n d e r e Substanzen exis t i r e n ; a b e r er v e r w i r f t d a r u m doch keineswegs d i e L e h r e von einem realen C o r r e l a t des s u b j e e t i v e n Begriffs, wie er ü b e r h a u p t die F o r m e n des Denkens zu den F o r m e n des Seins n i c h t ausser Beziehung setzt, s o n d e r n zwischen beiden einen d u r c h g ä n g i g e n Parallelismus a n e r k e n n t . (Vgl. oben § 16.) Dem Begriff e n t s p r i c h t nach A r i s t o t e l e s das W e s e n , welches d a h e r von i h m auch rj xaru /.¿yov ovaiu g e n a n n t w i r d . Das W e s e n ist den E i n z e l o b j e c t e n i m m a n e n t . Aristoteles sagt Anal, post. I, c. 11: sMrj IIIV ovv th'ta rj EI> N natju TU 7in).).u oix EH'ciyxij — ii'vrti utinot fi' x mit noU.iöv cilrj&t; tiniiv avuyxrj. — De a n i m a III. 8 : iv ioTi tfitai ruis (ILAFRIJTOTS ra I OI/TK ?mn>. Dieses E i n e i ii d e m Vielen, dieses Intelligible i n dem Sinnlichen w i r d von Aristoteles n ä h e r als die F o r m , das W a s , u n d m i t einem ganz e i g e n t ü m l i c h e n Term i n u s als d a s , w a s w a r , S e i n , b e z e i c h n e t : uunifij, tidus, >) xtnii Xoyov vioitt, ii) ii Imi u n d ro rt rjy i?viti. Der A u s d r u c k TU ii »J r t l ' v i u w i r d von Aristoteles selbst als B e z e i c h n u n g des stofflosen Wesens e r k l ä r t : keyoi d'i ovoi'at' tivev VJ.IJS TO xi rjv (l'rcct, M e t a p h . VII, 7. £ 15; ro ii rjv ilvm e n t s p r i c h t d e m n a c h der a b s t r a c t e n F o r m des Begriffs, m i t h i n auch d e m S u b s t a n t i v u m a b s t r a c t u m (vgl. den von P l a t o l ' h a e d . p. 103 B e r ö r t e r t e n U n t e r s c h i e d ) ; doch g e h t es keineswegs auf den blossen allgemeinen G a t t u n g s c h a r a k t e r , noch w e n i g e r auf eine blosse ausserwcsentliche Q u a l i t ä t , sondern auf die g e s a m m t e W e s e n h e i t (auf alles was in die Definition eingehen muss) u n d schliesst d a h e r thcils den G a t t u n g s c h a r a k t e r , theils die specifische Differenz in sich ein. Das i i i(TTi ist bei Aristoteles v o n einem w e i t e r e n u n d m i n d e r b e s t i m m t e n G e b r a u c h ; es k a n n sowohl den Stoff (z. B. Met. V I I I , 3, § 15), als das stofflose W e s e n (z. B. d e a n i m a p. 4 0 3 A, 30), als endlich, u n d zwar am gewöhnlichsten, die V e r e i n i g u n g von beidem, das IJVVOXOV tidovg Y.TTI vXrjs (•/.. B. M e t a p h . V I I I , 2, § 17) bezeichnen, in welchem letzteren F a l l e es d a n n d e r c o n c r e t e n F o r m des Begriff's ( m i t h i n auch d e m Substantivum concretum) entspricht. A b e r ' ausserwcsentliche B e s t i m m u n g e n o d e r blosse Accidentien (auußfßtjxora), z. B. blosse Q u a l i t ä t e n (noid) o d e r Q u a n t i t ä t e n {nooa) k ö n n e n n i c h t als A n t w o r t auf die F r a g e rt (an d i e n e n , w e n i g s t e n s d a n n n i c h t , w e n n , wie g e w ö h n l i c h g e s c h i e h t , nach dem TL lau eines D i n g e s g e f r a g t w i r d . Aristoteles e r k e n n t , dass n i c h t
t i g k e i t bleibende D a r s t e l l u n g etwas m e h r , als es d e r u r s p r ü n g l i c h e n Conception des D i c h t e r p h i l o s o p h e n e n t s p r i c h t , d o g m a t i s t i s c h g e d e u t e t , in e n g e m Anschluss, wie es scheint, an P l a t o ' s eigene s p ä t e r e Cons t r u e t i o n e n u n d an d i e D o c t r i n e n m a n c h e r P l a t o n i k e r . Jenes »Nichtloslassenwollen d e r P o e s i e von d e r Philosophie«, w o r i n Schleierm a c h e r in freilich u n h a l t b a r e r V e r a l l g e m e i n e r u n g den C h a r a k t e r des hellenischen P h i l o s o p h i r e n s ü b e r h a u p t findet, ist d e r C h a r a k t e r n i c h t n u r d e r P l a t o n i s c h e n D a r s t e l l u n g , s o n d e r n a u c h des P l a t o n i s c h e n Denkens. A r i s t o t e l e s a b e r v e r d i e n t A n e r k e n n u n g , n i c h t Tadel, weil er diese F o r m a b g e s t r e i f t u n d eben h i e r d u r c h die w i s s e n s c h a f t l i c h e L o g i k und Metaphysik begründet hat.
§ 56. Der Begriff.
Das Wesen.
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mir bei Dingen (Substanzen), sondern auch bei Qualitäten. Quantitäten, Relationen, überhaupt in einer jeden Kategorie nach dem TC INN und dem ri riv tivrti gefragt und das AVesentliche vom Unwesentlichen unterschieden werden könne; aber bei den Dingen, lehrt er, sei das rl tau in ursprünglicher und vorzüglicher Weise vorhanden, bei dem unselbständig Existirenden (dem avfißtßrjxöt) dagegen nur in abgeleiteter Weise. Metaph. VII, 4, § 24—25: IxtTvo t)'i YUVTQOV OTI O -II>ONO>s y.id (T«>i. Durch diese Bemerkung werden zwei von den Bedeutungen des Wortes ovoii) r/.)j, s u b j e c t u m ) , bald das dem Begriff entsprechende Wesen (?) xaiii i.nyov ovnitt, n'äoi, uoyc/.ij, ro T( >jr etheu, e s s s e n t i a ) , bald das Ganze oder das Seiende (ro nvvoiov. ro l's ü,ut(oTi>, e n s ) , 10 et'äos, g e n u s , s p e c i e s materialiter sie dicta) bezeichnet, bis auf die neueste Zeit herab unzählige Unbestimmtheiten und Verwirrungen verursacht. Ein noch empfindlicherer Mangel liegt aber darin, dass bei Aristoteles die K r i t e r i e n der AVesentlichkeit, fehlen; der in der Schrift über die Kategorien öfters hervorgehobene Unterschied, dass das, was zum Wesen gehöre, zwar von dem Subjcete ausgesagt werden könne, aber nicht in dem Subjectc sei, dagegen das Aceidentielle in dem Subjecte sei (Sokrates ist Mensch, aber es ist nicht der Mensch in ihm; Sokrates ist gebildet, und die Bildung ist iu ihm) reicht nicht zu, da er den Gegensatz der substantivischen und adjectivischen Fassung des Prädicatsbegriffes dem der Wesentlichkeit und Uuwesentlichkeit substituirt, der doch mit jenem sich kreuzt (Sokrates ist lebens- und vernunftbegabt; Sokrates ist ein Gebildeter). Nicht im Allgemeinen und nicht in den logischen Schriften, jedoch mitunter in einzelnen Fällen macht Aristoteles zur Entscheidung über die Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit das Kriterium geltend, dasjenige, dessen Hinwegnahme oder Aenderung einen Einfluss auf das Ganze übe, sei ein wesentlicher Bestandtheil desselben («Sri fieruri^eue'vov ni'os [¿¿QOVS *I AIF.ciiooviitvuv
d'tarpeneiröai
xiu
xiveio&ai
To oXor, P o e t . c . 8 .
fin.),
wobei
freilich das Maass des Einflusses auf die Gesammtheit der übrigen Bes t a n d t e i l e unbestimmt bleibt. Dass das durch die Definition anzugebende Wesen der Sache zu dem innern Zweck in Beziehung stehe, erkennt A r i s t o t e l e s T o p . V I , 1 2 a n : ixtlaiov
yao rö ßehirrroi'
Iv
rij ovaiu
uc'diata.
Was in der Definition liegt, kommt in seiner Gesammtheit nur dem Definirten zu oder ist diesem eigenthümlich, wogegen einzelne Bestandt e i l e der Definition auch anderen Objecten zukommen können (Anal, post. II, 13). Es kann aber ausser dem durch die Definition angegebenen W e s en noch anderes dem Definirten eigenthümlich sein; dieses letztere ist das r&ov im engeren Sinne (Top. I, 4, p. 101 B, 22; ib. 5, p. 102.
122
§ 56.
Der Begriff.
Das W e s e n .
A, 18). Solche P r ä d i c a t e , welche aus dem Wesen mit N o t h w e n d i g k e i t folgen, nennt Aristoteles ai'/jßfß>]xöiu inii olrnmq ( A r i s t . de a n i m a I, 1, p. 402 B, 18) oder (gewöhnlicher) nvußtßifxoia zu!)-' rtviö (Metaph. V, 30, p. 1025 A, 3 0 :
oaa
hnmtyti
fx/cmoi
xaip
ctvi 'o urj h'
ovirt'rc oirrt).
Dieses
L e t z t e r e nennen S p ä t e r e d a s conseeutiv Wesentliche oder die Zu dem xttOoXov g e h ö r t auch d i e s e s ; denn xa&oXoc ist (nach 1, 4) alles, was dem d u r c h den Sulijectsbegrift' Bezeichneten ganzen U m f a n g e dieses B e g r i f f s oder au sieh oder sofern es
Attribute. Anal. p o s t . nach dem ein solches
i s t (xiaa
Unterschied
ncinbi;
u n d xatf
uirö
xtit
!j ttvio)
zukommt,
im
von anderem irgendwie Gemeinsamem (zomii 1 ); das xitfß-öXur ist xon'or, aber nicht j e d e s xaii'oi' ist xn'JÖXav. — Nach der L e h r e der S t o i k e r existiren die B e g r i f f e nur als subjective Gebilde in der Seele. Zwar wohnt auch in den äusseren Dingen der Xöyof, die allgemeine Vernunftg e m ä s s h e i t , g e g l i e d e r t in eine Mehrheit b e s o n d e r e r Xöyoi, doch sind diese von den Stoikern wohl nicht ausdrücklich in Beziehung auf die subjectiven Begriffe gestellt, und als d a s j e n i g e bezeichnet w o r d e n , was d u r c h die Begriffe e r k a n n t werde. - - Im M i t t e l a l t e r h u l d i g t e n die R e a l i s t e n theils der Platonischen, thcils der Aristotelischen A n s i c h t : »universialia ante r e m « - »universalia in r e « ; die N o m i n a l i s t e n aber gestanden den Universalicn keine andere E x i s t e n z z u , als nur im W o r t e (strengere N o m i n a l i s t e n ) oder auch im denkenden Geiste (Conc e p t u a l i s t e n ) : » u n i v e r s a l i a post r e m « . Die m e h r f a c h e n Mängel des Platonischen und des Aristotelischen Realismus (s. o.) mussten den N o m i n a lismus als das e n t g e g e n g e s e t z t e E x t r e m h e r v o r r u f e n und g a b e n demselben eine relative B e r e c h t i g u n g . — Unter den neueren Philosophen hingen C a r t c s i u s und L e i b n i t z ebensowohl, wie B a c o und L o c k e d e m N o m i n a l i s m u s oder vielmehr dem Conceptualismus a n ; von der S t r e i t f r a g e , die zwischen ihnen schwebte, ob d i e B e g r i f f e wenigstens als u n b e w u s s t e Gebilde a n g e b o r e n seien und alle E n t w i c k e l u n g derselben im L a u f e des L e b e n s sich d a r a u f beschränke, dass sie allmählich i m m e r deutlicher ins Bcwusstsein treten, oder ob sie nach ihrem I n h a l t e ebens o w o h l , wie nach ihrer F o r m P r o d u c t e der d u r c h die äusseren Einw i r k u n g e n m i t b e d l i g t e n psychischen E n t w i c k e l u n g seien, von dieser psychologischen F r a g e blieb j e n e s logisch-metaphysische P r o b l e m , welches die Scholastiker b e s c h ä f t i g t hatte, u n b e r ü h r t . — A u c h K a n t und H e r b a r t gestehen in nominalistischer W e i s e dem Allgemeinen nur subjective B e d e u t u n g zu. H e r b a r t g e b r a u c h t den N a m e n B e g r i f f für alle allg e m e i n e n und E i n z e l v o r s t e l l u n g e n , sofern dieselben nicht nach ihrer psychologischen S e i t e , sondern in B e z u g auf d a s , w a s ihnen vorgestellt w i r d , b e t r a c h t e t werden. (Doch s a g t H e r b a r t in seiner R e d e bei E r ö f f n u n g der V o r l e s u n g e n über P ä d a g o g i k , 1808, W e r k e B d . X I , L e i p z i g 1851, S. 63, an einer Stelle, wo er nicht eigens L o g i k lehren will, sond e r n nur gelegentlich eine logische B e m e r k u n g m a c h t : » E r s t nach dem ersten V e r s u c h , W e s e n t l i c h e s und Z u f ä l l i g e s zu s c h e i d e n , kann d i e Definition ein b e d e u t e n d e r A u s d r u c k des R e s u l t a t e s dieser g a n z e n U e b e r l e g u n g w e r d e n « , wo o f f e n b a r , 'da der B e g r i f f nach d e m Wesentl i c h e n , nicht d a s Wesentliche nach dein B e g r i f f b e s t i m m t werden soll,
§ 56. Der Begriff.
Das Wesen.
123
eine in der objcctiven Realität liegende Verschiedenheit des Wesentlichen und Zufälligen und eine Bedingtheit der echtcn, deu wissenschaftlichen und didaktischen Normen entsprechenden Bildung und E r k l ä r u n g der Begriffe d u r c h diese objective Verschiedenheit vorausgesetzt wird.) Die su b j e c t i v i s t is c h - f o r m a l e L o g i k , die deu Begriff mit der allgemeinen Vorstellung zu identificiren pflegt, bezeichnet, sofern sie überh a u p t die Kategorie der Wesentlichkcit e r ö r t e r t , diejenigen Merkmale als wesentlich, ohne welche ein Object nicht mehr sein w ü r d e , was es ist, ohne welche es nicht mehr dasselbe Object bleiben oder nicht mehr unter denselben Begriff fallen w ü r d e , oder mit anderen W o r t e n : diejenigen Merkmale, welche dem Objecte nach dem ganzen Umfange seines Begriffs z u k o m m e n oder dessen Inhalt bilden. (S. z. B. D r o b i s u h , Log. 2. und 3. Aufl., § 31.) Aber diese E r k l ä r u n g ist unbefriedigend, da sie auf den Cirkel hinausläuft, dass der Begriff durch das Wesen und doch auch wieder das Wesen d u r c h den Begriff e r k l ä r t wird. Soll (nach Drobisch, Log. § 2) die L o g i k die Normalgesetze des Denkens feststellen, so muss sie auch die a l l g e m e i n e A n t w o r t auf die F r a g e g e b e n : nach welchen Merkmalen sind die Objecte zu g r u p p i r e n und die Begriffe von ihnen zu bilden, die Pflanzen z. B. etwa nach den F a r b e n ihrer B l ü t h e n ? oder nach der Zahl ihrer S t a u b f ä d e n ? oder wie sonst? — Nach den w e s e n t l i c h e n Merkmalen, wird uns geantwortet. — Und welche Merkmale sind wesentlich? — Diejenigen, welche dem Objecto nach dem ganzen Umfange seines B e g r i f f s z u k o m m e n , die in seinem Begriffe liegen und an welche der Name sich k n ü p f t . — Aber wir suchen j a erst den richtigen Begriff und N a m e n ; nach welchen Merkmalen sollen wir ihn b e s t i m m e n ? — Nach den wesentlichen. — Und welche sind die wesentlichen? — D i e , welche im Begriffe liegen — et sie in infinitum. Der E r f o l g ist, dass die Begriffsbildung ganz der Willkür anheimgegeben bleibt: wer die Pflanzen nach den F a r b e n ihrer Blüthen o r d n e t und danach seine botanischen Begriffe bildet, f ü r den ist die F a r b e wesentlich, wer nach der Grösse, f ü r den die Grösse u. s. f., oder dass höchstens in den vorgefundenen N a m e n , die doch nur dem noch nicht d u r c h die Wissenschaft berichtigten vulgären Sprachgebrauohe angeh ö r e n , ein Auhaltspunct gefunden w i r d ; aber es wird uns kein W e g g e z e i g t , auch n u r über die elementarste und ganz unwissenschaftliche Weise der Begriffsbildung hinauszukommen *). W e n n wir schon wissen
*) D r o b i s c h gesteht dies in der d r i t t e n Auflage seiner Logik in einer dem § 119 beigefügten B e m e r k u n g (S. 137) insofern u n u m wunden zu, als er erklärt, seine Unterscheidung sei da vollkommen ger e c h t f e r t i g t und d u r c h keine andere ersetzbar, wo es sich n u r um die analytische Definition eines d u r c h seine allgemein gebräuchliche Benenn u n g gegebenen Begriffes handle, wo wir n u r den dem gegebenen Namen entsprechenden Begriff suchcn. Aber meine B e h a u p t u n g r i c h t e t sich eben darauf, dass die subjectivistisch-formale Logik ohne Ueberschreitung ihres Princips nur die Normen f ü r die Lösung jener bloss elementaren und propädeutischen Aufgabe aufstellen könne, also n u r einen geringen Theil der Normen des Denkens u n d nicht, wie es in Drobisch' Logik, § 2 (2. Aufl. S. 2 ; 3. A. S. 3) verheissen wird, schlecht-
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§ 56. Der Begriff.
Das Wesen.
welche Objecte ihrer N a t u r nach zusammengehören und den U m f a n g eines und des nämlichen Begriffes ausmachen, so können wir uns hiernach freilieh auch in der Aufsuchung der wesentlichen Eigenschaften o r i e n t i r e n ; aber wie können wir jene Zusammengehörigkeit wissenschaftlich erkennen und die Grenzen des Umfang« richtig bestimmen, so lange wir noch nicht die wesentlichen Merkmale von den unwesentlichen zu unterscheiden vermögen? Gehören die Wale zum Umfange des Begriffs der F i s c h e ? Gehört die Atomistik zum Umfange des Begriffs der Sophist i k ? Gehört die in den pseudo- clementinischen Homilieu vertretene Richtung zu denen, die in den Umfang des Begriffs der Gnosis fallen? Gehört Johannes Scotus (Erigena) zu den Scholastikern? Tiedemann sagt (Geist der spee. l'liilos. IV. S. 338): «Scholastische l'hisosophie ist diejenige Behandlung der Gegenstände a priori, wo nach Aufstellung der meisten f ü r und wider aufzutreibenden Gründe in syllogistischer F o r m die Entscheidung aus Aristoteles, den Kirchenvätern und dem herrschenden Glaubensgebäude genommen wird«, und folgert aus dieser Begriffsbestimmung, dass die eigentliche Scholastik erst nach dem Bekanntwerden der Metaphysik des Aristoteles, das gegen des zwölften J a h r h u n d e r t s Ausgang erfolgt sei (nachdem vorher nur die »Vernuiiftlehre« bekannt war), im Anfang des dreizehnten J a h r h u n d e r t s begonnen habe. Ob seine Begriffsbestimmung zu billigen sei. nmss sieh aus einer von vorheriger Feststellung des Umfang* unabhängigen Erwägung der Wesentlichkeit der Merkmale ergeben. Jede F r a g e dieser A r t kann auf wissenschaftliche Weise n u r entschieden w e r d e n , wenn zuvor und also u n a b h ä n g i g von der Begrenzung des Umfangs über die Wesentlichkeit oder den Grad der Wesentlichkeit der Merkmale entschieden worden ist. W o r i n l i e g e n n u n d i e K r i t e r i e n ? Die subjeetivistisch-formale Logik, sofern sie die Denkformen nicht aus der Beziehung zu den Existenzformen verstehen und als Erkenntnissformen betrachten will, erweist sich als unzulänglich, diejenige Begriffsbildung zu normiren, welche die positiven Wissensehaften erstreben. — Nicht viel zureichender ist die nicht seltene E r k l ä r u n g der wesentlichen Merkmale als der b l e i b e n d e n , b e h a r r l i c h e n Eigenschaften (z. B. in R i t t e r ' s Logik, 2. Aufl. S. 67). Denn in Hinsicht auf das Zeitmaass der B e h a r r u n g würde jene Bestimmung gar nicht zutreffen, da oft die höchste u n d wesentlichste F o r m gerade die vorzüglichste, der rasch vorübergehende Culminationsp u n e t des Lebens ist; soll aber damit nur die Unzertrennlichkeit von dem Objecte bezeichnet werden, so lange dasselbe bleibt, was es ist, oder so lange dasselbe noch u n t e r den nämlichen Begriff fallt und m i t dem nämlichen Namen benannt werden darf, so wiederholt sich der obige Cirkcl. — Das P r i n c i p der G r u p p i r u n g der Objecte nach den
hin » d i e Normalgesetze des Denkens«. Die B e t r a c h t u n g der »synthetischen F o r m e n des Denkens« kann n u r dann wissenschaftlich befriedigen, wenn sie auf die Beziehung derselben zu den Existenzformen (z. B. des Erkenntnissgrundes zu dem realen Causalverhältniss, des Begriffs zu dem realen Wesen) basirt wird.
§ 56. Der Begriff.
Das Wesen.
125
wichtigsten Eigenschaften als denen, welche die g r o s s t e A o h n l i c h k e i t oder n a t ü r l i c h e V e r w a n d t s c h a f t begründen (auf welches z. B. M i l l , Logik, übers, v. Schiel, 1. Aufl. S. 526 ff., 2. Aufl. II, S. 287 ff. die Begriffsbilduug basirt wissen will), lässt die Frage offen, in welchen Beziehungen die betreffenden Objecte verwandt sein müssen. Kiue Aehulichkeit in vielen und selbst in den meisten Beziehungen würde die Zusammenfassung und Subsumirung unter den nämlichen Begriff noch keineswegs rechtfertigen, wofern etwa die vielen gerade die minder bedeutenden wären. Also iu den bedeutenden, wichtigen, wesentlichen Bestimmungen. Dann aber kommen wir eben auf die Frage zurück, w e l c h e als die wesentlichen zu erachten seien. Aehnlich ist über H. T a i n e ' s Definition des wesentlichen Charakters zu urtheileu (Philos. der K u n s t , in's Deutsche übersetzt, Paris u. Leipzig 186G, S. 43): »der wesentliche Charakter ist eine Eigenschaft, aus der alle übrigen oder wenigstens viele andere Eigenschaften nach feststehender Zusammengehörigkeit hervorgehen«; die genetische Abfolge oli ne Berücksichtigung von Werthverhältnissen ist zur Bestimmung des Wesentlichen schwerlich zureichend; zudem pflegt nicht ein Moment eines Objects aus anderen, sondern die Gesammtheit der Merkmale aus früheren, keimartigen Zuständen hervorzugehen; die Zusammengehörigkeit und Ableitbarkeit aber pflegt gerade da, wo sie in der strengsten Form vorhanden ist, eine wechselseitige zu sein, so dass in derselben wiederum kein Kriterium liegt, welche unter den zusammengehörigen Merkmalen die wesentlichen seien. — Die Sc h e l l i n g ' s c h e Naturphilosophie, indem sie die (im Aristotelischen Sinne modificirte) Platonische Ideenlehre mit der Substanzlehre des Spinoza zu verschmelzen sucht, findet das reale Gegenbild der Begriffe in den I d e e n als den schöpferischen Typen oder Gattungscharakteren, den Vermittlern zwischen der Einheit der Substanz und der unendlichen Vielheit der Einzelwesen. — H e g e l sucht nicht ein reales Gegenbild des Begriffs, sondern hält den Begriff ebensosehr für die Grundform der objectiven Realität, wie des subjectiveu Gedankens. Er definirt den Begriff als die höhere Einheit und die Wahrheit des Seins und des Wesens, als die für sich seiende substantielle Macht, daher als das Freie und die Wahrheit der Substanz (Logik II, S. 5 ff. in der Ausg. von 1834; Encyclop. § 158 ff.). Aber der Begriff als eine Form des menschlichen Denkens und Erkennens ist hierdurch nicht zureichend charakterisirt. — Nach U l r i c i (Log. S. 452) ist der logische Begriff die Allgemeinheit als Kategorie des unterscheidenden Denkens. Aber durch die blosse Kategorie der Allgemeinheit wird der Begriff noch nicht genügend von der allgemeinen Vorstellung unterschieden. — In einer Monographie über den Begriff erklärt Hippolyt T a u s e h i n s k i (Wien 1865) denselben als das geistige Zeichen für das Verhältniss einer Vorstellungseinheit zu der Gesammtheit aller übrigen Vorstellungen (nämlich theils der verwandten, die das genus proximum ausmachen und von denen sie sich durch die differentia specifica unterscheidet, theils der heterogenen Vorstellungen). Iu der That aber handelt es sich bei dem Begriff vielmehr um die Vor-
126
§ 66.
D e r Begriff.
Das W e s e n .
Stellung in i h r e m V e r h ä l t n i s s zu a n d e r e n o d e r m i t R ü c k s i c h t auf i h r V e r h ä l t n i s s zu a n d e r n , als u m dieses V e r h ä l t n i s « selbst o d e r u m ein ))geistiges Z e i c h e n « d e s s e l b e n ; die N a t u r dieses »Zeichens« ist d a b e i g a n z u n b e s t i m m t g e b l i e b e n ; d i e l i e n n t n i s s des V e r h ä l t n i s s e s ist m e h r f ü r die E r k l ä r u n g u n d E n t w i c k e l u n g des B e g r i f f s , als f ü r den Besitz des B e g r i f f s selbst n o t h w e n d i g . ; endlich g i l t alles, was Tauschiiiski a u f s t e l l t , s o f e r n es ü b e r h a u p t z u t r e f f e n d ist, b e r e i t s v o n d e r u n v o l l s t ä n d i g r e p r o d u c i r t e n V o r s t e l l u n g u n d b e r ü h r t n i c h t d a s E i g e n t l i ü m l i c h e des Begriffs, welches in d e r B e z i e h u n g auf die AVesentlichkeit d e r M e r k m a l e liegt, — B e n e k e r e c h n e t (Syst. d e r L o g . I, 2 5 5 f f , II, 199 ff.) d e n Begriff', d e n er m i t d e r a l l g e m e i n e n V o r s t e l l u n g i d e n t i f i c i r t , den F o r m e n des »analytischen D e n k e n s « z u , u n d h ä l t m i t U n r e c h t die C o r r e s p o n d e n z zwischen d e m Begriff' u n d W e s e n f ü r eine solche, die bloss in z u f ä l l i g e n U m s t ä n d e n b e g r ü n d e t sei. Doch g i e b t er zu, d a s s d e r Begriff d a d u r c h , dass er d i e N a t u r und das W e s e n d e r D i n g e , i h r e c h a r a k t e r i s t i s c h e n E i g e n t ü m l i c h k e i t e n , i h r e i n n e r e O r g a n i s a t i o n o d e r (nach D r e s s l e r ' s A u s d r u c k , p r a k l , D e n k l e h r e 8 . 77) d i e B e d e u t u n g , d i e d e n b e t r e f f e n d e n O b j e c t e n in d e r S t u f e n r e i b e d e r D i n g e z u k o m m e , d a r s t e l l e , seine vollste wissenschaftliche Bedeutung gewinne. — S c h 1 ei e r ma titjii
IOV it ijv tiveti
utj
ixtiaim,
(seinem N a m e n nach)
nicht
d o c h d i e s e l b e A u s s a g e es ( d e r S a c h e n a c h ) b e -
difl'ereutiis
Uebersetzung
sei:
Analyt.
des Wesens
(oder die Definition)
f x yfvovg
cunstat.
xtti
Aristotelischen thiojiotag
¡htafowöv
Der Ausdruck
D i f f e r e n z ( d i f f e r e n t i a specific») ist d i e ( z u e r s t bare)
trage,
lehrt
O'vrog o Xoyog
die Aussage
et
(litmov)
M e t a p l i . V I I , 4, § 8 : fv
T o p . I, 8 : o üijinuö;
geuere
Geraden
Aristoteles
yvtoQiafios.
tiuiö,
welcher Aussage ist,
nvög
rjV fi'vtn arjualvutv.
«uro,
enthalten
Namen
}'a« er
der
obschon hält,
neuere er
Dogmatis-
die
giebt
Erkenntniss viel
auf
die
das Element der Definition
P h i l o s o p h i e h a n d e l t T r e n d e l e n b u r g in d e n
Monatsber.
d e r B e r l . A k a d . d . W i s s . J u l i 1860, w i e d e r a b g . in T r ' s . h i s t . B e i t r . z u r P h i -
§ 61. Die Arten der Definitionen.
137
los. Bd. i n , Berlin 1867. S. 48- 62; vgl. Log. Unters. 2. Aufl., Bd. II., S. 232, 3. Aufl. S. 247 ff. Leibnitz lehrt, dass das Geschlecht und d e r a r t b i l d e n d e Unterschied sich nicht selten vertauschen lassen, indem der Unterschied Geschlecht und das Geschlecht Unterschied werden könne; diese Ansicht muss jedoch, wenn sich in dem gegenseitigen Verhältniss der Inhaltselemente nach der Consequenz der Aristotelischen Ansicht ein reales Verhältniss abbilden soll, auf den Fall eingeschränkt werden, wo mehrere Bestimmungen gleich wesentlich sind, wie z. B. das adulari ebensowohl als mentiri laudando, wie auch als laudare tnentiendo, ut placeas laudato, definirt werden kann. Die I l e g e l ' s c h e Philosophie h e b t die Begriffsbestimmung auf in der dialektischen Genesis des Begriffs.
§ 61. Die D e f i n i t i o n e n werden nach verschiedenen Gesichtspuncten e i n g e t h e i l t . Man unterscheidet 1. die E x i s t e n t i a 1- und die e r z e u g e n d e D e f i n i t i o n (definitio substantialis und genetica sive causalis): jene entnimmt den Inhalt des zu definirenden Begriffs von dem Dasein, diese von der Entstehung seines Objectes; 2. die N a m e n - und die .S a c h e r k l ä r u n g (definitio nominalis und realis): die erstere bestimmt nur, was unter einem Ausdruck verstanden werden soll, die Sacherklärung aber geht auf die innere Möglichkeit des durch den Begriff bezeichneten Objectes und somit auch auf die reale Gültigkeit des Begriffs, indem sie entweder selbst durch Angabe der Entstehungsweise des Objectes den Beweis der realen Gültigkeit des Begriffs in sich enthält oder sich auf einen vorangegangenen Nachweis dieser Gültigkeit gründet; 3. die E s s e n t i a 1 - D e f i n i t i o n und die d i s t i n g u i r e n d e E r k l ä r u n g oder die W e s e n s e r k l ä r u n g und die Erklärung durch a b g e l e i t e t e Bestimmungen (definitio essentialis; definitio attributiva vel accidentalis sive declaratio distinguens): jene giebt die constitutiv-wesentlichen Merkmale an, diese die secundären, mithin die Attribute oder auch die verschiedenen möglichen Modi, jedoch in solcher Zahl und Verbindung, wie sie ausschliesslich denjenigen Objecten, welche unter den zu bestimmenden Begriff fallen, diesen aber auch allen zukommen und daher ausreichen, um dieselben von allen anderen Objecten zu unterscheiden; 4. die a n a l y t i s c h g e b i l d e t e und die s y n t h e t i s c h g e b i l d e t e D e f i n i t i o n (definitio analytica und synthetica): jene wird in Gemässheit des bestehenden Sprachgebrauchs oder der bis dahin in der
§ 61. Die A r t e r . d e r D e f i n i t i o n e n .
138
Wissenschaft üblichen Vorstellungsweise, diese ohne den Anspruch einer Uebereinstimmung mit dem bisherigen Gebrauche neu und frei gebildet. — Mit der Definition sind als minder strenge Formen der Angabe
des
zum Inhalt
eines Begriffs
Gehörenden verwandt die B e s c h r e i b u n g idescriptio), Erörterung
(expositio) und I C n t w i c k e l u n g
die
(explicatio).
Man pflegt auch wohl diese Formen mit der Definition unter dem weiteren Namen der E r k l ä r u n g (declaratio) zusammenzufassen. welche selben
Die
Erläuterung
(illustratio,
den Begriff durch B e i s p i e l e , entnommen sind,
exemplificatio),
die dem Umiange des-
veranschaulicht,
ist vielmehr
der
Division, als der Definition verwandt. Die M ö g 1 i c h k e i t v c r s cIi i e d e n e r D e f i n i t i o n e n d e s n a mli oll eil B e g r i f f s , da doch d a s W e s e n des n ä m l i c h e n Objectes n u r e i n s sein k a n n , b e r u h t . sofern sie b e s t e h t . auf d e r g e g e n s e i t i g e n Abh ä n g i g k e i t d e r c o n s t i t u t i v und e o n s e c u t i v w e s e n t l i c h e n M e r k m a l e , so d a s s , w e n n i r g e n d eins o d e r i r g e n d eine G r u p p e d e r s e l b e n a n g e g e b e n w i r d , die G e s a m m t h e i t d e r ü b r i g e n d a v o n u n t r e n n b a r ist. Mögen w i r •/.. H. den K r e i s d u r c h die ihn e r z e u g e n d e D r e h u n g d e r g e r a d e n Tjinic o d e r d u r c h d e n überall g l e i c h e n A b s t a n d d e r P e r i p h e r i e vom Mittelp u n c t c o d e r d u r c h den m i t d e r G r u n d f l ä c h e p a r a l l e l e n S c h n i t t des g e r a d e n Kegels o d e r d u r c h d i e b e t r e f f e n d e n F o r m e l n d e r a n a l y t i s c h e n G e o m e t r i e d e f i n i r e n , so ist doch j e d e s dieser M e r k m a l e m i t d e n ü b r i g e n n a c h m a t h e m a t i s c h e n Gesetzen n o t h w e n d i g v e r b u n d e n , d a h e r a u c h d e r d e f i n i r t e Begriff (des Kreises) j e d e s m a l d e r n ä m l i c h e . Dass j e d o c h n u r E i n e D e f i n i t i o n als d e f i n i t i o essentialia d i e A u f g a b e d e r Definition im vollsten Sinne e r f ü l l e , ist n i c h t s d e s t o w e n i g e r u n l e u g b a r . Schon J o h a n n e s S c o t u s E r i g e n a s a g t m i t R e c h t (de divisione n a t . I, 4 3 ) : q u a m v i s m u l t a e d e f i n i t i o n u m species q u i b u s d a m esse v i d e a n t u r , sola ac vorn ipsa d i c e n d a est definitio, q u a e a G r a e c i s ovait!>Sr\i. a n o s t r i s v e r o essentialis v o c a r i c o n s u e v i t . — Sola nü]i id s o l u m r e e i p i t ad d e f i n i e n d u m , q u o d perf e c t i o n e m n a t u r a e , q u a m definit, c o m p l e t ac perficit. Aus
den
obigen Bestimmungen
das V e r h ä l t n i s s a b l e i t e n , verschiedenen ist,
wenigstens
lassen sich
m e h r e r e Sätze
welches z w i s c h e n d e n G l i e d e r n
Eintheilungen
besteht.
über jener
Die E x i s t o n t i a l - D e f i n i t i o n
w e n n sie f ü r sich allein s t e h t ,
in d e r R e g e l N o m m a l -
d e f i n i t i o n ; d i e g e n e t i s c h e ist stets, s o f e r n n i c h t d i e a n g e b l i c h e G e n e s i s u n m ö g l i c h ist, R e a l d e f i n i t i o n . Die N o m i n a l d e f i n i t i o n ist m i t d e r A c c i d e n t a l definition
oder der distinguireuden
Erklärung
und
die Realdefinition
m i t d e r E s s e n t i a l d e f i n i t i o n v e r w a n d t ; d o c h ist k e i n e s w e g s j e d e N o m i n a l d e f i n i t i o n eine blosse A c c i d e n t a l d e f i n i t i o n , Nominaldefinition Essentialdefinition und Nominaldefinition
sein.
Wenn
s o n d e r n es
kann
auch eine
somit eine Essentialdefinition
z. B. W o l f f
die W a h r h e i t
als U e b e r -
§ 61. Die A r t e n der Definitionen.
139
einstimmung des Gedankens mit dem Seienden, welches gedacht wird, defmirt, so e r k l ä r t er selbst diese Definition mit R e c h t f ü r eine nominale, weil sie die Möglichkeit einer solchen Ucbereinstimmung nicht aufzeige und mithin die reale Gültigkeit dos definirten Begriffs nicht v e r b ü r g e ; aber dennoch ist dieselbe die Essentialdefinition der W a h r h e i t , weil sie das Wesen oder den g r u n d wesentlichen Charakter derselben angiebl. (Wäre das W e s e n , wie Einige es bestimmen, der G r u n d der Sache, so würde freilich jede Essentialdefinition zugleich genetisch, folglich auch Realdefinition sein; aber das Wesen ist n u r Grund der übrigen Merkmale der Sache, nicht Grund der Sache ü b e r h a u p t , sofern nicht Grund seiner selbst.) Auch ist nicht jede Realdefinition zugleich Essentialdefinition, sondern eine Realdefinition kann auch Accidentaldcfinition und somit eine Accidentaldefinition Realdefinition sein. (Die Möglichkeit der Sache kann auf eine mehr äusserliche Weise v e r b ü r g t sein, etwa d u r c h den Nachweis irgend einer Genesis, die doch nicht aus dem Mittelpuncte des Wesens heraus erfolgt; in diesem Falle erhalten wir eine Realdefinition, die doch nicht Essentialdefinition ist.) Die Eint e i l u n g der Definitionen in analytisch und synthetisch gebildete h a t zu den übrigen Eintheilungen kein bestimmtes Verhältnis«. Die Termini N o m i n a l - und R e a l d e f i n i t i o n sind insofern nicht völlig bezeichnend, als jede Definition an sich weder den Namen noch die Sache, sondern den Begriff b e s t i m m t , nebenbei aber sowohl den Namen, als auch die Sache, sofern dieselbe möglich ist. So lange indess die reale Gültigkeit des definirten Begriffs nicht verbürgt ist, bleibt es immer möglich, dass nur scheinbar ein gültiger Begriff, in der T h a t aber ein blosser Name und fingirter Begriff, dem nichts Reales mitspricht, d e f m i r t worden sei, und dagegen dient andererseits die Definition eines objectiv gültigen Begriffs zugleich auch zur E r k e n n t n i s s der durch den Begriff bezeichneten Sache. In diesem Sinne gedeutet lassen j e n e Kunstausdrücke sich rechtfertigen. Von der Real- und Nominaldefinition unterscheiden einige Logiker noch als eine d r i t t e A r t die V e r b a l d e f i n i t i o n oder W o r t e r k l ä r u n g , worunter sie die blosse Angabe der W o r t b e d e u t u n g verstehen. Diese Nebenordnung ist aber u n s t a t t h a f t , weil bei der Angabc der W o r t b e deutung nicht die A r t der E r k l ä r u n g , sondern das O b j e c t der E r klärung ein eigenthümliches ist: die sogenannte W o r t e r k l ä r u n g ist, falls ü b e r h a u p t Definition, dann entweder Nominal- oder Realdefinition des Begriffs von einem W o r t e . S y n t h e t i s c h gebildete Definitionen sind n u r da zulässig, wo die Wissenschaft in der T h a t neuer Begriffe bedarf. Die Vermischung solcher Bestimmungen, die in eine synthetische Definition eines Begriffs nach eigenem Ermessen aufgenommen worden sind, mit den Inhaltselementen desjenigen Begriffs, der nach dem allgemeinen Sprachgebrauche den gleichen Namen f ü h r t , ist von jeher eine der ergiebigsten Quellen von I r r t h ü m c r n und V e r w i r r u n g e n gewesen. Beispiele liefern sehr viele Definitionen Spinoza's, wie von der Substanz, von der Liebe etc., und nicht wenige Kant's, wie von der E r k e n n t n i s s a priori, von
140
§ 61.
Die. Arten der Definitionen.
der Idee, von der F r e i h e i t , ferner die etliisirendeu Definitionen des Glaubens im Verhältniss zu der thatsäehlichen und dem Sprachgebrauch gpmässen Beziehung desselben auf das F ü r w a h r h a l t e n b e s t i m m t e r Satze oder auch umgekehrt die in dem letzteren Sinn aufgestellten Definitionen im Verhältniss zu einem davon abweichenden Gebrauch im Sinne der Treue gegen Gott und Menschen etc. Vgl. unten § 126. (Die Termini s y n t h e t i s c h e und a n a l y t i s c h e D e f i n i t i o n , namentlich durch Kant v e r t r e t e n , sind besonders zur Bezeichnung der bestimmten A r t von quaternio t e r m i n o r u m , die auf der angegebenen Confusion beruht, b e q u e m : doch ist andererseits nicht zu v e r k e n n e n , dass der durch sie bezeichnete Unterschied nicht sowohl den Charakter der Definition selbst, als vielmehr nur die Art der Genesis derselben in dem Subject betrifft, also vielmehr ein psychologischer, als ein logischer Unterschied ist.) A r i s t o t e l e s lehrt: o i ii aij/iaii h irwvniui (Anal, puster. II, 7). Die letztere Art der Definition nennt er l.oyos ¡miidniiliis (ib. II, 10). die erstere wird von Aristotelikern rioos :ioityuuiOH)TJI (realis) oder cioo; ovarnnha (essentialis) genannt. Wir können die W o r t b e d e u t u n g auch bei Begriffen feststellen, die keine reale Gültigkeit h a b e n , wie z. B. bei Touythitf o;, das Wesen aber oder das ii (an nur von dem erkennen, was ist und wovon wir wissen, dass es ist, und daher z. B. nicht von Toto/iha/M;: ii (T tat) ifiayehiif Oi, i'tävn a o i ' thh'i'tit (ib. II, 7). Die Erkenntnis« schreitet vom Sein zum Wesen und Grunde f o r t : f/oj'rH" OTI can, C>LTUÜ/JEV Ji« RT (anr. Die volle E r k e n n t n i s s des ri (an schliesst zugleich die E r k e n n t n i s s des I)K'I ii (anr in sich ein und ist von derselben nur in formaler Beziehung verschieden: mit anderen W o r t e n : die E r k e n n t n i s s des Wesens der Sache muss sich auf die Erkenntniss ihres U r s p r u n g s g r ü n d e n , die Wesense r k l ä r u n g daher entweder die Ursache des Objectes in sich aufnehmen gleich der genetischen Beweisführung, oder das Wissen um die Ursache voraussetzen gleich dem Schlusssatze der Beweisführung. Nur bei den Definitionen der ursachlosen, durch sich selbst gewissen Principien fallt diese F o r d e r u n g weg (ib. II, 10). Der Aristotelische Begriff der Wesenserklärung oder des öuiajibg ro ii ¿an aij/univcov vereinigt demnach in sich die beiden B e s t i m m u n g e n : Angabe der w e s e n t l i c h e n Merkmale und erwiesene R e a l i t ä t des Objectes. L e i b n i t z unterscheidet »definitiones n o m i n a l e s , quae notas t a n t u m rei ab aliis discernendae continent, et r e a l e s , ex quibus constat rem esse possibilem« (Acta erudit. 1684, p. 540). Demgemäss n i m m t Leibnitz in den Begriff der definitio realis einerseits eine Bestimmung weniger a u f , als Aristoteles in den entsprechenden Begriff des zu it (an arif.iaivü>v, indem er nicht ausdrücklich die wesentlichen Merkmale f o r d e r t (denn das, woraus die Möglichkeit e r k a n n t w i r d , also die Genesis des Objectes, ist j a nicht n o t h w e n d i g mit dessen Wesen identisch), andererseits eine Bestimmung m e h r , indem er n i c h t , wie Aristoteles, beides zulässt, dass die Realdefinition entweder selbst den Nachweis der Realität und der Genesis des Objectes enthalte oder auf den vorangegangenen Nachweis sieh gründe, sondern nur das Eine gestattet, dass sie selbst den Nachweis der inneren
§ 61. Die Arten der Definitionen.
141
Möglichkeit gebe. Durch diese Leibnitzischen Bestimmungen veranlasst, unterscheidet W o l f f schärfer die beiden Elemente, die in dem Aristotelischen Begriffe des ögia/to; Tor TI fori vereinigt lagen, und zerlegt so den Aristotelischen einfachen Gegensatz in den doppelten einerseits der definitio nominalis und realis, andererseits der definitio accidpntalis und essentialis. Kr sagt: »definitio, per quam patet r e m definitam esse possibilem, r e a l i s vocatur« (Log. § 191): »definitionem e s s e n t i a l e m appello, in qua e n u m e r a u t u r essentialia, per quae definitum d e t e r m i n a t u s a c c i d e n t a l e m dico, in qua e n u m e r a n t u r vel a t t r i b u t a , vel quae per moduui a t t r i b u t o r u m i n s u n t , modorum ac relationum possibilitates, v rj TU TiintyiiuTct. Wenn Aristoteles (Anal. pri. I, 32; cf. Eth. Nicom. I, 8) von der Wahrheit auch durchgängige Uebereinstimmung mit sich selbst verlangt: ]
202
§ 77. Der Grundsatz des Widerspruch«.
das sei, was nicht ist, f ü r u n s t a t t h a f t erklärt, also der Sache nach das Zusammenbestehen oder Zusammenwahrsein des Urtheils: dieses ist, mit dem U r t h e i l : dieses ist nicht, verneint. (Der Satz h a t also nicht erst, wie W e i s s e a. a. 0 . meint, in der Opposition des Aristoteles gegen die Sophisten, noch auch, wie I. H. F i c h t e a. a. 0 . S. 17 vermuthet, in der Platonischen Ideenlehre seinen Entstehungsgrund.) Doch haben jene Aeusserungen bei Parmenides vielmehr eine metaphysische, als eine logische Tendenz. — Bei Xenophon Memorab. IV, 2, 21 sagt Sokrates:
ös av
tiriMV
(!'•)•
it'yij,
TRIL.rjU-RJ k f ' y f i v urjde'iiou
ßovliufvos o, lort
dt
unterscheidet,
indem er die metaphysische Aufgabe behandelt, das Verhältniss von Sein und Werden festzustellen, die intelligibeln und sinnlichen Dinge. E i n jedes der s i n n l i c h e n D i n g e , lehrt er, vereinigt in sich das Entgegengesetzte: was gross ist, ist doch zugleich auch klein, was schön ist, auch hässlich etc.; man kann nicht den Gedanken festhalten, dass es sei, was es ist, noch auch, dass es das Gegentheil sei oder nicht sei, denn alles Sinnliehe ist in unablässigem Wechsel begriffen. E b e n d a r u m k o m m t ihm nicht das Sein zu, sondern es schwebt in der Mitte zwischen dem Sein und Nichtsein: it/iu 'ov rf xul ui/ oy — txiivo to tif.ttporiijuti
iiiie/ov
TO? tival
it
xui
¡il] th'ui.
Von
einer jeden
der
Ideen
gilt der Satz des Parmenides über das Sein: sie ist ttti xtnrt IUVIU loiaviwi f/ovan (Plat. de Rep. V, p. 478 sqq.). I m P h ä d o n nennt Plato neben den Ideen und den sinnlichen Dingen noch ein Drittes, nämlich die den sinnliehen Dingen inhärirenden Eigenschaften, und spricht nicht nur den I d e e n das beständige Sichgleichblciben zu, sondern b e h a u p t e t auch von den E i g e n s c h a f t e n d e r s i n n l i c h e n D i n g e , dass dieselben, so lange sie ü b e r h a u p t als das, was sie sind, bestehen, niemals zugleich das Entgegengesetzte werden oder sein können. Phädon p. 102 D : ov fiovov IIVTO TO utytttog oüäf.toi £{te'!.ta'
dagegen
¡tue.
/ueyet
¡ml
nor,
auixoov
TO
nnosStyjnihu >j ]x(ifi(i'
l'iou
tlviu,
apuxobv xcX
uXlu
V7iix/oioitf
TCOV lytivrinir
ovdfv
Ib. 103 B: ro
h'
r o 1v
«rro
oi' onfo
TO
O'VTI
iv
tt/itt
TO
ovfitnoie TO f T f -
th'otv
Ib.
102 E :
jovvnvri'ov
tavTtp
Tfl (f urrti.
IAVTIO
h'tiniov
ueydto; (Oj.ic
it7rokiolei'ia. tjv
tvuvriov
TO
ijitTv
v;iiae%ta9iu.
— rj — tri
i],uTv,
UTJI_H'7IOT€
—
xiu
oi'd" l0-0.fiv
iravTi'ov Ib.
ovx
¡ir
103 C:
H'TTVTIOV
ovx
yiyvtnädi iIOTS
(vvto/joko-
iata'hu.
Von
den
sinnlichen D i n g e n aber sagt Plato, dass stets das E n t g e g e n g e s e t z t e aus dem Entgegengesetzten werde, ja dass auch gleichzeitig die entgegengesetzten Eigenschaften an ihnen seien. Phaedon p. 70 D: ovimm. yt'yrerai
nehme,
ovx
ix
TOV IvaVTtou
(¡O
ov
—
LE'YTIS
(IIUXOONßIR,
Worte ul\a
«kXoOtv
TOT'
fj'tuj'f.
fH'ca
Ö03 A : ovxovv
—
—
riei ixicOToi'
ZIP«UEV
TO>V ivtiniojv
TO haviiov H>
TOI
TTQÜYUIC
—IFIINIA
Ta
ivarriu.
Ib. 103 B :
yfyvtnitc«.
ÄINPOTTOU,
Ib.
xal
102 B :
FIE'ye&os
xiu
Vgl. an dem vorhin angef. Orte aus der Rep. die
p . 4 7 9 B : tnäyxt]
iyi.jifif
lj ix
no('cy/.iiCTog
IM
xcu
xulu
neu
(tutpoTeQtav
NVRRII
ciuu
TIIQI
uvric eStrai. TCIVTCI
idayott
xui
bau
( F e r n e r vgl. Plat.
Rep.
ivctvtia
(fta^mi
(foj?«£fil'
nSvva-
§ 77. P e r Grundsatz dos Widerspruchs.
203
TOV fhm ; — xal òn.'toìg y ftpriutv, wo hieraus bewiesen werden soll, dass das loyimxóv, dessen i'i>yov das Messen etc. sei, verschieden sei von den niederen Theilen der Seele: TO Tirimi JÀ UT ina aita ón!iit£ov r f j s iH'xhi tm xina iti tifigli nix av si'/j lavióv, nicht die Vereinigung der Glieder des Widerspruchs im Object, sondern das Bestehen des Widerspruchs in dem denkenden Subject wird hier in Erwägung gezogen.) Es bedurfte dieser ausführlichen Citate namentlich auch darum, damit klar werde, inwiefern es eine ungenaue Angabc sei, wenn (wie häufig geschieht) ohne nähere Bestimmung und Einschränkung gesagt wird, dass Plato bereits den Grundsatz des Widerspruchs (insbesondere Phaedon 103 C in den W o r t e n : fvaviiov HIVTOT TÒ tvavTi'ov t a i a i h u ) aufgestellt habe. Der Satz des Widerspruchs geht ausschliesslich auf den contradictorischen Gegensatz; die angeführte Stelle im Phädon dagegen bezieht sich, zunächst wenigstens, auf conträr entgegengesetzte Prädicate. Der Unterschied zwischen dem conträreu und contradictorischen Gegensatze ist aber auch überhaupt von Plato noeh nicht mit Bestimmtheit aufgestellt worden, was doch eine nothwendige Bedingung der reinen Auffassung jenes Grundsatzes ist. So glaubt denn Plato, da er in den sinnlichen Dingen conträre Gegensätze vereinigt findet, auch contradictorisch Entgegengesetztes ihnen zuschreiben zu müssen; insbesondere erscheint ihm der W e c h s e l der Prädicate als W i d e r s p r u c h in den D i n g e n : dasselbe Ding hat jetzt, und hat doch jetzt nicht mehr dasselbe Prädicat. (Die Reflexion, dass, weil der zweite Zeitpunct ein anderer ist, darum auch das zweite Urtheil in affirmativer F o r m ein neues sein würde und in negativer Form daher nicht mehr den contradictorischen Gegensatz des ersten bilden kann, würde diesen Schein aufgelöst haben, liegt aber jenseit des Piatonismus.) Demgemäss schliesst Plato die sinnlichen Dinge als das, was zugleich sei und nicht sei, von dem Gebiete der Herrschaft jenes Grundsatzes (in beiderlei Sinne) aus, unterwirft derselben aber das ühy.ijtvm ov, welches gleichförmig und unveränderlich sei, wie die Ideen und die mathematischen Objecto. A m wenigsten mit metaphysischen Beziehungen verflochten und der logischen Form bei Aristoteles nahestehend, erscheint der Satz Euthydem. p. 293 B, wo die Möglichkeit verneint wird, dass etwas Seiendes eben das, was es sei, auch nicht sei (TI TIÖV óviotv TOVTO, ö 1 vyxdvti or, CWTÒ Toho ¡.IÌ: (ina). — Aristoteles, Piatos Lehren fortbildend, spricht den Satz des Widerspruchs als m e t a p h y s i s c h c n Grundsatz in der folgenden vorsichtig umgrenzten Formel aus: es ist unmöglich, dass dem Nämlichen das Nämliche in der nämlichen Beziehung zugleich zukomme und nicht zukomme. Metaph. I \ , 3, § 13 Schw : rò aùrò auet vyriioyiiv re xal firj vniiQxtiv aSwatov uft Itùnù xal xtiu'i U) U'VTÌ. (Die F a s s u n g dieses Satzes erinnert an den von Plato Rep. IV, p. 436, wiewohl in einem anderen Sinne, aufgestellten Satz: drjkov, ort laliòv Taravi!« -TOKTV Ì) nttayiiv xctict I a m ö v yt xal NI>Ò; UWTOV OVX ÈFTEHJNTT TIFIU.) In der Parallelstellc Metaph. IV, 5, § 39 stellt Aristoteles den Ausdruck der Gleichzeitigkeit: ¿v ioi (Wim z no vip, noch neben das iiua ouiu> xal ov% ovina. Mit urgir-
204
§ 77.
Der G r u n d s a t z des W i d e r s p r u c h s .
t e r B e d e u t u n g des t r a n n d r ü c k t Aristoteles den gleichen G r u n d s a t z i n der k ü r z e r e n F o r m e l a u s : es k a n n n i c h t das N ä m l i c h e sein u n d a u c h n i c h t sein. Anal. p r i . II, 2. p. 53 B, 1 5 : ro «Ivb «)t« tlvai if xai nix _ f„)'i')raoi'. M e t a p h . III. 2, § 12: atfrvator afia fhm x«i fit] tirai. tj,.a, Cf. M e t a p h . IV. 4, § 1. H i e r m i t v e r k n ü p f t A r i s t o t e l e s d e n e n t s p r e c h e n den l o g i s c h e n G r u n d s a t z : w i d e r s p r e c h e n d e xVussageu k ö n n e n n i c h t zus a m m e n w a h r sein, oder : es k a n n n i e m a n d a n n e h m e n , dass das N ä m liche sei u n d n i c h t sei. M e t a p h . IV, C, § 12: ßißaiort'tTrj rfdf« mtawv TO ur/ t i l i « t'dtjäiis « t w TOS itvnxuuiviis Ifc'cntii. Ib. § 13: «dvrcaov 7 I J R ttviitfttatv
UHJTTT-IJFCTIHA «U«
xtn«
TOI• UVTOV.
Ib.
8,
§ 3:
tant/tcrus
— öl'/ "iör re «ti« idrjOsti ehm. Cf. de i n t e r p r . 6 : xai imt„ «i'iiif«nn tovio ' x«i;
5 7 ; 73) die E r k e n n t n i s s d e s I n n e r e n der D i n g e ü b e r h a u p t und i n s b e s o n d e r e der Einzelexistenz, des AVesens u n d der G r u n d verhältnisse.
Es w i r d
n ä m l i c h die ä u s s e r e Regelnlässigkeit
der sinnlichen E r s c h e i n u n g e n n a c h der Analogie des bei uns selbst w a h r g e n o m m e n e n Z u s a m m e n h a n g s , n a m e n t l i c h zwischen dem Wollen u n d seiner Betluitigung (dessen w i r zumeist durch die A n s t r e n g u n g
bei
einem W i d e r s t a n d e
innc w e r d e n ) ,
logischem Recht auf eine innere G e s e t z m ä s s i g k e i t
mit.
gedeutet.
In der einfacheren Regelmässigkeit der äusseren und insbesondere der unorganischen N a t u r offenbart sich die reale Gesetzmässigkeit allerdings noch mehr auf eine anschauliche und A n e r k e n n u n g erzwingende Weise, als in den mannigfach complicirten psychischen Processen; nichtsdestoweniger aber sind diese die einzigen, in welchen der eigentliche Charakter jener Gesetzmässigkeit als der B e t h ä t i g u n g von inneren Kräften unmittelbar der Beobachtung zugänglich ist. So lange dem Menschen noch keine A h n u n g einer inneren Gesetzmässigkeit aufgegangen ist, w i r d von ihm auch das äussere Geschehen auf die gesetzlose Willkür dämonischer Naturwesen gedeutet. Auch in den (objeetiv-realen) Verhältnissen, auf welche die Mat h e m a t i k geht, findet die g e n e t i s c h e B e t r a c h t u n g eine durchgängige
§ 81.
D e r Satz des ( z u r e i c h e n d e n ) G r u n d e s .
225
causale Gesetzmässigkeit. Der objective Z u s a m m e n h a n g zwischen den Grössen u n d zwischen den F o r m e n b e s t e h t an u n d f ü r sich, a u c h ohne dass das S u b j e c t ihn e r k e n n t ; auf i h m b e r u h e n i n s b e s o n d e r e d i e physikalischen V o r g ä n g e , die u n a b h ä n g i g von d e m e r k e n n e n d e n Subjecte s t a t t f i n d e n u n d die M ö g l i c h k e i t der E x i s t e n z e r k e n n e n d e r S u b j e c t e bedingen. In der o b j e k t i v e n N a t u r d e r Q u a n t i t ä t u n d d e s Raumes ist j e n e R e g e l m ä s s i g k e i t b e g r ü n d e t , die Kant fälschlich auf subjectiven Ursprung deutet. Die l o g i s c h e F o r m des obigen Satzes b e s a g t n u r , dass die Verk n ü p f u n g von U r t h e i l e n , w o d u r c h aus g e g e b e n e n n e u e abgeleitet w e r d e n , auf einem objectiven Causalverhältniss b e r u h e n müsse; ob a b e r u n d in welchem Sinne a l l e s Objective in causalen Beziehungen stehe, d a r ü b e r ist a n d e r w e i t i g (in der M e t a p h y s i k und Psychologie) zu entscheiden. Schon P l a t o Uebereinstimmung
und
Aristoteles
(àyoAoyta,
Çui lahir,
finden
in
ivuif.iDi'ùv)
der
durchgängigen
der
Erkenntnisse
u n t e r e i n a n d e r u n d mit i h r e n G r ü n d e n eine wesentliche B e d i n g u n g i h r e r W a h r h e i t . P l a t o l e h r t (Tim. p. 28 A): nùv rô yiyvoutvor ùn' atriou RIRÔ;
f ; rh't'cymjj
yiyvtaihu'
navrX yi'itj
I\;/(//£««), und das abgeleitete Urtheil S ch l u s ss a t z (conclusio, iudicium conclusum, ro a v ^ r t Q a a j i a , auch illatio, unrpoQCi). Von den Prämissen wird diejenige, welche das Subject oder das subordinirte Satzglied (z. B. die Hypothesis) des Schlusssatzes enthält, U n t e r s a t z (propositio minor, assumptio, ji;Qohjii>ig), die andere aber, welche das Prädicat oder das übergeordnete Satzglied (den Hauptsatz oder Nachsatz) des *) Von Hoppe's Tadel des »schematischen und mechanischen Verfahrens« der Syllogistik gilt das Gleichc, was oben (zu § 84) über seine Verwerfung des Schematismus in der logischen Betrachtung der unmittelbaren Schlüsse bemerkt worden ist. W i r d ausser den gegebenen Urtheilen selbst noch das Wissen vorausgesetzt, von welcher Art jedesmal die Verknüpfung des I'rädicates mit dem Subjectc sei und welches der verschiedenen möglichen Unifangsverhältnisse demgemäss in dem einzelnen Falle thatsächlich statthabe, dann lässt sich freilich mehr folgern, als nach dem »schematischen Verfahren« zulässig ist; aber dann ist eben auch die Zahl der vorausgesetzten Data überschritten worden.
206
§ 100. E i n t e i l u n g und Elemente der Syllogismen.
Schlusssatzes enthält, O b e r s a t z (propositio maior, l i ^ i ^ a ) genannt. Die B e s t a n d t e i l e des Syllogismus überhaupt oder die darin enthaltenen Urtheilsglieder werden unter dem N a m e n : E l e m e n t e d e s S c h l u s s e s (syllogismi elementa, i a toi üv'Üjr/iof-tov ainr/ilu) zusammengei'asst. Der Syllogismus hat die R e l a t i o n seiner Prämissen, d. h. er ist eopulativ, disjunetiv, hypothetisch ete. oder gemischt j e nach der F o r m der Prämissen, weiche auch die Form des Schlusssatzes bedingt. Sind die Prämissen von verschiedener Form, so pflegt man die Relation des Syllogismus vorzugsweise nach der des Obersatzes zu bezeichnen. Aus zwei Urtlieilen, die gar nichts mit einander gemein haben, kann, da keine neue Beziehung begründet wird, auch kein Schlusssatz allgeleitet werden. Soll also aus zwei Urtlieilen ein drittes folgen, ho müssen dieselben entweder einen gemeinsamen H a u p t b e s t a n d t e i l haben oder durch blosse U m f o r m u n g erhalten k ö n n e n ; der letztere Fall findet statt, wenn ein H a u p t b e s t a n d t e i l des einen Urthcils der eontradictorische Gegensatz zu einem H a u p t b e s t a n d t e i l e des a n d e r n ist. Man k ö n n t e nun zwar auch diesen Fall noch den einfachen Syllogismen zurechnen, indem man den Begriff' derselben dahin bestimmte, dass jeder Schluss, der sich auf zwei von einander unabhängige gegebene Urtheilc g r ü n d e , ohne dass ein drittes, welches nicht aus einem der gegebenen d u r c h blosse U m f o r m u n g folge, hinzugenommen zu werden brauche, e i n f a c h genannt würde, und nur derjenige z u s a m m e n g e s e t z t , der m e h r als zwei gegebene Urtheilc voraussetze. Allein im Verfolge der Darstellung w ü r d e diese Bestimmung zu mancherlei Missständen führen. Mehrere von den Regeln, welche die Syllogistik aufzustellen pflegt (z. B. d e r Satz: cx mere negativis nihil sequitur, vgl. unten § 106; ferner die Bestimmungen über die Zahl und F o r m der gültigen Modi etc.) w ü r d e n dann nicht zutreffen, und wollte man sie d u r c h andere ersetzen, so würden diese minder einfach u n d übersichtlich sein. Auch an i n n e r e r Berechtigung w ü r d e diese Terminologie der im Texte dieses P a r a g r a phen aufgestellten nachstehen. Denn in dem Falle, wo zwei Bestandt e i l e der beiden Prämissen zu einander im Yerhältniss des contradictorischen Gegensatzes stehen, k a n n der Schlusssatz nicht gewonnen werden, ohne dass zugleich ein Hülfsurtlieil, welches d u r c h Aequipollcuz aus einem der gegebenen Urtheilc folgt, mit hinzugedacht wird, und so ist der Schluss in der Tliat zusammengesetzt, nämlich aus einer unmittelbaren F o l g e r u n g und einem einfachen Syllogismus. Die A u s d r ü c k e : ooo; und Tifiuiamg e r k l ä r t A r i s t o t e l e s Anal, pri. I, 1; den Mittelbegi •iff' (TO uenov) definirt derselbe ib. I, 4; der N a m e : av/jntyaa/*« findet sich ib. I, 0 u. öfter. Die T e r m i n i : h)ujjitzu und i;mf,oijK gehören den Stoikern an.
§ 101. Der Syllogismus als Erkenntnissform.
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§101. Die M ö g l i c h k e i t d e s S y l l o g i s m u s als einer b1 o r m d e r E r k e n n t n i s s beruht auf der Voraussetzung, dass eine r e a l e G e s e t z m ä s s i g k e i t bestehe und erkennbar sei, gemäss dem S a t z e d e s z u r e i c h e n d e n G r u n d e s (§ 81). Da die vollendete Erkenntniss auf der Coincidenz des Erkenntnissgrundes mit dem Realgrunde beruht, so ist auch d e r j e n i g e S y l l o g i s m u s d e r v o l l k o m m e n s t e , worin der vermittelnde B e s t a n d t h e i l (der Mittelb e g r i f f , d a s M i t t e l g l i e d ) , w e l c h e r der E r k e n n t n i s s g r u n d d e r W a h r h e i t d e s S c h l u s s s a t z e s i s t , zun ä c h s t den R e a l g r u n d der W a h r h e i t d e s s e l b e n bezeichnet. Die in diesem Paragraphen vorgetragene Lehre ist die wichtigste der gesammten Syllogistik. Von der Anerkennung der Beziehung des Syllogismus auf eine reale Gesetzmässigkeit hängt die Entscheidung der Streitfrage ab, ob der Syllogismus ein. Mittel der E r k e n n t n i s s sei und in diesem Sinne dem Begriff und Urtheil als gleichberechtigte F o r m zur Seite gestellt werden dürfe, oder ob das syllogistische Verfahren für eine blosse Combination von Begriffen gehalten werden müsse, welche nur etwa zur Verdeutlichung der Erkenntniss, die wir in verhüllter Weise bereits besitzen, und ausserdem zum Zwecke der Mittheilung unseres Wissens au Andere einigen W e r t h beanspruchen möge. AVenn nämlich die Ueberzeugung von der allgemeingültigen Wahrheit der Prämissen sich nicht auf die Voraussetzung einer realen Gesetzmässigkeit g r ü n d e t , sondern erst durch Vergleiehung aller einzelnen Fälle gewonnen werden soll: so leuchtet ein, dass unter den verglichenen Fällen auch diejenigen, von welchen im Schlusssatze die Rede ist, mitvorkommen müssen, dass also die Wahrheit des Schlusssatzes zuerst feststehen muss,' damit die Wahrheit der Prämissen erkannt werden könne, dass wir aber in einen fehlerhaften Cirkel verfallen würden, wenn wir doch auch wiederum aus den Prämissen den Schlusssatz ableiten wollten. Diese letztere Ableitung könnte höchstens den W e r t h einer »Entzifferung unserer eigenen Noten« (Mi 11) haben, also n u r der Wiedererinnerung, der Verdeutlichung, der Mittheilung an Andere dienen. In der T h a t vorhält es sich so in vielen Fällen. W i r d z. B. der Schluss aufgestellt: jeder um unsere Sonne in einer elliptischen Bahn laufende Körper ist ein an sich dunkler Körper; Vesta ist ein um unsere Sonne in einer elliptischen Bahn laufender Körper; folglich ist auch Vesta ein an sich dunkler Körper: so kann ich offenbar die erste der Prämissen nur dann als allgemeingültig erkennen, wenn ich zuvor schon weiss, dass Vesta zu den um unsere Sonne in elli2>tiseher Bahn laufenden Körpern gehöre und dass auch sie kein eigenes Licht besitze. Ich kann so wenig die W a h r h e i t des Schlusssatzes aus der W a h r h e i t der Prämissen erkennen, dass im Gegentheil die Ueberzeugung von der W a h r h e i t der ersten
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§ 101.
Der Syllogismus als E r k e n n t n i s s f o r m
Prämisse an der im Voraus feststehenden Ucberzeugung von der W a h r heil des Schlusssatzes eins ihrer F u n d a m e n t e finden muss, und dass, v e n u etwa der Schlusssatz sieh als ungewiss oder als falsch erweisen sollte, sie ihrerseits das gleiche Schicksal theilen würde. Der Satz, dass alle Planeten immer n u r innerhalb des Thierkreises uns erscheinen (der von den altbekannten Planeten gilt) verliert seine anscheinend allgemeine Gültigkeit sofort, sobald (unter den Asteroiden) irgend welche gefunden werden, die den Thierkreis überschreiten, und es kann keineswegs aus dem allgemeinen Satze, als ob dieser im Voraus und unabh ä n g i g von der Vollzahl der Kinzelbeobachtungen feststände, geschlossen werden, dass sich kein P l a n e t finden könne, der jene Grenze überschreite; der Planet Pallas überschreitet thatsächlich dieselbe. Aber nicht alle Fälle sind von der nämlichen A r t . Sofern in Bezug auf das zu erö r t e r n d e Verhältniss eine bestimmte Gesetzmässigkeit vorausgesetzt werden darf, lässt sich allerdings das Allgemeine v o r der D u r c h f o r s c h u n g der Gesammtheit alles Einzelnen als wahr e r k e n n e n , und daher auch aus der W a h r h e i t desselben die W a h r h e i t dos Einzelnen durch syllugistisehe Deduction ermitteln. Dass z. B. die Kopiersehen Gesetze eine allgemeingültige W a h r h e i t h a b e n , kann seit Newton gewusst werden, ohne dass sie vorher an a l l e n einzelnen Planeten und T r a b a n t e n gep r ü f t zu sein b r a u c h e n , und so oft daher ein neuer Himmelskörper dieser A r t entdeckt wird, können auf ihn jene Gesetze syllogistisch mit voller Zuversicht a n g e w a n d t werden. Steht j a doch die Gewissheit der aus dem Gravitatiousprincip abgeleiteten Gesetze so fest, dass, als die beobachtete Bahn des Uranus denselben zu widerstreiten schien, diese Beobachtung keineswegs jener Gewissheit E i n t r a g t h a t , sondern vielmehr den Schluss auf das Vorhandensein eines noch niemals beobachteten Planeten r e c h t f e r t i g t e , der auf die Bahn miteinwirken müsse, — den Schluss, der zur E n t d e c k u n g des N e p t u n g e f ü h r t hat. Und so ist in allen Fällen, in welchen unser Denken auf dem G r u n d e einer bestimmt e r k a n n t e n realen Gesetzmässigkeit r u h t , der Syllogismus eine vollber e c h t i g t e F o r m der Erkenntniss, welcher wir die werthvollsten Erweit e r u n g e n unseres Wissens verdanken. W i r d der Mittelbegriff in dem f ü r die E r k e n n t n i s s werthvollsten Syllogismus der Ausdruck des R e a l g r u u d e s genannt, so soll h i e r d u r c h keineswegs in Abrede gestellt werden, dass der R e a l g r u n d nur im Verein mit den entsprechenden äusseren Bedingungen die W i r k u n g zu erzeugen vermag. Ist z. B. der Schluss gegeben: W a s das Pendel verlängert, verlangsamt den Gang desselben, W ä r m e verlängert das Pendel, also verlangsamt sie seinen G a n g : so ist die V e r l ä n g e r u n g der Realgrund der Verlangsamung des Gangs des Pendels d u r c h die W ä r m e , aber sie ist dies nur auf Grund d e r Anziehung des Pendels d u r c h die E r d e und der Bewegung seiner Theile nach den Fallgesetzen. Vgl. oben zu § 69, S. 172 und zu § 8 1 , S. 227 über das Zusammengesetztsein jeder Ursache aus dem (inneren) G r u n d und den (äusseren) B e d i n g u n g e n . A r i s t o t e l e s spricht die in dem vorstehenden P a r a g r a p h e n dargelegte L e h r e bereits m i t voller Bestimmtheit a u s . indem er fordert,
und seine Beziehung auf die reale Gesetzmässigkeit.
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dass der M i t t e l b e g r i f f die r e a l e U r s a c h e ausdrücke, Anal. post. II, 2, p. 90, A, 6 : TO U I V YAO tcTnov TO ¡J SOOV. Aristoteles will liier nicht »das Reale auf ein Formales z u r ü c k f ü h r e n i (wie D r o b i s c h meint, Logik, Vorrede, 2. A., S. XI.), sondern umgekehrt das Formale durch die Beziehung auf das Reale vertiefen. Denn an sich zwar lässt der angeführte Ausspruch beide Deutungen zu, da das Suliject und das Prädicat desselben beide den bestimmten Artikel haben und also das Urtheil reciprocabel ist; aber nur die eine entspricht dem Zusammenhange der Stelle, welcher folgender ist. Um uns des Seins zu vergewissern, sagt Aristoteles, so wie auch, um das Wesen zu erkennen, müssen wir den M i t t e l b e g r i f f h a b e n ; denn haben wir diesen, so kennen wir die U r s a c h e und haben damit gefunden, was überall gesucht wird und was auch wir suchen musstcn, da selbstverständlich die Gewissheit von der (realen) Ursache auch die Gewissheit von dem Sein sichert. Der Sinn jenes Satzes ist also: die Bedeutung des Mittelbegrift's liegt darin, dass er der Ursache, entspreche. (Nicht im Widerstreit hiermit sagt Aristoteles Anal. post. II, 12 init.: i!> yim /Jt'iluv nfr/or. Das Werdende und Gewordeue etc. hat dieselbe Mitte; die Mitte aber ist Ursache; also hat es auch dieselbe Ursache.) Der umgekehrte Gedanke aber: das Wesen des aftiov liegt darin, dass es der Mittelbegriff eines Schlusses sei, würde nicht in deu Zusammenhang passen. Denn aus den Sätzen: das ufnor sichert das Sein, u n d : das Wesen des ai'rioi' liegt darin, dass es der Mittelbegriff eines Schlusses sei, würde j a nicht folgen, dass immer, wenn wir den Mittelbegriff haben, das Sein gesichert sei, was doch Aristoteles darthun will; vielmehr wäre dies ein fehlerhafter allgemein bejahender Schluss in der dritten F i g u r . W a i t z sagt in seiner E r l ä u t e r u n g (ad Anal. post. II, 2; vol. II, p. 380) mit R e c h t : »quum omnis quaestio iam in eo versetur, ut r e i subiectae naturam sive causam, per quam r e s i p s a existat vel ob quam aliud quid de ea praedicetur, exploremus, q u a m q u i d e i n c a u s a m t e r m i n u s m e d i u s e x p r i m e r e d e b e t « . Auch die Beispiele, die Aristoteles hier und an anderen Stellen a n f ü h r t , zeigen, dass er nicht das Reale zum Formalen verflüchtigen, sondern die F o r m aus ihrem Verhältniss zum Inhalt begreifen will. Die reale «m'cf«s'f der E r d e zwischen Sonne und Mond ist das UITIOV der Mondfinsterniss; nun aber liegt doch offenbar das Wesen jener realen Stellung der Himmelskörper zu einander nicht d a r i n , dass dieselbe der MittelbcgrifF eines Syllogismus sei, sondern im Gegentheil das Wesen des Mittelbegriffs darin, dass derselbe jene reale Ursache bezeichne. (Ein undurchsichtiger Körper, welcher zwischen einen selbstleuchtenden u n d einen n u r von diesem beleuchteten, an sich dunkeln Körper t r i t t , verfinstert den letzteren. Die Erde ist ein undurchsichtiger Körper, der zu gewissen Zeiten zwischen die selbstleuchtende Sonne und den nur von ihr beleuchteten, an sieh dunkeln Mond t r i t t . Also verfinstert die E r d e zu gewissen Zeiten den Mond.) In demselben Sinne lehrt Aristoteles c. 11, dass die vier metaphysischen a h u u : Wesen, Bedingung, bewegende Ursache und Zweck, alle durch den Mittelbegriff aufgezeigt und erkannt werden, nicht als ob sie alle auf eine blosse formale Be-
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§ 101.
D e r Syllogismus als E r k e n n t n i s s f o r m
Ziehung r e d u c i r t u n d ihr realer metaphysischer C h a r a k t e r a u f g e h o b e n w e r d e n sollte, s o n d e r n i m G e g e n t h e i l , u m d e m M i t t e l b e g r i f f e die r e a l e B e z i e h u n g auf die s ä m m t l i c h e n m e t a p h y s i s c h e n cthiui zu v i n d i c i r e n . A m Sehluss von c. 12 b e m e r k t , A r i s t o t e l e s , i m w i r k l i c h e n G e s c h e h e n finde sich z u m T h e i l eine s t r e n g e c a u s a l e N o t h w e n d i g k e i t u n d A l l g e m e i n h e i t , z u m T h e i l a b e r n u r ein o>; Ini ro nu).v, u n d f ü g t b e i : rwr r tj tirca rj /.t'rj tJvcu, d i e B e d e u t u n g h a t : i m U m f a n g des weiteren oder höheren Begriffs als u n t e r g e o r d n e t e r Begriff enthalten sein u n d also im Urtheil das S u b j e c t zu j e n e m bilden). E i n Schulbeispiel der vier F i g u r e n ist folgendes (nach L a m b e r t u n d nach Rosenkranz, L o g . II, S. 153): 1. J e d e T u g e n d ist löblich; die Beredsamkeit ist eine T u g e n d ; also ist die B e r e d s a m k e i t löblich. 2. Kein L a s t e r ist löblich; die B e r e d s a m k e i t ist löblich; also ist s i e k e i n L a s t e r . 3. J e d e T u g e n d ist löblich; j e d e T u g e n d ist n ü t z l i c h ; also ist einiges Nützliche, löblich. 4. J e d e T u g e n d ist löblich; jedes L ö b l i c h e ist n ü t z lich; also ist einiges N ü t z l i c h e eine T u g e n d . A r i s t o t e l e s t h e i l t d i e Syllogismen in d r e i F i g u r e n (X\oyiOfxbs T(Xfiog), weil h i e r u n m i t t e l b a r (ohne H ü l f e von Zwischensätzen, deren es n a c h seiner Ansicht in den ü b r i g e n F i g u r e n b e d a r f ) das R e s u l t a t aus den P r ä m i s s e n
§ 103. Die Figuren der einfachen kategorischen Syllogismen.
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folge, die Syllogismen der beiden anderen F i g u r e n dagegen u n v o l l k o m m e n ( r i v i i o y t d f i o i i'aiUTi). Doch leitet ihn bei dieser Benennung wohl auch d e r Gedanke, dass n u r in der ersten F i g u r ein allgemein bejahender Schlusssatz sich ergeben und der E r k e n n t n i s s g r u n d mit dem Realgrunde coincidiren könne. Das V e r h ä l t n i s dieser Aristotelischen Eintheilung zu der im späteren Mittelalter vorherrschenden in v i e r F i g u r e n bedarf auch nach den sehr anerkennungswerthen neueren F o r schungen immer noch der genaueren Untersuchung. Die gewöhnliche A n n a h m e ist, dass die drei Aristotelischen F i g u r e n mit den drei ersten der späteren Eintheilung (den obigen 1' II' III') übereinkommen, und dass die vierte (IV') durch Cl. G a l e n u s (s. u. S. 291 f.) h i n z u g e f ü g t worden sei. Dagegen h a t namentlich T r e n d e l e u b u r g (Log. Unters. 1840, II, S. 232 11'., 2. A. S. 308 ff., 3. A. S. 341 ff., vergl. Elementa log. Arist. § 28, und E r l ä u t e r u n g e n zu den Elem. der Arist. Logik zu demselben §) nachzuweisen gesucht, dass die Aristotelische E i n t h e i l u n g eben so vollständig sei, wie die spätere, aber auf einem verschiedenen — und zwar besseren — Princip beruhe. »Aristotel e s entwarf drei Figuren, jenachdem der terminus medius in d e r R e i h e d e r u n t e r g e o r d n e t e n B e g r i f f e die m i t t l e r e Stellung einnimmt (erste Figur), oder die o b e r s t e (zweite Figur), oder den n i e d r i g s t e n Begriff bildet (dritte Figur). Nach der A n s i c h t d e r U n t e r o r d n u n g d e r d r e i zu einem Syllogismus nöthigen B e g r i f f e ergeben sich d r e i F i g u r e n . W e n n man später v i e r F i g u r e n zählte, so folgte man einem anderen E i u t h e i l u n g s g r u n d c , und zwar der Möglichkeit d e r verschiedenen S t e l l u n g e n , die der Mittelbegriff in den beiden Prämissen haben kann. Aristoteles sah auf das i n n o re Verhältniss der im Schlüsse vorkommenden drei T e r m i n i ; später betrachtete man ä u s s e r l i c h , ob der Mittelbegriff dieStelle d e s S u b j e c t e s oder Prädicates in den beiden Prämissen behaupte. Aristoteles lässt die F o l g e d e r P r ä m i s s e n f r e i ; i n d e r n e u e r e n A n s i c h t w i r d d i e s e g e b u n d e n , indem man den Begriff, der im Schlusssatzo Subject wird, immer in den Untersatz verweist. Diese A n o r d n u n g ist indessen eine willkürliche E i n r i c h t u n g und eine V e r k e h r u n g der natürlichen Verhältnisse, d a die aus den Prämissen folgende (Jonclusion in keinerlei Bestimmung auf ihre Gründe (die Prämissen) zurückwirken kann. Qui t e r m i n o r u m n a t u r a m speotant, eos t r i a ligurarum genera, qui e x t e r n a m e n u n c i a t i o n u m f o r m a m , eos q u a t u o r constituere necesse est. Quare Galenus n o n a d d i d i t , ut vulgo p u t a n t , q u a r t a m tribus prioribus, sed tres Aristotelis in q u a t u o r novas c o n v e r t i t ; n i t u n t u r enim p l a n e a l i o d i v i d e n d i f u n d a m e n t o « . Um in dieser Streitfrage zur Entscheidung zu gelangen, müssen wir zunächst in Bezug auf A r i s t o t e l e s zwischen dem P r i n c i p seiner E i n t h e i l u n g und der D u r c h f ü h r u n g des Princips unterscheiden. Was das P r i n c i p betrifft, so steht wenigstens das E i n e unzweifelhaft fest, dass zwischen den drei zu dem Syllogismus e r f o r d e r lichen Begriffen das Verhältniss einer successiven U n t e r o r d n u n g n u r in der ersten F i g u r , und auch in dieser nicht einmal überall besteht,
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§ 103. Die F i g u r e n der einfachen kategorischen Syllogismen.
nämlich insoweit nicht-, als negative und p a r t i c u l a r e Urtheile vorkommen, in der zweiten F i g u r aber, wie auch T r e n d e l e n b u r g (Log. Unters. II. S. '238, 2. A. S. 314, 3. A. S. 347; selbst b e m e r k t , und so auch grossentheils in der dritten »mehr eine A n n a h m e der Analogie, als streng wahr ist, d a die Verneinung den V e r b a n d der U n t e r o r d n u n g zerreissta. Hieraus folgt mit gleicher Gewissheit, dass Aristoteles, w e n n er die E i n t h e i h i n g der Syllogismen in die F i g u r e n ü b e r h a u p t auf das innere Verhält,niss der U n t e r o r d n u n g d e r T e r m i n i , also auf ein Verhältnis« zu gründen versuchte, welches nur in der ersten dieser F i guren (und auch hierin nicht einmal d u r c h g ä n g i g ) wirklich besteht, einen entschiedenen F c h l c r begangen hat, und dass es im Interesse der Aristotelischen Syllogistik liegen muss, falls sie von dieser Unrichtigkeit frei ist, auch frei davon e r k a n n t zu werden. Das Verhältniss der Termini, welches wirklich besteht, ist vielmehr n u r das U r t h e il s verhältniss, dass der Mittelbegriff entweder in der einen Prämisse S u b j e c t und zugleich in der anderen P r ä d i c a t , oder in beiden P r ä d i c a t , oder in beiden S u b j c c t ist. W e n n Aristoteles dieses Verhältniss, welches gleichfalls ein inneres und wesentliches ist, mit Abstraktion von dem Unterschiede zwischen den beiden anderen Begriffen zum Kintheiliingsgrunde gewählt haben sollte, so würde sein Verfahren ein wohlberechtigtes sein, und es würden seine drei a / f j f i i n a principiell mit unseren obigen drei H a u p t c l a s s e n übereinkommen. Trendel e n b u r g (II, S. 234, 2. A. S. 310, 3. Aufl. S. 343) b e r u f t sich f ü r seine Auffassung auf zwei Momente: 1. auf die Aristotelischen Definitionen der einzelnen F i g u r e n Anal. pri. I, c. 4 — ti; 2. auf die Aristotelische Z u r t i c k f ü h r u n g der zweiten und d r i t t e n F i g u r auf die e r s t e ; in der ersten Auflage macht er ausserdem noch (II, S. 238 in einer seit der zweiten Auflage weggefallenen Note) 3. die E r k l ä r u n g des Aristoteles Anal. pri. I, c. 5 geltend, dass der Mittelbegriff in der zweiten F i g u r »der oberste« (noonur ?;} Ue'ati) sei. W a s den ersten P u n c t betrifft,, so ist es richtig, dass die Aristotelische D e f i u i t i o n der e r s t e n F i g u r auf dem Princiji der successiven U n t e r o r d n u n g r u h t , welches hier hinsichtlich des fundamentalen Modus W a h r h e i t hat. Diese Definition lautet (Anal. pri. I. 4): uica' oyoi itjtiz ovjwi f/mai nyos ai.Xrjious üiit 7ov 'eo/aiov iv oi.o> eimt im /.tfoo>, xai ibv ¡iiaov h> oko> im -rpwTü) J; tlvttt rj /utj itvm, ctvilyx)] zoiv nxooit' tlvett ovf.Xoyia^ov xO-tiov, woran 9ieh die schon zum vorigen § a n g e f ü h r t e n Definitionen des fiiaov und der cix(ta anschliessen. Die Definition der z w e i t e n F i g u r aber (oder vielmehr der zweiten ü b e r h a u p t möglichen Combinationsweise der Prämissen, mit vorläufiger Abstraction von der F r a g e , ob sich ein gültiger Schluss ergebe oder nicht) lautet (c. 5): orav dt i b «uro rj uuipta naviX rj /.iniievl, TO uh1 a/rjua ro TOIOVTOI' xcihö r p i r o r . A r i s t o t e l e s f ü g t b e i : ¡.naor d" h< ttintö leyu> xaS} ov (iuif io ta y.e.i>]yoüOi:u{-tr«: üxoa (ff TU y.aji:yoi)ovut-ra: so d a s s h i e r ü b e r a l l d i e U r t h e i l s V e r h ä l t n i s s e in den.
"Was a b e r z w e i t e n s
die I l e d u c t i o n
der zweiten und dritten F i g u r selbe d e m Z w e c k e ,
Betracht
gezogen
wer-
der einzelnen Schlussweisen
a u f d i e d e r e r s t e n b e t r i f f t , so d i e n t die-
die G ü l t i g k e i t der gezogenen Schlüsse
aus d i e s e r A r t d e r B e w e i s f ü h r u n g
aber
folgt
nicht,
zu
erweisen;
dass n a c h d e r
A n s i c h t des A r i s t o t e l e s d i e z w e i t e u n d d r i t t e F i g u r a u f d e m s e l b e n P r i n cip der successiven U n t e r o r d n u n g der T e r m i n i beruhen müsse, in
der
ersten
dritte
eine
partielle W a h r h e i t
P u n c t f ü r j e n e A n s i c h t zu
hat.
sprechen,
h ä l t n i s s d e r T e r m i n i in allen d r e i F i g u r e n cessiven U n t e r o r d n u n g telbegriff
ansehe.
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77 o M i o r
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Tij
[it'voi* f'i'ru uh'
ItxQiov, tnyctTov
TL>v
teles c. 5, in d e r z w e i t e n F i g u r i o /j-yöf Tw yt'irtp
xiifutrov,
o w r i o w 10C UINUU, Verhältniss Ansicht, drei
sei d a s PTTZUV
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eist uns
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p. 26 B ,
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37
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dann
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D e n n diese A n s i c h t ist, w i e werden,
w e n n seine W o r t e
Es
lassen j e n e A u s d r ü c k e lässt
sich
oder O r d n u n g Subjects-
hierdurch verstehen.
keine
u n d n u r in d e m M a a s s e ,
eine g ü n s t i g e r e D e u t u n g zu (welche auch W a i t z
die
(termiuus
RU
Aristo-
dass A r i s t o t e l e s d i e s e A n s i c h t h e g e ,
naturgemässe E r k l ä r u n g zulassen,
missen,
(ff
Auch sagt
der Termini
aber eine andere F r a g e
erklärt werden
g e w i e s e n , ein I r r t h u m ,
zu c. 5,
ctxotoi'.
TO>V LITIETTA
finde das
würden
Mit/ieaur,
s t a t t f i n d e , g a n z w o h l passen, u n d w e n n es d u r c h a n d e r e
dieser A n s i c h t
die W o r t e
/IH'
aber (terminus minor)
Rückschluss auf dieselbe berechtigen.
andere
von dem yirtim
dritten:
i>j ileasi.
A l l e diese A e u s s e r u n g e n
derselben zu erklären sein;
doch
TOV
TARÍN
TO ¡utaov
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S zu P. Ist aber P particular von M getrennt (P o M), und fällt wieder S ganz in M (S a M), so würde sich zwar folgern lassen, dass einige P, nämlich diejenigen, welche nicht M sind, auch nicht S seien; allein bei diesem Schlüsse wäre die p a r t i c u l a r e Prämisse der U n t e r s a t z ; dagegen folgt nichts über das Verhältniss von S zu P, da die Sphäre von P die Sphäre von M und vollends die S p h ä r e von S, welche ganz innerhalb M liegt, sowohl umschliessen, als kreuzen, als auch endlich ganz unberührt lassen k a n n , so dass bald alle S P sind, bald einige, aber andere nicht, bald endlich kein S P ist. Alle übrigen Combinationsformen mit particularem Obersatze sind aber schon durch die allgemeinen Regeln (§§ 106—108) ausgeschlossen. — 2. Sind beide Prämissen bejahend, so ergiebt sich kein gültiger Schluss, weil daraus,
324
§ 113. Die gültigen Modi der zweiten F i g u r .
dass P und S beide ganz oder tlieilweise in die Sphäre von M hineinfallen, nichts über ihr gegenseitiges Verhältuiss folgt-. Von don acht Combinationsformen, deren Gültigkeit d u r c h die allgemeinen Hegeln (§§ 106—108) nicht aufgehoben wurde, n ä m l i c h : a a ea ia oa a e ai a o
ei
fallen in der z w e i t e n F i g u r nach der Regel über die Allgemeinheit des Obersatzes i a und o a aus, und nach der Regel, dass nicht beide Prämissen bejahend sein dürfen, (ausser i a) noch a a und a i, so dass folgende vier ü b r i g bleiben: ea
a e
ei
ao
deren Gültigkeit n u n m e h r zu erweisen ist.
§ 113. Die g ü l t i g e n M o d i d e r z w e i t e n F i g u r haben die Formen e a e, a e e, e i o, a o o, und fuhren die Namen C e s a r e , C a m e s t r e s , F e s t i n o und B a r o c o , in welchen die Vocale der drei Silben der Reihe nach die Form des Ober-, Unter- und Schlusssatzes bezeichnen, die Anfangsconsonanten aber auf diejenigen Modi der ersten Figur zurückweisen, auf welche die Scholastiker im Anschluss an Aristoteles dieselben zum Behuf des Beweises ihrer Gültigkeit zu reduciren pflegten, und von den übrigen Consonanten einige die Weise dieser Reduction (wovon unten) andeuten. Die Sphärenvergleichung erweist unmittelbar die Gültigkeit dieser Modi. Das allgemeine Schema der zweiten Figur: P M S M S P erhält in dem Modus C e s a r e die bestimmtere Gestalt: P e M S a M S e P. Der Obersatz behauptet ein völliges Getrenntsein der Sphären von P und M, der Untersatz ein völliges Enthaltensein der Sphäre von S in der von M. Das Symbol hierfür ist:
o
§ 113. Die gültigen Modi der zweiton Figur.
1.
/
325
/
2.
In beiden Fällen hat das völlige Getrenntsein des M von P ein völliges Getrenntsein des S, welches in M ist, von P zur n o t w e n d i g e n Folge. In dem Modus C a m c s t r c s erhält das Schema der zweiten Figur die Gestalt: P a M S e M S e P. Iiier haben im Vergleich mit Cesare P und S ihre Rollen getauscht: P liegt ganz in M, S ganz ausserhalb M, woraus aber für S und P wiederum das Verhältniss des völligen Getrenntseins von einander folgt. Aus den n ä m l i c h e n Prämissen kann jedesmal in Ces a r e und in C a m e s t r e s geschlossen werden; die Umkehrung des (allgemein verneinenden, daher rein umkehrbaren) Schlusssatzes begründet hier den Uebergang in einen anderen Modus (was nicht allgemein nothwendig und namentlich in Darapti der dritten Figur nicht der Fall ist), weil die dadurch bedingte Vertauschung des Ober- und Untersatzes hier eine veränderte Form des nunmehrigen Obersatzes im Vergleich mit dem früheren Obersatze, und ebenso des Untersatzes zur Folge hat. Der Modus F e s t i n o hat die Form: P e M S i M S o P. Der Beweis seiner Gültigkeit liegt
darin, dass diejenigen
326
§ 113.
Die gültigen Modi der zweiten F i g u r .
(einigen) S, wclclie M sind, hier in dem nämlichen Yerhältniss zu dem ganz von M getrennten P stehen müssen, wie hei Cesare alle S ; d. h. (mindestens) diese S, also (mindestens) einige S sind nicht P. (Wenn a l l e S M sind, so sind auch a l l e S n i c h t P ; wenn aber n u r einige S M sind, andere nicht, so können beide Fälle eintreten, sowohl dass n u r einige S n i c h t P sind, andere aber P sind, als auch, dass a l l e S n i c h t P sind.) Der Modus B a r o c o hat die F o r m : P a M S o M S o P. Hier stehen einige S, nämlich diejenigen, welche nicht M sind, zu P, welches ganz in M hineinfällt, ebenso im Verhältniss der Trennung, wie bei Camestres alle S. Also sind (mindestens) einige S nicht P. (Wenn kein S M ist, so ist auch kein S P ; wenn aber n u r einige S n i c h t M sind, so werden bald n u r einige S, bald a l l e S n i c h t P sein.) B e i s p i e l e zu C e s a r e sind folgende. In dem Platonischen Dialog Charmides w i r d geschlossen: die Verschämtheit ist nicht etwas durchaus Gutes; die Bescheidenheit ist etwas durchaus Gutes, also ist die Bescheidenheit nicht Verschämtheit. Aristoteles scliliesst Ethic. Nie. II, 4: die Tiääri machen den Menschen nicht edel oder schlecht, lobcnswerth oder t a d e l n s w e r t h ; die «(>£r«i t h u n dies a b e r ; also sind die t'.ntiui nielit Tu'cttrj. F e r n e r : die Affecte beruhen nicht auf Vorsatz; die Tugenden aber b e r u h e n auf Vorsatz; also sind sie n i c h t Affecte. — In gleicher Weise schliesst E r d m a n n (Gesch. der neueren Philos. III. Ii, S. 694): Der Verfasser des Aufsatzes über das Verhältniss der Naturphilosophie zur Philosophie ü b e r h a u p t (in dem von Schßlling und Hegel herausgegebenen kritischen J o u r n a l der Philos., 1802—03) h a t t e nicht das Bewusstsein, dass die speculative Logik eine abgesonderte Stelle in der Reihe der philosophischen "Wissenschaften e i n n i m m t ; Hegel aber h a t t e damals bereits dieses Bewusstsein; folglich ist Hegel nicht der Verfasser jenes Aufsatzes. Zu C a m e s t r e s . Aristoteles zeigt Ethic. Nicoin. II, 4, dass die Tugenden nicht tfvvci/j(i "» «»Vrrüiov), weil bei diesem ein Satz, der unwahr ist, nämlich das cont-radictorische Gegentheil des zu erweisenden Satzes, im Sinne des (wirklichen oder fingirten) Gegners, der ihn behaupten möchte, gleichsam Vortragsweise vorläufig als wahr angenommen wird, folglich als vitoileai; dient, und so die Grundlage eines Syllogismus bildet, durch welchen etwas offenbar Unwahres, weil dem bereits als wahr Anerkannten Widersprechendes, erschlossen wird, in diesem Falle jedoch zu dem Zwecke, um durch die nachgewiesene Unwahrheit der Konsequenz jene falsche vnöü-cai; selbst zu stürzen. — Die Bemerkung des Aristoteles Anal. pri.
IntaxiipuaO-ai
I, 44 :
yrolkoi
iht ztä
' l)u/j(i>, b e z o g e n h a b e n ) ; es ist eine u n v o l l k o m m e n e S c h l u s s f o r m , w e s s h a l b es von einigen L o g i k e r n ( n a c h Quintil. Inst. o r . V, 10) a u c h i m p e r f e c t u s s y l l o g i s m u s g e n a n n t w o r d e u ist. Die » U n v o l l k o m m e n h e i t « w u r d e d a n n von S p ä t e r e n als Unvolls t ä n d i g k e i t des A u s d r u c k gefasst. In diesem S i n n e s a g t s c h o n B o e t h i u s (Op. ed. Basil. p . 6 8 4 ) : E n t h y m e m a est i m p e r f e c t u s syllogismus, i. e. o r a t i o , in q u a n o n o m n i b u s a n t e a p r o p o s i t i o n i b u s c o n s t i t u t i s iuf e r t u r f e s t i n a t a couclusio, u t si q u i s d i c a t : h o m o a n i m a l e s t ; s u b s t a n t i a i g i t u r est. — Das i . n / e i o IJU u ist bei A r i s t o t e l e s ein P r ü f u n g s schluss, n v l l o y i a ^ o ; ö i u l t x i t y . o i (Top. V I I I , 11, p. 162 A, 16); bei S t r e i t f r a g e n ist es f ö r d e r l i c h , dass m a n d u r c h ein z w e i f a c h e s t x i / f f y i i p u sow o h l a u s d e m Satz, als a u c h aus d e r V e r n e i n u n g d e s s e l b e n schliesse, a b e r n i c h t , u m in s o p h i s t i s c h e r W e i s e bei d e m W i d e r s p r u c h stehen zu bleiben, sondern n u r zur dialektischen Uebung, und u m hernach durch A u f l ö s u n g des S c h e i n e s d i e gewisse E n t s c h e i d u n g zu finden (ib. c. 14, p . 163 A, 36 ff.). Bei d e n s p ä t e r e n L o g i k e r n u n d R h e t o r e n , b e s o n d e r s d e n l a t e i n i s c h e n , h a t ü b e r d i e B e d e u t u n g d e s T e r m i n u s in m e h r f a c h e r B e z i e h u n g U n s i c h e r h e i t g e h e r r s c h t . Die U e b e r s e t z u n g a g g r e s s i o f ü h r t Q u i n t i l i a n ( I n s t . o r a t . V, 10) auf V a l g i u s z u r ü c k , u n d a u f C a e c i l i u s die E r k l ä r u n g des E p i c h e r e m s als e i n e r a p o d i x i s i m p e r f e c t a . Diese E r k l ä r u n g trifft den Sinn des Aristoteles, aber erschöpft ihn uicht. Die n e u e r e n L o g i k e r h a b e n h i e r w i e d e r , wie bei d e m E n t h y m e m , die U n v o l l k o m m e n h e i t in d e r U n v o l l s t ä n d i g k e i t des A u s d r u c k s g e s u c h t , im U n t e r s c h i e d e von E n t h y m e m a b e r d a s E p i c h e r e m auf eine gewisse
§ 12G. Die P a r a l o g i s m e n und Sophismen.
8(i7
Verkürzung des zusammengesetzten (oder Erweiterung des einfachen) Schlusses bezogen. — Der Terminus S o r i t e s k o m m t in dem oben angegebenen Sinne noch nicht bei A r i s t o t e l e s vor (der die Sache Anal, pri. I, c. 25 berührt), sondern ist erst später üblich geworden. C i c e r o g e b r a u c h t denselben z. B. de flu. IV, 18, 50, wo er so den Schluss der Stoiker bezeichnet: quod bomirn sit, id esse optabile; quod optabile, id esse expetendum; quod expetendum, laudabile ; — igitur omne bonum laudabile. Der G o k l e n i s e h e Sorites, dessen Unterschied von dem sogenannten A r i s t o t e l i s c h e n freilich ein ganz unwesentlicher ist, und der gerade der Aristotelischen F o r m dea einfachen Syllogismus genau entspricht, f ü h r t seinen Namen von dem M a r b u r g e r Professor Rudolf G o c l e u i u s (1547—1(128;, der in seiner Isagoge in Organum Aristotelis (c. IV.) 1598, worin er sich theihveise an Raums anschliesst, diese Form zuerst behandelt hat.
§ 126. Ein in f o r m a l e r Beziehung u n r i c h t i g e r S e h l u s s (fallacia) heisst F e h l s c h l u s s (paralogismus), sofern der Fehler auf Irrthum beruht; falls aber die Absicht, zu täuschen, obwaltet, wird derselbe T r u g s c h i u s a (sophisma) genannt. Die f o r m a l e n S c h l u s s f e h l e r beruhen theils auf f a l s c h e r S p h ä r e n v e r g l e i c h u n g , theils auf M e h r d e u t i g k e i t eines und desselben Begriffs, insbesondere des Mittelbegriffs. Unter den Fehlern der e r s t e n A r t sind die beinerkenswerthesten: der Schluss mit negativem Untersatze in der ersten Figur, mit affirmativen Prämissen in der zweiten, mit allgemeinem Schlusssatze in der dritten Figur, und die fallacia de consequente ad antecedens bei kategorischer und hypothetischer Form. Die Fehler der z w e i t e n A r t werden in f a l l a c i a e s e c u n d u m d i e t i o n e m und e x t r a d i c t i o n e m eingetheilt; zu jenen rechnet man diejenigen, welche beruhen auf H o m o n y m i e (d. h. auf Namensgleichheit verschiedener Dinge ohne Begriffsgleichheit, wo also in dem Worte eine Mehrdeutigkeit oder Ambiguität liegt; der Fehler besteht in der Verwechselung verschiedener Bedeutungen des nämlichen Wortes), auf P r o s o d i e (der Fehler besteht in der Verwechselung ähnlich klingender, mit denselben Buchstaben geschriebener, jedoch in Spiritus oder Accent verschiedener Worte), A m p h i b o l i e (der Fehler liegt in der Missdeutung doppelsinniger syntaktischer Formen) und auf f i g u r a d i c t i o n i s (oxfjfia rijg Af|ewg, der Fehler ist die Missdeutung der grammatischen Form einzelner Worte,
§ 126.
Die Paralogismen und Sophismen.
insbesondere die Verwechselung verschiedener Flexionsformen und auch verschiedener Redetheile und somit verschiedener Vorstellungsformen oder Kategorien im Aristotelischen Sinne); zu den fallaciis extra dictionem aber insbesondere die f a l l a c i a e x a c c i d e n t e (Verwechselung des Wesentlichen und Unwesentlichen), die f a l l a e i a a d i c t o s e c u n d u m q u i d a d d i c t u m s i m p 1 i c i t e r, und umgekehrt a d i c t o s i m p H e i t e r a d d i c t u m s e c u n d u m q u i d (Verwechselung des absoluten und relativen Sinnes), die f a l l a e i a s e c u n d u m p l u r e s i n t e r r o g a t i o n e s u t u n a m (die Nichtbeachtung der N o t w e n d i g k e i t , eine Frage zu theilen, die nach ihren verschiedenen Beziehungen mehrere Antworten erheischt). Alle Fallacicn der zweiten Art enthalten eine mehr oder minder versteckte V i e r z a h l v o n H a u p t b e g r i f f e n (quaternio terminorum) oder einen Sprung i m S e h l i e s s e n (saltus in concludendo). Die L e h r e von den Fallacien hat mehr didaktisches und historisches, als eigentlich wissenschaftliches Interesse. Die Logik als Wissenschaft des Denkens und Erkennens legt die normativen Gesetze d a r ; was denselben widerstreitet, ist f e h l e r h a f t ; die möglichen Abweichungen aber erschöpfend angeben zu wollen, wäre ein vergebliches Bemühen, denn der I r r t h u m ist ein ii/itiQOV. Es m a g genügen, B e i s p i e l e zu den A r t e n von Fehlschlüssen a n z u f ü h r e n , welche auch bei geübten Denkern nicht ganz selten sind. W e n n Des Cartes die Materie im Gegensatz zu dem Geiste f ü r schlechthin kraftlos und bloss leidend hielt, so lag ein Gedankengang zum Grunde, der, auf die F o r m eines einfachen Syllogismus gebracht, sich als ein Fehlschluss in der ersten F i g u r mit negativem Untersatze darstellen lässt: der Geist ist activ, die Materie ist nicht der Geist, also ohne Activität. Manche Vertheidigungen der Sclaverei der Neger laufen auf den Fehlschluss hinaus: der Caucasier h a t Menschenrechte, der Neger ist kein Caucasier, hat also keine Menschenrechte. Als ein Fehlschluss in der zweiten F i g u r bei bloss affirmativen Prämissen ist die Deduction anzusehen, dass der platonische Staat m i t dem althellenischen principiell identisch sei, weil beide in der F o r d e r u n g d e r unbedingten Unterwürfigkeit des Einzelnen u n t e r die Gemeinschaft übereinkommen (wobei die wesentliche Verschiedenheit der u n m i t t e l b a r e n Einheit mit dem natürlichen Gemeingeiste und der U n t e r o r d n u n g u n t e r ein schulmässig gepflegtes transseendentes Wissen übersehen wird). In der d r i t t e n F i g u r w ü r d e fälschlich ein allgemeiner Schlusssatz gezogen werden bei der A r g u m e n t a t i o n : alle Mensehen sind E r d b e w o h n e r ; alle Menschen sind v e r n u n f t f ä h i g e W e s e n ; alle v e r n u n f t f ä h i g e n Wesen sind Erdbewohner. W e n n aus dem Zutreffen gewisser Folgesätze sofort
§ 126.
Die Paralogismen und Sophismen.
309
auf die Gültigkeit der Voraussetzung geschlossen wird, so ist dies ein Fehlschluss de consequente ad antecedens. Ein Beispiel zu dem Fehlschluss de consequente ad antecedens ist u. a. folgendes. Heimholte stellt (physiolog. Optik, Leipzig 1867, S. 438) den Satz auf: W a s bei der Sinneswahrnehmung d u r c h Momente, welche nachweisbar die Erf a h r u n g gegeben hat, im Anschauungsbilde überwunden und in sein Gegentheil verkehrt werden kann, k a n n nicht als E m p f i n d u n g a n e r k a n n t werden (sondern ist als Product der E r f a h r u n g u n d E i n ü b u n g zu betrachten). Dieser Satz ist gleichbedeutend mit dem Satze, aus welchem er (nach § 87) durch conversio simplex h e r v o r g e h t : was bei der Siimeswahrnehmung E m p f i n d u n g ist, kann nicht d u r c h E r f a h r u n g s m o mente überwunden (beseitigt, in sein Gegentheil verkehrt) werden. Nun erklärt ein anderer Schriftsteller (II. Böhmer, die Siuneswalirnehmung, Erlangen 1868, S. 617) hiermit f ü r gleichbedeutend den S a t z : Alles in unseren Sinneswahrnehmungen, was nicht d u r c h E r f a l i r u n g s m o m e n t e im Anschauungsbilde überwunden und in sein Gegentheil verkehrt werden kann, ist Empfindung. Dieser Satz ist aber in der T h a t keineswegs mit dem Helmlioltz'schen gleichbedeutend, sondern kann mit demselben nur vermöge des bezeichneten Paralogismus gleichgesetzt w e r d e n ; es h ä t t e n u r gefolgert werden d ü r f e n : mindestens einiges, was d u r c h E r f a h r u n g s m o m e n t e u n ü b e r w i n d b a r ist, ist E m p f i n d u n g (vgl. § 91 oder auch § 85, sofern die Negation in dem an zweiter Stelle e r w ä h n t e n Helmholtz'schen Satze zum P r ä d i c a t gezogen wird). W i r d mit Helmholtz angenommen, dass mit der E m p f i n d u n g jene Unüberwindbarkeit, durch E r f a h r u n g s m o m e n t e als nothwendige Folge v e r k n ü p f t (die E m pfindung also das antecedens, die N i c h t ü b e r w i n d b a r k e i t das consequens) sei, so darf doch nicht die B e h a u p t u n g h i e r m i t gleichgesetzt w e r d e n , dass überall, wo diese U n ü b e r w i n d b a r k e i t gegeben sei, eine E m p f i n d u n g bestehe; denn die gleiche U n ü b e r w i n d b a r k e i t könnte denkbarerweise auch a n d e r e m zukommen, was nicht E m p f i n d u n g ist, wie etwa dem im Kantischen Sinne Apriorischen, oder auch dem, was durch die frühesten E r f a h r u n g e n sich so fixirt hätte, dass es d u r c h keine späteren E r f a h r u n g e n modificirbar wäre. Vgl. § 122. Am häufigsten und verführerischsten ist die versteckte quaternio t e r m i n o r u m . E i n e solche liegt in dem Schlüsse des Plato im P h a e d o : die Seele ist u&ävtno; (was nach dem Z u s a m m e n h a n g n u r erwiesen ist in dem Sinne ihrem Wesen nach, so lange sie existirt, niemals t o d t ) ; jedes U&CWKTOV (d. h. j e d e s Unsterbliche) ist ctvdf.iD-oov, also ist die Seele uvioteifoos. Ebenso in dem Schlüsse des E p i k u r : was wirkt, ist ein ¿¡Xrj-ä-^s, jede W a h r n e h m u n g w i r k t (psychisch), ist also etwas (iXrj&tg, wo dasselbe W o r t das einemal w i r k l i c h , das anderemal w a h r bedeutet. E i n e quaternio t e r m i n o r u m liegt oft implicite in einem Gebrauch von Ausdrücken, wie boni optimi etc., der zwischen dem S i n n e : die T r e f f l i c h s t e n u n d : d i e O p t i m a t e n schwankt, wenn es sich um die F r a g e handelt, wer zur H e r r schaft berufen sei. Auf einer quaternio t e r m i n o r u m b e r u h t Tertullians Fehlschluss: es widerspricht den B e d i n g u n g e n menschlicher Existenz, a n d a u e r n d m i t den Füssen nach oben und dem Kopf nach unten zu 24
370
§ 12G.
Die Paralogismen u n d Sophismen.
l e b e n ; die A n t i p o d e n müssten dies; also g i e b t es keine A n t i p o d e n (wo die erste P r ä m i s s e n u r f ü r ein vom S t a n d p u n c t e der betreffenden Individ u e n aus verstandenes Oben u n d U n t e n , die zweite n u r f ü r ein von d e m S t a n d p u n c t e des R e d e n d e n aus v e r s t a n d e n e s Oben und U n t e n gilt). E i n e q u a t e r n i o t e r m i n o r u m liegt in Calov's Schluss, A e n d e r u n g e n auch n u r der Yocale im h e b r ä i s c h e n Bibeltext seien unzulässig und f r e v e l h a f t , weil der irrsame Mensch Gottes W o r t n i c h t a n t a s t e n d ü r f e (wo u n t e r »Gottes W o r t « einmal realistisch der ü b e r l i e f e r t e Bibeltext, d a n n idealistisch die göttliche W a h r h e i t v e r s t a n d e n wird). W e n n die Stoiker als Beispiel einer U n m ö g l i c h k e i t a n z u f ü h r e n p f l e g t e n : f\ yij imtnui, mit dem F l i e g e n im eigentlichen Sinne a b e r zugleich auch die B e w e g u n g ü b e r h a u p t von der E r d e ausschlössen, so lässt sich in der v e r f ü h r e rischen Bildlichkeit des A u s d r u c k s ' i m a n t i w ein implicite v o r h a n d e n e r Fehlschluss erkennen, welcher explicite lauten w ü r d e : W a s sich im freien l l a u m e ( u n u n t e r s t ü t z t ) f o r t b e w e g t , fliegt; das Flügellose (und insbesondere die E r d e ) fliegt n i c h t ; also b e w e g t sieh das Flügellose (die E r d e ) nicht im freien R ä u m e f o r t . Die logische Analysis lässt sof o r t den auf dem Doppelsinn des Ausdrucks »Fliegen« b e r u h e n d e n F e h l e r in dieser G e d a n k e n v e r b i n d u n g e r k e n n e n , welcher sich bei dem e n t h y m e m a t i s c h e n G e b r a u c h e des bildlichen A u s d r u c k s v e r b i r g t . Vgl. oben zu § Gl, S. 139 f. die B e m e r k u n g ü b e r synthetische Definitionen u n d u n t e n § 137 über die Beweisfehler. A r i s t o t e l e s h a t in seiner S c h r i f t ntiji rwv aotpiarixiSv (/Jy^mv sich überall d u r c h die specielle R ü c k s i c h t auf die damals vielbesprochenen Sophismen leiten lassen. E r d e f i n i r t (Top. VIII, 11) das a ö q i n / j a als