Strategisches Management und Marketing: Markt- und Wettbewerbsanalyse, Strategische Frühaufklärung, Portfolio-Management [Reprint 2010 ed.] 9783110861693, 9783110099522


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German Pages 618 [620] Year 1987

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Table of contents :
I. Grundlegung
1. Strategische Unternehmensplanung als Teil des Strategischen Managements
1.1 Merkmale und Begriffsinhalte der strategischen Unternehmensplanung
1.2 Entwicklungsstufen der strategischen Unternehmensplanung
1.3 Effektivität und Effizienz der strategischen Planung
1.4 Zum Stand der strategischen Unternehmensplanung in der Bundesrepublik Deutschland
2. Die Idee des Portfolio-Managements
3. Marktorientierte Unternehmensführung und strategische Marketingplanung
3.1 Marketing als Führungskonzeption von Unternehmen
3.2 Entwicklungsstufen der strategischen Marketingplanung
4. Integration der verschiedenen strategischen Planungsansätze
5. Prozeß der strategischen Planung und Abgrenzung der strategischen Analyse
II. Umwelt- und Unternehmensanalyse
1. Strukturierung der Umwelt- und Unternehmensanalyse
2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen
3. Analyse der Branche
3.1 Analyse des Marktes und der Marktentwicklung
3.1.1 Abgrenzung des Marktes und Marktsegmentierung
3.1.1.1 Abgrenzung des Gesamtmarktes
3.1.1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes
3.1.1.3 Marktsegmentierung
3.1.2 Kaufverhalten und Bedürfnisstruktur der Abnehmer
3.1.2.1 Kaufverhalten und Kaufentscheidungsprozeß
3.1.2.2 Nutzenerwartung und Bedürfnisstruktur der Abnehmer
3.1.2.3 Produktvorteile und Kaufentscheidungsprozeß
3.1.3 Verhandlungsstärke der Abnehmer
3.1.4 Produktlebenszyklus-Konzept als Erklärungsmodell der Markentwicklung
3.1.5 Marktlebenszyklus und Marktevolution
3.1.5.1 Marktlebenszyklus-Konzept
3.1.5.2 Evolutionäre Prozesse der Marktentwicklung
3.1.6 Klassifikation der Märkte
3.1.6.1 Der junge Markt
3.1.6.2 Der wachsende Markt
3.1.6.3 Der reife bzw. gesättigte Markt
3.1.6.4 Der rückläufige oder schrumpfende Markt
3.1.6.5 Die Besonderheiten fragmentierter Märkte
3.2 Analyse der Wettbewerbsstruktur und Wettbewerbsdynamik
3.2.1 Wettbewerbsverhalten etablierter Unternehmen
3.2.1.1 Wettbewerbsstruktur
3.2.1.1.1 Grad der Rivalität unter den Wettbewerbern
3.2.1.1.2 Marktstellung der Wettbewerber
3.2.1.1.3 Erfolgsfaktoren der Wettbewerber
3.2.1.1.3.1 Empirische Untersuchung über Erfolgsfaktoren neuer Produkte
3.2.1.1.3.2 Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte
3.2.1.1.3.3 Ressourcen und Fähigkeiten der Wettbewerber
3.2.1.1.3.4 Stärken und Schwächen der Wettbewerber
3.2.1.1.4 Strategische Gruppen
3.2.1.2 Strategien der Wettbewerber
3.2.1.2.1 Inhalte und Erfolge gegenwärtiger Strategien
3.2.1.2.2 Inhalte und Erfolgschancen zukünftiger Strategien
3.2.1.2.3 Reaktionen auf Strategien anderer Unternehmen und auf Markt- und Umweltveränderungen
3.2.2 Bedrohung durch neue Konkurrenten
3.2.2.1 Eintrittsbarrieren
3.2.2.2 Reaktionen etablierter Unternehmen
3.2.2.3 Substitutionsprodukte
3.3 Analyse der Lieferantenbeziehungen
3.4 Informationsquellen der Branchenanalyse
4. Analyse der Leistungspotentiale des Unternehmens
4.1 Bedeutung und Aufgaben der Unternehmensanalyse
4.2 Analyse der Stellung des Unternehmens in bezug auf die relevanten Markt- und Wettbewerbsbedingungen
4.3 Vergleichende Darstellung der Ergebnisse in einem Stärken-/Schwächenprofil
4.4 Zusammenführung der Ergebnisse in einer Chancen-/Gefahrenanalyse
5. Definition der strategischen Ausgangssituation
III. Prognose und strategische Frühaufklärung
1. Prognose der Entwicklung der Umwelt- und Unternehmenssituation
2. Quantitative und qualitative Prognoseverfahren
3. Aufbau eines strategischen Frühaufklärungssystems
3.1 Definition und Bedeutung strategischer Frühaufklärungssysteme
3.2 Entwicklungsstufen von strategischen Frühaufklärungssystemen
3.2.1 Die erste Generation von Frühaufklärungssystemen
3.2.2 Die zweite Generation von Frühaufklärungssytemen
3.2.3 Die dritte Generation strategischer Frühaufklärungssysteme
3.3 Instrumente strategischer Frühaufklärungssysteme
3.3.1 Die Verfolgung von Diffusionsprozessen anhand struktureller Trendlinien
3.3.2 Beurteilung schwacher Signale mit Hilfe der Diskontinuitätenbefragung
3.3.3 Die Beschreibung alternativer Umwelten mit Hilfe der Szenariotechnik
3.3.4 Cross-Impact- und Vulnerability-Analyse zur Beurteilung der Umweltentwicklungen
3.3.5 Die Verstärkung schwacher Signale innerhalb einer Portfolio-Analyse
3.3.6 Informationsdienste zur Unterstützung des Frühaufklärungssystems
3.4 Prozeßablauf und Organisation eines strategischen Frühaufklärungssystems
4. Einbeziehung der strategischen Frühaufklärung in die strategische Planung
IV. Gesamtunternehmensbetrachtung und Portfolio-Management
1. Grundlagen der Portfolio-Konzepte
1.1 Definition Strategischer Geschäftsfelder
1.1.1 Geschäftsfelder als Zusammenfassung von Produkt-Markt-Kombinationen
1.1.2 Multidimensionale Geschäftsfelddefinition
1.1.3 Aggregationsgrad der Geschäftsfelddefinition
1.1.4 Geschäftsfelddefinition als iterativer Prozeß
1.2 Das Erfahrungskurven-Konzept
1.2.1 Darstellung und Ursachen von Erfahrungskurveneffekten
1.2.2 Erkenntnisse des Erfahrungskurven-Konzeptes für die strategische Planung
1.2.2.1 Relativer Marktanteil und Erfahrungskurve
1.2.2.2 Marktwachstum und Erfahrungskurve
1.2.2.3 Kostenplanung und Erfahrungskurve
1.2.2.4 Preispolitik und Erfahrungskurve
1.2.2.5 Eintrittsbarrieren und Erfahrungskurve
1.2.3 Kritische Diskussion des Erfahrungskurven-Konzeptes
1.2.3.1 Methodische Kritik des Erfahrungskurven-Konzeptes
1.2.3.2 Empirische Bewährung des Erfahrungskurven-Konzeptes
1.2.3.3 Gültigkeitsbereich der strategischen Empfehlungen
1.3 Die „Profit Impact of Market Strategies“ (PIMS)-Studie
1.3.1 Struktur des PIMS-Programms und Datenerhebung
1.3.2 Überblick über die PIMS-Reports
1.3.3 Generelle Forschungsergebnisse über die Determinanten des Erfolgs
1.3.3.1 Der Marktanteil als die wichtigste Determinante von Rentabilität und Cash-Flow
1.3.3.2 Einfluß der Investitionsintensität auf die Rentabilität von Geschäftsfeldern
1.3.3.3 Der Einfluß der Produkt- oder Dienstleistungsqualität auf die Rentabilität von Geschäftsfeldern
1.3.3.4 Der Einfluß des Marktwachstums auf die Rentabilität von Geschäftsfeldern
1.3.4 Methodische und inhaltliche Kritik der generellen Forschungsergebnisse
1.3.5 Spezielle, differenziertere PIMS-Untersuchungen über die Bedeutung einzelner Faktoren
1.3.5.1 Untersuchungen zu den Ursachen von hoher Rentabilität bei hohem Marktanteil
1.3.5.2 Untersuchung über Geschäftsfelder mit niedrigem Marktanteil und hoher Rentabilität
1.3.5.3 Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Marktanteilsveränderungen und verschiedenen strategischen Variablen
1.3.5.4 Kausalanalytische Untersuchung über die Beziehungen einzelner Schlüsselvariablen zueinander
1.3.5.5 Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte
1.4 Ergebnisse weiterer empirischer Untersuchungen zur Bedeutung des Marktanteils
2. Darstellung und Diskussion verschiedener Portfolio-Modelle
2.1 Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio
2.1.1 Grundidee und Erstellung der Portfolio-Matrix
2.1.2 Bedeutung und Interpretation der Positionen in der Matrix
2.1.3 Normstrategien und Zielportfolio
2.1.4 Anwendungshinweise und Problematisierung des Markanteils-Marktwachstums-Portfolios
2.1.4.1 Ergebnisse empirischer Untersuchungen
2.1.4.2 Anwendungs- und Interpretationshinweise
2.1.4.3 Kritik und Grenzen des Marktanteils-Marktwachstums-Portfolios
2.1.5 Weiterentwicklungen des Marktanteils-Marktwachstums-Portfolios
2.2 Das Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolio
2.2.1 Erstellung der Portfolio-Matrix
2.2.2 Interpretation der Matrix und Normstrategien
2.2.3 Anwendungshinweise und Problematisierung des Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolios
2.2.3.1 Kritische Diskussion der methodischen Vorgehensweise
2.2.3.2 Aussagekraft des Portfolios und der Normstrategien
2.2.4 Weiterentwicklungen des Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolios
2.3 Überblick über weitere Portfolio-Modelle im Hinblick auf verschiedene Problemstellungen
2.4 Vergleichende Kritik der einzelnen Portfolio-Konzeptionen
2.4.1 Beurteilung der absatzmarktorientierten Konzepte
2.4.2 Beurteilung der für bestimmte Branchen entwickelten Konzepte
2.4.3 Beurteilung der auf verschiedene Problemstellungen spezialisierten Konzepte
2.4.4 Zusammenfassende Beurteilung der Portfolio-Konzepte
V. Die strategische Analyse als Grundlage der Entwicklung von Strategien (Schlußbetrachtung)
1. Zusammenhänge zwischen den einzelnen Teilbereichen der strategischen Analyse
2. Bedeutung der strategischen Analyse für die Entwicklung von Strategien
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Strategisches Management und Marketing: Markt- und Wettbewerbsanalyse, Strategische Frühaufklärung, Portfolio-Management [Reprint 2010 ed.]
 9783110861693, 9783110099522

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Marketing Management 11 Herausgegeben von Günther Haedrich in Zusammenarbeit mit Edgar Kreilkamp und Alfred Kuß

Edgar Kreilkamp

Strategisches Management und Marketing Markt- und Wettbewerbsanalyse Strategische Frühaufklärung Portfolio-Management

w DE

G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1987

Dr. rer. pol. Edgar Kreilkamp Akademischer Rat am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin D-1000 Berlin 33 Dieses Buch enthält 172 Abbildungen.

Gedruckt auf säurefreiem Papier (alterungsbeständig — pH 7, neutral) CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kreilkamp, Edgar:

Strategisches Management und Marketing : Markt- u. Wettbewerbsanalyse, strateg. Frühaufklärung, Portfolio-Management / Edgar Kreilkamp. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1987. (Marketing-Management; 11) ISBN 3-11-009952-7 NE: GT

Copyright © 1987 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin. Bindung: D. Mikolai, Berlin. Einbandentwurf: Dirk Ullrich, Berlin

Vorwort

Umfang und Geschwindigkeit der Veränderungen in Technik, Markt und Gesellschaft haben lange Zeit für unwahrscheinlich gehaltene Dimensionen erreicht, die aber eher noch zuzunehmen scheinen. Knapper werdende Ressourcen und stagnierende Märkte kennzeichnen heute viele Branchen. Daher wird es für alle Unternehmen immer dringender, langfristig zu denken und zu handeln. Zentrale Aufgabe ist es, kreative und tragfähige Strategien zu entwickeln, mit denen ein deutlicher und lang anhaltender Wettbewerbsvorteil etabliert werden kann. Dies ist Aufgabe der strategischen Planung, die einen wachsenden Stellenwert bekommt. Parallel zum Ansteigen der Bedeutung der strategischen Planung wandeln sich Planungssysteme und Planungsinstrumente. Das Unternehmen, das unter den veränderten Bedingungen eine führende Marktstellung einnehmen will, muß traditionelle Denk- und Verhaltensweisen in Frage stellen. Für viele Unternehmen wird dies die Hinwendung zu einem ganzheitlich orientierten Strategischen Management bedeuten. Auf der Grundlage einer zukunftsorientierten, strategischen Denkhaltung und aufbauend auf einer umfassenden Situationsanalyse, die interne und externe Gegebenheiten einbezieht, erfolgt eine gesamtunternehmensbezogene Planung, Steuerung und Koordination der langfristigen Entwicklungen des Unternehmens und seiner Aufgabenbereiche. In diesen Prozeß sind alle Funktions- und Managementbereiche des Unternehmens integriert. Strategisches Management ist somit nicht nur die Produktion einer Strategie oder eines Planes, sondern eine Denkhaltung in allen Organisationsebenen des Unternehmens. Die strategische Planung ist jedoch Mittelpunkt und Kernstück des Strategischen Managements. Dieser Planungsprozeß ist flexibel und kreativ zu gestalten. Eine Vielzahl von Konzepten wird derzeit angeboten und insbesondere von amerikanischen Beratungsgesellschaften und Wissenschaftlern propagiert. Der Ursprung vieler dieser Ansätze liegt im Instrumentarium der Portfolio-Analyse. Diese, in den letzten Jahren wohl populärste Methode der strategischen Planung führte nicht zuletzt zu einem anderen Planungsverständnis. Portfolio-Modelle lenken die Betrachtung auf ein zentrales Problem der strategischen Planung von Unternehmen, nämlich die Verteilung der knappen Ressourcen auf der Basis der Gesamtunternehmensbetrachtung. Während in der Vergangenheit meist ein System operativer bereichs-

VI

Vorwort

bezogener Teilplanungen im Vordergrund der Betrachtung stand, wird heute zunehmend der inhaltlichen Durchdringung der künftigen Geschäftsentwicklung in gesamtunternehmensbezogener, komplexer Sicht Beachtung geschenkt. Die Portfolio-Betrachtungsweise ermöglicht es, die verschiedenen divergenten Geschäftsfelder eines Unternehmens jeweils getrennt, ihrer Situation angemessen zu analysieren und strategisch zu planen und dennoch die Restriktionen des Gesamtunternehmens einzuhalten und die Chancen des Marktes zu nutzen. Portfolio-Modelle bilden damit einen wichtigen Kern der strategischen Planung, sind jedoch nicht alleiniges Instrument. Die Portfolio-Planung bedarf der Ergänzung um weitere Analysemethoden und kreative Instrumente, die in der Lage sind, Strategien zu entwickeln, die dem Unternehmen einen Vorteil vor der Konkurrenz ermöglichen. Die Formulierung einer Unternehmensstrategie besteht wesentlich darin, ein Unternehmen in Beziehung zu seiner Umwelt zu setzen. Obwohl die relevante Umwelt sehr weit ist, liegt ihr Kern aus der Sicht des Unternehmens in der Branche, in der es konkurriert. Die Branchenstruktur beeinflußt in starkem Maße sowohl die Spielregeln des Wettbewerbs als auch die Strategien, die dem Unternehmen potentiell zur Verfügung stehen. Entsprechend befaßt sich ein wesentlicher Teil dieses Buches mit der strategischen Analyse der Branche, wobei insbesondere die Analyse des Marktes und der Marktentwicklung sowie die Analyse der Wettbewerbsstruktur und Wettbewerbsdynamik detailliert behandelt werden. Hierbei wird nicht nur auf das Instrumentarium der Wettbewerbsanalyse, sondern in weitem Maße auch auf das klassische Instrumentarium des Marketing bzw. der Marktforschung eingegangen. Eine Vielzahl von Ereignissen und Entwicklungen in den letzten Jahren hat gezeigt, daß die Dynamik und damit die Unsicherheit im gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und technischen Bereich zugenommen hat und viel stärker als in den vorangegangenen Jahrzehnten auf Märkte, Produkte und Unternehmen einwirkt. Aufgabe der strategischen Planung ist es, diese Unsicherheit zu berücksichtigen bzw. ihr entgegenzuwirken. Im Rahmen des Strategischen Managements kommt es darauf an, sowohl Gefahren als auch Chancen und Gelegenheiten frühzeitig aufzuspüren. Einen wichtigen Beitrag leisten hier strategische Frühaufklärungssysteme. Die angesprochenen Aspekte haben verdeutlicht, daß mit Hilfe verschiedener Ansätze versucht wird, der heutigen Unternehmens- und Umweltsituation Rechnung zu tragen. Diese Ansätze schließen sich einander jedoch nicht aus, sondern ergänzen sich in idealer Weise. Hierdurch wird der Ansatz dieses Buches deutlich. Betrachtet wird der strategische Planungsprozeß als Teil des Strategischen Managements. Dabei werden sowohl

Vorwort

VII

Aspekte des Portfolio-Managements als auch des strategischen Marketing und strategischer Frühaufklärungssysteme berücksichtigt. Im Verlauf der Arbeit wird daraus ein strategisches Planungssystem entwickelt, das die untersuchten Ansätze in eine gemeinsame Perspektive stellt. Dabei wird deutlich werden, welche Aspekte einer kritischen Anwendung bedürfen und welche Ergänzungen und Weiterentwicklungen Relevanz besitzen zur Entwicklung kreativer, tragfähiger Strategien. Neben der Darstellung der theoretischen Fundierung der Konzepte liegt ein Schwerpunkt dieses Buches in der anwendungsbezogenen Prüfung und Weiterentwicklung der einzelnen Ansätze. Im einzelnen finden im Rahmen der prozeßorientierten Betrachtung der strategischen Planung folgende Aspekte eine besondere Beachtung: — Strategische Unternehmensplanung wird nicht losgelöst von strategischer Marketingplanung betrachtet, vielmehr erfolgt eine Integration der strategischen Marketingplanung in die Unternehmensplanung unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung marktorientierter Strategien für Unternehmen. — Die Bemühungen des strategischen Planungsprozesses müssen auf eine Übereinstimmung zwischen Umwelt, Strategie und interner Konfiguration des Unternehmens gerichtet sein. Für die Entwicklung von Strategien ist entscheidend, daß eine genaue Analyse der Wettbewerbsbedingungen erfolgt. Die durch das Marketing initiierte Konsumentenund Marktorientierung erlangt in einem solchen Rahmen neuerer strategischer Überlegungen eine Ergänzung um die Wettbewerbsorientierung. Letztendlich entscheidet sich im Markt, welches Produkt Erfolg hat und welches Produkt nicht. Erfolgreiche Produkte sind solche, die Konsumentenbedürfnisse besser befriedigen als Wettbewerbsprodukte. Im Mittelpunkt dieses Buches steht dementsprechend der Aufbau und die Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen im Bewußtsein der Konsumenten. Hierzu ist eine differenzierte Analyse der Markt- und Wettbewerbssituation sowie deren Dynamik erforderlich. Diese strategische Analyse nimmt im Rahmen dieses Buches einen breiten Raum ein. — Im Rahmen des Strategischen Managements kommt es darauf an, sowohl Gefahren als auch Chancen und Gelegenheiten frühzeitig aufzuspüren. Einen wichtigen Beitrag leisten hier strategische Frühaufklärungssysteme. Wurden diese Systeme bisher losgelöst vom Planungsprozeß betrachtet, so erfolgt in diesem Buch eine Integration in den Prozeß der strategischen Unternehmens- und Marketingplanung. Die Bedeutung solcher Systeme in den verschiedenen Phasen der Entwicklung von Strategien wird herausgearbeitet und das entsprechende Instrumentarium diskutiert.

VIII

Vorwort

— Erfahrungskurve und PIMS-(Profit Impact of Market Strategies)Studie, Grundlagen vieler Portfolio-Konzepte, werden einer kritischen Prüfung unterzogen. Hierbei werden sowohl neuere PIMS-Untersuchungen als auch ergänzende empirische Untersuchungen zu strategischen Erfolgsfaktoren dargestellt und diskutiert. — Im Vordergrund der Betrachtung der verschiedenen Portfolio-Ansätze steht neben einer Überprüfung der theoretischen Fundierung dieser Konzepte eine Herausarbeitung der Stärken und Schwächen der einzelnen Ansätze. Hierbei steht die Anwendbarkeit und Praktikabilität der entwickelten Vorgehensweisen und Methoden im Vordergrund. Dabei wird auch verstärkt auf die vielfältigen Weiterentwicklungen der einzelnen Ansätze eingegangen. Im ersten Kapitel dieses Buches wird eine begriffliche Grundlegung unter Orientierung an den Entwicklungsstufen der strategischen Planung sowie der Herausarbeitung des Zusammenhangs zwischen strategischer Unternehmensplanung, strategischer Marketingplanung und Portfolio-Management vorgenommen. Anschließend werden die einzelnen Phasen des zugrunde gelegten Planungssystems anhand eines schematischen Überblicks dargestellt. Die folgenden Kapitel des Buches orientieren sich an diesen Planungsphasen. Im letzten Kapitel werden die angesprochenen Analyseschritte zusammengeführt und deren Bedeutung für die Entwicklung tragfähiger Strategien diskutiert. Abschließend danke ich all jenen, die mich bei dieser Arbeit unterstützt haben. In erster Linie gilt mein Dank meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Günther Haedrich, der die Anregung zu dieser Arbeit gab und der durch seine stete Diskussionsbereitschaft, seine Anregungen und kritischen, aber zugleich konstruktiven Beiträge, die Arbeit wesentlich gefördert hat. Darüber hinaus danke ich allen meinen Kollegen am Institut für Markt- und Verbrauchsforschung der Freien Universität Berlin für ihre vielfältige Unterstützung und Entlastung. Dies gebührt besonders Herrn Prof. Dr. Alfred Kuß, Herrn Dipl.-Kfm. Manfred Adam, Herrn Dipl.-Kfm. Andreas Nauck, Frau Barbara Semlitsch und Herrn Richard Stiefel-Rechenmacher. Mein besonderer Dank gilt aber auch all jenen Persönlichkeiten aus der Praxis, ohne deren fruchtbare und hilfreiche Hinweise ich meinem Bestreben nach Praxisbezogenheit des Buches sicherlich nicht in dem erforderlichen Ausmaß hätte nachkommen können. Nicht zuletzt bin ich meiner Frau Christine dankbar, die in allen Phasen der Erstellung des Buches viel Verständnis gezeigt und mich durch das Schreiben des Manuskripts tatkräftig unterstützt hat. Berlin, im April 1987

Edgar Kreilkamp

Inhalt

/. Grundlegung 1. Strategische Unternehmensplanung als Teil des Strategischen Managements 1.1 Merkmale und Begriffsinhalte der strategischen Unternehmensplanung 1.2 Entwicklungsstufen der strategischen Unternehmensplanung 1.3 Effektivität und Effizienz der strategischen Planung 1.4 Zum Stand der strategischen Unternehmensplanung in der Bundesrepublik Deutschland 2. Die Idee des Portfolio-Managements 3. Marktorientierte Unternehmensführung und strategische Marketingplanung 3.1 Marketing als Führungskonzeption von Unternehmen . . . . 3.2 Entwicklungsstufen der strategischen Marketingplanung . . . 4. Integration der verschiedenen strategischen Planungsansätze . . . 5. Prozeß der strategischen Planung und Abgrenzung der strategischen Analyse 77. Umwelt- und Unternehmensanalyse 1. Strukturierung der Umwelt- und Unternehmensanalyse 2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen . . . 3. Analyse der Branche 3.1 Analyse des Marktes und der Marktentwicklung 3.1.1 Abgrenzung des Marktes und Marktsegmentierung 3.1.1.1 Abgrenzung des Gesamtmarktes 3.1.1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes 3.1.1.3 Marktsegmentierung 3.1.2 Kaufverhalten und Bedürfnisstruktur der Abnehmer . . . . 3.1.2.1 Kaufverhalten und Kaufentscheidungsprozeß 3.1.2.2 Nutzenerwartung und Bedürfnisstruktur der Abnehmer . 3.1.2.3 Produktvorteile und Kaufentscheidungsprozeß 3.1.3 Verhandlungsstärke der Abnehmer 3.1.4 Produktlebenszyklus-Konzept als Erklärungsmodell der Markentwicklung

l l 2 12 28 31 40 47 48 52 56 60 69 70 75 84 89 90 93 96 101 110 110 114 129 131 133

X

Inhalt

3.1.5 Marktlebenszyklus und Marktevolution 3.1.5.1 Marktlebenszyklus-Konzept 3.1.5.2 Evolutionäre Prozesse der Marktentwicklung 3.1.6 Klassifikation der Märkte 3.1.6.1 Der junge Markt 3.1.6.2 Der wachsende Markt 3.1.6.3 Der reife bzw. gesättigte Markt 3.1.6.4 Der rückläufige oder schrumpfende Markt 3.1.6.5 Die Besonderheiten fragmentierter Märkte 3.2 Analyse der Wettbewerbsstruktur und Wettbewerbsdynamik 3.2.1 Wettbewerbsverhalten etablierter Unternehmen 3.2.1.1 Wettbewerbsstruktur 3.2.1.1.1 Grad der Rivalität unter den Wettbewerbern 3.2.1.1.2 Marktstellung der Wettbewerber 3.2.1.1.3 Erfolgsfaktoren der Wettbewerber 3.2.1.1.3.1 Empirische Untersuchung über Erfolgsfaktoren neuer Produkte 3.2.1.1.3.2 Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte 3.2.1.1.3.3 Ressourcen und Fähigkeiten der Wettbewerber . . . . 3.2.1.1.3.4 Stärken und Schwächen der Wettbewerber 3.2.1.1.4 Strategische Gruppen 3.2.1.2 Strategien der Wettbewerber 3.2.1.2.1 Inhalte und Erfolge gegenwärtiger Strategien 3.2.1.2.2 Inhalte und Erfolgschancen zukünftiger Strategien . . . 3.2.1.2.3 Reaktionen auf Strategien anderer Unternehmen und auf Markt- und Umweltveränderungen 3.2.2 Bedrohung durch neue Konkurrenten 3.2.2.1 Eintrittsbarrieren 3.2.2.2 Reaktionen etablierter Unternehmen 3.2.2.3 Substitutionsprodukte 3.3 Analyse der Lieferantenbeziehungen 3.4 Informationsquellen der Branchenanalyse 4. Analyse der Leistungspotentiale des Unternehmens 4.1 Bedeutung und Aufgaben der Unternehmensanalyse 4.2 Analyse der Stellung des Unternehmens in bezug auf die relevanten Markt- und Wettbewerbsbedingungen 4.3 Vergleichende Darstellung der Ergebnisse in einem Stärken-/ Schwächenprofil 4.4 Zusammenführung der Ergebnisse in einer Chancen-/Gefahrenanalyse 5. Definition der strategischen Ausgangssituation

142 142 145 151 157 159 161 164 166 167 168 169 170 172 176 177 184 187 199 201 206 206 207 212 212 214 218 218 219 225 232 232 236 236 241 241

Inhalt

XI

///. Prognose und strategische Frühaufklärung

245

1. Prognose der Entwicklung der Umwelt- und Unternehmenssituation 2. Quantitative und qualitative Prognoseverfahren 3. Aufbau eines strategischen Frühaufklärungssystems 3.1 Definition und Bedeutung strategischer Frühaufklärungssysteme 3.2 Entwicklungsstufen von strategischen Frühaufklärungssystemen 3.2.1 Die erste Generation von Frühaufklärungssystemen 3.2.2 Die zweite Generation von Frühaufklärungssytemen . . . . 3.2.3 Die dritte Generation strategischer Frühaufklärungssysteme 3.3 Instrumente strategischer Frühaufklärungssysteme 3.3.1 Die Verfolgung von Diffusionsprozessen anhand struktureller Trendlinien 3.3.2 Beurteilung schwacher Signale mit Hilfe der Diskontinuitätenbefragung 3.3.3 Die Beschreibung alternativer Umwelten mit Hilfe der Szenariotechnik 3.3.4 Cross-Impact- und Vulnerability-Analyse zur Beurteilung der Umweltentwicklungen 3.3.5 Die Verstärkung schwacher Signale innerhalb einer Portfolio-Analyse 3.3.6 Informationsdienste zur Unterstützung des Frühaufklärungssystems 3.4 Prozeßablauf und Organisation eines strategischen Frühaufklärungssystems 4. Einbeziehung der strategischen Frühaufklärung in die strategische Planung

IV. Gesamtunternehmensbetrachtung und Portfolio-Management

245 247 254 255 257 258 259 269 276 276 282 285 294 298 299 303 309

. . . 315

1. Grundlagen der Portfolio-Konzepte 1.1 Definition Strategischer Geschäftsfelder 1.1.1 Geschäftsfelder als Zusammenfassung von Produkt-MarktKombinationen 1.1.2 Multidimensional Geschäftsfelddefinition 1.1.3 Aggregationsgrad der Geschäftsfelddefinition 1.1.4 Geschäftsfelddefinition als iterativer Prozeß 1.2 Das Erfahrungskurven-Konzept 1.2.1 Darstellung und Ursachen von Erfahrungskurveneffekten

316 316 317 323 327 333 334 335

XII

Inhalt

1.2.2 Erkenntnisse des Erfahrungskurven-Konzeptes für die strategische Planung 1.2.2.1 Relativer Marktanteil und Erfahrungskurve 1.2.2.2 Marktwachstum und Erfahrungskurve 1.2.2.3 Kostenplanung und Erfahrungskurve l .2.2.4 Preispolitik und Erfahrungskurve 1.2.2.5 Eintrittsbarrieren und Erfahrungskurve 1.2.3 Kritische Diskussion des Erfahrungskurven-Konzeptes . . . 1.2.3.1 Methodische Kritik des Erfahrungskurven-Konzeptes . . 1.2.3.2 Empirische Bewährung des Erfahrungskurven-Konzeptes 1.2.3.3 Gültigkeitsbereich der strategischen Empfehlungen . . . . 1.3 Die „Profit Impact of Market Strategies" (PIMS)-Studie . . . 1.3.1 Struktur des PIMS-Programms und Datenerhebung 1.3.2 Überblick über die PIMS-Reports 1.3.3 Generelle Forschungsergebnisse über die Determinanten des Erfolgs 1.3.3.1 Der Marktanteil als die wichtigste Determinante von Rentabilität und Cash-Flow 1.3.3.2 Einfluß der Investitionsintensität auf die Rentabilität von Geschäftsfeldern 1.3.3.3 Der Einfluß der Produkt- oder Dienstleistungsqualität auf die Rentabilität von Geschäftsfeldern 1.3.3.4 Der Einfluß des Marktwachstums auf die Rentabilität von Geschäftsfeldern 1.3.4 Methodische und inhaltliche Kritik der generellen Forschungsergebnisse 1.3.5 Spezielle, differenziertere PIMS-Untersuchungen über die Bedeutung einzelner Faktoren 1.3.5.1 Untersuchungen zu den Ursachen von hoher Rentabilität bei hohem Marktanteil 1.3.5.2 Untersuchung über Geschäftsfelder mit niedrigem Marktanteil und hoher Rentabilität 1.3.5.3 Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Marktanteilsveränderungen und verschiedenen strategischen Variablen 1.3.5.4 Kausalanalytische Untersuchung über die Beziehungen einzelner Schlüsselvariablen zueinander 1.3.5.5 Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte l .4 Ergebnisse weiterer empirischer Untersuchungen zur Bedeutung des Marktanteils 2. Darstellung und Diskussion verschiedener Portfolio-Modelle . . . 2.1 Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio 2.1.1 Grundidee und Erstellung der Portfolio-Matrix

337 340 344 345 346 347 349 350 356 364 369 370 372 375 382 391 393 395 398 407 408 414 419 430 437 439 445 448 448

Inhalt

XIII

2.1.2 Bedeutung und Interpretation der Positionen in der Matrix 451 2.1.3 Normstrategien und Zielportfolio 454 2.1.4 Anwendungshinweise und Problematisierung des Marktanteils-Marktwachstums-Portfolios 461 2.1.4.1 Ergebnisse empirischer Untersuchungen 462 2.1.4.2 Anwendungs- und Interpretationshinweise 468 2.1.4.3 Kritik und Grenzen des Marktanteils-MarktwachstumsPortfolios 474 2.1.5 Weiterentwicklungen des Marktanteils-MarktwachstumsPortfolios 479 2.2 Das Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolio . . . . 487 2.2.1 Erstellung der Portfolio-Matrix 487 2.2.2 Interpretation der Matrix und Normstrategien 495 2.2.3 Anwendungshinweise und Problematisierung des Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolios 502 2.2.3.1 Kritische Diskussion der methodischen Vorgehensweise . 503 2.2.3.2 Aussagekraft des Portfolios und der Nonnstrategien . . . 516 2.2.4 Weiterentwicklungen des Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolios 521 2.3 Überblick über weitere Portfolio-Modelle im Hinblick auf verschiedene Problemstellungen 530 2.4 Vergleichende Kritik der einzelnen Portfolio-Konzeptionen . 544 2.4.1 Beurteilung der absatzmarktorientierten Konzepte 546 2.4.2 Beurteilung der für bestimmte Branchen entwickelten Konzepte 555 2.4.3 Beurteilung der auf verschiedene Problemstellungen spezialisierten Konzepte 556 2.4.4 Zusammenfassende Beurteilung der Portfolio-Konzepte . . 558 V. Die strategische Analyse als Grundlage der Entwicklung von Strategien (Schlußbetrachtung) 563 1. Zusammenhänge zwischen den einzelnen Teilbereichen der strategischen Analyse 563 2. Bedeutung der strategischen Analyse für die Entwicklung von Strategien 568 Literaturverzeichnis Sachregister

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I. Grundlegung

1. Strategische Unternehmensplanung als Teil des Strategischen Managements Angesichts immer knapper werdender Ressourcen und stagnierender Märkte bekommt strategische Planung einen wachsenden Stellenwert. Die achtziger Jahre sind für die meisten Unternehmen mit Sicherheit keine Zeit der Kontinuität, sondern der Turbulenz. Risikobehaftete Umweltentwicklungen kennzeichnen die heutige Wettbewerbssituation, sie stellen eine Bedrohung zahlreicher Marktpositionen dar. Im einzelnen können folgende Kriterien zur Kennzeichnung der heutigen Wettbewerbssituation angeführt werden (vgl. Raffee 1984: 62; Hammer 1982: 102-103; Wittek 1980: 39-40): — Marktsättigungserscheinungen, — rückläufige Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, — Internationalisierung des Tätigkeitsbereiches von Großunternehmen und hierdurch bedingte wachsende Konkurrenz, — Markt- und Machtkonzentrationen, insbesondere im Handel, — Ressourcenverknappung und Umweltbelastungen, — neue Technologien und hierdurch bedingte kürzere Produktlebenszyklen, — Anspruchsänderungen, Wertewandel und wachsende Kritikpotentiale der Bürger, mit Ausstrahlungen auf das Verhalten der Arbeitnehmer und Konsumenten. Solche Umweltentwicklungen führen dazu, daß Fehler in der Unternehmensführung, speziell im Bereich der strategischen Planung, immer weniger toleriert werden können bzw. ungestraft bleiben. In vielen Unternehmen ähneln jedoch heute Planungen einer vorwärts gerichteten Buchhaltung; die heutige Situation wird unter Annahme bestimmter Marktentwicklungen in praktisch unveränderter Struktur in die Zukunft projiziert. Nach Laukamm/Thiele (1982:3) zeigen sich in der Planung von Unternehmen immer wieder drei Fehler, die dazu führen, daß Investitionsmittel und Managementkapazität fehlgeleitet werden:

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Grundlegung

— Es wird nicht berücksichtigt, daß Unternehmen in der Regel mit ihren Produkten und Leistungen auf verschiedenen Märkten mit unterschiedlicher Marktdynamik und unterschiedlichen Erfolgsfaktoren tätig sind. — Die Chancen und Risiken, die sich aus diesen differenzierten Marktentwicklungen ergeben, werden nicht richtig herausgearbeitet und damit nicht systematisch in Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen umgesetzt. — Wettbewerber und die spezielle Konkurrenzdynamik spielen in traditionellen Plänen oft keine besondere Rolle, obwohl echte Unternehmenserfolge auch gegen den Wettbewerb, nicht nur gegen oder mit dem Markt erzielt werden. Investiert wird heute in vielen Unternehmen vor allem in den Unternehmensbereich, der momentan gut verdient. Gefördert werden muß jedoch der Unternehmensbereich, der in Zukunft gut verdienen kann — durch die Wahl der richtigen Strategie heute. Das Erkennen und Realisieren der erfolgversprechendsten Gewinnpotentiale der Zukunft und eine klare Prioritätensetzung im Hinblick auf die Verteilung knapper Ressourcen, bilden im Rahmen der Anpassung des Unternehmens an die Umweltentwicklung die Kernfunktion der strategischen Planung (vgl. Laukamm/ Thiele 1982:3 und Haedrich/Kreilkamp 1983: 3).

1.1 Merkmale und Begriffsinhalte der strategischen Unternehmensplanung Über den Inhalt des Begriffs der Unternehmensstrategie, der Unternehmensplanung bzw. der strategischen Unternehmensplanung bestehen in der Literatur unterschiedliche Ansichten. Die divergierenden Begriffsvorstellungen lassen sich im wesentlichen auf unterschiedliche Interpretationen der den Begriff konstituierenden Elemente Strategie und Planung zurückführen. Eine ausführliche Diskussion zum Strategiebegriff sowie zum Begriffsinhalt der strategischen Unternehmensplanung findet sich bei Lange (1981: 5-16) und bei Steffenhagen (1982). Auf die ausführliche Diskussion der verschiedenen Definitionsinhalte soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Es erscheint jedoch eine kurze Klärung erforderlich, wie der Strategiebegriff im Rahmen dieser Arbeit definiert wird und in welchem Zusammenhang die strategische Planung zu Zielsetzungen bzw. zu operativen Entscheidungen des Unternehmens gesehen wird. Schwerpunkt der Betrachtung des Strategiebegriffs bildet dabei die Wandlung des Begriffsinhaltes im Rahmen der Entwicklungsstufen der strategi-

1. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

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sehen Planung. Es geht somit weniger um eine theoretische Erörterung der Definitionsinhalte, sondern primär um eine Erörterung der sich wandelnden Auffassung über strategische Planung. „In weitgehender Übereinstimmung mit den meisten Begriffsexplikationen aus jüngster Zeit kann Planung im allgemeinen verstanden werden als ein komplexer und prinzipiell systematischer Prozeß der Willensbildung und Informationsverarbeitung zur Eingrenzung und Strukturierung zukünftiger Entscheidungsspielräume" (Zahn 1981: 145). Allgemeiner könnte man sagen, „daß Planung als ein systematisches zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur künftigen Zielerreichung aufzufassen ist" (Wild 1974: 12). Kennzeichnende Merkmale jeder Planung sind nach Wild (1974: 13 — 14): — Zukunftsbezogenheit: Planung befaßt sich stets mit zukünftigen gewünschten Zuständen (Zielen) und künftig zu ergreifenden Maßnahmen zu ihrer Erreichung. Planung basiert daher immer auf Prognosen im weiteren Sinne und damit notwendigerweise auf unvollkommenen Informationen. — Rationalität: Planung ist in dem Sinne rational, als bewußtes zielgerichtetes Denken und methodisch-systematisches Vorgehen im Problemlösungsprozeß dominieren. Sie unterscheidet sich insofern vom intuitiven Handeln oder der Ad-hoc-Entscheidung. — Gestaltungscharakter: Im Gegensatz zur reinen Prognose, also der Vorhersage künftiger Entwicklungen, zielt Planung immer auf die Erreichung gewünschter Zustände und damit auf die Gestaltung der Zukunft. — Prozeßphänomen: Planung ist ein im Zeitablauf fortschreitender Prozeß mit einer zyklischen Abfolge von Zielsetzung, Maßnahmenplanung, Plankontrolle sowie Ziel- und Plananpassung oder -fortschreibung. — Informationeller Charakter: Planung ist ein komplexer Informationsprozeß, in dem verschiedenartige Informationen aufgenommen, gespeichert, verarbeitet und übertragen werden. Wesentlich für die Abgrenzung des Planungsbegriffs ist die Klärung der Beziehung zwischen Planung und Entscheidung. Der Planungsprozeß ist zum einen sehr viel umfassender als der Entscheidungsprozeß, insbesondere als die Modellvorstellung der Entscheidungstheorie, die von einer klar definierten Problemdefinition (Ziele, Alternativen, Konsequenzspektren) ausgeht und sich auf den reinen Auswahlprozeß konzentriert. Demgegenüber besteht ein ganz wesentlicher Teil der Planungsarbeit gerade darin, diese Problemdefinition zu liefern: Situationsanalyse, Prognose der künftigen Entwicklung, Ableitung und Definition von Zielen, Abgrenzung des

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Grundlegung

Handlungsraumes, Entwicklung von Handlungsalternativen, Analyse möglicher Konsequenzen (vgl. Mössner 1982: 8 — 9). Der Planungsprozeß selbst umfaßt dabei auf allen seinen Stufen Entscheidungen, etwa bei der Zielbestimmung, der Abgrenzung des Handlungsraumes oder bei der Vorauswahl von Alternativen und bei der eigentlichen Auswahlentscheidung. Nur so kann die Planung die erforderliche Reduktion von Komplexität leisten. Wild (1974: 42) verweist darauf, daß die Bedeutung der eigentlichen Auswahlentscheidung nicht selten bedenklich überschätzt wird, da wesentliche Festlegungen, die das Entscheidungsergebnis determinieren, bereits in den vorgelagerten Planungsphasen erfolgen. Zur weiteren Diskussion des Planungsbegriffs vgl. insbesondere Koch (1982: 3 — 4), Dunst (1979: 14), Wittek (1980: 16-23) sowie Hadaschik (1979: 10-34) und die dort angegebene Literatur. Auch der Strategiebegriff wird heute in Theorie und Praxis der Unternehmensplanung sehr unterschiedlich interpretiert. So definiert Hinterhuber (1982:15) Strategie als den „Rahmen, innerhalb dessen die Entscheidungen getroffen werden, die die Art und Richtung der Unternehmung bestimmen; sie ist auf die Beantwortung der Frage gerichtet, was die Unternehmung in Zukunft aus welchen Gründen sein will." Der Arbeitskreis „Langfristige Unternehmensplanung" der Schmalenbach-Gesellschaft (1977:2) definiert Strategien wie folgt: „Strategien beschreiben die Mittel und Wege zur Zielerreichung in einer langfristigen Produkt-Programm-Planung." Ähnlich definiert Glueck (1976:3): „Strategie ist ein einheitlicher, umfassender und integrierter Plan, der sicherstellt, daß die Basisziele des Unternehmens erreicht werden." (Die Übersetzung erfolgte hier, wie bei allen folgenden wörtlichen oder sinngemäßen Zitaten aus der englischsprachigen Literatur durch den Verfasser.) Unter dem Bewußtsein des evolutionären und unsicheren Charakters der Umwelt definieren Andreae/Bodinat (1981: 21) Strategie als „die Summe von Entscheidungen und Aktionen, die es erlauben, sich einzustellen auf eine Zukunft, die vielleicht vorhersehbar, in jedem Fall aber unsicher ist. Heute kann die Strategie eines Unternehmens verstanden werden als Auswahl der Geschäftsfelder, in denen sich das Unternehmen unter Berücksichtigung von Wettbewerb und Umwelt engagieren will sowie der Art und Intensität dieses Engagements. Die Strategie, das ist die Art, in der das Unternehmen seine finanziellen und menschlichen Ressourcen investiert, um eine Wettbewerbssituation zu seinem Vorteil zu verändern oder zu stabilisieren, in Abhängigkeit von gegenwärtigen oder zukünftigen Veränderungen seiner Umwelt." In diesen Definitionen kommen nachstehende Elemente zum Ausdruck: — Strategien werden beeinflußt durch Veränderungen der Umweltbedingungen. Sie können letztere entweder aktiv mitgestalten, oder sie

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können reaktiv als Anpassungsstrategien erfolgen (vgl. Kreikebaum 1981: 22). — Strategien geben die Richtung an, in die sich ein Unternehmen entwikkelt, sie bilden den Rahmen für eine nachfolgende Konkretisierung und Maßnahmenplanung. — Strategien lassen erkennen, in welcher Weise finanzielle und menschliche Ressourcen eingesetzt und welche Mittel und Wege beschritten werden zur Zielerreichung. Zu einer umfassenderen und detaillierteren Diskussion des Strategiebegriffs vgl. insbesondere Evered (1983), Hofer/Schendel (1978: 4-29) und Steffenhagen (1982). Umstritten in der Diskussion ist insbesondere die Frage, ob der Prozeß der Zielbildung in den Prozeß der Strategienformulierung einbezogen werden soll oder ob Ziele als weitgehend institutionell gegeben vorausgesetzt werden. Dieser Aspekt wird bei der nachfolgenden Darstellung der Planungskomplexe und der Klärung des Begriffs „strategische Planung" weiter präzisiert. Entsprechend den angesprochenen Merkmalen und Begriffsinhalten von „Planung" und „Strategie" kann „strategische Planung" bezeichnet werden als Prozeß zur Entwicklung von Strategien. Eine ähnliche Definition nimmt Glueck (1976: 3) vor, der formuliert: „Strategische Planung beinhaltet alle Entscheidungen und Aktivitäten zur Entwicklung einer effektiven Strategie." Strategische Planung ist demnach ein Prozeß der Entscheidungsvorbereitung, der darauf abzielt, entweder die bestehende Strategie des Unternehmens (oder Geschäftsbereichs oder bestimmter Funktionen) zu bestätigen, sie teilweise zu ändern oder eine völlig neue Strategie festzulegen. Grundlegende Kennzeichen der strategischen Planung sind die explizite Darstellung und Infragestellung der gegenwärtigen Strategie, das systematische Absuchen der wirtschaftlichen, technologischen, gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und aufgabenspezifischen Umwelt des Unternehmens nach Gefahren und Gelegenheiten und die Betrachtung von Alternativen bei der Suche nach einer zukünftigen Strategie. Die strategische Planung muß sicherstellen, daß das Unternehmen die Möglichkeiten und Gelegenheiten in seiner Umwelt optimal ausschöpft, Gefahren ausweicht und Risiken nur bewußt eingeht (vgl. Thanheiscr/ Patel 1977: 11). Diese Aspekte finden sich auch in den nachfolgenden beispielhaften Definitionen des Begriffs „strategische Planung" wieder. „Die Hauptaufgabe der strategischen Planung besteht darin, die strukturellen, technischen, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen zu erkennen und unter deren Berücksichtigung, zukünftige und erfolgsversprechende Tätigkeitsfelder bzw. Geschäftsfelder, Elemente und Struktur der Unternehmung, zielorientiert zu bestimmen" (Hammer 1982: 49).

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Grundlegung

„Die Analyse der Erfolgsquellen und die Entwicklung langfristig angelegter Konzepte zur Zukunftssicherung der Unternehmung stehen im Mittelpunkt und bilden den Kern der strategischeil Planung" (Arbeitskreis „Langfristige Unternehmensplanung" der Schmalenbach-Gesellschaft 1977: 1). „Die strategische Unternehmensplanung befaßt sich mit der globalen Analyse der Erfolgsquellen und der Entwicklung langfristig angelegter Konzepte zur Zukunftssicherung" (Meffert 1980 b: 89). „Wir verstehen unter strategischer Planung die rationale Analyse der gegenwärtigen Situation und der zukünftigen Möglichkeiten und Gefahren des Unternehmens, aus der Absichten, Strategien, Maßnahmen und Ziele abgeleitet werden" (Kreikebaum/Grimm 1983: 6). „Strategische Planung bedeutet die zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Gesamtunternehmens unter Berücksichtigung der planungsrelevanten Umweltfaktoren. Mittels kreativer Leistungen sollen Strategien konzipiert werden, die zum geplanten Wandel und zur Kontinuität des Unternehmens führen" (Wieselhuber 1982: 56). Insbesondere Kreikebaum/Grimm sprechen in ihrer Definition verschiedene Aspekte der strategischen Planung an, indem sie neben der Ableitung von Strategien auch die Ableitung von Absichten, Maßnahmen und Zielen anführen. An dieser Stelle soll daher näher auf die Abgrenzung von Strategien, Maßnahmen und Zielen eingegangen werden. Eine unternehmerische Zielsetzung ist immer Ausdruck einer bewußten Absicht oder eines Willens, bestimmte Unternehmenszustände zu erreichen. Nicht durch die passive Hinnahme, sondern durch die aktive Gestaltung wird ein Ziel charakterisiert (vgl. Aurich/Schröder 1977: 189). Dabei ist zu unterscheiden zwischen Zielen vor der Planung, sogenannten Ausgangszielen, und Planzielen (vgl. Wild 1974: 39-41). Ziele vor der Planung sind enthalten in der formulierten Unternehmenspolitik. Sie sind im Sinne der angesprochenen Definitionen Absichten, die noch nicht auf ihre Realisierbarkeit geprüft und mit anderen Zielen koordiniert wurden. Planziele hingegen sind Ziele, die bereits im Rahmen der Unternehmensplanung auf ihre Realisierbarkeit hinsichtlich der erforderlichen Ressourcen, Maßnahmen sowie sonstigen Voraussetzungen geprüft sind. So führt auch Glueck (1976: 30) an, daß Ziele Anfangs- und Endpunkt des strategischen Planungsprozesses sind. Entsprechend der Trennung in Ausgangsziele und Planziele sieht der Arbeitskreis „Langfristige Unternehmensplanung" der Schmalenbach-Gesellschaft (1977: 1—2) — anders als Kreikebaum/ Grimm (1983) — die generelle Zielplanung (Planung der Ausgangsziele) als einen eigenen Planungskomplex neben der strategischen, der operativen

l. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

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und der gesamtunternehmensbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung. Abbildung l verdeutlicht diesen Zusammenhang. Diese Trennung von Ziel- und Strategieplanung erfährt ihre wesentliche Begründung aus der Annahme, daß Handlungsmaxime und Bedingungen für unternehmerische Mittelentscheidungen institutionell vorgegebene Ziele, wie Gewinn bzw. relativer Gewinn (Rentabilität) und Sicherheit

Generelle Zielplanung |

Strategische Planung

1 1 1 1

Operative Planung

Abb. l

.

„ . . Ergebmsund Fmanzplanung

1 1 | 1 1 1 1 1 1

Teilkomplexe im Planungssystem Quelle: Arbeitskreis „Langfristige Unternehmensplanung" der SchmalenbachGesellschaft 1977:2

darstellen, die der Unternehmensführung langfristig zur Sicherung der Überlebensfähigkeit als „natürliche Oberziele" nur begrenzt zur Disposition stehen. Langfristig unbedingt zu erreichende Mindestniveaus von Zielerreichungsgraden der institutionell gesetzten Ziele bestimmen den Rahmen, in dem individuelle und organisatorische Zielbildungsprozesse möglich sind (vgl. Lange 1981: 13). Eine so verstandene strategische Planung umfaßt keine Zielplanung, sondern sie gibt Anstöße zur Modifikation der Ziele, insbesondere des Zielausmaßes und des zeitlichen Bezuges der Ziele, soweit sich im Rahmen des strategischen Planungsprozesses Ziele als durch Strategien leichter oder schwerer realisierbar erweisen. Der Arbeitskreis „Langfristige Unternehmensplanung" der Schmalenbach-Gesellschaft (1977: 2 — 4) beschreibt die abgegrenzten Planungskomplexe wie folgt: — Die generelle Zielplanung umfaßt qualitativ und quantitativ formulierte Leitlinien für die angestrebte Entwicklung des Unternehmens, mit generellen Umsatz-, Gewinn- und anderen Wertzielen, generellen Leistungszielen und Marktzielen sowie generellen Sozialzielen. — Die strategische Planung, die den tragenden Bestandteil des umfassenden Planungssystems bildet, befaßt sich mit Alternativen über die

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Grundlegung

Beibehaltung oder Änderung der Unternehmenspolitik, um langfristig die Erreichung der Unternehmensziele sicherzustellen. Den Kern bildet die marktorientierte Tätigkeitsfeldplanung bzw. Geschäftsfeldplanung und damit die langfristige Produktprogrammplanung. — Die operative Planung umfaßt auf der Basis der verabschiedeten Strategie die mittel- und kurzfristige Produkt-, Programm- und Detailplanung des Unternehmens sowie die Ziel- und Maßnahmenplanung in den Funktionsbereichen. — Die gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanung dient der wertmäßigen Abbildung und Integration des künftigen Geschehens im Unternehmen. Zur Diskussion der einzelnen Planungskomplexe vgl. auch Hahn (1979:39 und 1983: 42 — 43). Zweck der Abgrenzung von strategischer und operativer Planung ist die hierarchische Aufspaltung betrieblicher Entscheidungen in Globalentscheidungen, die umfassender, abstrakter und längerfristiger sind und in Detailentscheidungen, die begrenzter, konkreter und kurzfristiger sind (vgl. Lange 1981:6 und die dort angegebene Literatur). Die Detailentscheidungen sind den Globalentscheidungen zeitlich nachgelagert und sollen diese inhaltlich konkretisieren. Zur Präzisierung der Abgrenzung stellt Lange (1981:7) verschiedene Merkmale der strategischen Entscheidungen den Merkmalen operativer Entscheidungen vergleichend gegenüber (vgl. Abb. 2). Die gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanung überlagert die anderen Planungskomplexe. Ihre Aufgabe besteht vor allem in der Abschätzung der Wirkung alternativer Strategien oder operativer Maßnahmen auf die jeweilige Umsatz-, Ergebnis- und Liquiditätshöhe des Gesamtunternehmens in künftigen Perioden. Verschiedene Autoren erweitern das angesprochene Planungssystem um die Komplexe „Budgetierung" und „Plankontrolle" (vgl. beispielsweise Abell/Hammond 1979: 9 — 10 und Wittek 1980: 28). Im Rahmen der Budgetierung, die der operativen Planung nachgelagert ist, erfolgt eine Zuweisung von Aufgaben und Ressourcen an einzelne Abteilungen und Kostenstellen zur Erreichung der in der operativen Planung festgelegten Maßnahmen. Die Plankontrolle dient der Konfrontation der Planwerte mit tatsächlich eingetroffenen Ergebnissen. Bei wesentlichen Abweichungen erfolgt eine Ursachenanalyse und die Festlegung von entsprechenden Folgeaktionen. In diesem Buch wird der Auffassung des Arbeitskreises „Langfristige Unternehmensplanung" der Schmalenbach-Gesellschaft gefolgt, d. h. die strategische Planung wird als Teil eines Planungssystems gesehen, der neben der generellen Zielplanung, der operativen Planung und der gesamtunternehmensbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung einen eigenen Planungskomplex bildet. Weiterhin wird davon ausgegangen, daß die Budge-

l. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

Merkmalsbereiche bzw. Merkmale

Strategische Entscheidungen

Operative Entscheidungen

Hierarchische Ebene

obere Führungsebene

mittlere und untere Ebene

Delegierbarkeit

gering

stark

Geltungsbereich

Unternehmung als Ganzes

Teile des Unternehmens

Wiederholungshäufigkeit

gering

repetitiv

Gültigkeit

generell

fallweise

Fristigkeit

eher langfristig

eher kurzfristig

Revidierbarkeit

gering, mit hohen Kosten verbunden

mittel, mit eher geringen Kosten verbunden

Komplexitätsgrad

hoch

niedrig

Sicherheitsgrad

Unsicherheit

Risiko

Strukturierungsgrad

schlecht strukturiert

eher wohl strukturiert

Detaillierungsgrad

gering, global

hoch, spezifiziert

Programmierbarkeit

nein

teilweise

Input an individuellen Wertprämissen

hoch

gering

Denkart

ganzheitlich, intuitiv

stark analytisch

Art des Entscheidungsverhaltens

innovativ, kreativ

routinisiert

Chancencharakter, feed forward control

Störungscharakter feed backward control

Entscheidungsträger

Entscheidungsobjekt

Entscheidungsstruktur

En tscheidungsprozeß

Entscheidungsanregung

Abb. 2 Tendenzaussagen zu Merkmalen strategischer und operativer Entscheidungen Quelle: Lange 1981:7

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Grundlegung

tierung einen eigenen Planungskomplex darstellt, der der operativen Planung nachgelagert ist. Sämtliche Planungen bedürfen einer permanenten Kontrolle und einer entsprechenden Anpassung an veränderte Bedingungen. Daher wird die Plankontrolle nicht als gesonderter Planungskomplex gesehen, sondern sie ist Bestandteil aller angesprochenen Planungskomplexe (vgl. zur Präzisierung Wild 1974: 44-45 und 67-68). Abschließend soll darauf hingewiesen sein, daß im Sprachgebrauch vieler Unternehmen Langfristplanung der strategischen Planung gleichgesetzt wird. In der Frühzeit der Entwicklung der Unternehmensplanung hat sich der zeitliche Aspekt sozusagen verselbständigt; daraus entstand die kurz-, mittel- und langfristige Unternehmensplanung. Verschieden lange Zeithorizonte wurden damit zum originären und konstitutiven Einteilungskriterium (vgl. Wild 1974: 155). Die Aussage, strategische Überlegungen seien stets langfristig, operative dagegen immer kurzfristig ausgerichtet, führt jedoch an dem Problem vorbei. Viele Unternehmen, die einen relativ schnellen Wandel in der Umwelt erleben, müssen sich strategisch oft relativ kurzfristig orientieren, während sie zugleich damit fertig werden müssen, die operativ gestarteten Vorhaben sorgfältig zu Ende zu führen. Eine langfristige Planung muß nach Zweck und Inhalt nicht unbedingt strategisch sein. Basiert die Langfristplanung lediglich in einer vorausschauenden Ermittlung der gleichen Erfolgsgrößen und der damit involvierten Finanz- und Bilanzzahlen, die auch Gegenstand der Vergangenheitsrechnung und der laufenden Erfolgssteuerung sind, so sind diese Planungen im Grunde mehr Prognose- oder Vorschaurechnungen. Erst wenn der Wunsch vorhanden ist, mit unternehmerischer Initiative Entwicklungen der Umwelt zu antizipieren und nach Alternativen zu streben, erhält strategische Planung ihren vollen Sinn (vgl. Thanheiser/Patel 1978: 72). Die Aufgaben der strategischen Planung lassen sich von denen der operativen nur durch die Problemstellung und nicht durch ihre Fristigkeit unterscheiden (vgl. Szyperski 1976:6 und Lehnert 1983: 7). Wenn in den bisherigen Ausführungen „strategische Planung" und „strategische Unternehmensplanung" weitgehend synonym verwendet wurden, so entspricht dies dem in der Literatur vorzufindenden Sprachgebrauch (vgl. Kreikebaum 1981: 23). Im Rahmen dieser Arbeit ist es jedoch erforderlich, strategische Planung nach unterschiedlichen hierarchischen Ebenen zu differenzieren. Robertson/Wind (1983:11-4 bis 11-6) unterscheiden vier strategische Ebenen: — — — —

Unternehmensstrategie, Geschäftsfeldstrategie, Produktgruppenstrategie, Produkt- oder Markenstrategie.

1. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

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Eine ähnliche Gliederung sprechen Lorange (1980: 18 — 20) und Pümpin (1980: 20) an. Aufgabe der Unternehmensstrategie ist die Abstimmung der einzelnen Strategischen Geschäftsfelder innerhalb eines Unternehmens (auf den Begriff der Strategischen Geschäftsfelder wird innerhalb des Gliederungspunktes IV 1.1 näher eingegangen). Sie legt die Art und Richtung der Unternehmenspolitik fest und bestimmt im einzelnen, in welchen Märkten oder Marktsegmenten das Unternehmen aus welchen Gründen tätig sein will und wie die Gesamtheit der Strategischen Geschäftsfelder, die in den definierten Märkten und Marktsegmenten operieren, zu führen sind. Darüber hinaus wird festgelegt, welches Ausmaß an Ressourcen den Geschäftsfeldern zur Erreichung der angestrebten Position zugeteilt wird. Aufgabe der Geschäftsfeldstrategie ist die Abstimmung der einzelnen Produkte und Programme innerhalb eines Strategischen Geschäftsfeldes. Sie bestimmt die Art und Weise, wie das Unternehmen mit einem bestimmten Strategischen Geschäftsfeld in einer bestimmten Branche in den Wettbewerb eingreifen soll. Auf der Ebene der Produktgruppen- bzw. der Produkt- oder Markenstrategien sind die Strategien der einzelnen Funktionalbereiche zu optimieren. Einen Schwerpunkt bildet hierbei die zu verfolgende Marketingstrategie. Sie ist mit den übrigen Funktionalstrategien (Beschaffung, Produktion, Forschung und Entwicklung etc.) zu koordinieren, damit der Nutzen aus den festgelegten Ressourcen möglichst groß wird. Auf Unternehmensebene stehen somit Fragen der Balance zwischen Unternehmenswachstum und Gewinnzielen sowie generelle Festlegungen der ökonomischen und politischen Risiken usw. im Vordergrund. Es geht in starkem Maße um eine Abstimmung der strategischen Ressourcen zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern, mit anderen Worten um die Beantwortung der Frage: Welche Geschäftsfelder bilden die beste Basis für Wachstum, und welche Geschäftsfelder bringen die finanziellen Mittel zur Finanzierung dieses Wachstums auf (vgl. Lorange 1980: 18 — 20)? Hierbei stellt die strategische Unternehmensplanung die Gesamtsicht des Unternehmens in den Vordergrund, bei gleichzeitig differenzierter Betrachtung der einzelnen Geschäftsfelder, als mögliche Träger von Erfolgspotentialen. Um eine Aussage über die Verteilung strategischer Ressourcen auf Unternehmensebene treffen zu können, ist jedoch eine differenzierte Beurteilung der Position und Erfolgschancen der Strategischen Geschäftsfelder erforderlich, was eine Beurteilung möglicher Marketingstrategien einschließt. Dies bedingt eine übergreifende Analyse und Integration der angesprochenen Teilbereiche. Daher wird in dieser Arbeit von einem integrierten Ansatz ausgegangen.

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Grundlegung

1.2 Entwicklungsstufen der strategischen Unternehmensplanung Eine Änderung des Bedingungsrahmens war schon immer eine Herausforderung an die Führung von Unternehmen. So ist die Entwicklung der strategischen Planung als stetige Reaktion auf die im Zeitablauf gewandelten Anforderungen zu sehen. Das Unternehmen, das unter den veränderten Bedingungen eine führende Marktstellung einnehmen will, muß traditionelle Denk- und Verhaltensweisen in Frage stellen. Veränderte Führungsprioritäten und -praktiken für die Anforderungen der achtziger Jahre werden für die meisten Unternehmen die Hinwendung zu einer ganzheitlich orientierten strategischen Unternehmensführung bedeuten müssen. Nur durch sie können die Voraussetzungen geschaffen werden, in einer komplexen Umwelt auch unter ungünstigen Bedingungen die Kontrolle über den Unternehmenserfolg nicht zu verlieren (vgl. Timmermann 1982: 3). Verschiedene Untersuchungen zeigen (vgl. insbesondere Gluck/Kaufman/Walleck 1980; 1981 und Ansoff 1975; 1976), daß die Entwicklungslinien strategischer Planung in verschiedenen Unternehmen einander ähneln, obwohl die erzielten Fortschritte sehr stark differieren. Diese Fortschritte werden im Rahmen dieses Buches in fünf aufeinanderfolgende Phasen unterteilt. Jede Phase unterscheidet sich durch klare Vorteile von der vorhergehenden, wobei jedoch betont werden muß, daß neue Systeme im allgemeinen ihre Vorgänger nicht ersetzt haben, sondern bestehende Planungssysteme eher erweitern und bereichern. Die Einteilung der Entwicklungsstufen der strategischen Planung in fünf aufeinanderfolgende Phasen stellt eine Zusammenfassung verschiedener Untersuchungen und Veröffentlichungen zur historischen Entwicklung der strategischen Planung dar. Berücksichtigung fanden insbesondere die vielfältigen Arbeiten von Ansoff (vgl. Ansoff 1975; 1976; 1980: 132; 1982; 1983 und Ansoff/Declerk/Hayes 1976 a), des Lehrstuhls Kirsch (vgl. Kirsch/Esser/Gabele 1979: 337-346; Kirsch 1980: 69-70; Kirsch/Trux 1981: 324-350 und 1983: 56), des Beratungsunternehmens McKinsey (vgl. Gluck/Kaufman/Walleck 1980 und 1981; Watermann/Peters/Phillips 1980; Watson 1983; Peters/Watermann 1984: 32-33 sowie Timmermann 1982: 4-5) und die Veröffentlichung von Tabatoni/Jarniou (1976: 33). Nicht in allen Punkten konnte jedoch der Auffassung der angesprochenen Autoren gefolgt werden; hieraus resultiert eine Veränderung und Erweiterung der angesprochenen Aspekte. Im folgenden werden die einzelnen Phasen beschrieben, wobei besonderes Gewicht auf die letzten Phasen gelegt wird. Abbildung 3 gibt die wichtigsten Aspekte wieder.

l. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

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Finanzplanung

Langfristplanung

Strategische Planung

Zweck

Zuordnung von Zielen und Mitteln; Überwachung und Beseitigung der Abweichungen von Zielen

Festlegung der zukünftigen Marschrichtung aufgrund einer Extrapolation der Vergangenheitsentwicklung

Entwicklung neuer Stoßrichtungen durch Identifikation neuer Trends

Zugrundeliegende Annahmen

Die Vergangenheit wiederholt sich

Vergangenheitstrends setzen sich in der Zukunft fort

Neue Trends und Brüche in der bisherigen Entwicklung treten auf

Ziele

Strategische Planung ist die Planung der Mittel zur Erreichung der vorgegebenen Ziele unter dem Gesichtspunkt der Kostenminimierung

Die Ziele des Unternehmens bestimmen die Strategie, die Strategie schließlich die Strukturen

Ziele und Strukturen werden in die Planung systematisch einbezogen

Unternehmensorientierung

Produktionsorientierung

Wachstumsorientierung

Marketingorientierung

Ausdrucksformen

Orientierung am Budget; operative Kontrolle

Prognose der Zukunft, effektivere Wachstumsplanung

Aktive Marktgestaltung über Innovations- und Diversifikationsmanagement; Stärken nutzen, neue Chancen wahrnehmen; zunehmende Reaktionsfähigkeit auf Marktentwicklung und Konkurrenzaktivitäten

Instrumente

Führen mit Zielen (MbO); Budgetierung

3- bis 5-Jahresplanung der bestehenden Aktivitäten; Lückenanalyse; statische Verteilung der Ressourcen; Prognosesysteme und Unternehmensmodelle

Planung bestehender und neuer Aktivitäten als jährlich einmalige Aufgabe: Bildung Strategischer Geschäftsfelder; detaillierte Beurteilung der Situation des Marktes und der Stellung des Unternehmens im Markt; Dominanz des Marketingplanes; dynamische Verteilung der Ressourcen unter Einsatz der Portfolio-Analyse; Bewertung strategischer Alternativen

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Grundlegung

Strategisches Management

Strategisches Management mit Frühaufklärung

Zweck

Steuerung und Koordination der langfristigen Evolution des Unternehmens und seiner Aufgabenbereiche; Anpassung der unternehmerischen Fähigkeiten an veränderte Umweltsituationen

Frühzeitiges Erkennen von Chancen und Gefahren zur Vermeidung von Überraschungen

Zugrundeliegende Annahmen

Neue strategische Stoßrichtungen verlangen angepaßte Strukturen und weitgestreute strategische Fähigkeiten

Diskontinuitäten in der Entwicklung erfolgen so unmittelbar, daß das Management nicht mehr richtig reagieren kann

Ziele

Ziele müssen in Übereinstimmung mit der „Kultur" eines Unternehmens stehen, dies bedingt einen Zielvereinbarungsprozeß durch die gemeinsame Erarbeitung der Unternehmens-, Geschäftsfeld- und Funktionalstrategien

Ziele müssen der veränderten Umweltsituation angepaßt werden

Unternehmensorientierung

Strategische Denkhaltung im Unternehmen und Wettbewerbsorientierung

Sensibilisierung des Unternehmens zur Früherkennung von Chancen und Gefahren

Ausdrucksformen

Nutzung aller Ressourcen zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen; Einbeziehung von Implementierungs- und Kontrollproblemen in den strategischen Planungsprozeß; systematische Suche nach Notwendigkeiten und Anlässen strategischer Entscheidungen

Einbeziehung strategischer Überraschungen und schwacher Signale in die Planung; Herausarbeitung eines Zeitvorsprungs vor den Wettbewerbern

Instrumente

Kreativer, flexibler Planungsprozeß; gesamtunternehmensbezogene Geschäftsfeld- und Ressourcenplanung mit Portfolio-Management; strategisch ausgewählter Planungsrahmen; ausgebaute strategische Steuerung zur Durchsetzung und Überprüfung der beschlossenen strategischen Maßnahmen

Frühaufklärungssystem; Alternativplanungen; Sensitivitäts- und Risikoanalysen

Abb. 3 Entwicklungsstufen der strategischen Planung

Finanzplanung Sucht man nach den Ursprüngen formaler Planungssysteme, so findet man bei den meisten Unternehmen als Ausgangspunkt den Jahr für Jahr wiederkehrenden Budgetierungsprozeß, in dem alles auf finanztechnische Probleme reduziert wird. Die Aufmerksamkeit der Planer und Linienkräfte richtet sich auf ein möglichst genaues Budget — mit entsprechender Prognose der Einkünfte, Kosten und Kapitalerfordernisse — und dessen Einhaltung. Strategische Planung, sofern man hier überhaupt von systematischer Planung sprechen kann, ist die Planung der Mittel zur Erreichung der vorgegebenen Ziele. Die Vorstellung, daß auch Ziele geplant werden können, ist dieser Generation des strategischen Denkens fremd. Führungs-

l. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

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grundsatz ist die Führung durch Zielvereinbarung (Management by Objectives; zu MbO vgl. Stachle 1980: 370-372), Kosten- und Gewinnpläne sind dementsprechend der formale Ausdruck der Zielvorstellungen. In Ermangelung eines formalisierten strategischen Planungssystems hängt die Qualität der Strategie hauptsächlich vom Leiter des Unternehmens und den Top-Managern ab. Langfristplanung Der nächste logische Entwicklungsschritt ist die Langfristplanung. Die meisten Unternehmen treten in diese Phase ein, weil die Unternehmensführung den Wunsch hat, etwas weiter in die Zukunft zu blicken. Langfristplanung herkömmlicher Art basiert auf Prognosen der Unternehmensumwelt. Danach bestimmen sich Ziele, Aktionsprogramme und Budgets. Mit den zunehmenden Diskontinuitäten in der Umwelt erweist sich jedoch eine ausschließliche und bedingungslose Vergangenheitsfortschreibung als unzweckmäßig. Um sich dagegen zu wehren, greifen Unternehmen, die sich in dieser Phase der Entwicklung des Planungssystems befinden, dann typischerweise zu hochentwickelten Prognoseinstrumenten wie Trendanalysen, Regressionsmodellen und schließlich computergestützten Prognosesystemen. Dies führt zu gewissen Verbesserungen der Planung, reicht in der Regel jedoch nicht aus. Die auf Prognosemodellen basierende Planung kann grundlegende Umweltveränderungen nicht signalisieren. Sicherlich bringt die Langfristplanung gegenüber der Finanzplanung eine Verbesserung der Effektivität der strategischen Entscheidungsfindung. Sie zwingt das Management dazu, sich mit den langfristigen Implikationen von Entscheidungen auseinanderzusetzen und die potentiellen Auswirkungen erkennbarer Gegenwarttrends zu bedenken, lange bevor sie in der Gewinnund Verlustrechnung sichtbar werden. Die Ressourcenzuweisung wird ebenfalls unter langfristigen Aspekten verbessert. Unter dem Druck langfristiger Knappheit lernen die Planer zwangsläufig, wie ein Kapital- und Ressourcenkreislauf zwischen den einzelnen Unternehmenseinheiten aufzubauen ist. Die meisten Unternehmen in dieser Phase gehen jedoch davon aus, daß sich langfristig jeder Geschäftsbereich selbst finanzieren muß; dies findet seinen Ausdruck auch in den verwendeten Instrumenten wie Break-Even-Analyse, Pay-OffRechnung und Kapitalwertmethode. Ein gesamtunternehmensbezogener Ressourcenausgleich findet nur begrenzt statt. Die Sichtweise langfristiger Aspekte im Rahmen der strategischen Planung läßt auch eine Zielplanung sinnvoll erscheinen. Dieser liegt die Frage zugrunde, welchen Anforderungen der vielfältigen Interessengruppen innerhalb und außerhalb der Organisation Genüge getan werden muß, damit das System überlebt. Ebenfalls erfolgt eine Abstimmung der Organi-

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Grundlegung

sationsstrukturen in Anbetracht der gewählten Strategien. Es entspricht der Logik der Langfristplanung, wenn davon ausgegangen wird, daß die prinzipielle Überlebensfrage die Ziele bestimmt, die Ziele ihrerseits die Strategien und die Strategien schließlich die Strukturen. Strategische Planung

Bei der Entwicklungsstufe „strategische Planung" werden die Annahmen, auf denen die Langfristplanung basiert, in Frage gestellt. In einem sich rasch verändernden Umfeld können Marktprognosen häufig nicht die reale Entwicklung wiedergeben. Bedingt dadurch, daß Planer allmählich ihren Glauben an Prognosen verlieren, versuchen sie, die grundlegenden Marktphänomene zu verstehen. Wesentliche Charakteristika sind eine gründliche Beurteilung der Situation des Marktes und der Stellung des Unternehmens im Markt. Das Resultat ist oft eine Neubestimmung der Schlüsselfaktoren des Erfolgs und eine höhere Planungsgenauigkeit. Die Planer suchen nach neuen Möglichkeiten, den Unternehmensschwerpunkt in attraktive Märkte zu verschieben, entweder durch Entwicklung neuer Geschäftsaktivitäten oder durch Neudefinition der Märkte, um die Unternehmensstärke besser nutzen zu können. Unternehmen in dieser Phase sind stark marketingorientiert, sie streben eine aktive Marktgestaltung über Innovations- und Diversifikationsmanagement an. Unter Einsatz des gesamten Marketinginstrumentariums werden hohe Marktanteile, insbesondere unter Wachstumsgesichtspunkten, angestrebt. Die ProduktMarkt-Betrachtung steht im Vordergrund der strategischen Überlegungen; dies äußert sich insbesondere in der dominierenden Stellung des Marketingplans. Der Marketingplan ist Leitplan des Unternehmens, abgeleitet hieraus werden die Teilplanungen der anderen Funktionsbereiche des Unternehmens. In dieser Phase erfolgt die Ressourcenzuweisung sowohl dynamisch als auch kreativ; dies häufig unter dem Einsatz der Portfolio-Analyse. Eng hiermit verbunden ist die Definition Strategischer Geschäftsfelder. Dabei werden organisatorische Einheiten zusammengefaßt, die ausreichend groß und homogen genug sind, um die meisten das Geschäft tangierenden Faktoren effektiv kontrollieren zu können. Durch das Konzept der Strategischen Geschäftsfelder bilden sich deutlich zwei unterscheidbare Strategieebenen: Entscheidungen der Unternehmensleitung, die Form und Richtung des Unternehmens in seiner Gesamtheit beeinflussen, und Entscheidungen der Geschäftseinheiten, in deren Mittelpunkt die Produkt-MarktBetrachtung steht. Damit wird die strategische Planung aufgeteilt und den einzelnen relevanten Entscheidungsträgern zugewiesen. Die dritte Phase der strategischen Planung unterscheidet sich weiterhin dadurch, daß von den Planern erwartet wird, daß sie dem Top-Manage-

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ment strategische Alternativen vorlegen. Dadurch soll die Unternehmensleitung in die Lage versetzt werden, Prioritäten im Hinblick auf die Verteilung knapper Ressourcen zu setzen. Strategische Planung wird dabei als eine jährlich einmalige Aufgabe verstanden: Basierend auf der Marketingplanung der einzelnen Produkte und Programme entscheidet die Unternehmensleitung über die zukünftigen Strategien und die Verteilung der Ressourcen. Ziele und Strukturen des Unternehmens werden dabei systematisch in die strategische Planung einbezogen und der jeweiligen Umweltentwicklung angepaßt. Strategisches Management Strategisches Management in der heutigen Sichtweise ist mehr als nur strategische Planung; strategische Planung und Management (zur Definition des Objektbereichs von Management vgl. Staehle 1980: 32 — 46) werden in einem Prozeß vereinigt. Die Philosophie des Unternehmens ist geprägt von der Überzeugung, daß die Zukunft aktiv geschaffen und gestaltet werden kann. Dementsprechend wird die gesamte Organisation darauf ausgerichtet, im Wettbewerb die Initiative zu ergreifen. Eine konsequente Anwendung und Durchsetzung strategischen Denkens auf allen Ebenen der Organisation sind wesentliches Kriterium des Strategischen Managements. So sprechen auch verschiedene Autoren von „Strategischer Unternehmensführung" (vgl. Timmermann 1982: 5; Wittek 1980: 37 und Hammer 1982: 114). Die ersten Vorschläge zu einem Strategischen Management stammen aus den späten sechziger Jahren, insbesondere von Ansoff (vgl. Ansoff/Declerck/Hayes 1976a). Aufbauend auf den Gedankengängen Ansoffs haben Kirsch u. a. einen Ansatz für das Strategische Management entwikkelt, der stark auf philosophischen und theoriegeleiteten Gedankengängen basiert und sich auf die Forderung nach Durchdringung des Unternehmens mit strategischem Denken und strategischen Verhaltensweisen konzentriert. „Grundsätzlich gilt, daß Strategie, Umweltsituation und Struktur des Unternehmens aufeinander abzustimmen sind. Da darüber hinaus unterschiedliche Organisations- und Führungsformen, d.h. Strukturen, nur funktionieren, wenn sie im Einklang mit den Menschen, ihren Werthaltungen, Einstellungen und Fähigkeiten stehen, erweitert sich das Spektrum der strategischen Analyse sehr schnell auf all das, was man auch die ,Kultur' eines Unternehmens bezeichnet" (Kirsch/Trux 1981: 307). Strategisches Management ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: „Strategisches Management ist (1) die Steuerung und Koordination der langfristigen Evolution des Unternehmens und seiner Aufgabenumwelten. Diese Steuerung und Koordination erfolgt (2) über eine konzeptionelle Gesamtsicht der Unternehmenspolitik, die selbst einer ständigen kritischen

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Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung unterworfen bleibt. Überprüfung und Anpassung der konzeptionellen Gesamtsicht sind (3) durch die grundsätzliche Leitidee geprägt, einen Fortschritt in der Befriedigung der Bedürfnisse und Interessen der von den Unternehmensaktivitäten direkt oder indirekt Betroffenen zu erreichen" (Kirsch/Trux 1981: 324). Im Mittelpunkt des Strategischen Managements steht nach Kirsch/Trux (1981: 324) die strategische Planung, bei der die Autoren zwei Defmitionsmerkmale hervorheben: „Strategische Planung ist (1) die vorausschauende Formulierung der konzeptionellen Gesamtsicht der Unternehmenspolitik sowie (2) die Bestimmung der jeweils nächsten strategischen Schritte in Richtung auf diesen gewünschten Zustand." Eine strategische Planung im Rahmen eines solchen anspruchsvollen Konzeptes des Strategischen Managements unterscheidet sich von anderen strategischen Planungssystemen insbesondere dadurch, daß die systematische Suche von Anlässen für strategische Entscheidungen verlagert wird von regelmäßigen strategischen Planungen im Rahmen des jährlichen Planungskalenders auf unregelmäßige, ad hoc in Gang gesetzte strategische Planungsprozesse. Das Strategische Management ist Ausdruck einer Führungsphilosophie, die es in entsprechend konzipierte Systeme und Instrumente umzusetzen gilt (siehe auch Kirsch/Trux 1983: 56 und Kirsch/Esser/Gabele 1979: 340). Die Unternehmensberatung McKinsey geht bei ihrer Betrachtung des Strategischen Managements von ihren Beobachtungen in der Unternehmenspraxis aus (vgl. Gluck/Kaufman/Wallek 1981: 60 — 63; Peters/Watermann 1984: 32-33 und Watermann/Peters/Phillips 1980). Nur wenige der von McKinsey untersuchten Unternehmen wurden eindeutig strategisch geführt, so daß von einem Strategischen Management gesprochen werden konnte. Eine Studie über Merkmale erfolgreicher Unternehmen, die von Peters/Watermann (1984) durchgeführt wurde, ergab, daß hervorragend geführte und ökonomisch erfolgreiche Unternehmen gegenüber dem Rest der Unternehmen gravierende Unterschiede aufweisen. Sie betreffen vor allem Zielsetzung, Selbstverständnis, Struktur, innere Dynamik und ein spezifisches Klima, das als Unternehmenskultur umschrieben wird. Peters und Watermann fassen diese Unterschiede in acht Merkmalen zusammen, die bei den exzellenten Unternehmen weitgehend komplett anzutreffen sind, während „normale" Unternehmen bestenfalls einige davon aufzuweisen haben (vgl. Peters/Watermann 1984: 36-39): — Primat des Handelns: Aufgaben werden rasch angepackt, nicht zu Tode analysiert; ständiges experimentieren, auch auf die Gefahr hin, Fehler zu machen. — Nähe zum Kunden: Regelrechte Besessenheit, dem Kunden gute Qualität und guten Service zu liefern; permanenter Kontakt zum Kunden.

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— Freiraum für Unternehmertum: Kleine operative Einheiten für Überschaubarkeit und unternehmerischen Einsatz; viel Entscheidungsfreiheit und Wettbewerb auf unteren Ebenen. — Produktivität durch Menschen: Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter und ihre Beteiligung an der Verbesserung von Arbeitsabläufen und Produkten zur Stärkung des Einsatzwillens. — Sichtbar gelebtes Wertsystem: Unternehmenswerte wie Qualität, Zuverlässigkeit und Kundenpflege durchdringen massiv alle Aktivitäten und bestimmen die Unternehmensstrategien. — Bindung an das angestammte Geschäft: Geschäftliche Aktivitäten und Firmenkäufe nur dort, wo eigenes Know-how fruchtbar eingesetzt werden kann. — Einfacher, flexibler Aufbau: Alle Perfektion der Systeme und Organisationsstrukturen wird vermieden; Stäbe sind mager ausgestattet; das Berichtswesen ist auf das Notwendigste beschränkt; breite, informelle Kommunikation. — Straff-lockere Führung: Ausgewogene Mischung zentraler und dezentraler Strukturen; Freiraum für Initiative und eigene Lösungswege. Neu ist kaum etwas an diesen acht Merkmalen von erfolgreichen Unternehmen. Doch Peters und Watermann begegnen voreiliger Kritik mit einer einfachen Erfahrung: „Alle reden darüber, die exzellenten Unternehmen tun es" (Peters/Watermann 1984: 39). Basis der durchgeführten Untersuchung bildete das sogenannte 7S-Konzept von McKinsey, an dessen Erarbeitung Peters und Watermann selbst mitgewirkt haben (vgl. Watermann/ Peters/Phillips 1980). Durch die Ergebnisse ihrer Untersuchung sehen sie dieses Konzept bestätigt. In dieser Konzeption werden sieben unternehmenspolitische Erfolgsfaktoren herausgestellt, deren Bezeichnungen mit dem Buchstaben „S" beginnen (vgl. Abb. 4). Die Grundannahme besteht darin, daß der langfristige Unternehmenserfolg letztlich von der Konsistenz der Maßnahmen in bezug auf alle sieben Faktoren abhängt. Die Diskussion über den Zusammenhang zwischen Strategie und Struktur des Unternehmens initiierte Chandler (1962) mit der Aussage: structure follows strategy. Er ging davon aus, daß beispielsweise eine Strategie der Diversifizierung die Bildung einer dezentralen Organisationsstruktur nach sich zieht. Ebenso unbestritten ist jedoch die Tatsache, daß die „Strategie der Organisation folgt", d. h. daß der Erfolg einer Strategie von organisatorischen Voraussetzungen im Unternehmen abhängig ist (vgl. Haedrich 1983: 179). Weitere Faktoren des 7S-Konzeptes sind die Systeme, über die ein Unternehmen verfügt, z. B. Informationssysteme, Rechnungswesen, Budgetierung und Controlling. Der Stil eines Unternehmens drückt sich vor allem im Führungsstil aus. Beim Stammpersonal ist nicht nur die Qualifikation von Bedeutung,

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Grundlegung

Abb. 4 Das McKinsey 7S-Konzept Quelle: Peters/Watermann 1984:32

sondern ebenso alle Maßnahmen, die im Rahmen des Personalmanagements getroffen werden: materielle oder immaterielle Entlohnung (z.B. Management-Development, Arbeitsplatzgestaltung u. a. m.). Mit den Spezialkenntnissen sind alle besonderen Fähigkeiten angesprochen, mit denen sich das Unternehmen im Markt profiliert (Corporate Image). Das Selbstverständnis des Unternehmens drückt sich in übergeordneten Zielen aus, die als zentrale Orientierungspunkte des Unternehmens dienen („Philosophie" des Unternehmens). Faktoren, die lange als nicht beeinflußbare, irrationale, intuitive oder informelle Elemente der Organisation behandelt wurden (vgl. Peters/ Watermann 1984: 33) haben demnach genauso viel oder noch mehr mit dem Erfolg (oder Mißerfolg) des Unternehmens zu tun wie die formalen Strukturen und Strategien. Entsprechend unterscheidet McKinsey (vgl. Watson 1983) zwischen den harten „S" (Strategie, Struktur und Systeme) und den weichen „S" (Stil, Spezialkenntnisse, Stammpersonal und Selbstverständnis). Wesentlich ist ein ausgewogenes Zusammenspiel von hartem Management (harten „S") und weicher Führung (weiche „S"). Die Beherr-

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schung aller Faktoren ist die Basis für einen langfristigen Erfolg des Unternehmens (vgl. Watson 1983: 52). Die von Peters/Watermann (1984) herausgearbeiteten Merkmale erfolgreicher Unternehmen und das von McKinsey erarbeitete „7S-Konzept" erklären auch deutlich den Unterschied zwischen strategischer Planung und Strategischem Management. Die konsequente Anwendung und Durchsetzung des Strategischen Managements im Unternehmen erfordert nicht nur den Einsatz bestimmter Techniken und Methoden, sondern auch ein Umdenken bei den Mitarbeitern, d. h. Strategisches Management ist nicht nur die Produktion einer Strategie oder eines Planes, sondern eine Denkhaltung in allen Organisationsebenen des Unternehmens. Dies verdeutlicht Abbildung 5, die in Anlehnung an Davous/Deas (1976: 79) erstellt wurde. Alle Funktions- und Managementbereiche des Unternehmens sind in diesen Managementprozeß integriert. Um traditionelle Denk- und Verhaltensweisen zu ändern, ist der Prozeß der strategischen Planung und das Planungsinstrumentarium in einem anderen Kontext zu sehen. McKinsey leitet daraus folgende Forderungen ab (vgl. Gluck/Kaufman/Walleck 1981: 60-63): Strategische Planung

Problem und Aufgabe des Top-Managements

Strategisches Management

Strategische Oenkhaltung in allen Unternehmensebenen

S = strategische Planung 0 = operative Planung Abb. 5 Strategische Planung und Strategisches Management Quelle: In Anlehnung an Davous/Deas (1976:79)

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Grundlegung

— Es ist ein Planungsrahmen zu entwickeln, der über alle organisatorischen Grenzen hinwegreicht und die strategische Entscheidungsfmdung vereinfacht. — Der Planungsprozeß ist so zu institutionalisieren, daß er Freiraum für strategisches Denken läßt. — Die strategische Planung muß auf einem System von Unternehmerwerten aufbauen, das das Management in seinem Engagement für die Unternehmensstrategie bestärkt. Planungsrahmen: Ein strategisch geführtes Unternehmen wird einen Planungsprozeß auf fünf deutlich unterscheidbaren Ebenen ablaufen lassen, um die Einbeziehung aller Unternehmensebenen in die strategische Planung zu erreichen (strategische Planung nicht als Aufgabe des Top-Managements, sondern in allen Ebenen des Unternehmens): — Produkt- und Marktplanung: Unterste Ebene, auf der die strategische Planung einsetzt, ist die Einheit „Produkte und Märkte". Hier erfolgt üblicherweise die Produkt-, Preis-, Umsatz- und Serviceplanung und die Identifizierung der Konkurrenz. — Geschäftsfeldplanung: Für die meisten diversifizierten Unternehmen mit eigener Fertigung und eigenem Vertrieb ist es typisch, daß sich der größte Teil aller Planungsanstrengungen dort vollzieht, wo weitgehend selbständige Einheiten ihre eigene Marktposition und Kostenstruktur kontrollieren. Aus den Individualplanungen der einzelnen Geschäftsfelder entstehen die Bausteine für den Strategieplan des Gesamtunternehmens. — Gemeinsame Ressourcenplanung: Um in wirtschaftliche Größenordnungen vorstoßen zu können, müssen sich die einzelnen Geschäftsfelder manche Ressourcen teilen. Gelegentlich kann es strategisch wichtig sein, verschiedenen Einheiten Ressourcenpriorität einzuräumen. In ressourcenintensiven oder prozeßorientierten Industrien ist es oft so, daß die Strategien, mit denen einzelne Geschäftsfelder zu Ressourcengemeinschaften zusammengefaßt werden, vielfach auch für die Strategie der individuellen Einheiten determinierender oder limitierender Faktor sind. — Gemeinsame Planung übergreifender Interessen: In einigen Großunternehmen muß es eine herausgehobene Ebene der Planungsverantwortung geben, auf der Strategien entwickelt werden, die den spezifischen Belangen bestimmter Branchen oder geographisch unterschiedlicher Kunden Rechnung tragen, oder auch, um neue Technologien zu planen, die von mehreren Geschäftsfeldern genutzt werden. — Planung auf Konzernebene: Hier geht es darum, weltweit technische Entwicklungen und Markttrends zu identifizieren, die nicht von den Planern der Geschäftsfelder erfaßt werden. Außerdem sind Konzern-

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Zielsetzungen festzulegen sowie Finanz- und Personalressourcen so zusammenzufassen, daß diese Zielsetzungen erreicht werden. Unternehmen, die nur in wenigen, eng benachbarten Produkt- oder Marktsegmenten agieren, kommen unter Umständen mit einem Planungsraum von zwei oder drei Ebenen aus. Planungsprozeß: Weil sie so umfassend und sorgfältig wie möglich planen, sind Unternehmen mit fortschrittlichen Planungssystemen auch bemüht, ihren Planungsprozeß flexibel und kreativ zu gestalten. Weil es aber schwer ist, einen Prozeß zu institutionalisieren, der zuverlässig kreative Pläne hervorbringt, greift man in strategisch geführten Unternehmen zu anderen Methoden, um das Denken der Manager herauszufordern und zu stimulieren: — Betonen der Wettbewerbsfähigkeit: Die Forderung, sich gründliche Kenntnisse der Konkurrenzstrategien anzueignen, wird in der neueren Planungsdiskussion immer stärker zum Leitgedanken erhoben. — Konzentration auf ein Thema: Einige Großunternehmen verordnen für ihren Planungsprozeß von Zeit zu Zeit eine Verjüngungskur, indem sie von ihren Managern verlangen, die Jahresplanung an einem einzigen Thema auszurichten. Internationale Geschäfte, neue Produktionstechnologien, der Wert der Produkte für die Kundschaft oder alternative Vertriebswege können solche Themen sein. — Aushandeln von Zielsetzungen: In einigen Unternehmen ist man bemüht, strategisch übereinstimmende Zielsetzungen zwischen dem Konzernmanagement und dem Management der Geschäftsfelder auszuhandeln. — Strategische Einsichten fordern: Konkurrenz durch indirektes Vorgehen zu vermeiden, ist Grundbestandteil einer kreativen und innovativen Strategie, z. B. durch Neuformulierung einer Produktfunktion, Entwicklung neuer Fertigungsmethoden, neue Vertriebswege oder Entdeckung neuer Wettbewerbsdimensionen, die der Konkurrenz entgangen sind oder denen gegenüber sich die Konkurrenz blind zeigt. Eine Möglichkeit, diese Denkweise zu fördern, besteht darin, von jedem Manager eines Geschäftsfeldes zu verlangen, die von ihm angestrebten spezifischen Geschäftsvorteile klar zu beschreiben. Ziel ist es primär, alte Geschäfte aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. Das Wertesystem des Unternehmens: Ein Wertesystem, das für alle Managementebenen gleichermaßen gilt, stellt eine dritte, weniger sichtbare Verbindung von Planung und Aktion dar und schafft ein planungsförderndes Klima. Vier gemeinsame Leitgedanken kristallisieren sich heraus: — Betonung von Teamwork, das zu einer aufgabenorientierten Flexibilität des Unternehmens führt,

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Grundlegung

— unternehmerischer Antrieb oder der feste Wille, Dinge zu initiieren, — offene Kommunikation auf allen Ebenen des Unternehmens über strategische Problemstellungen, — gemeinsamer Glaube an die eigene Gestaltungskraft; „Mißerfolg ist kein unbeeinflußbares Schicksal". Unternehmerischer Ehrgeiz von Managern und Technikern auf allen Ebenen im Unternehmen ist eine hochgeschätzte Verhaltensweise in strategisch geführten Unternehmen (vgl. zu den Ausführungen Gluck/Kaufman/Walleck 1981: 60-63). Auch Ansoff/Declerck/Hayes (l 976 a) verfolgten mit ihrer Proklamation „from strategic planning to strategic management" die gleiche Intention. Sie fordern die jeweilige Entsprechung von Umwelt, Strategie und interner Konfiguration im Unternehmen. Der dahinterstehende Grundgedanke ist, daß eine Veränderung in der Umweltturbulenz mit einer gleichgewichtigen Anpassung in der Ausgestaltung der externen Verbindungen und der internen Konfiguration einhergehen muß, um so wieder eine Entsprechunge der drei Variablenkomplexe zu erreichen. Die Grundhypothese ist, daß eine Organisation dann erfolgreich ist, wenn Umwelt, Strategie, interne Kultur und Fähigkeiten übereinstimmen (vgl. Ansoff/Declerck/Hayes 1976 a: 75-77). Pümpin (1982) postuliert in seinem Konzept eine Abstimmung zwischen umweltbezogenen Strategien und unternehmensbezogenen Gegebenheiten (Firmenpersönlichkeit, Führungssysteme, Unternehmenskultur etc.). Ebenso wie McKinsey belegt auch Pümpin seinen Ansatz durch empirische Untersuchungen (40 Interviews bei schweizerischen Großunternehmen; vgl. Pümpin 1982: 20). Bei den vorgestellten Ansätzen zum Strategischen Management und zu den Merkmalen erfolgreicher Unternehmen handelt es sich nicht um gegensätzliche Vorstellungen oder die Betrachtung unterschiedlicher Problemstellungen, sondern die Ansätze behandeln alle das Problem einer zukunftsorientierten strategischen Planung in sehr ähnlichen Kontexten. Nur betrachtet jeder der Ansätze unterschiedliche Facetten des gleichen Problembereichs. Zusammenfassend kann zur Abgrenzung der Phasen „strategische Planung" und „Strategisches Management" folgende Aussage abgeleitet werden: Auf der Grundlage einer zukunftsorientierten, strategischen Denkhaltung und aufbauend auf einer umfassenden Situationsanalyse, die interne und externe Gegebenheiten einbezieht, erfolgt eine gesamtunternehmensbezogene Planung, Steuerung und Koordination der langfristigen Entwicklung des Unternehmens und seiner Aufgabenbereiche. In diesen Prozeß sind alle Funktions- und Managementbereiche des Unternehmens integriert. Ziele und Strategien müssen in Übereinstimmung mit den Fähigkeiten und der „Kultur" des Unternehmens stehen, dies bedingt einen Zielver-

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einbarungsprozeß durch die gemeinsame Erarbeitung der Unternehmens-, Geschäftsfeld- und Funktionalstrategien. Mittelpunkt und Kernstück des Strategischen Managements ist der strategische Planungsprozeß, der aber nicht als eine einmal jährlich wiederkehrende Aufgabe gesehen werden darf; Strategisches Management erfordert die systematische Suche nach Notwendigkeiten und Anlässen strategischer Entscheidungen. Dabei werden alle Ressourcen des Unternehmens systematisch zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen genutzt. Strategisches Management ist jedoch mehr als strategische Planung. Die Realisierung und Durchsetzung einer strategischen Denkhaltung in allen Ebenen des Unternehmens bedingt die Einbeziehung von Implementierungs- und Kontrollproblemen der Strategie, eine entsprechende Auswahl und Schulung des Personals (Management-Development-Programm), eine strategiegerechte Aufbau- und Ablauforganisation, einen entsprechenden Führungsstil, entsprechende Systeme usw. und nicht zuletzt ein verändertes Wertesystem und planungsförderndes Klima des Unternehmens. Strategisches Management mit Frühaufklärung Rohstoff- und Energieverknappung, wachsende Verschuldung der Ostblock- und Entwicklungsländer, ökologische Katastrophen, ein scharfer internationaler Wettbewerb, die in manchen Branchen weltweit rückläufige Nachfrage und anderes mehr läuteten in den siebziger Jahren unhörbar das Zeitalter der Diskontinuität ein (vgl. Köhler/Böhler 1984: 93). Diese veränderten Rahmenbedingungen und tiefgreifende technologische Neuerungen (z. B. auf dem Gebiet der Mikroelektronik) bedrohen aber nicht nur Unternehmen und ganze Wirtschaftszweige, sondern eröffnen auch weitreichende Chancen für jene Unternehmen, die sich rechtzeitig darauf eingestellt haben. Ansoff entwickelte bereits 1976 eine Planungskonzeption, die speziell der Bewältigung „strategischer Diskontinuitäten" dienen sollte (vgl. Ansoff 1976). Diese Planungskonzeption bezeichnet er als „Strategie Issue Analysis". Das Grundproblem ist, daß gerade Diskontinuitäten nur sehr schwer vorhersehbar sind, zumal sie sich den üblichen Trendextrapolationen entziehen. Ansoff ist jedoch der Ansicht, daß sie sich häufig durch gewisse Anzeichen, sogenannte „schwache Signale", ankündigen. Diese Signale würden zwar im Zeitablauf immer stärker, doch sollten die Unternehmen bereits auf erste Anzeichen angemessen reagieren, da beim Vorliegen klarerer Aussagen über die betreffende Umweltveränderung oft nicht mehr ausreichend Zeit verbleibt, um sich entsprechend darauf einstellen zu können.

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Grundlegung

Die vorgestellte Konzeption Ansoff s fand einen außerordentlich starken Widerhall und hat die Literatur zur strategischen Planung nachhaltig beeinflußt (vgl. insbes. Kirsch/Trux 1979; Mössner 1082:157-171; Agthe 1976 a: 361 und Hahn 1979). Insbesondere hat das Konzept der „schwachen Signale" eine Fülle von Arbeiten über spezielle Frühaufklärungssysteme angeregt (vgl. Kapitel III, S. 245). Es erscheint jedoch unzweckmäßig, die strategische Frühaufklärung innerhalb des gesamten Strategischen Managements durch ein hierauf ausschließlich spezialisiertes Teilsystem bewältigen zu wollen. Vielmehr sollten alle Teilsysteme bzw. Instrumente eines Strategischen Management-Systems immer auch unter dem Gesichtspunkt der Frühaufklärung diskutiert und gestaltet werden. Dies schließt umgekehrt selbstverständlich nicht aus, daß innerhalb der Vielzahl der Teilsysteme eines Strategischen Managements auch solche Teilsysteme zu finden sein werden, deren primäre Funktion in der Frühaufklärung liegt und die deshalb als Frühaufklärungssysteme bezeichnet werden können (vgl. Kirsch/Roventa 1983: 222 und Kirsch/Trux 1979: 50). Wesentlichstes Element ist somit auch hier eine veränderte Denkhaltung im Unternehmen. Aspekte der Frühaufklärung führen zu einer Akzentverschiebung im Rahmen der strategischen Planung. Die neue Art von zukunftsweisender Planung sollte — von alternativen Entwicklungen und Spannweiten und nicht mehr von Ein-Punkt-Prognosen ausgehen, — um ein frühzeitiges Erkennen von Bedrohungen und Risiken, aber auch von Chancen bemüht sein, — die für das Unternehmen relevanten Informationen aus allen Umfeldbereichen im Planungsprozeß verarbeiten, — Prognosen nur noch Orientierungscharakter zubilligen und unrealistische Erwartungen hinsichtlich ihrer Genauigkeit und Eintreffsicherheit beurteilen. Werden diese Aspekte in allen unternehmerischen Planungen strategischen Charakters berücksichtigt, dann hat ein Unternehmen größere Chancen, die Veränderungen einer dynamischen Umwelt zu bewältigen und auch mit Störereignissen fertig zu werden (vgl. Geschka/Reibnitz 1982: 126). Strategisches Management bedarf daher einer Ergänzung um diese Aspekte bzw. einer Ergänzung um Frühaufklärungssysteme. Ein von Ansoff durchgeführter Vergleich von strategischer Planung und „Strategie Issue Analysis" verdeutlicht nochmals die wichtigsten Aspekte dieses Ansatzes (vgl. Abb. 6). Abschließend soll nochmals betont werden, daß jede Phase eine Erweiterung der vorhergehenden Phase darstellt, d. h. die Entwicklung der strategischen Planung ist als ein Lernprozeß zu verstehen, der fünf „Reifestufen"

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Strategische Planung

Strategie Issue Analysis

Beschäftigt sich mit der Strategie des Gesamtunternehmens

Beschäftigt sich mit wahrscheinlichen Diskontinuitäten

Konzentriert auf Produkt/Markt/Technologie

Umfaßt Diskontinuitäten aus allen Bereichen

Anwendbar, wenn grundlegende strategische Neuorientierung gewünscht wird

Geeignet, wenn Absicherung gegenüber Überraschungen erforderlich ist

Reaktion auf starke Signale

Reaktion auf schwache Signale

Strategischer Informationsbedarf abgeleitet aus anstehenden Entscheidungen

Notwendige Entscheidungen werden durch verfügbare Informationen bestimmt

Periodenweise Durchführung

Kontinuierlicher Prozeß

Organisationsorientiert

Problemorientiert

Abb. 6 Vergleich von strategischer Planung und „Strategie Issue Analysis" Quelle: Ansoff 1979:93

der Planung umfaßt. Timmermann (1982: 3 — 4) geht davon aus, daß die Unternehmenspraxis zeigt, daß es nicht möglich ist, einzelne Phasen in diesem Entwicklungsprozeß zu überspringen. Ohne eine eingespielte Langfristplanung ist es häufig sehr schwierig, strategische Überlegungen anzustellen. Es fehlt die grundlegende Datenbasis, und notwendige Veränderungen können weniger gezielt angegangen werden. Strategische Planung ist ein Bestandteil des Strategischen Managements, hier erlangen lediglich zusätzliche Aspekte Bedeutung, ebenso bei der Erweiterung des Strategischen Managements um Frühaufklärungssysteme. Obwohl jede Phase ein neues strategisches Instrumentarium erforderlich macht, werden die Instrumente der vorhergehenden Phasen nicht unbrauchbar. Sie behalten ihre Bedeutung im Rahmen der strategischen Analyse und der Entwicklung von Strategien. Entscheidend ist jedoch eine veränderte Denkhaltung im Unternehmen, entsprechend werden verschiedene Instrumente unter anderen Gesichtspunkten gesehen bzw. in ihren Ergebnissen kritischer beurteilt. Strategisches Management mit Frühaufklärungssystemen ist heute erst in wenigen Unternehmen im Ansatz verwirklicht. Fortschrittliche Unternehmen müssen neben der Kenntnis der vielfältigen Instrumente der strategischen Planung auch in der Lage sein, traditionelle Denk- und Verhaltensweisen zu ändern.

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Grundlegung

In diesem Kontext ist auch die Darstellung der strategischen Instrumente und Modelle im Rahmen dieser Arbeit zu sehen. Nur eine differenzierte Kenntnis der einzelnen Verfahren kann, vor dem Hintergrund eines strategischen Bewußtseins, zu einer sinnvollen Anwendung der Instrumente und zur Entwicklung tragfähiger, zukunftsweisender Strategien führen. Strategisches Management ist somit sowohl als Denkhaltung als auch als hochstrukturierte und hochformalisierte Zusammenstellung von Daten und Fakten, Prognosen, Annahmen und Strategien zu begreifen.

1.3 Effektivität und Effizienz der strategischen Planung Unternehmen zeigen zunehmendes Interesse an der strategischen Planung (zum Stand der strategischen Planung in der Bundesrepublik Deutschland vgl. Gliederungspunkt 11.4). Es drängt sich natürlich die Frage auf, ob sich Unternehmen mit strategischer Planung in ihren Ergebnissen nennenswert von Unternehmen ohne strategische Planung unterscheiden. Hier sind Fragen der Effektivität und der Effizienz, aber auch der pragmatischen Relevanz angesprochen. Unter Effektivität versteht man die zielorientierte Wirksamkeit, unter Effizienz die prozedurorientierte Ergiebigkeit (zur Abgrenzung von Effektivität und Effizienz vgl. Hofer/Schendel 1978: 2-3; Szyperski/Winand 1978a: 198-200; 1980: 91; Hadaschik 1979: 44 — 45 und Mauthe/Roventa 1982:199; zur pragmatischen Relevanz vgl. Mauthe/Roventa 1982: 198; Kirsch/Roventa/Trux 1982 und Kirsch 1983). Das Kriterium der Effizienz oder — mit anderen Worten — die Erreichung eines definierten Unternehmensziels mit möglichst geringem Aufwand, stand insbesondere in Zeiten uneingeschränkten Wachstums im Vordergrund der Betrachtung. Gegenwart und Zukunft verlangen mehr als nur Optimierung im Ablauf, im Einsatz der Mittel: sie verlangen Effektivität. Nicht jede Maßnahme, Produktgruppe oder Marktaktivität unterstützt die Zielerreichung. Effektiv sind nur jene Maßnahmen, mit denen sich ein definiertes Ziel erreichen läßt. Mauthe/Roventa (1982: 198) plädieren bei der Beurteilung der Effektivität und Effizienz strategischer Planungssysteme bzw. von Instrumenten der strategischen Planung für eine Abkehr von einem theoretischen Perfektionismus. Eine Beurteilung muß an dem zu unterstützenden System, d. h. dem Unternehmen, ansetzen; denn trotz ihrer „theoretischen Unvollkommenheit" liefern viele Planungssysteme und -Instrumente planungsrelevante Informationen, d. h. sie besitzen pragmatische Relevanz, da sie zu einer Steigerung der Effektivität und Effizienz von Entscheidungsprozessen in der Praxis beitragen (vgl. auch Kirsch 1983).

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Durch die Darstellung von Ergebnissen empirischer Untersuchungen sollen im folgenden kurz Antworten auf die Frage der Bedeutung von strategischer Planung gegeben werden. Die betrachteten Untersuchungen zur Effizienz und Effektivität der Planung befassen sich alle mit der Fragestellung, ob strategische Planung gegenüber „Nicht-Planung" eine Steigerung des Unternehmenserfolgs bewirkt. Dahinter steht die Hypothese, daß mit Hilfe der strategischen Planung Unternehmensprozesse effektiver und effizienter durchzuführen sind, d.h. die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen wird verbessert, die Erfüllung der angestrebten Ziele wird wahrscheinlicher und der Ressourcenverbrauch kann angemessener gestaltet werden (vgl. Szyperski/Winand 1978 a: 200). Abbildung 7 zeigt einen Überblick über die wichtigsten Untersuchungen (weitere Untersuchungen werden bei Hofer/Schendel 1978: 7 — 10 und bei Lange 1981: 22-27 angeführt). Trotz der methodischen Vorbehalte, die diesen Studien insgesamt entgegenzubringen sind, scheint doch der Schluß möglich, daß strategische Planung in bestimmten Situationen mit einen erfolgsbegründenden Faktor darstellt und daß sich hierdurch die Notwendigkeit der strategischen Planung begründen läßt. Dieser Schluß scheint nach Lange (1981: 27) insbesondere angemessen beim Vorliegen einer dynamischen Umwelt und einer hohen Beeinflußbarkeit bzw. Kontrolle wesentlicher strategischer Erfolgsfaktoren. Es sei aber darauf verwiesen, daß es bisher weitgehend an theoretischen Beschreibungs- und Erklärungsansätzen für die Erfolgswirksamkeit der strategischen Planung fehlt (vgl. Lange 1981: 27). Methodische Vorbehalte lassen sich vor allem gegen die nicht unerhebliche Meßproblematik des wirtschaftlichen Erfolgs anführen, auch die Abgrenzungsproblematik von planenden und nicht-planenden Unternehmen wird deutlich. Während verschiedene Studien einen positiven Zusammenhang zwischen Planung und Erfolgsniveau konstatieren, weisen andere Studien keine deutlichen Wirkungsunterschiede hinsichtlich des Erfolgsniveaus von planenden und nicht-planenden Unternehmen aus (vgl. Kudla 1980). Hierbei spielt sicherlich die unterschiedliche Definition des Erfolgskriteriums eine entscheidende Rolle (der in der Studie von Kudla 1980 zugrunde gelegte Börsenkurs von Unternehmensaktien scheint kein geeigneter Indikator zu sein). Andere Studien weisen auf Branchenunterschiede hin (Studien, die sich auf Dienstleistungsunternehmen beziehen, gelangen teilweise zu einem negativen Ergebnis; vgl. Lange 1981: 26 — 27). Weiterhin können die angeführten Studien nicht ausschließen, daß der Existenz eines Planungssystems und dem Erfolg eines Unternehmens ein gemeinsamer Faktor zugrunde liegt, d. h. Unternehmen, die erfolgreich sind aufgrund einer Vielzahl von Faktoren, besitzen auch ein Planungssysten.

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Grundlegung Thune/Hause 1970

Karger/Malik 1975

Kudla 1980

Kirsch/Esser/Höfner/ Wieselhuber 1983*

Stichprobe

71 mittelgroße bis große amerikanische Unternehmen mit Planungssystem und 21 ohne Planungssystem

19 planende und 19 nichtplanende amerikanische Unternahmen mit c nem Umsatz\ olumen zwischen 50 und 100 Mio. Dollar

78 planende und 51 nichtplanende amerikanische Unternehmen, deren Aktien an der New Yorker Börse gehandelt werden

40 strategisch planende und 17 nicht strategisch planende deutsche Unternehmen

Messung von Planung/ NichtPlanung

Ziele und Strategien werden mind. 3 Jahre im voraus geplant bzw. nicht geplant

Integriertes, formales Planungssystem vorhanden/ nicht vorhanden

Umfassende, schriftliche Langfristplanung vorhanden/nicht vorhanden

Irgendeine Form der strategischen Planung vorhanden/nicht vorhanden

Erfolgskriterium

Wachstumsrate von Umsatz, Gewinn pro Aktie, Aktienkurs, Eigenkapital- und Gesamtkapitalrentabilität

13 Erfolgskriterien (Umsatz-, CashFlow-, NettoEinkommensVeränderung; Eigenkapitalrentabilität, und andere)

Monatl. Kursgewinne (bzw. -Verluste) der Börsenkurse

Cash-Flow und Umsatzveränderung

Ergebnis

Planende Unternehmen haben hinsichtlich der Indikatoren Gewinn pro Aktie und den Rentabilitätskriterien signifikant höhere Werte

Signifikant besserer Erfolg der planenden Unternehmen

Kein signifikanter Unterschied zwischen planenden und nichtplanenden Unternehmen

Unternehmen, die strategisch planen, haben eine deutlich bessere Entwicklung sowohl beim Wachstum des Cash-Flow als auch beim Wachstum des Umsatzes aufzuweisen

* siehe auch: Esser/Höfner/Kirsch 1984 Abb. 7 Effizienz und Effektivität von strategischer Planung und „Nicht-Planung"

Akzeptiert man die Aussage, daß Planung bzw. strategische Planung einen erfolgsbegründenden Faktor darstellt, so muß jedoch deutlich darauf hingewiesen werden, daß der höhere Erfolg sicherlich nicht nur auf die Existenz eines Planungssystems zurückgeführt werden kann. Dies zeigt auch deutlich die bereits angeführte Studie von Peters/Watermann (1984), die acht Merkmale herausarbeiteten, die erfolgreiche Unternehmen auszeichnen (vgl. die Ausführungen zum Strategischen Management innerhalb des Gliederungspunktes 1.2 dieses Kapitels). Der Erfolg eines Unter-

1. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

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nehmens ist dementsprechend nicht nur abhängig von der Qualität und Kreativität der Strategie bzw. des strategischen Planungssystems, das der Entwicklung tragfähiger und erfolgreicher Strategien dienen soll, sondern ebenso von anderen Faktoren, die im Unternehmen selbst liegen und weitgehend steuerbar sind. Diese Faktoren haben nach Peters/Watermann (1984: 33) genauso viel oder noch mehr mit dem Erfolg (oder Mißerfolg) des Unternehmens zu tun wie die formalen Strukturen und Strategien. Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, daß die Strategie einen wichtigen Stellenwert im Hinblick auf die Realisierung des Unternehmenserfolgs einnimmt. Die strategische Planung dient der Ableitung und Entwicklung erfolgreicher Strategien. Im Rahmen dieses Buches steht die strategische Analyse im Mittelpunkt der Betrachtung, ein wesentlicher Teil des strategischen Planungsprozesses, der die Erfassung der Unternehmensumwelt und der Leistungspotentiale des Unternehmens im Rahmen einer Gesamtunternehmensbetrachtung zum Inhalt hat. Wenn auch auf die übrigen angesprochenen Faktoren des Unternehmenserfolgs nicht näher eingegangen wird, so sollte jedoch deutlich geworden sein, daß dem strategischen Planungsprozeß als Teil des Strategischen Managements eine erhebliche Bedeutung zukommt.

1.4 Zum Stand der strategischen Unternehmensplanung in der Bundesrepublik Deutschland In der Vergangenheit wurden verschiedene empirische Untersuchungen zum Stand der strategischen Unternehmensplanung in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt (vgl. insbesondere Töpfer 1976; Thanheiser/ Patel 1977; Kreikebaum/Grimm 1980 und Kreikebaum/Suffel 1981). Die neueste Untersuchung stammt von Esser/Höfner/Kirsch/Wieselhuber. Im folgenden wird lediglich auf die Ergebnisse dieser neuesten Untersuchung eingegangen, um so einen möglichst aktuellen Stand des Verbreitungsgrades der strategischen Planung wiederzugeben (zu den Ergebnissen der Untersuchung vgl. insbesondere Esser/Höfner u.a. 1983 und 1984; o.V. 1983 a und Kirsch/Esser/Trux 1984). Gegenstand der Untersuchung sind die 2400 Unternehmen der verarbeitenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin mit mehr als 500 Beschäftigten. Die Untersuchung erfolgte zweistufig. Zunächst wurde eine Telefonumfrage durchgeführt, um Strukturmerkmale und spezielle Angaben über die Verbreitung der strategischen Planung zu erheben. Aus der Grundgesamtheit von 2400 Unternehmen wurde eine Zufallsstichprobe gezogen und 212 telefonische Interviews durchgeführt.

32

Grundlegung

Hierbei gaben 26,9% der befragten Unternehmen an, daß sie über irgendeine Form von strategischer Planung verfügen. 73,1% der befragten Unternehmen arbeiten nicht mit strategischer Planung. Weiterhin erfolgte eine schriftliche Hauptuntersuchung auf der Basis der gleichen Grundgesamtheit. Von 1200 versandten Fragebögen konnten 214 ausgewertet werden. Im Rahmen dieser schriftlichen Hauptuntersuchung gaben 69,6% (149 Unternehmen) an, daß sie über strategische Planung verfügen, während 30,4% über keine strategische Planung verfügen. Es steht zu vermuten, daß dieser doch deutliche Unterschied zwischen beiden Umfragen daher rührt, daß bei der Telefonumfrage die Reaktion aller Unternehmen der Zufallsstichprobe gemessen wurde, daß jedoch die schriftliche Befragung verstärkt von den Unternehmen zurückgesandt wurde, die über strategische Planung verfügen. Die vielfältigen Argumente zur strategischen Unternehmensplanung in der Praxis lassen sich entsprechend ihrer Herkunft in drei globale Bereiche untergliedern: — Allgemeine Einstellungen (Pro und Contra) gegenüber einer strategischen Planung. — Gründe, die dafür ausschlaggebend sind, daß Unternehmen keine strategische Planung haben. — Gründe für die Einführung einer strategischen Planung. In Abbildung 8 sind die persönlichen Einstellungen der Beantworter für und gegen strategische Planung wiedergegeben. Wie wohl nicht anders zu erwarten ist, zeigen Beantworter aus Unternehmen, die eine strategische Planung besitzen, eine durchwegs positivere Einschätzung dieses Instrumentariums. Interessanterweise überwiegen jedoch auch bei den Unternehmen, die keine strategische Planung besitzen, die positiven Argumente. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß Unternehmen ohne strategische Planung erhebliche Bedenken haben. Insbesondere wird befürchtet, daß die unternehmerische Flexibilität und Improvisation beschränkt wird (24,6%) und daß strategische Planung konfliktträchtig ist (21,5%). Ein weiteres Problem wird darin gesehen, daß strategische Planung zwar gut, aber meist nicht umsetzbar ist, wie 22% der Unternehmen ohne strategische Planung aussagen. Im Vergleich dazu wird dieses Argument nur von 6% der Unternehmen mit strategischer Planung vorgebracht. Deutlich positiv wird jedoch von allen Befragten die Förderung des Dialogs über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens (82,6% bzw. 69,2%) und die Forcierung eines rationaleren Handelns gesehen (71,1% bzw. 63,1%). Unternehmen mit strategischer Planung sehen in ihr einen ständigen Lernprozeß und eine Voraussetzung für eine langfristige Erfolgs-

33

l. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements Unternehmen Strategische Planung ...

mit strategischer Planung* n = 149

ohne strategische Planung* n = 65

fördert den Dialog über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens

82,6%

69,2%

führt zu einem rationaleren Handeln ist ein ständiger Lernprozeß ist Voraussetzung für eine langfristige Erfolgssicherung

71,1% 71,1% 64,4%

63,1% 52,3% 41,5%

verschafft Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten stellt gewohnte Denk- und Verhaltensweisen in Frage reduziert Unsicherheit ist konfliktträchtig verringert Flexibilität und Improvisation ist gut, aber meist nicht umsetzbar „ersetzt lediglich den Zufall durch den Irrtum"

53,7%

43,1%

51,0%

55,4%

46,3% 17,4% 15,4%

36,9% 21,5% 24,6%

6,0% 4,7%

21,5% 9,2%

4,7% 4,0% 2,0%

13,8% 7,7% 12,3%

lohnt den Aufwand nicht ist Planung in Prosa ist intellektuelle Spielerei * Mehrfachnennungen möglich

Abb. 8 Pro und Contra zur strategischen Planung Quelle: Esser/Höfner/Kirsch/Wieselhuber 1984:512

Sicherung. Strategische Planung stellt gewohnte Denk- und Verhaltensweisen in Frage. Dieses Argument, das von 51,0% der Unternehmen mit strategischer Planung angeführt wurde, jedoch von 55,4% der Unternehmen ohne strategische Planung, scheint eine zwiespältige Interpretation zu erfahren. Während Unternehmen mit strategischer Planung hierin sicherlich einen positiven Effekt sehen, steht zu vermuten, daß Unternehmen ohne strategische Planung dies eher als Problem betrachten, was zu einer Ablehnung von strategischen Planungssystemen führen kann. Die Untersuchung von Esser/Höfner u.a. (1984) gibt hierüber jedoch keine Auskunft.

34

Grundlegung

Die Gründe, die dafür ausschlaggebend sind, daß Unternehmen keine strategische Planung haben, enthält Abbildung 9 (es sind lediglich die wichtigsten Gründe angeführt). Insgesamt wird eine Vielzahl von Einwänden und Vorbehalten erkennbar, die im wesentlichen auf einer kritischen Einstellung gegenüber einer formalisierten Planung oder auf mangelnden Informationen sowie auch darauf beruhen, daß man vom Nutzen einer strategischen Planung nicht überzeugt ist. Kirsch/Esser/Trux (1984: 44) führen hierzu aus: „Die meisten jener 73% deutscher Unternehmen, die keine strategische Planung besitzen, ,lassen die Dinge auf sich zukommen'. Dieses ,Durchwursteln' ist sicherlich nicht völlig negativ zu beurteilen: Es ist schon vernünftig, sich in jeweils überschaubaren, evolutionären, nicht revolutionären Schritten vorwärtszutasten und mit viel Intuition und Improvisationsgeschick diese Überraschungen und Widrigkeiten der wirklichen Welt zu bewältigen. Was aber die Strategen von den meisten NichtStrategen deutlich unterscheidet, ist die Tatsache, daß die Existenz einer strategischen Planung aus dem evolutionären ,Durchwursteln' eine gesteuerte Evolution, eine strategisch geplante Evolution macht. Dabei geht man nach wie vor in überschaubaren, operativen Schritten vor, wobei

Rang

Gründe Man kann auch strategisch denken und handeln, ohne eine strategische Planung zu besitzen

44,6%

Die Beschäftigung mit den unmittelbar drängenden Problemen läßt uns keine Zeit

30,1%

Wir wissen nicht viel über strategische Planung und haben uns auch noch nicht ausreichend mit diesem Themenkreis beschäftigt

24,6%

Strategische Planung ist für uns nicht sinnvoll, weil wir zu stark von externen Faktoren abhängig sind (z. B. von der Konkurrenz, der Muttergesellschaft, der technologischen Entwicklung)

23,1%

Die Zweckmäßigkeit der strategischen Planung ist in unserem Hause umstritten

21,5%

Wir verspüren zwar ein Unbehagen, daß wir noch keine strategische Planung haben, wissen aber nicht, wie und wo wir damit in überschaubarer Weise anfangen könnten

18,5%

Abb. 9 Gründe, die Unternehmen abgehalten haben, strategische Planung einzuführen (n = 65) Quelle: Esser/Höfner/Kirsch/Wieselhuber 1984:515

1. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

35

man bei jedem einzelnen Schritt sicherlich viele nur durch Improvisation zu bewältigende Überraschungen erlebt. Man versucht aber, diesen schrittweisen, evolutionären Prozeß durch eine konzeptionelle Gesamtsicht der Unternehmenspolitik hinsichtlich der langfristigen Entwicklung der Erfolgspotentiale des Unternehmens zu steuern und zu koordinieren." Wenn 24,6% der Unternehmen ohne strategische Planung anführen, daß sie nicht viel über strategische Planung wissen und sogar 30,1% angeben, daß die Beschäftigung mit den unmittelbar drängenden Problemen keine Zeit zur strategischen Planung läßt, dann steht doch wohl zu befürchten, daß sie auch bald nicht mehr genügend Zeit haben werden, ihre akuten Probleme zu lösen, weil sie vom Markt verdrängt werden (vgl. o. V. 1983 a: 30). Es erscheint unverständlich, wenn ca. ein Viertel der Unternehmen ohne strategische Planung diese Argumente anführen, zumal sie von den Vorteilen der strategischen Planung überzeugt sind (vgl. Abb. 8). Betrachtet man die einzelnen Gründe für die Einführung der strategischen Planung, so können sie im allgemeinen als Hinweis dafür interpretiert werden, welche Erwartungen die Unternehmenspraxis in eine strategische Planung stellt. Die wichtigsten Gründe sind in Abbildung 10 wiedergegeben. Rang

Gründe Die langfristigen Entwicklungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens wurden zu wenig berücksichtigt

47,0%

Strategische Entscheidungen auf den einzelnen Unternehmensebenen und in den betrieblichen Funktionsbereichen waren zu wenig aufeinander abgestimmt

40,9%

Die Ausweitung unseres Geschäfts erforderte eine verstärkte strategische Planung

39,6%

Das Unternehmen wurde zu wenig in seiner Gesamtheit betrachtet

36,9%

Nach einer personellen Änderung in der Geschäftsleitung wurden vermehrte Anstrengungen auf dem Gebiet der strategischen Planung gefordert

24,8%

5

Unsere Unternehmenspolitik war zu wenig zukunftsorientiert

24,8%

6

Unsere Ertragslage hatte sich verschlechtert

22,1%

Abb. 10 Gründe für die Einführung der strategischen Planung (n = 149) Quelle: Esser/Höfner/Kirsch/Wieselhuber 1984:517

36

Grundlegung

Fast die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, daß die langfristigen Entwicklungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu wenig berücksichtigt werden. Zusammen mit einer mangelnden Zukunftsorientierung der Unternehmenspolitik, wie sie von 25% der Unternehmen als Begründung für eine strategische Planung genannt wird, ist dies ein doch sehr deutlicher Anhaltspunkt dafür, daß man mit strategischer Planung in erster Linie die Erwartung verbindet, über die Tagesprobleme hinaus, grundsätzliche Richtungen für zukünftiges Verhalten festlegen zu können. Kaum weniger wichtig werden jene Gründe für die Einführung der strategischen Planung gesehen, die ihre Ursachen in der Komplexität unternehmerischer Tatbestände haben. So geben etwa jeweils 40% der Unternehmen an, — daß strategische Entscheidungen zuwenig aufeinander abgestimmt waren, — daß die Ausweitung des Geschäftes eine verstärkte strategische Planung erforderte und — daß das Unternehmen zu wenig in seiner Gesamtheit betrachtet wurde. Wesentlichen Aufschluß über den Stand der strategischen Planung geben Art und Umfang der bei der Planung eingesetzten Instrumente. Hierbei ist im Rahmen dieses Buches von besonderem Interesse, in welchem Maße das Instrumentarium des Portfolio-Managements eingesetzt wird, zumal die fehlende Gesamtsicht und die Komplexität der unternehmerischen Tatbestände als wesentliche Gründe zur Einführung eines strategischen Planungssystems angesprochen wurden (zur Bedeutung des PortfolioManagements für die Gesamtunternehmensbetrachtung vgl. den folgenden Gliederungspunkt). Die Befragung zeigt folgende Ergebnisse für alle Unternehmen mit strategischer Planung (Abb. 11). Die am häufigsten eingesetzten Instrumente der strategischen Planung sind (in abnehmender Reihenfolge): — Konkurrentenanalyse, — Stärken-/Schwächenanalyse, — Kosten-/Nutzenanalyse, — Analyse der Produktteilmärkte. Diese Instrumente werden jeweils von etwas mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen mit strategischer Planung eingesetzt. Die Portfolio-Analyse findet jedoch lediglich in 33,6% der befragten Unternehmen Anwendung. Bei den typischen Prognosemethoden steht die Trendextrapolation (mit 30,9% der Nennungen) mit deutlichem Abstand vor der Szenario-Methode (14,1%). Bemerkenswert ist ferner, daß Kataloge von Normstrategien bisher erst in sehr geringem Umfang Eingang in die strategische Planung gefunden haben: Nur 6% der Unternehmen, die die

37

l. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

Rang

1 2 3 4 5 6 7 g 9

10 11

12 13

13 14

15 16 17 18 19 20

Abb. 11

Instrumente Konkurrentenanalyse Stärken-/Schwächenanalyse Kosten-/Nutzenanalyse Analyse der Produktteilmärkte ABC-Märkte Portfolio-Analyse Brainstorming Trendextrapolation Risiko- Analyse Produkt-Markt-Matrizen Lebenszyklusanalyse Gap- Analyse Szenario- Methode Sensitivitätsanalyse Simulation Kataloge von Nonnstrategien Multivariate Verfahren Sozialbilanzen Delphi-Methode Morphologischer Kasten PIMS-Modell

% 56,4% 55,7% 53,7% 51,7% 39,6% 33,6% 32,9% 30,9% 29,5% 23,5% 22,8% 14,8% 14,1% 14,1% 6,7% 6,0% 5,4% 4,7% 4,0% 2,0% 1,3%

Instrumente der strategischen Planung (n =149) Quelle: Esser/Höfner/Kirsch/Wieselhuber 1984:540

strategische Planung durchführen, geben an, dieses Instrument häufig zu benutzen. Bei allen Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten ist eine häufigere Verwendung von Instrumenten und Entscheidungshilfen festzustellen als bei Unternehmen unter 1000 Beschäftigten (vgl. Esser/ Höfner u. a. 1984: 542). Diese Feststellung gilt insbesondere für die Portfolio-Analyse, die Lücken-Analyse, die Lebenszyklus-Analyse und ProduktMarkt-Matrizen. Zu beachten ist, daß alle in der Tabelle angegebenen Prozentzahlen sich auf die Unternehmen beziehen, die mit strategischer Planung arbeiten. Die Telefon-Umfrage hat jedoch ergeben, daß lediglich 26,9% der Unternehmen der Grundgesamtheit strategische Planung einsetzen. Insofern sind die Prozentangaben bezogen auf die Grundgesamtheit zu relativieren. Eine generelle Umrechnung aller Prozentangaben auf die Grundgesamtheit ist nicht möglich, da sicherlich auch Unternehmen ohne strategische Planung verschiedene der angeführten Instrumente einsetzen (nicht bei allen Instrumenten handelt es sich um rein strategische Instrumente). Betrachtet man jedoch Instrumente, wie beispielsweise die Portfolio-Ana-

38

Grundlegung

lyse, die Szenario-Methode und das PIMS-Modell, so kann man mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, daß diese Instrumente lediglich von Unternehmen eingesetzt werden, die ein strategisches Planungssystem besitzen. Dies würde bedeuten, daß, bezogen auf die Grundgesamtheit, lediglich ca. 9% die Portfolio-Methode und ca. 4% die Szenario-Methode einsetzen. Das PIMS-Modell wird dementsprechend von deutlich unter l % der Unternehmen verwendet. Zum Anwendungsstand der Portfolio-Methode liegen vergleichende empirische Untersuchungen vor, die in den USA durchgeführt wurden. Nach einer Untersuchung von Haspeslagh (1982: 59) arbeiteten 1979 36% der Fortune 1000 (Liste der 1000 größten amerikanischen Unternehmen) mit der Portfolio-Methode und 45% der Fortune 500 (der 500 größten amerikanischen Unternehmen). Hier zeigt sich deutlich der geringe Verbreitungsgrad der Portfolio-Methode im Vergleich zu den USA. Dies kann darin begründet liegen, daß diesem Instrument von Seiten der Unternehmenspraxis und auch in der Literatur häufig Kritik entgegengebracht wurde. Die Ablehnung dieses Instruments liegt nach Auffassung des Verfassers jedoch in vielen Fällen darin begründet, daß die in die Leistungsfähigkeit der Portfolio-Methode gesetzten Ansprüche viel zu hoch waren bzw. sind: Portfolio-Planung wird als ein Instrument gesehen, das in der Lage ist, problemlos die „richtigen" Strategien zu generieren. Diese Ansprüche konnten bzw. können Portfolio-Methoden nicht erfüllen. Von den Beratungsunternehmen, die diese Verfahren entwickelt haben, ist jedoch immer darauf hingewiesen worden, daß Portfolio-Modelle nur dazu in der Lage sind, Anregungen im Rahmen strategischer Planungsprozesse zu geben: „Das Portfolio will Fragen an die Strategie stellen und dann die Strategie weitertreiben. Das Portfolio selbst will und kann keine einfachen Antworten auf die Strategie geben. Es ist Diagnose- und Therapieinstrument. Darin liegen heute die größten Verwechslungen und Gefahren bei der Beurteilung des Portfolios" (Peter Strüven, Mitarbeiter des Münchener Büros der Boston Consulting Group; siehe Strüven 1982:3). Die Anwendung von Instrumenten und Entscheidungshilfen der strategischen Unternehmensplanung setzt nicht nur eine sichere Beherrschung der Voraussetzungen und Anwendungsmöglichkeiten der einzelnen Entscheidungshilfen, sondern auch die Bewußtmachung der Grenzen und der neuralgischen Punkte dieser Instrumente voraus (vgl. Kreikebaum 1981: 48). Dies trifft auch für die Anwendung von Portfolio-Modellen zu. Der Einsatz dieser Methode bedarf nicht nur der Kenntnis der verschiedenen Matrizen, sondern auch einer differenzierten Kenntnis des dahinterstehenden strategischen Denkens (Portfolio-Management) und des Wissens um die Grundlagen dieser Planungsmodelle wie Erfahrungskurve, PIMS und

1. Strateg. Unternehmensplanung als Teil des Strateg. Managements

39

Lebenszyklus-Konzept (vgl. die entsprechenden Gliederungspunkte in diesem Buch). Nach Auffassung des Verfassers sollte nicht eine generelle Ablehnung der Methoden die Folge der Kritik sein, sondern sie sollte Anlaß sein, diese Verfahren differenzierter zu betrachten und weiterzuentwickeln und so für die strategische Planung zu nutzen. In den USA ist diese kritische Auseinandersetzung erfolgt, wie aus zahlreichen Veröffentlichungen zu ersehen ist (vgl. Kapitel IV, S. 315), sie führte jedoch nicht zu einer generellen Ablehnung der Modelle, sondern zu einer weitgehend differenzierten und gesicherten Anwendung. Neue Managementmethoden verbreiten sich offenbar nach einer spezifischen Charakteristik in mehreren Phasen (vgl. Geschka 1978:160 — 161, der dies anhand der Verbreitung der Methoden der Ideenfindung verdeutlicht). Dementsprechend sind folgende Phasen erkennbar: — Erste Berichte und Erfolgsmeldungen: In verkürzter Form erscheinen Meldungen über die neue Managementtechnik und frappierende Erfolge. Die Meldungen erwecken Neugier. — Euphorie und Überschätzung: Die neue Methode wird von einer Reihe von Methodenpionieren aufgegriffen und getestet. In der einschlägigen Fachliteratur werden zahlreiche Beschreibungen und erfolgreiche Fallbeispiele veröffentlicht. Die Methodenpioniere überwinden viele Schwierigkeiten durch ihre Begeisterung und Aufgeschlossenheit sowie durch die Ausnahmesituation der Erstanwendung. In der Regel wird die Anwendungsbreite der neuen Methode überschätzt; die Schwierigkeiten der Einführung der Methode in die tägliche Betriebspraxis werden nicht erkannt oder heruntergespielt. — Enttäuschung und Ernüchterung: Die Methoden zeigen Mängel bei der praktischen Anwendung, gelegentlich versagen sie ganz. Viele Anwender scheitern aufgrund unzureichender Kenntnis der Grundlagen und Grenzen der Verfahren. Wissenschaftliche Veröffentlichungen setzen sich insbesondere kritisch mit diesen Instrumenten auseinander. — Gesicherte Anwendung: Enthält die Methode eine spezifische Leistungsfähigkeit, so kristallisieren sich ihre Stärken allmählich deutlich heraus. Einige Unternehmen wenden die Methoden konsequenter für Fälle und in Bereichen an, für die sie sich nach der eigenen Erfahrung bewährt haben. Die Kenntnisse zu den Methoden werden differenzierter. Durch eine gezielte Weiterentwicklung der Modelle können Probleme beseitigt und ein gesicherter Anwendungsstand erreicht werden. Das methodische Instrumentarium hat seine Bewährungsprobe bestanden. Betrachtet man die Entwicklung der Anwendung der Portfolio-Analyse (vgl. Abb. 12), so befindet man sich sicherlich in der Bundesrepublik Deutschland z. Z. in der Phase der Enttäuschung und Ernüchterung,

40

Grundlegung

Aufmerksamkeitsbzw. Anwendungsgrad

Euphorie und Überschätzung

gesicherte Anwendung Enttäuschung und Ernüchterung

erste Berichte und Erfolgs' meidungen 1974

1977

1980

1983

1986

Abb. 12 Einführungscharakteristik für eine neue Managementmethode (hier: Portfolio-Analyse in der Bundesrepublik Deutschland)

teilweise auf dem Weg zu einer gesicherten Anwendung. Wesentlich ist eine genaue Kenntnis der Modelle und ihrer Weiterentwicklungen sowie eine sichere Beherrschung der Voraussetzungen und Anwendungsmöglichkeiten durch die Unternehmen. Aufgabe dieser Arbeit soll es u. a. sein, auf der Basis einer differenzierten Darstellung und Kritik der verschiedenen Ansätze und deren Weiterentwicklungen, die Möglichkeiten des Einsatzes aufzuzeigen, aber auch andererseits die Grenzen deutlich zu bestimmen.

2. Die Idee des Portfolio-Managements In der Phase stürmischen Wirtschaftswachstums in den fünfziger und sechziger Jahren war es in vielen Bereichen durchaus vertretbar, Mittel dort wiederzuverwenden, wo sie erwirtschaftet wurden. Parallelität von Abschreibungen und Investitionen über weite Teile des Unternehmens hinweg war häufig die Regel. Spätestens mit den strukturellen Veränderungen durch die erste Ölkrise 1973 mußten viele Unternehmen erkennen,

2. Die Idee des Portfolio-Managements

41

daß Investitionszuteilungen nach diesem Prinzip nicht länger vertretbar waren; eine weitaus differenziertere Mittelzuteilung wurde erforderlich. Für Unternehmen ergibt sich hieraus das Problem, wie eine große Zahl verschiedener Geschäftsbereiche wirksam gemanagt werden kann. Vier Einzelfragen stehen dabei im Vordergrund (vgl. Wittek 1980: 135): — Wie kann das Management bei einer Vielzahl von Geschäftsbereichen den Überblick behalten und Prioritäten im Hinblick auf die Verteilung knapper Ressourcen setzen? — Mit welchen Instrumenten lassen sich diese Prioritäten durchsetzen? — Wie läßt sich entscheiden, ob die bestehende Kombination von Geschäftsbereichen langfristig die Zukunft des Unternehmens sichert? — Welche Maßstäbe sind an neu aufzunehmende Geschäftsbereiche zu legen? Konventionelle Führungsinstrumente können auf diese Fragen keine zufriedenstellenden Antworten geben. Planungssysteme herkömmlicher Art machen z. B. keine Aussagen darüber, wo Prioritäten zu setzen sind. Viele Unternehmen suchen im Profit-Center-Konzept eine Lösung ihrer Probleme. Dieses Konzept erlaubt zwar eine relativ differenzierte Ergebnisanalyse — unter der Voraussetzung, daß es gelingt, die allen ProfitCenters zu belastenden Gemeinkosten des Unternehmens gerecht zu verteilen — , weist jedoch darüber hinaus einige gewichtige Mängel auf, die die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolges sogar erschweren können (vgl. Haedrich/Kreilkamp 1983:3; Dunst 1979: 42-46; Boston Consulting Group 1979b und 1979c; Hinterhuber 1978: 426 und Schierz 1974: 84-88). Das Profit-Center-Konzept geht davon aus, daß der Gesamtgewinn des Unternehmens dann optimiert wird, wenn jedes Profit-Center seinen eigenen Gewinn optimiert. Diese Voraussetzung muß keinesfalls zutreffen; vielmehr kann es und wird es häufig so sein, daß der unternehmerische Gesamtgewinn langfristig dadurch verbessert werden kann, daß klar erkennbare Prioritäten für einzelne Geschäftsbereiche gesetzt werden, die auf diese Weise besonders gefördert werden, während andere — mit langfristig nicht so erfolgversprechenden Aussichten — in der Zuweisung von knappen Ressourcen einen tieferen Rang einnehmen. Oft müssen einer Sparte Einschränkungen auferlegt werden, um andere zu finanzieren, und zwar weit über die Möglichkeiten hinaus, die sich diese Sparten aus eigener Ertragskraft leisten können. So kann es im Konzerninteresse richtig sein, Mittel aus einer Sparte abzuziehen und in die Nachwuchsbereiche anderer Sparten zu investieren. Dementsprechend fragwürdig ist die Orientierung des Profit-Centers am kurzfristigen Jahresergebnis. Dahinter steht die Annahme, daß die Leistung des derzeitigen Managements anhand des kurzfristigen Gewinns beurteilt werden kann. Das absolute Gewinn-

42

Grundlegung

niveau kann zwar durch gezielte kurzfristige Entscheidungen beeinflußt werden, der gegenwärtige Erfolg ist jedoch in vielen Fällen das Ergebnis früherer Investitionsentscheidungen. „Der Gewinn dieses Jahres ist das Ergebnis zahlloser Entscheidungen, die viele Leute im Unternehmen in den vergangenen Jahren getroffen haben" (Schierz 1974: 88). Der Gewinn eines Jahres kann darüber hinaus aber auch die bewußt getroffene Entscheidung widerspiegeln, stark in die Zukunft zu investieren. Die kurzfristige Gewinnorientierung der Profit-Center führt häufig dazu, daß die Erfolgspotentiale neuer Produkte und Märkte mit hohen Wachstumsmöglichkeiten nicht ausreichend genutzt werden. Dies liegt zum einen im Verlust interner finanzieller Mobilität (wie bereits angesprochen), zum anderen aber auch im Verzicht auf eine breite Risikostreuung über das ganze Unternehmen. Empirische Studien belegen, daß insbesondere in den Geschäftsbereichen von divisional-strukturierten Unternehmen eine Einstellung zu einer „konservativen" Chancenbewertung von Investitionsprojekten vorherrscht (vgl. Lorange 1977: 177). Häufig haben jedoch gerade die Investitionsprojekte, die mit einem entsprechend hohen Risiko verbunden sind, eine höhere Erfolgserwartung. Ein Unternehmen mit vielen Investitionsprojekten kann sich eher ein oder zwei risikoreiche Planungsvorhaben erlauben als einzelne Profit-Center mit nur wenigen Investitionsprojekten, da eine größere Anzahl von Investitionsprojekten eine Risikostreuung erleichtert. Viele der angesprochenen Aspekte weisen darauf hin, daß eine kurzfristig gewinnorientierte Profit-Center-Organisation der Entwicklung langfristig tragfähiger Strategien entgegensteht. Vor diesem Hintergrund entwickelte die Boston Consulting Group das Konzept des Portfolio-Managements, das neben dem Portfolio-Konzept von McKinsey mit Abstand die größte Bekanntheit und Verbreitung erlangt hat (zu den einzelnen Konzepten vgl. Kapitel IV, S. 445). Die Grundidee ist dabei den Überlegungen zur Bestimmung des optimalen Wertpapierportfolios im Finanzbereich entlehnt. Für Markowitz, dem Begründer dieses Ansatzes, der in der fmanztheoretischen Literatur unter dem Begriff „Portfolio-Selection" nachhaltige Beachtung gefunden hat, war er originär eine Planungsmethode zur Optimierung der Investition an der Aktienbörse (vgl. Markowitz 1952 und 1969). Als Ergebnis der Planung stand das „Portefeuille", ein Wertpapierbündel, das nach bestimmten Kriterien zusammengestellt, eine optimale Verzinsung des eingesetzten Kapitals ergeben sollte. Hauptbewertungskriterien für die einzelnen Wertpapiere eines Portefeuilles waren die zukünftige, erwartete Kapitalrendite und das Risiko oder die Varianz, als mögliche Abweichung der Kapitalverzinsung. Das Ziel der Bewertung bestand darin, ein Portefeuille zusammenzustellen, bei dem Wertpapiere mit hohem Risiko, aber hoher zu erwartender Kapitalrendite, ein Gleich-

2. Die Idee des Portfolio-Managements

43

gewicht hielten mit Wertpapieren mit geringem Risiko, aber zu erwartenden bescheidenen Kapitalrenditen. Das „Gleichgewicht" war beim „Verzinsungsoptimum" des eingesetzten Kapitals erreicht (zur differenzierteren Darstellung vgl. Vollmer 1983: 31-33 und Dunst 1979: 47-52). Diese Idee, einzelne Anlageoptionen nicht isoliert nach Risiko- und Renditegesichtspunkten zu beurteilen, sondern nur in ihrem interaktiven Zusammenhang, läßt sich nun leicht auf ein diversifiziertes Unternehmen übertragen. Geschäftsbereiche können als einzelne Renditebringer mit eigenen Ertragsaussichten, Chancen und Risiken interpretiert werden. Wendet man hierauf die Gedanken der Portfolio-Selection an, so folgt daraus, daß einzelne Geschäftsbereiche sinnvoll in eine Gesamtkonzeption des Unternehmens passen müssen und nur insgesamt beurteilt werden dürfen. Für die strategische Planung lassen sich daraus einige Aspekte ableiten (vgl. Lange 1981: 48-50): — Der Risikoaspekt strategischer Entscheidungen ist besonders zu berücksichtigen. Das Portfolio eines Unternehmens sollte eine ausgewogene Balance zwischen risikoreichen und risikoarmen Erfolgsobjekten halten. Dies geschieht unter dem Aspekt der Unternehmenssicherung. — Das Problem der strategischen Entscheidungen wird sehr wesentlich als ein Problem der Investitionsentscheidungen über ein Programm strategischer Objekte (Anlagealternativen) bei unsicheren Rahmenbedingungen und einem begrenzten Vorrat an finanziellen Ressourcen interpretiert. — Durch die Portfoliobetrachtung wird die ganzheitliche, unternehmensbezogene Betrachtung der Strategiewirkungen hervorgehoben. — Die Interdependenz der Erfolgsobjekte hinsichtlich des für die Schaffung und Erhaltung von Erfolgspotentialen erforderlichen Ressourceneinsatzes sowie hinsichtlich ihrer Folgen für den Risikogehalt des Gesamtunternehmens wird verdeutlicht. Die Erfolgspotentiale einzelner Gruppen von Erfolgsobjekten (Geschäftsfeldern) sollten sich im Zeitablauf sowohl in fmanz- als auch in erfolgswirtschaftlicher Hinsicht gegenseitig ausgleichen. Zur Handhabung der Problemstellung geht man bei den Portfolio-Konzepten der strategischen Planung von folgender Überlegung aus: Die Geschäftsbereiche konkurrieren um die Verwendung insgesamt knapper Ressourcen des Unternehmens. Die Priorität für die Zuweisung von Ressourcen auf ein Geschäftsfeld bestimmt sich grundsätzlich nach dem Erfolgspotential, d.h. dem Ausmaß zukünftig möglicher Erfolge (vgl. Lange 1981: 52). Zweck der Portfolio-Planung ist es deshalb, die knappen Ressourcen nach Gewinn- und Risikoaussichten in Abhängigkeit von der Markt- und Wettbewerbsposition optimal zu verteilen, wenn sie alternativen Verwendungen zugeführt werden können.

44

Grundlegung

Bei der traditionellen Planung steht die Planung der Funktionalpläne — im Kern die Erstellung des Marketingplanes — im Vordergrund. Abgesehen davon, daß Zielvorstellungen der Unternehmensleitung in die Marketingplanung einfließen, basiert das System im wesentlichen auf Teilplanungen, d. h. jeder Geschäftsbereich erstellt eine Planung, basierend auf der Marketingplanung der einzelnen Produkte und Programme. Hieraus leiten sich Anforderungen an Ressourcen des Gesamtunternehmens (Investitionsmittel, Forschung und Entwicklung, Produktions- und Vertriebskapazitäten) ab. Häufig überschreiten diese Anforderungen die zur Verfügung stehenden Ressourcen. Aufgabe der Unternehmensleitung ist es nun, auf der Basis dieser Teilplanungen darüber zu entscheiden, welche Ressourcen den

Produkt/MarktKombinationen A

Anträge auf Ressourcen

Zuteilung von Ressourcen

Produkt/MarktKombinationen A Abb. 13

Produkt/MarktKombinationen B

Produkt/MarktKombinationen C

Anträge: 120% Verfügbare Ressourcen: 100% - Investitionsmittel (Geldeinheiten) - Mannstunden: Forschung und Entwickig - Kapazitäten: Produktion, Markt

Produkt/MarktKombinationen B

Produkt/MarktKombinationen C

Neue Arbeitsgebiete

Ressourcenaufteilung auf Geschäftsbereiche (bzw. Produkt/Markt-Kombinationen) Quelle: McKinsey, entnommen aus Hinterhuber 1980:25

2. Die Idee des Portfolio-Managements

45

einzelnen Geschäftsbereichen zur Verfügung gestellt werden sollen (vgl. Abb. 13). In der Vergangenheit fehlte hierfür weitgehend das erforderliche Instrumentarium. Bei der Vielzahl der verschiedenen Geschäftsbereiche und Produkte eines diversifizierten Unternehmens konnte eine selektive Ressourcenzuweisung nur unzureichend bewältigt werden. Dies führte häufig dazu, daß eine generelle, prozentuale Kürzung über alle Geschäftsbereiche hinweg erfolgte. Eine funktionale Planung, d. h. eine Planung auf Produkt- bzw. Produktgruppenebene und die anschließende Verdichtung zum Gesamtplan, bedingt, daß letztlich die Erarbeitung einer konzeptionellen Gesamtsicht der Unternehmenspolitik bzw. Unternehmensstrategie zu kurz kommt, wenn sie nicht überhaupt fehlt. Weiterhin führt diese Vorgehensweise dazu, daß man sich bei strategischen Überlegungen nur innerhalb von bestehenden Geschäftsbereichen oder Produktlinien bewegt. Weil es allzu verständlich ist, daß niemand gerne seine eigene Produktlinie liquidieren möchte — in Verbindung mit einigen psychologischen Phänomenen, wie beispielsweise der starken Identifikation mit den eigenen Geschäften — neigt man häufig zu einer Überschätzung der Möglichkeiten, vorhandene Ergebnislücken bei den einzelnen Geschäften durch Umsatzausweitungen zu füllen oder bestehende Schwächen durch neue oder vorhandene Stärken überkompensieren zu können. Zielvorstellungen der Unternehmensführung an einzelne Produktlinien bestehen daher häufig lediglich in der Vorgabe einer bestimmten Umsatz- und Gewinnausweitung gegenüber dem Vorjahr; der bekannte „Hockey-Stick-Effekt" tritt auf (vgl. hierzu Mauthe/Roventa 1982: 192 und Kretschmer 1979: 151-153). Aus einem solchen Vorgehen, das für alle Beteiligten recht unbefriedigend ist, läßt sich die Attraktivität erklären, die das Portfolio-Management in den Augen vieler gewonnen hat. Das Portfolio-Management bietet einen Bezugsrahmen, der es erlaubt, den gesamten Bestand, das Portfolio der einzelnen Produktlinien, zu betrachten und auf Ausgewogenheit hin zu untersuchen. Strategische Richtlinien, Zielvorstellungen und Rollenerwartungen für einzelne Produktlinien bzw. Geschäftsfelder sind nur sinnvoll aus dem Gesamtzusammenhang heraus zu formulieren. Die Portfolio-Betrachtungsweise ermöglicht es, die verschiedenen divergenten Geschäftsfelder des Unternehmens jeweils getrennt, ihrer Situation angemessen, zu analysieren und strategisch zu planen und dennoch die Restriktionen des Gesamtunternehmens einzuhalten und die Chancen des Marktes zu nutzen. Dieser Vorteil des Portfolio-Managements wird noch ergänzt durch einen zweiten: Portfolio-Matrizen erlauben es, den Gesamtrahmen, die Gesamtsicht des Unternehmens zu kommunizieren und so eine Basis für die kritische Diskussion zu bilden. Sie liefern auch einem sehr heterogen zusammengesetzten Top-

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Grundlegung

Management einen geeigneten Bezugsrahmen, der als Grundlage für eine intensive Auseinandersetzung mit der Zukunft des eigenen Unternehmens dienen kann (vgl. Mauthe/Roventa 1982: 192): Nicht eindeutig ist in der Literatur die begriffliche Klärung: Hinterhuber (1980: 71) spricht von Portfolio-Methode, Albach (1978: 705) von Portfolio-Technik, Abell/Hammond (1979: 173) von Portfolio-Analysis und Wittek (1980: 135) von Portfolio-Modell. Dabei gehen die meisten Autoren davon aus, daß es sich bei dem Portfolio-Ansatz lediglich um ein methodisches Instrumentarium der Unternehmensanalyse oder der Unternehmensplanung handelt. Andere Autoren (vgl. beispielsweise Dunst 1979: 38; Szyperski/Winand 1978: 123; Gälweiler 1980: 186 und Timmermann 1982:6) sprechen von Portfolio-Management, was sowohl die Analyse der Ist-Situation — unter Verwendung von Portfolio-Modellen — als auch die Planung der Zukunftsstrategie einschließt und darüber hinaus eine andere Betrachtung des Gesamtunternehmens umfaßt: Berücksichtigt werden nicht nur die einzelnen Geschäftsfelder und deren strategische Entwicklung, sondern auch die Interdependenzen zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern. Die Begriffe „Portfolio-Technik", „Portfolio-Methode" bzw. „Portfolio-Modell" erfassen demgegenüber stärker das entsprechende Analyse- und Planungsinstrumentarium. Die bloße Portfolio-Darstellung hat jedoch im Rahmen des strategischen Planungsprozesses lediglich eine Hilfsfunktion, sie allein macht noch kein Portfolio-Management aus. Portfolio-Matrizen dienen im wesentlichen der Kommunikation bestimmter Sachverhalte. Der Begriff „PortfolioManagement" beinhaltet demgegenüber das Management der verschiedenen Strategischen Geschäftsfelder aus Unternehmensgesamtsicht, also ein Ausbalancieren des Portfolios in einem übertragenen Sinn. Dies bestätigen auch empirische Untersuchungen (vgl. Haspeslagh 1982 und Kreikebaum 1981: 48). Strategische Unternehmensplanung ist mehr als ein „Instrumentenkasten und eine Sammlung methodischer Hilfsmittel" (Kreikebaum 1981: 48), strategische Unternehmensplanung und insbesondere Strategisches Management implizieren eine veränderte Denkhaltung. PortfolioManagement ist ein Teil dieser Denkhaltung; der Portfolio-Ansatz geht von einer konzeptionellen Gesamtsicht des Unternehmens aus und beruht auf dem Gedanken, daß ein Unternehmen dann langfristig existenzfähig sein wird, wenn sein Portfolio von Geschäften ausgewogen hinsichtlich folgender Aspekte ist (vgl. Malik/Schwaninger 1982: 11): — Mittelbedarf und Mittelerzeugung in finanzieller Hinsicht, — Zukunftsaussichten und Risikoträchtigkeit. Portfolio-Management befaßt sich dementsprechend nicht mit irgendeinem Teilgebiet der Unternehmensführung, sondern mit dem Kern, mit

3. Marktorientierte Unternehmensführung und strateg. Marketingplanung

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dem Grundproblem: Wie erreiche ich meine längerfristige Rentabilität innerhalb des von mir akzeptierten Risikos (vgl. Patel 1982: 3)?

3. Marktorientierte Unternehmensführung und strategische Marketingplanung Durch den Wandel der Märkte von Verkäufer- zu Käufermärkten begann Ende der fünfziger Jahre der Siegeszug des Marketing, verstanden als marktorientierte Unternehmensführung oder Unternehmensphilosophie mit einem entsprechenden Instrumentarium. Die Unternehmen versuchten, unter den Marktbedingungen eines grundsätzlich großen Angebotes, die Nachfrage im Interesse ihrer Unternehmens- und Marketingziele in möglichst hohem Umfang auf das eigene Angebot zu lenken, und zwar dadurch, daß sie sich in der Angebotsgestaltung bzw. im Einsatz des gesamten Marketinginstrumentariums und der Ausrichtung des gesamten Unternehmens nach den Bedingungen des Marktes richteten. Sie paßten sich in möglichst optimaler Weise den Wünschen und Erwartungen der tatsächlichen und potentiellen Abnehmer an. In der Zwischenzeit haben sich die allgemeinen Marktbedingungen weiter verschärft. Während bis zum Ende der sechziger bzw. Anfang der siebziger Jahre für die meisten Märkte noch ein regelmäßiges bzw. ausreichendes Wachstum üblich war, haben sich spätestens seit Mitte der siebziger Jahre viele Märkte zu stagnierenden oder gar rückläufigen Märkten gewandelt. Systembedingte Wachstumszwänge der Unternehmen haben vor diesem wirtschaftlichen bzw. marktlichen Hintergrund zu einer deutlichen Wettbewerbsverschärfung geführt, die sich in vielen Märkten zu einem ausgeprägten Verdrängungswettbewerb gesteigert hat. Dazu treten als verstärkende Elemente zum Teil abrupte Konstellationsänderungen (Diskontinuitäten, vgl. Ansoff 1976), die ressourcenmäßig, technologisch, gesellschaftlich und/oder gesamtwirtschaftlich bzw. im weitesten Sinne durch Umweltveränderungen bedingt sind (vgl. Becker 1983: 1—2). So wie mit dem Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten nach dem Zweiten Weltkrieg ein gekonntes Marketing der Schlüssel zum Erfolg war, wird diese neue Phase auch einen Wandel in der Führungsphilosophie der Unternehmen erfordern. Deutlich wurde dies bereits bei der Darstellung der Entwicklungsstufen der strategischen Planung. Im Rahmen dieses Gliederungspunktes soll vor allem überprüft werden, welche Bedeutung Marketing als Führungskonzeption des Unternehmens in dieser veränderten Umwelt- und Unternehmenssituation einnimmt. Hierzu ist es erforderlich, Unterschiede und

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Grundlegung

Gemeinsamkeiten zwischen Strategischem Management und MarketingManagement bzw. zwischen strategischer Unternehmensplanung und strategischer Marketingplanung herauszuarbeiten.

3.1 Marketing als Führungskonzeption von Unternehmen Unter der Führungskonzeption eines Unternehmens kann man den zentralen Orientierungsrahmen verstehen, der die Realisierung der Unternehmensziele gewährleistet (vgl. Haedrich 1982: 67). Marketing als Führungskonzeption kennzeichnet dementsprechend eine unternehmerische Denkhaltung, deren Kennzeichen das Merkmal der konsequenten Orientierung am Markt — gemeint sind die verschiedenen Absatzstufen bis hin zum Letztverbraucher — ist (vgl. Haedrich 1983: 175). In diesem Zusammenhang spricht man auch von einem „integrierten Marketing". Leitziel des Unternehmens ist das Marketingziel, das im Rahmen des unternehmerischen Zielbildungsprozesses eine dominante Position einnimmt, d. h. das Unternehmensziel ist vorrangig mit dem Marketingziel abzustimmen. Dabei kann das Marketingziel kurzfristig Dominanz vor dem Unternehmensziel einnehmen. Es muß jedoch erkennbar sein, daß aus kurz- bis mittelfristig konkurrierenden Marketing- und Unternehmenszielen mittel- bis langfristig komplementäre Ziele werden (sogenannte Zielanpassung im Zeitablauf). Nach der Abstimmung zwischen Marketingziel und Unternehmensziel folgt die Planung in den anderen Funktionsbereichen des Unternehmens, wie Finanzbereich, Produktion, Personalbereich und Beschaffung (vgl. Haedrich 1983: 175). In diesem Zielbildungsprozeß wird der integrative Ansatz des Marketing deutlich: Eine Integration erfolgt nicht nur zwischen Marketingziel und Unternehmenszielsetzung, sondern auch zwischen Marketingziel und allen anderen unternehmerischen Funktionszielen, wobei das Marketingziel Priorität genießt. „Marketing bedeutet folglich die Steuerung des Unternehmens durch den Markt auf der Grundlage eines integrierten Planungssystems, durch das die Realisierung des Zielsystems des Unternehmens mittels aktiver Mitgestaltung des Marktes angestrebt wird. Dabei haben die vier Kriterien — konsequente Marktorientierung, — systematische Entwicklung von langfristigen Zielen und darauf abgestimmten Strategien, — Ausrichtung aller funktionalen Planungen auf die Marketingplanung als Leitplanung, — aktive Mitgestaltung des Marktes konstitutiven Charakter" (Haedrich 1982: 70). Dementsprechend hat die „integrierte Führungskonzeption Marketing" — richtig verstanden —

3. Marktorientierte Unternehmensführung und strateg. Marketingplanung

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erhebliche Auswirkungen auf die Verhaltensweisen aller Mitarbeiter im Unternehmen: Nicht nur die Unternehmensspitze denkt in kundenbezogenen Kategorien, sondern ebenso alle Mitarbeiter in den Planungsabteilungen für einzelne Produkte (Produkt-Management), nicht zuletzt auch die Mitarbeiter in allen anderen Funktionsbereichen, hierarchisch gesehen bis hinab zu den untersten Verästelungen der Organisationspyramide. Die Unternehmensleitung sorgt dafür, daß sich diese Marketing-Denkhaltung konsequent durchsetzt, und die Marketingleitung ist ihrerseits eine wichtige Koordinationsstelle, die die Marketingplanung mit entwickelt und überwacht und die dafür sorgt, daß alle unternehmerischen Entscheidungen auf die übergeordneten Marketingziele ausgerichtet sind (vgl. Haedrich 1982: 71). An dieser Stelle ist es wichtig, auf einzelne Weiterentwicklungen der Marketingkonzeption hinzuweisen, ohne diese jedoch zu vertiefen. Zunächst ist es realistisch, davon auszugehen, daß das hier als Führungskonzeption beschriebene „Absatzmarketing" durch andere marktgerichtete Führungskonzeptionen ergänzt werden kann, z. B. bei Engpässen auf den Finanz-, Beschaffungs- bzw. Personalmärkten. Man spricht in diesen Fällen von Finanz-, Beschaffungs- bzw. von Personalmarketing; die Planungs- und Abstimmungsprozesse in diesen Funktionen erfolgen analog denen des „Absatzmarketing", wobei jedoch ein entsprechend spezielleres Instrumentarium entwickelt werden muß (vgl. Haedrich 1982: 71 und die dort angegebene Literatur). Eine zweite Erweiterungsmöglichkeit bietet sich im Hinblick auf die immer notwendiger werdende Einbeziehung nicht erwerbswirtschaftlicher Organisationen in die Marketingkonzeption an. Hier sind insbesondere das „Nonprofit-Marketing" oder „Social-Marketing" angesprochen (vgl. Kotler 1982: 711-722). Den Hintergrund dafür bildet die Erweiterung des Marketingbegriffs schlechthin auf das von einer Organisation angestrebte wirksame Management der Austauschbeziehungen mit den verschiedenen Märkten und Interessengruppen (vgl. Kotler 1982: 21—24). Schließlich sind auch Bestrebungen zu finden, die Marketingphilosophie in der Weise zu „vertiefen", daß auch der gesellschaftliche Bezug der Führungsaktivitäten jenseits eines ausschließlich gewinnorientierten Absatzdenkens in die Führungsphilosophie einbezogen wird. Dieser Ansatz wird besonders deutlich in dem „Human Concept" als Unternehmenskonzeption (vgl. Dawson 1969). Marketing, als Führung des Unternehmens vom Markt her, hat sich permanent veränderten Unternehmens- und Umweltsituationen anzupassen. Dies spiegelt sich deutlich in den verschiedenen Erweiterungs- bzw. Vertiefungsansätzen wider. In den sechziger Jahren war die große Ära des Marketing, die Notwendigkeit der Marketingorientierung wurde akzeptiert und war zentrales Element der Unternehmensstrategien und der

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Grundlegung

Marktbearbeitung (vgl. Day/Wensley 1983:3). Im Laufe der siebziger Jahre wandelte sich dieses Bild. Nicht nur der Absatzmarkt war alleiniger Engpaßfaktor des Unternehmens, andere Faktoren erhielten entscheidende Bedeutung. Für manche Unternehmen wurde die Beschaffung bzw. die kostengünstige Beschaffung von Rohstoffen wichtiger als der Absatz. Andere wieder sahen ihren Engpaß in der Kapital- bzw. in der Personalbeschaffung. Finanz-, Beschaffungs- bzw. Personalmarketing erlangten Bedeutung. Entsprechend fanden ethisch-moralische und ökologische Anforderungen der Umwelt an die Unternehmen in den Vertiefungsansätzen des Marketing ihre Berücksichtigung (zur ausführlichen Diskussion der Erweiterungs- und Vertiefungsansätze vgl. insbesondere Haedrich 1982: 71-73; Kotler 1982: 711-741 und Kaffee 1979). In der erweiterten Sichtweise definiert Kaffee (1984: 63) Marketing wie folgt: „Marketing meint in moderner Sicht eine Führungskonzeption von Unternehmen oder generell von Organisationen, in deren Zentrum eine spezielle Technologie zur zielorientierten Gestaltung von Austauschprozessen mit verschiedenen Umweltpartnern (Kunden, Lieferanten usw.) steht. Durch den systematischen, an allgemeinen Strategien wie z. B. der Marktsegmentierung ausgerichteten Einsatz von Marketinginformations- und -aktionsinstrumenten (Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik) sowie durch die konsequente Führung der gesamten Unternehmung von den jeweils relevanten Umweltbereichen her und auf diese hin sollen dabei Marktpotentiale aufgedeckt, ausgeschöpft und langfristig gesichert werden." Kundenorientierung sollte — wie Marketing schlechthin — auch beim strategischen Marketing im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Kaffee warnt jedoch eindringlich vor einer engen, kurzsichtigen Orientierung an kurzfristigen Kundenwünschen, die den Kunden isoliert betrachtet und die Einflüsse anderer Interaktionspartner (Lieferanten, Konkurrenten, Behörden usw.) sowie langfristige Umweltentwicklungen nicht genügend berücksichtigt. Entsprechend entwickelt er die folgenden zentralen Leitideen des Marketing aus der Perspektive eines strategischen Marketing (vgl. Kaffee 1984: 63-66): — Gewinnbringende Orientierung an den Bedürfnissen, Erwartungen und Forderungen der Austauschpartner, — systematische Einbeziehung der natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt in die Marketingplanung, — vermehrte Beachtung der organisatorischen Verankerung des Marketing (Transfer- und Implementierungsprobleme). Unter dem Aspekt einer möglichst optimalen Aufdeckung, Ausschöpfung und gleichzeitig langfristigen Sicherung gewinnbringender Marktpoten-

3. Marktorientierte Unternehmensführung und strateg. Marketingplanung

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tiale steht die Orientierung an den Bedürfnissen, Erwartungen und Forderungen der Austauschpartner im Vordergrund. Mit Blick auf die Maxime der Kundenorientierung bedeutet dies konkret, daß hier „echte" Problemlösungen zu entwickeln sind, die der Kunde auch langfristig zu honorieren bereit ist. Es kann daher beim strategischen Marketing auch nicht um ein Wachstum um jeden Preis gehen, vielmehr sind Problemlösungskonzepte zu entwickeln, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis für den Nachfrager und für den Anbieter attraktiv ist. Das Denken in langfristig an Kundenbedürfnissen ausgerichteten Problemlösungskonzepten bedeutet gleichzeitig eine erhöhte Sensibilität für eine rechtzeitige Anpassung und/ oder kreative Ausweitung des Produkt- bzw. Leistungsangebots. Unternehmen müssen sich demnach heute mehr denn je als kreative Problemloser verstehen, um so zur Planung effizienter strategischer Aktionen fähig zu sein. In Verbindung mit einer konsequenten Kundenorientierung erfordert die langfristige Sicherung von Marktpotentialen auch die Integration der Beschaffungsmärkte und des Beschaffungsmarketing in ein marketingstrategisches Konzept. Die langfristige Sicherung preisgünstiger Rohstoffquellen, das Auffinden leistungsfähiger Lieferanten und die Bereitstellung eines qualifizierten und hochmotivierten Mitarbeiterstammes sind demnach ebenfalls wichtige Elemente eines strategischen Marketing. Auch in diesem Bereich bildet die Orientierung an den Bedürfnissen, Erwartungen und Forderungen der jeweiligen Austauschpartner eine wesentliche Erfolgsvoraussetzung. Schließlich weist Kaffee (1984: 64) mit allem Nachdruck auf die Bedeutung der Konkurrenten auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten hin: „Gerade aus dem Blickwinkel der langfristigen Sicherung von Marktpotentialen hat neben der Kunden- und Lieferanten-Analyse ... die systematische Wettbewerbs- bzw. Konkurrenten-Analyse einen wesentlichen Bestandteil strategischer Marketingplanung zu bilden." (Vgl. hierzu auch Gliederungspunkt 3.2 dieses Kapitels.) Die zweite zentrale Leitidee des strategischen Marketing ist die systematische Einbeziehung der natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt in die Marketingplanung. Hier besteht heute bei vielen Unternehmen ein zentrales Defizit der Marketingplanung. Häufig wird zu isoliert und eng für einzelne Marktbereiche geplant. Der Bedeutung politischer, soziokultureller sowie ökologischer Einflußfaktoren wird damit zu wenig Rechnung getragen. Um künftige Marktentwicklungen besser abschätzen und damit mögliche Chancen und Risiken frühzeitiger erkennen zu können, ist eine erweiterte Sicht der Unternehmen erforderlich. Die Verankerung des Marketing als strategische Denkhaltung im Unternehmen bedingt einen entsprechenden organisatorischen Rahmen. Hierzu bedarf es zunächst entsprechender Informations- und Überzeugungspro-

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Grundlegung

zesse innerhalb des Unternehmens, um die Mitarbeiter mit dem Marketingkonzept als strategische Denkhaltung vertraut zu machen und die notwendigen Verhaltensbereitschaften zu schaffen. Die Fähigkeit eines Unternehmens zur systematischen Ausschöpfung und langfristigen Sicherung von Marktpotentialen setzt so z. B. voraus, daß die Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden, Lieferanten usw. als zentrale Handlungsmaxime verinnerlicht wird. Während ein solches Marketing-Transferproblem zunächst die Übertragung der Leitideen des strategischen Marketing auf die Unternehmensmitglieder und deren Arbeitsbereiche beinhaltet, geht es in einem weiteren Schritt darum, durch personelle und strukturelle Maßnahmen die konkrete Umsetzung eines strategischen Marketing zu gewährleisten (Implementierungsproblem). Die Organisationsstruktur soll die Verarbeitung strategischer Alternativen fördern und sich somit durch ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität auszeichnen.

3.2 Entwicklungsstufen der strategischen Marketingplanung Eine Betrachtung der strategischen Marketingplanung kann nur unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes erfolgen. Die vorstehenden Darstellungen haben gezeigt, daß sich strategische Planung den veränderten Unternehmens- und Umweltbedingungen anpassen muß. Innerhalb des Gliederungspunktes 1.2 dieses Kapitels wurden die verschiedenen Entwicklungsstufen bis hin zum Strategischen Management aufgezeigt. Eine Darstellung der verschiedenen Entwicklungsstufen des Marketing, einschließlich einzelner Verbreiterungs- und Vertiefungsaspekte, erfolgte in Gliederungspunkt 3.1 dieses Kapitels. Beachtet man, daß es sich bei der Entwicklung der verschiedensten strategischen Systeme um einen Prozeß handelt, so ist zu berücksichtigen, daß der Entwicklungsstand bei einzelnen Unternehmen sehr unterschiedlich ist. Dabei sollte neben der Entwicklung von Systemen und Instrumenten nicht die Diffusion der zugrunde liegenden Leitbilder und Führungsphilosophien unterschätzt werden. Die Veränderung der Kultur eines Unternehmens im Sinne dieser Philosophien bzw. dieser speziellen Denkweisen ist heute noch lange nicht überall in die Kultur der Unternehmen eingegangen. Entsprechend unterschiedlich sind die Ausprägungen der strategischen Marketingplanung in Unternehmen. Im wesentlichen können nach Ansicht des Verfassers drei Entwicklungsstufen unterschieden werden: — Strategische Marketingplanung innerhalb des Funktionsbereichs Marketing,

3. Marktorientierte Unternehmensführung und strateg. Marketingplanung

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— strategische Marketingplanung als Leitplanung des Unternehmens, — strategische Marketingplanung und Strategisches Management. Strategische Marketingplanung innerhalb des Funktionsbereichs Marketing

Betrachten Unternehmen Marketing als eine Unternehmensfunktion und nicht als eine Denkhaltung des Unternehmens, so führt dies im allgemeinen zu einer engen, am Produkt orientierten Marketingperspektive. Marketing wird eher als eine Vertriebsfunktion gesehen. Dies führt zu einer weitgehenden Isolierung der Marketingaktivitäten in einer organisatorisch abgegrenzten Marketingfunktion sowie zu einer Beschränkung von Marketingüberlegungen auf kurzfristige Maßnahmen ohne strategische Perspektive (vgl. Henzler 1980: 86). Unter Marketingstrategien werden überwiegend Instrumentalstrategien verstanden, also Fragen des Instrumenteneinsatzes bzw. Fragen des kombinierten Einsatzes von Marketinginstrumenten (Marketing-Mix). Bei Unternehmen mit einer solchermaßen geringen Stellung des Marketing dominieren im Normalfall technologische und finanzielle Aspekte im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung. Strategische Marketingplanung wird losgelöst von der Unternehmensplanung als Planung des Marketing-Mix gesehen. Strategische Marketingplanung als Leitplanung des Unternehmens Im Gegensatz dazu dominiert bei marketingorientierten Unternehmen der strategische Marketingplan die strategische Unternehmensplanung. Wenn man Marketing als die konsequente Orientierung des gesamten Unternehmens an den Gegebenheiten des Marktes auffaßt — nämlich als eine das Unternehmen als Ganzes erfassende Führungskonzeption — so ist ohne weiteres einsichtig, daß Unternehmensstrategien bei Anwendung dieses Konzeptes in erster Linie Marketingstrategien sind. Dies entspricht der traditionellen Auffassung des Marketing, entsprechend häufig finden sich diese Vorstellungen in der Literatur (vgl. z. B. Köhler 1981: 264; Meffert/ Wehrle 1983: 51; Becker 1983: 2-3; Kotler 1982: 67; Day/Wensley 1983:3 und Haedrich 1976: 33 — 34). Beispielhaft soll hier die Formulierung von Meffert/Wehrle (1983: 51) wiedergegeben werden: „Interpretiert man als primäre Aufgabe der strategischen Marketingplanung die Beantwortung der Frage, welche Produkte in welchen Märkten mit welchen Marketingaktivitäten zu welchem Zeitpunkt vertrieben werden sollen, so wird deutlich, daß die strategische Marketingplanung nicht nur eine funktionale Komponente, sondern das Kernstück der strategischen Unternehmensplanung darstellt. Im Rahmen der marktorientierten Handlungsweise von Unternehmen beeinflussen Fragestellungen der strategischen Marketingplanung alle Teilprobleme, die das Aufgabenfeld der strategischen Unternehmensplanung determinieren." Grundgedanke dieses Ansatzes ist, daß

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Grundlegung

das Überleben des Unternehmens das zentrale Problem darstellt und hierzu die Anpassung der Produkt-Markt-Strategie an die Umweltbedingungen entsprechend der Heuristik „Stärken betonen — Schwächen vermeiden" zu erfolgen hat. Entsprechend dieser Denkweise konzentrieren sich die Lösungsansätze auf partielle Bereiche, d. h. es wird primär der Produkt-Markt-Bereich betrachtet und die Umwelt weitgehend auf potentielle Kunden sowie Konkurrenten reduziert. In den sechziger Jahren standen vor allem Wachstumsaspekte im Vordergrund der Betrachtung, d. h. Ziel war es, mit möglichst vielen Produkten in möglichst vielen Märkten vertreten zu sein. Unter Einsatz des gesamten Marketinginstrumentariums wurden Marktanteile insbesondere unter Wachstumsgesichtspunkten angestrebt. In den siebziger Jahren vollzog sich jedoch ein Wandel. Nicht Wachstum um jeden Preis war das Ziel, sondern Unternehmenskonsolidierung und kontrolliertes Wachstum (vgl. Day/Wensley 1983:3). Dementsprechend stand nicht die Eroberung von Marktanteilen dominierend im Vordergrund, sondern daneben bekamen Rentabilitäts- und Finanzierungsgesichtspunkte entscheidende Bedeutung. Entsprechend traten Fragen der Rentabilität, Kosten und Produktivität, der Technologie und Unternehmensorganisation in den Vordergrund. Diese eindeutig am Produkt-Markt-Bereich orientierte Betrachtung, ergänzt um eine eindeutig wachstumsorientierte Sichtweise, wird nach Ansicht des Verfassers auch bei einer Betrachtung der Marketingliteratur und der Marketingpraxis deutlich. So findet man in der Marketingdiskussion bisher wenig hilfreiche Hinweise, wie etwa das Marketing-Mix im Falle einer Rückzugsstrategie zu gestalten ist. Ebenso ist das Instrumentarium der Marktforschung primär auf die Erfassung und Erforschung der Konsumentenbedürfnisse und -Verhaltensweisen ausgerichtet. Über die Wettbewerber stehen meist nur unzureichende Informationen zur Verfügung. Ein weiterer Aspekt ist die Vernachlässigung der gesamtunternehmensbezogenen Planung. Durch die starke Fixierung auf einzelne Produkte und die jeweiligen Konsumenten gelang zwar eine bessere Befriedigung der Verbraucherbedürfnisse, es gab aber auch Nebenwirkungen, die nur wenige Unternehmen klar erkannten (vgl. Boston Consulting Group 1977): Die Kosten stiegen in der Produktion, im Marketing und im Gemeinkostenbereich. Die Fertigungskosten stiegen, weil mehr Modelle und Varianten in die Produklinie aufgenommen wurden. Die Marketingkosten erhöhten sich, weil mit erweiterten Produktlinien zusätzliche Kundenschichten angesprochen wurden. Die Gemeinkosten nahmen zu, weil sich all diese zusätzlichen Produkte und Geschäfte entgegen den gehegten Hoffnungen meist nur unvollständig ergänzten. Viele der Angebotserweiterungen oder Neuentwicklungen wurden damit gerechtfertigt, daß sie die Produktpalette

3. Marktorientierte Unternehmensführung und strateg. Marketingplanung

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abrundeten, brachliegende Kapazität im Vertrieb nutzten und die als fix angenommenen Gemeinkosten mittragen würden. Als Antwort auf steigende Kosten und steigende Preise der großen Unternehmen konzentrierten sich kleinere Unternehmen auf wenige Produkte mit hohen Stückzahlen. Da ihre Preise häufig 20 — 30% unter denen der traditionellen Branchenführer lagen, verkauften sie auch ohne umfangreiche Werbeanstrengungen. Trotz ihres häufig hohen Absatzvolumens — verteilt auf eine Vielzahl von Produkten — hatten die traditionellen Konkurrenten höhere Gesamtkosten und eine entsprechend ungünstige Rentabilitätssituation. Ein zweiter Effekt des klassischen Marketingkonzepts war das Erscheinen neuer Wettbewerber. In dem Bemühen, möglichst alle potentiellen Kunden zu erreichen, verloren viele Unternehmen ihre traditionelle Spezialisierung. Dies führte zu einer Intensivierung des Wettbewerbs und stärkte die Macht der Käufer. Viele große und gut geführte Unternehmen, die dem klassischen Marketingkonzept folgten, erkennen heute die damit verbundenen Kosten. Durch Inflation, hohe Zinsen und rezessive Konjunktur werden viele Firmen aus dem Markt gedrängt, selbst ehemalige Marktführer. Alle diese Aspekte führten zu einer intensiven Diskussion, verbunden mit verschiedenen neuen Ansätzen. Strategische Marketingplanung und Strategisches Management Logische Schritte, als Antwort auf die veränderte Unternehmens- und Umweltsituation, waren die Entwicklung des Strategischen Managements, des Portfolio-Managements und eine Ergänzung der klassischen Marketingbetrachtung. Strategisches Management ist auf die langfristige Unternehmensentwicklung ausgerichtet und bezweckt eine aktive Unternehmens- und Marktgestaltung. Der Prozeß der strategischen Planung, als Teil eines Strategischen Managements, muß also auch seine Entsprechung in einem .strategischen Marketing finden. Erst hierdurch läßt sich die markt- und marketingbezogene, längerfristig konsistente Umsetzung eines erarbeiteten Strategiekonzeptes sichern. Der Übergang zwischen beiden Bereichen ist dabei fließend. Das Strategische Management charakterisiert analog zum Marketingansatz eine Denkhaltung für das Unternehmen, unter besonderer Berücksichtigung und Beachtung der in der Zukunft begründeten Probleme. Insofern kann auch argumentiert werden, daß Strategisches Management die konsequente Weiterentwicklung des Marketingkonzeptes beinhaltet. Gegenüber der traditionellen Produkt-MarktBetrachtung erfolgt eine Ergänzung um zusätzliche Dimensionen: Es werden alle Ressourcen des Unternehmens einer Analyse unterzogen und in dem Planungsprozeß berücksichtigt (vgl. Höfner/Winterling 1982: 45). Da die Engpässe bzw. Problemschwerpunkte der meisten Unternehmen im Absatzbereich liegen, bedeutet das für die strategische Unternehmenspla-

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Grundlegung

nung — genau wie bei der strategischen Marketingplanung — die Ausrichtung der gesamten unternehmerischen Ziele und Maßnahmen am Markt. Die Marktgegebenheiten dienen als Impulsgeber für das gesamte Unternehmen, d.h. alle Unternehmensbereiche werden in diesen marktorientierten Planungsprozeß konsequent einbezogen. Darüber hinaus ist es erforderlich, die Umweltbetrachtung über den traditionellen Produkt-MarktBereich hinaus zu erweitern. Insbesondere die Einbeziehung einer verstärkten Wettbewerbsbetrachtung sowie die Berücksichtigung technologischer Entwicklungen erlangen hierbei entscheidende Bedeutung.

4. Integration der verschiedenen strategischen Planungsansätze In den vorangehenden Gliederungspunkten wurde verdeutlicht, daß mit Hilfe verschiedener Planungsansätze versucht wird, der heutigen Unternehmens- und Umweltsituation Rechnung zu tragen. Dabei müssen die Bemühungen des strategischen Planungsprozesses auf eine Übereinstimmung zwischen Umwelt, Strategie und interner Konfiguration des Unternehmens gerichtet sein. Nach Auffassung des Verfassers bedarf es hierzu einer weitgehenden Integration der verschiedenen Ansätze, die in der Literatur bis heute nicht geleistet wurde. Strategisches Management, strategische Frühaufklärung, Portfolio-Management und eine erweiterte Marketingauffassung schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich in idealer Weise. Dabei bedarf es ebenso einer Konsumentenorientierung wie einer Wettbewerbsorientierung der strategischen Planung unter Beachtung der spezifischen Fähigkeiten des Unternehmens. Hierdurch wird der Ansatz dieses Buches deutlich. Betrachtet wird der strategische Planungsprozeß als Teil des Strategischen Managements. Dabei werden sowohl Aspekte des strategischen Marketing als auch des Portfolio-Managements und strategischer Frühaufklärungssysteme berücksichtigt und in ein strategisches Planungssystem integriert (vgl. Abb. 14). Im Mittelpunkt des Strategischen Managements und des strategischen Marketing steht der Aufbau und die Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen im Bewußtsein der Konsumenten. Um dies zu erreichen, ist es erforderlich, neben einer Vielzahl relevanter Variablen aus dem internen und externen Bereich des Unternehmens auch den Versuch zu unternehmen, den immer

4. Integration der verschiedenen strateg. Planungsansätze

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rascher sich vollziehenden Wandel der Umwelt zu handhaben. Es wird zunehmend wichtiger, aufkommende Turbulenzen (Diskontinuitäten) frühzeitig zu erkennen und ihnen mit adäquaten Aktivitäten zu begegnen. Hierbei wird die Kenntnis des Kundenproblems und seiner Veränderungen auch weiterhin eine entscheidende Voraussetzung für die langfristige Existenzsicherung des Unternehmens sein. Auch in Zukunft wird die Bedeutung des Marktes für die Unternehmen nicht zurückgehen. Der Leistungsaustausch mit dem Markt muß im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Portfolio-Management

Strategische Strategisches ^ Planung als Teil ^ Strategische Marketing ^ des Strategischen ™ Frühaufklärung Managements

Konsumentenorientierung und Wettbewerbsorientierung Abb. 14 Zusammenhang zwischen verschiedenen strategischen Planungsansätzen

Die strategische Analyse darf jedoch nicht auf den Produkt-Markt-Bereich beschränkt bleiben. Der Wettbewerb wird auf den verschiedensten Ebenen — nicht nur auf der Produktebene — ausgetragen. Insbesondere zwei Gesichtspunkte werden vielfach in der strategischen Planungsliteratur bzw. der Marketingliteratur zu wenig beachtet: — Der Produktbegriff muß weiter gefaßt werden als dies häufig in der strategischen Planung geschieht: Unter einem Produkt ist die Gesamtleistung (Qualität, Zusatzleistungen, Service etc.) zu verstehen, die den Endabnehmer dazu veranlaßt, es zu kaufen. Entsprechend reflektiert der Preis die Gesamtkosten, die der Endabnehmer aufwenden muß, um das Produkt zu erhalten. — Die „klassische" Konsumentenorientierung des Marketing bedarf einer Erweiterung um die Wettbewerbsorientierung. Jedes Unternehmen steht mit seinen Konkurrenten im Wettbewerb um die Gunst der Kunden. Entsprechend haben auch die Ressourcen und Fähigkeiten sowie Stärken und Schwächen der Wettbewerber entscheidenden Einfluß auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Darüber hinaus können andere Faktoren — neben dem Absatzfaktor — zum Engpaßfaktor werden.

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Grundlegung

Eine erweiterte Produktbetrachtung, die Differenzierungen auf allen Stufen des Geschäftssystems berücksichtigt, eröffnet das Verständnis für die Regeln des Wettbewerbs in einem Markt. Das Geschäftssystem umfaßt die Abfolge aller Schritte, mit denen ein Unternehmen in einem gegebenen Geschäft seine Güter oder Dienstleistungen produziert und an den Kunden bringt (vgl. zur Darstellung und Diskussion der Bedeutung der Geschäftssystem-Analyse Gliederungspunkt 3.2.1.1.3.3 im zweiten Kapitel, S. 187). Jede Stufe des Geschäftssystems (Rohstoffe, Forschung und Entwicklung, Marketing, Distribution, Service etc.) hat einen unterschiedlichen Einfluß bzw. eine unterschiedliche Bedeutung für die wahrgenommene Produktleistung durch die Abnehmer. So ermöglicht beispielsweise der technologische Vorsprung eines Wettbewerbers eine bessere Befriedigung der Verbraucherbedürfnisse in Form von Produkt- oder Kostenvorteilen; geringere Kosten in der Produktion oder eine ausgeprägte Verhandlungsstärke gegenüber den Lieferanten ermöglichen dem Anbieter eine günstigere Kostenstruktur, was sich wiederum in entsprechend günstigen Preisen niederschlagen kann usw. Dies eindeutig herauszuarbeiten ist eine wesentliche Aufgabe der strategischen Planung, denn letztlich kann ein Wettbewerbsvorteil nur in zwei Bereichen begründet sein: im höheren Wert für den Kunden oder in niedrigeren Kosten (vgl. Timmermann 1982: 14). Neben der Markt- bzw. Konsumentenorientierung erfuhr die Wettbewerbsorientierung in den letzten Jahren eine verstärkte Bedeutung. Hier ist insbesondere auf den Ansatz von Porter (1983) hinzuweisen, der die Analyse der Branchenstruktur und der Wettbewerber in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Porter (1983: 78) geht davon aus, daß konsequentes und zielbewußtes strategisches Handeln ein tiefes Verständnis der Branche und des Verhaltens der Wettbewerber voraussetzt. Für ein Unternehmen innerhalb der Branche liegt der Zweck einer Wettbewerbsstrategie darin, eine Position zu finden, in der es sich am besten gegen die Wettbewerbskräfte (Rivalität unter den bestehenden Unternehmen, Bedrohung durch neue Konkurrenten, Verhandlungsmacht der Abnehmer, Verhandlungsstärke der Lieferanten, Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste) schützen oder diese zu seinen Gunsten beeinflussem kann (vgl. Porter 1983: 25 — 26). Das Unternehmen ist daher so zu positionieren, daß es den Wert der Fähigkeiten maximiert, die es den Konkurrenten voraus hat. Eine derartige Hinwendung zur Wettbewerbsorientierung bei der strategischen Planung kann jedoch zu einer erheblichen Vernachlässigung von Marketingaspekten führen. Der Verfasser ist der Meinung, daß die Wettbewerbsorientierung die klassische Marketingbetrachtung nicht verdrängen sollte, sondern die Marketingbetrachtung ist um die Wettbewerbsorientierung zu ergänzen. Strategische Vorteile können sich letztlich nur in Vorteilen angebotener Problemlösungen im Blickwinkel der Konsumenten aus-

4. Integration der verschiedenen strateg. Planungsansätze

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drücken. Insofern erhält die traditionelle Betrachtung eine wesentliche Bereicherung dadurch, daß nicht nur der Konsument im Mittelpunkt aller strategischen Überlegungen steht, sondern daß das Verhältnis Unternehmen bzw. Produkt zu Konsument betrachtet wird unter dem Blickwinkel der Wettbewerbsorientierung. Ob ein Unternehmen Erfolg hat oder nicht, entscheidet sich im Markt. Erfolgreiche Produkte sind solche, die Konsumentenbedürfnisse besser befriedigen als Wettbewerbsprodukte. Insofern heißt Marketing nicht nur die optimale Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse, sondern diese Betrachtung muß nach Auffassung des Verfassers ergänzt werden: Marketing hat die Aufgabe, Konsumentenbedürfnisse besser zu befriedigen als dies Wettbewerbsprodukte können. Erfolgreiche Produkte sind solche, die Vorteile im Bewußtsein der Konsumenten vor Wettbewerbsprodukten haben. Daher ist es falsch, davon zu sprechen, daß die Markt- bzw. Konsumentenorientierung durch die Wettbewerbsorientierung ersetzt wird. (Abb. 15 verdeutlicht diesen Zusammenhang.) Angesichts stagnierender Märkte und knapper Ressourcen wird es für Unternehmer immer wesentlicher, den gezielten Ressourceneinsatz in die strategische Analyse einzubeziehen. Dies bedeutet, daß es im Rahmen der strategischen Überlegungen eine wesentliche Aufgabe ist, die zur Verfügung stehenden Ressourcen gezielt auf die verschiedenen Geschäftsberei-

Entscheidung durch den Kunden/Konsumenten*

'Der K u n d e / K o n s u m e n t entscheidet sich für die Problemlösung, die seinen Bedürfnissen und seiner Nutzenerwartung am ehesten entspricht. Abb. 15 Konsumenten- und Wettbewerbsorientierung

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Grundlegung

ehe des Unternehmens zu verteilen — Aspekte, die das Portfolio-Management prägen. Der Ansatz des Portfolio-Managements ist als ein Schritt zu einem Strategischen Management zu sehen und stellt die Steuerung der Evolution durch eine konzeptionelle Gesamtsicht des Unternehmens in den Mittelpunkt (vgl. Kirsch 1980: 74). Die Portfolio-Betrachtungsweise ermöglicht es, die verschiedenen divergenten Geschäftsfelder des Unternehmens jeweils getrennt, ihrer Situation angemessen zu analysieren und strategisch zu planen und dennoch die Restriktionen des Gesamtunternehmens einzuhalten und die Chancen des Marktes zu nutzen. Hierdurch erfolgt eine wesentliche Ergänzung der kunden-/konsumenten- und wettbewerbsorientierten Sicht der Unternehmensumwelt durch eine gesamtunternehmensbezogene Sicht des Unternehmens.

5. Prozeß der strategischen Planung und Abgrenzung der strategischen Analyse Der Prozeß der Planung wird von einer Reihe von Autoren typischerweise in mehrere Phasen unterteilt. Dabei besteht die Tendenz, diesen Prozeß als linearen Prozeß zu sehen. Ein entsprechendes Phasenschema findet sich auch in vielen Werken über strategische Planung (vgl. z.B. Dunst 1979: 152; Haedrich 1983: 179; Hinterhuber 1980: 31-32 und Köhler 1981: 266). Beispielhaft sei hier die Darstellung des Planungsprozesses von Wild wiedergegeben (vgl. Abb. 16). Eine Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Phasenschema stellt, betrifft den Begriffsumfang der Planung. Es geht hierbei um die Festlegung, welche Phasen man der Planung zurechnen will. Der in Abbildung 16 dargestellte Planungsprozeß folgt einer weiten Auffassung vom Inhalt des Planungsprozesses. Bei einer engeren Sicht umfaßt der Planungsprozeß lediglich die Phasen von „Zielbildung" bis „Bewertung", aber nicht die Entscheidung (vgl. Wild 1974: 39 und Kreikebaum 1981: 96). Um zu klären, welche Strukturierung des Planungsprozesses innerhalb dieses Buches Berücksichtigung findet, ist zurückzugreifen auf die Definition des Planungsbegriffes (vgl. Gliederungspunkt 11.1, S. 2). Gemäß der Auffassung des Arbeitskreises „Langfristige Unternehmensplanung" der Schmalenbach-Gesellschaft (1977: 2 — 4) erfolgt eine Abgrenzung zwischen „genereller Zielplanung", „strategischer Planung", „operativer Planung"

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5. Prozeß der strateg. Planung und Abgrenzung der strateg. Analyse Zielbildung

I Problemerkenntnis

l Planung Alternativensuche

Prognose

Bewertung

t T Entscheidung

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•3.

Durchsetzung

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REALISATION Messung

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Soll

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Kontrolle

I

Abweichungsanalyse

Abb. 16 Phasenstruktur des Führungsprozesses Quelle: Wild 1974:37

und der „gesamtunternehmensbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung". Bezugnehmend auf die dort getroffenen Aussagen können folgende inhaltliche Präzisierungen zum diesem Buch zugrunde gelegten Planungsprozeß getroffen werden: — Es wird davon ausgegangen, daß institutionell vorgegebene Gewinn-, Rentabilitäts-, Wachstums- oder Stabilitätsziele zur Sicherung der Überlebensfähigkeit als „natürliche Oberziele" nur begrenzt zur Disposition stehen. Diese Ziele bestimmen den Rahmen, gewissermaßen die grobe Zielstrukturierung, als Ausgangspunkt des strategischen Planungsprozesses. Dementsprechend stellt die strategische Planung keine Zielplanung dar, sondern sie gibt Anstöße zur Konkretisierung und gegebenenfalls Modifikation der Ziele.

62

Grundlegung

— Die strategische Planung, die den tragenden Bestandteil des umfassenden Planungssystems bildet, gliedert sich in • strategische Analyse (nach Wild 1974): Problemerkenntnis und Prognose), • Entwicklung strategischer Alternativen (nach Wild 1974: Alternativensuche), • Beurteilung der Strategien auf Realisierbarkeit/Zielerreichung und Auswahl der zu realisierenden Strategie (nach Wild 1974: Bewertung und Entscheidung). — Während der Prozeß der strategischen Planung in seinem Kern darauf gerichtet ist herauszufinden, welchen Weg das Unternehmen in Anbetracht seiner Ressourcen, Fähigkeiten und der erwarteten Umweltsituation am besten einschlagen soll, dient die Phase der Detail- und Maßnahmenplanung der Konkretisierung der Strategien und der Schaffung der erforderlichen Voraussetzungen für den Erfolg der Strategien (nach Wild 1974: Durchsetzung). Dazu gehört neben der Umsetzung der Strategien in detaillierte Handlungsprogramme die Ausrichtung des Unternehmens an den Erfordernissen der Strategien (Struktur, Motivations- und Kommunikationssysteme, Kontrollsysteme usw.). — Die gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanung überlagert den Planungsprozeß. Ihre Aufgabe besteht vor allem in der Abschätzung der Wirkung alternativer Strategien oder operativer Maßnahmen auf die jeweilige Umsatz-, Ergebnis- und Liquiditätshöhe des Gesamtunternehmens. Entsprechend sind diese Gesichtspunkte in alle Planungsphasen integriert, wobei jedoch davon ausgegangen wird, daß nach Verabschiedung der strategischen Planung und der Durchführung der Detail- und Maßnahmenplanung eine Konkretisierung im Ergebnis-, Vermögens- und Finanzplan des Unternehmens erfolgt. Der Planungsprozeß stellt nicht eine strikte Abfolge von Phasen dar, sondern ist als iterativer Prozeß zu verstehen. Die Festlegung einzelner Planungsphasen dient lediglich dazu, die erforderlichen Schritte des Planungsprozesses in einer sinnvollen Abfolge darzustellen, Überlappungen und vielfältige Rückverbindungen werden hierdurch nicht ausgeschlossen (vgl. hierzu auch Köhler 1981: 267; Kreikebaum 1981: 96-97 und Koch 1982: 59-61). Entsprechend der Themenstellung des Buches ist es erforderlich, den strategischen Planungsprozeß differenzierter zu betrachten (vgl. Abb. 17). Den Hauptteil des strategischen Planungsprozesses bildet die strategische Analyse. Aufgabe der strategischen Analyse ist die systematische Suche und Diagnose von aktuellen und möglichen strategischen Problemen im Unternehmen selbst sowie in seiner vorhandenen und potentiellen Umwelt.

5. Prozeß der strateg. Planung und Abgrenzung der strateg. Analyse

63

Durch die Erfassung der Unternehmensumwelt wird es möglich, die zentralen strategischen Erfolgsfaktoren der Märkte und Branchen zu bestimmen, in denen das Unternehmen tätig ist. Durch die Gegenüberstellung mit den Leistungspotentialen des Unternehmens können die unternehmensspezifischen Stärken und Schwächen ermittelt werden. Neben der Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen, nimmt die Analyse der Branche im Rahmen der Umweltanalyse einen breiten Raum ein. Sie gliedert sich in Markt-, Wettbewerbs- und Lieferantenanalyse. Die Branchenanalyse öffnet damit das Verständnis für die Bedingungen des Marktes und die Struktur des Wettbewerbs. Während die Umwelt- und Unternehmensanalyse der Bestimmung der strategischen Ausgangssituation dient, besteht die Aufgabe der Prognosephase vor allem darin, alternative Umweltentwicklungen zu definieren. Entsprechend große Bedeutung hat hier die strategische Frühaufklärung. Aufgrund der Bedeutung einer gesamtunternehmensbezogenen Perspektive des Strategischen Managements (vgl. Gliederungspunkt I 4, S. 56) wird die gesamtunternehmensbezogene Analyse mit Hilfe des PortfolioManagements als gesonderte Phase betrachtet. Sie dient der Beurteilung der Geschäftsbereiche des Unternehmens mit ihren spezifischen Ertragsaussichten, Chancen und Risiken aus dem Gesamtzusammenhang des Unternehmens. Voraussetzung ist die Definition Strategischer Geschäftsfelder, die als Renditebringer mit eigenen Ertragsaussichten, Chancen und Risiken betrachtet werden (vgl. Gliederungspunkt IV 1.1, S. 316). Bereits in der Vergangenheit definierte Geschäftsfelder sind im Rahmen des strategischen Planungsprozesses zu überprüfen und der sich wandelnden Umweltsituation anzupassen. Darüber hinaus werden sich aufgrund der strategischen Analyse neue oder alternative Geschäftsfelddefinitionen ergeben. Die eigentliche gesamtunternehmensbezogene Analyse erfolgt mit Hilfe des Instrumentariums des Portfolio-Managements. Wesentliche Aspekte der Umwelt- und der Unternehmensanalyse werden zusammengeführt und aus einem gesamtunternehmensbezogenen Zusammenhang heraus betrachtet. In der Vergangenheit wurde eine Vielzahl von Portfolio-Konzepten entwickelt. Entsprechend der Unternehmens- und Umweltsituation erfolgt eine Auswahl der zu verwendenden Matrix und eine geschäftsfeldspezifische Analyse der Portfolio-Positionen. Durch die Erstellung und Analyse weiterer Portfolio-Matrizen können die strategischen Analysen vertieft und alternative „Normstrategien" abgeleitet werden.

64

Grundlegung

Grobe Zielstrukturierung

Umwelt- und Unternehmensanalyse Branchenanalyse Analyse der globalen Umwelt

Analyse regulativer Gruppen

Marktanalyse

Wettbewerbsanalyse

Lieferantenanalyse

Unter nehmensanalyse (Analyse der Leistungspotentiale des Unternehmens)

Definition der strategischen Ausgangssituation

Prognose Prognose der Entwicklung der Markt- und Unternehmenssituation

Strategische Frühaufklärung

Definition alternativer Umweltentwicklungen

Gesamtunternehmensbezogene Analyse mit Portfolio-Management Definition strategischer Geschäftsfelder Überprüfung der Definition bestehender Geschäftsfelder

Bildung alternativer Geschäftsfelddefininition

Definition neuer Geschäftsfelder

Erstellung und Analyse des Ist -Portfolios Wahl und Aufstellung der Portfolio Matrix

Geschäftsfeldspezifische Analyse der Portfolio Matrix

Erstellung und Analyse alternativer PortfolioMatrizen

Ableitung alternativer Normstrategien

5. Prozeß der strateg. Planung und Abgrenzung der strateg. Analyse

Ableitung und Entwicklung von Strategien

Strategische Ausgangssituation

Normstrategien der Gesamtunternehmensanalyse

Alternative Umweltentwicklungen

Entwicklung strategischer Alternativen Strategien für bestehende Geschäftsfelder

Strategien für neue Geschäfts felder

Bewertung der Strategien auf Realisierbarkeit und Zielerreichung

Realisierbare und zieladä-

Überprüfung der Geschäftsfelddefinitionen nem

Suche neuer Strategien Überarbeitung bestehender Strategien

Ableitung und Aufstellung des Ziel- Portfolios

Detail- und Mailnahmenplanung (operative P l a n u n g )

Abb.

17

Struktur des Planungsprozesses

65

66

Grundlegung

Die strategische Analyse umfaßt somit die folgenden drei Teilbereiche: — Umwelt- und Unternehmensanalyse, — Prognose, — gesamtunternehmensbezogene Analyse mit Portfolio-Management. Diese Bereiche werden entsprechend der Themenstellung dieses Buches differenziert dargestellt und diskutiert. Die hieran anschließende Ableitung und Entwicklung von Strategien baut auf dieser Analyse auf, ist jedoch nicht Gegenstand dieses Buches. Die strategische Analyse bildet jedoch die entscheidende Voraussetzung, um Aussagen über die Wirkungsweisen und Konsequenzen potentieller Strategien ableiten zu können; d.h. erst eine differenzierte strategische Analyse eröffnet das Verständnis für Erfolg oder Nichterfolg von Strategien. Die in Abbildung 17 eingezeichneten Verbindungen deuten an, daß es sich nicht um eine eindeutig sukzessive Aufgabenfolge handelt, sondern daß sich die Planungsteilbereiche zum einen wechselseitig überlagern können, zum anderen, daß verschiedene Rückkopplungen bestehen. Die Suche nach Strategien ist in hohem Maße ein kreativer, oft von spontanen Eingebungen getragener Prozeß, der sich aber durch bestimmte Untersuchungsraster bzw. Denkverfahren ordnen, unterstützen und ausdrücklich in einen strategischen Planungsablauf eingliedern läßt (vgl. Köhler 1981: 267). Das Erfordernis solcher systematischen Denkhilfen und Analysen wird in diesem Zusammenhang um so ausgeprägter, je heterogener (insbesondere bei Großunternehmen) die bereits bestehende Produktpalette ist. Hier erscheint es oft kaum mehr möglich, die umfassende Unternehmensidee aus einem Guß zu formulieren, wie dies in der Gründerzeit vorstellbar gewesen sein mag. Es muß vielmehr eine gedankliche Zerlegung des Leistungsspektrums in miteinander vereinbarte Teilbereiche erfolgen, für die jeweils gezielt und methodengestützt die strategische Ausgangssituation analysiert und nach neuen strategischen Alternativen gesucht werden kann. Die Qualität strategischer Entscheidungen und ihre Vorbereitung hängt letztlich von den analytischen und schöpferischen Fähigkeiten und dem Urteilsvermögen der Personen ab, die mit dem strategischen Denken betraut sind. Die Formalisierung dieses Denkens im Rahmen eines Planungssystems ist wünschenswert, so beispielsweise, um rechtzeitig die Aufmerksamkeit auf strategische Fragen zu lenken, die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen durch systematische Sammlung und Verwertung von Informationen zu mildern und die schöpferischen Talente der Mitglieder der Organisation anzuregen. Letztlich kann jedoch ein System die Qualität des Endresultates des strategischen Denkens nur begrenzt beeinflussen (vgl. Thanheiser/Patel 1977: 11). Dementsprechend sind die strate-

5. Prozeß der strateg. Planung und Abgrenzung der strateg. Analyse

67

gische Analyse und die Entwicklung von Strategien kein logisches Kalkül, das schematisch abgewickelt werden kann und zwangsläufig zu bestimmten, richtigen Ergebnissen führt. Die Wirklichkeit sozio-ökonomischer Systeme ist zu komplex, als daß derartige Algorithmen angewendet werden können. Obwohl Planungssysteme eine wesentliche Unterstützung des Prozesses ermöglichen, wird auch in Zukunft die Entwicklung einer Strategie eine Aufgabe sein, bei der praktische Erfahrung, Intuition, schöpferisches Denken, Intelligenz und wissenschaftliche Erkenntnisse zusammenfließen müssen (vgl. Pümpin 1980: 15 und Hammer 1982: 126).

II. Umwelt- und Unternehmensanalyse

Das besondere Kennzeichen der Planung ist ihre Zukunftsorientierung, was allerdings noch nicht bedeutet, daß sie losgelöst von der Gegenwart und der Vergangenheit in einer Art Vakuum stattfindet. Sie kann im Gegenteil nicht ohne Bezug zur bereits erfolgten Entwicklung begonnen werden, denn schließlich ist sie — auch im Falle der innovativen, strategischen Planung — mehr oder weniger stark durch Entscheidungsprozesse der Vergangenheit konditioniert (vgl. Zahn 1979: 230). Eine solche gegenwarts- und vergangenheitsbezogene Analyse darf sich nicht in einmaligen Momentaufnahmen erschöpfen, sie sollte vielmehr kontinuierlich und mit Blick auf die Zukunft betrieben werden, mit anderen Worten: Die Analyse bedarf einer Ergänzung durch eine Prognose. Erst durch die Verknüpfung von gegenwarts- und zukunftsbezogenen Informationen werden die strategischen Erfordernisse sichtbar. Auf diese Weise lassen sich zuverlässigere Aussagen über die Zukunft und damit auch realistischere Annahmen für die strategische Planung gewinnen. Die genaue Identifikation und Diagnose der strategischen Ausgangssituation sowie die Analyse der zur Zeit verfolgten Strategien stellt die Basis — und einen wesentlichen Teil — des strategischen Prozesses dar. Während es in der Vergangenheit vielfach üblich war, alle verfügbaren Informationen zu sammeln und als Basis für die Entwicklung von Strategien aufzubereiten, wird es heute und in Zukunft immer wichtiger, aus der Vielzahl der Daten Schlüsselinformationen herauszufiltern, die es dem Unternehmen gestatten, die aktuellen strategischen Probleme zu lösen. Um Informationen solchermaßen zielgerichtet auswählen und in ihrer Relevanz beurteilen zu können, ist es erforderlich, daß vor der eigentlichen Informationssammlung und -analyse zumindest globale Ausgangsziele bzw. strategische Zielleitlinien formuliert sind (vgl. Kaffee 1984: 69). Außerdem kommt es darauf an, möglichst früh in den Besitz strategisch relevanter Informationen zu gelangen, denn nur diese sind dazu in der Lage, die Situation in einzelnen Branchen oder Märkten treffend zu kennzeichnen und den Hintergrund für die Entwicklung von erfolgversprechenden Strategien zu bilden (vgl. Haedrich 1983: 176).

70

Umwelt- und Unternehmensanalyse

1. Strukturierung der Umwelt- und Unternehmensanalyse Die primäre Aufgabe der Umwelt- und Unternehmensanalyse besteht in der systematischen Suche und Diagnose von aktuellen und möglichen strategischen Problemen im Unternehmen selbst sowie in seiner vorhandenen und potentiellen Umwelt. Strategische Probleme können sowohl in der Umwelt in Form von Gefahren und Gelegenheiten bzw. Chancen und Risiken auftreten als auch im Unternehmen selbst, wo sie sich als Stärken und Schwächen manifestieren (vgl. insbesondere Roventa/Mauthe 1981: 856 und Raffee 1984: 69). Hieraus ergibt sich die traditionelle Unterteilung der strategischen Analyse nach Umweltanalyse und Unternehmensanalyse. Der wesentliche Aspekt einer solchen Strukturierung ist, daß davon ausgegangen wird, daß Umweltfaktoren durch das Unternehmen nicht beeinflußt werden können, während die Faktoren der Unternehmensanalyse durch das Unternehmen selbst beeinflußbar sind. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine tendenzielle Aussage, da sicherlich auf einige der traditionell als extern angesehenen Faktoren auch Einfluß genommen werden kann, wenn jedoch auch nur in schwach ausgeprägtem Maße, andererseits interne Faktoren häufig auch schwer den veränderten Bedingungen angepaßt werden können. Weiterhin fällt die Entscheidung darüber, was eine interne Stärke oder Schwäche eines Unternehmens ist, ebenfalls letztlich im Markt, eines der wichtigsten Umfelder des Unternehmens. Hier wird die große Bedeutung der Umwelt für die Entwicklung von Strategien deutlich. Entsprechend betont Mauthe (1984:3, daß die strategische Analyse nicht nur die systematische Suche und Diagnose von strategischen Problemen innerhalb des Unternehmens und in seinen vorhandenen und potentiellen Umwelten umfassen sollte, sondern daß darüber hinaus auch die unmittelbaren und mittelbaren Interaktionen zwischen Unternehmen und Umwelt analysiert werden müssen. „Strategische Probleme (strategic issues) werden im Unternehmen als Stärken und Schwächen erfaßt und manifestieren sich in der Umwelt in Form von Gefahren und Gelegenheiten. Durch Relativierung von Stärken und Schwächen mit Gefahren und Gelegenheiten lassen sich dann unternehmensspezifische Chancen und Risiken ermitteln" (Mauthe 1984:3). Eine Trennung in Umwelt- und Unternehmensanalyse erfolgt auch in diesem Buch. Die wichtigsten Aspekte der Unternehmensanalyse sind in Gliederungspunkt II 4 (S. 232) dargestellt, aufgrund der Vielschichtigkeit

l. Strukturierung der Umwelt- und Unternehmensanalyse

71

der Umweltbeziehungen erfolgt die Darstellung der Umweltanalyse differenzierter. Hier ist insbesondere zu trennen zwischen der globalen und aufgabenspezifischen Umwelt (vgl. Dunst 1979: 21 -29; Mauthe 1984: 80 und 217 und die dort angegebene Literatur). In der globalen Umwelt werden die politischen, gesellschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfaßt. Verschiedene Autoren beziehen in jüngster Zeit auch die ökologische Sphäre als Analysefeld mit in die Betrachtung ein (vgl. Zahn 1979: 233 und Mauthe 1984: 80). Die Analyse der Entwicklung dieser Bedingungen bildet den Rahmen für die zweite Analyseebene, die der aufgabenspezifischen Umwelt. Diese Ebene bezieht alle Interessengruppen ein, die durch ihr Handeln direkte Auswirkungen auf ein Unternehmen haben. Zu diesen Gruppen bzw. Individuen und Organisationen zählen insbesondere Lieferanten, Kunden und Konkurrenten, aber auch Gewerkschaften, Behörden usw. In der Literatur existieren zur Strukturierung der aufgabenspezifischen Umwelt unterschiedliche Ansätze (vgl. hierzu die Beispiele in Abb. 18). Betrachtet man zunächst die linke Seite der Abbildung, so zeigt sich, daß alle angeführten Autoren die direkten Interaktionspartner des Unternehmens, nämlich die Kunden bzw. Abnehmer und Lieferanten in die Betrachtung einbeziehen. Die Begriffe „Abnehmer", „Konsument", „Käufer", Ulrich 1978

Dunst 1979

Porter 1983

Mauthe 1984

Gälweiler 1974

Glueck 1976

Pümpin 1980

Hammer 1982

Kunden

Kunden

Abnehmer

Kunden

Marktanalyse

Marktanalyse

Marktanalyse

Marktanalyse

Lieferanten

Lieferanten

Lieferanten

Lieferanten

Konkurrenten

Konkurrenten

Wettbewerber

Konkurrenten

Konkurrenzanalyse

Wettbewerbsanalyse

Konkurrenzanalyse

Wettbewerbsanalyse

Staat

Staatl. Institutionen

regulative Gruppen (Gewerkschaften, Behörden, Verbände)

Branchenanalyse

Branchenanalyse

Branchenanalyse

Kapitalgeber

Kapitalgeber

Arbeitnehmer

Abb. 18 Analysefelder der aufgabenspezifischen Umwelt

72

Umwelt- und Unternehmensanalyse

„Verbraucher" und „Kunde" werden zwar in diesem Buch weitgehend synonym verwendet, es sei jedoch darauf hingewiesen, daß sie nicht als identisch anzusehen sind. Als Konsument oder Verbraucher wird der Letztverbraucher bezeichnet, der jedoch nicht mit dem Käufer einer Ware übereinstimmen muß (z. B. bei Geschenken; vgl. zur Abgrenzung Haedrich 1976: 64 — 66). Ebenso kann es sich bei dem Abnehmer, Kunden oder Käufer sowohl um den Letztverbraucher als auch um ein Handelsunternehmen handeln (vgl. hierzu insbesondere Gliederungspunkt II 3.1.3, S. 131). Von den in Abbildung 18 angeführten Autoren werden weiterhin die Konkurrenten bzw. Wettbewerber betrachtet, mit denen das Unternehmen zwar nicht in unmittelbarer Interaktion steht, von denen aber die Entscheidungen des Unternehmens in erheblichem Maße betroffen werden. Weitere Interessengruppen, die angeführt werden, sind Kapitalgeber, staatliche Institutionen, Gewerkschaften und Verbände sowie Arbeitnehmer. Mit diesen Institutionen steht das Unternehmen zwar auch in unmittelbarer Interaktion, sie haben jedoch keinen direkten Einfluß auf die ProduktMarkt-Beziehung des Unternehmens. Insofern sollte hier der Auffassung von Mauthe (1984: 217) gefolgt werden, diese Gruppen als „regulative Gruppen" zu verstehen und als gesonderten Einflußkomplex zu betrachten. Entsprechend der Strukturierung der Interessengruppen werden verschiedene Analyseschritte abgegrenzt (Beispiele sind auf der rechten Seite der Abb. 18 wiedergegeben). Die Begriffswahl und die Abgrenzung der einzelnen Analysebereiche ist jedoch sehr unterschiedlich. In der Literatur ist keine klare Trennung zwischen Branche, Wettbewerb, Markt und Konkurrenz gegeben. Die Marktanalyse bezieht sich üblicherweise auf eine Betrachtung der Struktur und Entwicklung der Bedürfnisse, hier ist also der Kunde bzw. Abnehmer zentrales Objekt der Analyse. Die Begriffe „Konkurrent" und „Wettbewerber" werden in der Literatur weitgehend synonym verwendet, nicht jedoch die Begriffe „Konkurrenzanalyse" und „Wettbewerbsanalyse". Ein Beispiel soll dies verdeutlichen; so führt Hinterhuber (1982: 103) an: „Die Konkurrenten, deren gegenwärtiges und voraussichtliches Verhalten bestimmt werden muß, sind: (1) die gegenwärtigen Wettbewerber, (2) potentielle neue Konkurrenten, ... ." Die Konkurrenzanalyse ist nach Hinterhuber jedoch nur ein Teil der strategischen Wettbewerbsanalyse (vgl. Hinterhuber 1982: 24). Deutlicher ist hier Porter (1983: 60), der für die Analyse bestehender und potentieller Konkurrenten und der Lieferanten- und Abnehmerbeziehungen den zusammenfassenden Begriff „Branchenanalyse" verwendet. Die Konkurrenzanalyse ist somit Teil der Branchenanalyse. Auch Pümpin (1980: 27) führt an, daß im Rahmen der

l. Strukturierung der Umwelt- und Unternehmensanalyse

73

Branchenanalyse von besonderer Bedeutung die Betrachtung der Wettbewerbssituation in der betreffenden Branche ist. Wenn auch neben den Konkurrenten andere Interessengruppen (Abnehmer und Lieferanten) die Wettbewerbssituation beeinflussen, so ist die Verwendung des Begriffs „Wettbewerbsanalyse" jedoch unzweckmäßig: die Begriffswahl assoziiert, daß die Wettbewerbsanalyse der Analyse der Wettbewerber dient, obwohl ihr eigentlicher Zweck in der Analyse der Wettbewerbssituation liegt. Daher soll in dieser Arbeit der Begriffsdefinition von Porter gefolgt werden, d. h. es ist Aufgabe der Branchenanalyse, die Wettbewerbssituation zu analysieren. Entsprechend müssen die wesentlichen direkten Interaktionspartner des Unternehmens betrachtet werden, nämlich die Kunden bzw. Abnehmer, die Lieferanten und die Konkurrenten. Da die Begriffe „Konkurrent" und „Wettbewerber" synonym verwendet werden, erfolgt auch eine Gleichsetzung der Begriffe „Konkurrenzanalyse" und „Wettbewerbsanalyse". Entsprechend der Strukturierung der direkten Interaktionspartner des Unternehmens können die Analyseschritte als Marktanalyse, Wettbewerbs- oder Konkurrentenanalyse und Lieferantenanalyse differenziert werden. Während durch die Umweltanalyse der Möglichkeitsraum strategischen Handelns mit seinen Chancen und Risiken abgesteckt werden soll, ist es Aufgabe der Unternehmensanalyse festzustellen, was das Unternehmen in Anbetracht seiner gegenwärtigen und potentiellen Stärken und Schwächen strategisch realisieren kann. Auch wenn hier der Begriff „Unternehmensanalyse" verwendet wird, um die Leistungspotentiale des Unternehmens zu erfassen, so darf dies nicht dahingehend mißverstanden werden, daß das Unternehmen isoliert von seiner relevanten Umwelt betrachtet wird. Stets muß bei der Beurteilung des eigenen Unternehmens auf entsprechende umweltbezogene Informationen zurückgegriffen werden, so z. B. immer dann, wenn Aussagen über Stärken und Schwächen abzuleiten sind und man adäquate Vergleichsmaßstäbe, wie Konkurrent, Markt, Branche etc. benötigt. Zusammenfassend ergibt sich aus den vorstehenden Überlegungen folgende Strukturierung der Umwelt- und Unternehmensanalyse, die diesem Buch auch zugrunde gelegt wird: — Analyse der globalen Umwelt (politische, gesellschaftliche, technologische, wirtschaftliche und ökologische Rahmenbedingungen), — Branchenanalyse mit den Teilen: • Marktanalyse (Analyse des Kaufverhaltens, der Bedürfnisstruktur und der Verhandlungsstärke der Abnehmer sowie der Marktevolution), • Wettbewerbsanalyse (Analyse der Wettbewerbsstruktur und der Wettbewerbsdynamik sowie der Bedrohung durch neue Konkurrenten),

74

Umwelt- und Unternehmensanalyse

• Lieferantenanalyse (Analyse der Verhandlungsstärke der Lieferanten), — Analyse regulativer Gruppen (Kapitalgeber, staatliche Institutionen, Arbeitnehmer, Verbände usw.), — Unternehmensanalyse (Analyse der Leistungspotentiale des Unternehmens). Aufgabe der Umweltanalyse ist es, die Determinanten des Wettbewerbs und die sie treibenden Kräfte zu bestimmen. Es müssen die kritischen oder zentralen strategischen Erfolgsfaktoren bestimmt werden, von denen

globale Umwelt (Analyse der Rahmenbedingungen)

regulative Gruppen (Analyse regulativer Gruppen) politische Rahmenbedingung

ökologisc Rahmenbe dingungen Branche (Branchenanalyse)

Lieferanten (Lieferantenanalyse)

Abnehmer (Marktanalyse) staatliche Institutionen gesellschafti: Rahmen bedingungen

Wetbewerb (Wettbewerbsanalyse)

technolog Rahmen bedingungen Abb.

19 Analysefelder der Unternehmens- und Umweltanalyse

Gewerkschaften wirtschaftl. Rahmenbe dingungen

2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen

75

der Erfolg in einem bestimmten Markt oder einer bestimmten Branche abhängt und welche Entwicklungen zu erwarten sind. Durch die Gegenüberstellung mit den Leistungspotentialen des Unternehmens können die unternehmensspezifischen Stärken und Schwächen ermittelt und die Chancen und Risiken der Branche abgeschätzt werden. Das Ergebnis dieser Gegenüberstellung bildet einen wesentlichen Ausgangspunkt für die Formulierung der Strategien. Abbildung 19 verdeutlicht nochmals die Struktur der Umwelt- und Unternehmensanalyse.

2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen Regulative Gruppen gehören ebenso wie die Rahmenbedingungen der globalen Umwelt zum weiteren Umfeld des Unternehmens. Regulative Gruppen stehen zwar in direkter Interaktionsbeziehung zum Unternehmen, haben jedoch keinen direkten Einfluß auf die Produkt-Markt-Beziehung. Es bietet sich daher an, den Einfluß regulativer Gruppen und politischer, gesellschaftlicher, technologischer, wirtschaftlicher und ökologischer Rahmenbedingungen als einen Analysekomplex zu betrachten, zumal die entsprechende Vorgehensweise und das Instrumentarium weitgehend gleich sind. Die Analyse der globalen Umwelt und regulativer Gruppen umfaßt sowohl die Untersuchung der Entwicklung allgemeiner externer Faktoren als auch deren Einfluß auf die gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitsgebiete und die strategische Flexibilität des Unternehmens (vgl. Hinterhuber 1980: 43). Strategisches Problem ist es somit, Aussagen über die relevanten Umwelten und deren Veränderung abzuleiten und die Konsequenzen auf die Unternehmensebene zu transformieren. So kann beispielsweise eine technologische Innovation, wie die Halbleiter-Technologie, indirekt über die Arbeitsmarktlage das Unternehmen als Ganzes positiv oder negativ tangieren, wie auch direkte Auswirkungen auf die verfolgte Produkt- oder Verfahrenstechnologie haben (vgl. Mauthe 1984: 223). In ruhigen Zeiten ist die Analyse der globalen Umwelt eine relativ einfache und fast zu vernachlässigende Aufgabe. Ganz anders dagegen ist ihre Bedeutung in turbulenten Zeiten zu beurteilen. Hier wird die Analyse der globalen Umweltveränderungen und vor allem die aus ihr zu ziehenden Schlußfolgerungen zu einem Hauptproblem. Sie sind oft die Ursache für eine ineffektive Planung, nämlich dann, wenn es versäumt wurde, die aus

76

Umwelt- und Unternehmensanalyse

einer neuen Umweltentwicklung resultierenden Chancen oder Gefahren zu erkennen und durch entsprechende Strategieanpassung zu nutzen oder zu vermeiden. In vielen Fällen kann die Vernachlässigung oder die falsche Einschätzung der Wirkungen von signifikanten Veränderungen in der globalen Umwelt zum Ruin eines Unternehmens führen (vgl. Zahn 1981: 179). Die Beobachtung globaler Umweltveränderungen und regulativer Gruppen gestaltet sich für die meisten Unternehmen jedoch schwierig. Zunächst ist zu bedenken, daß ein Großteil der in der Umweltanalyse zu verarbeitenden Informationen prognostischen Charakter hat. Prognosen sind aber bekanntlich dann besonders schwierig, wenn in turbulenten Zeiten diskontinuierliche Entwicklungen auftreten. Unreflektierte Vorhersagen, die (wie Trendberechnungen) lediglich eine Fortschreibung der Vergangenheit darstellen und die nicht ständig auf den neuesten Stand gebracht werden, können zu erheblichen Fehleinschätzungen führen. Die systematische Beobachtung von globalen Umweltentwicklungen und von regulativen Gruppen ist eine so umfangreiche Aufgabe, daß sie die meisten Unternehmen überfordert, da diese nicht über die dazu notwendigen Ressourcen verfügen. Andererseits ist eine lückenlose Umwelterfassung für das einzelne Unternehmen nicht notwendig; sie wäre sogar schädlich, wenn dabei der Blick für das Wesentliche verloren ginge (vgl. Zahn 1981: 179 — 181). Das eigentliche Problem der Unternehmen besteht vielmehr darin, aus der Menge der verschiedenen Umweltentwicklungen jene herauszugreifen, von denen wahrscheinlich eine signifikante Wirkung auf das Unternehmensgeschehen ausgehen wird (eine beispielhafte Checkliste zur Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen ist in Abb. 20 wiedergegeben). Potentiell sind sicher viele Aspekte relevant. Erfahrungen zeigen jedoch, daß es für jedes Unternehmen nur wenige Schlüsselvariablen gibt, die dann allerdings einer sorgfältigen Verfolgung bedürfen (vgl. Haedrich 1983: 176 und Rockart 1980). Eine ständige Gefahr besteht aber darin, daß sich plötzliche Veränderungen in der Dynamik dieser Variablen ergeben können. Die Beobachtung muß deshalb auf die mittelbar wirkenden Faktoren ausgedehnt werden, wenn die Menge der strategischen Überraschungen gering gehalten werden soll. Zur praktischen Durchführung einer globalen Umweltanalyse eignen sich vor allem strategische Frühaufklärungssysteme (eine ausführliche Darstellung von Vorgehensweise und Instrumenten der strategischen Frühaufklärung erfolgt in Kapitel II, S. 245). Auf die Inhalte der einzelnen Analysefelder der globalen Umweltanalyse kann im Rahmen dieses Buches nicht eingegangen werden (Abb. 20 enthält entsprechende vertiefende Literaturhinweise), wie doch gerade die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, ist ein hohes technologisches Niveau ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil und damit eine Voraussetzung für den

2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen

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zukünftigen Unternehmenserfolg (vgl. Beckurts 1982: 52). Die technologische Entwicklung stellt zum einen häufig den ganz entscheidenden externen Faktor dar, der im Rahmen der globalen Umweltanalyse zu untersuchen ist, zum anderen ist die unternehmensindividuelle technologische Entwicklung eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg von Strategien. Diese Aspekte sollen im folgenden näher vertieft werden. Technologie und Technologiezyklen Die wichtige Rolle der Technologie in der Strategie des Unternehmens wurde bisher häufig nicht voll erkannt und unterbewertet. Technologien beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit in zwei Beziehungen: — in ihren Auswirkungen auf Leistungsmerkmale der Produkte, d. h. auf Produktdifferenzierung und damit auf Marktvorteile sowie — in ihren Auswirkungen auf die Fertigung und damit auf Kostenvorteile. Ein Unternehmen muß sich demnach über die strategisch wichtigsten Technologien und ihre Anforderungen Klarheit verschaffen. Differenzierung erfordert Innovation. Sie bietet jedoch nur einen zeitlich begrenzten Schutz vor Konfrontationen, da die Wettbewerber die erfolgreichen Innovationen nachzuahmen suchen. Erfolgreich kann Differenzierung nur sein, wenn sie bei den Bedarfsmerkmalen und der Preis-Leistungs-Sensitivität der Kunden ansetzt, die sie besser befriedigt als bisherige Lösungen (vgl. Sommerlatte/Walsh 1982: 298). Eine der wirkungsvollsten Differenzierungen ist die Produktdifferenzierung, die am Produktkern ansetzt. Sie kann in erster Linie durch technologische Innovation erfolgen. Dadurch wird es möglich, weitgehend eine direkte Konfrontation mit den Wettbewerbern auf dem Markt zu vermeiden und zum richtigen Zeitpunkt aus reifen Märkten in Wachstumssegmente überzuwechseln (neues, technologisch geprägtes Marktsegment). Eine andere Möglichkeit der Differenzierung besteht in der Preisdifferenzierung. Sie setzt eine Verbesserung der Kostenstruktur voraus, wenn sie nicht zu einem Rentabilitätsverlust führen soll. Kostendifferenzierung kann bei der Fertigungstechnologie und bei der Produkttechnologie ansetzen, d. h. auch sie erfordert technologische Innovation. Zu einem bestimmten Zeitpunkt weisen eine oder mehrere Technologien jeweils einen deutlich überragenden Einfluß auf die Wettbewerbsfähigkeit auf. Diese Technologien werden auch Schlüsseltechnologien genannt (zu den verschiedenen Arten der Technologien vgl. Sommerlatte/Walsh 1982: 304 — 305). Um die Schlüsseltechnologien der betroffenen Branche zu ermitteln, müssen die Erfolgsfaktoren im Markt auf ihren technologischen Hintergrund hin untersucht und die Strategien der Wettbewerber auf technologische Aspekte hin durchleuchtet werden. Dadurch wird deutlich,

78

Umwelt- und Unternehmensanalyse

Analysefeld

Kriterien

Politik und Recht

• Globalpolitische Entwicklungstendenzen - Ost:West - Nord:Süd — Allgemeine Gefahr lokaler oder internationaler Konflikte — Marktstellung der Rohstoffproduzenten • Parteipolitische Entwicklung in den relevanten Ländern

Quellen und vertiefende Literatur Pümpin 1980:26-27 Hinterhuber 1980:44 Abell/Hammond 1979:54-55 Scott 1982:81-84 Rieser 1980:23-24 Krampe 1980:2-3 Kotler 1982:121-127

• Entwicklungstendenzen in der Wirtschaftspolitik • Entwicklungstendenzen in der Sozialgesetzgebung und im Arbeitsrecht • Bedeutung und Einfluß der Gewerkschaften • Handlungsfreiheit der Unternehmen (staatliche Eingriffe) • Subventionsgesetzgebung Gesellschaft

Bevölkerungsentwicklung in den relevanten Ländern — allgemein - Entwicklung wichtiger Bevölkerungsgruppen — Bevölkerungswanderungen Sozialpsychologische Strömungen — Arbeitsmentalität — Sparneigung — Freizeitverhalten — Einstellung gegenüber der Wirtschaft — Einstellung gegenüber der Automation — Einstellung gegenüber relevanten Werkstoffen — Einstellung gegenüber relevanten Produkten — soziale Bedürfnisse

Pümpin 1980:26-27 Hinterhuber 1980:44 Abell/Hammond 1979:54 Schwab 1976:48-51 Krampe 1980:2-3 Jehle 1980 Picot 1977 Reibnitzl983:71-72 Kotler 1982:127-132

Entwicklungen des Konsumentenschutzes Technologie

• Produktionstechnologie - Entwicklungstendenzen in der Verfahrenstechnologie — Innovationspotential - Automation/Prozeßsteuerung • Produktinnovation — Entwicklungstendenzen in der Produkttechnologie — Hardware - Software — Innovationspotential

Pümpin 1980:26 Krampe 1980:2-3 Abell/Hammond 1979:55 Pfeiffer/Metze/Schneider/ Amier 1982 Little (o. J.) Wheelwright/Makridakis 1981:290-293 o. V. 1983 Kotler 1982:117-120

2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen

Analysefeld

Kriterien

Technologie

• Substitutionstechnologien — mögliche Innovationen — Kostenentwicklung • Recyclingtechnologie

Quellen und vertiefende Literatur

Wirtschaft

Entwicklungstendenzen des Volkseinkommens in den relevanten Ländern Internationale ökonomische Kräfteverschiebungen Entwicklung des internationalen Handels — Güteraustausch - Wirtschaftsintegration — Protektionismus Entwicklungstendenzen der Zahlungsbilanzen und Wechselkurse Erwartete Inflation Entwicklung der Kapitalmärkte Entwicklung der Beschäftigung Zu erwartende Investitionsneigung Zu erwartende Konjunkturschwankungen - Häufigkeit — Ausprägung Entwicklung spezifischer relevanter Wirtschaftssektoren

Pümpin 1980:26 Abell/Hammond 1979: 54 Albach 1976 Koch 1976 Krampe 1980:2-3 Afheldt 1983:7-8 Kotler 1982:112-114

Ökologische Gruppen

Verfügbarkeit von Energie Verfügbarkeit von Rohstoffen Strömungen im Umweltschutz — Umweltbewußtsein — Umweltbelastung — Umweltschutzgesetzgebung Recycling — Verfügbarkeit von Recyclingmaterial — Recyclingkosten

Pümpin 1980:26 Afheldt 1983:7-8 Hinterhuber 1982:279-281 Thorelli 1977 a Kotler 1982:115-l 17

Regulative Gruppen

• Kapitalgeber — Kreditbedingungen - Verteilung des Aktienkapitals • Arbeitnehmer — qualitative Leistungsfähigkeit — Arbeitseinsatz und Betriebsklima — Entwicklung der Mitbestimmung — Gehalts- und Lohnpolitik • Verbände — Aktionsgruppen — Bürgerinitiativen • Staatliche Institutionen — Behörden — Gesetzgeber

79

Kotler 1982:54-58 Pümpin 1980:22-23 Hinterhuber 1980:21

Abb. 20 Checkliste zur Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen

80

Umwelt- und Unternehmensanalyse

welche Technologien durch ihre Auswirkungen auf kritische Leistungsmerkmale der Produkte oder auf Kostenstrukturen die Wettbewerbsdynamik bestimmen (vgl. Little o. J.: 21 und die Ausführungen zur Geschäftssystemanalyse in Gliederungspunkt II 3.2.1.1.3.3, S. 187). Bei der Bestimmung von Schlüsseltechnologien müssen zwei Aspekte besonders beachtet werden: zum einen ist klar zwischen Basistechnologien und Schlüsseltechnologien zu trennen, zum zweiten muß die veränderte Rolle von Technologien im Laufe der Zeit beachtet werden. Basistechnologien sind Technologien, die von allen Wettbewerbern beherrscht werden, weil sie inzwischen für alle oder die meisten Produkte der Industrie elementar geworden sind. Ohne diese Technologien würde die Industrie in ihrer derzeitigen Form nicht existieren. Basistechnologien sind wichtig, aber sie können kaum noch benutzt werden, um einen Wettbewerbsvorteil zu erringen, da sie generell verfügbar sind (vgl. Little o.J.:22). Weiterhin wandelt sich die strategische Rolle von Technologien im Laufe der Zeit. Die strategische Wirkung von Schlüsseltechnologien geht allmählich verloren, entweder weil die Wettbewerber diese Technologien immer besser beherrschen oder weil sie durch neuere Technologien verdrängt werden. Technologien, die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, die aber schon erkennen lassen, daß sie gravierende Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen einer Branche haben können, werden als Schrittmachertechnologien bezeichnet. Die relevanten Technologien einer Branche bzw. eines Marktes müssen identifiziert und ihre strategische Rolle bestimmt werden, d.h. es ist festzustellen, welche dieser Technologien Schlüssel-, Basis- und Schrittmachertechnologien sind. Dabei ist der Entwicklung dieser Technologien besondere Beachtung zu schenken. Technologien sind dynamisch, und ihre strategische Bedeutung verändert sich in typischen Phasen ebenso, wie Märkte Lebenszyklusphasen durchlaufen. Zur Bestimmung der jeweils erreichten Phase im Lebenszyklus einer Technologie verwendet die Unternehmensberatung A. D. Little eine Indikatorenliste (vgl. Abb. 21). In Abhängigkeit von der Lebenszyklusphase einer Technologie und dem Vertrautheitsgrad des Unternehmens mit dieser Technologie können Risiko und strategisches Potential einer Investition in die Weiterentwicklung dieser Technologie bestimmt werden (vgl. Sommerlatte/Walsh 1982: 308). Beachtet man, daß deutsche Unternehmen 2% —10% ihres Umsatzes, in einigen besonders technologieintensiven Branchen auch 20% in Forschung und Entwicklung investieren, so wird die Bedeutung einer genauen Analyse der technologischen Entwicklung deutlich. In diesem Zusammenhang ist die Betrachtung der Unternehmensberatung McKinsey (vgl. Krubasik 1982 und o. V. 1983) interessant. McKinsey beschreibt den Verlauf der technologischen Entwicklung wie folgt: Die

81

2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen Entstehung

Wachstum

Reife

Alter

Unsicherheit über technische Leistungsfähigkeit

hoch

mittel

niedrig

sehr niedrig

Investitionen in Technologieentwicklung

niedrig

maximal

niedrig

vernachlässigbar

Breite der potentiellen Einsatzgebiete

unbekannt

groß

etabliert

abnehmend

Typ der Entwicklungsanforderungen

wissenschaftlich

anwendungsorientiert

kostenorientiert

Auswirkungen auf Kosten- LeistungsVerhältnis der Produkte

sekundär

maximal

marginal

marginal

Zahl der Patentanmeldungen/Typ der Patente

zunehmend Konzeptpatente

hochproduktbezogen

abnehmend verfahrensbezogen

Zugangsbarrieren

wissenschaftliche Fähigkeiten

Personal

Lizenzen

Know-how

Verfügbarkeit

sehr beschränkt

Restrukturierung

marktorientiert

hoch

Abb. 21 Indikatoren für die Lebenszyklusphase einer Technologie Quelle: Little o.J.:25

technologische Entwicklung beginnt mit einer langen Inkubations- und Investitionsphase, bis mit einer Reihe schnell folgender Durchbrüche die Boomphase eingeleitet wird. Schließlich wird die Technologie bis zur Grenze ausgebeutet, und die Leistungsfähigkeit bzw. das Nutzen-KostenVerhältnis läßt sich nur noch marginal verbessern. Zum Beispiel wurde die Auflösungskraft von konventionellen Mikroskopen Ende des vergangenen Jahrhunderts in rascher Folge verbessert. Bei dem dann erreichten Stand war auch die Grenze der Leistungsfähigkeit dieser Technik erreicht — auch erhöhter Forschungs- und Entwicklungsaufwand brachte kaum mehr eine Verbesserung. Weitere Durchbrüche waren erst durch eine völlig neue Mikroskoptechnologie, durch das Rasterelektronenmikroskop, möglich. Der Leistungsverlauf einer Technologie, in Verbindung mit dem kumulierten Forschungs- und Entwicklungsaufwand oder der Zeit, ergibt eine S-

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

Kurve (vgl. Abb. 22). Das noch ausschöpfbare technische Potential ist ablesbar am Abstand zwischen dem aktuellen Stand und der technischen Leistungsgrenze einer Technologie. Entsprechend der Aussage von McKinsey (vgl. Krubasik 1982: 29), die ein breites Spektrum von Industrien und Produkten anhand dieser S-Kurve untersucht haben, kann die Leistung eines Produktes oder Verfahrens innerhalb einer vollen Technologiegeneration meist um den Faktor 3 — 10 gesteigert werden. Aber für jede Technologie gilt — nach den ersten entscheidenden Anwendungen —, daß die weitere Technologieausbeute auf derselben S-Kurve weit weniger FortLeistungsfähigkeit der Technologie (Nutzen/Kosten) Grenze neuer Technologie

heutiger Stand

Kumulierter •FuE-Aufwand Zeit Abb. 22 S-Kurve der technologischen Entwicklung Quelle: Krubasik 1982:29

schritt bringt als der Übergang zur nächst anspruchsvolleren S-Kurve. Den richtigen Zeitpunkt des Ausstiegs aus einer S-Kurve und des Einstiegs in eine andere zu treffen wird indes dadurch erschwert, daß der Technologiezyklus meist deutlich vom Produktlebenszyklus (vgl. Gliederungspunkt II 3.1.4, S. 133) abweicht: Wenn eine Technologiegeneration in Konstruktion, Verfahren und physikalischen Möglichkeiten an ihre Grenze stößt, d. h. alles technische Potential ausgeschöpft ist, muß sie noch keineswegs die Grenzen ihres Wachstums im Markt erreicht haben. Im Gegenteil, Innovationen bringen häufig erst lange nach entscheidenden technischen Durchbrüchen Umsatzwachstum und Gewinne, weil dann immer wieder neue Anwendungen erschlossen werden. Aber wenn dieses Stadium, die technische Beherrschung einer Technologie, erreicht ist, haben die mit ihr

2. Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen

83

beschäftigten Forschungs- und Entwicklungsabteilungen den Höhepunkt ihrer Produktivität längst überschritten. Am Ende der S-Kurve sind lediglich noch marginale Produktverbesserungen möglich. „Unternehmen, die rechtzeitig und konzentriert Ressourcen für eine neue S-Kurve einsetzen, bewußt eine Diskontinuität in der Produkt- oder Verfahrensevolution am Markt erzeugen, können sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil durch technologische Führerschaft schaffen" (Krubasik 1982: 29). Die Kenntnis der strategischen Rolle und der Entwicklungsphasen der relevanten Technologien einer Branche ist unerläßlich, um die Entwicklungstendenzen dieser Branche richtig einschätzen zu können und um sich auf Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen rechtzeitig einzustellen. Aus dieser Kenntnis ergeben sich insbesondere die realistischen Möglichkeiten einer technologisch orientierten Produkt- und Kostendifferenzierung. Technologische Differenzierung ist leichter zu erzielen bei Technologien in der Entstehungs- und Wachstumsphase als bei reifen und alternden Technologien und strategisch sinnvoller bei Schrittmacher- und Schlüsseltechnologien als bei Basistechnologien. Die strategische Rolle und die Entwicklungsphase der Technologien haben entscheidende Auswirkungen auf die Technologiestrategie eines Unternehmens, d. h. auf die Art der Technologiebeschaffung, auf das Innovationsverhalten im Markt, auf das Investitionsniveau und auf das Forschungs- und Entwicklungsprogramm. (Zu ähnlichen Betrachtungen der technologischen Entwicklung vgl. auch Wheelwright/Makridakis 1981 und Ziegenbein 1984: 97-98.) Für die strategische Analyse leiten sich aus der technologischen Entwicklung insbesondere zwei Erfordernisse ab: Sie muß frühzeitig über neue technologische Entwicklungen bzw. über den Übergang von einer Technologie auf eine neue Technologie informieren, und sie muß das technische Potential des eigenen Unternehmens bestimmen, um gezielt investieren zu können. Die Aussagefähigkeit von S-Kurven hängt dabei allerdings entscheidend davon ab, daß ein treffender Leistungsmaßstab gewählt wird, an dem der Fortschritt gemessen werden kann. Ist dieser Leistungsmaßstab festgelegt, werden in drei weiteren Schritten die S-Kurve und das entsprechende Technologiepotential abgeleitet: — Die Vergangenheitsentwicklung und der heutige Stand der Technik werden ermittelt. — Die derzeitige Phase der betrachteten Innovation wird identifiziert. — Schließlich wird der künftige Verlauf der Kurve abgeschätzt. Zur Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der Technologiekurve und zur Feststellung neuer technologischer Entwicklungen eignet sich insbesondere die Vorgehensweise und das Instrumentarium der strategischen Frühaufklärung (vgl. Kapitel III, S. 245). Zur Bestimmung der technolo-

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

gischen Position des eigenen Unternehmens und zur Unterstützung von Technologieentscheidungen des Unternehmens wurden in jüngster Zeit spezielle Portfolio-Modelle entwickelt (vgl. hierzu die Darstellung und Literaturhinweise innerhalb des Gliederungspunktes IV 2.3, S. 530). Die Ergebnisse der technologischen Analyse fließen ebenso wie die übrigen Ergebnisse der globalen Umweltanalyse als Prämisse in den weiteren Entscheidungsprozeß ein, als die Situation, die für die Strategieformulierung maßgeblich sein soll. Die Analyse der globalen Umwelt und der regulativen Gruppen bildet dementsprechend den Rahmen, innerhalb dessen die spezifische Analyse der Branche und des Unternehmens durchgeführt wird.

3. Analyse der Branche Die Formulierung einer Unternehmensstrategie besteht im wesentlichen darin, ein Unternehmen in Bezug zu seiner Umwelt zu setzen. Obwohl die relevante Umwelt sehr weit gefächert ist, liegt ihr Kern aus der Sicht des Unternehmens in der Branche (oder den Branchen), in der (bzw. denen) es konkurriert. Die Branchenstruktur beeinflußt in starkem Maße sowohl die Regeln des Wettbewerbs als auch die Strategien, die dem Unternehmen potentiell zur Verfügung stehen. Die Betonung, innerhalb strategischer Umweltanalysen auch die Branche (Industriesektor) zu analysieren, ist in der Literatur zur strategischen Planung nicht neu. Gälweiler (1974: 347) fordert: „Die Branchenanalyse soll Entwicklungen erkennen lassen, die für den spezifischen Wirtschaftszweig, dem das Unternehmen angehört, typisch sind." Was aber neu ist an der Untersuchung des Analysefeldes „Branche", ist dessen exponierte Stellung in den aktuellsten methodischen und konzeptionellen Ansätzen seitens der Beratungspraxis (vgl. o. V. 1982 a; Esser/Fleischmann/u. a. 1984: 208; Henderson 1979; Andreae/Bodinat 1981 sowie die bei Mauthe 1984: 198 angeführten Autoren) wie gleichermaßen seitens der Wissenschaft (vgl. Porter 1980, 1983; Yip 1982; Caves/Porter 1977; Hinterhuber 1982; Hammer 1982; Meffert/Ohlsen 1982 und Mauthe 1984). Ein besonderer Verdienst kommt hierbei den Arbeiten von Porter zu (erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden durch die Veröffentlichung seines Buches: „Competitive Strategy", New York 1980; vgl. die deutsche Veröffentlichung: Porter 1983). Dies insofern, als es Porter gelang, die große Reichweite und Reichhaltigkeit des theoretischen Bezugsrahmens

3. Analyse der Branche

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der „Industrial Organization" im Sinne einer Lehre für die strategische Unternehmensführung aufzugreifen und in einem handhabbaren Konzept darzustellen. Beim Konzept der „Industrial Organization" steht die Frage im Vordergrund, welche Determinanten des Wettbewerbs für die Profitabilität und Rentabilität der Branche ausschlaggebend sind. Ziel dieser Untersuchungen ist im allgemeinen der Versuch, unterschiedliche Gewinnraten zwischen verschiedenen Branchen zu erklären (zur Darstellung des Konzeptes der „Industrial Organization" vgl. Mauthe 1984: 199 — 206 und die dort angegebene Literatur). Nach Porter (1983: 25) spielen Kräfte außerhalb der Branche nur bedingt eine Rolle; da externe Kräfte meist alle Anbieter betreffen, kommt es auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der Unternehmen an, mit ihnen fertig zu werden. Die Intensität des Wettbewerbs in einer Branche hat nichts mit Zufall oder Pech zu tun. Vielmehr wurzelt der Wettbewerb in der ökonomischen Struktur, die der Branche zugrunde liegt, und er geht weit über das Verhalten der existierenden Wettbewerber hinaus. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Branchenstruktur und der Konkurrenzverhältnisse spricht Porter (1983: 13) auch von Wettbewerbsstrategie: „Jedes im Wettbewerb stehende Unternehmen hat eine Wettbewerbsstrategie, bewußt oder unbewußt." Determinanten des Wettbewerbs nach Porter Der Stand des Wettbewerbs in einer Branche hängt nach Porter (1983) von fünf grundlegenden Wettbewerbskräften ab (vgl. Abb. 23). Die zusammengefaßte Stärke dieser Kräfte bestimmt das Gewinnpotential in der Branche, ausgedrückt im langfristigen Ertrag des eingesetzten Kapitals. Nicht alle Branchen haben das gleiche Gewinnpotential; es unterscheidet sich vielmehr erheblich gemäß der jeweiligen zusammengefaßten Stärke der Wettbewerbskräfte. „Für ein Unternehmen innerhalb der Branche liegt der Zweck einer Wettbewerbsstrategie darin, eine Position zu finden, in der es sich am besten gegen diese Wettbewerbskräfte schützen oder sie zu seinen Gunsten beeinflussen kann" (Porter 1983: 25-26). Die fünf Wettbewerbskräfte — Bedrohung durch neue Konkurrenten, Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste, Verhandlungsstärke der Lieferanten, Verhandlungsmacht der Abnehmer und Rivalität unter den bestehenden Unternehmen — sollen die enge Konkurrenzbetrachtung erweitern. „Kunden, Lieferanten, Ersatzprodukte und potentielle neue Anbieter sind alle ,Konkurrenten' für die Unternehmen der Branche und können je nach den Umständen mehr oder weniger wichtig sein. Wettbewerb in diesem breiteren Sinne kann als »erweiterte Rivalität' bezeichnet werden" (Porter 1983: 28).

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Umwelt- und Unternehmensanalyse Potentielle neue Konkurrenten Bedrohung durch neue Konkurrenten

Verhandlungsstärke der Lieferanten

Wettbewerber in der Branche

Verhandlungsmacht der Abnehmer

Lieferanten Rivalität unter den bestehenden Unternehmen Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste Ersatzprodukte

Abb. 23 Determinanten des Wettbewerbs Quelle: Porter 1983:26

Strukturierung der Branchenanalyse Betrachtet man die fünf Determinanten des Wettbewerbs im einzelnen, so stellt man fest, daß drei Determinanten ihren Ursprung bei den Wettbewerbern bzw. Kpnkurrenten haben. Neben den Wettbewerbern innerhalb der Branche betrachtet Porter auch potentielle Wettbewerber, die eine ständige Bedrohung durch die Gefahr des Markteintritts darstellen. Weiterhin führt er die Bedrohung durch Substitutionsprodukte an, d.h. er betrachtet auch die Wettbewerber anderer Branchen, die durch die Möglichkeit der Herstellung von Ersatzprodukten ebenfalls in den Wettbewerb der Branche eintreten können. Insofern handelt es sich hierbei ebenfalls um eine Bedrohung durch neue Wettbewerber. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt entsprechend eine Unterteilung der Wettbewerbsanalyse in „Wettbewerbsverhalten etablierter Unternehmen" und „Bedrohung durch neue Konkurrenten". Darüber hinaus führt Porter (1983: 27 — 28) die Verhandlungsstärke der Lieferanten und Verhandlungsmacht der Abnehmer an. Lieferanten können ihre Verhandlungsstärke ausspielen, indem sie damit drohen, die Preise zu erhöhen oder die Qualität zu senken. Hierdurch können sie

3. Analyse der Branche

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Einfluß auf das Kosten- und Qualitätsniveau der Produkte nehmen. Die Lieferantenanalyse wird in diesem Buch als eigenständiger Analysekomplex innerhalb der Branchenanalyse betrachtet. Auf der anderen Seite geht Porter (1983: 50—53), der gemäß dem Ansatz der „Industrial Organization" den Einfluß der Abnehmer unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität der Branche untersucht, auf die Verhandlungsmacht der Abnehmer ein. „Die Abnehmer konkurrieren' mit der Branche, indem sie die Preise herunterdrücken, höhere Qualität oder bessere Leistung verlangen und Wettbewerber gegeneinander ausspielen — alles auf Kosten der Rentabilität der Branche" (Porter 1983: 50). Die Eingrenzung der strategischen Analyse auf die Analyse der Verhandlungsstärke der Abnehmer nach Porter, stellt nach Auffassung des Verfassers jedoch eine zu weitgehende Einengung bei der Analyse der strategischen Ausgangssituation dar. Neben der Verhandlungsstärke ist insbesondere eine Analyse des Kaufverhaltens und der Bedürfnisstruktur der Abnehmer erforderlich, um eine Aussage über Erfolg oder Nichterfolg von Unternehmen treffen und Strategien ableiten zu können. Erst eine genaue Analyse der Bedürfnisstruktur und des Kaufverhaltens der Abnehmer legt die Basis zu einem bewußten Verständnis der Kaufentscheidung des Konsumenten und ist damit ein wichtiger Schritt im Prozeß der Entwicklung erfolgreicher Strategien. Darüber hinaus muß ein weiterer Schwerpunkt der Betrachtung in der Analyse der evolutionären Prozesse der Marktentwicklung liegen. Nicht die statische Aufnahme der Marktsituation steht im Vordergrund, sondern die Erfassung der Dynamik der Marktentwicklung. Strategien sind zukunftsgerichtet, entsprechend bildet die zukünftige Marktsituation die Basis für die Entwicklung von Strategien. Erweiterung der Branchenanalyse um eine Markt- und Konsumentenbetrachtung

Dem Ansatz dieses Buches folgend ist — wie die vorstehenden Ausführungen andeuten — die Darstellung und Diskussion der Branchenanalyse geprägt durch die Zusammenführung von Aspekten der Wettbewerbsorientierung (Industrial Organization) und der Markt- bzw. Konsumentenorientierung (Marketing). Die Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit einer derartigen Vorgehensweise soll im folgenden — vertiefend zu den bisherigen Ausführungen — kurz begründet werden. Durch die Zusammenführung von Wettbewerbsorientierung und Marktbzw. Konsumentenorientierung in der strategischen Analyse wird es möglich, die z. B. von Porter (1983) angeführten Aspekte der Branchenanalyse zu vertiefen, aber auch um wesentliche Gesichtspunkte — insbesondere um eine detaillierte Analyse des Marktes und der Marktentwicklung — zu ergänzen. Neben dieser inhaltlichen Erweiterung ergibt sich ein zusätz-

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

lieber Vorteil durch die Ergänzung des methodischen Instrumentariums. Untersucht man das breite Spektrum der Marktforschungs- (bzw. Marketingforschungs-)Instrumente, so stellen sie sicherlich eine prinzipielle Möglichkeit dar, das Methodendefizit im Strategischen Management zu verringern. Die folgende Darstellung von Einzelaspekten soll beispielhaft die inhaltliche und methodische Erweiterung der Branchenanalyse durch die Einbeziehung der Markt- und Konsumentenbetrachtung verdeutlichen: — Die im Marketing herausgearbeiteten differenzierten Kriterien der Marktsegmentierung erweitern die angebotsorientierte Marktabgrenzung der Wettbewerbstheorie und erlauben eine weitaus genauere Abgrenzung des relevanten Marktes. — Das besondere Interesse der Marketingtheorie galt schon immer den Bestimmungsfaktoren des Kaufentscheidungsprozesses und des Kaufverhaltens. Erst die genaue Kenntnis der verschiedenen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses erlaubt die Entwicklung differenzierter Strategien. Es ist daher unabdingbar, daß diese Aspekte Eingang in die strategische Planung finden. — Die Nutzenerwartung und Nutzenwahrnehmung hat bei der Kaufentscheidung des Konsumenten eine herausragende Bedeutung. Daher ist es im Rahmen der strategischen Planung wesentlich, den Nutzen aller Wettbewerbsprodukte genau zu analysieren. Entscheidend ist hierbei nicht die objektive, sondern die durch den Abnehmer subjektiv wahrgenommene Produktbeschaffenheit, ein wesentlicher Aspekt, der in der Literatur zur strategischen Planung bisher nicht berücksichtigt wurde. Konsumenten- und Marktforschung haben ein differenziertes Instrumentarium zur Erfassung des subjektiv wahrgenommenen Produktnutzens und des Preis-Leistungs-Verhältnisses von Produkten entwickelt; Instrumente und Aspekte, die ebenfalls die strategische Analyse ergänzen und vertiefen. — Wie kaum ein anderes Modell hat das Produktlebenszyklus-Konzept das Marketingdenken beeinflußt. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Konzept und eine Verknüpfung mit den Gedanken zum Marktlebenszyklus (Entwicklung von Märkten) erlaubt ein besseres Verständnis der Marktevolution. Dies ist Voraussetzung für die Klassifikation der Märkte und die Bestimmung der strategischen Ausgangssituation. — Eine Herausarbeitung der Ursachen von Erfolg oder Mißerfolg von Unternehmen im Rahmen der Wettbewerbsanalyse ist ohne eine Kenntnis der Kundenwünsche und -bedürfnisse, der Preis-Sensitivität der Käufer, der Verbraucherakzeptanz der Produkte und der Bestimmung der genauen Positionierung der Produkte im Markt nicht mög-

3. Analyse der Branche

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lieh. Auch die Wettbewerbsanalyse bedarf daher der Ergänzung um Erkenntnisse des Marketing und der Marktforschung. Diese Beispiele ließen sich fortführen, jedoch bereits die hier angesprochenen Aspekte verdeutlichen, daß eine strategische Analyse ohne eine differenzierte Markt- und Konsumentenanalyse unvollständig wäre. Nur eine strategische Analyse, die gleichermaßen Markt-, Konsumenten- und Wettbewerbsaspekte in die Betrachtung einbezieht, vermag die Dynamik der Marktentwicklung und des Wettbewerbs zu erfassen und eine Erklärung für den Erfolg oder Nichterfolg bestimmter Strategien zu geben.

3.1 Analyse des Marktes und der Marktentwicklung Die vorstehenden Ausführungen haben die nach Auffassung des Verfassers entscheidende Bedeutung der Marktanalyse verdeutlicht. Die wesentlichsten Analyseschritte werden im folgenden dargestellt und diskutiert. Gemäß der Intention dieses Buches stehen dabei Erkenntnisse des Marketing und der Marktforschung im Vordergrund, zumal Ergebnisse der Marktund Marketingforschung bisher in der Literatur zur strategischen Unternehmensplanung und zum Strategischen Management noch keine entsprechende Berücksichtigung fanden. In der Regel beschränkt sich die Einbeziehung von Marketingaspekten in der strategischen Planungsliteratur auf die Darstellung von Checklisten zur Analyse des Marktes als Teil der Umweltanalyse (vgl. z.B. Hinterhuber 1980: 44-45 und 49-57). Ohne eine Aussage über die Bedeutung der einzelnen Faktoren und Möglichkeiten der Erhebung entsprechender Informationen können solche Checklisten jedoch lediglich eine sehr unzureichende Hilfestellung liefern. Insbesondere kommt es im Rahmen der strategischen Analyse weniger darauf an, daß eine Vielzahl von Informationen nachgefragt wird, sondern wesentlich ist die Erfassung all jener Aspekte, die geeignet sind, die Evolution und Entwicklung des Marktes zu beschreiben. Entsprechend darf die Analyse des Marktes nicht bei der Erhebung quantitativer Daten enden, sondern alle Kräfte, die eine Evolution des Marktes bewirken, müssen genau erfaßt sein, um eine Aussage über die Entwicklung des Marktes und die Bedingungen des Wettbewerbs treffen zu können. Generelle Checklisten verleiten jedoch dazu, eine Vielzahl von Informationen zu sammeln, ohne über ein ausreichendes allgemeines System oder Konzept zu verfügen, in das diese Informationen eingeordnet werden können. Die folgende Darstellung der Marktanalyse berücksichtigt diese Gesichtspunkte, indem neben der Darstellung der einzelnen Analyseschritte sowohl die Bedeutung der einzelnen Faktoren herausgearbeitet wird als auch Möglichkeiten der Erfassung der jeweiligen Informationen aufgezeigt wer-

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

den. Wenn auch die Struktur einer solchen Marktanalyse durch die Umweltsituation eines Unternehmens geprägt wird, so können doch die nachstehenden Schritte fixiert werden, auf die keine Marktanalyse verzichten kann: — Zunächst ist eine exakte Abgrenzung des Gesamtmarktes, des relevanten Marktes und der einzelnen Marktsegmente vorzunehmen; hierdurch erfolgt eine Festlegung des Marktes bzw. der Märkte, die die Grundlage der Analyse bilden sollen. — Die Analyse des Kaufverhaltens, der Bedürfnisstruktur und der Verhandlungsstärke der Abnehmer eröffnet das Verständnis für die Struktur und die Entwicklung des Marktes. Die Kenntnis der Bedürfnisse und des Kaufverhaltens bildet die Grundlage jeder strategischen Überlegung. Letztlich entscheidet der Abnehmer über Erfolg oder Mißerfolg von Strategien. Erfolgreiche Produkte können nur solche Produkte sein, die Konsumentenbedürfnisse besser befriedigen als dies Wettbewerbsprodukte können. Daher ist es für Unternehmen wichtig zu wissen, welche Produkteigenschaften nachgefragt sind und welche Kriterien den Kaufentscheidungsprozeß in bestimmten Märkten prägen. — Die Analyse der Marktevolution verlagert die Aufmerksamkeit von der Entwicklung einzelner Produkte und Marken auf die Entwicklung des gesamten Marktes. Die Veränderung der langfristigen Wachstumsrate eines Marktes ist die wohl umfassendste, strukturellen Wandel herbeiführende Kraft. Das Marktwachstum übt einen entscheidenden Einfluß auf die Wettbewerbsintensität aus und schreibt dem einzelnen Unternehmen vor, wie stark es expandieren muß, wenn es seinen Anteil halten bzw. wachsen will. — Die Typologisierung strategisch relevanter Situationen bzw. die Einordnung des Marktes in eine spezifische Stufe der Marktevolution erlaubt eine weitergehende, der jeweiligen Situation angemessene, differenziertere Analyse, d. h. je nachdem in welcher Phase der Entwicklung sich ein Markt befindet, treten andere Faktoren in den Vordergrund. Durch eine Konkretisierung, die entsprechend der Markt- und Unternehmenssituation erfolgen muß, entsteht ein Leitfaden für die Datensammlung. Für die Erhebung der erforderlichen Markt- und Abnehmerdaten stellt die Marktforschung ein differenziertes Instrumentarium zur Verfügung. (Beispiele werden bei den einzelnen Analyseschritten angeführt; einen Überblick enthält Gliederungspunkt II 3.4, S. 225.) 3.1.1 Abgrenzung des Marktes und Marktsegmentierung Die meisten Unternehmen verkaufen ihre Produkte nicht an einen einzigen, sondern an eine Reihe verschiedener Abnehmer. Es kommt jedoch

3. Analyse der Branche

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selten vor, daß die dem Unternehmen gegenüberstehende Abnehmergruppe strukturell homogen ist. Viele Produktionsgüterindustrien verkaufen ihre Produkte an Unternehmen aus ganz verschiedenen Geschäftszweigen mit entsprechend unterschiedlichen Verwendungszwecken. Diese Unternehmen können sich z. B. erheblich unterscheiden in bezug auf ihre Einkaufsmengen oder den Stellenwert des Produktes als Input in ihren Produktionsprozessen. Auch die Käufer von Konsumgütern können sich deutlich unterscheiden im Hinblick auf die von ihnen gekaufte Menge, ihr Einkommen, ihre Ausbildung usw. Ebenso können die Kaufbedürfnisse der Abnehmer eines Marktes differieren: das verlangte Niveau des Kundendienstes, die erwünschte Qualität oder Lebensdauer des Produktes, die benötigte Information bei Verkaufsvorführungen usw. Jedoch nicht nur die strukturellen Positionen der Abnehmer sind ungleich, sondern auch ihre Wachstumspotentiale und somit das voraussichtliche Wachstum ihrer Einkaufsmenge. Aufgrund dieser Heterogenität der Abnehmer gehört es zu den entscheidenden Aufgaben bei der Entwicklung von Strategien, die relevanten Märkte des Unternehmens und die jeweiligen Marktsegmente abzugrenzen. Die Definition des relevanten Marktes gehört ebenso wie die Definition der Strategischen Geschäftsfelder (vgl. Gliederungspunkt IV 1.1, S. 316) zu den schwierigsten Entscheidungen innerhalb der Festlegung von Strategien. Das Problem besteht darin, daß es keinen eindeutigen Weg zur Marktdefinition gibt. Es gibt vielmehr verschiedene Wege entlang verschiedener Dimensionen, die Ansatzpunkte zur Definition des Marktes geben können. Die Entscheidung über die Abgrenzung des relevanten Marktes determiniert den weiteren Analyse- und Planungsprozeß. Indirekt wird darüber entschieden, welche Arten von Produkten welchen Kunden angeboten werden, wie groß die geographische Ausdehnung des Marktes ist, auf welchem Level der vertikalen Integration gearbeitet wird und wer dementsprechend die Wettbewerber sind. Außerdem entscheidet die Definition des Marktes über wichtige Daten, die in den weiteren Analyseprozeß einfließen. Zentrale Kriterien, wie die Höhe des Marktwachstums und die Höhe des Marktanteils, sind abhängig von der Definition des Marktes. In einem eng abgegrenzten Markt kann ein Unternehmen einen dominierenden Marktanteil haben, im Gesamtmarkt jedoch im Vergleich zu den Wettbewerbern nur einen geringen Marktanteil. Insofern ist die Entscheidung für eine Marktabgrenzung auch eine Entscheidung, die die Höhe des Marktanteils bestimmt (vgl. Buzzell 1978: 1-3). Die oft in Lehrbüchern angebotene Darstellung des Marktes als Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage (vgl. z.B. Wöhe 1971: 281), ist zwar richtig, aber in dieser Form unbrauchbar, da keine Kriterien zur

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

näheren Bestimmung angegeben werden. Im folgenden soll daher die Betrachtung vor allem auf die Herausarbeitung spezifischer Kriterien gerichtet sein, die eine möglichst exakte Abgrenzung des Marktes erlauben. Ausgehend von der Definition des Marktes als „Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage" können dabei zwei Ansätze der Marktdefinition unterschieden werden: Zum einen die Abgrenzung des Marktes aus der Sicht des Angebotes (der Anbieter) und zum anderen aus der Sicht der Nachfrage (der Konsumenten). Die Abgrenzung des Marktes aus der Sicht der Anbieter steht insbesondere im Rahmen der Wettbewerbspolitik und der Theorie der „Industrial Organization" im Mittelpunkt der Betrachtung. Teilweise werden die Begriffe „Wettbewerbstheorie" und „Theory of Industrial Organization" synonym verwendet. Man spricht auch davon, daß es sich bei der „Industrial Organization Analysis" um die empirisch ausgerichtete Variante der Wettbewerbstheorie handelt (vgl. Mauthe 1984: 199 und die dort angegebene Literatur). Ein wichtiger Zweig der Wettberwerbstheorie beschäftigt sich mit der Bestimmung der Marktmacht bzw. der Marktbeherrschung. Durch die Abgrenzung des relevanten Marktes wird das Ausmaß an Marktmacht bestimmter Anbieter ermittelt (vgl. Hoppmann 1974: 41). Entsprechend spezifiziert diese angebotsorientierte Sichtweise den Markt mit Begriffen wie „Wettbewerbsvorteil", „Erfolgspotential", „Ressourcenverfügbarkeit", „Marktmacht", Wettbewerbskapazität" u. ä. Autoren der Theorie der „Industrial Organization" sprechen häufig auch von der Branche (vgl. Porter 1983). Eng hiermit verbunden ist der Begriff „Industrie" (vgl. Hinterhuber 1980, 1982). Die Abgrenzung orientiert sich dabei sehr stark an der Art des Produktes; so spricht man etwa von der Büromaschinenbranche, der Bierbranche, der Kraftfahrzeugbranche usw. Wie die Überlegungen zur Abgrenzung des Gesamtmarktes noch zeigen werden, ist jedoch eine Trennung zwischen den Begriffen „Branche" und „Gesamtmarkt" nur schwer möglich und auch nicht sinnvoll. Strategische Überlegungen müssen sich auf den Absatzmarkt des Unternehmens konzentrieren; beispielsweise sind im Bereich der Kraftfahrzeuge die Marktgegebenheiten bei Personenkraftwagen ganz anders als bei Lastkraftwagen. Es bestände zwar die Möglichkeit, die Branche jeweils enger zu definieren, klarer ist es jedoch, von Märkten zu sprechen. Innerhalb dieses Buches wird deshalb zwischen Gesamtmarkt, relevantem Markt (Markt) und Marktsegment differenziert. Die Begriffe „Branche" und „Gesamtmarkt" werden weitgehend synonym verwendet. (Auf eine Konsequenz dieser Vorgehensweise soll gesondert hingewiesen sein: Porter (1983) orientiert seine Überlegungen an der Branche, wobei jedoch die von ihm angesprochenen Aspekte ebenso auf den — enger definierten — relevanten Markt (Markt) übertragbar sind; bei wörtlichen oder sinngemäßen Zitaten wird

3. Analyse der Branche

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daher der von Porter verwendete Begriff „Branche" meist durch den Begriff „Markt" ersetzt). Im Gegensatz zur Theorie der „Industrial Organization" und der Wettbewerbstheorie stellt die Marketingtheorie ihre Betrachtung vor allem auf die Nachfrageseite des Marktes ab. Man spricht etwa davon, daß für ein bestimmtes Produkt noch „kein Markt" vorhanden ist. Markt bedeutet dann aggregierte Nachfrage nach Gütern oder Diensten (vgl. Meffert 1982: 54), d. h. bei einer nachfrageorientierten Sicht werden Käuferbedürfnisse und deren Verhaltensmuster als Ausgangspunkt der Analyse gewählt. Entsprechend diesen beiden Ansätzen unterscheidet Day (1980 und 1981 a) zwischen einer Top-down- und einer Bottom-up-Perspektive. Bevor zunächst auf Kriterien der Abgrenzung aus der Sicht der Anbieter eingegangen wird, sei angemerkt, daß der Begriff „relevanter Markt" in der Literatur unterschiedlich Verwendung findet. Im Rahmen der Diskussion zur strategischen Unternehmensplanung und in der Marketingliteratur wird der relevante Markt als Teil des Gesamtmarktes gesehen (vgl. z. B. Wind/Mahayan 1981: 32 und Grimm 1983: 65). Die Wettbewerbspolitik verwendet demgegenüber den Begriff des relevanten Marktes für eine höhere Stufe der Marktdefinition, vergleichbar der Gesamtmarktdefinition der strategischen Planung und der Marketingtheorie. Nach der Diskussion der einzelnen Kriterien wird dieser wesentliche Unterschied deutlich werden. 3.1.1.1 Abgrenzung des Gesamtmarktes Entsprechend der Top-down-Sicht, d.h. ausgehend von den Anbietern, versteht man unter dem Markt den „Bereich wirksamer Konkurrenz" (Kaufer 1980: 22). Um diesen Bereich der wirksamen Konkurrenz zu bestimmen, werden insbesondere drei Dimensionen zur Abgrenzung herangezogen: zeitliche, räumliche und sachliche. Generell kann man sagen, daß die räumliche Grenze des Marktes dort gezogen wird, wo es für Abnehmer innerhalb des relevanten Gebietes entweder unmöglich ist oder zumindest nur unter Inkaufnahme erheblicher Unbequemlichkeit oder unzumutbarer Fracht- und Wegekosten möglich wäre, die relevanten Erzeugnisse von außerhalb dieses Gebietes zu beziehen (vgl. Hoppmann 1974: 32). Die zeitliche Abgrenzung des Marktes dient der Unterscheidung in tatsächliche und potentielle Marktteilnehmer. Bei der Bestimmung der derzeitigen Wettbewerbsposition ist es erforderlich, sich auf diejenigen Unternehmen zu beziehen, die in bezug auf die Abnehmergruppe die direkte Konkurrenz bilden. Für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation und der näheren Zukunft ist eine solche Betrachtungsweise in der Regel richtig. In vielen praktischen Fällen ist jedoch auch der Bereich der potentiellen Konkurrenz für einen Anbieter von Bedeutung. Zur

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potentiellen Konkurrenz zählt ein Unternehmen dann, wenn es z. B. auf technisch ähnlichen Anlagen bisher unterschiedliche Produkte herstellte, die Anlagen aber ohne große Schwierigkeiten umgestellt werden können (vgl. Grimm 1983: 64). Obwohl solche Unternehmen als potentielle Konkurrenten in das strategische Kalkül einbezogen werden müssen, gehören sie nicht zu dem in Frage stehenden Markt, da sie zum Zeitpunkt der Analyse nicht als Anbieter auftreten. Durch die sachliche Abgrenzung des Marktes wird die „bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen" (Hoppmann 1974: 34) festgelegt. Dieser Frage hat man bisher besonders große Aufmerksamkeit gewidmet, so daß die Zahl der in der Literatur und Praxis diskutierten und verwendeten Abgrenzungsmerkmale ein relativ breites Spektrum aufweist. Orientiert man sich an der Art des Produktes, z. B. Bier oder Büromaschinen, bzw. an der generischen Bedarfsart (vgl. Lange 1981: 90 und Levitt 1982: 81—82), so erfolgt die Abgrenzung primär über die Bestimmung von Produktkategorien. Unternehmen orientieren sich dabei häufig an vorgegebenen Klassifikationen. So hat bei amerikanischen Unternehmen die „Standard Industrial Classification (SIC)" entscheidende Bedeutung. Dem entspricht in Deutschland in etwa die „Grundsystematik der Wirtschaftszweige" des Statistischen Bundesamtes (zur Definition von Märkten und Industrien mit Hilfe der „Grundsystematik der Wirtschaftszweige" vgl. Kaufer 1980: 18). Im Konsumgüterbereich haben darüber hinaus die von Marktforschungsinstituten im Rahmen ihrer Panelerhebungen vorgenommenen Marktklassifikationen, die bei der Abgrenzung primär auch an der Art des Produktes orientiert sind, Bedeutung erlangt (zu den Arten und Anbietern von Panelerhebungen in Deutschland vgl. Rogge 1981: 113 — 124). Bei der Zuordnung zu einer Produktkategorie wird die sachliche Grenze dort gezogen, wo es für Käufer unmöglich oder nur sehr schwierig ist, Waren bzw. Leistungen außerhalb der sachlichen Grenze anstelle von Waren bzw. Leistungen außerhalb der sachlichen Grenze anstelle von Waren bzw. Leistungen innerhalb der sachlichen Grenze zu verwenden, d. h. sie zu substituieren oder auszutauschen (vgl. Hoppmann 1974: 35). Dementsprechend orientiert sich die Zuordnung von Produkten dabei letztlich an dem mehrdimensionalen Kriterium der Substituierbarkeit von Produkten. Je höher der Grad der Substituierbarkeit, desto ähnlicher sind die Produkte und desto eher sind sie einer Produktkategorie zurechenbar. Mit dieser Frage beschäftigt sich sehr intensiv die Wettbewerbspolitik und das Wettbewerbsrecht im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen. Die dort herausgearbeiteten Abgrenzungskriterien können den Orientierungsrahmen zur Abgrenzung des Gesamtmarktes bilden. (Eine Übersicht über mögliche Vorgehensweisen bei der

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Abgrenzung des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts geben Dichtl/Andritzky/Schobert 1977.) Hier soll insbesondere der Aspekt der differenzierteren Betrachtung der Substituierbarkeit interessieren. Vom Standpunkt des Käufers aus gesehen können folgende Aspekte der Substituierbarkeit unterschieden werden: — Die physikalisch-technische Äquivalenz: Sie bezeichnet die Gleichheit der Produkte nach Stoff und Material, Herstellungs- oder Bearbeitungsverfahren, Form oder technischer Gestaltung und äußeren Eigenschaften. — Die funktionale Äquivalenz: Darunter versteht man die Beurteilung der Austauschbarkeit vom Standpunkt des spezifischen Verwendungs• zwecks. — Die reaktive Äquivalenz: Mit der Tatsache, daß die Güter funktional austauschbar sind, ist noch nicht bestimmt, ob auch die Käufer sie als austauschbar ansehen. Zur Beurteilung des Marktverhaltens kommt es deshalb nicht auf die objektive Austauschbarkeit an, sondern auf die subjektive, d. h. auf die Stellung der Ware im Bewußtsein des Verbrauchers (vgl. Hoppmann 1974: 34 — 36). Erweitert man den Begriff der Substituierbarkeit auch auf die reaktive Äquivalenz, so kommt man auch bei dieser Sichtweise der Marktdefinition nicht umhin, Verbraucherurteile zu berücksichtigen. Eine exakte sachliche Abgrenzung des Marktes ist somit letztlich nur möglich auf der Basis empirischer Erhebungen zur Erfassung des exakten Marktverhaltens. Während Gerichte im Rahmen von Wettbewerbsprozessen häufig diesen Weg gehen (vgl. die Darstellung bei Dichtl/Andritzky/Schobert 1977: 291—292), ist dieses Verfahren für die Unternehmenspraxis meist zu aufwendig. Es ist jedoch wichtig, daß man bei der Abgrenzung des Gesamtmarktes die angesprochenen Sichtweisen berücksichtigt und möglichst exakt erfaßt. Hilfestellung kann hierbei die in Abbildung 24 angeführte Checkliste geben, in der die wichtigsten Aspekte zusammengefaßt sind. Hingewiesen sei noch auf eine weitere Vorgehensweise zur Ermittlung des Ausmaßes der Substituierbarkeit: die Ermittlung der Kreuz-PreisElastizität. Dieses Konzept, das ebenfalls in der Wirtschaftstheorie diskutiert wird, gibt die relative Mengenänderung des Absatzes von Produkt A bei einer relativen Preisänderung des Konkurrenzproduktes B an. Wenn eine leichte Preiserhöhung bei dem Erzeugnis B eine beträchtliche Zahl von Verbrauchern veranlaßt, auf das Erzeugnis A abzuwandern, dann besteht zwischen diesen beiden Erzeugnissen eine hohe Kreuz-Preis-Elastizität, und die Erzeugnisse sind dann dem gleichen sachlichen Markt zuzurechnen (vgl. Kaufer 1980: 22 — 23). Von den meisten Autoren wird jedoch diese Vorgehensweise abgelehnt, da sie weder theoretisch noch

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

Sachliche Abgrenzung — Welcher spezielle Verwendungszweck, welche Bedarfsart oder Problemlösung bildet die sachliche Grenze des Marktes? — Wie hoch ist das Ausmaß der Substituierbarkeit (physikalisch-technische, funktioneile und reaktive Äquivalenz bei bestimmten Abnehmergruppen)? Zeitliche Abgrenzung — Welche Produkte und Unternehmen bilden die derzeitige Konkurrenz? — Welche Unternehmen können aufgrund ihrer technologischen Möglichkeiten potentielle Konkurrenten werden? — Können vergleichbare Substitutionsprodukte den Markt erweitern? Räumliche Abgrenzung — Handelt es sich um einen lokalen, regionalen, nationalen oder internationalen Markt? Wie orienti orientieren sich die Abnehmer? — Welche Absatzmittlergruppen bilden den Markt?

Abb. 24 Checkliste zur Definition des Gesamtmarktes

praktisch dazu geeignet erscheint, Märkte exakt abzugrenzen (zu den Gründen der Ablehnung vgl. z.B. Grimm 1983: 64 — 65 und Hoppmann 1974: 38-39). 3.1.1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes Im Gegensatz zu der relativ weiten Marktdefinition der Wettbewerbstheorie ist die Definition des relevanten Marktes im Rahmen des Strategischen Managements und der Marketingtheorie enger gefaßt. Wind/Mahayan (1981: 32) bezeichnen den relevanten Markt als Teil des Gesamtmarktes, auf dem ein Produkt im Wettbewerb steht und auf den die Marketinginstrumente fixiert sind; er ist somit typischerweise kleiner als der Gesamtmarkt. Abell spricht in diesem Zusammenhang vom „Served Market" (vgl. Abell 1980: 24). Während der Gesamtmarkt vor allem nach zeitlichen, räumlichen und sachlichen Kriterien (wie dargestellt), also primär durch die Art des Produktes definiert wird (z. B. Biermarkt), wird der relevante Markt eines Unternehmens durch eine Vielzahl von einschränkenden Kriterien bestimmt, z.B. Flaschenbier einer bestimmten Qualität und Preisklasse, das über festgelegte Absatzkanäle in bestimmten geographischen Grenzen abgesetzt werden soll. Der relevante Markt ist damit durch entsprechende unternehmerische Entscheidungen weitgehend frei wählbar (vgl. Grimm 1983: 65). Diese Auffassung steht im Einklang mit der Ar-

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beitshypothese Abells, der anführt, daß die individuelle Definition des Geschäfts die Grenzen der Marktdefinition bestimmt (vgl. Abell 1980: 24). Die Vorgehensweise bei der Bestimmung des Gesamtmarktes ist im Rahmen der Marketingtheorie und des Strategischen Managements analog den dargestellten Einzelaspekten der Wettbewerbstheorie. Wie deutlich gemacht wurde, kann auch bei der Definition des Marktes aus angebotsorientierter Sicht nicht auf das Urteil des Verbrauchers verzichtet werden (reaktive Äquivalenz). Während jedoch in der Wettbewerbstheorie eine enge Orientierung an den jeweiligen Produkten des Marktes erfolgt, besteht in der Marketingtheorie weitgehende Einigkeit darüber, daß es strategisch unzureichend ist, die für die Zukunft ins Auge gefaßten Aufgabenund Tätigkeitsgebiete eines Unternehmens allein durch Angabe von Produkten zu definieren. Eine weitblickende Kennzeichnung des Unternehmensgegenstandes und entsprechend auch eine Festlegung der Märkte des Unternehmens, sollte sich nicht nur auf die gegenwärtig vorhandenen Erzeugnisse konzentrieren, sondern auf grundsätzliche Problemlösungsmöglichkeiten abstellen (vgl. Köhler 1981: 267; nach Lange 1981: 90 ist hiermit die generische Bedarfsart angesprochen). Diese Sichtweise ist weitgehend Allgemeingut bei der Abgrenzung von Märkten geworden. Sie ist auch Ursache dafür, daß den sachlichen Abgrenzungskriterien des Marktes weitaus differenziertere Beachtung geschenkt wird. Dies wird auch bei den grundlegenden Arbeiten von Abell (1978, 1980; vgl. auch Abell/Hammond 1979: 389-407) und Buzzell (1978) deutlich. Während man traditionell ausgehend von der Definition des Marktes als Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage, von Produkt-Markt-Kombinationen spricht (vgl. z. B. Hinterhuber 1980: 26), hat Abell (1980) demgegenüber einen Versuch unterbreitet, mögliche Problemfelder der Unternehmenstätigkeit nach drei Betrachtungsdimensionen abzugrenzen. Dabei werden die Märkte näher nach Nachfragesektoren und Merkmalen der bedarfskonstituierenden Probleme beschrieben. An die Stelle von Produkten tritt die Angabe des Problembezugs (Funktionserfüllung) und der dafür in Frage kommenden Technologie. Beide Blickwinkel (Produkt und Markt) enthalten also gleichermaßen den Problem- bzw. Funktionsaspekt, so daß sich letztlich die angesprochenen Merkmale auf drei Dimensionen reduzieren lassen (vgl. Abell 1980: 12—17). Anhand dieser drei Dimensionen, die in Anlehnung an Köhler (1981: 268) mit den Begriffen — potentielle Nachfragesektoren, — Funktionserfüllung, — verwendete Technologien bezeichnet werden können, versucht Abell (1980), den Problemlösungsraum zu strukturieren und Anhaltspunkte zur Differenzierung und Abgrenzung der Märkte zu liefern. Wie dieser dreidimensionale Bezugsrah-

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men in sich eine Ausdifferenzierung erfahren kann, zeigt Abbildung 25, in der dieses Konzept beispielhaft für ein Verlagsunternehmen aufgezeigt wird. Dieses Beispiel macht deutlich, daß die konkrete Unterteilung der Koordinaten branchenabhängig ist. Jedes Produkt ist das Ergebnis der Anwendung einer bestimmten Technologie für die Erfüllung einer bestimmten Funktion oder Lösung eines bestimmten Problems bei einer bestimmten Abnehmergruppe. Die Einteilungen auf den drei Darstellungsachsen geben zunächst lediglich die grundsätzlichen Möglichkeiten der Marktdefmition wieder. Es handelt sich bei diesem SystematisierungsVorschlag also um eine Denkhilfe, die die kreativen Überlegungen anregen und nach wichtigen Ordnungsgesichtspunkten kanalisieren soll. Der Prozeß der Marktdefmition wird damit vorstrukturiert, und es wird ein Denkschema zur Verfügung gestellt, das die Berücksichtigung aller für diese Fragestellung relevanten Bedingungen ermöglicht. Wesentlichstes Kriterium ist die Funktionserfüllung. Sie bezieht sich auf die Bestimmung der Abnehmerfunktion. Hierbei müssen die Funktionen unterschieden werden nach der Art, wie sie erfüllt werden und nach dem Nutzen, den ein Käufer mit dem Produkt verbindet. Die Bestimmung der Funktion des Produktes ist meist der erste Schritt zur Definition des relevanten Marktes. Sie beinhaltet gleichzeitig den Aspekt „Kunde", da die Funktionserfüllung immer kundenbezogen ist (vgl. Abell 1980: 170 — Kontaktherstellung (z. B. Adressendienste) Aktuelle Nachrichtendienste Praktische Arbeitsunterlagen Fachliche Weiterbildung Fachliche Ausbildung Allgemeinbildung Unterhaltung potentielle Nachfragesektoren OX

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Abb. 25 Dreidimensionale Marktdefinition (Beispiel: Verlagsunternehmen) Quelle: Köhler 1981:269

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172; Buzzell 1980:4 und Day 1980a:282). So ist z.B. der Transport eine Funktion, die Benutzung eines Mietwagens eine Art, diese Funktion zu erfüllen, der Preis, die Geschwindigkeit, Unabhängigkeit usw. sind Nutzenattribute, die mit dieser Entscheidung verbunden werden. Die zweite Dimension bezieht sich auf die Bestimmungen der Technologie. Die gleiche Funktionserfüllung oder Bedürfnisbefriedigung bei einem bestimmten Kunden kann häufig mit alternativen Technologien erfolgen. Insofern ist die Technologie ein weiteres wichtiges Abgrenzungskriterium, sie ist die Form oder Methode, um das Problem eines Käufers zu lösen. Wurde z. B. das Transportproblem als Abnehmerfunktion herausgearbeitet, so beziehen sich alternative Technologien auf Straße, Eisenbahn und/ oder Seetransport. Eine weitergehende Untergliederung kann z. B. beim Straßentransport erfolgen in Privatwagen, Mietwagen, Fahrrad oder Massentransportmittel. Die jeweilige Hierarchieebene der Technologie erfolgt hierbei unter enger Orientierung an der Abnehmerfunktion, d.h. am Kundenproblem. Die dritte Dimension der Marktdefinitionen bezieht sich auf die Bestimmung der Abnehmergruppen. In den meisten Märkten können verschiedene Arten von Kunden unterschieden werden. Eng hiermit verbunden ist die Funktionserfüllung. Häufig werden bei unterschiedlichen Kundengruppen auch unterschiedliche Funktionserfüllungen erfolgen, was jedoch nicht zwangsweise der Fall sein muß (vgl. Buzzell 1978:5). Die Zusammenfassung bestimmter Kunden zu Abnehmergruppen, die hinsichtlich Bedarf und voraussichtlichem Kaufverhalten weitgehend homogen sein sollen, kann hierbei nach den verschiedensten Kriterien erfolgen: z. B. geographischen, demographischen, sozio-demographischen, Life-style-Kriterien oder auch nach Endverbraucher und Weiterverarbeiter (vgl. Abell 1980. 170). Zusammenfassend kann also ein relevanter Markt definiert werden als Funktionserfüllung mit Hilfe einer speziellen Technologie bei bestimmten Abnehmergruppen. Betrachtet man das Beispiel von Köhler (1981; vgl. Abb. 25) zur Marktdefinition von Verlagsunternehmen, so sind entsprechend der Vorgehensweise die verschiedenen Bedürfnisstrukturen (Funktionserfüllungen) der Abnehmer abgetragen. Die potentiellen Nachfragesektoren differenzieren nach homogenen Abnehmergruppen; unter verwendbaren Technologien sind die entsprechenden Medien angeführt. Die dreidimensionale Darstellung beinhaltet dementsprechend alle Aspekte alternativer Marktdefinitionen. Mit Hilfe dieser Struktur muß anschließend entschieden werden, wie bei einem konkreten Verlagsunternehmen der entsprechende Markt definiert sein muß. Aufgrund der großen Vielfalt der Möglichkeiten unterscheiden sich in der Regel die Wettbewerber in einer Branche in der Art und Weise, wie sie

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ihre Tätigkeiten definieren. In dem angeführten Beispiel von Köhler würde ein Verlagsunternehmen, das eine Tageszeitung herausbringt, den Markt beispielsweise wie folgt eingrenzen: — Funktionserfüllung: aktuelle Nachrichtendienste, Allgemeinbildung, Unterhaltung. — Potentielle Nachfragesektoren: alle aufgeführten Nachfragegruppen werden angesprochen. — Verwendbare Technologie: Druckmedien. Dieses Beispiel verdeutlicht, daß die Abgrenzung des Marktes sowohl von dem Verhalten der Abnehmer (Welche Problemlösung soll erfolgen?) abhängig ist als auch durch die Strategie beeinflußt wird (Bei welchen Abnehmergruppen erfülle ich die Funktion mit welcher Technologie?). Hierdurch wird deutlich, daß die Entscheidung über die Abgrenzung des relevanten Marktes in weiten Teilen durch unternehmerische Entscheidungen frei wählbar ist; Abell spricht davon, daß die Marktdefinition gewissermaßen die Strategie des Unternehmens widerspiegelt (vgl. Abell 1980: 24). Andererseits darf die Abgrenzung des relevanten Marktes jedoch nicht losgelöst von einer Konkurrenzbetrachtung und dem tatsächlichen Verhalten der Abnehmer erfolgen. Das Kaufverhalten der Abnehmer beeinflußt die Breite der Marktabgrenzung (die hierarchische Ebene). Insbesondere entscheidet sich hierüber, ob eine Vielzahl von Funktionen mit einem vielfältigen Technologieangebot für zahlreiche Abnehmergruppen als relevanter Markt abgegrenzt werden kann (breite Marktabgrenzung) oder ob entlang einer oder mehrerer Dimensionen selektiv segmentiert werden muß (enge Marktabgrenzung). Letztendlich entscheiden auch hier die Substitutionsbeziehungen zwischen den Produkten über die Marktabgrenzung. Durch die Auswahl des relevanten Marktes werden gleichzeitig Art und Anzahl der Konkurrenten bestimmt, d. h. es wird festgelegt, welche Unternehmen den Bereich wirksamer Konkurrenz bilden (vgl. Kaufer 1980: 22). Auch Unternehmen, die aufgrund anderer unternehmensspezifischer Gegebenheiten bzw. anderer Unternehmensstrategien eine andere Marktdefmition wählen, können zum Konkurrenzfeld des Unternehmens zählen. So werden kleine Unternehmen, die eine enge Marktabgrenzung gewählt haben, häufig auch mit größeren Unternehmen, die auf der Basis einer breiteren Marktabgrenzung arbeiten, konkurrieren. Es wird deutlich, daß die Abgrenzung des relevanten Marktes eng verzahnt ist mit Fragen der Marktsegmentierung, auf die im nächsten Gliederungspunkt noch näher eingegangen wird. Eine interessante Erweiterung des Ansatzes von Abell erfolgte durch die Arbeit von Buzzell (1978). Er argumentiert, daß als vierte Dimension das

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jeweilige Produktions- und Distributionslevel in die Betrachtung einbezogen werden muß. Die Frage nach dem Level, auf dem das Produkt angeboten wird, hat in vielen Situationen wesentliche Bedeutung erlangt. Hierunter ist zu verstehen, auf welcher Stufe (welchen Stufen) der Wertschöpfungskette sich das Unternehmen bewegt; bietet man Rohstoffe an, fertigt man Halbprodukte oder verkauft man an den Endverbraucher. Diese Frage ist insofern entscheidend, als verschiedene Wettbewerber nur auf einer Stufe arbeiten, andere Wettbewerber jedoch auf zwei oder drei Stufen der gesamten Wertschöpfungskette. Strategisch ist dies eine Frage der vertikalen Integration. Es muß hier entschieden werden, ob jede Ebene getrennt als Markt betrachtet werden muß, oder ob die Konkurrenzdimension eine so entscheidende Bedeutung erlangt, daß verschiedene Ebenen als kombinierter Markt anzusehen sind. Auch Day (1981:91 und 1981 a: 283) beschäftigt sich mit dieser Frage. Der Grad der vertikalen Integration beeinflußt insbesondere die Kostensituation des Unternehmens. Geringe Kosten im Vergleich zu den Wettbewerbern bedeuten einen strategischen Vorteil, höhere Kosten einen Nachteil. Insofern erscheint es angebrachter, diesen Aspekt unter dem Gesichtspunkt des Kostenvergleichs mit Wettbewerbsprodukten zu betrachten — als ein Kriterium, das erlaubt, Vor- und Nachteile verschiedener Unternehmen in einem Markt zu erklären —, jedoch nicht zur Abgrenzung von Märkten (eine Diskussion der Wertschöpfungsketten und Fragen der vertikalen Integration erfolgt im Rahmen dieses Buches unter Gliederungspunkt II 3.2.1.1.4, S. 201 und II 3.3, S. 219). Anhand der von Abell gewählten Abgrenzungskriterien wird die Bedeutung des Marketing deutlich. Die beiden entscheidenden Dimensionen „Funktionserfüllung" und „potentielle Nachfragesektoren" sind primär und traditionell Entscheidungstatbestände des Marketing und der Konsumentenforschung. 3.1.1.3 Marktsegmentierung Eng mit der Bestimmung des relevanten Marktes verbunden sind Aspekte der Marktsegmentierung. Fragen der Marktsegmentierung nehmen in der Literatur einen hohen Stellenwert ein (vgl. beispielsweise Freier 1983; Kotler 1982: 201-221; Kollat/Blackwell/Robeson 1972: 183-203; Mandell/Rosenberg 1981: 142-162; Meffert 1982: 213-229; Simon 1982: 362-365; Böhler 1977 sowie Kaiser 1978; Krone 1977 und Frank/Massey/ Wind 1972). Das Hauptziel der Segmentierungspolitik besteht immer darin, ein möglichst hohes Maß an Identität (Identifizierungsmöglichkeit) zwischen einer bestimmten Art und Zahl von Käufern bzw. Abnehmern einerseits und dem angebotenen Produkt einschließlich seines Vermark-

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tungskonzeptes andererseits zu realisieren. Entsprechend wird an jedes Segment die Forderung gestellt, daß es in sich betrachtet möglichst ähnlich oder gleichartig (homogen), im Vergleich zu anderen Segmenten möglichst unähnlich oder ungleich (heterogen) ist. Durch die Segmentierung erfolgt somit eine Aufteilung des Marktes in klar abgegrenzte Untergruppen von Kunden, von denen jede als Zielmarkt angesehen werden kann, der mit einem bestimmten Marketing-Mix erreicht werden soll (vgl. Kotler 1982: 202). Durch ein auf die speziellen Bedürfnisse, Ansprüche, Erwartungen usw. der Konsumenten zugeschnittenes, differenziertes Angebot ist es möglich, die jeweils spezifischen Bedürfnisse des Kunden zu erfüllen. Wenn es sich um ein neues, noch nicht von Wettbewerbern besetztes Marktsegment handelt, so bezeichnet man dies als „Marktnische". Daneben steht ein zweiter Grund zur Durchführung einer Marktsegmentierung. Meist reagiert der Markt nicht als Ganzes auf die Veränderung bestimmter Variablen, sondern bestimmte Segmente reagieren in unterschiedlicher Weise. Für Marktprognosen ist es daher unerläßlich, die Strukturen, die Gesetzmäßigkeiten und Abhängigkeiten der verschiedenen Segmente zu kennen, um somit Auswirkungen der Veränderungen bestimmter Variablen auf die Nachfrage abschätzen zu können (vgl. Gerl/ Roventa 1981: 843). Die Marktsegmentierung erhöht die Transparenz des Marktes und läßt Chancen und Marktlücken besser erkennen. Schließlich führt die Marktsegmentierung dazu, daß das Unternehmen sein Marketingbudget entsprechend den Verhältnissen in den einzelnen Segmenten des Marktes effizienter aufteilen kann. Der unterschiedliche Mitteleinsatz, das Setzen von Prioritäten entspricht dem Prinzip der differenzierten Marktbearbeitung (vgl. Meffert 1982: 225-226 und Kotler 1982: 216-217). Es empfiehlt sich, im Rahmen einer Diskussion der Marktsegmentierung zwischen Markterfassung und Marktbearbeitung zu unterscheiden. Die Markterfassung zielt auf eine Identifizierung und Abgrenzung homogener Käufergruppen ab, die die Voraussetzung für eine erfolgreiche Marktsegmentierung erfüllen. Die darauf aufbauende differenzierte Marktbearbeitung hat die Entwicklung von differenzierten bzw. konzentrierten Marktbearbeitungsstrategien zum Gegenstand. An dieser Stelle des Buches interessieren insbesondere die Aspekte der Markterfassung. Märkte bestehen aus Kunden, und Kunden unterscheiden sich in vieler Hinsicht voneinander: in ihrer Anzahl, ihrer geographischen Lage, ihren Anforderungen an das Produkt, ihren Kaufpraktiken usw. Jede dieser Variablen kann für die Attraktivität und „Bedienbarkeit" eines Kunden ausschlaggebend sein und jede dieser Variablen kann als Segmentierungskriterium herangezogen werden (vgl. Kotler 1982: 202). Entsprechend

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bildet den Schwerpunkt der Diskussion zur Marktsegmentierung die Frage, welche Kriterien der Bildung von Marktsegmenten dienen sollen. Wenn durch die Marktsegmentierung ein besonders hoher Grad von Identität zwischen der angebotenen Marktleistung und einer bestimmten Zahl von Käufern erzielt werden soll, so müssen alle diejenigen Käufer bzw. Abnehmer innerhalb eines Marktsegments zusammengefaßt werden, deren Bedürfnisstruktur und Kaufverhalten möglichst homogen sind. Wichtig ist daher die Herausarbeitung von kaufrelevanten Unterschieden zwischen den Abnehmern, um verschiedene Segmente abgrenzen zu können (vgl. Freier 1983: 15). Erst die Kenntnis der Bestimmungsfaktoren des Entscheidungsverhaltens der Käufer erlaubt dementsprechend die Abgrenzung von Marktsegmenten. Die in der Literatur diskutierten Marktsegmentierungskriterien können nach Auffassung des Verfassers in „allgemeine Käufermerkmale" und „produktbezogene Einstellungen und Verhaltensmerkmale" unterschieden werden (vgl. Abb. 26). Die allgemeinen Käufermerkmale lassen sich als „klassische Marktsegmentierungskriterien" bezeichnen. Sie haben in der

Marktsegmentierungskriterien

Allgemeine Käufermerkmale — geographische: Stadt/Land, Region, Klima — sozio-demographische: Geschlecht, Alter, Haushaltsgröße, Einkommen, Schulbildung, Beruf, soziale Schicht '— psychographische: Lebensstil, Persönlichkeitsstruktur

Produktbezogene Einstellungen und Verhaltensmerkmale Produktanforderungen (Einstellungen und Erwartungen aktueller und potentieller Käufer und Verwender sowie kaufbeeinflussender Personen gegenüber einem bestimmten Produkt oder einer Produktgruppe) Kaufverhalten (Einkaufsquellen, Verbrauchsintensität, Kaufanlaß, Käufer/Verbraucher) Reaktion auf Marketinginstrumente (Markentreue, Mediennutzung, preisbezogenes Verhalten usw.)

Abb. 26

Marktsegmentierungskriterien

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Praxis zur Beschreibung von Käufergruppen große Bedeutung erlangt. Diese Kriterien lassen sich in der Regel leichter beobachten, bzw. die anhand dieser Merkmale definierten Segmente sind gezielter anzusteuern (so beziehen sich z. B. fast alle Mediadaten auf derartige Merkmale), jedoch bleibt ihre Relevanz in bezug auf die Kaufentscheidung oder das Käuferverhalten zumeist unklar und zweifelhaft. Die eingeschränkte Brauchbarkeit wurde anhand vieler verschiedener Untersuchungen nachgewiesen (vgl. hierzu Freter 1983: 56 und die dort angegebenen Untersuchungen). In der Regel kommt den allgemeinen Käufermerkmalen eine mehr deskriptive Funktion zu, d. h. sie beschreiben, welche Konsumenten bestimmte Produkte kaufen, ohne zu erklären, warum eine bestimmte Produktwahl erfolgt. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß allein geographisch und sozio-demographisch definierte Konsumentengruppen ein sehr unterschiedliches qualitatives Konsumentenverhalten aufweisen können. Diese vielfach festgestellte mangelhafte Trennschärfe (vgl. Becker 1983: 142) hat dazu geführt, daß zur Identifizierung von Marktsegmenten sogenannte psycho graphische Merkmale herangezogen wurden. Bei dieser Segmentierungsart geht es um die Einzelpersonen mit ihrem individuellen Lebensstil und der ihr eigenen Persönlichkeitsstruktur. Personen, die derselben demographischen Gruppe angehören, können sehr verschiedene psychographische Profile haben. Insbesondere die Segmentierung nach Lebensstil und nach Persönlichkeitsvariablen haben hier Bedeutung erlangt (zu Lebensstil und Persönlichkeitsvariablen vgl. insbesondere Kotler 1982: 208-209; Böhler 1977: 83-115 und Freter 1983: 58-87 und die dort angegebene Literatur). Neben den angeführten allgemeinen Käufermerkmalen haben produktbezogene Einstellungen und Verhaltensmerkmale zur Abgrenzung von Marktsegmenten Bedeutung erlangt. Da sie stärker an der Bedürfnisstruktur und dem Kaufverhalten der Abnehmer orientiert sind, sind sie in der Regel eher in der Lage, kaufrelevante Unterschiede zwischen den Abnehmern nachzuweisen. So konnte auch ihre Relevanz in bezug auf das Kaufverhalten in empirischen Untersuchungen bestätigt werden (vgl. Freter 1983: 74 — 75 und die dort angegebenen Untersuchungen). Den deutlichsten kaufrelevanten Einfluß haben, nach Aussage dieser empirischen Untersuchungen, Einstellungen und Erwartungen aktueller und potentieller Käufer und Verwender sowie kaufbeeinflussender Personen gegenüber einem bestimmten Produkt. Durch die Erfassung der Einstellungen zu allen Produkten eines Gesamtmarktes wird es möglich, die einzelnen Produkte mit Hilfe von Positionierungsmodellen (vgl. Gliederungspunkt II 3.2.1.1.3, S. 176) darzustellen und so Segmente abzugrenzen. Produktspezifische Einstellungen und Erwartungen orientieren sich an der Funktionserfüllung des Produktes; hier

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wird die enge Verbindung zwischen dem Ansatz von Abell (1980: 24) und den Kriterien der Marktsegmentierung deutlich. Produktspezifische Einstellungen stellen jedoch nur eine Gruppe verhaltensbestimmender Faktoren dar. Einstellungen und Präferenzen erklären z. B. nicht oder nur zum Teil das Ausmaß und den Zeitpunkt des Kaufverhaltens wie Kaufintensität, Kaufmenge und Kaufanlaß (vgl. Kaiser 1978: 89). Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Reaktion auf Marketinginstrumente. Märkte zerfallen häufig in Segmente, die unterschiedlich auf Marketingvariablen wie Preis, Sonderangebote oder Kundendienst reagieren. Neben diesem eher kaufverhaltensorientierten Ansatz beinhaltet die Marktsegmentierung weiterhin einen methodenorientierten Ansatz. Hierbei werden zum Auffinden homogener Segmente geeignete Erhebungsund Auswertungsmethoden diskutiert. Neben Skalierungsverfahren stehen verschiedene graphische (zwei- bis dreidimensionale Modelle) und mathematisch-statistische Auswertungsverfahren im Vordergrund der Betrachtung. Im Bereich der mathematisch-statistischen Auswertungsverfahren sind insbesondere multivariate Analyseverfahren von Bedeutung. Hier kann zwischen Verfahren, die beobachtete Zusammenhänge analysieren (multiple Regressions- und Diskriminanzanalyse) und Verfahren, die der Aufdeckung latenter Strukturen dienen — man sucht unbeobachtete, latente Variablen — (z. B. Faktoren-, Hauptkomponenten- und Clusteranalyse) differenziert werden. Weiterhin existieren Verfahren, die sich dieser Einteilung aufgrund ihrer anders gearteten Datenstrukturen entziehen. Hier ist insbesondere die multidimensionale Skalierung angesprochen. Es handelt sich dabei um ein Verfahren zur Aufdeckung latenter Strukturen; es werden keine Variablen beobachtet, sondern z. B. Matrizen mit Maßen der Ähnlichkeit verschiedener Objekte oder Stimuli erstellt. Das umfangreiche Spektrum der Segmentierungsmethoden kann in diesem Buch nur grob klassifiziert werden (zu den einzelnen Vorgehensweisen vgl. insbesondere Büning/Haedrich u.a. 1981: 242-278; Freter 1983: 100108 und Böhler 1977 sowie die jeweils angegebene Literatur und die Gliederungspunkte II 3.1.2.2, S. 114 und II 3.2.1.1.3, S. 176). Es stellt sich nun die Frage, ob die marketingübliche und von den Methoden her recht verfeinerte Segmentierung für Zwecke der strategischen Planung angewandt werden kann. Versteht man unter strategischer Planung die Ausgestaltung der externen Verbindungen des Unternehmens mit seiner Umwelt, so steht naturgemäß sicherlich die Frage im Vordergrund, mit welchen Produkten das Unternehmen welche Märkte bedienen soll. Dies ist eine klassische Frage des Marketing. Insofern müssen auch die Erkenntnisse der Marketing-Forschung — insbesondere die Überlegungen zur Abgrenzung und Analyse der relevanten Märkte des Unternehmens — Eingang in die strategische Planung finden. Dieser Schritt wurde bisher

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lediglich in der Arbeit von Abell (1980) deutlich. Ausgehend von den im Mittelpunkt seiner Arbeit stehenden drei Dimensionen „potentielle Nachfragesektoren", „Funktionserfüllung" und „verwendete Technologien", die bewußt global gehalten sind, nimmt er tiefergehende Aufgliederungen der drei Ebenen vor, wobei dann auch die anvisierten Nachfragesektoren in Marktsegmente aufzugliedern sind (vgl. Abell 1980: 179 — 190). Den Ausgangspunkt dieser Feingliederung bildet ein ausgewählter Nachfragesektor. Entsprechend der Vorgehensweise der Marktsegmentierung wird zunächst dieser Sektor in weitere unterscheidbare Käufergruppen aufgegliedert. Anschließend werden für das ausgewählte Marktsegment die segmentspezifischen Bedarfsmerkmale — im Rahmen bestimmter Funktionserfüllungen — herausgearbeitet, d. h. die besonderen Anforderungen dieser Käufergruppe an das Leistungsangebot sind zu ermitteln. Die dritte Dimension enthält Angaben über die Gestaltungsart der verwendbaren Technologien und über grundsätzliche Gestaltungsschwerpunkte der sonstigen Marketing-Mix-Bestandteile (vgl. hierzu Abb. 27 und die Ausführungen bei Köhler 1981: 270-272). Segmentspezifische Bedarfsmerkmale (im Rahmen bestimmter Funktionserfüllungen) Gestaltungsart der verwendbaren Technologien und grundsätzliche Gestaltungs^/ Schwerpunkte der sonstigen Marketing-MixBestandteile

l Marktsegmente (relativ homogene Käufergruppen)

Abb. 27 Segmentspezifische Verfeinerung der dreidimensionalen Marktdefinition Quelle: Köhler 1981:271 (in Anlehnung an Abell 1980:187)

Deutlich wird bei dieser Betrachtungsweise von Abell jedoch auch, daß die klassische Fragestellung des Marketing, mit welchen Produkten welche Märkte bedient werden sollen, auch an dieser Stelle ergänzt werden muß. Nach Abell beinhaltet dieser Prozeß, der in englischsprachigen Darstellungen als „defining the business" bezeichnet wird, neben der Herausarbeitung relativ homogener Käufergruppen, auch die Angaben über segmentspezifische Bedarfsmerkmale und die segmentspezifische Gestaltungsart der verwendbaren Technologien sowie das Marketing-Mix. Der von Abell vorgelegte Systematisierungsvorschlag erlaubt sehr feine Rasterungen des jeweiligen Marktes, weil neben der Ebene der Abnehmer,

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die nach den verschiedenen Segmentierungskriterien differenziert werden kann, nicht nur die Arten der Funktionsleistung, sondern auch noch die jeweils eingesetzten Technologien berücksichtigt werden, was in vielen Märkten nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig ist. Mit dem vorgestellten Modell ist der Markt mehrdimensional definierbar. Die Aktivitäten des eigenen Unternehmens und auch solche der Konkurrenzunternehmen können eindeutig abgegrenzt werden. Dadurch wird die Marktbelegung transparent sowohl für Zwecke der Analyse des Marktes als auch als Denkhilfe zur Neubestimmung des eigenen Geschäfts (vgl. hierzu das Beispiel in Abell 1980: 112). Das methodische Problem bei der Lokalisierung von konkreten Marktsegmenten besteht hauptsächlich darin, daß man bei einem segmentspezifischen Vorgehen, das auf eine möglichst vollständige Erfassung jeweils aller kaufrelevanten Segmentierungskriterien abzielt — und zwar über die verschiedensten Formen primärstatistischer Erhebungen, in erster Linie Befragungen — umfangreiche Datensätze erhält, die adäquat nur noch über EDV-Einsatz und die Anwendung multivariater Analyseverfahren ausgewertet werden können (vgl. Becker 1983: 152 und die dort angegebene Literatur). Ohne die Hilfe komplexer Marktforschungsmethoden können wichtige kaufrelevante Segmentierungsmerkmale zunächst nicht zuverlässig gemessen werden. Darüber hinaus wird mit Hilfe einiger dieser Verfahren im jeweiligen konkreten Fall die Suche nach angemessenen Merkmalen zur Marktabgrenzung unterstützt. Außerdem helfen die Verfahren, die Vielzahl der ursprünglichen Variablen auf einige grundlegende Indikatoren zu verdichten und ermöglichen so insgesamt die Identifizierung und Beschreibung von Marktsegmenten. Man sollte sich darüber im klaren sein, daß es keine objektiv richtige und noch dazu auch als richtig überprüfbare Marktdefinition und Marktsegmentierung gibt. Der Segmentierungsprozeß ist äußerst schlecht strukturiert, und sein Ergebnis ist entsprechend zu behandeln. Das heißt zum einen, daß die erfolgte Segmentierung im Zeitablauf sorgfältig zu überwachen ist und zum anderen, daß man sich möglicher „Fehler" bewußt sein muß (vgl. Gerl/Roventa 1981: 857-858). Eine Veränderung in den Verbraucherbedürfnissen oder die Entwicklung einer neuen Technologie kann eine Veränderung der vorgenommenen Definition erforderlich machen. Marktdefinition und Marktsegmentierung sind ein iterativer Prozeß, d. h. sie sind während des gesamten Planungsprozesses ständig zu überprüfen und in Frage zu stellen. Zusammenfassend erscheint es erforderlich, den Zusammenhang zwischen Marktsegmentierung und der Bildung des relevanten Marktes nochmals explizit zu verdeutlichen. Der relevante Markt ist definiert als derjenige

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Anteil am Gesamtmarkt, auf den das Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen abstimmt und auf den es auch seine Strategien ausrichtet. Der relevante Markt ist somit Teil des Gesamtmarktes, der wiederum primär anhand der Substitutionsbeziehungen zwischen Produkten abgegrenzt wird. Bestehen Substitutionsbeziehungen, so liegt deren Ursache in gleichgelagerten Produktanforderungen und Bedürfnisstrukturen der Abnehmer. Insofern entspricht die Definition des Marktes (Abgrenzung über die Substitution) weitgehend dem Konzept der Marktsegmentierung (vgl. Buzzell 1978:11), wobei die durch Marketinggesichtspunkte geprägte Marktsegmentierung weitaus differenzierter erfolgt. Letztendlich reduziert sich daher die Frage der Definition des relevanten Marktes darauf, welche Marktsegmente als relevanter Markt anzusehen sind, bzw. welche Segmente unter einer spezifischen Situation zu einem relevanten Markt zusammenzufassen sind. Hier liegt auch die Verbindung zwischen Marktsegmentierung und der Bildung Strategischer Geschäftsfelder (vgl. Gliederungspunkt IV l, S. 316). Strategische Geschäftsfelder sind Marktsegmente — oder Zusammenfassungen von Segmenten — , für die es erforderlich ist, eine gesonderte Strategie zu erarbeiten. Hierbei spielen neben Umweltdeterminanten (die bei der Definition des relevanten Marktes herangezogen werden) auch Unternehmensdeterminanten eine Rolle. Die Frage, ob lediglich ein Marktsegment oder eine Kombination verschiedener Marktsegmente den relevanten Markt bildet, ist die Frage der engen bzw. breiten Definition des Marktes. Hierbei sind vor allem folgende Kriterien zu berücksichtigen (vgl. Buzzell 1978: 11—24; Frank/Massey/ Wind 1972 und Rupp 1980: 132-133): — Deutliche Segmentunterschiede: Die Produktanforderungen aus der Sicht der Abnehmer heben sich in wesentlichen Punkten von denen des Hauptmarktes und anderer Segmente ab und werden durch die Produkte bzw. durch die Anbieter im Hauptmarkt oder anderen Segmenten nicht oder ungenügend befriedigt. — Wettbewerb: Eines der wichtigsten Kriterien ist die Wettbewerbssituation in einem Marktsegment. Das ideale Marktsegment ist so abgegrenzt, daß die Vorteile des eigenen Unternehmens klar zum Tragen kommen, d.h. die Wettbewerber sollten möglichst andere Segmente abgegrenzt haben, so daß man in dem ausgewählten Marktsegment nur eine wenig ausgeprägte Wettbewerbssituation vorfindet. Für die Erfüllung der spezifischen Anforderungen des Marktsegments ist idealerweise ein Fähigkeitsprofil erforderlich, das den Konkurrenten im Gesamtmarkt und anderen Segmenten nicht entspricht. Beispiele: Individuelle Produktanforderungen verlangen eine hohe Flexibilität im Herstellungsprozeß; spezielle Problemstellungen verlangen eingehende Kenntnisse des Abnehmerbereichs und eine individuelle, fachkundige

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Beratung; wesentliche Teile der verlangten Problemlösungen sind durch eigene Patente geschützt oder erfordern ein spezifisches, schwer zugängliches Know-how; hohe Transportkosten, verglichen mit den Herstellungskosten, bewirken eine regionale Begrenzung des Wettbewerbs. — Größe: Das Segment muß eine entsprechende Größe haben (gemessen am aktuellen oder potentiellen Umsatz), die es rechtfertigt, differenzierte Produkte und gesonderte Strategien zu erarbeiten. — Dauerhaftigkeit der Segmentunterschiede: Strategien sind langfristig angelegt, daher müssen auch die Segmentunterschiede langfristig Bestand haben. — Kosten: Die segmentspezifischen Kosten müssen vertretbar sein, insbesondere auch Mediakosten und Investitionen. Die Definition des relevanten Marktes für ein Produkt oder ein Geschäftsfeld ist eine der Schlüsselentscheidungen des Strategischen Managements, denn sie definiert die Wettbewerbsarena des Produktes im Markt (vgl. Wind/Mahayan 1981: 32). Über die Marktdefinition wird nicht zuletzt das Wahrnehmungsvermögen des Managements definiert in bezug auf Wettbewerber, Kunden und Technologie, da im Regelfall im Rahmen der strategischen Analyse primär der relevante Markt untersucht wird. Ziel sollte es jedoch sein, auch angrenzende Märkte zu beachten. Wichtig ist ebenfalls, daß ein Produkt auch in verschiedenen Märkten vertreten sein kann, entsprechend unterschiedlicher Verbrauchernutzen oder unterschiedlicher geographischer Abgrenzung. Eine präzise Definition des Marktes erlaubt es Unternehmen, das Verhalten der Abnehmer bzw. die Gründe für Kauf oder Nichtkauf der Produkte besser zu verstehen. Ein besseres Verständnis der Konsumenten ist der erste Schritt zur optimalen Befriedigung der Verbraucherbedürfnisse. Eine klare Segmentierung des Marktes erlaubt es weiterhin den Unternehmen, die Wettbewerbskräfte besser zu analysieren und die Vor- und Nachteile der einzelnen Wettbewerbsprodukte in einzelnen Segmenten herauszuarbeiten. Darüber hinaus wird ein gezielter Einsatz der Marketinginstrumente und eine gezielte Ansprache der Konsumenten erst durch eine exakte Marktabgrenzung ermöglicht (vgl. Mandell/Rosenberg 1981: 146 — 147). Nicht zuletzt hat die Definition des relevanten Marktes eine entscheidende Bedeutung bei der Feststellung der Wettbewerbsposition. Ein Unternehmen kann zwar der größte Wettbewerber im gesamten Markt sein, aber dennoch in jedem einzelnen Segment von einem Anbieter mit spezifischen Produktvorteilen oder niedrigeren Kosten hart bedrängt werden. Eine erfolgreiche Strategie kann daher nur auf der Basis einer exakten Marktabgrenzung entwickelt werden. Wird im folgenden der Terminus „Markt" gebraucht, so ist darunter der relevante Markt zu verstehen.

110

Umwelt- und Unternehmensanalyse

3.1.2 Kaufverhalten und Bedürfnisstruktur der Abnehmer

Für jedes Unternehmen muß der Leistungsaustausch mit dem Markt im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Strategische Vorteile können sich letztlich nur ausdrücken in Vorteilen angebotener Problemlösungen im Blickwinkel des Konsumenten. Der Erfolg einer Strategie entscheidet sich im Markt. Erfolgreiche Produkte sind solche, die Konsumentenbedürfnisse besser befriedigen als Wettbewerbsprodukte (vgl. auch die Ausführungen zu Gliederungspunkt I 3.2, S. 52). Wesentliche Bedeutung kommt daher — neben einer möglichst genauen Abgrenzung des relevanten Marktes auf der Basis einer entsprechenden detaillierten Marktsegmentierung — der Analyse des Kaufverhaltens und der Bedürfnisstruktur der Abnehmer bzw. Konsumenten zu. Der Markt stellt nicht irgendein abstraktes Gebilde dar, in seinem Kern sind es die Kaufentscheidungen der Abnehmer, die über die Größe und das Wachstum des Marktes entscheiden. Daher sollte sich eine Analyse des Marktes auch nicht nur auf die Sammlung quantitativer Marktdaten, wie Marktvolumen, Marktwachstum usw. beschränken, wesentlich ist die Erfassung eher qualitativer Aspekte. Zu beantworten sind hier etwa folgende Fragen (vgl. Pümpin 1980: 27): — Welche Bedürfnisstruktur weisen die Abnehmer des relevanten Marktes auf? — Wie werden diese Bedürfnisse heute befriedigt? — Wie, wo und wann wird gekauft? — Wie informieren sich die Kunden? Auch Porter (1983: 215-217) führt an, daß es neben der Beschreibung der Branchen- und Marktentwicklung wesentlich ist, nach den Triebkräften zu suchen, die dem Prozeß zugrunde liegen. „Wie bei jeder Evolution entwikkeln sich Branchen deshalb, weil Kräfte am Werk sind, die — durch Anreize oder Druck — Veränderungen herbeiführen. Diese Veränderungen können wir als evolutionäre Prozesse bezeichnen" (Porter 1983: 215). 3.1.2.1 Kaufverhalten und Kaufentscheidungsprozeß Die angesprochenen Fragen zeigen bereits deutlich die enge Verbindung der Marktanalyse mit Fragen des Käuferverhaltens bzw. des Kaufentscheidungsprozesses. Das besondere Interesse der Marketingtheorie galt immer schon den Bestimmungsfaktoren des Käuferverhaltens (einen umfassenden Überblick über die Forschung zum Entscheidungsverhalten der Konsumenten gibt Weinberg 1981). Verhaltenswissenschaftliche Erklärungsmodelle sollen nicht nur Einsichten in Kaufentscheidungsprozesse vermitteln, sondern auch Anhaltspunkte über die Wirkung von Marketinginstrumenten und sonstigen Umweltfaktoren auf das Kaufverhalten geben. Eine Vielzahl von Bestimmungsfaktoren des Käuferverhaltens wird in einer fast unübersehbaren Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen analysiert. An

3. Analyse der Branche

111

dieser Stelle kann nicht auf alle diese Faktoren eingegangen werden; einige wesentliche Aspekte sollen jedoch kurz angesprochen werden. Zunächst erscheint es erforderlich, zwischen verschiedenen Typologien der Kaufentscheidungen zu unterscheiden (einen Überblick über die wichtigsten Typologien gibt Kuß 1984: 20 — 35). Fast alle Typologien stellen auf die Informationsgewinnungs- und -Verarbeitungsaktivitäten des Individuums ab und erlauben eine differenziertere Betrachtung des Kaufentscheidungsprozesses. Für die Zwecke dieses Buches soll der Charakterisierung von vier Typen von Kaufentscheidungen gefolgt werden (vgl. KroeberRiel 1980: 310-348 und Weinberg 1981: 12-14): — Extensive Entscheidung: Extensive Entscheidungen werden nur gelegentlich getroffen. Sie erfordern die Wahrnehmung einer neuen Situation und die Lösung des durch sie geschaffenen Problems; sie führen dazu, auf eine Situation in einer neuen Art und Weise zu reagieren. — Limitierte Entscheidung: Bei limitierten Entscheidungen liegen meist schon Erfahrungen mit ähnlichen Situationen vor und die Entscheidungskriterien sind klar definiert. Die Auswahl aus den zur Verfügung stehenden Alternativen muß auf der Grundlage dieser Kriterien aber noch getroffen werden. — Habitualisierte Entscheidung: Habitualisierte Entscheidungen betreffen das übliche oder alltägliche Verhalten. Man macht das, was man vorher in einer ähnlichen Situation auch schon gemacht hat. Routineverhalten oder die Anwendung von Faustregeln sind brauchbare Begriffe zur Umschreibung dieser Verhaltensform. — Impulsive Entscheidung: Impulskäufe lassen sich durch ein rasches Handeln erkennen. Sie sind ungeplant, werden gedanklich kaum kontrolliert, unterliegen einer starken Reizsituation und zeichnen sich meist durch eine emotionale Aufladung aus. Die Unterscheidung dieser vier Typologien macht deutlich, daß der Kaufentscheidungsprozeß und insbesondere die kognitive Kontrolle sehr unterschiedlich sein können. Die Komplexität des Kaufverhaltens variiert demnach mit der Kaufsituation. Kotler (1982: 157) führt an, daß die Kaufentscheidung in Wirklichkeit aus einer ganzen Reihe von Teilentscheidungen besteht. Hierbei ist die Zahl und Art der Entscheidungen in verschiedenen Kaufsituationen (vgl. die angeführte Typologie) unterschiedlich. In Abbildung 28 sind als Beispiel die Entscheidungen einer Konsumentin beim Kauf einer Kamera dargestellt. Diese Abbildung zeigt neun Entscheidungen, die die Konsumentin fällen muß, bevor sie die Transaktion zu Ende bringt. Den Anfang des Kaufprozesses bildet das Bedürfnis, das weiter konkretisiert werden muß. In dem angeführten Beispiel wird unterstellt, daß die Tätigkeit des Fotografierens das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung befriedigen würde. Danach erfolgen Entscheidungen zur Produkt-

112

Umwelt- und Unternehmensanalyse

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3. Analyse der Branche

113

klasse, zur Produktform und zur Marke. Damit ist die Entscheidung für ein bestimmtes Produkt getroffen. Anschließend folgen Entscheidungen zur Bezugsquelle, zur Menge, zum Zeitpunkt des Kaufs und zur Zahlungsform. Im Mittelpunkt der Konsumentenverhaltens-Forschung stehen die Stadien des Kaufprozesses von der Bedürfnisaktivierung bis hin zur Entscheidung für eine bestimmte Marke. Insbesondere ist zu klären, wie die Konsumenten zu den einzelnen Entscheidungen kommen und wie sie zwischen den erhältlichen Marken wählen. Einen Überblick gibt Kotler (1982: 142 — 176). Er betrachtet als eigentliche Phasen des Entscheidungsprozesses die Bedürfnisaktivierung, die Informationssuche, bewertendes Verhalten, die Kaufentscheidung im engeren Sinne und die Bestandsaufnahme nach dem Kauf. Die Bedürfnisaktivierung, durch interne und/oder externe Stimuli erzeugt, bildet den Ausgangspunkt des Kaufprozesses. Das Stadium der Bedürfnisaktivierung ist im Rahmen der strategischen Planung aus zweierlei Gründen interessant: — Erstens muß man die Triebe verstehen, die tatsächlich oder potentiell für eine Produktklasse oder Marke relevant sind. — Zweitens kann man aus der Analyse der Bedürfnisstruktur erkennen, welche Stimuli jeweils bedürfnisaktivierend wirken und wie sie sich im Verlauf der Zeit verändern. Je nachdem, welchen Intensitätsgrad das gespeicherte Bedürfnis erreicht hat, führt es bei der Person entweder zu einer erhöhten Aufmerksamkeit oder zur aktiven Informationssuche. Handelt es sich um eine Situation des beschränkten Problemlösens (limitierte, habitualisierte und impulsive Entscheidung), so werden relativ wenige Informationen benötigt, handelt es sich um extensives Problemlösen, so ist der Suchprozeß aufwendiger. Im letzteren Fall braucht der Entscheidende mehr Informationen über die Hauptmerkmale der Produktklasse, die Qualität der verschiedenen Marken und über die Bezugsquellen. Für den strategischen Planungsprozeß ist insbesondere interessant, an welche Informationsquellen sich der Konsument bei dieser Suche wendet sowie die Frage nach der relativen Stärke des Einflusses dieser Quellen. Im Rahmen der Marktanalyse ist festzustellen, wie der Informationsstand des Konsumenten über die verschiedenen Produkte in einem Markt ist. Hierbei ist besonders wesentlich, welche Produkteigenschaften beim Kaufprozeß eine Rolle spielen. Der Konsument versteht das Produkt als einen Gegenstand, der eine Vielzahl von Eigenschaften aufweist. Die Kaufverhaltens-Forschung geht davon aus, daß der Konsument in bezug auf jede

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

Produkteigenschaft gedanklich eine Nutzenfunktion entwickelt hat, an der er abliest, in welcher Weise seine Zufriedenheit mit dem Produkt mit unterschiedlichen Ausprägungen der Eigenschaften variiert. Der Konsument wird dabei den relevanten Eigenschaften ein verschieden hohes Gewicht zuschreiben. Obwohl Produkturteile nicht auf bewußt rationale Weise zustande kommen, so ist doch die Kenntnis der wichtigen und hervorstechenden Eigenschaften der verschiedenen Produkte in einem Markt für die Entwicklung von Strategien entscheidend. Das Bewertungsstadium ist abgeschlossen, wenn der Konsument unter den im subjektiven Auswahlmuster enthaltenen Alternativen eine Präferenzordnung entwickelt hat. In der Regel kauft der Konsument das Produkt, das bei seinem subjektiven Bewertungsprozeß am besten beurteilt wurde. Zwischen dieser eigentlichen Kaufentscheidung und dem eigentlichen Kaufverhalten ist jedoch zu differenzieren, da die Realisierung einer Entscheidung nicht immer möglich ist (z. B. durch mangelnde Verfügbarkeit der gewählten Alternative). Nach dem Kauf und der Verwendung des Produkts verspürt der Konsument mehr oder weniger intensive Zufriedenheit oder Unzufriedenheit, die sich auf zukünftige Präferenzbildungen auswirkt und damit für den dauerhaften Markterfolg eines Produktes wesentlich ist. 3.1.2.2 Nutzenerwartung und Bedürfnisstruktur der Abnehmer Aufgrund der herausragenden Bedeutung der Nutzenerwartung und Nutzenwahrnehmung durch den Konsumenten für den Kaufentscheidungsprozeß muß eine detaillierte Erfassung dieser Aspekte im Rahmen der Marktanalyse erfolgen. In der Marketing-Literatur herrscht Einigkeit darüber, daß die Marketing-Instrumente komplementäre Aufgaben erfüllen und einer sorgfältigen Abstimmung folglich große Bedeutung zukommt (vgl. Haedrich/Berger 1982: 1-3 und Meffert 1982: 477). Obwohl die einzelnen Instrumente unterschiedliche Aufgaben haben, tragen sie letztlich durch ihren kombinierten Einsatz (Marketing-Mix) zur Bildung einer gesamthaften Vorstellung über das Produkt bei. Unter dem Produkt ist dabei die Gesamtleistung (Qualität, Service, Zusatzleistungen usw.) zu verstehen, die den Endabnehmer dazu veranlaßt, es zu kaufen. Kotler (1982: 364) spricht hier von einem erweiterten Produktbegriff (vgl. hierzu auch die Ausführungen von Levitt 1982: 82 — 83 zum „erwarteten" und „verbesserten" Produkt). Das erweiterte Produkt von IBM besteht z. B. nicht nur in einem Computer, sondern aus diesem und einer Anzahl begleitender Kundendienste wie Gebrauchsanweisungen und persönlichen Einführungen in den Gebrauch, vorgefertigten Software-Programmen, Programmierungsdiensten, Instandhaltungen, Reparaturen, Garantien usw. IBM verdankt seine hervorragende Position im EDV-Bereich zum

3. Analyse der Branche

115

Teil der Erkenntnis, daß der Kunde alle diese Vorteile sucht, wenn er einen Computer kauft. Der Wert (bzw. die Nutzenerwartung), den ein Abnehmer einem bestimmten Produkt beimißt, steht in direktem Verhältnis zu der von ihm angenommenen Fähigkeit des Produktes, seine Probleme zu lösen bzw. seinen Bedarf zu decken. Entsprechend ist für den Abnehmer ein Produkt „eine komplexe Ansammlung zu befriedigender Wertvorstellungen" (Levitt 1982: 81). Die Nutzenwahrnehmung durch den Käufer wird durch eine Vielzahl von Einflußfaktoren bestimmt — nicht zuletzt durch Marketingbemühungen — ; betont sei, daß es nicht auf die objektive, sondern auf die vom Käufer subjektiv wahrgenommene Leistung (Nutzen) ankommt. Beide brauchen nicht übereinzustimmen. Der Preis determiniert den Betrag, den ein Käufer für den Erwerb eines Produktes investieren muß, also den Umfang des Verzichtes auf andere Güter. Beide Einflußgrößen (Produkt und Preis) lassen sich im sogenannten Preis-Leistungs- oder Preis-Nutzen-Verhältnis simultan erfassen. Preis-Leistungs- Verhältnis und Nutzenerwartung des Käufers Die Bedeutung des Preis-Leistungs-Verhältnisses findet überzeugende Bestätigungen sowohl durch erfahrene Praktiker (vgl. z.B. Peckham 1975) als auch durch Untersuchungen über die Erfolgschancen neuer Produkte. Im folgenden soll eine empirische Untersuchung näher dargestellt werden, zum einen, um die Betrachtungen zum Preis-Leistungs-Verhältnis zu intensivieren, zum anderen aber auch, um weitere Hinweise zu erhalten, welche Kriterien in der Lage sind, erfolgreiche Produkte von nicht erfolgreichen Produkten zu differenzieren, um so Anhaltspunkte für die weitere Analyse zu gewinnen. Davidson (1979) untersuchte 100 neue Gemischtwarenartikel aus 38 Produktgruppen, die in Großbritannien zwischen 1960 und 1970 auf den Markt gebracht wurden, und zwar 50 erfolgreiche und 50 erfolglose Produkte (erfolgreiche Produkte = Produkte, die sich im Markt bewährt haben; erfolglose Produkte = Produkte, die nach Produkttests nicht eingeführt wurden, die nach einer Testmarktphase nicht eingeführt wurden oder die binnen weniger Jahre vom Markt zurückgezogen wurden). Generell konnte Davidson feststellen, daß die erfolgreichen Produkte im allgemeinen drei ganz charakteristische Merkmale aufwiesen, nämlich — einen signifikanten Preis- oder Leistungsvorteil (weitgehend objektives Kriterium: Leistung gemessen durch Blindtests und Laboruntersuchungen), — einen deutlichen Unterschied gegenüber bestehenden Produkten (weitgehend subjektives Kriterium: gemessen durch Expertenurteile), — eine neue, bisher noch nicht ausprobierte Idee.

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

Betrachtet man die Daten zum Preis-Leistungs-Verhältnis genauer (vgl. Abb. 29), so fällt insbesondere auf, daß 74% der Erfolgsmarken der Untersuchung dem Konsumenten bessere Leistungen zu gleichen oder höheren Preisen boten, während nur 20% der Versager diese Merkmale aufwiesen. Produkte mit gleicher Leistung haben nur dann eine Chance erfolgreich zu sein, wenn sie zu einem niedrigeren Preis als die Wettbewerbsprodukte angeboten werden. Eine erheblich bessere Leistung rechtfertigt auch einen höheren Preis (44% erfolgreiche Produkte gegenüber 8% Mißerfolgen). Eine nur geringfügig bessere Leistung bei höherem Preis hingegen führt meist zum Mißerfolg. Der größte Teil der fehlgeschlagenen Produkte (80%) bot die gleiche oder eine schlechtere Leistung bei gleichem oder höherem Preis. Es wird deutlich, daß auch Produkte mit einem vergleichbaren Preis-Leistungs-Verhältnis selten zum Erfolg führen (16% der erfolgreichen Produkte, aber 30% der nicht erfolgreichen Produkte boten die gleiche Leistung bei gleichem Preis). Die Untersuchung hinsichtlich des Grades der Alleinstellung der Produkte zeigte, daß zwischen dem Erfolg einer Marke und ihrer Originalität eine Erfolglose Produkte %

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Geringfügig bessere Leistung bei höherem Preis

Insgesamt Anzahl der Produkte (n) Abb. 29 Preis-Leistungs-Verhältnis und Markterfolg Quelle: Davidson 1979:48

117

3. Analyse der Branche

enge Wechselbeziehung besteht. Eine neue Marke, die sich von bereits bestehenden in radikaler Weise unterscheidet, hat weit größere Erfolgschancen, als selbst gute Nachahmungen. Natürlich mußte das Urteil über den Grad der Unterschiedlichkeit zwangsläufig subjektiv erfolgen. Davidson (1979: 48) hat hierbei drei Kriterien der Differenzierung zum Ansatz gebracht: — hochgradig unterschiedliche Produkte mit radikal geändertem Erscheinungsbild oder Leistungsumfang, für den Konsumenten schon vor dem Kauf oder vor der Benutzung sofort augenfällig, — stark unterschiedliche Produkte, die sich von bestehenden in erheblicher Weise abhoben, deren Unterschiedsmerkmale aber erst nach dem Gebrauch deutlich wurden, — geringfügig unterschiedliche Produkte, deren Unterschiedlichkeit sich auf Eigenschaften beschränkte, die für den Konsumenten weniger ins Gewicht fielen. Wie Abbildung 30 zeigt, ist der Vorteil, sich durch Unterschiedlichkeit vom Wettbewerbsangebot abzuheben, klar und eindeutig. Die hochgradig unterschiedlichen und stark unterschiedlichen Marken, die dennoch zu Mißerfolgen wurden, zeichneten sich entweder durch wesentliche Leistungsschwächen aus (ein Problem vieler Pionierleistungen) oder ihre Verwendung war von einer Veränderung der Verbrauchergewohnheiten abhängig. Den Erfolg einer neuen, bisher noch nicht ausprobierten Produktidee verdeutlicht auch folgende Aussage von Davidson (1979: 48): „Von 18 britischen Gemischtwarenkonzernen, deren Aufschwung erst nach 1945 durch eine Pionierleistung auf ihrem Gebiet begann, sind 12 heute noch Marktführer." Grad der Originalität

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Abb. 30 Produktunterschiede gegenüber Konkurrenzmarken und Markterfolg Quelle: Davidson 1979:48

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

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Die Regeln für die Entwicklung eines erfolgreichen neuen Produktes sind mithin einfach und unumstritten. Das Produkt-Leistungs-Verhältnis des eigenen Produktes muß sich deutlich von dem der Wettbewerbsprodukte abheben. Erfolgreiche Produkte befriedigen Konsumentenbedürfnisse besser als Wettbewerbsprodukte. Die Art des vom Käufer erwarteten Nutzens, basierend auf seinen Bedürfnissen, bildet daher den zentralen Punkt der Marktanalyse. Der Nutzen eines Produktes setzt sich aus seiner Leistung und dem entsprechenden Preis (bzw. aus der Sicht des Käufers den Kosten) zusammen. Demgemäß kann man sich eine fortlaufende Linie von Nutzenkombinationen vorstellen: An einem Ende liegt ein Produkt, das eine reine Leistungsverbesserung ermöglicht; am anderen Ende liegt ein Produkt, das dem Käufer lediglich eine Kostenersparnis gestattet. Dazwischen liegen die Produkte, die eine mehr oder weniger große Leistungsverbesserung ermöglichen, aber nur zu jeweils höheren Kosten (vgl. Abb. 31 und ähnliche Ausführungen bei Porter 1983: 285). Diese Überlegung ist im Marketing nicht neu und wurde dort bereits intensiv diskutiert; insbesondere im Zusammenhang mit der Segmentierung von Märkten. Für viele Märkte, vor allem im Konsumgüterbereich, ist unter dem angeführten Gesichtspunkt eine Dreiteilung kennzeichnend (vgl. Becker 1983: 34 und 98): — Markenartikelsegment, — Konsummarkensegment, — Billigmarkensegment. Für die einzelnen Marktsegmente sind jeweils unterschiedliche Abnehmergruppen typisch, die unterschiedliche Nutzenerwartungen haben. Während sich die Abnehmer im Markenartikelbereich vorwiegend an den Produktvorteilen orientieren, steht im Bereich der Billigmarken der Preisvorteil im Vordergrund. Abbildung 32 verdeutlicht, daß für die beiden oberen Märkte der sogenannte Markenkäufer charakteristisch ist, der sich primär an der Leistung des Produktes orientiert (wenn auch in unterschiedlichem Maße), während im unteren Marktsegment der sogenannte Preiskäufer dominiert, der primär preisbewußt einkauft. Entsprechend ist im Rahmen der Marktanalyse zu erfassen, ob sich die Erwartung

119

3. Analyse der Branche

Marktschichten

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der Abnehmer eher an den Leistungen der Produkte orientiert oder primär am jeweiligen Preis, bzw. inwieweit beide Aspekte beim Kaufentscheidungsprozeß eine Rolle spielen. Dies kann in einzelnen Märkten bzw. auch in einzelnen Marktsegmenten sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Abbildung 33 zeigt, daß Markenbewußtsein und Preisbewußtsein stark von Warengruppe zu Warengruppe variieren. Die Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen mündlichen Befragung von ca. 9000 Personen zwischen 14 und 69 Jahren (vgl. Stern 1980: 87). Wenn auch die vorgegebenen Statements nicht genau der hier angesprochenen Fragestellung entsprechen, so kann man jedoch tendenziell davon ausgehen, daß markenbewußte Käufer sich eher am Produktvorteil orientieren, während preisbewußte Käufer natürlicherweise den Preisvorteil im Vordergrund sehen. Die unterschiedliche Ausprägung des Qualitäts- bzw. Preisbewußtseins der Kunden bzw. in verschiedenen Märkten hat deutliche Konsequenzen für die Entwicklung von Strategien. In Märkten mit hohem Preisbewußtsein werden die angebotenen Produkte meist als homogen angesehen (vgl. Abb. 33, Statement 4). Entsprechend schwierig ist es für Unternehmen, sich über einen Produktvorteil von den übrigen Produkten des Marktes abzugrenzen. Im Rahmen der Marktanalyse ist es, wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, wesentlich, den Nutzen aller Wettbewerbsprodukte genau zu analysieren. Voraussetzung ist eine klare Marktabgrenzung, insbesondere ist zu berücksichtigen, in welcher Marktschicht bzw. welchem Marktsegment (vgl. Abb. 32) das Produkt angesiedelt ist. An Markenartikel werden

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Geschirrspülmittel Margarine zum Kochen Süße Liköre Klare Schnäpse Obstsaft/Fruchttrunk Haarshampoo Toilettenseife Schaumbad Schokoriegel Haushaltsreiniger Sekt Konfekt/Pralinen Gefüllte/ungefüllte Schokolade Salzgebäck/Knabberartikel

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146 Umwelt- und Unternehmensanalyse

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(um die Gesamtkosten um 5% zu reduzieren, genügen Einsparungen von 10% bei der Wertschöpfungsstufe, die insgesamt die Hälfte der Gesamtwertschöpfung ausmacht, aber Kosteneinsparungen in Höhe von 50% sind notwendig, wenn die Wertschöpfungsstufe lediglich einen Anteil von 10% an der Gesamtwertschöpfung hat). Weiterhin sollten im Rahmen dieser Analyse die Ursachen hoher bzw. niedriger Wertschöpfung in den einzelnen Stufen ermittelt werden, um hier ebenfalls Ansätze für Änderungen zu verdeutlichen. Auf der Leistungsseite ist für jede Wertschöpfungsstufe herauszuarbeiten, wie hoch der Einfluß bzw. die Bedeutung jeder einzelnen Stufe für die wahrgenommene Produktleistung ist. Nicht jede Stufe des Wertschöpfungssystems hat gleichermaßen Einfluß auf die durch den Abnehmer wahrgenommene Produktleistung. Häufig besteht lediglich ein nur sehr geringer oder auch indirekter Zusammenhang. Eine genaue Kenntnis der Bedürfnisstruktur der Abnehmer und der Imagedimensionen der Produkte ist Voraussetzung einer solchen Analyse, denn besondere Leistungen eines Wettbewerbers sind nur dann von Bedeutung, wenn sie durch den Abnehmer wahrgenommen werden und für ihn relevant sind (vgl. die Ausführungen zu Gliederungspunkt II 3.1.2, S. 110). Insbesondere ist herauszuarbeiten, welche Aspekte bei den jeweiligen Wettbewerbern besser gelöst sind bzw. welche Wertschöpfungsstufen bei den einzelnen Wettbewerbern letztlich zur Profilierung des Produktes im Markt beitragen. Eine Gegenüberstellung der jeweiligen Leistungen der Wertschöpfungsstufe mit den entsprechenden Kosten verdeutlicht weitere Aspekte der Wettbewerbsstruktur. Der Nutzen eines Produktes für den Abnehmer begründet sich in seinem Preis-Leistungs-Verhältnis. So verhalf z. B. dem Tischcomputeranbieter Osborne die Verwendung von Fertigsoftware zu einer deutlich günstigeren Kostenstruktur (vgl. Abb. 49, S. 193); gleichzeitig muß jedoch untersucht werden, inwieweit z. B. die Verwendung von Fertigsoftware die Leistung des Gesamtproduktes reduziert. Dies ist in bezug auf die Nutzenerwartung der Abnehmer zu beurteilen. Häufig wird es erforderlich sein, in bestimmten Stufen des Geschäftssystems hohe Kosten in Kauf zu nehmen, um eine entsprechende Leistung sicherstellen zu können. Wie bereits angeführt, umfaßt das Geschäftssystem die Abfolge der Schritte, mit denen ein Unternehmen in einem gegebenen Geschäft seine Güter oder Dienstleistungen produziert und an den Kunden bringt. Es unterscheidet sich von Industrie zu Industrie und häufig auch zwischen einzelnen Unternehmen. Entsprechend liegt hier auch eine besondere Problematik bei der Geschäftssystem-Analyse, sie muß jeweils situationsspezifisch angepaßt werden. Weiterhin handelt es sich bei dieser Analyse um eine statische Betrachtung. Bestimmte Stufen des Geschäftssystems verursachen Kosten, ohne zu einer Verbesserung der Produktleistung

3. Analyse der Branche

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direkt beitragen zu können (z. B. allgemeine Verwaltungskosten), andererseits gewinnen verschiedene Leistungsaspekte erst in einer dynamischen Betrachtung Bedeutung (z. B. hohes Forschungs-Know-how). Bei der Analyse des Geschäftssystems auf der Basis von Wertschöpfungsketten handelt es sich um eine produkt- bzw. geschäftsfeldbezogene Betrachtung, d.h. bestimmte Fähigkeiten der Wettbewerber (z.B. Wachstumsfähigkeiten, Fähigkeit zur schnellen Reaktion, Anpassungsfähigkeit, Durchhaltevermögen usw.) können im Rahmen einer solchen Analyse nicht oder nur sehr schwer erfaßt werden. Diese Analyse ist somit lediglich ein Instrument im Rahmen der Analyse der Wettbewerbsstruktur. Sie beinhaltet wesentliche Aspekte, insbesondere zeigt sie die Bedeutung einer jeden Stufe des Geschäftssystems in bezug auf die Stärken und Schwächen der Wettbewerber und verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den Kosten einer jeden Stufe des Geschäftssystems und der entsprechenden Leistung. 3.2.1.1.3.4 Stärken und Schwächen der Wettbewerber Die durch die Analyse der Wettbewerbsstruktur gewonnenen Erkenntnisse können in einem Stärken- und Schwächenprofil der Wettbewerber zusammenfassend dargestellt werden. Unter einer Stärken-/Schwächenanalyse wird die Analyse und Bewertung aller wichtigen Konkurrenzmerkmale im Vergleich der Konkurrenten untereinander verstanden (in der Literatur wird die Stärken-/Schwächenanalyse primär zur Bewertung der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens eingesetzt (vgl. hierzu Gliederungspunkt II 4, S. 236). Die Vorteile (Stärken) und Nachteile (Schwächen) werden sowohl für die gegenwärtige als auch für die zukünftige Situation ermittelt. Entsprechend empfiehlt sich die Erstellung eines Stärken-/ Schwächenprofils für die gegenwärtige Situation und die Erstellung eines zweiten Profils über die zukünftige Situation. Innerhalb des Stärken-/Schwächenprofils werden zunächst alle Kriterien aufgelistet (vgl. die beispielhafte Darstellung in Abb. 52), anschließend erfolgt eine Bewertung je Kriterium für alle relevanten Wettbewerber anhand einer Skala. Die Ermittlung der Stärken und Schwächen basiert auf der Analyse der Wettbewerbsstruktur, die eigentliche Bewertung ist jedoch dem subjektiven, mehr intuitiven Ermessen der Planungs- und Entscheidungsträger überlassen, sollte jedoch unter enger Anlehnung an nachprüfbare, objektive Werte vorgenommen werden. Bei der Bewertung empfiehlt es sich, kriterienweise vorzugehen, d. h. zunächst alle Wettbewerber anhand eines Kriteriums zu überprüfen und einzustufen, da die einzelnen Merkmalsausprägungen erst durch den Vergleich mit den Merkmalen der übrigen Wettbewerber als Stärke oder Schwäche interpretiert werden können. So kann z. B. ein Marktanteil von 20% in der einen Situation

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Marktstellung Preis- LeistungsVerhältnis Kostensituation in der Rohstoff beschaffung in Forschung und Entwicklung in der Produktion im Marketing in der Distribution beim Service der Verwaltung im Handel Fähigkeiten Wachstumsfähigkeit Fähigkeit zur schnellen Reaktion Anpassungsfähigkeit Durchhaltevermögen Qualität und Quantität der Leistungsreserven in Marketing und Vertrieb in der Produktion in der Forschung Finanzkraft und Rentabilität Managementpotential Wettbewerber A Q O Wettbewerber " Abb. 52 Stärken-/Schwächenprofil der Wettbewerber

gut

3. Analyse der Branche

201

als Stärke und in einer anderen Situation als Schwäche interpretiert werden, je nach dem Marktanteil der stärksten Mitbewerber. Durch die Quantifizierung qualitativer Sachverhalte erhält die Stärken-/ Schwächenanalyse einen sehr stark subjektiven Charakter, sie kann entsprechend nie alleiniges Instrument der Wettbewerbsanalyse sein, sondern faßt lediglich die wichtigsten Ergebnisse in einem Überblick zusammen. Durch den Vergleich der Ausprägungen je Wettbewerber können die spezifischen Unterschiede herausgearbeitet werden; ein Kriterium, das bei allen Wettbewerbern eine in etwa gleichwertige Ausprägung hat, deutet darauf hin, daß dieser Aspekt im Rahmen des Wettbewerbs nur eine untergeordnete Rolle spielt. Bestehen bei einem Kriterium deutliche Unterschiede zwischen den Wettbewerbern, so ist zu vermuten, daß insbesondere hier Stärken und Schwächen zum Tragen kommen, die erfolgreiche von nicht erfolgreichen Unternehmen zu differenzieren vermögen. Hierdurch können wichtige Hinweise zum Verständnis der Wettbewerbsstruktur abgeleitet werden. 3.2.1.1.4 Strategische Gruppen Als strategische Gruppe wird die Gruppe von Unternehmen in einem Markt bezeichnet, die dieselbe oder eine ähnliche Strategie verfolgen (zur Darstellung und Diskussion strategischer Gruppen vgl. insbesondere Porter 1983: 177-207; Day 1981: 90; Caves/Porter 1977; Frazier/Howell 1983 und Hinterhuber/Kirchepner 1983). Die Analyse der Charakteristiken der strategischen Gruppen setzt zunächst deren Abgrenzung und Identifikation voraus. Dabei muß die anfänglich gemachte Aussage, daß es sich um die Gruppe der Unternehmen in einem Markt handelt, die dieselbe oder eine ähnliche Strategie verfolgen, präzisiert werden. Strategische Gruppen bilden sich aus mehreren Gründen, so z. B. aus den unterschiedlichen anfänglichen Stärken und Schwächen der Unternehmen oder aus historischen Zufällen (vgl. Porter 1983: 178). Sobald sich die Gruppen aber gebildet haben, ähneln sich die Unternehmen einer jeden strategischen Gruppe in mehrfacher Weise, nicht nur in ihren allgemeinen Strategien. Sie weisen vielmehr in bezug auf bestimmte strategische Dimensionen ein homogenes strategisches Verhalten auf. Beispiele für diese strategischen Dimensionen sind Spezialisierung, Marken-Identifikation, Wahl der Absatzkanäle, Qualität, technologischer Stand, vertikale Integration, Kostenposition, Serviceleistung, Preispolitik (vgl. Mauthe 1984: 211). Im allgemeinen setzt sich jeder Markt aus mehreren strategischen Gruppen zusammen. Anhand der für einen Markt ausschlaggebenden Dimensionen lassen sich dann entsprechende strategische Gruppen ermitteln. Wesentlich ist dementsprechend die Herausfilterung der Dimensionen, die zur Identifikation strategischer Gruppen entscheidend werden. Dabei beschränkt man

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sich in der Regel auf zwei Dimensionen, um die strategischen Gruppen in einem Schaubild darstellen zu können. Porter führt folgende Grundsätze an, die bei der Bestimmung der Variablen zu beachten sind (vgl. Porter 1983: 204-207): — Als Achsen eignen sich jene strategischen Variablen am besten, die die entscheidenden Mobilitätsbarrieren in dem Markt bestimmen. Als Mobilitätsbarrieren werden die Faktoren bezeichnet, die den Wechsel eines Unternehmens von einer strategischen Position zu einer anderen verhindern (z. B. Betriebsgrößenersparnisse, Umstellungskosten, Kapitalbedarf, absolute Kostenvorteile; vgl. hierzu Porter 1983: 180—185). — Es ist wichtig, darauf zu achten, daß als Achsen nur strategische Variablen gewählt werden, die nicht gleichgerichtet sind. Wenn etwa alle Unternehmen mit hoher Produktdifferenzierung zugleich breite Produktlinien haben, dann sollten nicht beide als Achsen dienen. Statt dessen sollten Variablen ausgewählt werden, die die Vielfalt der strategischen Kombinationen in dem Markt widerspiegeln. — Die Achsen müssen nicht unbedingt aus durchgehenden oder monotonen Variablen bestehen. So werden in dem angeführten Beispiel (vgl. Abb. 53) die Vertriebskanäle differenziert nach Vertragshändlern, Großhändlern und Anbietern von Eigen- bzw. Händlermarken. Manche Unternehmen konzentrieren sich auf einen von diesen, während andere versuchen, die ganze Bandbreite abzudecken. — Ein letztes Prinzip ist, einen Markt mehrere Male mit jeweils wechselnden Kombinationen strategischer Dimensionen abzubilden, damit man die entscheidenden Aspekte des Wettbewerbs erkennt. Die graphische Erfassung ist ein Instrument, um Wettbewerbsbeziehungen diagnostizieren zu helfen, es gibt keinen allein richtigen Ansatz. Nachdem die Karte der strategischen Gruppen eines Marktes erstellt ist, kann eine Reihe weiterer analytischer Schritte hilfreich sein (vgl. Porter 1983: 206-207): — Identifikation von Mobilitätsbarrieren: Die Mobilitätsbarrieren, die jede einzelne Gruppe vor Angriffen anderer schützen, können genau bestimmt werden. So wird die auf Qualität und Vertragshändler ausgerichtete Gruppe in Abbildung 53 in erster Linie durch Barrieren wie Technologie, Markenimage und das ausgebaute Netz ihrer Vertragshändler geschützt. Hingegen sind die entscheidenden Barrieren, die die Gruppe der Händlermarken-Lieferanten schützen, in Betriebsgrößenersparnissen, kumulierter Erfahrung und in den Beziehungen zu ihren eigenen Marken-Kunden zu sehen. Eine solche Überlegung kann wesentlich die Frage klären helfen, welche Gefahren den verschiedenen Gruppen drohen und welche Positionswechsel zu erwarten sind.

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3. Analyse der Branche

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Gruppe der Industrielieferanten Stihl Jonsereds Husqvarna Solo

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Zusammensetzung der Vertriebskanäle Abb. 53 Karte der strategischen Gruppen (Kettensägen-Industrie, USA) Quelle: Porter 1983:205

Identifikation von marginalen Gruppen: Marginale Gruppen sind Kandidaten für den Austritt aus dem Markt oder für Versuche, in eine andere Gruppe einzutreten. Aufzeigen der Richtungen strategischer Trends: Ein äußerst wichtiger Gebrauch der Karte der strategischen Gruppen besteht darin, die Richtung aufzuzeigen, in die sich die Strategien der Unternehmen bewegen oder bewegen könnten. Analyse von Trends: Es kann sehr aufschlußreich sein, die Implikationen, die sich aus jedem einzelnen Trend für die Karte der strategischen Gruppen ergeben, gedanklich durchzuspielen.

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— Vorhersage von Reaktionen: Die Karte kann verwandt werden, um die Reaktionen auf ein Ereignis vorherzusagen. Die Unternehmen einer gemeinsamen Gruppe neigen dazu, aufgrund der Ähnlichkeit ihrer Strategien auf Störungen in gleicher Weise zu reagieren. Die aufgezeigten Aspekte, die Porter zur Identifikation von strategischen Gruppen anführt, geben einige wichtige Hinweise, vermögen jedoch letztlich nicht zu klären, wie strategische Gruppen gebildet werden. Nach Ansicht des Verfassers ist eine differenzierte Analyse der Wettbewerbsstruktur Voraussetzung für die Bildung strategischer Gruppen. So können aus der Analyse des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Produkte sowie der Ressourcen und Fähigkeiten der Wettbewerber wichtige Erkenntnisse abgeleitet werden. Wesentliche Hinweise vermag auch die Erstellung des angesprochenen Stärken-/Schwächenprofils zu liefern, mit dessen Hilfe die wesentlichen strategischen Determinanten des Wettbewerbs ermittelt werden können. Eine andere Vorgehensweise schlagen Hinterhuber/Kirchepner (1983) vor. Mit Hilfe einer multivariaten Regressionsanalyse ermitteln sie den jeweiligen Anteil verschiedener unabhängiger, erklärender Variablen in bezug auf die abhängige Variable „Nettoumsatz". Die Variablen mit am stärksten ausgeprägten Regressionskoeffizienten üben auch den größten Einfluß auf die abhängige Variable aus. Für die Achsenbezeichnung der Darstellung werden die drei einflußreichsten Determinanten für die Strategie herangezogen (im Gegensatz zu Porter wird also eine dreidimensionale Darstellung bevorzugt). Jene Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Werten bei diesen drei Dimensionen werden in einer Gruppe positioniert. Die Anwendbarkeit und Aussagefähigkeit dieses Modells in der Praxis untersuchten Hinterhuber/Kirchepner anhand von 18 Unternehmen in der Bauwirtschaft in Tirol. Dieses Fallbeispiel deckt deutlich die Probleme einer solchen Vorgehensweise auf (teilweise werden die folgenden Aspekte von Hinterhuber/Kirchepner bei der Diskussion der Schlußfolgerungen der Untersuchung angesprochen; vgl. Hinterhuber/Kirchepner 1983: 866): Der Nettoumsatz ist kein optimaler Erfolgsindikator für eine Strategie. Hinterhuber/Kirchepner führen an, daß der Cash-Flow besser geeignet wäre. Hier zeigt sich schon ein Hauptproblem: in der Praxis wird es nur sehr selten möglich sein, den Cash-Flow aller Unternehmen (produkt- oder geschäftsbereichsbezogen) zu ermitteln. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Erfassung der erklärenden, unabhängigen Variablen. Eine quantiative Erfassung der Daten auf entsprechend hohem Meßniveau ist bei einer Vielzahl von Kriterien nicht möglich. Darüber hinaus besteht fast immer eine Interkorrelation zwischen den Strategie-Determinanten. Dies zeigt auch das angeführte Fallbeispiel. So wird beispielsweise die Preispolitik definiert als Verhaltensweisen oder Maßnahmen, mit denen Preise im

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Markt gegenüber Wettbewerbern durchgesetzt werden; die Quantifizierung erfolgt jedoch über die erhaltenen Aufträge bzw. erhaltenen Ausschreibungen. Eine solche Quantifizierung ist in doppelter Hinsicht problematisch: zum einen besteht eine enge Beziehung zwischen den erhaltenen Aufträgen bzw. Ausschreibungen und der abhängigen Variablen des Nettoumsatzes (zwei denkbare Quantifizierungen des Erfolgs), zum anderen wird die Anzahl der erhaltenen Aufträge bzw. Ausschreibungen nicht nur von der Preispolitik abhängen. Wenn auch der theoretische Ansatz sicherlich als richtig angesehen werden kann, so scheint eine Realisierung in der Praxis aufgrund der angesprochenen Probleme jedoch zu scheitern. Die Kenntnis der strategischen Gruppen führt zu einer weiteren Differenzierung der Analyse der Wettbewerbsstruktur, denn es muß davon ausgegangen werden, daß ein Unternehmen auf zweifache Weise in den Wettbewerb eingreift: es konkurriert erstens mit den Unternehmen, die derselben strategischen Gruppe angehören, und zweitens gemeinsam mit den Wettbewerbern seiner strategischen Gruppe mit den Unternehmen anderer strategischer Gruppen. Der Erfolg einer Strategie hängt deshalb von der Fähigkeit ab, sich gegenüber beiden Arten von Wettbewerb wirksam abzuschirmen. Das Unternehmen wird am rentabelsten sein, das sich in einem günstigen Markt befindet, in einer günstigen strategischen Gruppe innerhalb des Marktes plaziert ist und eine starke Position in seiner Gruppe innehat. Eintrittsbarrieren verhindern, daß hinzutretende Unternehmen die Wettbewerbsstruktur zerstören (vgl. Gliederungspunkt II 3.2.1, S. 168), d. h. die Attraktivität einer strategischen Gruppe wird durch Mobilitätsbarrieren aufrechterhalten. Die Position eines Unternehmens innerhalb seiner Gruppe ist das Ergebnis seiner Geschichte und der Fähigkeiten und Mittel, die ihm zur Verfügung stehen. Die Analyse der strategischen Gruppen bietet so die Möglichkeit zu einem besseren Verständnis des Wettbewerbs. Gleichzeitig kann die Abgrenzung verschiedener strategischer Gruppen über wettbewerbsbestimmende Determinanten zu einer anderen Definition des Marktes führen. Die Analyse strategischer Gruppen sollte daher auf Gesamtmarktebene beginnen und zu einem Vergleich mit den abgegrenzten Marktsegmenten führen. Hieraus können weitere wesentliche Erkenntnisse zur Erklärung des Erfolgs bzw. Mißerfolgs von Unternehmen in einem Markt gewonnen werden (vgl. auch die Ausführungen zur Marktschichtung in Gliederungspunkt II 3.2.1.1.3.2, S. 184). Das Konzept zur Bildung strategischer Gruppen zeigt deutliche Parallelen zu den angesprochenen Marktpositionierungsmodellen. Die Bildung einer strategischen Gruppe dient ebenfalls der Positionierung eines Unternehmens im Markt. Dennoch ergeben sich deutliche Unterschiede. Positionierungsverfahren liefern modellhafte Darstellungen der Imageposition vergleichbarer Produkte, in einem auf das Wesentliche reduzierten Wahrneh-

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mungs- und Beurteilungsraum der Abnehmer, während zur strategischen Gruppe die Unternehmen zusammengefaßt werden, die im wesentlichen dieselbe Strategie verfolgen. Die Imageposition der Produkte spiegelt objektive und subjektive Wertungen der Abnehmer wider und orientiert sich primär an den auf dem Markt angebotenen Produkten; die Definition strategischer Gruppen umfaßt demgegenüber das gesamte Geschäftssystem eines Unternehmens. Nicht subjektive Einstellungen, sondern objektive Unterschiede bei den einzelnen Unternehmen sollen die Dimensionen zur Abgrenzung strategischer Gruppen bilden. Während Marktpositionierungsmodelle zur Beurteilung der Abnehmerpräferenzen herangezogen werden, dienen strategische Gruppen primär der Erklärung unterschiedlicher Gewinnsituationen von Unternehmen. Entsprechend handelt es sich hier um zwei unterschiedliche Ansätze, die unterschiedliche Aspekte analysieren und sich dementsprechend ergänzen. 3.2.1.2 Strategien der Wettbewerber Jedes im Wettbewerb stehende Unternehmen verfolgt eine Strategie, bewußt oder unbewußt. Auf der Basis der Ergebnisse der Analyse der Wettbewerbsstruktur müssen die Strategien der Konkurrenten explizit herausgearbeitet werden. Jedoch nicht nur die gegenwärtigen Strategien der Wettbewerber sind zu erfassen und zu analysieren, entscheidende Bedeutung kommt ebenfalls der Prognose des Verhaltens der wichtigsten Konkurrenten zu. Im einzelnen sollten folgende Aspekte im Rahmen einer solchen Analyse herausgearbeitet werden: — Inhalte und Erfolge gegenwärtiger Strategien der Wettbewerber, — Inhalte und Erfolgschancen der voraussichtlichen strategischen Schritte eines jeden Wettbewerbers, — die zu erwartende Reaktion jedes Wettbewerbers auf das Bündel möglicher strategischer Schritte, die andere Unternehmen initiieren könnten, — die wahrscheinlichen Reaktionen jedes Wettbewerbers auf die Vielzahl der möglichen Veränderungen des Marktes und des weiteren Umfeldes. 3.2.1.2.1 Inhalte und Erfolge gegenwärtiger Strategien Grundlage der Beurteilung der gegenwärtigen Strategien bildet die Strukturanalyse des Wettbewerbs. Die innerhalb dieser Analyse herausgearbeiteten Einzelaspekte sind zur Beurteilung der Strategien der Wettbewerber zusammenzufassen und zu ergänzen. Folgende Fragestellungen stehen dabei im Vordergrund: — Welche strategische Ausrichtung verfolgen die jeweiligen Wettbewerber? Wird eine Wachstumsstrategie verfolgt, soll abgeschöpft werden

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— —



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bei Halten des Marktanteils oder beabsichtigt der Konkurrent einen Rückzug vom Markt? Mit welchen konkreten Strategien versuchen die Wettbewerber ihre Ziele zu erreichen? Agieren sie über Leistungs- oder Preisvorteile? Ist die Strategie auf den Gesamtmarkt oder einzelne Marktsegmente ausgerichtet? Wie ist die Positionierung der Produkte? Welche strategischen Erfolgsfaktoren bilden die Grundlagen der Strategien? Welche Bedeutung haben diese Erfolgsfaktoren für die Abnehmer? Wie effektiv und effizient ist die Umsetzung und Realisierung der Strategien? Entsprechen die funktionalen Politiken der verfolgten Strategie? Welche Bedeutung haben die einzelnen Funktionsbereiche für den Erfolg der Strategie? Wie erfolgreich sind die Strategien? Wie ist die Entwicklung der Umsätze, der Marktanteile, der Gewinne, des ROI und des Cash-Flow?

Durch die Beantwortung dieser Fragen erhält man nicht nur einen Überblick über die Strategien der Wettbewerber, sondern auch konkrete Hinweise darüber, welche Wettbewerber erfolgreich und welche nicht erfolgreich im Markt operieren und worin die Ursachen für Erfolg oder Mißerfolg liegen. Diese Analyse erweitert somit das Verständnis über die Regeln des Wettbewerbs in den verschiedenen Märkten des Unternehmens. 3.2.1.2.2 Inhalte und Erfolgschancen zukünftiger Strategien Ausgehend von der gegenwärtigen Strategie der Wettbewerber können Inhalte und Erfolgschancen der voraussichtlichen Strategien abgeleitet werden. Um abschätzen zu können, wie wahrscheinlich eine Beibehaltung der Strategien durch die Wettbewerber ist, bzw. ob mit einem Strategiewechsel gerechnet werden muß, ist neben einer Kenntnis der Struktur des gegenwärtigen Wettbewerbs insbesondere zu analysieren, ob ein bestimmter Wettbewerber mit seiner gegenwärtigen Position und seinen finanziellen Ergebnissen zufrieden ist oder nicht. Hierzu ist eine Kenntnis seiner Ziele, die seinem Handeln zugrunde liegen, notwendig (vgl. Porter 1983: 81 — 91 und Hinterhuber 1982: 105—107). Beispielsweise wird ein Unternehmen, das kontinuierlichem Umsatzwachstum einen hohen Stellenwert beimißt, ganz anders auf einen Abschwung oder Marktanteilsgewinne anderer Unternehmen reagieren als ein Wettbewerber, der vorrangig an der Aufrechterhaltung seiner Rendite interessiert ist. Wenngleich man meist an finanzielle Ziele denkt, wird eine vollständige Diagnose der Ziele eines Wettbewerbers in der Regel auch viele qualitative Faktoren einschließen wie z. B. Marktführerschaft, technologische Position, soziale Leistungen usw. Die Zieldiagnose sollte sich außerdem auf die verschiedensten Ebenen des Managements beziehen. Es gibt Konzernziele, Ziele einzelner Ge-

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schäftseinheiten und Ziele, die für einzelne Funktionsbereiche, Produkte und wichtige Manager abgeleitet werden können. Zwischen den Zielen bestehen zahlreiche Verflechtungen und Abhängigkeiten, sie beeinflussen in unterschiedlichem Maße die Strategien der Wettbewerber (vgl. Porter 1983: 82). Zur Bestimmung der aktuellen und zukunftsbezogenen Ziele eines Konkurrenten hat Porter (1983: 83 — 89) einen Fragenkatalog entwickelt, der zwischen den Zielen der Unternehmenseinheit und den Konzernzielen differenziert. Zunächst die Fragen zu den Zielen der Unternehmenseinheit: — Worin bestehen die offenen oder unausgesprochenen finanziellen Ziele des Wettbewerbers? — Wie ist die Risikoeinstellung des Wettbewerbers? — Hat der Wettbewerber ökonomische oder nichtökonomische, organisatorische Werte oder Überzeugungen, vom höheren Management entweder getragen oder zumindest weitgehend geteilt, die seine Ziele wesentlich beeinflussen? — Wie sieht die organisatorische Struktur des Wettbewerbers aus (funktionaler Aufbau, Einsatz von Produkt-Managern ja/nein, eigenständiges Forschungs- und Entwicklungslabor)? — Welche Kontroll- und Anreizsysteme gibt es? — Welche Rechnungssysteme und -gewohnheiten gibt es? — Aus welcher Art von Managern setzt sich die Führung des Konkurrenten zusammen, und wie sehen ihre Hintergründe und Erfahrungen aus? — Wieviel offenkundige Einigkeit besteht unter den Managern im Hinblick auf den künftigen Kurs? Gibt es Fraktionen, die unterschiedliche Ziele bevorzugen? — Wie setzt sich der Aufsichtsrat zusammen, und wie sehen die Beziehungen zum Unternehmen aus? — Welche vertraglichen Verpflichtungen können die Alternativen begrenzen? — Gibt es Vorschriften, wettbewerbspolitische oder sonstige staatliche bzw. gesellschaftlich-soziale Einschränkungen des Unternehmensverhaltens, die die Ziele der Wettbewerber beeinflussen? Ist der Wettbewerber Teil eines größeren Unternehmens bzw. Konzerns, so werden der Geschäftseinheit wahrscheinlich bestimmte Restriktionen oder Anforderungen auferlegt, die bei der Vorhersage seines Verhaltens entscheidend sein werden. In diesem Fall müssen zusätzliche Fragen im Hinblick auf das Gesamtunternehmen gestellt werden: — Wie sehen die gegenwärtigen Ergebnisse (Umsatzwachstum, Rendite usw.) des Gesamtunternehmens aus?

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— Worin bestehen die allgemeinen Ziele des Konzerns? — Welche strategische Bedeutung mißt der Konzern der Geschäftseinheit im Hinblick auf die übergreifende Konzernstrategie bei? — Warum ist der Konzern in dieses Geschäft eingestiegen (wegen Überkapazitäten, Zwang zu vertikaler Integration, um Vertriebskanäle auszunutzen, wegen Marketing-Stärken)? — Welche ökonomische Beziehung besteht zwischen der betrachteten Geschäftseinheit und anderen Geschäftseinheiten des Konzerns? — Wie sehen die konzerninternen Wertvorstellungen oder Beweggründe des Spitzenmanagements aus? — Gibt es einen Strategietyp, den der Konzern in einer Reihe von Geschäftszweigen angewandt hat und auch in diesem ausprobieren könnte? — Welche Arten von Umsatzzielen, Rentabilitätshindernissen und Kapitalbeschränkungen können dem Konkurrenten aus den Ergebnissen und Bedürfnissen der anderen Unternehmensbereiche und aus der übergreifenden Konzernstrategie erwachsen? — Wie sehen die Diversifikationspläne des Konzerns aus? — Welche Hinweise liefert die Organisationsstruktur des Konzerns auf den Stellenwert, die Position und die Ziele der Geschäftseinheit aus der Sicht des Konzerns? — Wie wird das Management der Geschäftseinheit kontrolliert und bezahlt? — Welche Arten von Geschäftsführern werden vom Gesamtunternehmen gefördert — ein Hinweis auf die strategischen Verhaltensweisen, die vom etablierten Management unterstützt werden und somit auch auf die Ziele des Tochtermanagements. — Woraus rekrutiert sich der Konzern? — Ist der Konzern in seiner Gesamtheit empfindlich gegenüber Kartellvorschriften oder sonstigen Beschränkungen seines Handlungsspielraumes, was sich auf die Geschäftseinheit auswirken könnte? — Haben der Konzern oder bestimmte Spitzenmanager eine emotionale Bindung an die Geschäftseinheit? Gehört beispielsweise die Geschäftseinheit zu einem der ersten Geschäftszweige des Konzerns? Die Beantwortung mancher der obigen Fragen sowie die Erarbeitung weiterer differenzierter Erkenntnisse kann mit Hilfe der Portfolio-Analyse (vgl. zur Darstellung der Portfolio-Analyse Kapitel IV, S. 315) erfolgten. In allen Fällen, in denen sich der Konkurrent in den gleichen Märkten bewegt wie das eigene Unternehmen, wird die Bestimmung der Dimensionen der Portfolio-Analyse (Marktattraktivität und relative Wettbewerbsvorteile bzw. Marktwachstum und relativer Marktanteil usw.) recht gut gelingen. Schwierig wird jedoch die Analyse bei all den Geschäftsfeldern

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

des Konkurrenten, mit denen er in Märkten tätig ist, die das eigene Unternehmen nicht besetzt hat. Hierüber fehlen dann häufig die für die Analyse entsprechenden Informationen. Andererseits ist es jedoch erforderlich, daß alle Geschäftsfelder des Konkurrenzunternehmens in der Matrix positioniert werden, da nur durch eine Betrachtung des Gesamtunternehmens-Portfolios des Konkurrenten bestimmt werden kann, welche Strategien des Wettbewerbers in Zukunft denkbar sind. Gelingt es, ein Gesamtportfolio des Konkurrenten aufzuzeigen, so ergeben sich hieraus wesentliche Anhaltspunkte für die Formulierung von Strategien. In Anlehnung an Porter (1983: 89-90) führt Hinterhuber (1983: 246) an, daß die Portfolio-Analyse Hinweise darüber gibt — mit welchen Strategischen Geschäftseinheiten der Konkurrent zukünftige Gewinnpotentiale schaffen, mit welchen er seine kurz- und mittelfristigen Gewinne erzielen und welche er abschöpfen bzw. aufgeben will, — welche Bedeutung die einzelnen Geschäftseinheiten für die Gesamtstrategie des Konkurrenten haben, d.h. welche Geschäftseinheiten die erfolgversprechendsten Bereiche sind, in die er Ressourcen investieren kann, welche für die Ausgewogenheit und qualitative Strukturverbesserung des Gesamtunternehmens entscheidend sind, welche eine Art Hebelwirkung für seine zukünftige Entwicklung darstellen und dergleichen mehr, — mit welchem Einsatz der Konkurrent somit die verschiedenen Geschäftseinheiten verteidigen wird, und mit welchen strategischen Änderungen bzw. Reaktionen des Konkurrenten zu rechnen ist. Die Portfolio-Analyse der Konkurrenten liefert somit Hinweise auf die Ziele der Geschäftseinheiten, auf die Energie, mit der ihre Position und Leistungsfähigkeit verteidigt wird und auch auf die Wahrscheinlichkeit, mit der die Konkurrenten versuchen werden, ihre strategische Position zu verändern. Neben der Analyse der Wettbewerbsstruktur und der Herausarbeitung der Ziele der Konkurrenten sind weiterhin die Annahmen zu untersuchen, unter denen der Wettbewerber seine eigene Situation und die seiner Märkte betrachtet. Annahmen und Motive sind meist viel schwieriger zu erfassen als das tatsächliche Verhalten eines Unternehmens, aber sie bestimmen oft, wie sich ein Konkurrent in der Zukunft verhalten wird (vgl. Porter 1983: 79). Die folgenden Fragen zielen darauf ab, die Annahmen von Konkurrenten herauszufinden und Bereiche zu orten, in denen die Konkurrenten nicht völlig rational oder realistisch sind (vgl. Porter 1983: 92 — 93): — Was scheint der Konkurrent über seine relative Position zu glauben (in Hinblick auf Kosten, Produktqualität, technologisches Niveau und

3. Analyse der Branche



— — — — —

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andere Schlüsselaspekte seines Geschäfts)? Was sieht er als seine Stärken und Schwächen an? Hat der Konkurrent starke historische oder emotionale Bindungen an bestimmte Produkte oder Instrumente wie etwa ein Produktdesignoder Verkaufsansatz, Streben nach Produktqualität, Produktionsstandorte, Vertriebsform usw., an die er sich klammern wird? Gibt es kulturelle, regionale oder nationale Unterschiede, die Einfluß darauf haben, wie ein Wettbewerber bestimmte Ereignisse wahrnimmt oder einschätzt? Gibt es organisatorische Werte oder Regeln, die sich institutionell gefestigt haben und die Sicht von Ereignissen beeinflussen werden? Wie scheint der Wettbewerber die künftige Nachfrage nach dem Produkt und die Bedeutung des Markttrends einzuschätzen? Was scheint der Wettbewerber über die Ziele und Tätigkeiten seiner Konkurrenten zu glauben? Glaubt der Wettbewerber dem Anschein nach an „konventionelle Marktweisheiten" oder an überlieferte Regeln und übliche Ansätze, die neue Marktbedingungen außer Acht lassen?

Hinweise auf mögliche zukünftige Strategien der Wettbewerber lassen sich ferner aus ihrer Geschichte und aus dem beruflichen Werdegang ihrer Führungskräfte ableiten (vgl. Hinterhuber 1983: 248). Die historische Entwicklung der Konkurrenten, die von ihnen in der Vergangenheit im Vergleich zur Gegenwart erzielten Ergebnisse, ihre Erfolge und Mißerfolge im Markt und anderes mehr vermitteln einen guten Einblick in die strategische Ausrichtung und Motivation der Konkurrenten. Der berufliche Werdegang der Führungskräfte der Wettbewerber — ob sie ihre berufliche Karriere im Unternehmen oder in anderen Branchen gemacht haben, aus welchen Funktionsbereichen sie stammen, welche Erfolge oder Mißerfolge ihre Erfahrungen prägen, ihre Publikationen und Reden, die Berater mit denen sie arbeiten — bietet weitere Anhaltspunkte für die Identifizierung der Kräfte, die die Konkurrenten bewegen. Die Erfolgschancen zukünftiger Strategien der Konkurrenten können anhand der Ergebnisse der Strukturanalyse (vgl. Gliederungspunkt II 3.2.1.1, S. 169) beurteilt werden. Sie sind insbesondere abhängig von ihren Stärken oder Schwächen, ihren Ressourcen und Fähigkeiten und ihrer gegenwärtigen Position im Wettbewerb. Entsprechend der ermittelten möglichen Strategien der Konkurrenten und ihrer Erfolgschancen sind anschließend die Konsequenzen für die Strategien des eigenen Unternehmens zu ermitteln. Strategische Planung ist zukunftsbezogen, sie muß daher die möglichen zukünftigen Schritte der Wettbewerber berücksichtigen, wenn erfolgreiche Strategien entwickelt werden sollen.

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

3.2.1.2.3 Reaktionen auf Strategien anderer Unternehmen und auf Markt- und Umweltveränderungen Aus den gegenwärtigen Strategien, Zielen und Annahmen der Wettbewerber können nicht nur mögliche strategische Schritte der Konkurrenten bei gleichbleibender Umweltentwicklung abgeleitet werden, sondern es wird auch deutlich, wie die Wettbewerber voraussichtlich auf Strategien anderer Unternehmen und auf Markt- und Umweltveränderungen reagieren werden. Aufgrund seiner Ziele und vor dem Hintergrund möglicher Zwänge, denen ein Konkurrent von seilen seines Konzerns ausgesetzt sein kann, wird er von bestimmten Strategien oder Umweltveränderungen stark betroffen sein, von anderen weniger. Mögliche Reaktionen der Wettbewerber hängen daher insbesondere vom Ausmaß ab, in dem sie — durch die Aktionen von Konkurrenten, durch Verhaltensänderungen der Lieferanten usw. stärker verwundbar sind bzw. getroffen werden als andere Wettbewerber, — bestimmte Initiativen der Konkurrenten als Provokation auffassen und — aufgrund ihrer Stärken schnell und wirksam auf Bedrohungen ihrer Wettbewerbsvorteile reagieren können (vgl. Porter 1983: 103). Aus den Zielen, Annahmen und gegenwärtigen Strategien der Konkurrenten lassen sich somit die Wahrscheinlichkeit, die Art und Richtung, der voraussichtliche Zeitpunkt und die Intensität der Reaktionen ableiten. Von den Stärken, Schwächen und Fähigkeiten der Wettbewerber hängt es ab, welche strategischen Möglichkeiten sie besitzen, auf veränderte Bedingungen zu reagieren. Alle angesprochenen Aspekte vermögen wichtige Hinweise über die zukünftigen Strategien und Reaktionen der Wettbewerber zu geben. Abbildung 54 faßt die wichtigsten Aspekte zusammen. Die entstehende Auflistung, die für alle wichtigen Konkurrenten eines Geschäftsfeldes erstellt werden muß, soll zum einen die Auswahl der wirkungsvollsten eigenen Strategie erleichtern (unter Berücksichtigung der Reaktionen der Konkurrenten), zum anderen schnelle Reaktionen auf Strategien der Konkurrenten bzw. auf Ereignisse in Markt und Umwelt ermöglichen. 3.2.2 Bedrohung durch neue Konkurrenten Die Wettbewerbsanalyse umfaßt die Analyse der gegenwärtigen und potentiellen Konkurrenz. Daher ist neben der Analyse des Wettbewerbsverhaltens etablierter Unternehmen insbesondere zu fragen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens neuer Konkurrenten ist bzw. welche Barrieren neue Wettbewerber vom Eintritt in den Markt abhalten. Neue Marktteilnehmer bringen neue Kapazitäten, den Wunsch nach Gewinn und oft erhebliche Mittel in den Markt ein (vgl. Porter 1983: 29). Die

Konkurrent:

Geschäftsfeld:

Voraussichtliche Strategien des Konkurrenten aufgrund seiner Ziele, Annahmen, Fähigkeiten und seiner gegenwärtigen Position im Wettbewerb:

Strategiealternativen

Erfolgschancen

Konsequenz für die Strategien des eigenen Unternehmens

Verbesserung von Produktqualität und Service Ausweitung des Vertriebs

Erwartete Reaktionen des Konkurrenten auf Strategien des eigenen und anderer Unternehmen: Mögliche strategische Schritte des eigenen oder anderer Unternehmen

Verwundbarkeit des Konkurrenten durch das Ereignis

Mögliche Reaktionen des Konkurrenten

— Preissenkung — Erweiterung des Produktprogramms

Wahrscheinliche Reaktionen des Konkurrenten auf Markt- und sonstige Umweltveränderungen: Denkbare Markt- und Umweltveränderungen

Verwundbarkeit des Konkurrenten durch das Ereignis

Bedeutende Rohstoffverteuerungen Umsatzrückgang im Markt Steigendes Kostenbewußtsein der Käufer

Abb. 54 Analyse möglicher Strategien der Wettbewerber Quelle: In Anlehnung an Porter 1982:104

Mögliche Reaktionen des Konkurrenten

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

Gefahr des Markteintritts hängt von den existierenden Eintrittsbarrieren sowie von den absehbaren Reaktionen der etablierten Wettbewerber ab. Sind die Barrieren hoch und/oder muß der neue Wettbewerber scharfe Gegenmaßnahmen seitens der eingesessenen Anbieter erwarten, so ist die Gefahr des Eintritts gering. Als ein Sonderfall der Bedrohung durch neue Konkurrenten muß die Bedrohung durch Substitutionsprodukte gesehen werden, d.h. Wettbewerber anderer Märkte, die die Möglichkeit der Herstellung von Ersatzprodukten haben, können ebenfalls in den Wettbewerb des Marktes eintreten. Der Eintritt neuer Wettbewerber in den Markt führt in der Regel zu einer erhöhten Wettbewerbsintensität und einer schnellen Verschlechterung der Ertragslage. Eine erhöhte Wettbewerbsintensität äußert sich nicht selten in Preiskämpfen, Werbeschlachten, inflationärer Zunahme von Garantieund Serviceleistungen sowie einer Erhöhung der Produktdifferenzierungsund Innovationsgeschwindigkeit. Die genaue Analyse der Gefahr des Markteintritts durch neue Wettbewerber muß deshalb im Hinblick auf die Erschließung langfristiger Gewinnperspektiven und das rechtzeitige Erkennen potentieller Verlustrisiken fester Bestandteil der strategischen Planung sein. 3.2.2.1 Eintrittsbarrieren Eintrittsbarrieren schützen Märkte auf zwei Arten: Sie können potentielle Neulinge von vornherein bremsen und sie können verhindern, daß diejenigen, die in den Markt eindringen, irgendwelche Erfolge erzielen. Eine umfangreiche Untersuchung im Rahmen eines PIMS-Sonderprojektes (zu PIMS vgl. Gliederungspunkt IV 1.3, S. 369) zur Funktion von Eintrittsbarrieren führte Yip (1982,1984) durch. Er analysierte 800 Produktmärkte und kam zu dem Ergebnis, daß, im Gegensatz zu den traditionellen ökonomischen Theorien und den Annahmen von Marketingmanagern, Marktbarrieren neue Unternehmen nur selten von einem Markteintritt abhalten können. Märkte, die durch hohe Eintrittsbarrieren geschützt sind, sind dem Angriff von Neulingen genausooft ausgesetzt wie Märkte mit niedrigen Barrieren. Markteintrittsbarrieren scheinen jedoch zu verhindern, daß die neu eintretenden Unternehmen erfolgreich sind. Aus einer Teiluntersuchung von 31 repräsentativen Märkten geht hervor (vgl. Yip 1982: 112—119 und Yip 1984: 47), daß die 45 erfolgreichsten Eindringlinge typischerweise eine schlechtere Position hatten als die führenden, alteingesessenen Firmen. Dies gilt für alle wichtigen strategischen Dimensionen: Produktpolitik, Preis, Kosten, Produktion, Vertrieb, Werbung und Image der Produkte. Die schwache strategische Position der 45 neu eingetretenen Unternehmen drückt sich auch in ihrem Marktanteil aus: Zwei Dritteln der Eindringlinge

3. Analyse der Branche

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war es sechs Jahre nach Eintritt in den Markt noch nicht gelungen, einen Anteil zu erobern, den die etablierten Unternehmen als das Minimum dessen bezeichnen, was gefordert ist, um als wichtiger Konkurrent in diesem Markt zu gelten. Die Verteidigung des Markteintritts führte jedoch dazu, daß die Gewinnmargen aller Wettbewerber im Schnitt um 7% verringert wurden. Daher ist es für etablierte Unternehmen sehr wichtig, andere Firmen vom Eintritt in ihren Markt abzuhalten; sie müssen Strategien entwickeln, in denen die Einflußnahme auf die Eintrittsbarrieren als Instrument zur Erreichung der Unternehmensziele eingesetzt wird (vgl. Meffert/Ohlsen 1982: 178). Die wichtigsten Barrieren, die potentielle Wettbewerber vom Eintritt in den Markt abhalten können, sind begründet im erforderlichen Investitionsvolumen, den Fixkosten des Markteintritts, den Risiken des Markteintritts und in der Marktstruktur und dem Verhalten der Marktteilnehmer (vgl. Porter 1983: 29-42; Hinterhuber 1982: 59-66 und Meffert/Ohlsen 1982: 183-186). Erforderliches Investitionsvolumen Das erforderliche Investitionsvolumen engt den Kreis der Unternehmen, für die ein Eintritt in den Markt überhaupt möglich ist, stark ein. Es werden zum einen Investitionen für den Aufbau der Produktion notwendig, zum anderen kann das Marketing einen erheblichen Kapitalbedarf verursachen. Das für die Produktion notwendige Finanzierungsvolumen hängt dabei im wesentlichen davon ab, in welchem Maße aufwendige Produktionsanlagen, Gebäude und Grundstücke angeschafft werden müssen. Der Investitionsbedarf wird bei Produktionen, in denen erhebliche Kostendegressionseffekte durch Fertigung großer Serien zu erzielen sind, weiter gesteigert. Betriebsgrößenersparnisse (Economies of scale) liegen vor, wenn die Stückkosten eines Produktes bei steigender absoluter Menge pro Zeiteinheit sinken. Sie schrecken von dem Eintritt ab, indem sie den Neuanbieter zwingen, entweder mit hohem Produktionsvolumen einzusteigen und dabei das Risiko harter Vergeltungsmaßnahmen der etablierten Wettbewerber einzugehen, oder mit niedrigem Produktionsvolumen einzusteigen und somit einen Kostennachteil zu akzeptieren. Der Kapitalbedarf für das Marketing wird vor allem in den eingefahrenen Markenartikelmärkten zu einem bedeutenden Faktor. Insbesondere Werbeinvestitionen zum Aufbau von Markenbekanntheit und Image sind hier von Bedeutung. Fixkosten des Markteintritts Fixkosten des Markteintritts wirken in zweifacher Weise auf die Höhe der Eintrittsbarrieren. Zum einen bedeuten hohe Fixkosten eine Erhöhung des Mißerfolgsrisikos, zum anderen erhöhen sie den Kapitalbedarf. Der Umfang der Fixkosten hängt von folgenden Determinanten ab:

216

Umwelt- und Unternehmensanalyse

— Auswirkungen der Erfahrungsökonomie: In bestimmten Geschäftszweigen wurde die Tendenz beobachtet, daß die Stückkosten eines Produktes in dem Maße sinken wie das Unternehmen Erfahrung ansammelt (vgl. die Ausführungen zur Erfahrungskurve im Gliederungspunkt IV 1.2, S. 334). Die Tatsache, daß die auf die Wertschöpfung bezogenen Kosten der meisten Komponenten eines Produktes in Abhängigkeit von den kumulierten Stückzahlen abnehmen, verleiht dem Marktführer und/oder den etablierten Unternehmen strategische Wettbewerbsvorteile. Wenn die Erfahrung im Besitz der etablierten Unternehmen gehalten werden kann, dann führt dieser Effekt zu einer Eintrittsbarriere. Neu eintretende Unternehmen werden unweigerlich höhere Kosten haben als etablierte Unternehmen; außerdem müssen sie hohe, aus nicht (oder gerade noch) kostendeckenden Preisen herrührende Einstiegsverluste hinnehmen, um die Erfahrung zu gewinnen, mit der sie die Kosten der etablierten Wettbewerber erreichen können (sofern das überhaupt möglich ist). Diskontiert man diese Kosten, so kann man sie als Fixkosten des Eintritts betrachten. — Know-how-Bedarf: Der Bedarf an Vorarbeiten in den Bereichen Forschung und Entwicklung führt zu Fixkosten, die einen hohen Einfluß auf das Eintrittsrisiko haben, da ein Erfolg hier kaum prognostizierbar ist. Ebenso hat die Notwendigkeit der Nutzung von Patentrechten und Konzessionen einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Markteintrittskosten. — Umstellungskosten: Der Eintritt eines Unternehmens in einen neuen Markt bedingt in der Regel eine Reihe von unternehmensinternen Umstellungen. Umstellungskosten können nach zwei Richtungen zusätzliche Barrieren darstellen: • Der Eintritt in einen neuen Markt stellt höhere Anforderungen an das Ausbildungsniveau, an die Qualität der Produkte und Verfahren, an den technischen Kundendienst und dergleichen mehr. • Es handelt sich um einmalige Kosten, die dem Käufer erwachsen, wenn er von einem Produkt auf ein Konkurrenzprodukt umsteigt; in diesem Fall müssen die Produkte einen Nutzen bieten, der von den Abnehmern höher als die Umstellungskosten gewertet wird. — Markterschließungskosten: Die Kosten der Markterschließung hängen wesentlich von der Aufgeschlossenheit des Handels und der Endnachfrager sowie vom Verhalten der bisher im Markt tätigen Unternehmen gegenüber neuen Anbietern ab. Risiken des Markteintritts

Inwieweit die Risiken des Markteintritts als Barrieren wirken, hängt von der Risikobereitschaft des Managements und seiner subjektiven Bewer-

3. Analyse der Branche

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tung der im Markt wahrgenommenen Chancen ab. Das Markteintrittsrisiko läßt sich in zwei Komponenten zergliedern: — Die Höhe des im Mißerfolgsfall zu erwartenden Verlustes: Er hängt von der Art und Höhe der für den Markteintritt notwendigen Ausgaben ab. So kann man davon ausgehen, daß die Fixkosten des Markteintritts und die Investitionen in das Marketing weitgehend verloren sind. Inwieweit sich die erworbenen Aktiva rekapitalisieren lassen, hängt im wesentlichen vom Grad ihrer Spezialisierung, von ihrer Größe und der Situation auf dem Absatzmarkt ab. — Die Wahrscheinlichkeit eines Mißerfolgs: Über das Mißerfolgsrisiko beim Eintritt in einen neuen Markt herrscht in der Regel Unsicherheit, da es von einer Reihe vorher nicht absehbarer Entwicklungen und Reaktionen der Marktteilnehmer abhängt. Das wahrgenommene Risiko wird dabei im wesentlichen durch die Attraktivität des Marktes und die Höhe der Eintrittsbarrieren bestimmt. Marktstruktur und Verhalten der Marktteilnehmer Die Marktstruktur und das Verhalten der Marktteilnehmer sind weitere Bestimmungsfaktoren der Zugänglichkeit eines Marktes: — Struktur der Vertriebskanäle: Der Zwang für einen neuen Konkurrenten, den Vertrieb seines Produktes zu sichern, kann eine Eintrittsbarriere schaffen. Insbesondere die Struktur des Handels und seine Bindungen an die etablierten Hersteller können zu einer schwierigen Hürde für neue Anbieter werden. Je begrenzter die Handelskanäle für ein Produkt und je mehr diese Kanäle an etablierte Wettbewerber gebunden sind, desto schwieriger wird offenkundig der Eintritt. Die Verbindungen eingesessener Anbieter zu den Kanälen können auf gewachsenen Geschäftsbeziehungen beruhen, auf hochwertigem Service oder sogar auf exklusiven Beziehungen, bei denen der Kanal nur mit einem bestimmten Hersteller identifiziert wird. Diese Eintrittsbarriere ist manchmal so hoch, daß ein Unternehmen einen völlig neuen Vertriebskanal schaffen muß, um sie zu überwinden. — Wettbewerbsstruktur und Wettbewerbsverhalten: Die Wettbewerbsstruktur und das Wettbewerbsverhalten geben wichtige Aufschlüsse über die zu erwartenden Widerstände beim Tätigwerden in einem neuen Markt. Sind in dem Markt bisher einige wenige große oder mittelgroße Unternehmen tätig, so ist mit einem größeren Widerstand als bei einer größeren Anzahl kleiner Anbieter zu rechnen. Von Bedeutung ist auch, ob die etablierten Firmen relativ gleiche Produkte anbieten oder ob jedes Unternehmen durch Produktdifferenzierung eine Nische im Markt besetzt hält, welche es vermutlich besonders stark verteidigen würde. Einen wichtigen Einfluß auf das Marktverhal-

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

ten hat auch die Kostenstruktur der etablierten Unternehmen. Je höher ihre relative Fixkostenbelastung ist, desto aggressiver werden sie auf Marktanteilsverluste reagieren und desto größer sind die von ihnen zu erwartenden Markteintrittsbehinderungen. — Bedürfnisstruktur und Verhalten der Abnehmer: Etablierte Unternehmen können über bekannte Marken und Käuferloyalität verfügen, die aus früherer Werbung, Service, Produktunterschieden oder schlicht aus der Tatsache herrühren, daß sie die Ersten in dem Markt waren. Ist dagegen die Markentreue bei den Käufern nicht sehr ausgeprägt, weil z. B. alle Produkte als relativ homogen wahrgenommen werden, so sind die Chancen, Marktanteile zu erringen, als relativ gut einzuschätzen. — Umweltstruktur und Verhalten des Staates: Insbesondere rechtliche und institutionelle Bindungen können den Eintritt von Unternehmen in bestimmte Märkte regeln. Die Politik des Staates kann den Markteintritt begrenzen oder sogar verhindern, bürokratische Genehmigungsverfahren, die sich oft über Jahre hinziehen, können den Eintritt neuer Wettbewerber empfindlich stören. 3.2.2.2 Reaktionen etablierter Unternehmen Die Möglichkeit, daß neue Wettbewerber in einen Markt eindringen, hängt nicht nur von den Eintrittsbarrieren, sondern auch von den Erwartungen ab, die die potentiellen neuen Konkurrenten hinsichtlich der Reaktionen der bereits etablierten Unternehmen hegen. Die folgenden Bedingungen signalisieren eine hohe Vergeltungswahrscheinlichkeit und schrecken somit vor dem Eintritt ab (vgl. Porter 1983: 38): — Art und Ausmaß der Reaktionen in der Vergangenheit, — Höhe der Ressourcen der etablierten Unternehmen (Liquiditätssituation, Überkapazitäten, Marktbeziehungen und dergleichen mehr), — Traditionsbewußtsein und Zusammenhalt der etablierten Unternehmen, — langsames Marktwachstum, das die Fähigkeit des Marktes begrenzt, ein neues Unternehmen aufzunehmen, ohne daß dadurch die Umsätze der eingesessenen Wettbewerber geschmälert und ihre Finanzlagen verschlechtert werden. Die Reaktionskapazität und die Wahrscheinlichkeit der Reaktion der etablierten Unternehmen sind zwei Faktoren, von denen die Strategien potentieller neuer Konkurrenten wesentlich geprägt werden. 3.2.2.3 Substitutionsprodukte Substitutionsprodukte sind Produkte, die auch aus weit entfernt liegenden Industriezweigen stammen können und die gleichen Funktionen erfüllen

3. Analyse der Branche

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wie die Produkte der etablierten Unternehmen. Allgemein gilt, daß Substitutionsprodukte genau verfolgt werden müssen, die — ein Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen, das im Vergleich zu dem der angebotenen Produkte einen steigenden Trend zeigt und — von Unternehmen angeboten werden, die hohe Gewinne erzielen und somit rasch in der Lage sind, in neue Märkte einzudringen. Die Wahrscheinlichkeit des Eindringens von Unternehmen, die Ersatzprodukte anbieten, in den Markt ist somit im wesentlichen abhängig von der Wettbewerbssituation in den Märkten der Ersatzprodukte. Wird der Wettbewerb aus irgendwelchen Gründen intensiver und führt zu niedrigeren Preisen oder verbesserten Leistungen der Ersatzprodukte, so wird ein Markteintritt wahrscheinlicher. Die Analyse des Wettbewerbsverhaltens etablierter Unternehmen und die Erfassung der Bedrohung durch neue Konkurrenten bilden einen wichtigen Schritt im Rahmen des strategischen Planungsprozesses. Zusätzlich zu den angesprochenen Determinanten führt Porter die Verhandlungsmacht der Lieferanten an (vgl. hierzu auch die Darstellung und Diskussion der fünf Wettbewerbskräfte nach Porter in der Einleitung zu Gliederungspunkt II 3, S. 84). Lieferanten können Einfluß auf das Kosten- und Qualitätsniveau der Produkte des Unternehmens und damit auf den Wettbewerb in einem Markt nehmen. Dieser Aspekt soll im folgenden vertieft werden.

3.3 Analyse der Lieferantenbeziehungen Durch Preiserhöhungen, Änderungen in der Qualität der angebotenen Güter und Dienstleistungen, in den Lieferzeiten und -mengen üben starke Lieferanten einen großen Einfluß auf die Rentabilität der Unternehmen in einer Branche aus. Lieferanten können ihre Verhandlungsstärke ausspielen, indem sie damit drohen, die Preise zu erhöhen oder die Qualität zu senken. Sie können dadurch die Rentabilität von Branchen drücken, die nicht in der Lage sind, Kostensteigerungen in ihren eigenen Preisen weiterzugeben bzw. die ihre Strategie auf einer hochwertigen Qualität der Produkte begründen. Die Verhandlungsstärke der Lieferanten ist eine Funktion der folgenden Faktoren (vgl. Porter 1983: 54 — 55): — Konzentrationsgrad der Lieferanten: Ist der Konzentrationsgrad der Lieferanten groß, d. h. wird der Markt von wenigen Lieferanten beherrscht, nimmt im allgemeinen ihr Einfluß hinsichtlich Preisgestaltung, Qualität, Lieferbedingungen und dergleichen zu.

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

— Substitutionsprodukte: Der Einfluß der Lieferanten ist um so größer, je weniger sie im Wettbewerb mit Substitutionsprodukten liegen. — Bedeutung der Branche für den Lieferanten: Je unwichtiger die Branche für den oder die Lieferanten ist, desto größer ist ihr Einfluß und desto geringer ihr Interesse, die Unternehmen durch anwendungstechnische Entwicklung, Kundendienst, Liefertreue usw. zu binden. — Bedeutung der Produkte und/oder Dienstleistungen der Lieferanten für das Unternehmen: Je mehr die Unternehmen von der Qualität der Produkte und der Liefertreue der Lieferanten abhängen, desto stärker ist in der Regel der Lieferanteneinfluß. — Produktdifferenzierung und/oder Umstellungskosten: Wenn die Abnehmer sich differenzierten Produkten und Umstellungskosten beim Wechsel zu anderen Lieferanten gegenübersehen, wird dadurch die Verhandlungsstärke der Lieferanten erhöht. — Vorwärtsintegration der Lieferanten: Der Einfluß der Lieferanten wächst in dem Ausmaß, in dem diese die Möglichkeit zur Vorwärtsintegration haben. Der Einfluß der Lieferanten ist dagegen gering, wenn sie im Absatz ihrer Produkte und/oder Dienstleistungen ausschließlich oder vorwiegend von einem oder von wenigen Unternehmen abhängen. Aufgabe im Rahmen der Entwicklung einer Unternehmensstrategie ist es, eine strategiegerechte Einkaufspolitik (Beschaffungsmarketing) festzulegen und eine Position der Stärke gegenüber den wichtigsten Lieferanten aufzubauen, um dadurch langfristig Versorgungskosten und -risiken zu senken. Hierbei sind die strategischen Möglichkeiten jedoch meist sehr gering, da die Bedingungen, die der Macht von Lieferanten zugrunde liegen, oft außerhalb der Kontrolle des Unternehmens liegen. (Zu verschiedenen strategischen Möglichkeiten der Einkaufsstrategie vgl. Porter 1983:168 — 172.) Wesentlich ist insbesondere die Frage einer möglichen Rückwärtsintegration. Hierbei handelt es sich jedoch um eine umfassende Problemstellung, die nicht nur auf der Basis der Analyse der Lieferantenbeziehungen zu entscheiden ist. Sie ist vielmehr im Rahmen eines Gesamtkonzeptes der vertikalen Integration zu sehen. Voraussetzung für die Erarbeitung eines solchen strategischen Gesamtkonzeptes der vertikalen Integration ist dabei, neben der Lieferantenanalyse, die Analyse der Branchensituation und Branchenentwicklung sowie der Stärken und Schwächen des Unternehmens. Dabei muß der strategische Nutzen den entsprechenden Kosten der vertikalen Integration gegenübergestellt werden (zur strategischen Analyse der vertikalen Integration vgl. insbesondere Porter 1983: 375 — 403; Hinterhuber 1982: 196-206 und Buzzell 1984). Der folgende Exkurs soll die wichtigsten Aspekte skizzieren.

3. Analyse der Branche

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Exkurs: Die strategische Analyse der vertikalen Integration Vertikale Integration ist die Kombination von technologisch eigenständigen Produktions-, Vertriebs-, Verkaufs- und/oder anderen ökonomischen Prozessen innerhalb eines Unternehmens (vgl. Porter 1983: 375). In dem Umfang, in dem ein Unternehmen beschließt, Rohstoffe, Materialien, Halbfertigprodukte und Dienstleistungen, die es für seine Tätigkeiten benötigt, selbst hervorzubringen bzw. bereitzustellen, wird eine vertikale Entwicklung der Unternehmensgröße herbeigeführt. Die vertikale Integration kann in zwei Richtungen geführt werden: — Vertikal aufsteigend, wenn die für die Hauptproduktion benötigten Rohstoffe, Energieträger, Halbfertigprodukte, Dienstleistungen usw. in dem Unternehmen erzeugt bzw. bereitgestellt werden (Rückwärtsintegration) oder — vertikal absteigend, wenn das Unternehmen den Vertrieb seiner Produkte und/oder die Weiterverarbeitung, Verwertung und Kommerzialisierung der Halbfertigfabrikate, Vorprodukte usw. übernimmt, die bisher von Dritten durchgeführt wurden (Vorwärtsintegration). Viele Entscheidungen zur vertikalen Integration drehen sich um die Frage „selber produzieren oder kaufen?" und konzentrieren sich auf die finanziellen Aspekte, die eine solche Entscheidung mit sich bringt. Mit anderen Worten: Ihr Anliegen ist es, die Kosteneinsparungen der Integration zu schätzen und mit der erforderlichen Investition zu vergleichen. Porter (1983: 376) führt jedoch an, daß in Wirklichkeit die Entscheidung zur vertikalen Integration weitaus vielschichtiger sei: „Sie besteht weniger aus der finanziellen Kalkulation selbst, als aus den Zahlen, die das Rohmaterial der Entscheidung bilden. Die Entscheidung muß über die Analyse der Kosten und Investitionserfordernisse hinausgehen und sich der breiten strategischen Problemstellung ,Integration versus Nutzung von Markttransaktionen' zuwenden." Entsprechend arbeitete Porter vielschichtige strategische Vorteile und strategische Kosten der vertikalen Integration heraus, die zwar in jeder Entscheidung zu berücksichtigen sind, deren Stellenwert aber von der jeweiligen Branche abhängt. Die Vorteile aus vertikaler Integration hängen zuallererst von der Menge an Produkten und Dienstleistungen ab, die das Unternehmen zu integrieren beabsichtigt, verglichen mit der effizienten Mindestproduktionsmenge auf der zu integrierenden Stufe. Im einzelnen führt Porter folgende strategische Vorteile der vertikalen Integration an (vgl. Porter 1983: 378 — 386): — Einsparungen durch Integration (Einsparungen aus kombinierten Operationen, Einsparungen aus interner Kontrolle und Koordination, Einsparungen aus Informationen, Einsparungen aus der Umgebung des Marktes, Einsparungen aus stabilen Geschäftsbeziehungen),

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

— Anschluß an Technologien, — Sicherung der Versorgung und/oder des Absatzes, — Ausgleich von Verhandlungsstärke und von Verzerrungen der Inputpreise, — verbesserte Fähigkeit zur Differenzierung, — Erhöhung von Eintritts- und Mobilitätsbarrieren, — Eintritt in ein rentableres Geschäft, — Schutz gegen Marktausschluß. Die strategischen Kosten der vertikalen Integration ergeben sich im wesentlichen aus Eintrittskosten, verminderter Flexibilität, dem Zwang zum Ausgleich der Kapazitäten, erhöhten Anforderungen an die Führung des integrierten Unternehmens sowie aus der Verwendung von internen organisatorischen Anreizen anstelle von Marktanreizen. Im einzelnen führt Porter (1983: 386-393) folgende Aspekte an: — — — — — —

Kosten der Überwindung von Mobilitätsbarrieren, erhöhter Fixkostenanteil eines Unternehmens, geringere Flexibilität beim Wechsel von Geschäftspartnern, höheres allgemeines Niveau der Austrittsbarrieren, Bedarf an Kapitalinvestitionen, versperrter Zugang zur Forschung oder zum Know-how von Kunden oder Lieferanten, — Ausgleich der Kapazitäten, — verminderte Leistungsanreize bei internen Transaktionen, — unterschiedliche Führungsanforderungen.

Auf die verschiedenen Aspekte der Vor- und Nachteile der vertikalen Integration kann an dieser Stelle nicht detailliert eingegangen werden (vgl. hierzu Porter 1983: 378-393). Über die bereits angeführten allgemeinen Vor- und Nachteile der Integration hinaus wirft die Vorwärtsintegration eine Reihe spezifischer strategischer Aspekte auf. Oft erlaubt es die Vorwärtsintegration dem Unternehmen, sein Produkt erfolgreicher zu differenzieren, da das Unternehmen einen größeren Bereich des Produktionsprozesses oder die Art, wie das Produkt verkauft wird, kontrollieren kann. Weiterhin eröffnet die Vorwärtsintegration den Zugang zu bestimmten Vertriebskanälen und zu weitergehenden Marktinformationen. Bei der Rückwärtsintegration steht insbesondere die langfristige Sicherung strategisch wichtiger Rohstoffe und Energieträger im Vordergrund. Ein weiterer Vorteil ergibt sich jedoch auch aus dem Erwerb und der Geheimhaltung des für die Herstellung von Komponenten, Halbfertigprodukten usw. notwendigen Know-hows. In vielen Fällen enthüllen die exakten Spezifizierungen von Einzelteilen dem Lieferanten die Hauptmerkmale der Endproduktgestaltung oder -produk-

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tion oder es sind die Einzelteile selbst, die den Kern des Produktes ausmachen. Weiterhin schafft die Kontrolle über die Produktion wichtiger Inputs die Voraussetzung, um das Produkt wirklich besser zu differenzieren und dies glaubwürdig zu behaupten. Die Überzeugung von der Andersartigkeit bestimmter Rohstoffe, Halbfertigprodukte, Komponenten usw., die in der Kontrolle des Herstellers liegen, stärkt die Überzeugung von der Andersartigkeit im Bewußtsein der Abnehmer und verschafft dem Unternehmen auf diese Weise Wettbewerbsvorteile. Die angeführten Überlegungen zur vertikalen Integration zeigen eine deutliche Beziehung zur Vorgehensweise der Geschäftssystem-Analyse (vgl. Gliederungspunkt II 3.2.1.1.3.3, S. 187). Das Geschäftssystem umfaßt die Abfolge der Schritte, mit denen ein Unternehmen in einem gegebenen Geschäft seine Güter oder Dienstleistungen produziert und an den Kunden bringt. Insbesondere wird deutlich, daß sich die Betrachtung des Geschäftssystems nicht lediglich auf die Faktoren beschränken darf, die von den Unternehmen beeinflußbar sind, denn letztlich können über vertikale Integration alle Stufen eines Geschäftssystems beeinflußt werden. Auf den ersten Blick scheint die vertikale Integration eine einleuchtende Strategie zu sein. Manager können erwarten, daß ihre Kosten sinken, daß notwendige Lieferungen garantiert sind, daß sich die innerbetriebliche Koordination verbessert und daß man von den technischen Möglichkeiten anderer Anlagen profitiert. Bei einer Untersuchung von 1649 Produktionsbetrieben entdeckte Buzzell (1984) jedoch, daß die Nachteile in der überwiegenden Zahl der Fälle die Vorteile übertrafen. Denn bei vertikaler Integration muß in der Regel viel Kapital in neue Verfahren investiert werden, was diese Strategie zu teuer macht, wenn das Unternehmen nicht zusätzliche Sicherheit und Kostenersparnis durch diese Vorgehensweise erreicht. Auf der Basis der PIMS-Datenbank (vgl. Gliederungspunkt IV 1.3, S. 369) untersuchte Buzzell insbesondere folgende Fragestellungen: — Sind hochgradig integrierte Firmen im allgemeinen weniger rentabel als die weniger integrierten? — Unter welchen Bedingungen erscheint eine hohe oder niedrige Stufe der Integration am vorteilhaftesten? Buzzell kommt zu dem Ergebnis, daß insbesondere bei sehr hohem und sehr niedrigem Integrationsniveau sich hohe Ertragsraten einstellen, während sie in der Mitte am niedrigsten sind. Dies bedeutet, daß ein Unternehmen entweder den größten Teil seiner Arbeit (wie Forschung und Entwicklung, Herstellung und Verkauf) selbst erledigen und relativ erfolgreich sein kann. Andererseits kann es selbst nur wenig Wertschöpfung betreiben (z. B. nur Komponenten zusammenbauen) und dennoch erfolgreich sein. Der Mittelweg ist allem Anschein nach eine fragwürdige Strategie.

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

Impulse für die vertikale Entwicklung sind um so stärker, je größer die Produktionskapazität des Unternehmens ist. Wettbewerber mit hohem Marktanteil neigen eher dazu, vertikale Integrationsstrategien zu verfolgen. So zeigt die Untersuchung von Buzzell, daß 35% der Betriebe mit einem relativen Marktanteil (Verhältnis des Marktanteils eines Betriebes zu den addierten Anteilen seiner drei größten Konkurrenten) von mehr als 60%, jedoch gerade 20% der Betriebe mit einem geringeren relativen Marktanteil eine vertikale Integrationsstrategie verfolgen. Die Ergebnisse von Buzzell belegen weiterhin (vgl. Abb. 55), daß die Rentabilität einer vertikalen Integrationsstrategie von der Größe des relativen Marktanteils abhängt. Für Betriebe mit geringen relativen Anteilen — weniger als 25% des Gesamtanteils der drei größten Konkurrenten — ist der Kapitalertrag bedeutend niedriger, wenn ein Betrieb in hohem Maße vertikal integriert ist. Dieses Ergebnis gilt sowohl für die absolute Integrationsebene (gemessen an der Wertschöpfung in Relation zum Umsatz) als auch für die relative Rückwärts- bzw. Vorwärtsintegration. Für Betriebe mit einem relativen Marktanteil zwischen 25% und 60% ist der Kapitalertrag am höchsten bei den Höchst- und Niedrigstwerten der Integration (jedoch nicht bei der relativen Vorwärtsintegration). Übersteigt der relative

Relativer Marktanteil Vertikale Integration

Unter 25%

25-60%

Über 60%

Durchschnittlicher ROI in Prozent (Zahl der Unternehmen) Modifizierte WS/U, in Prozent Unter 50 50-65 Über 65

14 (235) 14(188) 9(113)

26 (202) 19 (204) 22 (150)

33 (171) 29 (188) 31 (198)

Relative Rückwärtsintegration Unterdurchschnittlich Durchschnittlich Überdurchschnittlich

14 (193) 13 (293) 11 (50)

24(139) 21 (351) 23 (66)

30 (90) 31 (363) 34 (104)

14(110) 13 (361) 15 (65)

27 (84) 22 (396) 19 (76)

29 (78) 31 (408) 34 (71)

Relative Vorwärtsintegration Unterdurchschnittlich Durchschnittlich Überdurchschnittlich

Abb. 55 Vertikale Integration, relative Marktanteile und Rentabilität Quelle: Buzzell 1984:56

3. Analyse der Branche

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Marktanteil jedoch 60%, erhöht sich der Kapitalertrag beständig mit zunehmender relativer Vorwärts- bzw. Rückwärtsintegration. Die von Buzzell (1984) vorgestellten statistischen Ergebnisse, die hier teilweise kurz vorgestellt wurden, liefern zwar kein Rezept dafür wie eine bestimmte Integrationsstrategie die Rentabilität und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens beeinflussen wird, sie geben jedoch einige Hinweise und Anhaltspunkte für die Bewertung von Möglichkeiten und Risiken. Die V-förmige Beziehung zwischen vertikaler Integration und Rentabilität läßt vermuten, daß einige Unternehmen darunter leiden, daß sie ihre Fusionsstrategie nicht weit genug voran getrieben haben. Daraus folgt: am erfolgreichsten ist eine klar definierte Position. Weiterhin scheint eine vertikale Integrationsstrategie problematisch, wenn eine Produktionsstufe mit zu kleinen Mengen arbeiten muß und damit nicht mehr wettbewerbsfähig ist gegenüber unabhängigen Anbietern oder Abnehmern. Gerade in dieser Hinsicht zeigen die Daten, daß sich vertikale Integration mit erheblich größerer Wahrscheinlichkeit für solche Betriebe auszahlt, die große Marktanteile haben.

3.4 Informationsquellen der Branchenanalyse Die Analyse der Branche ist ein wichtiger Schritt im Rahmen des strategischen Planungsprozesses. Neben einer detaillierten Marktkenntnis ist insbesondere eine umfangreiche Kenntnis aller wesentlichen Konkurrenzaspekte erforderlich, um erfolgreiche Strategien entwickeln zu können. Die Analyse des Marktes und die Analyse der Konkurrenten zeigen dabei viele wesentliche Berührungspunkte. Insofern kann auch die Analyse jedes wichtigen bestehenden oder potentiellen Wettbewerbers als wichtiger Baustein zur Prognose der zukünftigen Entwicklung des Marktes verwandt werden. Die Kenntnis der vorhersehbaren Schritte und der Reaktionsfähigkeit jedes einzelnen Konkurrenten kann in die Marktprognose einfließen. Andererseits ist eine genaue Kenntnis der Bedürfnisstruktur und Verhaltensweisen der Abnehmer erforderlich, um die Stellung der jeweiligen Wettbewerber im Markt beurteilen zu können. In den Mittelpunkt der Betrachtung wurden bei der Analyse der Branche im Rahmen dieses Buches die Analyse des Marktes und der Marktentwicklung sowie die Analyse der Wettbewerbsstruktur und -dynamik gestellt. Zusätzliche Aspekte ergaben sich aus der Analyse der Verhandlungsmacht der Lieferanten. Es wurde deutlich, daß die Durchführung einer solchen Branchenanalyse einen enormen Datenbedarf erfordert. Wenn Hinterhuber (1982: 113) anführt, daß das Problem weniger im Mangel als im Überfluß an Informationen besteht, so trifft dies so nicht zu. Eine Analyse

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Umwelt- und Unternehmensanalyse

des Marktes, der Marktentwicklung und der Wettbewerbssituation in der dargestellten Form benötigt nicht nur eine Vielzahl von Informationen, sondern auch Informationen in einem Detaillierungsgrad, der in der Regel nicht vorliegt und auch nur sehr schwer zu erfassen ist. So können auch viele der erforderlichen Informationen kaum in einer einmaligen Datenerhebung beschafft werden. Die Informationen, die für die vielfach subtilen Beurteilungen (z. B. Fähigkeiten und Kostenstruktur der Wettbewerber) erforderlich sind, können erst durch eine langfristige Markt- und Konkurrenzbeobachtung gewonnen werden. Sicherlich trifft es zu, daß eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung stehen, jedoch viele Informationen besitzen wenig strategische Relevanz. Sie müssen selektiv ausgewählt und ausgewertet werden, d.h. aus der Menge der verschiedenen Informationen sind jene herauszugreifen, von denen wahrscheinlich eine signifikante Wirkung auf das Unternehmensgeschehen ausgehen wird. Die Absichten, Beweggründe und Strategien der Konkurrenten sind jedoch nur sehr schwer zu erfassen. Wenn auch für die Erhebung der Markt- und Abnehmerdaten die Marktforschung ein differenziertes Instrumentarium zur Verfügung stellt, so trifft dies für die Erhebung von Konkurrenzdaten jedoch in keiner Weise zu. Das Problem ist offensichtlich: Verbraucher oder Abnehmer können direkt befragt werden. Sie sind in der Regel bereit, detaillierte Auskünfte über ihre Bedürfnisse und ihr Einkaufsverhalten im Rahmen von Marktforschungsstudien zu geben. Informationen über Konkurrenten hingegen können meist nur indirekt gewonnen werden. Konkurrenten legen ihre Strategien nicht offen, sie veröffentlichen weder detaillierte Kosteninformationen noch ausführliche Aktivitäten in Forschung und Entwicklung oder hinsichtlich der Neuproduktplanung. Ein weiterer Aspekt kommt erschwerend hinzu: eine Vielzahl von Informationen ist zwar öffentlich zugänglich, es müssen jedoch nicht nur die relevanten Informationen herausgefiltert werden, auch ihr Informationswert ist einer Reihe von Begrenzungen unterworfen, z. B. in bezug auf Aktualität, Aggregationsniveau und Detailliertheit, d.h. zusätzliche Daten müssen erhoben werden. Verbraucherbefragungen, Experteninterviews oder auch die Durchführung einer Inhaltsanalyse sind relativ aufwendig und verursachen entsprechend hohe Kosten. Viele Unternehmen sind jedoch nicht bereit, entsprechende Investitionen vorzunehmen, zumal der Nutzen einer solchen Informationssammlung nur schwer oder überhaupt nicht quantifizierbar ist. Doch wie sollen tragfähige und erfolgreiche Strategien entwickelt werden, ohne eine genaue Kenntnis der Markt- und Wettbewerbssituation? Die wichtigsten Informationsquellen sollen im folgenden angesprochen werden. Dabei wird deutlich werden, daß viele Informationen ohne großen Aufwand (auch in bezug auf die Kosten) erhoben werden können. Es

3. Analyse der Branche

227

bedarf lediglich einer systematischen, gründlichen und zielgerichteten Vorgehensweise. Andere Informationen, wie beispielsweise über die Einstellungen der Abnehmer zu den Wettbewerbsprodukten, können nur über Verbraucherbefragungen gewonnen werden. Hier bietet sich primär die Einschaltung von Marktforschungsinstituten an, die in der Lage sind, entsprechende Primärerhebungen vorzunehmen. Unternehmen sind gezwungen, hierfür finanzielle Mittel aufzuwenden, da solche Informationen im Rahmen des strategischen Planungsprozesses nicht verzichtbar sind. Ist ein Unternehmen gezwungen, einen Kompromiß in bezug auf die notwendigen Kosten einzugehen, so muß entschieden werden, ob auf aufwendige, repräsentative Verbraucherbefragungen verzichtet werden kann und ob andere Informationsmöglichkeiten genutzt werden sollen, die zumindest tendenzielle Aussagen zur Beurteilung der Wettbewerbsprodukte erlauben. Hier kann z. B. eine Gruppendiskussion mit einer kleineren Gruppe von Käufern und Nichtkäufern oder eine Expertenbefragung wichtige Hinweise geben (vgl. auch den Artikel „Marktforschung mit kleinem Budget"; o. V. 1983b). Betrachtet man die verschiedenen Möglichkeiten der Informationssammlung bzw. die verschiedenen Quellen der Informationen, so bietet sich hier eine Trennung zwischen Marktinformationen und Wettbewerberinformationen an. Für die Erhebung von Marktinformationen stehen differenzierte Erhebungs- und Analyseverfahren zur Verfügung, die im Zusammenhang mit Marktforschungsaktivitäten und im Rahmen der empirischen Sozialforschung entwickelt wurden. Auf das Spektrum der Erhebungsmethoden und Informationsquellen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, zumal deren ausführliche Beschreibung und Diskussion in der Literatur vollzogen wird (vgl. beispielsweise Büning/Haedrich u. a. 1981; Green/Tull 1982; Hüttner 1979; Roth 1984 und Rogge 1981 sowie die verschiedenen Untersuchungen zum Informationsverhalten und Konsumverhalten der Konsumenten in Meffert/Steffenhagen/Freter 1979 und Raffee/Silberer 1981). Abbildung 56 gibt einen Überblick über die wichtigsten Methoden der Marktforschung zur Erhebung von Markt- und Konsumenteninformationen. Neben einzelnen Beispielen enthält die Abbildung auch eine Spezifizierung der Literaturangaben (die Beispiele wurden jeweils der maßgeblichen Forschungsmethode zugerechnet, wenn auch häufig bei Untersuchungen mehrere Methoden gleichzeitig eingesetzt werden müssen). Marktforschungsstudien liefern wichtige Erkenntnisse über die Bedürfnisstruktur und das Kaufverhalten der Abnehmer. Darüber hinaus können auch Informationen gewonnen werden über die Stellung der einzelnen Unternehmen im Markt sowie über die Beurteilung des Preis-LeistungsVerhältnisses der Wettbewerbsprodukte durch die Abnehmer. Wie bereits

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2. Quantitative und qualitative Prognoseverfahren

249

sind primär Erklärungsprognosen relevant; auf sie soll hier kurz eingegangen werden. Wirkungsprognosen werden dagegen eher im Rahmen der Detailplanung, d.h. des konkreten Einsatzes der Marketinginstrumente eingesetzt (vgl. Becker 1983: 226). Einen Überblick über einige quantitative Prognoseverfahren für Planungszwecke gibt Abbildung 59. Zur näheren Erläuterung der einzelnen Verfahren sei auf die Literatur verwiesen (vgl. Hüttner 1982; Mössner 1982: 250-252; Green/Tull 1982:476-484, Büning/Haedrich u.a. 1981: 279321 und Rogge 1981: 100-110). Eine spezifische Prognosemethode, die der Trendextrapolation zugerechnet werden kann (vgl. Mauthe 1984: 269) und der in der Literatur zur strategischen Planung breiter Raum gewidmet wird, ist die sogenannte Gap-Analyse, für die sich auch der Begriff „Lücken-Analyse" findet (vgl. Götzen/Kirsch 1979: 174—176 und die dort angeführte umfangreiche Literatur sowie Albach 1979a: 59-60; Kirsch/Roventa/Trux 1982:3; Argenti 1974: 80-90 und Kreikebaum 1981: 58-61). Wie jede Trendextrapolation geht auch die Gap-Analyse von der Zeitstabilitätshypothese aus, wobei die zu prognostizierende Größe in Abhängigkeit von der Zeit gesehen wird. Allerdings basiert die Gap-Analyse auf der Vorstellung zweier voneinander abweichender Projektionen wie Abbildung 60 zeigt: Zum einen auf der Zielprojektion, die die gewünschte und angestrebte zukünftige Ausprägung der Zielgrößen zum Ausdruck bringt, zum anderen auf der Prognose der tatsächlich zu erwartenden Ergebnisse unter der Annahme, daß die bisherigen Unternehmensaktivitäten unverändert beibehalten werden. Wie Abbildung 60 verdeutlicht, öffnet sich zwischen diesen beiden Projektionen eine Lücke (Gap). Die auf diese Weise identifizierte Lücke soll — im Sinne einer zukunftsorientierten Schwachstellenanalyse — zu notwendigen Anpassungen (Modifikationen bzw. Erweiterungen) der Strategien anregen (vgl. Becker 1983: 193 — 194 und Mauthe 1984: 270). Was die Interpretation bzw. das Schließen der Lücke angeht, so kann man darüber hinaus zwischen einer strategischen und einer operativen Lücke (vgl. Kreikebaum 1981: 58) unterscheiden. Als Basisgeschäft wird derjenige Umsatz definiert, der mit bestehenden Produkten auf bestehenden Märkten erzielt wird, und zwar ohne grundlegende Änderungen im Unternehmenskonzept (vgl. Abb. 61). Das potentielle Basisgeschäft stellt demgegenüber eine Art Erweiterung des eigentlichen Geschäfts dar. Es bezieht sich auf verschiedene unterstützende Maßnahmen wie z. B. Rationalisierung, intensitätsmäßige Anpassung, Motivation der Mitarbeiter (vgl. Kreikebaum 1981: 59). Durch das Auffinden geeigneter Strategien für ein zusätzliches „Neugeschäft" des Unternehmens wird versucht, die Lücke zur „Zielprojektion" zu schließen (zur differenzierten Darstellung vgl. Götzen/Kirsch 1979: 174-176).

250

Prognose und strategische Frühaufklärung

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Abb. 60 Konzept der Gap-Analyse Quelle: Mauthe 1984:270

Ergebnis Zielprojektion

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Potentielles Basisgeschäft \ Operative l Lücke ßasisgeschaft t Abb. 61 Differenzierung zwischen strategischer und operativer Lücke bei der GapAnalyse Quelle: In Anlehnung an Kreikebaum 1981: 58

2. Quantitative und qualitative Prognoseverfahren

251

Der wichtigste Beitrag der Gap-Analyse besteht in der genauen Untersuchung und Prognose der vorhandenen Potentiale des Unternehmens. Durch das Aufzeigen der strategischen Lücke wird darüber hinaus die Suche geeigneter Strategien, die ein Erreichen der angestrebten Zielprojektion ermöglichen sollen, angeregt. Sie geht jedoch bei der Prognose der zu erwartenden Ergebnisse, wie jede Trendextrapolation, im allgemeinen davon aus, daß sich Entwicklungen der Vergangenheit auch in die Zukunft hinein fortsetzen werden. Wie jedoch die Entwicklungen der letzten Jahre gezeigt haben, sind die Zeiten des kontinuierlichen Wachstums in der westlichen Welt vorbei. Spätestens die Krisen in den siebziger Jahren (erste und zweite Ölkrise, Revolution im Iran, Bürgerinitiativen gegen die Kernkraftwerke usw.) haben deutlich gemacht, daß einfache Trendverlängerungen völlig an der Realität vorbeigingen. Diese Entwicklungen mit ihren Trendbrüchen und sprunghaften Verläufen sind jedoch keine vorübergehende Erscheinung der siebziger Jahre. Es ist auch heute deutlich erkennbar, daß in verschiedenen Bereichen ähnliche, nicht exakt prognostizierbare Entwicklungen auftreten werden (vgl. Reibnitz 1983: 71—72). Große Richtungsänderungen in Technik, Markt und Gesellschaft im Sinne von Trendbrüchen hat es zwar schon immer gegeben, doch sie waren seltener, traten nicht gleichzeitig auf und zeigten nicht so komplexe Wirkungsbündel. „Es sind insbesondere die Veränderungsgeschwindigkeiten, in denen sich unsere heutige Zeit so von allen vergleichbaren Situationen der Vergangenheit unterscheidet" (Pfeiffer/Metze u.a. 1982: 14). Somit kann die Zeitstabilitätshypothese der quantitativen Prognoseverfahren nicht länger aufrecht erhalten werden. Die Rahmenbedingungen des Wirtschaftsgeschehens haben sich in den letzten Jahren derart verändert, daß jegliche Extrapolation von Zahlenreihen aus der Vergangenheit zur Prognose des Marktvolumens oder des Absatzvolumens zu den größten Fehleinschätzungen führen können. Qualitative Prognoseverfahren versuchen die Nachteile der eng an der Vergangenheitsentwicklung orientierten quantitativen Prognoseverfahren über subjektive Urteile abzubauen. Unter qualitativen Prognoseverfahren werden solche Vorhersagen verstanden, die auf einer subjektiv begründeten Beurteilung der jeweiligen Prognosesituation beruhen. Im Vordergrund stehen hierbei Methoden, die die Erfassung von subjektiven Meinungen und Einstellungen unterstützen; insbesondere also Befragungsmethoden, aber auch Kombinationen aus qualitativen und quantitativen Verfahren. Beispiele qualitativer Prognosemethoden enthält Abbildung 62. Große Bedeutung im Rahmen qualitativer Prognoseverfahren besitzen Umfragen. Wie schon der Name andeutet, werden Abnehmer, Außendienst, Händler, Führungskräfte oder unabhängige Fachleute im Hinblick auf bestimmte Marktentwicklungen befragt. Diese Meinungen können zu

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Abb. 71 Beispiele struktureller Trendlinien Quelle: Krampe/Müller 1981:397

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3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

281

usw. in qualitativer Form. Wenn dies erst einmal in Statistiken vorliegt, ist in der Regel für das Unternehmen viel „wertvolle" Zeit verstrichen. Voraussetzung für die Erstellung struktureller Trendlinien ist eine möglichst genaue Kenntnis von Diffusionsprozessen. Die Entwicklungsmechanismen der Ausbreitung neuer Verhaltensformen und Ideen müssen bekannt sein, damit Analogieschlüsse von einer Diffusionsstruktur auf eine andere gezogen werden können. Beim Battelle-Institut, Frankfurt, verfügt man über eine Vielzahl solcher Diffusionsfunktionen, die als Basis zur Ableitung spezifischer struktureller Trendlinien dienen (vgl. Trux/Müller/ Kirsch 1984 a: 361). Man geht dabei davon aus, daß Signale aus bestimmten Bereichen immer „aus derselben Ecke" kommen und dann ähnliche Wege gehen. So weiß man, daß auf dem Gebiet der Sozialgesetzgebung die skandinavischen Länder meist als Trendsetter fungieren, Informationen über neue technologische Entwicklungen erscheinen wesentlich früher in Manuskripten wissenschaftlicher Tagungen als beispielsweise in Dissertationen usw. Strukturelle Trendlinien sind letztlich die graphische Darstellung der festgestellten Entwicklungen. Liegt nur eine geringe Beobachtungsmenge vor, so werden die Trendlinien rein visuell festgelegt; bei größeren Datenmengen können mathematische Verfahren eingesetzt werden (vgl. Müller 1981: 183-200 und Krampe/Müller 1981: 392-394). Dieses Zeichen „ " definiert in etwa den Beobachtungsbeginn des Unternehmensradars (vgl. Abb. 71), d. h. zu einem relativ frühen Zeitpunkt werden schwache Signale von dem Unternehmensradar aufgefangen und von da an systematisch beobachtet. Innerhalb eines solchen Konzepts wird es dadurch möglich, auch die Diffusion von Diskontinuitäten zu erfassen, die sich durch schwache Signale ankündigen. Stellt sich im Laufe der Zeit heraus, daß die Signale stärker werden, d. h. daß sie sich weiter verbreiten, so können erste Maßnahmen geplant werden (Entwicklung einer neuen Strategie oder Veränderung bestehender Strategien). Etwas einfacher kann man sich den Einsatz der Diffusionstheorie allerdings auch so vorstellen, daß man lediglich die zeitliche Häufung von Informationen zu einem bestimmten schwachen Signal zum Gegenstand der Untersuchung macht. Je steiler der Anstieg von Informationen zu einem Thema (bzw. einer bestimmten Idee) ist, um so mehr ist mit seiner Relevanz und Diffusion zu rechnen, und um so eher wird sich das Stadium der Ignoranz verbessern (vgl. Trux/Müller/Kirsch 1984 a: 361). Kennt man die Entwicklungsmechanismen und typischen Verbreitungsmuster und kann man die auslösenden Ereignisse bzw. die Vorreiter identifizieren und laufend beobachten, so ist es möglich, relevante Umweltentwicklungen frühzeitiger als bisher zu erkennen.

282

Prognose und strategische Frühaufklärung

3.3.2 Beurteilung schwacher Signale mit Hilfe der Diskontinuitätenbefragung

Gegenstand der Diskontinuitätenbefragung ist die Beurteilung der möglichen Konkretisierung einer Gefahr oder Gelegenheit, die zu einer Chance oder zu einem Risiko für das Unternehmen werden könnte (vgl. Müller 1981: 212). Zur Durchführung der Diskontinuitätenbefragung wird ein Fragebogen erstellt, in dem jede für möglich gehaltene Diskontinuität, die Produkt: P Fragen: — Wie stark beeinflussen nach Ihrer Einschätzung die nachstehenden Ereignisse den künftigen Preis und die Absatzchancen des Produkts P? — Mit welcher Wahrscheinlichkeit treten die unten aufgeführten Ereignisse Ihrer Meinung nach ein? Bewertungsskala: 1. Skala für den Einfluß:

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Zwischen —4 und +4 ist jede reelle Zahl als Bewertung zulässig. 2. Skala für die Wahrscheinlichkeiten: Jede reelle Zahl zwischen 0 und 100 ist als Bewertung zulässig. Bewertungstabelle: Tragen Sie Ihre Bewertung in die untenstehende Tabelle ein. Diskontinuität Ereignisse Nr

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Einfluß auf erzielbaren Absatzchancen Preis

Verbesserung der bestehenden staatlichen Förderungen Verschärfung staatl. Auflagen Auftreten neuer potenter Wettbewerber Beantwortet von: Befragter Nr.:

Abb. 72 Fragebogen zur Diskontinuitätenbefragung Quelle: Müller/Zeiser 1980:607

Wahrscheinlichkeit des Ereigniseintritts

283

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

das Eintreten der Gefahr bzw. der Gelegenheit zum Gegenstand hat, erfaßt wird (vgl. Abb. 72). Die einzelnen Diskontinuitäten müssen anschließend durch Experten beurteilt werden. Zum einen gilt es, die Eintrittswahrscheinlichkeit der Ereignisse abzuschätzen (Variable X), zum anderen soll der Auswirkungsgrad, den die Realisation eines der Ereignisse auf eine für das Unternehmen entscheidende Größe besitzt, beurteilt werden (Variable Y). Dabei sind beide Bewertungen unabhängig voneinander vorzunehmen (vgl. Müller/Zeiser 1980: 606). Aus den erhaltenen Antworten werden dann 95%-Wahrscheinlichkeitsellipsen und -rechtecke berechnet (zur Konstruktion des Zufallsrechteckes und der Zufallsellipse vgl. Müller 1981: 214-219 oder Müller/Zeiser 1980: 606-612). Die Darstellung des Ergebnisses der ersten Diskontinuität zeigt Abbildung 73. Wiedergegeben sind alle Expertenmeinungen und die dazugehörigen Zufallsbereiche. Zufallsellipse und Zufallsdreieck dienen dazu, den Ausreißer aus einer Meinungseinheit, der aus einer anderen Grundgesamtheit zu stammen scheint,

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Abb. 73 Ergebnis der Diskontinuitätenbefragung (Diskontinuität Nr. 1) Quelle: Müller 1981:220

284

Prognose und strategische Frühaufklärung

zu ermitteln. In dem angeführten Beispiel weicht die Beurteilung eines Experten (negativer Auswirkungsgrad von — l mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 40%) deutlich von den anderen Beurteilungen ab. Von ihm werden Hinweise auf mögliche strategische Überraschungen erwartet, nicht von der Meinungsäußerung der Mehrheit. Gründe, warum diese Meinung einen Ausreißer darstellt, können sein (vgl. Müller 1981: 221): — ungenaue Problemformulierung, — Mißverständnisse, die z. B. auf einer uneinheitlichen Terminologie beruhen, — ungerechtfertigte Einstufung des Befragten als Experte, — Erkenntnis neuer fundamentaler Grundstrukturen der Zusammenhänge, in die der untersuchte Problemfaktor gebettet ist. Ist eine Antwort auf den letzten Punkt zurückzuführen, so ist ihr im Rahmen strategischer Frühaufklärung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Einschneidende Veränderungen werden oft von der Mehrheit der Experten nicht erkannt. Bei der Wahrnehmung derartiger Außenseitermeinungen besteht die Notwendigkeit zu weiteren Tiefenanalysen. Sie müssen überprüfen, inwieweit diese Auffassung begründet ist. Dadurch ist es möglich, schwache Signale zu erkennen und gezielt weitere Analysen durchzuführen. Der entscheidende Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, daß Meinungsaußenseiter der Expertengruppe nicht durch eine Darstellung, die nur noch einen Konsenzwert zum Ergebnis hat — z. B. alleinige Berücksichtigung von Mittelwerten — untergehen, sondern nun, nach ihrer Identifizierung, zu den Grundlagen ihrer Meinungsäußerung befragt werden können. Darüber hinaus gibt die Stärke der Streuung von Meinungen Hinweise zum Grad der Diffusion. Eine starke Streuung zeugt von einer Unsicherheit in der Beurteilung der möglichen Ereignisse. Weitere Tiefenanalysen werden erforderlich sein, um Aufschluß über die wahrscheinliche Entwicklung zu bekommen. Neben dieser Analyse des Meinungsspektrums kann mit Hilfe der Befragungsergebnisse auch eine Vulnerability-Analyse erstellt werden (vgl. Gliederungspunkt 3.3.4 dieses Kapitels und Müller 1981: 222 — 225; Müller spricht von einem Chancen-Risiken-Profil, das sich zwar in der Darstellungsform unterscheidet, jedoch inhaltlich zu den gleichen Aussagen kommt). Es ist ohne Mühe möglich, auf einen Blick die Diskontinuität mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit und die mit dem höchsten positiven bzw. negativen Auswirkungsgrad festzustellen. Eine Reaktion ist um so „dringlicher", je größer die Wahrscheinlichkeit des Eintretens des durch das schwache Signal angedeuteten Ereignisses ist und je gravierender dessen Auswirkungen auf das Unternehmensgeschehen

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

285

sind. Der erforderliche Intensitätsgrad einer Tiefenanalyse ist um so größer, je „dringlicher" eine Reaktion ist. Damit wird deutlich, daß aus der Relevanz einer frühaufklärenden Information die Dringlichkeit zu Reaktionsmaßnahmen abgeleitet werden kann. 3.3.3

Die Beschreibung alternativer Umwelten mit Hilfe der Szenariotechnik

Bei der Szenariotechnik handelt es sich um die bekannteste Methode innerhalb der strategischen Frühaufklärung. Diese von dem Zukunftsforscher Kahn (vgl. Kahn/Wiener 1967) initiierte und entwickelte Methode dient der Abbildung alternativer Umwelten als eine hypothetische Folge von Ereignissen. „Die Szenarien, die eine hypothetische Folge von Ereignissen darstellen, sollen die Aufmerksamkeit auf kausale Prozesse und Entscheidungsmomente lenken. Sie beantwortet zwei Arten von Fragen: 1. Wie mag eine hypothetische Situation Schritt für Schritt Zustandekommen? 2. Welche Alternativen gibt es in jedem Stadium für jeden Teilnehmer, um den weiteren Prozeß zu verhindern oder in eine andere Richtung zu lenken?" (Kahn/Wiener 1967: 21). Alle Aussagen innerhalb eines Szenariums sollen in sich konsistent (widerspruchsfrei) sein. Eine bloße Ansammlung unabhängiger Annahmen stellt noch kein Szenarium dar (vgl. Agustoni 1983: 320). Entsprechend besteht die Aufgabe der Szeanriotechnik nicht nur darin, mögliche alternative Umweltsituationen aufzuzeigen, sondern wesentlich ist auch die exakte Beschreibung der Entwicklungspfade, die zu diesen Zukunftsbildern hinführen. Die Szenarien sind keine voraussagende Zukunft, sondern nur in sich stimmige Bilder dessen, was sein könnte, also Möglichkeiten ohne Bewertung einer Eintrittswahrscheinlichkeit. Ihr Wert liegt darin, den Entscheidern zu verdeutlichen, welche Faktoren in Wechselwirkung mit anderen Größen stehen und in welchem Ausmaß sie ihre weitere Entwicklung beeinflussen. Darüber hinaus sollen sie den Planer von der eindimensionalen Prognose wegführen und für die Entwicklung der wichtigsten Unternehmensumfelder sensibilisieren. Das Durchdenken von Alternativen hilft, sich frühzeitig auf eventuelle Änderungen einzustellen, damit man im Bedarfsfall schnell und flexibel reagieren kann (vgl. Reibnitz 1983: 73). Was ist das Besondere an der Szenariotechnik? Die Methode kann — im Gegensatz zu einfachen Prognosen — quantitative und qualitative Informationen verarbeiten. Darüber hinaus kann sie Störereignisse (Diskontinuitäten) in die Szenarioentwicklung einführen und bezüglich ihrer Auswirkungen analysieren. Zur Verdeutlichung von Szenarien dient ein

286

Prognose und strategische Frühaufklärung

Denkmodell — der sogenannte Szenariotrichter (vgl. Abb. 74). Die Gegenwart ist durch vorhandene Normen, Strukturen, Vernetzungen, Verhaltensmuster usw. geprägt, die sich nicht kurzfristig verändern (Diskontinuitäten sind hierbei nicht berücksichtigt). Die Entwicklung der nahen Zukunft (zwei bis fünf Jahre) ist durch die Strukturen der Gegenwart weitgehend festgelegt (vgl. Reibnitz 1983: 73). Versucht man die fernere Zukunft (fünf bis zehn Jahre) zu prognostizieren, dann nimmt der Einfluß der heutigen Gegebenheiten ab und das Möglichkeitsspektrum zur Zukunft hin öffnet sich gleichsam wie ein Trichter. Die verschiedenen Zukunftsbilder befinden sich auf der Schnittfläche des Trichters. Verfolgt man eine trendmäßige Entwicklung (gestrichelte Linie), dann wird aufgrund der vorhandenen Einflußfaktoren und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ein bestimmtes Zukunftsbild (Szenario A) erreicht. Führt man ein Störereignis in diese Szenariophase ein, das aufgrund seiner Auswirkungen die EntExtremszenario

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Störereignis Entscheidungspunkt, z. B. Einsetzen von Maßnahmen

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

287

wicklung in eine andere Bahn lenkt, dann entsteht ein völlig neues Zukunftsbild (Szenario AI). Der Trichter verdeutlicht, daß man aus heutiger Sicht nicht von einer einzigen Zukunftsprognose ausgehen kann, sondern daß aufgrund der Variablen eine Reihe von unterschiedlichen Zukunftsbildern denkbar ist. Durch das Erarbeiten alternativer Zukunftsbilder soll die Bandbreite der „möglichen Zukünfte" transparent gemacht werden. Theoretisch ist es möglich, eine Vielzahl von Szenarien zu erarbeiten. Es hat sich jedoch in der Praxis bewährt, zwei bis drei Szenarien zu entwikkeln. Diese Szenarien sollen auf jeden Fall die Randpunkte des Trichters mit den „extremen Zukünften" abdecken und evtl. auch die Trendverlängerung aus der heutigen Situation erfassen. Innerhalb eines so abgesteckten Möglichkeitsspektrums wird sich dann die reale Zukunft entwickeln (vgl. Geschka/Reibnitz 1982: 130). Kahn/Wiener (1967: 20 — 53) schlagen drei grundsätzliche Entwicklungsformen von Szenarien vor: die Entwicklung der Standardwelt, kanonische Variationen und überraschende Projektionen. Ausgehend von der Unsicherheit über die Bedeutung der zukünftigen Zusammenhänge werden Schwankungsbreiten angenommen, um genügend Spielraum dafür zu bieten, was in einer Standardwelt wahrscheinlich oder nur möglich ist. Die Variablen selbst und deren Wachstumsraten geben die Entwicklungsmöglichkeiten an. Mit Hilfe dieser derzeitigen oder vermuteten Entwicklungsrichtung wird ein „überraschungsfreier" Entwurf geschaffen, der weniger überraschend erscheint als jede andere Entwicklung. Dieser Entwurf liefert die Basis zur Beschreibung der „Standardwelt". Die kanonischen Variationen zeigen verschiedene Entwicklungsformen bestehender Zustände und geben damit mögliche alternative Richtungen der Standardwelt an. Ihr Ziel ist es, die Auswirkungen unterschiedlicher Annahmen auf die Standardwelt zu untersuchen. Neben der Standardwelt und den kanonischen Variationen sind überraschende Projektionen zu verfassen, um die Bandbreiten abzustecken und die möglichen Auswirkungen zu analysieren. Überraschende Projektionen finden ihre Begründung darin, daß die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts zeigt, daß jedes bisherige Drittel vom vorherigen aus gesehen überraschend war. „Die größte Überraschung wäre allerdings das völlige Fehlen an Überraschungen" (Kahn/Wiener 1967: 52). Bei Szenarien sind insbesondere zwei Arten zu unterscheiden: — Szenariostudien, die Themen aus dem weiteren Umfeld des Unternehmens behandeln, wie sie z. B. von verschiedenen Forschungsinstituten angeboten werden (einen Überblick über erstellte Szenarien mit verschiedenen Problemstellungen gibt Zentner 1982: 14 und Kneschaurek 1983: 317 — 326; das Battelle-Zentrum für angewandte Wirtschaftsfor-

288

Prognose und strategische Frühaufklärung

schung in Genf entwickelt regelmäßig Szenarien zur Weltpolitik und zum Welthandel mit Hilfe ihres Untersuchungsprogramms BASICS — Battelle Szenario Inputs to Corporate Strategy — als Basis der strategischen Planung in Unternehmen — vgl. Gabus/Escher 1982:1). — Die spezielle Erarbeitung von Unternehmens- oder produktspezifischen Szenarien unter Einbindung von Experten und speziell für den Szenarioprozeß erhobenen und aufgearbeiteten komprimierten Informationen (in der Literatur finden sich vielfältige Darstellungen von Szenarien, die für spezielle Unternehmen entwickelt wurden: vgl. zu Szenarien der Deutschen Shell AG, Deutsche Shell AG 1983 und Ilsemann 1980; zur Szenarioanwendung bei General Electric vgl. Jain 1981: 458; zur Szenarioanalyse beim Volkswagenwerk vgl. Höhn 1983; weitere Beispiele für Szenarioanwendungen finden sich bei Godet 1979; Gomez 1982 und o. V. 1981 a). Bei der erstgenannten Vorgehensweise können in der Regel die Ergebnisse der Szenarioberichte, die man auch als Globalstudien bezeichnet, nicht direkt in die Planung integriert werden, da sie ein Thema oft weltweit abhandeln. Es ist ein Zwischenschritt erforderlich, in dem die globalen Informationen auf einzelne Branchen, Regionen oder Produktgruppen „heruntergebrochen" werden. Die zweite Vorgehensweise arbeitet ausgehend von der unternehmerischen Situation und bezieht ganz gezielt entsprechende Experten in die Szenarioerstellung ein. Im Unternehmen vorhandene Informationen werden komprimiert eingespeist. Die Integration der externen Einflüsse und ihrer Wechselwirkung geschieht durch das Einbinden von Fachleuten und evtl. durch Kurzexpertisen zu einem bestimmten Bereich des Unternehmensumfeldes. Dieses Verfahren, das heute in der Industrie weltweit angewendet wird, hat den Vorteil, daß ganz gezielt nur die Informationen verarbeitet werden, die tatsächlich für den Planungsprozeß wichtig sind (vgl. Reibnitz 1983: 72). In der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt sich insbesondere das Battelle-Institut, Frankfurt, mit der Erstellung von Szenarien. Neben der Erarbeitung umfassender Studien unterstützt dieses Institut auch die Erstellung unternehmensspezifischer Szenarien in Workshops (geprägt durch strukturierte Gruppenarbeit). Dabei geht man von acht Verfahrensschritten aus (verschiedene Autoren grenzen die Stufen der Szenarioerstellung jeweils etwas anders ab, die grundsätzlichen Vorgehensweisen sind jedoch weitgehend identisch; vgl. insbesondere Oberkampf 1976; Segner 1976; Gomez/Escher 1980; Linnemann/Kennell 1977 und Linnemann/ Klein 1979). Nachfolgend sollen die wichtigsten Aspekte der acht Schritte kurz dargestellt werden (zu weiteren Hinweisen vgl. insbesondere Geschka/Hammer 1983: 231-236; Geschka/Reibnitz 1982: 131 -135 und Reibnitz 1983: 73 — 75). Die wichtigsten Verfahrensregeln und die in den

3. Aufbau eines strateg. Frühaufldärungssystems

289

einzelnen Arbeitsschritten unterstützend einzusetzenden Methoden sind in Abbildung 75 wiedergegeben. Erster Schritt: Definition und Strukturierung des Untersuchungsgegenstandes Als erstes muß eine möglichst exakte Formulierung der Aufgabenstellung vorgenommen werden, insbesondere ist zu klären, was der Gegenstand der Untersuchung ist und welche Aspekte einbezogen werden. Für das Untersuchungsfeld (z. B. Geschäftsbereich, eine bestimmte Technologie oder ein Marktsektor) sind Strukturmerkmale und Problemfelder zu identifizieren. Das Untersuchungsfeld ist anschließend durch einige signifikante Kenngrößen (Deskriptoren) zu charakterisieren, für die der IstZustand ermittelt wird. Zweiter Schritt: Identifikation und Strukturierung der Umfelder, die den Untersuchungsgegenstand beeinflussen Zunächst werden alle externen Einflußfaktoren auf das Untersuchungsfeld, z. B. mit Hilfe von Ideenkarten (Brainwriting: Pro Karte wird ein Einflußfaktor notiert, die Karten werden zur wechselseitigen Assoziation unter den Teilnehmern weitergereicht), detailliert erfaßt. Mit Hilfe dieses Verfahrens können in kurzer Zeit mehr als 100 Einflußfaktoren ermittelt werden. Anschließend sind die erhobenen Einflußfaktoren thematisch zu strukturieren und zu Einflußbereichen bzw. Umfeldern zusammenzufassen. Nach der Festlegung der Umfelder ist zu ermitteln, welche Wechselwirkungen zwischen den Umfeldern untereinander und zwischen den Umfeldern und dem Untersuchungsbereich bestehen. Das Ergebnis wird in Strukturbildern (vgl. auch das Beispiel bei Geschka/Hammer 1983: 234) zusammengefaßt. Dritter Schritt: Beschreiben von Ist-Zustand und Trends mit Hilfe von Deskriptoren Für jedes Umfeld werden ebenfalls Deskriptoren ermittelt, die die wesentlichsten Aspekte des Umfeldes charakterisieren, kennzeichnen und beschreiben. Anschließend ist auch für die Umfelddeskriptoren der IstZustand zu ermitteln. Dabei muß zwischen quantifizierbaren Deskriptoren (z.B. Bruttosozialprodukt, Inflationsrate) und nicht quantifizierbaren Deskriptoren unterschieden werden. Nicht quantifizierbare Deskriptoren basieren auf qualitativen Einflüssen (z. B. Produktansprüche und -Zufriedenheit, Image von Institutionen); hier erfolgt eine Quantifizierung mit Hilfe speziell gebildeter Skalen. Aufbauend auf dem ermittelten Ist-Zustand wird die zukünftige Entwicklung prognostiziert. Dies kann auf der Basis vorhandenen Expertenwissens

Sieben Schritte zum besseren Planen (Wie das Battelle-Institut Szenarios entwickelt) Methoden — — — — — —

Morphologische Analyse, Relevanzbaum, Progressive Abstraktion, Cluster-Analyse, Gruppendiskussion, Checkliste

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Morphologische Analyse, Relevanzbaum, Gruppendiskussion, Checkliste, Kreativitätstechniken, Bewertungstechniken, Expertendelphi

Für quantitative Deskriptoren: — die anerkannten Prognosetechniken; für qualitative Deskriptoren: — Experten-Analyse und Gruppenbewertung, — Wahrscheinlichkeitsbewertung durch Experten-Panel, — Literaturauswertung, — Raten und Schätzen — — — — —

Gruppendiskussion, Cross-Impact-Analyse, Set of Assumption ranking (SAR), Morphologische Analyse, Abstimmungsmaschinen

Definition und Strukturierung des Untersuchungsgegenstandes

Identifikation und Strukturierung der Umfelder, die den Untersuchungsgegenstand beeinflussen

Beschreiben von Ist-Zustand und Trends mit Hilfe von Deskriptoren

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Workshops

Analyse der Konsequenzen für den Untersuchungsgegenstand

Alle Problemlösungstechniken

Umsetzen der Ergebnisse

Abb. 75 Verfahrensschritte der Szenariotechnik Quelle: Blecke 1978:120-121

Verfahrensregeln Zweck: Terminologie, Ordnung, gemeinsames Problemverständnis erzielen. Diesen Schritt nicht zu knapp ansetzen (circa 20 Prozent des Gesamtumfangs). Reizfragen vorbereiten, um überraschende, nicht kalkulierbare Aspekte aufzudecken. ©

Induktiv vorgehen: zuerst Einflußfaktoren detailliert beschreiben, nach Ursprung ordnen, Beziehungen und Verflechtungen herausarbeiten, Anzahl der Umfelder wie zum Beispiel Infrastruktur, Arbeitsmarkt, internationale Beziehungen vorgeben (bis sieben ist gut; abhängig von vorhandenen Experten), Verflechtungen zwischen Umfeldern, etwa als Matrix, herausarbeiten. Bei Verteilung der Aufgaben in der Arbeitsgruppe (Umfeldrepräsentanten) darauf hinweisen, daß der Untersuchungsgegenstand zu jedem Umfeld gehört (Überlappungszone). Umfelder müssen voneinander abgegrenzt werden, jedoch nur nach Zweckmäßigkeit; Definitionsreiterei verhindern. Globale Umfelder wie „Politik", „Technologie" vermeiden, da diese erfahrungsgemäß im späteren Ablauf über- bzw. unterbeschäftigt sind.

®

Mut zu schwierigen Schätzungen erzeugen, vorliegende quantitative Daten interpretieren (was helfen diese Zahlen beim vorliegenden Problem?), Deskriptoren und ihre Relevanz für das Problem beurteilen. Konsistenz in Diskussionen prüfen, Qualität der Daten beurteilen, kritische Annahmen und Trends (große Konfidenzintervalle) herausfinden. In Sitzungen kann dieser Schritt kaum vollständig bearbeitet werden; es empfiehlt sich, eine mehrtägige Pause zum Datensammeln und -absichern einzulegen. Zweckmäßig ist, diese Informationen in einer Symbolsprache einheitlich und konzentriert darzustellen, um allen Mitarbeitern einen umfassenden Informationsstand zu geben. Anzupeilendes Ergebnis dieses Schrittes: 0-Projektion oder Prä-Szenario. Hier bereits prüfen, ob dieses Prä-Szenario auch der sonstigen strategischen Planung zugrunde liegt. Zeitbedarf: 30 Prozent.

@

Schwieriger Schritt, da Prä-Szenario in Frage gestellt wird. Auftretendes Problem: unüberschaubare Fülle von Kombinationen von Annahmen (wie damit klarkommen?). Einschränkung zweistufig: zuerst die „weichen" Annahmen aus gleichem Umfeld nach Konsistenz zusammenfügen (Kriterium: unbewußtes Expertenwissen), erst dann die Annahmeaggregate der verschiedenen Umfelder nach Verträglichkeiten berechnen oder abschätzen. Viele Versuche, Szenarios zu produzieren, sind an dieser Stelle in Schwierigkeiten geraten, weil die Kunst darin besteht, zwischen (eindimensionalem) Prognosemodell und beliebig komplexem Simulationsmodell den Mittelweg durchzuhalten. Mitentscheidend ist, die Ansprüche an „wissenschaftliche Genauigkeit" zurückzustellen, weil sonst der Aufwand den Nutzen schnell übersteigt. Nützlich ist die „Dramatisierung" der Alternativen durch Schlagwörter. Zeitbedarf: fünf bis zehn Prozent.

®

Es empfiehlt sich, zuerst das ergiebigste Szenario auszuwählen (Vermutung auf möglichst viele bisher nicht behandelte Probleme oder Chancen). Außer dem in Schritt 3 ermittelten Prä-Szenario sollten mindestens zwei, maximal fünf weitere Szenarios ausführlich erstellt werden. Bei noch mehr Szenarios treten kaum noch neue Erkenntnisse zutage (Lernsättigung). Die zwei bis fünf Szenarios sollten demzufolge nach „maximaler" Problemrelevanz, Unterschied zwischen den Szenarios, die deutlicher entfaltet werden sollen, und Piausibilität im Sinne von Wahrscheinlichkeit bzw. Konsistenz ausgewählt werden. Beim Entfalten iterativ vorgehen: zunächst Umfeldrepräsentanten selbst nachdenken lassen, dann wichtige Ergebnisse präsentieren, dann gemeinsam diskutieren. Widersprüche aufzeigen und Konfliktlösungstechniken anwenden. Darauf achten, daß Pfad konsistenz bleibt (wahrscheinlichster Entwicklungsweg unter den getroffenen Annahmen). Iteration mehrfach wiederholen, um sich in die Zukunft hineinzudenken. (Zeitbedarf: je nach Anzahl der Szenarios 10 bis 30 Prozent).

®

Störereignisse können positiv wie negativ sein. Auswahl von Ereignissen nach Relevanz und Wahrscheinlichkeit. Bilden von Ereignisheften durch Terminieren ihres Eintritts. Ereignishefte abarbeiten und Veränderung der überraschungsfreien Szenarios (Schritt 5) notieren. Zweck ist Sensitivitätsbzw. Stabilitäts-/Labilitätsanalyse. Besonders gut sind Störereignisse geeignet, wenn „optimistisch" intendierte Szenarios vertieft untersucht werden sollen. Je länger man über Störereignisse nachdenkt, desto mehr erhalten sie den Charakter von (Trend-)Annahmen, und desto weniger erscheinen sie als punktuell überraschend (Zeitbedarf: zwei bis fünf Prozent).

®

Dieser Schritt vollzieht den Gedankengang der Schritte l bis 3 rückwärts. Aus den Szenarios werden zunächst die Vorhersagen zu den Einflußfaktoren abgeleitet bzw. quantifiziert. Das durch die Szenarios erweiterte und verbesserte Problemverständnis produziert neue Aspekte und Problemstellungen, die in der existierenden Planung bisher nicht bearbeitet waren. Gleichzeitig wird ein Informationsbedarf erkannt (Frühwarnsysteme), szenarioabhängige Prioritäten werden festgestellt. Da in diesem Schritt das eigentliche Ergebnis der gesamten Arbeit enthalten ist und erstmalig herausgearbeitet wird, sollte hier ein Schwerpunkt der Berichterstattung über die Szenarios liegen. Alle anderen Schritte und Zwischenergebnisse sind notwendiges Hintergrundmaterial. Zeitbedarf (ohne Bericht): fünf bis zehn Prozent.

®

Entscheidungen und Planungen sollten unter Berücksichtigung des gesamten Bündels von Szenarios vorgenommen werden und nicht nur im Hinblick auf eine, etwa die wahrscheinlichste, Variante. So können Strategien mit hoher Flexibilität entwickelt werden.

292

Prognose und strategische Frühaufklärung

mit Hilfe von anerkannten Prognosetechniken oder aufgrund von Recherchen und Befragungen erfolgen. Bei der Projektion der Deskriptoren stellt sich in der Regel heraus, daß sich für einige Deskriptoren ganz klare, eindeutige Trends abzeichnen, während bei anderen alternative Entwicklungen möglich sind. Die letztgenannten bezeichnet man als kritische Deskriptoren, für sie sind alternative Annahmen aufzustellen. Sowohl für die Prognosen der unkritischen Deskriptoren als auch für die alternativen Annahmen der kritischen Deskriptoren sind plausible Begründungen, die sich aus Erscheinungen der Gegenwart ableiten, auszuarbeiten und darzulegen. Vierter Schritt: Zusammenfassen von Trends zu konsistenten Annahmebündeln Da die verschiedenen Ausprägungen der kritischen Deskriptoren nicht alle miteinander verträglich (konsistent) sind, wird z.B. mit Hilfe einer Matrix ermittelt, welche Ausprägungen sich gegenseitig verstärken, welche neutral zueinander sind und welche sich gegenseitig ausschließen. Auf der Basis dieser Konsistenzeinschätzungen werden mehrere konsistente Annahmebündel erarbeitet. Aus diesen Annahmebündeln wählt man zwei oder drei Sätze nach den Kriterien „hohe Konsistenz", „hohe Unterschiedlichkeit" und „hohe Wahrscheinlichkeit" aus. Sie bilden das Gerüst für die im nächsten Schritt zu formulierenden Szenarien. Fünfter Schritt: Auswahl und Interpretation der wesentlichen Szenarien Zu den ausgewählten Annahmebündeln müssen nun die im dritten Schritt erarbeiteten Prognosen der unkritischen Deskriptoren jeweils hinzugefügt werden. Damit der Sprung in die Zukunft nicht zu schwierig wird, geht man in Zeitschritten vor, z.B. werden zunächst die Szenarien bis 1990 entwickelt, dann wird darauf aufbauend der Verlauf bis 1995 erarbeitet, bis das Zieljahr (z.B. das Jahr 2000) erreicht wird. Wichtig ist, daß die Szenarien aus der Gegenwart heraus entwickelt werden, d. h. die Szenarioannahmen sollen in ihren Ansätzen bereits heute erkennbar sein. Bei der Entwicklung der Szenariostruktur ist es wesentlich, daß die im zweiten Schritt ermittelten Wirkungszusammenhänge beachtet werden und daß eine exakte Beschreibung der Entwicklungsphasen, die zu den jeweiligen Zukunftsbildern hinführen, erfolgt. Sechster Schritt: Identifikation von Störereignissen und Prüfung ihrer Wirkung auf die Szenarien Ein Störereignis ist ein plötzlich auftretendes Ereignis (Diskontinuität), das vorher trendmäßig nicht erkennbar war und eine Entwicklung in eine andere Richtung lenkt. Innerhalb der Szenarienentwicklung sollten sowohl positive als auch negative Störereignisse berücksichtigt werden. In einer

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

293

anschließenden Bewertung wird festgestellt, welche dieser Störereignisse die Szenarien am stärksten beeinflussen und gleichzeitig eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen (Cross-Impact-Analyse). Die so ausgewählten signifikanten Störereignisse werden zunächst isoliert interpretiert und dann in die Szenarien eingeführt und auf ihre Auswirkungen hin analysiert. Siebter Schritt: Analyse der Konsequenzen für den Untersuchungsgegenstand Für diesen Schritt gibt es zwei Vorgehensweisen: Wenn die Aufgabenstellung bereits sehr konkret formuliert ist, genügt es in der Regel, aus den Szenarien Chancen sowie Probleme und Bedrohungen für das Unternehmen abzuleiten. Bei Aufgaben mit Orientierungscharakter (umfassende Studien) ist es zweckmäßig, zunächst Szenarien für die spezielle Unternehmenssituation abzuleiten. Bei der Entwicklung dieser unternehmensspezifischen Szenarien wird man die im zweiten Schritt ermittelten Wirkungszusammenhänge anwenden und zunächst Werte für die Deskriptoren des speziellen Szenarios ermitteln. Anschließend werden die denkbaren zukünftigen Umweltsituationen verbal beschrieben. Achter Schritt: Umsetzen der Ergebnisse Dieser Schritt ist im engeren Sinne nicht mehr Gegenstand der Szenariotechnik, aber er entscheidet wesentlich über den Erfolg der vorher erarbeiteten Szenarien. Alle an der Szenarioerarbeitung beteiligten Personen sollten mit zur Maßnahmenkonzipierung, möglichst direkt im Anschluß an den Prozeß der Szenarienerstellung, herangezogen werden; vieles angedachte und zwischen den Zeilen des Protokolls stehende sowie das erlangte hohe Verständnis der Einflußzusammenhänge kann so genutzt werden. Die vorgestellten acht Schritte der Szenariotechnik stellen ein Grundmuster des Vorgehens dar. Je nach Zielsetzung, Komplexität und verfügbaren Mitteln, können unterschiedliche Methoden in den einzelnen Schritten eingesetzt werden. Entsprechend sind Abwandlungen, Vereinfachungen oder erhebliche Vertiefungen möglich. Ein detailliertes Beispiel, es handelt sich hierbei um die Studie „Freizeit im Jahr 2000", wurde von Geschka/ Reibnitz (1982: 135 — 161) dargestellt. Für ein stark diversifiziertes Großunternehmen wurden alternative Szenarien im Rahmen einer WorkshopVeranstaltung erarbeitet, die die Grundlage einer zukunftsorientierten Produktpolitik bilden sollten. Das Ziel der Szenariotechnik, die bewußte Spekulationen über die Zukunft zuläßt, ist, das heute vorhandene Wissen über mögliche neue Trends und Brüche in der Entwicklung der Umwelt zu sammeln und deren potentielle Auswirkungen auf geplante Strategien zu untersuchen. Szenarien sind

294

Prognose und strategische Frühaufklärung

immer so gut (oder schlecht) wie der Input der beteiligten Experten. Kahn/ Wiener (1967: 252) zählen eine Reihe von Vorteilen der Szenariotechnik auf, die hier wiedergegeben werden sollen. Es ist dabei zu berücksichtigen, daß diese Vorteile nicht zwangsläufig aus der Anwendung der Szenariotechnik resultieren, sondern daß es sich zum Teil eher um Kriterien zur Beurteilung guter Szenarien handelt. Die Vorteile eines in diesem Sinne guten Szenarios liegen demnach in folgenden Punkten: — Es lenkt die Aufmerksamkeit auf eine größere Vielfalt von Möglichkeiten, die bei einer Analyse der Zukunft in Betracht gezogen werden müssen. — Es ist ein Werkzeug, das dazu zwingt, sich mit der unbekannten und rasch wechselnden Welt der Gegenwart und Zukunft zu beschäftigen. — Es zeigt die Details und Dynamik der Entwicklungen auf. — Es hilft, die Wechselwirkungen der verschiedenen Umweltfaktoren und den Einfluß einzelner Elemente zu verdeutlichen, und zwar in einer Form, die es gestattet, viele solcher aufeinander wirkender Elemente gleichzeitig zu verstehen. — Das Szenario unterstreicht bestimmte Prinzipien, Probleme und Grundsatzfragen, die leicht vergessen oder übersehen werden, wenn man Beispiele nur aus der komplexen und oft gegensätzlichen Umwelt nimmt. — Es kann dazu benutzt werden, alternativ mögliche Resultate von bestimmten tatsächlichen Ereignissen der Vergangenheit und Gegenwart aus zu betrachten. Der entscheidende Aspekt der Erarbeitung von Szenarien liegt entsprechend darin, daß sie den Planern ein Gefühl für die Bedeutung der einzelnen Umweltfaktoren und deren Entwicklung geben. Szenarien zeigen lediglich alternative Umweltentwicklungen auf, ohne Angabe der jeweiligen Wahrscheinlichkeit. Daher ist es erforderlich, daß die einflußintensivsten Deskriptoren durch das Frühaufklärungssystem des Unternehmens permanent und systematisch beobachtet werden, um die weitere Entwicklung abschätzen zu können. 3.3.4 Cross-Impact- und Vulnerability-Analyse zur Beurteilung der Umweltentwicklungen

Die Auslese der letztlich relevanten Umwelteinflüsse aus der Informationsflut erfolgt zumeist mit methodischer Unterstützung durch die CrossImpact-Analyse oder die Vulnerability-Analyse (Verwundbarkeits-Analyse). Sowohl die Verwendung der einzelnen Begriffe als auch die Ausgestaltung der jeweiligen Analysemethoden sind in der Literatur nicht einheitlich. Teilweise wird die Cross-Impact-Analyse eingesetzt, um die Bezie-

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

295

hungen zwischen einzelnen Umwelteinflüssen aufzuzeigen, um so mögliche Interaktionseffekte (Kettenreaktionen) aufdecken und abschätzen zu können (vgl. hierzu Wind 1982: 199 und Grant/King 1982: 139). Die Mehrzahl der Autoren führt jedoch an, daß mit Hilfe der Cross-Impact-Analyse wahrscheinliche Änderungen von Umweltfaktoren potentiellen strategischen Aktionen (Strategien) gegenübergestellt werden, um so bedeutende Einflüsse auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Unternehmens erkennen zu können. Diese Betrachtung steht im Vordergrund der Darstellung in diesem Buch. Verschiedene Autoren verwenden hierfür auch die Begriffe „Verflechtungsmatrix" (vgl. Schiefer 1974: 14), „Impact-Analyse" (vgl. Köhler/Böhler 1984: 100 und Neubauer/Solomon 1977: 16) oder „Anfälligkeits-Portfolio" (Albach 1979: 77). Die Cross-Impact-Analyse erfolgt mit Hilfe einer Beurteilungsmatrix, bei der in den Reihen die möglichen Umweltentwicklungen und in den Spalten die derzeitigen oder geplanten Strategien der einzelnen Geschäftsfelder eingetragen werden (vgl. Abb. 76). Anschließend müssen für jede strategische Alternative die positiven oder negativen Auswirkungen der einzelnen Umweltentwicklungen anhand einer Skala beurteilt und die entsprechenden Punktwerte in die Matrix eingetragen werden. Die Identifikation besonders brisanter Gelegenheiten oder Bedrohungen kann dann durch die getrennte Summierung der positiven und negativen Punktwerte einer Umweltentwicklung über die verschiedenen Geschäftsfelder erfolgen. Die getrennte Summierung der positiven und negativen Punktwerte eines Geschäftsfeldes (bzw. einer strategischen Alternative) über mehrere Umweltfaktoren kann wiederum aufzeigen, welche Tätigkeitsbereiche bzw. Strategien besonders günstige bzw. gefährliche Rahmenbedingungen aufweisen. Dabei hat es sich bewährt, gerade auch jenen Entwicklungen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken, bei deren Beurteilung die Meinungen der Experten auseinanderklaffen, sei es hinsichtlich des Ausmaßes des Umwelteinflusses oder hinsichtlich seines Charakters als Gelegenheit oder Bedrohung, um so schwache Signale herausarbeiten zu können (vgl. Köhler/Böhler 1984: 96). Umfangreiche Beispiele für die Anwendung der Cross-Impact-Analyse sind bei Kühn (1980: 554), Klein/Newmann (1980: 43) und Neubauer/Solomon (1977: 16 — 17) wiedergegeben. Während mit Hilfe der Cross-Impact-Analyse die Relevanz bestimmter Umweltentwicklungen für das Unternehmen und die Anfälligkeit bestimmter Strategien auf Umweltveränderungen ermittelt werden können, bietet die Vulnerability-Analyse die Möglichkeit, diese Betrachtung um die Dimension „Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses" zu ergänzen. Die Vulnerability-Analyse erfolgt ebenfalls in Matrixdarstellung (vgl. Abb. 77), sie hat die Dimensionen „Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses" und „Auswirkungen auf das Unternehmen" differenziert nach

296

Prognose und strategische Frühaufklärung Auswirkung

Umweltbereich 1. Gesamtwirtschaft Bruttosozialprodukt Zinsen 2. Politisch-rechtliche Umwelt Umweltschutz Subventionen 3. Technologie Neue Produkttechnologie Neue Verfahrenstechnologie 4. Demographie/Kultur Bevölkerungsentwicklung Einstellung zum Konsum

+

SGF1

SGF2

SGF3

SGF4

-3

-2

-3

-3

0 -3

-1 0

+2 +1

+2

+



+1 -2

+1 0

-5

0 +1

+1

+3 +2

+2

+3

-1

-1

0

0

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-1

+1

0

0

+1

- 1

+2

+2

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0

+4

- 1

+4

(+7)

+4

+3

-5

-4

-3

0

© +1

Q)

- 1 0 - 1 - 1

Legende: SGF = Strategisches Geschäftsfeld Die vermuteten Auswirkungen sind auf einer 7er-Skala anzukreuzen. Beispiel: Umweltentwicklung ... stellt für SGF ... eine Bedrohung/Gelegenheit dar. Gelegenheit

Bedrohung

-3

-2

-l

+1

+2

+3

Abb. 76 Cross-Impact-Analyse Quelle: Köhler/Böhler 1984:100

Bedrohungen und Gelegenheiten für das Unternehmen. Der besondere Vorteil dieser Analyse liegt darin, daß die Dringlichkeit von Reaktionen durch das Unternehmen deutlich aufgezeigt wird. Ganz unmittelbare Reaktionen sind immer dann erforderlich, wenn das Ausmaß der positiven bzw. negativen Auswirkungen auf das Unternehmen hoch ist und eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit vermutet wird. Eine ähnliche Vorgehensweise schlägt Wilde (1983: 376 — 377) vor, der die verschiedenen Subsy-

297

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems Environmental vulnerability matrix Harmful impact on the business

Probability that the event/condition will occur

0-25%

25-50%

50-75%

75-100%

Catastrophic Severe Moderate Limited or none Environmental opportunity matrix Probability that the event/condition will occur the business

0-25%

25-50%

50-75%

75-100%

Tremendous Very high Moderate Limited or none Abb. 77 Vulnerability-Analyse Quelle: Wind 1982:202

steme des Unternehmens (z. B. Marketing, Betriebsmittel) und der Umwelt (z. B. Absatzmarkt, Konkurrenz) hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Unternehmen und ihrer Unsicherheit (bzw. ihres Risikos) beurteilt und in einer Matrix positioniert. Die Anwendung der Cross-Impact-Analyse, verbunden mit einer Vulnerability-Analyse, gibt damit deutliche Hinweise darauf, welche Umweltentwicklungen intensiv und permanent beobachtet werden müssen, bzw. welche Strategien kurzfristig anzupassen sind. Strategische Planungen auf der Grundlage von Frühaufklärungsinformationen helfen ein voreiliges Festlegen von langfristigen Strategien zu vermeiden. Vorkehrungen und Maßnahmen sollten nur in dem Umfang eingeleitet werden, wie es angesichts der festgestellten Entwicklungen erforderlich erscheint. Hierzu sind für wichtige Umweltentwicklungen (neben Richtung, Ausmaß und Ein-

298

Prognose und strategische Frühaufklärung

trittswahrscheinlichkeit) auch die Auswirkungen auf die eingeschlagenen Strategien des Unternehmens zu beurteilen und die Geschwindigkeiten abzuschätzen, mit denen sich diese Auswirkungen zu einer gefährlichen Bedrohung bzw. zu einer Chance für das Unternehmen entwickeln können. Die angesprochenen Verfahren vermögen hier wichtige Hinweise zu geben. 3.3.5 Die Verstärkung schwacher Signale innerhalb einer PortfolioAnalyse Geeignete Schritte zum Aufbau eines strategischen Frühaufklärungssystems liegen nicht nur in der Entwicklung neuer Instrumente, sondern auch in der Weiterentwicklung von bereits in der Praxis angewandten Instrumenten der strategischen Analyse. Eine solche Vorgehensweise resultiert aus der Auffassung, daß es unzweckmäßig erscheint, die strategische Frühaufklärung innerhalb des gesamten Strategischen Managements durch ein hierauf ausschließlich spezialisiertes Teilsystem bewältigen zu wollen. Vielmehr sollten alle Teilsysteme bzw. Instrumente immer auch unter dem Gesichtspunkt der Frühaufklärung diskutiert und gestaltet werden. Ansoff, Kirsch und Roventa verdeutlichen dies am Beispiel der Portfolio-Analyse (vgl. Roventa 1979: 227-304; Ansoff/Kirsch/Roventa 1981; Kirsch/Trux 1979, 1983 und Trux/Müller/Kirsch 1984a: 354-358). Um die Portfolio-Analyse zu einem Instrument der Frühaufklärung zu machen (zur Portfolio-Analyse vgl. Kapitel IV, S. 315), ist es erforderlich, sie anders als heute üblich anzuwenden. Heute ist folgende Vorgehensweise die Regel: Eine Projektgruppe erhebt die erforderlichen Daten und gelangt — soweit notwendig — über Konsensbildungsprozesse zu einer Entscheidung über die Positionierung der zur Diskussion stehenden Strategischen Geschäftseinheiten. Diese Positionierung wird dann (ergänzt durch Kommentare und weitere Informationen) der weiteren strategischen Planungsdiskussion zugrunde gelegt. Durch die Konsensbildung im Vorfeld werden Informationen herausgefiltert, die damit den weiteren Entscheidungsprozeß nicht mehr beeinflussen können. Unsicherheiten der Mitglieder der Projektgruppe in der Beurteilung einzelner Faktoren, die angesichts der zur Verfügung stehenden Daten optimistisch oder pessimistisch beurteilt werden können, gehen im Konsensbildungsprozeß verloren. Bei einer Vielzahl von Beurteilungskriterien spielt darüber hinaus deren Gewichtung eine große Rolle. Auch unterschiedliche Auffassungen über die Gewichtung gehen bei der üblichen Vorgehensweise leicht unter. Es wird deshalb vorgeschlagen (vgl. die oben angegebenen Literaturhinweise), die Unsicherheit und abweichenden Meinungen in der Beurteilung der einzelnen Strategischen Geschäftseinheiten explizit sichtbar zu machen. Dies soll dadurch geschehen, daß statt der üblichen Punkt-Positionierung eine Bereichs-Positionierung vorgenommen wird (vgl. Abb. 78).

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

299

Es sollen Unschärfebereiche innerhalb der Portfolio-Matrix ermittelt und präsentiert werden, in denen die Strategischen Geschäftseinheiten liegen. Unschärfebereiche in der Positionierung liefern Hinweise darauf, daß die Beurteiler Anhaltspunkte besitzen,. die eine abweichende und/oder unsichere Beurteilung der Positionierung rechtfertigen. In allen diesen Fällen handelt es sich jedoch lediglich um ein schwaches Signal: Es bestehen Anhaltspunkte für eine Chance bzw. für ein Risiko. Erst durch eine Tiefenanalyse kann geklärt werden, woher diese Chance bzw. dieses Risiko kommt und wie es sich vermutlich auswirken wird. Insofern wird die Portfolio-Analyse durch die Bereichs-Positionierung zu einem Verstärker schwacher Signale.

Abb. 78 Bereichs-Positionierung in der Portfolio-Matrix Quelle: Roventa 1979:274

Diese Idee, Unschärfebereiche in der Portfolio-Analyse zu erfassen, kann nun natürlich auf alle anderen Instrumente der strategischen Analyse übertragen werden: beispielsweise bei der Abgrenzung von Marktsegmenten, bei der Positionierung der Produkte entsprechend ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis, bei den Stärken und Schwächen der Wettbewerber oder auch bei den Wettbewerber-Positionierungen in der Darstellung strategischer Gruppen. Dadurch können Unsicherheiten aufgedeckt und mögliche schwache Signale geortet werden. Entsprechend müssen dann weitere Untersuchungen und Analysen erfolgen, um hier zu konkreteren Aussagen zu kommen. 3.3.6 Informationsdienste zur Unterstützung des Frühaufklärungssystems

Viele Unternehmen gehen dazu über, ihr Umfeld systematischer als bisher nach Bedrohungen und Gelegenheiten abzusuchen. Während in der ersten

300

Prognose und strategische Frühaufklärung

Phase viele ihr eigenes strategisches Frühaufklärungssystem aufbauten, hat sich in den letzten Jahren der Trend verstärkt, Frühaufklärungsinformationen in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen zu erheben bzw. auf Frühaufklärung spezialisierte Beratungsunternehmen einzuschalten. So entstand das älteste und bekannteste US-Frühaufklärungssystem in einem Verband: dem Institute of Life Insurance, einem Zusammenschluß von mehr als 200 Lebensversicherern (vgl. Ziegler 1980: 58). Obwohl das vom Versicherungsinstitut 1970 konzipierte Trend Analysis Program (TAP) mehrfach modifiziert wurde, arbeitet die Methode auch heute noch nach dem gleichen Prinzip. Jeder der mehr als 100 freiwillig tätigen Manager aus den Mitgliedsfirmen überwacht regelmäßig eine oder mehrere der ihm zugeteilten Publikationen daraufhin, ob die Artikel für die Branche oder eine spezielle Gesellschaft relevante Trends erkennen lassen. Die entsprechenden Trendmeldungen werden durch ein Komitee diskutiert und bilden die Grundlage für spezielle Trendreports des Instituts. Die Berichte, z. B. über veränderte Lebensgewohnheiten im Alter, zu erwartende Innovationen im Gesundheitswesen, Auswirkungen der Inflation auf die Lebensversicherungsbranche, Büroautomation oder Funktionswandel der Angestellten, werden von den Institutsspezialisten geschrieben und von externen Experten geprüft, bevor sie an die Mitgliedsfirmen geschickt werden. Die Früherkennungsmethode TAP, so berichtet das Institut (vgl. Ziegler 1980: 60), hat die Versicherungsmanager in den letzten 10 Jahren intensiv gegenüber öffentlichen Strömungen sensibilisiert und die Unternehmen in die Lage versetzt, auf vielfältige Aktivitäten frühzeitig zu reagieren. TAP-Initiator Arnold Brown machte sich 1977 mit zwei Mitarbeitern selbständig und gründete in New York die Beratungsfirma Weiner, Edrich, Brown Inc. Das von den Beratern propagierte Verfahren heißt TEAM (Trend Evaluation and Monitoring) und hilft Unternehmen, Organisationen aber auch der Washingtoner Regierung, Zukunftstrends zu identifizieren. In der Zwischenzeit wurden weitere Beratungsunternehmen gegründet und Systeme entwickelt, die sich ebenfalls auf die Erhebung von Frühaufklärungsinformationen spezialisierten: TIP (Trend Impact Project) der Beratungsfirma Weiner, Edrich, Brown Inc.; QUEST (Quick Environmental Scanning Technique) des Center for Futures Research der Graduate School of Business Administration an der University of Southern California; FUTURESCAN (ein von „The Futures Group", Glastonbury/Connecticut für General Electric entwickeltes On-Line-System, das auch anderen Firmen zugänglich ist über das General Electric Time-Share-Network; STEP (Strategie Trend Evaluation Process) von der Beratungsfirma Weiner, Edrich, Brown Inc. und SCAN des Stanford Research Institute, dem

301

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

es gelang, in Europa eine European Issues Group zu gründen, die etwa 20 europäische Großunternehmen umfaßt (Ciba-Geigy, Shell usw.) und die Auswahl und Diskussion von „strategic issues" zum Ziel hat (vgl. Ziegler 1980: 59-60; Müller 1984a: 443 und Weiner 1976). In der Bundesrepublik bietet (wie bereits ausgeführt) das Battelle-Institut, Frankfurt, ein umfangreiches Frühaufklärungssystem an. Müller (l 984 a) stellt in seiner Arbeit das System STAR (Strategischer-Trend-Analyse-Report) des Instituts für Strategie- und Zukunftsstudien (ISZ) vor, das sich jedoch erst in der Pilotphase befindet (vgl. Müller 1984 a: 433 und 435). Im folgenden soll die Idee, der Aufbau und die Organisation dieses Systems kurz dargestellt werden.

UNTERNEHMENS SCANNINGTEAM

EXPERTENSCANNING TEAM

Unternehmens spezifischer STARInformations dienst

ISZ - SEMINAR: STRATEGISCHE FRÜHAUFKLÄRUNG organisationsspezifischer Infodienst

STARMonitoring

STAR Scanning

STAR STEUERUNGSKOMITEE

ÜBERBETRIEBLICHE ORGANISATION z . B . VERBAND)

Abb. 79

Funktionsweise des STAR-Systems Quelle: Trux/Müller/Kirsch 1984 a: 353

STARFuturist STARZeitgeschichte

= überwachen,

302

Prognose und strategische Frühaufklärung

STAR

TREND - MELDUNG TITEL :

Pack Kohle in den Tank

QUELLE:

P. M. Magazin

AUTOR :

?

ZUSAMMENFASSUNG:

Pick Kable In den Tank Wenn diese Idee von »General Motors« zui Serienreife gedeiht, werden Autos eines Tages mit superbilligem Kohlenstaub fahren. Der Trick ist eine Kombination von Gasturbine und einer Spezialkonstruktion. die den Kohlenstaub aus dem Tank befördert Diese »Förderanlage« pustet den Kohlenstaub mit

DATUM : SCANNER:

29.8.1983

JAHR 1 9 8 3 BAND MONAT August TAG 19. NR. 9 SEITE 41 verdichteter Luft in die Turbinenbrennkammer. Dort wird die Kohle verbrannt. Das heiße Gas treibt die Turbine an, die das Auto in Schwung bringt Ähnliche Überlegungen scheiterten bisher an den unvermeidlichen Kohleruckatänden, die solche Anlagen schnell ruinieren. Die Ingenieure von »General Motors« aber können jetzt Kohle zu so superfeinem Staub »zerhacken«, dafl fast alles verbrennt. Die Vorteile dieses »Kohleautos« liegen auf der Hand: Kohle ist billiger als Benzin und Diesel Auch für die Volkswirtschaft würde dieser Autoantrieb Energie sparen: Kohle müßte nicht erst, wie bisher, kostspielig in flüssigen Brennstoff umgewandelt werden. "¥

KOMMENTAR: Die Suche nach Alternativen zum öl bleibt a k t u e l l .

BEDEUTUNG DER IklNUMtLUUNG:

bestätigend ^ starke^ Wandel U) ^lr Vi revolutionär gemäßigter Mandel

)

EINFLUSS AUF DAS ANALYSE- /PLANUNGSFELD

EINTRITTSWAHRSCHEINLICHKEIT OS

^H)

100%

SöF-BEREICH:technologische Entwickl.

äußerst gering AuP-FELO:

Abb. 80 Trendmeldung des STAR-Scanning-Dienstes Quelle: Müller 1984 a: 457

sehr stark PKW-Motoren

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

303

Mit dem STAR-Informationssystem (vgl. Abb. 79) ist das Ziel verbunden, einzelne Systembenutzer mit den notwendigen strategischen Informationen zu versorgen. Dabei verpflichtet sich das beteiligte Unternehmen, selbst an der Informationsbeschaffung teilzunehmen, indem intern z. B. Zeitschriften auf schwache Signale abgetastet werden, Konferenzen ausgewertet werden usw. Das Institut für Strategie- und Zukunftsstudien unterstützt die Unternehmen hierbei, indem es geeignete Mitarbeiter auszuwählen hilft und trainiert. Das ISZ sammelt diese Informationen und ergänzt sie durch selbst erhobene Informationen (z. B. durch das Auswerten von Datenbanken und Zeitschriften). Es fließen dann zwei Arten von Informationen an die Unternehmen zurück: l. der STAR-Scanning-Dienst, der an alle abonnierenden Unternehmen geht (vgl. als Beispiel Abb. 80) und 2. ein unternehmensspezifischer Informationsdienst. Alle am STAR-System beteiligten Organisationen und Unternehmen werden im STAR-Steuerungs-Komitee zusammengefaßt. Dort werden strategische Probleme von übergeordneter Relevanz ausgefiltert, diskutiert und für Tiefenuntersuchungen vorstrukturiert. Die Resultate dieser Tiefenuntersuchungen werden dann in einem sogenannten Monitoring-Dienst an die Unternehmen berichtet (vgl. Müller 1984 a: 444-446). Erfolg und Qualität des STAR-Systems werden wesentlich davon abhängen, inwieweit das partizipative Element des Systems erfüllt wird (vgl. Trux/Müller/Kirsch 1984 a: 354). Die Integration des Unternehmens in den Prozeß weckt bei den Mitarbeitern das Interesse an der Zukunft, was auch heißt, daß die tatsächliche Verwendung der Studie gewährleistet ist. Auf der anderen Seite entlastet es aber auch das Unternehmen bei der Informationssuche und -kanalisierung und gibt eine erweiterte Zukunftsperspektive, die oft den Horizont der Unternehmensmitarbeiter zu erweitern vermag.

3.4 Prozeßablauf und Organisation eines strategischen Frühaufklärungssystems Die Darstellung verschiedener Instrumente strategischer Frühaufklärungssysteme hat gezeigt, daß die meisten unterschiedliche Funktionen wahrnehmen. Um die Bedeutung der einzelnen Instrumente zu verdeutlichen, ist es daher erforderlich, die Elemente eines Frühaufklärungssystems im Prozeßablauf zu verdeutlichen. Prozeßablauf der strategischen Frühaufklärung In Anlehnung an die Aufgaben eines Frühaufklärungssystems läßt sich folgender Aufbau ableiten (vgl. Trux/Müller/Kirsch 1984 a: 348):

304

— — — — — —

Prognose und strategische Frühaufklärung

Signalexploration und -beobachtung, Signaldiagnose, Signaltrendentwicklung, Planvergleich, Signalevaluation, Bestimmung und Bewertung von Reaktionsstrategien.

In der Phase der Signalexploration werden die schwachen Signale geortet, erfaßt, kategorisiert und weiter beobachtet. Die Signaldiagnose soll die möglichen Ursachen, auslösenden Momente, Vernetzungen usw. eines schwachen Signals erforschen. Danach wird in der Signaltrendentwicklung nach den Auswirkungen des schwachen Signals geforscht: Welcher Trendverlauf ist anzunehmen? Auf welchem Weg bzw. welcher strukturellen Trendlinie defundiert das schwache Signal? Welche anderen relevanten Entwicklungen werden möglicherweise durch den neuen Trend beeinflußt? Wie beeinflussen sich die verschiedenen Trends untereinander? Der sich daran anschließende Test auf Planerfüllung dient dem Vergleich der aktuell zu erwartenden strategischen Zukunft und der in die Planung eingegangenen Prämissen. Hierdurch werden Gelegenheiten bzw. Gefahren für das Unternehmen herausgearbeitet. In der Phase der Signalevaluation werden die Gelegenheiten und Gefahren auf ihre unternehmenspolitischen Implikationen hin untersucht und dem Stärken-/Schwächenprofil aus der Unternehmensanalyse gegenübergestellt (vgl. die Darstellung der Chancen-/Gefahrenanalyse in Gliederungspunkt II 4.4, S. 241). Auf der Basis all dieser gewonnenen Erkenntnisse wird dann ein Alternativenbündel von als geeignet erscheinenden Reaktionsstrategien generiert. Teilweise wird noch eine Simulationsphase angefügt, die die Entscheidung zur Auswahl der dann tatsächlich zu implementierenden Strategien unterstützen soll (vgl. Müller 1981: 234-236). Im Rahmen dieses Buches kann auf alle Phasen nicht detailliert eingegangen werden. Die angesprochenen Instrumente strategischer Frühaufklärung sollen jedoch den einzelnen Phasen zugeordnet werden; darüber hinaus werden die konkrete Ausgestaltung und die einzelnen Implementierungsschritte eines strategischen Frühaufklärungssystems beispielhaft dargestellt, wobei weitere Aspekte vertiefend diskutiert werden. Die Darstellung möglicher Reaktionsstrategien erfolgt im nächsten Gliederungspunkt. Versucht man eine Zuordnung der einzelnen Instrumente strategischer Frühaufklärung zu den angesprochenen Phasen, so zeigt sich, daß die meisten Instrumente lediglich einer Phase zuzuordnen sind. So dient die Durchführung von Chancen- und Verwundbarkeits-Workshops, die Bereichs-Positionierung und die Diskontinuitätenbefragung sowie die Hinzuziehung von Informationsdiensten primär der Signalexploration. Erst

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

305

weitere Tiefenuntersuchungen können mögliche Ursachen, auslösende Momente und Vernetzungen verdeutlichen (Signaldiagnose). Mit Hilfe der Erstellung struktureller Trendlinien kann die Signaltrendentwicklung, insbesondere über Analogieschlüsse, analysiert werden. Cross-Impact- und Vulnerability-Analyse sowie die Erstellung eines Chancen-/Gefahrenprofils sind dazu geeignet, schwache Signale hinsichtlich der Dringlichkeit der Reaktion einzustufen. Es handelt sich entsprechend um Verfahren, die primär in der Phase der Signalevaluation zum Einsatz kommen. Die Szenariotechnik hat hier eine gewisse Sonderstellung, sie dient zum einen der Signaldiagnose, indem sie mögliche Vernetzungen verdeutlicht, zum anderen vermag sie jedoch auch die Signaltrendentwicklung, und hier insbesondere die Beeinflussung verschiedener Trends untereinander oder die Auslösung neuer Trends, zu verdeutlichen. Weiterhin können mit Hilfe der Szenariotechnik die durch Signalexploration, Signaldiagnose und Signaltrendentwicklung gewonnenen Ergebnisse zusammengefaßt und in alternativen Szenarien dargestellt werden. Organisation eines strategischen Frühaufklärungssystems Die spezielle Ausgestaltung der einzelnen Phasen des Frühaufklärungssystems ist zum einen entsprechend der jeweiligen Unternehmenssituation unterschiedlich, zum anderen abhängig vom Entwicklungsstand und der speziellen Zielsetzung des Systems. Darüber hinaus ist das methodische Instrumentarium noch sehr begrenzt und bedarf der Weiterentwicklung. Bei primär indikatorengestützten Frühaufklärungssystemen der zweiten Generation liegt der Schwerpunkt im Auffinden von Indikatoren durch die Aufdeckung von Kausalbeziehungen zwischen heutigen und zukünftigen Erscheinungen und die Zusammenstellung eines möglichst umfassenden Katalogs leistungsfähiger Indikatoren (vgl. Klausmann 1983: 42). Für das Erkennen kritischer Entwicklungen durch Indikatoren in beobachteten Bereichen werden in der Regel bestimmte Meßgrößen vorgegeben und Toleranzgrenzen bestimmt, deren Überschreitung als Gefahren- oder Chancenproblem interpretiert werden soll (vgl. hierzu die Konzeptionen von Hahn/Krystek 1979; Kühn/Walliser 1978 und Rieser 1980). Der Aufbau eines Frühaufklärungssystems der dritten Generation soll anhand des auf diffusionstheoretischer Basis konzipierten Systems des Battelle-Instituts verdeutlicht werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung unternehmensindividueller Lösungen und einer intensiven Schulung der Mitarbeiter des Unternehmens. Folgende Prinzipien und Arbeitsschritte werden bei der stufenweisen Einführung des Systems berücksichtigt (vgl. Krampe 1980: 10; Krampe/Müller 1981: 398-399 und Reinhardt 1982: 21-22):

306

Prognose und strategische Frühaufklärung

— In einem ersten Schritt erfolgt eine Information des Managements über Sinn und Zweck des Frühaufklärungssystems und die Durchführung einer Fallstudie. — Danach werden Verwundbarkeits- bzw. Chancen-Workshops durchgeführt, um Unternehmensteile, Produktbereiche, Umfeldbereiche, Trends, Themen und Indikatoren zu ermitteln, die besondere Bedrohungen/Gelegenheiten für das Unternehmen darstellen. — Für die Entwicklung in sich konsistenter Zukunftsbilder wird für die unternehmensrelevanten Umweltbereiche in einem dritten Schritt eine Szenarioanalyse durchgeführt. — Daraufhin erfolgt eine Selektion der Unternehmensteile, in denen zunächst das Frühaufklärungssystem pilotprojektartig eingeführt werden soll. — Für diese Teilbereiche wird dann mit dem Aufbau des Systems begonnen. Dabei geht es im einzelnen um das Aufstellen eines Indikatorenkatalogs incl. Beobachtungsquellen, die Ermittlung von Schlüsselpersonen/-organisationen, das Festlegen des Spektrums von zu beobachtenden Publikationen und der zu beobachtenden Rechtsprechungsorgane im In- und Ausland, die Fixierung eines Codierungs- und Datenerfassungssystems einschließlich einer Anpassung des Datenbankkonzeptes an die jeweilige EDV im Unternehmen und die Einspeisung gesamtwirtschaftlicher und unternehmensspezifischer ökonomischer Daten in das Frühaufklärungssystem. — Im sechsten Schritt soll das Frühaufklärungssystem organisatorisch in das Unternehmen eingepaßt werden mit folgenden Schwerpunkten: Festlegen des Gliederungsprinzips, der Berichterstattung usw.; Aufbau eines Beobachternetzwerks im Unternehmen und außerhalb sowie Auswahl eines zwei- bis dreiköpfigen Kernteams („Radarbesatzung"). — Ist das neue System soweit implementiert, wird ein einjähriger Probebetrieb durchgeführt, der durch diverse Maßnahmen unterstützt wird: Training der Beobachter und des Kernteams, Kontrolle und Interpretation der Beobachtungsergebnisse, Unterstützung bei der Entwicklung alternativer Strategien und Reaktionen. — Auf den Probelauf des Systems folgt der Erfahrungsbericht an die Geschäftsleitung über die abgeschlossene Phase, in dem Ergebnisse, Schwachstellen und mögliche Verbesserungen thematisiert werden. — Die neunte Stufe ist schließlich der weitere stufenweise Ausbau des Frühaufklärungssystems. Battelle geht dementsprechend davon aus, daß das Frühaufklärungssystem von eigenen Mitarbeitern des Unternehmens betrieben werden soll. Externe Berater können für Spezialaufgaben herangezogen werden. Entsprechend groß ist die Bedeutung der sorgfältigen Auswahl und intensiven

3. Aufbau eines strateg. Frühaufklärungssystems

307

Schulung der entsprechenden Mitarbeiter des Unternehmens: „... allerdings handelt es sich auch hier nur um ein Planungs- und Entscheidungsinstrument, das so gut ist wie die Mitarbeiter, die es betreiben" (Krampe 1980:9). Der Aufbau des Beobachternetzes und die Bedeutung der zentralen „Radarbesatzung" kann anhand von Abbildung 81 verdeutlicht werden. Das Beobachternetz wird strikt auf die Marktnähe hin organisiert, d.h. je diversifizierter ein Unternehmen ist, um so dezentraler ist auch sein Frühaufklärungssystem zu organisieren. Batteile geht dabei davon aus, daß Mitarbeiter des Unternehmens ausgewählt werden, die über eine breite und solide Allgemeinbildung verfügen, möglichst große Erfahrung

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= Zentralelemente = Peripherelemente = Beziehungen

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Abb. 81 Elemente, Subsysteme und Beziehungen eines Frühaufklärungssystems Quelle: Hahn 1979:26

im Unternehmen haben und geeignet sind, neue Trends zu erfassen, d. h. sie sollten auf keinen Fall phantasielos sein. Diese Mitarbeiter werden intensiv geschult und haben die Aufgabe, neben ihrer funktionalen Tätigkeit kontinuierlich Frühaufklärungssignale zu erfassen (die Arbeitsbelastung der Beobachter sollte 5% der üblichen Tagesaufgaben nicht überschreiten) und an die zentrale Radarbesatzung weiterzumelden. Durch den Aufbau eines solchen dezentralen Beobachternetzes ist es möglich, daß die Beobachter gezielt für die Erfassung bestimmter Themen oder Indikatoren eingesetzt werden, d. h. es ist möglich, daß ein Beobachter lediglich die Aufgabe erhält, eine bestimmte Schlüsselorganisation im Hinblick auf bestimmte Indikatoren zu beobachten. Dadurch wird eine weitgehende Spezialisierung erreicht, die es ermöglicht, gezielt schwache Signale zu erfassen und in ihrer Entwicklung zu beobachten. Der zentralen

308

Prognose und strategische Frühauflclärung

Radarbesatzung kommt die Aufgabe zu, die erfaßten Signale zu sammeln und hinsichtlich ihrer Aussagekraft zu interpretieren. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, daß es gelingt, aus einer globaleren Einsicht in die Rolle und in die Struktur des interessierenden Faktors innerhalb eines hinreichend großen Sektors des gesamtwirtschaftlichen Systems (vgl. Krampe/Müller 1981: 394), strukturelle Trendlinien zu entwickeln. Ein weiteres Problem ergibt sich aus folgendem Zusammenhang: Die Relevanzbestimmung von Informationen, also von schwachen Signalen und deren weitergehenderen Beschreibungsinformationen ist für die zentrale Radarbesatzung mit einiger Schwierigkeit verbunden. Betrachtet man ein Frühaufklärungssystem als ein Informationssystem, in dem schwache Signale von vielen Organisationsmitgliedern aufgenommen und an Informationsverarbeitungsstellen weitergegeben werden sollen, um schließlich Frühaufklärungsinformationen für Entscheider bereitzustellen, so wird deutlich, wie sehr Frühaufklärungssysteme auf störungsfreie Informationsaufnahme und -weitergäbe angewiesen sind. Es besteht neben der Gefahr, daß schwache Signale aufgrund von psychologischen und strukturellen Wahrnehmungsbarrieren schlecht empfangen und falsch interpretiert werden (vgl. Irle 1971: 55-61 und Aquilar 1967: 13-16) das Risiko, daß, aufgrund bestehender Strukturen und Mechanismen in Organisationen, Daten bzw. Informationen nicht adäquat übermittelt, dadurch verfälscht werden oder untergehen (vgl. Kirsch/Esser/Gabele 1979: 354). Hiermit sind Informationspathologien angesprochen. Eine Organisation leidet unter Informationspathologien, wenn Informationen, die im Prinzip relevant und auch beschaffbar sind, nicht an jene Stellen in der Organisation gelangen, wo sie benötigt werden (zur Problematik von Informationspathologien vgl. insbesondere Kirsch/Trux 1979: 53 — 54 und Kirsch/Klein 1977: 152-165). An dieser Stelle konnten lediglich einige Aspekte der organisatorischen Ausgestaltung von Frühaufklärungssystemen und der damit verbundenen Probleme angesprochen werden. Eine umfassendere Diskussion findet sich in der jeweiligen Spezialliteratur (vgl. insbesondere Müller 1981; Rieser 1980; Albach/Hahn/Mertens 1979; Gomez 1983; Ansoff 1982; Hahn/ Krystek 1979 und Hahn/Klausmann 1983). Andererseits muß jedoch auch betont werden, daß erst relativ wenige Unternehmen strategische Frühaufklärungssysteme implementiert haben und daß dementsprechend noch wenige Erfahrungen vorliegen. Hinzu kommt die sehr komplexe und heterogene Diskussion über Frühaufklärungssysteme sowie die oft nur Einzelaspekte des Gebietes durchdringende Literatur. Hier sind weitere Arbeiten notwendig, die sich insbesondere der Zusammenfassung des bisher vorliegenden Materials und der Erweiterung und Präzisierung des methodischen Instrumentariums widmen sollten.

4. Einbeziehung der strateg. Frühaufklärung in die strateg. Planung

309

4. Einbeziehung der strategischen Frühaufklärung in die strategische Planung Frühaufklärungssysteme sind eine wesentliche Voraussetzung für eine ausreichende Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an dynamische Umweltbedingungen. Mögliche Gefährdungen und Chancen sowie sich abzeichnende kritische Veränderungen werden frühzeitig wahrgenommen und versetzen die Unternehmen in die Lage, ausreichend Zeit zur Vorbereitung geeigneter Anpassungsmaßnahmen zu haben. Insbesondere Ansoff (1976) beschäftigte sich intensiv mit der Frage, welche strategischen Reaktionen von Unternehmen als Antwort auf Frühaufklärungsinformationen ergriffen werden sollten. Er geht dabei von verschiedenen Graden der Ignoranz bzw. Ungewißheit aus (vgl. die Ausführungen zu Gliederungspunkt II 3.2.3, S. 269). Die strategischen Antworten sind nach Ansoff (1976: 133) auf das jeweilige Stadium der Ignoranz abzustimmen. Sie reichen von der reinen Beobachtung der Umwelt über die bewußte Steigerung der Flexibilität bis zur direkten Aktion. Entsprechend den unterschiedlichen Stadien der Ignoranz führt Ansoff sechs Reaktionsstrategien an (vgl. Abb. 69, S. 272), wobei er davon ausgeht, daß nicht alle Reaktionen sofort erfolgen können bzw. sofort realisierbar sind. Was aber sofort in Gang gesetzt werden könnte, sind Aktivitäten wie Beobachtung der Umwelt, strukturelle Prognosen sowie Analysen der kritischen Kapazitäten und der für sie benötigten Ressourcen. Mit zunehmender Konkretisierung der Umweltinformationen sind weitere Aktivitäten möglich. Im folgenden sollen die von Ansoff diskutierten sechs Reaktionsstrategien näher dargestellt werden. Ansoff (1976: 136) unterteilt die möglichen Optionen des Unternehmens in zwei Gruppen, nämlich — in Reaktionen, die die Beziehungen des Unternehmens zur Umwelt betreffen und — in Reaktionen, die die innere Dynamik und Struktur des Unternehmens verändern. Jeder der beiden Gruppen sind drei Kategorien von Reaktionsstrategien zugeordnet (vgl. Abb. 82): — Strategien, die die Fähigkeit des Unternehmens erweitern, seine Umwelt und sein internes Operationsfeld wahrzunehmen (Aufmerksamkeit), — Strategien, die die Fähigkeit des Unternehmens erhöhen, flexibel auf vage Bedrohungen und Chancen zu reagieren (Flexibilität) und

310 ^\^ Reaktions^xstrategien

Prognose und strategische Frühaufklärung

Direkte Reaktion

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Aufmerksamkeit

Beziehung zur Umwelt

Externe Aktion (strategische Planung und Durchführung) z. B. Betreten neuer Märkte; Risikoverteilung mit anderen Finnen; Sicherung knapper Ressourcen; Desinvestition; Rückzug aus bedrohten Gebieten

Externe Flexibilität z. B. Balance der Lebenszyklen; Machtbalance; Diversifikation der ökon./technol./ sozial/polit. Diskontinuitäten; Langzeitkontrakte; Risikostreuung

Beobachtung der Umwelt z. B. Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung, des Absatzes, der struktur./technol./sozial/ polit. Entwicklung; Modelle der Umgebung

Interne Struktur

Interne Bereitschaft ( Kontingenzplanung) z. B. Eventualpläne; Erwerb von Technologien, Wissen, Fähigkeiten, Ressourcen; Entwicklung von neuen Produkten und Ressourcen; Anpassung der Strukturen und Systeme

Interne Flexibilität z. B. Zukunftsorientierung; Problemlösungsfähigkeit; Risiko- und Wandlungsbereitschaft; Einbau von Elastizitäten; Diversifikation und Liquidität von Ressourcen

Selbstbeobachtung z. B. Leistungsanalyse; Ermittlung der Stärken und Schwächen; Kritikinstanzen für Stand und Entwicklungen aller Ressourcen; Finanzierungs- und strategische Modelle

Reaktionsgebieix.

Abb. 82 Alternative Reaktionsstrategien nach Ansoff (1976) Quelle: Kirsch/Esser/Gabele 1979:351

— Strategien, die die Bedrohung exakt lokalisieren und unmittelbar auf sie reagieren (direkte Reaktion). Entsprechend der Kombination dieser Aspekte ergeben sich die von Ansoff abgeleiteten sechs Reaktionsstrategien. Die frühestmögliche Reaktion auf eine Chance oder Bedrohung sieht Ansoff (1976: 138) in Wahrnehmungs- oder Aufmerksamkeitsstrategien. Hier sind strategische Frühaufklärungssysteme angesprochen. Werden schwache Signale wahrgenommen, so sind weitere Analysen erforderlich, um die Ursachen zu erforschen und die Entwicklung der Signale in bezug auf Chancen und Bedrohungen für das Unternehmen zu erfassen. Hierzu gehört sowohl die Beobachtung der Umwelt (z. B. Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung, des Absat-

4. Einbeziehung der strateg. Frühaufklärung in die strateg. Planung

311

zes usw.) als auch die Selbstbeobachtung (z. B. Leistungsanalyse, Ermittlung der Stärken und Schwächen usw.). Entsprechend der vorgenommenen Strukturierung werden auch die Flexibilitäts-Strategien in externe und interne Flexibilität unterschieden. Die Strategie der externen Flexibilität zielt darauf ab, das Unternehmen in seiner Umwelt so anzusiedeln, daß die erwartete durchschnittliche Rentabilität langfristig angemessen ist und daß das Unternehmen ausreichend diversifiziert ist, um Abweichungen vom erwarteten Mittelwert sicher auffangen zu können (Nutzung großer attraktiver Chancen und Minimierung katastrophenähnlicher Rückschläge). Strategien der internen Flexibilität erhöhen die strategische Bereitschaft, sie bilden somit die Grundlage einer schnellen Anpassung des Unternehmens an die veränderte Umweltsituation und sind Voraussetzung für externe Flexibilitäts-Strategien. Generell können Flexibilitäts-Strategien bereits geplant und implementiert werden, wenn schwache Signale für Bedrohungen oder Chancen und deren Ursachen bekannt sind, d. h. lange bevor Bedrohungen konkret werden (vgl. Ansoff 1976: 139). Flexibilitäts-Strategien haben eher vorbeugenden Charakter, sie dienen der Erhöhung der Flexibilität des Unternehmens und der langfristigen Risikostreuung, sie schaffen dadurch ein größeres Potential für die Zukunft des Unternehmens. Stärker bezogen auf die wahrgenommene Bedrohung oder Chance sind die direkten Reaktionsstrategien, mit denen unmittelbar auf festgestellte Bedrohungen oder Chancen reagiert wird. Bei externen Aktionen wählt das Unternehmen in einem Dreierschritt die Angriffsstrategie aus, setzt sie in Pläne und Programme um und realisiert diese kurzfristig. Einige der konkreten Handlungsalternativen (z. B. Betreten neuer Märkte) sind in Abbildung 82 angeführt. Die Strategie der internen Bereitschaft dient der Anpassung der Leistungspotentiale und der Ressourcen des Unternehmens an die Erfordernisse der konkreten Bedrohung oder Chance. Ergebnis dieser unternehmensinternen Bereitschaft ist die Fähigkeit zu externem Handeln, d. h. Aufgabe der strategischen Planung ist es, konkrete strategische Schritte zu planen, um auf direkte externe Aktionen vorbereitet zu sein. Mit solchermaßen abgestuften Reaktionsstrategien kann also bereits in den Frühstadien einer sich abzeichnenden Strukturveränderung, wo nur vage Informationen vorliegen, mit relativ allgemein gehaltenen Maßnahmen begonnen werden, um dann mit zunehmender Klarheit über die Umweltveränderung immer gezieltere Planungen und Vorbereitungen folgen zu lassen, bis schließlich bei konkreten Informationen das endgültige Handlungsprogramm gestartet werden kann. Auf diese Weise ist das Unternehmen frühzeitig auf eventuelle Diskontinuitäten vorbereitet, was zu einer entscheidenden Verkürzung der Reaktionszeit führt und zum

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Prognose und strategische Frühaufklärung

anderen die Auswirkungen von Bedrohungen vermindert bzw. das Ausnutzen von Chancen erst ermöglicht. Für die strategische Planung leitet sich daraus die Konsequenz ab, daß die Planung nicht nur auf eine (wahrscheinlichste bzw. günstigste) Umweltentwicklung ausgerichtet wird, sondern daß in die Planüberlegungen explizit unterschiedliche Umweltbedingungen einbezogen werden (Kontingenz- bzw. Eventualplanung). Dies äußert sich in der Verwendung spezifischer Plantypen: Alternativpläne, Eventualpläne, flexible Strategien, Krisenpläne (die Strukturierung und Begriffswahl für die unterschiedlichen Plantypen wird in der Literatur nicht einheitlich gesehen; vgl. hierzu und zu der hier verwendeten Strukturierung Mössner 1982: 263). Die Alternativplanung geht von unterschiedlichen Umweltentwicklungen aus und entwirft für jede dieser Entwicklungen einen entsprechenden Alternativplan. Ein geeignetes Hilfsmittel zur Entwicklung von Alternativplänen ist die Szenariotechnik, die alternative Umweltkonstellationen beschreibt. Alternativpläne erlauben eine rasche und gezielte Umstellung der Planung, wenn erkennbar wird, daß die tatsächliche Entwicklung in eine andere als die primär erwartete Richtung geht. Eventualpläne (i. e. S.) beziehen sich weniger auf längerfristige alternative Umweltentwicklungen, sondern auf eindeutig abgrenzbare künftige Situationen (Eventualfälle), deren Eintreten ungewiß ist, die aber vom Management für relevant und wichtig genug erachtet werden, um sich gezielt darauf vorzubereiten. Das Inkrafttreten der Eventualpläne wird vom Eintritt bestimmter auslösender Bedingungen abhängig gemacht, die als Bestandteil der Pläne zu definieren sind. Flexible Strategien sind eine Sonderform der Eventualplanung, bei der der Mehrwertigkeit der Zukunftserwartung nicht durch verschiedene Eventualpläne Rechnung getragen wird, sondern bei der die Mehrwertigkeit in einem Plan durch eine entsprechend flexible Gestaltung berücksichtigt wird. Die flexible Strategie wird nicht nur auf eine bestimmte Situation hin ausgelegt, vielmehr enthält sie von vornherein als Teil des Plans Anpassungsmöglichkeiten an verschiedene Zukunftsentwicklungen, die als bedingte Aktionsfolgen konzipiert werden. Flexible Strategien eignen sich ganz besonders zur Planung risikoreicher Teilstrategien, mit deren Durchführung meist auf einer noch relativ geringen Informationsbasis und bei entsprechend großen Unsicherheiten begonnen werden muß, bei denen aber im Zeitablauf mit dem Zugang wesentlicher Informationen gerechnet werden kann. Krisenpläne werden anders als Eventualpläne und flexible Strategien nicht im Rahmen der normalen Aktivitätenplanung eingesetzt, sondern, wie der Name sagt, außerhalb der Normalplanung zur Vorbereitung auf Krisenfälle. Krisenfälle müssen dabei, wiederum anders als Eventualfälle, sachlich und terminlich nicht so eindeutig definiert sein, sondern

4. Einbeziehung der strateg. Frühaufklärung in die strateg. Planung

313

können relativ vage umschriebene Krisensituationen darstellen, deren Eintritt nicht sehr wahrscheinlich, deren Folgen für das Unternehmen aber katastrophal wären. (Zur detaillierten Darstellung und Diskussion der verschiedenen Gestaltung strategischer Pläne vgl. Mössner 1982:263 — 270; Kreikebaum/Suffel 1981: 85-87; Aghte 1976a:361; Krystek 1981: 212-216; Pümpin 1980: 64-65 sowie Müller 1982a:75 und die dort angegebene Literatur.) „Auf die schnellen Veränderungen der Umwelt und die daraus entspringenden größeren Risiken und Unsicherheiten kann es nur als Antwort geben: Eine Unternehmensplanung, die sich durch ein Höchstmaß an Flexibilität auszeichnet" (Agthe 1976a:361). Die Stärke eines Unternehmens wird in starkem Maße beeinflußt durch die Fähigkeit und den Willen der Führungskräfte, mit dem Wandel zu leben (vgl. Agthe 1976: 17). Die dynamische Entwicklung der Umwelt hat zu einer deutlichen Akzentverschiebung in der Planung geführt. Die neue Art von zukunftsweisender Planung sollte die für das Unternehmen relevanten Informationen aus der globalen und unternehmensspezifischen Umwelt im Planungsprozeß verarbeiten und dabei um ein frühzeitiges Erkennen von Bedrohungen und Risiken, aber auch von Gelegenheiten und Chancen bemüht sein. In einer sich schnell wandelnden Umwelt ist es nicht mehr möglich, lediglich von einer als wahrscheinlich erachteten Umweltentwicklung auszugehen, sondern alternative Umweltentwicklungen müssen berücksichtigt werden, damit ein Unternehmen in der Lage ist, sich kurzfristig auf veränderte Umweltbedingungen einzustellen. Werden die im Rahmen dieses Kapitels diskutierten Aspekte strategischer Frühaufklärung in strategischen Planungen berücksichtigt, dann hat ein Unternehmen größere Chancen, die Veränderungen einer dynamischen Umwelt zu bewältigen und auch mit Störereignissen fertig zu werden.

IV. Gesamtunternehmensbetrachtung und Portfolio-Management

Die Entwicklung einer erfolgreichen Strategie kann nur auf der Grundlage einer zukunftsorientierten strategischen Analyse erfolgen. Aufgabe der strategischen Analyse ist die systematische Suche und Diagnose von aktuellen und möglichen strategischen Problemen im Unternehmen selbst sowie in seiner vorhandenen und potentiellen Umwelt. Strategische Probleme können sowohl in der Umwelt in Form von Gefahren und Gelegenheiten auftreten als auch im Unternehmen, wo sie sich als Stärken und Schwächen manifestieren. Hieraus ergibt sich die Unterteilung in die Analyse der globalen Umwelt, die Branchenanalyse (mit den Teilen Markt-, Wettbewerbs- und Lieferantenanalyse), die Analyse regulativer Gruppen und die Unternehmensanalyse. Aufgabe der Umweltanalyse ist es, die Determinanten des Wettbewerbs und die sie treibenden Kräfte zu bestimmen. Es müssen die kritischen oder zentralen strategischen Erfolgsfaktoren bestimmt werden, von denen der Erfolg in einem bestimmten Markt oder einer bestimmten Branche heute und in Zukunft abhängt. Durch die Gegenüberstellung mit den Leistungspotentialen des Unternehmens können die unternehmensspezifischen Stärken und Schwächen ermittelt und die Chancen und Risiken der Branche abgeschätzt werden (vgl. hierzu Abb. 17 und 19, S. 64 und 74). Eine derart strukturierte Analyse vermag jedoch nicht zu klären, wie bei einer Vielzahl von Produkten klare Prioritäten im Hinblick auf die Verteilung knapper Ressourcen zu setzen sind. Hierzu ist eine gesamtunternehmensbezogene Betrachtung erforderlich, bei der die einzelnen Geschäftsbereiche des Unternehmens mit ihren Ertragsaussichten, Chancen und Risiken aus dem Gesamtzusammenhang des Unternehmens heraus beurteilt werden. Erst die Portfolio-Betrachtung ermöglicht es, die verschiedenen divergenten Geschäftsfelder des Unternehmens jeweils getrennt, ihrer Situation angemessen zu analysieren und strategisch zu planen und dennoch die Restriktionen des Gesamtunternehmens einzuhalten und die Chancen des Marktes zu nutzen (vgl. zur Idee des PortfolioManagements Gliederungspunkt I 2, S. 40). Portfolio-Management ist dabei eine Denkhaltung, die von einer konzeptionellen Gesamtsicht des Unternehmens ausgeht und auf dem Gedanken beruht, daß ein Unternehmen dann langfristig existenzfähig sein wird, wenn sein Portfolio von

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Gesamtunternehmensbetrachtung und Portfolio-Management

Geschäften sowohl in finanz- als auch in erfolgswirtschaftlicher Hinsicht ausgeglichen ist, d.h. Mittelbedarf und Mittelerzeugung müssen sich entsprechen, und eine Balance zwischen risikoreichen Geschäften mit sehr guten Zukunftsaussichten und risikoarmen Geschäften mit vielleicht nur begrenzten Zukunftsaussichten muß gegeben sein. In der Zwischenzeit wurde eine Vielzahl von Portfolio-Konzepten entwikkelt, von denen die Ansätze der Boston Consulting Group und von McKinsey mit Abstand die größte Bekanntheit und Verbreitung erlangt haben. Diese und andere Portfolio-Modelle sollen im folgenden dargestellt werden. Im Vordergrund der Betrachtung steht dabei, neben einer Überprüfung der theoretischen Fundierung dieser Konzepte, eine Herausarbeitung der Stärken und Schwächen der einzelnen Ansätze. Hierbei steht die Anwendbarkeit und Praktikabilität der entwickelten Vorgehensweisen und Methoden im Vordergrund. Verstärkt wird auch auf die vielfältigen Weiterentwicklungen der einzelnen Ansätze eingegangen. Zunächst ist es jedoch erforderlich, die Grundlagen dieser Konzepte darzustellen und einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

1. Grundlagen der Portfolio-Konzepte Wesentlichste Grundlagen der verschiedenen Portfolio-Konzepte sind: die Definition Strategischer Geschäftsfelder, das Erfahrungskurven-Konzept, die PIMS-Studie und das Produktlebenszyklus-Konzept. Während Strategische Geschäftsfelder das Objekt der Analyse bilden, dienen die weiteren empirischen und theoretischen Konzepte der Beurteilung der Position dieser Geschäftsfelder. So greift beispielsweise das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group auf das Erfahrungskurven-Konzept und auf den Produkt- und Marktlebenszyklus, das Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolio von McKinsey auf die PIMS-Untersuchungen über Einflußgrößen auf den Return on Investment von Geschäftsfeldern zurück. Eine ausführliche Darstellung des Produktund Marktlebenszyklus-Konzepts erfolgte bereits innerhalb des Gliederungspunktes II 3.1 (S. 89), auf die weiteren Grundlagen der PortfolioKonzepte wird im folgenden näher eingegangen.

1.1 Definition Strategischer Geschäftsfelder Die Bildung Strategischer Geschäftsfelder soll es einem Unternehmen erlauben, die divergenten Marktaktivitäten im Rahmen einer Gesamt-

1. Grundlagen der Portfolio-Konzepte

317

Unternehmensbetrachtung aufeinander abzustimmen und zu planen. Allgemein formuliert entspricht ein Strategisches Geschäftsfeld einem möglichst isolierten Ausschnitt aus dem gesamten Betätigungsfeld des Unternehmens mit eigenen Ertragsaussichten, Chancen und Risiken, für den relativ unabhängig eigenständige Strategien entwickelt und realisiert werden können. (Für den Begriff „Strategisches Geschäftsfeld" finden sich in der Literatur auch die Begriffe „Strategische Geschäftseinheit", „Strategie Business Area" und „Strategie Business Unit". Die Begriffe werden jedoch weitgehend, so auch hier, synonym verwandt.) 1.1.1 Geschäftsfelder als Zusammenfassung von Produkt-MarktKombinationen Die Bildung Strategischer Geschäftsfelder ist eine wichtige Voraussetzung für eine gesamtunternehmensbezogene Analyse und die Anwendbarkeit von Portfolio-Modellen. Nur wenn es gelingt, Geschäftsfelder abzugrenzen, die sowohl den Bedingungen des Marktes als auch den Unternehmensgegebenheiten entsprechen, kann die Analyse zu richtigen Ergebnissen führen und die Entwicklung tragfähiger Strategien gelingen. So wesentlich auch die Notwendigkeit einer genauen Geschäftsfelddefinition ist, so wenig ausgeprägt sind jedoch die Systematisierungs- und Formulierungshilfen in der Literatur. So bezeichnet Hinterhuber (1980: 220) ein Strategisches Geschäftsfeld als „eine Kombination von Produkt/ Markt-Kombinationen, Produktlinien usw., die gemeinsam eine Funktion erfüllen, die sich klar von der anderer Produkt/Markt-Kombinationen abhebt; sie kann mit einem Unternehmungs- oder Geschäftsbereich, einem funktionsorientierten System von Produkt/Markt-Kombinationen usw. übereinstimmen, in dem die Unternehmung Wettbewerbsvorteile erzielen und ausnutzen kann; sie wird ohne Rücksicht auf bestehende Organisationseinheiten auf der Basis von Unterschieden zu den Konkurrenten definiert mit dem Ziel, die relative Gewinnspanne zu optimieren". In Abbildung 83 wurde der Inhalt dieser Definition graphisch umgesetzt, wobei das Kriterium „Markt" näher spezifiziert ist. Eine Produkt-MarktKombination besteht dementsprechend aus einer Produktkomponente und einer Marktkomponente, die durch verschiedene Abnehmergruppen, Absatzkanäle oder geographische Gebiete den spezifischen Markt kennzeichnet. Die Bildung Strategischer Geschäftsfelder besteht in einer Zusammenfassung derart differenziert definierter Produkt-Markt-Kombinationen (vgl. Dunst 1979: 59 und Ohmae 1977: 50-51). Eine solchermaßen strukturierte Geschäftsfeldbildung zeigt die enge Verknüpfung mit der Abgrenzung der Märkte des Unternehmens (zur Abgrenzung des relevanten Marktes vgl. Gliederungspunkt II 3.1.1.2, S. 96). Bei

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Gesamtunternehmensbetrachtung und Portfolio-Management

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Abb. 83 Die Zusammenfassung von Produkt-Markt-Kombinationen zu Strategischen Geschäftsfeldern Quelle: Hinterhuber 1980:220

der Abgrenzung des relevanten Marktes wurde darauf eingegangen, daß das Kriterium der Funktionserfüllung unterschieden werden muß nach der Art, wie die Funktion erfüllt wird und dem Nutzen, den ein Käufer mit dem Produkt verbindet. Gleichzeitig beinhaltet die Bestimmung der Abnehmerfunktion den Aspekt „Kunde", da die Funktionserfüllung immer kundenbezogen ist (vgl. Abell 1980: 170—172). Entsprechend wird der relevante Markt definiert als Funktionserfüllung mit Hilfe einer speziellen Technologie bei bestimmten Abnehmergruppen. Auch bei dem von Hinterhuber (1980: 220) in die Diskussion eingeführten Begriff „Produkt/MarktKombination" handelt es sich um den gleichen Sachverhalt. Das Produkt dient der Funktionserfüllung mit Hilfe einer speziellen Technologie; unter dem Kriterium „Markt" sind die verschiedenen Abnehmergruppen differenziert. Wenn Hinterhuber davon spricht, daß die Produkt-Markt-Kombinationen zu Strategischen Geschäftsfeldern zusammenzufassen sind, so unterstellt er implizit, daß es sich bei der jeweiligen Produkt-Markt-Kombination um die kleinste zu differenzierende Einheit handelt, d.h. zunächst muß eine weitgehende Aufsplitterung des Marktes in die verschiedenen Markt-

1. Grundlagen der Portfolio-Konzepte

319

Segmente erfolgen (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu Gliederungspunkt II 3.1.1.3,'S. 101). Die wesentliche Frage besteht entsprechend darin, welche Produkt-Markt-Kombinationen zu Strategischen Geschäftsfeldern zusammengefaßt werden; eine ähnliche Problemstellung wie bei der Frage, welche Marktsegmente als relevanter Markt anzusehen sind bzw. welche Segmente unter einer spezifischen Situation zu einem relevanten Markt zusammenzufassen sind. Bei dieser Entscheidung sind, wie bereits angeführt (vgl. Gliederungspunkt II 3.1.1.3, S. 101), folgende Kriterien zu berücksichtigen: deutliche Segmentunterschiede, Segmentabgrenzung der Wettbewerber, Größe des Segments, Dauerhaftigkeit der Segmentunterschiede und segmentspezifische Kosten. Da alle diese Aspekte bereits im Rahmen der Abgrenzung des Marktes ausführlich dargestellt und diskutiert wurden, braucht an dieser Stelle hierauf nicht näher eingegangen zu werden. Es wird aber deutlich, daß es sich bei der Bildung Strategischer Geschäftsfelder zunächst um den gleichen Sachverhalt handelt wie bei der Abgrenzung der relevanten Märkte des Unternehmens. Die Bildung Strategischer Geschäftsfelder hat daher bei den relevanten Märkten des Unternehmens und den jeweiligen Marktsegmenten anzusetzen. Hinzu kommen jedoch weitere Aspekte, die im folgenden diskutiert werden. In der Literatur zur strategischen Planung finden sich zahlreiche methodische Vorschläge, meist in der Form von Kriterienkatalogen, mit deren Hilfe eine Aufteilung der Unternehmensaktivitäten in Strategische Geschäftsfelder erreicht werden soll. In Abbildung 84 sind die von mehreren Autoren angeführten Kriterien aufgelistet. So unterschiedlich diese Kriterien auch sind, so beinhalten sie dennoch viele Gemeinsamkeiten. Vom Verfasser wurden daher diese Kriterien unter folgenden vier Aspekten subsummiert: — — — —

eigenständige Marktaufgaben, selbständige Managebarkeit und strategische Unabhängigkeit, Erreichbarkeit relativer Wettbewerbsvorteile, Stabilität der Abgrenzung.

Insbesondere die unter dem Aspekt „eigenständige Marktaufgabe" angeführten Kriterien „eindeutig definierbares und andauerndes Kundenproblem" und „unternehmensexterner Markt mit abgrenzbaren Abnehmerkreisen" beinhalten die angeführten Gesichtspunkte der Definition der Märkte des Unternehmens. Darüber hinaus ist es erforderlich, den Strategischen Geschäftsfeldern eine gewisse Stabilität zu verleihen, damit sich organisatorische Strukturen (Informationssysteme, Führungsstruktur) langfristig an ihnen orientieren können. Ein Aspekt, der auch bei der Definition der Märkte zum Tragen kommt. Während bei der Abgrenzung

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Hinterhuber 1980:223-22· und 1978:428

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