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German Pages 496 [487]
Ernst Cassirer Nachgelassene Manuskripte und Texte Band 4
Meiner
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
E RNST CASSIRE R SY MBO LI SCHE PRÄGNANZ , AUSDRUCKSPHÄNOM E N UND ›WI EN ER K RE IS‹
E RN ST CAS SI R ER NACHGEL AS S ENE MANUSKR IP TE UND TE X TE Herausgegeben von Klaus Christian Köhnke John Michael Krois † und Oswald Schwemmer Band 4
F E LIX ME INER V E RLAG HAM BURG
E R N ST CASS I RER SY MBOLI S CHE PR ÄGNA NZ, AUS DRUCKSPHÄNOME N UND ›WI ENER KRE IS‹
Herausgegeben von Christian Möckel
FEL I X ME INER VE RL AG HAMB URG
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-7873-1249-8
Zitiervorschlag: ECN 4
© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 2011. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. – Satz: post scriptum, www.post-scriptum.biz. Druck und Bindung: Druckhaus Thomas Müntzer, Bad Langensalza. Einbandgestaltung: Jens Peter Mardersteig. Werkdruckpapier: alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. www.meiner.de
INHALT
Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII SYMBOLISCHE PRÄGNANZ, AUSDRUCKSPHÄNOMEN UND ›WIENER KREIS‹ Praesentation und Repraesentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Praegnanz, symbolische Ideation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vortrag: Symbolproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vom Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 [Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 BEILAGEN Grundprobleme der Sprachphilosophie [Vorlesungsmitschrift] Willi Meyne, Hamburg, Sommer-Semester 1922 . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Der Begriff der Form als Problem der Philosophie . . . . . . . . . . . . . . 271 [Über Sprache, Denken und Wahrnehmung] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 ANHANG Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 1. Zeichen, Siglen, Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 2. Regeln der Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Editorische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 1. Ziel und Gestalt der Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 2. Zu Überlieferungsgeschichte und Inhalt dieses Bandes . . . . . . 319 3. Für die Bearbeitung dieses Bandes herangezogene Manuskripte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 4. Zur Entstehung der Textzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 5. Zusammenhang mit anderen Nachlaßtexten . . . . . . . . . . . . . . . 344
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Inhalt
Anmerkungen des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
VOR WO RT D ES HERAUSGEBERS
Die für diesen Band zusammengestellten nachgelassenen Texte und Vorträge aus Ernst Cassirers Hamburger und Göteborger Zeit enthalten vertiefende und fortführende Gedanken zu zentralen Themen seiner Philosophie wie der symbolischen Prägnanz, der symbolischen Ideation, dem symboltheoretisch ausgelegten Zusammenhang von Denken und Sprache, Sprache und Wahrnehmung, Alltagssprache und Wissenschaftssprache. Außerdem bieten sie weitere Überlegungen zum ›Urphänomen‹ des Ausdrucks und eine Auseinandersetzung mit dem logischen Positivismus des ›Wiener Kreises‹. Bei den Recherchen und Editionsarbeiten des Bandes hat der Herausgeber umfangreiche Hilfe und Unterstützung erfahren. Besonderer Dank gilt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die die mehrjährige Forschungs- und Editionsarbeit zur Herstellung des Manuskriptes finanziell gefördert hat. Für die institutionelle Unterstützung dieser Ausgabe bin ich der HumboldtUniversität zu Berlin zu Dank verpflichtet. Unverzichtbare Hilfe habe ich bei diesem Editionsvorhaben von den Mitarbeitern der Zweigbibliothek Philosophie der HU zu Berlin, der Universitätsbibliothek der HU, der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University, New Haven (USA), und der Bibliothek des Warburg-Hauses (Kunsthistorisches Institut) der Universität Hamburg erfahren. Oswald Schwemmer (Berlin) danke ich für die umsichtige, kollegiale Leitung und beständige Beförderung des Drittmittelprojektes ECN 4. John Michael Krois † (Berlin) stand mir während der gesamten Editionsarbeiten mit Wort und Tat uneigennützig zur Seite. Ihm verdanke ich wertvolle Ratschläge bei komplizierten Sachlagen und entscheidende Informationen in schwierigen Fragen, weshalb ihm mein besonderer Dank gebührt. Dimitri Mader (Berlin) hat als Studentische Hilfskraft einen eigenständigen Anteil am Korrekturlesen und an den Literaturrecherchen für den vorliegenden Band. Für Hinweise und Hilfen dankt der Herausgeber außerdem: Jörn Bohr (Leipzig), Jörg Fingerhut (Berlin), Klaus Christian Köhnke (Leipzig), Paul Markus (Berlin), Charlotte Schoell-Glass (Hamburg), Julia Shestakova (Berlin), Marcel Simon-Gadhof (Hamburg), Christian Vogel (Berlin) und Isabella Woldt (Hamburg). Christian Möckel
SYMBO LI SCHE PRÄGNANZ , AU SD RU CKSPHÄNO MEN UN D ›WIEN ER KREIS‹
PRAESENTAT IO N UND REPRAESENTATION A
Cap. I: Der Sym bolwert der sinnlichen / Wahrnehmung. BC Z ur Litte ratur Leib- u[nd] Seele[-]Problem etc. H erder, Formen des ‘Gefühls’ etc.1 [Helmut] Plessner[,] Die Einheit der Sinne. Grundlinien einer Aesthesiologie des Geistes[.] Bonn 1923.DE
a) Allg[emeine] Einleit[ung] Schon in der Sphaere der sinnl[ichen] Wahrn[ehmung] lässt sich verfolgen, wie der Weg der Entwicklung dahin gerichtet ist, daß der Übergang vom blossen ›Sein‹ der sinnl[ichen] Wahrn[ehmung] zu ihrer ›Bedeutung‹ sich vollzieht – daß die Wahrnehm[ung] sich mehr und mehr mit bedeutungsmäßigem Ge halt erfüllt. Auf der ersten Stufe ist die Wahrnehmung einfach d a in irgend einer Qualität – sie wird ‘gehabt’ als einfache “Impression” – je höher wir hinauf steigen, um so mehr wird das blosse Wahrnehmungsfundament überbaut von bedeutungsmäßigen Beziehungen, sie wird ‘gesä ttig t ’ mit Bedeutungsnuancen – sie ‘besagt’ etwas. So bildet sich allmähl[ich] die Sprache und die ‘Grammatik’ – der Logos der Wahrnehmungswelt selbst aus. Der Z e i ch e n wert wächst gegenüber dem blossen Inhaltswert – ja zuletzt ist die Wahrnehmung fast bl oss mehr Zeichen. Und damit entsteht für uns erst die bew usste F Wahrnehmungswelt.
Prae se ntation und Repraesentation ] Wiederholung auf Bl. 2 Wahrnehmung.] auf dem rechten Rand: (Praesentation u[nd] Repraesentation) C Cap. I: . . . Wahrnehmung.] Titel auf kleines Konvolut umgreifenden Bg. (Bl. 33, 40), restliche Ms.-S. 33r leer D Bonn 1923.] restliche ¾ der Ms.-S. 33v leer E Z u r L i t t e ra t u r . . . 1923.] Angabe befindet sich auf der Rückseite des Titelblatts F bewusste] doppelt unterstrichen A
B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Auf den niederen Stufen wirkt die Wahrnehmung einfach als Impuls – ein sensorischer Reiz löst unmittelbar (reflektorisch) einen bestimmten motori schen aus – Diese Zuordnung kann höchst subtil sein, höchst verwickelte motorische Aktionen u[nd] Reaktionen können auf diese Weise ausgelöst werden, ohne daß es auf diese Weise zu einem gesteigerten u[nd] differenzierten B e wusstse in kommt. Der Z[u]s[ammen]h[ang] stellt sich vielmehr unbewusst in der Form von Re fle x handlung en dar – So alle tierischen Instin kt e – der ‘gehabte’ Reiz geht hier unmittelbar in eine ‘wirkliche’ Bewegung über – aber in diesem Übergang wird alles I d e e l l e (Bedeutungsmäßige) ausgeschaltet – also insbesondere keine Zweckvorstellung u[nd] keine ‘Vorstellung’ der zur Erreichung des Zwecks erforderlichen ‘Mittel’ (= Mittelglieder). Die Ausbildung d i e s e s Bedeutungsmässigen,A Ideellen charakterisiert erst die Stufe des m e n s ch l i ch e n Selbstbewusstseins als bedeutungsmässigen, bedeutungserfüllten u[nd] bedeutungsgesätt igten Bewusstseins.
α) Mängel der psychol ogi schen Erklärung dieses Tatbestandes. Erklärung durch Associ ation – aber sie verläuft im Zirkel; denn sie muß entweder das rein Bedeutungsmäßige schon vo raussetzen, oder sie erreicht es nicht. In der Association haben wir eben immer nur den einfachen Ablauf a, b, c, d . . . vor uns[,] aber n i ch t die Tatsache[,] daß b auf a zurück[-] und auf c vorausdeutet – Dieser mechanische Ablauf der Vorstellungen als einzelner erklärt eben nicht ihren ›Sinn‹-Zusammenhang (ideellen Zusammenhang), kraft dessen i n der einzelnen Vorstellung das ‘Ganze’ gegeben ist. (Beispiel der Mel odie . . .) Verwechslung von Umfang u[nd] Inhalt des Begriffs (cf.B Ber keleys Begriffstheorie u[nd] deren Kritik in Erk[enntnis]probl[em] II)2 hat hier ihr genaues Ko r re l a t im Wahrnehmungsgebiet u[nd] wird durch dieselben Einwände betroffen – es bleibt eben in beiden Fällen (im Gebiet des rein Anschaulichen u[nd] des Begrifflichen) das Urphaenomen der ‘Repraesentation’ unerklärt – A B
Bedeutungsmässigen,] Bedeutungsmässen, Inhalt des Begri ffs (cf.] Inhalt (des Begriffs cf.
Praesentation und Repraesentation
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die Tatsache, daß ein Inhalt als solcher, der ja nur “ist”, für einen andern einstehen, ihn vertreten, ihn ‘bedeuten’ kann.
Auf den höheren Stufen überragt das Bedeutungsmäßige den blossen ›Inhalt‹ so, daß dieser als solcher ganz zurücktritt – nur ein relativ gleichgültiges ›fundamentum relationis‹ wird – aber ganz gesättigt mit ‘Bedeutungsgehalt’ (die einzelne Wahrnehmung bedeutet hier nicht mehr, wie der Buchstabe beim Lesen – wobei es auf die besondere Gestalt des Buchstaben als solchen gar nicht mehr ankommt – der Buchstabe wird überhaupt nur noch bei besonderer Einstellung als solcher überhaupt erfasst – wir erblicken nicht ihn, sondern durch ihn (durch ihn hindurch) auf den ‘Sinn’[)] (Überlesen von Druckfehlern) – Psychol[ogie] des Lesens 3 cf. Erdmann.A So ‘lesen’ wir auch durch die Wahrnehmung einen Bedeutungs-(Sinn-) Zusammenhang. Und das erst charakterisiert die Stufe des Wahrnehmungs b e w u s st s eins – Vgl. die B re n t a n o ’sche Definition des ‘Psychischen’ überhaupt4 – sie wird von hier aus verständlich[.] Das ‘Psychische’ tritt erst hervor, wo der Inhalt nicht nur ‘da ist’, sondern wo in ihm etwas gemeint ist. (Diese Sphaere des ‘Meinens’, der ‘intentionalen Akte’ giebt die Grenzscheide des Psychischen – genauer u[nd] besser gesagt: des I d e e l l e n gegenüber dem bloßen Dasein der Erlebnissphaere) Dieses I d e e l l e gegenüber dem bloss Dinglich-Bildhaften der ›Abbildtheorien‹ bildet auch das Problem, an dem jede Form der Idolentheorie der Wahrnehmung (Epikur, Gassendi5) scheitert – Es handelt sich nicht darum[,] daß das εἰδωλον des Gegenstandes im Bewusstsein da ist – sondern daß es als B Bild gewußt wird – ‘bezogen’ auf das Objektive [–] u[nd] hier liegt das viel tiefere u[nd] schwierigere Problem! C Untersuch[ung] u[nd] Kritik der Lehre von den intentionalen Akten bei Brentano u[nd] bei H usserl . 6
A B C
Psychologie des Lesens cf. Erdmann.] gegenüber auf linkem Rand als] doppelt unterstrichen Dieses Idee lle . . . Problem !] gegenüber auf linkem Rand
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Dieses Überwiegen der ‘symbolischen I n t e n t i o n’, der gegenüber das bloße Was, die Materie der Wahrnehmung ganz zurücktritt, verleiht erst der Wahrnehmung ihre Determination, ihre Best immtheit und in diesem Sinne ihren echten ‘Gehalt’. Die Wahrnehmung erweist sich um so bestimmter, je mehr sie in diesem Sinn ‘bedeutet’. 〈Hier der alte Gegensatz zwischen Apriorismus und Empirismus – zwischen ‘Nativismus’ u[nd] Empirismus – zwischen Psychologismus u[nd] reiner Logik – geht die Form der Materie, oder geht diese der Form ‘voraus’? – So aber lässt sich nichtA mehr fragen – denn hier besteht reine Korrelation – a) das Sinnliche ist Sinn-Träger b) nur am ‘Sinnlichen’ kann der Sinn ‘erscheinen’ [–] die ‘Form’ ist also nicht abstrakt-logische (ablösbare) ‘Bedeutung’, 〈nichts ReflexivesB in der Art unbewusster ›Schlüsse‹, sondern ein dem Sinnlichen gleichsam Incorporiert es〉 die Bedeutung ve r kö r p e r t sich nur an der empir[ischen] Wahrnehmung.〉 Die Psychologie spricht hier von “Gegenständen höherer Ordnung” – das ist annehmbar – nur muss die S i n n region, die sich in diesen ‘Gegenständen’ darstellt, scharf geschieden werden von der blossen E rleb nisregion (in der z. B. die tierische Wahrnehmung im wesentl[ichen] verläuft) Auch die S p ra ch e hat an dieser Form der (Sinn-)Bestimmtheit der Wahrnehmung entscheidenden Anteil – wir können sie eigentlich bei der ‘Deutung’ der Wahrnehmungen (ihrer Fixierung, Unterscheidung als ‘diese’ und ‘andere’) gar nicht wegdenken.
A B
sich nicht] sich für nicht Reflexives] reflexives
Praesentation und Repraesentation
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Z u Ca p[.] I. Symbolwe rt der si nnl[ichen] Wahrnehmung A Hierher gehört auch die Kritik des Sensualismus – der Grundmangel des Sensualismus besteht kurz gesagt darin, daß er die Wahrnehmung ihres ‘Symbolwerts’ entkleidet, um ihr nur noch blossen ‘Inhaltswert’ zu lassen – er macht sie aus einem ‘Ausdruckswert’ zur blossen ‘Impression’ – und er kann dann begreiflicher Weise durch blosse Summierung (oder ‘Association’) von Impressionen das Reich des ‘Ausdrucks’ (das Reich der ‘Form’) nie wieder erreichen. – Allgemein verstehen wir hierbei unter Au s d r u ck s wertB das Phaenomen der immanenten Transzendenz7 – das Hinauswachsen, Hinausweisen jeder Wahrnehmung über sich selbst – aber nicht auf einen jenseitigen ‘Gegenstand’ ›an sich‹, sondern auf eine Tot alität , die sich unmittelbar in ihr darstellt. Jede Wahrnehmung ‘besagt’, bedeutet nicht nur sich selber, sondern eine solche Totalität – sie ist in sie gleichsam eingebettet / praegnans totius8 – und diese ihre ‘Praegnanz’ gehört n o t we n d i g C zu ihrem Wahrnehmungs charakte r. Diesen Charakter von ihr wegdenken heisst ihren Geha lt zerstören: man behält dann nur noch das Caput mortuum9 einer einzelnen “sinnlichen Qualität” übrig, die aber in Wahrheit gar keine Wahrnehmungsqualität mehr ist, weil sie keinen ›Sinn‹ mehr hat. Grundfehler des Sensualismus, das Reich des psychischen ›Sinnes‹ aufbauen zu wollen aus Elementen, die selbst keinen ‘Sinn’ mehr haben – Die ‘Association’ kann hier nichts Neues leisten[,] sondern die ‘Sinnpraegnanz’ muß schon im psychischen ‘Element’ liegen – Aber auch der Intellektualismus verfällt demselben Fehler, indem er durch intellekt[uelle] Operation (durch ‘ S ch l ü s s e’ ) die Sinnpraegnanz, die ‘Form’ hinzutreten lässt – Wi r müssen von der ‘Sinnpraegnanz’ als Urphaenomen a u s g e h e n – hinter dieses Phaenomen[,] daß jedes zeitlich-Momentane das ‘Ganze’ irgendwie darstellt, mit-in sich schließt[,] u[nd] zwar unmittelbar, können wir nicht zurück – Jedes einzelneD ›Sinnfra gme nt‹ ist augenblickl[ich] lebendige Uroffenbarung des Ganzen, insofern im Goetheschen Sinne Symb ol. 10 Wahrne hmung] auf dem rechten Rand: Praesenta t[ ion ] u[ nd] Rep ra esenta tion B Au s d r u ck s wert] auf den Begriff hinweisende Ergänzung am rechten Rand in Bleistift: dies ‘Bedeutung’ – / aber nicht: Ausdruck C not wendig] doppelt unterstrichen D einzelne] Einzelne A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Das wird am deutlichsten an den aesthet[ is chen] P haenomena, ist aber von ihnen auf das Ganze des Sinnes zu übertragen[.] Wie jeder Ton einer Melodie im Ganzen eben dieser Melodie ‘steht’, nur in diesem Ganzen ‘ist’, wie er nicht nur als einzelner Klang von dieser oder jener Intensität und Qualität ‘da ist’, physisch existiert, sondern eine “Atmosphaere um sich her hat”11 – wie er eingebettet, eingetaucht ist in das Meer der Melodie, ihre Dynamik, ihre Rhythmik, ihr unendliches Wogen – so gilt dies von allen ‘sinngebenden’ Momenten, selbst innerhalb des rein theoretischen Sinnes – So wenig wir vom einzelnen Ton auf das Ganze der Melodie ‘schliessen’[,] oder so wenigA wir das Ganze aus Tönen ‘zusammensetzen’ können, sondern wie wir es im einzelnen Ton hab en B[,] so gilt das von jeder echten ‘Wahrnehmung’ u[nd] deren Ausdruckswert – (Auch in jeder Geste, jedem Gesichtsausdruck des Menschen ‘sehen’ wir ihn als Ganzes; ‘schliessen’ nicht etwa auf das, was er substantiell ‘ist’) Das ‘Schliessen’ könnte nur auf das ‘Dasein’ des Subjekts gehen, das immer problematisch bliebe – hier aber handelt es sich gar nicht um etwas derartiges, sondern um das Eingebettetsein dieser Geste, dieser Haltung etc. in einen Lebens z u s a m m e n h a n g , der unmittelbar an ihr und in ihr erscheint, sich of fenbart. Nehmen wir der Wahrnehmung diesen Charakter der ‘Offenbarung’ – so würde sie in der That aufhören, für uns noch etwas zu bedeuten – so sinkt sie zur Abstraktion einer blossen Zuständlichkeit in uns zusammen.
Näher muss hier noch darauf eingegangen werden, daß die Einordnung der Wahrnehmung in verschiedene Bedeutungs k re i s e (in die Sphaere des aesthetischen, mythischen, theoretischen oder religiösen ‘Sinnes’) selbst erst das Produkt einer Abstraktion ist – daß aber ursprünglich all diese Kreise in ihr selbst noch ganz undifferenziert ineinanderliegen. Jede Wahrnehmung hat zugleich theoretischen, religiösen, mythischen, aesthetischen ‘Charakter’ – Um uns ihren eigentlichen Sinn, um uns das Urphaenomen der symbol[ischen] Bedeutung deutlich zu machen, müssen wir all diese nachträglichen Scheidungen wieder aufheben –
A B
wenig] weniger ha ben] doppelt unterstrichen
Praesentation und Repraesentation
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müssen wir aus der Phase der Differentiation wieder zur Integrat ion d er Wa hrn e hmung fortschreitenA. – Da zeigt sich, daß diese integrierte und integrale Wahrnehmung gar nicht auf ‘Dinge’ geht (als “ U rs a ch e n ” unserer Empfindung, als S a ch e n , die die Wahrnehmung “bewirken”)[,] sondern sie ist Offenbarung eines Lebenszusammenhangs und eines Lebensganzen – Am klarsten tritt dies noch in der mythischen und in der aesthetischen Wahrnehmung heraus – die myth[ische] Wahrnehm[ung] s ch l i e s st nicht auf fremdseelisches “Sein” – sondern sie hat die ganze Natur, sie hat j eden B Eindruck schlechthin nur als solches Sein – Mythisch erfassen wir, wo wir al les Äussere als Offenbarung eines inneren Lebens sehen, es gar nicht anders sehen können – Und auch der Künstler hat C Farbe, Ton etc. gar nicht anders, denn als solche Offenbarungen, die ihm ein Seelisches verkünden – er lebt i n ihnen; im Ton als Schwingung, in dem Duft, der über der Landschaft liegt, kurz in der “Atmosphaere” von Lebendigkeit, die der Wahrnehm[ung] eignet – Wir scheiden später – fassen die Wahrnehmung rein theoretisch physikalisch als ›Index‹ für den physikal[ischen] Gegenstand – aber es muss daran erinnert werden, daß das eine künstliche theoretische Abstraktion ist, der im Grunde keinerlei seelische Wirklichkeit, keine psycholog[ische] ‘Wahrheit’ entspricht – sondern als Erlebnis im psycholog[ischen] Sinne haben wir immer nur die ‘konkrete’ (aus allen Bedeutungssphaeren ko n k re s z i e r t e , mit ihnen erfüllte und durchdrungene, von ihnen g esätt igte) WahrnehmungD[,] sodaß wir in jeder ‘wirklichen’ Wahrnehmung niemals bloss theoretisch eingestellt, sondern zugleich Künstler und religiös-mythische Subjekte sind – Das ist die U n z e rst ö r l i ch ke i t des Mythischen, ebenso wie die des Aesth etisch e n – beide sind nicht nur irgendwelche willkürlichen H a l t u n g e n [,] von denen aus wir die Welt nachträglich “deuten”, – sondern es sind bleibende Charaktere jeder Voll-Wahrnehmung, Integralwahrnehmung selbst –
fortschreiten] fortschreitet jede n] doppelt unterstrichen C ha t] doppelt unterstrichen D gesät tig te ) Wahrnehmung] gesätti gte Wahrnehmung)
A
B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Die Voll-Wahrnehm[ung] in ihrer konkreten Totalität umfaßt wie das Theoretische, so auch das Aesthet[ische] u[nd] Mythische als notwendiges M ome nt – Hier erst erfassen wir das Urgeheimnis der Wahrnehmung als ‘Offenbarung’ – (der physikalisch-theoretische Sinn, nach dem sie auf den Gegenstand als Ur-Sache “hinweist”, auf ihn schließen lässt, ist dieser ihrer Uroffenbarung gegenüber stets schon abstrakt-verkümmerter Sinn) Dies sehr wichtig: ‘Symbolwert’ als Urtatsache, nicht etwa “blosse” Anthropomorphisierung.
Praesentation und Repraesentation
Sym bo l (A llge m[ei nes]) Symbolwert der sinnl[ichen] Wahrnehmung.
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δ1A
Für den ersten grundlegenden Teil besteht die Aufgabe darin, die symbol[ische] Funktion als eine Urfunkt ion im Aufbau des Bewusstseins zu erweisen[.] Nur wenn dies gelingt, wenn sich also zeigen lässt, daß ohne die Funktion des “Hinweisens” und “Bedeutens” das ›Dasein‹ u[nd] die Gliederung des Bewusstseins selbst nicht möglich wäre – nur dann haben wir diese Funktion in ihrer Urschi cht blossgelegt – Alle symbol[ische] Gestaltung (in Sprache, Kunst, Mythos, Theorie) setzt diese Urschicht voraus, stützt sich auf sie – Wir können nun diese Funktion in zwei Richtungen verfolgen, von ihr ebensowohl eine “subjektive”, wie eine “objektive” Deduktion versuchen – Die erste bewegt sich in der Richtung der E i n h e i t d e s B e w u s st s eins – die zweite in der Richtung der E inhei t des Gegenstandes – Unsere Aufgabe wird also in dem Nachweis bestehen, daß die Funktion des Hinweisens u[nd] Bedeutens a) die Einheit des Bewusstseins b) die Einheit des GegenstandsB selbst erst ko nstituiert, daß auf ihr jener Z u s a m m e n h a n g beruht, den wir meinen, wenn wir entweder von der Einheit des Ich oder von der des Gegenstandes sprechen. Für die Einheit des Ich ist die Grundlage schon bei Platon gegeben. Die vielen und vielfältigen Wahrnehmungen würden sich nicht zur Einheit des Ich, zum ἑν τι ψυχῆς zusammenschliessen,12 wenn sie sich nicht in mannigfacher Weise auf einander beziehen würden – Die Formen dieser Beziehung (οὐσία und μὴ εἶναι, Eins und Vieles, Gleichheit u[nd] Verschiedenheit):13 dies selbst sind nach Platon nicht Wahrnehmungsi nhalt e, sondern in ihnen drückt sich eine eigenartige ursprüngliche[,] auf die blosse Wahrnehmung nicht reduzierbare “Funktion der ›S eele‹” α ὐ τ ῆ ς τῆς ψυχῆς) aus14 – Diese “Funktion der Seele” ist das, was wir die ›Bedeutungsfunktion‹ nennen – Das Bewusstsein baut sich auf aus den Einzelwahrnehmungen u[nd] aus den bed eutungg ebende n Akten – A
δ1] rechts oben am Rand, doppelt unterstrichen
a) die Einheit des Bewusstseins / b) die Einheit des Gegenstands] beide Zeilen durch eine geschweifte Klammer } umfaßt, auf die folgt: selbst erst konstituiert, B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Wir müssen daher in jeder sinnlichen Wahrnehmung unterscheiden ihren Daseinswert u[nd] ihren Funktionswert[.] ([Adolf von] Hildebrand, 15A Problem der Form [in der bildenden Kunst,] hat für die Kunst den Grundgegensatz von D a s e i n s fo r m und Wi r kung sform eingeführt – das ist aber nur eine spezifische Ausprägung des Gegensatzes, den wir hier vor uns haben16 – durch den Begriff der Wirkungsform grenzt der Künstler s eine Welt ab gegen andere Welten – z. B. gegen die physische Wirklichkeit, die für ihn blosse Materie, blosse Daseinsform wird, die E r ke n n t n i st h e o r i e , insbes[ondere] die Philosophie der symbol[ischen] F[ormen] muß hier weiter gehen und tiefer graben – was hier blosses ›Dasein‹ genannt wird, ist selbst noch Form – aber theoretische, nicht aesthetische Form – sie hat den Anteil der Form an al lem ›Dasein‹ zu entdecken u[nd] aufzuzeigen . . .) Wir können also unterscheiden a) die Wahrnehmung in ihrer unmittelbaren Gegebenheit, als einfache Unterschiedenheit des das-Da, des τόδε τι, das nur einfach ›da ist‹B und sinnlich aufzeigbar ist, als d i e s e Farbe, d i e s e r Ton, d i e s e r Geruch etc. und b) die Wahrnehmung als Träger einer “Bedeutung”, als ›sinnvolle‹ Wahrnehmung[,] d. h. als Ausdruck eines Zus ammenhangs. Dieser der Wahrnehmung immanente Fu n k t i o n s we r t ist dasjenige, was sie über die ›blosse‹ Sinnlichkeit erhebt – es ist ihre pri mär-begriffliche Formung, die von der Form des blossen ‘Gattungsbegriffs’ (Abstraktionsbegriffs) streng zu scheiden ist – Es ist nun unmittelbar ersichtlich, daß aller Z u s a m m e n h a n g des Bewusstseins und im Bewusstsein nicht auf dem blossen ›Dasein‹ der Wahrnehmungen, sondern auf ihrem eigentümlichen Funktionswert beruht – Und hierbei haben wir diese Funktionswerte in ihrer Mannigfaltigkeit nicht nur als abstrakte ›Kategorien‹ aufzustellen (abstrakter Begriff der Mehrheit, der Verschiedenheit, der Gleichheit)[,] sondern es ist zu zeigen, daß auf der immer tieferen Durchdringung des Daseinswertes u[nd] der Funktionswerte die ganze konkrete Fülle u[nd] die konkrete Differenzierung des Bewusstseins beruht – daß das “höhere” (›geistige‹) Bewusstsein vor dem “niederen” (›sinnlichen‹) Bewusstsein eben dadurch ausgezeichnet ist, daß in ihm der Funktionswert vor dem Daseinswert den Primat besitzt – A B
Hild ebrand , ] H ild ebran dt, ›da ist‹] unter der Zeile statt gestrichenem: besteht
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daß es erfüllt und durchdrungen ist mit der Beseelung der Bedeutungsfunktion – das Sinnliche ist hier mehr und mehr zum Träger u[nd] zum blossen Gefäss für die bedeutunggebenden Akte geworden. – 〈In der m o d e r n e n erkenntnistheoretischen Litteratur kommt dieser Einsicht relativ am nächsten [Hans] Corneli us 17 in seiner transzendentalen Systematik – Untersuch[ungen] zur Begründ[ung] der Erkenntnistheorie, München 1916[.] Er unterscheidet die ›Phaenomene‹ als Gegenstände u n m i t t e l b a re n Wissens von den durch diese Phaenomene “mittelbar gegebenen” Gegenständen – u[nd] er lehrt, daß alle Einheit u[nd] aller Zusammenhang des Bewusstseins auf dem Akt der “Vermittlung”, der symbolischen Repraesentation beruht[.18〉] Was wir mit [“]den Namen unserer Empfindungen, unserer Gefühle[,] unserer Vorstell[ungen] meinen,[”] das ist [“]uns nicht etwa erst durch Vermittl[ung] dieser Namen oder sonstiger Zeichen, sondern o h n e j e d e Ver mit tlung in unserem Erleben ›gegeben‹[”] – als die jeweiligen [“]Erscheinungen unseres Bewußtseinsverlaufes[”] ([Cornelius, S.] 21)[.] Die Gesamtheit dieser Inhalte konstituiert die rein phaenomenale Sphaere, eben die Sphaere dessen, was [“]nur im augenblicklichen Erlebnis a l s s ol ch em gegeben ist[”] ([S.] 23)[.] Aber diese Gegebenheiten stehen nun zu einander in mannigfachen B ez ie hun g en u[nd] durch sie werden sie erst zu “Teilen” (Inhalten) ein u[nd] desselben persönl[ichen] Bewusstseins19 – Diese Beziehungen, auf denen die Einheit des Bewusstseins beruht, s yst e m a t i s ch aufzustellen[,] ist Aufgabe der transscendent[alen] Systematik ([S.]25)[.]20 Die Sphaere des blossen inhaltlichen D a s e i n s der Phaenomene, ihre “unmittelbare” Gegebenheit wird von Cornelius auch als die sinnliche Sphaere bezeichnet – während alle Form der “mittelbaren” Darstellung (der “Beziehung”) nach ihm dem De nke n zufällt 〈– womit merkwürdiger Weise genau jener Begriff des ›reinen Denkens‹ aufgestellt ist, den Platon im Theaetet vertritt !!21〉 vgl. bes[onders Cornelius,] S. 85 ff[.]: [V.] Das unmittelbar u[nd] das mittelbar Gegebene[, “]Sinnlichkeit u[nd] Verstand[”]22 cf. bes[onders] S. 74 / Defi nition des “Symbols”!23A “Die Inhalte, welche symbolische Funktion besitzen (Nb! – hier auch der Au s d r u ck der “symbol[ischen] Funktion” in dem gleichen Sinne, wie ihn die Philos[ophie] der symbol[ischen] F[ormen] nimmt!) A
cf. . . . “Symbols” !] gegenüber auf linkem Rand
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
u[nd] durch welche demgemäß irgendwelche Gegenstände mittelbar gegeben sind, mögen als i ntentiona le Er lebnisse bezeichnet werden[”] (oder als A k t e , A k t e r l e b n i s s e im Sinne Husserls) ([Cornelius,] S. 90) dann baut sich alles Bewusstsein aus unmittelbaren sinnlichen Erlebnissen u[nd] aus solchen intentionalen (nicht-sinnlichen, also ›verstandesmässigen‹ Erlebnissen) auf: [“]es ist [also] kein einheitl[iches] Bewusstsein möglich, dessen Erkenntnisse nicht aus diesen beiden Quellen, der “Sinnlichkeit” u[nd] dem “Verstande”[,] u[nd] einzig aus diesen beiden Quellen herflössen[.”] 〈[S.] 91〉 p r i m i t i ve Begriffe[,] die noch n i ch t durch einen sprachl[ichen] Ausdruck repraesentiert sind24 ([S.] 123) cf. [S.] 153[.]A 〈Der Begriff ‘Verstand’ ist hierbei freilich – ganz wie bei Platon, wo die Einheit der Seele durch das reine Denken konstituiert wird25 – zu eng gefasst – es giebt ja auch Formen der ›Intention‹, es giebt ›Funktionswerte‹, die andersartige Zusammenhänge als die l o g i s ch e n konstituieren[ 〉] – Für Cornel i us (vgl. S. 157 Anm[.]!) sind auch sie (z. B. die aesthetischen Funktionswerte) Ergebnisse von E rkenntnisvorgängen (im Sinne von Hildebrand u[nd] Fiedler26 27)[,] doch handelt es sich in [“]jeder Art künstlerischer Gestaltung[”] um [“]eine Art der Formung von Erkenntnissen[”,] die[,] “eben weil sie einer anderen Formung als der sprachlichen unterliegen [. . .], durch sprachl[iche] Ausdrücke nicht adaequat zu bezeichnen sind” (ibid.[, S.] 157 Anm.) Aber die Frage ist, ob es sich in dieser Form der Ge stal tung nicht um etwas ganz anderes, als umB logische Objektivierung, also um Erkenntnis handelt. Indem für alle bedeutunggebende Akte, für alles[,] was der Wahrnehmung ›Sinn‹, Funktionswert giebt, der Ausdruck ›Verstand‹ eingeführt wird, tritt damit der Teil an die Stelle des Ganzen – Die Syst e m a t i k der symbol[ischen] Formen muss hier weiter gehen: für sie ist das Logische eben nur ei ne Form der Sinngebung, der andere g le ichbe rechtig t zur Seite stehen –C Allenfalls können diese anderen Formen (die aesthetische, religiöse Sinngeb[ung] u. s. f.) nicht als Formen des Verstandes, sondern eben als solche des “Sinnes”[,] des νοῦς bezeichnet werden – es sind im Gegensatz zur Sinnlichkeit nicht logische, wohl aber n o o l o g i s ch e Formen[.] Begriff des “Geistes” als zusammenfass[ender] systemat[ischer] Ausdruck dieser noologischen Formen – A B C
primi tive Begriffe . . . cf. S. 153.] gegenüber auf rechtem Rand um] über der Zeile –] runde Klammer )
Praesentation und Repraesentation
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der ›Geist‹ als System der Sinnsphaeren und Sinngebungen.A
Im übrigen lässt sich vom Standp[unkt] der Philos[ophie] der symbol[ischen] Formen die ›sinnliche‹ Sphaere und die ›Sinnsphaere‹, das Unmittelbar-Gegebene u[nd] das durch dieses Unmittelbare Vermittelte (das Gedachte), die ›Wahrnehmung‹ u[nd] das ›noologische‹ Reich auch nicht mehr in der Art sondern, wie es bei Cornelius versucht wird – vgl. hierzu bes[onders] Zei t: Blatt ζ1)B Für ihn bleibt beides noch irgendwie dinglich getrennt – es ›giebt‹ eben die Welt der Phaenomena, der unmittelbar gegebenen Sinnesdaten, u[nd] durch sie wird eine andere Welt, die des Sinnes als eine Welt reiner Noumena mitte lbar vorstellig gemacht – (zu dieser Unterscheidung der Phaenomena u[nd] Noumena – “die Phaenomena sind die unmittelbar gegebenen Erscheinungen, die Noumena die beharrlichen Gesetze dieser Erscheinungen”28 vgl. bes[onders Cornelius,] S. 197) ohne diese Grundunterscheidung, die bei ihm auch als Grundt rennung aufgefasst wird, glaubt Cornelius nicht auskommen zu können – denn es müsse doch schliesslich eine letzte “Materie” geben, auf die alle Formen sich zurückbezögen, durch die aller ›Sinn‹ eben im Unmittelba re n des anschaul[ichen] Erlebnisses verankert ist[.] 〈vgl. bes[onders Cornelius,] S. 85 ff. u[nd] 20 ff.29〉C Wi r können die Trennung nicht einmal in diesem Sinne aufrecht erhalten – die bloss phaenomenologischeD Sphaere, das Sinnliche ohne jeden Akt der Sinngebung, die blosse Aesthesis ohne Noesis[,] ist uns kein Tatbestand, sondern eine (methodologisch notwendige) Abstraktion – das ‘Gegebene’ ist eben nie das bl oss Sinnliche – sondern das Sinnliche in irgend einer Form der “Auffassung”, der “Deutung”, also der noetischen “Beseelung” – das folge schon einfach daraus, daß es ohne diese ›Form‹ auch keine Ichb e z o g e n h e i t mehr besässe[,] denn diese kommt ja, nach Cornel[ius] selbst, erst durch die Form der Vermit tl[ung] zu stande. Auf ein Ich b ez og en sein heisst: durch best[immte] Formen der Auffass[ung] “verSinngebungen.] Sinngebungen.) vgl. . . . Zeit: Blatt ζ1)] gegenüber auf linkem Rand, als Einschub markiert, meint das – kleine – Konvolut: Symbolwert der sinnl[ichen] Wahrnehmung. (Zeit) aus dem Konvolut Zeitproblem, Box 23, Folder 426, Bl. 24–26 C 〈vgl. . . . S. 85 ff. und 20 ff.〉] gegenüber auf rechtem Rand: Näh eres hierzu bei ‘Denkpsychologie’; siehe dazu vorliegende Ausgabe, S. 49 Anm. B. D phaenomenologische] soll wohl heißen: phaenomenale A
B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
mittelt” sein – ein unmittelbar- E r l e b t e s ist also eigentl[ich] eine contradictio in adjecto[.] als Bestätigung vgl. hier [Richard] Hoenigswald 30[, Die Grundlagen der] Denkpsychol[ogie, S.] 46: “Erleben selbst ist Relation-Erleben”[.] cf. auch [S.] 53: zum Begriff des Psychischen als des ›Bedeutungshaften‹31A das Sinnliche ist immer nur als der K örper zu diesem “Geistigen” für uns fassbar – u[nd] dieser Körper lässt sich nicht als toter Leib, als eigene “Substanz”, die der geistigen “Substanz” dinglich gegenübersteht, absondern – sondern esB ist und l e b t nur in seiner Funktion eben als “Träger” der bedeutunggebenden Intentionen. Es ist hier eben zu beachten, daß hier s e i n s m ä ß i g ein Unterschied zwischen der Sphaere der blossen Sinnlichk[eit] u[nd] der des Sinnes gar nicht mehr feststellbar ist – sondern daß dieser ganze Unterschied kein anderer als ein solcher der Fun ktion, der B edeutung[,] der Geltung ist – Und das ist auch nicht zu verwundern: denn die Philos[ophie] der symbol[ischen] Formen belehrt uns ja eben darüber, daß alle Unterschiede des Seins auf Unterschiede der Bedeutung zurückgehen – daß das O n t i s ch e das Vermittelte, das Fu n k t i o n a l e das Vermittelnde ist – wir können also nicht die letzten Funktionsunterschiede auf ontische Differenzen, sondern nur umgekehrt diese auf jene zurückführen – S e i n , Realität, etc. i st schon eine bedeutungsmässige Differenz – daher [ist] der U r gegensatz nicht durch irgend einen Seinsgegens[atz] zu klären!C es ›giebt‹ nicht die Welt des Sinnlichen u[nd] des Noetischen, die Welt des “Leibes” u[nd] die der “Seele”, des (materiellen) “Zeichens” u[nd] seiner “Bedeutung” als substantiell-geschiedene ›Teile‹ oder ›Hälften‹ des Seins – sondern was uns wahrhaft zugänglich ist, ist nur die E i n h e i t beider: das Sinnliche nicht als abgelöste Substanz, sondern in seiner Funktion D als “Bedeutungsträger” – darin besteht sein eigentliches S e i n , weil nur hierin sein L e b e n besteht –
das folge . . . ›Bedeutungshaften‹] Zusatz gegenüber auf rechtem Rand, wobei der Fortgang des Zusatztextes markiert ist, der Ort des gesamten Einschubs jedoch nicht B es] d. h. das Sinnliche, evtl. auch er – der Körper C Se in, . . . zu klären !] Zusatz gegenüber auf linkem Rand D Funktio n] doppelt unterstrichen
A
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die “Bedeutung” verhält sich zur sinnlichen Materie, wie nach Aristotel es Seele u[nd] Leib sich zu einander verhalten – sie ist die “Entelechie des Sinnlichen”
ἐντέλεχεια ἡ πρώτη σώματος ϕυσικοῦ32 aber ›Seele‹ u[nd] ›Leib‹ sind hierbei durchaus als Einheit zu denken; – sie können als M o m e n t e des einheitlichen Sinnes isoliert, nicht aber als Wirklichkeiten von einander abgeschieden werden.
Bei Cornelius drückt sich die Anerkenn[ung] dieses Sachverhalts auch darin aus, daß er zwar an der unmittelbaren G egebenheit best[immter] Elemente festhält, aber daß diese unmittelb[are] Gegebenh[eit] für ihn durchaus nicht den Charakter unmittelbarer Bestimmtheit trägt[.] Die ‘Bestimmtheit’ wächst vielmehr dem Gegebenen erst ganz allmähl[ich] – durch die B ezi ehung auf das ‘Ganze der Erfahrung’ – zu: “die herkömmliche Behauptung der Bestimmtheit unserer Empfindungsinhalte ist [also], wenn sie das unmittelbar Gegebene treffen soll, durchaus unrichtig”33 ([Cornelius, S.] 120)[.] Daraus folgt aber eigentlich, daß das sogen[annte] ›Gegebene‹ kein Seiendes, kein im psychischen Sinne ›Wirkliches‹ ist: denn was wäre ein Wirkliches ohne B e st immthe it? Es ist eben nur ein abstraktes Moment, eine Grundlage der Bestimmung, die sich aber erst durch das andere Moment der “Deutung” (Bedeutung, symbolischer Formung) zu einem konkreten ›Etwas‹ bestimmt.A
A
›Etwas‹ bestimmt.] restliches Drittel der Seite leer
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Sym bol wert der sinnl[ichen] Wahrnehmung Allgemeines.A Als Grundergebnis unserer Betrachtung hat sich uns ergeben, daß das[,] was man gemeinhin “sinnliche” Wahrnehmung nennt, in Wahrheit ›symbolische‹ Wahrnehmung ist – d. h. daß es nicht als einzelner, für sich gegebener “Eindruck” da ist, als eine einzelne ›impression‹, die einfach auf einen physisch-besonderen äusseren Reiz ›reagiert‹ – sondern daß sich in jedem scheinbar einzelnen Sinneseindruck vielmehr das Ganze des Bewusstseins ausprägt; daß jeder b ewu sste ‘Eindruck’ eben nicht blosser Eindruck, sondern Ausdruck dieses Ganzen ist. – Selbst der konsequente Sensualismus hat sich dieser Einsicht nicht völlig entziehen können. Das typische g eschichtliche Beispiel für sie bildet die Lehre Berkeleys und die Umwendung des Perzeptionsbegriffs, die sich in ihr vollzieht – Die Perzeption ist ihm zunächst lediglich die ‘einfache’ Empfindung – u[nd] der Satz esse = percipi34 besagt, daß das ‘Element’ der Empfindung[,] daß dieses Produkt der psychologischen A n a l ys e a b s o l u t gesetzt wird – Aber Berkeleys Tiefe besteht nun darin, daß er einsieht, daß von diesem absolut gesetzten ›Element‹, von diesem Produkt der Analyse aus zu einer Synthese, zu einem genetischen Aufbau der Erfahrungserkenntnis u[nd] der Wirklichkeitserkenntnis nicht zu gelangen ist[.] Die Analyse giebt nur disjecta membra35 – giebt nur ›Buchstaben‹, nicht sinnvolle Worte und Sätz e – Woher sollen wir also die Gewähr nehmen, daß alle diese e i n z e l n e n Buchstaben, die ›einfachen‹ Impressionen, in sich einen › S i n n ‹, einen Zusammenhang haben, daß sie sich auch nur als dasjenige Ganze, das wir Erfahrungserkenntnis nennen, lesen lassen? Hier muss der Überschritt zur Metaphysik u[nd] Religionsphilosophie geschehen – was uns in der unmittelbaren psychologischen Erfahrung nur als Einzeleindruck, nur als Element, nur als an sich bedeutungsloser Te i l gegeben ist, das bezieht die re l i g i ö s e Anschauung auf ein dahinterliegendes, ihm zu Grunde liegendes Ganze[s] – die rel i gi öse Anschauung schafft die Synthese, die ‘Integration’, die der psychologischen Ansch[auung] versagt ist – Von hier aus wird erst die tiefere Bedeutung von Berkeleys metaphys[ischen] Gedanken der Visual Language ganz verständlich u[nd] von se ine n Voraussetzungen aus notwendig36 – A
Allgemeines.] im Ms. danach keine Leerzeile
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seine religiöse Metaphys[ik] ist die notwendige Korrektur seines sensualist[ischen] Ansatzpunktes – sie bringt in die blosse “Sinnlichkeit” wieder echten “Sinn”, in die Elemente wieder Zusammenhang; sie fasst die Elemente nicht als blosse Impressionen, sondern als Expressionen, als Au s d r u ck s we r t e , in denen sich ein unendlicher Geist unserm endlichen Geist enthüllt u[nd] offenbart – Und von hier aus begreift man auch erst ganz den Pantheismus , dem Berkeleys Lehre zustrebt u[nd] der sich zuletzt in der Siris so deutlich darstellt37 – Die E r f a h r u n g s ganzheit drohte ihm kraft seines sensualist[ischen] Ansatzes, der das ›All‹ der Erfahrung in beziehungsloseA Empfindungseleme nt e zerschlägt, verloren zu gehen – er kann selbst sie nur wiederfinden; er kann auch die Erfahrung nur als Ganzes (als gesetzlichen Zusammenhang) sehen, indem er hierfür auf ein Sein jen se its der Erfahrung, auf das Ganz e d es göt t l[ichen] D as eins und L ebe ns rekurriert. Mit jeder “einzelnen” sinnl[ichen] Wahrnehmung erfassen wir zugleich dieses Ganze des göttl[ichen] Leben[s]: Gott “spricht” zu uns in jeder sinnl[ichen] Empfindung. Der Pan- The ism us (Gott als der konkret religiöse Ausdruck dafür, daß eben die We lt ein Sinn-Ganzes ist) ist somit das notwendige Korrelat des Sensualismus – ist jene Synthese, die die vorangehende Analyse über winde t – der Gottesbegriff ist im System Berkeleys der Angelpunkt, um den sich auch seine Theorie der Erfahrung dreht – der me taphys[ische] Ausdruck für die reine Erkenntnis thatsache, daß alle e ch te Wahrnehmung nicht als Impression, sondern als Symbol zu verstehen ist, daß jede ‘Einzelheit’ nur Abstraktion ist, sofern alles Einzelne, auch das der “Sinnlichkeit”, ursprünglich eingebettet ist in ein Ganzes des Sinns. Von hier aus Berkeleys Lehre näher zu diskutieren! B38
A B
beziehungslose] statt gestrichenem: kleine zu diskutieren !] restliches Drittel der Seite leer
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Int enti on, Intenti onaler Akt. (Psychologie)A Brentano’s Definit[ion], nach der die Beziehung auf einen Inhalt, das SichRichten auf ein Objekt als das ›positive Merkmal des Psychischen‹ im Gegens[atz] zum Physischen erscheint. “Jedes psychische Phaen[omen] ist durch das charakterisiert, was die Scholast[iker] des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenst[andes] genannt haben[,] u[nd] was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Bez[iehung] auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter hier nicht eine Realität zu verstehen ist)[,] oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstell[ung] ist etwas vorgestellt, in dem Urteil ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt [u. s. w.] Diese intent[ionale] Inexistenz ist den psych[ischen] Phaenomenen ausschliesslich eigentümlich. Kein physisches Phaenomen zeigt etwas ähnliches. Und somit können wir die psych[ischen] Phaenomene definieren, indem wir sagen, sie seien solche Ph[aenomene], welche intentional einen Gegenst[and] in sich enthalten[.]”39 ([Brentano,] Psych[ologie] vom empir[ischen] St[andpunkt, Bd. I,] S. 115) Husserl’s Lehre vom Bewusstsein als “intentionalem Erlebnis”40 Meinongs41 Untersch[eidung] zwischen I n h a l t u[nd] G e g e n st a n d 42 baut auf dieser Lehre Brentanos auf – näheres z. B. bei B i n s wa n g e r, 43 Einf[ührung] i[n] d[ie] Probl[eme] der allg[emeinen] Psych[ologie], Berl[in] 1922, S. 11 ff.44 u. a. Behandl[ung] der psych[ischen] Phaenomene nicht nach ihrem Inhalt, sondern nach ihrem A k t ch a ra k t e r (als Vorstellen, Fühlen, Wollen); Anbahnung der ‘Funktionspsychologie’ ([S.] 12) Binsw[anger]45[.] Näheres zur Unterscheid[ung] der ›physischen‹ Phaenomene von den psychischen bei Brentano46 s[iehe] auch ibid., S. 113 ff[.]47 – ‘Phantasiebilder’ z. B. sind physis che Phaenomene (denn das Wort ‘physisch’ bezieht sich ja hier nicht auf Dinge oder Körper, sondern eben auf Erschei nu ng en 48 (cf. Binsw[anger, S.] 114)
(Psychologie)] auf dem rechten Rand: Praesen ta t[ ion ] u[n d] Re prae senta t[ io n]
A
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Zu H us s erl’sA Lehre von den intentionalen Erlebnissen s[iehe] auch die zusammenfass[ende] Darst[ellung] bei Binswa nger S. 135 f f[.]49B Unterscheid[ung] des i n t e n t i o n a l e n Erlebnisses u[nd] des Erlebnisses als reelles phaenomenolog[isches] Ko n st i t u e n s des Aktes50 ([S.] 139 ff[.]) Erlebnis ist, [“]was als reell er Teil den jeweil[igen] phaenomenolog[ischen] Bewusstseinsstrom konstituiert[”.] Bewußt[sein] als [“]reell phaenomenolog[ische] Einheit der Erlebnisse, als reell[er] phaenomenolog[ischer] Bestand des empir[ischen] Ich[”].51 (Binsw[anger, S.] 143) Für H u s s e r l sind Empfindungen zwar Erlebnisse, aber nicht intentionale Erlebnisse oder psych[ische] A k t e [.] Sie können ledigl[ich] als “darstellende Inhalte von Wahrnehmungsakten” fu ngieren oder eine gegenständl[iche] Deutung oder Auffassung erfahren – Wenn sie auch selbst keine Akte sind, so konstituieren sich doch Akte mit ihnen, [“]nämlich wo sich intentionale C h a ra k t e re von der Art der wahrnehmenden Auffassung ihrer bemächtigen, ihnen gleichsam Bes eelung verleihend.[”]52 ([Husserl, LU II, B] S. 392) Statt ‘Inhalt’ u[nd] ‘Gegenstand’ E mpf indung (oder Empfindungsinhalt) und intendiertes O bj ekt 53 cf. Binsw[anger, S.] 144 f. verschiedene Akte können [“]dasselbe wahrnehmen u[nd] doch ganz verschiedenes e mpf inde n[”] – umgek[ehrt] können gleiche Empfindungsinhalte das eine Mal so, das andere Mal ganz anders ‘aufgefasst’ werden (Binsw[anger, S.] 145) [–] die Auffass[ung] lässt sich aber nie auf einen Zufluss neuer Empfindung en reduzieren; sie ist ein “Aktcharakter”54 ([Husserl, LU] II, [B S.] 381 f.) B[inswanger, S.] 146C [–] die Empfindungs e r l e b n i s s e werden also nicht wie bei Brentano aus der Psychologie verbannt55 – um so schärfer muss dann aber die Eigenart der intentionalen Akte betont werden[.] Das grundlegende Gegensatzpaar heisst bei H[usserl] einfach Empfind ung u[nd] Akt – das e rs e tzt den Gegensatz Erscheinung – Funktion (Stumpf) physisches – psych[isches] Objekt (Brentano)56
A B C
H usse rl’s] doppelt unterstrichen S. 135 ff.] doppelt unterstrichen die Auffassung . . . Binswanger, S. 146] zwischen den Zeilen und am rechten Rand
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Empfind[ungen] können zwar als Bausteine von Akten fungieren, sind aber nicht selbst Akte57 ([Husserl, LU II, B S.] 383) Die Empf[indungen] u[nd] die apperzip[ierenden] AkteA werden er lebt, aber sie erscheinen nicht g e g e n st ä n d l i ch – s i e werden nicht gesehen – ‘gesehen’ dagegen werden die ‘Gegenstände’, sie aber werden nicht ‘erlebt’58 ‘darstellende Empfindung’ u[nd] ‘beseelende Auffassung’[.]B
Sym bol fu nkti on ( symbol [i sche] Ideation) (Allgem[eines]) auch / (P sychopathologie) / τ1C Der Grundfehler des Sensualismus (seit Protagoras!) besteht wesentlich darin, daß er die eigentümliche Fu n k t i o n des Symbolischen in der Wahrnehmung übersah, weil er immer nur einseitig auf den Inhalt der Wahrnehmung gerichtet war –D diesen Inhalt substa nt iell fasste, statt ihn funktionell (als Repraesentanten, als Träger der ‘Bedeutung’) zu würdigen – Wo ihm diese Fu n k t i o n des Symbolischen entgegentrat – wo er sie nicht ganz übersehen konnte – da versuchte er sie alsbald wieder als eine bloss inhaltliche Summe von Eindrücken aufzufassen – so wurde der Grundunterschied von Sehen und “Sicht” verkannt – denn die “ S i ch t ” lässt sich niemals als eine Summe von Bildern beschreiben, aus blossen Bildern zusammensetzenE – Dieser Versuch, die Sicht (εἰδος, Idee[,] Gestalt) aus Bildern zusammenzusetzen[,] charakterisiert alle sensualistischen-associationistischen Theorien seit Berkeley – B eg riffsauffassung ( Umf ang des Begriffs statt seines I nhalts ) Dingauffassung (ideelles Objekt – / statt Rekognit[ion] im Begriff[)] Apfel = / rot + sü ß + ru nd etc[.] Rau mauffassung / (taktile + optische Eindrücke in associativer Verknüpfung / statt Raumg esta lten u[nd] Raumr ichtungen)
und die apperzipierenden Akte] über der Zeile ‘beseelende Auffassung’.] danach ²⁄³ der Ms.-Seite leer C auch / (Psychopathol og ie) / τ1] gegenüber auf rechtem Rand D gerichtet war –] gegenüber auf rechtem Rand: P ra e s e n t a t [ i o n ] u [ n d ] Re pra e sen ta t[io n] E zusammensetzen] zusammenzusetzen
A
B
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In dem Augenblick, wo wir scharf das Fu n k t i o n e l l e der Wahrnehmung vom I n h a l t l i ch e n , das B e d e u t u n g s m ä s s i g e A vom G e g e b e n e n , das Re p ra e s e n t a t i ve vom P ra e s e n t a t i ve n [,] Sinnliches vom SinnhaftenB trennen, schwindet der Schein der sensualist[ischen] ›Erklärung‹ – Und am deutlichsten ergiebt sich diese TrennungC, wenn wir die psychopatholog[ischen] Fälle ins Auge fassen, – denn in ihnen kommt uns gleichsam die Natur selbst zu Hülfe, sie vollzieht für uns die Analyse, die Desintegration, Dissoziation – sie lässt den Wahrnehmungsbestand (die Impression) im wesentlichen unangetastet, greift aber die Sym bol- Funktion an – die Wahrnehmung ist qualitativ da, ohne aber etwas zu “bedeuten” – (cf. Aphasie, taktile u[nd] optische Agnosie)59 Die Deutung dieser Fälle ist lange dadurch erschwert worden, daß sie fast überall unter dem Zwange des associationist[ischen] Schemas stand – (Associationsbahnen, Leitungsbahnen) erst neuerdings ist an Stelle dieses Schemas die vorurteilslose phaenomenologische Auffassung und Prüfung getreten – u[nd] bei ihr springt sofort die Eigenart der symbol[ischen] Funktion ins Auge! di es e Funktion ist eine solche der “ produ kt iven Einbildungskraft” vgl. die Bemerk[ung] Kants, die Funktion der produkt[iven] Einbildungskraft u[nd] die Tatsache, daß sie ein Ing rediens der sinnl[ichen] Wahrnehmung selbst sei[,] sei deshalb (von der sensualist[ischen] Psychologie) verkannt worden, weil man der Meinung war, die S inne lieferten nicht allein Eindrücke, sondern setzten solche auch zusammen, wozu aber etwas mehr, näml[ich] eine Sy n t h e s i s des Verstandes u[nd] der produkt[iven] Einbildungskraft gehört! 60D
B e de ut ungsmä ssige] Bed eutungsm ässe Sinnliches vom Sinnhaften] Einschub auf linkem Rand, markiert mit x C Trennung] statt gestrichenem: Erklärung D gehört !] danach ½ Ms.-S. leer
A
B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Cap. I Sym bol wert d er si nnl [i chen] Wahrnehmung (L e ib und See le)A Es ist zu zeigen, wie in der symbol[ischen] Funktion, die jeder einzelnen “Empfindung”, “Wahrnehmung” eignet, überhaupt dasjenige besteht, was sie zum Glied eines psychischen Zusammenhangs macht – wie also der alte Unterschied von ‘Leib’ und ‘Seele’ statt auf einen Gegen[satz] von Substa nz en auf diese Funkt ion des symbol[ischen] Ausdrucks, der symbol[ischen] ‘Repraesentation’ zurückzuführen ist – Wir können sagen: die Welt der physischen Dinge u[nd] die der psychischen ‘Phaenomene’ bauen sich aus demselben ‘Stoff’ der Erfahrung auf – (dem ‘neutral stuff’ der amerikan[ischen] ‘Realisten’) die psychische Welt ist hierbei dadurch charakterisiert, daß wir die einzelne Wahrnehmung eingebettet sein lassen in einen G e s a m t z u s a m m e nhang , sie aus diesem nicht herauslösen, so daß jedes Glied zugleich das Ganze, dem es angehört, repraesentiert, ausdrückt, ja dieses Ganze ist – “Erlebnisganzes” – während das sogen[annte] physische Sein – das nur dingliche Sein – durch eine objektivierende Herauslösung aus dem Erlebnis-Zusammenhang entsteht [–] durch eine isolierende Abstraktion – Kraft dieser Abstraktion “ist” das physische Ding in einem bestimmten Augenblick einfach da, ohne über sich hinauszuweisen (oder es weist doch nur über sich hinaus in dem Sinne, daß es dem Ganzen der Natur als einem System bestimmter ‘Kausalgleichungen’ angehört – das ist aber schon objektivierende Verengung,B Isolation) Diesen Gegensatz des ‘Physischen’ u[nd] ‘Psychischen’ zu entwickeln an der modernen Diskussion der Frage. Eine gute Grundlage hierfür bietet [Bertrand] Russell, Analysis of Mind. [London / New York 1921] Den Ausgangspunkt des Buches bildet der auch für uns sehr charakteristische u[nd] bedeutsame Tatbestand, daß die moderne Psychologie an dem Grunddatum des ‘Bewusstseins’ irre geworden ist – Mit ihrer Methode der ‘Beobachtung’ findet sie das sogen[annte] Bewusstsein nicht mehr – Was sich wirklich feststellen, betrachten lässt, sind äuss ere Haltungen, Bewegungen etc. [–] daher ganz konsequent: Standpunkt des behaviourism A B
Se ele)] gegenüber auf rechtem Rand: Praesentat[ion] u[nd] Repraesentation. Verengung,] Verengerung,
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25
cf. [ John B.] Watson, Behaviour: an Introduction to Comparative Psychology, New York 1914 cf. Russell[, Analysis of Mind,] S. 25 ff[.] u[nd] Recent Criticisms of Consciousness[.]61 So wird die Psychologie immer “materialistischer”[,] während andrerseits die Physik immer “idealistischer” wird (Russell, Vorr[ede], S. 5/6)62 – denn in ihr erscheint die ‘Materie’ nur noch als logische Konstruktion. Wie sind beide, scheinbar entgegengesetzten, Standpunkte zu vereinen?63 – wo liegt der gemeinsame Urgrund u[nd] wo liegt die Grenze zwischen Physik u[nd] Psychologie, zwischen ‘Materie’ u[nd] ‘Geist’? – Dies das Thema des Russellschen Buches – Sein Ziel ist zu zeigen, daß Physik u[nd] Psychologie sich nicht dem Stof fe nach unterscheiden; sondern daß sie verschiedene Anordnung en desselben “Rohmaterials” der Erfahrung sind, das ihnen als ‘neutral stuff’64 dient – Beide bauen sich auf aus ‘particulars’, die sie aber verschieden ordnen – die eine Ordnung führt zur Welt der objektiven D i n g e (der ‘Materie’ als logischer Konstruktion) die andere zur Welt der “Perspektiven”, der “Subjektivität” der Biographie. s[iehe] diese Scheidung bei Russell – bes[onders] S. 93 ff[.]65 vgl. auch die Zusammenfass[ung] S. 124 ff.,66 [S.] 300 ff[.], [S.] 305 f.67
Russells e ige ne Auffassung kommt der Tendenz des Behaviourism in weitem Maße entgegen – vor allem darin, daß er z. B. Wille, Gefühl, Affekt (emotion) etc. als besondere psychische “Zustände” nicht gelten lässt (was wir so nennen, [das] sind bestimmte körperliche Verhaltungsweisen, die sich beobachten lassen etc.) aber trotz dieser Tendenz bleiben ihm z we i Grundklassen zurück: Sensationen u[nd] Ideen A-Bilder (images) u[nd] durch sie ergiebt sich die Scheidung u[nd] Abgrenzung des ‘Physischen’ u[nd] ‘Psychischen’ – sofern die ‘Bilder’B (images) einer eigenen Art von kausalen Gesetzen unterstehen[:] [“]The two most essential characteristics of the causal laws which would naturally be called psychological are subjecti vi ty and mnemic ca us atio n [”] ([Russell, Analysis of Mind, S.] 307[.])
A B
Ide en] doppelt unterstrichen ‘Bilder’] über der Zeile statt gestrichenem: Ideen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Das eigentlich “psychologische” Element, das was die Grenzscheide bildet zwischen der Welt der Objekte u[nd] der der Subjektivität, steht also jetzt in dem, was Russell idea nennt68 (z. B. imageA of memory etc.)69 Sensations u[nd] images können nicht ihrem Stoff nach, sondern nur durch ihre Ursachen u[nd] Wirkungen (vor allem durch die ersteren) geschieden werden – die ‘Bilder’ gehören einer andern Reihe kausaler Gesetze an (vor allem der ‘mnemic causation’) s[iehe] hierüber S. 149 ff[.,] s[iehe] auch [S.] 115 ff.[,] auch [S.] 287 ff [.]70 [“]the causation of an image always proceeds according to mnemic laws, i. e. [that] is governed by habit and past experience[”] ([S.] 150) cf. auch [S.] 17271 [–] es handelt sich hier also immer um eine solche Verursachung, die nicht von dem momentanen ‘Reiz’ u[nd] dem gegenwärt[igen] Zustand, sondern von der Vergangenheit (der ‘Biographie’) abhängt – Die ganze Differenz ist also jetzt für Russell zusammengedrängt in das, was er ‘image’ nennt[.] Was enthält dieses Element u[nd] wie ist es zu analysieren? – Hier werden wir zunächst auf ein weiteres Moment geführt: auf den Begriff des ›belief‹[.] ›Belief‹ ist nach Russell das Z entralprob lem in der Analysis des Geistes72 ([S.] 230) – Das Phaenomen, das R[ussell] als Bild (image) beschreibt, führt insofern auf dieses Zentralproblem zurück, als jedes Bild, a ls solches, mit einem bestimmten ‘belief’ verknüpft ist – z. B. enthält das G e d ä ch t n i s b i l d (image of memory) den Glauben (belief) this and this occured, [“]has existed before[”]73 (s[iehe] S. 170) vgl. bes[onders] S. 179[: “]the memory-belief confers upon the memoryimage something which we may call ‘meaning’ – it makes us feel that the image points to an object, which existed in the past[”]74 (ebenso Erwartungsgefühle, Erwartungsglauben[)] (belief of expectation, 3 belief-feelings: memory, expectation and assent75 s[iehe] S. 250)
So führt das ‘Bild’ [–] image – auf den belief – dieser aber auf das Moment der Bedeutung (meaning) zurück – in d i e s e m haben wir also, auch nach Russells e i g e n e r Auffassung, das Ze ntral probl em vor uns, das den eigentlichen ‘Begriff’ des Psychischen konstituiert – A
image] über der Zeile statt gestrichenem: idea
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(Dies bildet für uns eine sehr wichtige indirekte Bestätigung für die zentrale Bedeutung des Sym bol problems – [)] es erweist sich bei Russells Ausgangspunkt, der dem ‘behaviourism’ die weitestgehenden Zugeständnisse macht u[nd] der die Rolle der ‘Introspection’ möglichst zu beschränken sucht – (cf. [S.] 108 ff[.]76 – aber doch von ‘images’ nur introspection, also auch von belief etc.!77) ([S.] 117)A es giebt consciousness of i mag es 78 cf. [S.] 291B es erweist sich auch hier der Symbolcharakter einer Wahrnehmung als ein letzten Endes Unreduzi erbares, was das Gebiet des Psychischen “konstituiert”. Freilich: was ist ›meaning‹ nach Russell? R[ussell] geht hier zu nä chst durchaus den Berkel ey’schen Weg – d. h. er sucht die ‘Bedeutung’ zurückzuführen auf A ssoci ati on u[nd] Gewohnheit (cf. [S.] 291: [“]we defined meaning by association: a word or image means an object, we said, when it has the same associations as the object.[”79)] cf. [S.] 210 ff.80 – Aber abgesehen von den Einwänden, die gegen diese Auffass[ung] zu erheben sind (cf. Bd. I, Einl[eitung])81[,] schränkt sogar Russell selbst diese These wesentlich ein [–] s[iehe] die Ausführ[ungen] S. 291!)82 (es wäre vielmehr von unserem Standpunkt aus zu zeigen, daß die Bildung von ‘Associationen’ den Begriff meaning voraussetzt – assoziiert wird das be de ut ungsgem äß Zusammengehörige, was unter einen einheitlichen ‘Titel’ der Bedeutung gerückt wird – daher die ‘Association’ im myth[ischen] Denken z. B. [eine] ganz andere als im theoret[isch]-wissenschaftl[ichen] etc!) Aber abgesehen von dieser psychologist[ischen] Erklärung u[nd] Reduktion des Grundbegriffs ‘meaning’, die wir zurückweisen müssen, zeigt sich auch in Russells SystemC dieser Begriff immer mehr als das eigentliche Ko nst itue ns der psychischen Sphaere – insbesondere als die Grundvoraussetzung für den Aufbau dessen, was wir Bewusstsein (consciousness) nennen (wobei freilich ‘Bewusstsein’ für Russell mit dem Psychischen nicht zusammenfällt, sondern nur etwas relativ Ac c i d e n t e l l e s ist, das zum Psychischen hinzukommt)
A B C
(S. 117)] zwischen den Zeilen hinzugefügt es giebt . . . cf. S. 291] zwischen den Zeilen hinzugefügt System] Systems
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Zunächst: bel ief – Russell bestreitet die Brentano’sche Definit[ion] des Psychischen durch den “intentionalen Akt”83 (cf. S. 14 ff[.]) in ihrer Allgemeinheit 84 – aber er giebt den Gesichtspunkt Brentanos resp[ective] Meinongs durchaus zu für die Sphaere des ›belief‹[,] d. h. genauer gesprochen für den Urt eilsakt – hier unterscheidet auch er Akt, Inhalt u[nd] Gegenstand85 (Objektiv[ierung] des Urteils, Sachverhalt)86 cf. bes[onders] S. 233[.] Die Analyse des Urtei ls führt also auch ihn auf das symbol[ische] “Hinweisen”[.] Hinausweisen des ‘Inhalts’ über sich selbst – die blosse ›Sensation‹ als solche enthält nicht etwa schon den ‘Gegenstand’, sondern deutet nur [hin] auf den Gegenstand (z. B. der einzelne G ehöreindruck A auf ‘das’ Gehörte (die Nachtigall)[)] ganz analog wie bei Descartes, Meditat[iones de prima philosophia] II87 hier für ihn der Unterschied zwischen ‘Sensation’ u[nd] ‘Perzeption’ [–] die ‘Perzeption’ ist immer schon durchsetzt mit solchen symbolischen Akten (enthält daher in Russells Sprache ‘mnemic causation’)88 [“]the large mnemic element that is added to sensation to make perception[”]89 ([S.] 237) Hier in der Konstituierung des G e g e n st a n d s b e w u s st s e i n s (durch den belief, d. h. durch das Urteil) wird R[ussell] unwiderstehlich zu einer (freilich nur oberflächlich entwickelten!) Theorie der Zeichen u[nd] der Bedeutung hingeführt s[iehe] die Ausführ[ungen] S. 238 ff[.]90 [“]It is i mpossi ble for a belief to consist of sensations alone, except when as in the case of words[,] the sensations have associations which make them si g ns possessed of meaning. The reason is that objective reference is of the essence of bel ief and objective reference is derived from m eani ng[.”]B ([S.] 238) also: das ‘Objektivitätsbewusstsein’ beruht auf jenem eigentümlichen Plus, das die Perzeption von der blossen ‘Sensation’ scheidet – u[nd] dieses Plus ist begründet im Urteilsakt (belief), der sich letztlich auf das Fundament der ‘Symbolfunktion’ zurückführt –
Gehö reind ruck] Gehörsei ndruck It is im possible . . . mean ing .] Hervorhebungen von Cassirers Hand, zitierte Stelle geht Zitat in Hrsg.-Anm. 90 voran. A
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(es giebt auch image- p ro p o s i t i o n s wie es word-propositions giebt91 ([S.] 241)[)] [“]our more elementary beliefs, notably those that are added to sensation to make perception, often remain at the level of images.[”] ([S.] 242) – dies ist zuzugeben: es ergiebt sich aber daraus, daß eben die element a re Funktion des Bedeutens schon in dem image als solchem liegt – ohne sie wäre es aber gar nicht ‘image’ (etwas spezifisch Psychisches)[,] sondern ein bloss physischer ‘Zustand’.) image u[nd] proposition gar nicht zu schei den! Doch hält freilich Russell immer noch eine Isol ierung des sensational core,A des ‘Kernes’ der Empfindung von allen perzeptionellen Zutaten für eine Aufgabe[,] die an sich für einen ‘idealen Beobachter’ lösbar sein müsste92 – cf. S. 299 aber gerade der Rekurs auf einen ‘idealen’ Beobachter zeigt deutlich, daß hierbei die › re ine‹ Sensation nicht Faktum [ist], sondern zu einem blossen Gre n zbeg ri ff wird. Am deutlichsten tritt die zentrale Stellung des Symbolbegriffs, nun auch für den Aufbau der ›subjektiven‹ Wirklichkeit, im let zt en Capitel hervor. s[iehe S.] 288 ff. Bewusstsein ist immer Bewusstsein vo n etwas – daher nur zu definieren [“]in terms of that relation of an image or a word to an object, which we defined as ‘meaning’[”]93 ([S.] 288) mere imagination enthält noch nicht consciousness[,] sondern immer nur image + be lie f = objective reference (s[iehe] ob[en]) cf. S. 289[:] [“]an element of belief must to be added to the images in def ining consciousness[”]94 ([S.] 289) eine ›Sensation‹ ist daher, solange sie bloss da ist, ›existiert‹[,] noch kein Gebilde des Be wusstseins – sie wird es erst, wenn sie erinnert wird ([S.] 292) Wenn indessen die Sensation Teil einer ›Perzeption‹ ist, z. B. einer bekannten Person, dann können wir von dieser letzteren sagen, daß sie ein Gegenstand des B ewu sstsei ns ist – denn in diesem Fall ist die Sensation Z e i ch e n für das Wahrnehmungsobjekt im selben Sinne, wie das Gedächtnisbild Zeichen des erinnerten Gegenstandes ist[.]
A
core,] score,
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Diese Zeichen-Funktion (das Repraesentieren des zeitlich oder räuml[ich] Abwesenden, Entfernten) ist also das eigentl[iche] Charakteristicum des ‘Bewusstseins’95 ([S.] 292) [S.] 293: [“]The whole essence of the practical efficiency of thought consists in sensitiveness of signs, of this words are the supreme example, since their effects as sig ns are prodigious[.”]96 Gut auch über die Unlösbarkeit der symbol[ischen] F[orm] von den “Daten” der Wahrnehmung 〈im Geg ensatz dazu, daß die “reine” Sensation für einen ‘idealen Beobachter’ doch isolierbar sein müsste (so [S.] 299 s[iehe] oben!97)〉 [“]It is clear that there can be no datum apart from a belief[”]98 ([S.] 297) [“]A sensation which merely comes and goes is not a d atum;A it only becomes a datum when it is remembered[”] (also durch einen Akt der Re fle xi on, der die symbol[ische] Funktion einschließt.) Bewusstsein hier also durch diese ‘Reflexion’ erklärt, diese durch symbol[ische] Funktion. [“]Similarly in perception we do not have a datum, unless we have a judgm ent of perception[”]99 ([S.] 297) ganz wie bei Descartes[,] Med[itationes de prima philosophia] II[.]100 Daher giebt es kein theoretisch unbezweifelbares Datum, weil kein ›belief‹ (Urteil) unfehlbar ist[.] Im allgemeinen sucht Russell den Unterschied zwischen PsychischemB u[nd] Physischem nicht im M a t e r i a l , sondern in den verschiedenen kausal en Gesetzen, denen beide folgen (s[iehe] ob[en]; vgl. bes[onders] S. 306 ff.)101 aber daß dieser Unterschied nicht streng ist, sieht er selbst – denn er rechnet wenigstens mit der Möglichkeit, daß die Art der Kausalität, die im Psychischen herrschtC (mnemic causation)[,] reduzierbar sein könnte auf physische (physiolog[ische]) Kausalität[.] (Zuständlichk[eit] des Gehirns u[nd] des Nervensystems, cf. [S.] 303 und S. 76 ff[.], [S.] 80, [S.] 91 f.)102 Dagegen sehen wir hier nicht verschiedene Formen der Kausalität – k a u s a l lassen sich Psychisches u[nd] Physisches prinzipiell in e i n e Ebene ordnen
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is not a d atum;] Hervorhebung von Cassirers Hand Psychischem] Physischem herrscht] herrscht,
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(‘Monismus’ der reinen Kausalerklärung – keine psychische Kausal[ität] n e b e n der physischen, sondern hier prinzipiell auf ‘physiolog[ische]’ Ursachen zurückzuführen.[)] Aber bei noch so vollständiger Kausalerkl[ärung] würden wir auf diese Weise das Psychische doch niemals ›verstehen‹ – in der kausal[en] Erklärung machen wir alles zum Ding (insofern ‘physisch’) aber das ‘Seelische’ rekonstruieren wir erst, indem wir den Inhalt wieder auf die neue “Dimension” der (ideellen) Bedeut ung beziehen[.] (Seele hat Teil an den – Ideen Platon)103 Ausf[ührung]A Zu R u s s e l l s Buch s[iehe] noch das Ganze der a n g e st r [ i ch e n e n ] Stellen[.]104
Sy mbol (Allge m [eines]) ›Intenti on‹B Zum Begriff der Intention als ›symbol[ischer] Repraesentation‹ vgl. auch die Ausführ[ungen] von S ch a p p , 105 Phaenom[enologie] der Wahrn[ehmung,] z. B. S. 46 ff.106 Grundunterscheidung des “Darstellenden” (Farben, Töne, Data des TastDrucksinns) und des Dargestellten – jenes, das Darstellende, entfällt, [“]wenn man die Dingwelt unter dem Gesichtspunkt der Ka u s a l i t ä t betrachtet; es findet keinen Platz in der Welt der Kausalität[”]107 – ebenso lässt es sich streng genommen auch nicht in andere “objektive” Ordnungen einstellen – es ist z. B. Täuschung, wenn man annimmt, daß Farben, Töne etc. im Raum geordnet sind, daß der Raum eine Ordnung dieser “Empfindungen” ist [–] [Schapp,] S. 44[: “]Töne, Farben stehen sachlich nicht in der Beziehung zum Raum, daß der Raum eine Form für sie ist. In ihnen st ellt sich der Raum dar – das ist eine eigene Beziehung, die jedenfalls keine sachliche, keine Formbeziehung ist, was sie auch sonst sein mag[.”]108 – Der Ton rein als Ton betrachtet hat keine Beziehung zum Raum – er gliedert sich in Haupt- u[nd] Nebentöne[,] aber er gliedert sich n i ch t räumlich109 ([S.] 44) Und selbst die Farben haben nicht an sich, sondern nur durch das Ding Bezieh[ung] zum Raum.110 Dagegen lässt sich nicht einwenden, [“]daß die Ausführung] Lesung unsicher, evtl.: Ausführen ›Int entio n‹] gegenüber am rechten Rand: Praesent [a tion ] u[ n d] Re p raes[en t at ion]
A
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Dingfarben Flächenform haben[”] – denn die Dingfarbe ist zwar irgendwie mit der Fläche verbunden, bedeckt sie, erfüllt sie [–] aber sie selbst ist nicht flächenhaft geformt111 ([S.] 46) (Flächenhaft ist eben nur das “Gefärbte”, nicht die “Farbe”) Hier ergiebt sich von einer neuen Seite her, daß die Grundb eziehung (die symbol[ische] Relation) durchaus eine BeziehungA sui generis ist – man kann auf das “Darstellende”, das ein M oment in dieser Beziehung ist, nicht diejenigen Kategorien anwenden, die erst innerhalb des D a r g e stel l ten gelten – man kann von ihm weder kausale, noch räumliche “Ordnung” aussagen. Streng genommen auch keine zeitliche Ordnung – wenn darunter die Ordnung in der “objektiven” Zeit gemeint ist – das Darstellende als solches ist eben in keiner Weise objektivierbar – wenngleich es ein Moment in der Funktion der Objektivierung selbst ist – oder vielmehr gerade deshalb, weil es dies ist[.] [Schapp, S.] 115[:]B “In Bezug auf Farbe ist Raum also etwas Dargestelltes. Farbe selbst ist nicht dargestellt, sie ist direkt gegeben, aber sie stellt Raum u[nd] Formen im Raum dar”[.] Dadurch erledigt sich auch die Frage[,] ob das Ding “sinnlich gegeben” sei – [“]versteht man darunter, daß es ve r m i t t e l s der Data der Sinnlichk[eit] gegeben[”] ist, so ist sie unbedingt zu bejahen – [“]versteht man darunter, daß es sinnl[ich] gegeben sei[,] wie die Farbe, der Druck, der Ton selbst[”], so ist das Ding in d iesem Sinne [“]nicht sinnlich gegeben[”]112 ([Schapp, S.] 125)[.] Die Farbe ist ein “Weg”, zum Dinge zu gelangen – u[nd] je nach ihrer “Ordnung” stellt sie Verschiedenes dar (cf. unter “Farbe”!)113 [S.] 127[.] Rolle der ›Idee in der Wahrnehmung‹ [–] das [“]Anschauen in der Wahrnehmung[”] stets [“]getrennt vom Meinen in der Wahrnehmung[”]114 S. 129 ff. cf. h[ie]rz[u Zettel] Ding (Rekognition im Begriff) ρ1)115
A B
Beziehung] danach gestrichen: auf S. 115] gegenüber auf linkem Rand
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Sym bo lbe grif f (A l lg em[eines]) Psychol ogie. A Wie schwer es der tradit[ionellen] P s ych o l o g i e geworden ist, das Eigentümliche des Symbolproblems u[nd] des symbolischen Verhaltens überhaupt auch nur aufzufinden u[nd] zu bezeichnen – dafür giebt ein beredtes Beispiel [Alexius] M ei nongs Buch “Über Annahmen” (1902, 2te Aufl[age] 1910) Hier werden ganze Komplexe von Fragen, die sich mittelbar oder unmittelbar auf das Symbolproblem beziehen u[nd] die in ihm zentriert sind[,] z. B. das (theoretische) Be deutungsproblem – das Problem des “intentionalen” Gegenstandes – (des “Meinens”)[:] Alles “Meinen” ist mindestens bereits Annehmen116 (S. 369)B das Verh[ältnis] von “Inhalt[”] u[nd] “Gegenstand” (diesen letzteren als “Objekt” oder als Objektiv gefasst) ferner das Problem des Spi el s u[nd] der künstlerischen Darstellung, z. B. der dramatischen Darstellung, der künstlerischen ›Illusion‹C dann log[ische] Probleme wie das hypothetische UrteilD 〈im Gegens[atz] zum assertorischen – Wirklichkeit-setzenden u[nd] Wirklichkeit-behauptenden Urteil〉 recht künstlich unter dem Problem-Ausdruck der “Annahme” zusammengezogen – wobei die “Annahme” als eine Art psychologischer “Entdeckung” behandelt wird – der Autor spricht ausdrücklich von einer Zeit, wo ihm die Annahmen noch unbekannt waren117 – [S.] 127 v!E cf. [S.] 338[:] Die Annahmen als “neue Erlebnisklasse” (neben Vorstell[ungen] u[nd] Urteilen)118
Psychologie.] doppelt unterstrichen; gegenüber auf rechtem Rand: Pra e sen ta t[ion] u[nd] Repraesent[ati on] B Alles “Meinen” . . . (S. 369)] zwischen den Zeilen C der künstlerischen ›Illusion‹] daneben auf rechtem Rand hinzugefügt in dunklerer Tinte D das hypothetische Urteil] gegenüber auf rechtem Rand folgende Erläuterung: Das Problem der Satzbedeutung (Sprachphilosophie) h[ier]f[ür] vgl. z. B. [Meinong, S.] 361[:] “Der Satz drückt [. . .] entweder ein Urteil oder eine Annahme aus – denn [recte: eben] darum hat er auch jedesmal eine Bedeutung, nämlich das Objektiv jenes Urteils oder dieser Annahme. Das Verstehen des Satzes best[eht] einf[ach] im Erfassen dieses Objektivs . . .” E v !] rechts am Rand, meint evtl. υ! A
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[S.] 335: “eine neue vorher noch nicht anerkannt gewesene psychische Grundtatsache”!119 [S.] 384[:] ein von der (psychologischen) Forschung so gut wie übersehenes Tatsachengebiet120 – Und doch stellt sich andererseits heraus, daß dieses “so gut wie übersehene” Tatsachengebiet schließlichA aufs nächste verwandt scheint mit dem Gebiet, das man sonst unter dem Namen der ›Phantasie‹ zusammenzufassen pflegte, ja daß es geradezu mit diesem Gebiet ganz oder teilweise koinzidiertB – “Annahmen” erweisen sich als Phantasieurteile neben den “wirklichen” Urteilen (mit Existenzanspruch) – ebenso wie es neben den “wirklichen” Wahrnehmungsvorstellungen Phantasievorstellungen – neben den wirkl[ichen] Gefühlen auch “Phantasiegefühle” giebt121 (s[iehe] S. 383) Kann es demnach einen besseren Beleg geben als Meinongs “Entdeckung” der Annahmen, daß die traditionelle Psychologie des 19ten Jahrh[underts] als reine Psychologie der “Empfindungen”, “Wahrnehmungen” etc[.] – das ganze Gebiet der Phantasie so gut wie übersehen hat – im eigentlichen Sinne “phantasieblind” und “symbolblind” geworden war – Dieser symbolblinden Psychologie muss endlich der Star gestochenC werden – indem wir die Funktion des Symbolischen als das P r i u s D der Empfindung, der Wahrnehmung etc. u[nd] des gegenständlichen Urteils als ›Wirklichkeitsurteil‹[,] Urteile über Wirkliches aufweisen – indem wir wieder vollen Ernst machen mit dem Kantischen Satze, daß die “Einbildungskraft” eine Voraussetzung auch jeder Wahrnehmung sei122 – Andrerseits verwundert sich Dessoir123 über diesen [Kantschen] Satz – aber er sieht nicht, daß hier die produktive Einbildungskraft gemeint ist, während die Psychologie, wo sie die Einbildungskraft scheinbar anerkannte, diese immer nur als reprod uktive Einbildungskraft (Association etc[.]) nahm[.]124
schließlich] sich schließlich koinzidiert] koinziert C gestochen] statt gestrichenem: gesprochen D P rius] doppelt unterstrichen
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Sym bo lwe rt der si nnl [ichen] Wahrnehm[ung] A Zum Problem der ‘Gestalt’ und der Gestaltpsychologie gutes Material bei [Kurt] Ko f f k a , 125 Die Grundlagen der psychischen Entwicklung. Eine Einführung in die Kinderpsychologie, Osterwieck [a. Harz] 1921. “Wahrnehmung” als D i f fe re n z i e r u n g , Sonderung, Abhebung vom Hintergrund [–] allg[emein] S. 93: [“W]ir werden also nicht sagen: das Kind sieht einen leuchtenden Fleck, sondern das Kind sieht im gleichgültigen Grund einen leuchtenden Fleck[”] etc.[, “]aus dem Grund als unbegrenztem u[nd] wenig bestimmtem hebt sich einB umgrenztes und mehr bestimmtes Phaenomen, eine Qualität heraus.[”]126 Problem der immer genaueren Strukturieru ng des ursprüngl[ichen] Phaenomens als eigentliches Wahrnehmungsproblem – diese “Durchstrukturierung” ist das eigentl[ich] Entscheidende [–] die ersten Phaenomene sind “Qualitäten auf einem Grund” – es sind einf achste St rukturen – das phaenomenal Gegebene scheidet sich in die maßgebende Qualität u[nd] den Grund, auf dem sie erscheint [–] es gehört zum Wesen der Qualität, dass sie auf einem Grund liegt, aus einem Niveau herausragt[.] [“]Solch Zusammensein von Phaenomenen, in dem jedes Glied “das andere trägt”[”] (vgl. Köhler, 127 [Die] phys[ischen] Gestalten[, S.] 57 ff[.], [S.] 192, [S.] 207)128 [“]in dem jedes Glied seine Eigenart nur durch u[nd] mit den andern besitzt, wollen wir [fortan] eine Stru ktur nennen.[”] ([Koffka, S.] 94) 〈In solcher ‘Struktur’ kann nun jedes Glied das Ganze symbolisieren, ausdrücken – ja man kann sagen, es gehöre zum Wesen der Struktur, daß jedes relative ‘Glied’ in ihr das Ganze in dieser Weise vertreten könne [–] repraesentativum universi129 – In dem Augenblick[,] als der Repraesentations-Begriff z. B. bei Berkeley erfasst wird,130 ist daher im Grunde an Stelle der A s s o c i a t i o n s psychologie eine Stru kturpsychologie entstanden – der Strukturbegriff fordert den Symbolbegriff u[nd] vice versa. Wahrnehmung] auf rechtem Rand: Praesentation . . . Repraesentation und Koffka 1 B ein] in
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Dies der sehr na he Z[u]s[ammen]h[ang] unseres Themas mit den Problemen der Gestaltpsychologie!〉 “Qualität gegen gleichförmigen Grund” als primitivstes Phaenomen, weil primitivste Struktur131 ([Koffka, S.] 97) vgl. den ganzen Abschnitt über die Struktur-Phaenomene132 S. 97 ff. so bei Dressuren an Schimpansen133 – nicht die a b s o l u t e Qualität der Farbe entscheidet, sondern das “Zueinander beider” die Fa r b - St r u k t u r 134 (cf. S. 100) bes[onders S.] 158[:] das “Zueinander der Farben”135 wird gesehen ebenso wie ein Winkel[,] nicht wie Linien gesehen werden136 ([S.] 159)A Alles tierische ‘ L e r n e n’ bedeutet von diesem Standpunkt die Gewinnung neuer Strukturen, [die] Einordnung in neue Strukturen 137 ([Koffka, S.] 123) – die Theorie des völlig ‘sinnlosen’ Lernens lässt sich nicht aufrecht erhalten138 ([S.] 121) B cf. auch S. 197 – / ([Carl] Stumpfs Sohn)139 Von der G ewi nnung solcher Strukturen hängt, namentlich beim Menschen, das ganze ‘Aussehen’ der Wahrnehmungswelt ab: [“D]er Wahrnehmungsstoff erleidet[,] oft blitzartig und äusserst eindringlich[,] eine U m wa n d l u n g , die nicht etwa darin besteht, daß Vorstellungen hinzutreten[”] – [“]es findet eine Organisation[”] (Neu-Organisation) [“]der perzeptiven wie der motor[ischen] Seite des Verhaltens statt[”] ([Koffka, S.] 127) so beim Schi m pansen ([Koffka, S.] 136 f.) [“]was im Anfang den Charakter gleichgültig oder zum Beissen oder sonstwie besass, b e kommt den Charakter: Ding zum Holen der Frucht[”]140 [–] wird “Stock” in [“]der rein funktionellen Bedeutung von [»]Greifwerkzeug[«”] ([S.] 137) das Tier erwirbt die Leistung, Dinge als Greif-Werkzeuge in die Situation einzubeziehen – [“]u[nd] diese Leistung ist nicht auf das Ding beschränkt, an dem sie erworben ist, sondern stellt einen Erwerb [sehr] viel allgemeinerer Natur dar[”] ([S.] 137) die Dinge bekommen einen “Vektor” (Koehler cf. [Koffka, S.] 137)[,] werden te l eologi sch “bedeutsam” (teleolog[ische] Symbolfunktion)141 sie sind “für” etwas –
A B
besonders S. 158 . . . werden (S. 159)] Einfügung gegenüber auf rechtem Rand cf. . . . / (Stumpfs Sohn)] gegenüber auf rechtem Rand
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“Übertragungen” sind [“]sinngemässe Anwendungen eines Struktur-Prinzips[” –] der Ast muss z. B. aus dem Baume “losgesehen” werden, um “als Stock” gesehen zu werden.142 ([S.] 140 f.) Die herkömmliche Psychologie bietet für Erklärung solcher Erschein[ungen] nur 2 Prinzipien, die aber beide unzureichend sind[:] a) Gedächtnis (Assoziations-Mechanismus) b) Auf m erksamkei t A aber was hier als Aufmerksamk[eit] bezeichnet wird (auch von Bühler, 143 [Koffka,] S. 138)144[,] ist nur als “Struktur-Gesetzlichkeit” zu verstehen[.] (Nb. Das Unzureichende des Au fmerksamkeits-Prinzips auch in andern Reg ione n z. B. im Logischen – auch hier kann es den spezifischen Sinn, die spezifische Gerichtetheit nicht ‘erklären’[)] Aufmerken auf einen “Sinn” setzt vielmehr das Bestehen eben dieses Sinnes schon voraus (wie [das] für die ‘Abstraktion’ besonders Huss er l gut gezeigt hat)145 aber auch Raumproblem – auch hier ist die Erklärung durch Aufmerksamkeit eine Zirkelerklärung – zum Raumprobl em vgl. auch Stern[,]146 “Die Eroberung des Raumes”[. B In:] Ps[ychologie] d[er frühen] K[indheit, S.] 80 ff[.]147 man ‘beachtet’ eben nur Strukturen, die man schon ‘hat’ – nicht aber können durch das blosse ‘Beachten’ Strukturen (symbol[ische] Zusammenhänge) e ntste hen!C das blosse ‘Bemerken’ genügt nirgends, um den Struktur-Unterschied zu erklären – wenn z. B. zwei Farben, die vorher als “gleich” bezeichnet wurden, nachher als “ungleich” benannt werden, so ist damit ein neues P haenomen, weil eine neue Struktur gegeben148 ([Koffka, S.] 148 f[.]) so beim SchimpansenD [–] es entsteht eine dem Ziel gegenüber sinnvoll e Feld-Struktur – die Lösung ist nichts anderes als das Zustandekommen einer solchen ([S.] 149) cf. bes[onders S.] 153149 Kritik der Bühler’schen Theorie150 (S. 148 ff[.]) Berufung auf das “Gedächtnis”151 oder die “Aufmerksamkeit” reicht hier nicht aus152 ([Koffka, S.] 153), [(S.] 161) b) Aufmerksa mkei t] gegenüber auf linkem Rand: (Aufmerk sa mkeit ) zum Ra um prob lem . . . 80 ff.] gegenüber auf linkem Rand C ‘Beachten’ . . . entstehen!] gegenüber auf rechtem Rand: Koffk a 2 D so beim Schimpansen] zwischen den Zeilen
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Auch die Klang-Analyse deutet Köhler nicht als einfaches “Bemerken” von Tönen, die vorher ‘unbemerkt’ da waren153 – er erklärt vielmehr das Heraushören so, [“]daß durch die besondere Haltung der Aufmerks[amkeit] künstlich eigene Tonphaenomene erzeugt werden, die normalerweise nicht zustande kommen[”] ([Koffka, S.] 161)
Die Gedächtnis-Gesetze (Associations-Gesetze) nehmen in dieser Auffass[ung] die Form an: [“]sind Phaenomene A B C einmal oder mehrere Male als Glieder einer Struktur dagewesen u[nd] tritt eins von ihnen mit diesem Glied-Charakter versehen wieder auf, so hat es die Tendenz von sich aus die gesamte Struktur mehr oder weniger vollständig zu ergänzen”154 ([Koffka, S.] 176). Qual – Qualle – nun als Sinndetermination155 – Was heisst das vom Standpunkt des Symbolbegriffs – Doch dies, daß wo einmal ein Ganzes sinnmäßig gegliedert u[nd] die einzelnen ‘Glieder’ als Träger, als Symbole, Repraesentanten dieses Ges a m t - S i n n e s erfasst, zu solchen Symbolen g e p rä g t sind, diese Prägung sich auch erhäl t – sie bedeuten jetzt nichts mehr an sich, sondern fungieren, wo sie auch auftreten, wiederkehren mögen als Ausd rücke dieses Gesamtsinnes – sie sind nicht einfach da, sondern bedeuten etwas – Das Gesetz der “Vorstellungsassociation” muss also ersetzt werden durch das Gesetz der “Erhaltung der Bedeutung”156 – das gewissermaßen als Korrelat zu dem physischen Gesetz der “Erhaltung der Kraft” gefasst werden kann u[nd] dasA den geistigen ›Kosmos‹ erst ermöglicht, so wie dieses das physische Universum, – was einmal ins (ideale) Sein der ‘Bedeutung’ eingetreten ist, das verharrt in diesem Sein[,] behält seine ‘Prägung’, ‘Fixierung’. Die einmal vollzogenen Gliederungen fixieren sich (z. B. im Sprachlaut; aber auch sonst in jedem beliebigen ‘Zeichen’) [–] ohne dieses Gesetz wäre keine Ko n t i n u i t ä t der geistigen Leistung, kein “Aufbau”, keine Anknüpfung der späteren Gliederung an die frühere möglich – Das Wunderbare ist also gar nicht die positive Seite der “Erhaltung im Symbol” – denn diese ist ja geradezu ko n st i t u t i v für das Leben des Geistes – das Wunder ist vielmehr das Phaenomen des “Vergessens”, des Zurücksinkens aus dem Sein der Bedeutungen ins Nicht-Sein ( id eelles NichtA
das] daß
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Sein, das einem blossen D a - S e i n im physisch-psychischen Sinn der Empfindung entspricht) – dies Vergessen liegt an der Unvollkommenheit der Symbolbildung u[nd] verschwindet in dem Maße ihrer Vervollkommnung – (Durchstrukturierung nach den entscheidenden Gesichtspunkten) Auch Diskussion des Begriffs der Ähnlichkeits-Association führt auf das Gleiche – denn es kommt eben alles darauf an, in welcher ‘Hinsicht’ die Ähnlichkeit erfasst wird – diese ‘Hinsicht’ entsteht aber nicht durch blosse Association, sondern durch “strukturale Gliederung” cf. zur Ähnlichk[eits-]Assoc[iation]157 Koffka [S.] 177 St e r n , Ps[ychologie] d[er frühen] Kindh[eit, S.] 71[,] betont gleichfalls, daß am Anfang der psych[ischen] Entwicklung z. B. beim Säugling nicht das Problem der A ssozi ation, sondern der Diss oziation oder Abhebun g steht / u[nd] daß diese ‘Abhebung’ immer eine eigene Richtung der T ä t i g ke i t des Ich voraussetze[,] die sich zunächst in rein körperlichen Einstellungsbewegungen äussere158 ([S.] 71 ff[.], 75)A Was man “Association” nennt, heisst nur Eingehen einer ›Sinnverbindung‹ (Determination) u[nd] zwar derart, daß gleichzeitig ein bestimmtes Glied des Gesamtkomplexes zum Träger dieses Sinnes bestimmt wird – di es e Leistung[,] und nicht die blosse Häufigkeit der ‘Wiederholung’[,] stiftet den Zusammenhang – sobald sie einmal, sei es auch nur in einem ei nz igen Falle[,] gestiftet ist, ist die ›Verbindung‹ fest u[nd] dauernd – so vor allem beim ›Wort‹ – bei der Bezeichnung eines Inhalts durch ein Wort – es ist hier keineswegs so, daß hier einem Sinnesinhalt zu seinen 1000 sonstigen E i n z e l qualitäten[,] die er besitzt, seinen optischen, taktilen, akustischen Qualitäten noch eine weitere ‘Eigenschaft’ von aussen als konventionelle Maske angehängt wird – denn was wäre damit für seine leichtere Erfassbarkeit gewonnen – der Inhalt hätte jetzt statt 1000 Eigenschaften deren 1001 – würde aber dad urch keineswegs besser “reproduzibel” sein – sondern das Wort ist der Ausdruck der geistigen Tat der Gliederung (Strukturierung)[,] die, ei nm al vollzogen, beharrt – nicht wieder (oder nicht le icht wieder) verloren geht [–] das ‘Auflösen der Struktur’, der Zurückfall in die disjecta membra159, wird durch das Wo r t als sinnlicher Trä g e r der Struktur verhindert oder hintangehalten –B A B
Ste rn, Psychologie . . . (S. 71 ff., 75)] Ergänzung gegenüber auf linkem Rand sinnlicher Träger . . . hintangehalten –] gegenüber auf rechtem Rand: Koffka 3
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das Wort fungiert als ›Merkmal‹, eben weil es der geistigen Aktivität, nicht dem blossen D a-Sein angehört, – was beiA den sonstigen “Qualitäten” nicht der Fall ist – es ist “potentielle geistige Energie” – Bindung der geistigen Aktivität im sinnlichen “Zeichen”. Nur wo b e i d e s zusammentrifft, ist die Bedingung für die “Erhaltung der Struktur” im idealen Sinne geleistet – Nehme ich die Qualität als solche, so gehört sie freilich immer schon irgend einer Struktur an – aber sie steht als solche in ganz verschiedenen Strukturen – eine Farbe kann z. B. nach ihrer Helligkeit oder ihrem FarbTon, ein Ton nach seiner Intensität oder Qualität “betrachtet”, in ganz verschiedene Ähnlichkeitskreise eingereiht werden – insofern ist hier die ›Symbolisierung‹ noch sehr vieldeutig – das selbstgeschaffene, der geistigen Aktivität entstammende Symbol aber ve re ng t diese Möglichkeiten, schreibt eine bestimmte Richtung der Bedeutsamkeit vor. – (so insbesondere das ›Wort‹ – / aber auch das künstlerische Gebilde, das die einmal gewonnene “Anschauung”, die sich sonst wieder verflüchtigen würde, fest hä lt[,] sie vor dem Versinken in den undifferenzierten Bewusstseinsstrom rett et –[)] An sich stehen alle im Bewusstsein einmal entstandenen Gliederungen in der Gefahr dieses Versinkens in den undifferenzierten Bewusstseinsstrom – u[nd] hieran trägt gerade die ‘Assoziation’, die Möglichkeit des Stehens in “allen möglichen” Strukturzusammenhängen die Schuld – das Symbol (als Ergebnis der Ausdrucksfunktion: das mythische Bild, das Wort, die künstlerische Gestalt), “bindet” diese blosse ‘Möglichkeit’[,] aktualisiert sie – (So z. B. der Farb-Name – er ist Ausdruck einer bestimmten kategoriale n Auff assu ng der Farbwelt – u[nd] vice versa geht er verloren, so schwindet diese kategoriale Auffassung – die “Strukturierung” kann sich nicht bilden – u[nd] wenn gebildet, nicht e rhal ten, weil sie immer wieder in dieB Richtung der unmittelbar konkreten Auffassung (der blossen Empfind[ung] oder Wahrnehm[ung]) ab gedrängt wird[)] – vgl. den ›verboperzeptiven‹ Einfluss des Farb-Namens 160
A B
bei] über der Zeile die] der
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[Koffka, S.] 198: [“D]ie Auffassung wird nicht lediglich durch die Sinnesempfind[ung] bestimmt – das Wi ssen um den Namen der Farbe macht sich u. U. stärker geltend als die sensorische Komponente.[”] Arbeit von Pe te rs 161 [belegt “]Beeinfluss[ung] der Auffassung u[nd] des Vergleichs der Farben durch die Farben-Namen[”162 (S. 197), Arbeit in:] Fortschr[itte] der Psychol[ogie,] 3, (1915)A Nichts ist daher falscher als in der Gewinnung des Farb-Namens eine bloße “Assoziation mehr” (eine Hülfe des Gedächtnisses) zu sehen[,] vielmehr wird durch das Symbol die Fülle der möglichen Assoziationen nicht ver me hrt, sondern sie wird beschränk t – es wird eine Bestimmtheit, D e t e r m i n a t i o n gegenüber der bunten Fülle “gestaltvermischenden Möglichkeiten” geschaffen – ein Zwang (vielmehr immanente geistige Notwendigkeit) zur Struktur gerade in diese m Sinne u[nd] in keinem andern – Das Wort ist “Merkmal” – in diesem Sinne dieB Determination des ›Bemerkens‹ gerade in einer bestimmten ‘Richtung’[,] so wie das Kunstwerk die einmal erworbene Struktur festhält – hierauf kommt alles an: nicht die “Häufigkeit der Wiederholung” ermöglicht die immer bessere “Erfassung” (Gliederung, Strukturierung) (ausser bei reinen ›Automatismen‹)[,] sondern das echte ‘Gedächtnis’ hat seine Grundlage eben in der Art der Erfassung 〈“Durchstrukturierung”[,] Gestaltung〉[,] die aber nur wirksam wird, wenn sie sinnlich g ebu nd en wird. 〈Bindung der Aktivität im ‘Zeichen’ – der Bedeutung, die sich gewissermassen in ein Dasein wa ndelt, um das ‘Dasein’ zu sich, zur Bedeutung emporzuheben – des L o g o s , der “Fleisch” wird – / damit die Welt des Fleisches zum Logos wird[.]〉 Die ‘Association’ giebt “Zerstreuung” (Auflösung der Gestalt)[,] das Symbol giebt Bindung, Determination, Erhaltung der Gestalt – aber sie kann sich nur erhalten, indem sie Fleisch (sinnlicher Ausdruck) wird.
‘Gedächtnis’163 besteht nach Koffka ([S.] 178) darin, daß[,] wenn einmal unter bestimmten äusseren Bedingungen eine neue Struktur ent standen vgl. den ›verboperzeptiven‹ . . . 3, (1915)] Ergänzung gegenüber auf linkem Rand B die] evtl. der A
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ist, diese Leistung dem Organismus irgendwie erhalten bleibe. “Die Struktur wird sich bei Wiederholung der äusseren Umstände viel leichter u[nd] schneller einstellen, als das erste Mal” etc. Aber das ist zu wenig gesagt – die Struktur bleibt erst dann im vollen, im eigentlichen Sinne erhalten, wo sie sich einen symbolischen Ausdruck geschaffen hat – wo sie also nicht einfach ›entstanden‹, sondern geistig › gestift et‹ ist (in irgend einer Ausdrucksfunktion – dem Namen, der myth[ischen] Gestalt, dem Kunstwerk) vgl. Ste rn, Ps[ychologie] d[er frühen] Kindh[eit, S.] 75 A alle Gestalt beruht auf Gestaltung164 s[iehe] Blatt 43–4!165 Alles e chte ‘Gedächtnis’ beruht auf solcher M onumentalisieru ng, Errichtung eines Symbols, (als monumentum aere perennius)166
Analoges beim Ra um relative Unabhängigkeit der “scheinbaren Grösse” von der wirklichen Grösse des Netzhautbildes167 ([Koffka, S.] 204 ff[.]) die Helmholtz’sche Erklär[ung] aus der Erfahr[ung] – d. i. der Verknüpf[ung] von Empfind[ungen] mit Vorstell[ungen] u[nd] Urteilen genügt hier gleichfalls nicht[.]168 Man kann hier das zuvor aufgestellte Prinzip noch erweitern169 –B man sieht: die symbol[ische] Durchformung des perzeptiven Inhalts braucht keineswegs immer darin [zu] bestehen, daß ein eigener ab lös barer Inhalt geschaffen wird (wie der Name, das Wort, das Kunstwerk) – sondern daß “gegebene” Perzeptionen, die zuvor einfach da waren, zu ‘Bedeutungsträgern’ gemacht werden – Auch hierin bekundet sich die ‘Energie’ der symbolischen Funktion, die mit der blossen Urteilsfunktion, dem “unbewussten Schliessen” nicht zusammenfällt – wir “sehen” vielmehr in der Wahrnehmung etwas anderes, je nachdem sie uns etwas anderes (diesen oder jenen ‘Gegenstand’) bedeutet[.] Im Bewusstsein werden beide Energien[,] die Aktivität erst er u[nd] zweiter Stufe, zunächst keineswegs deutlich geschieden: der ‘Name’ z. B. wird selbst als ‘Eigenschaft’ behandelt: er springt in die “Ding”-Struktur hinein170 (Koffka[, S.] 232)[.]C
A B C
vgl. Stern, . . . siehe Blatt 43–4!] gegenüber auf linkem Rand Man kann . . . erweitern –] Ergänzung gegenüber auf rechtem Rand: Kof fk a 4 Im Bewusstsein . . . (Koffka, S. 232).] gegenüber auf rechtem Rand
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Daher deuten wir ganz verschiedene Netzhautbilder auf einen Gegenstand – sie ‘bedeuten’ uns denselben Gegenstand [–] (Nach Köhlers Versuchen hat schon ein 4-jähr[iger] Schimpanse [“]in einem gewissen Abstands-Bereich diese Konstanz der scheinbaren Größe[”] – was die [“]übl[ichen] Erfahrungs-Hypothesen [doch] sehr unwahrscheinl[ich”] macht [–] Koffka[, S.] 205) wie Farben- und Grössen[-]Konstanz, giebt es auch eine Gestalt-Konstanz ([Koffka, S.] 211)[,] in der B ü h l e r ein Analogon zu unseren Begriffen sieht171 – wir sehen in allen Verschiebungen, Verzerrungen, Verkürzungen, die Gestalten immer als dieselben[,] als ‘orthogonal’[.] “Es giebt schlechthin bevorzugte Gestalten: u[nd] das sind solche, die auch geometrisch einfach, auch physikalisch ausgezeichnet sind”.172 ([Koffka, S.] 212) Zur ‘Grössenkonstanz’ etc. s[iehe] auch Stern, Ps[ychologie] d[er] fr[üA hen] K[indheit, S.] 88 f[.]173 Da haben wir wieder den gleichen Vorgang der ‘Konzentration’: die bunte Fülle der perspektivischen u[nd] sonstigen ‘Ansichten’ wird auf wenige bevorzugte Fälle z u s a m m e n g e z o g e n – an ihnen ‘orientiert’, in ihnen monumenta li si ert 〈›Verdichtung‹ findet statt, nicht nur in selbstgeschaffenen Symbolen, sondern auch in perzeptiv- g e g e b e n e n Inhalten – Krystallisation um bestimmte Krystallisationspunkt e – (Gestalten) nur so entsteht überhaupt räumliche Wahrnehmung〉 Was man ‘Erinnerung’, ‘Gedächtnis’ nennt, ist immer nur die inverse Operation zu diesem vora usg ega ng enen Akt der ‘Verdichtung’ – wo s i e eingetreten ist, da genügt das Auftreten des ‘Teilinhalts’, um das G a n z e [,] aus dem er durch Verdichtung herausgehoben war, wieder bewusst, lebendig zu machen – hat aber diese Verdichtung als geistiger U ra k t nicht stattgefunden, so kann auch die blosse Wiederhol[ung] nichts leisten.B [“]Farb-[,] Grössen[-] u[nd] Gestalt-Konstanz[”] für alle drei ist [“]eine Erklär[ung] durch individuelle Erfahr[ung”] in dem Sinne abzulehnen, daß es ganz bestimmte Beinfluss[ungen] der Perzept[ion] durch das Urtei l sein können174 ([Koffka, S.] 212)
A B
Zur ‘Grössenkonstanz’ . . . S. 88 f.] gegenüber auf linkem Rand Was man . . . leisten.] Ergänzung gegenüber auf linkem Rand
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Die [“] St r u k t u r f u n k t i o n des Erwachsenen[”], die sich hierbei herausbildet, ist vielmehr [“]in ihrer phaenomenalen Seite ein vollgültiges Wahrnehmu ng s-Erlebnis[”] ([S.] 212)[,] [ist] vielmehr ein Symbol-Erlebnis, ein Ac c e n t u i e re n der Wahrnehmung, [eine] Setzung von dynamischen Accenten, sodaß das so Accentuierte für das Ganze (für den einheitlichen Gegensta nd ) steht[.] Das Symbol u[nd] die symbol[ische] F[orm] / als Bedingung der Einheit des Bewusstsei ns / u[nd] der Einheit des Gegenstands [–] Schaffung von “Kategorien in der Wahrn[ehmung]” ([S.] 213)[.]175 Wir haben hier ganz denselben Prozess – die Schaffung von Sinn-Kon stanten (Grössen-Konstanz, Farben-Konstanz, Gestalt-Konstanz)[,] auf die der Fluss der Wahrnehm[ung] bezogen wird, um die er gruppiert wird – es liegt hierin [eine] Leistung der symbolischen Aktivität, die aber nicht mit der Urteils-Aktivität verwechselt werden darf – denn hier ist wieder der Logos in ganz anderm Sinne unmittelbar “Fleisch geworden” (s[iehe] ob[en]!)A So lässt sich der Satz verstehen (Koffka[, S.] 214)[,] daß wir bei der D ing struktu r das Gebiet der Wahrnehmung nicht zu verlassen brauchen176 [–] ersteB Ordnungs-Struktur [ist] die Di ngst ruktur 177 ([S.] 215) C später: Kausalstruktur ([Koffka, S.] 247, Beispiele)178
Daß selbst auf den primitivsten Stufen der ‘Wahrnehmung’ die Zusammenfassung zu einer einheitlichen ‘Gestalt’, die Entstehung von Gestalten auf einer Mitwirkung der A kt ivität beruht[,] wird richtig hervorgehoben auch von Stern, Psychol[ogie] d[er] frühen Kind[heit, S.] 75[.]179 Wir dürfen nach ihm überhaupt nicht von den ‘Gestalten’ als bloss zuständlichen Gegebenheiten des Bewusstseins reden, sondern von lauter Ge stal tungen[,] in welche neben den sinnl[ichen] Momenten der Farben-, Geräusche[-] und Tasteindrücke auch die Eigenaktivität der Körpereinstellung u[nd] Aufmerksamkeitsspannung mit eingeht (So ist in die ‘Wahrnehmung’ der Klapper die rhythm[ische] Eigenbewegung des Schüttelns u[nd] der Akt des gespannten Horchens von vornherein mit (siehe oben!)] gemeint ist Ms.-S. 25r, vorliegender Text S. 41 f.: 〈Bindung der Aktivität im ‘Zeichen’ – der Bedeutung, die sich gewissermassen in ein Dasein wandelt, um das ‘Dasein’ zu sich, zur Bedeutung emporzuheben – / des Logos, der “Fleisch” wird – / damit die Welt des Fleisches zum Logos wird[.]〉 B erste] danach gestrichen: DingC später: . . . (S. 247, Beispiele)] in dunklerer Tinte hinzugesetzt A
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eingeschlossen). Hier zeigt sich auf der untersten Stufe der Gestaltbildung (Symbolbildung)[,] was dann in den höheren geistigen Formen des Symbols (Sprache, Mythos) evident wird; – aber auch dort oft verkannt wurde, indem man z. B. das Wort als blosses “Zeichen” statt als Eigenaktivität des “Bezeichnens” nahm – Schon in den ganz primitiven ‘Gestalten’ des wahrnehmenden Bewusstseins steckt eben die in ihnen gewissermaßen investierte geistige “Energie” (die sich hier in dem Eingehen bestimmter motorischer “ Te n d e n z e n ” in das Ganze der Gestalt bekundet)[.]
P sycho log ie (Aktpsychol ogie)A Zur Bezieh[ung] von “Gegenstand” und “Akt” in der “AussenwahrnehB mung” vgl. bes[onders] die Darstell[ung] von Lincke, 180 Grundfr[agen] der Wahrnehmungsl[ehre,] S. 152 ff.181 Jeder b e s o n d e re n Gegenstandswahrnehm[ung] entspricht auch eine Besonderheit des erfassenden Aktes – der Akt hat keineswegs bloss die Bedeut[ung] eines rein formalen Erfassens (eines blossen “Bewusstwerdens von”, ohne daß qualitative Unt e rs ch i e d e in diesem Bewusstwerden bestünden)[,] er ist nicht bloss eine Art Zange, sondern hat als Vermittler des Gegenstandes auch eine inhaltliche Seite:182 Dies suchtC L[inke] insbesondere gegen Einwände Oesterreichs (Phaenom[enologie] des Ich, S. 126 ff.)183 [deutlich zu machen]184 – Der Bewusstseinszustand, in welchem ich das Blau erfasse, ist als Ganzes ein anderer, als in dem ich das Rot erfasse – der sogen[annte] “Inhalt” ist der Aktstoff der Wahrnehmung[,] am Akt sind Sto ff u[nd] Form zu unterscheiden[.] Ein Akt kann die intention[ale] Bezieh[ung] bald auf ein Blau, ein Grün, bald auf einen Würfel, bald auf eine Kugel etc. haben: das ist der Aktstoff – oder dies alles kann bald wahrgenommen, bald vorgestellt werden – dies die A ktform [–] oder er kann diesem oder jenem Ich zugehören – [“]jeder Akt ist also in drei Dimensionen variabel[”]185 ([Linke, S.] 159) ( Aktpsychologie)] gegenüber auf rechtem Rand: Pra esen ta t[ ion ] u[ n d] Repra esent[ a tion] B Lincke ,] schreibt sich selbst Linke C sucht] unsichere Lesung
A
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Daneben ist dann am Aktstoff (oder an der “Aktmasse”) selbst wieder ein formales (Gestalt-Moment) u[nd] ein inhaltliches (“hyletisches”[)] Moment zu unterscheiden – was unserm Unterschied von ‘Stoff’ u[nd] (kategorialer) ‘Form’ entspricht – d iese r Unterschied gut entwickelt / [Linke,] S. 166 186 Gestaltcharaktere (unsereA kategorialen Momente) / räuml[iche] Gestalt, zeitliche Dauer etc. einersei ts[,] andererseits Inhalte wie blau süss [–] d iese m Unterschied muss auch etwas am “Aktstoff” entsprechen: die ›Empfindungen‹ sind “materiale Bestandteile des Aktstoffes” (cf. S. 167) – vgl. auch [S.] 220 f[.]187 – die aber nur mi t der Gestalt, mit den formalen Momenten zugleich g e g e b e n sein können, als b e s o n d e re r Zustand also gar nicht aufweisbar sind[.]B Die Te rmi nologi e L[inke]’s ist hier also recht unglücklich! [I]m St off des Aktes giebt es ein Widerspiel sowohl des materialen wie des formale n Moments188 / S. 167 C ›Materiale u[nd] formale Momente der intentionalen Aussengegenstände u[nd] ihr Koppelungsbestand im ‘Aktstoff’‹189 s[iehe Linke,] S. 165 ff[.] dies ist ganz Kantisch – “Empfindung” ist dasjenige, was der “Materie” an dem erscheinenden “Gegenstand” – am “Aussengegenstand” als intentionalem Gegenst[and] in Linckes Sinne – “entspricht”190 [–] Raum, Zeit, Zahl als “Form”[,] / der “Inhalt” als MaterieD [–]
Psychol og ie (Empfindung u[nd] “symbol[ische] Funktion”)E Zu Cornelius[’] Annahme der nicht-intentionalen Wahrnehmung, als eines Unmittelbar-Gegebenen, Praesenten ohne alle Repraesentation191 unsere] Lesung unsicher diesem Unterschied . . . aufweisbar sind.] gegenüber am linken Rand, Einschubort ist markiert C Im Stoff . . . Moments / S. 167] im Anschluß an unglücklich zwischen den Zeilen hinzugefügt D dies . . . Materie] waagerechte Linie vor dies verbindet diese Bemerkung evtl. mit der Ergänzung auf linkem Rand auf Höhe von: etwas am “Aktstoff” entsprechen; vgl. edit.-philolog. Anm. B E Funktion”)] gegenüber auf rechtem Rand: Praesentat[ion] u[nd] Repraesent[ation]
A
B
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s[iehe] auch die krit[ischen] Bemerk[ungen] von Lincke, Grundfr[agen] der Wahrnehmungslehre, S. 65 f.192 C[ornelius] erkenntA die Intentionalität nur für die E rinneru ng an ([Linke, S.] 65) u[nd] es entgeht ihm das Gesetz der “Schichtenunabhängigkeit”193 [–] es muss aber auch der Wahrnehmung eine “intentionale Funktion” (in B unserm Sinne eine “symbol[ische] Funktion”) zugewiesen werden194 diese Intentionalität ist, wie Lincke betont, streng von jeder “interpretierenden Auffassung” zu scheiden. Verkennung des “intentionalen Charakters der Wahrnehm[ung]” bei Cornelius195 ([Linke,] S. 73)
Gr undbeispie l: P haeno menologie des Raumbewusstseins a) Das Problem Visual la ng uag e ! schon bei Berkeley gestellt196 – Berkeleys u[nd] Helmholtz’ Lösung des Raumproblems – α) Mangel der Berkeley’schen Lösung – Die blosse A s s o c i a t i o n (‘Suggestion’) der Eindrücke reicht zur Herstellung ihres spezifischen ›Sinnes‹ (Raum-Bew usstsein, Raum-Ordnun g ) nicht aus197 (cf. früher)198
β) Helmholtz[’] Theorie, die gleichfalls empiristisch gemeint ist, s i e h t diesen Einwand – er suchtC ihm zu begegnen durch den Begriff der “unbewussten Schlüsse”[.]199 Hier also ein log ischer Terminus eingeführt – der aber doch in einer eigentüml[ichen] Mittelstellung verharrt – (unbewusst – Schluß !) es bedarf aber hier keines reflexiven Schlußverfahrens – sondern der Gehalt ‘liegt’ irgendwie in der sinnlichen ‘Materie’ – Von hier aus wird Helmholtz auf die grundlegende Bedeutung des Begriffs des Ze iche ns aufmerksam200 – wie vorher schon Ber keley !201
A B C
erkennt] danach gestrichen: das Gesetz Funktion”) zugewiesen werden] Funktion” zugewiesen werden) er sucht] ersucht
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D arste ll ung u[nd] Krit ik d er Helmholtz’s chen Ze ichentheorie (insbesondere nach der Physiolog[ischen] Optik)202 [Der] Grundfehler [ist], daß Helmholtz das Zeichen p s ych o l o g i s ch statt phaenomenol og isch nimmt – u[nd] eben damit: transscendent statt immanent – Es weist von der an sich allein gegebenen Erlebnis-Ebene (der Sphaere der ‘blossen’ Empfindung oder Vorstellung) auf etwas anderes – (ein Reich ‘transscendenter’ Gegenstände) [–] hin, erreicht aber dieses Reich nicht, bleibt ihm gegenüber ‘blosses’ Zeichen. – Für un sere Auffassung liegt das Verhältnis umgekehrt – alle Wahrnehmungsbestimmtheit ist zugleich sinnlicher u[nd] symbolischer Natur – aber das Symbolische weist nicht auf ein Reich jenseits aller möglichen Wahrnehmung, sondern hat den Zusammenhang der Wahrnehmungswelt selbst zum Ziel, drückt diesen Zusammenhang immer vollständiger aus – 〈Zum falschen ‘Phaenomenalismus’ des Zeichen[-]Begriffs s[iehe] auch die Logik von B[enno] Erdmann,203 die hierin Helmholtz (Zeichen als blosses Zeichen) folgt.〉
γ) Die Theorie der ‘Lokalzeichen’204 und die moderne (psycholog[ische]) Auffass[ung] des Raumproblems. L itte ratur s[iehe] Psychol[ogisches] Sem[inar]A ([Heinz] Werner,205 [WilB helm] Peter[s])206
Zum Begriffl[ichen] noch Auseinandersetz[ung] mit Hegels D ialektik d er sinnli chen Gewi sshei t – auch sie ist begründet darin, daß die ‘Wahrnehmungswelt’ als solche nichts Statisches, sondern ein Dynamisches ist – daß ihr blosses Sein 〈n u r Sinnliches〉 sich auflöst in Sinn h a f t e s , in ideelle Bedeutung – daß diese Mittelbarkeit über das bloss Unmittelbare Herr wird – Ausf[ühren]! am B ei spi el der Hegelschen Phaenomenologie207
A B
Seminar] Lesung unsicher Litteratur . . . (Werner, Peters)] restliche drei Viertel der Seite leer
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Allg[emeines] Resultat, daß vom Standpunkt der Philos[ophie] der symbol[ischen] Formen sich Sinnl i ches und Sinnhaft es gar nicht scheiden lässt [–] (Die Scheidung liegt, wo sie vorgenommen wird, letzten Endes begründet in der falschen m e t a p hys i s ch e n Trennung von ‘Seele’ und ‘Körper’ (vgl. erstes Capitel: Seele u[nd] Leib!!)208 so schon bei Platon – Wir kennen hier keinen χωρισμός alles Sinnliche ist sinnhaft alles Sinnhafte ist sinnlich.A
Sym bo lwe rt der si nnl [ichen] Wahrn[ehmung] (Allg[emeines]) Zur ‘Worthaftigkeit’ a l l e s Denkens – Repraesentanz des Bedeutungsmäss[igen] in einem sinnlichen Zeichen – vgl. bes[onders] Z[e]tt[el]: D enken, Denkpsychologie B als notwendig gesetzt mit dem doppelten Z e i t b e z u g des Psychischen – Repraesentation des a l l g e m e i n Bedeutungsmäßigen in einem besonderen Zeitpunkt des Erlebens u[nd] der Erlebensreihe [–] vgl. h[ie]rz[u] bes[onders] auch die Bemerk[ungen] bei H o e n i g s wa l d , [Grundlagen der] Denkpsychologie S. 23 f: (der Gedanke ‘ist’ nur in seinem sprachl[ichen] Symbol)209 [S.] 31: [“]Im Verhältn[is] von Wort u[nd] Sinn spiegelt sich gleichsam die psychische Grundfunktion zeitlich-zeitloser Bestimmtheit[”] 〈vgl. bes[onders] Z[e]tt[el]: Denken / u[nd] Zeit C〉 Möglichkeit des Ausdrucks ergiebt sich erst dadurch[, “]daß der zeitindifferente ›Sinn‹ in der Zeit ›erlebt‹[,] auf Vorgänge in der Zeit “abgebildet” wird[”]210 ([S.] 87)
alles Sinnliche ist sinnhaft / alles Sinnhafte ist sinnlich.] beide Zeilen durch eine geschweifte Klammer } umfaßt, danach Ms.-S. 38v, 39r / v und 40r / v leer B vgl. besonders Zettel: Denken, Denkpsychol og ie] gegenüber auf rechtem Rand; meint offensichtlich einige Zettel im Konvolut Denkpsychologie, Box 23, Folder 427, z. B. Bl. 8, Bl. 24–25, Bl. 27 C vgl. . . . Zettel: Denken / und Zeit] meint offenbar Zettel aus dem Konvolut Denkpsychologie, Box 23, Folder 426, Bl. 10, 12–14, 16, 18, 20, 28, und aus dem Konvolut Zeitproblem, Box 23, Folder 426, Bl. 24, 25, 27 A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Ausdruck daher niemals bloss “zufälliges” Anhängsel des ›Sinnes‹211 ([S.] 87) cf. Klei st “Die Sprache ist keine Fessel etwa wie ein Hemmschuh am Rade des Geistes, sondern wie ein zweites mit ihm parallel laufendes Rad an seiner Achse”212 ([S.] 87) cf. [S.] 204 Die Frage: wie kommt das ‘Wort’ zu dem ‘Gedanken’ kann daher in diesem Sinne gar nicht gestellt werden – das Wort ‘ist’ bei dem Gedanken wie der Gedanke bei dem Wort ‘ist’213 ([S.] 204)[.]A
A
Wort ‘ist’ (S. 204).] restliche ¾ der Seite leer
PRAEGNANZ, SYMBOLISCHE IDEATION
Sym bo lw[e rt] d[er] si nnl [ichen] Wahrneh m[ung] – “Prae g nanz ”A Wir führen, um den Symbolwert der sinnl[ichen] Wahrn[ehmung] zu bezeichnen[,] den Terminus der ›Praegnanz‹ ein. Eine Wahrnehmung ist praegnant – nicht schlechthin durch ihre “Qualitäten”, sondern durch den Bedeutungsgehalt, den sie in sich schliesst. Es kommt ihr neben ihrem unmittelbaren ›Inhalt‹ eine bestimmte ›Funktion‹ zu, einen ›Sinnkomplex‹ als Ganzes darzustellen, zu symbolisieren, dem Bewusstsein unmittelbar als solchen gegenwärtig zu machen. Praesentation u[nd] Repraesentation – Die Praesentation giebt die unmittelbar gegenwärtige Erscheinung – aber diese unmittelbare Gegenwart hat ausserdem die Funktion, Nicht-Gegebenes zu repraesentieren, zu vergegenwärtigen. Dabei sind streng die einzelnen besonderen Richtungen der Praegnanz zu berücksichtigen und zu unterscheiden. Die tradit[ionelle] Psychologie hat das bisher in keiner irgend genügender Schärfe gethan. Sie kennt die ‘Praegnanz’ im Grunde nur in e iner Dimension – in der Dimension der Zeit. Daß die Gegenwart die Vergangenheit noch irgendwie enthält u[nd] daß sie auf die Zukunft in irgend einem Sinne vorausweist – das drängt sich auch der unmittelbaren Betrachtung des Zeitbewusstseins u[nd] des Zeitphaenomens überhaupt auf. Aber abgesehen davon, daß man dies ›Enthaltensein‹ in seiner sym bolischen Bedeutung auf irgendwelche rea len Verhältnisse zurückzuführen sucht (Gedächtnis als irgendwelches Zurückbleiben von Gedächtnis-Bildern, von optischen, akustischen Residuen – oder auch von physiolog[ischen] Gedächtniss pure n)[,] so liegt hier der Mangel vor, daß man fälschlich alle mannigfachen Formen der ›Praegnanz‹ auf die eine Funktion der zeitlichen Praegnanz, auf die Funktion des ›Gedächtnisses‹, der Mneme zurückzuführen sucht. Eine unmittelbar gegebene ›Perzeption‹ wird nach dieser Anschauung ›praegnant‹, bedeutsam, sofern sie gleichsam gesättigt ist mit Gedächtnisbildern früherer Wahrnehmungen. Aber diese Sättigung würde nur eine stoff liche Vermehrung ihres Inhalts bedeuten, würde nur heissen, daß sie neben den unmittelbar gegenwärtigen Eindrücken noch andere, verA
“ Prae gnanz”] doppelt unterstrichen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
gangene in sich enthält. Aber die Form, die Funktion der Praegnanz wird durch eine solche Vermehrung des blossen Inhalts nicht erklärt. Die “Ge genwart” eines verga ng enen Inhalts (als sein noch-Vorhanden-sein in der Art einer “Spur” etc[.]) b e d e u t e t n o ch ke i n e s we g s s e i n e Ve r g e g e n wä r t i g u n g A: diese, die symbol[ische] Fu n kti on , bleibt ein Phaenomen sui generis. – Jede ›Praegnanz‹ setzt immer eine bestimmte Richtung voraus – eine spe z ifi sche Rel ation, innerhalb deren sie sich bewegt. Diese M ann i g f a l t i g ke i t d e r s p e z i f i s ch e n Re l a t i o n e n gilt es zu erkennen und festzuhalten, – während die gewöhnl[iche] Psychologie sie alle in blosse Und-Verbindungen (Associationen) auflöst. Zu jeder ›Praegnanz‹ gehört aber ein bestimmter sie charakterisierender Rela tions-I nd ex. B Der praegnante Inhalt vertritt als Reihenglied das Reihen-Ganze, hat die Kraft[,] dieses Ganze zu vergegenwärtigen. Aber die Art dieser Vergegenwärtigung hängt von dem spez ifischen Ges etz der Reihe ab. Es ist etwas völlig anderes, ob mir ein einzelnes optisches Bild die räum l[iche] Gesamtansicht eines Gegenstandes (etwa eines Hauses) vermittelt – ob mir eine einzelne Phase, ein momentaner Querschnitt, die Anschauung der Beweg ung eines Körpers (im physischen Sinne) vermittelt – oder ob ich etwa in einem Einzelton ein Ganzes von Ton s ch r i t t e n unmittelbar mit“höre” – ob ich in ihm das charakteristische “Ganze” ›Melodie‹ erlebe und als aesthet ische Sinneinheit erfasse. – Vom Standpunkt der Gestaltpsychologie u[nd] des Begriffs der ›Gestaltqualität‹ lässt sich dies so ausdrücken, daß jeder besonderen Art von Gestalt und Gestaltung auch je eine besondere Weise der ›Praegnanz‹ entspricht – es giebt räumliche u[nd] zeitliche Praegnanz[,] theoretische u[nd] aesthetische Praegnanz – Ja wir müssten von unserm Standpunkt aus hier noch weiter gehen u[nd] sagen: die spezifische Besonderung der ›Praegnanz‹ begründet und ermöglicht erst die spezifische Verschiedenheit der “Gestalten” – alle Vergegenwärtigung ist immer Vergegenwärtigung in einem bestimmten “Sinne”, in einer spezifischen Richtung des Au f b a u s (räuml[iche] Gliederung, rhythmische Gliederung[,] kausale Gliederung etc[.]) und in jedem solchen Aufbau entsteht je eine besondere Art von ›Gestalt‹, nicht als Sum me von Tei len, sondern als I nt egral der praegnanten ›Momente‹[.] Nennen wir die verschiedenen Relationen, die Formen des “Zusammenhangs” psychischer ›Reihen‹ (Reihe der ›Bewegung‹, Reihe der räumlichen A B
Ve rgegenwärti gung] doppelt unterstrichen Re la tio ns-Ind ex .] daneben in Bleistift am rechten Rand: Vektor
Praegnanz, symbolische Ideation
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›Gestaltung‹ (“Synthesis” der verschiedenen räumlichen “Ansichten” (Perspektiven) zu einer Total-Ansicht[)], Reihe der ›Melodie‹, aesthetisch-zeitliche Reihung) R1 R2 R3, so lässt sich die ›Praegnanz‹ als das Differential dr1 dr2 dr3 bezeichnen – dieser ihr ›Index‹ aber gehört notwendig dazu, ihr Wesen, ihren spezifischen Sinn zu bezeichnen. (Zum “Verlust” der Praegnanz vgl. Psychopathologie!)214
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
[‘Sinnpraegnanz’ als] UrphaenomenA – τὸ ϕαίνεσδα.B 1) Funktion und Inhal t –C wir kennen beide nicht isoliert, sondern wir kennen den Inhalt immer nur i n einer Bedeutungsfunktion – beides lässt sich nur abstraktiv herauslösen[.] ‘Hyletische’ u[nd] ‘noetische’ Elemente zur Darst[ellung]: cf. Z[e]tt[el]: [Wilhelm] Schapp215 Husserl (Ideen bes[onders]!)216 → Ref[erat] Binsw[anger]217 s[iehe] Z[e]tt[el]!218 zur Kritik cf. a[uf] Z[e]tt[el] Lincke219 Neuere Psychol[ogie]: cf. [Heinz] Wer ner Ablösung nicht mögl[ich] – aber Inhalt kann in verschiedenen Funktionen stehen etc.D 2) Bedeutungsi ndex – symbol[ische] Praegnanz Z jede Wahrnehm[ung] steht innerhalb eines Sinn-Ganzen [–] trägt einen S inn-Vektor – Illustrat[ion] [der] Modalität[:] Strichzeichnung o p t [ i s ch e s ] Phaenomen – Gesamth[eit] von Farben u[nd] Linien – als Taten u[nd] Leiden des Lichtes – als Beleucht[ung]E α Ausdruckssi nn / Stimmungsgehalt β Ge ometr[i sche] Zeichnung γ Ornam ent Daseinsform – Wirkungsform. δ Myth[isch]-mag[ische]-“Zeichen” in alledem zeigt das Phaenomenale Bedeutungspraegnanz.F220 3) Innerha lb der theoret[ischen] Sphaere Z gleichfalls verschiedene R ichtunge n (Vektoren) der Praegnanz221 z. B. Eigenschaftspraegnanz (vgl. h[ie]rz[u] bes[onders] Schapp cit[ieren]!222)G
‘Sinnpraegnanz’ als Urphaenomen] Formulierung findet sich im Text Praesentation und Repraesentation auf Bl. 7v, vorliegende Ausgabe, S. 7 B Urphaenomen – τὸ ϕαίνεσδα.] rechte Zeilenhälfte C 1) Fu nktio n und Inh alt –] im Ms. danach keine Leerzeile D etc.] restliche Hälfte der Ms.-S. leer E Gesamtheit . . . Beleuchtung] auf rechter Seitenhälfte, gegenüber von: Strichzeichnung . . . Phaenomen F Bedeutungspraegnanz.] restliches Drittel der Ms.-S. leer G (vgl. . . . Schapp citieren!)] restliche ¾ der Ms.-S. leer
A
Praegnanz, symbolische Ideation
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4) Abgrenzung gegen andere Theorien Z α As s o ciationstheori e (cf. bes[onders] Z[e]tt[el] Koffka223 . . .)
β S chluß – Urt eil stheorie γ uns e re Theorie[:] Praegnanz In-Einander, Konkreszenz Zeichen im Sinne der A nz ei ge (Rauch, Feuer) wir “haben” das Feuer nicht im Rauch! rotes Kreuz – Meinong als Anmerk[ung]!224
δ As s imilation (L[in]ck[e]). ε Verh[ältnis] zur G estal ttheori e (Ersatz der Associations-Th[eorie] durch die Gestalttheorie cf. Z[e]tt[el] Koffka225 –) Verh[ältnis] der Symboltheorie zur GestalttheorieA
A
Gestalttheorie] restliche ¾ der Ms.-S. leer
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Sym bol begr[if f] ( All gem[ei nes]) ‘Intention’ Unterschied von ‘Praesentation’ u[nd] ‘Repraesentation’ oder Perzept[ion] u[nd] Apperzept[ion] auch nach Na t o r p (Allgem[eine] Psych[ologie,] S. 53) “der vielleicht radikalste aller Unterschiede des Bewußtseins”[.] Repraesentation als “Vergegenwärtigung des Nicht-Gegenwärtigen”226 (cf. S. 53) [–] dies etwas Wunderbares, mit nichts anderem Vergleichbares – zugleich etwas, was sich in der Tat auf alles Bewusstsein erstreckt ([S.] 54) (cf. auch Bi nswang er [Einführung,] S. 176 ff.227) Das dem Bewusstsein Praesente, der ‘Inhalt’ im engeren Sinne, ist dabei, wie N[atorp] hervorhebt, nur durch Abstraktion herauszulösen u[nd] zwar nur als Gru ndlag e für die Repra esentation[.] Im wirkl[ichen] Leben des Bewussts[eins] ist die Repraesentation, allgem[ein] ausgedrückt die Beziehung, d as Erste, Unmittelbare – Nur für die theoret[ische] Rekonstruktion geht das Praesente vorher; im wirkl[ichen] Leben des Bewusstseins ist dag[egen] die Beziehung das Erste! ([Natorp, S.] 56) s[iehe] dort !228 dies entspricht genau unserem Standpunkt! [“]es giebt gar nicht praesentatives Bewussts[ein] neben repraesentativem, sondern nur praesentative neben repraesentat[iven] Momenten in allem u[nd] jedem Bewussts[ein][”] (S. 56).A [–] [“]anderes als tätiges Bewusstsein[”] giebt es nicht ([S.] 56)B Die Empfind[ungen] sind nicht einfach da, werden als gegeben vorausgesetzt, u[nd] die Akte “bemächtigen” sich ihrer dann in irgend einer Weise – sondern Perzeption u[nd] Apperzeption, Praesentation u[nd] Repraesentat[ion] sind nur verschiedene Stufen ein u[nd] desselben Bewusstseins – als sich relativ zueinander verhaltende, ja umkehrbare Stadien oder Stufen (cf. auch Binsw[anger,] S. 204229)C
A B C
(S. 56).] zwischen den Zeilen (S. 56)] statt gestrichenem: (S. 170[)] S. 204)] restliche ¾ der Ms.-S. leer
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ϕ1 / Praegna nz A Far be Zur Bedeutung der Farbe für den Aufbau der ‘Dingwelt’ u[nd] zu der verschied[enen] Rolle, die die verschiedenen “Erscheinungsweisen” (›Ordnungen‹) der Farbe in diesem Aufbau spielen vgl. insbes[ondere] Wilh[elm] Schapp, Beiträge zur Phaenomenologie der Wahrnehmung, I[naugural]-D[issertation], Göttingen 1910. S. 46 Grundunterschied des Darstellenden u[nd] des Dargestellten – das Darstellende (Farben, Töne, Data des Tast-Drucksinnes) entfällt, wenn man die Dingwelt unter dem Gesichtspunkt der Kausalität betrachtet – es findet keinen Platz in der Welt der Kausalität230 – Welches ist nun der Zusammenhang, der zwischen dem Darstellenden u[nd] dem Dargestellten besteht? – welche Rolle insbesondere spielt hier die Farbe. Das Auge sieht, wohin es auch blickt, Farbe – [“]aber nicht überall stellt diese Farbe Din ge dar[”]231 ([S.] 65) Es giebt Ordnungen in der darstellenden Farbe: a) [“]die empfundene Farbe[”] b) [“]die gegenständliche durchstrichene Farbe[”] c) [“]die gegenständliche anhaftende Farbe[”] (S. 76 ff.) die ›empfundene‹ Farbe als reine Licht gebi ldewahrnehmung – dieses wahrgenommene Lichtgebilde hat nicht die Funktion, Gegenständliches vorstellig zu machen[.] Wenn wir einen Gegenst[and], etwa eine Tasse, einen Teller[,] deutlich erfassen wollen, so st ö r t uns das Lichtgebilde, das auf ihm ruht, wir “übersehen” es (cf. S. 80 cit[ieren])232 Zur Wahrnehmung des Dinges gehört, daß das Lichtgebilde “in den Hintergrund tritt” – diese Gebilde [“]sollen den Blick hinüberleiten auf das Ding, der Blick darf sich nicht i n i hnen verfangen[”] (ibid)[.]233 Wir können freilich auch diese Lichtgebilde [“]selbst zum Gegenst[and] der Wahrnehmung machen[”] – an ihnen “die Spiele der Phantasie” beobachten – aber eine ganz andere schwierigere u[nd] wichtigere Frage ist es, [“]welche Rolle sie für die Wahrnehm[ung] des G e g e n st a n d e s spielen[”] ([S.] 81)[.] Die Beleuchtungseffekte können wir für die Beobachtung des Dinges nur in dieser untergeordneten (“untergetauchten”) Stellung brauchen[.]
A
ϕ1 / P raegna nz] in Bleistift am rechten Rand
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Sie lassen sich nicht einfach we g s ch a f fe n ; aber sie werden untergetaucht, [“]in eine andere Bewusstseinssphaere gebracht[”] – in d i e s e r aber sind sie nötig ([S.] 82)[.] [“]Wir können das Ding beobachten u[nd] dabei die Beleuchtungseffekte ›wahrnehmen‹, sie gegenständl[ich] haben[”] – von dieser Wahrnehm[ung] der Beleuchtungseffekte führt dann eine große Reihe von Stufen bis dahin, wo sie nur noch “empfunden” werden, [“]nicht mehr gegenständl[ich] sind.[”] ([S.] 82) [S.] 87[:] [“]Unter den Farbevariationen, die das Ding zur Darstell[ung] bringen, ist nun anhaftende Farbe einerseits u[nd] all die Beleuchtungseffekte auf der andern Seite streng zu trennen u [ n d ] d u rch e i n e n Abgrund geschieden.[”] Beweglichkeit, Flüchtigkeit, Veränderlichkeit der “Lichter” gegenüber der Unbeweglichkeit der “anhaftenden” Farbe[,] die sich nur mit dem Gegenst[and] bewegt – aber di eser Unterschied [“]trifft noch nicht den Kern[”] – die anhaftende Farbe ist uns nie rein gegeben, sie kommt nur hier mehr, hier weniger zu Tage, sie ist wie mit einem Schleier bedeckt, den man nicht mit Gewalt abheben kann[.]234 Unterschied zwischen “anhaftender Farbe” u[nd] “Schatten” lässt sich auch im Zustand der R u h e noch auffassen – der Schatten “verbindet sich nicht mit dem Gegenst[and] auf dem er liegt” ([S.] 88)[.] [“]Zu jedem Beleuchtungseffekt lässt sich vielleicht eine anhaftende Farbe finden, die mit ihm grösste qualitative Ähnlichkeit besitzt[”] ([S.] 89) und doch sind beide, obwohl der Empfindungsqualität nach gleichartig, nicht dasselbe – die anhaft[ende] Farbe ist von anderem “Gepräge” wie die Beleuchtungsfarbe, sie ist anders “gefügt”[.]235 Da haben wir genau den Unterschied bezeichnet, den wir als den der “kategorialen Praeg nanz” bezeichnet haben – Es handelt sich hier nicht bloss um verschiedene Leistungen des Urteils, des ›diskursiven‹ Denkens – – sondern die Farbe sieht tatsächlich “anders aus”, je nachdem ich sie als Dingfarbe, oder als blosse “Beleuchtung” nehmeA – Dies ist für uns nicht mehr paradox, da wir allgemein wissen, daß das “Aussehen” niemals allein von der Qualität der sogen[annten] “Empfindung”, sondern daß es von der Art der “Sicht” abhängt – mit der kategorialen Sicht (hier Gegenständlichkeit, dort Zuständlichkeit) verändert sich auch das Aussehen –
A
nehme] nehmen
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das eben ist es, was wir “Praegnanz” im Sinne einer bestimmten Kategorie nennen – H us s er l nennt es einmal “ein Zeugnis für den zurückgebliebenen Stand der deskriptiven Psychologie”236[,] daß man das, was der “bedeutungsverleihende Akt” zu der ›Empfindung‹ (als hyletischem Moment) hinzubringt[,] in der Erweckung gewisser, dem Ausdruck konstant zugeordneter Phan tas iebil der sehe: einen Ausdruck verstehen heisse nie u[nd] nimmer[,] die ihm zugehör[igen] Phantasiebilder vorfinden (Log[ische] Unters[uchungen, Bd.] II, [S.] 61) Aber so sehr auch wir d i e s e n Grundunterschied betonen, so hindert dies doch nicht die Anerkennung des umgekeh rten Sachverhalts: daß nämlich die “Sicht” nicht nur auf einer übrigens indifferenten “Materie” der Empfindung einfach aufruht, sondern daß sie diese ganze Materie durch d r in gt[,] ihre Si chtba rkeit sel bst bestimmt[.] Dies eben [ist] unser Sinn der “Praegnanz” – Fasst man die Sicht als den beseelenden Akt[,] so zeigt sich auch hierin, daß “Seele” und “Leib” sich nicht wie zwei Su bst anzen gegenüberstehen – sondern daß alles echt Seelische sich in Leiblichem “spiegelt” – So spiegelt sich auch die (kategoriale) “Sicht” in dem Wahrnehmungsaspekt selbst – das Ding sieht mich anders an, je nachdem ich es anders ansehe – sein “Aussehen” hängt von der (aktiven) An-Sicht ab / näheres s[iehe Zettel] Ding / Keine Rekogn[ition] im Begriff / ρ1A
Die anhaftende Farbe ist nun das Medium, um aus den blossen Lichtgebilden zu Gegenständen zu kommen237 ([Schapp, Beiträge, S.] 90) – die Beleuchtungseffekte müssen in gewissem Sinne eliminiert werden, wir müssen die “eigentliche” Farbe unter ihnen hervorholen238 ([S.] 91)[.] Diese e i g e n t l [ i ch e ] Farbe ist nicht bloss da als Mittel, [“]etwas sichtbar zu machen, anzudeuten, daß da etwas ist – das thun die Beleuchtungseffekte auch – sondern sie erscheint als etwas vom Dinge[”] ([S.] 92) Nb: Eigenschafts-Praegnanz! Diese “Würde der anhaftenden Farbe” liegt nicht in ihrer Zugehörigkeit zum Ding – denn diese Antwort wäre ein Zirkel – sie liegt in ihrer andersartigenB B est immtheit, sie allein hat πέρας – die Beleuchtungseffekte als solche sind ein ἄπειρον – s[iehe] h[ie]rz[u Schapp,] S. 93 ff.C239 A B C
das Ding . . . Begriff / ρ1] Einfügung auf rechtem Rand, Einfügeort markiert andersartigen] anderartigen siehe hierzu S. 93 ff.] gegenüber auf linkem Rand
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Es liegt also in diesem Vorzug, den wir der eigentlichen, der anhaftenden Farbe geben, ein rein ideel les Moment – wie Schapp bes[onders] [S.] 129 ff[.], [S.] 143 ff[. ausführt;]240 s[iehe] auch S. 138 ff[.]241 (s[iehe] auch Ding[)] (Rekogn[ition] im Begriff) [Zettel] ρ1!A Die Stellung der Idee in der Wahrnehmung – richtig erkannt – wir haben hier, Platon gegenüber, ein Vordringen der Idee, des πέρας in die Sphaere der Wahrnehmung selbst – was genau unseren Grundgedanken entspricht[.] ([Schapp, S.] 96)B[:] [›]Die Qualität lässt sich nie von den Schlacken der Unbestimmtheit reinigen. Ihre Mannigfaltigk[eit] schliesst in sich eine gewisse Unfassbarkeit. Sie verleugnet nie ganz ihren Ursprung aus der Sinnlichkeit, dem Chaos. Die Form aber nimmt an dieser Mannigfaltigkeit nicht Teil.‹242 damit[,] daß Farbe in eine Form eingeht, sagt sie sich los von anderer Farbe, die dies nicht vermag[,] u[nd] gewinnt unter Farbe eine Sonderexistenz! es handelt sich hier um notwendige u[nd] apriorische Bezieh[ungen] zwischen Dingfarbe u[nd] Schatten243 (cf. S. 97, Anm.) Berufung auf Hegels Satz, daß alles Wirkliche vernünftig sei, unter Ideen stehe!244 ([Schapp, S.] 98)245 auch die Farbe, die “Ordnung der Farbe” finde an den Ideen ihren letzten Halt246 ([S.] 98) Damit wird in der Tat in eigenartiger Weise die Idee in das Gebiet der Wahrnehmung vorgetragen – der χωρισμός wird besiegt – u[nd] zwar durch die Grundbedeutung der Idee selbst – durch die Idee als “Sicht” – da kein “Gesehenes” ohne “Sicht” [denkbar ist], so ergiebt sich hieraus unmittelbar die echte μέθεξις : die Praegnanz in unserm Sinne.
Das lässt sich auch in concreto an Einzelfällen belegen – jede andere (kategoriale) “Schichtung” des Gesehenen (Wandel in der ‘Auffassung’, in der Farbenordnung[)] – indem etwa etwas jetzt als anhängende Farbe, jetzt als Schatten, oder Beleuchtungseffekt genommen wird, ändert mit einem Schlag den Gesamtaspekt u[nd] die “Bedeutung” des Wahrgenommenen A B
siehe auch S. 138 ff. . . . ρ1!] gegenüber auf linkem Rand (S. 96)] auf linkem Rand
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– es wird aus einer Tonscherbe zu einer Speckschwarte – vgl. die vortreffl[iche] D arstell ung [Schapp,] S. 99 ff[.] zu cit[ieren]!247 Das “reine Chaos” freilich giebt es nicht – aber doch ist das Sichtbare in verschiedenem Maße “mit Form durchtränkt”248 ([S.] 102) (die Ding-Praegnanz, Eigenschafts-Praegnanz enthält gewissermassen ein Plus an Form gegenüber der blossen Zustands-Praegnanz!) bei “identischem” Material (Darstellendem) kann bald diese, bald jene Praegnanz gesehen werden – ganz ähnlich bei der “optischen Inversion”!A Dies erklärt die Rolle der “Illusion”[.] [Schapp, S.] 106[: “]Die Änderung der Farbenordnung hat Änderung des dargestellten Gegenstandes als unmittelbare Folge[.”] Sehen wir die Farbe in einer falschen Formung, so sehen wir ein total anderes Ding249 ([S.] 107) es giebt also eine Ordnung, in der ›Farbe‹ in Bezieh[ung] zum Bewusstsein tritt u[nd]B von ihr (von der kategorialen Fügung250) ist das, was durch Farbe dargestellt wird, abhängig ebenso eine “Gesetzmässigkeit dieser Ordnung” – die anhaftende Farbe giebt den Gegenstand “besser” als die blosse Beleuchtungsfarbe251 ([S.] 109) Wenn ein Wesen Farbe in dieser Ordnung hat, dann “sieht es Gegenstände, Dinge, u[nd] solange es Farbe nicht in dieser Ordnung hat, sieht es keine Dinge, sondern hat nur irgendwie Farbe. Das ist ein aprior[ischer] Satz”[.] ([S.] 110) Es dauert sogar eine gewisse Z eit, ehe diese Formung der Farbe sich für uns vollzieht252 ([S.] 110) [“]Es genügt nicht, daß Farbe da ist, um Dinge darzustellen, sondern es gehört dazu, daß Farbe sich ordnet, sich gliedert u[nd] in Formen eingeht[”]253 ([S.] 114)
[Schapp, S.] 129 ff.[:] Das “Anschauen in der Wahrnehmung” getrennt vom “Meinen in der Wahrnehmung” – dies Meinen zielt immer auf die ‘Idee’254 (cf. Rekognition im Begriff)
A B
ganz . . . “optischen Inversion” !] gegenüber auf rechtem Rand und] danach gestrichen: zum anderen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Sym bol [i sche] I deati on (P raegna nz) A
τ1)B
Es ist zu beachten, daß die “Praegnanz” einem bestimmten sinnlichen Inhalt niemals ›absolut‹, sondern immer nur ›relativ‹ zukommt – daß daher der Begriff ›Praegnanz‹ an sich unbestimmt und unvollständig ist u[nd] zu seiner näheren Bestimmung stets eines bestimmten Index bedarf, der die ›Richtung‹, den Modus [(]‘Vektor’C[)] der Praegnanz anzeigt. Solche Indices, solche Modi der Praegnanz giebt es so viele und so verschiedenartige, als es verschiedene “Kategorien” der Auffassung, der symbol[ischen] Formung überhaupt giebt – Wir haben hier erstens die verschiedenen Dimensionen (Regionen) des Sinns zu scheiden: und im Sinne dieser Unterscheidung können wir etwa von theoretischer u[nd] aesthetischer “Praegnanz” (Relevanz) eines Inhalts sprechen (Ein Linienzug als Ornament u[nd] als geometrische Figur)255 – dann aber giebt innerhal b des Gebiets der theoretischen Erkenntnis jede Kategorie, jede eigene Weise der Verknüpfung auch ihre besondere Praegnanz[:] – so räumliche Praegnanz, zeitliche Praegnanz, Ding-Praegnanz, Eigenschafts-Praegnanz – Es ist ein Unterschied im Wert, im ›Gehalt‹ des Inhalts selbst, in welcher Richtung er praegnant wird – d. h. ob er als Ausdruck einer räumlichen Gestalt oder eines zeitlichen Ve rlau fs, eines Ding-Zusammenhangs – oder einer “eigenschaftlichen” Bestimmung fu ng ie rt – D cf. [Heinz] Werner 256 Und diese reine “Funktion” haftet dem Inhalt nicht als ein bloss Äusserliches an, das zu seinem Dasein und seinen daseienden Beschaffenheiten einfach hi nz utri tt – sondern die “Funktion” ist mit dem “Inhalt” symbolisch-intuitiv ve r schm olz en – je nach der Funktion, in der ich ihn nehme, giebt sich mir der Inhalt anders – je nach dem Blickpunkt, der Hin- S i ch t , hat er ein anderes “Aussehen”. Besonders charakteristisch zeigt sich dies an der Kategorie: ‘Eigenschaft’ – Symbolische Ideation (Praegn anz)] markiert als Überschrift durch Unterstreichung B τ1)] gegenüber am rechten Rand C ‘Vektor’] in Bleistift auf rechtem Rand neben: Modus D cf. Werner] in Bleistift am linken Rand
A
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es ist ein anderes, ob ich irgend eine sinnliche Qualität, wie z. B. Farbe, einfach als Qualität, als ποιότης, als Beschaffenheit, die sich sinnlich abstuft, nehme – oder ob ich sie als “Eigenschaft” an einem Dinge betrachte. DieA Weise der Betrachtung bestimmt hier die Art des “Inhalts” selbst – eine Farbe als F l ä ch e n f a r b e betrachtet ist etwas anderes, giebt sich re i n p h a e n o m e n a l als etwas anderes, wie als Oberflächenfarbe [betrachtet.] Näheres h[ie]rz[u] unter ‘Eigenschaft’.B
‘Pra eg n an z’. Zu achten ist auch auf die verschiedenen Schichten (‘Modi’) der Praegnanz, auf denen die Verschiedenheit der “Form” der Gegenst[ände] beruht – Hierher gehört auch der Unterschied, den Hildebrand als Untersch[ied] der “Daseinsform” von der “Wirkungsform” bezeichnet257 – In dem[,] was Hildebr[and] Daseinsform nennt[,] handelt es sich um die optisch-geometrische Praegnanz; die Wirkungsform stellt erst die eigentlich aesthetische Praegnanz (Bedeutsamkeit, Relevanz) dar. – Geometrische Fo r m und künstlerische Gesta lt sind zweierlei. – Ebenso finden wir im Akustischen in best[immten] Krankheitsfällen z. B. eine Beeinträchtigung oder einen Verlust der aesthetischen “Praegnanz”: die “Töne” fassen sich nicht zu “melodischen Gestalten” zusammen [–] cf. [Zettel] “Amusie”.
P ra eg nan z Mit un sere m Problem der ‘Praegnanz’ scheint sich in einzelnen Punkten zu berühren, was Meinong (Über Annahmen, 2[. Aufl., S.] 247) über den Gegensatz der “anschaulichen” u[nd] der “unanschaulichen” Vorstellung ausführt.C258 Nach ihm ist die “anschauliche Vorstellung” die Lösung einer Aufgabe, zu der die “unanschauliche” nur der Ansatz ist –
A B C
Die] statt gestrichenem: Beide ‘Eigenschaft’.] restliche ¾ der Ms.-S. leer ausführt.] in Bleistift gegenüber am rechten Rand unleserliches Zeichen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
die unanschaul[iche] Vorstellung stellt nur die Forderung[,] best[immte] Eigenschaften (So-Seins-Bestimmungen) in einem Gegenstand als vereint zu denken – während die anschaul[iche] die E rfüllbar keit dieser Forderung durch den (anschaul[ichen]) Voll zug der Ford[erung] erweist. “rotes Kreuz” als anschaul[iche] Vorstellung (wenn in concreto als dieser best[immte] Gegenstand mit dieser Kreuzform, ‘diesem’ Rot vorgestellt) dagegen Kreuz, das rot ist[, gilt als] eine unanschaul[iche] Vorst[ellung]259 [–] demgemäß sieht M[einong] (S. 251 ff.) für die anschauliche Vorst[ellung] die “Zusammensetzung” der Bestandteile als wesentlich an – während die unanschauliche nur “Zusammenstellung” sei u[nd] in ihr unter Umst[änden] auch (anschaulich-)Unvereinbares zusammengestellt sein könne.260 Die anschaul[iche] Vorst[ellung] sei also “ausgeführte”[,] die unanschaul[iche] bloss “angezeigte” Vorstellungsverbindung261 ([Meinong,] HumeStudien 2, S. 99) (cf. [Über Annahmen,] S. 252), [S.] 254262[.] Hier ist mit dem Gegensatz des ›Zusammensetzens‹ u[nd] ›Zusammenstellens‹ wohl auf etwas Richtiges abgezielt: man sieht aber sofort, wie völlig ungenügend der Ausdruck des “Zusammensetzens” ist, das eigentümliche Grundphaenomen der “Praegnanz” (im Gegens[atz] zum blossdiskursiven “Denken”) zu fassen – Denn in der Praegnanz handelt es sich ja gerade um das Gegenteil des Zusammensetzens, des blossen “Komponierens” – es handelt sich um das (bedeutungsmässige) “Sein des einen im andern”263 (– nichtA neben ihm) Zusammensetzen wäre ja ebenB blosse Und-Verbindung, die dem Wesen der anschaulich-praegnanten ›Gestalt‹ geradezu widerspricht[.]
Richtig ist aber, daß die “unanschauliche” Vorst[ellung] sich von der anschaul[ichen] durch die Form ihrer “Fügung”264 unterscheidet – daß bei jener die “Elemente” nacheinander successiv durchlau fen (discurrere)[,] bei dieser in einem ›Blick‹ simultan erfasst werden (uno actu intellectus265 – sagt Leibniz) (Dieses simultane Zusammen b l i cke n fehlt z. B. bei der optischen Agnosie – A B
nicht] unsichere Lesung eben] statt gestrichenem: ebenfal[ls]
Praegnanz, symbolische Ideation
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während das “unanschauliche Vorstellen” (durch successives “Aneinanderfügen” der ›Merkmale‹) hier voll erhalten sein kann.[)] s[iehe ω] Opt[ische] Agnosie cf. Meinong[, Über Annahmen, S.] 255: [“]daß der anschaul[ichen] Vorstellung im allgemeinen ein simultanes, dem unanschaul[ichen] Vorst[ellen] ein s uc cessives Erfassen der Teilgegenst[ände] eigentümlich ist[”.]266 Näher wird dann S. 280 f. der ursprüngliche Unterschied von “Zusammensetzung” u[nd] “Zusammenstellung” durch den Gegens[atz] von “Seins-Meinen” u[nd] “So-Seins-Meinen” ersetzt267 – die anschauliche Vorst[ellung] erfasst eben den ›Gegenstand‹ als mit diesen oder jenen Qualitäten “behaftet”[;] die So-Seins-Meinung geht auf die Qualitäten selbst, (ohne daß sie im Gegenstand als “vereint” angeschaut würden) 〈eine So-Seins-Definition ist daher immer das[,] was die Logik eine Nom inal- Defi nition nennt, (ihr fehlt das συλλαβειν εις ἕν, die ›Genesis‹ (Leibniz), durch die die “Möglichkeit des Gegenstands” erwiesen wird – auch das ›regelmäss[ige] Dekaeder268‹ kann in einer s olchen Definition diskursiv-g edacht, aber es kann nicht anschaulich praegnant erfasst werden.[〉] Bei der “diskursiven” Art des Erfassens verhalten wir uns so, als wenn wir ein Wort buchstabierend Buchstabe für Buchstabe zu “lesen” versuchen – noch ungewiss, ob es sich überhaupt lesen lässt, ob es einen “Sinn” hat – bei der ‘praegnanten’ Auffassung e r f a s s e n wir eben diesen Sinn a l s G a n z e s u[nd] brauchen ihnA nicht in seine “Elemente” zu zerlegen – diese “Elemente”, die ja irgendwie erfasst sein müssen[,] kommen uns vielmehr a l s s o l ch e gar nicht zum Bewusstsein, weil wir nicht a u f sie, sondern “durch sie hindurch” auf den einheitl[ichen] Sinn gerichtet sind[.]B
Pra eg na nz Vom phaenomenol[ogischen] Standpunkt ist die ›Praegnanz‹ r i ch t i g erfasst bei S ch a p p , [Beiträge zur] Phaenom[enologie] d[er] Wahrn[ehmung,] S. 129 ff[.,]269
A B
ihn] statt gestrichenem: das Wort gerichtet sind.] ¹⁄³ der Seite leer
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
der einmal das “Anschauen” des Gegenstandes von seinem “Meinen” unterscheidet270 – dann aber im Meinen selbst das “ S e h e n d - M e i n e n ” vom “UrteilendMeinen” trennt271 ([S.] 131) (Dies “Sehend-Meinen” fehlt z. B. in Fällen optischer Agnosie, während das Urteilend-Meinen voll erhalten sein kann!) “Ich nehme das Ding in seiner Idee wahr”272 (S. 141)A
Sym bol ( All g em[eines]) (“symbolische Ideation”)
σ1B
Der Begriff der ›symbol[ischen] Ideation‹ tritt an Stelle des Kantischen Begriffs der ›produktiven Einbildungskraft‹273 – von hier aus erfährt dieser Kant[ische] Begriff erst seine volle Aufhellung! cf.[die Zettel] B egrif f α1 und Di ng δ1 Jetzt versteht man a) die Grundlehre des Schema tis mu s[:] die Synthesis des Verstandes muss sich, um zur Dingeinheit zu führen, schematisieren[,] sich auf (symbolische) Anschauung 〈= Ideation〉 beziehen – ferner [versteht man jetzt b)] die Kant[ische] Andeutung – daß die Einbildungskraft ein Ingrediens sogar aller Wahrnehmung sei, daran habe wohl noch kein Psychologe gedacht274 – – Man hat dies Wort selten oder nie verstanden vgl. D e s s o i r [,] Abriss [einer Geschichte] der Psychol[ogie (1911)]!, der sich über dasselbe verwundert , da doch alle Psychologie die Rolle der Einbildungskraft bei der Wahrn[ehmung] betont habe275 – Aber das war eben immer nur die reproduktive Einbildungskraft; die Wirkung der ›Association‹, der Erfahrung u[nd] Gewohnheit bei der Bildung der Objektvorst[ellung] wurde betont – hier aber handelt es sich um etwas ganz anderes – um produktive Einbildungskraft[,] um ›Ideation‹, Gestaltgebu ng, Verdichtung [–] diese produktive Gestaltung, Ideation wird von Kant als zum Wesen der Wahrnehmung selbst gehörig erkannt – Das ist in der That etwas funda mental Neues – und selbst bei Kant ist der “Schematismus der Einbildungskraft” noch eingeschränkt auf 2 Grundformen[:] A
(S. 141)] restliche ½ Ms.-S. leer
B
σ1] auf rechtem Rand
Praegnanz, symbolische Ideation
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– Raum-Schematismus (Rundung des Tellers / “zeichne” ich das Monogramm) u[nd] Zeit-Schematismus (successive Erzeugung[)] – aber dies beides ist von unserm Standpunkt aus nur je ein Spezialfall der symbolischen Ideation überhau pt – unter die als wichtigster dritter Fall z. B. die sprachl iche Ideation 〈“Fusionseinheit” des Namens mit dem ›ideellen Objekt‹〉 fällt[.] Näheres s[iehe die Zettel] B egrif f α1 [und] Ding α1 Erklärung des Wortes ‘Begriff’ bei Kant [KrV,] transsc[endentale] Ded[uktion] 1. Aufl.276 [1781] u[nd] bei H elmhol tz, Physiolog[ische] Optik277[.] So betont auch D elac roi x 278 (Langage 386 f[.]) [,] daß schon das blosse Bild (image) ein Werk des “Geistes” (d. h. in unserem Sinne der symbol[ischen] Ideation) istA. [“]l’image suppose donc l’esprit, loin d’être capable de l’expliquer; loin de faire la compréhension elle la suppose.[”]279 [–] denn [“]l’image elle-même comme chose, comme objet, représente une création mentale, un arrêt de la pensée qui a décrété un objet, qui a construit son univers intérieur sur un plan intellectuel[”] ([S.] 387) diese Analyse u[nd] Synthese ist [“]loi de t o u t e action intelligente[”] ([Delacroix, S.] 405)! andrerseits [“]dans tous les cas, la penséeB opère sur une donnée, sur quelque chose, sur un schéma, sur un signe[”] ([S.] 393), [“]La pensée n’est jamais p u re . Avec quoi penserait-elle? Elle suppose toujours une conscience confuse de ses objets et de son rapport à eux.[”]280 ([S.] 395) die Notwendigkeit des ›Schemas‹ des Satzes besonders an der agrammat[ischen] Sprachstör[ung] zu verfolgen [–] näheres bei [Arnold] Pi ck, Die agrammat[ischen] Sprachstörungen[, in:] Z[eitschrift] f[ür] Psychol[ogie] 1919281[;] dies Schema geht der Wahl der bestimmten Worte voraus (als Schema mit Leerstellen)[.] Andrerseits [wird] anerkannt, daß ein Denken auch in andern als in Wortsymbolen möglich [ist], dochC dienen hierbei eben die Bilder (images) selbst als ‘Symbole’ A B C
Ideation) ist] Ideation ist) la pensée] danach gestrichen: objective doch] doch doch
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
(so z. B. im Aufbau des Raumes – s[iehe] Z[e]tt[el] Raum γ1)[)] die Hauptsache ist, daß die schematische “Konstruktion” möglich [ist],282 Delacr[oix, S.] 409 ff[.] cf. auch Aphasi e A bes[onders] β1) daß insbesondere die “action” eine[r] solche[n] Konstruktion (= symbol[ische] Ideation) bedarf, ist gut ausgeführt283 [Delacroix, S.] 438[;] die action an sich ist nicht verständlich, bleibt blosser Reflex[.] [“]C’est l’action[,] intégrée dans un système de perceptions et d’actes, d evenue ju squ’à u n certai n point une notion, qui peut faire la sig nifi cation et l’i ntell igi bi lit é[”.]284 ([S.] 438)
[Delacroix, S.] 572 es giebt eine ›pensée préverbale‹ ou plutôt qui en dessine en avance les linéaments – die se Operation ermögli cht erst den Gebrauch von SymbolenB[.]285 Man kann allerdings auch die Vorstellungen (Dinge) selb st als Zeichen gebrauchen[.] cf. [S.] 529. [“]On peut penser sur les choses, autrement comment pourrait-on penser sur les symboles[?] Mais c’est à condition, si l’on pense vraiment, de conférer aux choses valeur de symboles[”] cf. bes[onders Delacroix, S.] 572!286 [“]pour certaines opérations où l’on peut se passer de mots[,] il semble qu’on ne puisse se passer d’une attitude logique à la fois et symbolique[,] qui prend tel ou tel moment de l’action pensée avec valeur conceptuelle[”] (Spiegeltest!) [S.] 529 [–] [S.] 530 C [“]l’art de penser[,] c’est en partie l’art de construire des symboles[“] Die Störungen der S p ra ch e greifen aber oft auch auf solche Gebiete über, in denen das Wort als solches nicht beteiligt ist: sie betreffen alle Fälle, wo die Operation nicht direkt und unmittelbar, sondern mittelbar u[nd] symbolisch ist – wo es nötig ist ›construire moment par moment, prendre une attitude logique et symbolique‹ s[iehe Delacroix,] S. 569D[.]
Aphasi e] doppelt unterstrichen es giebt . . . Symbolen] Pfeil zum Text auf linkem Rand nach: Man kann C S. 530] auf linkem Rand D Die Störungen . . . S. 569] gegenüber auf linkem Rand
A
B
Praegnanz, symbolische Ideation
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Sym bo lproblem. “Praeg na nz” π1) / 〈zur Psychopathologie〉A Das Charakteristische der “Praegnanz” besteht, wie wir gesehen [haben,] darin, daß sie nicht auf einem Urteils- und Schlußprozess beruht – sondern auf einem echt symbolischen Prozess – die Bedeutung, die ihr eignet, ist nicht bloss ‘anzeigende’, sondern echt si g nifik ative Bedeutung[.] – Diese letztere unterscheidet sich pha enomenal von der bloss anzeigenden darin, daß sie mit dem anschaulichen InhaltB verschmilzt, an ihm irgendwie als ‘Bestandteil’ (Moment) des Inhalts selbst haf tet (vgl. h[ie]rz[u die Zettel] Gestalt γ0 und Begriff β1!) wir ‘haben’ die ‘Bedeutung’ in der Anschauung selbst, brauchen sie nicht erst zu ›erschliessen‹; wir haben sie ›intuitiv‹, nicht ›diskursiv‹[.] Bei patholog[ischen] Störungen der “Praegnanz” (symbol[ische] Funktion) zeigt sich auch hier die Trennung: das in tuit ive Beisamm en C von ‘Inhalt’ u[nd] ‘Bedeutung’ geht in ein bloss ‘diskursives’ Nebeneinander über [–] charakterist[isch] bei Fällen takti ler Ag nosie (es wird Metall sein, wird eine Uhr sein – Goldst[ein] bei Oppenh[eim, S.] 1090287 s[iehe] Z[e]tt[el] Begriff β1[)] für die optische Agnosie hier bes[onders] lehrreich der Fall von Goldstein-Gelb288[:] Psychol[ogische] Analysen[, Bd.] I[,] bes[onders] S[.] 79 ff[.]289 cf. [Zettel] optische Ag nosie ω1!D Die “Praegnanz” (als symbolisch-intuitive Repraesentation eines Zusammenhangs) ist also streng zu scheiden von zwei anderen Verhaltungsweisen, mit denen sie theoretisch bisher fast immer konfundier t wurde[:] a) von der bloss assoziativen “Verknüpfung” [und] b) von dem diskursiven, auf Schlüssen beruhenden “Zusammenhang”[.] Weder jene “Verknüpfung”[,] noch dieser “Zusammenhang” giebt das Wesen der Praegnanz wieder – denn dieses beruht darin, daß i m anschaulichen Inhalt selbst sich ein anderes (ein Gesamtkomplex) unmittelbar darstellt – Associationszusammenhang u[nd] Schlußzusammenhang sind b e i d e diskursiv – A
π1) / 〈zur P sycho patho logie〉] auf rechtem Rand
Inhalt] über der Zeile eingefügt B eisammen] doppelt unterstrichen D optische Agnosi e ω !] doppelt unterstrichen 1 B
C
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
ersterer empirisch-diskursiv (Berkeleys Raumlehre) letzterer logisch-diskursiv (Descartes’ sola mentis inspectio)290 diese diskursiven Zusammenhänge können beide vorliegen, ohne daß echte intuitive Praegnanz vorhanden [ist] – Am charakteristischsten hierfür der Fall von opt[ischer] Agnosie bei Goldst[ein]-Gelb, in dem das Associations-“Vermögen” u[nd] das Urteils-Schluß-“Vermögen” vorzüglich erhalten ist, aber die optische “Praegnanz” (das Zusammengehen zu opt[ischen] Gesta lten) völlig fehlt291 [–] s[iehe] bes[onders Zettel] Opt [i sche] Agnosie ω1) Der Verlust der Praegnanz (des Zusammengehens zu einer Anschauung im symbol[isch]-intuitiven, nicht bloss diskursiven Sinne) kann sich auf den verschiedenen Gebieten ganz verschieden darstellen – auch hierfür liefert die Pathol og ie die durchgehende Bestätigung[:] a) Verlust der optischen Praegnanz überhaupt[;] dann werden optische u[nd] geometrische ›Gestalten‹ überhaupt nicht mehr erfasst – es sind nur noch einzelne “Flecke” u[nd] deren Beziehungen da (die räuml[iche] B ezi ehung kann also erhalten sein – aber [die] Beziehung ist eben nur diskursiv, nicht intuitiv) b) es kann weiter die optische Praegnanz noch erhalten sein, einzelne optische Gestalten also erfasst u[nd] vergegenwärtigt werden – aber nur fragmentarisch: sie gehen nicht zu einer einheitlichen optischen Gestalt (als ‘Inbegriff’, Integral von Teilen) zusammenA – sie haben keine “gegenständliche Praegnanz” mehr (Fälle von sogen[annter] “associativer Seelenblindheit” (Lissauer)292 – vgl. unter Opt[ische] Agnosie bes[onders Zettel] ω 1) c) Zeitl[iche] Praegnanz – Verlust der zeitl[ichen] Praegnanz, d. h. der Tatsache, daß ein Moment intuitiv B als einem Zeitverlauf angehörig erfasst wird – dies ergiebt den Verlust der (intuitiven, nicht diskursiven!) Vorstellung von Bewegung cf. unter Bewegung d) oder [Verlust] der zeitlichen Praegnanz in Bezug auf die Zukunft – auf die Fähigkeit der ( i n t u i t i ve n ! ) Vergegenwärtigung der Zukunft (AbS icht!) – dies ergiebt die Fälle “ideatorischer Apraxie” e) Verlust der G e g e n st a n d s - P ra e g n a n z auf anderen Sinnesgebieten[,] z. B. dem taktilen Gebiet[,] ergiebt die Fälle ›taktiler Agnosie‹[,] wobei diskursiv das “Ding” aus den einzelnen Eindrücken urteilsmässig noch recht gut aufgebaut werden kann (es “wird Metall sein” etc) A B
Integral von Teilen) zusammen] Integral von Teilen zusammen) intuitiv ] doppelt unterstrichen
Praegnanz, symbolische Ideation
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cf. [Zettel] Taktile Agnosie f) Auch Verlust der aesthetischen Praegnanz (Relevanz) kommt vor – Fälle von “Amusie”[,] in denen Töne gehört, aber keine Melodie mehr ›gehört‹, d. h. zur intuitiven Einheit zusammengeschlossen werden kann.
[S.] 133 f[.]A Bei dem Kranken von Goldstein-Gelb (Psych[ologische] Anal[ysen, Bd.] I) kann die Störung keineswegs dadurch erklärt werden, daß die “reproduktiven Ergänzungen” fehlen293 [–] eine [“]allgemeine Schädigung der der Vorstellungs assoziat ion entsprechenden materiellen Prozesse[”] bestand bei ihm sicher nicht – denn er “erriet”, “ergänzte” ja seine höchst mangelhaften opt[ischen] Eindrücke ausgezeichnet294 – Dagegen war die Pra egnanz, die symbol[isch]-intuitive Zusammenfassung aufgehoben.
Praeg n an z (Inte g ra ti on)B Der Ter minus “Integration” [wird] bisweilen auch in der Psychologie gebraucht – so bei H[enry] Wa t t 295[,] The elements of experience and their integration[, in:] Brit[ish] Journ[al] of Psych[ology] 4 (1911) cit[iert] bei B üh ler, Gestaltwahrn[ehmungen] [Bd.] I, [S.] 117296[;] auch Bühler nimmt den Ausdruck auf, um zu bezeichnen, daß “die Operationen, welche sich an dem Empfindungsmaterial bestätigen, nicht samt u[nd] sonders aequivalent sind der mathemat[ischen] Summen- oder Mengenbildung. Der Verschiedenheit der Operationen entspricht eine Verschiedenheit der Eindrücke, die aus ihnen hervorgehen. Watt gebraucht für alle Operationen das unbestimmte Wort ‘integration’. Diese Integrat[ion] ist aber sicher nicht überall derselbe Prozess”297 ([S.] 117 Anm.) unser: R1 R2 R3
etc.C ∫dR1 ∫dR2 ∫dR3
So entsteht z. B. nach Bühler der primäre Krümmungs eindruck durch a n s ch a u l i ch e I n t e g ra t i o n aus einfacheren Beziehungen298 ([S.] 119) cf. [Zettel] Raum σ1! σ2! A B C
S. 133 f.] auf linkem Rand Pra eg nanz (Integratio n)] im Ms. danach keine Leerzeile etc.] unterhalb der Zeile
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
“Praegnanz”
γ1)A
Nachdem wir unsern Begriff der “Praegnanz” abgegrenzt haben a) gegen die “Urteilstheorie” der Praegnanz (Praegnanz als urteilsmäss[ige] I n t e r p re t a t i o n – in der Gesch[ichte] der Psychol[ogie] vgl. bes[onders] Descartes[’] sola mente percipioB,299 Meditat[iones] II; ich urteile daß es Menschen sind – b) gegen die Assoziationstheorie der ›Praegnanz‹ Praegnanz als Leistung der “reproduktiven” Einbildungskraft (als histor[isches] Beispiel besonders Berkeley – “suggested” etc.300 g e wohnheitsm äss[ige] Verbindung von “Eindrücken” gegenüber der Urtei lstheorie – kein logisch-d iskurs ives Verhältnis, kein Urteil) Humes Begriff des “belief” – als “Suggestion”301 [–] [Nun] müssen wir sie noch gegen eine andere Theorie abgrenzen, die man als Theorie der “Assi mi lat ion” bezeichnet hat. L i n cke , Grundfr[agen] der Wahrnehmungslehre, München 1918,C bes[onders S.] 230 ff.302 Diese Theorie stimmt nun mit unserer Auffassung der “Praegnanz” vor allem in zwei wichtigen n e g a t i ve n Momenten überein – in der Ab l e h n u n g der Urteilstheorie einerseits, [und] der Assoziationstheorie andererseits – Ad 2) Assimilative Wahrn[ehmung] ist eine ganz andere Form der ›Verknüpfung‹[,] ›Verschmelzung‹ als sie auf bloss as soziativer Grundlage je erreicht werden kann [–] ›Assimilation‹ darf nicht “im alten Sinne der Assoziationspsychologie” als ein Vorgang genommen werden, der [“]durch Wiederholungen u[nd] d[er]gl[eichen] modifizierbar sein muss.[”] Für die assimilative Wahrn[ehmung] ist vielm[ehr] das Entscheidende immer nur “der rein deskriptive Tatbestand der Teilnahme von etwas an u[nd] für sich nicht eigentlich wahrnehmungsgemäss Gegebenen an dem unmittelbaren Wirklichkeitseindruck eines eigentlich Wahrgenommenen”303 ([S.] 280 Anm.) vgl. bes[onders S.] 184 gegen die bloss reprod uktive Ergänzung –
A
γ1)] am rechten Rand
B
percipio] percebio 1918,] 1912,
C
Praegnanz, symbolische Ideation
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wir erleben hier nichts von Reprod[uktion], nichts von Erinnerungs- und Gedächtnisvorstell[ung]304 ferner bes[onders S.] 2 3 0 f f [.,] [S.] 234 – Abgrenz[ung] gegen den alten assoziations-theoret[ischen] Begriff der AssimilationA[.]305 ferner / Assimilation nicht als urteilsmässige “Interpretation” s[iehe] z. B. [S.] 235[:] [“]durch die Wirklichkeitssuggestion ist die assimilative Wahrn[ehmung] von der bloss beurteilenden “Auffassung als . . .” geschieden[.”]306
Frag e , inwiefern einem Wahrnehmungskomplex eine bestimmte Eigenschaft “angesehen” werden kann, die doch nicht unmittelbar in ihm “gegeben” ist, nicht als Teilbestand in ihm liegt – (Diese Frage führt unmittelb[ar] auf unser Problem von ›Praesentativem‹ u[nd] Repraesentativem[,] s y m b o l i s ch -praegnantem “Enthaltensein”) (nicht-“reellem”) Schelers Theorie, daß wir dem Wasser seine Kühle, dem Feuer die Glut, dem Schnee die Kälte wahrnehmungsmässig ansehen u[nd] nicht etwa vorstellend mit ihm verbinden (Scheler, Über Selbsttäuschungen, Z[eit]s[chrift] f[ür] Psychopatholog[ie], Abh[andlungen] u[nd] Aufs[ätze], L[ei]pz[ig] 1915, [Bd.] II, [S.] 140[)]307 L inke stimmt dieser Anschauung im Ganzen zu – die Anschauung[,] daß solche Momente tatsächlich “wahrgenommen” werden[,] macht keine Schwierigkeit, sofern man die “Konstanzannahme” (die e i n d e u t i g e Bezieh[ung] der “Empfindung” auf den “Reiz”) aufgiebt308[:] S. 186 ff.[,] näheres über die Ablehnung der Konstanzannahme u[nd] die Gründe dieser Ablehn[ung] s[iehe Linke, S.] 183 ff[.]309 Der “Reiz” darf eben nicht mit dem i n t e n t i o n a l e n Gegenstand der Wahrnehm[ung] verwechselt werden – dieser letztere ist das in der Wahrnehm[ung] tatsächlichB “Gegebene”, das Gesehene310 ([S.] 189)[.] Das ergiebt sich schonC daraus, daß re a l e r Gegenstand u[nd] Akt einander s uc ce ssive zugeordnet sind, während zwischen dem Akt u[nd] seinem “intentionalen” Gegenst[and] ein ganz anderes Verhältnis, das der “instantanen Zuordnung”[,] besteht – im Augenblick, wo ich etwa die Augen schliesse u[nd] damit der Akt des Sehens aufhört, ist auch der intentionale Gegenstand vernichtet311 ([Linke, S.] 191)[.] A B C
vgl. besonders . . . Assimilation] Ergänzung gegenüber auf linkem Rand tatsächlich] anstatt gestrichenem: wirkli[ch] schon] schon,
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Für den Charakter eines Erlebnisses als “Wahrnehmungserlebnis” kann also nicht die Frage, ob das in ihm Gegebene real (als “Reiz” im Sinne der Physik) gegeben ist, entscheidend sein – denn diese Frage stellen heisst eine μετάβασις begehen, sie steht vo n vornherei n auf einem ganz andern Blatt. vgl. hi erzu [Zettel] Dingbegriff σ1) Es muss hier streng geschieden werden zwischen dem “Wahrnehmungsreal” u[nd] dem “Wahrnehmungsintentional” cf. [Linke,] S. 204 ff[.] – beide können nie zusammenfallen312 ([S.] 206) Das bloss Gegebene als solches kann nie als “Reiz” auftreten – [“]Reize sind naturwiss[schaftliche] u[nd] von der Naturwiss[enschaft] zu eruierende Tatbestände[”]313 ([S.] 206 etiam) Daher lässt sich auch nicht von einem “Wirklichkeitscharakter” des Wahrgenommenen, sondern nur von einer “Wirklichkeits suggestion” sprechen314 ([Linke, S.] 226) Humes ›belief‹ !315 Der Charakter der “assimilativen Wahrnehmung” besteht nun nach L[inke] darin, daß sich diese “Wirklichkeitssuggestion” von dem “eigentlich Wahrgenommenen” auf das nur “Vorgestellte” (mittelbar Wahrgenommene) überträgt und nunmehr also das Ganze in dieser Weise wirklich (“leibhaft”) erscheint – Das bedeutet auch das “Ansehen von” (s[iehe] ob[en]!)316 dieser Ausdruck geht nicht auf das Vis uelle, sondern auf das [“]wa hr ne hm ungsmässi ge Gegebensein[”] ([S.] 230) Assoziations- u[nd] reproduktionsmäss[ige] Begründ[ungen] reichen hierfür nicht aus (230 ff[.]; vgl. ob[en]!317) es handelt sich um Assimilation in dem Sinne[,] “daß die vorgestellten Bestandteile den wahrgenommen[en] “angeglichen” sind, d. h. so eng mit ihnen verbunden auftreten, daß sie selbst wahrnehmungsartig werden, am Wahrnehmungscharakter in gewisser Weise teilnehmen”318 ([S.] 232) Das z i e l t ganz richtig auf unser Problem der Praegnanz, erweist sich aber bei näherem Zusehen dennoch als eine ungenaue Beschreibung des eigentlichen G r u n d phaenomens der Praegnanz. Denn schon der Terminus der Assimilation weist doch gerade auf das “Auseinander” von Bestandteilen hin, die in der “praegnanten” Wahrnehmung in irgend einem Sinne verschmolzen, mit einander verbunden, einander “angeglichen” werden sollen – Aber mit solcher Angleichung, Verbindung oder wie die Ausdrücke alle lauten mögen, gelangen wir eben p r i n z i p i e l l über den Standpunkt der “Assoziation” nicht hinaus – Die “Verbindung” bleibt immer etwas Summenhaftes[,] hat den Charakter eines Aggregats (einer ›Und[-]Verbindung‹)
Praegnanz, symbolische Ideation
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“Assimilation” wäre doch noch immer “Aggregation” wahrgenommener +A vorgestellter Bestandteile – aber solche ›Aggregation‹, wie fest man sie auch denken möge, bleibt doch immer das Gegenteil echter Praegnanz. Was ist nun hier der eigentliche, der charakterist[ische] Unterschied? L[inke] deutet ihn selbst an, indem er gegen Wundt319 und die Assoziationspsychologen bemerkt, daß bei i hrem Begriff der Assimilation ein sehr wichtiger Punkt übersehen sei: “die wahrgenommenen u[nd] vorgestellten Bestandteile müssen gleichzeitig als Eigenschaften oder Merkmale eines u[nd] desselben Gegenstandes gegeben sein . . . Das Stück Zucker wird wahrgenommen, d[as] h[eißt] genau genommen: das individuell vorliegende Weiss wird wahrgenommen. Dieses Weiss aber haftet[,] wie jede Farbe[,] an einem räuml[ich] ausgedehnten Gegenst[ande], an dem seinerseits noch andere Momente haften, die nicht wahrgenommen werden” ([Linke, S.] 232) Hier ist das en tschei de nde Moment gesehen, ohne aber theoretisch richtig ausgewertet zu werden. Das blosse noch so enge “Beisammen” von Inhalten (wahrgenommenen u[nd] vorgestellten) würde für sich nie genügen, die Eigenart der Praegnanz zu erklären. Die “Bindung”, die die Elemente eingehen, geht durch den Begriff des Gegenstands als des identischen Bezugspunkts hindurch, ist also kategoriale Bindung – Und dadurch erhält sie eine ganz andere Natur, eine ganz andere Form – als die eines blossen undifferenzierten “Beisammen” von vorgestellten u[nd] wahrgenommenen “Bestandteilen”[.] Um Zusammenfassung von Bestandteilen handelt es sich bei der praegnanten Wahrnehmung nirgends – sondern die Praegnanz hat immer einen kategorialen Index – und die kategoriale Form ist hier das eigentlich “Bindende” – nicht als ein bloss dinglicher Kitt, der sich irgendwie z w i s ch e n die Dinge legt – sondern als eine eigentümliche Weise der Wechselbeziehung durch i d ee lle “Sicht”. Diese “Sicht” ist es, die erst das “Ansehen von” nicht sowohl e r k l ä r t , als b e s ch re i b t – sie ist ein charakterist[isches] Grund p h a e n o m e n (eben das der s y m b o l i s ch e n Ideation), das als solches durchaus sui generis ist, sich sowenig auf Urte il (Descartes) wie auf assoziative Suggestion (Berkeley etc., Humes ›belief‹) wie auf “assimilative Suggestion” (Lincke) zur ückf ühre n lässt! A
+] doppelt unterstrichen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Das einzelne Moment, das wahrgenommen wird, giebt symbolisch-integrativ und symbolisch[-]praegnant das Dingga nze – und weil in ihm und mit ihm das Dingganze nicht erschlossen, sondern ve rkörpert wird – so sind nun auch die sonst bekannten Eigenschaften des Dinges – durch Vermittlung desselben als des gemeinsamen Trägers – gewissermassen leibhaft da – sie werden in ein u[nd] derselben “Sicht” er fasst[.] Nennen wir also die “Bestandteile” a, b, c[,] so geht der Weg hier gar nicht von Bestandteil zu Bestandteil, um zwischen ihnen eine möglichst feste “Verbindung” zu schaffen – sondern die echte synthetische Einheit geht durch die Kategorie des Dinges hindurch – das gegebene a “verkörpert” das Ding-Subjekt und durch dieses x des “Dinges” hindurch finden sich nun die verschiedenen “Eigenschaften” in ganz eigentümlicher Weise zusammengeschlossen, so daßA jede einzelne die Gesamtheit der andern irgendwie “bedeutet” und “ausdrückt” – für sie “steht” [–] also nicht, wenn wir die wahrgenommenen Bestandteile mit a, b, c;B die nicht wahrgenommenen mit x, y, z bezeichnen: a + b [+ c] + x + y + z wie die Linckesche Formel der “Assimilation” etwa lauten müsste – sondern jedes einzelne a, b, c ist Ausdruck der Dingeinheit (X) und dadurch mittelbar Ausdruck all dessen, was von dieser Dingeinheit ausstrahlt, was an ihr “haftet”[.] Das kategoriale Haften ist das eigentliche Bindemittel in der praegnanten Wahrnehmung[.] Symbolisch ausgedrückt, wenn wir die einzelnen Merkmale auf einem Kre is ordnen
A B
so daß] sodaß c;] c, ;
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so brauche ich nicht auf der Peripherie des Kreises umherzugehen, um von a zu b zu c zu d zu gelangen, sondern ich gehe von irgend einem gegebenen Punkte der Peripherie (einem einzelnen wahrgenommenen Dingmoment) sogleich zum Dingzentrum – und in ihm schaue ich nun das Dingganze an – von diesem Mittelpunkt aus be s chre ibe ich gewissermassen den Gesamtkreis – die kategoriale Dingform macht mir den Gesamtumfang wie mit einem Schlage lebendig. Diese Verlebendigung, diese praegnante Vergegenwärtigung gründet sich also, wie hier deutlich wird, nicht auf irgend etwas[,] was an den einzelnen Momenten als dinglicher Bestandt ei l aufweisbar ist – noch auf eine blosseA Und-Verbindung solcher Bestandteile (Assimilation, Reproduktion, etc.)[,] sondern sieB gründet sich auf die Eigenart der kategorialen Form – die die besondere Hinsicht schafft, in der die Einzelmomente zusammenges ehen [,] zu einer praegnanten ›Schau‹ (εἰς μίαν τινα ἰδέαν)320 zusammengenommen werden – Diese Einheit der Schau, der i d e e l l e n Sicht, nicht irgend etwas am ›Bestand‹ des Sinnlichen, ist es, die die eigentümliche ›Verklammerung‹ der Momente schafft, durch die sich echt e Praegnanz von aller, sei es assoziativen, sei es ›diskursiven‹ (urteilsmässigen) “Verknüpfung”, “Verbindung” unterscheidet – Wir sagten früher, daß alle ›Praegnanz‹[,] um in ihrer Bedeutung erfasst zu werden, immer eines bestimmten “kategorialen Index” bedarf, der anzeigt, in welcher Hinsicht das einzelne praegnante Moment auf das Ganze hinweist, es repraesentiert, vertritt – Dieser Satz bedarf nun einer noch schärferen Fassung: es zeigt sich, daß die Kategorie, die HinsichtC nicht nur als Index dient, sondern daß sie dasjenige ist, worauf die Praegnanz wesentlich beruht, was für sie eigentlich konstitutiv ist – Ohne die konstitutive Bedingung, ohne die Einheitsformen und ihre spezifische Gliederung (in die “Dingform”, “Eigenschaftsform”, “Raumform”, “Zeitform” u. s. f.) würde alles Vorstellen sich in blosse mehr oder weniger feste “Verbindungen” einzelner Elemente auflösen – es käme in ihm nicht zu einer eigentlichen Einheit der Gestalt, der ideellen Sicht, zu einer ›Gegenwart‹ des Ganz en in jedem Besonderen und Einzelnen (Platons παρουσία der Ideen)321 A B C
eine blosse] einer blossen sie] es Hinsicht] Lesung unsicher
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Kraft dieser Einheit der Gest alt, des ›synthetischen‹ Prinzips, die alles Einzelne durchdringt, kann sich das Einzelne seiner Bedeutung nach niemals vom Ganzen lösen – es steht nicht nur “für” das Ganze[,] sondern es i st bedeutungsmässig geradezu das Ganze [–] (So erfasse ich in jeder einzelnen Eigenschaft das › D i n g ganze‹ und in ihm den Inbegriff, die Totalität der übrigen Eigenschaften.) – Im übrigen ist hier daran zu erinnern, daß dieses Gesetz nicht nur für das theoretische Gebiet, sondern für alle Gebiete der geistigen “Formung” überhaupt gilt – Die spezifische ›Hinsicht‹, unter der diese Formung steht, die spezifische ›Kategorie‹, durch die sie beherrscht wird, schafft immer je ein spezifisches Zusammenschauen (συνορᾶν εἰς ἑν) und mit ihr eine spezifische “Praegnanz”. So im Mythischen – das Prinzip des ›pars pro toto‹ beruht ganz hierauf – kraft der Eigenart der mythischen Synthesis kommt es geradezu zur συμ πτῶσις des Teils mit dem Ganzen u[nd] des einzelnen Teils mit allen Teilen – In jedem einzelnen Exemplar hat das myth[ische] Denken die ›Gattung‹, der es angehört, unmittelbar g eg enwärt ig – Und diese ›Gegenwart‹ ist – auf Grund der veränderten M odalität der mythischen Kategorien – hier dann auch eine ganz andere als im theoretischen Gebiet – Hier wird in der einen ›Eigenschaft‹ nicht nur das Gesamt›ding‹ und mit ihm der Inbegriff seiner sonstigen ›Eigenschaften‹, ›Merkmale‹ wa h r ne hm ungsm äßi g (als “objektives” Merkmal) erfasst – sondern der symbolische Bezug geht auf das ›Subjekt‹ im mythischen Sinne – dieses Subjekt, als wirkende Potenz, ist für das myth[ische] Denken in jeder seiner Ä u s s e r u n g e n unmittelbar da, unmittelbar g e g e n wä r ti g [,] unmittelbar lebendig: der Däm on des Regens lebt in jedem Wassertropfen (cf. Sprache u[nd] Mythos)322 Forts[etzung] s[iehe Zettel] Praegnanz γ2!
Praegnanz
γ2)A
Hier gilt nicht nur ein “Ansehen von”, wieB ich etwa dem Zucker die Eigenschaft der Süsse “ansehen” kann – A
γ2)] am rechten Rand
B
wie] über der Zeile statt gestrichenem: sodaß
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hier gilt nicht nur die wahrnehmungsmässige ›Feststellung‹ – sondern die mythische Gegenwart ist erlebte Gegenwart – im einzelnen w i rk t und offe nbart sich das Ganze – seine Offenbarung u[nd] seine Wirkung sind eins – Wieder anders gestaltet sich diese Praegnanz im aesthet[ischen] Gebiet. Hier ergiebt sich eine neue Art der Verkettung, Verklammerung – und auf ihr beruht geradezu die aesthetische Einheit u[nd] die aesthet[ische] Vollendung des Kunstwerks. Wir haben den Eindruck daß wir aus einem echten Kunstwerk kein Moment “herausnehmen” können[,] ohne das Ganze zu zerstören – Das Einzelne ist hier der Träger jener Einheit der “Stimmung”, die durch das Ganze geht – jede Änderung irgend eines Einzelzugs eines Gemäldes, oder einer Symphonie, vermag diese Einheit der “Stimmung”, der spezifisch aesthetischen “Sicht”[,] aus der gerade d i e s e s Kunstwerk geboren wurde, zu vernichten – Lessings Wort, daß man eher dem Herkules seine Keule nehmen könnte, als dem Shakespeare einen Vers!323 Und über jedem vollkommenen lyrischen Gedicht (etwa einem Goetheschen oder Hölderlin’schen) liegt diese eigentümliche, individuelle Stimmungs-Praegnanz – diese rein “thematische” Praegnanz, die nichts mehr mit der Welt der Dinge (etwa mit der “objektiven” Bedeutung der in dem Dichtwerk auftretenden Sprach-“Beg ri ffe ”) noch mit der Welt wirkender Kräfte, mit der Richtung auf den Willen, mit Furcht und Hoffnung, wie sie im myth[ischen] Erlebnis u[nd] in der mythischen Weltauffassung bestimmend sind[,] zu thun hat – sondern in der die Welt der Töne, Farben, Gestalten sich loslöst von dieser ganzen “wirklichen” u[nd] “wirkenden” Welt, um nur noch in ihrer eigenen Ebene zu schwingen, in ihrer eigentümlichen “Stimmung” erfasst zu werden.
Daß für das charakteristische Erlebnis der Wahrnehmungs p ra e g n a n z nicht der Inhalt des Wahrgenommenen, sondern seine kategoriale Formung, seine kategoriale “Bedeutsamkeit” entscheidend ist – das kann man sich übrigens auch an den Wertheimer’schen Bewegungsversuchen324 klar machen – Denn auch hier kommt, wenn man die Ergebnisse Wertheimer’s325 näher betrachtet, im Grunde alles darauf an, ob die successiv dargebotenen “Reize” als verschiedene örtliche “Lagen” ei n und des selb en Gegenstandes aufgefasst werden –
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Kann diese (kategoriale) Auffassung durch die Versuchsbedingungen erzwungen werden, so ist der “Bewegungseindruck” in voller Unmittelbarkeit, in echter Praeg nanz da – gleichviel ob in der “objektiven”, physikalisch-“wirklichen” Welt eine “objektive” Bewegung als Reiz vorliegt. Näheres hierzu s[iehe] unter [dem Zettel] ›Bewegung‹!
In anderer Richtung ist hier vor allem auf die pathologischen Erfahrungen zu verweisen, die deutlich zeigen, wie die ›Praegnanz‹ an die kateg oriale Formung gebunden ist – Störungen der ›kategorialen‹ Auffassung bedingen einen Verlust der spezifischen Praegnanz – Auch hier versucht man vergeblich, das Entscheidende in der Qualität des sinnlichen Material s aufzuweisen (etwa Verlust der Wortb ilder, der Schriftbil der u. s. f.) oder in der Unterbrechung von “Assoziationsbahnen” etc. sondern die eigentl[iche] Störung (auch bei optischer Agnosie etc.) liegt in einer Veränderung des ›kategorialen Verhaltens‹ (Goldstein-Gelb.326) s[iehe] h[ie]rz[u] bes[onders] unter Ag nosie, Aphasie 327 [–] auch diese Fälle zeigen sehr deutlich, daß eine Theorie der blossen “Assimilation” zu ihrem Verständnis nicht ausreicht. L i n cke s Theorie der Assimilation führt zuletzt doch wieder auf die subjek ti ve Fassung des ›belief‹ (Hume)328 zurück cf. [Linke,] S. 234 “assimilative Wahrnehmung liegt [also] dann vor, wenn ein [(]eigentlich[)] Wahrgenommenes zwangsläufig als einem Vorgestellten (als Moment oder Merkmal) zukommend gegeben ist.”329 Diese subjektive “Zwangsläufigkeit” wird aber eben nur dann verständlich, wenn man sie auf ihren objektiven Grund, auf die ›Affinit ät‹ im transscendentalen Sinne zurückführt – und diese wird erst durch die k a t e g o r i a l e Fassung (durch die spezif[ische] “Sicht”) konstituiert[;] die Wirklichkeits s u g g e st i o n als solche ist das P ro b l e m – zu seiner Lösung genügt es nicht[,] auf die “assimilative” Wahrn[ehmung] als ›zwangsläufige‹ zu verweisen – denn damit wird ja offenbar das Problem nicht gelöst, sondern nur wiederholt.A
A
wiederholt.] danach ¹⁄³ der Ms.-S. leer
Praegnanz, symbolische Ideation
Praeg n an z
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Auch zur ‘Ps ychopat hologie’ γ3)A
Das Verhältnis des Problems der “Praegnanz” zu dem der “kategorialen Fo r m ” (vgl. Praegnanz γ1 u[nd] γ2)330 lässt sich näher noch in der folgenden Weise entwickeln. – Alle ‘Praegnanz’ bedeutet letzten Endes ein anschauliches Enthaltensein des “Ganzen” in jedem einzelnen “Moment” – jedes Moment hat die Kraft, das Ganze, in dem es steht, zu vertreten, zu “repraesentieren[”] – es unmittelbar symbolisch lebendig zu machen – Aber woher eignet ihm diese Kraft; was befähigt das einzelne unselbständige Moment in dieser Weise für das Ganze zu stehen – Die Assoziationstheorie hat hierauf nur eine Antwort: die an sich selbständigen, we s e n s m ä ß i g einander fremden Elemente wachsen durch das Beisammen, innerhalb der E rfahru ng enger u[nd] enger zusammen – es bilden sich Verbindungen, die in der Hauptsache auf der räumlichzeitlichen Kontig ui tät, event[uell] auf derB ›Ähnlichkeit‹ (– die selbst wieder durch die Gleichheit eines sinnlich gegebenen u[nd] sinnlich aufzeigbaren Tatbestands besteht –) der Elemente beruht. – Gesetz der Ähnlichkeits- und Berührungsassoziation: was zeitlich räumlich einmal mit einander in noch so “zufällige” Berührung gekommen ist, das ›haftet‹ irgendwie an einander – hat die Tendenz[,] sich wechselweise in der Vorstellung wieder zu reproduzieren – Daß auf diesem Wege keine Praegnanz in u n s e re m Sinne zu stande kommen kann, ist klar – das noch so enge räumlich-zeitliche Beieinander ergiebt eben niemals jenes ›Ineinander‹, welches das eigentliche u[nd] eigentümliche Wesen der Praegnanz ausmacht – Dieses ›Ineinander‹ kann überhaupt durch blosse Summation oder durch noch so nahe Berührung (Kontiguität) selbständiger ‘Elemente’ niemals entstehen – sondern es setzt eine Einheit des Sinngefüges C voraus, die als solche ursprünglich, die ›früher‹ als die Elemente selbst istD – Wollten wir also unser Gesetz der (symbolischen) Praegnanz nach Analogie der “Assoziationsgesetze” formulieren, so müssten wir es etwa wie folgt tunE[:] A
γ3)] auf rechtem Rand
der] statt gestrichenem: ihrer sinnlichen S i nnge füg es] ge füges doppelt unterstrichen D ist] sind E tun] hat B
C
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Jedes Element (unselbständige Moment) eines Sinngefüges kann als Träger des Ganz en[,] dieses Sinngefüges fungieren, – kann die Einheit des Gefüges als solche darstellen u[nd] ausdrücken. Statt die “Verknüpfung” (Synthesis) assoziativ aus den Elementen, als selbständig daseiende,A aufzubauen – gehen wir also von der Einheit des Sinnesgefüges (von der kategorialen Zuordnung, der Det erminati on durch irgend eine sinnvolle Form) aus – und aus dieser Einheit des Sinngefüges wird dann erst durch den Prozess, den wir symbolische “Verdichtung” genannt haben, ein Element (als unse lbständi g es Moment, nicht als “Teil”) heraus-gesehen, gewissermassen heraus-krystallisiert – diesem Element wohnt dann die Kraft inne, das Ganze nicht etwa vorstellungsmässig aus sich zu erzeugen, wohl aber es zu vertreten – was es in sich fasst, ist keineswegs die Mannigfaltigkeit u[nd] Verschiedenheit seiner Teile, wohl aber das Spezifische seiner ›Bedeutung‹ (des Bedeutungs-Zusammenhangs u[nd] der kategorialen Determination) – u[nd] das ist kein Wunder, weil ja das ‘Element’ sich überhaupt niemals aus diesem Zusammenhang gelöst hat, weil es überhaupt nur in H i n blick au f i hn seine eigene Besti mmtheit besitzt. – Jedes sinnvolle Moment eines Ganzen stellt in sich das Ganze eben jenes Sinnes dar, dem es angehört, dem es als Moment eingegliedert ist – denn ohne diese Darstellung wäre es ja zum blossen “Teil” entartet, würde es gar nicht mehr sinnvoll, Element eben dieses spezifischen Sinnzusammenhangs sein. Der “Sinn” als Ganzes lässt sich ja niemals in Teile, sowenig wie ein Satz in Worte und Buchstaben, “zerlegen” – sondern jede Einheit – u[nd] Untereinheit [–] ist durchdru ngen vom “Ganzen” des Sinnes – Und so genügt das blosse “Anklingen” jedes Moments, das einmal in einem best[immten] Sinnzusammenhang uns gegenwärtig war, um den volle n Sinn zur vollen Gegenwart wieder erwachen zu lassen. 〈 B– Der Ausdruck des ›Anklingens‹ ist der aesthet[ischen] Sphaere entnommen – an der man sich das bezeichnete Verhältnis besonders deutlich machen kann – Im echten Kunstwerk herrscht eben jene “Determination” alles Besonderen, Einzelnen durch die Einheit des aesthet[ischen] “Sinnes” des Ganzen – hier soll schlechthin nichts “zufällig” sein, sondern irgendwie mit dem Ganzen “verwoben” sein – A B
daseiende,] daseienden, 〈] im Text findet sich kein die Einklammerung beendendes 〉
Praegnanz, symbolische Ideation
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insbesondere auch die “Erlebnismomente”, die in das Kunstwerk eingehen – vgl. Goethe über den Werther331 – das Verwobensein – oder in einem lyrischen, einem musikalischen Kunstwerk – alles ist wie “eingetaucht” in die Einheit des Sinnes, der spezifischen, ganz-individuellen Sti mmu ng , die über dem Ganzen liegt – Nichts lässt sich herauslösen, ohne diese Einheit der Stimmung zu gefährden, u[nter] Umst[änden] ganz zu zerstören – (Goethe: Über allen Wipfeln ist Ruh . . .332) u[nd] andrerseits genügt jedes noch so flüchtige Element, jeder Worthauch, jeder Klang, jedes flüchtige Licht[,] um das G anze dieser Stimmung wieder in uns hervorzuzaubern – eben darin besteht ja die eigentümliche Mag ie des Kunstwerks – [〉] Aber die gleiche Mag ie tritt uns wie in der aesthet[ischen] Sphaere, so auch in jeder Sinnsphaere entgegen – die u rs p r ü n g l i ch e Determination, das Sinn-Zueinander, in dem die Elemente von Anfang an stehen, erweist sich auch hier als die eigentliche bindende Kraft; – sie schafft eine gewissermassen unzerstörbareA Bindung – Die “Assoziation” vermöchte weder die M o d a l i t ä t B[,] dieses Zueinander (im l o g i s ch e n Sinne: die Apodiktizität, die “Notwendigkeit der Verknüpfung”333 (Kant))[,] noch die Spezifizität des Zueinander (die spezifische Sinneinheit) zu erklären – Setzen wir aber die spezifische Sinn-Einheit als das E rst e , das nicht selbst der “Erklärung” bedarf, weil alle “Möglichkeit der Erklärung” vielmehr auf ihr beruht, – so löst sich sofort das Geheimnis der symbolischen “Praegnanz” der Teile – denn diese “Praegnanz” ist gewissermassen der Geburtsbrief, durch den sie als aus einer bestimmten Sphaere des Sinnes “stammend” gekennzeichnet sind. – Das lässt sich in jeder Sphaere des Sinnes u[nd] des symbol[ischen] Ausdrucks als gültig aufweisen – so z. B. in der Sprache – die n o m i n a l i st i s ch e Theorie geht vom ‘Wort’ aus u[nd] lässt dieses durch willkürliche Association, als blosses Zeichen, mit dem an sich gegebenen “Ding” verbunden sein – die symbolische Theorie der Sprache geht vom Satz, von der Einheit des grammatisch-logischen Sinnes aus, und sie sucht zu zeigen, wie der A B
unzerstörbare] unzerstörliche Modal ität] unter der Zeile statt gestrichenem: Qualit ät
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Zusammenhang der Sprache, der im Satz lebendig ist[,] sich seinerseits auch im Aufbau der Wahrnehmungswelt bewährt, wie d i e s e l b e “bildende Synthesis”334 (Kant)[,] die in der Sprache den Satz u[nd] das Ganze der “Rede” (Logos) bedingt, auch erst die “syntaktische” Gliederung A der Wahrnehmungswelt (das “kategoriale Verhalten” !) ermöglicht. Und so giebt es eine analoge ›Synthese‹ als das Erste u[nd] Ursprüngliche, als Einheit eines Bedeutungszu sammenhangs auch in allen andern Gebieten: insbesondere in der Ku nst[,] im M yt hos, in der Wiss en schaft . . . In dem Augenblick, wo die Sinn-Formung, die Sinn-Determination (das Zu einander statt des blossen Neben- oder Nacheinander) angegriffen ist – wie dies in bestimmten patholog[ischen] Fällen geschieht – schwindet auch der Sinn der ›Praegnanz‹ – Unter d i e s e m Gesichtspunkt sind die patholog[ischen] Fälle zu betrachten – sie beruhen auf dem Abbau irgend einer solchen Sinn-D ete r m inati on (z. B. in der aesthetischen Sphaere die Fälle von “Amusie”!) derB immer gleichbedeutend ist a) mit einem Schwinden der Praegnanz b) mit einer Änderung des “kategorialen Verhaltens”. Auch hier beruht die eigentl[iche] Störung nie a) im Verlust bestimmter Empfindungen b) in der Unterbrech[ung] von Assoziationsbahnen[,] sondern in einem Wandel, einer Minderung des spezifischen Sinn-Zueinander (physiologisch: in der gesamten Funktions-Weise des Gehirns (Head)335[)]. Man kann sagen, daß den Kranken nicht sowohl der Sinn (= die sinnliche Wahrnehmung) für etwas (z. B. die Wahrnehmung für Wortklänge, für Schriftzeichen) als vielmehr der Sinn von etwas abgeht (z. B. der Sinn von rot, blau im Sinne einer bestimmten Reihung[,] k ategorial[en] Auffassung) – die Sprache bezeichnet beides freilich aequivok, wir sagen, daß ein Mensch keinen “Sinn für Musik”, für Mathematik habe – aber wir meinen damit nicht die sinnl[liche] Perzept ion[,] sondern ein bestimmtes geistiges (amusisches oder a-mathematisches) “Verhalten”[.]C
A B C
Glied erung] doppelt unterstrichen der] Lesung unsicher, weil überschrieben, bezieht sich auf: Abbau “Verhalten”.] restliche ¾ der Seite leer
VORT RAG: SYMBO LPROBLEM A Zürich, 20. Februar 1932
1[.] Als Fr[iedrich] Theodor Vischer336 vor ungefähr einem halben Jahrhundert in der Festschrift zu Ed[uard] Zeller’s 50[-]jährigem Doktorjubiläum die a e st h e t i s ch e B e d e u t u n g d e s Sy m b o l b e g r i f fs u n t e r s ucht e – da bezeichnete er diesen Begriff als einen “gestaltwechselnden Proteus”,337 der schwer zu packen sei, und der Jedem, der ihn zu fassen suche, unter den Händen zu entschlüpfen drohe. In der Tat genügtB ein Blick auf die Ge schichte der Aesthetik, um uns zu zeigen, welche reiche, vielseitige und fruchtbare Wirkung der Symbolbegriff hier geübt hat. Aber diese Vielseitigkeit scheint auch sein eigentlicher Fluch zu sein – giebt es doch kaum zwei hervorragende AesthetikerC, die den Begriff wirklich streng in d e m s e l b e n Sinne genommen hätten. Er schillert vielmehr in den mannigfaltigsten Bedeutungen: und es scheint oft schwer, wo nicht unmöglich, alle diese Bedeutungen mit einander zu vereinbaren und sie auf einen Mittelpunkt zu beziehen. Diese Schwierigkeit steigert und verschärft sich noch, wenn man, wie es in den folgenden Betrachtungen geschehen soll, den Symbolbegriff so weit nimmt, daß er keinem einzelnen G e b i e t des Geistigen angehört, – sondern daß er vielmehr zu einer Grundfunktion des Geistigen wird: einer Funktion, die überall wirksam ist, wo es überhaupt so etwas wie ein geistiges ›Verstehen‹ und wie den Aufbau einer geistigen ›Welt‹ gibt. Dann dürften wir uns nicht damit begnügen, die Art dieser Funktion in irgend einem, auch noch so umfassenden Te i l g e b i e t zu untersuchen u[nd] aufzuweisen; wir müssen sie vielmehr durch das G a n z e der geistigen Äusserungen hindurch verfolgen; wir müssen sie im Gebiet der Sprache, der Kunst, der Religion und endlich auch der theoretischen Erkenntnis aufsuchen und in jedem dieser Gebiete ihre charakteristische Leistung aufzuzeigen versuchen. Aber mit dieser gewaltigen Ausdehnung des Umfangs, den der Symbolbegriff hierdurch erfährt, scheint freilich sein I nhalt immer unbestimmter und problematischer zu werden. Ist es wirklich noch eine ideelle Einhe it – so kann man fragen –[,] die man in dieser Fülle der Gestalten zu fassen bekommt? Tritt nicht vielmehr bei jedem Fortgang Vo r t ra g : Sy m b o l p ro b l e m ] auf Bl. 3r gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 1 B genügt] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: lehrt C Aesthetiker] evtl. Aesthetiken
A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
von e inem Gebiet ins andere eine wahrhafte μετάβασις εἰς άλλο γένος ein? Erfährt nicht jedesmal das ›Wo r t ‹ , u[nd] der B e g r i f f A “Symbol” eine Bedeutungsverschiebung und unterliegt es nicht zuletzt einem völligen Bedeutungs wa n d e l , wenn man es bald in seinem aesthetischen, bald in seinem religiösen, bald in seinem streng-logischen Sinne nimmt. Das eine freilich lässt sich sagen, daß dieser umfassende Gebrauch keineswegs Wi l lkür –[,] daß er nicht etwa eine blosse philosophische Abstraktion und eine philosophische “ E r f i n d u n g ” ist. Die Philosophie der Kultur sieht sich hier vielmehr einem Tatbestand gegenüber, den sie nicht geschaffen hat und den sie als Phaenomen einfach anzuerkennen hat. Es ist die immanente und die selbstgesetzliche, die autonome Entwicklung des Geistes, die den Symbolbegriff zu dieser universellen und zu dieser zentralen Stellung verholfen hat.B NichtC die Spekulation, D nicht irgend ein willkürlich-erdachtes philosophisches System hat ihm diese Stellung angewiesen: sie ist vielmehr ein Grundfaktum der Kultur, das die Philosophie als solches anzuerkennen und das sie nach den “Bedingungen seiner Möglichkeit” zu befragen hat.E 2.F Ich beginne,G ehe ich zur s yst e m a t i s ch e n Untersuchung fortschreite, mit einer anthropologischen Vorfrage.H Anthropol[ogie] als
und der Begriff] in Bleistift auf rechtem Rand hinzugefügt verholfen hat.] Danach Absatz eingeklammert und in Bleistift mit diagonaler Linie gestrichen: 〈Wenn wir dem U rs p r u n g des Symbolbegriffs nachzugehen suchen, so werden wir unverkennbar auf das religiöse Gebiet zurückgeführt. Aber in dieser Sphaere, der er wesentlich und urtümlich anzugehören scheint, findet sich noch nichts von jener sp ezi fisch en Bedeutung, in welcher wir ihn heute zu nehmen pflegen. Denn hier haftet dem Symbol Abbruch des Textes C Nicht] im Ms. nicht eingerückt D S p e k u l a t i o n , ] gegenüber auf linkem Rand in Bleistift: kritische Philosophie hat von Fakten auszugehen E zu befragen hat.] restliches Viertel von Bl. 4v (Ms.-S. 4) leer, danach Bl. 5 – Rückseite des das Konvolut umgreifenden Bogens – ebenfalls leer. F 2.] im Ms. nicht eingerückt G 2. Ich beginne,] Fortsetzung des Vortragstextes, gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 8 H anthropolo gi schen Vorfrage.] hier beginnendes weiteres Konvolut (Bl. 7–32, Ms.-S. 8–39) wird von einem Bg. (Bl. 6r / v, 33v, Bl. 33r [leer], Kopfbogenaufdruck: Schloss-Hotel Karlsruhe i. B. [. . .]) umgriffen, der mit einem Entwurf zur modernen philosophischen Anthropologie beschrieben ist, was jedoch in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem vorliegenden Vortragstext steht; siehe dazu auch Editorische Hinweise, S. 323 f. Dieser Entwurf lautet: Stellung des Formproblems in der modernen philos[ophischen] Anthropologie a) Begriff der philos[ophischen] Anthropol[ogie] / Das Unterscheid[ende] des ›Menschen‹ – nicht in der somatischen Struktur, nicht in irgendwelchen “Eigenschaften” u[nd] Merkmalen, durch die er sich von der Tierwelt absondert – / sonA
B
Vortrag: Symbolproblem
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Grundfrage der mod[ernen] Philos[ophie.]A Was ist es, das das Symbol im Kreise der ›m en schli che n‹ Welt leistet – und was bedeutet es für den Au f b a u der spezifisch-menschlichen Welt? Die A n t wo r t auf diese Frage scheint sich unmittelbar aufzudrängen: die Symbolfunktion ist eben dasjenige Phaenomen, durch welchesB sich das menschliche Dasein ursprünglich kon stitui ert und durch welches es sich von allem anderen bloss-vitalen Sein charakteristisch unterscheidet. Die Fähigkeit, Symbole dern nur in seiner Aktualität, im Ganzen seines “Daseins”, das ein Ganzes von Funktionen ist[.] / [unterstrichenes Einschubzeichen, Bezug unklar] b) Es ist ersichtlich, daß hier die Welt der Form den entscheidenden Einschnitt bildet – / Die scholast[ische] Philos[ophie] ›capax Dei‹ / ›capax formae‹338 – Der Mensch ist das sprechende u[nd] das bildende Wesen – / Das Tier lebt mit und in seiner Umwelt; es erhält von ihr Wirkungen u[nd] wirkt auf sie ein – / Der Mensch aber spinnt eine eigene Welt aus sich heraus – / Sprache, Mythos, Kunst, Religion – sie begegnen sich in der Funktion der Darstellung – / Je höher wir aufsteigen, um so mehr finden wir, daß der Mensch nicht sowohl in einer Welt der Ge ge nstä nde als vielmehr in einer Welt der Bil der lebt[.] c) Wie verhält [sich] diese Welt der Bilder zur unmittelbaren ‘Wirklichkeit’, in der das Tier aufgeht[?] / 1) Klages – Abfall, Sündenfall339 / Mit dem Geist, mit dem Reich der Form bricht eine ausserweltliche Macht in die Sphaere des Lebens ein [–] / vampyrische Macht des Geistes / 2) Scheler – / Derselbe scharfe Dualismus – / Geist lässt sich niemals als Entwi ckl ung des Lebens verstehen – “Das neue Prinzip, das den Menschen zum Menschen macht[,] steht ausserhalb alles dessen, was wir Leben im weitesten Sinne nennen. Das was den M[enschen] zum M[enschen] macht[,] ist ein allem Leben überh[aupt] en tgegen gesetztes Prinzip, das man als solches überhaupt nicht auf die natürl[iche] Lebensord[nung] zurückführen kann.”340 / Aber Scheler bejaht im Untersch[ied] zu Klages dieses Prinzip – es ist ihm das Wert-überlegene. / Aber darum nicht etwa an Wirksamkeit überlegen – / Im Gegenteil: alle Wi rks[amkei t] kommt der rein vitalen Sphaere zu – / der Geist [ist] ein inertes, ohnmächtiges Prinzip – / er hält dem Leben Idee[n] vor, ohne sie verwirkl[ichen] zu können – / Wie kommt es zu dieser Verwirklichung – / [der] Mensch als Asket des Lebens – “Neinsager des Lebens”341 / er ist das Wesen, das sich zu seinem Leben asketisch verhalten kann[.] / 3) Krit ik / “Menschengeist u[nd] Menschenwollen kann nie mehr bedeuten als Leitung u[nd] Lenkung. Und das bedeutet immer nur, daß der Geist als solcher den Triebmächten Ideen vorhält[”]342, nicht aber[,] daß er selbst eine eigene, ihm ursprüngl[ich] angehör[ende] Kraft zur Verwirkl[ichung] dieser Ideen einsetzt [–] / unser Standp[unkt:] / Energie des Wirkens – Energie des reinen Bildens [–] / Der menschl[iche] Geist kehrt sich nicht direkt gegen die Dinge, sondern spinnt sich in eine Welt der Bilder ein. / Uexküll: Merkwelt u[nd] Wirkwelt [–] / Das Bemerken des Tieres [ist] nur ein Teil seines Bewirkens u[nd] vice versa / Vergangenes in ein Bild zu verwandeln / Energie der Fo rm / “Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist u[nd] er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt”.343 A Anthropologie . . . Philosophie.] Bemerkung in Bleistift auf rechtem Rand, Einschubort markiert B durch welches] statt gestrichenem: kraft dessen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
zu bilden, Symbole zu verstehen, in Symbolen zu leb en: dies alles ist die spezifische Gabe des Menschen; ist der Anfangs- und Ansatzpunkt der menschlichen Welt. Und dieser Anfangspunkt bildet zugleich in gewissem Sinne ihren Endpunkt: der terminus a quo ist zugleich der terminus ad quem344. Der Mensch w i rd zum Menschen durch das Symbol, durch die Sprache, durch die Kunst, durch die Religion – aber er scheint auch im Wesentlichen in diesem Kreise verharren zu müssen. Er scheint an die Funktion des symbolischen Ausdrucks gebunden zu sein: und er scheint sofort den sicheren Boden unter den Füssen zu verlieren, wenn er versucht, sich von ihm loszulösen und den Flug ins Absolute, ins Bildlose zu wagen. Immer wieder freilich haben sowohl die Mystik, wie die spekulative Philosophie, diesen Flug von ihm verlangt – haben sie gefordert, daß der Mensch den ›Schleier der Maya‹345 von sich werfen solle, um Auge in Auge der Wahrheit selbst gegenüberzustehen. In der indischen Spekulation bereits beginnt dieser Kampf gegen die gefährlicheA Illusion, der der Mensch verfällt, wenn er sich mit klammernden Organen346 an die Welt der Namen und an die Welt der Gestalt festhält. Gestalt und Name (nama, rupa)347 sind die Scheidewand, die uns von der Anschauung des wahrhaft, des wesentlich-Seienden trennt. Aber so tief diese Sehnsucht nach dem Absoluten, als dem Namenlosen und dem Bildlosen[,] in der menschlichen Natur wurzelt, so sehr scheint ihr die unmittelbare Erfüllung versagt. Wo immer wir irgend eine Aus-Sage über das Absolute versuchen, sehen wir uns durch sie im Kreise des “Sagens” selbst festgehalten – sehen wir uns um so tiefer in die Welt der Gleichnisse verstrickt. Hier scheint daher die bewusste Entsagung “der Weisheit letzter Schluss”348 zu sein. Es sind die reichsten und die tiefsten Geister, die diese Entsagung geübt haben. “Das Wahre mit dem Göttlichen identisch” – so sagt Goethe im Versuch einer Witterungslehre vom Jahre 1825 – [“]lässt sich niemals direkt von uns erkennen; wir schauen es nur im Abglanz, im Beispiel, Symbol, in einzelnen und verwandten Erscheinungen; wir werden es gewahr als unbegreifliches Leben und können dem Wunsch nicht entsagen, es dennoch zu begreifen.”349 Aber dieses Begreifen vollzieht sich nicht in dem Sinne, daß wir den Kreis der Symbole schlechthin durchbrechen , sondern daß wir ihn vollständig d u rch m e s s e n –, “willst Du ins Unendliche schreiten, / Geh’ nur im Endlichen nach allen Seiten”.350 Der Mensch ist immer wieder als das “vernünftige Tier”[,] als das ›animal rationale‹ definiert worden. Aber diese Definition bleibt unbefriedigend, wenn man die ›Vernunft‹ auf die eigentlich- l o g i s ch e Sphaere beschränktB – wenn man sie im wesentlichen mit der Fähigkeit des diskursiven Denkens A B
gefährliche] statt gestrichenem: grundlegende beschränkt] über der Zeile statt gestrichenem: begrenzt
Vortrag: Symbolproblem
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zusammenfallen lässt. Der Mensch ist ein denkendes Wesen nur insofern er ein wesentlich- und ursprünglich-vo rst el lend es Wesen ist; und von dieser Funktion der “Vorstellung” muss man seinen Ausgang nehmen,A wenn man seine Stelle innerhalb der Lebewesen scharf und bestimmt bezeichnen will. Wir brauchen dem Tier nicht, wie es Descartes getan hat und wie es der moderne Behaviourismus tut, die Empfindung oder Wahrnehmung abzusprechen: aber an der “Vorstellung”, im strengen Sinne des Wortes, findet alles tierische Dasein seine Grenze. Denn dieses Dasein geht in der unmittelbaren Geg enwart auf. Ein gegenwärtiger Reiz löst hierB unmittelbar eine ihm entsprechende Empfindung und diese wieder eine zugehörige Bewegung aus.C In dem Augenblick aber, wo wir das Gebiet des geistigen Seins betreten, wo wir den Menschen als Schöpfer bestimmter geistiger WeltenD (der Sprache, der Kunst, des Mythos u. s. f.) betrachten, hört diese einfache Unmittelbarkeit, dieses Aufgehen in der Gegenwart und dieses Gefangensein in ihr, auf. Denn dies eben ist die Weise der ›Vorstellung‹, daß in ihr nicht nur ein einfach-Anwes endes aufgenommen und auf dasselbe in irgend einer Weise reagiert wird – sondern daß unser Blick das Gegenwärtige gleichsam d u rch d r i n g t ;E daß er das Anwesende nur als einen Anlass und Ausgangspunkt benutzt, um durch es hindurch und über es hinaus, ein von ihm Verschiedenes, ein nicht-Gegenwärtiges zu betrachten und sich fest auf dasselbe zu richten. Mit dieser ei ne n Wendung ist eine radikale Umwandlung gegeben. Die blosse Gegenwart, die Praesenz der Dinge, hat ihreF ausschließliche Herrschaft über den Menschen verloren; der Mensch lebt, statt in ihr allein, in einer Welt der Repraesentati on, die er immer weiter ausdehnt und die er immer freier gestaltet. Diese innere Zusammengehörigkeit, diese durchgreifende Wechselbeziehung zwischen Praesenz und Repraesentation, bildet fortan das Grundmotiv alles “psychischen” und das Grundmoment alles “geistigen” Lebens. Denn die Bewusstseinsform des Men-
Ausgang nehmen,] auf linkem Rand in Bleistift Einschubzeichen und Bemerkung: ›capax formae‹ / s[iehe] Blatt a B hier] danach gestrichen: unmittelbar C Bewegung aus.] danach in Bleistift gestrichen, Ende der Streichung durch Einklammerung markiert: [〈]Jedes Tier ist in diesem Sinne – um es in der Terminologie des Biologen Ü x k ü l l auszudrücken – in ein bestimmtes M e r k n e t z und in ein bestimmtes Wirknetz eingesponnen – und beide zusammen mache[n], in ihrer Abgestimmtheit und in ihrem ständigen In-Einander-Spielen[,] das Ganze seines Lebens und seines eigentümlichen “Funktionskreises” aus.〉351 D Welten] Welten, E das Gegenwärtige . . . d urchd ri ngt;] über der Zeile statt gestrichenem: , durch das Medium dieses Anwesenden hindurch, auf ein anderes, von ihm Verschiedenes, F ihre] danach gestrichen: entscheidende Macht verl[oren] A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
schen ist an die Zei tform seiner Erlebnisse gebunden: und das Wesentliche dieser Zeitform besteht darin, daß sie sich in drei verschiedene D ime nsi onen erstreckt und sich nichtsdestoweniger in ihnen allen als eine ungeteilte und ungebrochene Ganzheit erhält. Leibniz bezeichnet dieses Grundphaenomen alles bewussten Lebens durch den Satz, daß für ein vorstellendes Subjekt,A daß für die ›Monade‹, alle Gegenwart mit Vergangenem erfüllt und mit Zukünftigem schwanger ist: ›le présent est chargé du passé et gros de l’avenir‹.352 Hier stehen wir an der Schwelle alles eigentlich- i d e e l l e n Daseins. Denn alle Idealität greift in die Vergangenheit zurück und in die Zukunft voraus. Sie ist zugleich nach vorwärts wie nach rückwärts gewandt: sie benutzt das ›Reale‹, die unmittelbare Wirklichkeit und Wirksamkeit des Augenblicks nur wie einen Durchgangspunkt, den das Bewusstsein in seiner steten Oszillation, in seiner Schwingung zwischen dem Vergangenen und dem Künftigen durchschreitet. Die Gegenwart des Menschen wird zur vollenB und zur geistig-durchdrungenen Gegenwart nur dadurch, daß sie sich in dieser Weise entfaltet – daß sie zur Vor- und Rückschau, zur Erinnerung und Erwartung wird. 〈“Gewiss,C der uns mit solcher Denkkraft schuf – Vorauszusehen und rückwärts[,] gab uns nicht – Die Fähigkeit der göttlichen Vernunft – um ungebraucht in uns zu schimmeln”353 – sagt Hamlet und in diesem Shakespeare-Wort ist in der Tat der Begriff der Vernunft in seinem weitesten menschlichen Sinne genommen und bestimmt.〉 Die Rückschau und die Voraus-Schau sindD ihre eigentlich-bildenden Kräfte – sie sind es, die dem menschlichen Dasein erst zu seinem charakteristischen Gesichts-Kreis, zu seinem eigentümlichen “Horizont” verhelfen. Dieser Horizont ist auf der einen Seite der ges chichtliche Horizont. Die Form der ›Er-Innerung‹, die für alles geschichtliche Bewusstsein wesentlich ist, schafft erst jene Art von ›Innerlichkeit‹, die den Menschen als solchen auszeichnet. Kein tierisches Dasein ist dieser aus der Erinnerung erwachsenden Innerlichkeit fähig; kein Tier hat eine Geschichte und wei ss um seine Geschichte. Und auch beim Menschen selbst ringt sich dieses Wissen erst allmählich los: es ist bekannt, wie sehr das kindliche Bewusstsein und das Bewusstsein der Naturvölker noch unmittelbargegenwartsgebunden ist und wie schwer es ihm fällt, sich der Bindung durch die sinnliche Gegenwart zu entreissen. Aber erst wenn dies gelungen istE, wenn die volle Energie der Erinnerung als eines eigentümlichen Subjekt,] danach gestrichen: und in der Vorstellung nicht auch vollen] statt gestrichenem: wahrhaft-erfüllten C “Gewiss,] ›Gewiss,‹ D sind] statt gestrichenem: falle[n] E ist] über der Zeile eingefügt
A
B
Vortrag: Symbolproblem
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Inne-Seins und Inne[-]Werdens eingesetzt hat, lebt der Mensch in einer nicht nur vorhandenen, sondern erfüllten Gegenwart. Und wieA er sich auf die entlegensten A n f ä n g e zurückwendet, so wendet er sich den fernsten Zie le n zu. Anfang und Ziel, Prinzip undB Telos: sie bilden den Ring, der unser menschliches Dasein umschliesst. Die Kraft der Rückbesinnung und die Kraft der Vorau s-Sicht: sie bezeichnen gewissermassen die beiden Sehstrahlen, denenC gemäss wir das Bild unseres Daseins, das Bild der Welt wie das unseres eigenen Ich[s], bestimmen und gewinnen. Und damit scheint freilich ein unheilbarer Bruch eingetreten zu sein, zwischen dem Menschen selber und der gesamten übrigen Natur. Man hat diesen Bruch unendlich-oft beklagt; man hat den ›Geist‹, dessen Herrschaft mit diesem Rückblick und Ausblick beginnt, als den eigentlichen Widersacher des Lebens bekämpft, der alles Leben ertöte und alle Unmittelbarkeit des Seelischen vernichtet.354 Die Natur – so heisst es bei Rousseau – hätte den Menschen, als er sich zuerst auf den Weg des Denkens begab, vor der unseligen Kraft der ›Reflexion‹, die er in sich fand, warnen und bewahren sollen – gleich einer vorsorglichen Mutter, die ihrem Kinde eine gefährliche Waffe, die es ahnungslos ergreift, entwindet.355 Denn dieser Weg der Reflexion ist, biologisch gesehen, ein Weg des fortschreitenden und unaufhaltsamen Verfalls: [“]l’homme qui médite est un animal dépravé[”].356 Jetzt ist dem Menschen jede unbefangene Hingabe an den MomentD, jeder Genuss des Daseins, wie er jeglichen anderen Lebewesen vergönnt ist, verwehrt. Statt im hellen Licht der Gegenwart, lebt er in einer blossenE ScheinweltF[,] denn immer wieder senkt sich der Schatten des Vergangenen oder das undurchdringliche Dunkel des Künftigen auf seine Existenz. 〈Das Vergangene belastet ihn, wenn er sich in das selbe versenkt, mit dem Gefühl der Reue – die Zukunft richtet das drohende Schreckgespenst der Sorg e vor ihm auf.〉G Aber gleichviel ob man die Kraft zum Rückblick und zum Vorblick, die dem Sein des Menschen ihr Gepräge giebt, segnen oder ob man ihr fluchen mag: sie ist und bleibt für ihn ein unentrinnbares Schicksal. Dem Weg, den sie ihn gehen lässt, kann er sich nicht entziehen; er muss ihn bis zu Ende durchmessen. 〈“Das Paradies ist verriegeltH[”] – so sagt Heinr[ich] von Kleist in seinem
wie] irrtümlich gestrichen gemeinsam mit der Prinzip und] statt gestrichenem: ἀρχή und C denen] statt gestrichenem: nach unter D den Moment] statt gestrichenem: die Gegenwart E blossen] unter der Zeile hinzugefügt F Scheinwelt] unter der Zeile statt gestrichenem: Schattenwelt G 〈Das . . . auf.〉] eckige Klammern in Bleistift H verriegelt] statt gestrichenem: verschlossen
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Aufsatz über das Marionettentheater – “und der Cherub hinter uns; wir müssen die Reise um die Welt machen[,] und sehen, ob es vielleicht von hinten irgendwo wieder offen ist.”357〉A Diese “Reise um die Welt”: sie führt mitten hindurch durch alle Gebiete der geistigen Kultur – und das heisst: durch alle Gebiete symbolischer Formung. Ich [kann] an dieser Stelle nicht versuchen, eine noch so knappeB Skizze des Gesamtweg es zu entwerfen, den der Geist auf diesem Weg zu sich selber, zu seinem eigentümlichen “Selbstbewusstsein” zu durchmessen hat. Ich habe eine solche DarstellungC von den verschiedenen Einzelphasen dieses Weges in meiner “Philosophie der symbolischen Formen” zu geben gesucht: und ich will das dort Gesagte hier nicht wiederholen. Was ich Ihnen vorlegen möchte, sind vielmehr nur einige Ergänzungen und Erläuterungen zu dem, was dort ausführlich entwickelt ist, – und ich will mich hierbei, angesichts der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung steht, im wesentlichen auf zwei Grundrichtungen der symbolischen Formung: auf die Sprache und auf die Kunst beschränken. Von ihnen soll gezeigt werden, wie sie keineswegs eine blosse Nachahmung eines irgendwie vorhandenen[,] vorgegebenen Seins sind;D sondern wie sie als gestaltende Kräfte wirkenE, vermöge derer der Mensch sich das Bild dieses Seins ideell entwirft und es in diesem Entwurf, als inneres wie als äusseres Sein, erst wahrhaftF entdeckt . Diese Entdeckungsfahrt suchen wir zunächstG am Prozess der Sprache zu schildern. Die Ansicht, daß die Sprache keine andere Aufgabe und keine andere Funktion hat, als bestimmte Unterschiede, die im Bewusstsein von Anfang an vorhanden sind, lediglich ›wiederzugeben‹ und sie in einem System von Lautzeichen festzuhalten, ist in der Sprachphilosophie seit langem verlassen. Wilhelm von H u m b o l d t , der eigentliche Begründer einer “kritischen” Sprachphilosophie[,] hat diese Ansicht auf das schärfste bekämpft und sie mit entscheidenden Gründen widerlegt. Er sieht in der weit verbreiteten Vor〈. . .〉] eckige Klammern in Bleistift knappe] danach gestrichen: und flü[chtige] C Darstellung] danach gestrichen: in anderen und in meiner D Seins sind;] gegenüber auf linkem Rand in Bleistift: Copernican[ische] Drehung / μίμησις / Kant s[iehe Blatt] 19a [.] Die ins Konvolut eingelegte, ursprünglich aus dem Konvolut # 82b (Box 37, Folder 710) des Berliner Vortrages Der Begriff der Form als Problem der Philosophie, vom 20. März 1924, stammende Ms.-S. 19a ist recte und verso beschrieben und trägt auf rechtem Rand oben unter der ursprünglichen Paginierung 2* die doppelt unterstrichene Paginierung von Cassirers Hand: 19 a . Siehe vorliegende Ausgabe, S. 272– 274; vgl. S. 272 Anm. E. E wirken] über der Zeile statt gestrichenem: sind F wahrhaft] danach gestrichen: findet und G zunächst] danach gestrichen: im Gebiet der S[prache] A
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stellung, daß die verschiedenen Sprachen nur dieselbe Masse der unabhängig von ihnen vorhandenen Begriffe und Gegenstände je auf eine eigene Weise bezeichnen, die “dem Sprachstudium eigentlich verderbliche Ansicht[”].358 Statt dessen fordert er ein Verständnis und eine Analyse der Einzelsprache[n], an der ersichtlich wird, wie jede von ihnen an der Bild ung der gegenständlichen Vorstellung beteiligt ist und wie sie in dieser Bildung verfährt. Die Verschiedenheit der Sprache[n] gilt ihm daher nicht als eine blosse Differenz von Schällen und Zeichen, sondern als eine Verschiedenheit von Weltansichten. “In die Bildung und in den Gebrauch der Sprache geht notwendig die ganze Art der subjektiven Wahrnehmung der Gegenstände über. Denn das Wort entsteht eben aus dieser Wahrnehmung, ist nicht ein Abdruck des Gegenstandes an sich, sondern des von diesem in der Seele erzeugten Bildes”.359 “Wie der einzelne Laut zwischen den Gegenstand und den Menschen, so tritt die ganze Sprache zwischen ihn und die innerlich und äusserlich auf ihn einwirkende Natur. Er umgibt sich mit einer Welt von Lauten, um die Welt von Gegenständen in sich aufzunehmen und zu bearbeiten. [. . .] Durch denselben Akt, vermöge dessen der Mensch die Sprache aus sich herausspinnt, spinnt er sich in dieselbe ein, und jede zieht um das Volk, welchem sie angehört, einen Kreis, aus dem es nur insofern herauszugehen möglich ist, als man zugleich in den Kreis einer anderen herübertritt.”360 Jede Sprache ist somit ein eigener Zauberkreis und gewissermassen ein Zauberspiegel – ein ›speculum incantatum‹, wie schon Bacon sie genannt hat.361 Aber es wäre irrig, wenn man hieraus mit Bacon den Schluss zöge, daß dieser Zauberspiegel nichts anderes als einen Inbegriff von ›Idolen‹, von blossen Illusionen vor uns hinstellen könne. Wesentlich ist vielmehr die Einsicht, daß die reine Bildwelt der Sprache das Medium ist, in dem und kraft dessen sich die Vorstellung einer bestimmten G e g e n st a n d s we l t allein zu konstituieren und zu formen vermag. Um dies zu zeigen, gehen wir auf bestimmte Phaenomene zurück, die uns die moderne Sprachpsychologie und Sprachpathologie erschlossen hat. Der D e u t u n g dieser PhaenomeneA stellen sich freilich alsbald starke Schwierigkeiten entgegen, wenn man sie lediglich auf dem Wege der psychologischen Methodik allein versucht. Humboldt hatte gesagt, daß die wahre Definition der Sprache stets nur eine g e neti sche sein könne – daß wir die Sprache nicht als ein Fertiges und Erzeugtes ansehen dürfen, sondern sie als eine Er zeugung , als eine sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes betrachten müssen.362 Wie aber ist dieser Forderung zu genügen: wie gelangen wir vom Sprachprodukt zurück zum Sprachprozess ? Die gewöhnlichen
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Phaenomene] danach gestrichen: kraft der
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Methoden der Psychologie scheinen vor dieser Aufgabe zu versagen. Weder das Experiment noch die Selbstbeobachtung weist uns hier einen sicheren Weg. Denn beide bewegen sich bereits in einer sprachlich- g e formten Welt; beide setzen die Sprache bereits voraus, statt sie gewissermassen im “status nascens”363 zu belauschen und zu beschreiben. Das Band der Sprache ist es, das den VersuchsleiterA mit den Versuchspersonen verknüpft und das die Verständigung zwischen ihnen herbeiführt. Und auch alle Selbstbeobachtung, auch alles Wissen von unseren eigenen inneren Zuständen ist weit mehr, als es uns gewöhnlich zum Bewußtsein kommt, durch die Sprache bedingt und durch sie vermittelt. Nicht nur das Denken ist, wie Platon es genannt hat, ein “Gespräch der Seele mit sich selbst”,364 sondern bis in die Schicht der Wahrnehmung und Anschauung, ja bis in die Tiefe des Gefühls reicht diese Verbundenheit und diese unlösliche Verschmolzenheit mit der Sprache zurück. Was die moderne Denkpsychologie angeht, so hat sie bei Hoenigswald diese “Worthaftigkeit des Denkens”365 geradezu zu ihrem Leitprinzip erklärt. Wie also läßt sich die Sprache s e l b st psychologisch erfassen – da sie vielmehr das Medium ist, in dem alles psychologische Fassen und Verstehen sich bewegt? Hier kann kein direkter, sondern nur ein mittelbarer Weg zum Ziele führen – hier kann nur ein Rückschluß vom Geformten zum bildenden Prinzip, von der “forma formata” zur “forma formans” versucht werden.B In der Tat bestehtC ein wesentlicher und notwendiger Zusammenhang zwischen der Grundfunktion der Sprache und der Funktion des gegen st ä n d l i ch e n Vo rst e l l e n s D. “Gegenständliches” VorstellenE ist nicht Versuchsleiter] beginnend mit Ms.-S. 24 dienen gedruckte Seiten (ab S. 138) des Beitrages Die Sprache und der Aufbau der Gegenstandswelt (1932) als Fortsetzung, bearbeitet durch Streichungen, Hinzufügungen und neue Paginierung in Bleistift. S. 137 eingelegt, aber komplett gestrichen B versucht werden.] danach per Hand gestrichener Drucktext: Wenn es gelänge, eine Provinz des Seelischen aufzuweisen, die spezifisch mit der Sprache verknüpft und die wesentlich auf sie angewi esen ist, so ließe sich an ihrer Struktur vielleicht indirekt ein Zeugnis über das Werden und Wachsen der Sprache gewinnen – so ließe sich an i h re r Entwicklung vielleicht das Bildungs- und Gestaltungsgesetz, dem sie untersteht, in irgendeiner Weise ablesen. / 3. Die These, die ich hier vertreten möchte – und die ich freilich bei der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung steht, nur einfach hi nstel len, nicht aber im einzelnen erläutern und begründen kann –, geht nun dahin, daß eine solche Provinz in der Tat besteht, insofern C In der Tat besteht] handschriftlicher Anschluß in Bleistift am linken Rand von Ms.-S. 24 (= Druckseite 138) D Vorstellens] danach per Hand in Bleistift im gedruckten Text (S. 138) gestrichen: anzunehmen ist E Vorstellen] danach per Hand in Bleistift im gedruckten Text (S. 138) gestrichen: – so will ich darzulegen suchen – A
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der A nf ang , von dem der Prozeß der Sprachbildung ausgeht, sondern das Ziel, zu dem dieser Prozeß hinführt; ist nicht sein terminus a quo, sondern sein terminus ad quem. 366 Die Sprache tritt nicht in eine Welt der fertigen gegenständlichen Anschauung ein, um hier zu den gegebenen und klar gegeneinander abgegrenzten Einzeldingen nur noch ihre “Namen” als rein äußerliche und willkürliche Zeichen hinzuzufügen – sondern sie ist selbst ein Mittel der Gegenstandsbildung, ja sie ist im gewissen Sinne das Mittel, das wichtigste und vorzüglichste Instrument für die Gewinnung und den Aufbau einer reinen “Gegenstandswelt”.A Die moderne Entwicklungspsychologie hat es außer Zweifel gestellt, daß nicht alles Bewußtseinsleben in den Bahnen der gegenständlichen Auffassung und der gegenständlichen Deutung verläuft. Die tierische Vorstellungswelt insbesondere kennt noch nicht jene Formung der Eindrücke zu “objektiven” Vorstellungen und jenes Prinzip der Gegenstands-Konstanz und der Gegenstands-I dentität, das für unsere Auffassung der Wirklichkeit bestimmend und entscheidend ist. Mag man, um diese Vorstellungswelt zu charakterisieren,B von einer “diffusen” Auffassungsweise der Tiere sprechen, mag man sieC als einen Inbegriff von “Komplexqualitäten” beschreiben – immer ergibt sich eine scharfe Grenzscheide, die sie von der Region der spezifisch-menschlichen Anschauung trennt. So schwer es sein mag, diese Grenze i m e i n z e l n e n unmittelbar zu bestimmen, so ist doch ihr B e st a n d durch alles, was wir über die Form des tierischen Lebens mittelbar erschließen können, sichergestellt. Hier sind es vor allem die grundlegenden Forschungen U e x k ü l l s 368 gewesen, die den Gegensatz von menschlicher und tierischer Vorstellungswelt in helles Licht gerückt haben. Wir wissen durch diese Forschungen, wie jedes tierische Lebewesen seine eigene “Umwelt” und seine eigene “Innenwelt” besitzt – wie es in einem ihm eigentümlichen und ihm spezifisch-angemessenen Lebensraum steht. Aber das Sein in diesem Raum und das “Gegenstandswelt”.] danach auf Ms.-S. 25 (Druckseite 139) per Hand in Bleistift gestrichen: Die vollständige sprachphilosophische Begründung dieses Satzes würde weit über den Rahmen dieser Betrachtungen hinausgehen; ich muß mich damit begnügen, ihn an einzelnen prägnanten Beispielen aus dem Problemkreis der P s ych o l o g i e zu erläutern. Heute hat auch die Psychologie die P ro b l e m at ik des gegenständlichen Vorstellens klar erfaßt und scharf herausgearbeitet. Sie sieht in ihm nicht mehr ein Faktum, von dem die psychologische Betrachtung als von einem Gegebenen und “Selbstverständlichen” ausgehen könnte, sondern sie hat es mehr und mehr als eine Aufg abe erkannt, die der psychologischen Analyse gestellt ist. B charakterisieren,] danach per Hand in Bleistift im gedruckten Text (S. 139) gestrichen: mit Heinz Werner; siehe auch Hrsg.-Anm. 205 C mag man sie] danach per Hand in Bleistift im gedruckten Text (S. 139) gestrichen: mit H ans Vo lkelt 367 A
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Wi rken in ihm ist keineswegs mit der Anschauung desselben gleichbedeutend. Wenn das Tier in diesem Raum lebt, so vermag es doch nicht, sich ihn objektiv g egen überzustellen, geschweige ihn sich als ein einheitliches Ganzes von bestimmter Struktur zu vergegenwärtigen. Der tierische Raum bleibt auf der Stufe des Aktions- und Wirkraumes stehen; er erhebt sich nicht zum Vorstellungs- oder Darstellungsraum. Hieraus resultiert die charakteristische G e s ch l o s s e n h e i t , wie die charakteristische E ng e der tierischen Welt. Uexküll sagt einmal, daß insbesondere die niederen Tiere so sicher in ihrer Umwelt ruhen, wie ein Kind in seiner Wiege. “Die Reize der Umwelt bilden . . . eine feste Scheidewand, die das Tier wie die Mauern eines selbstgebauten Hauses umschließen und die ganze fremde Welt von ihm abhalten.”369 Aber diese schützende Mauer, die das Tier umgibt, ist zugleich das Gefängnis, in das es ein für allemal gebannt bleibt. Die Durchbrechung dieser Mauer und der Ausgang aus diesem Gefängnis wird erst auf einer Stufe des Lebens erreicht, in der es nicht mehr in der bloßen Sphäre des Wirkens, der “Aktion” und “Reaktion” verharrt, sondern in der es in die Form der D a rst e ll u n g , und damit in die primäre Form des Wis sens , übergeht. Jetzt verändert sich, wie mit einem Schlag, der gesamte Lebens h o r i z o n t . Der bloße Handlungsraum wird zum Blickraum; der Aktionskreis wird zum Gesichtskreis. Und eben dieser Übergang, diese μετάβασις εἰς ἄλλο γένος ist es, an dem die Sprache wesentlich beteiligt ist. Es scheint eine Entwicklungsphase der Sprache zu geben, in der dieser Durchbruch sich noch unmittelbar erfassen – in der er sich sozusagen mit Händen greifen läßt. Alle Beobachter und Darsteller der K indersprache haben bei diesem Punkte verweilt, haben die entscheidende “Revolution der Denkart” hervorgehoben, die für das Kind in dem Augenblick einsetzt, in dem zuerst das sprachliche Sym bol bewußt sein in ihm erwacht. “Das Kind” – so beschreibt St e r n dieses Erwachen – “braucht nicht nur die Worte als Symbole, sondern merkt, daß die Worte Symbole sind, und ist unausgesetzt auf der S u ch e nach ihnen. Es hat hier eine der wichtigsten Entdeckung[en] seines ganzen Lebens gemacht: daß zu jedem Gegenstand dauernd ein ihn symbolisierender, zur Bezeichnung und Mitteilung dienender Lautkomplex gehöre, d. i. daß jedes Ding einen Namen habe”.370 Jetzt erwacht im Kinde ein fast unstillbarer Trieb, die Namen der Dinge zu wissen – ein eigentlicher “Namenshunger”, der sich in ständigem Fragen ausdrückt. Es entsteht, wie ein Forscher betont, im Kinde geradezu eine M a n i e des Benennens. Aber dieser Drang wird, wie mir scheint, psychologisch nicht ausreichend und nicht ganz zutreffend beschrieben, wenn man in ihm lediglich eine Art von intellektueller Neugier sieht. Die Wißbegier des Kindes ist nicht auf die Namen als solche, sondern sie ist auf das gerichtet, wozu es jetzt den Namen braucht – und es braucht
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ihn zu nichts anderem, als zur Gewinnung und Fixierung bestimmter gegenständlicher Vorstellungen. Einzelne Psychologen haben darauf hingewiesen, daß das Sprachstadium, in dem wir uns hier befinden, in geistiger Hinsicht einen ähnlichen gewaltigen Fortschritt bedeutet, wie ihn das Ge he nle rnen auf dem Gebiete der körperlichen Entwicklung bezeichnet: denn wie das laufende Kind nicht mehr zu warten braucht, bis die Dinge der Außenwelt zu ihm kommen, so besitze das fragende ein ganz neues Mittel, selbständig in die Welt einzugreifen und sie sich selbständig aufzubauen. Führt man diese Analogie weiter durch, so läßt sich sagen, daß der Na m e und das Wissen um ihn für das Kind hier dieselbe Rolle spielt, wie sie beim Gehen der leitenden und führenden Hand oder dem Stab, an dem es sich hält, zukommt. An der Hand des Namens tastet es sich gleichsam zu der Vorstellung der Gegenstände hin. Denn es ist ja nicht so, daß diese Vorstellung für das Kind schon irgendwie feststeht: sie soll erst gewonnen und gesichert werden. Und für diese Sicherung ist der Name unentbehrlich. Es scheint mir charakteristisch, daß die Form der Namensfrage beim Kinde, soviel ich sehe, nirgends darin besteht, daß gefragt wird, wie ein Ding “heiße”, sondern vielmehr, was ein Ding “ s e i ” . Das Interesse des Kindes haftet nicht am Akt des Bezeichnens, den es als i s o l i e r t e n Akt überhaupt noch nicht kennt. Selbst für die Naturvölker ist es ja charakteristisch, daß eine eigentliche Tre nnung von “Wort” und “Sache” für ihr Bewußtsein noch gar nicht besteht, daß das Wort vielmehr ein objektiver Bestand des Dinges ist, ja sein eigentliches Wesen ausmacht. So fragt auch das Kind nach dem Namen, um mit ihm den Gegenstand selbst gewissermaßen in Besitz zu nehmen. Zwischen Ding und Namen findet eine völlige “Konkreszenz” statt: sie wachsen an-einander und sie wachsen in-einander. Der psychologische Vorgang dieser Konkreszenz läßt sich nicht unmittelbar beobachten; aber man kann ihn sich begreiflich machen, wenn man das Ziel ins Auge faßt, dem alle gegenständliche Vorstellung zustrebt und auf das sie gerichtet ist. Dieses Ziel ist kein anderes als das der geistigen E i n heits bildung. “Alsdann sagen wir, wir erkennen den Gegenstand” – so heißt es bei Kant – “wenn wir in dem Mannigfaltigen der Anschauung synthetische Einheit bewirkt haben”.371 Dieses Bewirken der synthetischen Einheit ist es, woran die Sprache wesentlich beteiligt ist. Die skeptisch e Sprachkritik hat es – seit den Tagen der griechischen Sophistik bis zu Fr itz M au thners 372 Kritik der Sprache – immer als eine wesentliche Unvollkommenheit der Sprache angesehen, daß sie gezwungen ist, eine Fülle verschiedener Eindrücke oder Vorstellungen mit e i n e m Namen zu bezeichnen. Der unübersehbare Reichtum der Wirklichkeit, ihre durchgängige Individualität, ihre Konkretheit und Lebendigkeit gingen dadurch verloren – und an ihre Stelle trete das abstrakte und dürftige
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Schema des Wortes. Aber was hier als ein Grundmangel der Sprache betrachtet und was als ihre Not beklagt wird – das ist vielmehr, schärfer gesehen, eine ihrer wesentlichen Tugenden. Denn nur auf diesem Wege erreicht sie eine neue geistige “Synopsis” des Mannigfaltigen – erreicht sie jenes συνορᾶν εἰς ἕν, das nach P l a t o n die Bedingung der IdeenSchau ist.373 Ein Haus von vorn, von hinten, von der Seite gesehen – ein Gegenstand von verschiedenen Standorten aus und in verschiedenen Beleuchtungen betrachtet, sind zweifellos anschaulich durchaus verschiedene Erlebnisse. Aber indem nun jedem dieser Erlebnisse in der Sprachentwicklung, in der Erlernung des “Namens”, ein Zeichen beigegeben und zugeordnet wird, gehen sie damit zugleich u n t e re i n a n d e r eine neue Bindung ein und treten in ein neues Verhältnis. Die Einheit des Namens dient zum Kristallisationspunkt für die Mannigfaltigkeit der Vorstellungen: die an sich heterogenen Phänomene werden dadurch homogen und gleichartig, daß sie sich auf einen gemeinsamen Mittelpunkt beziehen. Und kraft dieser Beziehung erst werden sie nun auch als Erscheinungen ein und desselben “Gegenstandes” und als seine “Abschattungen” gedeutet. Wo die Kraft der “Nennfunktion”, auf Grund pathologischer Störungen, erlahmt – da scheint alsbald auch das Band der gegenständlichen Einheit sich wieder zu lockern. An Stelle dieser Einheit tritt die Vereinzelung; an Stelle der kategorialen Ordnung und Geschlossenheit tritt die bunte, aber beziehungslose Fülle. G oldst ein und Gelb haben einen Fall von Farbennamen-Amnesie beschrieben, an dem dieses Verhältnis deutlich zutage trat.374 Der Kranke, der den Gebrauch der allgemeinen Farbennamen, wie rot, gelb usw. verloren hatte, erlebte und “sah” auch die Welt der Farben völlig anders als der Gesunde. Er erfaßte und er unterschied aufs schärfste jede Einzelnuance; aber er ordnete all diese Nuancen nicht in bestimmte Grundtöne, noch faßte er sie als diesen “zugehörig” auf. Seine Farbwelt war somit in gewissem Sinne in der Tat eine reichhaltigere und konkretere oder – wie G o l d st e i n und G e l b es ausdrücklich nennen – eine “buntere” Welt – aber diese Buntheit wurde durch ihren Mangel an einheitlicher Gru ppier ung und Gliederung erkauft. Irre ich nicht, so schließt dieser Einzelfall eine allgemeine Lehre in sich. Auch Head hebt in seinem Werke über Aphasie375 hervor, daß in bestimmten Fällen der Aphasie, in denen das Sprachvermögen nicht aufgehoben, aber in bestimmter Hinsicht gemindert ist, auch die Vorstellungs- und Anschauungswelt des Kranken eine charakteristische Änderung aufweist. Die Kranken bevorzugen vor den allgemeinen und abstrakten Bezeichnungen die “pittoresken” Ausdrücke; sie “malen” die Gegenstände eher, als daß sie sie schlechthin “bezeichnen”. In all dem stellt sich die innere Verwandtschaft dar, die zwischen einer bestimmten Form und Grundrichtung des sprachlichen Verhaltens und gewissen Formen der
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gegenständlichen Auffassung besteht: die Abwandlung des einen Moments schließt die des anderen in sich.A NachdemB ich in dieser Weise den entscheidenden Anteil aufzuweisen versucht habe, den die Sprache am Aufbau der gegenständlichen Welt besitzt – versuche ich den g l e i ch e n Prozess von Seiten der k ü n st l e r i s ch e n GestaltungC sichtbar zu machen. Auch hier stehen wir sogleich vor einer durchaus analogen Problematik. Seitdem die griechische Kunsttheorie den Begriff der › μίμησις ‹ geprägt und seitdem sie ihm durch Aristoteles seine feste Form gegeben hat, gehört die D e u t u n g dieses Begriffs zu den schwierigsten und umstrittensten Aufgaben der Aesthetik. Die G e s ch i ch t e der Aesthetik zeigt die ganze Schwierigkeit und die Mehrdeutigkeit dieses Begriffs. Lässt sich die ›Mimesis‹ als einfache “Nachahmung” fassen, als blosse Re p rod uktion eines Gegebenen und Vorhandenen – oder wohntD ihr nicht vielmehr eine ursprüngliche aktive, in sich.] danach durch vertikale Linie in Bleistift im gedruckten Text S. 143 (Ms.S. 29) komplett gestrichen: 4. Mit der letzten Betrachtung sind wir nun bereits in dasjenige Gebiet eingetreten, das, neben der Biologie und der Entwicklungspsychologie, für die em pirische Klärung und Lösung unserer Grundfrage von entscheidender Bedeutung ist. Ich kann auf dieses Gebiet, auf die Grundtatsachen der S prachpatho lo gi e hier nicht mehr näher eingehen – und ich brauche es um so weniger, als diese Tatsachen im Laufe unserer Tagung von erfahrenen Sachkennern ausführlich vor Ihnen entwickelt werden sollen. Nur ein Motiv sei daher hier aus diesem Problemkreis noch kurz hervorgehoben. Schon einer der Führer auf dem Gebiete der Aphasieforschung, schon Ja ckso n 376 hat bemerkt, daß es, um ein klares Bild über die aphasischen Erkrankungen zu gewinnen, nicht genügt, den Wo r t s ch a t z des Kranken von Fall zu Fall zu beschreiben. Denn nicht die Tatsache dieses Wortschatzes als solcher, sondern die Art, in der er verwen det wird, sei das Entscheidende. Ja ckson sah das Wesentliche der Aphasie nicht in dem Ausfall einzelner Worte oder Wortklassen, sondern in der Unfähigkeit, die Worte in dem Sinne zu gebrauchen, daß ihnen eigentlicher S a t z we r t (propositional value) zukommt. Der Verlust der Sprache im Falle der Aphasie war ihm daher nicht mit dem Verlust der Wortbildung, sondern mit dem Verlust oder der Herabminderung der Fähigkeit, prädikative Sätze zu bilden, gleichbedeutend; d. h. im wesentlichen solcher Sätze, die ein Sein, eine Beschaffenheit oder ein Sich-Verhalten von Gegenständen zum Inhalt haben. Abermals tritt darin die Beziehung hervor, die zwischen der sprachlichen Form der “Aussage” und einer im weiteren Sinne logisch-gegenständlichen Richtung unseres Denkens besteht. Erst an der Hand der Sprache erringt das Denken seine höchste objektive Bestimmung: erst kraft ihrer wird es zum Ausdruck reiner Sachverhalte fähig. Der prädikative – der propositionale “Satz” wird zum Vehikel für jene Art und jenen Modus gegenständlicher Setzung, in der ein eigentlich-objektives Weltbild danach Druckseite 144, die von Cassirer nicht mehr als Ms.-S. paginiert wird, ist komplett gestrichen B //Nachdem] Fortsetzung auf – von Cassirer – handschriftlich verfaßtem Ms.-S. 30 C der künstlerischen Gestaltung] zur möglichen Vorarbeit für diese Passage siehe die Blätter 34r / v und 37 am Ende des Textes, vorliegende Ausgabe, S. 105 f. D wohnt] über der Zeile statt gestrichenem: nicht ist A
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eine echt-p rodu ktive Funktion inne? Lässt sich ihre Grundbedeutung nicht weit eher durch den Terminus der › D a rst e l l u n g ‹ als durch den der Na ch a h m u n g bezeichnen? Ich will auf die wechselvollen Schicksale des ›μίμησις‹-Begriffs innerhalb der Geschichte der Aesthetik hier nicht näher eingehen[.]A InB der herrlichen Schilderung, die Kestner378 von dem dreiundzwanzigjährigen Goethe nach seiner Ankunft in Wetzlar entwirft, heisst es, daß er eine ausserordentlich lebhafte Einbildungskraft besitze, daher er sich meistens in Bildern und Gleichnissen ausdrücke: auch pflege er von sich selbst zu sagen, daß er sich immer nur uneigentlich ausdrücke[n], niemals eigentlich ausdrücken könne; wenn er aber älter werde, hoffe er die Gedanken selbst, wie sie wären, zu denken und zu sagen.379 Aber noch ein halbes Jahrhundert später hat der 75[-]jährige Goethe zu Eckermann einmal gesagt, daß er all sein Wirken und Leisten sein Leben lang nur symbolisch angesehen habe380 – und selbst den Grundgedanken, der seine ganze Weltansicht als Fo rs ch e r bestimmt hat, selbst die Idee der Metamorphose will Goethe in dieser Zeit, wie er in einem Brief an Zelter ausspricht, nur noch symbolisch genommen wissen.381 So lässtC sich in diesem Begriff des Symbolischen gewissermassen das Ganz e von Goethes geistigem Dasein, seine Wirksamkeit als Dichter wie als Forscher zusammenfassen. Das aber war nur dadurch möglich, daß Goethe das Symbolische in einem Sinne nimmt, in dem es nicht den G e g e n s a t z zur objektiven Wahrheit der Dinge bedeutet, sondern in dem es zum Medi um wird, kraft dessen allein wir zu dieser Wahrheit gelangen und kraft dessenD wir sie zur lebendigen Anschauung erheben können. In d i e s e m Sinne stellt sich für Goethe das Wechselverhältnis und die unlösliche Korrelation zwischen Dichtung und Wahrheit her. Die nicht näher eingehen.] danach mit vertikaler Linie in Bleistift gestrichen: – ich fasse nur eine einzelne Phase an dieser Entwicklung heraus, um an ihr zu verdeutlichen, welche inneren Zusammenhänge zwischen diesem Begriff und dem a l l g e m e i n e n Symbolproblem bestehen. Und selbst in dieser Einschränkung genommen, kann und soll das Problem hier nur von einer e i n z e l n e n Seite her genommen – und in einem großen Beispiel verdeutlichlicht werden. Daß ich Goethe als dieses Beispiel wähle, ist kein blosser Zufall – noch bestimmt mich dazu die äussere [äussere über der Zeile eingefügt] Rücksicht auf die Nähe der Zentuarfeier [danach gestrichen: von Goethes Tode]377. Hier besteht vielmehr ein festeres und stärkeres Band, – ein Band der sachlichen Notwendigkeit. Gegenüber auf linkem Rand (Ms.-S. 31 [Bl. 20v]): α) Ae st h e t i k / 1) Zeichen: / 2: H i l d e bra nd: / Unterschied der Künste / 3: Individual-Symbolik / Goethe – hier fortf[ahren] Mögliche Fortsetzung auf dem Konvolut beigelegten Bl. 35, siehe vorliegenden Band, S. 106 B In] kurzer Pfeil in Bleistift → markiert hier Fortsetzung nach Streichung C lässt] über der Zeile statt gestrichenem: schliesst D dessen] deren
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echte Dichtung bedeutetA nirgends ein schlechthin-Erdichtetes, ein Unwahres, ein bloss “Imaginatives”, sondern in ihr spricht sich jene Gabe aus, die Goethe einmal die “Phantasie für die Wahrheit des Realen”382 genannt hat. Diese Phantasie verfälscht den Umriss der Dinge nicht; sondern sie entdecktB ihn und sie giebt ihm erst seine feste Bestimmung. Diese Bestimmung ist es, die sich für Goethe im Begriff des künstlerischen Stils zusammenfasst, und die, in seinem Sprachgebrauch, den St i l von der M a n i e r scheidet. D i e s e Formen der künstlerischen Auffassung und der künstlerischen Darstellung sind es, die Goethe scharf von einander zu scheiden sucht. Die erste, die er die “einfache Nachahmung der Natur”383 nennt, versucht in ruhiger Treue die konkrete sinnliche Natur eines Einzelgegenstandes zu treffen und festzuhalten[,] aber diese Treue gegenüber dem Objekt bedeutet zugleich die Gebundenheit und die Einschränkung durch dasselbe. Ein beschränkter Gegenstand wird auf beschränkte Weise und mit beschränkten Mitteln wiederzugeben gesucht. Auf der zweiten Stufe – der Stufe der Manier – fällt diese Passivität gegenüber dem gegebenen Eindruck fort: es entsteht eine eigeneC Formensprache, in der sich nicht mehr einseitig die einfache Natur des Objekts, sondern mit ihr und durch sie der Geist des Auffassenden, des sprechenden K ünstlers ausdrückt. Aber damit ist freilich die Einseitigkeit nicht sowohl bewältigt, als vielmehr verschoben: sie ist von der Seite des Gegenstandes auf die Subjektivität hinübergerückt. Die wahre geistige Synthese entsteht erst, wo beide Pole sich begegnen und wo sie einander das reine Gleichgewicht halten. Dieses Gleichgewicht ist es, was das Wesen des Stils ausmacht. Er kann nicht anders denn als Ausdruck einer schöpferischen Individualit ät gedacht werden; aber in dieser Individualität spricht sich jetzt zugleich das reine Wese n der Dinge aus. “Wie die einfache Nachahmung auf dem ruhigen Dasein und einer liebevollen Gegenwart beruht, die Manier eine Erscheinung mit einem leichten fähigen Gemüth ergreift, so ruht der Stil auf den tiefsten Grundfesten der Erkenntnis, auf dem Wesen der Dinge, insofern es uns erlaubt ist, es in sichtbaren und greiflichen Gestalten zu erkennen.”384 So drückt sich im St i l des Künstlers eine freie und reine Kraft der G e st a l t u n g aus: aber diese Gestaltung führt von der Wahrheit und vom Wesen nicht weg, sie umgibt sie nicht mit einem täuschenden Schein und Flitter, sondern sie schliesst uns diese Wahrheit erst auf und lässt sie für unseren inneren Blick verstehen. In diesem Zuge offenbart sich uns, wenn wir auf die früheren Entwicklungen zurückblicken, die tiefe Verwandtschaft, die zwischen der Welt der Kunst und der Welt der Sprache A B C
bedeutet] über der Zeile statt gestrichenem: geht entdeckt] danach gestrichen: und sie bestimmt ihn eigene] danach gestrichen: künstlerische
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besteht. Jedes grosse Kunstwerk begnügt sich in der Tat nicht, einA einfach-vorhandenes, ein zuvor-bekanntes Sein auszusprechen, sondern es gibtB der Welt als Ganzem ein neues Ges icht. Der Weg der grossen Künstler – man braucht nur an Dante oder Shakespeare, an Michelangelo oder Beethoven zu denken [–] gleich[t] immer Fausts Gang zu den Müttern; er ist ein Weg ins Unbetretene. Eine zuvor niemals erschaute Wirklichkeit wird durch ihn zum Gegenstand des Schauens gemacht; und eine neue Lebenstiefe, eine echte ›vita nuova‹385, schliesst sich durch ihn auf. Wiederum ist es Goethes Leben, in der Art wie er selbst es gesehen und wie er es geschildert [hat], das die unmittelbare und überzeugende Bewährung für diesen Zusammenhang enthält. Goethe hat als Titel für seine Lebensbeschreibung den Titel ›Dichtung und Wahrheit‹ gewählt, und diese Bezeichnung bildet für ihn ein echtes ἑν δια δυοῖν. Das ›Und‹ soll hier nicht zwei ve rs ch i e d e n e Begriffe verbinden; sondern es drückt einen e inz igen Begriff gewissermassen in wiederholter Spiegelung aus. Man würde Goethes Lebensbeschreibung in ihrem Kern missverstehen, wenn man sie als blosses Nebeneinander wahrer und erdichteter Züge ansehen und deuten wollte. Goethes Grundanschauung geht vielmehr dahin, daß dieC reine Funktion der Erinnerung, durch welche dem Menschen sein eigenes Leben erst fassbar und durchsichtig wird, durch welche er erst das wahre Bewusstsein dieses Lebens erlangt, nicht anders als im Medium der Phantasie, und das heisst im Medium der D i ch t u n g möglich sei. Die Dichtung fügt dem Leben nichts hinzu; sie erlöst es vielmehr aus seiner Dumpfheit und seiner chaotischen Verworrenheit und lässt an ihm die grossen und reinen Linien sichtbar werden, denen es folgt. In diesem Sinne hat Goethe die Dichtung genommenD und hat er sie, als Organ für das Verständnis der Welt und des Menschen, für das Verständnis des eigenen und fremden Seins gebraucht. ›Was ich sag ist Bekenntnis[,] Zu meinem und eurem Verständnis‹.386 Der Weg zur Verständigung mit der Welt und der Weg zur Selbst-Verständigung, zur Verständigung mit dem eigenen Ich, führt durch das Medium der DichtungE. Und dieses erscheint jetzt nicht mehr als ein blosses b re ch e n d e s Medium, das den Lichtstrahl von seiner Bahn ablenkt; sondern diese symbolische “Brechung” ist die e inzi g e Weise, in der dem Menschen das Sein der Dinge und sein eigenes Sein überhaupt sichtbar gemacht werden kann. In dieser Weise hat Goethe selbst den Titel: ›Dichtung und Wahrheit‹, den er für seine ein] danach gestrichen: bloss gibt] unter gestrichenem: prägt C die] danach gestrichen: bloss D genommen] statt gestrichenem: verstanden E Dichtung] danach gestrichen: hindurch
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Biographie gewählt hat, in einem Brief an Zelter erläutert[:] “Es war[”] – so sagt er – [“]mein ernstestes Bestreben, das eigentliche Grundwahre, das, insofern ich es einsah, in meinem Leben obgewaltet hatte, möglichst darzustellen und auszudrücken. Wenn aber ein solches in späteren Jahren nicht möglich ist, ohne die Rückerinnerung, und also die Einbildungskraft wirken zu lassen, und man also immer in den Fall kommt, einigermaßen das dichterische Vermögen auszuüben, so ist es klar, daß man mehr die Resultate und, wie wir uns das Vergangene jetzt denken, als die EinzelheitenA, wie sie sich damals ereigneten, aufstellen und hervorheben werde. Dieses alles was dem Erzählenden und der Erzählung angehört, habe ich hier unter dem Worte: Dichtung begriffen, um mich des Wahren, dessen B ich mir bewusst war, zu meinem Zweck bedienen zu können.”387 IchC muss damit, m[eine] D[amen] u[nd] H[erren], diese Betrachtungen,D die ich Ihnen vorlegen wollte, beschliessen.E Was ich in ihnen geben konnte, war nur einF schmaler Ausschnitt aus einem sehr weiten und reichen Problemgebiet. Aber ich hoffe, daß dieser Ausschnitt genügen wird, um Ihnen die Struktur des Ganzen deutlich zu machen – um das Zentralproblem sichtbar werden zu lassen, um das alle diese Betrachtungen sich bewegen. Dieses Problem ist kein anderes als die uralte Grundfrage aller philosophischen Erkenntnis: die Frage nach dem Verhältnis von Subjektivität und Objektivität. Durch die Vertiefung in das Symbolproblem wird diese Frage von einer neuen Seite her fassbar und zugänglich. Denn hier zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit, daß sich an der traditionellen Auffassung, nach welcher sich Subjekt und Objekt als starre Gegensätze
Einzelheiten] Einzelnheiten . . . zu können.”] Abbruch des Fließtextes, kurzer Pfeil in Bleistift weist nach unten auf: [Seite?] 45; restliche ²⁄³ der von Cassirers Hand paginierten Ms.-S. 39 (Bl. 24v) sind leer. Eine Ms.-S. 45 befindet sich nicht im Konvolut Folder 1026 C Ich] im Ms. nicht eingerückt D Ich . . . Betrachtungen,] nachfolgende drei Ms.-S. (Bl. 26, 27r) tragen keine Paginierung und werden von einem lediglich auf der Vorderseite (Bl. 25r) beschriebenen Bg. (Bl. 25 und 28) umfaßt, der offensichtlich keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vortragstext hat: 3 Grundrichtungen: die Welt des Es, des Ich und des D u – / das Es: alles Sprechen u[nd] alle künstlerische Gestaltung ist Vergegenständlichung, Objektivierung, Fixierung / dies ist der Grundcharakter der Sprache, wie es der Grundcharakter des Intellekts ist: – alles Verstehen bedeutet ein “zum Stehen bringen”388 – (Bergson) / In dieser Kraft zur gegenständl[ichen] Verfestigung, wie sie der Intellekt u[nd] die Sprache vollziehen, wurzeln Vernunft u[nd] Wissensch[aft], die doch – allem Irrat[ionalismus] zum Trotz – des Menschen allerhöchste Kraft sind u[nd] bleiben[.] E beschliessen.] Bl. 26, und danach Bl. 27–28 ohne – fortlaufende – Paginierung von Cassirers Hand F ein] danach gestrichen: ganz A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
einfach gegenüberstehen, nicht festhalten lässt. Gemäss dieser Auffassung behalten beide immer etwas Feindliches und Ausschliessendes. Wie die Undurchdringlichkeit des Körpers darin besteht, daß er seinen Raum behauptet und daß er jedem anderen Körper das Eindringen in diesen Raum verwehrt – so erscheinen nach dieser Ansicht Subjekt und Objekt für einander undurchdringlich. Die Sphaere des einen erscheint quantitativ von der des anderen geschieden: die Gesamtheit des Seins teilt sich in zwei Bezirke, von denen der eine dem Subjekt, der andere dem Objekt angehört. Hält man an dieser starren und statischen Ansicht fest, so muss im Grunde jede Mehrung und Steigerung des einen A der beiden Summanden, aus dem sich das Sein zusammensetzt, die Minderung des anderen zur Folge haben. Was der eine an Kraft gewinnt, scheint der andere verlieren zu müssen – jeder Gewinn des Subjekts scheint mit einem Verlust der Objektivität erkauft werden zu müssen. Ich brauche hier nicht näher auszuführen, wie tief diese Vorstellungsweise die gesamte Entwicklung des Erkenntnisproblems bestimmt hat – und wie stark sie noch heute in jeder “Metaphysik der Erkenntnis” – wie sie z. B. in der Philosophie der Gegenwart durch Nikolai Hartmann vertreten wird – nachwirkt.389 Eine Versenkung in das Symbolproblem und in die reine Symbol f u n k t i o n scheint mir der kürzeste und der sicherste Weg zu sein, die Ansicht über das Verhältnis von Subjekt und Objekt, die hier zu Grunde liegt[,] zu entkräften. Denn hier können wir bei einem blossen Gegen-Einander und bei einem quasi-räumlichen “Gegenüber” nicht stehen bleiben. Hier giebt es kein ausschliessendes, kein “exklusives” Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt, sondern nur ein wechselseitiges Auf-Einander-Bezogen Sein und auf einander Angewiesen sein. Nicht durch Abstraktion oder Subtraktion vom Subjekt können wir hoffen[,] das Objekt, die Wirklichkeit, zu erreichen: vielmehr schliesst sich die wahre NaturB der Wirklichkeit für uns erst auf, wenn wir alle Kräfte des Geistes sichC entfalten und sich ständig potenzieren und steigern lassen. Die Zusammenfassung aller g eisti g en Energien[,] und ihre freie Ausübung, ist das, was das Wirkliche, das ἐνεργεία ὄν, für uns erschliesst und was ihm seinen festen Umriss, seine bestimmte Gestalt gibt.D eine n] danach gestrichen: Faktors Natur] statt gestrichenem: Kraft C sich] danach gestrichen: frei D Gestalt gibt.] nach dem die Bl. 26–27 umgreifenden Bg. (Bl. 25, 28) in Konvolut eingelegt: Titel- bzw. Deckblatt: Vo rtrag: Sy mbolp roblem / 20/II [19]32: Zürich (Bl. 29), restliche Bl. 30r / v–32r / v (Ms.-S. 8*–10*) gehören offensichtlich nicht in dieses Konvolut, sondern ins Konvolut Der Begriff der Form als Problem der Philosophie [20. III. 1924] (Box 37, Folder 710, # 82 (b)), den Text dieser drei Bl. siehe im vorliegenden Band, S. 281–285
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[Notizen] C harakt er de r künstl [erischen] Form – Eigentümlichk[eit] des Aesthetischen – Kant – schön ist was in der reinen Betrachtung gefällt – Aber ‘Betrachtung’ [ist] der generische Ausdruck für alle symbol[ische] Formung – S pra ch e – Herder – (Reflexion) Myth os , Re lig ion, – / Wissenschaft } Formen der Kontemplation Worin besteht das Eigentümliche der aesth[etischen] “Reflexion” Zeitform – Wissenschaft – Betrachtung des Vergangenen um in die Zukunft vorgreifen zu können savoir pour prévoir Mythos – Urwelt Relig io n – Nachwelt Beide sind nicht eigentlich hei misch A in der Wirkl[ichkeit] des Augenblicks – Der Mythos projiciert nach rückwä rts (Urspung, ἀρχή) die Religion nach vorwärts (zukünft[iges] Leben – alle Religionen enthalten Vorstell[ungen] von einem solchen zukünft[igen] Leben) Kunst reine Gegenwart Belege – Goethe Vergangenes in ein Bild zu verwandeln – [“]Mußt nicht vor dem Tage fliehen”390 – [“]Und was folgt / Reisst nicht hin[”]B391 Man weicht der WeltC nicht sicherer aus “als durch die Kunst u[nd] man verknüpft sich mit ihr nicht sicherer als durch die Kunst”392 das “reine Beruhen im Gegenstand”393 drei Stufen: einfache Nachahmung der Natur Manier Stil394 Schiller “Der Mensch spielt nur wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist u[nd] er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.”395 [Schiller,] 25[.] Brief ([Bd.] XI[I], [S.] 99) –
A B C
h eimisch] Lesung unsicher “Und . . . nicht hin”] in Bleistift hinzugefügt Welt] statt gestrichenem: Kunst
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Die Betrachtung (Reflexion) ist das erste liberale Verhältnis des Menschen zu dem Weltall, das ihn umgibt [“]Wenn die Begierde ihren Gegenstand unmittelbar ergreift, so rückt die Betrachtung den ihrigen in die Ferne und macht ihn eben dadurchA zu ihrem wahren und unverlierbaren Eigentum, daß sie ihn vor der Leidenschaft flüchtet. Die Notwendigkeit der Natur, die ihn im Zustand der blossen Empfindung mit ungeteilter Gewalt beherrschte, lässt bei der Reflexion von ihm ab; in den Sinnen erfolgt ein augenblicklicher Friede, die Zeit selbst, das ewig Wandelnde[,] steht still, indem des Bewusstseins zerstreute Strahle[n] sich sammeln, und ein Nachbild des Unendlichen, die Fo rm [,] reflektiert sich auf dem vergängliche[n] Grunde.”396 b) Ze i chen – Lessing – HerderB c) opti sche r u[nd] hapti scher Raum – / Friedmann397 H ilde brand C – Raum nicht als Abb ild, sondern als Art der Gestaltung398 – viel – zu vielD Persönl[ich] – Nie die Hoffnung gehegt – und unter den heutigen Verhältn[issen] hege ich sie weniger als je – Aber kein ‘System’, das von einem Einzelnen ausgebaut werden müsste gemeinsame Zusammenarbeit – von Philosophen, Psychologen, Linguisten, Religionshistor[ikern], Medizinern Z sehr reiche Hilfe gefunden – nur durch gemeins[ame] Arb[eit] weiterzuführen. Die Phil[osophie] d[er] s[ymbolischen] F[ormen] ist kein gebahnter Weg – sie kann nicht einmal ein Weg wei ser sein – [der] Rahm[en] u[nd] Ziel im voraus kennt.E sie ist ein Su chen nach neuen Wegen –
dadurch] statt gestrichenem: darum b) Z ei chen . . . Herder] siehe dazu auch Notizen auf rechtem Rand von Bl. 20v, im vorliegenden Band, S. 100, Edit.-philolog. Anm. A: a) Aesthetik / 1) Zeichen: / 2: Hildebrand : / Unterschied der Künste / 3: Individual-Symbolik / Goethe – hier fortfa[hren] C H ild ebrand ] H ild ebran dt D viel – zu viel] in Bleistift hinzugesetzt E Rahmen . . . kennt.] zwischen den Zeilen eingefügt A
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VOM E INFLUSS DER SPRACHE AUF D IE NATU RWISSEN SCHAF TLICHE B EGR I FFSBILDUNG. A
Bibl[iographie]: [Max] P l a n ck , Die Einheit des physik[alischen] Weltbildes [1909] Ni etz s che, Menschl[iches,] Allzum[enschliches]399 (Catal[og]) [1.] In einem seinerB Aufsätze zurC BegründungD der ›intuitionistischen‹ Mathematik hat der Mathematiker L[uitzen] E[gbertus] Brouwer 400 den Satz aufgestellt, daß Mathematik, Wissenschaft und Sprache die [“]Hauptfunktionen der Aktivität der Menschheit[”] bilden, [“]mittels deren sie die Natur beherrscht und in ihrer Mitte die Ordnung aufrecht erhält.[”]1 E Man erkennt sofort, daß damit eine Frage gestellt ist, die von ganz universeller Bedeutung ist und weit über den Rahmen des Einzelproblems hinausgeht, das in Brouwers Aufsatz behandelt wird. Denn für die Philosophie entsteht jetzt die Aufgabe, jede dieser Hauptfunktionen in ihrer Wesensart, in ihrem konstitutiven Prinzip und in ihrer Leistung, zu erkennen und ihr ihren Platz im Aufbau des menschlichen Wissens und der menschlichen Kulturarbeit zuzuweisen. Die Philosophie ist sich dieser Aufgabe von jeher in irgend einem Sinne bewusst gewesen, und sie hat sie, seit es ihr gelang, ihren eigenen Begriff zu finden und zu fixieren, bewusst in den Mittelpunkt ihrerF Arbeit gestellt. Schon der Name der ›Dialektik‹, den L[uitzen] E[gbertus] Brouwer, Mathematik, Wissenschaft und Sprache; [in:] Monatshefte für Mathematik und Physik, Bd. 36, 1929, S. 153 ff[.] Ortsmarkierung im Text in Bleistift 1
Vo m Ei nfluss . . . Begriffsbild ung .] von Cassirers Hand, unterstrichen seiner] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: der C Aufsätze zur] danach in Bleistift gestrichen: Darstellung und D In einem . . . Begründung] gegenüber, oben auf linkem Seitenrand Paginierung von Cassirers Hand: 1 E mittels . . . erhält.] Bemerkung in Bleistift gegenüber auf linkem Rand: Mathematik, Wissenschaft u[nd] Sprache – so hat L[uitzen] E[gbertus] Brouwer einen Aufsatz betitelt, in dem er eine Darstellung und Begründung seiner intuit[ionistischen] Auffass[ung] der Mathematik zu geben sucht. Er beginnt mit dem Satz, daß [gestrichen: sich in] diese drei [gestrichen: Hauptrichtungen] Grundrichtungen des menschl[ichen] Denkens die Hauptfunktionen der Aktivität der Menschheit bilden, Abbruch F ihrer] danach gestrichen: dialek[tischen] A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
die Philosophie bei Platon erhält, erinnert daran, daß hierA die Funktion des gesprochenen Wortes und die Funktion des Gedankens in eine eigentümliche Beziehung zu einander gesetzt und eng miteinander verknüpft werden. Und der Logos-Begriff der griechischen Philosophie erweitert und vertieft diese Beziehung; denn er erinnert daran, daß innerhalb derselben das mathematische Denken eine ganz bestimmte und unentbehrliche Stelle hat. Für die Griechen gibt es hier, auch im rein sprachlichen und etymologischen Sinne, noch keine Trennung und keine scharfe Grenzscheidung. Der Logos besagt seinem Grundsinne nach ebensowohl die gesprochene Rede, wie er, seit den Tagen der Pythagoreischen Mathematik, das zahlenmässige Verhältnis, die ›Proportion‹ als die Grundlage der mathematischen Ordnung, bezeichnet. Man könnte freilich die Auffassung vertreten, daß dieses Zusammentreffen lediglich zufälliger Natur sei und daß ihm demgemäss zwar ein sprachgeschichtliches, aber kein prinzipielles und philosophisches Interesse beizumessen sei. Was die Griechen in ihrem Denken noch zu vereinen und mit einem Begriff zu umspannen suchten, das hat – so kann man sagen – die spätere Entwicklung der philosophischen und wissenschaftlichen ErkenntnisB ein für alle Mal geschieden. Sprache und Wort, Begriff und Wort bedeutet für uns Moderne streng von einander geschiedene Probleme, deren Grenzen wir nicht verwischen dürfen. Und ebensowenig führt für uns irgend ein direkter Weg von der Welt der Sprache zu der der Mathematik; beide sind sowohl ihrem Inhalt, wie ihrer Methodik nach weit von einander geschieden; sie bildenC gewissermassen verschiedeneD Erdteile in unserem ›globus intellectualis‹[.] Was uns in dieser Auffassung immer wieder bestärkt, das ist ein Umstand, der sich weniger aus der objektiven Struktur der Wissenschaft als solcher ergiebt, als erE mit der Art zusammenhängt, in der uns, in der heutigen Organisation der wissenschaftlichen Arbeit und des wissenschaftlichen Unterrichts, der Stoff des Wissens dargeboten wird. Diese OrganisationF zwingt Jeden von uns in eine bestimmte Bahn: in die Bahn hier] statt gestrichenem: in ihr Erkenntnis] Erkenntnis, C bilden] statt gestrichenem: gehören D verschiedene] danach gestrichen: Weltteilen des ›globus intellectualis‹ an E als er] über der Zeile statt gestrichenem: sondern der F Diese Organisation] der vorstehende Text, verfaßt auf zwei großen, eingelegten und von Cassirers Hand paginierten Ms.-S. 1 (Bl. 39) und 2 (Bl. 40), ersetzt den ursprünglichen Anfang des Vortragstextes auf zwei kleinen Ms.-S. 1 (Bl. 21) und 2 (Bl. 22), ebenfalls von Cassirer paginiert, von denen Ms.-S. 2 komplett gestrichen und durch eine weitere kleine Ms.-S. 2 (Bl. 2r) ersetzt ist. Der auf Ms.-S. 1 (Bl. 21r / v) niedergelegte, schließlich weggefallene Text lautet: Ein [gestrichen: Vortrag] Aufsatz, den L[uitzen]
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Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung
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der Naturwissenschaft oder der Geisteswissenschaft, der humanistischen oder realistischen Bildung. Der Schwerpunkt der letzteren liegt in Mathematik und Naturerkenntnis; dasA Zentrum der ersteren liegt im Studium der Sprache und all dessen, was sich uns, imB Medium der Sprache, von geschichtlichemC Dasein der Menschheit und von ihrer Kulturarbeit E[gbertus] B ro u we r, [gestrichen: einer] der bekannte niederländ[ische] Mathematiker und der Begründer [gestrichen: und Hauptvertreter] der sogen[annten] “intuitionistischen[”] Mathematik[,] [gestrichen: vor einigen Jahren in Wien gehalten hat] im J[ahre] 1929 in den Monatsh[eften] f[ür] Math[ematik] u[nd] Phys[ik] veröffentlicht hat, [Anm. 1) Abgedruckt unter dem Titel “Mathematik, Wissenschaft u[nd] Sprache[”] in den Monatsheften für Mathematik und Physik, Bd. 36, 1929, S. 153 ff[.]] beginnt mit der Bemerkung, daß Mathematik, Wissenschaft und Sprache die Hauptfunktionen der Aktivität der Menschheit bilden, mittels derer sie die Natur beherrscht und in ihrer Mitte die Ordnung aufrecht erhält. Wenn dem so ist, so wird man erwarten und fordern müssen, daß die philosophische Erkenntnislehre alle diese Grundmomente eingehend [gestrichen: untersucht und] analysiert; daß sie sich die Besonderheit einer jeden von ihnen deutlich macht, und daß sie weiterhin die Art ihrer Verknüpfung untersucht – daß sie aufzeigt, wie alle drei Funktionen, ungeachtet ihrer Verschiedenheit, ja gerade erst kraft dieser Verschiedenheit, im Aufbau der objektiven Erkenntnis und des gegenständlichen Weltbildes, sich wechselseitig bedingen und ergänzen. [danach komplett gestrichen: Aber es genügt, eine solche Forderung auszusprechen, um sich sofort zum Bewusstsein zu bringen, wie weit die heutige Philosophie und die heutige Erkenntniskritik noch von ihrer Erfüllung entfernt ist. Was das Verhältnis der Logik zur Mathematik, der Mathematik zur Naturwissenschaft anlangt, so lässt sich sagen, daß, so viele Einzelaufgaben [statt: Einzelprobleme] hier noch ihrer Lösung harren, doch der Weg, auf dem eine solche Lösung gesucht werden muss, sich immer klarer und deutlicher für uns abzeichnet. Dank den Fortschritten der modernen symbolischen Logik, dank der eindringenden Analysen der Grundbegriffe und Grundprinzipien der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, wie sie in den letzten Jahrzehnten nicht nur von Philosophen, sondern in fast noch grösserem Umfang von Mathematikern und theoretischen Physikern durchgeführt worden sind, stehen wir hier zum mindesten vor einem festen Ziele – beginnt sich uns der Kreis der Pro bleme, die es zu bewältigen gilt, mit einiger Sicherheit abzugrenzen. Aber wenn wir nach dem Verhältnis der Sprache zur naturwissenschaftlichen Erkenntnis fragen – so betreten Ende der Streichung] Nach Diese Organisation Unterbrechungs- samt Fortsetzungsmarkierung: . S. 2; Fortsetzung des Textes ab entsprechender Markierung auf kleiner Ms.-S. 2 (Bl. 2r), der Markierung steht nachfolgender, nicht mehr gültiger Text voran: Aber der Erfüllung dieser Forderung stellen sich alsbald schwer zu überwindende Hemmungen entgegen – Hemmungen nicht nur sachlicher, sondern auch persönlicher Art. Es ist die heute bestehende Organisation der wissenschaftlichen Arbeit und die mit ihr zusammenhängende Erziehung und Ausbildung der einzelnen Forscher, die hier ein wesentliches Hindernis bildet. Danach Worte irrtümlich nicht mit gestrichen: Diese Organisation A das] danach gestrichen: geistige B im] statt gestrichenem: durch das C geschichtlichem] danach gestrichen: und geistigem
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
offenbartA. Bei dieser Betrachtung rücken Sprache und Naturerkenntnis weit auseinander; sie bilden gewissermaßen die beiden äussersten Gegenpole unserer Erkenntnis. In den Betrachtungen, die ich Ihnen heute vorlegen will, möchte ich [den] Versuch machen, diesen schroffen Gegensatz zu überwinden. Ich will versuchen,B eine Brücke [zu] schlagen zwischen Problemen der Sprachtheorie und der Erkenntnistheorie der Naturwissenschaften, die zumeist als weit von einander entfernt angesehen werden. In einer früheren Arbeit, die sich auf Grundfragen der Wahrnehm ung spsychologie bezieht,401 habe ich versucht, die engen Beziehungen aufzuweisen, die zwischen der Struktur der Sprachwelt und der der Wahrnehmungswelt bestehen.C In der Tat genügt es nicht, wenn wir die Wahrnehmungswelt als etwasD von Anfang an GegebenesE auffassen, das in der Sprache nur seinen Ausdruck und gewissermassen seinen toten AbdruckF findet. Die Vertiefung in die Phaenomene, dieG Vertiefung in dasH Leben der Sprache und in das Leben derI Wahrnehmung, zwingt uns zu einer anderen und viel komplexeren Auffassung[.]J Wilh[elm] von Humboldt, einer der ersten Begründer und Bahnbrecher einer krit[ischen] Sprachphilosophie[,] hat immer wieder dieK Vorstellung und von ihrer Kulturarbeit offenbart] über der Zeile anstatt gestrichenem: darstellt Ich will versuchen,] über der Zeile statt gestrichenem: ; möchte ich; oben am rechten Rand Paginierung von Cassirers Hand: 3 C bestehen.] danach durch zwei lange Linien ausgestrichen: In einem Aufsatz, der [gestrichen: vor zwei Jahren] im Jahre 1933 im ›Journal de Psychologie‹ [auf linkem Rand: XXX, 1933, S. 18 ff[.]] erschienen ist, und der den Titel trägt ›Le langage et la construction du monde des objets‹, habe ich zu zeigen gesucht, wie die Form der Sprache nicht nur das Denken, sondern auch die des Wahrnehmens [gestrichen: entscheidend mitbestimmt]. Wilh[elm] v[on] Humboldt hat das für die Sprachtheorie grundlegende Prinzip aufgestellt, daß die Sprache nicht als ein blosses Ergon, sondern als eine Energeia anzusehen sei: nicht als ein bloss Gewirktes, sondern als eine Weise geistigen Bildens und Wirkens, die allem, was sie ergreift, ihren Stempel aufprägt. [Vgl. Hrsg.-Anm. 362] D etwas] danach gestrichen: schlechthin E Gegebenes] Hervorhebung wieder gestrichen F Abdruck] Abdruck, G in die Phaenomene, die] über der Zeile in Bleistift, Absicht unklar: das Leben der Sprache u[nd] H Vertiefung in das] in Bleistift gestrichen, Absicht unklar I Leben der] in Bleistift gestrichen, Absicht unklar; alternative Lesung des Teilsatzes: Die Vertiefung in das Leben der Sprache u[nd] in die Phaenomene [der] Wahrnehmung, J In der Tat . . . Auffassung.] Einschub bzw. Ersatz auf linker Seite gegenüber Streichung, Einschubort im Text markiert, Angabe 4. unter dem Einschub signalisiert die Fortsetzung auf nachfolgender Ms.-S. 4 K Wilhelm von Humboldt . . . wieder die] Ersatz für Streichung bzw. Übergang zum nachfolgenden Text auf rechtem Rand, dabei alter Satzanfang irrtümlich nicht gestrichen: Die A
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Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung
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bekämpftA, daß die verschiedenen Sprachen nichts anderes täten, alsB ein und dieselbe Masse der unabhängig von ihnen vorhandenen Gegenstände und Begriffe nurC in verschiedener Weise [zu] bezeichnen. Er erklärte eine F solche AnsichtDE als die “dem Sprachstudium eigentlich verderbliche”402 . Statt dessen fordert er die Auffassung der Sprache als einer eigentümlichen Energie geistiger Formung, als einer aktiven Grundfunktion der Gestaltung. Für die Begründung seiner These hat sich Humboldt im wesentlichen auf Gründe der Sprachvergleichung und Sprachgeschichte wie I auf allgemein-spekulative Gründe gestützt.G In derH angeführten Arbeit 403 habe ich zu zeigen versucht, daß wir heute seinen Beweis noch wesentlich ergänzen und vervollständigen können mit Hinblick auf das reiche empirische J Material, das uns seither sowohl die linguistischeK wie die psychologische ForschungL zur Verfügung gestellt haben. In diesemM Material[,] das freilich in den bisherigen philosophischenN Sprachtheorien noch lange nicht vollständig ausgewertet ist und das noch der theoretischen Sichtung und Deutung bedarf, besitzen wir, wie ich glaube, einen vollgültigen Beweis für die engen funktionellenO Beziehung[en] zwischen Sprache und Wahrnehmungswelt. Dieser Beweis lässt sich positiv wie negativ führen[.] Auf der einen Seite können wirP die Strukturveränderungen betrachten, die die Wahrnehmungswelt durch die Sprache, durch die Entstehung und Wirksamkeit des Symbolbewusstseins, erfährt: eine Veränderung, die wir an bestimmten Grundphaenomenen der Kinderpsychologie verfolgen und
bekämpft] über der Zeile nichts anderes . . . als] über der Zeile statt gestrichenem: nur C nur] über der Zeile D Ansicht] statt gestrichenem: Auffassung E Er erklärte . . . Ansicht] auf rechtem Rand bzw. über der Zeile statt gestrichenem: ; wies er ab, indem er sie F . . . verderbliche”] danach gestrichen: erklärte G gestützt.] in Bleistift statt gestrichenem: zu stützen gesucht. H der] statt: dem I Arbeit] statt gestrichenem: Aufsatz J das reiche empirische] über die Zeile hinaus auf rechtem Rand statt gestrichenem: das K linguistische] danach gestrichen: Arbeit L sowohl . . . Forschung] über der Zeile und auf rechtem Rand statt gestrichenem: die psychologische Analyse, und insbesondere die Tatsachen der Entwicklungspsychologie M In diesem] danach gestrichen: , freilich von der bisherigen psychologischen Theorie noch kaum ausgewerteten N philosophischen] über der Zeile statt gestrichenem: psychologischen O funktionellen] Lesung nicht eindeutig, evtl.: funktionalsten P Auf . . . wir] über der Zeile statt gestrichenem: oder wie einmal A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
studieren können.A Fast noch bedeutsamer erweisen sich die Tatsachen, zu deren Kenntnis unsB die Sprachpathologie und die moderne Lehre von der Aphasie geführt hat: sie zeigen[,] daß die pathologischen Veränderungen oder der vollständige Verlust der Sprache niemals allein stehen, sondern daß sie die gesamte Vorstellungs- und Wahrnehmungswelt entscheidend beeinflussen und umgestalten.C So zeigt sich hier eine ständige Wechselbeziehung zwischen Sprachstruktur und Wahrnehmungsstruktur. Die Form der Sprache erweist sich als eine wichtige und wesentliche Bedingung für den Aufbau des Wahrnehmungsbewusstseins – und die Art der Wahrnehmung ist es, die ihrerseits wieder D auf den Sprachakt zurückwirkt und die denE Gebrauch, die Ausbildung und Entwicklung der Sprache bestimmt. Auf dieses Problem möchte ich jedoch heute nicht wieder zurückkommen; es sei erlaubt für dasselbe auf denF Aufsatz zu verweisen, der unter dem Titel ›Le langage et la construction du monde des objets‹ im Journal de Psychologie1 erschienen ist. Statt dessen möchte ich das Problem in einer anderen und umfassenderen Form stellen[.] Besteht ein analoger Zusammenhang auch dann noch fort, wenn wir G den “natürlichen Weltbegriff” mit dem wissenschaftlichen vertauschen – wenn wir zur Welt der naturwissenschaftlichenH Erkenntnis übergehen? Auf den ersten Blick wird man gewiss geneigt sein, diese Frage zu verneinen.I 1
XXXe Année, 15. I[.]–15. IV. 1933, pp. 18–44
können.] danach gestrichen: Nicht minder bedeu[tsam] uns] über der Zeile C umgestalten.] danach in Bleistift, unklar ob von Cassirers Hand, der Fortsetzungshinweis: – [Ms.-S.] 5a D wieder] über der Zeile E den] über der Zeile statt gestrichenem: diesen F den] einen G wenn wir] danach Fortsetzungshinweis: → [Ms.-S.] 6; auf Ms.-S. 6 (Bl. 5r) erstes Drittel mit dünner Linie in Bleistift gestrichen bis Fortsetzungsmarkierung in Bleistift: Heute indess möchte ich diesem, wie mir scheint, sehr wichtigen und fruchtbaren psycholo gischen Problem nicht weiter nachgehen, sondern die Frage in einer anderen umfassenderen Form stellen. Besteht dieser Zusammenhang zwischen Sprache und gegenständlicher Vorstellung auch dann noch fort, wenn wir von H naturwissenschaftlichen] statt gestrichenem: objektiven I zu verneinen.] danach gestrichen: Denn wenn wir den Erwägungen folgen, die Planck in, Gestrichenes bildet den Satzanfang für – ursprünglich – weiterführenden Text auf Ms.-S. 11, auf die an dieser Stelle verwiesen wird: → [Ms.-S.] 11; jedoch gilt dieser Text auf S. 11 und auf Anfang von Ms.-S. 12 – in der Überarbeitung – offenbar als verworfen, ohne ausdrücklich gestrichen zu sein, die Ms.-S. 7–10 finden sich nicht im Konvolut: [Denn wenn wir den Erwägungen folgen, die Pla n ck in] seiner bekannten Leidener Rede über die “Einheit des physikalischen Weltbildes” im Jahre A
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Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung
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Denn besteht nicht eben der Charakter dieser Erkenntnis – so wird man sagen – in deren ganz neuen Norm des objektiven Wissens, die sie aufstellt? UndA geht diese Norm nicht weit hinaus über all das, was die Sprache[,] in ihrem Kreise und mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln, zu leisten vermag? Planck404 hat in seiner bekannten Rede über [“]die Einheit des physikalischen Weltbildes[”] erklärt, daß das Eigentümliche und Auszeichnende dieses Weltbildes darin besteht, daß es sich die Ausschaltung aller anthropomorphen Elemente zum Ziel setzt: ein Ziel[,]B das um so vollkommener erreicht werde, je mehr sichC das physikalische DenkenD dieses seines eigentlichen Zieles bewusst werde und je bestimmter und folgerichtiger es dasselbe verfolge.405 IstE dem so, so werden wir kaum erwarten dürfen, daß die physikalische Erkenntnis an der Sprache irgend einen Halt gewinnen und von ihr irgend eine Mitwirkung oder Förderung erfahren kann. Wir werden annehmen
1908 angestellt hat, so können wir das physikalische Weltbild gerade dadurch definieren, daß es in ihm mehr und mehr zu einer Ausschaltung aller “anthropomorphen” Elemente kommt. 〈Die physikalischen Definitionen des Tons, der [gestrichen: Wärme] Farbe, der Temperatur werden heute, wie Planck im einzelnen darlegt, keineswegs mehr der unmittelbaren Wahrnehmung durch die entsprechenden Sinne entnommen. Ton und Farbe werden durch die Schwingungszahl bzw. Wellenlänge definiert, die Temperatur theoretisch durch die dem zweiten Hauptsatz der Wärmetheorie entnommene absolute Temperaturskala, in der kinetischen Gastheorie durch die lebendige Kraft der Molekularbewegung. Dieses Zurückdrängen des spezifisch sinnlichen Elements aus den Definitionen der physikalischen Begriffe bildet das eigentliche Ziel der Naturerkenntnis und zugleich die Bedingung, auf der ihre Sicherheit und Exaktheit beruht.〉 [eckige Klammern in Bleistift] [“]Die Signatur der ganzen bisherigen Entwicklung der theoretischen Physik ist, wie Planck erklärt, eine Vereinheitlichung ihres Systems, welche erzielt ist durch eine Emanzipierung von den anthropomorphen Elementen [danach in Bleistift gestrichen: , speziell der spezifischen Sinnesempfindungen[”]]. Ist dem aber so, – so müssen wir die stärksten Bedenken hegen, der Sprache irgend einen Einfluss auf die physikalische Begriffsbildung einzuräumen[,] – so müssen wir erklären, daß der Einfluss der Sprache genau an dem Punkt aufhört, nachstehende Fortsetzungsmarkierung in Bleistift, die das Ende der beabsichtigten Streichung angibt, bezieht sich, ohne Hinweis auf die gemeinte Ms.-S., auf das Textende von Ms.-S. 6a (Bl. 5v) (siehe Edit.-philolog. Anm. B), wobei die Ms.-S. 6 (Bl. 5r) (untere Hälfte) und 6a (Bl. 5v) einen nach der Streichung von Denn wenn wir den Erwägungen folgen, die P lanck in erkenntlich später niedergeschriebenen, als Fortsetzung gedachten Text enthalten, der auf Ms.-S. 12 nach der erwähnten Markierung seine Fortführung erfährt A Und] danach gestrichen: ist diese Norm B ein Ziel,] Fortsetzungshinweis auf rechtem Rand: [Ms.-S.] 6a / weiter! C mehr sich] über der Zeile statt gestrichenem: konsequenter D Denken] danach gestrichen: sein Ziel E Ist] im Ms. nicht eingerückt
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müssen, daß der Einfluss der Sprache an eben dem Punkt aufhört[,]A an dem wir den ersten folgenschweren SchrittB vollziehen – an dem wir uns, um es in der TerminologieC Plancks auszudrücken, entschliessen, von der “Sinneswelt”D zur “physikalischen Welt” fortzugehen.406 Denn wie hoch man die Sprache auch stellen und wie sehr man ihren Wert für alles logische Denken auch betonen mag: das Eine scheint sicher, daß sie ihren Ursprung als eine spezifisch-menschliche Leistung und als eine spezifisch-menschliche Schöpfung nicht verleugnen kann. Der Anthropomorphismus der Sprache ist keine bloss äusserlicheE Schranke, sondern eine ihr positiv innewohnendeF Bestimmung. Er bildet nicht sowohl einen Mangel, der ihr anhaftet, als vielmehr einen integrierenden Teil ihrer selbstG – ein wesentliches Moment, auf dem ihre Kraft und Leistung beruht. Die Sprache vom Anthropomorphismus befreien, hiesseH daher sie von dem Erdreich zu lösen, in dem sie wurzelt, und in dem allein sie wachsen und gedeihen kann. Wenn also dieI [Physik], in ihrem Streben nach einem streng-objektiven WeltbildJ, das bloss-Subjektive mehr und mehr beschränken und zurückdrängen muss, so kann ihrK die SpracheL auf diesem Wege nicht folgen. Sie ist und bleibtM anN das “Menschliche, Allzumenschliche”407 gebunden. Ist dem so, so werden wir erwarten müssen, daß endlich einmal, in der Entwicklung des physikalischen Denkens, der Punkt erreicht sein muss, an demO sich dieses DenkenP endgültig von jeder Verbindung mit der Sprache ablöst und lossagt, – an dem es sich ganz auf sich selbst stellt und sich von der Vormundschaft der sprachlichen Begriffe befreit. Ob ein solcher Prozess tatsächlich vorliegt, und ob er schon zu einem bestimmten Ziel, zu einem klar erkennbaren Abschluss gekommen ist – darüber kann uns nur die Geschichte des naturwissendem Punkt aufhört,] darunter Fortsetzungshinweis: → [Ms.-S.] 12; Fortsetzungsmarkierung auf Ms.-S. 12, 9. Zeile v. o. B Schritt] danach gestrichen: der Naturerkenntnis C Terminologie] über der Zeile statt gestrichenem: Sprache D “Sinneswelt”] Lesung unsicher, evtl.: “Sinnenwelt” E äusserliche] statt gestrichenem: zufällige F innewohnende] über der Zeile statt gestrichenem: anhaftende G ihrer selbst] über der Zeile statt gestrichenem: von ihr H hiesse] über der Zeile in Bleistift statt gestrichenem: heisst I Wenn also die] auf dem rechten Rand, statt gestrichenem: Die Physik muss vielleicht J Weltbild] danach in Bleistift gestrichen: zu gelangen K muss, so kann ihr] über der Zeile statt gestrichenem: ; aber L Sprache] danach gestrichen: kann ihr; irrtümlich stehen geblieben: ihr M und bleibt] über den rechten Rand hinaus gesetzt N an] an an O dem] danach in Bleistift gestrichen: es P dieses Denken] in Bleistift über der Zeile
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schaftlichen Denkens belehren. Ich muss es mir hier freilichA versagen, dem Gang der geschichtlichen Entwicklung im Einzelnen zu folgenB: ich kann nur versuchen, aus dem so reichen und vielverschlungenen Gewebe einige wenige Fäden herauszulösen, um an ihnen eine gewisseC allgemeine EntwicklungstendenzD aufzuweisen, der das naturwissenschaftliche Denken und die naturwissenschaftliche Begriffsbildung folgt. 2.E 2.F Das erste umfassende System der Naturerkenntnis, das auf Jahrhunderte hinaus das menschliche Denken bestimmt und beherrscht hat, ist von Aristoteles entworfen worden. Es istG auf wenigen allgemeinen Grunderfahrungen aufgebaut, die durch logische Schlüsse mit einander verknüpft und zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefasst werden. Dieses Ganze ist von ausserordentlicher Klarheit und von einer plastischen Deutlichkeit, die durchaus das Gepräge des klassischen griechischen Geistes trägt. Wie für die moderne Physik, so ist für Aristoteles die Bewegung der Grundbegriff der Naturerkenntnis. Im Gegensatz zur Metaphysik, zur “ersten Philosophie”408, die es mit dem Unbewegten und Unkörperlichen zu tun hat, richtet sich die Betrachtung der Physik H auf das Bewegte und Körperliche. Die Natur, die ϕύσις als Ganzes kann demnachI geradezu als der “Grund der Bewegung und Ruhe” definiert werden[.]1409 Um zu diesem Grund vorzudringenJ, müssen wir den Weg gehen, den die Aristotelische Logik für jegliches menschliche Begreifen ein für alle Mal festgelegt zu haben glaubt. Wir müssen die Phaenomene, die uns in der sinnlichen Erfahrung gegeben sind, klassifizieren, sie auf ihre Arten und Gattungen zurückführen. Mit der Frage nach den Gattungsbegriffen, unter die sich die Phaenomene ordnen, ist auch die Frage nach ihren Gründen beantwortet: denn den Grund einer Erscheinung verstehen, bedeutet nichts anderes, als sie dem ihr entsprechenden Gattungs1
([Aristoteles,] Phys[ik Buch] II 192 b 20)
freilich] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: natürlich folgen] statt gestrichenem: fügen C eine gewisse] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: die D Entwicklungstendenz] danach gestrichen: sichtbar E 2.] in Bleistift F 2.] statt gestrichenem: 4. G Es ist] danach in Bleistift gestrichen: , soweit lediglich die Physik des Aristoteles in Frage kommt, H Physik] danach gestrichen: ausschliesslich I demnach] in Bleistift über der Zeile J vorzudringen] danach gestrichen: – dazu
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begriff zu subsumierenA und sie, als ein Besonderes, aus der Allgemeinheit dieses Begriffs abzuleiten. Der erste und wesentliche Unterschied der Bewegungen, der sich schon der Anschauung unmittelbar aufdrängt, betreffe den Gegensatz der himmlischen und irdischen Bewegungen. Den himmlischen Körpern kommtB eine C gleichförmige, in sich selbst zurückkehrende, unwandelbareD Kreisbewegung zu,E die irdischen Körper zeigenF eine ungeordnete ungleichmäßige Bewegung, die in verschiedenartigen schiefen Bahnen verläuft und die notwendig nach einiger Zeit zum Stillstand kommt. Aber auch in dieses Gewirr vermag der physikalische Gedanke, dank dem Grundmittel der Klassifikation, eine klare Ordnung zu bringen. Es ist der Unterschied der Elemente, der sich nach Aristoteles in dem Unterschied der Bewegungen ausdrückt und kundgiebt.G410 AlleH Elemente bauenI sich aus verschiedenen GrundqualitätenJ[,] aus dem Trockenen und Feuchten, dem Leichten und Schweren, dem Kalten und Warmen auf. Was wir Grundstoffe nennen, sind nichts anderes als Kombinationen dieser elementaren Qualitäten[.]K Die Kombination des Kalten und des Trockenen ergibt das Element der Erde, die des Trockenen und des Warmen das Element des Feuers, die des Warmen und Feuchten das Element der LuftL[.] Und jeder dieser Grundqualitäten entspricht eine eigene, für sie charakteristische Bewegungsform: das Schwere strebt
zu subsumieren] statt gestrichenem: unterz[uordnen] kommt] danach gestrichen: die Bewegung zu, die ihrem ewigen und unveränderlichen Sein entspricht: die schlechthin C eine] über der Zeile D unwandelbare] statt gestrichenem: wandelbare E zu,] danach gestrichen: diese zeigen F zeigen] danach gestrichen: demgegenüber G kundgiebt.] danach durch eine vertikale Linie gestrichen: Jedes Element besitzt eine Bewegung, die ihm spezifisch [gestrichen: -eigentümlich] angemessen ist – die seine Natur und Wesenheit ausdrückt. Aus der natürlichen Ordnung der Elemente muss daher die natürliche Ordnung der Bewegungen folgen. Die erstere[,] [in Bleistift eingfügt: die Ordnung der Elemente] aber ist zu gewinnen, wenn wir [gestrichen: erwägen, daß] Abbruch H Alle] ursprünglich: alle I bauen] über der Zeile J Grundqualitäten] danach gestrichen: aufbauen. Den Gegensatz dieser Qualitäten entnimmt Aristoteles der unmittelbaren Sinnenerfahrung: das Kalte und Warme, das Feuchte und Trockene sind ihm die einfachen Grundbestimmungen, aus denen sich die Welt der Elemente und der ihnen entsprechenden Bewegungen aufbaut. K aus dem Trockenen . . . Qualitäten.] Ersatz für Streichung unter letzte, gestrichene Zeile auf Ms.-S. 16 (Bl. 8v) und oben auf rechten Rand, Ms-S. 17 (Bl. 9r), gesetzt L die des Warmen . . . Luft] über der Zeile statt gestrichenem: – das erstere kraft seiner natürlichen A
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seiner Natur nach unten, nach dem Erdmittelpunkt hin, während sich das Leichte kraft eben dieser Natur, von ihm entfernt[.]A Aus diesen wenigen Grundvoraussetzungen vermochte Aristoteles eine Physik von grosser Einfachheit und Anschaulichkeit aufzubauen – eine Physik, die keinen inneren Widerspruch aufwies, und die daher gegen alle Angriffe des blossen theoretischen Denkens gesichert schien.BC Wir pflegen heute anzunehmen, daß der Sturz dieser Physik ausschliesslich dadurch erfolgt ist, daß in den Jahrhunderten der Renaissance neue empirische ForschungswegeD erschlossen wurdenE, die, konsequent zu Ende verfolgt,F auf unlösliche WidersprücheG zwischen dem Aristotelisch-scholastischen Begriffssystem und den gegebenen Phaenomenen, vor allem den astronomischen Phaenomenen, hinführten. Und die entscheidende Bedeutung dieses Faktors darf und soll natürlich in keiner Weise bestritten werden. Aber wenn man sich in die Schriften Keplers und Galileis vertieft, so erkennt man sofort, daß es sich in dem Kampf, den beide gegen Aristoteles führen, noch um etwas anderes handelt. Sie hätten, als Empiriker, die Macht der traditionellen Begriffe nicht zu brechen vermocht, wenn sie nicht auch, als L og iker der Naturerkenntnis, ein neues universelles Problem gesehenH und I wenn es ihnen nicht gelungen wäre, dieses Problem immer klarer und schärfer zu formulieren. Besonders Galileis Schriften bilden auch in dieser Hinsicht den Durchbruch zu einer wahrhaft neuen Denkart. Die Klassifikation der Naturphaenomene, auf die sich Aristoteles stützt und die seiner gesamten Physik den Stempel aufdrückt, kann nicht schlechthin von vorn anfangen. Sie setzt gewisse Einteilungen und Unterschiede als gegeben voraus; sie trifft ihre Abgrenzungen der natürliche[n] Klassen
Und jeder . . . entfernt.] über der Zeile und auf rechtem Rand statt gestrichenem: Jedes von ihnen strebt seinem “natürlichen Ort” zu: die Erde kraft ihrer Schwere nach dem Weltmittelpunkt hin, das Feuer kraft seiner absoluten Leichtigkeit von ihm hinweg. B schien.] über der Zeile statt gestrichenem: war, C schien.] danach, über der Zeile, Fortsetzungshinweis → [Ms.-S.] 17 a –e; und danach gestrichen: die erst dann gestürzt wurde, als durch Kepler und Galilei die [gestrichen: neuen] grundlegenden Erfahrungstatsachen bekannt wurden, die einen prinzipiell-neuen Aufbau der Dynamik forderten. [Absatz] 5. Aber analysieren wir nun die Aristotelische Physik und Kosmologie näher, betrachten wir sie nicht sowohl nach der Seite ihres Inhalts, Abbruch mit Ende der Ms.-S. 17; zur Fortsetzung siehe Edit.-philolog. Anm. E auf S. 120 D Forschungswege] danach gestrichen: und Forschungsinstrumente E erschlossen wurden] über der Zeile statt gestrichenem: zugänglich wurden F konsequent zu Ende verfolgt,] über der Zeile G Widersprüche] danach kurzer senkrechter Strich in Bleistift | H gesehen] statt gestrichenem: gestellt I und] danach gestrichen: es in immer grösserer Schärfe
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des Seins in der Weise, wie sie ihr durch die Sprachb egriffe nahegelegt und in einem gewissen Sinne aufgezwungen ist. Die Sprache ist es, die dieA Unterschiede, die uns in der sinnlichen Empfindung gegeben sind, zuerst fixiert. Sie giebt jedem dieser Unterschiede einen Namen; sie bezeichnet das eine als hell B, das andere als dunkelC, das eine als schwer, das andere als leicht, das eine als kalt, das andere als warm, je nachdem es den GesichtssinnD, den Tastsinn, den Temperatursinn verschieden affiziert E. Aristoteles’ PhysikF erkennt diesen sprachlichen Sonderungen eine objektive, eine theoretische Bedeutung zu; sie sieht in den Sprachbegriffen legitime Vorstufen der wissenschaftlichen Begriffe. Der ›Name‹ des Schweren oder Leichten, des Warmen oder Kalten ist kein blosser Name; sondern er drückt etwas aus, was dem Gegenstand selbst zugehört. Er bezeichnet nicht nur etwas, was in Bezug ›auf uns‹ gilt und was demgemäß nur relativen Charakter besitzt; sondern er bezeichnet etwas Seiendes und Absolutes. Die Erde ist an sich, ihrer “Natur” nach, schwer, wie das Feuer seiner Natur nach leicht ist: Jenen erstenG Unterscheidungen, die die Sprachbegriffe festhalten, entsprechen somit bestimmte ontologische Unterschiede; die Wortbegriffe weisen auf eine Natur, auf eine ϕύσις hin, die als solche besteht und in konstanter Weise wirkt. Wenn es gelang, das Band zu zerschneiden, das hier die Sprachbegriffe mit den Grundbegriffen der physikalischen Erkenntnis zusammenbindet, so musste daraus eine wahrhafte ›Revolution der Denkart‹411 entstehen – und wir werden sehen, daß Galilei in seiner Polemik gegen das Schulsystem der Physik dies en Schnitt tatsächlich geführt hatH: daß er bestimmteI Differenzen, die hierJ als ontische Fundamentalunterschiede betrachtet wurden, als blosse Namensunterschiede zu erklären wagte[.] 3. Aber bevor wir hierauf eingehen, müssen wir uns noch etwas näher in die Eigenart der Aristotelischen Kategorienlehre vertiefen.412 Diese Kategorienlehre stellt uns,K gewissermassen auf einer höhern Ebene, eben jene Grundanschauung dar, die schon die Aristotelische Physik beherrscht. Die Logik413 und die Physik folgen hier ein und demselben gedanklichen die] danach gestrichen: ersten hell] über der Zeile statt gestrichenem: hart C dunkel] über der Zeile statt gestrichenem: weich D Gesichtssinn] statt gestrichenem: den Tastsinn E affiziert] statt gestrichenem: def[iniert] F Physik] statt gestrichenem: Grundvoraussetzungen G Jenen ersten] über der Zeile statt gestrichenem: Den ersten H geführt hat] über der Zeile statt gestrichenem: zu führen wagte I bestimmte] statt gestrichenem: fundamentale J hier] über der Zeile statt gestrichenem: man K stellt uns,] über der Zeile statt gestrichenem: wiederholt
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Impuls. Wenn die Physik an die Wortbegriffe der Sprache anknüpft, so knüpft die Kategorienlehre an das Phänomen des gesprochen[en] und verstandenen S a t z e s an. Die Gliederung des sprachlichen Satzes, die Unterscheidung seiner einzelnen Bestandteile und der Beziehung, in der sie zu einander stehen: dies alles wird für Aristoteles zum LeitfadenA, dem C erB in seiner Strukturanalyse des Denkens zu folgen sucht. 414 DieD Gestalt, das ›Schema‹E des Denkens wird am Schema des Satzes abzulesen gesucht. Dieses Verfahren hat sich, im Rahmen der Aristotelischen Logik, als ausserordentlich fruchtbar erwiesen – Aber es enthält auch eine stete Gefahr, sobald man den p ropäde uti schen Charakter der sprachlichen Form mit einem streng-systematischen Charakter verwechselt. Denn in diesem FalleF verwandeln sich wiederum gewisse an sich berechtigte, relative Unterschiede in absolute Unterschiede; gewisse Formen der Auffas sung werden so betrachtet und gedeutet, daß sie den Gegenständen als solchen notwendig zukommen und ihren eigentlichen WesenscharakterG bezeichnen. Wenn Aristoteles sich, in den Analysen seiner Kategorienlehre[,] an die Sprache hält und sich ihrer Führung anvertraut, so bräuchten wirH, vom modernen Standpunkt aus, ein solches Verfahren nicht zu bestreiten. Aber wir würden fordern, daß er hierbei sorgsam zwischen dem ›Universellen‹ und dem ›Partikularen‹ unterscheidet, daß er nicht besondere Bestimmungen, die in einer einzelnen Sprache oder in bestimmten Sprachgruppen, ihr Recht und ihren Grund haben, zu Kennzeichen der SpracheI oder des Denkens überhaupt macht. Wenn wir historisch urteilen, so sehen wir freilich ein, daß und warum eine solche Forderung für Aristoteles unerfüllbar sein musste. Für ihn gab es hier noch keine Möglichkeit des Vergleichs: er konnte nicht abgesondert von der griechischen Sprache oder gegen sie, sondern nur in ihr und mit ihr denken. Wenn er daher vom Satz, als Grundgebilde der Sprache[,] ausgeht, und wenn er ihn in seine einzelnen Momente auseinanderzulegen sucht, so konnte für ihn kein anderes Satzschema in Betracht kommen, als dasjenige, das uns im Umkreis aller flektierenden Sprachen begegnet. Wilhelm von Humboldt Leitfaden] unter der Zeile statt gestrichenem: Leitfaden und Ariadnefaden er] danach gestrichen: seit und die Struktur des C zu folgen sucht.] statt gestrichenem: leiten lässt. D Die] statt gestrichenem: Jetzt E ›Schema‹] statt gestrichenem: σχῆμα F Denn in diesem Falle] danach gestrichen: übernimmt man und dürfen wiederum gewisse, an sich berechtigte re l a t i ve Unterschiede sich in absolute Unterschiede G eigentlichen Wesenscharakter] statt gestrichenem: Seins[charakter] H bräuchten wir] statt gestrichenem: würden wir es I der Sprache] danach gestrichen: überhaupt und damit
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ist der Erste gewesen, der in seiner Abhandlung ›über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus und ihr Einfluss auf die geistige Entwicklung der Menschheit‹1 den Grundcharakter und die Eigenart der flektierenden Sprachen klar und scharf abgegrenzt hat. Und selbst er, der mit so freiem und weitem BlickA die gesamte Welt der Sprache überschaut, neigt noch dazu, den flektierenden Sprachen, was ihren logischen Wert betrifft, eine Sonderstellung zuzugestehen.B Er findet, daß von allen Methoden, derer sich die Sprachbildung bedient, allein die Flexionsmethode “das reine Prinzip des Sprachbaues” in sich darstellt und bewahrt.C In Bezug auf diese Reinheit lässt sich nach ihm keine der anderen Sprachformen, weder die isolierenden, noch die agglutinierenden oder polysynthetischen Sprachen, mit der flektierenden Sprache vergleichen. Die Flexionsmethode gilt daher Humboldt “als ein geniales, aus der wahren Intuition der Sprache hervorgehendes Prinzip.”2 Wie weit dieses Prinzip seine Herrschaft erstreckt, das lässt sich in der Tat auch ausD den ersten grossen Gedankenbildungen der abendländischen Philosophen ersehen. Was Aristoteles betrifft, so hat man seit langem erkannt, daß die einzelnen Seinskategorien, die er aussondert, in nahem Zusammenhang mit sprachlich-grammatischen Kategorien stehen. Aristoteles[’] Kategorienlehre will das ›Sein‹ beschreiben und bestimmen, sofern es sich in den verschiedenen Formen der Au s s a g e expliziert und gewissermassen auseinanderlegt. Jede Aussage aber verlangt vor allemE ein bestimmtes Sub j ekt, an das Einleitung zum Kawi werk W[ilhelm] v[on] Humboldts; s[iehe] [gestrichen: Werke] Ges[ammelte] Schriften, hg. von der K[öni]gl[ich] Preuss[ischen] Akad[emie] der Wissenschaften zu Berlin, Werke [Bd.] VII, erste Hälfte, Berlin 1907 2 W[ilhelm] v[on] H umboldt, a. a. O., Bd. VII, 1[. Hälfte], S. 162 f. 1
Blick] Blick, zuzugestehen.] danach drei kurze senkrechte Striche in Bleistift, die sich ebenfalls gegenüber auf linkem Rand finden, Bedeutung bzw. Funktion unklar C bewahrt.] Humboldt-Anm. gestrichen D aus] über der Zeile E vor allem] → Forts[etzung] s[iehe] S. 21; Ms.-Seiten 18–20 gelten offenbar als gestrichen, ebenso sind die ersten fünf Zeilen von S. 21 mit einer dünnen Linie ausgestrichen; Fortsetzung der auf Ms.-S. 17 beginnenden Streichung (Siehe Edit.-philolog. Anm. C auf S. 117): als vielmehr nach der Seite ihrer Form, so ist es nicht schwer einzusehen, einen wie starken Anteil die Sprache an der Ausbildung dieser ihrer Form gehabt hat. Aristoteles denkt sozusagen in den natürlichen Sprachbegriffen, wenn er das Gerade und das Krumme, das Kalte und das Warme, das Feuchte und das Trockene als irreduzible Grundgegensätze betrachtet, auf denen aller Unterschied des natürlichen Daseins und des natürlichen Geschehens letzthin beruht. Und hierzu kommt eine [gestrichen: weitere] andere, noch bedeutsamere und gewichtigere Abhängigkeit. Noch weit mehr als von den angenommenen Wortbegriffen der Sprache erweisen sich die Voraussetzungen der Aristotelischen A
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sie anknüpfen kann, einen Gegenstand, von dem etwas prädiziert wird. So tritt an die Spitze der Kategorienlehre die Kategorie des SeinsA, – des festen ursprünglichen Bestimmungspunktes, auf denB jede Aussage sich zurückbeziehen und auf den sie sich stützen muss, wenn sie nicht aller Naturerkenntnis von dem “Satzschema” abhängig, das er, bewusst oder unbewusst, zu Grunde legt. Dieses Satzschema ist dasjenige, das wir in allen flektierenden Sprachen wiederfinden – [gestrichen: Im Unterschied von den isolierenden oder agglutinierenden Sprachen zeigen die flektierenden Sprachen] in all jenen Sprachen also, in deren Umkreis und Herrschaftsbereich es bisher zu dem gekommen ist, was wir unter dem Namen einer wissenschaftlichen, und insbesondere einer naturwissenschaftlichen Weltauffassung zu verstehen pflegen. Wilhelm von H u m b o l d t ist der Erste gewesen, der in seiner Abhandlung “über die Verschiedenheiten des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts[”], die er seinem großen Werk über die Kawisprache vorausgeschickt hat, eine klare und scharfe Analyse von der Eigenart der flektierenden Sprachen gegeben hat. So sehr es ihm fern liegt, in die Klassifikation [gestrichen: der Sprachtypen] von vornherein bestimmte Wertgesichtspunkte einzumischen, so viel gerade er für [gestrichen: die vorurteilslose Beschreibung und Erkenntnis] das Verständnis und die unbefangene Würdigung der [gestrichen: verschiedenen Einzeltypen, der isolierenden, der agglutinierenden, der polysynthetischen Sprachen getan hat] von den flektierenden Sprachen abweichenden Typen getan hat – so sieht er nichtsdestoweniger einen wesentlichen Unterschied der verschiedenen Sprachformen in dem[,] was er die “Reinheit ihres Bildungsprinzips” nennt. [gegenüber am rechten Rand: [Humboldt, Gesammelte Schriften. 1. Abt.: Werke. Bd. VII. 1. Hälfte, S.] 160 [ff.]] In Bezug auf diese Reinheit lassen sich nach ihm die isolierenden, die agglutinierenden, die polysynthetischen Sprachen, [gestrichen: die er sorgsam und vorurteilslos untersucht] ungeachtet ihrer sonstigen spezifischen Vorzüge, nicht mit den flektierenden Sprachen vergleichen. Die letzteren gelten Humboldt als die eigentlichen Musterbilder des menschlichen Sprachdenkens: “verglichen mit den einverleibenden und ohne wahre Worteinheit lose anfügenden Verfahren, erscheint die Flexionsmethode[”], wie Humboldt sich ausdrückt, “als ein geniales, aus der wahren Intuition der Sprache hervorgehendes Prinzip.” [gegenüber am rechten Rand: ([Ibid., S.] 163)] Und nun wirkt es höchst überraschend zu sehen, wie weit dieses Prinzip seine Herrschaft [gestrichen: über das Ganze der] erstreckt: wie [gestrichen: sehr] stark es sich in dem ersten großen System der abendländischen Philosophie und der abendländischen Physik zur Geltung bringt. Was die Logik des Aristoteles betrifft, so genügt es, um sich diesen Zusammenhang zum Bewusstsein zu bringen, einen Blick auf diejenige logische Schrift zu werfen, die schon in ihrem Titel die Verbindung mit dem Sprachproblem klar zum Ausdruck bringt. Die “Kategorien” des Aristoteles handeln von den allgemeinen Grundbestimmungen des Seins; sie haben also wesentlich ontologische Bedeutung. Aber man hat seit langem erkannt, daß die einzelnen Seinskategorien, die Aristoteles aufstellt, in nahem Zusammenhang mit sprachlich-grammatischen Kategorien sind. Die Kategorien handeln vom Sein, sofern es sich in den verschiedenen Formen der Aussa ge expliziert und auseinanderlegt. Die Aussage aber [Markierung Ende der Streichung; irrtümlich stehengeblieben: verlangt vor allem] A Seins] danach gestrichen: (οὐσία) B auf den] statt gestrichenem: ohne den
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Festigkeit verlustig gehen soll. Dieses ›Sein‹ (οὐσία)A wird von Aristoteles gleich sehr im ontologischenB wie im sprachlichen Sinne definiert; es ist jenes S u b st ra t , das seinen klaren und vollendeten Ausdruck in dem logisch-grammatischen Subjekt des Satzes findet. Die Substanz ist das letzte Subjekt aller Aussagen: sie ist das, wovon alles ausgesagt wird, was aber selbst nicht mehr zum Prädikat gemacht werden kann. In diesem Sinne ist sie dasC unentbehrliche und unveränderliche FundamentD des Seins, wie des Urteilen[s] und Sprechens: das καθ' οὗ λέγεται sowohl wie dasjenige, in welchem das Ausgesagte ist (ἐν ᾧ ἐστι).1415 Aber auch sonst lässt sich zeigen, daß die Aristotelischen Seinskategorien die aus der Auflösung des Satzes entstandenen Elemente sind. Die logischen Kategorien haben, wie insbesondereE Trend elenb urg 416 in seiner “Geschichte der Kategorienlehre” ausgesprochen hat, zunächst einen grammatischen Ursprung – und ein grammatischer GesichtspunktF zieht sich durch ihre 2 Anwendung hindurch. 417 Die οὐσίαG, das Sein, entspricht dem Substantiv, das ποσόν und ποιόν, der Quantität und Qualität, dem Adjektiv,H das ποιεῖν und πασχεινI entspricht dem Aktiv und Passiv des Verbum 3 u. s. f. 418 Und diese logisch-grammatischen Unterschiede und Trennungen gewinnen J im Aufbau der Aristotelischen Naturphilosophie auch eine unmittelbar-physi kalische Bedeutung. Aristoteles betont,K daß man, um die Mannigfaltigkeit des Naturgeschehens und die Veränderung der Stoffe zu verstehenL[,] von bestimmten ursprünglichen Gegensätzen ausgehen müsse. Aber diese Gegensätze können nicht das letzte Prinzip 1 2 3
Trendelenb[urg] S. 18 f. gegenüber auf linkem Rand [Ibid., S.] 33 gegenüber auf linkem Rand Tre nd el enburg, Gesch[ichte] der Kategorienlehre, Berlin 1846, S. 23 ff.
›Sein‹ (οὐσία)] ›Sein‹, (οὐσία) ontologischen] statt gestrichenem: logischen C das] statt gestrichenem: als D Fundament] in Bleistift über den rechten Rand geschrieben E insbesondere] über der Zeile statt gestrichenem: zuerst F Gesichtspunkt] über der Zeile statt gestrichenem: Leitfaden G οὐσία] danach Einfügungs- bzw. Fortsetzungsmarkierung, die sich am linken Rand wiederholt, gefolgt von: . . . H dem Adjektiv,] danach gestrichen: das ποῦ und ποτέ wird du[rch] das Wo und Wann, wird durch die Adverbien des Orts und der Zeit, I πασχειν ] danach gestrichen: , das ἔχειν und κεῖσθαι J gewinnen] danach in Bleistift gestrichen: in der Begründung und K betont,] über der Zeile statt gestrichenem: geht davon aus, L zu verstehen] danach Fortsetzungshinweis [Ms.-S.] 23 und Einfügungs- bzw. Ersetzungszeichen; Ms.-S. 23 beginnt mit ebenso einem Zeichen, wobei die Paginierung 23 aus einer Überschreibung hervorgegangen ist A
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der Naturerklärung bilden; denn sie sind bloße Prädikate, die nicht aus sich selbst[,] sondern nur durch die Beziehung auf ein Anderes,A erkannt werden können. Dieses Andere, an dem die Gegensätze als nähere Bestimmungen erscheinen, ist somit erst das eigentlich-Wahre und Wesenhafte – das υποκείμενον, das Substrat im Unterschied von den blossen Accidentien. Hier wird unmittelbar ersichtlich, wie aus dem logischen Satz, daß die Prädikate eines Subjekts bedürfen, von dem sie ausgesagt werden, der naturphilosophische Satz abgeleitet wird, daß der Stoff als Substanz früher als seine qualitativen Bestimmungen sei und ihnen selbständig gegenüberstehe.1419 Der Übergang vollzieht sich so natürlich und unmerklich, daß es Aristoteles gar nicht zum Bewusstsein kommt, daß es sich hier, um es in der Sprache seiner eigenen Logik auszudrücken, um eine μετάβασις εἰς ἄλλο γένος handelt.B NiemandC wird freilich annehmen, daß ein Denker wie Aristoteles[,] wenn er diese Synthese zwischen Sprache und Denken, zwischen Denken und 1
W[ie]d[er]h[olung, S.] 12 gegenüber auf rechtem Rand
ein Anderes,] danach gestrichen: das ihnen zu Grunde liegt, handelt.] danach Einfügungs- bzw. Ersetzungszeichen, das sich auf rechtem Rand wiederholt mit unterstrichenem Hinweis: s[i ehe] S. 23 a ; danach auf – ursprünglichen – Ms.-Seiten 23 und 24 folgender Text gestrichen: [Absatz, danach zeilenweise gestrichen: Diesen Mangel aufzudecken und damit eine weit schärfere Trennung zwischen sprachlichen und physikalischen Kategorien durchzuführen, ist dagegen eine der ersten logischen und philosophischen Aufgaben, vor die sich die moderne Naturwissenschaft gestellt sieht. Und die] Ihre Begründer [gestrichen: dieser neuen Naturwissenschaft] sind sich dieser Aufgabe aufs klarste bewusst. Kepler und Galilei sind nicht nur die Ersten, denen es gelingt, wahrhaft exakte Naturgesetze zu entdecken; sie begründen zugleich eine neue Logik der Forschung, die für den ganzen zukünftigen Gang der Naturerkenntnis von entscheidender Bedeutung wird. Kepler ist der Erste, der in seiner Verteidigungsschrift für Tycho de Brahe, der ›Apologia Tychonis contra [Nicolaum Raymarum] Ursum‹[,] den Sinn und Gebrauch der physikalischen und astronomischen Hypothesen scharf definiert und der ihn in einer Weise erläutert hat, die noch heute in erkenntniskritischer Hinsicht als vorbildlich gelten darf. Und G a l i l e i gibt in einer polemischen Schrift, die er gegen einen seiner Peripatetischen Gegner gerichtet hat, in der Schrift ›Il Saggiatore‹ vom Jahre 1623, die erste grundlegende Erklärung von dem neuen physikalischen Objektbegriff. [gegenüber auf dem linken Rand in Bleistift: [Galilei,] “Die Goldwa[a]ge” / Pater Grassi / ([Lottario] Sarsi)420 Hier zuerst findet sich jene Scheidung, die fortan zu einem integrierenden Abbruch mit Ende der Ms.-S. 24, Fortführung des weggefallenen bzw. gestrichenen Textes auf Ms.-S. 25 (siehe Edit.-philolog. Anm. B auf S. 127): Bestandteil der naturwissenschaftlichen Erkenntnislehre wird: . . . objektiven Qualitäten. C Niemand] hier beginnender Text der (großen) Ms.-S. 23 a ersetzt eine – offenbar frühere, korrigierte, fallengelassene – Version dieses Textes auf einer zweiten (kleinen) Ms.-S. 23a und der sich anschließenden (kleinen) S. 2 3 b und – Teilen von –
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Sein vollzieht[,] hierbei einer einfachen Verwechselung oder einer unkritischen Vermischung der Problemgebiete zum Opfer gefallen ist. Er folgt in ihr vielmehr einer der tiefsten und ursprünglichsten Tendenzen S. 23c: Es wäre nun freilich ein Irrtum anzunehmen, daß Aristoteles [gestrichen: bei diesem Übergang] sich [gestrichen: einfach] [in Bleistift: hierbei] dem Zwange der Sprache überlässt, daß er sozusagen unbewusst ihrem Zauber und ihrer Verführung erliegt. Er folgt hierin vielmehr [gestrichen: einem Prinzip, auf dem seine gesamte Philosophie beruht – ja er folgt einer der] einer der allgemeinsten und tiefsten Tendenzen des griechischen Denkens überhaupt. Dieses Denken hatte damit begonnen nach der Einheit des natürlichen Geschehens, nach der Einheit der ϕύσις zu fragen – und es hatte diese Einheit zunächst in der Art eines bestimmten Grundstoffes, des Wassers, der Luft u. s. f. zu finden gehofft. Aber schon in demjenigen Denker, der die Gedanken der Ionischen Naturphilosophie zu[m] Abschluss bringt, nimmt die Frage eine andere Richtung. Heraklit [in Bleistift: sucht] die Einheit nicht mehr als stoffliche zu begreifen und zu bestimmen: denn sein Grundgedanke, der Gedanke des Werdens, hat den Glauben an die Konstanz des Stoffes zerstört. Das wahrhaft-Beständige liegt nicht im Stoff, es liegt allein in dem inneren Zusammenhang und in der Notwendigkeit des Werdens selbst. [mit vertikaler Linie auf ausgesonderter Ms.-S. 23b gestrichen: Dieser Zusammenhang und diese Notwendigkeit wird von Heraklit durch den Ausdruck des “Logos” bezeichnet. Ein für uns unübersetzbarer Begriff: denn die Übersetzung ›Vernunft‹ würde nur eine höchst unbestimmte und vieldeutige Vorstellung von dem eigentlichen Sinn des neuen Prinzips geben, das Heraklit in die griechische Philosophie einführt. Im Ganzen lässt sich sagen, daß der] Der Logos ist für Heraklit jenes Allgemeine und Objektive [gestrichen: Ganze ist], das sich zugleich im Geschehen der Natur wie in dem Aufbau, der Struktur der menschlichen Rede offenbart. Denn menschliche Rede ist nicht etwas Zufälliges, Willkürliches, schlechthinSubjektives. Sie will als Rede verstanden werden, sie will allgemein gelten und sie könnte diese Geltung nicht fordern, wenn ihr nicht ein Über-Individuelles, ein Gemeinsames und Notwendiges inne wohnte. Im Namen dieses allgemeinen Logos verkündet Heraklit den Gedanken der Einheit des Weltgeschehens: [gegenüber auf dem linken Rand: fr[agment] 50] 〈οὐχ ἐμοῦ ἀλλὰ τοῦ λόγου ἀκούσαντες ὁμολογεῖν σοϕόν ἔστιν ἓν πάντα εἶναι〉421 “Nicht auf mich [in Bleistift gestrichen: hörend], sondern auf den Logos hörend, ist es weise zuzugestehen, daß alles Eins ist.”422 [Danach zwei Sätze in Bleistift und heller Tinte stark korrigiert:] Dieser Grundgedanke der griechischen Philosophie [in Bleistift: wirkt auch] im System des Aristoteles [in Bleistift: weiter]. Jene Einheit von Natur und Logos, die bei Heraklit als spekulatives Prinzip verkündet wird, gelangt erst bei [in Bleistift: ihm] zu einer Art der Begründung, die zugleich streng-rational und streng-empirisch zu sein beansprucht. Sie [gestrichen: ruht jetzt auf dem] ist kein vereinzeltes Aperçu mehr, sondern sie kann sich auf eine streng durchgeführte Systematik des Denkens, auf das System der Aristotelischen Lo gik stützen. Hier gelangt der Parallelismus zu einer neuen Bedeutung und Tiefe [in Bleistift gestrichen: , er wächst weit über eine blosse Analogie hinaus]. Die menschliche Rede ist jetzt bewährt und in ihrer objektiven Bedeutung sicher gestellt. Denn ihre Struktur hat sich als wesenhaft-gleich erwiesen mit der Struktur des objektiven Denkens selbst. Die Sprache beginnt Textfortgang auf Ms.-S. 23 c in revidierten Vortragstext übernommen; siehe Edit.-philolog. Anm. G auf S. 125
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des griechischen Denkens überhaupt. Die griechische Philosophie hat, als Naturphilosophie, mit der Frage nach der Einheit des Stoffes begonnen. Aber schon bei Heraklit nimmt das Problem eine andere Wendung.A Die Einheit und Konstanz des Seins wird nicht mehr in irgend einem stofflichen Substrat, sondern sie wird in dem inneren Gesetz und in der Notwendigkeit des Werdens selbst gesucht. Und hierfür tritt der Ausdruck des ›Logos‹ ein: οὐκ ἐμοῦ ἀλλὰ τοῦ λόγου ακούσαντας ὁμολογεῖν σοϕόν ἔστιν ἓν πάντα εἶναι – [“]nicht auf mich, sondern auf den Logos hörend, ist es weise zuzugestehen, daß alles Eins ist.”423 Diese Einheit von Natur und Logos ist auch bei Aristoteles festgehalten. Aber sie tritt hier nicht mehr in der Form einer einfachen metaphysischen Grundintuition auf, sondern sie soll in zweifacher Weise, im Aufbau einer reinen Denklehre und im Aufbau einer Naturlehre, begründet werden. So steht hier an StelleB der spekulativen Logos-Lehre die Syllogistik und die KategorienlehreC, die beideD an dieE Form der Sprache anknüpfenF. Die Sprache beginntG mit der Setzung von Namen; sie verknüpft diese Namen zu Sätzen, und sie baut aus einer Gesamtheit solcher Sätze das zusammenhängende Ganze derH Rede auf[.] Damit aber entspricht sie Zug für Zug jener Struktur des objektiven Denkens, die Aristoteles in seiner Logik aufdeckt und systematisch darlegt: das Wort entspricht dem Begriff, der Satz dem Urteil, die Rede dem Schluss – und jede dieser Phasen ist notwendig, um das eigentliche Wissen, das Wissen des Allgemeinen, des καθ' ὅλου zu erreichen. Die Einheit vonI Physis und Logos erscheint daher in Aristoteles’ System nicht als eine zufällige, sondern als eine notwendige; sie ist gegründet in der Begriffsbestimmung und Grundauffassung dessen, was wissenschaftliche und philosophische Wahrheit ihrem Wesen nach bedeutet und ist.
Wendung.] danach gestrichen: Die Beständigkeit des Stoffes steht hier an Stelle] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: erwächst aus C Syllogistik und die Kategorienlehre] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: neue wissenschaftliche Aufgabe der Syllogistik D beide] in Bleistift über der Zeile E die] evtl. der F anknüpfen] danach in Bleistift gestrichen: kann G Die Sprache beginnt] Fortsetzung auf Ms.-S. 23c; siehe auch Edit.-philolog. Anm. B und C auf S. 123 f. H der] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: einer I Die Einheit von] danach in Bleistift gestrichen: Sprache und objektiver Vernunft, die Einheit von A
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3.A Aber eben dieses Band ist es, das die moderne wissenschaftliche Naturerkenntnis, die mit der Renaissance einsetzt, zerschneidet. Die neue Naturwissenschaft bedarf, um auf ihrem Wege fortschreiten zu können[,] einer scharfen Trennung zwischen sprachlicher und physikalischer Kategorien.B Was Galilei und KeplerC der scholastischen Logik undD der Aristotelischen Physik vorwerfen, ist dies: daß beide im Grunde blosse Wortwissenschaften geblieben sind. Sie bewegten sich im Kreise sprachlicher Definitionen und sprachlicher Distinktionen, die sich alsE unvermögend erweisen, wenn es sich darum handelt, das Wesen der Na t u r, der objektiven Wirklichkeit zu beschreiben. Hier gilt es eine ganz andere und neue Logik aufzubauen: die Logik der Wirklichkeitserkenntnis selbst, ihrer Bedingungen und Voraussetzungen. Ke p l e r liefert einenF grundlegenden Beitrag zu ihr, indem er in seiner Verteidigungsschrift für Tycho de BraheG424 die erste ganz scharfe und präziseH Darstellung vom Sinn und Gebrauch der physikalischen und astronomischen Hypothese giebtI.J Und Galilei gibt in seinem “Saggiatore” vom Jahre 1623 KL die prinzipielle BegründungM des neuen physikalischen Objektbegriffs[.] Dem Gegensatz des Feuchten und Trockenen, des Kalten und Warmen, auf den Aristoteles seine Elementenlehre und damit seine Bewegungslehre gegründet hatte, wird jeder objektive Wert abgesprochen. Es sei ein Irrtum – so erklärt Galilei z. B. mit Hinsicht auf die
3.] in blasser Tinte später eingefügt; müßte hier eigentlichen lauten: 4. Kategorien.] Einfügungs- bzw. Fortsetzungsmarkierung samt Hinweis in Bleistift: Forts[etzung S.] 24! lose Seite C Was Galilei und Kepler] zuvor in Bleistift gestrichen: Immer wieder stellt sie diese Forderung in den Mittelpunkt ihrer eigenen Methodenlehre. D und] danach in Bleistift gestrichen: was sie E die sich als] danach in Bleistift gestrichen: völlig ungenügend und F einen] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: den ersten und G de Brahe] danach in Bleistift gestrichen: , der ›Apologia Tychonis contra [Nicolaum] Raymarum] Ursum‹ H ganz scharfe und präzise] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: klare I giebt] danach in Bleistift gestrichen: – eine Darstellung, die noch heute in erkenntniskritischer Hinsicht als vorbildlich gelten darf J giebt.] Fortsetzungshinweis auf dem rechten Rand: — [Ms.-S.] 24a K vom Jahre 1623] danach in Bleistift gestrichen: – einer Streitschrift, die gegen einen Anhänger der Peripatetischen Physik gerichtet ist – d. h. gegen Pater Grassi, siehe dazu die Hrsg.-Anm. 420 L Und Galilei . . . Jahre 1623] Goldwa[a]ge in Bleistift gegenüber auf linkem Rand M prinzipielle Begründung] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: erste wirkliche Aufhellung
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WärmeAB[,] wenn man sie sichC als eine BeschaffenheitD und Qualität vorstelle, dieE in der Materie selbstF ihren Sitz habe. Will ich mir eine Materie denken – so sagtG Galilei – so muß ich sie mir notwendig in dieser oder jener Gestalt, mit diesen oder jenen räumlichen Begrenzungen, in dieser oder jenen Grösse und Lage denken. 1425H Sie dagegen als warm oder kalt,I als bitter oder süss, als tönend oder stumm zu denken: J dazu liegt keinerlei objektive Notwendigkeit vor. Alle diese AttributeK sindL nichts als blosse Na m e n , die wir MenschenM der Materie beilegen, sofern wir uns von ihr in bestimmter Weise affiziert fühlen.426 SieN bezeichnenO gewisse Wirkungen, die aus der Verbindung der Materie mit [Galilei, Le opere. Prima edizione], vol. IV, [S.] 332 ff[.] gegenüber auf dem rechten Rand 1
Wärme] danach Fortsetzungsvermerk: [Ms.-S.] 25 Dem Gegensatz . . . Wärme] ersetzender Text statt des auf Ms.-Seiten 24a und 25 zeilenweise in Bleistift gestrichenem: – des Gegenstands, nach dem die neue Wissenschaft fragt. Hier zuerst findet sich jene Scheidung, die fortan zu einem integrierenden [Fortsetzungsvermerk: → [Ms.-S.] 25] Bestandteil der naturwissenschaftlichen Erkenntnislehre wird: die Scheidung zwischen den subjektiven und den objektiven Qualitäten. Danach Text bis Fortsetzungsmarkierung durch dünne Linie in Bleistift ausgestrichen: Bei Aristoteles war, wie wir uns erinnern, der Gegensatz des Feuchten und Trockenen, des Warmen und Kalten als ein Grundgegensatz betrachtet worden, der seine Klassifikation der Elemente und dadurch mittelbar seine Klassifikation der natürlichen Bewegungen beherrscht. Aber Galilei bestreitet diesem Gegensatz jeglichen objektiven Wert. Es sei ein Irrtum – so erklärt er z. B. mit Hinsicht auf die Wärme – C sie sich] danach in Bleistift gestrichen: als eine wahre Bestimmung, D Beschaffenheit] statt gestrichenem: Affektion E die] danach gestrichen: wirklich F selbst] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: , der wir das Prädikat der Wärme beilegen, G sagt] in Bleistift über den rechten Rand statt in Bleistift gestrichenem: erklärt H denken.] gegenüber auf dem rechten Rand: Das Warme oder Kalte, das Tönende oder Stumme I warm oder kalt,] in Bleistift über der Zeile statt in Tinte und Bleistift gestrichenem: warm oder kalt, weiss oder rot, J zu denken:] in Bleistift gegenüber auf rechtem Rand: Das Warme und Kalte, das Tönende oder Stumme K Alle diese Attribute] in Bleistift unter der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: Die Farben und Töne; die Gerüche und Geschmäcke, gehören nicht der Materie selbst, als deren Attribute, an: sie sind L sind] irrtümlich mit gestrichen M Menschen] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: [,] die empfinden[den] Subjekte[,] N Sie] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: Diese Namen O bezeichnen] danach in Bleistift gestrichen: somit A
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unserem Körper und dessen Sinnesorganen resultieren; aber sie sagen nichtsA ausB, was der Materie auch an sich selbst und unabhängig von ihrer Einwirkung auf die Organe der Empfindung zukäme.1 C Will man diese SätzeD Galileis in ihrer ganzen Bedeutung begreifen, so muss man sich in die historische Situation versetzen, in der sie gesprochen sind. Uns Heutigen scheinen die Darlegungen Galileis auf den ersten Blick wenig zu sagen. Der Unterschied zwischen ‘primären’ und ‘sekundären’ Qualitäten ist für uns, eben durch Galilei, zu einem festen Bestandteil unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes geworden, und in der Geschichte der Erkenntnistheorie hat er seit Descartes seinen festen Platz. Es ist daher für uns nicht leicht, uns das neue systematische M ot iv, das diesem Unterschied zu Grunde liegt, zu vergegenwärtigen und uns klar zu machen,E welche entGalilei, Il Saggiatore (1623) Opere, ed. [gestrichen: Albèri, IV, 332 ff.] nazionale, [vol.] VI, [pp.] 346 ff.427 1
nichts] Nichts sagen . . . aus] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: bezeichnen C zukäme.] danach in Bleistift zeilenweise gestrichen: Denken wir das Lebewesen, dem diese Organe zukommen[,] vernichtet, so wären damit auch alle jene angeblichen Qualitäten der Materie, ihre Farbe, ihre Wärme, ihre Süße aufgehoben. Danach Einfügungs- bzw. Fortsetzungsmarkierung, das gegenüber auf dem linken Rand mit dem Hinweis in Bleistift wiederholt wird: [Ms.-S.] 26a–c; sich unmittelbar anschließende Markierung weist auf in Bleistift mit vertikaler Linie gestrichenen nachfolgenden Text hin, der sich auf den Ms.-S. 26 und 27 befindet: Was uns[,] im Zusammenhang mit unserem gegenwärtigen Problem, besonders interessiert, das ist die Art, in welcher Galilei hier auf sprachliche Kategorien zurückweist, um durch sie die Lehre von [der] ›Subjektivität der sinnlichen Qualitäten‹[,] die er als Erster in voller Bestimmtheit aufstellt[,] zu [gestrichen: erweisen] begründen. Es ist auf den ersten Blick zweifellos überraschend, daß Galilei diesen Weg der Begründung wählt. Denn nach unserer heutigen Anschauung würden wir an dieser Stelle den Hinweis auf physiologische Beobachtungen und Tatsachen, nicht auf sprachliche Betrachtungen erwarten. Aber die Paradoxie verschwindet, wenn wir uns daran erinnern, daß es sich für Galilei, in seiner Bekämpfung des Aristoteles, nicht nur [gestrichen: darum zu tun gilt,] darum handelt, einzelne Leh ren der Peripatetischen Physik und Kosmologie zu erschüttern, sondern daß er eine neue Logik der objektiven Naturerkenntnis [gestrichen: begründen will] zu begründen hatte. Für diese Logik fordert er die Emanzipation von der [in Bleistift gestrichen: gewöhnlichen] Sprache [Einfügungszeichen samt Einfügung auf rechtem Rand in Bleistift:] von der Sprache des täglichen Lebens [Ende der Einfügung]. Die [gestrichen: neue] Logik der Naturforschung kann sich nicht mehr mit jener nachfolgendes Fortsetzungszeichen deutet an, daß nachstehender Text auf Ms.-S. 27 den Text von S. 26c aufnimmt; siehe Edit.-philolog. Anm. A auf S. 131 D Sätze] über der Zeile statt gestrichenem: Darlegungen E klar zu machen,] danach gestrichen: was dieses Motiv für die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis A
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scheidende Wendung dieses Motiv in der Entwicklung derA naturwissenschaftlichen ErkenntnisB bedeutet. Auf den Gegensatz zur Scholastik können wir hierbei nicht allein den Nachdruck legen. Denn in den Tagen Galileis hatte sich auch im Kreise des scholastischen Denkens eine bedeutsame Wendung vollzogenC. Der Weg der reinen Begriffswissenschaft war verlassen, und für den FortgangD zur empirischen Naturerkenntnis schien, von Seiten der reinen Methodik,E die Bahn frei zu sein. Das ist die grosse Leistung, die der Nominalismus des 14ten Jahrhunderts, die die Lehre Wilhelm von Occams vollzogen hat.428 Durch diese Lehre wird im Bereich der SinnenweltF der Erfahrung im PrinzipG ihr volles Recht zugestanden. Für Occam besteht kein Zweifel daran, daßH alle unsere Aussagen über die Wirklichkeit keine demonstrative, sondern eine ›intuitive‹ Gewissheit besitzen. Alle Beweise für die Existenz eines Dinges aus blossen Begriffen werden abgelehnt: die intuitive Erkenntnis allein kann uns über das Sein oder Nichtsein von Dingen belehren. Damit ist eine völlig neue Erkenntnisquelle anerkannt; und im Bereich des natürlichen Daseins, im Bereich der “zufälligen” WahrheitenI,J kommt ihr die entscheidende Rolle zu. Wir wissen, insbesondere dank der Forschungen Duhems,429 wie stark dieser neue Impuls sich im Gebiet der Naturerkenntnis auswirkte.430 Unter den Schülern Wilhelm von Occams, unter den scholastischen Denkern, dieK der ›via moderna‹ im Gegensatz zur ›via antiqua‹ folgten, finden sich Viele, die wir als die unmittelbaren Vorbereiter und Bahnbrecher für Galileis naturwissenschaftliche Arbeit ansehen müssen. Eine neue Auffassung der Grundprinzipien der Bewegung und eine neue Theorie der Schwere war hier in den Haupt- und Grundzügen vorbereitet[.] 1 Aber mit Occams Satz: ›omnis res positiva extra animam eo ipso est singularis‹432 war zwar der Weg zu einer empirischen Naturbetrachtung, aber nicht der Weg zu Zur wissenschaftlichen Bedeutung des Occamismus vgl. ausser den Schriften Duhems Gilson,431 La Philosophie au moyen âge de Scot Érigène à Guillaume d’Occam, Paris 1930, S. 281 ff. 1
der] des Erkenntnis] über der Zeile statt gestrichenem: Denkens C vollzogen] entzogen D für den Fortgang] über der Zeile statt gestrichenem: dem Fortgang E Methodik,] danach gestrichen: nichts mehr im Wege zu liegen. F Sinnenwelt] Sinnenwelt, G im Prinzip] über der Zeile H daß] danach gestrichen: es in Bezug auf I Wahrheiten] statt gestrichenem: Exi[stenz] J Wahrheiten,] danach gestrichen: bleibt sie die entschei[dende] K die] danach gestrichen: sich die
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einer mathematischen Naturtheorie eröffnet. Denn diese letztere konnte den Anspruch auf ›Allgemeinheit‹ und ›Notwendigkeit‹ nicht aufgeben, wenngleich sieA zurB Begründung dieses AnspruchesC eine völlig andere Richtung als die Scholastik einschlagen musste. Zu diesem Zwecke wird die nominalistische These von Galilei auf der einen Seite bestritten, auf der anderen Seite dagegen wesentlich verschärft. Galilei ist in gewisser Hinsicht entschiedener ›Realist‹; er zweifelt nicht im geringsten daran, daß den Begriffen und PrinzipienD, auf denen sich unsere mathematische Erkenntnis aufbaut, eine “Wirklichkeit der Dinge” entsprechen muss, ja er siehtE in dem[,] was diese Begriffe, die Begriffe von Zahl und Grösse, von Figur und Bewegung aussagen, den Grundcharakter des Wirklichen selbst. Aber um diese seine These zu stützen, tut er den neuen und ausserordentlich-kühnen Schritt, daß er das Prinzip des ›Nominalismus‹ nicht auf das begriffliche Denken, sondern auf die Wahrnehmung selbst anwendet. Der Gedanke, daß das, was diese Sinneswahrnehmung uns lehrt, nicht Wirklichkeit, sondern blosser ›Name‹ sein könne: dieser Gedanke war von keinem, noch so radikalen ›Nominalisten‹ gefasst worden. Die nominalistische Kritik war Kritik der Dialektik gewesen;F sie war nicht bis zu einer Kritik der Wahrnehmung vorgedrungen. Und doch bedurfte es dieses Schrittes, ehe die neue mathematische Naturwissenschaft entstehen konnte. Für dieseG letztereH verlangt Galilei, daß sie sich von der Sprache des täglichen Lebens emanzipiert, denn erstI hierdurch wirdJ nach ihm der Weg zur “Natur”K frei. Die Logik der Naturforschung kann sich nach Galilei ebensowenig der einfachen Sinneswahrnehmung überlassen, wie sie sich der Aristotelischen Kategorienlehre anvertrauen kann. Denn in beiden Fällen würde sie dem Zwange des Wortes verfallen, statt zu den Dingen selbst, zum objektiv-Realen vorzudringen.L Die Natur-
wenngleich sie] danach gestrichen: ihr in einem völlig anderen Sinne zur] über der Zeile statt gestrichenem: die C Anspruchs] danach gestrichen: in D Begriffen und Prinzipien] Begriffen verkürzt aus Grundbegriffen; über der Zeile: und Prinzipien E sieht] sieht, F gewesen;] danach gestrichen: aber G Für diese] statt gestrichenem: Galilei fordert H letztere] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: Naturwissenschaft I denn erst] über der Zeile statt gestrichenem: und daß sie sich erst J wird] statt gestrichenem: kann sie den Weg zur ›Natur‹, zum K “Natur”] danach gestrichen: , zum objektiv-Realen L vorzudringen.] danach gestrichen: Sie wird sich nicht mehr mit jenen
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wissenschaft begnügt sich nicht länger mit jenenA Grundbestimmungen von Substanz und Accidenz, von οὐσία und συμβεβηκός,B die Aristoteles aus der C Analyse des logischen Satzes und der sprachlichen AussageD gewonnenE hatte. Sie verlässt den Weg der Aristotelischen Kategorienlehre, indem sie von dem ποιόν auf das ποσον, von der Qualität auf die Quantität, von der Substanz auf die Relation zurückgehtF. Aristoteles dachte in Substanzen und Qualitäten, die neue Physik denkt in Gesetzen. Und auf Grund dieser verschiedenen Form des Denkens bedürfen beide einer verschiedenen Sprache. So setzt Galilei mit vollem Bewusstsein an Stelle der Wortsprache, die er als Organ der Naturerkenntnis verwarf, eine neue Sprache: die Sprache der Figuren und Zahlen, der Arithmetik und Geometrie. Die Philosophie und die WahrheitG ist in dem großen Buch der Natur geschrieben, das uns beständig vor Augen liegt, das aber niemand zu lesen vermag, wenn er nicht zuvor gelernt hat, die Chiffreschrift zu enträtselnH, in der dies Buch verfasst ist, wenn er nicht die Symbole der Geometrie und deren Verknüpfung versteht.1433 Und doch steht die neueI Naturerkenntnis, nachdem sie dieseJ grundlegende Einsicht gewonnen hat, erst am Anfang, nicht am Ende ihres Weges. Die großen Forscher der Renaissance mochten glauben, mit ihr den Fesseln der Sprache und damit der Beschränktheit einer bloss anthropomorphen Auffassung der Natur endgültig entronnen zu sein. In seinen Dialogen über die Weltsysteme,K erklärt Galilei ausdrücklich, daß 1
[Cassirer,] I[ndividuum] u[nd] K[osmos, S.] 165 gegenüber auf linkem Rand
mit jenen] danach Fortsetzungshinweis: → [Ms.-S.] 27; auf Ms.-S. 27 findet sich eine entsprechende Fortsetzungsmarkierung; der zuvor auf dieser Seite, erste Hälfte, mit dünner Linie ausgestrichene Text findet sich unter der Edit.-philolog. Anm. C auf S. 128 B συμβεβηκός,] danach in Bleistift gestrichen: begnügen, C aus der] danach Einfügung über der Zeile gestrichen: grammatischen D des logischen Satzes . . . Aussage] auf dem rechten Rand statt gestrichenem: des einfachen prädikativen Satzes E gewonnen] danach in Bleistift gestrichen: und die er von hier auf die Betrachtung der Natur übertragen F zurückgeht] danach zeilenweise gestrichen: ; denn nur in der Form von Relationen, von reinen Beziehungen, lassen sich die eigentlich [gestrichen: grundlegenden] fundamentalen, die wahrhaft-objektiven Bestimmungen der neuen Naturerkenntnis, lassen sich die Grundgesetze der Dynamik aussprechen G die Wahrheit] danach in Bleistift gestrichen: – so lautet [gestrichen: Galileis] sein berühmter Ausspruch, der sich in der gleichen Schrift, im ›Saggiatore‹, findet – H enträtseln] in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: lesen I neue] in Bleistift über der Zeile J diese] danach gestrichen: neue K Weltsysteme,] danach in Bleistift gestrichen: über das Ptolemäische oder Copernikanische System,
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alle Schranken des bloss-menschlichen Begreifens und Erkennens von uns abfallen, sobald wir uns in das Reich des rein mathematischen Wissens erheben. Hier erfahren wir unsere wahre Gottähnlichkeit: hier schwindet der Gegensatz zwischen endlichem und unendlichem Wissen. Denn jeder echte mathematische Satz, den wir vollständig begreifen und beweisen, schliesst eine zwar nicht extensive, wohl aber eine intensive Unendlichkeit in sich. “Zwar erkennt der göttliche Intellekt die mathematischen Wahrheiten extensiv betrachtet, in unendlich viel größerem Maße als wir; aber von den wenigen, die der menschliche Geist zu erfassen vermag, behaupte ich, daß ihre Erkenntnis an objektiver Gewissheit der göttlichen gleichkommt, da der Mensch dazu gelangt, ihre Notwendigkeit einzusehen, über die hinaus es keinen höheren Grad von Sicherheit geben kann.”14342 Die Rückführung aller physikalischen Aussagen auf mathematische Aussagen: das ist daher das Ideal, das den Begründern der neuen Naturwissenschaft vorschwebt und das ihre gesamte Arbeit beherrscht. Sie wissen wohl, daß dieses Ideal niemals in absoluter Strenge erfüllbar ist; aber sie erwarten und sie fordern die unbegrenzte Annäherung an dasselbe. Aber hier erhebt sich alsbald ein neues erkenntniskritisches Problem. Ist die Forderung, die hier an die naturwissenschaftliche Erkenntnis gestellt wird, streng durchführbar?A Oder würde das völlige Aufgehen der physikalischen in die mathematische Erkenntnis die erstere nicht ihrer spezifischen Bedeutung und ihres spezifischen Wertes berauben? Die Zuordnung physikalischer Aussagen zu mathematischen Aussagen ist freilichB eine methodisch-notwendige Forderung. Aber diese methodische Einheit beider lässt sich nichtC in eine sachliche Identität umdeuten. Denn nehmen wir diese Identität an, so würden damit die physikalischen Sätze sich in mathematische und logische Beziehungen auflösen – so würden sie nur noch formale, nicht mehr reale und empirische Bedeutung besitzen. So sehr sich die Physik daher auch der Leitung der Mathematik anvertrauen darf und muss – so wenig kann sie demnach jemals völlig mit ihr verschmelzen. IhreD allgemeinen Begriffe und Aussagen bedürfen immer wieder der Prüfung, der Verifikation durch das Besondere: und diese Besonderung kann ihnen nur durch die empirische Anschauung, durch [Cassirer:] I[ndividuum] u[nd] K[osmos, S.] 171 gegenüber am rechten Rand Ga lil ei , Dialogo sopra i due massimi sistemi del mundo; Giornada prima, [in:] Edizione nazionale [vol.] VII, [p.] 129 1
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durchführbar?] danach gestrichen: – ist sie in sich selbst widerspruchsfrei? freilich] in Bleistift statt gestrichenem: daher C nicht] danach gestrichen: ohne weiteres D Ihre] statt gestrichenem: Auch
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das konkrete Erfahrungsmaterial zu Teil werden. Trifft dies aber zu, so wird ersichtlich, daß und warum die Naturerkenntnis, auch nachdem sie von der blossen Wortsprache zur Sprache der mathematischen Symbole übergegangen ist, dem Einfluss der ersteren nicht gänzlich entzogen ist. Galilei stellte die Forderung[,] die qualitativen Naturbegriffe, die er als blosse Wortzeichen (puri nomi) betrachtete, durch quantitative Begriffe, durch Figuren und Zahlen zu ersetzen. Damit gewann er völlig neue Subjek te der naturwissenschaftlichen Aussagen. Aber auch nach dieser Umformung bleibt noch ein der Sprache angehöriger Bestandteil zurück, dem sich die Physik nicht entziehen kann. Wenn sie gelernt hat, neue Wo r t e zu bilden, so sieht sie sich doch, um diese Worte zu verstehen, um sie in ihrer Beziehung zu einander aufzufassen, immer wieder auf eine Grundform des Sprechens, auf den prädikativen S atz zurückgewiesen. Und nun beginnt ein neues Problem und ein neuer Kampf – ein Kampf, der sich durchA die ganze Geschichte des physikalischen Denkens hindurchzieht und der auch heute noch keineswegs als völlig abgeschlossen gelten kann. Wieder kann ich aus dieser Entwicklung nur einigeB charakteristische Stadien, nur wenige Einzelphasen herausheben, um an ihnen unser GrundproblemC zu erläutern. [4.] Ich beginne hierfür mit einer Bemerkung, die sich nicht sowohl auf die Geschichte der Physik, als vielmehr auf die Geschichte derD Logik bezieht. In den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts wurde in der Logik eine Frage eifrig diskutiert, die unter dem Namen des Problems der sogenannten “Impersonalien” bekannt ist. Es handelt sich hierbei um Sätze, die uns allen völlig vertraut und geläufig sind, u[nd] die in den Aussagen des täglichen Lebens immer wiederkehren; Sätze von der Form es brennt, es blitzt, es glänztE, in denen eine Eigenschaft oder Tätigkeit ausgedrückt wird, bei denen aber diese Eigenschaft oder Tätigkeit nicht an ein dingliches Subjekt geknüpft erscheint. Die Möglichkeit solcher Sätze, bei denen der Gedanke an ein Dingsubjekt ausgeschlossen ist, wurde als eine logische Paradoxie empfunden, die man zu erklären undF zu beheben versucht hatG. S i g wa r t H435 hat der Frage der Impersonalien eine eigene sich durch] über der Zeile einige] danach gestrichen: wenige C unser Grundproblem] danach gestrichen: : diese Beziehung zwischen naturwissenschaftlichem und sprachlichem Denken D der] danach in Bleistift gestrichen: allgemeinen E glänzt] über der Zeile statt gestrichenem: rauscht F und] danach gestrichen: durch eine Fülle verschiedenartiger Theorien G hat] in Bleistift verbessert aus: hatte H S i g wa r t ] danach gestrichen: , einer der [gestrichen: bekanntesten] [in Bleistift: führenden] deutschen Logiker,
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Schrift gewidmet436 – aber auch viele andere Denker – ich nenne nur die Namen Lotze, Wundt, Schuppe, Brentano, Benno Erdmann – haben sich mit dem Problem dieser “subjektlosen Sätze” befasst und oft sehr scharfsinnige, aber weit auseinandergehende, Theorien aufgestellt, die es erklären sollten.A HeuteB erscheint es uns freilich, als ob dieser ganze logische Scharfsinn vergeblich angewandt worden sei. Denn durch die Entwicklung der modernen symbolischen Logik haben wir gelernt, daß die sogenannten “subjektlosen Sätze” keineswegs als eine blosse Anomalie anzusehen sind, die aus dem Gefüge des logischen Denkens herausfallen, sondern daß hier ein ganz allgemeines und prinzipielles Problem vorliegt. Als Anomalien konnten diese Sätze nur erscheinen, solange man das Subjekt-Prädikat-Schema des Urteils als die einzig-mögliche und einziggesetzmäßige Form der Urteilsbildung ansah. Daß zu dieser Annahme kein Anlass und kein Recht besteht, das wurde völlig klar, als durch die Arbeiten der mathematischen Logiker,C durch die Arbeiten von Frege, von Peano 437 und Russell der Beweis erbracht wurde, daß es grosse und ausserordentlich wichtige Klassen von Aussagen giebt, die sich nicht in den logischen Schematismus des Subjekt-Prädikat-Satzes einzwängen lassen. Russell hat ganz allgemein gezeigt, daß und warum die traditionelle Auffassung, daß in jedem echten Satz ein bestimmter Terminus, das Subjekt, gegeben sein und daß mit ihm ein bestimmter Begriff als Prädikatsbegriff verknüpft sein muss, aufzugeben ist. Er zeigt insbesondere, daß ein bestimmter Relations-Typus, die sogenannten asymmetrischen Relationen sich prinzipiell nicht auf Subjekt-Prädikat[-]Sätze zurückführen lassen. Andererseits sind es gerade diese, auf Prädikationen nicht zurückführbaren RelationenD[,] die für die Mathematik von fundamentaler Bedeutung sind, da auf ihnen alle Möglichkeit der Reihenordnung beruht und die Mathematik ja geradezu als Wissenschaft der geordneten Gegenstände definiert werden kann. 1438E Derartige Relationen müssenF somit als [Russell, Principles,] bes[onders S.] 226 / in Cap[itel] 25 u[nd] 26 gegenüber am rechten Rand 1
erklären sollten.] danach gestrichen: Heute glauben wir, [unleserliches Wort] Aber Heute] in Bleistift korrigiert aus: Aber heute C Logiker,] danach gestrichen: insbesondere D Relationen] danach in Bleistift gestrichen: – Relationen wie vor und nach, grösser und kleiner u. s. f. – E kann.] danach in Bleistift gestrichen: Asymmetrische Relationen sind es, auf die, wie Russell in seinen ›[The] Principles of Mathematics‹ vom Jahre 1903 im einzelnen gezeigt hat, die Begriffe der Zahl, der Grösse, der Ordnung, des Raumes, der Zeit, der Bewegung u. s. f. zurückgehen und die F Derartige Relationen müssen] über der Zeile
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eine ursprüngliche und selbständige Klasse von Aussagen erkannt und anerkannt seinA, wenn es gelingen soll, eine logische Analyse der Grundbegriffe der Mathematik zu gebenB. AuchC die Logik der naturwissenschaftlichen Erkenntnis istD im Verlauf ihrer geschichtlichen Entwicklung immer wieder auf diesesE Problem hingeführt wordenF. Auch sie G liess sich in jenes einfache Satzschema, das im Subjekt-Prädikat-Satz gegeben ist, nicht ohne Zwang einfügen, und sie hat zu wiederholten Malen höchst bezeichnende Versuche gemacht[,] dieses Schema zu durchbrechen.H So führt etwa Helmholtz [an] einer StelleI der [›]Physiologischen Optik[‹] ausJ, daß und warum der Begriff der Eigenschaft eine fundamentale Wandlung erfahren muss, wenn wir aus dem Kreis des täglichen Lebens und des ihm entsprechenden Denkens in das Gebiet derK naturwissenschaftlichen Erkenntnis hinübertreten. 1439 In der ersteren Auffassung scheinen wir es mit bleibenden festen Bestimmungen zu tun [zu] haben, die einem einzelnen Objekt regelmäßig und unter allen Umständen zukommen. Wir sprechen bestimmten Dingen je eine bestimmte Farbe, einen gewissen Klang, Geschmack, Geruch, Temperatur zu und wir glauben damit gewisse Merkmale angegeben zu haben, die ihnen an und für sich zukommen. Die naturwissenschaftliche AnalyseL aber zerstört diesenM ScheinN. Sie löst alle EigenschaftenO in Wirkungen auf – und Wirkungen bezeichnen nichts, was dem einzelnen Objekt an und für sich eigen ist, sondern sie schliessen stets eine Beziehung zu H e lmholtz, Lehrbuch der physiologischen Optik, 3te Auflage, Hamburg u[nd] L[ei]pz[ig] 1896, S. 588 ff[.] zudem am rechten Rand gegenüber [S.] 588 1
sein] danach gestrichen: müssen zu geben] danach in Bleistift gestrichen: und auf ihr eine Philosophie der Mathematik aufzubauen C Auch] statt gestrichenem: Es kann kein Zweifel daran sein, daß D ist] über der Zeile E dieses] danach gestrichen: fundamentale F hingeführt worden] über der Zeile statt gestrichenem: gestoßen ist und daß sie, in einem G Auch sie] danach gestrichen: fühlte sich von H dieses Schema zu durchbrechen.] Einfügung am rechten Rand, Einfügungsort markiert I einer Stelle] über der Zeile statt gestrichenem: im Handbuch J aus] über der Zeile K in das Gebiet der] danach gestrichen: naturwissenschaftlichen Betrachtung und L Analyse] statt gestrichenem: Auffassung M zerstört diesen] über der Zeile statt gestrichenem: muss den N Schein] danach gestrichen: dieser festen Eigenschaften zerstören O Eigenschaften] danach in Bleistift gestrichen: in Wahrheit
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einem zweiten Objekt ein. Der Zinnober ist nicht an sich rot, sondern er ist es nur für ein normales[,] nicht etwa rotblindes Auge, – dasA Blei istB nicht an sich löslich, sondern nur löslich in SalpetersäureC u. s. f.D Der Begriff der Eigenschaft wird also in der naturwissenschaftlichen Erkenntnis zwar beibehalten; aber nur unter der Bedingung, daß er sich einem charakteristischen B e d e u t u n g s wa n d e l unterwirft. Wollen wir diesen Bedeutungswandel in der Sprache der Aristotelischen Kategorienlehre bezeichnen, so müssten wir sagen, daß das[,] was für Aristoteles ein ποιόν war[,] für die moderne Auffassung zu einem πρός τι geworden ist. Die entscheidende Wichtigkeit dieser Wandlung leuchtet sofort ein. Denn Relati one n gebenE unmittelbar einer mathematischen Behandlung Raum, ja sie fordern eine solche gewissermassen heraus, während Qualitäten als solche einer solchen Behandlung zwar nicht widerstreiten, aber ihr nur mittelbar und gewissermassen auf einem Umweg zugänglich sind[.] F Auf der anderen Seite aber kann freilich die Umsetzung, die hier methodisch gefordertG ist[,] nie so weit gehen, als esH in der rein mathematischen Begriffsbildung der Fall istI. Der Physiker, der es mit der raum-zeitlichen Beschreibung und der raum-zeitlichen Ordnung des Naturgeschehens zu tun hat, kann sich nicht mit derselben Freiheit über den Kreis der Anschauung erheben, als es dem Mathematiker möglich und als es für ihn erforderlich ist.J Schon die Beobachtungsmittel, die er gebrauchenK muss und ohne welche es für ihn keine Erkenntnis gibt, weisen ihn immer wieder auf diesen Kreis des anschaulich-GegebenenL
– das] über der Zeile statt gestrichenem: genau so wie etwa ist] über der Zeile C Salpetersäure] danach gestrichen: ist D Salpetersäure u. s. f.] danach durch eine vertikale Linie gestrichen: Hier zeigt es sich von einer neuen Seite her, daß unsere Sprachbegriffe, die nach den Erfahrungen des täglichen Lebens geformt und ihnen angemessen sind, eine bestimmte Umbildung, eine Art von Übersetzung erfordern, wenn wir sie als Ausdruck [gestrichen: physikalischer] naturwissenschaftlicher Erkenntnisse gebrauchen wollen. [danach Einschub- bzw. Ersatzzeichen] E geben] über der Zeile statt gestrichenem: bieten sich F Der Begriff . . . zugänglich sind.] Ersatz für vorhergehende Streichung (vgl. Edit.philolog. Anm. D), auf linkem Rand, Einschubort im Text markiert G freilich . . . gefordert] über der Zeile statt gestrichenem: diese Umbildung H als es] danach offensichtlich in Bleistift gestrichen: im Gebiet der Physik I der Fall ist] über der Zeile statt gestrichenem: möglich und als es hier erforderlich und notwendig ist; bei Streichung irrtümlich stehen geblieben: ist J erforderlich ist.] danach gestrichen: Schon die spezifischen physikalischen Instrumente seiner Erkenntnis, K gebrauchen] statt gestrichenem: zu Grunde legen L des anschaulich-Gegebenen] über der Zeile
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zurückA. So kann er seiner Aufgabe nur durch eine doppelte Bewegung des Denkens gerecht werden – die eine, die ihn zu immer allgemeineren theoretischen Begriffen, zu immer kühneren mathematischen Abstraktionen undB Konstruktionen treibt – die andere[,] die ihn am Gegebenen, am direkt Beobachtbaren und Beschreibbaren, festhält. Aus diesem Gegensatz entsteht jene Dialektik des physikalischen Denkens, die man in seiner gesamten Geschichte beobachten kannC. “Alle Versuche, die Probleme der Natur zu lösen[”] – so hat Goethe einmal im Hinblick auf eine von ihm versuchte geologische Erklärung gesagt1 – [“]sind eigentlich nur Konflikte der Denkkraft mit dem Anschauen. Das Anschauen gibt uns auf einmal den vollkommenen Begriff von etwas Geleistetem; die Denkkraft . . . möchte nicht zurückbleiben[,] sondern auf ihre Weise zeigen und auslegen, wie es geleistet werden konnte und musste. Da sie sich selbst nicht ganz zulänglich fühlt, so ruft sie die Einbildungskraft zu Hülfe, und so entstehen nach und nach solche Gedankenwesen (entia rationis), denen das große Verdienst bleibtD, uns auf das Anschauen zurückzuführen, und uns zu grösserer Aufmerksamkeit, zu vollkommenerer 2 Einsicht hinzudrängen.”440 In der Geschichte der Naturerkenntnis gab es einmal eine Zeit, in derE das Ziel erreicht zu seinF, in der G der Konflikt zwischen Anschauen und Denken ein für alle MalH gelöst zu sein schienI. Es ist die Epoche der klassischen Physik, die sich dieser Lösung ganz nahe glaubte. Sie verfügte seit LaJ DifferentialgleichungenK über ein begriffliches und analytischesL granges 441 [Goethe, WA. Bd.] 9, [S.] 91 gegenüber auf rechtem Rand Goe the, Der Kammerberg bei Eger, [in:] Naturwiss[enschaftliche] Schriften, Weimarer Ausg[abe, Abt. 2], Bd. IX, S. 91 1
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zurück] danach gestrichen: und halten ihn gewissermassen in ihm fest Abstraktionen und] über der Zeile C beobachten kann] danach gestrichen: und die zuletzt auf dem eigentümlichen Doppelcharakter unserer Sprachbegriffe beruht D bleibt] über der Zeile E gab es einmal eine Zeit, in der] auf linkem Rand und über der Zeile statt gestrichenem: schien einmal F zu sein] über der Zeile statt gestrichenem: schien G in der] auf linkem Rand H ein für alle Mal] danach gestrichen: beschwichtigt und I schien] über der Zeile J Lagranges] danach gestrichen: in den K Differentialgleichungen] danach gestrichen: der analytischen Mechanik L begriffliches und analytisches] über der Zeile statt gestrichenem: mathematisches
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Instrument von höchsterA Vollkommenheit – und sie besaß andererseits in der mechanistischen Naturansicht ein Schema von bestechender EinfachheitB. Irre ich nicht, so war es eben diese Verbindung, auf der die große Kraft und Leistung der klassischen Physik wesentlich beruhte. Man hat nicht selten die Auffassung vertreten, daß ihreC Grundbegriffe, die Begriffe von Kraft und Masse, unmittelbar bestimmten einfachen Erfahrungen des täglichen Lebens entnommen sind, – daß z. B. der Kraftbegriff D ursprünglich dem Kraftsinn oder Muskelsinn entstammt[,] also einer spezifischen Sinnesempfindung entnommen worden istE. Aber wenn derartige Analogien genetisch und psychologisch bei der Bildung des Kraftbegriffs mitgewirkt haben mögen – so haben sich doch schon die ersten Begründer der klassischen Mechanik weit über sie erhoben.F 〈Kepler G geht noch von der Vorstellung einer Art Lebenskraft aus, die die Beziehungen zwischen den Planeten und der Sonne regelt. 1442 AberH in dem Maße, als seine Forschung weitergingI und als es ihm gelang, zu exakten Gesetzen der Himmelsbewegungen [vorzustoßen], hat er diese Auffassung fortschreitend berichtigt. In einem Brief vom Oktober 1607, in welchem Kepler die M e t h o d e beschreibt, die er in seinem Werk über die Marsbewegungen befolgt hat, erklärt er ausdrücklich, daß er an Stelle der Theologie und Metaphysik des Himmels, wie sie sich bei Aristoteles finde, die reine Physik des Himmels gesetzt habe, die sich ih2 J K 〉 Galilei, Huyghens rerseits wieder auf eine neue Arithmetik gründe.443 L M und Newton sind in ihren Definitionen und in ihrem Gebrauch des Kraftbegriffs von allen anthropomorphen Nebenvorstellungen frei. Wenn Newton die Begriffe des ImpulsesN oder der Attraktion gebraucht, so fügt er ausdrücklich hinzu, der Leser müsse sich hüten, sie anders, denn als 1 2
[Kepler, Opera, Bd.] I, [S.] 355 am rechten Rand [Kepler, Opera, Bd.] III, [S.] 31 am rechten Rand
höchster] danach gestrichen: Einfachheit und Einfachheit] danach in Bleistift gestrichen: und größter Anschaulichkeit C ihre] über der Zeile statt gestrichenem: die D z. B. der Kraftbegriff] über der Zeile statt gestrichenem: der Begriff der Kraft E ist] über der Zeile statt gestrichenem: sind F erhoben.] danach gestrichen: Wenn wir die Schriften von G Kepler] danach gestrichen: aber H Aber] aber I weiterging] statt gestrichenem: fortschreitet, hat er J gründe.] danach irrtümlich nicht gestrichen: Was vollends K 〈Kepler . . . gründe.〉] eckige Klammern in Bleistift L Newton] danach in Bleistift gestrichen: angeht, so M sind] danach in Bleistift gestrichen: sie N des Impulses] danach gestrichen: , der Bew[egung]
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mathematische Hülfsbegriffe zu verstehen. 14442 Dies schloss für ihn selbst, wie wir wissen, bestimmte metaphysische Grundvorstellungen über das Wesen der Kraft nicht aus; aber die objektive GeltungA seiner Grundbegriffe wollte er von derartigen Vorstellungen nicht abhängig machen.23 Es scheint mir eine unzulässige und irreführende Erklärung zu sein, wenn manche Historiker die AnsichtB vertreten, daß es ein Mangel an Abstraktionskraft gewesen sei, der die Denker der klassischen Physik am mechanischen Weltbild festhalten liess. Die Zähigkeit[,] mit der dieses Weltbild sich durch Jahrhunderte hindurch behauptete, muss andere u[nd] tiefere D Gründe haben.C Huyghens 446 betontE zu Beginn des ›Traité de laF lumière‹,G daß alleH kausaleI Erklärung des Geschehens notwendig mechanische Erklärung sein muss J und daß man entweder eine solche ErklärungK durchführen oder aber für immer auf L jede Hoffnung[,] irgend etwas in der Physik zu verstehen[,] verzichten müsseM.447 UndN noch zweihundert Jahre später sagtO William Thomson448 in seinen Vorlesungen über molekulare Dynamik und über die Wellentheorie des Lichtes P, daß er sich niemals durch irgend eineQ physikalische Erklärung befriedigt fühle, wenn er sich nicht ein mechanisches Modell von dem Gegenstand oder Vor[Newton,] Princ[ipia mathematica] Phil[osophiae] Nat[uralis] Def[initio] VIII / [S.] 295 O[. . .] L[. . .] An[. . .] am linken Rand 2 Ne w t o n , Phil[osophiae] nat[uralis] Principia mathemat[ica] Definitio VIII 3 Mch. Opt[ik, S.] 212 445 im Ergänzungstext auf linkem Rand 1
Geltung] danach gestrichen: und Wahrheit Ansicht] statt gestrichenem: Absicht C Dies schloss . . . Gründe haben.] Einfügung auf dem linken Rand, Einfügungsort markiert D Huyghens] vorstehend in Bleistift gestrichen: Wenn trotzdem und nichtsdestoweniger; Wenn irrtümlich stehen geblieben E betont] unter der Zeile F Traité de la] in Bleistift folgt doppeltes Einfügungs- oder Fortsetzungszeichen, das auf linkem Rand wiederholt wird, Absicht unklar G lumière‹,] danach gestrichen: erklärt H alle] über der Zeile statt gestrichenem: die einzige Art der I kausale] kausalen J notwendig mechanische Erklärung sein muss] über der Zeile statt gestrichenem: in seiner Rückführung auf rein mechanische Ursachen bestehe K Erklärung] über der Zeile statt gestrichenem: Reduktion L für immer auf] über der Zeile M verzichten müsse] danach gestrichen: , – wenn William Thomson im Jahre 1884 N Und] über der Zeile O sagt] über der Zeile P Lichtes] danach gestrichen: sagt Q niemals durch irgend eine] über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: durch keine
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gang aufbauen könneA[.]449 Worauf beruht dieseB eigentümliche und auf Jahrhunderte hin unbeweglicheC Beharrlichkeit der mechanischen VorstellungsartD? Wir können sie, wie mir scheint, besser verstehenE, wenn wir sehen, wie ein Denker, wie Wilhelm Wundt in einer Studie “über die physikalischen Axiome und ihre Beziehung zum Kausalprinzip” die mechanische Weltansicht aus rein logischen Gesichtspunkten zu stützen und zu begründen gesucht hatF. In dieser Schrift, die im Jahre 1866 erschienen ist, stellt Wundt als erstes und oberstes Axiom den Satz auf, daß alle Ursachen in der Natur Bewegungsursachen sein müssen. Er begründet diesen Satz damit, daß Bewegung die einzige Veränderung eines Körpers sei, bei welcher dieser mit sich selbst identisch bleibe. 1450 Damit ist zwar kein Beweis für die unbedingte Notwendigkeit der mechanistischen Naturansicht erbracht: wohl aber ist eine Tendenz, die ihr von Anfang an zu Grunde gelegen hat und die ihre Ausbildung aufs stärksteG gefördert hat,H zutreffend beschrieben. Die ausserordentliche Klarheit und Einfachheit, mit der die mechanistische Physik die Frage nach dem S ubje kt der Bewegung beantwortet, ist immer eine ihrer wesentlichen begrifflichen Stützen gewesen. In ihr ist es möglich, dieses Subjekt, als ein beharrliches und dauerndes, als mit sich selbst identisch jederzeit wiederzufinden, so kompliziert sich auch der Bewegungsvorgang gestalten mag. Noch in dem letzten großen Versuch einer einheitlich-durchgeführten mechanischen Naturerklärung, wie er von Heinrich H e r t z in seinen “Prinzipien der Mechanik” (1894) unternommen wurde, spielt diesesI erkenntnistheoretische Motiv eine entscheidende Rolle. Das von Heinrich Hertz gewählte Bild der Naturerkenntnis schaltet den Kraftbegriff, wie den Energiebegriff aus; es begnügt sich mit den drei von einander unabhängigen Grundvorstellungen der Zeit, des Raumes und der Masse. Die letztere aber wird hierbei durch nichts anderes, als durch die früher erwähnte Identitätsforderung d efi ni er t: [“]ein Massenteilchen[”], erklärt W[ilhelm] Wu n d t [,] Die physikalischen Axiome und ihre Beziehung zum Causalprinzip, Erlangen 1866, S. 6 ff. 1
aufbauen könne] danach gestrichen: – so muss diese Eigen[tümlichkeit] Worauf beruht diese] über der Zeile C und auf Jahrhunderte hin unbewegliche] über der Zeile D Vorstellungsart?] danach gestrichen: einen anderen und tieferen Grund haben. E sie, wie mir scheint, besser verstehen] über der Zeile statt gestrichenem: diesen Grund sehen F gesucht hat] über der Zeile statt gestrichenem: sucht G aufs stärkste] über der Zeile statt gestrichenem: wesentlich H gefördert hat,] danach gestrichen: richtig beschr[ieben] I dieses] danach gestrichen: logische und
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Hertz,1 [“]ist ein Merkmal, durch welches wir einen bestimmten Punkt des Raumes zu einer gegebenen Zeit eindeutig zuordnen einem bestimmten Punkt des Raumes zu jeder anderen Zeit.[”]2 A Freilich hat es die Physik im Lauf[e] ihrer Entwicklung immer schwerer gefunden, diese Identifikationsforderung auch in den VorgängenB festzuhalten, in denen es sich nicht unmittelbar um die Bewegung ponderabler Massen handelte. Aber sie glaubte ihr dadurch gerecht werden zu können, daß sie auch in diesen Fällen die nicht unmittelbar-gegebenen Subjekte der Bewegung konstruktiv erschuf. Der Physik der wägbaren Körper trat die Physik derC ›Imponderabilien‹ zur SeiteD. Die Beobachtungen über Wärmeleitung und Wärmestrahlung finden ihre erste theoretische Zusammenfassung und Deutung in der Black’schen451 Hypothese eines unwägbaren und unzerstörlichen Wärmestoffes. Ihm traten später die verschiedenen elektrischen und magnetischen Fluida zur Seite. Aber so sehr sich anfangsE diese Vorstellungen zu bewähren schienen[,] so sehr sah sich andererseits das physikalische Denken eben durch sie auf die Grenzen der stofflich-substantiellen Auffassung hingewiesenF[.] Um die stoffliche Ansicht aufrecht zu erhalten[,] musste man z. B.G in der Elektrizitätslehre den seltsamen und paradoxen Begriff einer negativen Substanz bilden, die durch das Zusammentreffen mit einer anderen, der positiven Substanz[,] ausgelöscht und neutralisiert werden kann. Zuletzt schien sich das Problem dahin zusammenzufassen[,] die Mannigfaltigkeit aller physikalischen Erscheinungen auf eine einzige ursprüngliche Substanz zurückzuführen. Der Weltäther wird gewissermassen zum ens realissimum der Physik – aber je weiter die Beobachtung und Theoriebildung fortschreitet, um so mehr wird er auch zum “eigentlichen Schmerzenskinde der 34 mechanischen Theorie”.452 In alledem tritt deutlich hervor, wie auch das [Hertz, Prinzipien der Mechanik, S.] 54 gegenüber auf linkem Rand Heinrich Hertz, Die Principien der Mechanik, L[ei]pz[ig] 1894, S. 54 3 Vgl. Max Planck, Die Stellung der neueren Phys[ik] zur mechanischen Naturauffassung, Vortrag, Königsberg 1910; in: Physikal[ische] Rundblicke, L[ei]pz[ig] 1922, S. 46 f. 4 [Physikalische] Rundbl[icke, 1922, S.] 47 gegenüber auf linkem Rand 1
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anderen Zeit.] danach Absatzzeichen, Wiederholung auf linkem Rand Vorgängen] statt gestrichenem: Gebieten C der] danach über die Zeile in Bleistift gesetztes Wort gestrichen: sogen[annten] D zur Seite] über den rechten Rand geschrieben statt gestrichenem: gegenüber, die gleichfalls als bestimmte Stoffe gefasst werden E anfangs] über der Zeile F hingewiesen] danach gestrichen: – denn jetzt geriet man auf die paradoxe Auffassung zweier entgegengesetzter Substanzen, eines positiven G z. B.] über der Zeile
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physikalische Denken und die physikalische Begriffsbildung dem Zuge zur Substantialisierung folgt, der durch die Anlehnung an die Sprache ständig gefördert, ja in gewissem Sinne gefordert wird.A Immer wieder zeigt es sich, daß auch dieses Denken gewissermassen noch “verhaftet an den Körpern klebt” – daß es sich von denB sprachlichen Darstellungsformen nicht losreissen, nicht in “subjektlosen Sätzen” denken kann. Hier scheint erst die spezielle Relativitätstheorie[,] die dem Raum den letzten Rest seiner Gegenständlichkeit nimmt und die die substantielle Vorstellung des Aethers aufhebt, einen entscheidenden Wendepunkt zu bilden – einen TriumphC der rein symbolischen und rein relationalenD Auffassung,E der aber nur durch eine entscheidende Umbildung der physikalischen Begriffe und der physikalischen Sprache zu gewinnen war. [5.] Auf F dieG Probleme, die durch diese Umbildung entstehen und die auch die Frage nach dem Verhältnis von sprachlicher und physikalischer Begriffsbildung in ein neues Licht rücken, kann im Rahmen dieser kurzen Skizze hier nicht näher eingegangen werden; es sei erlaubt, für die erkenntnistheoretische Seite dieser Probleme auf die Darstellung zu verweisen, die ich in meiner Schrift [“]Determ[inismus] u[nd] Indeterminismus in der modernen Physik[”]1 gegeben habe.H Nur einige wenige Bemerkungen, die sich auf unser allgemeines Thema beziehen und die sich unmittelbar an dasselbe anschliessen lassenI, seien mir hier noch gestattet. Es gehört zu den Grundzügen der modernen Atomphysik, daß sie sich, in weit stärkerem Masse als irgend eine frühere Epoche naturwissenschaftlichen Erschienen in den Schriften der Hochschule Göteborg: Göteborgs Högskolas Årsskrift 1936: 3, Göteborg (Wettergren u[nd] Kerkors), 1937 1
gefordert wird.] danach gestrichen: Es ist diese Art der Bindung von den] danach gestrichen: anschaulichen C Triumph] Triumph, D symbolischen und rein relationalen] über den rechten Rand geschrieben statt gestrichenem: funktionalen E Triumph . . . Auffassung,] danach in Bleistift gestrichen: der aber nur zu gewinnen ist, F Auf] statt gestrichenem: Aber G die] danach gestrichen: neuen H kann im Rahmen . . . gegeben habe.] über der Zeile und auf rechtem Rand statt in Bleistift gestrichenem: möchte ich hier nicht mehr eingehen – und ebenso muss ich der Versuchung widers[tehen] und noch weniger darf ich daran denken, hier, am Schluss meiner Darlegungen, in eine Betrachtung der schwierigen und verwickelten [gestrichen: Probleme] Fragen einzutreten, die durch die moderne Atomphysik und durch die letzten Entwicklungen innerhalb der Quantenmechanik aufgeworfen werden. I lassen] in Bleistift über der Zeile A
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Denkens, auf die allgemeinsten Probleme der philosophischen ErkenntnislehreA, auf das Problem des Verhältnisses von Subjekt und Objekt, auf das allgemeine Kausalproblem u. s. f. zurückgewiesen sieht.B Fragen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung, so lässt sich vielleicht sagen, daß die Physik C bei dem Übergang zu einem neuen Gegenstandsbereich, hier dem Versuch, die Probleme des Atombaus zu lösen, sichD immer stärker der Wahrheit desE von mir angeführten Goetheschen Wortes bewusst geworden istF. Mehr und mehr musste sie sich davon überzeugen, daß alle Versuche[,] die Probleme der Natur zu lösen, zuletzt auf einen Gegensatz, auf einen “Konflikt der Denkkraft mit dem Anschauen”453 hinauslaufen. Indem das naturwissenschaftliche Denken diesen Gegensatz zu begreifen, undG ihn auf bestimmte Pri nzi pien zurückzuführen suchte, musste es dabei immer tiefer in seine eigenen logischen Vorbedingungen zurückgehenH. Und diese Vertiefung brachte denn auch, für das Verhältnis von Physik und Sprache, ein neues und überraschendes Resultat. Man kann sagen, daß innerhalb der Quantentheorie die Frage, die in der klassischen Physik schon seit Jahrhunderten als latentes Problem bestandI und wirksam war, in eine neue Phase der Entwicklung eintritt J. Das Sprachproblem der Physik tritt in der Quantentheorie gewissermassen aus dem Stadium der Latenz heraus; es wird sich selbst offenbar. In den Betrachtungen über die Grundlagen der Naturerkenntnis, die wir in den Schriften der modernen Vertreter der Quantentheorie finden, lässt sichK dieseL Entwicklung deutlich aufzeigen. Immer wieder stossen wir hier nicht nur auf M mittelbare Hinweise, sondern auf bestimmte explizit e Darlegungen über das Verhältnis von Physik und Sprache. So bemerkt z. B. Niels
philosophischen Erkenntnislehre] über der Zeile statt gestrichenem: Philosophie und Erkenntniskritik B sieht.] danach gestrichen: Der Grund hierfür liegt C Physik] statt gestrichenem: Atomphysik D sich] über der Zeile E des] danach gestrichen: Goetheschen Wortes empfand, das ich früher angeführt habe. F geworden ist] über der Zeile statt gestrichenem: wurde G und] über der Zeile statt gestrichenem: indem es ihn selbst H zurückgehen] statt in Bleistift gestrichenem: zurückzugehen suchen I bestand] statt gestrichenem: bestimmt J in eine neue Phase . . . eintritt] auf dem rechten Rand statt gestrichenem: in ein neues Stadium getreten ist[,] daß sie gezwungen wurde, aus diesem latenten Stadium herauszutreten und sich deutlich und bestimmt auszusprechen K lässt sich] danach gestrichen: , wie mir scheint, L diese] danach gestrichen: eigentümliche M auf] danach unleserliches Wort gestrichen: vereinz[elte]
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Bohr A454 in B der einleitenden Übersicht, die er seinen vier Aufsätzen über “Atomtheorie und Naturbeschreibung” vorangestellt hat,C daß der von ihm geprägte Begriff der KomplementaritätD die Aufgabe habe, den Physiker beständig an die Schwierigkeiten zu erinnern, die davon herrühren, daß alle gewöhnlichen Worte der Sprache von unseren gewohnten Anschauungsformen geprägt sind, von deren Standpunkt aus die Existenz eines Wirkungsquantums eine Irrationalität ist. 1455 Auch in den Aufsätzen selbst ist Bohr wiederholt auf dieses Problem zurückgekommen; auch hier betont er, daß eine Durchführung der Quantentheorie nur möglich ist durch eine gewisse Resignation hinsichtlich der Wünsche nach 2E Anschaulichkeit, die unserer ganzen Sprache ihr Gepräge giebt.456 Ganz entsprechende Äusserungen finden sich auch bei anderen Vertretern der 3 F G Quantentheorie;457 Born 458 hat einmal geradezu gesagt, man könne unsere ganze Sprache, die doch die Erinnerung an den Jahrtausende langen Umgang mit den Dingen der makroskopischen Welt in sich trägt, als ein zur Beschreibung der Mikrophysik nur unvollkommen geeignetes Gedankenmittel betrachten.459 Dennoch muss der Dualismus der Beschreibungsmittel, wie er sich z. B. in der Quantentheorie in dem gleichzeitigen Gebrauch des Partikel- und des Wellenbildes offenbart, nicht zu einem sachlichen Gegensatz, nicht zu einer physikalischen Antinomie führen – sofern man sich nur gegenwärtig hält, daß die gesetzliche Ordnung und Verknüpfung der empirischen Phaenomene das eigentliche und einzige Ziel der naturwissenschaftlichen Erkenntnis bildet und daß daher die Begriffe dieser Erkenntnis von vornherein keinen anderen Anspruch erheben können, als, wie Kant esH ausdrückt, “Erscheinungen zu buchstabieren, um sie als [Bohr, Atomtheorie und Naturbeschreibung] S. 12, vgl. [auch S.] 59 [und S.] 64 gegenüber auf linkem Rand 2 Niels B o h r, Atomtheorie und Naturbeschreibung, Berlin 1931, S. 12; vgl. S. 59, [S.] 64. 3 2) [Heisenberg,] Die physikal[ischen] Prinzipien der Quantentheorie, L[ei]pz[ig] 1930, S. 7 u[nd] ä[hnliche] auf linkem Rand 1
So bemerkt z. B. Niels Bohr] über der Zeile in] In C hat,] danach gestrichen: bemerkt Niels Boh r, D Komplementarität] danach teilweise in Bleistift gestrichen: wesentlich dazu bestimmt unter anderem E ganzen Sprache ihr Gepräge giebt.] gegenüber auf linkem Rand: ([S.] 64) F auch bei anderen Vertretern der Quantentheorie;] über der Zeile statt teilweise in Bleistift gestrichenem: in der Einleitung zu H e i s e n b e r g ’s Schrift über die physikalischen P ri nzip ien der Quan ten th eorie G Bo rn] vorstehend gestrichen: und H es] danach gestrichen: einmal
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Erfahrungen lesenA zu können”.460 Was die Quantentheorie dem Physiker und dem Erkenntnistheoretiker wieder zum Bewusstsein gebracht hat, ist der Umstand, daß die Erkenntnis in dieser mühsamen Arbeit des Buchstabierens der ErscheinungenB nicht von vornherein auf ein bestimmtes Buchstabensystem, auf ein einzelnes Alphabet festgelegt istC. Sie darf, ja sie muss vielleicht zwischen diesen Buchstabensystemen wechseln – je nach der Eigenart des Gebiets, das sie betrachtet und nach der besonderen Form der Gesetze, die sie für dieses Gebiet aufzustellen versucht.D Durch diesenE Sachverhalt erschliesst sich F die Physik, deutlicher als je zuvor,G die Tatsache,H daßI unsere naturwissenschaftlichen Grundbegriffe nicht, im Sinne einer einfachen Abbildtheorie, unmittelbare Bilder der DingeJ sind, die wir von Fall zu Fall auf ihre Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit, gewissermassen auf ihre photographische Treue, nachprüfen können – daß es sich in ihnen vielmehr um sehr komplexe Systeme von Symbolen handelt, die wir konstruktiv aufbauen und deren objektive BedeutungK sich nur darin erweisen lässt, daß sie in ihrer G e s a m t h e i t die Ordnung und Gesetzmässigkeit der Erscheinungen zum Ausdruck bringen. Dieser Übergang von der Abbildtheorie zu einer reinen “Symboltheorie” ist ein Postulat, das aus allgemeinen erkenntniskritischen Erwägungen seit langem aufgestellt worden ist, und dem sich auch die klassische Physik keineswegs verschlossen hat. Innerhalb ihres Kreises ist es z. B. von Heinrich H e r t z in seinen “Principien der Mechanik” und von Pierre Duhem in seinem Werke ›La Théorie Physique, son objet et sa structure‹ mit aller Klarheit und Schärfe vertreten worden.461 Die moderne Atomphysik scheint in dieser Richtung noch einen Schritt weiter zu gehen. Sie
lesen] in Bleistift über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: lösen Erscheinungen] Erscheinungen, C ist] über der Zeile D versucht.] danach Fortsetzungshinweis: s[iehe Ms.-S.] 51a [doppelt unterstrichen]; danach auf Ms.-S. 51 und 52 gestrichen: Die Einheit und die systematische Ganzheit der physikalischen Erk[enntnis] braucht durch diesen Wechsel nicht verloren zu gehen, sofern er nur nicht zufällig oder willkürlich, sondern bewusst und methodisch vorgenommen wird – sofern feste Regeln über den Gebrauch der einzelnen Begriffe und der verschiedenartigen Gedankenalphabete bestehen. – E Durch diesen] statt gestrichenem: Mehr und mehr sieht sich die Physik durch; danach in Bleistift gestrichen: komplizierten F erschliesst sich] über der Zeile statt irrtümlich stehen gebliebenem: sieht sich G deutlicher als je zuvor,] Einfügung auf rechtem Rand, Einfügeort markiert H die Tatsache,] auf rechtem Rand statt teilweise in Bleistift gestrichenem: mehr und mehr auf die erkenntnistheoretisch-grundlegende Einsicht hingewiesen, I daß] danach gestrichen: alle J Bilder der Dinge] über der Zeile statt gestrichenem: Abbilder K Bedeutung] danach gestrichen: und Wahrheit
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muß, wie z. B. Heisenbergs462 Darstellung der [“]physikalischen Prinzipien der Quantentheorie[” (1930)] zeigt, die verschiedenen Symbole nicht nur nebeneinander gebrauchen, sondern fast ständig über ihren Gebrauch reflektieren; sie muss eine scharfe Kritik des Partikelbildes wie des Wellenbildes durchführen.A Auch inB der rein mathematischen Symbolik, die die Quantenmechanik benutzt, zeigt sich dieseC Verschärfung und Komplikation des Problems.D Die exakte mathematische Darstellbarkeit der Naturphaenomene ist durch die Qu[anten]m[echanik]E nirgends in Frage gestellt F; wohl aber zeigt es sich notwendig,G ein neues Instrument mathematischer Erkenntnis zu benutzen, eine Algebra aufzubauen, deren Unterschied von der üblichen sich z. B. darin ausdrückt, daß in ihr das konmutative Gesetz für die Multiplikation seine Gültigkeit verliert. Die S prache der Mathematik erweist hierbeiH wieder den ihr gegenüber der Wortsprache innewohnenden Vorzug:I in der ausserordentlichen Freiheit ihrer Symbolbildung vermag sie immer wieder J diejenigen Symbole zu schaffen, deren die fortschreitende naturwissenschaftliche Erkenntnis bedarf. Historisch zeigt sich hierbeiK jenes merkwürdige Verhältnis, daß die Ausbildung der mathematischen Symbole den Bedürfnissen der Naturerkenntnis gewissermassen voraneilt: dasL mathematische Denken bautM rein aus sich heraus und lediglich seinen immanenten Regeln folgend, gewisse Symbolsysteme auf N, deren konkreter Gebrauch für die Probleme der Naturerkenntnis sich oft erst viel später herausstellt und bewährt. Aber ich muss es mir aus begreiflichen Gründen versagen[,] auf die wichtigen und auch für die allgemeine Erkenntnistheorie O so bedeutsasie muss . . . durchführen.] über der Zeile statt in Bleistift gestrichenem: und sich, Kantisch gesprochen, die Frage nach dem ›quid juris‹ dieses Gebrauchs stellen. B Auch in] statt gestrichenem: Auch wenn wir innerhalb und Und C diese] danach gestrichen: eigentümliche D die die Quantenmechanik . . . des Problems.] statt gestrichenem: stehen bleiben, so zeigt ja der Übergang zur Quantenmechanik, wie sehr sich hier abermals das Problem verschärft und kompliziert hat. E Quantenmechanik] danach gestrichen: hier F gestellt] über der Zeile statt gestrichenem: zu stellen G notwendig,] danach gestrichen: abermals H hierbei] statt gestrichenem: sich I Vorzug:] danach gestrichen: in den ihr [gestrichen: innewohnenden] eigentümlichen Reichtum und J wieder] wieder, K hierbei] danach gestrichen: immer L das] statt: daß das M baut] über der Zeile N auf] über der Zeile statt gestrichenem: aus sich heraus konstruktiv aufbaut O Erkenntnistheorie] danach gestrichen: und für die philosophische Sprachtheorie
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men Fragen einzugehen, die sich hier von allen Seiten zudrängen. Lassen Sie mich statt dessen meine Ausführungen beschliessen, indem ich von den letzten Betrachtungen, die sich auf unmittelbare Gegenwartsfragen der Erkenntnislehre und der Physik bezogen, noch einmal zurückblicke auf die ersten Anfänge der philosophischen Sprachtheorie.A Als der eigentliche und wesentliche Vorzug, der die Sprache der mathematischen Symbole vor der blossen Wortsprache auszeichnet, erscheint es hierbei, daß die mathematische Sprache die reinen Verhältnisse des Anschaulichen adaequat auszudrücken vermag, ohne hierbei dem Zwange und der Enge des sinnlich-Gegebenen zu verfallen, daß sie sich, indem sie sich der Anschauung hingiebt, ihr gegenüber zugleich die volle intellektuelle Freiheit bewahrt!B Ich möchte durch einen solchen RückblickC deutlich zu machen versuchen, wieD nahe sich in diesen Fragen Altes und NeuesE mit einander berührt. Der Erste, der eine streng systematische Theorie vom Wesen der Sprache und vom Wesen der wissenschaftlichen und philosophischen Erkenntnis gegeben hat, ist Platon gewesen. In seinem siebenten Brief, dessen Echtheit, nach denF Ergebnissen der systematischen Analyse und der philologischen Kritik, nunmehr als gesichert gelten kann, stelltG Platon eine St ufen folg e der Erkenntnis auf – die beim Wort beginnt, um bei der höchsten und vollkommensten Erkenntnis zu enden. ῎Ονομα, λόγος, εἴδωλον, ἐπιστήμη – das sind die vier Hauptstufen, die Platon unterscheidet, und die nach ihm sämtlich unentbehrlich sind, die notwendig durchlaufen werden müssen, wenn wir zur Wahrheit und Gewissheit von irgend einem Gegenstande gelangen wollen.463 Immer müssen wir mit dem Wort (ὄνομα) beginnen, müssen seine zunächst nochH schwankende Bedeutung durch eine Definition (λόγος) sichern, müssen uns sodann Aber . . . Sprachtheorie.] Ersatz für die auf Ms.-S. 52 gestrichene Passage: [Absatz] Lassen Sie mich [gestrichen: am Schluß, meine Damen und Herrn][,] m[eine] D[amen] u[nd] H[erren,] meine Ausführungen beschliessen, indem ich von diesen Betrachtungen über die modernsten Probleme der physikalischen Erkenntnislehre noch einmal auf die ältesten Probleme der Sprachtheorie und der wissenschaftlichen Philosophie [gestrichen: zurückgreife] zurückgehe, um Ihnen zu zeigen, wie nahe sich in diesen Fragen Anfang und Ende, Altes und Neues mit einander [Abbruch, Ende der Streichung] B Als der eigentliche . . . Freiheit bewahrt !] Zusatz auf linkem Rand, gefolgt von Pfeil in Bleistift und Fortsetzungshinweis: ← [Ms.-S.] 52 C durch einen solchen Rückblick] auf dem linken Rand statt gestrichenem: hierdurch D wie] danach gestrichen: sehr E Altes und Neues] danach gestrichen: , Anfang und Ende F den] danach gestrichen: neuesten G stellt] statt gestrichenem: entwickel[t] H zunächst noch] über der Zeile A
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irgend eine bildlich-anschauliche Vorstellung[,] ein εἴδωλον des Gegenstands entwerfen, um schliesslich zu einer reinen begrifflichen Erkenntnis (ἐπιστήμη) vorzudringen. Aber jenseits aller dieser vier Stufen zeigtA sich für uns schliesslich noch ein Letztes und Höchstes, das freilich jenseits aller Möglichkeit des symbolischen Begreifens, des Begreifens durch Worte, durch Bilder, durch abstrakte Begriffe und Definitionen steht. Dieses letzte und wahrhafte Sein (ὃ δὴ γνωστον καὶ ἀληθῶς ἐστιν ὄν)464 ist nicht mehr symbolisch: es ist nur in unmittelbarer Anschauung[,] nur intuitiv zu erfassen. Die höchsten Einsichten, zu denen der philosophische Denker gelangen kann, reichen daher über alle Möglichkeiten der mittelbaren Darstellung hinaus – sie sind durch Wort, durch Bild und Schrift nicht mehr mitteilbar. 1465 Und doch will Platon, mit dieser Anerkennung einer letzten intuitiven GewissheitB sich nicht jenem Erkenntnisideal der Mystik nähern, das darin besteht, “Name” und “Gestalt” aufzugeben und zu vernichten, um der höchsten Einsicht, der unmittelbaren Einheit mit dem Objekt der Erkenntnis teilhaft zu werden. Trotz der Erkenntnis der Grenzen des Symbolischen bleibt Platon im Umkreis des Symbolischen stehen; er will nicht Mystiker, sondern Dialektiker sein. Nicht ein ekstatisches, sondern ein methodisches Ideal ist es, das er verkündet; ein Ideal des langsamen und stetigen Aufstiegs, das vom Wort zum Bild, vom Bild zum Begriff führt. Denn keiner darf glauben, der höchsten Gewissheit teilhaft zu werden, der nicht die früheren Stufen durchschritten und der sie nicht sorgsam durchmessen, der nicht ihre wesentlichen Unterschiede erkannt hat.466 In diesen Sätzen hat Platon eine wesentliche Forderung, ein grundlegendes Postulat für alle künftige philosophische und wissenschaftliche Forschung aufgestellt[.]C Die Probleme der SprachphilosophieD, der Erkenntnislehre, der MathematikE: sieF sind hierG als 1
Nb. 643 gegenüber auf dem linken Rand
zeigt] statt gestrichenem: erhebt Gewissheit] Gewissheit, C In diesen Sätzen . . . aufgestellt.] Bemerkung auf dem rechten Rand statt gestrichenem: “Nach langer Arbeit, wenn man sich hineingelebt hat, geht plötzlich in der Seele, wie wenn ein Funke hineinschlüge, ein Feuer auf, das nährt sich dann selbst.”467 In diesen ganz persönlichen Worten Platons – sie sind das innerlichste persönliche Bekenntnis, das wir von ihm überhaupt besitzen – ist dennoch zugleich, der Eigenart seines Denkens gemäß, eine rein sachliche Aufgabe für alle künftige Philosophie und alle künftige wissenschaftliche Forschung bezeichnet. D Sprachphilosophie] über der Zeile statt gestrichenem: Sprache E der Mathematik] danach gestrichen: , und der Naturtheorie F sie] danach gestrichen: all e G hier] über der Zeile
A
B
Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung
149
eine Einheit gedacht; als besondere Fragen, die sich aber mit einander verbinden und auf ein gemeinsames Ziel hin richten müssen. Heute wird es uns, in der Fülle der Einzelfragen, vor die uns die Sprachtheorie, die Erkenntnistheorie, die Naturtheorie stellt, immer schwerer[,] diese Einheit zu sehen und zu bewahren – und doch muss immer wieder der Versuch einer solchen Synthese gewagt werden, weil nur auf Grund der Zusammenhänge, die sie erschliesst, dieA analytischeB KlärungC der Grundbegriffe in den verschiedenen Problemgebieten gelingen kann.
die] danach gestrichen: klare die sie . . . analytische] gegenüber links oben Paginierung von Cassirers Hand: 56. (– 4 ½ [Seiten]) C Klärung] statt gestrichenem: Durch[dringung]
A
B
[ AUS DR UCKSPHÄNOM EN UND ›WIENER KREIS‹]
Vorarbeiten: / “Au sd rucksfunkt ion” Kul turph ilosophie (Vorles[ung] zur Kulturphilos[ophie] etc.)A
[Ausdrucksfunktion und Darstellungsfunktion. Basisphänomene]
Aus dr ucksp haenom en (Roma ntik)
[Blatt] α 1)B
Charakterist[isch] hierfür auch die Aufhebung aller ›Unterschiede‹, die in der blossen Empfindung bestehen – Rückgang zu dem diffusen Urgef ühl – dem Urphaenomen des Fühlens vor den Trennungen der Wahrnehmung in bestimmte Klassen / (Farbe, Ton) h[ie]rz[u] Belege z. B. bei Brandes468 J o u b e r t , ›Nous qui chantons avec des pensées et peignons avec des paroles[‹] [In:] Œuvres, éd. Paul de Raynal, 4[e] éd[.], 1866C Titre XXII, [S.] LXXIV469 (nach Babbitt, The Masters of Modern French Criticism, Boston and New York, Dez[ember] 1912[,] S. 44470[)]
Ausdr ucksp hae nom en ( Fremd seelisches) Frem d s ee lische s Zur Litt[eratur]: Schele r’sche These 471 A B C D
Vorarb eite n . . . etc.)] von Cassirers Hand Blatt α 1)] Angabe auf rechtem Rand, unterstrichen 1866] recte 1864 Blatt α 2)] Angabe auf rechtem Rand, unterstrichen
[Blatt] α 2)D
152
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
cf. Bühl er, Krise [der Psychologie, S.] 83 ff.472 dort zitiert[:] Roffenstein, Das Problem des psycholog[ischen] Verstehens[, in:] Kleine Schriften zur Seelenforschung, Heft 15, 1926473 Volkelt, Becher, Binswanger, Kronfeld, Jonas Cohn zu Scheler’s These474
cf. weiter [Bühler,] Krise [der Psychologie, S.] 97 ff. zur Schelerschen Th[ese.]475 Auch B[ühler] (Kr[ise, S.] 99) kommt zu dem Schluss, ›Ich und Du seien Kategor[ien], die man im Wirklichkeitsdenken vorfindet wie andere Kategorien und als konsti tuti ve M omente, nicht Produkte dieses Denkens betrachten muss.[‹]476 – Der Weg zum Du muss keinen Analogieschluss enthalten[.]
Zur steigenden Gewissheit des Fremdseelischen (beruhend auf dem ›Entgegenkommen‹ des ›Anderen‹[)] in e igner Aktivität – in Ausdruckstaten – Korrelation: was ich in ihm ›sehe‹[,] sieht er ›in mir‹ [–] Korrelativität der Blickrichtungen cf. auch die Bemerk[ung] bei [Theodor] Lit t, 477 Einleit[ung in die PhiloA sophie, S.] 238 ff[.] [“]Das menschl[iche] Für-Einander-Sein[”]478 vgl. [S.] 241 ff. Kritik des ›Physikalismus‹ und Litts eigene ›Ausdrucks-‹ Theorie!479 – Die lebend[ige] Schilderung des P h a e n o m e n s des FürEinander-Seins bei Litt ist in dieser Hinsicht unmittelbar zu kontrastieren mit dem Extrem des Physikali smus bei Kaila 480 (Umweg über das ›Objekt‹, ›Hypothese‹ einer Verbindung ›von Gehirn zu Gehirn‹!481 Absurdität dieser letzteren Annahme.B[)] Die pha enomenologi sche Analyse, die zur Gewissheit des ›Fremdpsych[ischen]‹ führt, am besten dargelegt in H u s s e r l s Méd[itations] Cartés[iennes,] Méditat[ion] V. s[iehe] dort die angestr[ichenen] Stellen[.]482 C
Das menschliche Für-Einander-Sein] unten auf rechtem Rand, Pfeil zeigt von hier zur quer zum Text – auf rechtem Rand – verfaßten Ergänzung: vgl. 241 ff. . . . letzteren Annahme. B vgl. 241 ff. . . . Annahme.] Text vertikal auf rechtem Rand, mit Pfeil verbunden C ] restliche ¾ der Ms.-Seite leer A
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Ausdr ucksphae nomen Frem d psychisches.
153
[Blatt] α 3A
Der eigentliche Fehler der streng physikalistischen Auffassung und Erklärung des ›Fremdpsychischen‹ besteht darin, daß man annimmt, daß u rs p r ü n g l i ch nur ›Physisches‹ gegeben sein könne – und dann vor der Aufgabe steht, zu erklären[,] wie unser ›Verstand‹, auf irgend einem Wege des diskursiven Denkens (– Kausalschluss, Analogieschluss –) dazu komme, dieses Physische in ein ›Psychisches‹ zu verwandeln. – Daß diese Fragestellung g enetisch nicht haltbar ist – daß hier das ›Du‹ früher als das ›Es‹ und daß wir zu dem ›Es‹ nur durch einen Prozess der Ausscheidung (Auslese) auf dem Wege üb er das D u gelangen, hat sich früher gezeigt. Aber die ganze Argumentation krankt auch an einem fast nie beachteten lo g is ch -erke nntni skri tischen Mangel – sie ist ein Musterbeispiel für das, was die Logik ein ὕστερον πρότερον483 nennt. – Denn was bedeutet denn jenes ›Physische‹, von dem wir au sgehen, um von ihm, in oft sehr künstlichen Wendungen, wieder auf ein ›Psychisches‹ zurückzukommen – zurückzuschließen[.] Fassen wir den Begriff des Physischen nicht dogmatisch, sondern ›transzendental‹[,] d. h. fragen wir nach seinen Konstruktionsmomenten – ein Verfahren, in dem die “kritische” Philosophie, die Phaenomenologie und schliesslich die Konstitutions-Analyse Carnaps484 ü b e re i n sti mme n – über dessen Re ch t also hier kein Streit sein kann – so finden wir ja, daß die sogenannte ›physische‹ Welt nichts anderes ist als der Inhalt der Erfahrung, sofern vorausgesetzt wird, daß er nicht nur “mir selbst” angehört, nicht nur für mich in diesem meinen ›Hier‹ und ›Jetzt‹ gegeben ist[,] sondern daß er 1) für mich ›immer‹ in der gleichen Weise vorhanden ist – d. h. daß er für mich als ›identisch‹ wiederfindbar, rekognoszierbar ist und daß er A
Blatt α 3] Angabe auf rechtem Rand, unterstrichen
154
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
2) für alle andern wahrnehmenden, denkenden Subjekte denselben Zug (der Gleichheit, der Uniformität, der Bestimmtheit nach ›objektiven‹ Gesetzen,[)] zeigt (Kant: daß er ‘Erfahrung’[,] nicht bloss ‘Wahrnehmung’ ist)485 Diese Voraussetzung eines al len Subjekten Gemeinsames, aus den verschiedenartigen Wahrnehmungswelten als ›Dasselbe‹ Herauslös bares – diese H ypothesi s eines κοινός κόσμος 486 fü r alle “Subjekte”: dies ist ein notwendiger, integrierender konstitutiver Bestandteil des Begriffs: ›Erfahrungswelt‹ oder, was auf dasselbe hinausläuft, des Begriffs ›Physische Welt‹[.] Ohne dieses: ›f ür verschiedene Subjekte identisch Wiederfindbare‹ ist der Begriff ›physische Welt‹ nicht konstituierbar – Er wird auch von Carnap nicht and ers konstituier t 487 – vgl. ausser dem ›Log[ischen] Aufbau der Welt‹ insbesondere auch den Aufsatz über die physikal[ische] Sprache als Universalsprache der Wissensch[aft]488 – Dann liegt ja aber im Begriff der ›physischen Welt‹ schon der Begriff der ›anderen‹ Subjekte i mpl izi ert – und es ist somit eine Verkehrung der Methode, ein ὕστερον πρότερον[,] ihn erst mittelbar (durch ein Netz von Schlußfolgerungen) aus ihm herausdeduzieren zu wollen – Die Wirklichkeit des ›Anderen‹ ist (auch logisch) ›früher‹ als die der ›Welt‹[.] Vgl. h[ie]rz[u] insbes[ondere] H u s s e r l , Méd[itations] Cart[ésiennes, S.] 90 f.489 Die ›Koinonie‹490 der ›Subjekte‹ – die ›Harmonie‹ der ›Monaden‹ ist die Praem isse für die Setzung einer objektiven physischen Welt – ich muss also das erstere Moment bereits gesetzt haben, um das zweite setzen zu können[.] Vielleicht könnte man hiergegen einwenden, daß das Phaenomen ›Welt‹ auch rein inner-monadisch, vom Standpunkt eines methodischen Solipsismus[,] begründbar sei –
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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›Welt‹ wäre dann lediglich das in der Z e i t re i h e (in ›meiner‹ monadischen Zeit) Wiederfindbare, Rekognoszierbare – Aber hiergegen würden die Erwägungen gelten, die Kant in seiner ›Widerlegung des Idealismus‹ angestellt hat491 –: diese Einheit der Zeit, diese Setzung eines Behar rlichen in der Zeit, setzt immer schon mehr als die blosse Zeit voraus – es verlangt zu seiner Konstitution anderer mitwirkender ›Kategorien‹ – insbesondere der Kategorie des Raumes – Miteinander, Beieinander – der ›Kausalität‹ ([des] Wirkens auf einander)[,] der ›Substanz‹ etc. All dies findet sich nicht in derjenigen Zeit, die als blosser F lu ss ›erlebt‹ wird [–] um aus diesem Fluss etwas ›Dauerndes‹ zu gestalten, dazu gehört immer die Voraussetzung jenes κοινός κόσμος der ›Ausdehnung‹, der ›Materie‹, der ›Körperwelt‹[.] (Kants Beweis, daß ohne die Annahme der Körperwelt auch die Erfahrung des ›Ich‹ nicht möglich – daß ›äussere‹ Erfahrung also nichts Nachträgliches, sondern der ›inneren Erfahrung‹ Korre l ati ves ist492 –) In dieser gemeinsamen “äusseren Welt”, a n der und in der das ›Ich‹ sich erst selbst “findet” – “gestaltet”[,] ist aber eben schon die Hypothesis der “anderen Subjekte” beschlossen – Man kann das auch so ausdrücken, daß ohne die ›Intention‹ des Du die Setzung (›Ablösung‹) des Ich gar nicht möglich wäre – Es ist daher prinzipiell falsch, diese Intention, wie es Carnap tut, als etwas bloss-Zufälliges, Accesorisches; ›bloss‹ Psychologisches zu bezeichnenA (Wurm-Einwand)493[.] Gerade dies er Teil der Carnapschen Argumentation bleibt ganz an der Oberfläche – denn eine so universale ›Intention‹ wie die des Du muss doch wohl auch ein ›fundamentum in re‹ muss einen ›transzendentalen‹ Grund haben[.]
A
zu bezeichnen] ist
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Und dieser ›Grund‹ liegt eben darin, daß die Intention des Du die ›Bedingung der Möglichkeit‹ der Setzung des ›Es‹ ist – daß sie in diese Setzung schon als ›Moment‹ eingeht – Man kann also nicht sagen, daß das ›Es‹ (“an sich”) gegeben ist, und daß dann nur durch eine neue (– und relativ ›zufällige‹, willkürliche –) IntentionA das ›Du‹ in das Es eingefühlt werde – das heisst: das Pferd am Schwanz aufzäumen – es ist vielmehr so, daß auf der origi nären Intention des Du eine zwei te Form (die Form, die ›Intention‹ des Es) sich aufbaut – sich ihrer superponiert – und sich dann allmählich aus dieser Superposition als ein Selbstständiges abl öst – Aber diese Ablösung kann nie zu einer ab solu ten werden – sie kann nie ins schlechthin- Transzendente hinausgehen – beide Momente müssen sich vielmehr immer ‘an einander’ festhalten – da sie überhaupt nur relativ zu einander verständlich sind – das ›Es‹ als das d e n ›Du‹ Gemeinsame[,] nicht als Etwas, das “vor” alle n Du und unabhängig von ihnen [ist] – Dies [ist] der Sinn des “transzendentalen Idealismus” – im Kantischen sowohl wie im Husserlschen Sinne[.]
Der “Stein des Anstosses”, den das ›Fremdpsychische‹ für alle physikalistischen Theorien bildet[,] besteht darin, daß diese Theorien, bewusst oder unbewusst, sich von der Vorstellung leiten lassen, daß physisches Sein unmittelbar “gegeben” sei. – Sie fassen also das Physische selbst ›positivistisch‹ (als unmittelbare Gegebenheit), statt es ›symbolisch‹ als eine Form des ›Meinens‹, eine Form der ›Intenti on‹ zu verstehen – Fasst man es in diesem Sinne, so hat es keinerlei Schwierigkeit zu begreifen, daß die I ntenti on des PhysischenB eine ›vermittelte‹ Intention ist – die die Richtung auf das Du voraussetzt und einschliesst –
A B
Intention] Intnttion Physischen] Physische
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Diese krit[ische] Bemerk[ung] gilt auch für Carnap, obwohl dieser, nach der Grundtendenz seiner Konstitutions-Theorie, ja keineswegs naiver Positivist ist – er weiß ja, daß Phys[isches] nicht ›gegeben‹ ist, sondern konstituier t werden muss[.]494 Bei ihm wirkt jedoch das positivistische Vorurteil insofern nach, als er die ›Intention‹[,] in der das Physische konstituiert wird, als die ›intentio prima‹[,] / als die eigentlich-fundamentale ansieht, die allen andern gegenständl[ichen] Setzungen vorausgeht und auf die jene sich gründen müssen – So glaubt er den Objektsanspruch überhaupt nur aufrecht erhalten zu können, wenn er ihn im Sinne der wissenschaftlichen ›Objektivierung‹ (Physik als Universalsprache der Wissenschaft[)] versteht495 – Hier aber liegt eben eine “petitio principii”496 des Physikalismus – der letzten Endes auf positivist[ische] Anschauungen (Mach . . .)497 zurückgeht[.]A
Da rstellung sfunkti on
[Blatt] δ1B
Objektivierung, Entstofflichung, Ablösbarkeit (von der konkreten Situation) etc. Dies alles erzeugt die “Wendung zur Idee”498 (Simmel) Hierzu vgl. Bühler, Krise [der Psychologie], S. 47 ff[.]499 Die Darstellungsfunktion gehört dem con-templare und der contemplatio an (vgl. Boll)500 und das Contemplare ist der Anfang alles eigentlich intellektuellenC Lebens und alles ›objektiven‹ Verhaltens[.]
Die drei Stufen501 [sind] auch in der Frage des Sprachursprungs wichtig – Es gibt Theoreme des Sprachursprungs, die mit je e i n e m Moment auskommen zu können glaubten, in ihm das Eigentliche, Wesentliche, Ursprüngliche sahen [–] so [die] Ableitungen der Sprache aus dem Empfindu ngslaut / A B C
zurückgeht.] im Ms. folgt ein leeres Blatt Blatt δ1] Angabe auf rechtem Rand intellektuellen] intulllektuellen
158
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
(schon im Altertum: Epi ku r[,] in neuerer Zeit – Rou sseau[,] in weitem Ausmaß auch Herd er[)] Seltener ist das zweite Moment – das Moment des gemeinsamen Wirkens, der ›Steuerung‹ (Bühler) in den Mittelpunkt gestellt worden – aber es gibt Theorien, die den Accent wesentlich auf dies[es] Moment legen [–] insbesondere die Theorie von Noiré, der darin Sprache u[nd] Werkzeug gleichordnet[.] Der Mensch als ›homo faber‹[.] Die Sprache sein vollkommenstes ›Instrument‹ cf. Noiré, Logos u[nd] / Werkzeug502 Aber weder der Empfindungslaut, noch der Wirk- und Werklaut (Noiré) kann die d r i t t e Stufe der Sprache: die rein symbolische Darstell[ung] erfassen u[nd] erklären. Hier bedarf es immer eines “Sprunges”[,] einer μετάβασις, einer ›Mutation‹, nicht [einer] Evolution [–] der Ty p e n unterschied ist unverwischbar! Von Seiten der P s ych o lo gie ist das richtig gesehen u[nd] hervorgehoben bei Bühler, a. a. O. [S.] 55 ff[.]503 – hier [liegen] auch die Mängel jener psychol[ogischen] Sprachtheorien, die die Sprache in die Ausd rucksfunkt ion einschliessen – und evolutionistisch aus ihr stetig ableiten wollen (Wundt cf. [Bühler,] S. 55 ff[.])504 u[nd] das Citat aus Wundt ([Bühler,] S. 30) Sprache II, 2, [S.] 636[,] daß die Sprache vollkommen kontinuierlich aus der Gesamtheit der Ausdrucksbewegungen hervorgehe, die das animalische Leben überh[aupt] kennzeichnen505 – Eben diese Konti nuitä t ist es, die wir bestreiten – die symbolische Funktion ist immer etwas Eigenartiges, Unableitbares, sui generis[,] das nicht auf andere (biologische) Vorstufen zurückgeführt, in sie nicht aufg elöst werden kann, wenngleich es genetisch mit diesen andern in Zusammenhang stehen mag –
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Die ›Wendung zur Idee‹ kann nur durch einen Sprung erfolgen – Auch hier zeigt sich, daß die ›Idee‹ der ›Erscheinungswelt‹ gegenüber, in der sich das Phaenomen des Lebens abspielt, ein ἑτέρωνA ist –B
D arste llung sfunktion ( Obje kti vi tät)
[Blatt] δ 3,1C
Die dritte Stufe der ›Basisphänomene‹506 umfasst alles, was ›Darstellungsfunktion‹ besitzt – was auf einen ‘Gegenstand’ oder ‘Sachverhalt’ hinweist (‘intendiert’) und was diesen Gegenstand als seiend – diesen Sachverhalt als ›gültig‹ behauptet[.] Es drückt sich sprachlich in der Form der Aussage – logisch in der Form des Urtei ls aus[.] Der allgemeine Chara kter, an dem wir alle diese Phaenomene erkennen und an dem wir sie als eine besondere “Klasse” herausheben können, ist das Moment der ‘Wahrheit’ oder ‘Unwahrheit’[.] Das heisst n i ch t , daß wir über ihr ›Wahr‹ oder ›Unwahr‹ e n t s ch e i den – daß wir über das ›Sein‹ des Gegenstands, das ›So-Sein‹ des Sachverhalts, das in ihnen intendiert ist, irgend etwas a u s m a ch e n (dogmatisch-bestimmen) können [–] es heisst lediglich, daß wir sinnvoll nach Wahrheit oder Unwahrheit vonD ihnen f rage n können – ja fragen m ü s s e n , wenn wir uns ihren vollen Gehalt aneignen wollen – Daß durch ›Wahrheit‹ oder ›Falschheit‹ die Sphaere des U r t e i l s bestimmt wird – das Urteil z. B. vom Befehlssatz, Fragesatz (“Ich” bin v[om]E Zweifel) geschiedenF [wird –] hebt schon Arist[oteles] hervor. G507
A
ἑτέρων] gr.: ein Anderes
ist –] ¾ der Seite bleiben leer Blatt δ 3,1] Angabe auf rechtem Rand, unterstrichen D von] Lektüre unsicher, evtl.: in E vom] unsichere Lesung, evtl.: u[nd] F Zweifel) geschieden] Zweifel geschieden) G Daß durch ›Wahrheit‹ . . . hervor.] Einschub zwischen den Zeilen und am linken Rand B
C
160
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Es gilt, sich dieses Tatbestands zunächst rein phaenomenologisch zu vergewissern – also den allgemeinen Charakter zu klären, der in jenen Phaenomenen, die dem Wahr- oder Falsch-Sein unterliegen, zum Ausdruck kommt – Was diese P h a e n o m e n e konstituieren[,] lässt sich allgemein als die Sphaere des E s bezeichnen – im Gegensatz zu der des Ich, die in den Ausdrucksphaenomenen[,] [und] zu der des Du, die in den Willensphaenomenen erschlossen wird. Es handelt sich hier um die Gesamtheit jener ›kognitiven‹ Akte, durch die uns irgend ein ›E s ist‹ oder ›Es ist so‹ vermittelt wird – wir können sie auch der Ich-Du[-]Sphaere gegenüber als die ›impersonale‹ (unpersönliche) Sphaere bezeichnen – Von hier aus lässt sich sagen, daß die sogenannten Impers onalien (Es regnet, es donnert), die man so lange als die eigentliche Crux der Logik behandelt hat, in Wahrheit der Schlüssel der Logik sind –508 daß sie einen allgemeinen Charakter (Typus) bezeichnen[,] an dem a lle Aussagen (λόγοι) teilhaben – eben den Ich-B ez ug oder Es-Bezug [–] dieser erscheint i sol i ert in Aussagen wie “Es donnert, Es gib t . . .” aber in dieser Isolierung um so reiner, ›objektiver‹ [–] während in dem gewöhnlichen Ausdruck des Urteils in den indogermanischen Sprachen S i st P A noch ein anderes Moment steckt, das aus der personalen Sphaere eingedrungen ist – denn das S, das Subjekt, wird im allgemeinen als “tätiges” Subjekt gefasst, was aber ein u rsprüngl ich-anthropomorphes Element in sich schließt – Hierin liegt also noch ein Rest und Anklang mythischer Vorstellungsweise – das persönliche Verbum fasst das reine Geschehen noch immer als eine Ta t des ›Ich‹ oder ›Du‹B [–] sucht also im Grunde das Phaenomen d ritter Ordnung (die reine konstatierende Aussage) auf Phaenomene der ersten u[nd] zweiten Ordnung (Ich-Du-Phaenomene) zurückzuführen – S ist P ] durch Wellenlinie hervorgehoben ›Du‹] gegenüber auf rechtem Rand: – Humboldt zu ›Verbum‹ / Bühl[er,] Sprachtheorie509
A B
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
161
Das ›impersonale‹ Urteil gibt dagegen den reinen Es-Bezug: ›es ist‹, ›es geschieht‹ [›]es donnert[‹] statt [›]Jupiter tonat[‹] VonA hier aus [sind] die verschiedenen Theorien der ›Impersonalien‹ zu untersuchen [– siehe Christoph] Sig wart, Die Impersonalien510 [–] von denen aber keine diesen e n t s ch e i d e n d e n Punkt (die Isolierung des Es-Bezug[s]) hervorgehoben hat – Sie waren alle zu neg ati v gefasst – sie glaubten, daß das ›Impersonale‹ irgendwie ergänzungsbedürftig sei, daß ihm “etwas fehlt” – während das, was ihm ›fehlt‹, vielmehr ein posi tiver Grundzug ist, der als solcher allem echt-Logischen eigen [ist] – Dem Impersonalen fehlt nicht sowohl etwas, als es vielmehr von einem bestimmten sprachlichen Bezug (dem Ich-Du-Bezug) abst rah iert – und sich in dieser Abstraktion emanz ipiert – von dem Zwang der ›anthropomorphen‹ Auffassung frei macht – Am weitesten geht diese ›Elimination‹ in den rein physikalischen Aussagen – aber sie ist schon in jeder schlichten Wahrnehmungsaussage (Es donnert, es blitzt) ihrem logischen Charakter nach angelegt[.] Dieses ›Es‹ muß hierbei in weitestem Sinne genommen werden – es richtet sich auf a l l e s , was überhaupt an Wahrheit und Falschheit ›tei lha t‹ [–] diese reine μέθεξις ist das Charakteristische[.] Wir finden also den gleichen Es-Charakter (Darstellungscharakter) in allen ›Aussagen‹, die überhaupt ein Objekt, ein Geschehen, einen Sachverhalt ›nennen‹ und nennend › mei nen‹ [–] er eignet gleichmäßig der einfachen, schlicht-konstatierenden Aussage von reinem Wahrnehmungscharakter, ja schon jedem einfache[n] H i n weis auf ein ObjektivesB
A B
Von] (Von Objektives] Objektives eignet
162
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
(Deixis, τόδε τι511) und jeder u ni versellsten Aussage über das Sein überhaupt ὂν ἧ ὂν[.] Vom τόδε τι bis hinauf zu diesen allgemeinsten ›ontologischen‹ Aussagen schlingt sich hier ein einheitliches Band – Das τόδε τι, die einfache ›Deixis‹[,] bezieht sich auf ein einfaches HierJet zt[,] auf eine bestimmte Raum- und Zeit-Stelle – Das ›allgemeine‹ Urteil geht auf das Ganze der ›Welt‹, des Universums – es setzt dem ›Hier‹ und ›Jetzt‹ ein ›Überall‹ und ›Immer‹ entgegen[.] A l l e Menschen, we r auch immer sie sein, wo auch immer sie leben, wann auch immer sie geboren sein mögen, was auch immer für sonstige Unterscheidungsmerkmale (der Race u. s. f.) sie haben mögen . . . ›sind‹ sterblich [–] das Sein als generelles Sein – die Bestimmung des Sterblich-Seins liegt im Mensch- Sein (nicht in dieser oder jener ›Eigenschaft‹ des Menschen) . . . Aber von der individuellen, deiktischen AussageA bis hinauf zur universellen Aussage[,] die in ›apodiktischer‹ Form auftritt – Vom einfachen ›monstrare‹ bis hinauf zur abstrakten, logischen › d e monstratio‹ (vgl. zu diesem Z[u]s[ammen]h[ang] Bühler, Sprachtheorie)512 zieht sich eine st e t i g e Ve r ke t t u n g u n d Ve r m i t t l u n g – die eben in dem Es-Charakter besteht, den die einfachste Deixis ganz ebenso wie der abstrakteste Beweis (“Es regnet” – wie: “Es existiert ein Gott”)513 für sich in Anspruch nimmt – Beide gehören eben prinzipiell derselben Dimension, demselben Aussage-Typus an, der sich von dem Typus des blossen Fühlens und Wollens (Ich-Sätze, Befehls-Sätze) wesentlich unterscheidet – Und wenn wir vom Räumli chen zum Zeit lichen hinübersehen, so zeigt sich auch hier dasselbe Bild – Von dem einfachen ›Es war einmal‹ des Märchens, bis hinauf zur Form des Epos – bis zur Ilias und Odyssee – vom E pos zur Geschichte – von der einfachen Chronik bis zu den höchsten Formen geschichtlicher Darstellung (Universalgeschichte)[,]
A
Aussage] danach verbessert und offensichtlich gestrichen: an
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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von der B i o g ra p h i e bis zur nationalen Geschichte und zur We l t g es chichte 514 (Ranke) schlingt sich hier dasselbe Band – Dies alles – “war einmal” wobei es nicht auf die Wirklichkeit des ›War‹, die Realität, Faktizität als so lch e ankommt – sondern auf die reine Intention des ›E s war‹[,] die dem Märchen, der Sage, dem Epos, der Geschichte gemei nsam ist[.]
Es handelt sich eben um den Charakter des “Es ist so” oder “Es war so” oder “Es ve rhält si ch so” überhaupt – In dies e m Sinne behält die Brentanosche Urteilstheorie Recht – daß jede Aussage eigentlich ei ngliedrig ist – daß sie den einfachen Charakter des ›Es ist‹ (der ›Objektivität‹) an jeweilig verschiedene Subjekte oder Klassen von Subjekten heftet – (Zur Brentano’schen Urteilstheorie vgl. Brentanos eigene Darstellung, Psychol[ogie] vom empir[ischen] Standpunkt)515 Für Bre ntano (cf. Überweg [Grundriss, Teil] IV, [S.] 415)516 ist das Urteilen nicht das Zuschreiben eines Prädikats zu einem Subjekt → Forts[etzung] s[iehe Blatt] δ 3, 2A
D arste llung sfunktion ( Obje kti vi tät)
[Blatt] δ 3, 2B
esC ist [vielmehr] die ›Behauptung oder Verneinung eines Urteilsinhalts‹ (d. h. die Zuweisung des ›Es i st so‹ oder ›Es i st nicht so‹[)] gegenüber diesem bestimmten Urteils-Inhalt – Alle Naturgesetze (generelle Aussagen über das Sein oder Geschehen) haben z. B. den letztern Charakter – der Energiesatz etwa sagt: Es gi bt kein perpetuum mobile Das Perpet[uum] mobile ist ni ch t – [(]Der Pythagoras sagt[:] ›Es g i ebt kein rechtwinkl[iges] Dreieck‹[,] das nicht diese bestimmte Bedingung erfüllte, u. s. f.)517 Blatt δ 3, 2] unterstrichen Blatt δ 3, 2] unterstrichen C es] d. h. das Urteilen; Fortsetzung von vorhergehender Seite gemäß Hinweis: → Forts[etzung] s[iehe] δ 3, 2; siehe auch Hrsg.-Anm. 516
A B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
[(]Zur Brentano’schen Urteilslehre vgl. auch die Kritik von J[onas] Cohn, Vorauss[etzungen] u[nd] Ziele518 [und] die Darstell[ung] von E[rnst] v[on] Aster, Philos[ophie] d[er] Gegenw[art], S. 59519 u. s. f.) Moog, [S.] 161 ff[.], [S.] 180520 Für uns ist das Wichtigste, daß mit dem allen die Sphaere des reinen › Es‹ konstituiert wird, die der des Ich und Du (– “erster” u[nd] “zweiter” Typus) sel bstä ndig gegenübertritt – Und ebenso müssen wir daran festhalten, daß es für dieses › E s ‹ eines logischen B ewei ses im eigentlichen Sinne so wenig bedarf, noch daß es eines solchen Beweises fähig ist, als dies für die Ich-Sphaere oder Du-Sphaere al s solche gilt – Diese “Beziehung auf den Gegenstand”, (diese ›I ntention auf das Es‹) ist auch hier ein schlechthin ursprünglicher Charakter, der nicht weiter ableitbar ist – Die Frage kann nicht sein, ob es ›ein Es überhaupt gibt‹ – diese Frage ist sinnlos, da schon in der Frage selbst: Gibt es oder gibt es nicht? die Funktion des ›Es‹ unmittelbar wiederkehrt – diese Funktion (Intention)A also kein Gegenstand des Fragens oder ‘Zweifelns’ sein kann – die Frage betrifft nur den jeweilig- b e s o n d e re n Inhalt, von dem es problematisch ist, ob er der Sphaere des ›Es ist‹, ›Es gibt‹ angehörtB – – Insofern ist das ›Es‹ evident (Brentano)[.] Es gibt keine “Erkenntnistheorie” in d e m Sinne[,] daß in ihr der Charakter des ›Es i st ‹ , [›]Es g ibt‹ überhaupt erweisbar wäre[.] Vgl. Nelsons Unmögl[ichkeit] der Erkenntnistheorie521 – Das Es (– die Objektivität überhaupt –) muss ursprünglich (durch ein Basisphaenomen, hier durch das Phaenomen der Intentionalität[)] g ese tzt sein. Sein ist die Positi on eines Dinges (Kant) – diese Intention braucht nicht und kann nicht b ewiesen werden – A B
(Intention)] (Intention), angehört] anerken[n]t
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Denn die ›Demonstration‹ würde uns hier in einen Z i r ke l verwikkeln – Sie setzt ja die allgem eine Es-Funktion schon voraus – das ›demonstrare‹ ist ja nur der Gipfel u[nd] gewissermassen die Frucht des ›monstrare‹[,] das schon “im Keime” die Funktion der Darstellung, der Objektivität – das “Es ist” oder “Es ist so” enthält – Insofern braucht die Beziehung auf den Gegenstand üb er ha upt nicht erst “bewiesen” zu werden – kann sie als “unmittelbare Erkenntnis” behandelt werden – Das Zweideutige liegt hier nur darin, daß man dieses UnmittelbareA Er kennt nis nennt (Fries)522 oder daß man mit Brentano von unmittelbargewissen Urte ile n spricht523 – Damit kommt ein ›reflexives‹ Moment hinein, das hier ganz fern zu halten ist – da eine solche ›Reflexion‹ auf echte ›Basisphaenomene‹ nicht anzuwenden ist[.] – Es ist derselbe Fehler, der entsteht, wenn man die Realität des ›Du‹, statt auf Ausdrucks- oder Willensphaenomene, auf U rt eile, logische Akte – in diesem Fall auf “Analogieschlüsse” – gründet. Über die ›Unbeweisbarkeit‹ der Basisphaenomene s[iehe] Blatt A) 1 u[nd] 2B di es e Erört[erung] hier anzuschliessen. –
Wir müssen nun weiter darauf hinweisen, daß diese Es-Funktion, dieser Anspruch auf Objektivität überhaupt allen kognitiven Funktionen – von der “niedersten” bis zu derC “höchsten” – g em eins am ist –
Unmittelbare] Unmittelbare – Über . . . Blatt A) 1 und 2] Hinweis meint offenbar Blätter A1 und A2 im Konvolut 184 [Über Basisphänomene], auf das in der Disposition von Capitel I: Problemstellung, das dem Objektivitätscharakter der Wahrnehmung gewidmet ist, verwiesen wird; vgl. Ernst Cassirer: Über Basisphänomene. In: ECN 1, S. 113 Anm. A, S. 119 Anm. B C der] über der Zeile A B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
weil sie sich eben in ihm erst konst it uieren, erst als kognitive Funktionen (– Arten, die Wirklichkeit zu erfassen, zu bestimmen, zu erkennen) erweisen – Hier findet also keine ›Entwicklung‹ statt; die Es-Funktion, der Objektivitätsanspruch liegt als solcher in der einfachsten Empfindung ebensowohl, wie im kompliziertesten Urteils- oder Schlusssatz – “Wahrnehmung” ist schon theoretische Synthesis[,] Synthesis a priori – dies gut auch von Croce hervorgeh[oben.] A524 Die Entwicklung, die wir feststellen können, betrifft nur die Glie derung der Objektivität, nicht diese selbst – [betrifft] ihre kategoriale Fügung525; zumal die strukturelle Gliederung in Ding – Eigenschaft Ursache – Wirkung, etc. Aber durch all das wird der reine Objektivitätscharakter nur d ifferenz ie rt, stru kturi ert – nicht ursprünglich geschaffen – Die Intenti on auf das Es kommt vielmehr ungeteilt allen kognitiven Akten zu – der einfachsten Rot-Empfindung wie irgend einem Urteil der Mathematik, das sich auf ideale Gegenstände, oder auf höchst komplizierte “wirkliche” Sachverhalte, wie denen, von denen die mathemat[ische] Physik handelt / (“Naturgesetze” und ihre Formulierung)[,] – bezieht[.] Diese allgemeine Intention, und mit ihr bestimmte Konstanzannahme n[,] lässt sich bis in das tierische Wahrnehmen hinein verfolgen[.] Näheres h[ie]rz[u] z. B. [Blätter] δ 2)[,] δ 4) und κ 1) B526 alle Wahrnehmung ist symbolhaltig, Es-bezogen, mit bestimmten ›Intentionen‹ (Sinndeutungen) ›beladen‹ und behaftet cf[.] → [Blatt] δ 2) Aber es gibt hier freilich verschiedene Stufen des Gegenstands-Aufbaus – der ›Gegenstand‹ ist nicht in der blossen Impression gegeb en (Standp[unkt] des Sensualismus oder Positivismus)[,] obwohl er in ihr bereits intendiert, gemeint ist – “Wahrnehmung” . . . hervorgehoben.] Einfügung in Bleistift zwischen den Zeilen und auf rechtem Rand B δ 2), δ 4) und κ 1)] unterstrichen
A
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Diese ›Meinung‹ muss sich erfüllenA – und sie erfüllt sich nur, indem von der Empfindung zur Vorstellung, von der Vorstellung zur Anschauung, von der Anschauung zum Begriff übergegangen wird – das Ganze dieser kognitiven Schichten, dieser Erkenntnisstufen gibt dann erst den eigentlichen Gegenstandsbezug – Aber dieser ist somit auch nicht dem Denken allein vorzubehalten ( Rat ion alistischer Idealismus – “das Denken erzeugt das Sein”527 (Cohen)[)] sondern er beruht auf der Allheit und der systematischen Totalität aller kognitiven “Momente” und Funktionen – die sämtlich i n e i n a n d e r g re i fe n , sich wechselseitig bestimmen und durchdringen müssen, um “den Gegenstand zu erzeugen” – Hier gibt es den Fortgang zu immer universelleren Ansätzen – ein ständiges “Tieferlegen der Fundamente”528 und ein ständiges Hinaufund Höher-Steigen – aber all das bezieht sich auf die Grundlage des ursprünglichen Basisphaenomens – derB ›Es-Wahrnehmung‹[.] Die Frage kann nie lauten: Gibt es überhaupt eine Es-Wahrnehmung ein Es-Denken, Ist-Denken[,] eine Wahrnehmung oder ein Denken, das ›objektive Bedeutung‹, Dignität hat, das uns den ›Gegenstand‹ vermittelt (während die erste Stufe der Basisphaenomene immer nur sagt, wie ›mir‹ zu Mute ist –die zweite, wie ›Ich‹ mich auf ein ›Du‹ beziehe und dieses sich auf ›mich‹ zurückbezieht, im gemeinsamen Verhalten) – Die Frage lautet immer nur – welcher besonde re Inhalt der Empfindung, Wahrnehmung, Anschauung, des Denkens gehört dem endgültigen Kreis des ›Es‹, der ›Welt‹, der Objektivität an – und welcher ist nur “in mir” verhaftet –
A B
erfüllen] danach gestrichen: werden der] unsichere Lesung; evtl.: die
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Die Wahrnehmung beantwortet di ese Frage anders als das Denken – der Mythos beantwortet sie anders als die Wissenschaft – aber der gemeinsame Objektivitäts-Bezug ist in ihnen allen enthalten – sie alle wollen eben eine ›Welt‹ aufbauen, nicht nur von einem ›Ich‹ berichten oder es “kundgeben”[.]
D arstel lu ng sf unktion. Re alitätsprobl em (Wahrnehmung)
[Blatt] δ 4.A
Tendenz jeder Vorstellung als objektiv zu ›gelten‹, – Forderungscharakter jeder Vorstell[ung] – daher [ist] dies kein neu hinzutretendes M er kmal, – keine ›Eigenschaft‹, die besonders bewiesen werden müsste – Vielmehr gilt das Umgekehrte: zur ›blossen‹ Vorstellung wird ein Inhalt nur[,] indem ihm auf Grund best[immter] Kriterien der WirklichkeitsCharakter aberkannt wird[.] Vom psychol [og i schen] Standpunkt aus ist dies gut u[nd] klar dargelegt von Li pps im 3[.] Kap. von ›Vom Fühlen, Wollen u[nd] Denken[‹], S. 53 ff. B529
[Fremdbewusstsei n und Ana logieschlus s] 1) Analogieschluss530 beweist zu wenig (“Unsicherheit” der sichersten Tatsache gegenüber) und zu vi el 〈kein Einhalt, keine Grenze in der Anwendung ![〉] wir müssen ihn über das Ganze erstrecken – physische Analogien (Sinnesorgane) Fechner 531 〈sehr gestärkt cf. Lassw[itz] Vor[wort]532 u[nd] G[ustav] Wolff533〉 aber ni cht wie F[echner] will, das einzige Prinzip cf. S. 5534 –C 2) ›Leben‹ u[nd] ›Seele‹ ›Evidenzerlebnis‹ des Fremdpsych[ischen] – selbst bei höchst exaktem Denken – aber dennoch kein ›Argument‹ A
δ 4.] Angabe am rechten Rand, unterstrichen
B
S. 53 ff.] restliche ½ Ms.-S. leer, ebenso Rückseite (Bl. 21v) und danach Bl. 22 aber nicht . . . cf. S. 5 –] in Bleistift
C
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
169
wo liegt das Entscheidende Teilhabe (μέθεξις) am Geistigen – Das blos s Psychische bleibt unsicher – Aktivität – aber auch Einreih[ung] in bloßen Handlungszusammenhang (Steuerung) genügt nicht [–] cf. Tiersprache (Warnung . . .) Bienensprache (zum gemeinsamen Werk) Werkzusammenhänge, Wirkungszusammenhänge, S oziale Zusammenhänge reichen hier noch nicht völlig aus – Das entscheidende Moment liegt im Übergang zur Darstellungs-Sprache [–] hier die Grenze[,] wo das Psychische in das Geistige übergeht – μέθεξιςA am Kulturleben – u[nd] hier schwindet der ZweifelB VorC dem ersten ›sinnvollen‹ (darstellenden) Wort muss er vergehen – ebenso Werkz e ug – nicht blosses gemeinsames Wirken – Denn gemeinsames Wirken ist auch ohne Bewusst sein des Wirkens möglich – ja[,] die ganze Natur ist von solchen ‘teleologischen Ketten’ erfüllt, auch dort – wo sicher kein Wissen von diesen ‘Ketten’ (teleolog[ische] Verbände) [ist] Vgl. das Beispiel der Wespe bei Bergson535 – Überhaupt [ist] das ganze Reich der › I n st i n k t e ‹ ein fortlaufender BeweisD, daß teleolog[ische] (Wirkens-)Zusammenhänge ohne WissensZusammenhänge [existieren] – wo ›Wirken‹ zum ›Wissen‹ wird – (die “Substanz” zum “Subjekt”)[,] wo nicht nur getan wird (gemeinsam, sozial)[,] sondern das Tun gewusst (nicht “über” dasselbe reflektiert)E[,] da stehen wir an der Schwelle des Geisteslebens u[nd] das ›Geistige‹ ist der eigentl[iche] Beweis des ‘Fremdpsychischen’
A
μέθεξις] μεθεξις
B
und hier schwindet der Zweifel] gegenüber auf rechtem Rand Vor] evtl. Von Beweis] statt gestrichenem: Rätsel (nicht “über” dasselbe reflektiert)] im Ms. nicht eingerückt
C D E
170
Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
– nicht die physische ‘Analogie’A Das wirkliche Problem in Bezug auf das “Fremdpsychische” ist nicht, ob es Fremdpsychisches giebt – dies ist kein Problem, denn der Solipsismus ist keine ernsthafte These – er widerspricht nicht nur dem “gesunden Menschenverstand”[,] es lebtB auch kein Physiker oder Philos[oph], der ihn jemals annehmen könnte536 – (cf. Schrödinger537)538 Zum mindesten ist er nicht als These (sprachlich) formulierbar: denn alles ›Sprechen‹ wendet sich schon an ‘psych[ische] Subjekte’ – setzt also deren ›Existenz‹ voraus – Wir könnenC also nicht durch Sprache, durch irgendwelche ›Sätze‹ den Versuch machen, Fremdpsych[isches] zu b e we i s e n [,] denn schon der A k t des Sprechens, der A n f a n g des Sprechens s e t z t das zu Beweisende – Noch weniger können wir durch Sprache die ›These‹ widerlegen – Implizit setztD Sprechen die Gültigkeit der These voraus – durch Sprechen, durch den Λογος, auch ›Logik‹[,] lässt sie sich also nicht widerlegen – wir müssten also schon über ein anderes Organ des Ausdrucks, des ›Wissens‹E verfügen[,] um die Realität des Fremdpsych[ischen] leugnen zu können – Wie der Z we i fe l nicht an das C o g i t o rührt, weil alles Zweifeln ein Denken ist[,] so ist es unmöglich, einen Zweifel am Fremdpsychischen zu ä u s s e r n , ohne ihn in dieser Äusserung zu negieren, sich zur Real[ität] des Fremdpsych[ischen] zu bekennen – ›Sprechen‹ heisst nicht[,] ein Fremdpsychisches ›kennen‹[,] wohl aber sich aktiv zu ihm zu bekennen. Der Skeptizismus (als absoluter Zweifel) ist also auch hier “keine ernstliche Meinung”539 – Es handelt sich nicht darum, o b Fremdpsych[isches] ›existiert‹[,] sondern w i e we i t wir den Bereich des Fremdpsych[ischen] ausdehnen können – . . . nicht die physische ‘Analogie’] danach Fortsetzung der Notizen auf Bl. 30r / v: Das wirkliche Problem . . .; trotz anderer Blattreihenfolge (Bl. 24r) im Konvolut: st[e]h[en]gebl[ieben] S. 28 ff. . . .; siehe vorliegende Ausgabe, S. 171 B lebt] gelebt C können] statt gestrichenem: brauchen D setzt] schließt E ›Wissens‹] danach gestrichen: oder Kundgebens
A
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Und das ist natürlich keineswegs ein Scheinproblem, sondern ein höchst ernsthaftes Problem – es ist eine Frage, in der der gemeine Menschenverst[and] sowohl, wie die Wissenschaft (Biologie!) und die Philosophie[,] get eilt ist, in der es ein ›Wahr‹ und ›Falsch‹ giebt – Nicht ob es ein Fremdpsych[isches] “giebt”, untersuchen wir, – sondern die K r i t e r i e n für die sichere Anwendung der Kategorie des Fremdpsych[ischen] – Das ist ein ganz bestimmtes, sinnvolles erkenntniskrit[isches] Problem – ein Fundierungsproblem[.]
[ Obje ktiv ie rung in Natur- und Kulturwiss enschaften] st[e]h[en]gebl[ieben] S. 2 8 f. A540 1) Fortschreit[ende] “Objekti vi erung” der Ausdrucksfunktion [–] Loslösung vom Einzelnen, vom individ[uellen] “Leib” ganz analog zur Physik [–] Umsetzung des ›Ausdrucks‹ in neue physische Gegenstände (Kultur-Gegenstände) Und hier wird esB unverkennbar – wir unterscheiden sofort Natur-Gegenst[ände] und Ausdrucks-Gegenst[ände] / (= Kultur[-]Gegenstände) An den letzteren interessiert uns das ›Individuelle‹ nicht mehr[,] es sind nicht Ausdrücke von “Gefühlen”[.] Der Stil als O bje ktivi eru ng imC Gegens[atz] zur M anier 541 (Schiller, Griffel)542 Ausdruck nicht mehr von Individuen, sondern von “Epochen”, “Gemeinschaften” (Der gotische Dom etc[.]543) dies ist die Objektivierung der Kulturwiss[enschaft] – analog der in der Natur-Wiss[enschaft] – Natürlich drückt dabei auch das Indiv[iduum] sich selbst aus – aber darauf kommt es nicht an – selbst in der Lyrik nicht[.] A B C
stehengeblieben S. 28 f.] danach sechs Ms.-Seiten (Bl. 24r -27r) in Bleistift es] unsichere Lesung, evtl.: er im] evtl.: in
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Der echte Lyriker giebt nicht “seine” Stimmung – sondern die Stimmung einer Landschaft etc[.]
zu sehen im “Schriftzeichen” z urückübersetzbar in leibliche Zust[ände] oder Beweg[ung] cf. Carn[ap] § 19, S. 24544 aber es geht ni cht dari n auf – Das Tier ist solcher Objektiv[ierung] des Ausdrucks nicht-fä hig! daher die Grenze in unserem “Verstehen” des Tieres – dies bleibt immer unsicher[.]A
Psychol [og ie]B a) Behavior[ismus] b) Münsterberg545 aber selbst wenn Kla ges C546 Geisteswiss[enschaftliche] Psychol[ogie] (Dilthey . . .)547 Diltheys Irrtum: das konnte nur eine Phil[osophie] d[er] symb[olischen] F[ormen] dann objektivD Natorps Einstell[ung] – Subjektiv[ierung] / [als] Minus-Weg548 Form – Locke – Kinder u[nd] Wilde549 2 Arten des Empirism[us]E W[ilhelm] v[on] Humboldts Kul turphysiognomik 550 Spenglers551 Fehler: Kausalgesetze aus morphol[ogischen] Best[immungen] ableiten z[u] wollen552 [–] Die Morphologie kann nicht prophezeien!F – Kausa li tät – [Der] Mensch lebt mit den Dingen – Z In diesem Leben [ist] auch ein negatives Moment immer unsicher.] danach Ms.-S. (Bl) 25r) leer P sychologie] an linkem Rand, erschließende Lesung unsicher, evtl.: Psychol[ o gisches] C K l a g e s ] verbindende Linie – über folgende zwei Zeilen hinweg – zu: dann objektiv . . . Minus-Weg D dann objektiv] von hier aus Verbindungsstrich zu: aber selbst wenn Kla ges E 2 Arten des Empirismus] rechts gegenüber am Rand F Spenglers Fehler . . . prophezeien !] in schwarzer Tinte hinzugefügt
A B
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Sprache – Begriffszeichen → obj[ektive] Wahrh[eit] Mangel der “Völkerpsychol[ogie]”553 Übertrag[ung] individ[ualistischer]A Kategorie[n] ebenso: varieties of religious experience554 Versuchspers[onen] Wundtsche Assoziationsges[etze]555 (Mängel) Steinthal556 / (Apperzeption)B Natorpsche “Reduktion” [als] Minus-Weg557 Analogie mit der ›Natur‹ – aber Gegenstände das Spätere wichtige Unters[uchung] – wie sich mit der Sprache die Gegenstandswelt verändert ›Organisation‹ z. B. des Mythischen (Götterwelt) Substanz u[nd] Causalität als unzureich[ende] Kategor[ien] FormenlebenC die ‘Produktion’ durch die Volksgeister [–] das ist ebenso Mythologie wie die Schwer k ra f t [,] aber auch Rückführ[ung] auf soziale “Gesetze”, die gleich den mechanischen wirken[.] Hier ist der Hume’sche Zweifel am Platz[,] wir wissen nicht einmal, wie eine Billardkugel es anfängt.558 Frage der ‘Bewusstheit’[.]
Die Obj[ektivierung] in den K[ultur]w[issenschaften] braucht nicht zurückgenommen zu werden – kausale Gesetze erzwingen E l im inati on / (Münsterberg)559 Biologie[:] Dualismus von Formwissenschaft / [und] Kausalwissensch[aft]D Z daher stetes Schwanken – aber Reduktion auf physik[alisch]-chem[ische] K rä f t e ist sicher hier nicht möglich! Kult ur w iss[e nschaf t] – soziolog[ische] Gesetze? soziolog[ische] Formen
individualistischer] evtl. individueller Wundtsche . . . (Apperzeption)] in schwarzer Tinte dazwischen gesetzt C Formenleben] gegenüber in schwarzer Tinte auf rechtem Rand: Kausalit[ät] als Sonder-Capitel D Formwissenschaft / Kausalwissenschaft] beide untereinanderstehenden Begriffe durch geschweifte Klammer umfaßt
A B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
es gibt keine Mechan[ik] der Kulturwiss[enschaft] Daher auch keine Vorausberechnung – Urteil des Causalismus selbst bei Spengler!560 A Koordn[ung]561 – Korrelat – Politik sozial[istischer]B Wirtschaftsformen[,] nicht: Gesetze / Lamprecht562 Schnitt von Indiv[iduellem]C u[nd] allg[emeiner] Kultur [“]Einbi ld[du ng ]” des I ndivid[uellen] D in die allgem[eine] Form Dies keine ›Tragik‹[,] sondern ›Entelechie‹[.]E
A B C D E
Koordnung] erschließende Lesung unsicher, evtl.: Koordin[ierung] sozialistischer] Lesung unsicher, evtl.: soziologischer oder sozialer Individuellem] erschließende Lesung unsicher, evtl.: Indiv[iduum] Individuellen] erschließende Lesung unsicher, evtl.: Indiv[iduums] › Entelechie‹.] 4 ⁄5 der Ms.-S. (Bl. 27r) leer, ebenso Rückseite (Bl. 27v)
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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[Ausdrucksfunktion und ›Wiener Kreis‹] Zur Einf ührung. A “Skandal der Philosophie”563 (Kant) – daßB die “Realität der Außenwelt” nur auf Glauben angenommen werden muss – Um diesen ›Skandal‹ zu beseitigen, hat er in die 2. Aufl[age] der Krit[ik] d[er] r[einen] V[ernunft] ein eigenes Kapitel eingefügt: die ›Widerleg[ung] des Idealism[us]‹564 – Die Einschalt[ung] dieses Kapitels hat freilich nur zu einem neuen und grösseren Skandal geführt – der “Skandal der Philos[ophie]” ist nicht beseitigt worden, aber die Gesch[ichte] der Philos[ophie] ist um einen neuen Skandal bereichert worden, indem man sogar die Au f r i ch t i g ke i t der Kant[ischen] Lösung bestritten hat – (Schopenhauer) Statt Kant zu ve rstehen, hat man ihn verdächtigt – u[nd] nur durch diese ›Verdächtigung‹ glaubte man das Capitel interpretieren zu können – Aber der “Skandal der Philosophie” geht noch weiter – Wir bleiben nicht beim Problem der Realität der Aussenwelt stehen– die Frage breitet sich aus, springt über, ergreift das Problem der “Innenwelt” – hier wird die Situation besonders paradox[,] denn daß es etwas ›Fremdpsychisches‹ gie bt, daran gibt es keinen Zweifel – es hat niemals einen wirklichen, theoretischen “Solipsisten” gegeben – Der Skandal beginnt, wenn man daran geht, diese Überzeugung zu erklären u[nd] zu beweisen. Al l e Versuche des Beweisens u[nd] Erklärens schlagen fehl, sind zum mindesten der Aufgabe völlig inadäquat[.] Die Theorie des Analogieschlusses, der apperzept[iven] Ergänzung, der Einfühlung versagt – Gegenüber diesem D il emm a gibt es einen doppelten Ausweg – [a)] man kann sich, im wahren Sinne des Wortes, über das Problem hinwegsetzen – man kann das Sein des Fremdpsychischen als unmittelbar-gewiss, unmittelbar-gegeben ansehen Zur Einführung.] Anschluß an [Blatt] 4. auf Bl. 1v, siehe vorliegende Ausgabe, S. 215 B daß] daß wir
A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
– dannA braucht es keines Beweises und keiner Erklärung – Dies ist die m eta physi sche Antwort, die z. B. von Scheler gegeben wird – [Max Scheler,] “Zur Phaenomenol[ogie] und Theorie der Sympathiegefühle und von Liebe und Hass” (Halle 1913) Aber das “Hinweg-Setzen” über das Problem kann auch auf eine andere Weise als mit diesem kühnen Sprung ins Metaphysische geschehen – Z [b)] man kann das Problem ›lösen‹, indem man den gordischen Knoten z e rhaut – indem man erklärt, daß es sich um ein blosses “Scheinproblem” handelt. Dies [ist] die ›Lösung‹ Carnaps u[nd] des Wiener Kreises: sieB besteht sozusagen in einem diktatorischen Verbot des Problems. Zwischen diesen beiden “Lösungsmöglichkeiten”, zwischen der Scylla der dogmatisch-metaphysischen B e j a h u n g und der Charybdis der positivistisch-logistischen Verneinung[,] müssen die folgenden Betrachtungen sich durchzusteuern versuchen. Es wird dazu freilich nötig sein, den Sinn der Frage des “Fremdpsychischen” u[nd] die Art und Form ihrer Beant wor tbar keit C nochmals kritisch zu untersuchen – Denn an der letzteren Frage hängt das ganze Problem – Carnaps Verbot beruht auf einer bestimmten Voraussetzung u[nd] ist nur von ihr aus zu verstehen – Es steht und fällt mit der Grundthese des ›Wiener Kreises‹, mit der These, daß nur entscheidbare Probleme sinnvolle Probleme sind – Die Frage nach der ›Real[ität] des Fremdpsychischen‹ ist nicht ›entscheidbar‹ – also ist sie ›sinnlos‹[.] Nun enthältD dies[es] Prinzip zweifellos eine s y n t h e t i s ch e Behauptung – Analytisch, rein begrifflich betrachtet fällt der Begriff der Entscheidbarkeit ni cht mit dem des Sinnvollen zusammen – Es ist eine bestimmte Theorie, die beide [an]einander bindet – die Theorie, daß wirE nicht-entscheidbare Fragen nicht stellen sollen – vielleicht deshalb, um uns nicht mit ‘unnützen’ Fragen zu quälen – oder wenigstens daß die Wissensch aft sie nicht stellen soll – A B C D E
dann] evtl. dazu sie] es Be antwortbarkeit] -bar- über der Zeile enthält] über der Zeile statt gestrichenem: ist wir] über der Zeile
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Unentscheidbare Fragen sind ›unwissenschaftlich‹[,] ›metaphysisch‹ Vgl. Wittgenstein, A cit[iert] bei Carn[ap,] Log[ischer] Aufbau[, §] 183565 [aus dem] Tractatus logico[-]politicusB In der Wissenschaft muss auf jede Frage eine Antwort möglich sein[.] Aber auch wenn wir diese These acceptieren, so müssen wir von neuem untersuchen, in welchem Sinne ist eine Antwort auf die Realität des Fremdps[ychischen] mög li ch – u[nd] somit die Frage z ul ässig – Z wir können uns nicht a l i mi ne C durch die behauptete ›Unmöglichkeit‹ abschrecken lassen. 〈Daß gerade die Definition dessen, was als ›sinnvoller‹ Satz anerkannt wird, ein bestimmtes Sinn-Dogm a in sich schließt, ist energisch betont [worden] von Po pper, 566 Log[ik] d[er] Forsch[ung,] S. 21 [–] es handle sich hier um einen Wunsch, der natürlich immer durchführbar sei: “man braucht ja nur den Begriff des Sinns eng genug zu fassen, um von allen unbequemen Fragen erklären zu können, daß man keinen Sinn in ihnen zu finden vermag[”]567 – und indem man nur Fragen der empir[ischen] Wissenschaften als sinnvoll anerkennt, wird auch jede Debatte über den Sinnbegriff sinnlos – einmal inthronisiert, ist dieses Sinndogma für immer jedem Angriff entrückt, “unantastbar u[nd] definitiv”568 (Wittgenstein)[.] In Carnaps “Log[ischer] Syntax der Sprache” (1934) ist das übrigens nach Popper zugestanden durch Einführung des ‘Toleranzprinzips’, wonach es Sache der Fe stse tzu ng ist, was man als sinnvoll ansehen will cf. Popper[,] S. 227 (Anm. 6)!569 Wir behaupten hier nur, daß das Problem des Fremdpsych[ischen] gestellt werden und daß es kritisch a nal ysiert u[nd] b ear beitet werden muss – sofern man dem Faktum der “Kulturwissenschaften” gerecht werden – dieses Faktum erkenntniskritisch unterbauen und deuten will.〉 Natürlich wird bei der Festsetzung dessen, was man als ›sinnvoll‹ oder ›sinnlos‹ ansehen will, immer ein bestimmter ›Wunsch‹ eine Rolle spielen – Wi tt ge nstein,] Witgenstein, Tractatus logico-politicus] gemeint ist Wittgensteins Tractatus Logico-philosophicus C a limine] lat.: an der Schwelle / Schranke / Grenze
A B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
oder, besser gesagt, die Vorstellung von der objektiven Aufgabe, die man der Philosophie stellt (also, Kantisch ausgedrückt, von der ›Idee der Philosophie‹[)] Sieht man diese ›Idee‹ darin, daß die Philos[ophie] die Methoden der empir[ischen] Wissensch[aft] ›nachahmen‹ soll, also nur Sätze enthalten soll, die sich durch “Erfahrung” – im Sinne der sinnl[ichen] Wahrnehmung – bestätigen oder widerlegen lassen, so wird man zur Sinn-Definition des Wiener Kreises geführt [–] wir gehen von einer anderen ›Idee‹ (Aufgabe) der Philosophie aus, die in der Philos[ophie] d[er] symbol[ischen] F[ormen] entwickelt ist – wir weisen der Philos[ophie] die Analyse aller Formen des Weltverständnisses zu / und begreifen darunter n i ch t n u r empirische und exakte Wi s s e n s ch a f t , sondern die Totalität der Funktionen, durch die Welt ‘begriffen’ und Welt aufgebaut wird. Z Wir behaupten demnach ni cht , daß das Sinnkriterium des Wiener Kreises falsch, – wohl aber, daß es zu eng ist, d. h., daß es ni cht fru chtbar genug ist – daß es gewisse Probleme (so vor allem das Ausdrucksproblem u[nd] das Problem des ›Fremdpsychischen‹) ve rd e ck t , stattA diese Probleme zu erschliessen, aufzuschliessen. Um diese Art des “Aufschlu sses” ist es uns hier zu tun!
Zur “Rel ativ ität der Bez ugssysteme”B Die ›S innfrag e‹ ist nicht dogmatisch – absolutistisch – zu lösen: d. h.[,] die Philosophie kann nicht a priori vorschreiben, was ›sinnvolle‹ Fragen sind, nicht mit einer Definiti on des Sinnes beginnen – und alles, was dieser Definition widerspricht, als sinnlos, müssig, “metaphysisch” aus ihrem Kreis ausscheiden – Gegen diesen Dogmatismus s[iehe] Bemerk[ungen]: Blatt PopperC Z
statt] statt, Zur . . . “Bezugssysteme”] Angabe von Cassirers Hand, oben am rechten Rand, doppelt unterstrichen: [Blatt] 5,1. C Ge gen . . . Blatt Popper] meint wahrscheinlich die Bemerkungen auf Bl) 3v–4v, vgl. vorliegende Ausgabe, S. 177 f.
A B
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Denn Aufgabe der Philos[ophie] (als Philos[ophie] d[er] symb[olischen] F[ormen]) ist es nicht[,] dogmatisch eine Sinnebene als allein-zulässiges Bezugssystem zu fixieren – sondern die Allheit möglicher Sinnformen zu “verstehen”, d. h.[,] sie in ihrem So-Sein, in ihren Bedingungen zu erkennen – Diese analytische Arbeit geht der Frage nach der Objektivität, der “Wahrheit” der einzelnen Sinnformen voraus – (– Substantiell ist diese Mehr-Dimensionalität nicht möglich – hier gilt ein Entweder-Oder[.] Ist ein Gebiet als ›Wahrheit‹, d. h. als Abb ild des substanti[ellen] Seins erkannt, so muß das andere notwendig zum Sche in herabsinken –[)] Daher in der substant[iell]-dogmat[ischen] Ansicht A ntin omie zwischen “Kausali tät ” und “Freiheit”[,] die nur dadurch gelöst werden kann, daß Kaus[alität] u[nd] Freiheit je ein “Standpunkt” sind, den die Vernunft einzunehmen genötigt ist570 (Kant) [–] diese “Standpunkte” sind vereinbar – u[nd] sie ergeben den ›Aufbau‹, das Konstitutionsprinzip der natürl ichen und der ethischen Welt, die je einen eigenen Objektivitätscharakter und Objektivitätsa ns pr uch haben, aber beide nicht beanspruchen, ›Abbilder‹ einer substantial-exist[ierenden] Welt von Dingen an sich zu sein[.] – ebenso [in der] Aesthetik vom subst[antialen] Standpunkt bleibt die Welt der Kunst immer eine Welt des Scheins – bewusste “Selbsttäuschung” – vom funktion[alen] Standpunkt aus ist das Aesthet[ische], die Funktion des Aesthetischen, ein (transzendentales) Aufbauprinzip (cf. [. . .])A Das bestimmt auch unsere Stellung zur Philos[ophie] des ‘Wiener Kreises’ – dessen dogmatischen Empirismus wir verwerfen, nicht weil er Empirismus, sondern weil er dogm ati sch ist – Z Der “krit[ische] Empirismus” muß die Totalität der Wahrheitsansprüche und der fundierenden “Erfahrungen” prüfen und kennen – also ebensowohl die Au s d r u ck s -Erfahrung als die sogen[annte] sinnliche Erfahrung – Wahrnehmung[.] Z Die ‘Objektivität’ der Natur beruht auf der Wahrheit der Na t u r g e s etz e – A
(cf. . . . )] Angabe (cf. Kurz.) konnte nicht geklärt werden, Lesung zudem unsicher
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Aber auch die Naturgesetze sind keineswegs Tatsachen, die wir einfach der Erfahrung (= Sinneswahrnehmung) entnehmen können hierüber gut die Bemerk[ung] Poppers[,] S. 9[:] “auch die Naturgesetze sind auf elementare Erfahrungssätze l o g i s ch nicht zurückführbar”.571 Z Was si nd sie also? Schlick572 erklärt, daß sie allgemeine Sätze über die Wirklichkeit sein sollen – u[nd] fügt hinzu, daß es (wie schon Hume gesehen [habe]) für derartige Sätze keine logische Rechtfertigung gibt: es kann sie nicht geben, weil sie kei ne echten Sät ze sind[.] (Schlick [in: Die] Naturwissen[schaft] 19 (1931) S. 156) A573 Schlick fügt hinzu, daß ein Naturgesetz im Grunde auch nicht den logischen Charakter einer “Aussage” trägt, sondern vielmehr eine A n we i sung zu r B il du ng von Aussag en d arst ellt (a. a. O.[,] S. 151)574 cf. a[uch] Petzäll,575 Neupos[itivismus,] S. 22 B576 Z [“]WirC dürfen nicht vergessen, daß Beobachtung und Experiment Handlunge n sind, durch die wir in direkten Verkehr mit der Natur treten[.”] Die Bez[iehungen] zwischen der Wirkl[ichkeit] und uns treten manchmal in Sätzen zutage, welche die grammat[ische] Form von Aussagesätzen haben[,] deren eigentl[icher] Sinn aber darin besteht, Anweisu ngen zu mög l[ichen] Ha ndlu ngen zu sein[,] ibid. [Schlick,] S. 156[.]577 Hier also wieder das charakt[eristische] Wort: Handlung, ein ›Tun‹ etc[.] – das immer dort auftritt[,] wo das empir[isch]-dogmat[ische] Schema des Neuposit[ivismus] sich als zu eng erweist[,] den Phaenomenen gerecht zu werden[,] vgl. früher!!DE
Hierin liegt ein berechtigter Kern – Zu einer “Wahrheit”, Objektivität von “Naturgesetzen” gelangen wir niemals direkt – durch einfache ›Beobachtung‹ etc[.] Z 〈Der primitive Mensch, der sehr scharf “beobachtet”[,] kommt niemals zu ›Naturgesetzen‹, er ist bl ind für sie – sieht an ihnen einfach vorbei〉
(Schlick . . . S. 156)] im Ms. nicht eingerückt cf. auch Petzäll, Neupositivismus, S. 22] Angabe gegenüber auf linkem Rand C Wir] statt in Zeile darüber gestrichenem: Sie D vgl. f rüher!! ] gemeint sind Ausführungen auf den Bl. 34r–38v; vgl. vorliegende Ausgabe S. 209–215 E Hier also . . . vgl. f rüher!!] Ergänzung gegenüber auf linkem Rand A B
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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wir kommen hierzu nur in einer bestimmten Richtung der Frage – Ohne diese ursprüngl[iche] Frag erichtung gibt es für uns die “Objektivität” der Natur u[nd] die “Naturgesetze” nicht – Das ›Interesse‹ an einer bestimmten Richtung der Objektivierung – – Heraushebung des Wiederkehrenden, Konstanten, für alle versch[iedenen] Subjekte u[nd] zu allen verschiedenen Zeiten Feststellbare[n] – dies muss ›vorangehen‹, ehe man ein ›Naturgesetz‹ finden kann. Diese Form des Su chens (nach dem “Allgemeinen”, Objektiven, ÜberIndividuellen) ist das Entscheidende – und nur durch diese Richtung des Suchens kann so etwas wie Kausalität oder Naturgesetzlichkeit gefunden werden – ‘Kausalität’ ist also ein re g u l a t i ve s P r i n z i p – eine “Anweisung” zu einer best[immten] Richtung der ›Beobachtung‹ – ein Sinnbeg riff, der unserem Verhalten eine bestimmte Richt ung vorschreibt – Stellen wir uns nicht in diese Ri chtu ng ein – so verschwindet für uns das Phänomen [der] Kausalität (Naturgesetz) Die No t we n d i g ke i t einer solchen Richtungs-Einstellung, die Notwend[igkeit] dieser Fu nktion des Suchens lässt sich niemals logischformal “beweisen” – Z sie ist ebensowenig ein synthetisches a pri ori (wenn man darunter die unmittelbare Evidenz einer “inneren Anschauung” versteht[,] gleich den “Axiomen der Geometrie”[,] was freilich Kants Sinn kaum entspricht!) aber sie ist eine synthetische Fra g e ; ein synthetischer Ver-Such, eine (rationale) Antizipation – Ohne einen solchen (rationalen) E n t w u r f (Vor-Entwurf) kann der große Wurf der Naturerkenntnis ni e gelingen (aus Erfahr[ung] = Empfindung sind Naturgesetze nicht ableitbar!) Z aber ebenso ist ein solcher Entwurf, eine ›anticipatio‹[,] in jeder Weltansicht (der myth[ischen], relig[iösen], aesthetischen) lebendig. In d i e s e m Sinne sind sie alle formal-log[isch] unbeweisbar u[nd] unwiderlegbar – Man kann immer vor ihnen “die Augen verschließen”[.] Z Aber die philosoph[ische] Haltung (in unserm Sinne) besteht darin, für a ll e gleichmässig die Augen “offen zu halten” – die Totalität m ö g l i ch e n Sinnes (nach ganz verschiedenen Aufbauprinzipien des Sinns!) zu erschl iessen – und jede Form möglicher Fragen und möglicher Antworten als solche zu analysieren und zu verstehen. Die Antwort kann nie logisch-formal erz wungen werden
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
– sie hängt von der Frage ab[,] und die Frage ist kein ›Sein‹ / (nicht substantial-festgelegt) sie ist ein Tun 〈eine bestimmte Sinn- und Aufbau-Funktion〉[.] Diese Einsicht in den funktionalen Charakter löst die Schwierigkeit – denn in der ‘Urfunktion’ und ihrem spezifisch[en] Unterschied ist auch alles Weitere “fundiert”, begründet – Nur ist keine Funktion das “an sich” und unbedingt Einzige oder auch nur Erste – sondern der Unterschied ist re l a t i v – hängt von der an sich f re i e n Wahl des ›Bezugssystems‹ d. h. der Frage-Richtu ng ab. s[iehe] früher!A K l a g e s wird von seiner Frage-Richtung zur Realität des Mythos geführt (Lehre von der “Wirkl[ichkeit] der Bilder”)578 [–] die “Naturgesetze” sind ihm Fiktionen, Täuschungen des ›Verstandes‹, der durch seinen Machtwillen in die Irre geleitet u[nd] gegen die Intuition des wahrhaft-Wirklichen verblendet wird – Für den Natur-Forscher (Fragenfunktion der “allg[emeinen] Gesetze”) versinkt die myth[ische] Welt in[s] Nichts. Es gilt also auch hier: ‘Im A nf ang wa r d ie Tat ’579 Z u[nd] zwar ist es ein System von f reien Taten, kraft deren der Mensch seine Welt aufbaut – Z Keine von ihnen lässt sich e r z w i n g e n , lässt sich logisch- fo r m a l als ›notwendig‹ ansehen – die Tat muss vo l l z o g e n werden, um in ihrem Vollzug begriffen zu werden – begriffen in ihren Voraussetzungen und in ihrem Ergebnis, in ihren Bedingungen und in ihrem Wert – → Forts[etzung] s[iehe] Bl[att] 5, 2B
siehe früher !] meint offenbar Ausführungen auf Bl. 27, vorliegende Ausgabe, S. 202 B → Fortsetzung siehe Blatt 5, 2] gemeint ist nachfolgende Ms.-S. (Bl. 13r): Zur “Relativität der Bezugssysteme” 5,2; siehe vorliegende Ausgabe, S. 183 A
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Zur “Relativität der Bezugssysteme”A Hier behält Fi chte Recht: nicht “die Welt ist meine Vo rstel lung”580 Z wohl aber[:] die Welt ist meine Tat 581 (Auch “Kunst”, “Sittlichkeit” ›gibt es‹ nur, sofern wir sie uns in solchen freien Taten ge ben . . .[)]B Die gewöhnl[iche] Ansicht – insbesondere auch die Ansicht der Logiker und Mathematiker – krankt hier zumeist daran, daß sie zwischen zwei Extremen sich bewegt, die beide den Tatbestand ungenügend ausdrücken, an ihm in irgend einer Weise “vorbeisehen” [–] Man ist entweder Empirist oder Formalist[,] man stützt die wissenschaftl[iche] Erkenntnis entweder auf die › Ta t s ach en‹ (Sinneswahrnehmungen) oder man baut sie auf › Ko nventionen‹ auf. Aber beides reicht hier nicht zu – Die ›Taten‹, von denen hier die Rede ist, haben ihren Wert und ihre ›objektive Gültigkeit‹ nicht dadurch, daß sie irgendwie Reproduktionen blosser ›Fakten‹ sind – im Gegenteil[,] jede stellt eine eigentümliche P roduktivität dar; einen ›konstruktiven‹ Aufbau. Aber diese ›konstruktiven‹ Akte sind keine bloss ›konventionellen‹ Akte[,] Z sie sind Entwürfe, Antizipationen[,] Z aber geistig-rationale Entwürfe (Taten der ‘Vernunft’)C u[nd] als solche sind sie so wenig willkürlich, bloss-“subjektiv”, daß sie vielmehr der Quell und Ursprung aller Objektivität sind[.] Z Freilich sind sie nicht in dem Sinne synthetisch a priori, daß sie in irgend einer Weise e ndgülti g sind – Sie bewähren sich nur im Produkt – und der Prozess dieser Bewährung bricht prinzipiell nirgend[s] ab[.] Z Auch Naturgesetze sind nicht Konventionen – sie sind Antworten auf Fragen, die wir frei an die Natur gestellt haben – und d ie wir imm er wei ter stel len dü rfen und müss en – keine ‘indeterministische’ Metaphysik kann uns jemals d i e s e Fragen verbieten[.] Zur “. . . Bezugssysteme”] Angabe von Cassirers Hand, oben auf rechtem Rand: [Blatt] 5, 2 B (Auch “Kunst” . . . Taten geben . . .)] zwischen den Zeilen und auf rechtem Rand hinzugesetzt C (Taten der ‘Vernunft’)] im Ms. nicht eingerückt
A
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Gute Bemerk[ung] h[ie]rz[u] bei [Karl] Popper, Log[ik] d[er] Forsch[ung,] S. 76 f. [“]Die metaphys[isch] manchmal als Kausalsatz gedeutete methodolog[ische] Forderung[,] nichts unerklärt zu lassen[,] d. h. immer wieder zu versuchen, Sätze auf allgemeinere Sätze zurückzuführen –[,] ist eine Konsequenz der Forde rung na ch Theorien von grösst mög l[i cher] Allgemeinheit u[nd] Bestimmtheit u[nd] kann auf die Ford[erung] nach möglichst strenger Prüfbarkeit zurückgeführt werden.[”]582 – A 〈cf. auch S. 182 f.〉583 keine synthetischen Sät ze a priori[,] aber synthet[ische] Fragen a priori 〈cf. Vorr[ede] zur Kr[itik] d[er] r[einen] V[ernunft], 2[.] Aufl[age]〉!584
Es ergiebt sich hieraus auch, in welchem Sinne wir die Forderung des “method[ischen] Solipsismus” auffassen und umb ilden – Soll unter method[ischem] Solipsismus die Ansicht verstanden werden, daß wir uns auf unsere eigenen “Erlebnisse” stellen, sie als das einzigGegebene ansehen sollen – so teilen wir diese Ansicht nicht. Der geistige Mensch kann sich niemals in dieser Weise auf sich allein stellen – so wie er ›ist‹, oder ›sich seiner bewusst ist‹[,] ist er schon mehr als bloss ›sich seiner selbst‹ bewusst – er ist bezogen, gerichtet auf eine Welt – eine Welt des Du (Ausdruckserlebnis) [oder/und] eine Welt des Es (Wahrnehmung, Dingerlebnis)[.] Ohne die zweite und dritte Person haben wir auch die erste nicht – und selbst “in Gedanken” können wir die erste Person nicht isolieren[,] Z denn Gedanken müssen eben immer schon Gedanken von Etwas sein[.] (Dies [ist] der Fehler des Cartes[ischen] ›Cogito‹, den Leibniz verbessert: [“]varia a me cogitantur[”]585) Z Also diese Art des Solipsismus ist immer nur scheinbar durchzuführen – das Wissen von ›mir‹ ist nicht vor und unabhängig vom Wissen des ›Du‹ und ›Es‹[,] sondern dies alles konstituiert sich nur miteinanderB – Aber der (echte) method[ische] Solipsismus besteht darin, daß wir die Welt (“in Gedanken”) zwar nicht auf “uns selbst” (als psychol og ische E inzelwesen)[,] A B
〈cf. auch S. 182 f.〉] gegenüber auf linkem Rand miteinander] mit einander
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wohl aber auf je eine einzelne und einzige Funkt ion (die mythische, aesthetische, theoretische) stellen können – u[nd] uns dann fragen können, wie eine solche Welt “aussieht”[.] (Absolut ist natürlich auch hier die Trennung nicht durchführbar – denn alle die verschiedenen Funktionen sind ›zumal‹ – aber m et hodisch ist sie wichtig und wertvoll, um der Eigenart der verschied[enen] Funktionen gewiss zu werden.[)] Wir können also “in Gedanken” eine rein mythische Welt aufbauen, die nur aus Ausdruckswerten besteht (Klages: Realität der Bilder)586 Z oder streng behavioristisch die Ausdruckswerte ganz streichen – Aber be ides sind methodologische Ansätze (– methodologische Solipsismen –)[,] die nicht als m eta physische missverstanden werden dürfen. Z Dies M i s s ve rst ä n d n i s setzt immer ein, wenn die Funktion substantialisiert, zu einem a bsol uten Sein hypostasiert wird (mythischer Realismus, ‘Wirkl[ichkeit] der Bilder’ Näheres h[ie]rz[u] im Klages-Manuskr[ipt,] Phil[osophie] d[er] s[ymboA [)]. lischen] F[ormen] IV.587 oder im ›Materialismus‹, für den es nur ›Körper‹[,] d. h. nur [eine] ›Dingwelt‹ gibt. verte!B Wir können uns niemals losmachen von der Objektivitäts-Funktion überhaupt Z – wir ›selbst‹ sind immer nur im Zusammenhang mit einer ›Außenwelt‹ (objekt[ivierende] Funktion der Sinneswahrnehmung) oder einer ›Innen-Welt‹ (fremd-psychische Welt; objektiv[ierende] Funktion der AusdrucksWahrnehmung) Z dieser objektiv[ierenden] Funktion können wir uns nicht entschlagen, sofern wir “geistige” (selbst-bewusste) Wesen sind – denn geistiges Sein (Brentano[s] “psychisches” Sein) ist eben durch diese “Beziehung auf den Gegenstand”[,]588 durch die ›Intentionalität‹ gekennzeichnet. Z Psychologisch ist dieser Tatbestand ausgedrückt in Humes Lehre vom ›belief‹589 – der ›Glaube‹ an die Realität ist unausrottbar, wenngleich er nicht logischbeweis bar ist Näheres . . . Philosophie der symbolischen Formen IV.] auf rechtem Rand, Einfügungsort markiert B verte !] lat.: umblättern!
A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
– denn seine Negation würde keinen logischen Widers pr uch in sich schliessen – Also die Abstraktion von al len Formen der Objektivierung ist unmöglich – wohl aber die Konzentration auf je eine von ihnen – dies ist method isch möglich u[nd] method[isch] wer tvoll[.]A
Re alitätskri teri um des Wiener KreisesB auf 2 Füssen – Neue Form des “Empirismus”[:] der Glaube an die ‘Logik’ – u[nd] das Mißtrauen gegen die Logik (Tautologie) [–] ›objektiv‹ sind nur ›Sätze‹, nur das Formulierbare – Aber Anspruch auf Wirklichkeit haben nur “Wahrnehmungen” u[nd] diese sind nicht-formulierbare ›E rl ebnisse‹[.] Hieraus entsteht ein durchgehendes D ilemma[:] Schlick gegen Mach 〈objektivistisch, “realistisch”, ›rationalistisch‹〉 gegen Mach 〈sensualistisch, psychologistisch〉 Und so Carnap 〈formalistisch – objektivistisch – logizistisch〉 gegen Neurath 〈empirist[isch] – “anarchistisch”〉 Dies auszuf[ühren! ] Unsere Auffass[ung] des synthetisch a priori synthetisch – aber regulativ als Tat [–] Der Begriff des ›Elementar-Satzes‹590 ist eine contradict[io] in adjecto. ›Sätze‹ gibt es nur in System[en] – Protokoll-Sätze C591D[.] Genau so eine Uni versalspra che wie die der Naturwiss[enschaft] – Die Naturw[issenschaft] erschließt uns die “Wahrnehmungswelt” mit “Welten über Welten”592 die Kulturwiss[enschaft erschließt uns] die Fülle der seelischen Welt (zu allen Zei ten) etc. methodisch wertvo ll.] Abbruch des Textes, danach Ms.-Seiten (Bl. 16–18) leer Realitätskriterium des Wiener Kreises] danach Notizen auf Bl. 28r in schwarzer Tinte C ›Sätze‹ . . . Protokoll-Sätze] auf rechtem Rand und zwischen den Zeilen hinzugefügt D Protokoll-Sätze] Ende der Ms.-S. in schwarzer Tinte; danach Ms.-Seiten (Bl. 28v– 29v) in Bleistift A B
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N[ota] b[ene]: Paul [:] Unveränderl[ichkeit] der Lautgesetze593 Vo s sler, Sprache als Sti li stik A!594 Stil-Deutung – “Wiedererkennen” des Stils Schlicks Definition des Erkennens! Ve r knüpfung der Phaen[omene] auch hier.B Erkennen als “Wiedererkennen”595 [–] di es Krit[erium] auch für die Geisteswiss[enschaft] Kant – Adickes596 Max Webers ‘idealtypische’ Betrachtungsweise [–] Verbindung zwischen dem ‘Geist’ des Kapitalismus u[nd] Protestantismus597
daher Grenz en der Psychol ogie, die sich sogar dem Problem ganz entziehen kann, sich dem ‘Physikal[ismus]’598 in die Arme stürzen kann[.] ‘Kausalfrage’ im selben Sinne falsch[,] wie sie es bei der ‘Entelechie’ ist. C
Ausdr ucksfunktion. –D a) Konstitutiver Charakter der A[usdrucksfunktion] – Kein Zusatz zur Welt – sondern konstitutiv, unentbehrlich für jegliches “Weltbild”[.] In dieser Bezieh[ung] [ist sie] der sog[enannten] “sinnl[ichen] Wahrnehmung” gleich – Ohne Wahrnehmungserlebnisse gäbe es keine “objektive” Gewissheit – keine Gewissheit von der “Aussenwelt”[.] Genau in de mse lben Sinne [gibt es] keine Gewissheit von der Innenwelt ohne ›Ausdrucksfunktion‹ –
Sti list ik] doppelt unterstrichen Verknüpfung . . . hier.] zwischen den Zeilen in schwarzer Tinte hinzugefügt C ] Ende der Notizen in Bleistift, danach ½ Ms.-S. leer, Rückseite (Bl. 29v) ebenfalls D Ausdrucksfunktion. –] Blattnumerierung von Cassirers Hand, oben am rechten Rand: [Blatt] 1)
A B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
b) Waren nun die Zweifel an der “Ausdrucksfunktion” der Versuch, sie, zum mindesten philosophisch, auszus chalten – oder sie doch als blosse “Hypothese” zu behandeln – Behaviorismus – als met hod[ische] Forderung = Absehen von den “Inhalten” etc. c) Auch hier hat der Zweifel sein genaues Correlat in der Sphaere der “Sinneswahrnehmung”[,] der Es-Wahrnehmung – Die Sicherheit der Sinneswahrnehmung kann völlig verworfen werden (Theorie der radikalen Skepsis)[.] Noch in der neueren Philos[ophie]: diese Skepsis wenigstens als method[ische] Forderung (Descartes)[.] An allem zweifeln (oder es für problematisch, für unsicher halten),A was uns nur einmal trügen kann – Die Sinneswahrnehmung kann trügen; es giebt Halluzinationen, Illusionen – Aus diesem Trügen-Können ist oft genug ein Trügen-Müssen gema cht worden [–] Flucht aus den Sinnen – als das einzige Mittel[,] zur ‘Wahrheit’ zu gelangen – die Wahrheit nur allein im reinen Denken erfassbar B (Parmenides): κρῖναι δε λόγῳ599 Singen nicht schon die Dichter . . . Phaed[on]600 . . . Also die Nicht-Akribie der Sinneswahrnehmung führt – metaphysisch – zur Verwerfung derselben als blosser Illusion – Die Wissenschaft schlägt auch hier einen anderen Weg ein – Sie ist sich der “Täuschungsmöglichkeit” der sinnl[ichen] Wahrn[ehmung] voll bewusst – aber sie sucht ein Verfahren, ein Kriterium, an dem sie wahre “Wahrnehmungen” von “falschen” unterscheiden kann – sie ist sich ferner bewusst, daß es ein absolutes Kriterium hierfür nicht giebt[,] daß die Problematik zurück bleibt – (Es giebt nicht absolute Täuschung – es gibt aber Ent-Täuschung [–] diese Ent-Täuschung ist Wahrhei t[)]C A B C
halten),] halten,) (Parmenides): κρῖναι δε λόγῳ] zwischen den Zeilen eingefügt (Es giebt . . . Wahrheit)] in Bleistift auf rechtem Rand hinzugefügt
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daß der “Gegenstand” ein xA in der Gleichung der Erkenntnis [ist] (Natorp – g ege n Carnap s[iehe] dort)601 es giebt keine “abschliessende” Bestimmung des Gegenstands – Aber diese Nicht-Abschliessbarkeit hindert nicht den objektiven “Ansatz” der Wissensch[aft] – der freilich immer nur ein prov isorischer Ansatz bleibt – d) Was w ide rle gt die Skepsis im Gebiet der Sinneswahrnehmung – der re lative Charakter – Es kann niemals das Ganz e der sinnl[ichen] Wahrnehmung verworfen werden – Objektivität bedeutet: G l i e d e r u n g (Wertabstufung) der sinn[lichen] Erfahrung (Wahrheit – Traum etc[.]) Halluzination [–] Aber die gan ze Welt für einen Traum zu erklären hat keinen Sinn – denn wir müssten dann etwas zurückbehalten, wo ra n wir sie messen u[nd] woran wir ihren Wahrheitsanspruch vernichten – Ob das G a n z e der “Erfahrung” (Sinneswahrnehmung) “wahr” oder “falsch” [ist,] das ist eine falsch-gestellte, metaphysische Frage (ein “Scheinproblem” im Sinne Carnaps) nur welche Elemente – b l o s s e Teil-Elemente (Traum, Täuschung) sind [–] welche dem systematischen Ganzen angehören[.] Ist etwas [als] dem Ganzen z u g e h ö r i g , oder mit ihm ve re i n b a r erkannt, so ist es damit “wahr” [–] in dem allen verständlichen Sinne von empirischer Wahrheit – Das schon klar bei Leibniz – neque aliam [. . .] habemus . . .602 (cf. auch Kaila)603 Natürlich ist diese empirische Wahrheit bed ingt – aber diese Bedingtheit mindert keineswegs ihre Objektivität, im Gegenteil (– Das “Abenteuer der Wissensch[aft]”604) Die Ske psis kann also jedes E l ement betreffen (jedes Element [erhebt] den Anspruch auf “Wahrheit”) “Systemgültigkeit” verwerfen oder beschränken – aber nicht das “Ganze der Erfahrung” / das Bezugss ystem als solches antasten – A
x] unterstrichen
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Nur die Stellung im Bezugssystem wird ja durch die Skepsis angetastet (cf. Hönigsw[ald], Skepsis605 u[nd] bes[onders] Su bst anzb egriff)
Anwendung auf die Au sd rucksfunktion –A [1)] Sie ist eine Urfunktion, durch die sich für uns ›Psychisches‹ erschliesst, zugänglich macht – Sie ist genetisch f rüher als die Funktion der Wahrnehmung – Es ist ein Vorurteil, das sich durch Tatsachen der Entwicklungspsychologie u[nd] durch einfache phaenomenolog[ische] SelbstbesinnungB widerlegen lässt, daß die Welt uns zunächst einfach empfindungsmäßig (wahrnehmungsmäßig) ‘gegeben’ ist[.] “Gegeben” ist sie uns ausdrucksmäßig (das “Du” ist ›früher‹ als das ›Es‹) Beispiele: symbol[ische] F[ormen]; Kaila,606 Werner607 – Im Kinde kann das fra gli ch sein – (die “wahrnehmungsgemässe” Auffass[ung] setzt hier vielmehr schon früh ein) aber im Prim i ti ven weit stärker – die Dinge haben ein “Gesicht” u[nd] nur durch das “Gesicht” (physiognomisch) werden sie zu “Dingen”[.] Das u rs p r ü n g l i ch e Erleben fasst die “Welt” als ein Ganzes von Ausdruckswerten – Die mythi sche Welt ist die Substantierung dieser Ausdruckswerte – genau so wie die e m p i r i s ch e Welt die Substantierung der Wahrnehmungserlebnisse [ist] (beide Substantialiserung[en] [werden] mächtig g e fö rd e r t durch die Funktion der Sprache. cf. Carn[ap], Lichtenberg-Cit[at]608) 2) Aber hier erhebt sich die Skepsis viel schärfer – und sie geht wei ter –
Anwendung . . . Ausd rucksfunktion –] Blattangabe von Cassirers Hand, auf rechtem Rand: [Blatt] 2) B Selbstbesinnung] -besinnung Lektüre unsicher
A
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Die ganze Welt der Ausdruckswerte ist blosser Schein, Trug, Illusion, Willkür – sie muß schlechthin beseitigt werden, wenn der Weg zur ›Wissenschaft‹ frei werden soll – Wo her diese Skepsis u[nd] was ist ihr letztes Motiv? L o g is ch-formal ist das Motiv da sselbe, das zur Skepsis gegen die “Sinnenwelt” führt – Es ergeben sich Widersprüche – Die Ar t dieser Widersprüche ist bekannt u[nd] oft geschildert [–] Ein Ding kann gleichzeitig anA verschiedenen Raumstellen sein – Ein nicht-Reales (Traumbild, Abbild) hat real e Wirkungen. Nähere Beisp[iele] siehe Lévy-Bruhl: Das Denken der Naturvölker.609 [Erste Stufe: Das mythi sche Denken] Aber es wäre voreilig zu glauben, daß das myth[ische] Denken, weil es diese Widersprüche in sich enthält u[nd] duldet, schlechthin u nlogisch wäre – Un-logisch 〈im formalen Sinne〉 ist es kaum weniger als das empirischsinnliche Weltbild, das ja gleichzeitig mit Unklarheiten, Unbestimmtheiten, Widersprüchen behaftet ist, die es erst spät entdeckt u[nd] durch (theoretische) Hypothesen ›heilt‹
σώζειν τὰ ϕαίνομενα.610 Das myth[ische] Denken macht denselben Versuch: des σώζειν τὰ ϕαίνομενα Es entwickelt eine mythische T h e o r i e – die die Widersprüche heilen soll. (Der Kern, das ›Datum‹[,] auf das diese ›Theorie[‹] gebaut ist, sind immer die Aus druckse rl ebni sse als solche – Ihrer überwältige[nden] Kraft hat das mythische D e n ke n zunächst nichts entgegenzusetzen – genau so wie sich das theoretische Denken auf Wahrnehmungserlebnisse stützt, denen es zunächst nichts entgegensetzen kann – die “Kritik der Sinne”611 kommt erst später[.] Der Mythos ist [der] Versuch einer (quasi-Btheoret[ischen]) “Orientierung” über die Welt –
A B
an] Lesung unsicher, evtl.: in quasi-] über der Zeile eingefügt
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
aber mit der Bedingung, daß die Basis, (die Ausdruckserlebnisse und ihre Realität – anders gesagt: der Pan-Psychismus und Pan-Dämonismus), g ewahrt bleibtA[.] Wie sieht, diese G rundla ge vorausgesetzt, die Welt als Ganzes aus – Hier findet sich ein deutlicher FortschrittB der Klärung, Systematisierung, Ordnung – die homerische Geisterwelt – welch schlichter u[nd] klarer Aufbau, wenn man sie [mit] den ›primitiven‹ Mana-Vorstellungen vergleicht – eine Hierarchie von Göttergewalten – u[nd] damit wird der Mensch von dem Grundeffekt der Fu rch t befreit – Freilich[,] er ist überwältigenden K rä f t e n unterworfen – aber diese Kräfte sind nicht schlechthin unnahbar – Er kann mit ihnen in Kontakt, in Gemeinscha ft treten – er kann sie ‘verstehen’ (nicht theoret is ch – wohl aber sich ihnen verständlich machen[)], durch Ritus u[nd] Kult (Opfer) – durch Sprache (Anrufung, Name, Gebet) Z so erhebt er sich über das dumpfe Gra uen des Primitiven – er erfährt das Heilige als das ›mysterium tremendum‹612 cf. [Rudolf] Otto, das Heilige613 . . . Z aber das Mysterium bleibt nicht schlecht hin ein Mysterium – ein Unnahbar[es] (ἀ άπτον) Z Es giebt eine N äherung an dasselbe – kraft bestimmter Ausdrucksformen (Sprache, Religion etc[.]) Die Form der mythischen ›Theorie‹ braucht uns nicht zu verwundern – denn im Grunde gleicht sie der Erfahrungstheorie – Auch empirisch können wir einen faktisch sich ergebenden ›Widerspruch‹ imm e r so auflösen, daß wir entweder ein ›Faktum‹, das bisher als solches galt, verwerfen (als Trug oder Illusion erklären), weil es anderen ›Fakten‹ widerspricht – oder aber daß wir das Faktum festhalten und es durch Einführ[ung] von geeigneten ›Hilfshypothesen‹ erklären – In dieser Erklärung sind wir prinzipiell (logisch-formal) unbeschränkt – Wir können im mer Hypothesen ad hoc einführen, die den bestehende[n] Schaden (Widerspruch) “heilen” [–] Was uns Schranken hierin setzt, ist im allgemeinen nicht ein logisches, sondern ein rein methodologisches Prinzip: die Forderung der “Einfachheit”. A B
Pan-Dämonismus), ge wahrt bleibt] Pan-Dämonismus gewa hrt bleibt) Fortschritt] Fortschritt,
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Wir opfern schliesslich lieber das ‘Faktum’ auf, als es durch allzu-komplizierte Hilfshypothesen zu ›erklären‹ [–] die Occamsche Maxime: [“]entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem[”]614 – Der Mythos geht ebenso vor, daß er gewisse Phaenomene oder K lass en von Phaenomenen festhä lt – und andere “darum dreht” (variieren lässt)[,] um eine widerspruchslose ‘Erklärung’ zu erreichen. Aber in dieser Welt-Erklärung ist er durch die methodolog[ische] Maxime der ›Einfachheit‹ nicht gebunden – Der ›Verstand‹ fordert Einfachheit – die mythische Phantasie fordert F ülle[.] Sie ist unbeschränkt in der Erschaffung immer neuer Wesen – Jede entwickelte Mythologie ist reicher, ist nicht Zusammenfassung, sondern Entfaltung – Von der ganz u n d i f fe re n z i e r t e n Mana-Vorstellung zur Vorstellung einer gegliederten Mannigfaltigkeit von (persönl[ichen]) Göttergestalten [–] Tätigkeitsgötter etc. vgl. Phil[osophie] d[er] symb[olischen] F[ormen, Bd.] II615 Ausf[ühren] Die Bas is bleibt aber dabei unerschüttert. Nächste Stufe: Mythos und Wissenschaft Der radikale Bruch besteht ni cht sowohl in der Theorie (die hat noch weitgehende Analogie: cf. Begriffsform im mythischen Denken, K las senb ildung etc[.)] sondern der Unterschied besteht in der Veränderung der Basis – Die “Ausdruckserlebnisse” verlieren ihren “objektiven” Charakter – sie sind i rre le vant (entweder Täuschungen, Illusionen, oder jedenfalls ›bloss subjektiv‹[)] schlechthin ungeeignet zum Aufbau eines objektiven wissenschaftl ichen Weltbildes – Und ein solches Weltbild wolle[n] wir nun – eine Welt, die nicht von mythischen K räften bewegt – sondern die nach Gesetzen g eord net ist – Dieser Gedanke des ›Natur g e s e t z e s ‹ zerstört die mythische Götterwelt [–] Erst er Einbruch bei Demokrit: οὐδ ὲν χρῆμα μάτην γίνεται 616 . . . αἰτιο λογία 617 [–]
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Das ist ein folgenschwerer Schritt: er beschränkt die Realität der Sinnenwelt – (νίμω γλυκύ etc[.])A u[nd] er hebt die “Wirksamkeit” der myth[ischen] Götter auf – Bei Epikur haben die Götter noch eine Art Schein-Existenz, aber sie wirken nicht mehr, sind in die ›Intentitia‹B verbannt618 –C Aber dies Schattendasein kann nicht dauern –D die Kraft, das Wirken der Götter leugnen[,] heisst ihr Sein vernichten – denn das Sei n der Götter besteht ja gerade in ihrem Wirken, in ihrer Offe nbarung [–] ein Gott, der nicht mehr wirkt u[nd] der sich nicht offenbart, ist kein Gott – er ist ein leeres Nichts – So entsteht hier, kraft des allgemeinen Gedankens des Naturgesetzes (‘ Konstanz ’ als Realitätskriterium cf. Substanzbegriff u. s. f.619 es “ist” nur, was “immer” ist und immer in der gleichen Weise sich ve rhält 〈Konstanz von Relationen〉[)] die erste E ntg ötterung der Welt im System der griech[ischen] Atomistik – Sie ist zuerst der erste entscheidende Schritt zur Wissenschaft: die Realität der Atome ist das Correlat zum Gedanken des allgemeinen Naturgesetzes – die Atome sind die Bausteine einer objektiven, wissen schaft[ lich]erkennbaren[,] d. h. auf allgemeine Naturgesetze reduzierbaren Natur –E und vor ihr sinkt die Wirklichkeit der Götter dahin – ein göttl[iches] Wirken gehört immer dem Bereich der τύχη an – hier giebt es keine ‘allgemeingültige[n]’ ›Gesetze‹F[.] (νίμω γλυκύ etc.)] zwischen die Zeilen hinzugefügt ›Intentitia‹] Lesung unsicher, zu erwarten wäre hier intermundia (Zwischenwelt) C verbannt –] nachfolgende Bl. 37–56 aus Box 52, Folder 1041 bilden den Text Zur “Objektiv[ität] der Ausdrucksfunktion” / Blatt X, der die bereits edierte Vorlesung Probleme der Kulturphilosophie abschließt, siehe ECN 5, S. 186 ff. Sachliche Fortsetzung des hier vorliegenden Textes in Box 52, Folder 1042, Bl. 19–39, Bl. 1–18 bilden drei numerierte Konvolute, die bereits präsentiert wurden, siehe vorliegende Ausgabe, S. 175–186 D Aber . . . dauern –] am rechten Rand oben Numerierung von Cassirers Hand: [Blatt] 3 E Natur –] auf linkem Rand oben (Bl. 19v) Angabe von Cassirers Hand: [Blatt] 4 F ein göttliches Wirken . . . ›Gesetze‹] Einschub auf linkem Rand, Einschubort markiert A B
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Die vorsokrat[ische] Phil[osophie] ist substantiell – sie sucht das ›Wesen‹, die Wahrheit in einem beharrenden Stoff – Die Atomistik sucht die Wahrheit in allgemeinen Naturgesetzen (αἰτιο λογία) – Sie ist gleichfalls substantiell; die ›Atome‹ sind ja als das eigentlich Beharrende[,] Dauernde, Unzerstörliche gedacht – Aber diese ›Substanzen‹ sind nicht “an sich” gült[ig]; sie sind ποθέσεις, um der Forderung der allgem[einen] Naturgesetzlichkeit gerecht zu werden, um diese Forderung erfüllen zu können – Inso fe r n ist die Atomistik auf den Gesetzes[begriff] (Relationsbegriff) gestellt u[nd] in ihrer E n t w i ck l [ u n g ] tritt das immer deutlicher zu A Tage: cf. Substanzbegr[iff].620 〈Atomistik [ist] in diesem Sinn das klassische Beispiel einer Natur-Theorie – u[nd] ist es auch in all seinenB Wandlungen geblieben. – Die Wandlungen bestehen darin, daß von den anschaulichen Zügen der Atome mehr u[nd] mehr abstrahiert wird – daß die AtomeC nicht Dinge, sondern Relations-Terme werden – die suppon[ierten] ‘Träger’, ‘Subjekte’ der allgemein[en] Naturgesetze – das, wovon sich diese Naturgesetze aussagen lassen – cf. zu dieser Umwandl [ung] der Atome Substanzbegriff621 [–] s[iehe] auch Schlick, Naturphilos[ophie]622〉 Wie steht es in dieser ›wissenschaftlichen‹[,] auf Naturgesetze reduzierbaren Welt mit dem Basisproblem – mit den Ausdruckserlebnissen[.] Die Antwort scheint sich unmittelbar darzubieten: sie verschwinden, sie sind schlechthin Irrtum, Täuschung, Illusion u[nd] jeD schneller wir uns von diesem Irrtum befreien, um so besser. Akt der Elim inati on der sinnl[ichen] Qualitäten (Farbe, Ton) Ersetzung durch Rau m-Qu al it äten [–] ›quantitative‹ Weltauffassung – Das trifft ›a potiori‹E die Ausdrucksqualitäten – sie sind schlechthin‘subjektiv’[,] verfallen daher der Ausschaltung in jedem wissenschaftl[ichen] Weltbilde – Aber gerade diese Anal og ie gibt zu denken – Die vorsokratische Philosophie . . . cf. Substanzbegriff.] vertikale Ergänzung am rechten Rand von vorhergehender Ms.-S. (Bl. 19r), durch vertikale Linie vom horizontalen Text getrennt, Ort der Einfügung nicht markiert B seinen] d. h. des Beispiels C Atome] Atome, D je] so E ›a potiori‹] lat.: vom Stärkeren her; der Hauptsache nach; nach der Mehrzahl
A
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eine schlechthi ni ge Ausschaltung gelingt ja auch hier nicht – eine Welt ohne Farbe u[nd] Ton oder mit anderen sinnl[ichen] Qualitäten wäre eben doch unt erschieden von unserer Welt (wenngleich sich der Unterschied vielleicht nicht “angeben”, objektiv ›bezeichnen‹ liesse – / aber das ist ja im Grunde eine Tautologie) es gibt hierfür sogar verschiedene Grade der Ausschaltung – es giebt eine Farben-Geometrie[,] / [Farben]-PhysiologieA – eine Phae nom enolog ie der Farbe, die keine Physik der Farbe ist – Das ist uns alles ganz geläufig – Auch wenn wir die Farben als ‘subjektiv’ erklären – etwas nur- und au sschl iessli ch-Subjektives gibt es ja nicht – das ist ein blosser Grenzbegriff! (ebenso wie auch das Traumerlebnis seine ‘objektive’ Wahrheit hat) Aber das “Maximum” der Subjektivität scheint nun in den Ausdruckserlebnissen erreicht – Sie müssen wir – so scheint es – vo l l st ä n d i g eliminieren, weglassen, vernichten, um zu einer objekti ven Welt zu kommen[.] Und die Wissenschaft scheint diesen Weg der vollst[ändigen] Vernichtung auch tatsächlich zu gehen – zunächst die Physi k – sie kennt schlechthin keine Ausdrucksqualitäten[.] Nach ihrem Grundsatz: “was messbar ist, das ist wirklich”623 –B sie geht im Reich des Gemessenen aufC – und sie sucht ein Bild des “objektiv-Wirklichen” so aufzubauen, daß darin nur (messbare) Grössen und ihre gesetzmäss[igen] Verknüpfungen auftreten – In d i e s e m Bild der Welt hat das Phaenomen des ›Ausdrucks‹ ke i n e Stelle. – Aber sollte es wirklich ganz und für immer vernichtet sein – sollte es dem Zweifel gelungen sein, es ganz auszuschalten, es als nichtig u[nd] überflüssig zu erweisen?
-Physiologie] steht unter: Farben-Geometrie “was . . . ist wirklich” –] Randbemerkung rechts gegenüber, Einfügungsort nicht markiert: Schröd[inger] / Analogieschluss? / Psychologi[e]? Wurm, prakt[ische] Folg[en], [Vgl. Hrsg.-Anm. 493] / Widerspruch hierin, / Skandal d[er] Philos[ophie]624 / ça ne sent pas [Vgl. Hrsg.-Anm. 638] C auf] aus
A B
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Wir werden auch hier einen Unterschied zwischen abs oluter und rela tiver Skepsis machen müssen – Wir behaupten: wie im Gebiet der S i n n e s wahrnehmung, so gibt es auch im Gebiet der Au sdruckswahrnehmung nur eine relative Skepsis[,] eine Skepsis also, die sich gegen die Sinnest ä u s ch u n g und die Ausdruckst äusch un g A wendet – die aber die Fu n k t i o n des Ausdrucks, ebenso wie die Funktion der Sinneswahrn[ehmung], schliesslich stehen bl eiben las sen muss. Und das m u s s so sein: denn wie ohne die Sinneswahrnehm[ung] der Z ugan g zur ›Aussenwelt‹ uns verschlossen ist – wie sie die Eingangspforte zur (physischen) ›Wirklichkeit‹ und für diese konstitutiv ist – so ist die Ausdrucksfunktion konst itut iv für das Problem einer psychisch-geistigen Welt – für das sogen[annte] Problem des ›Fremdpsychischen‹[.] Aber g enau so[,] wie sich das Bild der objektiven physischen Welt für uns nicht aufbaut ohne Kri ti k der Sinne625 – so bedarf es einer eingehenden Kri tik der Ausdrucksfunktion, einer Kritik, die uns lehrt, in welchem Sinne und wie weit wir ihr trauen dürfen – bis zu welchem Punkt ihr Realitätsanspruch reicht, und wo er uns verlässt – DerB Bereich, den der ›Ausdruck‹ umfasst und denC er uns s i ch e r erschliesst[,] muss sorgfältig und kritisch abgegre nzt werden – seine übertriebenen (naiv-dogmatischen) Ansprüche müssen geprüft u[nd] kraft dieser Prüfung beschränkt werden – Nur so wird er ein brauchbares ›Organ des Weltverständnisses‹, ein Konstitutionsfaktor unserer Erfahrung – Ohne diese Prüfung, rein sich selbst überlassen, verlockt uns die Ausdrucksfunktion in rein phantasti sche Welten – in die Welten der Mythologie oder der – ›Metaphysik‹[.] Aber d a s ist kein hinreichender Grund, auch die krit[isch]-geprüfte u[nd] krit[isch]-begrenzte Ausdrucksfunktion abzulehnen u[nd] ihr zu mißtrauen –
A B C
Ausdruckstä uschung] danach gestrichen: als solche Der] Das den] daß
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
(so wie Descartes der Sinnesempfind[ung] misstraut, weil sie täuschen k an n) Jedes Mittel unserer Erkenntnis kann täuschen – hier giebt es keine absolute Sicherheit, – sondern nur methodische Vorsicht muss angewandt werden, um die Grenzen und Bedingungen seiner Anwendung zu bestimmen – Diese Grenzen u[nd] Bedingungen müssen ebensowohl für unsere ›Urteile‹ (Idolen-Lehre Bacons)626 bestimmt werden – wie für unsere ›Wahrnehmung‹ (κακοὶ μάρτυρες ὀϕθαλμοὶ τε και ὦτα)627 wie für die Ausdrucksfunktion – h i e r i n also unterscheidet sich die letztere von den beiden ersteren nicht – nur ist auf diesem Gebiet noch weit weniger geleistet; ja das Problem ist im Grunde noch nicht einmal scharf erkannt u[nd] in Angriff genommen – Also die Frage: was dürfen wir der Ausdrucksfunktion zutrauen, wie weit und wie fest ist ihr Grund; mit welchem Grade der Sicherheit können wir auf diesem Grunde bauen, um ›Realität‹ (statt blosser Illusion) zu gewinnen? – Der D o g m a t i s m u s , die kritik- und schrankenloseA Verwendung der Ausdrucksfunktion stellt sich dar im Weltbild des ›Animismus‹ und ›Panpsychismus‹ [–] alles ist Ausdruck – und darum gibt alles Kunde von einem seelischen, fremd-psychischen Leben – in jedem Stein wohnt ein Dämon oder Gott – Stufe des Fetischismus – oder auch undi fferenz iert er in der Mana-Orenda[-]Vorstell[ung]628 – Der Mythos geht über diesen ganz undifferenzierten u[nd] unkritischen Pan-Psychismus schon in gewissem Sinne hinaus – er knüpft die ‘Offenbarungen’ des Göttlich-Dämonischen nicht an jegliches Sein – sondern an besondere “Zeichen und Wunder”[.] Diese zeichnen sich vorB ›gewöhnlichen‹ Naturereignissen aus – aber das Kriterium, durch das sie sich von ihnen unterscheiden, ist lediglich ihre Grösse, ihre Intensität, ihre Ungewöhnlichkeit – ›Gott‹ offenbart sich in einzelnen gewaltigen Naturerscheinungen (Blitz u[nd] Donner) – A B
schrankenlose] schrankenlose, vor] unsichere Lesung, evtl.: von
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in “Wahrzeichen” / oder in Erscheinungen, die aus dem Kreis des Gewohnten, Alltäglichen herausfal len / (. . . Wunder . . .) Es ist der Faktor der I ntensi tä t, der Grösse[,] der Seltenheit , der hier das Auswahlkriterium macht – in ihm besteht der Charakter des ›Heiligen‹ als des ›mysterium tremendum‹629 – Ferner nicht nur intensive, sondern qualit ative Differenzierung – jeder Gott hat bestim mte Attribute u[nd] ist in einem bestimmten Kreise tätig[,] ist kenntl i ch in “besonderen” Zeichen – Die Unterscheid[ung] der ›Tätigkeitsgötter‹[.] Die Welt gliedert, differenziert sich a usdrucksmässig, bevor sie sich erfahr ung smässi g differenziert – der Mensch unterscheidet nicht ursprüngl[ich] die verschied[enen] Naturk rä ft e vom Standp[unkt] der Sinneswahrnehmung (optis che , aku sti sche Erschein[ungen]) (dies e werden ja zunächst “anthropomorph” unterschieden) er unterscheidet die Götter der Luft, des Wassers, des Feuers / u[nd] die G öt ter, die seinen eigenen Tätigkeiten vorstehen (Tätigkeitsgötter) die Götter erhalten bestimmte Praed ikate – aktiv ausgedrückt in der Verschiedenheit der ‘Kulte’ bis in die mod[erne] kathol[ische] Heiligenverehrung (Ortsbindung, Leistungsbindung[)]A die Vo ra usse tzu ng für dies alles aber bleibt unerschüttert: die unbedingte ›Realität‹ der Ausdrucksfunktion, u[nd] ihre Anwendbarkeit auf das All der Dinge – Panpsychismus und Pandämonismus
K r i t i k der Ausdrucksfunktion, Überwindung des Mythos durch die ›Wissenschaft‹, des Mythos durch den ›Logos‹. Wiederum kann dabei die Funktion a ls Ganzes nicht verschwinden: sie kann nur in ihrer Anwendung begrenzt, auf bestimmte K r i t e r i e n eingeschränkt werden. Aber wo sind diese Kriterien zu finden? Für die ›intellektuellen‹ Funktionen, für das Urteil u[nd] für die ›Wahrnehmung‹ hat die Phi losophi e stets nach solchen ›Kriterien‹ gefragt (Stoa, Skepsis) Hier wurde immer das Evidenzproblem gestellt – die Götter . . . (Ortsbindung, Leistungsbindung)] Zusatz in Bleistift gegenüber auf linkem Rand
A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Was macht ein Urteil einsichtig – was macht eine Sinneswahrnehmung zur Wahr-Nehmung etc. Für die Au sdrucksfunktion stehen wir gerade erst in den ersten Anfängen einer solchen Untersuchung – Hier herrscht noch durchaus die dogmatische Bejahung oder Verneinung – entweder wird ihr schlechthin ‘Realität’[,] ‘Wahrheit’ zuerkannt – oder sie wird ihr schlechthin abgesprochen[.] Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Untersuchung[.] Klage s (Mensch u[nd] Erde, Geist und Seele[)]630 – Erneuerung des Panpsychismus – Schmähen auf den Geist, der die Seele getötet – Weltdeutung als reine Ausdrucksdeutung – Geg ensatz : Behaviorismus, Ausschaltung der Ausdrucksfunkt[ion], die als die Täuschung schlechthin, als Quell des Irrtums erscheint, als Feind aller ‘wissenschaftlichen’ Erkenntnis, der von der Wissensch[aft] als solcher erkannt u[nd] besiegt, ausgerottet werden muss. Aber das Dogma ist unfruchtbar im positiven wie im negativen Sinne – Wir brauchen Kritik, d. h. [die] Lehre von den Kriterien – Wann ist die Anwendung der Ausdrucksfunktion gefährl[ich], wann führt sie zu Irrtum u[nd] Täuschung – wann ist sie nicht nur unbedenklich, sondern konst it utiv – ein notwendiger Faktor zum Aufbau unseres (empirischen!) Weltbildes – Daß sie nicht ga nz ausrottbar, schlechthin-eliminierbar ist – das lehrt eben das Problem des ›Fremdpsychischen‹[.] Fre md psychi sches ist nicht auf Grund von Sinnes-Wahrnehmung zugänglich – diese giebt nur dieA Welt des ›Es‹, nicht die Welt des ›Du‹ [–] noch durch irgendwelche l ogi sche Prozesse nachweisbar (Analogieschluss, unbewusste Schlüsse) es muss unmittelbar ‘gegenwärtig’ (praesent) sein – oder es ist ü b e r haupt nicht nachweisbar – Diese “Praesenz” ([“]symbol[ische] Praesenz”) eignet allein der Ausdrucksfunktion – A
die] das
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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IhrA j e g l i ch e ‘Wahrheit’ absprechen, heisst also die Objektivität des Fremdpsychischen – u[nd] damit die Objektiv[ität] aller Kulturwissensch[aft] – ve rnichten. Z wei Formen dieser Vernichtung: extremer Behaviorismus – ein ›Wissen‹ vom Fremdpsych[ischen] wird geleugnet[,] oder Vernichtung des Probl ems, das für ein Scheinproblem, ein “sinnloses” Problem erklärt wird. (Zur Kritik dieser Carnap’schen These: Es besteht ein deutlicher Unterschied, der nicht dadurch beseitigt werden kann, daß man erklärt, daß alles[,] was in theoretischen Au ssa gen über Fremdpsychisches behauptet wird, sich auf physische Phaenomene reduziert – Das sollB nicht bestritten werden – u[nd] ist im Grunde sogar analytischselbstverständlich – denn was in solchen theoretischen Aussagen vorliegt, ist eben immer die Redukti on eines Phaenomens auf ›objektiv‹Nachweisbares, Bestimmbares – und dieses objektiv-Bestimmbare ist eben immer ein “Physisches”[.] Die “objektiv-ausgesagte” u[nd] die “physische” Welt sind also Wechselbegriffe[.] Auch bei Kant: es sind also objektive Wahrheit u[nd]C Allgemeinh[eit] u[nd] Notwendigk[eit] Wechselbegriffe – Also wenn wir diese Art Objektivität als Maßstab, als Kriterium brauchen, so folgt von selbst, daß wir mit ihr an die Schicht der Ausdruckserlebnisse gar nicht herankommen – sie sind quantitativ, messend und wägend, nicht “festzustellen”. Aber sind sie darum überhaupt nicht feststel lba r – entziehen sie sich jeder Art der ›Kenntnis‹, weil sie sich der exakt-naturwissensch[aftlichen] Er kenntnis entziehen[)] – Schon C arn ap kann seine These nicht widerspruchslos durchführen – er behauptet gar nicht, daß es so etwas wie Ausdruckserleb nis se nicht giebt631 – er behauptet nur, daß sie urteilsmässig nicht formulier bar sind632 – u[nd] daher sozusagen nicht bestehen dürften !633 Aber durch logische Machtsprüche kann man keine Phaenomene aus der Welt schaffen! A B C
Ihr] Ihre Das soll] Dassoll und] unsichere Lesung
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
C[arnap] handelt nach dem Grundsatz, daß nicht sein kann, was nicht sein darf – nämlich nach den Axiomen der “Konstitutionstheorie”634[.] Gerade vom “positivist[ischen]” Standpunkt aus muss aber gefordert werden, daß wir die (Konstitutions-)Theorie den Phaenomenen, nicht die Phaenomene den Axiomen der Theorie anpassen – Wir dürfen also nicht sagen: das Ausdruckserlebnis (die Annahme von Fremdpsych[ischem]) ist Illusion, Trug, Scheinproblem[,] weil es nicht “konstituierbar” ist – wir müssen vielmehr diejenige ‘Konstitution’ finden, die den Ausdrucksphaenomenen gemäss, adäquat ist[.] (– Daß es nicht in U r t e i l e n konstituierbar u[nd] daher nicht logischformali si erbar [ist,] steht auch für uns fest) Carnap wird dieser Schwierigkeit nur Herr, daß er die echten Konstitutionsformen des Ausdruckserlebnisses als unerheblich, ‘sekundär’ bei Seite schiebt.635 〈Aber ‘sekundär’ ist hier ein durchaus relativer Begriff, der von der Konvention abhängt – Wähle ich das Bezugssystem der ›Physik‹, so erscheint etwas völlig anderes als ‘sekundär’[,] als wenn ich das Bezugssystem der ›naiven‹ Erfahrung oder auch das Bezugssystem der Aesthetik wähleA – Von letzterem aus ist z. B. eine Symphonie ein Sinn-Ganzes (und zwar ein ›objektives‹ Sinn-Ganze[s] – / keineswegs bloss “psychologistisch” auf “Gefühle”, als subjektive Erlebnisse, reduzierbar [–] hierüber s[iehe] später Conr[ad] Fiedl[er], Richar[d] Hönigsw[ald], Vom Begriff d[es] Rhythm[us] B636 [)] aber dieses objektive Sinn-Ganze wird nicht erfasst, wenn wir es rein physikal i sch beschreiben (Tonstärken, Tonqualitäten, Intervalle “messen”, den Rhythmus “zählen”) hier muss ein ganz anderes Bezu gssystem gewählt werden, 〈[müssen] aesthetische, nicht physikalische Kategorien angewandt werden〉 u[nd] von di esem Bezugssystem aus erscheint dann wieder alles blossPhysikalische 〈das als Moment des aesthet[ischen] Sinnganzen natürlich unentbehrlich ist〉 als ›sekundär‹[.] wähle] wählen hierüber . . . Rhythmus] Bemerkung auf rechtem Rand, Ort des Einschubs markiert mit +
A B
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Das Verhältnis ist also rein umkehrbar – und es ist Absolutismus, das “physikalische” System als das schlechthin-einzige oder als das schlechthin-grundlegende (primär) zu erklären[.]〉 Und ihm selbst gelingt diese “Bagatellisierung” des Ausdrucksphaenomens keineswegs völlig – im p liz it muss er es wieder einführen – nur daß er ihm keine theoretische, sondern bloss-praktische Bedeutung zuweist. Aber das ist im Grunde ein Vorbei gehen an dem Problem, eine typischeA ›Aus-Flucht‹[,] die Flucht in den theoretischen Logos, um das (atheoretische) Ausdrucks-Erlebnis zu beseitigen, um seiner Herr zu werden – Aber man wird seiner nicht Herr, indem man es leugnet – man muß es se lbst verstehen, konstitutionieren – so schwer diese Aufgabe auch vom Standpunkt des Formalismus und Logismus ist – man muss die B edeu tung der These des Fremdpsychischen – der “Realität”, obj[ektiven] Gültigkeit der Ausdrucksfunktion – feststellen, und feststellen, worauf diese These sich stützt und wie weit sie sich, durch Rückführung auf ein GegebenesB (Konstitutionierung) rechtfertigen lässt – All diesen Aufgaben entzieht man sich, wenn man das Problem von sich weist, es nicht sehen wi ll , es für ein “Scheinproblem” erklärt – u[nd] zwar deshalb, weil man es für ›unentscheidbar‹ hält – Zunäch st: / besagen die beiden Thesen: a) die ›mechanistische‹ (Cartesianische) These u[nd] b) die ›Ausdrucksthese‹ – wir können sie auch die ›naive‹ These nennen [–] wirklich dasse lbe?637 War es demnach gar keine wirkliche U mformung der Weltansicht, die Descartes vollzog – waren es nur andere Worte, die er brauchte, während er im Grunde ganz dasselbe “meinte”. Zur Erläuterung auf eine Anekdote zu verweisen[:] Male branche (Ça ne sent pas) Sainte Beuve, Port Royal, V, [S.] 395[.]638 A B
typische] statt gestrichenem theoret[ische] Gegebenes] Gegebenes,
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Es ist klar, daß M[alebranche] hier das vollzieht, was man gestaltpsychologisch eine ‘Umzentrierung’ nennt – daß er eine Art Chock empfindet beim Überg[ang] von der ›naiven‹ These zur ›Cartesianischen‹ [–] C arn ap selbst muss dies zugeben – s[iehe] das, was er über den Wurm-Einwand bemerkt639 (Scheinpr[obleme], S. 40) “vom Gesichtspunkt des prakt[ischen] Einflusses liegt in der ersten Aussage mehr als in der zweiten”[.]640 Damit ist ja aber eine wesentliche Differenz der beiden Aussagen zugegeben – u[nd] das Problem hört durchaus auf, ein blosses “Scheinproblem” zu sein – Man braucht nicht ›Pragmatist‹ zu sein – man braucht nicht anzunehmen, daß sich die Frage nach dem logischen Gehalt u[nd] der logischen ‘Wahrheit’ von Sätzen ganz in die andere Frage nach ihren “praktischen Wirkungen” auflösen lässt – u[nd] man muss doch zugeben, daß eine “praktische Differenz” immer zugleich eine bestimmte – u[nd] zwar sehr wichtige und wesentliche! – Be deutu ng sdif ferenz in sich schliesst – Was sich in seinen ›Wirkungen‹ (in seinen Rückwirk[ungen] auf unser prakt[isches] Verhalten) so scharf u[nd] deutlich d if ferenziert – das kann nicht schlechthin ›bedeutungslos‹ in theoret[ischem] Sinne sein, nicht schlechthin gleich-gültig – Zwei Thesen können auch in theoret[ischem] Sinne nicht schlechthin ›aequivalent‹ sein – wenn sie, je nach ihrer Annahme oder Nicht-Annahme, das prakt[ische] Handeln in ganz verschiedenem Sinne bestimmen – Zum Term[inus] der Aequival[enz] u[nd] den Abstufungen der AequiA v[alenz] vgl. die Deut[ung] u[nd] Krit[ik] Kailas 641 [–] sie weisen dann immer einen “bedeutungsschweren” Unterschied auf – wenn dieser vielleicht auch nicht theoretisch-logistisch sofort nachkonstruiert werden kann – Auch das Wort ›Einfühlung‹ kann hier nicht weiter helfen – denn es ist nur ein anderer Name für die Ausdrucksfunktion – Es kommt ja eben darauf an, ob diese ›Einfühlung‹ etwas nur-Subjektives, ob sie schlechthin Trug, Schein, Illusion ist, von der wir uns so schnell als möglich los machen müssen (– Descartes –) oder ob sie einen ›Sinn‹ und ein ›Recht‹ hat[,] d. h.[,] ob wir sie als einen unentbehrlichen Faktor im Aufbau unseres “objektiven” Weltbildes anerkennen können und wollen – A
Zum Terminus . . . Kritik Kai l as] gegenüber auf rechtem Rand
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Und die letztere Frage ist keineswegs schon dadurch verneint, daß man mit Carn[ap] ([Scheinprobleme,] S. 40) der Einfühlung den Charakter der “Erkenntnis” abspricht642 – Definiert man Erk[enntnis] als logische oder als mathemat[isch]-physikal[ische] Erkenntnis, so ist das ein analytischer Satz – Im Aufbau der ›physikal[ischen] Realität‹ soll u[nd] darf keine ›Einfühlung‹ vorkommen, hier ist sie auszuschalten, zu eliminieren – Selbst das gelingt nicht ganz – vgl. Sch röding ers Π-Hypothese !643 / s[iehe] später!A durch diese Elimination wird erst der St a n d p u n k t der Physik erreicht – die von ›Anthropomorphismen‹ freie Betrachtung der Natur (cf. Planck)[.]644 Aber dasB heisst nicht, daß diese (angebliche) “Einfühlung”, daß die ›Ausdrucksfunktion‹ nicht an anderer Stelle etwas Wesentliches u[nd] Wichtiges leistet[.] “Einf[ühlung] ist nicht Erk[enntnis], gibt nichts an theoretischem Gehalt, nichts Aussagbares; sie ist ein Tun, nicht ein Erkennen [. . .] Dies alles aber ist eine praktische Angelegenheit, keine theoretische. Ethische Werte kommen hier ins Spiel, mit wahr und falsch aber hat das nichts zu thun”[.]645 Aber gibt es denn nicht auch eine ethische Wahrheit und Falschheit? Wenn die Cartesian[ische] These zu einer Handlung führt, die ethischf alsch ist (das Misshandeln von Tieren) ist sie dann noch länger indifferent, gleich-gültig, der ihr entgegengesetzten These ae qui va lent – Doch wohl nicht: es ist vielmehr äusserst relevant, ob ich michC für sie oder gegen sie entscheide – es hat ethische “Relevanz” – wenngleich es (vielleicht!) keine log[ische] Relevanz im Sinne Carnaps – d. h. im Grunde nur keine physikalische Relevanz hat – Ein Unterschied, der in der Sprache der P hys i k nicht definierbar ist, hört damit keineswegs auf[,] ein Unterschied zu sein – die Physik ist ke i n e Universalsprache, sondern nur eine besondere Sprache – und die Philosophie zum mindesten muss auf alle Sprachen achten und hören, sie zu deuten u[nd] zu verstehen suchen – A B C
Selbst . . . siehe später !] Angabe gegenüber auf linkem Rand das] daß mich] über der Zeile eingefügt
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D a d u rch wird sie “ P h i l o s [ o p h i e ] d e r s y m b o l [ i s ch e n ] F [ o r me n]”! alle Arten des ›Weltverständnisses‹ cf. [PsF,] Bd. I, cit[ieren]!646 Von hier aus lässt sich der U n t e rs ch i e d zwischen der “Philos[ophie] der symbol[ischen] F[ormen]” u[nd] der Philosophie des ›Wiener Kreises‹ am deutlichsten bezeichnen – es handelt sich hier, wie vorerst betont werden muss, nicht um einen blossen Unterschied der ›Auffassung‹, oder der sogen[annten] philosoph[ischen] ›Weltanschauung‹[.] In der ›Wel tanschauu ng‹, in dem, was ich als denA E t h o s der Philos[ophie] ansehe, glaube ich keiner “Schule” näher zu stehen, als den DenkernB des Wiener Kreises – Streben nach Bestimmtheit, nach Exaktheit, nach Ausschaltung des blossSubjektiven, der “Gefühlsphilosophie”, Anwendung der analytischen Methode, strenge Begriffsanalyse – das alles sind Forderungen, die ich durchaus anerkenne – Was Kant an Wolff rühmte: strenge Def[inition] der Begriffe etc. Urheber des noch nicht erlosch[enen] Geistes der Gründlichkeit – Die “Wiener Schule” darf dieses Lob für sich beanspruchen[.] cf. Veröff[entlichungen] des “Wiener Kr[eises]” cit[ieren]C Also nicht um eine verschiedene “Auffassung” handelt es sich, um eine Versch[iedenheit] der Weltansch[auung], [wohl] aber um eine verschiedene Aufgabe, die ich der Philos[ophie] stelle – Philos[ophie] ist nicht nur Kritik der Erkenntnis – im Sinne der log[ischen], math[ematischen], physikal[ischen] Erkenntnis[,] sie umfaßt die Aktivität, das geistige ›Tun‹ und ›Bilden‹ ganz verschiedener Dim ensi onen[.] Auf diesen Dimensions-Unterschied legt die Ph[ilosophie] d[er] symb[olischen] F[ormen] allen Nachdruck – Aus bloss- theoretischen Funktionen lässt sich die menschliche ›Welt‹ nicht aufbauen – es gibt auch atheoretische Funktionen – z. B. die ethische, die aesthetische Funktion[,] um von der religiösen zunächst nicht zu sprechen. Jede dieser Funktionen ist einer bestimmten ‘Objektivität’ fähig –
A B C
den] Lesung unsicher, evtl.: das den Denkern] Lesung unsicher, evtl.: dem Denken cf. Veröffentlichungen . . . citieren] gegenüber am linken Rand
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die n ich t dadurch gesichert werden kann, daß man einen bestimmten Gegenstandsbereich aufweist, der durch sie “abgebildet” wird – diese These der Abbild-Theorie muss durchaus verworfen werden –! oder dadurch, daß man sie irgendwie substantialisiert, hypostasiert – wie z. B. [Erich] Unger, Mythos der Hebräer,647 Spenglers: Kultur“seelen”648 – oder Frobenius649 A cf. Cit[at Julius] Kraft650 651 – Klages, Realität der Bilder! B652 [–] sondern [dadurch, daß man] fragt, welcher Anteil ihr im Aufbau des “objekt[iven] Weltbildes” zukommt – Es gibt eben nicht nur physikalisches ‘Sein’, es gibt auch aesthetisches ‘Sein’ u. s. f.[,] was wiederum nicht heisst, daß es substa nt ial-verschiedene ‘Welten’[,] die logische, die physikalische, die aesthetische Welt[,] gibt[,] als ebensoviele ‘Gegenstände höherer Ordnung’[,] sondern daß die Fu n k t i o n s charaktere[,] als Bed[ingungen] der Mögl[ichkeit] dieser ›Welten‹, sich spezifisch-unterscheiden – daß der Obje ktivati onsprozess anderen Bedingungen u[nd] Gesetzen gehorcht[.] An a l l e n diesen Objektivationsprozessen ist die Philosophie g l e i ch mäßig interessiert – es ist Verarmung der Philosophie, – nicht an objektiv-substantialem G eha lt, sondern Problem-Verarmung, Auf gaben-Verkürzung, wenn man die Gesamtheit der Fragen, die hier entstehen, auf einen Nenner (den Nenner des “Logismus” oder des “Physikalismus”[)] zu bringen sucht – Z Damit verschliesst man sich den Bl ick für die einzelnen Geha lt e, die verschied[enen] Objektivationsstufen – den Blick für die Geschichte, für die Kulturwissenschaft u. s. f. Uns ist es nicht darum zu tun, Metaphysik zu treiben – eine Über-Welt aufzubauen[,] Z wir fragen nur nach der im manent en Total it ät der geistigen Funktionen – und wir begreifen in diese Totalität alles ein, was über den Kreis der blossen “Subjektivität” hinausgeht – was irgend Anteil hat am Prozess der ›Objektivierung‹, der Welt-Gestaltung; der Er he bung des (empfindungsmässig oder ausdrucksmäßig-[)] ›Gegebenen‹ zur [›]Welt‹[.] A B
cf. Citat Kraft] unter Frobenius, mit kurzem Pfeil zugeordnet Klages, Realität der Bilder !] gegenüber auf rechtem Rand
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Diesem Akt der Weltgestaltung (der γένεσις εἰς οἰσιία) fragen wir nach u[nd] hier können wir nicht bei blosser Erkenntnis-Kritik st ehen b leibe n – wenngleich jede Aufgabe, die die Phil[osophie] d[er] symb[olischen] F[ormen] sich stellt[,] immer z ugleich eine ›im weit eren Sinne‹ erkenntnis-kritische [ist]. Denn wir können die “Objektivität” ja einer bestimmten Funktion niemals einfach dogmatisch-behaupten – noch sie sozusagen auf Treu und Glauben hinnehmen – wir müssen sie prü fen undA je nach dem Resultat dieser Prüfung ihren theoretischen ›Wert‹ bestimmen – aber wohlgemerkt ni cht den Wert[,] den sie s ubstantial als Abbild von irgendwelchen “Gegenständen” hat – sondern den Beitrag[,] den sie zum Aufbau unserer empirischen Welt – (der “Welt der Phänomene”) leistet. Diese unsere “Erfahrungswelt” ist durch Logik und Physik allein nichtB konstituierbar – Z sie enthält ebensowohl ›atheoretische‹ Faktoren, wie theoretische Wert-Faktoren, physiognomische Faktoren u[nd] sie al le sind notwendig und bedeutsam. Aber jede[r] bedarf der Prüfung, der Rechtfertigung, des λόγον διδόναι 653 und dieses λόγον διδόναι ist Aufgabe der Philos ophie. Z 〈 H ie r wollen wir für die (›atheoretische‹) Funktion des ‘Ausdrucks’C die Frage zu lösen versuchen – aber nichtD im substantialen, sondern im funktionalen Sinne – wir fragen daher nicht (im substantial-metaphysischen Sinne) gibt es so etwas wie “fremdpsychische” Gegenstände – dies e Frage enthält in der Tat ein nicht zu beantwortendes Problem – gibt es eine “Realität” des Fremdpsychischen ›an sich‹ D i e s e Frage stellen wir ebensowenig, wie wir ja auch nicht nach der Realität des physischen Gegenstandes ›an sich‹ fragenE – wir fragen nicht nach der Gegenständlichkeit s ch l e ch t h i n , sondern nach unserer “E rkenntnisart von Gegenständen überhaupt”654 (Transscendental, Copernik[anische] Drehung) A B C D E
und] und sie nicht] nicht – ‘Ausdrucks’] ‘Ausdrucks’, nicht] über der Zeile hinzugefügt fragen] nicht fragen
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Also nicht: exi st ier t das Fremdpsychische u[nd] was i st es? sondern: [1.)] in welcher Form, durch welche Mittel, durch welche Funktionen wird uns Fremdpsychisches zu gängl ich, erschlossen und 2.) wie weit können wir dieser Erschliessung vertrau en – wie weit besitzt sie ›Objektivität‹, wie weit ist sie “Schein” Ganz das gleiche Problem tritt ja auch in der blossen ›Empfindung‹ auf – Ausl ös che n können wir sie niemals (so wie es Parmenides versucht hat)[,] aber ebensowenig können wir ihr bli nd vertrauen – jede “Empfindung” für den Aufbau der Gegenstandswelt gebrauchen – wir müssen kritisch-sondern[,] Realitäts[-], Objektivitäts-Kriterien einführen. Z (Aber die Aufgabe ist schwerer für die Ausdrucksfunktion als für die Empfindung – weil h ier noch die erste Vorarbeit zu leisten ist – weil es an jeder Differenzierung fehlt und wir zwischen Systemen der do gm at ische n Bejahung (Klages, Spengler, z. T. Scheler) und der dogmat[ischen] Vernei nung (Behaviorismus, z. T. Carnap) zu wählen haben.)[〉] Wir fragen also nach jedem “Tun überhaupt”[,] nicht nach einem bestimmten Tun (z. B. der Funktion der Aus-sage, des U rt eil s allein)[.] Es ist sehr charakteristisch, daß dieser Ausdruck des ›Tuns‹ auch in der Wiener Schule immer wieder hervortritt – u[nd] daß er h i e r eine Art ‘Grenzbegriff’ ist, der immer eine Art des ›Hinausgehens‹ über den bl ossen Physikalismus bezeichnet – So wie Carnap hier die ›Einfühlung‹ (d. i. die Ausdrucksfunktion) als ein ›Tun‹ bezeichnet655 – und sie deshalb freilich als bloss-praktisch[e] auss chalten will! – so bezeichnet auch Schl ick die gesamte Philosophie als ein Tun656 – und nur durch diese Bezeichnung gelingt es ihm, sie von der Naturw i ss en s ch[af t] zu unterscheiden – Zur Wichtigkeit des Tu ns vgl. bes[onders] Bl [at t] 5A Zur Wichtigkeit . . . Blatt 5] meint offensichtlich [Blatt] 5,1 und [Blatt] 5,2, die den Titel tragen: Zur “Relativität der Bezugssysteme”, siehe vorliegende Ausgabe, S. 178–186 A
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
(Relat[ivität] der Bezugssyst[eme]) S[.] 3/4A Naturges[etz] als Anweis[ung] zu Handlungen etc.!B Das ist ein Symptom, daß wir nicht nach ‘Gegenständen’, sondern nach ‘Funktionen’ zu scheiden haben – S chl ick gibt ja zu, daß die Philos[ophie] keinen andern Gegenstand hat[,] als die Physik, als die empir[ische] Wirklichkeit657 – und doch fällt sie auch nach i hm keineswegs mit der Natur-Wissensch[aft] z u s a m m e n , was vom Standpunkt des reinen Physikalismus eigentlich zu erwarten u[nd] zu fordern wäre – sie hat nicht einen andern Gegenstand, aber sie ist eine andere Form, eine andere Richtung der Frage – insofern ein anderes Tun, indem sie eben nicht nach der Beschaffenheit des physikal[ischen] Gegenstands, sondern nach der Beschaffenheit der physikal[ischen] Erkenntnis u[nd] deren “Bedingungen” fragt – eine funkti onal völlig andere Frage – So erschliesst sich im ›Tun‹ der Einfühlung auch eine charakterist[ische]C neue Fu n k t i o n des ›Weltverständnisses‹: eben die Funktion des Ausdrucks. Näher gesagt liegt hier eine Frage der Typentheorie vor – die Frage, was Philosophie ist, (– auch die Frage, was Physik ist[,]) gehört einem ganz andern Typus von Fragen an, als die Frage[,] was die ›Natur‹ (als Objekt der Naturwissenschaft) ist – und es ist klar, daß beide Fragen nicht in derselben Weise, und nicht nach derselben Methodik, zu beantworten sind – Verwirrt man diese beiden Fragetype n, so ergeben sich unlösliche Probleme – genau so wie in der Mengenlehre aus der Verwirrung der Typen solche ‘Widersprüche’ erwachsen sind – Über Russells Typentheorie s[iehe Bertrand] Russell, Introd[uction,] S. 136 ff[.]658 u[nd] die dort angef[ührte] Litteratur bes[onders] Revue de M[étaphysique] 1906, [S.] 627–[6]50 / ›Les paradoxes de la Logique‹[.]D Was den ›Wiener-Kreis‹ betrifft, so entstehen hier viele Schwierigkeiten daraus, daß viele Probleme als meta-physisch bezeichnet und als solche denunziert werden, die nur meta-phys ikalisch sind – A B C D
(Relativität der Bezugssysteme) S. 3/4] unklar, was die Seitenangabe 3/4 meint Zur Wichtigkeit . . . H andlung en etc. !] auf rechtem Rand charakteristische] charakterist[ische] – Über Russells . . . ›Les paradoxes de la Logique‹.] gegenüber am rechten Rand
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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Diese Grenze muss sorgsam innegehalten werden, auch für unser gegenwär tig es Problem – Die “Realität des Fremdpsychischen” ist z. B. ein solches meta-physikalisches Problem – 〈daß es meta-physikalisch ist, ist z. B. hübsch gezeigt von Schröding er 659 . . .〉 aber es ist keineswegs meta-physisch – jedenfalls nicht ›metaphysisch‹ in dem abschätzigen Sinne, den die Wiener Schule mit diesem Ausdruck verbindet – es ist kein “sinnloses” Problem – Welch en Sinn es hat (ausserhalb der “physikalischen” Sinnsphäre): das festzustellen[,] ist eben Aufgabe der gegenwärtigen Untersuchung. Im übrigen ist das Problem, das hier vorliegt, gar nichts Auffallendes – denn es wiederholt sich in ganz verschiedenen Kreisen[.] C h a ra k t e r i st i s ch hierfür ist das Schrödinger’sche Problem der ›Supposition P‹660[,] es ist im Grunde gleichfalls ein Problem der Typenlehre u[nd] es ist aufzulösen durch die einfache Einsicht[,] daß nur die ›Natur‹ ein physikalisches Problem – die P hys ik dagegen ein zwar keineswegs meta-physisches, wohlA aber ein m e ta-physikal isches Problem ist – Die Physik ist ein Kulturphaenomen – und dieses Ku l t u r phaenomen schliesst, wie alle Kulturphaenomene, die Supposition Π ein, als ›Basis‹ der Kulturwissenschaft – Näheres h[ie]rz[u] s[iehe] unter Schrödi ng er 661– In den Aufbau der Natur – der Objektwelt in Raum und Zeit – geht die Supposition Π nicht ein – der Physiker muss die ›Natur‹ so beschreiben, daß er alle “psychischen” Elemente (Gefühle etc[.], selbst subjektive Wahrnehmungserlebnisse: der ›Inhalt‹ des Rot, der Inhalt des Grün etc[.]) aus dieser Beschreibung entfernt – aber das beweist nicht, daß die Physi k (das Faktum der Physik) nicht derartige Faktoren enthält – die ‘Physik’ enthält noch viel m ehr derartige Voraussetzungen als die blosse Supposition Π – 〈z. B. gewisse e thische Annahmen: ich muss nicht nur annehmen, daß es andere Naturforscher ›gibt‹, die bestimmte ›Wahrnehmungen‹ gehabt haben –
A
wohl] statt gestrichenem: sondern
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
ich nehme auch an, daß sie sie ›sorgfältig‹ geprüft, daß sie sie “wahrheitsgetreu” aufgezeichnet haben – Wenn ein Forschungsreisender erklärt, den Nordpol erreicht zu haben, so müssen seine Aufzeichnungen ›glaubwürdig‹ sein – Aber ›Glaubwürdigkeit‹ ist ein ethischer Charakter – der sicher nicht ‘physikalisch’ festzustellen ist, – sondern über den nach anderen Kriterien zu entscheiden ist – trotzdem m u s s eine solche Entscheidung getroffen werden, wenn die Aussage des Forschers – im Aufbau der Physik, oder der Geo graphie – richtig verwertet werden soll – Aber all di ese Fragen gehören einem anderen Typus an: kurz gesagt[,] dem Typus der Kult urwiss enschaft – auch die Physik ist ja offenbar nicht ein Na tur-Faktum, (denn Naturfakten sind nur die Objekt e der Physik, die “Dinge” oder “Ereignisse” in Raum u[nd] Zeit) “Physik” ist ein Kulturfaktum, und ein soziales Faktum – und als solches setzt sie natürlich die Supposition Π voraus – aber nicht sie allein, sondern noch eine ganze Fülle anderer Probleme – s[iehe] hierüber: Schrödi nger 662 . . .〉 Auch die Physi k, nicht nur die Philosophie[,] ist eben ein Tun – und die A n a l ys e dieses Tuns muss mit ganz anderen Kriterien u[nd] Kategorien erfolgen, als die Analyse der Natur- Obj ekte – die “Physik” gehört ja nicht der Di ngwelt an – sie kann mit ihren Mitteln diese Dingwelt begreifen, aber sie kann nicht “sich selbst” begreifen – weil sie selbst ein Kultur-Faktum, kein Natur-Faktum ist [–] für Kultur-Fakten ist das Forum nicht die Physik, sondern die “P hilos[ophi e] der sym bol[ischen] Formen”. Hier gilt das ›excipi‹A – alles lässt sich ›physikalisch‹ begreifen, nur nicht die – Physik selbst – Der Fehler des ‘Physikalismus’ besteht darin, daß er diesen Typen-Unterschied nicht sieht – den er freilich i m pl izi t oft genug anerkennen muss – so schon in Schlicks Definition der Philosophie als ein “Tun”.663 Die ‘Philos[ophie] der symbol[ischen] Formen’ weist auf, daß nicht nur die Philosophie ein “Tun” – sondern daß ein solches spezifisches Tun der Urquell a l l e s Wissens ist – ›excipi‹] lat.: herausnehmen, ausgenommen sein; siehe nachfolgenden Satz im Text A
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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unseres “Wissens” von den Na turobjekten (die ohne das “Tun” der Physik nicht zu gänglich zu machen sindA) und des Wissens von den Kul turobjekten (die ebenfalls auf der Fu n k t i o n der Sprache, der Kunst u. s. f. beruhen) Von den “Objekten”, den realen Gegenständen der Natur, wie der Kultur[,] fragen wir zurück nach den Funktionen, durch die sie ›erschlossen‹ werden – anders als vermittelst der erschliessenden “Funktionen” gibt es für uns überhaupt keine ›Objekte‹ 〈es ist müssig zu fragen, was die ›Objekte‹ ›an sich‹ sind u[nd] wie wir sie zu bestimmen haben, wenn wir die erschliessenden Funktionen ausschliessen, von ihnen ‘absehen’ – wir können sie immer nur i n den erschliessenden Funktionen und vermi ttelst ihrer erfassen[〉] – Aber diese (notwendige) Vermittlung schliesst nichts von S ke p s i s in sich – eben weil die g e ge ntei l ig e Annahme, weil der Wunsch[,] einen Gegenstand erfahren, von ihm etwas wi ssen zu wollen, unabhängig von jeder erschliessenden Funkti on, sich als ein Schei ngedanke erweist – 〈[als] ein “sinnloser” Begriff nach der Terminol[ogie] der Wiener Schule〉 Wir können also den Zweifel zwar nicht “lösen” – wir können aber zeigen, daß er kein “berechtigter” Zweifel ist – weil erB eine willkü rl iche (nicht-sinnvolle) Annahme in sich schließt. Und weder die Philosophie, noch die Wissenschaft ist gehalten, alle Fragen zu beantworten – sondern nur die ›sinnvollen‹ cf. Kant / “hier liegt der Fall vor, daß keine Antwort auch eine Antwort ist”664 vgl. Krit[ik der reinen Vernunft, Ausgabe] B[, S.] 506 Anm. hier u[nd] im Text der Stelle ist die WittgensteinscheC Maxime (cf. Carn[ap,] AufbauD[,] S. 261[)] – “Das Rätsel gibt es nicht.”E665
sind] ist er] er in sich C Wittgensteinsche] Witgensteinsche D Aufbau] statt gestrichenem: Scheinpr[obleme] E cf. Kant . . . “Das Rätsel gibt es nicht.”] auf linkem Rand, durch kurze Linie zugeordnet
A B
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Symbolische Prägnanz, Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
Nicht nur die Antworten der Wissenschaft, sondern schon ihre Fragen bedürfen der “Legitimation” – das ist die gesunde Maxi me des ‘Wiener Kreises’,A in der wir völlig mit ihm übereinstimmen – (nur daß wir den Kreis der Legitimations-Merkmale und der Legitimations-Möglichkeiten weiter ziehen als er – weil uns nicht alles als ›metaphysisch‹ gilt, was im Grunde nur ›metaphysikalisch‹ ist!) Was die Konstituierung der ›Natur‹, der physikalischen Objektwelt betrifft, so betonen wir gegenüber dem ›Empirismus‹ der Wiener Schule, daß diese Konstituierung nicht nur auf die ›Elemente‹ der Erfahrung zurückgeht – (auch wenn man diese ›Elemente‹ anders und weiter fasst, als es z. B. Hume oder M a ch getan haben; also die Impressions-These fallen lässt u[nd] von der Elementen-Psychologie zur ›Gestalt‹-Psychologie übergeht) sondern daß zu dieser Konstituierung stets ein bestimmtes ›Tun‹ unerlässlich ist – und daß dieses ›Tun‹ den Untergrund und die Voraussetzung für jede physikalische T he orie bildet – daß es ferner dasjenige Moment darstellt, wodurch sich diese ›Theorie‹ von anderen Formen des ›Wissens‹ von der Welt (von der ›Kultur‹-Wissenschaft; aber auch von der Kunst, als einer best[immten] Form der Welt-“Auffassung”, oder von der Ethik als einer Form der Welt-B ewert ung) spezifisch unterscheidet. Dieser Unterschied liegt niemals in den blossen Erlebnissen, obwohl all unser Tun natürlich immer auf diese Erlebnisse bezogen bleibt, an sie anknüpfen muss – Ohne diese ›Verankerung‹ in einer best[immten] Erlebnis-Schicht (den ›Wahrnehmungserlebnissen‹ oder den ›Ausdruckserlebnissen‹) giebt es weder eine wissenschaftliche “Theorie” noch sonst eine Form des “Weltverständnisses” – – insofern stimmen wir dem “Empirismus” der Wiener Schule durchaus zu – aber weder die Wahrnehmungserlebnisse, noch die Ausdruckserlebnisse sind zureichend, um die physische Gegenstandswelt (Dingwelt) oder die ku lturel l e Welt (Kunst etc[.].) aus sich hervorgehen [zu] lassenB – A B
des ‘Wiener Kreises’,] des Wiener Kreises des ‘Wiener Kreises’, lassen] lässt
Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹
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die ›Funktionsprobleme‹ sind nie auf die ›Basisprobleme‹ zu rückf ührbar – sie stellen immer eine e i g e n e Aufgabe, deren Schwierigkeit man sich nicht durch einen falschen Methoden-Monismus (Physikalismus) ve r baue n darf – [“]quod non est in actis, non est in mundo[”]666 – Die ›acta‹ sind in diesem Fall die “Dinge” der Gegenstandswelt, oder das physisch-Wahrnehmbare – Aber was ›non est in actis‹, das kann in den Akt ionen sein – und deshalb wird auch der ›Physikalismus‹ unwillkürlich, implizit immer auf diesen Grenzbegriff der ›Aktionen‹ geführt – Carnap: die ‘Einfühlung’ ist ein – Tun667 A Schlick: die ‘Philosophie’ ist ein – Tun668 Wir legen also den Nachdruck auf die Fu n k t i o n s -Seite, nicht auf die Basis-Seite –B aber wir leug ne n darum natürlich nicht die Notwendigkeit der ›Basis‹, sind in die ser Hinsicht durchaus ›Empiristen‹ – Unser ganzes ›Tun‹ führt uns nie über die Basis schlechthin hinaus – es führt uns nur zur Ordnung, Gliederung, “Strukturierung”, Systematisierung der Basis – Aber auf der andern Seite betonen wir, daß diese Strukturierung niemals schlechthin – in der blossen Basis als solcher – ‘gegeben ist’[,] sondern daß sie durch bestimmte ›Funktionen‹ hergestellt, – aufgefunden nicht nur, sondern auf gebau t – werden muss. Und von der Verschiedenheit dieser Funktionen – nicht nur der qualitativen Verschied[enheit], sondern der ›Dimensions‹[-]Verschiedenheit – hängt die Beschaffenheit der Gegenstandsgebiete (physische, psychische Gegenstände – Naturgegenstände, Kulturgegenstände . . .) ab.
Schlick: . . . Tun] die folgende Ms.-S. (Bl. 39) aus Folder 1042 gehört zu dem bereits publizierten Text Zur ‘Objektivität der Ausdrucksfunktion’ Blatt I, vgl. ECN 5, S. 105. Sachlich schließt an dieser Stelle Blatt 1r aus Folder 1042 an B Wir legen . . . Basis-Seite –] auf oberem rechten Rand von Bl. 1r, Angabe von Cassirers Hand, unterstrichen: [Blatt] 4.
A
BE I LAGEN
Ham bu rg , Sommer-Semester 1922. Prof. Cassirer, Grundprobleme der Sprachphilosophie. – Meyne, 669 Moisburg. I.A
Cass irer, Grundprobl eme der Sprachphilosophie. 2. 5. [19]22B [Ei nl eitung ] [Sprachphilosophie] Entsteht bei Platon. Denken selbst ein Sprechen der Menschen mit sich selbst[:] λόγος von der Form des λέγειν nicht getrennt. Stoische Philosophie. Mittelalter[:] De significatione670 ein Thema des Mittelalters. (Nominalismus, Realismus). Renaissance [N]egation Seite des ProblemsC[.] Vives. Petrus Ramus. Lorenzo Valla.671 [S]uchen in den Geist der (antiken) Sprachen einzudringen, dadurch positiv[.] Leibniz’ Scientia generalis wird zu einer Characteristica generalis[,] dazu das Problem der lingua generalis.672 [ John] Locke, Vers[uch] üb[er] d[en] m[enschlichen] V[erstand] [Buch] III., [George] Berkeley: Wahrnehmung dochD nur eine Form der Sprache (des göttl[ichen] Geistes. (u[nd]) der Natur[)] In der Erneuerung der kritischen Philosophie fehlt die Berücksichtig[ung] der SpracheE[.] Mit der Sprache fehlt ein Zugang zu den Geisteswissenschaften[.] Kants Kritik der mech[anischen] Naturw[issenschaft]. Gegner von den Geis[t]esw[issenschaften] Herder. Gegner KantsF[.] Diese Lücke nicht geschlossen durch die Verteidiger. (Fichte, Schelling, Hegel.) Humboldt hat die Lücke erkannt u[nd] sich bemüht, sie zu schließen: ihnG [. . .]H die Wissenschaften. (da alle Geistesw[issenschaften] an die Sprache gebunden) In der Philosophie des 19. J[ahr]h[undert]s keine Entwicklung. Nur von der Sprachwissensch[aft] (Bopp)[.] Man sah, daß es eine allgemeine Gramm[atik] nicht geben kann. Beschränkt bei Bopp auf die i[n]d[o]g[ermanischen] Sprachen.673 Nicht mehr d i e Sprache, sondern Einzelsprachen. Positivismus scheint sich I.] in Bleistift wieder gestrichen 2. 5. 1922] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen C des Problems] über der Zeile D doch] Lesung unsicher, evtl.: noch E der Sprache] unter der Zeile F Kants] nachfolgend gestrichen: (unleserliches Wort) Problem der Sprache G ihn] unsichere Lesung, evtl.: ihren H . . .] unleserliches Wort
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Beilagen
zu bestätigen: 3 Phasen des Denkens (Mythisches, metaphys[isches],A Comte)B Heute 1. besondere Sprachwissensch[aft] 2. gegenüber Psychologie Grenzen nicht scharf. (Sprachgesch[ichte] u[nd] Sprachpsych[ologie]) [D]azwischen scheint kein P[l]atz mehr zu sein: Jakob Grimmes Ansicht von der Sprachphilosophie. Was kann noch jetzt eine Sprachphilosophie? Synthese (nach Wundt)? Wir wollen die PhilosophieC nicht als Zusammenf[assung], sondern als Fundamente. 3 Formen der Erklärung der Sprache 1. Ursprung im mythischen Sein. 2. Substantielle Einheit der Sprache nach Analogon gewisser Naturformen [(]SchleicherD[)] 3. die Sprache nicht als Ding[,] sondern [als] ursprüngl[iche] geistige Funktion. (Humboldt.)E 8. 5. [19]22F Problem des Urspru ngs der Sp rache. Göttl[icher]G Ursprung der SpracheH, oder menschl[icher]I. Empirisch ist eine Sprache aus dem Nichts nicht denkbar. – Eigentl[iche] Sprachwiss[enschaft] verzichtet auf die Erforschung des Woher. Sie will feststellen, wasJ ist. Organismus der Sprache. 1.K Sprache s o l l a l s e i n n a t ü r l i ch e s S e i n bestimmt werden mit natürl[ichem] Werden und Vergehen (Bopp.) Besonders eigentümlich bei Au g [u st ] S chle i cher. Zuerst Hegelianer, dann auf dem Boden der biolog[ischen] Wissensch[aft] Hegel – Darwin: “der syst[ematische] Teil d[er] Sprachforschung hat Ähnlichkeit mit den Naturwissensch[aften]. Wie in der Botanik gew[isse] Merkmale, so übernehmen die Lautgesetze diese Rolle.[”]674 Monosyllabische Sprachen gleichen dem einfachen Krystall, agglutinierende Sprachen entsprechen den Pflanzen, flektierende den Animalien.675 Soll nicht nur geistr[eiche] Spielerei sein, soll die ganze Form der Sprachwissensch[aft] bestimmen. Der Mensch tritt nicht zur gleichen Zeit
metaphysisches,] nachfolgend gestrichen: Wolff Comte)] nachfolgend gestrichen: scheint C Philosophie] über der Zeile D Schleicher] unter der Zeile E (Humboldt.)] nachfolgend Rückseite von Bl. 2 nicht beschrieben F 8. 5. 1922] im Ms. unterstrichen, links neben der nachfolgenden Überschrift G Göttlicher] statt gestrichenem: In den H Sprache] nachfolgend unleserliches Wort gestrichen I menschlicher] nachfolgend gestrichen: Ursprung J was] nachfolgend gestrichen: die Frage K 1.] gegenüber auf dem linken Rand
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Grundprobleme der Sprachphilosophie
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geschichts- u[nd] sprachbildend auf. (Geschichte Worte des bewussten Willens, Sprache Worte der Natur. Freiheit – Unfreiheit.) Freilich die Sprache auch ein Werden, aber nur ein äusserliches Moment. Das ursprüngl[iche] Sprachliche schleift in geschichtl[icher] Zeit ab. 2 Formen der Sprachbetrachtung[:] naturwissensch[aftliche] u[nd] historische (Philosoph erstere, Philologe zweite Betrachtungsweise). Versuch, in der Welt der gegebenen Dinge ein Analogon der Sprache zu finden. Humbold ts Untersuchungen über Kawisprache (Vorwort.)676 Gegensatz zu naturw[issenschaftlicher] Betrachtung. Sprache nicht mit irgendwelchen Dingen zu vergleichen. Sprache aus einer inneren Geistestätigkeit. H[umboldt] spricht auch v[om] Organismus der Sprache, weil die Sprache immer wirklich [ist] in der Aktualität. Niemals ἐργον sondern ἐνεργεία, nicht Werk sondern Tätigkeit, Totalität des Sprechens ist die Sprache.677 Substantialität d[er] Sprache nur zu verstehen, wenn man auf den Geist zurückgeht. Einheit d[er] Sprache Einheit des Geistes. Nicht mehr nach Mischung usw.A forschenB, sondern zeigen, wie in ihr Freiheit und Notwendigkeit sich verbinden. Zu vergleichen mit verschiedenen Formen d[er] Synthesis. 9. 5. [19]22C Allgemeine Geschichte d[er] Sprachphilosophie. Idee der Sprache als philosophische Idee. Literarisch wenig ausgebaut. [Laurenz] Le rsch , Sprachphil[osophie] der Alten. [Theil 1] Bonn 1838. St e i n t h a l , Gesch[ichte] der Sprachphil[osophie] d[er] Griechen u[nd] Römer. 18[90]678 [. . .], Attische Sprachph.D [Eduard] Norde n, Antike Kunstprosa. [1898] v [on] Ar nim, Sophi sti k, etc.679 [Theodor] B e n fe y, Gesch[ichte] d[er] Sprachwissenschaft in Deutschland. [1869] Jede Periode der Geschichte der Philosophie zeigt in der Sprachphil[osophie]E einen gewissen Abglanz der Zeit. – 1. Alt wie die Frage auf den Ursprung des Seins. Sein und Wort nicht getrennt. Ein schlechthin Gegebenes. Freie Tätigkeit des Geistes. Kein
mehr nach Mischung usw.] Lesung unsicher forschen] über der Zeile C 9. 5. 1922] im Ms. unterstrichen D . . . , Attische Sprachph.] Autor unleserlich, Titel konnte nicht geklärt werden E in der Sprachphilosophie] über der Zeile
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Beilagen
SymbolA, sondern ein realer Teil des Seins. Zeigt sich in der myth[ischen] Erklärung der Sprache. Causale Verbindungen mit der Welt. An das Wort knüpfen sich magische Dinge, Wort- u[nd] Namenzauber. In sich geschlossene Gesamtheit. 2. Sobald sich der Mythus über die Stufe der Magie erhebt, in sich ruhende Gesamtheit. Über- u[nd] Unterordnung. Gedanke[,] Sprache allgem[eine] Potenz. Sprache eine Einheit, Logosspekulation der Griechen, Vedische Religion: Wort macht zum Herrn über das SeinB. Der menschlichen Rede liegt die unwandelbare Rede zugrunde (Rigweda.)680 H e rakl it C nicht mehr ein einzelnes Dasein[.] “Von diesem Logos, ob er unendlich ist, wissen die Menschen nichts.”681 Er bekämpft den Irrtum, daß das Denken Abgesondertes sei, es muß sich ein Göttliches darin aussprechen. Hinter allem ein einheitl[iches] Gesetz. Und Weisheit. Beides durch λόγος zusammengesetzt: Lenker, das All, D682 war immer, ist, wird sein. Welt kein Spielball dämonischer Kräfte. Gedanke des Maßes. Nichts bleibt, was ist, einzig Wechsel, aber darin Maß. Sonne entsteht u[nd] vergeht täglich[,] aber regelmäßig (Gesetz)[.] Eins ist Weisheit, den Sinn erkennen, der durch alles zieht. Die Sprache stellt diese Einheit dar. Es ist unmöglich[,] die Sprache als geredtes Ding hinzustellen. Die Sprache ist das Ding, das Grundgesetz des All[s] nicht nur auszusprechen, sondern potenziertes All. Gegensatz [als] Prinzip des Seins.E Gegensatz in der Natur [wird] in der Sprache zum Widerspruch. 11. 5. [19]22F Herakliteischer Logosbegriff an der Grenze des Mythos. Dial[ektische] Enthüllung des einen Logos, der allem Seienden zugrunde liegt. “Diesen Logos, wenngleich er ewig ist, begreifen die Menschen nicht.”683 Durch seine Lehre [gelangt] in das Ganze ein einheitl[iches] Sein. Grundregel, die sich in allem Fließenden behauptet[:] der SinnG. Die Sprache soll ihn enthüllen, aber sie verhüllt ihn auch. Zum Wort den Gegensinn hinzufügen. Durch den Prozeß der Sprache den Prozeß des Seins [erfassen]. In eigentüml[icher] Weise durch Spruch u[nd] Widerspruch. Ein und dasselbe: Alter – Jugend, Krankh[eit] – Gesundtheit. “Des Bogens Name ist
Symbol] nachfolgend gestrichen: des Seins das Sein] ersetzt gestrichenes: die Nat[ur] C H era klit] nachfolgend gestrichen: hat D Lenker, das All,] unsichere Lesung, evtl.: Lenker des Alls E Prinzip des Seins.] nachfolgend gestrichen: Wie das Wort F 11. 5. 1922] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen G der Sinn] Lesung nicht eindeutig, evtl.: den Sinn
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Leben – sein Werk aber Tod.”684 βίος = Leben βιός = Tod. Leben und Tod in Wahrheit eins, kontinuierliche Reihe. Das Sein, das allein weise, will benannt werden und nicht benannt werden mit dem Namen des Zeus (Wspl. A Lebens.) Jeder sprachl[iche] Inhalt ein Doppeltes. Jedes Wort Enthüllung des wahren Seins und Verhüllung. Seine Stilform an der Grenze des Unsagbaren. Auflösung der Einzel[. . .]B (1. Identität v[on] Wort u[nd] Sein, 2. Gegensatz dazu.), die bei Heraklit vereinigt. Eine Richtung knüpft an an die Lehre v[on] dem Fluß der Ding[e]. Etymologie des Wortes soll das wirkliche Wesen des Dinges bezeichnen. Kratylos suchte das zu erweisen, Lehrer des j[ungen] Platon. (Dialog Kratylos.)685 Die zweite Richtung Sophistik ([Platons Dialog] Theaitet). Kein Ding [hat] über einen Moment hinaus einen festen Bestand. Nichts Festes in den Benennungen, deshalb auch im Sein kein Festes. So vieldeutig die Worte, so vieldeutig das Sein. Name nur Konvention, gleiches gilt vom Inhalt. (Begriff des Guten oder Gerechten etc.) Die Soph[isten] haben mit der Vieldeutigkeit der Worte operiert, (Dialog Eutydemos v[on] Platon) Erste bewußte Reflektion über die Sprache, Virtuosität der Sprache. Eristik wird aus der Sophistik. Reaktion im griechischen Denken. Knüpft auch an das Problem der Sprache an. S o k ra t e s : Gegenüber der Willkür feste logische und ethische Maße. Begriff durch die Frage nach dem “Was ist?” geschaffen. Sein nicht unmittelbar in dem Worte gegeben. [Muß] Erst gesucht werden. Sokratische Induktion. Die IdentitätC des Gemeinten ist nur gemeint, nicht in Worte[n] dargestellt. Methode des Befragens. Analyse: Es muß gefragt werden, ob die Einheit des Wortes eine Einheit des Gedanken ist. Das BewußtwerdenD der Einheit des Gedankens nennt Sokrates den λόγος διδόνει.686 Hinter der fliessenden Wortgestalt soll die Begriffsgestalt sichtbar werden: εἶδος (Eidos). Wenn nun das Wort doch nur eine Hülle bliebe, dann stünden wir wieder auf dem Boden der Sophistik. Platon. Gibt nun der Philosophie über die Sprache eine neue Wendung. 12. 5. [19]22E Platons Kratylos. Durcheinander von philosoph[ischen] u[nd] künstlerischen Momenten. Es ist ein heiteres übermütiges Spiel. Deshalb nicht alles ernst zu nehmen. Thema: Richtigkeit der Bezeichnungen. Einerseits die Behauptung des Kratylos: Jedes Ding habe von Natur aus seine richtige Wspl.] unsichere Lesung, Abkürzung ungeklärt Einzel . . .] unleserliche Endsilbe C Identität] nicht eindeutig lesbar D Bewußtwerden] Bewußtwerdens E 12. 5. 1922] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen
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Benennung. Norm der Bezeichnungen. Die einzelnen Dinge dem Wesen entsprechend bezeichnet.687 Wer das Etymon erfasse, habe die Dinge. Hermogenes vertritt die Ansicht, daß die BezeichnungenA auf Vertrag und Übereinkunft beruhen.688 Sokrates [gibt] nicht sofort eine klare Antwort. Zuerst scheint er auf dem Boden des Kratylos zu stehen. Er fürchtete, daß von dem Schwanken des Wortgebrauchs auch die Begriffe schwanken würden. Es muß[, es] darf etwas mit sich selbst Identisches gemeint sein, auf das die hinblicken, die von ihm sprechen (ὄνομα u[nd] λόγος). Es folgt daraus[,] das[s] aus dem Wort [ei]dosB (εἶδος) etwas vom Wesen der Sache zu haben sei. – Nun dreht Sokrates die Sache um, er verschattetC nun Wort u[nd] Sache. Ein fremder Geist [ist] über ihn gekommen. Die Wesenheit zu bestimmen ist Aufgabe des Dialektikers, nicht des Sprachkenners, etc. “Lehre vom Fluß aller Dinge”689 von Kratylos auf die Sprache übertragen: Variabilität, Instabilität, Sub[jek]tivität aller Dinge. Am Schluß des Dialogs zeigt Sokrates, daß nicht der Fluß das Gesetz aller Dinge [ist], sondern der Stillstand690 (wie im Th[e]aitet). Platon hier zum ersten Male andeutend von der Ideenlehre. (Irr[t]um, daß Grundgestalten des Denkens anzuwenden seien, die nicht dem Wechsel unterworfen. Kaum auf dieses neue Lehrstück hingewiesen, bricht der Dialog ab.[)] Tendenz: die neue Lehre einführen in einer reductio ad absurdum. Warum behandelt Platon diese These ausführlich: Befreiungsprozeß. Er [war] selbst dem Kratylos eine Zeitlang gefolgt. Die Hinwendung zur Wissenschaft. DasD Eros nicht durch die Worte sondern Mathematik. Konstanz der math[ematischen] Begriffe u[nd] Urteile. Zu der Mathem[atik] durch die Dialektik. Denken ein inneres Sprechen mit sich selbst: Was der Mathem[atiker] definiert[,] ist nicht mehr an die zufälligen Worte gebunden. Über den bloßen Wortsinn hinausgehend, im Logischen an sich ruhend. Verirrung: aus den Worten das Wesen der Dinge zu erhoffen. Die großen Dialoge gehen nur mittelbar auf das Problem der Sprache ein. Nun im Phaedros entscheidet Platon im gleichen Sinne (Rhetorik u[nd] Dialektik)[.] In seinem Alter kommt Platon noch einmal auf dieses Problem zu sprechen ganz exakt: im 7. Platonischen Brief. (Viele Jahrh[underte] als unecht abgelehnt, die letzten Jahre, besonders Wilamowitz, haben die Echtheit sicher gestellt.) In Schilderung seiner Schicksale in Sizilien plötzlich das Problem: Ist es möglich die letzte philosophische Erkenntnis in Worten oder Schrift mitzuteilen. Platon verneint es. Zwischen Natur der Erkenntnis und Worten ein Spalt. Nur unterbaut werden könne sie, die Bezeichnungen] nachfolgend gestrichen: sich eidos] Lesung und Klammersetzung unsicher, evtl.: des C verschattet] Lesung unsicher, Wort verbessert durch Überschreiben D Das] evtl. Der
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letzten Schlüsse müsse jeder selbst ziehen. Diese Stelle Anfang der Logik der Sprache.691 15. 5. [19]22.A Von der Sphäre der Begriffe verschiedenB 1.C die Sphäre der sinnl[ichen] Wahrnehmung (“alles fließt”, keine gleichartige [Wahrnehmung] wieder), auch dieD des Psychischen (Gedanken, Phantasie bleiben auch nicht mit sich selbst identisch.) 2. Die Sphäre des Physischen (auch nichts Beharrendes), 3. die Welt der Inhalte der Sprache, die Worte. Zwischenwesen zwischen dem wirklichen Sein und dem [idealen.] Das Wort will ein Bleibendes bezeichnen. Anspruch gestellt, aber nicht erfüllt. Äußerlich: durch verschiedene Worte ein und derselbe Inhalt gegeben. 7. Platonischer Brief: 4 Stufen der Erkenntnis, durch die wir hinaufsteigen zur Erkenntnis: 1. Stufe der Namen,
ὄνομα
2. Sprache, Definition,E
λόγος
3. sinnlichesF Abbild
εἴδολον692
Alle gehören nicht dem Reich des Seins, sondern dem des Werdens an.G Eine wahre Erkenntnis kann ohne diese 3 Stufen nicht erworben werden. Sie geht aber darüber hinausH, gleichsam als Synthese. Die Sprache [ist] ein erster Anfangspunkt der Erkenntnis, erste Fixierung der Erkenntnisinhalte. Aber noch wandelbarer als das sinnl[iche] Abbild. Das sinnl[iche] Sein strebt nach der Idee, es faßt sie nicht. Eigentümliches Verhältnis von Sinnenwelt zur Geisteswelt: Repräsentation. Das εἴδολον kann Bed[eutung] werden. Sprache ist Repräsentation. Darstellung durch bestimmte Zeichen. – Im Phaedon sagt Pl[aton], daß alle frühere Philosophie bei den Gegenständen angefangen [hat].693 Er fängt bei den Begriffen an (von den λογοι zu den πραγμα). Eidolon tritt zwischen Sprachform und Erkenntnisform. Erscheinungen nicht Ideen, aber haben daran teil. (μετεξις, Teilhabe) Der Begriff Teilhabe enthält Identität u[nd] Nichtidentität. Bleibt ein ἑτερον 15. 5. 1922.] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen verschieden] über der Zeile statt gestrichenem: entfernt C 1.] über der Zeile D auch die] nachfolgend gestrichen: Sphäre E 1. Stufe der Namen, 2. Sprache, Definition,] von einer geschweiften, nach oben zeigenden Klammer umfaßt F sinnliches] über der Zeile G an.] nachfolgend gestrichen: Eine wahre Ant[wort] H darüber hinaus] hinaus darüber
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aber nicht zu Denken als nur aus einer sinnl[ichen] Wahrnehmung heraus. Phys[isches] = sinnl[icher] Gehalt der Wörter[.] Träger einer ideellen Bedeutung jenseits der Sprache. Sprache u[nd] Wort streben nach dem reinen Sein, aber erreichen es nicht. Eigentümliche Stärke der Sprache ihre Schwäche. Streit des Mittelalters über Grenzen v[on] Wort und Begriff (Nominalisten und Realisten.) Platon könnte ebensogut als Nominalist wie als Realist bezeichnet werden. AberA Problemstellung falsch. – 16. 5. [19]22B Durch Platon [kam] ein Begriff in die Philosophie, der die Welt des reinen Seins mit der Welt der sinnl[ichen] Dinge verband: Begriff der Teilhabe. Beide Reiche nicht homogen, deshalb keine Teile einer Welt. Doch weist das sinnl[iche] Sein auf das ideelle hin. Damit der Begriff geschaffen, der für die Beurteilung der Sprache wichtig wird. Sprache ist erste Form der Fixierung, muß allen anderen Stufen vorausgehen.
Die Abscheidung zwischen Logischem u[nd] Sprachlichem erhält sich nun in der Zukunft in dieser Schärfe nicht aufrecht. Aristoteles’ Schrift über die Kategorien,C die allgemeinsten Begriffe des Seins. Es ist, es ist ein Bestimmtes, ein zahlenmäßig Bestimmtes etc. Genera der Aussage, nach Plotin, Grundbestimmungen des Wirklichen, die aus der Prädikation hergeleitet sind. Substanz – Substantivum, Wo u[nd] Wann – Adjektiv u[nd] Adverb. – Logische u[nd] grammatische Spekulation scheinen sich hier zu entsprechen.
Gestaltung des Problems in d er neu eren E rkenntnislehre Im mittelalterlichen Denken [gehen] Sprache und Logik ein Bündnis [ein]. Man versuchte von der Renaissance ausD von der Grammatik her den Kampf gegen mittelalterliche Logik aufzunehmen[:] L[orenzo] Valla, [Juan Luis] Vives, Petrus Ramus.694 Was die Scholastik erfasst hat, sind nur äußerlich[e] gramm[atische] SeitenE, wie man sagt. Neuere Philosophie kämpft gegen die bloße Einstellung auf den Namen. Bei den Sachen muß begonnen werden. Durch die mathem[atische] Wissenschaft ist das bedingt. Descartes geht aus von einer scientia Aber] über der Zeile 16. 5. 1922] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen C Kategorien,] Kathegorien, D aus] nachfolgend gestrichen: den E Seiten] statt gestrichenem: Begriffe
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generalis, die er eine mathesis generalis nennt.695 Diese Forderung bleibt nicht ohne Einfluß auf seine Sprachphilosophie. Geht aber nur in einem Briefe auf das Problem ein:696 Möglichkeit einer Universalsprache. Bejaht es. So gut es eine mathesis universalis gibt, muß es auch eine lingua universalis geben. Aus gewissen Anfangssätzen muß sich ein einheitlicher Bewußtseinsinhalt aufbauen lassen, wie die Algebra allgemeine Symbole für Zahlenverhältnisse geschaffen [hat]. Logistices speciosa nennt Vieta die Algebra.697 Descartes betont, daß immer, wo methodisch vorgegangen wird, die Erfahrung an Zeichen geknüpft wird. Inhalt wird in eine andere Sphäre übertragen, in die Sprache der Zahlen getragen. Dadurch erst erfaßbar. Darauf baut der ganze Rationalismus. Lei bn iz [ist] nicht unmittelbar von der Sprache ausgegangen. Er wollte ein allgem[eines] Verständigungsmittel schaffen. Jeder Erfinder einer Universalsprache bemüht sich[,] Hauptbegriffe zu schaffen, unter die er die Einzelbegriffe aufteilt. Leibniz aber stellt dieses Problem in den Zusammenhang aller philosophischen Erkenntnis, indem er anknüpft an die Idee. Unmittelbar stellen sich die SachenA als komplexe Ganzheiten [dar]. Perceptio confusa (verworrene Ideen)B gegenüber perceptio distincta.698 InC [der] Definition, die eigentümlichen Elemente ausgesondert[,] und [die Ganzheiten] treten zusammen. Idee der Kombinatorik schon in seiner Jugend. Zahl in Fiktionen. Ebenso auch in der Erkenntnis. Zerlegung inD Primzahlen eine eindeutige. In der Philosophie unendlich viel Elemente, aber übersehbar und erkennbar. Die Unendlichkeit nur [. . .]E, wenn an die sinnl[ichen] Zeichen gebunden. Sprache [als] Organ des sinnl[ichen] Denkens. 18. 5. [19]22.F Einer Einheitssprache muß eine methodische Gliederung der Erkenntnis überhaupt vorangehen.G Für jedes Element einfache eindeutige Zeichen (Jede Zahlgröße läßt sich so, als in Primfaktoren zerlegbar, darstellen. Jede Zahl aus einfachen Größen aufbaubar.) Fortschritt der Analyse u[nd] der Charakteristik bedingen sich gegenseitig. Ziel erst erreichbar, wenn die Philosophie zum letzten Ziel vorgedrungen. Leibnitz’ Analysis des Unendlichen, übertragen auf das Bewußtsein überhaupt. Der method[ische] Sachen] statt gestrichenem: Form (verworrene Ideen)] über der Zeile C In] über der Zeile D Zerlegung in] links vor der Zeile auf dem Rand E . . . ] unleserliches Wort F 18. 5. 1922.] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen G vorangehen.] nachfolgend gestrichen: (die Erkenntnis nicht nur einfach Daten der Erkenntnis sondern Zusammenf[assung])
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Rationalismus Leibnizens nach zwei verschied[enen] Seiten hin zu verstehen: einmal Auflösung in Verstandesdinge, andererseits die Gedanken enthalten einen Zusatz aus der Einbildungskraft. Auf das Letzte können wir nicht kommen. Inhalt der Realität [bilden] die einfachenA Substanzen. Keine Bestimmungen der Größe und Lage. Qualitative Unterschiede. Monaden, die in den inneren Zusammenhang hineinschauen, die in dem Sinnlichen nur die Form anschauen. Auflösung der Form nur dem göttlichenB Sein möglich: nicht mehr repräsentativ, sondern intuitiv. Symbolik abgefallen. Das Denken [ist] hier die Gegenstände selbst. [“]CognitioC caeca sive symbolica[”]699 bei der menschl[ichen] Erkenntnis. Jede Vorstellung enthält einen Erkenntnisgehalt[,] der nur der explicatio bedarf: Aufklärung: die sinnl[ichen] Hüllen nicht abstreifen, aber als das, was sie sind, erkennen. Leibniz sieht tiefer in bezug auf die Sprache als das ganze 17. J[ahr]h[under]t – Betrachtung der Sprache beim philos[ophischen] Empirismus. Hier wird das Problem der Sprache von einer anderen Seite angegriffen. Sprache: Mittel der Erkenntnis. Lockes Vers[uch] ü[ber] d[en] m[enschlichen] V[erstand]. Sprache zeuge für seine empiristische Grundansicht der Erkenntnis. Aufbau aus einfachen Ideen. Die Idee ist bei ihm v[om] platonischen Gedanken abgewichen. Einfach Inhalt der inneren und äußeren Wahrnehmung. Worte. Ursprung in gewissen sinnl[ichen] Elementen. (Geist deshalb wie Atom) Alle Ideen wie die Worte, vonD sinnl[ichen] Dingen. Worte bilden nicht die Dinge ab. Je nachdem dem Menschen die Dinge vorkommen, werden die Worte ausfallen. Alle Sprache eingetaucht in die psychologische Subjektivität. Worte nicht Bilder der Wirklichkeit sondern der Auffassung. Keine Begriffe der verschiedenen Sprache[n], die kongruieren. Worte aus einer Sprache in die andere nicht übersetzbar. Jetzt löst sich das Sprachproblem von den starren logischen Banden. 19. 5. [19]22.E Ein neuer Strom von Subjektivität in die Sprache. Die Komplexe,F in verschiedenen Sprachen,G hängen von der Richtung der Gedanken ab. In der Bezeichnung einfacher Sensationen ist der Geist gebunden, in der
einfachen] über der Zeile statt gestrichenem: geistigen göttlichen] evtl. Göttlichen C Cognitio] Condibio; Lesung unsicher bzw. Schreibfehler, muß lauten: Cognitio bzw. Cogitatio D von] evtl. an E 19. 5. 1922.] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen F Komplexe,] nachfolgend unleserliche, gestrichene Zeichen G Sprachen,] nachfolgend gestrichen: die
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Bezeichnung der Komplexe ist der Geist frei. Die ganze Richtung der Subjektivität tritt in die Bildung der Worte ein. Verschiedene Möglichkeit die Subjektivität zu deuten. 1.) Negatio; durch jede Benennung wird die Natur des AuszudrückendenA verändert, es wird etwas aus unserer Betrachtung hinzukommen. So von Berkeley aufgefaßt.B Zu den letzten Grundgegebenheiten des Bewußtseins vordringen: Perzeptionen. Esse est percipi!700 Was hindert uns zu diesen Urperzeptionen vorzudringen? (Man ist nie zu diesen unmittelbaren Wirklichkeiten vorgedrungen) Wir haben ein konkretes Ziel vor Augen. Die Worte haben eine natürliche Heterogenität gegen die Natur des Wirklichen. Sprache muß zu allgemeinen Bezeichnungen greifen, ausdrücken, was nicht ist. Wir können nur zum unmittelbaren Sein zurückkehren, wenn wir uns von allem Trug der Sprache freihalten. Die meisten Unklarheiten durch Worte. Wir brauchen nur den Vorhang der Worte wegzuziehen, um die Wirklichkeiten zu sehen. Da haben wir die Qualität in ihrer sinnlich faßbaren Gestalt. 2. Subjektivität [als] Träger eines eigenen eigentümlichen Wertes. LockesC These, daß die Worte in versch[iedenen] Sprachen den Sachen nicht entsprechen.701 Ästhetischer Faktor . . . Der sprechende Mensch [ist] nicht nur Denkmaschine, sondern [es ist auch] eigentümliche Art der Phantasie mitbeteiligt. Problem der Grammatik nicht mehr als allgem[eine] Gramm[atik] gefaßt, statt dessen Stilistik der Sprache. In ihm [kann] Lebendigkeit nur erfaßt werden, wenn man den eigentümlichen Stil nachfühlt. Diderot kommt auf diese Sache in [“]Lettres sur les sourd-muets” (Taubstummen) [zu sprechen].702 Mimische Sprache, die den Taubstummen eigen ist. Probleme, die durch Lessings Laokoon bekannt sind. Plastik, Malerei, Dichtkunst etc.: sie alle haben ihre Symbolik. Immer auf die Bestimmtheit der Zeichengebung eingehen. Dann muß man in allen Sprachen eigentümliche Verknüpfungen mit den Vorstellungen [konstatieren.] Unübersetzbarkeit besonders der Dichtwerk[e]. Das Ganze des sinnl[ichen] Ausdrucks ist mit dem Inhalt eins. Lessings Grundbegriff der Ästhetik.703 Genie inD einer eigentümlichen Weise der Formung, zwingtE in eine eigentümliche Form des Ausdrucks, läßt sich von dem Werk nicht loslösen. Eine neue Form der Subjektivität. Positiver Gehalt. Objektive Regeln gelten nicht für die Leistung der Ge-
wird die Natur des Auszudrückenden] die Natur des Auszudrückenden wird aufgefaßt.] nachfolgend gestrichen: Das [unleserliches Wort] C Lockes] nachfolgend gestrichen: Hypot[hese] D in] über der Zeile E zwingt] Lesung unsicher, evtl.: zweigt
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nies. Subjektivität SchöpferA eines neuen Gesetzes. (Zweifacher Begriff der Subjektivität: 1. Psychologisch-empirischer. 2[.] Allgemeiner.) Wie kann das Genie trotzdem objektivierende Geltung haben? Wie [vollzieht sich] das in der Sprache? Shaftesbury stellt [sich] dem Empirismus gegenüber. Er kommt nicht vom Empirismus. Ganz anderer Gedankenkreis (auf den Neuplatonismus zurückgehend) Schule von Cambridge: Begriff der Form in einem tiefer[e]n Sinne als beim Empirismus. Der Form kommt unser Geist nicht nahe; Auflösung in Elemente unmöglich. Wird vernichtet, wenn man sieB auflöst. Welt [als] ein Inbegriff organischer Wesen. Jedes besitzt einen eigentümlichen Genius. Jedes Sein [besitzt] seine Form. Vom Genius des Ich zum Genius des Universu[m]s. Wahre Schönheit der Welt beruht darin, daß ihre Auflösung in Elemente unmöglich ist. Alles Sein [hat] eine innere Form. Künstler hat es nicht mit Raum und Zeit, mit dem Entstehen usw. zu tun. Bedeutung für Goethe. Begriff der inneren Form nun auch auf den Begriff der Sprache. Dadurch die Sprache zu einer Höhe philosoph[ischer] Betrachtung [geführt]. 22. 5. [19]22.C Die innere Sprachform in geisteswissenschaftl[lichem] Zusammenhang. Begriff der Subjektivität in der Form u[nd] im Genie. Der echte Künstler ein Prometheus, er bildet Gestalten: Begriff der inneren Form. Auch die Sprache in jede[r] Bildung eine individuelle, aber andererseits darin eine Form. Diderot [versteht das] schon. Harris, Versuch über die universelle Grammatik704, Neffe Shaftesbury[s]. Begriff des Genius jeder Sprache. Andere Analyse als beim Empirismus, der die psychischen Gestalten bis in ihre sinnl[ichen]D Elemente auflöst. Demgegenüber wendet sich HarrisE gegen diese psychologische Chemie, bei der ein geistiges Ganzes vernichtet wird. Er lehrt, jede Sprache hat ihre eigene Sprache. Das Volk, das die meisten Ideen hat, hat die ideenreichste Sprache. Sprachentwicklung des Begriffs. Geist: bereichert und vertieft sich. Rud[olf] Hildebrands: [“]Geist[”] und [“]Genie[”]705 (im Deutschen Wörterbuch.) H e rder geht auf Harris zurück. Ein Brief Hamanns an Herder weist auf Harris hin.706 – Zwei große Lehrer: Kant, Hamann. Hamann: Probleme der Religion u[nd] der Sprache, bei ihm gehe beides auf eine geistige Einheit zurück.707 Er kann sie nicht ausdrücken, dringt aber darauf. Immer aber Schöpfer] nachfolgend gestrichen: des sie] es C 22. 5. 1922] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen D sinnlichen] über der Zeile E wendet sich Harris] Harris wendet sich
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kreisen seine Gedanken um dieses Grundproblem. “Vernunft ist Sprache.”708 Sprache wird ihm zum Zentralproblem, weil [sie] ihm Ausdrucksform des Symbolischen [ist]. Das Menschlichste und das Göttlichste. Alles natürlich[e] und geschichtl[iche] Sein weist über sich hinaus. Hüllen für den einen Sinn, Symbole. Wie alles Leben urspr[ünglich] Göttl[iches] Leben ist, so ist die Sprache göttl[ichen] Ursprungs. Natur, Geschichte, Sprache ent- und verhüllen die Symbole. (Erinnert an Heraklit.) Gegensatz zu der logischen Ansicht Leibnizens von der Sprache. Von hier aus Herders Stellung zu erfassen. Aber neben Hamann steht Leibniz. [Herder:] “[Abhandlung] Über den Ursprung der Sprache”: Nicht wie ein Wunder, das dem Menschen von außen gegeben, sondern Ausdruck seines Seins. “Alles zugleich göttl[ich] und menschlich.”709 Eigentümliche Spontaneität, die über das Tierische hinaus geht. Zuerst Schrei der Empfindung (Affektions-Urgrund),A aber indem er Sprache wird, ist er über sich selbst hinausgewachsen: Besonnenheit (nicht Reflektion im Sinne der fr[an]z[ösischen] u[nd] engl[ischen] Philosophie.) Moment der Wiedererkennung ist ein Grundmoment aller Sprachbildung. (Leibnizscher Apperzeptionsbegriff.) Sprache [ist] kein Gemachtes, sondern von innen her geworden[.] ChaupertuisB lehrt, der Mensch habe die Sprache methodisch aufgebaut: Ausgang von wenigen Komplexen. Sprachvernunft ein Prozeß, in dem die Vorstellungswelt immer weiter emporwächst. 23. 5. [19]22.C Herders Begriff der Humanität u[nd] der Sprache in eins verschmolzen. (Bei Leibniz durch die Apperzeption die Einheit des Ich.) Empirismus geht von einfachen Unterschieden der Qualität der Empfindung aus, aber von der Funktion des Wiedererkennens aus gibt esD eine Bestimmtheit derE Erkenntnis. Die Sprache ist nun das Mittel des Wiedererkennens. Damit eine Ansicht, die wieder die Sprache ausschl[ießlich] im Gefühl oder ausschl[ießlich] im Verstand wurzeln läßt. Sprache zwar Form der Reflektion[,] aber nicht mechanische, sondern organische Form. (Bopp will die Sprache als Organismus dargestellt wissen.) Romantik hat den Begriff des Organischen fortgebildet. Fr[iedrich] Schlegel [“]über Sprache und Weisheit der Inder[” (1808)] etc. Für uns ein abge-
(Affektions-Urgrund),] nachfolgend gestrichen: zugl[eich] Chaupertuis] Lesung unsicher, Name und entsprechendes Werk konnte nicht geklärt werden C 23. 5. 1922] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen D es] evtl. er E der] nachfolgend gestrichen: Sprach[e]
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blaßtes Bild, für die Romantik voll Inhalt. Als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips der Begriff des Organischen gefaßt. Bei Kants Kritik der Urteilskraft ist der Begriff des Organischen der Mittelbegriff zwischen Natur und Freiheit.710 Möglichkeit einer Korrelation zwischen beiden. Gedanke der Zweckmäßigkeit bringt Natur u[nd] Freiheit in ein neues Verhältnis. Nicht unmittelbar in einem Gegenstand sich befindend, sondern in einem gedachten, in der Unendlichkeit liegenden Punkte. Schelling bezieht das OrganischeA auf die Einheit des Metaphysischen, Absoluten.711 Natur und Freiheit (Kunst) im Organischen vereinigt. Bloßes Dasein geht ins Tun über. Den Menschen überfällt eine Ahnung von der Einheit seiner Natur. Natur spricht um so verständlicher, je weniger man über sie reflektierend denkt. Die Sprache in seine Systematik nicht hineingezogen. Für die Erklärung des organischen Lebens der Begriff schon durch Leibniz. Jedes Kunstwerk [hat] seine individuelle Form. HumboldtB ergreift die Aufgabe, die Herder hingestellt hat, damit rückt er zunächst von den Gedanken der allgem[einen] Grammatik des 17. J[ahr] h[undert]s ab, die in der Sprache das Logische sieht. Abhandl[ung] über das vorz[üg]l[iche] Sprachstudium.712 Wo der Stoff zu Begriff geformt wird[,] kommt es auf die individuellen Züge an. Verschiedenheit der Welt an sich selbst. Besonderheit der Schälle und Zeichen bisherC zu einer Einheit geschlossen. Vor der Formung subjektiv, wenn aber geformt, ist etwas Bleibendes. So die Sprache also auch etwas Objektives. Subjektivität der ganzen Menschheit wird in sich zu etwas Objektiven. Subjekt und Objekt haben in der Gesch[ichte] des Erkenntnisproblems oft ihre Stellung gewechselt. 26. 5. [19]22.D Pot t, Humboldt [und die Sprachwissenschaft]713 Ste inthal , Sprachphilos[ophie].714 Schriften Humboldts Arch[iv] f[ür] Philos[ophie] [Bd.] XIII.715 [. . .],E Stil[.] Humbold[t] trennt die Arbeit des Forschers nicht von philosophische[r] Besinnung. Sucht im Einzelnen immer das Ganze. Nicht bestimmte allgem[eine] Leitideen über Sprache, sondern mit der Sprache. Primitive Sprachen als geistige Einheiten von besonderer Eigentümlichkeit. Immer
das Organische] über der Zeile Humboldt] nachfolgend gestrichen: , das was von Herder C bisher] über der Zeile D 26. 5. 1922.] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen E . . . ,] unlesbares Wort, unterstrichen
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wird von dem Studium der Einzelsprache zu dem Allgemeinen [fortgeschritten]. Sprache soll ihm Vehikel sein, die ganze Welt zu durchfahren. Einl[eitung] z[um] Kawiwerk. Gewisse Zentren herausheben: Humbold[t] ist der äußerlichen Systematik feind, sucht systematisch. Humbold[t] [ist] Schüler Kants, und sich dessen bewußt. Parallele suchen zwischen Kants allgemeine[r] Metaph[ysik] und Humbold[ts] Sprachwissenschaft. Kant: Subjekt und Objekt nochA immer zwei selbständige Inhalte des Seins, Scheidewand dazwischen. Metaphysik soll überbrücken. Entweder Subj[ektivität] erzeugt die Inhalt[e] der Vorstellung. Oder das Ding bildet sich ab. In der Gesetzlichkeit formt sich erst der Begriff des Gegenstandes. Objektivität das Moment, was die Notwendigkeit der Erkenntnis begründet. Objektivität der Erkenntnis der Phänomene durch die Auffassung konstituiert. So bedingen Subj[ektivität] u[nd] Obj[ektivität] einander: – Humbold[t] geht von dem Gegens[atz] d[er] Obj[ektivität] u[nd] Subj[ektivität] aus und von d[em] G[egen]s[at]z des Einzelnen und der Allgemeinheit. In gewissem Sinne [hat] jedes Individuum seine Sprache. Aber [der Gegensatz wird überwunden] durch Vermittlun[g]en zwischen der endl[ichen] u[nd] unendl[ichen] Natur und von Individuum zu Individuum. Aber nur [durch die] Form der Synthesis, eigent[lich] Formung, nicht Abbild. Die Sprache verbindet die isolierten Menschen. Einheit nicht des Gegebenen[,] sondern erst zu Erringenden, denn [er hat] die sprachphilos[ophische] Konsequenz aus Kants Metaphysik gezogen. Transzendentale Bez[iehung] der Subj[ektivität] mit der Obj[ektivität] und umgekehrt. Subjektivität der Sprache darf nicht mehr Trennung, sondern [muß] Mittel derB Objektivierung [bedeuten]. Für das naive Verständnis giltC es nur als Mittel. SchererD zum Begriff der höheren Objektivität. Sieht nur die Sachen. Diese materialistische Ansicht habe die Sprachwissenschaft tot und unfruchtbar gemacht. – Vertauschung von Worten von einer Sprache in die andere mögl[ich] bei Mathematik. Sonst fügt das Wort [etwas] von dem Seienden hinzu. Verschiedenheiten von Weltansichten drücken sich darin aus. Nicht nur perspektivische Ausschnitte. Wie bei Leibniz die Welt nur in der Spiegelung der Monaden da istE, so bei Humbold[t] die Welt unter verschiedenen Gesichtspunkten. Prästabilierte Harmonie: die Gesetze [sind] so angelegt, daß sie nicht denselben Stoff, sondern sich auf einander beziehen. Jede Sprache wie eine Leibnizsche Monade. Von den einzelnen Sprachen will er zu einer Totalität der Weltnoch] Lesung unsicher, evtl.: nich[t] Mittel der] über der Zeile C gilt] nimmt D Scherer] Lesung unsicher (siehe Hrsg.-Anm. 721) E da ist] dar
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ansichten kommen. Jede Sprache ein Anklang an die allgem[eine] Natur des Menschen. Allgem[eine] Subjektivität ist das Objektive. Jede Betrachtung der Sprache muß genetisch verfahren. Nicht Bedingungen psychol[ogisch]-histor[ischer] Art untersuchen. Nicht ausgehen von dem, das schlechthin da ist, sondern Funktion des Erzeugens aufsuchen. Wesen der Sprache nicht auf [ihre] gramm[atischen] Elemente [zurückzuführen]. Bestimmte Richtung und Arbeit des Geistes darin. 29. 5. [19]22.A Ende der geistigen Arbeit [ist] der Gegenstand der Erkenntnis. In der Sprache: Subjektivität nicht mehr Einschränkung der Objektivität, sondern Bedingung. Zentraler Begriff der Sy[n]thesis. Stoff und Form. Auch in die Sprachwissenschaft. Kant: Form [ist] Verhältnisausdruck. Das Phänomen besteht aus Relationen. Aber [besitzt] in sich eine innerliche Gesetzmäßigkeit. Einheit der Verknüpfung ermöglicht die objektive Einheit in einer Ordnung, wie z. B. Raum- u[nd] Zeit-, Kausalbegriffe. Phänomen des Urteils. Darin Beziehung auf ein sprachl[iches] Problem. An der Struktur des Satzes sucht er zu schließen, daß jedes Urteil Anspruch auf Allgemeingültigkeit hat. Kopula macht diese Verbindung, Träger der Form des Urteils[:] “ist” –. Nicht einfach assoziative Verbindung (Wahrnehmung), hier notwendige Verknüpfung. “Ist” [–] das Vehikel der Notwendigkeit des Urteils. Humbold[t] sucht ein Verhältnis zu fassen, das der Sprache ihr Gepräge gibt. Zu dem Akt der Bezeichnung [tritt] noch ein neues Moment [hinzu]. Begriff kann in die sprachl[ichen] Kategorien verfolgt werden.B Form der Sprache. Gegensatz v[on] Rezeptivität u[nd] Spontaneität. (sub specie der Tätigk[eit], der Subst[anzierung]C etc.) Formlose Sprachen gibt es für Humbold[t] nicht. Bewegung v[on] der Erscheinung zur Idee u[nd] zurück ist sein Charakteristikum. Transzendentale Methode. Faktum der Wissensch[aft] nicht als gegeben, sondern von der Wissenschaft erst [zu] bewirken. Sprache [ist] Zugangstor zu den Geisteswissenschaften. Bopp geht auf Humbold[t] zurück.716 Schleicher in den Anfänge[n] von Hegel ausgegangen. Operiert mit dem Begriff des Sprachorganismus.717 Damit unbestimmt und vieldeutig. Zwei Extreme zu einer Einheit geschlossen. Ob die Gesetze der Sprache als historische oder natürl[iche], ob [als] ein Werk der bewußten Arbeit des Geistes [zu betrachten sind], darauf keine Antwort. Bald [kommt bei ihm] die eine, bald die andere Richtung zur Herrschaft. Tendenz der Entwicklung bei Schleicher. Der A B C
29. 5. 1922.] erste Zeile, links neben dem Text, unterstrichen werden.] nachfolgend gestrichen: , aber nur ein Substanzierung] Lesung nicht eindeutig
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spekulative Entwicklungsbegriff Hegels wird zum empirischen, biologischen. Bedeutung des Stoffliche[n], was ein Wort besagt, Beziehung ist Stellung der Wörter im Ganzen des Ausdruckes, Form. IsolierendeA Sprachen lautlich nur das Stoffliche, agglutinierende Sprachen schon Beziehungslaute, aber rein stofflich, in den Flektionssprachen Verknüpfung. Von dieser Hegelschen Ansicht Wendung [zu Darwin]: Sprachtypen mit Naturtypen zusammengefügt. InB einemC späteren Werk “Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft” [1863], [ist Schleicher] zur Biologie übergegangenD. Gegens[at]z von Natur u[nd] Gott muß als unzeitgemäß fallen. Dualismus seit [Schleicher] ein überwundener Standpunkt. [Den] Arten [der Gattung] entspringen die Stammessprachen etc. Sprachwissenschaft [ist] Zweig der Naturwissenschaft. Sprachphilosophie mußte aufhören oder in Naturphilosophie übergehen. 30. 5. [19]22.E Von der Metaphysik des Spekulationismus z[ur] Metaph[ysik] des Monismus übergegangen. Nach Schleicher rein positivistische Begründung der Sprachphilosophie. Ein Problem methodisch im Mittelpunkt: Lautgesetze. Alle Erscheinungen müssen in einer Gesetzlichkeit stehen. Sonst keine Sprache als Wissensch[aft] möglich. Neben diesem empirischen Versuch ein philos[ophisches] Problem. Der Positivismus als Bekämpf[ung] der Metaphysik[.] Doch metaphysisch. Einheit muß als immanente Einheit erscheinen. Eigenart dieser Gesetze, die sich nicht deck[en] mit dem naturw[issenschaftlichen], historischen etc. Gesetz. Aufgabe, diese Nuancen herauszuarbeiten, dabei die Einheitlichkeit feststellen. Sprachwissensch[aft] [ist] den Weg der Naturwissensch[aft] gegangen. Naturwiss[enschaft]: Prinzipienlehre derselben um die Mitte des vorigen J[ahr]h[un]d[ert]s [vor]herrschend. [Hermann von] Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft 1847 F. Aufgabe der Naturerkenntnis selbst soll festgestellt werden. Alle Kräfte der Natur zurückgeführt auf Entformungen. (?) Aufdekkung letzter unveränderlicher Kräfte ist Aufgabe der Naturwissenschaft. Natürlich unter Voraussetzung ihrer Begrifflichkeit, also unter Möglichkeit der Zurückführung auf die letzten Kräfte. Dieses Ideal [hat] das Gesamte des Wissens der Natur ergriffen. Grenzen des Naturerkennens mit diesem Ideal zusammenfallend. Mechanisches Weltbild. Auflösung in die
Isolierende] Lesung unsicher In] Aus C einem] Lesung unsicher D übergegangen] über gegangen E 30. 5. 1922.] nachfolgende Zeile, links neben dem Text, unterstrichen F 1847] über der Zeile
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Mechanik der Atome. Was sich nicht fügt, ist transcendental. DuboisReymonds Rede. WasA nicht hineinpaßt, ignorabimus.718 Sprache nur zu begreifen, wenn wir [sie] auf letzte Elemente zurückführen: Gesetzlichkeit des Lautwandels (Laute = Atome)[.] Bei der älteren Sprachwissenschaft Sprache zwischen Natur und Freiheit (Bopp: “Gesetze, die nicht mehr Widerstand leisten als die Ufer der Flüsse u[nd] Meere für die Sprache.[”]719) Begriff des Organismus hat sich aber nun aufgelöst in den des Mechanismus. [August] Leski[e]n, Über die Deklination im Slawischen, Litauischen, Germanischen. [1876] Bruckmann u[nd] Osthoff. Alle Lautbewegung bei allen Angehörigen einer Sprache dieselbe. Man glaubt an eine vollständige Erklärung und Zurückführung auf Grundkräfte. Auch eindeutige Berechnung und Vorausbestimmung. – Unser Kausalbedürfnis nur befriedigt, wenn die Auflösung in Mechanisches gelingt. Mechanik [als] erklärende Wissenschaft. Aber schon [Friedrich] Paulsen hat schon behauptet, daß nur eine faktische, nicht logische Sache gegeben [ist]. Man kommt dazu, zu behaupten, daß auch die mechanischen Gesetze nur beschreibende seien, nicht beliebig, sondern in Typen. [Gustav] Kirchhoff in den [“]Vorlesungen über mathem[atische] Physik[”] 1876 macht diesen Schluß. Mehr als Ausdruck empirischB beobachteter Regelmäßigkeit kann a uch die Sprachbetrachtung nicht geben. Notwendigkeit derC Lautgesetze: sie sind blind. Ausnahmen gibt es nicht (Osthoff 1878)720 In Naturwissenschaft: Begriff “Naturgesetz[”] wurde vorsichtiger gefaßt[.]D Herrmann Paul, Prinzipien der Sprachgesch[ichte (1898)]: Lautgesetz sagt nicht aus, was eintreten muß, sondern zeigt nur[,] was geschehen ist. Gesetz ohne metaphys[ischen] Zwang. Neben phys[ischen] Lautgesetzen können jetzt auch die psych[ischen] Kräfte in ihr Recht treten. Auf psych[ische] Ursachen die Durchbrechung der Gesetze zurückgeführt. Sprachl[iche] Analogiebildung gegen physische Notwendigkeiten, die analog dem Mechanischen wirken. Ob nun dieses einfache Schema die Sprachbildung genügend erklärt?
Was] nachfolgend gestrichen: sich empirisch] über der Zeile C der] nachfolgend gestrichen: Sprach[gesetze] D In Naturwissenschaft: . . . gefaßt.] Hinzufügung dreizeilig in kleiner Schrift hinter: (Osthoff 1878), unsichere Lesung: gefaßt
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1. 6. [19]22.A [Berthold] Delbrück, Über das Wesen der Lautgesetze [Annalen der Naturphilosophie Bd. 1] 1902. Z Nicht die empirischen Lautgesetze sondern die Lautgesetze an sichB sind ausnahmslos. Lautgesetz [ist] eine Hypothese, mit der wir an die Sprache herangehen. Bei den Naturgesetzen ähnlich. Notwendigkeit mit Unwirklichkeit verknüpft. Neben den mechanischen, physischen Faktoren auch psychische. Auch Gesetze der Sprache[,] aber nur gewisse Durchschnittsregeln, für das, was in der menschl[ichen] Welt sich abspielt. Statistische Gesetze. Gesetze nicht Notwendigkeiten, sondern willkürliche Erzeugnisse. Zufall[s-] oder Willkürprodukte. (Vgl. Scherer = [das] r in Paris721) Psychologische Eigentümlichkeit der Sprache schon in dem Prinzip der Analogiebildung. Wundt über die Sprache[.]722 Beide Faktoren (phys[ische] u[nd] psych[ische]) nicht zu lösen. Nicht die Konstanz der Lautgesetze durch phys[ische] und die Durchbrechung durch psych[ische] Gründe erklären. Assoziationen durch Einübung in gewohnheitsmäßige Wendung übergehend. Sinn der idealistischen Sprachphilosophie nicht wieder erreicht. Begriff des Geistes hat eine naturalistische Prägung erhalten. Mechanismus der Vorstellung. Sprache psychologisch erklären, heißt sie auf Assoziatonsgesetze zurückführen. Paul geht von Herbart aus. Bei beiden (Wundt u[nd] Paul) Zurückgehen auf die Regeln der Vorstellungsbildung. Zu der Psychologie Reaktion gegen Assoz[iations]-Psychologie, die mit der Rückführung auf letzte Elemente das Ganze verstanden haben will. Für die Sprache nun in gleichem Maße wirksam. Wendung v[on] Positivismus z[u] Idealismus. [Karl] Vo ß l e r, Positivismus u[nd] Idealism[us] in der Sprach[wissenschaft. 1904]. [Karl Voßler], Sprache als Schöpfung [und Entwicklung. 1905]. Knüpft an Hegel an. Aber auch Verbindung mit Wilh[elm] v[on] Humboldt. Sprache nicht Werk, sondern Tätigkeit.723 Begriff der Entwicklung gegenüber Begr[iff] d[er] Schöpfung. Hinter dem Erstarrten stehen die Zeugungsakte in der Sprache. Nicht vom Einfachen zum Zusammengesetzt[en.] Idealistisches Kausalitätsprinzip. Stilistik [als] übergeordnete Disziplin. Konventioneller Sprachgebrauch in der Syntax. Methodologischen Positivismus leugnet er nicht[,] aber den metaphysischen. Im Zentrum des stilistischenC System[s] nicht mehr die Logik, sondern die Ästhetik. Damit
A B C
1. 6. 1922.] nachfolgende Zeile, links neben dem Text, unterstrichen an sich] nachfolgend gestrichen: gelten stilistischen] über der Zeile statt gestrichenem: metaphys[ischen]
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Beilagen
Sprache in ein ganz anderesA Gebiet verschoben. – JeB mehr die Sprache Ausdruck ist, [um] so mehr muß sie von der Ästhetik her beurteilt werden. Geht dabei nicht die geistige Eigenart der Sprache verloren? Besitzt sie eine Stelle mit allen geistigenC Formen und geht nicht auf in ihnen? 12. 6. [19]22.D System a ti scher Teil. Eigentümlichkeit der Sprache im Ganzen der geistigen Formen betrachtet. Form der Sprache muß als solche bestimmt und von anderen geistigen Formen geschieden werden. Es gibt eine doppelte Form, um das Problem der Welt hervortreten [zu lassen]E: a.) Man geht aus von dem Sein oder einem Begriff des Seins und versucht unter diesem Begriff alle Besonderheiten (auch des geistigen Verhaltens) einzuordnen: Ontologie (Lehre vom Sein als Seiendem[)] Aristoteles. Spinoza: Sein in Ausdehnung und Denken. Christian Wolf[f]. Das Sein zerfällt in Arten: Attribute, Modi etc. Trotz dieser Formierung bleibt die substantielle Einheit des Seins gewahrt, allerdings nicht immer in der Geschichte der Metaphysik. b.) Reiner Spiritualismus. Problem der Antinomie der Vernunft nach Kant prägt sich schließlich aus und zerstört von innen die Einheit. Da tritt der dogmatischen Metaphysik die ganz anderes] ganzanderes Je] So C geistigen] über der Zeile D 12. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen, nachfolgend gestrichen: Syst ema tischer Teil. [gestrichen: 1.] Standort, von dem aus die Sprache betrachtet wird. Sprache muß im [G]anzen des geistigen Zusammenhanges aufgefaßt werden. Form der Sprache als solche zu bestimmen u[nd] von andern trennen. 2fache Form, an die Welt heranzutreten 1. [irrtümlich nochmals: 1.] vom Sein, irgend einem Begriff des Seins (darin alle Besonderheiten eingefügt – Ontologie.) Lehre v[om] Seienden als Seiendem. Sein in Ausdehnung u[nd] Denken (Spinoza.). [Absatz] 2. Reiner Spiritualismus. Kants Antinomie. Skeptizismus. Diese beiden haben die Entwicklung in [Lücke] Kant will statt Ontologie eine Analytik des reinen Verstandes. Gesetzlichkeit der Erkenntnis, des a priori der Vernunft, ermöglichen. [Absatz] Welches ist das gestaltende Prinzip in jeder dieser Formen. Energien des Geistes. Über das Sein [des Geistes] können wir nichts aussagen, oder wir [Lesung unsicher:] wissen ihn – die Einheit des letzte[n] – was wir zu finden hoffen. Unendliches nicht Terminus a quo sonder[n] ad quem. Gesetz der Formung erkennen und mit anderen geistigen Formungen zusammenstellen. Sprache als ein System aufzufassen, System von sinnl[licher] [gestrichen: phys[ischer]] Wahrnehmung. Daran haftet etwas anderes, dem “[S]innlichen” den “Sinn” unterlegen. Symbolisches[.] Form. Medius terminus [gestrichen: zusuchen] gefunden. (Kunst auch.) [langer Trennungsstrich] E hervortreten zu lassen] hervorzutreten A
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dogmatische Skepsis gegenüber. Kant will statt Ontologie eine Analytik des reinen Verstandes, eine Gesetzlichkeit der Erkenntnis des a priori der Vernunft ermöglichen. Von ihrer Einheit wird ausgegangen, nicht von der Einheit des Seins. Jeder Erkenntnis wohnt eine Form inne. Vom Sein können wir nichts aussagen ohne Betätigung irgend einer Energie. Das eine Wirkliche steht als ideelles Ziel vor uns, der unendlich[e] Punkt, in dem sich alle Richtungen des Geistes treffen. Unendliches nicht Terminus a quo sondern ad quem.724 Wir schreiten im Endlichen nach allen Richtungen fort, um das Unendliche zu finden. Aufsuchen der Gesetze jeder Form, Vergleich mit dem der anderen Form. (Objektivität bleibt Problem) Gibt es für alle diese Gestaltungsweisen nicht ein Gemeinsames? Ja. – Stellung der Sprache zu diesem Problem. Sie ist ein System von Zeichen, die eine sinnliche Gestalt haben. Daran haftet etwas anderes. Der sinnlichen Gestalt legen wir den Sinn unter. So ist die Sprache eine symbolische Form, der medius terminus725 [ist] gefunden. Verhältnis des sinnl[ichen] Elements zur ideellen Bedeutung zeigt sich auch in anderen Formen, z. B. in d[er] Kunst: auf das Sinnliche baut sich auf die Welt der künstlerischen Gestalt. Sprache und Kunst sind symbolische Formen verschiedener Art. 13. 6. [19]22.A Die Kunst wird andere Seiten der Wirklichkeit als die Erkenntnis herauslösen, jedes faßt nur eine Seite auf. Aber wir fassen sie hier zunächst als sich [je] genügende Anschauungsformen auf. Gehen nicht aus von der Einheit des Seins, sondern von der Einheit der Kultur. Willensgestaltung. Praktische Sphäre gegen die Theorie. Handeln gegen Schauen. Einheitliche Gestaltungen in allen Gebieten. Dem reinen Sein irgendeine Sphäre (des Denkens, Bewußtseins etc.) gegenübergestellt. Eindruck bei dem Künstler, unter log[ische] Kategorien etc. Hier nun das Problem des Ausdrucks. Das geistige Sein nur in irgend einer Energie (Aktivität) gegeben. Aus der Eigenart der Gestaltungsweise erklären. Leistung der Bildgestaltung. Irgend ein Material empfängt einen nicht mehr sinnl[ichen] Gehalt. Dadurch neuer Umriß der Gestalt. Hauptgebiete:B Kunst, Mythos, wissensch[aftliche] Erkenntnis, Sprache: 3 Phasen des AusdrucksC: si nnl [i cher], anschaul[icher ], b egriffsm ä ß i g e r AusdruckD. Die Phase der sinnl[ichen] Erkenntnis soll nicht überwunden werden. Gewisse Elemente werden herausgehoben und 13. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen Hauptgebiete:] davor ausgestrichen: 3 C des Ausdrucks] über der Zeile D Ausdruck] über der Zeile statt gestrichenem: Erkenntnis
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erhalten eine andere Funktion (Prinzip der Erklärung.) Natur verstehen: sie reduzieren. Dabei nicht stehen geblieben. Erklären bedeutet bei den Atomisten schon etwas anderes. Die Quantitäten nur Qualitäten. Das reine Sein in etwas anderem. Bewegung (Raum u[nd] Zeit) wird zum Prinzip der Erklärung. Sinnl[iches] Substrat nicht mehr zu GrundeA gelegt. Das wahrhafte Sein in den Substraten der Bewegung. Objektiv[ität] der Gesetze. Anschauliche Ordnung. – (Demokrit: die räuml[iche] Ordnung ist nicht: μηδεν)726 Doch kommt diesem Nichts Notwendigkeit zu. Erklären: zurückführen auf mathematisch[e] räumlich-zeitliche Ordnungen. Form das Modell: Wir können nur verstehen, was wir anschauen können. Neueste Auffassung: Physik der Prinzipien. Planck: Loslösen von der Besonderheit der einzelnen Bilder. Scheidet alles aus, was bloß sinnlicher und auch anschaulicher Bestandteil ist. Erstrebt die Einheit. Will das Ganze der Einheit umfassen. Sinnl[iches] und [A]nschaul[iches] nur Accidentien, anthropomorphe Züge.727 Der Schritt, den Demokrit gemacht hat, wird wiederholt. Entwicklung zur Relativitätstheorie dadurch gekennzeichnet.728 Stufe des reinen symbolischen Ausdrucks. 15. 6. [19]22.B Die Erkenntnis kommt in der Analyse seiner selbstC zu gewissen Formen, Prinzipien, Formen des reinen Anschauens oder des reinen Denkens, Kategorien des Verstandes entstehen. Verschiebung der Bedeutung, wenn einem anderen Gebiet zugewiesen. Raum, ästhetisch aufgefaßt, etwas anderes als z. B.D mythisch . . . Der Sinn ist kein einfacher. Wir glauben nurE im phänom[eno]ologischen Raum ihn eindeutig zu haben und sehen ihn bei einer andern Betrachtung umgestaltet. Mathematischer Raum: jede geometrische Funktion anF jedem beliebigen Ort zu vollziehen. Homogenität,G Unendlichkeit, Stetigkeit bauen den geometrischenH Raum, Verwandlung des Raum[es] in Kraft im physikalischen Raum. In der bildenden Kunst die RaumgestaltungI wesentlich. A [ d o l f vo n ] H i l d e brand, [ D as] Problem der Form [1903] rückt diese Raumbetrachtung in den Mittelpunkt[.] Auch im mythischen Denken eine bestimmte Grunde] grunde 15. 6. 1922] links neben dem Text, unterstrichen C selbst] über der Zeile D z. B.] mit Pfeil vor mythisch geholt E nur] Lesung unsicher F an] Lesung unsicher, evtl.: von G Homogenität] Homogenialität H geometrischen] über der Zeile statt gestrichenem: physikalischen I Raumgestaltung] gestaltung über der Zeile
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Form des räumlichen Denkens (Aufteilung der Klassen). Für die Zeit ließe sich dieselbe Anschauung ausführen, desgl[eichen] [für die] Kausalität. Sprache zunächst in der Phase des Sinnlichen. Damit nicht gewisse zeitl[iche] Schichten, sondern alle drei FormenA entfalten, [die] nur in der Abstraktion zu scheiden [sind]. Das eigene Gesetz der Formung muß aufgedeckt werden[,] nicht von außen her dürfen Gesetze an sie gelegt werden. Die Ontologie will alle Begriffe aufgehen lassen im Begriff vom Wesen d es Seins. Die gewöhnlichen Formungen des Seins werden problematisch. Schon durch den ersten Sprachakt durchbrochen. Die Welt in äußer[e] u[nd] innere zerfallend und von der Sprache indifferent behandelt. Inhalt u[nd] Ausdruck werden erst zum Sein des Inneren. Keine dualistische Scheidung. Schon der mimische Ausdruck zeigt, daß das Nachaußentreten keine zufällige Gebärde ist, sondern ein wesentlicher Faktor des inneren Seins. Sprache durch Psychologie der Ausdrucksbewegung durch Wundt behandelt.729 Nach demB Sensualismus der starre Bewußtseinszustand gegeben, daran anknüpfend das Einzelne – Alle Veränderung des Psychischen nur in Prozessen zu fassen (dynamische statt statische Auffassung.) Mimische Bewegung zeigt unmittelbare Einheit des Äußeren u[nd] Inneren. Affekt und Äußerung in demselben zeitl[ich] u[nd] räuml[ich] untrennbaren Akt. Steinthal spricht v[on] Reflexbedeutung.730 Aber doch eine Aktivität mit neuer Form des Ichbewußtseins. Darum: Zorn [als] Abschwächung einesC wirklichen Angriffs. (Biologische Auffassung.) Also eine eigentümliche Spontaneität. 16. 6. [19]22.D Die SpracheE entfaltet dieses Element der Spontaneität. Statt Abwehrbewegung, in sich eine Art Hemmung. Damit Aktion. Mimik ist Aktion. For men de r Ge bärdensprache. Psychologische Theorie: 2 Formen von Gebärden[:] 1. hinweisende, 2. nachahmende Gebärden. [1.] Hi nwei sende neulichF aus der Greifbewegung abgeleitet (Wundt). Kind greift auch nach Gegenständen, die es nicht erreichen kann. Dann Deutbewegung. Dieses unmittelbare Erfassen schwächt sich ab. Kein Tier schreitet fort vom Greifen zum Deuten. Deuten: typisch geistige Bedeutung. Früher [mußte] das Objekt rein materiell in die Gewalt gebracht
Formen] nachfolgend gestrichen, Lesung unsicher: innere dem] über der Zeile C eines] über der Zeile D 16. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen E Die Sprache] statt gestrichenem: [unleserliches Wort] F neulich] unsichere Lesung
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werden. Platon (Theätet)[:] “man glaube den Gegenstand zu haben, als ob mit Händen zu greifen.”731 – Schauen stellt nun den Gegenstand vom Subjekt ab. Objekt wirkt immer mehr in die Form. Im Begriff, Urteil, Schluß drückt sich die Mittelbarkeit der Erkenntnis aus (medii termini). So läßt sich einsehen, daß schon in dem Hinweisen eine wichtige Veränderung eintritt. Denn ein Weg zu immer allgemeinerer Bestimmung. Folg[lich] fallen die Worte für Sprechen und Zeigen zusammen.A 2. Die n a ch a h m e n d e n Gebärden. Zuerst Wiederholung des Eindrucks. Gebärdensprachen der Naturvölker. Aber doch keine einfache u[nd] gleichförmige Tätigkeit. Aristoteles: Sprache [ist] das am besten zur Nachahmung geeignete Organ.732 Der Laut wirdB dann zum Sprachlaut in einerC symbolischen Bedeutung. Die Mimik ist aber für Aristoteles eine der gestaltenden Tätigkeiten, gehört der Ποιησις an. Auch die scheinbar passive Nachbildung kann nicht Zug für Zug nachzeichnen. Ein charakteristischer Umriß wird hervorgehoben. Wir befinden uns auf dem Wege zur Darstellung, was [bei] Aristoteles μιμεσις bedeutet. Wir erzeugen konstruktiv eins nach dem andern. Gebärdensprache zeigt diesen Übergang zur Darstellung. Statt Gebärde nun der Laut. Die primitiven Sprachen, neben Laut auch noch Gebärde. Neben den Wortbegriffen noch Handsprache. In der Kindersprache der Laut von der Gebärde nur langsam abgelöst. Scheinbar nur das sinnl[iche] Element gewechselt. Aber doch ein neues Prinzip des geistigen Aufbaus. Die Gliederung, die der Laut erfährt, führt zur Gliederung der Gedanken. Laut [ist] der Artikulation fähig. Neue und eigene Gestaltungsfähigkeit. Feinste Schwebungen des Vorstellungskomplexes können nun gedeutet werden. Körperlos. Gibt nicht das einzelne Ding wieder, paßt sich nicht den sinnl[ichen] Gegenständen an. Ausdruck von Beziehungen. Dynamik des Gefühls und Denkens ausgedrückt. Das Element entsteht immer von Neuem. Der Akt dieser Entstehung bringt Neues. Abstufung durch Accent, rhythmische Abstufung (Sphäre d[er] Zeit) ([Karl] Bücher, Arbeit u[nd] Rhythmus [1909]). Geordnete zusammenhängende Lautfolge. (J[acob] Grimm)733 Dadurch gliedern.D Damit [wird] das sinnliche Fundament zum geistigen Gehalt. Damit [ist] der Inhalt in seiner reinen Form festgehalten. Führt hinauf vom Reflex zur Reflexion durch den gegliederten Laut “Schall windet sich zum Tone[”]734 (Goethe.)
zusammen.] Im Ms. nachfolgend ohne Absatz wird] Lesung unsicher C in einer] Lesung unsicher D gliedern.] nachfolgend gestrichen: Deswegen
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19. 6. [19]22.A (Wie sind die Fakte[n] der Sprachwissenschaft den Untersuchungen zugrunde zu legen? Zunächst Überblick über die Forschungen) Die geistigen Prozesse in der Stufe, die noch mehrB sinnl[iche] ist. 1. Mimischer, 2. analogischer, 3. symbolischer Ausdruck sind die Stufen, wie auch in anderen Formen des Ausdrucks (Kunst etc.)C 1. Mimischer Ausdruck. (sinnl[icher] Ausdr[uck])D Laut zunächst von der Gebärde nicht getrennt. Psycholog[ie]E: Die Kindersprache herrscht noch auf weite Strecken hin. Die Sprache will jede Nuance des Vorgangs mit Nuancen der Sprache füllen. (Westermann, Ewesprachen.735) Adverbien: Verb: gehen (mehr als 30 Ausdrücke; Wiege-, Schlepp- etc. -gang.) Nordamerikanische Eingeborenensprachen beschreiben sinnl[iche] Vorgänge außerordentlich genau. OnomatopoetischeF Ausdrücke widerstehen Lautwandel etc. . . . (Scherer verteidigt diese Onomatopoiie.)736 Die Philosophie glaubte darin die Grundspr[ache] der Menschen zu haben. (Lingua adamica.)737 Trotz alles Wandels aber doch ein Trieb der Beharrung (sta = Stufen in allen i[n]d[o]g[ermanischen] Sprachen.), Gefühl der Völker als inneres Band. (Curtius)738 Die Seele der einzelnen Laute wollte schon die Stoa erfassen. Leibniz desgl[eichen]. Symbolwert der Sprache nicht nur der Begriffe sondern auch in der äußeren Darstellung sucht Humboldt. (ns = schwankend, st = fest, l = fließend). Jakob Grimm739 sucht zu zeigen, daß in der Frage z. B. schon gewisse Laute [eine bestimmte Richtung anzeigen]. (k forscht, t zeigt, bedeutet es, erwidert.) Gewisse Vokale bezeichnen größere oder geringere Entfernung. (a, o, u entfernt, i, e nahe). Auch zeitl[iche] Entfernung. Gewisse Laute [gelten als] natürliche Lautmetapher. Explosion. Zungenlaute[:] Richtung vom Sprechenden fort. Diese Erscheinungen tragen noch die Farbe des Sinnlichen. Allmählich zeigt sich doch, daß das Mimische schon überschritten ist. Es handelt sich schon darum, daß die Laute dem Ausdruck einer Beziehung dienen. Nicht mehr rein materielle Nachahmung.G Gefühlsanalogie zwischen sinnlicher Erscheinung u[nd] Laut arbeitet ein Gemeinsames der Form heraus. 2. Analogischer Ausdruck. Höchster, MittlererH, Tiefster bringt die mannigfaltigsten Bedeutungen zum Ausdruck. [Bringt] Dabei Quanti19. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen noch mehr] über der Zeile C (Kunst etc.)] im Ms. ohne Absatz D 1. Mimi scher Au sd ruck. (sinnlicher Ausdruck)] über der Zeile eingefügt E Psychologie] unter der Zeile an dieser Stelle eingefügt, erstes Wort unleserlich: [. . .] Kultur F Onomatopoetische] oder Onomatopöische d. h. laut- oder tonmalerische G Nachahmung.] nachfolgend gestrichen: Analog H Mittlerer] Mitteler
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täten u[nd] Qualitäten zum Ausdruck. Daneben rein formale Elemente. Bejahend in verneinender Form durch den Silbenton. Nomina u[nd] Verba getrennt. Vokalharmonie: (Aufbau der ural-alteischen Sprache[n].)A Klassen der harten und der weichen Vokale. Gewissen Vokale[n] des Stammes müssen Vokale der Suffixe entsprechen. Reduplikation: Scheint zunächst bloße Nachahmung zu sein, wo etwas doppelt ist oder doppelt geschieht. Aber Bedeutungsschattierungen. Begriff. Zerlegung in kollektive u[nd] distributive FormB. Unterscheidung, ob eine Handlung unteilbar [ist] oder in mehrere Akte zerfällt. Bei den letzteren, der distributiven Mehrheit[,] tritt die Reduplikation ein. Amerikanische Indianersprachen. Raum- und Größenverhältnisse durchC die Reduplikation (Raum, Kraft, Zeit.) (Scherer) Intensivformen. Auch Modalunterschiede können dadurch angedeutet werden. Wenn etwas nicht objektivD, sondern unwirklich (Absicht!)[.] Die Phase der sinnlichen Andeutung liegt nun schon zurück. Reduplikation kann verstärken und abschwächen. Nicht mehr Angabe eines einfachen Inhalts. Wenn in den Kreis der Relation nun Qualifikation u[nd] Quantifikation getreten ist, komplexerer geistiger Gehalt. Sphäre des anschaulichen Ausdrucks. Anschauungsformen: Raum u[nd] Zeit.E 20. 6. [19]22.F Durchgang durch Raum u[nd] Zeit von Sinnfälligem zur Vorstellung. Trennung von Empfindung u[nd] Anschauung nur analogische Trennung. Materie der Empfindung hatG nur als Grenzbestimmung Wert. Raum u[nd] Zeit zunächst nur bloße Möglichkeiten[,] entfalten sich zu Wirklichkeiten, zu eindeutigen Systemen. [Der] Naturwiss[enschaftler hat] etwas erst begriffen, wenn esH diesen Systemen eingestellt ist. Ein Ereignis [ist] erkannt, wenn wir [es] inI bestimmten Raum, bestimmte Zeit eingeordnet [haben]. Die Sprache spiegelt diese Ordnung wieder. Auch abstrakte Gestaltungen der Sprache weisen eine Anschauungsgrundlage auf. Sinn der SpracheJ mit Sinnlichkeit u[nd] besonders mit Raum verbunden. Raumworte haben eine besondere Geltung in der Sprache, dergl[eichen] Zeit- und Zahlworte. Ausdrücke für Zahl-, Zeit- und Raumformen weisen Beziehungen zum Sprachen.)] nachfolgend unleserliches Wort gestrichen Form] statt gestrichenem: Mehrheit C durch] Lesung unsicher, evtl.: auch D objektiv] nachfolgend unleserliches Wort ausgestrichen E Zeit.] nachfolgend im Ms. ohne Absatz F 20. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen G hat] über der Zeile H es] evtl.: er I in] auf J Sinn der Sprache] über der Zeile
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Sein auf. Räumliche Anschauung im Gebiet der Sprachbildung. Damit neue geistige Funktionen in derA Sprache. Noch in den höchstentwickelten Sprachen metaphorische Ausdrücke. Räuml[iche] Ansch[auung] u[nd] geistige inB eins gesetzt. “Vorstellen, erörtern, begründen” aus der Sprache des Räumlichen. Amerik[anische] Eingeborenensprache[n] habenC nur selten eine allgemeine Bezeichnung des Gehens, sondern [bezeichnen] versch[iedene] Nuance[n]. Ebenso “stehen” unter-, außerhalb, im Walde etc. Bestimmung des Ortes durch besondere Partikel, mit besonderen Geste[n] verbunden. Malaio-polinesische Sprachen drücken so genau aus, daß ein Anatom Schlüsse daraus ziehen kann. “Der Mann ist krank”[.]740 Die [räumliche] StellungD des Mannes kann genau angegeben werden. Ebenso [gilt] für zeitl[liche] und modale Unterschiede[:] [sie sind] auf solche deiktische Anschauungsformen zurückzuführen. Damit noch kein System des Raumes. Kant: Begriff u[nd] Anschauung haben ein Mittleres (Medium). Das Schema [ist] nicht mehr sinnlich, sondern schon eine Form der Konstruktion. Nach bestimmten Vorbildern im Geiste entworfen. Darauf alle Vorstellungen bezogen, um es sinnlich darstellbar zu machen. Auf den Raum projiziert. An den Verhältnissen des Raumes gewinnt die Sprache die Mittel zur Verdeutlichung. Schon Partikeln so dem Sinnlichen und dem I[n]tellektuellen zugekehrt. (hier, dort, nach, her.) = Lautmetaphern. Treten noch nicht aus der Geste heraus. Vokale[:] Ausdruck der räuml[ichen] Entfernung. Konsonanten. Bestimmte Lautgruppen mit zentripetale[r] und zentrifugaler Tendenz. m[,] u[,] n [tragen] die Richtung nach innen, wie Explosivlaute [p, b, d, t] nach außen. Diese Beziehungen durch die verschiedenen Formen der Sprache verfolgt. Indogerm[anische] Sprachen: 3 Formen des Hinweises: Ich[-]deixis, Du[-]deixis, Der[-]deixisE. Eigentümlich[es] Gegenüber zum Ich. Objekt [ist] der G e g e n stand. Ich aus der Sphäre des Zusammenseins herausgehoben. Dann “dies u[nd] jenes”[,] “hier u[nd] dort” geschieden. MitF diesen einfachen Mitteln schon ein weiterer Kreis der Sprache umgriffen und umgrenzt. Raumworte zunächst Stoffworte, dannG immer feiner entwickelt zu Bezeichnungen.
der] evtl.: die in] im C haben] hat D Stellung] statt gestrichenem: Sprache E Der-deixis.] zwischen Der und deixis ist ein unleserliches Wort vielfach ausgestrichen F Mit] statt gestrichenem: Dann G dann] dann zu
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22. 6. [19]22.A Demonstrationspronomina gehören zu den Elementargedanken der Sprache. Wechsel von Konsonanten oder Vokalen bei Ort u[nd] Richtung der Gegenstände. Unterschied der Bewegung. Zu mir oder von mir ausgedrückt durch Suffixe: Primitive Sprachen. H u m b o l d [ t ] , “Über die Verwand[t]sch[aft] der Ortsadverbien mit demB Pronomen.” [1829] Raumunterschied [ist] das Moment[,] auf dem sich die Scheidung der Personen erst ausbildet. Wie verhalten sichC nun die Gegenstände im RaumD zuE den Raumvorstellungen. Ichanschauung bildet sich auch nur[,] indem wir das ich an die Materie heften (an den Leib). Auch für die Ausbildung des ich wichtig, daß wir es erst herausstellen und binden an eine Stelle des Raumes. Dingvorstellung mit Raumvorstellung gleichförmig verlaufend. (Substanz u[nd] Raum.) Der mathem[atische] Raum [ist] keiner Sonderung fähig, für den konkreten Raum, kein gleichförmiger Raum, sondern konkreter Inhalt, der sich von anderen Inhalten des Raumes unterscheidet! Ein Gegenstand wird zum Gegenst[and,] indem er an einer Stelle des Raumes festgehalten wird. Die FormF des ArtikelsG ist zunächst das Demonstrativum; durch den Akt des Hinweises erhält er ein Kennzeichen, wird zu diesem u[nd] jenem, von den andern Gesondertes. (Relativ späte sprachl[iche] Bildung: fehlt dem Altindischen, Lateinischen, im Griechischen spät . . . Im Germanischen [erscheint] der bestimmte Artikel erst spät). Abgrenzung aus der Form der Der[-]deixis. (Brugmann)741 Bei Naturvölkern nicht nur nach Dingwörtern, sondern auch mitH Pronomen, Konjunktionen sind Artikel. Weiter zurück ist der Gebrauch konkreter (das da!). Indonesische Sprachen [kennen] neben dem sachl[ichen] auch einen persönl[ichen] Artikel. Indianer: Artikel für belebte u[nd] unbelebte Gegenstände etc. Somalisprachen: Die Sprache [kennt] 3 Grundformen des Artikels durch a[-] oder i[-] oder u-Auslaut. Räumliches Verhältnis zum Sprechenden, a in unmittelbare[r] Nähe, i von ihm entfernt, aber noch in Sicht, u dem Subjekt bekannt, aber nicht gegenwärtig sichtbar. Artikel also aus räuml[ichem] Hinweis entsprungen u[nd] an ihn gebunden. Eine ersteI Ordnung der Dingvorstellungen. Beziehungen durch die Sprache erst auf Umwegen ausgedrückt. 22. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen mit dem] und der C verhalten sich] über der Zeile D Raum] Raum sich E zu] verkürzt aus: zum F Die Form] statt gestrichenem: Wo die Sprache G Artikels] nachfolgend gestrichen: ausgebildet hat H mit] Lektüre unsicher I Eine erste] schlecht lesbar weil verbessert, Eine über der Zeile
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Dingvorstellungen als Mittel, z. B. Anknüpfung an Unterscheidungen, an eigenen Körper, dadurch objekt[ive] Raumbeziehungen. Innen, außen, oben, unten etc. an ein sinnl[iches] Substrat des menschl[ichen] Leibes [gebunden]. Negersprachen drücken unsere Präpositionen durch Substantive aus, wie z. B. hinten durch R ücken etc. (Steinthal.). Allmählich zu allgemeineren Ausdrücken fortgeschritten, nichtA mehr vom Körper. Immerhin nominale Ausdrücke für räumliche Beziehungen. Auch dort, wo die Sprache zu größerer Abstraktheit gelangt ist, schimmert die konkrete Bedeutung hindurch. Entwicklung der Kasusidee in den verschiedenen Sprachen. Darüber Streit bei Philologen. Einmal auf logische Beziehungen, [durch] die andere Partei auf örtliche Beziehungen zurückgeführt. ([Heinrich] Huebsch mann, Zur Kasuslehre. [1875]) Auf beiden Seiten hat man das sprachgeschichtl[iche] Gebiet verlassen und [ist] ins erkenntnistheoretische Gebiet übergetreten (“Nichts ist im Verstande, was nicht zuvor etc.”742 für lokal[istisch]e Hypothese benutzt.) 23. 6. [19]22.B 3 . Kas us in de n verschiedenen Sprachen. (1. Demonstrative Partikel, die ein Verhältnis zum SprechendenC angeben, 2. Räumliche Beziehungen, angeknüpft an Beziehungen des eigenen Leibes.) Fortschritt auf den reinen Beziehungsausdruck hin. Aus räumlichen Beziehungen erwachsen, bezeichnen sie ganz andere. Die logische Casustheorie findet bestimmte Verhältnisse zwischen Subjekt und Objekt ausgedrückt: Nominativ Subjektskasus, Akk[usativ] näheres Obj[ekt], Dativ ferneres, Genit[iv] attributives Element. Lokal: Genitiv Kasus des Woher, Akk[usativ] des Wohin etc. Z [Heyman] St e i n t h a l , Gesch[ichte] d[er] Sprachw[issenschaft] bei den Griechen u[nd] Römern. [1890 f.] (Kasuslehre der Stoiker.) [Heinrich] H ue bschm ann, Zur Kasuslehre. 1875 (Führt den Streit aus.) [Friedrich] Holzweissig, Wahrheit und Irrtum der lokalistischen KasustheorieD[.] 1878. nicht] Lesung unsicher 23. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen C Sprechenden] Sprechenden, D Kasustheorie] Kasuslehre
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[William] Whitney, Allg[emeine] Betr[achtungen] über das europ[äische] Kasusproblem. 1888.743 [Berthold] Del brück, Grundfragen der Sprachforschung. [1901]744 Heinr[ich] Winkler, Ural-altaische Völker u[nd] Sprachen. Berlin 1884. Das Ural-Altaische u[nd] s[eine] Gruppen. Berl[in] 1885. ” Ural-altaischer Sprachstamm. Berl[in] 1909. ”
Präpositionen [sind] nur eine lockere Verbindung mit dem Verbalstamm eingegangen. Dabei jüngere “unechte[”] Präpositionen. Lokativ eigentl[ich]A Kasus örtl[icher] Bestimmungen, Instrumentalis [als] der Kasus des “womit”, im weiteren Sinne Grund “wodurch”. So aus dem räuml[ichen] wohin (Ziel) der Kasus desB Zweckes entfaltet. Sprache nicht von Abstraktem, sondern von LebensvollemC ausgehend. Nicht nur Bewegung im Raume auch “Sieg u[nd] Unterliegen” etc. können gesehen werden (Delbrück.)745 Dabei ist übersehen, daß solche kausalen Verhältn[isse] doch nicht so anschaulich gegeben sind. Kausalität rein intellektuelle Synthesis. Kausalität nur als räuml[iche] u[nd] zeitl[iche] Verhältnisse gegeben, dabei Tätigkeit der Phantasie (Humes Gedanke fortgesetzt) Auch Wundt wendetD gegen die Lokalisationstheorie ein, daß das Anschauliche nicht alle Verhältnisse erfaßt.746 Doch haben die räumlichen Verh[ältnisse] psycholog[ische] Vorzüge. Alle Anschauungen zugleich räuml[iche]. Das Räumliche allein kann ohne andere Beziehungen verstanden werden. Also doch Verknüpfung mit räumlichen Verhältnissen. Sprachgeschichte. Die räumlichen Beziehungen das Frühere. Reiche Kasusbildungen bei den ural-altaischen u[nd] amerikanischen Sprachen. Aber zur Bildung der drei Hauptkasusbildungen nicht gekommen. Bezeichnet durch Formen, die reine örtl[iche] Anwesenheit bezeichnen. Richtungs- u[nd] Raumbeziehungen. Hervorgehen aus ihm, sein in ihm etc. Sie bleiben beim Objekt nicht stehen, sondern dringen ein. Ruhe, Bewegung vom Gegenstand, zum Gegenstand, oben, unten bezeichnen ihre Formen. Kasusformen gehören zu [den] Stoffworten bei diesen Sprachen. Besonders finnisch-u[g]rische Sprachen haben diese reine örtl[iche] Auffassung. Daraus nun zu immer feinerer Darstellung. Auch nach der subj[ektiven] Seite zu verfolgen. Ich, du, er lösen sich allmählich aus dieser anschaulichen Sphäre. Raumdemonstrativa u[nd] persönl[iche] Fürw[örter], so verknüpft, daß nicht zu unterscheiden, welche [Wortklasse] eigentlich] Lesung unsicher, evtl.: wesentl[ich] Kasus des] über der Zeile C Lebensvollem] Lebensvollen, ebenso Abstrakten D wendet] über der Zeile statt gestrichenem: ist
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die ältere [ist]. Moderne Sprachforschung nimmt an, daß von der Teilung in 3 Personen auszugehenA [ist]. Jedenfalls dieselbe Form des Hinzeigens, der Deixis.B 27. 6. [19]22.C Beziehung zwischen Raumvorstellungen u[nd] Pronomen. Malaische, japan[ische] auch indog[ermanische] Sprachen hat Humbold[t] herangezogen. v[on] der Gab[e]lentz: Hier ist, wo ich bin[,] im Unterschied v[on] diesem und jenem.747 Zusammenhang ein geistiger. Fr[an]z[ö]s[isch] ilD auf ille (et[c].) zurückgehend. Allmählich aus der anschaul[ichen] Sphäre herausgegangen. Eingeborne Australiens geben dem Subj[ekt] wie dem Obj[ekt] der Handlung ein bestimmtes räumliches Verhältnis. Noch keine allgemeine Relation. Noch immer ein “dieser u[nd] jener”. Auch in einer bestimmten Lage befindl[ich] bei manchen Sprachen. Tscherokesen z. B. [besitzen] statt eines Fürw[ortes] der 3. Person deren 9.748 Also Vermittl[ung] durch eine Form des Anschaulichen: Schematismus der Raumformen. Kants Schematismus Zeitbestimmungen Z e i t b e st i m m u n g e n . Seit Kants [transzendentaler] Ästhet[ik] Raum u[nd] Zeit koordinierte Anschauungen. Aber die Koordination nicht aufrecht zu erhalten. Zeitform einer andern intellekt[uellen] Sp[h]äre angehörig. Moderne Physik: Problem der Zeitverhältnisse bringt den Anfang der Relativitätstheorie. Zeit gehört nicht[,] so wie der Raum[,] der Anschauungssphäre an. Raum zumal gegeben: Einheit einer Anschauung. Zeit: will man zumal denken, kann man aber nicht. Momente der Zeit müssen nacheinander produziert werden. Die einzelnen Momente “war gegenwärtig”, aber [man kann] sie doch nicht als Gegenwart auffassen. Problem der Causalität versch[. . .]ztE mit Zeit- und Raumordnungen. Zeitliche Worte zunächst auf räumliche Worte zurückgehend. (Nicht jede Aufgabe des Geistes erschafft neue Mittel, sondern ergreift mit altem Material neue Gebiete.) Wie gelangt die Sprache zu Zeitpartikeln? In fast jeder Zeitbestimmung der modernen Sprache[:] Analogie der räuml[ichen] Verhältnisse. Einfache Ortsadverb[ien] bei den Naturvölkern aus dem Räuml[ichen] übernommen. “Hier” = jetzt, dort = zeitl[ich] fern. Differenzierung von Raum und Zeit noch nicht vollzogen. Was wir erkenntnistheoretisch als Zeit bezeichnen, kann nicht heraustreten[.] EinfacheF Di-
auszugehen] ausgehend der Deixis.] restliche ²⁄³ der Ms.-Seite (Bl. 17v) leer C 27. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen D il] ile E versch. . .zt] Lesung unklar, evtl.: verschränkt F Einfache] Einfaches
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stanzverhältnisse. Zeit eine ausgezeichnete Richtung[.] Einerleiheit des Sinns. Unumkehrbarkeit der Zeit bestimmt unsere Naturwissenschaftsbetrachtung. Zuerst in der Sprache ein Hier u[nd] Dort. Vor der Ausbildung des Jetzt, Früher, Später: Jetzt u[nd] nicht jetzt. Bei der Kindersprache [erscheinen] die Zeitadverbien später als Wortadverbien.749 Jedenfalls kein quantitatives Maß. Bei Naturvölkern: dasselbe Adverb bezeichnet gestern u[nd] morgen. ShambalaspracheA: dasselbe Wort weist auf die graue Vorzeit u[nd] ferne Zukunft. Zeit [ist] ihnen ein Ding. Begriff Zeit [ist] ihnen fremd, nur die Anschauung [ist] bekannt. Die eigentümliche Stellung von Vergangenheit u[nd] Zukunft [wird] nicht erkannt. Durch Nomina [werden] Zeitbestimmungen wiedergegeben. Eine Handlung kann nur dargestellt werden, indem sie zer[p]flückt wird, (nicht eine Analyse) und einzeln gegeben. Z. B. “er ertrank” = er trank Wasser, starb.750 Er kann die Handlung nicht verdichten, zu einer zusammenziehen. Ergebnis nicht Einheit, sondern Buntheit des Bildes. – Sprache [gelangt] ganz allmählich zum Relationsbegriff der Zeit, der Zeitbegriff [als] ein komplexes Gebilde. 29. 6. [19]22.B Manche Grammatike[r] des 18. J[ahr]h[un]d[ert]s meinten, daß allmählich der Übergang zu der Trennung v[on] einst u[nd] künftig [verläuft]. [ James] H a r r i s : die 3 Stufen Vergangenheit, Gegenw[art] u[nd] Zuk[unft] seien die ersten Stufen. Daran wären dann noch gewordene Fixierungen zu trennen. 1.) Unbestimmte Zeitformen: Aoriste der Gegenw[art]; Vergangenh[eit]; Zukunft. 2.) Formen, die den Anfang bezeichnen. 3.) Formen, die mittlere Zeit, 4.) die Vollendung. So 12 Temporalstufen. Nicht logisch aus dem Gedanken der Zeit, sondern aus einem vorliegendenC Schema entstanden! – Bei den Naturvölkern überraschend viele Temporalformen[.] ShambalaspracheD [kennt] etwa 1000 Formen der Indikation der Aktio. Andere Unterschiede als die zeitl[ichen] Relationen, nämlich modale. Meinhof E, Bantusprachen751: Qualitative u[nd] modale Unterschiede. Eingeborenensprache desgl[eichen]. Zeitbestimmung wenig wichtig, deshalb darin auchF bei verwandten Völkern große Unterschiede. Zeitlich indifferent.
Shambalasprache] Tschambalasprache 29. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen C vorliegenden] vorliegen D Shambalasprache] Tschambalasprache E Meinhof] Meinhoff F auch] über der Zeile
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Der Ausbildung der feineren Zeitstufen steht eine andere UnterscheidungA zur Seite. Eine Handlung wird als geschlossene Einheit angesehen. Daraus ein Zeitcharakter herausgehoben: ob sprunghafte, ob einförmige, oder rhythmisch gegliederte Handlung. Diese als Zeitqualitäten an der Handlung. Danach die Handlungen gesondert. Unterscheidung der Aktionsarten. In den meisten Sprachen früher als die eigentl[iche] Zeitrelation. Semitische Sprachen gehen nicht von Dreiteilung aus, sondern Zweiteiligkeit: Vollendete und unvollendete Handlung. Letztere kann für Verg[angenheit], Geg[enwart] und Zukunft gebraucht werden. (Perfektive und unperfektive Aktionsart.) 30. 6. [19]22.B Im voluntativen Modus liegt auch eine Zeitbestimmung. Auch Erkenntnis [kommt] erst spät zur klaren Vorstellung des zeitl[ichen] Begriffs. 1. Stufe: das Räumliche oder Zeitliche erscheint als Ding. (Raum als unendliches Gefäß) freilich kein empirisches als vielmehr metaphysisches Ding. Kategorie der Substanz. 2. Stufe. Die Relation erscheint nicht mehr als Ding, sondern als etwas an einem Ding, das an ihm haftet: Eigenschaft. DingC [als] der Träger der Eigenschaft. 3. Stufe; In der Sprache auch diese Beziehungen. Die Zeit zuerst auch [als] Gegenstand [aufgefaßt]. Zweite Stufe: Der Zeitcharakter haftet am Ding oder am Vorgang. Aber [bleibt] nicht nur beschränkt auf Handlungen. Allerdings gilt uns ganz ähnlichD das Verbum als der Träger des Zeitcharakters. Humboldt: das Verb [als] das [Z]usammenfassen eines Attributivums, nicht [als] Modus der Zeit. (Einl[eitung] z[um] Kawi-Werk.752) Aber doch hätten die Malaiensprachen die Zeitbestimmung an das Nomen geknüpft. Somalisprachen: der Artikel unterscheidet örtl[iche] Beziehung[en]. Ebenso auch zeitl[iche] Bestimmungen. Die 3 Artikel können bestimmten zeitl[ichen] Index tragen. (a = zeitl[ich] nahe, o = entfernt). Ebenso bestimmt, ob die Handlung abgeschlossen oder nicht abgeschlossen [ist]. Aktionsarten. Wesentlich, ob in zeitl[icher] oder anderer Bedingung. Jede Handlung auch [auf] sich selbst bezogen.E Ohne allgem[einen]F Begriff der Zeit. Die i[n]d[o]g[ermanischen] Sprachen[:] Gliederung in 3 Stufen scharf durchge-
eine andere Unterscheidung] über der Zeile 30. 6. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen C Ding] statt gestrichenem: Relati[on] D ganz ähnlich] ganzähnlich E bezogen.] nachfolgend gestrichen: bei den F allgemeinen] über der Zeile
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führt. Auch bei ihnen ist die Unterscheidung der AktionsartA der Temporabildung vorausgegangen. In der UrzeitB sind zeitlos alle Präsens, Perfekta, Aoriste. Für die Gegenwart [gibt es] keine Zeitbestimmung. Vergangenheit durch Augment. Zukunft durch voluntativen Ausdruck. Im Griechischen [sind] Tempora spätes Produkt; zur Aktionsart [besteht] immer ein Verhältnis. Aktionsart [wird] oft lautlich streng ausgedrückt. Dauernde Handlung durch Verstärkung der Vokale gegenüber den momentanen. Feinere Unterschiede: Punktuelle und kursive Aktion u[nd] d[er]gl[eichen]. In der deutschen Sprache [sind] die Aktionsarten schon früh zurückgetreten. H[ermann] Paul: über “haben und sein” [als] auf Aktionsart zurückgeführt.753 In den finnisch-baltischen Sprachen [bleibt] der Unterschied noch erhalten, also weniger Zeit- als Eigenschaftsbestimmung.754 Moment der Ordnung und Quantität stellt den Abschluß des Prozesses dar. Für die letzte intellektuelle Vorbereitung ist das Symbol der Zahlenreihe wichtig. Aber auch hier, bevor wir Reihungen ausdrücken, müssen die Zahlwerte ausgebildet sein. Wenn auch das Wesen der Zahl sich nicht darin erschließt. Z Zahlvorstel lung u[nd ] ihr Ausd ruck. C Immer weiter weicht die Welt der Dinge zurück. Dafür [tritt] eine Welt von Ideen oder Prinzipien [hervor]. So schon von den Pythagoräern bestimmt. Die Zahl [ist] ihnen das Sein. Pythagoras [hat] zuerst die Prinzipien der Mathematik durchforscht, (sagt Proklos), indem er sie von dem Sinnlichen löste.755 Platon, Descartes, Leibniz. In der modernen Mathematik [steht] die Zahl für sich, ohne Anlehnung an Raum, Zeit oder andere Anschauung. Grundlage der Analysis. Von den Richtlinien nach allen Seiten. Immer allgemeiner [wird] das Streben nach [einem] logisch autonomen Zahlbegriff. Zurückführung auf logische Konstanten. Frege bestimmt die Zahl als Eigenschaft, die unsinnlich auch keinen sinnl[ichen] Dingen anhängt.756 Dedekind, verwirft jede Stütze auf Raum und Zeit, um darauf das Reich der Zahl aufzubauen.757 Ablösung vom konkreten Material des Zählbaren. Reine Beziehungsfunktion der Sprache. 3. 7. [19]22:D Zuordnungsmöglichkeit. Daraus entwickelt Dedekind die Möglichkeiten des Zahlbegriffs. Moment der Stetigkeit zu erklären ohne Zuhülfenahme ist die Unterscheidung der Aktionsart] die Unterscheidung der Aktionsart ist Urzeit] nachfolgend unleserliches Wort gestrichen C Z a h l vo rst e l l u n g . . . Au s d r u ck . ] davor eine unleserliche Numerierung ausgestrichen D 3. 7. 1922:] links neben dem Text, unterstrichen
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von Raum und Zeit. Kritische Logik hält den Zahlbegriff für das Grundmittel der Unterscheidung einer Vielheit von Dingen. Indem das Denken frei zu walten scheint, befindet es sich doch im Medium der Sprache. Davon erscheint der Zahlbegriff unlöslich. Operation des Rechnens ist an diese Zahlwerte gebunden. [I]n der höheren MathematikA auch eine Bindung an gewisse ZeichenB (Symbole). Leibniz sieht in den Zahlen den Grundcharakter des symbolischen Denkens. Zwischen den sprachlichen und den rein symbolischen Begriffen [klafft] ein Spalt. Die Sprache kann das reine, beziehe[n]tliche Denken nur bis zu einem gewissen Grade ausdrücken. Sprache haftet an konkreten Dingen und Vorgängen. Das, was wir Zahl 7 nennen, umfaßt verschiedene Synthesen. Alle Zahl[en] [als] auf das Moment der Vielfalt bezogen und als Einheit der Sonderung. Als Sonderung wird [sie] schonC von den Pythagoräern aufgefaßt. Damit lichtet sich das Chaos. Aber dieD abgeteilten sollen sich wieder miteinander verknüpfen. Forderung der durchgängigen Verschiedenheit und Homogenität. Schließt sich nicht aus. Für die Sprache [ist] dies nicht darstellbar. In der Ausbildung der verschiedenen Sprachen [kommen] verschiedene Ansichten vom Zahlbegriff [vor]. Aber doch eine gewisse Totalität u[nd] Einheit. Beziehungs- und Formbegriff [wird] hieraus gebildet, durch Abgrenzung von den Dingen. Anlehnen an die Dingsphäre, aber davon unabhängig die eigentlichen Zahlbegriff[e]. Z [Lucien] Lév y-B ruhl , Les fonctions [mentales] etc. [1910] – Das Denken der Naturvölker [1921] (Übersetzung des letzteren) Prälogische Geistesart der Naturvölker sieht er an den Zahlen der Naturvölker nachzuweisen. [August Friedrich] Pott, Die quinare und die vigesimale Zählmethode (Halle 1847.E). [Max] Wertheim[er], Z[ei]tschr[ift] für Psychologie [Bd. 60] 1912. [Über] Das Denken der Naturvölker.
Alle Unterscheidung von Zahlverhältnissen an gewisse Unterscheidungen am menschl[ichen] Körper gebunden. Erst allmählich [wird] das Ganze der sinnl[ichen] Erscheinungen erobert. Zählen: gewisse Unterschiede an körperlichen Objekten auf den Körper übertragen (mimische ZählMathematik] nachfolgend gestrichen: aber Zeichen] nachfolgend unleserliches Wort gestrichen C wird sie schon] schon wird D die] nachfolgend unleserliches Wort gestrichen E 1847.] 1874.
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gebärde). Zahl kann sich von dieser charakteristischen Gebärde nicht losreißen. NaturvölkerA zählen an den Fingern, Zehen. Dabei gewisse Gebärden. DieB tastende Hand zählt an der anderen ab. Rechte Hand tastete, linke rechnete. Nicht nur bezogen auf Teile des Körpers, sondern auch Umsetzung in diese Gefühle. Gewisse Direktiven für die jeweilige Hand. Oft auch Imperative: 5 bedeutet auch: Schließe die Hand, 6: springe! Das besonders bei den Sprachen, die die Art des Zählens besonders zum Ausdruck bringen. Nicht alle in derselben Weise zu gruppieren: Auf dem Boden ausbreiten, [zu] Schichten, Reihen gelegt werden. Für jede Art des Zählens[.] Diese eingeschlossen in die sprachl[iche] Form. Darin noch eine Form der nachtastenden Bewegung erhalten. 6. 7. [19]22.C Darin unterste Stufe des Zählaktes enthalten. Es brauchen nicht nur die Finger zu sein. Aber immer ein sinnliches Verfahren. Steinthal, Mandenegersprachen.758 Keine Zahlen, sondern nur Fingerheit der Neger. Wie ist nun hier ein wesentlicher Begriff der Zahl zu finden? Was geschieht hier, wenn die Zahlen auf die Teile der Körper bezogen werden? Von einer Systematik keine Rede. Aber das Durchlaufen einer Mannigfaltigkeit hält eine Reihenfolge inne. Ein Prinzip der Zählung vorhanden, z. B. linke Hand, rechte Hand, Nacken[,] Brust oder anders. Daß eine, wenn auch konventionelle, FolgeD festgesetzt ist, ist der erste Schritt zur Zählung. Ausdruck der Ordnung im Fortschritt, haben selbst Mathematiker diese Funktion genannt. Eine eigentümliche Spontaneität darin enthalten: die Ordnung. Die Fähigkeit, die Ordnung festzuhalten, wie etwas einzelnes. Die wesentliche logische Bedingung für die Ordnung in sich selbst ist die Einsicht, daß die Glieder homogen sind. Die 1,E 2, 3 etc. haben keinen selbständigen Wert mehr, sondern nur [noch] Stellenwert. Sprache geht nicht ohne weiteres hierzu über, zu Setzungseinheiten, sondern hat erst Dingeinheiten, die die natürl[iche] Beschaffenheit des Körpers darbietet. Das Zählmodell gibt die Zählform: eine Hand – QuinarsystemF, beide Hände – Dezimalsystem etc. Daneben Gruppen, die über die 2 oder 3 nicht hinausreichen. Das [sind] natürlich nicht Grenzen der Auffassung. Die konkrete Unterscheidung von Gesamtheiten kann durchaus durchgebildet sein. Von den Aborigenen wird berichtet, daß die Unterschei-
Naturvölker] über der Zeile statt gestrichenem: Eingeborene Die] statt gestrichenem unleserlichen Wort C 6. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen D konventionelle, Folge] konventionelle Folge, E 1,] 1., F Quinarsystem] Quinalsystem
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dung konkreter Gesamtheit durchgebildet sei. Wenn von 100 Rindern eines fehlt, wird dasA sogleich erkannt. Die Zahl tritt in der bestimmten Zahlgröße nicht in die Erscheinung, sondern rein die konkrete Anschauung. Sprache [gelangt] erst spät zu allgemeinen Zahlausdrücken, die für alle Gegenstände passen. Solange es Dingzahlen gibt, muß es sinnl[iche] Zahlen wie Dinge geben. Zahl ist nicht von den sonstigen Eigenschaften des Dinges zu sondern. In verschieden[en] Sprachen Worte, die 2 oder 10 oder 1000 Kokosnüsse oder Rinder u[nd] d[er]gl[eichen] zusammenfassen.759 Immer [ist] also das Dinghafte vorhanden. Bei den amerikanischen Sprachen so: Zahlen für lebendige Personen, Sachen u[nd] d[er]gl[eichen]. Der Unterschied der Qualität des Gegenstandes [wird] durch den Akt der Zählung ausgedrücktB. Ebenso werden räumliche Beziehungen mit dem Zahlwort ausgedrückt. Quantitativer Unterschied soll dem generischen Unterschied untergeordnet werden. Für die Anschauung istC eine Gruppe Menschen etwas anderes als ein Haufen Steine. Deshalb besondere Kollektivausdrücke der Zahlbezeichnung hinzugefügt. So bei den malaio-polynesischen Sprachen. Bei Japanern u[nd] Chinesen zu besonderer Feinheit entwickelt. Bei uns werdenD die Einheiten, bevor sie gezählt werden, ihres Inhaltes entleert.E Mittel, deren die Sprache sich bedient, um Einheit von Mehrheit zu trennen: Verschiedene Verhältnisbestimmungen zwischen diesen beiden Polen möglich. Die Form unsres Plurals nicht bei allen Sprachen vorhanden. Das Substantiv kann bei manchen als Ausdruck der Einheit und der Gattung dienen. Durch andere sprachl[iche] Mittel kann die Singularbedeutung in wenig[en] Fällen geschieden werden von der allgemeinen Bedeutung. 7. 7. [19]22.F (In den Zahlen erfaßt der Geist die Dinge, beraubt sie aber ihres subjekt[iven] 〈konkreten〉G Gehalts.). MehrheitH besagt Gliederung, Sonderung. Auch in der Sprache muß der Begriff des Ganzen als Absonderung erst allmählich [entstehen]. Erst im Wort z. B. Gattung Mensch Kennzeichen, wenn Einzahl. Malaio-polynesische Sprachen. Mensch weder Mensch in concreto noch Menschheit, entspricht aber mehr dem Plural (Friedr[ich] Müller.).760 Rein[er] wird das] das wird ausgedrückt] statt gestrichenem: ausgedehnt C ist] über der Zeile D werden] über der Zeile E entleert.] nachfolgend unleserliches Wort gestrichen F 7. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen G 〈konkreten〉] links neben dem Text H Mehrheit] vorstehend gestrichen: Wo etwas Ganzes aufgefaßt wird.
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Indifferenzzustand. Dann durch gewisse Partikel Singularbedeutung. Ebenso ural-altaische Sprachen. Auch Sprachen mit Singular u[nd] Plural müssen solchen Zustand gehabt haben. So [sind] häufig Singularformen der Vorbau zu solchen Kollektivworten. Im Griechischen z. B. Formen auf α bezeichneten kollektivische Gesamtheiten. ([Karl] Brugmanns Grundriß der vergl[eichenden] Gramm[atik] d[er] i[n]d[o]g[ermanischen] Sprachen. [Bd. 2/2]) Die ersten Vielheiten, die sich ausscheiden, tragen auch qualitativen Charakter. Form des Dual, daneben in manchen Sprachen das Trial. Spuren bis in die höchstentwickelten Sprachen. W[ilhelm] v[on] Humboldt, Über den Dualis. Im Arabischen neben Dual noch ein beschränkter Plural für 3–9 und ein unbeschränkter Plural. Sprache bildet zunächst nicht den Gattungsbegriff als universalen, und hebt dann den numerischen Unterschied hervor, sondern der Gegensatz v[on] Einheit und Vielheit besteht noch gar nicht. Also noch Zustand der Indifferenz. Die Vielfalt als bloßer Haufe erfaßt, hat noch nicht die Einheit, dieA als Überordnungsbegriff erfaßt wird. – Um aus der Masse die Mehrheit entstehen zu lassen, muß die Distribution eintreten. Zunächst Ordnung in der Folge. Daneben der Eindruck der Vielfachheit schlechthin. Charakteristische Auffassung der Gliede[r] noch nicht erreicht. Wie beziehen sich Raum u[nd] Zeit hierzu. Ordnung an Zeit, Kollektivheit an Raum gebunden. Aus Raum und Zeit wird etwas herausgehoben, was sie selbst nicht sind. Das Gegenmoment gegen das Kollektive besteht nun darin, daß die Distribuierung eintritt. Sie werden Glieder einer Beziehung. Verknüpfung als Sonderung, Sonderung als Verknüpfung erscheinend. Im Raum stellt sich das Moment des Bei- und Ineinanderseins ein, in der Zeit des Nacheinanderseins. Zeit nicht zusammenfassend, sondern scheidend. Jeder einzelne Zeitpunkt schließt einen andern aus, der Raum schließt ein. Diese beiden Leistungen werden in der Zahl vereinigt. Vom Raum aus kommen wir zum Ausdruck der kollektiven Vielheit, von der Zeit aus zur Scheidung und Vereinzelung.B 10. 7. [19]22.C Der Pluralbildung [ist] anzusehen, ob von der Kollektivierung oder der Distribution ausgegangen [wurde]. Von derD letztere[n] dann, wenn nicht von der Anschauung des Gegenstandes ausgegangen, sondern von dem verbalen Akt. Z. B. [wird] bei manchen Sprachen nicht zwischen einem die] über der Zeile Vom Raum aus kommen wir . . . Vereinzelung.] Vom Raum aus . . . Vereinzelung kommen wir. C 10. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen D Von der] Die
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einzelnen Objekt u[nd] der Mehrheit unterschieden. Aber [es wird] zwischen einem Einzeltun und einem Tun, das in mehreren Phasen oder von mehreren Tätern [vollzogen wird], unterschieden. Durch Verdoppelung der ersten Silbe zum Ausdruck gebracht. In vielen Fällen, wenn eine Handlung als Einheit erscheint, wird auch hier durch Lautverdoppelung die distributierende Mehrheit bezeichnet. Die rhythmische Gliederung menschl[icher] Tätigkeiten [wird] dadurch bezeichnet. Man hat Ursprung der Sprache und Kunst auf denselben Grund zurückgeführt (Karl Bücher.)761 Arbeitsgesänge. Jede Form der Arbeit bedingt eine bestimmte Koordination von Bewegung. Einmal in Bewegungsempfindung [sich] äußernd, dann in sinnl[ichem] Ausdruck. Die rhythmische Bewegung bei Dreschen, Waschen, Weben usw. wird durch solche Arbeitsgesänge aufgenommen. Von hier wird Bewußtsein der reinen Zeit- u[nd] Zahlform an dieses objektive Tun angeknüpft. Nicht Differenzierung der Anschauung sondern des Tuns bringt [es] dazu. Nicht nur da gebraucht, wo mehrere Täter, sondern [auch] da, wo eine Mehrheit von Akten [vorliegt] (Humbold[t] über Tagalsprache.)762 Z. B. Bezeichnung “viele schreiben” kann auch bedeuten, “einer schreibt viel” und auch “er schreibt berufsmäßig”. – Reicht ins Gebiet der Subjektivität. Es handelt sich um [die] Sonderung des Ichinhaltes. Nicht sowohl das Dingliche der Gegenstände oder Vorgänge außerhalb. Auf dem Gebiet des Persönl[ichen] [besteht] eine feinere Unterscheidung als beim Sachlichen. Manche Sprachen [unterscheiden] im Plural bei persönlichen Dingen (Pronomen) und belebten Wesen. Teile des Körpers im Singular, wenn bei einer Person, Plural, wenn bei mehreren Personen. [Unterscheidung] Trägt noch Farbe des Gegenstandes. Die ersten Vielheiten [sind] nicht abstrakt. Sondern noch qualitativer Charakter. Solcher Charakter in dieser personalen Sphäre. Es handelt sich hier noch nicht um ein gedankliches Prinzip. Die Sprache schränkt sich auf einen Kreis ein, dem nur die Subjektivität des Gefühls zueigen ist, noch nicht [die] objekt[ive] Anschauung. Teilung aus der Urteilung der Personen genommen. Daraus [folgt] einfache Kollektivität. Naturvölker 1, 2, 3. Jenseits der 3 [werden] keine Unterschiede klar gefühlt. ([Hermann] Usener, Drei[heit]. [. . .]A Rhein[isches] Museum 58. Band.) Hier ein Fundament der Anschauung. Semitische Sprache[n] [kennen] 1–3 Adjektive, darüber hinaus Nomina. Indogermanisch: Zahlworte 1–4 flektiert. Darüber hinaus [werden] die Substantive flektiert[.] Die Besonderheit des Duals u[nd] Trials haftet mehr an persönlichen Fürwörtern als an anderen Wörtern. An Nomen verschwindet er leichter als an den Pronomen. Man hat die Zahlen auf diese 3 Formen zurückgeführt. (Meyer763 – [Theodor] Benfey. – Scherer.) – Humbold[t]: A
. . .] unleserliches Wort oder Abkürzung
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Die Möglichkeit des Sprechens beruhe auf der Spaltung von Ich u[nd] Du. (Wolff hatte den Dualis für Ballast der Sprache gehalten.764) Es ist im Dualis eine sinnl[iche] und eine geistige Handlung. Doppelt vorhandene Dinge sprachlich besonders behandelt, durch besonderes Präfix gekennzeichnet. Die Sprache [verweilt] noch im anschaulichen Sein. Etwas Neues, wenn ein gedanklicher SinnA hineinkommt, wenn das Konkrete, der Dual allmählich verschwindet. 11. 7. [19]22.B v[on] d[er] Gab[e]lentz: Die Familie präsentiert Singular, Dual, Plural.765 Bei den Chinesen [haben] Du u[nd] Mutter dieselbe Bezeichnung. Sinnlich scheint der Gebrauch des Dual dort zu sein, wo von Gegenständen ausgegangen wird, PaarheitC [ist] nicht ein Moment im abstrakten Sinne. Daneben Dual in der Sphäre des persönlichen Seins. Im Griechischen [ist] der Dual in den meistenD Dialekten schon früh geschwunden. Nur [die] im Attischen erhaltene Sprache sträubt sich, die ganz besondere Form der Zweiheit aufgehen zu lassen in allgemeine sprachl[iche] Verhältnisse. Je stärker der Gedanke der Zahlreihe sich ausprägt (begriffl[iche] Auffassung),E um so weniger kann eine Zahl seine spezifische Einzelfarbe behaupten. Zahl jetzt in der Reihe. (Prinzip der Homogenität.) Langsamer in der persönlichen Sphäre als in der dinglichen dies geschehen. Der Zweite, das Du (Nichtich) entsteht nicht als Derselbe, sonder als Gegensatz (der andere). Aus Ich u[nd] Du das Wir. Also scheinbarF kollektionistisch zusammengefaßt. Aber das Moment der Unterscheidung wird aufrecht gehalten. J[acob] Grimm betont, daß ein Unterschied bestehe zwischen dinglichen u[nd] persönl[ichen] Plural.766 Die Männer = Mann + Mann etc. Wir dagegen: ich u[nd] du u[nd] er etc. Das Moment der Sonderung tritt hervor in dieser Sphäre des Persönlichen. Ebenso in der Form des Trial und in der Unterscheidung des inklusiven u[nd] exklusiven Plurals. Besonders streng bei den melanesischen Sprachen. Eine Bestimmung der Zweiheit u[nd] Dreiheit. Unterschieden, ob in dem Wir ich einbegriffen bin oder nicht. Australische Sprachen haben Formen, die den Angeredeten einschließt oder nicht. Wir z. B. “ich u[nd] du”, andere Form: “ich und er” usw.
Sinn] Lesung unsicher, evtl. Sein 11. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen C Paarheit] Lesung unsicher D den meisten] über der Zeile, unsichere Lesung, statt gestrichenem: meist[en] E ausprägt (begriffliche Auffassung),] ausprägt, (begriffliche Auffassung) F scheinbar] über der Zeile
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Darüber hinaus [gibt es] die Form der Gattung. An die Stelle der Distribuierung [tritt] eine andere Art. Die Einzelnen sind nur Fälle. Die Unterschiede werden nivelliert. Der mathematische, homogene Zahlbegriff. Bei diesen Zahlen als Reihenzahlen: Notwendigkeit, Allgemeingültigkeit, Einzigartigkeit, unendliche Fortsetzbarkeit dieserA Kennzeichen. Keines dieser Momente [ist] in der urspr[ünglichen] Anschauung gegeben. An der Komparation der Adjektive kann man sehen, wie [sich] aus der qualifizierenden die quantifizierende Form entwickelt. In der Steigerung wird irgend ein Allgemeines gegeben, das rein nach der Größe unterschieden ist.B In manchen Sprachen [wird] auch noch eine Differenz der Art unterschieden. Beim I[n]d[o]g[ermanischen] und Semitischen: Steigerung des gut und schlecht nicht von demselben Stamm gebildet. Hier scheint nach Osthoff C durch eine quantitative Sprachformung die qualitative hindurch. Die Abstraktion [ist] nicht völlig vollzogen, läßt jedem Grad [einer Eigenschaft] noch etwas von seinem individuellen Sein.767 Bei den meisten Sprachen fehlen Komperativ u[nd] Superlativ. Dort durch verbale Unterscheidung, z. B. übertreffen etc.[, ersetzt] Auch einfache Gegenüberstellung. Räumliche Unterschiede des Hoch und Tief bezeichnen die Grundabstufung. Die Begriffe von Raum, Zeit u[nd] Zahl [fungieren als] die Grundbegriffe für den Ausdruck und [die] Einteilung der Welt. (Bis hierher Sprache in der Phase des sinnlichen u[nd] des anschaul[ichen] Ausdrucks) 13. 7. [19]22.D Proble m de r B egrif fsbi ldung. Alle logische Analyse des Begriffs läßt uns an einen Punkt gelangen, wo diese nicht mehr ausreicht: Begriff als Ausdruck des Wesens (Realismus)[,] gegenüberE die Auffassung[,] die im Begriff nichts als Namen sieht, läßt den Inhalt des Begriffs in eine sprachl[iche] Wendung aufgehen. (Nominalismus). Hobbes denkt diese These folgericht[ig] zu EndeF[:] veritas in dicto non in rebus (?) est.768 In der sprachlosen Anschauung können wir ein Ding sehen, aber nicht die Verbindung erfassen,G worauf Wahrheit oder Unwahrheit beruht. Wahrheit [ist] nicht in den Dingen, sondern nur in der Zuordnung. Ein sprachloses, bloß logisches Denken könnte den Begriff [der] Wahrheit nicht kennen. Wenn es gelänge, den eigentlichen dieser] Lesung unsicher unterschieden ist.] unterschiedenist. C scheint nach Osthoff] nach Osthoff scheint D 13. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen E gegenüber] gegen über F zu Ende] zu Ende denkt G erfassen,] bringen,
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Sinn des Wortes zu ermitteln, wäre der immanente Sinn der Begriffe gegeben. Diese nominalistische Lösung [ist] eine Scheinlösung. Läuft in einen Zirkel aus. Es muß vorausgesetzt werden, daß es Worte mit einer bestimmten Bedeutung gibt. Nach Hobbes sind AnschauungenA [. . .]B (sensualistisch)[.] Die Synthesis des Begriffes auf die der Namen zurückgeführt. Wo Hobbes die Lösung sieht, fängt das Rätsel erst an. Die gewöhnliche Logik stützt sich auf gewisse sprachl[iche] Leistungen. Begriffsbildung durch das Verfahren der Abstraktion. Übereinstimmende Vorstellungen vergleichen u[nd] abstrahieren von dem Anschaulichen: Inhalt des Begriffs. Vorausgesetzt wird, daß die Inhalte des zu Vergleichenden eine bestimmte Note haben. Der Weg der Vergleichung [ist] durch den Inhalt selbst vorgeschrieben. Es müßte alles in Arten oder Gattungen zu scheiden sein. Frage, ob diese Merkmale schon vor der logischen u[nd] sprachl[ichen] Arbeit gegeben [sind], oder ob in der Schaffung der Merkmale selbst ein intellektueller Prozeß stattfindet. Siegwart sagt, die Abstraktionstheorie vergißt, daß bei der Abstraktion Begriffe benutzt werden, die doch ohne Abstraktion gewonnen wären. C769 Das ganze Problem von der Logik auf die Sprache zurückgeschoben. Kann nur geschehen in Begriffen, die schon einmal durch die Sprache hindurchgegangen sind. Bestimmung des zunächst Unbestimmten ist der Anfang der Begriffsbildung: Prädikation. In dem Fluß der Dinge wird ein Festes, [werden] bestimmte Merkmale gesucht. Definition eines Dinges, das schon vorher bestimmt sein muß. Hinter dieses Sprachliche müßte man schon zurückgehen. Primäre Aufgabe der Begriffsbildung liegt nicht darin, aus Einzelvorstellungen eine allgemeine (universelle) Vorstellung [zu] bilden. [Das ist] [n]icht das Wesentliche.D Die Aufgabe des Begriffs[:] er soll nicht zu einem allgemeinen verblassen, sondern zu einem bestimmten, logisch bestimmten werden. Bevor etwas über [das] Verhältnis der Subsumtion gesagt wird, müssen gewisse Inhalte als bestimmte herausgehoben werden: Akt der Setzung u[nd] Unterscheidung. (aus x, y, z Inhalte alsE a, b, c bestimmbar herauszulösen.) Nach bestimmten Gesichtspunkten gewisse Inhalte von anderen abgeschieden (Setzung, Sonderung), um primäre Einschnitte zu bilden, um den Fluß der Dinge aufzuhalten. Nicht Vergleichung sondern Formung der Gegenstände. Lotzes Lehre vom Begriff geht davon aus, daß die ursprüngl[iche] Denkhandlung nicht in der Verknüpfung zweier
sind Anschauungen] Anschauungen sind . . . ] unleserliches Wort C wären.] nachfolgend gestrichen: (Die ganze Lehre der) (Begriffsbildung nur Bedeutung, daß). D Wesentliche.] nachfolgend gestrichen: Nicht E als] über der Zeile, unsichere Lesung
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Vorstellung[en] bestehen könne.770 Sie bedürfen einer Formung, um zu Bausteinen des Denkens zu werden. Dies [ist] in der Bildung der Sprache schon vollzogen. Schöpfung der Sprachworte [als] Grundform des Denkens selbst, eigentümliche Objektivierung. Primäre Objektivierung sei nicht darauf gerichtet, Verknüpfungen herzustellen, sondern jedem einzelnen Eindruck den Ausdruck des an sich Gültigen zu geben. Ein mit sich selbst Identisches soll fixiert werden. Der benannte Inhalt wird nicht in ein Äußeres hinausgerückt. Schon wichtig, daß es mit sich selbst identische Bedeutungen gebe, die ausA dem Fluß der Dinge herausgehobenB [sind]; das ist [die] erste Voraussetzung, daß es gewisses Begrenzbares und Faßbares gibt, damit eine Begriffsbildung möglich ist. (Die Sprache hatte die Vorarbeit schon vollzogen u[nd] die Vernunft arbeitetC nun mit diesen Worten.) 14. 7. [19]22.D Die Allgemeinheit v[on] Qualitäten istE die erste Einheit aus dem Sinn. Diese Allgemeinheiten schließen sich zu gewissen Ordnungen zusammen. (z. B. eine Farbe bezieht sich auf andere). Die Form dieser Verknüpfung können wir nicht von den Qualitäten abstrahieren u[nd] als besonderes denken. Bei der Formung scheint zunächst ein Gemeinsames gesetzt (z. B. rote Farbe überhaupt), benennbarF näher modifiziert. [Es] [u]nterscheiden sich diese Begriffe von den übrigen. Es kann nur ein bestimmter Ton gesetzt werden, jedenfalls keine Allgemeinfarbe. Worte, Farbe u[nd] Ton sind [an]geschlossen an Einzelvorstellungen, die sich nicht [los]lösen lassen. Die allgem[eine] Logik faßt das Begriffsmäßige als etwas, das sich ablösen läßt, das ein selbständ[iges] Sein hat, nicht wie Farbe oder Ton. Also 2 Fälle, einmal ohne solche selbst[ändige] Vorstellung setzbar und dann mit dieser. Lotze kann das eigentüml[iche] Allgemeine nicht bringenG ohne an die Benennung anzuknüpfen. Erster Akt der Sprache, daß sie die bestimmte Determination des Sinnaktes hervorhebt und benennt. Innere Sprachform (Humbold[t]) das, was jede Sprache kennzeichnen soll; aus dem Chaos werden gewisse Dinge herausgehoben. Innere Sprachform: das Beständige[,] den inneren Laut zum Gedanken zu erheben. Bisweilen als gramm[atische] Form, bisweilen als Sprachbildung (Urspr[ung] d[er] gramm[aaus] aus aus herausgehoben] nachfolgend unleserliches Wort über der Zeile C arbeitet] Lesung unsicher, evtl.: ableitet D 14. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen E ist] über der Zeile F benennbar] Lesung unsicher G bringen] Lesung unsicher, evtl.: bergen
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tischen] Form u[nd] der Bedeutungen.[)] Zweifellos überwiegt der letztere Gedanke. Jede Sprache habe ihre bestimmte innere Form. Sprache läßt gewisse Momente liegen, hebt andere heraus. Wenn schon in der urspr[ünglichen] Benennung solche Accentuierung nötig ist, so werden sich diese verschieden verhalten. Wort niemals Abdruck des Gegenstandes, sondern des in der Seele erzeugten Bildes. Welches Bild in der Seele erzeugt ist, hängt von der Form der sprachl[ichen] Apperzeption ab. Verschiedene Bedeutungskreise werden herausgehoben. SynonymeA existieren nicht. Verschiedene Form[en] der Setzung und Unterscheidung in den verschiedenen Sprachen, eigentümliche Worte der Sinngebung. Dieselbe Naturerscheinung kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erscheinen. (Mond griech[isch] der Messende, lat[einisch] der Leuchtende) Jede Sprache [vollzieht] eine individuelle Weltansicht. Verschiedene Form der Welt, ob in der logischen, mythischen, künstlerischen oder sprachlichen Sphäre. [Das] Sprachliche kann an allen dreien teilnehmen.B Von der logischen Form der Begriffsbildung unterscheidet sich die Sprache dadurch, daß in ihr nicht bloße Reflektion, sondern [daß] in der sprachl[ichen] Begriffsbildung [auch] dynamische Einflüsse, nicht nur aus der Welt des Daseins, sondern auch aus dem Tun[,] ihren AntriebC [erfahren.] Sprache [bewegt sich] zwischen actio u[nd] ratio. [Sie steht für] [d]as tätige Interesse an der Welt. [Für] Herder ist die Welt ein Pantheon, eine Welt belebter Wesen. Spiegelung des eigentümlichen Feuers in der Sprache. Bestimmte Momente mit einem Wortaccent versehen. Im Tun schränkt sich die Welt auf einen Punkt ein: das Telos, der Inhalt, Zweck des Tuns. 17. 7. [19]22.D Jede sprachl[iche] Gestaltung der Begriffe [vollzieht sich] nicht nur durch Erkenntnis, [sondern] auch durch Tätigkeit. [Der] Ruf ist schon Ausdruck einer Zielrichtung des Willens. An das Wollen, die Vorstellung des Künftigen angeknü[p]ft. Der Ruf selbst [als] Motiv des Geschehens. Die Dinge [werden] durch den Ruf mit reproduziert. Charakter des kindl[ichen] Schreiens geht allmählich in diesen Ruf über. Damit [ist] der erste Akt der Objektivierung eingeleitet. Wenn die Theorie von Lazarus Geiger (Urspr[ung und Entwicklung] d[er] menschl[ichen] Sprache u[nd] Vern[unft] 1869 Frankfurt) u[nd] [Ludwig] Noiré (Logos. Leipz[ig] 1885) stimmte, würden wir bei der Sprache überhaupt einen ähnl[ichen] Weg genommen haben. Sie behaupten, daß alle urspr[ünglichen] Sprachlaute Synonyme] Lesung unsicher teilnehmen.] nachfolgend Ausdruck unleserlich gemacht und gestrichen C ihren Antrieb] seine Antriebe D 17. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen
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ihren Urspr[ung] von der subjektivenA Art des Tuns genommen [haben]. Alles Sprechen [bilde sich] nicht aus dem einzelnen Tun, im Einzelnen könnte es nicht über dessen Schranken hinausreichen. Sensorium commune nennt Noiré die Sprache. Ausdruck des erhöhten Gemeingefühls. (Max Müller fußt auf beiden.)771 Dingworte sollen auf Tätigkeitsworte zurückgehen.B Aber doch alle Sprachen im Boden des Tuns verwurzelt. (Meinhoff. Globus 75. Bd.).772 – Berufssprachen zeigen dieses Ausgehen von Tätigkeiten. (Usener, Über Götternamen.): Begriff des Göttlichen aus einem engen Kreise des Tuns herausgebildet zu einer allgemeinen Auffassung des Göttlichen. So[,] meint Usener, sei die Sprache durch die Erweiterung des Tuns fortgeschritten. Jede Form [sei] teleologisch entstanden. Hinter dem abstrakt Logischen [stehe] das Teleologische. Nur was subjektiv bedeutsam ist, empfängt Bedeutung. (Usener, Über Jägersprache).773 Licht der Erkenntnis vom Zentrum des Tuns [her] ausgebreitet. Dem mythischen Denken ist hierin die Sprache verwandt. Aber die Sprache gibt der Welt eine neue Form, die aus der Subjektivität heraustritt. G[e]g[en]s[at]z einer Auffassung, die auf das sinnl[ich] Konkrete sich bezieht, oder auf eine generellere Weise. Die konkrete Auffassung scheint die ursprüngl[iche] Form gewesen zu sein. Naturvölker bringen alles in anschaulicher Bestimmtheit. Ausdrucksfülle. Neben die räumliche Sonderung tritt eine qualita[ti]ve Sonderung aller möglichen Art. (Waschen z. B. durch 13 versch[iedene] Worte:C Waschen der Hände, der Schüsseln etc.) (Nicht Bezeichnung Baum, sondern alle Bäume besonders bezeichnet) (Hammer[-Purgstall], Namen des Kamels im Arabischen)774 (5700 verschiedene Namen) Die Grenzen der Arten stehen von vornherein nicht fest. Der Artbegriff [wird] erst durch den Verstand geschaffen. Daneben gibt es aber auch [die] Tendenz, die übergeht zu einer generalisierenden oder klassifizierenden Auffassung. 18. 7. [19]22.D Osthoff, vom Supplettivwesen der Germanensprachen. E775 (Rede in Heidelb[erg] 1899.) Es handelt sich um das Gesetz, nach dem Steigerungen nach verschiedenenF Stämmen gebildet werden, um die verschiedenen Tempora des Worts zu bezeichnen ebenfalls. Osthoff hatG Begriffe herausgesucht, an denen diese Ausnahmen [aufscheinen]. Er weist sie einer älteren subjektiven] unter der Zeile statt gestrichenem: objektiven Ansch[auung] zurückgehen.] über der Zeile unleserliches Wort hinzugefügt C Worte:] Worten: D 18. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen E der Germanensprachen.] über der Zeile F verschiedenen] über der Zeile statt gestrichenem: demselben Stamm G hat] statt gestrichenem: hält
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Schicht zu, bei der die konkrete Weise noch das Übergewicht gehabt hätte. Wie der Mensch das Nächstliegende deutlicher erfaßt, so auch hier. Von den Worten sindA die der Bewegung, des Essens etc. der Bildung von mehreren Stämmen zugänglich. Für das I[n]d[o]germanische von Georg Curtius nachgewiesen:776 Sie müssen früher ausgebildet sein als die heutigen Begriffsworte. Diese Erscheinung [existiert] auch im semitischen Kreise u. a. In gewissem Sinne [ist sie] der individuellen Erfassung entgegengestellt. Der Prozeß der Bestimmung erfaßt zunächst nur Einzelkreise der Anschauungsebene, ist dann allmählich von einem dichteren Netz der Bezeichnungen überzogen. Immer erneute Ansätze die Welt zu fassen haben wir in diesen SuppletivbegriffenB vor uns. Apperze[p]tive Einheit. Es fehlt das generische Band – [das] Bestreben, Laut u[nd] Bedeutung in [ein] Verhältnis zu bringen: damit [fehlt der] Fortschritt zu klassifikatorischer Einheit. Z. B. durch übereinstimmende Präfixe oder Suffixe. Zu dem Besonderen tritt ein determinierendes Element, das Beziehungen zu anderen herstellt. Mutter, Vater, mater, pater etc. Durch Suffix “ter” zusammengehalten. Dieser Begriff braucht nicht immer abgetrennt eine selbständige Bedeutung zu behalten. Hier [ist] eine Form der Reihung gegeben. Aber der zusammenhaltende Begriff tritt noch nicht als selbständig hervor. Aber [es ist] doch eine positive Leistung. Man darf [ihn] nicht psychologischC auf zufällige Ähnlichkeitsassoziationen zurückführen, wie Wundt es z. B. tut.777 (Assoziation mit begleitenden Gefühlen.) Die Zusammenfassung immer schon ein selbständiger logischer Akt. Gefühlsmäßige Assoziation könne zwischen den heterogensten Begriffen sein, ohne [sie] zu einem homogenen Begriff zusammenzuschließen. Es ist ein bestimmter Gesichtspunkt nötig, nach dem diese Reihung erfolgt, z. B. bei nomina agendis u[nd] d[er]gl[eichen]D[:] ein bestimmtes Suffix. – Hier eine Antizipation einer höheren wissenschaftl[ichen] Art der Begriffsbildung. Hier sind die Beziehungen streng festgelegte Einzelbegriff[e] in einem System, in dem es ein Aggregat von Begriffen nichtE gibt, wo jeder Begriff seinen Platz hat: dies [ist] natürlich das ideelle Ziel. Wo die Wissenschaft eine Zuordnung setzt, fragt sie nach dem Warum. Die Zusammengehörigkeit [wird] auf ein bestimmtes Prinzip zurückgeführt. – Die Entdeckung der Begriffe hat dahin geführt, daß man in ihren Zuordnungen das Fragende, Problematische entdeckt hat. Sokrates hat diese Art der Begriffsverwendung zuerst gebraucht. Ausgegangen von einer Annahme, knüpft [er] an sind] über der Zeile Suppletivbegriffen] Supplektivbegriffen C psychologisch] links vor der Zeile, neben dem Text D und dergleichen] nachfolgend gestrichen: man E nicht] Lesung unsicher, Wort verbessert
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an eine Wortfixierung, zeigt dann, daßA diese Bestimmung nicht haltbar ist, wenn nicht von ganz anderen Seiten her unterbaut. 24. 7. [19]22.B Begriffsbildung nach den Klassen der Namen. In der Bezeichnung der Phänomene heben sichC allgemeine Gesichtspunkte heraus, nach denen die Einteilung erfolgt. [I]n diesen Momenten [findet sich] eine gewisse Schichtung, gewisse Stufen. Daraus [ist] ein Fortschreiten vom konkreten zum abstrakten Erfassen der Welt sichtbar. Zunächst Zusammenfassung nach sinnl[ichen] Motiven. Melanesische Sprachen: Besonde[r]e Präfixe für die Gegenstände, die durch besondere Form[en] gekennzeichnet sind, z. B. längliche Gegenstände. Unmittelbare Abhängigkeit des sprachl[ichen] DenkensD v[on] der sinnl[ichen] Auffassung. Andere Schicht der Betrachtung: Nicht mehr bloße Ähnlichkeit im Inhalt, nicht mehr qualitative sondern mehr noch Zahl, Größe, Stellung, Lage. Bantusprachen haben ein besonderes Präfix für ganzE große oder sehrF kleine GegenständeG; auch Scheidung, wie eins von zwei (Augen, Ohren.) (Numerische Gruppen.). StellungH im Raum: amerikanische Eingeborenensprache: Moment des Sitzens, Stehens etc. bestimmt seine wesentl[iche] Auffassung. (Anschauliche, nicht mehr sinnl[iche] Auffassung). Einteilung nach Gruppierung der Körperteile, u[nd] zwar Einteilung des Weltganzen. Jedes Objekt verwandt mit irgend einem Teil des Körpers. Andamanische Sprache: Hier wird schon das Ganze des Seins aufgenommen und aufgebaut als Komplex v[on] Beziehungen. Bantusprachen: Lokale PräfixeI: Verhältnis zum Redenden, und untereinander. (Meinhofs Bantugrammatik.)778 Unmittelbare Anschauung beginnt schon eine systematische Gestalt anzunehmen. In der Sprache bietet sich hier, wo der Gegenstand noch im räumlichen Sein sich befindet, schon als Synthesis. Nicht einfach Ergebnis des logischen Denkens, sondern auf Sprachphantasie zurückgeführt. Sprache folgt der subjektiven Auffassung. Gewisse mythische Motive zeigen sich auch hier. Sprache auf der Grenze zwischen Welt des Mythos u[nd] des Logos. Vermittlung zwischen mythischer und theoretischer Weltansicht, auch zwischen ästhetischer u[nd] theoretischer. daß] das 24. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen C heben sich] über der Zeile D des sprachlichen Denkens] über der Zeile E ganz] über der Zeile F sehr] über der Zeile G Gegenstände] statt gestrichenem unleserlichen Wort H Stellung] statt gestrichenem: Inhaltlich verschie[dene] I Präfixe] Präfixe unsichere Lesung
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Ursprung der 3 Genera: auch halb der mythischen, halb der ästhetischen Sphäre angehörig. Richtung der Sprachphantasie habe man hier fassen können, meinte man.A Jak[ob] Grimm meint, eine Übertragung von dem natürlichen Geschlecht, unter dem Gesichtspunkt sei alles erfaßt. B779 Deutsche Hauptwörter: Maskulinum das Tätige etc. Femininum: [das Erleidende.] Neutrum: das Gezeugte, dann dieC Kollektion. Dem gegenüber verzichtet BrugmannD auf solche geistigen, ästhetischen Grundlagen.780 Er hält eine Ähnlichkeit der Laute für maßgebend z. B. Endungen auf a (L[a]t[einisch]) undE α (Gr[iechisch]). Neuere Sprachwissenschaft zeigt,F daß die GeneraG nur ein Sonderfall sindH. (Bantusprachen: darin nur eine Richtung.[)] Manche Sprachen kennen diese Trennungen nach natürlichem Geschlecht überhaupt nicht. Geschlecht bei lebendigen Wesen durch besondere Beiwörter: Ural-altaische Sprachen. W[ilhelm] v[on] Humbold[t] hat schon die Auffassung, daß in den Klasseneinteilungen der Nomina I eine bestimmte Sprachphantasie gesehen würde.781 Gegensatz des Belebten u[nd] Unbelebten sei der wesentliche, der Gegensatz nach dem Geschlecht nicht der wesentliche. Bestimmtes Suffix für Gegenstände, die der Selbstbewegung fähig sind, und weiter für solche, wo diese Erscheinung fehlt. (Gestirne auch in die Klasse der belebten Wesen.) Manche wichtige Pflanzen (Korn) werden auch in die Klasse der lebenden Gegenstände gesetzt. Darauf Scheidung in Person und Sache. 25. 7. [19]22.J Das selbständige persönliche Handeln spielt hier eine Rolle. Erhält eine eigentümliche Wertnuance. Allbeseelung, aus dieser mythischen Sphäre hebt sich das selbständige Sein heraus. Drawidasprachen: Alle Nomina [bilden] 2 Klassen: vernünftige u[nd] unvernünftige Wesen. Erstere: Menschen, Götter, Halbgötter, zweite: Pflanzen, Tiere etc. Bantusprachen unterscheiden zwischen dem Menschen u[nd] dem anderen nichtK persönlichenL Sein, durch besondern Präfix bezeichnet (Geister, Krankheiten
meinte man.] über der Zeile sei alles erfaßt.] alles erfaßt sei. C die] das D Brugmann] Bruckmann E und] Lesung unsicher F Sprachwissenschaft zeigt,] Sprachwissenschaft, zeigt, G die Genera] über der Zeile statt gestrichenem Wort, unleserlich H sind] ist I würde.] nachfolgend gestrichen: Trennung der J 25. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen K nicht] Einklammerung (nicht) wieder gestrichen L persönlichen] über der Zeile statt gestrichenem unleserlichem Wort
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etc.). Die objektiveA Wahrnehmung mit Gefühls- und Wollensakten durchsetzt. Stellung des Sprechenden zu dem Gegenstande, wovon die Rede ist. [Das] Bedeutungsvolle [ist] herausgehoben. Westermann, Golasprachen.782 Das natürliche Geschlecht geht auch hier auf Personen- und Sachenklassifikation zurück. Nicht von Anfang an feststehende Begriffe, sondern die Bestimmtheiten[,] nach denen die Gliederung erfolgt, werdenB je nach der Stellung verschieden ausfallen. Darin eine konsequente Logik. Wichtig nicht, was bestimmt wird, sondern daß bestimmt wird, daß Grenzen durch das Weltall gezogen werden und diese Klassenteilung sich immer mehr ausdehnt. Diese Unterscheidung nicht nur am Substantivum festgehalten, auch auf jedesC Attribut, Prädikat, Pronomen, das zu ihm in [ein] Verhältnis tritt, ausgedehnt. Systematisch über die ganze Fügung der Sprache [sich] erstreckend.
Stufen des sinnl[ichen], anschaul[ichen], begriffl[ichen] Seins gehen durcheinander. Sind wechselseitig aufeinander bezogen, sofern sie auf das Ziel, den Gegenstand der Erkenntnis[,] hinweisen. In den logischen Funktionen [wird] nur erkannt u[nd] gesetzt[,]D was in den Stufen der sinnl[ichen] Wahrnehmung schon enthalten [ist]. Jede Form der Sprachbildung hat auch diese Beziehungen zu anderen. – Daß der Satz das Fundament der Sprache ist, nicht das Wort, von Humbold[t] beachtet. Das [Wort erklärt sich] aus dem Begriff der Synthesis, dem Urgrund alles Denkens u[nd] Sprechens[.] Sie muß aller Zerlegung vorausgehen. Ohne Synthesis [ist] keine Analysis möglich (Kant). Wo der Verstand nicht vorher verbunden hat, kann er nicht trennen. Auch die psychol[ogische] Sprachbetrachtung (Wundt) gehtE auf dieses Primat des Satzes zurück. Abgrenzung der Redeteile ganz allmählich. “Das Ganze früher als die Teile.”783 Beginnt mit einem komplexen Sprachausdruck, woraus erst allmählich auf die einzelnen Teile geschlossen [wird]. Die Beziehung ist das Erste, daraus die einzelnen Teile. Jede noch so sinnliche Sprachäußerung behaftet mit dem Element des Satzes. Satz [als] sprachl[iches] Äquivalent für das Urteil, das beziehentliche Denken.
objektive] über der Zeile statt gestrichenem: logische werden] verbessert aus: wird C jedes] korrigiert aus: jedem D und gesetzt,] über der Zeile E geht] geht auch
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Wie [wird] diese Beziehungssetzung von der Sprache vorbereitet und in ihr ausgedrückt? Wie wird die Sprache befähigt, nicht Dinge u[nd] Begriffe wiederzugeben, sondern komplexe Relationen zu geben? Begriffe nur Prädikate zu einem möglichen Urteil (Kant), Worte nur Material zu möglichen Sätzen. 27. 7. [19]22.A Hier in der Form des beziehentlichen Denkens hängt die Sprache nicht mehr am einzelnen sinnl[ichen] Gegenstand. – Verhältnis von Satz und Worten in den Sprachen verschieden. Polysynthetische Sprachen trennen den Satz nicht in Worte. Alles in ein Satzwort zusammengefaßt. Jeder modifizierende Umstand wird durch Infixe, Suffixe, die an sich nichts bedeuten, ausgedrückt. (Amerikanische Eingeborenensprachen) Analyse zum Wort noch nicht eingesetzt. So auch ural-altaische Sprachen[:] [sie] haben das Wort meist auch nur in Satzzusammengehörigkeit; haben auch keine Komposita. Auch in unsern Sprachen [sind] manchmal die Grenzen fließend. Humbold[t]: isolierende Sprachen. Hier scheint das Wort Einheit zu sein. Eigentümliche Substantialität des Wortsinnes. Im Chinesischen kann ein und dasselbe Wort als Subst[antiv], Adj[ektiv], Verb, Adverb gebraucht werden[,] ohne daßB der gramm[atische] Sinn irgendwie ausgedrückt sei. Das solle unsC einen Blick in die Wurzelperiode des Redens tun lassen, so [die] ältere Sprachphilosophie. [Die] Sprachwissenschaft zeigt, daß Isolierung beim Chines[isch]en Urzustand sei, unhaltbar ist. Manche Reste agglutinierenden oder sogar flektierendenD ZustandesE [werden] sichtbar (Vgl. Englisch.) Isolierung fällt nicht mit wirklicher Formlosigkeit zusammen. Auch die Isolierung hebt den ideellen Sinn des Satzes nicht auf, sondern die grammatischen Verhältnisse kommen anders zur Geltung.F Im Chinesischen durchG [die] Stellung des Wortes im Satze. Dadurch größte Prägnanz des Ausdrucks erzielt. Ein durchaus adäquates Mittel für das, was die Sprache leisten soll. Durch solche Mittel [leistet sie es] schärfer als durch die Relationen selbst. Humbold[t] hält den Vorzug des Chinesischen darin bestehend, daß die Flexionslosigkeit konsequent
27. 7. 1922.] links neben dem Text, unterstrichen daß] das C uns] statt gestrichenem: am D flektierenden] flexierenden E Zustandes] nachfolgend gestrichen: sollen F kommen anders zur Geltung.] anders zur Geltung kommen. G durch] links neben der Zeile auf dem Rand
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durchgeführt [ist].784 Ohne äußere, [aber] mit innerer Grammatik. Formlose Sprache[n] gibt es nicht. In unseren flektierenden Sprachen ist von den stofflichen Ausdrücken ausgegangen, sie sind zu Trägern allgemeiner Beziehungen geworden: Suffixe zum Ausdruck der Qualität und Eigenschaften zeigen häufig als Grundlage einen sinnl[ichen], gegenständlichen Charakter: “heit[”], schaft, lich, bar (im Deutschen.) Aus der körperlichen Gestalt bei “lich” zu einem allgemeinen Qualitativum [geworden]. Romanische Sprachen “fièrement” aus ferra mente. Aus unmittelbaren Sprachausdrücken [erwächst] die Qualitätsbezeichnung. Psychologisch gesehen scheint [es] ein negatives Vorzeichen zu sein, die Urbedeutung würde abgeschliffen, logisch betrachtet, daß eine schärfere Ausprägung des Beziehungsgehaltes hergestellt ist. Daneben [gibt es] Fälle, in denen ein sprachl[iches] Mißverständnis vorliegt: “keit” wird als Analogie zu “heit” gebildet. Gewissermaßen eine Entgleisung der Sprache, logisch die Erhebung der Sprache zum reinen Beziehungsausdruck. Verfeinerung des beziehentlichen Ausdrucks setzt sich fort: sprachl[iche] Verknüpfung der Einzelsätze selbst. Sprachbau. Zuerst Parataxe? Nebenordnung. Kindersprache zeigt diesen Bau: AsyndetischA oder durch und verknüpft[e]. Verbindung durch einfache Nebenordnung. Folgesätze ohneB Fügung; nur Beieinander ohne Über- und Unterordnung. Stil, bei dem die Satzteile sich wechselseitig stützen, ist das Ziel. Fehlt bei den Kulturvölkern ganz. Keine logische Tiefenrichtung, nur in einer Fläche. Je weiter die Entwicklung fortschreitet, [je mehr] geht der Satz in ein logisch-dynamisches Spiel von Kräften über. Relativpronomen. Dies scheint durchC eine relativ späte Entwicklung entstanden zu sein.
A B C
Asyndetisch] Asynthetisch ohne] nachfolgend gestrichen: innere durch] über der Zeile
De r B eg ri ff der Form a ls P roblem der Phi l osophi e (Berlin 20. III. 1924)
a) Stellung des Formproblems in der Philosophie der Gegenw[art]A –B Z Für die Philos[ophie] [ist es] immer belehrend und belebend, wenn sie bemerkt, daß den Problemen, die ihr aus ihrer eigenen Arbeit und aus dem Mi tte lpun kt dieser Arbeit erwachsen[,] die Fragen ent gegenkomm en, die in den Einzelgebieten des Geistes u[nd] der Kultur entstehen. Das Problem der Fo r m zeigt ein solches [Z]usammentreffen. Es stellt sich uns heute überall als ein unmittelb[ar]C p ra k t i s ch [ e s ] ProblemD dar: es drängt sich dem K ü n st l e r auf, wie es sich dem praktischen Staatsmann, dem Pol i ti ke r, dem Sozi ol og en , dem ErzieherE heute auf Schritt u[nd] Tritt geradezu aufdrängen muss. Und es rückt für uns andererseits mehr und mehr in das Zentrum unserer t h e o re t i s ch e n Selbstbesinnung, in das Zentrum der Philosophie[,] die ja seit Kant for m ale r Idealismus istF. Aber freilich: ist das nur ein pos it ives Symptom[,] oder ist es nicht vielmehr ein negati ves[?] – H e g el [Werke, Bd.] VIII,785 [S.] 66: “Man kann sagen, wo ein Volk aus seinem konkreten Leben überhaupt heraus ist . . . wo ein Bruch zwischen dem innern Streben und der äusseren Wirklichkeit eingetreten ist, die bisherige Gestalt der Religion u. s. f. nicht mehr genügt, wo der Geist Gleichgültigkeit an seiner lebendigen Existenz kund giebt oder unbefriedigt in derselben weiltG – und ein sittliches Leben sich auflöst – erst da wird philosophiert.[”]786 – Denn “wenn die Philosophie mit ihren Abstraktionen ihr Grau in Grau malt, dann ist irgend eine GestaltH des Lebens welk geworden u[nd] mit a) Stellung . . . Gegenwart] in dieser Aufzählung a) bis f) folgt mit b) das erste Hauptgebiet a) die E r ke n n t n i s fo r m , mit c) das zweite Hauptgebiet b) die werk bildende Form und mit d) das dritte Hauptgebiet c) das Formproblem im Aufbau der Geisteswissenschaften, mit e) und f) schließen sich zwei Abschnitte zum Formproblem als Symbolproblem an; siehe vorliegenden Bd. S. 272 B a) Stellung . . . Gegenwart –] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 1 C als ein unmittelbar] über der Zeile D Problem] über der Zeile E dem Erzieher] auf rechtem Rand hinzugefügt F die ja seit Kant formaler Idealismus ist] markierter Einschub, auf rechtem Rand G weilt] auf rechtem Rand statt gestrichenem: weilen H Gestalt] statt danach gestrichenem: Erscheinung A
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Grau in Grau lässt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen: die Eule A der Minerva beginnt erst mit einbrechender Dämmerung ihren Flug.”787 IstB es vielleicht diese anbrechende Dämmerung all unserer Kulturformen, unserer Gedankenformen wie unserer sittlichen Formen, was uns nötigt, uns phi l osophi sch um so mehr auf den Formgedanken u[nd] auf das Formproblem zu konzentrieren[?] Auf diese Frage wollen die Betracht[ungen], die ich vor Ihnen entwikkeln möchte, keine streng systematische, sondern nur eine mittelb are Antwort versuchen. Ich muss dabei eine Fülle von Problemen, die sich zudrängen, ausschliessen: vor allem die künstlerischen Probleme, die hier von anderer u[nd] von berufenerer Seite in den nächsten Vorträgen behandelt werden sollen[.] Ich behandle nur kurz drei Hauptgebiete[:] a) die E r ke n n t n i s fo r m – die Form der Wissenschaft, der theoretischen Erkenntnis[,] insbes[ondere] der Mathem[atik] u[nd] Naturw[issenschaft] b) die werkbi l dend e Form – die Technik c) das Formproblem im Aufbau der Geisteswissenschaften u[nd] der geistigen Kultur (Die Sprache, der M yt hos, die Religion)
[b)] Theoret[ische] Erkennt nis. Die Fülle der Mögl[ichkeiten] ist hier unabsehbar – u[nd] ich kann natürlich nicht daran denken, das Probl[em] der Form durch die G eschichte d er Ph il osophi e zu verfolgen – Ich greife nur 2 typische Haupteinstell[ungen] heraus[:] a) Aristoteles – Beispiel des Siegelringes788 – wenn der Siegelring sich dem Wachs eindrückt und einbi ldet , so hinterlässt er in ihm nichts von seiner M a t e r i e , sondern nur von seiner Fo r m – so auch in der Erk[enntnis] der Dinge[.]789 Schon in der sinnl[ichen] Wahrn[ehmung] [ist] die Form potenti ell enthalten – Proz[ess] der Erk[enntnis] besteht in ihrer Aktu al itä[t] CD[.] b) T heoret[ische] Erkennt nis. Ar istoteles u[nd] Kant E Kants Copernikan[ische] Drehung790 – Nicht die Welt hat Form, sondern wir, der erkennende Geist legt sie in sie hinein – Die Form ist nicht eine Flug.”] über der nachfolgenden Zeile eingeklammert und gestrichen: 〈Diese Auflösung fühlen wir heute allenthalben –〉 B Ist] im Ms. nicht eindeutig eingerückt C Aktu alität] Lesung unsicher, evt.: Aktivitä[t] D Schon in . . . Aktuali tät] Bemerkung gegenüber auf linkem Rand E b) T h e o re t i s ch e E r ke n n t n i s . . . . Ka n t ] Ms.-S. 2* (Bl. 11) befindet sich als Ms.-S. 19a in Box 51 Folder 1026 im Konvolut Das Symbolproblem. Zürich 1932, in A
Der Begriff der Form als Problem der Philosophie
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ursprüngliche Gegebenheit der Dinge, sondern sie ist eine Fu n k t i o n des Geistes – Alsdann sagen wir[,] wir erkennen den Gegenst[and], wenn wir in dem Mannigf[altigen] der Ansch[auung] synthet[ische] Einh[eit] erzeugt haben – Die sinnl[iche] E mpfi nd ung giebt nur ein unbestimmtes Mannigfaltige[s] – alle Bestimmung, alle Gest altung ist ein Werk des Geistes[.] “Die Verbindung eines Mannigfaltigen überhaupt kann niemals durch Sinne in uns kommen und kann also auch nicht in der reinen Form der sinnlichen Anschauung zugleich mit enthalten sein; denn sie ist ein Aktus der S po ntane ität der Vorstellungskraft.”A791 Kant nennt diesen Aktus Synthesis “um dadurch bemerklich zu machen, daß wir uns nichts als im Objekt verbunden vorstellen können, ohne es vorher selbst verbunden zu haben, und unter allen Vorstellungen die Verbindung die einzige ist, die nicht durch Objekte gegeben, sondern nur vom Subjekte selbst verrichtet werden kann, weil sie ein Aktus seiner Selbstthätigkeit ist.”792 Rolle dieser Selbstthätigkeit, der Formg ebung a) im Erfahrungsbewusstsein (räuml[iche] Wirklichkeit – aber weiter / Ding – Eigenschaft[,] Ursache –Wirkung) wir leben unmittelbar in diesen Kategorien – aber Sinn der Philosophie ist es, sie zu w i s s e n , sie in ihrer eigentüml[ichen] Funktion zu erkennen[.]B b)C Wie hat sich dieser Gedanke im Aufbau der Wissenschaft bewährt, insbes[ondere] im Aufbau der exakten Wissenschaft, der Mathem[atik] u[nd] Naturwiss[enschaft] des 19ten Jahrh[underts]? KantD geht von einem System streng bestimmter u[nd] nach einem bestimmten Prinzip gegliederter Fo r m e n der Erkenntnis aus – Sein Vorbild ist hier die Formensprache der M a t h e m a t i k – Euklids E l e m e n t e 794 στοιχεῖα – Diese ›Stoichaia‹ sind die ›Buchstaben‹, das ABC der Erkenntnis – das Wort elementum, das Wort στοιχεῖον besagt seinem Grundsinn nach gar nichts anderes als Buchstabe. – Es sind die einzelnen Laute, aus denen sich dann die Silbe, das Wort, die zusammenhängende Rede aufbaut – Und diese Buchstaben, diese Elemente sind noch für Kant ein fester und ewiger Ur- und Grundbestand – Box 37 Folder 710 findet sich keine weitere Ms.-S. 2, Ms.-S. 3* (Bl. 3) schließt zudem an die Ms.-S. 2* unmittelbar an A Vorstellungskraft.”] daneben auf rechtem Rand: [Kant, Werke, Bd.] III, [S.] 113 (Cass[irer]) B zu erkennen.] Gegenüber auf rechtem Rand gestrichen: Goethe – Faktisch – Theorie / jeder aufmerken[de] Blick in die Welt schon theoretisieren.793 C b)] danach gestrichen: Aber D Kant] im Ms. nicht eingerückt
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Spinoza: Das Denken der Euklid[ischen] Geometrie ist der a b s o l u t e Typus des Denkens – Ihm ist alles phi l osoph[i sche] Denken nachzubilden – die absolute Geometrie ist die absolute Form des Wissens u[nd] die absolute Form des Seins – denn zwischen beiden besteht kein Unterschied – [“]ordo et connexio rerum idem ed atque ordo et connexio idearum[”]795 Mit ders[elben] Gewissheit, mit der Du weisst, daß die Summe der Winkel = 2 Pi ist! A796 Es ist der Charakter der Mathematik u[nd] Physik des 19ten Jahrh[underts] – daß sie auch bei diesem Ur- und Grundbestand nicht stehen geblieben ist – Es ist fast genau 100 Jahre her (12. II. 1826)[,] daß Lobachevsky797 in der Univers[ität] Kasan seine berühmte Vorles[ung] über die Axiome der Euklid[ischen] Geometrie hielt – Variation der Axiome; Ausschaltung des Parallelenaxioms durch ein anderes – u[nd] darauf eine streng folgerichtige Geometrie aufgebaut [hat] – Hier erschloss sich der Wissenschaft eine ganz neue For mwelt – Und ganz analog in der Physik – 〈absolute Beweg[ung] im absoluten R[aum] u[nd] in der absol[uten] Zeit[〉]B Aus dem Na ch l a s s von Heinrich Hertz wurde im Jahre 1894 ein Werk veröffent[licht], das den Titel “die P r i n z i p i e n der Mechanik‹798 trägtC[.] Hier wieder der g lei che Schritt zu beobachten: Hertz thut nichts Geringeres, als daß er einen Grundbegriff aller bisherigen Mechanik, den Begriff der Kraft au sstreicht – Er sucht die Mechanik aufzubauen, aus den drei unabhängigen Grundvorstellungen der Zeit, desD Ra umes und der M asse – Und die Begründung – in der Wahl der Grundbegriffe sind wir durch die sinnl[ichen] Erscheinungen, durch das[,] was wir die physikal[ischen] Obje kte nennen[,] nicht gebunden – sondern hier haben wir nur den Forderungen der physikalischen Logik , den Forderungen des physikalischen Verstandes, d. h. der immanenten “Verständlichkeit” der Erschein[ungen,] zu genügen. 〈“Wir machen uns innere Scheinbilder oder Symbole der äusseren Gegenstände, und zwar machen wir sie von solcher Art, daß die denknotwenSpinoza: . . . Winkel = 2 Pi ist !] Ergänzung gegenüber auf linkem Rand 〈absolute Bewegung . . . absoluten Zeit〉] zwischen den Zeilen eingefügt C Prinzipien der Mechanik‹ trägt] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 3* D des] d e s A
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digen Folgen der Bilder stets wieder die Bilder seien von den naturnotwendigen Folgen der abgebildeten Gegenstände.”〉799 DieA Forderung, die wir an die Symbole der Physik stellen, bestehtB nicht darin, daß sie irgendwelche Gegenstände abbilden, sondern daß sie die physikal[ischen] Erscheinungen buchstabieren, um sie als Erfahrungen les e n zu können. Aber es giebt nicht eine einzige, von vornherein fe st g e l e g t e Art dieses Lesens. – Die Natur bietet uns eine Chiffreschrift – die Me thode n der Dechiffrierung hat der Geist, hat die physikal[ische] Erkenntnis selbst aufzustellen – Einsteins grandiose Leistung bestand darin, daß er eine ganz neue Methode der D e ch i f f r i e r u n g ausbildete – daß auch er die Erkenntnis in ihren Grundprinzipien variierte – daß er uns lehrte, daß “die” physikalische Zeit, mit der man bisher als mit etwas Einfachem u[nd] Selbstverständlichem operiert hatte, kein Gegenstand , sondern ein B egrif f – u[nd] daß sie kein einfacher, sondern ein höchst kom plexer Begriff ist – daß wir “die” Zeit u[nd] die Zeitmaße variieren können u[nd] müssen – Damit war die Grundlage der Relativitätstheorie gegeben – es sind theoret[ische] FormenC, die gewissermassen unter Verantwortung des theoret[ischen] Denkens geschaffen werden u[nd] die sich nur in dem bewähren können, was sie leisten; in der Ordnung, im Gesamtsystem der Erfahrung, aber nicht in einem einzelnen ihrer sinnl[ichen] Elemente [–] großartige architektonische Kühnheit dieser Grundlegung Z [“]Das Höchste zu erkennen, daß alles Faktische schon Theorie ist[”]800 s[iehe Hertz] S. 14 ff[.]801 c) Aber ich wende mich zu dem zweit en Ha uptgeb iet, D zur Form als werkbildender, als technischer Form – es ist das eig e nt l[iche] Gebiet, an dem der Menschheit, an dem auch der Philosophie vielleicht das Problem der Form zuerst aufgegangen ist – Für die g r i e ch [ i s ch e ] Philosophie, für Platon und Aristoteles, besteht hier noch ein unlösl[icher] Zusammenhang – Die] Anführungsstriche vor Die getilgt besteht] danach gestrichen: also C theoretische Formen] über der Zeile statt gestrichenem: Grundlegungen D c) Aber . . . zweiten Hauptgebiet,] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 4
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Man kann sagen, daß die Antike, der man das technisch-naturwissensch[aftliche] Interesse abzusprechen pflegt, für den geistigen Sinn und Gehalt, der allem technischen Wirken innewohnt, ein viel tieferes Verständnis besessen hat, als unser gerühmtes technisches Zeitalter – Wo Platon seinen Formbegriff, wo er die Bedeutung der Idee expliziert, da erinnert er ständig an die Thätigkeit des Werkbildners, des Demiurgen (die Weberlade im “Kratylos”)802 Und auch Aristoteles: der Architekt, der ein Haus baut, fügt nicht Steine zusammen; sondern er setzt die “Form in seinem Geist”803 in Wirklichke it um – Hier fassen wir das Problem von einer andern Seite – Wir knüpfen an ein heut[e] zu Unrecht fast ganzA vergessenes Werk von Ernst Kapp an, das unter dem Titel “Grundlinien einer Philosophie der Technik” vor nunmehr fast 50 Jahren, i[m] J[ahr] 1877, erschienen ist – Die metaphys[ische] Grundlage, die sich auf Schop[enhauer] u[nd] E[duard] v[on] Hartmann stützt, [scheint] überwunden – dennochB[:] Für die Phi l osophie der Technik hat Kapp hier den wichtigen Begriff der Organ-Projektion geschaffen – Er versteht darunter, daß alle primitiven We r k z e u g e , die die Menschh[eit] sich geschaffen hat, nichts anderes sind,C als Fortbildungen der natürl[ichen] Or ga ne, mit denen sie begabt ist – InD diesen Werkz eugen setzt sich nur die Form u[nd] die Bewegung unserer eigenen Gl i edmaßen fort – tritt sie nach aussen – wird projiciert[.] Es ist insbesondere die Hand, dieE von Aristoteles das ὄργανον τῶν ὀργάνων, [“]das Werkzeug der Werkzeuge[”] genannt wird, an der dies Verhältnis sich aufweisen lässt. Sie liefert in allen denkbaren Weisen ihrer Stellung u[nd] Bewegung die organischen Urformen, denen der Mensch (unbewusst) seine notwendigen Geräte nachgeformt hat. Der Hammer, das Beil, die Axt, das Messer, der Meissel, der Bohrer, die Zange – sie alle sind nichts als Fortsetzungen der Hand, deren Kraft sie verstärken sollen – sie sind gewissermaßen nur eine andere Erscheinung dessen, was die Hand als Organ leistet u[nd] bedeutet.804 Aber nun das Entscheidende: an dieserF Projektion seiner eigenen leiblichen Gliederung nach aussen lernt der Mensch erst sich selbst, lernt er die Gliederung seines Leibes verstehen. Die Kenntnis seiner eigenen Phys i s , die p hys i o -
fast ganz] über der Zeile Die metaphysische . . . dennoch] Bemerkung gegenüber am rechten Rand C sind,] ist, D In] im Ms. nicht eindeutig eingerückt E die] der F dieser] danach gestrichen: unbewussten
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l o g i s ch e Erkenntnis, wird erst mittelbar der fortschreitenden technischen Einsicht verdankt. In dem Maße, als er schöpferisch mit seinen Organen wirkt, als er sie in Werkzeugen objektiviert und nach aussen stellt, lernt der Mensch diese Organe erst verstehen. 〈“Physiolog[ische] Vorgänge sind nicht unmittelbar zu verstehen[”] – sagt Kapp – [“]sondern müssen mit Hülfe mechanischer Vorrichtungen experimentell begriffen werden”A805〉 Wir verstehen den MechanismusB der Natur und den unseres eigenen LeibesC immer erst dann, wenn wir ihn frei-bildend nacherfunden haben – so das Auge erst, nachdem wir eine Camera konstr uiert haben.807 Auch die Grundg esetze der Mechanik, das Hebelprinzip, das Prinzip der schiefen Ebene hat die Menschheit den Wer kzeugen, die sie zuvor unbewusst gebildet hatte, in bewusster Arbeit, in bewusster Analyse wieder abgelernt. Also auch hier wieder die Folgerung – alles echte Erkennen ist nicht Abbilden eines Gegebenen, sondern es ist freies konstruktives B i lden – 〈Das Verständnis der Form des Bildens u[nd] die wachsende Bew usst h eit des Bildens erschliesst uns erst die Natu r d er Gebilde. 〉 Das technische Wirken geht von der tatsächlichen naturgegebenen Beschaffenheit unseres Organismus aus – aber es geht andererseits über diese naturgegebene Beschaffenheit hinaus. Denn die Organ-Projektion ist immer zugleich auch Organ-Variat ion. Die zufällige Bedingtheit unserer Gliedmaßen: sie wird in der Herstellung u[nd] Darstellung des Werkzeugs überwunden. In diesem Sinne hat Karl M a r x gelegentlich als Grundaufgabe der Technik geradezu ›die Emanzipation von der organischen Schranke‹ bezeichnet.808 Das technische Organ, das Werkzeug, macht sich von der zufäll[igen] Bedingtheit des S i n n e s organs frei: es ist eine Erweiterung des Sinnesorgans, in dem Sinne, daß es dasselbe in unbestimmte Weiten hinausführt. Damit ist der entscheidende Schritt gethan: der Schritt von der sinnlichen Unmittelbarkeit zur geistigen Mittelbarkeit. Man mag diesen Schritt[,] wie Bacon es that[,]D als höchsteE Errungenschaft, als Begründung des regnum hominis auf Erden809 p re i s e n – man mag ihn als einen Fluch empfinden, der insbesondere auf un s ere m technischen Zeitalter lastet; als den eigentlichen Sündenfall der Erkenntnis, der uns aus dem Paradiese der Unmittelbarkeit, des werden”] werden‹ Wir . . . Mechanismus] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 5 C der Natur . . . eigenen Leibes] gegenüber auf rechtem Rand: Dazu noch Noiré [S.] 58806 D wie Bacon es that,] über der Zeile; evtl. thut E höchste] links vor der Zeile A
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organischen Eins-Seins mit der Natur vertrieben hat: darauf kommt es hier nicht an. Aller Sinn, aller Wert, dessen was wir Geist oder Kultur nennen, beruht jedenfalls auf dieser Vertreibung aus dem Paradies, auf diesemA Eintreten in das Reich der M i t t e l b a r ke i t e n [.] Wir können sie nicht entbehren; aber wir müssen sie in ihrer Notwendigkeit verstehen – das Technische nicht nur praktisch werten, sondern in ihm eine der Ausdrucksformen des Geistes selb st anerkennen.
d) Und damit gelangen wir denn zu unserer dritten Grund- und Hauptfrage: zur Frage nach demB Aufbau des Selbst bewusstseins, des geistigen Bewusstseins – Z Auch hier gilt ein Prinzip der Organ-Projektion; der Mensch weiss von sich nicht u n m i t t e l b a r, sondern er kann sein eigenes We s e n nur mittelbar in seinen Schöpfungen sich vergegenwärtigen u[nd] es sich in ihnen zur Anschauung bringen. – Solche Schöpfungen sind alle fundamentalen Gebiete und Gebilde der Kultur –: die Kunst, der Mythos, die Sprache – Ich muss hier, dem Progr[amm] dieses Vortrags gemäss[,] von der Kunst, dem vielleicht fruchtbarsten Gebiet, absehen[.]C Von der Kunst soll hier abgesehen werden, um nur den Mythos u[nd] die Sprache zu betrachten – Auch die Sprache ist kein totes Werk, sondern sie ist lebendiges Werkz e u g – kein ›Organismus‹, wie man sie in einer falschen Analogie oft bezeichnet hat, sondern ein Org anon des Geistes Humboldt: nichtD Ergon, sondern Energeia “Die Sprache ist nicht sowohl wie ein totes Erzeugtes, sondern weit mehr wie eine Erzeugung anzusehen. Wir müssen weit mehr von demjenigen abstrahieren, was sie als Bezeichnung der Gegenstände und Vermittlung des Verständnisses wirkt und dagegen sorgfältiger auf ihren mit der inneren Geistestätigkeit eng verwebten Ursprung und ihren gegenseitigen Einfluß zurückgehen. Wie sie selbst kein Werk (Ergon) sondern eine Tätigkeit (Energeia) ist, so kann auch ihre wahre Definition nur eine genetische
diesem] dieses zur Frage nach dem] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 6* C Ich muss . . . absehen.] Bemerkung zwischen den Zeilen und gegenüber auf rechtem Rand D nicht] über der Zeile A
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sein, nur die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, nicht ihr fertiges und endgültiges Produkt vor uns hinstellen.”810 Aber in dieser Arbeit, in der Funktion des Geistes, haben wir eben allein sein We sen – u[nd] anders können wir es niemals haben – “Wie der einzelne Laut[”] – so sagt Humb[oldt] an anderer Stelle – [“]zwischen den Gegenstand u[nd] den Menschen, so tritt die ganze Sprache zwischen ihn und die innerlich und äusserlich auf ihn einwirkende Natur. Er umgiebt sich mit einer Welt von Lauten, um die Welt von Gegenständen in sich aufzunehmen u[nd] zu verarbeiten . . . Der Mensch l ebt mit den Gegenständen hauptsächlich, ja, da Empfinden und Handeln in ihm von seinen Vorstellungen abhängen, sogar ausschliesslich so, wie die Sprache sie ihm zuführt.”811 Z Das gilt ebenso wie von der Sprache, auch von der Kunst, vom Mythos, von der Religion – Der Mensch lebt unmittelbar nie mit den Gegenständen (als “Dingen an sich[”]), sondern er lebt und webt in seinen eigenen Bildwelten. In seinem Sprechen, in der Gestalt, die er seinen Göttern giebt, in künstlerischen Bildern erschließt sich ihm erst die Welt: seine Welt. Mythos – nicht Personifikation[,] sondern umgekehrt[:] er formt sich seine Ichwelt in seinen myth[ischen] Bildern (Usener) / [“]Man weicht der Welt . . . [”]812 (Goethe).A Und wo er auf all dies verzichten müsste, da hätte er eben keine Welt mehr, – da bliebe ihm nur noch ein Chaos unfassbarer, ungreifbarer, gestaltloser Eindrücke zurück. Ein geistiges Sein – seine Wahrheit und seine Wirklichkeit – hat er in der Gesamtheit solcher Bildwelten, solcher “symbolischen Formen” – wie ich sie zu nennen versucht habe. B eis pie l: Rolle der Sprache für den AufbauB 1) der sinnlich en Welt – 2) der an schaul ichen Welt Z ad I.) amnestische Aphasie – Die ganze Wahrnehm ungswelt verändert G e l b und G o l d st e i n , Über Farbennamenamnesie[, in:] Psych[ologische] Forschung, Bd. VI [1925]. Kopfverletzung – partielle Amnesie, von der besonders die Farbennamen betroffen werden ausserordentl[ich] feines Unterscheidungsverm[ögen] für Farbeneindrücke[,] ein opt[isches] Unvermögen lag also nicht vor Mythos . . . (Goethe).] markierter Einschub auf linkem Rand Be ispie l: Rolle der Sprache für den Aufbau] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 6a; die offensichtlich später verfaßten Blätter 6a und 6b sind eingelegt
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dagegen die Farbnamen rot, grün etc. wusste er [der Kranke – der Hrsg.] nicht zu gebrauchen, konnte also eine Farbe nicht als rot, als grün benennen Dingnamen kirschartig, veilchenartig Z Auch wenn ihm ein Farbname gegeben wird[,] z. B. ‘gelb’[,] u[nd] der Kranke soll die Farbnuance dazu heraussuchen, versagt er – der Kranke sagt den Namen vor sich hin – aber er bleibt ihm unverstandener La ut [–] Z aber Farben der reifen Erdbeere, des Brutkastens / bis auf die Nuance genau: nie eine f a l s ch e Nuance um auch nur wenig abweichend gewählt – Sortieren der Wollfäden[:] [Aufgabe,] alle ähnliche nur heller[en] oder dunkleren ‘Rot’ zu finden Pat[ient] geht zögernd vor, griff aber so oft nach völlig falschen wie nach richt[igen] Farben [“]oft auch nach helligkeitsähnl[ichen,] statt nach tonähnlichen[”]813 – Geschmackähnlichen (Enden)A alte Frau Z diese Farben sind ja alle verschieden – das Sortieren bringt kein Mensch fertig814 –B Z Verändertes Z uordnung sprinzi p[:] der Pat[ient] hält sich viel mehr an den konkreten individ[uellen] Eindruck, folgt, wie die Autoren sagen, nur seinen konkreten Kohaerenze r l e b n i s s e n – es fehlt ihm das k a t e g o r i a l e Ve r h a l t e n zur Farbwelt – d. h. er kann nicht eine Nuance als Repraesentanten der “Gattung” ›rot‹[,] ›grün‹ erkennen – (s[iehe] Goldst[ein] S. 152 f.)815 das kategoriale Verhalten bedeutet dabei n i ch t das Erlebnis der Subsumption einzelner Exemplare unter eine Kollektivvorstellung, die das Gemeinsame sämtlicher Einzelnuancen einer Grundqualität enthält, sondern ein best[immtes] Verhalten, bei dem die konkret gegebene Farbe nicht als ein in der gegenwärt[igen] Situation gegebenes Farbphaenomen betrachtet wird, sondern nur als Ve r t re t e r für alle mögl[ichen] Rot, Gelb u. s. w. genommen wird. S. 155C[:] “Es scheint nicht fraglich, daß die Sprache eines der wirksamsten Mittel darstellt, sich von dem primitiven lebensnäheren Verhalten . . .D auf das kategoriale Verhalten umzustellen”.816 (Enden)] Lesung unsicher diese Farben . . . Mensch fertig –] beide Zeilen durch geschwungene Klammer } umgriffen C S. 155] gegenüber auf linkem Rand D Verhalten . . .] danach gestrichen: , da wir kein rein passives
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was hier das erste, was das zweite – gilt gleichviel Ferner: Farbigwerden der Objekte –A bei Aussprache des ri chti g en Namens sehr merkwürd[iger] Fall – Gol dstein S. 16 3 f[.]! B817 Z b)C Einfluss auf die Raumvorstellung – H eads Kranke818 ganz ähnl[ich] dem ethnol og[isch en] Material [“]Der Mensch lebt mit den Gegenständen hauptsächlich [. . .] so, wie die Sprache sie ihm zuführt![”] D819
e) [Die Frage nach einem An-Sich-Seienden au sser halb jeglicher symbolischen Formung]E Auss e r halb dieser Weisung der Formung F giebt es für uns so wenig eine Bestimmtheit des objektiven, wie eine Bestimmtheit des subjektiven Seins; – giebt es für uns so wenig ein Ich, wie eine Wirklichkeit. Um vom Ich und von einem objektiven Dasein zu sprechen, müssen wir immer schon eine dieser Formen ›subintelligieren‹ – so wie Goethe vom Künstler sagt, daß er, wenn er von der Natur spreche, gewöhnlich die Idee subintelligiere.820 Denn die theoretische Erkenntnis, die Sprache, der Mythos, die Religion, die Kunst – das sind eben geistige Blickpunkte und Blickrichtungen – und ohne solche Blickpunkte giebt es für uns überhaupt kein Sehen und nichts Sichtbares! 〈Versuchen wir von allen P rinzipien der geistigen Formung zu abstrahieren, so versinkt uns damit die gesta ltete Welt. Was uns zurückbleibt sind Schatten – die uns zerrinnen, sobald wir sie zu haschen suchen. Lassen wir die Welt des symbolischen Ausdrucks, die Welt der Erscheinungen hinter uns, um nach dem zu forschen, was als letzter gestaltloser U r g r u n d hinter all diesem Reichtum und der Mannigfaltigkeit der einzelnen geistigen Gestaltungen liegt, so gleichen wir Faust in seinem Gange zu den Müttern. Und es gilt jetzt von uns auch das Wort Mephistos:
Ferner: Farbigwerden der Objekte –] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 6b B G oldst ein S. 163 f. !] doppelt unterstrichen C b)] meint offensichtlich: ad. 2) D zuführt !] restliche ²⁄ der Ms.-S. 6b leer ³ E e) Die . . . Formung] Überschrift dem Text entnommen, vom Hrsg. hinzugesetzt, ebenso die Leerzeile F Form ung] gegenüber auf rechtem Rand: (Von hier aus wörtl[ich]) und Paginierung: 7*
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[“]Nichts wirst Du sehen in ewig leererA Ferne Den Schritt nicht hören, den Du thust D NichtsB FestesC finden, wo Du suchst.[”] 821 Dieser Auflösung entgehen wir nur, wenn wir uns darauf besinnen, daß die ganze Frage, die hier gestellt wird, – die Frage nach einem An-SichSeienden a u s s e r h a l b jeglicher symbolischen Formung falsch gestellt ist.E Statt den Gehalt, den Sinn, die Wahrheit der Erkenntnis, der Sprache, der Religion, der Kunst an etwas anderem zu messen, was sich in ihnen mittelbar ausdrückt, müssen wir einsehen, daß in ihnen selbst der Maßstab u[nd] das Kriterium ihrer Bedeutsamkeit liegt. Statt sie als blosse Nachbi l der zu denken, müssen wir in jeder von ihnen eine spontane Regel, eine ursprüngliche Richtung und Weise des Gestaltens begreifen. Sie alle sind nicht Na chahmu ng en einer Wirklichkeit, sondernF jedes von ihnen ist ein echtes Organon des Geistes; – sofern nur durch sie Wirkliches zum Gegenstand der geistigen S ch a u gemacht und damit als solches sichtbar gemacht werden kann. Die Frage, ob denn nichtG ein ›Seiendes an sich ‹ auch ausserhalb dieser Formen der Sichtbarkeit und der Sichtbarmachung sei und was es sei – diese Frage muss jetzt verstummen. Denn sichtbar ist für den Geist nur was er sich in einer bestimmten Art und Weise des Sehens, in einer ideellen Form- und Sinngeb ung sichtbar machte.〉 f) [Die Welt der For m]H Hat man dies einmal erkannt, so begreift man,I daß das philosophische Problem der Form eine andere Wendung erhalten muss – daß für dasselbe mit Kants Copernikanischer Drehung823 voller Ernst gemacht werden muss. leerer] über der Zeile statt gestrichenem: weiter Nichts] statt gestrichenem: Der Ort C Festes] über der Zeile D wo Du suchst.] danach ausgestrichen: Denn um diese Welt der Mütter 822 giebt es keinen Raum und keine Zeit [markierter Einschub auf rechtem Rand: giebt es nichts Geformtes u[nd] nichts Formbares mehr] – giebt es für uns keinen besonderen spezifischen ›Gesichtspunkt‹, in dem wir uns fixieren u[nd] unter dem wir sie erblicken könnten. E falsch gestellt ist.] gegenüber auf linkem Rand: aus [Cassirer,] Spr[ache] u[nd] M[ythos]! F sondern] danach gestrichen: geistig[es] G nicht] über der Zeile H f) Die Welt der Fo r m ] Überschrift dem Text entnommen, vom Hrsg. hinzugesetzt, ebenso die Leerzeile I f) Hat man . . . begreift man,] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cas-
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Sind einmal die Sprache, die Kunst, der Mythos, die Religion als ideelle Sinn g e b u n g e n erkannt, so kann das philosoph[ische] Grundproblem nicht mehr lauten, wie sie alle sich zu dem einen absoluten Sein verhalten, das gleichsam als ein dunkler, undurchsichtiger, substantieller Kern hinter ihnen steht, sondern wie sie sich wechselseitig ergänzen und bedingen. Nur auf diese Frage, nicht auf jene ist eine klare und bestimmte Antwort möglich. Aber es scheint das Schicksal des gemeinen Menschenverstandes, wie das Schicksal der Philosophie zu sein, daß beide immer wieder in jene andere Frage, – in die Frage nach irgend einem ›Absoluten‹ ausserhalb aller Bedingungen der Erkenntnis u[nd] der Bedingungen der Sichtbarmachung – zurückgleiten. Aber für die Welt der Form gilt wie für keine andere, daß wir uns begnügen müssen, bei dem Urphaenomen der Formung und bei seinen verschiedenen geistigen Offenbarungen stehen zu bleiben. “DasA Höchste, wozu der Mensch gelangen kann[,”] – sagt Goethe (zu Eckerm[ann] 18. II. [18]29) [– “]ist das Erstaunen, und wenn ihn das Urphaenomen in Erstaunen setzt, soB sei er zufrieden; ein Höheres kann es ihm nicht gewähren, und ein Weiteres soll er nicht dahinter suchen: hier ist die Grenze. Aber den Menschen ist der Anblick eines Urphaenomens gewöhnlich noch nicht genug, sie denken, es müsse noch weiter gehen, und sie sind den Kindern ähnlich, die wenn sie in einen Spiegel geguckt, ihn sogleich umwenden, um zu sehen, was auf der anderen Seite ist.”824 //Die ältere, dieC vorkanti sche Metaphysik fällt in der That unter dieses Goethische Gleichnis: wenn sie von den Phaenomenen ausging, so konnte sie doch nie der Versuch[ung] widerstehen, zugleich einen Blick h inter die Phaenomene zu werfen, um zu sehen, was auf der anderen Seite des Spiegels ist. Aber der moderne Posit ivismus und E mpirism u s , der sich über diese ältere Metaphysik oft so erhaben dünkt und der dieses Suchen hinter dem Spiegel als kindliche Naivität belächelt – er ist nicht selten einem weit verhängnisvolleren Irrtum verfallen. Er hat nicht mehr h i n t e r dem Spiegel gesucht; aber er hat zuletzt unwilligD den Spiegel ze rschl ag en, weil er ihm immer nur ein reflektiertes Bild zu bieten vermochte, und weil das[,] was er suchte[,] die Unmittelbarkeit war, die Unmittelbarkeit des Lebens, der Erfahrung, der einfachen Empfindung. Ein solches Zerschlagen aller Erkenntnisformen, eine Auflösung ihres S i n n e s und ihres logischen We r t e s erleben wir heut[e] in der
sirers Hand: 8*; Ms.-S. 8*–10* befinden sich als Bl. 30–32 in Box 51 Folder 1026 mit dem Ms. Vortrag: Symbolproblem, das auf 1932 und 1935 datiert ist A “Das] im Ms. nicht eingerückt B so] über der Zeile C die] über der Zeile D zuletzt unwillig] über der Zeile
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E r ke n n t n i st h e o r i e des Positivismus und Sensualismus. Ihr werden alle Erkenntnismittel, alle Begriffe zu – Fiktionen und zwar deshalb, weil sie sich nicht inA der einfachen SinnesempfindungB oder einer einzelnen sinnlichen Anschauung unmittelbar aufzeigen und unmittelbar beglaubigen lassen. Die konstitutiven Ka tegorien der Erkenntnis, die Prinzipien der logischen Form- und Sinngebung, verlieren damit selbst ihren logischen Gehalt – sie sind wie ausdrücklich erklärt wird, nicht nur Fiktionen, sondern geradezu Absurd it äten, Nester von logischen Widersprüchen. Und all dies nur deshalb, weil dieseC Prinzipien und Formen des Aufbaus der Erkenntnis freilich kein unmittelbar-aufzeigbares, kein empfindbares Etwas, keine Inhalte der Wahrnehmung mehr sind. Das ist, logisch gesprochen, allerdingsD ein Musterbeispiel jener Schlussweise, die die Logik einen ›circulus vitiosus‹ zu nennen pflegt: (aber unsere heutige Erkenntnistheorie ist freilich zu hoch gestiegen undE zu subtil geworden, als daß sie sich um derlei logische Elementardinge kümmern könnte.) Und ein anderes höchst bezeichnendes Beispiel für das, was ich hier das “Zerschlagen des Spiegels” genannt habe, haben wir in der Mauthner’schen “Kritik der Sprache”825 vor uns. Mauthner verwirft in seiner an sich höchst interessanten und geistreichen AnalyseF die Sprache, er sieht in ihr nicht ein Mittel der Erkenntnis, sondern den Quell alles Irrtums, aller Verblendung – weil sie, auf ›allgemeine‹ Begriffe gerichtet, das Einzelne, die unmittelbar-sinnliche und individuelle Anschauung niemals erreichen, geschweige ausschöpfen kann. Aber die einfache Frage, ob dieses Erreichen und Ausschöpfen denn überhaupt eine sinnvolle Aufgabe ist und ob insbesondere die Sprache sich je eine solche Aufgabe stellen könne: diese Frage wird bei ihm nirgends gestellt. Und doch müssen wir uns erst die Frage stellen, was eine bestimmte symbol[ische] Form – was die Erkenntnis, die Sprache, die Religion, die Kunst – überhaupt will und wollen kann, mit Sinn wollen kann, ehe wir sie kritisieren können. Denn jede Kritik verlangt einen M a ß st a b – den Maßstab für irgend eine geistigeG Form aber können wir niemals der Welt des Formlosen [entnehmen] – mag dieses Formlose nun das ›Ding an sich‹ oder die Materie der ›einfachen‹ Empfindung heissen – sondern er kann immer nur nicht in] danach gestrichen: den Inhalt irgend einer und zwar . . . Sinnesempfindung] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 9* C diese] diesen D allerdings] über der Zeile statt gestrichenem: freilich E zu hoch gestiegen und] über den rechten Rand geschrieben, hinzugefügt statt gestrichenem: viel F Analyse] Analyse, G irgend eine geistige] über der Zeile statt gestrichenem: die A
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der Welt der Form selbst, dem geistigen Prozess der Formung und seinen Bedingungen, entnommen werden. – Lassen Sie mich damit, m[eine] D[amen] u[nd] H[erren][,] die Erörterungen, die ich Ihnen vorlegen wollte, beschliessen. Ihr Zweck bestand nicht darin, IhnenA irgend eine D a rst e l l u n g B des Formproblems im Sinne der systematischen Philosophie zu geben – obwohl ich überzeugt bin, daß die Fülle der EinzelfragenC, die die Erkenntnislehre, die Sprachphilosophie, die Aesthetik, die vergleichende Mythologie und die Religionsphilosophie uns heute stellt, auf DE eine solche systematische DarstellungF des Formproblems überall hindrängt. Hier habe ich mir eine weit bescheidenere Aufgabe gestellt: – nicht ein System wollte ich vor Ihnen hinstellen, sondern nur ein P ro b l e m entwickeln. 〈Aber wenn irgend eine Frage, dieG der allgemeinen geistigen Ku lt ur angehört, zur Frage der Philosophie gemacht, wenn sie in den Blickpunkt der Philos[ophie]H gerückt wird, so bedeutet dies stets nicht nur[,] daß – im Sinne des Hegel’schen Wortes, das ich am Anfang zitiert habe826 – irgend eine Gestalt des Lebens welk geworden ist, sondern es liegt darin zugleich die Forderung eines neuen Anfangs. Jedes echte Problem will nur insofern Abschluss sein, als in diesem Abschluß die Ford[erung]I eines neuen Anfangs liegt. “Die grösste J Kunst im Lehr- und Weltleben[”] – so schreibt Goethe einmal an Zelter – [“]besteht darin, das P robl em in ein Post ulat zu verwandeln, damit kommt man durch”.827〉K Das Problem der FormL, wie unsere Zeit es uns von den verschiedensten Seiten her stellt, wird in der That nur dannM bewältigt werden können, wennN nicht nur die Philosophie, sondern auch die Einzelwissenschaften und zuletzt die gesamte geistige Kultur sich das Postulat, sich die theoretischen und die praktisch-sittlichen Fo rd e r ung e n, die es in sich schließt, zu klarem Bewusstsein bringt.O Ihnen] danach gestrichen: hier Darste llung] danach gestrichen: durch Entwicklung C Einzelfragen] -fragen ersetzt über der Zeile: -probleme D auf] danach gestrichen: den Versuch E Religionsphilosophie . . . auf] gegenüber auf rechtem Rand Paginierung von Cassirers Hand: 10* F Darstellung] über der Zeile statt gestrichenem: Bewältigung G die] danach gestrichen: als solche H der Philosophie] über rechten Rand geschrieben I die Forderung] über der Zeile J grösste] über der Zeile statt gestrichenem: höchste K 〈Aber . . . durch”.〉] eckige Klammern in Beistift gesetzt L der Form] danach gestrichen: schliesst im Sinne dieses ein M nur dann] danach gestrichen: ganz verstanden und nur dann N wenn] danach gestrichen: wir uns die P[hilosophie] O bringt.] Textende, bis auf die zwei Zeilen Text ist die Ms.-Rückseite 10* leer
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[Ü BE R SP RACHE, DEN KEN U ND WAHRN EHMUNG.] [Vorträge, 31. Oktober und 2. November 1927 King’s College, University of London.]
1. So lange es eine Log ik und so lange es eine Sprachphilosophie giebt, hat das Verhältnis von Denken und Sprechen unablässig die philosophische Betrachtung beschäftigt. Seit den ersten bewussten Anfängen der philos[ophischen] Spek[ulation] steht dieses Verhältnis im Mittelpunkt der Betrachtung. Die griechische Sprache ist der lebendige Zeuge dieses Zusammenhangs – indem sie beide Probleme: das Problem des Denkens wie das des Sprechens in ei nen Ausdruck, in den Begriff des λόγος, zusammennimmt.A Man kann diesen Begriff des Logos als den Zentralbegriff der gesamten griech[ischen] Spekulation bezeichnen (Heraklit – Parmenides; aber auch bei Platon – Aristoteles: Kategorien828). In dem Maße freilich als die Entwicklung fortschreitet, scheint sich das Band zu lösen: die Logik beginnt sich vom Wort, vom gesprochenen “Logos” zu emanzipieren, sie sucht ihre eigene autonome Fo r m zu gewinnen. Aber immer wieder wird ihr diese Emanzipation, diese ihre Autonomie bestritten. Man braucht nur an die Kämpfe zu denken, die die ges[amte] m i t t e l a l t e r l i ch e Logik durchziehen u[nd] beherrschen. Ist das A l l g e m e i n e des B e g r i f fs , das Allgemeine des logischen Denkens,B ein Selbständiges, für sich-Seiendes und für sich Bedeutsames – oder trägt es dieses sein angebliches Sein und seine angebl[iche] Bedeutsamkeit vielmehr lediglich von der Sprache zu Lehen? Stammt nicht alle Allgemeinheit desC Denkens letzten Endes von der des Wortes ab?D Im Ausgang des jahrhundertelangen Streites, der hierüber geführt wird, sindE es zuletzt die “Modernen”, die Nominalisten und Terministen der Schule Wilh[elm] von Occams, die den Sieg behaupten. Und in der neu eren Philosophie scheint ihr Sieg endgültig entschieden. Nicht nur Hobbes verkündet den Satz: [“]veritas non in re, sed in dicto consistit[”]829 – auch Leibniz bekennt sich, wo er in dem Streit zwischen Realisten und Nominalisten Stellung nimmt, zur letzteren Partei – und fürF sein metaphysisches Grundprinzip, das Prinzip des Individuums[,] beruft er sich, von seiner ersten Schrift, zusammennimmt.] danach gestrichen: Nicht nur In dem Maße . . . logischen Denkens,] diese 9 Zeilen im Ms. dünn in Bleistift gestrichen, Begrenzung und Absicht der Streichung unklar C des] danach gestrichen: Wortes von D ?] Fragezeichen in Bleistift E sind] über der Zeile statt gestrichenem: sind und ist F für] über der Zeile
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von der Schrift De princ[ipio] individui830 an[,] ausdrücklich auf nominalistische, speziell auf Occamistische Thesen. 2. Aber bei ihm beginnt andrerseits jene Entwicklung sich anzubahnen, die die moderne L o g i k mehr und mehr aus den Fesseln der Sprache befreit u[nd] sie endgültig auf sich selbst gestellt hat. Die Logik wird sym bol i sche Logik. Auch der abstrakteste Gedanke bedarf freilich der sinnlichen Zeichen: aber diese Bindung an das Zeichen ist nicht gleichbedeutend damit, daß erA den Wo r t e n der Sprache verhaftet bleibt. Er klebt nicht mehr verhaftet an dem Körper der Lautsprache, sondern er schafft sich seine Zeichen, seine Symbole selbst. Das ist der Grundgedanke von Leibniz’ Charakteristica universalis831, der in der modernen Logik wie in der modernen Mathematik, ja auch in der modernen Naturwissenschaft – man braucht hier nur an die Zeichensprache der C h e m i e zu denken – seine Wiederauferstehung und seinen wahrhaft glänzenden Triumph gefeiert hat. Nach dies er Seite hin erscheint das Problem heute im wesentlichen gelöst. Die Emanzipation des gedachten, des wissenschaftlichen Logos vom gesprochenen Logos, vom Logos der Lautsprache hat sich vollzogen. Der Gedanke kann der symbolischen Darstellung nicht entbehren – aber er besitzt in diesem Verhältnis den Primat: er schafft sich selbst die Zeichen, deren er bedarf, und er entwirft in der symbol[ischen] Logik die vollständige Theor ie derselben.B 3. Aber nun tritt ein a n d e re s Problem hervor. Wie verhält es sich nicht mit der Beziehung zwischen Denken und Sprechen, sondern mit der Beziehung zwischen SprechenC und Wahrnehmen? Hier betreten wir einen neuen Boden – und zwar einen solchen, für den wir zum mindesten in der P h i l o s o p h i e , sofern wir ihre bisherige Geschichte befragen, nicht entfernt eine so sichere und so klare Vorbereitung finden. Daß die P s ych o l o g i e der Wahrnehmung uns auf die Frage nach der Abhängigkeit der Wahrnehmungswelt von der Welt der Sprache keine sicheren Aufschlüsse zu geben vermag: dies ist aus dem ganzen Gange ihrer bisherig[en] Entwicklung verständlich. Denn gerade sie stand in besonders starkem Maße, bewusst oder unbewusst, unter der Einwirkung des s e n s u a l i st i s ch e n Dogmas.D Die Wahrnehmung ist das U rs p r ü n g l i ch e , die Sprache u[nd] der Gedanke das Ab g e l e i t e t e : jene ist die daß er] auf der ursprünglich folgenden, nunmehr leeren, nicht paginierten Ms.-S., die zu dem das Konvolut umgreifenden Bg. (Bl. 1, 37) gehört, einzige Zeile in Bleistift gestrichen: ihm einmal gegeben worden sei, alles viel B Er klebt . . . derselben.] gesamte Passage durch dünne Linie in Bleistift gestrichen, Streichung unklar C Sprechen] über der Zeile statt gestrichenem: Denken D Daß die Psychologie . . . Dogmas.] Passage von 9 Zeilen in dünner Bleistiftlinie gestrichen, Absicht unklar A
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unabhängige Variable, diese sind die abhängigen Variablen. So wird die Welt der Wahrnehmung zum Gegebenen, zum Selbstverständlichen: auf sie wird die philosophische Frage und das philos[ophische] St a u n e n nicht erstreckt. Sie ist wie sie ist und was sie ist – unabhängig vonA allerB Bedingtheit durch andere, durch sogenannte “geistige” Prozesse, wie sie sich in der Sprache auswirken. Wenn Hobbes den Satz: veritas non in re, sed in dicto consistit832 prägt, so nimmt er hiervon eine einzige Sphäre der Wahrheit, die Wahrheit der einfachen ‘Empfindungen’ aus. Sie sind die gewissen, festen und notwendigen Urdaten, die vor allem Denken und Sprechen liegen u[nd] an denen daher die Willkür dieses Denkens und Sprechens nichts zu ändern vermag. Denken wir uns das ganze Gebäude, das das Denken u[nd] Sprechen allmählich auf ihnen errichtet hat, abgetragen – so bliebe doch noch immer diese Urschicht unverändert bestehen. Kant hat diese Voraussetzung des Sensualismus zerstört. Er zeigt, daß die reinen Verstandesbegriffe nicht nur die Bedingungen des Gegenstands der Naturwissenschaft, des reinen Erkenntnisgegenstands, sondernC die Bedingungen “auch jeder möglichen Wahrnehmung”833 sind. Aber er legt für den Aufbau der Wahrnehmungswelt dasselbe System der Kategorien, wie für den Aufbau der Gegenstandswelt der exakten Wisse nschaft[,] zu Grunde. Quantität und Qualität, extensive u[nd] intensive Grösse, Substanzialität und Kausalität konstituieren für ihn in demselben Sinne, wie sie das Objekt der Erfahrung, als Objekt der mathematischen Naturwissenschaft, aufbauen auch den Gegenstand der e m p i r i s ch e n A n s ch a u u n g . Daß in einem ganz anderen Sinne, als es beim Aufbau der mathematisch-physikalischen “Natur” der Fall und als es hier zulässig ist, die S p ra ch e beim Aufbau dieser Welt der empirischen Anschauung mitwirken könne: diese Möglichkeit hat die ›Kritik der reinen Vernunft‹ nicht erwogen. Der erste, der diese Lücke gesehen und der sie beklagt hat, ist Herder gewesen – und es lässt sich geschichtlich verfolgen, wie dieser Umstand es gewesen ist, der ihn in seinen Kampf gegen Kant hineingetrieben und der ihn fort und fort in ihm bestärkt hat. “In Sachen der reinen und unreinen Vernunft[”] – so heisst es in Herders Metakritik – [“]muss dieser alte allgemeingültige und notwendige Zeuge abgehört werden, und nie dürfen wir uns, wenn von einem Begriffe die Rede ist, jenes Heroldes und Stellvertreters[,] des ihn bezeichnenden Wortes[,] schämen. Wie sollte der Vernunftrichter das Mittel übersehen, durch welches die Vernunft eben ihr Werk hervorbringt, festhält, vollendet”?834 A B C
von] über der Zeile statt gestrichenem: durch aller] alle sondern] danach gestrichen: auch
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4. Damit war ohne Zweifel ein bedeutsames und neues P ro b l e m gestellt – ein fruchtbarer und wichtiger H i n we i s gegeben. Aber ihn aufzunehmen und weiterzuführen – das war erst dem Manne vergönnt, der nicht, wie Herder, in einer unfruchtbaren Opposition gegen Kant verharrte, sondern der in die Grundgedanken und Grundtendenzen der krit[ischen] Philosophie eintrat, und der von hier aus die “Copernikanische Drehung”835 im Gebiet der Sprachphilosophie vollzog. Hier liegt Wilh[elm] von Hum bol dts eigentliches und dauerndes Verdienst. Und er ist es nun, der nicht nur das Verhältnis des begrifflichen D e n ke n s zur Sprache, sondern auch das Verhältnis der A n s ch a u u n g s - und Vorstellungs welt als ein Problem empfindet, der die Bedingtheit der Anschauungs- und Vorstellungswelt durch die Sprache, geradezu als Prinzip seiner Sprach p h i l o s o p h i e , wie als Leitgedanken, als Regulatio seiner empirisch-vergleichenden Sprachforschung zu Grunde legt. “Auch bei der Betrachtung des durch die Sprache Erzeugten[”] – so heisst es in Humboldts Vorrede zum Kawi-Werk – [“]wird die Vorstellungsart[,] als bezeichne sie bloss die schon an sich wahrgenommenen Gegenstände[,] nicht bestätigt. Man würde vielmehr niemals durch sie den tiefen und vollenA Gehalt der Sprache erschöpfen. Wie[,] ohne diese[,] kein Begriff möglich ist, so kann es auch für die Seele kein Gegenstand sein, da ja selbst jeder äussere nur vermittelst des Begriffes für sie vollendete Wesenheit erhält. . . . Wie derB einzelne Laut zwischen den Gegenstand u[nd] den Menschen, so tritt die ganze Sprache zwischen ihn und die innerlich und äusserlich auf ihn einwirkende Natur. Er umgiebt sich mit einer Welt von Lauten, um die Welt von Gegenständen in sich aufzunehmen und [zu] bearbeiten. Diese Ausdrücke überschreiten auf keine Weise das Maaß der einfachen Wahrheit. Der Mensch lebt mit den Gegenständen hauptsächlich, ja, da Empfinden und Handeln in ihm von seinen Vorstellungen abhängen, sogar ausschliesslich so, wie die Sprache sie ihm zuführt.”836 In diesen Humboldtschen Sätzen ist ein Programm von einer grossartigen Weite und von einer grossartigen Klarheit ausgesprochen. Aber weder die systematische Philosophie noch die moderne Psychologie hat bisher dieses Programm zur wirklichenC Durchführung gebracht,D wenngleich ganz best[immte] Probleme der Entwicklungspsychologie genau in dieser Richtung liegen.E WasF die Psychol ogie betrifft, so ist die grösste, dem tiefen und vollen] vollen und tiefen Wie der] danach gestrichen: sinnliche C wirklichen] über der Zeile D gebracht,] gebracht. [danach gestrichen: Wundt] E wenngleich . . . Richtung liegen.] Zusatz gegenüber auf linkem Rand, ohne Markierung F Was] statt gestrichenem: Wun dt
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Umfang wie dem Inhalt nach imponierendste Leistung, die sie für das Problem der Sprache gebracht hat, in Wundts Behandlung der Sprache A gegeben. Aber in den beiden ersten Bänden seiner Völkerpsychologie837 gerade hier tritt deutlich zu Tage, wie Wundt dieses neue Kapitel der Psychologie nur einfach neben die bereits vorhandenen stellt, ohne nach der inneren systematischen Beziehung zu fragen, die zwischen ihm und den früheren Gliedern, zu denen es hinzutritt, besteht. Die Individualpsychologie, insbesondere die Psychologie der Sinneswahrnehmung[,] gilt durch die Behandlung in der Physiolog[ischen] Psychol[ogie] im wesentlichen als abgeschlossen: und nach diesem Abschluss beginnt ein neuer Aufbau, der die Ergebnisse der Wahrnehmungspsychologie vo ra u s z u s e t z e n hat, der sie aber nicht mehr wesentlich zu bestimmen oder zu verändern vermag. So können wir denn, wenn wir philosophisch die Frage nach der Abhängigkeit der Wahrnehmungswelt von der Sprachwelt stellen, der Psychologie keine entscheidenden Aufschlüsse entnehmen.B Erst in letzter ZeitC scheint hier,D von Seiten der E ntwi ckl ungspsychologie, der Kindespsychologie und der Tierpsychologie, ein Fortschritt sich anzubahnen; scheint das Problem, das Humboldt gestellt hat, in seiner sachlichen wie in seiner methodischen Bedeutung schärfer erfasst zu werden. Es sind insbesondere die Arbeiten Karl Bühlers, 838 in denen diese Wendung mir immer deutlicher hervorzutreten scheint.E Aber nicht von dieser Entwicklung will ich hier sprechen. Die folgenden Betrachtungen sollen sich vielmehr auf einen Problemkreis beziehen, der uns durch die Erfahrungen und Theorien der modernen Sprach pathologie näher gerückt worden ist. Was die Psychologie der Wahrnehmung uns vielfachF versagt hat: den Einblick in die innere Ab h ä n g i g ke i t der Wahrnehmungswelt von der Form und Struktur der Sprachwelt: dies scheint uns die Pathologie in überraschendem und reichem Maße zu gewähren.G Es scheint, daß der innere Konnex beider Welten erst dort in voller Klarheit und mit besonderem Nachdruck zu Tage tritt, wo[,] durch besondere krankhafte Bedingungen, das Band zwischen beiden sich zu lockern beginnt. Erst dann wird ganz deutlich, wie viel die Welt der Perzeption selbst dem Medium der Sprache verdankt – wie sehr jede Störung oder Völkerpsychologie] Völkerpsychologie, entnehmen.] danach Zeile für Zeile gestrichen: Aber wenn diese uns an diesem Punkt im Stich zu lassen droht C in letzter Zeit] danach gestrichen: sind hier D scheint hier,] danach gestrichen: insbesondere E Was die P s ych o l o g i e . . . scheint.] gesamte Passage in dünner Bleistiftlinie gestrichen, Absicht der Streichung unklar F vielfach] über der Zeile statt gestrichenem: bisher G zu gewähren.] danach gestrichen: Wie bzw. Seit B roca im Jahre
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Beeinträchtigung der geistigen Vermitt lu ng, die die Sprache darstellt und herstellt, die “unmittelbare” Gestalt unserer Wirklichkeit, der theoretischen sowohl wie der praktischen, angreift.A 5. Ich kann hier, bei der Kürze der Zeit, die mir zur Verfüg[ung] steht, nicht daran denken, die Fülle der Beziehungen, die sich von dieser Seite her ergiebt, und die Fülle der Anregungen, die die systemat[ische] Sprachphilosophie aus der Sprachpathologie gewinnen kann, vollständig vor Ihnen darzulegen: ich begnüge mich damit, einige charakteristische Hauptzüge hervorzuheben. Die theoretische Arbeit an dem Problem der Aphasie erstreckt sich von Brocas 839 berühmter Beschreibung eines Falles von “Aphemie” B840 über einen Zeitraum von mehr als [60]C Jahren: und es giebt wenige Kapitel der theoretischen Medizin, in denen so entschieden und hartnäckig um die Festlegung der ersten Grundbegriffe, wie um dieD Klärung der klinischen Grundphaenomene gerungen worden ist, wieE hier. Aber so schroff und unversöhnlich hier bis vor kurzem nochF die verschiedenen Theorien einander gegenüberstanden: so scheint doch durch die letzten Arbeiten auf diesem Gebiet eine bestimmteG systematische Klärung erreicht. Vor ei nem Jahre ist einH Werk des englischen führenden Neurologen Hea d erschienen, das in zwei starken BändenI die Probleme der Aphasieforschung nach ihrer historischen, nach ihrer klinischen und nach ihrer theoretischen Seite hin behandelt.1 Der Kern ([Henry Head:] Aphasia and Kindred Disorders of Speech [gestrichen: Brain][, 2 Bde.] Cambridge 1926). 1
angreift.] danach Passage in Bleistift in eckige Klammern gesetzt und in dünner Bleistiftlinie gestrichen: 〈Die pathologischen Fälle treten hier direkt in den Dienst der phaenomenologischen Analyse: [gestrichen: ja] sie weisen ihr den Weg und bahnen ihr denselben. Der “Scheidekunst des Gedankens” begegnet hier gewissermassen eine Scheidekunst der Wirklichkeit: die Momente, die im normalen Bewusstsein nur in nächster Vereinigung, nur in unmittelbarer “Konkreszenz” gegeben sind, beginnen sich in der Krankheit von einander zu trennen und sie heben sich in eben diesem Prozess umso klarer in ihrer unterschiedlichen Bedeutung heraus.〉 B “Aphemie”] danach in Bleistift gestrichen: , die in das Jahr fällt, C mehr als] Jahreszahl fehlt, am rechten Rand zwei kurze Striche ; es müßte wohl = heißen: mehr als 60 Jahren D um die] danach gestrichen: Beschreibung E wie] über der Zeile statt: als F noch] danach gestrichen: Meinung gegen Mein[ung] G eine bestimmte] verbessert aus: ein bestimmter; danach in Bleistift gestrichen: relativer Abschluss und eine H ein] über der Zeile statt gestrichenem: das grosse zweibändige I Bänden] Bänden, A
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dieser Behandlung besteht darin, daß Head die alte “klassische”A Theorie, nach der die Aphasie in einem Verlust bestimmter Wort- und Klangbilder begründet sein sollte, vollständig verwirft. Er zeigt, daß diese AnschauungB nicht nur unüberwindlicheC theoretische Grundmängel darbietet, sondern daß sie auch dem klinischen Tat bestand der Aphasie schlechterdings nicht gerecht zu werden [ver]mag. Denn dieser Tatbestand lehrt uns, daß, was bei der Aphasie wesentlich gestört ist, keineswegs der blosse Gebrauch des Wortes ist, sondern daß es sich in ihr um eine weit komplexere Störung, um die Störung einer bestimmten B e d e u t u n g s f u n k t i o n handelt. Ein Kranker, der heute über ein bestimmtes Wort verfügt, kann morgen nicht im stande sein, es zu gebrauchen; oder er kann es in einem bestimmten Zusammenhang mühelos verwenden, während es ihm in einem anderen nicht zu Gebote steht. Was gestört ist, ist alsoD im allgemeinen nicht der Gebrauch des Wortes als solchem, sondern der “Satzwert”, der sich mit dem Worte verbindet. Dieser Begriff des Satzwertes (propositional value)E ist es, den Head vonF Jacks on 841 übernimmt und auf den er seine gesamte theoretische Betrachtung aufbaut. Unsere gesamte Sprache ist,G von Satzwerten beherrscht und durchdrungen: sie dient nicht dem Ausdruck von Gefühlen und Erregungen, sondern gehtH auf die Bestimmung von G e g e n st ä n d e n und vonI Beziehungen zwischen ihnen. Und eben diese ihre Funktion ist es, die dem Aphasischen verloren gegangen oder die doch bei ihm aufs schwerste beeinträchtigt ist. Was ihm wesentlich mangelt, ist nicht das Finden von Wort en und ihr Gebrauch, sondern die Fähigkeit, die Worte derart zu verwenden, daß sie der “symbolischen Formulierung” von Sachverhalten dienen. 〈Dieser Ausdruck der “symbolischen Formulierung” ist nicht etwa von mir hinzugefügt [worden]: er wird von H ead selbst gebraucht und steht im Zentrum seiner gesamten Theorie.[〉] Die Funktion des Symbolischen wird hierbei von Head nicht auf die Sprache allein beschränkt. Zwar ist und Vor e inem Jahre . . . die alte “klassische”] diese letzten neun Zeilen der Ms.-S. 11 im Ms. mit einer vertikalen Bleistiftlinie am rechten Rand markiert, Absicht unklar B Anschauung] danach zeilenweise gestrichen: , wie sie insbesondere durch Wernicke begründet, aber schon durch Jackson und Pierre Marie scharf kritisiert worden war, C unüberwindliche] über der Zeile statt gestrichenem: bestimmte D also] über der Zeile hinzugefügt E (propositional value)] über der Zeile hinzugefügt F He ad von] danach gestrichen: seinem Lehrer G Sprache ist,] danach zeilenweise gestrichen: soweit sie auf die Darstellung und Bezeichnung “objektiver” Sachverhalte hinzielt, H geht] über der Zeile hinzugefügt I von] über der Zeile hinzugefügt
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bleibt sie für ihn sozusagen der deutlichste Exponent dieser Funktion – aber sie erschöpft nicht den Gesamtkreis ihrer Betätigungen. Auch unser H a n d e l n , auch die meisten unserer “willkürlichen” Bewegungen und Tätigkeiten enthalten nach HeadA ein symbolisches Element, das man deutlich erkennen und abscheiden muss, um ihrer Eigenart gerecht zu werden. Allgemein müssen wir nach Head in unserem Sprechen sowohl, wie in der Form unserer Wahrnehmung und in der Art unseres gesamten praktischen Verhaltens[,] zwei Grundschichten unterscheidenB. Im Wahrnehmen, im Sprechen und im HandelnC lässt sich ein im gewissen Sinne pri mi ti ves, unmittelbares Verhalten deutlich gegen ein anderes abgrenzen, das den Charakter des Symbolischen und Mittelbaren trägt. Ich will nun hier in eine theoretische Diskussion und in eine theoretische Kritik dieser Head’schen Unterscheidung nicht eintreten: ich begnüge mich vielmehr damit, Ihnen ihren Sinn an einigen charakteristischen konkreten Einzelbeispielen zu verdeutlichen. Es gehört zu den bekanntesten Zügen im Krankheitsbild der Aphasie, daß ein Kranker eine bestimmte Bewegung – etwa eine Droh- oder Grussbewegung – nicht willkürlich auf Geheiss vollziehen, daß er sie nicht nach Belieben zuD “markieren” vermag. Dagegen führt er diese Bewegung sofort aus, sofern die konkret vorliegende Situation sie erheischt und sie gewissermassen unmittelbar aus dieserE geboren wird; er ballt also die Faust und droht, sobald er selbst in Zorn gerät. Andere Kranke, die an bestimmten apraktischen Störungen leiden, sind nicht im stande, auf Geheiss des Arztes an einen Tisch heranzutreten und sich aus einer bereit stehenden Karaffe ein Glas Wasser einzuschenken; aber sie führen die betreffende Handlungsfolge völlig richtig aus, sobald der Durst sie dazu antreibt. Hea d hat die Zahl derartiger Beobachtungen ausserordentlich vermehrt, indem er hierbei einem systematischen Plan der Beobachtung folgte, indem er durch eine Reihe sorgfältig ausgearbeiteter Tests die Kranken von den leichteren und unmittelbareren Leistungen zu den schwierigeren und mittelbaren aufsteigen liess. Er findet hierbei, daß der Kranke immer dannF versagt, wo ihm eine spezifisch-da rstel lende, eine rein symbolische Leistung zugemunach Head] in Bleistift auf rechtem Rand hinzugefügt unterscheiden] danach zeilenweise in Bleistift gestrichen: , die gewissermassen zwei verschiedene Dim ensi onen des Geistigen darstellen C im Handeln] danach gestrichen: hebt sich das D zu] über der Zeile E Er zeigt . . . aus dieser] im Ms. in dünner Bleistiftlinie ausgestrichen, Anfang, Ende, Kontinuität und Absicht unklar, da gelegentlich einige Zeilen nicht erfaßt sind und der letzte Satz nur anfangs, auf Ms.-S. 14 betroffen ist, auf folgender Ms.-S. 15 aber ohne Streichung bleibt F immer dann] danach gestrichen: und nur dann A
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tet wird, während andere Leistungen, die auf einfacher Nachahmung beruhen, noch relativ gut gelingen.A So bestand z. B. einer der Head’schen Tests darin, daß der Kranke Bewegungen auszuführen hatte, die der vor ihm sitzende Arzt vollzog, daß er z. B. mit seiner rechten Hand anB das linke Auge, mit der linken Hand an das rechte Ohr zu fassen hatte oder dergl[eichen].C In vielen Fällen ergabenD sich hierbei Fehler, die aber alsbald wegfielen, sobald der Arzt dem Kranken nicht mehr gegenübersaß, sondern sich hinter ihn stellte und ihn die Bewegungen im Spiegel beobachten liess. Denn beiE der Wiedergabe solcher Bewegungen handelte es sich, wie Head betont, um ein einfaches Nachfahren, um eine unmittelbare Imitation, die keiner Erwägungen über ›rechts‹ und ›links‹ bedurfte, während in dem ersten Fall der Patient das, was er vor sich sah, zuvor in eine sprachliche Formel bringen, es gewissermassen in die Sprache übersetzen musste, um die Aufgabe richtig zu lösen.1 “Unter symbolischer Formulierung und symbolischem Ausdruck” – so fasst Head seine Grundanschauung zusammen – “verstehe ich eine Art des Verhaltens, bei der irgend ein sprachliches oder ein anderes Symbol zwischen dem Beginn des Akts und seiner endgültigen Ausführung eine Rolle spielt. Dies umschliesst viele Verhaltungsweisen, die man gewöhnlich nicht als sprachliche anzusehen pflegt. [. . .] Je näher die Aufgabe, die man dem Aphasischen stellt, einem einfachen Akt der sinnlichenF Vergleichung steht, um soG leichter wird sie gelöst werden; [. . .] dagegen wird bei jedem Akt, der eine symbolische Formulierung erfordert, die Ausführung um so mangelhafter werden, je grösser der in der Aufgabe eingeschlosseneH Satzwert ( p ro p o s i t i o n a l va l u e ) I ist. . . . J Jede Abänderung der Aufgabe, die 1
[Henry] Hea d [Aphasia, Bd.] I, [S.] 157 ff[.]; [Bd.] II, [Nº= 4, S.] 61 u. ä.
gelingen.] danach gestrichen: Ein Kranker ist etwa ausser Stande, ein Quadrat aus dem Kopfe zu zeichnen: aber B an] über der Zeile C dergleichen.] auf nachfolgender Ms.-S. 16 (Bl. 9) wiederholen sich die letzten Worte: zu [gestrichen: zeigen] fassen hatte, oder dergl[eichen]. D In vielen Fällen ergaben] oben, am rechten Rand, Paginierung in Bleistift von Cassirers Hand 16 statt gestrichener Paginierung 547 E bei] danach gestrichen: solchen Bewe[gungen] F sinnlichen] über der Zeile G um so] danach gestrichen: weniger mangelhaft wird sie H je grösser . . . eingeschlossene] oben, auf rechtem Rand, Seitenangabe in Bleistift 16a statt gestrichener Paginierung 548 I (propositiona l value)] in Wellenlinie unterstrichen J ist. . . .] danach gestrichen: Akte[,] Handlungen, die mit Leichtigkeit nachgeahmt werden, können nicht formal ausgedrückt werden.” Anm. 1 A
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die Notwendigkeit der symbolischen Darstellung vermindert, wird ihre A Durchführung leichter gestalten.”842 DasB wichtigste methodische Ergebnis aus allen diesenC Feststellungen ist für uns die Tatsache, daß die pathologischen Erscheinungen, die man unter dem Namen der Apha sie zusammenfasstD, keineswegs die Sprache allein betreffen; sondern daß überall mit der Störung der Sprachfunktion eine charakteristische Veränderung in der Wahrnehmungswelt des Kranken und in der Art seines HandelnsE Hand in Hand zu gehen pflegt. Die sorgfältige Beobachtung lehrt stets, daß es sich nicht um blosse Schwierigkeiten des Wortverständnisses und der spontanen Wortbildung handelt, sondern daß die theoretische und praktische G esa mteinstell u n g zur Wirklichkeit sich bei dem Kranken verändert hat, daß den aphasischen Störungen bestimmte agnostische und apraktische entsprechen. In welcher Richtu ng diese Änderung geht: dies lässt sich freilich schwer mit allgemeinen Begriffen umschreiben und bezeichnen: es muss der eingehenden phaenomenologischen Analyse des Einzelfalles entnommen werden. In Deutschland sindF es insbesondere Kurt G o l d st e i n u[nd] Adhémar Gel b G gewesen, die diese Analyse aufs sorgsamste und
leichter gestalten.”] danach Absatz, ²⁄³ der Ms.-S. 16a, mit vertikaler Linie in Bleistift gestrichen, Anfang und Ende klar markiert: [Gestrichen: Überblicken wir] Halten wir zunächst an diesem Punkte inne, um noch einmal die Gesamtentwicklung zu überblicken, die von Finkelnburgs Begriff der “Asymbolie”843 bis zu Heads Begriff der “symbolischen Formulierung und Darstellung” geführt hat, so zeigt sich, daß, so weit auch das Ende dieser Entwicklung von ihrem Anfang getrennt ist, die theoretische Erforschung des Aphasieproblems sich nichtsdestoweniger in einer ganz bestimmten Ri chtung bewegt hat, die durch das allgemeine Symbolproblem bestimmt wird. Hierbei ist es freilich der empirischen Forschung nicht gelungen, diese Richtung in jeder Phase des Weges in ihrer Eigentümlichkeit zu erkennen und sie scharf und unzweideutig zu bezeichnen. Was einer solchen Bestimmung entgegenstand, war die Form der Psych ologie, der sich die medizinische Theorie wie die klinische Beobachtung lange Zeit, fast ohne Einschränkung und Vorbehalt, verschrieben hat. Sieht man von Jackson ab, so lässt sich sagen, daß fast alle grossen Forscher Text bricht ab B Das] vorstehend Fortsetzungszeichen C Das . . . diesen] oben, auf rechtem Rand Seitenangabe in Bleistift: 17; Zeile im Ms. nicht eingerückt D zusammenfasst] danach gestrichen: und denen sich bestimmte Störungen des wahrnehmenden Erkennens und des praktischen Verhaltens, denen sich sogen[annte] agnostische und apraktische Störungen als nahe verwandte Phaenomene an die Seite stellen E der Art seines Handelns] auf rechtem Rand statt danach gestrichenem: seiner gesamten praktischen Stellung zur Wirklichkeit F sind] über der Zeile statt gestrichenem: ist G und Adhémar Gelb] über der Zeile
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eingehendste betrieben habenA und die auch theoretisch immer wieder betont habenB, daß in der Deutung der aphasischen und agnostischen Störungen die phaenomenologische Fragestellung im Vordergrund stehen müsse. Erst dann[,] wenn durch sorgsame Einzelbeobachtung die spezifische Form der Erlebnisse eines Kranken festgestellt sei, könne die Frage aufgeworfen und beantwortet werden, welche materiellen Vorgänge im Zentralnervensystem einer bestimmten krankhaften Änderung entsprechen.C Aus denD grossenE Analysen, die G o l d st e i n , in Gemeinschaft mit Adhémar Gelb in Frankfurt, gemäss dieser allgemeinen Grundregel durchzuführen gesucht hat, greife ich hier nur eine einzelne, für unser Problem besonders bedeutsame heraus. Es handelt sich um den Fall eines FG Patienten, der an einer sogen[annten] Farbennamen-Amnesie litt.844 Head H berichtet über vieleI seiner Patienten, daß sie einen bestimmten ihnen bekannten J Weg, z. B. den Weg vom Krankenhaus zu ihrer Woh-
haben] unter der Zeile statt gestrichenem: hat haben] über der Zeile statt gestrichenem: hat C entsprechen.] danach gestrichen: Von bzw. Aus der Fülle D den] verbessert aus: der E grossen] danach gestrichen: Zahl von F litt.] Ende des Textes auf paginierter Ms.-S. 18, ¹⁄ der Seite bleibt leer. Problem der ³ Farbennamen-Amnesie wird nicht ausgeführt, Ms.-Seiten mit der Paginierung 19–28 liegen nicht bei, Fortsetzung des Textes auf Ms.-S. 29a, siehe auch nachstehende Edit.philolog. Anm. G G Aus den . . . litt.] die von Cassirer ins Ms. Der Begriff der Form als Problem der Philosophie (Box 37 Folder 710 # 82 [b]) eingelegten Blätter 6a und 6b enthalten in etwa die auf Ms.-S. 18 für die nachfolgenden Seiten angekündigte Thematik; siehe vorliegende Ausgabe, S. 279–281; vgl. auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 258 ff. H H e a d ] abgesehen von den beiden Ms.-S. 16 und 16a (ehemalige S. 547 und 548) beginnt Cassirer mit der in Bleistift verfaßten, überschriebenen Ms.-Seitenzahl 29a (statt gestrichener Seitenzahl 631) Blätter aus dem Ms. PsF III, 2. Teil, Kap. VI Zur Pathologie des Symbolbewußtseins, S. 237 ff. zu verwenden; auf Ms.-S. 29a vorhergehende Passage mit vertikaler Linie in Bleistift ausgestrichen: nicht allein auf der G e g e n wa r t bestimmter sinnlicher, insbesondere optischer Daten, sondern er setzt eine ideelle Grundfunktion der “ Ve r g e g e n wä r t i g u n g ” voraus. [gestrichen: Das] Seine einzelnen Orte, das ›Hier‹ und das ›Dort‹ müssen deutlich unterschieden, aber sie müssen, eben in dieser Unterscheidung[,] wieder in einem Gesamtblick, in einer “Synopsis” vereint werden, die erst das Ga n ze des Raumes vor uns hinstellt. Der Prozess der Differentiation schliesst hier unmittelbar zugleich einen Prozess der Integration in sich. Eben diese Integration misslingt dem Aphasischen in vielen Fällen auch dort, wo seine Orientierung im Raume, wenn sie Punkt für Punkt und gewissermassen Schritt für Schritt erfolgt, nicht wesentlich gestört ist. I viele] über der Zeile statt gestrichenem: eine grosse Zahl J bekannten] statt gestrichenem: geläufigen
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nung, zwar richtig finden, nicht aber die einzelnen Straßen, durch die sie zu gehen hatten, bezeichnen, noch überhaupt eine zusammenhängende Darstellung des Gesamtverlaufs des Weges geben konnten.1 Dies erinnert durchaus an jene “primitivere” A, mit symbolischen Elementen noch nicht gesättigte Form der Raumanschauung, wie wir sie z. B. bei Naturvölkern finden, die zwar jede Stelle eines Flußlaufs kennen, nicht aber eine Karte des Flusslaufes aufzeichnen können. Und B zugleich lassen uns die aphasischen Erkrankungen einen neuen Einblick in den tieferen Grund dieser Schwierigkeit gewinnen. Viele Kranke, die nicht im stande sind, selbsttätig einen Plan ihres Zimmers zu entwerfen, vermögen sich doch auf einem solchen noch relativ gut zu orientieren, wenn man ihnen das Grundschema fertig darbietet. Fertigt etwa der Arzt eine Skizze an, in der die Stelle des Tisches, an der der Kranke zu sitzen pflegt, durch einen Punkt bezeichnet ist, so macht esC dem Kranken oft keine Mühe, durch Zeigen mit dem Finger die Stelle des Ofens, des Fensters, der Tür auf dieser Skizze anzugeben. Die eigentlich schwierige Leistung besteht also im Anfang und A n s a t z des Verfahrens: in der spontanen Wa h l der Koordinatenebene und des Koordinatenmittelpunkts. Denn eben diese Wahl schliesst unverkennbar einen konstruktiven Akt und sozusagen eine konstruktive Tat in sich, die dort, wo die Hülfe der Sprache versagt, oder wo sieD nicht mehr im gleichen Ausmaß wie beim Gesunden zur Verfügung steht, immer wieder zu misslingen scheint.E Ein Kranker Heads gab ausdrücklich an, daß er die Leistung nicht vollbringen könne, weil es ihm nicht gelinge, den “Ausgangspunkt” (starting point) richtig zu fixieren, daß aber, nachdem dieser ihm einmal gegeben worden sei, alles viel leichter von statten gehe.F Den eigentlichen Charakter der hier vor[gestrichen: H ead , I, 3[39]] Vgl. Heads Krankengeschichte Nº= 2; [Aphasia] Bd. II, S. 31; zum Früheren s[iehe] H ead [Aphasia, Bd.] I, [S.] 264, 339, 393, 415 f. u. ä. 1
“primitivere”] danach gestrichen: Form der R[aumanschauung] Und] danach gestrichen: auch C macht es] statt gestrichenem: ist es D wo sie] über der Zeile E scheint.] danach gestrichen: Manche Kranke He[ads] geben hier F von statten gehe.] Fußnote 1) durch dünne vertikale Bleistiftlinie ausgestrichen, Absicht unklar: 1) [Zeile gestrichen: Äußerung des Patienten Nº 10] Vgl. Heads Krankengeschichte Nº 10; [Aphasia] Bd. II, [S.] 170: ›When you asked me to do this first‹ [–] so äussert der Kranke, der selbsttätig keinen Plan seines Zimmers zu entwerfen vermochte – ›I couldn’t do it. I couldn’t get t he sta rtin g p oint . I knew where all the things were in the room, but I had difficulty in getting a starting point, when it came to setting them down on a plan. You made me point out on the plan and it was quite easy, because you had done it.‹ A
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liegenden Schwierigkeit kann man sichA vergegenwärtigen, sobald man erwägt, wie schwer es selbst der Wissenschaft, wie schwer es der theoretischen Erkenntnis geworden ist, den hier geforderten Schritt in wirklicher Klarheit und Bestimmtheit zu vollziehen. Auch die WissenschaftB hat mit der Setzung des “Dingraumes” begonnen, um erst allmählich zum “System-Raum” überzugehen – auch sie hat sich den Begriff des Koordinatensystems und des Koordinaten-MittelpunktsC in stetiger gedanklicher Arbeit erkämpfen müssen.1 Es ist ersichtlich etwas anderes, ein Neben- und Auseinander von O bjekten, von sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen zu erfassen – und einen idealen Inbegriff von Flächen, von Linien und Punkten zu konzipieren, der die schematische Darstellung der Lage dieser Objekte “i m Raume” in sich schliesst.D So zeigen auch solche Kranke, die im allgemeinen bei der Ausführung der Bewegungen des täglichen Lebens keinerlei Verwechslungen in bezug auf die räumliche Lage der Dinge erkennen lassen, die mit den Objekten völlig richtig manipulieren[,] oft sehr merkwürdige Abweichungen, wenn es sich um die Anwendung bestimmter Grössen- und Richtungsb egriffe handelt.E Näheres hierüber s[iehe] jetzt in meiner Schrift Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance (Studien der Bibl[iothek] Warburg [Bd.] X) L[ei]pz[ig] 1927, S. 183 ff. 1
sich] danach in Bleistift gestrichen: leicht Wissenschaft] danach in Bleistift gestrichen: , auch die theoretische Physik C Koordinaten-Mittelpunkts] danach gestrichen: und D in sich schliesst.] danach in eckige Klammer (in Bleistift) gesetzter Text durch vertikale Bleistiftlinie ausgestrichen, Anfang und Ende der Streichung klar markiert: 〈Demgemäss pflegen sich auch solche Kranke, die in der Ausführung der Bewegungen des täglichen Lebens keinerlei Verwechslungen [gestrichen: mit] in bezug auf die räumliche Lage der Dinge und auf die [gestrichen: Hauptrichtungen] Richtung bestimmter Tätigkeiten [gestrichen: zu begehen pflegen] begehen, sich alsbald zu verwirren, sobald sie diese Richtungen sprachlich bezeichnen, sie also in rein darstellender Form zum Ausdruck bringen sollen. Der richtige sprachliche Gebrauch des “oben” und “unten”, des “rechts” und “links” ist in den meisten Fällen schwer gestört. Oft vermag der Patient durch Gesten auszudrücken, daß er ein bestimmtes Gefühl des Unterschiedes hat, ohne daß es ihm gelingt, [gestrichen: ihn sprachlich zu formulieren] zwischen ›rechts‹ und ›links‹ zu wählen, also etwa auf Aufforderung eine bestimmte Bewegung mit der rechten oder linken Hand zu vollziehen. [Anm. Cassirers am Fuße der Ms.-S. 31: Ein Patient H e a d s (Krankengeschichte Nº= 2 [Siehe Anm. 1 auf S. 298]) hatte den “abstrakten” Gebrauch der Begriffe ›rechts‹ danach Einschubzeichen; Einschub nicht auffindbar] Allgemein zeigen die pathologischen Störungen des Raumsinnes bei Aphasischen sehr deutlich, wo die Grenze Abbruch des gestrichenen Textes mit Seitenende (Ms.-S. 31 bzw. ursprünglich 633), anschließendes Bl. mit ursprünglicher Paginierung 634 liegt nicht bei E So zeigen . . . Richtungs b e g r i f fe handelt.] Ersatz für vorstehend gestrichenen Text (siehe Edit.- philolog. Anm. D), gegenüber auf rechtem Rand A
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Einer dieser Kranken,A den ich im Frankfurter Neurologischen Institut zu sehen Gelegenheit hatte,1 hatte jedes Verständnis für Richtungs- und Winkelgrössen verloren. Legte man auf den Tisch, vor dem er saß, irgend einen Gegenstand vor ihn hin, so war es ihm nicht möglich, einen anderen in einigem Abstand derart daneben zu legen, daß erB parallel zu dem ersteren gerichtet war.C Nur wenn beide Objekte sich unmittelbar berühren durften, gelang ihm die Lösung der Aufgabe: er vermochte die Gegenstände gewissermassenD an einander zu kleben, nicht aber Richtungen im Raume als solche zu erkennen und festzuhalten. Damit war ihm auch der charakteristische “Sinn” der Winkelgrösse verloren gegangen: wenn er nach dem ›Grösser‹ oder ›Kleiner‹ von Winkeln befragt wurde, so war er zunächst ratlos, pflegteE dann aber zumeistF denjenigen Winkel als den grösseren zu bezeichnen, dessen Schenkel eine grössere Länge aufwiesen. Ganz ähnliche Störungen wies ein aphasischer Kranker auf, den [Willem] van Woe rkom beobachtet und über den er eingehend berichtet hat.G va n Wo e r ko m fasstH das Krankheitsbild dahin zusammen, daß alle Der Fall ist, so viel ich weiss, bisher litterarisch noch nicht behandelt: ich muss mich daher im Folgenden auf die mündlichen Mitteilungen u[nd] Belehrungen stützen, die mir [gestrichen: Kurt] Gol dstein über ihn gegeben hat. 1
Einer dieser Kranken,] vorstehend, auf Ms.-S. 32 (bzw. 635) in Bleistift gestrichen: richtige Erfassung gewisser den Normalen geläufiger räumlicher Unterschiede verloren gegangen ist. B er] danach gestrichen: sich C gerichtet war.] auf rechtem Rand statt gestrichenem: lag. D gewissermassen] auf rechtem Rand hinzugesetzt E pflegte] danach gestrichen: sich F zumeist] auf rechtem Rand hinzugesetzt G berichtet hat.] danach Text in gekreuzten Bleistiftlinien eindeutig ausgestrichen, erste Zeile zusätzlich in Bleistift gestrichen: Auch hier scheint – soweit ich auf Grund dieses Berichts urteilen kann – die wesentliche Veränderung im “Raumsinn” des Kranken darin bestanden zu haben, daß es ihm unüberwindliche Schwierigkeiten machte, eine feste Achse im Raum zu konzipieren und mit Bezug auf sie gewisse räumliche Bestimmungen zu treffen. Setzte sich etwa der Arzt ihm gegenüber und legte er zwischen sich und den Patienten ein Lineal, so war es diesem letzteren nicht möglich, ein Geldstück derart hinzulegen, daß es [gestrichen: nicht zwischen] auf die Seite des Arztes oder auf seine eigene Seite [gestrichen: lag] zu liegen kam: der Unterschied der beiden “Seiten” wurde nicht als solcher erfasst. Ebenso war der Kranke, wenn das Lineal in eine bestimmte Stellung gebracht wurde, nicht im stande, [gestrichen: die parallele Richtung zu ihr zu finden:] ein zweites in derselben Richtung hinzulegen: statt sein Lineal, in einiger Entfernung von dem ersten, parallel zu diesem zu richten, näherte er beide einander und legte sie schliesslich, trotz aller Bemühungen, ihm den Sinn der Aufgabe zu erklären, a uf einander. H fasst] danach gestrichen: den Charakter
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rein “perzeptiven” Funktionen ungestört seien,AB während die Fähigkeit zur Schematisierung und zur “Projektion” schwer gelitten habe. [“]Der Kranke[,”] – so sagt v[an] Woerkom –[“]derC Bewegungen in ihrer einfachsten Form (als reaktive Bewegungen auf bestimmte äussere Reize) auszuführen vermag, ist nicht imstande, das Prinzip der Bewegung in den höheren intellektuellen Formen: in den projektiven Akten in sich hervorzurufen. Er vermag die Hauptrichtungen der Orientierung (nach rechts, nach links, nach oben, nach unten) nicht zu ziehen, noch einen Stab parallel zum andern zu richten. Diese Störung betrifft auch seinen eigenen Körper: er hat das Schema (die imaginative Vorstellung) seines Körpers verloren und weiss die sinnlichen WahrnehmungenD zwar örtlich zu bestimmen, aber nicht zu projicieren.”1845 Hier drängt sich, wie man sieht, der Pathologie eine Unterscheidung auf, die die empirische Psychologie lange verkannt und bestritten hatE: sie sieht sich genötigt – um es in den Kan tischen Begriffen auszudrücken – zwischen dem Bild als einem “Produkt des empirischen Vermögens der produktiven Einbildungskraft” und dem Schem a sinnlicher Begriffe als einem “MonoF zu scheiden.G 2 gramm der reinen Einbildungskraft a priori”846 [Willem] van Wo erko m, Sur la notion de l’espace (le sens géométrique), sur la notion du temps et du nombre. [In:] Revue Neurologique [Bd.] XXVI (1919). S. 113 ff. 2 Vgl. ob[en,] S. . . . 847 1
seien,] seien: ungestört seien,] danach zunächst zeilenweise in Bleistift, dann durch gekreuzte Linien in Bleistift gestrichen: w ird , so daß der Kranke [gestrichen: dennoch, vermöge des] vermag mittels des Gesichtssinns und des Tastsinns, [gestrichen: die Gegenstände und ihre räumlichen] die Formen und Umrisse der Dinge zu erkennen und mit [gestrichen: den Dingen] ihnen richtig umzugehen [gestrichen: vermöge, daß er]. Auch die [Funktion] der Auffassung von Entfernungen sei im wesentlichen intakt, da der Kranke sich niemals täusche, wenn er ein vor ihm liegendes Objekt ergreifen [gestrichen: will] wolle. [Gestrichen: Auch] Ebensowenig hat das Richtungsgefühl als solches [gestrichen: hat nicht wesentlich] gelitten: der Kranke bewegt sich, wenn man ihm die Augen verbindet und ihn anruft, jedesmal in der Richtung des Rufes. Dagegen habe er jede Fähigkeit der räumlichen “Projektion” eingebüsst. “Der Kranke, Ende der Streichung C der] danach gestrichen: die D Wahrnehmungen] danach gestrichen: deren Ort er E bestritten hat] danach zeilenweise in Bleistift gestrichen: , auf die indess auch wir uns in unserer allgemeinen theoretischen Grundlegung immer wieder hingewiesen sahen F a priori”] a priori”, G zu scheiden.] danach durch vertikale Linie in Bleistift ausgestrichen, Anfang und Ende der Streichung eindeutig: Aber schon Kant hat dies ›Vermögen‹ des SchemaA
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IchA begnüge mich jedoch hier mit dieser kurzen Andeutung, ohne an dieser Stelle eine theoretische Klärung und eine theoretische Vertiefung des ProblemsB, dasC sich damit vor uns auftut, zu versuchen. Statt dessen wende ich mich in der Analyse und Betrachtung der pathologischen Erscheinungen nunmehr dem drit ten grossen Komplex zu, auf den die klinische Beobachtung uns überall hinweist. Neben den Veränderungen derD Wahrnehmungswelt der Kranken und denen ihrer Raumwelt, treten die Änderungen, die die gesamte Form und Richtung ihres Handelns erfährt, besonders scharf und eindringlich hervor. Es ist das Verdienst Hugo Liepmanns,848 diese Veränderungen zuerst genauer studiert zu haben. Das KrankheitsbildE der “Apraxie” ist durch ihn zuerst scharf umrissen worden: ist nicht nur seinem klinischen Tatbestand nach eingehend beschrieben, sondern auch theoretisch, in psychologischer wie in physiologischer Hinsicht, zu deuten versucht worden. IchF kann auch hier auf die Einzelheiten dieser theoretischen Deutung nicht näher eingehen, sondern ziehe es statt dessen vor, zunächst wiederG den konkreten empirischen Tatbestand rein für sich selber sprechen zu lassen. Hier knüpfe ich an einen Einzelfall an, der mir genauer bekannt u[nd] vertraut ist, da Kurt G o l d st e i n die Freundlichkeit besessen hat[,] ihn mir im Frankfurter Neurol[ogischen] Institut zu wiederholten Malen zu zeigen und eingehend zu erläutern. Um die Eigenart dieses Krankheitsfalles zu bestimmen, geht GoldsteinH von dem Unterschied zwischen “abstrakten” und “konkreten” Bewegungen aus. Unter den ersteren versteht er isolierte Willkürbewegungen, die auf Aufforderungen hin gemacht werden; unter den letzterenI die Bewegungen des täglichen Lebens, wie sie sich aus
tismus nicht auf die räumliche Anschauung beschränkt, sondern es vor allem auf den Begriff der Zahl und auf den der Zeit bezogen. Und daß hier in der Tat ein enger Zusammenhang besteht, lehren wiederum die pathologischen Fälle besonders eindringlich. Der Kranke van Woerkoms zeigte die gleiche charakteristische Störung [gestrichen: die], wie in der Auffassung räumlicher Verhältnisse, auch in der Form seiner Zeitanschauung und in dem Verhalten, das er gegenüber bestimmten numerischen Aufgaben an den Tag legte. So konnte er z. B. im sogenannten “Reihensprechen” zwar die Tage der Woche und die Monate des Jahres aufsagen; aber er war nicht Abbruch mit Seitenende A Ich] im Ms. nicht eingerückt B Problems] verkürzt aus: Problemkomplexes C das] der D der] danach gestrichen: sinnlichen E Das Krankheitsbild] statt gestrichenem: Der Begriff F Ich] statt gestrichenem: Ohne auf G wieder] in Bleistift über der Zeile H Goldstein] danach gestrichen: selbst I letzteren] ersteren
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einer bestimmten konkreten Situation heraus sozusagen von selbst, mehr oder weniger automatisch, einzustellen pflegen. Der Kranke Goldsteins war in diesen Alltagsleistungen kaum wesentlich behindert: er wusch sich allein, er rasierte sich selbst, er ordnete seine Sachen, z. B. sein Briefmarkenalbum, gut und genau[,] er vermochte einen Hahn aufzudrehen, einen elektrischen Kontakt einzuschalten u. s. f. AberA alle diese Tätigkeiten gelangen nur, sofern sie am Gegenstand selbst, am wirklichen Objekt vorgenommen werden durften. Forderte man den Kranken etwa auf, an die TürB zu klopfen, so gelang ihm dies, solange er mit seinem FingerC die Tür erreichen konnte; aber die begonnene Klopfbewegung wurde sofort unterbrochen, sobald man ihn auch nur einen Schritt weit von der Tür zurückzog, und ihn dadurch hinderte, sie tatsächlich mit dem Finger zu berühren.D Eine blosse D arst e l l u n g der Klopfbewegung ohne ihren aktuellen Vo l l z u g war unmöglich. Ebenso vermochte der Kranke einen Nagel einzuschlagen, wenn er, den Hammer in der Hand haltend, unmittelbar vor der Wand stand; aber sobald ihm der Nagel genommen wurde und er die Bewegung des Einschlagens bloss a nz ei gen sollte, stockte er oder machte höchstens eine unbestimmte Bewegung, die sich von der zuvor ausgeführten unverkennbar unterschied. 〈Wurde ihm ein Papierschnitzel auf den Tisch gelegt, so konnte er es auf Geheiss wegblasen, aber die gleicheE Bewegung des Blasens, sobald das Papierstückchen weggenommen wurde, in keiner Weise mehrF markieren.〉G Ähnliches galt von den reinen Ausdrucksbewegungen: der Kranke war nicht im stande, auf Aufforderung zu lachenH, wohl aber lachte er, sobald im Verlauf des Gesprächs eine lächerliche Bemerkung fiel. Auch hier sieht man überall deutlich, daß es Handlungen eines bestimmten S i n n e s , eines gewissen Handlungst y p u s sind, die bei dem apraktischen Kranken in besonders starkem Maße gestört erscheinen. Die ältere Anschauung neigte auch hier dazu, ähnlichI wie sie es J gegenüber den aphasischen Störungen tat, den Verlust bestimmter Aber] vorstehend auf ursprünglich als 681 paginierter Ms.-S. 37 gestrichen: bedienen u. s. f.; im Ms. nicht eingerückt B an die Tür] danach gestrichen: zu gehen und C Finger] über der Zeile statt gestrichenem: Arm D mit dem Finger zu berühren.] statt gestrichenem: zu erreichen. E die gleiche] über der Zeile statt gestrichenem: diese F mehr] über der Zeile G 〈Wurde . . . markieren.〉] eckige Klammern in Bleistift H zu lachen] danach gestrichen: oder eine zornige Gebärde zu machen – I ähnlich] ähnlich, J wie sie es] nachfolgende zwei offensichtlich irrtümlich eingelegte Bgn. (Bl. 26–29) sind leer, bis auf eine Ms.-S. (Bl. 28r), sie trägt keine Paginierung, verweist aber auf Ms.-S. 7 im vorliegenden Text (siehe vorliegende Ausgabe, S. 290): Wir sind hierin – A
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“Gedächtnisbilder” als den eigentlichen Grund des veränderten Verhaltens des Kranken anzusehen. Wie der Verlust der “Klangbilder” oder “Schriftbilder” die Störungen im Wortverständnis oder im Gebrauch der Schrift erklären sollte, so suchte man auch die Veränderungen im Tun im wesentlichen durch Schädigungen der “Erinnerung”, der WiedererweckungA früherer Eindrücke, besonders der Eindrücke auf kinaesthetischem Gebiet, zu erklären. Im Anschluß an We r n i cke , der diese Erklärung für das ganze Gebiet der “asymbolischen” StörungenB durchzuführen suchte, sieht auch Lie pm ann zunächstC als Grundbedingung für die pathologischen Veränderungen des Handelns den Umstand an, daß bei den Kranken “die Erinnerung für bestimmte erlernte Bewegungsformen überhaupt erloschen oder wenigstens schwer erweckbar ist, sodaß sie z. B.D beim HantierenE mit Objekten erst unter Mithülfe der von den betreffenden Objekten zufliessenden optisch-taktil-kinaesthetischen Eindrücken aufF taucht.”849 Es scheint jedoch, daß Liepmann selbstG diese Theorie, durch die die Apraxie im wesentlichen auf eine Beeinträchtigung der rein in dieser Form der Gegenstandssetzung – an keine andere Bedingung gebunden, als an das oberste Gesetz der Erkenntnis: an das Gesetz der synthetischen Einheit – / Die Bedingungen der Mögl[ichkeit] der Erfahrung / The conditions of the possibility of experience are in the same time conditions of the possibility of the objects of experience – / Diese Einh eit ist freilich nicht gegeben, sondern aufgegeben – / Die Wissenschaft kann niemals glauben, sie endgültig zu be sitzen , sondern sie muss sie immer von neuem schaffen. – Erfahrung [ist] selbst eine Erkenntnisart, die Verstand erfordert / Immer wieder brechen neue Gegensätze, ja neue Widersprüche auf – / So zwischen der Newton’schen Mechanik u[nd] der Elektrodynamik – / Die a[llgemeine] R[elativitäts]th[eorie] hat diese Widersprüche überwunden[,] aber der Weg geht weiter. / [Trennlinie:] / Ganz anderes Gebiet –: Geisteswissenschaften – / Hier nicht zu erörtern: Willenswelt – aesthetische Welt / – ganz anderer “Standpunkt”, den die Vernunft [ein]nimmt – / hier nur Sprache: Wilh[elm] v[on] Humboldt s[iehe] Cit[at] S. 7 [Vgl. Hrsg.-Anm. 836] A Wiedererweckung] über der Zeile statt gestrichenem: Reproduktion B Störungen] statt gestrichenem: Erke[nntnis] C zunächst] auf rechtem Rand statt gestrichenem: das Grundprinzip D z. B.] über der Zeile E Hantieren] danach gestrichen: z. B. erst unter Mithilfe d[er] F auftaucht.”] danach in eckige Klammern (in Bleistift) gesetzt und zeilenweise in Bleistift eindeutig gestrichen: 〈Diese Unfähigkeit aus der Erin n erun g Bewegungen auszuführen – eine Unfähigkeit, die sich keineswegs allein auf die Ausdrucksbewegungen beschränke, sondern auch bei anderen allbekannten Objektmanipulationen zu Tage trete[,] [gestrichen: sah demnach] erscheint daher bei Liepmann als der Kern der “apraktischen” Störungen [gestrichen: an].〉 dazu Fußnote: Vgl. H[ugo] Liepmann, Die linke Hemisphäre und das Handeln (1905); wieder abgedr[uckt] in[:] Drei Aufsätze aus dem Apraxiegebiet, S. 26 ff[.], 33. G selbst] in Bleistift über der Zeile
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reproduktiven Vorgänge zurückgeführt wurde, auf die DauerA nicht genügte, sodaß er sie mehrfach zu verfeinern und zu modifizieren suchte.1 B In der TatC scheint diese Erklärungsweise gerade den feineren Zügen des Krankheitsbildes der Apraxie, wie sie durch Liepmann selbst festgestellt worden sind, gerade dem spez i fischen Charakter der hier vorliegenden Anomalien nicht gerecht zu werden.D Als Goldstein mir die Erkrankung seines Patienten, von der im VorstehendenE die Rede war, im Frankfurter Neurologischen Institut demonstrierte – da erschien mir als einer der merkwürdigsten und frappierendsten Züge in diesem Krankheitsbild die Tatsache, daß der Kranke eine Bewegung, die er noch unmittelbar zuvor völlig korrekt ausgeführt hatte, sofort unterliess, sobald man ihm gewissermassen das objektive “Substrat” für sie entzog. Hatte er soebenF noch, an der Tür stehend die Bewegung des Pochens mit seinem linken Arm richtig ausgeführt, so kam sie sofort zum Stillstand, sobald man ihn, auchG nur um die BreiteH eines Schrittes, von der Tür zurückzogI: der schon erhobene Arm blieb jetzt förmlich wie gebannt in der Luft stehen, und es gelang keiner Aufforderung des Arztes, ihn wieder in die entsprechende Bewegung zu versetzen. Soll man wirklich annehmen, daß in diesem Falle das E rinnerungsbil d der Klopfbewegung, also einer Bewegung, die er noch wenige Sekunden zuvor vollzogen hatte, aus dem GeIn einem Vortrag, den Liepm ann im J[ahre] 1907 auf der [gestrichen: Naturforscher-] Jahresversammlung [gestrichen: in Meran] Pfeil zu Forts[etzung] s[iehe] S. 685a850 Abbruch des Textes, Ende der Ms.-S. 39 1
Dauer] danach gestrichen: selbst suchte.] danach Text durch gekreuzte Linien in Bleistift eindeutig ausgestrichen, erste und letzte Zeile zeilenweise in Bleistift gestrichen, erster Teil des gestrichenen Textes in Bleistift eingeklammert: 〈Was zunächst gegen diese Auffassung spricht, ist die [gestrichen: Tatsache, daß auch] von Liepmann selbst anerkannte und hervorgehobene Tatsache [Anm. 3) – findet sich nicht auf Ms.-S. 39], daß ganz analoge Mängel, wie sie sich bei den “freien” Bewegungen zeigen[,] auch dort hervorzutreten pflegen, wo es sich um die blosse Na chahmun g von Bewegungen handelt.〉 Wenn der Kranke eine bestimmte Bewegung bloss deshalb nicht vollziehen kann, weil er ihr Gedächtnisbild in sich nicht wiederzuerwecken vermag – sollte er dann nicht wenigstens im stande sein, sie zu wiederholen, wenn sie ihm durch einen anderen dargeboten und dadurch unmittelbar wieder ins Gedächtnis zurückgerufen wird? Fortsetzungsmarkierung C In der Tat] in Bleistift über der Zeile, statt in Bleistift gestrichenem: Auch sonst D werden.] danach in Bleistift gesetzte eckige Klammer in Bleistift gestrichen E Vorstehenden] über der Zeile statt gestrichenem: früheren F soeben] statt gestrichenem: zuvor G auch] über der Zeile H Breite] statt gestrichenem: Entfernung I zurückzog] danach gestrichen: , sodaß er sie jetzt nicht mehr zu treffen vermochte A
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dächtnis des Kranken entschwunden war? Oder war das mangelnde kinaesthetische G e d ä ch t n i s b i l d des Blasens schuld daran, daß der Kranke, der eben noch ein Papierschnitzel vom Tisch weggeblasen hatte, die Bewegung nicht zu wiederholen vermochte, sobald er sie ohne den Gegenstand, gewissermaßen ins Leere hinein, vollziehen sollte?A Ein so eigenartiges und offenbar so komplexes Phaenomen fordert ersichtlich eine feinere und tiefere Erklärung, als sie durch den blossen Rückgang auf irgendwelche Associations-Mechanismen gewonnen werden kann.B Und dieser Erklärung kommen wir vielleicht wiederum dann am nächsten, wenn wir auf gewisse Veränderungen der Sprache hinblicken, die sich bei den zuvor erwähnten Goldsteinschen Patienten zeigten. Der Kranke wies auf den ersten Blick freilich keine sehr deutliche Sprachstörung auf:C er sprach ziemlich geläufig, sodaß man in der Unterhaltung mit ihm einen wesentlichen Unterschied seiner Sprache gegenüber der des GesundenD kaum bemerkte. Dieser Unterschied trat aber, in sehr merkwürdiger und zunächst sehr überraschender Weise, hervor[,] sobald man ihn aufforderte, gewisse Sätze[,] die man ihm vorsagte, nachzusprechen. Es zeigte sich alsdann, daß die Fähigkeit hierzu nicht von den einzelnen Worten, die hierbei gebraucht werden mussten, sondern vom Inhalt des Ausgesagten abhängig war. Den Satz etwa: ich kann mit meiner linken Hand gut schreiben, wiederholte er ganz korrekt: während er den gleichen Satz gewissermaßen nicht über die Lippen brachte, sobald er das Wort ›links‹ durch das Wort ›rechts‹ vertauschen sollte. Denn hierbei wurde ihm zugemutet, etwas “Unwirkliches” zu sagen, da er infolge vollziehen sollte?] danach gestrichen: Wenn der [gestrichen: Pati[ent]] Kranke aufgefordert wurde, am Tisch die Bewegung des Einschlagens eines Nagels B werden kann.] danach Text durch vertikale Linie in Bleistift eindeutig ausgestrichen: Goldstein [gestrichen: hatte] hat diese Erklärung zu geben versucht, indem er auf die prinzipielle Abhängigkeit [gestrichen: der] aller Bewegungen und insbesondere aller “abstrakten” Willkürhandlungen von o p t i s ch e n Vo r g ä n g e n hinwies. Am Fall seiner beiden “Seelenblinden” Schn. u[nd] Sch. vermochte er zu zeigen, wie jede Beeinträchtigung des optischen Erkennens und des optischen Vorstellens, mit schweren Schädigungen der Bewegungsfähigkeit und des Handelns überhaupt verknüpft zu sein pflegt. Diese Tatsache scheint ihm letzten Endes darin begründet zu sein, daß jede Willkürbewegung, die wir vollziehen, in einem bestimmten Medium und gegen einen “Hintergrund” erfolgt. “Wir machen unsere Bewegungen nicht in einen ‘leeren’, zu ihnen beziehungslosen Raum, sondern in einen, der zu ihnen in ganz bestimmter Beziehung steht; B e wegun g un d Hin t e r g r u n d s i n d e i g e n t l i ch n u r k ü n st l i ch vo n e i n a n d e r t re n n b a re Momente eines einheitlichen Ganzen.”851 Weil es Abbruch des Textes, Ende der Ms.-S. 40a (ehemals 687) C Sprachstörung auf:] danach gestrichen: er war zwar im Nachsprechen einigermassen behindert D Gesunden] Gesunden, A
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seiner halbseitigen Lähmung die rechte Hand nicht zu bewegen vermochte.1 Ist es nicht die gleiche Einschränkung, die gleiche “Bindung ans Objekt” und an die konkret-vorliegende objektive “Lage der Dinge”, die sich im Handeln des Kranken überall offenbart? Er vermag überall nur auf ein wirklichesA, auf ein sinnlich gegebenes und vorliegendes Objekt hin, nicht aber auf ein bloss vorgestelltes Objekt hin zu wirken. Solange er diesen Halt am realen Objekt hat, vollzieht er Leistungen, die sich von denen des Gesunden kaum wesentlich unterscheiden. 〈Er besitzt eine genügende Orientierung im RaumeB: in der ihm gewohnten Umgebung findet er sich gut zurecht, sodaß er z. B. im KrankenhausC allein umhergehen, daß er ohne Mühe dieD Tür seines Zimmers finden kann u. s. f. AuchE vermag er selbständig sein Briefmarkenalbum in Ordnung zu halten: er unterscheidet richtig die Varietäten der einzelnen Marken und führt mit grosser Geschicklichkeit all die feinen Bewegungen aus, die zum Ordnen und Einkleben der Marken in das Album erforderlich sind.2〉 F AberG diese LeistungenH [und] Fähigkeiten versagen, wenn der Kranke sich statt in einem festen “Dingraum” gewissermassen in einem freien Phantasieraum bewegen soll. Den Nagel an der Wand schlägt er richtig ein; aber die Bewegung, die er noch eben vollzog, wird plötzlich gehemmt, sobald man ihr die Unterlage, die sinnlich-dingliche Grundlage entzieht. Ins “Leere” hinein vermag er die Bewegung des Einschlagens nicht zu wiederholen.I Wenn der Kranke sich im Dingraum noch relativ gut 1 2
Vgl. ob[en,] S. . . . 852 S[iehe] die Krankengeschichte a. a. O. S. 147, 180853
wirkliches] danach gestrichen: Objekt im Raume] danach gestrichen: , wenngleich er für sie andere Mittel als der Gesunde verwenden mag C Krankenhaus] danach gestrichen: frei D die] danach gestrichen: rechte E Auch] danach gestrichen: vermag er bzw. vermochte er, der ein eifriger Brief[markensammler] F 〈Er . . . sind.〉] eckige Klammern in Bleistift gesetzt G Aber] danach gestrichen: all H Leistungen] auf rechtem Rand hinzugefügt I nicht zu wiederholen.] danach Text durch gekreuzte Linien in Bleistift eindeutig ausgestrichen: [gestrichen: Einzelne Kranke H e i l b ro n n e rs erklären geradezu] H eilbronne r 854 berichtet, daß viele seiner Kranken, wenn sie aufgefordert wurden, [gestrichen: solche] Bewegungen ohne Objekt aus[zu]führen, also z. B. die Gebärde des Geldzählens, des Türaufschliessens [gestrichen: machen sollten] vorzumachen, nach einer Pause des Besinnens die allerseltsamsten probierenden Bewegungen der Finger und Verrenkungen der Gelenke, daß sie wahrhafte “Grimassen der Extremitäten” ausführten, die deutlich mit Ausdrücken des Ärgers und
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orientiert, so scheint er doch gewissermassen keinen freien “Spielraum” der Bewegung mehr zu besitzen[.]A Denn dieser letztereB ist ein Gebilde der “produktiven Einbildungskraft”: er verlangt, daß wir Gegenwärtiges mit Nicht-Gegenwärtigem, daß wir Wirkliches mit Möglichem vertauschen können. Wir führen die Bewegung des Einschlagens des Nagels ebensowohl gegen eine bloss “vorgestellte”, wie gegen die wirkliche Wand hin aus,C weil wir in freier Tätigkeit die Elemente des Sinnlich-Gegebenen zu varii eren vermögen, weil wir “in Gedanken” ein hier und jetzt Vorhandenes mit einem anderen nicht-Vorhandenen vertauschen und das letztere an Stelle des ersteren setzten können. Diese Form der Variation, derD Stellversetzung ist es[,] die, wie wir gesehen haben, bei den Kranken durchweg erschwert ist. Ihre Bewegungen und Handlungen haben demgemässE etwas Stereotypes: sie müssen in festen und gewohnten Geleisen und gleichsam in starren Verbindungen vor sich gehen. Der Raum, in dem sie sich relativ gut und sicher bewegen, ist jener enge Raum, in dem sich hart die Sachen stossen – er ist nicht mehr der freie und weite “Symbolraum” der Vorstellung.F Der gleiche Zug war es ja, der, wie wir gesehen der Unzufriedenheit begleitet waren. Einer dieser Patienten, ein Apotheker, der [gestrichen: die Bewegung des Pillendrehens markieren sollte,] mit seiner apraktischen linken Hand die Bewegung des Pillendrehens markieren sollte, erklärte die Aufgabe geradezu für eine ›Vexieraufgabe‹. [Anm. [Karl] Heilbronner in Lewandowskys Handbuch II, [S.] 1039 f.855 Ein anderer Kranker [Zeile für Zeile gestrichen: vermochte mit allen Gegenständen des täglichen Gebrauchs richtig umzugehen, solange sie ihm in der gewohnten Weise und unter allen gewohnten Nebenumständen gereicht wurden; aber er versagte, sobald dies unter ungewohnten Umständen geschah] bedient sich etwa [z]ur Zeit der gemeinsamen Mahlzeiten [zu streichen: bediente er sich] des Löffels, des Glases u. s. f. wie jeder Gesunde, während er ausserhalb dieser Zeit mit den gleichen Objekten gelegentlich ganz sinnwidrige Bewegungen ausführte. [Anm. [Karl] Heilbronner, Über Asymbolie, Breslau 1897, S. 16] Man sieht, wie hier die einzelnen Gegenstände innerhalb ganz bestimmter konkreter Situationen ihren Sinn bewahrt haben, – wie sie aber zugleich in diese Situation auch gleichsam eingeschmolzen sind, wie sie aus ihr nicht herausgelöst und selbständig gebraucht werden können. [Zeile für Zeile in Bleistift gestrichen, runde Klammern in Bleistift: (Was diesen freien Gebrauch erschwert, scheint in Fällen dieser Art nicht sowohl die Tatsache zu sein, daß der Kranke sich keinen sinnlichoptischen Raum als Medium und Hintergrund seiner Bewegungen schaffen kann, als der Umstand, daß er über keinen ›Spielraum‹ seiner Bewegungen verfügt.) A Wenn der . . . zu besitzen.] ersetzt auf rechtem Rand gegenüberliegenden, eingeklammerten, Zeile für Zeile gestrichenen Text [siehe Edit.-philolog. Anm. I auf S. 307] B Denn dieser letztere] über der Zeile statt gestrichenem: Der ›Spielraum‹ C hin aus,] danach gestrichen: aber wir vermögen dies nur darum, D der] danach gestrichen: freien E demgemäss] über der Zeile F “Symbolraum” der Vorstellung.] nachfolgender Text in per Bleistift gesetzten, eckigen Klammern ist im Vortragsmanuskript, obwohl ohne ausstreichende Linie, ganz
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habe[n], auch für die S p ra ch e des Kranken charakteristisch ist. Auch hier wurde die Störung kaum bemerkbar, solange der Kranke sich in seinem Gebrauch der Sprache noch fest am Objekt anhalten, solange er von der Bezeichnung eines konkreten Gegenstandes zum anderen fortschreiten konnte. Aber sie trat alsbald hervor, sobald die Leistung der Sprache sich nicht sowohl auf die Bezeichnung eines Wirklichen, als auf die eines Unwirklichen erstreckte: sobald die Sprache, im weitesten Sinne dieses Wortes, ›metaphorisch‹ wurde. Das “mittelbare” Tun, wie das “mittelbare” Sprechen scheint in beiden Fällen dasjenige zu sein, was am schwersten geschädigt ist. Sehr markant tritt dies z. B. in einer Krankheitsgeschichte bei Head hervor, in der der Kranke darüber klagt, daß er nicht mehr Billard spielen könne: er könne zwar einen Ball treffen, wenn er direkt auf ihn hinziele, dagegen gelinge ihm kein indirekter Stoß, kein Spiel von der Bande aus oder von einem Ball zum anderen mehr. In der Tat erweist sichA jede bloss mitt el b are Leistung, wenn man sie schärfer analysiert, im Grunde stets als eine sozusagen symbolhaltige Leistung. Sie muss sich von derB Gegenwart des wirklichen Objekts und von seiner sinnlichen Übermacht losreissen, um sich in freier Vergegenwärtigung ein rein ideelles Ziel vor Augen zu stellen. Eben diese Freiheit der Sicht , die die Form seines sinnlichen Wahrnehmens, die Form seiner räumlichen Anschauung, wie die Form seines Tuns entscheidend bestimmt und umgestaltet, scheint aufs engste an die Sprache gebunden und mit ihr innerlich verwoben zu sein. Und so bestätigt sich uns hier von einer ganz anderen Seite her, das Wort Wilh[elm] v[on] Humboldts, von dem wir unsern Ausgang genommen haben. [“]Der Mensch lebt mit den Gegenständen hauptsächlichC so, wie die Sprache sie ihm zuführt.”857 Ich muss es mir an
offensichtlich als Streichung markiert, da er am Seitenende (Ms.-S. 44 bzw. 627) abbricht und nicht weitergeführt wird: 〈Der Kranke vermag etwa eine Uhr aufzuziehen, wenn man sie ihm in die Hand giebt, auch wenn dies eine recht komplizierte Bewegung erfordert, – aber er ist nicht imstande, sich eben diese Bewegung zu ›vergegenwärtigen‹ und sie aus dieser blossen Vergegenwärtigung heraus zu vollziehen, sobald man ihm das sinnliche Substrat für sie entzieht, indem man ihm die Uhr aus der Hand nimmt. [Anm. Vgl. die Krankengeschichte des Patienten Sch. bei [Kurt] Goldstein, a. a. O. S. 153856] Denn diese Vergegenwärtigung setzt mehr als einen bloss[en] Dingraum voraus: sie erfordert einen “schematischen” Raum. Eben [gestrichen: diese Art der] diese Unfähigkeit zur Schematisierung, [gestrichen: der] zur Bewegung nicht nur innerhalb eines räumlichen, sondern auch eines〉 Abbruch des Textes. A erweist sich] über der Zeile statt gestrichenem: ist B von der] danach gestrichen: sinnlichen C hauptsächlich] danach in Bleistift gestrichen: , ja da Empfinden und Handeln in ihm von seinen Vorstellungen abhängen, sogar ausschliesslich
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Beilagen
dieser Stelle versagen,A noch in die Frage einzutreten, die hier von Jedem von Ihnen gestellt werden wird: in die Frage, wie weit die Sprache hierbei das Erste oder das Zweite, wie weit sie Grund oder Folge ist. Lässt sich eine gemeinsame Grundfunktion des Geistes auszeichnen, die wir als die Sy m b o l f u n k t i o n schlechthin bezeichnen könne[n] und von der die Sprache selbst nur eine besondere spezifische Ausprägung, von der sie ein Exponent und ein Ausfluss ist – oder geht vielmehr alles symbolische Verhalten auf die Sprache als Urgrund, als “Bedingung seiner Möglichkeit” zurück? Ich wage nicht hierB in Kürze noch an diese Frage zu rühren, für deren Beantwortung heute nicht nur die Sprachpathologie, sondern auch dieC Biologie und die Entwicklungspsychologie mancherlei Material zur Verfügung zu stellenD scheinenE und für die sie manchen Hinweis und Fingerzeig enthaltenF.G Aber wie immer man auch zuletzt diese genetische Frage sich beantworten mag: so werden hiervon unsere systemat isch gemeinten und systematisch-orientierten Ausführungen nicht wesentlich betroffen. Denn die Probleme, auf die ich hier hindeuten wollte, gehen nicht in die Richtung der U rsprungsfragen, sondern sie betreffen Grundfragen des Best andes des Geistes und seiner Struktur. Daß in dieser Struktur,H daß nicht nur in dem engeren Kreise der sogenannten logischen Probleme, sondern daß vor allem in der Konstitution und im Aufbau der Welt der sinnlichen Empfindung und der Welt der reinen Anschauung der Sprache eine zentrale Bedeutung zukommt: dies ist es, was in einem blossen Umriss, den ich selbst als skizzenhaft und als vorläufig empfinde, meine Darlegungen Ihnen vorführen sollten. And now, l[adies] a[nd] g[entlemen], I feel that it is my duty to express my heartiest thanks to you for your kind attention, to the University of London and especially to the King’s College for the mark of honour paid me by their invitation – which I am constrained to regard more as an honour toI the cause of Philosophy and toJ the representative school of Thought in Germany in this direction than to myself. The two GentlemenK who versagen,] danach gestrichen: tiefer in die Frage hier] korrigiert aus: etwa C auch die] danach gestrichen: neuere D stellen] danach gestrichen: und E scheinen] scheint F enthalten] enthält G enthalten.] danach gestrichen: Denn wie immer auch H Struktur,] danach gestrichen: – vor allem in der der Wahrnehmungswelt selbst I to] von fremder Hand in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: for J to] von fremder Hand in Bleistift über der Zeile statt gestrichenem: for K Gentlemen] Gentleman
A
B
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were speaking after my lectures have said many kind things about my work and about myself – and they have paid me much more honour than I could expect and than I ever canA hope to deserve. But there is never the less one modest merit, which I may perhaps pretend to – and that is that in all my philosophical work I always endeavoured to be a mediator between German and English thought. Perhaps in no period of the history of philosophy there has been a full coincidence of German and English thought. EachB of them has sought and pursued its own way. But in the region of spiritual life and in the field of ideas the true harmony never consists in a simple coincidence, in a mere identity. On the contrary: the very true harmony arises from the conflict, from the battle of ideas, which battle never the less in this sphere of spiritual lifeC is by no means hostile, but implies the possibility[,] even the necessity[,] of D mutual understanding and mutual help. In this way I ever tried to understand the English philosophy, to which I feel deeply indebted. There is a little verse of G o e t h e which refers to poetry but which in the same manner may be applicable to Philosophy. “Wer den Dichter will verstehen, muss in Dichters Lande gehn”858 – who wishes to understand a poet must go to the poet’s country. I for my part I may say that I always endeavoured to study the English philosophy – but it is for the first time that I came to your country. I hope that now, in consequence of this visit, I shall more than ever before be able to understand and to appreciate the English thought in its very strength and in its very profoundness. I beg your pardon L[adies] a[nd] G[entlemen]E that I have expressed all this in my own presumably very queer English – but ([“]so poor a man as Hamlet is can do no more[”].859 And)F although I did not feel myself qualified to have delivered these l e c t u re s in English, I wished at least to say [to] you in your native language that I shall take back with me to Germany fond recollections of these days which I have spent here in London, of King’s College and of you yourselves, L[adies] a[nd] G[entlemen], who have shown me so much indulgence and extended to me such a high degree of interest. Again, I thank you!
can] statt gestrichenem: coul[d] Each] von Cassirers Hand gestrichen und ersetzt durch Either; Each war richtig, Either ist falsch C in this sphere of spiritual life] über der Zeile D of] of ! E Ladies and Gentlemen] in Bleistift eingefügt F (so . . . And)] Klammern in Bleistift
A
B
AN HANG
ZU R T EXTGESTALTUNG
1. Zeichen, Siglen, Abkürzungen Spe rrdruck Kursivdruck [] () 〈〉 ] /
Einfache Hervorhebung Cassirers; in Zitaten: Hervorgehobenes Herausgeberrede Eckige Klammer: Hinzufügungen der Hrsg. Runde Klammer: in Cassirers Manuskript Spitzklammer: eckige Klammer in Cassirers Manuskript Schließende eckige Klammer: Abgrenzung des Lemmas Zeilenbruch im Originaltext
Abkürzungen und Siglen: a. a. O. Abt. AdW Anm. Aufl. Ausg. Bd., Bde., Bdn. Bg., Bgn. Bl. cf. ders. d. h. ECB ECN ECW Edit.-philolog. Anm. EP FF f., ff. Hauptst. Hrsg. hrsg. ibid. IK
am angegebenen Ort Abteilung Akademie der Wissenschaften Anmerkung Auflage Ausgabe Band, Bände, Bänden Bogen, Bögen Blatt, Blätter confer, vergleiche derselbe das heißt Ernst Cassirer: Briefwechsel Ernst Cassirer: Nachgelassene Manuskripte und Texte Ernst Cassirer: Gesammelte Werke. Hamburger Ausgabe Editorisch-philologische Anmerkung Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und der Wissenschaft der neueren Zeit Ernst Cassirer: Freiheit und Form folgende, fortfolgende Hauptstück Herausgeber herausgegeben ibidem Ernst Cassirer: Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance
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Kap. KpV KrV Lib. MS Ms., Mss. N. B. o. J. p. PA PhB PsF S. SM SF Ts., Tss. vgl. Vol. WA Z. z. B. zsh. z. T.
Anhang
Kapitel Kant: Kritik der praktischen Vernunft Kant: Kritik der reinen Vernunft Liber Ernst Cassirer: The Myth of the State Manuskript, Manuskripte Nota bene ohne Jahresangabe pagine Ernst Cassirer: Die Philosophie der Aufklärung Philosophische Bibliothek Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen Seite, Seiten Ernst Cassirer: Sprache und Mythos Ernst Cassirer: Substanzbegriff und Funktionsbegriff Typoskript, Typoskripte vergleiche Volume Weimarer Ausgabe der Werke Goethes Zeile zum Beispiel zusammenhängend zum Teil 2. Regeln der Textgestaltung
Die Texte sind ohne Auslassungen vollständig wiedergegeben. Den Text begleiten drei Anmerkungsarten: 1) Cassirers eigene Anmerkungen stehen als Fußnoten und sind, wie sonst in Cassirers Werken, auf jeder Seite jeweils neu nummeriert – im laufenden Text mit hochgestellten Indexziffern bezeichnet; 2) editorisch-philologische Anmerkungen zum Ms.-Befund stehen mit Lemma-Angabe ebenfalls als Fußnoten im laufenden Text durch hochgestellte lateinische Großbuchstaben markiert; hier werden auch Streichungen mitgeteilt, die inhaltlich von Belang sein könnten; 3) Herausgeber-Anmerkungen sind durchnumeriert – im laufenden Text durch tiefgestellte Indexziffern bezeichnet – und im Anhang zusammengefaßt. Auf Markierung des Seiten- und Zeilenumbruchs der Originalmss. ist zugunsten der Lesbarkeit des Textes verzichtet worden. Leerzeilen, beziehungsweise ihre Aufhebung, werden ebenso mitgeteilt wie inhaltlich bedeutsame Zeilenumbrüche. Die Ergänzungen von ausgesparten Wörtern sind – wie Eingriffe der Herausgeber (Einfügungen, Änderungen) – durch eckige Klammern [ ] kenntlich gemacht bzw. werden in einer editorischen Anmerkung mitgeteilt. Cassirer zitiert in seinen Mss. mit einfachen und doppelten Anführungszeichen (‘ ’, “ ”), die manchmal schwer voneinander zu unterscheiden sind, sowie mit guillemets (› ‹, manchmal ‹ ›). Weil eine einheitliche Verwendung dabei nicht feststellbar
Zur Textgestaltung
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ist, wird diese Zeichensetzung beibehalten. In einigen Fällen handelt es sich bei den in Anführungszeichen gesetzten Phrasen um Hervorhebungen Cassirers und nicht um eigentliche Zitate. Uneinheitlichkeiten (z. B.: transzendental, transcendental, Commentar, Kommentar) und Eigenarten in Cassirers Orthographie (ss statt ß, ae statt ä usw.) und Interpunktion wurden beibehalten, ebenso die Besonderheiten von Schreibweisen (z. B.: anderseits, zu einander, giebt). Verschiedene Schreibweisen von Namen (Linke, Lincke) werden beibehalten, eindeutig fehlerhafte Schreibweisen werden in edit.-phil. Anmerkungen mitgeteilt und im Text korrigiert. Cassirer läßt Kommata öfters weg oder setzt sie, wo sie unüblich sind. Texteingriffe wurden nur in Fällen vorgenommen, wo eine Sinnentstellung entstehen könnte. Cassirer verwendet sowohl Wortabkürzungen (mit Punkt), z. B. symbol. F., u., wie auch Kürzel (ohne Punkt) bei Wörtern mit der Endung ung. Abgekürzte Wörter werden in eckigen Klammern (z. B. symbol[ische] F[orm]) ergänzt. Bei Kürzeln ist die Schreibweise Cassirers uneinheitlich. Wo der Sinn dieser Kürzel eindeutig ist, werden sie, im Gegensatz zu den Abkürzungen, ohne Nachweis aufgelöst. Eindeutige Schreibfehler (z. B. gelegentlich vergessene Akzente) wurden stillschweigend berichtigt. Alle Hervorhebungen bleiben erhalten. Unterstrichene Wörter bzw. Wortteile in Cassirers Text sind, wie sonst in seinen Werken, durch Sperrung ausgezeichnet. Bei der Zitation aus verschiedenen Druckvorlagen werden unterschiedliche Texthervorhebungen einheitlich als Sperrdruck wiedergegeben, Ligaturen dabei aufgelöst. In den handschriftlichen Mss. werden Belegstellen für Zitate öfters am Rand notiert. Diese erscheinen als Cassirers eigene Literaturanmerkungen und als editorisch-philologische Anmerkungen mit dem Hinweis auf ihre Plazierung im Ms. Cassirers Zitierungen sind anhand der von ihm benutzten Ausgaben überprüft worden. Abweichungen bei Hervorhebungen werden nur in den Fällen mitgeteilt, wenn sich Cassirers Hervorhebungen nicht im zitierten Text finden. Bei Zitaten werden nur semantisch bedeutsame Abweichungen Cassirers mitgeteilt, nicht orthographische Modernisierungen. Die angeführten Quellen sind im Literaturverzeichnis vollständig aufgeführt. Von den Herausgebern nachgewiesene Zitate sind Cassirer zugänglichen Quellen entnommen und folgen nach Möglichkeit den von ihm (hier oder in anderen Schriften) zitierten Ausgaben. Hierfür wurde eine mehrfach ergänzte Liste der Bücher in Cassirers Privatbibliothek zugrunde gelegt.1
Diese Liste enthält die Verkaufsliste der Bibliothek Ernst Cassirers (Bernard M, Rosenthal, Inc. Rare Books – Manuscripts. 120 East 85th Street New York, NY 10028, USA; Typoskript o. J.) sowie einen Karteikatalog (Department of Philosophy, University of Illinois, Chicago), dessen Erstellung beim Erwerb der Bibliothek Cassirers durch die University of Illinois Library (Chicago) veranlaßt wurde, eine Erfassung der Separata und anderer unkatalogisierter Schriften aus Cassirers Bibliothek im Besitz der University of Illinois Library sowie eine Liste von Teilen der Bibliothek aus Familienbesitz. 1
ED ITOR ISCHE HIN WEISE
1. Ziel und Gestalt der Ausgabe »Ernst Cassirer · Nachgelassene Manuskripte und Texte« Ziel der ECN ist die Präsentation nachgelassener Mss. Cassirers. Dabei werden Cassirers Ms.-Texte annähernd textdiplomatisch wiedergegeben. Editorische Eingriffe (Emendationen und Konjekturen) wurden auf das Notwendigste beschränkt und sind immer angegeben. 2. Zu Überlieferungsgeschichte und Inhalt dieses Bandes Mit Ausnahme eines Textzeugen1 finden sich alle in diesem Band publizierten Mss. im Nachlaß Ernst Cassirers in der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University, New Haven (USA).2 Der Band versammelt Texte Cassirers, die in dem thematischen Zusammenhang von Philosophie des Symbols, Sprachphilosophie, Theorie der Wahrnehmung, Ausdrucksphänomen und Philosophie des ›Wiener Kreises‹ stehen. Die als Beilagen abgedruckten Mss. Cassirers stellen zwei Vorträge zum Problem des Formbegriffs bzw. der Sprache als symbolischer Form und die einzig bekannte Vorlesungsmitschrift – zu den Problemen der Sprachphilosophie – dar. 3. Für die Bearbeitung dieses Bandes herangezogene Manuskripte a) Praesentation und Repraesentation. Ms. (GEN MSS 98, Box 23, Folder 425 [Konvolut 104]). 1) Äußere Beschreibung: Papier: gelblich; Format: Bgn., 21 cm × 32,8 cm, zu Lagen (Bl.) gefaltet von 16,4 cm × 21 cm, ineinandergelegt, auf vier Seiten beschrieben, innen liegende Bg. zu Bl. zerrissen, 2 Bg. (21 cm × 32,8 cm) Konvolut umgreifend; Wasserzeichen: keine; Tinte: schwarz, Ergänzungen und Korrekturen von Cassirers Hand teilweise in Bleistift, teilweise in Tinte; Paginierung: keine.
Text f) findet sich in der Bibliothek des Warburghauses (Kunsthistorisches Institut) der Universität Hamburg. 2 Eine Geschichte der Überlieferung des Cassirer-Nachlasses ist im ersten Band dieser Ausgabe nachzulesen, siehe ECN 1, S. 279–284. 1
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Anhang
2) Datierung: Das Ms. ist undatiert. Es entstand (wie auch Text b)) im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Band 3 der PsF, also vermutlich im Jahr 1927. Das späteste Erscheinungsdatum einer zitierten Schrift ist das Jahr 1925 (Grundlagen der Denkpsychologie von Richard Hönigswald, 2. Aufl.), außerdem findet sich der Hinweis auf Cassirers PsF II und damit auf das Erscheinungsjahr 1925. 3) Inhalt: 27 Bgn., davon 25 Bgn. zu Lagen (50 Bl.) gefaltet, ineinandergelegt, in der Regel auf vier Seiten beschrieben, und 2 Bgn. (Bl. 1 und 54, 2 und 53) Konvolut umgreifend, bis auf griechische Numerierung einiger Blätter und der Blätter Koffka 1–4 Ms. ohne Paginierung. Bl. 1 (und 54): Konvolut umgreifender Bg., Aufschrift auf Bl. 1r von Cassirers Hand: P ra e s e n t a t i o n u n d Re p ra e s e n t a t i o n ; Bl. 2 (und 53): Konvolut umgreifender Bg., auf Bl. 2r Aufschrift von Cassirers Hand: P raes e n t a t i o n u [ n d ] Re p ra e s e n t a t i o n ; Bl. 3: I n t e n t i o n , I n t e n t i o n a l e r A k t . (Psychologie); rechts oben: P ra e s e n t a t [ i o n ] u [ n d ] Re p ra e s e n t a t [ i o n ] ; danach Text; Bl. 4: Text; Bl. 5: Sy m b o l f u n k t i o n ( s y m b o l [ i s ch e ] I d e a t i o n ) (Allgem[eines]); am rechten oberen Rand: auch / (Psychopathol og ie) / [Blatt] τ1; weiter unten auf rechtem Rand: Pra e se n t a t[i on] u[nd] Re prae sen ta t[ion]; danach Text; Bl. 6: Text; Bl. 7: Zu Ca p [.] I. Symbolwert der sinn l[ichen] Wahr nehmung; am rechten Rand: P ra e s e n t a t [ i o n ] u [ n d ] Re p ra e s e n t a t i o n ; danach: Text; Bl. 8–9: Text; Bl. 10: leer; Bl. 11: C a p . I Sy m b o l we r t d e r sinnl [i ch en ] Wah rnehmu ng / ( Leib und Seele); am rechten Rand: Praesentat[ion] u[nd] Repraesentation; danach Text; Bl. 12–16: Text; Bl. 17: Sy m b o l ( A l l g e m [ e i n e s ]) › I n t e n t i o n ‹; am rechten Rand: P ra e s e n t [ a t i o n ] u [ n d ] Re p ra e s [ e n t a t i o n ] ; danach Text; Bl. 18r: Text; Bl. 19: Sy m b o l b e g r i f f ( A l l g e m [ e i n e s ]) P s ych o l o g i e . ; auf rechtem Rand: Prae sen ta t[ion] u[nd] Re prae sen t[a tion]; danach Text; Bl. 20r: Text; Bl. 21: Symbolwert der sinn l[i chen] Wahr neh m[ung]; auf rechtem Rand: P rae sen ta t[ion] u [nd]/ Re pra e sen ta t[ion] [Blatt] Koffka 1; danach Text; Bl. 22: am oberen rechten Rand: [Blatt] Ko f f k a 4; Text; Bl. 23: Text; Bl. 24: am oberen rechten Rand: [Blatt] Kof fka 3; Text; Bl. 25: Text; Bl. 26: am oberen rechten Rand: [Blatt] Koffka 2; Text; Bl. 27–28: Text; Bl. 29: Psych ol ogi e (A kt ps ycho logie); am rechten Rand: Pra e sent a t [ i o n ] u [ n d ] Re p ra e s e n t [ a t i o n ] ; danach Text; Bl. 30: leer; Bl. 31r: P s ych o l o g i e (Empfindung u[nd] “symbol[ische] Funktion”); am rechten Rand: Praesentat[ion] u[nd] Repraesent[ation]; danach Text; Bl. 32: leer; Bl. 33: kleines Konvolut umgreifender Bg. (mit Bl. 40); auf Bl. 33r: Cap. I: Der Sy mbol wer t de r s innli chen / Wahrnehmung.; auf rechtem Rand: (Praesentation u[nd] Repraesentation); danach leer; Bl. 33v: Z u r L i t t e ra t u r ; danach 5 Zeilen Text; Bl. 34: a) Allg[emeine] Einleit[ung]; danach Text; Bl. 35–36r: Text; Bl. 36v: G r u n d b e i s p i e l : / P h a e n o m e n o l o g i e des Raumbe wußt sei ns / a) Das Problem Visual language!; danach
Editorische Hinweise
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Text; Bl. 37: Darste l l ung u[nd] Kr iti k der Helm holtz’schen Zeichentheorie / (insbesondere nach der Physiolog[ischen] Optik); danach Text; Bl. 38r: Text; Bl. 38v–40: leer; Bl. 40 als kleines Konvolut umgreifender Bg. (mit Bl. 33); Bl. 41: Sy m b o l ( A l l g e m [ e i n e s ]) / Symbolwert der sinnl[ichen] Wahrnehmung.; am rechten Rand: [Blatt] δ1; danach Text; Bl. 42–46: Text; Bl. 47–48: leer; Bl. 49: Sy m b o l we r t d e r s i n n l [ i ch e n ] Wahrnehmung / Allgemeines; danach Text; Bl. 50: Text; Bl. 51: Sym bolwe r t d e r s i n n l [ i ch e n ] Wa h r n [ e h m u n g ] / (Allg[emeines]); danach Text; Bl. 52: leer; Bl. 53–54: leer; großes Konvolut umspannende Bgn. (zsh. mit Bl. 2 und 1). 4) Bemerkung: Für den Abdruck wurden folgende stärker argumentierenden und verallgemeinernden Teiltexte vorangestellt: Cap. I: Der Symb olwert der sinnli chen / Wahrnehmung. (Bl. 33–36), Zu Cap[.] I. Symbolwert der si nn l[i chen] Wah rn eh mun g (Bl. 7–9), Sy mb ol ( A ll ge m[ei nes]) / Symbolwert der sinnl[ichen] Wahrnehmung. (Bl. 41–46) und Sy m b o l we r t d e r s i n n l [ i ch e n ] Wa h r n e h m u n g / Allgemeines (Bl. 49–50). Die übrigen Textteile des Konvoluts folgen in der vorgefundenen Reihenfolge der Ablage. Im Abdruck wurde außerdem die Reihenfolge der im Konvolut vorgefundenen, Kurt Koffka gewidmeten Bl. 21–28 ([Blätter] Koffka 1–4) verändert, um den Fortgang der Gedanken Cassirers korrekt wiederzugeben. Die sachlich richtige Reihenfolge lautet: Bl. 21r / v, Bl. 28r / v, Bl. 26r / v, Bl. 27r / v, Bl. 24r / v, Bl. 25r / v, Bl. 22r / v, Bl. 23r / v. b) Praegnanz, symbolische Ideation. Ms. (GEN MSS 98, Box 23, Folder 424 [Konvolut 104]). 1) Äußere Beschreibung: Papier: gelblich; Format: Bgn., 21 cm × 32,8 cm, zu Lagen (Bl.) gefaltet von 16,4 cm × 21 cm, ineinandergelegt, auf vier Seiten beschrieben, Bl. am Rand gefaltet (ca. 4,5 cm Rand), innen liegende, zu Bl. gefaltete Bgn. aus zerteilten, zerrissenen Bgn. im Format von 32,5 cm × 42 cm, 1 Bg. (21 cm × 32,5 cm) Konvolut umgreifend; Wasserzeichen: keine; Tinte: schwarz, Ergänzungen und Korrekturen von Cassirers Hand teilweise in Bleistift, teilweise in Tinte; Paginierung: keine. 2) Datierung: Das Ms. ist undatiert. Es entstand (wie auch Text a)) im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Band 3 der PsF, also vermutlich im Jahr 1927. Das späteste Erscheinungsdatum einer zitierten Schrift ist das Jahr 1924 (Henri Delacroix), außerdem findet sich im Ms. ein Hinweis auf Henry Heads Buch über die Aphasie von 1926.
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Anhang
3) Inhalt: 1 Umschlagfragment, dünnes, bräunliches Papierstück im Format 15 cm × 9 cm, mit der Aufschrift: Vorarb[eiten] / z[u] Symbolischen Formen, Aufschrift nicht von Cassirers Hand. 22 Bgn. zu Lagen (44 Bl.) gefaltet, ineinandergelegt, auf vier Seiten beschrieben, 1 Bg. Konvolut umgreifend, bis auf griechische Numerierung einiger Blätter Ms. ohne Paginierung. Bl. 1: Vorarb[eiten] / z[u] Symbolischen Formen; Bl. 2 und 45: Konvolut umgreifender Bg., auf Bl. 2r Aufschrift von Cassirers Hand: P ra egna nz, symbolische Ideation; Bl. 3–8: Gliederung, Bl 3r: links oben: Urphaenomen; am linken Rand: τὸ ϕαίνεσδα.; 1) Fu nktion und Inha lt, danach Text; Bl. 3v: 2) Bedeutungsindex – symbolische Praegnanz, danach Text; Bl. 4r: 3) I n n e r h a l b der theoretischen Sphaere, danach 3 Zeilen Text; Bl. 4v: 4) Abgrenzung gegen andere Theorien, danach Text; Bl. 5r: ε Verh[ältnis] zur G e st a l t t h e o r i e , danach 3 Zeilen Text; Bl. 6–8 leer; Bl. 9r / v: Sy m b o l b e g r [ i f f ] ( A l l g e m [ e i n e s ]) ‘ I n t e n t i o n’ , danach Text; Bl. 10 leer; Bl. 11r: links oben in Bleistift: [Blatt] ϕ1 / Praegnanz; Farbe, danach Text; Bl. 12–14 Text; Bl. 15r: links oben: [Blatt] τ1); Sym bo l[ische] Ideation ( P ra e g n a n z ) danach Text; Bl. 16r: 4 Zeilen Text; Bl. 17r: ‘ P ra e g n a n z ’ , danach Text; Bl. 18: leer; Bl. 19r: Praegnanz, danach Text; Bl. 20: Text; Bl. 21: / P ra e g n a n z , danach Text; Bl. 22: leer; Bl. 23r: Sy m b o l ( A l l g e m [ e i nes]) (“symbolische Ideation”); am linken Rand: [Blatt] σ1; danach Text; Bl. 24: Text; Bl. 25: Symbolprob lem. “Pra egnanz” / [Blatt] π1) / am rechten Rand: 〈zur Psychopathol ogie〉 ; danach Text; Bl. 26: Text; Bl. 27: Praegnanz (Integration); danach Text; Bl. 28 leer; Bl. 29: “Praegnanz” [Blatt] γ1); danach Text; Bl. 30–34: Text; Bl. 35: Pra egnanz [Blatt] γ2); danach Text; Bl. 36: Text; Bl. 37–38 leer; Bl. 39: oben am rechten Rand: Auch zur ‘Psychop at hol ogie’ / P raegnanz [Blatt] γ3); danach Text; Bl. 40–42: Text; Bl. 43: Sy m b o l w [ e r t ] d [ e r ] s i n n l [ i ch e n ] Wa h r n e h m [ u n g ] – “Praegnanz”; danach Text; Bl. 44: Text; Bl. 45: leer, Konvolut umgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 2). 4) Bemerkung: Für den Abdruck wurde folgender stärker argumentierende und verallgemeinernde Teiltext vorangestellt: Symbolw[ert] d[er] sinnl[ichen] Wahrn e h m [ u n g ] – “ P ra e g n a n z ” (Bl. 43–44). Die übrigen Textteile des Konvoluts folgen in der vorgefundenen Reihenfolge der Ablage. c) Vortrag: Symbolproblem. Utrecht – März 1935. Ms. (GEN MSS 98, Box 51, Folder 1026, [Konvolut 62]) 1) Äußere Beschreibung: Papier: leicht bräunlich, gelblich; Format: Gesamtkonvolut besteht aus drei Teilkonvoluten und losen Blättern mit unterschiedlichen Papierformaten: [kleines] Konvolut umgreifender Bg. 18 cm × 21 cm (Bl. 1–5, Ms.-S. 1–4),
Editorische Hinweise
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[großes] Konvolut (Bl. 6–33, Ms.-S. 8–39) umgreifender Bg. 22,5 cm × 28,5 cm (Briefbogen Schloß-Hotel Karlsruhe i. B.), 2 Bg. (21 cm × 33 cm) zu Lagen (Bl.) gefaltet von 16,4 cm × 21 cm, ineinandergelegt, auf vier Seiten beschrieben, teilweise zu Bl. zerrissen, 4 Bl. aus Sonderdruck 16 cm × 21,5 cm, weitere 5 lose Bl. 16,5 cm × 21 cm (aus Konvolut 82, Box 37, Folder 710), [drittes] Konvolut (Bl. 34–37) umgreifender Bg. 21 cm × 29,5 cm, 1 Bg. (21 cm × 33 cm) zu 2 Lagen (à 16,5 cm × 21 cm) gefaltet, weitere 4 Bl. (16,5 cm × 21 cm) (darunter 3 Bl. aus Konvolut 82, Box 37, Folder 710); Wasserzeichen: auf [kleines] Konvolut umgreifenden Bg.: G. A. B. / SKRIVMASKINSPOST / 333; Tinte: schwarz, Ergänzungen und Korrekturen von Cassirers Hand teilweise in Bleistift, teilweise in Tinte; Paginierung: nicht durchgehend. 2) Datierung: Das Ms. ist von Cassirers Hand auf dem [das kleine] Konvolut umgreifenden Bg. datiert mit der Aufschrift: Utrecht – März 1935.3 Das Bl. 2 (Ms.-S. 1) und das eingelegte Bl. 29 trägt die Datierung von Cassirers Hand Z ü r i ch , 20. Februar 1932 bzw. 20/II [19]32: Zürich.4 Das Ms. dürfte damit Ende 1931 Anfang 1932 entstanden sein, das belegt auch der eingearbeitete Sonderdruck des Beitrages Die Sprache und der Aufbau der Gegenstandswelt, der 1932 im Bericht über den 12. Kongreß der deutschen Gesellschaft für Psychologie in Hamburg vom 12. bis 16. April 1931 (Jena 1932) erscheint. 1935 bedient sich Cassirer des Textes ein weiteres Mal für den Utrechter Vortrag, wie die Aufschrift belegt. 3) Inhalt: Das Gesamtkonvolut besteht aus 46 Bl., darunter 5 Bgn., konvolutumgreifend oder zu Lagen gefaltet, die Bl. sind in der Regel beidseitig beschrieben, Ms. des Vortrages trägt Paginierung: 1–4, 8–19, 19a, 39. Daneben liegen Bl. im Konvolut ohne oder mit anderer Numerierung, so z. B. die vier Bl. aus dem Konvolut 82: 2*, 8*–10*. Das Gesamtkonvolut, bestehend aus drei Teilkonvoluten und losen Blättern, befindet sich in einem braunen Umschlag (Bl. 1) mit dem Aufdruck: Göteborgs Högskola und mit der Aufschrift, nicht von Cassirers Hand: Das Symbolproblem / Utrecht März 1935. Bl. 2: [kleines] Konvolut umgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 5), Bl. 2r: Vortrag: Symbolproblem / — / Utrecht – März 1935); Bl. 3r (Ms.-S. 1): Vortrag: Symbolproblem / — / Züri ch , 20. Februar 1932; danach Text; Bl. 3v (Ms.-S. 2): Text; Bl. 4 (Ms.-S. 3–4): Text mit Streichung; Bl. 5 (zsh. mit Bl. 2): leer; Vgl. zur Reise nach Holland im März 1935 auch Ernst Cassirer an Hendrik Josephus Pos, 22. Januar 1935. In: Ernst Cassirer: Ausgewählter wissenschaftlicher Briefwechsel. Als Beilage: DVD-ROM mit sämtlichen bislang aufgefundenen Briefen von und an Ernst Cassirer. Hrsg. von John Michael Krois unter Mitarbeit von Marion Lauschke, Claus Rosenkranz und Marcel Simon-Gadhof. Hamburg 2009 (= ECB ECN 18). DVD. Brief Nr. 976. 4 Vgl. zur Reise nach Zürich im Februar 1932 auch Ernst Cassirer an Fritz Medicus, 4. Februar 1932. In: ECB. DVD. Brief Nr. 702. 3
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Bl. 6: [großes] Konvolut umgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 33): Notizen, nicht zum Ms. des Vortrages gehörend, Bl. 6r: Stellung des Formproblems in der modernen philos[ophischen] Anthropologie; danach Text; Bl. 6v: 2) Scheler; danach Text; Bl. 7 (Ms.-S. 8–9: Fortsetzung des Vortragstextes: 2. Ich beginne, ehe ich zur syste ma tis chen Untersuchung fortschreite, mit einer ant h ro p o l o g i s ch e n Vorfrage.; danach: Text; Bl. 8–12 (Ms.-S. 10–19): Text; Bl. 13 (Ms.-S. 19a, ursprünglich 2*), eingelegt, 13r: b) Theo re t[ische] Erke nntn is . Ari st otel es u[nd] Kant; danach Text; 13v: b) Wie hat sich dieser Ge dan ke im Aufbau der Wissenscha ft bewährt; danach Text; Bl. 14–15 (Ms.-S. 20–23) Fortsetzung des Textes von Bl. 12v (Ms.-S. 19); Bl. 16– 19: aus Sonderdruck Die Sprache und der Aufbau der Gegenstandswelt, Bl. 16r (S. 137): komplett gestrichen; Bl. 16v–19v (S. 138–143, Ms.-S. 24–29): gedruckter Text mit einzelnen Streichungen; Bl. 19v (S. 144): komplett gestrichen; Bl. 20–24 (Ms.-S. 30–39): handschriftlicher Text, Bl. 20r (Ms.-S. 30): // Nachdem ich in dieser Weise; danach Text; Bl. 20v (Ms.-S. 31): Streichung der oberen Hälfte des Textes; Bl. 24v (Ms.-S. 39): Text endet mit senkrechtem Pfeil auf die Ziffer (Seite?) 45; Bl. 25: [drittes] Konvolut umgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 28): Bl. 25r: 3 Grundrichtungen: die Welt des Es , des Ich und des Du ; danach Text; Bl. 25v: leer; Bl. 26–27: Fortsetzung und Schluß des Vortragsmanuskriptes, Bl. 26r: Ich muss damit, m[eine] D[amen] u[nd] H[erren], diese Betrachtungen, die ich Ihnen vorlegen wollte, beschliessen.; danach Text; Bl. 27r: Textende; Bl. 28 (zsh. mit Bl. 25): leer; Bl. 29: Aufschrift von Cassirers Hand in Blattmitte: Vortrag: Symbolproblem / / 20/II [19]32: Zürich; Bl. 30–32 (Ms.-S. 8*–10*) aus Konvolut 82 (Box 37, Folder 710), ohne Relevanz für das Ms., Bl. 32v: zwei Zeilen Text; Bl. 33 (zsh. mit Bl. 6): Bl. 6r: Briefkopfbogen: SCHLOSS-HOTEL KARLSRUHE i. B.; leer; Bl. 33v: Fortsetzung der Notizen auf Bl. 6v: 3) Kritik; danach Text; weitere Blätter mit Notizen im Gesamtkonvolut: Bl. 34r: Charakter der k ü n st l [ e r i s ch e n ] Fo r m ; danach Text; Bl. 34v: Text; Bl. 35, eingelegt: b) Z e i ch e n – Lessing – Herder; danach Text; Bl. 36: leer; Bl. 37: Fortsetzung von Bl. 34v: Text; Bl. 38–46: unverwendete Seiten aus dem Sonderdruck Cassirers: Die Sprache und der Aufbau der Gegenstandswelt. 4) Bemerkung: Das Ms. Vortrag: Symbolproblem wurde von Cassirer für zwei Vorträge verwendet, die er am 20. Februar 1932 in Zürich (Schweiz) und Mitte März 1935 in Utrecht (Niederlande) gehalten hat, ohne daß sich unterschiedliche Dispositionen oder spätere Zusätze im Züricher Vortrag eindeutig abgrenzen lassen. Das Konvolut enthält eine Reihe von Bgn. und Bl. ohne Relevanz für das Vortragsmanuskript. Das betrifft sowohl den Text ohne Bezug zum Ms., der sich auf dem das Konvolut umgreifenden Bg. befindet, als auch die drei Bl. 30–32 (Ms.-S. 8*–10*) aus dem Konvolut 82 (Ms. des 1924 in Berlin gehaltenen Vortrages Der Begriff der Form als Problem der Philosophie [Box 37, Folder 710]), die ins Vortragsmanuskript eingelegt sind, und von denen ein viertes Bl. 13 (Ms.-S. 2* bzw. 19a) offensichtlich in den Vortrag integriert ist. Zwei wei-
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tere Bgn. (Bl. 34–37) besitzen ebenso keine Relevanz für das Ms. des Vortrages wie die Bl. 38–46 aus dem eingelegten Sonderdruck, von dem die Bl. 16–19 (Ms.-S. 24–29) ins Ms. eingearbeitet sind. Ms.-S. 5–7 fehlen. d) Vom Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung. Ms. (GEN MSS 98, Box 51, Folder 1036, [Konvolut 161b]) 1) Äußere Beschreibung: Papier: leicht bräunlich, gelblich; Format: Konvolut umgreifende Bgn. à 21 cm × 33 cm und Bl. à 16,5 cm × 21 cm, Blattrand gefaltet 4,5 cm, einige Bl. – als Rückseiten von Typoskriptblättern – à 21 cm × 29,5 cm, Bl. teilweise beidseitig beschrieben, teilweise einseitig; Wasserzeichen: keine; Tinte: schwarz, Paginierung, Ergänzungen und Korrekturen von Cassirers Hand teilweise in Bleistift, teilweise in Tinte; Paginierung von Cassirers Hand. 2) Datierung: Das Ms. ist nicht datiert. Cassirer verweist im Ms. mehrfach auf seinen Artikel Le langage et la construction du monde des objets, der im April 1933 im Journal de Psychologie erschienen war. Außerdem verweist er auf seine Schrift Determinismus und Indeterminismus, die 1936 in der Göteborgs Högskolas Årsskrift veröffentlicht worden war. Der Briefwechsel Cassirers mit Elof Åkesson Anfang 1936 belegt den 4. Februar 1936 als Datum des Vortrages.5 Ein mit dem vorliegenden Ms. nicht identischer Beitrag The Influence of Language upon the Development of Scientific Thought erscheint 1942 im The Journal of Philosophy, S. 309–327. 3) Inhalt: Das Gesamtkonvolut besteht aus 46 Bl. bzw. 78 beschriebenen Ms.-Seiten. 1 Bg. (Bl. 1 und 46 [Ms.-S. 27–28]) umgreift das ganze Konvolut, d. h. die Bl. 2–45 (Ms.-S. 1–56). 1 Bg. (Bl. 17 [Ms.-S. 23–24] und 21 [Ms.-S. 1–2]) umgreift die Bl. 19–20 (Ms.-S. 23a–23d). 1 Bg. (Bl. 27 [Ms.-S. 29–30] und 45 [leer]) umgreift die Bl. 28–44 (Ms.-S. 31–56), einschließlich der Bl. (Ms.-S. 1 und 2 [groß]). Paginierung von Cassirers Hand 1–56, darunter 2 × 1 und 3 × 2, 2 × 5, 5a, 6a, 17a–17e, 23a–23d, 2 × 24, 24a, 26a–26c, 51a–51d. Folgende Seitenzahlen fehlen: 7–10. Bl. 1: das Gesamtkonvolut umgreifender Bg. (Bl. 1 und 46), mit Cassirers Aufschrift, unterstrichen: Vom Einfluss der Sprache auf / die naturwiss e n s ch a f t l i ch e B e g r i f fs b i l d u n g . / Bibl[iographie]: P l a n ck , Die Einheit des physik[alischen] Weltbildes / N i e t z s ch e , Menschl[iches] Allzum[enschliches] (Catal[og]); Bl. 2r (Ms.-S. 2): Aber die Erfüllung dieser Forderung; danach weiter Text; Bl. 2v (Ms.-S. 3): Text mit Streichungen und
Vgl. u. a. Elof Åkesson an Ernst Cassirer, 11. Januar 1936. In: ECB. DVD, Brief Nr. 1058. 5
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Ergänzung auf linkem Rand: In der Tat genügt, Text; Bl. 3r / v (Ms.-S. 4–5): Text mit Streichungen und Randbemerkungen (4 bzw. 3r), am Ende der Ms.S. 5 Verweis auf Ms.-S. 5a; Bl. 4 (Ms.-S. 5a): Text, am Ende der Ms.-S. 5a Verweis auf Ms.-S. 6; Bl. 5r (Ms.-S. 6): Text mit Streichungen, am Ende Hinweis: → 11, danach ergänzender Text mit Hinweis: → 6a verte!; Bl. 5v (Ms.-S. 6a): Text, am Ende Hinweis: → 12; Bl. 6r / v (Ms.-S. 11–12): Text; Bl. 7–8 (Ms.-S. 13–16): Text, am Ende von Bl. 8v beginnt Streichung, die sich auf Bl. 14r fortsetzt; Bl. 14r (Ms.-S. 17): Text mit Streichungen, Randbemerkung und am Ende Hinweis: → 17a–e; Bl. 9–13 (Ms.-S. 17a–17e) eingelegt, auf den Rückseiten befindet sich maschinengeschriebener, für das Ms. irrelevanter Text; Bl. 9r (Ms.-S. 17a): Text; Bl. 9v: Text auf dem Kopf, S. 48, E. E thik / Wenn wir uns nunmehr dem Gebiet der Ethik zuwenden; entsprechend Bl. 10r–13r: Text, auf Bl. 13r (M.-S. 17e) am Ende Hinweis: → Fuß[note] s[iehe] S. 21; Bl. 10v– 13v: Text auf dem Kopf, S. 49, 34, 37, 23; Bl. 14r / v (Ms.-S. 17 und 18), Bl. 14v (Ms.-S. 18): Text; Bl. 15–17 (Ms.-S. 19–24): Text, Bl. 16v (Ms.-S. 22): am Ende Fortsetzungszeichen und Hinweis: [Ms.-S.] 23; Bl. 17 (Ms.-S. 23) Text, am Ende beginnt Streichung, Fortsetzungszeichen und Hinweis: s[iehe] S. 23a; Bl. 17v (Ms.-S. 24): komplett ausgestrichen; Bl. 18r (Ms.-S. 2 3 a [groß]): Text, ersetzt die Textversion auf den Ms.-S. 23a, 2 3 b und 2 3 c [klein]; Bl. 18v: Rückseite mit maschinengeschriebenen, für das Ms. irrelevantem Text, S. 39; Bl. 19r (Ms.-S. 23a [klein]): Text, fallengelassen; Bl. 19v (Ms.-S. 23b [klein]): Text mit Streichung, fallengelassen; Bl. 20r (Ms.-S. 23c [klein]): Text, teilweise, bis auf letzte 4 Zeilen fallengelassen, Anschluß an Ms.-S. 2 3 a [groß]; Bl. 20v (Ms.S. 23d [klein]): Text, am Ende Hinweis: Forts[etzung] [S.] 24! [unleserliches Wort] Seite; Bl. 21r / v (Ms.-S. 1–2 [klein]): Text, S. 2 komplett ausgestrichen; Bl. 22r / v (Ms.-S. 24–24a): Text mit einzelnen Streichungen, am Ende von Ms.S. 24 Hinweis: → 24a, am Ende von Ms.-S. 24a Hinweis: → 25; Bl. 23r / v (Ms.-S. 25–26): Text mit einzelnen Streichungen, am Ende von Ms.-S. 26 Hinweis mit Einfügungszeichen: 26a–c; Bl. 24–26 (Ms.-S. 26a–26c) eingelegt: Text, Cassirers Paginierung in Bleistift, auf den Rückseiten (S. 164, 163, 162) befindet sich maschinengeschriebener, für das Ms. irrelevanter Text, am Ende von Ms.-S. 26c Hinweis: → 27; Bl. 27r / v (Ms.-S. 29–30): Text, am Rand Hinweis: I[ndividuum] u[nd] K[osmos]; Bl. 28–36 (Ms.-S. 31–46): Text mit einzelnen Streichungen, Bl. 31v (Ms.-S. 38): ergänzender Text auf linkem Rand, Bl. 33v (Ms.-S. 42): ergänzender Text auf linkem Rand; Bl. 36r / v (Ms.-S. 47–48): Text, Bl. 36r (S. 47): Hinweis am rechten Rand auf: Schrift Determ[inismus] u[nd] Indeterminismus [. . .] Erschienen in den Schriften der Hochschule Göteborg: Göteborgs Högskolas Årsskrift 1936: 3, Göteborg (Wettergren u[nd] Kerkors), 1937; Bl. 37r / v (Ms.-S. 49–50): Text; Bl. 38r / v (Ms.-S. 51–52): Text, Bl. 38r (Ms.-S. 51): am Ende Fortsetzungshinweis, doppelt unterstrichen: → s[iehe S.] 51a; Bl. 39r / v (Ms.-S. 1 [groß]) eingelegt, Text mit Randbemerkung links, Rückseite 5 (Bl. 39v): anderer, für das Ms. irrelevanter Text; Bl. 40r / v (Ms.-S. 2): Text, am Ende Fortsetzungshinweis: → S. 2 [klein], Rückseite 50 maschinengeschriebener, für das Ms. irrelevanter Text; Bl. 41–42 (Ms.-S. 51a– 51d): Text, Bl. 42v (Ms.-S. 51d): ergänzender Text auf linkem Rand und am Ende Fortsetzungshinweis: ← 52; Bl. 43r / v (Ms.-S. 53–54): Text; Bl. 44r / v
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(Ms.-S. 55–56): Text, Ms.-S. 56 nur 4 Zeilen, Seitenzahl 55 verbessert aus 52, Seitenzahl 55 gefolgt von: (– 4 ½); Bl. 45: leer; Bl. 46r / v (Ms.-S. 27–28) Text, am Rand Hinweis: I[ndividuum] u[nd] K[osmos]; 4) Bemerkung: Die festgestellte sachlich wahrscheinlichste Reihenfolge der Bl. (bzw. Ms.-S.) für den Abdruck: Bl. 1, 39–40 (Ms.-S. 1–2 [groß]), 2 (S. 2–3 [klein]), 3 (S. 4–5), 4 (S. 5a), 5 (S. 6–6a), 6–8 (S. 11–16), 14 (S. 17), 9–13 (S. 17a–17e), 16–17 (S. 21–23), 18 (S. 2 3 a ), 20 (23c–23d), 22 (S. 24–24a), 23 (S. 25–26), 24–26 (S. 26a–26c), 46 (S. 27–28), 27–38r (S. 29–51), 41–42 (S. 51–51d), 38v (S. 52), 43–44 (S. 53–56). e) [Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹] Ms. (GEN MSS 98, Box 52, Folders 1041–1042 [Konvolut 119]) 1) Äußere Beschreibung: Auf dem Ms. liegt ein brauner Briefumschlag mit der gedruckten Aufschrift Göteborgs Högskola, und der Aufschrift, nicht von Cassirers Hand: Vorarbeiten zur / Ausdrucksfunktion / Kulturphilosophie Vorl[esung] etc., mit rotem Kugelschreiber eingekreist: 119. Papier: gelblich, Konvolut umgreifender Bg. mit Löchern, abgerissenen Stellen, Wasserschäden; Format: Bg. (33 cm × 21 cm), zu Lagen gegliedert, mittig gefaltet zu 21 cm × 16,5 cm je Bl., auf Vorder- und Rückseite beschrieben, Rand gefaltet (4,5 cm); Wasserzeichen: keine; Tinte: hell- bis dunkelblau, schwarz, Ergänzungen und Korrekturen teils in Tinte, teils in Bleistift; Paginierung: keine. 2) Datierung: Der Text ist undatiert, enthält aber Verweise auf Schriften von Erwin Schrödinger (Quelques remarques), Ernst v. Aster (Philosophie der Gegenwart) und Karl Popper (Logik der Forschung) aus dem Jahr 1935 und ist vermutlich im Jahr 1936 entstanden, in dem Cassirer laut Briefwechsel mit Hans Reichenbach einen Beitrag über die Kritik der Wiener Schule für die Zeitschrift Erkenntnis vorbereitet.6 Teile des Textes könnten aber auch schon früher entstanden sein, da Cassirer Åke Petzäll im August 1933 gegenüber erwähnt, selbst gerade mit einer Auseinandersetzung mit den Schriften des ‘Wiener Kreises’ beschäftigt zu sein.7 Die dem Konvolut 119 beiliegenden Textteile Zur »Objektivität der Ausdrucksfunktion«, die Cassirer der
Vgl. Hans Reichenbach an Ernst Cassirer, 19. Januar 1936. In: ECB. DVD, Brief Nr. 1060; ders. an Ernst Cassirer, 27. August 1936. In: ECB, S. 150; Ernst Cassirer an Hans Reichenbach, 1. September 1936. In: ECB, S. 151; siehe dazu auch vorliegende Ausgabe, S. 340 f. 7 Vgl. Ernst Cassirer an Åke Petzäll, 5. August 1933. In: ECB, S. 133. 6
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1939/40 in Göteborg gehaltenen Vorlesung Probleme der Kulturphilosophie (siehe ECN 5, S. 29–104, 105–200) zuordnet, sind vermutlich 1937/38 entstanden (siehe ECN 5, S. 260). 3) Inhalt: a) Folder 1041: Bl. 1: Briefumschlag mit der gedruckten Aufschrift Göteborgs Högskola, und mit der Aufschrift, nicht von Cassirers Hand: Vorarbeiten zur / Ausdrucksfunktion / Kulturphilosophie Vorl[esung] etc., eingekreist: 119; Bl. 2: Gesamtkonvolut umgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 57) mit Cassirers Aufschrift: Vo rarb ei te n : / “Ausdr ucksfu nktion” / Kulturphilosophie (Vorles[ung] zur / Kulturphilos[ophie] / etc.); kleines Konvolut [Blätter] α 1–3), bestehend aus 4 Bgn., ineinander gelegt: Bl. 3r (zsh. mit Bl. 6): Au sdr ucks pha enomen ( Romantik), oben auf rechtem Rand: [Blatt] α 1, danach Text; Bl. 4r: Au s d r u ck s p h a e n o m e n (Fremd seelisches) / Fremdseelisches, oben auf rechtem Rand: [Blatt] α 2), danach Text, ergänzender Text vertikal auf rechtem Rand; Bl. 4v: 5 Zeilen Text; Bl. 5r: Ausdru cksphaenomen / Fremdpsychisches., oben auf rechtem Rand: [Blatt] α 3, danach Text; Bl. 5v–8v: Text; Bl. 9–10 leer; kleines Konvolut [Blätter] δ1, 3,1, 3,2, 4, bestehend aus 6 Bgn., ineinandergelegt: Bl. 11r: D a rst e l l u n g s f u n k t i o n , oben auf rechtem Rand: [Blatt] δ1, danach Text; Bl. 11v–12v: Text, Bl. 12v: 4 Zeilen Text; Bl. 13r: Darstell u n g s f u n k t i o n ( O b j e k t i v i t ä t ) , oben auf rechtem Rand: [Blatt] δ3,1; danach Text; Bl. 13v–16v: Text, auf Bl. 16v am Ende: → Forts[etzung] s[iehe] δ3,2; Bl. 17r: D a rst e l l u n g s f u n k t i o n ( O b j e k t i v i t ä t ) , oben auf rechtem Rand: [Blatt] δ3,2, danach Text; Bl. 17v–20v: Text, auf Bl. 19v: Näheres h[ie]rz[u] z. B. [Blätter] δ 2)[,] δ 4) u nd κ 1); Bl. 21r: Da rstellungsfunkti on . / Real i tätsp roblem (Wahr nehm ung) , oben auf rechtem Rand: [Blatt] δ4., danach Text; Bl. 22 leer; kleines Konvolut Notizen in Bleistift und schwarzer Tinte, 4 Bgn. umfassend: Bl. 23r: 1) Analogieschluss beweist zu wenig, danach Text; Bl. 23v: Text; Bl. 24r: st[e]h[en]gebl[ieben] S. 28 f./ 1) Fortschreit[ende] “Objektivi erung ” der Ausdrucksfunktion, danach Text; Bl. 24v: Text; Bl. 25r leer; Bl. 25v: Psy cho l[o gie] / a) Behavior[ismus], danach Text; Bl. 26r–27r: Text, auf Bl. 27r 2 Zeilen Text; Bl. 28r: Realitätskriterium des Wiener Kreises, danach Text; Bl. 28v–29r: Text; Bl. 30: Text, Fortsetzung von Bl. 23v; kleines Konvolut [Blätter] 1–2, 3 Bgn. umfassend: Bl. 31r: Ausdrucksfunkti on . / a) Konstitutiver Charakter der A[usdrucksfunktion], oben auf rechtem Rand: [Blatt] 1), danach Text; Bl. 31v–32v: Text; Bl. 33r: Anwendung auf die Ausdruck sfu nktion, oben auf rechtem Rand: [Blatt] 2), danach Text; Bl. 33v–36v: Text; die folgenden 10 Bgn., Bl. 37–56, bilden ein Konvolut mit 27 beschriebenen Ms.-Seiten unter dem Titel Zur “Objektiv[ität] der Ausdrucksfunktion” / Blatt X, auf dem Rand rechts oben der Hinweis: Obj[ektivität] Ausdr[uck] / X, das gemeinsam mit den Blättern I–IX in ECN 5 publiziert wurde.
Editorische Hinweise
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b) Folder 1042: Konvolut [Blätter] 4, 5,1, 5,2, bestehend aus 9 Bgn.: Bl. 1r: Fortsetzung von Bl. 38v (Folder 1042): Wir legen also den Nachdruck auf die FunktionsSeite, oben auf rechtem Rand: [Blatt] 4., danach Text; Bl. 1v: Zur E inführ u n g . , danach Text; Bl. 2–4: Text; Bl. 5–8 leer; Bl. 9r: Z u r “ Re l a t i v i t ä t de r Be zug ssyste me ”, oben auf rechtem Rand: [Blatt] 5,1., danach Text; Bl. 9v–12v: Text; Bl. 12v am Ende: → Forts[etzung] s[iehe] Bl[att] 5,2; Bl. 13r: Zur “Relativität der Bezugssysteme”, oben auf rechtem Rand: [Blatt] 5,2, danach Text; Bl. 13v–15v: Text; Bl. 16–18 leer; Konvolut [Blatt] 3, bestehend aus 10 Bgn.: Bl. 19r: Fortsetzung von Bl. 36 (Folder 1041): Aber dies Schattendasein kann nicht dauern., oben auf rechtem Rand: [Blatt] 3, danach Text, ergänzender Text vertikal auf rechtem Rand; Bl. 19v: Natur –, oben auf rechtem Rand: [Blatt] 4 offensichtlich irrelevante Angabe, danach Text, Ergänzungen auf linkem Rand; Bl. 20–32v: Text, Ergänzungen auf den Rändern; Bl. 33r: (Fortsetzung von Bl. 32v: ist Aufgabe der) Phi losophi e ., danach Text; Bl. 33v–38v: Text, Ergänzungen auf den Rändern; die folgenden Bl. 39–56 bilden die Blätter I–III des Textes Zur ‘Objektivität der Ausdrucksfunktion’, der sich in ECN 5 findet. 4) Bemerkung: Die Folders 1041–1042 enthalten neben den hier publizierten zwei Mss. den in ECN 5 abgedruckten Text Zur “Objektiv[ität] der Ausdrucksfunktion”, der aus zehn sogen. Blättern besteht. Folder 1043 enthält ausschließlich diese in ECN 5 veröffentlichen Blätter. In Abweichung von der Reihenfolge der im Konvolut 119 abgelegten Bl. finden sich die Bl. im vorliegenden Abdruck wie folgt geordnet: aus Folder 1041: Bl. 1–21, 23, 30, 24–27; aus Folder 1042: 1–18; aus Folder 1041: 28–29, 31– 36; aus Folder 1042: 19–38. Für den Teil [Ausdrucksfunktion und ›Wiener Kreis‹], vorliegende Ausgabe, S. 175–215, wurden die den Schluß bildenden Textteile Zur Einfüh run g (Folder 1042, Bl. 1–4) und Zur “Rela tiv itä t d e r B e z u g s s yst e m e ” (Folder 1042, Bl. 9–15) vorgezogen und vor den Textteil Realitätskriterium des Wiener Kreises (Folder 1041, Bl. 28–29) gesetzt, mit dem sie in einem sachlichen Zusammenhang stehen und den sie argumentativ einleiten. Beilagen f) Grundprobleme der Sprachphilosophie. Ms., Vorlesungsmitschrift von Willi Meyne (Kunsthistorisches Institut der Universität Hamburg, Warburg-Haus, Archiv 66) 1) Äußere Beschreibung: Das Ms. ist ein Schulheft mit 16 Bgn., gebunden mit Faden, Einband 1 Bg. (33 cm × 21 cm) aus Pappe, schwarz, vorn Aufkleber mit dem Titel: H a m b u r g , Sommer-Semester 1922. / Prof. Cassirer, Grundprobleme der
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Sprachphilosophie. – / Meyne, Moisburg. / I., und dem runden Stempel daneben: Universität Hamburg. Warburg-Archiv 66; Papier: unliniert, gelblich, mit vielen gelb-braunen Flecken, Vergilbungen; Format: ursprünglich 16 (2 × 8) Bgn. à 33 cm × 21 cm, davon 5 Bgn. halbiert zu 5 Bl., Ms. umfaßt die verbleibenden 11 Bgn. und die 5 Bl., also 27 Bl. (Heftseiten) à 16,5 cm × 21 cm, in der Regel beidseitig beschrieben; Tinte: Text in Bleistift; Paginierung: keine. 2) Datierung: Das Ms. ist datiert auf das Sommer-Semester 1922, außerdem sind die Mitschriften der einzelnen Vorlesungen datiert: beginnend am 2. 5. 1922 und endend am 27. 7. 1922. 3) Inhalt: Bl. 1r (zsh. mit Bl. 29): Heft einbindender Bg., auf Bl. 1r (Heftdeckel): H amburg, Sommer-Semester 1922. / Prof. [Ernst] Cassirer, Grundprobleme der Sprachphilosophie. – / [Willi] Meyne, Moisburg. / I., links daneben runder Stempel: Universität Hamburg. Warburg-Archiv 66; Bl. 2r: Ca ssirer, Grundprobleme der Sprachphilosophie., 2. 5. [19]22 / Entsteht bei Platon., Text; Bl. 2v leer; Bl. 3r: 8. 5. [19]22 / P ro b l e m d e s U rs p r u n g s der Sprach e. , Text; Bl. 3v: Text, 9. 5. [19]22 / Allgemeine Geschichte d[er] Sprachphilosophie., Text; Bl. 4r: Text, 11. 5. [19]22 / Herakliteischer Logosbegriff an der Grenze des Mythos., Text; Bl. 4v: Reaktion im griechischen Denken., Text, 12. 5. [19]22 / Platons Kratylos., Text; Bl. 5r: Text, 15. 5. [19]22. / Von der Sphäre der Begriffe verschieden, Text; Bl. 5v: Text; Bl. 6r: 16. 5. [19]22 / Durch Platon ein Begriff in die Philosophie, Text, / Gestaltung d es P rob l ems i n der neu eren Erkenntnislehre, Text; Bl. 6v: Text, 18. 5. [19]22. / Einer Einheitssprache muß eine methodische Gliederung der Erkenntnis überhaupt vorangehen., Text; Bl. 7r: Text, 19. 5. [19]22. / Ein neuer Strom von Subjektivität in die Sprache., Text; Bl. 7v: Text; Bl. 8r: Text, 22. 5. [19]22. / Die innere Sprachform in geisteswissenschaftl[lichem] Zusammenhang., Text; 8v: Text, 23. 5. [19]22. / Herders Begriff der Humanität u[nd] der Sprache in eins verschmolzen., Text; Bl. 9r: Text, 26. 5. [19]22. / [August Friedrich] Pott, Humboldt [und die Sprachwissenschaft], Text; Bl. 9v: Text; Bl. 10r: Text, 29. 5. [19]22. / Ende der geistigen Arbeit [ist] der Gegenstand der Erkenntnis., Text; Bl. 10v: Text, 30. 5. [19]22. / Von der Metaphysik des Spekulationismus z[ur] Metaph[ysik] des Monismus übergegangen., Text; Bl. 11r: Text; Bl. 11v: Text, 1. 6. [19]22. / [Berthold] Delbrück, Über das Wesen der Lautgesetze 1902., Text; Bl. 12r: Text, 12. 6. [19]22. / nachfolgend gestrichener Text Syst e m a t i s ch e r Te i l . ; Bl. 12v: Syst e m a t i s ch e r Te i l . , Text; Bl. 13r: Text, 13. 6. [19]22. / Die Kunst wird andere Seiten der Wirklichkeit, Text; Bl. 13v: Text, 15. 6. [19]22. / Die Erkenntnis kommt in der Analyse seiner selbst zu gewissen Formen, Text; Bl. 14r: Text, 16. 6. [19]22. / Die Sprache entfaltet dieses Element der Spontaneität., Text; Bl. 14v: Text, 19. 6. [19]22. / (Wie sind die Fakten der Sprachwissenschaft den Untersuchungen zugrunde zu legen?), Text; Bl. 15r: Text; Bl. 15v: Text, 20. 6. [19]22. /
Editorische Hinweise
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Durchgang durch Raum u[nd] Zeit von Sinnfälligem zur Vorstellung., Text; Bl. 16r: Text, 22. 6. [19]22. / Demonstrationspronomina gehören zu den Elementargedanken der Sprache., Text; Bl. 16v: Text; Bl. 17r: 23. 6. [19]22. / 3. Kasus in den verschiedenen Sprachen., Text; Bl. 17v: Text; Bl. 18r: 27. 6. [19]22. / Beziehung zwischen Raumvorstellungen u[nd] Pronomen., Text; Bl. 18v: Text, 29. 6. [19]22. / Manche Grammatike[r] des 18. J[ahr]h[un]d[ert]s meinten, Text; Bl. 19r: Text, 30. 6. [19]22. / Im voluntativen Modus liegt auch eine Zeitbestimmung., Text; Bl. 19v: Text, 3. 7. [19]22: / Zuordnungsmöglichkeit., Text; Bl. 20r: Text; Bl. 20v: Text, 6. 7. [19]22. / Darin unterste Stufe des Zählaktes enthalten., Text; Bl. 21r: Text, 7. 7. [19]22. / (In den Zahlen erfaßt der Geist die Dinge, Text; Bl. 21v: Text, 10. 7. [19]22. / Der Pluralbildung [ist] anzusehen, Text; Bl. 22r: Text; Bl. 22v: Text, 11. 7. [19]22. / v[on] d[er] Gab[e]lentz: Die Familie präsentiert Singular, Dual, Plural., Text; Bl. 23r: Text, 13. 7. [19]22. / Probl em der B egriffsbildung., Text; Bl. 23v: Text; Bl. 24r: Text, 14. 7. [19]22. / Die Allgemeinheit v[on] Qualitäten ist die erste Einheit aus dem Sinn., Text; Bl. 24v: Text, 17. 7. [19]22. / Jede sprachl[iche] Gestaltung der Begriffe, Text; Bl. 25r: Text, 18. 7. [19]22. / Osthoff, Vom Supplettivwesen der Germanensprachen., Text; Bl. 25v: Text; Bl. 26r: Text, 24. 7. [19]22. / Begriffsbildung nach den Klassen der Namen., Text; Bl. 26v: Text; Bl. 27r: Text, 25. 7. [19]22. / Das selbständige persönliche Handeln spielt hier eine / Rolle., Text; Bl. 27v: Text, 27. 7. [19]22. / Hier in der Form des beziehentlichen Denkens, Text; Bl. 28r: Text; Bl. 28v: Text; Bl. 29 (Heftrücken, zsh. mit Bl. 1) leer. 4) Bemerkung: Die gelegentlich falsche Schreibweise von Namen im Ms., wie Leipniz, Leibnitz statt Leibniz, Bruckmann statt Brugmann, Meinhoff statt Meinhof, Levy Bruhle statt Lévy-Bruhl, Noiret, Noiree statt Noiré etc. wurde stillschweigend korrigiert. g) Der Begriff der Form als Problem der Philosophie. (Berlin 20. III. 1924) Ms. (GEN MSS 98, Box 37, Folder 710 [Konvolut 82 (b)]) 1) Äußere Beschreibung: Papier: gelblich, verschmutzt bzw. vergilbt; Format: gefalteter, das Konvolut umgreifender Bg. 33 cm × 21 cm, trägt den Titel des Textes von Cassirers Hand: Der Begriff der Form als Problem der / Philosophie, 10 bzw. 14 Bl. (siehe 4) Bemerkung) im Format 16,5 cm × 21 cm, Rand gefaltet 4,5 cm, beidseitig beschrieben; Wasserzeichen: keine; Tinte: schwarz, Korrekturen ebenfalls in Tinte; Paginierung: 1–10, einschließlich 6a, 6b von Cassirers Hand, Seitenzahlen teilweise markiert mit Kreuzchen: 2*, 6*, 8*, 9*, 10*. 2) Datierung: Der Text ist datiert, auf dem vorderen Bl. des umgreifenden Bg. findet sich die Angabe von Cassirers Hand: Berlin 20. III. 1924. Die Einladung zum Vortrag
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des Herrn Professor Dr. Ernst C assirer / DER BEGRIFF DER FORM ALS PROBLEM DER PHILOSOPHIE nennt jedoch den 6. März 1924 als Termin.8 Cassirer hält den Vortrag auf Einladung des Zentralinstitutes für Erziehung und Unterricht und des Paul Cassirer Verlages in der Wohnung Paul Cassirers, Viktoriastraße 35. Allerdings scheinen die beiden eingelegten Bl. 7 und 8 (Ms.-S. 6a und 6b) später verfaßt worden zu sein, da sie sich ausführlich auf den Beitrag von Gelb und Goldstein Über Farbennamenamnesie beziehen, der 1925 in der Zeitschrift Psychologische Forschung (Bd. 6) erscheint und auf den Cassirer am 5. Januar 1925 in einem Brief an Goldstein ausdrücklich hinweist.9 Außerdem verweist Cassirer am linken Rand von Bl. 9v auf seinen Vortrag im Warburg-Haus Sprache und Mythos, der 1925 in den Studien der Bibliothek Warburg (Bd. 6) erscheint. 3) Inhalt: Bl. 1: Konvolut umgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 10), enthält auf Vorderseite zentriert die Aufschrift: D e r B e g r i f f d e r Fo r m a l s P ro b l e m d e r / P hilosoph i e / (Berlin 20. III. 1924); Bl. 2 (Ms.-S. 1): a) Stellung des Formproblems in der Philosophie der Gegenw[art], Text, auf Bl. 2v: b) T heo ret [i sch e] Er ke n nt nis ., Text; Bl. 3 (Ms.-S. 3): (Fortsetzung von Bl. 11v [Ms.S. 2*]: Aus dem Nachl ass von Heinrich Hertz wurde im Jahre 1894 ein Werk veröffent[licht], das den Titel “die) Prinzipien der Mechanik‹ trägt, Text; Bl. 4 (Ms.-S. 4): c) Aber ich wende mich zu dem z we i t e n H a u p t ge bi et , zur Form als werkbildender, als technischer Form, Text; Bl. 5 (Ms.-S. 5): Text; Bl. 6 (Ms.-S. 6*): d) Und damit gelangen wir denn zu unserer dritten Grund- und Hauptfrage: zur Frage nach dem Aufbau des Selbstb e w u s st s e i n s , des geistigen Bewusstseins, Text; Bl. 7 (Ms.-S. 6a) B e i spiel : Rolle der Sprache für den Aufbau, Text, Hinweis (Bl. 7r) auf: Gelb und Goldstein, Über Farbennamenamnesie / Psych[ologische] Forschung, Bd. VI, Text; Bl. 8 (Ms.-S. 6b): Text, Bl. 8v leer; Bl. 9 (Ms.-S. 7): e) Au s s e r h a l b dieser Weisung der Fo r m u n g giebt es für uns so wenig eine Bestimmtheit des objektiven, wie eine Bestimmtheit des subjektiven Seins, Text, auf linkem Rand (Bl. 9v) Hinweis: aus Spr[ache] u[nd] M[ythos]!, Text; Bl. 10 (zsh. mit Bl. 1): Bl. 10r ist leer, Bl. 10v: auf dem Kopf in Bleistift steht: mehrfach durchgestrichen Form und / mehrfach durchgestrichen und unterstrichen Te ch n i k / mehrfach unterstrichen S p ra ch e ; Bl. 11 (Ms.-S. 2*): b) T h e o re t [ i s ch e ] E r ke n n t n i s . A r i st o t e l e s u[nd] Ka n t , Text; Bl. 12 (Ms.-S. 8*): f) Hat man dies einmal erkannt, so begreift man, daß das philosophische Problem der Form eine andere Wendung erhalten muss –, Text; Bl. 13–14 (Ms.-S. 9*–10*): Text, auf Bl. 14v lediglich 2 Zeilen.
Vgl. Nachlaß: Wilhelm von Bode. “Cassirer, Paul” Signatur: 1207. Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin. Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 9 Vgl. Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 5. Januar 1925. In: ECB, S. 69–72, hier S. 70. 8
Editorische Hinweise
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4) Bemerkung: Die von Cassirers Hand numerierten Bl. 11–14 (Ms.-S. 2*, 8*, 9*, 10*) des Vortragstextes finden sich im Konvolut 62 (Box 51, Folder 1026). Bl. 11 (Ms.-S. 2*) wurde, umnumeriert zu Ms.-S. 19a, in dessen Text Vortrag: Symbolproblem. Utrecht – März 1935 eingelegt (siehe vorliegende Ausgabe, S. 324). Der Text Der Begriff der Form als Problem der Philosophie wird in folgender Reihenfolge der Bl. abgedruckt: Bl. 1, 2 (Ms.-S. 1), 11 (Ms.-S. 2*), 3–9 (Ms.-S. 3, 4, 5, 6*, 6a, 6b, 7*), 12–14 (Ms.-S. 8*, 9*, 10*), 10. h) [Über Sprache, Denken und Wahrnehmung] (GEN MSS 98, Box 48, Folder 956) 1) Äußere Beschreibung: Papier: Format: 8 Bgn. 33 cm × 21 cm, gefaltet und ineinandergelegt zu Bl. à 16,5 cm × 21 cm, 17 eingelegte lose Bl. 16,5 cm × 21 cm, Ränder gefaltet 4,5 cm; Tinte: schwarz, Korrekturen und Streichungen meist in Bleistift; Wasserzeichen: keine, Paginierung: durch Cassirers Hand, eingelegte Bl. tragen teilweise gestrichene ursprüngliche Seitenzahlen. Begrüßungs- bzw. Dankeswort: Papier: weiß-gräulich; Format: 1 kleiner Bg. 21 cm × 16,5cm, gefaltet zu 2 Bl. (38–39) à 10,5 cm × 16,5 cm, beidseitig beschrieben; Tinte: schwarz, Korrekturen in Bleistift; Wasserzeichen: keine; Paginierung: keine. 2) Datierung: Der Text ist nicht datiert. Die beigefügten 2 Bl. (38–39) einer Begrüßung bzw. eines Dankes auf Englisch machen jedoch klar, daß es sich bei dem Text um die Vorträge handelt, die Cassirer am 3. und 4. November 1927 am King’s College der University of London gehalten hat.10 Außerdem enthalten die Ms.-S. 30a/31 eine Anm. mit Hinweis auf die 1927 soeben veröffentlichte Schrift Cassirers Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance. 3) Inhalt: Ms. besteht aus 47 beschriebenen Seiten auf 8 (+1) gefalteten, ineinandergelegten Bgn. und 17 losen Bl.; Paginierung von Cassirers Hand, dabei ursprüngliche Seitenzahlen in Tinte auf Bl. 1–37 teilweise gestrichen und durch neue in Bleistift ersetzt, Ms.-Seiten 19–28 nicht vorhanden, Ablage im Konvolut von Seitenfolge teilweise abweichend, zum Abdruck gebrachte Seitenfolge: 1–15, 16 (547), 16a (548) eingelegt, 17–18, 29a (631), 30 (631a), 30a (632), 31 (633), 32–34 (635–737), 34a (638)–35, 36, 37 (681), 37a, 38–40 (684–686),
Vgl. dazu auch Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 4. November 1927. In: ECB, S. 104. 10
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40a (687)–41, 42 (694), 42a (694), 43–44 (696–697), 44a–45, 46–47, anschließend nicht paginierte Bl. 38–39. Bl. 1 (Ms.-S. 1–2), konvolutumgreifender Bg. (zsh. mit Bl. 37): 1. So lange es eine L o g i k und so lange es eine S p ra ch p h i l o s o p h i e giebt, Text; Bl. 2–8 (Ms.-S. 3–15): Text mit teilweise unklaren Streichungen, Bl. 8v leer; Bl. 9–10 (Ms.-S. 16 [547]–16a [548]): Text mit Streichungen; Bl. 11 (Ms.-S. 17– 18): Text mit Streichungen; Bl. 12 (Ms.-S. 29a [631]): Text mit Streichungen; Bl. 13 (Ms.-S. 30 [631a]): Text; Bl. 14 (Ms.-S. 30a [632]): Text mit Streichungen, Anm., fortgesetzt auf S. 31: Näheres hierüber s[iehe] jetzt in meiner Schrift Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance (Studien der Bibl[iothek] Warburg [Bd.] X) L[ei]pz[ig] 1927, S. 183 ff.; Bl. 15 (Ms.-S. 31 [633]): Text mit Streichungen; Bl. 16–18 (Ms.-S. 32–34 [635–737]): Text mit Streichungen; Bl. 19 (Ms.-S. 34a [638]–35): Text mit Streichungen; Bl. 20 (Ms.-S. 36): Text mit Streichungen; Bl. 21 (Ms.-S. 40a [687]): Text mit Streichungen; Bl. 22 (Ms.-S. 39 [685]):Text mit Streichungen; Bl. 23 (Ms.-S. 40 [686]): Text; Bl. 24 (Ms.-S. 38 [684]): Text mit Streichungen; Bl. 25 (Ms.-S. 37 [681]–37a): Text; Bl. 26–27 leer; Bl. 28r: Text offensichtlich mit Bezug zum Vortrag, letzte Zeile: hier nur Sprache: Wilh[elm] v[on] Humboldt s[iehe] Cit[at] S. 7; Bl. 29 leer; Bl. 30 (Ms.-S. 41): Text mit Streichungen; Bl. 31 (Ms.S. 42 [694]): Text; Bl. 32 (Ms.-S. 42a [694]): Text mit Streichungen; Bl. 33–34 (Ms.-S. 43–44 [696–697]): Text mit Streichungen; Bl. 35 (Ms.-S. 44a–45): Text; Bl. 36 (Ms.-S. 46–47): Text; Bl. 37: auf Bl. 37r oben erste Zeile als ursprüngliche Fortsetzung von Bl. 1v (Auch der abstrakteste Gedanke bedarf freilich der sinnlichen Zeichen: aber diese Bindung an das Zeichen ist nicht gleichbedeutend damit, daß er) gestrichen: ihm einmal gegeben worden sei, alles viel, Rest leer; Bl. 38–39: Text auf Englisch. 4) Bemerkung: Ein Problem bei der Edition dieses Vortragstextes bestand darin, daß der Text offensichtlich vielfältige umfangreiche Streichungen enthält, die, ausgeführt in dünnen Bleistiftstrichen, nicht immer klar erkennbar sind bzw. deren Anfang und Ende oft unklar bleiben. Ein anderes Problem, das für das Edieren abzuwägen war, resultiert aus der Tatsache, daß ca. die Hälfte des Textes aus dem Jahr 1927 wörtlich oder sinngemäß Passagen in Cassirers PsF III (S. 238–243, 245, 247–249, 252 f., 259 f., 285–289, 306, 310–313, 315–320) entsprechen. Der sachliche Zusammenhang des Textes mit dem Züricher – bzw. Utrechter – Vortrag Das Symbolproblem (1932/35) hat jedoch einen Abdruck als sinnvoll erscheinen lassen.
Editorische Hinweise
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4. Zur Entstehung der Textzeugen a) Praesentation und Repraesentation. Ms. (GEN MSS 98, Box 23, Folder 425 [Konvolut 104]). Dieses Ms. (wie auch Text b)) entsteht höchstwahrscheinlich 1926/27 im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Bd. 3 der PsF,11 Teile des Textes entstehen evtl. schon 1925. Dieser Bd. 3 ist, auch wenn das Kapitel über die Mathematik schon vor dem Herbst 1927 vorliegt,12 erst zu Ende des Jahres 1927 abgeschlossen und seine Veröffentlichung (1929) zögert sich hinaus.13 Im Juli 1929, als Cassirer dies mitteilt, ist er mit der Korrektur des vorliegenden Bandes – d. h. PsF III – beschäftigt.14 Der Band PsF III, der erst die eigentliche systematische Begründung und [. . .] eine Art von systematischem Abschluß für die Untersuchungen des Symbolproblems geben soll,15 kehrt [gewissermaßen – der Hrsg.] zu den Untersuchungen zurück, mit denen [er, Cassirer – der Hrsg.] vor zwei Jahrzehnten [seine – der Hrsg.] systematische philosophische Arbeit begonnen [hat – der Hrsg.].16 Vorstudien und Vorarbeiten zur PsF bzw. einen Plan für die drei Bände des Werks erarbeitet Cassirer aber bereits 1917/18.17 Das vorliegende Ms. gehört allerdings nicht in die von Arno Schubbach ausgewertete umfangreiche Sammlung von Notizen, Entwürfen und Exzerpten, die sich als eine durchnumerierte Folge von Blättern rekonstruieren [lassen – der Hrsg.], die in den Jahren 1917 und 1918 entstanden und von Cassirers eigener Hand als »Material und Vorarbeiten zur ›Philosophie des Symbolischen‹« betitelt sind.18 Auch wenn Cassirer die Bezeichnung Blätter oder Zettel für seine thematisch geordneten Vorarbeiten und Materialsammlungen, die den für die Veröffentli-
Auch wenn Text a) – wie auch Text b) – in Box 23 abgelegt ist bzw. aufbewahrt wird, die insbesondere ab Folder 429 Vorarbeiten zum Band PsF I: Die Sprache enthält, bezieht er sich auf PsF III. Siehe dazu nachfolgende Anm. 18. 12 Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 469 Anm. 1; siehe auch ders.: ECW 13, S. 466 Anm. 158. 13 Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. IX; siehe auch ders.: ECW 13, S. XI. 14 Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 469 Anm. 1; siehe auch ders.: ECW 13 S. 466 Anm. 158. 15 Vgl. Ernst Cassirer an Edmund Husserl, 10. April 1925. In: ECB, S. 87. 16 Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. V; siehe auch ders.: ECW 13, S. VII. 17 Vgl. Arno Schubbach: Die Form der Zettel. Ernst Cassirers Vorarbeiten zur »Philosophie des Symbolischen«. In: Christoph Hoffmann (Hrsg.): Daten sichern. Zürich / Berlin 2008, S. 103–128, hier S. 106 f. 18 Vgl. ebd., S. 107, 109 f. Die research notes zur Philosophie der symb oli sche n Formen wurden bei der Erfassung des Nachlasses den einzelnen Bänden zugeordent und befinden sich in Box 23, Folder 424 – Box 24, Folder 447 (Band 1); Box 26, Folder 491 – Box 26, Folder 501 (Band 2) und Box 28, Folder 538 – Box 29, Folder 548 (Band 3), Bei necke Rare Book an d M a nuscrip t L ibrary, Yale University, Ernst Cassirer Papers, GEN MSS 98. – Vgl. ebd., S. 109 Anm. 21. 11
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chung verfaßten Texten vorausgehen, beibehält, so werden doch viele der in den beiden Mss. a) und b) analysierten und kommentierten Schriften (Binswanger, Russell, Koffka, Gelb, Goldstein, Delacroix, Werner, Head) erst in den Jahren nach 1918 bis 1926 veröffentlicht. Der Text a) befaßt sich mit dem Begriff symbolische Prägnanz, wobei der Begriff des Symbolwerts mehrfach an prominenter Stelle auftritt, der auch in PsF III einmal vorkommt, und zwar im Kapitel Symbolische Prägnanz.19 Diese Tatsache erscheint insofern als relevant, weil sie nahelegt, daß es sich bei Text a), der vor allem phänomenologische Werke (Husserl, Binswanger, Cornelius), Schriften Russells und entwicklungspsychologische Literatur (Koffka, Stern) heranzieht, um den Entwurf für ein PsF III zugedachtes, jedoch nicht mehr publiziertes Kapitel über den Symbolwert der sinnlichen Wahrnehmung handelt.20 Auch die Tatsache, daß Cassirer den Begriff symbolische Ideation in einem Teiltext als Überschrift verwendet,21 unterstreicht den zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Druckmanuskriptes von PsF III, da er in anderen Schriften nicht vorkommt. Gleichzeitig belegt u. a. der Tatbestand, daß im Text a) ausführlich zitierte, kommentierte und kritisierte Autoren wie Schapp, Cornelius oder insbesondere Koffka in PsF III nur ein, zwei mal erwähnt und zitiert werden, die relative Eigenständigkeit von Text a). b) Praegnanz, symbolische Ideation. Ms. (GEN MSS 98, Box 23, Folder 424 [Konvolut 104]). Dieses Ms. (wie auch Text a)) entsteht aller Wahrscheinlichkeit nach 1926/27 im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Band 3 der PsF (siehe oben). Teile des Textes b) könnten aber auch bereits 1925 entstanden sein, hebt doch Cassirer in einem Brief vom 7. Januar 1925 an Kurt Goldstein hervor, daß er jetzt in den Vorarbeiten zum 3ten Band der Phil[osophie] d[er] symb[olischen] F[ormen] stehe[,] und daß ihn das Problem der “kategorialen Formung” der einzelnen Wahrnehmungsgebiete u[nd] sein Zusammenhang mit der Sprache beschäftigt. Hier würde ich gewiss aus der medizinischen Litteratur noch manches lernen können u[nd] wäre Dir sehr dankbar, wenn Du mir einige Hinweise geben könntest.22 Wenige Wochen später wendet er sich erneut an Goldstein: Ich habe nun versucht, mich etwas weiter in die Litteratur über Aphasie einzuarbeiten, wobei mir Deine zusammenfassende Darstellung im 2[.] Bd. des Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 223; siehe auch ECW 13, S. 219. Im 1. Bd. (1923) gebraucht ihn Cassirer ebenfalls ein mal: vgl. ders.: PsF I, S. 139; ders.: ECW 11, S. 140. 20 Z u C a p . I . Sy m b o l we r t d e r s i n n l [ i ch e n ] Wa h r n e h m u n g . – Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 7; siehe dazu auch die Mss. in Box 23, Folders 426, 430, 432; Box 28, Folder 543; Box 29, Folder 527. 21 Sy m b o l f u n k t i o n ( s y m b o l [ i s ch e ] I d e a t i o n ) (Allgem[eines]) – Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 22. 22 Vgl. Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 7. Januar 1925. In: ECB, S. 73. 19
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Oppenheim sehr förderlich gewesen ist.23 Der Hinweis auf Goldsteins zusammenfassende Darstellung in Hermann Oppenheims Lehrbuch der Nervenkrankheiten findet sich ebenso in Text b) (Ms.-S. 25r) wie andere vielfache Verweise auf Aphasie-Schriften Goldsteins und Adhémar Gelbs.24 Auch von ka tego riale [r] Formung ist mehrfach die Rede (Ms.-S. 35v).25 Das Ms. b) enthält Vorarbeiten, Erklärungen und Vertiefungen des zentralen Begriffs der Cassirerschen Symboltheorie symbolische Prägnanz. Die Ausführungen, die insbesondere Bezug nehmen auf phänomenologische Schriften (Husserl, Meinong, Schapp, Linke) und auf Henri Delacroix, gehen über die zu diesem Thema im gleichnamigen Kapitel in PsF III zum Abdruck gebrachten teilweise hinaus bzw. berühren neue Aspekte.26 Außerdem belegt der im Text b) mehrfach, in Überschriften wie im Text, benutzte Terminus symbolische Ideation, daß es sich um eine Ausarbeitung für den Bd. 3 der PsF handelt, kehrt doch der Begriff hier im Kapitel Ding und Eigenschaft, und ausschließlich hier, im selben thematischen Kontext und in der selben Bedeutung wieder.27 Aber auch die Diskussion des Begriffs symbolische Ideation findet sich bereits Anfang 1925 in einem Brief an Goldstein, in dem Cassirer das Transponieren und Transformieren des mit Hülfe [. . .] kinaesthetischer Empfindungen geschaffenen bestimmten “Hintergrund[es]” einen Akt “symbolischer Ideation” nennt, den der Aphasiekranke nicht mehr zu vollziehen vermag, weshalb er sich nicht zur freien “Vergegenwärtigung” eines nicht-Gegebenen zu erheben vermag.28 Die Tatsache, daß die Funktion der “symbolischen Ideation” bereits im März 1925 nicht nur die Überlegungen Cassirers zum Thema Pathologie des Symbolbewußtseins (Gelb, Goldstein), dem im 3. Bd. der PsF ein Kapitel im 2. Teil gewidmet ist, beherrscht, sondern auch in Text b) präsent ist, erhärtet die Annahme, daß zumindest Teile des Ms. schon 1925 entstehen.
Vgl. Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 26. Februar 1925. In: ECB, S. 75. Das Thema der Aphasiekranken und der Pathologie des Symbolbewußtseins tritt bereits 1923/24 in das Blickfeld Cassirers, wobei dies neben seinem Vetter Goldstein auch die Bekanntschaft mit den behandelnden Ärzten Aby Warburgs, Binswanger und van Empden, befördert hat. (Vgl. Ludwig Binswanger an Ernst Cassirer, 20. Juni 1923. In: ECB, S. 60; Ernst Cassirer an Ludwig Binswanger, 20. April 1924. In: ebd., S. 68; Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 5. Januar 1925. In: ebd., S. 69–72.) Und im Januar / Februar 1925 beginnt er sein intensives systematisches Studium der Schriften Goldsteins und Gelbs zur Aphasie, da diese seine Arbeiten zur spezifische[n] Bedeutung der Symbolfunktion für den Aufbau der Erkenntnis, insbesondere für den Aufbau der Wahrnehmungswelt, entscheidend erhärten. – Vgl. Ernst Cassirer an Ludwig Binswanger, 11. März 1925. In: ECB, S. 78. 24 Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 69. 25 Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 75–82. 26 Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 221–236; siehe auch ders.: ECW 13, S. 218–233. 27 Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 66 f., und siehe Ernst Cassirer: PsF III, S. 155; ders.: ECW 13, S. 150. 28 Vgl. Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 24. März 1925. In: ECB, S. 81. 23
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c) Vortrag: Symbolproblem. Utrecht – März 1935. Ms. (GEN MSS 98, Box 51, Folder 1026, [Konvolut 62]) Der Text dürfte Ende 1931 Anfang 1932 entstanden sein, was auch die eingelegten Seiten zur Entwicklungspsychologie und zur Farbennamenamnesie aus dem Sonderdruck des Beitrages Die Sprache und der Aufbau der Gegenstandswelt (1932) belegen, der 1931 auf dem 12. Kongreß der deutschen Gesellschaft für Psychologie (Hamburg, 12. bis 16. April 1931) vorgetragen worden war. Die im Ms. gestrichene Bemerkung über die Nähe der Zentuarfeier von Goethes Tode29 meint die kurz bevorstehende, am 22. März 1932 begangene weltweite Feier zum 100. Todestag Goethes, was dafür spricht, daß Cassirer das vorliegende Ms. am 20/II 1932 in Zürich gehalten hat,30 bevor er zwei Tage später auf Einladung der Baseler Studentenschaft in Basel vorträgt.31 Der Vortrag am Sonnabend 20/II [1932] in Zürich [ist ebenfalls – der Hrsg.] auf Einladung der dortigen Studentenschaft zustande gekommen.32 Einen Tag zuvor, am 19. Februar 1932, hatte Cassirer in Freiburg i. Br., auf Einladung Martin Heideggers, innerhalb einer von der Akademisch-Literarischen Gesellschaft organisierten Vorlesungsreihe eine Zusammenfassung des späteren Essays Das Problem Jean-Jacques Rousseau vorgetragen.33 Den Rousseau-Vortrag wiederholt er am 27. Februar 1932 vor der Société de Philosophie in Paris, nachdem er vorher bereits zwei Goethevorträge im Institut d’Études Germaniques gehalten hatte.34 Im März 1935 unternimmt Cassirer eine Vortragsreise nach Den Haag, Amsterdam und Utrecht. Zu den Vorträgen in Amsterdam wird er von dem Phänomenologen Hendrik J. Pos eingeladen.35 Als er Anfang März dessen Einladung annimmt, teilt Cassirer Pos mit: Ich beginne meine Vorträge am Mittwoch (13. III [1935]) in Haag und denke am Donnerstag Vormittag nach Amsterdam zu kommen, um dort bis Freitag Mittag zu bleiben.36 Für den sich offenbar nach dem 15. März in Utrecht anschließenden Vortrag: Symbolproblem bedient sich Cassirer des Textes von 1932 ein weiteres Mal. Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 100. Thomas Meyer spricht in seiner Cassirer-Biographie von einem Vortrag am 20. Februar 1932 über den Beg riff und da s Pro blem des Sy mbols. – Vgl. Thomas Meyer: Ernst Cassirer. 2. Aufl. Hamburg 2007, S. 204. 31 Vgl. Ernst Cassirer an Paul Häberlin, 11. Februar 1932. In: ECB. DVD, Brief Nr. 704. 32 Vgl. Ernst Cassirer an Fritz Medicus, 4. Februar 1932. In: ECB. DVD, Brief Nr. 702. 33 Vgl. Thomas Meyer: Ernst Cassirer, S. 173 f. 34 Vgl. Toni Cassirer: Mein Leben mit Ernst Cassirer. Hamburg 2003, S. 191, 192 f.; siehe auch Thomas Meyer: Ernst Cassirer, S. 204. 35 Vgl. Ernst Cassirer an Hendrik Josephus Pos, 22. Januar 1935. In: ECB. DVD, Brief Nr. 976. 36 Vgl. Ernst Cassirer an Hendrik Josephus Pos, 2. März 1935. In: ECB. DVD, Brief Nr. 990. 29
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Text c) Symbolproblem ist nicht identisch mit dem 1941/42 an der Yale University, New Haven, entstandenen Text Symbolproblem (Vorlesung – Disposition) (Box 51, Folder 1025), der in ECN 7 abgedruckt wird. d) Vom Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung. Ms. (GEN MSS 98, Box 51, Folder 1036, [Konvolut 161b]) Im Oktober 1935 fragt Elof Åkesson, Philosophie-Professor in Lund (Schweden) und Vorsitzender des Philosophischen Vereins, bei Cassirer an, ob er im Verein einen Vortrag nach freier Themenwahl halten würde.37 Nach einigen Schwierigkeiten, einen passenden Termin zu finden, was zur Verschiebung des ursprünglich für November 1935 ins Auge gefaßten Besuchs in Lund führt, sagt Cassirer Anfang Januar 1936 einen Vortrag zum Thema Di e Funktion der S prach e im Auf bau d er n at urwi ssenschaftli chen Erkenntnis für den 4. Februar zu.38 Er hält den Vortrag dann auch am 4. Februar 1936, 19.30 Uhr, vor dem Lunder Philosophischen Verein (Filosofika Föreningen). Bei Text d) handelt es sich wahrscheinlich um eine Überarbeitung dieses Vortrags, fügte Cassirer doch auf der Ms.-S. 47 einen Hinweis auf seine Schrift über Determinismus und Indeterminismus von 1936 ein und notierte das Jahr des Drucks (1937).39 In einem Brief an Åke Petzäll vom 5. Oktober 1939 berichtet Cassirer, daß sein Ms. Vom Einfluss der Sprache auf die Entwicklung des naturwissenschaftlichen Denkens, verfaßt für die Londoner Tagung des Institut international de collaboration philosophique, die nicht stattfinden konnte, heimatlos geworden sei.40 Das in Schweden verbliebene ungedruckte Ms., das Cassirer der Sprachphilosophie zurechnet,41 ist nicht identisch mit dem 1942 auf Englisch publizierten Aufsatz The Influence of Language upon the Development of Scientific Thought,42 es ist vielmehr um etwa ein Drittel umfangreicher, zitiert z. T. andere Literatur (Planck, Gilson, Russell, Helmholtz, Hertz, Newton, Thomson, Black, Bohr, Heisenberg, Born) und geht näher auf deren Ursprünge in der griechischen Philosophie (Heraklit, Platon, Aristoteles) ein. Vgl. Elof Åkesson an Ernst Cassirer, 24. Oktober 1935. In: ECB. DVD, Brief Nr. 1039. 38 Vgl. Ernst Cassirer an Elof Åkesson, 7. Januar 1936. In: ECB. DVD, Brief Nr. 1056. 39 Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 142. 40 Das Ms. meines für die Londoner Tagung bestimmten Aufsatzes ›Vom Einfluss der Sprache auf die Entwicklung des naturwissenschaftlichen Denkens‹ ist nun gleichfalls heimatlos geworden. Wenn Sie es für die ›Theoria‹ brauchen können, steht es zu Ihrer Verfügung. – Vgl. Ernst Cassirer an Åke Petzäll, 5. Oktober 1939. In: ECB, S. 207. 41 Vgl. ebd., S. 207. 42 Vgl. Ernst Cassirer: The Influence of Language upon the Development of Scientific Thought. In: The Journal of Philosophy 39 Nr. 12 (June 4, 1942), S. 309– 327; siehe auch ders.: ECW 24, S. 115–134. 37
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e) [Ausdrucksphänomen und ‘Wiener Kreis’] Ms. (GEN MSS 98, Box 52, Folders 1041–1042 [Konvolut 119]) Der Text e) entsteht vermutlich in den Jahren 1935/36 als Vorarbeit eines Beitrages für die Zeitschrift Erkenntnis. Annalen der Philosophie, den Cassirer aber nie zum Abschluß bringt,43 Teile des Texten könnten aber auch schon früher entstanden sein, da Cassirer Åke Petzäll im August 1933 gegenüber erwähnt, selbst gerade mit einer Auseinandersetzung mit den Schriften des ‘Wiener Kreises’ beschäftigt zu sein und im Juli, bei seinem letzten Aufenthalt in Wien, mit Karl Popper bereits beiderseits interessierende Fragen diskutiert zu haben.44 Allerdings erinnern viele der Stellen, an denen Cassirer sich zu Moritz Schlick und dessen Philosophie äußert, stark an die umfangreiche Besprechung von Schlicks 2. Aufl. der Allgemeinen Erkenntnislehre (1925) im 1927 erschienenen Beitrag »Erkenntnistheorie nebst den Grenzfragen der Logik und Denkpsychologie«.45 Seit 1930, als Cassirer von Hans Reichenbach die erste Nummer der von ihm und Rudolf Carnap herausgegebenen Zeitschrift Erkenntnis, dem »Organ« des Wiener Kreises, erhielt, hatte dieser Cassirer um einen Beitrag für die Zeitschrift gebeten.46 Ende 1935 / Anfang 1936 scheint sich die Absicht Cassirers, in einem Beitrag auch auf den Wiener Positivismus eingehen [zu] wollen, zu konkretisieren, wobei er sich insbesondere mit den Positionen Schlicks auseinanderzusetzen gedachte, was Reichenbach offenbar gelegen kam.47 Selbstverständlich, so Reichenbach am 19. Januar 1936 an Cassirer, stehe ihm dafür die Erkenntnis gern zur Verfügung.48 Ende August fragt er, der selbst gerade eine ziemlich ablehnende Kritik des Positivismus in der Wittgenstein-Schlickschen Form verfaßt, in einem Brief an Cassirer nach der Kritik der Wiener Schule, die Sie mir für die Erkenntnis in Aussicht gestellt hatten.49 Cassirer erwidert am 1. September 1936, daß seine Absicht einer Auseinandersetzung mit dem ‘Wiener Kreis’ in der ‘Erkenntnis’ durch Schlicks jähen Tod [am 22. Juni 1936 – der Hrsg.] einigermaßen ins Wanken geraten sei, da es ihm vor allem auf eine theoretische Vgl. John M. Krois: Ernst Cassirer und der Wiener Kreis. In: Friedrich Stadler (Hrsg.): Elemente moderner Wissenschaftstheorie. Zur Interaktion von Philosophie, Geschichte und Theorie der Wissenschaften. (Bd. 8 der Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis) Wien / New York 2000, S. 105–121. 44 Vgl. Ernst Cassirer an Åke Petzäll, 5. August 1933. In: ECB, S. 133. 45 Vgl. Ernst Cassirer: Erkenntnistheorie nebst den Grenzfragen der Logik und Denkpsychologie. (1927) In: ECW 17, S. 13–82. 46 Vgl. Hans Reichenbach an Ernst Cassirer, 30. September 1936. In: ECB. DVD, Brief Nr. 638. 47 Sehr wertvoll wäre es mir, wenn Sie dabei meine eigenen Arbeiten von denen des Wiener Kreises deutlich trennen würden. – Vgl. Hans Reichenbach an Ernst Cassirer, 19. Januar 1936. In: ECB. DVD, Brief Nr. 1060. 48 Vgl. Hans Reichenbach an Ernst Cassirer, 19. Januar 1936. In: ECB. DVD, Brief Nr. 1060. 49 Vgl. Hans Reichenbach an Ernst Cassirer, 27. August 1936. In: ECB, S. 150. 43
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Diskussion mit seinen Grundgedanken angekommen sei, für die ihm nun der innere Antrieb fehle. Cassirer fügt aber hinzu, daß, wenn Reichenbach trotzdem daran gelegen sei, den Aufsatz zu erhalten, er sich dann vielleicht doch zur Niederschrift entschließe, da das Ganze im Kopf so ziemlich fertig ist.50 Reichenbach fragt deshalb am 10. März 1937 noch einmal nach der versprochenen Kritik der Auffassungen des Wiener Kreises, die er weiterhin bereit sei, in der Erkenntnis zu bringen.51 In seiner Antwort geht Cassirer am 20. März schon nicht mehr auf diesen Aufsatz ein.52 Die Tatsache, daß das Konvolut 119 vermutlich 1937/38 entstandene Textteile (Zur »Objektivität der Ausdrucksfunktion« I–X) enthält (siehe ECN 5, S. 260), die Cassirer der 1939/40 in Göteborg gehaltenen Vorlesung Probleme der Kulturphilosophie (siehe ECN 5, S. 29–104, 105–200) zuordnet, lassen darauf schließen, daß der Text e) auch eine Vorarbeit für diese zehn Blätter zum Problem der »Objektivität der Ausdrucksfunktion« darstellt. Er wird somit 1939 zur Vorbereitung der Vorlesung über Kulturphilosophie, die ebenfalls – wie auch die Blätter – eine Auseinandersetzung mit der Schule des Wiener Kreises führt,53 herangezogen. Beilagen f) Grundprobleme der Sprachphilosophie. Ms., Vorlesungsmitschrift von Willi Meyne (Kunsthistorisches Institut der Universität Hamburg, Warburg-Haus, Archiv 66) Der spätere Kunsthistoriker Willi Meyne studiert in den 20er Jahren bei Erwin Panofsky, seit 1926 Ordinarius für Kunstgeschichte, am Kunsthistorischen Seminar der Hamburgischen Universität und verfaßt die [fünf – der Hrsg.] einzig bisher bekannten Mitschriften der Hamburger Panofsky-Vorlesungen.54 Im Sommersemester 1922, zwischen dem 2. Mai und dem 27. Juli, hört er Cassirers Vorlesung über Grundprobleme der Sprachphilosophie an der Hamburgischen Universität und fertigt die vorliegende Vorlesungsmitschrift an. Dies ist die derzeit einzig bekannte Mitschrift einer Vorlesung Cassirers. Der Volksschullehrer aus Moisburg in der Nordheide, der im April 1922 den Männer-Turn-Verein Vgl. Ernst Cassirer an Hans Reichenbach, 1. September 1936. In: ECB, S. 151. Und fügt hinzu: Freilich werden Sie kaum jemand finden, der Ihnen im Sinne einer Verteidigung der Schlickschen Auffassungen antworten wird; denn mit Schlick ist wohl der letzte aktive Vertreter des Wiener Kreises dahingegangen. – Vgl. Hans Reichenbach an Ernst Cassirer. In: ECB, S. 157. 52 Vgl. Ernst Cassirer an Hans Reichenbach, 20. März 1937. In: ECB, S. 163. 53 Vgl. Ernst Cassirer: Probleme der Kulturphilosophie. In: ECN 5, S. 72 ff., 82 ff., 146, 178. 54 Vgl. Ulrike Wendland: Arkadien in Hamburg. Studierende und Lehrende am Kunsthistorischen Seminar der Hamburgischen Universität. In: Erwin Panofsky. Beiträge des Symposions Hamburg 1992. Hrsg. von Bruno Reudenbach [und Heinz Abels]. Berlin 1994, S. 15–29, hier: S. 22. 50 51
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Moisburg mitbegründet, war über die „Kleine Matrikel“, d. h. ohne Abitur, zum Studium gelangt. Im Unterschied zu vielen Mitstudenten verkehrt er nicht in der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg. Panofsky betreut auch seine 1930 angenommene Dissertation über die Werke der Holzplastik im Bezirk Stade bis 1530.55 g) Der Begriff der Form als Problem der Philosophie. (Berlin 20. III. 1924) Ms. (GEN MSS 98, Box 37, Folder 710 [Konvolut 82 (b)]) Anlaß der Ausarbeitung von Text g) ist die Einladung zu einem Vortrag durch das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht (Berlin) und den Paul Cassirer Verlag. Der Vortrag findet – am 6. oder 20. März 1924 – in der Berliner Wohnung Paul Cassirers, eines Vetters von Ernst Cassirer, in der Viktoriastraße 35 statt.56 Dabei handelt es sich offensichtlich um eine Vortragsreihe, spricht doch Cassirer bei der Eingrenzung seines Themas davon, daß vor allem die künstlerischen Probleme . . . hier von anderer u[nd] von berufenerer Seite in den nächsten Vorträgen behandelt werden sollen.57 Anfang 1924 sitzt Cassirer zudem an der Umarbeitung seines Warburg-Vortrages über »Sprache und Mythos« zu einer selbständige[n], ziemlich umfangreiche[n] Studie,58 auf die er am linken Rand der Ms.-S. 9v verweist59 und die 1925 in den Studien der Bibliothek Warburg (Bd. 6) erscheint. Allerdings scheinen die beiden eingelegten Bl. 6a und 6b später als Februar / März 1925 verfaßt worden zu sein, da sie sich ausführlich auf den Beitrag von Adhémar Gelb und Kurt Goldstein Über Farbennamenamnesie beziehen, der 1925 in der Zeitschrift Psychologische Forschung (Bd. 6) veröffentlicht wird und auf den Cassirer am 5. Januar 1925 in einem Brief an Goldstein ausdrücklich hinweist.60
Willi Meynes langjähriges kunsthistorisches Werk ist vor allem regional, d. h. auf den norddeutschen Raum orientiert. Vgl. dazu Hrsg.-Anm. 669. 56 Wilhelm von Bode geht aus diesem Anlaß folgende Einladung zu: EINLADUNG / S[eine] Excellenz Herrn Wirkl[ichen] Geh[eimen] Rat Dr. von Bode / beehren wir uns zu dem am Donnerstag, den 6. März 1924, abends 8 Uhr bei Paul Cassirer, Viktoriastraße 35, stattfindenden Vortrag des Herrn Professor Dr. Ernst Cassirer / DER BEGRIFF DER FORM ALS PROBLEM DER PHILOSOPHIE / ergebenst einzuladen. / ZENTRALINSTITUT FÜR ERZIEHUNG UND UNTERRICHT [und] PAUL CASSIRER VERLAG. – Vgl. Nachlaß: Wilhelm von Bode. “Cassirer, Paul” Signatur: 1207. Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin. Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 57 Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 272. 58 Vgl. Ernst Cassirer an Toni Cassirer, Hamburg, 4. Januar 1924. In: Toni Cassirer: Mein Leben mit Ernst Cassirer, S. 149. 59 Zum Hinweis im Ms. auf diese Studie siehe vorliegende Ausgabe, S. 282. 60 Das finde ich von neuem bestätigt durch Deinen und Gelb’s Aufsatz über Farbennamenamnesie, der von der psychologischen Seite her auf einen bestimmten Kreis von Aufgaben hinweist, die mich von der systematischen Seite her beschäf55
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Die unterschiedlichen Datumsangaben des Vortrages lassen sich nicht eindeutig aufklären, allerdings erwähnt Cassirer in einem Brief an Albert Görland vom 26. März 1924, daß er gestern von einer achttägigen Reise nach Berlin wieder hierher [nach Hamburg – der Hrsg.] zurückgekehrt [ist],61 was eher für den 20. März als Vortragstermin spricht. h) [Über Sprache, Denken und Wahrnehmung] Ms. (GEN MSS 98, Box 48, Folder 956) Im Herbst 1927 erhielt Ernst [Cassirer] eine Einladung, am King’s College in London Vorträge zu halten. . . . Die Sprachschwierigkeiten wurden dadurch behoben, daß ihm gestattet wurde, die Vorträge in deutscher Sprache zu halten. . . . Viele Wochen, bevor er abreiste, nahm er englischen Sprachunterricht, um wenigstens ein paar einführende Worte sprechen zu können.62 Cassirer hält sich vom 30. Oktober bis zum 5. November 1927 in London auf. Die beiden Vorträge bzw. Vorlesungen hält er am 31. Oktober und 2. November am King’s College.63 Danach, ab dem 7. November 1927, weilt Cassirer einige Tage zu Vorträgen in den Niederlanden (Utrecht, Leiden, Den Haag).64 Der von Toni Cassirer mitgeteilte Titel der Vorlesungen Die Entwicklung der modernen Wissenschaft und die Grundprinzipien des kritischen Idealismus konnte nicht belegt werden. Allerdings kommt Cassirer bereits im September 1926 in einem Brief an Ludwig Binswanger, dessen schöne Abhandlung über Sprache und Denken65 er soeben erhalten hatte, darauf zu sprechen, daß er wenige Tage zuvor mit dem ihn besuchenden Kurt Goldstein in der Odenwaldschule nochmals eingehend und genau die uns gemeinsamen sachlichen Probleme durchgesprochen und sogar eine Art Diskussionsabend über “Sprache und Denken” gehabt habe.66 Diese Thematik beschäftigt Cassirer folglich 1926/27 intensiv, zumal die Ausarbeitung des dritten Bandes der PsF die spezifische Bedeutung der Symbolfunktion [. . .] insbesondere für den Aufbau der Wahrnehmungswelt klären soll.67 tigen. – Vgl. Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 5. Januar 1925. In: ECB, S. 69–72, hier S. 70. 61 Vgl. Ernst Cassirer an Albert Görland, 26. März 1924. In: ECB. DVD, Brief Nr. 387. 62 Vgl. Toni Cassirer: Mein Leben mit Ernst Cassirer, S. 162. 63 Vgl. Ernst Cassirer an Toni Cassirer, London, 30. Oktober 1927 und 31. Oktober 1927. In: Toni Cassirer: Mein Leben mit Ernst Cassirer, S. 166, 167. 64 [B]ei meiner Rückkehr will ich dann noch in Utrecht, in Leiden u[nd] im Haag reden. – Vgl. Ernst Cassirer an Aby Warburg, Fritz Saxl und Gertrud Bing, 21. September 1927. In: ECB, S. 100. 65 Vgl. Ludwig Binswanger: Zum Problem von Sprache und Denken. In: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie. Bd. 18 (1926) H. 2, S. 27–283. 66 Vgl. Ernst Cassirer an Ludwig Binswanger, 21. September 1926. In: ECB, S. 93. 67 Vgl. Ernst Cassirer an Ludwig Binswanger, 11. März 1925. In: ECB, S. 78.
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5. Zusammenhang mit anderen Nachlaßtexten a) Praesentation und Repraesentation. Ms. (GEN MSS 98, Box 23, Folder 425 [Konvolut 104]). Text a) steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit Text b), der das eingeführte Symbol- und Prägnanz-Problem, nicht zuletzt als Problem der Prägnanz bzw. des Symbolwertes der Wahrnehmung, aufnimmt und fortführt. Das Gleiche gilt für die Kritik an der Assoziationspsychologie als ungenügender oder falscher Erklärung des Problems. Die intensive Rezeption der Positionen Bertrand Russells stellt den Text a) zudem in einen sachlichen Zusammenhang mit Text e) und der in ihm geführten Auseinandersetzung mit der Philosophie des Wiener Kreises. b) Praegnanz, symbolische Ideation. Ms. (GEN MSS 98, Box 23, Folder 424 [Konvolut 104]). Siehe Überlegungen zu Text a). Im Text b) finden sich zudem Bezüge zu dem zentralen Thema von Text a) – Präsentation und Repräsentation. Beide Texte verbindet zudem die Diskussion phänomenologischer, gestalt- und tierpsychologischer Literatur. Außerdem besteht im Thema der Psychopathologie (Aphasie, Agnosie), als Beleg für die Cassirersche Deutung bzw. Theorie des Symbolischen, ein sachlicher Zusammenhang des Textes b) mit den Texten c) und d), was sich auch auf die Rezeption der psychopathologischen Erkenntnisse von Adhémar Gelb und Kurt Goldstein erstreckt. Die beiden Texte a) und b) stehen zudem in einem zeitlichen und sachlichen Bezug zu dem Konvolut 184 b (1928), insbesondere mit dem 2. Kap. 2. Leben und symbolische Form, so wenn vom inneren Zusammenhang von Sprache und Kunst die Rede ist (siehe ECN 1, S. 54–112, hier S. 78 ff.). c) Vortrag: Symbolproblem. Utrecht – März 1935. Ms. (GEN MSS 98, Box 51, Folder 1026, [Konvolut 62]) Über das eingelegte Bl. 19a (2*) aus dem Beilagentext g) zum Problem der Form bzw. der symbolischen Form auf dem Gebiet der theoretischen Erkenntnis wird von Cassirer selbst ein sachlicher Zusammenhang zum Text g) hergestellt. Außerdem bringt die Beschränkung von Text c) auf zwei Grundrichtungen der symbolischen Formung: auf die Spra che und auf die Kunst, einen sachlichen Zusammenhang mit Text d) und dem Beilagentext h) zum Ausdruck. Dies wird durch die Überlegungen zur moderne[n] Sprachpsychologie und Sprachpathologie und zur Entwicklungspsychologie im Text c) noch einmal unterstrichen bzw. vertieft. Das Symbolproblem verbindet Text c) ebenfalls mit den beiden Texten a) und b). Die Ausführungen zur Anthropologie als Grundfrage der modernen Philosophie verweisen zum Einen zurück auf den sog. 4. Bd. der PsF: Zur Metaphysik der symbolischen Formen (1928), dessen 2. Kap. den Titel
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trägt: Das Symbolproblem als Grundproblem der philosophischen Anthropologie (siehe ECN 1, S. 32–112). Zum Anderen verweisen sie voraus auf die Göteborger Vorlesung von 1939/40 Geschichte der philosophischen Anthropologie (siehe ECN 6, S. 3–190). d) Vom Einfluss der Sprache auf die naturwissenschaftliche Begriffsbildung. Ms. (GEN MSS 98, Box 51, Folder 1036, [Konvolut 161b]) Die von Cassirer im Text d) thematisierte Wechselbeziehung zwischen Sprachstruktur und Wahrnehmungsstruktur war bereits im Beilagentext h) entwickelt worden. Die Berufung auf die Sprachpathologie und die moderne Lehre von der Aphasie stellt Text d) in einen sachlichen Zusammenhang mit den Texten b) und c), aber auch mit dem Beilagentext h). Die Überlegungen zur Aristotelischen Synthese zwischen Sprache und Denken verweisen ebenfalls auf die Thematik von Text h). Die in Text d) aufgeworfenen Probleme der Sprachphilosophie und der Sprachtheorie weisen auf die im Beilagentext f) wiedergegebene Vorlesungsmitschrift zurück. e) [Ausdrucksphänomen und ›Wiener Kreis‹] Ms. (GEN MSS 98, Box 52, Folders 1041–1042 [Konvolut 119]) Die im Text e) geführte Diskussion des Ausdrucksphänomens als einer eigenständigen und eigentümlichen Weise der – kulturwissenschaftlichen – Objektivierung bzw. Objektivität neben der naturwissenschaftlichen findet in den Blättern I–X Zur Objektivität der Ausdrucksfunktion, die in ECN 5 (S. 105–200) zum Abdruck gebracht worden sind, ebenso ihre Fortsetzung wie in der ebenfalls in ECN 5 (S. 29–104) veröffentlichten Göteborger Vorlesung von 1939/40 Probleme der Kulturphilosophie. Cassirer selbst vermerkt auf der Vorderseite des das Ms. umgreifenden Bg. diese Beziehung: Vorar beiten / “Ausdrucksfun ktio n” / Kulturphilosophie / (Vorles[ung] zur Kulturphilos[ophie] etc.). Auch in dem – 1937 weitgehend schon vorliegenden – Ms. Ziele und Wege der Wirklichkeitserkenntnis, abgedruckt in ECN 2, wird die Thematik der Ausdrucksphänomene bzw. Ausdrucksfunktion insbesondere im 1. und 4. Kapitel von Cassirer behandelt (siehe ECN 2, S. 3–32, 135–175). Gleichzeitig werden die im ersten Teil ([Ausdrucksfunktion und Darstellungsfunktion. Basisphänomene]) des Textes e) enthaltenen Überlegungen mit Bezug auf das Thema der drei ‘Basisphänomene’ (‘Ich’, ‘Du’, ‘Es’) formuliert, was den Text in eine zeitliche und sachliche Beziehung zum Ms. [Über Basisphänomene] setzt (siehe ECN 1, S. 123–198). Die engere Problematik [Ausdrucksfunktion und ›Wiener Kreis‹], speziell das Problem Re ali täts kri t eri um des Wiener Kreises und die Bedeutung der Ausdrucksphänomene für die philosophische Durchdringung der Realität des Fremdpsychischen, nimmt Cassirer zum Einen im nachgelassenen Ms. der Göteborger Vorlesung über Probleme der Kulturphilosophie noch einmal auf
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(siehe ECN 5, S. 72 ff., 82 ff.). Zum Anderen springen Parallelen dieser Passagen von Text e) mit dem Text (Dispos[ition] / Cap[itel] I: Problemstellung, Konvolut 184c) ins Auge, der in ECN 1 (S. 113–122) innerhalb des Teils [Über Basisphänomene] wiedergegeben wird. In einem gewissen Sinne erscheint diese Dispos[ition]/ Cap[itel] I: Problemstellung in Text e) entfaltet und abgearbeitet, ihre Bezüge z. B. zu den Positionen Schrödingers werden nahezu wörtlich wieder aufgenommen. Beilagen f) Grundprobleme der Sprachphilosophie. Ms., Vorlesungsmitschrift von Willi Meyne (Kunsthistorisches Institut der Universität Hamburg, Warburg-Haus, Archiv 66) Der engste sachliche und sprachliche Bezug, den die Vorlesungsmitschrift Text f) aufweist, ist der zum Ms. des wenig später veröffentlichten 1. Bandes der PsF: Die Sprache (1929), das Cassirer ganz offensichtlich für die Vorlesung herangezogen hat. Daneben tauchen Ausführungen aus der Vorlesung in den im vorliegenden Band abgedruckten nachgelassenen Texten auf, die dem Problem der Sprache gewidmet sind, insbesondere in den Texten c), d) und h), aber auch Text g), ist in ihm doch die Sprache [. . .] ein lebendiges Werkzeug bzw. wird die Rolle der Sprache für den Aufbau / 1) der s innlichen Welt / und 2) der anschaul ichen Welt untersucht. g) Der Begriff der Form als Problem der Philosophie. (Berlin 20. III. 1924) Ms. (GEN MSS 98, Box 37, Folder 710 [Konvolut 82 (b)]) Die Tatsache, daß die der Er kenntni sform gewidmete Ms.-S. ( b) Theo ret [i sche] Erken nt ni s) des Vortrages zum Begriff der Form in das Ms. von Text c) eingelegt und offenbar als Erläuterung einer im Vortrag: Symbolproblem nicht behandelten Grundrichtung[. . .] der symbolischen Formung herangezogen wird, weist auf den engen sachlichen Zusammenhang beider nachgelassenen Texte hin. Den Text g) auszeichnende, sich auf Ernst Kapp beziehende Ausführungen zu der we r k b i l d e n d e [ n ] Form – d[er] Technik finden sich ebenfalls im 2. Bd. der PsF: Das mythische Denken (1925) (siehe PsF II, S. VII, 261–266). h) [Über Sprache, Denken und Wahrnehmung] Ms. (GEN MSS 98, Box 48, Folder 956) Der Text h) steht zum Einen in Beziehung zu nachgelassenen Texten, die das Problem der Sprache als Thema haben (siehe Hinweise zu Text f)). Zum Anderen besteht bei den Ausführungen zur bereits symbolisierend verfahrenen Wahrnehmung und Anschauung ein unmittelbarer Bezug zu Texten, in denen
Editorische Hinweise
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die Pathologie der Symbolisierungsleistungen thematisiert werden.68 Das gilt für die Texte b), c) und d) der vorliegenden Ausgabe ebenso wie für den 3. Bd. der PsF (1929). Die im Ms. des Vortrages eingelegten und in den Text eingebauten Ms.-S. 547–548, 631–638, 681, 684–687, 690, 695–697 stammen aus einer Version des Ms. vom 3. Bd. der PsF. Überlegungen zur Rolle der Sprache beim Aufbau der Wa h r n e h m u n g s we lt bzw. der Welt der empirischen Anschauung in den exakten Wissenschaften kehren im Vortrag von 1932/35 (Text d)) wieder.
Cassirer selbst kommentiert diesen Bezug am 4. November 1927, unmittelbar nach dem Vortrag in seinem Brief an Goldstein: heute müssen Dir und Gelb eigentlich die Ohren geklungen haben: denn ich bin am Schluss meiner Londoner Vorträge wieder eingehend auf Eure Dinge zu sprechen gekommen. – Vgl. Ernst Cassirer an Kurt Goldstein, 4. November 1927. In: ECB, S. 104. 68
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H e rd e r, . . . ‘Gefühls’ etc.] Allen Sinnen liegt Gefühl zum Grunde, und dies gibt den verschiedenartigsten Sensationen schon ein so inniges, starkes, unaussprechliches Band, daß aus dieser Verbindung die sonderbarsten Erscheinungen entstehen. – Vgl. Johann Gottfried Herder: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. 1772. In: Sämmtliche Werke. Bd. 5, S. 61. 2 (cf. . . . Erkenntnisproblem II)] Vgl. Ernst Cassirer: EP II. Buch 6: Das Erkenntnisproblem im Empirismus. Kap. 2: Berkeley. III. Kritik der Berkeleyschen Begriffstheorie, S. 297–309. 3 Psychologie des L e s e n s ] Vgl. Benno Erdmann und Raymond Dodge: Psychologische Untersuchungen über das Lesen auf experimenteller Grundlage. Halle 1898. 4 Vgl. . . . ‘Psychischen’ überhaupt] Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 20, und Hrsg.Anm. 39. 5 Gassendi] Vgl. z. B. Pierre Gassendi: Philosophiae epicuri syntagma. In: Opuscula philosophica. In: Opera omnia in sex tomos divisa. Hrsg. von Nicolao Averanio. Florenz 1727. Bd. 3, S. 1–90. 6 Untersuchung . . . Husser l .] Vgl. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt. Bd. 1. II. Buch. Kap. 1: Von dem Unterschiede der psychischen und physischen Phänomene, S. 101–130; Kap. 6: Eintheilung der Seelenthätigkeiten in Vorstellungen, Urtheile und Phänomene der Liebe und des Hasses, S. 256–265; siehe auch Edmund Husserl: LU II. V. Über intentionale Erlebnisse und ihre “Inhalte”. Kap. 2: Bewußtsein als psychischer Akt, S. A 344–398; B 364–425. 7 immanenten Transzendenz] Terminus sinngemäß 1913 von Husserl in den Ideen I geprägt: Verbleibt uns als Residuum der phänomenologischen Ausschaltung der Welt und der ihr zugehörigen empirischen Subjektivität ein reines Ich . . ., dann bietet sich mit ihm eine ei genartige – nicht konstituierte – Transzendenz, eine Trans zendenz i n der Im manenz dar. – Vgl. Edmund Husserl: Ideen I, S. 109 f. 8 praegnans totius] lat.: schwanger mit dem Ganzen bzw. mit dem Allgemeinen. 9 Caput mortuum] lat.: Totenkopf, frei: wertloses Zeug 10 Jedes . . . Sy mbol . ] Das ist die wahre Symbolik, wo das Besondere das Allgemeine repräsentiert, nicht als Traum und Schatten, sondern als lebendig augenblickliche Offenbarung des Unerforschlichen. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime Nr. 314, S. 59. 11 “Atmosphaere . . . hat”] Alles Lebendige bildet eine Atmosphäre um sich her. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime Nr. 435, S. 91. 12 Für . . . zusammenschliessen,] Sokrates: Arg wäre es auch, Sohn, wenn diese mancherlei Wahrnehmungen wie im hölzernen Pferde in uns neben1
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einander lägen und nicht Alle in irgend einem du magst es nun Seele oder wie sonst immer nennen zusammenliefen, mit der wir dann vermittelst jener, daß ich so sage, Werkzeuge wahrnehmen was nur wahrnehmbar ist. – Vgl. Platon: Theaitetos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 1, St. 184d; oder in: Opera. Tomus I: Tetralogia II, St. 184d. 13 Die Formen . . . Verschiedenheit):] Sokrates: . . . Vermittelst wessen wirkt denn nun dasjenige Vermögen, welches dir das in allen und auch in diesen Dingen Gemeinschaftliche offenbart, womit du von ihnen das Sein oder Nichtsein aussagst, und das wonach ich jetzt eben fragte? Für dies alles, was für Werkzeuge willst du annehmen, vermittelst deren unser Wahrnehmendes Jedes davon wahrnimmt? / Theaitetos: Du meinst ihr Sein und Nichtsein (οὐσίαν λέγεις καὶ τὸ μὴ εἶναι), ihre Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, Einerleiheit und Verschiedenheit, ferner ob sie Eins sind oder eine andere Zahl. Offenbar begreifst du darunter auch die Frage nach dem Geraden und Ungeraden, und was damit zusammenhängt, vermittelst welcher Teile des Körpers nämlich wir dies mit der Seele wahrnehmen. – Vgl. Platon: Theaitetos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 1, St. 185c–d, oder in: Opera. Tomus I: Tetralogia II, St. 185c–d. 14 dies . . . (α ὐ τ ῆ ς τῆς ψυχῆς) aus] Sokrates: Aber das Sein von beiden [d. h. des Harten und Weichen – der Hrsg.], und was sie sind, und ihre Gegensetzung gegen einander und das Wirklich sein dieser Entgegensetzung, dies versucht also unsere Seele selbst (αὐτὴ ἡ ψυχὴ) durch Betrachtung und Vergleichung zu beurteilen. . . . Sokrates: . . . Indes sind wir doch nun wenigstens so weit vorgeschritten, daß wir sie [die Erkenntnis bzw. das Wissen – der Hrsg.] ganz und gar nicht unter der Wahrnehmung suchen wollen, sondern unter demjenigen Namen, den die Seele führt, wenn sie sich für sich selbst mit dem was ist beschäftigt. – Vgl. Platon: Theaitetos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 1, St. 186b, 187a; oder in: Opera. Tomus I: Tetralogia II, St. 186b, 187a; nach Cassirer wird für Platon die Einheit der Seele erst durch die Einheit der Idee, als Einheit der »Sicht«, konstituiert. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 280. 15 Hildebrand] Adolf Ritter von Hildebrand, Bildhauer. * 6. 10. 1847 Marburg, † 18. 1. 1921 München. Befreundet mit dem Kunsttheoretiker und Mäzen Konrad Fiedler. Schriften: Das Problem der Form in der bildenden Kunst (1893); Briefwechsel mit Conrad Fiedler (hrsg. von Günther Jachmann, 1927). 16 Hil deb ran d, . . . vor uns haben] Vgl. Hrsg.-Anm. 257. 17 Cornelius] Hans Cornelius, Philosoph, Psychologe und Pädagoge. * 27. 9. 1863 München, † 23. 8. 1947 Gräfelfing. Habilitiert sich 1894 mit der Schrift Versuch einer Theorie der Existentialurteile; seit 1903 a. o. Professor für Philosophie in München, seit 1910 Ordinarius für Philosophie in Frankfurt / Main, steht der Philosophie Ernst Machs nahe, bei ihm promovierten Max Horkheimer und Theodor Adorno, wird 1928 emeritiert. Schriften: Psychologie als Erfahrungswissenschaft (1897); Einleitung in die Philosophie (1903); Grundlagen der Erkenntnistheorie. Transcendentale Systematik (1916, 2. Aufl. 1926); Kommentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft (1926). 18 Er . . . beruht.] Zu beständigen Gegenständen unseres Wissens werden die unmittelbar gegebenen Inhalte gemäß den früheren Betrachtungen erst
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nachträglich, als mittelbar gegeben, durch die Erinnerung und die Identitätserkenntnis. Diese Gegenstände sollen im Gegensatz zu anderen Gegenständen phänomenale Gegenstände heißen, weil sie . . . nur durch phänomenale Prädicate bestimmt sind, soweit sie tatsächlich als die s[einer] Z[eit] unmittelbar gegebenen prädiciert werden. . . . d. h. die unmittelbar gegebenen Gegenstände haben nur phänomenale Eigenschaften und wir sind daher berechtigt, sie . . . als phänomenale Gegenstände zu bezeichnen. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, S. 88 ff.; in dem Zusammenhang spricht Cornelius von den Inhalten, welche s y m b o l i s ch e Fu n c t i o n besitzen und durch welche demgemäß irgendwelche Gegenstände mittelbar gegeben sind . . . – Vgl. ebd., S. 90. 19 Aber . . . Bewusstseins] Solche Beziehungen aber sind im Gebiete der unmittelbar gegebenen Gegenstände überall ausschließlich dadurch gegeben, daß jeder dieser Gegenstände mit allen übrigen in jener Weise zu einem einheitlichen Zusammenhang verknüpft erscheint, die wir meinen, wo wir von dem Ganzen eines e in h ei t li che n oder persönlichen B ewußtseinsverlaufes sprechen. Nur indem wir die unmittelbar gegebenen Gegenstände als Teile eines solchen persönlichen Bewußtseinszusammenhanges besitzen, bestehen tatsächlich Beziehungen zwischen ihnen. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, S. 25. 20 Diese Beziehungen . . . Systematik (S. 25).] Zu den auf S. 25 thematisierten Beziehungen heißt es später noch einmal: Vielmehr sucht sie [die von ihm vorgelegte Untersuchung – der Hrsg.] . . . zu zeigen, wie aus den Faktoren, welche die Einheit des Bewußtseinszusammenhanges bedingen, die verschiedenen Arten der Begriffsbildung folgen, in welche das Gegebene gefaßt wird. . . . Indem aber die Untersuchung auf dem angegebenen Wege dem früher bezeichneten Ziele der inneren Vollendung der wissenschaftlichen Systematik zustrebt, darf die Theorie, zu der sie gelangt, folgerichtig den Namen einer t ra n s c e n d e n t a l e n Syst e m a t i k erhalten. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, Einleitung, IV., 25. Der Begriff der transcendentalen Systematik, S. 46 f., 48. 21 womit . . . vertritt !!] Der in Platons Theaitet, St. 187a beschriebene Zustand der Seele (vgl. Hrsg.-Anm. 14) illustriert das reine Denken bei Platon, wenn nämlich die Seele sich nicht mehr mit körperlichen Dingen auseinandersetzt, sondern – völlig unabhängig von ihnen und ohne deren Hilfe – ausschließlich mit ideellen. Siehe auch die Passagen, wo Sokrates erklärt, was er unter Denken (διανοεῖσθαι) versteht: Eine Rede, welche die Seele bei sich selbst durchgeht über dasjenige was sie erforschen will. . . . Wenn also das zu sich selbst reden Vorstellen heißt: so wird keiner, der beides [daß der Ochse doch gewiß ein Pferd wäre, oder zwei eins – der Hrsg.] aussagt und vorstellt und mit seiner Seele beides aufnimmt, jemals sagen und vorstellen, daß Eins das Andere wäre. – Vgl. Platon: Theaitetos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 1, St. 189e, 190c; siehe zum Begriff des reinen Denkens auch die Feststellung Natorps: Damit ist Erkenntnis auf das U r t e i l , auf die allgemeine Fu n k t i o n d e r “ s y n t h e tis che n Ein heit ”, die Begriffe auf Grundbegriffe, als Grunda rten der Sy n t h e s i s , als G r u n d f u n k t i o n e n d e s U r t e i l e n s zurückgeführt. . . .
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Es sind zuletzt die Gesetze der rei nen Denkfunktion selbst, die für das Denken freilich bedingungslos gelten müssen; nicht etwas wie Dinge. Diese Formulierung geht über den Theaetet hinaus. Daß sie aber dem letzten Sinn der Ideenlehre entspricht, wird sich besonders im Parmenides und Sophistes erweisen. – Vgl. Paul Natorp: Platons Ideenlehre. Eine Einführung in den Idealismus. 2. Aufl. Leipzig 1921, S. 113, 114. 22 vgl. . . . Sinnlichkeit und Verstand.] Vgl. Hrsg.-Anm. 192, auch Hrsg.-Anm. 194 und 18. 23 cf. . . . “Symbols” !] Ich will allgemein unter einem Sy m b o l einen solchen Gegenstand verstehen, durch dessen Gegebensein uns ein Wissen von einem a n d e re n Gegenstand gegeben wird; und ich will diesen anderen Gegenstand alsdann einen durch dieses Symbol vermittelt oder m ittelb a r g e g e b e n e n nennen. . . . und insofern das Erinnerungserlebnis uns ein Wissen von einem anderen Erlebnis gibt, heißt es Repräsentant oder Symb ol dieses Erlebnisses. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, S. 74. 24 primi ti ve Begriffe . . . sind] Die so [vermittels Wissen im Wiedererkennen – der Hrsg.] gegebenen Arten von Gegenständen nenne ich primitive Be griffe. Ein primitiver Begriff ist also nur durch einen wiedererkannten Inhalt als solchen gegeben und noch nicht irgendwie durch einen sprachl i ch e n Au s d r u ck repräsentiert. . . . Die bisher beschriebenen Tatsachen sind diejenigen, welche den Zusammenhang des unmittelbar Gegebenen als solchen und die ersten begrifflichen Formulierungen des Gegebenen in diesem Zusammenhang charakterisieren. Die weiteren Consequenzen, die sich aus diesen Tatsachen für die begriffliche Ordnung der Erfahrung ergeben, treten erst zu Tage, wo die s pra chli che Form ulierung als Trägerin dieser Ordnung und ihrer Differenzierung zur Verwendung kommt. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, S. 123 und S. 153. 25 Der Begriff . . . wird] Vgl. Hrsg.-Anm. 12, 21. 26 Fiedler] Konrad Fiedler, Kunsttheoretiker und Mäzen. * 23. 9. 1841 Öderan (Sachsen),† 3. 6. 1895 München. Studiert von 1861 bis 1865 in Lausanne, Heidelberg, Berlin und Leipzig, Promotion in Rechtswissenschaft. Nach kurzer Beschäftigung in einer Anwaltskanzlei widmet er sich der Kunst und reist als Mäzen, Kunstsammler und Kunsttheoretiker durch Europa und den Vorderen Orient. Befreundet mit Hans von Marées und Adolf von Hildebrand (vgl. Hrsg.-Anm. 15). Schriften: Über die Beurteilung von Werken der Bildenden Kunst (1876); Über Kunstinteressen und deren Förderung (1879); Moderner Naturalismus und künstlerische Wahrheit (1881); Über den Ursprung der künstlerischen Tätigkeit (1887); Hans von Marées (1889). 27 im Sinne . . . Fiedler] Vgl. Hrsg.-Anm. 257 und siehe Konrad Fiedler: Schriften zur Kunst. Hrsg. v. Hermann Konnerth. 2 Bde. München 1913/14. 28 “die Phaenomena . . . Erscheinungen”] In der Tat erhalten durch diese neue Begriffsbildung die Ausdrücke P h a i n o m e n o n und No u m e n o n einen vollkommen klaren, von aller Mystik freien Sinn. Die Phainomena sind die unmittelbar gegebenen Erscheinungen, die Noumena die beharrlichen Gesetze dieser Erscheinungen, die der Verstand zur begrifflichen Ordnung
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der letzteren bildet, die also insofern mit vollem Recht als “Gedankendinge” zu benennen sind; . . . – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, S. 197. 29 vgl. . . . S. 85 ff. und 20 ff.] Vgl. dazu Hrsg.-Anm. 191, 18 und 19. 30 H o e n i g s wa l d ] Richard Hönigswald, Philosoph. * 18. 7. 1875 UngarischAltenburg / Magyar-Ovár, † 11. 7. 1947 New Haven (CT). Studiert in Wien Medizin und promoviert 1902 zum Dr. med., danach Philosophiestudium bei Alois Riehl in Halle und bei Alexius Meinong in Graz; 1904 Promotion in Halle, 1906 Habilitation in Breslau, 1916 a. o. Prof., 1919 o. Prof. für Philosophie, Psychologie und Pädagogik in Breslau, seit 1930 in München. Wird 1933 zwangspensioniert, emigriert 1939 über die Schweiz in die USA, wo er dem ihm philosophisch wie persönlich nahestehenden Cassirer wieder begegnet. Schriften: Beiträge zur Erkenntnistheorie und Methodenlehre (1906); Die Grundlagen der Denkpsychologie (1921); Grundfragen der Erkenntnistheorie (1931); Philosophie und Sprache (1937). 31 cf. . . . ›Bedeutungshaften‹] Kein Psychisches, so dürfen wir wiederholen, das nicht sollte . . . “bedeutungsvoll” sein. . . . Bedeutungshaftes, beziehungsweise Bedeutung nun müssen . . . “sinnhaft” sein. – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 53. 32 ἐντέλεχεια . . . ϕυσικοῦ] διὸ ψυχέ ἐσιν ἐντελέχεια ἡ πρώτη σώματος ϕυσικοῦ δυνάμει ζωὴν ἔχοντος. – Vgl. Aristoteles: De anima. In: Opera, Bd. 1, B 1, 412a; Also muß die Seele Wesenheit sein als Form eines natürlichen, nach Möglichkeit belebten Körpers. . . . Somit ist die Seele die erststufige Wirklichkeit eines natürlichen, mit der Lebensfähigkeit begabten Körpers. – siehe ders.: Über die Seele. B II, 412a. 33 “die herkömmliche . . . unrichtig”] Bei Cornelius: der “Bestimmtheit” unserer. 34 Die Perzeption . . . esse percipi] lat.: Sein ist Wahrgenommenwerden; von = Cassirer häufig zitiert. I think an intuitive knowledge may be obtained of this, by any one that shall attend to what is meant by the term ex ist when applied to sensible things. . . . Their es s e is perci pi; nor is it possible they should have any existence out of the minds or thinking things which perceive them. – Vgl. George Berkeley: A Treatise Concerning the Principles of Human Knowledge. Part I. § 3. In: Works. Bd. 1, S. 259. 35 disjecta membra] lat.: ver- oder zerstreute Glieder, Teile des Ganzen. 36 Von hier . . . notwendig] Vgl. George Berkeley: An Essay Towards a New Theory of Vision. In: Works. Bd. 1, § 147, S. 199 f.; From our ideas of sense the inference of reason is good to power, cause, agent. . . . We know that our ideas of sense are not the cause of themselves. We know also that we do not cause them. . . . I shall therefore now begin with that conclusion, that Vision is th e Languag e of th e Auth or of Natu re, from thence deducing theorems and solutions of phenomena, and explaining the nature of visible things and the visive faculty. . . . How comes it to pass that a set of ideas, altogether different from tangible ideas, should nevertheless suggest them to us, there being no necessary connexion between them? To which the proper answer is, that this is done in virtue of an arbitrary connexion, instituted
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by t he Auth or of Nature. – Vgl. ders.: The Theory of Vision, §§ 11, 13, 38, 43. In: Works. Bd. 2, S. 386, S. 387, S. 397, S. 399 f. 37 Und . . . darstellt] Sense at first besets and overbears the mind. The sensible appearances are all in all: our reasonings are employed about them: our desires terminate in them: we look no farther for realities or causes; till Intellect begins to dawn, and cast a ray on this shadowy scene. We then perceive the true principle of unity, identity, and existence. Those things that before seemed to constitute the whole of Being, upon taking an intellectual view of things, prove to be but fleeting phantoms. – Vgl. George Berkeley: Siris. In: Works. Bd. 3, § 294, S. 265; siehe dazu auch: Ernst Cassirer: EP II, S. 319. 38 Von hier . . . diskutieren !] Vgl. dazu Ernst Cassirer: EP II, S. 315 ff. 39 “Jedes . . . enthalten.”] Bei Brentano Phänomen; Object; Urtheile; eigenthümlich; etwas Aehnliches. – Vgl. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt. Bd. 1, S. 115 f. 40 Husserl’s . . . “intentionalem Erlebnis”] Vgl. Edmund Husserl: LU II. V. Ueber intentionale Erlebnisse und ihre „Inhalte“, A S. 322 ff.; B S. 343 ff. 41 Meinongs] Alexius Meinong, Philosoph und Psychologe. * 17. 7. 1853 Lemberg, † 27. 11. 1920 Graz. Studium der deutschen Philologie und Geschichte an der Wiener Universität (1870–1874), danach Philosophiestudium bei Franz Brentano, 1874 Promotion, 1878 Habilitation (Wien) mit den Hume-Studien I. 1878 Privatdozent in Wien, 1882 Extraordinariat an der Universität Graz, 1889–1920 Professur für Philosophie in Graz; 1894 Gründung des Psychologischen Laboratoriums; 1898 Errichtung des Philosophischen Seminars. 1920 Gründung der Grazer Philosophischen Gesellschaft. Schriften: Hume-Studien I/II (1878/82); Über Gegenstände höherer Ordnung und deren Verhältnis zur inneren Wahrnehmung (1899); Über die Stellung der Gegenstandstheorie im System der Wissenschaften (1907); Über Annahmen (1910); Über Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit (1914); Über emotionale Präsentation (1917). 42 Meinongs . . . Ge ge nstand] Vgl. Alexius Meinong: Ueber Gegenstände höherer Ordnung und deren Verhältniß zur inneren Wahrnehmung. 2. Gegenstand und Inhalt. In: Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane. Bd. 21 (1899), S. 185 ff. 43 Binswanger] Ludwig Binswanger, Schweizer Psychiater und Psychologe. * 13. 4. 1881 Kreuzlingen (Schweiz), † 5. 2. 1966 ebd. Mit Sigmund Freud befreundet, verbindet Psychoanalyse mit Phänomenologie und Existenzphilosophie. Nach Medizinstudium (1900–1906) und Promotion bei Carl Gustav Jung (Universitätsklinikum Zürich) leitet Binswanger von 1910 bis 1955 das vom Großvater gegründete Sanatorium Bellevue. Schriften: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie (1922); Grundformen und Erkenntnis menschlichen Daseins (1942); Vorträge und Aufsätze. 2 Bde. (1947/55). 44 näheres . . . S. 11 ff.] Wir haben hier [mit Brentanos Definition – der Hrsg.] diejenige Definition vor uns, die heute wieder, und zwar mit vollem Recht, eine große Rolle in logischen und psychologischen Untersuchungen spielt. Bekanntlich baute Husserl seine Lehre vom Bewußtsein als intentionalem Erlebnis darauf auf, nachdem Meinong und seine Schule sich bereits mit ihr befaßt hatte. Eine Frucht all dieser Untersuchungen finden wir in der für
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Logik und Psychologie so wichtigen Unterscheidung der Begriffe “Inhalt” und “Gegenstand” des Bewußtseins und in all dem, was aus dieser Unterscheidung folgt. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 11. 45 Behandlung . . . Binswanger] . . . m[it] a[nderen] W[orten], daß die “Weise der Beziehung des Bewußtseins auf einen Inhalt” in den Vordergrund gestellt und so eine “Funktionspsychologie” angebahnt wurde. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 12. 46 Näheres . . . bei Brentano] Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 20, und Hrsg.-Anm. 39. 47 siehe . . . S. 113 ff.] Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie. 3. Kap. Die nicht-wissenschaftliche Darstellung des Psychischen. Das Psychische als Funktion, Akt oder Erlebnis. III. Die Lehre Brentanos von den psychischen Phänomenen oder psychischen Akten. a) Die Unterscheidung der psychischen Phänomene von den physischen, S. 113 ff. 48 ‘Phantasiebilder’ . . . E rs ch e i n u n g e n ] Brentano ist konsequent genug, auch sie [d. h. die Phantasiebilder – der Hrsg.] als physische Phänomene aufzufassen . . . Unser Erstaunen über diese Ausdrucksweise und Auffassung wird geringer, wenn wir uns klar machen, daß das Wort physisch sich ja nicht auf Dinge oder Körper, sondern eben auf Ers chei nungen bezieht. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 114. 49 Zu Husserl’s . . . S. 135 f f.] Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie. 3. Kap. IV. Die Phänomenologie Husserls und seine Lehre von den intentionalen Erlebnissen, S. 135–157. 50 Unterscheidung . . . Aktes] Der Akt ist . . . ein realer psychischer Zustand oder . . . ein reales psychisches Ereignis oder Vorkommnis. Und vor allem, er ist ein intentionales Erlebnis . . . Bei jedem Akt ist streng zu unterscheiden zwischen dem, was ihn “reell komponiert”, und dem, was in einem “uneigentlichen”, eben dem intentionalen Sinne “in ihm” ist. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie. 3. Kap. IV. b) Erlebnis als reelles phänomenologisches Konstituens des Aktes und als intentionales Erlebnis, S. 139–148, hier S. 140. 51 Erlebnis . . . Ich.] Husserls LU II zitierend heißt es bei Binswanger: “Alles, was als reeller Teil den jeweiligen phänomenologischen Bewußtseinsstrom konstituiert”, ist Erlebnis . . . Das “Bewußtsein”, von dem hier die Rede ist, kann geradezu bezeichnet werden als “reel l phänomenologische Einh e i t d e r E r l e b n i s s e , als reeller phänomenologischer Bestand des empirischen Ich”. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 143. 52 Wenn . . . verleihend.] Sie [die Empfindungen – der Hrsg.] selbst sind also nicht Akte, aber mit ihnen konstituieren sich Akte, nämlich wo sich intentionale Charaktere von der Art der wahrnehmenden Auffassung ihrer bemächtigen, ihnen gleichsam Beseelung verleihend. – Vgl. Edmund Husserl: LU II, B S. 392. 53 E m p f i n d u n g . . . O b j e k t ] Empfindungen sind also zwar Erlebnisse, aber nicht intentionale Erlebnisse oder psychische Akte . . . Anstatt Inhalt und
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Gegenstand können wir daher auch sagen Empfindung (oder Empfindungsinhalt . . .) und Wahrnehmungs- oder überhaupt irgendwie i n t e n d i e r t e s O bje kt . – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 144 f. 54 die Auffassung . . . “Aktcharakter”] Die Auffassung selbst läßt sich aber nie und nimmer auf einen Zufluß neuer Empfindungen reduzieren, sie ist ein Aktcharakter . . . – Vgl. Edmund Husserl: LU II, B S. 381. 55 die Empfindungs erleb ni ss e . . . verbannt] Gerade weil er [Husserl – der Hrsg.] die Empfindungserlebnisse nicht aus der Psychologie verbannt wissen will, muß er die wesentlichen Charaktere der i n t e n t i o n a l e n Erlebnisse, der psychischen Phänomene, noch weiter herausarbeiten. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 146. 56 Das grundlegende . . . (Brentano)] Die Ausdrucksweise Husserls wird nun wohl immer verständlicher. Das Gegensatzpaar Erscheinung und Funktion, physisches und psychisches Phänomen heißt bei ihm kurz gesagt: Empfindung und Akt. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 146. 57 Empfindungen . . . Akte] . . . und solchen [Erlebnissen – der Hrsg.], bei denen dies nicht der Fall ist, also Inhalten, die zwar als Bausteine von Akten fungieren können, aber ni cht s el bst A kte sind. – Vgl. Edmund Husserl: LU II, B S. 383. 58 Die Empfindungen . . . ‘erlebt’] Die E m p f i n d u n g e n und desgleichen die sie “auffassenden” oder “apperzipierenden” Akte werden hierbei erlebt , aber sie ersche i n en ni cht g eg enständlich; sie werden nicht gesehen, gehört, mit irgendeinem “Sinn” wa hrgenommen. Die Gegenstände andererseits erscheinen, werden wahrgenommen, aber sie sind nicht erlebt. – Vgl. Edmund Husserl: LU II, B S. 385. 59 (cf. Aphasie, . . . Agnosie)] gemeint sind wahrscheinlich die Zettel β1 und ω1, siehe vorliegende Ausgabe, S. 68–70 und 80. 60 Bemerkung . . . gehört !] Vgl. Hrsg.-Anm. 274. 61 cf. Russell . . . Consciousness.] There is a psychological school called “Behaviourists,” of whom the protagonist is Professor John B. Watson (Anm. 1: See especially his “Behavior: an Introduction to Comparative Psychology,” New York, 1914), of the Johns Hopkins University. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture I. Recent Criticisms of “Consciousness”, S. 9–40, hier S. 26. Watsons Buch wird auch bei Koffka zitiert: Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 272. 62 (Russell, Vorrede, S. 5/6)] Auf der einen Seite zeigt sich bei vielen Psychologen . . . eine ihrem Wesen nach materialistische Tendenz, wenigstens in der Methode, wenn nicht in ihrer Metaphysik. . . . Unter dessen verliert unter den Händen der Physiker . . . die “Materie” immer mehr ihren materiellen Charakter. Ihre Welt besteht aus “Ereignissen”, aus denen die “Materie” als logische Konstruktion abgeleitet wird. – Vgl. Bertrand Russell: Die Analyse des Geistes. Vorwort des Verfassers, S. 5. 63 Wie sind . . . zu vereinen?] The view that seems to me to reconcile the materialistic tendency of psychology with the anti-materialistic tendency of
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physics is the view of William James and the American new realists, according to which the “stuff” of the world is neither mental nor material, but a “neutral stuff,” out of which both are constructed. I have endeavoured in this work to develop this view in some detail as regards the phenomena with which psychology is concerned. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Preface, S. 6. 64 ‘neutral stuff’] Vgl. Hrsg.-Anm. 63. 65 siehe . . . S. 93 ff.] Die Seitenangabe 93 ff. meint Russells Lecture V. Psychological and Physical Causal Laws, die erwähnte Scheidung der beiden Ordnungen wird aber auf S. 124 resümiert: In Lecture V we found reasons to think that the ultimate constitutions of the world do not have the characteristics of either mind or matter as ordinarily understood: they are not solid persistent objects moving through space, nor are they fragments of “consciousness”. But we found two ways of grouping particulars, one into “things” or “pieces of matter,” the other into series of “perspectives,” each series being what may be called a “biography.” – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture VII. The Definition of Perception, S. 124. 66 vgl. . . . S. 124 ff.,] Vgl. Hrsg.-Anm. 65. 67 vgl. . . . S. 300 ff., S. 305 f.] Thus the occurrences which seem most distinctively mental, and furthest removed from physics, are, like physical objects, constructed or inferred, not part of the original stock of data in the perfected science. From both ends, therefore, the difference between physical and psychological data is diminished. . . . The question whether it is possible to obtain precise causal laws in which the causes are psychological, not material, is one of detailed investigation. I have done what I could to make clear the nature of the question, but I do not believe that it is possible as yet to answer it with any confidence. . . . I think, however, on grounds of the theory of matter explained in Lectures V and VII that an ultimate scientific account of what goes on in the world, if it were ascertainable, would resemble psychology rather than physics in what we found to be the decisive difference between them. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 300, S. 305. 68 Das . . . ide a nennt] Or is it [consciousness – der Hrsg.] something complex, perhaps consisting in our way of behaving in the presence of objects, or, alternatively, in the existence in us of things called “ideas,” having a certain relation to objects, though different from them, and only symbolically representative of them? . . . From memory it is an easy step to what are called “ideas” – not in the Platonic sense, but in that of Locke, Berkeley and Hume, in which they are opposed to “impressions.” – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture I. Recent Criticism of “Consciousness”, S. 11 und S. 13. 69 (z. B. image of memory etc.)] In der deutschen Übersetzung von Kurt Grelling (Meiner Verlag, 1927) wird sowohl idea als auch image mit Vorstellung übersetzt. – Vgl. Bertrand Russell: Die Analyse des Geistes, S. 4, 6. 70 siehe . . . auch S. 2 8 7 f f.] And I think that, if we could regard as ultimately valid the difference between physical and mnemic causation, we could distinguish images from sensations as having mnemic causes, though they
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may also have physical causes. Sensations, on the other hand, will only have physical causes. / However this may be, the practically effective distinction between sensations and images is that in the causation of sensations, but not of images, the stimulation of nerves . . . plays an essential part. . . . / Images also differ from sensations as regards their effects. Sensations, as a rule, have both physical and mental effects. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture VIII. Sensations and Images, S. 150 f.; Can we observe anything which differs in its intrinsic nature from the constituents of the physical world, or is everything that we can observe composed of elements intrinsically similar to the constituents of what is called matter? – Ebd., Lecture VI. Introspection, S. 117; But this whole manner of viewing our dealings with universals has to be abandoned when the relation of a mental occurrence to its “object” is regarded as merely indirect and causal, which is the view that we have adopted. The mental content is, of course, always particular, and the question as to what it “means” (in case it means anything) is one which cannot be settled by merely examining the intrinsic character of the mental content, but only by knowing its causal connections in the case of the person concerned. . . . I thin k a logical argument could be produced to show that universals are part of the structure of the world, but they are an inferred part, not a part of our data. – Ebd., Lecture XI. General Ideas and Thought, S. 227 f.; vgl. ebd., Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 287 ff. 71 cf. auch S. 172] The essence of recognition is in the difference between a repeated stimulus and a new one. On the first occasion there is no recognition; on the second occasion there is. In fact, recognition is another instance of the peculiarity of causal laws in psychology, namely, that the causal unit is not a single event, but two or more events. Habit is the great instance of this, but recognition is another. . . . This complexity of causes in psychology might be connected with Bergson’s arguments against repetition in the mental world. It does not prove that there are no causal laws in psychology, as Bergson suggests; but it does prove that the causal laws of psychology are Prima fac i e very different from those of physics. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture IX. Memory, S. 172. 72 ›Belief‹ . . . Geistes] B e l i e f , which is our subject to-day, is the central problem in the analysis of mind. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XII. Belief, S. 231. 73 this . . . before] I do not wish to undertake the analysis of belief at present, since it will be the subject of the twelfth lecture; for the present I merely wish to emphasize the fact that recognition, in our second sense, consists in a belief, which we may express approximately in the words: “This has existed before.” – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture IX. Memory, S. 170. 74 the memory-belief . . . past] bei Russell: call “meaning”; it makes und to an object which. 75 3 belief-feelings . . . assent] The difference lies in the nature of the belieffeeling. I, personally, do not profess to be able to analyse the sensations constituting respectively memory, expectation and assent; but I am not prepared
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to say that they cannot be analysed. There may be other belief-feelings, for example in disjunction and implication; also a disbelief-feeling. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XII. Belief, S. 250. 76 cf. S. 108 ff.] There is, however, a converse task which is equally necessary for our thesis, and that is, to show that the stuff of our mental life is devoid of many qualities which it is commonly supposed to have, and is not possessed of any attributes which make it incapable of forming part of the world of matter. In the present lecture I shall begin the arguments for this view. . . . Thus the whole context of the two occurrences [images and sensations – der Hrsg.] is different. But in themselves they do not differ profoundly, and there is no reason to invoke two different ways of knowing for the one and for the other. Consequently introspection as a separate kind of knowledge disappears. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture VI. Introspection, S. 108 und S. 110. 77 aber . . . etc.!] The behaviourists have challenged introspection even more vigorously than Knight Dunlap, and have gone so far as to deny the existence of images. But I think that they have confused various things which are very commonly confused, and that it is necessary to make several distinctions before we can arrive at what is true and what false in the criticism of introspection. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture VI. Introspection, S. 116 f. 78 es giebt . . . imag es ] The first alternative, which denies consciousness of images, has already been discussed when we were dealing with Introspection in Lecture VI. We then decided that there must be, in some sense, consciousness of images. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of mental phenomena, S. 290 f. 79 we defined . . . the object.] According to this second hypothesis, there may be two images of the same prototype, such that one of them means the other, instead of meaning the prototype. It will be remembered that we defined meaning by association: a word or image means an object, we said, when it has the same associations as the object. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 291. 80 cf. S. 210 ff.] The meaning of a word, unlike that of an image, is wholly constituted by mnemic causal laws, and not in any degree by likeness (except in exceptional cases). . . . The use of words is, of course, primarily social, for the purpose of suggesting to others ideas which we entertain or at least wish them to entertain. But the aspect of words that specially concerns us is their power of promoting our own thought. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture X. Words and Meaning, S. 210 f. 81 (cf. Bd. I, Einleitung)] Angabe bleibt unklar, siehe u. a. den 1. Bd. der PsF (1923), wo unter Einleitung und Problemstellung vom Sensualismus und speziell von Berkeley die Rede ist. Vgl. Ernst Cassirer: PsF I, S. 34 f. 82 siehe . . . S. 2 91 !)] But this definition must not be interpreted too absolutely: a word or image will not have al l the same associations as the object which it means. The word “cat” may be associated with the word “mat,” but it would not happen except by accident that a cat would be associated with
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a mat. And in like manner an image may have certain associations which its prototype will not have, e. g. an association with the word “image.” When these associations are active, an image means an image, instead of meaning its prototype. If I have had images of a given prototype many times, I can mean one of these, as opposed to the rest, by recollecting the time and place or any other distinctive association of that one occasion. . . . Thus we may say that we think of an image A when we have a similar image B associated with recollections of circumstances connected with A, but not with its prototype or with other images of the same prototype. In this way we become aware of images without the need of any new store of mental contents, merely by the help of new associations. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 291; siehe auch die Hrsg.Anm. 79 und 80. 83 Definition . . . “intentionalen Akt”] Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 20, und Hrsg.-Anm. 39. 84 Russell . . . Al l g emei nhei t] The view here [durch Brentano – der Hrsg.] expressed, that relation to an object is an ultimate irreducible characteristic of mental phenomena, is one which I shall be concerned to combat. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture I. Recent Criticisms of “Consciousness”, S. 15. 85 hier . . . Gegenstand] The reference of thoughts to objects is not, I believe, the simple direct essential thing that Brentano and Meinong represent it as being. It seems to me to be derivative, and to consist largely in beliefs: beliefs that what constitutes the thought is connected with various other elements which together make up the object. . . . The awareness of this relation is a further thought, and constitutes your feeling that the original thought had an “object.” – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture I. Recent Criticisms of “Consciousness”, S. 18. 86 (Objektivierung . . . Sachverhalt)] In Lecture I we criticized the analysis of a presentation into act, content and object. But our analysis of belief contains three very similar elements, namely the believing, what is believed and the objective. . . . What is believed, and the believing, must both consist of present occurrences in the believer, no matter what may be the objective of the belief. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XII. Belief, S. 233. 87 ganz . . . de prima philosophia II] Bezieht sich auf die Schlußfolgerung, die Descartes aus dem Wachsbeispiel zieht: Und so erkenne ich das, was ich mit meinen Augen zu sehen vermeinte, einzig und allein durch die meinem Geiste innewohnende Fähigkeit zu urteilen. . . . Denn da ich jetzt weiß, daß ja die Körper nicht eigentlich durch die Sinne oder durch die Fähigkeit der Einbildung, sondern einzig und allein durch den Verstand erfaßt werden . . . – Vgl. René Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. In: Philosophische Werke. Bd. 1, II. Medit., S. 14, S. 16; . . . atque ita id quod putabam me videre oculis, sola judicandi facultate, quae in mente mea est, comprehendo. . . . nam cum mihi nunc notam sit ipsamet corpora non proprie a sensibus, vel ab imaginandi facultate, sed a solo intellectu percipi . . . – ders.: Meditationes de prima philosophia, Meditatio II, S. 24.
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(enthält . . . ‘mnemic causation’)] Vgl. Hrsg.-Anm. 70. the large . . . perception] As we saw in Lecture VIII, the images associated with a sensation often come with such spontaneity and force that the unsophisticated do not distinguish them from the sensation; it is only the psychologist or the skilled observer who is aware of the large mnemic element that is added to sensation to make perception. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XII. Belief, S. 237. 90 siehe . . . S. 238 ff.] When I speak of a belief consisting partly of sensations and partly of words, I do not mean to deny that the words, when they are not mere images, are sensational, but that they occur as signs, not (so to speak) in their own right. . . . It is the m e a n i n g of the word “tram,” not the actual word, that forms part of the fact which is the objective of your belief. Thus the word occurs in the belief as a symbol, in virtue of its meaning, whereas the noise enters into both the belief and its objective. It is this that distinguishes the occurrence of words as symbols from the occurrence of sensations in their own right: the objective contains the sensations that occur in their own right, but contains only the meanings of the words that occur as symbols. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XII. Belief, S. 238 f. 91 es giebt . . . giebt] We will distinguish propositions of this kind as “imagepropositions” and propositions in words as “word-propositions.” – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XII. Belief, S. 241. 92 Doch . . . müsste] In any science other than psychology the datum is primarily a perception, in which only the sensational core is ultimately and theoretically a datum, though some such accretions as turn the sensation into a perception are practically unavoidable. But if we postulate an ideal observer, he will be able to isolate the sensation, and treat this alone as datum. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 299. 93 in terms . . . ‘meaning’] The first thing to notice is that consciousness must be of something. In view of this, I should define “consciousness” in terms of that relation of an image of a word to an object which we defined, in Lecture XI, as “meaning.” – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 288. 94 an element . . . consciousness] The addition of some element of belief seems required, since mere imagination does not involve consciousness of anything, and there can be no consciousness which is not of something. If images alone constituted consciousness of their prototypes, such imagination-images as in fact have prototypes would involve consciousness of them; since this is not the case, an element of belief must be added to the images in defining consciousness. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 289. 95 Diese . . . ‘Bewusstseins’] For in this case the sensation is a sign of the perceived object in much the same way in which a memory-image is a sign of a remembered object. The essential practical function of “consciousness” and “thought” is that they enable us to act with reference to what is distant 88
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in time or space, even though it is not at present stimulating our senses. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 292. 96 The whole essence . . . prodigious.] Bei Russell: to signs: . . . Of this, words are und signs are prodigious, while their intrinsic interest as sensible occurrences on their own account is usually very slight. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 293. 97 so S. 299 siehe oben !] Vgl. Hrsg.-Anm. 92. 98 It is clear . . . a belief] Bei Russell: It is clear, in the first place, that there. 99 Similarly . . . p e rc e p t i o n ] Similarly, in perception, we do not have a datum unless we have a j u d g m e n t of perception. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 297. 100 ganz . . . de prima philosophia II.] Vgl. Hrsg.-Anm. 87. 101 (siehe . . . S. 306 ff.)] A causal law applicable to particulars would count as a law of physics if it could be stated in terms of those fictitious systems of regular appearances which are matter; if this were not the case, it would count as a law of psychology if one of the particulars were a sensation or an image, i. e. were subject to mnemic causation. . . . Physics and psychology are not distinguished by their material. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XV. Characteristics of Mental Phenomena, S. 306 f. 102 (Zuständlichkeit . . . S. 91 f.)] It is the causation of images that is the vital problem. We have seen that they are subject to mnenic causation, and that mnenic causation may be reducible to ordinary physical causation in nervous tissue. – Vgl. Bertrand Russell: Analysis of Mind. S. 303; The response of an organism to a given stimulus is very often dependent upon the past history of the organism, and not merely upon the stimulus and the hitherto disc ove rab l e present state of the organism. . . . It is customary to assume that, in such cases, the past operates by modifying the structure of the brain, not directly. – Ebd., Lecture IV. Influence of Past History on Present Occurrences in Living Organisms, S. 76; Thus all our habitual knowledge consists of acquired habits, and comes under the head of mnemic phenomena. – Ebd., S. 80; The argument from the connection of brain-lesions with loss of memory is not so strong as it looks, though it has also some weight. What we know is that memory, and mnemic phenomena generally, can be disturbed or destroyed by changes in the brain. This certainly proves that the brain plays an essential part in the causation of memory, but does not prove that a certain state of the brain is, by itself, a sufficient condition for the existence of memory. Yet it is this last that has to be proved. – Ebd., S. 91 f. 103 (Seele . . . Platon)] Anspielung u. a. auf Argumentation Platons im Phaidros: Denn eine [Seele – der Hrsg.], die niemals die Wahrheit erblickt hat, kann auch niemals diese Gestalt [des Menschen – der Hrsg.] annehmen, denn der Mensch muß nach Gattungen ausgedrücktes begreifen, welches als Eines hervorgeht aus vielen durch den Verstand zusammengefaßten Wahrnehmungen. – Vgl. Platon: Phaidros. In: Werke. 1. Theil. Bd. 1, St. 249, S. 84. Zur Rolle
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von Platons “Idee” siehe auch Bertrand Russell: Analysis of Mind. Lecture XI. General Ideas and Thought, S. 213. 104 Zu Russe ll s Buch . . . Stellen.] Offenbar Hinweis auf die angestrichenen Stellen im eigenen Exemplar, das sich in Cassirers privater Bibliothek findet. 105 S ch a p p , ] Wilhelm Schapp, Philosoph und Jurist. * 15. 10. 1884 Timmel (Ostfriesland), † 22. 3. 1965 Sanderbusch. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und der Philosophie (Freiburg / Br., Berlin und Göttingen) 1909 Promotion über die Phänomenologie der Wahrnehmung. Seit 1910 als Anwalt und Notar tätig, später noch juristische Promotion bei Julius Binder (Göttingen). Schriften: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung (1910); Die neue Wissenschaft vom Recht. 2 Bde. (1930/32). 106 Zum Begriff . . . S. 46 ff.] Ein Hinweis auf den Begriff der Intention als ›symbolischer Repraesentation‹ findet sich auf den angegebenen Seiten nicht, trotz der Rede von Darstellendem und Dargestellten. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung. Abschn. I. Kap. VII: Das Dargestellte: die räumliche Dingwelt, S. 46–56. 107 wenn . . . Kausalität] Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 46 f. 108 Töne, Farben . . . sein mag.] Hervorhebungen von Cassirers Hand. 109 Der Ton . . . räumlich] Sein [des Tones – der Hrsg.] ganzes Wesen ist gleichgültig gegen den Raum. Man kann ihn weiter gliedern in Haupt- und Nebentöne; aber diese Gliederung ist nicht verbunden mit räumlicher Gliederung. Rein als Ton betrachtet, hat er keine Beziehung zum Raum. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 44. 110 Und selbst . . . Raum.] Aber selbst die Farben des Dinges haben nur durch das Ding Beziehung zum Raum. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 46. 111 Dagegen . . . geformt] Man wird dagegen nicht anführen, daß die Dingfarben Flächenform haben; denn es ist augenfällig, daß die Dingfarbe irgend wie mit der Fläche verbunden ist, sie bedeckt, erfüllt, aber ebenso leicht ist einzusehen, daß sie nicht selbst flächenhaft geformt ist. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 46. 112 versteht man . . . gegeben] Hervorhebungen von Cassirers Hand. 113 (cf. unter “Farbe”!)] Die Farbe ist dann ein Weg, auf dem man zum Ding gelangen kann. Es mag unendliche viele solche Wege geben, . . . aber immer muß es eine Ordnung geben, in die sich die Materie, die Dinge darstellt, fügt, wenn sie darstellen will. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 127. 114 das Anschauen . . . Wahrnehmung] Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, III. Abschn.: Die Idee in der Wahrnehmung. Kap. I. Das Anschauen in der Wahrnehmung getrennt vom Meinen in der Wahrnehmung, S. 129 ff. 115 cf. hierzu Ding . . . ρ1)] Siehe vorliegende Ausgabe, S. 59 f. 116 Alles “Meinen” . . . Annehmen] Wir haben ja gesehen, daß das rein passive Vorstellen noch keinen Gegenstand erfaßt und alles Meinen bereits mindestens Annehmen ist. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 369.
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der Autor . . . waren] Ich selbst habe in Zeiten, da mir die Annahmen unbekannt waren, zwei Wege einzuschlagen versucht, um der Schwierigkeit Herr zu werden. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 127. 118 Die Annahmen . . . (. . . Urteilen)] Vor allem soll zusammengestellt werden, was einer charakterisierenden Beschreibung der neuen Erlebnisklasse dienlich sein könne. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen. 10. Kap.: Ergebnisse. Bausteine zu einer Psychologie der Annahmen. § 59: Zur Beschreibung des Annahmeerlebnisses. Akt und Inhalt, S. 338. 119 “eine . . . Grundtatsache” !] Zitat findet sich nicht auf angegebener S. 335 bei Meinong, obwohl er an anderer Stelle den Ausdruck Klassen psychischer Grundtatsachen gebraucht. Vgl. Alexius Meinong: Über Angaben, S. 376. 120 ein . . . Tatsachengebiet] Wie man sieht, führen so die Untersuchungen, die es zunächst auf die Aufhellung eines vorher von der Forschung so gut wie übersehenen Tatsachengebietes abgesehen hatten, weit über dieses Gebiet hinaus. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 384. 121 ebenso wie . . . giebt] Ich habe . . . diese Bezeichnungsweise bereits im Detail vorweggenommen, als ich für die Scheingefühle und Scheinbegehrungen die Benennungen “Phantasiegefühle” und “Phantasiebegehrungen” in Vorschlag gebracht habe. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 383. 122 dem Kantischen Satze, . . . Wahrnehmung sei] Vgl. Hrsg.-Anm. 274. 123 Dessoir] Max Dessoir, Philosoph, Psychologe, Kunsthistoriker, Ästhetiker. * 8. 2. 1867 Berlin, † 19. 7. 1947 Königstein i. Taunus. Nach dem Studium Promotion (1889) und Habilitation (1892) in Berlin. 1897 Extraordinarius, 1920 Ordinarius für Philosophie an der Berliner Universität, mit Erreichen der Altersgrenze tritt er 1934 vom Lehramt zurück, ab 1940 Berufsverbot im NS-Staat. Herausgabe der Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft und Vorsitzender der Gesellschaft für Ästhetik. Schriften: Geschichte der neueren deutschen Psychologie (1902); Abriss einer Geschichte der Psychologie (1911); Vom Jenseits der Seele (1918); Vom Diesseits der Seele (1923); Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft (1923); Beiträge zur allgemeinen Kunstwissenschaft (1929). 124 Andrerseits . . . nahm.] Vgl. dazu Hrsg.-Anm. 275. 125 Koffka,] Kurt Koffka, deutsch-amerikanischer Psychologe. * 18. 3. 1886 Berlin, † 22. 11. 1941 Northampton (MA). Zählt mit Max Wertheimer und Wolfgang Köhler zu den Begründern der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie. Psychologiestudium in Berlin, Promotion 1908 bei Carl Stumpf, Assistentenjahre in Freiburg / Br. und Würzburg, Professur in Gießen, 1927 Übersiedelung in die USA, wo Koffka an mehreren Universitäten lehrte und Forschungen zur Wahrnehmungs- und Entwicklungspsychologie betreibt. Schriften: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung (1921); The Growth of the Mind (1924); Principles of Gestalt Psychology (1935). 126 aus dem Grund . . . heraus.] Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 93. 127 K öhl e r,] Wolfgang Köhler, Psychologe und Physiologe. * 21. 1. 1887 Reval (Estland), † 11. 6. 1967 Lebanon (New Hampshire). Ab 1910 Assistent am Psychologischen Institut der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frank117
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furt / Main, 1914–1920 Leiter der Anthropoidenstation der Preußischen AdW auf Teneriffa, 1922–1935 Professor und Direktor des Psychologischen Instituts der Universität Berlin, 1934–1935 Gastprofessor an der Harvard University (USA), 1935–1948 Professor am Swarthmore College, ab 1948 am Dartmouth College und an der Freien Universität Berlin tätig. Schriften: Intelligenzprüfungen an Anthropoiden (1917); Die physischen Gestalten in Ruhe und im stationären Zustand (1920); Gestalt Psychology (1929). 128 (vgl. Köhle r, . . . S. 207)] Da der Eingriff an jeder Stelle der Oberfläche in dieser Hinsicht denselben Erfolg gehabt hätte, die Eigenstruktur also stets als ganze angegriffen worden wäre, so haben sich die in Eigenstruktur über die Oberfläche ausgebreiteten Ladungen im ganzen gegenseitig “getragen”. [. . .] Aber daß die Struktur der räumlichen Ausbreitung und die Lokalisierung der Gestaltenergie sich nach den Systembedingungen größerer Bereiche ausbilden, ist eine allgemeine Eigenschaft physischer Raumgestalten. [. . .] immer m u ß d a s j e we i l s “ g e st a l t e t e ” ( i m p rä g n a n t e n S i n n ) , fe st o d e r “als Figur” auftretende Gebiet als derjenige Strömungsbereich a n g e s e h e n we rd e n , i n we l ch e m d i e G e s a m t ve rs ch i e b u n g d e s o p t i s ch e n G e s ch e h e n s st a r k ko n z e n t r i e r t a u f t r i t t , wä h re n d im Ge biet des “Grun des ” der g leiche Gesa m tbetrag zu einem m at te n Gesche hen we i t ause i nander gebreitet ist. – Vgl. Wolfgang Köhler: Die physischen Gestalten in Ruhe und im stationären Zustand, S. 57, S. 192, S. 207. 129 repraesentativum universi] Mens non pars est, sed simulacrum divinitatis, repraesentativum universi, civis divinae Monarchiae. (Der Verstand ist kein Teil, sondern ein Spiegel des Göttlichen, eine Vorstellung / Repräsentation der Welt, ein Bürger im Königreich Gottes.) – Vgl. Leibniz: Epistola ad Hanschium de philosophia Platonica sive de enthusiasmo Platonico. In: Opera philosophica, S. 447. 130 In dem Augenblick . . . wird,] Suppose a geometrician is demonstrating the method of cutting a line in two equal parts. He draws, for instance, a black line of an inch in length: this, which in itself is a particular line, is nevertheless wit h re g ard to i ts si g ni fi cati on general; since, as it is there used, it represents all particular lines whatsoever; so that what is demonstrated of it is demonstrated of all lines, or, in other words, of a line in general. – Vgl. George Berkeley: A Treatise concerning the Principles of human knowledge. The Author’s Introduction, § 12. In: Works. Bd. 1, S. 245; siehe dazu auch Ernst Cassirer: EP II, S. 286 f. 131 “Qualität . . .” . . . Struktur] Und das würde heißen, nicht ungegliederter Grund ist primitivstes Phänomen, sondern die Struktur: Qualitä t gegen gleichförmi ge n Grun d. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 97. 132 vgl. . . . Struktur-Phaenomene] Als Ergebnis dieser letzten Betrachtung stellen wir fest: einfache Strukturen sind durchaus p r i m i t i ve Verhaltensweisen, die n i ch t etwa das Bestehen absoluter “Empfindungen” voraussetzen. . . . Wir betonen, daß es sich um sehr einfache Strukturen handeln muß, und die Strukturen, die wir als erste annahmen, waren auch denkbar
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einfachst konstruiert: eine Qualität auf einem gleichförmigen Grund. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 101. 133 so . . . Schimpansen] Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung. 4. Kap. 6. Einsichtiges Lernen von Tieren. Köhler’s Versuche mit Schimpansen, S. 128–145. 134 die Farb-Struktur] Dies Zueinander des helleren zum dunkleren, diese Farb- Struk tur, bleibt nun auch erhalten, wenn man von der Anordnung der Lern-Versuche [Köhlers mit Hühnern – der Hrsg.] zu der der kritischen übergeht. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 100. 135 “Zueinander der Farben”] Unter den gegebenen Umständen findet die Selbstbeobachtung als in erster Linie charakteristisch das Zueina nder der beiden Farben. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 158. 136 das “Zueinander der Farben” . . . werden] Genau so, wie wir hier einen Wi n ke l sehen, so sehen wir im Farben-Paar ein Zueina nder, eine Struktur, dazu brauchen wir kein Übergangs-Erlebnis wohl aber setzt das Übergangs-Erlebnis die Existenz einer Struktur voraus. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 159. 137 Alles . . . St r u k t u re n ] . . . das Tier erlebt nicht nur vage Gesamt-Situationen, sondern durch das Lernen bildet sich ein Anfang von Gliederung innerhalb der Situation. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 123. 138 die Theorie . . . erhalten] Wir sehen also richtige “Übertra gungen ” vorkommen, ein Tier wendet ein Verfahren, das ihm unter bestimmten Bedingungen Erfolg gebracht hat, auch unter veränderten Bedingungen in einer der Veränderung a n g e p a ß t e n Weise an. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 121. 139 cf. . . . / (Stumpfs Sohn)] Der Zusammenhang zwischen Struktur und Name ist vielleicht nie so ausgeprägt beobachtet worden wie von [Carl] St u m p f bei seinem Kinde. Anm. 246: [Carl] Stumpf, [Eigenartige] Sp[rachliche] E[ntwicklung eines Kindes. In: Zeitschrift für pädagogische Psychologie und Pathologie 3, Heft 6, 1901 (Sonderdruck)], S. 20. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 197. 140 was im Anfang . . . Frucht] . . . was im Anfang den Charakter “gleichgültig”, oder “zum beißen”, oder sonstwie, besaß, bekomm t den Charakter “Ding zum holen der Frucht”. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 136. 141 die Dinge . . . (teleologische Symbolfunktion)] Oder, wie es Köhler ausdrückt, der Stock im Gesichtsfeld hat einen bestimmten Funktions-Wert für gewisse Situationen gewonnen, und diese Wirkung dringt nun von selbst in alle anderen Gegenstände ein, die mit dem Stock gewisse allgemeinste Eigenschaften gemein haben, sie mögen sonst aussehen, wie sie wollen. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 137; Köhler zitierend heißt es kurz darauf: “so geht infolge der Spannung ein Wechsel im Gesichtsfeld [des Tieres – der Hrsg.] vor sich; längliche und bewegliche Gegen-
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stände sieht man nicht mehr indifferent und streng statisch an ihrem Ort, sondern wie mit einem «Vektor», wie unter einem Druck nach der kritischen Stelle hin.” – Vgl. ebd., S. 137 . 142 der Ast . . . werden.] Im Versuch (Nr. 7) besteht die Leistung darin, den Ast aus dem Baume “ l o s z u s e h e n ”, also ein Ding, das als A st erscheint, als Sto ck zu sehen, eine Leistung, die den weniger begabten Tieren große Schwierigkeiten machte. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 140 f. 143 Bühler, ] Karl Bühler, bedeutender Sprachpsychologe und Sprachtheoretiker. * 27. 5. 1879 Meckesheim; † 24. 10. 1963 Los Angeles. Vertreter der Würzburger Schule der Denkpsychologie (Gestaltpsychologie). Nach Medizinstudium samt Promotion in Freiburg / Br. Psychologiestudium und Promotion in Straßburg, seit 1906 Assistent an den Universitäten Freiburg / Br. und Würzburg, 1907 Habilitation in Würzburg, 1909 Assistent von Oswald Külpe in Bonn, 1913–1918 a. o. Professor in München, 1918 o. Professor für Philosophie und Pädagogik an der Technischen Universität Dresden, 1922 Professor für Psychologie an der Universität Wien und Leiter des Psychologischen Instituts. Nach dem »Anschluß« Österreichs 1938 kurzzeitige Inhaftierung, 1940 Emigration über Oslo und London in die USA. 1940 bis 1945 Professor in Minnesota und von 1945 bis 1955 Professor der Psychiatrie an der Universität von Southern California (LA). Schriften: Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie der Denkvorgänge (1907); Die Gestaltwahrnehmungen (1913); Die geistige Entwicklung des Kindes (1918); Die Krise der Psychologie (1927); Axiomatik der Sprachwissenschaften (1933); Ausdruckstheorie (1933); Sprachtheorie (1934); Die Zukunft der Psychologie und die Schule (1936). 144 aber was . . . (. . . S. 138)] Die Deutung, die wir früher (o[ben] S. 123) . . . für die primitiven Übertragungen vorschlugen, gewinnt . . . an Wahrscheinlichkeit. Das ist etwas anderes als eine bloße Sache der Aufmerksamkeit. Wie mir scheint will Bühler diese Übertragungen der Köhler’schen Tiere allein durch solche erklären. . . . Mir scheint gerade das wesentliche der Köhler’schen Theorie in der Bühler’schen Erklärung zu fehlen. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 138. 145 (wie . . . gezeigt hat)] Bezieht sich auf Aussagen Husserls wie die, wonach in Fälle[n] unsinnlicher . . . Abstraction das sich realisirte Allgemeinheitsbewußtsein mindestens zum . . . Theil auf nichtsinnlichen Acten aufbaut und somit gedankliche Formen in sich schließt . . . – Vgl. Edmund Husserl: LU II, 2. Logische Untersuchung: Die ideale Einheit der Species und die neueren Abstractionstheorien. 3. Kap.: Abstraction und Aufmerksamkeit, A S. 136–164, hier S. 161; B S. 137–166, hier S. 162 f. 146 Stern,] Louis William Stern, Psychologe, Philosoph (Personalismus). * 29. 4. 1871 Berlin, † 27. 3. 1938 Durham (North Carolina). Studium der Philosophie und Psychologie in Berlin bei Hermann Ebbinghaus, 1893 Promotion: Die Analogie im volkstümlichen Denken, danach Lehrtätigkeit an der Universität Breslau, 1897 Habilitation: Psychologie der Veränderungsauffassung, ab 1907 a. o. Professor für Psychologie in Breslau, Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (1904) und der Zeitschrift für angewandte Psychologie (1907),
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seit 1915 Professor für Philosophie und Psychologie am Hamburger Allgemeinen Vorlesungswesen und Kolonialinstitut. 1918/19 Mitbegründer der Hamburgischen Universität, von 1919–1933 Inhaber des Lehrstuhles für Experimentalpsychologie, erster Direktor des Psychologischen Institutes der Hamburgischen Universität. Wird im April 1933 als Jude von NS-Behörden aus dem Universitätsdienst entlassen und emigriert über Holland in die USA. Mehrjährige Lehrtätigkeit an der Duke University, North Carolina. Cassirer ist mit Stern eng befreundet und arbeitet in seiner Hamburger Zeit eng mit ihm zusammen. Schriften: (mit Clara Stern) Die Kindersprache. Eine psychologische und sprachtheoretische Untersuchung (1907); Psychologie der frühen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr, mit Benutzung ungedruckter Tagebücher von Clara Stern (1914); Person und Sache. System des kritischen Personalismus (3 Bde. 1918–1924). 147 zum Raump roblem . . . S. 80 ff.] . . . die Struktur-Einheit des Sensomotorischen tritt nirgends mit solcher Schärfe hervor wie beim Verhalten zum Raume; es gibt kein Auffassen ohne Anfassen, kein Begreifen ohne Ergreifen, kein Vorstellen ohne ein Sich-Einstellen. – Vgl. William Stern: Psychologie der frühen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahre. 2. Abschn. Kap. VI. 3. Die Eroberung des Raumes, S. 80–90. 148 wenn z. B. . . . gegeben] . . . der Affe bemerkt Sach-Bezüge: er verwandelt ein Feld, dem vorher die Sach-Bezüge fehlten, in ein solches, in dem sie das Zentrum bilden, er verändert also das Feld, gibt ihm eine n e u e und dem Problem ad äquat e Struktur. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 149. 149 es entsteht . . . besonders S. 153] . . . es entsteht plötzlich die neue Struktur dadurch, daß der indifferente Stock als “Brücke” in die Wunsch-Situation hineinspringt. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 153. 150 Kritik der . . . Theorie] Die dritte Annahme Bühlers [das “Bemerken” von Sach-Bezügen – der Hrsg.] scheint mir also, konsequent zu Ende gedacht, wieder auf unsere Theorie zu führen. . . . Auch der zweite Punkt [Bühlers] hilft uns nicht weiter, das sich in die End-Situation-Versetzen und den “Rückweg” finden. . . . bewiesen ist es von Bühler sicher nicht. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 150. 151 Berufung . . . “Gedächtnis”] der auf Ms.-S. 24v gegenüberstehende Text ‘Gedächtnis’ besteht nach Koffka . . . (als monumentum aere perrennius) führt diese Gedanken weiter aus, siehe vorliegende Ausgabe, S. 42. 152 Berufung . . . nicht aus] Dies . . . ist das klare Haupt-Ergebnis der Köhlerschen Versuche, ein Ergebnis nicht nur für unsere Kenntnis der Affen, sondern für die Psychologie der Einsicht, des sinnvollen Lernens, von der größten Bedeutung, ein Ergebnis aber, das assoziationstheoretische Betrachtungen ausschließt, das vielmehr dazu beitragen wird, den ganzen Begriff der Assoziation als eines bloßen äußeren Bandes aus der Psychologie auszuschließen. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 153. 153 Auch . . . da waren] Die sogenannte Klang-Analyse . . . war ja überhaupt der wichtigste Beweis für die Lehre von den unbemerkten Empfindungen, bis K öhl e r gezeigt hat, daß die Tatsachen absolut nicht dazu stimmen, so-
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bald man sie vorurteilslos und genau durchforscht. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 161. 154 “sind . . . zu ergänzen”] Wortwörtlich lautet die zitierte Stelle: Dies Gesetz müssen wir durch ein anderes ersetzen: sind Phänomene A B C . . . einmal, oder mehrere Male, al s Gl i e der e iner Stru ktu r da gewesen, und tritt eins von ihnen mit diesem “Glied-Charakter” versehen wieder auf, so hat es die Tendenz, von sich aus die gesamte Struktur mehr oder weniger vollständig und scharf zu ergänzen. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 176. 155 Qual . . . Sinndetermination] Die Reproduktion kann noch auf einem ganz anderen Weg erfolgen: in unserem Beispiel kann mir “Qualle” nicht nur dadurch einfallen, daß “Qual” als Anfangs-Silbe sich zum ganzen Wort “von selbst” ergänzt, sondern auch dadurch, daß man etwa aus “Qual” in einer der Sprache entsprechenden Form ein Wort zu bilden versucht. Hier ist also die Reproduktion so, daß die Ganz-Struktur selbst von ihrem Anfangs-Glied aus hergestellt wird, und hierzu ist es nicht mehr erforderlich, daß die neue, so reproduzierte Form in dieser Weise schon je erlebt worden ist. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 176. 156 “Erhaltung der Bedeutung”] Ist einmal unter bestimmten äußeren Bedingungen eine neue Struktur entstanden, so bleibt diese L e i st u n g dem Organismus irgendwie erhalten. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 178. 157 diese ‘Hinsicht’ . . . Association] Die herkömmliche Lehre kannte neben dem schon besprochenen Assoziations-Gesetz noch ein anderes, das der Reproduktion durch Ä h n l i ch ke i t . Ja man sprach von Ähnlichkeits-Assoziation und stellte ihr dann die Berührungs-Assoziation gegenüber . . . Dies Prinzip paßt im Grunde nicht recht in die Assoziations-Theorie hinein, denn Ähnlichkeit ist kein äußerer, sondern ein i n n e re r, sachlicher Zusammenhang und das Prinzip, alle inneren Zusammenhänge durch bloß äußere zu ersetzen, wird dadurch durchbrochen. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 177. 158 Ste rn, Psychologie . . . äussere] Wir dürfen demnach nicht mit der Frage beginnen, wie sich ursprünglich isolierte Elemente verknüpfen, sondern umgekehrt: wie sich aus diesem wirren Gesamtzustand allmählich jene Bewußtseinsgebilde herauslösen, die wir Wahrnehmungen, “Erfahrungen” nennen. Somit steht am Anfang nicht das Problem der Assoziation sondern der Dissoziation oder “Ab he bun g ”. . . . Jene Stellen [beginnender Abhebung – der Hrsg.] bilden vielmehr nur den einen, außenbedingten Faktor im Konvergenzvorgang des Wahrnehmens; sie stellen nur die Ansatzpunkte für den anderen Faktor, die E i g e n t ä t i g ke i t des Kindes dar, die teils körperlicher, teils geistiger Art ist. Die körperlichen Tätigkeiten bestehen in E i n st e l l u n g s b e we g u n g e n . . . – Vgl. William Stern: Psychologie der frühen Kindheit, S. 71; Erst wenn durch Abhebung (Dissoziation) einzelne Wahrnehmungsgestalten gewonnen sind, kann sich an diesen eine Verknüpfung geltend machen. – Vgl. ebd., S. 75. 159 disjecta membra] Vgl. Hrsg.-Anm. 35.
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vgl. . . . Farb-Namens] Cassirer gibt hier einen Ausdruck wieder, den Koffka aus Wilhelm Peters zitiert: “. . . Der die Auffassung beeinflussende FarbenName – man könnte hier von einem verboperzeptiven Einfluß sprechen – . . .” [Anm.] 248: zu S. 198. [Wilhelm Peters, Zur Entwicklung der Farbenwahrnehmung, in: Fortschritte der Psychologie, [Bd.] 3, 1915,] S. 161/2. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 198. 161 Pe t e rs ] Wilhelm Peters, Psychologe und Pädagoge. * 11. 11. 1880 Wien, † 29. 3. 1963 Würzburg. Studiert Psychologie und Pädagogik in Wien, Zürich, Straßburg und Leipzig, wird 1904 in Leipzig bei Wilhelm Wundt promoviert, habilitiert sich 1910 in Würzburg in Psychologie und Pädagogik. Peters ist in Würzburg Assistent von Karl Marbe und gründet mit diesem 1912 die Zeitschrift Fortschritte der Psychologie. Er befaßt sich u. a. mit der Vererbung geistigpsychischer Eigenschaften und erhält 1919 eine Prof. in Mannheim, 1923 wird er gegen den Widerstand der Philosophischen Fakultät, die Erich Jaensch bevorzugte, an die Universität Jena berufen, 1925 wird die Psychologie der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät zugeordnet. 1937 muß der 1933 von der Universität entlassene Peters wegen seiner jüdischen Abstammung nach Istanbul auswandern, wo er an der Universität ein Psychologisches Institut aufbaut. 1952 kehrte er an die Universität Würzburg zurück. 162 Arbeit . . . Farben-Namen] Das primäre war für uns die Struktur, das sekundäre der Name. Diese Ansicht kehrt Peters in einer prägnant geschriebenen und klar auf experimentelle Entscheidungen gestellten Arbeit zur Erklärung gewisser Tatsachen geradezu um. Die Verwechslungen, die Kinder nicht nur bei der Benennung, sondern auch bei der Zuordnung von Farben begehen, sollen durch eine Beeinflu ssung der Auffa ssung und des Vergleiches der Farben durch die Farben-Namen zustande komme n. [Anm.] 247: zu S. 197. W[ilhelm] Peters, Zur Entwicklung der Farbenwahrnehmung nach Versuchen an abnormen Kindern, [in:] Fortschri[tte] d[er] Psychol[ogie], 3, 1915. S. 152/3. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 198. 163 ‘Gedächtnis’] Vgl. Hrsg.-Anm. 151. 164 vgl. Ste rn , . . . Gestaltung] Ja wir dürfen überhaupt nicht von den “Gestalten” als bloß zuständlichen Gegebenheiten des Bewußtseins reden, sondern von lauter “Gestaltungen”, in welche neben den sinnlichen Momenten der Farben, Geräusche und Tasteindrücke auch die Eigenaktivität der Körpereinstellung und Aufmerksamkeitsspannung mit eingeht. – Vgl. William Stern: Psychologie der frühen Kindheit, S. 75; In obiger Darstellung wird versucht, die Gesichtspunkte der Gestaltpsychologie auf Prinzipien des Personalismus zurückzuführen. Die “Gestalten” sind nichts letztes, sondern gehen hervor aus der gestaltenden Tätigkeit des einheitlichen persönlichen Subjekts. – Vgl. ebd., S. 75 Anm. 1. 165 siehe Blatt 43–4 !] meint wahrscheinlich Blatt IV des Ms. Zur Objektivität der Ausdrucksfunktion. In: Box 52, Folder 1043, Bl. 3r/v–4r/v; abgedruckt in: ECN 5, S. 126–128. 166 (als . . . perennius)] Exigi monumentum aere perennius / Regalique situ pyramidum altius; / quod non imber edax, non Aquilo impotens / possit 160
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diruere aut innumerabilis / annorum series et fuga temporum. – Vgl. Horaz: Carminum III 30, Z. 1–5. In: Opera. Vol. 2, S. 227 f.; Ew’ger schuf ich als Erz, höher, als Königsmacht / Pyramiden sich türmt, mir ein Gedächtnismal, / Das kein stürzender Guß, keines Orkans Gewalt / Zu erschüttern vermag, noch der unendliche / Strom der Jahre zerstört oder der Zeiten Flucht. – Vgl. ders.: 3. Buch, Ode 30, Z. 1–5. In: Emanuel Geibel: Klassisches Liederbuch, S. 220. 167 relative . . . Netzhautbildes] Bei uns Erwachsenen besteht eine relative Unabhängigkeit der “scheinbaren Größe” eines Gegenstandes, davon, wie groß ein Ding “aussieht”, von der Größe seines Netzhautbildes. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 204. 168 die Helmholtz’sche . . . nicht.] Bisher wird dies allgemein nach dem Vorgang von H e l m h o l t z durch die Erfahrung erklärt. . . . Leider wissen wir nun über diese Erwerbung und Übung bei Kindern so gut wie gar nichts. Helmholtz teilt eine undatierte Jugend-Erinnerung mit . . . Schon dies spricht gegen die Helmholtz’sche Erklärung aus der Erfahrung, d. i. der Verknüpfung von Empfindungen mit Vorstellungen und Urteilen. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 204 f. Im Anschluß an die mitgeteilte Jugenderinnerung heißt es bei Helmholtz: Durch das Princip der Einübung, der Erziehung unserer Sinnesorgane erklärt sich auch die Sicherheit und Genauigkeit in der Raumconstruktion unserer Augen. – Vgl. Hermann von Helmholtz: Ueber das Sehen des Menschen. In: Vorträge und Reden. Bd. 1, S. 114. 169 Man kann . . . erweitern] Daß aber hier [beim Gesichts- bzw. Seh-Raum – der Hrsg.] die Verhältnisse ähnlich liegen wie bei den Farben-Transformationen, mit denen die relative Konstanz der scheinbaren Größe schon äußerlich große Verwandtschaft besitzt, das haben wieder Wahl-Dressuren gezeigt, die Köhler an Schimpansen ausgeführt hat. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 205. 170 Im B ewusstsei n . . . hinein] Wir hatten diese Erfindung [der Schimpansen – der Hrsg.] als Struktur-Leistung erkannt, werden also auch in der Benennung eine Struktur-Leistung sehen: das Wort . . . springt in die Ding-Struktur hinein, so wie der Stock in die Situation des “Frucht-haben-wollens”. Da liegt es nun sehr nahe anzunehmen, daß das Wort sich der Ding-Struktur ähnlich eingliedert, wie ihre übrigen Glieder, d. h. daß das Wort als Name zu einer Ei ge nschaft des Dinges wird . . . – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 232. 171 wie Farben- . . . sieht] Die hier wirksame Gesetzmäßigkeit ist, gerade so wie die Farben- und Größen-Konstanz, für den Aufbau unseres Welt-Bildes geheuer wichtig, wir wollen sie als G e st a l t - Ko n st a n z bezeichnen. B ühle r sieht, wie mir scheint mit Recht, in dieser wahrnehmungsmäßigen Gestalt-Konstanz ein Analogon zu unsern Begriffen. [Anm.:] 266: zu S. 211: [Karl Bühler,] G[eistige] E[ntwicklung des Kindes. 2. Aufl. 1921], S. 368/9. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 211. 172 “Es giebt . . . sind”.] Bei Koffka gibt und Gestalten, und. 173 Zur ‘Grössenkonstanz’ . . . S. 88 f.] In eigentümlicher Beziehung zur Auffassung der Entfernung steht die der Größe eines Gegenstandes. [Anm. 1:
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Meine früheren Ausführungen über die Größenauffassung sind unter Verwertung von Anregungen Koffkas ([Grundlagen der psychischen Entwicklung,] S. 204 f.) etwas modifiziert.] . . . Andererseits ist für die taktil-motorische Auffassung die Größe konsta nt; der greifenden Hand ist der Apfel nur in einer einzigen Größe zugänglich. – Vgl. William Stern: Psychologie der frühen Kindheit, S. 88 f. 174 für alle . . . können] Für alle drei lehnten wir eine Erklärung durch individuelle Erfahrung in dem Sinne ab, daß es ganz bestimmte Verknüpfungen oder Beinflussungen unserer Auffassung oder des Urteils sein könnten. Wir sahen vielmehr in diesen Sachverhalten Gesetze von Struktur-Funktionen, die sich sowohl durch bloße Reifung . . . entwickeln, wie auch umformen oder gar neubilden können. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 212. 175 Schaffung . . . (S. 213).] Zum Schluß wollen wir noch auf eine besonders wichtige Problem-Gruppe mehr hinweisen, als sie genauer erörtern: die kategoriale Formung der Wahrnehmung. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung. 5. Kap. 7. Fortsetzung: Über Kategorien in der Wahrnehmung, S. 213. 176 So . . . brauchen] Nachdem Koffka Stern zitierend für die Ausbildung der Wahrnehmungsstrukturen bei Kindern die drei Stadien »Substanzstadium«, »Aktionsstadium« und »Merkmalsstadium« aufführt, erklärt er: Weiter wollen wir betonen, daß diese Kategorien sich nicht nur auf das “Denken” beziehen, sondern zunächst ganz gewiß in der Wa h r n e h m u n g auftreten . . . – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 213 f. 177 erste . . . D i n g st r u k t u r ] Die erste O rd n u n g s - St r u k t u r ist dann wohl sicher die dinghafte, und so behalten wohl auch die drei Stufen von Stern ihre Berechtigung, nur setzen sie nicht am “unreflektierten Chaos” ein, sondern an einer Form der Gegebenheit, die zwar primitiver aber doch schon strukturiert ist, und in welcher Wirkung wie Ding beide enthalten sind. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 215. 178 später: . . . (S. 247, Beispiele)] Hier geht es um das kindhafte Erlernen der Unterscheidung zwischen lebendigen und nichtlebendigen Dingen: Wenn wir fragen, welcher Art die Strukturen sein mögen, durch die sich das tote und das lebendige allmählich unterscheiden, so möchte ich folgende Annahme wagen. Es wird allmählich darauf ankommen, was für Konsequenzen das Verhalten des Kindes dem Ding gegenüber haben wird. – Vgl. Kurt Koffka: Die Grundlagen der psychischen Entwicklung, S. 247. Die sich anschließenden beiden Beispiele für diesen Lernprozeß entnimmt Koffka James Sully: Untersuchungen über die Kindheit. Psychologische Abhandlungen für Lehrer und gebildete Eltern. Üb[er]s[etzt] v[on] J. Stimpfl (1897). 2. Aufl. Leipzig 1909. 179 Daß selbst . . . S. 75.] Vgl. Hrsg.-Anm. 158 und 164. 180 L incke ,] Paul Ferdinand Linke, Philosoph, Phänomenologe. * 15. 3. 1876 Magdeburg, † 19. 6. 1955 Brannenburg am Inn. Studium der Philosophie und Psychologie in München, Promotion über Hume (1901), Privatdozent und später Prof. in Jena. Schriften: David Humes Lehre vom Wissen. Ein Beitrag zur Relationstheorie im Anschluß an Locke und Hume. Dissertation (1901); Unter-
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suchungen über die Bedeutung der Gegenstandtheorie und Phänomenologie für die experimentelle Psychologie (1918); Grundfragen der Wahrnehmungslehre (1918); Verstehen, Erkennen und Geist (1936). 181 Zur Beziehung . . . S. 152 ff.] Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. X. Die Beziehung von Gegenstand und Akt in der Außenwahrnehmung. Die Empfindungen, §§ 59–68, S. 152–169. 182 der Akt . . . Seite:] Der Akt hat also keineswegs bloß die Bedeutung eines rein formalen Erfassens, er ist nicht bloß eine Art Zange, sondern hat, eben als Vermittler des Gegenstandes, auch eine inhaltliche Seite. Oder ist es anders? – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 153. 183 Einwände (. . . S. 126 ff.)] Es entsteht nun aber das weitere, bisher nicht genügend beachtete wichtige Problem: unterscheiden sich die Funk tionen des Sehens, Hörens usw., rein psychologisch betrachtet, voneinander, oder sind vielleicht nur die Inhalte verschieden, während jene Funktionen sämtlich einander gleich und “Bewußtsein überhaupt” sind? . . . ist dann das Sehen, Hören usw. noch etwas anderes als ein Bewußtsein von Gesichts-, Gehörsusw. Inhalten? Es will doch nicht sehr so scheinen. – Vgl. Konstantin Oesterreich: Die Phänomenologie des Ich. Bd. 1, S. 126. 184 Dies sucht . . . zu machen] Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 60: Art der Zuordnung. Einwände Oesterreichs, S. 153–156. 185 jeder Akt . . . variabel] Aktstoff und Aktform setzen den vollständigen Akt, das ganz konkrete Icherlebnis zusammen, das Aktganze . . . Auch das Ich können wir . . . als weiteres (drittes) unselbständiges Moment vom Aktganzen abtrennen . . . Jeder Akt ist also in drei Dimensionen variabel. – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 158. 186 d i e s e r Unterschied . . . S. 16 6 ] Eine Kugel, ein tönendes, riechendes Gebilde oder sonst ein bestimmter Außengegenstand ist als solcher zunächst irgendwie räumlich bestimmt, er zeigt u. U. diese oder jene G e st a l t und G rö ß e ; er existiert kürzere oder längere Zeit, . . . Alle Eigenschaften, die durch solche und ähnliche Beispiele veranschaulicht werden, nennen wir forma le Eigenschaften oder Momente. Sie sind insgesamt um eben ihrer Unselbständigkeit willen sinnvoll nur an andere, ebenfalls unselbständige Eigenschaften gebunden zu denken, die wir als materiale bezeichnen wollen. – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 66: Materiale und formale Momente der intentionalen Außengegenstände und ihr Kopplungsbestand im Aktstoff, S. 165–167, hier S. 166; Also: im Stoffe des Aktes finden wir das Widerspiel sowohl des materialen wie des formalen Momentes . . . Der formale Teil des Aktstoffes ist das Form- oder Gestalterlebnis, . . . der materiale ist seinem gebräuchlichen Namen nach weit bekannter: denn nichts anderes als er allein kann sinnvoll Empfindung genannt werden. – Vgl. ebd., § 67: Die Empfindungen als materiale Bestandteile des Aktstoffes, S. 167–168, hier S. 167. 187 vgl. auch S. 220 f.] Jaspers übernimmt nämlich von Husserl die Lehre von der “beseelenden Tinktion” der Akte. Die Empfindungen sind da, und die Akte sind ebenfalls außer ihnen da . . . Das ist also ganz und gar die Lehre
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von der interpretierenden Funktion der Akte, die wir bekämpft haben . . . So also gelangen wir zum Aktstoff als dem von Gegenstand zu Gegenstand verschiedenen, dem jeweiligen Gegenstand aber zugeordneten (gekoppelten) Teil des Aktes, der seinerseits wieder in einen formalen und einen materialen Teil zerfiel: der formale dem Gestaltmoment der Form des gegebenen Gegenstandes entsprechend, der materiale dem gestalteten Etwas . . . Das ist unsere einfache, wie uns scheinen will, überall durchsichtige und hoffentlich ohne alle Konstruktion erreichte Lehre, die trotz ihrer Einfachheit leider neu ist. – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 91: Zur Lehre vom “Empfindungsmaterial”, S. 220 f. 188 Die Te rmin ol ogie . . . Moments] Vgl. Hrsg.-Anm. 186. 189 ›Materiale . . . ‘Aktstoff’‹] Vgl. Hrsg.-Anm. 186 und 187. 190 dies ist . . . ”entspricht”] In der Erscheinung nenne ich das, was der Empfindung korrespondiert, die M a t e r i e derselben; dasjenige aber, welches macht, daß das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verhältnissen geordnet werden kann, nenne ich die Form der Erscheinung. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. In: Werke. Bd. 3, S. (A 20) 56. 191 Zu Cornelius’ . . . Repraesentation] Alles aber, wovon wir durch die Erinnerung wissen, ist mittelbar, alles wovon wir ohne solche Vermittlung, also als von einem gegenwärtig neu gegebenen wissen, ist unmittelbar gegeben . . . Nur darauf, ob etwas als Bedeutung eines Symboles oder ohne Vermittlung eines Symboles gegeben ist, . . . kommt es für jene Unterscheidung an. . . . Soweit wir also z. B. gegenwärtig uns an ein bestimmtes vergangenes Erlebnis und dessen Gegenstand erinnern, ist uns dieses Erlebnis und ist uns sein Gegenstand mi tt el b ar gegeben; soweit wir aber zugleich wissen, daß wir uns erinnern, ist uns dieses Erinnerungserlebnis, durch das wir von jenem mittelbar Gegebenen wissen, seinerseits unmittelbar gegeben. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik. 1. Teil. Kap. V: Das unmittelbar und das mittelbar Gegebene. “Sinnlichkeit und Verstand“, S. 85–92, hier S. 86 f. 192 siehe auch . . . S. 65 f.] Sich auf S. 85 ff. bei Cornelius beziehend heißt es hier: Im Gegensatz zu C[ornelius] ist für uns “unmittelbar gegeben” kein besonderer Terminus: wir gebrauchen die Worte u. U. auch in relativem Sinne, um damit einen Gegenstand zu bezeichnen, der weniger vermittelt ist als ein anderer. Dagegen ist “selbstgegeben” für uns ein besonderer Terminus; dieser steht aber im Gegensatze (nicht wie bei C[ornelius] u. a. zu “erinnert”, sondern) zu symbolisch, signitiv, indirekt oder unanschaulich gegeben. – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. V. Der Erlebnisstrom und sein Gegenstück. Akt und Gegenstand. § 22. Fortsetzung. (Cornelius’ nicht-intentionale Wahrnehmung), S. 65 Anm. 2. 193 Cornelius . . . “Schichtenunabhängigkeit”] Näher . . . steht unseren Anschauungen ein anderer Denker, der aber die Intentionalität auch nur für die Erinnerung anerkennt und dem das Gesetz der Schichtenunabhängigkeit ebenfalls entgangen ist: H a n s C o r n e l i u s . – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 65. 194 es muss . . . zugewiesen werden] Cornelius hatte dem widersprochen: Die Inhalte, welche sy mb ol is che Function besitzen und durch welche dem-
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gemäß irgendwelche Gegenstände mittelbar gegeben sind, mögen als intentionale Erlebnisse bezeichnet werden; . . . Der Sprachgebrauch, welcher oben bereits als irreleitend bezeichnet wurde, hat jedoch zu der falschen Voraussetzung Anlaß gegeben, als ob auch für die unmittelbar gegebenen Inhalte jeweils noch “Akte” des “Erlebens” oder “Bemerkens” – neben jenen Inhalten – gegeben sein müßten, durch welche die genannten Inhalte uns gegeben würden. – Vgl. Hans Cornelius: Transcendentale Systematik, S. 90. 195 Verkennung . . . bei Cornelius] Es wird aus den vorstehenden Darlegungen zugleich hervorgegangen sein, daß es bei Cornelius letzten Endes die Verkennung des intentionalen Charakters der Wahrnehmung ist, die ihn hindert auch in unserer Frage zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. – Vgl. Paul Ferdinand Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 25: Die Psychologisierung des Nicht-Wirklichen (A[ugust] Messer), S. 73 ff., hier S. 73. 196 Das Problem . . . gestellt] Jede Aussage über die Lageverhältnisse der Objekte sowie jede Schätzung ihrer Größe und Entfernung ist demnach – wie gleich zu Beginn der Theorie des Sehens ausgesprochen wird – eher eine Leistung des Urteils als des Sinnes. [Anm. George Berkeley, An essay towards a new theory of vision (1709) (§ 3), in: Works, . . . Bd. I: . . . [S. 127]]. – Vgl. Ernst Cassirer: EP II, S. 277. 197 Die blosse A s s o c i a t i o n . . . aus] Das Bewußtsein ist in diesem Prozeß nicht von rationalen Gesetzen beherrscht, sondern lediglich dem Zuge der Assoziation hingegeben; nicht die deduktive Schlußfolgerung, sondern Ü b u n g u n d G e wo h n h e i t (habit and custom) sind die Triebkräfte, die es leiten. Berkeley schafft einen neuen bezeichnenden Ausdruck für dieses Verhältnis: Die Verbindung zwischen den Inhalten wird nicht erschlossen, sondern »suggeriert« (suggested). – Vgl. Ernst Cassirer: EP II, S. 282 f.; Besides things properly and immediately perceived by any sense, there may be also other things suggested to the mind by means of those proper and immediate objects; which things so suggested are not objects of that sense, being in truth only objects of the imagination, and originally belonging to some other sense or faculty. – Siehe George Berkeley: The Theory of Vision. In: Works. Bd. 2, § 9, S. 385 f. 198 (cf. früher)] Vgl. den nachfolgend wiedergegebenen Text Praegnanz, symbolische Ideation, vorliegende Ausgabe, S. 72 und 75. 199 “unbewussten Schlüsse”.] So sehen wir, daß dieser Prozeß, der in seinen wesentlichen Theilen, soweit wir erkennen können, nur durch unwillkürliche und unbewußte Action unseres Gedächtnisses vollzogen wird . . . Die Vorstellung, daß die in ihren Anfängen beobachtete Erscheinung nun auch in derselben Weise weiter verlaufen wird, wie wir es bisher immer percipirt haben . . . Eine solche Erwartung entspricht dem Resultat eines Inductionss ch lus se s. . . . Ich habe in der früheren Auflage dieses Buches diese Art von Inductionsschlüssen . . . als un be wußte Schlüsse bezeichnet . . . Inductionsschlüsse sind niemals so zuverlässig, wie wohl geprüfte Schlüsse des bewußten Denkens. – Vgl. Hermann v. Helmholtz: Handbuch der Physiologischen Optik, S. 601 f. Siehe auch: Denn nur durch Schlüsse können wir überhaupt das erkennen, was wir nicht unmittelbar wahrnehmen. Dass es nicht ein
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mit Selbstbewusstsein vollzogener Schluss sei, darüber sind wir einig. . . . Auf welche Weise sind wir denn nun zuerst aus der Welt der Empfindungen unserer Nerven hinübergelangt in die Welt der Wirklichkeit? Offenbar durch einen Schluss . . . – Vgl. ders.: Ueber das Sehen des Menschen. In: Vorträge und Reden, S. 113, 115 f. 200 Von hier . . . aufmerksam] Der Hauptsatz der empiristischen Ansicht ist: Die Sin n ese mp fi n dungen si nd für unser B ewußtsein Zeichen , deren Bedeutung verstehen zu lernen unserem Verstande überlassen ist. Was die für den Gesichtssinn erhaltenen Zeichen betrifft, so sind sie verschieden nach Intensität und Qualität, das heißt nach Helligkeit und Farbe, und außerdem muß noch eine Verschiedenheit derselben bestehen, welche abhängig ist von der Stelle der gereizten Netzhaut, ein sogenanntes L o c a l z e i ch e n . – Vgl. Hermann v. Helmholtz: Handbuch der Physiologischen Optik, S. 947. 201 wie . . . Berkeley !] Ideas which are observed to be connected with other ideas come to be considered as signs, by means whereof things not actually perceived by sense are signified or suggested to the imagination; . . . – Vgl. Georg Berkeley: The Theory of Vision. In: Works. Bd. 2, § 39, S. 397. 202 Darstellung . . . Physiologischen Optik)] Vgl. auch Ernst Cassirer: PsF I, S. 4 f. 203 Zum f a l s ch e n . . . Erdmann,] Siehe hierzu u. a.: Wir können selbstverständlich jeden beliebigen Gegenstand unseres Denkens durch irgend welche mathematischen Symbole ausdrücken, und jede Beziehung zwischen Gegenständen nach der Art einer mathematischen Gleichung oder Ungleichung schreiben. Die Logik hat von diesem überall benutzten Recht seit Alters für ihre Zwecke Gebrauch gemacht. Aber ich kann auf Grund solcher Gleichungen oder Ungleichungen nicht rechnen, sobald die symbolisirten Gegenstände auf beiden Seiten der Gleichung oder Ungleichung nicht lediglich als Zahlen behandelt werden dürfen. – Vgl. Benno Erdmann: Logik. Bd. 1: Logische Elementarlehre, S. 195. 204 γ) . . . ‘Lokalzeichen’] Vgl. Hrsg.-Anm. 200. 205 Wer ne r] Heinz Werner, Psychologe. * 11. 2. 1890 Wien, † 14. 5. 1964 Worcester (MA). 1915 Promotion in Wien (Zur Psychologie des ästhetischen Genußes. Wien 1916), seit 1917 Mitarbeiter von William Stern, seit Gründung des Psychologischen Institutes an der Hamburger Universität bis 1933 Leiter des Psychologischen Laboratoriums, teilt mit Cassirer ein Büro. Sein Hauptwerk Einführung in die Entwicklungspsychologie (1926) ist in Kooperation u. a. mit Stern und Cassirer entstanden. 1933 Emigration in die USA, 1933–1936 Tätigkeit an der University of Michigan, 1936/37 an der Harvard University, 1937–1943 an der Wayne Country Training School, 1943–1947 am Brooklyn College in New York, seit 1947 Professor für Psychologie an der Clark University, Worcester (MA). 206 Psychologisches Seminar (Werner, Peters)] Meint möglicherweise das Psychologische Seminar der Hamburgischen Universität, an dem Heinz Werner als Kollege Cassirers tätig ist. Bezug auf Peter bzw. Peters bleibt unklar. Vgl. Hrsg.-Anm. 205 und 161.
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Ausführen! . . . Phaenomenologie] Es erhellt, daß die Dialektik der sinnlichen Gewißheit nichts anderes, als die einfache Geschichte ihrer Bewegung oder ihrer Erfahrung, und die sinnliche Gewißheit selbst nichts anderes als nur diese Geschichte ist. – Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes. In: Werke. Bd. 2: A. Bewußtsein. I. Die sinnliche Gewißheit, das Dieses und das Meinen, S. 81. 208 (vgl. . . . Seele und Leib !!)] meint wahrscheinlich ein Ms., das eingeht in: Ernst Cassirer: PsF III. Erster Teil: Ausdrucksfunktion und Ausdruckswelt. Kap. III: Die Ausdrucksfunktion und das Leib-Seele-Problem, S. 108–121. 209 vgl. hierzu . . . Symbol)] Wie aber jeder konkrete sprachlich formulierte Satz der Bedingung muss genügen können, auf den Grad seiner Adäquatheit hin beurteilt zu werden: wie es keinen sprachlich formulierten Satz geben kann, der nicht geeignet wäre, hinsichtlich seiner “Entfernung” von dem gemeinten Gegenstand geprüft zu werden, so offenbart sich nicht nur, so gestaltet sich geradezu in solcher Beurteilung der Gedanke selbst: er selbst “ist” nur, sofern sein sprachliches Symbol solcher Beurteilung unterliegt. – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 23. 210 Möglichkeit . . . wird] Andererseits ist Wissen in der Zeit und “wird” in der Zeit “Gewusstes”. Man wird angesichts dieses Zwiespalts der Beurteilung an die unaufhebbare Zuordnung zwischen inextensivem “Sinn” und gewissen extensiven Systemen erinnert; daran, dass der zeitindifferente Sinn in der Zeit erlebt, auf Vorgänge in der Zeit “abgebildet” wird; vor allem anderen aber daran, dass der “Ausdruck”, dass schon die “Möglichkeit des Au s d r u ck s ” in unaufhebbarer Beziehung zum Sinn stehen müsse. – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 87. 211 Ausdruck . . . ›Sinnes‹] Wer in dem Ausdruck, sofern er seiner grundsätzlichen Möglichkeit, nicht aber seiner konkreten geschichtlichen Gestaltung nach betrachtet wird, nur ein zufälliges Anhängsel des Sinns erblickt, der verkennt seinen Begriff und seine denkpsychologische Funktion. – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 87. 212 “Die Sprache . . . Achse”] “Die Sprache”, sagt den eigentümlichen Zusammenhang sehr anschaulich kennzeichnend, Heinrich von Kleist, ist “[alsdann] keine Fessel etwa wie ein Hemmschuh an dem Rade des Geistes, sondern wie ein zweites, mit ihm parallel fortlaufendes[,] Rad an seiner Achse.” – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 109; siehe Heinrich von Kleist: Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden. In: Werke, Bd. 4, S. 78. 213 Die Frage: . . . ‘ist’] Darum auch sind Wort und Gedanke zu unlösbarer Gemeinschaft verknüpft. . . . Die Frage: “Wie kommt das Wort zu dem ‘Gedanken?” kann in dieser Form gar nicht gestellt werden. Denn das Wort ist “bei” dem Gedanken wie der Gedanke “bei” dem Worte, wenn auch nicht bei einem b e st i m m t e n Worte ist. – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 204. 214 (Zum “Verlust” . . . Psychopathologie!)] Siehe vorliegende Ausgabe, S. 22, 69 und 81. 207
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cf. Zettel: Schapp] Siehe dazu das Exzerpt aus Schapps Beiträge[n] zur Phänomenologie der Wahrnehmung (1910), vorliegende Ausgabe, S. 57–61. 216 Husserl (Ideen besonders!)] Vgl. Edmund Husserl: Ideen I (1913). Siehe dazu auch: Ernst Cassirer: PsF III, S. 229 ff. 217 Referat Binswanger] Vgl. Ludwig Binswanger: Über Phänomenologie. Referat. In: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie. Bd. 82, (1923), S. 10–45. 218 siehe Zettel] Es ist unklar, welcher Zettel hier gemeint ist. 219 Lincke] Siehe dazu, vorliegende Ausgabe, S. 72–78, die ausgewertete bzw. mehrfach zitierte Schrift Linkes Grundfragen der Wahrnehmungslehre (1918). 220 Strichzeichnung . . . Bedeutungspraegnanz.] Vgl. Ernst Cassirer: Das Symbolproblem und seine Stellung im System der Philosophie. In: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft. Hrsg. von Max Dessoir. Bd. 21 (1927), S. 191 ff. (ECW 17, 253 ff.). 221 gleichfalls . . . Praegnanz] Siehe auch die Bemerkung, vorliegende Ausgabe, S. 62, wonach daher der Begriff ›Praegnanz‹ an sich unbestimmt und unvollständig ist u[nd] zu seiner näheren Bestimmung stets eines bestimmten Index bedarf, der die ›Richtung‹, den Modus [(]‘Vektor’[)] der Praegnanz anzeigt. 222 vgl. . . . Schapp citieren !] Vgl. Hrsg.-Anm. 215. 223 cf. . . . Zettel Koffka] gemeint sind die Blätter Koffka 1–4, siehe vorliegende Ausgabe, S. 35–44. 224 rotes Kreuz . . . Anmerkung !] Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen. 2. Aufl., S. 250 ff. Siehe dazu auch vorliegende Ausgabe, S. 63 ff. 225 cf. Zettel Koffka] Siehe Hrsg.-Anm. 223. 226 “Vergegenwärtigung . . . Nicht-Gegenwärtigen”] Bei Natorp heißt es im § 9. Präsentatives und repräsentatives Bewußtsein wortwörtlich: “[. . .] sondern Nichtgegenwärtiges vergegenwärtigt” – Vgl. Paul Natorp: Allgemeine Psychologie, S. 53. 227 cf. . . . S. 176 ff.] Binswanger behandelt auf diesen Seiten das Problem des Gegensatzes von Inhalt und Gegenstand, wobei er sich mit Natorps Allgemeine[r] Psychologie auseinandersetzt und Bezug nimmt auf die Begriffe der Prä sent a t i o n und Re p rä s e n t a t i o n oder der Pe r z e p t i o n und A p p e r z e p t ion. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 176 ff. 228 siehe d o r t !] . . . daß auch umgekehrt . . . alles eigentliche Bewußtsein Beziehung – das heißt aber: n i ch t d i e P rä s e n t a t i o n , s o n d e r n d i e Re präse nt at i on das U rs pr üng li che, die Präsentation nur aus dem repräsentativen Bewußtsein, als in ihm eingeschlossenes Moment, abstrahiert ist. – Vgl. Paul Natorp: Allgemeine Psychologie, S. 56. 229 cf. . . . S. 204] Perzeption und Apperzeption, Präsentation und Repräsentation oder (sinnlicher) Inhalt und (gedachter) Gegenstand waren hier [bei Natorp – der Hrsg.] nicht zwei getrennte Welten, sondern lediglich verschieden “hohe” Stufen eines und desselben Bewußtseins. – Vgl. Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie, S. 204. 230 das Darstellende . . . Kausalität] Das Darstellende, – Farben, Töne, Data des Tast-, Drucksinnes, – entfällt nämlich, wenn man die Dingwelt unter 215
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dem Gesichtspunkt der Kausalität betrachtet; es findet keinen Platz in der Welt der Kausalität, wie das Dargestellte. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 46 f. 231 “aber . . . Ding e dar”] Hervorhebung von Cassirers Hand. 232 (cf. S. 80 citieren)] Wenn wir . . . dort, wo gerade das Lichtgebilde sitzt – etwa das Licht an der Tasse, an dem Teller – möglichst genau sehen wollen, so stört es uns, wenn wir dort das Licht sehen, wir »übersehen« das Licht, wir dringen durch das Licht hindurch, um den Teller an dieser Stelle genau zu sehen . . . – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 80. 233 diese Gebilde . . . verfangen (ibid).] Bei Schapp: »hinüberleiten«; Hervorhebung von Cassirers Hand. 234 die . . . kann.] Es gibt mehr Erkennbares, das sich auf diese Weise verbirgt und nur wie durch einen Schleier erkannt werden kann. Man kann solche Schleier nicht mit Gewalt abheben, sondern muß sich begnügen, so gut es geht, durch sie hindurchzuschauen. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 87. 235 die anhaftende Farbe . . . “gefügt”.] Sondern wir hoffen, aufgewiesen zu haben, daß die anhaftende Farbe von anderem Gepräge ist, wie die Beleuchtungsfarbe, . . . daß anhaftende Farbe anders gefügt ist. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 90. 236 “ein Zeugnis . . . Psychologie”] Es ist ein Zeugnis für den zurückgebliebenen Stand der descriptiven Psychologie, daß solche, zunächst wohl naheliegende Lehren möglich sind . . . – Vgl. Edmund Husserl: LU II A, S. 62. 237 Die anhaftende . . . kommen] Die anhaftende Farbe scheint das Medium zu sein, um aus den bloßen Lichtgebilden zu Gegenständen zu kommen. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 90. 238 die Beleuchtungseffekte . . . hervorholen] Die Beleuchtungseffekte . . . begraben nicht nur die eigentliche Farbe unter sich, . . . solange es uns nicht gelingt, die eigentliche Farbe unter ihr [d. h. der Struktur des Dinges oder einer fördersame[n] Wahrnehmung – der Hrsg.] hervorzuholen. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 91. 239 siehe . . . S. 93 ff.] Was macht die Würde der anhaftenden Farbe aus? Ist es ihre Zugehörigkeit zum Ding? . . . Wir haben gesehen, wie die Dingfarbe eine eigene Form hat, die sie von allen anderen Farbenvariationen unterscheidet. Die Dingfarbe hat diese Form von selbst . . . – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 93, 95. 240 Es liegt . . . ausführt;] Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung. Abschn. III: Die Idee in der Wahrnehmung. Kap. I. Das Anschauen in der Wahrnehmung getrennt vom Meinen in der Wahrnehmung. Idee und Ordnung. Die Eindeutigkeit, Bestimmtheit des in der Idee Wahrgenommenen, S. 129 ff.; Kap. II. Die Stellung der Idee in der Wahrnehmung. Das Verstehen in der Wahrnehmung, S. 143 ff. 241 siehe auch S. 138 ff.] Dann ging die Farbe . . . in Formen ein, in die Form der anhaftenden Farbe u. s. w. . . . Aber, ich meine, von diesen Veränderungen kann man leicht unterscheiden die Änderung, daß jetzt die Idee hinzutritt, . . .
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Vorher war auch schon eine Idee vorhanden, . . . aber diese Idee erschöpfte das nicht, was da sein mußte; – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 138 f. 242 ›Die Qualität . . . Teil.‹] Hervorhebungen von Cassirers Hand, im Original ß statt ss und teil statt Teil. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 96. 243 es handelt sich . . . Schatten] Diese Gesetzmäßigkeiten entstammen keiner Erfahrung im gewöhnlichen Sinne; sie drücken die notwendigen und apriorischen Beziehungen aus, die in der Form der anhaftenden Farbe – und soweit Schatten in eine Form eingeht – der Form des Schattens gründen. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 97 Anm. 1). 244 Berufung . . . stehe !] Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig. . . . die Einsicht, daß nichts wirklich ist als die Idee. – Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Leipzig 1911 (= Sämtliche Werke [Lasson]. Bd. 6), S. 14; siehe dasselbe auch in: ders.: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Berlin 1833 (= Werke. Bd. 8), S. 17. 245 Berufung . . . (S. 98)] Es scheint uns nämlich, . . ., daß der Satz Hegels, der sich ähnlich wohl auch bei Plato finden läßt, daß das Wirkliche vernünftig sei, unter Ideen stehe und nur in sofern »etwas« sei, als es an den Ideen teilhabe und durch Ideen aufgefaßt werden könne, sich phänomenologisch bezeugen lasse. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 98. 246 auch die Farbe . . . Halt] An diesen Ideen findet die Ordnung der Farbe ihren letzten festen Halt. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 98. 247 vgl. . . . citieren !] Ja, ich hatte mich vollständig versehen, es war ein Stück Speckschwarte, was dalag, . . . Jetzt sah ich ebenso deutlich wie vorher die Tonscherbe, die Speckschwarte. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 99. 248 “mit Form durchtränkt”] Zwar scheint es mir kein Gebiet von Gegenständlichem zu geben, wo das reine Chaos erscheine; aber doch sind nicht alle Gegenständlichkeiten so mit Form durchtränkt wie das, was Dinge darstellt. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 102. 249 Sehen . . . Ding] Die Folge dieser falschen Formung der Farbe ist also nicht nur, daß wir das Ding in einer ihm nicht zukommenden Farbe sehen, sondern wir sehen ein total anderes Ding, wie wir eigentlich sehen sollten. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 107. 250 Fügung] Hier dürfte der Begriff dem mehrfach zitierten Buch Schapps entlehnt sein (siehe Hrsg.-Anm. 230), ansonsten gebraucht Cassirer den Begriff Fügung häufig als Entlehnung aus Goethe: Das Besondere unterliegt ewig dem Allgemeinen; das Allgemeine hat ewig sich dem Besonderen zu fügen. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime Nr. 199, S. 35.
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ebenso . . . Beleuchtungsfarbe] Dies gehört also mit zur Wahrnehmung, daß die anhaftende Farbe dem Bewußtsein gegenüber eine andere Stellung einnimmt, als die Beleuchtungsfarbe. Darin spricht sich eine Gesetzmäßigkeit, eine Ordnung aus. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 109. 252 Es dauert . . . vollzieht] Zuerst dauert es eine gewisse Zeit, bis Farbe geformt vor uns steht und ein Ding darstellt. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 110. 253 Es genügt . . . eingeht] Bei Schapp: darzustellen. Sondern dazu gehört, – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 114. 254 Das “Anschauen . . . die ‘Idee’] Vgl. Hrsg.-Anm. 240. 255 (Ein Linienzug . . . Figur)] Vgl. Hrsg.-Anm. 220. 256 cf. Werner] Vgl. Hrsg.-Anm. 205. 257 Hierher . . . bezeichnet] Indem wir Bewegungsvorstellungen und die damit verbundenen Begrenzungslinien entwickeln, gelangen wir dazu, den Dingen eine Form zuzuschreiben, die unabhängig vom Wechsel der Erscheinung ist. Wir erkennen sie als denjenigen Faktor der Erscheinung, welcher vom Gegenstand allein abhängt. Wir können diese teils direkt durch Bewegung gewonnene, teils aus der Erscheinung abstrahierte Form, die Daseinsform des Gegenstandes nennen. / Der Formeindruck jedoch, den wir aus der jeweilig gegebenen Erscheinung gewinnen, und der in ihr als Ausdruck der Daseinsform enthalten ist, ist stets das gemeinschaftliche Produkt des Gegenstandes auf der einen Seite, der Beleuchtung, der Umgebung und des wechselnden Standpunktes auf der andern Seite und steht deshalb der abstrahierten vom Wechsel unabhängigen Daseinsform als eine Wi r k u n g s fo r m gegenüber. – Vgl. Adolf von Hildebrand: Das Problem der Form in der bildenden Kunst. 3. verbesserte Aufl. (1903), S. 30; sowie 1. und 2. Aufl. (1913), S. 16 f. 258 was Mei nong . . . ausführt.] . . . dagegen dürfte es sich uns als förderlich erweisen, die Frage aufzuwerfen, worin denn eigentlich das Wesen des anschaulich Vorstellens gegenüber dem des unanschaulich Vorstellens besteht. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen. Kap. 8: Annahmen bei Komplexen. Weiteres über das Meinen. § 39: Anschaulich und Unanschaulich. Der einfachere Fall, S. 247. 259 “rotes Kreuz” . . . Vorstellung] . . . Berücksichtigung der Tatsache, daß ich das rote Kreuz unseres Beispiels sowohl anschaulich als unanschaulich vorzustellen imstande bin. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 250. 260 demgemäß . . . könne.] Die erste Verbindung wird man billig eine engere nennen dürfen gegenüber der zweiten, loseren; und ist es angemessen, im ersten Falle von einer Zusammen se tzu ng der inhaltlichen Bestandstücke zu reden, so mag im zweiten Falle der Ausdruck “Zusammenstellung” nicht unpassend angebracht sein. Mit Hilfe dieser Termini läßt sich das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen auch so zusammenfassen: Vorstellungen können in zwei verschiedenen Weisen zu komplexeren Vorstellungen zusammentreten: sie können Vorstellungszusammensetzungen, aber auch bloß Vorstellungszusammenstellungen bilden. Im ersten Falle wird der durch den 251
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Vorstellungskomplex erfaßte Gegenstand anschaulich, im zweiten Falle unanschaulich vorgestellt. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 254. 261 Die anschauliche . . . Vorstellungsverbindung] Mit Rücksicht auf solche Analogien und in Ermangelung einer anderen Bezeichnung nenne ich diese Art der Verbindung von Vorstellungselementen eine a n g e z e i g t e im Gegensatze zur a u s g e f ü h r t e n , welche mit dem sogenannten Anschaulichvorstellen zusammenfällt; . . . – Vgl. Alexius Meinong: Hume-Studien. Bd. 2: Zur Relationstheorie (Sonderausgabe), S. 99. 262 (cf. S. 252), S. 254] Ich hatte die Verbindung der die anschauliche und die unanschauliche Vorstellung ausmachenden Partialvorstellungen beziehungsweise ausgeführte und bloß angezeigte Vorstellungsverbindung genannt. Anm. 5: Hume-St udi en 2, S. 99. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 252; siehe auch Hrsg.-Anm. 260. 263 “Sein . . . i m andern”] Findet sich u. a. bei Plotin: Aber sobald wir sagen, dass das eine im anderen enthalten sei und wir das Ewige von ihm aussagen, denn ‘die Natur des Vorbildes ist ewig’, sagt Plato: so bezeichnen wir doch wieder die Ewigkeit als etwas anderes, lassen sie jedoch um jene oder in oder bei jener sein. – Vgl. Plotin: Über Ewigkeit und Zeit (Enneade III 7). In: Die Enneaden. Übersetzt von Hermann Friedrich Müller. Bd. 1. Berlin 1878, S. 239. 264 “Fügung”] Vgl. Hrsg.-Anm. 250. 265 uno actu intellectus] Unum autem esse intelligitur quicquid uno actu intellectus, s. simul, cogitamus, v. g. quemadmodum numerum aliquem quantumlibet magnum, saepe Ca eca quadam cogitatione simul apprehendimus, cyphras nempe in charta legendo cui explicate intuendo ne M a t h u sal ae quidem aetas suffectura sit. – Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Dissertatio de arte combinatoria. Prooemium. In: Opera philosophica omnia. Pars Prior, S. 8. 266 “daß . . . eigentümlich ist”.] Hervorhebung von Cassirers Hand, bei Meinong sukzessives. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 255. 267 Näher wird . . . ersetzt] . . . wenn wir nun unter gewissen Umständen die Funktion der Soseinsannahmen durch Seinsannahmen (resp. -urteile) ersetzt finden. . . . Man sieht sofort, daß hier [beim “roten Kreuz” – der Hrsg.] die Anschaulichkeit mit dem Seinsmeinen bei bloß implizierten Soseinsobjektiven, die Unanschaulichkeit dagegen mit dem expliziten Soseinsmeinen zusammengeht. – Vgl. Alexius Meinong: Über Annahmen, S. 280 f. 268 Dekaeder] gr.-neulat.: ein Körper, der von zehn Vielecken (Flächen) begrenzt ist. 269 Vom phaenomenologischen Standpunkt . . . S. 129 ff.,] Vgl. Hrsg.-Anm. 240. 270 der . . . unterscheidet] Dies »Tonscherbe sein« kann nicht angeschaut werden, es kann gemeint werden. Meinen ist etwas anderes als anschauen. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 131. 271 dann . . . trennt] Bezeichnen wir das eine mit »sehend meinen«, wenn wir nämlich den Gegenstand als Tonscherbe sehen, das andere als »urteilend meinen«, wenn wir nämlich zugleich wissen, daß wir verkehrt sehen. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 131.
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“Ich nehme . . . wahr”] Das ist nicht so zu verstehen, als ob ich hier das Ding und dort die Idee hätte, sondern ich nehme das Ding in seiner Idee wahr. – Vgl. Wilhelm Schapp: Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 141. 273 Der Begriff . . . ›produktiven Einbildungskraft‹] Vgl. dazu Ernst Cassirer: PsF III, S. 154 f. 274 daß . . . gedacht] Daß die Einbildungskraft ein notwendiges Ingredienz der Wahrnehmung selbst sei, daran hat wohl noch kein Psychologe gedacht. Das kommt daher, weil man dieses Vermögen teils nur auf Reproduktionen einschränkte, teils, weil man glaubte, die Sinne lieferten uns nicht allein Eindrücke, sondern setzten solche auch sogar zusammen, und brächten Bilder der Gegenstände zu Wege, wozu ohne Zweifel außer der Empfänglichkeit der Eindrücke noch etwas mehr, nämlich eine Funktion der Synthesis derselben erfordert wird. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. In: Werke, Bd. 3, S. 623 Anm. 275 vgl. De ssoir, . . . betont habe] An das Kant-Zitat (siehe Hrsg.-Anm. 274) schließt Dessoir die Bemerkung an: Über den merkwürdigen geschichtlichen Irrtum, in dem Kant sich befindet, braucht an dieser Stelle kein Wort verloren zu werden. – Vgl. Max Dessoir: Abriß einer Geschichte der Psychologie, S. 151. 276 Erklärung . . . l. Aufl.] Siehe hierzu in Abschn. 3. Von der Synthesis der Rekognitation im Begriffe die Stelle: . . . denn dieser Begriff [der Zahl – der Hrsg.] besteht lediglich in dem Bewußtsein dieser Einheit der Synthesis. / Das Wort Begriff könnte uns schon von selbst zu dieser Bemerkung Anleitung geben. In: Immanuel Kant: KrV. Ausgabe A S. 103. In: Werke, Bd. 3, S. 614. 277 Erklärung . . . Optik] Wenn nun “begreifen” heißt: Begriffe bilden, und wir im Begriff einer Klasse von Objekten zusammensuchen und zusammenfassen, was sie von gleichen Merkmalen an sich tragen: so ergiebt sich ganz analog, daß der Begriff einer in der Zeit wechselnden Reihe von Erscheinungen das zusammenzufassen suchen muß, was in allen ihren Stadien gleich bleibt. . . . In den Begriff des Objectiven andererseits schiebt sich meist der Begriff des fertigen Bildes eines Gegenstandes ein, welcher nicht auf die ursprünglichsten Wahrnehmungen paßt. – Vgl. H[ermann] von Helmholtz: Handbuch der Physiologischen Optik. 2. umgearb. Aufl. § 26: Von den Wahrnehmungen im Allgemeinen, S. 576 ff., hier S. 591 f. 278 D e l a c ro i x ] Henri Delacroix, französischer Philosoph und Psychologe. * 2. 12. 1873 Paris, † 3. 12. 1937 ebd. Nach dem Philosophiestudium Promotion mit dem Essai sur le Mysticisme spéculatif en Allemagne au XIVe siècle (1900), wirkt als Maître de conférences an den Universitäten von Montpellier, Caen und, ab 1919, in Paris. Ab 1928 Dekan der Faculté des Lettres an der Sorbonne. Schriften: Études d’histoire et de psychologie du mysticisme (1908); La religion et la foi (1922); Le langage et la pensée (1924); Psychologie de l’art: Essai sur l’activité artistique (1927); L’enfant et le Langage (1933); Les grandes formes de la vie mentale (1934). 279 l’image . . . suppose.] Bei Delacroix wird der Satz fortgesetzt: . . . elle la suppose; il faut qu’elle soit comprise d’abord. – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 386 f. 272
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La pensée . . . à eux.] Bei Delacroix: « pure ». – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 395. 281 Pi ck . . . 1919] Der Bd. 82 (1919) der Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane; I. Abt.: Zeitschrift für Psychologie enthält keinen Beitrag Picks. Siehe hierzu Arnold Pick: Die agrammatischen Sprachstörungen. Studien zur psychologischen Grundlegung der Aphasielehre. 1. Teil. Berlin 1913. 282 die Hauptsache . . . möglich ist,] L’essentiel est la construction. Dès qu’elle s’opère, il y a pensée. . . . Il y a phrase, dès qu’il y a construction d’un ensemble organisé et différencié, dès qu’une totalité se distingue pour se recomposer, dès que la succession analyse l’instantané, dès que l’analyse mord sur la synthèse. – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 409 f. 283 daß . . . ausgeführt] L’action en elle-même n’est pas intelligible. L’action réflexe, simple réponse, simple courant de sortie, laisse le sujet dans le plan réflexe et ne crée pas l’intelligibilité. – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 438. 284 C’est . . . l’i n te l li gib il ité] Hervorhebungen von Cassirers Hand. – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 438. 285 es giebt . . . Symbolen] Car il y a une forme de pensée préverbale que se construit comme la pensée verbale, ou plutôt qui en dessine à l’avance les linéaments; c’est même cette opération qui rend possible la constitution des symboles. – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 572. 286 cf. . . . S. 572!] En effet l’intelligence préverbale peut se présenter aussi comme distincte et explicite, et cela, bien entendu, sans recours nécessaire à des symboles, du moins à des symboles verbaux. On peut construire une pensée en s’aidant des choses mêmes, dresser une proposition sur de simples images, mais à condition d’user, à défaut de symboles, d’une attitude logique et symbolique. – Vgl. Henri Delacroix: Le langage et la pensée, S. 572. 287 Goldstein . . . S. 1090] Ein Kranker kann einen metallenen Gegenstand als Metall bezeichnen und doch eine taktile Agnosie haben. Seine Antwort basiert auf dem Schluß, daß ein harter, kalter, glatter Gegenstand Metall sein muß oder daß ein Gegenstand, den er seiner Form nach als Uhr erkannt hat, aus Metall ist. – Vgl. Kurt Goldstein: Allgemeine Symptomatologie der Hirnkrankheiten. In: Hermann Oppenheim: Lehrbuch der Nervenkrankheiten für Ärzte und Studierende. Bd. 2, S. 1025–1152, hier S. 1090. 288 Goldstein-Gelb] Kurt Goldstein, Physiker, Neurologe und Psychiater. * 5. 11. 1878 Kattowitz (Polen), † 19. 9. 1965 New York. Goldstein ist Vetter und Freund Ernst Cassirers. Unterrichtet an den Universitäten in Frankfurt / Main, Berlin, Columbia, Harvard, Brandeis und arbeitet als Neurologe und Psychiater in Kliniken in Europa und den USA. Das Kapitel Zur Pathologie des Symbolbewußtseins in Band 3 der Philosophie der symbolischen Formen (1929; vgl. ECW 13, S. 234–322), sowie der Aufsatz Die Sprache und der Aufbau der Gegenstandswelt (1932; vgl. ECW 18, S. 111–126) zeugen von einer intensiven Beschäftigung Cassirers mit den klinischen Forschungen Goldsteins. Adhémar Gelb, Gestaltpsychologe. * 18. 11. 1887 Moskau, † 7. 8. 1936 Schöneberg bei Calw. Gelb ist Goldsteins engster Mitarbeiter am Frankfurter Institut für die Erfor280
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schung der Folgeerscheinungen von Hirnverletzungen. Seit 1912 Assistent am Psychologischen Institut der Frankfurter Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, lehrt ab 1919 als Privatdozent, 1924 als a. o. Professor und 1929 als Direktor des Psychologischen Instituts der Frankfurter Universität Psychologie, Philosophie und Naturwissenschaften. Als Goldstein nach Berlin geht, verläßt auch Gelb 1931 Frankfurt / Main und ist von 1931–1933 Professor für Psychologie an der Universität Halle / Saale. 1933 von der Universität entlassen, stirbt Gelb 1936 an Tuberkulose. 289 für die . . . S. 79 ff.] Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Zur Psychologie des optischen Wahrnehmungs- und Erkenntnisvorganges. Kap. IV. Experimentell-psychologische (phänomenologische) Analyse. § 16. Spezielles über das Nachfahren des Patienten. A. Das Nachfahren von einfachen geometrischen Figuren, Buchstaben und Zahlen. In: dies. (Hrsg.): Psychologische Analysen hirnpathologischer Fälle. Bd. 1, S. 78 ff. 290 (Descartes’ sola mentis inspectio)] Atqui, quod notandum est, ejus perceptio non visio, non tactio, non imaginatio est, nec unquam fuit, quamvis prius ita videretur, sed solius mentis inspectio . . . – Vgl. René Descartes: Meditationes de prima philosophia, Meditatio II, S. 24 [28]. (Deutsch: Aber – wohlgemerkt – seine Erkenntnis (perceptio) ist nicht ein Sehen, ein Berühren, ein Einbilden und ist es auch nie gewesen, wenngleich es früher so schien, sondern sie ist eine Einsicht einzig und allein des Verstandes (solius mentis inspectio) . . . – Vgl. ders.: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. In: ders.: Philosophische Werke, Bd. 1, 2. Meditation, S. 14 [28]). 291 der Fall . . . fehlt] Vgl. Hrsg.-Anm. 289. 292 (Lissauer)] Vgl. Heinrich Lissauer: Aus der psychiatrischen Klinik zu Breslau. Ein Fall von Seelenblindheit nebst einem Beitrage zur Theorie derselben. In: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Bd. 21 (1890), S. 222–270. 293 Bei den Kranken . . . fehlen] Daß das optische Auffassen des Patienten etwa so stark gestört war, daß bei ihm die “reproduktiven Ergänzungen” . . . aus früheren Erfahrungen ganz aufgehoben bzw. schwer beschädigt waren, . . . wird wohl kaum jemand anzunehmen geneigt sein. – Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Zur Psychologie des optischen Wahrnehmungs- und Erkenntnisvorganges, S. 133. 294 eine allgemeine Schädigung . . . ausgezeichnet] . . . ja sein vortreffliches “Erraten” und sein sonstiges Verhalten im gewöhnlichen Leben, zeigen, daß eine “allgemeine Schädigung der der Vorstellungsassoziation entsprechenden materiellen Prozesse” nicht die Ursache seiner Störung bilden konnte. – Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Zur Psychologie des optischen Wahrnehmungs- und Erkenntnisvorganges, S. 133 f. 295 Henry Watt] Henry J. Watt, englischer Psychologe. * 18. 7. 1879 Aberdeen, † 25. 10. 1925 Glasgow. Studiert in Würzburg bei Oswald Külpe, Promotion 1904. Schriften: Experimentelle Beitrage zu einer Theorie des Denkens (1904); Psychological Studies (1911); The Economy and Training of Memory (1909); The Psychology of Sound (1917); The Sensory Basis and Structure of Knowledge (1925); The Commonsense of Dreams (1929).
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H[enry] Wa t t . . . S. 117] H[enry] Watt fordert . . . in der tiefbohrenden Arbeit “The elements of experience and their integration”1), die neuen “Modalitäten” müßten sich eins ichti g aus den Eigenschaften der fundierenden Komplexelemente ableiten lassen. Anm. 1) Brit[ish] Journ[al] of Psych[ology] 4 (1911). – Vgl. Karl Bühler: Die Gestaltwahrnehmungen. Bd. 1, S. 117. 297 auch Bühler . . . Prozess”] Bei Bühler lautet der erste von Cassirer zitierte Satz: Die Operationen, welche sich an dem Empfindungsmaterial betätigen, sind nicht samt und sonders äquivalent der mathematischen Summen- oder Mengenbildung. Danach: Hervorhebung Wa t t von Cassirers Hand. – Vgl. Karl Bühler: Die Gestaltwahrnehmungen, S. 117 Anm. 2). 298 So . . . Beziehungen] Ich meine, wir dürfen das auf die Entstehung des primären Krümmungseindrucks übertragen. Wenn er aus einfacheren Beziehungen durch anschauliche Integration entsteht, dann wird das nicht so sein, daß das absolute Koordinatensystem der Vertikalen und Horizontalen dabei Verwendung findet. – Vgl. Karl Bühler: Die Gestaltwahrnehmungen, S. 119. 299 sola mente percepio,] Superest igitur ut concedam, me nequidem imaginari quid sit haec cera, sed sola mente percipere . . . – Vgl. René Descartes: Meditationes de prima philosophia. Meditatio II, S. 23 [27] (Deutsch: Es bleibt mir also nichts übrig, als zuzugestehen, daß ich, was das Wachs i st , nicht in der Einbildung haben, sondern nur denkend erfassen kann. – Vgl. ders.: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. 2. Meditation, S. 14 [27]) Siehe auch Hrsg.-Anm. 290. 300 als historisches Beispiel – “suggested” etc.] Bezieht sich auf Aussagen wie: Besides things properly and immediately perceived by any sense, there may be also other things suggested to the mind by means of those proper and immediate objects; which things so suggested are not objects of that sense, being in truth only objects of the imagination, and originally belonging to some other sense or faculty. – Vgl. George Berkeley: The Theory of Vision or Visual Language (§ 9). In: Works. Vol. 2, S. 385 f. Siehe auch: Ernst Cassirer: EP II, S. 282 f. 301 Humes Begriff . . . “Suggestion”] Cassirer spielt auf den Begriff belief an, wie ihn Hume u. a. im Treatise gebraucht: Tis indeed evident, that as the vulgar s u p p o s e their perceptions to be their only objects, and at the same time b e l i e ve the continu’d existence of matter, we must account for the origin of the belief upon that supposition. . . . and consequently the opinion of their [perceptions bzw. objects – der Hrsg.] identity can never arise from reason, but must arise from the imagination. – Vgl. David Hume: A Treatise of Human Nature. Book 1. Part 4. Section II: Of scepticism with regard to the senses, S. 187 ff., hier S. 209 (Deutsch: In der That müssen wir zweifellos, da die Menschen im allgemeinen keine anderen “Gegenstände” kennen als ihre Wahrnehmungen, da sie zu gleicher Zeit an die dauernde Existenz der Materie glauben, den Ursprung dieses Glaubens aus jener Auffassung erklären. . . . folglich kann der Glaube an ihre [d. h. Objekte oder Wahrnehmungen – der Hrsg.] Identität niemals in der Vernunft seinen Ursprung haben, sondern muß aus der Einbildungskraft stammen. – Vgl. ders.: Ein Traktat über die mensch296
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liche Natur. Buch 1. Teil 4. Abschn. 2: Vom Skeptizismus in Bezug auf die Sinne, S. 251 ff., hier S. 277). 302 Lincke . . . 230 ff.] Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 95. Das Problem des “Ansehens von . . .”. b) Unzulänglichkeit assoziationspsychologischer Begründungen, S. 230–231. 303 “der . . . Wahrgenommenen”] Bei Linke wahrnehmungsmäßig Gegebenem, außerdem Hervorhebung von n i ch t e i g e n t l i ch und e i g e n t l i ch . – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 280 Anm. 1. 304 vgl. . . . Gedächtnisvorstellung] Hier gibt Linke die Auffassung des Psychologen alter Schule wieder, der – beim Experiment – das Erfassen eines Mehr . . . gegenüber dem Dargebotenen wie folgt erklärt: Da nun für die Erfassung dieses Dargebotenen das Wort Wahrnehmung verwendet zu werden pflegt, so muß notwendig das “Hinzuergänzte” und offenbar aus früheren Erfahrungen Stammende an ders bezeichnet werden, etwa als “reproduziert”, als “gedächntnis-”, vielleicht auch als “erinnerungsmäßig” gegeben, als “assoziativ”, schließlich allgemein als “bloß vorgestellt”. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 184. 305 ferner . . . Assimilation.] Diese neue Wahrnehmung soll “a ssimila tive Wa h r n e h m u n g ” genannt werden: wir brauchen dabei wohl nicht einmal hervorzuheben, daß damit der alte as sozia ti onstheoretische B egriff der Assimilation nicht wieder eingeführt werden soll. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 95: Das Problem des “Ansehens von . . .”. d) Die assimilative Wahrnehmung, S. 234; siehe auch Hrsg.-Anm. 302. 306 durch . . . geschieden.] bei Linke: bloßen und unterschieden. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 235. 307 ( S ch e l e r, . . . S. 140)] Die Literaturangabe ist dem im Ms. mehrfach erwähnten Buch Paul Linkes entnommen, wird aber unvollständig zitiert und mit Aussagen verbunden, die sich auf der S. 140 so nicht finden. Obwohl Scheler in dem gemeinten Beitrag von den generelle[n] Täuschungsquelle[n] der inneren Wahrnehmung handelt, findet sich auf S. 140 – bzw. S. 147 – kein unmittelbarer sprachlicher Bezug zu Wasser, Feuer, Schnee, Linke bezieht sich hierbei vielmehr auf persönliche Gespräche mit Scheler. Die Angabe bei Linke lautet: Ma x Schele r stellt in einem seiner Aufsätze die Behauptung auf, es ließe sich einem frohen Gesichte die Freude unmittelbar a n s e h e n ; ebenso der bittenden Gebärde unmittelbar die Bitte und so in ähnlichen Fällen.3) . . . ja es entspricht – wie mir aus persönlichen Gesprächen erinnerlich – durchaus den Anschauungen S ch e l e rs zu sagen, daß wir dem Wasser seine Kühle, dem Schnee die Kälte und dem Feuer die Glut unmittelbar wahrnehmungsmäßig ansehen und nicht etwa vorstellend mit ihm verbinden. Anm. 3: [Max Scheler:] Über Selbsttäuschungen, Zeitschr[ift] f[ür] Pathopsychologie, I[. Bd.], S. 147; desgl[eichen] in [Max Scheler:] Abhandlungen und Aufsätze. Leipzig 1915. [Bd.] II. S. 140. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 183 Anm. 3. Allerdings lautet der erwähnte Beitrag in Schelers Abhandlungen und Aufsätze[n]: Die Idole der Selbsterkenntnis, S. 3–168. 308 die Anschauung . . . aufgiebt] Man macht m[it] a[nderen] W[orten] die “Konstanzannahme”, wie sie Wol fgang Köhler genannt hat.1) / Die Kon-
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stanzannahme würde nun in unserem Falle in der Tat ergeben, daß nur ein Wort- To rs o wa h r g e n o m m e n wäre. . . . Indessen zu einer restlosen Klarheit gelangen wir auf diesem Wege doch noch nicht. Wir haben ja im Grunde nur etwas Negatives gewonnen: daß nämlich die Konstanzannahme jedenfalls n i ch t zutrifft. Anm. 1) Der Sache nach geht die Ablehnung der “Konstanzannahme” auf F[elix] Krueger zurück. Vgl. Psych[ologische] Stud[ien] 2, 1907, S. 210. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 186 ff. 309 näheres über die Ab l e h n u n g . . . S. 183 ff.] Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 76. Ablehnung der “Konstanzannahme”, S. 183–187. 310 das . . . Gesehene] Es ist eine im Grunde banale . . . Selbstverständlichkeit, daß Reize nicht al s s olche wahrgenommen werden können; . . . Man darf keinesfalls den Reiz mit dem Gegenstande verwechseln. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 189. 311 Das ergiebt . . . vernichtet] Wird der Akt vernichtet, so ist damit sofort . . . auch die jeweils zugehörige Gegebenheit des Gegenstandes vernichtet. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 79. Instantane Zuordnung von intentionalem, sukzessive von realem Gegenstand und Akt. Ziehens Parallelgesetzlichkeit, S. 191–193, hier S. 191. 312 Es muss . . . zusammenfallen] Trotz der Relativität des Wahrnehmungsreals bleibt dieses immer aufs schärfste vom Intentional geschieden und verhält sich in dieser Hinsicht ganz und gar wie ein echter Reiz. Wir wissen ja, daß es ausgeschlossen ist, daß beide je zusammenfallen. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre. § 84. Fortsetzung: Wahrnehmungsreal und Wahrnehmungsintentional, S. 204–206, hier S. 206. 313 Das bloss Gegebene . . . Tatbestände] In der Anm. 1) heißt es unter Bezug auf Ludwig Brunswig weiter: Das bloß Gegebene als solches kann ebensowenig als Reiz auftreten wie der Gegenstand einer Halluzination. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 206 Anm. 1). 314 Daher . . . sprechen] Ich rede also, statt wie Ja spers, von einem Wirklichkeitscharakter des Wahrgenommenen, den es nun einmal tatsächlich nicht zu haben braucht, vielmehr von seiner Wirklichkeitssuggestion. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 225 f. 315 Humes ›belief‹ !] Vgl. Hrsg.-Anm. 301. 316 Das bedeutet . . . (siehe oben!)] Die Beispiele, die Wundt als Fälle seiner “Assimilationen” . . . anführt, sind im allgemeinen solche, die unserem “Ansehen von” entsprechen. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 230; siehe auch Hrsg.-Anm. 302. 317 Assoziations- . . . vgl. oben!] Wir sahen schon, daß assoziationspsychologische Argumente hier nicht zum Ziele führen. Mag eine “Reproduktion” stattgefunden haben oder nicht, das eigentümliche Moment, das in dem “Ansehen” steckt, bleibt jedenfalls unaufgeklärt. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 230. 318 “daß . . . teilnehmen”] bei Linke: als die und “wahrnehmungsartig” bzw. “Wahrnehmungscharakter” – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 232.
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Wundt] Vgl. die von Linke zitierten Werke: Wilhelm Wundt: Grundzüge der physiologischen Psychologie. Bde. 1 und 3, 6. umgearbeitete Aufl. Leipzig 1908 und 1911; ders.: Grundriß der Psychologie. 8. Aufl., Leipzig 1907. 320 (εἰς μίαν τινα ἰδέαν)] Vgl. Platon: Theaetetus. In: Opera. Tomus 1. II., St. 184d. 321 (Platons . . . Ideen)] Vgl. u. a. Platon: Lysis. In: Opera. Tomus 3, St. 217d–e. 322 (cf. Sprache und Mythos)] . . . so erhalten beide Zeremonien ihren eigentlichen magischen “Sinn” erst dadurch, daß hier der Regen nicht nur bildlich dargestellt, sondern daß er in jedem Wassertropfen als real gegenwärtig empfunden wird. Der Regen als mythische Kraft, der “Dämon” des Regens ist ganz und ungeteilt in dem ausgegossenen oder in dem verdampfenden Wasser vorhanden . . . –Vgl. Ernst Cassirer: Sprache und Mythos, S. 75. 323 Lessings Wort, . . . Vers !] Aber was man von dem Homer gesagt hat, es lasse sich dem Herkules eher seine Keule, als ihm ein Vers abringen, das läßt sich vollkommen auch vom Shakespeare sagen. – Vgl. Gotthold Ephraim Lessing: Hamburgische Dramaturgie. 2. Bd. 73. Stück: Den 12ten Januar, 1768. In: Sämtliche Schriften. Bd. 10, S. 95. 324 We r t h e i m e r ’s ch e n Bewegungsversuchen] Vgl. Max Wertheimer: Experimentelle Studien über das Sehen von Bewegung. In: Zeitschrift für Psychologie. Bd. 61 H. 3/4 (1912), S. 161–265. 325 Wertheimer’s] Max Wertheimer, Gestaltpsychologe, Gestalttheoretiker. * 15. 4. 1880 Prag, † 12. 10. 1943 New Rochelle, N. Y. 1905 Promotion bei Oswald Külpe, 1905 bis 1912 Universitätsstudien in Berlin, Würzburg, Frankfurt / Main, Prag und Wien. 1912 Habilitation in Frankfurt / Main mit Experimentelle Studien über das Sehen von Bewegung, 1912–1916 Privatdozent an der Universität Frankfurt / Main, arbeitet 1910–1916 am Frankfurter Psychologischen Institut, führt gemeinsam mit Wolfgang Köhler und Kurt Koffka bahnbrechende Experimente zur Bewegungswahrnehmung (Gestalttheorie) durch, setzt die Untersuchungen an der Berliner Universität als Privatdozent (1916–1922) und als a. o. Professor (1922–1929) fort. Mitbegründer der Zeitschrift Psychologische Forschung. 1929 Ordinarius für Psychologie und Philosophie in Frankfurt / Main, 1933 Emigration über die CˇSR in die USA, Tätigkeit an der New School for Social Research in New York. Schriften: Über Schlussprozesse im produktiven Denken (1920); Über Gestalttheorie (1925); Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie (1925); Productive Thinking (1945). 326 Goldstein-Gelb.] Vgl. Hrsg.-Anm. 289. 327 siehe . . . Ag n o s i e , A p h a s i e ] gemeint sind offensichtlich die Zettel β1, ω1, siehe vorliegende Ausgabe, S. 68–70 und 80. 328 s ubj e kt ive Fassung . . . (Hume)] Vgl. Hrsg.-Anm. 301. 329 “assimilative . . . ist.”] Bei Linke eine Reihe von Hervorhebungen. – Vgl. Paul Linke: Grundfragen der Wahrnehmungslehre, S. 234. 330 (vgl. Praegnanz γ1 u[nd] γ2)] Siehe vorliegende Ausgabe, S. 72 ff. und 78 ff. 331 vgl. Goethe . . . Werther] Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Dichtung und Wahrheit. 12. Buch. In: WA. 1. Abt. Bd. 28, S. 89–172 ; siehe auch ders.: Die Leiden des jungen Werthers. In: WA. 1. Abt. Bd. 19, S. 1–192. 319
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Über allen Wipfeln ist Ruh . . .] Über allen Gipfeln / Ist Ruh, / In allen Wipfeln / Spürest du / Kaum einen Hauch; / Die Vögelein schweigen im Walde. / Warte nur, balde / Ruhest du auch. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Wanderers Nachtlied. Ein Gleiches. In: WA. 1. Abt. 1. Bd., S. 98. 333 “Notwendigkeit der Verknüpfung”] Daß es nun dergleichen notwendige und im strengsten Sinne allgemeine, mithin reinen Urteile a priori im menschlichen Erkenntnis wirklich gebe, ist leicht zu zeigen. . . . so kann der Satz, daß alle Veränderung eine Ursache haben müsse, dazu dienen; ja in dem letzteren enthält selbst der Begriff einer Ursache so offenbar den Begriff einer Notwendigkeit der Verknüpfung mit einer Wirkung und einer strengen Allgemeinheit der Regel, daß er gänzlich verloren gehen würde, wenn man ihn, wie Hume tat, von einer öftern Beigesellung dessen, was geschieht, mit dem, was vorhergeht und einer daraus entspringende Gewohnheit . . ., Vorstellungen zu verknüpfen, ableiten wollte. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Einleitung. In: Werke. Bd. 3, S. (B 5) 36; oder: Der Begriff der U rsache ist ein Begriff, der die Not we nd i gke it der Ver knü pfung der Existenz des verschiedenen und zwar, sofern es verschieden ist, enthält, . . . – Vgl. Immanuel Kant: KpV. 1. Teil. 1. Buch. 1. Hauptst., II. In: Werke. Bd. 5, S. 57, siehe auch S. 60. 334 “bildende Synthesis”] Daß nun der Raum eine formale Bedingung a priori von äußeren Erfahrungen ist, daß ebendieselbe bildende Synthesis, wodurch wir in der Einbildungskraft einen Triangel konstruieren, mit derjenigen gänzlich einerlei sei, welche wir in der Apprehension einer Erscheinung ausüben, um uns davon einen Erfahrungsbegriff zu machen: das ist es allein, was mit diesem Begriffe die Vorstellung von der Möglichkeit eines solchen Dinges verknüpft. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. In: Werke. Bd. 3, S. (A 224, B 271) 198. 335 (Head)] Sir Henry Head, bedeutender britischer Neurologe. * 4. 8. 1861 London, † 8. 10. 1940 Hartley Court. Studium der Naturwissenschaften und Medizin in Halle (Saale) und Cambridge bis 1890, 1892 Promotion, 1899 Mitglied der Royal Society of London, 1900 Mitglied des Royal College of Physicians of London, 1927 Sir. Ist von 1910–1925 Herausgeber der Zeitschrift Brain. Entdeckt 1893 die sogenannten Head-Zonen, überempfindliche Zonen, die sich bei der Erkrankung innerer Organe einstellen können. Ebenfalls nach ihm benannt: das Head-Holmes-Syndrom und das Head-Riddoch-Syndrom. Schriften: Die Sensibilitätsstörungen der Haut bei Visceralerkrankungen (Übers. 1898); (mit William Halse Rivers) Studies in Neurology. 2 Bde. (1920); Aphasia and Kindred Disorders of Speech. 2 Bde. (1926). 336 Vischer] Friedrich Theodor Vischer, Literaturwissenschaftler, Philosoph (Ästhetik), Schriftsteller und Politiker. * 30. 6. 1807 Ludwigsburg, † 14. 9. 1887 Gmunden. Studium der Theologie, Philosophie und Philologie in Tübingen, 1830 erstes, 1832 zweites theologisches Examen, 1830 Vikar in Horrheim bei Vaihingen, 1831 Repetent in Maulbronn, 1833 in Tübingen, 1836 Habilitation (Über das Erhabene und das Komische), Privatdozent für Philosophie und Ästhetik in Tübingen, 1837 a. o. Professor, zeitweilig enge Zusammenarbeit mit David Friedrich Strauß und Arnold Ruge, 1844 Professor für Ästhetik und Deutsche Literatur, wegen freimütiger Antrittsrede für 2 Jahre suspendiert, 1847 Rückkehr an die Universität Tübingen. 1848 Abgeordneter für die Linksdemokraten in 332
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der Frankfurter Nationalversammlung. 1855 Professor am Polytechnikum in Zürich, 1864 Aufnahme in die Königlich-Bayerische AdW, 1866–1877 Professor für Ästhetik und Deutsche Literatur an der Polytechnischen Schule Stuttgart. Werke u. a.: Über das Erhabene und Komische (1837); Plan zu einer neuen Gliederung der Ästhetik (1843); Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen (1846–57); Kritik meiner Ästhetik (1873). 337 “gestaltwechselnden Proteus”,] Der Begriff ist schwierig, ein gestaltwechselnder Proteus, schwer zu packen und zu bannen. – Vgl. Friedrich Theodor Vischer: Das Symbol. In: ders. u. a.: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet, S. 154. 338 ›capax Dei‹ / ›capax formae‹] lat.: Gottfähigkeit, Formfähigkeit. 339 1) K l a g e s . . . Sündenfall] Vgl. u. a. Ludwig Klages: Mensch und Erde. Fünf Abhandlungen. München 1920; siehe auch Hrsg.-Anm. 354. 340 “Das neue Prinzip . . . kann.”] Aber auch das wäre verfehlt, wenn man sich das Neue, das den Menschen zum Menschen macht, nur dächte als eine zu den psychischen Stufen . . . noch hinzukommende neue Wesensstufe psychischer und der Vitalsphäre angehöriger Funktionen und Fähigkeiten . . . Das n eue Prinzi p . . . ste ht außer hal b alles dessen, was wir Leben . . . im weitesten Sinne nennen können. Das, was den Menschen allein zum Menschen macht, . . . ist ein al l em Leben ü berhau pt entgegengesetztes P r i n z i p , das man als solches überhaupt nicht auf die “natürliche Lebensevolution” zurückführen kann . . . – Vgl. Max Scheler: Die Stellung des Menschen im Kosmos, S. 46. 341 “Neinsager des Lebens”] Mit dem Tiere verglichen . . . ist der Mensch der “ Ne i n s a g e n kö n n e r ”, der “A s ke t d e s L e b e n s ”, der ewige Protestant gegen alle bloße Wirklichkeit. – Vgl. Max Scheler: Die Stellung des Menschen im Kosmos, S. 65. 342 “Menschengeist . . . vorhält”] Menschengeist und Menschenwollen kann . . . nie mehr bedeuten als Lei t ung und Lenku ng. Und das bedeutet immer nur, daß der Geist als solcher den Triebmächten Ideen vorhält und das Wollen den Triebimpulsen . . . solche Vorstellungen zuwendet oder entzieht, die die Verwirklichung dieser Ideen konkretisieren können. – Vgl. Max Scheler: Die Stellung des Menschen im Kosmos, S. 80. 343 “Der Mensch . . . spielt”.] Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und e r ist nur d a g anz Me nsch , wo er s piel t. – Vgl. Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, 15. Brief. In: Sämtliche Werke. Bd. 12. Zweiter Teil, S. 59. 344 der terminus a quo . . . der terminus ad quem] lat.: Ausgangspunkt bzw. Endpunkt. 345 ›Schleier der Maya‹] Maya: ursprünglich Name einer Göttin, dann die Uresche der Illusion, durch welche das All-Eine als sinnlich-materielle Vielheit wahrgenommen wird, durch den Schleier der Sinne und der Imagination (»Schleier der Maya«): brahmanische, buddhistische Philosophie, Schopenhauer u. a. – Vgl. Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. 2. Aufl., Berlin 1904, Bd. 1, S. 646.
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mit . . . Organen] Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, / . . . / Die eine hält, in derber Liebeslust, / Sich an die Welt mit klammernden Organen; / Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust / Zu den Gefilden hoher Ahnen. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Faust. Erster Teil. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 14, S. 57. 347 (nama, rupa)] Sanskrit und Pali: Rupa bedeutet äußere Gestalt oder Form: Alles wird wahrnehmbar durch rupa. In den Upanisaden und in der vedantischen Philosophie kommt rupa meistens in Kombination mit nama (dem Namen) vor. Nama wird vom Intellekt begriffen, rupa von den Sinnesorganen. Namarupa folglich: Name und Form; Geist und Materie; Mentalität und Körperlichkeit. Die Welt von nama-rupa ist nur die scheinbare Wirklichkeit und nicht die wahre Wirklichkeit. 348 “der Weisheit . . . Schluss”] Das ist der Weisheit letzter Schluß: / Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, / Der täglich sie erobern muß. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Faust. Zweiter Teil. 5. Akt: Großer Vorhof des Palastes. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 15, S. 315 f. 349 “Das Wahre . . . begreifen.”] Satzanfang lautet korrekt: Das Wahre, mit dem Göttlichen identisch, läßt sich niemals von uns direkt erkennen, . . . – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Versuch einer Witterungslehre. 1825. Einleitendes und Allgemeines. In: WA. 2. Abt.: Naturwissenschaftliche Schriften. Bd. 12, S. 74. 350 “willst Du . . . Seiten”.] Willst Du in’s Unendliche schreiten, / Geh nur im Endlichen nach allen Seiten. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Gott, Gemüth und Welt. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 2. 2. Theil, S. 216. 351 〈 Jedes Tier . . . “Funktionskreises” aus.〉] Im Tier werden sie [d. h. die von Merkmalsträgern des Objektes ausgehenden Reize – der Hrsg.] im Merknetz verbunden, greifen dann auf das Wirknetz über. Dieses erteilt den Effektoren eine bestimmte Bewegungsart, die wiederum in den Wirkungsträger des Objektes eingepaßt ist. Wirkungsträger und Merkmalsträger sind aber durch das Gegengefüge verbunden. So schließt sich der Kreis, den ich den “Funktionskreis” nenne. – Vgl. Jakob von Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, S. 46; siehe dazu auch ders.: Theoretische Biologie. 2., gänzl. neu bearb. Aufl. Berlin 1928, S. 100. 352 ›le présent . . . l’avenir‹.] [. . .] le present est gros de l’avenir et chargé du passé. – Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Nouveaux essais sur l’entendement par l’auteur du systeme de l’harmonie preestablie. In: Philosophische Schriften. Bd. 5, S. 48. 353 “Gewiss, . . . schimmeln”] Gewiß, der uns mit solcher Denkkraft schuf / Voraus zu schaun und rückwärts, gab uns nicht / Die Fähigkeit und göttliche Vernunft, / Um ungebraucht in uns zu schimmeln. – Vgl. William Shakespeare: Hamlet, Prinz von Dänemark. 4. Aufzug 4. Scene. In: Dramatische Werke. Bd. 6, S. 118. 354 den ›Geist‹ . . . vernichtet.] Anspielung u. a. auf Ludwig Klages und dessen Geistkritik. Vgl. Hrsg.-Anm. 630. 355 Die Natur . . . entwindet.] O ihr Menschen! erkennet einmal, daß die Natur euch die Wissenschaften gleich einer zärtlichen Mutter, welche den 346
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Händen ihres Kindes das schädliche Gewehr entreißt, verbergen will. – Vgl. Jean-Jacques Rousseau: Abhandlung über die Frage, ob die Wiederherstellung der Wissenschaften und Künste zur Läuterung der Sitten beigetragen hat? Erster Teil. In: Philosophische Werke. Bd. 1, S. 31. 356 l’homme . . . animal dépravé.] (ein Mensch, der nachdenkt, ist ein verderbtes Tier) Si elle [la nature – der Hrsg.] nous a destinés à être sains, j’ose presque assurer que l’état de réflexion est un état contre nature, et que l’homme qui médite est un animal dépravé. – Vgl. Jean-Jacques Rousseau: Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité parmi les hommes. (Erster Teil) In: Œuvres completes. Tome 1. Partie 1, S. 66. 357 “Das Paradies . . . offen ist.”] Vgl. Heinrich von Kleist: Über das Marionettentheater. In: Werke. Bd. 4, S. 137. 358 “dem Sprachstudium . . . Ansicht”.] Die Verschiedenheit der Sprachen ist ihm [dem Menschen – der Hrsg.] nur eine Verschiedenheit von Schällen, die er, gerichtet auf Sachen, bloss als Mittel behandelt, zu diesen zu gelangen. Diese Ansicht ist die dem Sprachstudium verderbliche, diejenige, welche die Ausdehnung der Sprachkenntniss verhindert, und die wirklich vorhandene todt und unfruchtbar macht. – Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus. In: Werke. Bd. 6. Erste Hälfte, S. 119. 359 “In die Bildung . . . Bildes”.] bei Humboldt nothwendig und subjectiven. – Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 59 f. 360 “Wie der einzelne Laut . . . herübertritt.”] Bei Humboldt äußerlich; umgiebt; Act; er anstelle der Mensch; andren hinübertritt. – Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 60. 361 ein ›speculum incantatum‹, . . . hat.] lat.: Zauberspiegel. Bei Cassirer heißt es andernorts dazu: Der menschliche Geist gleicht einem Zauberspiegel, der die Dinge nicht rein und nach ihrer tatsächlichen Beschaffenheit, sondern vermischt mit den eigenen Phantasmen wiedergibt. Anm. »Nam Mens Humana (corpore obducta et obfuscata) tantum abest ut speculo plano, aequali, et claro similis sit (quod rerum radios sincere excipiat et reflectat), ut potius sit instar speculi alicujus incantati, pleni superstitionibus et spectris.« Francis Bacon, De augmentis scientiarum (Buch 5, Kap. 4), in: Works, Bd. I, S. 413–837: S. 643. – Vgl. Ernst Cassirer: EP II, S. 6. 362 Humboldt . . . müssen.] Sie [die Sprache – der Hrsg.] selbst ist kein Werk (Ergon), sondern eine Thätigkeit (Energeia). Ihre wahre Definition kann daher nur eine genetische sein. – Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 46. In Cassirers PsF I, S. 105, heißt es dazu: Ihren knappsten und schärfsten Ausdruck erhält diese Gesamtansicht in der bekannten Humboldtschen Formulierung, daß die Sprache kein Werk (Ergon), sondern eine Tätigkeit (Energeia) sei, und daß daher ihre wahre Definition immer nur eine genetische sein könne. 363 “status nascens”] lat.: Zustand des Geborenwerdens, Geburtszustand.
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“Gespräch . . . selbst”,] Fremder: Also Gedanken und Rede sind dasselbe, nur daß das innere Gespräch der Seele mit sich selbst, was ohne Stimme vor sich geht, von uns Gedanke genannt worden. – Vgl. Platon: Der Sophist. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 263, S. 165. 365 “Worthaftigkeit des Denkens”] Darf der Gedanke . . . als “worthaft” bezeichnet werden? Ohne jede Frage. Denn gerade jenes Suchen nach einem passenden Wort ist ja der Ausdruck solcher “Worthaftigkeit”; jenes Suchen selbst wäre ohne die Bedingung grundsätzlicher Worthaftigkeit des Gedankens sinn- und richtungslos. – Vgl. Richard Hönigswald: Die Grundlagen der Denkpsychologie. Studien und Analysen, S. 22. Siehe dazu auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 138, Anm. 1. 366 te rmin us a quo, . . . ter mi nus a d quem.] Vgl. Hrsg.-Anm. 344. 367 Vol ke l t] Hans Volkelt, Psychologe und Pädagoge. * 4. 6. 1886 Basel, † 18. 1. 1964 Bissingen (Württemberg). 1918–1945 an der Universität Leipzig, seit 1930 a. o. Professur für Kindes- und Pädagogische Psychologie, lehrt seit 1934 Entwicklungspsychologie und politische Pädagogik, von 1936–1939 Direktor der 1936 gegründeten Hochschule für Lehrerbildung, seit 1939 Direktor des Psychologisch-pädagogischen Institutes der Universität Leipzig. Schriften: Über die Vorstellungen der Tiere (1914); Grundbegriffe der Ganzheitspsychologie (1934). 368 U e x k ü l l s ] Jakob Baron von Uexküll, Biologe und Verhaltensforscher. * 8. 9. 1864 Keblas (Estland), † 25. 7. 1944 Capri (Italien). 1884–1889 Studium der Zoologie in Dorpat (Tartu) und Heidelberg, Feldforschung in Süditalien und Afrika, 1907 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät Heidelberg, 1926–1940 Professor und Direktor des Instituts für Umweltforschung in Hamburg. Unterhält ein freundschaftliches und wissenschaftliches Verhältnis zu Cassirer, der von Uexkülls Forschungsergebnissen und Theorien beeinflußt wird. Schriften: Umwelt und Innenwelt der Tiere (1909); Theoretische Biologie (1920). 369 “Die Reize . . . abhalten.”] Vgl. Jakob von Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, S. 182. 370 “Das Kind . . . Namen habe”.] Bei Stern: d. i. d a ß j e d e s D i n g e i n e n Na men habe. – Vgl. Clara und William Stern: Die Kindersprache, S. 190. 371 “Alsdann . . . haben”.] Vgl. Immanuel Kant: KrV. In: Werke. Bd. 3, S. 615 (A 105). 372 M a u t h n e rs ] Fritz Mauthner, Schriftsteller und Philosoph. * 22. 11. 1849 Horice (Böhmen), † 29. 6. 1923 Meersburg (Bodensee). Studiert in Prag Rechtswissenschaft ohne das Studium zu beenden. Lernt den Physiker und Philosophen Ernst Mach kennen und wird von dessen Positivismus philosophisch beeinflußt. Arbeitet ab 1873 in einer Anwaltskanzlei und ist gleichzeitig schriftstellerisch und philosophisch tätig. 1876 Umzug nach Berlin, hier tritt er als Redakteur und Theaterkritiker in Erscheinung, u. a. beim Berliner Tageblatt. 1905 Umzug nach Freiburg / Br., 1909 nach Meersburg, mit Gustav Landauer befreundet. Schriften: Beiträge zu einer Kritik der Sprache, 3 Bde. (1901–1902); Wörterbuch der Philosophie. Neue Beiträge zu einer Kritik der Sprache, 2 Bde. (1910); Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande, 4 Bde. (1920–1923). 364
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Denn . . . Ideen-Schau ist.] Das überall zerstreute anschauend zusammenzufassen in eine Gestalt, . . . – Vgl. Platon: Phaidros. In: Werke. 1. Theil. Bd. 1, St. 265, S. 103; Εἰς μίαν τε ἰδέαν συνορῶντα ἄγειν τὰ πολλαχῇ διεσπαρμένα, . . . – Vgl. ders.: Phaidrus. In: Opera. Tomus 2, St. 265d. 374 Goldste i n und Ge l b . . . zutage trat.] Vgl. Adhémar Gelb, Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie. In: Psychologische Forschung. Bd. 6 (1925), S. 127–186. 375 Auch He ad . . . über Aphasie] Vgl. Henry Head: Aphasia and Kindred Disorders of Speech. In 2 Volumes. Cambridge 1926. 376 Jackson] John Hughlings Jackson, englischer Neurologe. * 4. 4. 1835 Green Hammerton (Yorkshire), † 7. 10. 1911 London. Jackson forscht auf den Gebieten der Epilepsie und der Aphasie. Werke: Eine Studie über Krämpfe (1869), auf Deutsch (1926); Die Croon-Vorlesungen über Aufbau und Abbau des Nervensystems (1927); Selected writings (1931). 377 Nähe der Zentuarfeier] Gemeint ist die am 22. März 1932 begangene weltweite Feier zum 100. Todestag Goethes, was dafür spricht, daß das vorliegende Ms. Vortrag: Symbolproblem am 20/II [19]32: Zürich (Bl. 29) gehalten wurde. Siehe aus diesem Anlaß auch: Ernst Cassirer: Goethe und die geschichtliche Welt. Drei Aufsätze. Berlin 1932. 378 Kestner] Johann Christian Kestner, deutscher Jurist und Archivar. * 28. 8. 1741 Hannover, † 24. 5. 1800 Lüneburg. Kestner wird berühmt als Ehemann von “Werthers Lotte”, Charlotte Buff; ist als junger Legationssekretär 1767 bis 1773 am Reichkammergericht in Wetzlar tätig, wo er 1772 den 23-jährigen Praktikanten Goethe kennenlernt. 379 In der herrlichen Schilderung, . . . sagen.] Im Frühjahr kam hier ein gewisser Goethe aus Frankfurt an, seiner Hantierung nach Dr. juris, 23 Jahr alt, einziger Sohn eines sehr reichen Vaters, um sich hier i n We t z l a r – dies war seines Vaters Absicht – in Praxi umzusehen, der seinigen nach aber, den Homer, Pindar usw. zu studieren, und was sein Genie, seine Denkungsart und sein Herz ihm weiter für Beschäftigungen eingeben würden . . . Er hat sehr viele Talente, ist ein wahres Genie und ein Mensch von Charakter; besitzt eine außerordentlich lebhafte Einbildungskraft, daher er sich meistens in Bildern und Gleichnissen ausdrückt. Er pflegt auch selbst zu sagen, daß er sich immer uneigentlich ausdrücke, niemals eigentlich ausdrücken könne: wenn er aber älter werde, hoffe er die Gedanken selbst, wie sie wären, zu denken und zu sagen. – Vgl. [1772] Mai / Juni. J[ohann] Ch[ristian] Kestner. In: Goethes Gespräche. Gesamtausgabe. Bd. 1, S. 21 f. 380 Aber . . . angesehen habe] Freilich, sagte Goethe, ich hätte indes manches gute Stück schreiben können, doch wenn ich es recht bedenke, gereut es mich nicht. Ich habe all mein Wirken und Leisten immer nur symbolisch angesehen, und es ist mir im Grunde ziemlich gleichgültig gewesen, ob ich Töpfe machte oder Schüsseln. – Vgl. [1824] Mai 2. [ Johann Peter] Eckermann. In: Goethes Gespräche. Gesamtausgabe. Bd. 3, S. 106. 381 und selbst . . . wissen.] Sich auf seinen West-Östlichen Divan beziehend schreibt Goethe z. B.: Diese mohamedanische Religion, Mythologie, Sitte geben Raum einer Poesie wie sie meinen Jahren ziemt. Unbedingtes Erge373
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ben in den unergründlichen Willen Gottes, heiterer Überblick des beweglichen, immer kreis- und spiralartig wiederkehrenden Erdetreibens, Liebe, Neigung zwischen zwei Welten schwebend, alles Reale geläutert, sich symbolisch auflösend. – Vgl. Johann Wolfgang von Goethe: An C[arl] Fr[iedrich] Zelter, C[arls]b[ad] d[en] 11. May 1820. In: WA. Abt. 4: Briefe. Bd. 33, S. 27. 382 “Phantasie . . . Realen”] Es gibt indes wenige Menschen, die eine Phantasie für die Wahrheit des Realen besitzen, vielmehr ergehen sie sich gern in seltsamen Ländern und Zuständen, wovon sie gar keine Begriffe haben und die ihre Phantasie ihnen wunderlich genug ausbilden mag. – Vgl. Goethe zu Eckermann, Sonntag, den 25. Dezember 1825. In: Goethes Gespräche. Gesamtausgabe. Bd. 3, S. 245. 383 “einfache . . . Natur”] Vgl. Hrsg.-Anm. 384. 384 “Wie . . . erkennen.”] Bei Goethe: der Stil und in so fern uns erlaubt ist es. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 47, S. 80. 385 ›vita nuova‹] Anspielung auf Dante Alighieri: La Vita nuova (1292–1294). Firenze 1899. 386 ›Was ich . . . Verständnis‹.] Wie ihr denkt, oder denken sollt, / Geht mich nichts an; / Was ihr Guten, ihr Besten wollt, / Hab ich zum Theil getan. / Viel übrig bleibt zu thun, / Möge nur keiner lässig ruhn! – / Was ich sag’ ist Bekenntnis, / Zu meinem und eurem Verständnis. / Die Welt wird täglich breiter und größer, / So macht’s denn auch vollkommner und besser ! / Besser sollt’ es heißen und vollkommner; / So sei denn jeder ein Willkommner. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Zahme Xenien II Mit Baki’s Weissagen vermischt. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 3. 3. Theil, S. 247. 387 “Es war . . . können.”] . . . es war anstatt Es war; gewissermaßen anstatt einigermaßen; werde. . . . Dieses anstatt werde. Dieses; angehört habe anstatt angehört, habe – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Brief an Karl Friedrich Zelter vom 15. Februar 1830. In: WA. 4. Abt.: Goethes Briefe. Bd. 46, S. 241 f. 388 “zum Stehen bringen”] Die mannigfachen Begriffe, in welche sich eine Veränderung auflöst, sind also ebenso viele stabil gewordene Erscheinungsweisen der Instabilität des Wirklichen. Und ein Objekt denken . . . bedeutet, von seiner Beweglichkeit eine oder mehrere unbewegliche Ansichten aufnehmen. . . . Un ser In tell ekt . . . geht durch feste Wahrnehmungen ei nerse it s und durch beharrende B egriffe andererseits vor. Er geht vom Unbeweglichen aus und begreift die Bewegung nur als Funktion der Unbeweglichkeit und nur in dieser drückt er sie aus. Er setzt sich in den fertigen Begriffen fest und bemüht sich, darin wie in einem Netz etwas von der vorübergehenden Realität zu fangen. – Vgl. Henri Bergson: Einführung in die Metaphysik. Autorisierte Übertragung. Jena 1909, S. 33, 41. Siehe dazu auch: In diesem Sinne erscheint für Bergson alsbald jede »geprägte Form« als der Feind des Lebens; denn die Form ist wesentlich Begrenzung, während das Leben wesentlich Grenzenlosigkeit ist; die Form ist Abgeschlossenheit und Stillstand, während die Lebensbewegung als solche keine anderen als relative Haltpunkte kennt. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 43 f.
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Und wie . . . nachwirkt.] Vgl. Nicolai Hartmann: Grundzüge einer Metaphysik der Erkenntnis. Vierter Teil: Die Erkenntnis des Gegenstandes. Abschn. I: Subjekt und Objekt, S. 252–269. 390 “Mußt . . . fliehen”] Vgl. Johann Wolfgang Goethe: West-östlicher Divan. Buch Suleika, Einladung, 1. Zeile. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 6, S. 143. 391 “Und . . . nicht h i n”] Und was folgt und was vergangen / Reißt nicht hin und bleibt nicht hangen. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: West-östlicher Divan. Buch Suleika. Einladung, 10. und 11. Zeile. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 6, S. 143. 392 “als durch . . . Kunst”] Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst, und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime 52, S. 8. 393 “reine Beruhen im Gegenstand”] Bezieht sich vermutlich auf Goethes Ausführungen zu Einfache Nachahmung der Natur in der Skizze Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil. – Vgl. Hrsg.-Anm. 384. 394 einfache Nachahmung . . . Stil] Vgl. Hrsg.-Anm. 384. 395 “Der Mensch . . . spielt.”] Vgl. Hrsg.-Anm. 343. 396 “Wenn die Begierde . . . Grunde.”] Vgl. Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, 25. Brief. In: Sämtliche Werke. Bd. 12. Zweiter Teil, S. 99. 397 Friedmann] konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, meint wahrscheinlich Hermann Friedmann: Die Welt der Formen. System eines morphologischen Idealismus. Berlin 1925. 398 Hild ebrand – . . . Gestaltung] Vgl. Hrsg.-Anm. 257. 399 N i e t z s ch e , . . . Allzumenschliches] Vgl. Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister. Bde. 1 u. 2. In: Werke. 1. Abth. Bd. 2 und 3. Leipzig 1906. 400 Brouwer] Luitzen Egbertus Jan Brouwer, niederländischer Mathematiker. * 27. 2. 1881 Overschie (Rotterdam), † 2. 12. 1966 Blaricum (Holland). Brouwer wird durch seine Begründung des Intuitionismus im sogenannten Grundlagenstreit der Mathematik bekannt. 1897–1904 Studium der Mathematik an der Universität Amsterdam, 1907 Promotion Über die Grundlagen der Mathematik, 1909 Habilitation, 1909–1912 Privatdozent, seit 1912/13 Ordinarius an der Universität Amsterdam für Mengenlehre, Funktionstheorie und Axiomatik. Die Antrittsvorlesung 1912 referiert über Intuitionismus und Formalismus, seit 1912 Mitglied der Königlichen AdW, seit 1914 Mitherausgeber der Mathematischen Annalen. In den 1920er Jahren intensives Bemühen, klassische Resultate der Mathematik neu zu beweisen und intuitionistisch umzuformulieren (neue Funktionentheorie), Ende der 20er Jahre Bruch mit David Hilbert, 1927 und 1928 öffentliche Vorlesungen in Berlin und Wien, 1951 Emeritierung in Amsterdam. 401 In einer . . . bezieht,] Vgl. Ernst Cassirer: Le langage et la construction du monde des objets. In: Journal de Psychologie. XXXe Année, 15. 1. –15. 4. 1933, pp. 18–44. 402 “dem Sprachstudium . . . verderbliche”] Vgl. Hrsg.-Anm. 394. 403 In der angeführten Arbeit] Vgl. Hrsg.-Anm. 401. 404 Planck] Max Planck, Physiker, Begründer der Quantentheorie. * 23. 4. 1858 Kiel, † 4. 10. 1947 Göttingen. 1885 Berufung zum Extraordinarius für Theoreti389
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sche Physik an die Universität Kiel, 1889 Berufung nach Berlin, 1894 Mitglied der Preußischen AdW, wird 1926 emeritiert. 405 Planck hat . . . verfolge.] . . . Die ganze Physik, sowohl ihre Definitionen als auch ihre ganze Struktur, trägt ursprünglich in gewissem Sinn einen anthropomorphen Charakter. . . . die Signatur der ganzen bisherigen Entwicklung der theoretischen Physik ist eine Vereinheitlichung ihres Systems, welche erzielt ist durch eine gewisse Emanzipation von den anthropomorphen Elementen, speziell den spezifischen Sinnesempfindungen, . . . – Vgl. Max Planck: Die Einheit des physikalischen Weltbildes, S. 6, 8; Das konstante einheitliche Weltbild ist aber gerade . . . das feste Ziel, dem sich die wirkliche Naturwissenschaft in allen ihren Wandlungen fortwährend annähert, . . . Worauf es hier einzig und allein ankommt, ist die Anerkennung eines solchen festen . . . Zieles, und dieses Ziel ist . . . d i e vo l l st ä n d i g e L o s l ö s u n g d e s p hys i k a l i s ch e n We ltb i l des von de r Indi vidua li tä t des bildenden Geistes. Es ist dies eine etwas genauere Umschreibung dessen, was ich oben die Emanzipierung von den anthropomorphen Elementen genannt habe, . . . . – Vgl. ebd., S. 35, 36. 406 von der “Sinneswelt” . . . fortzugehen.] Ja, dieses Zurückdrängen des spezifisch sinnlichen Elements aus den Definitionen der physikalischen Begriffe . . . . – Vgl. Max Planck: Die Einheit des physikalischen Weltbildes, S. 7; . . . so muß man zugeben, daß das Zukunftsbild [der physikalischen Welt – der Hrsg.] gegenüber der bunten Farbenpracht des ursprünglichen Bildes . . . merklich abgeblaßt und nüchtern . . . erscheint, und dies ist für die Verwertung in einer exakten Wissenschaft ein schwerer Nachteil. . . . [Der Vorrang dagegen – der Hrsg.] ist nichts als die Ei nhei t des Bildes. – Vgl. ebd., S. 29, 30. 407 das “Menschliche, Allzumenschliche”] Vgl. Hrsg.-Anm. 399. 408 “ersten Philosophie”] πρώτης ϕιλοσοϕίας – Vgl. Aristoteles: Physica. In: Opera. Bd. 1, I (A), S. 192b; siehe auch ders.: Physik. I. Buch, Kap. 9, S. 25. 409 Die Natur . . . werden.] . . . ἀρχὴν κινήσεως καὶ στάσεως . . . – Vgl. Aristoteles: Physica. In: Opera. Bd. 1, II (B), S. 192b. Auf Deutsch: So ist also die Natur ein Ursprung und Ursache des Bewegens und Ruhens in demjenigen, worin diese ursprünglich und wesentlich . . . stattfindet. – Vgl. ders.: Physik. II. Buch, Kap. 1, S. 26 f. 410 Es ist der Unterschied . . . kundgiebt.] Vgl. Aristoteles: Physica. In: Opera. Bd. 1, VIII (TH), Kap. 4, S. 254b und Kap. 9, S. 265a; siehe auch ders.: Physik. VIII. Buch, Kap. 4, S. 202 f. und Kap. 9, S. 231 f. 411 ›Revolution der Denkart‹] Vgl. Immanuel Kant: KrV. In: Werke. Bd. 3. Vorrede zur 2. Auflage, (B S. XI) S. 15. 412 Aber bevor . . . vertiefen.] Vgl. Aristoteles: Categoriae. In: Opera. Bd. 1, S. 1–15. 413 Die Logik] Vgl. Aristoteles: Analytica Priora. In: Opera. Bd. 1, S. 24–70; ders.: Analytica Posteriora. In: Opera. Bd. 1, S. 71–100. 414 Die Gliederung . . . folgen sucht.] Vgl. Aristoteles: Peri hermeneias. In: Opera. Bd. 1, S. 16–24. 415 In diesem Sinne . . . (ἐν ᾧ ἐστι)] Der einfache Satz tritt in Subject und Prädicat aus einander. Das Subject erscheint als die Grundlage, auf welche
Anmerkungen des Herausgebers
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das Prädicat bezogen wird, das ὑποκείμενον, das, grammatisch gefasst, dasjenige ist, von welchem ausgesagt wird (καθ' οὗ λέγεται [Aristoteles,] Categ. c. 3. c. 5.) und real dasjenige, in welchem das Ausgesagte ist (ἐν ᾧ ἐσι). – Vgl. Friedrich Adolf Trendelenburg: Geschichte der Kategorienlehre. 1. Aristoteles Kategorienlehre, S. 18 f. 416 Trendelenburg] Friedrich Adolf Trendelenburg, Philosoph. * 30. 11. 1802 Eutin, † 24. 1. 1872 Berlin. Studiert Philologie und Philosophie in Kiel, Leipzig und Berlin, Promotion 1826, danach sieben Jahre Hauslehrer, 1833 a. o. Professor, 1837 Ordinarius an der Universität Berlin. Schriften: De Aristotelis categoriis (1833); Logische Untersuchungen, 2 Bde. (1840); Geschichte der Kategorienlehre (1846). 417 Die logischen Kategorien . . . hindurch.] Auf solche Weise bezeugen Stellen aus den verschiedenen Schriften des Aristoteles, was schon aus dem Abriss der Kategorien wahrscheinlich wurde, dass die logischen Kategorien zunächst einen grammatischen Ursprung haben und dass sich der grammatische Leitfaden durch ihre Anwendung durchzieht. – Vgl. Friedrich Adolf Trendelenburg: Geschichte der Kategorienlehre, S. 33. 418 Die οὐσία, . . . Verbum u. s. f.] Die οὐσία entspricht dem Substantiv, das ποσόν und ποιόν dem Adjektiv, . . . Das ποῦ und ποτέ wird durch die Adverbien des Orts und der Zeit dargestellt. Die vier letzten Kategorien finden sich im Verbum wieder, da durch das ποιεῖν und πασχειν das Activ und Passiv . . . in einen allgemeinen Begriff gefasst werden. – Vgl. Friedrich Adolf Trendelenburg: Geschichte der Kategorienlehre, S. 23 f. 419 Dieses Andere . . . gegenüberstehe.] Wenn aber der Satz das Ganze ist, so geht er in der Betrachtung der Begriffe voran; . . . Dies Verhältniss entspricht der Methode des Aristoteles überhaupt, wie z. B. in der Metaphysik (Anm. metaphys. M, 8. p. 1084, b, 5.) ausgesprochen wird, dass der spitze Winkel und das Element und das Eine als Materie früher sei, als der rechte Winkel und das Ganze und die Zahl, aber nach der Form und dem durch den Begriff bestimmten Wesen umgekehrt. – Vgl. Friedrich Adolf Trendelenburg: Geschichte der Kategorienlehre, S. 12 f. 420 “Die Goldwaage” . . . (Sarsi)] In der 1623 in Rom veröffentlichten Streitschrift “Die Goldwaage” (“Il Saggiatore”) [it.: Prüfer mit der Goldwaage] polemisiert Galilei gegen Pater Grassis Kometentheorie. Pater Grassi – alias Lottario Sarsi – und das Collegium Romanum, dem dieser als angesehener Wissenschaftler angehört, fühlen sich angegriffen und beleidigt. Die Schrift, um die sich eine literarische Kontroverse im römisch-katholischen Kulturbereich entspannt, enthält auch eine Auseinandersetzung mit den Ansichten Grassis über die Physik der sinnlich wahrnehmbaren Phänomene wie etwa Farbe, Geschmack und Wärme. Siehe auch Hrsg.-Anm. 425. 421 οὐχ . . . εἶναι] οὐκ ἐμοῦ, ἀλλὰ τοῦ λόγου ακούσαντας ὁμολογεῖν σοϕόν ἐστιν ἓν πάντα εἶναι – Vgl. Herakleitos, Fragm. 50: In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. (1903) Bd. 1, S. 69. 422 “nicht . . . Eins ist.”] Habt ihr nicht mich, sondern das Wort vernommen, ist es weise, zuzugestehen, daß alles eins ist. – Vgl. Herakleitos, Fragm. 50: In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. Bd. 1, S. 69.
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“nicht . . . Eins ist.”] Vgl. die Hrsg.-Anm. 421 und 422. Ke p l e r . . . de Brahe] Vgl. Johannes Kepler: Apologia Tychonis contra [Nicolaum] R[aymarum] Ursum. In: Opera omnia. Bd. 1. Frankfurt a. Main / Erlangen 1858, S. 215–287. 425 Will ich . . . denken.] Per tanto io dico, . . . subito che concepisco una materia o sostanza corporea, concepire insieme ch’ ella è terminata e figurata di questa o di quella figura, ch’ ella in relazione ad altre è grande o piccola, ch’ ella è in questo o quel luogo, in questo o quel tempo, ch’ ella si muove o sta ferma, ch’ ella tocca o non tocca un altro corpo, ch’ ella è una, poca o molta, nè per veruna immaginazione possa separarla da queste condizioni; . . . – Vgl. Galileio Galilei: Il Saggiatore. In: Le opere. Prima edizione. Bd. 4, S. 333. 426 All diese . . . fühlen.] Or quella titillazione è tutta di noi, e non della penna, e rimosso il corpo animato e sensitivo, ella non è più altro che un puro nome. – Vgl. Galileio Galilei: Il Saggiatore. In: Opere. Prima edizione. Bd. 4, S. 334. 427 Galilei, Il Saggiatore . . . VI, 346 ff.] Cassirer verwendet für Galileis Il Saggiatore neben der Ausgabe Opere. Prima edizione gelegentlich auch die Opere. Edizione nazionale, die beiden Seitenangaben Bd. 4, S. 332 ff. und Bd. 6, S. 346 ff. entsprechen einander; siehe auch Hrsg.-Anm. 425 und 426. 428 Das ist . . . vollzogen hat.] Vgl. Wilhelm von Ockham: Super 4 libros sententiarum. Libri Primi. In: Opera plurima. Bd. 3. Lyon 1495. 429 Duhems,] Pierre Duhem, Physiker, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker. * 10. 6. 1861 Paris, † 14. 9. 1916 Cabrespine (Frankreich). Lehrt 1887–1893 Physik in Lille und Rennes; 1894–1916 Professor in Bordeaux. Schriften: L’évolution de la mécanique (1903); (dt.: Die Wandlungen der Mechanik und der mechanischen Naturerklärung); Les sources des théories physiques, 2 Bde., (1905/06); La Théorie physique. Son objet et sa structure (1906); (dt.: Ziel und Struktur der physikalischen Theorien). 430 Wir wissen . . . auswirkte.] Vgl. Pierre Duhem: Les origines de la statique. 2 Bde. Paris 1905–1906; ders.: Études sur Léonard de Vinci ceux qu’il a lus et ceux qui l’ont lu. 3 Bde. Paris 1906–1913; ders.: Le système du monde. 5 Bde. Paris 1913–1917. 431 G i l s o n , ] Etienne Henry Gilson, französischer Philosoph und Historiker. * 13. 6. 1884 Paris, † 19. 9. 1978 Cravant (Yonne). Gilson ist seit 1913/1914 Professor für Philosophie in Lille, nach Kriegsteilnahme und Gefangenschaft ab 1919 in Straßburg, lehrt 1921–1932 an der Pariser Sorbonne Philosophiegeschichte, 1926–28 zeitgleich an der Harvard University. Ab 1932 Professor am Collège de France in Paris, lehrt zudem in Toronto. Seit 1946 Mitglied der Académie Française, gilt als einer der führenden Erforscher der mittelalterlichen Geisteswelt. Schriften: La Philosophie au Moyen Age (2 Bde. 1922). 432 ›omnis res . . . singularis‹] Vgl. Wilhelm von Ockham: Super 4 libros sententiarum. Libri primi: Distinctionis 2. Quaestio 7. In: Opera plurima. Bd. 3. 433 Die Philosophie . . . versteht.] “. . . die Philosophie ist in dem großen Buch der Natur geschrieben, das uns beständig vor Augen liegt, das aber niemand zu lesen vermag, es sei denn, daß er zuvor die Chiffern, in denen es verfaßt ist, d. h. die mathematischen Figuren und deren notwendige Verknüpfung zu 423
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Anmerkungen des Herausgebers
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verstehen gelernt hat.” Anm. 3) Galilei, Il saggiatore, Ed[izione] naz[ionale Bd.] VI, [S.] 232. – Vgl. Ernst Cassirer: IK, S. 165. Die zitierte und übersetzte Stelle lautet im Original: . . . la cosa non istà così. La filosofia è scritta in questo grandissimo libro che continuamente ci sta aperto innanzi a gli occhi . . . ma non si può intendere se prima non s’impra a intender la lingua, e connoscer i caratteri, ne quali è scritto. 434 “Zwar erkennt . . . kann.”] “Zwar erkennt der göttliche Intellekt die mathematischen Wahrheiten in unendlich größerer Fülle als der unsere (denn er weiß sie alle); aber von den wenigen, die der menschliche Intellekt erfaßt, glaube ich, daß ihre Erkenntnis an objektiver Gewißheit der göttlichen gleichkommt, da der Mensch dazu gelangt, ihre No t we n d i g ke i t einzusehen, über welche hinaus es keinen höheren Grad von Sicherheit geben kann.” – Vgl. Ernst Cassirer: IK, S. 171 f. Die Übersetzung sowohl im Ms. von 1936 als auch in der zitierten Veröffentlichung von 1927 ist vermutlich von Cassirer selbst: . . . dico che l’intelletto umano ne intende alcune così perfettamente, e ne ha cosí assoluta certezza, quanto se n’abbia l’istessa natura; e tali sono le scienze matematique pure, cioé la geometria e l’aritmetica, delle quali l’intellette divino ne sa bene in finite propositioni di più perchè le sa tutte, ma di quelle poche intese dall’intelletto umano credo che la cognizione aggualgli la divina nella certezza obiettiva, poichè arriva a coprendere la necessità, sopra la quale non par che possa esser sicurezza maggiore. – Vgl. Galileio Galilei: Dialogo sopra ai due massimi sistemi del mondo. (Giornada prima). In: Edizione nazionale, vol. 7, S. 128 f. Die Cassirer bekannte Übertragung von Emil Stauss lautet: Freilich erkennt der göttliche Geist unendlich viel mehr mathematische Wahrheiten, denn er erkennt sie alle. Die Erkenntnis der wenigen aber, welche der menschliche Geist begriffen, kommt meiner Meinung an objektiver Gewissheit der göttlichen Erkenntnis gleich; denn sie gelangt bis zur Einsicht ihrer Notwendigkeit, und eine höhere Stufe der Gewissheit kann es wohl nicht geben. – Vgl. Galileo Galilei: Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Das Ptolemäische und das Kopernikanische. Aus dem Italienischen übersetzt und erläutert von Emil Strauss. Leipzig 1891, Erster Tag, S. 108. 435 S i g wa r t ] Christoph Sigwart, Logiker, Philosoph. * 28. 3. 1830 Tübingen, † 5. 8. 1905 ebd. Studiert 1846–1851 Philosophie und Theologie an der Universität Tübingen, danach als Schullehrer tätig, 1854 Promotion, seit 1855 Lehrtätigkeit an der Universität Tübingen, von 1865 bis 1903 o. Professor für Philosophie. Schriften: Logik, 2 Bde. (1873–1878); Vorfragen der Ethik (1886); Die Impersonalien (1888). 436 Sigwart . . . gewidmet] Vgl. Christoph Sigwart: Die Impersonalien. Eine Logische Untersuchung. Freiburg im Breisgau 1888. 437 Pe ano] Guiseppe Peano, italienischer Mathematiker. * 27. 8. 1858 Spinetta (Piemont), † 20. 4. 1932 Turin. Wirkt in Turin. Schriften: Calcolo geometrico (1888); Arithmetices principia nova methodo exposita (1889); Logique mathematique (1897); De latino sine flexione (1903). 438 Er zeigt . . . kann.] Vgl. Bertrand Russell: The Principles of Mathematics. Bd. 1. Chap. 25: The Meaning of Order, S. 207–217; Chap. 26: Asymmetrical
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Relations, S. 218–226. We have now seen that asymmetrical relations are unintelligible on both the usual theories of relation. Hence, since such relations are involved in Number, Quantity, Order, Space, Time, and Motion, we can hardly hope for a satisfactory philosophy of Mathematics so long as we adhere to the view that no relation can be “purely external.” As soon, however, as we adopt a different theory, the logical puzzles, which have hitherto obstructed philosophers, are seen to be artificial. Among the terms commonly regarded as relational, those that are symmetrical and transitive . . . are capable of reduction to what has been vaguely called identity of content, but this in turn must be analyzed into sameness of relation to some other term. For the so-called properties of a term are, in fact, only other terms to which it stands in some relation; and a common property of two terms is a term to which both stand in the same relation. – Vgl. ebd., S. 226. 439 So führt . . . hinübertreten.] Auf den Seiten 588 ff. unterscheidet Helmholtz die E i g e n s ch a f t e n der Objecte der Außenwelt, soweit sie Wirkungen . . . entweder auf unsere Sinne oder auf andere Naturobjecte ausüben. Nach alltäglichen Beispielen für solche Wirkungen kommt er auf das G e s e t z l i ch e in der Erscheinung und den Vorgang des Begriffe bilden[s] zu sprechen. – Vgl. Hermann v. Helmholtz: Handbuch der physiologischen Optik, S. 588–591. 440 “Alle Versuche . . . hinzudrängen.”] Bei Goethe lautet der erste Satz: Möchte man doch bei dergleichen Bemühungen immer wohl bedenken, daß alle solche Versuche . . . dem Anschauen sind. ; keine Komma nach: uns auf das Anschauen zurückzuführen. 441 Lagranges] Joseph-Louis de Lagrange (Giuseppe Lodovico Lagrangia), Mathematiker und Astronom. * 25. 1. 1736 Turin, † 10. 4. 1813 Paris. Erhält mit 19 Jahren einen Lehrstuhl für Mathematik an der Königlichen Artillerieschule in Turin, wo er auch seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten über Differentialgleichungen und Variationsrechnungen veröffentlicht. 1757 Mitbegründer der Turiner Akademie. 1766 Direktor der Preußischen AdW in Berlin, 1787 nach Paris, lehrt ab 1795 an der École Normale Supérieure, ab 1797 an der École Polytechnique in Paris. Schriften: Mécanique analytique (1788). 442 Kepler . . . regelt.] Vgl. Johannes Kepler: Literae Kepleri de rubus astrologici. In: Opera. Bd. 1, S. 355. 443 In einem Brief . . . gründe.] . . . qui versor in adornatione Commentariorum de motibus stellae Martis, operosissimarum speculationum plenissima. Trado enim una philosophiam seu physicam coelestem pro theologia coelesti seu metaphysica Aristotelis. . . . In qua physica simul novam arithmeticam doceo, computandi non ex circulis, sed ex facultatibus naturalibus et magneticis. – Vgl. Johannes Kepler: Brief vom 4. Oktober 1607 an Brenggero. In: Opera. Bd. 3, S. 31. 444 Wenn Newton . . . verstehen.] Porro attractiones & impulsus eodem sensu acceleratrices & motrices nomino. Voces autem attractionis, impulsus, vel propensionis cujuscunque in centrum, indifferenter & pro se mutuo promiscue usurpo; has vires non physice sed mathematice tantum considerando. Unde caveat lector, ne per hujusmodi voces cogitet me speciem vel modum actionis, causamve aut rationem physicam, alicubi definire; vel centris (quae
Anmerkungen des Herausgebers
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sunt puncta mathematica) vires vere & physice tribuere; si forte aut centra trahere, aut vires centrorum esse dixero. – Vgl. Issac Newton: Philosophiae naturalis principia mathematica. Definitio VIII. In: Opera. Bd. 2, S. 6; Cassirers Seitenangabe 295 O. L. An. bleibt unklar. Auf Deutsch: Die Benennung: Anziehung, Stoss oder Hinneigung gegen den Mittelpunkt nehme ich ohne Unterschied und unter einander vermischt an, indem ich diese Kräfte nicht im physischen sondern nur im mathematischen Sinne betrachte. Der Leser möge daher aus Bemerkungen dieser Art nicht schliessen, dass ich die Art und Weise der Wirkung oder die physische Ursache erklären, oder auch dass ich den Mittelpunkten (welche geometrische Punkte sind) wirkliche und physische Kräfte beilege, indem ich sage: die Mittelpunkte ziehen an, oder es finden Mittelpunktskräfte statt. – Vgl. Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre, Erklärung 8, S. 25. 445 Mch. Optik, S. 212] Angabe konnte nicht dechiffriert und nachgewiesen werden. Vgl. u. a. Issac Newton: Optik oder Abhandlung über die Spiegelungen, Brechungen, Beugungen und Farben des Lichts. Bücher 1–3; siehe auch: ders.: Optice sive de reflexionibus, refractionibus, inflexionibus et coloribus lucis. Liber I–III. 446 Huyghens] Christiaan Huyghens, niederländischer Astronom, Mathematiker und Physiker. * 14. 4. 1628 (1629) Den Haag, † 8. 7. 1695 ebd. Ehrenmitglied der britischen Royal Society, erster Direktor der 1666 gegründeten französischen AdW. Schriften: Traité de la lumière (1690); Weltbeschauer, oder vernünftige Muthmaßungen, daß die Planeten nicht weniger geschmükt und bewohnet seyn, als unsere Erde. (Übers. 1767); Le cycle harmonique (1691). 447 Huyghens . . . müsse.] Man wird nicht zweifeln können, dass das Licht in der Bewegung einer gewissen Materie besteht. . . . dies deutet sicherlich auf Bewegung hin, wenigstens in der wahren Philosophie, in welcher man die Ursache aller natürlichen Wirkungen auf mechanische Gründe zurückführt. Dies muss man meiner Ansicht nach thun, oder völlig auf jede Hoffnung verzichten, jemals in der Physik etwas zu begreifen. – Vgl. Christiaan Huyghens: Abhandlung über das Licht, S. 10. 448 Thomson] William Thomson (später Lord Kelvin), britischer Physiker. * 26. 6. 1824 Belfast (Irland), † 17. 12. 1907 Nethergall (Schottland). Wird als Elfjähriger 1835 an der Universität Glasgow immatrikuliert und studiert Mathematik, 1841 in Cambridge Naturwissenschaft, 1846 Professor für Naturphilosophie und theoretische Physik an der Universität Glasgow, gründet das erste britische Laboratorium für Physik, 1851 Mitglied der Royal Society, 1890 ihr Präsident. Von 1857 bis 1858 und von 1865 bis 1866 als wissenschaftlicher Berater beim Verlegen der Telegraphenkabel im Atlantik tätig, wird 1899 emeritiert. Schriften: Notes of lectures on molecular dynamics and the wave theory of light (1884). 449 Und noch . . . aufbauen könne.] I never satisfy myself until I can make a mechanical model of a thing. If I can make a mechanical model I can understand it. As long as I cannot make a mechanical model all the way through I cannot understand; and that is why I cannot get the electro-magnetic theory. [. . .] But I want to understand light as well as I can without introducing things that we understand even less of. That is why I take plain dynamics. I can get a
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model in plain dynamics, I cannot in electro-magnetics. – Vgl. William Thomson: Notes of lectures on molecular dynamics and the wave theory of light. Delivered at the Johns Hopkins University. Baltimore 1884, S. 270 f. 450 In dieser Schrift, . . . identisch bleibe.] Erstes Axiom. Alle Ursachen in der Natur sind Bewegungsursachen. . . . Der unmittelbaren Anschauung erscheint jeder Körper als eine Summe wechselnder Qualitäten, und die Wissenschaft hat Jahrtausende gekämpft, bis sie dazu gelangt war, die Realität der qualitativen Veränderung zu leugnen. – Vgl. Wilhelm Wundt: Die physikalischen Axiome und ihre Beziehung zum Causalprinzip, S. 6 f. 451 Black’schen] Joseph Black, schottischer Physiker und Chemiker. * 16. 4. 1728 Bordeaux, † 10. 11. 1799 Edinburgh. Studiert in Glasgow und Edinburgh Medizin und Chemie, von 1754 bis 1766 lehrt er an der Universität Glasgow Anatomie, Botanik und Chemie, ab 1757 Medizin, 1766 bis zur Emeritierung ist er Professor für Chemie an der Universität Edinburgh, seit 1789 korrespondierendes Mitglied der französischen AdW. – Vgl. Joseph Black: Lectures on the elements of chemistry. 2 Bde., hrsg. von Robinson nach Blacks Handschrift, Edinburgh 1803 (deutsch: Josef Black’s Vorlesungen über die Grundlehren der Chemie / aus seiner Handschrift hrsg. von D. Johann Robison. Aus dem Englischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Lorenz v. Crell. 4 Bde., Hamburg 1804–1805). 452 “eigentlichen Schmerzenskinde . . . Theorie”.] Ich wende mich gleich zu dem eigentlichen Schmerzenskinde der mechanischen Theorie: dem Lichtäther. . . . Aber das war erst der Anfang der Schwierigkeiten. – Vgl. Max Planck: Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturauffassung. In: Physikalische Rundblicke (1922), S. 46 f. 453 “Konflikt . . . Anschauen”] Vgl. Hrsg.-Anm. 440. 454 Bohr] Niels Bohr, dänischer Physiker. * 7. 10. 1885 Kopenhagen, † 18. 11. 1962 ebd. Ab 1916 Professor für Physik an der Kopenhagener Universität, ab 1920 Leitung des für ihn erbauten Kopenhagener Instituts für theoretische Physik. Das Institut wird ein Zentrum der internationalen Forschung zur Atomphysik. 1922 Nobelpreis für Physik, 1943 Emigration über Schweden und England in die USA, 1946 Rückkehr nach Dänemark. Schriften: Atomtheorie und Naturbeschreibung (1931). 455 So bemerkt . . . Irrationalität ist.] Mit Hinblick auf die reziproke Symmetrie, die dem Gebrauch der klassischen Begriffe in dieser Symbolik eigen ist, hat der Verfasser in diesem Artikel die Bezeichnung Reziprozität für das im vorhergehenden Artikel mit dem Wort Komplementarität gekennzeichnete, der Quantentheorie eigentümliche, gegenseitige Ausschließungsverhältnis hinsichtlich der Anwendung von verschiedenen klassischen Begriffen und Vorstellungen, bevorzugt. . . . Im Übrigen ist die Absicht mit einem solchen Kunstworte, im weitest möglichen Umfange eine Wiederholung des allgemeinen Arguments zu vermeiden, . . . daß alle gewöhnlichen Worte der Sprache von unseren gewohnten Anschauungsformen geprägt sind, von deren Standpunkt aus die Existenz eines Wirkungsquantums eine Irrationalität ist. – Vgl. Niels Bohr: Einleitende Übersicht. In: Atomtheorie und Naturbeschreibung, S. 12.
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Auch in . . . Gepräge giebt.] In der Tat befinden wir uns hier auf dem von E i n st e i n eingeschlagenen Weg der Anpassung unserer den Sinnesempfindungen entlehnten Anschauungsformen an die allmählich vertiefte Kenntnis der Naturgesetze. Die Hindernisse, denen wir auf diesem Wege begegnen, rühren vor allem daher, daß sozusagen jedes Wort der Sprache an diese Anschauungsformen geknüpft ist. In der Quantentheorie tritt uns diese Schwierigkeit sofort entgegen in der Frage der Unumgänglichkeit des dem Quantenpostulat innewohnenden Zuges von Irrationalität. Ich hoffe indessen, daß der Begriff der Komplementarität geeignet sein wird, die bestehende Sachlage zu kennzeichnen, die eine tiefe Analogie aufweisen dürfte mit den allgemeinen, in der Trennung von Subjekt und Objekt begründeten, Schwierigkeiten der menschlichen Begriffsbildung. – Vgl. Niels Bohr: Das Quantenpostulat und die neuere Entwicklung der Atomistik. In: Atomtheorie und Naturbeschreibung, S. 59; Allgemein zeigt uns die Analyse der Sinnesempfindungen eine bemerkenswerte Unabhängigkeit bezüglich der psychologischen Grundlage der Wahrnehmungen von Raum und Zeit einerseits und der auf Kraftwirkungen zurückgehenden Wahrnehmungen von Energie und Impuls andererseits. Vor allem wird aber dieses Gebiet, wie schon berührt, durch Reziprozitätsverhältnisse gekennzeichnet, die mit dem einheitlichen Charakter des Bewußtseins zusammenhängen und eine auffallende Ähnlichkeit zeigen mit den physikalischen Konsequenzen des Wirkungsquantums. – Vgl. ders.: Wirkungsquantum und Naturbeschreibung. In: ebd., S. 64. 457 Ganz entsprechende . . . Quantentheorie;] Es ist auch . . . keineswegs merkwürdig, daß unsere Sprache bei der Beschreibung atomarer Prozesse versagt; denn unsere Begriffe gehen auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurück, in denen wir es stets mit großen Mengen von Atomen zu tun haben, jedoch nie einzelne Atome beobachten. Für atomare Prozesse haben wir also keine Anschauung. – Vgl. Werner Heisenberg: Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie, S. 7. 458 B o r n ] Max Born, Physiker. * 11. 12. 1882 Breslau, † 5. 1. 1970 Göttingen. Born lehrt an den Universitäten Frankfurt / Main und Göttingen. 1933 emigriert er nach England, unterrichtet zunächst in Cambridge; von 1936–1953 ist er Tait Professor of Natural Philosophy an der Universität Edinburgh. 1954 kehrt er nach Deutschland zurück und wird mit dem Nobelpreis für Physik für seine Arbeiten zur Quantenmechanik und Kristallgittertheorie ausgezeichnet. Schriften: Die Relativitätstheorie Einsteins und ihre physikalischen Grundlagen (1920); Der Aufbau der Materie (1920). 459 B orn . . . betrachten.] Die von Cassirer gemeinte Stelle konnte nicht nachgewiesen werden. Es geht ihm aber letztlich um die Behauptung Niels Bohrs, Max Borns, Pascual Jordans und Werner Heisenbergs, daß die Gesetze der Mikrophysik (statistische) grundsätzlich andere sind, als die der Makrophysik (kausale). Vgl. dazu Pascual Jordan: Zufall und Gesetz im physikalischen Geschehen. In: Ernst Benz (Hrsg.): Die Grenze der machbaren Welt. Leiden 1975, S. 67–72, hier S. 68 f. 460 “Erscheinungen . . . können”.] Bei Kant Erfahrung – Vgl. Immanuel Kant: Prolegomena. In: Werke. Bd. 4, § 30, S. 64. 456
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Dieser Übergang . . . worden.] Ist es uns einmal geglückt, aus der angesammelten bisherigen Erfahrung Bilder von der verlangten Beschaffenheit abzuleiten, so können wir an ihnen, wie an Modellen, in kurzer Zeit die Folgen entwickeln, welche in der äußeren Welt erst in längerer Zeit oder als Folgen unseres eigenen Eingreifens auftreten werden . . . Die Bilder, von welchen wir reden, sind unsere Vorstellungen von den Dingen; sie haben mit den Dingen die eine wesentliche Übereinstimmung, welche in der Erfüllung der genannten Forderung liegt, aber es ist für ihren Zweck nicht nötig, daß sie irgendeine weitere Übereinstimmung mit den Dingen haben. In der That wissen wir auch nicht, und haben auch kein Mittel zu erfahren, ob unsere Vorstellungen von den Dingen mit jenen in irgend etwas anderem übereinstimmen, als allein in eben jener einen fundamentalen Beziehung. . . . Wir verlangen von der letzteren [d. h. der wissenschaftlichen Darlegung der inneren Scheinbilder oder Symbole der äußeren Gegenstände – der Hrsg.], daß sie uns klar zum Bewußtsein führe, welche Eigenschaften den Bildern zugelegt seien um der Zulässigkeit willen, welche um der Richtigkeit willen, welche um der Zweckmäßigkeit willen. . . . Was den Bildern beigelegt wurde um der Zweckmäßigkeit willen, ist enthalten in den Bezeichnungen, Definitionen, Abkürzungen, kurzum in dem, was wir nach Willkür hinzuthun oder wegnehmen können. Was den Bildern zukommt um ihrer Richtigkeit willen, ist enthalten in den Erfahrungsthatsachen, welche beim Aufbau der Bilder gedient haben. Was den Bildern zukommt, damit sie zulässig seien, ist gegeben durch die Eigenschaften unseres Geistes. – Vgl. Heinrich Hertz: Die Principien der Mechanik, S. 1 f., 3; siehe dazu auch Ernst Cassirer: PsF I, S. 4 f. – Une expérience de Physique est l’ observation précise d’un groupe de phénomènes, accompagnée de l’interprétation de ces phénomènes; cette interprétation substitue aux données concrètes réellement recueillies par l’observation des représentations abstraites et symboliques que leur correspondent en vertu des théories que l’observateur admet. – Vgl. Pierre Duhem: La Théorie Physique, son objet et sa structure, S. 238. 462 Heisenbergs] Werner Heisenberg, Physiker. * 5. 12. 1901 Würzburg, † 1. 2. 1976 München. 1927 Professor an der Universität Leipzig, 1932 Nobelpreis für Physik. Von 1942–1945 leitet Heisenberg das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem und ist Professor an der Berliner Universität, wo er führend am Uranprojekt des Heereswaffenamtes beteiligt ist. Von 1945–1946 Internierung in Farm Hall in England. Von 1946–1958 Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen, von 1958–1970 Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik (heute auch Werner-Heisenberg-Institut genannt) in München. 463 ῎Ονομα . . . gelangen wollen.] – Vgl. Platon: Epistulae, 7. In: Opera. Tomus V. Pars II, St. 342b. (Deutsch:) 1. der Name, 2. die Definition, 3. das Abbild, 4. die Erkenntnis. – Vgl. ders.: VII. Brief. In: Die Briefe, S. 93; siehe auch Ernst Cassirer: PsF I, S. 62 ff. 464 (ὃ δὴ . . . ἐστιν ὄν)] ὃ δὴ γνωστόν τε καὶ ἀληθῶς ἐστιν ὄν – Vgl. Platon: Epistulae, 7. In: Opera. Tomus V. Pars II, St. 342b. 465 Die höchsten . . . mitteilbar.] . . . wegen der Schwäche des sprachlichen Ausdruckes; darum wird kein Vernünftiger es wagen, in diese schwache Sprache 461
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das von ihm Gedachte zu kleiden . . . – Vgl. Platon: VII. Brief. In: Die Briefe, St. 342–343, S. 95. 466 Denn keiner . . . erkannt hat.] Sobald nämlich einer nicht irgendwie die vier Dinge miteinander ergreift, wird ihm niemals ganz die Erkenntnis des Fünften zuteil werden. – Vgl. Platon: VII. Brief. In: Die Briefe, St. 342, S. 93. 467 “Nach langer Arbeit . . . selbst.”] . . . sondern wenn man sich gerade damit beschäftigt und sich vertraut gemacht hat, entsteht es plötzlich wie ein Feuer, das von einem springenden Funken entfacht wird, in der Seele und von nun an nährt es sich weiter. – Vgl. Platon: VII. Brief. In: Die Briefe, St. 341, S. 91. 468 hierzu Belege z. B. bei Brandes] Es ist unklar, welcher Autor gemeint ist, vermutlich aber der dänische Philosoph, Literaturkritiker und Schriftsteller Georg Morris Cohen Brandes (* 1842, † 1927). Vgl. u. a. Georg Brandes: Die Hauptströmungen der Litteratur des neunzehnten Jahrhunderts. Vorlesungen, gehalten an der Kopenhagener Universität. Übersetzt und eingeleitet von Adolf Strodtmann. (5. Aufl. Jubiläums-Ausgabe) 6 Bde. Charlottenburg 1897–1900; ders.: Moderne Geister. Frankfurt am Main 1887, insbesondere Kap. John Stuart Mill, S. 203–226. 469 ›Nous . . . avec des paroles‹] Vgl. Joseph Joubert: Pensées. 2 vol. 4e éd. 1864, Titre 22, S. 124 [74]. 470 (nach Babbitt, . . . S. 44] After speaking of nou s qui cha ntons avec d es pe nsée s et pei g non s ave c des parol es , [Anm. Ibid., Titre XXII, p. LXXIV] after saying that when “you understand a word perfectly, it becomes, as it were, transparent, you see its color and form, you feel its weight,” etc., he admits that the main thing in a word is not its color or its music, but its meaning; and that when words are so chosen and arranged as to express the meaning most clearly, they are likely also to seem the most harmonious. [Anm. Ibid., Titre XXII, XXIX] – Vgl. Irving Babbitt: The Masters of Modern French Criticism. Kap. IV: Joubert, S. 34–59, hier S. 44. Zuvor hatte Babbitt erklärt: My references are to Paul de Raynal’s edition in two volumes (4e éd., 1866). In the volume containing the Pensées, no numbers are used in the opening chapter (“L’auteur peint par lui-même”). The thoughts are arranged by subjects in the following numbered chapters, which are therefore called “Titres.” 471 Sche ler’sche The se ] Vgl. Max Scheler: Wesen und Formen der Sympathie. C. Vom fremden Ich. III. Die Fremd-Wahrnehmung. Bonn 1923, S. 273–307. 472 cf. B ü h l e r, Krise S. 83 ff.] Max Scheler, der bahnbrechende Denker auf diesem Gebiet, hat die kühne These von einer Art Wahrnehmbarkeit des fremden Erlebens im seelischen Kontakte aufgestellt und Widerspruch gefunden. Das ist der gegenwärtige Stand der Diskussion. Anm. 1: Er ist sehr gründlich und umsichtig dargestellt bei: G[aston] Ro f fe n st e i n , Das Problem des psychischen Verstehens. Kleine Schriften zur Seelenforschung, Heft 15, 1926. Dort ein ausführliches Literaturverzeichnis; an der Diskussion über die S ch e l e rs ch e These sind hervorragend beteiligt: Vo l ke l t , B eche r, Bin swan ge r, K ron fel d und Jonas Cohn. – Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie, S. 83.
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Rof fe nst ei n , . . . 1926] Vgl. Gaston Roffenstein: Das Problem des psychologischen Verstehens. Stuttgart 1926, II. Das Fremdverstehen u[nd] die Probleme der Einfühlung, S. 21–57, A. γ Schelers Theorie des Fremdverstehens, S. 36–43. 474 Volkelt, . . . These] Vgl. u. a. Johannes Volkelt: Das ästhetische Bewußtsein. Prinzipienfragen der Ästhetik. München 1920; Erich Becher: Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften. Untersuchung zur Theorie und Einteilung der Realwissenschaften. Berlin 1921; ders.: Gehirn und Seele. (Die Psychologie in Einzeldarstellungen Bd. 5) Heidelberg 1911; Ludwig Binswanger: Einführung in die Probleme der allgemeinen Psychologie. Berlin 1922; Arthur Kronfeld: Das Wesen der psychiatrischen Erkenntnis. Beiträge zur allgemeinen Psychiatrie. Berlin 1920; Jonas Cohen: Geist der Erziehung. Pädagogik auf philosophischer Grundlage. Leipzig u. a. 1919. 475 cf. weiter . . . These.] Wir wollen nicht achtlos an dem erkenntnistheore tische n Zentralproblem vorbeigehen. Es ist uns gegeben “Du” zu sagen, und der Verstehende im seelischen Kontakte meint unbefangen durch das Medium des fremden Benehmens hindurch duhafte Erlebnisse und seelische Eigenschaften des Partners zu verspüren. Scheler hat kühne philosophische Überlegungen an dies Faktum gewendet. Vielleicht hat er in vielen Punkten recht. – Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie, S. 99; siehe dazu auch Hrsg.-Anm. 471. 476 ›Ich und Du . . . muss.‹] Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie, S. 99. 477 L i t t , ] Theodor Litt, Philosoph und Pädagoge. * 27. 12. 1880 Düsseldorf, † 16. 7. 1962 Bonn. Lehramtsstudium der Philosophie, Geschichte und klassischen Philologie in Bonn, 1904 Promotion, Schullehrer in Bonn und Köln, 1919 a. o. Professor für Pädagogik an der Universität Bonn, 1920 Nachfolger Eduard Sprangers an der Universität Leipzig; 1931/32 Rektor der Universität Leipzig, Anfeindungen durch Nationalsozialisten insbesondere seit 1934, 1936 Vortragsverbot und 1937 Versetzung in vorzeitigen Ruhestand. Lehrt 1946 wieder an der Leipziger Universität, geht aber 1946 als Professor für Philosophie und Pädagogik an die Universität Bonn, gründet hier das Institut für Erziehungswissenschaften. Schriften: Geschichte und Leben (1918); Individuum und Gemeinschaft (1919); Erkenntnis und Leben (1923); Führen oder Wachsenlassen (1927); Die Philosophie der Gegenwart und ihr Einfluß auf das Bildungsideal (1925); Einleitung in die Philosophie (1933); Der deutsche Geist und das Christentum (1938); Kant und Herder (1949); Freiheit und Lebensordnung (1962). 478 “Das menschliche Für-Einander-Sein”] Vgl. Theodor Litt: Einleitung in die Philosophie. III. Teil: Das Erleben und seine Welt. VII. Das menschliche Füreinandersein. Leipzig / Berlin 1933, S. 238–246. 479 Kritik . . . ›Ausdrucks-‹Theorie !] Hier zeigt sich der enge Zusammenhang, der diese [›physikalistische‹ – der Hrsg.] Theorie des “Ausdrucks” mit der . . . kritisierten Deutung des Leib-Seele-Problems verbindet: sinnliche und unsinnliche Seite des “Ausdrucks” sind auseinandergerissen, wie und weil ihre “Träger”, Leib und Seele, zu selbständigen Faktoren substanzialisiert sind. . . . Wo immer Seiendes im Wechselverkehr des Ausdrucks steht, da ist das Füreinander der Partner nicht ein Re s u l t a t , das durch den “Ausdruck” erst 473
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herbeizuführen wäre, sondern die gegebene Situation, innerha lb deren es überhaupt nur Möglichkeit und Anreiz des Ausdrucks gibt. – Vgl. Theodor Litt: Einleitung in die Philosophie, S. 242. 480 Ka ila] Eino Sakari Kaila, finnischer Philosoph und Psychologe. * 9. 8. 1890 Alajärvi, † 1. 8. 1958 Kirkkonummi (Finnland). Wirkt von 1930 bis 1948 als Professor für Theoretische Philosophie an der Universität Helsinki, wird später zum Mitglied der Finnischen AdW ernannt. Wirkt auf Forschungsfeldern wie experimentelle Psychologie, Gestalttheorie, Psychologie der Persönlichkeit, philosophische und formale Logik und logischer Empirismus. Schriften: Über ideatorische Koordinationen (1918); Der Logistische Neupositivismus (1930); Über das System der Wirklichkeitsbegriffe. Ein Beitrag zum logischen Empirismus (1936); Über den physikalischen Realitätsbegriff (1942). 481 Die . . . ›von Gehirn zu Gehirn‹ !] Eino Kaila polemisiert vor allem gegen die sogenannte Relations- und Konstitutionstheorie, die er beide in Rudolf Carnaps Logischem Aufbau der Welt vorfindet: Für C a r n a p ist jedoch der Realismusstreit auch im Falle der speziellen Frage nach der Realität des Fremdpsychischen sinnlos . . . . Hieraus folgt, dass z. B. der Streit über die Existenz einer “bewusstseinsunabhängigen Außenwelt”. . . bedeutungsleer ist. . . . Für die Konstitutionstheorie besitzen demnach die Aussagen über Fremdpsychisches kein “Plus an Bedeutung” gegenüber den Aussagen über zugeordnete Ausdrucksvorgänge, d. h. die Frage nach der Realität des Fremdpsychischen ist bedeutungsleer. . . . Was insbesondere die Raumwahrnehmung betrifft, so zweifelt wohl kein moderner Psychologe . . . daran, dass der Wahrnehmungsraum seinen wesentlichen Eigenschaften nach von Anfang an vorliegt, . . . Dass die reellen – raum- und zeitartigen – Mannigfaltigkeiten, im Gegensatz zu den ideellen Mannigfaltigkeiten – von denen etwa der Farbkörper ein Beispiel bietet – nicht restlos quasianalytisch konstituierbar sind, steht im Zusammenhang mit derjenigen Eigentümlichkeit der ersteren, dass deren “natürliche Elemente” . . . schon eine interne Mannigfaltigkeit enthalten, . . . Physikalisch kann nichts anderes beobachtet werden als die Abhängigkeit der Phänomene von raumzeitlichen Beziehungen, physikalisch kann nichts anderes gemessen werden, als die durch jene Beziehung beschriebenen raumzeitlichen Gegenstände. – Vgl. Eino Kaila: Der Logistische Neupositivismus. In: Annales Universitatis Aboensis. Series B. Tom. XIII, S. 10, 32, 35, 75, 83 f., 85. 482 Die p h a e n o m e n o l o g i s ch e Analyse . . . Stellen.] Vgl. Edmund Husserl: Méditations Cartésiennes. Cinquième Méditation: Détermination du domaine transcendental comme “intersubjectivité monadologique”. Paris 1931, §§ 42–62, S. 74–129. 483 ὕστερον πρότερον] gr.: das Spätere ist das Frühere; Zirkelschluß, Zirkelbeweis, logischer Zirkel. 484 Carnaps] Rudolf Carnap, Philosoph und Logiker, Mitglied des Wiener Kreises. * 18. 5. 1891 Wuppertal, † 14. 9. 1970 Santa Monica (Kalifornien). Von 1931–1935 ist er a. o. Professor für Naturphilosophie an der Deutschen Universität in Prag, 1936 emigriert er in die USA und unterrichtet zunächst an der University of Chicago, ist dann von 1952–1954 Gastprofessor in Princeton und von 1954–1961 Professor an der University of California in Los Angeles. Schriften:
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Der logische Aufbau der Welt (1928); Scheinprobleme in der Philosophie (1928); Abriß der Logik (1929); Logische Syntax der Sprache (1934); Formalization of Logic (1943); Meaning and Necessity (1947); Logical Foundations of Probability (1950). 485 (Kant: . . . ‘Wahrnehmung’ ist)] Sie [die Erfahrung – der Hrsg.] ist also eine Synthesis der Wahrnehmungen, die selbst nicht in der Wahrnehmung enthalten ist, . . . Eine Analogie der Erfahrung wird also nur eine Regel sein, nach welcher aus Wahrnehmungen Einheit der Erfahrung, (nicht wie Wahrnehmung selbst, als empirische Anschauung überhaupt), entspringen soll, . . . – Vgl. Immanuel Kant: KrV. In: Werke. Bd. 3, S. (B 218, B 222.) 166, 169. 486 κοινός κόσμος] gr.: Universalordnung; die Welt, die von allen Menschen gemeinsam wahrgenommen wird. 487 Er wird . . . kon st itu i er t] Ist ein Begriff auf bestimmte andere zurückführbar, so muß er zwar grundsätzlich aus ihnen konstituiert werden können. Aber die Kenntnis seiner Zurückführbarkeit bedeutet noch nicht Kenntnis von seiner Konstitution. . . . Im Konstitutionssystem werden alle Gegenstände aus gewissen Grundgegenständen konstituiert, aber in einem stufenmäßigen Aufbau. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, §§ 35 und 41, S. 47 und S. 55 f.; zur Kritik der Konstitutionstheorie siehe Eino Kaila: Der Logistische Neupositivismus. In: Annales Universitatis Aboensis. Series B. Tom. XIII, S. 71 ff.: Die logistische Methode des Aufbaus . . . ist notwendigerweise synthetisch und nicht analytisch. . . . Die philosophisch katastrophalen Thesen der Konstitutionstheorie . . . sind letzten Endes eine Folge davon, dass mit einem “abgeschlossenen Protokoll” über die Grundelemente . . . operiert wird. . . . C arn ap jedoch glaubt darüber hinaus, dass seine Annahme . . . mit den Anschauungen der modernen Psychologie, insbesondere der Gestalttheorie, übereinstimme. 488 vgl. . . . Wissenschaft] Wir werden im folgenden überlegen, daß die physikalische Sprache intersubjektiv ist, und weiter, daß sie als universale Sprache dienen kann. . . . D i e p hys i k a l i s ch e n B e st i m m u n g e n g e l t e n i n t e r sub jekt i v. . . . Auße r der physi kalischen S prache . . . ist keine in t e rs u b j e k t i ve S p ra ch e b e k a n n t . – Vgl. Rudolf Carnap: Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft. In: Erkenntnis. Bd. 2, S. 441, S. 447, S. 448; Daher hat jedes Subjekt seine eigene Protokollsprache. Auch wenn verschiedene Protokollsprachen gleichlautende Wörter und Sätze aufweisen, ist doch der Sinn verschieden, ja grundsätzlich unvergleichbar. . . . Durch die Feststellung der Isomorphie ist die Protokollsprache zu einer Teilsprache der physikalischen Sprache geworden. – Vgl. ebd., S. 454; Die Notwendigkeit der Konstitution der physikalischen Welt beruht ferner auf dem Umstand, daß nur diese, nicht aber die Wahrnehmungswelt . . ., die Möglichkeit eindeutiger, widerspruchsfreier Intersubjektivierung . . . gibt. – Vgl. ders.: Der logische Aufbau der Welt, § 136, S. 181. 489 Vgl. . . . S. 90 f.] Vgl. Edmund Husserl: Méditations Cartésiennes. § 49: Esquisse préalable de l’explicitation intentionnelle de l’expérience de l’“autre”, S. 90–91. 490 ›Koinonie‹] gr.: neutestamentl. Wort für Gemeinschaft
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Aber . . . angestellt hat] Man kann hierzu noch die Anmerkung fügen: die Vorstellung von etwas Beh arr lichem im Dasein ist nicht einerlei mit der b e h a r r l i ch e n Vo rst e l l u n g ; denn diese kann sehr wandelbar und wechselnd sein, wie alle unsere und selbst die Vorstellungen der Materie, und bezieht sich doch auf etwas Beharrliches, welches also ein von allen meinen Vorstellungen unterschiedenes und äußeres Ding sein muß, dessen Existenz in der B e st i m m u n g meines eigenen Daseins notwendig mit eingeschlossen wird, . . . – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Vorrede zur zweiten Auflage. In: Werke. Bd. 3, S. (B XLf. Anm.) 31 Anm.; siehe auch: ders.: KrV. Widerlegung des Idealismus, B 275 ff. In: Werke. Bd. 3, S. 200 ff. 492 Kants . . . Ko r re l a t i ve s ist] “Dieses Beharrliche aber kann nicht eine Anschauung in mir sein. Denn alle Bestimmungsgründe meines Daseins, die in mir angetroffen werden können, sind Vorstellungen, und bedürfen als solche selbst ein von ihnen unterschiedenes Beharrliches, worauf in Beziehung der Wechsel derselben, mithin mein Dasein in der Zeit, darin sie wechseln, bestimmt werden könne.” – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Vorrede zur zweiten Auflage. In: Werke. Bd. 3, S. (B XL Anm.) 30 Anm. 1; siehe auch Hrsg.-Anm. 491. 493 (Wurm-Einwand)] Ein a n d e re r E i n wa n d (»Wurm-Einwand«) weist auf den Unterschied der prakt i schen Wir kung der beiden Aussagen hin. Er argumentiert etwa so: in der Aussage “dieses Tier hier hat Bewußtsein” muß doch mehr liegen als in der bloßen Angabe, das Tier zeige bei bestimmten Reizen bestimmte, beobachtbare Reaktionen; denn jene Aussage hat Einfluß auf mein Handeln; wenn ich weiß, daß der Wurm Schmerz fühlt, so trete ich ihn nicht; während mich die bloße Beobachtung, daß er sich dabei krumm legt, nicht daran hindern braucht. – Vgl. Rudolf Carnap: Scheinprobleme in der Philosophie, S. 40. 494 er weiß . . . muss.] Die Prüfung, die darin liegt, ist besonders bedeutungsvoll für unsere Form der Konstitutionstheorie, weil hier die These aufgestellt wird, daß die Begriffe aller Gegenstände aus einer einzigen, gemeinsamen Basis abgeleitet werden können. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 17, S. 22. 495 So glaubt . . . versteht] Die Feststellung der Klasse derjenigen physikalischen Bestimmungen, die einer bestimmten qualitativen Bestimmung zugeordnet sind, wollen wir als “Physikalisierung” dieser qualitativen Bestimmung bezeichnen. Das Ergebnis unserer Überlegung kann dann so formuliert werden: sowohl eine eigene als auch eine fremde qualitative Bestimmung kann physikalisiert werden. – Vgl. Rudolf Carnap: Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft. In: Erkenntnis. Bd. 2, S. 446. 496 “petitio principii”] lat.: Inanspruchnahme des Beweisgrundes, Vorwegnahme des Grundes, d. h. logischer Fehlschluß, der in einer Verletzung des Satzes vom zureichenden Grunde besteht: als Begründung für eine These wird eine These angeführt, die zwar nicht offensichtlich falsch ist, aber selber eines Beweises bedarf. 497 (Mach . . .)] Vgl. Ernst Mach: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen (1885). 2. verm. Aufl. (der Beiträge zur Analyse der Empfindungen.) Jena 1900. 491
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“Wendung zur Idee”] Und nun geschieht die große Wendung, mit der uns die Reiche der Idee entstehen: die Formen oder Funktionen, die das Leben um seiner selbst willen, aus seiner eigenen Dynamik hervorgetrieben hat, werden derart selbständig und definitiv, daß umgekehrt das Leben ihnen dient, seine Inhalte in sie einordnet, und daß das Gelingen dieser Einordnung als eine ebenso letzte Wert- und Sinnerfüllung gilt, wie zuvor die Einführung dieser Form in die Ökonomie des Lebens. – Vgl. Georg Simmel: Lebensanschauung. 2. Kap. Die Wendung zur Idee, S. 28–98, hier S. 38. 499 Hierzu . . . Krise, S. 47 ff.] Nirgendwo beim Tiere aber [findet sich] das dritte, Sprache oder Gebärden als Darstellungsmittel von Gegenständen und Sachverhalten. – Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie. II. Die drei psychologischen Aspekte. § 6: Die Darstellungsfunktion der Sprache, S. 47–57, hier S. 48. 500 Die Darstellungsfunktion . . . (vgl. Boll)] Das reingriechische βίος θεωρητικός, die Vita contemplativa im Sinne der klassischen Zeit, ist nichts anderes als das Schauen und Sinnen des Denkers und Forschers, . . . Es handelt sich auch bei diesem “Schauen” immer um ein aktives Leben, das mit Energie gefüllt ist. . . . Der Handelnde im höchsten Sinne ist für Aristoteles der Schaffende, der das, was nach außen hin Gestalt werden soll, vorher in seinen Gedanken aufbaut. . . . Einen ähnlichen geschichtlichen Verlauf wie das Wort vom βίος θεωρητικός bei den Griechen spiegelt auch das lateinische Wort . . . contemplatio, vita contemplativa. . . . So ist das Wort contemplari . . . besonders geeignet, im übertragenen Sinne zunächst die forschende Betrachtung des Sternenhimmels zu bezeichnen. – Vgl. Franz Boll: Vita contemplativa. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 8. Abhandlung, S. 6 f.; siehe dazu auch Cassirer: PsF II, S. 128 f. 501 Die drei Stufen] d. h. Empfindungslaut, Wirk- und Werklaut und rein symbolische Darstellung, siehe vorliegende Ausgabe, S. 157 ff. 502 cf. Noiré, . . . Werkzeug] Vgl. Ludwig Noiré: Logos. Ursprung und Wesen der Begriffe. Leipzig 1885; ders.: Das Werkzeug und seine Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Mainz 1880. 503 der Typenunterschied . . . S. 55 ff.] Gehen wir zur Menschensprache über, so ist die Struktur, der Sinn und die Art ihrer Darstellungsfunktion viel einfacher und reiner durch einen Vergleich mit anderen Arten der Darstellung, die in Kunst, Wissenschaft und sonstwo anzutreffen sind, begrifflich zu erfassen. . . . Und für die Psychologie liegen die Dinge dann so: überall dort, wo eine Darstellungsfunktion nicht nachweisbar ist, genügen unsere zwei ersten Axiome zu einer Theorie der semantischen Einrichtungen. Das dritte aber wird gefordert durch die neue Sinndimension der Darstellung. – Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie, S. 55 ff. 504 (Wundt cf. S. 55 ff.)] Eine Entgleisung anderer Art war es, daß man mit den Mitteln der Erlebnispsychologie allein dem ganzen Tatbestand der Sprache gerecht werden wollte. Wundt z. B. suchte Erlebniskundgaben an Stellen der Entwicklung, wo vielleicht überhaupt noch keine Erlebnisse vorliegen, ich meine bei den niederen Tieren; und er kannte nichts anderes als Kundgabe, wo es überhaupt nicht auf sie ankommt, sondern eine andere Sprachfunktion 498
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im Vordergrund steht, wie in der Sprache der reinen Wissenschaft. – Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie, S. 55 f. 505 und das Citat . . . kennzeichnen] Bühler zitiert u. a. aus Wundt: Als eine Ausdrucksbewegung, was sie [die Sprache – der Hrsg.] auf allen ihren Entwicklungsstufen bleibt, geht sie vollkommen kontinuierlich aus der Gesamtheit der Ausdrucksbewegungen hervor, die das animalische Leben überhaupt kennzeichnen. – Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie, S. 30; siehe Wilhelm Wundt: Völkerpsychologie. . . . Die Sprache. Bd. 2. 2. Teil, S. 636. 506 Die d r i t t e Stufe der ›Basisphänomene‹] Gemeint ist neben ‘Du’- und ‘Ich’-Sphäre die ‘Es’-Sphäre: Dritte Stufe: / Wie werden wir anderen kenntlich? / Nicht durch un s sel b st , nicht durch das, was wir leben oder sind, sondern nur durch die Obje k ti vi er ung , durch das »Werk«, das wir schaffen[.] – Vgl. Cassirer: Über Basisphänomene. In: ECN 1. Konvolut 184c, S. 123–198, hier S. 125. 507 Daß durch ›Wahrheit‹ . . . hervor.] Zur Aristotelischen Urteilslehre siehe Aristoteles: Hermeneutica oder Lehre vom Urteil. In: Das Organon. Zweite Abteilung, 16a–24b, S. 55–82. 508 Von hier . . . Logik sind] Vgl. dazu auch vorliegende Ausgabe, S. 133 f. 509 Humboldt . . . Sprachtheorie] Das Wichtigste ist für den Sprachtheoretiker, zu erkennen, daß die Akt i on . . . das Denkmodell ist, unter dem man einen darzustellenden Sachverhalt bringen muß, um das Kasuspaar . . . zu begreifen. . . . Ob man damit logisch hinreichend auch schon die Wortklasse des Verbum bestimmt hat, mag vorerst dahingestellt bleiben. – Vgl. Karl Bühler: Sprachtheorie, S. 251; Das, worauf es ankommt, ist, ob und wie sich am Verbum einer Sprache seine synthetische Kraft, die Function, vermöge welcher es Verbum ist? äußert; . . . Das Nomen ist [im Sanskrit – der Hrsg.] eine Sache, und kann, als solche, Beziehungen eingehen, und die Zeichen derselben annehmen. Das Verbum ist, als augenblicklich verfliegende Handlung, nichts als ein Inbegriff von Beziehungen; und so stellt es die Sprache in der That dar. – Vgl. Wilhelm v. Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. § 21. Act des selbstthätigen Setzens in den Sprachen. Verbum. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, Berlin 1907, S. 215–233, hier S. 215 und S. 216. 510 Sigwart , Die Impersonalien] Vgl. Hrsg.-Anm. 436. 511 τόδε τι] gr.: “ein Das”; zur Deutung des Terminus tóde ti vgl. Hermann Weidemann: Zum Begriff des ti ên einai und zum Verständnis von Met. Ζ 4, 1029b22–1030ab. In: Christof Rapp (Hrsg.): Aristoteles: Metaphysik. Die Substanzbücher (Ζ, Η, Θ). (Klassiker auslegen, Bd. 4) Berlin 1996, S. 91 f. 512 (vgl. . . . Sprachtheorie)] Vgl. Karl Bühler: Sprachtheorie, S. 86 ff. 513 (“ E s regnet” . . . “Es existiert ein Gott”)] Worte wie e s re g n e t , e s d onne rt gehören linguistisch betrachtet zu den I mpersonalien. Formal erscheint die dritte Person auch in den Impersonalien, was im Widerspruch steht mit dem Namen, den sie von den Grammatikern empfangen haben. – Vgl. Karl Bühler: Sprachtheorie, S. 376. 514 von der Biographie . . . We l t g e s ch i ch t e ] Vgl. Leopold Ranke: Weltgeschichte. 8 Bde. 4. Aufl. München / Leipzig 1921.
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(Zur Brentano’schen . . . Standpunkt)] Vgl. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt. 6. Cap. Eintheilung der Seelenthätigkeiten in Vorstellungen, Urtheile und Phänomene der Liebe und des Hasses. Leipzig 1874, S. 255–265; 7. Cap. Vorstellung und Urtheil zwei verschiedene Grundclassen, S. 266–305; 9. Cap. Vergleich der drei Grundclassen mit dem dreifachen Phänomen des inneren Bewußtseins, S. 346 ff. 516 (cf. Überweg IV, S. 415)] Auf dem Boden dieser [normativen] Auffassung stand auch B re n t a n o (s. u.), doch war es dann gerade die von ihm ausgegangene neue Entwicklung der modernen Logik, die über die Psychologie hinausführte. – Vgl. Friedrich Ueberweg: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Bd. 4, S. 491; Besonders verdienstlich war Br[entano]s Charakterisierung des Urteilens als Anerkennen (Bejahen) bzw. Verwerfen (Verneinen), sein Hinausgehen über die Auffassung des Urteils als einer Verbindung von Vorstellungen. . . . Aus der s päteren E ntw icklung der Logik Br[entano]s ist folgendes hervorzuheben: Er erblickt in Urteilen der Form “S ist P” Doppelurteile, unterscheidet zwischen zwei Arten des Vorstellens . . . und lehrt, daß nur Reales, nicht auch Nicht-Reales vorgestellt werden könne. – Vgl. ebd., S. 499. 517 (Der Pythagoras . . . u. s. f.)] Der Satz des Pythagoras lautet: Im rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Kathetenquadrate gleich dem Hypotenusenquadrat. (a² + b² = c²) 518 vgl. . . . Ziele] Die Behauptung, daß alles Denkbare Urteilsmaterie sein kann, ist der logische Kern von Brentanos Urteilstheorie, soweit sie die Materie, nicht die Qualität, betrifft. – Vgl. Jonas Cohen: Voraussetzungen und Ziele des Erkennens. Kap. 2: Das Urteil, S. 48–118, hier Anm. 21 zu S. 78, S. 511; siehe auch Anm. 12 zu S. 59, S. 509 f. 519 vgl. . . . Gegenwart, S. 59] Die Brentanosche Urteilslehre behandelt v. Aster auf den Seiten 57–60. Steht die Philosophie Brentanos dem Neukantianismus fern, so hat sie doch . . . zu einer unmittelbar an Kant anknüpfenden Richtung sachlich Beziehungen: zu der Schule von Fries, bezw. dem “Neufriesianismus”. . . . Brentano steht von vorn herein auf diesem Boden – gegen Kant. . . . alle Urteile beziehen sich, mittelbar oder unmittelbar, auf die Welt des real Seienden, . . . Alle “allgemein bejahenden Urteile” sind in Wahrheit negative Existenzurteile nach Brentano, weshalb auch ein allgemein bejahender Satz wahr (beweisbar wahr, mittelbar evident) sein kann, ohne die positive Existenz des Subjektsgegenstandes einzuschließen . . . – Vgl. Ernst von Aster: Philosophie der Gegenwart, S. 58 f. 520 Mogg, . . . S. 180] Vgl. Willy Moog: Die deutsche Philosophie des 20. Jahrhunderts in ihren Hauptrichtungen und ihren Grundproblemen. IV. Die psychologische Richtung. 6. Die deskriptive Psychologie (Fr[anz] Brentano), S. 161–167; V. Die logisch-erkenntnistheoretische Richtung. 1. Logik und Psychologie, S. 177–182; Wie Psychologismus und Logizismus sich nahe berühren können, zeigen die Aufstellungen von T h [ e o d o r ] L i p p s und besonders die Reformversuche Franz Brentanos auf dem Gebiet der Logik. . . . Seine Urteilslehre . . . ist in seinen psychologischen Prinzipien begründet und läßt ihn zu eigenartigen logischen Konsequenzen kommen. – Vgl. ebd., S. 180. 515
Anmerkungen des Herausgebers
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Vgl. . . . Erkenntnistheorie] Es ist die Aufgabe der Erkenntnistheorie, die Wahrheit oder objektive Gültigkeit unserer Erkenntnis zu prüfen. Ich behaupte, daß eine Lösung dieses Problems u nmög li ch ist, und beweise dies folgendermaßen. Um das gestellte Problem lösen zu können, müßten wir ein Kriterium haben, durch dessen Anwendung wir entscheiden können, ob eine Erkenntnis wahr ist oder nicht. Ich will es kurz das “erkenntnistheoretische Kriterium” nennen. Dieses Kriterium würde entweder selbst eine Erkenntnis sein oder nicht. Wäre es eine Erkenntnis, so würde es gerade dem Bereich des Problematischen angehören, über dessen Gültigkeit erst mit Hülfe des erkenntnistheoretischen Kriteriums entschieden werden soll. Es kann also nicht selbst eine Erkenntnis sein. Ist aber das erkenntnistheoretische Kriterium keine Erkenntnis, so müßte es doch, um anwendbar zu sein, bekannt sein, d. h. wir müßten erkennen können, daß es ein Kriterium der Wahrheit ist. Um aber diese Erkenntnis des Kriteriums zu gewinnen, müßten wir das Kriterium schon anwenden. Wir kommen also in beiden Fällen auf einen Widerspruch. Ein erkenntnistheoretisches Kriterium ist folglich unmöglich, und es kann daher keine Erkenntnistheorie geben. – Vgl. Leonard Nelson: Die Unmöglichkeit der Erkenntnistheorie. In: Abhandlungen der Fries’schen Schule. Neue Folge. Bd. 3, S. 594 f. 522 (Fries)] Vgl. Jacob Friedrich Fries: Neue Kritik der Vernunft. 3 Bde. 1. Aufl. Heidelberg 1807; siehe dazu auch Cassirer: EP IV, Kap. 7: Fries. 1. Die Lehre von der unmittelbaren Erkenntnis, S. 447–462. 523 Das Zweideutige . . . Ur te i le n spricht] Mit jedem psychischen Acte ist daher ein doppeltes inneren Bewusstsein verbunden, eine darauf bezügliche Vorstellung und ein darauf bezügliches Urtheil, die sogenannte innere Wahrnehmung, welche eine unmittelbare, evidente Erkenntnis des Actes ist. – Vgl. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt, S. 188; siehe auch: Würde man dieselbe Frage [warum glaubst du denn das eigentlich? – der Hrsg.] bei einem unmittelbar evidenten Urteil aufweisen, so wäre wohl auch hier keine Begründung zu geben; aber die Frage würde angesichts der Klarheit des Urteils gar nicht mehr am Platze, ja geradezu lächerlich erscheinen. – Vgl. ders.: Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis. Leipzig 1889, S. 19. 524 “Wahrnehmung” . . . C ro c e hervorgehoben.] Konnte nicht geklärt werden. Vgl. u. a. Bennedetto Croce: Lineamenti di una Logica come scienza del concetto puro. Bari 1905; ders.: Aesthetik als Wissenschaft des Ausdrucks und allgemeine Linguistik: Theorie und Geschichte. Übers. von Karl Federn. Leipzig 1905. 525 kat e gorial e Fügung] Vgl. Hrsg.-Anm. 250. 526 Näheres . . . κ 1)] Bl. δ 2) befindet sich nicht im Konvolut, ebenso wie Bl. κ 1), zu Bl. δ 4) siehe vorliegende Ausgabe, S. 168. 527 “das Denken . . . Sein”] Im Denken schaltet das Bewusstsein freier über seinen Inhalt. Der Inhalt, an dem das Denken sich bethätigt, auf den daher das Bewusstsein im Denken bezogen ist, dieser Inhalt kann im Denken sogar auch von demselben erzeugt worden sein. – Vgl. Hermann Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, S. 185; Das Denken darf keinen Ursprung haben außerhalb seiner selbst, . . . Das reine Denken in sich selbst muß ausschließlich 521
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die reinen Erkenntnisse zur Erzeugung bringen. . . . Die Erzeugung selbst i st das Er ze ug ni s. . . . D enken ist Denken des Ursprungs. . . . Der ganze, unteilbare Inhalt des Denkens muß Erzeugnis des Denkens sein. . . . Es scheint eine unauflösliche, abenteuerliche Paradox ie, daß da s Denken se ine n Stoff si ch selbst er zeu gen soll. – Vgl. ders.: Logik der reinen Erkenntnis, S. 13, 29, 36, 59; siehe dazu auch: Die Vorstellung empfängt; das Denken ist sich selbst Quelle, trägt in sich selbst das Gesetz der Erzeugung seines Inhalts. Die Vorstellung erleidet, das Denken erzeugt das Sein. Das Denken darf nicht seinen Anfang außerhalb seines selbst nehmen; weder in der Sinnlichkeit noch in der Anschauung. – Vgl. Jakob Klatzkin: Hermann Cohen. Mit einem Bildnis von Hermann Cohen nach einer Radierung von Hermann Struck. (1919) 2., erweiterte Aufl. Berlin 1921, S. 29. 528 “Tieferlegen der Fundamente”] Anspielung auf Ausdruck des Mathematikers Hilbert: Aber die kritische Prüfung dieser “Beweise” läßt erkennen, daß sie nicht an sich Beweise sind, sondern im Grunde nur die Zurückführung auf gewisse tiefer liegende Sätze ermöglichen, die nunmehr ihrerseits an Stelle der zu beweisenden Sätze als Axiome anzusehen sind. . . . Das Verfahren der axiomatischen Methode . . . kommt also einer Tieferlegung der Fundam e n t e der einzelnen Wissensgebiete gleich, wie eine solche ja bei jedem Gebäude nötig wird in dem Maße, als man dasselbe ausbaut, höher führt und dennoch für seine Sicherheit bürgen will. – Vgl. David Hilbert: Axiomatisches Denken. In: Mathematische Annalen. Bd. 78 (1918), S. 407; siehe dazu auch Eino Kaila: Es ist ja deutlich – und ist auch von Cassirer und anderen KantInterpreten gesagt und begründet worden –, dass eines der Ziele, die Kant in seinem Hauptwerk verfolgte, eben das war, durch eine “Tieferlegung der Fundamente” die exakte Wissenschaft gegenüber den “Chikanen einer seichten Metaphysik” (Hume !) zu rechtfertigen. . . . Auch Kantianer – z. B. der eben genannte Cassi re r – geben jetzt an, dass Ka nt bei der Verfolgung dieses Zieles zu weit ging, indem er nämlich . . . z u v i e l b e w i e s . . . – Vgl. Eino Kaila: Der Logistische Neupositivismus. In: Annales Universitatis Aboensis. Series B. Tom. XIII, S. 9. 529 ›Vom Fühlen, Wollen und Denken‹, S. 53 ff.] In der Vorstellung des morgigen schönen Wetters . . . liegt unserer Voraussetzung zufolge die Tendenz, daß dies schöne Wetter mir als wirklich oder tatsächlich erscheine. In dieser Vorstellung steckt aber zugleich die Gegenvorstellung, d. h. die Vorstellung, daß morgen schlechtes Wetter sei, und in dieser liegt die Gegentendenz. – Vgl. Theodor Lipps: Vom Fühlen, Wollen und Denken, S. 53. 530 Analogieschluss] siehe dazu u. a. vorliegenden Text Bl. 4r, 5r und 18r, d. h. S. 151 f., 165. 531 Fe chn e r] Gustav Theodor Fechner (Pseudonym Dr. Mises), Physiker und Naturphilosoph. * 19. 4. 1801 Großsärchen bei Bad Muskau (Sachsen), † 18. 11. 1887 Leipzig. Studiert in Leipzig Medizin und Physiologie, habilitiert sich 1823 an der Universität Leipzig, 1828 a. o. Professur, 1834 Ordinarius, 1835 Direktor des neu eröffneten physikalischen Instituts, 1839 Aufgabe der Physikprofessur aus gesundheitlichen Gründen, von 1843 bis zu seinem Tode ist er Professor für Naturphilosophie und Anthropologie an der Leipziger Universität. Vertritt
Anmerkungen des Herausgebers
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in späten Jahren eine Theorie von der Allbeseelung des Universums. Schriften: Praemissae ad theoriam organismi generalem (1823); Ueber die Anwendung des Gravitationsgesetzes auf die Atomenlehre (1828); Nanna oder über das Seelenleben der Pflanzen (1848); Ueber die physikalische und philosophische Atomenlehre (1855); Elemente der Psychophysik, 2 Bde. (1860); Einige Ideen zur Schöpfungs- und Entwicklungsgeschichte der Organismen (1873); Vorschule der Aesthetik, 2 Bde. (1876). 532 Fe chner . . . Vorwort] Vgl. Gustav Theodor Fechner: Nanna oder Über das Seelenleben der Pflanzen. 4. Aufl. Hamburg / Leipzig 1908; Kurd Laßwitz: Einleitung des Herausgebers. In: Fechner: Nanna oder Über das Seelenleben der Pflanzen, S. III–IX. 533 Gustav Wolff] Vgl. Gustav Wolff: Leben und Erkennen. Vorarbeiten zu einer biologischen Philosophie. München 1933. 534 aber nicht . . . cf. S. 5] Und in der Tat ist die Analogie des Physischen das Einzige, was uns zum Schluß auf anderes als das eigene Psychische zu Gebote steht, da es eine Eigentümlichkeit der Seele ist, einer anderen als sich selbst nur durch äußere oder physische Zeichen erkennbar werden zu können, zu deren Deutung uns in letzter Instanz gar nichts anderes als die Analogie mit dem, woran wir unsere eigene Seele geknüpft finden, geboten ist. – Vgl. Gustav Theodor Fechner: Nanna oder Über das Seelenleben der Pflanzen, S. 5. 535 Vgl. . . . Wespe bei Bergson] Quant au thème originel, il est partout et il n’est nulle part. C’est en vain qu’on voudrait le noter en termes de représentation: ce fut sans doute, à l’origine, du s enti plutôt que du pensé. On a la même impression devant l’instinct paralyseur de certaines Guêpes. – Vgl. Henri Bergson: L’évolution créatrice. Chap. 2: Les directions divergentes de l’évolution de la vie. Torpeur, intelligence, instinct, S. 186. (Deutsch: Das ursprüngliche Thema selbst aber ist überall und nirgends. Vergebliches Bemühen, es in Vorstellungsformeln aufzeichnen zu wollen: zweifellos war es ursprünglich mehr ein Gefühltes als ein Gedachtes. Denselben Eindruck erweckt der Lähmungs-Instinkt gewisser Wespen. – Vgl. ders.: Schöpferische Entwicklung. Kap. 2: Die divergierenden Richtungen der Lebensentwicklung / Dumpfheit, Intellekt, Instinkt, S. 176). 536 er . . . könnte] R u d o l p h C a r n a p hat jüngst das m. E. bedeutendste Werk [Der logische Aufbau der Welt – der Hrsg.], das im Gebiet der allgemeinen Erkenntnistheorie in den letzten Jahren erschienen ist, veröffentlicht. . . . Die Kontroverse Solipsismus – Nicht-Solipsismus ist, wie auch die übrigen philosophischen Diskussionen, für die [Carnapsche – der Hrsg.] Konstitutionstheorie bedeutungsleer. – Vgl. Eino Kaila: Der Logistische Neupositivismus. In: Annales Universitatis Aboensis. Series B. Tom. XIII, S. 7, 35. 537 Schrödinger] Erwin Schrödinger, österreichischer Quantenphysiker und Wissenschaftstheoretiker. * 12. 8. 1887 Wien, † 4. 1. 1961 ebd. Von 1906 bis 1910 Studium der Mathematik und Physik in Wien, Habilitation am Wiener Physikalischen Institut. Professuren für theoretische Physik in Jena, Breslau, Stuttgart, Zürich, wo er die nach ihm benannte Schrödinger-Gleichung formuliert, die die Wellenmechanik als Beschreibung der Quantenmechanik begründet. 1927–1933 Professor in Berlin als Nachfolger Max Plancks;1933 Nobelpreis für
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Physik;1933–1936 Professur in Oxford; Bekanntschaft mit Cassirer im englischen Exil. 1936–1938 Professur in Graz; 1939–1956 Professur an dem für ihn eingerichteten Institute for Advanced Studies in Dublin (Irland). 1949 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen AdW. 1956 Rückkehr als Professor an die Universität Wien. Schriften: Vier Vorlesungen über Wellenmechanik (1928). 538 (cf. Schrödinger)] Aber eine andere und schwierigere Frage ist es, ob dieser Stützpunkt [die Irreduzibilität des “Ich” – der Hrsg.] . . . über das Wissen vom “eigenen” Ich ausdehnbar ist – ob ein Wissen vom “fremden” Ich physikalisch möglich ist – / Hier erhalten wir zunächst eine überraschende Antwort durch Schröd[inger], ‘Hypothese Π’ – / ein solches Wissen ist nicht nur möglich, sondern notwendig – Vgl. Cassirer: Über Basisphänomene. Konvolut 184c – ca. 1940. In: ECN 1, S. 121; siehe dazu auch: Or rappelons que certains philosophes ont formulé la théorie qu’on appelle le solipsism e; il est vrai qu’ils ne l’ont pas fait sérieusement, comme une chose à laquelle ils croyaient réellement; mais ils jugeaient utile de faire ressortir le fait étrange que ce point de vue philosophique, le plus ina ccepta ble de tous, n’en est pas moins le seul qui ne puisse être réfuté par l’expérimentation scientifique exacte! / Pour être bref, je désignerai l’hypothèse qui s’oppose au solipsisme par la lettre P («personnalité» des créatures qui m’entourent). – Vgl. Erwin Schrödinger: Quelques remarques au sujet des bases de la connaissance scientifique. In: Scientia. Bd. 57. (1935), S. 186; vgl. dazu auch Ernst Cassirer: ECN 1, S. 336 Anm. 213 und Frédéric Nef: A propos d’une controverse entre Carnap et Schrödinger sur un “axiome fondamental”. In: Michel Bitbol and Olivier Darrigol (Ed.): Erwin Schrödinger. Philosophy and the Birth of Quantum Mechanics. Philosophie et Naissance de la Mécanique Quantique. Gif-surYvette 1992, S. 151–155. 539 “keine ernstliche Meinung”] Kant stellt seinen Standpunkt als den krit i s ch e n dem Dogmatismus wie dem Skeptizismus der bisherigen Philosophen gegenüber: dem D og ma ti smu s, der ohne vorhergehende Prüfung des Vermögens oder Unvermögens der Vernunft die schwierigsten Probleme zu lösen sich anmaßt, und dem Skeptizism us, der, konsequent zu Ende gedacht, sich selbst auflöst und deshalb »gar keine ernstliche Meinung« ist, während er als »Zuchtmeister des dogmatischen Vernünftlers« von gutem Nutzen sein und die kritische Methode vorbereiten kann. – Vgl. Karl Vorländer: Geschichte der Philosophie. Bd. 2: Philosophie der Neuzeit. IV. Periode: Die Neubegründung der Philosophie durch Kant. § 42. Die transzendentale Methode und ihre wichtigsten Grundbegriffe. Leipzig 1903, S. 229; Vorländer bezieht sich teilweise (»Zuchtmeister des dogmatischen Vernünftlers«) auf Immanuel Kant: KrV. II. Transzendentale Methodenlehre. In: Werke. Bd. 3, S. (A 769, B 797) 518. 540 stehengeblieben S. 28 f.] bezieht sich vermutlich auf Rudolf Carnap: Der Aufbau der logischen Welt. § 22: Das psychophysische Problem als Zentralproblem der Metaphysik, S. 28 f. 541 Der Stil . . . M an i er ] Vgl. Hrsg.-Anm. 384. 542 (Schiller, Griffel)] Anspielung vermutlich auf Schillers Gedicht Pompeji und Herculanum: Griffel findet ihr hier zum Schreiben, wächserne Tafeln, /
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Nichts ist verloren, getreu hat es die Erde bewahrt. In: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke. Bd. 1: Gedichte I. 3. Buch, S. 128; oder auf das Gedicht 10. Hymne an den Unendlichen: Hingeschrieben / Mit dem Griffel des Blitzes: / Kreaturen, erkennt ihr mich? In: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke. Bd. 2: Gedichte II – Erzählungen. Aus der Anthologie, S. 41. 543 Der gotische Dom etc.] vermutlich Anspielung auf Rede vom Cölner Dom in: Johann Wolfgang Goethe: Von deutscher Baukunst 1923. In: WA. Abt. 1: Werke. Bd. 49. 2. Abt., S. 159–167, hier S. 162 ff. 544 cf. Carnap § 19, S. 24] Wir vermögen aus Stimme, Mienen und anderen Bewegungen eines Menschen zu erkennen, was “in ihm vorgeht”, also aus physischen Vorgängen einen Schluß auf Psychisches zu ziehen. Die hier zugrunde liegende Beziehung zwischen einer Bewegung usw. und dem psychischen Vorgang, dessen “Ausdruck” sie ist, nennen wir “Ausdrucksbeziehung”. . . . Nur dadurch, daß die Schriftzüge in einem gewissen Gestaltcharakter mit den Bewegungen der Hand beim Schreiben übereinstimmen, können sie graphologisch zur Deutung von Psychischem verwendet werden. Es liegt also auch hierbei stets ein Rückgang auf die eigentliche Ausdrucksbeziehung vor, die zwischen den Handbewegungen . . . und dem Psychischen besteht. – Vgl. Rudolf Carnap: Der Aufbau der logischen Welt. § 19. Pychophysische Beziehung, Ausdrucksbeziehung und Zeichenbeziehung, S. 24. 545 Münsterberg] Hugo Münsterberg, Arzt, Psychologe, Philosoph. * 1. 7. 1863 Danzig, † 16. 12. 1916 Cambridge (MA). 1885 Promotion in Leipzig bei Wilhelm Wundt; 1892 von William James an die Harvard University geholt, 1892–1894 Gastprofessur an der Harvard University, 1895–1897 Professur in Freiburg / Br., geht 1897 endgültig an die Harvard University, 1910/1911 ist er Austauschprofessor in Berlin. Münsterberg ist 1913 gemeinsam mit Ralph Barton Perry und Josiah Royce bemüht, Cassirer als Gastdozenten an die Harvard University einzuladen. Schriften: Grundzüge der Psychologie (1900); Philosophie der Werte (1908); Psychology and the Teacher (1909). Siehe auch: Jonas Cohn: Der psychische Zusammenhang bei Münsterberg. Ein kritischer Versuch. In: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Sociologie. Bd. 26 (1902), S. 1–20. 546 Klages] Ludwig Klages, Philosoph und Psychologe. * 10. 12. 1872 Hannover, † 29. 7. 1956 Kilchberg bei Zürich. 1901 Promotion in München. Gehört zum Kreis um Stefan George. Gründet 1905 an der Universität München ein privates Seminar für Ausdruckskunde, 1919 Umzug des Seminars nach Kilchberg. Die Beiträge der Hamburger Kollegen Cassirers William Stern und Jakob von Uexküll in der Klages-Festschrift Die Wissenschaft am Scheidewege von Leben und Geist (hrsg. von Hans Prinzhorn, 1932) zeugen von einem regen Interesse an Klages’ Arbeiten in der unmittelbaren Umgebung Cassirers. Schriften: Prinzipien der Charakterologie (1910); Handschrift und Charakter (1917); Der Geist als Widersacher der Seele, 3Bde. (1929–1933); Geist und Leben (1934). Siehe hierzu Ludwig Klages: Ausdrucksbewegung und Gestaltungskraft. Grundlegung der Wissenschaft vom Ausdruck, 3. und 4. Aufl., Leipzig 1923, oder ders.: Vom Wesen des Bewußtseins. Aus einer lebenswissenschaftlichen Vorlesung. Leipzig 1921.
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(Dilthey . . .)] Anspielung auf Wilhelm Dilthey: Idee über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie (1894). In: ders.: Die geistige Welt. Einleitung in die Philosophie des Lebens. Erste Hälfte. Leipzig / Berlin 1924 (GS. V. Bd.), S. 139–240. 548 Natorps . . . Minus-Weg] Bezieht sich auf die gegenläufigen Verfahren der Konstruktion (Objektivierung) und Rekonstruktion (Subjektivierung) bei Natorp. – Vgl. Paul Natorp: Allgemeine Psychologie nach kritischer Methode. Erstes Buch: Objekt und Methode der Psychologie. 8. Kap. Die Methode der Rekonstruktion, S. 189 ff.; siehe dazu auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 63 ff. 549 Kinder und Wilde] Denn Kinder, Dumme, Wilde und alle unwissenden Leute sind weniger, wie Andere, durch Gewohnheit oder angenommene Meinungen verdorben; bei ihnen hat Unterricht und Erziehung die ursprünglichen Gedanken nicht in neue Formen gepresst, . . . Deshalb kann man mit Recht erwarten, dass in der Seele Dieser jene angeborenen Begriffe offen für Jedermanns Anblick darliegen werden, wie das bei den Gedanken der Kinder immer der Fall ist. – Vgl. John Locke: Versuch über den menschlichen Verstand. Bd. 1. 1. Buch. Kap. 2, § 27, S. 55 (1. Aufl., S. 54). 550 . . . Humboldts Ku l t u r p hys i o g n o m i k ] Es ist unklar, welche Schrift gemeint wird, der Terminus Kulturphysiognomik ist aber gebräuchlich, siehe z. B. Leo Frobenius: Vom Kulturreich des Festlandes. Dokumente zur Kulturphysiognomik. Berlin 1923. 551 Spenglers] Oswald Spengler, Historiker und Kulturphilosoph. * 29. 5. 1880 Blankenburg a. Harz, † 8. 5. 1936 München. Studiert in Halle, München und Berlin Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie, 1904 Promotion in Halle bei Alois Riehl, 1908–1911 Gymnasiallehrer in Hamburg. Ab 1911 Privatgelehrter in München, lehnt 1919 einen Ruf an die Universität Göttingen ab, 1933 ebenso einen Ruf an die Universität Leipzig. Schriften: Der Untergang des Abendlandes, 2 Bde. (1918, 1922); Preußentum und Sozialismus (1922); Der Mensch und die Technik (1930); Jahre der Entscheidung, Teil 1 (1933). 552 Spenglers Fehler . . . wollen] Meint Erklärungen wie folgende: Denn jede Kultur hat ihre ei g e ne Zivilisation. Zum ersten Male werden hier die beiden Worte . . . in periodischem Sinne, als Ausdrücke für ein strenges und notwendiges organisches Nacheinander gefaßt. Die Zivilisation ist das unausweichliche Schi cks al einer Kultur. Hier ist der Gipfel erreicht, von dem aus die letzten und schwersten Fragen der historischen Morphologie lösbar werden. – Vgl. Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Bd. 1: Gestalt und Wirklichkeit. Einleitung, § 12, S. 43; . . . daß damit die Zukunft des Abendlandes nicht ein uferloses Hinauf und Vorwärts in der Richtung unserer augenblicklichen Ideale . . . ist, sondern ein in Hinsicht auf Form und Daue r stre ng beg renz tes u nd unausweichlich bestimm tes E i n z e l p h ä n o m e n d e r H i st o r i e . . ., d a s a u s d e n vo r l i e g e n d e n B e i s p i e l e n ü b e rs e h e n u n d i n we s e n t l i ch e n Z ü g e n b e re ch n e t we rden k an n . – Vgl. ebd., § 13, S. 54 f. 553 “Völkerpsychologie”] Vgl. u. a. Alfred Leicht: Lazarus der Begründer der Völkerpsychologie. Leipzig 1904; Wilhelm Wundt: Elemente der Völkerpsychologie. Grundlinien einer psychologischen Entwicklungsgeschichte 547
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der Menschheit. Leipzig 1912; ders.: Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte. 10 Bde., Leipzig 1900–1920. 554 varieties of religious experience] Anspielung auf William James: The Varieties of Religious Experience: A study in human nature being the Gifford lectures on natural religion delivered at Edinburgh in 1901–1902. London 1902; (Deutsch: William James: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit: Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens. Ins Deutsche übertragen von Georg Wobbermin. Leipzig 1907). 555 Wundtsche Assoziationsgesetze] Vgl. u. a. Wilhelm Wundt: Grundriß der Psychologie. 8. Aufl. Leipzig 1907. 556 Steinthal] Heymann Steinthal, Philologe, Sprach- und Religionsphilosoph. * 16. 5. 1823 Gröbzig, † 14. 3. 1899 Berlin. Studiert Sprachwissenschaft an der Berliner Universität, seit 1850 Privatdozent, ist dem sprachwissenschaftlichen Werk Humboldts verbunden. 1852–1855 Aufenthalt in Paris, 1863 a. o. Professur an Berliner Universität, seit 1872 zusätzlich als Dozent für Religionsphilosophie an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums tätig. Gibt seit 1860 gemeinsam mit Moritz Lazarus die Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft heraus. Schriften: u. a. Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Humboldts und die Hegelsche Philosophie (1848); Die Mande-Negersprachen (1867); Einleitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft. Abriß der Sprachwissenschaft. Teil 1 (1871); Geschichte der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern (1863, 2. Aufl. 1889/91); Zu Bibel und Religionsphilosophie (1890). 557 Natorpsche . . . Minus-Weg] Siehe Hrsg.-Anm. 548. 558 Hier . . . anfängt.] Die Bewegung der zweiten Billardkugel ist eine ganz andere Begebenheit, als die der ersten, und in dieser ist nicht die geringste Anzeige oder Spur von der ersten enthalten. – Vgl. David Hume: Untersuchung über den menschlichen Verstand. 4. Abschn. 1. Theil: Skeptische Zweifel über die Wirkungsarten des Verstandes, S. 59. 559 (Münsterberg)] Vgl. Hrsg.-Anm. 545. 560 Urteil des Causalismus . . . Spengler !] Vgl. Hrsg.-Anm. 561. 561 Koordnung] Die Mathematik und das Kausalitätsprinzip führen zu einer naturhaften, die Chronologie und die Schicksalsidee zu einer historischen Ordnung der Erscheinungen. Beide Ordnungen umfassen, jede für sich, die gan ze Welt. . . . Ich wiederhole: der Mensch ist als Element und Träger der Welt nicht nur Glied der Natur, sondern auch Glied der Geschichte, eines zwe ite n Kosmos von andrer Ordnung und andrem Gehalt . . . – Vgl. Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Bd. 1. Einleitung, § 3, S. 10, § 16, S. 68. 562 Lamprecht] Vgl. zu Cassirers Auseinandersetzung mit den Auffassungen Karl Lamprechts das 6. Kap.: Die psychologische Typisierung der Geschichte – Karl Lamprecht im posthum erschienenen EP IV, S. 285 ff. 563 “Skandal der Philosophie”] . . . so bleibt es immer ein Skandal der Philosophie und allgemeinen Menschenvernunft, das Dasein der Dinge außer uns . . . bloss auf Gl aube n annehmen zu müssen, und, wenn es jemand ein-
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fällt es zu bezweifeln, ihm keinen genugtuenden Beweis entgegen stellen zu können. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Vorrede zur zweiten Auflage. In: Werke. Bd. 3, S. (B XXXIX Anm.) 30 Anm. 1. 564 ›Widerlegung des Idealismus‹] Vgl. Immanuel Kant: Widerlegung des Idealismus. In: Werke. Bd. 3, S. (B 275 ff.) 200 ff. 565 Vgl. Wi t tg en ste i n . . . § 183] Carnap zitiert im letzten § 183 aus Wittgensteins Logisch-philosophische[r] Abhandlung (Annalen der Natur- und Kulturphilosophie. Bd. XIV): Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. Wenn sich eine Frage überhaupt stellen läßt, so kann sie auch beantwortet werden. . . . Wir fühlen, daß selbst, wenn al le möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr, und eben dies ist die Antwort [Abhandlg.] 262. Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen (S. 185). – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 183, S. 261. 566 Popp er,] Sir Karl Raimund Popper, Philosoph, Begründer des Kritischen Rationalismus. * 28. 7. 1902 Wien, † 17. 9. 1994 London. Zunächst als Hauptschullehrer tätig, emigriert Popper 1937 nach Neuseeland und unterrichtet dort am Canterbury University College; 1947 siedelt er nach London über und wird Professor an der London School of Economics and Political Sciences; er hat Kontakte zum Wiener Kreis, gehört ihm aber nicht an. Schriften: Logik der Forschung (1935); The Poverty of Historicism (1944/45). 567 “man braucht . . . vermag”] bei Popper: Man; Begriff des “Sinns”; keinen “Sinn”. 568 “unantastbar und definitiv”] Dagegen scheint mir, die Wa h r h e i t der hier mitgeteilten Gedanken unantastbar und definitiv. Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. – Vgl. Ludwig Wittgenstein: Logisch-philosophische Abhandlung. Vorwort. In: Annalen der Natur- und Kulturphilosophie. Bd. XIV, S. 186. 569 cf. Popper, S. 227 (Anm. 6) !] Meine Kritik des Positivismus . . . trifft, soviel ich sehe, nicht mehr Car naps eben erschienene Logische Synta x der Sprach e (1934), in der auch Carnap den Standpunkt vertritt (“Toleranzprinzip”), daß alle derartigen Fragen auf Festsetzungen zurückgehen. – Vgl. Karl Popper: Logik der Forschung, S. 227 Anm. 6; . . . das Toleranzprinzip: w i r wo l l e n n i ch t Ve r b o t e a u fst e l l e n , s o n d e r n Fe st s e t z u n g e n t re ffe n. – Vgl. Rudolf Carnap: Logische Syntax der Sprache. I. Die definite Sprache I. C. Bemerkungen zur definiten Sprachform. 17. Toleranzprinzip der Sprache, S. 44 f. 570 A n t i n o m i e . . . ist] Wenn aber die Kritik nicht geirrt hat, da sie das Objekt in z we i erl e i Bedeu tung nehmen lehrt, nämlich als Erscheinung, oder als Ding an sich selbst; . . . so wird ebenderselbe Wille in der Erscheinung . . . als dem Naturgesetze notwendig gemäß und sofern n i ch t f re i , und doch andererseits als einem Dinge an sich selbst angehörig jenem nicht unterworfen, mithin als f re i gedacht, ohne daß hierbei ein Widerspruch vorgeht. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Vorrede zur 2. Auflage. In: Werke. Bd. 3,
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S. (B XXVIIf.) 24; Eine Auskunft bleibt uns aber noch übrig, nämlich zu suchen, ob wir, wenn wir uns durch Freiheit als a priori wirkende Ursachen denken, nicht einen anderen Standpunkt einnehmen, als wenn wir uns selbst nach unseren Handlungen als Wirkungen, die wir vor unseren Augen sehen, uns vorstellen. – Vgl. ders.: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. 3. Abschn.: Vom Interesse welches den Ideen anhängt. In: Werke. Bd. 4, S. 310. 571 “auch die Naturgesetze . . . zurückführbar”.] bei Popper: Auch. – Vgl. Karl Popper: Logik der Forschung, S. 9. 572 Schlick] Moritz Schlick, Physiker und Philosoph, Begründer des Wiener Kreises. * 14. 4. 1882 Berlin, † 22. 6. 1936 Wien. Nach zehnjähriger Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität Rostock wird Schlick 1921 Professor für Philosophie an der Universität Kiel, 1922 Nachfolger von Ludwig Boltzmann und Ernst Mach auf dem Lehrstuhl für Naturphilosophie in Wien. 1931/32 hat er eine Gastprofessur in Berkeley, Kalifornien, inne. Am 22. 6. 1936 wird Schlick von einem ehemaligen Studenten in Wien ermordet. Schriften: Raum und Zeit in der gegenwärtigen Physik (1917); Allgemeine Erkenntnislehre (1918); Fragen der Ethik (1930). 573 (Schlick . . . S. 156)] Der Kenner wird bemerken, daß . . . auch das sogenannte Problem der “Induktion” gegenstandslos wird, und damit dieselbe Auflösung findet, die ihm bereits von H u m e gegeben wurde. Das Induktionsproblem besteht ja in der Frage nach der logischen Rechtfertigung . . . allgemeiner Sätze über die Wirklichkeit, welche immer Extrapolationen aus Einzelbeobachtungen sind. Wir erkennen mit Hum e, daß es für sie keine logische Rechtfertigung gibt; es kann sie nicht geben, weil es gar keine echten Sätze sind. – Vgl. Moritz Schlick: Die Kausalität in der gegenwärtigen Physik. In: Die Naturwissenschaft. 19. Jg. Heft 7, S. 156. 574 (a. a. O., S. 151)] . . . so bedeutet eben der erwähnte Umstand, daß ein Naturgesetz im Grunde auch nicht den logischen Charakter von einer “Aussage” trägt, sondern vielmehr eine “Anweisung zur Bildung von Aussagen” darstellt. – Vgl. Moritz Schlick: Die Kausalität in der gegenwärtigen Physik. In: Die Naturwissenschaft. 19. Jg. Heft 7, S. 151. 575 Petzäll,] Åke Petzäll, schwedischer Philosoph. * 3. 7. 1901 Borås (Schweden), † 23. 8. 1957 Lund (ebd.). Dozent in Göteborg 1928–1939, 1939–1957 Professor der praktischen Philosophie in Lund. Gründer und Herausgeber der Zeitschrift Theoria von 1935–1957, verbreitet die Ideen des ›Wiener Kreises‹ in Schweden. Schriften: Logistischer Positivismus (1931); Zum Methodenproblem in der Erkenntnisforschung (1933). 576 cf. auch Petzäll, Neupositivismus, S. 22] Die sprachliche Form führt uns auch irre, wenn es sich um die Feststellung des Sinns der Na t u r g e s e t z e handelt. Es folgt das Schlick-Zitat aus Hrsg.-Anm. 574. – Vgl. Åke Petzäll: Logischer Positivismus. In: Göteborgs Högskolas Årsskrift. Bd. 37. H. 3, S. 22. 577 ibid., S. 156.] Die Naturgesetze sind nicht . . . “generelle Implikationen” . . . , sondern sie sind Vorschriften, Verhaltensmaßregeln für den Forscher, sich in der Wirklichkeit zurechtzufinden, wahre Sätze aufzufinden, gewisse Ereignisse zu erwarten. . . . Wir dürfen nicht vergessen, daß Beobachtung und Experiment Handl un ge n sind, durch die wir in direkten Verkehr mit der
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Natur treten. – Vgl. Moritz Schlick: Die Kausalität in der gegenwärtigen Physik. In: Die Naturwissenschaft. 19. Jg. Heft 7, S. 156. 578 “Wirklichkeit der Bilder”] Vgl. Hrsg.-Anm. 587. 579 ‘Im An fang war di e Tat’] Mir hilft der Geist! Auf einmal seh’ ich Rath / Und schreibe getrost: im Anfang war die T hat ! – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Faust. Erster Theil. Studierzimmer, Z. 1236/37. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 14, S. 63. 580 “die Welt . . . Vo rst e l l u n g ”] Vgl. Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. In: Sämmtliche Werke. Bd. 1. Leipzig 1891. 581 wohl aber: . . . Ta t] Die Intelligenz ist dem Idealismus ein Tun, und absolut nichts weiter, . . . Sie gibt im Verlaufe ihres Handelns sich selbst ihre Gesetze; . . . Wir wissen es wohl, das Ding entsteht allerdings durch ein Handeln nach diesen Gesetzen . . . – Vgl. Johann Gottlieb Fichte: Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre. (1797) In: Werke. Auswahl in sechs Bänden. Hrsg. und eingeleitet von Fritz Medikus. Bd. 3. Leipzig o. J., S. 24 f., S. 27 [SW. Bd. 1, S. 440 f., S. 443]; Es ist daher gar nicht so unbedeutend . . ., ob die Philosophie von einer Tatsache ausgehe, oder von einer Tathandlung (d. i. von reiner Tätigkeit, die kein Objekt voraussetzt, sondern es selbst hervorbringt, und wo sonach das Hande l n unmittelbar zur Ta t wird). – Vgl. ders.: Zweite Einleitung in die Wissenschaftslehre. (1797) In: ebd., S. 52 [SW. Bd. 1, S. 468]. 582 “Die metaphysisch . . . werden.”] bei Popper Die (metaphysisch manchmal als Kausalsatz gedeutete) methodologische Forderung; zu lassen – d. h. . . . zurückzuführen –, ist ; Hervorhebungen durch Cassirer. 583 〈cf. auch S. 182 f.〉] Das ist die logische Situation. Sie gibt weder zu deterministischen noch zu indeterministischen Betrachtungen Anlaß: selbst dann, wenn es jemals gelingen sollte, die Physik mit reinen Häufigkeitsaussagen zu bestreiten, dürfen wir daraus keinerlei indeterministische Konsequenzen ziehen . . . – Vgl. Karl Popper: Logik der Forschung, S. 182. 584 〈cf. Vorrede . . . 2. Auflage〉 !] Vgl. Immanuel Kant: KrV. Vorrede zur 2. Auflage, S. (B VII–XLIV) 13–33. 585 “varia a me cogitantur”] Ad artic. (7) . . . Ego cogito, et: Varia a me cogitantur. – Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Animadversiones in partem generalem Principiorum Cartesianorum. In: Philosophische Schriften. Bd. 4, S. 357. 586 (Klages: Realität der Bilder)] Vgl. Hrsg.-Anm. 587 und 652. 587 Näheres . . . Philosophie der symbolischen Formen IV.] Hinweis auf das Konvolut 184a, abgedruckt in ECN 1. – Vgl. Ernst Cassirer: Symbolische Formen. Zu Band IV. [II. ‘Geist’ und ‘Leben’] [1. ‘Geist’ und ‘Leben’: Klages], S. 207–215, hier: S. 207 f. 588 “Beziehung auf den Gegenstand”,] Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 20, und Hrsg.-Anm. 39. 589 Humes . . . ›belief‹] Vgl. Hrsg.-Anm. 301. 590 Der Begriff des ›Elementar-Satzes‹] Worin besteht nun die B edeutung e i n e s Wo r t e s ? . . . Erstens muß die Sy n t a x des Wortes festliegen, d. h. die Art seines Auftretens in der einfachsten Satzform, in der es vorkommen kann; wir nennen diese Satzform seinen Elem enta rsa tz. Die elementare
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Satzform für das Wort “Stein” ist z. B. “x ist ein Stein”; in Sätzen dieser Form steht an Stelle von “x” irgendeine Bezeichnung aus der Kategorie der Dinge, z. B. ”dieser Diamant”, “dieser Apfel”. Zweitens muß für den Elementarsatz S des betreffenden Wortes die Antwort auf folgende Frage gegeben sein, die wir in verschiedener Weise formulieren können: / 1. Aus was für Sätzen ist S able it ba r, und welche Sätze sind aus S ableitbar? / 2. Unter welchen Bedingungen soll S wa hr, unter welchen falsch sein? / 3. Wie ist S zu verifizie re n? / 4. Welchen Si n n hat S? – Vgl. Rudolf Carnap: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. In: Erkenntnis. Bd. 2, S. 219–241, hier S. 221 f. 591 Protokoll-Sätze] Durch diese Bestimmungen über Ableitbarkeit (in anderer Ausdrucksweise: über das Wahrheitskriterium, die Verifikationsmethode, den Sinn) des Elementarsatzes . . . ist die Bedeutung des Wortes . . . festgelegt. In dieser Weise wird jedes Wort der Sprache auf andere Wörter und schließlich auf die in den sog. “Beobachtungssätzen” oder “Protokollsätzen” vorkommenden Wörter zurückgeführt. Durch diese Zurückführung erhält das Wort seine Bedeutung. / Die Frage nach Inhalt und Form der ersten Sätze (Protokollsätze), die bisher noch keine endgültige Beantwortung gefunden hat, können wir für unsere Erörterung ganz beiseite lassen. Man pflegt in der Erkenntnistheorie zu sagen, daß die ersten Sätze sich auf “das Gegebene” beziehen; es besteht aber keine Übereinstimmung in der Frage, was als das Gegebene anzusprechen ist. Zuweilen wird die Auffassung vertreten, daß die Sätze über das Gegebene von einfachsten Sinnes- und Gefühlsqualitäten sprechen (z. B. “warm”, “blau”, “Freude” und dergl.); andere neigen zu der Auffassung, daß die ersten Sätze von Gesamterlebnissen und Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen solchen sprechen. – Vgl. Rudolf Carnap: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. In: Erkenntnis. Bd. 2, S. 222. 592 “Welten über Welten”] Anspielung auf Kant: Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmenden Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: D e r b e stir nt e Him mel üb er mi r, un d das morali sche Gesetz in mir. . . . Das erste fängt von dem Platze an, den ich in der äußern Sinnenwelt einnehme, und erweitert die Verknüpfung, darin ich stehe, ins unabsehlich-Große mit Welten über Welten und Systemen von Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer. – Vgl. Immanuel Kant: KpV. 2. Teil. Beschluß. In: Werke. Bd. 5, S. 174. 593 Nota bene . . . Lautgesetze] Vgl. Hermann Paul: Prinzipien der Sprachgeschichte. 3. Aufl. Halle 1898. 594 Voss le r, Sprache als Stilistik !] Vgl. Karl Voßler: Geist und Kultur in der Sprache. Heidelberg 1925; ders.: Positivismus und Idealismus in der Sprachwissenschaft. Eine sprach-philosophische Untersuchung. Heidelberg 1904; ders.: Sprache als Schöpfung und Entwicklung. Eine theoretische Untersuchung mit praktischen Beispielen. Heidelberg 1905. 595 Erkennen als “Wiedererkennen”] Alles Erkennen ist ein Wiedererkennen oder ein Wiederfinden. Und alles Wiederfinden ist ein Gleichsetzen eines
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Neuen mit einem Alten, ein Identifizieren dessen, was erkannt wird, mit dem, als was es erkannt wird. – Vgl. Moritz Schlick: Allgemeine Erkenntnislehre, S. 13. 596 Kant – Adickes] Anspielung auf den Kantspezialisten Erich Adickes (* 1866, † 1928). Vgl. u. a. Immanuel Kant: KpV. Mit einer Einleitung und Anmerkungen hrsg. von Erich Adickes. Berlin 1889, Einleitung, S. XIII–XXVII. 597 Verbindung . . . Protestantismus] Vgl. Max Weber: Die protestantische Ethik und der “Geist” des Kapitalismus. In: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie. Tübingen 1920, S. 17–206. 598 ‘Physikalismus’] Unter dem Begriff Physikalismus faßt man die Vertreter der ‘Wiener Schule’ wie Rudolf Carnap, Hans Reichenbach, Otto Neurath und Moritz Schlick zusammen. – Vgl. Jonas Cohn: Kritische Bemerkungen zur neupositivistischen Erkenntnislehre, namentlich zu der Carnaps (Methodenmonismus und Problemabweisung). In: Philosophische Hefte. Hrsg. v. Maximilian Beck. 5. Jg. H. 1/2. Prag 1936. S. 51–74, insbesondere S. 52. 599 (Parmenides): κρῖναι δε λόγῳ] . . . κρῖναι δε λόγῳ πολύδηριν ἔλενχον . . . (Deutsch: . . . nein, mit dem Verstande bringe die vielumstrittene Prüfung . . .) – Vgl. Parmenides: Fragm. 1. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. Bd. 1, S. 117–119, hier S. 119. 600 Singen nicht . . . Phaedon] Oder singen uns selbst die Dichter das immer vor, daß wir nichts genau hören noch sehen? – Vgl. Platon: Phaedon. In: Werke 2. Theil. Bd. 3, St 65a, S. 24. 601 (Natorp – . . . siehe dort)] Nach Auffassung der Ma rburger Schule (vgl. Natorp [Die logischen Grundlagen der exakten Wissenschaften. Leipzig und Berlin 1910, 3. Aufl. 1923, S.] 18 ff.) ist der Gegenstand das ewige X, seine Bestimmung ist eine unvollendbare Aufgabe. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß zur Konstitution des Gegenstandes, also zu seiner eindeutigen Kennzeichnung innerhalb der Gegenstände überhaupt, endlich viele Bestimmungen genügen. Ist eine solche Kennzeichnung aufgestellt, so ist der Gegenstand kein X mehr, sondern etwas eindeutig Bestimmtes, dessen vollständige Beschreibung dann freilich noch eine unvollendbare Aufgabe bleibt. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 179, S. 253. 602 neque aliam . . . habemus . . .] Neque aliam in phaenomenis habemus aut optare debemus notam realitatis, quam quod inter se pariter et veritatibus aeternis respondent. – Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Brief an Burcher de Volder vom 19. Januar 1706. In: Philosophische Schriften. Bd. 2, S. 283. 603 (cf. auch Kaila)] Siehe u. a. Eino Kaila: Der Logistische Neupositivismus. In: Annales Universitatis Aboensis. Series B. Tom. XIII, S. 73 ff. Vgl. auch Hrsg.-Anm. 481. 604 “Abenteuer der Wissenschaft”)] Ausdruck konnte nicht zugeordnet bzw. nicht belegt werden. 605 (cf. Hönigswald, Skepsis] Vgl. Richard Hönigswald: Die Skepsis in Philosophie und Wissenschaft. Göttingen 1914. 606 Beispiele . . . Kaila,] Vgl. u. a. Eino Kaila: Gegenstandsfarbe und Beleuchtung. In: Psychologische Forschung. Zeitschrift für Psychologie und ihre Grenzwissenschaften. Bd. 3. Berlin 1923, S. 18–59.
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Beispiele: . . . Werner] Vgl. Heinz Werner: Einführung in die Entwicklungspsychologie. Leipzig 1926; ders.: Grundfragen der Sprachphysiognomik. Leipzig 1932; ders.: Comparative Psychology of Mental Development. Transl. by Edward Ballard Garside. New York 1940. 608 cf. Carnap, Lichtenberg-Citat] Meint vermutlich den Satz: Nicht “ich denke”, sondern “es de nk t in mir”, sagt Russell [Analysis of Mind, S.] 18, und wir würden auch noch wie Lichtenberg (nach Schlick [S.] 147 f.) das “in mir” streichen. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 163, S. 226; Lichtenberg’s wahre Bemerkung, Descartes hätte statt “ich denke” nur sagen dürfen: “es denkt”, ist nicht nur ein geistreicher Einfall, sondern sollte eigentlich zum obersten Prinzip der Psychologie gemacht werden. – Vgl. Moritz Schlick: Allgemeine Erkenntnislehre, S. 140. 609 Nähere Beispiele . . . Naturvölker.] Vgl. Lucien Lévy-Bruhl: Das Denken der Naturvölker. Wien / Leipzig 1921. 610 σώζειν τὰ ϕαίνομενα.] griech.: Phänomene bewahren / retten. Siehe auch Pierre Duhem: Swzein’ Ta Fainomena. Essai sur la notion de théorie physique de Platon à Galilée. Paris 1908. 611 “Kritik der Sinne”] Ich aber möchte in eben dem Sinne die Aufgabe stellen, daß eine Kritik der Sinne nötig sei, wenn die Kunst überhaupt, besonders die deutsche, irgend wieder sich erholen und in einem erfreulichen Lebensschritt vorwärts gehen solle. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime 468, S. 99. 612 ›mysterium tremendum‹] Mysterium tremendum (gr.-lat.: Geheimnis, das Furcht und Zittern auslöst) bezeichnet das Göttliche als Ursache und Gegenstand ehrfürchtigen Erschauerns, im Gegensatz zum mysterium fascinosum, das die Erfahrung des religiösen Entzückens beschreibt. Siehe Hrsg.-Anm. 613. 613 cf. Otto, das Heilige] Vgl. Rudolf Otto: Das Heilige. Kap. 4: Mysterium tremendum, S. 13–25. 614 “entia . . . necessitatem”] Die Occam zwar zugeschriebene, von ihm auch befolgte, nicht aber explizit formulierte lateinische Sparsamkeitsformel besagt, daß Entitäten nicht über das Notwendige hinaus vermehrt werden dürfen. Sie wurde 1654 vom Philosophen und Theologen Johannes Clauberg (* 24. 2. 1622 Solingen, † 31. 1. 1665 Duisburg) geprägt. 615 Tätigkeitsgötter . . . II ] Vgl. Ernst Cassirer: PsF II. 3. Abschn.: Der Mythos als Lebensform. Kap. II. 2. Der Persönlichkeitsbegriff und die persönlichen Götter, S. 246 ff. 616 οὐδ ὲν χρῆμα μάτην γίνεται] Diels schreibt dieses Zitat nicht Demokrit, sondern Leukipp zu: οὐδ ὲν χρῆμα μάτην γίνεται, ἀλλὰ πάντα ἐκ λόγου τε καὶ ὑπ' ἀνάγκης. (Deutsch: Kein Ding entsteht ohne Ursache, sondern alles aus einem b e st i m m t e n Grunde und unter dem Drucke der Notwendigkeit.) – Vgl. Leukippos: Fragm. 68 B 2. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. Bd. 2, S. 365. 617 αἰτιο λογία ] gr.: ursächliche Erklärung, es ist umstritten bzw. nicht eindeutig, ob Demokrit diesen Ausdruck verwendet hat. 618 Bei Epikur . . . verbannt] Gott ist nach ihm [Epikur – der Hrsg.] ewig und unvergänglich, doch sorgt er für nichts, auch gibt es keine Vorsehung und 607
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kein Schicksal, sondern alles geschieht durch Zufall. Denn Gott thront in den Zwischenwelten, wie Epikur sie nennt; . . . Gott freut sich und ruht in höchster Seligkeit, hat selbst keine Sorgen und macht sie keinem anderen. – Vgl. Des heiligen Hippolytos von Rom: Widerlegung aller Häresien (Philosophumena). Buch 1, 22, S. 37. 619 cf. Substanzbegriff u. s. f.] Vgl. Ernst Cassirer: SF, S. 184 ff., S. 349, S. 351 ff. 620 I n s o fe r n . . . cf. Substanzbegriff.] Vgl. Ernst Cassirer: SF, S. 184 ff., S. 200 ff., S. 351 ff. 621 cf. . . . Substanzbegriff] Vgl. Ernst Cassirer: SF, S. 204 ff., S. 273 ff. 622 siehe . . . Naturphilosophie] Vgl. Moritz Schlick: Naturphilosophie. In: Lehrbuch der Philosophie. (Dessoir), S. 397–496. 623 “was . . . ist wirklich”] Er [der Physiker – der Hrsg.] findet für das Wirkliche eine klare und abschließende Definition, indem er, mit Planck, das Wirkliche als das M e ß b a re definiert. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 23; siehe dazu auch: Wirklich – so sagt man – sind ja eigentlich nur Wahrnehmung, Beobachtung, Messung. . . . Eine Variable hat im allgemeinen keinen bestimmten Wert, bevor ich ihn messe: dann heißt, ihn messen, nicht, den Wert ermitteln, den sie ha t. – Vgl. Erwin Schrödinger: Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik. In: Die Naturwissenschaften. 23. Jg. Heft 49, S. 823 f. ; zu den Grenzen der Meßbarkeit in der Quantenmechanik und Klassischen Mechanik siehe zudem Werner Heisenberg: Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik. In: Zeitschrift für Physik. Bd. 43 (1927), S. 172–198. 624 Skandal der Philosophie] Vgl. Hrsg.-Anm. 563. 625 K ri ti k der Sinne] vgl. Hrsg.-Anm. 611. 626 (Idolen-Lehre Bacons)] Bacon definiert Idole als die falschen Begriffe, die von dem menschlichen Geist schon Besitz ergriffen haben und fest in ihm wurzeln . . . – Vgl. Franz Baco: Neues Organon. Kurze Sätze [Aphorismen]. 1. Buch, Artikel 38–68, hier Art. 38, S. 93. 627 (κακοὶ μάρτυρες ὀϕθαλμοὶ τε και ὦτα)] Sextus Empiricus zitiert Heraklit wörtlich: κακοὶ μάρτυρες ἀνθρώποισιν ὀϕθαλμοὶ καὶ ὦτα βαρβάρους ψυχὰς ἐχόντων (sinngemäß: schlimme Zeugen sind Augen und Ohren den Menschen, wenn sie Barbarenseelen haben) – Vgl. Sextus Empiricus: Adversus mathematicos [Gegen die Logiker]. Buch VII, [Heraklit] [Nr.] 126, zitiert nach: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. Bd. 1, Heraklit: Fragm. 107 [Sext. VII 126], S. 81, siehe ebd.: Fragm. A 16, S. 64. 628 Mana-Orenda-Vorstellung] Mana (melanesisch: das außerordentlich Wir. kungsvolle) gilt in verschiedenen Stammesreligionen die in Naturerscheinungen, Dingen, Tieren und Menschen wirksame übernatürliche Kraft; wird als die unpersönliche, zum Guten oder Bösen wirkende Macht erfahren; als Träger des Mana gelten u. a. Häuptlinge und Medizinmänner. Ore.nda, bei den Irokesen Bezeichnung für die übernatürlich wirkende Kraft in Menschen, Tieren und Dingen, die über die bloß empirischen Kausalitäten hinaus wirksam ist; gilt als kennzeichnend für Frühformen religiöser Erfahrung. 629 ›mysterium tremendum‹] Vgl. Hrsg.-Anm. 612.
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Klage s (Mensch . . . Seele)] Vgl. Ludwig Klages: Mensch und Erde. Sieben Abhandlungen. 3., erw. Aufl. Jena 1929; ders.: Der Geist als Widersacher der Seele. 3 Bde. Leipzig 1929–1932. 631 er behauptet . . . giebt] Wir vermögen aus Stimme, Mienen und anderen Bewegungen eines Menschen zu erkennen, was “in ihm vorgeht”, also aus physischen Vorgängen einen Schluß auf Psychisches zu ziehen. Die hier zugrunde liegende Beziehung . . . nennen wir die “Aus drucksbeziehung”. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 19, S. 24. 632 er behauptet . . . sind] Die Ausdr u cks beziehung ist verhältnismäßig wenig untersucht, obwohl sie doch für das praktische Leben sehr bedeutsam ist. . . . Wir besitzen und verwerten diese Kenntnis aber nicht theoretischexplizit, sondern nur intuitiv (“Einfühlung”). . . . Da es sich hierbei [bei den We s e n s p ro b l e m e n dieser Beziehungen – der Hrsg.] nicht um Fe st st e l l ung, sondern Deutun g von Tatsachen handelt, so können diese Fragen nicht empirisch beantwortet werden. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 21, S. 27. 633 und daher . . . dürften!] Die Ausdrucksbewegungen . . . sind die einzigen Kennzeichen, aus denen wir die psychischen Vorgänge in anderen Menschen, die “ fre mdpsychi sche n ” Vorg änge, erkennen können. . . . Daraus folgt, daß alle p sychisch e n Geg en stände auf Ausdrucksbewegungen (im weiteren Sinne), also auf p hys i s ch e G e g e n st ä n d e z u r ü ck f ü h r b a r sind. . . . Da zeigt sich nun, daß die psychischen Vorgänge fremder Subjekte nur durch Vermittlung physischer Gegenstände erkennbar sind, nämlich durch Vermittlung der Ausdrucksbewegungen (im weiteren Sinne) oder auch durch Vermittlung der Gehirnvorgänge . . . Da alle geistigen Gegenstände auf psychische und alle psychischen auf physische zurückführbar sind, so kann die Ba sis des Systems in das Gebiet der phys is chen Gegenstände gelegt werden. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, §§ 57–59, S. 78 ff. 634 “Konstitutionstheorie”] Ist ein Begriff auf bestimmte andere zurückführbar, so muß er zwar grundsätzlich aus ihnen konstituiert werden können. Aber die Kenntnis von seiner Zurückführbarkeit bedeutet noch nicht Kenntnis von seiner Konstitution. . . . Im Konstitutionssystem werden alle Gegenstände aus gewissen Grundgegenständen konstituiert, aber in einem stufenmäßigen Aufbau. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt. III. Die Formenlehre des Konstitutionssystems, S. 34–63, hier § 35, S. 47, § 41, S. 55 f. 635 Carnap . . . schiebt.] Die eigenpsychischen Gegenstände sind erkenntnismäßig primär in bezug auf die physischen Gegenstände, die fremdpsychischen dagegen sekundär. Wir werden deshalb die physischen Gegenstände aus den eigenpsychischen und die fremdpsychischen aus den physischen konstituieren. – Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 58, S. 79. 636 hierüber . . . Rhythmus] Vgl. Konrad Fiedler: Schriften zur Kunst. 2 Bde. München 1913/14; Richard Hönigswald: Vom Problem des Rhythmus. Eine analytische Betrachtung über den Begriff der Psychologie. Leipzig / Berlin 1926. 637 Z unächst . . . das sel b e?] Die Frage bezieht sich vermutlich auf Carnaps Rede von den beiden Aussagen gleichen theoretischen Gehaltes über Fremd630
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psychisches, wobei die psychische in die physische übersetzt werden könne. – Vgl. Rudolf Carnap: Scheinprobleme in der Philosophie, S. 38 ff. Die Rede von der Cartesianischen These meint evtl. die Tatsache, daß Descartes den Tieren die Fähigkeit der Empfindung und Wahrnehmung abspricht, vgl. vorliegende Ausgabe, S. 88 f. 638 M al e bran ch e . . . Port Royal, V, S. 395.] Vgl. Charles Augustin SainteBeuve: Port-Royal. T. 5. Paris 1859. Der Bd. 5 enthält den Livre sixième: Le Port-Royal finissant. Auf S. 395 (Kap. VIII) findet sich kein Hinweis auf Malebranche, sondern auf Du Guet, diese Hinweise finden sich vielmehr in den Kap. V (S. 200 ff.) und VI. (S. 238 ff.). Auch Livre cinquième enthält keine Bezüge zu Malebranche. 639 siehe . . . Wurm-Einwand bemerkt] Siehe Hrsg.-Anm. 493. 640 “vom Gesichtspunkt . . . zweiten”.] Vgl. Rudolf Carnap: Scheinprobleme in der Philosophie, S. 40. 641 Zum Terminus . . . Kai la s] Vgl. Eino Kaila: Der Logistische Neupositivismus. 2. Das Prinzip der analytischen Äquivalenz (S. 13–17); 3. Das Prinzip der analytischen Äquivalenz in der exakten Wissenschaft (S. 18–23); 4. Die philosophischen Konsequenzen des Prinzips der analytischen Äquivalenz (S. 24–41). In: Annales Universitatis Aboensis. Series B. Tom. XIII, S. 13–41; Das “Pri n zi p der analy ti schen Äquivalenz” besagt nun: Die a nalyt isch äqui val e nt en B egr iffe si nd b edeutungsgleich. – Vgl. ebd., S. 18. 642 Und . . . abspricht] Vgl. Hrsg.-Anm. 645. 643 vgl. Sch rödi ng e rs Π-Hypothese !] Vgl. Hrsg.-Anm. 538. 644 (cf. Planck).] Anspielung auf Plancks Rede über die Emanzipation von den anthropomorphen Elementen in der theoretischen Physik. – Vgl. Max Planck: Die Einheit des physikalischen Weltbildes. Leipzig 1909, S. 8, 11, 19, 25, 36. 645 “Einfühlung . . . thun”.] bei Carnap Dies Alles sowie wahr und falsch; Weglassung lautet: , und zwar ein Tun, das eine Fühlung mit dem Anderen herstellt und dadurch zu einer anderen pra ktischen E instellung führen kann . . . – Vgl. Rudolf Carnap: Scheinprobleme in der Philosophie, S. 40. 646 cf. Bd. I, citieren !] Siehe hierzu Aussagen wie die folgenden: Statt lediglich die allgemeinen Voraussetzungen des wissenschaftlichen E r ke n n e n s der Welt zu untersuchen, mußte dazu übergegangen werden, die verschiedenen Grundformen des “ Ve rst e h e n s ” der Welt bestimmt gegeneinander abzugrenzen . . . Neben der reinen Erkenntnisfunktion gilt es, die Funktion des sprachlichen Denkens, die Funktion des mythisch-religösen Denkens und die Funktion der künstlerischen Anschauung derart zu begreifen, da daraus ersichtlich wird, wie in ihnen allen eine ganz bestimmte Gestaltung nicht sowohl de r Welt, als vielmehr eine Gestaltung zur Welt . . . sich vollzieht. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF I, S. V, S. 9 f. 647 Unger, Mythos der Hebräer,] Vgl. Erich Unger: Das Problem der mythischen Realität. Eine Einleitung in die Goldbergsche Schrift: “Die Wirklichkeit der Hebräer”. Berlin 1926; gemeint ist dabei: Oskar Goldberg: Die Wirklichkeit der Hebräer. Einleitung in das System des Pentateuch. Bd. 1. Berlin 1924.
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Spenglers: Kultur“seelen”] Aber sie [die Historiker – der Hrsg.] vergessen das Entscheidende – entscheidend nämlich, insofern sichtbare Geschichte Ausdruck, Zeichen, formgewordenes Seelentum ist. – Vgl. Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Bd. 1 (1920). Einleitung, § 3, S. 8. 649 Frobenius] Vgl. Leo Frobenius: Paideuma. Umrisse einer Kultur- und Seelenlehre. München 1921. 650 cf. Citat Kraft] So wird durch die berechtigte Kritik an dem DarwinSp enc e rschen Evolutionsschema die Kulturkreislehre zur Verwerfung des ethnologischen Evolutionspr i nz i ps veranlaßt, das doch als Frageansatz unentbehrlich ist und in dieser Funktion niemals durch vorläufige Klassifikationsgesichtspunkte, wie es die Kulturkreise sind, ersetzt werden kann. Verdrängung der Evolutions- durch die Kulturkreisforschung bedeutet Verzicht auf Verständnis der Vorgeschichte, das den Entwicklungsgedanken und seine vertiefte Anwendung fordert. Die theoretisierende Umdeutung klassifikatorischer Ergebnisse schließt in der Ethnologie, wie in der Geschichte (mit deren E p o ch e n g e i st e r n und h i st o r i s ch e n S u b j e k t e n ), eine dogmatische Substanzialisierung ein . . . – Vgl. Julius Kraft: Die Unmöglichkeit der Geisteswissenschaft. Kap. IV: Geisteswissenschaften als Naturwissenschaften, S. 97. 651 Jede dieser Funktionen . . . cf. Citat Kraft] Siehe dazu Ernst Cassirer: Zur Objektivität der Ausdrucksfunktion, Blatt IV. In: ECN 5, S. 126: Auch diese »Objektivität« kann freilich leicht wieder zu falschen H y p o st a s i e r un ge n[,] zu metaphysisch-substantialen Deutungen führen / (Die “Kulturs e e l e n ” Spenglers, Frobenius, Kulturkreislehre; “Epochengeister”, histor[ische] Subjekte – / auch der “Volksgeist” gehört hierher, s[iehe] auch Kraft, Unm[öglichkeit der Geisteswissenschaft], S. 97). 652 Klages, Realität der Bilder !] . . . das Bild hat bewußtseinsunabhängige Wirklichkeit (denn es bleibt gänzlich unberührt davon, ob ich hernach mich seiner erinnere oder nicht); das Ding ist in die Welt vom Bewußtsein hineingedacht und existiert nur für eine Innerlichkeit persönlicher Wesen. Darum: wer die Personenhaftigkeit in der Ekstase zersprengt, für den geht im selben Augenblick die Welt der Tatsachen unter, und es aufersteht ihm mit alles verdrängender Wirklichkeitsmacht die Welt der Bilder. . . . Fürwahr, was irgend uns heute befremdlich anmuten mag, an Kulthandlungen, heiligen Festen, Zauberbräuchen, Tabuierungen, Wahrsagekünsten, es gründet ohne Ausnahme im Uebergewicht der schauenden Innerlichkeit über das bloß wahrnehmungsfähige Eindrucksvermögen und im Verflochtensein der stets nur mechanisch bewegten Gegenstandswelt in die dämonisch-lebendige Wirklichkeit der Bilder. – Vgl. Ludwig Klages: Vom kosmogonischen Eros. Kap. Vom Wesen der Ekstase, S. 74–115, hier S. 79 und S. 94; siehe auch: Ernst Cassirer: ECN 1, S. 24, S. 207 f. 653 λόγον διδόναι] Vgl. Platon: Theaetetus. In: Opera. Bd. 1, St. 175d. 654 “Erkenntnisar t . . . überhaupt”] Ich nenne alle Erkenntnis transzend e n t a l , die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnisart von Gegenständen, so fern diese a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt. – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Einleitung. VII. Kap. In: Werke. Bd. 3, S. (B 25) 49. 648
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So wie Carnap . . . bezeichnet] Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 205, und Hrsg.Anm. 645. 656 so bezeichnet . . . Tun] . . . sie [die Philosophie – der Hrsg.] ist nämlich diejenige Tätigkeit, durch welche der Sinn der Aussagen festgestellt oder aufgedeckt wird. Durch die Philosophie werden Sätze geklärt, durch die Wissenschaft verifiziert. . . . die philosophische Tätigkeit der Sinngebung ist daher das Alpha und Omega aller wissenschaftlichen Erkenntnis. – Vgl. Moritz Schlick: Die Wende der Philosophie. In: Erkenntnis. Bd. 1, S. 8. 657 S ch l i ck . . . Wirklichkeit] Allerdings unterscheidet Schlick 1910/11 zwischen der Naturwissenschaft, die die quantitativen Größen der Wirklichkeit erfaßt, dabei den reinen Qualitäten, die nicht mehr reduzierbar sind, schlechthin machtlos gegenüber[steht], und der Philosophie, die das irreduzible Reich der Qualitäten erkundet. Die Wirklichkeit wird folglich entweder quantitativ oder qualitativ erkannt, wobei die Einzelwissenschaften [. . .] im allgemeinen von beiden Arten der Begriffsbildung Gebrauch [machen]; sie verwenden sozusagen philosophische und naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen gemischt. – Vgl. Moritz Schlick: Die Grenzen der naturwissenschaftlichen und philosophischen Begriffsbildung. In: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie, Bde. 34–35 (1910/11), S. 121–142; siehe auch Hrsg.-Anm. 656 und vgl. Moritz Schlick: Die Probleme der Philosophie in ihrem Zusammenhang. Vorlesungen aus dem Wintersemester 1933/34. Hrsg. von Henk Mulder, Anne J. Kox und Rainer Hegselmann. Frankfurt am Main 1986, S. 53–79. 658 Über Russells . . . 136 ff.] Russell verweist auf folgende eigene Artikel: Mathematical Logic as based on the Theory of Types. In: American Journal of Mathematics. Vol. 30, 1908, pp. 222–262; Les paradoxes de la logique. In: Revue de Métaphysique et de Morale, 1906, pp. 627–650. – Vgl. Bertrand Russell: Introduction to Mathematical Philosophy. Chap. 13: The Axiom of Infinity and Logical Types, S. 131–143, hier S. 136; siehe auch ders.: Einführung in die Mathematische Philosophie. Kap. 13: Das Axiom der Unendlichkeit und die logischen Typen, S. 133–145, hier S. 139. 659 daß es . . . S ch rö d i n g e r ] Vgl. Erwin Schrödinger: Quelques remarques au sujet des bases de la connaissance scientifique. In: Scientia. Bd. 57, S. 185 f. 660 C harak te ri sti sch . . . ›Supposition P‹] Vgl. Hrsg.-Anm. 538. 661 Näheres . . . Sch rödi ng er ] Vgl. Hrsg.-Anm. 538. 662 siehe . . . Schrödi ng er] Vgl. Hrsg.-Anm. 538. 663 Schlicks Definition . . . “Tun”.] Vgl. Hrsg.-Anm. 656. 664 “hier . . . Antwort ist”] Also ist hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt, daß keine Antwort auch eine Antwort sei, . . . – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Der Antinomie der reinen Vernunft 4. Abschn.: Von den transzendentalen Aufgaben der reinen Vernunft. In: Werke. Bd. 3, S. (A 479 Anm., B 506 f. Anm.) 342 Anm. 1. 665 “Das Rätsel gibt es nicht.”] Die Maxime Wittgensteins Das R ä tsel gibt es nicht. wird von Carnap als Wittgenstein-Zitat in den Literaturhinweisen wiedergegeben: Vgl. Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt, § 183, S. 261; 655
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siehe Ludwig Wittgenstein: Logisch-philosophische Abhandlung. In: Annalen der Natur- und Kulturphilosophie. Bd. XIV, S. 185–262, hier S. 262 (6. 5.). 666 “quod . . . est in mundo”] (lat. sinngemäß: Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt, d. h. ist für den Richter nicht vorhanden) Nach Cicero: De Ocella parum ad me plane scripseras, et in actis non erat. (. . . es stand nicht in den amtlichen Nachrichten.) – Vgl. M. Tullii Cicero: Epistularum. Liber 2, epist. 15, 5. In: Scripta. Partis 3. Vol. 1, S. 45. 667 Carnap: . . . Tun] Vgl. Hrsg.-Anm. 645. 668 Schlick: . . . Tun] Vgl. Hrsg.-Anm. 656. 669 Meyne,] Willi Meyne, Kunsthistoriker. Studierte in den 20er Jahren bei Erwin Panofsky am Kunsthistorischen Seminar der Hamburgischen Universität, im Sommersemester 1922 hatte er bereits Cassirers Vorlesung über Grundprobleme der Sprachphilosophie gehört und mitgeschrieben. Der Volksschullehrer aus Moisburg in der Nordheide, der im April 1922 den Männer-Turn-Verein Moisburg mitbegründete, war über die „Kleine Matrikel“, d. h. ohne Abitur, zum Studium gelangt. Obwohl Meyne im Unterschied zu vielen Mitstudenten nicht in der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg verkehrte, wurde seine 1930 angenommene Dissertation über die Werke der Holzplastik im Bezirk Stade bis 1530 von Panofsky mit Anteilnahme betreut, dieser beurteilte sie, trotz ihrer regionalen Begrenztheit, gerecht und sehr wohlwollend. Noch in den 50er Jahren nahm er brieflich Anteil an Willy Meynes Lebensweg. Meyne verdanken wir im übrigen die [fünf – der Hrsg.] einzig bisher bekannten Mitschriften der Hamburger Panofsky-Vorlesungen. (Vgl. Ulrike Wendland: Arkadien in Hamburg. Studierende und Lehrende am Kunsthistorischen Seminar der Hamburgischen Universität. In: Erwin Panofsky. Beiträge des Symposions Hamburg 1992. Hrsg. von Bruno Reudenbach [und Heinz Abels]. Berlin 1994, S. 15–29, hier: S. 22. Siehe auch Martin Warnke: Panofsky – die Hamburger Vorlesungen. In: ebd., S. 53–58, hier: S. 54, 57.) Schriften: Ein Niederländischer Importaltar im Stadischen. In: Stader Archiv Neue Folge, Heft 24 1934; Stader Holzplastiken des 15. Jahrhunderts aus einer einheimischen Werkstatt. In: ebd., 1934; Die ehemalige Hausvogtei Moisburg: Geschichte ihrer Dörfer und Höfe. Veröffentlichungen des Helms-Museums Harburg-Wilhelmsburg, Nr. 2 1936; Stader Holzplastiken am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts aus Bremer Werkstätten. In: Stader Archiv Neue Folge, Heft 29 1939; Hamburger Holzplastiken im Stadeschen aus dem Ende des 15. und dem Anfang des 16. Jahrhunderts. In: Stader Jahrbuch 1949, S. 55–71; Lüneburger Plastik des XV. Jahrhunderts. 1959; (mit Helmut und Walburga Frenzel u. a.): Moisburg und sein Amtshaus. 1983; Die Kirche zu Moisburg. In: Buchholzer Jahrbuch. Sonderheft 1984. 670 De significatione] lat.: von der Bezeichnung bzw. Bedeutung; Absicht ungeklärt, meint evtl. die Handschrift Raimundus Lullus: Liber de significatione (1304). 671 Vives. Petrus Ramus. Lorenzo Valla.] Juan Luis Vives, spanischer Philosoph. * 6. 3. 1492 Valencia, † 6. 5. 1540 Brügge. Freund des Erasmus, Platoniker und Empiriker, Gegner der Scholastik und des Aristotelismus, Schriften: Gegen die Pseudo-Dialektiker (1519), De disciplinis (1531), De anima et vita (1538).
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– Petrus Ramus (Pierre de la Ramée), französischer Philosoph. * 1515 Cuts bei Soissons, † 26. 8. 1572 Paris. Humanist, Platoniker, Kritiker der Scholastik und des Aristotelismus, Schriften: Institutiones dialecticae (1543). – Lorenzo della Valla (Laurentius Valla), italienischer Philosoph. * 1405 (oder 1407) Rom, † 1. 8. 1457 ebd. Humanist, Kritiker der rationalistisch-deduktiven Philosophie, Schöpfer einer “philologischen” Philosophie, Schriften: De voluptate (1429–1450), Elegantiae latinae linguae libri sex (1471), Oratio habita in initio sui studii (1455). 672 Leibniz’ . . . lingua generalis.] Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Scientia Generalis. Charakteristica. In: Philosophische Schriften. Bd. 7, S. 1–247; ders.: Characteristica universalis. In: ebd., S. 184–189; ders.: Lingua generalis (1678). In: Opuscules et fragments inédits de Leibniz, S. 277–279. 673 Beschränkt . . . Sprachen.] Vgl. Franz Bopp: Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Litthauischen, Gothischen und Deutschen. Erste Abtheilung, enthaltend die Laut-Lehre, Wurzel-Vergleichung und Casus-Bildung. Berlin 1833. 674 “der systematische Teil . . . Rolle.”] Wie in der Botanik gewisse Merkmale – Keimblätter, Beschaffenheit der Blüthe – vor anderen sich als Eintheilungsgrund tauglich erweisen, eben weil diese Merkmale gewöhnlich mit anderen coincidiren, so scheinen in der Eintheilung der Sprachen innerhalb eines Sprachstammes, wie z. B. des Semitischen, Indogermanischen, die Lautgesetze diese Rolle zu übernehmen. – Vgl. August Schleicher: Zur vergleichenden Sprachengeschichte, S. 28. 675 Monosyllabische Sprachen . . . Animalien.] Wir sehen, um bei dem erwähnten Beispiele zu bleiben, wie die Pflanze das Mineral als aufgehobenes Moment, als Voraussetzung hat, das Thier dagegen die Pflanze und wir werden somit in der geschichtlichen Entwicklung mit vollem Rechte den mineralischen Organismus, die Krystallisirung, als das Erste, die Pflanze als das Zweite, das Thier als das Dritte hinstellen; eine Annahme, die durch die fossilen Reste früherer Perioden der Entwicklung unseres Planeten nur bestätigt wird. . . . Die Pflanze nimmt unter den Organismen dieselbe Stelle ein, wie die agglutinirenden Sprachen im Reiche der Sprachen. – Vgl. August Schleicher: Zur vergleichenden Sprachengeschichte, S. 5, 10; siehe auch ders.: Die Sprachen Europas in systematischer Uebersicht (Linguistische Untersuchungen. Bd. II). Bonn 1850, S. 5 ff. 676 H u m b o l d t s . . . (Vorwort.)] Gemeint ist Humboldts Einleitung zum Kawiwerk in: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 1–344. 677 Humboldt spricht . . . Sprache.] Vgl. Hrsg.-Anm. 362. 678 Geschichte . . . 1890] Vgl. Heymann Steinthal: Geschichte der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern mit besonderer Rücksicht auf die Logik. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin 1890. 679 von Arnim, Sophistik, etc.] Vgl. Hans von Arnim: Leben und Werke des Dio von Prusa: mit einer Einleitung: Sophistik, Rhetorik, Philosophie in ihrem Kampf um die Jugendbildung. Berlin 1898. 680 (Rigweda.)] Vgl. Lieder des Rgveda. Übers. v. Alfred Hillebrandt. Göt. tingen / Leipzig 1913.
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“Von diesem Logos . . . nichts.”] Diels gibt das Fragment wie folgt wieder: Für dieses Wort aber, ob es gleich ewig ist, haben die Menschen kein Verständnis . . . – Vgl. Heraklit: Fragm. B 1. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. (1903) Bd. 1, S. 66. 682 Lenker, das All,] Mit dem Worte, mit dem sie doch am meisten beständig zu verkehren haben, de m Len ker des Al ls , entzweien sie sich, und die Dinge auf die sie täglich stoßen, scheinen ihnen fremd. – Vgl. Heraklit: Fragm. B 72. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. (1903) Bd. 1, S. 77. 683 “Diesen Logos, . . . nicht.”] Vgl. Hrsg.-Anm. 681. 684 “Des Bogens . . . Tod.”] Des Bogens Name ist nun Leben, sein Werk Tod (τῶι οὖν τόξωι ὄνομα βίος, ἔργον δὲ θάνατος.) – Vgl. Heraklit: Fragm. B 48. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. (1903) Bd. 1, S. 73. 685 (Dialog Kratylos.)] Vgl. Platon, Kratylos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 385 f., St. 438 f., S. 18 ff., S. 81 ff. 686 λόγος διδόνει.] Vgl. Hrsg.-Anm. 653. 687 Einereits . . . bezeichnet.] Hermogenes: Kratylos hier, o Sokrates, behauptet, jegliches Ding habe seine von Natur ihm zukommende richtige Benennung, . . . es gebe eine natürliche Richtigkeit der Wörter, für Hellenen und Barbaren insgesamt die nämliche. – Vgl. Platon: Kratylos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 383, S. 17. 688 Hermogenes . . . beruhen.] . . . und kann mich nicht überzeugen, daß es eine andere Richtigkeit der Worte gibt, als die sich auf Vertrag und Übereinkunft gründet. – Vgl. Platon: Kratylos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 384, S. 18. 689 “Lehre . . . Dinge”] Sokrates: . . . Darum laß uns noch einmal übersehen, was wir vorher durchgenommen haben. Als ob nämlich alles ströme und fließe und in Bewegung sei, dahin, sagten wir, deuten uns die Worte das Sein und Wesen der Dinge. – Vgl. Platon, Kratylos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 436, S. 80; siehe auch St. 439, S. 83 f. 690 Am Schluß . . . Stillstand] . . . und in der Tat diejenigen zwar, welche sie [die Worte – der Hrsg.] bildeten es in diesem Gedanken getan haben, als ob alles immer im Fluß und in Bewegung sei, die Sache selbst sich aber gar nicht so verhält, . . . – Vgl. Platon, Kratylos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 439, S. 83. 691 Ist es möglich . . . Sprache.] Vgl. VII. [Brief]. Platon an die Verwandten und Freunde Dions. In: Die Briefe Platons, S. 53–115. 692 7. Platonischer Brief . . . εἴδολον] Vgl. VII. [Brief]. In: Die Briefe Platons, (Deutsch) S. 93, (Griechisch) S. 92, St. 342b. 693 Im Phaedon . . . hat.] Phaidon: . . . und befürchte, ich möchte ganz und gar an der Seele geblendet werden, wenn ich mit den Augen nach den Gegenständen sähe, und mit jedem Sinne versuchte, sie zu treffen. Sondern mich dünkt, ich müsse zu den Gedanken meine Zuflucht nehmen, und in diesen das wahre Wesen der Dinge anschauen. . . . Gehörst du aber zu den Philosophen: so, denke ich, wirst du es so machen, wie ich sagte. – Vgl. Platon: Phaidon. In: Werke. 2. Theil. Bd. 3, St. 99, St. 101 f., S. 63, S. 65. 694 Lorenzo Valla, . . . Ramus] Vgl. Hrsg.-Anm. 671. 681
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Descartes . . . nennt.] . . . ac proinde generalem quamdam esse debere scientiam, quae id omne explicet, quod circa ordinem et mesuram nulli speciali materiae addictam quaeri potest, eamdemque, non ascititio vocabulo, sed jam inveterato atque usu recepto, Mathesim universalem nominari . . . – Vgl. René Descartes: Regulae ad directionem ingenii. In: Œuvres. Bd. 10, Regula IV, S. 378. 696 Geht . . . Problem ein:] Vgl. René Descartes: Brief an Mersenne vom 20. November 1629. In: Œuvres. Bd. 1, S. 80 ff. 697 Logistices speciosa . . . Algebra.] Logistice numerosa est quae per numeros, Speciosa quae per species seu rerum formas exhibetur, ut pote per Alphabetica elementa. – Vgl. François Viète [Franciscus Vieta]: Isagoge in artem analyticam (Kap. 4). In: Opera mathematica, S. 4. 698 Perceptio . . . distincta.] C’est peutestre qu’on a crû que les pensées confuses different t o t o g e n e re des distinctes, . . . – Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Reponse aux reflexions (1702). In: Philosophische Schriften. Bd. 4, S. 563; siehe auch ders.: Meditationes de Cognitione, Veritate et Ideis. In: ebd., S. 422 f. 699 Cognitio . . . symbolica] . . . qualem cogitationem ca ecam vel etiam symbolicam appellare soleo. . . . Notionis distinctae primitivae non alia datur cognitio, quam intuitiva, ut compositarum plerumque cogitatio non nisi symbolica est. – Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Meditationes de Cognitione, Veritate et Ideis. In: Philosophische Schriften. Bd. 4. 2. Abt., S. 423 f. Siehe auch: Ernst Cassirer: PsF I, S. 48 f.: In Leibniz’ Methodenlehre der Erkenntnis ist die »intuitive Erkenntnis« von der bloß »symbolischen« durch einen scharfen Schnitt getrennt. Und gegenüber der Intuition, als der reinen Schau, als der eigentlichen »Sicht« der Idee, sinkt selbst für ihn, den Urheber des Gedankens der »allgemeinen Charakteristik«, alle Erkenntnis durch bloße Symbole auf die Stufe der »blinden Erkenntnis« (cogitatio caeca) herab. 700 Esse est percipi !] Vgl. Hrsg.-Anm. 34. 701 Lockes These . . . entsprechen.] Cassirer verweist in PsF I immer wieder auf John Locke: An Essay concerning Human Understanding. 2 Bde. Bd. 2: Buch III, Kapitel 1, 2, 6, 9. 702 Diderot . . . (Taubstummen).] Je croyois, avec tout le monde, qu’un poète pouvoit ètre traduit par un autre: c’est une erreur, et me voilà désabusé. On rendra la pensée, on aura peut-être le bonheur de trouver l’équivalent d’une expression; . . . – Vgl. Denis Diderot: Lettre sur les sourds et muets, a l’usage de ceux qui entendent et qui parlent, adressée a M***. In: Œuvres. Tome 2, S. 322 f. 703 Lessings . . . Ästhetik.] Vgl. Gotthold Ephraim Lessing: Hamburgische Dramaturgie. 2 Bde. In: Sämtliche Schriften. Bde. 9–10; siehe auch Hrsg.Anm. 323. 704 Harris, Versuch . . . Grammatik] Vgl. James Harris: Hermes or A Philosophical Inquiry Concerning Universal Grammar. London 1751 (3. Aufl., 1771). 705 Rudolf Hildebrands . . . Genie] h) am deutlichsten zeigt den übergang zum allgemeinen geist der geist der sprache. – Vgl. Geist. In: Jacob Grimm 695
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und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Bd. IV. 1. Abt. 2. Theil. Bearbeitet von Rudolf Hildebrand und Hermann Wunderlich, Sp. 2727; siehe auch Genie. In: ebd., Sp. 3396 ff. 706 Ein Brief . . . hin.] Ich habe bey Ihrem Verleger den Hermes für Sie bestellt; ein Werk, das mir zu Ihrem Plane unentbehrlich zu seyn schien. – Vgl. Johann Georg Hamann: Brief an Herder vom 7. September 1768. In: Schriften. Bd. 3, S. 386. Hamann bezieht sich auf: James Harris: Hermes or A Philosophical Inquiry Concerning Universal Grammar. (1751). 707 Hamann: . . . zurück.] Vgl. Rudolf Unger: Hamanns Sprachtheorie im Zusammenhange seines Denkens. Grundlegung zu einer Würdigung der geistesgeschichtlichen Stellung des Magus in Norden. München 1905. 708 “Vernunft ist Sprache.”] Wenn ich auch so beredt wäre wie Demosthenes, so würde ich doch nicht mehr als ein einziges Wort dreimal wiederholen müssen: Vernunft ist Sprache, λόγος. – Vgl. Johann Georg Hamann: Brief an Herder vom 6. August 1784. In: Schriften. Bd. 7, S. 151. 709 “Alles . . . menschlich.”] Der Ausdruck konnte weder für Leibniz oder Hamann, noch für Herder oder Humboldt nachgewiesen werden. 710 Bei Kants . . . Freiheit.] . . . die Urteilskraft . . . gibt den vermittelnden Begriff zwischen den Naturbegriffen und dem Freiheitsbegriffe, der den Übergang von der reinen theoretischen zur reinen praktischen, von der Gesetzmäßigkeit nach der ersteren zum Endzwecke nach dem letzten möglich macht, in dem Begriffe einer Z we ck m ä ß i g ke i t der Natur an die Hand; denn dadurch wird die Möglichkeit des Endzweckes, der allein in der Natur und mit Einstimmung ihrer Gesetze wirklich werden kann, erkannt. – Vgl. Kant: Kritik der Urteilskraft. In: Werke. Bd. 5, S. 265. 711 Schelling . . . Absoluten.] Vgl. u. a. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Ideen zu einer Philosophie der Natur als Einleitung in das Studium dieser Wissenschaft (1797). In: Sämmtliche Werke. Hrsg. von Karl Friedrich August Schelling. Abt. 1. Bd. 2. Stuttgart u. a. 1857, S. 1–343. 712 Abhandlung . . . Sprachstudium.] vermutlich ist gemeint: Wilhelm von Humboldt: Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprachentwicklung. (1820) In: Werke. Bd. 4, S. 1–34. 713 Po t t , Humboldt] Vgl. August Friedrich Pott: Wilhelm von Humboldt und die Sprachwissenschaft. Berlin 1876. 714 St e i n t h a l , Sprachphilosophie.] Vgl. Heymann Steinthal: Die sprachphilosophischen Werke Wilhelm von Humboldts. Hrsg. und erklärt von Heymann Steinthal. Berlin 1883. 715 Archiv für Philosophie Bd. XIII.] Angabe konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, meint evtl. Archiv für Philosophie. Hrsg. Ludwig Stein. Berlin, 1. Abt.: Archiv für Geschichte der Philosophie. Bd. 13. (1900), oder 2. Abt.: Archiv für systematische Philosophie. Neue Folge. Bd. 13. (1907); oder Königsberger Archiv für Philosophie, Theologie, Sprachkunde und Geschichte. Jg. 1 (1812) Königsberg Hrsg. von F. Delbrück, C. G. A. Erfurdt; J. F. Herbart, K. D. Hüllmann, J. F. Krause; J. S. Vater. Bd. 13 (1825). 716 Bopp . . . zurück.] Vgl. Hrsg.-Anm. 673. 717 Schleicher . . . Sprachorganismus.] Vgl. Hrsg.-Anm. 674 und 675.
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Was . . . ignorabimus.] Ignoramus et ignorabimus (lat.: Wir wissen es nicht und wir werden es niemals wissen) geht auf den Physiologen DuBois-Reymond zurück: Gegenüber den Rätseln der Körperwelt ist der Naturforscher längst gewöhnt, mit männlicher Entsagung sein “Ignora mus” auszusprechen. . . . Gegenüber dem Rätsel aber, was Materie und Kraft seien, und wie sie zu denken vermögen, muß er ein für allemal zu dem viel schwerer abzugebenden Wahrspruch sich entschließen: “ I g n o ra b i m u s ” . – Vgl. Emil DuBoisReymond: Über die Grenzen des Naturerkennens, S. 39. 719 “Gesetze, . . . Sprache.”] Auch suche man in Sprachen keine Gesetze, die festeren Widerstand leisten als die Ufer der Flüsse und Meere. – Vgl. Franz Bopp: Vocalismus oder sprachvergleichende Kritiken, S. 15. 720 (Osthoff 1878)] Vgl. Hermann Osthoff / Karl Brugmann: Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen. Theil 1, S. XIII; siehe außerdem: Hermann Osthoff: Das verbum in der nominalcomposition im deutschen, griechischen, slavischen und romanischen, S. 326. 721 Vgl. Scherer . . . Paris] vermutlich gemeint: Wilhelm Scherer: Zur Geschichte der deutschen Sprache. II. Principien. V. Die Auslautgesetze. 2. Ausg., S. 16 ff., S. 174 ff. 722 Wundt über die Sprache.] Vgl. Wilhelm Wundt: Völkerpsychologie. Bd. 2 (ursprünglich 1): Die Sprache. 2 Bde. 4. Aufl. Leipzig 1922. 723 Sprache . . . Tätigkeit.] Vgl. Hrsg.-Anm. 362. 724 Terminus a quo . . . ad quem.] Vgl. Hrsg.-Anm. 344. 725 medius terminus] lat.: Mittelglied, Mittelbegriff; siehe auch: Ernst Cassirer: PsF I, S. 96. 726 (Demokrit: . . . μηδεν)] (griech.: Das Nichts existiert ebensosehr wie das Ichts.) μὴ μᾶλλον τὸ δὲν ἢ τὸ μηδὲν εἶναι. – Vgl. Demokrit: Fragm. B 156. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. (1903), S. 433. 727 Planck: . . . Züge.] Vgl. Hrsg.-Anm. 405. 728 Der Schritt . . . gekennzeichnet.] Vgl. Ernst Cassirer: Zur Einsteinschen Relativitätstheorie. Erkenntnistheoretische Betrachtungen. Berlin 1921. 729 Sprache . . . behandelt.] Triebartige Bewegungen, die in den Vorstellungen und Affekten des individuellen Bewußtseins ihre Quelle haben, sind sicherlich ohne jede Beziehung auf die Umgebung und ohne Anregung durch dieselbe möglich. Sie sind natürliche Erzeugnisse der geistigen und körperlichen Organisation des einzelnen Menschen. Aber zur Sprache können solche Ausdrucksbewegungen nur werden, indem sie in einer Gemeinschaft entstehen, deren Glieder unter den nämlichen äußeren und inneren Bedingungen leben, so daß die Gefühle und Vorstellungen, die der eine in sich findet, auch dem anderen nicht fehlen, und daß die Lautbewegung, zu welcher Wahrnehmungen und Affekte den ersten antreiben, dem Ohr des Zweiten ein unmittelbar verständlicher Ausdruck des gemeinsam Erlebten ist. So ist die Sprache eine Schöpfung der Einzelnen, und sie ist doch unendlich mehr als dies. – Vgl. Wilhelm Wundt: Über das Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft. In: Reden und Aufsätze, S. 53 f. 730 Steinthal . . . Reflexbedeutung.] Vgl. u. a. Heymann Steinthal: Grammatik, Logik und Psychologie: ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. 718
Anmerkungen des Herausgebers
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Berlin 1855, S. 306–331; siehe auch: ders.: Der Ursprung der Sprache, im Zusammenhang mit den letzten Fragen alles Wissens. Eine Darstellung, Kritik und Fortentwickelung der vorzüglichsten Ansichten. 2., umgearbeitete und erweiterte Ausgabe, Berlin 1858. 731 “man glaube . . . greifen.”] Sokrates: . . . Dies sind aber die, welche von nichts Anderem glauben, daß es sei, als von dem, was sie recht herzhaft mit beiden Händen greifen können, . . . – Vgl. Platon: Theaetet. In: Werke. 2. Theil. Bd. 1, St. 155, S. 146. 732 Aristoteles: . . . geeignete Organ.] Vgl. Aristoteles: De arte rhetorica (Buch III. Abschn. 1). In: Opera. Bd. 2, 1404 A. 733 (Jacob Grimm)] Vgl. Jacob Grimm: Über den ursprung der sprache (1851). In: Kleinere Schriften. Bd. 1: Reden und Abhandlungen. Berlin 1864, S. 255–298. 734 “Schall . . . Tone”] Jeder höret gern den Schall an / Der zum Ton sich rundet. – Vgl. Goethe: Dreistigkeit. In: West-östlicher Divan. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 6, S. 23. 735 Westermann, Ewesprachen.] Vgl. Diedrich Westermann: Grammatik der Ewe-Sprache. Berlin 1907. 736 (Scherer . . . Onomatopoiie.)] Vgl. Wilhelm Scherer: Zur Geschichte der deutschen Sprache. III. Vocalwandel, S. 31–89, hier S. 38. 737 (Lingua adamica.)] Die Sprachphilosophie des 16. und 17. Jahrhunderts glaubte noch vielfach, in den onomatopoetischen Bildungen den Schlüssel zu der Grund- und Ursprache der Menschheit, zu der »Lingua Adamica«, unmittelbar in der Hand zu haben. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF I, S. 137. 738 (Curtius)] Vgl. Georg Curtius: Grundzüge der griechischen Etymologie. 5. Aufl. Leipzig 1879. 739 Jakob Grimm] Vgl. Jacob Grimm: Deutsche Grammatik. 4 Bde. Göttingen 1819 ff. 740 “Der Mann ist krank”.] Vgl. Franz Boas: Introduction. In: ders. (Hrsg.): Handbook of American Indian Languages. Bd. 1 (Smithsonian Institution, Bureau of American Ethnology, Bulletin 40) Washington 1911, S. 1–83, hier: S. 43 ff. 741 (Brugmann)] Vgl. Karl Brugmann: Die Demonstrativpronomina der indogermanischen Sprachen. Eine bedeutungsgeschichtliche Untersuchung. (Abhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Bd. L / Abhandlungen der philologisch-historischen Klasse der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Bd. XXII). Leipzig 1904, S. 1–151. 742 “Nichts . . . zuvor etc.”] (lat.: Nihil est in intellectu, quod non ante fuerit in sensu.) wird u. a. von Locke vertreten: . . . da man, wie ich gezeigt habe, überhaupt nur Vorstellungen hat, die ursprünglich entweder von äußeren sinnlichen Gegenständen oder von inneren Vorgängen, deren man sich bewußt ist, kommen. – Vgl. John Locke: Versuch über den menschlichen Verstand. Bd. 2. 3. Buch. Kap. 1. § 5. 1. Aufl., S. 3. 743 Whit ne y, . . . Kasusproblem. 1888.] Vgl. William Dwight Whitney: General Considerations on the Indo-European Case-System. In: Transactions of the American Philological Association. Bd. 13 (1882), S. 88–100.
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Delbrück . . . Sprachforschung.] Siehe dazu auch: Wilhelm Wundt: Sprachgeschichte und Sprachpsychologie mit Rücksicht auf B[erthold] Delbrücks ‘Grundfragen der Sprachforschung’. Leipzig 1901. 745 Nicht nur . . . (Delbrück.)] Vgl. Berthold Delbrück: Grundfragen der Sprachforschung. Strassburg 1901, S. 130 ff. 746 Auch . . . erfaßt.] Vgl. Wilhelm Wundt: Völkerpsychologie. Bd. 1: Die Sprache (später Bd. 2). 2. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1904, S. 79 ff. 747 von der Gabelentz . . . jenem.] »Hier« ist allemal wo ich bin, und was hier ist, nenne ich di e ses , im Gegensatze zu dem und jenem, was da oder dort ist. So erklärt sich der lateinische Gebrauch von h i c , i st e , i l l e = m e u s , t uus, e i us. So auch im Chinesischen das Zusammentreffen der Pronomina der zweiten Person mit Conjunctionen für örtliche und zeitliche Nähe und für Ähnlichkeit. – Vgl. Georg von der Gabelentz: Die Sprachwissenschaft, ihre Aufgaben, Methoden und bisherigen Ergebnisse, S. 230 f. 748 Tscherokesen . . . deren 9.] Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über den Dualis. In: Werke. Bd. 6. 1. Hälfte, S. 4–30. 749 Bei der Kindersprache . . . Wortadverbien.] Vgl. Clara und William Stern: Die Kindersprache. Eine psychologische und sprachtheoretische Untersuchung, S. 231 ff. 750 Z. B. . . . starb.] Vgl. Diedrich Westermann: Grammatik der Ewe-Sprache, S. 95. 751 Meinhof, Bantusprachen] Vgl. Carl Meinhof: Grundzüge einer vergleichenden Grammatik der Bantusprachen. Berlin 1906. 752 Humboldt: . . . Kawi-Werk.] Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 223. 753 Hermann Paul . . . zurückgeführt.] Vgl. Hermann Paul: Die Umschreibung des Perfektums im Deutschen mit haben und sein. In: Abhandlungen der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaft. 1. Classe. Bd. XXII/1. München 1902, S. 161–210. 754 In den . . . Eigenschaftsbestimmungen.] Vgl. u. a. Josef Szinnyei: Finnischugrische Sprachwissenschaft. (Bibliothek zur Sprachwissenschaft aus der Sammlung Göschen. Nr. 463). Leipzig 1910. 755 Die Zahl . . . löste.] Vgl. Proclos: Fragm. B 1. In: Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker. (1903), S. 279 f. 756 Frege . . . anhängt.] Vgl. Gottlob Frege: Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch mathematische Untersuchung über den Begriff der Zahl. Breslau 1884. 757 Dedekind . . . aufzubauen.] Vgl. Richard Dedekind: Was sind und was sollen die Zahlen? Braunschweig 1888. 758 Steinthal, Mandenegersprachen.] Vgl. Heymann Steinthal: Die MandeNeger-Sprachen. Psychologisch und phonetisch betrachtet. Berlin 1867. 759 Zahl . . . zusammenfassen.] Vgl. Max Wertheimer: Über das Denken der Naturvölker, S. 342. 760 (Friedrich Müller.).] Vgl. Friedrich Müller: Grundriss der Sprachwissenschaft. Bd. 2. Abth. 2, S. 114 f. 744
Anmerkungen des Herausgebers
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(Karl Bücher.)] Vgl. Karl Bücher: Arbeit und Rhythmus. 4., neubearb. Aufl. Leipzig / Berlin 1909. 762 (Humboldt über Tagalsprache.)] Vgl. Wilhelm von Humboldt: Ueber die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem Pronomen in einigen Sprachen. In: Werke. Bd. 6. 1. Hälfte, S. 312 f. 763 Meyer] meint vermutlich Wilhelm Meyer-Lübke – vgl. Wilhelm MeyerLübke (Hrsg.): Einführung in das Studium der romanischen Sprachwissenschaft. (Sammlung romanischer Elementar- und Handbücher. 1. Reihe: Grammatiken. Bd. 1) 2., neubearb. Aufl. Heidelberg 1909; ders.: Romanische Formenlehre (Grammatik der Romanischen Sprachen. Bd. 2: Formenlehre). Leipzig 1894; ders.: Romanische Syntax (Grammatik der Romanischen Sprachen. Bd. 3: Syntax). Leipzig 1899. 764 Wolff . . . gehalten.] Es ist unklar, wer gemeint wird, siehe hierzu auch: Gestützt auf diese spekulative Grundauffassung der Sprache hat Wilhelm von Humboldt in seiner Abhandlung über den Dualis den Gebrauch dieser Form, die bis dahin von der Grammatik oft als ein bloßer Ballast, als ein unnützes Raffinement der Sprache bezeichnet worden war, erst von innen her zu erhellen vermocht. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF I, S. 202. 765 von der Gabelentz . . . Plural.] Von der Gabelentz spricht nicht von präsentiert, sondern von verkörpert. – Vgl. Georg von der Gabelentz: Die Sprachwissenschaft, S. 297. 766 Jacob Grimm . . . Plural.] Vgl. Jacob Grimm: Ueber den personenwechsel in der rede. In: Kleinere Schriften. Bd. 3: Abhandlungen zur Litteratur und Grammatik, S. 239 ff. 767 Hier . . . Sein.] Vgl. u. a. Hermann Osthoff: Vom Suppletivwesen der indogermanischen Sprachen. Heidelberg 1899. 768 veritas . . . est.] Veritas enim in dicto, non in re consistit [. . .]. (lat.: Wahrheit hat ihren Sitz nämlich in der Aussage, nicht in der Sache). – Vgl. Thomas Hobbes: De corpore. In: Opera philosophica. Bd. II (Teil 1. Kap. 3. § 7), S. 20; siehe auch Ernst Cassirer: PsF I, S. 78, S. 244. 769 Siegwart . . . wären.] Vgl. Christoph Sigwart: Logik. Bd. 1: Die Lehre vom Urtheil, vom Begriff und vom Schluss, S. 320 ff. 770 Lotzes Lehre . . . könne.] Vgl. Hermann Lotze: Logik. Drei Bücher vom Denken, vom Untersuchen und vom Erkennen. (System der Philosophie. Bd. 1). 2. Aufl. Leipzig 1880. 771 (Max Müller . . . beiden.)] Vgl. Friedrich Max Müller: Das Denken im Lichte der Sprache. Leipzig 1888. 772 (Meinhoff. Globus 75. Bd.)] Vgl. Carl Meinhof: Einwirkung der Beschäftigung auf die Sprache bei den Bantustämmen Afrikas. In: Globus. Jg. 75 (1899), S. 361–364. 773 (Usener, Über Jägersprache).] Vgl. Hermann Usener: Götternamen. 18. Tat sa che n de r sprach ge sch ichte zur bestätigung [S.] 317. die jägersprache. [S.] 318; Erst wenn der ausdruck farblos geworden, d. h. der sinnlichen vorstellung, welche ihm die ursprüngliche bildung einprägt oder der sprachgebrauch geliehen hatte, entkleidet ist, besitzt er die voraussetzungen zu allgemeiner gültigkeit. – Vgl. ebd., S. 322. 761
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(Hammer, . . . Arabischen)] Vgl. Josef von Hammer-Purgstall: Das Kamel. In: Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Classe. Bd. 6 und 7. Wien 1854 und 1856. 775 Osthoff . . . Germanensprachen.] Vgl. Hermann Osthoff: Vom Suppletivwesen der indogermanischen Sprachen. Heidelberg 1899. 776 Für . . . nachgewiesen:] Vgl. Hrsg.-Anm. 738. 777 Man . . . tut.] Vgl. Wilhelm Wundt: Völkerpsychologie. Bd. 1: Die Sprache (1904). 2. Bd., S. 15 f. 778 (Meinhofs Bantugrammatik.)] Vgl. Hrsg.-Anm. 772. 779 Jakob Grimm . . . erfaßt.] Vgl. Jacob Grimm: Deutsche Grammatik. Theil 3, S. 317 f. 780 Dem gegenüber . . . Grundlagen.] Vgl. Karl Brugmann: Kurze vergleichende Grammatik der indogermanischen Sprachen. Straßburg 1904, S. 361 f. 781 Wilhelm von Humboldt . . . würde.] Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 172 f. 782 Westermann, Golasprachen.] Vgl. Diedrich Westermann: Gola-Sprache in Liberia. Grammatik, Texte und Wörterbuch. Hamburg 1921. 783 “Das Ganze . . . die Teile.”] Die Sprache beweist sich auch hierin als ein Organismus, in welchem, gemäß der bekannten Aristotelischen Definition, das Ganze früher als die Teile ist. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF I, S. 275. 784 Humboldt . . . durchgeführt.] Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte, S. 271 ff. und S. 304 f. 785 VIII,] die Angabe verwechselt die Bandnumerierung mit der des folgenden Zitates, es muß hier lauten: Werke, Bd. XIII ; vgl. Hrsg.-Anm. 786 und 787. 786 “Man kann . . . philosophiert.”] Man kann sagen, wo ein Volk aus seinem konkreten Leben überhaupt heraus ist, . . . wo ein Bruch eingetreten ist zwischen dem inneren Streben und der äußeren Wirklichkeit, die bisherige Gestalt der Religion u. s. w. nicht mehr genügt, der Geist Gleichgültigkeit an seiner lebendigen Existenz kund giebt oder unbefriedigt in derselben weilt, ein sittliches Leben sich auflöst, – erst dann wird philosophiert. – Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie. Bd. 1. Einleitung. In: Werke. Bd. 13. Theil 1, S. 66. 787 “wenn . . . ihren Flug.”] Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau mahlt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau läßt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit einbrechender Dämmerung ihren Flug. – Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Vorrede. In: Werke. Bd. 8, S. 20 f. 788 Beispiel des Siegelringes] Aristoteles vergleicht die Leistung des Gedächtnisses mit einer Bewegung, die ein Zeichen einsenkt, ähnlich einem Abdruck des Wahrnehmungseffektes bzw. ähnlich dem Aufstempeln eines Siegels mit einem Siegelring. – Vgl. Aristoteles: De memoria et reminiscentia. (Perì Mnémis kaì anamnèseos.) In: Opera. Bd. 1, S. 450 a/b. 774
Anmerkungen des Herausgebers
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Aristoteles . . . Dinge.] Cassirer hat hier u. U. die Problematik von Form und Stoff im Auge, wie sie Aristoteles in der Metaphysik behandelt: Die Scheidung von “Form” und “Stoff” nimmt bereits in ihr [der Sinneswahrnehmung – der Hrsg.] ihren Anfang: in der Empfindung wird die Form der Dinge ohne deren Materie erfaßt, wie das Wachs den Abdruck des Siegelrings, nicht aber das Erz oder Gold in sich aufnimmt. – Vgl. Ernst Cassirer: Einleitung zu: Gottfried Wilhelm Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand. In: Philosophische Werke. Bd. 3, S. XII. 790 Kants . . . Drehung] Vgl. Immanuel Kant: KrV. Vorrede zur 2. Ausgabe. In: Werke. Bd. 3, S. (B XVIf.) 18. 791 “Die Verbi ndun g . . . Vorstellungskraft.”] In Kant: Werke. Bd. 3, S. 113 heißt es: Allein die Ve rb in dun g und Aktus der Spontaneität. 792 “um . . . Selbstthätigkeit ist.”] In Kant: Werke. Bd. 3, S. 113 heißt es: um dadurch zugleich bemerklich und Aktus seiner Selbsttätigkeit. 793 Goethe . . . theoretisieren] Jedes Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein Verknüpfen, und so kann man sagen, daß wir schon bei jedem aufmerksamen Blick die Welt theoretisieren. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Zur Farbenlehre. Didaktischer Teil. Vorwort. In: WA. 2. Abt.: Naturwissenschaftliche Schriften. Bd. 1, S. XII. Siehe auch: Das Höchste wäre: zu begreifen, daß alles Faktische schon Theorie ist. – Vgl. ders.: Maximen und Reflexionen, Maxime 575, S. 125. 794 Euklids Ele men te ] Vgl. Euklid’s Elemente funfzehn Bücher, aus dem Griechischen übersetzt von Johann Friedrich Lorenz. Aufs neue hrsg. von Carl Brandan Wollweide. Fünfte verbesserte Ausgabe. Halle, 1824. 795 ordo . . . idearum] Ordo et connexio idearum idem est, ac ordo et connexio rerum. – Vgl. Baruch de Spinoza: Ethica: pars II, prop. VII. In: Opera. Bd. 1, S. 77. 796 Mit derselben Gewissheit, . . . = 2 Pi ist !] . . . weil Alles nach dem ewigen Rathschlusse Gottes mit derselben Nothwenigkeit erfolgt, wie aus der Wesenheit des Dreieckes folgt, dass dessen drei Winkel zweien rechten gleich sind. Vgl. Baruch (Benedict) de Spinoza: Die Ethik mit geometrischer Methode begründet und in fünf Abschnitte geteilt. 2. Theil. In: Sämmtliche Werke. Bd. 2, S. 86 f. 797 Lobachevsky] Nikolai Iwanowitsch Lobatschewski (Nikolaj Ivanovicˇ Lobacˇevskij), russischer Mathematiker. * 22. 10. 1793 Nischni Nowgorod; † 12. 2. 1856 Kasan. 1807–1811 Studium der Chemie, Pharmakologie, Mathematik, Astronomie und Physik an der Kasaner Universität. 1811 Magister, hält 1814 als Assistenzprofessor mathematische Vorlesungen, 1816 a. o. Professor, Leitung eines Observatoriums. Reorganisiert ab 1819 die Kasaner Universitätsbibliothek, 1825–1835 Direktor der Universitätsbibliothek, 1820 Hofrat, 1822 o. Professor, 1823/24 Dekan der Physikalisch-Mathematischen Fakultät, 1825 Kollegienrat. Hält am 12. 2. 1826 Vortrag über “Grundlagen der Geometrie mit einem strengen Beweis des Paralleltheorems” (O nacˇ alach geometrii), der die nichteuklidische Geometrie, in der das Parallelenaxiom nicht gilt, begründet. Vortrag wird im Bulletin der Kasaner Universität ( Vestnik Kazanskogo Universiteta) 1829/30 veröffentlicht. 1827–1846 Rektor der Kasaner Universität, 1837 in den erblichen 789
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Adelsstand erhoben, 1842 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, 1846 emeritiert. Schriften: u. a. Über die Anfangsgründe der Geometrie (deutsch 1828); Lehrbuch der höheren Algebra (1834); Werkgesamtausgabe, 5 Bde. (Polnoe sobranie socˇ inenii. tomy 1–5) (1946). 798 “die Prinzipien der Mechanik‹] Die Rede ist von Heinrich Hertz’ Schrift Die Prinzipien der Mathematik in neuem Zusammenhang dargestellt. In: Gesammelte Werke. Bd. 3. Leipzig 1894. 799 〈“Wir machen . . . Gegenstände.”〉] Vgl. Heinrich Hertz: Prinzipien der Mechanik. In: Gesammelte Werke. Bd. 3, S. 1. 800 Das Höchste . . . ist] Vgl. Hrsg.-Anm. 793. 801 siehe S. 14 ff.] Auch hier sind dann also die wirklichen Kräfte niemals Gegenstand der früheren Erfahrung gewesen, noch erwarten wir sie in zukünftigen Erfahrungen anzutreffen. . . . Doch selbst wenn die Kräfte nur von uns in die Natur hineingetragen wären, dürften wir darum ihre Einführung noch nicht als unzweckmäßig bezeichnen. – Vgl. Heinrich Hertz: Prinzipien der Mechanik. In: Gesammelte Werke. Bd. 3, S. 14 f. 802 (die Weberlade im “Kratylos”)] Sokrates: Wenn ich nun fragte, Was für ein Werkzeug war doch die Weberlade? Nicht das, womit man webt? . . . Der Weberkünstler also wird die Lade recht zu gebrauchen wissen, recht aber heißt weberkünstlerisch. – Vgl. Platon: Kratylos. In: Werke. 2. Theil. Bd. 2, St. 388, S. 22 f. 803 “Form in seinem Geist”] Danke, daß die Gunst der Musen / Unvergängliches verheißt, / Den Gehalt in deinem Busen / Und die Form in deinem Geist. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Dauer im Wechsel. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 1, S. 120. 804 Der Hammer . . . bedeutet.] Ist demnach der Vorderarm mit zur Faust geballter Hand oder mit deren Verstärkung durch einen fassbaren Stein der natürliche Hammer, so ist der Stein mit einem Holzstiel dessen einfachste künstliche Nachbildung. Denn der Stiel oder die Handhabe ist die Verlängerung des Armes, der Stein der Ersatz der Faust. – Vgl. Ernst Kapp: Grundlinien einer Philosophie der Technik, S. 42. 805 “Physiologische Vorgänge . . . werden‹] bei Kapp Physiologische Vorgänge hingegen sind; außerdem gesamter Satz hervorgehoben. – Vgl. Ernst Kapp: Grundlinien einer Philosophie der Technik, S. 121. 806 Dazu noch Noiré S. 58] Kapp S. 140 zitierend heißt es bei Noiré: “Die Organprojection feiert hier [beim Vergleich der Telgraphendrähte mit dem Nervensystem – der Hrsg.] einen großen Triumph. Die hauptsächlichen Erfordernisse derselben: die unbewußt nach organischem Muster vor sich gehende Anfertigung, demnächst die Begegnung, das Sichfinden von Original und Abbild nach dem logischen Zwang der Analogie, und dann die im Bewußtsein wie ein Licht aufgehende Uebereinstimmung zwischen Organ und künstlichem Werkzeug nach dem Grade denkbarster Gleichheit sind hier vorhanden. . . .” – Vgl. Ludwig Noiré: Das Werkzeug und seine Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte der Menschheit, S. 58. 807 Wir verstehen . . . ko n st r u i e r t haben.] Erst als das Sehorgan sich in einer Anzahl von mechanischen Vorrichtungen projicirt und so deren Rück-
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beziehung auf seinen anatomischen Bau vorbereitet hatte, konnte dessen physiologisches Rätsel gelöst werden. . . . Wie soll es sonst zu verstehen sein, wenn die Construction des Auges der einer Camera obscura “ga nz a nalog” gefunden wird . . . Vom Standpunkt der Organprojection hat man . . . zu erklären, dass die Construction der C a m e ra o b s c u ra analog sei der des Auges, dass sie das von dem Organ aus unbewusst projicirte mechanische Nachbild desselben sei, mittels dessen Unterstützung die Wissenschaft nachträglich in die Vorgänge der Gesichtswahrnehmung habe eindringen können. – Vgl. Ernst Kapp: Grundlinien einer Philosophie der Technik, S. 79 ff. 808 In diesem Sinne . . . bezeichnet.] Cassirer kennt diesen Ausdruck von Zschimmer (siehe ECN 3, S. 205): Es kommt darauf an, um mit M a r x zu sprechen, die “Emanzipation von der organischen Schranke” ebensowohl für den arbe i te nde n Me nschen zu vollziehen, wie sie bis dahin, durch dessen Arbeit, nur allein für diejenigen vollzogen wurde, welche die köstlichen Früchte, d. h. die materielle Freiheit, davon genießen durften. – Vgl. Eberhard Zschimmer: Philosophie der Technik. Vom Sinn der Technik und Kritik des Unsinns über die Technik. Jena 1919, S. 82 f. Zschimmer selbst bezieht sich zwar auf Karl Marx: Das Kapital. [Kritik der politischen Oekonomie.] Bd. 1[: Der Produktionsprocess des Kapitals.] Hamburg 1867, macht aber keine näheren Angaben. Der zitierte Ausdruck findet sich in 1. Buch. 4. Kap. 4) Maschinerie und grosse Industrie: Die A n z a h l der Werkzeuge, womit dieselbe Werkzeugmaschine gleichzeitig spielt, ist von vorn herein emancipirt von der organischen Schranke, wodurch das Handwerkzeug eines Arbeiters beengt wird. – Vgl. ebd., S. 359. 809 regnum hominis auf Erden] Atque de Idolorum singulis generibus, eorumque apparatu jam diximus; quae onmia constanti et solenni decreto sunt abneganda et renuncianda, et intellectus ab iis omnino liberandus est et expurgandus; ut non alius fere sit aditus ad regnum hominis, quod fundatur in scientiis, quam ad regnum coelorum, in quod, nisi sub persona infantis, intrare non datur. – Vgl. Francis Bacon: Novum Organon. Pars Secunda Operis. Aphorismi de Interpretatione Naturae et Regno Hominis, A. 68. In: The Works. Vol. 1, S. 179. (Deutsch: So viel über die einzelnen Arten der Götzenbilder und deren Zubehör; mit festem und feierlichem Entschluss hat man ihnen zu entsagen; der Geist muss von ihnen befreit und gereinigt werden. Zu dem Reiche des Menschen, was in den Wissenschaften gegründet wird, darf kein anderer Eingang sein, als zu dem Himmelsreiche, in welches nur in Kindesgestalt einzutreten gestattet ist. – In: ders.: Neues Organon. 1. Buch: Kurze Sätze über die Erklärung der Natur und die Herrschaft des Menschen. Aphorismus 68, S. 118). 810 “Die Sprache . . . hinstellen.”] Man muss die Sprache nicht sowohl wie ein todtes Erzeugtes, sondern weit mehr wie eine Erzeugung ansehen, mehr von demjenigen abstrahiren, was sie als Bezeichnung der Gegenstände und Vermittelung des Verständnisses wirkt, und dagegen sorgfältiger auf ihren mit der innren Geistesthätigkeit eng verwebten Ursprung und ihren gegenseitigen Einfluss zurückgehen. . . . Sie selbst ist kein Werk (Ergon), sondern eine Thätigkeit (Energeia). Ihre wahre Definition kann daher nur eine genetische
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seyn. Sie ist nemlich die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den articulirten Laut zum Ausdruck des Gedankens fähig zu machen. – Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte: Einleitung zum Kawiwerk, S. 44, 46. 811 “Wie . . . zuführt.”] bearbeiten anstatt verarbeiten. – Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte: Einleitung zum Kawiwerk, S. 60. 812 Man weicht der Welt . . . ] Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst, und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime 52, S. 8. 813 oft auch . . . tonähnlichen] Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie. In: Psychologische Forschung. Bd. 6. § 3: Das Zuordnen von Farben, S. 144–153, hier S. 145. 814 das Sortieren . . . fertig] Auch später noch, als der . . . Patient schon wiederholt “ohne Fehler” . . . sortiert hatte, sagte er: “ich kann das nicht fassen”, “das kann ja kein Mensch, das habe ich nie gekonnt” . . . – Vgl. Adhémar Gelb u. Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie. In: Psychologische Forschung. Bd. 6, S. 147 f. 815 (siehe Goldstein S. 152 f.)] Den Kranken fehlt nun mehr oder wenig er je des Zuordnungs pri nzi p desha lb, weil ihnen dieses ka tegoriale Verhalten unmöglich oder erschwert ist. . . . Man könnte so auch sagen, die Kranken verhielten sich in bezug auf die isolierende Abstraktion nicht normal. – Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie. In: Psychologische Forschung. Bd. 6, S. 153. 816 “Es scheint . . . umzustellen”.] Es scheint auch nicht fraglich, daß die Sprache eines der wirksamsten Mittel darstellt, sich von dem primitiven, lebensnäheren Verhalten . . . abzuwenden und sich auf das kategoriale Verhalten umzustellen. – Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie. In: Psychologische Forschung. Bd. 6, S. 155. 817 merkwürdiger Fall – Gol dstei n S . 163 f.!] Im ersten Falle handelt es sich um die “farbenschwache” Frau K . . . Sie gehört zu den sog. P rotano male n . . . Dieselbe Tatsache, aber in einer viel krasseren Form, konnten wir an dem hirnverletzten Patienten E . . . beobachten. . . . Sprach sich der Patient jetzt verschiedene Farbennamen vor, so nahm b e i m Au s s p re ch e n d e s richtigen Namens das Objekt die Farbe an; beim Aussprechen eines falschen Namens veränderte sich das Objekt nicht. – Vgl. Adhémar Gelb und Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie. In: Psychologische Forschung. Bd. 6, S. 163 f. 818 He ads Kranke] Vgl. Hrsg.-Anm. 375. 819 Der Mensch . . . zuführt!] Vgl. Hrsg.-Anm. 811. 820 so wie . . . subintelligiere.] Wenn Künstler von Natur sprechen, subintelligiren sie immer die Idee, ohne sich’s deutlich bewußt zu sein. – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, Maxime 1071, S. 223. 821 Nichts . . . suchst.] Nichts wirst du sehn in ewig leerer Ferne, / Den Schritt nicht hören den du thust, / Nichts Festes finden wo du ruhst. – Vgl. Johann
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Wolfgang Goethe: Faust. Zweiter Teil. 1. Akt. Finstere Galerie. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 15, S. 71 [6246–6248]. 822 diese Welt der Mütter] Mephistopheles: Der Schlüssel wird die rechte Stelle wittern, / Folg’ ihm hinab, er führt dich zu den Müttern. Faust schaudernd: Den Müttern! Trifft’s mich immer wie ein Schlag! – Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Faust. Zweiter Teil. 1. Akt. Finstere Galerie. In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 15, S. 72 [6263–6265]. 823 daß . . . Drehung] Vgl. Hrsg.-Anm. 790. 824 “Das Höchste . . . ist.”] Vgl. Goethe zu Eckermann, 18. Februar 1829. In: Gespräche. Bd. 4, S. 72. 825 Mauthner’schen “Kritik der Sprache”] Vgl. Hrsg.-Anm. 372. 826 im Sinne . . . zitiert habe] Vgl. vorliegende Ausgabe, S. 271 f., bzw. Hrsg.Anm. 786 und 787. 827 “Die grösste Kunst . . . durch”.] Vgl. [Goethe] An C[arl] F[riedrich] Zelter 9. August 1828. In: WA. Abt. 4: Goethes Briefe. Bd. 44, S. 261. 828 Aristoteles: Kategorien] Vgl. Aristoteles: Kategorien und Hermeneutica. In: Organon. Leipzig o. J.; ders.: Categoriae. In: Opera. Bd. 1, S. 1–15. 829 veritas . . . consistit] Vgl. Hrsg.-Anm. 768. 830 De principio individui] Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Dissertation De principio individui. Berlin 1837. 831 Charakteristica universalis] (lat.: allgemeine Charakteristik, Leibniz’ Programm zur Übersetzung aller Streitfragen in eine berechenbare Zeichensprache) Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Ars characteristica universalis. In: Philosophische Schriften. Bd. 7, S. 184–189. 832 veritas . . . in dicto consistit] Vgl. Hrsg.-Anm. 768. 833 “auch . . . Wahrnehmung”] Die transzendentale Einheit der Apperzeption ist keineswegs ausschließlich auf die Logik des wissenschaftlichen Denkens bezogen und auf sie eingeschränkt. Sie ist nicht nur die Bedingung für dieses Denken und für die Setzung und Bestimmung seines Gegenstandes, sondern die Bedingung »auch jeder möglichen Wahrnehmung«. – Vgl. Ernst Cassirer: PsF III, S. 13. 834 “In Sachen . . . vollendet”?] In Sachen der reinen oder unreinen Vernunft muß also dieser alte, allgemein-gültige und notwendige Zeuge abgehört werden, und nie dürfen wir uns, wenn von einem Begriffe die Rede ist, jenes Heroldes und Stellvertreters, des ihn bezeichnenden Wo r t e s , schämen. Oft zeigt uns dieses, wie wir zu dem Begriff gelangt sind, was er bedeute, woran es ihm fehle. Construirt der Mathematiker seine Begriffe durch Linien, Zahlen, Buchstaben und andere Zeichen, ob er gleich weiß, daß er keinen mathematischen Punkt machen, keine mathematische Linie ziehen könne, und eine Reihe anderer Charaktere von ihm gar willkürlich angenommen sind; wie sollte der Vernunftrichter das Mittel übersehen, durch welches die Vernunft eben ihr Werk hervorbringt, festhält, vollendet? – Vgl. Johann Gottfried Herder: Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft. Teil 1: Verstand und Erfahrung. In: Sämmtliche Werke. Bd. 21, S. 19. 835 “Copernikanische Drehung”] Vgl. Hrsg.-Anm. 790.
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“Auch bei der Betrachtung . . . zuführt.”] Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues. In: Werke. Bd. 7. 1. Hälfte: Einleitung zum Kawiwerk, S. 59 f. 837 Völkerpsychologie] Vgl. Wilhelm Wundt: Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte. Die Sprache. 2 Bde. 4. Aufl. Leipzig 1922. 838 die Arbeiten Karl Bühlers,] Vgl. Karl Bühler: Die Krise der Psychologie. Jena 1927; ders.: Sprachtheorie. Jena 1934. 839 B ro c a s ] Paul Pierre Broca, Anthropologe und Arzt. * 28. 6. 1824 SainteFoy-la-Grande bei Bergerac, † 9. 7. 1880 Paris. Nach ihm werden die BrocaAphasie und das Broca-Areal im Gehirn (beteiligt an der motorischen Erzeugung von Sprache) benannt. Zu Paul Brocas Theorie vgl. u. a. Ernst Cassirer: PsF III, S. 252; siehe auch François Moutier: L’aphasie de Broca. Paris 1908. 840 “Aphemie”] (Aphemie ist gleichbedeutend mit Aphasie) Siehe hierzu: François Moutier: L’aphasie de Broca. Paris 1908. 841 Jackson] Vgl. Hughlings Jackson: On Affections of Speech from Disease of the Brain. In: Brain. A Journal of Neurology. Bd. 38 (1915), S. 107–129. 842 “Unter symbolischer Formulierung . . . gestalten.”] By symbolic formulation and expression I understand a mode of behaviour, in which some verbal or other symbol plays a part between the initiation and execution of the act. This comprises many procedures, not usually included under the heading of the use of language . . . The more nearly the task approximates to a simple act of matching, the less does it suffer in those forms of defective speech on which this work is founded. . . . But any act of mental expression, which demands symbolic formulation, tends to be defective and the higher its propositional value the greater difficulty will it present. . . . Any modification of the task, which lessens the necessity for symbolic representation, will render its performance easier. – Vgl. Henry Head: Aphasia and Kindred Disorders of Speech. Bd. 1, S. 211 f.; Vgl. auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 248 f. 843 Finkelnburgs . . . “Asymbolie”] Vgl. Karl Maria Finkelnburg: Vortrag in der Niederrhein-Gesellschaft der Ärzte in Bonn, wiedergegeben in: Berliner Klinische Wochenschrift. Organ für practische Aerzte. Bd. 7 (1870), S. 460–462. 844 Aus den . . . litt.] Vgl. Hrsg.-Anm. 374. 845 “Der Kranke . . . projicieren.”] C’est que ce malade, qui a recouvré le mouvement dans sa forme la plus simple (comme mouvement réactif aux excitations extérieures), n’est pas capable d’évoquer son principe dans les fonctions intellectuelles plus élevées: dans les actes de projection. Ainsi le malade n’est pas capable de se tracer les directions principales d’orientation (côté droit, côté gauche, en haut, en bas) et de mettre un bâton parallèlement à un autre. . . . Le trouble spatial concerne également son propre corps – il a perdu le schéma (l’imagination) de son corps et ne sait pas projecter les sensations dont il a reconnu la place même. – Vgl. Willem van Woerkom: Sur la notion de l’espace (le sens géométrique), sur la notion du temps et du nombre. In: Revue neurologique. Bd. 26, S. 117 f. 846 “Produkt . . . a priori”] So viel können wir nur sagen: das Bild ist ein Produkt des empirischen Vermögens der produktiven Einbildungskraft, das 836
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S ch e m a sinnlicher Begriffe (als der Figuren im Raume) ein Produkt und gleichsam ein Monogramm der reinen Einbildungskraft a priori, wodurch und wonach die Bilder allererst möglich werden, . . . – Vgl. Immanuel Kant: KrV. Transz. Analytik. 2. Buch. 1. Hauptst. In: Werke. Bd. 3, S. (B 181) 144; siehe auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 188. 847 Vgl. oben, S. . . .] Cassirer verweist hier, wie auch in PsF III S. 286, auf die auf dieser Ms.-S. (34a = 638) weiter oben postierte Kantstelle (siehe Hrsg.Anm. 846). 848 Liepmanns,] Hugo Liepmann, Neurologe und Psychiater, führender Hirnforscher seiner Zeit. * 9. 4. 1863 Berlin, † 6. 5. 1925 ebd. Studiert 1880–1885 Philosophie, 1889–1895 Medizin in Berlin, promoviert 1894, ist von 1895 bis 1899 Assistent von Carl Wernicke in Breslau und habilitiert sich 1900 an der Berliner Charité, von 1914 bis 1919 Direktor der Städtischen Irrenanstalt Herzberge (Berlin), lehrt seit 1904 als Honorarprofessor an der Berliner Universität. Schriften: Das Krankheitsbild der Apraxie (1900); Ueber Störungen des Handelns bei Gehirnkranken (1905); Drei Aufsätze aus dem Apraxiegebiet (1908). 849 “die Erinnerung . . . auftaucht.”] Überblicken wir das Ganze, so zeigt sich . . . die Tatsache, daß Läsionen der linken Hemisphäre . . . nicht nur die gekreuzte Hand lähmen, sondern auch in mäßigem . . . Grade das Handeln der linken Hand alterieren, und zwar, indem die Erinnerung für bestimmte erlernte Bewegungsformen überhaupt erloschen oder wenigstens schwer erweckbar ist, beim Hantieren [mit Objekten] z. B. erst unter Mithilfe der vo n d e n b e t re f fe n d e n O b j e k t e n z u f l i e ß e n d e n o p t i s ch - t a k t i l k i n ä st h e t i s ch e n E i n d r ü cke a u f t a u ch t . – Vgl. Hugo Liepmann: Die linke Hemisphäre und das Handeln. (1905) In: ders.: Drei Aufsätze aus dem Apraxiegebiet, S. 33. 850 In einem Vortrag . . . Fortsetzung siehe S. 685a] Gemeint ist entweder Hugo Liepmann: Die linke Hemisphäre und das Handeln. Vortrag gehalten auf der Naturforschertagung in Meran, 26. IX. [19]05, oder ders.: Über die Funktion des Balkens beim Handeln und die Beziehungen von Aphasie und Apraxie zur Intelligenz. Nach einem Vortrage auf der Jahresversammlung des Vereins Deutscher Irrenärzte in Frankfurt a. M. April 1907. Vgl. beide Vorträge in: ders.: Drei Aufsätze aus dem Apraxiegebiet, S. 17 ff., S. 51 ff. 851 “Wir machen . . . Ganzen”.] Vgl. Kurt Goldstein: Über die Abhängigkeit der Bewegungen von optischen Vorgängen. In: Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie. Bd. 54 (= Festschrift für Hugo Liepmann), S. 163; siehe dazu auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 311 f. 852 Vgl. oben, S. . . . ] Siehe hierzu die Passage im Ms. PsF III, Teil 2, Kap. VI, in der auf diese Fälle Bezug genommen wird: Ernst Cassirer: PsF III, S. 294 f. 853 Siehe . . . a. a. O. S. 147, 180] Vgl. Kurt Goldstein: Über die Abhängigkeit der Bewegungen von optischen Vorgängen. In: Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie. Bd. 54, S. 147, 180. 854 H e ilbro nner] Karl Heilbronner, Arzt, Psychiater, Hirnforscher. * 21. 11. 1871 Nürnberg, † 8. 9. 1914 Utrecht. Studiert in München, von 1893 bis 1898 als Assistent bei Carl Wernicke an der Berliner Charité tätig, danach Oberarzt in Halle, seit 1903 Ordinarius und Direktor der psychiatrischen Universitäts-
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klinik Utrecht. Schriften: Aphasie und Geisteskrankheit (1896); Ueber Asymbolie (1897); Über Gewöhnung auf normalem und pathologischem Gebiete (1912). 855 He i l bron ne r . . . II, S. 1039 f.] Vgl. Karl Heilbronner: Die aphasischen, apraktischen und agnostischen Störungen. In: Handbuch der Neurologie. Hrsg. v. Max Lewandowsky, Bd. 1: Allgemeine Neurologie. 2. Teil. IV: Allgemeine Pathologie, Symptomatologie und Diagnostik, S. 982–1093, hier S. 1039 f.; siehe auch ders.: Über Asymbolie. Breslau 1897, S. 16. 856 Vgl. . . . bei Gol dstei n, a. a. O. S. 153] Vgl. Kurt Goldstein: Über die Abhängigkeit der Bewegungen von optischen Vorgängen. In: Monatszeitschrift für Psychiatrie und Neurologie. Bd. 54, S. 153; siehe dazu auch Ernst Cassirer: PsF III, S. 315 f. 857 “Der Mensch . . . ihm zuführt.”] Vgl. Hrsg.-Anm. 811. 858 “Wer . . . gehn”] Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Noten und Abhandlungen zu besserem Verständnis des West-östlichen Divans (1819). In: WA. 1. Abt.: Werke. Bd. 7, S. 1. 859 “so poor . . . do no more”.] With all my love I do commend me to you: / And what so poor a man as Hamlet is / May do, to express his love and befriending to you, / God willing, shall not lack. – Vgl. William Shakespeare: Hamlet. Act I. Scene 5. Z 183–186. In: The Works. Bd. 7, S. 431.
LIT ERATU R VERZEICHNIS
Im Manuskript Cassirers nachgewiesene Literaturangaben und Zitate werden in den entsprechenden Ausgaben ermittelt. Auch die von den Herausgebern hinzugefügten Zitat- und Belegstellen folgen nach Möglichkeit den von Cassirer (hier oder in anderen Schriften) zitierten oder in seiner Privatbibliothek befindlichen Ausgaben. Das Zeichen “ ” weist auf Werke hin, von denen bekannt ist, daß Cassirer sie besessen hat. Übersetzungen originalsprachiger Zitationen und Belegstellen sind anhand verläßlicher zweisprachiger oder deutscher Ausgaben hinzugefügt, respektive nachgewiesen und zitiert. Auch hier werden nach Möglichkeit Cassirer zugängliche Ausgaben herangezogen. Die nur von den Herausgebern in Anmerkungen erwähnten Schriften sind nicht verzeichnet.
Aristoteles: Opera. Edidit Academia Regia Borusica. Aristoteles graece ex recognitione Immanuelis Bekkeri. 2 Bde. Berlin 1831. (= Opera) – De arte rhetorica. In: Opera. Bd. 2, S. 1354–1419. – De memoria et reminiscentia. In: Opera. Bd. 1, S. 449–453. (Deutsch: Über Gedächtnis und Erinnerung. Übersetzt und erläutert von Richard A. H. King. In: Parva Naturalia. In: Werke in deutscher Übersetzung. Begründet von Ernst Grumbach. Hrsg. von Hellmut Flashar. Bd. 14. Teil 2. Berlin 2004, S. 11–20.) – Categoriae. In: Opera. Bd. 1, S. 1–15. – Hermeneutica. In: Opera. Bd. 1, S. 16–24. – Hermeneutica oder Lehre vom Urteil. (Zweite Abteilung). Leipzig 1876, S. 55–82. In: Das Organon des Aristoteles. Übersetzt und erläutert von J[ulius] H[ermann] v. Kirchmann. (PhB 91) Heidelberg 1883. – Kategorien und Hermeneutica. (PhB 9) In: Organon komplette Übersetzung von J[ulius] H[ermann] v. Kirchmann. (PhB 9–13) Leipzig o. J. – Metaphysica. In: Opera. Bd. 2, S. 980–1093. – Physica. In: Opera. Bd. 1, S. 184–267. – Physik. Uebersetzt und mit Anmerkungen begleitet von C. H. Weiss. Abt. 1: Die Übersetzung enthaltend. 2: Die Anmerkungen enthaltend. Leipzig 1822 (1829). – Über die Seele. Neu übersetzt von Adolf Busse. (PhB 4) Leipzig 1911. Arnim, Hans von: Leben und Werke des Dio von Prusa: mit einer Einleitung: Sophistik, Rhetorik, Philosophie in ihrem Kampf um die Jugendbildung. Berlin 1898. Aster, Ernst von: Die Philosophie der Gegenwart. Leiden 1935. Babbitt, Irving: The Masters of Modern French Criticism. Boston 1912. (London / Boston / New York 1913)
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Bacon, Francis: The Works. Collected and edited by James Spedding, Robert Leslie Ellis and Douglas Denon Heath. Bd. 1. London 1858. (= The Works) – De augmentis scientiarum. In: The Works. Bd. 1, S. 413–837. – Novum Organon. Pars Secunda Operis, quae dicitur Novum Organum. Aphorismi de Interpretatione Naturae et Regno Hominis. In: The Works. Bd. 1, S. 71–368, hier: S. 157–226. – Franz Baco’s Neues Organon. Uebersetzt, erläutert und mit einer Lebensbeschreibung des Verfassers versehen von J[ulius] H[ermann] v. Kirchmann. (PhB 32) Leipzig 1870. Benfey, Theodor: Geschichte der Sprachwissenschaft und orientalischen Philologie in Deutschland seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts mit einem Rückblick auf die früheren Zeiten (Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit, Bd. 8.). Hrsg. von der Historischen Commission bei der Königlichen Academie der Wissenschaften. München 1869. Bergson, Henri: Einführung in die Metaphysik. Autorisierte Übertragung. Jena 1909. – L’évolution créatrice. (2ème édition 1907) 5ème édition. Paris 1909. (Deutsch: Schöpferische Entwicklung. Berechtigte Übersetzung von Gertrud Kantorowicz. 1.–3. Tsd. Jena 1912) Berkeley, George: The Works. Including his Posthumous Works. With Prefaces, Annotations, Appendices, and An Account of his Life, by Alexander Campbell Fraser. 4 Bde. Oxford 1901. (= Works) – An Essay towards a New Theory of Vision (1709). In: Works. Bd. 1: Philosophical Works, 1705–[17]21, S. 93–210. – A Treatise Concerning the Principles of Human Knowledge. Part I. In: Works. Bd. 1, S. 211–348. – The Theory of Vision, or Visual Language, shewing the immediate presence and providence of a Deity. Vindicated and Explained. In: Works. Bd. 2: Philosophical Works, 1732–[17]33, S. 369–415. – Siris: A Chain of Philosophical Reflexions and Inquiries concerning the virtues of Tar-water, and divers other subjects connected together and arising one from another (1744). In: Works. Bd. 3: Philosophical Works, 1734–[17]52, S. 115–299. – Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis. Übers[etzt] u[nd] mit Anm[erkungen] versehen von Friedrich Ueberweg. (Leipzig 1879) (PhB 20) 5. Aufl. Leipzig 1917. – Theorie der Gesichtswahrnehmung. Mit Vorwort v[on] Paul Barth, hrsg. v[on] R. Schmidt. Leipzig 1912. Binswanger, Ludwig: Einführung in die Probleme der Allgemeinen Psychologie. Berlin 1922. – Über Phänomenologie. Referat, erstattet auf der 63. Versammlung des schweizerischen Vereins für Psychiatrie in Zürich am 25. November 1922. In: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie. Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Hrsg. von Alois Alzheimer [u. a.] Bd. 82. Berlin (1923), S. 10–45.
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P ER SO NEN R EGISTER
Das Register berücksichtigt alle ausdrücklichen Erwähnungen von Namen historischer und fiktiver Personen durch Cassirer. Aufgenommen sind außerdem alle in den Beilagen erwähnten Personen. Formen wie Kantianismus usw. sind unter den jeweiligen Namen mitvermerkt. Nicht berücksichtigt sind Herausgeber und Übersetzer sowie Namen, die nur in Titeln zitierter Literatur enthalten sind. Adickes, Erich 187 Aristoteles 17, 99, 115–128, 130 f., 136, 159, 226, 238, 242, 272, 275 f., 287 Arnim, Hans von 221 Aster, Ernst von 164 Babbitt, Irving 151 Bacon, Francis 93, 198, 277 Becher, Erich 152 Beethoven, Ludwig van 102 Benfey, Theodor 221, 257 Bergson, Henri 103, 169 Berkeley, George 4, 18 f., 22, 27, 35, 47, 70, 72, 75, 219, 229 Binswanger, Ludwig 20 f., 54, 56, 152 Black, Joseph 141 Bohr, Niels 144 Boll, Franz 157 Bopp, Franz 219 f., 231, 234, 236 Born, Max 144 Brahe, Tycho de 123, 126 Brandes 151 Brentano, Franz 5, 20 f., 28, 134, 163–165, 185 Broca, Paul 291 f. Brouwer, Luitzen Egbertus Jan 107, 109 Brugmann, Karl 236, 246, 256, 266 Bücher, Karl 242, 257 Bühler, Karl 37, 43, 71, 152, 157 f., 160, 162, 291
Carnap, Rudolf 153–155, 157, 172, 176 f., 186, 189 f., 201 f., 204 f., 209, 213, 215 Cohen, Hermann 167 Cohn, Jonas 152, 164 Comte, Auguste 220 Cornelius, Hans 13–15, 17, 46 f. Croce, Benedetto 166 Curtius, Georg 243, 264 Dante Alighieri 102 Darwin, Charles 220, 235 Delacroix, Henri 67 f. Dedekind, Richard 252 Delbrück, Berthold 237, 248 Demokrit 193, 240 Descartes, René 28, 30, 70, 72, 75, 89, 128, 184, 188, 198, 203–205, 226 f., 252 Dessoir, Max 34, 66 Diderot, Denis 229 f. Dilthey, Wilhelm 172 DuBois-Reymond, Emil 236 Duhem, Pierre 129, 145 Eckermann, Johann Peter 100, 283 Einstein, Albert 275 Epikur 5, 158, 194 Erdmann, Benno 5, 48, 134 Euklid 273 f. Fechner, Gustav Theodor 168 Fichte, Johann Gottlieb 183, 219 Fiedler, Konrad 14, 202 Frege, Gottlob 134, 252 Friedmann, Hermann 106
476
Anhang
Fries, Jacob Friedrich 165 Frobenius, Leo 207 Gabelentz, Georg von der 249, 258 Galilei, Galileo 117 f., 123, 126–133, 138 Gassendi, Pierre 5 Geiger, Lazarus 262 Gelb, Adhémar 69–71, 80, 98, 279, 296 f. Gilson, Étienne 129 Goethe, Johann Wolfgang von 7, 79, 83, 88, 100–102, 105, 137, 143, 230, 242, 273, 279, 281, 283, 285, 311 Goldstein, Kurt 69–71, 80, 98, 279–281, 296 f., 300, 302 f., 305 f., 309 Grassi, Orazio 123 Grimm, Jacob 220, 242 f., 258, 266 Hamann, Johann Georg 230 f. Hammer-Purgstall, Josef von 263 Harris, James 230, 250 Hartmann, Eduard von 276 Hartmann, Nicolai 104 Head, Henry 84, 98, 281, 292–299, 309 Hegel, Georg Friedrich Wilhelm 48, 60, 219 f., 234 f., 237, 271, 285 Heilbronner, Karl 307 f. Heisenberg, Werner 144, 146 Helmholtz, Hermann von 42, 47 f., 67, 135, 235 Heraklit 124 f., 222 f., 231, 287 Herbart, Johann Friedrich 237 Herder, Johann Gottfried von 3, 105 f., 158, 219, 230–232, 262, 289 f. Herkules 79 Hertz, Heinrich 140 f., 145, 274 f. Hildebrand, Adolf 12, 14, 63, 100, 106, 240 Hildebrand, Rudolf 230 Hobbes, Thomas 259 f., 287, 289 Hölderlin, Friedrich 79 Holzweissig, Friedrich 247 Homer 192
Hönigswald, Richard 16, 49, 94, 190, 202 Huebschmann, Heinrich 247 Humboldt, Wilhelm von 92 f., 110 f., 119–121, 160, 172, 219–221, 232–234, 237, 243, 246, 249, 251, 256 f., 261, 266–268, 278 f., 290 f., 304, 309 Hume, David 72, 74 f., 80, 173, 180, 185, 214, 248 Husserl, Edmund 5, 14, 20–22, 37, 54, 59, 152, 154, 156 Huyghens, Christiaan 138 f. Jackson, Hughlings 99, 293, 296 Joubert, Joseph 151 Kaila, Eino 152, 189 f., 204 Kant, Immanuel 23 f., 46, 66 f., 83 f., 92, 97, 105, 144, 146, 154–156, 164, 175, 178 f., 181, 187, 201, 206, 213, 219, 230, 232–234, 238 f., 245, 249, 267 f., 271–273, 282 f., 289 f., 301 Kapp, Ernst 276 f. Kepler, Johannes 117, 123, 126, 138 Kestner, Johann Georg Christian 100 Kirchhoff, Gustav 236 Klages, Ludwig 87, 172, 182, 185, 200, 207, 209 Kleist, Heinrich von 50, 91 Koffka, Kurt 35–39, 41–44, 55 Köhler, Wolfgang 35 f., 38, 43 Kopernikus, Nikolaus 92, 131, 208, 272, 282, 290 Kraft, Julius 207 Kronfeld, Artur 152 Lagrange, Joseph Louis 137 Lamprecht, Karl 174 Laßwitz, Kurd 168 Leibniz, Gottfried Wilhelm 64 f., 90, 184, 219, 227 f., 231–233, 243, 252 f., 287 f. Lersch, Laurenz 221 Leskien, August 236 Lessing, Gotthold Ephraim 79, 106, 229
Personenregister
Lévy-Bruhl, Lucien 191, 253 Lichtenberg, Georg Christoph 190 Liepmann, Hugo 302, 304 f. Linke, Paul Ferdinand 45–47, 54 f., 72–76, 80 Lipps, Theodor 168 Lissauer, Heinrich 70 Litt, Theodor 152 Lobatschewsky, Nicolaus (Lobacˇ evskij, Nikolaj) 274 Locke, John 172, 219, 228 f. Lotze, Hermann 134, 260 f. Mach, Ernst 186, 214 Malebranche, Frédéric de Buzon 203 f. Marie, Pierre 293 Marx, Karl 277 Mauthner, Fritz 97, 284 Meyer (vermutlich: Meyer-Lübke, Wilhelm) 257 Meinhof, Carl 250, 263, 265 Meinong, Alexius 20, 28, 33 f., 55, 63–65 Michelangelo 102 Moog, Willy 164 Müller, Friedrich Max 255, 263 Münsterberg, Hugo 172 f. Natorp, Paul 56, 172 f., 189 Nelson, Leonard 164 Neurath, Otto 186 Newton, Isaac 138 f., 304 Nietzsche, Friedrich 107 Noiré, Ludwig 158, 262 f., 277 Norden, Eduard 221 Ockham, Wilhelm von (Occam, Guillelmus de) 129, 193, 287 f. Oesterreich, Konstantin 45 Oppenheim, Hermann 69 Osthoff, Hermann 236, 259, 263 Otto, Rudolf 192 Parmenides 188, 209, 287 Paul, Hermann 187, 236 f., 252 Paulsen, Friedrich 236 Peano, Giuseppe 134 Peters, Wilhelm 41, 48 Petzäll, Åke 180
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Pick, Arnold 67 Planck, Max 107, 112–114, 141, 205, 240 Platon 11, 13 f., 31, 49, 60, 77, 94, 98, 108, 147 f., 219, 223–226, 228, 230, 242, 252, 275 f., 287 Plessner, Helmut 3 Plotin 226 Popper, Karl 177 f., 180, 184 Pott, August Friedrich 232, 253 Proklos 252 Protagoras 22 Proteus 85 Ptolemäus, Claudius 131 Pythagoras 108, 163, 252 f. Ramus, Petrus 219, 226 Ranke, Leopold von 163 Roffenstein, Gaston 152 Rousseau, Jean-Jacques 91, 158 Russell, Bertrand 24–31, 134, 210 Sainte-Beuve, Charles-Augustin 203 Sarsi, Lotario 123 Schapp, Wilhelm 31 f., 54, 57, 59–61, 65 Scherer, Wilhelm 233, 237, 243 f., 257 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 219, 232 Scheler, Max 73, 87, 151 f., 176, 209 Schiller, Friedrich 105, 171 Schlegel, Friedrich 231 Schleicher, August 220, 234 f. Schlick, Moritz 180, 186 f., 195, 209 f., 212, 215 Schopenhauer, Arthur 175, 276 Schrödinger, Erwin 170, 196, 205, 211 f. Schuppe, Wilhelm 134 Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper of 230 Shakespeare, William 79, 90, 102 Sigwart, Christoph 133, 161, 260 Simmel, Georg 157 Sokrates 223 f., 264 Spengler, Oswald 172, 174, 207, 209
478
Anhang
Spinoza, Baruch (Benedict de) 238, 274 Steinthal, Heymann 173, 221, 232, 241, 247, 254 Stern, Clara 96 Stern, William 37, 39, 42–44, 96 Stumpf, Carl 21, 36 Thomson, William 139 Trendelenburg, Friedrich Adolf 122 Ueberweg, Friedrich 163 Uexküll, Jakob Johann 87, 89, 95 f. Unger, Erich 207 Usener, Hermann 257, 263, 279 Valla, Lorenzo 219, 226 Vieta, Franciscus (Viète, François) 227 Vives, Juan Luis 219, 226 Vischer, Friedrich Theodor 85 Volkelt, Hans 95, 152 Voßler, Karl 187, 237
Watson, John Broadus 25 Watt, Henry 71 Weber, Max 187 Werner, Heinz 48, 54, 62, 95, 190 Wernicke, Carl 293, 304 Wertheimer, Max 79, 253 Westermann, Dietrich 243, 267 Whitney, William Dwight 248 Wilamowitz-Möllendorf, Ulrich von 224 Winkler, Heinrich 248 Wittgenstein, Ludwig 177, 213 Woerkom, Willem van 300–302 Wolff, Christian 206, 238 Wolff, Gustav 168 Wolff 220, 258 Wundt, Wilhelm 75, 134, 140, 158, 173, 220, 237, 241, 248, 264, 267, 290 f. Zeller, Eduard 85 Zelter, Karl Friedrich 100, 103, 285