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German Pages 731 [732] Year 2019
Großkommentare der Praxis
I
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Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar | Großkommentar 13., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von Gabriele Cirener, Henning Radtke, Ruth Rissing-van Saan, Thomas Rönnau, Wilhelm Schluckebier
Sechster Band §§ 69 bis 79b
Bearbeiter: §§ 69–72: Brian Valerius §§ 73–76b: Kai Lohse §§ 77–79b: Annette Greger/Jochen Weingarten Sachregister: Christian Klie
III
ISBN 978-3-11-030031-4 e-ISBN (E-Book) 978-3-11-049130-2 e-ISBN (E-PUB) 978-3-11-048915-6 Library of Congress Control Number: 2018965043 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz/Datenkonvertierung: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
IV
Bearbeiterverzeichnis
Verzeichnis der Bearbeiter der 13. Auflage Bearbeiterverzeichnis Bearbeiterverzeichnis Gerhard Altvater, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof (Abteilungsleiter) a.D., Karlsruhe Dr. Christoph Barthe, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Alexander Baur, Juniorprofessor an der Universität Hamburg Dr. Christian Brand, Universität Konstanz Dr. Dominik Brodowski, LL.M., Juniorprofessor an der Universität des Saarlandes Dr. Christoph Burchard, LL.M., Universitätsprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Dr. Jens Bülte, Universitätsprofessor an der Universität Mannheim Gabriele Cirener, Richterin am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Christoph Coen, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Gerhard Dannecker, Universitätsprofessor an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Dr. Tobias Engelstätter, Oberstaatsanwalt am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Robert Esser, Universitätsprofessor an der Universität Passau Dr. Ferdinand Gillmeister, Rechtsanwalt, Freiburg Dr. Ingke Goeckenjan, Universitätsprofessorin an der Ruhr-Universität Bochum Dr. Luís Greco, LL.M., Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Anette Greger, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Andreas Grube, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Anette Grünewald, Universitätsprofessorin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Dr. Georg-Friedrich Güntge, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig, Honorarprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Dr. Michael Heghmanns, Universitätsprofessor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Universitätsprofessor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Dr. Tatjana Hörnle, Universitätsprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Kristian Hohn, Privatdozent an der Bucerius Law School Hamburg Dr. Jutta Hubrach, Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf Dr. Florian Jeßberger, Universitätsprofessor an der Universität Hamburg Dr. Johannes Koranyi, Richter am Landgericht Bonn Dr. Peter König, Richter am Bundesgerichtshof, Leipzig, Honorarprofessor an der Ludwig-MaximiliansUniversität München Dr. Ralf Krack, Universitätsprofessor an der Universität Osnabrück Juliane Krause, Leitende Oberstaatsanwältin bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg Dr. Dr. Matthias Krauß, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Christoph Krehl, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Dr. Matthias Krüger, Universitätsprofessor an der Universität München Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel, Universitätsprofessor an der Universität Augsburg Dr. Hans Kudlich, Universitätsprofessor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Dr. Michael Lindemann, Universitätsprofessor an der Universität Bielefeld Dr. Alexander Linke, Richter am Landgericht Köln Kai Lohse, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Manfred Möhrenschlager, Ministerialrat a.D., Bonn Dr. Andreas Mosbacher, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Svenja Münzner, Lehrbeauftragte an der Justius-Liebig-Universität Gießen Dr. Uwe Murmann, Universitätsprofessor an der Georg-August-Universität Göttingen Dr. Nina Nestler, Universitätsprofessorin an der Universität Bayreuth Dr. Jens Peglau, Richter am Oberlandesgericht, Hamm Dr. Andreas Popp, Universitätsprofessor an der Universität Konstanz Dr. Henning Radtke, Richter des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover Dr. Ruth Rissing-van Saan, Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe, Honorarprofessorin an der Ruhr-Universität Bochum Dr. Thomas Rönnau, Universitätsprofessor an der Bucerius Law School Hamburg Dr. Henning Rosenau, Universitätsprofessor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
V
Bearbeiterverzeichnis
Dr. h.c. Wilhelm Schluckebier, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., Karlsruhe Dr. Dr. h.c. Wilhelm Schmidt, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Dr. Ursula Schneider, Richterin am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Daniel Scholze, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Dres. h.c. Friedrich-Christian Schroeder, em. Universitätsprofessor an der Universität Regensburg Dr. Dr. h.c. mult. Bernd Schünemann, em. Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Jan C. Schuhr, Universitätsprofessor an der Universität Heidelberg Dr. Christoph Sowada, Universitätsprofessor an der Universität Greifswald Dr. Mark Steinsiek, Referat für Wettbewerbs- und Energiekartellrecht, Landeskartellbehörde, Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Hannover Dr. Brian Valerius, Universitätsprofessor an der Universität Bayreuth Dr. Torsten Verrel, Universitätsprofessor an der Universität Bonn Dr. Dr. Thomas Vormbaum, Universitätsprofessor an der Fern-Universität Hagen Dr. Tonio Walter, Universitätsprofessor an der Universität Regensburg, Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Dr. Thomas Weigend, em. Universitätsprofessor an der Universität zu Köln Jochen Weingarten, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Lienhard Weiß, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Gerhard Werle, Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Stefan Wiedner, Richter am Oberlandesgericht Koblenz Dr. Gereon Wolters, Universitätsprofessor an der Ruhr-Universität Bochum Dr. Frank Zieschang, Universitätsprofessor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Georg Zimmermann, Richter am Landgericht Bielefeld
VI
Vorwort
Vorwort Vorwort Vorwort https://doi.org/10.1515/9783110491302-203 Das vorliegende Erläuterungswerk, das der Unterzeichner im Kreis der Herausgeber als Bandredakteur betreut hat, umfasst Neukommentierungen von Vorschriften des Allgemeinen Teils, die für die Praxis äußerst bedeutsam sind: aus dem Bereich der Rechtsfolgen der Tat, und hier aus dem Sechsten Titel über die Maßregeln der Besserung und Sicherung diejenigen zur Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69–69b), zum Berufsverbot (§ 70–70b) sowie zu gemeinsamen Bestimmungen des Maßregelrechts (§§ 71, 72). Diese Erläuterungen hat nunmehr Brian Valerius vollständig übernommen, der bereits an der 12. Auflage mitgewirkt hat. Von größter Relevanz ist auch die Kommentierung der grundlegend reformierten Vorschriften über die Einziehung (§§ 73–76b) von Kai Lohse. Mit dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl I Seite 872) ist das Einziehungsrecht neu gestaltet worden. Die Erläuterungen sind für das Verständnis und die Auslegung der neuen Bestimmungen und deren unionsrechtliche Einordnung richtungweisend. Im Abschnitt über „Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen“ (§§ 77–77e) sowie zu den Bestimmungen über die Verfolgungsverjährung (§ 78–78c) aus dem Ersten Titel des Fünften Abschnitts haben Anette Greger und Jochen Weingarten in Ko-Autorenschaft eine gründliche Überarbeitung vorgenommen. Damit hat es bei den in diesem Band behandelten Vorschriften einen fast kompletten Wechsel der Bearbeiter gegeben. Klaus Geppert, Eric Hilgendorf, Walter Hanack, Wilhelm Schmidt und Johann Schmid haben die Erläuterungen in die Hände jüngerer Strafrechtspraktiker übergeben. Brian Valerius als Hochschullehrer hat seine bisherige Beteiligung im Recht der Entziehung der Fahrerlaubnis ausgebaut und nun dieses gesamte Gebiet sowie weitere Bestimmungen aus dem Recht der Maßregeln übernommen. Der Dank des Verlags und der Herausgeber gilt den ausgeschiedenen Autoren, aber auch den neuen Bearbeitern: Diese haben mit großer Kraftanstrengung das Erscheinen eines weiteren Bandes der 13. Auflage auf der geplanten ehrgeizigen Zeitschiene ermöglicht. Für alle Bände der 13. Auflage, so auch Band 6, bleibt es bei dem Anspruch der erschöpfenden Darstellung der Entwicklung und des gegenwärtigen Standes von Rechtsprechung und Literatur. Die Nutzer erhalten einen tiefgehenden Einblick in alle Fragen, die sich bei Auslegung und Anwendung der Vorschriften stellen können, und Anregungen für ihre Beantwortung. Jeder Autor und jede Autorin trägt individuell die wissenschaftliche Verantwortung für die jeweiligen Erläuterungen. Der Band hat durchweg den Bearbeitungsstand von Juli 2019. Teils konnte auch noch spätere Rechtsprechung und Literatur berücksichtigt werden. Karlsruhe, im Oktober 2019
VII https://doi.org/10.1515/9783110491302-203
Wilhelm Schluckebier
Vorwort
VIII https://doi.org/10.1515/9783110491302-203
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht
Bearbeiterverzeichnis | V Vorwort | VII Abkürzungsverzeichnis | XI Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur | XXXV
Strafgesetzbuch ALLGEMEINER TEIL DRITTER ABSCHNITT Rechtsfolgen der Tat SECHSTER TITEL Maßregeln der Besserung und Sicherung – Entziehung der Fahrerlaubnis – § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis | 1 § 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis | 124 § 69b Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis | 176 – Berufsverbot – § 70 Anordnung des Berufsverbots | 200 § 70a Aussetzung des Berufsverbots | 237 § 70b Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots | 243 – Gemeinsame Vorschriften – § 71 Selbständige Anordnung | 252 § 72 Verbindung von Maßregeln | 257 SIEBENTER TITEL Einziehung Vorbemerkungen zu den §§ 73 bis 76b | 272 § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | 323 § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | 344 § 73b Einziehung von Taterträgen bei anderen | 361 § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen | 375 § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung | 383 § 73e Ausschluss der Einziehung des Tatvertrages oder des Wertersatzes | 395 § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern | 400 § 74a Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen | 421 § 74b Sicherungseinziehung | 431 § 74c Einziehung des Wertes von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern | 440 § 74d Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung | 449 § 74e Sondervorschrift für Organe und Vertreter | 459 IX
Inhaltsübersicht
§ 74f § 75 § 76 § 76a § 76b
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 466 Wirkung der Einziehung | 475 Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes | 481 Selbständige Einziehung | 485 Verjährung der Einziehung von Taterträgen und des Wertes von Taterträgen | 505
VIERTER ABSCHNITT Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Vorbemerkungen zu den §§ 77 bis 77e | 506 § 77 Antragsberechtigte | 518 § 77a Antrag des Dienstvorgesetzten | 544 § 77b Antragsfrist | 549 § 77c Wechselseitig begangene Taten | 555 § 77d Zurücknahme des Antrags | 558 § 77e Ermächtigung und Strafverlangen | 562 FÜNFTER ABSCHNITT Verjährung Vorbemerkungen | 564 ERSTER TITEL Verfolgungsverjährung § 78 Verjährungsfrist | 581 § 78a Beginn | 596 § 78b Ruhen | 612 § 78c Unterbrechung | 628 ZWEITER TITEL Vollstreckungsverjährung § 79 Verjährungsfrist | 650 § 79a Ruhen | 653 § 79b Verlängerung | 656 Sachregister | 659
X
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110491302-205 AA aA aaO AbfG AbfVerbrG Abg. AbgO abgedr. Abk. abl. ABl. AblEU AblKR Abs. Abschn. abw. AbwAG AcP AdVermiG AE a.E. AEUV ÄndG ÄndVO a.F. AFG AfP AG AGBG/AGB-Gesetz AHK AIDP AktG AktO allg. allg. M. Alt. aM A&M AMG amtl. Begr. and. Angekl. Anh. AnhRügG Anl. Anm.
Auswärtiges Amt anderer Ansicht am angegebenen Ort Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) Gesetz über die Überwachung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen (Abfallverbringungsgesetz) Abgeordneter Reichsabgabenordnung abgedruckt Abkommen ablehnend Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Union (ab 2003); Ausgabe C: Mitteilungen und Bekanntmachungen; Ausgabe L: Rechtsvorschriften Amtsblatt des Kontrollrats Absatz Abschnitt abweichend Abwasserabgabengesetz Archiv für civilistische Praxis (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über die Vermittlung der Annahme als Kind und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern (Adoptionsvermittlungsgesetz) Alternativ-Entwurf eines StGB, 1966 ff am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Änderungsgesetz Änderungsverordnung alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Archiv für Presserecht Amtsgericht; in Verbindung mit einem Gesetz: Ausführungsgesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Alliierte Hohe Kommission Association Internationale de Droit Pénal Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) Anweisung für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften (Aktenordnung) allgemein allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Arzneimittel und Recht (Zeitschrift für Arzneimittel und Arzneimittelpolitik) Arzneimittelgesetz amtliche Begründung anders Angeklagte(r) Anhang Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) Anlage Anmerkung
XI https://doi.org/10.1515/9783110491302-205
Abkürzungsverzeichnis
Annalen AnwBl. ao AO 1977 AöR AOStrÄndG AP AR ArchKrim. ArchPF ArchPR ArchPT ARSP Art. AT AtG/AtomG AÜG Auff. aufgehob. Aufl. Aufs. AuR ausdrückl. ausführl. AusfVO ausl. AuslG AusnVO ausschl. AV AVG AWG AWG/StÄG Az. b. BA BAG BAGE BAK BÄK BÄO BAnz. BauFordSiG BauGB BauR Bay. BayBS BayJagdG BayLSG BayObLG
Annalen des Reichsgerichts Anwaltsblatt außerordentlich Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts) Arztrecht Archiv für Kriminologie Archiv für das Post- und Fernmeldewesen Archiv für Presserecht Archiv für Post und Telekommunikation Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Artikel Allgemeiner Teil des Strafgesetzbuches Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auffassung aufgehoben Auflage Aufsatz Arbeit und Recht ausdrücklich ausführlich Ausführungsverordnung ausländisch Ausländergesetz Ausnahmeverordnung ausschließlich Allgemeine Verfügung Angestelltenversicherungsgesetz Außenwirtschaftsgesetz Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze Aktenzeichen bei Blutalkohol, Wissenschaftliche Zeitschrift für die medizinische und die juristische Praxis Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zit. nach Band u. Seite) Blutalkoholkonzentration Bundesärztekammer Bundesärzteordnung Bundesanzeiger Bauforderungssicherungsgesetz Baugesetzbuch Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht Bayern, bayerisch Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts (1802–1956) Bayerisches Jagdgesetz Bayerisches Landessozialgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht
XII
Abkürzungsverzeichnis
BayObLGSt BayPAG BayVBl. BayVerf. BayVerfGHE BayVerwBl. BayVGH BayVGHE
BayZ BB BBG Bbg BBodSchG Bd., Bde BDH BDO BDSG Bearb. BeckRS begl. BegleitG zum TKG Begr., begr. Bek. Bekl., bekl. Bem. ber. bes. Beschl. Beschw. Bespr. Best. BestechungsVO bestr. betr. BeurkG BewH BezG BFH BFHE BfJG BG BGB BGBl. I, II, III BGE BGH BGHGrS BGHR BGHSt BGHZ
XIII
Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Bayerisches Polizeiaufgabengesetz Bayerische Verwaltungsblätter Verfassung des Freistaates Bayern s. BayVGHE Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, des Bayerischen Dienststrafhofs und des Bayerischen Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (1905–1934) Betriebs-Berater Bundesbeamtengesetz Brandenburg Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz) Band, Bände Bundesdisziplinarhof Bundesdisziplinarordnung Bundesdatenschutzgesetz Bearbeitung Beck-Rechtsprechung beglaubigt Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz Begründung, begründet Bekanntmachung Beklagter, beklagt Bemerkung berichtigt besonders, besondere(r, s) Beschluss Beschwerde Besprechung Bestimmung Bestechungsverordnung bestritten betreffend Beurkundungsgesetz Bewährungshilfe Bezirksgericht Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Justiz = Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamtes für Justiz Bundesgericht (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I, II und III Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts (Amtliche Sammlung) Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof, Großer Senat BGH-Rechtsprechung Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
Abkürzungsverzeichnis
BG Pr. BilMoG BImSchG BImSchVO BinnSchiffG/BinSchG BiRiLiG BJagdG BJM BK BKA BKAG/BKrimAG Bln. Bln-Bbg. Bln.GVBl.Sb. BlStSozArbR Blutalkohol BMI BMJ BNatSchG BNotÄndG BNotO BPolG BR BRAGO BRAK BranntwMG/ BranntwMonG BRAO BRAOÄndG BRD BR-Drs./BRDrucks. BReg. Brem. BremPolG BRJ BRProt. BRRG BRStenBer. BS BSeuchG BSG BSGE BSHG Bsp. BStBl. BT
Die Praxis des Bundesgerichts (Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts) Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts Bundes-Immissionsschutzgesetz Bundes-Immissionsschutzverordnung Gesetz betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) Bilanzrichtlinien-Gesetz Bundesjagdgesetz Basler Juristische Mitteilungen Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch; auch: Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bundeskriminalamt Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) Berlin Berlin-Brandenburg Sammlung des bereinigten Berliner Landesrechts, Sonderband I (1806 –1945) und II (1945–1967) Blätter für Steuern, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Blutalkohol, Wissenschaftliche Zeitschrift für die medizinische und juristische Praxis Bundesminister(ium) des Inneren Bundesminister(ium) der Justiz Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) Drittes Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze Bundesnotarordnung Bundespolizeigesetz Bundesrat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltskammer Branntweinmonopolgesetz Bundesrechtsanwaltsordnung Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentrechtsanwaltsordnung und anderer Gesetze Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Bremen Bremisches Polizeigesetz Bonner Rechtsjournal Protokolle des Bundesrates Beamtenrechtsrahmengesetz Verhandlungen des Bundesrates, Stenographische Berichte (zit. nach Sitzung u. Seite) Sammlung des bereinigten Landesrechts Bundes-Seuchengesetz Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts (zit. nach Band u. Seite) Bundessozialhilfegesetz Beispiel Bundessteuerblatt Besonderer Teil des StGB; auch: Bundestag
XIV
Abkürzungsverzeichnis
BT-Drs./BTDrucks. BtMG BTProt. BTRAussch. BTStenBer.
bzw.
Bundestags-Drucksache Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des deutschen Bundestages, Stenographische Berichte (zit. nach Wahlperiode u. Seite) Verhandlungen des Deutschen Bundestages Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beitragsverfahrensverordnung (Bundes-)Verwaltungsverfahrensgesetz Baden-Württemberg bezüglich Bundeszentralregister Gesetz über das Bundeszentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz) beziehungsweise
ca. CCZ ChemG CR CWÜAG
circa Corporate Compliance Zeitschrift Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz) Computer und Recht AusführungsG zum Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ-AG)
DA DÄBl. dagg. DAR DAV DB DDevR DDR DDT-G DepotG ders./dies. dgl. DGVZ d.h. dies. Diff., diff. Diss. DJ DJT DJZ DMW DNA-AnalysG DNutzG DÖV DOGE DR
Deutschland Archiv Deutsches Ärzteblatt dagegen Deutsches Autorecht Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb Deutsche Devisen-Rundschau (1951–1959) Deutsche Demokratische Republik Gesetz über den Verkehr mit DDT Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) derselbe/dieselbe dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung das heißt dieselbe(n) Differenzierung, differenzierend Dissertation Deutsche Justiz, Rechtspflege und Rechtspolitik Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (1896–1936) Deutsche Medizinische Wochenschrift Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse Gesetz zur effektiven Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften Die Öffentliche Verwaltung Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Recht, Wochenausgabe (vereinigt mit Juristische Wochenschrift) (1931–1945)
BTVerh. Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BVV BVwVfG BW bzgl. BZR BZRG
XV
Abkürzungsverzeichnis
DRechtsw. DRiB DRiG DRiZ DRM DRpfl. Drs./Drucks. DRsp. DRZ DSB DStR DStrR DStrZ DStZ A dt. DtZ DuD DuR DV DVBl. DVJJ DVO DVollzO DVP DVR DWW DZWIR
Deutsche Rechtswissenschaft (1936 –1943) Deutscher Richterbund Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsches Recht, Monatsausgabe (vereinigt mit Deutsche Rechtspflege) Deutsche Rechtspflege (1936–1939) Drucksache Deutsche Rechtsprechung, hrsg. von Feuerhake (Loseblattsammlung) Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946–1950) Datenschutzberater Deutsches Strafrecht (1934–1944); jetzt: Deutsches Steuerrecht Deutsches Steuerrecht Deutsche Strafrechts-Zeitung (1914–1922) Deutsche Steuerzeitung, bis Jg. 67 (1979): Ausgabe A deutsch Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit Demokratie und Recht Datenverarbeitung; Der Verkehrsanwalt (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Deutsche Verwaltungspraxis Datenverarbeitung im Recht (bis 1985, danach vereinigt mit IuR) Deutsche Wohnungswirtschaft Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht
E E 1927
Entwurf; auch: Entscheidung Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches nebst Begründung (Reichstagsvorlage) 1927 Entwurf eines Strafgesetzbuches mit Begründung 1962 Entwurf einer Abgabenordnung electronic cash ebenda Einheitlicher Bewertungsmaßstab ebenso editor(s) Elektronische Datenverarbeitung Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) Entscheidungen der Finanzgerichte Einführungsgesetz bzw. Europäische Gemeinschaft(en) bzw. Erinnerungsgabe Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Gesetz zum Übereinkommen v. 26.8.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Ehrengerichtliche Entscheidungen der Ehrengerichtshöfe der Rechtsanwaltschaft des Bundesgebiets und des Landes Berlin Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
E 62 EAO ec ebd. EBM ebso. ed(s) EDV EEGOWiG EEGStGB EFG EG EGBGB EG-FinanzschutzG/ EGFinSchG EGGVG EGH/EhrenGHE EGInsO EGInsOÄndG EGKS EGMR EGOWiG
XVI
Abkürzungsverzeichnis
EGStGB EGStPO EGV EheG ehem. Einf. eingeh. einschl. einschr. Einl. EJF EKMR EmmingerVO EMRK entgg. Entsch. entspr. Entw. Erg. ErgBd. ErgThG Erl. Erw. ESchG EssGespr. EStG etc. Ethik Med. ETS EU EU-ABl EUBestG
EuCLR eucrim EuGH EuGHE EuGRZ EuHbG
EuR EurGHMR EurKomMR europ. EuropolG EUV EuZW EV
EV I bzw. II evtl.
XVII
Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Ehegesetz ehemalig Einführung eingehend einschließlich einschränkend Einleitung Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht (1951–1969) Europäische Kommission für Menschenrechte Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege Europäische Menschenrechtskonvention entgegen Entscheidung entsprechend Entwurf Ergebnis bzw. Ergänzung Ergänzungsband Ergotherapeutengesetz Erläuterung Erwiderung Embryonenschutzgesetz Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche Einkommensteuergesetz et cetera Ethik in der Medizin European Treaty Series Europäische Union Amtsblatt der Europäischen Union Gesetz zum Protokoll v. 27.9.1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EUBestechungsgesetz) European Criminal Law Review The European Criminal Law Associations’ Forum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – Amtliche Sammlung Europäische Grundrechte-Zeitschrift Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) Europarecht Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische Kommission für Menschenrechte europäisch Europol-Gesetz Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag Anlage I bzw. II zum EV eventuell
Abkürzungsverzeichnis
EWG EWGV EWIR EWiV EWR EzSt
f, ff FA FAG FamRZ FAO FAZ FD-StrafR Festschr. FG FGG FGO fin. FinDAG FinVerwG/FVG FlaggRG/FlRG FLF FlRV FMStG Fn. Forens Psychiatr Psychol Kriminol Fortschr Neurol Psychiat fragl. FS G bzw. Ges. G 10 GA GAA GBA GBG GBl. GbR geänd. GebFra GedS gem. Gemeinsame-DateienGesetz GenG GenStA
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Schriftenreihe zum europäischen Weinrecht; auch: Europäischer WirtschaftsRaum Entscheidungssammlung zum Straf- u. Ordnungswidrigkeitenrecht, hrsg. von Lemke folgende, fortfolgende Fachanwalt für Arbeitsrecht Gesetz über Fernmeldeanlagen Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung Frankfurter Allgemeine Zeitung Fachdienst Strafrecht Festschrift Finanzgericht; auch: Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung finanziell Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Gesetz über die Finanzverwaltung Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) Finanzierung, Leasing, Factoring Flaggenrechtsverordnung Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fußnote Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie Fortschritte der Neurologie. Psychiatrie fraglich Festschrift Gesetz Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) Goltdammer’s Archiv für Strafrecht, zit. nach Jahr u. Seite (bis 1933: Archiv für Strafrecht und Strafprozeß, zit. nach Band u. Seite) Geldausgabeautomat Generalbundesanwalt Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert Geburtshilfe und Frauenheilkunde Gedächtnisschrift gemäß Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Generalstaatsanwalt
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
GerS GeschlKG/GeschlkrG GeschO gesetzl. GesO GesR GesRZ GewArch GewO GewVerbrG gg. GG ggf. GjS/GjSM GKG GKÖD gl. GmbHG GmbHR/GmbH-Rdsch GMBl. GnO GOÄ GoB GoBi grdl. grds. GrS GrSSt GRUR GS GSNW GSSchlH GÜG GV GVBl. GVBl. I–III GVG GWB GwG
h.A. HaagLKO/HLKO HAG Halbs./Hbs. Hamb. HambJVBl HambSOG HannRpfl Hans.
XIX
Der Gerichtssaal Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Geschäftsordnung gesetzlich Gesamtvollstreckungsordnung Gesundheitsrecht (Zeitschrift für Arztrecht, Krankenrecht, Apotheken- und Arzneimittelrecht) Der Gesellschafter Gewerbearchiv, Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht Gewerbeordnung Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung gegen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte Gerichtskostengesetz Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht gleich Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (vorher: Rundschau für GmbH) Gemeinsames Ministerialblatt Gnadenordnung (Landesrecht) Gebührenordnung für Ärzte Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung grundlegend grundsätzlich Großer Senat Großer Senat in Strafsachen Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Der Gerichtssaal (zit. nach Band u. Seite); auch: Gedächtnisschrift Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen (1945–1956) Sammlung des schleswig-holsteinischen Landesrechts, 2 Bde (1963) Gesetz zur Überwachung des Verkehrs mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln mißbraucht werden können Gemeinsame Verfügung (mehrerer Ministerien) (auch: Grundlagenvertrag) Gesetz- und Verordnungsblatt Sammlung des bereinigten Hessischen Landesrechts Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) herrschende Ansicht Haager Abkommen betr. die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs Heimarbeitsgesetz Halbsatz Hamburg Hamburgisches Justizverwaltungsblatt Hamburger Sicherheits- und Ordnungsgesetz Hannoversche Rechtspflege Hanseatisch
Abkürzungsverzeichnis
HansGZ bzw. HGZ HansJVBl HansOLGSt HansRGZ HansRZ Hdb. HdbStR HeilPrG Hess. HessSOG HESt HFR HGB hins. Hinw. h.L. h.M. HöchstRR
HRR HRRS Hrsg. bzw. hrsg. h. Rspr. HWiStR
i. Allg. i. allg. S. i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.E./i. Erg. i.e.S. IGH i. gl. S. i. Grds. IHK i.H.v. ILC ILM IM IMT inl. insb./insbes. insges. InsO IntBestG inzw.
Hanseatische Gerichtszeitung (1889–1927) Hanseatisches Justizverwaltungsblatt (bis 1946/47) Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Strafsachen (1879–1932/33) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift (1928– 43), vorher: Hanseatische Rechtszeitschrift für Handel, Schiffahrt und Versicherung, Kolonial- und Auslandsbeziehungen sowie für Hansestädtisches Recht (1918–1927) Handbuch Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) Hessen Hessisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz Höchstrichterliche Entscheidungen, Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Strafsachen (1948– 49) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch hinsichtlich Hinweis herrschende Lehre herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Strafrechts, Beilage zur Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (1 zu Bd. 46, 2 zu Bd. 47, 3 zu Bd. 48) Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Herausgeber bzw. herausgegeben herrschende Rechtsprechung Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/Weinmann (Hrsg.) Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts im Allgemeinen im allgemeinen Sinne in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Ergebnis im engeren Sinne Internationaler Gerichtshof im gleichen Sinne im Grundsatz Industrie- und Handelskammer in Höhe von International Law Commission International Legal Materials Innenminister(ium) International Military Tribunal (Nürnberg) inländisch insbesondere insgesamt Insolvenzordnung Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung inzwischen
XX
Abkürzungsverzeichnis
IPBPR i.R.d. i.R.v. IStGH-Statut IStR i.S. i.S.d. i.S.e. IStGH i.S.v. i. techn. S. ITRB i.U. i. Üb. IuKDG IuR iuris iurisPR i.V.m. i.W. i.w.S. i.Z.m. JA JahrbÖR JahrbPostw. JA-R JAVollzO JBeitrO JBl. JBlRhPf. JBl Saar JbVerkR jew. JFGErg.
JGG JK JKomG JM JMBlNRW/JMBlNW JÖSchG JOR JöR JR JRE JSt JStGH JStGH-Statut 1. JuMoG
XXI
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte im Rahmen der/des im Rahmen von Internationaler Strafgerichtshof – Statut Internationales Strafrecht im Sinne im Sinne der/des im Sinne einer(s) (ständiger) Internationaler Strafgerichtshof (Den Haag) im Sinne von im technischen Sinne IT-Rechtsberater im Unterschied im Übrigen Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) Informatik und Recht Rechtsportal der iuris-GmbH iuris-Praxis-Report (Anmerkungen) in Verbindung mit im Wesentlichen im weiteren Sinne im Zusammenhang mit Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Jahrbuch des Postwesens (1937–1941/42) Juristische Arbeitsblätter – Rechtsprechung Jugendarrestvollzugsordnung Justizbeitreibungsordnung Justizblatt; auch: Juristische Blätter (Österreich) Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes Jahrbuch Verkehrsrecht jeweils Entscheidungen des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts München in Kosten-, Straf-, Miet- und Pachtschutzsachen (= Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts. ErgBd.) Jugendgerichtsgesetz Jura-Kartei Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz) Justizminister(ium) Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit Jahrbuch für Ostrecht Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristische Rundschau Jahrbuch für Recht und Ethik Journal für Strafrecht Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien – Statut Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz)
Abkürzungsverzeichnis
2. JuMoG JurA Jura JurBl./JBl. JurJahrb. JurPC JuS Justiz JuV JVA JVBl. JVKostO JVollz. JW JWG JZ JZ-GD
Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz) Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristische Blätter Juristen-Jahrbuch Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht Juristische Schulung, Zeitschrift für Studium und Ausbildung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums von Baden-Württemberg Justiz und Verwaltung Justizvollzugsanstalt Justizverwaltungsblatt Gesetz über Kosten im Bereich der Justizverwaltung Jugendstrafvollzugsordnung; s. auch JAVollzO Juristische Wochenschrift Jugendwohlfahrtsgesetz Juristenzeitung Juristenzeitung – Gesetzgebungsdienst
Kap. KastG/KastrG KE KFG Kfz. KG KGJ
Kapitel Gesetz über die freiwillige Kastration Kommissionsentwurf Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen Kraftfahrzeug Kammergericht bzw. Kommanditgesellschaft Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881–1922) Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts Kritische Justiz Kommunal-Kassen-Zeitschrift Konkursordnung (EU-)Kommission Gesetz zur Bekämpfung der Korruption
KindRG KJ KKZ KO KOM KorBekG/KorrBekG/ KorrBG K&R KRABl. KreditwesenG/KWG KRG KriegswaffKG/KWKG KrimAbh. KrimGwFr Kriminalistik KrimJournal KriPoZ krit. KritJ/Krit. Justiz KritV/KritVj KrW-/AbfG KTS KunstUrhG/KUrhG KuT KuV/k+v/K+V KWG
Kommunikation und Recht s. ABlKR Gesetz über das Kreditwesen Kontrollratsgesetz Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen Kriminalistische Abhandlungen, hrsg. von Exner Kriminologische Gegenwartsfragen (zit. nach Band u. Seite) Kriminalistik, Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis Kriminologisches Journal Kriminalpolitische Zeitschrift kritisch Kritische Justiz Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz) Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (jetzt: Zeitschrift für Insolvenzrecht) Kunsturhebergesetz Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kraftfahrt und Verkehrsrecht, Zeitschrift der Akademie für Verkehrswissenschaft, Hamburg s. KreditwesenG
XXII
Abkürzungsverzeichnis
LegPer. Lfg. LFGB LG lit. Lit. LKRZ LM LMBG
LPG LPK LRA LRE LS lt. LT Ltd. LuftSiG LuftVG LuftVO/LuftVVO LuftVZO LVerf. LVwG SH LZ m. m. Anm. Mat. m.a.W. m. Bespr. MdB MdL MDR MDStV MedR MedSach MEPolG MfS mit Nachw. MiStra missverst. Mitt. MittIKV MK m. krit. Anm. MMR MMW MoMiG
XXIII
Legislaturperiode Lieferung Lebens- und Futtermittelgesetzbuch Landgericht littera (Buchstabe) Literatur Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. v. Lindenmaier/Möhring u.a. (zit. nach Paragraph und Nummer) Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) Landespressegesetz Lehr- und Praxiskommentar Landratsamt Sammlung lebensmittelrechtlicher Entscheidungen Leitsatz laut Landtag Limited (Private company limited by shares) Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben (Luftsicherheitsgesetz) Luftverkehrgesetz Verordnung über den Luftverkehr Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung Landesverfassung Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907–1933) mit mit Anmerkung Materialien zur Strafrechtsreform (1954). Band I: Gutachten der Strafrechtslehrer. Band II: Rechtsvergleichende Arbeiten mit anderen Worten mit Besprechung Mitglied des Bundestages Mitglied des Landtages Monatsschrift für Deutsches Recht Staatsvertrag über Mediendienste Medizinrecht Der Medizinische Sachverständige Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes Ministerium für Staatssicherheit mit Nachweisen Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen missverständlich Mitteilung Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung (1889–1914; 1926–1933) Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch mit kritischer Anmerkung (von) MultiMedia und Recht Münchner Medizinische Wochenschrift Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
Abkürzungsverzeichnis
MRG MschrKrim./MonKrim. MschrKrimBiol/ MonKrimBiol. MschrKrimPsych/ MonKrimPsych. MStGO MV m.w.N. m. zust./abl. Anm.
Militärregierungsgesetz Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform Monatsschrift für Kriminalbiologie und Strafrechtsreform
Nachtr. Nachw. NATO-Truppenstatut/ NTS Nds. NdsRpfl./Nds.Rpfl NdsSOG NEhelG n.F. Niederschr./ Niederschriften Nieders.GVBl. (Sb. I, II)
Nachtrag Nachweis Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags v. 19.6.1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) Niedersachsen Niedersächsische Rechtspflege Niedersächsisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz Gesetz über die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder neue Fassung Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission
Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform (1904/05–1936) Militärstrafgerichtsordnung Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Nachweisen mit zustimmender/ablehnender Anmerkung
NStZ NStZ-RR NuR NVwZ NWB NWVBl NZA NZA-RR NZBau NZG NZI NZM NZS NZV NZWehrr/NZWehrR NZWiSt
Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Sonderband I und II, Sammlung des bereinigten niedersächsischen Rechts Neue Justiz Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Computerreport der Neuen Juristischen Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch Neue Kriminalpolitik Neues Polizei-Archiv Nummer(n) Nordrhein-Westfalen Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht, hrsg. von Rebmann, Dahs und Miebach Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ-Rechtsprechungs-Report Strafrecht Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht NZA-Rechtsprechungsreport Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Neue Zeitschrift für Wehrrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht
o. o.ä.
oben oder ähnlich
NJ NJOZ NJW NJW-CoR NJW-RR NK NKrimP NPA Nr.(n) NRW NStE
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
ob. dict. OBGer öffentl. OECD ÖJZ/ÖstJZ Öst OGH o.g. OG OGDDR OGH OGHBrZ OGHSt OHG OLG OLGSt OR o.R. OrgK OrgKG OrgKVerbG OVG OWiG PartG PartGG PatG PAuswG PersV PflanzenSchG/PflSchG PharmR PHI PIF PIN PlProt. PolG polit. Polizei PolV/PolVO PostG PostO Pr. PrG PrGS ProdSG Prot. Prot. BT-RA Pr. OT PrOVG PrPVG
XXV
obiter dictum Obergericht (Schweizer Kantone) öffentlich Organisation for Economic Cooperation and Development Österreichische Juristenzeitung Österreichischer Oberster Gerichtshof; ohne Zusatz: Entscheidung des Öst OGH in Strafsachen (zit. nach Band und Seite) oben genannt Oberstes Gericht der DDR Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR Oberster Gerichtshof (Österreich) Oberster Gerichtshof für die Britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Strafsachen (1949/50) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- u. Strafverfahrensrecht (zit. nach Paragraph u. Seite, n.F. nach Paragraph u. Nummer) Obligationenrecht (Schweiz) ohne Rechnung Organisierte Kriminalität Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Gesetz über Personalausweise Die Personalverwaltung Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) PharmaRecht Produkthaftpflicht International Protection des Intérêts Financiers (EU) Personal Identification Number Plenarprotokoll Polizeigesetz politisch Die Polizei (seit 1955: Die Polizei – Polizeipraxis) Polizeiverordnung Gesetz über das Postwesen (Postgesetz) Postordnung Preußen Pressegesetz Preußische Gesetzessammlung (1810–1945) Produktsicherheitsgesetz Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform Protokolle des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (zit. nach Nummern) Preußisches Obertribunal Preußisches Oberverwaltungsgericht Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz
Abkürzungsverzeichnis
PrZeugnVerwG
PTV PVT
Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk Personenstandsgesetz Praxis Steuerstrafrecht psychisch Gesetz über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PsychotherapeutenG) Polizei, Technik, Verkehr Polizei, Verkehr und Technik
qualif.
qualifizierend
R RabgO/RAO RAussch. RBerG RdA RdErl. RdJB RdK
Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen (zit. nach Band u. Seite) Reichsabgabenordnung Rechtsausschuss Gesetz zur Verhütung von Mißbrauch auf dem Gebiet der Rechtsberatung Recht der Arbeit Runderlass Recht der Jugend und des Bildungswesens Das Recht des Kraftfahrers, Unabhängige Monatsschrift des Kraftverkehrsrechts (1926– 43, 1949–55) Randnummer Rundschreiben Entscheidungen des Reichsdienststrafhofs (1939– 41) Reichsdienststrafordnung Recht der Datenverarbeitung Das Recht, begründet von Soergel (1897–1944) Rechtsmedizin rechtspolitisch Rechtstheorie rechtsvergleichend Referentenentwurf Regierung Regierungsblatt relativ Rundfunkstaatsvertrag Reichsgericht Reichsgesetzblatt, von 1922–1945 Teil I und Teil II Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen (1879–1888) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rechnungshofgesetz Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen Rheinland-Pfalz Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts – Richtlinien gem. § 177 Abs. 2 Satz 2 BRAO Revue internationale de droit pénal Richtlinien der Landesjustizverwaltungen zum Jugendgerichtsgesetz Gemeinsame Anordnung über die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und über die Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
PStG PStR psych. PsychThG
Rdn. Rdschr./RdSchr. RDStH RDStO RDV Recht RechtsM rechtspol. RechtsTh rechtsvergl. RefE Reg. RegBl. rel. RfStV RG RGBl., RGBl. I, II RGRspr. RGSt RGZ RHG RHilfeG/RHG RhPf. RiAA RIDP RiJGG RiOWiG
RiStBV RiVASt
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
RIW RJagdG RKG/RKnappschG RKGE RMBl. RMG/RMilGE RöntgVO/RöV ROW R&P Rpfleger RpflG RPostG Rspr. RStGB RStGH RStGH-Statut RT RTDrucks. RTVerh. RuP RVG RVO s. S. s.a. SA SaAnh. SaarPolG SaarRZ SaBremR SächsArch. SächsOLG SächsPolG Sarl SchAZtg ScheckG/SchG SchiedsmZ SchKG SchlH SchlHA Schriften der MGH SchwangUG SchwarzArbG schweiz. SchwJZ SchwZStr. SeeArbG SeemannsG SeeRÜbk./SRÜ Sen. SeuffBl.
XXVII
Recht der Internationalen Wirtschaft Reichsjagdgesetz Reichsknappschaftsgesetz Entscheidungen des Reichskriegsgerichts Reichsministerialblatt, Zentralblatt für das Deutsche Reich (1923– 45) Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts (zit. nach Band u. Seite) Röntgenverordnung Recht in Ost und West. Zeitschrift für Rechtsvergleichung und interzonale Rechtsprobleme Recht und Psychiatrie Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Reichspostgesetz Rechtsprechung Reichsstrafgesetzbuch Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda – Statut Reichstag Drucksachen des Reichstages Verhandlungen des Reichstages Recht und Politik. Vierteljahreshefte für Rechts- und Verwaltungspolitik Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Reichsversicherungsordnung siehe Seite oder Satz siehe auch Sonderausschuss für die Strafrechtsreform Sachsen-Anhalt Saarländisches Polizeigesetz Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Sammlung des bremischen Rechts (1964) Sächsisches Archiv für Rechtspflege, seit 1924 (bis 1941/42). Archiv für Rechtspflege in Sachsen, Thüringen und Anhalt Annalen des Sächsischen Oberlandesgerichts zu Dresden (1880–1920) Sächsisches Polizeigesetz Societé à responsabilité limitée Schiedsamts-Zeitung Scheckgesetz Schiedsmannszeitung (1926–1945), seit 1950 Der Schiedsmann Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz) Schleswig-Holstein Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schriften der Monumenta Germanicae historica (DDR-)Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz schweizerisch Schweizerische Juristen-Zeitung Schweizer Zeitschrift für Strafrecht Seearbeitsgesetz Seemannsgesetz Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen; Vertragsgesetz Senat Seufferts Blätter für Rechtsanwendung (1836–1913)
Abkürzungsverzeichnis
SexualdelikteBekG
Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten – Sexualdeliktebekämpfungsgesetz – SFHÄndG Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz SFHG Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) SG/SoldatG Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten SGB I, III, IV, V, VIII, X, XII: Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil III: Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung IV: Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung V: Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung VIII: Sozialgesetzbuch, Kinder- und Jugendhilfe X: Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehung zu Dritten XI: Soziale Pflegeversicherung SGb. Sozialgerichtsbarkeit SGG Sozialgerichtsgesetz SGV.NW Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblatts für das Land Nordrhein-Westfalen (Loseblattsammlung) SichVG Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung SJZ Süddeutsche Juristen-Zeitung (1946–50), dann Juristenzeitung SK Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch Slg. Sammlung der Rechtsprechung des EuGH s.o. siehe oben sog. sogenannt(e) Sonderausschuss Sonderausschuss des Bundestages für die Strafrechtsreform, Niederschriften zitiert nach Wahlperiode und Sitzung SortenSchG Gesetz über den Schutz von Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz) SozVers Die Sozialversicherung spez. speziell SprengG/SprengstoffG Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) SpuRT Zeitschrift für Sport und Recht SSt Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Strafsachen und Disziplinarangelegenheiten StA Staatsanwalt(schaft) StaatsGH Staatsgerichtshof StaatsschStrafsG Gesetz zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in StaatsschutzStrafsachen StÄG s. StRÄndG StAZ Das Standesamt. Zeitschrift für Standesamtswesen, Personenstandsrecht, Ehe- u. Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht StB Der Steuerberater StenB/StenBer Stenographischer Bericht StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozeßordnung str. streitig, strittig StrAbh. Strafrechtliche Abhandlungen StRÄndG Strafrechtsänderungsgesetz (1. vom 30.8.1951) 18. ~ Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität 27. ~ – Kinderpornographie 28. ~ – Abgeordnetenbestechung
XXVIII
Abkürzungsverzeichnis
StraffreiheitsG/StrFG StraFo strafr. StrafrAbh. StraßVerkSichG/ StrEG StREG StrlSchuV/StrlSchVO StRR StrRG st. Rspr. StS StuR StV/StrVert. StVE StVG StVGÄndG StVj/StVJ StVK StVO StVollstrO StVollzÄndG StVollzG StVollzK 1. StVRG 1. StVRErgG StVZO s.u. SubvG SV SVR TDG TerrorBekG TerrorBekErgG ThürPAG TierschG/TierschutzG Tit. TKG TPG TV Tz.
XXIX
31. ~ – Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität 37. ~ – §§ 180b, 181 StGB 40. ~ – Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen 41. ~ – Bekämpfung der Computerkriminalität 42. – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen Gesetz über Straffreiheit Strafverteidigerforum strafrechtlich Strafrechtliche Abhandlungen, hrsg. von Bennecke, dann von Beling, v. Lilienthal und Schoetensack 1. Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (Straßenverkehrssicherungsgesetz – StraßenVSichG) Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen Gesetz über ergänzende Maßnahmen zum 5. StrRG (Strafrechtsreformergänzungsgesetz) Strahlenschutzverordnung Strafrechtsreport Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. ~, 2. ~, … 6. ~) ständige Rechtsprechung Strafsenat Staat und Recht Strafverteidiger Straßenverkehrsentscheidungen, hrsg. von Cramer, Berz, Gontard, Loseblattsammlung (zit. nach Paragraph u. Nummer) Straßenverkehrsgesetz Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze Steuerliche Vierteljahresschrift Strafvollstreckungskammer Straßenverkehrsordnung Strafvollstreckungsordnung Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung – Strafvollzugsgesetz Blätter für Strafvollzugskunde (Beilage zur Zeitschrift „Der Vollzugsdienst“) Erstes Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts Erstes Gesetz zur Ergänzung des 1. StVRG Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung siehe unten Subventionsgesetz Sachverhalt Straßenverkehrsrecht (Zeitschrift) Gesetz über die Nutzung von Telediensten Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz) Thüringisches Polizeiaufgabengesetz Tierschutzgesetz Titel Telekommunikationsgesetz Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen – Transplantationsgesetz Truppenvertrag Textziffer, -zahl
Abkürzungsverzeichnis
u. u.a. u.ä. u.a.m. UdG Üb. Übereink./Übk. ÜbergangsAO ü. M. UFITA UG U-Haft UMAG umstr. UmwRG UNO UNTS unv. UPR UrhG UStG usw. UTR u.U. UVNVAG UWG UZwG UZwGBw
v. VAE VAG v.A.w. VBlBW VD VDA bzw. VDB VE VerbrBekG VerbringungsverbG VereinfVO
VereinhG
unten (auch: und) unter anderem (auch: andere) und ähnliche und anderes mehr Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Überblick; Übersicht Übereinkommen Übergangsanordnung überwiegende Meinung Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Unternehmergesellschaft Untersuchungshaft Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts umstritten Umweltrahmengesetz der DDR United Nations Organization (Vereinte Nationen) United Nations Treaty Series unveröffentlicht Umwelt- und Planungsrecht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Umsatzsteuergesetz und so weiter Umwelt- und Technikrecht, Schriftenreihe des Instituts für Umwelt- und Technikrecht der Universität Trier, hrsg. von Rüdiger Breuer u.a. unter Umständen Ausführungsgesetz v. 23.7.1998 (BGBl. I S. 1882) zu dem Vertrag v. 24.9.1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen – Zustimmungsgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen von, vom Verkehrsrechtliche Abhandlungen und Entscheidungen Versicherungsaufsichtsgesetz von Amts wegen Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verkehrsdienst Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Allgemeiner bzw. Besonderer Teil Vorentwurf Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote Vereinfachungsverordnung 1. ~, VO über Maßnahmen auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung und Rechtspflege 2. ~, VO zur weiteren Vereinfachung der Strafrechtspflege 3. ~, Dritte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege 4. ~, Vierte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts
XXX
Abkürzungsverzeichnis
VereinsG VerfGH VerglO Verh. VerjährG
VerkMitt/VerkMitt./VM VerkProspektG vermitt. VerpflG VerschG VersG VersR VerwArch. VG VGH vgl. Vhdlgen VJZ VN VN-Satzung VO VOBl. VOR Voraufl. Vorbem. VorE vorgen. VRR VRS VStGB VVDStRL VVG VwBlBW VwGO VwVfG VwVG VwZG WaffG/WaffenG Warn./WarnRspr WBl WDO WehrpflG WeimVerf./WV WeinG
XXXI
Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw. Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten 2. VerjährG, Gesetz zur Verlängerung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 27.9.1993 3. VerjährG, Gesetz zur weiteren Verlängerung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 22.12.1997 Verkehrsrechtliche Mitteilungen Wertpapiere-Verkaufsprospektgesetz vermittelnd Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) i.d.F. v. Art. 42 EGStGB Verschollenheitsgesetz Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche s. Verh. Zeitschrift für Vermögems- und Immobilienrecht Vereinte Nationen Satzung der Vereinten Nationen Verordnung Verordnungsblatt Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht Vorauflage Vorbemerkung Vorentwurf vorgenannt VerkehrsRechtsReport Verkehrsrechts-Sammlung, Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts Völkerstrafgesetzbuch Veröffentlichungen der Vereinigung deutscher Staatsrechtslehrer (zit. nach Heft u. Seite) Gesetz über den Versicherungsvertrag Verwaltungsblätter Baden-Württemberg Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Waffengesetz Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des RG, hrsg. von Warneyer (zit. nach Jahr und Nummer) Wirtschaftsrechtliche Blätter (Österreich) Wehrdisziplinarordnung Wehrpflichtgesetz Verfassung des Deutschen Reichs (sog. „Weimarer Verfassung“) Weingesetz
Abkürzungsverzeichnis
weitergeh. WHG WiB 1. WiKG 2. WiKG WissR WiStG wistra WiVerw WK WM w.N.b. WoÜbG WuM WPg WpHG WRP WStG WZG z. (Z) ZAG ZahlVGJG ZAkDR ZaöRV z.B. ZBB ZbernJV/ZBJV ZBl. f. Verk. Med. ZDG ZfB ZfBR Z. f. d. ges. Sachverst.wesen ZFIS ZfJ ZfL ZfRV ZfS/ZfSch ZfStrVo ZfW ZfWG ZfZ ZG ZGR ZHR Zif./Ziff.
weitergehend Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Wirtschaftsrechtliche Beratung 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Wissenschaftsrecht Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht; dann: Zeitschrift für Wirtschaftsund Steuerstrafrecht Wirtschaft und Verwaltung Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise bei Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) v. 24.6.2005 Wohnungswirtschaft und Mietrecht Die Wirtschaftsprüfung Gesetz über Wertpapierhandel Wettbewerb in Recht und Praxis Wehrstrafgesetz Warenzeichengesetz zur, zum Entscheidung in Zivilsachen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz Gesetz über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (1934–1944) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zentralblatt für Verkehrsmedizin, Verkehrspsychologie, Luft- und Raumfahrtmedizin Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz) Zeitschrift für Binnenschifffahrt und Wasserstraßen Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für das gesamte Sachverständigenwesen Zeitschrift für innere Sicherheit Zentralblatt für Jugendrecht Zeitschrift für Lebensrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, begr. v. Goldschmidt Ziffer(n)
XXXII
Abkürzungsverzeichnis
ZInsO ZIP ZIS zit. ZJS ZMR ZNER ZollG ZParl ZPO ZRP ZSchwR ZStW z.T. ZUM zusf. zust. ZustErgG
ZustG ZustVO zutr. z.V.b. ZVG ZVS zw. ZWehrR ZWH z.Z. ZZP
XXXIII
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik zitiert Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Neues Energierecht Zollgesetz Zeitschrift für Parlamentsfragen Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zum Teil Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht/Film und Recht zusammenfassend zustimmend Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Zuständigkeitsergänzungsgesetz) Zustimmungsgesetz Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften zutreffend zur Veröffentlichung bestimmt Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) Zeitschrift für Verkehrssicherheit zweifelhaft (auch: zweifelnd) Zeitschrift für Wehrrecht (1936/37–1944) Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen zur Zeit Zeitschrift für Zivilprozess
Abkürzungsverzeichnis
XXXIV
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur https://doi.org/10.1515/9783110491302-206 Das Schrifttum zum Kernstrafrecht sowie sämtliche strafrechtlich relevanten Festschriften und vergleichbare Werke finden sich unter 1. Es folgt in alphabetischer Reihenfolge das Schrifttum zum Nebenstrafrecht und zu nichtstrafrechtlichen Gebieten: 2. Betäubungsmittelstrafrecht, 3. Bürgerliches Recht einschließlich Versicherungsrecht, 4. DDR-Strafrecht, 5. Europäisches Recht, 6. Handelsrecht einschließlich Bilanz- und Gesellschaftsrecht, 7. Jugendstrafrecht, 8. Kriminologie, 9. Ordnungswidrigkeitenrecht, 10. Presserecht, 11. Rechtshilfe, 12. Rechtsmedizin und Medizinstrafrecht, 13. Strafprozess- und Strafvollzugsrecht, 14. Straßenverkehrsrecht, 15. Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht, 16. Wettbewerbs- und Kartellrecht, 17. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 18. Zivilprozess- und Insolvenzrecht, 19. Sonstiges (einschließlich Arbeits- und Sozialrecht, Völkerrecht und Waffenrecht). Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
1. Strafrecht (StGB) und Festschriften Zitier-Abk.
Werk
AK
Kommentar zum Strafgesetzbuch – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann, Bd. 1 (1990), Bd. 3 (1986) Internationales Strafrecht, 5. Aufl. (2018) AnwaltKommentar StGB, hrsg. v. Leipold/Tsambikakis/Zöller, 2. Aufl. (2015) Verfassung und Strafe (1998)
Ambos AnwK Appel Arzt/Weber/ Heinrich/Hilgendorf BT v. Bar Baumann Baumann/Weber/Mitsch/ Eisele BeckOK
Strafrecht, Besonderer Teil, Lehrbuch, 3. Aufl. (2015) Gesetz und Schuld im Strafrecht, 1. Bd. (1906), 2. Bd. (1907), 3. Bd. (1909) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. (1975)
Strafrecht, Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 12. Aufl. (2016) Beck’scher Online-Kommentar StGB, hrsg. v. von Heintschel-Heinegg, 42. Edition (2019) Beling Die Lehre vom Verbrechen (1906) Beulke-Symposion Strafverteidigung – Grundlagen und Stolpersteine, Symposion für Werner Beulke, hrsg. v. Engländer/Fahl/Satzger/Swoboda (2012) Binding, Grundriß Grundriß des Deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (1913) Binding, Handbuch Handbuch des Strafrechts (1885) Binding, Lehrbuch I, II Lehrbuch des gemeinen Deutschen Strafrechts, Besonderer Teil, 2. Aufl. Bd. 1 (1902), Bd. 2 (1904/05) Binding, Normen Die Normen und ihre Übertretung, 2. Aufl., 4 Bände (1890 –1919) BK Basler Kommentar Strafrecht I und II, hrsg. von Niggli/Wiprächtiger, 4. Aufl. (2018) (s. aber auch 15. Verfassungsrecht) Blei I, II Strafrecht I, Allgemeiner Teil, 18. Aufl. (1983); Strafrecht II, Besonderer Teil, 12. Aufl. (1983) Bochumer Erläuterungen Bochumer Erläuterungen zum 6. Strafrechtsreformgesetz, hrsg. v. Schlüchter (1998) Bockelmann BT 1, 2, 3 Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Vermögensdelikte, 2. Aufl. (1982); Bd. 2: Delikte gegen die Person (1977); Bd. 3: Ausgewählte Delikte gegen Rechtsgüter der Allgemeinheit (1980) Bockelmann/Volk Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (1987) Bringewat Grundbegriffe des Strafrechts, 3. Aufl. (2018) Bruns, Strafzumessungsrecht Strafzumessungsrecht: Gesamtdarstellung, 2. Aufl. (1974) Bruns/Güntge Das Recht der Strafzumessung, 3. Aufl. (2018) (vormals Bruns) Bruns, Reflexionen Neues Strafzumessungsrecht? „Reflexionen“ über eine geforderte Umgestaltung (1988) Burgstaller Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht (1974) Coimbra-Symposium s. Schünemann/de Figueiredo Dias Dahs Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. (2015)
XXXV https://doi.org/10.1515/9783110491302-206
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Dalcke/Fuhrmann/Schäfer Strafrecht und Strafverfahren, 37. Aufl. (1961) Dölling/Duttge/König/Rössner s. HK-GS Ebert Aktuelle Probleme der Strafrechtspflege: Beiträge anläßlich eines Symposiums zum 60. Geburtstag von E. W. Hanack, hrsg. v. Ebert (1991) Ebert AT Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (2001) Einführung 6. StrRG Einführung in das 6. Strafrechtsreformgesetz (1998) (bearb. v. Dencker u.a.) Eisele BT 1, BT 2 Strafrecht – Besonderer Teil I: Straftaten gegen die Person und die Allgemeinheit; Strafrecht – Besonderer Teil II: Eigentumsdelikte, Vermögensdelikte und Urkundendelikte 5. Aufl. (2019) Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblattausgabe, 224. Aufl. (2019 ff) Erinnerungsgabe Grünhut Erinnerungsgabe für Max Grünhut (1965) Eser et al., Rechtfertigung Rechtfertigung und Entschuldigung: rechtsvergleichende Perspektiven. und Entschuldigung I–IV Beiträge aus dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Bd. 1, hrsg. v. Eser/Fletcher (1987); Bd. 2, hrsg. v. Eser/ Fletcher (1988); Bd. 3: Deutsch-Italienisch-Portugiesisch-Spanisches Strafrechtskolloquium 1990 in Freiburg, hrsg. v. Eser/Perron (1991); Bd. 4: Ostasiatisch-Deutsches Strafrechtskolloquium 1993 in Tokio, hrsg. v. Eser/ Nishihara (1995) Festgabe BGH 25 25 Jahre Bundesgerichtshof Festgabe BGH 50 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Band IV: Straf- und Strafprozeßrecht (2000) Festgabe Frank Festgabe für Reinhard von Frank zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1930) Festgabe Graßhoff Der verfasste Rechtsstaat, Festgabe für Karin Graßhoff (1998) Festgabe Kern Festgabe für Eduard Kern zum 70. Geburtstag (1957) Festgabe Paulus Festgabe für Rainer Paulus zum 70. Geburtstag (2009) Festgabe Peters Wahrheit und Gerechtigkeit im Strafverfahren: Festgabe für Karl Peters aus Anlaß seines 80. Geburtstages (1984) Festgabe RG I–VI Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben: Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50-jährigen Bestehen des Reichsgerichts (1929) Festgabe Schultz Lebendiges Strafrecht: Festgabe zum 65. Geburtstag von Hans Schultz (1977) Festgabe Schweizer JT Festgabe zum Schweizerichen Juristentag (1963) Festschrift Achenbach Festschrift für Hans Achenbach zum 70. Geburtstag (2011) Festschrift Amelung Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts: Festschrift für Knut Amelung zum 70. Geburtstag (2009) Festschrift Androulakis Festschrift für Nikolaos Androulakis zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift Augsburg Recht in Europa: Festgabe zum 30-jährigen Bestehen der Juristischen Fakultät Augsburg (2002) Festschrift Baumann Festschrift für Jürgen Baumann zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift Bemmann Festschrift für Günter Bemmann zum 70. Geburtstag (1997) Festschrift Beulke Ein menschengerechtes Strafrecht als Lebensaufgabe – Festschrift für Werner Beulke zum 70. Geburtstag (2015) Festschrift BGH 50 Festschrift aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof (2000) Festschrift Blau Festschrift für Günter Blau zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift Bockelmann Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag (1979) Festschrift Böhm Festschrift für Alexander Böhm zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift Böttcher Festschrift für Reinhard Böttcher zum. 70 Geburtstag (2007) Festschrift Boujong Verantwortung und Gestaltung: Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift Brauneck Ehrengabe für Anne-Eva Brauneck (1999) Festschrift Bruns Festschrift für Hans-Jürgen Bruns zum 70. Geburtstag (1978) Festschrift Burgstaller Festschrift für Manfred Burgstaller zum 65. Geburtstag (2004) Festschrift v. Caemmerer Festschrift für Ernst von Caemmerer zum 70. Geburtstag (1978)
XXXVI
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Festschrift Celle I Festschrift Celle II Festschrift Dahs Festschrift Dencker Festschrift Diestelkamp Festschrift DJT Festschrift Dreher Festschrift Dünnebier Festschrift Eisenberg Festschrift Engisch Festschrift Ermacora Festschrift Eser Festschrift Europa-Institut Festschrift Fezer Festschrift Fiedler Festschrift Friebertshäuser Festschrift Frisch Festschrift Fuchs Festschrift GA Festschrift Gallas Festschrift von Gamm Festschrift Gauweiler Festschrift Geerds Festschrift Geilen Festschrift Geiß Festschrift Geppert Festschrift Germann Festschrift Gleispach Festschrift Göppinger Festschrift Gössel Festschrift Grünwald Festschrift Grützner
Festschrift Hamm Festschrift Hanack Festschrift Hanauer Festschrift Hassemer Festschrift Heidelberg
XXXVII
Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle: zum 250-jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle (1961) Festschrift zum 275-jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle (1986) Festschrift für Hans Dahs zum 70. Geburtstag (2005) Festschrift für Friedrich Dencker zum 70. Geburtstag (2012) Geschichte der Zentraljustiz in Mitteleuropa: Festschrift für Bernhard Diestelkamp zum 65. Geburtstag (1994) Hundert Jahre deutsches Rechtsleben: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860 –1960, 2 Bde. (1960) Festschrift für Eduard Dreher zum 70. Geburtstag (1977) Festschrift für Hans Dünnebier zum 75. Geburtstag (1982) Festschrift für Ulrich Eisenberg zum 70. Geburtstag (2009) Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag (1969) Fortschritt im Bewußtsein der Grund- und Menschenrechte: Festschrift für Felix Ermacora zum 65. Geburtstag (1988) Menschengerechtes Strafrecht: Festschrift für Albin Eser zum 70. Geburtstag (2005) Europäische Integration und Globalisierung, Festschrift zum 60-jährigen Bestehen des Europa-Instituts (2011) Festschrift für Gerhard Fezer zum 70. Geburtstag (2008) Verfassung – Völkerrecht – Kulturgüterschutz, Festschrift für Wilfried Fiedler zum 70. Geburtstag (2011) Festgabe für den Strafverteidiger Dr. Heino Friebertshäuser (1997) Grundlagen und Dogmatik des gesamten Strafrechtssystems – Festschrift für Wolfgang Frisch zum 70. Geburtstag (2013) Festschrift für Helmut Fuchs zum 65. Geburtstag (2014) 140 Jahre Goltdammer’s Archiv für Strafrecht: eine Würdigung zum 70. Geburtstag von Paul-Günter Pötz (1993) Festschrift für Wilhelm Gallas zum 70. Geburtstag (1973) Festschrift für Otto-Friedrich Frhr. von Gamm Recht und Politik: Festschrift für Peter Gauweiler zum 60. Geburtstag (2009) Kriminalistik und Strafrecht: Festschrift für Friedrich Geerds zum 70. Geburtstag (1995) Bochumer Beiträge zu aktuellen Strafrechtsthemen: Festschrift für Gerd Geilen zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Karlmann Geiß zum 65. Geburtstag (2000) Festschrift für Klaus Geppert zum 70. Geburtstag (2011) Rechtsfindung – Beiträge zur juristischen Methodenlehre: Festschrift für Oscar Adolf Germann zum 80. Geburtstag (1969) Gegenwartsfragen der Strafrechtswissenschaft: Festschrift zum 60. Geburtstag von Graf W. Gleispach (1936) (Nachdruck 1995) Kriminalität, Persönlichkeit, Lebensgeschichte und Verhalten: Festschrift für Hans Göppinger zum 70. Geburtstag (1990) Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift für Gerald Grünwald zum 70. Geburtstag (1999) Aktuelle Probleme des internationalen Strafrechts – Beiträge zur Gestaltung des internationalen und supranationalen Strafrechts: Heinrich Grützner zum 65. Geburtstag (1970) Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag (2008) Festschrift für Ernst-Walter Hanack zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Rudolf Hanauer aus Anlass seines 70. Geburtstages (1978) Festschrift für Winfried Hassemer zum 70. Geburtstag (2010) Richterliche Rechtsfortbildung: Festschrift der Juristischen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität Heidelberg (1986)
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Festschrift Heinitz Festschrift Heintschel-Heinegg Festschrit Heinz Festschrift Henkel Festschrift v. Hentig Festschrift Herzberg Festschrift Herzog Festschrift Heusinger Festschrift Hilger Festschrift Hirsch Festschrift Honig Festschrift Hruschka Festschrift Hubmann Festschrift Hübner Festschrift Jakobs Festschrift Jauch Festschrift Jescheck Festschrift Jung Festschrift JurGes. Berlin Festschrift Kaiser Festschrift Kargl Festschrift Arthur Kaufmann (1989) Festschrift Arthur Kaufmann (1993) Festschrift Kern Festschrift Kerner Festschrift Kirchberg Festschrift Kleinknecht Festschrift Klug Festschrift Koch Festschrift Kohlmann Festschrift Kohlrausch Festschrift Köln Festschrift Krause Festschrift Krey Festschrift Küper Festschrift Kühne Festschrift Lackner
Festschrift für Ernst Heinitz zum 70. Geburtstag (1972) Festschrift für Bernd von Heintschel-Heinegg zum 70. Geburtstag (2015) Festschrift für Wolfgang Heinz zum 70. Geburtstag (2012) Grundfragen der gesamten Strafrechtswissenschaft: Festschrift für Heinrich Henkel zum 70. Geburtstag (1974) Kriminologische Wegzeichen: Festschrift für Hans v. Hentig zum 80. Geburtstag (1967) Strafrecht zwischen System und Telos: Festschrift für Rolf Dietrich Herzberg zum 70. Geburtstag (2008) Staatsrecht und Politik: Festschrift für Roman Herzog zum 75. Geburtstag (2009) Ehrengabe für Bruno Heusinger (1968) Datenübermittlungen und Vorermittlungen: Festgabe für Hans Hilger (2003) Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Richard M. Honig zum 80. Geburtstag (1970) Jahrbuch für Recht und Ethik: Festschrift für Joachim Hruschka zum 70. Geburtstag (2006) Beiträge zum Schutz der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Leistung: Festschrift für Heinrich Hubmann zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Heinz Hübner zum 70. Geburtstag (1984) Festschrift für Günther Jakobs zum 70. Geburtstag (2007) Wie würden Sie entscheiden? Festschrift für Gerd Jauch zum 65. Geburtstag (1990) Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1985) Festschrift für Heike Jung zum 65. Geburtstag (2007) Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin (1984) Internationale Perspektiven in Kriminologie und Strafrecht: Festschrift für Günther Kaiser zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1998) Festschrift für Walter Kargl zum 70. Geburtstag (2015) Jenseits des Funktionalismus: Arthur Kaufmann zum 65. Geburtstag (1989) Strafgerechtigkeit: Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag (1993) Tübinger Festschrift für Eduard Kern (1968) Kriminologie – Kriminalpolitik – Strafrecht, Festschrift für Hans-Jürgen Kerner zum 70. Geburtstag (2013) Festschrift für Christian Kirchberg zum 70. Geburtstag (2017) Strafverfahren im Rechtsstaat: Festschrift für Theodor Kleinknecht zum 75. Geburtstag (1985) Festschrift für Ulrich Klug zum 70. Geburtstag, 2 Bde. (1983) Strafverteidigung und Strafprozeß: Festgabe für Ludwig Koch (1989) Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag (2003) Probleme der Strafrechtserneuerung: Eduard Kohlrausch zum 70. Geburtstage dargebracht (1944; Nachdruck 1978) Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln (1988) Recht und Kriminalität: Festschrift für Friedrich-Wilhelm Krause zum 70. Geburtstag (1990) Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift für Wilfried Küper zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift für Hans-Heiner Kühne zum 70. Geburtstag (2013) Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag (1987)
XXXVIII
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Festschrift Lampe
Jus humanum: Grundlagen des Rechts und Strafrechts, Festschrift für Ernst-Joachim Lampe zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift Lange Festschrift für Richard Lange zum 70. Geburtstag (1976) Festschrift Laufs Humaniora, Medizin – Recht – Geschichte: Festschrift für Adolf Laufs zum 70. Geburtstag (2006) Festschrift Leferenz Kriminologie – Psychiatrie – Strafrecht: Festschrift für Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag (1983) Festschrift Lenckner Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift Lüderssen Festschrift für Klaus Lüderssen zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift Maihofer Rechtsstaat und Menschenwürde: Festschrift für Werner Maihofer zum 70. Geburtstag (1988) Festschrift Maiwald Festschrift für Manfred Maiwald zum 75. Geburtstag (2011) Festschrift Mangakis Strafrecht – Freiheit – Rechtsstaat: Festschrift für Georgios Mangakis (1999) Festschrift Maurach Festschrift für Reinhart Maurach zum 70. Geburtstag (1972) Festschrift H. Mayer Beiträge zur gesamten Strafrechtswissenschaft: Festschrift für Hellmuth Mayer zum 70. Geburtstag (1966) Festschrift Mehle Festschrift für Volkmar Mehle zum 65. Geburtstag (2009) Festschrift Meyer-Goßner Festschrift für Lutz Meyer-Goßner zum 65. Geburtstag (2001) Festschrift Mezger Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag (1954) Festschrift Middendorff Festschrift für Wolf Middendorff zum 70. Geburtstag (1986) Festschrift Miyazawa Festschrift für Koichi Miyazawa: dem Wegbereiter des japanisch-deutschen Strafrechtsdiskurses (1995) Festschrift E. Müller (2003) Opuscula Honoraria, Egon Müller zum 65. Geburtstag (2003) Festschrift E. Müller (2008) Festschrift für Egon Müller zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Müller-Dietz (1998) Das Recht und die schönen Künste: Heinz Müller-Dietz zum 65. Geburtstag (1998) Festschrift Müller-Dietz (2001) Grundlagen staatlichen Strafens: Festschrift für Heinz-Müller-Dietz zum 70. Geburtstag (2001) Festschrift Nehm Strafrecht und Justizgewährung: Festschrift für Kay Nehm zum 65. Geburtstag (2006) Festschrift Neumann Rechtsstaatliches Strafrecht: Festschrift für Ulfrid Neumann zum 70. Geburtstag (2017) Festschrift Nishihara Festschrift für Haruo Nishihara zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift Nobbe Entwicklungslinien im Bank- und Kapitalmarktrecht: Festschrift für Gerd Nobbe zum 65. Geburtstag (2009) Festschrift Odersky Festschrift für Walter Odersky zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift Oehler Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift Otto Festschrift für Harro Otto zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift Paarhammer In mandatis meditari, Festschrift für Hans Paarhammer zum 65. Geburtstag (2012) Festschrift Paeffgen Strafe und Prozess im freiheitlichen Rechtsstaat – Festschrift für HansUllrich Paeffgen zum 70. Geburtstag (2015) Festschrift Pallin Strafrecht, Strafprozeßrecht und Kriminologie: Festschrift für Franz Pallin zum 80. Geburtstag (1989) Festschrift Partsch Des Menschen Recht zwischen Freiheit und Verantwortung: Festschrift für Karl Josef Partsch zum 75. Geburtstag (1989) Festschrift Peters Einheit und Vielfalt des Strafrechts: Festschrift für Karl Peters zum 70. Geburtstag (1974) Festschrift Ch. Pfeiffer Kriminologie ist Gesellschaftswissenschaft, Festschrift für Christian Pfeiffer zum 70. Geburtstag (2014) Festschrift Pfeiffer Strafrecht, Unternehmensrecht, Anwaltsrecht: Festschrift für Gerd Pfeiffer zum Abschied aus dem Amt als Präsident des Bundesgerichtshofes (1988) Festschrift Pfenniger Strafprozeß und Rechtsstaat: Festschrift zum 70. Geburtstag von H. F. Pfenniger (1976)
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Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Festschrift Platzgummer Festschrift Pötz Festschrift Puppe
Festschrift für Winfried Platzgummer zum 65. Geburtstag (1995) s. Festschrift GA Strafrechtswissenschaft als Analyse und Konstruktion: Festschrift für Ingeborg Puppe zum 70. Geburtstag (2011) Festschrift Rasch Die Sprache des Verbrechens – Wege zu einer klinischen Kriminologie: Festschrift für Wilfried Rasch (1993) Festschrift Rebmann Festschrift für Kurt Rebmann zum 65. Geburtstag (1989) Festschrift Reichsgericht Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50-jährigen Bestehen des Reichsgerichts, Bd. 5, Strafrecht und Strafprozeß (1929) Festschrift Reichsjustizamt Vom Reichsjustizamt zum Bundesministerium der Justiz, Festschrift zum 100-jährigen Gründungstag des Reichsjustizamtes am 1.1.1877 (1977) Festschrift Richterakademie Justiz und Recht: Festschrift aus Anlaß des 10-jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie in Trier (1983) Festschrift Rieß Festschrift für Peter Rieß zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift Richter Verstehen und Widerstehen: Festschrift für Christian Richter II zum 65. Geburtstag (2006) Festschrift Rissing-van Saan Festschrift für Ruth Rissing-van Saan zum 65. Geburtstag (2011) Festschrift Rittler Festschrift für Theodor Rittler zu seinem 80. Geburtstag (1957) Festschrift Rolinski Festschrift für Klaus Rolinski zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift Rosenfeld Festschrift für Ernst Heinrich Rosenfeld zu seinem 80. Geburtstag (1949) Festschrift Rössner Über allem: Menschlichkeit – Festschrift für Dieter Rössner zum 70. Geburtstag (2015) Festschrift Roxin (2001) Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag (2001) Festschrift Roxin (2011) Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag (2011) Festschrift Imme Roxin Festschrift für Imme Roxin zum 75. Geburtstag (2012) Festschrift Rudolphi Festschrift für Hans-Joachim Rudolphi zum 70. Geburtstag (2004) Festschrift Salger Straf- und Strafverfahrensrecht, Recht und Verkehr, Recht und Medizin: Festschrift für Hannskarl Salger zum Abschied aus dem Amt als Vizepräsident des Bundesgerichtshofes (1995) Festschrift Samson Recht – Wirtschaft – Strafe: Festschrift für Erich Samson zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift Sarstedt Festschrift für Werner Sarstedt zum 70. Geburtstag (1981) Festschrift Sauer Festschrift für Wilhelm Sauer zu seinem 70. Geburtstag (1949) Festschrift G. Schäfer NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift K. Schäfer Festschrift für Karl Schäfer zum 80. Geburtstag (1980) Festschrift Schaffstein Festschrift für Friedrich Schaffstein zum 70. Geburtstag (1975) Festschrift Schewe Medizinrecht – Psychopathologie – Rechtsmedizin: diesseits und jenseits der Grenzen von Recht und Medizin, Festschrift für Günter Schewe zum 60. Geburtstag (1991) Festschrift W. Schiller Festschrift für Wolf Schiller zum 65. Geburtstag (2014) Festschrift Schleswig-Holstein Strafverfolgung und Strafverzicht: Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Staatsanwaltschaft Schleswig-Holstein (1992) Festschrift Schlüchter Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit: kritische Studien aus vorwiegend straf(prozeß)rechtlicher Sicht zum 60. Geburtstag von Ellen Schlüchter (1998) Festschrift N. Schmid Wirtschaft und Strafrecht: Festschrift für Niklaus Schmid zum 65. Geburtstag (2001) Festschrift R. Schmid Recht, Justiz, Kritik: Festschrift für Richard Schmid zum 85. Geburtstag (1985) Festschrift Eb. Schmidt Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70. Geburtstag (1961) Festschrift Schmidt-Leichner Festschrift für Erich Schmidt-Leichner zum 65. Geburtstag (1977) Festschrift Schmitt Festschrift für Rudolf Schmitt zum 70. Geburtstag (1992)
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Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Festschrift Schneider
Kriminologie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert: Festschrift für Hans Joachim Schneider zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift Schöch Festschrift für Heinz Schöch zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift Schreiber Strafrecht, Biorecht, Rechtsphilosophie: Festschrift für Hans-Ludwig Schreiber zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift Schroeder Festschrift für Friedrich-Christian Schroeder zum 70. Geburtstag (2006) Festschrift Schüler-Springorum Festschrift für Horst Schüler-Springorum zum 65. Geburtstag (1993) Festschrift Schwind Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen: Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag (2006) Festschrift Schwinge Persönlichkeit in der Demokratie: Festschrift für Erich Schwinge zum 70. Geburtstag (1973) Festschrift Seebode Festschrift für Manfred Seebode zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Sendler Bürger-Richter-Staat: Festschrift für Horst Sendler zum Abschied aus seinem Amt (1991) Festschrift Spendel Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift Spinellis Die Strafrechtswissenschaft im 21. Jahrhundert: Festschrift für Dionysios Spinellis, 2 Bde. (2001) Festschrift Steinhilper Kriminologie und Medizinrecht: Festschrift für Gernot Steinhilper zum 70. Geburtstag (2013) Festschrift Stock Studien zur Strafrechtswissenschaft: Festschrift für Ulrich Stock zum 70. Geburtstag (1966) Festschrift Stöckel Strafrechtspraxis und Reform: Festschrift für Heinz Stöckel zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift Stree/Wessels Beiträge zur Rechtswissenschaft: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag (1993) Festschrift Stutte Jugendpsychiatrie und Recht: Festschrift für Hermann Stutte zum 70. Geburtstag (1979) Festschrift Tiedemann Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht: Dogmatik, Rechtsvergleich, Rechtstatsachen; Festschrift für Klaus Tiedemann zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Trechsel Strafrecht, Strafprozessrecht und Menschenrechte: Festschrift für Stefan Trechsel zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift Triffterer Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift Tröndle Festschrift für Herbert Tröndle zum 70. Geburtstag (1989) Festschrift Tübingen Tradition und Fortschritt im Recht: Festschrift gewidmet der Tübinger Juristenfakultät zu ihrem 500-jährigen Bestehen 1977 von ihren gegenwärtigen Mitgliedern (1977) Festschrift Venzlaff Forensische Psychiatrie – Entwicklungen und Perspektiven: Festschrift für Ulrich Venzlaff zum 85. Geburtstag (2006) Festschrift Volk In dubio pro libertate: Festschrift für Klaus Volk zum 65. Geburtstag (2009) Festschrift Vormbaum Strafrecht und Juristische Zeitgeschichte – Symposium anlässlich des 70. Geburtstages von Thomas Vormbaum Festschrift Waseda Recht in Ost und West: Festschrift zum 30-jährigen Jubiläum des Instituts für Rechtsvergleichung der Waseda-Universität (1988) Festschrift Wassermann Festschrift für Rudolf Wassermann zum 60. Geburtstag (1985) Festschrift v. Weber Festschrift für Hellmuth von Weber zum 70. Geburtstag (1963) Festschrift Weber Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag (2004) Festschrift Welzel Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag (1974) Festschrift Widmaier Strafverteidigung, Revision und die gesamten Strafrechtswissenschaften: Festschrift für Gunter Widmaier zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift Wolf Mensch und Recht: Festschrift für Erik Wolf zum 70. Geburtstag (1972) Festschrift Wolff Festschrift für E. A. Wolff zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift Wolter Festschrift für Jürgen Wolter zum 70. Geburtstag (2013) Festschrift Würtenberger Kultur, Kriminalität, Strafrecht: Festschrift für Thomas Würtenberger zum 70. Geburtstag (1977)
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Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Festschrift Würtenberger II Festschrift Würzburger Juristenfakultät Festschrift Zeidler Festschrift Zoll Festschrift Zweibrücken Fischer Forster/Joachim Frank Freiburg-Symposium Freund AT Frisch, Vorsatz und Risiko Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten Frister Gallas, Beiträge Gedächtnisschrift Delitala Gedächtnisschrift Armin Kaufmann Gedächtnisschrift H. Kaufmann Gedächtnisschrift Keller Gedächtnisschrift Meurer Gedächtnisschrift K. Meyer Gedächtnisschrift Noll Gedächtnisschrift H. Peters Gedächtnisschrift Radbruch Gedächtnisschrift Schlüchter Gedächtnisschrift Schröder Gedächtnisschrift Seebode Gedächtnisschrift Tjong Gedächtnisschrift Vogler Gedächtnisschrift Zipf Gimbernat et al.
Gössel I, II
Gössel/Dölling Gropp AT Gropp Sonderbeteiligungen Grundfragen Haft AT, BT II Haft/Hilgendorf BT I Hanack-Symposium
Verfassungsstaatlichkeit im Wandel, Festschrift für Thomas Würtenberger zum 70. Geburtstag (2013) Raum und Recht: Festschrift 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät (2002) Festschrift für Wolfgang Zeidler (1987) Rechtsstaat und Strafrecht: Festschrift für Andrzej Zoll zum 70. Geburtstag (2012) 175 Jahre Pfälzisches Oberlandesgericht: 1815 Appellationshof, Oberlandesgericht 1990 (1990) Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kurzkommentar, 63. Aufl. (2016) Alkohol und Schuldfähigkeit (1997) Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Einführungsgesetz, 18. Aufl. (1931) s. Tiedemann Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (2008) Vorsatz und Risiko: Grundfragen des tatbestandsmäßigen Verhaltens und des Vorsatzes (1983) Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs (1988) Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (2018) Beiträge zur Verbrechenslehre (1968) Gedächtnisschrift für (Studi in memoria di) Giacomo Delitala, 3 Bde. (1984) Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann (1989) Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann (1986) Gedächtnisschrift für Rolf Keller (2003) Gedächtnisschrift für Dieter Meurer (2002) Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer (1990) Gedächtnisschrift für Peter Noll (1984) Gedächtnisschrift für Hans Peters (1967) Gedächtnisschrift für Gustav Radbruch (1968) Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter (2002) Gedächtnisschrift für Horst Schröder (1978) Im Zweifel für die Freiheit: Gedächtnisschrift für Manfred Seebode (2015) Gedächtnisschrift für Zong Uk Tjong (1985) Gedächtnisschrift für Theo Vogler (2004) Gedächtnisschrift für Heinz Zipf (1999) Internationale Dogmatik der objektiven Zurechnung und der Unterlassungsdelikte: Spanisch-Deutsches Symposium zu Ehren von Claus Roxin, hrsg. v. Gimbernat et al. (1995) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Delikte gegen immaterielle Rechtsgüter des Individuums, 2. Aufl. (1999); Bd. 2: Straftaten gegen materielle Rechtsgüter des Individuums (1996) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 2. Aufl. (2004) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Auflage (2015) Deliktstypen mit Sonderbeteiligung (1992) Grundfragen des modernen Strafrechtssystems, hrsg. v. Schünemann (1984) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 9. Aufl. (2004); Besonderer Teil II, 8. Aufl. (2005) Strafrecht, Besonderer Teil I, 9. Aufl. (2009) s. Ebert
XLII
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Hefendehl
Hefendehl Kollektive Rechtsgüter Heghmanns BT Heinrich vHH v. Heintschel-Heinegg v. Hippel I, II HK-GS Hohmann/Sander Hruschka Jäger BT Jakobs AT Jescheck, Beiträge I, II
Jescheck/Weigend Joecks/Jäger Kienapfel AT Kienapfel/Höpfel/Kert Kienapfel, Urkunden Kindhäuser AT, BT I, II
Kindhäuser/Böse Kindhäuser LPK Kindhäuser, Gefährdung Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen Klesczewski AT, BT I/II/III
Empirische Erkenntnisse, dogmatische Fundamente und kriminalpolitischer Impetus. Symposium für Bernd Schünemann zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Hefendehl (2005) Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht (2002) Strafrecht für alle Semester, Besonderer Teil (2009) Strafrecht AT, 6. Aufl. (2019) Strafgesetzbuch, Kommentar, hrsg. v. von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl. (2018) s. vHH Deutsches Strafrecht, Bd. 1 (1925), Bd. 2 (1930) Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, Handkommentar, 4. Aufl. (2017) Strafrecht Besonderer Teil. BT I: Vermögensdelikte, 3. Aufl. (2011); BT II: Delikte gegen die Person und gegen die Allgemeinheit, 2. Aufl. (2011) Strafrecht nach logisch-analytischer Methode, 2. Aufl. (1988) Examens-Repetitorium Strafrecht Besonderer Teil, 9. Aufl. (2019) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1993) Strafrecht im Dienste der Gemeinschaft: ausgewählte Beiträge zur Strafrechtsreform, zur Strafrechtsvergleichung, zum internationalen Strafrecht, 1953–1979 (1980) (I); Beiträge zum Strafrecht 1980–1998 (1998) (II), jew. hrsg. v. Vogler Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (1996) Strafgesetzbuch, Studienkommentar, 12. Aufl. (2018) (vormals Joecks) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (1984) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 15. Aufl. (2016) Urkunden und andere Gewährschaftsträger im Strafrecht (1967) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (2017); Besonderer Teil I: Straftaten gegen Persönlichkeitsrechte, Staat und Gesellschaft, 8. Aufl. (2017); Besonderer Teil II: Straftaten gegen Vermögensrechte, 9. Aufl. (2016) Besonderer Teil II: Straftaten gegen Vermögensrechte, 10. Aufl. (2019) Strafgesetzbuch, Lehr- und Praxiskommentar, 7. Aufl. (2017) Gefährdung als Straftat (1989)
s. NK Strafrecht, Allgemeiner Teil (2017); Besonderer Teil I: Straftaten gegen die Person (2010); Besonderer Teil II: Vermögensdelikte (2011); Besonderer Teil III: Straftaten gegen Kollektivrechtsgüter (2012) Klesczewski BT Strafrecht Besonderer Teil – Lehrbuch zum Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland (2016) Köhler AT Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil (1997) Kohlrausch/Lange Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen, 43. Aufl. (1961) Krey/Esser Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil, 6. Aufl. (2016) Krey/Hellmann/Heinrich BT 1, 2 Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Besonderer Teil ohne Vermögensdelikte, 16. Aufl. (2015); Bd. 2: Vermögensdelikte, 17. Aufl. (2015) Kühl AT Strafrecht, Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (2017) Küper/Zopfs BT Strafrecht, Besonderer Teil, 10. Aufl. (2018) Küpper/Börner Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1: Delikte gegen Rechtsgüter der Person und Gemeinschaft, 4. Aufl. (2017) (vormals Küpper BT) Lackner/Kühl Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 29. Aufl. (2018) Leipold/Tsambikakis/Zöller s. AnwK v. Liszt, Aufsätze Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, 2 Bde. (1925) v. Liszt/Schmidt AT, BT Lehrbuch des deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 26. Aufl. (1932); Besonderer Teil, 25. Aufl. (1925)
XLIII
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
LK
Lutz Madrid-Symposium Manoledakis/Prittwitz Matheus Matt/Renzikowski Maurach AT, BT Maurach/Zipf/Jäger Maurach/Gössel/Zipf Maurach/Schroeder/ Maiwald I, II Maurach/Schroeder/ Maiwald/Hoyer/Momsen H. Mayer AT H. Mayer, Strafrecht H. Mayer, Studienbuch Mezger, Strafrecht Mitsch BT MK Naucke Niederschriften I–XIV Niethammer Niggli/Queloz NK Oehler v. Olshausen
Otto AT, BT Pfeiffer/Maul/Schulte Preisendanz Puppe Rengier AT, BT 1, 2
Riklin-Hurtado-Symposium Rostock-Symposium Roxin AT I, II
Roxin TuT
Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Aufl. hrsg. v. Laufhütte/ Rissing-van Saan/Tiedemann (2006 ff); 13. Aufl. hrsg. v. Cirener/Radtke/ Rissing-van Saan/Rönnau/Schluckebier (2019 ff) Strafrecht AT, 14. Aufl. (2019) s. Schünemann/Suárez Strafrechtsprobleme an der Jahrtausendwende: Deutsch-Griechisches Symposium in Rostock 1999, hrsg. v. Manoledakis/Prittwitz (2000) Strafrecht BT 2, 11 Aufl. (2019) Strafgesetzbuch, Kommentar (2013) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (1971); Besonderer Teil, 5. Aufl. (1969) mit Nachträgen von 1970/71 Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilbd. 1: Grundlehren des Strafrechts und Aufbau der Straftat, 9. Aufl. (2020) Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilbd. 2: Erscheinungsformen des Verbrechens und Rechtsfolgen der Tat, 8. Aufl. (2014) Strafrecht, Besonderer Teil, Teilbd. 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Vermögenswerte, 10. Aufl. (2009); Teilbd. 2: Straftaten gegen Gemeinschaftswerte, 10. Aufl. (2013) Strafrecht, Besonderer Teil, Teilbd. 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Vermögenswerte, 11. Aufl. (2019) Strafrecht, Allgemeiner Teil (1953) Das Strafrecht des deutschen Volkes (1936) Strafrecht, Allgemeiner Teil, Studienbuch (1967) Strafrecht, Lehrbuch, 3. Aufl. (1949) (ergänzt durch: Moderne Wege der Strafrechtsdogmatik [1950]) Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 2: Vermögensdelikte 3. Aufl. (2015) Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Joecks/Miebach, 2. Aufl. (2011–2015) Strafrecht, Eine Einführung, 11. Aufl. (2008) Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 14 Bde. (1956–1960) Lehrbuch des Besonderen Teils des Strafrechts (1950) Strafjustiz und Rechtsstaat: Symposium zum 60. Geburtstag von Franz Riklin und José Hurtado Pozo, hrsg. v. Niggli/Queloz (2003) Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen, 5. Aufl. (2017) Internationales Strafrecht, 2. Aufl. (1983) Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 12. Aufl. (§§ 1–246) bearb. von Freiesleben u.a. (1942 ff); sonst 11. Aufl. bearb. von Lorenz u.a. (1927) Grundkurs Strafrecht: Allgemeine Strafrechtslehre/Die einzelnen Delikte, jeweils 7. Aufl. (2005) Strafgesetzbuch, Kommentar an Hand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (1969) Strafgesetzbuch, Lehrkommentar, 30. Aufl. (1978) Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (2019) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. (2018); Besonderer Teil, Bd. 1: Vermögensdelikte, 21. Aufl. (2019); Bd. 2: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit, 20. Aufl. (2019) s. Niggli/Queloz s. Manoledakis/Prittwitz Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. 1: Grundlagen – Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4. Aufl. (2006); Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. 2: Besondere Erscheinungsformen der Straftat (2003) Täterschaft und Tatherrschaft, 10. Aufl. (2019)
XLIV
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Roxin/Stree/Zipf/Jung Roxin-Symposium Sack Safferling Satzger/Schluckebier/ Widmaier Sauer AT, BT
Einführung in das neue Strafrecht, 2. Aufl. (1975) s. Gimbernat Umweltschutz-Strafrecht, Erläuterung der Straf- und Bußgeldvorschriften, Loseblattausgabe, 43. Aufl. (2018) Internationales Strafrecht (2011)
s. SSW Allgemeine Strafrechtslehre, 3. Aufl. (1955); System des Strafrechts, Besonderer Teil (1954) Schäfer/v. Dohnanyi Die Strafgesetzgebung der Jahre 1931 bis 1935 (1936) (Nachtrag zur 18. Aufl. von Frank: das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich [1931]) Schmidt AT, BT I, II Strafrecht, Allgemeiner Teil, 20. Aufl. (2018); Besonderer Teil I und II jeweils 20. Aufl. (2018) Schmidt-Salzer Produkthaftung, Bd. 1: Strafrecht, 2. Aufl. (1988) Schmidhäuser Einführung in das Strafrecht, 2. Aufl. (1984) Schmidhäuser AT, BT, StuB Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1975); Besonderer Teil, 2. Aufl. (1983); Studienbuch: Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1984) Schöch Wiedergutmachung und Strafrecht: Symposium aus Anlaß des 80. Geburtstages von Friedrich Schaffstein, hrsg. v. Schöch (1987) Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, Kommentar, 30. Aufl. (2019) Schramm Internationales Strafrecht (2011) Schroth BT Strafrecht, Besonderer Teil, 5. Aufl. (2010) Schünemann/ Bausteine des Europäischen Strafrechts: Coimbra-Symposium für Claus, de Figueiredo Dias Roxin hrsg. v. Schünemann/de Figueiredo Dias (1995) Schünemann/Suárez Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts: Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann, hrsg. v. Schünemann/Suárez (1994) Sieber Verantwortlichkeit im Internet (1999) Sieber/Cornils Nationales Strafrecht in rechtsvergleichender Darstellung, hrsg. von Sieber/Cornils (2008 ff) SK Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, 9. Aufl. (2017) sLSK Systematischer Leitsatzkommentar zum Sanktionenrecht, hrsg. v. Horn, Loseblattausgabe (1983 ff) Sonnen Strafrecht Besonderer Teil (2005) SSW Strafgesetzbuch, Kommentar, hrsg. v. Satzger/Schluckebier/Widmaier, 4. Aufl. (2019) Stratenwerth/Kuhlen AT Strafrecht, Allgemeiner Teil – Die Straftat, 6. Aufl. (2011) Tendenzen der Kriminalpolitik Neuere Tendenzen der Kriminalpolitik, Beiträge zu einem deutschskandinavischen Strafrechtskolloquium, hrsg. v. Cornils/Eser (1987) Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union, Rechtsdogmatik – Rechtsvergleich – Rechtspolitik (Freiburg-Syposium), hrsg. v. Tiedemann (2002) Tiedemann, Anfängerübung Die Anfängerübung im Strafrecht, 4. Aufl. (1999) Tiedemann, Tatbestandsfunktionen Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht (1969) Tiedemann-Symposium s. Schünemann/Suárez Walter Der Kern des Strafrechts (2006) v. Weber Grundriß des deutschen Strafrechts, 2. Aufl. (1948) Welzel, Strafrecht Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl. (1969) Welzel, Strafrechtssystem Das neue Bild des Strafrechtssystems, 4. Aufl. (1961) Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht, Allgemeiner Teil, 48. Aufl. (2018) Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht, Besonderer Teil 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 42. Aufl. (2018) Wessels/Hillenkamp/Schuhr Strafrecht, Besonderer Teil 2: Straftaten gegen Vermögenswerte, 419. Aufl. (2018)
XLV
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
WK Wohlers Deliktstypen Wolters Zieschang AT Zieschang, Gefährdungsdelikte
Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch – StGB; hrsg. v. Höpfl/Ratz, Loseblatt, 2. Aufl. (1999 ff) Deliktstypen des Präventionsrechts – Zur Dogmatik „moderner“ Gefährdungsdelikte (2000) Das Unternehmensdelikt (2001) Strafrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (2017) Die Gefährdungsdelikte (1998)
2. Betäubungsmittelstrafrecht Franke/Wienroeder Joachimski/Haumer Körner/Patzak/Volkmer Webel Weber
Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, 5. Aufl. (2017) Betäubungsmittelgesetz (mit ergänzenden Bestimmungen), Kommentar, 7. Aufl. (2002) Betäubungsmittelgesetz, Kurzkommentar, 9. Aufl. (2019) Betäubungsmittelstrafrecht (2003) Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, 4. Aufl. (2013); 5. Aufl. (2017)
3. Bürgerliches Recht einschließlich Versicherungsrecht Bruck/Möller Erman Jauernig Larenz/Wolf MK-BGB
MK-VVG Palandt
Prütting/Wegen/Weinreich RGRK
HK-BGB
Soergel Staudinger Wolf/Neuner
Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 9. Aufl. (2008 ff) Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 15. Aufl. (2017) Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, 17. Aufl. (2018) s. Wolf/Neuner Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Auflage (ab 2011), hrsg. v. Säcker/Rixecker/Oetker; 7. Aufl. (ab 2015), hrsg. von Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg; 8. Aufl. (ab 2018) , hrsg. von Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, hrsg. v. Langheid/Wandt (2009); 2. Aufl. (2016) Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz (Auszug), Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Verbraucherkreditgesetz, Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, Kurzkommentar, 78. Aufl. (2019) BGB Kommentar, 14. Aufl. (2019) Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes (Reichsgerichtsrätekommentar), hrsg. v. Mitgliedern des Bundesgerichtshofes, 12. Aufl. (1975–1999) Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/Scheuch/Schreiber/SchulteNölke/Staudinger/Wiese, Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 10. Aufl. (2019) Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Aufl. (1999 ff) J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Aufl. Bearbeitungen (1993 ff) Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl. (2012); 11. Aufl. (2016)
4. DDR-Strafrecht StGB-Komm.-DDR StGB-Lehrb.-DDR AT, BT
Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar, 5. Aufl. (1987) Strafrecht der DDR, Lehrbuch: Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1976); Besonderer Teil (1981)
XLVI
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
StGB-Lehrb.-DDR 1988 StPO-Komm.-DDR StPO-Lehrb.-DDR
Strafrecht der DDR, Lehrbuch, Allgemeiner Teil (1988) Strafprozeßrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar, 3. Aufl. (1989) Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, 3. Aufl. (1987)
5. Europäisches Recht Bleckmann Geiger/Khan/Kotzur GKK GKN Grabitz/Hilf/Nettesheim Hailbronner/Klein/Magiera/ Müller-Graff HKMM
Europarecht, 6. Aufl. (1997) s. GKK EUV/AEUV, Kommentar, hrsg. v. Geiger/Khan/Kotzur, 6. Aufl. (2017) Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Loseblattausgabe, hrsg. v. Grabitz/Hilf/Nettesheim, 66. Aufl. (2019) s. GKN
s. HKMM Handkommentar zum Vertrag über die Europäische Union (EUV/EGV), hrsg. v. Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Loseblattausgabe (1991 ff) HdEuropR Handbuch des Europäischen Rechts, Loseblattausgabe, hrsg. v. Bieber/Ehlermann (1982 ff) Hecker Europäisches Strafrecht, 5. Aufl. (2015) Hobe Europarecht, 9. Aufl. (2017) IM EG Wettbewerbsrecht: Band 1. EU, 2 Teilbände., hrsg. v. Immenga/Mestmäcker, 6. Aufl. (2019) Immenga/Mestmäcker EG s. IM EG Satzger Internationales und Europäisches Strafrecht, 8. Aufl. (2018) Schwarze/Becker/Hatje/Schoo EU-Kommentar, hrsg. v. Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, 4. Aufl. (2019) (vormals Schwarze) Schweitzer/Hummer Europarecht, 6. Aufl. (2008) Sieber/Satzger/ s. SSvHH v.Heintschel-Heinegg SSvHH Europäisches Strafrecht, hrsg. v. Sieber/Satzger/v.Heintschel-Heinegg, 2. Aufl. (2014) Streinz Europarecht, 10. Aufl. (2016) 6. Handelsrecht einschließlich Bilanz- und Gesellschaftsrecht Baumbach/Hopt Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn Großfeld/Luttermann Hachenburg Heymann GK-AktG Hüffer/Koch MK HGB
Schmidt/Lutter Scholz Staub Ulmer/Habersack/Löbbe UHL
XLVII
Handelsgesetzbuch: HGB mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht, 38. Aufl. (2018) Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. (2019/20) Bilanzrecht, 5. Aufl. (2009) GmbHG, Kommentar, 8. Aufl. (1993 bis 1997) HGB, Kommentar, 3. Aufl. (2019/20) Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. hrsg. v. Hopt/Wiedemann (1992 ff); 5. Aufl. hrsg. v. Hirte/Mülbert/Roth (2015 ff) Aktiengesetz: AktG, Kommentar, 13. Aufl. (2018) (vormals Hüffer) Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, hrsg. v. K. Schmidt, 3. Aufl. (2010 ff); 4. Aufl. (2016 ff) AktG Kommentar in 2 Bänden, 3. Aufl. (2015) Kommentar zum GmbH-Gesetz in 3 Bänden, 11. Aufl. (2012 ff) Großkommentar zum HGB, 5. Aufl. (2008 ff) s. UHL GmbHG Großkommentar in 2 Bänden, 2. Aufl. hrsg. v. Ulmer/Habersack/ Löbbe (2016)
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
7. Jugendstrafrecht AK JGG Brunner Brunner/Dölling Böhm/Feuerhelm Diemer/Schatz/Sonnen Eisenberg JGG Laubenthal/Baier/Nestler Ostendorf JGG Schaffstein/Beulke/Swoboda Streng Walter/Neubacher
Kommentar zum Jugendgerichtsgesetz – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann (1987) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. (1991) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 13. Aufl. (2017) Einführung in das Jugendstrafrecht, 4. Aufl. (2004) Jugendgerichtsgesetz mit Jugendstrafvollzugsgesetzen, Kommentar, 7. Aufl. (2015) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 20. Aufl. (2018) Jugendstrafrecht, 3. Aufl. (2015) Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. (2016) Jugendstrafrecht, 15. Aufl. (2015) Jugendstrafrecht, 4. Aufl. (2016) Jugendkriminalität: eine systematische Darstellung, 4. Aufl. (2011)
8. Kriminologie Albrecht Dittmann/Jehle Eisenberg, Kriminologie Göppinger Göppinger/Bock HwbKrim
IntHdbKrim Kaiser/Schöch/Kinzig Kaiser, Einführung Meier Mezger, Kriminologie Schneider Schwind
Kriminologie, 4. Aufl. (2010) Kriminologie zwischen Grundlagenwissenschaften und Praxis, hrsg. v. Dittmann/Jehle (2003) Kriminologie, 7. Aufl. (2017) Kriminologie, 4. Aufl. (1980) Kriminologie, 6. Aufl. hrsg. v. Göppinger/Bock/Kröber et.al. (2008) Handwörterbuch der Kriminologie, hrsg. v. Sieverts/Schneider, Bd. 1–3, Ergänzungsband (4. Bd.), Nachtrags- und Registerband (5. Bd.), 2. Aufl. (1966 –1998) Internationales Handbuch der Kriminologie, hrsg. v. H.-J. Schneider, Bd 1 (2007); Bd 2 (2009) Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug, 8. Aufl. hrsg. v. Schöch/Kinzig (2015) Kriminologie: eine Einführung in die Grundlagen, 10. Aufl. (1997) Kriminologie, 5. Aufl. (2016) Kriminologie, Studienbuch (1951) Kriminologie, Lehrbuch, 3. Aufl. (1992) Kriminologie und Kriminalpolitik, 23. Aufl. (2016)
9. Ordnungswidrigkeitenrecht Bohnert/Krenberger/Krumm Bohnert/Bülte Göhler HK-OWiG KK-OWiG Krenberger/Krumm Mitsch, OWiG Rebmann/Roth/Hermann
s. Krenberger/Krumm Ordnungswidrigkeitenrecht, Grundriss für Praxis und Ausbildung, 5. Aufl. (2016) (vormals Bohnert) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kurzkommentar, 17. Aufl. (2017) Heidelberger Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz, hrsg. v. Lemke u.a., 2. Aufl. (2005) Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, hrsg. v. Senge, 5. Aufl. (2018) OWiG Ordnungswidrigkeitengesetz, Kommentar, 5. Aufl. (2018) (vormals Bohnert/Krenberger/Krumm) Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl. (2005) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kommentar, Loseblattausgabe (2002 ff)
XLVIII
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
10. Presserecht Groß Löffler Löffler HdB Ricker/Weberling Soehring/Hoene
Presserecht, 3. Aufl. (1999) Presserecht, Kommentar, 6. Aufl. (2015) s. Ricker/Weberling Handbuch des Presserechts, begr. v. Löffler, hrsg. v. Ricker/Weberling, 6. Aufl. (2012) Presserecht, 6. Aufl. (2019) (vormals Soehring)
11. Rechtshilfe Grützner/Pötz/Kreß Hackner/Lagodny/ Schomburg/Wolf Schomburg/Lagodny/ Gleß/Hackner Vogler/Wilkitzki
Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, Loseblattausgabe, 39. Aktualisierung, 2016 Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (2003) Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 6. Aufl. (2019) Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), Kommentar, Loseblattausgabe (1992 ff) als Sonderausgabe aus Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 2. Aufl. (1980 ff)
12. Rechtsmedizin und Medizinstrafrecht Foerster/Dreßing Forster Forster/Ropohl Frister/Lindemann/Peters HfPsych I, II
Laufs Laufs/Katzenmeier/Lipp Laufs/Kern Rieger Roxin/Schroth Spickhoff Ulsenheimer Wenzel
Psychiatrische Begutachtung, hrsg. v. Venzlaff/Foerster/Dreßing/ Habermeyer, 6. Aufl. (2015) Praxis der Rechtsmedizin (1986) Rechtsmedizin, 5. Aufl. (1989) Arztstrafrecht (2011) Handbuch der forensischen Psychiatrie, hrsg. v. Kröber/Dölling/Leygraf/ Saß, Bd. 1: Strafrechtliche Grundlagen der Gutachtenerstellung im Strafverfahren (2007); Bd. 2: Psychopathologische Grundlagen und Praxis der forensischen Psychiatrie im Strafrecht (2011); Bd. 3: Psychiatrische Kriminalprognose und Kriminaltherapie (2006); Bd. 4: Kriminologie und forensische Psychiatrie (2009); Bd. 5: Forensische Psychiatrie im Privatrecht und Öffentlichen Recht (2009) Fortpflanzungsmedizin und Arztrecht (1992) Arztrecht, hrsg. v. Katzenmeier/Lipp, 7. Aufl. (2015) Handbuch des Arztrechts, hrsg. v. Laufs/Kern, 5. Aufl. (2019) Lexikon des Arztrechts, hrsg. v. Rieger/Dahm/Steinhilper Loseblatt (2004) Handbuch des Medizinstrafrechts, hrsg. v. Roxin/Schroth, 4. Aufl. (2010) Medizinrecht, hrsg. v. Spickhoff, 3. Aufl. (2018) Arztstrafrecht in der Praxis, 5. Aufl. (2015) Medizinrecht, hrsg. v. Wenzel, 4. Aufl. (2019)
13. Strafprozess- und Strafvollzugsrecht AK-StPO
AK-StVollzG Arloth/Krä BeckOK-StPO Beulke/Swoboda Bringewat
XLIX
Kommentar zur Strafprozeßordnung – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann, Bd. 1 (1988), Bd. 2 Teilbd. 1 (1992), Bd. 2 Teilbd. 2 (1993), Bd. 3 (1996) Kommentar zum Strafvollzugsgesetz – Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Wassermann, 3. Aufl. (1990) Strafvollzugsgesetze, Kommentar, 4. Aufl. (2017) Beck’scher Online-Kommentar StPO, hrsg. v. Graf, 33. Edition (2019) Strafprozessrecht, 14. Aufl. (2018) (vormals Beulke) Strafvollstreckungsrecht: Kommentar zu den §§ 449–463d StPO (1993)
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Calliess/Müller-Dietz Eisenberg Hamm HK-StPO Isak/Wagner Joecks-StPO Kamann Kammeier/Pollähne Kissel/Mayer KK Kleinknecht/Meyer-Goßner KMR
Kramer Kühne Laubenthal/Nestler/ Neubacher/Verrel LNNV
s. Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel Beweisrecht der StPO, Spezialkommentar, 10. Aufl. (2017) Die Revision in Strafsachen, 7. Aufl. (2010) Heidelberger Kommentar zur Strafprozessordnung, hrsg. v. Gercke u.a., 6. Aufl. (2019) s. Röttle/Wagner Studienkommentar StPO, hrsg. v. Joecks/Jäger 5. Aufl. (2019) Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. (2008) Maßregelvollzugsrecht, Kommentar, 4. Aufl. (2018) Gerichtsverfassungsgesetz, 9. Aufl. (2018) Karlsruher Kommentar, Strafprozessordnung - GVG, EGGVG, EMRK, hrsg. v. Hannich, 8. Aufl. (2019) s. Meyer-Goßner/Schmitt Kleinknecht/Müller/Reitberger (Begr.), Kommentar zur Strafprozeßordnung, Loseblattausgabe, 8. Aufl. (1990 ff), ab 14. Lfg. hrsg. von v. Heintschel-Heinegg/Stöckel Grundlagen des Strafverfahrensrechts: Ermittlung und Verfahren, 8. Aufl. (2014) Strafprozessrecht (ehem. Strafprozeßlehre) 9. Aufl. (2015)
s. LNNV Strafvollzugsgesetz, Kurzkommentar, hrsg. v. Laubenthal/Nestler/ Neubacher/Verrel begr. und bis zur 11. Aufl. fortgeführt von Callies/MüllerDietz, 12. Aufl. (2015) LR Löwe-Rosenberg, Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz mit Nebengesetzen, Großkommentar, 26. Aufl. (2006 ff), 27. Aufl. (2016 ff) Marschner/Lesting/Stahmann Freiheitsentziehung und Unterbringung, 6. Aufl. (2019) (vormalsMarschner/Volckart/Lesting; Saage/Göppinger) Meyer-Goßner/Schmitt Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen, Kurzkommentar, 62. Aufl. (2019) vormals Kleinknecht/Meyer-Goßner Müller Beiträge zum Strafprozessrecht (2003) Peters Strafprozeß, Ein Lehrbuch, 4. Aufl. (1985) Pfeiffer Strafprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz, 6. Aufl. (2008) Pohlmann/Jabel/Wolf Strafvollstreckungsordnung, Kommentar, 9. Aufl. (2015) Putzke/Scheinfeld Strafprozessrecht, 7. Aufl. (2017) Röttle/Wagner Strafvollstreckung, 8. Aufl. (2009); (vormals Wetterich/Hamann; Isak/ Wagner) Roxin/Schünemann Strafverfahrensrecht, 29. Aufl. (2017) Roxin/Arzt/Tiedemann Strafrecht und Strafprozessrecht, 6. Auflage (2014) Saage/Göppinger s. Marschner/Volckart Sarstedt/Hamm s. Hamm Satzger/Schluckebier/ Widmaier s. SSW-StPO Schäfer, Strafverfahren Die Praxis des Strafverfahrens, 6. Aufl. (2000), 7. Aufl. (2018) Schäfer/Sander/ van Gemmeren Die Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl. (2017) Schätzler Handbuch des Gnadenrechts, 2. Aufl. (1992) Eb. Schmidt, Strafprozeßordnung, Lehrkommentar, Bd. 1: Die rechtstheoretischen und Lehrkommentar I–III die rechtspolitischen Grundlagen des Strafverfahrensrechts, 2. Aufl. (1964); Bd. 2: Erläuterungen zur Strafprozeßordnung und zum Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung (1957) (mit Nachtragsband 1 [1967] und 2 [1970]); Bd. 3: Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz und zum Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (1960) Schwind/Böhm/ Jehle/Laubenthal Strafvollzugsgesetz, Kommentar, 7. Auflage (2019)
L
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
SK-StPO SSW-StPO Ulrich Volckart/Grünebaum Volk/Engländer Walter, Strafvollzug
Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung mit GVG und EMRK, hrsg. v. Wolter, Loseblattausgabe (1986 ff, 5. Aufl. 2016 ff) Strafprozessordnung, Kommentar, hrsg. v. Satzger/Schluckebier/ Widmaier, 3. Aufl. (2018) Der gerichtliche Sachverständige, 13. Aufl. (2017), ehem. Jessnitzer/Ulrich Maßregelvollzug, 8. Aufl. (2015) Grundkurs StPO, 9. Aufl. (2018) Strafvollzug, 2. Aufl. (1999)
14. Straßenverkehrsrecht Bär/Hauser/Lehmpuhl Beck/Berr/Schäpe
Unfallflucht, Kommentar, Loseblattausgabe (1978 ff) OWi – Sachen im Straßenverkehrsrecht, 7. Aufl. (2017) (vormals Beck/ Berr) Berz/Burmann Handbuch des Straßenverkehrsrechts, hrsg. von Burmann/Heß, Loseblattausgabe, 39. Erg.-Lfg. (2019) Burmann/Heß u.a. Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 25. Aufl. (2018), hrsg. v. Burmann/ Heß/Hühnermann/Jahnke (vormals Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/ Janker; Jagow/Burmann/Heß) Cramer Straßenverkehrsrecht, Bd. 1: StVO, StGB, 2. Aufl. (1977) Full/Möhl/Rüth Straßenverkehrsrecht: Kommentar (1980) mit Nachtrag (1980/81) Haus/Krumm/Quarch Gesamtes Verkehrsrecht, hrsg. von Haus/Krumm/Quarch , 2. Aufl. (2017) Hentschel Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 10. Aufl. (2006) Hentschel/Born Trunkenheit im Straßenverkehr, 7. Aufl. (1996) Hentschel/König/Dauer s. HKD Hentschel/Krumm Fahrerlaubnis – Alkohol – Drogen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 7. Aufl. (2018) Himmelreich/Hentschel Fahrverbot, Führerscheinentzug; Bd. 1: Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 8. Aufl. (1995) Himmelreich/Staub/ Verkehrsunfallflucht: Verteidigerstrategien im Rahmen des § 142 StGB, Krumm/Nissen 7. Aufl. (2019) (vormals Himmelreich/Bücken/Krumm) HKD Straßenverkehrsrecht, hrsg. v. Hentschel/König/Dauer, 45. Aufl. (2019) vormals Jagusch/Hentschel HK-StVR Heidelberger Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, hrsg. v. Griesbaum u.a. (1993) Janker Straßenverkehrsdelikte: Ansatzpunkte für die Verteidigung (2002) Jagow/Burmann/Heß s. JBH Jagusch/Hentschel s. HKD Janiszewski Verkehrsstrafrecht, 5. Aufl. (2004) Janiszewski/Jagow/Burmann s. JBH JBH Straßenverkehrsrecht, Kommentar, hrsg. v. Jagow/Burmann/Heß, vormals Janiszewski/Jagow/Burmann; 20. Aufl. (2008) MK-StVR Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, hrsg. von Bender/König (2016 ff) Müller I–III Straßenverkehrsrecht, Großkommentar, 22. Aufl., Bd. 1 (1969) mit Nachtrag 1969, Bd. 2 (1969), Bd. 3 (1973) Rüth/Berr/Berz Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 2. Aufl. (1988) 15. Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht AK-GG Battis BK
LI
Alternativkommentar Grundgesetz, hrsg. v. Wassermann, 3. Aufl. (2001) Bundesbeamtengesetz, Kommentar, 5. Aufl. (2017) Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), Loseblattausgabe, hrsg. v. Kahl/Waldhoff/Walter 198. Lfg. (2019)
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Clemens/Scheuring/ Steingen/Wiese Dreier I–III Friauf Fuhr/Stahlhacke HdStR I–XIII
Jarass/Pieroth Kopp/Ramsauer Landmann/Rohmer I, II
v. Mangoldt/Klein/Starck Maunz/Dürig Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Bethge MSBKB Klein/Ulsamer v. Münch/Kunig Plog/Wiedow Sachs Schmidt-Aßmann/Schoch Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneckef Stern I–V
TVöD Wolff/Bachof/Stober/Kluth
s. TVöD Grundgesetz, Kommentar, 3. Aufl., (Bd. 1: 2013; Bd. 2: 2015; Bd. 3: 2017) Kommentar zur Gewerbeordnung – GewO, Gewerberechtlicher Teil, Loseblattausgabe, hrsg. v. Friauf (2001 ff) s. Friauf Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. v. Isensee/Kirchhof, 3. Aufl (Bd. 1: 2003; Bd. 2: 2004; Bd. 3: 2005; Bd. 4: 2006; Bd. 5: 2007; Bd. 6: 2009; Bd. 7: 2009; Bd. 8: 2010; Bd. 9: 2011; Bd. 10: 2012, Bd. 11: 2013, Bd. 12: 2014, Bd. 13: 2015 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: Kommentar, 15. Aufl. (2018) Verwaltungsverfahrensgesetz, 20. Aufl. (2019) Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Kommentar, Loseblattausgabe, Bd. 1: Gewerbeordnung; Bd. 2: Ergänzende Vorschriften (jew. 1998 ff) Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1 (Art. 1–19), Bd. 2 (Art. 20–82), Bd. 3 (Art. 83–146), 7. Aufl. (2017); früherer Titel: Das Bonner Grundgesetz Grundgesetz, Kommentar, Loseblattausgabe, 7. Aufl. (1991 ff) (bearb. v. Badura u.a.), 86. Aufl. (2019) s. MSBKB Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Kommentar, Loseblatt, hrsg. v. Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 56. Aufl. (2019) nunmehr: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge Grundgesetz, Kommentar, Gesamtwerk in 2 Bänden, 6. Aufl. (2012) Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, mit Beamtenversorgungsgesetz, 404. Erg.-Lfg. (2019) Grundgesetz-Kommentar, 8. Auflage (2018) Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. (2008) Kommentar zum Grundgesetz, 14. Aufl. (2018) Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 2. Aufl. (1984); Bd. 2 (1980); Bd. 3/1 (1988); Bd. 3/2 (1994); Bd. 4 (1997); Bd. 4/2 (2006); Bd. 5 (2000) Kommentar zum Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD), hrsg. v. Clemens/ Scheuring/Steingen/Wiese, Loseblatt. 110 Erg-Lfg. (2019) Verwaltungsrecht, Band 1, 13. Aufl. (2017)
16. Wettbewerbs- und Kartellrecht Baumbach/Hefermehl Dreher/Kulka Emmerich, Kartellrecht Emmerich/Lange FK Kartellrecht [GWB]
Fezer/Büscher/Obergfell Immenga/Mestmäcker GWB
s. Köhler/Bornkamm Wettbewerbs- und Kartellrecht, 10. Aufl. (2018) (vormals Rittner/ Dreher/Kulka) Kartellrecht, Studienbuch, 14. Aufl. (2018) Unlauterer Wettbewerb, 11. Auflage (2019) (vormals Emmerich) Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, mit Kommentierung des GWB, des EG-Kartellrechts und einer Darstellung ausländischer Kartellrechtsordnungen, Loseblattausgabe, hrsg. v. Glassen u.a. (2001 ff) bis zur 44. Lfg. unter dem Titel: Frankfurter Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Lauterkeitsrecht (Kommentar zum UWG) 2 Bände, 3. Aufl. (2016) (vormals Fezer) Wettbewerbsrecht, Kommentar, hrsg. v. Immenga/Mestmäcker, 6. Aufl. (2019)
LII
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Köhler/Bornkamm/Feddersen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG – mit PAngV, UKlaG, DL-InfoV 37. Aufl. (2019) (vormals Köhler/Bornkamm) Köhler/Piper s. Ohly/Sosnitza Ohly/Sosnitza UWG – Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, 7. Aufl. (2016) Rittner/Dreher Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. (2008) 17. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Achenbach/Ransiek/Rönnau ARR Belke/Oehmichen Bender/Möller/Retemeyer Bittmann Brüssow/Petri Dannecker/Knierim/Smok Eidam Franzen/Gast/Joecks Geilen, Aktienstrafrecht
GJW Graf/Jäger/Wittig Greeve/Leipold Hellmann/Beckemper Hübschmann/Hepp/Spitaler HHS HWiStR Ignor/Mosbacher Joecks/Jäger/Randt JJR Kempf/Lüderssen/Volk Klein Kohlmann Kohlmann/Reinhart Krekeler/Tiedemann/ Ulsenheimer/ Weinmann Kudlich/Oğlakcıoğlu Kühn/von Wedelstädt KvW MG Müller-Gugenberger Otto, Aktienstrafrecht
LIII
s. ARR Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, hrsg. v. Achenbach/Ransiek/Rönnau, 5. Aufl. (2019) Wirtschaftskriminalität – aktuelle Fragen des Wirtschaftsstrafrechts in Theorie und Praxis (1983) Steuerstrafrecht – Mit Schwerpunkt Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht, Loseblatt 46. Akt. (2019) Insolvenzstrafrecht, hrsg. von Bittmann, 2. Aufl. (2017) Arbeitsstrafrecht, 2. Aufl. (2016) Insolvenzstrafrecht, 3. Aufl. (2018) (vormals Dannecker/Knierim/ Hagemeier) Unternehmen und Strafe, 5. Aufl. (2018) s. JJR Erläuterungen zu §§ 399– 405 AktG von Gerd Geilen, Erläuterungen zu § 408 AktG von Wolfgang Zöllner (1984) (Sonderausgabe aus der 1. Aufl. des Kölner Kommentars zum Aktiengesetz) Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, hrsg. v. Graf/Jäger/Wittig, 2. Aufl. (2017) s. GJW Handbuch des Baustrafrechts (2004) Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. (2018) s. HHS Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Loseblattausgabe, (bearb. v. Söhn et al.) 252. Akt. (2019) Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, Loseblattausgabe (1985–1990), hrsg. v. Krekeler/Tiedemann u.a. Handbuch Arbeitsstrafrecht, 3. Aufl. (2016) (vormals Ignor/Rixen) Steuerstrafrecht, 9. Aufl. (2019) (vormals Joecks) Steuerstrafrecht: mit Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht; Kommentar zu §§ 369–412 AO; § 32 ZollVG, 8. Aufl. (2015) Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, hrsg. v. Kempf/Lüderssen/Volk (2009) AO – Abgabenordnung, Kommentar, 14. Aufl. (2018) Steuerstrafrecht, Kommentar zu den §§ 369– 412 AO 1977, Loseblatt. 63. Akt. (2019) Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers, 2. Aufl. (2019) Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, hrsg. von Krekeler/Tiedemann/Ulsenheimer/Weinmann (1985–1990) Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl. (2014) s. KvW Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, hrsg. v. Kühn/von Wedelstädt, 22. Aufl. (2018) Wirtschaftsstrafrecht, hrsg. von Müller-Gugenberger, 6. Aufl. (2015) s. MG Erläuterungen zu den §§ 399– 410 AktG (1997) (Sonderausgabe aus der 4. Aufl. des Großkommentars zum Aktiengesetz)
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Park Ransiek Rolletschke C. Schröder Tiedemann, GmbH-Strafrecht
Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht
Tipke/Kruse Tipke/Lang Wabnitz/Janovsky/Schmitt Weyand/Diversy Wittig Ziouvas
Kapitalmarktstrafrecht, Handkommentar, 5. Aufl. (2019) Unternehmensstrafrecht (1996) Steuerstrafrecht, 5. Aufl. (2019) Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, 4. Aufl. (2019) GmbH-Strafrecht (§§ 82–85 GmbHG und ergänzende Vorschriften), 5. Aufl. (2010) (Sonderausgabe aus der 10. Aufl. des Kommentars zum GmbHG von Scholz, Bd. III 2010) Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. (2017) Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union. Rechtsdogmatik – EU Rechtsvergleich – Rechtspolitik (Freiburg-Symposium), hrsg. v. Tiedemann (2002) Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung. Kommentar zur AO und FGO (ohne Steuerstrafrecht), Loseblatt. 156. Akt. (2019) Steuerrecht, 23. Aufl. (2018) Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Aufl. (2019) (vormals Wabnitz/Janovsky) Insolvenzdelikte, 10. Aufl. (2016) Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl. (2017) Das neue Kapitalmarktstrafrecht (2006)
18. Zivilprozessrecht und Insolvenzrecht Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann BLAH FK-InsO
s. BLAH Zivilprozessordnung, 77. Aufl. (2019) Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg. v. Wimmer, 9. Aufl. (2018) HK-InsO Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg. v. Kayser/Thole, 9. Aufl. (2018) Jaeger Insolvenzordnung, Großkommentar, hrsg. v. Henckel/Gerhardt (2004 ff) KPB InsO – Kommentar zur Insolvenzordnung, Loseblatt. 79. Akt. (2019) Kübler/Prütting/Bork s. KPB Leonhard/Smid/Zeuner Insolvenzrechtlicher Vergütungsverordnung (InsVV), Kommentar, hrsg. v. Leonhard/Smid/Zeuner, (2014) MK-InsO Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. (ab 2013) MK-ZPO Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. (ab 2016) Musielak/Voit ZPO - Zivilprozessordnung, Kommentar, 14. Aufl. (2017) Rattunde/Smid/Zeuner Insolvenzordnung (InsO), Kommentar, hrsg. v. Rattunde/Smid/Zeuner, 4. Aufl. (2018) (vormals Leonhard/Smid/Zeuner) Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht, 18. Aufl. (2018) Stein/Jonas Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 23. Aufl. (2014 ff) Thomas/Putzo ZPO - Zivilprozessordnung, 40. Auflage (2019) Zöller Zivilprozessordnung, Kommentar, 33. Aufl. (2020) 19. Sonstiges (einschließlich Arbeits- und Sozialrecht, Völkerrecht und Waffenrecht) Bieneck Brownlie Corpus Juris
Handbuch des Außenwirtschaftsrechts mit Kriegswaffenkontrollgesetz, hrsg. v. Bieneck, 2. Aufl. (2005) Principles of Public International Law, 8. Aufl. (2012) The implementation of the Corpus Juris in the Member States/La mise en œuvre du Corpus Juris dans les Etats Membres, hrsg. v. DelmasMarty/Vervaele (2000); Deutsche Version der Entwurfsfassung von 1997: Delmas-Marty (Hrsg.), Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum
LIV
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
Dahm/Delbrück/Wolfrum ErfK Fuchs/Preis Gerold/Schmidt Götz/Tolzmann Hanau/Adomeit Hauck/Noftz Herdegen Hoeren/Sieber/Holznagel HwbRW I–VIII
Ipsen Kaiser/Günther/Taupitz KassKomm Keller/Günther/Kaiser Kröger/Gimmy Linens/Korte Lüder/Vormbaum Multimedia-Recht Rebmann/Uhlig Seidl-Hohenveldern Seidl-Hohenveldern/Stein Shaw Steindorf Strupp/Schlochauer Thüsing Tolzmann Ulsamer LdR Verdross/Simma Vitzthum/Proelß Waltermann Wannagat Werle/Jeßberger
LV
Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union, Deutsche Übersetzung von Kleinke und Tully, Einführung von Sieber (1998) Völkerrecht, 2. Aufl., Band I/1 (1989), Band I/2 (2002), Band I/3 (2002) Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. (2019) Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl. (2009) Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 24. Aufl. (2019) Bundeszentralregistergesetz, Kommentar, 4. Aufl. (2000); Nachtrag (2003) Arbeitsrecht, 14. Aufl. (2007) Sozialgesetzbuch – Gesamtkommentar, hrsg. v. Hauck/Noftz, Loseblatt (Stand 2019 ff) Völkerrecht, 18. Aufl. (2019) s. Multimedia-Recht Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, hrsg. v. Stier-Somlo u.a., Bd. 1 (1926), Bd. 2 (1927), Bd. 3 (1928), Bd. 4 (1927), Bd. 5 (1928), Bd. 6 (1929), Bd. 7 (1931), Bd. 8 (1937) (unter dem Titel: Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36) Völkerrecht, 7. Aufl. (2018) Embryonenschutzgesetz, Juristischer Kommentar, 2.Aufl. (2014) Kasseler Kommentar Sozialversicherungsgesetz, Loseblatt, 103. Aufl. (2019) Embryonenschutzgesetz, Kommentar (1992) Handbuch zum Internetrecht (2012) Wehrstrafgesetz, Kommentar, 5. Aufl. (2012) (vormals Schölz/Lingens) Materialien zum Völkerstrafgesetzbuch: Dokumentation des Gesetzgebungsverfahrens (2002) Handbuch Multimedia-Recht, hrsg. v. Hoeren/Sieber/Holznagel, Loseblatt. 48. Aufl. (2019) Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister, Verkehrszentralregister und ergänzende Bestimmungen, Kommentar (1985) Lexikon des Rechts – Völkerrecht, 3. Aufl (2001) Völkerrecht, 12. Aufl. (2009) International Law, 8. Aufl. (2018) Waffenrecht, Kurzkommentar, 10. Aufl. (2015) Wörterbuch des Völkerrechts, 2. Aufl., Band 1 (1960), Band 2 (1961), Band 3 (1962) AÜG - Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Kommentar, hrsg. v. Thüsing, 4. Aufl. (2018) Bundeszentralregistergesetz, 5. Aufl. (2015) Lexikon des Rechts: Strafrecht, Strafverfahrensrecht, hrsg. v. Ulsamer, 2. Aufl. (1996) Universelles Völkerrecht, 3. Auflage (2010) Völkerrecht, 8. Aufl. (2019) Sozialrecht, 13. Aufl. (2018) Sozialgesetzbuch I/IV/X, hrsg. v. Eichenhofer/Wenner (2012) Völkerstrafrecht, 4. Aufl. (2016)
Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur
LVI
Entziehung der Fahrerlaubnis | § 69
Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 (RGBl 1871, 127); neugefasst durch Bek. v. 13.11.1998 (BGBl. I 3322); zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 19.6.2019 (BGBl. I 844)
ALLGEMEINER TEIL DRITTER ABSCHNITT Rechtsfolgen der Tat 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Entziehung der Fahrerlaubnis Valerius § 69 https://doi.org/10.1515/9783110491302-001
SECHSTER TITEL Maßregeln der Besserung und Sicherung – Entziehung der Fahrerlaubnis – § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis (1) 1 Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. 2 Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht. (2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen 1. der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), 1a. des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), 2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), 3. des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder 4. des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. (3) 1 Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. 2 Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen. Schrifttum a) Allgemein: von der Aa/Pöppelmann Empfiehlt es sich, die Entziehung der Fahrerlaubnis und/oder das Fahrverbot als Hauptstrafe in das StGB aufzunehmen? Jura 1999 462; Asper Rechtsfolgen der Aufhebung eines die Fahrerlaubnis entziehenden Urteils im Wiederaufnahmeverfahren, NStZ 1994 171; Bandemer Die Regelbeispiele des § 69 II StGB als Erfahrungssätze – nicht nur aus Erfahrung klug, sondern auch aus Erfahrung gut, NZV 1988 172; Beine Zur Problematik der Entziehung der Fahrerlaubnis für die Führung von Kraftfahrzeugen durch die Gerichte und der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörden, Festschrift Lange (1976) 839; ders. Rechtsfragen bei Ablauf der Sperrfrist für die Erteilung
1 https://doi.org/10.1515/9783110491302-001
Valerius
§ 69 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
einer Fahrerlaubnis vor Abschluß eines Rechtsmittelverfahrens, BA 18 (1981) 427; Blum/Weber Wer ist Führer des Fahrschulwagens? NZV 2007 228; H.J. Bode Bedingte Fahreignung und Fahrerlaubnis, DAR 1989 444; ders. Entziehung der Fahrerlaubnis im Strafverfahren und Besserung der Kraftfahreignung auffälliger Kraftfahrer, NZV 2004 7; Th. Bode Das Fahrverbot als allgemeine Nebenstrafe, NZV 2017 1; H.-J. Bruns Die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 42m StGB, § 111a StPO), GA 1954 161; ders. Richterliche Überzeugung bei „Prognose-Entscheidungen“ über Sicherungsmaßregeln. Zugleich ein Beitrag zum Geltungsbereich des Grundsatzes in dubio pro reo, JZ 1958 647; Burmann Das Fahrerlaubnisrecht. Schnittstellen zwischen Verwaltungs- und Strafrecht, DAR 2005 61; Bussfeld Zum Verzicht im öffentlichen Recht am Beispiel des Verzichts auf eine Fahrerlaubnis, DÖV 1976 765; Cramer Die Austauschbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis gegen ein Fahrverbot, NJW 1968 1764; ders. Voraussetzung für eine gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 42m StGB, MDR 1972 558; Czermak Versagung und Entziehung der Kraftfahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde wegen charakterlicher Ungeeignetheit? NJW 1963 1225; Dencker Strafzumessung bei der Sperrfristbemessung? StV 1988 454; Dreher/Fad Entziehung der Fahrerlaubnis und Verhängung eines Fahrverbots bei Teilnehmern, NZV 2004 231; Eickhoff Die Bedeutung des Verschlechterungsverbots für die Bemessung von Führerscheinsperrfristen in der Berufungsinstanz, NJW 1975 1007; Eisele Verzicht auf die Fahrerlaubnis als Instrument zur Beendigung von Strafverfahren, NZV 1999 232; Engel Vorläufige Maßnahmen gegen Täter von Verkehrsdelikten, die nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sind, DAR 1984 108; Friedrich Erteilung einer Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist, DVBl 1957 523; Fromm Gnadenanträge bei Entziehung der Fahrerlaubnis und Fahrverbot, NZV 2011 329; ders. Das neue strafrechtliche Fahrverbot in § 44 StGB – Effektive und praxistauglichere Ausgestaltung des Strafverfahrens durch Schaffung eines Fahrverbots ohne Bezug zum Straßenverkehr? NJ 2018 140; ders. Aus der Praxis des Verkehrsjuristen – 2018/II, SVR 2018 411; Fromm/R. Schmidt Die Beschränkung der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit nach § 3 III 1 StVG – Der Vorrang des Strafverfahrens bei der Fahrerlaubnisentziehung, NZV 2007 217; Geiger Entziehung und Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde – dargestellt am Beispiel von alkoholauffälligen Kraftfahrern, NZV 2005 623; Geppert Die Bemessung der Sperrfrist bei der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 42m und 42n StGB) (1968); ders. Totale und teilweise Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1971 2154; ders. Neuere Rechtsprechung des BGH zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Nicht-Katalogtaten, NStZ 2003 288; Görres Noch einmal: Uneinsichtigkeit und Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1957 1428; Gollner Verschlechterungsverbot bei vorläufiger und endgültiger Entziehung der Fahrerlaubnis, GA 1975 129; Grams Motorbetriebene Skateboards als Kfz im Straßenverkehr? NZV 1994 172; Gramse Verkehrsstraftat, Führerscheinbeschlagnahme, Wohnungsdurchsuchung, NZV 2002 345; Grohmann Sind wirtschaftliche Nachteile bei der Entziehung der Fahrerlaubnis zu berücksichtigen? DAR 1978 63; ders. Das Leichtmofa – ein neues Fahrzeug – im Lichte der §§ 69, 69a, 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB, § 24a StVG, DAR 1987 365; ders. Abschleppen, Anschleppen, Schleppen, DAR 1998 342; Groß Folgen der Aufhebung eines die Fahrerlaubnis entziehenden Urteils im Wiederaufnahmeverfahren, NStZ 1993 221; ders. Entgegnung [auf Asper NStZ 1994 171], NStZ 1994 173; Guelde Die Entziehung der Fahrerlaubnis (1955); Händel Beschränkte Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1954 139; Haffke Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Entziehung der Fahrerlaubnis, Festschrift Hamm (2008) 137; Halecker Das Merkmal der sog. „Zusammenhangstat“ beim Fahrverbot (§ 44 Abs. 1 StGB) und der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1 StGB), BA 42 (2005) 93; dies. Der „Denkzettel“ Fahrverbot. Eine kritische Bestandsaufnahme seines straf-, jugendstraf- und ordnungswidrigkeitrechtlichen Anwendungsbereiches (2009); Hartung Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen als gerichtliche Maßnahme der Sicherung und Besserung, DRiZ 1953 120; ders. Der Bundesgerichtshof zur Entziehung der Fahrerlaubnis, JZ 1954 137; ders. Fahrverbot als Bewährungsauflage, DRiZ 1958 51; ders. Das zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs, NJW 1965 86; Hembach Entziehung der Fahrerlaubnis nach unerlaubtem Entfernen vom Unfallort mit Leasingfahrzeug? ZfS 2005 165; Hentschel Fahrerlaubnisentziehung als Strafe für Prozessverschleppung? DAR 1976 150; ders. Entziehung einer nicht vorhandenen Fahrerlaubnis? DAR 1977 212; ders. Die Abkürzung der Sperrfrist beim Entzug der Fahrerlaubnis in der Praxis, DAR 1979 317; ders. Probleme der Praxis des Führerscheinentzugs in der Bundesrepublik Deutschland, BA 23 (1986) 1; ders. Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit durch die Verwaltungsbehörde trotz Rückgabe des Führerscheins durch den Strafrichter? NZV 1989 100; ders. Die Entwicklung des Straßenverkehrsrechts im Jahre 1995, NJW 1996 628; Hillmann/Schubert Private MPU als Nachweis der Fahreignung, DAR 2019 229; A. Himmelreich Forensische Verkehrstherapie (IVT-Hö®) in 10 Schritten, Festschrift K. Himmelreich (2007) 147; K. Himmelreich Lebensphasen – ein Kriterium für die (verwaltungsjuristische) Ungeeignetheit zum Führen vom Kraftfahrzeugen? DAR 1985 201; ders. Bindung der Verwal-
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Entziehung der Fahrerlaubnis | § 69
tungsbehörde an rechtskräftige Entscheidungen des Strafrichters zur Eignungsfrage, DAR 1989 285; ders. Der ältere Kraftfahrer ein Eignungsrisiko? DAR 1990 447; ders. „Bedeutender Fremd-Sach-Schaden“ (§ 69 II Nr. 3 StGB) und Fahrerlaubnisentziehung, DAR 1994 508; ders. „Bedeutender“ Sachschaden i.S.d. §§ 69 Abs. 2 Nr. 3, 142 StGB, DAR 1997 82; ders. Wegfall der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 69 StGB) allein durch Zeitablauf? DAR 1997 305; ders. Nachschulung, Aufbau-Seminar, WiederEignungs-Kurs und Verkehrs-Therapie zur Abkürzung der strafrechtlichen Fahrerlaubnis-Sperre bei einem Trunkenheitsdelikt – im Blickpunkt der neueren Rechtsprechung, DAR 2004 8; ders. Bindungswirkung einer strafgerichtlichen Eignungs-Beurteilung gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde bei einem Trunkenheitsdelikt mit einer BAK ab 1,6 ‰. Ein „ordentlich begründender“ Strafrichter ersetzt eine MPU, NZV 2005 337; Hruby Die Entziehung der Fahrerlaubnis in der Berufungsinstanz, NJW 1979 854; Hundertmark Führt die Rückgabe des Führerscheins zur Entziehung der Fahrerlaubnis oder erlischt diese durch Verzicht? MDR 1964 561; Huppertz Fahrerlaubnisfreie motorisierte Krankenfahrstühle, NZV 2003 460; Janker Das Fahrverbot als Nebenstrafe bei allgemeiner Kriminalität? – oder: Die Suche nach einer (weiteren) schuldangemessenen und präventiv wirkenden Sanktion, DAR 2017 8; Kaiser Zur Problematik der Fahrerlaubnisentziehung und der Sperrfrist (§§ 69, 69a Abs. 1, 4 und 5 StGB), JR 1980 99; Koehl Entziehung der Fahrerlaubnis: Konkurrenzen zwischen Strafgericht und Fahrerlaubnisbehörde, DAR 2012 682; König Fahrlehrer und Trunkenheitsfahrt, DAR 2003 448; König/Seitz Aktuelle obergerichtliche Rechtsprechung zum Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrecht, DAR 2007 361; Krehl Regel und Ausnahme bei der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 II StGB), DAR 1986 33; Krieger Die Bindung der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte durch den Strafrichter bei Entscheidungen über die Fahrerlaubnis, DAR 1963 7; Kropp Zur Dauer der Ungeeignetheit im Rahmen des § 111a StPO, NStZ 1997 471; Krumm Fahrverbot und Fahrerlaubnisentziehung bei langer Verfahrensdauer, NJW 2004 1627; ders. Die (Regel-)Beschränkung der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung auf „anlasstatbezogene“ Kraftfahrzeugarten, NZV 2006 234; ders. Bestimmung des „bedeutenden Fremdschadens“ nach Unfallflucht, NJW 2012 829; ders. Der „bedeutende Fremdschaden“ nach Unfallflucht, NJ 2018 371; Kulemeier Fahrverbot (§ 44 StGB) und Entzug der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff StGB). Ein Beitrag zum Verhältnis dieser Sanktionsformen und zum vikariierenden System von Strafen und Maßregeln im Verkehrsstrafrecht (1991); ders. Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug – Sanktionen zur Bekämpfung allgemeiner Kriminalität? NZV 1993 212; Lackner Der Strafrechtsteil des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs, MDR 1953 73; ders. Das zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs, JZ 1965 92, 120; Lenhart Das Erfordernis tatrichterlicher Feststellungen über die Eignung im Hinblick auf Anordnung einer MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde – Bindungswirkung, DAR 2002 302; ders. Der „bedeutende Schaden“ als Regelbeispielsvoraussetzung einer Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 2004 191; Lienen Uneinsichtigkeit und Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1957 1140; ders. AbschlußBetrachtung: Uneinsichtigkeit und Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1957 1750; Linß Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, Diss. Göttingen 1991; Martens Verweigerung der Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist? NJW 1963 139; Meyer Ist eine Berufung, die in der Hoffnung eingelegt wurde, den nach § 111a StPO beschlagnahmten Führerschein vom Gericht zurückzuerhalten, unzulässig? MDR 1976 629; Mitsch Fahren ohne Fahrerlaubnis und ohne Führerschein, NZV 2012 512; Mögele Langandauernde vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und Reichweite der Regelvermutung des § 69 II StGB, ZRP 1982 101; Mohr Uneinsichtiges Verhalten als Grund für Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1957 941; ders. AbschlußBetrachtung: Uneinsichtigkeit und Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1957 1750; Molketin Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Tätlichkeiten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, DAR 1981 380; ders. Die Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69a StGB) als Reaktion auf Verkehrsstraftaten Jugendlicher und Heranwachsender, DAR 1982 114; ders. Die notwendige Verteidigung bei Verkehrsdelikten, NZV 1989 93; Mollenkott Relative Fahruntüchtigkeit, vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und der Grundsatz „in dubio pro reo“, DAR 1978 68; ders. Die Bemessung der Führerscheinsperrfrist in den Instanzen, ZRP 1980 199; ders. Wann rechtfertigt ein „bedeutender Schaden“ bei der Verkehrsunfallflucht die Entziehung der Fahrerlaubnis? DAR 1980 328; ders. Fahrlässige Rücksichtslosigkeit bei § 315c StGB und Entziehung der Fahrerlaubnis, BA 22 (1985) 298; ders. Der „bedeutende Schaden“ bei der Verkehrsunfallflucht als Kriterium für die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 69 II Nr. 3 StGB, ZfS 1995 321; ders. Ist die Verkehrsunfallflucht in § 69 II Nr. 3 StGB ein „verkapptes Alkoholdelikt“? BA 34 (1997) 180; Mrozynski Zur Problematik strafrechtlicher Weisungen, JR 1983 397; Nüse Zu den neuen Vorschriften zur Sicherung des Straßenverkehrs, JR 1965 41; Parigger Urteilsfolgen neben der Strafe, StraFo 2011 447; Piesker Fahrverbot statt Entziehung der Fahrerlaubnis auch bei Trunkenheitsdelikten und anderen Katalogtaten des § 69 II StGB, NZV 2002 297; Pießkalla/Leitgeb Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 I 1 2. Alt. auch bei „nicht
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verkehrsspezifischen“ Straftaten? NZV 2006 185; Rebler Alkohol und Drogen – Maßnahmen der Behörde, Teil I, VD 2014 115; Reichart Strafrechtliche Aspekte des Schleppens und Abschleppens im öffentlichen Straßenverkehr, NJW 1994 103; Schäfer Ist auch dann vom Regelbeispiel des § 69 II Nr. 3 StGB auszugehen, wenn die Anwendung des § 142 IV n.F. StGB ausschließlich daran scheitert, dass ein „bedeutender Sachschaden“ vorliegt? NZV 1999 190; Schäpe Der motorisierte Krankenfahrstuhl im Fahrerlaubnisrecht, DAR 1999 426; Schendel Doppelkompetenz von Strafgericht und Verwaltungsbehörde zur Entziehung der Fahrerlaubnis (1974); Scherer Ausnahmen vom Fahrerlaubnisentzug für „bewährte“ Kraftfahrer, BA 20 (1983) 123; Scheufen/Müller-Rath Bindungswirkung strafgerichtlicher Sperrfristverkürzungsbeschlüsse, NZV 2006 353; Schmid Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Ablauf der strafgerichtlichen Sperrfrist, DAR 1968 1; H.-W. Schmidt Notwendige Verteidigung gemäß § 140, Abs. 2, StPO, MDR 1958 644; SchmidtLeichner Alkohol und Kraftfahrer – insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1953 1849; Schöch Zur Auslegung und Anwendung des neuen § 44 StGB, NStZ 2018 15; Schreiner Begründungszwang bei gerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis gem. §§ 69, 69a StGB, DAR 1978 271; Schünemann Überkriminalisierung und Perfektionismus als Krebsschaden des Verkehrsstrafrechts oder: Deutschland – ein Land der kriminellen Autofahrer? DAR 1998 424; Schulz Wegfall der Ungeeignetheit im Sinne des § 69 StGB durch Zeitablauf, NZV 1997 62; Seebode Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Vorbeugehaft, ZRP 1969 25; Seiler Erwerb der Fahrerlaubnis auf Weisung des Strafrichters? DAR 1974 260; Sowada Die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) bei Taten der allgemeinen Kriminalität, NStZ 2004 169; ders. Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter bei sog. Zusammenhangstaten – insbesondere mit Blick auf das strafrichterliche Fahrverbot, BA 41 (2004) 151; Tepperwien Der Beifahrer im Verkehrsstrafrecht, Festschrift Nehm (2006) 427; Theuerkauf Erteilung der Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist (§ 42m Abs. 3 S. 2 StGB), DÖV 1964 446; Tondorf § 61 Strafvollstreckungsordnung – eine weithin unbekannte, aber gefährliche Bestimmung, DAR 1992 160; Trupp Widersprüchliches zur Führerscheinbeschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten, NZV 2004 389; Verrel Das Fahrverbot als Hauptstrafe – eine sinnvolle Erweiterung des strafrechtlichen Sankionensystems! BRJ 2014 135; Warda Das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs, MDR 1965 1; Weihrauch Die Ausnahmen bei der Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1971 829; Wendlinger Fahrerlaubnisrecht: Ermessensausübung bei der Überprüfung der charakterlichen Fahreignung, NZV 2006 505; Werner Die dreimonatige Mindestsperrfrist nach § 69a Abs. 4 StGB, DAR 1976 7; Wittig Zweifelsfragen bei der Berechnung der Sperrfrist nach § 69a StGB, Rpfleger 1978 245; Wölfl Die Geltung der Regelvermutung des § 69 II StGB im Jugendstrafrecht, NZV 1999 69; Zabel „Unbeanstandete“ Fahrpraxis und Regelvermutung, BA 19 (1982) 269; Zabel/Noss Langjährige unbeanstandete Fahrpraxis – ein Bonus für Alkoholtäter und Unfallflüchtige und seine Begrenzung, BA 26 (1989) 258; Zabel/Zabel Vorzeitige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis – zeitliche Grenzen gem. § 69a Abs. 7 StGB, BA 29 (1992) 62; Zopfs Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) auch bei Mitfahrern, Kfz-Haltern oder Tatbeteiligten? NZV 2010 179. b) De lege ferenda: Baumann Zur Entziehung und Wiedererteilung der Fahrerlaubnis – Anmerkungen aus der Sicht des Kriminalpolitikers, Forensia 8 (1987) 49; Beck Fahrverbot auch für den Räuber zu Fuß? DAR 1992 439; Beine Entziehung und Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Plädoyer für die Abschaffung der Doppelkompetenz von Strafrichter und Verwaltungsbehörde, ZRP 1977 295; ders. Zur Reform des Rechts der Entziehung der Fahrerlaubnis unter besonderer Berücksichtigung der Grundgedanken des § 69 Abs. 2 Ziff. 2 StGB, BA 15 (1978) 261; Cramer Zur Reform von Fahrerlaubnisentziehung und Fahrverbot, Gedächtnisschrift Schröder (1978) 533; Geppert Schwierigkeiten der Sperrfristbemessung bei vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis, ZRP 1981 85; Gontard Die Reform der Entziehung der Fahrerlaubnis – Argumente für eine Mindestlösung –, Festschrift Rebmann (1989) 211; Gronemeyer Zur Reformbedürftigkeit der strafrechtlichen Fahrerlaubnisentziehung und des strafrechtlichen Fahrverbots (2001); Hentschel Aussetzung der Fahrerlaubnisentziehung zur Bewährung? ZRP 1975 209; Hillmann Reformüberlegungen zum Fahrerlaubnisrecht, DAR 2003 546; K. Himmelreich Reformbedürftigkeit von Fahrerlaubnisentzug und Fahrverbot? DAR 1977 85; Janiszewski Keine Reformbedürftigkeit von Fahrerlaubnisentziehung und Fahrverbot, DAR 1977 312; ders. Entziehung der Fahrerlaubnis – und kein Ende, GA 1981 385; ders. Sinnvollere Behandlung der Entziehung der Fahrerlaubnis – Ausnahmen und Behandlung im Rechtsmittelverfahren, DAR 1989 135; Koch Reformbedürftigkeit von Fahrerlaubnisentzug und Fahrverbot? DAR 1977 90; ders. Nochmals: „Führerschein auf Bewährung“, DAR 1977 316; Kropp Strafverschärfung der Nötigung im Straßenverkehr, ZRP 2004 4; Kürschner Praxis und Reform des Fahrerlaubnisentzuges nach §§ 69, 69a StGB, ZRP 1986 305; Lohkamp Reformbedürftigkeit von Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug? (2004); Menken
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Entziehung der Fahrerlaubnis | § 69
Die Aussetzung der Fahrerlaubnisentziehung zur Bewährung – ein juristisches Scheinproblem, DAR 1978 40; Oberpottkamp Die Entziehung der Fahrerlaubnis als strafrechtliche Maßregel der Besserung und Sicherung – Notwendigkeit und Möglichkeiten einer Reform, Diss. Göttingen 1981; Preisendanz Die „Große Reform“ von Fahrerlaubnisentziehung und Fahrverbot aus der Sicht der Praxis, DAR 1981 307; Rebmann Aktuelle Probleme und neue Tendenzen im Deutschen Verkehrsstrafrecht, DAR 1978 296; Riedmeyer Anreiz zur Nachschulung durch ihre Berücksichtigung bei verkehrsstrafrechtlichen Sanktionen, BA 39 (2002) 208; Schultz Überlegungen zur Aussetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis zur Bewährung, BA 17 (1980) 1; ders. Möglichkeiten und Grenzen des bisherigen verkehrsrechtlichen Sanktionensystems. Überlegungen zu einer Reform der Entziehung der Fahrerlaubnis und des Fahrverbots, BA 19 (1982) 315; Sunder Muß den Richtern die Befugnis zum Entzug der Fahrerlaubnis entzogen werden? BA 16 (1979) 65; Thielen Entziehung und Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, ZRP 1978 48. c) Aus verkehrsmedizinisch/verkehrspsychologischer, kriminologischer oder statistischer Perspektive: Aulhorn Ermittlung der Tauglichkeitsgrenzen beim Dämmerungssehen, ZVS 17 (1971) 196; Barthelmess Fahreignung nach neuem Recht – ein integratives Konzept, NZV 2000 18; Birnbaum/ Buhl/Sage/Scheffel Evaluation des Nachschulungskurses „Mainz 77“, NZV 2002 164; Bussmann/Gerhardt Der Alkoholverkehrstäter in der jugendgerichtlichen Praxis, BA 21 (1984) 199; Echterhoff Legalbewährung von alkoholauffälligen Kraftfahrerinnen und Kraftfahren fünf Jahre nach Abschluß der Verkehrstherapie IVT-Hö, ZVS 44 (1998) 113; Eisenmenger/Bouska Sind von einer regelmäßigen und obligatorischen Gesundheitsüberprüfung aller Fahrerlaubnisinhaber wesentliche Vorteile für die Verkehrssicherheit zu erwarten? NZV 2001 13; Fiesel Entwicklung von Qualitätskriterien für die Rehabilitation alkoholauffälliger Kraftfahrer am Beispiel der IVT-Hö, ZVS 44 (1998) 111; Gehrmann Das Sachverständigengutachten von Ärzten und Verkehrspsychologen als Grundlage der Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter, NZV 2004 442; Hebenstreit Neurologisch-psychiatrische Erkrankungen und Fahrtauglichkeit unter besonderer Berücksichtigung der Anfallsleiden und des Alkoholismus, BA 23 (1986) 179; Heinz Strafrechtliche Sozialkontrolle der Straftaten im Straßenverkehr – aktuelle rechtstatsächliche Befunde, Festschrift Geppert (2011) 187; Höcher Verkehrspsychologische Nachschulung, ihre Ziele und Wirksamkeit, sowie eine exemplarische Darstellung des Modells IVT-Hö, DAR 1985 36; Hundhausen Sollten Kurse für alkoholauffällige Kraftfahrer rechtsförmlich eingeführt werden? BA 26 (1989) 329; Jehle/Albrecht/Hohmann-Fricke/Tetal Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen (2013); Kannheiser Mögliche verkehrsrelevante Auswirkungen von gewohnheitsmäßigem Cannabiskonsum, NZV 2000 57; Kauert Zur drogen- oder medikamentenbedingten Fahruntüchtigkeit aus medizinisch-toxikologischer Sicht, DAR 2000 438; Koehl Sanktionen bei Verkehrsverstößen, SVR 2018 20; Kunkel Mainz 77. Maßnahme zur Verhaltensveränderung bei Trunkenheitsersttätern, BA 16 (1979) 1; ders. Zur Kontrolle der Wirksamkeit einer Nachschulungsmaßnahme bei Kraftfahrern, die erstmals durch Trunkenheit am Steuer aufgefallen sind (Modell Mainz 77), DAR 1981 348; ders. Trunkenheitsdelikt und Fahreignung, DAR 1987 38; Laubichler Führerschein und Epilepsie, BA 29 (1992) 139; Lutze Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Führerscheinentzug wegen Trunkenheit am Steuer, BA 35 (1998) 366; Mahlberg Langzeitrehabilitation charakterlich „ungeeigneter“ Kraftfahrer und frühzeitig-vorläufige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, NZV 1992 10; Metter Die Hypoglykämie als Ursache von Verkehrsunfällen, BA 26 (1989) 185; Moser Kriminalität und Verkehrssicherheit, BA 20 (1983) 465; Müller Fahrerlaubnisentzug, Eignungsbegutachtung, Nachschulung und Therapie bei Trunkenheitstätern: Ansätze zu einer notwendigen Neuorientierung, BA 30 (1993) 65; Ostermann Das Rückfallgeschehen bei Alkoholersttätern – Folgerungen für die Nachschulung, BA 24 (1987) 11; Schöch Verkehrsdelinquenz und allgemeine Kriminalität. Ein empirischer Beitrag zum Problem der Fahreignung bei Vorbestraften, NJW 1971 1857; ders. Gutachten C für den 59. Deutschen Juristentag (1992); Spazier Gewöhnung – Mißbrauch – Abhängigkeit. Zur Eignungsbegutachtung alkoholauffälliger Kraftfahrer, DAR 1995 54; Stephan Die Legalbewährung von nachgeschulten Alkoholersttätern in den ersten zwei Jahren unter Berücksichtigung ihrer BAK-Wertr, ZVS 32 (1986) 2; ders. Unangemessene Folgerungen für die Nachschulung, BA 24 (1987) 297; Utzelmann Rückfallquote von Teilnehmern an Kursen nach dem Modell „Mainz 77“, BA 20 (1983) 449; ders. Die Bedeutung der Rückfallquote von Teilnehmern an Kursen nach dem Modell „Mainz 77“ unter neuen Gesichtspunkten, BA 21 (1984) 396; Werwath/Bornemann/Wischhusen/Püschel Wiederholungsdelinquenz alkoholisierter Kraftfahrer in Hamburg, BA 37 (2000) 126; Wetterling/H. Neubauer/W. Neubauer Fahrtauglichkeit bei älteren Personen, ZfS 1995 161; Winkler Die sogenannte „Nachschulung“ alkoholauffälliger Kraftfahrer – Zur Theorie und Praxis einer umstrittenen Maßnahme, NZV 1998 41.
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§ 69 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Entstehungsgeschichte Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs (im Folgenden: StraßenVSichG) vom 19.12.1952 (BGBl. I 832)1 konnte ausschließlich die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entziehen. Da sich diese alleinige Zuständigkeit nicht mehr als ausreichend erwies, strafbare Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften angemessen zu sanktionieren und sachgemäß zu bekämpfen, sollte eine entsprechende Kompetenz auch dem Strafrichter eingeräumt werden. Hierfür sprachen nicht zuletzt prozessökonomische Erwägungen, die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen zu den Umständen der Tat und zur Persönlichkeit des Beschuldigten sogleich für die Entziehung der Fahrerlaubnis zu nutzen und hierüber ebenfalls den Strafrichter entscheiden zu lassen.2 Das StraßenVSichG fügte daher in das Strafgesetzbuch die Vorschrift des § 42m ein und ermöglichte es fortan dem Strafrichter, einem ungeeigneten Kraftfahrer bereits im Strafverfahren die Fahrerlaubnis zu entziehen, sofern dieser bei oder in Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der dem Führer eines Kraftfahrzeuges obliegenden Pflichten eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hatte. Zwar blieb die Verwaltungsbehörde nach § 4 des Kraftfahrzeuggesetzes (KFG) a.F., der Vorgängernorm des § 4 StVG, und nach § 15b Abs. 1 Satz 1 StVZO a.F. auch in diesem Fall für die Entziehung der Fahrerlaubnis zuständig. Sie durfte aber einen Sachverhalt, der Gegenstand eines Strafverfahrens war und bei dem eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht kam, nicht berücksichtigen, solange das Strafverfahren anhängig war (§ 4 Abs. 2 KFG a.F.). Nach Abschluss des Strafverfahrens war die Verwaltungsbehörde insoweit an die Entscheidung des Strafgerichts gebunden, als sie von dessen Feststellung des Sachverhaltes sowie von dessen Beurteilung der Schuldfrage und der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht zum Nachteil des Täters abweichen konnte (§ 4 Abs. 3 KFG a.F.). Bei den wesentlichen Grundsätzen dieser Regelung blieb es bis heute, wobei sich die einschlägigen Bestimmungen mittlerweile in § 3 StVG und § 46 FeV finden. Näher zum Verhältnis der strafgerichtlichen zur behördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis unten Rdn. 14 f. Die Vorschrift des § 42m regelte zunächst sowohl die Entziehung der Fahrerlaubnis als auch die Festsetzung der Sperrfrist sowie die Behandlung ausländischer Fahrausweise. In zeitlicher Vorwegnahme der allgemeinen Strafrechtsreform und in deutlicher Orientierung an §§ 99 bis 100a des Entwurfs eines Strafgesetzbuches von 1962 (E 1962) brachte sodann das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (im Folgenden: 2. StraßenVSichG) vom 26.11.1964 (BGBl. I 921)3 verschiedene Änderungen mit sich. So wurde die bisherige Regelung erweitert und mit § 42m (betreffend die Entziehung der Fahrerlaubnis), § 42n (zur Festsetzung einer Sperrfrist) und § 42o (über ausländische Fahrausweise) in der noch heute gültigen Gliederung auf drei Paragraphen verteilt. Beachtlich waren vor allem der neu eingefügte Regelkatalog gesetzlich vermuteter Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 42m Abs. 2 a.F.) sowie die Einführung einer isolierten Sperrfrist (§ 42n Abs. 1 Satz 2 a.F.). Mit diesen Änderungen wollte der Gesetzgeber die Wirksamkeit der Maßnahme erhöhen und Unklarheiten beseitigen, die sich bei der Auslegung des geltenden Rechts ergeben hatten.4
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1 Zum StraßenVSichG Lackner MDR 1953 73; zur Entstehungsgeschichte der Entziehung der Fahrerlaubnis Kulemeier S. 61 ff. 2 BTDrucks. I/2674 S. 8. 3 Allg. zum 2. StraßenVSichG Hartung NJW 1965 86; Lackner JZ 1965 92, 120; Nüse JR 1965 41; Warda MDR 1965 1. 4 BTDrucks. IV/651 S. 15.
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Entziehung der Fahrerlaubnis | § 69
In der Folgezeit blieb die Vorschrift zur Entziehung der Fahrerlaubnis im Wesentlichen unverändert. Das 1. StrRG vom 25.6.1969 (BGBl. I 645) ergänzte § 42m Abs. 1 lediglich um einen neuen Satz 2, wonach es der durch dasselbe Gesetz in § 42a Abs. 2 a.F. (heute § 62) festgehaltenen besonderen Prüfung der Verhältnismäßigkeit nicht bedarf. Das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) passte den Normenkomplex zur Entziehung der Fahrerlaubnis dem (am 1.1.1975 in Kraft getretenen neuen) Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches an und gab ihm die noch heute gültigen Paragraphennummern 69, 69a und 69b. In § 69a Abs. 1 wurde zudem der Satz 2 eingefügt, wonach eine lebenslange Sperre nur angeordnet werden darf, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Spätere Änderungen beschränkten sich darauf, die Bestimmungen marginal zu überarbeiten bzw. redaktionell anzupassen.5 Die vorerst letzte Änderung nahm das 56. StrÄndG vom 30.9.2017 (BGBl. I 3532) vor, das den Regelkatalog des Absatzes 2 in Nr. 1a um die Straftat des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d) erweiterte. Zur Entstehungsgeschichte von § 69a und § 69b siehe ergänzend die dortigen Erläuterungen. Gesetzesmaterialien BTDrucks. I/2674 S. 8 f, 12 ff (Begründung des Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr) und BTDrucks. I/3774 S. 1 f, 4 (Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses samt Umbenennung des Gesetzes in „Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs“; StraßenVSichG); Niederschriften IV S. 61 ff, 111 ff, 237 ff, 371, 431 ff, 447 ff; XII S. 36 ff; BTDrucks. IV/650 S. 225 ff (Begründung zum E 1962); Prot. IV S. 973 f; BTDrucks. IV/651 S. 15 ff (Begründung des 2. StraßenVSichG) und BTDrucks. IV/2161 sowie BTDrucks. zu IV/2161 S. 3 (Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses); BTDrucks. V/4094 S. 24 (Erster Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); BTDrucks. V/ 4095 S. 37 (Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); BTDrucks. 18/10145 S. 8 (Begründung des 56. StrÄndG) und BTDrucks. 18/12964 S. 4 (Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz); vgl. auch § 79 AE-AT mit Begründung S. 162 ff. I.
Übersicht Allgemeines 1. Rechtsnatur sowie Sinn und Zweck | 1 2. Verfahrensrechtlicher Anwendungsbereich | 6 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) (Strafgerichtliches und verwaltungsbehördliches) Fahrverbot | 11 b) Verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis aa) Allgemeines | 14
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4. 5. 6.
bb) Berücksichtigungsverbot bei anhängigem Strafverfahren (§ 3 Abs. 3 StVG) | 16 cc) Verbot der abweichenden Entscheidung nach Abschluss des Strafverfahrens (§ 3 Abs. 4 StVG) | 20 c) Auflagen und Weisungen | 31 Kriminalstatistik | 34 Reformüberlegungen | 36 Recht des Einigungsvertrages | 41
5 So wurde durch das EGStGB vom 2.3.1974 (BGBl. I 469) die „Verkehrsflucht“ in § 69 Abs. 2 Nr. 3 zur „Verkehrsunfallflucht“, bevor das 13. StrÄndG vom 13.6.1975 (BGBl. I 1349) die noch heute gültige Formulierung des „unerlaubten Entfernens vom Unfallort“ wählte. Das 18. StrÄndG vom 28.3.1980 (BGBl. I 373) aktualisierte in § 69 Abs. 2 Nr. 4 die Normangabe „§ 330a“ in „§ 323a“. Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24.4.1998 (BGBl. I 747) ersetzte außerdem in § 69 Abs. 3 Satz 2 das Wort „erteilter“ durch das Wort „ausgestellter“.
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§ 69 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
II.
III.
Rechtswidrige Anlasstat 1. Allgemeines | 42 2. Rechtswidrige Tat | 43 3. Konkretisierungen der Anlasstat a) Kraftfahrzeug | 44 b) „Führen“ eines Kraftfahrzeuges (Var. 1) aa) Begriff | 50 bb) Eigenverantwortlichkeit | 52 cc) Bewegungsvorgänge | 57 c) Im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges (Var. 2) aa) Funktionaler Zusammenhang | 61 bb) Taugliche Anlasstaten | 63 cc) Einzelne Fallgestaltungen | 65 dd) Personenidentität von Täter der Anlasstat und Führer des Kraftfahrzeuges? | 70 d) Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (Var. 3) | 73 4. Verurteilung zu einer Strafe oder Nichtverurteilung wegen (erwiesener bzw. nicht auszuschließender) Schuldunfähigkeit a) Verurteilung des Täters | 77 b) Nichtverurteilung des Täters | 80 Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen 1. Allgemeines | 83 2. Arten der Eignungsmängel a) Körperlich-geistige Eignungsmängel | 85 b) Charakterliche Defizite | 91 3. „Aus der Tat“ a) Einfluss des Eignungsmangels auf die Tat | 93 b) Keine Prüfung der Erforderlichkeit | 96 c) Verkehrsspezifischer Zusammenhang aa) Allgemeine Grundsätze und deren Entwicklung | 98 bb) Einzelne Fallgestaltungen | 103 4. Zeitpunkt der Beurteilung | 108 5. Gesamtwürdigung von Tat und Täter a) Allgemeines | 112
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b)
6.
Regelkatalog des Absatzes 2 aa) Allgemeines | 117 bb) Die einzelnen Regelbeispiele aaa) Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c) (Nr. 1) | 120 bbb) Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d) (Nr. 1a) | 121 ccc) Trunkenheit im Verkehr (§ 316) (Nr. 2) | 122 ddd) Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142) (Nr. 3) | 123 eee) Vollrausch (§ 323a) (Nr. 4) | 134 c) Widerlegung der gesetzlichen Vermutung aa) Allgemeines | 135 bb) Besondere Umstände in der Tat | 138 cc) Besondere Umstände in der Persönlichkeit des Täters | 142 dd) Besondere Umstände nach der Tat aaa) Allgemeines | 144 bbb) Beanstandungsfreies Verhalten im Straßenverkehr | 145 ccc) Vorläufige Führerscheinmaßnahmen | 147 ddd) Nachschulungskurse und freiwillige medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) | 150 eee) Tätige Reue beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort | 161 d) Feststellung der Ungeeignetheit bei Nicht-Katalogtaten aa) Allgemeines | 162 bb) Besondere Umstände in der Tat | 165 cc) Besondere Umstände in der Persönlichkeit des Täters | 169 dd) Besondere Umstände nach der Tat | 173 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 177 8
Entziehung der Fahrerlaubnis | § 69
IV.
V.
VI.
Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis 1. Kein Ermessen | 179 2. Umfang der Entziehung der Fahrerlaubnis | 184 3. Einziehung des Führerscheins (Absatz 3 Satz 2) | 187 4. Urteilsformel | 191 5. Begründung der Entscheidung (§ 267 Abs. 6 StPO) | 192 Wirkung und Durchsetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis 1. Erlöschen der Fahrerlaubnis (Absatz 3 Satz 1) | 197 2. Einziehung des Führerscheins (Absatz 3 Satz 2) | 201 3. Strafrechtliche Folgen der Nichtbeachtung | 204 4. Registrierung und Mitteilungspflichten | 209 Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) 1. Allgemeines | 213 2. Anordnung (Absatz 1) a) Voraussetzungen | 216 b) Entscheidung des Gerichts | 219 aa) Form der Entscheidung | 219 bb) Pflichtgemäßes Ermessen | 220 cc) Ausnahmen für bestimmte Kraftfahrzeugarten (Absatz 1 Satz 2) | 225 dd) Beschlussformel | 228 ee) Begründung der Entscheidung | 229 ff) Wirkung der Entscheidung | 230 c) Verfahren aa) Zuständigkeit | 232 bb) Rechtliches Gehör | 236
3.
Aufhebung der Anordnung (Absatz 2) a) Allgemeines | 237 b) Wegfall des Grundes (Var. 1) | 238 c) Nichtanordnung im Urteil (Var. 2) | 242 d) Zuständigkeit | 243 4. Beschlagnahme bzw. Sicherstellung und Rückgabe des Führerscheins (Absätze 3 bis 6) a) Wirkung der vorläufigen Entziehung (Absätze 3 und 6) | 244 b) Richterliche Entscheidung über die Beschlagnahme (Absatz 4) | 248 c) Rückgabe des Führerscheins (Absatz 5) | 249 5. Anrechnung vorläufiger Maßnahmen | 252 6. Entschädigung | 253 VII. Verfahrensrechtliches 1. Richterliche Hinweispflicht | 259 2. Notwendige Verteidigung | 261 3. Belehrungspflicht nach Urteilsverkündung | 263 4. Verständigung | 264 5. Rechtsmittel a) Rechtsmittelbeschränkungen aa) Allgemeines | 265 bb) Einzelne Fallgestaltungen | 268 b) Verschlechterungsverbot aa) Allgemeines | 276 bb) Einzelne Fallgestaltungen | 279 c) Besonderheiten im Revisionsrechtszug | 288 6. Wiederaufnahme des Verfahrens | 289 7. Kosten und Auslagen | 292
I. Allgemeines 1. Rechtsnatur sowie Sinn und Zweck. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis han- 1 delt es sich um eine Maßregel der Besserung und Sicherung. Diese Rechtsnatur wird in § 61 Nr. 5 ausdrücklich festgehalten, folgt aber bereits aus der Entstehungsgeschichte, der systematischen Stellung und den einzelnen Voraussetzungen der §§ 69 ff, nicht zuletzt der möglichen Anordnung auch gegenüber schuldunfähigen Tätern.6 Wegen des
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6 St. Rspr. seit BGHSt 7 165, 168; s. etwa auch BGHSt 50 93, 98; BGH NZV 2003 46. Aus dem Schrifttum statt vieler Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 1; Heuchemer BeckOK Rdn. 1; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; ausführl. Geppert S. 45 ff.
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Maßregelcharakters bestimmen sich die Voraussetzungen und Folgen der Maßnahme gemäß § 2 Abs. 6 nach dem Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung. Somit werden von nachfolgenden Gesetzesänderungen ebenso schon begangene Taten ergriffen.7 Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis dient allein dem Schutz der Si2 cherheit des Straßenverkehrs,8 bezweckt hingegen nicht die Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität, die lediglich einen „Schutzreflex“ darstellt.9 Das beschriebene Sicherungsbedürfnis ist gerechtfertigt, weil die ohnehin nicht unerheblichen Risiken des Straßenverkehrs für Leben, Gesundheit und Eigentum seiner Teilnehmer durch ungeeignete Kraftfahrer noch zusätzlich erhöht werden.10 Deshalb sollen Kraftfahrer, die ihre mangelnde (körperliche, geistige oder charakterliche) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen durch eine rechtswidrige Tat offenbart haben (§ 69 Abs. 1 Satz 1), für mindestens sechs Monate (§ 69a Abs. 1 Satz 1) vom motorisierten Straßenverkehr ferngehalten werden. Zum Ausdruck kommt die spezielle Schutzrichtung des § 69 vor allem in dem Erfordernis des verkehrsspezifischen Zusammenhangs zwischen Anlasstat und der Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs (näher Rdn. 98 ff). 3 Beruht die Ungeeignetheit des Betroffenen auf einem körperlichen oder geistigen Eignungsmangel, verfolgt die Maßnahme ausschließlich den Zweck der Sicherung. Wird die Fahrerlaubnis hingegen wegen charakterlicher Mängel entzogen, wirkt die Maßregel zugleich bessernd, indem sie für den Betroffenen ein spürbares Übel bildet und ihn positiv zu beeinflussen vermag.11 Doch stellt die Besserung selbst in diesem Fall nicht das eigentliche Ziel der Entziehung der Fahrerlaubnis dar, sondern bildet nur das Mittel, um die vorrangig erstrebte Sicherung zu erreichen.12 Denn maßregelrechtlich ist ein Täter schon „gebessert“, wenn sein Zustand eine Sicherung der Allgemeinheit nicht mehr erfordert.13 Demzufolge ist es etwa unzulässig, die Maßregel über den Zeitpunkt der Sicherung hinaus allein mit dem Anliegen weiterer Erziehung bzw. Besserung aufrechtzuerhalten.14 Wegen des ausschließlich spezialpräventiven Charakters der Entziehung der 4 Fahrerlaubnis ist allein die Gefährlichkeit des Täters für den öffentlichen Straßenverkehr maßgeblich, um dessen Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges als solche sowie deren voraussichtliche Dauer zu beurteilen.15 Die Schwere des begangenen Unrechts (und das dadurch begründete Sühnebedürfnis) sowie das Maß der individuellen Schuld geben hingegen grundsätzlich nicht den Ausschlag16 und dürfen nur berücksichtigt werden, soweit sie Rückschlüsse auf Art und Dauer der Ungeeignetheit gestatten.17 Ebenso wenig ist eine generalpräventive Handhabung der Maßregel – sei es ihrem Grund oder ihrer Dauer nach – zulässig.18 Soweit die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund
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7 S. hierzu OLG Oldenburg VM 1965 36, 37. 8 Eingeh. BGHSt 50 93, 98 ff; s. des Weiteren BGHSt 15 393, 397; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 2; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 1; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2; Fischer Rdn. 2; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Heuchemer BeckOK Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 1; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 1; Sinn SK Rdn. 2. 9 BGHSt 50 93, 99; s. auch die Empfehlung des 42. Deutschen Verkehrsgerichtstages in NZV 2004 122, 124; Sowada BA 41 (2004) 151, 152. 10 BGHSt 50 93, 98 f. 11 Vgl. schon KG VRS 8 (1955) 266, 271 f; ausführl. Geppert S. 80 ff; s. auch SSW/Harrendorf Rdn. 3. 12 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2. 13 Ebenso Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 6. 14 S. schon Geppert S. 77; ebenso Gontard FS Rebmann 211, 224. 15 BGHSt 50 93, 100. 16 Böse NK Rdn. 4; Sinn SK Rdn. 2. 17 BGHSt 7 165, 168; Geppert S. 91; Dencker StV 1988 454, 454; s. schon BTDrucks. IV/651 S. 16. 18 So auch OLG Düsseldorf NZV 1993 117; AG Bad Homburg NJW 1984 2840, 2841; Matt/Renzikowski/ Eschelbach Rdn. 2; Geppert S. 87 ff.
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ihrer spezialpräventiven Wirkung die Strafe von ihrer gleichfalls sichernden und bessernden Funktion entlastet, darf dieser Umstand aber bei der Strafzumessung zugunsten des Täters berücksichtigt werden (siehe hierzu Rdn. 164).19 Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis können für den Betroffenen schwerwiegende 5 Folgen einhergehen. Nicht zuletzt vermag die Maßregel (z.B. bei Berufskraftfahrern oder Handelsvertretern) erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zu ziehen, die hinter den Wirkungen eines Berufsverbots nach § 70 nicht zurückstehen.20 Auch in weniger gravierenden Fällen wird der Betroffene die Entziehung der Fahrerlaubnis häufig als belastende Sanktion, nicht selten sogar als „Hauptstrafe“ empfinden.21 Gleichwohl stellt die Entziehung der Fahrerlaubnis keine (Haupt- oder Neben-)Strafe dar.22 Ebenso wenig steht der Einordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßregel entgegen, dass sie in der Praxis faktisch offenbar als Nebenstrafe gehandhabt wird. Jedenfalls handelt es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis trotz ihres speziellen Sicherungszwecks um die in der Praxis am häufigsten verhängte Maßregel (zu den Statistiken Rdn. 34 f), was – selbst eingedenk der nicht zu vernachlässigenden Häufigkeit von (insbesondere alkoholbedingten) Straßenverkehrsdelikten – die Vermutung einer nach wie vor eher schematischen Anwendung der Entziehung der Fahrerlaubnis nahe legt.23 Indessen darf schon an dieser Stelle festgehalten werden, dass es bei der Entziehung der Fahrerlaubnis keinerlei Gerechtigkeit nach Taxen gibt (siehe insbesondere § 69a Rdn. 45). Demzufolge ist es nachvollziehbar, dass die Einordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßregel als „Etikett(en)schwindel“ kritisiert wird (hierzu sowie zur Reformdiskussion Rdn. 36 ff).24 2. Verfahrensrechtlicher Anwendungsbereich. In Abwesenheit des Angeklag- 6 ten ist die Entziehung der Fahrerlaubnis (oder auch die Anordnung einer isolierten Sperrfrist nach § 69a Abs. 1 Satz 3) zulässig, sofern der Angeklagte in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 232 Abs. 1 Satz 3 StPO). Gleichfalls kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn der Angeklagte auf seinen Antrag hin von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden wurde (§ 233 Abs. 1 Satz 3 StPO). Als Maßregel kann die Fahrerlaubnis des Weiteren im selbstständigen Sicherungs- 7 verfahren entzogen werden (§ 71 Abs. 2 StGB i.V.m. §§ 413 ff StPO).25 Auch in diesem Fall bedarf es jedoch einer willensgetragenen Handlung. Hingegen ermöglicht selbst § 71
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19 BayObLG NZV 1991 397; OLG Frankfurt a.M. NJW 1971 669, 670; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 1; näher Geppert S. 166 ff; in diese Richtung bereits BTDrucks. IV/651 S. 16. 20 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; Fischer Rdn. 2; Hartung DRiZ 1953 120, 120; Parigger StraFo 2011 447, 450. 21 S. nur BGHSt 15 393, 398, wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis „die einschneidendste Maßnahme des Verkehrsstrafrechts bildet, die von dem Betroffenen meist schmerzlicher als Strafe empfunden und im Volke als Strafe oder mindestens auch als Sühne für das begangene Unrecht angesehen wird“. Zur Diskussion auch Voll Niederschriften IV S. 61 f. 22 S. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 1; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2; Kretschmer MK-StVR Rdn. 4; krit. zur Charakterisierung der Maßregeln im Allgemeinen Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1. 23 Ähnlich Kulemeier S. 275 ff; skeptisch auch Böse NK Rdn. 3; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; s. schon Cramer NJW 1968 1764, 1764. Bedenklich etwa OLG Stuttgart NJW 1968 1792, 1793, das der Entziehung der Fahrerlaubnis einen „nebenstrafartigen Charakter“ attestiert, sowie OLG Frankfurt a.M. NJW 1968 1793, 1794, wonach „insbesondere der Entziehung der Fahrerlaubnis auch eine faktische Straf-Sühne-Wirkung im Sinne einer ‚Nebenstrafwirkung‘ zuzusprechen ist“. 24 So bereits Cramer NJW 1968 1764, 1764; ebenso Böse NK Rdn. 3; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6 SSW/Harrendorf Rdn. 5; Beck DAR 1992 439, 440; Dencker StV 1988 454, 456: „Scheinlegitimation für eine ,vorläufig vollstreckbare Strafe‘“. 25 S. nur Böse NK Rdn. 7; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 14.
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Abs. 2 keine Entziehung der Fahrerlaubnis gegenüber einem Kraftfahrer, der den tatbestandlichen Erfolg durch „rein physiologische Vorgänge des sensitiv-somatischen Bereichs, die ohne Mitwirkung der Geisteskräfte des Menschen ablaufen und damit der Beherrschbarkeit durch den Willen entzogen sind“, verursacht hat.26 Die Fahrerlaubnis kann des Weiteren durch Strafbefehl (§ 410 Abs. 3 StPO) entzo8 gen werden. Als unbedenklich erweist sich diese Möglichkeit indessen nicht, wird die für die Feststellung der Ungeeignetheit erforderliche Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung auch der Täterpersönlichkeit doch allein nach Aktenlage vorgenommen.27 Einschränkend darf immerhin die nach § 69a Abs. 1 festzusetzende Sperrfrist, innerhalb derer dem Verurteilten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf, in einem Strafbefehl nicht mehr als zwei Jahre betragen (§ 407 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO). Obwohl Maßregeln der Besserung und Sicherung im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff StPO) an sich unzulässig sind (§ 419 Abs. 1 Satz 2 StPO), gestattet § 419 Abs. 1 Satz 3 StPO für die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Ausnahme. Im Privatklageverfahren ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung und damit 9 ebenso die Entziehung der Fahrerlaubnis schlechterdings ausgeschlossen (§ 384 Abs. 1 Satz 2 StPO). Erscheint die Entziehung der Fahrerlaubnis nach Lage der Dinge erforderlich, wird das angerufene Gericht daher die Privatklage nach § 383 Abs. 1 StPO abweisen. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens stellt das Gericht das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung nach § 206a StPO bzw. in der Hauptverhandlung nach § 389 StPO ein, wenn es eine Entziehung der Fahrerlaubnis als notwendig erachtet.28 Eine Verweisung nach § 270 StPO scheidet aus, da die Vorschrift im Privatklageverfahren nicht anwendbar ist.29 Ebenso wenig kommt die Maßregel bei einer Einstellung des Verfahrens in Be10 tracht. Unerheblich ist, ob das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses, z.B. bei Verjährung30 oder bei fehlendem Strafantrag,31 oder nach §§ 153 ff StPO32 eingestellt wird. Gleiches gilt für die Einstellung aufgrund eines Amnestiegesetzes, sofern die Entziehung der Fahrerlaubnis hierin nicht ausdrücklich zugelassen wird.33 Nicht ausgeschlossen ist in diesen Fällen allerdings eine verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 3 Abs. 1 StVG). Das Abweichungsverbot des § 3 Abs. 4 StVG findet bei Einstellungen keine Anwendung (Rdn. 21). 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften 11
a) (Strafgerichtliches und verwaltungsbehördliches) Fahrverbot. Neben der als Maßregel der Besserung und Sicherung ausgestalteten strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff) bestehen weitere Möglichkeiten, einen verkehrswidrig handelnden oder zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeigneten Täter vorübergehend oder dauerhaft vom öffentlichen Straßenverkehr auszuschließen. Gegenüber schuldfähigen Tätern kann nicht zuletzt ein strafgerichtliches Fahrverbot (§ 44) ausgesprochen wer-
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26 So für einen psychomotorischen Anfall aufgrund einer epileptischen Erkrankung OLG Schleswig VRS 64 (1983) 429, 430. 27 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 11; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 42; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 27. 28 Meyer-Goßner/Schmitt § 384 Rdn. 11; Valerius BeckOK-StPO § 384 Rdn. 5; Walther KK § 384 Rdn. 1. 29 Hilger LR26 § 384 Rdn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt § 384 Rdn. 11. 30 BayObLG DAR 1955 44; OLG Düsseldorf DAR 1967 87, 87; s. hierzu auch § 78 Abs. 1 Satz 1. 31 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 29; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28. 32 Böse NK Rdn. 7; Fischer Rdn. 7; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 16; SSW/Harrendorf Rdn. 12. 33 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 29; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; s. hierzu auch OLG Köln NJW 1954 1456.
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den. Das (in erster Linie spezialpräventiv als Warnungs- und Besinnungsstrafe, als vielzitierter „Denkzettel“34 konzipierte) Fahrverbot und die (der präventiven Gefahrenabwehr dienende) Entziehung der Fahrerlaubnis schließen einander grundsätzlich aus,35 setzt ein Fahrverbot doch einen Täter voraus, der sich (noch) nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat.36 Neben der Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. der Anordnung einer isolierten Sperrfrist kommt ein Fahrverbot somit nur in Betracht, wenn das Gericht dem Täter auch das Fahren mit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 FeV fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder nach § 69a Abs. 2 bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will (näher zum Verhältnis zwischen strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis und strafgerichtlichem Fahrverbot König LK § 44 Rdn. 16 ff).37 Ursprünglich stimmte die Nebenstrafe des Fahrverbots in ihren Voraussetzungen 12 mit der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis insoweit überein, als es jeweils einer Straftat „bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ bedurfte. Seit der Ausweitung des § 44 kurz vor Ende der 18. Wahlperiode durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2017 (BGBl. I 3202) ist eine solche verkehrsspezifische Anlasstat nach § 44 Satz 2 indessen nicht mehr erforderlich. Vielmehr „kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann“. Mit dieser Öffnung des Fahrverbots auf sämtliche Straftaten verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, auch außerhalb der Verkehrsdelikte – insbesondere im Bereich der unteren und mittleren Kriminalität – eine zusätzliche Möglichkeit zu schaffen, zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einzuwirken. Zugleich sollte dadurch die Verhängung und Vollstreckung vornehmlich kurzer Freiheitsstrafen vermieden werden (zur Kritik Rdn. 40). Begeht der Täter keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit, kommt 13 ein verwaltungsbehördliches Fahrverbot (§ 25 StVG) in Betracht. Anders als § 44 setzt es nach wie vor eine spezifische Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG voraus, die der Betroffene zudem unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen haben muss. Die Verhängung eines solchen Fahrverbots steht einer verwaltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 StVG (hierzu sogleich Rdn. 14 ff) nicht entgegen.38 b) Verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis aa) Allgemeines. Nach § 3 StVG i.V.m. den zugehörigen Ausführungsvorschriften 14 der §§ 46 f FeV ist – neben den Strafgerichten – auch und gerade die Fahrerlaubnisbehörde befugt, die Fahrerlaubnis zu entziehen (ergänzend hierzu die Entstehungsgeschichte). Zwar unterscheiden sich die Voraussetzungen der strafgerichtlichen und ver-
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34 S. nur Böse NK § 44 Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig § 44 Rdn. 1; titelgebend sogar für die Dissertation von Halecker: „Der ‚Denkzettel‘ Fahrverbot“. 35 BGH BA 55 (2018) 437; OLG Hamm BA 53 (2016) 189, 190; Böse NK Rdn. 5: „Exklusivitätsverhältnis“; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; SSW/Harrendorf Rdn. 7; zur Abgrenzung Halecker S. 30 ff. 36 Statt vieler BGH BA 55 (2018) 437; Böse NK § 44 Rdn. 6; Fischer § 44 Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig § 44 Rdn. 2. 37 BGH BA 55 (2018) 437; Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 44 Rdn. 8; Fischer § 44 Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig § 44 Rdn. 2. 38 OVG SaAnh. BA 47 (2010) 43, 46.
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waltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zuletzt darin, dass die letztgenannte Maßnahme keines Eignungsmangels bedarf, der in einer Anlasstat zum Ausdruck kommt; der Anwendungsbereich der verwaltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis ist somit ungleich umfassender. Indessen stimmen beide Maßnahmen in dem wesentlichen Punkt überein, dass der Betroffene sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben muss. Auch die behördliche Entziehung der Fahrerlaubnis ist somit rein präventiv ausgestaltet und dient dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die von der Teilnahme eines insoweit nicht (mehr) geeigneten Kraftfahrzeugführers am Straßenverkehr ausgehen.39 15 Um eine infolge der Doppelkompetenz von Strafgericht und Fahrerlaubnisbehörde überflüssige und aufwändige Mehrarbeit und sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit der Kollisionsnorm des § 3 Abs. 3 und Abs. 4 StVG den Vorrang der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis bestimmt.40 Hierfür lässt sich zudem deren Charakter als Maßregel der Besserung und Sicherung anführen, ist doch die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis ebenso wie die vergleichbaren behördlichen Entscheidungen in die Zukunft gerichtet und zieht sie die Gefährlichkeit des Täters für den öffentlichen Straßenverkehr zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung als maßgebliches Kriterium heran. Die dem Strafrichter übertragene Befugnis stimmt somit mit der Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde überein.41 bb) Berücksichtigungsverbot bei anhängigem Strafverfahren (§ 3 Abs. 3 StVG). Solange das Strafverfahren anhängig ist, konkretisiert § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG den Vorrang der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis. Danach darf die Fahrerlaubnisbehörde einen Sachverhalt, der Gegenstand eines Strafverfahrens ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 in Betracht kommt, nicht selbst zur Grundlage einer verwaltungsrechtlichen Entziehung erheben. Dieses Berücksichtigungsverbot gilt lediglich für Strafverfahren vor einem deutschen (und nicht vor einem ausländischen) Gericht, drohen ansonsten doch keine widersprüchlichen Entscheidungen.42 Zum Strafverfahren in diesem Sinne zählt auch das Sicherungsverfahren nach §§ 413 ff StPO.43 Ordnungswidrigkeitenverfahren genügen nicht;44 § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG ist in diesem Fall auch nicht entsprechend anwendbar.45 Dass § 3 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 StVG das Abweichungsverbot weitgehend auf Bußgeldentscheidungen erstreckt (hierzu Rdn. 23), legt vielmehr eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nahe, von einer generellen Gleichstellung in § 3 Abs. 3 StVG abzusehen.46 Anhängig ist das Strafverfahren in dem Zeitraum von der Einleitung des Ermitt17 lungsverfahrens bis zur Einstellung des Strafverfahrens bzw. bis zu dessen rechtskräfti-
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39 Heuchemer BeckOK Rdn. 5. 40 S. nur BTDrucks. I/2674 S. 8 f; BTDrucks. I/3774 S. 1 f; BVerwGE 80 43, 46; BVerwG NJW 2012 3669, 3672; VGH BW NZV 2007 326, 327; NJW 2014 484, 486; VBlBW 2016 149, 151; VRS 130 (2016) 256, 265; SächsOVG DAR 2017 650, 652; weiterführend Burmann DAR 2005 61; Czermak NJW 1963 1225, 1226 ff; Fromm/R. Schmidt NZV 2007 217. 41 BVerwGE 80 43, 46; VGH BW ZfS 2009 178, 179; DAR 2010 412, 413; VBlBW 2016 149, 151; OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40; NZV 2014 543, 544; vgl. auch OVG Bln-Bbg. NJW 2016 3385, 3386; SächsOVG DAR 2017 650, 652. 42 OVG MV NJW 2008 3016, 3017. 43 BGHSt 13 91, 97 f zu §§ 429a ff. StPO a.F.; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 15. 44 BayVGH BA 45 (2008) 84, 86; BA 52 (2015) 426, 427; OVG NRW BA 51 (2014) 196, 196; OVG SaAnh. BA 49 (2012) 327, 327; VRR 2013 237, 237 f; VG München DAR 2008 666, 667. 45 BayVGH BA 52 (2015) 426, 427; OVG SaAnh. BA 49 (2012) 327, 327. 46 OVG NRW NZV 2015 206, 207; aA Fromm/R. Schmidt NZV 2007 217, 219.
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gem Abschluss.47 Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht kommt, ist folglich allein der Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens, ab dem die Bindungswirkung des § 3 Abs. 3 StVG bereits eintritt.48 Später gewonnene Erkenntnisse sind ohne Belang. Dies gilt etwa für die bloße Ankündigung der Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen, da dies andere Entscheidungen nicht auszuschließen vermag, selbst wenn die Einstellung nur noch als Formalie erscheint.49 Unerheblich sind des Weiteren das – für das Tatgericht ohnehin nicht verbindliche – Absehen der Staatsanwaltschaft von einem Antrag auf Entziehung der Fahrerlaubnis in der Anklageschrift50 sowie die Mitteilung der Staatsanwaltschaft, dass „nach derzeitiger Einschätzung“ nicht von einer Entziehung der Fahrerlaubnis51 oder nicht mehr von der Verwirklichung einer Katalogtat des § 69 Abs. 2 auszugehen sei.52 Eine Entziehung der Fahrerlaubnis kommt im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG in 18 Betracht, wenn eine solche Maßnahme nicht auszuschließen ist.53 Unerheblich ist, ob die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis mehr oder weniger wahrscheinlich ist.54 Erst recht bedarf es keiner überwiegenden Wahrscheinlichkeit ihrer Anordnung.55 Die diesbezüglich erforderliche strafrechtliche Bewertung obliegt nicht den Verwaltungsbehörden oder -gerichten, die somit nicht im Wege einer vorweggenommenen Beweiswürdigung prüfen dürfen, ob eine entsprechende Anlasstat gegeben ist.56 Eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis scheidet aber etwa aus, wenn der Täter die Straftat des § 316 als Radfahrer begeht, setzt § 69 Abs. 1 Satz 1 doch eine rechtswidrige Tat voraus, die einen Bezug zum Führen eines „Kraftfahrzeuges“ aufweist (hierzu Rdn. 44 ff).57 Gleiches gilt bei dem Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 BtMG, sofern dieser Lebenssachverhalt in keinem Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder den Pflichten eines Kraftfahrzeugführers steht.58 Sollte sich die Fahrerlaubnisbehörde entgegen § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG vor dem rechts- 19 kräftigen Abschluss des Strafverfahrens mit dem Sachverhalt befassen, ist eine entsprechende Entscheidung mangels Befugnis (formell) rechtswidrig. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Verwaltungsentscheidung.59 Nichtig ist der Verwaltungsakt mangels eines schweren und offensichtlichen Fehlers indessen nicht.60 Zwar kann eine etwaige Entziehungsverfügung nicht etwa dadurch geheilt werden, dass später in dem Strafverfahren die Ungeeignetheit des Betroffenen zum Führen eines Kraftfahrzeuges festgestellt wird.61 Da es sich bei § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG aber lediglich um eine verfahrensrechtliche Vorschrift handelt, ist
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47 OVG SaAnh. NJW 2010 3465, 3465; BA 49 (2012) 327, 327; VG Osnabrück BA 44 (2007) 400, 401; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 15; Krieger DAR 1963 7, 9. 48 VG Meiningen ThürVBl. 2011 256, 257; VG Osnabrück BA 44 (2007) 400, 401 f. 49 VGH BW NJW 2014 484, 486. 50 VG Osnabrück BA 44 (2007) 400, 402. 51 VG Neustadt an der Weinstraße SVR 2016 158, 159. 52 VG Hamburg ZfS 2015 299, 299 f. 53 VG München DAR 2008 666, 667; Koehl DAR 2012 682, 683. 54 VGH BW NJW 2014 484, 486; VG Hamburg ZfS 2015 299, 300; VG Meiningen ThürVBl. 2011 256, 257; VG Neustadt an der Weinstraße SVR 2016 158, 159; VG Osnabrück BA 44 (2007) 400, 401. 55 VG München DAR 2008 666, 667. 56 OVG Nds. BA 45 (2008) 205, 207. 57 OVG Bln-Bbg. NJW 2016 3385, 3385 f; VG Augsburg BA 44 (2007) 270, 271. 58 BayVGH BA 52 (2015) 426, 427; OVG RhPf. VRS 133 (2017) 42, 43; s. auch VG Ansbach BA 45 (2008) 156, 158. 59 BVerwG NJW 2005 3081, 3081; NJW 2012 3669, 3672; VGH BW NZV 2007 326, 327; NJW 2014 484, 486. 60 VG München DAR 2008 666, 667; Koehl DAR 2012 682, 684. 61 OVG Koblenz NZV 2006 559, 560; and. wohl VG München DAR 2008 666, 668.
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der Verstoß hiergegen gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, sofern sich der Fehler offensichtlich nicht auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt hat.62 Ebenso scheidet bei einer unberechtigten Aufforderung, ein Gutachten beizubringen, eine nachträgliche Heilung (z.B. durch zwischenzeitliche Einstellung des Strafverfahrens) zwar aus.63 Legt der Kraftfahrer aber ein Gutachten vor, sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse verwertbar sein, schaffe das Gutachten doch eine neue Tatsache mit selbstständiger Bedeutung.64 cc) Verbot der abweichenden Entscheidung nach Abschluss des Strafverfahrens (§ 3 Abs. 4 StVG). Das Berücksichtigungsverbot des § 3 Abs. 3 StVG wird durch die Vorschrift des § 3 Abs. 4 StVG für die Zeit nach dem Abschluss des Strafverfahrens ergänzt und geht zu diesem Zeitpunkt in das Verbot einer abweichenden Entscheidung über. Das Berücksichtigungsverbot reicht somit zwar in seiner Wirkung über das Abweichungsverbot hinaus, erledigt sich aber mit dem Abschluss des Strafverfahrens und stellt folglich nur ein vorübergehendes Verfahrenshindernis dar.65 Da die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG normativ an das in § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG genannte Strafverfahren anknüpft, müssen dessen Voraussetzungen auch insoweit vorliegen. Das Abweichungsverbot gilt daher insbesondere nur dann, wenn im abgeschlossenen Strafverfahren überhaupt eine Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht kam.66 Das Abweichungsverbot des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG besagt, dass die Fahrerlaubnis21 behörde vom Inhalt des Urteils nicht zum Nachteil des Inhabers der Fahrerlaubnis abweichen darf. Von einem Urteil in diesem Sinne kann nur bei reinen Sachentscheidungen die Rede sein. Strafbefehle sowie gerichtliche Entscheidungen, welche die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 204 StPO) oder den Erlass eines Strafbefehls ablehnen (§ 408 Abs. 2 StPO), stehen nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 StVG einem Urteil gleich. Hingegen entfalten Einstellungen, sei es nach §§ 153 ff oder nach § 170 Abs. 2 StPO, keine Bindungswirkung.67 Die Reichweite der Bindung eines Urteils im Strafverfahren (bzw. anderer gleich22 stehender Entscheidungen nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 StVG) erstreckt sich gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG sowohl auf die Feststellung des Sachverhaltes als auch auf die Beurteilung der Schuldfrage sowie der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Sonstige Umstände unterfallen nicht der Bindungswirkung. Sollte etwa das Strafgericht den Täter als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansehen, aber von der Entziehung der Fahrerlaubnis bestimmte Fahrzeugklassen (rechtsfehlerhaft; siehe Rdn. 185) ausnehmen, wäre die Fahrerlaubnisbehörde nicht generell daran gehindert, die Fahrerlaubnis auch für die vom Strafgericht ausgenommenen Fahrzeugklassen zu entziehen.68 Bei Bußgeldentscheidungen gilt das Verbot abweichender Entscheidung nach § 3 23 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 StVG nur für die Feststellung des Sachverhaltes und die Beurteilung der Schuldfrage. Keine Bindungswirkung kommt in einem Bußgeldverfahren hingegen den verhängten Rechtsfolgen zu, so dass die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen nach wie vor die Fahrerlaubnis entziehen kann.69 Insbesondere mit einem nach
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62 S. hierzu OVG Nds. BA 45 (2008) 205, 207; OVG SaAnh. NJW 2010 3465, 3466; BA 49 (2012) 327, 328. 63 VGH BW NJW 2014 484, 487. 64 BayVGH SVR 2011 389, 393 f. 65 BVerwG NJW 2012 3669, 3672; VGH BW NJW 2014 484, 486; VG Hamburg ZfS 2015 299, 299. 66 OVG NRW VRS 129 (2015) 161, 162. 67 Fischer Rdn. 59; Wendlinger NZV 2006 505, 507. 68 OVG RhPf. BA 46 (2009) 234, 234 f; s. hierzu auch VG Frankfurt a.M. NJW 1991 3235, 3235 f. 69 BVerwG NJW 1994 1672; OVG SaAnh. BA 49 (2012) 327, 327 f; NJW 2016 3320, 3321 f; VG Ansbach BA 45 (2008) 156, 158.
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§§ 24, 24 a i.V.m. § 25 StVG verhängten Fahrverbot wird ohnehin nicht über die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen befunden, sondern handelt es sich hierbei um eine erzieherische Nebenfolge.70 Maßgeblich für die Bindungswirkung sind – wie sich auch dem Wortlaut des § 3 24 Abs. 4 Satz 1 StVG („vom Inhalt des Urteils“) entnehmen lässt – die schriftlichen Entscheidungsgründe. Nicht von Bedeutung ist der Inhalt der Sitzungsniederschrift.71 Ebenso wenig sind die Fahrerlaubnisbehörden und Verwaltungsgerichte zu ergänzenden Ermittlungen zum Inhalt des Urteils (z.B. durch Vernehmung des Strafrichters) angehalten.72 Die Bindungswirkung kann auch von einer rechtsfehlerhaften (aber wirksamen) strafgerichtlichen Entscheidung ausgehen.73 Ordnet das Strafgericht irrtümlich etwa nur eine isolierte Sperrfrist an, ohne zugleich die bestehende Fahrerlaubnis des Täters zu entziehen, ist hiermit für die Fahrerlaubnisbehörde verbindlich über die Nichteignung des Betroffenen für die Dauer der Sperrfrist entschieden.74 Der Fahrerlaubnisbehörde bleibt es verwehrt, das Strafurteil auf dessen inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen.75 Die Bindungswirkung entfällt, wenn ein Strafurteil überhaupt keine Ausführun- 25 gen etwa zur Eignung des Kraftfahrers enthält (z.B. wegen bereits bestehender Zweifel an der für § 316 erforderlichen Fahruntüchtigkeit)76 oder es jedenfalls unklar bleibt, ob das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat.77 Ebenso wenig ist die Fahrerlaubnisbehörde an die Entscheidung des Strafrichters gebunden, wenn sich den Entscheidungsgründen nicht sicher entnehmen lässt, wie der Strafrichter die Eignung des Kraftfahrers beurteilt hat.78 Dementsprechend muss sich nach § 267 Abs. 6 Satz 2 (gegebenenfalls i.V.m. § 409 Abs. 1 Satz 3) StPO aus den Gründen auch stets ergeben, weshalb – z.B. wegen zu verneinender Ungeeignetheit oder mangels des nach § 69 erforderlichen Zusammenhangs zwischen Anlasstat und Führen eines Kraftfahrzeuges – der Strafrichter von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen und lediglich ein Fahrverbot (§ 44) verhängt hat, obwohl die Anlasstat eine Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht kommen ließ.79 Unerheblich ist insoweit, ob der Strafrichter die Eignung des Täters positiv konstatiert oder lediglich negativ keinen Eignungsmangel festgestellt hat.80 Nach der Rechtsprechung soll eine Bindungswirkung des Weiteren auch dann entfallen, wenn das Berufungsgericht entgegen dem erstinstanzlichen Gericht von einer Entziehung der Fahrerlaubnis absieht, weil aufgrund des Zeitablaufs die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr festgestellt werden könne, ohne selbst die Eignungsfrage abschließend zu beurteilen.81 Das Abweichungsverbot des § 3 Abs. 4 StVG bezieht sich nur auf denjenigen Sach- 26 verhalt, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gewesen ist. „Ge-
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70 BVerwG NJW 1994 1672. 71 SächsOVG DAR 2017 650, 652. 72 SaarOVG BA 52 (2015) 162, 162. 73 VG Frankfurt a.M. NJW 1991 3235, 3235; Burmann DAR 2005 61, 63. 74 OVG Brem. DAR 1975 307, 307 f; s. auch OVG Nds. DAR 2016 100, 101 zur Auslegung eines Strafbefehls. 75 VGH BW ZfS 2009 178, 180; Geiger NZV 2005 623, 624. 76 OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40; OVG SaAnh. BA 47 (2010) 43, 44. 77 VGH BW ZfS 2009 178, 179; DAR 2010 412, 413; VBlBW 2016 149, 151; OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40; NZV 2014 543, 544. 78 Vgl. VGH BW DAR 2010 412, 413; VRS 130 (2016) 256, 265; Koehl DAR 2012 682, 686. 79 BayVGH BA 41 (2004) 561, 562; OVG NRW DAR 2004 721, 722; NZV 2014 543, 544; SächsOVG DAR 2017 650, 652; VG Frankfurt a.M. NJW 2002 80, 81. 80 BVerwGE 80 43, 47 f; VGH BW DAR 2010 412, 413; Hentschel NZV 1989 100, 101. 81 BVerwGE 80 43, 48 ff; VG Frankfurt a.M. VRS 74 (1988) 394, 396; krit. Hentschel NZV 1989 100, 101 f; K. Himmelreich DAR 1989 285, 286 ff.
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genstand der Urteilsfindung“ in diesem Sinne ist zwar nicht nur die Tat im materiellrechtlichen Sinn, sondern der gesamte Vorgang, auf den sich die strafrechtliche Untersuchung erstreckt.82 Allerdings bleibt zu beachten, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer umfassenden Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen und seiner daraus folgenden künftigen Gefährlichkeit zu beurteilen hat, während der Strafrichter die Persönlichkeit des Täters nur würdigen darf, soweit sie in der jeweiligen Anlasstat (hierzu Rdn. 93 ff) zum Ausdruck gekommen ist.83 Keine Bindung der Fahrerlaubnisbehörde besteht demzufolge, soweit sie einen anderen oder umfassenderen Sachverhalt als das Strafgericht zu berücksichtigen hat.84 Dies gilt nicht zuletzt bei neu hervorgetretenen Tatsachen, die erst nach dem strafgerichtlichen Urteil eingetreten sind oder die der Strafrichter zuvor übersehen hatte.85 Ein derartiges Übersehen ist jedoch nicht anzunehmen, wenn das Strafgericht die Tatsachen (wie etwa Vorstrafen des Täters) jedenfalls in der Strafzumessung beachtet hat.86 Ebenso wenig vermag eine bloße neue Würdigung bereits bekannter Tatsachen einen anderen oder umfassenderen Sachverhalt zu begründen und dem Abweichungsverbot entgegenzustehen.87 Nach seinem Wortlaut gilt § 3 Abs. 4 StVG ausdrücklich nur für das verwaltungs27 rechtliche „Entziehungsverfahren“. Insoweit bleibt zunächst hervorzuheben, dass die Bindungswirkung nicht nur die Entziehung der Fahrerlaubnis als solche, sondern das gesamte verwaltungsbehördliche Entziehungsverfahren einschließlich etwaiger vorbereitender Maßnahmen erfasst.88 Während eines anhängigen Strafverfahrens ist es deshalb beispielsweise unzulässig, ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzufordern (§ 46 Abs. 3 i.V.m. §§ 11 ff FeV).89 Umstritten ist, ob die zu § 3 Abs. 4 StVG entwickelten Grundsätze auch bei der Neu28 erteilung der Fahrerlaubnis nach Ablauf einer strafgerichtlichen Sperrfrist anwendbar sind. Hierfür wird angeführt, dass die Versagung der Neuerteilung einer nachträglichen Verlängerung der Sperrfrist gleichkomme und somit letztlich eine unzulässige Abänderung des Urteils nach sich ziehe.90 Zudem sei es Sinn und Zweck des § 3 Abs. 4 StVG, im Hinblick auf die bei Entziehung der Fahrerlaubnis gesetzlich bewusst beibehaltene Doppelkompetenz von Strafgericht und Verwaltung aufwändige Mehrfachprüfungen und widersprüchliche Entscheidungen möglichst zu vermeiden. Dieses Anliegen gelte aber für das Entziehungs- wie für das Wiedererteilungsverfahren gleichermaßen.91 Demzufolge will eine vor allem früher vertretene Auffassung der strafrichterlichen Beurteilung
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82 BVerwG NJW 2012 3669, 3672; VGH BW NJW 2014 484, 487; BayVGH BA 52 (2015) 426, 427; OVG Nds. BA 45 (2008) 205, 206; OVG SaAnh. NJW 2010 3465, 3465; VG Meiningen ThürVBl. 2011 256, 257. 83 Statt vieler BGHSt 15 393, 396; BVerwGE 80 43, 44 f; VGH BW ZfS 2009 178, 179; DAR 2010 412, 413; VBlBW 2016 149, 151; OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40. 84 BVerwGE 80 43, 47; VGH BW NZV 2007 326, 327; ZfS 2009 178, 179; DAR 2010 412, 413; VBlBW 2016 149, 151; VRS 130 (2016) 256, 265; OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40; NZV 2014 543, 544; SächsOVG DAR 2017 650, 652. S. auch VG Neustadt an der Weinstraße SVR 2016 158, 159 f zur verwaltungsrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des regelmäßigen Konsums von Cannabis bei anhängigem Strafverfahren wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter Drogeneinfluss. 85 BVerwG NZV 1988 37. 86 VGH BW DAR 2010 412, 413. 87 VGH BW DAR 2010 412, 413. 88 BVerwGE 80 43, 45 f; VGH BW ZfS 2009 178, 179 f; NJW 2014 484, 486; OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40; NZV 2014 543, 544. 89 BVerwGE 80 43, 46; VGH BW ZfS 2009 178, 180; DAR 2010 412, 413; NJW 2014 484, 486; OVG NRW BA 50 (2013) 40, 40; VG Hamburg ZfS 2015 299, 299. 90 Vgl. OVG Bln. VRS 24 (1963) 149, 155 f. 91 S. etwa OVG Bln. VRS 24 (1963) 149, 154 f; Mahlberg DAR 2010 712, 713.
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durch eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 4 StVG auch für das Wiedererteilungsverfahren nach abgelaufener Sperrfrist den Vorrang einräumen.92 Einschränkend soll zum Teil eine Bindungswirkung nach Vorbild des § 3 Abs. 4 StVG zwar nicht generell, aber bei Abkürzung der Sperrfrist durch das Strafgericht nach § 69a Abs. 7 zu bejahen sein.93 Eine solche nachträgliche Entscheidung des Gerichts hebe nicht nur das frühere Verbot der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auf, sondern bejahe aufgrund neu festgestellter Tatsachen nunmehr die Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen und sei deshalb für die Verwaltung bindend. Diese Argumente lassen indessen außer Acht, dass es sich bei der in § 3 Abs. 4 StVG 29 normierten Vorrangstellung der strafgerichtlichen Entscheidung um eine Ausnahme handelt, die der Deckungsgleichheit der dem Strafgericht übertragenen Befugnis zur Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde geschuldet ist (siehe schon Rdn. 15). Für die (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis ist hingegen ausschließlich die Fahrerlaubnisbehörde zuständig, so dass es keiner Abstimmung mit den Tätigkeiten der Strafgerichte bedarf.94 Nicht zuletzt ist allgemein anerkannt, dass der bloße Ablauf der Sperrfrist die Fahrerlaubnisbehörde nicht automatisch zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis verpflichtet. Dies gilt unabhängig davon, ob die ursprünglich festgesetzte Sperre durch Zeitablauf endet oder nach § 69a Abs. 7 vorzeitig aufgehoben wird. Alles andere läuft auf ein Modell der Befristung hinaus, das der Gesetzgeber (zwar für die kurzfristige Denkzettelstrafe des Fahrverbots vorgesehen, doch) für die länger wirkende Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis bewusst abgelehnt hat. Hiermit geht einher, dass die Prognose des Tatrichters gerade keine (positive oder negative) Aussage über die Geeignetheit des Verurteilten zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Fristablauf enthält und seine (ohnehin auf die Anlasstat sowie auf den Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung beschränkte) Beurteilung nicht in das spätere Neuerteilungsverfahren hineinwirken darf. Zudem können die für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen erheblich über die insoweit erfolgte Beweisaufnahme im Strafverfahren hinausgehen. 95 Demzufolge hat nach zutreffender herrschender Meinung die Fahrerlaubnisbehörde grundsätzlich frei und unabhängig von der früheren strafgerichtlichen Entscheidung selbstverantwortlich zu prüfen, ob zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis vorliegen, d.h. ob nach Ablauf der Sperrfrist die erforderliche Eignung wieder vorhanden ist oder nicht.96 Dass die Fahrerlaubnisbehörde über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis grund- 30 sätzlich eigenverantwortlich entscheidet, schließt eine Bindung an die frühere Beurteilung des Strafgerichts jedoch nicht kategorisch aus. Vielmehr hat die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung über die Eignung eines Kraftfahrers aus Gründen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes der Beurteilung des Strafrichters im Entziehungsverfahren „besonderes Gewicht“ beizumessen, falls im Neuerteilungsverfahren keine für
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92 So vor allem OVG Bln. VRS 24 (1963) 149, 154 ff; ebenso schon zuvor Czermak NJW 1962 1265, 1266; Friedrich DVBl 1957 523, 525; hierzu ferner Martens NJW 1963 139, 139 f; Schmid DAR 1968 1, 8; Seiler DAR 1974 260, 265; auf dieser Linie wohl auch BayVGH VRS 53 (1977) 477, 478. 93 S. insbes. Schendel S. 60 ff; ferner Oberpottkamp S. 137 f; Beine FS Lange 839, 849 f; tendenziell offenbar auch Mahlberg DAR 2010 712, 713; hiergegen Scheufen/Müller-Rath NZV 2006 353, 355 ff. 94 VGH BW VRS 130 (2016) 256, 263 f. 95 VGH BW VRS 130 (2016) 256, 264. 96 S. nur BGHSt 15 393, 399; BVerwGE 17 347, 349 f; VGH BW VRS 130 (2016) 256, 263 f; HessVGH NJW 1965 125, 125; OVG NRW NJW 1956 966, 967; s. hierzu auch BVerfGE 20 365, 370 f (m. krit. Anm. Rupp NJW 1968 147). Aus dem Schrifttum Kulemeier S. 144 f; Hartung NJW 1965 86, 88; Krieger DAR 1963 7, 11; Theuerkauf DÖV 1964 446, 447 ff.
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die Beurteilung der Eignung maßgeblichen neuen Umstände hervortreten.97 Dies bedeutet zum einen, dass die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel von den für die Fahreignung relevanten strafgerichtlichen Feststellungen ausgehen darf, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, vor allem neue Tatsachen oder Beweismittel als Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO gegeben sind.98 Zum anderen besteht aber im Anschluss an Geppert LK12 Rdn. 119 eine Art „Achtungspflicht“99 gegenüber der Beurteilung durch den Strafrichter. Die Fahrerlaubnisbehörde muss sich daher bei ihrer Entscheidung mit der strafrichterlichen Beurteilung auseinandersetzen und darf bei unverändertem Sachverhalt die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht aus Gründen versagen, die der Strafrichter bei seiner Entscheidung bereits berücksichtigt hat.100 Ihrem umfassenden Prüfungsauftrag entsprechend ist die Fahrerlaubnisbehörde jedoch nicht auf die Prüfung nur neuer Tatsachen beschränkt. Dies würde dem Anliegen, andere Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrern zu schützen, nicht gerecht.101 31
c) Auflagen und Weisungen. Zunehmend wird erwogen, auch durch Auflagen oder Weisungen Verbote auszusprechen, die in ihrer Wirkung der Entziehung der Fahrerlaubnis entsprechen. Bei der Strafaussetzung zur Bewährung und somit jedenfalls gegenüber erwachsenen Tätern erscheint ein solcher Weg jedoch nicht gangbar. Eine (der Genugtuung für begangenes Unrecht dienende) „Auflage“, für eine bestimmte Zeit kein Kraftfahrzeug zu führen bzw. keine Fahrerlaubnis zu erwerben, scheitert bereits am abschließenden Katalog des § 56b Abs. 2 Satz 1. Die zulässigen „Weisungen“ sind in § 56c Abs. 2 zwar nicht abschließend aufgezählt („namentlich“). Gleichwohl ist nach vorzugswürdiger (und nach wie vor herrschender) Meinung die Entziehung der Fahrerlaubnis stets nur dann anzuordnen, wenn die Voraussetzungen der §§ 69 ff erfüllt sind. Der „erzieherische“ Umweg über § 56c scheidet aus, da ansonsten die speziellen Maßregelvoraussetzungen unterlaufen zu werden drohen.102 Die Besserung des Täters wird bei der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis vielmehr nur im Rahmen ihrer Sicherungsaufgabe erstrebt (dazu schon Rdn. 3).103 Bei der Anordnung von Führungsaufsicht schließen es in letzter Zeit indessen eini32 ge Gerichte nicht mehr aus, über eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 auch ein allgemeines Verbot zum Halten bzw. Führen eines Kraftfahrzeuges auszusprechen. Hierfür wird unter anderem auf den Wortlaut der Vorschrift („Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen“) und den Zweck der Maßregel der Führungsaufsicht verwiesen, die Gefahr weiterer Straftaten zumindest zu verrin-
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97 BVerwGE 17 347, 351 f; Sch/Schröder/Kinzig § 69a Rdn. 2; ähnlich BayVGH VRS 53 (1977) 477, 478. 98 VGH BW VRS 130 256, 264; vgl. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 17. 99 So schon Hentschel DAR 1979 317, 320; ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 58; K. Himmelreich NZV 2005 337, 343. 100 Ebenso Mahlberg DAR 2010 712, 713; s. auch Hentschel/König/Dauer/König § 69a Rdn. 19. Insoweit sind die Unterschiede zur zuvor (Rdn. 28) dargestellten Gegenansicht indessen gering, soll etwa nach OVG Bln. VRS 24 (1963) 149, 156 die Verwaltung an die Beurteilung der Strafgerichte nur dann gebunden sein, „wenn sich im Erteilungsverfahren keine neuen Tatsachen ergeben, die das Strafgericht nicht berücksichtigen konnte oder nicht berücksichtigt hat“. 101 HessVGH NJW 1965 125, 125 f. 102 OLG Hamm VRS 10 (1956) 49, 50; BeckRS 2016 17734 Rdn. 19; Fischer § 56c Rdn. 4; HeintschelHeinegg BeckOK § 56c Rdn. 5; Ostendorf NK § 56c Rdn. 4; aA Sch/Schröder/Kinzig § 56c Rdn. 12. 103 Ebenso Mrozynski JR 1983 397, 402; hierzu auch Hartung DRiZ 1958 51. Vgl. des Weiteren BVerfG NJW 1993 3315, 3315, wonach Weisungen, die lediglich auf die Sicherung und Überwachung von Geboten abstellen, sich nicht mit der spezialpräventiven Zielrichtung einer Weisung vertragen.
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gern.104 Dem bleibt aber wiederum entgegenzuhalten, die Voraussetzungen der §§ 69 ff auf diese Weise nicht umgehen zu dürfen.105 Ähnliches gilt bei Weisungen gegenüber Jugendlichen bzw. Heranwachsenden. 33 Zwar ist der Katalog jugendrichterlicher Weisungen in § 10 Abs. 1 Satz 3 JGG ebenso wenig abschließend („insbesondere“). Gleichwohl stellte sich die Weisung, sein Kraftfahrzeug für eine bestimmte Zeit nicht zu benutzen oder seinen Führerschein für diese Zeit zu den Akten zu geben, zumindest dann gleichfalls als unzulässige Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 69 ff dar, wenn die „Weisung“ als Reaktion auf ein Verkehrsdelikt lediglich der Sicherung der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer dienen soll.106 Angesichts der besonderen erzieherischen Aufgaben, die das Jugendstrafrecht mit der selbstständigen Sanktion des § 10 JGG verfolgt, gilt etwas anderes allenfalls dann, wenn mit der Weisung weniger präventiv der Schutz der Verkehrssicherheit gewährleistet als vielmehr rein erzieherisch auf den jugendlichen Täter eingewirkt werden soll, um dessen Lebensführung – etwa bei Verwahrlosungsgefahr wegen übertriebenen Motorsports oder bei der Aufnahme von Schulden, Diebstählen oder Betrügereien als Folge exzessiver Auto- oder Motorradleidenschaft – auf Dauer günstig zu beeinflussen.107 Umgekehrt kann gerade bei wiederholtem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) eine jugendrichterliche Weisung, innerhalb einer bestimmten Frist eine Fahrerlaubnis zu erwerben, kriminalpädagogisch und kriminalprophylaktisch sinnvoll sein, um den Verurteilten vor erneuten einschlägigen Straftaten zu bewahren.108 4. Kriminalstatistik. Von allen Maßnahmen, die den Täter vom öffentlichen Stra- 34 ßenverkehr ausschließen, wurden die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1) bzw. die isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3) nach ihrer Einführung im Jahr 1952 zunächst mit Abstand am häufigsten angeordnet. Über 60 % aller wegen einer Verkehrsstraftat verurteilten Personen erhielten diese Maßregel.109 Mitte der 1990er Jahre änderte sich das Verhältnis insbesondere zum verwaltungsbehördlichen Fahrverbot (§ 25 StVG) erheblich, als etwa dessen Anordnung durch Bußgeldbehörden 1993 im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um knapp 70 % und im Jahr darauf erneut um weitere knapp 50 % verzeichnete. 110 Demgegenüber sanken die Anordnungszahlen der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht unerheblich. Diese Entwicklung wurde durch die einschränkende Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2005 zum sog. verkehrsspezifischen Zusammenhang (BGHSt 50 93; näher Rdn. 98 ff) weiter verstärkt.111 Zudem scheinen zumindest die erstinstanzlichen Gerichte zunehmend bereit zu sein, bei einer erfolgreichen Teilnahme an einem Nachschulungskurs (nicht zuletzt für alkoholauffällige Ersttäter; näher Rdn. 150 ff) von der Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis gänzlich abzusehen. Um die rechtstatsächliche Bedeu-
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104 Ausführlich KG BA 53 (2016) 54, 55; OLG Frankfurt a.M. DAR 2011 472, 473 f. 105 Baur LK12 § 68b Rdn. 29; Groß MK § 68b Rdn. 8 und 18; Heuchemer BeckOK § 68b Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig § 68b Rdn. 11; Ostendorf NK § 68b Rdn. 14; s. auch OLG Hamm BeckRS 2016 17734 Rdn. 19. 106 OLG Düsseldorf NJW 1968 2156, 2157 m. zust. Anm. van Els; Mrozynski JR 1983 397, 402. 107 Ebenso OLG Braunschweig NdsRpfl 1969 235, 236; OLG Düsseldorf NJW 1968 2156, 2157; OLG Köln VRS 27 (1964) 186, 187; auf dieser Linie auch Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 9. 108 AG Saalfeld StV 2005 65, 66. 109 Zitiert nach Kulemeier S. 166 mit Fn. 118, wonach dieser Prozentsatz im Laufe der Jahre ständig stieg (von 32,5 % im Jahre 1953 über ca. 50 % erstmals im Jahre 1972 bis über 60 % seit 1981). 110 Statistische Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes, Reihe 6/1994 und Reihe 6/1996, jeweils Tabelle 2, S. 69. 111 So SSW/Harrendorf Rdn. 2; Kretschmer MK-StVR Rdn. 3.
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tung der strafgerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis einerseits und der verschiedenen Fahrverbote andererseits vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Gesetzeslage und im Hinblick auf die Reformdiskussion (nachfolgend Rdn. 36 ff) zahlenmäßig zu verdeutlichen,112 seien hier auszugsweise einige statistische Daten aufgelistet:
1974 1980 1990 1995* 2000 2005 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis 133.056 152.523 129.166 163.100 125.088 103.751 68.828 67.076 67.814 62.671 59.149 55.852 54.476
isolierte Sperre 30.127 40.312 32.635 51.600 37.433 31.343 24.384 27.399 25.492 24.016 23.795 24.246 25.609
verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis 4.195 7.331 11.747 16.600 19.974 37.491 40.993 42.638 44.047 44.079 40.633 40.110 40.093
strafgerichtliches Fahrverbot 19.136 34.515 34.197 36.200 35.946 35.468 27.918 28.933 28.323 26.832 26.547 25.611 26.488
verwaltungsbehördliches Fahrverbot 28.722 41.062 67.160 300.400 350.282 462.263 400.444 411.887 410.388 374.295 371.059 346.099 420.325
* Zahlen für 1995 auf Hunderte gerundet.
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Uneinheitlich wird die Wirksamkeit der Maßregeln beurteilt.113 Ausweislich früherer Statistiken war etwa bei alkoholauffälligen Ersttätern von einer Rückfallquote von 30 bis 35 % und bei Zweittätern von mehr als 60 % die Rede.114 Eine jüngere Untersuchung geht – ohne Unterscheidung nach Erst- oder Wiederholungstäter – davon aus, dass verurteilte Personen, denen gegenüber die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine isolierte Sperre angeordnet wurde, innerhalb der folgenden drei Jahre eine Rückfallquote von ca. 22 % aufweisen;115 zu den Auswirkungen von Nachschulungskursen auf die Rückfallquote Rdn. 152. Die Aussagekraft dieser Zahlen ist jedoch von vornherein fraglich, weil es jeweils an einer geeigneten Vergleichsgruppe mit Tätern fehlt, denen gegenüber nicht die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine isolierte Sperre angeordnet wurde. Obendrein besteht ein hohes Dunkelfeld gerade in Bezug auf (nicht sanktionierte) Trunkenheitsfahrten.116
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5. Reformüberlegungen. Diskussionen um die Reform der Entziehung der Fahrerlaubnis sind so alt wie die Sanktion selbst.117 Letztlich wird immer wieder der mehr oder
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112 Hierzu etwa auch Heinz FS Geppert 187, 214 ff. 113 Krit. etwa Sinn SK Rdn. 2; positiver hingegen Schöch Gutachten C für den 59. DJT (1992), S. 114 m.w.N.: „durchaus zufriedenstellend“. 114 BRDrucks. 540/81 S. 2; krit. Schöch Gutachten C für den 59. DJT (1992), S. 114. Zur Rückfallquote bei Mehrfachtätern auch Hillmann DAR 2003 546, 550; Lutze BA 35 (1998) 366; Werwath/Bornemann/ Wischhusen/Püschel BA 37 (2000) 126. 115 Jehle/Albrecht/Hohmann-Fricke/Tetal S. 59. 116 SSW/Harrendorf Rdn. 3. 117 Zur Frage der Reformbedürftigkeit der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis s. etwa die der Kommentierung unter b) vorangestellte Spezialliteratur. Zusf. Gontard FS Rebmann, S. 211, 213 ff; s. ferner die in Niederschriften IV S. 61 ff festgehaltene Diskussion.
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weniger deutlich artikulierte Vorwurf des „Etikettenschwindels“ erhoben, werde doch die vom Gesetz bewusst als Maßregel ausgestaltete Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff) nach Grund und Dauer faktisch als (Neben-)Strafe gehandhabt und vom Betroffenen im Übrigen zumeist auch als (Haupt-)Strafe empfunden (siehe schon Rdn. 5). Zum Beleg dafür wird vor allem auf die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 sowie die taxenartige Bemessung der Sperrfrist in der Praxis verwiesen, die im Normalfall des schuldhaft handelnden und aufgrund (nicht körperlicher oder geistiger, sondern) charakterlicher Eignungsmängel verkehrsuntauglichen Täters mehr am Tatschuldgedanken und am eingetretenen Verletzungs- oder Gefährdungserfolg als zukunftsgerichtet und gefährlichkeitsbezogen am Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit ausgerichtet sei.118 Im Anschluss an Vorschläge aus den 1960er und 1970er Jahren119 plädieren die An- 37 hänger einer sog. großen Lösung für eine umfassende Neugestaltung aller Maßnahmen des (vorübergehenden oder dauerhaften) Zwangsausschlusses verkehrsuntauglicher Kraftfahrer aus dem öffentlichen Straßenverkehr. Danach soll die Entziehung der Fahrerlaubnis als Sicherungsmaßnahme wieder ausschließlich den Verwaltungsbehörden vorbehalten (und somit zur Gesetzeslage vor dem StraßenVSichG zurückgekehrt) werden, während dem Strafrichter lediglich ein – durchaus auch längerfristiges120 – Fahrverbot zur Hand gegeben werden soll, das als Nebenstrafe auszugestalten sei.121 Als solche dürfe sie angesichts des rechtsstaatlich zwingenden Verbotes von Verdachtsstrafen (Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 2 EMRK) zwar nicht vorläufig angeordnet werden,122 sei aber in spezialpräventiv sinnvoller Weise mit begleitenden Weisungen (etwa in Form von Nachschulungskursen) zu unterstützen.123 Demgegenüber sprechen sich die Vertreter einer sog. kleinen Lösung dafür aus, die 38 Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßregel beizubehalten und zumindest punktuell zu verbessern.124 Die mitunter erhobene Forderung, die Entziehung der Fahrerlaubnis zur
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118 Statt vieler Baumann Forensia 8 (1987) 49, 51; Haffke FS Hamm 137, 151 ff. 119 So vor allem Cramer GedS Schröder 533, 544 ff sowie Beine ZRP 1977 295, 297; ders. BA 15 (1978) 261, 261 ff; s. auch K. Himmelreich DAR 1977 85; Koch DAR 1977 90, 93 ff; Rebmann DAR 1978 296, 299 ff Nachdrücklich gegenteiliger Ansicht Janiszewski DAR 1977 312; ders. GA 1981 385, 402; Schreiner DAR 1978 271; Sunder BA 16 (1979) 65, 67 ff; Thielen ZRP 1978 48. 120 Diskutiert werden Fahrverbote von bis zu einem (Kulemeier S. 336 ff), zwei (Antrag der Fraktion der CDU/CSU vom 20.7.1979, BTDrucks. 8/3072 S. 2), drei (Cramer GedS Schröder 533, 545) oder sogar fünf Jahren (so etwa Koch DAR 1977 90, 93 sowie – zudem als Hauptstrafe – der Vorschlag der Hessischen Kommission „Kriminalpolitik“ (StV 1992 202, 206); s. außerdem Cramer NJW 1968 1764, 1764 f). Die strafrechtliche Abteilung des 59. Deutschen Juristentages 1992 plädierte in ihrer abschließenden Abstimmung zwar dafür, das Fahrverbot in seinem früheren Anwendungsbereich zur Hauptstrafe (mit einer Dauer von maximal einem Jahr) zu erheben, stimmte aber zugleich mit deutlicher Mehrheit für die unveränderte Beibehaltung der Entziehung der Fahrerlaubnis als eine Maßregel der Besserung und Sicherung (NJW 1992 3016, 3022 f). 121 Beck DAR 1992 439, 440; Beine ZRP 1977 295, 297; ders. BA 15 (1978) 261, 275 ff; Cramer GedS Schröder 532, 544 ff; Rebmann DAR 1978 296, 300 f; krit. Schreiner DAR 1978 271, 272; zur Diskussion auch Koch DAR 1977 90, 93; Mahlberg NZV 1992 10, 10. Ähnlich auch Hillmann DAR 2003 546, 550, wonach der Strafrichter nur über die Verwirklichung bestimmter Straftaten entscheiden und/oder die charakterliche Ungeeignetheit des Täters feststellen soll, während es sodann allein den Verwaltungsbehörden obliege, verkehrsausschließende Maßnahmen anzuordnen. Krit. gegenüber einer möglichen Ausgestaltung der Entziehung der Fahrerlaubnis als Nebenstrafe Lackner Niederschriften IV S. 67 f. 122 Zur Einführung eines vorläufigen Fahrverbots (in Parallele zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a StPO) s. aber Gronemeyer S. 162 ff. Um nicht die als unverzichtbar erachtete Möglichkeit eines vorläufigen Ausschlusses aus dem Straßenverkehr zu verlieren, wurde de lege ferenda auch schon eine dem § 111a StPO entsprechende Vorschrift vorgeschlagen; so Cramer GedS Schröder 533, 547. 123 Rebmann DAR 1978 296, 300 f. 124 Janiszewski DAR 1977 312, 315 f; Menken DAR 1978 40, 42 f.
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Bewährung aussetzen zu können, 125 wird allerdings als maßregelwidrig angesehen. Schließlich knüpft die Maßnahme an die gefährlichkeitsbezogene und zukunftsgerichtete Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen an.126 Auch angesichts der hohen Dunkelziffer im Übrigen werden solche Überlegungen aus Gründen der Verkehrssicherheit als kaum zu verantworten abgelehnt.127 Angedacht wurde eine Ausdehnung der Bindung der Verwaltungsbehörden an die strafgerichtliche Beurteilung auch auf das Erteilungsverfahren (zum diesbezüglichen Streit um eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 4 StVG Rdn. 28 ff).128 Ansonsten beschränken sich die Vorschläge der kleinen Lösung im Wesentlichen auf eine verbesserte Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis oder der zwischen den Instanzen verstrichenen Sperrzeit,129 auf ein fakultatives Absehen von der Festsetzung einer Sperrfrist130 oder eine Verkürzung der Mindestsperrfristen des § 69a Abs. 4 Satz 2 und Abs. 7 Satz 2,131 auf erweiterte (berufsbezogene, zeitliche und/oder örtliche) Ausnahmen von der Sperre nach § 69a Abs. 2132 sowie vor allem auf eine verstärkte Berücksichtigung der Nachschulung, sei es schon im gesetzlichen Erkenntnisverfahren (§ 69 Abs. 2), de lege ferenda gegebenenfalls durch Einführung einer gestaffelten Sperrfrist, nachträglich im Abkürzungsverfahren (§ 69a Abs. 7) oder auch durch einen vermehrten Rückgriff auf die Einstellung unter einer Auflage nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO.133 Zum Teil wird für eine generelle sechsmonatige Sperrfrist ab Ablieferung des Führerscheins plädiert, wobei die Prognose, wann der Verurteilte wieder geeignet ist, Kraftfahrzeuge zu führen, zur Entlastung der Gerichte der Fahrerlaubnisbehörde überlassen werden soll.134 Außerdem wird vorgeschlagen, in den Regelkatalog des Absatzes 2 in einer zusätzlichen Nr. 5 auch die „Nötigung im Straßenverkehr“ aufzunehmen.135 Zum Teil wurden diese Anregungen einer punktuellen Überarbeitung der §§ 69 ff im 39 Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24.4.1998 (BGBl. I 747) aufgegriffen und mit Wirkung zum 1.1.1999 in Kraft gesetzt. So wurde die in § 69a Abs. 7 Satz 2 vorgesehene Mindestsperre von sechs Monaten auf drei Monate gesenkt. Zudem wurde der gesetzliche Auflagenkatalog des § 153a Abs. 1 StPO durch Einfügung einer neuen Nr. 5 in Satz 1 (inzwischen Satz 2 Nr. 7) dahin erweitert, dass auch die Teilnahme an einem Aufbauseminar im Sinne des § 2b Abs. 2 Satz 2 oder des § 4 Abs. 8 Satz 4 StVG (mittlerweile Fahreignungsseminar im Sinne des § 4a StVG) zur Einstellung des Verfahrens führen kann. Diese Maßnahmen sollen einen Anreiz dafür schaffen, an derartigen Kursen teilzunehmen, und das Gnadenverfahren136 von solchen Fällen entlasten.137
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125 Hierzu etwa K. Himmelreich DAR 1977 85, 88 f; Koch DAR 1977 90, 93; ders. DAR 1977 316. 126 Hentschel ZRP 1975 209, 212; Janiszewski DAR 1977 312, 315; ders. GA 1981 385, 393; Piesker NZV 2002 297, 302; Preisendanz DAR 1981 307, 313; Schultz BA 17 (1980) 1, 11 f. 127 Janiszewski GA 1981 385, 393 f. 128 K. Himmelreich DAR 1977 85, 87; s. auch Lohkamp S. 148 f für den Fall einer vorzeitigen Aufhebung der Sperre gemäß § 69a Abs. 7. 129 Abl. Schultz BA 19 (1982) 315, 326. 130 S. hierzu etwa Gollner GA 1975 129, 147; Hruby NJW 1979 854, 855; Werner DAR 1976 7, 9. 131 Für eine völlige Aufhebung der Mindestsperrfrist des § 69a Abs. 7 Satz 2 plädieren etwa Zabel/Zabel BA 29 (1992) 62, 68 ff; krit. gegenüber einer Reduzierung der Mindestsperrfrist des § 69a Abs. 7 Satz 2 Lohkamp S. 143. 132 Lohkamp S. 136 ff; Janiszewski GA 1981 385, 397 f; Schultz BA 19 (1982) 315, 325 f. 133 Eingeh. Riedmeyer BA 39 (2002) 208, 210 ff; vgl. zur Nachschulung auch Janiszewski GA 1981 385, 399 ff; Kürschner ZRP 1986 305, 306 f; Menken DAR 1978 40, 42 f; Schultz BA 19 (1982) 315, 326 ff. 134 H.J. Bode NZV 2004 7, 11 f; s. schon Schmid DAR 1968 1, 8 f. 135 So der Vorschlag von Kropp ZRP 2004 4, 4. 136 S. hierzu allg. H.J. Bode NZV 2004 7, 11; Fromm NZV 2011 329. 137 BRDrucks. 821/96 S. 96.
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Mit weiteren maßgeblichen gesetzlichen Veränderungen dürfte in naher Zukunft je- 40 denfalls bei der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zu rechnen sein. Eine große Neuerung im Bereich der verkehrsstrafrechtlichen Sanktionen brachte hingegen das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2017 (BGBl. I 3202) beim Fahrverbot (§ 44) mit sich. Seitdem ist es nicht mehr notwendig, dass die Anlasstat bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wird. Zudem wurde die Höchstdauer des Fahrverbots – außer im Jugendstrafrecht (§ 8 Abs. 3 Satz 2 JGG) – von drei auf sechs Monate angehoben.138 Demzufolge kann ein Fahrverbot nunmehr grundsätzlich bei jeder beliebigen Straftat auch ohne jeglichen Bezug zum Straßenverkehr angeordnet werden. Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 kommt dies namentlich dann in Betracht, wenn dies „zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann“. Auf diese Weise sollte der „Gestaltungsarmut der Strafen des allgemeinen Strafrechts“ begegnet werden.139 Dem Strafrichter soll dadurch auch jenseits verkehrsbezogener Delikte ermöglicht werden, zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einzuwirken, mithin im Bereich kleinerer und mittlerer Kriminalität flexibler zu sein und mitunter von kurzen Freiheitsstrafen abzusehen.140 Die nicht unbeachtlichen Bedenken gegenüber einer solchen Umgestaltung wurden nicht gehört. Unter anderem erweist sich der nunmehr zulässige Einsatz des Fahrverbots als fragwürdig, weil sich dessen Zusammenspiel mit den Hauptstrafen im Einzelfall als ungereimt erweist,141 ohnehin sich dessen Einhaltung im Vergleich zu anderen Strafen kaum kontrollieren lässt.142 Zudem wird dadurch eine im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG nicht unproblematische Sondersanktion für Fahrerlaubnisinhaber etabliert143 und ein möglicher Einstieg zur Normierung weiterer Nebenstrafen in Form diverser Freizeitverbote (z.B. Internet- oder Mobiltelefonverbot) geschaffen.144 6. Recht des Einigungsvertrages. Die §§ 69 ff sind auch auf (noch nicht abgeurteil- 41 te) sog. Alttaten anzuwenden, die vor dem 3.10.1990 auf dem räumlichen Gebiet der damaligen DDR begangen wurden (Art. 315 Abs. 1 EGStGB i.V.m. § 2 Abs. 6 StGB). Zur Behandlung von DDR-Führerscheinen Rdn. 189. Näher zur Rechtslage vor und nach der Herstellung der deutschen Einheit Geppert LK12 Rdn. 262 ff. II. Rechtswidrige Anlasstat 1. Allgemeines. Die Entziehung der Fahrerlaubnis setzt nach Absatz 1 Satz 1 zu- 42 nächst voraus, dass der Täter wegen einer rechtswidrigen Tat (sog. Anlasstat; Rdn. 43) verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wird, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist (Rdn. 77 ff). Hierbei werden die Anforderungen an die Anlasstat insoweit konkretisiert, als sie entweder bei dem Führen eines Kraftfahrzeuges (Var. 1; Rdn. 50 ff; zum Begriff des Kraftfahrzeuges Rdn. 44 ff) bzw. im Zusammenhang
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138 Zu entsprechenden früheren Reformvorschlägen aus dem Schrifttum Geppert LK12 Rdn. 14. 139 Schöch NStZ 2018 15, 15. 140 BTDrucks. 18/11272 S. 14. Zur Kritik etwa Fischer § 44 Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig § 44 Rdn. 1b jeweils m.w.N. 141 Fromm NJ 2018 140, 141 f. 142 Sch/Schröder/Kinzig § 44 Rdn. 1b; hierzu aber auch Verrel BRJ 2014 135, 138. 143 Th. Bode NZV 2017 1, 4 f; Fromm NJ 2018 140, 142; Janker DAR 2017 8, 13; verteid. etwa Verrel BRJ 2014 135, 137. 144 Sch/Schröder/Kinzig § 44 Rdn. 1b.
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mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges (Var. 2; Rdn. 61 ff) oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (Var. 3; Rdn. 73 ff) begangen werden muss. Diese Varianten lassen sich zwar nicht trennscharf voneinander abgrenzen. Allerdings erweist sich dies auch nicht als notwendig, da es für die Entziehung der Fahrerlaubnis genügt, dass eine dieser Voraussetzungen gegeben ist.145 Erfasst sind nicht nur Verkehrsstraftaten im eigentlichen Sinn (einschließlich Verkehrsordnungswidrigkeiten, die zu einer fahrlässigen Tötung oder Körperverletzung führen), sondern auch sämtliche sonstige mit Strafe bedrohte Handlungen, welche die beschriebenen Voraussetzungen erfüllen. Aus der Anlasstat muss sich ergeben, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (Rdn. 83 ff). Einer besonderen Prüfung der Verhältnismäßigkeit bedarf es nicht (Absatz 1 Satz 2; Rdn. 178). 43
2. Rechtswidrige Tat. Der Täter muss eine rechtswidrige Tat im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 begehen, d.h. den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen, ohne sich auf einen Rechtfertigungsgrund berufen zu können. Eine Ordnungswidrigkeit genügt nicht. Unerheblich sind der Deliktscharakter der Tat (Verbrechen oder Vergehen), die Beteiligungsform (Täterschaft oder Teilnahme) sowie das Verwirklichungsstadium (Vollendung oder – strafbarer – Versuch, sofern kein Rücktritt vorliegt).146 Die schuldhafte Begehung ist demzufolge zwar nicht erforderlich. Allerdings setzt die Anordnung der Maßregel ausweislich des Gesetzestextes voraus, dass der Täter entweder wegen der rechtswidrigen Tat verurteilt wird oder dass seine Verurteilung nur deshalb unterbleibt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist (näher Rdn. 77 ff). Wird die Schuld aus anderen Gründen verneint, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 69 ff hingegen ausgeschlossen (Rdn. 82). In diesem Fall – wie auch bei fehlender oder jedenfalls nicht zur Verurteilung führender Anlasstat – bleibt nur die verwaltungsrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 StVG oder § 46 FeV. 3. Konkretisierungen der Anlasstat
a) Kraftfahrzeug. Alle drei Konkretisierungen der Anlasstat, sei es das Führen eines Kraftfahrzeuges bzw. ein hierzu zumindest bestehender Zusammenhang oder auch die Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers, beziehen sich auf den Begriff des „Kraftfahrzeuges“. Insoweit ist nach zutreffender herrschender Meinung die verkehrsrechtliche Legaldefinition des § 1 Abs. 2 StVG maßgeblich.147 Für ein solch einheitliches Verständnis spricht, dass die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis nach ihrer Entstehungsgeschichte lediglich der Sicherung des Straßenverkehrs dient (Rdn. 2)148 und der Strafrichter mit der ihm durch das StraßenVSichG übertragenen Befugnis der Sache nach die Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde wahrnimmt (Rdn. 15).149 Demzufolge sind Kraftfahrzeuge im Sinne von § 69 alle mit Maschinenkraft angetrie45 bene, nicht an Bahngleise gebundene Landfahrzeuge. Keine Kraftfahrzeuge in diesem Sinne sind somit – anders als etwa bei § 316150 – Schienenfahrzeuge, vor allem Straßen-
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145 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 24. 146 OLG Düsseldorf NZV 1999 172, 173; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11. 147 BayObLG NZV 1993 239, 240; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 30; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 13; Kretschmer MK-StVR Rdn. 15; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 11. 148 BayObLG NZV 1993 239, 240; Schäpe DAR 2006 700. 149 Vgl. auch BGHSt 50 93, 100 zum Begriff der Ungeeignetheit. 150 S. nur Fischer § 316 Rdn. 4; Sch/Schröder/Hecker § 316 Rdn. 1.
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und Eisenbahnen,151 sowie – anders als bei § 248b, der auch Wasser- und Luftfahrzeuge mit eigener Antriebsquelle erfasst152 – Wasser- und Luftfahrzeuge aller Art.153 Trunkenheitsfahrten mit einer Lokomotive können deshalb gegebenenfalls zwar den Straftatbestand des § 316 verwirklichen, jedoch nicht zur strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis führen. Gleiches gilt für entsprechende Delikte eines Motorbootfahrers (hierzu sogleich Rdn. 46). Die bei der Diskussion um den Begriff des „Kraftfahrzeuges“ ausgetauschten Argu- 46 mente lassen sich exemplarisch am Beispiel des Motorbootes veranschaulichen. Insoweit sprechen sich einige Stimmen im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 69 und dessen insoweit offenen Wortlaut dafür aus, auch mit solchen Fahrzeugen verwirklichte Straftaten zum Anlass zu nehmen, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Schließlich werde die Verkehrssicherheit ebenso durch Personen gefährdet, die ihre Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen bei dem Umgang mit einem Motorboot offenbart haben.154 Zudem sei etwa die Definition des § 1 Abs. 2 StVG ausweislich dessen Wortlauts („im Sinne dieses Gesetzes“) ausdrücklich auf das StVG beschränkt, das ausschließlich den Straßenverkehr regele und sich daher nur mit Landfahrzeugen befassen müsse.155 Diesen Überlegungen wird aber zutreffend entgegengehalten, dass nicht zuletzt die Entstehungsgeschichte gegen eine solche Auslegung spricht, sollte doch die dem Strafrichter durch das StraßenVSichG übertragenene Befugnis zur Entziehung der Fahrerlaubnis den Straßenverkehr zusätzlich vor ungeeigneten Kraftfahrern sichern, ohne den insoweit für die Verwaltungsbehörde geltenden Begriff des Kraftfahrzeuges inhaltlich zu ändern.156 Eine solche Beschränkung des Kraftfahrzeugbegriffs folgt auch aus dem Schutzzweck des § 69, der sich gerade aus dem mit der Beteiligung am Straßenverkehr verbundenen hohen Risiken rechtfertigt, die dieser infolge seiner Dynamik für Leben, Gesundheit und Eigentum der Verkehrsteilnehmer mit sich bringt.157 Ohnehin dürfte bei einer Straftat mit einem Motorboot ein spezifischer Zusammenhang mit der Sicherheit des Straßenverkehrs fehlen. Demzufolge stellt etwa eine gemäß § 316 strafbare Trunkenheitsfahrt mit einem Motorboot keine Anlasstat dar, welche die Entziehung der Fahrerlaubnis ermöglicht.158 Ebenso wenig kann eine Bootsfahrerlaubnis nach § 69 entzogen werden (ergänzend Rdn. 184).159 Auf die Quelle der Maschinenkraft (z.B. Verbrennungsmotor oder Elektro- bzw. 47 Hybridantrieb) kommt es ebenso wenig an wie auf das Erfordernis von Rädern.160 Kraftfahrzeuge im vorliegenden Sinn sind daher auch Motorschlitten, Bagger, Straßenwalzen,
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151 BayObLG NZV 1993 239, 240 gegen LG München II NZV 1993 83 m. krit. Anm. Hentschel; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 30. 152 Sch/Schröder/Bosch § 248b Rdn. 2; Hohmann MK § 248b Rdn. 7. 153 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 30. Zur Entziehung der Fahrerlaubnis für Sportbootführer s. § 13 der Verordnung über das Führen von Sportbooten (Sportbootführerscheinverordnung – SpFV) vom 3.5.2017 (BGBl. I 1016); zur Entziehung der Fahrerlaubnis in der Binnenschifffahrt s. § 23 der Verordnung über Befähigungszeugnisse in der Binnenschifffahrt (Binnenschifferpatentverordnung – BinSchPatentV) vom 15.12.1997 (BGBl. I 3066), zuletzt geändert durch Art. 2 § 1 der Verordnung vom 21.9.2018 (BGBl. I 1398). 154 LG Kiel NZV 2007 160; LG Oldenburg BA 45 (2008) 319, 320; s. auch LG München II NZV 1993 83, 83 f zur Trunkenheitsfahrt eines Lokomotivführers; krit. ferner Fischer Rdn. 3. 155 LG Kiel NZV 2007 160; LG München II NZV 1993 83, 83; LG Oldenburg BA 45 (2008) 319, 320. 156 OLG Rostock NZV 2008 472, 473; LG Oldenburg NZV 2008 50 m. zust. Anm. Laschewski; s. auch LG Oldenburg BeckRS 2008 21160; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 9. 157 OLG Rostock NZV 2008 472, 473. 158 OLG Brandenburg NZV 2008 474, 475; Böse NK Rdn. 8; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 3a; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 18; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 11. 159 OLG Brandenburg NZV 2008 474, 474 f; Kretschmer MK-StVR Rdn. 8. 160 OLG Oldenburg NZV 1999 390.
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Raupenfahrzeuge oder ähnliche selbstfahrende Arbeits- oder Zugmaschinen161 sowie Segways162 oder auch motorbetriebene Skateboards (sog. Motoboards).163 Ausgenommen sind hingegen (Land-)Fahrzeuge, die nur durch Muskelkraft fortbewegt werden. Da somit vor allem Fahrräder keine Kraftfahrzeuge sind, können selbst typische Verkehrsstraftaten eines Radfahrers keine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich ziehen.164 Nach der Vorschrift des – aus den soeben geschilderten Gründen (Rdn. 46) ebenso für § 69 zu beachtenden – § 1 Abs. 3 StVG gilt dies sogar dann, wenn die Fahrzeuge – wie insbesondere sog. Pedelecs (Pedal Electric Cycles) – mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und unterbrochen wird, wenn das Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 25 km/h erreicht oder wenn der Fahrer im Treten einhält (Satz 1). Eine elektromotorische Anfahr- oder Schiebehilfe, die eine Beschleunigung des Fahrzeuges auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h auch ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers ermöglicht, steht der fehlenden Einordnung als Kraftfahrzeug nicht entgegen (Satz 2). Hingegen sind sonstige E-Bikes, welche die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllen, weil deren Hilfsantrieb z.B. auch jenseits von Geschwindigkeiten bis zu 25 km/h oder ohne Tretunterstützung aktiv wird, nicht von der Ausnahme des § 1 Abs. 3 StVG erfasst und stellen somit Kraftfahrzeuge dar.165 Ebenso als Kraftfahrzeuge einzuordnen sind Fahrräder, die der Fahrer nicht durch eigene Muskelkraft, sondern ausschließlich durch einen auf seinen Rücken geschnallten Gleitschirmpropellermotor fortbewegt.166 Betriebsunfähige Kraftfahrzeuge verlieren mangels eigener Motorkraft ihre Eigen48 schaft als Kraftfahrzeug.167 Wenn jemand ein abgeschlepptes betriebsunfähiges Fahrzeug lenkt,168 scheidet eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis demzufolge grundsätzlich aus (zum sog. Anschleppen siehe hingegen Rdn. 57).169 Ein Rückgriff auf diese Maßregel ist allenfalls möglich, wenn und soweit der Fahrer eines (ab)geschleppten Fahrzeuges zur maßgeblichen Tat des Fahrers des ziehenden Kraftfahrzeuges über die allgemeinen Teilnahmegrundsätze einen tatbestandsrelevanten Beitrag leistet (dazu nachfolgend Rdn. 70 ff). Ansonsten kommt wiederum nur eine verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht.
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161 Speziell zu Baggern OLG Düsseldorf VM 1978 34, 34 f; GA 1983 275; OLG Hamm BA 13 (1976) 375, 376. 162 Ausführl. OLG Hamburg DAR 2017 157, 158, wenngleich zu § 316 StGB, der nur von „Fahrzeug“ und nicht von „Kraftfahrzeug“ spricht. 163 S. hierzu Grams NZV 1994 172, 173 f. 164 OLG Brandenburg BA 45 (2008) 314, 317; OLG Köln VRS 63 (1982) 118; LG Mainz NJW 1986 1769; LG Potsdam NStZ-RR 2003 19, 20; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 12. 165 Hentschel/König/Dauer/Dauer § 1 StVG Rdn. 22 ff; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 12; aA Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 3a, wonach sämtliche Pedelecs ein Kraftfahrzeug i.S.d. § 69 darstellen. 166 OLG Oldenburg NZV 1999 390. 167 BGHSt 36 341, 345 unter Hinweis auf den Wortlaut des § 33 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 StVZO a.F.; s. auch BayObLG NJW 1984 878, 879; OLG Frankfurt a.M. NJW 1985 2961, 2962; aA OLG Hamburg VRS 32 (1967) 452, 453, sofern das Kraftfahrzeug nur vorübergehend beeinträchtigt ist. Fragl. OLG Oldenburg DAR 1962 130, 131, wonach der Benzinmangel bei einem Moped dessen Eigenschaft als Kraftfahrzeug aufheben soll; aA BGH VRS 52 (1977) 408, 409. 168 Hierzu statt vieler BayObLG NJW 1984 878; OLG Frankfurt a.M. NJW 1985 2961. Zu den Begriffen „Schleppen“ und „Abschleppen“ und ihren strafrechtlichen Konsequenzen Hentschel/König/Dauer/Dauer § 33 StVZO Rdn. 11 ff; Grohmann DAR 1998 342; Reichart NJW 1994 103. 169 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21; ebenso i. Erg. Kretschmer MK-StVR Rdn. 25. Insoweit wird demzufolge auch keine Fahrerlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 StVG mehr benötigt und kann auch die Strafvorschrift des § 21 StVG nicht verwirklicht werden. Eine Strafbarkeit nach § 316, der lediglich das Führen eines „Fahrzeugs“ voraussetzt, ist allerdings nicht ausgeschlossen; BayObLG NJW 1984 878, 878 f.
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Ob es für das Führen des Kraftfahrzeuges nach § 4 Abs. 1 FeV einer Fahrerlaubnis 49 bedarf, ist ohne Bedeutung.170 Schließlich sind auch beim Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge entsprechende Sorgfaltspflichten zu beachten.171 Daher fallen Mofas (als Fahrräder mit Hilfsmotor mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h und somit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FeV fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge) ebenso unter den Begriff des „Kraftfahrzeuges“172 wie Segways (als von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a FeV erfasste Mobilitätshilfe im Sinne des § 1 Abs. 1 MobHV; siehe schon Rdn. 47) und motorisierte Krankenfahrstühle (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV).173 Wird die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist angeordnet, steht dies dem Führen fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge aber freilich gerade nicht entgegen.174 b) „Führen“ eines Kraftfahrzeuges (Var. 1) aa) Begriff. Das „Führen“ (eines Kraftfahrzeuges; hierzu Rdn. 44 ff) im Sinne des 50 § 69 liegt inhaltsgleich auch den § 315c Abs. 1 Nr. 1, § 315d Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 und § 316 StGB sowie § 21 StVG zugrunde; auf die Erläuterungen zu diesen Vorschriften darf daher ergänzend verwiesen werden. Nach hiernach allgemein anerkannter Definition „führt“ ein Fahrzeug, wer sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen technischen Einrichtungen des Fahrzeuges bedient, die für dessen Fortbewegung bestimmt sind, und das Fahrzeug unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte allein- oder mitverantwortlich in Bewegung setzt oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt.175 Entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch weist das „Führen“ eines Kraftfahrzeuges somit zum einen auf die Eigenverantwortung des jeweiligen Fahrers hin (näher Rdn. 52 ff). Zum anderen enthält der Begriff bezüglich der Betätigung eine dynamische Komponente im Sinne von Fahren als In-Bewegung-Setzen (hierzu Rdn. 57 ff). Nach herrschender wie zutreffender Ansicht setzt § 69 nicht das Führen eines Kraft- 51 fahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr voraus.176 Hiergegen wird zwar eingewandt, dass von einem Führen im Sinne des § 69 nur ausgegangen werden könne, wenn der Täter eine Handlung vornehme, für die bei fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen eine Fahrerlaubnis erforderlich und dies wiederum ausweislich von § 2 Abs. 1 Satz 1 StVG nur bei Fahrten auf öffentlichen Straßen der Fall sei.177 Allerdings ist weder dem Wortlaut des § 69 – anders als etwa §§ 142, 315b, 315c und 315d, bei denen von (unbestritten: öffentlichem) „Straßenverkehr“ die Rede ist – noch Sinn und Zweck dieser Maßregel eine Einschränkung auf den öffentlichen Verkehrsraum zu entnehmen. Verfolgt diese Maßnahme das Ziel, ungeeignete bzw. undisziplinierte Kraftfahrer vom Straßenverkehr fern-
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170 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 30; SSW/Harrendorf Rdn. 15; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 12; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 4; aA Kretschmer MK-StVR Rdn. 17 ff. 171 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 13. 172 OLG Oldenburg NJW 1969 199, 199 f; OLG Zweibrücken VRS 71 (1986) 229, 229 f; LG Oldenburg BA 27 (1990) 136, 137; ausführl. Grohmann DAR 1987 365. 173 S. hierzu etwa BayObLG NZV 2000 509; NStZ-RR 2001 150; zu motorisierten Krankenfahrstühlen i. Allg. auch Huppertz NZV 2003 460; Schäpe DAR 1999 426. 174 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; Fischer Rdn. 3a. 175 S. nur BGHSt 35 390, 393; 36 341, 343 f; 59 311, 314; OLG Dresden NJW 2006 1013, 1014; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14. 176 OLG Oldenburg VRS 55 (1978) 120, 121; LG Stuttgart NZV 1996 213; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 31; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 9; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 4. 177 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; Kretschmer MK-StVR Rdn. 22.
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zuhalten, kann sich der maßgebliche Eignungsmangel auch aus einem Verhalten ergeben, das sich im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes ereignet hat.178 Zu beachten ist aber freilich zweierlei, was die Bedeutung des vorstehenden Meinungsstreites nicht unerheblich schmälert: Zum einen muss die Straftat trotz ihrer Begehung außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes auf die mangelnde Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen gerade im öffentlichen Straßenverkehr schließen lassen.179 Zum anderen setzen einige Anlasstaten – wie etwa die in Absatz 2 in Bezug genommenen Tatbestände der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), der Trunkenheit im Verkehr (§ 316) oder des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142) – eine Begehung im öffentlichen Straßenverkehr voraus. Werden derartige Taten im nichtöffentlichen Verkehrsraum begangen und die entsprechenden Tatbestände demzufolge nicht verwirklicht, kommt folgerichtig insoweit auch keine Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht. 52
bb) Eigenverantwortlichkeit. „Führer“ eines Kraftfahrzeuges kann nach obiger Definition (Rdn. 50) nur sein, wer das Fahrzeug im Hinblick auf den Bewegungsvorgang selbstverantwortlich leitet. Dies setzt zunächst voraus, dass der Fahrer den Fortbewegungsvorgang willentlich beherrscht.180 Ohne eine solche zielgerichtete Tätigkeit vermag die Tat in der Regel ohnehin nicht zu belegen, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr ungeeignet ist, mithin eine Gefahr darstellt. Dies gilt etwa, wenn das Fahrzeug beim Anlassen aufgrund des eingelegten ersten Ganges in Bewegung gerät und dadurch ein Sachschaden an einem Garagentor entsteht.181 Sind mehrere an dem Betriebsvorgang eines Kraftfahrzeuges beteiligt, ist es nicht 53 ausgeschlossen, dass auch mehrere das Kraftfahrzeug führen. Entscheidend ist wiederum, ob jemand den Fortbewegungsvorgang wesentlich mitbeeinflusst, indem er sich zumindest eines Teiles der für die Fortbewegung wesentlichen technischen Einrichtungen des Fahrzeuges bedient.182 Für die Fortbewegung wesentliche Teile der Technik eines Kraftfahrzeuges in diesem Sinne sind etwa Lenkrad, Gas, Bremse, Schaltung und Kupplung,183 nicht jedoch Hupe, Blinkzeichen, Lichtanlage oder ähnliche Vorrichtungen. Demzufolge führen beispielsweise zwei Personen ein und dasselbe Fahrzeug, wenn eine von ihnen lenkt und die andere Kupplung, Gas und Bremse bedient.184 In diesem Sinne kann das „Führen“ eines Kraftfahrzeuges nur eigenhändig erfolgen (zur Diskussion bei Var. 2 Rdn. 70 ff). Wer hingegen bloße Hilfsdienste verrichtet, z.B. das Lenkrad nur nach den Anweisungen des verantwortlichen Fahrers betätigt, während dieser das Fahrzeug schiebt, „führt“ kein Fahrzeug.185 54 Unter den vorstehenden Voraussetzungen kann auch der Beifahrer ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 69 Abs. 1 Var. 1 „führen“. Dies gilt etwa für den Beifahrer, der gegen den Willen des Fahrers „für etwas länger“ ins Steuer greift, um das Fahrzeug an einen
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178 OLG Oldenburg VRS 55 (1978) 120, 121. 179 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 9; ebenso wohl SSW/Harrendorf Rdn. 16. 180 BayObLG VRS 39 (1970) 206, 206; OLG Frankfurt a.M. NZV 1990 277. 181 OLG Frankfurt a.M. NZV 1990 277. 182 BGHSt 59 311, 314; OLG Hamm VRS 37 (1969) 281, 281 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; Heuchemer BeckOK Rdn. 11. 183 KG VRS 8 (1955) 140, 140. 184 BGHSt 36 341, 344; vgl. bereits BGHSt 13 226, 227. 185 BGH VRS 52 (1977) 408, 409.
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Ort zu lenken, den der Fahrer überhaupt nicht ansteuern will.186 Lediglich mündliche Anweisungen eines Beifahrers oder einer das Fahrzeug begleitenden Person reichen hingegen ebenso wenig aus187 wie das Einlegen des Ganges188 oder auch ein kurzes Greifen ins Steuer vom Beifahrersitz aus.189 Die vorstehenden Anforderungen zur Führereigenschaft des Beifahrers gelten auch 55 für Fahrlehrer und Fahrlehreranwärter. Zwar gelten bei Ausbildungs-, Prüfungs- und Begutachtungsfahrten, bei denen der Fahrzeuglenker die erforderliche Fahrerlaubnis noch nicht besitzt, Fahrlehrer und Fahrlehreranwärter gemäß § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG als „Führer“ des Kraftfahrzeuges. Diese Fiktion, die ausweislich ihres Wortlauts nur „im Sinne dieses Gesetzes“, d.h. des StVG, anwendbar ist, will indessen lediglich die zivilrechtliche Verantwortung des Fahrschülers insbesondere nach der Gefährdungshaftung des § 18 StVG beschränken und kann deshalb nicht auf § 69 übertragen werden.190 Demzufolge führt ein Fahrlehrer das von seinem Schüler gelenkte Fahrzeug erst dann, wenn er in Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift.191 Allein die Pflicht, selbst einen fortgeschrittenen Fahrschüler bei dessen Ausbildungs- und Prüfungsfahrten zu begleiten (§ 2 Abs. 15 Satz 1 StVG) und bei jeder Fehlleistung des Schülers einzugreifen, lässt den Fahrlehrer noch nicht das Kraftfahrzeug „führen“, sofern er sich während der Fahrt auf die Bestimmung des Fahrtweges und auf mündliche Korrekturen der Fahrweise des Fahrschülers beschränkt, ohne die für ihn vorhandenen technischen Einrichtungen tatsächlich zu benutzen.192 Jedenfalls führt aber (ebenso) der Fahrschüler das Fahrzeug, weil (auch) er wesent- 56 liche technische Einrichtungen (zumindest mit-)bedient. Auch gegen ihn kommt somit eine Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. eine isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3) in Betracht, wenn er sich durch die Anlasstat als „ungeeignet“ zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Für Fahrfehler, die auf mangelhaftes, d.h. nach dem Ausbildungsstand noch nicht erzieltes Wissen und Können zurückzuführen sind, kann der Fahrschüler zwar nicht zur Verantwortung gezogen werden.193 Bereits mitverantwortlich ist er indessen für Fahrfehler, die er unter Berücksichtigung seiner Ausbildungssituation nach Maßgabe seines individuellen Wissens und Könnens unschwer hätte vermeiden können.194 Dies gilt etwa, wenn der Fahrschüler schuldhaft die Anweisungen des Fahrlehrers nicht beachtet.195 cc) Bewegungsvorgänge. Das Führen eines Kraftfahrzeuges erfasst grundsätzlich 57 nur Bewegungsvorgänge. Ob hierfür auf die Motor- oder eine sonstige technische An-
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186 OLG Köln DAR 1982 30. 187 AA wohl OLG Hamm VRS 37 (1969) 281, 282, wonach auch ein Beifahrer ein Kraftfahrzeug führe, „wenn die Fahrkenntnisse des Fahrzeuglenkers mangelhaft sind und sich der Lenker im wesentlichen nach den technischen Anweisungen des Halters richtet“. 188 KG VRS 12 (1957) 110, 113. 189 OLG Hamm NJW 1969 1975, 1976; OLG Köln NJW 1971 670; DAR 1982 30. 190 OLG Dresden NJW 2006 1013, 1013 f; OLG Düsseldorf DAR 2014 40, 41; Hentschel/König/Dauer/Dauer § 2 StVG Rdn. 28 und 91; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 14; aA Kretschmer MK-StVR Rdn. 27. 191 BGHSt 59 311, 314 zu § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO; LG Münster BA 55 (2018) 257, 258 zu § 316; aA OLG Bamberg NJW 2009 2393; AG Cottbus DAR 2003 476, 477 f m. abl. Bespr. König DAR 2003 448; so tendenziell auch Geppert LK12 Rdn. 29. 192 OLG Dresden NJW 2006 1013, 1014 m. krit. Bespr. Blum/Weber NZV 2007 228; OLG Düsseldorf DAR 2014 40, 41; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 3a; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 14. 193 Vgl. BGH NJW 1969 2197, 2198; OLG Stuttgart NZV 1999 470, 471. 194 OLG Hamm NJW 1979 993, 993; vgl. auch OLG Koblenz NZV 2004 401, 402. 195 OLG Hamm NJW 1979 993, 993.
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triebskraft oder sogar nur auf das Eigengewicht des Fahrzeuges zurückgegriffen wird, ist unerheblich. Somit führt auch ein Kraftfahrzeug, wer es ohne Benutzung des Motors unter Ausnutzung der Schwerkraft eine Straße hinabrollen lässt.196 Nicht anders zu behandeln ist es, wenn das Fahrzeug nach Abschalten des Motors bei abschüssiger Fahrbahn oder nach dem Anschieben – wenn auch nur über eine Strecke von wenigen Metern – selbsttätig weiterrollt;197 zur möglichen Widerlegung der Regelvermutung des Absatzes 2 Nr. 2 bei derart kurzen (Trunkenheits-)Fahrten Rdn. 139. Ein Kraftfahrzeug führt außerdem, wer es selbst anschiebt oder durch Dritte anschieben bzw. anziehen lässt, um auf diese Weise den Motor in Gang zu setzen (sog. Anschleppen).198 Gleiches gilt, wenn jemand ein Mofa durch Treten der Pedale fortbewegt, um dadurch den Motor anspringen zu lassen (sog. Antreten),199 aber – wegen des für das Führen ausreichenden Bewegungsvorgangs – auch bei Treten der Pedale ohne diesen Zweck.200 In all diesen Fällen muss das in Bewegung gesetzte Fahrzeug allerdings stets grundsätzlich betriebsbereit sein, da es ansonsten zwar geführt wird, jedoch nicht (mehr) die Eigenschaft als „Kraftfahrzeug“ aufweist (Rdn. 48). Ausgenommen sind Fortbewegungen, bei denen die Antriebskräfte des Kraftfahr58 zeuges nicht bestimmungsgemäß verwendet werden. Wer etwa ein Kraftfahrzeug mit eigener Körperkraft schiebt oder sich von fremder Hand schieben lässt, führt kein Kraftfahrzeug, sofern dies – entgegen den Konstellationen in der vorstehenden Rdn. 57 – gerade nicht zu dem Zweck geschieht, den Motor anspringen zu lassen oder das Fahrzeug in Eigenbewegung zu versetzen.201 Gleiches gilt für einen Täter, der ein Motorrad vom Fahrersitz aus mit den Füßen aus einer Parklücke herausrangiert. Dies gilt selbst bei laufendem Motor, sofern dieser nicht angelassen wurde, um das Schieben zu erleichtern, sondern um etwa das Rücklicht anzuschalten. Schließlich werden hier – trotz an sich betriebsbereiten Kraftfahrzeuges – weder die technischen Antriebskräfte noch das Eigengewicht des Fahrzeuges in Anspruch genommen.202 Von dem Führen eines Kraftfahrzeuges kann schließlich ebenso wenig die Rede sein, wenn der allein- oder mitverantwortlich ausgeführten Verrichtung der erforderliche Bezug zu einem Bewegungsvorgang gänzlich fehlt. So wird ein Kraftfahrzeug nicht geführt, wenn lediglich das Schwenkwerk eines Baggers in Gang gesetzt wird.203 Das Führen eines Kraftfahrzeuges beginnt nach mittlerweile anerkannter Ansicht 59 erst dann, wenn der Fahrer es in Bewegung setzt.204 Zutreffend begründet der Bundesgerichtshof dies im Wesentlichen mit dem Sprachgebrauch, wonach „führen“ sich sprachlich von „fahren“ (im Sinne von In-Bewegung-Setzen) ableite, sowie mit der teleologischen Überlegung, dass die verkehrsstrafrechtlich zu bekämpfende Gefährlichkeit „fahr“-untauglicher Kraftfahrer sich vorwiegend in Bewegungsabläufen, nicht jedoch bei (noch) stehenden Fahrzeugen äußert.205 Danach sind Handlungen, die den Bewegungsvorgang erst einleiten sollen, vom Begriff des „Führens“ eines Fahrzeuges (noch) nicht
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196 BGHSt 14 185, 187; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 366, 368; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; aA OLG Hamm VRS 13 (1957) 450, 451; VRS 15 (1958) 134, 135 f. 197 OLG Karlsruhe DAR 1983 365, 365; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 366, 368. 198 OLG Celle VRS 28 (1965) 279, 281; OLG Hamburg VRS 32 (1967) 452, 453 f; OLG Karlsruhe DAR 1983 365, 365; aA AG Winsen (Luhe) NJW 1985 692, 693. 199 OLG Düsseldorf VM 1975 20; OLG Oldenburg DAR 1962 130, 131. 200 OLG Düsseldorf VM 1974 13, 13 f. 201 OLG Karlsruhe DAR 1983 365, 365; OLG Oldenburg VRS 48 (1975) 356, 356. 202 BayObLG NZV 1988 74. 203 BayObLG VRS 32 (1967) 127, 127 f. 204 BGHSt 35 390, 394 f = JR 1990 30 m. krit. Anm. Hentschel; LG Hamburg VRS 74 (1988) 273; AG Freiburg NJW 1986 3151, 3152 f. And. noch etwa BGHSt 7 315, 316 ff; BayObLG VRS 32 (1967) 127, 127; OLG Koblenz DAR 1972 50, 51; AG Homburg/Saar VRS 72 (1987) 184, 185. 205 BGHSt 35 390, 393 f.
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erfasst.206 Dies gilt insbesondere für das bloße Anlassen des Motors,207 das Lösen der Bremsen oder das Einschalten des Abblendlichts, selbst wenn der Fahrer dadurch zum Abfahren ansetzt.208 Ebenso wenig als Führen eines Fahrzeuges erfasst sind das Einsteigen bzw. Besteigen des Fahrzeuges und das Platznehmen, selbst wenn der Motor schon läuft,209 das Öffnen des Zahlenschlosses bei einem Mofa zwecks alsbaldigen Wegfahrens210 und das An- und Abkuppeln eines Anhängers.211 Erst recht scheiden alle Tätigkeiten aus, bei denen die alsbaldige Fortbewegung objektiv unmöglich ist.212 Das Führen eines Kraftfahrzeuges endet, sobald der Bewegungsvorgang seinen Ab- 60 schluss gefunden hat, demzufolge in der Regel mit dem Abstellen des Fahrzeuges.213 Da alle den Bewegungsvorgang erst einleitende Tätigkeiten (noch) kein „Führen“ eines Fahrzeuges darstellen, hat folgerichtig Entsprechendes für Verhaltensweisen nach dem Abstellen des Fahrzeuges zu gelten, namentlich für mangelnde oder unterlassene Sicherungsvorkehrungen gegen eine unkontrollierte Bewegung des Fahrzeuges.214 Versäumt es der verantwortliche Fahrer, nach Abschluss der Fahrt Maßnahmen gegen ein Abrollen des Fahrzeuges auf abschüssiger Straße zu treffen (z.B. Anziehen der Handbremse, Einlegen eines Ganges oder Unterschieben eines Keiles), ist dies nicht mehr als „Führen“ des betreffenden Fahrzeuges erfasst.215 Eine Entziehung der Fahrerlaubnis kann in diesen Fällen jedoch wegen der „Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ in Betracht kommen (dazu nachfolgend Rdn. 74). c) Im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges (Var. 2). aa) Funk- 61 tionaler Zusammenhang. Alternativ zur Begehung einer Tat bei dem Führen eines Kraftfahrzeuges genügt es, wenn die Anlasstat hiermit „im Zusammenhang“ steht. Ein bloß äußerliches, d.h. zeitlich-örtliches Zusammentreffen der Anlasstat mit der Benutzung eines Kraftfahrzeuges ist hierfür weder ausreichend noch erforderlich. Folglich ist unerheblich, ob die Fahrt vor, während oder nach der Tat begangen wird.216 Maßgeblich und notwendig ist vielmehr ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Tat und dem Führen eines Kraftfahrzeuges.217 Hierfür genügt es nach einem weiten Verständnis, dass das Führen des Kraftfahrzeuges dem Täter für die Vorbereitung oder Durchführung der Straftat oder anschließend für ihre Ausnutzung oder Verdeckung dienlich sein soll.218 Der funktionale Zusammenhang muss innerhalb des von § 264 StPO umfassten
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206 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32. 207 LG Hamburg VRS 74 (1988) 273; LG Köln DAR 1994 165, 165 f; AG Freiburg NJW 1986 3151, 3152 f. 208 BGHSt 35 390, 394; vgl. auch AG Freiburg NJW 1986 3151, 3152 f; aA noch BGHSt 7 315, 317 f. 209 BGH DAR 2019 386, 387 m. Anm. Bellardita; OLG Köln NJW 1964 2026, 2026 f. 210 BayObLG VM 1975 20. 211 Vgl. insoweit OLG Köln DAR 1957 53. 212 BayObLG NJW 1986 1822, 1823 zu einem auf einem Betonpfosten aufsitzenden Kraftfahrzeug. 213 Kretschmer MK-StVR Rdn. 21. S. auch OLG Stuttgart NJW 1960 1484 zu einem gestürzten Motorradfahrer, der bewusstlos mit seinem Fahrrad auf der Straße liegen blieb und dadurch ein Ausweichmanöver eines kurze Zeit später nahenden Verkehrsteilnehmers verursachte. 214 Ebenso OLG Stuttgart VM 1959 9, 10 (Stehenlassen eines unbeleuchteten Motorrades auf der Straße bei Dunkelheit); Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32. 215 Wie hier Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14. AA noch BGHSt 19 371, 372 f (unterlassene Sicherungsmaßnahmen dieser Art seien notwendige Bestandteile der Beendigung des Bewegungsvorganges); die Entscheidung dürfte aber durch BGHSt 35 390 überholt sein. 216 BGHSt 17 218, 220; 22 328, 329; BGH NStZ 2001 477; OLG Karlsruhe NZV 2005 590. 217 SSW/Harrendorf Rdn. 17; zum Merkmal der „Zusammenhangstat“ etwa Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 34 ff; Halecker BA 42 (2005) 93. 218 So insbes. – in Bestätigung der früheren Rechtsprechung (z.B. BGHSt 22 328, 329; BGH NStZ 2001 477) – der Große Strafsenat in BGHSt 50 93, 98; s. ferner OLG Karlsruhe NZV 2005 590; OLG Köln SVR 2009 314, 315; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 15.
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Tatgeschehens bestehen.219 Ob die Tat ebenso ohne oder auch mit einem anderen Verkehrsmittel hätte durchgeführt werden können, ist ohne Belang.220 Von diesem (weiten) funktionalen Zusammenhang ist der sog. verkehrsspezifische 62 Zusammenhang zu unterscheiden, den es nach herrschender Meinung erst bei dem Schluss aus der Anlasstat auf die charakterliche Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kraftfahrzeuges zu beachten gilt (näher Rdn. 98 ff). Ohne jegliche (etwa mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges in einem funktionalen Zusammenhang stehende) Anlasstat darf eine in dem Verhalten des Täters sich offenbarende Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht herangezogen werden, um ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen.221 Dies obliegt allein der Fahrerlaubnisbehörde.222 bb) Taugliche Anlasstaten. Der erforderliche funktionale Zusammenhang kann zunächst und vor allem bei Verkehrsstraftaten sowohl im engeren Sinn (namentlich §§ 315b, 315c, 315d und 316 StGB, aber auch das Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 StVG223) als auch im weiteren Sinn (z.B. § 142 und § 316a) gegeben sein. Außerdem kommen als Anlasstaten Tötungs- und Körperverletzungsdelikte sowie Sachbeschädigungen in Betracht, die auf eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr zurückzuführen sind.224 Allerdings ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 69, dass die Entziehung der 64 Fahrerlaubnis nicht nur auf Verkehrsdelikte, sondern grundsätzlich auf sämtliche Taten der allgemeinen Kriminalität gestützt werden kann. Insoweit kann etwa auf Körperverletzungen und Sachbeschädigungen, die nicht auf Verkehrsordnungswidrigkeiten beruhen, oder auf den Straftatbestand der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (z.B. bei Entnahme einer Blutprobe225) verwiesen werden. Freilich muss auch bei einer solchen sog. Zusammenhangstat der notwendige funktionale Zusammenhang (Rdn. 61 f) bestehen.226 Zudem hat sich wiederum gerade aus der Begehung der Tat die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen zu ergeben (hierzu Rdn. 93 ff). 63
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cc) Einzelne Fallgestaltungen. Der funktionale Zusammenhang ist nicht zuletzt zu bejahen, wenn die Tat (wie z.B. eine Körperverletzung oder auch eine Nötigung227) mittels eines Kraftfahrzeuges begangen wird.228 Ebenso sollen Einwirkungen von außen auf den Verkehr (wie z.B. Sachbeschädigungen an Reifen anderer Kraftfahrzeuge; ergänzend zum verkehrsspezifischen Zusammenhang Rdn. 104) erfasst werden, falls der Täter vor oder nach der Begehung der Tat ein Kraftfahrzeug führt.229 Wird in diesem Zusammenhang kein Kraftfahrzeug benutzt, kommt eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in Betracht.230
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219 BGH NStZ 2004 144, 145; Heuchemer BeckOK Rdn. 13. 220 BGH bei Spiegel DAR 1977 151; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 40. 221 S. etwa BGH NZV 2001 133 zum Wurf eines schweren Steins auf einen Kraftfahrer in Mordabsicht, ohne dass der Täter bei, vor oder nach der Tat ein Kraftfahrzeug führte. 222 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 11 f; s. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 23. 223 BGH NStZ-RR 2007 40; KG VRS 133 (2017) 133, 134; OLG Koblenz BA 54 (2017) 39, 40; AG Lübeck BeckRS 2011 29818. 224 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 33. 225 OLG Hamm VRS 8 (1955) 46; aA Sinn SK Rdn. 9. 226 BGHSt 22 328, 329; BGH NStZ 2004 144, 145; NJW 2005 2933, 2934; Fischer Rdn. 11. 227 BGHSt 50 93, 103. 228 Vgl. BGH NZV 1998 418. 229 OLG Karlsruhe NZV 2005 590; krit. Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 12; s. hierzu auch König/Seitz DAR 2007 361, 361. 230 S. etwa OLG Celle NZV 1998 170 zu einem Mordversuch durch Manipulation der Bremsanlage eines Pkw.
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Hingegen fehlt es an dem notwendigen funktionalen Zusammenhang, wenn die An- 66 lasstat nur „bei Gelegenheit“ des Führens eines Kraftfahrzeuges begangen wird. Dies gilt etwa für das bloße Verstecken von Diebes- oder Hehlerbeute in einem Kraftfahrzeug231 oder die Verletzung der Fürsorgepflicht (§ 171) durch einen Täter, der dadurch seiner Leidenschaft für das Autofahren frönen mag.232 Bei (verbalen oder auch tätlichen) Auseinandersetzungen ist zu unterscheiden: Finden diese nur gelegentlich einer Fahrt – etwa in einer Pause – statt und weisen keinen Bezug zu einem vorausgegangenen Verkehrsvorgang auf bzw. stehen jedenfalls in deutlichem zeitlichen Abstand zu einer vorangegangenen Fahrt, fehlt es bereits an dem funktionalen Zusammenhang.233 Dieser kann hingegen durchaus zu bejahen sein, wenn sich der Streit etwa auf die Fahrweise der Beteiligten bezieht,234 sollen unbeherrschte Fahrer doch vom allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr möglichst ferngehalten werden.235 Dass der Täter strafbare Handlungen (wie etwa Betrügereien) unter Ausnutzung 67 des Besitzes eines Kraftfahrzeuges begeht, begründet keinen funktionalen Zusammenhang.236 Diesen erwog die frühere Rechtsprechung unter anderem bereits dann, wenn der Täter sein (z.B. lediglich gemietetes) Kraftfahrzeug zur Vortäuschung eigener Kreditwürdigkeit einsetzte237 oder Tankstellenleistungen erschwindelte, um weiterhin fahren zu können.238 Eine solche Auslegung missachtet indessen bereits den Wortlaut des Gesetzes, der einen Zusammenhang mit dem „Führen“ und eben nicht nur mit dem Besitz eines Kraftfahrzeuges verlangt. Außerdem würde ansonsten letztlich jede strafbare Handlung, die dem Täter irgendwie dazu dienen soll, ein Kraftfahrzeug führen zu können, die Anwendung des § 69 rechtfertigen und dadurch den spezifischen Charakter der Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßregel vernachlässigen. Gleichermaßen genügt allein die Fälschung von Führerscheinen im Vorfeld der Tat 68 selbst dann nicht für den erforderlichen funktionalen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges, wenn der Täter schon beim Herstellen des Falsifikats die Absicht verfolgt, sich damit später als Inhaber einer Fahrerlaubnis zu legitimieren.239 Der entziehungsrelevante Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges ist ebenfalls noch nicht hergestellt, wenn ein Kraftfahrer einen gefälschten Führerschein gebraucht, um unter Nachweis seiner Fahrberechtigung ein Kraftfahrzeug anzumieten,240 oder sich den Besitz des Kraftfahrzeuges auf sonstige deliktische Weise verschafft.241 In diesen Fäl-
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231 OLG Köln VRS 41 (1976) 356, 357; Cramer MDR 1972 558, 559. 232 Beispiel nach Rüth LK10 Rdn. 18. 233 BayObLG NJW 1959 2126, 2127; OLG Hamm VRS 25 (1963) 186, 187 f; VRS 28 (1965) 260, 261; ausführl. Molketin DAR 1981 380, 380 ff; vgl. auch KG NJW 2008 2132, 2134 zur Verhängung eines Fahrverbots nach § 44 gegenüber einem Busfahrer, der vorsätzlich einen ausgestiegenen Fahrgast umstieß und dadurch verletzte. 234 S. schon BayObLG NJW 1959 2126, 2127 = JR 1959 470 m. zust. Anm. Hartung; OLG Köln NJW 1963 2379. 235 KG BeckRS 2016 120442 Rdn. 9; vgl. schon OLG Karlsruhe Justiz 1980 53, 54; LG Zweibrücken DAR 1995 502, 502. 236 Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 30. 237 BGHSt 5 179, 181; schon damals abl. Hartung JZ 1954 137, 139; Schmidt-Leichner NJW 1954 159, 161 f; ebenso krit. Bockelmann Niederschriften IV S. 84 f; Lackner Niederschriften IV S. 69; von Stackelberg Niederschriften IV S. 66 f; verteid. hingegen Baldus Niederschriften IV S. 74 f; Lange Niederschriften IV S. 77; Skott Niederschriften IV S. 75; in diese Richtung auch Jescheck Niederschriften IV S. 77. 238 BGH VRS 30 (1966) 275, 276. 239 S. hierzu schon OLG Köln VRS 41 (1976) 356, 357. 240 Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 32; aA noch OLG Köln VRS 41 (1976) 356, 357. 241 AA noch BGHSt 10 333, 336 (Diebstahl eines Kraftfahrzeuges, um es zu fahren und anschließend irgendwo stehen zu lassen oder auszuplündern); BGH VRS 15 (1958) 112, 114 (betrügerische Erlangung eines Mietwagens); BGHSt 17 218 (betrügerische Besitzverschaffung).
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len dient die Straftat nicht dem Führen eines Kraftfahrzeuges, sondern erst der Besitzverschaffung. An dem funktionalen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges man69 gelt es des Weiteren, wenn der Täter den Tatentschluss (z.B. zur Vornahme sexueller Handlungen) erst nach Beendigung der Fahrt fasst.242 Hieran vermag nichts zu ändern, dass der Täter nach der Tat mit seinem Kraftfahrzeug flieht, ist in diesem Zeitpunkt die Tat doch bereits abgeschlossen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Täter von vornherein geplant hat, nach der Tat mit dem Fahrzeug die Flucht zu ergreifen.243 Ebenso bleibt der funktionale Zusammenhang zu verneinen, wenn der Täter nachträglich in betrügerischer Absicht einen angeblichen Wildschaden geltend macht244 oder nach einem von ihm selbst verursachten Unfall bei der Polizei wider besseres Wissen eine Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet.245 Außerdem fehlt es an dem fahrerlaubnisentziehungsrelevanten Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges, wenn ein Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis der Polizei auf deren Verlangen seinen früher verfälschten Führerschein vorlegt.246 Nichts anderes dürfte gelten, wenn jemand eine falsche Versicherung an Eides statt (§ 156) abgibt, um die Einziehung eines ausländischen EU-Führerscheins zu verhindern und ohne medizinisch-psychologischen Eignungstest weiterhin fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge in der Europäischen Union führen zu dürfen.247 Jeweils bleibt jedoch zu prüfen, ob der Täter dadurch nicht die spezifischen „Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ verletzt (dazu nachfolgend Rdn. 73 ff). 70
dd) Personenidentität von Täter der Anlasstat und Führer des Kraftfahrzeuges? Umstritten ist, ob der erforderliche „Zusammenhang“ der rechtswidrigen Tat mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges voraussetzt, dass Täter der Anlasstat und Führer des Kraftfahrzeuges ein und dieselbe Person sind. Eine im Schrifttum verbreitete Ansicht bejaht diese Frage und geht folglich davon aus, dass Var. 2 nur verwirklichen kann, wer bei der Anlasstat ein Kraftfahrzeug selbst geführt hat.248 Verwiesen wird insbesondere auf den Wortlaut, der einen Zusammenhang der Straftat mit dem Führen und nicht mit der Benutzung eines Kraftfahrzeuges verlange.249 Dies entspreche zudem der amtlichen Begründung des StraßenVSichG, wonach die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Straftat „in Beziehung zu der Führung eines Kraftfahrzeugs durch den Täter stehen [müsse], gleichviel ob er sie bei oder im Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der dem Führer eines Kraftfahrzeugs obliegenden Pflichten begangen hat“.250 Auch der Zweckrichtung der Vorschrift entsprechend könne die Entziehung der Fahrerlaubnis nur auf solche Charaktermängel des Betroffenen gestützt werden, die sich gerade in dessen Umgang mit einem Kraftfahrzeug und demzufolge anläss-
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242 BGHSt 22 328, 329; BGH bei Janiszewski NStZ 1981 469, 470; NStZ 1995 229. 243 BGH NStZ 1995 229. 244 Vgl. BayObLG VRS 69 (1985) 281, 282 zu § 44. 245 AA noch OLG Hamm VRS 57 (1979) 184, 185 f. 246 OLG Celle MDR 1967 1026. 247 And. wohl OLG Köln SVR 2009 314, 315, das in diesem Fall nur aus anderen Gründen eine Entziehung der Fahrerlaubnis verneint hat. 248 Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 27; Fischer Rdn. 10; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 27; Kretschmer MK-StVR Rdn. 32; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 21; ausführl. Zopfs NZV 2010 179, 181 ff; s. schon Hartung JZ 1958 131, 132; ders. NJW 1961 690, 690 f; aus der Rspr. KG VRS 11 (1956) 357, 367; LG Köln NZV 1990 445. 249 Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 27; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 21; Körfer NZV 1993 325, 326. 250 BT-Drucks. I/2674 S. 12 (Hervorhebung durch den Verfasser).
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lich des Führens eines Kraftfahrzeuges erwiesen haben. Eine extensivere Interpretation führte dazu, die Entziehung der Fahrerlaubnis von einer Maßregel speziell im Dienst der Verkehrssicherheit zu einer Sanktion zur Bekämpfung von Kriminalität schlechthin umzufunktionieren. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis gegen andere Personen als den eigenhändigen Lenker des Kraftfahrzeuges komme somit ausschließlich unter den Voraussetzungen der Var. 3 („unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“) in Betracht. Hingegen verzichtet die herrschende Meinung, nicht zuletzt die höchstrichterliche 71 Rechtsprechung auf das Erfordernis eigenhändiger Lenkung des Kraftfahrzeuges durch den Täter.251 Schließlich ließen sich dem Wortlaut des Gesetzes gerade keine Anhaltspunkte für die einschränkende Auslegung durch die Gegenansicht entnehmen, sei danach die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht nur „bei […] dem [zu ergänzen: eigenverantwortliche Leitung voraussetzenden] Führen eines Kraftfahrzeuges“ (Var. 1), sondern erklärtermaßen auch „im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges“ (Var. 2) gestattet.252 Ansonsten hätte es der gesonderten Regelung der Var. 1 überhaupt nicht bedurft.253 Außerdem seien nach dem Zweck der Vorschrift nicht nur Täter, die sich durch verantwortungslose Fahrweise, sondern auch solche, die sich aufgrund allgemeiner charakterlicher Eignungsmängel als Gefahr für die Verkehrssicherheit erwiesen haben, aus dem Straßenverkehr auszuschalten. Des Weiteren sei es unbillig, einem Teilnehmer an der Anlasstat nur deshalb die Fahrerlaubnis belassen zu müssen, weil nicht er, sondern – häufig mehr oder weniger zufällig – ein anderer Tatbeteiligter das Fahrzeug gelenkt habe. Die Argumente der herrschenden Meinung vermögen zu überzeugen. Freilich darf 72 die demnach vorzugswürdige Auslegung nicht dazu führen, jede allgemeine charakterliche Unzulänglichkeit sogleich zum Anlass zu nehmen, die Fahrerlaubnis zu entziehen, offenbart sich ein solcher Mangel doch bei jeder Straftat.254 Die erforderliche zurückhaltende Handhabung lässt sich jedoch bei der Feststellung der Ungeeignetheit des Täters im Rahmen des sog. verkehrsspezifischen Zusammenhangs (Rdn. 98 ff) erreichen. So müssen etwa der vom Beifahrer – sei es als Täter oder als Teilnehmer – verwirklichten Anlasstat „besonders gewichtige Hinweise“ darauf entnommen werden, dass er zum Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr ungeeignet ist.255 Von diesem Standpunkt aus kommt über Var. 2 die Entziehung der Fahrerlaubnis z.B. gegenüber einem Halter in Betracht, der sein Fahrzeug einem betrunkenen Fahrer256 oder einer Person ohne Fahrerlaubnis257 anvertraut oder die vorschriftswidrige Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges angeordnet hat,258 auch wenn er an der fraglichen Fahrt überhaupt nicht teilgenommen hat.259 Gleichfalls besteht der erforderliche Zusammenhang, wenn ein Beifahrer, ohne selbst Führer des Fahrzeuges zu sein, in verkehrswidriger Weise in das
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251 St. Rspr. seit BGHSt 10 333, 336; s. nur BGH VRS 37 (1969) 350, 351; bei Holtz MDR 1981 453; OLG München NJW 1992 2777; OLG Stuttgart NJW 1961 690, 691. Aus dem Schrifttum Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 39; SSW/Harrendorf Rdn. 22; Heuchemer BeckOK Rdn. 20.1; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 4; Dreher/Fad NZV 2004 231, 233. 252 SSW/Harrendorf Rdn. 22. 253 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 39. 254 S. auch die Bedenken von Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 21. 255 So BGH NStZ-RR 2004 57; NStZ 2004 617; Dreher/Fad NZV 2004 231, 233; hierzu außerdem Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 41. 256 OLG Hamm VRS 12 (1957) 272, 272 f; OLG Koblenz NJW 1988 152. 257 OLG Braunschweig VRS 17 (1959) 342, 343; OLG Celle VM 1956 72. 258 OLG Oldenburg VRS 21 (1961) 110, 111. 259 OLG Stuttgart NJW 1961 690, 691 m. krit. Anm. Hartung.
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Fahrgeschehen eingreift,260 den Fahrer anweist, mit seinem Kraftfahrzeug einem Motorradfahrer den Weg abzuschneiden und dadurch eine Nötigung zu begehen,261 einen anderen Verkehrsteilnehmer tätlich angreift262 oder sich in anderer Weise an einer im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges von mehreren begangenen Tat beteiligt hat.263 Das bloße Mitfahren als Beifahrer genügt hingegen nicht.264 d) Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (Var. 3). Nach Var. 3 kommt eine Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht, wenn die Anlasstat „unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ begangen wird. Dies betrifft zum einen Vorschriften, die bei dem Führen eines Kraftfahrzeuges selbst zu beachten sind. Missachtungen dieser Vorgaben sind aber jedenfalls in der Regel bereits von Var. 1 und Var. 2 erfasst.265 Darüber hinaus – und dies begründet einen eigenständigen Anwendungsbereich der Var. 3 – sind Pflichten erfasst, die dem Führer eines Kraftfahrzeuges jenseits von dem Lenken eines Fahrzeuges aus Gründen der Verkehrssicherheit obliegen.266 74 Beispiele für einschlägige Pflichtverletzungen sind insbesondere die Begehung eines typischen Verkehrsdelikts,267 etwa das unerlaubte Sichentfernen vom Unfallort (§ 142) oder Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG).268 Nach der amtlichen Begründung zum StraßenVSichG kommen zudem nicht zuletzt Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften in Betracht, „die sich auf die verkehrssichere Beschaffenheit oder auf das Aufstellen des Fahrzeuges vor oder nach der Fahrt beziehen“.269 Zu denken ist insoweit an Missachtungen von Regeln des StVG, der StVO oder der StVZO, soweit sie die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges z.B. infolge eines nicht verkehrssicheren Zustandes des Fahrzeuges oder seiner Ladung steigern und dadurch die allgemeine Verkehrssicherheit gefährden, z.B. das ungenügende Absichern eines geparkten Fahrzeuges gegen Abrollen auf abschüssiger Straße oder die unzulängliche Kenntlichmachung eines haltenden oder liegen gebliebenen Fahrzeuges. Freilich muss wegen oder infolge dieser Pflichtverletzungen überhaupt eine Straftat begangen werden (wie etwa eine Gefährdung des Straßenverkehrs durch unzureichende Kenntlichmachung eines liegengebliebenen Fahrzeuges gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. g). 75 Nicht von Bedeutung für Var. 3 sind Pflichten, deren Verletzung keine spezifischen Belange der Verkehrssicherheit berühren. Auszuscheiden sind somit insbesondere Verpflichtungen, die (wie z.B. Steuer- oder Versicherungspflichten) allein dem Halter des jeweiligen Fahrzeuges obliegen, sich als solche indessen nicht auf die verkehrssichere 73
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260 SSW/Harrendorf Rdn. 22; Tepperwien FS Nehm 427, 430; vgl. auch OLG Hamm DAR 1963 218 für den betrunkenen Soziusfahrer auf einem Motorroller; LG Ravensburg NZV 1993 325 m. abl. Anm. Körfer. 261 S. BGH StV 2011 412, 415. 262 BayObLG bei Rüth DAR 1966 259. 263 S. etwa BGHSt 10 333, 336; BGH VRS 37 (1969) 350 (gemeinschaftliche Entführung einer Frau zur Notzucht); VM 1979 4 (gemeinschaftliche Hehlerfahrten); bei Holtz MDR 1981 453 (gemeinschaftliches unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln); LG Memmingen NZV 1989 82, 82 f (Benutzung eines Pkw für Betäubungsmittelhandel); zum inzwischen eng zu verstehenden verkehrsspezifischen Zusammenhang aber Rdn. 98 ff. 264 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 39. 265 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 28; s. auch Kretschmer MK-StVR Rdn. 33: „kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich“. 266 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; Heuchemer BeckOK Rdn. 21. 267 BGH NZV 2007 212, 212; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17. 268 BGH NZV 2007 212, 212. 269 BT-Drucks. I/2674 S. 12.
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Beschaffenheit des Kraftfahrzeuges oder seiner Ladung beziehen.270 Darüber hinaus erscheint fraglich, es als Pflichtverletzung im Sinne der Var. 3 anzusehen, wenn ein Halter – unabhängig davon, ob er bei der fraglichen Fahrt mitfährt – sein Fahrzeug einem alkoholisierten Fahrer271 oder einer Person ohne Fahrerlaubnis anvertraut272 oder wenn er die Inbetriebnahme eines technisch mangelhaften bzw. nicht vorschriftsmäßig beladenen Kraftfahrzeuges anordnet.273 Schließlich verlangt Var. 3 ausdrücklich die Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers.274 Ohnehin sind diese Fälle nach auch hier vertretener Ansicht einer nicht notwendigen Personenidentität schon von Var. 2 erfasst (Rdn. 72). Einer solchen Personenidentität von Täter der Anlasstat und Führer des Kraftfahr- 76 zeuges bedarf es – entgegen vereinzelter Ansicht275 (zum entsprechenden Streit bei Var. 2 siehe Rdn. 70 ff) – nach zutreffender Ansicht ebenso wenig im Rahmen der Var. 3.276 Weder der Wortlaut des Gesetzes legt ein derartiges einschränkendes Verständnis nahe noch ergibt sich ein solches aus der amtlichen Begründung, in der vielmehr ausdrücklich auch von der Verletzung von Vorschriften die Rede ist, die sich auf die „verkehrssichere Beschaffenheit“ des Fahrzeuges beziehen.277 4. Verurteilung zu einer Strafe oder Nichtverurteilung wegen (erwiesener bzw. nicht auszuschließender) Schuldunfähigkeit a) Verurteilung des Täters. Nach dem Gesetzeswortlaut muss der Täter „verurteilt“ 77 werden. Dies muss allerdings – anders als nach § 42m Abs. 1 in der Fassung bis zum 2. StraßenVSichG – nicht „zu einer Strafe“ geschehen. Es genügt daher, dass der Täter wegen einer rechtswidrigen Tat schuldig gesprochen wird. Das Absehen von Strafe (z.B. nach § 60, § 46a, § 113 Abs. 4 oder § 320 Abs. 2) steht der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht entgegen, sofern zugleich ein Schuldspruch ergeht.278 Wegen einer rechtswidrigen Tat „verurteilt“ wird jemand schließlich auch dann, wenn die Tat infolge von Gesetzeskonkurrenz nicht im Schuldspruch erscheint.279 Eine Verwarnung mit Strafvorbehalt ist hingegen neben der Entziehung der Fahrerlaubnis – wie bei allen anderen Maßregeln – gesetzlich ausgeschlossen (§ 59 Abs. 2 Satz 2). Dieses Reaktionsmittel kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht erfüllt sind.280 Strafaussetzung zur Bewährung hindert die Entziehung der Fahrerlaubnis ebenso 78 wenig. Schon weil sich beide Maßnahmen nach Zweck und Voraussetzungen im Einzelnen unterscheiden, schließen sich die Feststellung (gegenwärtig) fortbestehender Unge-
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270 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 13; SSW/Harrendorf Rdn. 23; Dreher/Fad NZV 2004 231, 233. 271 So i. Erg. auch OLG Hamm VRS 12 (1957) 272, 272 f; OLG Koblenz NJW 1988 152. 272 BGHSt 15 316, 318; vgl. auch OLG Braunschweig VRS 17 (1959) 342, 343. 273 I. Erg. ebenso OLG Schleswig VM 1964 90; OLG Stuttgart NJW 1961 690, 691. 274 Vgl. Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; s. auch LG Köln NZV 1990 445; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 23; Zopfs NZV 2010 179, 183; krit. Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 8. 275 So LG Köln NZV 1990 445; Kretschmer MK-StVR Rdn. 34; Zopfs NZV 2010 179, 183; s. auch OLG Hamm VRS 13 (1957) 452, 453. 276 Wie hier Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; SSW/Harrendorf Rdn. 23; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 8; Dreher/Fad NZV 2004 231, 233 f. 277 BT-Drucks. I/2674 S. 12. 278 BayObLG JZ 1972 287, 287 f; OLG Hamm VRS 43 (1972) 19, 21; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 26; Fischer Rdn. 7; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 24; Sinn SK Rdn. 12. 279 BGHSt 7 307, 312; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 26; Fischer Rdn. 7; SSW/Harrendorf Rdn. 11; aA Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 18. 280 AG Homburg/Saar VRS 72 (1987) 184, 186.
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eignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges und die Annahme einer (künftigen) günstigen Sozialprognose nur scheinbar aus.281 So zieht einerseits die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung nicht zwangsläufig die Bejahung der Ungeeignetheit nach sich.282 Andererseits wird insbesondere im umgekehrten Fall der Tatrichter die für den Täter vorteilhafte Bewährungsprognose häufig lediglich dann abgeben können, wenn der Angeklagte unter dem Druck der zur Bewährung ausgesetzten Strafe und in Verbindung mit dem zeitweiligen Ausschluss aus dem öffentlichen Straßenverkehr seine Haltung ändert und erst dadurch die Erwartung künftigen Wohlverhaltens garantiert.283 Bietet der Täter ausweislich der tatrichterlichen Feststellungen indessen sogar die hinreichend sichere Gewissheit, in Zukunft keine Straftaten (wie etwa Trunkenheitsfahrten als Anlasstaten) mehr zu begehen, wäre es widersprüchlich und damit rechtsfehlerhaft, Strafaussetzung zur Bewährung zu bewilligen und zugleich die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Ungeeignetheit festzustellen; in diesem Fall ist für eine Entziehung der Fahrerlaubnis vielmehr kein Raum.284 Je gewichtigere Gründe der Tatrichter folglich für eine günstige Prognose im Sinne von § 56 und somit für die Strafaussetzung zur Bewährung anführt, desto ausführlicher hat er zu erläutern, weshalb gleichwohl die Ungeeignetheit im Sinne von § 69 fortbestehen soll.285 Die Entziehung der Fahrerlaubnis darf jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Täter Strafaussetzung zur Bewährung zugebilligt worden sei und „ohne eine fühlbare Sühne“ mit erneuter Straffälligkeit des Angeklagten gerechnet werden müsse.286 Nach § 7 Abs. 1 JGG kann die Entziehung der Fahrerlaubnis auch im Jugendstraf79 verfahren angeordnet werden.287 Es genügt eine Verurteilung zu Zuchtmitteln (§ 13 Abs. 2 JGG) oder Erziehungsmaßregeln (§ 9 JGG).288 Gleiches gilt für eine nur bedingte Verurteilung (§ 27 JGG).289 Zuständig ist der Jugendrichter (§ 39 Abs. 1 Satz 1 JGG). Dies gilt auch für das vereinfachte Jugendverfahren (§§ 76 ff JGG), in dem allerdings nur eine Sperrfrist von nicht mehr als zwei Jahren festgesetzt werden darf (§ 76 Satz 1 JGG); ergänzend zur Entziehung der Fahrerlaubnis gegenüber Jugendlichen und Heranwachsenden Rdn. 119 sowie § 69a Rdn. 44. 80
b) Nichtverurteilung des Täters. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist ebenso zulässig, wenn der Täter wegen erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit nicht verurteilt wird. Der Schuldunfähigkeit (im Sinn des § 20) entspricht die feh-
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281 S. nur OLG Köln NJW 1956 113. 282 OLG Celle NJW 1956 1648, 1648 f; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23. 283 S. nur BGHSt 15 316, 319 ff; BGHSt 47 32, 37 = JR 2002 113 m. zust. Anm. Geppert; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23; SK/Sinn 12; s. auch OLG Düsseldorf NJW 1997 2765; OLG Köln NJW 1956 113; OLG Stuttgart NJW 1954 611, 612. Enger OLG Düsseldorf NZV 2000 51, wonach „die Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung einerseits und die Anordnung einer Sperrfrist […] grundsätzlich einen sachlichen Widerspruch [enthielten] und […] deshalb in der Regel unvereinbar“ seien. 284 BGH VRS 25 (1963) 426, 428; s. auch OLG Braunschweig NJW 1958 679, 680; OLG Düsseldorf NJW 1961 979, 980; OLG Stuttgart VRS 10 (1956) 130, 131 f. 285 BGH VRS 29 (1965) 14, 15; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 5; s. auch BGHSt 15 316, 321; OLG Hamm VRS 32 (1967) 17, 18 f; VRS 33 (1967) 22, 25; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 15. 286 OLG Hamm DAR 1957 186, 186; s. auch BGH VRS 11 (1956) 425; OLG Stuttgart VRS 10 (1956) 130, 132. 287 Generell zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern Molketin DAR 1982 114; zu jugendlichen Alkoholverkehrstätern im Speziellen Bussmann/Gerhardt BA 21 (1984) 199. 288 BGHSt 6 394, 395; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 21. 289 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 26; Böse NK Rdn. 6; Fischer Rdn. 7; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 21.
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lende oder nicht nachweisbare Reife eines Jugendlichen (§ 3 JGG).290 Auch in diesem Fall muss das Gericht aber eine rechtswidrige Tat feststellen.291 Einem Freispruch wegen Schuldunfähigkeit steht gleich, wenn nur wegen des die Entziehung rechtfertigenden Tatbestandes (z.B. einer alkoholbedingten Verkehrsgefährdung) mangels Schuldfähigkeit keine Verurteilung möglich ist, der Täter aber wegen einer im schuldfähigen Zustand begangenen und mit jener idealiter konkurrierenden anderen Tat (z.B. einem nach Sachlage nicht die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigenden Fahren ohne Fahrerlaubnis; hierzu Rdn. 167) verurteilt wird.292 Seit dem 2. StraßenVSichG reicht es ausdrücklich aus, dass die Schuld- bzw. damals 81 noch Zurechnungsunfähigkeit nicht auszuschließen ist. Dadurch wurde klargestellt, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann möglich ist, wenn der Täter nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freigesprochen wird, etwa zweifelhaft bleibt, ob er völlig schuldunfähig oder nur vermindert schuldfähig ist.293 Somit kann ebenso auf Entziehung der Fahrerlaubnis erkannt werden, wenn sich nicht feststellen lässt, ob der Täter den Tatbestand des Vollrausches (§ 323a) erfüllt oder die Tat in schuldfähigem Zustand begangen hat.294 Da ein förmlicher Freispruch nicht mehr erforderlich ist, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis – gegebenenfalls im selbstständigen Sicherungsverfahren (§ 71 Abs. 2 StGB i.V.m. §§ 413 ff StPO; dazu Rdn. 7) – schließlich auch allein oder in Verbindung mit einer anderen Maßregel der Besserung und Sicherung möglich, z.B. neben der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (allgemein hierzu Valerius LK § 72 Rdn. 27 ff).295 Bei anderen Entscheidungen als Verurteilung oder Freispruch wegen erwiesener 82 bzw. nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit kann die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden. Dies gilt nicht zuletzt bei einem Freispruch aus sonstigen Gründen, z.B. wegen Fehlens oder Nichtbeweisbarkeit objektiver oder subjektiver Tatbestandsmerkmale, wegen strafbefreienden Rücktritts296 oder auch wenn die Schuld wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums,297 eines entschuldigenden Notstandes298 oder altersbedingter Schuldlosigkeit entfällt.299 In diesen Fällen bleibt die Entziehung der Fahrerlaubnis wiederum der Fahrerlaubnisbehörde vorbehalten (§ 3 Abs. 1 StVG); § 3 Abs. 4 StVG steht nicht entgegen. III. Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen 1. Allgemeines. Liegt eine Anlasstat, die zu einer Verurteilung geführt hat bzw. hät- 83 te, wenn der Täter nicht erwiesen oder nicht ausschließbar schuldunfähig gewesen wäre, vor, muss beurteilt werden, ob der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet (zum Begriff sogleich Rdn. 84) ist. Diese Ungeeignetheit kann auf körperlich-geistigen Mängeln (Rdn. 85 ff) oder charakterlichen Defiziten (Rdn. 91 ff) beruhen. Maßgeblich für die erforderliche Gesamtwürdigung von Tat und Täter (Rdn. 112 ff) ist der Zeitpunkt der
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290 BGHSt 6 394, 397; BayObLGSt 1958 263, 264; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 27; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 16; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 15; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 25. 291 BayObLG NStZ 1985 90, 90. 292 LG München DAR 1955 306; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 26. 293 So für die vormalige Gesetzeslage bereits BGHSt 14 68, 70 ff m.w.N. 294 BayObLG bei Rüth DAR 1982 248; Fischer Rdn. 8. 295 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 26. 296 BGH bei Hürxthal DRiZ 1983 183; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 29; Böse NK Rdn. 7; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 15; Kretschmer MK-StVR Rdn. 11; Sinn SK Rdn. 13. 297 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 17; Kretschmer MK-StVR Rdn. 11; Sinn SK Rdn. 13. 298 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 17; Kretschmer MK-StVR Rdn. 11. 299 OLG Hamm VRS 26 (1964) 279, 281.
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letzten (tatrichterlichen) Entscheidung (Rdn. 108 ff). Stets muss sich die Ungeeignetheit „aus der Tat“ ergeben (Rdn. 93 ff). Sind diese Voraussetzungen gegeben, hat das Gericht die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen (Rdn. 179 ff). Es bedarf insoweit keiner weiteren Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (siehe auch § 69 Abs. 1 Satz 2; hierzu Rdn. 177 f). Bei der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen handelt es sich um einen 84 unbestimmten Rechtsbegriff.300 Er ist im Strafgesetzbuch nicht definiert und darf etwa nicht mit dem fehlenden Vermögen im Sinne von § 315c Abs. 1 Nr. 1 und § 316, ein „Fahrzeug sicher zu führen“, verwechselt werden. Vielmehr bleibt der Begriff inhaltsgleich wie in § 3 Abs. 1 StVG sowie § 3 und § 46 FeV auszulegen, sollte doch mit dem StraßenVSichG die bis dahin ausschließlich den Verwaltungsbehörden zugewiesene Aufgabe dem Strafrichter übertragen werden (siehe Entstehungsgeschichte). Maßgeblich ist folglich die Legaldefinition des § 2 Abs. 4 StVG.301 Hiernach ist zum Führen von Kraftfahrzeugen „geeignet […], wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat“. Diese Ungeeignetheit ist zu bejahen, wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Tatbeteiligten am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde.302 Wegen des Maßregelcharakters der Entziehung der Fahrerlaubnis kann von einer Ungeeignetheit jeweils nur bei einer länger andauernden Eigenschaft des Täters gesprochen werden.303 2. Arten der Eignungsmängel 85
a) Körperlich-geistige Eignungsmängel. Körperliche und geistige Defizite lassen sich in einer Fallgruppe zusammenfassen, da sowohl körperliche Eignungsmängel im Sinne eines krankhaften Körperzustandes als auch geistige Mängel in einem somatischen Sinne zu begreifen sind.304 Trotz einer hohen Dunkelzahl insbesondere suchtbedingt körperlich oder geistig ungeeigneter Kraftfahrer dürfte die Bedeutung der auf diesen Gründen beruhenden strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis in der Praxis nach wie vor gering sein.305 Defizite dieser Art werden gewöhnlich entweder bereits im behördlichen Verfahren der Erteilung der Fahrerlaubnis ermittelt oder lassen sich bei Unfällen bzw. Verkehrsdelikten im strafgerichtlichen Verfahren oftmals nur schwer aufdecken. Im Übrigen ergeben sich gerade körperliche oder geistige Eignungsmängel häufig nicht „aus der Tat“ (hierzu Rdn. 93 ff), sondern werden nur anlässlich der Anknüpfungstat festgestellt, ohne diese (nachweisbar) beeinflusst zu haben.
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300 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 50; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 29. 301 Statt vieler BGHSt 50 93, 100; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 50; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 17; krit. Fischer Rdn. 14a. 302 So exemplarisch BGH NStZ 2004 144, 145; NStZ 2015 579, 579; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 51. Aus verkehrspsychologischer Sicht zusf. Barthelmess NZV 2000 18; zur sachkundigen Hilfe von Ärzten und Verkehrspsychologen bei der strafrichterlichen Beurteilung einschlägiger Ungeeignetheit Gehrmann NZV 2004 442, 442 ff. 303 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 52; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 29; s. auch Fischer Rdn. 14; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 17. 304 Böse NK Rdn. 10. 305 S. etwa Böse NK Rdn. 10. Bei Verkehrsunfällen etwa liegt nach Eisenmenger/Bouska NZV 2001 13, 14 die Häufigkeit der hierzu führenden mangelnden Verkehrstüchtigkeit infolge ärztlich festgestellter Gesundheitsmängel „weit unter 1 %“.
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Körperliche Eignungsmängel werden in erster Linie durch Fehlfunktionen der 86 Sinnesorgane wie vor allem Schwächen des Seh-306 oder Hörvermögens307 begründet. Als weitere Beispiele sind Herz- und Gefäßkrankheiten, schwere Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus),308 Lähmungserscheinungen und das Fehlen von Gliedmaßen zu nennen. Das Schlafapnoe-Syndrom begründet nicht zwingend eine körperliche Ungeeignetheit, so dass es insoweit eines rechtsmedizinischen Gutachtens bedarf.309 Zu den geistigen Eignungsmängeln zählen unter anderem Erkrankungen des zent- 87 ralen Nervensystems, Hirnschäden,310 manische Psychosen,311 bipolare affektive Störungen, 312 endogene Depressionen, 313 Epilepsie,314 Parkinsonismus und Schwachsinn. Zunehmende Bedeutung kommt Suchtkrankheiten aller Art,315 insbesondere chronischem Alkoholismus316 sowie Medikamenten- und/oder Betäubungsmittelabhängigkeit317 unterschiedlichster Formen zu. Bei einer lediglich allgemeinen Neigung zum Missbrauch von Rauschmitteln dürfte es sich hingegen eher um ein charakterliches Defizit handeln (siehe sogleich Rdn. 91).318 Häufiger vorkommende Erkrankungen und Mängel, welche die (geistige oder sonst 88 körperliche) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können, sind in der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV über die „Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen“ aufgeführt. Neben den in den beiden vorstehenden Randnummern bereits genannten Mängeln sind dort etwa noch Nierenerkrankungen und Störungen des Gleichgewichtssinnes genannt. Stets ist bei Eignungsmängeln jedoch zu klären, ob sie sich im Einzelfall nicht durch technische Hilfsmaßnahmen (wie z.B. eine Brille oder eine Prothese), durch eine besondere Ausstattung des Kraftfahrzeuges (z.B. Handgas, Handbremse), durch Medikamente oder – wie in der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV einschränkend ausgeführt ist – „durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen“ ausgleichen lassen.
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306 BayObLG bei Rüth DAR 1964 240. Zu Tauglichkeitsgrenzen beim Dämmerungssehen Aulhorn ZVS 17 (1971) 196; zu eignungsrelevanten Anforderungen an das Sehvermögen s. i. Üb. die Anlage 6 zu §§ 12, 48 Abs. 4 und Abs. 5 FeV. 307 BayObLG bei Rüth DAR 1964 240. 308 Zur Hypoglykämie aus verkehrsmedizinischer Sicht Metter BA 26 (1989) 185; vgl. auch OVG Bln. VM 1967 51. 309 LG Traunstein NZV 2011 514. 310 Vgl. BGH bei Martin DAR 1960 70. 311 S. etwa BayObLG bei Rüth DAR 1985 239, 239 f (manische Psychose mit paranoider Begleitsymptomatik); zur Ungeeignetheit bei Verdacht auf paranoide oder schizophrene Psychose BayVGH NZV 1999 183. 312 LG Meiningen NZV 2007 97, 97. 313 OLG Düsseldorf DAR 1958 241. 314 Zur fehlenden Fahreignung bei Epilepsie und anderen neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen aus verkehrsmedizinischer Sicht Hebenstreit BA 23 (1986) 179, 187 ff; Laubichler BA 29 (1992) 139. 315 Böse NK Rdn. 10; SSW/Harrendorf Rdn. 25. 316 Zur Eignung bzw. Nichteignung alkoholauffälliger Kraftfahrer aus medizinischer Sicht Spazier DAR 1995 54. 317 Zur verwaltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis bei einmaligem, gelegentlichem oder auch regelmäßigem Cannabis-Konsum s. nur BVerfG NJW 2002 2381; BVerwG NJW 2002 78; BVerwGE 148 230; BVerwG NJW 2014 1318; VGH BW DAR 2004 170; NJW 2014 410; BayVGH SVR 2018 233; OVG HH NJW 2014 3260. Zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und zu einschlägigen Eignungsfragen speziell aus verkehrspsychologischer Sicht insbes. Kannheiser NZV 2000 57, aus medizinisch-toxikologischer Warte Kauert DAR 2000 438. Eine Übersicht zur Wirkung und zur Nachweisbarkeit verbreiteter Drogen im Straßenverkehr findet sich bei Rebler VD 2014 115, 116 ff. 318 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 19; s. auch Fischer Rdn. 17.
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Ein hohes Alter für sich allein rechtfertigt nicht den Schluss auf die Ungeeignetheit als Kraftfahrer.319 Allerdings können körperliche oder geistige Eignungsmängel mitunter der altersbedingt im Allgemeinen verminderten Leistungsfähigkeit geschuldet sein. Zu denken ist hierbei vor allem an eine generell verminderte Sehfähigkeit, zunehmende Blendempfindlichkeit mit Dämmerungssehschwächen sowie nachlassende Reaktionsfähigkeit.320 Wie bei allen körperlichen oder geistigen Eignungsmängeln (siehe soeben Rdn. 88) bleibt aber auch hier in jedem Einzelfall festzustellen, ob und inwieweit die altersbedingt verminderte Leistungsfähigkeit etwa durch die langjährige Erfahrung als Kraftfahrer, durch besondere Vorsicht und verstärktes Verantwortungsbewusstsein eines älteren Menschen oder auf sonstige Weise (z.B. durch Medikamente) hinreichend kompensiert wird.321 Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wird allenfalls angeordnet werden, wenn der Altersabbau so weit fortgeschritten ist, dass er mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit auch künftig zu greifbaren Ausfallerscheinungen von Gewicht zu führen droht und nicht auszugleichen ist.322 Freilich setzt dies wiederum voraus, dass sich die altersbedingte Fahrungeeignetheit „aus der Tat“ (näher Rdn. 93 ff) ergibt.323 Auch fehlende Fahrfertigkeiten sowie technisches Nichtkönnen können die Unge90 eignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen. Dies setzt allerdings voraus, diese Defizite durch weitere Fahrpraxis nicht ausgleichen zu können. Sofern die Tat ein besonders hohes Maß von technischem Nichtkönnen oder mangelnder Reaktionsfähigkeit belegt, soll sogar ein einmaliges Versagen zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen können.324 91
b) Charakterliche Defizite. Ebenso wie bei der behördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 3 StVG) ist bei deren strafgerichtlichem Pendant seit jeher anerkannt, dass auch charakterliche Mängel die Anordnung der Maßregel rechtfertigen können.325 In der Praxis handelt es sich hierbei sogar um den mit großem Abstand häufigsten Anwendungsfall der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis.326 Erfasst sind nicht nur abnorme Charakterzüge oder sonstige Verhaltensabnormitäten im Speziellen, sondern auch und in erster Linie eine im Allgemeinen mangelnde Persönlichkeitsreife, wie sie in besonderer Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern zum Ausdruck kommt.327 Ein auf genereller charakterlicher Ungeeignetheit beruhendes fehlendes Verantwortungsbewusstsein kann sich beispielsweise in einem situationsbedingten Eignungsdefizit wie Alkoholgenuss, Betäubungsmittelkonsum in Fahrbereitschaft, Einnahme von Medikamenten oder Ermüdung328 äußern, ohne
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319 Auf dieser Linie auch LG Düsseldorf DAR 2005 230, 230; s. hierzu ferner OLG Celle SVR 2008 226, 226; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 37. 320 Zu typischen altersbedingten Ausfallerscheinungen vor allem Kulemeier S. 98; Wetterling/ H. Neubauer/W. Neubauer ZfS 1995 161, 162 f; weiterführend K. Himmelreich DAR 1985 201, 203 ff; DAR 1990 447. Zu den rechtlichen Konsequenzen einer freiwilligen Rückgabe des Führerscheins Hundertmark MDR 1964 561. 321 K. Himmelreich DAR 1990 447, 451. 322 K. Himmelreich DAR 1990 447, 451. 323 Bedenklich insoweit OLG Düsseldorf VM 1965 50. 324 So OLG Düsseldorf VM 1966 60 für eine Angeklagte mit nur geringer Fahrpraxis, die beim Einbiegen in eine Straße infolge zu hoher Geschwindigkeit auf regennassen Straßenbahnschienen ins Schleudern kam und nicht gegensteuerte, um das Fahrzeug abzufangen; s. zuvor schon BGHSt 7 165, 176. 325 Grdl. BGHSt 5 179, 180 f. 326 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 53; SSW/Harrendorf Rdn. 24. 327 S. etwa BGH DAR 2018 523, 525 (in BGHSt 63 121 nicht abgedr.); Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 56; Kulemeier S. 99. 328 BayObLG VRS 6 (1954) 288, 290 f.
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dass dadurch sogleich ein dauernder (körperlich-geistiger) Eignungsmangel (wie z.B. chronischer Alkoholismus oder eine andere pathologisch nachweisbare Suchtkrankheit; siehe schon Rdn. 87) begründet wird. Ein einmaliges, situationsbedingtes Fehlverhalten für sich allein lässt hingegen noch nicht auf einen charakterlichen Eignungsmangel schließen.329 Angesichts des Maßregelzwecks (Rdn. 2) muss es sich um Charaktermängel handeln, 92 die den Täter gerade in seiner Eigenschaft als Kraftfahrer als unzuverlässig erweisen. Die charakterliche Ungeeignetheit des Täters offenbart sich insofern zunächst und vor allem in den Regelbeispielen des Absatzes 2 (hierzu Rdn. 117 ff), kann sich aber auch aus sonstigen Verkehrsdelikten sowie aus Delikten der allgemeinen Kriminalität außerhalb des Regelkatalogs ergeben (hierzu im Einzelnen Rdn. 162 ff). Diese Taten müssen jedoch ihrem Gewicht nach jeweils den in Absatz 2 genannten Verkehrsstraftaten gleichkommen und ein grundsätzlich fehlendes Verantwortungsbewusstsein für verkehrsgerechtes Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr offenbaren. Die in der Begehung jeder Straftat (auch der allgemeinen Kriminalität) zum Ausdruck kommende generelle charakterliche Unzuverlässigkeit genügt nicht.330 3. „Aus der Tat“ a) Einfluss des Eignungsmangels auf die Tat. Während der Fahrerlaubnisbe- 93 hörde im Rahmen der Eignungsprüfung gemäß §§ 2 ff StVG eine umfassende Würdigung der Persönlichkeit vorgeschrieben ist, muss sich nach § 69 Abs. 1 die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen „aus der Tat“ ergeben (siehe schon Rdn. 26). Schon die amtliche Begründung zum 2. StraßenVSichG hat darauf hingewiesen, dass zwar „auch künftig im Allgemeinen eine sorgfältige Abwägung aller Umstände, welche die Persönlichkeit des Täters mit einbezieht, unerlässlich sein [wird]. Nur ist eine Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit, die sich auf alle ihre Eigenschaften erstreckt, weder geboten noch überhaupt zulässig“.331 Vielmehr darf sich die strafrichterliche Beurteilung des Eignungsmangels nur auf die begangene Anlasstat sowie auf diejenigen Persönlichkeitszüge des Täters stützen, die hierin symptomatisch zum Ausdruck gekommen sind. 332 Als Erkenntnisquelle dient der gesamte geschichtliche Vorgang, welcher der Anklage und somit der Urteilsfindung zugrunde liegt. Maßgeblich ist folglich – wie schon bei dem (funktionalen) Zusammenhang im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Var. 2 (Rdn. 61) – der prozessuale Tatbegriff (§ 264 StPO).333 Bei sachlich zusammentreffenden Straftaten kann die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis auf das gesamte angeklagte strafrechtliche Verhalten des Täters gestützt werden.334 Werden im Strafverfahren Eignungsmängel festgestellt, die in der Anlasstat keinen 94 hinreichenden Ausdruck gefunden haben und somit letztlich nur gelegentlich der Tat (z.B. im Rahmen deren Aufklärung) hervorgetreten sind, scheidet eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis aus.335 So vermögen körperliche Mängel die gerichtliche
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329 LG Düsseldorf DAR 2005 230, 230 f; LG Kaiserslautern ZfS 2004 39; Sinn SK Rdn. 14. 330 BGH NStZ 2004 86, 88; SSW/Harrendorf Rdn. 26; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 7. 331 BTDrucks. IV/651 S. 17. 332 Statt vieler Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 59; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 6. 333 BGH NStZ 2015 579, 579; OLG Celle VRS 30 (1966) 178, 179; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 59; Böse NK Rdn. 12; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 29; Sinn SK Rdn. 14. 334 BayObLG NJW 1966 2369, 2370. 335 BGHSt 15 393, 396; 50 93, 101; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 1996 235; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 21; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 30.
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Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zu rechtfertigen, wenn sie sich im Tatablauf nicht unmittelbar negativ geäußert haben.336 Gleichermaßen können geistige Störungen, die ohne Einfluss auf das Tatgeschehen geblieben sind, nicht herangezogen werden.337 Beispielsweise kann ein chronischer Alkoholismus des Täters, der sich im Tatgeschehen weder bezüglich eines Unfalles noch hinsichtlich der Fahrweise ausgewirkt hat, bei der Entscheidung über die (strafgerichtliche) Entziehung der Fahrerlaubnis nicht berücksichtigt werden.338 Gleiches gilt für anlässlich des Strafverfahrens zutage getretene weitere, jedoch nicht von der Anklage erfasste Trunkenheitsfahrten.339 Insbesondere kann eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf ei95 nen Eignungsmangel gestützt werden, der sich erst nach der Tat ergibt. Dies betrifft etwa körperliche Defizite, die der Täter später erlitten hat.340 Ebenso wenig vermag ein nachträgliches Verhalten des Täters als solches, nicht zuletzt sein Gebaren im Prozess (siehe unten Rdn. 174 f), die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen. Allerdings kann das Nachtatverhalten ein generelles charakterliches Defizit wie z.B. eine rücksichtslose Verkehrsgesinnung offenbaren, das bereits die Tat selbst mit verursacht hat, und somit mittelbar einen symptomatisch in der Tat selbst zum Ausdruck gekommenen Eignungsmangel ersichtlich werden lassen. Gleichfalls können sonstige Eignungsmängel, die zwischen Tat und Hauptverhandlung hervortreten, (nur dann) berücksichtigt werden, wenn sie einen Rückschluss auf die Täterpersönlichkeit zur Zeit der Tat und auf einen in dieser Tat zum Ausdruck gekommenen Eignungsmangel gestatten.341 Insoweit ist selbstredend ein strenger Maßstab anzulegen, um auf diesem Wege nicht doch eine Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters vorzunehmen und insoweit auch Umstände jenseits der Anlasstat bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis heranzuziehen. Dies bleibt vielmehr der Fahrerlaubnisbehörde vorbehalten (§ 3 StVG und § 46 FeV);342 zu den diesbezüglichen Mitteilungspflichten der befassten Strafverfolgungsorgane Rdn. 212. 96
b) Keine Prüfung der Erforderlichkeit. Als Maßregel der Besserung und Sicherung setzt die Entziehung der Fahrerlaubnis ihrem Wesen und ihrer Zielrichtung nach die künftige Gefährdung der Allgemeinheit voraus (siehe schon Rdn. 2 ff). Das Gesetz knüpft die Entziehung der Fahrerlaubnis indessen ausdrücklich nur an die „aus der Tat“ erwiesene Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen. Es war daher anfänglich umstritten, ob die Gefährlichkeit des Täters und die hiermit einhergehende Gefährdung der Allgemeinheit eine (ungeschriebene) zusätzliche Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist, die der Gesetzgeber lediglich versehentlich nicht eingefügt, der Tatrichter jedoch besonders zu prüfen und im Urteil zu erörtern habe,343 oder ob eine solche Feststellung entbehrlich sei, weil die Gefährdung der Allgemeinheit un-
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336 BGHSt 15 393, 397 nennt das Beispiel unausgleichbarer Kurzsichtigkeit. 337 OLG Düsseldorf DAR 1958 241, 241 (durch Unfallschock zutage getretene endogene Depression); OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 1996 235 (psychische Erkrankung, aufgrund derer der Täter Verhaltensauffälligkeiten und Straftaten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat); LG Hannover NdsRpfl 1966 224 (Verdacht auf Geisteskrankheit des Angeklagten, die sich im Tatgeschehen aber jedenfalls nicht ausgewirkt hat). 338 OLG Hamm VRS 48 (1975) 339, 340; s. auch OLG Düsseldorf DAR 1969 24. 339 OLG Celle VRS 30 (1966) 178, 179. 340 BGHSt 15 393, 397 (unfallbedingter fast völliger Verlust des Sehvermögens). 341 S. nur BGHSt 15 393, 397. 342 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 59. 343 BGH NJW 1954 1167, 1168; s. auch OLG Celle NJW 1954 652; OLG Düsseldorf NJW 1954 165, 166. Hiergegen BGHSt 7 165, 168 ff; Dreher JZ 1954 542, 543.
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widerleglich vermutet werde.344 Unter Aufgabe der missverständlichen These von der „unwiderleglichen Vermutung“345 hat der Bundesgerichtshof aber alsbald festgehalten, mit der Bejahung der „Ungeeignetheit“ des Täters zwangsläufig zugleich festzustellen, dass bei Nichtentziehung der Fahrerlaubnis die Allgemeinheit künftig gefährdet ist.346 Dies ist seitdem die einhellige Ansicht auch im Schrifttum.347 Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass es ebenso wenig einer zusätzlichen 97 Prüfung der „Erforderlichkeit“ einer Entziehung der Fahrerlaubnis bedarf.348 Das Gericht hat daher dem ungeeigneten Täter die Fahrerlaubnis auch dann zu entziehen, wenn er bereits aufgrund einer zugleich verhängten Freiheitsstrafe in den nächsten Jahren nicht am Straßenverkehr teilnehmen kann (zur Berücksichtigung der Inhaftierung bei der Bemessung der Sperrfrist hingegen § 69a Rdn. 49). Gleiches gilt, wenn das Gericht neben der Entziehung der Fahrerlaubnis zugleich eine länger dauernde freiheitsentziehende Maßregel anordnet.349 Des Weiteren stehen schwere Verletzungen des Täters mit Dauerfolgen dessen Ungeeignetheit selbst dann nicht entgegen, wenn sie (wie z.B. schwerwiegende Seh- oder Hörschäden, völlige Erblindung, Querschnittslähmung, Verlust von Armen oder Beinen) eine längerfristige oder sogar dauerhafte Fahrunfähigkeit des Täters nach sich ziehen.350 Im Einzelfall lässt sich ohnehin nicht sicher ausschließen, dass etwaige Heilungschancen oder fahrzeugtechnische Mittel solche Eignungsmängel ausgleichen können. Zudem könnte der im Besitz seiner Fahrerlaubnis bleibende Täter auch trotz fortbestehender körperlicher oder geistiger Mängel versuchen, ein Kraftfahrzeug zu führen. c) Verkehrsspezifischer Zusammenhang aa) Allgemeine Grundsätze und deren Entwicklung. So unumstritten schon we- 98 gen des Wortlauts der Norm ist, dass sich die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Anlasstat niederschlagen muss, so unterschiedlich wurden jedenfalls früher die Anforderungen an diesen Zusammenhang im Einzelnen beurteilt. Insbesondere die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs interpretierte die Voraussetzung „aus der Tat“ bedenklich weit. 351 So sollte „der durch die Tat bewiesene Eignungsmangel nicht so verstanden werden, daß nur ein Mangel in der Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug verkehrssicher zu führen, in Betracht käme“. Vielmehr sollte die Entziehung der Fahrerlaubnis „über den eigentlichen Verkehrssicherungszweck hinaus den Mißbrauch von Kraftfahrzeugen durch verantwortungslose Kraftfahrer auch dann verhindern, wenn dieser Mißbrauch nur gegen andere Rechtsgüter nachteilig wirkt“.352 Dieses weite Verständnis stieß im Schrifttum schon stets auf Kritik.353 Vornehmlich wurde
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344 So BGHSt 5 168, 174 f; KG VRS 6 (1954) 384, 385; OLG Karlsruhe NJW 1954 1945; s. auch H.-J. Bruns GA 1954 161, 166 ff; Lackner MDR 1953 73, 74; zur Diskussion ferner Dreher JZ 1954 542, 543; Hartung JZ 1954 137, 138; Schmidt-Leichner NJW 1953 1849, 1850; ders. NJW 1954 159, 160 f. 345 S. hierzu BGHSt 7 165, 168 ff. 346 BGHSt 7 165, 168. 347 S. etwa Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 52; Fischer Rdn. 48; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 32; zu früherer Zustimmung im Schrifttum vor allem Dreher JZ 1954 542, 543. 348 BGHSt 5 168, 174; 7 165, 174; s. auch schon KG VRS 6 (1954) 384, 385. 349 Zur gleichzeitigen Anordnung einer Sicherungsverwahrung BGH VRS 30 (1966) 274. 350 Ebenso etwa BGHSt 7 165, 174; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6; aA Schmidt-Leichner NJW 1954 159, 161; ebenso wohl Dreher JZ 1954 542, 543. 351 Näher Geppert LK12 Rdn. 33. 352 So BGHSt 5 179, 180 f. 353 S. etwa aus dem älteren Schrifttum Guelde S. 15; Hartung JZ 1954 137, 139; Schmidt-Leichner NJW 1954 159, 161 f; hierzu auch Geppert NStZ 2003 288, 288 f; Kulemeier NZV 1993 212, 213 f, 214 f; Sowada NStZ 2004 169, 170 ff.
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zutreffend eingewandt, dass § 69 ausschließlich der Sicherung des Straßenverkehrs diene (siehe schon Rdn. 2), der erforderliche Zusammenhang zwischen Anlasstat und Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges folglich zwingend voraussetze, dass das Verhalten des Täters eine erhöhte Gefahr gerade für andere Verkehrsteilnehmer befürchten lasse. Die Entziehung der Fahrerlaubnis entgegen ihrer gesetzlichen Konzeption zur Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität einzusetzen, verbiete sich gerade bei einer Maßregel der Besserung und Sicherung nicht zuletzt deshalb, weil (über § 111a StPO) anderenfalls eine unzulässige Verdachtsstrafe eingeführt und somit die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 MRK) umgangen werden würde. Es bedürfe demzufolge einer inneren Beziehung zwischen Anlasstat einerseits und der Notwendigkeit einer Entziehung der Fahrerlaubnis als spezifischer Sanktion zur Sicherung der allgemeinen Verkehrssicherheit andererseits. 99 Diesen Bedenken schlossen sich zunehmend höchstrichterliche Entscheidungen an. Vor allem der für Verkehrsstrafsachen zuständige Vierte Strafsenat nahm einen Kurswechsel vor, indem er allein die Tatsache, dass ein Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten nutzte, nicht ausreichen ließ, um die charakterliche Zuverlässigkeit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen in aller Regel zu verneinen.354 Ansonsten würde dieser Deliktsgruppe die gleiche Wirkung wie den Katalogtaten des Absatzes 2 beigemessen.355 Im Gegenteil sei fraglich, ob unter Benutzung von Kraftfahrzeugen begangene Anlasstaten, die keinerlei spezifische Verkehrssicherheitsinteressen berühren, überhaupt die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen, diene die Maßregel nach § 69 doch gerade nicht der allgemeinen Verbrechensbekämpfung.356 Drei weitere bei ihm anhängige Verfahren, in denen der Täter mit dem Kraftfahrzeug zum Tatort gefahren war bzw. ein Kraftfahrzeug zum Transport von Diebesbeute oder erworbener Betäubungsmittel verwendet hatte, nahm der Senat sodann zum Anlass zu seinem Anfragebeschluss vom 16.9.2003.357 Darin verlangte der Senat einen verkehrsspezifischen Zusammenhang zwischen Anlasstat und Gefährdung der Verkehrssicherheit dergestalt, dass allein die Benutzung eines Kraftfahrzeuges zur Begehung der abgeurteilten Straftaten noch nicht die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen belege. Unter Aufgabe teilweise gegenteiliger eigener Rechtsprechung stimmten dem zwar der Dritte358 und der Fünfte Strafsenat359 zu, nicht jedoch der Erste Strafsenat, der an seiner früheren Ansicht, wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht nur den Schutz der Verkehrssicherheit, sondern auch den Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten allgemeiner Art bezweckte, festhielt.360 Mit Vorlagebeschluss vom 26.8.2004361 legte der Vierte Strafsenat daraufhin dem Großen Senat für Strafsachen die Rechtsfrage zur Entscheidung vor, ob sich die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 1 nur dann aus der Tat ergebe, „wenn aus dieser konkrete Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen“, mit anderen Worten es eines spezifischen Zusammenhangs zwischen Anlasstat und Verkehrssicherheit bedürfe.362
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BGH NZV 2003 199, 200. BGH NZV 2003 199, 200. BGH NZV 2003 199, 200. BGH NStZ 2004 86. Zustimmungsbeschluss vom 13.1.2004 (Az. 3 ARs 30/03), zit. nach BGHSt 50 93, 95. BGH NStZ 2004 148. S. ferner die Entscheidung des Zweiten Strafsenats in BGH NStZ 2004 144. BGH BA 42 (2005) 58 unter Verweis auf BGH NStZ 2003 658 = JR 2004 123 m. tendenziell zust. Anm. BGH NJW 2004 3497. BGH NJW 2004 3497, 3497.
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Den vorstehenden Überlegungen schloss sich der Große Strafsenat mit Beschluss 100 vom 27.4.2005 an.363 Seitdem ist jedenfalls weitgehend anerkannt, dass es einschränkend eines verkehrsspezifischen Zusammenhangs zwischen Anlasstat und Gefährdung der Verkehrssicherheit bedarf. Da § 69 allein die Sicherheit des Straßenverkehrs schützen will, nicht aber der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung dient, kann mit der Entziehung der Fahrerlaubnis auch nicht das Anliegen verfolgt werden, deren Missbrauch zur Begehung von Straftaten im Generellen zu verhindern, ohne dass Belange der Verkehrssicherheit in irgendeiner Weise berührt werden.364 Dies ergebe sich weniger aus den eher unergiebigen Gesetzesmaterialien als vielmehr aus dem Verhältnis des § 69 zu den Bestimmungen der § 2 Abs. 4 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 3 und § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV. Weil sowohl die strafgerichtliche als auch die verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis an die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen anknüpfen, müsse auch jeweils Maßstab für die Entscheidung „die in die Zukunft gerichtete Beurteilung der Gefährlichkeit des Kraftfahrers für den öffentlichen Straßenverkehr“ sein.365 Eine Entziehung der Fahrerlaubnis komme demzufolge nur in Betracht, „wenn die Anlaßtat selbst tragfähige Rückschlüsse darauf zuläßt, daß der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen“.366 Während in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Var. 1 und Var. 3 die Verkehrssicherheit in der Regel offenkundig beeinträchtigt werde, bedürfe es bei den Zusammenhangstaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Var. 2 einer Begründung, welche die Umstände des Einzelfalles besonders berücksichtige. Den notwendigen verkehrsspezifischen Zusammenhang anhand konkreter Umstände festzustellen, die sich aus der Tat unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit ergeben, bleibe dem Tatrichter aufgegeben. Eine Prognose, dass der Täter wahrscheinlich auch künftig Zusammenhangstaten begehen und dabei tatsächlich die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigen werde, sei hierfür nicht erforderlich.367 Allein aus charakterlichen Mängeln, die ein Täter durch die Begehung schwerwiegender oder wiederholter Straftaten offenbare, könne aber nicht ohne Weiteres eine Gefährdung der Verkehrssicherheit abgeleitet werden.368 Der Entscheidung des Großen Strafsenats stimmte das Schrifttum jedenfalls in dem 101 Anliegen einer restriktiveren Anwendung des § 69 weitaus überwiegend zu. Kritische Einwände waren selten. Mitunter wurde zwar bemängelt, dass das einschränkende Kriterium eines verkehrsspezifischen Gefahrzusammenhangs schon bei der Anlasstat als solcher zu berücksichtigen, folglich bereits die Zusammenhangstat entgegen ihrem nach wie vor weiten Verständnis verkehrsspezifisch zu interpretieren sei;369 im Ergebnis bedeutet dies aber keinen Unterschied.370 Außerdem wurden erhebliche Bestimmtheitsund Nachweisprobleme bezüglich der festzustellenden Bereitschaft des Täters, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen Interessen unterzuordnen, beklagt.371
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363 BGHSt 50 93 = DAR 2005 452 m. Anm. Hentschel = NZV 2005 486 m. Bespr. Pießkalla/Leitgeb NZV 2006 185 = JZ 2006 98 m. Anm. Duttge = BA 42 (2005) 311 m. Anm. Lampe. 364 BGHSt 50 93, 99. 365 BGHSt 50 93, 100. 366 BGHSt 50 93, 102 f. Ebenso etwa im Anschluss BGH wistra 2005 337; NStZ 2006 334; BA 43 (2006) 403; BA 49 (2012) 264, 264; NStZ 2015 579, 579; OLG Köln SVR 2009 314, 315. Vgl. schon BVerfG NJW 2002 2378, 2380. 367 BGHSt 50 93, 103. 368 BGHSt 50 93, 104. 369 Geppert LK12 Rdn. 34; SSW/Harrendorf Rdn. 19; Duttge JZ 2006 102, 102 f; Halecker BA 42 (2005) 93, 96 ff. 370 So auch SSW/Harrendorf Rdn. 19. 371 Duttge JZ 2006 102, 103.
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Ungeachtet der vorstehenden Einwände bleibt es jedenfalls zu begrüßen, dass der Große Strafsenat klargestellt hat, dass § 69 die Allgemeinheit nicht vor Straftaten jeder Art schützt und daher eine verkehrsspezifische restriktive Handhabung der Entziehung der Fahrerlaubnis angezeigt ist.372 In der Tat würde es das ausschließliche Anliegen der Maßregel, die Sicherheit im Straßenverkehr zu schützen, verkennen, wenn allein der Missbrauch eines Kraftfahrzeuges zur Begehung einer Straftat für die Entziehung der Fahrerlaubnis genügen würde.373 Einen Täter unabhängig von einer solchen spezifischen Gefahr aus dem Straßenverkehr zu ziehen, ist vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 44 und höchstens für eine Dauer von sechs Monaten möglich; diese gesetzgeberische Konzeption darf nicht unter Rückgriff auf § 69 unterlaufen werden. Nur mit dieser Einschränkung kann zudem die Präventivmaßnahme der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gerechtfertigt werden.374 Die Anlasstat erfährt somit – wie generell im Maßregelrecht – eine doppelte Bedeutung. Zum einen ist sie äußerer Anlass für das strafrichterliche Eingreifen überhaupt (dazu schon Rdn. 42 ff), zum anderen gesetzlich vorgeschriebenes Symptom für die Gefährlichkeit des Täters und als solches Anstoß und Indiz zur Entdeckung des hinter der Tat liegenden und diese begründenden Gefahrzustands.375 bb) Einzelne Fallgestaltungen
(1) Verwendet der Täter das Kraftfahrzeug lediglich zu seinem eigentlichen Zweck der Fortbewegung, ohne die tatbestandliche Handlung selbst zu fördern, ist der verkehrsspezifische Zusammenhang zwischen Anlasstat und der Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs selbst dann zu verneinen, wenn das Kraftfahrzeug im Tatplan des Täters eine Rolle spielt. So kommt eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in Betracht, wenn der Täter sein Kraftfahrzeug nur gebraucht, um zu einem Tatort zu gelangen bzw. sich von dort wieder zu entfernen376 oder auch um möglichst schnell an vielen verschiedenen Orten Straftaten wie Betrug, Raub oder Erpressung, Sprengstoffanschläge, terroristische Gewalttaten, Landfriedensbruch oder dergleichen zu begehen.377 Selbst wenn die Tat während der Fahrt geschieht, ist die charakterliche Ungeeignetheit zu verneinen, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeuges eher untergeordnete Bedeutung hat und die Sicherheit des Straßenverkehrs (z.B. durch eine exhibitionistische Handlung aus einem mit Schrittgeschwindigkeit fahrenden Kraftfahrzeug) nicht beeinträchtigt wird.378 Ebenso bleibt der notwendige Zusammenhang abzulehnen, wenn die Fahrt lediglich der Vorbereitung der geplanten Tat, z.B. dem Ausspähen des Tatortes eines Wohnungseinbruchs379 oder der Suche nach Tatobjekten oder Tatopfern dient.380 Der erforderliche verkehrsspezifische Zusammenhang ist in solchen Fällen nur dann 104 zu bejahen, wenn gerade das Führen des Fahrzeuges nach den Besonderheiten des Fal103
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372 Zust. etwa Heuchemer BeckOK Rdn. 15.1. 373 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 58. 374 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 58. 375 Hierzu schon Geppert S. 36 f. 376 BGH NStZ 1995 229; NStZ-RR 1998 271; NZV 2002 378; StV 2006 186. 377 Restriktiv schon BGH bei Tolksdorf DAR 1995 185 in einem Fall, in dem die Angeklagten zur Vorbereitung und Abwicklung von Straftaten (Betrug und Hehlerei) mit ihrem Pkw durch die Bundesrepublik gereist waren; and. hingegen noch BGH bei Spiegel DAR 1977 151. 378 OLG Köln NZV 2004 423, 424. 379 BGH BeckRS 2005 08659. 380 BGHSt 50 93, 104.
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les eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer mit sich bringt.381 Nach dem Großen Strafsenat ist etwa die Verkehrssicherheit in der Regel bei Banküberfällen gefährdet, bei denen die objektiven Umstände der Tat eine alsbaldige Verfolgung und Flucht nahe legen und der Täter somit entweder ersichtlich plant, ein fluchtbereit in Tatortnähe abgestelltes Kraftfahrzeug in verkehrsgefährdender Weise zu verwenden, oder hiermit rechnen muss.382 Darüber hinaus ist der erforderliche verkehrsspezifische Gefährdungsbezug zu bejahen, wenn der Täter mit anderen Beteiligten abgesprochene „Unfälle“ im öffentlichen Straßenverkehr herbeiführt, um die hierdurch verursachten Schäden in betrügerischer Art geltend zu machen.383 Schließlich sind solche Manipulationen nur mit Hilfe von Kraftfahrzeugen durchzuführen und verkehrsgefährdende Situationen dabei kaum auszuschließen. Ebenso wurde der verkehrsspezifische Gefährdungszusammenhang bei einer Sachbeschädigung durch das Durchstehen von Autoreifen bejaht, wenn dies in einer Weise geschieht, dass die Luft nur langsam entweicht und es daher zu unkontrollierbaren Ausbrüchen des Kraftfahrzeuges während der späteren Fahrt und folglich zu schwersten Unfällen kommen kann.384 (2) Ähnliche Grundsätze gelten bei dem Gebrauch eines Kraftfahrzeuges als Trans- 105 portmittel. Für den verkehrsspezifischen Zusammenhang genügt es deshalb nicht, das Fahrzeug zum Wegschaffen von Diebesgut oder von gehehlter Ware zu nutzen.385 Vielmehr muss auch hierbei nach der Lage des Falles damit zu rechnen sein, dass der Täter die allgemeinen Regeln des Straßenverkehrs missachtet oder zumindest deren Verletzung in Kauf nimmt. Beispielsweise wurde die Ungeeignetheit eines Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen bejaht, der sein Kraftfahrzeug zu einem Diebstahl gebrauchte, indem er um einen schweren Zigarettenautomaten einen Ladungssicherungsgurt legte, sodann Gas gab, um den Automaten mitsamt Stahlfuß und Betonfundament umzureißen, und ihn anschließend an dem für ihn völlig unkontrollierbaren Gurt über eine Strecke von etwa zwei Kilometer hinter sich herzog.386 Nach diesen Grundsätzen ist nicht zuletzt die Durchführung illegaler Betäu- 106 bungsmittelgeschäfte unter planmäßiger Benutzung von Kraftfahrzeugen zu beurteilen. Die gegenteilige frühere Judikatur, allein wegen der Benutzung eines Kraftfahrzeuges für eine schwerwiegende Tat wie die Durchführung eines Betäubungsmittelgeschäfts die charakterliche Zuverlässigkeit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen „in aller Regel“387 bzw. „ohne weiteres“388 zu verneinen, begann bereits vor der Entscheidung des Großen Strafsenats (Rdn. 100) zu bröckeln,389 ist spätestens seitdem aber unzweifelhaft überholt. Allein der Umstand, dass ein Kraftfahrzeug zum Transport von Diebesbeute oder Schmuggelgut bzw. eben auch zu Kurierdiensten mit Betäubungsmitteln genutzt wird, genügt demnach nicht mehr, um die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von
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381 So schon zutr. OLG Hamm StV 2003 624. 382 BGHSt 50 93, 103 f; s. auch BGH wistra 2005 337. 383 So schon BGH StV 1992 64; s. hierzu auch OLG München NJW 1992 2776, 2776; aA Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 28. 384 OLG Karlsruhe NZV 2005 590; zust. Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 6a. 385 S. schon OLG Düsseldorf NZV 1999 172, 173; überholt hingegen BGH VM 1967 1; VM 1979 4; OLG Düsseldorf VRS 67 (1984) 255; OLG Köln VRS 41 (1976) 356, 357. 386 AG Lüdinghausen NZV 2007 636, 637. 387 BGH VRS 81 (1991) 369; NStZ 1992 586, 586. 388 OLG Düsseldorf NZV 1992 331, 331. 389 S. etwa BGH StV 1999 18, weil von dem reuigen Täter keine weiteren Betäubungsmitteldelikte zu erwarten waren; OLG Düsseldorf NStZ 1997 83, 84; OLG Koblenz StV 2004 320, 321.
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Kraftfahrzeugen zu bejahen.390 Es besteht bei dem Transport von Betäubungsmitteln auch kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass der Täter im Fall einer Verkehrskontrolle zu einer besonders riskanten Fahrweise entschlossen ist.391 Dies gilt jedenfalls dann, wenn besondere Vorkehrungen (z.B. durch präparierte Verstecke) gegen eine Entdeckung des Transportgutes getroffen wurden.392 Auch allein aus dem größeren Umfang von Drogengeschäften ergibt sich nicht der erforderliche verkehrsspezifische Gefährdungszusammenhang.393 Offen gelassen hat der Große Strafsenat in diesen Fällen allerdings, ob eine Entziehung der Fahrerlaubnis auf die Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nach Absatz 1 Satz 1 Var. 3 gestützt werden kann.394 107
(3) Dient die Benutzung des Kraftfahrzeuges der Verbringung von Personen, reicht es insbesondere nicht aus, wenn der Täter sein Opfer mit einem Kraftfahrzeug zum Tatort bringt und von dort wieder zurückfährt. So begründet es noch keinen verkehrsspezifischen Zusammenhang, wenn der Täter das (einverständlich mitfahrende) Opfer zu einem abgelegenen Feldweg verbringt, um dort Oralverkehr im Kraftfahrzeug zu erzwingen.395 Ebenso wenig genügt allein das Einschleusen von Ausländern mittels eines Kraftfahrzeuges.396 Eine Entziehung der Fahrerlaubnis kommt in diesen Fällen vielmehr nur dann in Betracht, wenn die tatbestandliche Handlung selbst durch das Führen des Kraftfahrzeuges gefördert wird und andere Verkehrsteilnehmer dadurch gefährdet werden, weil der Täter während der Tat die straßenverkehrsrechtlich gebotenen Sorgfaltspflichten vernachlässigt, die Tat mit anderen Worten offenbart, dass der Täter die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht mehr ausreichend bei seiner Fahrweise berücksichtigt.397 Dies bejahte die Rechtsprechung zu Recht etwa für einen Täter, der ein zwölfjähriges Mädchen gegen deren Willen in seinen Pkw zog, um während der Fahrt sexuelle Handlungen an ihr zu begehen, und außerdem deren Hund mit in das Kraftfahrzeug nahm. Schließlich musste er damit rechnen, dass jedenfalls der Hund seine Aufmerksamkeit beanspruchen würde.398 Gleiches dürfte in der Regel bei gewaltsamen Entführungen des Opfers im Kraftfahrzeug des Täters gelten.399
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4. Zeitpunkt der Beurteilung. Maßgeblich für die Beurteilung der Ungeeignetheit ist der Zeitpunkt der letzten (tatrichterlichen) Entscheidung.400 Es ist daher nicht nur zu prüfen, ob der Täter sich aufgrund der Anlasstat überhaupt als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen hat, sondern darüber hinaus, ob die aus der Tat erwiesene Ungeeignetheit auch fortbesteht, d.h. der Angeklagte im Augenblick der tatrichterlichen Entscheidung nach wie vor ungeeignet ist.401 Ein zu diesem Zeitpunkt noch
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390 BGHSt 50 93, 104; BGH StV 2006 186. 391 BGHSt 50 93, 104; ebenso BGH BA 49 (2012) 264, 265; NStZ 2015 579, 579 f; s. schon OLG Koblenz StV 2004 320, 321. 392 BGHSt 50 93, 104 m. zust. Anm. Hentschel DAR 2005 455, 456 f und zust. Bespr. Pießkalla/Leitgeb NZV 2006 185, 187; s. ferner BGH StV 2006 186; BA 43 (2006) 403. 393 So hingegen noch BGH NStZ 2000 26, 26 f; NStZ-RR 2000 297, 298. 394 BGHSt 50 93, 104. 395 BGH NJW 2005 2933, 2934. Überholt hingegen etwa BGH NJW 1954 1167, 1167. 396 S. schon OLG Dresden NZV 2001 439, 440. 397 BGH NStZ 2006 334. 398 BGH NStZ 2006 334. 399 BGHSt 50 93, 103 f. 400 S. nur BGHSt 7 165, 175; BGH StV 1992 64; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 44; Fischer Rdn. 46; SSW/Harrendorf Rdn. 29; Heuchemer BeckOK Rdn. 28; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 55; Kretschmer MK-StVR Rdn. 40. 401 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 61; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 38.
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vorhandener Eignungsmangel wird nicht dadurch hinfällig, dass die Fahrerlaubnisbehörde in Unkenntnis der Tat zwischenzeitlich eine Fahrerlaubnis erteilt hat. Auch in diesem Fall muss der Tatrichter selbst die erforderliche Gesamtwürdigung vornehmen und die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er die mangelnde Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen feststellt.402 Folglich sind bei der Beurteilung der Ungeeignetheit grundsätzlich auch Umstände 109 zu berücksichtigen, die erst zwischen Tat und Hauptverhandlung hervorgetreten sind (näher hierzu Rdn. 144 und 173 ff).403 Solche Umstände können einerseits entweder die in der Anlasstat symptomatisch hervorgetretenen Bedenken an der Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen verstärken oder andererseits auch eine durch die Tat an sich erwiesene Ungeeignetheit wieder entfallen lassen. So können etwa Auswirkungen, die infolge vorläufiger Fahrerlaubnismaßnahmen (wie z.B. die Beschlagnahme bzw. Sicherstellung des Führerscheins oder vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO) oder erlittener längerer Untersuchungshaft schon vor der tatrichterlichen Entscheidung eingetreten sind (und nicht erst in der Zukunft drohen; zu deren unzulässiger Berücksichtigung siehe sogleich Rdn. 110), den Täter derart nachhaltig beeinflusst haben, dass seine frühere, in der Anlasstat zum Ausdruck kommende (charakterliche) Ungeeignetheit zwischenzeitlich wieder behoben ist. Nicht zuletzt kann die Teilnahme an einem Nachschulungskurs berücksichtigt werden (hierzu nachfolgend Rdn. 150 ff). Dass der Täter seit Begehen der Anlasstat bis zur tatrichterlichen Entscheidung unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen hat, rechtfertigt für sich allein in aller Regel indessen noch keine günstige Prognose (dazu nachfolgend Rdn. 145 f). Künftige Ereignisse bleiben bei der Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich 110 unberücksichtigt. Vor allem vermag allein die Bereitschaft des Angeklagten, an einem Nachschulungskurs für auffällig gewordene Trunkenheitstäter teilnehmen zu wollen, in aller Regel den Wegfall der Ungeeignetheit schon im Augenblick der tatrichterlichen Entscheidung noch nicht zu belegen. Solche denkbaren Entwicklungen können allenfalls bei der Bemessung der Sperrfrist, nämlich bei der prognostischen Beurteilung der voraussichtlichen Dauer der aus der Tat erwiesenen Ungeeignetheit beachtlich sein (vgl. hierzu § 69a Rdn. 52). Die vorstehenden Erwägungen betreffen insbesondere persönliche Belastungen wie 111 etwa berufliche, wirtschaftliche oder sonstige finanzielle Nachteile (z.B. Gefährdung oder Verlust des Arbeitsplatzes, sonstige gravierende Erschwernisse der Berufsausübung oder Einkommenseinbußen), die der Verurteilte infolge der Entziehung der Fahrerlaubnis zwar noch nicht erfahren, aber zu erwarten hat.404 Schließlich üben lediglich drohende Härten dieser Art in aller Regel noch keinen nachhaltigen bessernden Eindruck auf den Täter aus.405 Etwas anderes kann nur in dem Ausnahmefall – etwa bei einmaligem und nicht allzu schwerwiegendem Versagen im Verkehr, doch kaum bei den im Regelkatalog des Absatzes 2 aufgeführten Delikten – gelten, dass der Täter schon unter dem drohenden Gewicht akuter Existenzgefährdung künftiges Wohlverhalten garantiert. Diesbezüglich sind jedoch schon im Interesse der zu schützenden Verkehrssicherheit
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402 BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 1. 403 Statt vieler BGHSt 7 165, 175; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 55; Kretschmer MK-StVR Rdn. 40; Sinn SK Rdn. 19. 404 S. nur OLG Stuttgart NJW 1953 1882; LG Berlin VRS 133 (2017) 2, 3; LG Hamburg NZV 2008 213, 215; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 44; Heuchemer BeckOK Rdn. 32; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 56; s. schon H.-J. Bruns GA 1954 161, 176 f („gefährliches Einfallstor für unangebrachte Milde“); Grohmann DAR 1978 63, 65 ff; Warda MDR 1965 1, 2 f. 405 Geppert S. 95 ff; ders. NJW 1971 2154, 2155.
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strenge Anforderungen angebracht.406 Hiermit lassen sich gelegentliche gegenläufige Richtersprüche insbesondere unterinstanzlicher Gerichte407 nicht vereinbaren, die „eher als Billigkeits- bzw. Gnadenentscheidung“ anzusehen sind.408 Dass jemand in besonderem Maße auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist, bleibt ebenso unerheblich, hat doch gerade dieser Personenkreis erhöhte Vorsicht walten zu lassen und kann trotz Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen die Fahrerlaubnis nicht gerade solchen Personen belassen werden, die in erheblichem Umfang am Verkehr teilnehmen.409 Gleichermaßen unbeachtlich ist das Interesse, das ein Arbeitgeber bzw. Dienstherr am Fortbestehen der Fahrerlaubnis des Verurteilten haben mag.410 5. Gesamtwürdigung von Tat und Täter 112
a) Allgemeines. Ob der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, ist – abgesehen von den Fällen des Absatzes 2 – aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände der konkreten Tat unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters, soweit sie in der Tat zum Ausdruck gekommen ist, zu bestimmen.411 Diese Beurteilung liegt nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie in der Verantwortung des Tatrichters, dem das Gesetz die hierfür erforderliche Sachkunde im Sinne des § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO zuweist.412 Diese dem Tatrichter unterstellte Kompetenz erscheint indessen nicht unbedenklich. Schließlich folgt allein aus der Entscheidungszuständigkeit, die das Gesetz nicht mehr nur den Verwaltungsbehörden, sondern auch den Gerichten überträgt, noch keine medizinisch-psychologische Sachkunde, um die Ungeeignetheit, für deren Einschätzung etwa auch die Fahrerlaubnisbehörden in der Regel auf entsprechende Sachverständigengutachten zurückgreifen, zum Führen von Kraftfahrzeugen zu beurteilen.413 Nach der gesetzlichen Konzeption seit dem 2. StraßenVSichG, mit dem der Regelka113 talog in Absatz 2 eingeführt wurde, um die diagnostisch-prognostische Aufgabe des Tatrichters bei der Feststellung der Ungeeignetheit zu erleichtern, bildet das erste Kriterium, das es bei der erforderlichen Gesamtwürdigung heranzuziehen gilt, die Anlasstat. So ist bei den Regelbeispielen des Absatzes 2 (hierzu Rdn. 117 ff) die Indizwirkung der abzuurteilenden Tat so stark, dass eine umfassende Würdigung der Gesamtpersönlichkeit entbehrlich ist. Der Tatrichter kann sich demzufolge auf die Prüfung beschränken, ob besondere Gründe in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters ausnahmsweise die gesetzliche Vermutung widerlegen (näher Rdn. 135 ff). Bei allen anderen Taten bedarf
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406 Hierzu etwa OLG Koblenz VRS 76 (1989) 369, 370. 407 So etwa LG Essen BA 50 (2013) 308 (unter Hinweis auf die drohende Kündigung des Arbeitsverhältnisses und dass dem Angeklagten ohne Fahrerlaubnis der Arbeitsmarkt in seinem Ausbildungsbereich nahezu vollständig versperrt bliebe); AG Gemünden BA 49 (2012) 50, 51, wonach die glaubhaft drohende Kündigung des Arbeitsverhältnisses dazu führte, bei dem Angeklagten von der Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen (und stattdessen bei der Geldstrafe „die Anzahl der zu verhängenden Tagessätze angemessen zu erhöhen“); s. auch AG Bad Homburg NJW 1984 2840, 2840. 408 So Böse NK Rdn. 15 zu AG Gemünden BA 49 (2012) 50. 409 LG Berlin VRS 133 (2017) 2, 3 mit dem Hinweis, dass ein „derart wertungswidersprüchliches Verhalten […] gleichsam zu einem ‚Freibrief‘ für Fehlverhalten im Straßenverkehr führen müsste“. 410 OLG Köln MDR 1967 514. 411 Statt aller BGH NStZ-RR 1998 43, 44; NJW 2005 2933, 2934; NZV 2016 533, 535; StV 2018 414, 415; KG VRS 133 (2017) 133, 134; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 62; Böse NK Rdn. 17. 412 S. nur BGHSt 50 93, 104 f. 413 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 30 f; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 23. S. auch Haffke FS Hamm 137, 151: „symbolisches Strafrecht“; ebenso Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 31.
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es hingegen der soeben genannten, von den Umständen des Einzelfalles abhängigen erschöpfenden Gesamtwürdigung (siehe nachfolgend Rdn. 162 ff). An die Persönlichkeit des Täters wird hingegen nur in zweiter Linie angeknüpft, sei 114 es um die Indizwirkung einer in Absatz 2 genannten Anlasstat zu widerlegen bzw. trotz fehlender Katalogtat die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu bejahen. Insoweit sind sämtliche Umstände heranzuziehen, die Rückschlüsse auf das in der Anlasstat zum Ausdruck gekommene mangelnde Verantwortungsbewusstsein des Täters im Straßenverkehr gestatten. Berücksichtigungsfähig ist nicht zuletzt das Vorleben des Täters, sei es vor allem eine Vorbelastung durch frühere Auffälligkeiten wie Vorstrafen und begangene Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Rdn. 169 f) oder gegebenenfalls auch ein langjähriges unfallfreies Fahren (Rdn. 143 und 171). Es bleibt nochmals hervorzuheben, dass für die Beurteilung der Ungeeignetheit der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung maßgebend ist (Rdn. 108) und somit bei der Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Täters grundsätzlich auch Vorgänge und Umstände berücksichtigt werden dürfen, die sich erst nach Begehung der Tat zugetragen haben. Freilich gilt dies aber wiederum nur, soweit die Umstände den in der Anlasstat selbst symptomatisch zum Ausdruck gekommenen Eignungsmangel bestätigen oder die durch die Tat an sich erwiesene Ungeeignetheit nachträglich entfallen lassen (dazu bereits Rdn. 109 ff). Insoweit können sowohl das nachträgliche Verkehrsverhalten des Täters (Rdn. 145 f) als auch insbesondere dessen Teilnahme an Nachschulungskursen (Rdn. 150 ff) sowie die Einwirkung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen (Rdn. 147 ff) zu beachten sein. Um die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen zu bejahen, 115 reicht einerseits die bloße Möglichkeit weiterer Straftaten nicht aus.414 Ebenso wenig bedarf es andererseits der sicheren Gewissheit des erkennenden Gerichts, dass der Angeklagte die Allgemeinheit durch weitere Straftaten gefährden wird.415 Ausreichend wie erforderlich ist vielmehr die „Wahrscheinlichkeit“ eines Rückfalles im Sinne einer naheliegenden, gesteigerten Möglichkeit.416 Auch insoweit ist für die Eignungsprüfung der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung maßgeblich. Von diesem Ausgangspunkt aus lässt sich klären, ob und gegebenenfalls inwieweit 116 der Grundsatz „in dubio pro reo“ bei der Entscheidung nach § 69 zu berücksichtigen ist. Zwar haftet jeder Prognose zwangsläufig eine Unsicherheit an. Deswegen den Zweifelsgrundsatz, wonach ein nicht völlig aufgeklärter Sachverhalt nicht zum Nachteil des Angeklagten verwendet werden darf, für schlechthin unanwendbar zu erachten und in Zweifelsfällen für die Sicherheit der Allgemeinheit zu entscheiden,417 ist aber zumindest missverständlich. Denn der Grundsatz „in dubio pro reo“ entfaltet seine volle Wirksamkeit bezüglich der Feststellung von Tatsachen, die der richterlichen Diagnose bestehender bzw. der Prognose fortdauernder künftiger Ungeeignetheit als Beurteilungsmaterial zugrunde liegen. Außer den Tatsachen, die Eignungsmängel belegen, müssen somit auch sämtliche Tatsachen, welche die Prognose fortbestehender Ungeeignetheit stützen, zur vollen Überzeugung des Gerichts erwiesen sein. Ein nicht eindeutig geklärter Sachverhalt darf folglich nicht zu Ungunsten des Angeklagten verwertet werden.418 Der
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414 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 64; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 24; Heuchemer BeckOK Rdn. 31; ausführl. Geppert S. 119 f im Anschluss an H.-J. Bruns JZ 1958 647, 652. 415 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 57; aA wohl Fischer Rdn. 13. 416 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 64. 417 So etwa OLG Hamm NJW 1971 1618, 1620 (hiergegen Geppert NJW 1971 2154, 2156); OLG Karlsruhe VRS 17 (1959) 117, 120; OLG Schleswig DAR 1954 139, 140; Weihrauch NJW 1971 829, 830. 418 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 64; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 8; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 44; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 24; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 52; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 57; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 7.
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zwangsläufigen Unsicherheit der richterlichen Prognose künftiger Gefährlichkeit wird hingegen bereits auf materiellrechtlicher Ebene Rechnung getragen, indem sich das erkennende Gericht bei der Annahme künftiger Gefährlichkeit und daraus folgender Ungeeignetheit mit der hinreichenden „Wahrscheinlichkeit“ weiterer Straftaten begnügen darf (siehe soeben Rdn. 115). Steht nicht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass der in der Tat zum Ausdruck gekommene Eignungsmangel „wahrscheinlich“ weitere Rückfälle erwarten lässt, muss somit von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden.419 b) Regelkatalog des Absatzes 2 aa) Allgemeines. In dem durch das 2. StraßenVSichG eingefügten Regelkatalog des Absatzes 2 werden Straftatbestände aufgezählt, deren Begehung nach Ansicht des Gesetzgebers in der Regel einen solchen Grad des Versagens oder der Verantwortungslosigkeit des Täters offenbart, dass damit zugleich dessen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen feststeht.420 Frei von Bedenken sind solche Überlegungen aber vor allem dann nicht, wenn auch die erstmalige Begehung einer Katalogtat einen voraussichtlich dauerhaften Eignungsmangel indizieren soll.421 Die gesetzliche Vermutung der (jedenfalls in der Regel: charakterlichen)422 Ungeeignetheit ist zwar durchaus widerlegbar (hierzu Rdn. 135 ff). Grundsätzlich ist sie aber so stark, dass eine umfassende Würdigung der Gesamtpersönlichkeit entbehrlich ist. 118 Die Indizwirkung der aufgelisteten Regelbeispiele für den erforderlichen Zusammenhang zwischen Anlasstat und Eignungsmangel setzt schon nach dem Wortlaut („in den Fällen des Absatzes 1“) voraus, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.423 Somit kommt die Entziehung der Fahrerlaubnis als Regelmaßnahme insbesondere nur dann in Betracht, wenn der Täter die Tat als Führer eines Kraftfahrzeuges (Rdn. 50 ff), im (funktionalen) Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges (Rdn. 61 ff) oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (Rdn. 73 ff) begangen hat. Keine Regelwirkung entfaltet Absatz 2 nach herrschender Ansicht für Teilnehmer an den genannten Katalogtaten.424 119 Die Regelwirkung des Absatzes 2 gilt nach zutreffender Ansicht auch uneingeschränkt im Jugendstrafverfahren.425 Nach anderer Auffassung soll im Verfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende dem Jugendrichter selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen 117
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419 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 57; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 11; ausführl. Geppert S. 118 ff; zusf. ders. NJW 1971 2154, 2156 f. 420 S. nur Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 34; zur Diskussion um die Einführung eines Regelkatalogs Niederschriften IV S. 112 ff, 237 ff und vor allem XII S. 36 ff. Skeptisch gegenüber der Auswahl der Indiztaten Kulemeier S. 298; Mahlberg NZV 1992 10, 11 sieht in der Regelvermutung „eine – dem Strafrecht ansonsten theoretisch fremde – Beweislastumkehr zu Lasten des Betroffenen“. 421 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28; Schünemann DAR 1998 424, 430. Zur Kritik bereits die Begründung zu § 79 AE-AT, der bewusst von der Aufnahme eines Regelkatalogs absah; AE-AT S. 163, 165. 422 Fischer Rdn. 21; enger SSW/Harrendorf Rdn. 39, wonach sich die Regelvermutung ausschließlich auf die charakterliche Ungeeignetheit bezieht. 423 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 35; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 8. 424 LG Koblenz VRS 100 (2001) 36, 37; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; SSW/Harrendorf Rdn. 41; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 34; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 30; Dreher/Fad NZV 2004 231, 234 f; i. Erg. weitgehend übereinstimmend Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 46; aA Fischer Rdn. 23 zu § 69 Abs. 2 Nr. 1. 425 S. nur OLG Nürnberg NZV 2012 48, 48; AG Bremen-Blumenthal StV 2002 372, 373; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 66; Böse NK Rdn. 6; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 45; Fischer Rdn. 21; SSW/Harrendorf Rdn. 45; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 128 f; Heuchemer BeckOK Rdn. 36; Kretschmer MKStVR Rdn. 42; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 3, 29 und 46; ausführl. Wölfl NZV 1999 69, 69 f.
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des Absatzes 2 zwar eine weithin freie Ermessensentscheidung zustehen,426 da eine Bindung des Jugendrichters weder mit dem das jugendgerichtliche Verfahren beherrschenden Erziehungsgedanken noch mit dem Wortlaut des § 7 JGG („können […] angeordnet werden“) vereinbar sei.427 Wie der Bundesgerichtshof (wenngleich nicht für die Entziehung der Fahrerlaubnis, so doch für die in § 7 JGG ebenfalls aufgeführte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) indessen zu Recht ausgeführt hat, soll die Vorschrift lediglich bestimmen, welche Maßregeln im jugendgerichtlichen Verfahren überhaupt zulässig sind, ohne damit die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen gegen Jugendliche und Heranwachsende in das Ermessen des Gerichts zu stellen.428 Wenngleich somit Erziehungs- oder Entwicklungsdefizite für die Feststellung der „Ungeeignetheit“ nicht von Bedeutung sind (ergänzend § 69a Rdn. 44 zur Bemessung der Sperrfrist), bleibt zuzugeben, dass die in Absatz 2 aufgeführten Regelbeispiele Jugendlichen und Heranwachsenden gegenüber „nur einen mehr oder minder starken Indizcharakter“ aufweisen, so dass sich „eine schematische Handhabung [der Regelvermutung] verbietet“.429 Das Gericht kann folglich innerhalb seines Beurteilungsspielraums auf die Besonderheiten in der Reifung des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden eingehen und auch bei Vorliegen eines Regelbeispieles prüfen, ob die begangene Katalogtat im Hinblick auf die Sprunghaftigkeit der Entwicklung junger Menschen und die teilweise Episodenhaftigkeit ihrer Taten wirklich eine charakterliche Ungeeignetheit zum Ausdruck bringt.430 bb) Die einzelnen Regelbeispiele. aaa) Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c) 120 (Nr. 1). Nach Absatz 2 Nr. 1 werden alle täterschaftlichen Begehungsformen der Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c erfasst, durch die Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert (konkret) gefährdet werden.431 Dies betrifft die Fälle sowohl des § 315c Abs. 1 Nr. 1 (Führen eines Fahrzeuges im Zustand der Fahrunsicherheit) als auch des § 315c Abs. 1 Nr. 2 („sieben Todsünden im Straßenverkehr“). Nicht von Bedeutung ist ferner, ob die Tat mittels eines fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeuges begangen wird.432 Unerheblich ist grundsätzlich des Weiteren, ob die Tat im Versuchsstadium stecken geblieben ist (§ 315c Abs. 2) oder ob der Täter vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt bzw. die Gefahr verursacht hat (§ 315c Abs. 3).433 Bei einigen Fehlverhalten in § 315c Abs. 1 Nr. 2 erscheint jedoch fraglich, ob deren fahrlässige Begehung nicht bereits unterhalb derjenigen Grenze liegt, die der Gesetzgeber in Absatz 2 Nr. 1 im Auge gehabt haben dürfte (siehe Rdn. 140). bbb) Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d) (Nr. 1a). Durch das 56. StrÄndG 121 vom 30.9.2017 (BGBl. I 3532) wurde der Straftatbestand der verbotenen Kraftfahrzeug-
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426 S. nicht zuletzt LG Oldenburg BA 22 (1985) 186; BA 25 (1988) 199, 200; ebenso wohl OLG Zweibrücken NZV 1989 442, 442; BezG Meiningen bei Janiszewski NStZ 1992 269, 270. 427 BezG Meiningen bei Janiszewski NStZ 1992 269, 270; LG Oldenburg BA 22 (1985) 186; BA 25 (1988) 199, 200. 428 BGH NStZ 1991 384, 384; ebenso SSW/Harrendorf Rdn. 45. 429 So Wölfl NZV 1999 69, 70; aA Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 15. 430 Vgl. etwa LG Gera StV 1999 661, 662; AG Göttingen StV 2002 372; AG Saalfeld VRS 101 (2002) 194, 196; StV 2005 65, 66. S. auch AG Oldenburg BA 45 (2008) 323, 324, wonach „aus dem Wesen des Jugendstrafrechtes […] die Notwendigkeit einer besonders sorgfältigen, gerechten und einzelfallorientierten Prüfung der Erforderlichkeit der Regelentziehung“ folge. 431 Zur Kritik an der Aufnahme des § 315c in den Regelkatalog des Absatzes 2 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 29. 432 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 67; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 46; Fischer Rdn. 23; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 36. 433 Fischer Rdn. 23; Heuchemer BeckOK Rdn. 37; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 36.
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rennen (§ 315d) in Absatz 2 Nr. 1a aufgenommen.434 Mit der Ergänzung des Katalogs des Absatzes 2 verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, Veranstalter und Teilnehmer von Rennen künftig auch längerfristig oder dauerhaft an Wiederholungstaten zu hindern. Die Verhängung eines Fahrverbots biete demgegenüber aufgrund der gesetzlichen Höchstdauer von drei (inzwischen sechs) Monaten häufig nicht die Möglichkeit, nachhaltig auf den Betroffen einzuwirken.435 Erfasst sind sämtliche täterschaftlich begangenen Varianten des § 315d,436 folglich auch (gegebenenfalls nur versuchte; § 315d Abs. 3) Taten nach § 315d Abs. 1 Nr. 1, bei denen der Täter nicht selbst ein Kraftfahrzeug führt, sondern sich auf die Ausrichtung oder Durchführung eines illegalen Kraftfahrzeugrennens beschränkt.437 Auch bei § 315d wird zu prüfen sein, ob bei einer fahrlässigen Verwirklichung der § 315d Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 die gesetzliche Vermutung der Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen im Einzelfall widerlegt werden kann. Jedenfalls bei denjenigen Sachverhalten, die der Gesetzgeber bei Einführung der Norm im Blick hatte, dürfte dies zwar zu verneinen sein. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass sich der Anwendungsbereich der § 315d Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 auch auf Fälle erstreckt, bei deren fahrlässiger Begehung im Hinblick auf die verursachte konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert die Regelwirkung fraglich erscheint. 122
ccc) Trunkenheit im Verkehr (§ 316) (Nr. 2). Nach Absatz 2 Nr. 2 indiziert die Trunkenheit im Verkehr (§ 316) als solche bereits die Ungeeignetheit des Fahrzeugführers, selbst wenn er keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert hervorgerufen hat.438 Die Entziehung der Fahrerlaubnis kommt auch beim Führen eines fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeuges in Betracht.439 Somit kann die Trunkenheitsfahrt beispielsweise mit einem Mofa 25 (Fahrrad mit Hilfsmotor; § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FeV) im Wege der Regelvermutung zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (ergänzend zur Widerlegung der Regelvermutung Rdn. 139).440 Gleiches gilt für die nur fahrlässige Begehung (§ 316 Abs. 2), sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters die gesetzliche Regelvermutung widerlegen (hierzu Rdn. 140).
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ddd) Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142) (Nr. 3). Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort kommt als Indiztat nur unter der einschränkenden Voraussetzung in Betracht, dass der unfallflüchtige Täter „weiß oder wissen kann [Rdn. 132 ff], daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden [siehe sogleich Rdn. 124] oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist [Rdn. 125 ff]“. Diese Folgen müssen nicht durch ein Verhalten des Täters selbst hervorgerufen werden.441 Allein die irrige Annahme des Eintritts solcher Personen- oder Sachschäden genügt nicht, um die gesetzliche Regelvermutung auszulösen. In solchen Fällen bedarf es
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434 Krit. Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 18a. 435 BTDrucks. 18/10145 S. 7 f; krit. Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 18a. 436 S. zu § 315d Abs. 1 Nr. 3 etwa AG Essen BeckRS 2018 31460 Rdn. 5. 437 Fischer Rdn. 24; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 37a. 438 Zur fehlenden Fahreignung bei Trunkenheitsdelikten aus psychologischer Sicht vor allem Kunkel DAR 1987 38. Krit. gegenüber der Aufnahme des § 316 in den Regelkatalog des Absatzes 2 Halecker/ Scheffler AnwK Rdn. 30. 439 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 38. 440 Grohmann BA 27 (1990) 138, 139. 441 Fischer Rdn. 27.
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zur Entziehung der Fahrerlaubnis vielmehr – wie bei jeder Nicht-Katalogtat – einer umfassenden Gesamtwürdigung. Ein als Katalogtat erfasster schwerer Fall des unerlaubten Entfernens vom Unfallort 124 liegt zunächst vor, wenn bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wird. Hierbei muss es sich um eine andere Person als den Täter handeln. Bei sog. Alleinunfällen, bei denen ausschließlich der Täter verletzt wird (bzw. allein dessen Sachen beschädigt werden), fehlt es mangels zivilrechtlichen Beweissicherungsinteresses irgendeines Unfallbeteiligten bereits an der Feststellungspflicht des Unfallbeteiligten und ist demzufolge der Tatbestand des § 142 nicht verwirklicht.442 Ähnlich mangelt es schon an einem Unfall im Sinne des § 142, wenn die Beteiligten nur kleinere Verletzungen erlitten haben (näher zu dieser Bagatellgrenze Geppert LK12 § 142 Rdn. 31 ff), wie etwa belanglose Hautabschürfungen oder vorübergehende Schmerzen.443 Damit sich die Einschränkung des Absatzes 2 Nr. 3 nicht als entbehrlich erweist, muss die nicht unerhebliche Verletzung jedenfalls über der Bagatellgrenze des § 142 liegen. Auch im Vergleich mit der Tötung eines Menschen als weiterer aufgezählter Folge dürfte es sich anbieten, zumindest eine Verletzung zu verlangen, die aus objektiver Sicht eine ärztliche Behandlung erfordert.444 Eine individuelle Überempfindlichkeit des Opfers bleibt ebenso außer Betracht wie der Verzicht auf eine ärztliche Versorgung aufgrund besonderer Sorglosigkeit. Fremd ist eine (bei dem Unfall beschädigte) Sache für den Täter, wenn er an ihr nach 125 privatrechtlicher Betrachtung kein Alleineigentum hat und die Sache auch nicht herrenlos ist.445 Allerdings bleibt zu beachten, dass selbst die Verletzung fremden Eigentums mitunter nicht die Pflichten des § 142 auslöst. Dies gilt aufgrund der grundsätzlich anzulegenden wirtschaftlichen Betrachtung (Rdn. 127) etwa gegenüber dem Sicherungseigentümer an einem Kraftfahrzeug; Geschädigter ist in diesem Fall allein der Sicherungsübereigner bzw. Vorbehaltskäufer.446 Ebenso scheidet eine Strafbarkeit nach § 142 aus, wenn der Täter ein Fahrzeug befugt benutzt und er wirtschaftlich das Risiko einer Beschädigung zu tragen hat. So können Schäden an einem geleasten Kraftfahrzeug im Rahmen des Absatzes 2 Nr. 3 nicht berücksichtigt werden, wenn – wie in der Regel – der Leasingnehmer nach dem Vertrag das Risiko einer Beschädigung oder auch Zerstörung des Fahrzeuges trägt.447 Gleiches kann bei der „klassischen Autovermietung“ in dem Sinne gelten, dass der Vermieter das Kraftfahrzeug mangelfrei an den Mieter übergibt und bei der Rückgabe auf Schäden kontrolliert.448 Beim sog. Carsharing wird indessen das überlassene Fahrzeug nicht dem Vermieter zurückgegeben, sondern irgendwo vom Mieter stehen gelassen und anschließend irgendwann von einem späteren Mieter übernommen. Einen festgestellten Schaden einem bestimmten Mieter zuzuordnen, ist dem Vermieter somit nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten möglich, so dass sich der Schutzbereich des § 142 in diesen Fällen auch auf den Vermieter des Fahrzeuges erstreckt.449 Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, dass auch ein an dem vom Täter 126 geführten (und für ihn fremden) Kraftfahrzeug entstandener Schaden bei der Ermitt-
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442 BGHSt 8 263, 265 ff; OLG Nürnberg NJW 1977 1543; Zopfs MK § 142 Rdn. 28. 443 OLG Hamm DAR 1958 308. 444 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 69; Böse NK Rdn. 13; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 51; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 39; Kretschmer MK-StVR Rdn. 46. 445 OLG Hamburg NStZ 1987 228. 446 OLG Nürnberg NJW 1977 1543; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 69. 447 OLG Hamm NJW 1990 1925, 1926; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 70; Hembach ZfS 2005 165, 167. 448 AG Berlin-Tiergarten NStZ-RR 2018 224, 224. 449 AG Berlin-Tiergarten NStZ-RR 2018 224, 224.
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lung der Schadenshöhe grundsätzlich zu beachten ist. Die bei § 315c entwickelte Überlegung, dass das vom Täter selbst geführte, aber einem anderen gehörende Fahrzeug als Mittel der Tat nicht vom tatbestandlichen Schutzbereich der Straßenverkehrsgefährdung erfasst sei,450 lässt sich auf Absatz 2 Nr. 3 nicht übertragen. Schließlich schützt die in Bezug genommene Vorschrift des § 142 die wirtschaftlichen Interessen der Unfallgeschädigten, die aber auch dann betroffen sein können, wenn das vom Täter geführte Kraftfahrzeug für die Begehung der Tat notwendig war.451 Ein eigener Sachschaden scheidet bei der Schadensberechnung indessen von vornherein aus (vgl. schon Rdn. 124). Auch der Schaden im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 bestimmt sich grundsätzlich nach 127 dem durch § 142 geschützten Rechtsgut, namentlich dem privaten Interesse der Unfallbeteiligten und -geschädigten an einer möglichst umfassenden Aufklärung des Unfallgeschehens, um eigene durch den Unfall entstandene zivilrechtliche Ansprüche zu sichern und unberechtigte Ansprüche abzuwehren. 452 Abzustellen ist demzufolge auf einen wirtschaftlichen Schadensbegriff. Auf dessen Grundlage können bei der Berechnung der Schadenshöhe lediglich solche Positionen berücksichtigt werden, die zivilrechtlich erstattungsfähig sind.453 Hierzu zählen weitgehend unstreitig die unmittelbar mit dem Unfall zusammenhängenden Ausgaben, d.h. im Einzelnen Reparatur- einschließlich Verbringungs-454 sowie Bergungs- und Abschleppkosten sowie ein etwaiger merkantiler Minderwert.455 Ebenfalls bleibt die Mehrwertsteuer zu berücksichtigen, wenn und soweit sie tatsächlich aus den vorstehenden Kosten entstanden ist. Ausgenommen ist dies nicht zuletzt bei Vorsteuerabzugsberechtigten.456 Auf die Vermögensverhältnisse des Geschädigten kommt es nicht an.457 Umstritten ist, ob darüber hinaus weitere Kosten bei der Beurteilung eines Scha128 dens als „bedeutend“ beachtlich sind. Nahe legt dies ein verbreitetes Verständnis, wonach der Schaden sämtliche Positionen erfasst, die bei vernünftigem wirtschaftlichen Verhalten erforderlich sind, um den Geschädigten so zu stellen, wie wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.458 Maßgeblich soll hiernach mit anderen Worten der Betrag sein, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalles gemindert wird.459 Demzufolge sollen auch erstattungsfähige Mietwagenkosten und Nutzungsausfallentschädigungen sowie zur Rechtsverfolgung (vernünftigerweise) in Anspruch genommene Gutachter- oder Anwaltsgebühren berücksichtigungsfähig
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450 BGHSt 27 40, 42 ff. 451 OLG Hamburg NStZ 1987 228. 452 BGH NStZ 2011 215, 216; OLG Hamm NZV 2011 356, 357; AG Linz a.R. DAR 2018 41, 42. 453 S. nur OLG Hamm NZV 2011 356, 357; LG Offenburg DV 2018 85, 87; AG Linz a.R. DAR 2018 41, 42; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 70. 454 Insoweit aA LG Aachen StV 2018 403; LG Hamburg DAR 2005 168; Krumm NJW 2012 829, 830; ders. NJ 2018 371, 373. 455 OLG Dresden NJW 2005 2633, 2633; OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 6; OLG Naumburg NZV 1996 204; OLG Schleswig VRS 54 (1978) 33, 35; LG Berlin NZV 2007 537; LG Frankfurt a.M. StV 2009 649, 650; LG Offenburg DV 2018 85, 87; SSW/Harrendorf Rdn. 42; Heuchemer BeckOK Rdn. 41; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 39; aA Krumm NJW 2012 829, 830; ders. NJ 2018 371, 372. 456 OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 6; OLG Schleswig VRS 54 (1978) 33, 35; LG Hamburg NZV 1993 326; LG Offenburg DV 2018 85, 87. Nach SSW/Harrendorf Rdn. 42 ist die Mehrwertsteuer wohl generell unerheblich, da ansonsten die Schadenshöhe von der Entscheidung des Geschädigten abhänge, den Schaden reparieren zu lassen. 457 OLG Dresden NJW 2005 2633, 2633. 458 BGH NStZ 2011 215, 216; OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 6; OLG Naumburg NZV 1996 204; OLG Stuttgart VRS 62 (1982) 123, 124; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 70; s. auch OLG Hamm NZV 2011 356, 357. 459 OLG Hamm NZV 2011 356, 357; LG Berlin NZV 2007 537.
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sein.460 Dem bleibt jedoch aus verschiedenen Gründen zu widersprechen.461 So ist bereits fraglich, ob diese Schadenspositionen noch „an fremden Sachen“ im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 entstanden sind.462 Darüber hinaus sind diese mittelbaren Folgen des Unfalles für den Täter kaum absehbar.463 Schließlich darf der Maßregelzweck der Entziehung der Fahrerlaubnis, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, nicht aus dem Blick verloren werden. Für die insoweit maßgebliche Gefährlichkeit des Täters sind aber solche mittelbare, nicht kalkulierbare Schadenspositionen nicht von Bedeutung.464 Dies gilt auch für einen möglichen Verdienstausfall.465 Bei einem sog. wirtschaftlichen Totalschaden sind nach herrschender Meinung – in 129 Anlehnung an die zivilrechtliche Rechtsprechung angesichts des Gebots an den Geschädigten, sich wirtschaftlich vernünftig zu verhalten – Reparaturkosten grundsätzlich nur bis zu einer Höhe von 130 % des Wiederbeschaffungswertes zu berücksichtigen. Dieser sog. Integritätszuschlag kann allerdings lediglich dann verlangt werden, wenn die Reparatur nachweislich fachgerecht und in dem Umfang durchgeführt wird, in dem der Sachverständige die Reparatur seiner Kostenschätzung zugrunde gelegt hat, und sie sich als wirtschaftlich sinnvoll erweist;466 eine Aufteilung in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil ist nicht möglich.467 Ist diese Grenze überschritten, beschränkt sich der Schaden auf den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes.468 Nicht jeder geringfügige Schaden vermag jedoch sogleich die Ungeeignetheit des Tä- 130 ters für das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu indizieren. Erforderlich ist vielmehr ein „bedeutender Schaden“; auf starre Schadensgrenzen hat der Gesetzgeber, der lediglich den in der Praxis bereits erarbeiteten Wertmaßstab im Gesetz verankern wollte,469 bewusst verzichtet.470 Häufig wird insoweit vorgeschlagen, die im Rahmen der §§ 315 Abs. 1, 315a Abs. 1, 315b Abs. 1, 315c Abs. 1 und 315d Abs. 2 zu Begriff und Umfang des „bedeutenden Wertes“ geltenden Grundsätze heranzuziehen.471 Diese Orientierung erscheint indessen schon deshalb fraglich, da Absatz 2 Nr. 3 anders als die §§ 315 ff nicht auf den Wert der gefährdeten Sache bzw. des drohenden Schadens, sondern auf den tatsächlich eingetretenen Schaden abstellt.472 Zudem sollte die Wertgrenze für bedeutende
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460 OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 6; OLG Stuttgart VRS 62 (1982) 123, 124; speziell zu Sachverständigenkosten LG Berlin NZV 2007 537; LG Hildesheim DAR 1988 65; LG Köln DAR 1991 271; Geppert LK12 Rdn. 84; Lenhart NJW 2004 191, 192. 461 Hierzu etwa OLG Hamburg VRS 76 (1989) 282, 284; LG Hamburg NZV 1993 326; NStZ 1995 91 m. krit. Anm. Notthoff. 462 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 70; Böse NK Rdn. 13; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 20; Kretschmer MK-StVR Rdn. 47; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 33. 463 OLG Hamburg VRS 76 (1989) 282, 284; LG Hamburg NStZ 1995 91; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 70; Böse NK Rdn. 13; SSW/Harrendorf Rdn. 42; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 39; Bär DAR 1991 271, 272; Krumm NJW 2012 829, 830; ders. NJ 2018 371, 372 f. 464 S. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 39; Mollenkott DAR 1980 328, 329. 465 LG Hamburg NZV 1993 326; NStZ 1995 91. 466 OLG Hamm NZV 2011 356, 357; AG Linz a.R. DAR 2018 41, 42. 467 OLG Hamm NZV 2011 356, 357; AG Linz a.R. DAR 2018 41, 42. 468 OLG Hamm NZV 2011 356, 357; AG Linz a.R. DAR 2018 41, 42; K. Himmelreich DAR 1994 508, 509; s. auch LG Hannover BeckRS 2015 16511. 469 BTDrucks. IV/651 S. 18. 470 BTDrucks. zu IV/2161 S. 3. Gegen die Sinnhaftigkeit der Regelung, überhaupt die Höhe des Sachschadens zur Voraussetzung eines Regelfalles zu erheben, Mollenkott BA 34 (1997) 180, 181; ders. ZfS 1995 321. 471 So Heuchemer BeckOK Rdn. 41; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 39; abl. Fischer Rdn. 28, der auf den entsprechenden Begriff des § 142 Abs. 4 zurückgreifen will. 472 Ebenso Lenhart NJW 2004 191, 192 Fn. 3.
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Sachschäden nicht zu niedrig bemessen werden, um dem Sachschaden im Vergleich mit dem Körperschaden, der seinerseits „nicht unerheblich“ sein muss, innerhalb der Regelbeispiele des Absatzes 2 Nr. 3 kein unangemessen hohes Gewicht beizulegen. 473 Werden durch den Unfall mehrere Sachen beschädigt, ist die Summe aller Schäden maßgebend.474 Einigen sich die Parteien zur Schadensregulierung auf eine Entschädigung unterhalb der maßgeblichen Grenze, steht der Ablehnung eines bedeutenden Sachschadens nicht entgegen, dass ein Sachverständigengutachten zuvor (allerdings ohne Angaben zum Schadenshergang) einen höheren Reparaturkostenaufwand ermittelt hat.475 131 Zumindest weitgehend dürfte anerkannt sein, dass der bedeutende Sachschaden eine veränderliche Größe darstellt.476 Insoweit wird häufig maßgeblich auf den Verbraucherpreisindex zurückgegriffen.477 Die auf diese oder ähnliche Weise ermittelte konkrete Grenze, bei deren Überschreiten ein Schaden als „bedeutender“ im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 anzusehen ist, unterscheidet sich zwar von Gericht zu Gericht, so dass ein einheitlicher Betrag nicht existiert. Es kann aber festgehalten werden, dass der in der strafgerichtlichen Praxis entwickelte Grenzwert stetig steigt, in den letzten beiden Jahrzehnten etwa von € 1.000478 über € 1.200479 bzw. € 1.250480 zunächst auf € 1.300481 angehoben wurde, bevor er über € 1.400482 auf die derzeit wohl überwiegend als maßgeblich angesehene Summe von € 1.500 anwuchs.483 Teilweise wird ein bedeutender Schaden sogar erst ab € 1.600484 bzw. € 2.500485 angenommen. Mitunter wird von den Gerichten aber angemerkt, dass es sich bei diesen Grenzwerten nicht um eine starre Grenze halten soll, so dass im Einzelfall ein bedeutender Schaden auch unterhalb dieser Schadens-
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473 OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 187; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 71. 474 LG Berlin NZV 2006 106, 107; VRS 135 (2018) 266, 266; Fischer Rdn. 29; Kindhäuser LPK Rdn. 8; Krumm NJW 2012 829, 829; ders. NJ 2018 371, 371. 475 LG Paderborn DAR 2006 290. 476 OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 186; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 39; abl. für die Wertgrenze für „fremde Sachen von bedeutendem Wert“ bei §§ 315b, 315c BGH NStZ 2011 215, 216. 477 LG Braunschweig DAR 2016 596; LG Offenburg DV 2018 85, 86 f; AG Stuttgart Verkehrsrecht aktuell 2018 85 (krit. die Revisionsinstanz OLG Stuttgart VRR 2018 11, 12). 478 S. etwa LG Hamburg DAR 1999 280: DM 2.000; LG Köln DAR 2006 289 m. krit. Anm. K. Himmelreich; AG Saalfeld VRS 106 (2004) 280, 281. 479 LG Hamburg DAR 2001 521: DM 2.400; LG Kaiserslautern DAR 2003 185, 186: Grenzwert zwischen DM 2.400 und DM 2.500; s. auch AG Oschersleben DAR 2002 369. 480 LG Braunschweig DAR 2002 469: DM 2.500; LG Hamburg DAR 2005 168; so aus dem Schrifttum noch heute Heuchemer BeckOK Rdn. 41. 481 So OLG Dresden NJW 2005 2633, 2633; OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 6; OLG Hamburg ZfS 2007 409, 411; OLG Hamm NZV 2011 356, 357; BeckRS 2015 921 Rn. 21; OLG Jena NZV 2005 434; LG Berlin NZV 2005 434; DAR 2005 467; NZV 2007 537; NZV 2010 476, 477 m. Anm. Staub DAR 2011 156 (nach LG Berlin NZV 2006 106, 107 hingegen € 1.100); LG Düsseldorf NZV 2003 103; LG Gera NZV 2006 105, 106; LG Hamburg VRR 2007 403; LG Hannover BeckRS 2015 16511; LG Paderborn DAR 2006 290; LG Schwerin Verkehrsrecht aktuell 2016 29; LG Wuppertal DAR 2007 660; AG Bielefeld NZV 2014 378, 379; ebenso noch heute LG Berlin VRS 135 (2018) 266, 266; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 71. 482 LG Frankfurt a.M. StV 2009 649, 649. 483 LG Braunschweig DAR 2016 596; LG Lübeck DV 2014 130; LG Offenburg DV 2018 85, 87; LG Wuppertal BeckRS 2017 130155; AG Saalfeld DAR 2005 52, 53; zust. SSW/Harrendorf Rdn. 42; offen gelassen (€ 1.300 oder € 1.500) von LG Heilbronn DAR 2017 648, 649. AG Tiergarten ZfS 2015 589 m. krit. Anm. Krenberger geht wohl von zumindest € 1.500 aus, ohne eine konkrete Grenze zu benennen. 484 AG Stuttgart Verkehrsrecht aktuell 2018 85; krit. die Revisionsinstanz OLG Stuttgart VRR 2018 11, 12. 485 LG Nürnberg-Fürth VD 2018 276 (zust. Fromm DAR 2018 42, 43); BeckRS 2018 30496 Rdn. 7; ebenso schon Kretschmer MK-StVR Rdn. 49. S. auch LG Landshut DAR 2013 588, 589 m. nur im Grundsatz, nicht aber im Hinblick auf die nahezu Verdoppelung des Grenzwerts zust. Anm. Ernst.
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summe angenommen werden könne.486 In der Tat erscheint es überlegenswert, den Grenzwert zumindest bei € 1.500 zu verorten, wenn nicht sogar darüber hinaus merklich anzuheben. Schließlich sind inzwischen auch für vergleichsweise geringfügige Schäden bereits nicht unerhebliche Reparaturkosten zu veranschlagen und muss der Vergleich mit der nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen gewahrt bleiben (siehe schon soeben Rdn. 130).487 Sollte der eingetretene Schaden den Grenzwert nur knapp übersteigen, kommt jedenfalls eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung unter Berücksichtigung der Wertung des § 142 Abs. 4 in Betracht (nachfolgend Rdn. 161). Für die innere Tatseite reicht es aus, dass der Täter um die beschriebenen Personen- 132 bzw. Sachschäden „weiß oder wissen kann“. Insoweit genügt folglich bloße Fahrlässigkeit.488 Hierin liegt nur scheinbar eine Erweiterung gegenüber § 142, der bezüglich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale (zumindest bedingten) Vorsatz verlangt. Denn die fahrlässige Verkennung im Rahmen von Absatz 2 Nr. 3 bezieht sich erklärtermaßen allein auf die qualifizierten (von § 142 gerade nicht einschränkend vorausgesetzten) Folgen der Tötung oder nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen oder eines bedeutenden Schadens an einer fremden Sache. Bezüglich des Unfalles im Sinne des § 142 und somit auch bezüglich der Überschreitung der insoweit geltenden Bagatellgrenze muss der Täter hingegen nach wie vor (zumindest bedingt) vorsätzlich handeln.489 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird der Täter indessen keineswegs zugleich wissen müssen, dass es sich um einen „bedeutenden“ Fremdschaden handelt.490 Nach allgemeinen Grundsätzen ist für das Kennenmüssen des bedeutenden Scha- 133 dens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 zumindest erforderlich, dass für den Täter die objektiven Umstände (z.B. Art und Intensität des Schadens, Neuwertigkeit des Fahrzeugs) erkennbar sind, welche die rechtliche Bewertung des Schadens als „bedeutend“ begründen.491 Dies setzt nach zutreffender Ansicht voraus, dass der Täter auch eine entsprechende Schadenshöhe als tatsächlichen Umstand erkannt hat bzw. zumindest hätte erkennen müssen.492 Geht ebenso die Polizei vor Ort von einem Schaden unterhalb der für Absatz 2 Nr. 3 maßgeblichen Grenze aus, wird dem Täter diesbezüglich kaum Fahrlässigkeit vorzuwerfen sein.493 Nach wohl herrschender Meinung muss der Täter hingegen nicht nach seinen persönlichen Kenntnissen in der Lage sein, die Bewertung der Schadenshöhe selbst vorzunehmen.494 Unerheblich ist demgegenüber aber vielmehr nur, wenn der Täter zwar erkennt, dass der Schaden etwa den derzeit maßgeblichen Grenzwert von € 1.500 (Rdn. 131) übersteigt, gleichwohl aber nicht von einem im Sinne von
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486 LG Hannover BeckRS 2015 16511; s. auch LG Landshut DAR 2013 588, 589 m. insoweit krit. Anm. Ernst. 487 Böse NK Rdn. 13. 488 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 72; SSW/Harrendorf Rdn. 42. 489 S. auch Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 50. 490 AA Schäfer NZV 1999 190, 190, nach dem bei einem bedingt vorsätzlichen Entfernen vom Unfallort „regelmäßig“ die subjektiven Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 3 erfüllt seien. 491 OLG Naumburg NZV 1996 204; LG Heilbronn DAR 2017 648, 649 m. krit. Anm. Rücker; LG Wuppertal DAR 2015 412, 413 m. Anm. Staub; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 72; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 36. 492 AG Bremen-Blumenthal StV 2002 372, 373; K. Himmelreich DAR 1997 82, 83 f; Lenhart NJW 2004 191, 192; Rücker DAR 2017 649, 650; s. auch Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 40. 493 LG Berlin VRS 135 (2018) 266, 267; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 36; Rücker DAR 2017 649, 650; s. ferner AG Oschersleben DAR 2002 369; AG Saalfeld VRS 106 (2004) 280, 282; krit. auch Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 32. 494 OLG Naumburg NZV 1996 204; LG Heilbronn DAR 2017 648, 649; AG Saalfeld VRS 106 (2004) 280, 282; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 72; SSW/Harrendorf Rdn. 42; Krumm NJ 2018 371, 371 und 372.
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Absatz 2 Nr. 3 „bedeutenden Schaden“ ausgeht.495 Jedenfalls sofern dem Täter nur leicht fahrlässige Nichtkenntnis der schweren Unfallfolgen anzulasten ist, bedarf es zudem wie bei anderen Fahrlässigkeitstaten des Absatzes 2 einer besonderen Prüfung, ob die Indizwirkung noch gegeben ist (siehe hierzu Rdn. 140). 134
eee) Vollrausch (§ 323a) (Nr. 4). Ein Vollrausch entfaltet eine Indizwirkung für die Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis nach Absatz 2 Nr. 4, wenn die im Rauschzustand begangene Tat eine Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen (§ 315d), Trunkenheit im Verkehr (§ 316) oder ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142) bei den genannten schweren Unfallfolgen ist. Handelt es sich bei der Rauschtat um ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, ist zudem natürliches Wissen oder fahrlässiges Nichtwissen bezüglich der schweren Unfallfolgen erforderlich. Fahrlässige Unkenntnis ist insoweit zu bejahen, wenn die allgemeinen Fahrlässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind und der Täter die erheblichen Unfallfolgen im nüchternen Zustand hätte erkennen können.496 Der (erwiesene oder nicht ausschließbare) Vollrausch muss vorsätzlich oder fahrlässig verursacht sein. Bei nur leicht fahrlässig verursachtem Vollrausch kann die Indizwirkung der Tat allerdings wiederum (vgl. schon Rdn. 120, 122 und 133) zu widerlegen sein. Ist dem Täter bezüglich des Vollrausches nicht einmal leichte Fahrlässigkeit anzulasten, fehlt es bereits an einer tatbestandsmäßigen Anlasstat.497 c) Widerlegung der gesetzlichen Vermutung
aa) Allgemeines. Absatz 2 normiert ein Regel-Ausnahme-Verhältnis dergestalt, dass bei Begehung einer der genannten Katalogtaten der erforderliche Zusammenhang zwischen Anlasstat und Eignungsmangel indiziert wird. Bei diesen Regelbeispielen bedarf es daher grundsätzlich keiner Würdigung der Persönlichkeit des Täters, um dessen Ungeeignetheit zu begründen.498 Vielmehr tritt an die Stelle der ansonsten notwendigen Gesamtwürdigung die Prüfung des Tatrichters, ob ernsthafte Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall vorliegen, in dem die gesetzliche Vermutung widerlegt ist.499 Nur wenn ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen anhand einer eingehenden Gesamtwürdigung zu beurteilen.500 Zur Begründungspflicht Rdn. 194. 136 Solche besonderen Umstände, die den generell schweren Verstoß in einem günstigeren Licht als den dem Gesetzgeber vorschwebenden Regelfall erscheinen lassen, können entweder in der Tat (nachfolgend Rdn. 138 ff) oder auch in der Persönlichkeit des Täters (näher Rdn. 142 f) einschließlich dessen Verhaltens nach der Tat (zur Nachtatsituation Rdn. 144 ff) gegeben sein.501 Ob die gesetzliche Vermutung demnach als widerlegt anzu135
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495 S. auch Fischer Rdn. 27; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 32, wonach es auf die rechtliche Bewertung des Täters nicht ankomme. 496 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 41. 497 Zu einem solchen Fall LG Hof DAR 2002 92. 498 OLG Koblenz NZV 2008 47, 47. Zur Charakterisierung der Regelbeispiele als Erfahrungssätze Bandemer NZV 1988 172, 172 ff. Krit. gegenüber dem Automatismus in der Praxis, bei den Regelbeispielen des Absatzes 2 die Fahrerlaubnis zu entziehen, Piesker NZV 2002 297, 299. 499 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 65; Böse NK Rdn. 14; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 34; Sinn SK Rdn. 17. 500 OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 476, 476; BA 53 (2016) 477, 477; DAR 2017 155, 155; OLG Koblenz NZV 2008 47, 47; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 57. 501 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 43; s. auch AG Bielefeld NZV 2014 378, 379.
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sehen ist, lässt sich nicht schematisch beantworten,502 sondern bleibt positiv festzustellen und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles eingehend zu begründen.503 Die tatrichterliche Wertung hat das Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen.504 Schon wegen der Wertung des Gesetzgebers, dass bei den Katalogtaten des Absat- 137 zes 2 die Verantwortungslosigkeit des Täters und somit auch dessen Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges in der Regel feststeht, kann ein Ausnahmefall aber nur sehr zurückhaltend angenommen werden;505 zur erforderlichen Begründung siehe Rdn. 196. Besondere Umstände, welche die gesetzliche Vermutung widerlegen, müssen umso stärker sein, umso schwerer die zur Aburteilung stehende Tat in ihrer Bedeutung zu der vom Täter zu befürchtenden Gefährdung wiegt.506 Sie müssen nach der Gesetzesbegründung zudem zur Überzeugung des Gerichts feststehen.507 Diesbezügliche Zweifel führen somit nicht dazu, die gesetzliche Vermutung als widerlegt anzusehen.508 bb) Besondere Umstände in der Tat. Als besonderen Umstand, der die Regelwir- 138 kung der Katalogtaten des Absatzes 2 entkräften könnte, nennt die amtliche Begründung eine notstandsähnliche Lage, die das Verhalten des Täters zwar nicht zu entschuldigen, aber immerhin als begreiflich erscheinen zu lassen vermag.509 Zu denken ist etwa an einen betrunkenen Kraftfahrer, der aus Furcht vor körperlichen Auseinandersetzungen die Flucht ergreift oder der ein Haustier zum Tierarzt bringt, um dessen Leben zu retten.510 In der Rechtsprechung wurde eine notstandsähnliche Lage bejaht, als ein alkoholisierter Kraftfahrer nach Benachrichtigung vom Unfall eines nahen Angehörigen zur Unfallstelle fuhr.511 Gleiches soll gelten, wenn ein Berufskraftfahrer, der am Feierabend nicht mehr mit einer Fahrt rechnen musste, von seinem Arbeitgeber überraschend zu einer Fahrt aufgefordert wird.512 Die Indizwirkung der Regelbeispiele kann außerdem bei Bagatelltaten entfallen. 139 Hierzu zählt die Rechtsprechung vor allem folgenlos gebliebene Trunkenheitsfahrten, bei denen der Fahrer sein Fahrzeug auf der Straße oder auf einem öffentlichen Parkplatz lediglich um wenige Meter versetzt,513 z.B. um das Fahrzeug ordnungsgemäß zu parken.514 Ebenso soll aus der Verwendung eines Leichtmofas nicht generell auf die Unge-
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502 OLG Zweibrücken StV 1989 250, 250; LG Kaiserslautern BA 52 (2015) 44, 45. 503 OLG Hamm DAR 2017 390, 391; BA 53 (2016) 189, 190. Einzelne Kriterien, die gegen die Ungeeignheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen sprechen, nennt etwa Piesker NZV 2002 297, 302. 504 OLG Zweibrücken StV 1989 250, 250 f. 505 BTDrucks. IV/651 S. 17; s. auch etwa OLG Stuttgart NZV 1997 316, 317; zu streng hingegen LG Köln ZfS 1980 381 m. krit. Anm. Beck: Parallele zu den (unwiderlegbaren) Grenzwerten der relativen und absoluten Fahruntüchtigkeit. Zusf. wie weiterführend Scherer BA 20 (1983) 123. 506 OLG Stuttgart VRS 42 (1972) 357, 358; Böse NK Rdn. 15. 507 BTDrucks. IV/651 S. 17. 508 S. OLG Düsseldorf NZV 1997 92, 93; aA AG Waldbröl SVR 2005 315, 316, wonach der Strafrichter „in dubio pro reo“ von der Maßregel abzusehen habe. 509 BTDrucks. IV/651 S. 17. 510 Beispiele nach Nüse JR 1965 41, 43. 511 LG Heilbronn DAR 1987 29; LG Potsdam NZV 2001 360. 512 Vgl. OLG Hamm DAR 1957 77, 78, allerdings noch vor Einführung des Regelkatalogs des Absatzes 2. 513 LG Gera DAR 1999 420, 420; LG Köln DAR 1989 115; AG Oldenburg BA 45 (2008) 323. 514 BayObLG bei Rüth DAR 1974 177; bei Janiszewski NStZ 1988 543, 543; OLG Düsseldorf NZV 1988 29, 29; StV 1991 21, 22; OLG Hamm VRS 52 (1977) 24, 25; OLG Stuttgart NJW 1987 142; AG Bonn DAR 1980 52, 52; AG Frankfurt a.M. BA 51 (2014) 232; AG Lüneburg StV 1996 439; AG Regensburg ZfS 1985 123; AG Saalfeld BA 43 (2006) 242, 244 m. Anm. Mitsch; AG Verden NZV 2014 378; AG Westerstede NZV 2012 304.
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eignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden können.515 Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch sprechen, dass der Täter mit seiner Fahrt nicht mehr rechnen musste (siehe schon soeben Rdn. 138).516 Indessen sprechen eine geringe Wegstrecke oder auch eine bewusst verhaltene Geschwindigkeit für sich allein nicht gegen die Regelwirkung der Trunkenheitsfahrt, sondern können sogar die besondere Verantwortungslosigkeit des Täters belegen, der nach Lage des Falles nicht einmal zu einem geringfügigen Fahrverzicht bereit ist.517 Wählt ein betrunkener Fahrer für seine (nächtliche) Heimfahrt bewusst verkehrsarme Straßen aus und fährt dabei besonders vorsichtig, widerlegt dies folglich nicht die gesetzlich vermutete Ungeeignetheit.518 140 Die fahrlässige Begehung der Tat (siehe schon 120, 122, 133 und 134) steht für sich allein – wie sich bereits aus der unterschiedslosen Aufnahme der Katalogtaten in den Absatz 2 ergibt – der Indizwirkung der Anlasstat in aller Regel nicht entgegen.519 Insbesondere in den Fällen der § 315c Abs. 1 Nr. 1a und § 316 vermag wegen der besonderen Gefährlichkeit der Trunkenheit im Verkehr grundsätzlich selbst leichte Fahrlässigkeit die Regelvermutung nicht zu entkräften. Gleiches gilt angesichts der notwendigen „grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen“ Begehungsweise gewöhnlich bei den sog. sieben Todsünden des § 315c Abs. 1 Nr. 2. Insoweit erscheint im Einzelfall, nicht zuletzt bei lediglich leichter Fahrlässigkeit des Täters, jedoch durchaus prüfenswert, ob die gesetzliche Vermutung der Ungeeignetheit nicht ausnahmsweise widerlegt ist.520 Gleiches gilt bei einer Straßenverkehrsgefährdung infolge fahrlässig verkannter Übermüdung (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. b).521 Generell kommt eine abweichende Bewertung in Betracht, wenn die (insbesondere leicht) fahrlässige Begehungsweise nicht mehr dem Grad der Verantwortungslosigkeit entspricht, der dem Gesetzgeber bei Aufstellung des Regelkatalogs vorgeschwebt haben dürfte. Dies betrifft etwa auch die fahrlässige Verkennung der schweren Unfallfolgen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 (siehe schon Rdn. 133).522 Weitere Ausnahmesituationen, in denen die Tat sich derart von dem „Durch141 schnittsfall“ unterscheidet, dass sie nicht mehr als gesetzlicher Regelfall anzusehen bleibt, sind aufgrund des unbestritten strengen Maßstabes (Rdn. 137) selten. Sofern in der Rechtsprechung in anderen als den vorstehenden Fallgruppen die Regelvermutung als widerlegt angesehen wurde, trafen zumeist mehrere Umstände zusammen, die erst in ihrer Gesamtheit die Tat aus dem Rahmen der typischen Begehungsweise herausfielen ließen. Beispielsweise wurde bei einer Trunkenheit im Verkehr dem Fahrer zugute gehalten, als beruflich bedingter Vielfahrer zuvor weder strafrechtlich noch auch nur geringfügig bußgeldrechtlich in Erscheinung getreten zu sein, eine relativ geringe Blutalkoholkonzentration von 0,55 ‰ bei dem von ihm mit seinem Kraftrad verursachten Unfall
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515 LG Oldenburg BA 27 (1990) 136, 137 m. zust. Anm. Grohmann, weil das Leichtmofa „dem Fahrrade nähersteht und deswegen das gesetzlich vorgesehene Regelausnahmeverhältnis insoweit außer Funktion gesetzt wird“; krit. Janiszewski NStZ 1990 271, 272. 516 Vgl. LG Gera DAR 1999 420, 420; AG Lüneburg StV 1996 439. 517 Zutr. Piesker NZV 2002 297, 301. 518 And. OLG Karlsruhe DAR 2001 469 für eine nächtliche Fahrt von 300 m (geplant waren 350 m) auf verkehrsarmer Strecke durch einen nicht vorbestraften und jahrelang beanstandungsfreien Kraftfahrer, dem die Fahrerlaubnis länger als sechs Monate vorläufig entzogen war. 519 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 75. 520 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 67; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 37 und 44; Mollenkott BA 22 (1985) 298, 302; s. auch SSW/Harrendorf Rdn. 44; ferner Fischer Rdn. 23 zu Fällen unbewusster Fahrlässigkeit. 521 S. hierzu etwa LG Ingolstadt DAR 1989 354, wenngleich es nicht zu überzeugen vermag, „eine Urlaubsfahrt […] regelmäßig für sich gesehen“ als „Ausnahmeereignis“ anzusehen, das allein einen Regelfall nach § 69 „als fraglich“ erscheinen lässt. 522 S. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 40.
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aufgewiesen zu haben, bei dem er selbst nicht unerheblich verletzt wurde und an seinem Kraftrad erheblicher Sachschaden entstand, und sich in dem ungefähr einen Jahr zwischen Unfall und Hauptverhandlung wieder in jeder Weise verkehrsgerecht verhalten zu haben (hierzu im Allgemeinen Rdn. 145 f).523 In einem anderen Fall einer Trunkenheitsfahrt wurde dem (insoweit keine Voreintragungen aufweisenden) Täter ein auf den vorliegenden Notfall zurückzuführendes Augenblicksversagen attestiert, für das dieser unter anderem anschließend sofort freiwillig durch Selbstanzeige bei der Polizei die Verantwortung übernahm. Zudem traf der Täter Vorkehrungen für künftige Notfälle, beschäftigte sich ausführlich mit einem Verkehrspsychologen des TÜV und absolvierte dort erfolgreich einen Nachschulungskurs (allgemein zu dessen Bedeutung Rdn. 150 ff).524 Zur Widerlegung der Regelwirkung des unerlaubten Entfernens vom Unfallort unter Berücksichtigung der Wertung des § 142 Abs. 4 siehe Rdn. 161. cc) Besondere Umstände in der Persönlichkeit des Täters. Auch besondere Um- 142 stände in der Persönlichkeit des Täters erlauben es nur ausnahmsweise, trotz Katalogtat des Absatzes 2 von der Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen. Gegen die Regelwirkung spricht etwa im Einzelfall, wenn die Tat eher persönlichkeitsfremde Züge aufweist, nicht zuletzt situationsbedingt war und demzufolge mit hinreichender Sicherheit erwartet werden darf, dass der Täter gleiche oder ähnliche Taten künftig nicht mehr begehen wird. Dies kann z.B. angenommen werden, wenn der Täter des § 315c oder des § 316 sich in einem emotionalen Ausnahmezustand befunden525 oder eine auf einen Schicksalsschlag zurückzuführende Depression und die hiermit in Verbindung stehende Alkoholabhängigkeit überwunden hat.526 Bei einem unerlaubten Entfernen von Unfallort wird jedoch ein Absehen von der Regelwirkung mit Hinweis auf eine etwaige „Panikreaktion“ schon angesichts deren Häufigkeit allenfalls dann in Betracht kommen, wenn weitere entlastende Umstände hinzutreten (näher unten Rdn. 161). Dass es sich bei der Anlasstat um einen erstmaligen Verstoß des Täters handelt, ver- 143 mag für sich die nach Absatz 2 vermutete Ungeeignetheit in aller Regel nicht zu widerlegen.527 Schließlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass allein die Begehung der dort genannten Taten in der Regel die Verantwortungslosigkeit des Täters und somit zugleich dessen Eignungsmangel offenbart, ohne dies auf Wiederholungsfälle zu beschränken.528 Nach der Rechtsprechung steht der Indizwirkung folglich selbst eine langjährige unfallund beanstandungsfreie Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr vor der Tat (zur Bedeutung beanstandungsfreien Verhaltens nach der Tat sogleich Rdn. 145 f) nicht entgegen.529 Kein Anlass, die gesetzliche Regelvermutung des Absatzes 2 Nr. 2 als widerlegt anzusehen, besteht des Weiteren, wenn der Täter nur aufgrund rückwirkender Anwendung geänderter Rechtsprechung zum Grenzwert absoluter Fahrunsicherheit nach § 316 bestraft werden konnte. Schließlich belegt bereits das Herantrinken an den (früheren) Grenzwert mit nachfolgender Fahrt die besondere Verantwortungslosigkeit des Täters.530
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523 LG Cottbus DAR 2007 716. 524 AG Hameln DAR 2008 655. 525 S. hierzu etwa OLG Frankfurt a.M. VM 1977 30, 30 f; AG Langen (Hessen) BA 52 (2015) 45, 46; AG Lüneburg StV 1996 439. 526 BayObLG bei Rüth DAR 1984 239. 527 S. etwa OLG Braunschweig NdsRpfl 1969 214, 215 insbes. für Trunkenheitsfahrten. 528 Krit. Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 35 unter Hinweis auf das Fahrverbot, mit dem solche „Gelegenheitstäter“ besser erfasst werden könnten. 529 Statt vieler BGH VRS 17 (1959) 21, 25; KG VRS 60 (1981) 109, 110; OLG Düsseldorf VM 1971 59. Aus dem Schrifttum Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 46; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 19a. 530 Bedenklich hingegen LG Düsseldorf VM 1990 56; wie hier Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 19a.
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dd) Besondere Umstände nach der Tat 144
aaa) Allgemeines. Weil für die Beurteilung der Ungeeignetheit der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung maßgeblich ist (Rdn. 108), hat das erkennende Gericht auch zu prüfen, ob die Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen durch besondere Umstände nach der Tat günstig beeinflusst worden ist. Nicht zuletzt können körperlich-geistige Eignungsmängel, die zur Tat geführt haben, zwischenzeitlich bereits beseitigt sein. Ebenso kann die charakterliche Ungeeignetheit des Täters wieder entfallen sein. In Betracht kommt nicht zuletzt die spezialpräventive Wirkung, die von vorläufigen Führerscheinmaßnahmen ausgeht (nachfolgend Rdn. 147 ff) 531 und gegebenenfalls durch die Teilnahme an Nachschulungskursen zur Behandlung alkoholauffälliger Kraftfahrer (hierzu Rdn. 150 ff) im Einzelfall nachhaltig verstärkt werden kann. Für die Indiztat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist schließlich zu fragen, inwieweit eine (die Voraussetzungen von § 142 Abs. 4 schon wegen des für § 69 Abs. 2 Nr. 3 erforderlichen bedeutenden Schadens nicht erfüllende) „tätige Reue“ die Regelvermutung zu widerlegen vermag (Rdn. 161). Auch für die Beachtlichkeit des Nachtatverhaltens ist allerdings ein kritischer Maßstab anzulegen (vgl. schon im Allgemeinen Rdn. 137).532
bbb) Beanstandungsfreies Verhalten im Straßenverkehr. Lediglich geringe Bedeutung misst die Rechtsprechung zumeist dem Umstand zu, dass der Täter, der seinen Führerschein behalten durfte oder ihn vorzeitig zurückerhalten hat, nach Begehung der Anlasstat verkehrsmäßig nicht erneut negativ aufgefallen ist.533 Schließlich bilde das durch den Druck des anhängigen Strafverfahrens beeinflusste Wohlverhalten des Täters in Gestalt einer beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr keinen ausreichenden Anhaltspunkt für den Wegfall des durch die Katalogtat indizierten Eignungsmangels.534 Es widerspräche sowohl dem Willen des Gesetzgebers als auch dem Zweck des Absatzes 2, wenn allein der bloße Zeitablauf (gegebenenfalls auch nur infolge der Ausschöpfung der Rechtsmittel) die gesetzliche Vermutung der Ungeeignetheit widerlegen könnte.535 Dies gilt selbst bei einer großen Kilometerleistung des Täters.536 Diese grundsätzlich restriktive Haltung dürfte nicht zuletzt der generell hohen Dunkelziffer bei Verkehrsstraftaten und Verkehrsordnungswidrigkeiten geschuldet sein.537 Allerdings sind mitunter zumeist unterinstanzliche Gerichte bestrebt, jedenfalls bei 146 länger dauernder beanstandungsfreier weiterer Teilnahme am Straßenverkehr im Einzelfall trotz Verwirklichung einer Indiztat des Absatzes 2 auch ohne den Druck zugleich wirksamer vorläufiger Führerscheinmaßnahmen von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen.538 Verstärkt wird dies vertreten, wenn weitere Umstände gegen eine fort145
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531 S. hierzu schon BTDrucks. IV/651 S. 17. 532 SSW/Harrendorf Rdn. 30. 533 OLG Düsseldorf NZV 1997 92, 93 (krit. Schulz NZV 1997 62, 63 f); OLG Stuttgart VRS 46 (1974) 103. 534 OLG Düsseldorf VM 1971 59; NZV 1997 92, 93; OLG Karlsruhe VRS 68 (1985) 360, 361; OLG Köln DAR 1966 271, 271. 535 OLG Düsseldorf NZV 1997 92, 93. 536 OLG Karlsruhe VRS 68 (1985) 360, 361. 537 Vgl. OLG Hamm JMBlNRW 1963 158, 159 zu § 111a StPO; krit. Schulz NZV 1997 62, 63. Beispielsweise geht Koehl SVR 2018 20, 21 bei dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§ 142) von einer Dunkelziffer von 1:10 aus. 538 S. etwa LG Düsseldorf BA 54 (2017) 266, 267 (20-monatige beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr); LG Hannover StV 1988 521 (fünf Monate bei einer Fahrstrecke von 56.000 km); LG Köln DV 2016 286, 290 (Absehen von einer Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund dreijähriger beanstandungsfreier Teilnahme am Straßenverkehr als Berufskraftfahrer trotz Verwirklichung mehrerer
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bestehende Ungeeignetheit sprechen.539 Dieser Entwicklung scheinen einige Oberlandesgerichte540 jedenfalls nicht (mehr) generell widersprechen zu wollen. In der Tat kann zumindest in extremen Fällen selbst bei Vorliegen eines Regelbeispiels kaum mehr von dem in Absatz 2 konzeptionell gedachten typischen „Normalfall“ ausgegangen werden, so dass angesichts jedenfalls abgeschwächter oder bei längerer (z.B. mehrjähriger) beanstandungsfreier Zeit gegebenenfalls völlig beseitigter Indizwirkung eine Gesamtwürdigung vorgenommen werden muss, wie sie bei Nicht-Katalogtaten erforderlich ist.541 Zu den Auswirkungen eines längeren Zeitablaufs seit der Tat auf die Aufhebung bzw. Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis siehe Rdn. 222 f und 239 ff. ccc) Vorläufige Führerscheinmaßnahmen. Schon die Gesetzesmaterialien nann- 147 ten als Beispiel für einen besonderen Umstand, der die gesetzliche Vermutung des Absatzes 2 widerlegen könne, dass der Führerschein noch vor dem Urteil in amtliche Verwahrung genommen wird und das Verfahren so lange andauert, dass der Sicherungszweck der Maßregel bereits durch die vorläufige Maßnahme erreicht wird.542 Zu betonen bleibt, dass der längere Ausschluss des Täters von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr aufgrund einer Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 Abs. 3 StPO) oder infolge vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) für sich allein der Regelvermutung des Absatzes 2 nicht entgegensteht.543 Der bloße Zeitablauf als solcher vermag folglich den indizierten Eignungsmangel nicht entfallen zu lassen und kein Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen.544 Vielmehr wird der ursprüngliche Eignungsmangel nur dann beseitigt, wenn der Täter durch die vorläufige Maßnahme in seiner charakterlichen Einstellung nachhaltig günstig beeinflusst wird und deshalb erwartet werden kann, dass Gefährdungen gleicher oder ähnlicher Art künftig mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen sind.545 Hierbei handelt es sich allerdings nicht etwa um eine „Anrechnung“ im förmlichen Sinn, sondern um die diagnostisch-prognostische Berücksichtigung der genannten Führerscheinmaßnah-
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Regelbeispiele des Absatzes 2); LG Wuppertal NJW 1986 1769 (knapp 14 Monate bei einer Jahreskilometerleistung von 20.000 bis 23.000 km); AG Bensheim NZV 2006 442 (15 Monate zwischen der Tat einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr und der Hauptverhandlung). 539 S. etwa (fraglich) LG Wuppertal DAR 2014 400 (m. hingegen zust. Anm. Staub DAR 2014 421, 421 f), das bereits nach gut sechseinhalbmonatiger Teilnahme am Straßenverkehr ohne neue Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten die Ungeeignetheit eines Täters, der die Regelbeispiele des Absatzes 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 erfüllte, auch unter Hinweis auf dessen berufliche (bestandene Meisterprüfung und Selbstständigkeit) und persönliche Weiterentwicklung (Meidung von Situationen und Kontakten, in bzw. mit denen Alkohol konsumiert wird, bzw. Vorkehrungen, bei Alkoholkonsum kein Fahrzeug zu führen; Bemühen um einen MPU-Vorbereitungskurs) verneinte. Vgl. auch AG Bernkastel-Kues BA 43 (2006) 158, 159 zur Ablehnung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach viermonatiger beanstandungsfreier Teilnahme am Straßenverkehr nach einer Anlasstat der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung, bei der die relative Fahruntauglichkeit des Täters auf der durch die Einnahme ärztlich verordneter Medikamente verstärkten Wirkung von Alkohol beruhte; aA Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 19a. 540 S. etwa OLG Hamm DAR 2015 399, 401 zu einer 14 Monate langen beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr zwischen Tat und erstinstanzlichem Urteil; OLG Karlsruhe DAR 2001 469. Abl. hingegen OLG Brandenburg BA 47 (2010) 299, 300 für einen Zeitablauf von zwei Jahren und zwei Monaten seit der Anlasstat; OLG Düsseldorf NZV 1997 92, 93 (anderthalbjährige beanstandungsfreie Zeit). 541 S. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 46; Schulz NZV 1997 62, 63. 542 BTDrucks. IV/651 S. 17. 543 KG VRS 60 (1981) 109, 111; OLG Frankfurt a.M. VRS 55 (1978) 181, 182; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 278, 280; NZV 2008 47, 48; OLG Stuttgart VRS 46 (1974) 103, 105. 544 KG Verkehrsrecht aktuell 2011 85; OLG Koblenz NZV 2008 47, 48; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 55; Kretschmer MK-StVR Rdn. 41. 545 Statt vieler BayObLG NJW 1977 445, 445; OLG Zweibrücken StV 1989 250, 251.
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men und deren Dauer bei der Beurteilung der Ungeeignetheit.546 Demzufolge ist der Tatrichter und somit auch jedes Berufungsgericht sowie jeder vorinstanzliche Richter, an den die Sache zurückverwiesen wird, gehalten, unter Würdigung möglicher besonderer Umstände in der Tat (Rdn. 138 ff) oder in der Persönlichkeit des Täters (Rdn. 142 f) sorgfältig zu prüfen, ob von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen oder die Sperrfrist zumindest verkürzt werden kann (hierzu § 69a Rdn. 54 und 64 ff). 148 Die Regelvermutung kann wegen der bessernden Wirkung einer länger dauernden vorläufigen Führerscheinmaßnahme im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn die vorläufige Maßnahme noch nicht die Dauer der sich aus § 69a Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 3 ergebenden Mindestsperrfrist von sechs Monaten bzw. von einem Jahr erreicht hat.547 Diese Vorschriften bestimmen lediglich das Mindestmaß der Sperre für den Fall, dass die Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit entzogen wird, sind jedoch für die (zuvor zu beantwortende) Frage, ob die in der Anlasstat hervorgetretene Ungeeignetheit überhaupt noch besteht, ohne Bedeutung. Demzufolge dürfen sie auch nicht als Beweisregel dahingehend verstanden werden, dass der ursprüngliche charakterliche Eignungsmangel vor Ablauf der gesetzlich bestimmten Mindestsperrfrist nicht beseitigt werden kann.548 Auch bei der Berücksichtigung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen ist keinerlei 149 Schematismus angebracht (hierzu im Allgemeinen schon Rdn. 136). Sicherlich kann (nicht jedoch: muss) eine vorläufige Führerscheinmaßnahme umso geeigneter sein, einen Ausnahmefall zu begründen, umso länger sie der Betroffene zu ertragen hat. Je kürzer umgekehrt die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angedauert hat oder je schwerer die Tat in ihrer Bedeutung zu der vom Täter künftig zu erwartenden Gefährdung wiegt, desto stärker müssen die Gegengründe sein, die eine Ausnahme von der Regel rechtfertigen sollen.549 In der Rechtsprechung wurde bei strafbarer Trunkenheit eines Ersttäters mitunter schon bei einem vorläufigen Zwangsausschluss aus dem allgemeinen Straßenverkehr von unter zwölf Monaten ein Ausnahmefall angenommen,550 während andere Gerichte dies erst ab ungefähr einem Jahr bejahten.551 In wiederum anderen Fällen wurde hingegen selbst bei derart langen vorläufigen Führerscheinmaßnahmen die gesetzliche Vermutung nicht als widerlegt erachtet.552 In diesen divergierenden Entscheidungen kommt zum Ausdruck, dass eine vorläufige Führerscheinmaßnahme auf jeden Täter anders wirken und die diagnostisch-prognostische Berücksichtigung derartiger Maßnahmen von zusätzlichen Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters abhängig sein kann. Die einschlägigen Entscheidungen und die dort genannten Zeitangaben lassen sich daher kaum verallgemeinern.
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546 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 77; ausführl. dazu Geppert S. 127 ff; Kropp NStZ 1997 471. 547 BayObLG NJW 1971 206; OLG Zweibrücken StV 1989 250, 251; AG Homburg/Saar BA 21 (1984) 187, 188; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 55. 548 BayObLG NJW 1971 206. 549 KG VRS 60 (1981) 109, 110. 550 BayObLG NJW 1971 206 (knapp sieben Monate); NJW 1977 445, 445 (mehr als neun Monate); OLG Hamm NJW 1977 207, 208 f (rund zehneinhalb Monate); OLG Köln VRS 41 (1971) 101 (knapp über zehn Monate: 1,5 ‰, Ersttäter); OLG Stuttgart VRS 35 (1968) 19 (sechs Monate: 1,5 ‰; Berufskraftfahrer); LG Saarbrücken DAR 1981 395 (fast sechs Monate: 25-jährige unbeanstandete Fahrpraxis); AG Bad Homburg NJW 1984 2840, 2840 („bereits mehr als sieben Monate“, weil die Fahrtzeit des Täters mit öffentlichen Verkehrsmitteln sich um ca. 2 ½ Stunden täglich erhöht habe). 551 Vgl. etwa BGH DAR 2000 532, allerdings nicht allein unter Hinweis auf die bloße Verfahrensdauer, sondern auf die Einsicht und Reue, welche die Angeklagten in der Hauptverhandlung zeigten, und deren aktive Beteiligung an der Aufklärung der Straftaten im Ermittlungsverfahren; s. auch OLG Bremen VRS 31 (1966) 454 (Aufhebung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach siebzehn Monaten). 552 OLG Koblenz NZV 2008 47, 48 (deutlich längerer Zeitraum als ein Jahr erforderlich).
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ddd) Nachschulungskurse und freiwillige medizinisch-psychologische Unter- 150 suchungen (MPU). Speziell bei Anlasstaten, die in alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit begangen werden, ist bei der Beurteilung der (fortbestehenden) Ungeeignetheit nicht zuletzt zu beachten, ob der Täter freiwillig an Nachschulungskursen und -seminaren teilgenommen oder sich einer psychotherapeutischen Behandlung oder medizinischpsychologischen Untersuchung unterzogen hat. Solche Maßnahmen können zwar in erster Linie bei der Bemessung der Sperrfrist (dazu § 69a Rdn. 55) oder nicht zuletzt bei der Entscheidung über eine nachträgliche Abkürzung der Sperrfrist nach § 69a Abs. 7 (dazu § 69a Rdn. 104 ff) berücksichtigt werden. Im Ausnahmefall vermögen die genannten Maßnahmen aber sogar bereits die Regelvermutung des Absatzes 2 zu widerlegen. Des Weiteren wird die Teilnahme an einer Nachschulung mitunter herangezogen, um eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis im Verfahren nach § 111a StPO aufzuheben (Rdn. 239). Exemplarisch kann der Ablauf von Nachschulungskursen an den Modellen „Mainz 151 77“553 sowie „IVT-Hö“ (Individualpsychologische Verkehrstherapie nach Höcher)554 erläutert werden.555 Das Kursmodell „Mainz 77“ bietet erstmals alkoholauffälligen Kraftfahrern die Möglichkeit, freiwillig an einem Vorgespräch und anschließend an Gruppensitzungen über einen längeren Zeitraum teilzunehmen. Zum Teil werden auch Leberfunktionswerte vorgelegt oder kurze medizinische Untersuchungen durchgeführt. Durch die Teilnahme an den Kursen sollen die Betroffenen ihr Verhalten und ihre Einstellung ändern. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass sie über die generelle Wirkung von Alkohol auf die Selbstkontrolle und die Verhaltenssteuerung informiert werden, Gewohnheiten entkoppelt werden, eine Auseinandersetzung mit den persönlichen Hintergründen des Alkoholtrinkers stattfindet, gewisse Verhaltensalternativen entwickelt und irrationale Überzeugungen, wie beispielsweise die „Pechvogelhaltung“, aufgelöst werden. Das Modell wurde mit dem Ziel eingeführt, eine Maßnahme zur Sperrfristverkürzung anzubieten und dadurch die Rückfallquoten insgesamt zu senken.556 Die Verkehrstherapien „IVT-Hö“ sollen hingegen für den jeweiligen Einzelfall gezielt ein adäquates Nachschulungskonzept zur Verfügung stellen. Das Konzept kann sich unter anderem aus Einzelbehandlungen oder kombinierten Einzel- und Gruppenbehandlungen zusammensetzen.557 Es werden kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen sowie Langzeitrehabilitationen und Selbsthilfegruppen unterschieden. Die Maßnahmen nach „IVT-Hö“ sind tiefenpsychologisch fundiert und verfolgen von Beginn an das Ziel einer tief greifenden und weit reichenden Veränderung.558 Während heutzutage nahezu unumstritten erscheint, dass Nachschulungskurse 152 zwar die Entziehung der Fahrerlaubnis und entsprechende vorläufige Maßnahmen nicht zu ersetzen, aber durchaus sinnvoll zu ergänzen vermögen, begegneten ihnen Tatgerichte und Schrifttum Ende der 1970er Jahre zunächst nur zurückhaltend. Die anfängliche Skepsis wich aber alsbald, nicht zuletzt nachdem die geringe Rückfallhäufigkeit der
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553 S. hierzu vor allem OLG Koblenz VRS 66 (1984) 40, 41 f; OLG Köln DAR 1980 251, 251 f; VRS 60 (1981) 375; VRS 61 (1981) 28; Kunkel BA 16 (1979) 1; ders. DAR 1981 348. 554 S. hierzu etwa LG Aachen BA 49 (2012) 109 mit Ausführungen zu den Erfolgsquoten von IVT-Hö (110 ff) und mit zahlreichen Nachweisen; AG Königs Wusterhausen BA 55 (2018) 373; AG Tiergarten BA 55 (2018) 374; Echterhoff ZVS 44 (1998) 113; Fiesel ZVS 44 (1998) 111; A. Himmelreich FS K. Himmelreich 147; Höcher DAR 1985 36. 555 Weitere zahlreiche Literaturnachweise bei Geppert LK12 Rdn. 97. 556 Birnbaum/Biehl/Sage/Scheffel NZV 2002 164, 164; s. hierzu auch Fromm SVR 2018 411, 412; zur Wirksamkeit des Nachschulungsmodells Birnbaum/Biehl/Sage/Scheffel NZV 2002 164, 164 ff. 557 Höcher DAR 1985 36, 39. 558 A. Himmelreich FS K. Himmelreich 147, 147 f.
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Kursteilnehmer statistisch belegt wurde (ausführlich zur Entwicklung mit zahlreichen Nachweisen Geppert LK12 Rdn. 99).559 Auch der Gesetzgeber schätzte die positiven Wirkungen von Nachschulungskursen als wertvoll ein und verringerte mit dem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24.4.1998560 zum einen die in § 69a Abs. 7 Satz 2 normierte Mindestsperre von sechs auf drei Monate und ergänzte zum anderen den gesetzlichen Auflagenkatalog des § 153a Abs. 1 StPO durch eine neue Nr. 5 in Satz 1 (inzwischen Satz 2 Nr. 7) dahin, dass auch die Teilnahme an einem Aufbauseminar zur Einstellung des Verfahrens führen kann (hierzu schon Rdn. 39). Nach wie vor bestehende Kritik an Nachschulungskursen konzentriert sich vor153 nehmlich auf den Einwand, durch deren Berücksichtigung finanzkräftige Täter gegenüber solchen Kraftfahrern, die sich derartige Kurse nicht leisten können, zu bevorzugen.561 Solche Erwägungen vermögen aber die Anordnung einer Maßregel nicht zu rechtfertigen, wenn sich der Täter aufgrund der erfolgreichen Teilnahme an einem Nachschulungskurs tatsächlich nicht mehr als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges erweisen sollte.562 Allerdings ist es nicht geboten, Hauptverhandlungstermine auf Antrag des Angeklagten bzw. seines Verteidigers mehrmals zu verlegen, damit noch vor der Hauptverhandlung eine verkehrstherapeutische Maßnahme durchgeführt und abgeschlossen werden kann.563 154 Während Nachschulungskurse bei der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis einen von vielen Umständen darstellen, die bei der Beurteilung der Ungeeignetheit des Täters zu berücksichtigen sind, auch wenn sie gesetzlich nicht erwähnt werden, sind im StVG und in der FeV einige derartige Seminare und Kurse ausdrücklich geregelt. So normiert § 2b StVG Aufbauseminare für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe, die entweder innerhalb der Probezeit eine Zuwiderhandlung begangen (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 2b StVG) oder unter dem Einfluss von Alkohol oder anderer berauschender Mittel am Verkehr teilgenommen haben (sog. besondere Aufbauseminare nach § 2b Abs. 2 Satz 2 StVG, auf die auch § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO verweist). Das didaktische Konzept dieser besonderen Aufbauseminare ist in § 36 FeV spezialgesetzlich geregelt. Ihre Leiter müssen nach Absatz 6 dieser Vorschrift besondere Qualifikationen aufweisen, namentlich unter anderem einen Hochschulabschluss als Diplom-Psychologe oder einen gleichwertigen Master-Abschluss in Psychologie, eine akademische Zusatzausbildung als Verkehrspsychologe sowie Kenntnisse und Erfahrungen in der Untersuchung und Begutachtung der Eignung von Kraftfahrern, die Vorschriften über das Führen von Kraftfahrzeugen unter Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln zuwidergehandelt haben. Die ebenfalls in § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO aufgeführten Fahreignungsseminare 155 nach § 4a StVG wurden zusammen mit dem neuen Fahreignungs-Bewertungssystem mit Wirkung vom 1.5.2014 eingeführt. Sie lösen die Interventionsmaßnahmen des früheren
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559 Zu ersten statistischen Vergleichszahlen vor allem Stephan ZVS 32 (1986) 2; speziell zu den Rückfallquoten von Kursteilnehmern des Modells „Mainz 77“ Kunkel DAR 1981 348; Utzelmann BA 20 (1983) 449; ders. BA 21 (1984) 396; später Birnbaum/Biehl/Sage/Scheffel NZV 2002 164, 164: 12,5 % Rückfallquote innerhalb von fünf Jahren gegenüber 17,5 % bei Nichtgeschulten. Krit. Ostermann BA 24 (1987) 11 (m. Erw. Stephan BA 24 (1987) 297); Hundhausen BA 26 (1989) 329; Müller BA 30 (1993) 65. Der Modellversuch der Bundesanstalt für Straßenwesen für wiederholt auffällige Kraftfahrer erreichte in einem Beobachtungszeitraum von drei Jahren und 1.569 überprüften Kursteilnehmern eine Rückfallminderung von etwa 27 %; Winkler NZV 1988 41, 44. 560 BGBl. I 747. 561 OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 477, 478; DAR 2017 155, 156; s. schon AG Neustadt am Rübenberge nach H.J. Bode DAR 1983 38. 562 Hentschel NJW 1996 628, 638; s. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 46. 563 OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 477, 478; DAR 2017 155, 156 m. insoweit krit. Anm. Sydow.
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Punktesystems, das Aufbauseminar und die verkehrspsychologische Beratung ab.564 Die nach dem Landesrecht zuständige Behörde weist den jeweiligen Inhaber einer Fahrerlaubnis bei Erreichen eines gewissen Punktestandes nach § 4 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 StVG auf die Möglichkeit eines freiwilligen Besuchs des Fahreignungsseminars hin. Unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 StVG kann dem Inhaber einer Fahrerlaubnis bei Teilnahme an einem solchen Seminar ein Punkt von seinem Punktestand abgezogen werden. Das Fahreignungsseminar besteht gemäß § 4a Abs. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 42 Abs. 1 FeV aus einer verkehrspädagogischen sowie einer verkehrspsychologischen Teilmaßnahme, die aufeinander abzustimmen sind. Ziel des Seminars ist nach § 4a Abs. 1 Satz 1 StVG, dass die Teilnehmer sicherheitsrelevante Mängel in ihrem Verkehrsverhalten und insbesondere in ihrem Fahrverhalten erkennen und abbauen. Außerdem sieht § 70 FeV für alkohol- oder drogenauffällige Kraftfahrer einen Kurs 156 zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung vor. Eine Aufnahme in einen solchen Kurs setzt gemäß § 11 Abs. 10 FeV voraus, dass eine Begutachtungsstelle für Fahreignung aufgrund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kurs als geeignete Maßnahme ansieht, die Eignungsmängel zu beheben, und die Fahrerlaubnisbehörde dieser Kursteilnahme zustimmt. Die Wirksamkeit dieser Kurse wird einem strengen wissenschaftlichen Evaluationsverfahren unterzogen. Die Träger, die solche Kurse durchführen, müssen durch die Bundesanstalt für Straßenwesen nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FeV akkreditiert sein. Die vorstehenden Anforderungen für Aufbau- und Fahreignungsseminare sowie für 157 Kurse zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung gelten indessen nur für den verwaltungsbehördlichen, nicht aber für den strafrichterlichen Bereich. Die Strafgerichte können demzufolge bei ihrer Eignungsprognose – sei es im Erkenntnisverfahren bei Beurteilung der noch fortbestehenden Ungeeignetheit (§ 69 Abs. 1 und Abs. 2), bei der Festsetzung der Sperrfristdauer (§ 69a Abs. 1) oder bei der nachträglichen Sperrfristverkürzung (§ 69a Abs. 7) – nach Maßgabe der Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) und im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) die Teilnahme an Nachschulungskursen selbstverantwortlich berücksichtigen. Insbesondere müssen hierfür die Leiter solcher Kurse nicht etwa eine amtliche Anerkennung nach § 36 Abs. 6 FeV aufweisen.565 Auch ausländische Nachschulungskurse können als berücksichtigungsfähig anerkannt werden, wenn sie qualitativ einschlägigen deutschen Kursen entsprechen.566 Soweit Träger der Kurse privatwirtschaftlich tätige und auf Gewinnerzielung gerichtete Organisationen sind, trifft den Tatrichter hinsichtlich des ordnungsgemäßen Ablaufs des Kurses jedenfalls so lange eine besondere Prüfungspflicht, wie der Kurs keinen staatlichen zuverlässigen Kontrollmaßnahmen unterliegt;567 gewerblich angebotene Kurse sind mit anderen Worten kritisch zu prüfen.568 In gleicher Weise bedarf es besonderer tatrichterlicher Feststellungen, wenn der Täter sich einer individuellen therapeutischen Behandlung unterzogen hat (Privattherapie) oder die Nachschulung in Kursen oder Selbsthilfegruppen erfolgt ist, deren Konzept noch nicht allgemein bekannt und erprobt ist. Hier wird sich zumeist eine Individualprognose als unverzichtbar erweisen, sind folglich nicht nur zu den individuellen Auswirkungen der therapeutischen Behand-
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564 Hentschel/König/Dauer/Dauer § 4a StVG Rdn. 12. 565 AA LG Hildesheim NStZ-RR 2003 312, 313 = ZfS 2003 370 m. insoweit krit. Anm. H.J. Bode; ebenso dagegen K. Himmelreich DAR 2004 8, 12. 566 Zur Anerkennung eines österreichischen Nachschulungskurses bei Entscheidungen zu § 69a Abs. 7 AG Eggenfelden NZV 2005 545; DAR 2007 408. 567 OLG Hamburg VRS 60 (1981) 192, 195. 568 OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 477, 477; DAR 2017 155, 156; Fischer Rdn. 36.
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lung bzw. Schulung, sondern auch zu deren Inhalt und Ablauf sowie zur fachlichen Kompetenz des Therapeuten bzw. Kursleiters besondere tatrichterliche Feststellungen und Darlegungen erforderlich.569 Ob die Teilnahme an einer Nachschulung eine spezialpräventiv günstige Wirkung 158 entfaltet, ist im jeweiligen Einzelfall im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung zu beurteilen. Die Gesamtwürdigung kann in aller Regel nur in einer Hauptverhandlung, nicht hingegen im Strafbefehlsverfahren geleistet werden (zur diesbezüglichen Kritik schon Rdn. 8).570 Hierbei bedarf es tatrichterlicher Feststellungen, weshalb die Nachschulung auf den betreffenden Täter besonders günstig eingewirkt haben sollte.571 Beispielsweise kann der zeitliche Aufwand, der für die regelmäßige Teilnahme an einem Nachschulungskurs erbracht wird, für dessen spezialpräventive Wirksamkeit von indizieller Bedeutung sein. Der Tatrichter hat in den Gründen seiner Entscheidung in revisionsgerichtlich (nur auf Rechtsfehler)572 nachprüfbarer Weise darzulegen, in welcher Weise die Nachschulung (etwa auch im Zusammenwirken nicht zuletzt mit vorläufigen Führerscheinmaßnahmen oder sonstigen tätergünstigen Umständen) entgegen der Regel des Absatzes 2 dessen Eignung wiederhergestellt hat. Gegebenenfalls gibt die Teilnahme an einer verkehrstherapeutischen Maßnahme etc. Anlass zur weiteren Sachaufklärung bezüglich der fortbestehenden Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen, z.B. durch die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.573 Bereits die Teilnahme an einer Nachschulung als solche wird ausweislich ein159 schlägiger obergerichtlicher Entscheidungen bei Ersttätern gewöhnlich berücksichtigt, indem die nach § 69a Abs. 1 bei Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnende Sperrfrist um etwa drei Monate verkürzt wird (näher § 69a Rdn. 55). Zum Nachweis der Teilnahme reicht im Allgemeinen die Bescheinigung aus, die den Kursteilnehmern nach Durchführung der Nachschulung ausgehändigt wird und ihnen üblicherweise eine „erfolgreiche und regelmäßige Teilnahme“ attestiert. Um der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO zu genügen, kann die Vernehmung des verantwortlichen Kursleiters (als sachverständiger Zeuge) erforderlich sein.574 In einem weitergehenden Umfang kann die Teilnahme an einem Nachschulungs160 kurs als solche in aller Regel nicht zugunsten des Täters berücksichtigt werden. Insbesondere vermag die Regelwirkung des Absatzes 2 selbst durch eine erfolgreiche Kursteilnahme lediglich ausnahmsweise entkräftet zu werden.575 Ein solcher Ausnahmefall bedarf in der Regel weiterer Umstände, die gegen die (fortbestehende) Ungeeignetheit des Täters sprechen.576 Hierzu zählen etwa der seit der Trunkenheitsfahrt verstrichene Zeitraum, keine erhebliche Überschreitung des Grenzwertes von 1,1 ‰, eine längere vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis oder sonstige vorläufige Führerscheinmaßnahme,577 eine durch entsprechende Bescheinigungen nachgewiesene – nach der Recht-
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569 S. etwa KG DAR 2004 657 (zu § 69a Abs. 7 zur Teilnahme eines mehrfach einschlägig vorbestraften Täters an einer Selbsthilfegruppe); LG Heilbronn Justiz 1982 338 (zur Privattherapie durch einen Psychologen); AG Frankfurt a.M. BA 18 (1981) 271, 272 (Nachschulungsseminar bei einer Fahrschule). 570 S. auch AG Hanau VRS 58 (1980) 137, 139; AG Homburg/Saar BA 21 (1984) 187, 189. 571 OLG Hamburg VRS 60 (1981) 192, 196. 572 OLG Düsseldorf DAR 1982 26; OLG Köln VRS 61 (1981) 118, 120; s. hierzu auch OLG Hamm VRS 62 (1982) 445, 447 f. 573 OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 477, 477 f; DAR 2017 155, 156; zurückhaltend Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 19b. 574 OLG Hamm BA 18 (1981) 274, 276. 575 OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 476, 477; BA 53 (2016) 477, 477; DAR 2017 155, 156; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 80; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 46; s. etwa LG Köln ZfS 1980 254, 255. 576 OLG Koblenz VRS 66 (1984) 40, 41; OLG Köln DAR 1980 251, 252. 577 OLG Karlsruhe NZV 2004 537, 539; OLG Köln DAR 1980 251, 252.
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sprechung in Anlehnung an Begutachtungsleitlinien zu medizinisch-psychologischen Untersuchungen mindestens sechsmonatige578 – Abstinenz579 oder ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten.580 Gegenüber einem Wiederholungstäter, gegen den bereits früher Maßregeln nach §§ 69, 69a verhängt wurden, sind an eine Widerlegung der Regelvermutung nochmals gesteigerte Anforderungen zu stellen.581 Dies gilt vor allem für Mehrfachtäter, gegen die bereits in den letzten drei Jahren vor der Tat eine Sperre angeordnet wurde und für die § 69a Abs. 3 eine Mindestsperrfrist von einem Jahr vorsieht.582 In diesen Fällen kann es – unter Berücksichtigung der Wertungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b (und lit. c) FeV – gegebenenfalls wiederum eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bedürfen, um die Regelvermutung zu widerlegen.583 Auch Nachschulungskurse etc. dürfen auf jeden Fall nicht schematisch berücksichtigt werden.584 eee) Tätige Reue beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort. Bei dem unerlaub- 161 ten Entfernen vom Unfallort wurde in der früheren Rechtsprechung trotz der gesetzlichen Vermutung des Absatzes 2 Nr. 3 die Fahrerlaubnis nicht entzogen, wenn der Täter z.B. bereits bei Verlassen des Unfallortes entschlossen war, sich beim Geschädigten zu melden und den Schaden zu ersetzen, und dies auch alsbald getan hat.585 Die Bereitschaft der Gerichte, von der Regelentziehung abzusehen, scheint nach der 1998 erfolgten Einführung des § 142 Abs. 4, unter dessen Voraussetzungen das Gericht die Strafe zumindest zu mildern hat und darüber hinaus von Strafe absehen kann, jedenfalls nicht gesunken zu sein. Freilich bleibt zu beachten, dass die „tätige Reue“ gemäß § 142 Abs. 4 einen Unfall mit ausschließlich nicht bedeutendem Sachschaden voraussetzt und somit von vornherein schon nach dem Willen des Gesetzgebers586 keine Indiztaten des Absatzes 2 Nr. 3 betrifft. Gleichwohl orientieren sich die Gerichte an dieser Regelung und sehen die Regelvermutung insbesondere dann als widerlegt an, wenn abgesehen von der Schadenshöhe und der Verursachung einer Kollision außerhalb des fließenden Verkehrs die Voraussetzungen des Absatzes 4 gewahrt bleiben, der Täter also freiwillig innerhalb von 24 Stunden nach einem Unfall die erforderlichen Feststellungen nachträglich ermög-
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578 OLG Oldenburg DAR 2019 216, 216 f m. abl. Bespr. Hillmann/Schubert DAR 2019 229. 579 S. etwa AG Lüdinghausen NZV 2010 272, das die Geeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen trotz einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 2,57 ‰ aufgrund tätergünstiger Umstände (zehn Monate andauernde vorläufige Führerscheinmaßnahmen, nachgewiesene Abstinenz des Täters, verkehrspsychologische Beratung und Teilnahme an einer anerkannten verkehrsindividualpsychologischen Beratung) sogar positiv feststellte; AG Düsseldorf DAR 2012 40, 41 (Führerschein seit ca. 6½ Monaten in amtlicher Verwahrung, Anlasstat mit „lediglich“ relativer Fahruntüchtigkeit bei einer BAK von 0,59 ‰, Besuch eines entsprechenden Seminars für im Verkehr durch Alkohol aufgefallene Verkehrsteilnehmer); AG Iserlohn ZfS 2010 48 (Angeklagter nach Trunkenheitsfahrt nach einer Weihnachtsfeier mit einer BAK von 1,96 ‰ seit sechs Monaten ohne Führerschein, in psychosozialer Betreuung und in Suchtberatung, monatelange Abstinenz); AG München DAR 2012 96 (Teilnahme an Nachschulungskursen, positives privates medizinisch-psychologisches Gutachten, sieben Monate seit der Sicherstellung der Fahrerlaubnis am Tattag verstrichen trotz einer mit einer BAK von 1,92 ‰ begangenen Anlasstat); ferner LG Dortmund BA 50 (2013) 305; LG Kaiserslautern BA 52 (2015) 44; AG Königs Wusterhausen BA 50 (2013) 98; BA 55 (2018) 373; AG Tiergarten BA 52 (2015) 224; BA 53 (2016) 389; BA 54 (2017) 48; BA 54 (2017) 267; BA 55 (2018) 374; BA 55 (2018) 375. 580 LG Oldenburg BA 41 (2004) 85, 86. 581 OLG Hamm BA 53 (2016) 189, 190; DAR 2017 390, 391. 582 LG Köln ZfS 1981 30, 31. 583 OLG Hamm BA 53 (2016) 189, 190; SSW/Harrendorf Rdn. 44. 584 S. nur OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 476, 476 f; BA 53 (2016) 477, 477; DAR 2017 155, 156. 585 LG Aurich ZfS 2013 112, 113; s. auch BayObLG bei Rüth DAR 1968 225. 586 BTDrucks. 13/8587 S. 80; 13/9064 S. 10.
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licht und lediglich ein Sachschaden eingetreten ist.587 Ein Rückgriff auf die Wertung des § 142 Abs. 4 wird vor allem dann in Betracht gezogen, wenn weitere den Täter entlastende Umstände hinzutreten, namentlich außer der zeitnahen Rückkehr zum Unfallort bzw. der zeitnahen Meldung des Unfalls bei der Polizei ein einmaliges Augenblicksversagen, eine besondere psychische Belastungssituation zur Tatzeit, eine zwischenzeitliche vollständige Schadensregulierung, eine Entschuldigung bei dem Geschädigten, zumindest keine einschlägigen Vorstrafen oder Eintragungen des Täters im Verkehrszentralregister oder kein verkehrsrechtliches Inerscheinungtreten nach der Tat bei belassener Fahrerlaubnis.588 d) Feststellung der Ungeeignetheit bei Nicht-Katalogtaten 162
aa) Allgemeines. Auch in anderen als den in Absatz 2 genannten Anlasstaten kann die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen zum Ausdruck kommen. Dies gilt nicht nur bei Verkehrsdelikten im weiteren Sinne, sondern auch bei (an sich verkehrsfremden) Zusammenhangstaten, bei denen sich der zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Charaktermangel nicht zwingend im alltäglichen Verkehrsgeschehen ausgewirkt haben muss (näher hierzu Rdn. 165 ff). Außerhalb des Absatzes 2 gibt es jedoch keine Regelvermutung, so dass anders als bei der Begehung einer der dort aufgeführten Katalogtaten allein der Umstand, dass der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung einer solchen Straftat benutzt, dessen charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht vermuten lässt.589 Es bedarf vielmehr stets einer – dem Tatrichter vorbehaltenen – Gesamtwürdigung aller Umstände der konkreten Tat unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters, soweit sie in der Tat ihren Ausdruck findet.590 Insoweit reicht zudem – wiederum anders als bei der Indizwirkung des Absatzes 2 – ein einmaliges Versagen nicht aus;591 dies gilt nicht zuletzt bei einem situationsbedingten Fehlverhalten.592 Zur Begründungspflicht siehe Rdn. 195. 163 Grundsätzlich unbeachtlich für die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis sind das Täterverschulden, das Maß der Pflichtwidrigkeit sowie die Schwere der dadurch eingetretenen Tatfolgen. Diese Aspekte sind auf das Tatunrecht und die Täterschuld ausgerichtet und stellen daher zwar typische Strafzumessungsfaktoren im Sinne des § 46 dar. Bei den ausschließlich gefahrorientierten Maßregeln und somit auch bei der Entziehung der Fahrerlaubnis sind solche Kriterien indessen nur eingeschränkt an-
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587 So etwa LG Köln VRR 2010 110; LG Zweibrücken NZV 2003 439; AG Saalfeld ZfS 2004 232, 233; ausführl. Schäfer NZV 1999 190, 190 f; großzügiger Lenhart NJW 2004 191, 193: auch bei einem Unfall mit erheblichem Personenschaden; s. auch LG Gera StV 1997 596, 597. 588 S. etwa LG Gera NZV 2006 105: seitliche Kollision im Straßenverkehr auf zwei Fahrspuren mit reinem Sachschaden, nach der die (weder Vorstrafen noch irgendeine Eintragung im Verkehrszentralregister aufweisende) Täterin unmittelbar nach Abschluss einer Tagung (ungefähr fünfeinhalb Stunden nach dem Unfall) freiwillig die nächstgelegene Polizeidienststelle aufsuchte, den Sachverhalt offenbarte und die erforderlichen Feststellungen an ihrem Fahrzeug ermöglichte; LG Zweibrücken NZV 2003 439: die zuvor weder straf- noch verkehrsrechtlich auffällige Täterin meldet sich von sich aus am Tag nach dem Unfall bei der Polizei als Unfallverursacherin, reguliert den von ihr verursachten Schaden und entschuldigt sich bei der Geschädigten, so dass diese kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung hat. Weitere Beispiele bei LG Dortmund VRR 2013 34; LG Gera StV 2001 357; LG Köln VRR 2010 110; AG Bielefeld NZV 2014 378, 379. 589 BGH NZV 2003 46; NJW 2005 2933, 2934. 590 BGH NJW 2005 2933, 2934; NZV 2016 533, 535; KG VRS 133 133, 134; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 62; Böse NK Rdn. 17. 591 OLG Düsseldorf NZV 1999 172, 173. 592 LG Kaiserslautern ZfS 2004 39; LG Zweibrücken NZV 2004 211.
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wendbar und allenfalls zurückhaltend bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen.593 So können (zwar nicht bei körperlich-geistigen, aber) bei charakterlichen Defiziten aus Art und Grad des Verschuldens bzw. aus der Pflichtwidrigkeit und den daraus resultierenden Tatfolgen mitunter geeignete Hinweise für die Persönlichkeit des Täters und hieraus wiederum Indizien zur Feststellung der künftigen Gefährlichkeit (und ihrer voraussichtlichen Dauer) gewonnen werden. Jedoch dürfen die erkennenden Gerichte hinter einer solchen maßregelkonformen Begründung nicht der Sache nach eine an Schuld und Unrecht orientierte Strafzumessung praktizieren. In einer höheren Schuld zwangsläufig eine größere (und gegebenenfalls länger dauernde) Gefährlichkeit zu erblicken und beides einander unbesehen gleichzustellen,594 wäre ebenso sachwidrig wie aus der Schwere der eingetretenen Tatfolgen auf eine erhöhte künftige Gefährlichkeit schließen zu wollen.595 Auch derartige Aspekte dürfen folglich keinesfalls schematisch berücksichtigt werden.596 Die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung einer (gegebenenfalls nur iso- 164 lierten) Sperre können sich strafmildernd auswirken, entlasten sie doch infolge ihres spezialpräventiven Charakters die Strafe von deren gleichfalls sichernder und bessernder Funktion und vermögen somit zwar nicht die Höhe der Schuld, wohl aber das Maß der gerechten Vergeltung zu verringern. Es gilt zu beachten, dass alle verhängten Sanktionen in ihrer Gesamtheit schuldangemessen sein müssen.597 Auch der Gesetzgeber beider Straßenverkehrssicherungsgesetze ging davon aus, dass der Richter die Strafe nur gerecht bemessen kann, wenn die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis ebenso in seiner Hand liegt.598 Zwingend ist eine Berücksichtigung der Maßregeln der §§ 69, 69a zugunsten des Täters freilich nicht.599 Weil die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung der Sperre allein von der Ungeeignetheit des Täters im Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung abhängig sind, kann von einer Subsidiarität der Maßregeln gegenüber der Strafe keine Rede sein. Demzufolge steht es dem Richter grundsätzlich frei, in welcher Reihenfolge er auf Strafe und Maßregeln zurückgreift und wie er die Sanktionen aufeinander abstimmt. So kann das Gericht entweder zunächst die Möglichkeiten ausschöpfen, die ihm die Strafe innerhalb des Spielraums gerechten Schuldausgleichs zur Verfügung stellt, oder sich umgekehrt sogleich der Maßregel bedienen, bevor es die Strafe im Rahmen der Schuldangemessenheit spezialpräventiv verschärft.600 Emp-
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593 Zu weitgehend die amtliche Begründung zum 2. StraßenVSichG (BTDrucks. IV/651 S. 16), wonach „Unrecht und Schuld häufig als Indiz für den Eignungsmangel herangezogen werden müssen“; ausf. hierzu sowie einschr. Geppert S. 91 ff. 594 So etwa BayObLG VRS 15 (1958) 41, 41 (zur auch ansonsten fragwürdigen Behandlung der Entziehung der Fahrerlaubnis gegenüber einer Schwangeren), wonach sich die in der Anlasstat zum Ausdruck gekommene Ungeeignetheit der Täterin „in erster Linie aus Hergang und Unrechtsgehalt der Tat“ ergebe; s. auch KG VRS 15 (1958) 414, 416. 595 In diese Richtung indessen OLG Karlsruhe VRS 17 (1959) 117, 118. 596 Hierzu Geppert S. 91 ff. 597 LG Köln BeckRS 2016 17291; Sch/Schröder/Kinzig § 46 Rdn. 70. 598 Stellvertretend die Begründung zum 2. StraßenVSichG in BTDrucks. IV/651 S. 16: „Da der Strafe auch Sicherungsaufgaben zukommen, werden Strafart und Strafmaß häufig davon abhängen, ob daneben die den Täter regelmäßig schwer treffende Entziehung angeordnet wird. Bliebe im Strafverfahren ungewiß, ob die Maßregel durch die zuständige Verwaltungsbehörde angeordnet wird, so könnte der Richter nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang die Sicherungsfunktion der Strafe durch die Entziehung der Fahrerlaubnis übernommen werden kann.“ Zu früheren Zweifeln im Schrifttum Geppert LK12 § 69a Rdn. 54 m.N. 599 S. etwa LG Köln BeckRS 2016 17291, da im konkreten Fall nicht ersichtlich war, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Bemessung der Sperre den Angeklagten über die hiermit verbundenen Unannehmlichkeiten hinaus besonders hart trafen. 600 Hierzu vor allem Geppert S. 169 ff; s. hierzu auch Sinn SK Rdn. 3.
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fehlenswert dürfte sein, Strafe und Sperrfrist zunächst ohne Rücksicht auf die andere Sanktion zu bestimmen. Sodann bleibt es dem Richter unbenommen, die auf diese Weise gefundenen, wegen der wechselseitigen Beeinflussung nicht feststehenden Größen möglichst zweckmäßig zu kombinieren und aufeinander abzustimmen. Zu beachten ist lediglich, dass zum einen die Strafe innerhalb des Schuldrahmens gehalten und zum anderen die Sperrfrist nicht über ihren (durch die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit begrenzten) Sicherungszweck, d.h. nicht über den Zeitraum hinaus erweitert wird, der zusammen mit der Strafe die Sicherheit der Allgemeinheit garantiert. Selbstredend sind diese Erwägungen in revisionsgerichtlich nachprüfbarer Weise transparent in den schriftlichen Entscheidungsgründen darzulegen. bb) Besondere Umstände in der Tat. Bei der Gesamtwürdigung hat das Gericht nicht zuletzt zu prüfen, ob die Anlasstat, die auch bei Nicht-Katalogtaten die Grundlage der Eignungsbeurteilung bildet, ihrem Gewicht und ihrer Art nach den in Absatz 2 genannten Taten entspricht.601 Den Regelbeispielen des Absatzes 2 lässt sich nämlich nicht nur die Schutzrichtung (Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs), der die Maßregel dienen soll, entnehmen, sondern zugleich ein allgemeiner Bewertungsmaßstab für den Eignungsmangel, der die Anordnung der Maßregel rechtfertigen kann.602 Selbst wenn die abzuurteilende Tat ein vergleichbar besonders hohes Maß an fehlendem Verantwortungsbewusstsein aufweist, darf sich das erkennende Gericht aber nicht mit Ausführungen begnügen, weshalb die abzuurteilende Anlasstat ihrem Gewicht nach einer Katalogtat des Absatzes 2 entspricht. Die Gesamtwürdigung darf sich generell nicht auf die Tat beschränken, mag diese auch schwerwiegend sein.603 Eine Vergleichbarkeit mit den Regelbeispielen des Absatzes 2 kommt vornehmlich 166 bei Verkehrsstraftaten im weiteren Sinn in Betracht, darf aber bei charakterlicher Ungeeignetheit des Täters im Hinblick auf die Rechtsprechung des Großen Strafsenats (BGHSt 50 93; hierzu Rdn. 100) nicht zu voreilig angenommen werden. Vielmehr muss hier ebenso eine umfassende Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit ergeben, dass in der Anlasstat eine auch künftig zu befürchtende Verantwortungslosigkeit zum Ausdruck kommt und demzufolge bei gegebener Situation erneut mit Fehlverhaltensweisen zu rechnen ist, aus denen sich Gefahren für die Allgemeinheit ergeben. Zu denken ist insoweit nicht zuletzt an gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b), bei denen der Täter ein Kraftfahrzeug bewusst zweckwidrig und mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz einsetzt.604 Gleiches kann bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort gelten, bei dem ein Sachschaden knapp unterhalb des Grenzwerts zum bedeutenden Schaden im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 entstanden ist.605 Bei fahrlässiger Körper165
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601 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 81; vgl. bereits OLG Hamm VRS 57 (1979) 184, 186; VRS 63 (1982) 346, 347. 602 BTDrucks. IV/651 S. 17 f; SSW/Harrendorf Rdn. 39; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 49. 603 AA noch OLG Stuttgart NJW 1954 1657, 1657. 604 OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 7; AG Rudolstadt VRS 125 (2013) 27, 33; ZJJ 2017 284, 286; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 82; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 49; vgl. auch LG Zweibrücken ZfS 1994 386 zur Nötigung eines Fußgängers durch Zufahren mit dem Pkw mit mäßiger Geschwindigkeit; aA wohl noch Geppert LK12 Rdn. 106. S. hingegen LG Zweibrücken NZV 2004 211 zu einem einmaligen situationsbedingten Fehlverhalten infolge einer Beziehungskrise. 605 S. etwa LG Berlin NZV 2010 476, 477 zum Fahrer eines Kleinbusses, der bei Tageslicht auf einer engen Straße wendete, bei seinem mehrfachen Rangieren mit dem Heck auf ein unübersehbar geparktes Fahrzeug stieß und sich vom Unfallort entfernte, obwohl er auf den Unfall sofort und unübersehbar, gestikulierend durch einen Zeugen mit Blickkontakt angesprochen wurde. Das Verhalten des Fahrers offenbarte ein derart hohes Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen und Rechtsgütern anderer, dass das Gericht ihn (voraussichtlich) als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansah. Fraglich
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verletzung bzw. fahrlässiger Tötung ist für die Entziehung der Fahrerlaubnis aus maßregelrechtlicher Sicht nicht auf die schwere Folge, sondern auf die besondere Gefährlichkeit abzustellen, die zu der schweren Folge geführt hat. In Anlehnung an den Regelfall des § 315c Abs. 1 Nr. 2 („sieben Todsünden“) werden solche Fahrlässigkeitsdelikte daher nur dann als dem Gewicht eines Regelfalles entsprechend anzusehen sein, wenn ein „grob verkehrswidriges“ und „rücksichtsloses“ Verhalten den tatbestandlichen Erfolg verursacht hat.606 Auch beim Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) soll als typischem Verkehrsdelikt 167 die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht fern liegen.607 Schließlich werde durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis eine „im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges bestehende Pflicht […] in besonders augenfäliger Weise“ verletzt.608 Indessen erscheint es jedenfalls bei dem lediglich einmaligen Fahren ohne Fahrerlaubnis nicht unbedenklich, die charakterliche Ungeeignetheit des Täters derart bereitwillig anzunehmen,609 geht hiermit doch weder zwingend eine besondere Gefährlichkeit für den Straßenverkehr einher noch lässt sich dem einmaligen Vorfall auch nur in der Regel eine Gleichgültigkeit gegenüber gerichtlichen oder behördlichen, den Straßenverkehr betreffenden Maßnahmen entnehmen.610 Dementsprechend weist es in die richtige Richtung, wenn die Rechtsprechung die Vergleichbarkeit einer Anlasstat des § 21 StVG mit dem Katalog des Absatzes 2 damit begründet, dass diese Straftat „häufig und nach gerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis begangen wurde“.611 Ebenfalls nicht ohne Weiteres annehmen lässt sich die Annahme charakterlicher Ungeeignetheit beim Fahren ohne Haftpflichtversicherung (§ 6 PflVG), bei der Urkundenfälschung durch die Verwendung gefälschter Führerscheine,612 bei dem Einsatz eines Kraftfahrzeuges zur Inszenierung eines Verkehrsunfalls zwecks späteren Versicherungsbetrugs613 sowie bei dem Vortäuschen einer Straftat, wenn – angesichts gewisser Parallelen zu § 142 – die zusätzlichen Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 3 nicht erfüllt sind.614 Erst recht bedarf es bei verkehrsfremden Anlasstaten einer umfassenden Gesamt- 168 würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit, um die erforderliche Bereitschaft des Täters
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hingegen LG Köln ZfS 1984 315, 316, das an die Rückkehr des Täters zur Unfallstelle, um Spuren zu entfernen, anknüpfte; zur hingegen grundsätzlich unzulässigen Berücksichtigung eines solchen Nachtatverhaltens Rdn. 174. 606 Vgl. BGHSt 5 168, 176; s. auch LG Köln BeckRS 2016 17291. 607 S. etwa BGH NZV 2015 252; Fischer Rdn. 38. 608 KG VRS 133 (2017) 133, 134. 609 So etwa OLG Schleswig VM 1966 93. 610 LG Mühlhausen NZV 2003 206, 206; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 82; s. auch SSW/Harrendorf Rdn. 37; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 49; Kretschmer MK-StVR Rdn. 57; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 58. 611 BGH NZV 2007 212, 213; KG VRS 133 (2017) 133, 134; s. auch OLG Hamm VRS 63 (1982) 346, 347; OLG Koblenz VRS 69 (1985) 298, 300. Zumindest tendenziell auch AG Lüdinghausen NZV 2011 102, 103, das eine Ungeeignetheit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ein Tag nach der zurückgenommenen Berufung des Täters in einem entsprechenden vorangegangenen Strafverfahren zwar an sich bejahte, wenngleich diese als nicht mehr feststellbar ansah, da im Zeitpunkt der Entscheidung seit der Tat etwa sechs Monate vergangen waren und zwischenzeitlich auch eine neue Fahrerlaubnis erteilt wurde, mit welcher der Täter etwa 3½ Monate beanstandungsfrei wieder am Straßenverkehr teilnahm; zust. SSW/Harrendorf Rdn. 37. 612 AA noch OLG Hamm VRS 63 (1982) 346, 347 f; s. ferner LG Ellwangen BeckRS 2011 10259; Cramer MDR 1972 558, 559. 613 AA noch BGH StV 1992 64; OLG München NJW 1992 2776, 2776 (allerdings unter dem – nicht mit der späteren Rechtsprechung des Großen Strafsenats in BGHSt 50 93 vereinbaren – Hinweis, dass die Maßregel „über den eigentlichen Verkehrssicherungszweck hinaus den Mißbrauch von Kraftfahrzeugen durch verantwortungslose Kraftfahrer auch dann verhindern [wolle], wenn dieser Mißbrauch nur gegen andere Rechtsgüter nachteilig wirkt“). 614 OLG Hamm VRS 57 (1979) 184, 186.
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festzustellen, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen,615 sich zur Erreichung seiner kriminellen Ziele folglich über die im Verkehr gebotene Sorgfalt und Rücksichtnahme hinwegzusetzen.616 Insoweit sind auch Umstände aus dem Vorleben des Täters oder dessen Tatvorbereitung zu beachten, sofern sie tragfähige Schlüsse auf eine mögliche Gefährdung der Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit der Anlasstat gestatten (ergänzend sogleich Rdn. 169 ff).617 Der Besitz von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG genügt allein noch nicht, um eine solche Prognose zu stützen.618 cc) Besondere Umstände in der Persönlichkeit des Täters. Nicht zuletzt wenn sich der Anlasstat kein aussagekräftiges Indiz für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen entnehmen lässt, bleibt eingehend dessen Persönlichkeit zu berücksichtigen. Von Bedeutung sind insbesondere einschlägige Vorstrafen.619 Entgegen dem grundsätzlichen Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG dürfen gemäß § 52 Abs. 2 BZRG620 bei der maßregelbezogenen Eignungsprüfung (nicht jedoch bei der Strafbemessung) auch getilgte sowie tilgungsreife Eintragungen berücksichtigt werden, sofern die Verurteilung wegen dieser Tat im Verkehrszentralregister nach § 28 StVG einzutragen war und gemäß § 29 StVG noch verwertet werden darf.621 Auch Vorstrafen aus dem Bereich der allgemeinen Kriminalität können aufschlussreich sein, sofern sie Rückschlüsse auf einen rücksichtslosen Charakter des Täters gestatten und Anlass zu der Befürchtung besteht, dass sich diese Rücksichtslosigkeit auch im Straßenverkehr nachteilig auswirken wird.622 Rechtsfehlerhaft wäre es allerdings, die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Vorstrafen zu begründen, die mit der konkreten Anlasstat in keinem Zusammenhang stehen.623 170 Ebenso sind einschlägige ordnungswidrigkeitenrechtliche Vorbelastungen bei der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht bedeutungslos.624 Dies gilt auch für das Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG und der §§ 40 ff FeV, das dem Schutz vor Gefahren dient, die von wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßenden Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen. Zwar ist dieses Punktesystem, das im Interesse einheitlicher Behandlung gleich liegender Fälle als allgemeine Verwaltungsvorschrift bei der behördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis zu beachten bleibt, für die Strafgerichte nicht bindend. Gleichwohl hat es für die strafgerichtliche Beurteilung der Ungeeignetheit im Rahmen der Persönlichkeitswürdigung des Täters immerhin indiziellen Wert. Langjähriges unfallfreies Fahren und vor allem sonst beanstandungsfreies Ver171 kehrsverhalten sprechen für ein lediglich einmaliges Versagen, so dass der Täter für die
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615 BGHSt 50 93, 102 f; s. auch BGH NJW 2005 2933, 2934; BeckRS 2008 00502 Rdn. 22 (in NStZ 2008 279 nicht abgedr.); LG Gießen NStZ-RR 2014 26. 616 BGHSt 50 93, 103; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 86. 617 BGH NJW 2005 2933, 2934; OLG Hamburg DAR 2011 647, 649. 618 LG Gießen NStZ-RR 2014 26. 619 S. nur BGH VRS 13 (1957) 210, 212; VRS 15 (1958) 112, 114 f. 620 Verfassungsrechtlich für unbedenklich erklärt von BVerwG NJW 1977 1164. 621 Hierzu etwa OLG Düsseldorf VRS 54 (1978) 50, 50 ff; VG Regensburg NZV 2000 223. 622 Wohl zu weit aber OLG Hamm DAR 1961 230, 230 f, wonach aus vielen Vorstrafen des Angeklagten auf dem Gebiet der allgemeinen Kriminalität ohne Rechtsfehler dessen besondere Gefährlichkeit auch bei der Teilnahme am Straßenverkehr geschlossen werden könnte. Zum Zusammenhang von allgemeiner Kriminalität und Verkehrsdelinquenz Moser BA 20 (1983) 465; Schöch NJW 1971 1857. 623 Pießkalla/Leitgeb NZV 2006 185, 187. 624 Vgl. BGH VRS 13 (1957) 210, 212; VRS 15 (1958) 112, 114 f.
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Zukunft nicht unbedingt als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erscheint.625 Dies gilt nicht zuletzt bei einem grob verkehrswidrigen Mitverschulden eines anderen Verkehrsteilnehmers.626 Freilich vermag das Fehlen von Einträgen im Fahreignungsregister (§§ 28 ff StVG) wegen des Dunkelfeldes für sich allein kein unbedingt zuverlässiges Bild zu gewähren.627 Beruf und soziale Stellung dürfen mangels Aussagekraft über die Eignung des Tä- 172 ters zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht zum Nachteil des Täters berücksichtigt werden.628 Gelegentlich neigte früher die Rechtsprechung zwar dazu, bei entsprechendem Fehlverhalten aus besonderer beruflicher Verantwortung auch eine besondere Verantwortungslosigkeit abzuleiten und bei der Eignungsfrage zu Lasten des Betroffenen heranzuziehen.629 Dies entspricht jedoch nicht der Konzeption des Gesetzes. Insbesondere Berufskraftfahrer (z.B. Fahrlehrer, Taxi- oder Busfahrer) oder mit Fragen des Verkehrsstrafrechts befasste Personen (z.B. Verkehrsjuristen bei der Polizei, bei Staatsanwaltschaften, Gerichten, Behörden oder in der Anwaltschaft) würden damit maßregelwidrig benachteiligt werden, zumal heutzutage nicht nur die genannten Berufsträger etwa um die Gefahren des Alkohols im Straßenverkehr wissen. Wenn solchen Personen im Hinblick auf ihren Beruf oder ihre damit verbundene Vorbildrolle eine erhöhte Verantwortungslosigkeit vorgeworfen und die Entziehung der Fahrerlaubnis im Wesentlichen darauf gestützt wird, handelt es sich in Wahrheit um eine „Strafe“ für erhöhte Schuld oder jedenfalls um eine generalpräventive Verschärfung der Maßregel (dazu Rdn. 4); beides wäre gleichermaßen unstatthaft.630 dd) Besondere Umstände nach der Tat. Das Nachtatverhalten des Täters vermag 173 sich vor allem dann zu seinen Lasten auszuwirken, wenn er trotz laufenden Strafverfahrens erneut einschlägige Verfehlungen begeht und damit unter Beweis stellt, dass es sich bei dem abzuurteilenden Fehlverhalten nicht um ein einmaliges Versagen gehandelt hat; zum Prozessverhalten siehe sogleich Rdn. 174 ff. Umgekehrt bleibt zugunsten des Täters zu berücksichtigen, wenn er nach der Tat beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat (zur Berücksichtigung eines entsprechenden fehlerfreien Verhaltens vor der Tat siehe schon soeben Rdn. 171; zur eher nur geringen Bedeutung für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Absatzes 2 siehe Rdn. 145 f).631 Das Prozessverhalten des Täters lässt grundsätzlich keine Rückschlüsse auf dessen 174 Eignungsmangel zu.632 So lehnt es die Rechtsprechung zutreffend ab, aus dem bloßen Leugnen der Tat633 oder auch nur aus dem Versuch, den Anklagevorwurf zu bagatellisie-
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625 Eingeh. Zabel BA 19 (1982) 269; Zabel/Noss BA 26 (1989) 258, jeweils m. zahlreichen Nachw. aus der Rspr. Vgl. auch BGH VRS 7 (1954) 353, 356; VRS 7 (1954) 357, 359; VRS 16 (1959) 424, 425; OLG Zweibrücken VRS 38 (1970) 263, 265. 626 BGH VRS 10 (1956) 213, 216. 627 Vgl. OLG Köln JR 1955 309 m. zust. Anm. Hartung vor Einrichtung des Fahreignungs- bzw. früheren Verkehrszentralregisters. 628 Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 14; aA wohl Sinn SK Rdn. 16. 629 S. etwa BGH VRS 13 (1957) 210, 212 (fahrlässige Tötung im Straßenverkehr durch einen Lkw-Fahrer); OLG Oldenburg NJW 1964 1333, 1334 (Trunkenheitsfahrt eines Taxifahrers); vgl. auch OLG Braunschweig NJW 1960 1073, 1073 f (Trunkenheitsfahrt eines Kriminalkommissars) zur Strafzumessung. 630 Geppert S. 93; dazu auch Kulemeier S. 232 f. 631 OLG Oldenburg BA 43 (2006) 403, 404. 632 S. nur OLG Düsseldorf NZV 1999 172, 172; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 21; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 89. 633 OLG Hamm VRS 36 (1969) 95, 96. Vgl. auch OLG Düsseldorf NZV 1999 172, 172; OLG Koblenz NZV 2008 367, 369, wonach ein Bestreiten der Tat dem Angeklagten bei der Strafbemessung nicht zum Nachteil gereichen dürfe.
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ren,634 eine besonders rücksichtslose Verkehrsgesinnung abzuleiten und aus diesem Grund die Eignung des Kraftfahrers wegen charakterlicher Defizite in Frage zu stellen. Ebenso verbietet es sich, die ständige Nichtbefolgung polizeilicher Vorladungen bei der Prüfung der Ungeeignetheit zu berücksichtigen.635 Unzulässig ist es des Weiteren, aus dem Nachtrunk des Täters dessen besondere Rücksichtslosigkeit und damit die Befürchtung abzuleiten, von einem derart verantwortungslosen Verkehrsteilnehmer seien auch künftig schwerwiegende Gefährdungen des Straßenverkehrs zu erwarten. Ein solches Verhalten behindert zwar die Ermittlungen, weil dadurch die Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration auf den Tatzeitpunkt und infolgedessen der Nachweis einer Trunkenheitsfahrt vereitelt oder jedenfalls erschwert wird, manifestiert aber nicht die Verkehrsgefährlichkeit des Täters.636 Zum Nachteil des Angeklagten kann dessen Prozessverhalten allenfalls dann ver175 wendet werden, wenn es die Grenzen der prozessual zulässigen Wahrnehmung der Verteidigungsrechte überschreitet.637 Gleiches gilt in Fällen, in denen sich eine „über das normale Leugnen hinausgehende Uneinsichtigkeit“638 des Täters offenbart und dieser unmissverständlich zum Ausdruck bringt, auch künftig die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer missachten zu wollen.639 Schließlich wird dadurch der Charaktermangel des Täters, der bereits zu der abzuurteilenden Tat geführt hat, verdeutlicht und die Besorgnis begründet, dass sich ein entsprechendes Fehlverhalten des Täters jederzeit wiederholen könnte. Dies gilt etwa, wenn der Täter trotz erwiesenen Fehlverhaltens in der Hauptverhandlung mehrfach zu verstehen gibt, sein verkehrswidriges Verhalten nicht einzusehen, und nachdrücklich bekundet, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sich auf ihn einzustellen und nach ihm zu richten hätten.640 Entgegen früheren vereinzelten Überlegungen641 kann die Entziehung der Fahrer176 laubnis auch nicht auf eine „schuldhafte“ Verfahrensverzögerung durch den Angeklagten gestützt werden, der etwa ausschließlich Berufung einlegt, um unter Berücksichtigung der bis dahin wirksamen vorläufigen Führerscheinmaßnahmen (siehe hierzu schon Rdn. 147 ff im Rahmen der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Absatzes 2) im Zeitpunkt der berufungsgerichtlichen Entscheidung nicht mehr für ungeeignet befunden zu werden.642 Die Hoffnung des Angeklagten, dadurch in der Berufungsinstanz nicht nur den beschlagnahmten Führerschein zurückzuerhalten, sondern auch von einer endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis verschont zu bleiben und so den mühevollen Weg zur Fahrerlaubnisbehörde zwecks Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht gehen zu müssen,643 ist zumeist stärker als seine Befürchtung, bei Wegfall der Entziehung der
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634 OLG Celle DAR 1984 93. 635 So aber OLG Hamm VM 1958 69. 636 S. hierzu auch – wenngleich zum Teil zweifelhaft – OLG Saarbrücken VRS 24 (1963) 31, 33. 637 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 63. 638 So Lienen NJW 1957 1750, 1750. 639 Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 13; Kulemeier S. 241. S. hierzu schon Lienen NJW 1957 1140 und Mohr NJW 1957 941, 942 m. Erw. Görres NJW 1957 1428 und Schlusswort von Lienen und Mohr NJW 1957 1750. 640 S. LG Köln NJW 1957 1772 zu einem Lkw-Fahrer, der einem mit Fahrgästen besetzten Linienomnibus bei nasser Fahrbahn die Vorfahrt nahm und wenige Minuten später den Fahrer des Omnibusses, der ihn zur Rede stellen wollte, niederschlug. 641 So etwa Meyer MDR 1976 629, 631; Werner DAR 1976 7, 9. 642 OLG Celle DAR 1984 93; Hentschel DAR 1976 150, 150 ff; Janiszewski DAR 1989 135, 137; Mögele ZRP 1982 101, 103. 643 Im Wiederholungsfall bleibt der Verurteilte zudem von der Sperrfristrahmenverschärfung des § 69a Abs. 3 verschont. Bei der verwaltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 46 FeV) darf die Punktbewertung für die Tat jedoch weiterhin berücksichtigt werden (s. dazu § 40 FeV mit Anlage 13).
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Fahrerlaubnis durch Zeitablauf die Kosten des insoweit erfolglosen Rechtsmittels selbst tragen zu müssen (§ 473 Abs. 5 StPO; näher Rdn. 293) oder dass das Berufungsgericht sogar die gleiche (oder eine lediglich unwesentlich kürzere) Sperre verhängt und sich dadurch die Sperrfrist faktisch verlängert (siehe hierzu Rdn. 284 f). Eine Berufung des Angeklagten ist selbst dann nicht rechtsmissbräuchlich (und somit unzulässig), wenn dieser sich durch das Urteil erster Instanz an sich nicht beschwert fühlt und Berufung erklärtermaßen nur zu dem vorstehenden Zweck einlegt.644 Denn es ist das gute Recht eines Angeklagten, ein gesetzlich vorgesehenes Rechtsmittel zu gebrauchen.645 Es bleibt daher abzulehnen, das mit diesem Anliegen bewusste Hinauszögern des Hauptverhandlungstermins als ein die Maßregel tragendes Indiz künftiger Gefährlichkeit zu erachten.646 Das Berufungsgericht kann derartigen Konsequenzen nur entgehen, indem es möglichst umgehend Termin zur Hauptverhandlung anberaumt.647 6. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wie bei jedem staatlichen Handeln ist 177 auch bei der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis, nicht zuletzt im Hinblick auf den hiermit einhergehenden nicht unerheblichen Eingriff (siehe schon Rdn. 5), der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Prüfung der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 sorgfältig zu berücksichtigen.648 Dies gilt vor allem im Hinblick auf das Vorliegen einer sog. Zusammenhangstat oder bezüglich der Feststellung der Ungeeignetheit als solcher. Außerdem hat das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Zulassung möglicher Ausnahmen von der Sperre nach § 69a Abs. 2 (siehe § 69a Rdn. 9) zu beachten. Eine besondere (zusätzliche) Prüfung der Verhältnismäßigkeit, wie sie § 62 bei An- 178 ordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung im Allgemeinen gebietet, ist nach Absatz 1 Satz 2 bei der Entziehung der Fahrerlaubnis indessen ausdrücklich nicht erforderlich.649 Da unbedeutende Verkehrsverstöße keine Ungeeignetheit begründen, deren Feststellung darüber hinaus vielfach von Art und Grad der vom Täter ausgehenden Gefahren abhängig und selbst die Regelvermutung nach Absatz 2 im Einzelfall widerlegbar ist (Rdn. 135 ff), geht das Gesetz ersichtlich davon aus, dass die Maßregel bei gesetzeskonform angenommener Ungeeignetheit des Täters niemals unverhältnismäßig sein kann.650 Freilich setzt dies die bereits angesprochene (Rdn. 177) sorgfältige Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei den einzelnen Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis voraus.651 Liegen die Voraussetzungen des § 69 vor, ist demzu-
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644 AA LG Berlin VRS 49 (1975) 276; Beine BA 18 (1981) 427, 430; s. auch Hentschel DAR 1976 150, 151; ähnlich Meyer MDR 1976 629, 631, wonach die Berufung jedoch nicht unzulässig, sondern unbegründet sei. 645 OLG Celle DAR 1984 93; Geppert ZRP 1981 85, 89; Janiszewski DAR 1989 135, 137. 646 OLG Köln VRS 90 (1996) 123, 125 f; SSW/Harrendorf Rdn. 52; Janiszewski DAR 1989 135, 137. 647 Dazu auch Janiszewski DAR 1989 135, 138. 648 S. etwa BGH NZV 2003 199, 200; NJW 2004 3497, 3503; vgl. auch BVerfG NJW 2002 2378, 2379 f zur verwaltungsbehördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis. 649 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 89; Fischer Rdn. 49; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 58; Kretschmer MK-StVR Rdn. 62; aA AG Bremen-Blumenthal StV 2002 372, 373; ebenso wohl AG Bad Homburg NJW 1984 2840, 2841, wonach „der Strafrichter […] in Ausnahmefällen auch bei zu bejahender Ungeeignetheit gehalten ist, die Vereinbarkeit der zu verhängenden Maßregel mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besonders umfassend zu prüfen“. Krit. zum Ausschluss einer zusätzlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7 und 60; Baumann Forensia 8 (1987) 49, 50. 650 OLG Zweibrücken VM 1976 76, 77; Böse NK Rdn. 18; Fischer Rdn. 49; SSW/Harrendorf Rdn. 38; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 58; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 76; Sinn SK Rdn. 15. 651 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 89; Böse NK Rdn. 18; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 39; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 22; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 126.
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folge die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass es – in der Formulierung des Absatzes 1 Satz 2 – „einer weiteren Prüfung nach § 62[, d.h. der Verhältnismäßigkeit] bedarf“. Rechtsfehlerhaft wäre es daher etwa, die Entziehung der Fahrerlaubnis trotz festgestellter Ungeeignetheit des Täters wegen besonders schwerwiegender wirtschaftlicher Folgen (wie z.B. des Verlusts des Arbeitsplatzes)652 oder wegen des Bagatellcharakters der Anlasstat653 als unverhältnismäßig abzulehnen.654 IV. Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis 179
1. Kein Ermessen. Liegen die Voraussetzungen des § 69 vor, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend anzuordnen (zur zugleich zu verhängenden Sperrfrist § 69a Rdn. 1 und Rdn. 3). Es liegt somit nicht im Ermessen des Richters, ob er die Fahrerlaubnis entzieht (und etwa nur ein Fahrverbot verhängt).655 Dies gilt auch dann, wenn ein anderes Entziehungsverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist.656 Von der Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis kann im Hinblick auf deren weiterreichende Folgen auch bei Ablauf der (vorgesehenen) Sperrfrist während der Haftzeit nicht abgesehen werden.657 Ebenso wenig steht der Entziehung der Fahrerlaubnis die Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung entgegen (zur notwendigen Begründung, weshalb der Täter trotz nach § 56 günstiger Prognose noch „ungeeignet“ ist, siehe bereits Rdn. 78). Die Entziehung der Fahrerlaubnis „zur Bewährung“ auszusetzen ist nach geltendem Recht ausgeschlossen; zu diesbezüglichen Forderungen de lege ferenda siehe schon Rdn. 38. 180 Die Entziehung einer Fahrerlaubnis setzt das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis voraus. Das erkennende Gericht hat somit stets festzustellen, ob der Angeklagte über eine Fahrerlaubnis verfügt.658 Unerheblich ist, ob dem Täter die Fahrerlaubnis schon vor oder erst nach der Anlasstat erteilt wurde.659 Hat der Täter eine Fahrerlaubnis noch nie besessen oder ist sie ihm bereits anderweitig (d.h. im Verwaltungsweg oder durch einen anderen Strafrichter) wirksam entzogen (und zwischenzeitlich auch nicht wieder neu erteilt) worden, kommt eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in Betracht;660 der Maßregel steht aber nicht entgegen, wenn die Fahrerlaubnis noch nicht rechtskräftig oder erst vorläufig entzogen wurde.661 Verzichtet der Täter auf die Fahrerlaubnis, scheidet eine Entziehung der Fahrerlaubnis aus;662 eine solche Verzichtsäußerung kann nicht nur
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652 So aber AG Bad Homburg NJW 1984 2840, 2841 in einem Fall drohenden Arbeitsplatzverlustes. 653 So indessen AG Bremen-Blumenthal StV 2002 372, 373 bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort nach Verursachung eines Sachschadens, der nur geringfügig über der Bedeutsamkeitsgrenze des Absatzes 2 Nr. 3 lag. 654 Böse NK Rdn. 18; Fischer Rdn. 50; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 22; Kürschner ZRP 1986 305, 308. 655 Statt vieler BGHSt 5 168, 176; 6 183, 185; Böse NK Rdn. 19; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 61; Fischer Rdn. 51; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 40; SSW/Harrendorf Rdn. 45; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 60; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 24; Sinn SK Rdn. 20. 656 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 62; Fischer Rdn. 51. 657 BGH bei Spiegel DAR 1988 227. 658 BGH BeckRS 1996 04143 Rdn. 9; OLG Karlsruhe VRS 59 (1980) 111, 111; Fischer Rdn. 3a; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 62. 659 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 87. 660 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 87; aA noch BGHSt 6 398, 399 ff; BGH NJW 1953 1719, 1719 f; BayObLG NJW 1963 359, 360; OLG Bremen VRS 51 (1976) 278, 279 m. abl. Bespr. Hentschel DAR 1977 212. 661 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 5; Halecker/Scheffler AnwK § 69a Rdn. 4; Lackner/Kühl/Heger § 69a Rdn. 1; Sch/Schröder/Kinzig § 69a Rdn. 4. 662 AG Pinneberg BA 52 (2015) 51, 53. Näher zur Einstellung des Strafverfahrens bei Verzicht des Beschuldigten auf seine Fahrerlaubnis Eisele NZV 1999 232, 232 ff; ausführl. zum Verzicht auf die Fahrerlaubnis Bussfeld DÖV 1976 765.
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gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde, sondern auch vor dem Strafgericht wirksam abgegeben werden.663 Allerdings führt ein Verzicht auf die Fahrerlaubnis nur zu deren Erlöschen, wenn er unbedingt und unmissverständlich erklärt wird. Die bloße Übersendung eines Führerscheins zur Vollstreckung eines Fahrverbots noch vor Rechtskraft des entsprechenden Bußgeldbescheides stellt noch keine wirksame Verzichtserklärung dar.664 Fehlen Feststellungen zum tatsächlichen Bestehen einer Fahrerlaubnis, soll es nach vereinzelter Rechtsprechung zulässig wie erforderlich sein, die Entziehung der Fahrerlaubnis vorsorglich anzuordnen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Täter im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Eine solche Situation wird sich in der Regel nur in Bezug auf im Ausland erteilte Fahrerlaubnisse ergeben und sei aber gerade hier notwendig, um dem sog. Führerscheintourismus (näher § 69b Rdn. 12 ff) zu begegnen.665 Dem bleibt indessen zu widersprechen, kann doch die Anordnung einer Maßregel nicht auf einem bloßen Verdacht beruhen, sondern muss das Gericht stets von dem Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen überzeugt sein.666 Vielmehr bleibt hier wie auch in sämtlichen anderen vorstehenden Fällen ohne Fahrerlaubnis des Täters nach § 69a Abs. 1 Satz 3 ausschließlich eine isolierte Sperrfrist festzusetzen. Dass der Angeklagte seinen Führerschein als Ausweis der ihm erteilten Fahrer- 181 laubnis verloren oder verlegt hat, steht weder der Entziehung der Fahrerlaubnis noch der Einziehung des Führerscheins nach Absatz 3 Satz 2 entgegen (hierzu Rdn. 188).667 Es ist folglich nicht nur eine isolierte Sperrfrist gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 anzuordnen. Gleiches gilt bei einer in einem anderen Verfahren erfolgten Beschlagnahme oder Sicherstellung des Führerscheins. Sollte das Gericht – etwa aus Unkenntnis einer tatsächlich bestehenden Fahrer- 182 laubnis oder auch aus Versehen – nur eine Sperrfrist festsetzen, die Entziehung der Fahrerlaubnis als solche aber unterlassen, kann die Sperre als (neben der Fahrerlaubnisentziehung selbstständige und von dieser grundsätzlich) unabhängige Maßnahme bestehen bleiben. Da die festgesetzte Sperre indessen lediglich für die Erteilung einer künftigen Fahrerlaubnis gilt und die bestehende Fahrerlaubnis folglich unberührt lässt, kann der Täter hiermit weiterhin straffrei Kraftfahrzeuge der entsprechenden Klasse führen, sofern ihm nicht die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 3 StVG entzieht.668 Wird umgekehrt nur die Fahrerlaubnis entzogen, eine Sperrfrist indessen – rechts- 183 fehlerhaft (§ 69a Rdn. 1 und Rdn. 3) – nicht festgesetzt, ist der Fahrerlaubnisbehörde konsequenterweise rechtlich nicht verwehrt, umgehend eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Da insoweit eine für sie verbindliche gerichtliche Entscheidung fehlt, kann sie nicht einmal von der gesetzlich vorgesehenen Mindestsperrfrist ausgehen. Zur Geltung des Verschlechterungsverbots (§ 331 und § 358 Abs. 2 StPO) im Allgemeinen siehe Rdn. 276 ff. 2. Umfang der Entziehung der Fahrerlaubnis. Von der Maßregel des § 69 ist jede 184 Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 2 StVG) erfasst, die der Angeklagte be-
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663 VG Berlin NZV 1998 176; Bussfeld DÖV 1976 765, 767. 664 OLG Köln VRS 71 (1986) 54, 57 f. 665 So AG Lahr NJW 2008 2277, 2277 f m. krit. Anm. Gübner. 666 OLG Stuttgart NJW 2010 3591, 3591 f, das ohnehin kein Bedürfnis für eine solche vorsorgliche Entziehung der Fahrerlaubnis sieht (3592); Fischer Rdn. 3a. Abl. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69b Rdn. 6; SSW/Harrendorf Rdn. 49; Sinn SK § 69b Rdn. 2. 667 OLG Karlsruhe VRS 59 (1980) 111, 111; Sch/Schröder/Kinzig § 69a Rdn. 4; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 136. 668 OLG Braunschweig NdsRpfl 1961 230, 230 f; OLG Karlsruhe VRS 59 (1980) 111, 112.
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sitzt.669 Dies betrifft gleichermaßen inländische wie auch ausländische Fahrerlaubnisse (zu deren Entziehung siehe die Erläuterungen zu § 69b). Keine Fahrerlaubnis in dem vorstehenden Sinne ist die Prüfbescheinigung zum Führen von Mofas nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FeV. Ebenso können weder der Sportbootführerschein noch die diversen Binnenschifferpatente strafgerichtlich entzogen werden; dies bleibt den insoweit zuständigen Stellen vorbehalten (siehe schon Rdn. 46). 185 Die Fahrerlaubnis wird unbefristet sowie in vollem Umfang entzogen.670 Unzulässig ist demzufolge eine Entziehung der Fahrerlaubnis nur für eine bestimmte Dauer oder für bestimmte Tages-, Wochen- oder sogar Jahreszeiten,671 nur für bestimmte räumliche Gebiete672 oder auch für bestimmte Fahrzwecke (z.B. Berufs- oder Privatverkehr).673 Insbesondere kann die Fahrerlaubnis auch nicht lediglich für bestimmte Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugarten entzogen werden;674 eine solche Beschränkung sieht das Gesetz ausschließlich bei der Festsetzung der Sperre (§ 69a Abs. 2; siehe hierzu § 69a Rdn. 9 ff) sowie bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1 Satz 2 StPO; näher Rdn. 225 ff) vor. Sollte das Gericht gleichwohl bestimmte Kraftfahrzeugarten von der Entziehung der Fahrerlaubnis ausnehmen, scheidet eine Umdeutung in eine unbeschränkte Entziehung mit entsprechenden Ausnahmen von der Sperre aus. Schließlich kann die für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis (allein) zuständige Fahrerlaubnisbehörde nicht dazu gezwungen werden, dem Verurteilten ohne eigene Prüfung sofort eine neue Fahrerlaubnis mit dem von der Sperre ausgenommenen Inhalt zu erteilen (zum Verschlechterungsverbot in diesen Fällen Rdn. 280).675 186 Vereinzelte anfängliche Versuche, neben der vollständigen wie unbefristeten auch eine umfang- oder zeitmäßig „beschränkte“ Entziehung der Fahrerlaubnis zu entwickeln,676 vermochten sich zu Recht nicht durchzusetzen. Sie widersprechen schlicht dem Gesetz, da nach Absatz 1 Satz 1 die Fahrerlaubnis entzogen werden muss, „wenn“ (und nicht „soweit“) sich aus der Tat die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt. Außerdem lässt sich eine nur teilweise Entziehung der Fahrerlaubnis mit der (durch das 2. StraßenVSichG – damals noch in § 42n Abs. 2 – eingeführten) Regelung des § 69a Abs. 2 nicht vereinbaren, wonach dem Gericht lediglich unter näher genannten Voraussetzungen (dazu § 69a Rdn. 9 ff) gestattet ist, von einer mit der (nach dem Gesamtzusammenhang zu ergänzen: in vollem Umfang erfolgten) Entziehung der Fahrer-
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669 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 64. 670 S. nur Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 63; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 79, 81. 671 OLG Hamm NJW 1971 1193; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 11; AA AG Gießen NJW 1954 612 (Entziehung der Fahrerlaubnis nur für die Dauer vom 15.5. bis zum 30.6. eines jeden Jahres wegen des alljährlichen Heuschnupfens eines Kraftfahrers) m. abl. Anm. Booß. 672 OLG Hamm NJW 1971 1193; Fischer Rdn. 52. 673 S. etwa BGH bei Holtz MDR 1982 623 (keine Entziehung lediglich der Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung). 674 S. nur BGHSt 6 183, 184 ff; BGH NStZ 1983 168; OLG Celle NJW 1961 133; OLG Hamm NJW 1971 1193; OLG Karlsruhe VRS 63 (1982) 200, 200; Fischer Rdn. 52; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 54; s. ferner VG Frankfurt a.M. NJW 1991 3235, 3235; VG München NZV 2000 271, 272 (jeweils auch zur Bindungswirkung einer abweichenden Entscheidung nach § 3 Abs. 4 StVG); aA noch OLG Celle NJW 1954 1170; zur Diskussion auch H.J. Bode DAR 1989 444, 447. 675 BGH NStZ 1983 168. 676 S. etwa OLG Celle NJW 1954 1170; AG Gießen NJW 1954 612; Händel NJW 1954 139, 139 f. § 79 Abs. 1 Satz 1 AE-AT schlug hingegen vor, die Fahrerlaubnis auch nur für bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen zu entziehen, damit der Verurteilte „ihm schwer entbehrliche (beispielsweise landwirtschaftliche) Fahrzeuge weiterhin […] benutzen“ könne; zur Begründung AE-AT S. 163. Zur Diskussion auch Fritz Niederschriften IV S. 76; K. Himmelreich DAR 1977 85, 88; Jescheck Niederschriften IV S. 76; Lackner Niederschriften IV S. 69 f und 80; Lange Niederschriften IV S. 77; Rösch Niederschriften IV S. 78; von Stackelberg Niederschriften IV S. 87; Voll Niederschriften IV S. 63 f.
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laubnis verbundenen Sperre für die Neuerteilung durch die Fahrerlaubnisbehörde bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen auszunehmen. Für diese Konzeption der unbeschränkten Entziehung der Fahrerlaubnis hat sich der Gesetzgeber ausweislich der amtlichen Begründung zwecks Einheitlichkeit des straf- und verwaltungsrechtlichen Entziehungsverfahrens entschieden.677 Die Beurteilung einer nur bedingten Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen kann zudem eine eingehende medizinische oder psychiatrisch-psychologische Begutachtung erfordern, für die das unter geringerem Zeitdruck stehende behördliche Verfahren zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis angesichts der Möglichkeiten der §§ 11 ff FeV insgesamt besser geeignet erscheint als das Strafverfahren. Ungeachtet dessen sollte der Strafrichter in den Urteilsgründen auf eine etwaige oder zumindest denkbare nur partielle Ungeeignetheit des Verurteilten hinweisen, damit die Verwaltung bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis gegebenenfalls auf § 23 Abs. 2 FeV zurückgreifen und die Fahrerlaubnis insbesondere nur beschränkt oder unter Auflagen erteilen kann. 3. Einziehung des Führerscheins (Absatz 3 Satz 2). Mit der Entziehung der Fahrer- 187 laubnis hat das Gericht im Urteil zugleich die Einziehung des Führerscheins anzuordnen. Auch die Einziehung des Führerscheins kann – wie schon die Entziehung der Fahrerlaubnis (Rdn. 185) – nicht auf bestimmte Kraftfahrzeugarten beschränkt werden.678 Die Anordnung der Einziehung nach Absatz 3 Satz 2 setzt zunächst den Besitz eines 188 gültigen Führerscheins voraus. Nicht erfasst sind „Führerscheine“, die nicht mehr durch eine bestehende Fahrerlaubnis gedeckt, folglich kraftlos geworden sind und eine Fahrerlaubnis somit lediglich vortäuschen. Solche Scheinführerscheine können jedoch nach § 74 Abs. 1 eingezogen werden.679 Der Ausspruch über die Einziehung erstreckt sich auf sämtliche Fahrnachweise des Verurteilten, sei es dass er mehrere Führerscheine hat680 oder neben einem Originalführerschein eine Ersatzausfertigung besitzt.681 Einer besonderen Erwähnung im Tenor bedarf es insoweit nicht, so dass ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 458 StPO aus Rechtsgründen fehlgeht.682 Auch ein nach § 94 Abs. 3 StPO bereits sichergestellter oder beschlagnahmter Führerschein ist (nicht etwa nur „einzubehalten“, sondern) im Urteil „einzuziehen“.683 Gleiches gilt für (gegebenenfalls nur angeblich) verlorene oder verlegte Führerscheine. Auch wenn in einem solchen Fall noch keine Ersatzausfertigung ausgehändigt worden ist, muss sowohl auf Entziehung der Fahrerlaubnis als auch auf Einziehung des Führerscheins erkannt werden (siehe schon Rdn. 181). Die Einziehungsentscheidung kann nur in Bezug auf von einer deutschen Behörde 189 ausgestellte Führerscheine ergehen. Hierzu zählen allgemeine Führerscheine (§ 4 FeV), Sonderführerscheine des öffentlichen Dienstes (sog. Dienstführerschein; § 26 FeV) und Führerscheine zur Fahrgastbeförderung (§ 48 FeV) ebenso wie die von einer deutschen Behörde ausgestellten internationalen Führerscheine (§§ 25a, 25b FeV). In der ehemaligen DDR ausgestellte Führerscheine sind nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages im innerdeutschen wie im internationalen Verkehr den von Behörden der Bundesrepublik ausgefertigten Fahrnachweisen gleichgestellt, gelten demzufolge
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677 BTDrucks. IV/651 S. 19; krit. im Hinblick auf § 69a Abs. 2 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 62: „innerer Widerspruch“. 678 BGH bei Martin DAR 1967 96. 679 BayObLG VRS 51 (1976) 26, 27 f. 680 AG Wuppertal DAR 1961 340, 340 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 93. 681 OLG Köln VRS 26 (1964) 199, 201. 682 AG Wuppertal DAR 1961 340, 340 f. 683 BGH VRS 65 (1983) 359, 361.
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seit dem 3.10.1990 als von einer deutschen Behörde ausgestellt und können ebenso nach Absatz 3 Satz 2 eingezogen werden. Ausländische Führerscheine sind hingegen, wie sich auch aus § 69b Abs. 1 ergibt, 190 grundsätzlich nicht einziehungsfähig. Vielmehr werden die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre in den ausländischen Führerscheinen lediglich vermerkt (§ 69b Abs. 2 Satz 2; hierzu § 69b Rdn. 36 f). Etwas anderes gilt nur bei Führerscheinen, die von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden sind und deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Solche Führerscheine sind im Urteil einzuziehen und an die ausstellende Behörde zurückzusenden (§ 69b Abs. 2 Satz 1; näher § 69b Rdn. 35). 191
4. Urteilsformel. Auch wenn die Fassung der Urteilsformel im Ermessen des Gerichts steht (§ 260 Abs. 4 Satz 5 StPO), empfiehlt es sich, insoweit der in § 69 und § 69a vorgegebenen gesetzestechnischen Dreiteilung der Maßregel zu folgen. Demnach ist im Tenor (1) zunächst die Entziehung der (inländischen oder ausländischen) Fahrerlaubnis als solche auszusprechen (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1). Außerdem hat das Gericht (2) entweder eine Sperrfrist zu bestimmen, vor deren Ablauf die Fahrerlaubnisbehörde dem Verurteilten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf (§ 69a Abs. 1 Satz 1), oder die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis für immer zu untersagen (§ 69a Abs. 1 Satz 2). Schließlich hat der Urteilsspruch (3) – jedenfalls bei Ausstellung durch eine deutsche Behörde (siehe soeben Rdn. 189f) – die Einziehung des Führerscheins zu enthalten (§ 69 Abs. 3 Satz 2). In der Praxis hat sich deshalb folgende Urteilsformel durchgesetzt:684 „Dem/Der Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein/Ihr Führerschein wird eingezogen. Dem/Der Angeklagten darf vor Ablauf von … [bei zeitiger Sperre]/für immer [bei unbefristeter Sperre] keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden.“
Zu weiteren Tenorierungsfragen siehe Rdn. 228 (bei vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis), § 69a Rdn. 23 (zu Ausnahmen von der Sperre nach § 69a Abs. 2), § 69a Rdn. 81 und 84 (bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung) sowie § 69a Rdn. 113 (bei vorzeitiger Aufhebung der Sperre). 192
5. Begründung der Entscheidung (§ 267 Abs. 6 StPO). Bei jeder Maßregel und somit auch bei der Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. der Anordnung einer (isolierten) Sperrfrist müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb die Maßnahmen angeordnet wurden (§ 267 Abs. 6 Satz 1 Var. 1 StPO; näher sogleich Rdn. 193 ff). Ebenso bedarf es einer Begründung, wenn keine Maßregel verhängt wurde, obwohl ein entsprechender Antrag in der Verhandlung gestellt wurde (§ 267 Abs. 6 Satz 1 Var. 3 StPO) oder dies nach der Art der Straftat in Betracht kam (§ 267 Abs. 6 Satz 2 StPO; siehe jeweils Rdn. 196). Auf diese Weise soll dem Revisionsgericht die rechtliche Nachprüfung ermöglicht werden, ob die Entscheidung in den festgestellten tat- und täterbezogenen Umständen eine tragfähige Grundlage findet.685 Formelhafte oder nur pauschale Wendungen ohne Bezug zu den Besonderheiten des Falles genügen ebenso wenig wie bloße Wiederholungen des Gesetzeswortlautes.686 In diesen wie in sonstigen Fällen, in denen das Urteil die Anforde-
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684 S. hierzu etwa auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 107; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 71. 685 BGHSt 50 93, 105; s. auch BGH NZV 2015 252. 686 BGH DAR 1955 91, 92; VRS 45 (1973) 177; DAR 2004 36 (zur unzureichenden pauschalen Begründung, der Angeklagte habe sich „durch sein Verhalten“ als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen).
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rungen des § 267 Abs. 6 StPO nicht erfüllt und somit dem Revisionsgericht die rechtliche Nachprüfung verwehrt bleibt, ist der Maßregelausspruch aufgrund der allgemeinen Sachrüge aufzuheben;687 zur fehlenden Bindung der Fahrerlaubnisbehörde in diesen Fällen siehe schon Rdn. 25. Bei Anordnung der Maßregel muss aus den Entscheidungsgründen hervorgehen, 193 dass die Ungeeignetheit des Angeklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung (noch) bestanden hat.688 Die Gründe dürfen außerdem der Begründung der Strafzumessung oder sonstiger Rechtsfolgen nicht unvereinbar widersprechen;689 zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei gleichzeitiger Strafaussetzung zur Bewährung siehe bereits Rdn. 78. Bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis im Strafbefehl ist eine Begründung des Rechtsfolgenausspruchs nur in den Fällen des § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO erforderlich (§ 409 Abs. 1 Satz 3 StPO), ansonsten aber ebenso zulässig.690 Im Einzelnen ist zu unterscheiden: Sind bei Anlasstaten des Absatzes 2 keine Grün- 194 de ersichtlich, welche die Regelwirkung entkräften können, darf sich das Gericht grundsätzlich auf eine summarische Darlegung beschränken, in welcher Weise die Voraussetzungen des Regelfalles gegeben sind.691 Das Gericht muss jedoch erkennen lassen, dass es ihm bewusst war, bei Ausnahmen vom Regelfall von der Entziehung der Fahrerlaubnis absehen zu dürfen.692 Höhere Anforderungen werden in der Rechtsprechung allerdings bei Trunkenheit im Verkehr als Anlasstat gestellt. Auch wenn es sich hierbei um eine Katalogtat des Absatzes 2 handele, die eine nähere Würdigung der Gesamtpersönlichkeit in der Regel erübrige, habe der Tatrichter doch – schon im Hinblick auf die Verurteilung wegen der Trunkenheitsfahrt als solche – grundsätzlich Feststellungen zu den nach Lage des Einzelfalles besonders bedeutsamen Umständen zu treffen. So genüge es in der Regel nicht, neben der Höhe der Blutalkoholkonzentration und der Schuldform lediglich Zeitpunkt und Ort der Tat zu nennen. Vielmehr bildeten auch die Umstände der Alkoholaufnahme (z.B. „Zechtour“ oder zufällige Alkoholaufnahme, Trinken in Fahrbereitschaft, Handeln aus eigenem Antrieb oder Verleitung durch Dritte, bewusste oder unbewusste Fahrlässigkeit, ausgeglichene Gemütsverfassung oder Ausnahmesituation) und die Gegebenheiten der Tat (im Hinblick auf das Ausmaß der herbeigeführten Gefahr sind etwa Dauer und Länge der bereits zurückgelegten sowie der noch beabsichtigten Fahrstrecke und die Verkehrsbedeutung der befahrenen Straße von Bedeutung) wesentliche Faktoren.693 Außerhalb des Regelkatalogs bedarf es einer für das Revisionsgericht nachprüfba- 195 ren und umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände, die nach den Feststellungen zur Tat und zur Persönlichkeit des Angeklagten für und gegen die Eignung sprechen (hierzu schon Rdn. 162 ff).694 Dies gilt nicht zuletzt bei Zusammenhangstaten, bei denen sich aus der Begründung die Überzeugung des Tatrichters ergeben muss, dass die festgestellten Umstände den konkreten Anhalt belegen, der Täter stelle eine Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs dar.695 Der erforderliche Umfang der Darle-
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687 OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 360, 361; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 278, 280; Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 108; s. auch BGH VRS 45 (1973) 177; NZV 1999 91, 91. 688 BGH VRS 45 (1973) 177. 689 BGH bei Martin DAR 1960 69, 69 f. 690 Gössel LR26 § 409 Rdn. 16; Meyer-Goßner/Schmitt § 409 Rdn. 7. 691 OLG Düsseldorf NZV 1988 29, 29; OLG Köln DAR 1966 271, 271; OLG Zweibrücken VRS 54 (1978) 113, 115. 692 OLG Düsseldorf NZV 1988 29, 29; OLG Hamm VRS 52 (1977) 24, 25; OLG Köln DAR 1966 271, 271; Heuchemer BeckOK Rdn. 35; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 34. 693 OLG Karlsruhe BA 56 (2019) 199, 201; OLG Koblenz NZV 2009 157, 158. 694 BGH NZV 2003 46. 695 BGHSt 50 93, 105.
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gung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.696 Selbst bei typischen Verkehrsdelikten (wie z.B. dem Fahren ohne Fahrerlaubnis; ergänzend Rdn. 167)697 ist eine auf den Einzelfall bezogene Begründung nicht entbehrlich.698 Freilich wird an Begründungsaufwand nicht mehr verlangt werden können als bei jeder anderen Rechtsfolgenentscheidung, der prognostische Elemente innewohnen.699 Die unterbliebene Anordnung einer Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. einer 196 Sperrfrist ist nicht nur im Falle eines insoweit in der Verhandlung gestellten Antrages, sondern auch dann zu begründen, wenn diese Maßregeln „nach der Art der Straftat in Betracht kam(en)“ (§ 267 Abs. 6 Satz 2 StPO). Die Vorschrift gilt entsprechend für Strafbefehle (§ 409 Abs. 1 Satz 3 StPO). Die Begründungspflicht hat den Zweck, den (nach § 3 Abs. 4 StVG hinsichtlich des gleichen Sachverhaltes an die Beurteilung der Eignung durch das erkennende Gericht gebundenen; hierzu Rdn. 20 ff) Fahrerlaubnisbehörden hinreichende Klarheit über den Umfang der Bindungswirkung zu verschaffen.700 Demzufolge hat das Gericht nicht zuletzt dann, wenn es entgegen der gesetzlichen Vermutung des Absatzes 2 von der Entziehung der Fahrerlaubnis absieht, weil es den Angeklagten trotz der Indiztat weiterhin zum Führen von Kraftfahrzeugen im Verkehr für geeignet hält, die widerlegenden Umstände positiv festzustellen und seine Entscheidung eingehend zu begründen.701 Der Begründungszwang des § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO betrifft jedoch nicht nur Ausnahmen von der Regel des Absatzes 2, sondern sämtliche Fälle, in denen die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis gegeben sind.702 V. Wirkung und Durchsetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis 197
1. Erlöschen der Fahrerlaubnis (Absatz 3 Satz 1). Die Fahrerlaubnis erlischt kraft Gesetzes (in vollem Umfang; Rdn. 185) mit Rechtskraft des Urteils (Absatz 3 Satz 1) bzw. der ihr gleichgestellten Entscheidungen. Wer trotz der Entziehung der Fahrerlaubnis (vorsätzlich oder fahrlässig) ein Kraftfahrzeug führt, macht sich nach § 21 StVG strafbar (näher Rdn. 204 ff).703 Bei Entscheidungen, die außerhalb der Hauptverhandlung ergehen (z.B. Verwerfung der Revision nach § 349 Abs. 2 StPO), ist der Erlass des Beschlusses mit Außenwirkung maßgeblich. Nach herrschender Ansicht ist dies nicht erst der Zeitpunkt der Zustellung,704 sondern bereits der Tag, an dem die Entscheidung den räumlichen Bereich des Gerichts verlassen hat und damit unabänderlich geworden ist.705
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696 BGHSt 50 93, 105; BGH NZV 2015 252; DAR 2018 523, 525 (in BGHSt 63 121 nicht abgedr.); StV 2018 414, 415; NStZ-RR 2019 209, 210; OLG Koblenz BA 54 (2017) 39, 40; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 62. 697 Zur Begründungspflicht OLG Hamburg DAR 2011 647, 649. 698 BGH NZV 2015 252; OLG Koblenz BA 54 (2017) 39, 40. 699 So ausdrückl. BGHSt 50 93, 105. 700 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 72; s. hierzu auch K. Himmelreich NZV 2005 337, 340 ff; Lenhart DAR 2002 302, 303; ferner schon Warda MDR 1965 1, 6 f. 701 OLG Hamm BA 53 (2016) 189, 190; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 42; s. auch KG VRS 60 (1981) 109, 109; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 278, 280. Zur Begründungspflicht bei angenommenem Wegfall der Ungeeignetheit infolge Zeitablaufs K. Himmelreich DAR 1997 305, 306. Krit. Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 34, die vermuten, dass die Seltenheit der Widerlegung der Regelvermutung in der Praxis dem Begründungserfordernis zuzuschreiben sei. 702 OLG Hamm VRS 43 (1972) 19, 21. 703 Fischer Rdn. 52; Heuchemer BeckOK Rdn. 48. 704 Hierzu aber grds. tendierend Graalmann-Scheerer LR § 33 Rdn. 12; ebenso wohl Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 40. 705 S. nur Maul KK § 33 Rdn. 4; Meyer-Goßner/Schmitt Vor § 33 Rdn. 9; Valerius MK-StPO § 33 Rdn. 19.
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Mit der (auch insoweit unteilbaren) Entziehung der allgemeinen Fahrerlaubnis erlö- 198 schen sämtliche Sonderfahrerlaubnisse des Täters, die nach § 26 FeV bei der Bundeswehr, der Bundespolizei und der Polizei für die Dauer des Dienstverhältnisses erteilt werden können. 706 Gleiches gilt für die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung (§ 48 Abs. 10 Satz 2 FeV). Die Entziehung nur der Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung ohne gleichzeitige Entziehung der allgemeinen Fahrerlaubnis ist dem Strafgericht nicht gestattet. Eine solche Maßnahme obliegt allein der Fahrerlaubnisbehörde (vgl. § 48 Abs. 10 Satz 1 FeV).707 Da die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Rechtskraft der Entscheidung automatisch 199 wirksam wird (Absatz 3 Satz 1), bedarf sie zu ihrer Durchsetzung keiner förmlichen Vollstreckung. Gleiches gilt für die isolierte Sperrfrist gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3, die ebenfalls ohne weitere Anordnung mit der Rechtskraft des Urteils beginnt (§ 69a Abs. 5 Satz 1). Deshalb unterliegt die Maßregel auch nicht der Vollstreckungsverjährung.708 Um die Durchsetzung der Maßregel in der Praxis zu gewährleisten, bestehen jedoch verschiedene Registrierungs- und Mitteilungspflichten (hierzu Rdn. 209 ff). Eine erloschene Fahrerlaubnis lebt nach Ablauf oder vorzeitiger Abkürzung der 200 Sperrfrist nicht wieder auf. Wie sich aus § 20 Abs. 1 FeV ergibt, bedarf es vielmehr einer neuen Fahrerlaubnis, die beantragt werden muss und deren Wiedererteilung davon abhängt, dass die in §§ 7 ff FeV normierten Voraussetzungen für die Ersterteilung erfüllt sind. Auch eine Begnadigung vermag die erloschene Fahrerlaubnis nicht rückwirkend wieder zur Geltung zu bringen, sondern nur die Sperre zu beseitigen, die einer Neuerteilung im Wege steht.709 2. Einziehung des Führerscheins (Absatz 3 Satz 2). Die Einziehung des Führer- 201 scheins (Absatz 3 Satz 2) soll vor dessen Missbrauch schützen und dem Verurteilten die Zuwiderhandlung gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis erschweren.710 Es handelt sich hierbei weder um eine Strafe noch um eine selbstständige Maßregel, sondern um eine unselbstständige Vollzugsmaßnahme polizeilicher Art,711 der als solcher keine konstitutive Wirkung zukommt. Somit unterliegt die Einziehung des Führerscheins nicht dem Verschlechterungsverbot und kann daher – anders als die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung einer isolierten Sperre – der Ausspruch über die Einziehung des Führerscheins im Rechtsmittelzug auch dann nachgeholt werden, wenn nur der Angeklagte Rechtsmittel eingelegt hat (ergänzend Rdn. 286). Hinsichtlich der Durchsetzung der Einziehung des Führerscheins ist zu unterschei- 202 den: Gibt der Verurteilte den Führerschein freiwillig heraus (und zwar in aller Regel – über die Polizei – an die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde), richtet sich das weitere Verfahren nach § 56 Abs. 1 StVollstrO. Danach übersendet die Staatsanwaltschaft den eingezogenen Führerschein an diejenige Behörde, die für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis am Wohnsitz des Verurteilten zuständig ist (Satz 1). Hat der Verurteilte im räumlichen Geltungsbereich der StPO keinen Wohnsitz, wird der Führerschein zu den Strafakten genommen (Satz 2). Dienstführerscheine (§ 26 FeV) werden der betreffenden Dienststelle zugeleitet (Satz 3). In all diesen Fällen ist der Führerschein durch Einschneiden (bzw. bei Scheckkartenführerscheinen entsprechend § 25 Abs. 5 Satz 4 FeV durch
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BayObLG NZV 1990 364, 365. S. bereits BGH VRS 40 (1971) 263; OLG Stuttgart VRS 50 (1976) 28, 28. Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 92. Ebenso Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 25. BGHSt 5 168, 178. BGHSt 5 168, 178; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 13.
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Lochung in der unteren rechten Ecke der Vorderseite)712 unbrauchbar zu machen (Satz 4) und der Behörde der nach § 69a Abs. 5 und Abs. 6 zu berechnende Zeitraum der Sperre mitzuteilen (Satz 5). 203 Wird der im Urteil eingezogene Führerschein nicht freiwillig herausgegeben, wird die Einziehung durch dessen Wegnahme vollstreckt (§ 459g Abs. 1 Satz 1 StPO).713 Die Durchführung der Wegnahme wird in § 61 StVollstrO näher geregelt;714 es gelten hierbei die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes (§ 459g Abs. 1 Satz 2 StPO). Für die Wegnahme des Führerscheins nach vorangegangener strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis ist somit nicht der Gerichtsvollzieher, sondern die Polizei als Vollzugsorgan der Staatsanwaltschaft zuständig.715 Eine gegebenenfalls erforderliche Durchsuchung kann nach § 459g Abs. 3 i.V.m. §§ 102 ff StPO angeordnet werden. Wird der Führerschein bei dem Verurteilten nicht vorgefunden, hat dieser auf Antrag der Vollstreckungsbehörde beim Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben (§ 459g Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 56 Abs. 3 und § 62 Abs. 1 Satz 1 StVollstrO); das Verfahren richtet sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG. 3. Strafrechtliche Folgen der Nichtbeachtung. Das Führen eines Kraftfahrzeuges nach (rechtskräftiger) Entziehung der Fahrerlaubnis ist strafbewehrt. So macht sich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG strafbar, wer im (inländischen) öffentlichen Straßenverkehr ohne die erforderliche Fahrerlaubnis (siehe hierzu sogleich Rdn. 205 f) ein Kraftfahrzeug führt. Bei vorsätzlicher Begehung der Tat (§ 21 Abs. 1 StVG) kann eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe verhängt werden, bei der nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 StVG ebenso strafbaren fahrlässigen Begehung eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen. Die gleiche Strafe trifft nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG denjenigen, der als Halter eines Kraftfahrzeuges anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug ohne die erforderliche Fahrerlaubnis führt. Unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 StVG kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden; dabei sind die §§ 74 ff zu beachten. Ohne Fahrerlaubnis führt ein Kraftfahrzeug zum einen, wer die dafür erforderliche 205 Fahrerlaubnis entweder noch nie besessen oder wirksam darauf verzichtet hat (hierzu Rdn. 180). Zum anderen und nicht zuletzt fehlt jemandem die erforderliche Fahrerlaubnis, wenn er sie durch Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde (§ 3 Abs. 1 StVG) oder des Strafgerichts (§§ 69, 69b) verloren hat. Im Falle strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis erlischt die Fahrerlaubnis mit Rechtskraft des Urteils (Absatz 3 Satz 1; hierzu Rdn. 197). Dabei wirkt die Entziehung der Fahrerlaubnis auch über den Ablauf der nach § 69a festgesetzten Sperrfrist hinaus bis zur wirksamen Neuerteilung einer Fahrerlaubnis durch Aushändigung des Führerscheins (§ 22 Abs. 4 Satz 7 FeV) fort.716 Ab Rechtskraft des die Fahrerlaubnis entziehenden Urteils kommt es für § 21 StVG nicht darauf an, ob der Führerschein beschlagnahmt worden ist oder sich noch im Besitz des ehemals Berechtigten befindet. Hat das Strafgericht die Entziehung der Fahrerlaubnis versehentlich vergessen und nur eine Sperrfrist festgesetzt, erlischt die Fahrerlaubnis nicht und scheidet demzufolge eine Strafbarkeit nach § 21 StVG aus. Zur Strafbarkeit bei Aufhebung
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712 Zeitler BeckOK-StVollstrO § 56 Rdn. 45. 713 Näher Nestler MK-StPO § 459g Rdn. 4 ff. 714 Zu „Fallstricken“, die sich aus dieser Vorschrift im Berufungsrechtszug ergeben können, aus der Sicht des Verteidigers Tondorf DAR 1992 160. 715 AG Berlin-Schöneberg DGVZ 1995 123, 124 f. 716 Vgl. OLG Hamm NJW 1973 1141, 1142.
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eines rechtskräftigen Urteils, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wurde, im Wiederaufnahmeverfahren siehe Rdn. 291. In dem vorstehenden Sinn fehlt die Fahrerlaubnis auch bei ihrer nur vorläufigen 206 Entziehung gemäß § 111a StPO, obgleich sie in diesem Fall an sich bestehen bleibt (Rdn. 230). § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist auch verwirklicht, wenn der Beschuldigte eine Beschränkung nach § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO nicht beachtet. Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG muss aber eindeutig erkennbar sein, ob es sich um eine Beschränkung der Fahrerlaubnis im Sinne des § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO oder auch des § 23 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 FeV oder nur um eine Auflage nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 FeV handelt; im letztgenannten Fall liegt nur eine Ordnungswidrigkeit vor (§ 75 Nr. 9 FeV).717 Zur empfehlenswerten Belehrung Rdn. 231. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 StVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geld- 207 strafe bis zu 180 Tagessätzen bedroht, vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug zu führen, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 StPO durch Sicherstellung oder Beschlagnahme in amtliche Verwahrung genommen worden ist. Sollte der Täter im Besitz zweier Führerscheine (z.B. eines zivilen und eines Dienstführerscheins nach § 26 FeV) sein, genügt es, wenn nur einer dieser Führerscheine durch Sicherstellung oder Beschlagnahme amtlich verwahrt wird.718 Die gleiche Strafe trifft nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 StVG den Halter eines Kraftfahrzeuges, der anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der Führerschein sichergestellt oder beschlagnahmt worden ist. Ungeachtet des insofern jeweils zu weiten Gesetzeswortlauts ist damit nur der Fall des § 94 Abs. 3 StPO gemeint. Der Führerschein muss folglich gerade zur Sicherung der Einziehung amtlich verwahrt werden.719 Anderenfalls ist nur von einer Ordnungswidrigkeit wegen Fahrens ohne Mitführen des Führerscheins auszugehen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 und § 75 Nr. 4 FeV).720 Erteilt die Fahrerlaubnisbehörde dem Kraftfahrer noch vor Ablauf der strafgericht- 208 lich festgesetzten Sperrfrist irrtümlich eine neue Fahrerlaubnis, ist der Verwaltungsakt zwar rechtsfehlerhaft, aber nicht nichtig. Ein strafbewehrter Verstoß gegen § 21 StVG scheidet demzufolge aus.721 Gleiches gilt, wenn eine inländische Fahrerlaubnis durch Umschreibung eines ausländischen Führerscheins infolge einer Täuschung der Fahrerlaubnisbehörde (etwa durch Vorlage gefälschter Unterlagen) oder auf sonstige Weise (z.B. durch Bestechung eines Beamten) pflichtwidrig erlangt wird.722 Hingegen macht sich nach § 21 StVG strafbar, wer etwa durch Bestechung einen Führerschein erhält, in dem Fahrerlaubnisklassen eingetragen sind, für die eine Fahrerlaubnis überhaupt nicht erteilt wurde,723 oder wer nach entzogener Fahrerlaubnis einen Führerscheinverlust vortäuscht und auf diesem Weg eine Ersatzbescheinigung erlangt.724 Da die Fahrerlaubnis schlechthin (und nicht nur etwa die von einer bestimmten Behörde erteilte Fahrerlaubnis) entzogen wird, verstößt gegen § 21 StVG schließlich auch derjenige Fahrer, der trotz Entziehung der Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug führt, weil er noch einen weiteren Führerschein besitzt.725 Zur Anerkennung von in einem anderen Mitgliedstaat der Euro-
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717 BGHSt 28 72, 73 f (zur Vorgängervorschrift des § 69a Abs. 1 Nr. 6 StVZO). 718 OLG Köln NZV 1991 360; Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 21. 719 Hentschel/König/Dauer/König § 21 StVG Rdn. 22. Zur Strafbarkeit des Führens eines Kraftfahrzeuges nach Entnahme einer Blutprobe ohne Sicherstellung des Führerscheins Hohendorf NZV 1995 57. 720 OLG Köln NJW 1968 666, 666 f; Hentschel/König/Dauer/König § 21 StVG Rdn. 22. 721 KG VRS 38 (1970) 205, 207; OLG Hamm VRS 26 (1964) 345. 722 Vgl. BGHSt 37 207, 210. 723 Vgl. BGHSt 37 207, 210 f. 724 Vgl. OLG Köln VRS 43 (1972) 271, 273 f. 725 LG Köln VRS 15 (1958) 115, 116.
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päischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ausgestellten Führerscheinen nach Entziehung der Fahrerlaubnis im Inland siehe § 69b Rdn. 14 ff. 4. Registrierung und Mitteilungspflichten. Die (rechtskräftige) Entziehung der Fahrerlaubnis einschließlich der zugleich festgesetzten Sperrfrist (§§ 69 Abs. 1 Satz 1, 69a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2) sowie die Festsetzung einer isolierten Sperre (§ 69a Abs. 1 Satz 3) sind im Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes (§ 28 Abs. 3 Nr. 2 StVG und § 59 Abs. 1 Nr. 7 ff FeV) einzutragen. Gleiches gilt für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 28 Abs. 3 Nr. 2 StVG) sowie die vorzeitige Aufhebung der Sperre (§ 28 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 14 StVG). Die im Fahreignungsregister einzutragenden richterlichen Entscheidungen sind unverzüglich dem Kraftfahrt-Bundesamt mitzuteilen (§ 28 Abs. 4 StVG).726 Registrierungspflichtig ist des Weiteren der Verzicht auf die Fahrerlaubnis (samt des Tages des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde) während eines (behördlichen) Entziehungsverfahrens (§ 28 Abs. 3 Nr. 7 StVG und § 59 Abs. 1 Nr. 10 FeV). Zu den Registrierungs- und Mitteilungspflichten bei der Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis § 69b Rdn. 41 f. Die Tilgung der entsprechenden Eintragungen erfolgt nach § 29 StVG. Die Frist zur 210 Tilgung beträgt bei Entscheidungen, in denen nach §§ 69, 69a bzw. § 69b die Fahrerlaubnis bzw. das Recht, von einer ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, mit entsprechenden Sperrfristen entzogen wird, zehn Jahre (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 lit. a StVG). Sofern die Erteilung der Fahrerlaubnis bzw. des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist, gelten die Tilgungsfristen nicht (§ 29 Abs. 2 StVG) und werden entsprechende Eintragungen deshalb nicht gelöscht. Die Eintragung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist gemäß (der auf der Ermächtigung in § 30c Satz 1 Nr. 2 StVG beruhenden Vorschrift des) § 63 Abs. 2 FeV zu tilgen, sobald der Beschluss nach § 111a StPO aufgehoben wird. Darüber hinaus sind die Maßregeln der §§ 69, 69a im Bundeszentralregister (§ 4 211 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 7 BZRG) einzutragen. Bei einer (isolierten) Sperre ist der Tag ihres Ablaufs festzuhalten (§ 8 BZRG). Nach § 47 Abs. 2 BZRG wird die Eintragung einer Sperre im Bundeszentralregister erst getilgt, wenn sie sich erledigt hat. Eine unbefristete Sperre kann sich nur erledigen, wenn sie vorzeitig nach § 69a Abs. 7 aufgehoben wird (zur generellen Eintragungspflicht der vorzeitigen Aufhebung der Sperre § 12 Abs. 1 Nr. 8 BZRG). In diesem Fall wird die Eintragung frühestens nach 15 Jahren gelöscht (§ 46 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1g BZRG). Nach Nr. 45 Abs. 1 Nr. 2 MiStra ist eine rechtskräftige Entziehung der Fahrerlaubnis 212 bzw. Anordnung einer isolierten Sperrfrist – unter Angabe des Zeitpunktes, in dem die Sperre abläuft (dies insbesondere auch in den Fällen des § 69a Abs. 5 und Abs. 6) – der zuständigen Verwaltungsbehörde (§ 73 Abs. 1 bis Abs. 3 FeV) mitzuteilen. Gleiches gilt ausweislich Nr. 45 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 MiStra für die Beschlüsse nach § 111a StPO sowie für die rechtskräftigen Beschlüsse nach § 69a Abs. 7. Ebenso besteht in diesen Fällen eine Mitteilungspflicht gegenüber der für die Wohnung des Verurteilten zuständigen Polizeidienststelle; bei Entscheidungen nach den §§ 69, 69a gilt dies aber nur, sofern die Polizeidienststelle die Ermittlungen nicht selbst geführt hat und nicht schon aus diesem Anlass über die Verhängung der Maßregel unterrichtet wird (Nr. 45 Abs. 3 MiStra). Ist der Betroffene Inhaber eines Dienstführerscheins (§ 26 FeV), sind die entsprechenden Mitteilungen auch gegenüber den betreffenden Dienststellen vorzunehmen (Nr. 45 Abs. 4
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726 Zum gegen die Datenübermittlung durch die Staatsanwaltschaft an das Kraftfahrt-Bundesamt eröffneten Rechtsweg nach §§ 23 ff EGGVG OLG Jena VRS 115 (2008) 439, 440 ff.
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MiStra). Außerdem sind nach Nr. 45 Abs. 2 MiStra Richter und Staatsanwälte im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehalten, die ihnen in einem Strafverfahren bekannt gewordenen Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, dass ein Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, der nach § 73 Abs. 1 bis Abs. 3 FeV zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen. VI. Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) 1. Allgemeines. Stützen dringende Gründe die Annahme, dass einem Täter (sei es 213 durch Urteil oder durch Strafbefehl) nach § 69 die Fahrerlaubnis entzogen werden wird, kann der zuständige Richter (hierzu Rdn. 232 ff) dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen (§ 111a Abs. 1 Satz 1 StPO). Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist weder vorweggenommene Strafe (ergänzend Rdn. 215) noch dient sie verfahrens- oder beweissichernden Zwecken. Sie verfolgt ausschließlich den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Verkehrsstraftaten,727 indem der ungeeignete und deshalb gefährliche Kraftfahrer von der Teilnahme am Straßenverkehr bereits ausgeschlossen wird, bevor die Anordnung der Maßregel des § 69 in Rechtskraft erwächst.728 Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ähnelt den §§ 112a, 126a und 132a StPO, 214 stellt somit als reine Präventivmaßnahme im System der strafprozessualen Zwangsmaßnahmen einen Fremdkörper dar. Doch hat das Bundesverfassungsgericht Bedenken wegen des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Gefahren, die der Verkehrssicherheit durch einen ungeeigneten Kraftfahrer drohen, zu Recht zurückgewiesen.729 Selbstredend gilt es aber bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis wie bei jedem strafprozessualen Grundrechtseingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (zu § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO nachfolgend Rdn. 225).730 Außerdem sind Ermittlungsverfahren, in denen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wird, mit besonderer Beschleunigung zu führen (hierzu Rdn. 240 f). Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (einschließlich der ihr meist vor- 215 ausgehenden Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des Führerscheins; näher Rdn. 244 ff) kommt eine erhebliche kriminalpolitische Bedeutung zu. Im Interesse der Verkehrssicherheit wird diese Möglichkeit eines vorläufigen Schutzes der Allgemeinheit allenthalben für unverzichtbar erachtet.731 Allein die Notwendigkeit einer präventiven Sofortmaßnahme dürfte auch der maßgebliche Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber die Entziehung der Fahrerlaubnis (nicht nur bei körperlich-geistigen Defiziten, sondern) auch bei charakterlich begründeter Ungeeignetheit nicht als langfristiges Fahrverbot, sondern als Sicherungsmaßregel konzipiert hat. Denn eine vorweggenommene Strafe wäre mit der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung schlechterdings nicht zu vereinbaren.732
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727 BVerfG NJW 2001 357; NJW 2005 1767, 1768; NZV 2005 537, 537. 728 OLG Karlsruhe VRS 68 (1985) 360, 360; OLG München NJW 1980 1860, 1860; Hauck LR § 111a Rdn. 2; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 1. 729 BVerfG NStZ 1982 78; NJW 2001 357; aus dem Schrifttum etwa Hauck LR § 111a Rdn. 3; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 4. S. auch LG Heidelberg NJW 1969 1636 unter Hinweis auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sowohl für das Straf(verfahrens)recht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) als auch für den Straßenverkehr (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) gegen die Einwände von Seebode ZRP 1969 25, 26 f. 730 S. nur BVerfG NJW 2001 357; NJW 2005 1767, 1768; NZV 2005 537, 537; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 1. 731 So etwa Hentschel BA 23 (1986) 1, 3; krit. Loos JR 1990 438, 439. 732 S. hierzu Hauck LR § 111a Rdn. 3; von der Aa/Pöppelmann Jura 1999 462, 464; speziell zum Spannungsverhältnis der Unschuldsvermutung zu § 111a StPO Linß S. 52 ff.
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2. Anordnung (Absatz 1) a) Voraussetzungen. Nach § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO bedarf es dringender Gründe für die Annahme, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis nach § 69 entzogen werden wird. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist somit grundsätzlich an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie die endgültige Fahrerlaubnisentziehung. Folglich kommt ein Rückgriff auf diese Präventivmaßnahme insbesondere nur dann in Betracht, wenn eine Anlasstat bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde (näher Rdn. 42 ff), aus der sich zudem die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt (hierzu Rdn. 83 ff). Da die Maßnahme schon begrifflich das Vorhandensein einer (gültigen) Fahrer217 laubnis voraussetzt (siehe bereits Rdn. 180) und zudem § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO ausdrücklich nur auf § 69 verweist, kann die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht die Anordnung einer isolierten Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3) sichern.733 Ebenso wenig kann die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden, wenn nur die Verhängung eines Fahrverbots nach § 44 zu erwarten bleibt (vgl. auch § 111a Abs. 5 Satz 2 StPO).734 Der Begriff der „dringenden Gründe“ entspricht dem „dringenden Verdacht“ im 218 Sinne von § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO.735 Die unterschiedliche Terminologie ist lediglich darauf zurückzuführen, dass sich die Maßnahme nach § 111a StPO auch gegen einen schuldunfähigen Täter richten kann. Ein hinreichender Tatverdacht (§ 170 Abs. 1 oder § 203 StPO) genügt nicht.736 Ebenso wie beim Erlass eines Haftbefehls muss deshalb auch bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Ermittlungsstand im Zeitpunkt der Entscheidung – das Gericht darf nicht auf eine etwaige spätere Hauptverhandlung verweisen, um sich der notwendigen Prognose zu entziehen737 – ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Fahrerlaubnis im späteren Urteil bzw. Strafbefehl entzogen wird.738 Dies setzt zum einen voraus, dass der Beschuldigte aufgrund bestimmter Tatsachen dringend verdächtig ist, die Anlasstat begangen zu haben. Zum anderen bedarf es auch einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht dem Beschuldigten aufgrund der Tat die Fahrerlaubnis entziehen wird.739 Während der Grundsatz „in dubio pro reo“ im endgültigen Entziehungsverfahren hinsichtlich der die Eignungsprognose tragenden Tatsachen volle persönliche Überzeugung des erkennenden Gerichts verlangt (Rdn. 116), genügt für die Überzeugungsbildung des Gerichts im Rahmen des § 111a StPO bereits der angesprochene hohe Grad von Wahrscheinlichkeit.740 Sollte sich die Beweiswürdigung im Nachhinein als fehlerhaft erweisen, ist dies durch Aufhebung der vorläufigen Maßnahme zu korrigieren (dazu nachfolgend Rdn. 237 ff). 216
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733 Hauck LR § 111a Rdn. 8; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 3; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 1; vgl. auch OLG Hamm VRS 51 (1976) 43; aA LG München I DAR 1956 249; Engel DAR 1984 108, 109. 734 Hauck LR § 111a Rdn. 8; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 3; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 1. 735 S. nur BVerfG BA 55 (2018) 73, 74; LG Ansbach StraFo 2009 331, 331; LG Meiningen BA 46 (2009) 428, 429; LG Osnabrück ZfS 2015 465, 466; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 7; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 2. 736 LG Ansbach StraFo 2009 331, 331; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 274. 737 BVerfG BA 55 (2018) 73, 74. 738 KG BA 48 (2011) 290, 291; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a StPO Rdn. 2. 739 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 97; Hauck LR § 111a Rdn. 13; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 372; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 274; LG Meiningen BA 46 (2009) 428, 429; AG Lübeck BeckRS 2011 29818. 740 S. hierzu etwa LG Osnabrück ZfS 2015 465, 466 m. Anm. Krenberger. Zur Anwendung von „in dubio pro reo“ im Rahmen von § 111a StPO vor allem Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 278; Linß S. 94 ff; Mollenkott DAR 1978 68, 68 f.
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Äußerungen und Angaben des Beschuldigten, die wegen fehlender Belehrung nicht verwertet werden dürfen, dürfen nicht zu seinem Nachteil herangezogen werden.741 b) Entscheidung des Gerichts aa) Form der Entscheidung. Die Anordnung ergeht (ausschließlich) durch richter- 219 lichen Beschluss (§ 111a Abs. 1 Satz 1 StPO). Eine Notzuständigkeit der Staatsanwaltschaft oder der Polizei gibt es nicht. Die richterliche Anordnung ist grundsätzlich während des gesamten Verfahrens möglich, d.h. vom Beginn der Ermittlungen an bis zur Rechtskraft der Entscheidung (zur Beachtung des Beschleunigungsgebots ergänzend Rdn. 240 f). Da die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis eine gerichtliche Untersuchungshandlung im Sinne des § 162 StPO darstellt, bedarf es im Ermittlungsverfahren – mit Ausnahme des insoweit jedoch allenfalls seltenen Falles des § 165 StPO – eines entsprechenden Antrags der Staatsanwaltschaft.742 Nach Erhebung der Anklage kann das zuständige Gericht (siehe hierzu im Einzelnen Rdn. 232 ff) die Fahrerlaubnis auch ohne einen solchen Antrag von Amts wegen vorläufig entziehen. bb) Pflichtgemäßes Ermessen. Während die endgültige Entziehung der Fahrer- 220 laubnis bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen angeordnet werden muss (Rdn. 179), räumt § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO („kann“) dem Richter ein pflichtgemäßes Ermessen ein. Jedoch wird angesichts des Anliegens der vorläufigen Maßregel, die Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Fahrer zu schützen, häufig allenfalls wenig Raum für eine Ermessensausübung verbleiben,743 zumal auch § 69 kein Ermessen eröffnet.744 Insbesondere bei den Katalogtaten des Absatzes 2 wird sich das Ermessen weithin auf Null reduzieren und ist daher die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen.745 Wegen des mit der vorläufigen Maßregel angestrebten Schutzes der Allgemeinheit bleiben etwaige berufliche oder wirtschaftliche Nachteile des Betroffenen – ebenso wie schon bei der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis (hierzu Rdn. 111 und 178) – außer Betracht.746 Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens ist indessen zu berücksichtigen, 221 ob ein Vorgriff auf die Entziehung der Fahrerlaubnis tatsächlich notwendig erscheint, sich die Anordnung der vorläufigen Maßregel als Sofortmaßnahme somit als erforderlich erweist. So ist insbesondere außerhalb der Regelfälle des Absatzes 2 – nicht zuletzt im Hinblick auf die Ausnahmemöglichkeit des § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO (dazu nachfolgend Rdn. 225 ff) – zu prüfen, ob der Sicherungszweck der Maßnahme es rechtfertigt, einen Kraftfahrer schon vor Rechtskraft seiner Verurteilung aus dem Straßenverkehr zu entfernen.747 Nicht unumstritten ist, ob und inwieweit der bloße Zeitablauf als solcher seit der 222 Anlasstat der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis entgegensteht. Insoweit ist zunächst wie folgt zu differenzieren: Zum einen kann der Zeitablauf dazu führen, dass bereits keine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis mehr zu erwarten ist. Schließlich ist für die Beurteilung der Ungeeignetheit der Zeitpunkt der (tatrichterlichen) Entscheidung maßgeblich und können hierin somit auch Umstände und das Verhalten des
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741 LG Koblenz NZV 2002 422; LG München I StV 1999 143. 742 LG Gera MDR 1996 731; Hauck LR § 111a Rdn. 49; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 6. 743 BVerfG BA 55 (2018) 73, 75; OLG Jena VRS 115 (2008) 353, 355; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 97; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 3. 744 Hauck LR § 111a Rdn. 15. 745 OLG Düsseldorf NZV 1992 331, 331; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 15. 746 LG Marburg ZfS 2005 621, 622. 747 OLG Düsseldorf NZV 1992 331, 331.
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Beschuldigten nach der Tat einfließen (Rdn. 108 f). Da nicht zuletzt eine seit der Anlasstat unbeanstandete Teilnahme des Betroffenen am Straßenverkehr indessen nur sehr zurückhaltend berücksichtigt wird (Rdn. 145 f), steht dieser Gesichtspunkt der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis in der Regel nicht entgegen. Sollte dies ausnahmsweise anders gewürdigt werden, scheiterte eine vorläufige Maßregel bereits an den fehlenden dringenden Gründen für die Annahme einer späteren Entziehung der Fahrerlaubnis. 223 Sollte der Zeitablauf die hohe Wahrscheinlichkeit einer späteren Entziehung der Fahrerlaubnis nicht entscheidend verringern, kann zum anderen aber fraglich erscheinen, inwieweit es trotz der bereits verstrichenen Zeit noch überhaupt einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis bedarf. So wird von Tatgerichten nicht selten eine solche Eilentscheidung allein aufgrund des Ablaufs einer gewissen Zeitspanne seit der Anlasstat nicht mehr in Betracht gezogen,748 könne der angestrebte Zweck einer Sofortmaßnahme dann doch nicht mehr erreicht werden749 und vielmehr „die Hauptverhandlung abgewartet werden, um in Ruhe über einen Fahrerlaubnisentzug zu befinden“.750 Einem solchen Automatismus ist jedoch im Hinblick auf den Zweck der vorläufigen Maßregel zu widersprechen.751 Deren Gebotenheit im Interesse der Verkehrssicherheit wird nicht dadurch aufgehoben, dass sie eigentlich schon früher hätte angeordnet werden müssen.752 Auch das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt, wenn die Strafgerichte bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis im Einzelfall unter Berücksichtigung der verwirklichten Anlasstaten und der Schwere des Fehlverhaltens der Sicherheit des Straßenverkehrs den Vorrang gegenüber dem eingetretenen Zeitablauf und der bei den Strafverfolgungsorganen zu beobachtenden Verfahrensverzögerung einräumen.753 Demzufolge heben die meisten, nicht zuletzt oberinstanzlichen Gerichte zutreffend hervor, dass die Fahrerlaubnis auch in einem späteren Verfahrensabschnitt bis zur Rechtskraft des Urteils754 und folglich noch längere Zeit nach der Tat vorläufig entzogen werden darf.755 Allerdings gilt es hierbei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders sorgfältig zu
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748 S. etwa LG Darmstadt StV 1982 415 (vier Monate); DAR 1989 473 (14 Monate); LG Dresden ZfS 1999 122 (zehn Monate); LG Düsseldorf ZfS 1980 187 (zehn Monate) m. krit. Anm. Hentschel; LG Frankfurt a.M. DAR 2005 109; DAR 2012 275 (vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis jeweils später als sechs Monate nach dem Tattag grundsätzlich unverhältnismäßig); LG Görlitz StV 2018 403 (ein Jahr nach der Tat unverhältnismäßig); LG Lüneburg ZfS 2004 38 (mehr als sechs Monate bei Durchschnittsfällen); LG Nürnberg-Fürth DAR 2000 374 (über zwölf Monate); LG Ravensburg ZfS 1995 314 (sechs Monate); LG Trier VRS 63 (1982) 210, 211 (14 Monate); AG Homburg ZfS 1991 214 (acht Monate). 749 LG Darmstadt DAR 1989 473. 750 So LG Hagen NZV 1994 334 m. abl. Anm. Molketin; ähnlich LG Kiel StV 2003 325 (mehr als vier Monate nach der Tat); StV 2010 300 (Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gut zwei Monate nach der Anlasstat „zu spät gestellt“); LG Tübingen ZfS 1998 484, 484 f (viereinhalb Monate nach der Tat). 751 OLG Düsseldorf NStZ-RR 2002 314, 314; prägnant LG Kleve BA 48 (2011) 249, 250: „Charaktermängel werden nicht allein durch Zeitablauf beseitigt.“; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 17. 752 S. etwa OLG Düsseldorf NStZ-RR 2002 314, 314 f; LG Kleve BA 48 (2011) 249, 250. 753 BVerfG NJW 2005 1767, 1768; NZV 2005 379, 380. 754 KG DAR 2017 591, 592; OLG Hamm BA 44 (2007) 379, 380; OLG Zweibrücken BA 46 (2009) 284, 285; LG Kleve BA 48 (2011) 249, 250; LG Zweibrücken NZV 2012 499, 500; zust. Hauck LR § 111a Rdn. 23. 755 S. nur KG DAR 2017 591, 593 (vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auch elf Monate nach der Tat zulässig); OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 8 (ein Jahr und acht Monate nach der Tat, wobei allerdings der Führerschein die ganze Zeit über beschlagnahmt war); OLG Hamm NZV 2002 380 (zehn Monate nach der Tat); OLG Koblenz NZV 2008 47, 48 (ein Jahr nach der Tat); OLG München NJW 1992 2776, 2777 (drei Jahre nach der Tat); LG Erfurt BA 52 (2015) 42, 43 (19 Monate nach der Anlasstat); LG Kleve BA 48 (2011) 249, 250 (sieben Monate nach der Tat); LG Leipzig BA 51 (2014) 358, 359 (ein Jahr nach der Tat, „sofern noch weitergehende Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen wären“); LG Stuttgart BA 50 (2013) 140, 140 (zehn Monate nach der Tat).
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beachten.756 Danach sind mit zunehmender zeitlicher Distanz zwischen Tatgeschehen und vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis erhöhte Anforderungen an die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz der Allgemeinheit einerseits und dem Interesse des Fahrerlaubnisinhabers an der uneingeschränkten Nutzung seiner Fahrerlaubnis andererseits zu stellen.757 Bei beanstandungsfreier Teilnahme am Straßenverkehr wächst nach der Rechtsprechung das Vertrauen des Betroffenen in den Bestand seiner Fahrerlaubnis, während deren vorläufige Entziehung ihren Charakter als Eilmaßnahme zunehmend verliert.758 Wann eine derart erhebliche Verzögerung eingetreten ist, die eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtlich nicht mehr vertretbar erscheinen lässt, entzieht sich einer schematischen Betrachtung, sondern bestimmt sich wesentlich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.759 Fragwürdig erscheint die mitunter bei den Staatsanwaltschaften festzustellende 224 Praxis, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis erst zu beantragen, wenn (bzw. auch unter der Bedingung, dass) der Täter Einspruch gegen einen erlassenen Strafbefehl einlegt.760 Hiergegen spricht bereits, auf diese Weise die Wahrnehmung prozessualer Rechte durch den Betroffenen zu sanktionieren.761 Es existiert auch kein Erfahrungssatz, dass jemand, der einen Strafbefehl nicht akzeptiert, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt als derjenige, der einen Strafbefehl hinnimmt.762 Zu Recht weisen die Gerichte nicht zuletzt wegen des zudem dadurch erweckten Anscheins „sachfremde(r) Ermessenserwägungen“ darauf hin, die Anordnung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht von einem Rechtsmittelverzicht oder der Nichteinlegung eines Rechtsmittels in der Hauptsache abhängig zu machen.763 cc) Ausnahmen für bestimmte Kraftfahrzeugarten (Absatz 1 Satz 2). Während 225 die Fahrerlaubnis endgültig nur im Ganzen entzogen werden kann (hierzu Rdn. 185 f), gestattet es § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO, bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auszunehmen. Dadurch soll dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.764 Da mit der Anordnung nach § 111a StPO noch nicht abschließend über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen befunden wird, verstößt diese Regelung auch nicht gegen den Grundsatz der Unteilbarkeit der Eignung. Die Vorschrift weist große Gemeinsamkeiten mit § 69a Abs. 2 auf. Während bei einer hiernach vorgenommenen Beschränkung der Sperre allerdings nicht verhindert wird, dass die Fahrerlaubnis in vollem Umfang entzogen wird, sondern lediglich die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis bei bestimmten Arten von Kraftfahrzeugen sogleich wiedererteilen darf (§ 69a Rdn. 25), betrifft § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO bereits die Anordnung der (vorläufigen) Entziehung. Die Fahrerlaubnis bleibt somit (jedenfalls zunächst) in dem Umfang erhalten, in dem bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausgenommen sind. Als „bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen“ im Sinne der Vorschrift sind vor al- 226 lem solche Kraftfahrzeugarten anzusehen, auf die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrer-
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756 757 758 759 760 761 762 763 764
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KG DAR 2017 591, 592 f; s. hierzu aus dem Schrifttum etwa Krumm NJW 2004 1627, 1629 ff. KG BA 48 (2011) 290, 291; DAR 2017 591, 593; OLG Düsseldorf BeckRS 2014 17671 Rdn. 8. KG BA 48 (2011) 290, 291; DAR 2017 591, 593. KG DAR 2017 591, 593. S. hierzu etwa LG Mainz DAR 1974 53, 54; AG Montabaur NZV 2011 214, 215; Fromm DAR 2018 42, 42. LG Berlin ZfS 2007 228; LG Braunschweig DAR 2011 417; AG Montabaur NZV 2011 214, 215. LG Berlin ZfS 2007 228; LG Braunschweig DAR 2011 417. OLG Jena VRS 115 (2008) 353, 355 f; s. auch LG Berlin ZfS 2007 228; LG Braunschweig DAR 2011 417. Hauck LR § 111a Rdn. 25.
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laubnis beschränkt werden kann (z.B. land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienende Zugmaschinen, selbstfahrende Arbeitsmaschinen oder selbstfahrende Futtermischwagen der Fahrerlaubnisklasse T). 765 Maßgeblich ist allein der Verwendungszweck, soweit er sich in bauartlichen Unterschieden auswirkt (ausführlich König LK § 44 Rdn. 47 ff; ergänzend auch § 69a Rdn. 11 ff). Demzufolge hat die Rechtsprechung etwa Sanitätsfahrzeuge,766 Omnibusse,767 Panzerfahrzeuge768 und E-Karren769 von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ausgenommen. Andere Beschränkungen (etwa auf bestimmte Zeiten, Orte und Gebiete oder auf Fahrzeuge bestimmter Eigentümer oder Halter) sind hingegen – ebenso wie bei § 69a Abs. 2 (dort Rdn. 11) – unzulässig.770 227 Die Beschränkung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO setzt besondere – von Amts wegen zu ermittelnde771 – Umstände voraus, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßnahme dadurch nicht gefährdet wird. Zu denken ist zunächst an körperlich-geistige Eignungsmängel, die sich lediglich beim Führen bestimmter Kraftfahrzeugarten auswirken. Bei charakterlichen Defiziten wird sich die Ungeeignetheit des Täters hingegen in der Regel auf das Führen sämtlicher Arten von Kraftfahrzeugen erstrecken.772 Allein wirtschaftliche Härten für den Betroffenen reichen in der Regel nicht aus, um die Ungeeignetheit zu widerlegen. Ausnahmen sind denkbar, wenn der Eignungsmangel (z.B. die Neigung zum Alkoholgenuss) sich nur im privaten Lebensbereich ausgewirkt hat, nach Lage der Dinge (z.B. bei langjähriger unbeanstandeter Teilnahme am Straßenverkehr als Berufskraftfahrer) und nicht zuletzt unter wirtschaftlichem Druck (z.B. drohender Arbeitsplatzverlust oder berufliche Existenzvernichtung) jedoch gewährleistet ist, dass der Beschuldigte seinen Beruf auch weiterhin ohne Beanstandungen ausüben wird (vgl. schon Rdn. 111 zur endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis). Insbesondere die Tatgerichte nehmen diese Voraussetzungen mitunter recht bereitwillig z.B. bei Berufskraftfahrern773 oder bei Beschäftigten in landwirtschaftlichen Betrieben774 an. Indessen ist insoweit im Hinblick auf den mit der Regelung erstrebten Schutz der Allgemeinheit im Straßenverkehr eine deutlich strengere Position angezeigt.775 228
dd) Beschlussformel. Die Tenorierung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis entspricht im Wesentlichen der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis. Eine vor-
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765 S. hierzu AG Landstuhl BA 51 (2014) 361; ferner etwa LG Köln DAR 1982 275: „Traktoren und andere Kraftfahrzeuge mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h“. 766 LG Hamburg NJW 1987 3211. 767 LG Zweibrücken ZfS 1992 356. 768 LG Bielefeld NZV 1989 366. 769 LG Dessau DAR 2000 87. 770 Hauck LR § 111a Rdn. 28; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 4; s. etwa OLG München NJW 1992 2777 (keine Ausnahme für bestimmte Arten von Fahrten wie Probe- und Kontrollfahrten). AA noch LG Mönchengladbach DAR 1953 158, das dem Beschuldigten gestattete, „zum Zwecke des Milchtransportes seinen Dreiradlieferwagen an Wochentagen zwischen 6.00 und 14.00 Uhr im Ortsbereich zu fahren“. 771 Krumm NZV 2006 234, 235. 772 Hauck LR § 111a Rdn. 31; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 20; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 4. 773 Statt vieler LG Bielefeld NZV 1989 366 (Führen von Panzerfahrzeugen bei der Bundeswehr); LG Dessau DAR 2000 87 (E-Karren); LG Kempten DAR 1984 127 (Radlader); LG Nürnberg DAR 1982 26 (Lastkraftwagen); LG Zweibrücken ZfS 1992 356 (Linienbus); AG Bitterfeld DAR 2000 227 (Lastkraftwagen der früheren Klasse 3); AG Dortmund DAR 1987 30 (Lastkraftwagen); AG Homburg ZfS 1994 185, 185 f (Container- und Müllfahrzeuge); AG Landstuhl BA 51 (2014) 361 (jedenfalls missverständlich mit der erheblichen Belastung des Beschuldigten durch den drohenden Arbeitsplatzverlust abwägend); AG Monschau DAR 1990 310. 774 LG Dessau DAR 1999 133; LG Frankenthal DAR 1999 374; LG Köln DAR 1982 275. 775 So etwa LG Zweibrücken NZV 1992 499; Hauck LR § 111a Rdn. 31; Krumm NZV 2006 234, 236.
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läufige Sperrfrist wird aber hiermit nicht zugleich verhängt (siehe schon Rdn. 217). Sofern gemäß § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO eine Kraftfahrzeugart von der vorläufigen Entziehung ausgenommen wird, ist diese möglichst detailliert zu beschreiben. In der Praxis ist folgende Formulierung verbreitet: „Dem/Der Beschuldigten wird die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ausgenommen ist das Führen … [möglichst detaillierte Beschreibung der jeweiligen Kraftfahrzeugart].“
ee) Begründung der Entscheidung. Weil der Beschluss über die vorläufige Entzie- 229 hung der Fahrerlaubnis mit der Beschwerde angegriffen werden kann, ist er ausweislich von § 34 StPO zu begründen. In den Regelfällen des § 69 Abs. 2 kann sich die Begründung mit einer knappen Mitteilung des Sachverhaltes und dessen strafrechtlicher Würdigung begnügen.776 Außerhalb der Regelfälle und bei Einschränkungen nach § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO ist eine ausführlichere Begründung geboten. Sie hat vor allem auch diejenigen Umstände zu erfassen, aus denen sich die Annahme der (gegebenenfalls teilweise fehlenden) Ungeeignetheit des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt. Nicht ausreichend ist der bloße Hinweis auf § 111a StPO.777 Das Fehlen einer Begründung wird als unschädlich erachtet, wenn der Beschluss zugleich mit einem die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis aussprechenden Urteil ergeht.778 ff) Wirkung der Entscheidung. Die richterliche Anordnung begründet ein durch 230 § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbewehrtes Verbot, von der vorläufig entzogenen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen; zu den straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Folgen bei Nichtbeachtung schon Rdn. 206 f. Die Fahrerlaubnis als solche wird aber – insoweit ist die Bezeichnung „vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis“ missverständlich – nicht aufgehoben,779 sondern erlischt ausweislich von § 69 Abs. 3 Satz 1 erst mit Rechtskraft der Hauptentscheidung (dazu bereits Rdn. 197 ff). Wird die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis schon zuvor wieder aufgehoben, bedarf es somit keiner neuen Fahrerlaubnis. Zur Wirkung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme gemäß § 111a Abs. 3 StPO siehe Rdn. 244 ff. Sofern die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis in Abwesenheit des Beschuldig- 231 ten verkündet wird, wird sie erst mit Bekanntgabe des Beschlusses an ihn wirksam.780 Das Gericht veranlasst die Zustellung des Beschlusses (§ 36 Abs. 1 StPO). Obgleich nach § 35 Abs. 2 Satz 2 StPO an sich eine (schriftliche) formlose Mitteilung genügt,781 empfiehlt sich (nicht zuletzt im Hinblick auf Beweisfragen zu § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) die förmliche Zustellung.782 Dabei sollte der Beschuldigte zweckmäßigerweise zugleich über das mit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis einhergehende strafbewehrte Fahrverbot belehrt werden.783
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776 Hauck LR § 111a Rdn. 53. 777 LG Zweibrücken BA 48 (2011) 182; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 26. 778 OLG Koblenz VRS 71 (1986) 39, 40; VRS 73 (1987) 292, 292; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 6; ähnlich Hauck LR § 111a Rdn. 53. 779 OLG Hamm VRS 57 (1979) 125, 125 f; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 32, 34. 780 BGHZ 38 86, 88 ff; KG VRS 42 (1972) 210, 210; OLG Köln VRS 52 (1977) 271, 271; NZV 1991 360; Wittig Rpfleger 1978 245, 246. 781 Zum Schriftformerfordernis LG Hildesheim NdsRpfl 1988 251, 251 f. 782 Hauck LR § 111a Rdn. 61; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 27; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 6. 783 Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 8.
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c) Verfahren aa) Zuständigkeit. Bis zur Erhebung der öffentlichen Klage ist für die Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts zuständig, in dessen Bezirk die den entsprechenden Antrag stellende (Zweigstelle der) Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat (§ 162 Abs. 1 Satz 1 StPO).784 Als „gerichtliche(n) Untersuchungshandlung“ im Sinne der Vorschrift sind schließlich auch Maßnahmen anzusehen, die der Förderung des Verfahrens durch präventive Vorwegnahme einer zu erwartenden Sanktion dienen.785 Nach der Erhebung der öffentlichen Klage (und gleichstehenden Anträgen der 233 Staatsanwaltschaft) befindet das nach dem Stand des Verfahrens befasste (Tat-)Gericht über vorläufige Maßnahmen nach § 111a StPO.786 Das Landgericht als Berufungsgericht wird erst zuständig, wenn ihm die Akten (zu Händen des Vorsitzenden) nach § 321 Satz 2 StPO übergeben werden.787 In der Revisionsinstanz bleibt indessen selbst dann der letzte Tatrichter für die Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis zuständig, wenn die Akten dem Revisionsgericht bereits nach § 347 Abs. 2 StPO vorgelegt sind.788 Schließlich vermag nur der Tatrichter die genuin tatrichterlichen Feststellungen zu treffen, ob eine Präventivmaßnahme dieser Art erforderlich ist.789 Differenziert zu beurteilen ist, ob das Berufungsgericht die vorläufige Entziehung 234 der Fahrerlaubnis gemäß § 111a Abs. 1 StPO anordnen darf, wenn die Vorinstanz in ihrem Urteil die Fahrerlaubnis nicht nach § 69 entzogen hat. Anerkannt dürfte insoweit zwischenzeitlich sein, dass dem Berufungsgericht bei unveränderter Sachlage eine vorläufige Entziehung bis zum Erlass des Berufungsurteils verwehrt bleibt.790 Ansonsten wäre die Bindungswirkung der Vorschrift des § 111a Abs. 2 Var. 2 StPO (näher hierzu Rdn. 242), welcher der Gedanke zugrunde liegt, dass die Anordnung der Maßregel nach Absehen hiervon durch die Vorinstanz weniger wahrscheinlich ist, letztlich überflüssig.791 Die (erstmalige oder erneute) Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist dem Berufungsgericht somit nur gestattet, wenn neue, d.h. nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung entstandene oder bekannt gewordene Tatsachen oder Beweismittel die besondere Dringlichkeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen.792 Hat die Vorinstanz hingegen in ihrem Urteil die Fahrerlaubnis nach § 69 entzo235 gen, aber (bewusst oder irrtümlich) von einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen, wollen einige Oberlandesgerichte wiederum mit Verweis auf § 111a Abs. 2 StPO eine vorläufige Maßregel ebenso nur dann zulassen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel die besondere Dringlichkeit der Maßnahme rechtfertigen.793 In diesen Fäl232
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784 Hauck LR § 111a Rdn. 45; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 22; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 7. 785 LG Zweibrücken NZV 1994 293; s. auch Erb LR § 162 Rdn. 9; Kölbel MK-StPO § 162 Rdn. 3; aA LG München II NJW 1963 1216, 1217 f. 786 S. nur LG Erfurt BA 52 (2015) 42, 42. 787 OLG Frankfurt a.M. NJW 1981 1680, 1680; OLG Hamburg ZfS 2007 409, 409; OLG Hamm NJW 1969 149, 150. 788 Hauck LR § 111a Rdn. 48; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 7. 789 OLG Hamm VRS 21 (1961) 283, 284; s. auch OLG Stuttgart Justiz 1969 256, 256. 790 OLG Karlsruhe VRS 68 (1985) 360, 361; OLG Zweibrücken NJW 1981 775; Hauck LR § 111a Rdn. 20. 791 Statt vieler BVerfG NZV 1995 77, 77; OLG Nürnberg StraFo 2011 91; LG Zweibrücken NStZ-RR 1998 249, 250; Hauck LR § 111a Rdn. 19; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 406; s. bereits OLG Karlsruhe NJW 1960 2113, 2113 f; OLG Köln NJW 1964 1287 mit Nachw. zum früheren Streitstand. 792 OLG Frankfurt a.M. NJW 1981 1680, 1681; OLG Karlsruhe NJW 1960 2113, 2114; Hauck LR § 111a Rdn. 19; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 68; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 13. 793 OLG Hamm JMBlNRW 1963 158, 159; OLG Oldenburg NZV 1992 124, 124; s. auch OLG Karlsruhe VM 1981 7, 7 f.
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len ergibt sich aus § 111a Abs. 2 StPO indessen überhaupt keine Bindungswirkung. Auch aus rechtsstaatlichen Gründen ergeben sich keine Bedenken, wenn die nachfolgende Instanz unter Ausübung ihres eigenen pflichtgemäßen Ermessens die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anordnet. Hierbei müssen zwar die Ermittlungen und Feststellungen der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, soweit sie sich in dem erstinstanzlichen Urteil niederschlagen, berücksichtigt werden.794 Unter dieser Voraussetzung ist aber das Berufungsgericht selbst bei unverändertem Sachstand nicht gehindert, die Fahrerlaubnis noch während des Rechtsmittelverfahrens durch Beschluss vorläufig zu entziehen.795 bb) Rechtliches Gehör. Wird die Entscheidung außerhalb einer Hauptverhandlung 236 getroffen, ist – jeweils vor Erlass des Beschlusses – sowohl die Staatsanwaltschaft zu hören (§ 33 Abs. 2 StPO) als auch dem Beschuldigten rechtliches Gehör zu gewähren (§ 33 Abs. 3 StPO). Die Ausnahmevorschrift des § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO, wonach eine vorherige Anhörung nicht erforderlich ist, wenn diese den Zweck der Anordnung der Maßnahme gefährdete, ist nach herrschender Meinung nicht anwendbar, weil in Eilfällen der Führerschein beschlagnahmt und auf diese Weise eine weitere Gefährdung der Allgemeinheit beseitigt werden könne (§ 94 Abs. 3, § 98 und § 111a StPO).796 3. Aufhebung der Anordnung (Absatz 2) a) Allgemeines. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist von Amts wegen 237 aufzuheben (§ 111a Abs. 2 StPO), wenn ihr Grund weggefallen ist (Var. 1; siehe sogleich Rdn. 238 ff) oder die Fahrerlaubnis in der späteren Hauptentscheidung nicht entzogen wird (Var. 2; hierzu Rdn. 242). Bestimmte Prüfungsfristen sieht das Gesetz nicht vor. Das nach jeweiligem Verfahrensstand mit der Sache befasste und damit grundsätzlich auch für die Aufhebung zuständige Gericht (zur Zuständigkeit Rdn. 243) hat aber von sich aus stets die vorzeitige Aufhebung der Maßnahme im Auge zu behalten.797 Zum Teil wird angenommen, dass das Gericht vor Erhebung der öffentlichen Klage an Aufhebungsanträge der Staatsanwaltschaft gebunden sei.798 Hiergegen spricht indessen, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis – anders als die Untersuchungshaft – nicht der Sicherung des Verfahrens dient, dessen Herrin nach § 156 StPO bis zur Erhebung der öffentlichen Klage die Staatsanwaltschaft ist, sondern als vorweggenommene Maßregel die Sicherheit der Allgemeinheit bezweckt. b) Wegfall des Grundes (Var. 1). Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist 238 zum einen aufzuheben, „wenn ihr Grund weggefallen ist“. Hierfür muss aufgrund weiterer Aufklärung des Sachverhaltes zumindest der dringende Verdacht für die Anlasstat entfallen sein oder darf angesichts abgeschwächter Prognosegrundlagen keine ausreichende Wahrscheinlichkeit mehr für eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis bestehen.
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794 OLG Frankfurt a.M. NJW 1981 1680, 1681. 795 OLG Frankfurt a.M. NJW 1981 1680, 1681; OLG Hamburg ZfS 2007 409, 409; OLG Oldenburg SVR 2010 226; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 3. 796 Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 269; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 6; aA Hauck LR § 111a Rdn. 54. 797 Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 10. 798 So in analoger Anwendung des § 120 Abs. 3 Satz 1 StPO LG Bückeburg NdsRpfl 1987 200, 200 f; M. Bruns KK § 111a Rdn. 7; Hauck LR § 111a Rdn. 49; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 31; Wittschier NJW 1985 1324, 1324 f; aA AG Münster MDR 1972 166; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 14.
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Ein Wegfall des Grundes kommt unter anderem dann in Betracht, wenn die Fahrerlaubnis schon für längere Zeit vorläufig entzogen wurde und demzufolge (gegebenenfalls im Zusammenwirken mit weiteren Umständen wie nicht zuletzt der Teilnahme an einem Nachschulungskurs) eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis in der Hauptverhandlung nicht mehr „dringend“ erwartet werden kann.799 Allerdings bleibt auch hier zu beachten, dass der bloße Zeitablauf für sich allein grundsätzlich nicht zur Aufhebung der Maßnahme führt (siehe schon Rdn. 222).800 Dies gilt nach herrschender Meinung auch dann, wenn während des Rechtsmittelverfahrens ein Zeitraum verstreicht, innerhalb dessen die vorinstanzlich festgesetzte Sperrfrist (bei Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung) bereits abgelaufen wäre.801 Allerdings können bei zunehmender Verfahrensdauer das Beschleunigungsgebot 240 und die Unschuldsvermutung als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ein immer größeres Gewicht erlangen. Wird in einem Ermittlungsverfahren die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen, ist es jedenfalls mit besonderer Beschleunigung zu führen802 und sind Hauptverhandlungen zeitnah zu terminieren.803 Dies gilt nicht zuletzt, wenn es sich bei dem Beschuldigten um einen Berufskraftfahrer handelt, bei dem die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wie ein vorläufiges Berufsverbot wirkt. 804 Von der diagnostischprognostischen Einschätzung der noch fortbestehenden Ungeeignetheit im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung ist somit der Umstand zu unterscheiden, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wie jeder strafprozessuale Grundrechtseingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen muss (siehe schon Rdn. 223) und ausnahmsweise schon allein aufgrund längeren Zeitablaufs aufzuheben bleibt, selbst wenn nach wie vor ein dringender Grund für eine vorläufige Maßnahme nach § 111a StPO besteht.805 Dies stellt jedoch einen Ausnahmefall dar und setzt schwerwiegende Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot voraus, die zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen.806 Insoweit die für den Vollzug der Untersuchungshaft geltenden gesetzlichen Bestimmungen und in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vollständig zu übertragen und etwa bei Ablauf einer bestimmten Frist zwingend die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufzuheben, kommt wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen von vorläufiger Maßregel und Untersuchungshaft und des mit der letztgenannten Maßnahme einhergehenden Eingriffs in die persönliche Freiheit nicht in Betracht.807
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799 S. etwa LG Hanau DAR 1980 25; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 101; Hauck LR § 111a Rdn. 37; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 10. 800 OLG Düsseldorf NZV 1988 194, 194; NZV 1999 389, 389; OLG Koblenz NZV 2008 47, 48; Huber BeckOK-StPO § 111a Rdn. 9; aA LG Hamburg MDR 1973 1034, 1034; Linß S. 106 ff. 801 Zum Ablauf der Sperrfrist im Berufungsverfahren etwa OLG Düsseldorf NZV 1999 389, 389; OLG München DAR 1975 132, 133; zum Revisionsverfahren OLG Hamburg NJW 1981 2590, 2590 f; OLG Koblenz NZV 2008 367, 369; OLG München NJW 1980 1860, 1860 f; näher zum Streitstand Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 101 f; Hauck LR § 111a Rdn. 39 ff; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 11 f. 802 BVerfG NZV 2005 537, 537; OLG Hamburg ZfS 2007 409, 411; OLG Hamm NZV 2007 639, 640; OLG Karlsruhe NZV 2005 212, 212; OLG Köln NZV 1991 243, 243; OLG Nürnberg StV 2006 685; LG Berlin StraFo 2014 382; LG Leipzig DAR 2018 698, 698; LG München I DAR 2014 280, 280 f. Zur Anwendbarkeit der Unschuldsvermutung auf Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie die sie vorbereitenden vorläufigen Maßnahmen auch SaarVerfGH NJW 2010 2037, 2038. 803 OLG Hamm BA 44 (2007) 379, 381. 804 OLG Hamm NZV 2002 380. 805 OLG Nürnberg StV 2006 685, wonach sich insoweit daher ein „unabhängiger Grund zur Aufhebung der Anordnung“ ergibt. 806 OLG Hamburg ZfS 2007 409, 411; OLG Hamm NZV 2007 639, 640; OLG Köln NZV 1991 243, 244; OLG Nürnberg StV 2006 685; s. auch OLG Düsseldorf StV 1994 233, 234; LG Frankfurt a.M. StV 2003 69; LG Leipzig DAR 2018 698, 698; LG Würzburg StV 2005 545. 807 OLG Hamm NZV 2007 639, 640; OLG Köln NZV 1991 243, 244.
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Wann nach den vorstehenden Grundsätzen die Aufhebung einer vorläufigen Entzie- 241 hung der Fahrerlaubnis geboten erscheint, lässt sich folglich nicht allgemein bestimmen; vgl. schon Rdn. 223 zur fehlenden schematischen Berücksichtigung des bloßen Zeitablaufs bei der Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis. Auch das Bundesverfassungsgericht hat aus guten Gründen keine zahlenmäßig festen verfassungsrechtlichen Grenzen vorgegeben und vielmehr betont, dass die Aufhebung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht schematisch mit dem Überschreiten einer bestimmten Verfahrensdauer begründet werden könne.808 Vereinzelt sehen die Fachgerichte bereits bei einer Verfahrensdauer von unter einem Jahr die Aufrechterhaltung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis als unverhältnismäßig an.809 Zumeist wird eine Aufhebung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit jedoch – was jedenfalls deren Ausnahmecharakter eher gerecht werden dürfte – erst ab einer Verfahrensdauer von einem Jahr erwogen.810 c) Nichtanordnung im Urteil (Var. 2). Sollte die verfahrensbeendende Entschei- 242 dung rechtskräftig werden, erlischt hiermit automatisch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.811 Eines besonderen, rein deklaratorischen Beschlusses bedarf es daher nicht, wenngleich sich dieser aus Klarstellungsgründen empfehlen kann. § 111a Abs. 2 Var. 2 StPO, wonach die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufzuheben ist, „wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht“, hat daher vornehmlich den Fall im Blick, dass der Angeklagte in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil entweder freigesprochen oder zwar (gegebenenfalls sogar zu einem Fahrverbot) verurteilt, von einer Entziehung der Fahrerlaubnis aber abgesehen wird.812 Die Vorschrift enthält – ähnlich der Regelungen der § 120 Abs. 2 und § 126a Abs. 3 Satz 2 StPO im Haft- und Unterbringungsverfahren – eine Art gesetzliche Vermutung, dass die „dringenden Gründe“ für eine spätere (endgültige) Entziehung der Fahrerlaubnis nach instanzabschließender gerichtlicher Überprüfung entfallen. Demzufolge zwingen auch alle verfahrensbeendenden Beschlüsse der Staatsanwaltschaft (einschließlich der Einstellungen nach §§ 153 ff StPO) zur Aufhebung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis; denn in diesem Fall kann ebenso keine Entziehung der Fahrerlaubnis nach Absatz 1 mehr angeordnet werden (dazu schon Rdn. 10).813 d) Zuständigkeit. Zuständig für die Aufhebung der vorläufigen Entziehung der 243 Fahrerlaubnis bleibt bis zur Erhebung der öffentlichen Klage das Gericht, das die An-
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808 BVerfG NZV 2005 537, 537. 809 So etwa LG Leipzig DAR 2018 698, 698 (Aufhebung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis fünf Monate nach der Tat) m. krit. Anm. Deutscher; LG München I DAR 2014 280, 281 (Aufhebung knapp ein Jahr nach der Tat, da trotz zwischenzeitlich vorliegender Schadensanzeigen und Gutachten keine weiteren Ermittlungen erfolgten und keine Anklage erhoben wurde); LG Zweibrücken NZV 2000 54 (acht Monate); AG Cottbus StV 2006 521, 521 f (neun Monate). LG Stuttgart BA 50 (2013) 140 hob eine erst fünf Wochen andauernde vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bei zuvor nur zögerlicher Sachbehandlung über neun Monate und nicht absehbarem Termin für die Hauptverhandlung auf. Nach LG Leipzig BA 51 (2014) 358 war eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wieder aufzuheben, weil sie erst acht Monate nach der Anlasstat angeordnet wurde, von denen viereinhalb Monate lang keine weitergehenden sachaufklärenden Ermittlungen vorgenommen wurden. 810 S. etwa OLG Düsseldorf NZV 2001 354 (Aufhebung einer vorläufigen Maßnahme nach fast 27 Monaten); OLG Karlsruhe NZV 2005 212 (knapp 17 Monate); LG Hannover BA 53 (2016) 267 (16 Monate); LG Münster NZV 2005 656 (14-monatige vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, wobei die Tat bereits 18 Monate zurücklag); AG Lüdinghausen DAR 2007 222 (über zwei Jahre). 811 OLG Karlsruhe NJW 1960 2113, 2113; M. Bruns KK § 111a Rdn. 8; Hauck LR § 111a Rdn. 33; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 33. 812 Hauck LR § 111a Rdn. 43; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 13. 813 AG Münster MDR 1972 166; Hauck LR § 111a Rdn. 43.
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ordnung getroffen hat.814 Nach Anklageerhebung ist das jeweils mit der Sache befasste (Tat-)Gericht zuständig.815 Ähnlich wie bei den Grundsätzen zur Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Berufungsgericht (Rdn. 234 f) kann eine durch das Erstgericht ausgesprochene vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bei anhängiger Berufung schon vor dem Berufungsurteil nur ausnahmsweise aufgehoben werden, wenn die erstinstanzlichen Feststellungen oder Bewertungen – z.B. wegen ersichtlich fehlender Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 – offensichtlich (rechts)fehlerhaft sind oder wenn nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung neue Umstände entstanden sind.816 Nach Einlegung der Revision bleibt nach herrschender Meinung grundsätzlich der letzte Tatrichter zuständig, selbst wenn die Akten dem Revisionsgericht bereits vorliegen.817 Etwas anderes gilt – aus Gründen der Prozessökonomie sowie nach dem Grundgedanken des § 126 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 StPO – nur dann, wenn das Revisionsgericht die angefochtene Entziehung der Fahrerlaubnis aufhebt, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen.818 4. Beschlagnahme bzw. Sicherstellung und Rückgabe des Führerscheins (Absätze 3 bis 6) 244
a) Wirkung der vorläufigen Entziehung (Absätze 3 und 6). Die richterlich angeordnete vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wirkt ausweislich von § 111a Abs. 3 Satz 1 StPO – in dem in der Praxis eher seltenen Fall, dass der Führerschein des Beschuldigten zuvor nicht durch amtliche Inverwahrungnahme sichergestellt oder beschlagnahmt wurde – zugleich als Anordnung, ansonsten als Bestätigung der Beschlagnahme des von einer deutschen Behörde ausgestellten Führerscheins. Hierzu bedarf es weder in der Formel des Entziehungsbeschlusses noch in dessen Gründen einer besonderen Erwähnung der Beschlagnahme.819 Bei ausländischen Fahrberechtigungen ist zu unterscheiden: Ist der Führerschein 245 von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt, wirkt die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a Abs. 3 Satz 2 StPO wie bei deutschen Führerscheinen, d.h. zugleich als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat; zum Begriff des „ordentlichen Wohnsitzes“ § 7 FeV (hierzu § 69b Rdn. 9). Die in dem Beschluss nach § 111a Abs. 1 StPO enthaltene Beschlagnahmeanordnung ist von der Staatsanwaltschaft nach § 36 Abs. 2 Satz 1 StPO zu vollstrecken, indem diese den Führerschein (entweder selbst oder durch die Polizei) in amtliche Verwahrung nimmt.820
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814 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 103; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 14. 815 Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 31; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 14; s. auch LG Osnabrück ZfS 2015 465, 466 f zur Eröffnung des Hauptverfahrens nach Einspruch gegen einen Strafbefehl. 816 OLG Jena BA 44 (2007) 182, 182 f; OLG Zweibrücken BA 46 (2009) 284, 285; s. auch OLG Brandenburg BA 47 (2010) 299, 300 sowie OLG Karlsruhe BA 53 (2016) 476, 477 für ein mit der Revision angefochtenes Urteil. 817 So vor allem BGH NJW 1978 384; OLG Celle NJW 1977 160, 160 f; OLG Zweibrücken VRS 69 (1985) 293; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 103; Hauck LR § 111a Rdn. 48; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 14; aA (uneingeschränkte Zuständigkeit des Revisionsgerichts nach Vorlage der Akten) OLG Bremen VRS 46 (1974) 43, 44 f; Geppert LK12 Rdn. 157; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 265. 818 BayObLG NZV 1993 239, 240; OLG Jena BeckRS 2019 7473 Rdn. 13; OLG Naumburg DAR 1999 420; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 103; Hauck LR § 111a Rdn. 48; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 14; offen gelassen noch von BGH NJW 1978 384. 819 Hauck LR § 111a Rdn. 59. 820 Hauck LR § 111a Rdn. 63.
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In allen anderen Fällen, d.h. zum einen bei Führerscheinen aus der Europäischen 246 Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum, deren Inhaber ihren ordentlichen Wohnsitz nicht im Inland haben, oder zum anderen bei Führerscheinen aus einem Drittstaat, hat die Beschlagnahme nur die in § 69b Abs. 1 geregelte beschränkte Wirkung. Weil solche Fahrausweise nicht eingezogen werden können (Umkehrschluss aus § 69 Abs. 3 Satz 2 und § 69b Abs. 2 Satz 2), hat die vorläufige Entziehung insoweit nur die Wirkung eines auf das Inland beschränkten Fahrverbots. Der Inhaber dieses Führerscheins verliert demzufolge lediglich das Recht, von der Fahrberechtigung im Inland Gebrauch zu machen. Bei den vorstehenden Führerscheinen aus der Europäischen Union oder dem Euro- 247 päischen Wirtschaftsraum, deren Inhaber keinen inländischen ordentlichen Wohnsitz aufweisen, wird die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vollzogen, indem sie in dem ausländischen Fahrausweis vermerkt wird (§ 111a Abs. 6 Satz 1 StPO); zur entsprechenden Regelung bei der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis siehe § 69b Abs. 2 Satz 2 (hierzu § 69b Rdn. 36 f) sowie beim Fahrverbot § 44 Abs. 2 Satz 4 (hierzu König LK § 44 Rdn. 88 f). Die Eintragung des Vermerks ist eine Vollstreckungshandlung und als solche von der Staatsanwaltschaft zu veranlassen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 StPO).821 Nach § 111a Abs. 6 Satz 2 StPO kann der ausländische Führerschein bis zur Eintragung des Vermerks (doch nur zu diesem Zweck und nicht darüber hinaus; vgl. auch § 463b Abs. 2 StPO) beschlagnahmt werden. Dieser gesonderten Befugnisnorm bedarf es, weil § 94 Abs. 3 StPO nur die Beschlagnahme von Führerscheinen gestattet, die der Einziehung unterliegen. Bei anderen als in § 111a Abs. 3 Satz 2 StPO genannten ausländischen Führerscheinen ist diese Möglichkeit indessen nicht eröffnet. b) Richterliche Entscheidung über die Beschlagnahme (Absatz 4). Ist ein Füh- 248 rerschein nach § 94 Abs. 3 StPO beschlagnahmt, weil er nach § 69 Abs. 3 Satz 2 eingezogen werden kann, und bedarf es einer richterlichen Entscheidung über die Beschlagnahme, tritt an deren Stelle die Entscheidung des Gerichts über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 4 StPO). Eine solche richterliche Entscheidung ist notwendig, wenn – wie in der Praxis in aller Regel – Staatsanwaltschaft oder deren Ermittlungspersonen den Führerschein wegen Gefahr im Verzug beschlagnahmen (§ 98 Abs. 1 Satz 1 StPO).822 Diese Notbefugnis wird nach herrschender Meinung nicht zuletzt bereits durch die Gefahr begründet, dass der Beschuldigte ohne die sofortige Abnahme des Führerscheins weitere Trunkenheitsfahrten unternehmen oder sonst in schwerwiegender Weise Verkehrsvorschriften verletzen könnte.823 Die Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a Abs. 1 StPO wirkt wiederum ohne besonderen Ausspruch als Bestätigung oder Aufhebung der vorangegangenen Beschlagnahme; ebenso wie in § 111a Abs. 3 StPO (hierzu Rdn. 244 ff) wird auf diese Weise eine einheitliche Beurteilung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis und der zu ihrer Sicherung erlaubten Beschlagnahme des Führerscheins gewährleistet.
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821 M. Bruns KK § 111a Rdn. 21a; Hauck LR § 111a Rdn. 84; Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 43. 822 Zur Führerscheinbeschlagnahme durch Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen ausführl. Gramse NZV 2002 345 sowie Trupp NZV 2004 389. 823 BGHSt 22 385, 392 ff m. abl. Bespr. Hruschka NJW 1969 1634; OLG Hamm VRS 36 (1969) 66, 68 ff; OLG Karlsruhe Justiz 1969 255, 255; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 104; Hauck LR § 111a Rdn. 67; Meyer-Goßner/Schmitt § 111a Rdn. 15; Gramse NZV 2002 345, 346 ff; zur Entwicklung der Rechtsprechung Trupp NZV 2004 389, 390 f; aA OLG Köln NJW 1968 666, 667.
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c) Rückgabe des Führerscheins (Absatz 5). Nach § 111a Abs. 5 Satz 1 StPO ist ein zur Sicherung der Einziehung in amtliche Verwahrung genommener Führerschein824 dem Beschuldigten zum einen zurückzugeben, wenn das zuständige Gericht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ablehnt. Dies setzt nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift voraus, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis „wegen Fehlens der in [§ 111a] Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen“, d.h. aus Sachgründen abgelehnt wurde; nicht erfasst ist hingegen die freiwillige Herausgabe des Führerscheins, um die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis abzuwenden. Zum anderen tritt die Rückgabepflicht ein, wenn die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a Abs. 2 StPO nachträglich aufgehoben wird (hierzu schon Rdn. 237 ff) oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht nach § 69 Abs. 1 entzieht. Aus § 111a Abs. 6 StPO ergibt sich, dass die Rückgabepflicht des § 111a Abs. 5 Satz 1 250 StPO nur Fahrausweise erfasst, die von einer deutschen Behörde oder von einer Behörde eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates ausgestellt worden ist, sofern im letztgenannten Fall der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Bei Inhabern sonstiger ausländischer Führerscheine tritt an die Stelle der Rückgabe die (unverzügliche) Tilgung des Vermerks.825 Sofern das Gericht der Hauptsache die Entziehung der Fahrerlaubnis ablehnt, statt251 dessen aber ein Fahrverbot (§ 44) verhängt, kann die Rückgabe des Führerscheins aufgeschoben werden, sofern der Betroffene nicht widerspricht (§ 111a Abs. 5 Satz 2 StPO). Dadurch soll vermieden werden, dass der Führerschein bis zur Rechtskraft des Fahrverbots dem Berechtigten zunächst zurückzugeben ist, nur um ihn (nach Ablauf der Rechtsmittelfrist oder nach allseitigem Rechtsmittelverzicht) nach § 44 Abs. 2 Satz 2 alsbald doch wieder in amtliche Verwahrung nehmen zu müssen (hierzu König LK § 44 Rdn. 54 ff).826 Ein Nachteil für den Verurteilten entsteht daraus nicht, da die Zeit der amtlichen Verwahrung bis zur Rechtskraft der Entscheidung unverkürzt auf das Fahrverbot angerechnet wird (§ 450 Abs. 2 StPO). 252
5. Anrechnung vorläufiger Maßnahmen. Wird die Fahrerlaubnis nicht endgültig entzogen, sondern lediglich ein Fahrverbot angeordnet (§ 44), ist die Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis und der ihr gleichgestellten amtlichen Verwahrung des Führerscheins zur Sicherung der Einziehung auf die Dauer des Fahrverbots anzurechnen (§ 51 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1). Von der Ausnahme des § 51 Abs. 1 Satz 2 abgesehen (hierzu König LK § 44 Rdn. 75), steht die Anrechnung nicht im Ermessen des Gerichts. Auf die Sperre einer endgültig entzogenen Fahrerlaubnis wird die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis zwar nicht „angerechnet“, sondern ausweislich von § 69a Abs. 5 Satz 2 lediglich in die Sperre „eingerechnet“, d.h. von ihr abgezogen, soweit sie nach Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils oder zwischen der Entscheidung und ihrer Rechtskraft verstrichen ist (näher § 69a Rdn. 64 ff). In allen anderen Fällen kann die bisherige Zeit einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme im Hinblick auf ihre Denkzettelwirkung nur diagnostisch-prognostisch berücksichtigt werden. Dies gilt vor allem bei der Beurteilung der Ungeeignetheit des Beschuldigten im Augenblick der letzten tatrichterlichen Entscheidung (siehe schon Rdn. 147 ff), bei der Bemessung der Sperrfrist (dazu § 69a Rdn. 54) sowie unter den Voraussetzungen des § 69a Abs. 7 bei der nachträglichen Sperrfristverkürzung (allgemein hierzu § 69a Rdn. 90 ff).
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Zur missglückten Formulierung der Vorschrift M. Bruns KK § 111a Rdn. 19; Hauck LR § 111a Rdn. 74. S. auch M. Bruns KK § 111a Rdn. 21c; Hauck LR § 111a Rdn. 85. Hauck LR § 111a Rdn. 79; Warda MDR 1965 1, 2.
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6. Entschädigung. Erleidet der Beschuldigte durch den Vollzug einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) einen Schaden, ist er aus der Staatskasse zu entschädigen, wenn er freigesprochen wird bzw. das zuständige Gericht von der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis absieht. Gleiches gilt, wenn das Verfahren gegen ihn – wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 3 StrEG ergibt: obligatorisch (z.B. nach § 170 Abs. 2, § 206a Abs. 1 oder § 260 Abs. 3 StPO) – eingestellt wird oder das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn ablehnt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 StrEG). Zu den entschädigungsfähigen Strafverfolgungsmaßnahmen zählt auch die zur Sicherung der Einziehung erfolgte Beschlagnahme bzw. Sicherstellung des Führerscheins (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG); die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG ist allerdings gegenüber deren Nr. 5 subsidiär.827 Obligatorisch ausgeschlossen ist eine Entschädigung unter den Voraussetzungen des § 5 StrEG. Für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist zum einen der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 1 StrEG einschlägig. Danach scheidet eine Entschädigung aus, wenn die „Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt“, d.h. im Fall der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis das Gericht die Anrechnung der vorläufigen Führerscheinmaßnahme auf das nach § 44 verhängte Fahrverbot im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach § 51 Abs. 5 (i.V.m. Abs. 1 Satz 2) im Entscheidungstenor ausdrücklich ausschließt (hierzu König LK § 44 Rdn. 75). Auf diese Weise ist bereits gerichtlich dokumentiert, dass der Beschuldigte sich die Strafverfolgungsmaßnahme selbst zuzuschreiben hat. Ausgeschlossen ist eine Entschädigung zum anderen, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis endgültig angeordnet wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StrEG). Dieser gesetzliche Ausschlussgrund ist erforderlich, weil die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis auch bei – grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch begründendem (§ 2 Abs. 1 StrEG) – Freispruch wegen erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit in Betracht kommt (dazu bereits Rdn. 80 f). Die vorläufige Maßnahme ist in diesem Fall somit ebenso durch die abschließende gerichtliche Entscheidung gedeckt. Eine Entschädigung ist des Weiteren ausgeschlossen, wenn von der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nachträglichen Wegfalls ihrer Voraussetzungen abgesehen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Var. 2 StrEG). Erfasst ist die Konstellation, dass die vorläufige Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Anordnung zwar rechtmäßig war, der Zweck der Maßregel jedoch durch nachträgliche Ereignisse und Entwicklungen (z.B. infolge der Wirkung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen, aufgrund einer Nachschulung oder sonstiger Ereignisse) bereits vor der abschließenden Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis erreicht wurde (hierzu Rdn. 94 ff). Nicht zuletzt ist eine Entschädigung schließlich ausgeschlossen, soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst verursacht hat (§ 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG). Diese – auf dem Gedanken mitwirkenden Verschuldens (§ 254 BGB) beruhende828 – Generalklausel kommt in der Praxis vor allem bei Alkoholdelikten im Straßenverkehr in Betracht.829 Maßgebliches Abgrenzungskriterium für grobe Fahrlässigkeit ist der Grad der Alkoholisierung und die objektiv festgestellte Auffälligkeit des Verhaltens.830
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827 OLG Stuttgart VM 1983 45, 45; Kunz MK-StPO § 2 StrEG Rdn. 65. 828 S. nur BGH NJW 1975 350, 351; OLG Celle NJW 1971 2322, 2323. 829 Hierzu etwa mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen Kunz MK-StPO § 5 StrEG Rdn. 66 ff; Sandherr DAR 2007 420, 421 ff. 830 Kunz MK-StPO § 5 StrEG Rdn. 67.
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Die Entschädigungspflicht kann vor allem dann von Bedeutung sein, wenn der Betroffene auf die Fahrerlaubnis beruflich angewiesen ist und durch den vorübergehenden Zwangsausschluss aus dem Straßenverkehr einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. Gegenstand der Entschädigung ist nämlich der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden (§ 7 Abs. 1 StrEG), soweit er nachweisbar den Betrag von € 25 übersteigt (§ 7 Abs. 2 StrEG). Die Beweislast für Entstehung und Umfang des Schadens trägt der Beschuldigte.831 VII. Verfahrensrechtliches
1. Richterliche Hinweispflicht. Zieht das Gericht eine Entziehung der Fahrerlaubnis – bzw. bei deren Fehlen eine isolierte Sperrfrist832 – in Betracht, kann nach § 265 Abs. 1, Abs. 2 StPO eine entsprechende Hinweispflicht entstehen. Dies gilt nicht zuletzt dann, wenn die Anklage, der Eröffnungsbeschluss oder der Strafbefehl, gegen den Einspruch eingelegt wird, auf die Möglichkeit einer solchen Maßregel nicht hinweist.833 Ein Hinweis auf ein Fahrverbot reicht nicht aus, da es sich bei einer Nebenstrafe um eine qualitativ andere Sanktionsform als bei der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis handelt.834 Unerheblich ist, ob in der Hauptverhandlung neue Tatsachen hervorgetreten sind, welche die Anordnung der Maßregel rechtfertigen (§ 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO), oder ob das Gericht die Maßnahme bei gleichbleibendem Sachverhalt infolge anderer Beurteilung erwägt.835 260 Erforderlich ist ein (als „vorgeschriebene Förmlichkeit“ im Sinne des § 274 Satz 1 StPO protokollierungspflichtiger) besonderer Hinweis durch das erkennende Gericht selbst. Ein entsprechender Hinweis durch den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft (z.B. durch entsprechenden Antrag im Schlussvortrag)836 oder auch der Antrag des Verteidigers in seinem Schlussplädoyer, von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen,837 genügt nicht. Unterbleibt der erforderliche richterliche Hinweis, „beruht“ im Sinne des § 337 StPO ein Urteil hierauf jedoch nur, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte bei einem entsprechenden Hinweis anders verteidigt,838 z.B. den Einspruch gegen einen Strafbefehl möglicherweise wieder zurückgenommen hätte.839 259
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2. Notwendige Verteidigung. Anders als etwa bei der Maßregel des Berufsverbots sieht § 140 Abs. 1 StPO keine notwendige Verteidigung bei drohender Entziehung der Fahrerlaubnis vor. Auf die für das Berufsverbot einschlägige Vorschrift des § 140 Abs. 1 Nr. 3 StPO kann selbst dann nicht zurückgegriffen werden, wenn einem Berufskraftfahrer die Fahrerlaubnis entzogen wird und er dadurch faktisch einem Berufsverbot unterliegt. Ebenso wenig ist die Vorschrift entsprechend anwendbar.840
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831 Kunz MK-StPO § 5 StrEG Rdn. 13. 832 BGH nach Kusch NStZ 1994 25; KG BA 52 (2015) 422, 423; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 34. 833 BGH StV 1991 198; StraFo 2003 276; KG BA 52 (2015) 422, 423; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 106. 834 BayObLG DAR 2004 400, 400. 835 S. nur BGHSt 18 288, 289; BayObLG DAR 2004 400, 400; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30, 31; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 106; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 44. 836 BGH nach Kusch NStZ 1994 25; BayObLG VRS 62 (1982) 129, 129; DAR 2004 400, 400; KG BA 52 (2015) 422, 423; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30, 31. 837 BayObLG VRS 62 (1982) 129, 129; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30, 31. 838 OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30, 31 f. 839 BayObLG VRS 62 (1982) 129, 130; DAR 2004 400, 400. 840 Thomas/Kämpfer MK-StPO § 140 Rdn. 15; Willnow KK § 140 Rdn. 10.
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Die Notwendigkeit einer Verteidigung allein aufgrund einer drohenden Entziehung 262 der Fahrerlaubnis kann sich folglich allenfalls unter den Voraussetzungen der Generalklausel des § 140 Abs. 2 StPO ergeben. In Betracht kommt dies nicht zuletzt „wegen der Schwere der Tat“, die sich nicht nur nach der zu erwartenden Strafe, sondern auch nach der Schwere der Maßregel oder sonstigen schwerwiegenden Nachteilen bestimmt, die der Angeklagte infolge der Verurteilung zu befürchten hat.841 Insbesondere eine drohende unbefristete Entziehung der Fahrerlaubnis842 oder die Anordnung einer Sperre mit dem zeitlichen Höchstmaß von fünf Jahren843 kann deshalb die Bestellung eines Verteidigers rechtfertigen. Eine (in erster Instanz in Höhe von vier Jahren ausgesprochene) langjährige Sperrfrist allein reicht hingegen in aller Regel noch nicht aus.844 Etwas anderes kann in diesem Fall aber gelten, wenn der Beschuldigte beruflich dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist.845 Auch gegenüber Jugendlichen und Heranwachsenden scheint die Praxis (über § 68 JGG hinaus) jedenfalls dann verstärkt eine notwendige Verteidigung anzunehmen, wenn außer einer nicht unerheblichen freiheitsentziehenden Strafe zusätzlich die Entziehung der Fahrerlaubnis mit langfristiger Sperre droht.846 3. Belehrungspflicht nach Urteilsverkündung. Eine Belehrungspflicht, wie sie 263 dem Vorsitzenden hinsichtlich des Beginns der Verbotsfrist beim Fahrverbot gesetzlich obliegt (§ 268c StPO), fehlt bei der Entziehung der Fahrerlaubnis. Ungeachtet dessen empfiehlt sich im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Gerichts und zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten auch bei der Entziehung der Fahrerlaubnis eine Belehrung über Wirkung und Beginn der Wirksamkeit dieser Maßregel sowie die strafrechtlichen Folgen einer Nichtbeachtung (§ 21 StVG). 4. Verständigung. Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen gemäß § 257c 264 Abs. 2 Satz 3 StPO nicht Gegenstand einer Verständigung sein. Unstreitig ist insoweit, dass jedenfalls über die Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis als solche keine Verständigung erfolgen, hierauf etwa nicht im Wege einer Urteilsabsprache verzichtet werden darf.847 Ob hingegen mit einer bislang vereinzelten Ansicht zwischen der Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis als solcher und der Bestimmung einer Sperrfrist als „Folgeentscheidung“ unterschieden werden kann, so dass die letztgenannte Entscheidung einer Verständigung zugänglich sei,848 erscheint äußerst fraglich. Hierbei wird bereits vernachlässigt, dass es sich bei der Anordnung einer Sperre um eine von der Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich unabhängige Maßregel handelt (siehe etwa schon Rdn. 182). Und gewissermaßen zwischen „Ob“ und „Wie“ einer Maßregel, d.h. zwischen der Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis (bzw. an sich der Sperre)
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841 S. nur OLG Jena StraFo 2005 200; Lüderssen/Jahn LR26 § 140 Rdn. 51; Thomas/Kämpfer MK-StPO § 140 Rdn. 28. 842 OLG Köln nach Molketin NZV 1989 94. 843 OLG Oldenburg nach Molketin NZV 1989 94. 844 OLG Zweibrücken VRS 69 (1985) 293, 294. 845 Lüderssen/Jahn LR26 § 140 Rdn. 59; s. schon H.-W. Schmidt MDR 1958 644, 645. 846 Vgl. OLG Hamm NJW 1957 1530 (mehrmonatige Freiheitsstrafe mit zweijähriger Sperre gegenüber einem Heranwachsenden); MDR 1977 599 (Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gegenüber einem Heranwachsenden, zudem Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und Entziehung der Fahrerlaubnis unter Bestimmung einer zweijährigen Sperrfrist). 847 OLG Nürnberg StraFo 2016 473, 476; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 62. 848 So OLG Nürnberg StraFo 2016 473, 476 f; ebenso wohl schon Altvater FS Rissing-van Saan 1, 5. Nach OLG Nürnberg StraFo 2016 473, 477 darf sogar eine feste Sperrfrist in Aussicht gestellt werden, da § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO nur für die Strafe, nicht aber für Maßregeln gelte, da insoweit eine Verständigung unzulässig sei (!).
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und der Dauer der Sperrfrist zu differenzieren, ergibt sich schlicht nicht aus dem Gesetz. Insoweit gehen auch Ausführungen fehl, dass sich das Verbot der Verständigung über Maßregeln nur bei den freiheitsentziehenden Maßregeln, „nicht jedoch hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis und erst recht nicht hinsichtlich der Dauer der Sperrfrist“ erschließe.849 Es ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber der unterschiedlichen Eingriffstiefe der verschiedenen Maßregeln bewusst war.850 Gleichwohl hat er insoweit unterschiedslos eine Verständigung ausgeschlossen. Demzufolge kann auch die Dauer der Sperrfrist nicht Gegenstand einer Verständigung sein.851 5. Rechtsmittel a) Rechtsmittelbeschränkungen aa) Allgemeines. Berufung und Revision können auf „bestimmte Beschwerdepunkte“ beschränkt werden (§ 318 Satz 1 und § 344 Abs. 1 StPO). Demzufolge kommt auch eine isolierte Anfechtung der Entscheidung nach § 69 in Betracht.852 Eine solche Beschränkung eines Rechtsmittels (oder auch eines sonstigen Rechtsbehelfs)853 auf einzelne Teile der in der Urteilsformel enthaltenen Entscheidung ist aber nach allgemeinen Grundsätzen nur zulässig, wenn das Rechtsmittelgericht nach Lage des Falles den angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich selbstständig, d.h. losgelöst von dem nicht angegriffenen Entscheidungsteil überprüfen und beurteilen kann und wenn die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (sog. Trennbarkeitsformel).854 Hingegen ist eine Beschränkung des Rechtsmittels unwirksam, wenn eine untrennbare Wechselbeziehung zwischen angefochtenem und nicht angefochtenem Teil der Entscheidung besteht oder wenn beiden Entscheidungen im Wesentlichen inhaltsgleiche Erwägungen zu Grunde liegen, so dass eine selbstständige Prüfung allein des angefochtenen Teils nicht ohne die Gefahr von Widersprüchen möglich ist.855 Von der Problematik der Rechtsmittelbeschränkung ist die Frage zu unterscheiden, welche Grenzen dem Zweitgericht durch das Verschlechterungsverbot (§ 331 Abs. 1 und § 358 Abs. 2 StPO) gesetzt sind; hierzu nachfolgend Rdn. 276 ff. Relevant wird die Zulässigkeit der Beschränkung eines Rechtsmittels vor allem in 266 Bezug auf den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch. So ist eine isolierte Anfechtung des Rechtsfolgen-, d.h. des Straf- und Maßregelausspruchs insgesamt, zulässig, soweit dessen erschöpfende Nachprüfung möglich ist, ohne dass zugleich die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen zum Schuldspruch berührt werden.856 Eine getrennte Anfechtung ist hingegen nicht zuletzt ausgeschlossen, soweit sich Ele265
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849 OLG Nürnberg StraFo 2016 473, 477; zu Recht abl. König DAR 2017 362, 374: „Das letztgenannte Argument stellt unverhohlene Gesetzeskritik dar und führt deshalb nicht weiter.“. Krit. zwar auch Eschelbach BeckOK-StPO § 257c Rdn. 11.4, der aber ebenso darauf verweist, dass dies Gesetz sei. 850 Ebenso König DAR 2017 362, 374. 851 Jahn/Kudlich MK-StPO § 257c Rdn. 115; Hentschel/König/Dauer/König § 69a Rdn. 2; Stuckenberg LR26 § 257c Rdn. 29; Weider FS Rissing-van Saan 731, 738 f; hierzu tendierend auch Meyer-Goßner/Schmitt § 257c Rdn. 9. 852 S. nur Fischer Rdn. 56; Heuchemer BeckOK Rdn. 53; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 73. 853 Zum Einspruch gegen einen Strafbefehl OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 184 f. 854 S. nur RGSt 65 296, 296 f; BGHSt 24 185, 187 f; 47 32, 35; OLG Hamburg NStZ-RR 2006 181, 19; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 110; Eschelbach BeckOK-StPO § 318 Rdn. 10; Quentin MK-StPO § 318 Rdn. 16; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 6 f. 855 BGHSt 47 32, 35 f; OLG Nürnberg NZV 2007 642, 642; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 110; Eschelbach BeckOK-StPO § 318 Rdn. 10; Paul KK § 318 Rdn. 1. 856 Paul KK § 318 Rdn. 7; Quentin MK-StPO § 318 Rdn. 34.
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mente des Schuldspruchs auch auf die Voraussetzungen einer anwendbaren Rechtsfolge erstrecken, folglich sog. doppelrelevante Tatsachen vorliegen, die sowohl für die Beurteilung der angefochtenen Entscheidungsteile von Bedeutung sind als auch zugleich den unangefochtenen Teil der Entscheidung tragen.857 Zudem kann ein Rechtsmittel nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden, wenn die Feststellungen zum Schuldspruch so lückenhaft, widersprüchlich oder dürftig sind, dass sie keine hinreichend sichere Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden,858 etwa den Unrechts- oder Schuldgehalt der Tat nicht (einmal in groben Zügen) erkennen lassen.859 Soweit nach diesen Grundsätzen eine Rechtsmittelbeschränkung zulässig ist, er- 267 wächst der nicht angefochtene Entscheidungsteil in (Teil-)Rechtskraft. Ist die Beschränkung des Rechtsmittels hingegen unwirksam, ist der gesamte Urteilsspruch angefochten.860 Dies hat etwa zur Folge, dass eine Berufung der Staatsanwaltschaft trotz (unzulässiger) Beschränkung „auf das Strafmaß“ oder auf die Strafaussetzung zur Bewährung (zur Möglichkeit einer Rechtsmittelbeschränkung innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs sogleich Rdn. 270 ff) die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis selbst dann miterfasst, wenn diese überhaupt nicht beantragt oder im angefochtenen Urteil nicht angeordnet worden ist. In einem solchen Fall hat das Berufungsgericht folglich auch die Entziehung der Fahrerlaubnis von Amts wegen mitzuprüfen.861 bb) Einzelne Fallgestaltungen. (1) Bei der isolierten Anfechtung des Schuld- 268 spruchs ist zu beachten, dass die Maßregel des § 69 stets die Begehung einer rechtswidrigen Tat voraussetzt, aus der sich die Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt. In der Regel ist daher eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Schuldspruch und somit die Ausklammerung der Entziehung der Fahrerlaubnis unwirksam.862 Auch einem Angeklagten, der wegen mehrerer realkonkurrierend begangener Taten zu einer Gesamtstrafe verurteilt und gegen den die Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen wird, ist es somit verwehrt, sein Rechtsmittel nur auf den Schuldspruch wegen eines dieser Tatbestände zu beschränken, sofern die allein angefochtene Einzeltat (etwa als Regelfall nach Absatz 2) für die Entziehung der Fahrerlaubnis zumindest mitbestimmend war.863 Zulässig ist eine derartige Beschränkung des Rechtsmittels indessen dann, wenn sich die Maßregelentscheidung aufgrund eines anderen auf den festgestellten Sachverhalt anwendbaren Strafgesetzes rechtfertigen lässt (und somit aufrechterhalten bleiben kann); dies gilt beispielsweise, wenn die isoliert angefochtene Tat keine nach § 69 taugliche Anlasstat ist. (2) Eine isolierte Anfechtung des Rechtsfolgenausspruchs ist zulässig, wenn 269 dessen Überprüfung möglich ist, ohne die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen zum Schuldspruch zu berühren (siehe schon Rdn. 266), die Schuldfest-
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857 S. nur BGHSt 47 32, 38; Paul KK § 318 Rdn. 7b; Quentin MK-StPO § 318 Rdn. 21. 858 BGHSt 62 155, 161 f; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2015 150; OLG Köln BA 9 (1972) 351, 351; StraFo 1998 120, 121; OLG München NZV 2014 51, 52; Paul KK § 318 Rdn. 7a; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 16. 859 OLG Düsseldorf VRS 70 (1986) 137, 138; OLG Hamm VRS 30 (1966) 203, 204; OLG Köln VRS 68 (1985) 278, 280. 860 OLG Naumburg NStZ 2018 238, 239; Paul KK § 318 Rdn. 10; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 32. 861 OLG Hamburg VRS 44 (1973) 187, 188. 862 BGH VRS 25 (1963) 426, 427; OLG Schleswig VRS 29 (1965) 266, 267; s. auch OLG Saarbrücken ZfS 2001 518, 519 zum Teilfreispruch von dem Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort bei verbleibender Verurteilung (nur) wegen fahrlässiger Körperverletzung. 863 OLG Koblenz VRS 53 (1977) 339, 341; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 73.
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stellungen folglich eine hinreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung ergeben. 864 Einer wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch steht hierbei noch nicht entgegen, dass der Schuldspruch selbst fehlerhaft oder unvollständig ist (zu lückenhaften und widersprüchlichen Feststellungen zum Schuldspruch siehe hingegen Rdn. 266).865 Unzulässig ist eine isolierte Anfechtung des Rechtsfolgenausspruchs insbesondere dann, wenn eine so enge Verbindung zwischen den Erörterungen zur Schuld- und Straffrage besteht, dass eine eigenständige Überprüfung ausgeschlossen ist (siehe ebenfalls schon Rdn. 266).866 Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis dürfte mit der herrschenden Einschätzung ein solcher untrennbarer Zusammenhang indessen nur selten zu bejahen und die Entscheidung über die Anordnung dieser Maßregel von dem Schuldspruch in aller Regel unabhängig sein.867 270
(3) Innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs ist eine weitere Beschränkung des Rechtsmittels nach allgemeinen Grundsätzen (Rdn. 265) zulässig, soweit ebenso die einzelnen Rechtsfolgen auf unterschiedlichen Feststellungen beruhen und zwischen ihnen auch sonst kein untrennbarer innerer Zusammenhang besteht.868 Ob dies der Fall ist, kann nur aufgrund des angefochtenen Urteils selbst überprüft werden; Umstände, die im Urteil nicht erwähnt werden, können nicht berücksichtigt werden.869 Jedenfalls dem Grundsatz nach ist eine Teilanfechtung der Maßregelentscheidung der §§ 69, 69a870 bzw. deren Ablehnung871 durchaus anerkannt. Nicht zuletzt kommt eine isolierte Anfechtung des Maßregelausspruchs in Betracht, wenn körperliche oder geistige Mängel die Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen.872 Sieht das Gericht von Strafe ab (§ 60), ist ebenso eine (zulässigerweise; Rdn. 77) daneben ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis getrennt anfechtbar, soweit beide Entscheidungen auf voneinander unabhängigen Erwägungen beruhen.873 Des Weiteren ist eine solche Beschränkung des Rechtsmittels wirksam, wenn nicht die Feststellungen, welche die Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. die isolierte Sperrfrist tragen, in Frage gestellt werden, sondern auf der Basis der tatrichterlichen Feststellungen lediglich die Maßregelentscheidung als rechtsfehlerhaft angegriffen wird.874 Sollte das Rechtsmittel wirksam
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864 OLG Bamberg BA 50 (2013) 87, 88. 865 OLG Köln StraFo 2017 193, 194. 866 Paul KK § 318 Rdn. 7a. 867 OLG Stuttgart NZV 1997 316, 317; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 111; Gössel LR26 § 318 Rdn. 108; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 73; aA Heinitz JZ 1960 32, 34. 868 S. etwa KG VRS 133 (2017) 133, 134; BA 55 (2018) 442, 442; ferner Paul KK § 318 Rdn. 8. 869 KG VRS 133 (2017) 133, 134; BA 55 (2018) 442, 442, jeweils zur Beschränkung einer Berufung auf den Strafausspruch unter Aufrechterhaltung der Sperrfrist. 870 S. etwa KG VRS 109 (2005) 278, 279; OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 184 f; OLG Hamm BA 18 (1981) 274, 275; zur Anfechtung der Anordnung einer isolierten Sperrfrist KG BA 52 (2015) 422; zur Anfechtung lediglich der Beschränkung der Sperre OLG Köln VRS 68 (1985) 278. 871 OLG Dresden VRS 109 (2005) 172, 173; OLG Frankfurt a.M. NZV 2002 382, 383; OLG Oldenburg NJW 1969 199, 199; OLG Stuttgart NZV 1997 316, 317. 872 BGHSt 10 379, 382; OLG Frankfurt a.M. NZV 1996 414, 414; OLG Jena BA 47 (2010) 361, 363; OLG Rostock NZV 2008 472, 473; Quentin MK-StPO § 318 Rdn. 73; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 28; s. auch OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 185. 873 OLG Hamm VRS 43 (1972) 19, 22; Gössel LR26 § 318 Rdn. 110. 874 BGHSt 6 183, 184 (unzulässige nur teilweise Entziehung der Fahrerlaubnis); KG BA 52 (2015) 422, 422 f; OLG Dresden VRS 109 (2005) 172, 173; OLG Frankfurt a.M. NZV 2002 382, 383; OLG Oldenburg NJW 1969 199, 199; OLG Schleswig VRS 54 (1978) 33, 34; OLG Stuttgart NZV 1997 316, 317; LG Potsdam NStZ-RR 2003 19, 19; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 115; Fischer Rdn. 56; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 28. Vgl. auch OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2014 220, 221 für den Fall, dass die Gesamtstrafenbildung
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auf die Maßregelentscheidung beschränkt werden, steht das Verschlechterungsverbot (hierzu im Allgemeinen Rdn. 276 ff) einer Heraufsetzung der Strafe (etwa im Hinblick auf den Wegfall der rechtsfehlerhaft angeordneten Maßregel) entgegen.875 Unwirksam ist eine isolierte Anfechtung der Maßregelentscheidung hingegen zum 271 einen, wenn die Feststellungen zur Schuldfrage so lückenhaft oder widersprüchlich sind, dass das Rechtsmittelgericht die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (und deren voraussichtliche Dauer) nicht selbstverantwortlich zu beurteilen vermag (siehe schon Rdn. 266). Ebenso wenig kann das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft wirksam auf die unterbliebene Entziehung der Fahrerlaubnis beschränkt werden, wenn der Angeklagte wegen (nicht ausschließbarer) Schuldunfähigkeit (§ 20) freigesprochen wird und das Vorgericht von der Entziehung der Fahrerlaubnis absieht. Da sich die Frage der Ungeeignetheit des Angeklagten von der Frage seiner Schuldfähigkeit in aller Regel nicht trennen lässt, wird mit der Maßregelentscheidung zugleich der Freispruch mitangefochten.876 Nichts anderes gilt, soweit der wegen (nicht ausschließbarer) Schuldunfähigkeit freigesprochene Angeklagte die gegen ihn angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis anfechten will.877 Zum anderen bleibt zu beachten, dass von der Maßregel eine eigene Übelswirkung 272 ausgeht, die das Maß schuldgerechter Vergeltung verringern und sich folglich bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten auswirken kann.878 Ausgeschlossen bleibt folglich die Teilanfechtung nur der Maßregelentscheidung, wenn doppelrelevante Tatsachen angegriffen werden, die sowohl für das Strafmaß als auch für die Maßregelanordnung von Bedeutung sind. Ein unlösbarer wechselseitiger Zusammenhang zwischen beiden Sanktionen ist immer dann anzunehmen, wenn die Strafe wegen der Entziehung der Fahrerlaubnis oder umgekehrt diese wegen der Strafe bewusst milder bemessen wird.879 Dies wird nicht zuletzt dann zu bejahen sein, wenn die Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Defizite entzogen wird.880 Da in diesem Zusammenhang ebenso wie für die Strafzumessungserwägungen im Rahmen des § 46 die Persönlichkeit des Täters, dessen Vorleben und Lebensführung, etwaige Vorstrafen und sonstige Gesichtspunkte wie etwa eine notstandsähnliche Situation beurteilt werden, richtet sich ein Angriff gegen die Strafzumessung zwingend auch gegen die Maßregelentscheidung nach §§ 69, 69a881 und umgekehrt.882 Hat die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auf die Nichtentziehung
_____ wegen Verkennung einer Zäsurwirkung rechtlich nicht zulässig war. AA hingegen wegen der inneren Wechselbeziehung beider Rechtsfolgen Geppert LK12 § 69 Rdn. 237. 875 OLG Frankfurt a.M. NZV 2002 382, 382; LG Potsdam NStZ-RR 2003 19, 19. 876 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 112; Franke LR26 § 344 Rdn. 58 und 52; ebenso i. Erg. BayObLG NStZ 1985 90, 91. 877 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 112; Franke LR26 § 344 Rdn. 58 und 52a. 878 S. die Bedenken bei Geppert LK12 Rdn. 237 f; ausführl. ders. S. 166 ff. 879 S. nur BayObLG NZV 2005 592, 592; OLG Dresden VRS 109 (2005) 172, 173; OLG Frankfurt a.M. NZV 2002 382, 383; OLG Stuttgart NZV 1997 316, 317; Gössel LR26 § 318 Rdn. 108; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 28. S. etwa auch AG Gemünden BA 49 (2012) 50, 51, wonach das (fragliche; s. Fn. 406) Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis durch eine angemessene Erhöhung der bei der erkannten Geldstrafe zu verhängenden Tagessätze kompensiert wurde. 880 BGHSt 10 379, 382; KG VRS 109 (2005) 278, 279; VRS 133 (2017) 133, 134; BA 55 (2018) 442, 443; OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 185; OLG Frankfurt a.M. NZV 1996 414, 414; OLG Hamm BA 18 (1981) 274, 275; OLG Jena BA 47 (2010) 361, 363; OLG Köln VRS 68 (1985) 278, 279; OLG Rostock NZV 2008 472, 473; OLG Stuttgart VRS 46 (1974) 103, 104; Fischer Rdn. 56; SSW/Harrendorf Rdn. 51; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 73; Kretschmer MK-StVR Rdn. 66. 881 OLG Koblenz NZV 2008 367, 369. 882 KG VRS 109 (2005) 278, 279; OLG Hamburg BeckRS 2019 7325 Rdn. 6; OLG Köln VRS 90 (1996) 123, 124.
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der Fahrerlaubnis beschränkt, ist in diesen Fällen wegen der engen Wechselbeziehung zwischen Strafe und speziell der Maßregel des § 69 somit in aller Regel infolge der Unwirksamkeit der Beschränkung zugleich der Rechtsfolgenspruch insgesamt ergriffen.883 In einem solchen Fall hat das Zweitgericht auch zu prüfen, ob gegen den Angeklagten nicht „wenigstens“ ein Fahrverbot zu verhängen ist.884 (4) Denkbar ist auch eine isolierte Anfechtung von Teilen innerhalb der Maßregelanordnung.885 Weil die Dauer der Sperre im Wesentlichen nach denselben Kriterien bestimmt wird wie die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. über die Anordnung der Sperre als solche (näher § 69a Rdn. 42), ist aber jedenfalls eine Rechtsmittelbeschränkung nur auf die Länge der Sperrfrist nach heutiger Praxis in aller Regel ausgeschlossen.886 Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn die Gründe für die Entziehung der Fahrerlaubnis einerseits und für die Bemessung der Sperrfrist andererseits trennbar sind,887 z.B. die Teilanfechtung ausschließlich der Klärung rechtlicher Streitfragen bei Berechnung der Sperrfrist dient.888 274 Ebenso scheidet eine getrennte Beurteilung der Bewilligung einer Ausnahme bestimmter Kraftfahrzeugarten von der Sperre (§ 69a Abs. 2) in der Regel aus, da zwischen den diesbezüglichen Überlegungen einerseits und den Erwägungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis und zur Bemessung der Sperrfrist andererseits gewöhnlich eine Wechselbeziehung besteht.889 Eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung auf die Entscheidung zu § 69a Abs. 2 ist jedoch möglich, soweit allein der Kreis der in Frage stehenden Kraftfahrzeugarten zu klären und somit auszuschließen ist, dass die Entscheidung zu § 69a Abs. 2 die Maßregelentscheidung im Übrigen mitbeeinflusst hat.890 273
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(5) Grundsätzlich an sich getrennt anfechtbar sind die Entscheidungen über die Maßregeln der §§ 69, 69a einerseits und über die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56) andererseits, unterscheiden sich diese Rechtsfolgenaussprüche doch nach ihren Zielen und Voraussetzungen wesentlich (dazu bereits Rdn. 78).891 Möglich sind demzufolge sowohl eine Anfechtung nur der Maßregelentscheidung unter Ausklammerung der Strafaussetzung zur Bewährung892 als auch eine Teilanfechtung nur der Zubilligung bzw. Ver-
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883 Vgl. BGH BA 38 (2001) 453, 453; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 73. 884 OLG Celle NJW 1968 1102, 1102; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 73. 885 Zum engen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64) und der Anordnung einer isolierten Sperrfrist OLG Hamm BA 54 (2017) 40, 43. 886 S. insofern vor allem BGH BeckRS 1979 00396 zur fehlerhaften Annahme des erhöhten Mindestmaßes nach § 69a Abs. 3; Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 64; Halecker/Scheffler AnwK § 69a Rdn. 32; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 29; aA noch BGH VRS 21 (1961) 262, 263; VRS 21 (1961) 263, 266; OLG Bremen DAR 1965 216, 217; OLG Karlsruhe VRS 48 (1975) 425, 425; OLG Koblenz VRS 52 (1977) 432, 433; deutlich strenger schon damals OLG Düsseldorf VM 1957 59. 887 KG VRS 33 (1967) 265, 266; VRS 40 (1971) 276, 276. 888 Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 64. 889 BayObLG VRS 66 (1984) 445, 446; NZV 1991 397; NZV 2005 592, 592; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 42, 42 f. 890 Vgl. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 161. 891 S. nur OLG Hamm BA 56 (2019) 205, 206; Fischer Rdn. 57; Quentin MK-StPO § 318 Rdn. 62; and. wohl OLG Düsseldorf NZV 2000 51, wonach die Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung und die Anordnung einer Sperrfrist in der Regel unvereinbar seien; zurückhaltend auch Geppert LK12 Rdn. 240: „wirksame Beschränkung des Rechtsmittels insoweit jedoch auch nicht selten ausgeschlossen“. 892 BGH VRS 18 (1960) 347, 350.
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sagung der Aussetzung zur Bewährung.893 Das Rechtsmittel kann jedoch dann nicht wirksam beschränkt werden, wenn – wie nicht zuletzt bei der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Mängel894 – eine untrennbare Wechselbeziehung zwischen diesen Fragen besteht oder beiden Entscheidungen im Wesentlichen inhaltsgleiche Erwägungen (z.B. zur Persönlichkeit des Täters) zugrunde liegen.895 Auch in dieser Fallgruppe sind Rechtsmittelbeschränkungen ferner unwirksam, wenn die Feststellungen zur Schuld derart lückenhaft sind, dass das Zweitgericht die isoliert angefochtene Zubilligung bzw. Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung nicht eigenverantwortlich nachprüfen kann (siehe schon Rdn. 266).896 b) Verschlechterungsverbot aa) Allgemeines. Nach § 331 Abs. 1 und § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO darf das Urteil in 276 Art und Höhe der Rechtsfolgen nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich dieser selbst bzw. sein gesetzlicher Vertreter oder zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft ein Rechtsmittel einlegt. Auch die Maßregeln der §§ 69, 69a unterliegen somit dem Verschlechterungsverbot. Die Ausnahmeregelungen der § 331 Abs. 2 und § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO betreffen ihrem Wortlaut nach lediglich die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt. Folglich kann im Rechtsmittelverfahren weder die Entziehung der Fahrerlaubnis (Rdn. 279 f) noch eine (gegebenenfalls isolierte) Sperrfrist (Rdn. 281 f) nachgeholt werden. Zwar darf unter den Voraussetzungen der § 331 Abs. 1 bzw. § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO 277 das angefochtene Urteil „nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden“. Dies bedeutet indessen nicht, die Entscheidung zum Vorteil des Angeklagten ändern zu müssen. Das Verschlechterungsverbot verpflichtet folglich das Rechtsmittelgericht nicht dazu, bei für den Angeklagten günstigerer Beurteilung des Sachverhaltes den Rechtsfolgenausspruch entsprechend zu mildern. So verstößt es nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, wenn das erstentscheidende Gericht bei Tatmehrheit einheitlich auf Entziehung der Fahrerlaubnis erkannt hat und der Angeklagte in der Berufung zwar die Aufhebung der Verurteilung wegen einer der Taten erreicht, das Berufungsgericht die Maßregel als Rechtsfolge der verbliebenen anderen Tat jedoch nach wie vor für erforderlich hält.897 Von der Nachholung einer Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht ist die Be- 278 richtigung durch das erkennende Gericht selbst zu unterscheiden. Sollte etwa die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund eines offensichtlichen Schreibversehens im Tenor unterblieben sein, sich folglich aus den Urteilsgründen unzweifelhaft ergeben, dass auch eine Entziehung der Fahrerlaubnis hätte angeordnet werden sollen, kann dies nach herrschender Meinung nach allgemeinen Grundsätzen im Wege der Berichtigung nach-
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893 BGHSt 47 32, 35 ff = JR 2002 113 m. zust. Anm. Geppert; OLG Hamm DAR 1955 254, 255; OLG Nürnberg NZV 2007 642; OLG Stuttgart NJW 1956 1119; Eschelbach BeckOK-StPO § 318 Rdn. 13; Paul KK § 318 Rdn. 8a. 894 BGHSt 47 32, 36; KG BA 55 (2018) 442, 443; OLG Hamm BA 56 (2019) 205, 206; Eschelbach BeckOKStPO § 318 Rdn. 13. 895 OLG Nürnberg NZV 2007 642, 642; s. schon KG VRS 40 (1971) 276, 277; OLG Braunschweig NJW 1958 679, 680; OLG Köln VRS 16 (1959) 422, 423 f; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rdn. 28. 896 OLG Koblenz VRS 48 (1975) 16, 17; Quentin MK-StPO § 318 Rdn. 63. 897 Ebenso Kulemeier S. 134. Zum Parallelfall des Fahrverbots BayObLG DAR 1966 269, 270; s. hierzu auch König LK § 44 Rdn. 100.
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geholt werden.898 Freilich ist es nicht zulässig, auf diesem Wege eine sachliche Fehlentscheidung zu korrigieren. Eine „offensichtliche Unrichtigkeit“ des Urteilstenors sollte daher nicht allzu bereitwillig angenommen werden.899 bb) Einzelne Fallgestaltungen. (1) Hat das Amtsgericht die Fahrerlaubnis nicht entzogen, ist es dem Rechtsmittelgericht unstreitig verwehrt, die Entziehung der Fahrerlaubnis nachzuholen.900 Dies gilt auch dann, wenn das vorerkennende Gericht (nur) eine isolierte Sperrfrist festgesetzt hat.901 Unerheblich ist des Weiteren, ob von der Entziehung der Fahrerlaubnis zutreffend abgesehen wurde, z.B. weil dem Angeklagten die Fahrerlaubnis erst im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens (wieder) erteilt worden war,902 oder dies rechtsfehlerhaft geschah,903 etwa weil das Gericht die Entziehung der Fahrerlaubnis schlicht vergessen hat904 oder dies aufgrund der irrigen Annahme unterblieben ist, dass die Fahrerlaubnis bereits durch die Fahrerlaubnisbehörde905 oder über § 111a StPO (ergänzend Rdn. 230)906 entzogen wurde oder dass der Angeklagte überhaupt keine, auch keine ausländische907 Fahrerlaubnis besitzt.908 In all diesen Fällen bleibt die Sperre als solche zwar wirksam, lässt die (fortbestehende) bisherige Fahrerlaubnis aber unberührt;909 zur Gültigkeit einer während der Sperrfrist im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis siehe § 69b Rdn. 15 f. Die Entziehung der Fahrerlaubnis stellt gegenüber der bloßen Anordnung einer isolierten Sperre für den Angeklagten einen Nachteil dar, weil dieser bei Ausspruch auch dieser Maßregel die Fahrerlaubnis neu erwerben müsste.910 Gleiches gilt folgerichtig, wenn im Urteil zwar der Führerschein eingezogen, jedoch weder die Fahrerlaubnis entzogen noch eine Sperrfrist festgesetzt wurde. Hat das Erstgericht (unzulässigerweise; Rdn. 185) nur eine Teilentziehung ausge280 sprochen, indem es etwa bestimmte Kraftfahrzeugarten von der Entziehung der Fahrerlaubnis ausgenommen 911 oder nur die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung entzogen hat,912 kann das Berufungsgericht dies ebenso wenig zum Nachteil des Angeklagten ändern und die Fahrerlaubnis etwa vollumfänglich entziehen. Unzulässig ist auch eine Umdeutung in eine unbeschränkte Entziehung der Fahrerlaubnis mit einer Sperre, von 279
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898 BGH VRS 16 (1959) 370, 373; Fischer Rdn. 54; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 204; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 74; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 27; s. auch LG Zweibrücken NZV 2006 610, 610 zur Berichtigung eines offensichtlichen Schreibversehens im Tenor eines rechtskräftigen Strafbefehls; krit. hingegen Geppert LK12 Rdn. 248; SSW/Harrendorf § 69a Rdn. 14. 899 Fraglich daher etwa BGH NJW 1983 1744, 1745; s. hierzu auch OLG Koblenz VRS 50 (1976) 32, 34. 900 S. nur BGH VRS 30 (1966) 272, 274; OLG Bremen VRS 51 (1976) 278, 279; OLG Frankfurt a.M. VRS 52 (1977) 413, 414; OLG Karlsruhe VRS 59 (1980) 111, 112; OLG Koblenz VRS 51 (1976) 96, 98; OLG Köln VRS 61 (1981) 28, 30. 901 OLG Köln NJW 2010 2817, 2818; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 117; Gössel LR26 § 331 Rdn. 92; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 74; Paul KK § 331 Rdn. 7; Meyer-Goßner/Schmitt § 331 Rdn. 23. 902 OLG Bremen VRS 51 (1976) 278, 280; OLG Koblenz VRS 51 (1976) 96, 98; VRS 60 (1981) 431, 432. 903 LG München II DAR 2000 87, 88. 904 S. hierzu BGH VRS 47 (1974) 283; Fischer Rdn. 54; zum Strafbefehl LG Mannheim StV 1995 460. 905 OLG Braunschweig NdsRpfl 1961 230, 230. 906 OLG Koblenz VRS 50 (1976) 32, 34. 907 AA OLG Karlsruhe NJW 1972 1633, 1633 f mit bedenklichem Verweis auf die mögliche Nachholung der im Urteilstenor vergessenen Einziehung des Führerscheins (hierzu nachfolgend Rdn. 286). 908 OLG Hamm VkBl 1959 396. 909 OLG Koblenz VRS 60 (1981) 431, 432; OLG Köln VRS 61 (1981) 28, 30. Zur Bedeutung einer solchen „isolierten“ Sperre OLG Braunschweig NdsRpfl 1961 230, 230 f; OLG Hamm VkBl 1959 396. 910 OLG Köln NJW 2010 2817, 2818. 911 Vgl. etwa BGH NStZ 1983 168. 912 Vgl. BGH bei Holtz MDR 1982 623.
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der die betreffenden Kraftfahrzeugarten ausgenommen sind.913 Schließlich ist die Fahrerlaubnisbehörde nicht verpflichtet, dem Angeklagten ohne eigene Prüfung sogleich eine neue Fahrerlaubnis im Umfang der ausgenommenen Kraftfahrzeugarten etc. zu erteilen.914 (2) Ebenso wenig ist es mit dem Verschlechterungsverbot vereinbar, eine nicht angeordnete Sperre in der Rechtsmittelinstanz nachzuholen. Vielmehr kann die Fahrerlaubnisbehörde mangels Sperrfrist sofort eine neue Fahrerlaubnis ausstellen. Dies gilt zunächst für den Fall, dass das ersterkennende Gericht zwar die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet, indessen aber trotz deren Notwendigkeit (§ 69a Rdn. 1 und Rdn. 3) bewusst oder auch nur versehentlich keine Sperre bestimmt hat. Sollte das Erstgericht rechtsfehlerhaft von einer Sperre abgesehen haben, weil dies etwa im Hinblick auf die Wirkung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen nicht mehr notwendig erschien, liegt jedoch die Annahme nahe, dass das Gericht bereits die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis selbst verkannt hat. In diesem Fall wäre der fehlerhafte Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis aufzuheben.915 Das Verschlechterungsverbot bleibt gleichfalls zu beachten, wenn das Erstgericht weder eine Sperre noch die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet hat. Denn anders als die Einziehung des Führerscheins (dazu bereits Rdn. 201 sowie nachfolgend vor allem Rdn. 286) ist eine isolierte Sperre ausweislich von § 69a Abs. 1 Satz 3 nicht bloßes Akzessorium zur Maßregel, sondern bei fehlender (entziehbarer) Fahrerlaubnis eine selbstständige Maßregel der Besserung und Sicherung.916 Das Verbot der reformatio in peius steht auch dann entgegen, wenn das Berufungsgericht bereit wäre, die Verschlechterung im Maßregelausspruch durch eine Abmilderung der Straffolge auszugleichen. Denn selbst bei gleichzeitiger Abmilderung anderer Sanktionen wird das Verschlechterungsverbot nur dann nicht verletzt, wenn die Rechtsfolgen gegen im Wesentlichen gleichartige (und höchstens gleichschwere) Maßnahmen ausgetauscht oder durch (minderschwere) andersartige ersetzt werden. Ebenso wenig ist es mit dem Verschlechterungsverbot vereinbar, im Rechtsmittelzug die Länge der Sperrfrist zu erhöhen.917 Wegen der vorstehenden Erwägungen bleibt dies auch dann unzulässig, wenn die in der Vorinstanz verhängte Freiheitsstrafe durch das zweiterkennende Gericht zugleich zur Bewährung ausgesetzt wird.918 Uneinheitlich wird beurteilt, ob das Verschlechterungsverbot auch einer „faktischen“ Sperrfristverlängerung entgegensteht. Da die Sperre erst mit Rechtskraft des Urteils beginnt (§ 69a Abs. 5 Satz 1) und im Berufungsrechtszug keine Anrechnungsregelung existiert, wie sie für die Revisionsinstanz § 69a Abs. 5 Satz 2 vorsieht, kann sich bei vorläufigen Führerscheinmaßnahmen (§ 111a und § 94 Abs. 3 StPO) durch Einlegen der Berufung die Sperrfrist faktisch verlängern, wenn das Berufungsgericht trotz der bereits
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913 BGH NStZ 1983 168; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 117; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 46. 914 BGH NStZ 1983 168. 915 S. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 74; ebenso i. Erg. OLG Düsseldorf MDR 1979 602. 916 OLG Köln NJW 1965 2309, 2310; OLG Stuttgart NJW 1967 2071, 2072; Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 67; s. auch Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 50. 917 Statt vieler BayObLG NJW 1966 2371, 2372; OLG Celle VRS 39 (1970) 275, 276; OLG Frankfurt a.M. VRS 52 (1977) 413, 414; OLG Karlsruhe VRS 48 (1975) 425, 425 f; OLG Neustadt/Weinstraße NJW 1960 1483; OLG Stuttgart NJW 1967 2071, 2072; Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 68; Gössel LR26 § 331 Rdn. 90; Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 49. 918 Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 68; Halecker/Scheffler AnwK § 69a Rdn. 31; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 74; Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 50; Sinn SK § 69a Rdn. 18; zweifelnd Fischer Rdn. 58.
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zwischen Verkündung des erstinstanzlichen Urteils und der Berufungsverhandlung verstrichenen Zeit nochmals die gleiche (oder auch eine nur geringfügig kürzere) Sperre festsetzt oder auch nur die Mindestfrist des § 69a Abs. 4 Satz 2 zu beachten hat. In diesen Fällen ist nach einer Ansicht der Grundgedanke des Verschlechterungsverbots verletzt, so dass die Sperre in der Berufungsinstanz um die Dauer der vorläufigen Führerscheinmaßnahme zu kürzen sei.919 Anderenfalls könnte der Angeklagte angesichts der drohenden Nachteile von der Einlegung eines Rechtsmittels abgehalten werden.920 Folglich müsste der Berufungsrichter im Einzelfall sich über die vorgeschriebene Mindestsperrfrist hinweg- und eine kürzere Sperrfrist festsetzen921 bzw. auch völlig auf die Sperre verzichten und eine „isolierte Entziehung der Fahrerlaubnis“ verhängen.922 Solche Überlegungen sind indessen mit der geltenden Gesetzeslage nicht zu verein285 baren. Zwar steht der Angeklagte bei einem solchen Verfahrensablauf im Ergebnis schlechter als wenn er kein Rechtsmittel eingelegt hätte. Das Verschlechterungsverbot des § 331 Abs. 1 und § 358 Abs. 2 StPO steht dem aber nicht entgegen, weil es lediglich untersagt, das Urteil „in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat“ zum Nachteil des Angeklagten zu verändern. Zudem wird die Berücksichtigung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen im Rechtsmittelzug in § 69a Abs. 4 bis Abs. 6 abschließend normiert; dieser Spezialregelung kommt der Vorrang gegenüber § 331 Abs. 1 und § 358 Abs. 2 StPO zu.923 Die bei weitem herrschende Ansicht in der Rechtsprechung924 wie im Schrifttum925 sieht daher das Berufungsgericht durch das Verbot der reformatio in peius weder daran gehindert, die Sperrfristdauer unverändert beizubehalten,926 noch dazu verpflichtet, bei deren Bestimmung die bereits verstrichene Zeit seit dem vorinstanzlichen Urteil anzurechnen.927 Gleiches gilt für den neuen Tatrichter nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht.928 Maßgeblich für die Bemessung der Sperrfrist bleibt vielmehr auch in diesen Fällen allein die Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen.929 Hat der Erstrichter den Beginn einer fünfjährigen Sperrfrist entgegen § 69a Abs. 5 Satz 1 auf ein Datum festgelegt, an dem die in einem früheren Verfahren verhängte Sperrfrist abläuft (zur Unzulässigkeit einer sog. Anschlusssperre siehe § 69a Rdn. 7), wird das Verschlechterungsverbot daher nicht verletzt, wenn das Rechtsmittelgericht den Ausspruch über den Fristbeginn aufhebt und den Beginn der neuen Sperrfrist ohne Abkürzung ihrer Dauer auf die Rechtskraft seiner Entscheidung abstellt, selbst wenn die frühere Sperre im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts schon verstrichen ist.930 Hält der Tatrichter den Angeklagten infolge der bessernden Wirkung der vorläufi-
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919 Eickhoff NJW 1975 1007, 1007; Gollner GA 1975 129, 129 ff; Gontard FS Rebmann 211, 221. 920 Gollner GA 1975 129, 130; Gontard FS Rebmann 211, 221. 921 So Eickhoff NJW 1975 1007, 1008. 922 So Gollner GA 1975 129, 147; dagegen zu Recht Kaiser JR 1980 99, 100; hierzu auch Mollenkott ZRP 1980 199, 199 f. 923 Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 69. 924 OLG Hamm VRS 53 (1977) 342, 343; OLG Karlsruhe VRS 51 (1976) 204, 205; OLG Neustadt/Weinstraße NJW 1960 1483; OLG Saarbrücken MDR 1972 533. 925 Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 69; SSW/Harrendorf Rdn. 53; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 208; Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 49; s. auch schon BTDrucks. IV/650 S. 230. 926 OLG Karlsruhe VRS 51 (1976) 204, 205; OLG Koblenz VRS 65 (1983) 371, 372; OLG Neustadt/Weinstraße NJW 1960 1483; OLG Saarbrücken MDR 1972 533; Athing/von Heintschel-Heinegg MK § 69a Rdn. 69; SSW/Harrendorf Rdn. 53; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 208; Meyer-Goßner/Schmitt § 331 Rdn. 23. 927 BGH VRS 21 (1961) 335, 338. 928 OLG Naumburg DAR 2001 379, 380. 929 Fischer § 69a Rdn. 23. 930 BayObLG NJW 1966 896, 897.
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gen Führerscheinmaßnahme zwischenzeitlich indessen nicht mehr für ungeeignet, muss er auch in der Berufungsinstanz von der Entziehung der Fahrerlaubnis Abstand nehmen. (3) Das Verschlechterungsverbot gilt nicht für die Einziehung des Führerscheins. So- 286 fern die Vorinstanz lediglich die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet und eine Sperrfrist bestimmt hat, kann die im Urteilstenor vergessene Einziehung des Führerscheins im Rechtsmittelzug folglich auch dann nachgeholt werden, wenn nur der Angeklagte Rechtsmittel eingelegt hat.931 Schließlich handelt es sich hierbei um eine bloße Vollzugsmaßnahme polizeilicher Art (dazu bereits Rdn. 201), die gegenüber der im Urteil ausgesprochenen Entziehung und der dabei festgesetzten Sperrfrist keine Mehrbelastung darstellt.932 Da der Führerschein nur eine Urkunde zum Nachweis einer gültigen Fahrerlaubnis ist, hat ein Kraftfahrer, dem die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, keinen Anspruch auf weitere Belassung des Ausweispapiers. Bei Untätigkeit des Gerichts kann auch die Fahrerlaubnisbehörde die Ablieferung des Führerscheins anordnen (§ 3 Abs. 2 Satz 3 StVG). (4) Keinen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot stellt es schließlich dar, 287 wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Fahrverbot (§ 44) ersetzt wird.933 Nach der im Gesetz selbst zutage tretenden Wertigkeit erweist sich die Nebenstrafe des Fahrverbots als die bei weitem minder schwere Sanktion (hierzu König LK § 44 Rdn. 16 ff). Angesichts der mit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbundenen weiterreichenden Folgen bedeutet ein Austausch der Rechtsfolgen in dieser Richtung für den Angeklagten folglich keine Schlechterstellung.934 Zum umgekehrten Fall, d.h. zu dem (nach § 331 Abs. 1 und § 358 Abs. 2 StPO unzulässigen935) Übergang vom Fahrverbot zur Entziehung der Fahrerlaubnis, siehe König LK § 44 Rdn. 102. Mit dem Verschlechterungsverbot nicht vereinbar ist es indessen, die Anordnung einer isolierten Sperre durch ein Fahrverbot gemäß § 44 zu ersetzen;936 hierzu König LK § 44 Rdn. 104. c) Besonderheiten im Revisonsrechtszug. Soweit die Entscheidung über die Ent- 288 ziehung der Fahrerlaubnis von der diagnostischen und prognostischen Beurteilung der Eignungsfrage abhängt, ist sie Sache des Tatrichters und vom Revisionsgericht im Rahmen des Vertretbaren zu respektieren (siehe etwa schon Rdn. 136 zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Absatzes 2). Allerdings ist es dem Revisionsgericht unter den Voraussetzungen des § 354 Abs. 1a und Abs. 1b StPO ausdrücklich gestattet, auch Anordnungen von Maßregeln der Besserung und Sicherung zu treffen oder zu ändern, die der Tatrichter rechtsfehlerhaft unterlassen oder vorgenommen hat.937 Diese Vorgehensweise wurde schon vor Einfügung der § 354 Abs. 1a und Abs. 1b StPO durch
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931 Grdl. BGHSt 5 168, 178; ebenso BGH NStZ 1983 168; bei Kusch NStZ 1993 230; bei Kusch NStZ-RR 2000 39; BeckRS 2014 20659 Rdn. 1; OLG Karlsruhe NJW 1972 1633, 1634; OLG Köln NJW 1965 2309, 2310; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 93; Fischer Rdn. 53; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 46; SSW/Harrendorf Rdn. 53; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 74. 932 OLG Hamm VkBl 1959 396; Gössel LR26 § 331 Rdn. 96; Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 51. 933 Böse NK Rdn. 23; Eschelbach BeckOK-StPO § 331 Rdn. 38; Gössel LR26 § 331 Rdn. 93; MeyerGoßner/Schmitt § 331 Rdn. 23; Sinn SK Rdn. 26. 934 OLG Düsseldorf VRS 81 (1991) 184, 187; OLG Frankfurt a.M. NJW 1968 1793, 1794; OLG Stuttgart NJW 1968 1792, 1793; Gössel LR26 § 331 Rdn. 93; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 46; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 74; Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 49. 935 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 46; Quentin MK-StPO § 331 Rdn. 49. 936 Meyer-Goßner/Schmitt § 331 Rdn. 23. 937 S. nur Franke LR26 § 354 Rdn. 42; Meyer-Goßner/Schmitt § 354 Rdn. 26f, jeweils mit einschlägigen Beispielen zu §§ 69, 69a.
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das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24.8.2004938 praktiziert. So konnte das Revisionsgericht in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO über die Anordnung der Maßregel selbst entscheiden, wenn eindeutig erkennbar war, in welcher Weise der Tatrichter die Eignungsfrage „bei gerechter Abwägung“,939 d.h. bei umfassender Gesamtwürdigung aller für die Tat und die Person des Täters in Betracht kommenden Umstände beurteilt hätte, und weitere Ermittlungen und tatrichterliche Würdigungen folglich nicht mehr erforderlich waren.940 Dies wurde etwa angenommen, wenn der Tatrichter aus rechtsirrigen Erwägungen von einer unbefristeten Sperre abgesehen, die sachlichen Voraussetzungen dafür in tatsächlicher Hinsicht ansonsten aber rechtsirrtumsfrei festgestellt hatte. 941 Gleiches galt, wenn den Gründen des tatrichterlichen Urteils eine eindeutig bestimmte Sperre zu entnehmen war, der Tenor des angefochtenen Urteils infolge rechtsfehlerhafter Auslegung des § 69a Abs. 5 jedoch von einer falschen Frist ausging.942 Aus alledem folgt auch, dass das Revisionsgericht die Maßnahme (wiederum entsprechend § 354 Abs. 1 StPO) selbst aufheben kann, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den Feststellungen des Tatrichters nicht begründet ist und weitere Ermittlungen, die zu einer anderen Beurteilung der Eignungsfrage führen könnten, nicht ersichtlich sind.943 289
6. Wiederaufnahme des Verfahrens. Ist ein Antrag des Verurteilten auf Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig erklärt worden, kann die Vollstreckung einer angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis nicht gemäß § 360 Abs. 2 StPO vorläufig ausgesetzt werden.944 Dies ist selbst dann nicht möglich, wenn ein begründeter Anlass für die Annahme besteht, dass die Maßregel im Wiederaufnahmeverfahren wegfällt.945 Schließlich fehlt es an einer aufschub- wie unterbrechungsfähigen Vollstreckung, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis schon mit Rechtskraft der Entscheidung wirksam wird, ohne dass es zu ihrer Durchsetzung einer förmlichen Vollstreckung bedarf (Rdn. 199). Folglich kämen ein Aufschub oder eine Unterbrechung der „Vollstreckung“ (analog § 360 Abs. 2 StPO) allenfalls in der Weise in Betracht, dass die (für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis allein zuständige) Fahrerlaubnisbehörde eine neue Fahrerlaubnis erteilt. Hierzu kann der Strafrichter die Fahrerlaubnisbehörde, die im Übrigen die Fahrerlaubnis nur bei erwiesener Eignung (und somit nicht etwa nur bedingt) erteilen könnte,946 jedoch überhaupt nicht zwingen. Dieser Weg wird in der Praxis in aller Regel zudem daran scheitern, dass das Gericht die neue Fahrerlaubnis bei erfolgloser Wiederaufnahme nicht wieder entziehen könnte.947 Wird durch Beschluss gemäß § 370 Abs. 2 StPO die Wiederaufnahme des Verfah290 rens und die Erneuerung der Hauptverhandlung angeordnet, entfällt die Rechtskraft des Urteils und damit zugleich der nach § 69 eingetretene Rechtsverlust. Folglich erhält der Betroffene ab diesem Zeitpunkt die strafgerichtlich entzogene Fahrerlaubnis wieder. Weil der endgültige Ausgang des Wiederaufnahmeverfahrens aber noch offen ist, entfal-
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938 BGBl. I 2198. 939 OLG Karlsruhe VRS 48 (1975) 425, 426. 940 Vgl. auch BGHSt 6 398, 402. 941 OLG Stuttgart NJW 1956 1081, 1081 f. 942 OLG Koblenz VRS 53 (1977) 107, 108. 943 OLG Hamburg NJW 1955 1080, 1081. 944 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 119; Engländer/Zimmermann MK-StPO § 360 Rdn. 12; Gössel LR26 § 360 Rdn. 3; W. Schmidt KK § 360 Rdn. 6; Singelnstein BeckOK-StPO § 360 Rdn. 5. 945 Offengelassen von OLG Hamm VRS 38 (1970) 39. 946 BGH VM 1960 71. 947 Gössel LR26 § 360 Rdn. 3.
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tet der Wiederaufnahmebeschluss nach § 370 Abs. 2 StPO lediglich Wirkung für die Zukunft.948 Endet sodann das Wiederaufnahmeverfahren mit einer positiven Entscheidung 291 über den Wiederaufnahmeantrag, in der das frühere Urteil aufgehoben und von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wird, entfaltet diese Entscheidung ab Eintritt ihrer Rechtskraft nach der Rechtsprechung und inzwischen wohl auch herrschender Ansicht im Schrifttum rückwirkende Kraft. Der Verurteilte sei daher nunmehr so zu behandeln, als wäre ihm die Fahrerlaubnis nie entzogen worden. Da die entzogene Fahrerlaubnis ansonsten wieder neu verliehen werden müsste, könne die Maßregel nicht zwischen Eintritt der Rechtskraft und Wiederaufnahmebeschluss als wirksam betrachtet werden. Vielmehr könne eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis nur rückwirkend beseitigt werden.949 Demzufolge sei der Verurteilte auch nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) zu bestrafen, wenn er in dem genannten Zeitraum ein Kraftfahrzeug geführt habe, das er aufgrund seiner Fahrerlaubnis führen durfte.950 Unumstritten ist diese Ansicht indessen nicht. Zum einen wird darauf verwiesen, dass eine mit ihrer rechtskräftigen Entziehung endgültig erloschene Fahrerlaubnis nach der Systematik des Gesetzes nur durch die Fahrerlaubnisbehörde neu erteilt werden kann. Zum Ausgleich für zu Unrecht auferlegte strafrechtliche Rechtsfolgen sieht das StrEG (nur) entsprechende Entschädigungen vor.951 Zum anderen und nicht zuletzt handelt es sich bei der Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht um eine direkte Folgewirkung des später aufgehobenen Urteils, sondern um neues Unrecht des Verurteilten, der bewusst gegen ein zum Zeitpunkt der Tat rechtskräftiges Urteil, das aus Gründen der Rechtssicherheit bis zu seiner Aufhebung in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu respektieren ist, verstoßen hat.952 In der Tat ist mit den besseren Gründen eine solche Rückwirkung schon deshalb abzulehnen, weil die Strafbarkeit ansonsten rückwirkend entfiele.953 7. Kosten und Auslagen. Bei erfolgreichem Rechtsmittel fallen die Gerichtskos- 292 ten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last (§ 467 Abs. 1 StPO). Dies gilt gemäß § 473 Abs. 3 StPO auch bei der Einlegung eines nur beschränkten Rechtsmittels wie z.B. einer isolierten Anfechtung der Maßregelentscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis. Die Vorschrift des § 473 Abs. 3 StPO ist hierbei nicht nur auf den Fall einer wirksamen Rechtsmittelbeschränkung anwendbar, sondern ebenso dann, wenn eine Beschränkung des Rechtsmittels aus Rechtsgründen zwar nicht möglich ist, der Rechtsmittelführer jedoch von vornherein erklärt, nur dieses beschränkte Ziel zu verfolgen, das er im Ergebnis dann auch tatsächlich erreicht.954 Nach der unwiderleglichen Fiktion des § 473 Abs. 5 StPO („gilt als erfolglos“) stellt 293 es keinen Erfolg des Rechtsmittels dar, wenn die im angefochtenen Urteil angeordnete
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948 BayObLG NJW 1992 1120, 1120; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 119; hierzu auch Mitsch NZV 2012 512, 514 f. 949 BayObLG NJW 1992 1120, 1120. 950 BayObLG NJW 1992 1120, 1121 m. krit. Bespr. Groß NStZ 1993 221 (m. Erw. Asper NStZ 1994 171 und Entgegnung Groß NStZ 1994 173); ebenso Heuchemer BeckOK Rdn. 48; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 75; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 221; Meyer-Goßner/Schmitt § 370 Rdn. 11. 951 Groß NStZ 1993 221, 222. 952 Groß NStZ 1993 221, 222; s. auch Mitsch NZV 2012 512, 515. 953 Kretschmer MK-StVR Rdn. 69; Mitsch NZV 2012 512, 515. 954 KG VRS 109 (2005) 278, 279; OLG Celle NJW 1975 400, 400; OLG Hamm VRS 50 (1976) 375, 375; OLG Rostock NZV 2008 472, 473; Maier MK-StPO § 473 Rdn. 156 f; Meyer-Goßner/Schmitt § 473 Rdn. 22; vgl. generell auch BGHSt 19 226, 229 f.
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§ 69a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Entziehung der Fahrerlaubnis im Berufungsrechtszug nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil vorläufige Führerscheinmaßnahmen die vorinstanzlich noch zu Recht festgestellte Ungeeignetheit zwischenzeitlich beseitigt haben. Gleiches gilt, wenn die bisherige Sperrfrist aus diesem Grund verkürzt wird.955 In beiden Fällen wird aufgrund des Rechtsmittels nicht etwa eine fehlerhafte Entscheidung der Vorinstanz korrigiert, sondern beruht dessen Erfolg maßgeblich auf einer Veränderung der äußeren Umstände. Folglich hat der Beschwerdeführer sowohl die Gerichtskosten wie auch seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen. Nicht erfasst von § 473 Abs. 5 StPO sind nach dessen Wortlaut und Zielrichtung 294 hingegen diejenigen Fälle, in denen es nicht zu einer vorläufigen Maßnahme gekommen ist oder für die Aufhebung der Maßregel (auch) andere Gründe als allein die bessernde Wirkung einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme den Ausschlag gaben.956 Dies gilt insbesondere bei erfolgreicher Nachschulung,957 längerem beanstandungsfreien Verhalten im Straßenverkehr oder einer sonstigen charakterlichen „Nachreife“958 nach der Tat. Nicht anwendbar ist § 473 Abs. 5 StPO zudem auf Rechtsmittel, welche die Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten eingelegt hat und die nur wegen Zeitablaufs infolge fortwirkender vorläufiger Führerscheinmaßnahmen ohne Erfolg geblieben sind. Hier bleibt es bei der Pflicht der Staatskasse, die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu erstatten (§ 473 Abs. 2 Satz 1 StPO).
§ 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis Valerius § 69a https://doi.org/10.1515/9783110491302-002 1
(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß einer für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). 2 Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. 3 Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet. (2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird. (3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist. (4) 1 War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozessordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. 2 Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten. (5) 1 Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. 2 In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
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955 Hilger LR26 § 473 Rdn. 55; Maier MK-StPO § 473 Rdn. 185; Janiszewski NStZ 1985 540, 544. 956 Zur Rechtslage vor Einführung des § 473 Abs. 5 StPO durch Art. 1 Nr. 38 des StVÄG 1987 (BGBl. I S. 475) etwa OLG Köln VRS 62 (1982) 200, 201; OLG Oldenburg VRS 68 (1985) 215, 215 f. 957 Hilger LR26 § 473 Rdn. 56. 958 OLG Hamm VRS 50 (1976) 375, 376.
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(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich. (7) 1 Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. 2 Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend. Schrifttum Backmann Europarechtliche Vorgaben für Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis und vom Fahrverbot, BA 47 (2010) 189; ders. Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis und vom Fahrverbot – Europarechtlicher Rahmen, SVR 2010 281; Bandemer Gesucht wird: Eine Aufhebungsursache. Die Voraussetzungen einer nachträglichen Sperrzeitverkürzung im Rahmen des § 69a VII StGB, insbesondere bei Anwendung im Jugendstrafrecht, NZV 1991 300; Beine Zur Reform des Rechts der Entziehung der Fahrerlaubnis unter besonderer Berücksichtigung der Grundgedanken des § 69 Abs. 2 Ziff. 2 StGB, BA 15 (1978) 261; ders. Rechtsfragen bei Ablauf der Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis vor Abschluß eines Rechtsmittelverfahrens, BA 18 (1981) 427; Bender Zur Abkürzung der Sperrfrist (§ 42m Abs. 4 StGB), DAR 1958 201; Bieler Zur vorzeitigen Aufhebung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, BA 7 (1970) 112; H.J. Bode Bedingte Fahreignung und Fahrerlaubnis, DAR 1989 444; ders. Entziehung der Fahrerlaubnis im Strafverfahren und Besserung der Kraftfahreignung auffälliger Kraftfahrer, NZV 2004 7; Dencker Strafzumessung bei der Sperrfristbemessung? StV 1988 454; ders. Die Auswirkungen von § 9 FeV auf § 69a II StGB und § 111a I S. 2 StPO, DAR 2004 54; Diether Zweifelsfragen bei Berechnung der Sperrfristen nach § 42n Abs. 5 StGB, Rpfleger 1968 179; Eisenberg/Dickhaus Zu Fragen vorzeitiger Aufhebung der Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis im Jugendstrafverfahren, NZV 1990 455; Eisenmenger Wegfahrsperren in Deutschland unter strafrechtlichen Aspekten, BA 44 (2007) 159; Evers Zur Realisierbarkeit einer Einführung atemalkoholsensitiver Zündsperren für alkoholauffällige Fahrer in Europa – Ergebnisse des EU-Projekts ALCOLOCKS, BA 40 (2003) 20; Geppert Die Bemessung der Sperrfrist bei der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 42m und 42n StGB) (1968); ders. Totale und teilweise Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1971 2154; ders. Auswirkungen einer früheren strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis und der dort festgesetzten Sperrfrist auf die Bemessung einer neuen Sperrfrist, MDR 1972 280; Grohmann Vorzeitige Aufhebung einer lebenslangen Sperrfrist nach Zeitablauf (§ 69a Abs. 7 StGB), DAR 1983 48; Händel Schlußwort (zu Hiendl NJW 1959 1212), NJW 1959 1213; Halecker MPU-Anordnung nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einmaliger Trunkenheitsfahrt, ZVS 2018 88; Hentschel Nachträgliche Ausnahme für bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Führerscheinsperre, DAR 1975 296; ders. Schwächen und Unklarheiten der strafgesetzlichen Regelung der Fahrerlaubnisentziehung, DAR 1976 289; ders. Die Führerscheinsperre bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung, Rpfleger 1977 279; ders. Die Abkürzung der Sperrfrist beim Entzug der Fahrerlaubnis in der Praxis, DAR 1979 317; ders. Die Entwicklung des Straßenverkehrsrechts im Jahre 2001, NJW 2002 722; ders. Ausnahme von der Fahrerlaubnissperre für Lkw und Busse? NZV 2004 285; Hiendl Zur Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 42m Abs. 4 StGB nach vorangegangener Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1959 1212; K. Himmelreich Sperrfrist-Abkürzung für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 7 Satz 1 StGB) durch eine Verkehrstherapie, DAR 2003 110; ders. Nachschulung, Aufbau-Seminar, Wieder-Eignungs-Kurs und Verkehrs-Therapie zur Abkürzung der strafrechtlichen Fahrerlaubnis-Sperre bei einem Trunkenheitsdelikt – im Blickpunkt der neueren Rechtsprechung, DAR 2004 8; ders. Psychologische oder therapeutische Schulungs-Maßnahmen zwecks Reduzierung oder Aufhebung der Fahrerlaubnis-Sperre (§ 69a StGB) – ein Irrgarten für Strafrichter? DAR 2005 130; ders. Bindungswirkung einer strafgerichtlichen Eignungs-Beurteilung gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde bei einem Trunkenheitsdelikt mit einer BAK ab 1,6 ‰. Ein „ordentlich begründender“ Strafrichter ersetzt eine MPU, NZV 2005 337; ders. Abkürzung oder Aufhebung einer lebenslangen Fahrerlaubnis-Sperre gem. § 69a Abs. 7 StGB – Eine unzutreffende Gesetzes-Auslegung durch ein OLG, SVR 2010 1; K. Himmelreich/Karbach Wegfall oder Verkürzung von Fahrerlaubnisentzug und Fahrverbot bei Nachschulung und Therapie im Strafrecht – Ohne Eignungsgutachten im Strafrecht mit Bindungswirkung im Verwaltungsrecht, SVR 2009 1; Jagusch Der Bundesgerichtshof zur Entziehung der Fahrerlaubnis, DAR 1955 97; Kaiser Ablauf der Sperrfrist nach § 42n
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Abs. 5 Satz 2 StGB vor Rechtskraft des Urteils – und was dann? NJW 1973 493; Krekeler Sperre für Erteilung einer Fahrerlaubnis bei tatsächlichem Ausschluß vom Kraftfahrzeugverkehr? NJW 1973 690; Krismann Die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sowie die beschränkte und mit Auflagen versehene Fahrerlaubnis bei rauschmittelbeeinflusster Straßenverkehrsteilnahme, NZV 2011 417; Krumm Keine wirkliche Ausnahme – Das Ausnehmen bestimmter Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre gem. § 69a I, II StGB, DAR 2004 56; ders. Die (Regel-)Beschränkung der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung auf „anlasstatbezogene” Kraftfahrzeugarten, NZV 2006 234; ders. Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis und vom Fahrverbot, ZRP 2010 11; Kulemeier Fahrverbot (§ 44 StGB) und Entzug der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff StGB). Ein Beitrag zum Verhältnis dieser Sanktionsformen und zum vikariierenden System von Strafen und Maßregeln im Verkehrsstrafrecht (1991); Lackner Das zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs, JZ 1965 92, 120; Lisken Wie lange noch Entzug der Fahrerlaubnis auf Lebenszeit? DRiZ 1977 173; Lohkamp Gibt es rechtliche Möglichkeiten für den Einsatz von Interlock-Geräten in Deutschland? BA 40 (2003) 208; ders. Reformbedürftigkeit von Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug? (2004); Mahlberg Langzeitrehabilitation charakterlich „ungeeigneter“ Kraftfahrer und frühzeitig-vorläufige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, NZV 1992 10; Menken Die Möglichkeit des Verkehrsrichters zur Beeinflussung alkoholauffälliger Kraftfahrer, BA 16 (1979) 233; Meyer Verkürzung des Mindestmaßes der Sperre auch bei isolierter Anordnung einer Sperrfrist? DAR 1979 157; Mickschick Verkehrsstrafsachen gegen Jugendliche und Heranwachsende, 5. Deutscher Verkehrsgerichtstag (1967) 175; Möhl Anrechnung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auf die endgültige Sperre, DAR 1965 45; Molketin Die Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69a StGB) als Reaktion auf Verkehrsstraftaten Jugendlicher und Heranwachsender, DAR 1982 114; ders. Zur Sperrfristbemessung bei der Entziehung der Fahrerlaubnis und (teilweiser) Inhaftierung des Betroffenen (§ 69a I 1, 2 StGB), NZV 2001 65; Mollenkott Die Bemessung der Führerscheinsperrfrist in den Instanzen, ZRP 1980 199; ders. Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis und beim Fahrverbot, DAR 1982 217; ders. Verschuldensgrad und Dauer der Führerscheinsperrfrist, DAR 1992 316; Orlich Ausnahmen von der Sperrfrist zur Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis, NJW 1977 1179; Oske Die Möglichkeit der Schlechterstellung des Verurteilten bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (§ 460 StPO), soweit die Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßregeln der Sicherung und Besserung in Frage stehen, MDR 1965 13; ders. Zur Frage der Zulässigkeit der Anschlußsperrfrist im Rahmen des § 42n StGB, MDR 1967 449; Rieger Sonderbehandlung bestimmter Fahrzeugarten bei der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO, §§ 42m und 42n StGB? DAR 1967 43; Schäpe Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis und vom Fahrverbot, BA 47 (2010) 194; Schöch Juristische Aspekte atemalkoholsensitiver Zündsperren, BA 42 (2005) Supplement I 20; ders. Kriminologische, strafrechtliche und kriminalpolitische Aspekte von Alkohol-Interlocks in Deutschland, BA 47 (2010) 340; Seehon Die Abkürzung der Sperrfrist beim Entzug der Fahrerlaubnis in der Praxis, DAR 1979 321; Seib Vorzeitige Aufhebung der Sperre nach § 42n Abs 7 StGB, DAR 1965 209; ders. Beginn der Sperrfrist im Strafbefehlsverfahren, DAR 1965 292; Seiler Erwerb der Fahrerlaubnis auf Weisung des Strafrichters? DAR 1974 260; Stephan „Bedingte Eignung“, eine Chance für die Verkehrssicherheit und den „alkoholauffälligen Kraftfahrer“ I, DAR 1989 1; Uhlenbruck Strafaussetzung zur Bewährung, Fahrerlaubnisentzug und Fahrverbot im Strafbefehlsverfahren, DAR 1967 156; Weihrauch Die Ausnahmen bei der Entziehung der Fahrerlaubnis, NJW 1971 829; Wittig Zweifelsfragen bei der Berechnung der Sperrfrist nach § 69a StGB, Rpfleger 1978 245; Wölfl Nachträgliche Ausnahmen von der Fahrerlaubnissperre nach § 69a Abs. 2 StGB? NZV 2001 369; Zabel Ausnahmegenehmigungen für „Trunkenheitstäter“, BA 20 (1983) 477.
Entstehungsgeschichte Die Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis wurde erstmals in § 42m Abs. 3 Sätze 2 bis 5 und Abs. 4 normiert, eingeführt durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (im Folgenden: StraßenVSichG) vom 19.12.1952 (BGBl. I 832); ergänzend die Erläuterungen zur Entstehungsgeschichte des § 69. Durch das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (im Folgenden: 2. StraßenVSichG) vom 26.11.1964 (BGBl. I 921) wurde die Sperre in einer eigenständigen Vorschrift (§ 42n) geregelt,1 die in ihren Grundzügen der früheren Rechtslage entsprach.
_____ 1
S. hierzu BTDrucks. IV/651 S. 18 ff.
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Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis | § 69a
Darüber hinaus wurde nicht zuletzt die von der Rechtsprechung schon vorher geübte Praxis, bei fehlender Fahrerlaubnis eine isolierte Sperrfrist festzusetzen,2 gesetzlich in § 42n Abs. 1 Satz 2 legitimiert. Außerdem ermöglichte fortan § 42n Abs. 2 dem Gericht, von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen auszunehmen. Ebenso neu eingefügt wurden die Regelungen zur erhöhten Mindestfrist nach § 42n Abs. 3 sowie zur Berücksichtigung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen in § 42n Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6. Schließlich wurde die vorzeitige Aufhebung der Sperre in § 42n Abs. 7 (zuvor § 42m Abs. 4) differenzierterer bestimmt. Das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) übernahm die Bestimmung weitgehend unverändert als § 69a und fasste lediglich dessen Absatz 1 neu, indem die Sperre auf Lebenszeit in einem eigenen Satz 2 normiert und in ihren Voraussetzungen konkretisiert wurde. Auch insoweit beschränkte sich das Gesetz allerdings darauf, die bereits bestehende Rechtsprechung festzuschreiben. Die vorerst letzte Änderung erfolgte durch Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (im Folgenden: StVGÄndG) vom 24.4.1998 (BGBl. I 747). Mit Wirkung zum 1.1.1999 wurde in Absatz 7 Satz 2 die Mindestsperre von bisher sechs auf drei Monate gesenkt, um einen Anreiz für die Teilnahme an Nachschulungskursen zu schaffen und das Gnadenverfahren von solchen Fällen zu entlasten (siehe schon § 69 Rdn. 39). Gesetzesmaterialien BTDrucks. I/2674 S. 13 f (Begründung des Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr) und BTDrucks. I/3774 S. 4 (Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses samt Umbenennung des Gesetzes in „Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs“; StraßenVSichG); Niederschriften IV S. 61 ff, 371, 431 ff, 447 ff; BTDrucks. IV/650 S. 228 ff (Begründung zum E 1962); Prot. IV S. 973 f; BTDrucks. IV/651 S. 18 ff (Begründung des 2. StraßenVSichG) und BTDrucks. IV/2161 sowie BTDrucks. zu IV/2161 S. 3 f (Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses); BTDrucks. V/4094 S. 24 (Erster Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); BTDrucks. V/4095 S. 37 (Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); BTDrucks. 13/6914 S. 55 (Begründung des StVGÄndG); vgl. auch § 79 AE-AT mit Begründung S. 162 ff.
I.
II.
Übersicht Allgemeines 1. Rechtsnatur sowie Sinn und Zweck | 1 2. Anordnung neben der Entziehung der Fahrerlaubnis (Absatz 1 Sätze 1 und 2) | 3 3. Isolierte Sperre (Absatz 1 Satz 3) | 4 Umfang der Sperre (Absatz 2) 1. Allgemeines | 9 2. Voraussetzungen a) Bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen | 11 b) „Besondere Umstände“ fehlender Gefährdung | 16 3. Entscheidung des Gerichts
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Urteilsformel | 23 Begründung der Entscheidung | 24 c) Wirkung der Entscheidung | 25 Dauer der Sperre 1. Allgemeines | 26 2. Zeitlich befristete Sperren a) Regelfall (Absatz 1 Satz 1) | 27 b) Erhöhtes Mindestmaß (Absatz 3) | 28 c) Verkürztes Mindestmaß (Absatz 4) | 32 3. Unbefristete Sperre (Absatz 1 Satz 2) | 38 4. Bemessungsgrundsätze a) b)
III.
S. nur BGHSt 10 94, 96 ff; 10 333, 334 f.
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§ 69a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
IV.
V.
a) Allgemeines | 42 b) Bemessungskriterien | 46 5. Entscheidung des Gerichts | 57 a) Zulässige Zeitabschnitte | 57 b) Urteilsformel | 59 c) Begründung der Entscheidung | 60 Wirkung der Anordnung 1. Beginn der Sperre (Absatz 5 Satz 1) | 63 2. Einrechnung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen (Absatz 5 Satz 2) | 64 a) Sinn und Zweck | 64 b) Anwendungsbereich | 67 c) Einrechnung | 69 3. Ende der Sperre | 73 Gesamtstrafenbildung 1. Allgemeines | 74 2. Nachträgliche Gesamtstrafenbildung | 75 a) Allgemeines | 75 b) Nachträgliche Gesamtstrafenbildung durch Urteil (§ 55) | 77 aa) Erstmalige Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69a | 77
VI.
bb) Frühere Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69a | 78 c) Nachträgliche Gesamtstrafenbildung durch Beschluss (§ 460 StPO) | 86 Vorzeitige Aufhebung der Sperre (Absatz 7) 1. Sinn und Zweck | 90 2. Voraussetzungen | 93 a) Formelle Voraussetzung (Satz 2) | 93 b) Sachliche Voraussetzung (Satz 1) | 96 aa) „Grund zu der Annahme“ | 96 bb) Einzelne Fallgestaltungen | 100 3. Anordnung der vorzeitigen Aufhebung der Sperre | 108 a) Kein Ermessen | 108 b) Prüfungspflichten | 109 c) Beschränkung auf bestimmte Kraftfahrzeugarten | 112 4. Wirkung der Aufhebung | 113 5. Zuständigkeit und Verfahren | 115 a) Zuständigkeit | 115 b) Verfahren | 118
I. Allgemeines 1. Rechtsnatur sowie Sinn und Zweck. Nach § 69a hat das Gericht eine Sperre, d.h. einen Zeitraum zu bestimmen, innerhalb dessen dem Täter keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (siehe die Legaldefinition in Absatz 1 Satz 1). Diese Anordnung ist zwingend, sofern das Gericht die Fahrerlaubnis entzieht (hierzu sogleich Rdn. 3) bzw. der Ausspruch dieser Maßregel nur daran scheitert, dass der Täter keine Fahrerlaubnis hat (Rdn. 4 ff).3 Schließlich erlangt die Maßregel nur auf diese Weise insgesamt ihre Wirkungskraft, könnte die Fahrerlaubnisbehörde doch ansonsten sogleich wieder eine neue Fahrerlaubnis erteilen.4 Solange die Sperre andauert, entfaltet sie die Wirkung einer – nur vor den Strafgerichten widerlegbaren (Absatz 7) – Vermutung der Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen.5 Zur Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an die gerichtliche Sperrfristentscheidung im Wiedererteilungsverfahren bereits § 69 Rdn. 28 ff. Als Ergänzung zur Entziehung der Fahrerlaubnis – mitunter wird insoweit von einer 2 „Nebenmaßnahme“6 gesprochen (zur Selbstständigkeit der Maßregel der Sperre aber etwa § 69 Rdn. 182) – weist auch die Sperrfrist allein einen gefahrenabwehrrechtlichen 1
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3 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 3; Fischer Rdn. 3; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 8; Sinn SK Rdn. 2. 4 Vgl. Böse NK Rdn. 1; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 2; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1. Zur Kritik an der Regelung und zu Reformvorschlägen insbes. Kretschmer MK-StVR Rdn. 2 f und 30 ff. 5 SSW/Harrendorf Rdn. 2. 6 So Kulemeier S. 107; ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 1.
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Charakter auf.7 Ihr Sinn und Zweck besteht ausschließlich darin, die Allgemeinheit vor Gefahren zu schützen, die sich aus der Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr ergeben.8 Generalpräventive Aspekte sind weder für die Anordnung noch für die Dauer der Sperre von Bedeutung (siehe bereits § 69 Rdn. 4 sowie ergänzend zur Bemessung der Sperrfrist Rdn. 47).9 Ebenso wenig weist die Sperre einen Strafcharakter auf. Bei der Bemessung der Sperre kommt es somit etwa nicht darauf an, ob sie für den Täter fühlbar ist oder nicht (zu den Bemessungskriterien Rdn. 46 ff).10 2. Anordnung neben der Entziehung der Fahrerlaubnis (Absatz 1 Sätze 1 und 3 2). Entzieht das Gericht dem Verurteilten die Fahrerlaubnis, hat es zwingend zugleich eine Sperrfrist festzusetzen, binnen derer die Fahrerlaubnisbehörde dem Verurteilten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf (Absatz 1 Satz 1), oder der Fahrerlaubnisbehörde die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis für immer zu untersagen (Absatz 1 Satz 2). Die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne gleichzeitige Anordnung einer Sperre ist ausgeschlossen.11 Dies gilt nicht nur, wenn die Fahrerlaubnis in einem Urteil entzogen wird, sondern ebenso für die Anordnung dieser Maßregel in einem Strafbefehl. Im letztgenannten Fall darf die Sperrfrist jedoch nicht mehr als zwei Jahre betragen (§ 407 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Das Gericht darf die Möglichkeit, eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen, grundsätzlich nur vom Ablauf der Sperrfrist abhängig machen. Andere Auflagen oder Bedingungen (wie z.B. der angeordnete Nachweis der Geeignetheit durch ein amtsärztliches Zeugnis nach Ablauf der Sperrfrist) sind unzulässig.12 3. Isolierte Sperre (Absatz 1 Satz 3). Eine selbstständige, sog. isolierte Sperre ist 4 festzusetzen, wenn zwar die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis gegeben sind, der Täter jedoch keine Fahrerlaubnis besitzt (Absatz 1 Satz 3). Eine Fahrerlaubnis fehlt nicht nur, wenn der Verurteilte noch nie im Besitz einer (inländischen oder für den inländischen Kraftfahrzeugverkehr gültigen ausländischen bzw. internationalen) Fahrberechtigung war, sondern auch wenn sie ihm durch rechtsbeständigen Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde oder durch rechtskräftiges Strafurteil (bzw. rechtskräftigen Strafbefehl) entzogen wurde;13 ergänzend zum Bestehen einer Fahrerlaubnis § 69 Rdn. 180. Da die isolierte Sperre als alternative Maßregel an die Stelle der Entziehung der 5 Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1) tritt, gelten für sie grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen;14 auf die Erläuterungen zu § 69 darf daher verwiesen werden. Eine isolierte Sperre scheidet demzufolge insbesondere aus, wenn der Täter die Anlasstat nicht „bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ begangen (hierzu § 69 Rdn. 42 ff) oder er sich hierdurch
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7 OLG Hamm DAR 2017 390, 391. 8 BGHSt 15 393, 397; OLG Düsseldorf NZV 1993 117; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 1; Heuchemer BeckOK Rdn. 1. 9 S. nur BGH StV 1990 349; OLG Düsseldorf NZV 1993 117; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 2; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 2. 10 OLG Hamm DAR 2017 390, 391. 11 OLG Düsseldorf MDR 1979 602; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 3. 12 KG VRS 12 (1957) 352, 356; VRS 13 (1957) 453, 454; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3. 13 BGH bei Spiegel DAR 1979 185; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 4. 14 S. nur BGH NStZ 2004 617; OLG Karlsruhe VRS 59 (1980) 111, 111; OLG Saarbrücken NJW 1974 1391, 1393; Böse NK Rdn. 5; Fischer Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Kretschmer MKStVR Rdn. 5.
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nicht als „zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet“ erwiesen hat (näher § 69 Rdn. 83 ff).15 Bei einer Anlasstat, die nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 enthalten ist, bedarf es auch bei der Anordnung einer isolierten Sperrfrist einer Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit, um die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen zu belegen (hierzu § 69 Rdn. 162 ff).16 Als echte Maßregel führt die isolierte Sperre selbst dann nicht zur Berufungsbeschränkung nach § 55 Abs. 1 JGG, wenn daneben nur Erziehungsmaßregeln und/oder Zuchtmittel angeordnet werden.17 Zur Beschränkung von Rechtsmitteln auf die Anfechtung der isolierten Sperrfrist § 69 Rdn. 270 ff. 6 Vereinzelt wird erwogen, von der Festsetzung einer isolierten Sperrfrist abzusehen, wenn gerade die Versagung der Fahrerlaubnis die Gefahr begründet, dass der Täter weitere maßregelrelevante Straftaten (wie insbesondere Fahren ohne Fahrerlaubnis; zur insoweit erforderlichen Gesamtwürdigung § 69 Rdn. 167) begeht. Schließlich könne in solchen Fällen die Weisung, innerhalb einer bestimmten Zeit eine Fahrerlaubnis zu erwerben, „kriminalpädagogisch und kriminalprophylaktisch“ sinnvoller sein, um den Verurteilten vor erneuten einschlägigen Straftaten zu bewahren (vgl. schon § 69 Rdn. 33 zur jugendrichterlichen Weisung).18 Indessen wird eine solche Schlussfolgerung nur im Einzelfall in Betracht kommen und besonderer Begründung bedürfen. Jedenfalls in der Regel erscheint es nicht nachvollziehbar, einen Täter, der bewusst auf das Erlangen einer Fahrerlaubnis gänzlich verzichtet oder nach deren Entziehung ohne Achtung der Rechtslage gewillt ist, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr zu führen, vor weiteren Straftaten dadurch zu bewahren, indem von einer Sperre abgesehen wird. Eine solche Privilegierung ist nicht gerechtfertigt und auch im Hinblick auf die durch ein solches Verhalten gegebenenfalls offenbarte charakterliche verkehrsspezifische Ungeeignetheit nicht angezeigt. Dass die in einem früheren, nicht gesamtstrafenfähigen Urteil (zu Besonderheiten 7 der nachträglichen Gesamtstrafenbildung Rdn. 75 ff) verhängte Sperrfrist noch nicht verstrichen ist, steht der Anordnung einer weiteren, isolierten Sperrfrist nicht entgegen (zur Erhöhung des Mindestmaßes der Sperre nach Absatz 3 siehe Rdn. 28 ff). Nach Absatz 5 Satz 1 beginnt diese Sperrfrist mit Rechtskraft der (neuen) Entscheidung.19 Mit dem Wortlaut dieser Regelung lässt es sich nicht vereinbaren, die neue Sperre als Verlängerung der noch laufenden früheren Sperre, d.h. als sog. Anschlusssperre zu begreifen und demzufolge erst mit Ablauf der früheren Frist beginnen zu lassen.20 Ansonsten wäre der neu entscheidende Tatrichter in systemwidriger Weise gezwungen, seine Prognose nicht auf den Augenblick seiner eigenen Entscheidung, sondern auf das Datum des Ab-
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15 S. etwa BGH NZV 2001 133; NStZ 2004 617 zu den Anforderungen der Anordnung einer isolierten Sperre gegenüber einem Beifahrer; OLG Köln VRS 63 (1982) 118: keine isolierte Sperre, wenn der Täter die Tat als Radfahrer begangen hat. 16 BGH NZV 2015 252. 17 OLG Zweibrücken VRS 64 (1983) 443, 445. 18 So AG Berlin-Tiergarten DAR 1971 21; AG Saalfeld StV 2005 65, 66 gegenüber einem heranwachsenden Angeklagten; ausführl. hierzu Seiler DAR 1974 260, 260 ff. 19 S. schon OLG Hamm JMBlNRW 1964 116, 116; OLG Stuttgart DAR 1963 273, 274. 20 BayObLG NJW 1966 896, 896; OLG Hamm NJW 1964 1285, 1285; OLG Koblenz DAR 1973 137, 138; VRS 59 (1980) 414, 415; OLG Zweibrücken NJW 1983 1007, 1007 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 39; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 3; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; Fischer Rdn. 25; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 13; SSW/Harrendorf Rdn. 25; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6; Kindhäuser LPK Rdn. 10; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 21; Kretschmer MK-StVR Rdn. 34; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 6; s. schon Oske MDR 1967 449, 449 f; aA noch KG VRS 18 (1960) 273, 274 ff; OLG Hamburg VRS 10 (1956) 355, 355 (offen gelassen sodann in NJW 1964 876, 876 f).
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laufs der früheren Sperrfrist auszurichten.21 Zudem steht dieser Zeitpunkt im Hinblick auf (gnadenweise oder über Absatz 7) gewährte Fristverkürzungen ohnehin nicht unabänderlich fest. Die neue Sperre muss deshalb selbst dann angeordnet werden, wenn sie noch vor der früheren ablaufen würde.22 Dass die neue, isolierte Sperrfrist nicht die früher angeordnete Sperre verlängert, 8 sondern selbstständig neben dieser läuft, hat mehrere Konsequenzen. Da für die Bemessung (auch) der isolierten Sperrfrist die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit im Zeitpunkt der letzten tatricherlichen Entscheidung maßgeblich ist (dazu nachfolgend Rdn. 42 ff), kommt es zum einen nicht darauf an, ob unabhängig von der neuen Sperrfrist noch eine weitere Sperre läuft. Es ist daher (weil „strafzumessungsrechtlich“, aber nicht maßregelkonform gedacht) verfehlt, wenn der neu entscheidende Tatrichter eine mögliche zeitliche Überschneidung beider Sperren ausgleichen will, indem er die neue Sperre entsprechend verlängert.23 Zum anderen dürfen der bereits verstrichene Teil der noch laufenden Sperre und die neu festzusetzende Sperrfrist insgesamt die Fünfjahresgrenze überschreiten.24 Hiermit geht einher, dass in der neuen (isolierten) Sperre auch auf die zeitliche Höchstgrenze von fünf Jahren erkannt werden darf.25 II. Umfang der Sperre (Absatz 2) 1. Allgemeines. Während die Fahrerlaubnis nur insgesamt entzogen werden kann, 9 eine lediglich beschränkte Entziehung somit unzulässig ist (§ 69 Rdn. 185), kann das Gericht „von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird“ (Absatz 2). Die durch das 2. StraßenVSichG eingeführte Regelung soll ebenso wie ihr Pendant in § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO (hierzu § 69 Rdn. 225 ff) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen.26 Das darin liegende Zugeständnis an die geringere oder sogar fehlende Gefährlichkeit von Kraftfahrern in bestimmten, abgrenzbaren Bereichen wird überwiegend akzeptiert und soll auch nicht dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen widersprechen.27 Als überdenkenswert erscheint indessen jedoch, dass der Täter vom Strafgericht zwar als generell zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erklärt wird, der Fahrerlaubnisbehörde aber gleichwohl ermöglicht wird, für bestimmte Kraftfahrzeugarten eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.28 Angesichts des Ausnahmecharakters29 der –
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21 S. nur OLG Hamm JMBlNRW 1964 116, 116; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 21; näher zu diesen Schwierigkeiten Geppert S. 150 ff. 22 BGH bei Spiegel DAR 1979 185. 23 So aber OLG Koblenz DAR 1973 137, 138. 24 OLG Koblenz VRS 52 (1977) 272, 273; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 22; Oske MDR 1967 449, 450; aA OLG Hamburg NJW 1964 876, 877; ebenso OLG Dresden NZV 1993 402, 403 bei grds. gesamtstrafenfähigen Urteilen; offen gelassen durch BayObLG NJW 1966 896, 897. 25 OLG Hamm JMBlNRW 1964 116, 116; Fischer Rdn. 27; Geppert MDR 1972 280, 287; Oske MDR 1967 449, 450; offen gelassen durch BayObLG NJW 1966 896, 897. 26 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Schäpe BA 47 (2010) 194, 196. 27 S. etwa Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 4a; Stephan DAR 1989 1, 5. 28 Krit. daher Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 18. Nach H.J. Bode DAR 1989 444, 447 kommt bei einer solchen bedingten Fahreignung eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis überhaupt nicht in Betracht, sondern bleibt es der Fahrerlaubnisbehörde überlassen, eine Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder Auflagen zu versehen. 29 S. etwa BayObLG NZV 2005 592, 593; OLG Hamm VRS 62 (1982) 445, 446; OLG Karlsruhe VRS 55 (1978) 122, 122; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 16; Krumm DAR 2004 56, 57.
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von Amts wegen zu prüfenden30 – Regelung liegt jedenfalls eine restriktive Handhabung nahe.31 Da ausweislich des Absatzes 2 die Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeu10 gen für verschiedene Kraftfahrzeugarten unterschiedlich beurteilt werden kann, muss dies – nicht zuletzt im Hinblick auf das Erfordernis des geringstmöglichen Eingriffs – konsequenterweise gleichfalls für die vorzeitige Aufhebung der Sperre nach Absatz 7 gelten, die somit ebenso auf bestimmte Fahrzeugarten beschränkt werden kann (nachfolgend Rdn. 112). Ist dies aber durch eine nachträgliche Entscheidung möglich, muss eine solche Verkürzung der Sperre folgerichtig auch sogleich erlaubt sein, wenn die jeweiligen Voraussetzungen schon im Zeitpunkt der Hauptverhandlung gegeben sind. Anstatt bestimmte Kraftfahrzeugarten von der Sperre völlig auszunehmen, kann das Gericht deshalb, falls nach seiner Auffassung die Ungeeignetheit des Täters zum Führen bestimmter Kraftfahrzeugarten bereits zu einem früheren Zeitpunkt beseitigt sein wird, insoweit eine kürzere Sperrfrist festsetzen.32 Es muss jedoch in diesem Fall besonders darlegen, dass eine derart differenzierte Sperrfrist nicht den Zweck der Maßregel insgesamt gefährdet. Insbesondere ist zu prüfen, ob stattdessen nicht eher ein späterer Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist nach Absatz 7 angebracht erscheint. 2. Voraussetzungen a) Bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen. Das Gericht kann nur bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen. Eine Beschränkung oder Individualisierung nach anderen Kriterien, beispielsweise nach bestimmten Zeiten, Orten, Zwecken oder nach Fahrzeugen bestimmter Eigentümer bzw. Halter oder bestimmter Fabrikate, ist ebenso unzulässig33 wie eine Unterscheidung nach Berufs- und Privatsphäre (ergänzend Rdn. 18).34 Etwas anderes gilt nur, sofern eine solche Differenzierung zugleich die Ausnahme einer bestimmten bauartlich unterscheidbaren Kraftfahrzeugart zu rechtfertigen vermag (dazu nachfolgend Rdn. 19). Der Begriff der „Kraftfahrzeugart“ entspricht demjenigen in § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB 12 (hierzu König LK § 44 Rdn. 47 f) und § 111a Abs. 1 Satz 2 StPO (siehe § 69 Rdn. 226). Zwar dürfen Fahrzeugart und Fahrerlaubnisklasse im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 FeV nicht gleichgesetzt werden.35 Allerdings kann ausweislich von § 6 Abs. 1 Satz 3 FeV die Fahrerlaubnis auf einzelne Fahrzeugarten innerhalb der einzelnen Fahrerlaubnisklassen beschränkt werden. Demzufolge stehen auch sämtliche Fahrzeuge einer bestimmten Fahr11
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30 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 13; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 232. 31 BayObLG NZV 2005 592, 593; SSW/Harrendorf Rdn. 15. 32 So LG Verden VRS 48 (1975) 265, 265; AG Hannover ZfS 1992 283; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 16; Fischer Rdn. 29; SSW/Harrendorf Rdn. 16; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 4; zweifelnd Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; s. schon Rieger DAR 1967 43, 45; aA Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 2; Kretschmer MK-StVR Rdn. 7; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 179 ff; Krumm DAR 2004 56, 58; ders. DAR 2016 609, 612. 33 BayObLG VRS 66 (1984) 445, 446; NZV 2005 592, 592; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 42, 43 für die unzulässige Beschränkung „für Fahrten zur Arbeitsstelle oder für die normale Arbeitszeit“; OLG Frankfurt a.M. NJW 1973 815, 816; OLG Oldenburg BA 18 (1981) 373, 374 „für das Führen von Feuerwehrfahrzeugen […] auf den Fall einer Einsatzfahrt“; OLG Saarbrücken NJW 1970 1052, 1054; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17. Krit. Krumm DAR 2004 56, 57; ders. ZRP 2010 11, 13, der dafür plädiert, auch einzelne (z.B. mit einem Alkohol-Interlock ausgestatteten; s. hierzu auch sogleich Rdn. 12) Fahrzeuge von der Sperre auszunehmen. 34 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 10; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 241. 35 OLG Saarbrücken NJW 1970 1052, 1054; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17.
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erlaubnisklasse der Anwendung von Absatz 2 offen.36 Maßgeblich für den Begriff der „Fahrzeugarten“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 3 FeV sind weder technisch-konstruktive Besonderheiten (z.B. Art der Schaltung) noch unterschiedliche Antriebsarten (z.B. Verbrennungsmotor oder Elektro- bzw. Hybridantrieb). Entscheidend ist allein der Verwendungszweck, soweit dieser sich in bauartlichen Eigenheiten auswirkt,37 mit anderen Worten der „objektiv-konstruktive Verwendungszweck“.38 Allein der Einbau eines sog. Alkohol-Interlocks, d.h. einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, wirkt sich nicht auf den Verwendungszweck des Fahrzeuges aus und vermag daher keine Ausnahme eines entsprechend ausgerüsteten Fahrzeuges von der Sperre zu begründen.39 Die Beschränkung nach Absatz 2 ist somit z.B. für die in § 6 Abs. 1 Satz 1 FeV aufge- 13 führten Fahrerlaubnisklassen L und T möglich, da die darin jeweils erfassten Zugmaschinen aufgrund verschiedener bauartbedingter Eigenschaften zugeordnet werden.40 Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung für ausnahmefähige Fahrzeugarten sind „Sattelkippzüge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 t“,41 „Fahrzeuge der Bundeswehr der Klassen B und CE mit Anhänger“,42 „zum Zwecke dienstlicher Fahrten genutzte Kraftfahrzeuge der Bundeswehr“,43 „Krankenrettungskraftfahrzeuge“,44 „Straßenwachtfahrzeuge des ADAC“45 und „Müllwagen sowie Abroll- und Absetzkipper“.46 Aus der früheren Führerscheinklasse 3 konnten etwa „Kraftfahrzeuge vom Typ ‚Klein-Lkw‘ bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 2,3 Tonnen“,47 „Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 7,5 Tonnen“,48 „Fahrzeuge mit Lkw-Unterbau“49 oder „Feuerlöschfahrzeuge“50 von der Sperre ausgenommen werden; zur nunmehr zu beachtenden Vorschrift des § 9 FeV aber sogleich Rdn. 14 f. Abgelehnt wurde eine Ausnahme für „Feuerwehr- und Sanitätsfahrzeuge“, da diese verschiedenen Fahrerlaubnisklassen unterfallen können.51 Als zu unbestimmt wurde auch die Bezeichnung „Lieferwagen“ angesehen.52 Umstritten war, ob einer Ausnahmeentscheidung nach Absatz 2 die Vorschrift des § 9 14 FeV entgegen steht.53 Nach § 9 Abs. 1 FeV darf – in Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 der Dritten
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36 BayObLG NZV 2005 592, 592; OLG Hamm VRS 62 (1982) 124, 125; OLG Karlsruhe VRS 63 (1982) 200, 201; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 7; Fischer Rdn. 29; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 235. 37 OLG Brandenburg VRS 96 (1999) 233, 235; OLG Hamm VRS 62 (1982) 124, 125; OLG Karlsruhe VRS 63 (1982) 200, 201; OLG Oldenburg BA 18 (1981) 373, 374; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 14. Zu einzelnen Kriterien Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 238. 38 Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 5; Fischer Rdn. 29; SSW/Harrendorf Rdn. 17. 39 Eisenmenger BA 44 (2007) 159, 160; Lohkamp BA 40 (2003) 208, 212; Schöch BA 42 (2005) Supplement I 20, 22; allg. zu solchen Interlocks Evers BA 40 (2003) 20; ausführl. Lohkamp S. 165 ff. Für den präventiven Einsatz von Alkohol-Interlock-Systemen hat sich der Deutsche Verkehrssicherheitsrat ausgesprochen; BA 52 (2015) 264. Zu den Einsatzmöglichkeiten de lege ferenda Lohkamp S. 177 f. 40 AG Alsfeld ZfS 2010 168; AG Auerbach NZV 2003 207 (für Fahrzeuge der Klasse T); AG Lüdinghausen NStZ-RR 2004 26; BA 41 (2004) 362, 363. 41 AG Lüdinghausen NJW 2010 310, 311. 42 AG Kiel SVR 2008 146. 43 AG Lüdinghausen NStZ-RR 2003 248, 249. 44 BayObLG NJW 1989 2959. 45 LG Hamburg NZV 1992 422; zweifelnd Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 8. 46 AG Frankfurt a.M. NZV 2007 264, 265. 47 AG Kempten/Sonthofen DAR 1981 234, 235. 48 BayObLG VRS 66 (1984) 445, 446. 49 LG Zweibrücken NZV 1992 499. 50 BayObLG NZV 1991 397. 51 OLG Frankfurt a.M. NJW 1973 815, 816; s. hierzu auch OLG Oldenburg BA 18 (1981) 373, 374 f. 52 OLG Saarbrücken VRS 43 (1972) 22, 24. 53 Zur früheren Diskussion vor allem Dencker DAR 2004 54; Hentschel NZV 2004 285.
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Führerscheinrichtlinie54 – die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnis der Klassen C1, C, D1 oder D (Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 t zulässiger Gesamtmasse oder zur Beförderung von mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer, d.h. Lastkraftwagen und Omnibusse) nur erteilen, wenn der Bewerber bereits die Fahrerlaubnis der Klasse B (Kraftfahrzeuge bis zu 3,5 t zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer, d.h. Personenkraftwagen) besitzt oder jedenfalls die Voraussetzungen für deren Erteilung erfüllt hat. Aus dieser Regelung wurde geschlossen, dass die Fahrerlaubnisbehörde ebenso bei der Neuerteilung eine Fahrerlaubnis z.B. für Lastkraftwagen nur ausstellen könne, wenn der Bewerber die Fahrerlaubnis für einen Personenkraftwagen innehabe, die ihm nicht etwa durch das Strafgericht entzogen wurde.55 Da dem gleichrangigen, doch jüngeren § 9 FeV der Vorrang gegenüber Absatz 2 zukomme, sei eine von den Strafgerichten hiernach ausnahmsweise eingeräumte Möglichkeit einer (auf Lastkraftwagen oder Omnibusse) beschränkten Fahrerlaubnis von vornherein sinnlos, würde vielmehr der Fahrerlaubnisbehörde einen Spielraum für die rechtswidrige, vorzeitige Erteilung einer solchen Fahrerlaubnis eröffnen und dürfte somit überhaupt nicht ergehen.56 Demgegenüber wurde bereits das verfassungsrechtlich zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip als verletzt angesehen, wenn das Strafgericht die Maßregel umfangreicher als für notwendig erachtet anordnen würde.57 Zudem wurde eingewendet, dass die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B ausschließlich an der (ohnehin nur für eine bestimmte Zeit) durch den Strafrichter prognostizierten Ungeeignetheit scheitert, die übrigen Voraussetzungen und insbesondere die (ausweislich von § 2 Abs. 4 und Abs. 5 StVG von der „Geeignetheit“ zu unterscheidende) „Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen“ aufgrund der bereits vorhandenen Fahrpraxis mit Personenkraftwagen aber sehr wohl erfüllt sind.58 Inzwischen hat sich der Streit indessen erledigt, weil § 9 FeV a.F. durch Art. 1 Nr. 5 der 15 Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18.7.200859 mit Wirkung zum 30.10.2008 durch einen Satz, der sich inzwischen in § 9 Abs. 3 FeV findet, ergänzt wurde, wonach die vorstehende Regelung auch im Fall des Absatzes 2 gilt.60 Diese Entscheidung des Normgebers hat auch der Strafrichter zu beachten, kann er doch nur Ausnahmen von der Sperre anordnen, die rechtlich zumindest möglich sind.61 Lastkraftwagen und Omnibusse von der Sperre auszunehmen, steht folglich inzwischen nach einhelliger Ansicht die Regelung des § 9 Abs. 3 FeV entgegen.62 Viele der in Rdn. 13 genannten Beispiele dürften somit inzwischen nicht mehr als ausnahmefähige Kraftfahrzeugarten eingeordnet werden. Nach wie vor von Bedeutung ist Absatz 2 aber für Fahrzeugarten der Fahrerlaubnisklassen L und T.63 16
b) „Besondere Umstände“ fehlender Gefährdung. Die Ausnahme nach Absatz 2 ist nur zulässig, wenn „besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck
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54 Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein (ABlEU Nr. L 403 vom 30.12.2006 S. 18); hierzu § 69b Rdn. 5 f. 55 VG Berlin NZV 2001 139, 140; Dencker DAR 2004 54, 55 f. 56 S. vor allem Dencker DAR 2004 54, 55 f; ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 9; Burmann DAR 2005 61, 63 f; s. auch Geiger NZV 2005 623, 626 f. 57 Hentschel NJW 2002 722, 733; ders. NZV 2004 285, 287. 58 So Geppert LK12 Rdn. 9b; krit. Backmann BA 47 (2010) 189, 192. 59 BGBl. I S. 1338. 60 Kritisch Schäpe BA 47 (2010) 194, 196 f. 61 SSW/Harrendorf Rdn. 18; Backmann SVR 2010 281, 283. 62 S. nur Böse NK Rdn. 10; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 5a; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 13; SSW/Harrendorf Rdn. 18; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 6a; Kretschmer MK-StVR Rdn. 20; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 164; Sinn SK Rdn. 16. 63 SSW/Harrendorf Rdn. 18; Sinn SK Rdn. 16.
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der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird“. Abzustellen ist somit ausschließlich auf den Sicherungszweck, namentlich die Allgemeinheit vor Gefahren aufgrund der Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr zu schützen. Generalpräventive Überlegungen haben (auch; vgl. schon Rdn. 2) bei dieser Entscheidung keinen Raum.64 Ebenso wenig können – anders als bei der Anordnung eines auf bestimmte Kraftfahrzeugarten beschränkten Fahrverbots gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 im Hinblick auf dessen Rechtsnatur als Nebenstrafe (König LK § 44 Rdn. 45) – Strafzumessungsüberlegungen nach dem Leitbild des § 46 wie etwa wirtschaftliche oder finanzielle Überlegungen herangezogen werden. Eine Ausnahme nach Absatz 2 wird vielmehr nur zulässig sein, wenn sich aus be- 17 stimmten Tatsachen (zur Anwendung des Zweifelssatzes nachfolgend Rdn. 22) ableiten lässt, dass der Täter – trotz der festgestellten generellen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen – bei der Benutzung bestimmter Fahrzeugarten für die Allgemeinheit keine (über die allgemeine Betriebsgefahr hinausgehende) Gefahr darstellt (zu den Anforderungen an die Begründung Rdn. 24).65 Insoweit hatte der Gesetzgeber – ebenso wie beim beschränkten Fahrverbot nach § 44 Abs. 1 Satz 1 (dazu König LK § 44 Rdn. 45) – ausweislich der Gesetzesbegründung vor allem Berufskraftfahrer und Landwirte im Blick, welche die Anlasstat nicht während der Berufs- oder Arbeitszeit und nicht mit ihrem beruflich verwendeten Fahrzeug (z.B. Lastkraftwagen, Traktor, Bus, Bagger, Baukran), sondern nach Feierabend mit einem für Privatfahrten benutzten Fahrzeug (etwa Personenkraftwagen, Motorrad) begangen haben und bei denen aus Rücksicht auf die wirtschaftlichen Einbußen infolge eines umfassenden Verbots die Sperre aufgelockert werden können sollte.66 Vor allem in solchen Fällen sind die Tatrichter gehalten, auch ohne Antrag des Angeklagten oder seines Verteidigers die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Absatz 2 von Amts wegen zu prüfen.67 Trotz dieser zugrunde liegenden Überlegungen des Gesetzgebers kann – entgegen 18 vor allem früherer unterinstanzlicher Rechtsprechung – eine Ausnahme bestimmter Kraftfahrzeugarten von der Sperre nicht allein mit dem Umstand begründet werden, dass die (insbesondere Trunkenheits-)Tat im privaten Bereich (z.B. mit einem Pkw oder Motorrad) begangen wurde, während der Täter im beruflichen Bereich Fahrzeuge anderer Art (z.B. Lkw oder Busse) führt.68 Diese Ansicht ist mit Absatz 2, der schließlich (nur) nach Kraftfahrzeugarten, nicht jedoch z.B. zwischen Berufs- und Privatsphäre unterscheidet (siehe schon Rdn. 11), kaum in Einklang zu bringen. Vielmehr verlangt vornehmlich die Rechtsprechung – nicht zuletzt bei Trunkenheitsfahrten als Anlassgeschehen – objektive oder subjektive (z.B. persönlichkeitsbezogene) Sicherheitsmomente, welche die Annahme rechtfertigen, dass sich der festgestellte Charaktermangel bei Benutzung der der Ausnahmeregelung unterfallenden Kraftfahrzeugart nach Lage der Dinge nicht in einer für die Allgemeinheit sicherheitsgefährdenden Weise auswirken
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64 Ebenso etwa SSW/Harrendorf Rdn. 6. Verfehlt daher OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619, wonach zu beachten sei, dass „der vom Entzug der Fahrerlaubnis für den Täter und die Allgemeinheit ausgehende Abschreckungseffekt erhalten bleibt“; krit. bereits Geppert NJW 1971 2154, 2156. 65 S. nur BayObLG VRS 63 (1982) 271, 272; NZV 1991 397; NZV 2005 592, 593; OLG Koblenz VRS 60 (1981) 44, 45; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 11. 66 BTDrucks. IV/651 S. 19. 67 So nachdrücklich auch Krumm DAR 2004 56, 59. 68 S. nur BayObLG VRS 63 (1982) 271, 272; OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619; BA 39 (2002) 498, 498; weitere Nachw. bei Geppert LK12 Rdn. 11. Zum umgekehrten Fall einer Trunkenheitsfahrt mit einem beruflich genutzten Fahrzeug OLG Frankfurt a.M. VM 1977 30, 31.
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wird.69 Ähnlich wird in Teilen des Schrifttums maßgeblich darauf abgestellt, ob trotz der Beschränkung der Sperre gemäß Absatz 2 die Gefährdung des Maßregelzwecks ausreichend abgeschirmt ist.70 Dies hat der Tatrichter nicht abstrakt, sondern stets mit Blick auf die jeweilige Anlasstat und den betreffenden Angeklagten zu prüfen.71 Als objektive Sicherheitsmomente kommen unter anderem in Betracht der Ge19 fährdungsinhalt der Anlasstat, das Gefährdungspotential, das sich aus der Nutzung oder den technischen Gegebenheiten (z.B. der Geschwindigkeit) der von der Sperre auszunehmenden Kraftfahrzeugart ergibt, oder die Möglichkeiten einer Kontrolle des betroffenen Kraftfahrers.72 Bauartbedingt kann der Maßregelzweck etwa bei Rallye-Tourenwagen, die nur bei motorsportlichen Veranstaltungen eingesetzt werden und nicht zum allgemeinen Straßenverkehr zugelassen sind, ausreichend gewährleistet sein.73 Von Bedeutung kann vornehmlich sein, dass die beruflich genutzten und aus der Sperre ausgenommenen Fahrzeuge lediglich eine geringere Geschwindigkeit erreichen können und somit von geringerer Gefährlichkeit für die Allgemeinheit sind.74 Mit dieser Argumentation lässt sich nicht zuletzt eine Ausnahme nach Absatz 2 für landwirtschaftliche Traktoren oder ähnliche Nutzfahrzeuge (wie z.B. Bagger oder Kran) begründen.75 Nicht zu überzeugen vermag es indessen, aus diesem Grund für Kleinkrafträder wie etwa Mofas eine generell geringere Gefährlichkeit herleiten zu wollen.76 Schließlich können selbst solche Fahrzeuge nicht unerhebliche Geschwindigkeiten erreichen und dadurch für ihre Fahrer wie für andere Verkehrsteilnehmer beachtliche Gefahren hervorrufen. Auch Lastkraftwagen konnten, da fast ebenso beweglich und gefahrenträchtig wie Pkw, allenfalls unter ganz besonderen Umständen von der Sperre ausgenommen werden;77 zur nunmehr ohnehin entgegenstehenden Regelung des § 9 Abs. 3 FeV siehe Rdn. 14 f. Eine ständige Kontrolle des Täters kommt vor allem durch den Arbeitgeber oder Dienstherrn bei einem beruflich zu nutzenden Fahrzeug in Betracht.78 Zu denken wäre etwa an die persönliche Schlüsselübergabe vor der Fahrt oder auch an die Anwesenheit zuverlässiger kontrollbereiter Mitfahrer bei der Fahrt.79
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69 OLG Celle DAR 1985 90, 90; BA 25 (1988) 196, 197; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 42, 43; OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619; OLG Karlsruhe VRS 63 (1982) 200, 202; s. auch OLG Saarbrücken VRS 43 (1972) 22, 24; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 13. 70 S. hierzu insbes. Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 242 ff; Krumm DAR 2004 56, 57 f; ders. NZV 2006 234, 236 f; ferner etwa AG Lüdinghausen NJW 2010 310, 311; NZV 2012 500, 501; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 17; Krismann NZV 2011 417, 418. 71 Krumm DAR 2004 56, 57; ders. NZV 2006 234, 236. 72 Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 247; Krumm DAR 2004 56, 58; ders. NZV 2006 234, 236. Zur (fehlenden) Kontrolle durch den Arbeitgeber etwa LG Zweibrücken NZV 1992 499; AG Lüdinghausen NJW 2010 310, 311. 73 AG Alzenau DAR 1981 232, 233. Anders lag es im Fall von OLG Stuttgart VRS 45 (1973) 273, in dem die begehrte Ausnahmebeschränkung auf Motorräder dem Motorsportler ermöglicht hätte, mit seinem Motorrad auch am allgemeinen Straßenverkehr teilzunehmen. 74 OLG Celle BA 25 (1988) 196, 197; OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619; SSW/Harrendorf Rdn. 16; Kindhäuser LPK Rdn. 5. 75 Vgl. OLG Köln VRS 68 (1985) 278, 281; Orlich NJW 1977 1179, 1182; hierzu auch Kretschmer MK-StVR Rdn. 22. 76 So indessen LG Köln DAR 1990 112; bedenklich des Weiteren AG Hildesheim DAR 1985 86, 87, das u.a. auf die für Busse auf Autobahnen bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung hinwies (aufgehoben durch OLG Celle DAR 1985 90). Krit. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 13. 77 OLG Köln VRS 68 (1985) 278, 281. 78 Vgl. OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619 (zu Fahrzeugen im Baustellenbereich); LG Bielefeld NZV 1989 366; LG Detmold DAR 1990 34 (jeweils zum Führen von Panzerfahrzeugen bei der Bundeswehr). 79 Krumm DAR 2004 56, 58; ders. NZV 2006 234, 236. Zur Berücksichtigung sog. Alkohol-Interlocks Schöch BA 42 (2005) Supplement I 20, 22; ders. BA 47 (2010) 340, 341.
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Als subjektive Sicherheitsmomente, die eine Ausnahme von der Sperre gemäß 20 Absatz 2 zu begründen vermögen, kann nicht zuletzt die Persönlichkeit des Angeklagten (z.B. Verhaltensänderung infolge des Leidensdrucks des bisherigen Verfahrens, Auswirkungen infolge vorläufiger Führerschein- oder verkehrspsychologischer Maßnahmen) in ihrer inneren Abhängigkeit zur grundsätzlichen Ungeeignetheit herangezogen werden.80 Beruht die Ungeeignetheit des Täters auf charakterlichen Mängeln, ist es indessen zumeist ausgeschlossen, bestimmte Kraftfahrzeugarten von der Sperre auszunehmen.81 Schließlich erstreckt sich die in der Anlasstat zum Ausdruck gekommene charakterliche Ungeeignetheit in der Regel auf das Führen sämtlicher Kraftfahrzeugarten.82 Dies gilt nicht zuletzt bei Trunkenheitstaten.83 Ausnahmen von der Sperre sind in diesen Fällen nur unter ganz besonderen Umständen zulässig, die eine geringere Gefahr für die Allgemeinheit erkennen lassen und ausführlich darzulegen sind.84 Wirtschaftliche wie berufliche Interessen des Täters sind in aller Regel keine be- 21 sonderen Umstände im Sinne des Absatzes 2.85 Berufliche Behinderungen oder wirtschaftlich-finanzielle Härten können lediglich für die Beurteilung, ob der bei der Tat in Erscheinung getretene Eignungsmangel zwischenzeitlich wieder entfallen ist (hierzu § 69 Rdn. 111), oder für die Bemessung der Sperrfrist (nachfolgend Rdn. 52) von Bedeutung sein. Ansonsten ist allenfalls im Zusammenspiel mit den vorstehenden gefahrabschirmenden Umständen denkbar, dass drohende wirtschaftliche Konsequenzen eine Ausnahme nach Absatz 2 für bestimmte Kraftfahrzeugarten rechtfertigen.86 Ebenso wenig relevant sind Kriterien, die bereits für die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen maßgeblich sind, nicht zuletzt etwa der Umstand, ob der Täter in einer „Ausnahmesituation“ gehandelt hat.87 Der Zweifelsgrundsatz ist auch im Rahmen von Absatz 2 zu beachten, namentlich 22 soweit es die Feststellung von Tatsachen betrifft, aus denen sich „besondere Umstände“ im Sinne dieser Norm ergeben;88 auf die Ausführungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Rdn. 116) darf daher entsprechend verwiesen werden. Es ist folglich nicht „in Zweifelsfällen für die Sicherheit der Allgemeinheit zu entscheiden“.89 Selbstredend ist der Grundsatz „in dubio pro reo“ lediglich für die Feststellung derjenigen Tatsachen anwendbar, die der sodann vorzunehmenden Prognose, ob eine künftige Gefährdung der
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80 Diese und weitere Kriterien bei Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 248; Krumm DAR 2004 56, 58; ders. NZV 2006 234, 237. 81 OLG Celle BA 25 (1988) 196, 197; LG Halle BA 41 (2004) 84, 85; AG Frankfurt a.M. NZV 2007 264, 264; Fischer Rdn. 33; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16. 82 OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 12; SSW/Harrendorf Rdn. 15; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Heuchemer BeckOK Rdn. 13. 83 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 12; Fischer Rdn. 33; SSW/Harrendorf Rdn. 15; Heuchemer BeckOK Rdn. 13. 84 OLG Hamm VRS 62 (1982) 124, 126. 85 S. nur OLG Celle DAR 1985 90, 90; BA 25 (1988) 196, 197; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 42, 43; OLG Hamm NJW 1971 1618, 1619; OLG Karlsruhe VRS 63 (1982) 200, 202; LG Zweibrücken NZV 1992 499; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 14; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 16; SSW/Harrendorf Rdn. 15; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 243; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 167. Bedenklich etwa AG Brühl DAR 1981 233, 234, AG Frankfurt a.M. DAR 1982 306 sowie die von Zabel BA 20 (1983) 477, 485 ff mit Sympathie referierten weiteren tatgerichtlichen Entscheidungen. 86 AG Lüdinghausen NZV 2012 500, 501. 87 Bedenklich demzufolge OLG Celle DAR 1985 90, 90 m. krit. Anm. Grohmann; BA 25 (1988) 196, 197 f; ähnlich Orlich NJW 1977 1179, 1182 f. 88 Vgl. Geppert NJW 1971 2154, 2156 f. 89 So indessen OLG Hamm NJW 1971 1618, 1620 in Anschluss an Weihrauch NJW 1971 829, 830 („in dubio pro securitate“); ähnlich OLG Celle DAR 1985 90, 90 m. krit. Anm. Grohmann; LG Hamburg BA 23 (1986) 453, 455.
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Allgemeinheit durch den Täter jedenfalls im Hinblick auf eine bestimmte Kraftfahrzeugart ausgeschlossen werden kann, zugrunde liegen. Insoweit bleibt aber zu beachten, dass materiellrechtlich der Nachweis hinreichender Wahrscheinlichkeit genügt. Eine völlige Gewissheit des Richters über das sichere Ausbleiben einer künftigen Rechtsverletzung ist nicht erforderlich, um die Ausnahme nach Absatz 2 zu gewähren.90 23
3. Entscheidung des Gerichts. a) Urteilsformel. Die Entscheidung des Gerichts, von der Sperre bestimmte Kraftfahrzeugarten auszunehmen, ergeht mit demjenigen Urteil bzw. Strafbefehl, in dem die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperrfrist festgesetzt wird. Eine nachträgliche Anordnung durch Beschluss ist unzulässig, stellt insbesondere nicht lediglich eine Berichtigung dar, da sie die Entscheidung des Gerichts inhaltlich verändert.91 Vielmehr kann nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 7, nicht zuletzt nach Ablauf der in dessen Satz 2 genannten Frist, eine bestimmte Kraftfahrzeugart von der Sperre ausgenommen werden (hierzu Rdn. 112). Für den Urteilstenor (dazu bereits § 69 Rdn. 191) empfiehlt sich die folgende Formulierung: „Dem/Der Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein/Ihr Führerschein wird eingezogen. Dem/Der Angeklagten darf vor Ablauf von … [bei zeitiger Sperre]/für immer [bei unbefristeter Sperre] keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden; hiervon ausgenommen ist … [möglichst detaillierte Beschreibung der jeweiligen Kraftfahrzeugart].“
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b) Begründung der Entscheidung. Die für eine Beschränkung der Sperre maßgeblichen Erwägungen sind ausführlich darzulegen und zu erörtern.92 Je höher die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer aufgrund des Rückgriffs auf Absatz 2 einzuschätzen ist, desto höher sind die Anforderungen an die Begründung des erkennenden Gerichts.93 Die erforderliche umfassende Gesamtwürdigung sämtlicher in Betracht kommenden „besonderen Umstände“ unterliegt als genuin tatrichterliche Entscheidung der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur in begrenztem Umfang. Das Revisionsgericht hat die Beurteilung des Tatrichters in den Grenzen des sachlich noch Vertretbaren zu respektieren.94 Zur (in der Regel unzulässigen) Beschränkung eines Rechtsmittels auf die Anfechtung der Ausnahmeanordnung nach Absatz 2 siehe § 69 Rdn. 274.
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c) Wirkung der Entscheidung. Auch wenn gemäß Absatz 2 bestimmte Kraftfahrzeugarten von der Sperre ausgenommen werden, erlischt die Fahrerlaubnis in vollem Umfang (§ 69 Rdn. 185).95 Demzufolge ist im Urteil auch der Führerschein einzuziehen, ohne dass die Einziehung auf bestimmte Fahrzeugarten beschränkt werden kann (§ 69 Rdn. 187). Nimmt das Gericht bestimmte Kraftfahrzeugarten von der Sperre aus, eröffnet dies der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde aber die Möglichkeit, dem Verurteilten (auf dessen Antrag) trotz ansonsten laufender Sperre im Umfang der Ausnahme sogleich eine
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90 Weiter wohl Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 246, wonach bereits „bei ausreichenden Anhaltspunkten und fehlender weiterer Aufklärbarkeit für eine Gefahrenabschirmung der Grundsatz ‚in dubio‘ ausschlaggebend“ sei. 91 Ebenso Hentschel DAR 1975 296, 297. 92 OLG Hamm VRS 62 (1982) 445, 447; OLG Karlsruhe VRS 55 (1978) 122, 122. Zu den Begründungsanforderungen im Einzelnen auch Krumm DAR 2004 56, 57 f. 93 Krumm DAR 2004 56, 57. 94 OLG Hamm VRS 62 (1982) 445, 447; vgl. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; aA Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 211: uneingeschränkte Kontrolle des Revisionsgerichts. 95 OLG Hamm NJW 1971 1193; OLG Oldenburg NJW 1965 1287, 1288; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 15; Böse NK Rdn. 10; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 17.
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entsprechend eingeschränkte neue Fahrerlaubnis zu erteilen.96 Das Gericht selbst darf aber weder die Fahrerlaubnis nur eingeschränkt entziehen noch von sich aus die Führung bestimmter Kraftfahrzeugarten gestatten.97 Hinsichtlich der Bindung der Fahrerlaubnisbehörde bei Wiedererteilung einer entsprechend beschränkten Fahrerlaubnis gelten die allgemeinen Grundsätze (siehe § 69 Rdn. 28 ff). III. Dauer der Sperre 1. Allgemeines. Der Regelfall des Absatzes 1 Satz 1 sieht eine zeitlich befristete Sper- 26 re vor, die weder sechs Monate unterschreiten noch über fünf Jahre hinausgehen darf (Rdn. 27). Ist indessen zu erwarten, dass selbst die gesetzliche Höchstfrist von fünf Jahren zur Abwehr der von dem Täter ausgehenden Gefahr nicht ausreicht, ermöglicht es Absatz 1 Satz 2 dem Gericht, die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis auch für immer zu untersagen (Rdn. 38 ff). Bei der Bemessung der Sperre (näher hierzu Rdn. 42 ff) innerhalb dieser gesetzlichen Grenzen ist dem Gericht ein weiter, nur eingeschränkt revisibler98 Ermessensspielraum eingeräumt.99 Unter bestimmten Voraussetzungen verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre auf drei Monate (Absatz 4; Rdn. 32 ff) bzw. erhöht sich auf ein Jahr (Absatz 3; Rdn. 28 ff). Die Sperre beginnt mit Rechtskraft der Entscheidung (Absatz 5 Satz 1; Rdn. 63); in die Frist wird die nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung verstrichene Zeit einer vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung oder ihr (nach Absatz 6) gleichgestellter Maßnahmen eingerechnet (Absatz 5 Satz 2; Rdn. 64 ff). Eine echte Anrechnung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen findet nicht statt (Rdn. 34). Allerdings ist die bisherige Dauer solcher Maßnahmen wegen der ihr eigenen „erzieherischen“ Wirkung (dazu bereits § 69 Rdn. 147 ff) bei der Bemessung der Sperrfrist individuell-prognostisch zu berücksichtigen. 2. Zeitlich befristete Sperren a) Regelfall (Absatz 1 Satz 1). Das gesetzliche Mindestmaß der zeitlich befristeten 27 Sperre – insoweit ist mitunter von einer gesetzlich vermuteten Mindestdauer der Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen die Rede100 (vgl. schon Rdn. 1) – beträgt grundsätzlich sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre (jeweils Absatz 1 Satz 1). Der dadurch vorgegebene Rahmen gilt gleichermaßen für Sperren, die zusammen mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden, wie für isolierte Sperren. Zur unzulässigen Anordnung einer sog. Anschlusssperre bereits Rdn. 7. b) Erhöhtes Mindestmaß (Absatz 3). Nach Absatz 3 erhöht sich die Mindestsperre 28 auf ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet wurde. Der Vorschrift liegt die Erfahrung zugrunde, dass es bei Kraftfahrern, die sich innerhalb kurzer Zeit erneut als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen haben, längerer Zeiten des Zwangsausschlusses aus dem Straßenverkehr bedarf, um erzieherisch erfolgreich auf sie einzuwirken.101
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96 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 17; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 17; SSW/Harrendorf Rdn. 31. 97 OLG Hamm NJW 1971 1193; OLG Oldenburg NJW 1965 1287, 1288. 98 OLG Hamburg VRS 61 (1981) 341, 343; OLG Koblenz BA 12 (1975) 273, 275; Kretschmer MK-StVR Rdn. 7; Molketin NZV 2001 65, 66. 99 Ebenso Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; s. auch Heuchemer BeckOK Rdn. 14; Kretschmer MK-StVR Rdn. 7; aA Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 211. 100 OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 108, 109; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 17. 101 BTDrucks. IV/651 S. 19; OLG Jena BA 47 (2010) 361, 362; krit. Kretschmer MK-StVR Rdn. 10 f.
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Entgegen dem insofern offenen Gesetzeswortlaut gilt das erhöhte Mindestmaß einjähriger Sperrfrist mit der zutreffenden herrschenden Meinung nur bei charakterlichen Eignungsmängeln, nicht jedoch, wenn die vorangegangene oder die anstehende Sperre auf körperlichen oder geistigen Defiziten beruht.102 Denn wenn die Beseitigung solcher Mängel nicht mit dem von der Maßregel ausgehenden Leidensdruck, sondern ausschließlich mit äußeren Umständen (z.B. medizinischer Heilung, Zeitablauf) zusammenhängt, ergibt die sperrfristverschärfende Berücksichtigung einer früheren Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. isolierten Sperrfrist keinen Sinn.103 Das Mindestmaß erhöht sich nur nach einer früheren strafgerichtlichen Anord30 nung einer Sperre, nicht jedoch bei einer vorangegangenen Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde (§ 3 StVG).104 Hierfür streitet außer dem Wortlaut der Vorschrift (zur Legaldefinition der „Sperre“ Absatz 1 Satz 1) auch deren Entstehungsgeschichte. So wurde in der amtlichen Begründung zum 2. StraßenVSichG darauf hingewiesen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis überwiegend wegen körperlicher oder geistiger Eignungsmängel entziehe, während charakterliche Mängel, die allein ein erhöhtes Mindestmaß der Sperre rechtfertigen könnten (siehe soeben Rdn. 29), demgegenüber zurückträten. Bei Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde würden zudem häufig verschiedenartige Gründe zusammenwirken, die nur in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden könnten.105 Ungeachtet dessen sind die Strafgerichte aber auch nach der Erwartung des Gesetzgebers gehalten, bei ihrer Entscheidung eine auf charakterlichen Mängeln beruhende vorangegangene behördliche Fahrerlaubnisentziehung angemessen zu berücksichtigen.106 Maßgeblicher zeitlicher Bezugspunkt für die neue Tat ist der Tag der Tatbegehung 31 (§ 8). Die Drei-Jahres-Frist beginnt ab der Rechtskraft der die frühere Sperre anordnenden Entscheidung (Absatz 5 Satz 1).107 Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung (hierzu Rdn. 75 ff) ist auf die Rechtskraft des die Gesamtstrafe verhängenden Urteils abzustellen, sofern hierin auch die Sperrfrist neu bemessen wird. Sollte hingegen die in dem frühreren Urteil angeordnete Sperre lediglich nach § 55 Abs. 2 aufrechterhalten werden, beginnt die Frist mit der Rechtskraft des einbezogenen Urteils.108 Unerheblich ist wiederum, ob die frühere Sperre zusammen mit der Entziehung der Fahrerlaubnis oder isoliert (Absatz 1 Satz 3) festgesetzt wurde.109 Des Weiteren ist ausweislich § 52 Abs. 2 BZRG ohne Belang, ob die im Bundeszentralregister eintragungspflichtige frühere Verurteilung nach §§ 45 ff BZRG getilgt worden oder zu tilgen ist.110 Absatz 3 ist hingegen nicht
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102 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 18; Böse NK Rdn. 7; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 8; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 96; krit. Fischer Rdn. 11: „mit der Schuldunabhängigkeit der Maßregelanordnung schwer vereinbar“. 103 SSW/Harrendorf Rdn. 11; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Kulemeier S. 111; s. schon Geppert S. 138 f; ders. MDR 1972 280, 281; vgl. auch BTDrucks. IV/651 S. 19 f. 104 OLG Hamm VRS 53 (1977) 342, 343 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 18; Fischer Rdn. 11; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 4, Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Sinn SK Rdn. 7; s. schon BTDrucks. IV/651 S. 19. 105 BTDrucks. IV/651 S. 19 f. 106 BTDrucks. IV/651 S. 20. 107 OLG Jena BA 47 (2010) 361, 362; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 19; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Sinn SK Rdn. 7. 108 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 19; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 95. 109 Böse NK Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10. 110 Zur früheren Rechtslage hingegen BGHSt 25 100, 101 ff; OLG Hamburg MDR 1973 429.
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anwendbar, wenn die Sperre erst zwischen der neuen Tat (und somit eben nicht „vor der Tat“) und der diesbezüglichen Entscheidung angeordnet wird.111 c) Verkürztes Mindestmaß (Absatz 4). Nach Absatz 4 verkürzt sich das Mindest- 32 maß um die Zeit, in der wegen der Tat eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wirksam war (Satz 1). Nach Absatz 6 sind die Verwahrung, Sicherstellung und Beschlagnahme des Führerscheins gleichgestellt; zur Verkürzung des Mindestmaßes ist folglich keine amtliche Verwahrung notwendig.112 In der Regel besteht zwar kein Bedürfnis, eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis etc. auf die Sperre anzurechnen, da der Tatrichter deren Dauer ohnehin dem im maßgeblichen Zeitpunkt der Hauptverhandlung festgestellten Eignungsmangel und dem somit hervorgetretenen Sicherungsbedürfnis anpassen kann. Insoweit kann auch berücksichtigt werden, dass der Täter schon eine kürzere oder längere Zeit nicht am Kraftverkehr teilnehmen durfte. Allerdings kann sich die vorläufige Maßnahme schon derart erheblich ausgewirkt haben, dass selbst die gewöhnliche Mindestsperre von sechs Monaten nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Daher erweitert Absatz 4 Satz 1 den Rahmen, innerhalb dessen der Tatrichter die Sperre festsetzen darf.113 Eine besondere praktische Bedeutung erfährt die Regelung vor allem in der Berufungsinstanz. Nicht anwendbar ist Absatz 4 bei rein tatsächlichem Ausschluss aus dem öffentlichen Straßenverkehr (z.B. wegen eines Krankenhausaufenthaltes, Untersuchungshaft oder Strafverbüßung in anderer Sache).114 Absatz 4 Satz 2 sieht einschränkend vor, dass das verkürzte Mindestmaß nicht 33 weniger als drei Monate betragen darf. Diese Drei-Monats-Grenze ist absolut.115 Die Regelung bringt zum Ausdruck, dass es mit dem Wesen der Maßregel nur schwer vereinbar wäre, einen Täter zwar als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen zu bezeichnen, zugleich aber die alsbaldige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zuzulassen.116 Sollte der Tatrichter einen Ausschluss des Täters aus dem Straßenverkehr lediglich für eine Dauer von unter drei Monaten für notwendig, aber auch ausreichend erachten, lässt sich dies über die Verhängung eines Fahrverbots erreichen.117 Es bleibt hervorzuheben, dass Absatz 4 keine Anrechnung der Dauer einer vorläu- 34 figen Entziehung der Fahrerlaubnis oder einer nach Absatz 6 gleichgestellten Maßnahme im technischen Sinne (etwa nach Art von § 51) vorsieht.118 Die Vorschrift erweitert lediglich den zeitlichen Rahmen nach unten, innerhalb dessen der Tatrichter die Sperre nach den üblichen Bemessungsgrundsätzen (hierzu Rdn. 42 ff) bestimmen und somit auch die verkehrserzieherische Wirkung der vorläufigen Führerscheinmaßnahme prognostisch berücksichtigen kann (zur Berücksichtigung dieser Umstände bereits bei der Beurteilung der Ungeeignetheit § 69 Rdn. 147 ff).119 Demzufolge ist es jedenfalls missverständlich, aus der Regelung der Absätze 1, 4 und 6 zu schließen, dass die verkürzte „Mindestsperrfrist
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111 Fischer Rdn. 11. 112 OLG Köln VRS 52 (1977) 271, 271. 113 BTDrucks. IV/651 S. 20. 114 OLG Koblenz VRS 70 (1986) 284, 285; Fischer Rdn. 13. 115 Ebenso OLG Köln NJW 1967 361; OLG Zweibrücken MDR 1986 1046; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5. 116 BTDrucks. IV/651 S. 20. 117 BTDrucks. IV/651 S. 20. 118 OLG Bremen DAR 1965 216, 216 f; OLG Saarbrücken NJW 1974 1391, 1393 f; OLG Schleswig VM 1965 69, 70; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 20; Böse NK Rdn. 8; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21; SSW/Harrendorf Rdn. 12; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 99; Uhlenbruck DAR 1967 156, 157. 119 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 20; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 12.
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für den sog. Regel- oder Normalfall vorgesehen ist“.120 Dies kann allenfalls als Hinweis auf die Bemühungen der Praxis verstanden werden, sich etwa bei den verbreiteten Trunkenheitsfahrten, bei denen sich außer der Tatsache der absoluten Fahruntüchtigkeit keine zusätzlichen negativen Besonderheiten aus der Tat, den Tatumständen und der Person des Täters feststellen lassen,121 an der gesetzlichen Mindestfrist zu orientieren, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu ermöglichen (zur Unzulässigkeit von Taxen bei der Bemessung der Sperrfrist und zur nicht zulässigen schematischen Betrachtung indessen Rdn. 45). Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (oder eine nach Absatz 6 gleichgestell35 te Maßnahme) muss „wegen der Tat“ angeordnet worden sein. Vorläufige Maßnahmen wegen einer anderen als der Anlasstat verkürzen das Mindestmaß der Sperre nicht.122 Das Mindestmaß der Sperre wird sowohl im Regelfall des Absatzes 1 Satz 1 als auch bei dessen Erhöhung nach Absatz 3 heruntergesetzt.123 Jeweils bleibt zu beachten, dass sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes das Mindestmaß nur um die Zeit verkürzt, in der die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (oder eine nach Absatz 6 gleichgestellte Maßnahme) wirksam (dazu sogleich Rdn. 36) war. Dadurch ist gewährleistet, dass die Regelmindestsperrfrist des Absatzes 1 Satz 1 von sechs Monaten jedenfalls insgesamt, d.h. unter Berücksichtigung der Dauer der vorläufigen Maßnahme nicht unterschritten wird. Unzulässig ist es hingegen beispielsweise, nach einer vorläufigen Maßnahme von zwei Monaten eine Sperrfrist von nur noch drei Monaten festzusetzen. Ebenso beträgt bei der Herabsetzung des erhöhten Mindestmaßes nach Absatz 3 die Zeit des tatsächlichen Zwangsausschlusses aus dem Straßenverkehr insgesamt zumindest ein Jahr. Die Absätze 4 und 6 sind auch für das Strafbefehlsverfahren verbindlich. 36 Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wird mit der (schriftlichen) Bekanntgabe des Beschlusses nach § 111a Abs. 1 StPO an den Beschuldigten (dazu § 69 Rdn. 231) „wirksam“. Der Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des Führerscheins bedarf es nicht, um das Mindestmaß zu verkürzen. Schließlich ist eine Zuwiderhandlung bereits ab diesem Zeitpunkt nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbewehrt (siehe schon § 69 Rdn. 206).124 Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die gesetzliche Gleichstellung der in Absatz 6 genannten Maßnahmen mit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis als sinnvoll und folgerichtig. Denn ist die Sicherstellung oder zwangsweise Beschlagnahme des Führerscheins durch amtliche Inverwahrnahme tatsächlich vollzogen worden, ist eine Zuwiderhandlung (nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 StVG) auch hier strafbewehrt (§ 69 Rdn. 207).125 Analog sollen die Absätze 4 und 6 für eine fahrerlaubnisrechtlich irrelevante Sicherstellung eines ungültigen Führerscheins herangezogen werden können, wenn alle Verfahrensbeteiligten und insbesondere auch der Angeklagte irrtümlicherweise von einer „fahrerlaubniswirksamen“ Sicherstellung ausgegangen sind.126 Wurde wegen der Tat mangels vorhandener Fahrerlaubnis des Täters nur eine iso37 lierte Sperrfrist (Absatz 1 Satz 3) verhängt, ist Absatz 4 – entgegen einer nicht unbeacht-
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120 So indessen OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996 182, 182; krit. auch SSW/Harrendorf Rdn. 10; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 113, jeweils mit dem Hinweis, dann entlastende Umstände nicht mehr sperrfristmindernd berücksichtigen zu können; s. des Weiteren Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 1. 121 Hierin besteht der Regel- bzw. Normalfall nach OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996 182, 182. 122 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 21; Fischer Rdn. 13, Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11. 123 OLG Saarbrücken NJW 1974 1391, 1393 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 20. 124 OLG Köln VRS 52 (1977) 271, 271; hierzu auch LG Stuttgart Justiz 1989 309. 125 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 21. 126 AG Lüdinghausen NZV 2005 163, 164; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11; aA Fischer Rdn. 13.
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lichen Gegenansicht127 – nach herrschender wie zutreffender Meinung nicht analog anwendbar;128 zur analogen Anwendung des Absatzes 5 Satz 2 bei isolierter Sperrfrist siehe Rdn. 68. Schon der Wortlaut der Regelung, die eigens an die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anknüpft, steht der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke entgegen. Schließlich dürfte nicht davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber, der in Absatz 3 noch ausdrücklich auf die Anordnung einer Sperre verweist, in den Absätzen 4 und 6 nicht an die Maßnahme der isolierten Sperrfrist gedacht habe.129 Zudem lassen sich die vorstehenden Konstellationen einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis und einer isolierten Sperre nicht vergleichen.130 Diese Erwägungen laufen auch nicht auf eine unzulässige Anrechnung hinaus,131 sondern ermöglichen lediglich und gerade die Prüfung, ob dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit durch die vorläufige Führerscheinmaßnahme bereits genügt wurde.132 Schließlich werden solche Maßnahmen denjenigen, der anders als zuvor vom Straßenverkehr ausgeschlossen wird, in der Regel härter treffen und beeinflussen als jemanden, der ohnehin kein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen darf. Dass dies im Einzelfall durchaus anders sein mag, wenn ein Täter etwa vor Abschluss des Strafverfahrens eine Fahrerlaubnis erwerben wollte und daran nun gehindert ist,133 vermag weder im Hinblick auf den Wortlaut noch angesichts der Erwägungen des Gesetzgebers (Rdn. 32) eine analoge Anwendung des Absatzes 4 zu rechtfertigen. Sollte der Tatrichter die Mindestsperre in einem solchen Fall für nicht angebracht halten, hat er freilich besonders zu prüfen, ob die schon eingetretenen verkehrserzieherischen Auswirkungen bereits die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen entfallen lassen.134 3. Unbefristete Sperre (Absatz 1 Satz 2). Nach Absatz 1 Satz 2 kann eine Sperre „für 38 immer“ angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist von fünf Jahren zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Als nicht mehr steigerungsfähige Maßnahme darf die unbefristete Sperre schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur in Ausnahmefällen, in denen keine Besserung mehr zu erwarten ist, angeordnet werden.135 In Betracht kommt dies in der Regel lediglich, wenngleich nicht ausschließlich bei schwerster Verkehrskriminalität.136 Die nicht unerhebliche Differenz zwischen einem Höchstmaß von fünf Jahren und einer unbefristeten, gegebenenfalls somit lebenslangen Sperre ist darauf zurückzuführen, dass sich die Ungeeignetheit
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127 OLG Saarbrücken NJW 1974 1391, 1393 f; LG Dortmund NJW 1973 1336; vgl. zur ähnlichen Problematik bei Absatz 5 Satz 2 (s. hierzu Rdn. 68) auch LG Heilbronn NStZ 1984 263, 264 m. zust. Anm. Geppert; LG Nürnberg-Fürth NJW 1977 446, 447; AG Bad Iburg NdsRpfl 1986 21, 21 f; Kulemeier S. 112 f; Krekeler NJW 1973 690, 690 f; Mollenkott ZRP 1980 199, 200; Saal NZV 1997 279, 280 f. 128 S. nur BayObLG NZV 1991 358; OLG Hamburg MDR 1979 73; OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 108, 109; OLG Zweibrücken NZV 1997 279 m. abl. Anm. Saal; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 22; Böse NK Rdn. 8; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 7; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21; Fischer Rdn. 14; SSW/Harrendorf Rdn. 12; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11; Kretschmer MK-StVR Rdn. 12; Sinn SK Rdn. 8; Meyer DAR 1979 157, 158 f. 129 BayObLG NZV 1991 358; OLG Hamburg MDR 1979 73; OLG Zweibrücken NZV 1997 279; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 22. 130 OLG Zweibrücken NZV 1997 279; s. auch Kretschmer MK-StVR Rdn. 12. 131 So die Bedenken von Geppert LK12 Rdn. 37a. 132 BayObLG NZV 1991 358; OLG Hamburg MDR 1979 73; OLG Zweibrücken NZV 1997 279. 133 Hierauf verweisend etwa OLG Saarbrücken NJW 1974 1391, 1394; LG Dortmund NJW 1973 1336. 134 OLG Zweibrücken NZV 1997 279. 135 S. etwa Böse NK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Heuchemer BeckOK Rdn. 18; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9. 136 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9; s. auch Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2.
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des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen kaum für einen größeren Zeitraum als fünf Jahre prognostizieren lässt.137 Eine zeitige Sperre mit einer Dauer von über fünf Jahren anzuordnen, ist unzuläs39 sig.138 Somit ist fraglich, welche Sperre zu verhängen bleibt, wenn das Gericht nach der voraussichtlichen Dauer der Ungeeignetheit zwar keine unbefristete Sperre, wohl aber – trotz der soeben (Rdn. 38) geschilderten prognostischen Schwierigkeiten – eine Sperrfrist von mehr als fünf Jahren für erforderlich erachtet. Zum Teil wird insoweit angenommen, dass dem Gericht die Anordnung einer unbefristeten Sperre schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verwehrt bleibe.139 Für diese strenge Auslegung wird des Weiteren auf die Formulierung in Absatz 1 Satz 2 („kann“) sowie auf die besonders sorgfältige Prüfung der Geeignetheit des Täters durch die Fahrerlaubnisbehörde nach Ablauf der fünfjährigen Sperre verwiesen, die das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit zu wahren wisse.140 Eine unbefristete Sperre sei folglich nur erlaubt, wenn die in der Tat zum Ausdruck gekommene Ungeeignetheit nicht mehr zu beheben, mit anderen Worten chronisch sei.141 Indessen ist schon wegen des Wortlauts des Absatzes 1 Satz 2, wonach „die gesetzliche Höchstfrist […] nicht ausreicht“,142 mit der vorzugswürdigen herrschenden Meinung die Fahrerlaubnis für immer zu entziehen, wenn zu erwarten ist, dass nach der Überzeugung des Tatgerichts selbst eine fünfjährige Sperre nicht ausreicht, um die vom Täter drohenden Gefahren für die Sicherheit der Allgemeinheit im Straßenverkehr zu beseitigen.143 Berechtigten Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann dadurch Rechnung getragen werden, dass auch die unbefristete Sperre unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 vorzeitig aufgehoben werden kann (ergänzend Rdn. 90).144 In der Praxis wird dem vorstehenden Meinungsstreit indessen ohnehin allenfalls eine geringe Bedeutung zukommen. Sollte tatsächlich nach der Überzeugung des Gerichts eine fünfjährige Sperre nicht ausreichen, um die Defizite des Täters zu beheben, wird häufig von einer chronischen Ungeeignetheit auszugehen sein.145 Eine unbefristete Sperre kommt vor allem bei dauerhafter körperlicher oder geis40 tiger Ungeeignetheit in Betracht.146 Dies gilt beispielsweise bei altersbedingten Defiziten,147 wenngleich freilich nicht allein aufgrund des hohen Alters,148 bei chronischer Krankheit, insbesondere bei Trunkenheitsdelinquenz, soweit keine Besserung mehr zu
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137 SSW/Harrendorf Rdn. 13. 138 Fischer Rdn. 8. 139 S. etwa Geppert LK12 Rdn. 39; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 177; Geppert S. 103 ff; Lisken DRiZ 1977 173, 177; Molketin NZV 2001 65, 67. 140 Geppert LK12 Rdn. 39. 141 Hentschel DAR 1976 289, 289; s. auch Grohmann DAR 1983 48, 49. 142 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; Böse NK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Kretschmer MK-StVR Rdn. 9. 143 BGH NStZ-RR 1997 331, 332; OLG Hamm VRS 40 (1971) 11, 12; OLG Koblenz BA 12 (1975) 273, 275; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; Böse NK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Heuchemer BeckOK Rdn. 18; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9; Kretschmer MK-StVR Rdn. 9; Kulemeier S. 114 f. 144 BGH VRS 35 (1968) 416, 418; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; Böse NK Rdn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10. 145 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 10; s. auch Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 177; Kretschmer MK-StVR Rdn. 9: „Scheinproblem“. 146 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9. 147 AG Pinneberg BA 52 (2015) 51, 53; Böse NK Rdn. 4. 148 OLG Frankfurt a.M. DAR 1969 161, 161; Böse NK Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9.
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erwarten ist,149 sowie – allerdings nur in Ausnahmefällen150 – bei endgültig nicht behebbarer fahrtechnischer Ungeeignetheit.151 Dass künftige Heilungsmöglichkeiten infolge der Fortschritte in der Medizin nie ausgeschlossen werden können, rechtfertigt selbst im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kein Absehen von einer lebenslangen Sperre.152 Bei charakterlichen Eignungsmängeln kommt eine unbefristete Sperre insbeson- 41 dere bei schwerster und chronischer Verkehrskriminalität in Betracht.153 Da in diesen Fällen die Dauer der Ungeeignetheit maßgeblich auch vom Leidensdruck abhängt, dem der Verurteilte ausgesetzt ist, scheidet eine unbefristete Sperre jedenfalls dann aus, wenn zu erwarten ist, dass ein langfristiger Strafvollzug und die Mitarbeit des Verurteilten am Vollzugsziel sich positiv auf sein späteres Verkehrsverhalten auswirken werden.154 4. Bemessungsgrundsätze a) Allgemeines. Weil auch die Dauer einer Maßregel deren Zweck zu entsprechen 42 hat, gelten für die Bemessung der (gegebenenfalls isolierten) Sperre die gleichen Grundsätze wie für die Anordnung der Sperre bzw. somit letztlich (Rdn. 5) der Entziehung der Fahrerlaubnis als solcher. Die Länge der Sperre richtet sich folglich ausschließlich danach, für welchen Zeitraum die aus der Anlasstat erwiesene Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen voraussichtlich bestehen wird.155 Die voraussichtliche Dauer des Verwaltungsverfahrens, in dem die Fahrerlaubnis neu erteilt wird, ist unbeachtlich und könnte ohnehin nicht zuverlässig eingeschätzt werden.156 Wiederum sind sämtliche Umstände der konkreten Tat unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters umfassend zu würdigen (näher Rdn. 46 ff).157 Da insoweit indessen nicht die seitens des Verurteilten drohende Gefährlichkeit schlechthin, sondern nur die „aus der Tat“ erwiesene Ungeeignetheit herangezogen werden darf, sind bei der Bemessung der Sperrfrist gleichfalls nur diejenigen Eignungsmängel zu berücksichtigen, die in
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149 OLG Düsseldorf VM 1964 47; VM 1976 52; OLG Hamm VRS 40 (1971) 11, 12; OLG Koblenz BA 12 (1975) 273, 275; OLG Köln NJW 2001 3491, 3492; Böse NK Rdn. 4; Kindhäuser LPK Rdn. 2; Sinn SK Rdn. 10. 150 S. hierzu etwa OLG Düsseldorf VM 1976 52, das eine unbehebbare Ungeeignetheit eines 53-jährigen Kraftfahrers nach dreimaligem fahrtechnischen Versagen in den ersten Monaten seit Erwerb eines Führerscheins verneinte. 151 OLG Köln NJW 2001 3491, 3492; Kindhäuser LPK Rdn. 2; Sinn SK Rdn. 10. 152 So indessen AG Hamburg-Barmbek DAR 2014 403, 404, das gegenüber einem an vaskulärer Demenz leidenden Angeklagten lediglich eine Sperre von drei Jahren anordnete, obwohl nach dem Stand der Medizin und Forschung zum Zeitpunkt der Entscheidung eine Heilung von Demenz nicht möglich erschien, „da nicht absehbar ist, was sich in der Forschung auf dem Gebiet der Demenz in den nächsten Jahren entwickelt. Das Gericht sieht sich deswegen nicht in der Lage, der Medizin vorwegzugreifen und eine dauerhafte – lebenslange – Ungeeignetheit des Angekl. zum Führen von Kraftfahrzeugen festzustellen.“ Zu Recht krit. die Anm. von Focken, der u.a. auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Aufhebung auch der lebenslangen Sperre nach Absatz 7 hinweist (405); ebenso Hentschel/König/Dauer/ König Rdn. 4. 153 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 32; Böse NK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 13. 154 BGH VRS 37 (1969) 423, 424; NStZ-RR 1997 331, 332; OLG Koblenz VRS 40 (1971) 96, 100; OLG Köln VRS 41 (1971) 354, 355; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9. 155 BGHSt 15 393, 397; BGH NStZ-RR 1997 331, 332; NZV 2002 378; NZV 2003 46; BayObLG DAR 1999 560, 561; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 24; Böse NK Rdn. 2; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; Fischer Rdn. 15; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Heuchemer BeckOK Rdn. 15; Kindhäuser LPK Rdn. 1; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14. 156 OLG Oldenburg VRS 51 (1976) 281, 282 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 25; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 8; Sinn SK Rdn. 6. 157 BGHSt 6 398, 400; Böse NK Rdn. 2.
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der Anlasstat zum Ausdruck gekommen sind (vgl. § 69 Rdn. 93 ff).158 Demzufolge sind etwa körperliche oder geistige Defizite, die erst nach oder aufgrund der Tat eingetreten sind und folglich nichts zur Anlasstat beigetragen haben, für die Beurteilung der voraussichtlichen Dauer der Ungeeignetheit nicht von Bedeutung.159 Für die Beurteilung der Dauer der Sperrfrist ist – ebenso wie bei der Entziehung der 43 Fahrerlaubnis (§ 69 Rdn. 108) – der Zeitpunkt der letzten (tatrichterlichen) Entscheidung maßgeblich.160 Demzufolge sind auch insoweit sämtliche zwischen Tat und Entscheidung eingetretenen Umstände (dazu bereits § 69 Rdn. 144 ff und 173 ff), nicht zuletzt eine bessernde Wirkung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen zu berücksichtigen (§ 69 Rdn. 147 ff). Unerheblich bleibt wiederum die „Erforderlichkeit“ der Maßregel als solcher. Daher steht deren Anordnung nicht entgegen, dass der Verurteilte aus anderen Gründen (z.B. wegen langfristiger Freiheitsentziehung, Krankheit oder lang dauernder Unfallfolgen) am Straßenverkehr nicht mehr teilnehmen kann oder will (dazu bereits § 69 Rdn. 97).161 Beispielsweise kann eine unbefristete Sperre selbst dann verhängt werden, wenn der Angeklagte auf eine Fahrerlaubnis für immer verzichtet.162 Ungeachtet dessen soll unter Umständen sperrfristverlängernd berücksichtigt werden können, dass sich der Täter während eines Teils der Frist in Strafhaft befinde und folglich während dieser Zeit keine Gelegenheit habe, seine charakterliche Festigkeit beim Führen von Kraftfahrzeugen zu beweisen.163 Bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern, die sich noch in der Entwick44 lung befinden und deren gegenwärtige Charaktermängel mit fortschreitender Reife möglicherweise behoben werden, bedarf die Festsetzung der Sperre (mit zunehmendem Umfang) besonders abwägender Beurteilung und demzufolge besonders eingehender Begründung.164 Indessen ist es nicht angezeigt, generell im Hinblick auf das Wesen des Jugendstrafrechts auch dem Erziehungsgedanken und dem Grundsatz der Individualprävention Rechnung zu tragen.165 Erst recht darf die richterliche Zurückhaltung nicht so weit gehen, wegen „allgemeiner Unreife“ eine Sperrfrist (nur) bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres festzusetzen.166 Solche Ansätze sind mit der Rechtslage und dem Maßregelzweck nicht vereinbar. Vielmehr ist mit der herrschenden Ansicht auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden die Dauer der Sperrfrist ausschließlich an deren Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszurichten und darf nicht allein aus erzieherischen Gründen verkürzt werden.167
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158 BGHSt 15 393, 395 f; OLG Köln DAR 1957 23, 23; OLG Saarbrücken VRS 24 (1963) 31, 33; ausführl. Geppert S. 65 ff; aA OLG Hamm DAR 1957 187. 159 BGHSt 15 393, 396 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 25; Fischer Rdn. 16. 160 S. nur Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 25. 161 Geppert S. 64 f. Allerdings darf nach OLG Hamm VRS 11 (1956) 205, 206 der freiwillige Verkauf eines Motorrads durch den Täter infolge seiner Verurteilung nicht zu dessen Nachteil herangezogen werden, weil deshalb die Entziehung der Fahrerlaubnis keine hinreichende erzieherische Wirkung mehr auslösen könne. 162 OLG Köln VRS 48 (1975) 85, 86. 163 BGH bei Martin DAR 1967 96. 164 S. etwa BGH VRS 21 (1961) 263, 266; ausführl. zur Entziehung der Fahrerlaubnis und Bemessung der Sperrfrist bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern Molketin DAR 1982 114. 165 So indessen AG Rudolstadt VRS 112 (2007) 35, 39; VRS 125 27, 34; ZJJ 2017 284, 286 unter Hinweis auf „die möglicherweise kriminogenen Wirkungen des § 69 in Gestalt von Folgetaten wie z.B. Fahren ohne Fahrerlaubnis oder ‚Unfallflucht‘“; aA Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 131; krit. auch Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 30. 166 So aber Mickschick S. 175, 186; dagegen zu Recht Molketin DAR 1982 114, 115 f. 167 OLG Nürnberg NZV 2012 48, 48 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 30; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 2; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 131.
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Mit der Rechtsnatur der Maßregel, die stets die jeweilige Täterpersönlichkeit im 45 Blick hat, sind generalisierende Erwägungen oder sogar feste Taxen für Regelfälle unvereinbar.168 Gleichwohl scheint die Praxis bei Bemessung der Sperrfrist durchaus auf solche Sätze zurückzugreifen,169 wenngleich dies in den schriftlichen Urteilsgründen zumeist nicht offengelegt wird.170 Einer solchen standardisierten und pauschalierten „Strafzumessungspraxis“ bleibt indessen nachdrücklich zu widersprechen, würde dadurch doch die – nochmals zu betonen: auch in ihrer Bemessung allein an den von dem jeweiligen Täter ausgehenden Gefahren ausgerichtete – Maßregel zur Nebenstrafe verfälscht werden.171 Selbst wenn solche Taxen – im Hinblick auf das Anliegen einer einheitlichen Rechtsanwendung durchaus verständlich – nur als unverbindliche Richtlinie oder bloße Orientierungshilfe verstanden werden,172 besteht stets die Gefahr, den maßgeblichen Einzelfall aus dem Blick zu verlieren. Zudem werden für die Bildung solcher Regelsätze auch Kriterien (wie z.B. neben der erstmaligen oder bereits wiederholten einschlägigen Straffälligkeit auch Art und Intensität der Folgen der Tat; hierzu aber sogleich Rdn. 50) herangezogen, die über die Gefährlichkeit des jeweiligen Täters keine verlässliche Auskunft geben und folglich für eine Standardisierung der Dauer der Sperrfrist von vornherein ungeeignet sind. b) Bemessungskriterien. Für die maßgebliche Beurteilung der voraussichtlichen 46 Dauer der Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen sind grundsätzlich dieselben Kriterien heranzuziehen wie für die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis als solche (siehe schon Rdn. 42). Maßgeblich sind demzufolge Art und Ausmaß des Eignungsmangels, für dessen Feststellung indiziell die Anlasstat und deren einzelnen Umstände sowie (jedenfalls bei charakterlichen Defiziten) die Täterpersönlichkeit heranzuziehen sind. Dass Grad und Umfang der vom Täter im Augenblick der (letzten tatrichterlichen) Entscheidung ausgehenden Gefahr somit prognostisch gewissermaßen in „Zeitquanten“ umzusetzen sind,173 bereitet der Praxis verständlicherweise noch größere Schwierigkeiten als die zuvor erforderliche diagnostische Feststellung der Ungeeignetheit. Bei der notwendigen umfassenden Gesamtwürdigung kommen als sperrfristverlängernde Kriterien vor allem das Vorleben des Verurteilten, nicht zuletzt
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168 OLG Celle VRS 44 (1973) 96, 96; OLG Düsseldorf NZV 1993 117; OLG Hamm StV 1996 420, 421; AG Bad Homburg NJW 1984 2840, 2841; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 26; Fischer Rdn. 15; SSW/Harrendorf Rdn. 9; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 176; Kretschmer MK-StVR Rdn. 13. 169 So etwa die Einschätzung von Fischer Rdn. 15; SSW/Harrendorf Rdn. 9; eine konkrete Richtlinie aus der Praxis nennt Dencker StV 1988 454, 455. Mahlberg NZV 1992 10, 10 beklagt bei den Straftaten des § 69 Abs. 2 eine „‚Maßregelzumessung‘ nach Katalog“. 170 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 26. S. aber OLG Hamm StV 1996 420, 421 (gegen die Entscheidung des AG, das von „bei Ersttätern üblichen ausgeurteilten 12 Monate[n] Sperrfrist“ sprach); LG Hamburg BA 22 (1985) 334, 334 („Praxis herausgebildet und bewährt, einem erstmalig wegen einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB aufgefallenen Kraftfahrer die Fahrerlaubnis für die Dauer etwa eines Jahres zu entziehen“); LG Krefeld VRS 56 (1979) 283, 284 (etwa ein Jahr dauernde Sperre als „Regelfall“ für Ersttäter bei fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr); AG Lüdinghausen NZV 2007 251, das bei einem Regelfall nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 von einem „üblichen ‚Ersttätersatz(es)‘ von zehn Monaten“ spricht. 171 OLG Celle VRS 44 (1973) 96, 96; Beine BA 15 (1978) 261, 266; zur weiteren Kritik Böse NK Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 9. 172 Insoweit wohl als zulässig erachtet von Geppert LK12 Rdn. 17; ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 26; Kulemeier S. 245; Dencker StV 1988 454, 455 f. Zur Kritik an OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996 182, 182, wonach „die Mindestsperrfrist für den sog. Regel- oder Normalfall vorgesehen ist, in dem über die festgestellte Tatsache der absoluten Fahruntüchtigkeit hinaus keine zusätzlichen negativen Besonderheiten aus der Tat, den Tatumständen und der Person des Täters zu entnehmen sind“, bereits Rdn. 34. 173 So Sinn SK Rdn. 6.
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einschlägige Vorstrafen in Betracht (hierzu Rdn. 53). Sperrfristvermindernd können sich insbesondere Umstände nach der Tat wie etwa eine Teilnahme an einem Nachschulungskurs für alkoholauffällige Kraftfahrer (näher Rdn. 55) oder die Konsequenzen vorläufiger Führerscheinmaßnahmen (siehe Rdn. 54) auswirken; ergänzend darf auf die Ausführungen zu § 69 (siehe dort insbesondere Rdn. 138 ff und 165 ff) Bezug genommen werden. 47
(1) Aus der spezialpräventiven Ausrichtung der Sperre (vgl. bereits § 69 Rdn. 4 zur Entziehung der Fahrerlaubnis) folgt zweierlei: Zum einen sind generalpräventive Überlegungen (auch) bei der Bemessung der Sperrfrist schlechterdings unzulässig (siehe schon Rdn. 2).174 Daher ist die Abschreckung anderer Verkehrsteilnehmer ebenso wenig von Bedeutung wie etwa die Zunahme von Trunkenheitsdelikten im jeweiligen Gerichtsbezirk.175 Zum anderen darf das Bedürfnis nach Vergeltung und Sühne die Länge der Sperrfrist nicht beeinflussen.176 Verschärfungen der Sperre, damit der Angeklagte „auch noch nach seiner Entlassung die Maßnahme empfindlich spürt“,177 sind sachwidrig.
(2) Weil die Sperrfrist als Maßregel selbst keine Strafe ist und demzufolge kein schuldhaftes Verhalten voraussetzt, darf ihre Länge nicht nach allgemeinen Strafzumessungsregeln,178 vor allem nicht nach Art und Größe der Schuld bemessen werden.179 In größerer Schuld dürfen folglich nicht schematisch und wie selbstverständlich Anzeichen einer ebenso größeren und länger andauernden Gefährlichkeit erblickt und darf nicht beides gleichgesetzt werden (dazu bereits § 69 Rdn. 163). Allerdings kann die Schwere der Tatschuld für die Bemessung der Sperrfrist mittelbar von Bedeutung werden, falls und soweit sich daraus Hinweise für die Beurteilung der Täterpersönlichkeit und infolgedessen ebenso für die Einschätzung von Art und Grad der (charakterlichen) Ungeeignetheit und deren voraussichtliche Dauer ergeben.180 Es ist daher sorgfältig zu begründen, ob und inwieweit die Schuld des Täters tatsächlich Rückschlüsse auf Art und voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit gestattet. Sachwidrig ist es jedenfalls, für die Bemessung der Sperrfrist letztlich nur dieselben Gründe anzuführen „wie für die Bemessung der erkannten Freiheitsstrafe“.181 49 Auch wenn der Sperrfrist kein Strafcharakter zuteilwird, bleiben der zugleich verhängten Strafe Auswirkungen auf die Bemessung der Sperrfrist durchaus zu attestieren.182 Soweit die Strafe kraft der (auch) ihr eigenen Übelwirkung die in der Anlasstat
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174 S. nur BGH StV 1990 349; OLG Düsseldorf NZV 1993 117; OLG Hamm StV 1996 420, 421; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 24; Böse NK Rdn. 2; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; Fischer Rdn. 15; SSW/Harrendorf Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 124; Sinn SK Rdn. 6; Geppert S. 87 ff; Kulemeier S. 114; bedenklich hingegen LG Hamburg BA 22 (1985) 334, 334. 175 OLG Celle VRS 44 (1973) 96, 96. 176 Böse NK Rdn. 2; ausführl. Geppert S. 89 ff. 177 So aber ein vom BGH VRS 11 (1956) 425 aufgehobenes Urteil eines Landgerichts; s. auch eine vom OLG Celle BA 56 (2019) 50, 52 bemängelte Formulierung des Amtsgerichts, wonach die Bemessung der Sperrfrist gegenüber einem Angeklagten „erforderlich sei, um auf ihn einzuwirken“. 178 BGH NStZ 1991 183. 179 S. nur BGH VRS 21 (1961) 262, 263; VRS 23 (1962) 438, 443; VRS 37 (1969) 423, 424; NZV 2002 378; NZV 2003 46; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 24; ausführl. Geppert S. 91 ff. 180 BGHSt 15 393, 397; BGH StV 1987 20; StV 1989 388; StV 1991 261, 261 f; NStZ 1991 183; NStZ-RR 1997 331, 332; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 27; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; Fischer Rdn. 17; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; Dencker StV 1988 454, 454; Mollenkott DAR 1992 316, 316 f. 181 BGH bei Spiegel DAR 1989 250. 182 Näher hierzu und m.w.N. Geppert S. 163 ff.
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festgestellte und zum Zeitpunkt des Urteils noch vorhandene Ungeeignetheit zu beheben bzw. jedenfalls zu mindern weiß, kann diese bessernde Wirkung auch bei der Bemessung der Sperrfrist zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden.183 Dies gilt nicht zuletzt bei tatsächlicher Verbüßung einer Freiheitsstrafe (zur Vereinbarkeit von Entziehung der Fahrerlaubnis mit gleichzeitiger Strafaussetzung zur Bewährung bereits § 69 Rdn. 78). So kann der langfristige Strafvollzug und die Mitarbeit des Verurteilten am Vollzugsziel positiv auf ihn einwirken.184 Umgekehrt zieht eine nach § 21 i.V.m. § 49 Abs. 1 vorgenommene Strafrahmenverschiebung aber weder zwangsläufig eine Verkürzung noch Verlängerung der Sperrfrist nach sich.185 Auch die Sanktionen des JGG (zur Zulässigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis im Jugendstrafverfahren bereits § 69 Rdn. 79) können zumindest dann sperrfristverkürzend berücksichtigt werden, soweit sie nach Art des Eignungsmangels dessen Dauer positiv zu beeinflussen vermögen. Die vorstehenden Auswirkungen werden allerdings nur bei charakterlichen Defiziten zu bejahen sein. Bei rein körperlich-geistigen oder fahrtechnischen Eignungsmängeln kann die Dauer der Ungeeignetheit hingegen nicht von der Strafe und der ihr eigenen Übelwirkung beeinflusst werden. (3) Die Schwere der Tat und das Ausmaß ihrer Folgen sind für die Dauer der 50 Sperrfrist grundsätzlich ebenso unerheblich.186 Ähnlich wie bei der Tatschuld pflegt die Praxis diesen Umständen jedoch gleichfalls eine indizielle Bedeutung beizumessen.187 Dies geht aber jedenfalls in Fällen körperlich-geistiger Ungeeignetheit fehl, da hier Gewicht und Folgen des begangenen Rechtsbruchs in keinerlei innerem Zusammenhang mit der für die Bemessung der Sperrfrist maßgeblichen Gefährlichkeit des Täters stehen. Aber selbst bei charakterlichen Mängeln geschuldeter Ungeeignetheit erscheint eine derart begründete Sperrfristverschärfung zumindest bedenklich.188 Denn auch hier enthält die (ohnehin meist vom Zufall abhängige) Schwere der Tat kaum zwingende Anzeichen dafür, wie lange die charakterlichen Defizite vermutlich anhalten werden.189 Ebenso zieht die amtliche Begründung zum 2. StraßenVSichG „Unrecht“ und „Schuld“ ausdrücklich nur als Indizien für den Eignungsmangel heran.190 Auch die Höhe der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit gestattet demzufolge (je- 51 denfalls) keinen (unmittelbaren) Schluss auf die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit.191 Von Bedeutung sind diesbezüglich allenfalls Umstände in der Person des Täters (z.B. einschlägige Vortaten, deren rasche zeitliche Abfolge und ein sich daraus ergebender außerordentlich leichtfertiger Umgang mit Alkohol192) oder besondere Umstände in der Tat (wie etwa eine hohe Blutalkoholkonzentration schon in frühen Morgenstunden), die auf eine chronische Alkoholabhängigkeit schließen lassen und demzufolge auch für
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183 OLG Braunschweig VRS 14 (1958) 356, 357. 184 Vgl. BGH NStZ-RR 1997 331, 332; SSW/Harrendorf Rdn. 7; s. auch BGH NJW 2018 1621, 1624 (in BGHSt 63 88 nicht abgedr.). 185 OLG Düsseldorf DAR 2000 281, 281 f; unklar OLG Zweibrücken DAR 1999 132, 133. 186 BGH NJW 1954 1536; BGHSt 15 393, 397; BGH VRS 21 (1961) 262, 263; VRS 23 (1962) 438, 443; VRS 37 (1969) 423, 424; KG VRS 15 (1958) 414, 416; OLG Hamburg VRS 10 (1956) 355, 356; Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 27; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; SSW/Harrendorf Rdn. 6; Kretschmer MK-StVR Rdn. 13. 187 S. etwa OLG Karlsruhe VRS 17 (1959) 117, 118; zurückhaltend OLG Braunschweig VRS 14 (1958) 356, 356. 188 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 27; hierzu auch Böse NK Rdn. 2. 189 Skeptisch schon Geppert S. 94 f; ähnlich krit. Dencker StV 1988 454, 454 ff. 190 BTDrucks. IV/651 S. 16. 191 Ebenso Molketin DAR 1982 114, 115. 192 Vgl. OLG Düsseldorf DAR 2000 281, 281; s. auch AG Ratingen DAR 1991 156.
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die Sperrfristbemessung verwertbare Indizien liefern können (siehe schon Rdn. 40 zur unbefristeten Sperre). Zur (fehlenden) sperrfristverschärfenden Bedeutung eines Nachtrunks bereits § 69 Rdn. 174 sowie nachfolgend Rdn. 56. 52
(4) Während bei der Entziehung der Fahrerlaubnis als solcher zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung lediglich drohende berufliche, wirtschaftliche oder sonstige finanzielle Nachteile nur in engen Grenzen berücksichtigungsfähig sind (dazu bereits § 69 Rdn. 111), können derartige künftige Härten bei der Bemessung der Sperrfrist infolge deren prognostischen Charakters mitunter von Bedeutung sein. Schließlich können gerade solche Nachteile die erstrebte (individual-)abschreckende und damit verkehrserzieherische Wirkung nach sich ziehen, dem Täter gewissermaßen als besondere Warnung dienen,193 und daher mittelbar, beispielsweise im Zusammenwirken mit vorläufigen Führerscheinmaßnahmen, die in der Anlasstat zum Ausdruck gekommene Ungeeignetheit früher wegfallen lassen. Dies kann umso zeitiger der Fall sein, umso gravierender der Ausschluss aus dem öffentlichen Straßenverkehr für den Verurteilten im beruflich-wirtschaftlichen Bereich spürbar wird. Auch insoweit bedarf es aber jeweils einer individuellen Prognose und ist eine rein schematische Gewährung eines sog. Berufskraftfahrerrabatts194 fehl am Platz.195
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(5) Bereits der Regelung des Absatzes 3 (hierzu Rdn. 28 ff) lässt sich entnehmen, dass einschlägige berücksichtigungsfähige Vorstrafen sperrfristverschärfend herangezogen werden können.196 Darüber hinaus können gegebenenfalls auch Vorstrafen aus dem Bereich allgemeiner Kriminalität oder sogar ordnungswidrigkeitsrechtliche Vorbelastungen bei Bemessung der Sperrfrist zum Nachteil des Verurteilten verwertet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich daraus Rückschlüsse auf charakterliche Defizite in der Persönlichkeit des Täters ergeben und nach Lage des Falles befürchten lassen, dass die Rücksichtslosigkeit des Täters sich auch im Straßenverkehr nachteilig auswirkt (dazu bereits § 69 Rdn. 169 f).
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(6) Sperrfristverkürzend kann sich nicht zuletzt der individualabschreckende und damit erzieherische Einfluss auswirken, der von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) und den ihr nach Absatz 6 gleichgestellten Führerscheinmaßnahmen ausgeht. Auch dies folgt bereits aus dem Gesetz, namentlich der Regelung in Absatz 4 Satz 1 (näher dazu Rdn. 32 ff); siehe ferner § 69 Rdn. 147 ff sowie nachfolgend Rdn. 64 ff zu Absatz 5 Satz 2. Bei der diagnostisch-prognostischen Feststellung der „Ungeeignetheit“ des Täters und deren voraussichtlichen Dauer kann auch eine etwaige – nur ausnahmsweise anzunehmende – verkehrserzieherische Wirkung einer früheren anderen Maßregel berücksichtigt werden.197 Ähnlich wurde in der Rechtsprechung bei der Bemessung der Sperrfrist der Zeitraum berücksichtigt, in dem der Täter aufgrund der Beschlagnahme seines Führerscheins im Ausland seit der Tat kein Fahrzeug mehr gefahren ist.198 Stets kommt in diesen Fällen eine Verkürzung der Sperrfrist aber nur in Be-
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193 S. nur BayObLG DAR 1999 560, 561; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 431, 432; Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 29; Fischer Rdn. 19; SSW/Harrendorf Rdn. 8; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 190; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; Sinn SK Rdn. 6; Kulemeier S. 114; ausführl. Geppert S. 95 ff. 194 S. hingegen etwa AG Bückeburg NJW 1983 1746. 195 LG Hamburg BA 22 (1985) 334, 335; BA 23 (1986) 453, 454; Fischer Rdn. 20; SSW/Harrendorf Rdn. 8. 196 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 8. 197 Jagusch DAR 1955 97, 101; hierzu bereits Geppert S. 153 f. 198 AG Lüdinghausen NZV 2007 251.
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tracht, soweit die vorläufige Führerscheinmaßnahme bzw. eine vergleichbare Maßnahme den Täter tatsächlich entsprechend beeinflusst hat. (7) Bei der Bemessung der Sperrfrist kann zudem die Teilnahme des Täters an einem 55 Kurs für alkoholauffällige Kraftfahrer oder auch seine sonstige Auseinandersetzung mit seinem Verhalten, etwa seinem Umgang mit Alkohol zu beachten sein;199 ergänzend § 69 Rdn. 150 ff. Während die Gerichte den erzieherischen Wert solcher Maßnahmen bei der Entziehung der Fahrerlaubnis als solcher nach wie vor lediglich zurückhaltend berücksichtigen, wird ihnen bei der Bemessung der Sperrfrist eine nicht unerhebliche Bedeutung zuteil. Schließlich bringt die regelmäßige Teilnahme an solchen Kursen und Veranstaltungen hinreichend das Bemühen des Täters zum Ausdruck, seine Eignungsvoraussetzungen für das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu verbessern.200 Allein die Teilnahme am Kurs kann in aller Regel jedoch nicht sperrfristverkürzend berücksichtigt werden.201 Vielmehr bedarf es weiterer Umstände wie etwa einer positiven Einwirkung auf den Täter infolge einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme.202 Obwohl auch insoweit generalisierende Erwägungen und feste Taxen unzulässig sind (siehe schon im Allgemeinen Rdn. 45), nehmen die Gerichte hinsichtlich alkoholauffälliger Ersttäter häufig einen „Abschlag“ von etwa drei Monaten auf die prognostizierte Gefährlichkeitsdauer vor.203 (8) Ein nachträgliches Verhalten des Täters darf in aller Regel nicht sperrfristver- 56 schärfend berücksichtigt werden; zu dessen (fehlender) Bedeutung bei der Entziehung der Fahrerlaubnis siehe schon § 69 Rdn. 174 ff. Vor allem ist es unzulässig, allein aus dem Bestreiten des Anklagevorwurfs im Prozess oder aus dem Gebrauchmachen sonstiger prozessualer Rechte eine mangelnde Einsicht und ein generell fehlendes Verantwortungsbewusstsein des Täters abzuleiten.204 Auch dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung sich bei dem Verletzten weder entschuldigt noch sonst irgendein Bedauern zeigt, lässt jedenfalls ohne die Feststellung weiterer Umstände nicht den Schluss auf eine rechtsfeindliche und durch besondere Rücksichtslosigkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber Interessen und Rechtsgütern anderer geprägte Gesinnung oder Gefährlichkeit des Angeklagten zu und darf daher nicht zu dessen Nachteil bei der Bemessung der Dauer der Sperrfrist herangezogen werden.205 Ebenso wenig können offensichtlich unbegründete und nur mit dem Ziel eingelegte Berufungen, im (späteren) Zeitpunkt der berufungsgerichtlichen Entscheidung unter Berücksichtigung der bis dahin wirksamen vorläufigen Führerscheinmaßnahmen nicht mehr für ungeeignet befunden zu werden, wegen angeblich vorwerfbarer Verfahrensverzögerung eine Sperrfristverlängerung rechtfertigen (siehe hierzu bereits § 69 Rdn. 176).206 Selbst wenn der Angeklagte durch die Art seiner Verteidigung (etwa durch teilweises oder auch völliges Schweigen oder durch
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199 S. etwa LG Dresden BA 44 (2007) 263 zu einer mehrfachen therapeutischen Beratung des Täters durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. 200 Vgl. auch LG Duisburg DAR 1980 349, 349 f zur Widerlegung der Regelvermutung des § 69 Abs. 2. 201 LG Bremen BA 18 (1981) 272, 273 m. Anm. Zabel; LG Krefeld DAR 1980 63; Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 28. 202 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 28. 203 AG Bersenbrück DAR 1982 374, 374; AG Köln ZfS 1980 255; ZfS 1981 32; vgl. auch LG Köln DAR 1989 109. Das AG Lüdinghausen NJW 2008 3080 gewährte ohne nähere Begründung sogar eine Verkürzung von vier Monaten bereits für den Beginn einer anerkannten Verkehrstherapie (IVT-Hö). 204 BGH bei Spiegel DAR 1987 201; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 28. 205 BGH StV 2018 415. 206 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 28.
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Benennung von Entlastungszeugen erst in der zweiten Instanz) die Ermittlungen verzögert, darf ihm dies grundsätzlich nicht vorgehalten werden, ist doch ein Angeklagter zur Mitwirkung bei der Aufklärung der ihm vorgeworfenen Tat nicht verpflichtet.207 Gleichfalls verbietet es sich, in einem Nachtrunk (dazu bereits § 69 Rdn. 174) zwangsläufig den Ausdruck von Rechtsfeindschaft zu erblicken, die von besonderer Gefährlichkeit des Täters zeuge und daher fristverlängernd berücksichtigt werden dürfe.208 5. Entscheidung des Gerichts. a) Zulässige Zeitabschnitte. Die Sperre zur Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis beginnt mit der Rechtskraft des Urteils (Absatz 5 Satz 1; hierzu Rdn. 63) und somit zu demselben Zeitpunkt, zu dem die entzogene Fahrerlaubnis erlischt (§ 69 Abs. 3 Satz 1); zur Tenorierung Rdn. 59. Da dieser Zeitpunkt bei der Entscheidung des Tatrichters noch ungewiss ist, darf die zeitliche Sperrfrist – jedenfalls bei anfechtbaren Entscheidungen209 – nicht in Form eines kalendermäßig bezeichneten Endtermins bestimmt werden.210 Wegen des gesetzlich verbindlich festgelegten Beginns der Sperre ist es ebenso wenig zulässig, im Urteilstenor einen von Absatz 5 Satz 1 abweichenden Anfangstermin zu bestimmen. Als mögliche Maßeinheiten nennt das Gesetz „Monate“ und „Jahre“ (Absatz 1 58 Satz 1). Diese Maßeinheiten zieht üblicherweise auch die Rechtsprechung heran.211 Die Sperrfrist nach Wochen oder sogar nach Tagen zu bemessen, ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich untersagt, kommt in der Praxis aber schon deshalb in aller Regel nicht in Betracht, weil der Tatrichter eine derart kleine Zeiteinheit prognostisch kaum überzeugend begründen kann.212 57
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b) Urteilsformel. Im Urteilstenor genügt die Angabe der Dauer der Sperrfrist (zu deren Maßeinheiten Rdn. 58).213 Selbst ein bloßer Hinweis auf den Beginn der Sperrfrist (z.B. „ab heute“ oder „ab Rechtskraft“) ist nicht nur überflüssig, sondern hat wegen der Unsicherheit des zeitlichen Eintritts der Rechtskraft des Urteils zweckmäßigerweise völlig zu unterbleiben.214 Im Fall der Einrechnung nach Absatz 4 (i.V.m. Absatz 6) genügt es nicht anzugeben, um welchen zeitlichen Rahmen sich das Mindestmaß infolge vorläufiger Führerscheinmaßnahmen verkürzt. Vielmehr ist auch hier die Dauer der verbleibenden Sperrfrist selbst zu bestimmen.215 Die nach Absatz 5 Satz 2 (i.V.m. Absatz 6) gebotene Einrechnung einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist selbst dann nicht in der Urteilsformel zu erwähnen,216 wenn sich die Sperre deswegen bereits erledigt hat.217 Enthält das Urteil gleichwohl einen solchen Hinweis, ist die Fahrerlaubnisbehörde nicht daran gebunden. Hinweise dieser Art sind deklaratorischer Natur, dienen folglich
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207 OLG Düsseldorf NJW 1969 438, 439. 208 So aber OLG Saarbrücken VRS 24 (1963) 31, 33. 209 Derart einschr. wohl BayObLG NJW 1966 2371, 2371; Fischer Rdn. 7; Heuchemer BeckOK Rdn. 14. 210 OLG Saarbrücken NJW 1968 458, 460; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 17; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 85 f; Uhlenbruck DAR 1967 156, 157; ausführl. Geppert S. 173 ff; s. auch BayObLG NJW 1966 2371, 2371. 211 BayObLG NJW 1966 2371, 2371. 212 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 17; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 11; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 147; Kretschmer MK-StVR Rdn. 7; Geppert S. 182. 213 OLG Köln NJW 1967 361. 214 S. hierzu OLG Köln NJW 1967 361; zum zu vermeidenden Hinweis auf den Fristbeginn „ab Rechtskraft“ auch Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 149 f sowie Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 89. 215 OLG Bremen DAR 1965 216, 216; OLG Köln NJW 1967 361; OLG Schleswig VM 1965 69, 70. 216 Fischer Rdn. 38; SSW/Harrendorf Rdn. 26; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 25; aA OLG Saarbrücken VRS 44 (1973) 190, 192. 217 OLG Düsseldorf VM 1977 28, 29.
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lediglich der Berechnung des Fristablaufs und sind somit nur Teil der Vollstreckung, nicht aber konstitutiver Bestandteil des Urteilsspruchs.218 Auch das Verschlechterungsverbot steht insoweit einer Urteilsberichtigung im Revisionsrechtszug nicht entgegen. c) Begründung der Entscheidung. Die in § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO normierte Be- 60 gründungspflicht betrifft auch die Anordnung der (gegebenenfalls isolierten) Sperre.219 So bedarf es etwa bei einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 enthaltenen Anlasstat der Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit, um die fehlende Eignung des Verurteilten zum Führen von Kraftfahrzeugen zu belegen. Bei typischen Verkehrsdelikten liegt die Anordnung einer Sperrfrist zwar nicht fern, ist aber gleichwohl eine in ihrem Umfang vom Einzelfall abhängige, auf diesen aber jedenfalls bezogene Darlegung erforderlich (siehe hierzu bereits § 69 Rdn. 194 ff).220 Ebenso bleibt die festgelegte Dauer der Sperrfrist zu begründen und ist insoweit die 61 Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen Ungeeignetheit des Täters darzulegen.221 Hierbei sind die Umstände des Einzelfalles und die Persönlichkeit des Täters umfassend zu würdigen.222 Je länger die Sperrfrist, desto ausführlicher muss in aller Regel die Begründung ausfallen.223 Eine eingehende Begründung ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zuletzt bei der Anordnung einer zeitigen Sperre mit dem Höchstmaß von fünf Jahren224 bzw. einer unbefristeten Sperre (hierzu sogleich Rdn. 62)225 notwendig. Sorgfältige Erwägungen zur Bemessung der Sperrfrist sind nicht zuletzt dann geboten, wenn die Maßregel erstmalig angeordnet und der Angeklagte dadurch einschneidend in seiner beruflichen Betätigung getroffen wird.226 Sind gegen den Betroffenen vorläufige Führerscheinmaßnahmen wirksam geworden, muss aus den Urteilsgründen hervorgehen, dass sich das Gericht mit der Berücksichtigung der entsprechenden Maßnahme auseinandergesetzt und weshalb es diese gegebenenfalls nicht berücksichtigt hat. Die Anordnung einer unbefristeten Sperre bedarf wegen ihrer einschneidenden 62 Wirkung in die Lebensführung einer eingehenden Begründung227 sowie sorgfältigen Abwägung aller nach Tat und Täterpersönlichkeit für oder gegen den Täter sprechenden Umstände.228 Vor allem hat das Gericht stets darzulegen, weshalb eine zeitige Höchstsperre von fünf Jahren nicht ausgereicht hätte, um die vom Täter drohende Gefahr abzuwenden.229 Dies gilt nicht zuletzt, weil die für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis zuständige Fahrerlaubnisbehörde ausreichende Möglichkeiten hat, sich von der weiteren oder fortdauernden Ungeeignetheit des Verurteilten zum Führen von Kraftfahrzeugen zu
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218 VG Köln ZfS 1984 382, 383; vgl. auch OLG Celle VRS 28 (1965) 188, 190; OLG Düsseldorf JMBlNRW 1967 91. 219 OLG Hamburg DAR 2011 647, 648. 220 BGH NZV 2015 252; BeckRS 2018 15531 Rdn. 7. 221 BGH BeckRS 2018 15531 Rdn. 7; NStZ-RR 2019 29; s. auch OLG Hamm BA 45 (2008) 262, 264. 222 OLG Hamm BA 51 (2014) 117, 118. 223 Statt vieler BGH VRS 34 (1968) 194; OLG Hamm BA 51 (2014) 117, 118; Böse NK Rdn. 3; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 12; SSW/Harrendorf Rdn. 10; s. auch KG BeckRS 2018 30409 Rdn. 16. 224 OLG Koblenz VRS 71 (1986) 431, 432; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14. S. auch BGH VRS 34 (1968) 272, 274; OLG Köln OLGSt zu § 69a, S. 9, 10, wonach die Begründung im Einzelfall allerdings ersetzt werden können soll, indem auf die Ausführungen zur Strafzumessung verwiesen wird. 225 BGHSt 5 168, 177; OLG Köln NJW 2001 3491, 3492; Kretschmer MK-StVR Rdn. 8. 226 BGH VRS 36 (1969) 16, 16; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 431, 432. 227 OLG Braunschweig VRS 14 (1958) 356, 356; OLG Koblenz VRS 40 (1971) 96, 99; OLG Köln VRS 61 (1981) 28, 30; s. auch OLG Köln NJW 2001 3491, 3492. 228 BayObLG bei Bär DAR 1989 365; OLG Köln VRS 41 (1971) 354, 355; VRS 61 (1981) 28, 30; Molketin NZV 2001 65, 67; s. ferner OLG Köln VRS 41 (1971) 354, 355; VRS 48 (1975) 85, 86. 229 BGH NStZ 1991 183; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 23; Böse NK Rdn. 4; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 12; SSW/Harrendorf Rdn. 13.
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überzeugen.230 Außerdem darf die Begründung nicht mit einer zugleich gewährten Strafaussetzung zur Bewährung in Widerspruch geraten (zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei gleichzeitiger Strafaussetzung zur Bewährung bereits § 69 Rdn. 78).231 Der bloße Verweis auf einschlägige Vorstrafen oder die Bezugnahme auf sich etwa aus den Strafzumessungsgründen ergebenden Besonderheiten des Falles reicht hierfür nicht aus. Vielmehr müssen die jeweiligen Vorbelastungen daraufhin gewürdigt werden, ob sich aus ihnen prognostisch auch das Risiko fehlender Besserungsfähigkeit ergibt.232 IV. Wirkung der Anordnung 63
1. Beginn der Sperre (Absatz 5 Satz 1). Ausweislich von Absatz 5 Satz 1 beginnt die Sperre mit der Rechtskraft der Entscheidung. Dies gilt – wie aus § 410 Abs. 3 StPO ersichtlich – auch im Strafbefehlsverfahren.233 Teilrechtskraft genügt, wenn sie sich (zumindest) auf die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre erstreckt.234 Einen von Absatz 5 Satz 1 abweichenden Beginn der Sperre vermag der Richter nicht festzulegen (siehe schon Rdn. 57). Ebenso mit dem Gesetz unvereinbar ist die Anordnung einer sog. Anschlusssperre, deren Laufzeit erst nach Ablauf einer in anderer Sache festgesetzten Sperrfrist beginnt (dazu bereits Rdn. 7). Dem Fristlauf steht nicht entgegen, dass sich der Täter in Haft befindet oder sonst amtlich verwahrt wird.235 Praktisch bedeutsam wird der Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils für den Beginn der Sperrfrist aber nur, wenn die Fahrerlaubnis nicht schon vorläufig entzogen bzw. eine andere nach Absatz 6 gleichgestellte vorläufige Führerscheinmaßnahme angeordnet worden war; zu der in diesen Fällen durch Absatz 5 Satz 2 zwingend vorgeschriebenen „Einrechnung“ sogleich Rdn. 64 ff.
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2. Einrechnung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen (Absatz 5 Satz 2). a) Sinn und Zweck. Sofern wegen der Anlasstat die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) oder eine ihr nach Absatz 6 gleichgestellte Maßnahme angeordnet wird, ist zu unterscheiden, ob sie sich noch vor der letzten tatrichterlichen Entscheidung oder erst nach der Verkündung desjenigen Urteils, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten, auswirkt. In der erstgenannten Fallgruppe kann der Tatrichter nach Prüfung aller tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eine etwaige individualabschreckende und damit verkehrserzieherische Wirkung solcher vorläufiger Maßnahmen bei der Prognose über die Dauer künftiger Ungeeignetheit des Täters noch sperrfristverkürzend einbeziehen (siehe hierzu Rdn. 54 sowie § 69 Rdn. 147 ff).236 Somit besteht kein Bedürfnis, die Dauer vorläufiger Führerscheinmaßnahmen auf die Sperre anzurechnen.237 Eine solche Anrechnung vorzuschreiben, würde vielmehr der in die Zukunft gerichteten Rechtsnatur der Maßregel widersprechen.238 Lediglich das Mindestmaß der Sperre verkürzt sich gemäß Absatz 4 auf bis zu drei Monate (näher Rdn. 32 ff).
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230 So nachdrücklich auch OLG Köln NJW 2001 3491, 3493. 231 S. etwa BGH VRS 37 (1969) 423; OLG Köln BA 18 (1981) 56, 57. 232 OLG Koblenz VRS 47 (1974) 99; OLG Köln VRS 41 (1971) 354, 355. 233 Hierzu VG Köln ZfS 1984 382, 383 m. Anm. Mollenkott; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 23. 234 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 18; SSW/Harrendorf Rdn. 24; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 194. 235 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 40; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 21; SSW/Harrendorf Rdn. 24; Sinn SK Rdn. 12. 236 S. auch SSW/Harrendorf Rdn. 24; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11. 237 OLG Stuttgart NJW 1967 2071, 2072. 238 S. schon die amtliche Begründung zum 2. StraßenVSichG (BTDrucks. IV/651 S. 20).
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Nach Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils kann hingegen eine etwai- 65 ge bessernde Wirkung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen nicht mehr bei der Entscheidung über die Sperrfrist berücksichtigt werden. Schließlich sind die tatsächlichen Voraussetzungen der Maßregel im Revisionsverfahren einer weiteren Nachprüfung entzogen und kann die Dauer der Sperre in diesen Fällen nicht mehr dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit angepasst werden.239 Dies gilt unabhängig davon, ob die Rechtskraft durch den Ablauf der Rechtsmittelfrist, durch die Rücknahme des Rechtsmittels gegen die letzte tatrichterliche Entscheidung oder durch die Entscheidung des Revisionsgerichts eintritt.240 Deshalb sieht Absatz 5 Satz 2 in diesen Fällen die vollständige „Einrechnung“ der nach Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils verstrichenen Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung vor. Ausweislich des Gesetzeswortlauts („eingerechnet“, nicht etwa „angerechnet“) sowie nach Sinn und Zweck der Vorschrift handelt es sich bei der zu berücksichtigenden Dauer der vorläufigen Maßnahme nicht um eine Frist im Sinne der §§ 42, 43 StPO, sondern um eine besondere Berechnungsart. Hiernach ist von der festgesetzten Sperrfrist die Zeit zwischen der letzten tatrichterlichen Entscheidung und ihrer Rechtskraft in vollem Umfang abzuziehen, so dass die Sperre faktisch bereits mit Verkündung des Urteils der letzten Tatsacheninstanz beginnt.241 Der Tag der Verkündung wird mitgezählt.242 Bei der Einrechnungsregelung des Satzes 2 handelt es sich der Sache nach um eine 66 Vollstreckungsvorschrift, die sich an die (für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis allein zuständige) Fahrerlaubnisbehörde richtet.243 Zwar wird die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Rechtskraft der Entscheidung automatisch wirksam und bedarf die (isolierte) Sperrfrist zu ihrer Durchsetzung an sich keiner Vollstreckung (hierzu bereits § 69 Rdn. 199). Es obliegt aber der Fahrerlaubnisbehörde, die Sperre zu berechnen.244 Bei Zweifeln über die Berechnung kommt eine Anrufung des Gerichts nach § 458 Abs. 1 StPO in Betracht.245 b) Anwendungsbereich. Absatz 5 Satz 2 setzt die vorläufige Entziehung der Fahr- 67 erlaubnis wegen der Tat voraus. Gemäß Absatz 6 stehen andere vorläufige Führerscheinmaßnahmen, namentlich die Verwahrung, Sicherstellung und die Beschlagnahme des Führerscheins gleich. Besitzt der Angeklagte mehr als einen Führerschein, also z.B. zusätzlich einen Dienstführerschein nach § 26 FeV, und wird nur einer von diesen beschlagnahmt bzw. sichergestellt, gilt das Einrechnungsgebot des Satzes 2 ebenso. Schließlich hindert schon die amtliche Verwahrung nur eines der Dokumente den Angeklagten an der weiteren legalen Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen (zu den strafrechtlichen Folgen einer Nichtbeachtung bereits § 69 Rdn. 207). Folglich wird unter den Voraussetzungen des Satzes 2 auch die Zeit seit Beschlagnahme bzw. Sicherstellung eines von einer deutschen Behörde ausgestellten Internationalen Führerscheins in die Frist eingerechnet.246
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239 S. hierzu auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 19. 240 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 19. 241 LG Oldenburg DAR 1967 50, 51; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 42; Böse NK Rdn. 6; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 22. 242 Wittig Rpfleger 1978 245, 246; Ausführl. Diether Rpfleger 1968 179, 180 f. 243 OLG Düsseldorf JMBlNRW 1967 91; OLG Stuttgart NJW 1967 2071, 2072; Möhl DAR 1965 45, 46; s. auch OLG Bremen DAR 1965 216, 217. 244 LG Coburg DAR 1965 245; aA Diether Rpfleger 1968 179, 179 f. 245 LG Coburg DAR 1965 245; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 42. 246 Hentschel NZV 1992 500, 501 (teilweise gegen AG Kassel NZV 1992 499).
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Auf isolierte Sperrfristen ist Absatz 5 Satz 2 mit der herrschenden wie vorzugswürdigen Meinung nicht anwendbar.247 Zwar werden hiergegen Bedenken vorgetragen, weil die Strafverfolgungsbehörden bereits die Einleitung eines Strafverfahrens, in dem die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen in Betracht kommt, an die zuständige Verwaltungsbehörde zu melden haben und demzufolge der Täter vor Abschluss des Strafverfahrens, den die Verwaltungsbehörde in der Regel abwarten wird, praktisch keine Möglichkeit hat, eine Fahrerlaubnis zu erlangen.248 Da sich diese „faktische“ Sperre letztlich wie eine vorläufige Führerscheinmaßnahme auswirke, sei eine analoge Anwendung des Absatzes 5 Satz 2 gerechtfertigt.249 Hiergegen spricht aber bereits – vergleichbar der Diskussion um die analoge Anwendung des Absatzes 4 auf isolierte Sperrfristen (Rdn. 37) – der Wortlaut der Vorschrift, der eine planwidrige Regelungslücke nicht erkennen lässt.250 Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei Einführung der Einrechnungsvorschrift des Absatzes 5 Satz 2 durch das 2. StraßenVSichG deren mögliche Anwendung auf die mit demselben Gesetz ausdrücklich normierte isolierte Sperre übersehen hat, zumal der Gesetzgeber trotz späterer Novellen an der ursprünglichen (engen) Regelung festgehalten hat.251 Zudem rechtfertigt sich die ausnahmsweise gemäß Absatz 5 Satz 2 vorgesehene Einrechnung nur vor dem Hintergrund, dass die vorläufige Führerscheinmaßnahme schon in der Zeit zwischen Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils und Eintritt dessen Rechtskraft den Verurteilten maßregelnd beeinflusst.252 Eine vergleichbare Einwirkung lässt sich in den Fällen der isolierten Sperrfrist nicht bemerken, zumal schon nach allgemeinen Grundsätzen bloßer Zeitablauf nicht zu einem Beginn der Sperre vor Rechtskraft des Urteils führen soll.253
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c) Einrechnung. Eingerechnet wird die Zeit einer wegen derselben Anlasstat angeordneten vorläufigen Führerscheinmaßnahme bis zur Verkündung des Urteils, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Die letzte tatrichterliche Entscheidung im Sinne des Absatzes 5 Satz 2 ist das Urteil des Berufungsgerichts. Ob das Berufungsgericht sich zur Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis und deren Dauer überhaupt geäußert hat, ist unerheblich. Denn die tatsächlichen Grundlagen der Maßregel hätten jedenfalls überprüft werden können und auch müssen.254 Dies gilt selbst dann, wenn die Berufung auf das Strafmaß und die Entziehung der Fahrerlaubnis (einschließlich Sperrfrist) beschränkt war.255 Zwar können in diesem Fall die tatsächlichen Feststellungen, aus denen sich die Ungeeignet-
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247 OLG Düsseldorf VRS 39 (1970) 259; OLG Nürnberg DAR 1987 28, 28; OVG Nds. BA 53 (2016) 274, 274; SaarOVG DAR 2009 718, 719; LG Berlin VRS 122 118, 119; LG Gießen bei Janiszewski NStZ 1985 112; AG Idstein NStZ-RR 2005 89, 89; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 44; Böse NK Rdn. 6; Fischer Rdn. 37; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 24; SSW/Harrendorf Rdn. 26; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6; Heuchemer BeckOK Rdn. 28; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 20; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 10; Kretschmer MK-StVR Rdn. 16; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 145; Sinn SK Rdn. 12. 248 LG Nürnberg-Fürth NJW 1977 446, 447; LG Stuttgart bei Janiszewski NStZ 1985 113; NZV 2001 180, 181. 249 LG Heilbronn NStZ 1984 263, 264 m. zust. Anm. Geppert; LG Nürnberg-Fürth NJW 1977 446, 446 f; LG Stuttgart bei Janiszewski NStZ 1985 113; NZV 2001 180, 181; AG Bad Iburg NdsRpfl 1986 21, 21; ebenso Geppert LK12 Rdn. 74a; Krekeler NJW 1973 690, 690 f. 250 OVG Nds. BA 53 (2016) 274, 274; SaarOVG DAR 2009 718, 719; AG Idstein NStZ-RR 2005 89, 89. 251 OLG Nürnberg DAR 1987 28, 28; OVG Nds. BA 53 (2016) 274, 275. 252 SaarOVG DAR 2009 718, 719; AG Idstein NStZ-RR 2005 89, 89; zust. OVG Nds. BA 53 (2016) 274, 274 f. 253 SaarOVG DAR 2009 718, 719; zust. OVG Nds. BA 53 (2016) 274, 274 f; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 24; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 10; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 145; s. auch Böse NK Rdn. 6. 254 S. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 45. 255 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 45.
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heit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt, aufgrund des beschränkten Rechtsmittels letztmals im erstinstanzlichen Urteil geprüft werden. Gleichwohl richtet sich die Dauer der Sperrfrist indessen nach Umständen, die zu würdigen Aufgabe gerade des zweitinstanzlichen Tatrichters ist.256 Bestätigt das Revisionsgericht die Entziehung der Fahrerlaubnis und wird die Revi- 70 sion demzufolge verworfen oder das Urteil infolge Zurücknahme des Rechtsmittels rechtskräftig, bleibt es bei der Entziehung der Fahrerlaubnis sowie der tatrichterlich angeordneten Sperre.257 Dies gilt auch dann, wenn die Sperrfrist infolge der Einrechnung in Absatz 5 Satz 2 im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung bereits verstrichen ist.258 Einer Aufhebung der Entziehung der Fahrerlaubnis steht entgegen, dass es dem Revisionsgericht verwehrt ist, genuin tatrichterliche Aufgaben wahrzunehmen und von der ursprünglich berechtigten Entziehung der Fahrerlaubnis allein mit Rücksicht auf die seit der letzten tatrichterlichen Entscheidung verstrichene Dauer vorläufiger Führerscheinmaßnahmen abzusehen.259 Anderenfalls würde ein Angeklagter, der Revision eingelegt hat, gegenüber einem anderen, der auf ein solches Rechtsmittel verzichtet, in ungerechtfertigter Weise bevorzugt werden, würde dessen Geeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges doch nicht mehr von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde überprüft werden.260 Der Betroffene verliert in diesem Fall zwar nunmehr rechtskräftig seine Fahrerlaubnis, kann bei der Fahrerlaubnisbehörde aber sofort eine neue beantragen.261 Wird im Revisionsverfahren die Sache zurückverwiesen und steht die letzte tatrich- 71 terliche Prüfung folglich noch aus, ist für die Anwendung des Absatzes 5 Satz 2 mangels rechtskräftiger Entscheidung kein Raum. In diesem Fall bleibt es Aufgabe des (neuen) Tatrichters, die Dauer einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme bei der Bestimmung der Sperre nach den zur Zeit seiner Entscheidung maßgeblichen Umständen unter Beachtung von Absatz 4 angemessen zu berücksichtigen.262 Sofern die Revision auf die Sperrfrist beschränkt war (zur lediglich ausnahmsweisen Zulässigkeit einer solchen Beschränkung § 69 Rdn. 273) und die Entziehung der Fahrerlaubnis als solche bereits in Rechtskraft erwachsen ist, ist Absatz 5 Satz 2 entsprechend in der Weise anzuwenden, dass in die Frist die Zeit nach Verkündung der die Entziehung der Fahrerlaubnis aussprechenden letzten tatrichterlichen Entscheidung einzurechnen ist.263 Im Strafbefehlsverfahren wird nach zutreffender herrschender Meinung die nach 72 Absatz 5 Satz 2 einzurechnende Frist nicht erst auf die förmliche Zustellung des Strafbefehls,264 sondern bereits auf den Tag seines Erlasses, d.h. auf den Zeitpunkt der richterlichen Unterschrift bezogen.265 Auch wenn der in Satz 2 genannten „Verkündung“ des
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256 LG Aachen DAR 1968 330, 331. 257 Zur Festsetzung einer Sperre (auf das Mindestmaß von drei Monaten gemäß Absatz 4 Satz 2) durch das Revisionsgericht selbst entsprechend § 354 Abs. 1 StPO BGH NZV 1998 418; s. hierzu auch OLG Koblenz VRS 53 (1977) 107, 108. 258 OLG Düsseldorf VM 1977 28, 29. 259 OLG Frankfurt a.M. NJW 1973 1335, 1335. 260 OLG Frankfurt a.M. NJW 1973 1335, 1336; s. auch Fischer Rdn. 39; Heuchemer BeckOK Rdn. 26. 261 OLG Frankfurt a.M. NJW 1973 1335, 1335; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 25; s. schon Lackner JZ 1965 120, 123; hierzu auch Kaiser NJW 1973 493, 494. 262 OLG Celle VRS 28 (1965) 188, 190; OLG Karlsruhe NJW 1975 455, 456; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 46; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23. 263 OLG Bremen DAR 1965 216, 217; OLG Karlsruhe VRS 48 (1975) 425, 427; Böse NK Rdn. 6; Fischer Rdn. 39; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 24; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 215 f; Sinn SK Rdn. 12; Beine BA 18 (1981) 427, 438; aA Kretschmer MK-StVR Rdn. 18 Fn. 47. 264 So noch LG Coburg DAR 1965 245; LG Düsseldorf NJW 1966 897, 898. 265 LG Freiburg NJW 1968 1791, 1791 f; LG Köln DAR 1978 322; AG Alsfeld BA 17 (1980) 466, 466; AG Düsseldorf NJW 1967 586; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 47; Fischer Rdn. 36; SSW/Harrendorf
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Urteils im Strafbefehlsverfahren an sich erst die Zustellung des Strafbefehls entspricht (§ 35 StPO), kommt es nach Sinn und Zweck der Einrechnungsregelung auf den Zeitpunkt an, an dem der Tatrichter letztmals die Länge der Sperrfrist überprüfen konnte, vorliegend somit der – gegebenenfalls nicht unerheblich vor der Zustellung liegende – Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls.266 Nichts anderes gilt bei Verwerfung des Einspruchs nach § 412 StPO sowie bei Zurücknahme des Einspruchs. Der Einspruch gegen den Strafbefehl (§ 410 Abs. 2 StPO) kann bis zur Verkündung des Urteils im ersten Rechtszug (§ 411 Abs. 3 Satz 1 StPO) im gleichen Umfang auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden wie Rechtsmittel gegen ein Urteil (§ 318 und § 344 Abs. 1 StPO);267 näher daher § 69 Rdn. 265 ff. Bei wirksamer Beschränkung des Einspruchs auf den Schuldspruch unter Ausklammerung der Maßregelentscheidung (hierzu bereits § 69 Rdn. 268) tritt hinsichtlich der Sperre Teilrechtskraft ein, so dass deren Neubemessung entfällt. Auch in diesem Fall wird die Sperre ab Erlass des Strafbefehls berechnet.268 73
3. Ende der Sperre. Die Sperre endet im Normalfall mit Ablauf der in der Entscheidung bestimmten Frist; zur vorzeitigen Aufhebung der Sperre nach Absatz 7 nachfolgend Rdn. 90 ff. Es bleibt nochmals darauf hinzuweisen, dass mit Ablauf der Sperre bzw. mit deren vorzeitiger Aufhebung die Fahrerlaubnis nicht wieder auflebt (zum Erlöschen der Fahrerlaubnis mit Rechtskraft der Entscheidung vgl. § 69 Abs. 3 Satz 1; hierzu § 69 Rdn. 197 ff). Vielmehr muss der Betroffene bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde eine neue Fahrerlaubnis beantragen. Für die Neuerteilung gelten nach § 20 Abs. 1 FeV dieselben Vorschriften wie für die Ersterteilung (zur Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an die strafgerichtliche Beurteilung im Wiedererteilungsverfahren schon § 69 Rdn. 28 ff). V. Gesamtstrafenbildung
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1. Allgemeines. Sind mehrere Straftaten verwirklicht, muss bzw. kann gemäß § 52 Abs. 4 auf Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 und somit auch auf Maßregeln der Besserung und Sicherung erkannt werden, wenn nur eines der tateinheitlich anwendbaren Gesetze die Maßregel vorschreibt bzw. zulässt. Die Maßregel wird jedoch nur einmal verhängt. Nach § 53 Abs. 3 gilt dies sinngemäß für die Gesamtstrafenbildung bei Tatmehrheit. In diesem Fall wird folglich ebenso die Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. die isolierte Sperrfrist nicht neben den jeweils verwirkten Einzelstrafen, sondern einheitlich neben der Gesamtstrafe ausgesprochen (zur wechselseitigen Abstimmung schon § 69 Rdn. 164). Dies gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Maßregel nur bei einer dieser Taten gegeben sind oder sie bei mehreren oder sogar bei allen realkonkurrierenden Taten zulässig wäre.269 Bei der Anordnung einer zeitigen Sperrfrist (Absatz 1 Satz 1) darf die Höchstdauer von fünf Jahren nicht überschritten werden.270 Ist die Maßregel nach keinem der verletzten Gesetze möglich, ist sie es auch nicht neben der Gesamtstrafe.271
_____ Rdn. 24; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6, Heuchemer BeckOK Rdn. 25; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 19; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 10; Kretschmer MK-StVR Rdn. 15; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 7; Geppert S. 134 f; Seib DAR 1965 292; offen gelassen von VG Köln ZfS 1984 382, 383. 266 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 47. 267 S. nur BayObLG NJW 2003 2397, 2398; Eckstein MK-StPO § 410 Rdn. 23; Meyer-Goßner/Schmitt § 410 Rdn. 4. 268 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 47. 269 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn 33. 270 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn 33. 271 Vgl. BGHSt 34 138, 144; Fischer § 53 Rdn. 9; von Heintschel-Heinegg MK § 53 Rdn. 22.
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2. Nachträgliche Gesamtstrafenbildung a) Allgemeines. Eine Gesamtstrafe bei tatmehrheitlich verwirklichten Straftaten kann 75 auch erst nachträglich gebildet werden, sei es unter den Voraussetzungen des § 55 durch Urteil (näher Rdn. 77 ff) oder unter den Voraussetzungen des § 460 StPO durch Beschluss (hierzu Rdn. 86 ff). Das wesentliche Anliegen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung besteht darin zu verhindern, dass der Täter durch die getrennte Aburteilung irgendwelche Vor- oder Nachteile erfährt, zumal es häufig lediglich vom Zufall abhängt, ob mehrere Straftaten in verschiedenen Verfahren abgeurteilt werden oder nicht.272 Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 werden daher, falls die Voraussetzungen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung erfüllt sind, einheitlich durch das spätere Urteil angeordnet.273 Die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe setzt gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 unter 76 anderem voraus, dass die gegen den rechtskräftig Verurteilten erkannte Strafe noch nicht vollstreckt, verjährt oder erlassen ist. Hat sich dagegen die frühere Strafe bereits erledigt (z.B. wegen der Bezahlung der früheren Geldstrafe), scheidet eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung folglich aus; zu den Folgen der Erledigung allein der früheren Maßregel sogleich Rdn. 80. Schließlich erscheint es widersprüchlich, eine schon erledigte Strafe noch förmlich in eine Gesamtstrafe einzubeziehen.274 In diesem Fall ist wegen der Akzessorietät der Maßregel- von der Hauptstrafenentscheidung auch die Bildung einer neuen einheitlichen Sperrfrist ausgeschlossen. Dies gilt selbst dann, wenn die Sperrfrist aus der früheren Entscheidung noch nicht verstrichen sein sollte. Vielmehr bleibt diese noch nicht abgelaufene Sperrfrist neben der im neuen Verfahren zu bestimmenden Sperre bestehen; beide laufen dann unabhängig von- und gegebenenfalls selbstständig nebeneinander.275 Demzufolge kann sowohl die neue Sperrfrist für sich das zeitige Höchstmaß von fünf Jahren ausschöpfen als auch zusammen mit der noch laufenden Sperre die gesetzliche Höchstfrist von fünf Jahren überschreiten.276 b) Nachträgliche Gesamtstrafenbildung durch Urteil (§ 55) aa) Erstmalige Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69a. Sollte in dem einzube- 77 ziehenden Urteil weder die Fahrerlaubnis entzogen noch eine (isolierte) Sperrfrist verhängt worden sein, kann auch im Rahmen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 erstmals auf eine solche Maßregel erkannt werden. Dies setzt voraus, dass sich die Erforderlichkeit der Maßregel entweder allein aufgrund der neu abzuurteilenden Tat oder in Verbindung mit der bereits abgeurteilten Tat ergibt.277 Hingegen kann die Anordnung der Maßnahme nicht ausschließlich auf die schon rechtskräftig abgeurteilte Tat gestützt werden.278 bb) Frühere Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69a. Wurde bereits in der frü- 78 heren Entscheidung auf Entziehung der Fahrerlaubnis oder auf eine (gegebenenfalls nur
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272 S. nur BGHSt 7 180, 182; 32 190, 193; 33 230, 232; 35 208, 211; 44 179, 184; von Heintschel-Heinegg MK § 55 Rdn. 2; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 1. 273 Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 53. 274 Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 19; s. hierzu auch RGSt 32 7, 9; krit. Frister NK § 55 Rdn. 19; von Heintschel-Heinegg MK § 55 Rdn. 22. 275 OLG Dresden NZV 1993 402, 403; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 39; Fischer Rdn. 25; Kretschmer MK-StVR Rdn. 34. 276 Ebenso Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 69/70; aA OLG Dresden NZV 1993 402, 403. 277 BGH NStZ-RR 2014 75; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 55. 278 BGH NStZ-RR 2014 75 zur erstmaligen Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 55.
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isolierte) Sperrfrist erkannt, ist zum einen danach zu unterscheiden, ob auch die neu abzuurteilende Tat die Anordnung einer solchen Maßregel nach §§ 69, 69a gestattet. Zum anderen ist von Bedeutung, ob die in der abgeurteilten Tat verhängte Sperrfrist schon verstrichen ist. Sind bei der neu abzuurteilenden Tat die Voraussetzungen der Maßregeln der §§ 69, 69a nicht erfüllt, besteht eine vorangegangene Entziehung der Fahrerlaubnis mit dem Inhalt fort, den sie nach der früheren Entscheidung hatte. Selbst bei hieraus noch laufender Sperrfrist (hierzu sogleich Rdn. 79) ist es nicht nur überflüssig, sondern unzulässig, die Sperre neu festzusetzen.279 Weil dem Gesamtstrafenrichter ein Eingriff in die Rechtskraft der früheren Maßregelentscheidung gesetzlich versagt bleibt, ist ihm folgerichtig auch verwehrt, die bisherige Sperrfrist auf die neue Gesamtstrafe abzustimmen. Er kann allenfalls die mögliche spezialpräventive Wirkung des bereits abgelaufenen Teils der Sperre bei Bemessung der neuen Gesamtstrafe mitbedenken.280 Die alte Sperrfrist läuft hingegen ab Rechtskraft der früheren Entscheidung unberührt weiter.281 Die in der einzubeziehenden Entscheidung ausgesprochene Maßregel ist nach § 55 79 Abs. 2 aufrechtzuerhalten, sofern sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos geworden ist. Diese Regelung trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass die neue Entscheidung, in der auf eine nachträgliche Gesamtstrafe erkannt wird, zwar sodann die alleinige Vollstreckungsgrundlage bildet.282 Andererseits ist der Gesamtstrafenrichter aber in dem Umfang, in dem die früher angeordnete Maßregel nicht gegenstandslos wird, an die Rechtskraft der früheren Entscheidung gebunden.283 Demzufolge muss die früher angeordnete Maßnahme, z.B. die noch nicht abgelaufene (und folglich nicht wegen Zeitablaufs erledigte; hierzu sogleich Rdn. 80) Sperrfrist, aufrechterhalten werden, wenn in der neuen Entscheidung – wie in dem vorstehenden Fall, dass die neue Tat keine Maßregeln nach §§ 69, 69a rechtfertigt – keine Rechtsfolgen angeordnet werden, welche ihrer Wirkung nach die früher angeordneten einschließen (hierzu Rdn. 82).284 Ist hingegen die ausgesprochene Sperrfrist im Zeitpunkt der Urteilsverkündung be80 reits verstrichen und hat sich somit infolge Zeitablaufs erledigt, ist diese Maßnahme als „gegenstandslos“ im Sinne des § 55 Abs. 2 anzusehen.285 Bei Zurückverweisung einer Sache durch das Revisionsgericht ist die Sachlage zum Zeitpunkt des ersten tatrichterlichen Urteils maßgeblich, so dass eine zwischenzeitlich eingetretene Erledigung der Sperrfrist unbeachtlich bleibt.286 Hat sich eine in der früheren Entscheidung angeordnete Maßregel erledigt, muss nicht mehr über deren Aufrechterhaltung entschieden werden, wenngleich dies in der Regel als unschädlich erachtet wird.287 Demzufolge besteht jedenfalls Einigkeit darüber, eine bereits abgelaufene Sperre nicht aufrechtzuerhalten. Ebenso wenig müsste an sich die in der einzubeziehenden Entscheidung angeordnete Entzie-
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279 BGH NStZ 1992 231; OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 111; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 69/70; Hentschel Rpfleger 1977 279, 280. 280 Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 69/70; Geppert MDR 1972 280, 285. 281 BGH NStZ 1992 231; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 40; Fischer Rdn. 26; Geppert MDR 1972 280, 285; Hentschel Rpfleger 1977 279, 280. 282 BGH NZV 2004 536; von Heintschel-Heinegg MK § 55 Rdn. 45; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 59. 283 BGH NStZ 1992 231; NJW 2000 3654, 3655; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 55, 59. 284 BGH NStZ 1992 231; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 59. Zur Einbeziehung eines früheren Urteils samt angeordneter Sperrfrist im Jugendstrafverfahren gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG s. hingegen BGH StV 2019 469, 470. 285 BGHSt 42 306, 308; BGH NStZ 1996 433; StraFo 2008 387; BeckRS 2009 22718 Rn. 3; NZV 2010 211; BeckRS 2016 19357; NStZ-RR 2016 220, 222; BeckRS 2018 7068 Rdn. 3; Sch/Schröder/SternbergLieben/Bosch § 55 Rdn. 59. 286 BGH StV 2018 415, 416. 287 BGH NZV 2004 536; NZV 2010 211; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 35.
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hung der Fahrerlaubnis in der Urteilsformel erwähnt werden, da diese bereits mit der Rechtskraft der früheren Entscheidung wirksam geworden ist und insoweit nicht (weiter) vollstreckt werden muss.288 Gleiches gilt für die Einziehung des Führerscheins.289 Gleichwohl wird nicht nur gelegentlich bemerkt, dass bei einer infolge Zeitablaufs erledigten Sperre die Entziehung der Fahrerlaubnis aufrechtzuerhalten sei.290 In der Tat dürfte es sich in solchen Fällen zumindest empfehlen, zwar nicht die ohnehin schon abgelaufene Sperre, aber die Entziehung der Fahrerlaubnis „aufrechtzuerhalten“.291 Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte im Tenor der Gesamtstrafenentscheidung 81 somit zunächst klargestellt werden, dass es bei der Entziehung der Fahrerlaubnis bleibt. Sofern die (gegebenenfalls lediglich isolierte) Sperre noch nicht abgelaufen und sich daher nicht bereits wegen Zeitablaufs erledigt hat, ist auch die Sperre aufrechtzuerhalten.292 Hierbei wird der Hinweis, dass die Sperrfrist ab Rechtskraft der früheren Entscheidung läuft, mitunter als empfehlenswert erachtet.293 Eine mögliche Urteilsformel wäre: „Die im Urteil des … vom … angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis des/der Angeklagten [sowie die Anordnung einer Sperre von … für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis] wird/werden aufrechterhalten.“
Sind hingegen auch bei der neu abzuurteilenden Tat die Voraussetzungen der 82 Maßregeln der §§ 69, 69a gegeben, ist – sofern sich die in der bereits abgeurteilten Tat angeordnete Sperrfrist nicht bereits durch Zeitablauf erledigt hat (hierzu Rdn. 85) – der Gesamtstrafenrichter an die Rechtskraft der früheren Maßregelentscheidung nicht mehr gebunden. Demzufolge hat er eine neue einheitliche Sperre festzusetzen, welche die frühere Sperre im Sinne des § 55 Abs. 2 gegenstandslos werden lässt, weil sie ihrer Wirkung nach in den Rechtsfolgen enthalten ist, die in der neuen Entscheidung angeordnet werden.294 Maßgeblich für die Bestimmung der Dauer der Sperrfrist ist eine Gesamtprognose, die sich auf die Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gesamtstrafenrichters bezieht.295 Eine „Anrechnung“ der bereits verstrichenen Sperrfrist kommt nicht in Betracht.296 Bei der Bemessung der neuen Sperre ist vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen (Rdn. 54) die Dauer der schon verstrichenen früheren Sperrfrist prognostisch mitzuberücksichtigen, soweit der bisherige Ausschluss des Täters aus dem Straßenverkehr eine verkehrserzieherische Wirkung gehabt hat.297 Dies schließt es nicht aus, die neu festzusetzende Sperrfrist auch länger als bisher – bis zu dem bei einer zeitigen Sperre
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288 BGH NZV 2004 536; BeckRS 2016 19357; Fischer § 55 Rdn. 29. 289 BGH NZV 2004 536; BeckRS 2009 24823 Rdn. 1; Fischer § 55 Rdn. 29. 290 S. etwa BGH NStZ 1996 433 mit Verweis auf die st. Rspr. des BGH; NJW 2002 1813, 1814; BeckRS 2008 03409 Rdn. 3; StV 2018 415, 416; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 14. 291 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 35. 292 BGH NStZ 1992 231; NJW 2000 3654, 3655; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 35; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12; Fischer Rdn. 26; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 14; SSW/Harrendorf Rdn. 21. 293 SSW/Harrendorf Rdn. 21; Geppert MDR 1972 280, 285; s. dazu auch OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 111. 294 BGHSt 42 306, 308; OLG Düsseldorf NZV 1991 317; OLG Köln VRS 61 (1981) 348, 349; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 59; Geppert MDR 1972 280, 285; Hentschel Rpfleger 1977 279, 280. 295 KG BeckRS 2018 30409 Rdn. 16; Fischer Rdn. 27; ausführl. Geppert S. 143 ff; aA OLG Stuttgart NJW 1967 2071, 2072; OLG Zweibrücken NJW 1968 310, 312: Standpunkt des zuerst erkennenden Gerichts entscheidend. 296 OLG Stuttgart NJW 1967 2071, 2072. 297 KG BeckRS 2018 30409 Rdn. 16; Fischer Rdn. 27; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 69/70; Geppert MDR 1972 280, 286.
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auch hier geltenden Höchstmaß von fünf Jahren298 – zu bemessen299 bzw. gegebenenfalls sogar eine unbefristete Sperre auszusprechen.300 Obgleich über die neue, einheitlich festzusetzende Sperre aus der Perspektive des 83 Gesamtstrafenrichters zu entscheiden ist (siehe soeben Rdn. 82), beginnt nach herrschender Auffassung die Sperre bereits mit Rechtskraft der früheren Entscheidung zu laufen.301 Dem wird von der Gegenmeinung zutreffend entgegengehalten, dass nach Absatz 5 Satz 1 eine Sperrfrist erst mit Rechtskraft der (jeweiligen) Entscheidung beginnt.302 Abzustellen ist folglich auf die Rechtskraft der Gesamtstrafenentscheidung.303 Hierfür streitet auch, dass ein früherer Fristlauf dem Wesen einer Maßregel widerspricht, die immer nach dem zur Zeit der Entscheidungsfindung bestehenden Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit bemessen werden muss.304 Allerdings gilt es auch den Grundgedanken des § 55 zu beachten, wonach der Täter aufgrund der getrennten Aburteilung (nicht besser, aber auch) nicht schlechter gestellt werden darf (siehe schon Rdn. 75).305 Problematisch erscheint es somit, wenn der maßgebliche Zeitpunkt der Entscheidung des Gesamtstrafenrichters dazu führte, die für zeitige Sperren gesetzlich zulässige Höchstfrist von fünf Jahren (Absatz 1 Satz 1) zu überschreiten.306 Es ist daher die vor dem Urteil des Gesamtstrafenrichters bereits verstrichene Sperrzeit entsprechend Absatz 5 Satz 2 anzurechnen.307 Während die frühere Sperrfrist in der vorstehenden Konstellation gegenstandslos 84 wird, ist die zugrunde liegende Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis aufrechtzuerhalten. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt sich ein entsprechender Hinweis im Urteilstenor. Zum Teil wird darüber hinaus angenommen, den (umstrittenen; Rdn. 83) Beginn der Sperrfrist in der Urteilsformel zum Ausdruck bringen zu müssen, um Unklarheiten für die Strafvollstreckungs- und die Fahrerlaubnisbehörde zu vermeiden.308 Denkbar wäre somit folgende Tenorierung: „Dem/Der Angeklagten darf vor Ablauf von … [bei zeitiger Sperre]/für immer [bei unbefristeter Sperre] keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden. Die im Urteil des … vom … angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis des/der Angeklagten wird aufrechterhalten.“
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Ist die in dem einzubeziehenden Urteil angeordnete Sperre bereits abgelaufen, muss wegen der neu abzuurteilenden Tat bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 69, 69a eine selbstständige Sperre verhängt werden. Hierbei darf allerdings die Dauer der
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298 OLG Köln VRS 41 (1971) 354, 355; Hentschel Rpfleger 1977 279, 282. 299 OLG Hamm NJW 1964 1285, 1285; Fischer Rdn. 27. 300 SSW/Harrendorf Rdn. 22; Geppert MDR 1972 280, 286. 301 BGHSt 24 205, 207; BGH StV 2018 415, 416; KG BeckRS 2018 30409 Rdn. 16; OLG Düsseldorf NZV 1991 317; OLG Frankfurt a.M. VRS 55 (1978) 195, 199; OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 111, 112; OLG Köln VRS 61 (1981) 348, 349; OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 275, 276; LG Zweibrücken VRS 112 (2007) 271, 272; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 36; Burmann/Heß u.a./Burmann Rdn. 1b; Fischer Rdn. 27; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 12; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 6; ebenso wohl Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12. 302 Geppert LK12 Rdn. 64; SSW/Harrendorf Rdn. 22. 303 Böse NK Rdn. 7; Geppert LK12 Rdn. 64; SSW/Harrendorf Rdn. 22; Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 219; Kretschmer MK-StVR Rdn. 36; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 69/70; Geppert MDR 1972 280, 285 f; Hentschel Rpfleger 1977 279, 282; tendenziell auch Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 15. 304 S. auch Böse NK Rdn. 7; Geppert LK12 Rdn. 64; SSW/Harrendorf Rdn. 22. 305 So vor allem OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 275, 276. 306 OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 275, 276; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 36. 307 Ähnlich Kretschmer MK-StVR Rdn. 36 unter entsprechender Anwendung der Absätze 4 und 6. 308 OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 275, 276 f.
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bereits verstrichenen und die Dauer der neu festzusetzenden (zeitigen) Sperre zusammen fünf Jahre nicht übersteigen.309 c) Nachträgliche Gesamtstrafenbildung durch Beschluss (§ 460 StPO). Die vor- 86 stehenden Überlegungen gelten gemäß § 460 StPO grundsätzlich ebenso bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung im Beschlussverfahren.310 Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Regelung des § 55 i.V.m. §§ 53, 54 auch dann ihre vollumfängliche Wirkung entfaltet, wenn ein Richter bei einem späteren Urteil die Möglichkeit der Gesamtstrafenbildung nicht erkannt hat oder die Gesamtstrafe noch nicht bilden konnte.311 Im Gegensatz zum Tatrichter urteilt der Beschlussrichter im Rahmen des § 460 StPO aber keine weitere Tat ab, sondern fasst die in den vorliegenden Entscheidungen verhängten Rechtsfolgen lediglich zusammen.312 Weder lassen sich in dem Beschluss nach § 460 StPO etwaige Fehler aus den vorangegangenen Urteilen korrigieren313 noch ist hierin – anders als im Rahmen des § 55 (Rdn. 77) – die erstmalige Anordnung einer Maßnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 zulässig (näher sogleich Rdn. 87). Da § 460 StPO somit nur den verfahrensrechtlichen Weg eröffnet, die (versehentlich) unterbliebene Gesamtstrafenbildung nach § 55 nachzuholen, soll der Verurteilte so gestellt werden, als habe bereits der letzte erkennende Tatrichter die Gesamtstrafenentscheidung getroffen, im Verhältnis hierzu folglich weder Vor- noch Nachteile erfahren.314 Im Einzelnen sind folgende Konstellationen zu unterscheiden: (1) Sind die Voraus- 87 setzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. für eine isolierte Sperrfrist in keinem der einzubeziehenden rechtskräftigen Urteile festgestellt, ist es dem Beschlussrichter nach den vorstehenden Grundsätzen verwehrt, eine solche Maßnahme nachzuholen und erstmalig anzuordnen.315 Nicht zuletzt muss sich die für die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendige Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen jeweils „aus der [Einzel-]Tat“ ergeben. Außerdem darf eine Maßregel (vom Sonderfall des richterlichen Beschlusses im Strafbefehlsverfahren einmal abgesehen) erstmalig nur im Erkenntnisverfahren und nicht im Beschlussverfahren angeordnet werden, das schließlich nur mit geringeren verfahrensmäßigen Garantien ausgestattet ist.316 (2) Ebenso bleibt dem Beschlussgericht eine Neubestimmung der Sperrfrist ver- 88 wehrt, wenn nur eines der einzubeziehenden rechtskräftigen Urteile eine Maßregel (Entziehung der Fahrerlaubnis oder isolierte Sperrfrist) angeordnet hat.317 Da in diesem Fall die frühere Maßregel durch die erforderliche neue Entscheidung nicht gegenstandslos wird, ist sie im Gesamtstrafenbeschluss aufrechtzuerhalten. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte dies wiederum im Tenor der gesamtrichterlichen Entscheidung klar-
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309 OLG Düsseldorf NZV 1991 317; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 36. 310 S. nur OLG Frankfurt a.M. VRS 55 (1978) 195, 197; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 37; Coen BeckOK § 460 Rdn. 11; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 16; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 75. 311 Appl KK § 460 Rdn. 1. 312 Appl KK § 460 Rdn. 22; Graalmann-Scheerer LR26 § 460 Rdn. 37. 313 Nestler MK-StPO § 460 Rdn. 4; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 75. 314 BGHSt 32 190, 193; Appl KK § 460 Rdn. 1; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 37; Coen BeckOK § 460 Rdn. 7; Graalmann-Scheerer LR26 § 460 Rdn. 1. 315 OLG Hamm NJW 1964 1285, 1285; Coen BeckOK § 460 Rdn. 10; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 16; Meyer-Goßner/Schmitt § 460 Rdn. 18; Oske MDR 1965 13, 13. 316 Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rdn. 75; Geppert MDR 1972 280, 282 Fn. 15; Oske MDR 1965 13, 13. So schon RGSt 73 366, 368 zur Sicherungsverwahrung. 317 OLG Frankfurt a.M. VRS 55 (1978) 195, 198; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 16; Geppert MDR 1972 280, 286.
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gestellt werden (vgl. schon Rdn. 80 f zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55).318 Die aufrechterhaltene Sperre läuft in dieser Konstellation folgerichtig ab Rechtskraft der früheren Entscheidung, in der die Maßregel verhängt wurde.319 89
(3) Enthalten mehrere der einzubeziehenden rechtskräftigen Urteile Entscheidungen nach § 69 bzw. § 69a Abs. 1 Satz 3, ist dem Sicherungszweck der Maßregel durch eine Neubeurteilung der Dauer der Ungeeignetheit des Verurteilten zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden und daher eine Neufestsetzung der Sperre geboten. Es bleibt jedoch auch hier bei der bereits erfolgten Entziehung der Fahrerlaubnis, weil diese durch eine neu bemessene Sperrfrist nicht gegenstandslos wird und daher aufrechtzuerhalten bleibt; dies sollte im Tenor des gesamtrichterlichen Beschlusses wiederum klargestellt werden (vgl. schon Rdn. 84). Der Beschlussrichter hat eigenverantwortlich, d.h. nach den diagnostischen und prognostischen Verhältnissen zur Zeit seiner Entscheidung eine neue einheitliche Sperre festzusetzen.320 Hierbei ist eine etwaige bessernde Wirkung der verhängten Sperrfristen zu berücksichtigen. Der Beschlussrichter ist aber nicht daran gehindert, über die Dauer der früheren Sperren hinauszugehen oder sogar eine unbefristete Sperre anzuordnen.321 Umstritten ist wiederum (vgl. Rdn. 83), ob die neue Sperrfrist mit Rechtskraft der früheren Entscheidungen322 oder mit Rechtskraft des Gesamtstrafenbeschlusses323 beginnt. VI. Vorzeitige Aufhebung der Sperre (Absatz 7)
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1. Sinn und Zweck. Die vom Gericht (rechtskräftig) festgesetzte Sperrfrist kann nach Absatz 7 vorzeitig aufgehoben werden, wenn angesichts einer günstiger verlaufenen Entwicklung ein Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit entgegen ursprünglicher Prognose des erkennenden Gerichts nicht mehr besteht.324 Die schon in § 42m Abs. 4 enthaltene und durch das 2. StraßenVSichG in § 42n übernommene wie erweiterte Bestimmung (näher hierzu in der Entstehungsgeschichte) rechtfertigt sich aus dem Wesen der Prognose als einer nur vorausschauenden Beurteilung und trägt dem spezialpräventiven Charakter der Entziehung der Fahrerlaubnis als einer Sicherungsmaßregel (siehe schon § 69 Rdn. 4) ebenso Rechnung wie dem Übermaßverbot (§ 62).325 Aus diesem Grund kann nach Absatz 7 (trotz des Wortlauts „vorzeitig“) auch eine für immer angeordnete Sperre aufgehoben werden.326 Generalpräventive Zwecke werden mit der Vorschrift nicht verfolgt; die vorzeitige Aufhebung darf daher nicht etwa aus derartigen Gründen abgelehnt werden.327 Ebenso wenig von Bedeutung für die zu erhebende Gefährlichkeitsprognose sind allgemeine strafpolitische Erwägungen oder Überlegungen
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318 Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 16. 319 Hentschel Rpfleger 1977 279, 283. 320 OLG Frankfurt a.M. VRS 55 (1978) 195, 198; Heuchemer BeckOK Rdn. 21. 321 Hentschel Rpfleger 1977 279, 283. 322 So die h.M.; s. nur OLG Frankfurt a.M. VRS 55 (1978) 195, 199 m.w.N. 323 So Heuchemer BeckOK Rdn. 21; Hentschel Rpfleger 1977 279, 283. 324 Krit. gegenüber der richterlichen Befugnis wegen der dadurch verursachten Doppelbefassung von Gericht und Fahrerlaubnisbehörde Kretschmer MK-StVR Rdn. 29. 325 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 27; s. auch OLG Celle BA 46 (2009) 101, 103. 326 OLG Celle BA 46 (2009) 101, 102; OLG Düsseldorf NZV 1991 477, 477; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 23; Fischer Rdn. 40; Heuchemer BeckOK Rdn. 29; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 27; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 14. 327 S. nur Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 14; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 186; aA LG Hildesheim BA 40 (2003) 244, 244 f; Bandemer NZV 1991 300, 302.
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einer etwa auf verwaltungsinterne Richtlinien gestützten Gleichbehandlung von Straftätern.328 Absatz 7 ermöglicht lediglich die vorzeitige Aufhebung (zum Zeitpunkt der Ent- 91 scheidung), nicht hingegen eine vorzeitige Verkürzung der Sperre (zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt).329 Wie der Wortlaut des Gesetzes („nicht mehr ungeeignet ist“; Hervorhebung durch den Verfasser) verdeutlicht, muss der Maßregelzweck bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung erreicht sein. Ist dies der Fall, ist die Sperre zwingend aufzuheben; besteht der Maßregelgrund hingegen fort, ist selbst eine Verkürzung der Sperre nicht veranlasst.330 Zudem soll die Ausnahmevorschrift des Absatzes 7 nicht ermöglichen, die ursprünglich tatrichterlich prognostizierte erforderliche Dauer der Maßregel durch eine neue Prognose zu ersetzen.331 Ebenso wenig sieht das Gesetz eine Möglichkeit vor, eine – im Nachhinein als zu kurz bemessen erachtete – Sperre zu verlängern.332 In der Praxis spielte die Regelung zunächst keine beachtliche Rolle.333 Dies war 92 dem Umstand geschuldet, dass die ursprünglich in § 42n Abs. 7 Satz 2 und später auch in § 69a Abs. 7 Satz 2 a.F. vorgesehene Mindestsperrfrist von sechs Monaten bei einer nur auf ca. sechs bis acht Monate festgesetzten Sperrfrist keine für den Beschuldigten lohnenswerte vorzeitige Abkürzung zuließ. Durch Art. 3 Nr. 3 des (am 1.1.1999 in Kraft getretenen) Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24.4.1998 (BGBl. I 747) hat der Gesetzgeber jedoch die Mindestsperrfrist erklärtermaßen auch deshalb auf drei Monate verkürzt, um vor allem alkoholauffälligen Kraftfahrern einen Anreiz zur Teilnahme an einem Aufbauseminar zu bieten.334 Seitdem hat – wie die Vielzahl zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen vor allem zu den Anforderungen an eine zur Verkürzung der Sperrfrist geeignete Nachschulung (näher Rdn. 104 ff) belegt – die Bedeutung der Vorschrift deutlich zugenommen. 2. Voraussetzungen a) Formelle Voraussetzung (Satz 2). Damit die Gerichte die Erteilung einer neuen 93 Fahrerlaubnis nicht schon binnen kürzester Zeiträume nach Entziehung der Fahrerlaubnis gestatten und dadurch die sichernde Wirkung der Maßregel gefährden, ist die vorzeitige Aufhebung der Sperre nach Absatz 7 Satz 2 frühestens nach Ablauf einer Mindestfrist zulässig.335 Diese Mindestfrist beträgt seit Verkündung der letzten tatrichterlichen Entscheidung im Regelfall drei Monate, im Wiederholungsfall des Absatzes 3 ein Jahr (Satz 2 Halbs. 1).336 Dauert eine Sperrfrist genau drei Monate (bzw. im Fall des Absatzes 3 ein Jahr), kommt eine vorzeitige Aufhebung nach Absatz 7 folglich von vornherein nicht
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328 AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183. 329 OLG Celle BA 46 (2009) 101, 103; LG Berlin BA 45 (2008) 320, 320; BA 48 (2011) 248, 248 f; LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 311; AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 48; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28; SSW/Harrendorf Rdn. 27; Kindhäuser LPK Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 29; aA LG Aachen BA 44 (2007) 262, 262. 330 LG Fulda BA 55 (2018) 162, 163; s. auch LG Ellwangen BA 39 (2002) 223, 224; LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 311. 331 LG Berlin BA 45 (2008) 320, 320 f; BA 48 (2011) 248, 249. 332 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 9. 333 S. etwa Hentschel DAR 1979 317, 318; Seehon DAR 1979 321, 321: „tote Vorschrift“. 334 BTDrucks. 13/6914 S. 55. 335 BTDrucks. IV/651 S. 20 f. 336 Krit. gegenüber der Jahresfrist als „zu lang“ Kretschmer MK-StVR Rdn. 27.
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in Betracht.337 Bei Strafbefehlen beginnt diese Frist wiederum mit dem Erlass, nicht erst mit dessen Zustellung (vgl. schon Rdn. 72).338 Ausweislich von Satz 2 Halbs. 2 gelten bei der Berechnung der einschlägigen 94 Mindestfrist Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 entsprechend. Demnach ist in die Mindestfrist die zwischen Verkündung bzw. Erlass der letzten tatrichterlichen Entscheidung und ihrer späteren Rechtskraft verstrichene Zeit einzurechnen, während der die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen oder der Führerschein amtlich verwahrt, sichergestellt oder beschlagnahmt war. Die tatsächliche Sperre nach Rechtskraft der Entscheidung kann demzufolge im Ergebnis kürzer als die Mindestfrist von drei bzw. zwölf Monaten sein, wenn das Verfahren (wie etwa im Revisionsrechtszug oder bei Zurücknahme eines Rechtsmittels) nach Verkündung der letzten tatrichterlichen Entscheidung weiter betrieben wurde. Ausgeschlossen ist die Einrechnung der Dauer einer vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung oder ihr gleichgestellter Maßnahmen hingegen für die Zeit vor der Verkündung der letzten tatrichterlichen Entscheidung. Wie sich aus einem Umkehrschluss aus Satz 2 Halbs. 2 ergibt, findet Absatz 4 (und 95 die darin vorgesehene Verkürzung des gesetzlichen Mindestmaßes der Sperre um die Zeit einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme; hierzu Rdn. 32 ff) im Rahmen von Absatz 7 keine Anwendung.339 Hierfür spricht zudem, dass die insoweit schon vor der letzten tatrichterlichen Prüfung verstrichene Zeit bereits bei der Bemessung der Sperrfrist berücksichtigt werden kann.340 96
b) Sachliche Voraussetzung (Satz 1). aa) „Grund zu der Annahme“. Ausweislich des Gesetzes muss sich „Grund zu der Annahme“ ergeben, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Dies setzt nach verbreiteter Formulierung neue Tatsachen voraus, die dem erkennenden Gericht bei der Urteilsfindung noch nicht bekannt waren.341 Zwar bleibt aus maßregelrechtlicher Sicht an sich stets – und so auch bei der Entscheidung über die vorzeitige Aufhebung der Sperre (siehe sogleich Rdn. 98) – auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen (dazu bereits § 69 Rdn. 108) und verlangt der Zweck der Regelung, namentlich die Sicherung der Allgemeinheit, nicht notwendig nach neuen Tatsachen.342 Allerdings bleibt dem erkennenden Gericht die Änderung einer rechtskräftigen Entscheidung grundsätzlich versagt. Eine zur Zeit der früheren Entscheidung bereits bekannte und bei Bemessung der Sperrfrist schon berücksichtigte Tatsache darf demzufolge nicht noch einmal und vor allem nicht zur Korrektur einer rechtskräftig ausgesprochenen Rechtsfolge verwertet werden.343 Daher ist es jedenfalls missverständlich, wenn einige Oberlandesgerichte bei der Entscheidung nach Absatz 7 sämtliche zu dieser Zeit bekannten Umstände berücksichtigen wollen, die dafür oder dagegen sprechen, dass der Verurteilte nach wie vor
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337 SSW/Harrendorf Rdn. 27. 338 AG Alsfeld BA 17 (1980) 466, 466. 339 OLG Koblenz VRS 71 (1986) 26, 27; LG Freiburg NJW 1968 1791, 1791; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 49; Fischer Rdn. 41; SSW/Harrendorf Rdn. 27; Seib DAR 1965 209, 209. 340 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 29. 341 OLG Hamburg DAR 2004 660, 660; OLG Koblenz VRS 69 (1985) 28, 29; LG Aachen BA 44 (2007) 262, 262; Fischer Rdn. 42; SSW/Harrendorf Rdn. 28; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Hentschel/ Krumm Teil 2 Rdn. 269; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 179; Sinn SK Rdn. 15. 342 OLG Köln NJW 1960 2255, 2256. 343 OLG Hamburg DAR 2004 660, 661; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; Bandemer NZV 1991 300, 302; Bieler BA 7 (1970) 112, 114; Hentschel DAR 1979 317, 319.
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eine Gefahr für den Straßenverkehr bildet.344 Hierdurch dürfte indessen nur hervorgehoben werden, dass bestimmte Umstände im Laufe der Zeit an Bedeutung gewinnen können und bei der Entscheidung über die vorzeitige Aufhebung der Sperre zu berücksichtigen sind, selbst wenn diese Umstände (wie z.B. die Auswirkungen einer verbüßten Strafhaft, die erfolgreiche Legalbewährung während einer längeren Bewährungszeit oder zwischenzeitlich erlittene berufliche Nachteile) durchaus vorhersehbar und somit nicht im strengen Sinne als neu anzusehen sind.345 Als „neue Tatsache“ sind folglich auch Umstände anzusehen, die bereits früher bekannt waren und bei der Anordnung bzw. Bemessung der Maßregel schon berücksichtigt wurden, sich aber auf die Entwicklung des Verurteilten anders oder früher ausgewirkt haben als ursprünglich angenommen.346 Jedenfalls im Ergebnis dürfte somit kein wesentlicher Unterschied zwischen den vorstehenden Ansichten zu bemerken sein. Ausgeschlossen ist jedenfalls eine abweichende Beurteilung der bei Anordnung 97 der Maßregel bzw. Bemessung ihrer Dauer bereits verwerteten Tatsachen.347 Ebenso wenig können private und berufliche Belange, die bereits bei Anordnung der Maßregel vorhersehbar waren, nur deswegen berücksichtigt werden, weil sie nunmehr detailliert vorgetragen werden.348 Auch nach dem Urteil eingetretene Entwicklungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach bereits vorliegende Tatsachen abweichend zu würdigen wären, können allein nicht zu einer vorzeitigen Aufhebung der Sperre führen. Dies gilt etwa für die Änderung der Rechtsprechung zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Straftaten aus dem Bereich der allgemeinen Kriminalität (zur grundlegenden Entscheidung BGHSt 50 93 zum verkehrsspezifischen Zusammenhang siehe § 69 Rdn. 98 ff)349 oder auch für zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des EuGH zur Anerkennung von EU-Führerscheinen (zur wegweisenden „Kapper“-Entscheidung 350 insbesondere § 69b Rdn. 14).351 Generell bleibt zu beachten, dass es sich bei Absatz 7 um eine Ausnahmevorschrift 98 handelt, die im Interesse der Verkehrssicherheit grundsätzlich restriktiv zu handhaben ist.352 So fordert die Rechtsprechung „erhebliche“ neue Tatsachen,353 aus denen sich – entweder allein oder in Verbindung mit sonstigen Umständen354 – offenkundig355 ergibt, dass entgegen der Prognose des erkennenden Gerichts der Eignungsmangel nicht mehr
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344 OLG Düsseldorf VRS 63 (1982) 273, 273; VRS 66 (1984) 347, 348; OLG Karlsruhe DAR 2002 87, 88; OLG Köln NJW 1960 2255, 2256; hiergegen OLG Hamburg DAR 2004 660, 661; Hentschel DAR 1979 317, 319. 345 OLG Köln NJW 1960 2255, 2256. 346 Vgl. OLG Düsseldorf VRS 63 (1982) 273, 273 f; VRS 66 (1984) 347, 348; ebenso Hentschel DAR 1979 317, 319. 347 OLG Celle BA 46 (2009) 101, 102; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 53; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 14. 348 LG Koblenz NZV 2008 103; s. hierzu auch Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 182. 349 OLG Hamburg DAR 2004 660, 662. 350 EuGH NJW 2004 1725. 351 AG Rostock DAR 2005 169. 352 OLG Hamm NZV 2007 250, 251; LG Fulda BA 55 (2018) 162, 163. 353 S. nur OLG Hamm BA 38 (2001) 381, 382; OLG Jena VRS 108 (2005) 361, 361; OLG Koblenz VRS 66 (1984) 446, 447; VRS 71 (1986) 26, 27; LG Berlin BA 54 (2017) 386, 386; LG Dresden DAR 2002 280, 281; LG Erfurt BA 48 (2011) 292, 292; LG Köln DAR 2005 702; LG Münster ZfS 2005 623, 623; AG Lüdinghausen DAR 2004 470, 470; NZV 2005 333; AG Stadtroda DAR 2004 543. 354 OLG Jena VRS 108 (2005) 361, 361; s. auch OLG Hamburg DAR 2004 660, 660. 355 OLG Düsseldorf NZV 1990 237, 238; NZV 1991 477, 477; s. auch OLG Hamm NZV 2007 250, 251: „ausreichend ersichtlich“.
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fortbesteht. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung ist der Tag, an dem das Gericht über den Aufhebungsantrag zu entscheiden hat.356 Für die Aufhebung der Sperre genügt die – auf erhebliche neue Tatsachen gestützte 99 – hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Täter sich entgegen der früheren Prognose im Straßenverkehr nicht mehr als gefährlich erweisen wird.357 Die Wahrscheinlichkeit darf auch hier nicht schematisch beurteilt werden.358 Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller für die Eignung des Verurteilten maßgeblichen Umstände unter Berücksichtigung der neuen Tatsachen, wonach die Teilnahme des Verurteilten am Straßenverkehr jedenfalls wieder verantwortbar erscheinen muss359 bzw. aus der sich eine risikobewusstere Einstellung des Täters zum Straßenverkehr ergibt.360 Insoweit verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Verurteilten.361 Dies darf aber nicht dahin verstanden werden, dass es einer Gewissheit im Sinne voller persönlicher Überzeugung bedarf, wie sie für einen Schuldspruch notwendig ist. Vielmehr muss weder die sichere Feststellung getroffen werden, dass der Verurteilte seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiedererlangt hat,362 noch dieser die Wiedererlangung seiner Eignung positiv beweisen.363 Ausreichend ist, dass der in der Tat in Erscheinung getretene Eignungsmangel inzwischen möglicherweise wieder entfallen ist.364 Ob der Verurteilte tatsächlich wieder geeignet ist, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, obliegt der Fahrerlaubnisbehörde zu entscheiden.365 100
bb) Einzelne Fallgestaltungen. Bei körperlich-geistigen Eignungsmängeln (hierzu § 69 Rdn. 85 ff) kommt eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist vor allem bei zwischenzeitlicher Heilung der körperlich-geistigen Defizite oder auch bei nachträglicher Beseitigung der fahrtechnischen Unzuträglichkeiten in Betracht.366 Derartige Mängel können jedoch zumeist schon im fahrerlaubnisbehördlichen Erteilungsverfahren ermittelt bzw. beseitigt werden und sind daher im vorzeitigen Abkürzungsverfahren in der strafgerichtlichen Praxis eher selten. Auch im Bereich charakterlicher Ungeeignetheit (siehe § 69 Rdn. 91 f) hat Absatz 7 in der Praxis eine eher geringe Bedeutung (zur Nachschulung alkoholauffälliger Kraftfahrer siehe indessen Rdn. 104 ff). Schließ-
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356 OLG Düsseldorf NZV 1990 237, 238; NZV 1991 477, 478; OLG Köln DAR 1956 192, 193; NJW 1960 2255, 2256; K. Himmelreich NZV 2005 337, 338. 357 OLG Celle BA 46 (2009) 101, 102; LG Fulda BA 55 (2018) 162, 163; LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 311; AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183; NZV 2016 245; AG Rheinberg BA 55 445, 445; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 23; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28; SSW/Harrendorf Rdn. 29. 358 LG Fulda BA 55 (2018) 162, 163; AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183; NZV 2016 245. 359 OLG Karlsruhe NJW 1960 587; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 52; SSW/Harrendorf Rdn. 28; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; s. auch OLG Köln NJW 1960 2255, 2256; s. ferner KG DAR 2004 657, das allerdings missverständlich darauf abstellt, ob der Täter „nunmehr charakterlich geeignet zum Führen von Fahrzeugen“ sei; hiergegen K. Himmelreich DAR 2005 130, 137. 360 LG Aachen BA 44 (2007) 262, 263; LG Hof NZV 2001 92, 92; AG Rheinberg BA 55 (2018) 445, 445. 361 OLG Celle BA 46 (2009) 101, 102; OLG Düsseldorf NZV 1990 237, 238; NZV 1991 477, 478; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; aA K. Himmelreich SVR 2010 1, 2 f; K. Himmelreich/Karbach SVR 2009 1, 2. 362 LG Hildesheim DAR 2003 88; AG Alsfeld BA 17 (1980) 466, 467; Böse NK Rdn. 11; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28; Sinn SK Rdn. 15; K. Himmelreich DAR 2003 110, 110; Menken BA 16 (1979) 233, 248. 363 Missverständlich Bieler BA 7 (1970) 112, 115: „Oberstes Ziel aller Anträge […] muß sein, dem Gericht zu beweisen, […]“; wie hier Menken BA 16 (1979) 233, 248. 364 AG Lüdinghausen DAR 2004 470, 470; NZV 2005 333; K. Himmelreich DAR 2003 110, 110; ders. DAR 2005 130, 130; ders. NZV 2005 337, 338. 365 AG Lüdinghausen DAR 2004 470, 470; NZV 2005 333; K. Himmelreich DAR 2003 110, 110; ders. DAR 2005 130, 130. 366 OLG Köln VRS 21 (1961) 111, 112.
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lich rechtfertigen nur „neue Tatsachen“ eine nachträgliche Abkürzung der Sperrfrist (Rdn. 96). Insbesondere reicht zur vorzeitigen Aufhebung der Sperre in aller Regel für sich al- 101 lein nicht aus, dass seit Entziehung der Fahrerlaubnis schon ein Großteil der festgesetzten Sperre beanstandungsfrei verstrichen ist.367 Ansonsten liefe auch die durch Absatz 1 Satz 2 eröffnete Möglichkeit einer unbefristeten Sperre ins Leere.368 Selbst bei einer unbefristeten Sperre genügt folglich der bloße Zeitablauf als solcher nicht, um deren vorzeitige Aufhebung zu rechtfertigen.369 Vielmehr bedarf es eines nachträglichen Gesinnungswandels des Täters, der etwa durch langjährige Straffreiheit und eine zwischenzeitlich vollzogene soziale Eingliederung,370 eine mehrjährige Alkoholabstinenz371 oder durch freiwillige soziale Arbeitsleistungen372 indiziert werden kann. Im Einzelfall kann hierzu auch eine ernsthafte Erkrankung des Verurteilten geführt haben.373 Angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift des Absatzes 7 (siehe schon Rdn. 98) sind die Anforderungen der Rechtsprechung diesbezüglich aber zu Recht streng. Ebenso rechtfertigen berufliche oder wirtschaftliche Nachteile als solche keine 102 vorzeitige Aufhebung der Sperre,374 mögen sie auch außer den Täter dessen Familie oder nahe stehende Personen betreffen.375 Etwas anderes gilt nur dann, wenn gerade die wirtschaftlichen Nachteile einen Einstellungswandel beim Verurteilten bewirkt und so dessen Eignungsmangel behoben haben.376 Beispielsweise kann die Aussicht eines Arbeitslosen auf eine Arbeitsstelle, für die er einen Führerschein benötigt, die vorzeitige Aufhebung der Sperre rechtfertigen, sofern davon nach Lage der Dinge positive Auswirkungen auf die Geeignetheit des Verurteilten zu erwarten sind. Eine solche Aussicht muss aber hinreichend konkret nachgewiesen sein.377 Auch eine zwischenzeitliche Strafverbüßung bzw. die Gründe, die zu einer Ausset- 103 zung des Strafrestes zur Bewährung nach §§ 57, 57a geführt haben, rechtfertigen für sich allein keine vorzeitige Aufhebung der Sperre.378 Schließlich verlangt die Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lediglich die Prognose, dass die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung unter Abwägung der zu
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367 OLG Düsseldorf NZV 1991 477, 478; OLG Hamburg DAR 2004 660, 661; OLG Hamm VRS 7 (1954) 364; NZV 2007 250, 251; OLG Jena VRS 108 361, 361; OLG Koblenz VRS 69 (1985) 28, 29; OLG München NJW 1981 2424, 2424; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 53; Fischer Rdn. 42; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; Hentschel DAR 1979 317, 318. 368 OLG Hamburg DAR 2004 660, 661; OLG München NJW 1981 2424, 2424. 369 S. nur SSW/Harrendorf Rdn. 29; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 14. So lehnte das AG Bochum DAR 2011 97, 97 die Aufhebung einer schon 45 Jahre andauernden Sperre gegenüber einem Täter, der keine Nachschulungen oder Aufbauseminare besuchte und zudem ca. 35 bzw. 40 Jahre nach Anordnung der Sperrfrist erneut zweimal einschlägig verkehrsstrafrechtlich in Erscheinung trat, ab. 370 OLG Hamburg DAR 2004 660, 661; LG Bamberg StV 1984 518, 518 f. 371 OLG Hamm BA 38 (2001) 381, 382 (das Gericht spricht von einer „Nachreife“). 372 Bandemer NZV 1991 300, 301. 373 S. hierzu LG Karlsruhe DAR 1958 137; zust. Bender DAR 1958 201, 204. 374 OLG Düsseldorf NZV 1990 237, 238; NZV 1991 477, 478; OLG Hamm NZV 2007 250, 251; OLG Jena VRS 108 (2005) 361, 361; OLG Koblenz VRS 66 (1984) 446, 448; OLG Saarbrücken VRS 19 (1960) 31, 31 f; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28. 375 OLG Jena VRS 108 (2005) 361, 361; LG Koblenz NZV 2008 103. 376 OLG Jena VRS 108 (2005) 361, 361; OLG Koblenz VRS 65 (1983) 362, 363; VRS 68 (1985) 353, 354; VRS 71 (1986) 26, 28; OLG Köln VRS 21 (1961) 111, 112 f; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 53; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 181. 377 OLG Koblenz VRS 69 (1985) 28, 29. 378 OLG Celle BA 46 (2009) 101, 102 f; OLG Düsseldorf NZV 1991 477, 478; OLG Hamm VRS 30 (1966) 93, 93 f; NZV 2007 250, 251; OLG Karlsruhe DAR 2002 87, 88; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 348, 348; VRS 65 (1983) 362, 363; VRS 68 (1985) 353, 354; OLG München NJW 1981 2424, 2424 f; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28.
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erwartenden Wirkungen des erlittenen Strafvollzugs für das künftige Leben des Verurteilten in Freiheit mit den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann.379 Selbst die an die Erwartung keiner künftigen Straftaten geknüpfte Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56), die zwar weder eine sichere Gewähr noch eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein künftig straffreies Leben verlangt, jedoch voraussetzt, dass die Wahrscheinlichkeit eines künftig straffreien Verhaltens größer ist als diejenige neuer Straftaten,380 vermag die gleichzeitige Annahme charakterlicher Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht generell auszuschließen (dazu bereits § 69 Rdn. 78). Zudem ist die Einstellung des Verurteilten zu den Anforderungen im Straßenverkehr in aller Regel aus seinem Verhalten in der Freiheit besser zu beurteilen als unter den Bedingungen des Strafvollzuges381 und bedarf es häufig gerade der Fortdauer der Sperre, um der günstigen Voraussicht künftig straffreier Lebensführung des Verurteilten die nötige prognostische Sicherheit zu geben.382 Etwas anderes gilt jedoch, wenn es sich bei der Anlasstat gerade nicht um ein „typisches Verkehrsdelikt“, sondern um eine Tat der allgemeinen Kriminalität handelt. In diesem Fall dürften sich sozialprognostische Gesichtspunkte im Sinne des § 57 Abs. 1 und die für die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges maßgeblichen Umstände im Sinne der §§ 69, 69a kaum trennen lassen.383 Ein nachträglicher Wegfall der Ungeeignetheit kommt nicht zuletzt bei einer erfolg104 reichen Teilnahme an einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer oder an einer anerkannten Verkehrstherapie in Betracht.384 Deren Hauptanwendungsfall ist die Trunkenheit im Verkehr385 bzw. die alkoholbedingte Gefährdung des Straßenverkehrs,386 wenngleich auch bei anderen Anlasstaten die Sperrfrist wegen der erfolgreichen Teilnahme an einer Verkehrstherapie verkürzt werden kann.387 Freilich darf auch hier dieser Umstand nicht schon im Erkenntnisverfahren bei der Entziehung der Fahrerlaubnis (näher § 69 Rdn. 150 ff) oder bei der Bemessung der Sperrfrist (dazu Rdn. 55) berücksichtigt worden und folglich für das Verfahren nach Absatz 7 verbraucht sein. Für die vorzeitige Aufhebung der Sperre ist nicht erforderlich, einen bestimmten Kurs zu absolvieren.388 Anerkannt wurden etwa – um bloß Beispiele aus der jüngeren Zeit zu nennen389 – das Kursmodell „Mainz 77“,390 die Verkehrstherapie „IVT-Hö“,391 der vom TÜV Süd für alkoholauffällige Kraftfahrer angebotene Kurs „Plus 70“392 sowie dessen
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379 BGH NStZ-RR 2003 200, 201; Fischer § 57 Rdn. 12; von Heintschel-Heinegg BeckOK § 57 Rdn. 8. 380 S. nur BGH NStZ 1997 594, 594; NStZ-RR 2005 38; OLG Oldenburg NJW 2015 2745, 2746; Fischer § 56 Rdn. 4; Groß MK § 56 Rdn. 24; Sch/Schröder/Kinzig § 56 Rdn. 17. 381 S. etwa OLG Düsseldorf NZV 1990 237, 238; NZV 1991 477, 478; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 53. 382 OLG Hamm VRS 30 (1966) 93, 93 f; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 348, 348. 383 OLG Karlsruhe DAR 2002 87, 88; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 53. 384 S. nur OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 347; LG Berlin BA 54 (2017) 386, 386; LG Dresden DAR 2002 280, 281; LG Erfurt BA 48 (2011) 292, 292; LG Flensburg DAR 2005 409, 410; LG Görlitz BA 55 (2018) 309; LG Hildesheim NStZ-RR 2003 312, 313 f; LG Hof NZV 2001 92, 92 f; LG Köln DAR 2005 702; LG Leipzig NZV 2010 105; aus dem Schrifttum statt vieler Fischer Rdn. 44; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; Kretschmer MKStVR Rdn. 24. 385 S. etwa LG Flensburg DAR 2005 409; LG Görlitz BA 55 (2018) 309; LG Hildesheim NStZ-RR 2003 312; LG Leipzig NZV 2010 105. 386 S. nur LG Berlin BA 54 (2017) 386, 386; LG Erfurt BA 48 (2011) 292. 387 S. etwa LG Hildesheim BeckRS 2012 2084 zum Fahren ohne Fahrerlaubnis. 388 AG Kehl NZV 2016 245. 389 Zu einzelnen (früheren) Kursmodellen s. vor allem H.J. Bode NZV 2004 7, 7 f; K. Himmelreich DAR 2004 8, 10. 390 LG Heilbronn BA 55 (2018) 310. 391 LG Berlin DAR 2010 712; AG Stendal DAR 2006 108. 392 AG Kehl NZV 2016 245.
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verkehrspsychologische Intensivberatung mit Einzelgesprächen nach dem „Modell VIB“,393 das speziell auf die Probleme mit Trunkenheitsdelikten straffällig gewordener Teilnehmer zugeschnittene Aufbauseminar „DEKRA Mobil“,394 eine verkehrspsychologische Intervention der DEKRA,395 eine verkehrspsychologische Therapie der AFN,396 der verkehrspsychologische Kurs „avanti 16“ der Nord-Kurs GmbH,397 das Aufbauseminar Modell NAFAPlus398 und das Kompaktseminar „Modell Leipzig 2000“.399 Die Bedeutung dieser Kurse (zur zunächst nur zögerlichen Akzeptanz schon § 69 105 Rdn. 152 sowie oben Rdn. 55) hat nicht zuletzt dadurch gewonnen, dass der Gesetzgeber in § 2a Abs. 5 und § 2b StVG i.V.m. § 36 FeV die Teilnahme an einem Aufbauseminar zur zwingenden Voraussetzung zur Wiedererteilung einer entzogenen Fahrerlaubnis auf Probe erhoben und als Anreiz zur Teilnahme an einer Nachschulung die Mindestsperrfrist in Absatz 7 Satz 2 auf drei Monate abgesenkt hat (dazu bereits Rdn. 92). Allerdings setzt die Anerkennung einer Nachschulung oder Verkehrstherapie im Rahmen des Absatzes 7 nicht voraus, dass sie entsprechend § 36 Abs. 6 FeV von amtlich anerkannten Kursleitern durchgeführt werden.400 Denn die Regelung des § 36 FeV gilt ausdrücklich nur für die dort genannten „besonderen Aufbauseminare“ nach entzogener Fahrerlaubnis auf Probe, während bei einem Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung (§ 11 Abs. 10 FeV) ausweislich von § 70 FeV nur der Kurs als solcher anerkannt sein muss, nicht aber dessen Leiter.401 Jedoch hat das Gericht den ordnungsgemäßen Ablauf eines nicht amtlich anerkannten Kurses besonders kritisch zu prüfen.402 Angesichts der EUweiten Vereinheitlichung des Fahrerlaubnisrechts müssen bei gleicher (kritischer) Betrachtung auch Nachschulungskurse im EU-Ausland als Indiz für die gerichtliche Prognose anerkannt werden.403 Des Weiteren können auch Verkehrsnachschulungen durch einen privaten Therapeuten berücksichtigungsfähig sein.404 Ob die Fahrerlaubnisbehörde eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellt oder diese an bestimmte Bedingungen knüpft, ist für die vorzeitige Aufhebung der Sperre mangels gesetzlicher Normierung nicht von Bedeutung.405 Ebenso ist insoweit jedenfalls in der Regel nicht erforderlich, neben der erfolgreichen Teilnahme an einer solchen Maßnahme auch ein Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle vorzulegen.406 Ausgeschlossen ist auch hier eine rein schematische Handhabung, die etwa schon 106 die Teilnahmebescheinigung als solche nahezu automatisch zu einer vorzeitigen Aufhe-
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393 LG Leipzig NZV 2010 105. 394 LG Berlin BA 54 (2017) 386; LG Leipzig BeckRS 2009 25965; AG Adelsheim BA 46 (2009) 432; AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183. 395 LG Erfurt BA 48 (2011) 292, 292. 396 LG Görlitz BA 55 (2018) 309. 397 AG Rheinberg BA 55 (2018) 445. 398 AG Dresden BA 51 (2014) 361. 399 AG Leipzig NZV 2015 404. 400 So indessen LG Hildesheim NStZ-RR 2003 312, 313 (unter Aufgabe von LG Hildesheim DAR 2003 88). Zu Recht abl. jedoch AG Rheinberg BA 55 (2018) 445, 446; K. Himmelreich DAR 2004 8, 12; ders. DAR 2007 81, 81; krit. auch AG Eggenfelden DAR 2007 408. 401 K. Himmelreich DAR 2004 8, 12; ders. DAR 2007 81, 81. 402 Ebenso LG Münster ZfS 2005 623, 624; zust. Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 54; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28. 403 So zu Recht AG Eggenfelden NZV 2005 545; DAR 2007 408; DAR 2011 421 (jeweils zu österreichischen Nachschulungskursen). 404 S. hierzu etwa LG Oldenburg DAR 1996 470. 405 LG Offenburg BA 53 (2016) 55, 57; AG Kehl NZV 2016 245; SSW/Harrendorf Rdn. 28; Sinn SK Rdn. 15. 406 AG Rheinberg BA 55 (2018) 445, 446; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; K. Himmelreich/Karbach SVR 2009 1, 2.
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bung der Sperre führen lässt.407 Selbst ein Zertifikat über eine erfolgreiche Teilnahme lässt mangels Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Teilnehmer keine individuelle Bewertung der Wirkungen des Kurses zu.408 Daher bildet die Kursteilnahme lediglich ein Indiz für einen vorzeitigen Fortfall des Eignungsmangels infolge einer ausdrücklich risikobewussteren Einstellung zum Straßenverkehr.409 Ob sich insoweit eine signifikante Haltungsänderung ergeben hat, bleibt indessen stets in Bezug auf die konkrete Person des Verurteilten zu prüfen.410 Erforderlich ist eine umfassende Gesamtwürdigung, bei der außer der Nachschulung etwa die Umstände der Tat411 sowie das bisherige Verhalten im Straßenverkehr zu berücksichtigen sind.412 107 Wurde ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ (bzw. einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l) oder mehr geführt, ordnet im verwaltungsbehördlichen Verfahren die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an (§ 13 Satz 1 Nr. 2c FeV). Diese Regelung beruht auf den gesicherten verkehrsmedizinischen und verkehrspsychologischen Erkenntnissen, dass der Verurteilte bei Taten ab dieser Blutalkoholkonzentration in der Regel ein Gewohnheitstrinker ist.413 Unter einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ darf die Fahrerlaubnisbehörde die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nur von der Beibringung eines solchen Gutachtens abhängig machen, wenn zusätzliche tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme eines künftigen Alkoholmissbrauchs begründen. Dass das Strafgericht die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet hat, genügt insoweit schon deshalb nicht, da die strafgerichtliche Eignungsbeurteilung von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 geprägt ist.414 Diese gesetzliche Wertung ist auch im Rahmen der Gesamtwürdigung des Absatzes 7 in der Weise zu berücksichtigen, dass ab einer solchen Blutalkoholkonzentration die bloße Teilnahme an einem Nachschulungskurs allein nicht die Annahme zu stützen weiß, der Verurteilte habe eine risikobewusstere Einstellung erlangt. Vielmehr sind hier – verfassungsrechtlich nicht beanstandet415 – weitere Umstände wie eine längerfristige Abstinenz oder eine zusätzliche Suchttherapie zu fordern.416 Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn sich aus den Umständen der Tat ergibt, dass der Verurteilte trotz hoher Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit nicht derart alkoholgewöhnt war, dass
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407 OLG Koblenz ZfS 1982 347, 348; LG Leipzig NZV 2010 105; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 54; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28. 408 LG Fulda BA 55 (2018) 162, 163; LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 311 f. 409 LG Oldenburg DAR 1996 470, 470; AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28. 410 LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 312; LG Hof NZV 2001 92, 92; LG Leipzig NZV 2010 105; AG Hof NZV 2004 102, 103 m. Anm. Th. Heinrich. 411 LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 312 nennt insoweit etwa bei einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr die Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt, die Begehungsweise der Tat und den Grad der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. S. auch OLG Koblenz ZfS 1982 347, 348 zu den Anlasstaten eines vorsätzlichen Trunkenheitsdelikts, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung. 412 LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 312. 413 So ausdrückl. etwa LG Flensburg DAR 2005 409, 410; s. hierzu auch BVerwG DAR 2017 533, 536. 414 BVerwG DAR 2017 533, 536; zur Diskussion auch Halecker ZVS 2018 88, 90 ff. 415 BVerfG DAR 2007 80 m. Anm. K. Himmelreich. 416 LG Flensburg DAR 2005 409, 410; s. auch LG Berlin DAR 2010 712 m. Anm. Mahlberg, das zudem betont, dass der Täter die Verkehrstherapie (hier: IVT-Hö) bereits unmittelbar nach der Tat aus eigenem Antrieb begonnen hat. Einschr. LG Hildesheim NStZ-RR 2003 312, 314, wonach erst ab 2,0 ‰ weitere besondere Umstände erforderlich sind, während zwischen 1,6 und 2,0 ‰ eine kritischere Würdigung des Kurserfolgs genügt; s. auch OLG Naumburg DAR 2001 379, 379. Nach AG Dresden BA 51 (2014) 361, 361 f führt bei erstmals einschlägig auffälligen Verkehrsteilnehmern mit einer Blutalkoholkonzentration von bis zu 1,8 ‰ die erfolgreiche Teilnahme an einem geeigneten Nachschulungskurs hingegen in der Regel zu einer Verkürzung der Sperrfrist, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände dagegen sprechen.
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die Teilnahme an einer Verkehrstherapie keine Haltungsänderung bewirken konnte.417 Umgekehrt kann ein offenbartes Desinteresse des Verurteilten an einer Nachschulung gegen die Annahme vorzeitiger Wiedereignung sprechen.418 Auch insoweit sind feste Taxen und generalisierende Erwägungen nicht statthaft (siehe insbesondere schon Rdn. 45). Gleichwohl scheint sich hinsichtlich alkoholauffälliger Ersttäter ein „Abschlag“ von etwa drei Monaten eingespielt zu haben (zu ähnlichen Überlegungen bei der Bemessung der Sperrfrist Rdn. 56).419 3. Anordnung der vorzeitigen Aufhebung der Sperre. a) Kein Ermessen. Sind 108 sämtliche (formellen wie sachlichen) Voraussetzungen des Absatzes 7 gegeben, ist das Gericht zur vorzeitigen Abkürzung der Sperre verpflichtet. Es besteht kein Ermessen des Gerichts.420 Dies folgt nicht zuletzt aus dem auch hier zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. schon Rdn. 9 zu Absatz 2). Das Wort „kann“ in Satz 1 steht dem nicht entgegen.421 Mit dieser Formulierung bringt das Gesetz nur die Möglichkeit zum Ausdruck, eine an sich rechtskräftige Sanktionsentscheidung nachträglich zu korrigieren.422 b) Prüfungspflichten. Das Gericht muss von Amts wegen über die Aufhebung der 109 Sperre entscheiden, wenn es (etwa durch Angaben in einem die Strafe betreffenden Gnadengesuch oder bei Anträgen von Angehörigen oder dem Arbeitgeber des Verurteilten) von Tatsachen erfährt, welche die vorzeitige Aufhebung der Sperre rechtfertigen. Ein Antrag des Betroffenen ist somit an sich nicht notwendig, wird aber die Regel 110 bilden. Der Verurteilte braucht nicht bis zum Ablauf der für ihn maßgeblichen Mindestfrist zu warten, sondern kann seinen Aufhebungsantrag bereits vor Ablauf der Mindestfrist stellen, damit diese bei Arbeitsüberlastung des Gerichts oder wegen gegebenenfalls erforderlicher weiterer Ermittlungen im Fall positiver Bescheidung des Antragstellers nicht unnötig überschritten wird.423 Üblich scheint ein Zeitraum von etwa vier bis sechs Wochen vor Ablauf der Mindestfrist zu sein.424 Ein zu früh gestellter Antrag ist abzulehnen,425 kann jedoch wiederholt werden.426 Zum unzulässigen Antrag auf vorzeitige Sperrfristverkürzung siehe schon Rdn. 91. Die Aufhebungsentscheidung des Gerichts, die selbstredend erst nach Ablauf der 111 Mindestfrist Wirkung entfalten kann, sollte bereits aus diesem Grund allenfalls kurz vor
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417 LG Potsdam BA 43 (2006) 156, 156. 418 OLG Koblenz VRS 69 (1985) 28, 29 f. 419 Ausdrückl. AG Adelsheim BA 46 (2009) 432: „übliche Sperrzeitverkürzung um drei Monate“; s. auch AG Dresden BA 51 (2014) 361: Aufhebung einer sechsmonatigen Sperre nach drei Monaten; ferner AG Kehl NZV 2016 245: Aufhebung einer Sperre von 9 Monaten nach 7 ½ Monaten; AG Stendal DAR 2006 108: Verkürzung der Sperrfrist um zwei Monate. Zu entsprechend gewährten Verkürzungen im Gnadenverfahren auch LG Heilbronn BA 55 (2018) 310, 311. 420 S. nur LG Fulda BA 55 (2018) 162, 163; AG Kehl NZV 2016 245; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 23; SSW/Harrendorf Rdn. 28. 421 So aber Hentschel DAR 1979 317, 318; Seehon DAR 1979 321, 322; offen gelassen von OLG Hamburg DAR 2004 660, 660. 422 Ebenso AG Kehl BA 51 (2014) 182, 183. 423 LG Düsseldorf NJW 1966 897, 897; LG Köln DAR 1978 322. 424 Für eine Zeitspanne von etwa einem Monat LG Düsseldorf NJW 1966 897, 897; hierauf verweisend LG Köln DAR 1978 322; s. ferner Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 175: „wenige Wochen vor Ablauf der Mindestfrist“. 425 LG Düsseldorf NJW 1966 897, 897. 426 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 50; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 29; Heuchemer BeckOK Rdn. 31; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 30.
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Ablauf der Mindestfrist erfolgen.427 Dies bietet sich auch deshalb an, um in der Zwischenzeit auftretende und einer positiven Entscheidung entgegenstehende neue Umstände (z.B. die erneute Begehung eines Verkehrsdelikts) bei der Entscheidung noch berücksichtigen zu können.428 112
c) Beschränkung auf bestimmte Kraftfahrzeugarten. Nach Absatz 2 darf das erkennende Gericht bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von Anfang an von der Sperre ausnehmen bzw. für einzelne Kraftfahrzeugarten unterschiedliche Sperren festlegen (siehe schon Rdn. 10). Ebenso ist in entsprechender Anwendung des Absatzes 2 allgemein anerkannt, dass unter den dort genannten Voraussetzungen (näher dazu Rdn. 11 ff) die vorzeitige Aufhebung der Sperre gleichfalls auf bestimmte Kraftfahrzeugarten beschränkt werden kann.429 Insoweit wird vereinzelt zwar vertreten, dass eine solche Aufhebung nur für bestimmte Kraftfahrzeugarten auch ohne Einhaltung der in Absatz 7 vorgesehenen Mindestfristen möglich sei.430 Dies lässt sich aber mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang bringen, wonach die nachträgliche Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung nur unter den Ausnahmebedingungen des Absatzes 7 (und demzufolge nicht zuletzt erst nach Ablauf der Mindestsperrfrist) gestattet ist.431
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4. Wirkung der Aufhebung. Mit der vorzeitigen Aufhebung der Sperre wird lediglich das an die Fahrerlaubnisbehörde gerichtete Verbot beseitigt, eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Ebenso wie beim normalen Ablauf der Sperre lebt die (mit Rechtskraft der früheren Entscheidung entzogene) alte Fahrerlaubnis aber nicht wieder von selbst auf. Daher lautet auch der Tenor der Aufhebungsentscheidung nicht etwa auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis oder Rückgabe des Führerscheins, sondern lediglich auf Aufhebung der Sperre. Zum Teil wurde der Deutlichkeit wegen vorgeschlagen, darüber hinaus die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde ausdrücklich zu gestatten.432 Eine mögliche Tenorierung lautet: „Die im Urteil des … vom … gegen den Angeklagten/die Angeklagte angeordnete Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis wird vorzeitig aufgehoben.“
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Das Gericht stellt mit der vorzeitigen Aufhebung der Sperre nicht fest, dass der Betroffene zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder geeignet ist, sondern nur, dass „Grund zur Annahme“ der Wiedereignung besteht (hierzu schon Rdn. 99). Schon aus diesem Grund ist die Fahrerlaubnisbehörde nicht verpflichtet, sofort eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Sie hat vielmehr selbstverantwortlich zu prüfen, ob die Eignung tatsäch-
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427 S. auch Sinn SK Rdn. 14. 428 Zu weitgehend hingegen AG Öhringen NJW 1977 447, 448: „Ablauf der Mindestsperrfrist von 6 Monaten eine reine Frage der Zeit […], die an der Geeignetheit des Verurteilten nichts mehr ändert“. 429 OLG Koblenz VRS 45 (1973) 348, 348 f; OLG Köln NJW 1960 2255, 2256; Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 55; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 23; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 28; SSW/Harrendorf Rdn. 27; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 27; Sinn SK Rdn. 13; aA Hentschel/Krumm Teil 2 Rdn. 280; Kretschmer MK-StVR Rdn. 26. 430 So etwa AG Alzenau DAR 1981 232, 232 f; AG Hagen DAR 1975 246 m. abl. Bespr. Hentschel DAR 1975 296; AG Pirmasens DAR 1976 193, 193 f; AG Westerburg DAR 1976 274; AG Wismar DAR 1998 32. 431 LG Koblenz DAR 1977 193; AG Alsfeld DAR 1981 27; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 29; Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 188; Mollenkott DAR 1982 217, 218; ausführl. Hentschel DAR 1975 296, 296 f; diff. AG Kempten/Sonthofen DAR 1981 234, 235; Wölfl NZV 2001 369, 370 f: nachträgliche Beschränkung entspr. Absatz 7 ohne Beachtung einer Mindestfrist nach Verurteilung in einem Strafbefehl zulässig. 432 OLG Köln DAR 1956 192, 193.
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lich wieder gegeben ist, wenngleich auch insoweit eine „Achtungspflicht“ gegenüber der Beurteilung durch den Strafrichter besteht. Folglich muss sich die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung mit der Begründung der strafgerichtlichen Beurteilung auseinandersetzen und darf die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bei ansonsten unveränderter Sachlage im Hinblick auf den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz nicht aus Gründen versagen, die der Strafrichter bei seiner Entscheidung bereits berücksichtigt hat (siehe hierzu bereits § 69 Rdn. 28 ff).433 5. Zuständigkeit und Verfahren a) Zuständigkeit. Für die vorzeitige Aufhebung der Sperre ist grundsätzlich das 115 Gericht des ersten Rechtszuges zuständig (§ 462a Abs. 2 Satz 1 StPO). Eine Abgabe der Zuständigkeit an das Wohnsitzgericht entsprechend § 462a Abs. 2 Satz 2 StPO kommt nicht in Betracht. Schließlich handelt es sich bei der vorzeitigen Aufhebung der Sperre um keine Entscheidung, die mit der nachträglichen Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung oder die Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 453 StPO) oder mit Maßnahmen der Maßregelvollstreckung (§ 463 Abs. 1 StPO) vergleichbar wäre. Ausweislich von § 463 Abs. 6 Satz 1 StPO gilt für die nach Absatz 7 zu treffenden Entscheidungen auch nicht die Vorschrift des § 453 StPO, auf die § 463 Abs. 2 StPO lediglich für die nach §§ 68a bis 68d zu treffenden Entscheidungen verweist, sondern § 462 StPO.434 Sofern gegen den Betroffenen eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird, sind die örtlich 116 zuständige Strafvollstreckungskammer (§ 462a Abs. 1 Satz 1 StPO)435 bzw. der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter (§ 82 Abs. 1 gegebenenfalls i.V.m. § 110 Abs. 1 JGG)436 zuständig. Bei dieser Zuständigkeit bleibt es auch dann, wenn die Vollstreckung unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt (§ 462a Abs. 1 Satz 2 StPO)437 oder die Strafe nach § 35 BtMG zurückgestellt wird.438 Anders ist es ausweislich von § 462a Abs. 3 StPO nur, wenn aus der zur Bewährung ausgesetzten Strafe und einer weiteren Strafe nach § 460 Satz 1 StPO und § 55 eine nachträgliche Gesamtstrafe439 bzw. nach § 31 und § 66 JGG eine nachträgliche Einheitsjugendstrafe440 gebildet wird. Dann entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges (§ 462a Abs. 3 Satz 1 StPO) bzw. bei Urteilen verschiedener Gerichte das Gericht, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt bzw. bei gleicher Strafhöhe zuletzt entschieden hat (§ 462a Abs. 3 Satz 2 StPO). Ist die Freiheitsstrafe verbüßt oder wird, was dem gleichzusetzen ist, eine zur Be- 117 währung ausgesetzte Freiheitsstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit endgültig erlassen (§ 56g), fällt die Zuständigkeit wieder an das Gericht des ersten Rechtszuges zurück.441 Da es in Fällen dieser Art allein um die Frage der Wiedereignung geht und ein Bezug zur Freiheitsstrafe bzw. zur Vollstreckung freiheitsentziehender Maßregeln nicht mehr gege-
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433 S. auch Böse NK Rdn. 1; Fischer Rdn. 47. 434 BGHSt 30 386, 388. 435 OLG Karlsruhe NStZ-RR 2001 253. 436 OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 1996 285, 285 f; Eisenberg/Dickhaus NZV 1990 455, 455. 437 OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 1996 156, 156 f; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2001 253; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 57; Eisenberg/Dickhaus NZV 1990 455, 455. 438 OLG Düsseldorf NStZ 2003 53, 53 f = JR 2003 83 m. insoweit krit. Anm. Aulinger. 439 S. etwa BGH bei Becker NStZ-RR 2003 103. 440 S. hierzu BGH NStZ 1997 100, 101. 441 Berz/Burmann/Niehaus 16 A Rdn. 176; aA OLG Düsseldorf VRS 64 (1983) 432, 432 f: Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer jedenfalls dann, wenn die Kammer bereits während der Vollstreckung mit einem Antrag nach Absatz 7 befasst war; s. auch OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 114.
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ben ist, kommt eine fortbestehende Zuständigkeit der Vollstreckungskammer nicht in Betracht.442 Gleiches gilt, wenn die Vollstreckung durch die Gnadenstelle zur Bewährung ausgesetzt wird und die Strafvollstreckungskammer noch nicht mit irgendeiner Entscheidung im Zusammenhang mit der Strafhaft des Verurteilten befasst war.443 118
b) Verfahren. Die vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist erfolgt durch Gerichtsbeschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 463 Abs. 6 i.V.m. § 462 Abs. 1 Satz 1 StPO). Zuvor ist der Staatsanwaltschaft und dem Verurteilten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 463 Abs. 6 i.V.m. § 462 Abs. 2 Satz 1 StPO). Zur Vorbereitung seiner Entscheidung kann das Gericht eigene Ermittlungen anstellen,444 insbesondere das Gutachten einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle anfordern. 445 Lehnt der Antragsteller die Mitwirkung an erforderlichen Untersuchungen ab, kann sein Antrag auf Abkürzung der Sperrfrist abgelehnt werden.446 Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig (§ 463 Abs. 6 i.V.m. § 462 Abs. 3 StPO). Zu Eintragungs- und Mitteilungspflichten siehe § 69 Rdn. 209 ff.
§ 69b Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis Valerius § 69b https://doi.org/10.1515/9783110491302-003
(1) 1 Darf der Täter auf Grund einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge führen, ohne daß ihm von einer deutschen Behörde eine Fahrerlaubnis erteilt worden ist, so hat die Entziehung der Fahrerlaubnis die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. 2 Mit der Rechtskraft der Entscheidung erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. 3 Während der Sperre darf weder das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, noch eine inländische Fahrerlaubnis erteilt werden. (2) 1 Ist der ausländische Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden und hat der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, so wird der Führerschein im Urteil eingezogen und an die ausstellende Behörde zurückgesandt. 2 In anderen Fällen werden die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre in den ausländischen Führerscheinen vermerkt. Schrifttum Berz Das EU-Übereinkommen über den Entzug der Fahrerlaubnis, NZV 2000 145; Blum Ausländische Fahrerlaubnisse, NZV 2008 176; ders. Das EU-Fahrerlaubnisrecht, SVR 2009 368; Bouska Auswirkungen
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442 So auch OLG Celle VRS 71 (1986) 432, 433 für den Fall des Erlasses einer zur Bewährung ausgesetzten Reststrafe; OLG Stuttgart VRS 57 (1979) 113, 113 f; LG Bamberg StV 1984 518, 518 für den Fall vollständiger Strafverbüßung; s. auch OLG Düsseldorf NZV 1990 237, 237 f sowie OLG Hamm JMBlNRW 1989 33, 33 f zumindest für den Fall, dass die Strafvollstreckungskammer zuvor nicht mit einem Antrag nach Absatz 7 befasst war. 443 OLG Hamm VRS 60 (1981) 123, 124; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 57. 444 So auch Bandemer NZV 1991 300, 301. 445 HessVGH VM 1968 25; ebenso schon Händel NJW 1959 1213, 1213 f gegen Hiendl NJW 1959 1212, 1212 f. 446 Ebenso Händel NJW 1959 1213, 1213; aA Hiendl NJW 1959 1212, 1212 f.
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des Übereinkommens vom 8. November 1968 über den Straßenverkehr auf das Fahrerlaubnisrecht, VD 1979 225; ders. Die Bedeutung ausländischer Fahrerlaubnisse für das deutsche Fahrerlaubnisrecht, DAR 1983 130; ders. Änderungen des Fahrerlaubnisrechts, DAR 1993 241; ders. Vorläufige (Teil-)Umsetzung der Führerscheinrichtlinie der Europäischen Union vom 29. Juli 1991, DAR 1996 276; ders. Fahrberechtigung von Berufspendlern mit ausländischer Fahrerlaubnis im Inland, NZV 2000 321; Bräutigam Bemerkungen zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29. April 2004 – C-476/01 (Felix Kapper) –, BA 41 (2004) 441; Brenner Verfassungsfragen der Europäisierung des Führerscheinentzuges, DVBl 1999 877; ders. Führerscheintourismus in Europa – Eine Option mit Grenzen, DAR 2005 363; Deszö Die EuGHEntscheidungen zur Anerkennung ausländischer Führerscheine in der gerichtlichen Praxis, DAR 2006 643; Dyllick/Lörincz/Neubauer Der Führerscheintourismus. Irrungen, Wirrungen, Wendungen – eine Rechtsprechungsübersicht, NJ 2012 104; Eckhardt Die Geltung ausländischer Führerscheine in Deutschland, DAR 1966 291; Gehrmann Das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze, NJW 1998 3534; ders. Die Neuregelungen im Führerscheinrecht ab 1.1.1999, NJW 1999 455; Geiger Neues Ungemach durch die 3. Führerscheinrichtlinie der Europäischen Gemeinschaften? DAR 2007 126; Gleß Verkehrsstrafrecht unter europäischem Einfluß, NZV 1999 410; Hailbronner Anerkennung der in anderen EU-Mitgliedstaaten erworbenen Fahrerlaubnisse, NZV 2009 361; Hailbronner/Thoms Der Führerschein im EU-Recht, NJW 2007 1089; Hentschel Entziehung der Fahrerlaubnis bei ausländischen Führerscheinen, NJW 1975 1350; ders. Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr mit ausländischen Führerscheinen, NJW 1976 2060; ders. Anrechnung vorläufiger Führerscheinmaßnahmen auf das Fahrverbot des § 69b Abs. 1 S. 2 StGB bei außerdeutschen Kraftfahrzeugführern (§ 51 I, V StGB)? MDR 1982 107; ders. Die Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr mit ausländischen Führerscheinen, Gedächtnisschrift Meyer (1990) 789; ders. Dürfen Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse entgegen § 4 IntVO unbefristet im Inland Kraftfahrzeuge führen? NZV 1995 60; ders. Der Einfluss einer gem. § 69b StGB in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung angeordneten Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis auf die Berechtigung gem. §§ 28 FeV, 4 IntVO, NZV 2001 193; Jagow EG-Führerschein, DAR 1992 453; ders. Die Zweite EGFührerschein-Richtlinie als Grundlage für das neue Fahrerlaubnisrecht in Deutschland, DAR 1995 360; ders. Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24. April 1998, DAR 1998 186; ders. Das neue Fahrerlaubnisrecht, DAR 1998 453; Janker Grundzüge des neuen Fahrerlaubnisrechts, NZV 1999 26; ders. Das vorläufige Ende des Führerscheintourismus, DAR 2009 181; Koehl Europäischer Führerscheintourismus: Eine aktuelle Bestandsaufnahme, NZV 2015 7; Kokott Verkehrsraum Europa: Der EuGH steuert mit, DAR 2006 604; Ludovisy Gültigkeit und Anerkennung im europäischen Ausland erworbener Führerscheine, DAR 2005 7; Meyer Beschlagnahme ausländischer Führerscheine, MDR 1992 442; Middeke Die Europäische Fahrerlaubnis – Fahren ohne Grenzen? Festschrift Rengeling (2008) 321; Mindorf Internationaler Straßenverkehr (2001); Morgenstern Der Abgesang des Führerscheintourismus, NZV 2008 425; Mosbacher/Gräfe Die Strafbarkeit von „Führerscheintourismus“ nach neuem Recht, NJW 2009 801; Otte/Kühner Führerscheintourismus ohne Grenzen? NZV 2004 321; Riedmeyer Entwicklungen beim Europäischen Fahrerlaubnisrecht, ZfS 2009 422; Rothardt-Habel Führen eines Kraftfahrzeugs mit ausländischem Führerschein in Deutschland, DAR 1995 215; Säftel Drei Jahre „Führerscheintourismus“ und kein Ende, NZV 2007 493; Schäler Das EU-Führerscheinnetz (RESPER), VD 2013 185; ders. Fahrberechtigung von in Deutschland stationierten Angehörigen der NATO-Streitkräfte, DAR 2016 174; Scheidler Bessere Möglichkeiten deutscher Behörden, ausländischen Führerscheinen die Anerkennung zu versagen durch die 3. Führerscheinrichtlinie? NZV 2012 66; Schmid-Drüner EU-Führerscheine und Verkehrssicherheit – ein Widerspruch? NZV 2006 617; Schmitt Ausländische Fahrerlaubnis, ZfS 2000 521; Scholz Das Ende des sog. „Führerscheintourismus“ in der Europäischen Union? EuR 2009 275; Schünemann/Schünemann Deutsche Bekämpfung des „Führerscheintourismus“ scheitert am europäischen Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, DAR 2007 382; Slapnicar Teilnahme des Inhabers eines ausländischen Führerscheines am Straßenverkehr nach Entzug der deutschen Fahrerlaubnis? NJW 1985 2861; Ternig Ausländische Fahrerlaubnis und Sperrfristen, DAR 2001 291; ders. EUCARIS als Überwachungsmöglichkeit, VD 2004 241; ders. EUFahrerlaubnisse: Möglichkeiten der Nutzung im Inland beim Erwerb im Ausland, ZfS 2004 293; ders. EUFahrerlaubnisse, Führerscheintourismus, Klarheit durch EuGH? ZfS 2006 428; Thoms Ab wann gelten die 3. Europäischen Führerscheinrichtlinien? DAR 2007 287; Zeitler Auswirkungen des geänderten Straßenverkehrsrechts auf die Vollstreckung des Fahrerlaubnisentzuges, Rpfleger 2000 486; Zelenka EUÜbereinkommen über den Entzug der Fahrerlaubnis, DAR 2001 148; Zwerger Grenzenloser Fahrspaß in Europa? ZfS 2006 543.
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§ 69b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Entstehungsgeschichte 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis Valerius § 69b
Die Regelung wurde durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (im Folgenden: StraßenVSichG) vom 19.12.1952 (BGBl. I 832) zusammen mit den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis und über die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis im damaligen (allein diesen Bereich normierenden) § 42m in das StGB eingefügt. Durch das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (im Folgenden: 2. StraßenVSichG) vom 26.11.1964 (BGBl. I 921) wurde der Inhalt des § 42m konkretisiert und – entsprechend der noch heute bestehenden Dreiteilung in §§ 69 bis 69b – auf die Vorschriften der § 42m bis § 42o verteilt. Die Paragraphennummer des § 69b erhielt die Vorschrift durch das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717). Der Wortlaut der – damals mit „Internationaler Kraftfahrzeugverkehr“ überschriebenen – Vorschrift blieb dabei unverändert, während die § 69 und § 69a geringfügige Änderungen erfuhren (siehe zum Ganzen bereits die Entstehungsgeschichte zu § 69 und § 69a). Ausweislich der bis dahin durchweg geltenden Gesetzeslage war die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis nur zulässig, wenn die Tat gegen Verkehrsvorschriften (wie etwa §§ 142, 315b, 315c und 316 StGB oder §§ 21 und 22 StVG) verstieß. Die Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis waren folglich privilegiert, da bei ihnen eine Entziehung der Fahrerlaubnis bei der Begehung sonstiger Straftaten, die etwa nur im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges begangen wurden, ausgeschlossen war.1 Diese Regelung ging noch zurück auf Art. 24 Abs. 5 des (von der Genfer Konferenz der Vereinten Nationen beschlossenen, von Deutschland aber nie ratifizierten) Internationalen Abkommens über den Straßenverkehr vom 19.9.1949 (UNTS Vol. 125 p. 3). Es wurde jedoch durch das Übereinkommen über den Straßenverkehr vom 8.11.1968 (ÜbStrV; sog. Wiener Abkommen)2 ersetzt, das in Art. 42 eine solche Eingrenzung nicht mehr vorsah. Der deutsche Gesetzgeber hob daraufhin die genannte Einschränkung mit Verweis auf eine zunehmende mobile und grenzüberschreitende Kriminalität, in deren Rahmen Kraftfahrzeugführer ihre ausländische Fahrerlaubnis zu „schwerwiegenden kriminellen Handlungen“ wie die Einfuhr von Betäubungsmitteln und die Begehung von Einbruchsdiebstählen missbrauchten,3 durch Art. 1 des 32. StrÄndG vom 1.6.1995 (BGBl. I 747) mit Wirkung zum 11.6.1995 sowohl beim Fahrverbot (durch ersatzlose Streichung des § 44 Abs. 2) als auch bei der Entziehung der Fahrerlaubnis auf. Die aktuelle Fassung der Vorschrift, die seit dem 1.1.1999 in Kraft ist, beruht auf Art. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (im Folgenden: StVGÄndG) vom 24.4.1998 (BGBl. I 747).4 Die – seitdem mit der amtlichen Überschrift „Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis“ versehene – Neufassung diente im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein (im Folgenden: Zweite Führerscheinrichtlinie; ABl. EG Nr. L 237 vom 24.8.1991 S. 1); näher zu den europäischen Rechtsgrundlagen, nicht zuletzt auch zur Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein (im Folgenden: Dritte Führerscheinrichtlinie; ABlEU Nr. L 403 vom 30.12.2006 S. 18) Rdn. 3 ff. Seitdem wird nicht zuletzt in Absatz 2 zwischen ausländischen Führerscheinen, die von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaa-
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1 Vgl. BTDrucks. 13/198 S. 4. 2 BGBl. 1977 II 811, ratifiziert durch Gesetz vom 21.9.1977 (BGBl. II 809), in Kraft getreten am 3.8.1979 (BGBl. II 932); näher dazu Bouska VD 1979 225. 3 BTDrucks. 13/198 S. 4; krit. SSW/Harrendorf Rdn. 1. 4 Dazu allg. Gehrmann NJW 1998 3534; Jagow DAR 1998 186.
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Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis | § 69b
tes des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt wurden, sowie sonstigen ausländischen Führerscheinen differenziert. Diese Regelung ist Art. 1 Abs. 2 der Zweiten Führerscheinrichtlinie (entspricht Art. 2 Abs. 1 der Dritten Führerscheinrichtlinie) geschuldet, wonach die Mitgliedstaaten die von ihnen ausgestellten Führerscheine gegenseitig anzuerkennen haben. Da der deutsche Gesetzgeber mit der Übernahme der durch die Zweite Führerscheinrichtlinie vorgegebenen Fahrerlaubnisklassen zugleich den Führerschein im Scheckkartenformat einführen wollte, die dafür erforderlichen gesetzlichen und organisatorischen Maßnahmen aber nicht bis zu dem in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehenen Termin der EG-einheitlichen Rechtswirksamkeit des 1.7.1996 bewältigen konnte, erließ das Bundesministerium für Verkehr am 19.6.1996 übergangsweise die Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl. I 885).5 Sie trat zum 1.7.1996 in Kraft und setzte wenigstens die Vorgaben der Richtlinie zur gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnisse rechtzeitig um. An die Stelle der Verordnung trat zum 1.1.1999 – zeitgleich mit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 69b – die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV)6. Gesetzesmaterialien BTDrucks. I/2674 S. 13 f (Begründung des Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr) und BTDrucks. I/3774 S. 4 (Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses samt Umbenennung des Gesetzes in „Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs“; StraßenVSichG); Niederschriften IV S. 61 ff, 371, 431 ff, 447 ff; Prot. IV S. 973 f; BTDrucks. IV/ 651 S. 21 (Begründung des 2. StraßenVSichG); BTDrucks. V/4095 S. 37 (Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); BTDrucks. 13/198 S. 4 (Begründung des 32. StrÄndG) und BTDrucks. 13/635 S. 3 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses); BTDrucks. 13/6914 S. 93 f (Begründung des StVGÄndG); vgl. auch § 79 AE-AT mit Begründung S. 162 ff.
I.
II.
Übersicht Allgemeines 1. Regelungsinhalt | 1 2. Europäische Rechtsgrundlagen | 3 Betroffener Personenkreis 1. Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis mit Fahrberechtigung | 8 a) Allgemeines | 8 b) Fahrerlaubnis aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes | 9
2.
aa) Voraussetzungen und Ausschluss der Fahrberechtigung | 9 bb) Sog. Führerscheintourismus | 12 c) Sonstige ausländische Fahrerlaubnisse | 22 d) Angehörige der NATOStreitkräfte | 25 Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis ohne Fahrberechtigung | 26
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5 Zu deren Inhalt Geppert LK11 Rdn. 25 ff; Bouska DAR 1996 276. 6 Erlassen durch Art. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18.8.1998 (BGBl. I 2214); allg. hierzu Gehrmann NJW 1999 455; Jagow DAR 1998 453; Janker NZV 1999 26. Inzwischen wurde die FeV durch die am 18.12.2010 in Kraft getretene Fassung vom 13.12.2010 (BGBl. I 1980) ersetzt, zuletzt geändert durch Art. 1 und Art. 2 der Dreizehnten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11.3.2019 (BGBl. I 218).
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§ 69b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
3.
III.
IV.
Inhaber (auch) einer inländischen Fahrerlaubnis | 28 Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis 1. Voraussetzungen | 29 2. Wirkung der Entziehung (Absatz 1) | 30 a) Wirkung im Inland | 30 b) Wirkung im Ausland | 33 3. Keine Anrechnung nach § 51 Abs. 5 | 34 Durchsetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis
1.
2.
3. 4. 5.
Einziehung von EU- und EWRFührerscheinen (Absatz 2 Satz 1) | 35 Eintragung eines Vermerks in sonstige ausländische Führerscheine (Absatz 2 Satz 2) | 36 Beschlagnahme von Führerscheinen | 38 Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis | 40 Registrierung und Mitteilungspflichten | 41
I. Allgemeines 1
1. Regelungsinhalt. Die Vorschrift des § 69b bestimmt Wirkung und Durchsetzung der Entziehung einer Fahrerlaubnis, die dem Täter im Ausland erteilt wurde; zum betroffenen Personenkreis Rdn. 8 ff. Da die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis einen unzulässigen Eingriff in fremde Hoheitsrechte darstellt,7 kommt der vom Gesetz auch in diesen Fällen als „Entziehung der Fahrerlaubnis“ bezeichneten Maßregel nur die Wirkung zu, dass dem Täter sein Recht aberkannt wird, von seiner Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (Absatz 1 Satz 1). Dieses Recht erlischt, wenn die betreffende Entscheidung in Rechtskraft erwächst (Absatz 1 Satz 2). Damit geht einher, dass deutsche Behörden dem Verurteilten innerhalb der Sperrfrist weder das aberkannte Recht noch eine inländische Fahrerlaubnis erteilen dürfen (Absatz 1 Satz 3). Da die Wirkung der Entziehung der Fahrerlaubnis folglich grundsätzlich auf das In2 land begrenzt ist (näher Rdn. 30 ff), der Täter im Ausland indessen nach wie vor fahrberechtigt bleibt, kann ein ausländischer Führerschein nicht eingezogen werden. Dementsprechend beschränkt sich die Regelung des § 69 Abs. 3 Satz 2 ausdrücklich auf Führerscheine, die von einer deutschen Behörde ausgestellt wurden. Um gleichwohl einer missbräuchlichen Verwendung des Führerscheins vorzubeugen, tritt an die Stelle seiner Einziehung ein entsprechender Vermerk im ausländischen Führerschein (Absatz 2 Satz 2; hierzu Rdn. 36 f). Etwas anderes gilt für Führerscheine aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. aus einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (derzeit Island, Liechtenstein und Norwegen), die unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 ebenso wie inländische Führerscheine eingezogen und an die ausstellende Behörde zurückgesandt werden (Rdn. 35). Die Möglichkeit der Einziehung eines EU- oder EWR-Führerscheins beruht auf Art. 11 Abs. 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie (zuvor Art. 8 Abs. 2 der Zweiten Führerscheinrichtlinie), der den Mitgliedstaaten gestattet, den ausländischen Führerschein eines anderen Mitgliedstaates zunächst in einen inländischen umzutauschen, um dessen Einziehung zu ermöglichen. Sodann ist der abgegebene Führerschein nicht etwa dem Inhaber auszuhändigen, sondern mit Begründung an die zuständige Behörde des Ausstellerstaates zurückzusenden (Art. 11 Abs. 3 der Dritten Führerscheinrichtlinie; zuvor Art. 8 Abs. 3 der Zweiten Führerscheinrichtlinie). Demnach entfaltet die Entziehung der Fahrerlaubnis durch einen Mitgliedstaat zwar nach wie vor keine Wirkung für die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes. Die ange-
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7 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 1; Böse NK Rdn. 3; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; Heuchemer BeckOK Rdn. 1; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; Kretschmer MK-StVR Rdn. 1; s. auch BTDrucks. IV/651 S. 21; vgl. des Weiteren BTDrucks. 13/6914 S. 93.
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Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis | § 69b
strebte einheitliche Aufhebung der Fahrberechtigung im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum kann aber auf dem Umweg erzielt werden, dass sich die Ausstellerbehörde die Aberkennungsgründe zu eigen macht und kraft der jeweiligen nationalen Vorschriften die Fahrerlaubnis entzieht; hierzu verpflichtet ist die Ausstellerbehörde jedoch nicht.8 2. Europäische Rechtsgrundlagen. Das Fahrerlaubnisrecht der Mitgliedstaaten der 3 Europäischen Union sowie der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum wurde weitgehend infolge der Zweiten Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein)9 vereinheitlicht. Sie trat an die Stelle der Richtlinie 80/1263/EWG des Rates vom 4.12.1980 zur Einführung eines EG-Führerscheins (sog. Erste Führerscheinrichtlinie),10 die als ersten Schritt der Harmonisierung des europäischen Fahrerlaubnisrechts das EG-einheitliche rosa Führerscheinmuster einführte sowie die Anerkennung der Fahrerlaubnisse und den prüfungsfreien Umtausch von Führerscheinen aus den anderen Mitgliedstaaten vorsah.11 Die Zweite Führerscheinrichtlinie entwickelte das Führerscheinmuster weiter, verpflichtete darüber hinaus die Mitgliedstaaten zur Übernahme des internationalen Systems der Fahrerlaubnisklassen A bis E (Art. 3) und legte Mindestanforderungen an die theoretische und praktische Fahrerlaubnisprüfung sowie an die körperliche und geistige Tauglichkeit der Fahrerlaubnisbewerber fest (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Anhang II Abschnitt II und Anhang III). Die Richtlinie gilt nicht nur für die Mitgliedstaaten der EU, sondern nach dem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 7/94 vom 21.3.199412 auch im Verhältnis zu den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Zur Umsetzung der Richtlinie in das innerstaatliche Recht siehe die Entstehungsgeschichte. Nicht zuletzt sah die Zweite Führerscheinrichtlinie die gegenseitige unbeschränkte 4 Anerkennung der Fahrerlaubnisse anderer Mitgliedstaaten bei Wohnsitzverlegung innerhalb der Gemeinschaft vor (Art. 1 Abs. 2), ohne dass der Führerschein in ein gleichwertiges Dokument des neuen Wohnsitzstaates umgetauscht werden musste (zu dem möglichen Antrag auf Umtausch Art. 8 Abs. 1; siehe dazu § 30 FeV). Dieses Prinzip der gegenseitigen Anerkennung sollte vor allem die Freizügigkeit von Personen erleichtern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben.13 Die Mitgliedstaaten müssen diesem Grundsatz „ohne jede Formalität“ klar und unbedingt, d.h. ohne Ermessensspielraum nachkommen (ergänzend Rdn. 13).14 Diese Anforderungen gelten ebenso für Art. 2 Abs. 1 der Dritten Füh-
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8 Ähnlich bereits das vom Europarat zur Unterzeichnung aufgelegte Europäische Übereinkommen über die internationalen Wirkungen der Entziehung der Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge vom 3.6.1976 (SEV Nr. 88), das jedoch nur wenige Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes (namentlich Griechenland, Italien, Kroatien, Liechtenstein, Rumänien und Slowenien) ratifizierten. Deutschland hat das Übereinkommen nicht unterzeichnet. 9 ABl. EG Nr. L 237 vom 24.8.1991 S. 1; hierzu Jagow DAR 1992 453; ders. DAR 1995 360. 10 ABl. EG Nr. L 375 vom 31.12.1980 S. 1. 11 Die Erste Führerscheinrichtlinie wurde durch die Dritte Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 23.11.1982 (BGBl. I 1533) sowie die Fünfte Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 13.12.1985 (BGBl. I 2276) in deutsches Recht umgesetzt. 12 ABl. EG Nr. L 160 vom 28.6.1994 S. 1, 80. 13 EuGH NJW 2004 1725, 1727 (Kapper); NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3130 (Zerche u.a.); NJW 2009 207, 208 (Möginger); DAR 2009 191, 194 (Schwarz). 14 EuGH EuZW 1999 52, 54 f (Awoyemi); NJW 2004 1725, 1726 (Kapper); NJW 2006 2173, 2174 (Halbritter); NJW 2007 1863, 1864 (Kremer); NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126,
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,rerscheinrichtlinie (hierzu sogleich Rdn. 5 f), der mit Art. 1 Abs. 2 der Zweiten Führerscheinrichtlinie wortwörtlich übereinstimmt.15 Einen weiteren Beitrag zur Harmonisierung des Fahrerlaubnisrechts leistete sodann 5 die Dritte Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein).16 Da trotz der Zweiten Führerscheinrichtlinie nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bestanden, insbesondere die Vorschriften über die Häufigkeit der Erneuerung von Führerscheinen und über die Fahrzeugunterklassen stark voneinander abwichen,17 sollen nunmehr alle Führerscheininhaber bis spätestens 19.1.2033 (Art. 3 Abs. 3) ein identisches Muster in Form einer Karte aus Polycarbonat erhalten (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Anhang I). Um den Schutz vor Betrug zu erhöhen, steht es den Mitgliedstaaten frei, den Führerschein mit einem Mikrochip zu versehen, in dem die harmonisierten Führerscheinangaben gespeichert werden (Art. 1 Abs. 2 bis 4). Darüber hinaus sollten die Fahrerlaubnisklassen (Art. 4) und die Mindestvoraussetzungen für die Erteilung und Erneuerung einer Fahrerlaubnis (Art. 7 i.V.m. Anhang II und III) weiter vereinheitlicht werden. Die Dritte Führerscheinrichtlinie war durch die Mitgliedstaaten bis zum 19.1.2011 in nationales Recht umzusetzen und ab dem 19.1.2013 anzuwenden (Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2); zu diesem Zeitpunkt wurde die Zweite Führerscheinrichtlinie aufgehoben (Art. 17 Abs. 1). Einige Vorgaben der Richtlinie galten jedoch bereits zum 19.1.2009 (Art. 18 Abs. 2),18 6 darunter unter anderem die Regelung in Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1, wonach die Mitgliedstaaten einem Bewerber keine Fahrerlaubnis mehr erteilen dürfen, wenn ihm die Fahrerlaubnis zuvor in einem anderen Mitgliedstaat entzogen wurde. Außerdem gestattet Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 den Mitgliedstaaten, die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins aus einem anderen Mitgliedstaat abzulehnen, wenn dessen Inhaber der Führerschein in dem Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaates eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde. Dadurch reagierte der Richtliniengeber auf den sog. Führerscheintourismus, der infolge der gegenseitigen Anerkennung der Fahrerlaubnisse zwischen den Mitgliedstaaten der EU bzw. des EWR (Art. 2) entstanden war (hierzu Rdn. 12 ff). 7 Eine darüber hinaus gehende Harmonisierung insbesondere bezüglich der Vollstreckung der in einem Mitgliedstaat angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis enthält die Dritte Führerscheinrichtlinie nicht. Zwar hatte der Rat der Europäischen Union das Übereinkommen vom 17.6.1998 über den Entzug der Fahrerlaubnis19 ausgearbeitet, um die durch eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaates erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis im Falle bestimmter, im Anhang i.V.m. Art. 3 aufgelisteter Zuwiderhandlungen (unter anderem „Unfallflucht“, Führen eines Kraftfahrzeuges unter
_____ 3130 f (Zerche u.a.); NJW 2008 3767, 3767 (Weber); NJW 2009 207, 208 (Möginger); DAR 2009 191, 194 (Schwarz); NJW 2010 217, 218 (Wierer); NJW 2011 3635, 3636 (Grasser); NJW 2012 1341, 1342 (Akyüz); NJW 2012 1935, 1936 (Hofmann). 15 EuGH NJW 2012 1341, 1342 (Akyüz); NJW 2012 1935, 1936 (Hofmann); NJW 2015 3217, 3218 (Wittmann); s. auch BVerwGE 149 74, 77. 16 ABlEU Nr. L 403 vom 30.12.2006 S. 18. 17 Nach Erwägungsgrund 3 der Richtlinie existierten in den Mitgliedstaaten mehr als 110 verschiedene Führerscheinmuster, was zu Transparenzproblemen und zu Urkundenfälschungen führte; ABlEU Nr. L 403 vom 30.12.2006 S. 18. 18 Zu den unterschiedlichen Terminen und Umsetzungsfristen der Dritten Führerscheinrichtlinie Thoms DAR 2007 287. 19 ABl. EG Nr. C 216 vom 10.7.1998 S. 1; hierzu allg. Berz NZV 2000 145; Gleß NZV 1999 410. Zu den Kritikpunkten am Übereinkommen Brenner DVBl 1999 877; Zelenka DAR 2001 148.
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Einfluss von Alkohol oder anderer die Leistungsfähigkeit beeinträchtigender Mittel, Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und Führen eines Kraftfahrzeuges ohne entsprechende Fahrerlaubnis) grundsätzlich auch in dem Wohnsitzstaat des Betroffenen (Art. 4) und somit letzten Endes unionsweit vollstrecken zu lassen.20 Zudem hätte Art. 12 des Übereinkommens die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um in ihrem Hoheitsgebiet das Führen eines Kraftfahrzeuges nach Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Wohnsitzstaat ahnden zu können. Allerdings wurde das Übereinkommen lediglich von sieben Mitgliedstaaten ratifiziert und trat nie in Kraft. Mangels Relevanz wurde es daher durch Art. 1 der Verordnung 2016/95 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.1.201621 aufgehoben. II. Betroffener Personenkreis 1. Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis mit Fahrberechtigung a) Allgemeines. Die Vorschrift regelt in ihrem Absatz 1 die Wirkung der Entziehung 8 einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis, aufgrund derer der Täter im Inland Kraftfahrzeuge führen darf, ohne dass ihm eine deutsche Behörde eine Fahrerlaubnis erteilt hat. Seinem Wortlaut nach scheint § 69b somit nur den Fall zu betreffen, dass der Täter ausschließlich aufgrund einer ausländischen Fahrerlaubnis zur Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr berechtigt ist. Nach vorzugswürdiger wie herrschender Auffassung ist es hingegen unerheblich, ob der Täter zusätzlich eine inländische Fahrerlaubnis besitzt (Rdn. 28). Die Staatsangehörigkeit des Inhabers der ausländischen Fahrerlaubnis ist ebenso wenig von Bedeutung.22 Es bleibt zu beachten, dass mit einer ausländischen Fahrerlaubnis nicht stets das Recht einhergeht, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen (näher Rdn. 26 f). Sollte der Täter keine, d.h. weder eine ausländische noch eine inländische Fahrerlaubnis haben oder eine solche zwar besitzen, aber nicht zur Teilnahme am Straßenverkehr im Inland befugt sein, kann lediglich eine isolierte Sperrfrist nach § 69a Abs. 1 Satz 3 angeordnet werden.23 Zur (unzulässigen) vorsorglichen Entziehung einer nicht nachweislich bestehenden ausländischen Fahrerlaubnis siehe bereits § 69 Rdn. 180. b) Fahrerlaubnis aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes aa) Voraussetzungen und Ausschluss der Fahrberechtigung. Die Berechtigung, 9 auch ohne Fahrerlaubnis einer deutschen Behörde im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, kann nicht zuletzt auf § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV beruhen. Danach dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen, sofern sie ihren ordentlichen Wohnsitz in Deutschland haben. Seinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland hat, wer – sei es wegen persönlicher sowie zugleich beruflicher Bindungen oder wegen ausschließlich persönlicher Bindungen, die
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20 Erläuternder Bericht über das Übereinkommen über den Entzug der Fahrerlaubnis, ABl. EG Nr. C 211 vom 23.7.1999 S. 2 ff. 21 ABlEU Nr. L 26 vom 2.2.2016 S. 9. 22 OLG Düsseldorf JR 1984 82, 83; OLG Saarbrücken BA 40 (2003) 153, 154; Athing/von HeintschelHeinegg MK Rdn. 3; Böse NK Rdn. 1; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 2; Schmitt ZfS 2000 521; vgl. auch Rdn. 23. 23 BGH NZV 1996 500, 502 (in BGHSt 42 235 nicht abgedr.); Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 10; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4.
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aber enge Beziehungen zum Wohnort erkennen lassen – gewöhnlich, d.h. mindestens 185 Tage im Jahr, im Inland wohnt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 FeV; vgl. auch Art. 12 Abs. 1 der Dritten Führerscheinrichtlinie bzw. bereits Art. 9 Abs. 1 der Zweiten Führerscheinrichtlinie). Die Mindestwohndauer muss nicht zusammenhängend im Inland verbracht werden, so dass kurzfristige Abwesenheiten z.B. wegen Urlaubs- oder Geschäftsreisen einem ordentlichen Wohnsitz nicht entgegenstehen. Der ordentliche Wohnsitz liegt bereits ab dem ersten Tag und nicht erst nach Ablauf der Mindestwohndauer von 185 Tagen vor, sofern der Wohnsitz in der ernsthaften Absicht begründet wird, in dem betreffenden Staat für einen entsprechenden Zeitraum zu wohnen.24 Entsprechend den Vorgaben des Art. 12 Abs. 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie (zuvor Art. 9 Abs. 2 der Zweiten Führerscheinrichtlinie) sieht die FeV zum einen vor, dass trotz Aufenthaltes des Täters in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU oder des EWR infolge beruflicher Gründe gleichwohl ein ordentlicher Wohnsitz im Inland vorliegt, wenn der Täter persönliche Bindungen zum Inland hat und regelmäßig hierher zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein (Zweit-)Wohnsitz im Ausland ausgeschlossen ist; vielmehr begründet eine berufliche Bindung an einen Wohnort auch entsprechende persönliche Bindungen.25 Seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland behält zum anderen, wer sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV) oder ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR aufhält (§ 7 Abs. 2 FeV). Ebenso wenig begründen umgekehrt Schüler und Schülerinnen sowie Studenten und Studentinnen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR einen ordentlichen Wohnsitz im Inland, wenn sie sich hier ausschließlich aufhalten, um eine Schule oder Hochschule zu besuchen (§ 7 Abs. 3 Satz 1 FeV); ihnen wird die Fahrerlaubnis erteilt, wenn ihr Aufenthalt mindestens sechs Monate andauert (§ 7 Abs. 3 Satz 2 FeV). Vor allem § 28 Abs. 4 FeV enthält indessen Einschränkungen von der durch § 28 10 Abs. 1 Satz 1 FeV gewährten, zeitlich grundsätzlich unbeschränkten Berechtigung, im Inland aufgrund einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis am öffentlichen Kraftfahrzeugverkehr teilnehmen zu dürfen. Keine Fahrberechtigung hat demnach vor allem ein Kraftfahrer, dem die ausländische Fahrerlaubnis erteilt wurde, obwohl er ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte – sofern er die Fahrerlaubnis nicht während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthaltes anlässlich des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR erworben hatte (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV). Durch diese Ausnahme vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (Rdn. 4) soll der missbräuchlichen Umgehung des (gegebenenfalls strengeren) inländischen Fahrerlaubnisrechts vorgebeugt werden. An welchem Ort der Bewerber um eine Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz hat, obliegt jedoch allein dem Ausstellerstaat zu prüfen (näher Rdn. 18). Sollte in einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ein inländischer Wohnsitz eingetragen sein, ist sie aber unmittelbar wegen § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ungültig; einer konstitutiven Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bedarf es nicht (siehe auch sogleich Rdn. 11 zu § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 FeV).26 Diese Regelung wird sowohl mit der Zweiten als auch mit der Dritten Führerscheinrichtlinie als vereinbar angesehen.27
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24 Bouska DAR 1993 241, 242; ders. DAR 1996 276, 277. 25 Bouska NZV 2000 321, 323. 26 BVerwGE 140 256, 259 ff; 144 220, 222; VGH BW DAR 2011 482, 482 f; BayVGH SVR 2010 313, 313; OVG RhPf. SVR 2010 351, 352 f; LG Meiningen BA 46 (2009) 428, 430. 27 BVerwGE 144 220, 222 f.
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Die Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr ist den Inhabern einer aus- 11 ländischen Fahrerlaubnis ferner namentlich dann verwehrt, wenn ihnen im Inland die Fahrerlaubnis vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen, die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt oder die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen wurde, weil ihr Inhaber zwischenzeitlich auf seine Fahrerlaubnis verzichtet hat (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV). Gleiches gilt, wenn dem Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV), z.B. wegen Anordnung einer isolierten Sperrfrist.28 Voraussetzung ist jeweils gemäß § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV, dass die vorstehenden Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 StVG getilgt sind.29 Die Ausnahmeregelungen in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 FeV beruhen auf der in Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie (verpflichtend, in Art. 8 Abs. 4 UAbs. 1 der Zweiten Führerscheinrichtlinie noch ins Ermessen gestellten) normierten Ablehnung der Anerkennung der Gültigkeit eines solchen Führerscheins (ergänzend Rdn. 13).30 Sinn und Zweck dieser Vorschriften ist es zu verhindern, dass der im Inland von einer Entziehung der Fahrerlaubnis Betroffene seinen ordentlichen Wohnsitz ins grenznahe Ausland verlegt, um mit einer dort legal erworbenen ausländischen Fahrerlaubnis die inländische Fahrerlaubnissperre zu umgehen.31 Hierbei erfährt die – etwa während des Laufs einer inländischen Sperrfrist (hierzu nachfolgend Rdn. 15 f) – erteilte ausländische EUoder EWR-Fahrerlaubnis bereits ex tunc, d.h. ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung, keine Gültigkeit. Dass es insoweit keiner konstitutiven Aberkennungsentscheidung in Gestalt eines Verwaltungsaktes bedarf, folgt aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV („gilt nicht“) sowie dessen systematischen Zusammenhangs mit § 28 Abs. 1 FeV.32 Schließlich darf trotz ausländischer Fahrerlaubnis nicht am öffentlichen Kraftfahrzeugverkehr im Inland teilnehmen, wer im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat seines ordentlichen Wohnsitzes einem Fahrverbot unterliegt oder wenn der Führerschein nach § 94 StPO beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen wurde (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 FeV). bb) Sog. Führerscheintourismus. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, das 12 auch in § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV zum Ausdruck kommt, verleitet dazu, die Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat der EU bzw. des EWR zu erwerben, in dem der Erwerb der Fahrerlaubnis an geringere Zugangsvoraussetzungen geknüpft ist. Nicht zuletzt kann dadurch die bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis in Deutschland in der Regel angeordnete medizinischpsychologische Untersuchung (vgl. §§ 11 Abs. 3, 13 Satz 1 Nr. 2, 14 Abs. 2 FeV) umgangen werden, die kostspielig ist und zudem hohe Misserfolgsquoten aufweist. Dieser sog. Füh-
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28 S. nur BVerwGE 149 74, 81; KG NStZ-RR 2015 260, 261; OLG Oldenburg NJW 2011 870; BayVGH BA 48 (2011) 121, 123; VRS 124 (2013) 183, 189 f; aA VGH BW BA 48 (2011) 118, 119 (nach „summarischer Prüfung“). 29 Zu den Zweifeln, ob sich die Regelung mit dem unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz vereinbaren lässt, etwa BVerfG DAR 2012 14, 16; OVG HH NJW 2007 1160, 1161 ff; s. auch Janker DAR 2009 181, 185; hiergegen BVerwGE 149 74, 85 ff, wenngleich in dieser Entscheidung die Vereinbarkeit letztlich offen gelassen wurde (81). 30 Zu Bedenken einer nicht völligen Richtlinienkonformität Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 23 (zu § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV); SSW/Harrendorf Rdn. 6. 31 Zur Notwendigkeit der Regelung OLG Köln NZV 2001 225 m. Bespr. Hentschel NZV 2001 193, insbes. 195 ff, sowie Ternig DAR 2001 291, insbes. 293 ff; LG Aachen NZV 2000 511 m. Anm. Bouska; Schmitt ZfS 2000 521, 522. 32 BVerwGE 140 256, 260 f; 149 74, 82; OLG Hamburg DAR 2011 647, 648; s. auch OLG Celle NZV 2009 92, 93; NZV 2012 495, 496 f; OLG Karlsruhe NZV 2009 466, 466.
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rerscheintourismus33 war bereits in verschiedenen Fallkonstellationen Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV. Unter anderem musste der Europäische Gerichtshof über die Anerkennungspflicht eines Mitgliedstaates bzgl. einer im EUbzw. EWR-Ausland erteilten Fahrerlaubnis befinden, die noch während einer im Inland laufenden Sperrfrist (Rdn. 15 f) bzw. nach deren Ablauf (Rdn. 14) oder unter Nichteinhaltung der unionsrechtlichen Mindestvoraussetzungen, namentlich unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis im Ausstellermitgliedstaat (Rdn. 18 ff) erteilt wurde. Vorab bleibt zu bemerken, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts13 hofs eine Fahrerlaubnis nicht allein deshalb nicht anzuerkennen ist, weil ihrem Inhaber zuvor in einem anderen Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis entzogen wurde und er sich nicht der nach dessen Vorschriften zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis notwendigen Fahreignungsprüfung unterzogen hat. Die Ausnahmen von der gegenseitigen Anerkennung der Gültigkeit von Führerscheinen (siehe nicht zuletzt Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie bzw. zuvor Art. 8 Abs. 4 UAbs. 1 der Zweiten Führerscheinrichtlinie; hierzu schon Rdn. 11) sind vielmehr im Hinblick auf deren Sinn und Zweck, die Ausübung der Grundfreiheiten, namentlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, zu gewährleisten, eng auszulegen.34 Es ist folglich unzulässig, sich auf nationale Vorschriften (wie z.B. die Voraussetzung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis) zu berufen.35 Ebenso wenig darf die Anerkennung eines in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins von einem Antrag abhängig gemacht werden.36 Gleichfalls liefe es der Verpflichtung der gegenseitigen Anerkennung ohne jegliche Formalität (hierzu bereits Rdn. 4) zuwider, das Recht, von dem in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein Gebrauch zu machen, an eine vorherige Erlaubnis der zuständigen Behörde desjenigen Mitgliedstaates zu knüpfen, in welchem dem Betroffenen zuvor die Fahrerlaubnis entzogen wurde.37 Die Mitgliedstaaten sind des Weiteren nicht dazu berechtigt, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins unter Berufung auf ihre nationalen Vorschriften unbegrenzt zu verweigern.38
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33 Informationen zum früheren Ausmaß des Führerscheintourismus finden sich in der Antwort der Bundesregierung (BTDrucks. 16/3855) auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP (BTDrucks. 16/3679). Demnach wurden im Zeitraum vom 1.7.2004 bis zum 30.11.2006 in einem anderen Mitgliedstaat (insbes. Tschechien und Polen) 5.905 Führerscheine an Personen ausgegeben, obwohl diese zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren Hauptwohnsitz in Deutschland hatten. In 4.453 dieser Fälle ging die Entziehung der Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit Verkehrszuwiderhandlungen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss voraus, in denen in Deutschland eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis zumeist die Beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens erfordert hätte (BTDrucks. 16/3855 S. 1 f). 34 EuGH NJW 2008 2403, 2406 (Wiedemann und Funk); s. auch EuGH NJW 2004 1725, 1727 (Kapper); NJW 2009 207, 208 (Möginger); DAR 2009 191, 195 (Schwarz). 35 EuGH NJW 2004 1725, 1727 f (Kapper); NJW 2006 2173, 2174 (Halbritter); NJW 2007 1863, 1864 (Kremer); NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); zur Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf die Dritte Führerscheinrichtlinie EuGH NJW 2012 1935, 1940 (Hofmann) m. Anm. Dauer. S. auch OLG Köln SVR 2009 314, 315. Zur Umschreibung ausländischer Führerscheine EuGH NJW 2006 2173, 2174 f (Halbritter); OLG Düsseldorf NJW 2007 2133; zum Umtausch eines deutschen in einen ausländischen Führerschein OVG RhPf. NJW 1995 2180, 2181, wonach dies nicht zum Erlöschen der deutschen Fahrerlaubnis führt. 36 EuGH NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3131 (Zerche u.a.). Vgl. auch EuGH NJW 2005 3128, 3130 zu der früher in § 29 FeV vorgesehenen Registrierungspflicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nicht zuletzt für Fahranfänger während der Probezeit. 37 EuGH NJW 2008 2403, 2406 (Wiedemann und Funk); s. auch BVerwGE 132 315, 321. 38 EuGH NJW 2004 1725, 1728 (Kapper); EuGH NJW 2006 2173, 2174 (Halbritter); NJW 2007 1863, 1864 (Kremer); NJW 2008 2403, 2406 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3133 (Zerche u.a.); DAR 2009 191, 195 (Schwarz); s. auch BVerwGE 132 315, 321.
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Aus diesen Grundsätzen folgt, dass ein Mitgliedstaat die Gültigkeit eines in einem 14 anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR ausgestellten Führerscheins anzuerkennen hat, wenn er dem Betroffenen nach Ablauf der inländischen Sperrfrist ausgestellt wird39 bzw. nach der Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn mit deren Anordnung (rechtsfehlerhaft; § 69a Rdn. 1 und Rdn. 3) keine Sperre ausgesprochen wurde.40 Der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis steht deren Verlängerung nach Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch den anderen Mitgliedstaat und Erteilung einer neuen Führerscheinnummer gleich (zur hingegen fehlenden Relevanz einer bloßen Umschreibung sogleich Rdn. 17).41 Ebenso wenig darf aus § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV gefolgert werden, dass einer nach Ablauf der inländischen Sperrfrist in einem anderen EU-Mitgliedstaat erworbene Fahrerlaubnis die Anerkennung versagt werden kann, sofern die Sperre nach wie vor im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht tilgungsreif sei.42 In solchen Fällen bedarf es ebenso wenig eines Antrags nach § 28 Abs. 5 FeV, um die Fahrberechtigung im Inland zu erlangen.43 Erwirbt der Betroffene hingegen bereits vor Ablauf der Sperrfrist eine ausländische 15 Fahrerlaubnis, bleibt es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins die Anerkennung zu verweigern.44 Unerheblich ist, ob der Inhaber von seiner während der Sperrfrist erworbenen Fahrerlaubnis erst nach deren Ablauf Gebrauch macht.45 Die in einem anderen EUMitgliedstaat erworbene Fahrerlaubnis lebt folglich nicht mit dem Ende der Sperrfrist automatisch wieder auf.46 Möglich bleibt in diesen Fällen aber ein Antrag nach § 28 Abs. 5 FeV.47 Ebenso ist unbeachtlich, ob das Strafgericht nicht um die erteilte EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wusste und daher nur eine isolierte Sperrfrist anordnete anstatt die ausländische Fahrerlaubnis zu entziehen.48 Wer mit einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die während einer (isolierten) Sperrfrist ausgestellt wird, ein Kraftfahrzeug führt, verwirklicht demzufolge den Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG).49 Da sich die fehlende Erlaubnis ex tunc aus der Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV ergibt (siehe schon Rdn. 11), bleibt auch ohne Belang, ob die Umstände, auf denen der Rechtsverstoß des Betroffenen beruht, der Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst
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39 EuGH NJW 2004 1725, 1727 f (Kapper); NJW 2006 2173, 2174 (Halbritter); s. auch EuGH NJW 2009 207, 209 (Möginger); DAR 2009 191, 195 (Schwarz); zur Anwendung dieser Grundsätze auch nach der Dritten Führerscheinrichtlinie EuGH NJW 2012 1935, 1936 ff (Hofmann); aus der deutschen Rechtsprechung BVerwGE 149 74, 80; KG NStZ-RR 2015 260, 261; aA zuvor BGHSt 47 335, 342; OLG Saarbrücken BA 40 (2003) 153, 154; dagg. OLG Karlsruhe NStZ 2002 92. 40 EuGH NJW 2007 1863, 1864 (Kremer); NJOZ 2008 3126, 3133 (Zerche u.a.); s. auch OLG Hamm NStZ-RR 2013 113, 114 zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde. 41 AG Emmerich BA 44 (2007) 112, 114. 42 BVerwGE 149 74, 85; OVG HH NJW 2007 1160, 1161 ff; s. auch EuGH NJW 2012 1935 (Hofmann) auf Vorlage des BayVGH DAR 2010 596; aA BayVGH NJW 2011 1380, 1381 f; VRS 124 (2013) 183, 190 ff; Scheidler NZV 2012 66, 69. 43 BVerwGE 149 74, 85; Blum SVR 2009 368, 372; aA Mosbacher/Gräfe NJW 2009 801, 804. 44 EuGH NJW 2008 2403, 2406 f (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3133 (Zerche u.a.); NJW 2009 207, 208 (Möginger); s. auch EuGH DAR 2009 191, 195 (Schwarz); NJW 2012 1935, 1936 (Hofmann); aus der deutschen Rspr. etwa OLG Bamberg BA 44 (2007) 322, 324; OVG RhPf. BA 43 (2006) 431, 432. 45 EuGH NJW 2009 207, 208 (Möginger) m. Anm. Dauer NZV 2009 154 sowie König DAR 2008 640 und m. Bespr. Scholz EuR 2009 275 auf Vorlage AG Landau (Isar) DAR 2007 409; im Anschluss hieran ebenso OLG Celle NZV 2009 92, 93; OLG Hamm NZV 2010 162; OLG Karlsruhe NZV 2009 466, 467; aA Morgenstern NZV 2008 425, 426 f. 46 BVerwGE 149 74, 83 ff. 47 BVerwGE 149 74, 85. 48 BVerwGE 149 74, 82; Koehl NZV 2015 7, 10 f. 49 OLG Celle NZV 2009 92, 93.
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bekannt werden, nachdem dieser von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch gemacht hat.50 Angesichts der in dieser Fallgruppe zunächst umstrittenen Rechtslage51 wurde zwar demjenigen, der nach entsprechender anwaltlicher Auskunft von der ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch gemacht hat, ein unvermeidbarer Verbotsirrtum zugebilligt.52 Es bleibt allerdings zu bemerken, dass zum einen die unklare rechtliche Behandlung eines Sachverhaltes allein nicht die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums zu begründen vermag53 und zum anderen nach den mittlerweile ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nicht mehr in Betracht kommt.54 Nach vereinzelt gebliebener Rechtsprechung war aber dem Angeklagten jedenfalls noch kurz nach der ersten einschlägigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wegen der Schwierigkeit der Rechtslage nach § 140 Abs. 2 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen.55 Unerheblich ist, ob die Anordnung der Sperrfrist bereits rechtskräftig war. Vielmehr 16 genügt es, wenn vor der Ausstellung des Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat das Urteil mit der Anordnung der Sperre verkündet war und die Gründe, die diese Maßnahme rechtfertigen, zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins vorlagen.56 Ansonsten würde Tätern ein Anreiz gegeben werden, sich nach einer Zuwiderhandlung in einem anderen Mitgliedstaat eine neue Fahrerlaubnis zu beschaffen, um den verwaltungs- oder strafrechtlichen Folgen der Zuwiderhandlung zu entgehen. Dies würde indessen letztendlich das Vertrauen zerstören, auf dem das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (Rdn. 4) beruhe.57 Nicht von Bedeutung ist, ob in der die Maßnahme verhängenden Entscheidung zugleich die Fahrerlaubnis entzogen oder mangels einer solchen lediglich eine isolierte Sperre bestimmt wurde. Anderenfalls würden diejenigen ungerechtfertigt privilegiert werden, die während der Anlasstat über keine inländische Fahrerlaubnis (mehr) verfügen.58 17 Ebenso wenig besteht eine Anerkennungspflicht gegenüber einer in einem anderen Mitgliedstaat vor dessen Beitritt zur Europäischen Union erworbenen Fahrerlaubnis, wenn diese vor der inländischen Fahrerlaubnis erteilt wurde, die dem Täter gerade entzogen wurde. Zwar hat der Betroffene die ausländische Fahrerlaubnis außerhalb der Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis erworben. Es wäre jedoch paradox, einem Mitgliedstaat die Anerkennung des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen, das sich aus der Fahrerlaubnis eines anderen Mitgliedstaates ergibt, vorzuschreiben, obwohl er eine später bei einer eigenen mitgliedstaatlichen Behörde erworbene Fahrerlaubnis wegen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen hat.59 Gleiches gilt, wenn zwar nach Ablauf einer in Deutschland verhängten Sperrfrist in einem anderen EU-Mitgliedstaat ein Führerschein ausgestellt wird, der indessen keine neu erteilte Fahr-
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50 BVerwGE 140 256, 265. 51 Wie insbes. der EuGH zuvor schon OLG Stuttgart DAR 2007 159, 160; Zwerger ZfS 2006 543, 544; aA OLG Bamberg BA 44 (2007) 322, 324; OLG Jena DAR 2007 404; OLG München NJW 2007 1152, 1153 (aufgegeben sodann von OLG München NZV 2009 403, 403); OLG Nürnberg NStZ-RR 2007 269, 270; AG Straubing NZV 2007 326; Otte/Kühner NZV 2004 321, 327; Säftel NZV 2007 493, 496; Schünemann/Schünemann DAR 2007 382, 385; krit. Brenner DAR 2005 363, 366; offen gelassen von OLG Stuttgart NJW 2008 243, 244. 52 OLG Stuttgart NJW 2008 243, 244 f; Morgenstern NZV 2008 425, 427. 53 OLG Hamm NZV 2010 162; s. auch OLG Celle NZV 2009 92, 94. 54 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Mosbacher/Gräfe NJW 2009 801, 804; Riedmeyer ZfS 2009 422, 427. 55 LG Zweibrücken DAR 2009 612; s. auch LG Regensburg VRR 2010 203; generell wohl die Notwendigkeit einer Pflichtverteidigung bejahend Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 32. 56 EuGH NJW 2008 3767, 3768 (Weber); NJW 2015 3217, 3219 (Wittmann). 57 EuGH NJW 2008 3767, 3768 (Weber); NJW 2015 3217, 3219 (Wittmann). 58 EuGH NJW 2015 3217, 3219 (Wittmann). 59 EuGH DAR 2009 191, 196 (Schwarz); s. schon OLG Stuttgart NZV 2007 324, 324 f.
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erlaubnis dokumentiert, sondern sich nach Art eines Ersatzführerscheins darauf beschränkt, eine bisher erteilte (für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gerade entzogene) Fahrerlaubnis auszuweisen.60 Uneinheitlich wurde für längere Zeit die Konstellation behandelt, dass der Inhaber 18 durch den Erwerb eines Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat die strengeren Anforderungen an die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Inland bewusst umgehen wollte und sich seine Berufung auf das Gemeinschaftsrecht somit als missbräuchlich erwies.61 Zum Teil wurde hier der im EU- bzw. EWR-Ausland ausgestellte Führerschein nicht anerkannt oder auch ein Eignungsnachweis nach deutschem Recht verlangt, sofern greifbare tatsächliche, objektive Anhaltspunkte für den Missbrauch vorlagen.62 Der Europäische Gerichtshof hat hingegen – unter grundsätzlicher Betonung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung (Rdn. 4) – zum einen festgehalten, dass es niemandem in Ausübung seiner Grundfreiheiten verwehrt bleibt, seinen Wohnsitz in einem bestimmten Mitgliedstaat nur zu dem Zweck zu errichten, von dessen weniger strengen Rechtsvorschriften für die Ausstellung eines Führerscheins zu profitieren.63 Zum anderen obliegt es allein dem Ausstellermitgliedstaat zu prüfen, ob die unionsrechtlichen Mindestvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Dritten (bzw. zuvor Zweiten) Führerscheinrichtlinie für die (gegebenenfalls Neu-)Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt sind.64 So hat die ausstellende Behörde insbesondere zu entscheiden, ob der Bewerber um eine Fahrerlaubnis die erforderliche Fahreignung aufweist (hierzu sogleich Rdn. 21) und nicht zuletzt seinen ordentlichen Wohnsitz tatsächlich in dem Ausstellerstaat hat. Andere Mitgliedstaaten – insbesondere diejenigen, deren Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis durch die (gegebenenfalls nur vermeintliche) Verlegung des Wohnsitzes umgangen werden sollen – sind nicht befugt, die Beachtung der unionsrechtlichen Ausstellungsvoraussetzungen zu überprüfen.65 Es dürfen folglich weder systematische noch gelegentliche Kontrollen durchgeführt werden, um zu gewährleisten, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Zeitpunkt deren Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz tatsächlich im Ausstellermitgliedstaat bzw. zumindest nicht im Inland innehatte (vgl.
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60 BVerwG NJW 2009 1687, 1688; VGH BW DAR 2010 38, 39; s. auch BayVGH VRS 124 (2013) 183, 192; vgl. ferner EuGH DAR 2019 319, 320 (Meyn) m. Anm. Koehl; OLG Stuttgart DAR 2012 221, 222 für die Umschreibung eines gefälschten Führerscheins. 61 S. etwa VGH BW NJW 2007 99; VRS 113 (2007) 444; HessVGH NJW 2007 102; NJW 2007 1897; OVG NRW DAR 2006 43, 45; VRS 111 (2006) 466, 472 f; NZV 2007 266; OVG RhPf. NJW 2007 2650, 2651; ThürOVG DAR 2007 538; ferner OLG Oldenburg BA 48 (2011) 180 zur bewussten Vortäuschung eines Studienaufenthaltes in Tschechien zwecks Umgehung der Eignungsprüfung; vgl. auch Geiger DAR 2004 340; Ludovisy DAR 2005 7, 12; ausführl. Middeke FS Rengeling 321, 332 ff. Einen ausführl. Rechtsprechungsüberblick gewährte Deszö DAR 2006 643. 62 S. etwa OVG MV NJW 2007 1154, 1159; NJOZ 2007 1730, 1733; vgl. auch OVG Nds. ZfS 2007 235, 239 f; ThürOVG NJOZ 2006 4585, 4594; LG Potsdam ZfS 2007 651, 652; s. auch LG Meiningen BA 46 (2009) 428, 430: missbräuchliche Berufung auf EU-Recht, wenn ein „Bündel von Indizien“ für eine solche Umgehungsabsicht spricht. Krit. hingegen OVG HH NJW 2007 1160, 1162; ThürOVG NJOZ 2006 4585, 4591; Morgenstern NZV 2008 425, 428 f; allg. zum Missbrauchsgedanken Hailbronner/Thoms NJW 2007 1089, 1092 f; Scholz EuR 2009 275, 279 f; s. auch die Bedenken in der Voraufl. Rdn. 12. 63 EuGH NJW 2012 1341, 1345 (Akyüz) m. Anm. Dauer. 64 EuGH NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3131 (Zerche u.a.); DAR 2009 191, 194 (Schwarz); NJW 2010 217, 218 (Wierer); NJW 2011 3635, 3636 (Grasser); NJW 2012 1935, 1936 (Hofmann); s. auch BVerwGE 132 315, 320; OLG Köln NJW 2010 2817, 2818. 65 EuGH NJW 2006 2173, 2174 (Halbritter); NJW 2007 1863, 1864 (Kremer); NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); DAR 2009 191, 194 (Schwarz); NJW 2010 217, 218 (Wierer); NJW 2011 3635, 3636 (Grasser); NJW 2012 1935, 1936 (Hofmann); s. auch BVerwGE 132 315, 320; aA Morgenstern NZV 2008 425, 430. Fraglich daher OLG München NZV 2012 553, 555, wonach eine Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wohl zulässig ist, wenn das Tatgericht feststellen kann, welchen Wohnsitz der Angeklagte zum Zeitpunkt der Ausstellung des ausländischen Führerscheins hatte.
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§ 28 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 FeV). Ebenso wenig darf ein entsprechender Nachweis vom Inhaber der Fahrerlaubnis gefordert werden.66 Vielmehr ist der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber der hierin dokumentierten Fahrerlaubnis am Tag deren Erteilung die entsprechenden Voraussetzungen erfüllte.67 Ein Mitgliedstaat darf einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein auch nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt der Ausstellung nach vom Aufnahmemitgliedstaat selbst stammenden Informationen die insoweit notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat.68 Auch eigene Erläuterungen oder Angaben des Inhabers des fraglichen Führerscheins, die dieser etwa im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer Mitwirkungspflicht erteilt hat, vermögen keinen Wohnsitz im Inland zum Zeitpunkt der Ausstellung zu belegen.69 Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich aufgrund von Angaben im Führerschein 19 selbst oder anderer vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass der Inhaber eines Führerscheins entgegen Art. 7 Abs. 1 lit. e der Dritten Führerscheinrichtlinie zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht seinen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat hatte (siehe inzwischen auch § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV).70 Als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen können etwa Auskünfte der Einwohnermeldebehörden qualifiziert werden, auch wenn sie dem Aufnahmemitgliedstaat nur mittelbar etwa über dessen Vertretung im Ausstellermitgliedstaat übermittelt werden.71 In diesem Fall ist es dem Aufnahmemitgliedstaat nicht verwehrt, die Anerkennung der Fahrberechtigung abzulehnen, die sich aus dem von dem anderen Mitgliedstaat – sei es nach Ablauf der Sperrfrist oder auch unabhängig von einer solchen Maßnahme etwa bei Ersterteilung eines Führerscheins im EU- oder EWRAusland72 – ausgestellten Führerschein ergibt. Schließlich soll gerade das Wohnsitzerfordernis im Ausstellermitgliedstaat den sog. Führerscheintourismus bekämpfen und sieht zudem Art. 7 Abs. 5 (sowohl) der Zweiten (als auch nunmehr der Dritten) Führerscheinrichtlinie die Einmaligkeit der Fahrerlaubnis vor.73 Sollte der unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellte Führerschein die Grundlage für den Erwerb eines weiteren Führerscheins für eine andere Fahrzeugklasse sein, kann auch die Anerkennung dessen Gültigkeit abgelehnt werden (siehe nunmehr auch § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9
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66 EuGH NJW 2004 1725, 1726 (Kapper); ausführl. zur Entscheidung Otte/Kühner NZV 2004 321; Ternig ZfS 2004 293, 295 ff. 67 EuGH NJW 2008 2403, 2405 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3131 (Zerche u.a.); DAR 2009 191, 194 (Schwarz); NJW 2010 217, 218 (Wierer); NJW 2011 3635, 3636 (Grasser); NJW 2012 1341, 1343 (Akyüz); s. auch BVerwGE 132 315, 320. 68 EuGH NJW 2008 2403, 2405 f (Wiedemann und Funk) auf Vorlage u.a. des VG Sigmaringen DAR 2006 640; NJOZ 2008 3126, 3131 f (Zerche u.a.) auf Vorlage u.a. des VG Chemnitz DAR 2006 637; s. auch EuGH NJW 2010 217, 218 (Wierer); NJW 2012 1341, 1345 (Akyüz). 69 EuGH NJW 2010 217, 219 (Wierer); NJW 2012 1341, 1345 (Akyüz). 70 EuGH NJW 2008 2403, 2407 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3134 (Zerche u.a.); NJW 2010 217, 219 (Wierer); NJW 2011 3635, 3636 (Grasser); NJW 2012 1341, 1344 (Akyüz); im Anschluss hieran LG Meiningen BA 46 (2009) 428, 430; s. auch BVerwGE 132 315, 321 f; Dyllick/Lörincz/Neubauer NJ 2012 104, 108; aA OVG NRW BA 47 (2010) 145, 146, wonach sich aus Art. 11 Abs. 4 UABs. 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie ergebe, dass einer ausländischen Fahrerlaubnis – unabhängig von einem Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis – die Anerkennung bereits zu versagen sei, wenn zuvor im Inland ein früherer Führerschein eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden sei. 71 EuGH NJW 2012 1341, 1345 (Akyüz); s. auch EuGH NJW 2010 217, 219 (Wierer); näher hierzu Koehl NZV 2015 7, 9 f. 72 EuGH NJW 2011 3635, 3636 f (Grasser); NJW 2012 1341, 1344 (Akyüz). 73 EuGH NJW 2008 2403, 2407 (Wiedemann und Funk); NJOZ 2008 3126, 3134 (Zerche u.a.); NJW 2011 3635, 3637 (Grasser).
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FeV).74 Des Weiteren ist der Aufnahmemitgliedstaat erst recht berechtigt, die Fahrberechtigung des Inhabers dieses Führerscheins vorläufig auszusetzen, während der Ausstellermitgliedstaat die Modalitäten der Ausstellung des Führerscheins, nicht zuletzt die Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses zu jener Zeit, überprüft und demzufolge die Rücknahme des Führerscheins im Raum steht.75 Infolge der ausschließlichen Zuständigkeit des Ausstellermitgliedstaates können 20 auch lediglich dessen Behörden geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis, namentlich das Wohnsitzerfordernis nicht beachtet wurden.76 Die Behörde eines anderen Mitgliedstaates kann ihre diesbezüglichen Zweifel lediglich dem Ausstellermitgliedstaat mitteilen und bei Untätigkeit ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 259 AEUV einleiten.77 Ansonsten wird dem Führerscheintourismus allein mit einer weiteren Vereinheitlichung des europäischen Fahrerlaubnisrechts in den Mitgliedstaaten begegnet werden können.78 Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 der Dritten Führerscheinrichtlinie, wonach ein Mitgliedstaat die Ausstellung eines Führerscheins an einen Bewerber, dem die Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat entzogen wurde, abzulehnen hat (hierzu schon Rdn. 6), enthält insoweit eine erste Regelung, die indessen nur bei konsequenter Umsetzung und Handhabung durch die Mitgliedstaaten Abhilfe versprechen kann.79 Insbesondere bedürfte es dazu eines zuverlässigen Informationsaustauschs zwischen den Fahrerlaubnis- und Verkehrszentralregistern der einzelnen Mitgliedstaaten. Unionsweit soll zu diesem Zweck ein EU-Führerscheinnetz (RESPER) errichtet werden, das die Kontrolle erleichtern soll, ob ein Bewerber bereits einen Führerschein besitzt (vgl. Art. 7 Abs. 5 lit. d und Art. 15 Satz 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie).80 Ähnlich ist mit Sachverhalten zu verfahren, in denen die Eignung des Inhabers ei- 21 nes EU- oder EWR-Führerscheins zum Führen von Kraftfahrzeugen fraglich erscheint. Eine Überprüfung der Fahrberechtigung ist in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn sich nach deren Erteilung Anhaltspunkte für erhebliche Zweifel an der Eignung des Inhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergeben.81 Auf eine unzulässige Negation der
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74 EuGH NJW 2012 369, 371 (Apelt) m. Anm. Dauer für einen Führerschein für Fahrzeuge der Klasse D, dessen Ausstellung auf einem Führerschein für Fahrzeuge der Klasse B beruhte; EuGH NZV 2012 501, 503 f (Köppl) m. Anm. Dauer für eine Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Klasse C auf Grundlage einer Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Klasse B. 75 EuGH NJW 2008 2403, 2408 (Wiedemann und Funk); krit. gegenüber der Begründung des EuGH Hailbronner NZV 2009 361, 363. 76 EuGH NJW 2008 2403, 2406 (Wiedemann und Funk). 77 EuGH NJW 2004 1725, 1727 (Kapper); NJW 2008 2403, 2406 (Wiedemann und Funk); NJW 2010 217, 218 (Wierer); Blum NZV 2008 176, 179; Bräutigam BA 41 (2004) 441, 443; Brenner DAR 2005 363, 366; Otte/Kühner NZV 2004 321, 325 f; Schünemann/Schünemann DAR 2007 382, 384; vgl. auch BTDrucks. 16/3855 S. 2; OVG Nds. NJW 2006 1158, 1159. 78 Böse NK Rdn. 2; Fischer Rdn. 7b; SSW/Harrendorf Rdn. 9; s. schon OLG Jena DAR 2007 404, 405. 79 Zuversichtlich BTDrucks. 16/3855 S. 3 sowie BTDrucks. 16/5375 S. 9; skeptisch dagegen Hailbronner/Thoms NJW 2007 1089, 1093 f; Säftel NZV 2007 493, 498. Zu weiteren Kritikpunkten Geiger DAR 2007 126, 127 f; Kokott DAR 2006 604, 610. 80 Allgemein zu RESPER Schäler VD 2013 185. In Deutschland wurde in diesem Zusammenhang durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28.11.2016 (BGBl. I 2722) § 30a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 lit. b StVG neu gefasst, wonach Daten über unanfechtbare oder sofort vollziehbare Entziehungen, Widerrufe oder Rücknahmen einer Fahrerlaubnis oder Feststellungen über die fehlende Berechtigung, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, übermittelt werden können; zur Begründung BTDrucks. 18/8559 S. 21. 81 OVG RhPf. NJW 2005 3228, 3230; SaarOVG NJW 2006 2651, 2652; Kokott DAR 2006 604, 609; Otte/Kühner NZV 2004 321, 328; Säftel NZV 2007 493, 497; Zwerger ZfS 2006 543, 546; vgl. auch OLG Stuttgart NJW 2007 528, 529.
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Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse liefe es jedoch wiederum hinaus, wenn dabei Gesichtspunkte berücksichtigt würden, die bereits vor Erteilung der Fahrerlaubnis in dem anderen Mitgliedstaat vorgelegen haben, mögen sie auch (wie z.B. eine Drogenoder Alkoholabhängigkeit) von Dauer sein und daher über den Zeitpunkt der Erteilung hinaus fortwirken.82 Ebenso dürfte es nach den vorstehenden Grundsätzen des Europäischen Gerichtshofs (Rdn. 20) allein Angelegenheit der Ausstellerbehörde sein, nachträglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn sich herausstellt, dass ihr wesentliche Umstände für die Beurteilung der Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers unbekannt waren.83 Jedenfalls hat der Europäische Gerichtshof inzwischen festgehalten, dass allein der Umstand, einem Bewerber einen Führerschein (z.B. wegen fehlender Eignung) nicht ausgestellt zu haben, einen Mitgliedstaat nicht dazu berechtigt, den sodann in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein nicht anzuerkennen.84 Insbesondere sich insoweit auf höhere Anforderungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis berufen zu können, hätte zur Folge, dass letztlich der Mitgliedstaat mit den strengsten Bedingungen bestimmen könnte, dass auch die anderen Mitgliedstaaten diese Voraussetzungen einhalten müssten, damit die dort ausgestellten Führerscheine in seinem Hoheitsgebiet anerkannt werden.85 22
c) Sonstige ausländische Fahrerlaubnisse. Wer weder im Besitz einer inländischen Fahrerlaubnis noch einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ist bzw. die Voraussetzungen deren Anerkennung in Deutschland nicht erfüllt (siehe hierzu Rdn. 9 ff), insbesondere seinen ordentlichen Wohnsitz nach § 7 FeV nicht im Inland hat (§ 28 Abs. 1 Satz 1 FeV),86 kann zur Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr noch aufgrund des § 29 FeV berechtigt sein. Die Berechtigung, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, sowie die Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse sind im Übereinkommen über den Straßenverkehr (ÜbStrV) vom 8.11.1968 (siehe hierzu bereits die Entstehungsgeschichte) geregelt, dessen einschlägige Art. 41 ff innerstaatlich unmittelbare Anwendung finden.87 § 29 FeV gilt – anders als noch die Vorgängervorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 IntVO 23 (Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr vom 12.11.1934)88, die bis zum Jahr 1988 auf „außerdeutsche“ Kraftfahrer abstellte – unterschiedslos für Personen beliebiger Staatsangehörigkeit. Sie ist damit auch auf deutsche Kraftfahrer anwendbar, die nicht im Besitz einer von einer deutschen Behörde erteilten, sondern einer ausländischen Fahrerlaubnis sind.89 Sie alle dürfen aufgrund ihrer ausländischen Fahrerlaubnis
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82 So aber HessVGH DAR 2006 345, 347; OVG Nds. NJW 2006 1158, 1161; Schmid-Drüner NZV 2006 617, 624 f; Ternig ZfS 2006 428, 430; vgl. auch OLG Saarbrücken NStZ-RR 2005 50, 51 f; offen gelassen von HessVGH NJW 2007 102, 104. S. ferner AG Kassel NZV 2005 601, 602, wonach die Wiedererlangung des Rechts, von dem ausländischen Führerschein im Inland Gebrauch zu machen, von der Vorlage eines positiven Gutachtens einer medizinisch-psychologischen Untersuchung abhängig gemacht werden dürfe. 83 Vgl. auch OVG HH NJW 2007 1160, 1162 f; OVG MV NJW 2007 1154, 1158; OVG RhPf. NJW 2005 3228, 3230; Hailbronner/Thoms NJW 2007 1089, 1092; Säftel NZV 2007 493, 497; Schünemann/Schünemann DAR 2007 382, 384; Zwerger ZfS 2006 543, 545 f. 84 EuGH NJW 2012 1341, 1343 (Akyüz). 85 EuGH NJW 2012 1341, 1344 (Akyüz). 86 BRDrucks. 326/96 S. 13; SaarOVG ZfS 2001 142, 143; Schmitt ZfS 2000 521. 87 S. Art. 1 Abs. 2 des Ratifizierungsgesetzes vom 21.9.1977 (BGBl. II 811) i.V.m. Art. 3 Abs. 3 ÜbStrV, das am 3.8.1979 in Deutschland in Kraft trat (BGBl. II 932). 88 RGBl. I 1137. 89 Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; Kretschmer MK-StVR Rdn. 4; Rothardt-Habel DAR 1995 215; Schmitt ZfS 2000 521, 522. So zu § 4 IntVO a.F. bereits OLG Celle DAR 1976 216, 217; OLG Düsseldorf JR 1984 82, 83;
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in dem Umfang der darin nachgewiesenen Berechtigung zeitlich jedoch nicht unbeschränkt, sondern nur so lange am inländischen Kraftfahrzeugverkehr teilnehmen, wie sie entweder ständig im Ausland leben (z.B. Touristen oder Berufspendler, die im grenznahen Ausland wohnen, im Inland aber nur ihren Arbeitsplatz, nicht hingegen ihren ordentlichen Wohnsitz haben) oder ihren ordentlichen Wohnsitz (Rdn. 9) im Inland vor nicht mehr als sechs Monaten begründet haben (§ 29 Abs. 1 Satz 4 FeV). Auf Antrag des Fahrerlaubnisinhabers kann die Frist auf bis zu zwölf Monate verlängert werden, wenn er glaubhaft macht, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht länger als zwölf Monate im Inland zu haben (§ 29 Abs. 1 Satz 5 FeV). Nach Ablauf der Frist ist für die weitere Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr eine deutsche Fahrerlaubnis erforderlich, will der Inhaber (lediglich) einer ausländischen Fahrerlaubnis nicht unberechtigterweise am inländischen Kraftfahrzeugverkehr teilnehmen. Ausnahmen von der durch § 29 Abs. 1 Satz 1 FeV gewährten Berechtigung, im In- 24 land auch mit einer ausländischen Fahrerlaubnis am öffentlichen Kraftfahrzeugverkehr teilnehmen zu dürfen, finden sich in § 29 Abs. 3 FeV. Die Vorschrift ist zu einem nicht unerheblichen Teil wortlautgleich mit § 28 Abs. 4 FeV, so dass auf die dortigen Ausführungen (Rdn. 10 f) verwiesen werden kann. Keine Fahrberechtigung im Inland verleiht eine ausländische Fahrerlaubnis demnach insbesondere dann, wenn zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV), ihm die Fahrerlaubnis im Inland entzogen wurde (Nr. 3) bzw. ihm nicht erteilt werden darf (Nr. 4) oder er im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hat, oder in dem Staat seines ordentlichen Wohnsitzes einem Fahrverbot unterliegt (Nr. 5). d) Angehörige der NATO-Streitkräfte. Die Mitglieder einer Truppe oder eines zivi- 25 len Gefolges der Parteien des Nordatlantikvertrages sind im Inland nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 NTS-ZA fahrberechtigt; ergänzend siehe § 29a FeV.90 § 29 FeV findet keine Anwendung.91 Die Fahrberechtigung im Inland richtet sich demnach maßgeblich nach dem Umfang der ihrem Inhaber durch die Fahrerlaubnis seines Entsendestaates verliehenen Fahrberechtigung. Auch auf diese ausländische Fahrerlaubnis ist § 69b anwendbar.92 Zur Beschlagnahme solcher Führerscheine siehe Rdn. 39. 2. Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis ohne Fahrberechtigung. Eine 26 ausländische Fahrerlaubnis verleiht ihrem Inhaber nicht in jedem Fall das Recht, am inländischen Kraftfahrzeugverkehr teilzunehmen. Der Wortlaut des Absatzes 1 Satz 1 („Darf der Täter auf Grund einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge führen, […]“) verleitet aber zu der Annahme, dass die Vorschrift nur Anwendung findet, wenn ein Inhaber aufgrund seiner ausländischen Fahrerlaubnis auch eine Fahrberechtigung im Inland innehat, er folglich insbesondere die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV (Rdn. 9 ff) oder des § 29 Abs. 1 Satz 1 FeV (Rdn. 22 ff) erfüllt. Maßgeblich war nach der früher vorherrschenden Auffassung demnach nicht der Besitz eines ausländischen Führerscheins, sondern die materiellrechtliche Befugnis, auch ohne deutsche Fahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge führen zu dürfen. Das Gericht musste deshalb vor allem feststellen, ob die Voraussetzungen des § 28 bzw. § 29 FeV im Zeit-
_____ OLG Hamm VRS 42 (1971) 426, 429; Eckhardt DAR 1966 291; Hentschel NJW 1975 1350; Slapnicar NJW 1985 2861, 2862. 90 S. hierzu Schäler DAR 2016 174. 91 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 13. 92 BGH NStZ 1993 340; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3.
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punkt der Urteilsfindung (noch) vorlagen. Fehlte es an dieser Befugnis (und besaß der Täter auch keine von einer deutschen Behörde erteilte Fahrerlaubnis), wäre konsequenterweise nach § 69a Abs. 1 Satz 3 zu verfahren und nur eine isolierte Sperrfrist festzusetzen gewesen.93 Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof darauf verwiesen, dass sich eine solche 27 Rechtsfolge dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen lasse.94 Dass Absatz 1 nur für Inhaber gelte, die aufgrund ihrer ausländischen Fahrerlaubnis berechtigterweise am inländischen Kraftfahrzeugverkehr teilnehmen, sei vielmehr dem Umstand geschuldet, dass sich ohne eine materielle Berechtigung die Aberkennung des Rechts erübrige. Absatz 2 (Satz 2) hingegen, der die Eintragung eines Vermerks in den ausländischen Führerschein anordne, enthalte keine Beschränkung auf Führerscheine, die ihren Inhabern die Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr gestatten.95 Eine solche Beschränkung widerspräche auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes, durch die Maßregel ungeeignete Fahrzeugführer kontrollierbar von der Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr auszuschließen und die Missbrauchsgefahr im Hinblick auf den durch Besitz des ausländischen Führerscheins erweckten Anschein einer bestehenden Fahrberechtigung im Inland zu unterbinden.96 Demzufolge sei in diesen Fällen auch die Fahrerlaubnis zu entziehen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird im Schrifttum zunehmend zu Recht gefolgt,97 ist nach dem Wortlaut der Vorschrift die materielle Berechtigung doch gerade nicht für die Entziehung der Fahrerlaubnis als solche, sondern lediglich für deren Wirkungen erforderlich („Darf […] führen […], so hat die Entziehung der Fahrerlaubnis die Wirkung […]“).98 Zudem bringt diese Auffassung Erleichterungen für die Praxis mit sich, da – abgesehen von dem Fall, dass der Täter auch keine inländische Fahrerlaubnis aufweisen kann und demzufolge eine Strafbarkeit nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG im Raum steht99 – nicht festgestellt werden muss, ob der Täter aufgrund seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland berechtigt war, am Kraftfahrzeugverkehr teilzunehmen,100 und vielmehr „Raum für eine entsprechende, präventiv-klarstellende Maßnahme des Gerichts“ besteht.101 Dass solche praktischen Erwägungen nicht unbeachtlich sind, verdeutlicht die bereits vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch von der Gegenauffassung vertretene Behandlung des Täters, der seine ausländische Fahrerlaubnis durch Täuschung erlangt hat und somit auch im Ausland keine gültige Fahrerlaubnis vorweisen kann. Um eine missbräuchliche Benutzung der Fahrerlaubnis zu verhindern, sollte
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93 AG Eschweiler NZV 2002 332; Geppert LK11 Rdn. 2; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1a; Hentschel NJW 1975 1350, 1351; ders. NJW 1976, 2060; ders. GedS Meyer 789, 811; ebenso wohl noch BGH NJW 1997 138, 140 f; hierzu tendierend Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 11; offen gelassen von BayObLG NJW 1979 1788. 94 BGHSt 44 194 m. krit. Anm. Hentschel NZV 1999 134. 95 BGHSt 44 194, 196; LG Aachen NZV 2002 332, 333 m. Anm. J. Schneider. 96 BGHSt 44 194, 195 unter Verweis auf BRDrucks. 201/62 S. 16, 20, 21; OLG Celle DAR 1976 216, 217; LG Aachen NZV 2000 510, 511; NZV 2002 332, 333; s. auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 5; SSW/Harrendorf Rdn. 12. 97 Böse NK Rdn. 1; Fischer Rdn. 4a; Heuchemer BeckOK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 2; Kretschmer MK-StVR Rdn. 10; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 2; Zeitler Rpfleger 2000 486, 489; aus der Rspr. AG Böblingen BeckRS 2019 6830 Rdn. 22 ff. 98 Ebenso Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 5; Kretschmer MK-StVR Rdn. 10. 99 Z.B. bei Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr aufgrund einer ausländischen Fahrerlaubnis trotz Ablaufs der Frist nach § 29 Abs. 1 Satz 4 FeV; BGHSt 47 89, 94 f; OLG Düsseldorf JR 1984 82, 83; OLG Hamm VRS 42 (1971) 426, 429; OLG Koblenz VRS 39 (1970) 365, 366; Hentschel NZV 1995 60, 60 f; Rothardt-Habel DAR 1995 215, 216; Schmitt ZfS 2000 521, 523; Zeitler Rpfleger 2000 486, 489; vgl. auch OLG Celle DAR 1976 216, 217; Bouska DAR 1983 130, 133; aA LG Memmingen DAR 1994 412 f. 100 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 6; Hentschel NZV 1999 134; zurückhaltend Kretschmer MKStVR Rdn. 10. 101 OLG Stuttgart DAR 2012 221, 222.
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hier – im Wege einer präventiven Vollzugsmaßnahme – entsprechend § 69b die Fahrerlaubnis entzogen werden.102 3. Inhaber (auch) einer inländischen Fahrerlaubnis. Unklar ist Absatz 1 Satz 1 der 28 Vorschrift auch in seinem Nebensatz „ohne daß ihm von einer deutschen Behörde eine Fahrerlaubnis erteilt worden ist“. So ist fraglich, ob dieser Einschub lediglich festhalten soll, dass – was an sich bereits aus der Präposition „auf Grund“ folgt – schon allein eine ausländische Fahrerlaubnis eine Fahrberechtigung im Inland verleihen kann, oder den Anwendungsbereich der Vorschrift auf diejenigen Fälle einschränkt, in denen der Täter ausschließlich eine ausländische und keine inländische Fahrerlaubnis besitzt. Der Wortlaut sowie die praktische Erwägung, eine missbräuchliche Verwendung des ausländischen Führerscheins zur Vortäuschung einer – trotz Entziehung der Fahrerlaubnis im Inland – bestehenden Fahrberechtigung im Inland zu vermeiden, sprechen dafür, die Vorschrift ebenso dann anzuwenden, wenn der Täter Inhaber sowohl einer inländischen als auch einer ausländischen Fahrerlaubnis ist.103 Für EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnisse ist dieser Streit allerdings von nur geringer Bedeutung, da Art. 7 Abs. 5 lit. a der Dritten Führerscheinrichtlinie ohnehin vorsieht, dass jeder Bürger nur eine einzige Fahrerlaubnis aus den Mitgliedstaaten besitzen darf. In diesen Fällen wird im Urteil die Fahrerlaubnis folglich einheitlich entzogen und eine einheitliche Sperrfrist festgesetzt. Darüber hinaus wird die Einziehung des (von einer deutschen Behörde ausgestellten) Führerscheins gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ausgesprochen, während für den ausländischen Führerschein – ebenso wie wenn der Täter ausschließlich Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis wäre – Absatz 2 sowie § 463b Abs. 2 StPO gelten.104 Der (einheitliche) Ausspruch der Entziehung der Fahrerlaubnis löst die Wirkung des Absatzes 1 (Rdn. 30 f) aber selbst dann aus, wenn dem Gericht nur die inländische, nicht hingegen die Existenz einer ausländischen Fahrerlaubnis bekannt war.105 Zur Rechtslage nach der Wiedervereinigung Geppert LK11 Rdn. 9. III. Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis 1. Voraussetzungen. Die Voraussetzungen für die Entziehung einer ausländischen 29 sind die gleichen wie bei der Entziehung einer inländischen Fahrerlaubnis.106 Auch in diesem Fall ist die Entziehung der Fahrerlaubnis somit gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 nur zulässig, wenn der Täter wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wurde, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist (§ 69 Rdn. 42 ff), und wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (§ 69 Rdn. 83 ff). Die Einschränkung des Absatzes 1 Satz 1 a.F., wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis gegenüber Inhabern ausländischer Fahrausweise nur zulässig war, wenn die Anlasstat gegen Verkehrsvorschriften verstieß, ist durch das 32. StrÄndG mit Wirkung zum 11.6.1995 entfallen (hierzu schon die Entstehungsgeschichte).
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102 BayObLG VRS 24 (1963) 280, 281 f; OLG Karlsruhe NJW 1972 1632, 1634; Geppert LK11 Rdn. 2; Hentschel NJW 1975 1350, 1351; ders. GedS Meyer 789, 812. 103 VG München NJW 2005 1818, 1819; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 12; Kretschmer MK-StVR Rdn. 12; aA Hentschel NJW 1976 2060 f. 104 Zur entsprechenden Problematik bei Anordnung eines Fahrverbots König LK § 44 Rdn. 90. 105 VG München NJW 2005 1818, 1819. 106 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 4; Fischer Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 3; Kretschmer MK-StVR Rdn. 8.
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2. Wirkung der Entziehung (Absatz 1) a) Wirkung im Inland. Da die Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis durch ein deutsches Gericht als Eingriff in fremde Hoheitsrechte unzulässig ist (Rdn. 1), hat sie lediglich die Wirkung, dass dem Täter dessen Recht, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, aberkannt wird (Absatz 1 Satz 1). Mit Rechtskraft der Entscheidung erlischt folglich das Recht des Täters, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen (Absatz 1 Satz 2); zu den strafrechtlichen Folgen einer Nichtbeachtung siehe bereits § 69 Rdn. 204 ff. Während der Sperre ist der inländischen Behörde außerdem gemäß Absatz 1 Satz 3 sowohl untersagt, dem Täter das Recht zuzusprechen, von der ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, als auch, ihm eine inländische Fahrerlaubnis zu erteilen. Ebenso unzulässig ist eine Umschreibung der ausländischen Fahrerlaubnis nach §§ 30 ff FeV.107 Das durch das StVGÄndG vom 24.4.1998 eingeführte Aberkennungsmodell hat – anders als nach der zuvor bestehenden Rechtslage, als die Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis noch die Wirkung eines Fahrverbots hatte – zur Folge, dass der Täter nach Ablauf der Sperre nicht wieder automatisch fahrberechtigt ist.108 Er muss vielmehr bei der (inländischen) zuständigen Behörde die Erlaubnis beantragen, von der ausländischen (fortbestehenden)109 Fahrerlaubnis wieder Gebrauch machen zu dürfen.110 Die Fahrberechtigung wird erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung (oder die Sperre) nicht mehr bestehen (§ 28 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 29 Abs. 4 FeV). Maßgeblich ist insoweit – sofern die Eignung des Betroffenen nicht zwischenzeitlich zulässigerweise durch die Behörden eines anderen Mitgliedstaates bei der Neuausstellung eines Führerscheins nach Ablauf der Sperrfrist (zum Führerscheintourismus oben Rdn. 12 ff) überprüft wurde – die inländische Rechtslage.111 Die Wirkung der Entziehung tritt mit Rechtskraft der Entscheidung ein (Absatz 1 31 Satz 2), unabhängig von der Einziehung des Führerscheins bzw. der Eintragung eines Vermerks nach Absatz 2.112 Allerdings muss die Fahrerlaubnis im Urteil (bzw. im Strafbefehl; § 407 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO) ausdrücklich entzogen werden.113 Unterbleibt die Entziehung irrtümlich und begnügt sich das Gericht mit der Anordnung einer (isolierten) Sperrfrist, so ist der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis zwar gleichwohl nicht zur Teilnahme am innerdeutschen Kraftfahrzeugverkehr berechtigt (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 bzw. § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV).114 Dem ausländischen Führerschein würde jedoch der Anschein einer Fahrberechtigung im Inland belassen werden.115 Die Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis kann wegen des Verbots der Schlechterstellung auch nicht nachgeholt werden, wenn lediglich der Angeklagte ein Rechtsmittel einlegt (zu Fragen des Verschlechterungsverbots in diesen Fällen bereits § 69 Rdn. 279).116
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107 Fischer Rdn. 6; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 4. 108 BTDrucks. 13/6914 S. 93; BGHSt 47 335, 341; OLG Saarbrücken BA 40 (2003) 153, 155; Fischer Rdn. 6; Heuchemer BeckOK Rdn. 6; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 4; Hentschel NZV 2001 193, 194; Schmitt ZfS 2000 521, 524; Zeitler Rpfleger 2000 486, 488. 109 BayVGH NJW 2015 3114, 3114. 110 Böse NK Rdn. 3; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 12; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5. 111 BayVGH NJW 2015 3114, 3115; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 15; s. auch Böse NK Rdn. 3; Kretschmer MK-StVR Rdn. 13. 112 BayObLG VRS 24 (1963) 280, 281; OLG Köln VRS 61 (1981) 28, 29; Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5. 113 OLG Köln VRS 61 (1981) 28, 30; Böse NK Rdn. 3; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2. 114 BRDrucks. 497/02 S. 68; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2. 115 BGHSt 44 194, 195. 116 OLG Köln VRS 61 (1981) 28, 30.
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Im Urteilstenor müssen die Wirkungen, die gemäß Absatz 1 eintreten und sich so- 32 mit aus dem Gesetz selbst ergeben, nicht erwähnt werden.117 Die Einziehung des Führerscheins erfolgt nur in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 (hierzu Rdn. 35) und ist lediglich in diesem Fall in den Tenor aufzunehmen. Bei Absatz 2 Satz 2 (näher Rdn. 36 f) ist ein Hinweis auf die kraft Gesetzes ausgeschlossene Einziehung des Führerscheins entbehrlich.118 Folglich kann die Urteilsformel genauso gefasst werden wie bei der Entziehung einer inländischen Fahrerlaubnis (§ 69 Rdn. 191),119 d.h. beispielsweise wie folgt:120 „Dem/Der Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. [Nur in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1: Sein/Ihr Führerschein wird eingezogen.] Dem/Der Angeklagten darf vor Ablauf von … [bei zeitiger Sperre]/für immer [bei unbefristeter Sperre] keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden.“
b) Wirkung im Ausland. Da die Maßregel den Bestand der ausländischen Fahrer- 33 laubnis als solcher nicht berührt, bleibt der Verurteilte im Ausland weiterhin fahrberechtigt. Zur Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis ist lediglich die zuständige Behörde des Ausstellerstaates befugt. Ein von einer Behörde eines anderen Mitgliedstaates der EU oder des EWR ausgestellter Führerschein wird gemäß Absatz 2 Satz 1 aber an diese zurückgesandt, verbunden mit der Erwartung, dass die ausländische Behörde ihrerseits die Fahrerlaubnis wegen der Gründe entzieht, die in Deutschland zur Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, geführt haben, oder dies zumindest überprüft (siehe sogleich Rdn. 35). 3. Keine Anrechnung nach § 51 Abs. 5. Die Aberkennung der Fahrberechtigung 34 nach § 69b ist nicht zu verwechseln mit dem Fahrverbot des § 44. Beide Rechtsfolgen stehen grundsätzlich selbstständig nebeneinander (zum Verhältnis von Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis siehe bereits § 69 Rdn. 11). Da die Entziehung der Fahrerlaubnis auch unter den Bedingungen des Absatzes 1 präventive Maßregel bleibt und sich als solche der nur auf schuldabhängige Nebenstrafen zugeschnittenen Anrechnung im Sinne des § 51 (Abs. 5 i.V.m. Abs. 1) entzieht, ist die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme auf die im Inland zu berücksichtigende Sperrfrist grundsätzlich ausgeschlossen (hierzu bereits § 69 Rdn. 252).121 IV. Durchsetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis 1. Einziehung von EU- und EWR-Führerscheinen (Absatz 2 Satz 1). Nach der 35 Rechtslage seit dem StVGÄndG vom 24.4.1998 können ausländische Führerscheine, die von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt wurden, im Urteil eingezogen werden, wenn der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz
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117 BGH NZV 1996 500, 502 (in BGHSt 42 235 nicht abgedr.): „überflüssig“; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 12; SSW/Harrendorf Rdn. 13; aA Blum NZV 2008 176, 181, wonach der Urteilstenor lauten müsse: „Dem/der Angeklagten wird für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland das Recht zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen für die Dauer von […] entzogen.“; ebenso ders. SVR 2009 368, 372. 118 BGH NJW 1997 138, 141; SSW/Harrendorf Rdn. 13. 119 SSW/Harrendorf Rdn. 13. 120 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 21; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 4; vgl. auch Hentschel NJW 1975 1350, 1351; ders. GedS Meyer 789, 814. 121 LG Köln MDR 1981 954; Hentschel/König/Dauer/König Rdn. 4; Hentschel MDR 1982 107; ders. GedS Meyer 789, 813.
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im Inland hat; ansonsten gilt Absatz 2 Satz 2 (siehe dazu sogleich Rdn. 26 f). Der eingezogene Führerschein wird an die ausstellende Behörde unter Angabe der Gründe, die hierzulande zur Aberkennung der Fahrberechtigung geführt haben, zurückgesandt (siehe auch § 56 Abs. 2 Satz 1 StVollstrO), damit diese gegebenenfalls ihrerseits die Fahrerlaubnis entzieht (vgl. bereits Rdn. 33).122 Art. 11 Abs. 2 und Abs. 3 der Dritten Führerscheinrichtlinie (siehe zuvor schon Art. 8 Abs. 2 und Abs. 3 der Zweiten Führerscheinrichtlinie) sieht diese Vorgehensweise vor, weil es für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum nur eine einheitlich geltende Fahrerlaubnis geben soll. Allerdings bleibt es die Angelegenheit des ausstellenden Staates, ob er der Entscheidung des Gerichts eines anderen Mitgliedstaates folgt und seinerseits die Fahrerlaubnis entzieht.123 2. Eintragung eines Vermerks in sonstige ausländische Führerscheine (Absatz 2 Satz 2). Für alle anderen Fälle, d.h. bei Inhabern von Fahrerlaubnissen aus Drittstaaten sowie bei Inhabern von Fahrerlaubnissen aus der EU oder dem EWR ohne ordentlichen Wohnsitz im Inland, gilt Absatz 2 Satz 2. Demnach tritt an die Stelle der insoweit unzulässigen Einziehung des Führerscheins die Eintragung eines Vermerks über die Entziehung der Fahrerlaubnis (in Form der Aberkennung des Rechts, im Inland von der Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen; Absatz 1 Satz 1) und die zugleich festgesetzte Sperre; siehe auch § 56 Abs. 2 Satz 2 StVollstrO. Der Vermerk wird bei ausländischen Führerscheinen auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins bzw. bei internationalen Führerscheinen, die von ausländischen Behörden ausgestellt wurden, durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks angebracht (§ 47 Abs. 2 Satz 3 FeV). Stößt die Anbringung eines Vermerks auf technische Schwierigkeiten (z.B. bei Plastikkarten oder in Folie eingeschweißten Führerscheinen; vgl. auch § 56 Abs. 2 Satz 5 StVollstrO), wird der Vermerk gesondert gefertigt und z.B. mittels Lochung und gesiegelter Schnur oder auf andere sichere Weise mit dem Führerschein fest verbunden.124 Der Vermerk ist selbst dann einzutragen, wenn die ausländische Fahrerlaubnis überhaupt nicht zur Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr berechtigt (hierzu Rdn. 26 f).125 Die Eintragung des Vermerks ist eine bloße Vollzugsmaßnahme, die der Vollstre37 ckungsbehörde in eigener Verantwortung obliegt und keiner Anordnung des erkennenden Gerichts bedarf.126 Eine Aufnahme in den Urteilstenor erübrigt sich deshalb.127 Zum Urteilstenor schon Rdn. 32.
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3. Beschlagnahme von Führerscheinen. Ein Führerschein, der sich noch nicht in behördlichem Gewahrsam befindet, kann nach § 463b Abs. 2 StPO für die Eintragung des Vermerks beschlagnahmt werden, sofern dessen freiwillige Herausgabe verweigert wird (siehe auch § 56 Abs. 2 Satz 4 StVollstrO; ferner König LK § 44 Rdn. 89). Wird der ausländische Führerschein nicht vorgefunden, hat der Verurteilte auf Antrag der Vollstreckungsbehörde eine eidesstattliche Versicherung über dessen Verbleib abzugeben (§ 463b Abs. 3 StPO). Nach Anbringung des Vermerks ist der Führerschein dem Berech-
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122 BTDrucks. 13/6914 S. 93; s. hierzu auch Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 16; Böse NK Rdn. 4; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 13; Heuchemer BeckOK Rdn. 7.1; skeptisch Kretschmer MK-StVR Rdn. 16: „Erwartung […] weithin illusorisch“. 123 Böse NK Rdn. 4; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3a. 124 Böse NK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 5. 125 BGHSt 44 194, 196; AG Böblingen BeckRS 2019 6830 Rdn. 38. 126 BayObLG NJW 1979 1788; Fischer Rdn. 10; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Hentschel GedS Meyer 789, 814. 127 Böse NK Rdn. 5.
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tigten unverzüglich wieder auszuhändigen.128 Sollte allerdings nach Lage der Dinge die Eintragung eines Vermerks im Führerschein auch durch gesonderten Vermerk (Rdn. 36) technisch nicht möglich sein, kommt eine Beschlagnahme mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht.129 Ebenso unzulässig ist die Beschlagnahme eines ausländischen Führerscheins als Beweismittel für die Erteilung einer wirksamen Fahrerlaubnis.130 Vorgaben zur Sicherstellung und Beschlagnahme von Führerscheinen (auch aus- 39 ländischer und bevorrechtigter Personen) enthalten die von den Bundesländern vereinbarten Richtlinien über die Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie für die Sicherstellung und Beschlagnahme von Führerscheinen (RiBA). Hiernach sind auch ausländische Fahrausweise, die zwecks Anbringung eines Vermerks über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sichergestellt oder beschlagnahmt worden sind, unverzüglich mit den bereits vorliegenden Ermittlungsvorgängen der Staatsanwaltschaft zuzuleiten (Nr. 7.2.3 mit 7.2.1 RiBA); nach Anbringung des Vermerks ist der ausländische Führerschein dem Berechtigten unverzüglich zurückzugeben (Nr. 7.2.3 RiBA). Die Behandlung bevorrechtigter Personen, namentlich von Abgeordneten, Diplomaten u.a. sowie Stationierungskräften, regelt Nr. 8 RiBA. Bei Abgeordneten ist die sofortige Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins unzulässig, sofern nicht die Durchführung von Ermittlungsverfahren durch die jeweiligen Parlamente allgemein genehmigt ist (Nr. 8.1 RiBA). Generell unzulässig ist die Beschlagnahme des Führerscheins wegen § 18 GVG bei Personen, die diplomatische Vorrechte und Befreiungen genießen (siehe auch Nr. 8.2 RiBA).131 Bei Konsularbeamten und Bediensteten des Verwaltungs- und technischen Personals kommt hingegen eine Beschlagnahme in Betracht, wenn die Handlung – wie z.B. bei Privatfahrten – in keinem engen sachlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung konsularischer Aufgaben steht (Nr. 8.2 RiBA). Für die Mitglieder der Stationierungskräfte und ihres zivilen Gefolges ist zu unterscheiden:132 (1) Auf Fahrerlaubnisse, die bevorrechtigten Personen dieser Art von einer Behörde eines Entsendestaates zum Führen dienstlicher Kraftfahrzeuge erteilt worden sind, ist § 69b nicht anwendbar (Art. 9 Abs. 6 lit. a und lit. b NTS-ZA). Eine Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins ist deshalb unzulässig, jedoch nimmt die Polizei den Führerschein im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung (Art. 3 NTS-ZA) in Verwahrung und übergibt ihn der zuständigen Militärpolizeibehörde (Nr. 8.3.2 RiBA). (2) Gemäß Art. 9 Abs. 6 lit. b NTS-ZA können entsprechende Fahrerlaubnisse zum Führen privater Kraftfahrzeuge hingegen in den Fällen, in denen die deutschen Gerichte die Gerichtsbarkeit ausüben, ausnahmsweise nach Maßgabe des § 69b entzogen werden. Bis zur Eintragung des Vermerks über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis kann der Führerschein in diesen Fällen auch sichergestellt oder nach § 111a Abs. 6 Satz 2 StPO beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme ist jedoch nur anzuordnen, wenn die Militärpolizei erklärt, keine Ermittlungen führen zu wollen. Erscheint die Militärpolizei nicht oder nicht rechtzeitig, so ist unverzüglich eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Beschlagnahme einzuholen (Nr. 8.3.3 RiBA).
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128 Athing/von Heintschel-Heinegg MK Rdn. 17; Halecker/Scheffler AnwK Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6. 129 Lackner/Kühl/Heger Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 5; Meyer MDR 1992 442; aA LG Ravensburg DAR 1991 272; AG Homburg ZfS 1995 352 m. abl. Anm. Bode; Heuchemer BeckOK Rdn. 9. Einschr. noch Geppert LK11 Rdn. 14, wonach der Fahrausweis nach Beschlagnahme unverzüglich an die ausländische Ausstellerbehörde zurückzusenden sei. 130 Ludovisy DAR 1997 80 f gegen LG München II DAR 1997 80. 131 S. hierzu auch Kretschmer MK-StVR Rdn. 5. 132 Näher Kretschmer MK-StVR Rdn. 6.
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4. Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Auch EU- und EWR-Fahrerlaubnisse (siehe hierzu § 111a Abs. 3 Satz 2 StPO) sowie sonstige ausländische Fahrerlaubnisse (siehe hierzu § 111a Abs. 6 Satz 1 StPO) können vorläufig entzogen werden. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis hat ebenso die Wirkung des Absatzes 1 Satz 1, dass das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, aberkannt wird; hierzu bereits § 69 Rdn. 246. Zugleich wirkt die vorläufige Entziehung einer EUund EWR-Fahrerlaubnis, deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat, als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme des Führerscheins (§ 111a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 StPO; siehe § 69 Rdn. 245). Kommt eine Einziehung des ausländischen Führerscheins nicht in Betracht, wird die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zur Sicherung der Maßnahme im Führerschein vermerkt (§ 111a Abs. 6 Satz 1 StPO; ergänzend § 69 Rdn. 247); bis zur – von der Staatsanwaltschaft zu veranlassenden (§ 36 Abs. 2 Satz 1 StPO) – Eintragung des Vermerks kann der Führerschein beschlagnahmt werden (§ 111a Abs. 6 Satz 2 StPO). Nach der Eintragung ist der Führerschein unverzüglich zurückzugeben, ohne den rechtskräftigen Abschluss des Entziehungsverfahrens abzuwarten.133 Bei Aufhebung der vorläufigen Maßnahme ist der Vermerk zu tilgen; siehe dazu schon § 69 Rdn. 250. Zur fehlenden Anrechnungsmöglichkeit der Dauer einer vorläufigen Führerscheinmaßnahme auf die Sperrfrist vgl. Rdn. 34 sowie bereits § 69 Rdn. 252.
5. Registrierung und Mitteilungspflichten. Ausweislich § 28 Abs. 4 StVG und § 47 Abs. 2 Satz 5 FeV haben die Vollstreckungsbehörden dem Kraftfahrt-Bundesamt Entscheidungen nach Absatz 1 mitzuteilen. Diese Mitteilungspflicht ermöglicht es zum einen, die Rechtsfolgen in das Fahreignungsregister einzutragen (§ 28 Abs. 3 Nr. 2 bzw. Nr. 6 StVG); zur entsprechenden Eintragung im Bundeszentralregister siehe § 4 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 7 BZRG. Zum anderen wird die Aberkennung der Fahrberechtigung bzw. die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland über das KraftfahrtBundesamt der ausländischen Ausstellerbehörde mitgeteilt (§ 47 Abs. 2 Satz 5 FeV). 42 Gemäß Nr. 45 Abs. 1 MiStra ist der nach § 73 Abs. 1 bis Abs. 3 FeV zuständigen Verwaltungsbehörde die rechtskräftige Entziehung (auch) der (ausländischen) Fahrerlaubnis mitzuteilen sowie der Zeitpunkt des Ablaufs der Sperrfrist anzugeben. Dass die Vorschrift nur von der „Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69a Absatz 1 Satz 1 und 2 StGB)“ spricht, steht dem nicht entgegen, da auch in den Fällen des § 69b die Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69a erfolgt und § 69b lediglich deren Wirkungen bei einer ausländischen Fahrerlaubnis beschreibt (vgl. Rdn. 27). Ebenso hat daher gemäß Nr. 45 Abs. 3 MiStra eine Mitteilung an die für die (inländische) Wohnung des Beschuldigten zuständige Polizeidienststelle zu erfolgen, sofern diese die Ermittlungen nicht selbst geführt hat. Zu den Registrierungs- und Mitteilungspflichten im Übrigen siehe bereits § 69 Rdn. 209 ff. 41
– Berufsverbot – § 70 Anordnung des Berufsverbots 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Anordnung des Berufsverbots Valerius § 70 https://doi.org/10.1515/9783110491302-004 1
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbunde-
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Hauschild MK-StPO § 111a Rdn. 43.
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nen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. 2 Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. (2) 1 War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten (§ 132a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot wirksam war. 2 Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten. (3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. (4) 1 Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. 2 In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. 3 Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet. Schrifttum Bettermann Die allgemeinen Gesetze als Schranken der Pressefreiheit, JZ 1964 601; Börker Wie ist ein Berufsverbot nach § 42l StGB zu begründen? DRiZ 1956 34; Brand/Reschke Die Inhabilitätsanordnung des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG im Spannungsfeld des strafprozessualen Verbots der reformatio in peius, JZ 2011 1102; Bruns Die Maßregeln der Besserung und Sicherung im StGB-Entwurf 1956. Rechtsdogmatische Gedanken zu kriminalpolitischen Problemen, ZStW 71 (1959) 210; Čopić Berufsverbot und Pressefreiheit, JZ 1963 494; ders. Grundgesetz und politisches Strafrecht neuer Art (1967); Eyermann Untersagung der Berufsausübung durch Strafurteil und Verwaltungsakt – BVerwGE 15, 282, JuS 1964 269; Gallwas Der Mißbrauch von Grundrechten (1967); Kaiser Befinden sich die kriminalrechtlichen Maßregeln in der Krise? (1990); Kangarani/Hampe Das Berufsverbot des § 70 Abs. 1 StGB in einem Vergleich zu dem Entzug der Approbation nach § 5 BÄO, MedR 2014 797; J. Kretschmer Das strafprozessuale Verbot der reformatio in peius und die Maßregeln der Besserung und Sicherung (1999); Lang-Hinrichsen Umstrittene Probleme bei der strafgerichtlichen Untersagung der Berufsausübung, Festschrift Heinitz (1972) 477; Lemke-Küch Strafrechtliche Nachsorge – das Tätigkeitsverbot als Nebenfolge eines Strafurteils, StRR 2014 482; ders. Strafrechtliche Nachsorge – Die Bindungswirkung strafgerichtlicher Entscheidungen für die Anordnung berufsgerichtlicher, verwaltungs- oder disziplinarrechtlicher Maßnahmen, StRR 2015 48; Menger Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, VerwArch. 1964 73; Mühlemann Prävention von Wirtschaftsdelikten durch Berufsverbote, Diss. Zürich 1987; Olischläger Zeitliches Berufsverbot, AnwBl. 1973 321; Parigger Urteilsfolgen neben der Strafe, StraFo 2011 447; Rapsch Das Berufsverbot gegen Journalisten. Zum Verhältnis von strafrechtlicher Untersagung der Berufsausübung und verfassungsrechtlicher Verwirkung der Pressefreiheit, Diss. Münster 1978; Rehbinder Grenzen der Meinungs- und Pressefreiheit, NJW 1962 2140; Reißmüller Das Monopol des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 18 des Grundgesetzes, JZ 1960 529; Sander Überblick zum Berufsverbot nach § 70 StGB unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH, NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer 2002 57; Schmid Kein Berufsverbot für Rechtsanwälte durch den Strafrichter? ZRP 1975 79; Schmitt Glaeser Parteiverbot und Strafrecht, JZ 1970 59; Schwenk Umfang und Wirkung von Meinungs- und Pressefreiheit, NJW 1962 1321; Sigloch Zur Bedeutung des Artikels 18 GG für das einfache Recht, MDR 1964 881; Spohr Die strafgerichtliche Untersagung der Berufsausübung, GS 105 (1935) 71; Stettner Artikel 18 Grundgesetz und das strafrechtliche Berufsverbot,
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Diss. München 1973; Sträßner Das Berufs- und Beschäftigungsverbot in der Pflege, PKR 2007 48; H. Walter Zur Zulässigkeit journalistischen Berufsverbots nach der Europäischen Menschenrechtskonvention, DÖV 1966 380; E. Weber Strafersatz durch Berufsverbote, NJW 1951 699; Wedekind Die Reform des strafrechtlichen Berufsverbots (§§ 70–70b StGB), Diss. Tübingen 2006; Wilke Die Verwirkung der Pressefreiheit und das strafrechtliche Berufsverbot (1964); Willms Art. 18 GG und der strafrechtliche Staatsschutz, NJW 1964 225.
Entstehungsgeschichte Die Maßregel des Berufsverbots ist durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung (im Folgenden: GewVerbrG) vom 24.11.1933 (RGBl. I 995) eingeführt worden. Sie war zunächst in § 42l geregelt, der mit einer Ergänzung durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 28.6.1935 (RGBl. I 839; Einfügung des Absatzes 4, des Vorläufers der heutigen §§ 70a, 70b) und mit einer redaktionellen Änderung durch Art. 1 Nr. 19 des 1. StrRG vom 25.6.1969 (BGBl. I 645) unverändert bis zur Großen Strafrechtsreform galt. Die heutige Regelung der §§ 70 bis 70b beruht auf dem 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) – mit redaktionellen Änderungen von § 70 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 sowie § 70b Abs. 4 durch Art. 18 Nr. 35 und Nr. 36 EGStGB vom 2.3.1974 (BGBl. I 469) – und geht weitgehend auf die §§ 101, 106 Abs. 1 und Abs. 2, 107 Abs. 1 und 108 Abs. 2 bis Abs. 4 E 1962 zurück. Die Neufassung des Berufsverbots stimmt in ihrem Kern mit der früheren Regelung überein, ist aber – auch in Anpassung an andere Maßregeln – nicht zuletzt in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen differenzierter und konkreter gestaltet. So bedarf es abweichend von § 42l a.F. keiner Verurteilung des Täters mehr zu mindestens drei Monaten Freiheitsstrafe, sondern ist ein Berufsverbot sogar dann zulässig, wenn der Täter wegen der Anlasstat infolge erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit nicht verurteilt wird. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist entgegen § 42l Abs. 1 a.F. („wenn dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen“) nicht mehr der voraussichtliche (häufig weit in der Zukunft liegende) Zeitpunkt der Entlassung des Täters aus dem Strafvollzug, sondern der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung, in dem die ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut des § 70 Abs. 1 Satz 1 aufgenommene „Gesamtwürdigung des Täters und der Tat“ vorgenommen werden kann. Zudem ermöglicht § 70 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung eines lebenslangen Berufsverbots. Darüber hinaus wird in § 70 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2, § 70a Abs. 2 Satz 2 auf das vorläufige Berufsverbot verwiesen, das den erstrebten Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten durch missbräuchliche Berufs- und Gewerbeausübung schon vor einem (rechtskräftigen) Urteil mit angeordnetem Berufsverbot gewährleisten soll und durch Art. 21 Nr. 39 EGStGB in Gestalt des § 132a StPO eingeführt wurde. Für Taten, die vor dem 1.1.1975 begangen wurden, kann gemäß Art. 305 Satz 1 EGStGB ein Berufsverbot nur verhängt werden, wenn neben den Voraussetzungen des § 70 auch die der Untersagung der Berufsausübung oder der Betriebsführung nach früherem Recht vorliegen. Ein lebenslanges Berufsverbot scheidet in diesen Fällen jedoch aus (Art. 305 Satz 2 EGStGB). Gesetzesmaterialien Niederschriften IV S. 91 ff, 116 ff, 371 ff; XII S. 337 f, 361; BTDrucks. IV/650 S. 231 f, 237 ff (Begründung zum E 1962); Prot. IV S. 830 ff, 841 ff; V S. 16, 444 ff, 2333 f; BTDrucks. V/4095 S. 37 f (Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); vgl. auch § 78 AE-AT mit Begründung S. 158 ff.
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Übersicht Allgemeines 1. Sinn und Zweck | 1 2. Verfassungsmäßigkeit | 4 3. Bedeutung in der Praxis | 6 Anwendungsbereich 1. Allgemeines | 8 2. Berufsverbot gegen Medienangehörige | 10 3. Berufsverbot gegen Beamte und Notare | 18 Anlasstat 1. Rechtswidrige Tat | 20 2. Verurteilung oder Nichtverurteilung wegen Schuldunfähigkeit | 21 3. Bezug zu Beruf oder Gewerbe a) Berufs- und Gewerbebegriff | 24 b) Innerer Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit | 29 c) Missbrauch oder grobe Pflichtverletzung | 32 Gefahr weiterer Taten 1. Allgemeines | 39 2. Erkennbare Gefahr a) „Gefahr“ weiterer rechtswidriger Taten | 40 b) Bezug zu Beruf oder Gewerbe | 42 c) Gefahr „erheblicher“ Taten | 43 3. Gesamtwürdigung von Täter und Tat | 44
4. Zeitpunkt der Prognose | 50 Anordnung des Berufsverbots 1. Pflichtgemäßes Ermessen des Gerichts | 52 2. Berücksichtigung außerstrafrechtlicher Maßnahmen a) Allgemeines | 57 b) Weitgehende Unabhängigkeit der Strafgerichte | 62 c) Eingeschränkte Unabhängigkeit außerstrafgerichtlicher Instanzen | 66 3. Umfang des Berufsverbots | 70 4. Bestimmtheit des Berufsverbots | 73 5. Dauer des Berufsverbots a) Das zeitlich befristete Berufsverbot (Absatz 1 Satz 1) | 78 b) Das lebenslange Berufsverbot (Absatz 1 Satz 2) | 80 c) Berücksichtigung eines vorläufigen Berufsverbots (Absatz 2) | 82 6. Begründung der Entscheidung | 85 VI. Wirkung des Berufsverbots 1. Folgen des Berufsverbots | 87 2. Wirksamkeit des Berufsverbots (Absatz 4) | 89 VII. Verfahrensrechtliches 1. Richterliche Hinweispflicht | 93 2. Notwendige Verteidigung | 94 3. Rechtsmittel | 95
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I. Allgemeines 1. Sinn und Zweck. Die Maßregel des Berufsverbots soll die Allgemeinheit (dazu 1 Rdn. 41) vor den spezifischen Gefahren schützen, die mit der missbräuchlichen bzw. pflichtwidrigen Ausübung eines Berufs oder Gewerbes durch den Täter einhergehen.1 Es handelt sich hierbei um eine reine Sicherungsmaßregel.2 Eine etwaige resozialisierende Einwirkung auf den Täter und somit dessen Besserung ist allenfalls eine mittelbare Folge der Anordnung des Berufsverbots, nicht aber deren eigentliches Ziel. Entsprechend dem Zweck aller Maßregeln, künftigen Straftaten vorzubeugen (siehe 2 hierzu Schöch LK12 Vor § 61 Rdn. 29), verfolgt das Berufsverbot allein spezialpräventive Gesichtspunkte,3 weder hingegen generalpräventive Anliegen noch ein Sühnebedürfnis oder einen Schuldausgleich.4 Eine Ausgestaltung des Berufsverbots als Haupt- oder Ne-
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1 S. nur BGH NStZ 2004 86, 87 f. 2 BGH NStZ-RR 2016 110, 111; Bockemühl MK Rdn. 2; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; SSW/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 1; Pollähne NK Rdn. 1; Stoll BeckOK Rdn. 1; Parigger StraFo 2011 447, 451; s. schon BGH bei Dallinger MDR 1952 146. 3 Kilian AnwK Rdn. 2.
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benstrafe, wie sie einst wiederholt gefordert oder zumindest angeregt wurde,5 wurde bei der Strafrechtsreform ausdrücklich abgelehnt.6 Auch angesichts des einschneidenden Charakters der Maßregel (siehe sogleich Rdn. 4) wäre es verfehlt, das Berufsverbot, etwa bei schwerwiegenden Delikten von Ärzten oder im Bereich der Wirtschaft, nur mit Blick auf das begangene Unrecht anzuordnen (zur Indizwirkung von Art und Intensität der Anlasstat siehe aber Rdn. 45). 3 Die Vorschrift des § 70 normiert sowohl die Voraussetzungen für die Anordnung eines Berufsverbots als auch dessen Wirkung. § 70a ermöglicht die Aussetzung eines verhängten Berufsverbots zur Bewährung bei wegfallender Gefahr künftiger erheblicher rechtswidriger Taten des Täters, während § 70b schließlich den Widerruf dieser Aussetzung sowie die Erledigung des Berufsverbots regelt. Die Konkurrenz mit anderen Maßregeln beurteilt sich nach den Grundsätzen des § 72; siehe dort insbesondere Rdn. 10 ff, Rdn. 27 ff. Unter den Voraussetzungen des § 132a StPO kann gegen den Beschuldigten bereits ein vorläufiges Berufsverbot angeordnet werden, das die Allgemeinheit vor den beschriebenen Gefahren (Rdn. 1) schon vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils, mit dem ein Berufsverbot verhängt wird (§ 70 Abs. 4 Satz 1), bewahren soll (siehe hierzu etwa Valerius LR § 132a Rdn. 2). 4
2. Verfassungsmäßigkeit. In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird häufig zu Recht betont, dass das Berufsverbot einen schwerwiegenden Eingriff darstellt.7 In der Tat vermag ein Berufsverbot die Lebensplanung des Täters gravierend zu beeinträchtigen,8 dadurch auf ihn möglicherweise sogar einschneidender als eine Freiheitsstrafe einzuwirken9 und dessen Resozialisierung erheblich zu erschweren.10 Als besonders belastender Eingriff nicht zuletzt in die Berufsfreiheit des Täters erweist sich ein Berufsverbot, wenn es derart umfassend (zum Umfang des Berufsverbots Rdn. 70 ff) angeordnet wird, dass dem Täter ein legales Ausweichen in eine verwandte Berufs- oder Gewerbetätigkeit verwehrt bleibt.11 Gleichwohl ist die Verhängung eines Berufsverbots mit Art. 12 GG vereinbar. Zwar 5 betrifft die Entscheidung, in einem bestimmten Beruf tätig zu sein, nicht nur die Freiheit der Beraufsausübung, sondern sogar der Berufswahl.12 Dieser Eingriff ist aber gerechtfertigt, wenn dadurch ein überragendes Gemeinschaftsgut geschützt werden soll, das – jedenfalls bei strikter Beachtung des begrenzten Zwecks des Berufsverbots (Rdn. 1 f) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62; siehe hierzu Rdn. 53)13 – der Freiheit des Einzelnen vorgeht.14 Die Maßregel darf somit nur angeordnet werden, wenn es der damit
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4 Bockemühl MK Rdn. 2; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; Pollähne NK Rdn. 1; Stoll BeckOK Rdn. 1. 5 Dünnebier Niederschriften XII S. 435; Gallas Niederschriften IV S. 96; Goldschmidt VDA IV S. 81, 422 für (öffentliche Ämter oder) Berufe bzw. Gewerbe, deren Ausübung einen besonderen Befähigungsnachweis oder eine besondere obrigkeitliche Erlaubnis benötigt; E. Weber NJW 1951 699; aus jüngerer Zeit Wedekind S. 107 ff. 6 Niederschriften IV S. 91 ff; BTDrucks. IV/650 S. 231. 7 S. etwa BGH VRS 15 112, 115; bei Dallinger MDR 1968 550; StV 1982 72, 73; StV 2013 699, 699; StV 2018 219, 220; NStZ-RR 2019 43, 43; Bockemühl MK Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 3. 8 S. schon AE-AT S. 159; ferner etwa Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1. 9 Prot. IV S. 834. 10 Koffka Niederschriften IV S. 99; Parigger StraFo 2011 447, 451. 11 Ebenso Bockemühl MK Rdn. 3. 12 BVerfGE 25 88, 101 zu § 42l a.F.; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2. 13 Bockemühl MK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; Pollähne NK Rdn. 3. 14 BVerfGE 25 88, 101 zu § 42l a.F.; VerfGH Bln. NJW-RR 2005 1294, 1294; näher Matt/Renzikowski/ Eschelbach Rdn. 2. In jüngeren Entscheidungen setzt das BVerfG für die Statthaftigkeit von Eingriffen in
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verfolgte kriminalpolitische Zweck unbedingt erfordert.15 Dies gilt nicht zuletzt für das lebenslange Berufsverbot nach Absatz 1 Satz 2, auf das lediglich sehr restriktiv zurückgegriffen werden darf (näher Rdn. 80 f).16 Zu besonderen verfassungsrechtlichen Problemen bei der Anwendung des Berufsverbots auf Medienangehörige Rdn. 10 ff. 3. Bedeutung in der Praxis. Berufsverbote nach § 70 werden nicht häufig angeord- 6 net, wie schon immer auch kritisiert oder beklagt wurde.17 So wurden in den ersten 15 Jahren seit dem 2. StrRG jährlich im Durchschnitt bei rund 75 Verurteilungen Berufsverbote verhängt. Vorübergehend ließ sich sodann in den Strafverfolgungsstatistiken (jeweils Tabelle 5.5) zwar ein Anstieg der Zahlen bemerken; beispielsweise wurden 1995 132, 1998 174, 2000 ein Spitzenwert von 234 und 2003 155 Berufsverbote registriert.18 Zuletzt waren die Zahlen aber wieder rückläufig und wurden 2005 99, 2010 91, 2012 73, 2014 ein Tiefstwert von 40, 2016 44 und 2017 schließlich 62 Berufsverbote angeordnet. Überwiegend handelt es sich bei der Anlasstat ausweislich der Statistiken um Vermögensdelikte, insbesondere aus dem Abschnitt der §§ 263 ff (Betrug und Untreue). Die Gründe für die nach wie vor und in den letzten Jahren wieder verstärkt zu be- 7 obachtende Zurückhaltung bei der Anordnung eines Berufsverbots dürften zahlreich sein, wenngleich über die Ursachen im Einzelnen mangels empirischer Untersuchungen letztlich nur spekuliert werden kann. In tatsächlicher Hinsicht sind die Schwierigkeiten anzuführen, die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters (hierzu Rdn. 39 ff) klar genug zu prognostizieren. Bei ihrer Ermessensentscheidung (Rdn. 52 ff) dürften die Gerichte zudem schon aufgrund des einschneidenden, nicht gerade „resozialisierungsfreundlichen“ Charakters des Verbots (siehe schon Rdn. 4) nicht selten von dessen Anordnung absehen. Des Weiteren bleibt zu berücksichtigen, dass der Missbrauch von Beruf oder Gewerbe vielfach außerstrafrechtliche Reaktionen nach sich ziehen kann (siehe hierzu Rdn. 57 ff), denen viele Gerichte faktisch den Vorrang einräumen dürften. II. Anwendungsbereich 1. Allgemeines. Das strafgerichtliche Berufsverbot kann grundsätzlich in Bezug auf 8 sämtliche berufliche und gewerbliche Tätigkeiten ausgesprochen werden.19 Der Anordnung steht insbesondere nicht entgegen, dass der Täter auch durch berufs- bzw. anwaltsgerichtliche oder verwaltungsrechtliche Maßnahmen aus seinem Berufsstand ausgeschlossen oder ihm verwaltungsrechtlich die Fortführung eines Gewerbes untersagt werden kann (näher Rdn. 57 ff); zum Berufsverbot gegenüber Beamten und Notaren Rdn. 18 f Sondervorschriften für strafgerichtliche Berufsverbote finden sich in § 20 TierSchG (zum Verbot des Haltens oder Betreuens von Tieren sowie des Handels oder sonstigen berufsmäßigen Umgangs mit Tieren) und in § 41a BJagdG (zum Verbot der Jagdausübung). Gegenüber juristischen Personen als solchen kann mangels Verbandsstrafrechts 9 kein Berufsverbot verhängt werden. Natürlichen Personen, die Organe juristischer Per-
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die Berufsfreiheit hingegen den Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes voraus; s. nur BVerfGE 93 213, 235; 97 12, 26; 119 59, 83; 141 121, 133. 15 S. auch Parigger StraFo 2011 447, 451. 16 S. nur Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2. 17 BGH bei Dallinger MDR 1952 146; Kaiser S. 41 f; Voll Niederschriften IV S. 92; Wedekind S. 28; Bruns ZStW 71 (1959) 210, 250. 18 Diese und weitere Zahlen auch bei Wedekind S. 29 f. 19 Bockemühl MK Rdn. 12; Fischer Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Kilian AnwK Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 6.
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sonen sind, kann die Berufsausübung wegen berufs- bzw. gewerbespezifischer Straftaten aber selbstredend untersagt werden.20 Gegenüber Jugendlichen und ihnen gleichgestellten Heranwachsenden (§ 105 JGG) kommt die Anordnung der Maßregel wegen des im Jugendstrafverfahren im Vordergrund stehenden Erziehungsgedankens nicht in Betracht (§ 7 JGG). Zulässig ist sie hingegen bei Heranwachsenden, die nach allgemeinem Strafrecht beurteilt werden. Da ein Berufsverbot eine erhebliche Bedeutung für den weiteren beruflichen Lebensweg des jungen Menschen haben kann, hat das Gericht dessen Anordnung jedoch besonders sorgfältig zu prüfen und dessen Relevanz nicht zuletzt im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu berücksichtigen (ergänzend Rdn. 55). Im Strafbefehlsverfahren scheidet die Anordnung eines Berufsverbots aus (vgl. § 407 Abs. 2 StPO). 10
2. Berufsverbot gegen Medienangehörige. Auch gegenüber Medienangehörigen wie namentlich Journalisten kommt die Anordnung eines Berufsverbots in Betracht. Vorab bleibt anzumerken, dass es sich bei § 70 um ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG handelt. Schließlich richtet sich die Maßregel weder gegen die Meinungs- oder Pressefreiheit als solche noch gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung. Vielmehr will sie generell den Gefahren künftiger Straftaten für die Allgemeinheit vorbeugen und die jeweils geschützten Rechtsgüter vor Beeinträchtigungen bewahren. Ebenso wenig steht die Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG der Verhängung eines Berufsverbots kategorisch entgegen, wenngleich sie bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten ist und Erforderlichkeit wie Umfang eines Berufsverbots sorgfältig zu bestimmen bleiben (ergänzend Rdn. 17). Vornehmlich kann ein Berufsverbot gegen Medienangehörige anlässlich sog. neut11 raler Delikte verhängt werden, die zwar im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit begangen werden, allerdings keine spezifischen Meinungsäußerungsdelikte sind.21 Dies gilt etwa für Sexualdelikte und Betrügereien während der journalistischen Tätigkeit oder für Tötungs- und Körperverletzungsdelikte durch das Unterlassen erforderlicher Schutzvorkehrungen in einem Verlagsbetrieb.22 Ebenso kann ein Berufsverbot wegen allgemeiner (strafbarer) Äußerungen in den 12 Medien (z.B. bei Volksverhetzung außerhalb des Staatsschutzbereichs oder bei der Verbreitung pornographischer Schriften) angeordnet werden.23 Schließlich dient das Berufsverbot auch in diesen Fällen der Garantie strafrechtlich geschützter Güter, knüpft indessen gerade nicht an eine politische Haltung des Täters an, so dass die Pressefreiheit nur als unerlässliche Begleiterscheinung eingeschränkt wird.24 In diesen Fällen kann das Berufsverbot auch nicht mit der Verwirkungsnorm des Art. 18 GG in Widerspruch geraten.25 Sehr kontrovers wurde indessen diskutiert, ob und gegebenenfalls in welchem Um13 fang ein Berufsverbot gegenüber Medienangehörigen im Hinblick auf politische Delikte ausgesprochen werden darf.26 Dieser Streit beruhte auch darauf, dass der Gesetzgeber
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20 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; Pollähne NK Rdn. 5. 21 SSW/Harrendorf Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 8. 22 Čopić JZ 1963 494, 496; Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, 477 f. 23 S. hierzu etwa Prot. IV S. 834. 24 S. etwa Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, 479; Löffler NJW 1960 29, 30; im Ergebnis ebenso Wilke S. 119; aA Čopić JZ 1963 494, 496, wonach Berufsverbote unzulässig seien, „wenn sie in concreto darauf abzielen, die Teilhabe des Pressedelinquenten am Prozeß öffentlicher Meinungsbildung zu unterbinden“ (Hervorhebung im Original). 25 BGHSt 17 38, 39; Čopić JZ 1963 494, 494 ff. 26 Ausführl. hierzu Hanack LK12 Rdn. 68 ff.
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bei der Strafrechtsreform die Beantwortung dieser Frage bewusst der Rechtsprechung (und der Literatur) überließ.27 Der Anordnung eines Berufsverbots wurde insbesondere Art. 18 GG entgegengehalten, wonach für eine Verwirkung der dort bezeichneten Grundrechte, folglich auch der Pressefreiheit, ausschließlich das Bundesverfassungsgericht zuständig ist. Ein strafgerichtliches Berufsverbot komme aber im Ergebnis dem Ausspruch einer teilweisen Verwirkung des Grundrechts der Pressefreiheit gleich.28 Daher stehe das Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts der Anordnung einer die Pressefreiheit und die übrigen in Art. 18 GG genannten Grundrechte beeinträchtigenden präventiven Maßnahme wie eines Berufsverbots durch andere Instanzen wie durch die Strafgerichte entgegen.29 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGHSt 17 38) enthält Art. 18 GG hingegen 14 keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung des Staatsschutzrechts. Die vom Bundesverfassungsgericht auszusprechende Verwirkung von Grundrechten trete demnach nicht an die Stelle der im Strafrecht bereits vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen, sondern ergänze diese.30 Schließlich erkenne die Konzeption einer streitbaren Demokratie bestimmte Grundprinzipien der Staatsgestaltung als absolute Werte an und verteidige sie entschlossen gegen alle Angriffe.31 Daher vermöge es nicht zu überzeugen, wenn gerade im Staatsschutzrecht gegenüber Tätern, die in verfassungsfeindlicher Absicht handeln oder deren strafbare Tätigkeit sich jedenfalls gegen das Grundgesetz richte, die Anordnung eines Berufsverbots ausgeschlossen sei.32 Zudem stimmten Art. 18 GG und das strafrechtliche Berufsverbot in ihren Tatbeständen nicht überein, da für das Berufsverbot die Begehung strafbarer Handlungen erforderlich sei und somit engere Voraussetzungen vorliegen müssten, die missbräuchliche Berufsausübung zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 18 GG folglich gerade nicht ausreiche.33 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 25 88) hat die Streitfrage zwar ausdrücklich 15 offengelassen. Art. 18 GG stehe der Anordnung eines Berufsverbots aber jedenfalls dann nicht entgegen, wenn sich der Täter nicht wegen individueller, sondern wegen organisationsbezogener Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (im konkreten Fall wegen Verstoßes gegen ein Parteiverbot gemäß Art. 21 Abs. 2 GG) strafbar gemacht habe.34 Es bestehe keine ausschließliche Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts für die Anordnung solcher Präventivmaßnahmen. Art. 18 GG sei hier in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen nicht verletzt, weil allein das Bundesverfassungsgericht eine Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung in dem mit besonderen Rechtsschutzgarantien ausgestatteten Parteiverbotsverfahren feststelle und die ordentlichen Gerichte diese Feststellungen ihren Entscheidungen zugrunde zu legen
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27 Prot. IV S. 832 ff, 836; BTDrucks. V/4095 S. 38. 28 So BVerfGE 10 118, 122 f. 29 So u.a. Čopić JZ 1963 494, 497 ff; Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, S. 479 ff; Reißmüller JZ 1960 529, 533; ähnlich Wilke S. 120 ff. Zur Diskussion auch Schwenk NJW 1962 1321, 1323 m. Erw. Rehbinder NJW 1962 2140, 2140 f; Sigloch MDR 1964 881, 883; Willms NJW 1964 227 f; eing. Čopić S. 109 ff. 30 BGHSt 17 38, 42; krit. Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, 480 f. 31 S. hierzu BVerfGE 5 85, 139; ferner BVerfGE 25 88, 100. 32 BGHSt 17 38, 41 f. 33 BGHSt 17 38, 42; BGH NJW 1965 1388, 1389 (m. krit. Anm. Wilke NJW 1965 2211) unter Abgrenzung zu BVerfGE 10 118, 123 f, wonach eine landesgesetzliche Regelung, die der Landesregierung für den gleichen Tatbestand des Missbrauchs wie bei Art. 18 GG gestattete, einem verantwortlichen Redakteur die Berufsausübung vorübergehend oder dauerhaft zu versagen, verfassungwidrig und nichtig war; Sinn SK Rdn. 8; Gallwas S. 150 ff; Bettermann JZ 1964 601, 606; Wilke NJW 1965 2211, 2212; eingeh. Rapsch S. 211 ff; zur Diskussion auch Stettner S. 80 ff. 34 BVerfGE 25 88, 97 f.
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hätten, schließe aber auch von der Rechtsfolgenseite her ein strafrechtliches Berufsverbot nicht aus. Vielmehr zeige sich in Art. 21 Abs. 2 und in Art. 18 GG gleichermaßen der Gedanke der „streitbaren Demokratie“, so dass das Parteiverbot ebenso strafrechtlich mit allen Mitteln einschließlich vorbeugender Maßregeln geschützt werden dürfe.35 Auch bei politischen Straftaten, bei denen der Täter nicht organisationsbezogen 16 handelt, sprechen die besseren Argumente dafür, dass Art. 18 GG einem Berufsverbot nicht entgegensteht.36 Wenig einzusehen ist nicht zuletzt, dass ein Berufsverbot nach der gegenteiligen Meinung durchaus auf Delikte des politischen Strafrechts gestützt werden dürfe, wenn insoweit der Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht zum Tatbestand gehört. Demzufolge könnte etwa bei § 90 und § 90a ein Berufsverbot zwar an die Verwirklichung der Grundtatbestände anknüpfen, nicht jedoch an die vom Täter erfüllten Qualifikationen des jeweiligen Absatzes 3, für die das Merkmal vom Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung wesentlich ist.37 Vor allem aber bleibt zu beachten, dass sich der Verwirkungsausspruch des Art. 18 GG und das strafgerichtliche Berufsverbot – trotz dessen präventiver Wirkung – in den Rechtsfolgen gravierend unterscheiden.38 So lässt Art. 18 GG die weitere Grundrechtsausübung nicht als solche rechtswidrig werden, während beim Berufsverbot die untersagte Betätigung auch dann verboten ist, wenn sie für sich keinen Missbrauch bzw. keine Pflichtverletzung im Sinne des § 70 darstellt. Zudem führt nur Art. 18 GG zum Verlust des von dem verwirkten Grundrecht ausgehenden Schutzes (wenn auch mit gleichzeitiger Wiedereröffnung der Möglichkeit, trotz der Aberkennung nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Entscheidung von ihm Gebrauch zu machen), während das Berufsverbot die Ausübung des Grundrechts zwar einschränkt, die mit dem Grundrecht verbundenen Garantien aber ansonsten nicht berührt. Selbst wenn sich die faktische Auswirkung der Verwirkung und des Berufsverbots für den Betroffenen im Zweifel nicht wesentlich unterscheiden, ändert dies nichts an der rechtlichen Verschiedenheit deren Zielrichtungen.39 Wegen der fehlenden rechtlichen Identität besteht auch keine Vorrangstellung der einen oder der anderen Maßnahme. Daher können Strafgerichte ein Berufsverbot ohne Rücksicht auf mögliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aussprechen und kann das Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht selbst dann für verwirkt erklären, wenn das Strafgericht die Voraussetzungen eines Berufsverbots verneint hat. Nach alledem darf somit ein Berufsverbot auch gegen Medienangehörige angeord17 net werden. Im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 GG sind Notwendigkeit wie Umfang (hierzu im Allgemeinen Rdn. 70 ff) eines solchen Verbots aber sorgfältig abzuwägen und bleibt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit somit in besonderer Weise zu berücksichtigen.40 Nach herrschender Meinung besteht zwischen den Grundrechten des Art. 5 Abs. 1 und dem sie einschränkenden Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG eine Wechselwirkung. Demzufolge sind die allgemeinen Gesetze im Lichte der wertsetzenden Bedeutung der nach ihrem Wortlaut einzuschränkenden Grundrechte auszulegen, so dass ihre beschränkende Wirkung selbst wieder von dem Grundrecht geprägt wird. Es bedarf somit letztlich einer Güterabwägung zwischen der Freiheit und ihrer Einschränkung.41 Dies schließt es nicht aus, etwa einem Journalisten, der als Redakteur oder Verleger Staats-
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35 BVerfGE 25 88, 98 ff; s. hierzu auch Schmitt Glaeser JZ 1970 59, 60 f. 36 Ebenso Bockemühl MK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6. Aus der verfassungsrechtlichen Kommentarliteratur etwa Butzer BeckOK-GG Art. 18 Rdn. 20; Dürig/Klein in Maunz/Dürig Art. 18 Rdn. 135. 37 So etwa Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, 482 f. 38 Eingeh. Rapsch S. 211 ff. 39 Ebenso Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6. 40 SSW/Harrendorf Rdn. 18; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 8. 41 Grdl. BVerfGE 7 198, 208 f; s. auch BGHSt 17 38, 40; BGH NJW 1965 1388, 1388.
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schutzdelikte begangen hat, die Ausübung der gesamten Berufsgattung als Redakteur und Verleger zu untersagen, ohne bestimmte Teilgebiete (wie z.B. Sportberichte) auszunehmen.42 Ebenso gebietet Art. 10 Abs. 1 EMRK, den gegenständlichen Umfang des Berufsverbots auf das Unerlässliche zu beschränken.43 3. Berufsverbot gegen Beamte und Notare. An sich spräche nichts dagegen, ein 18 Berufsverbot gemäß § 70 auch gegen Beamte anzuordnen. Etwaige disziplinarrechtliche Eingriffsmöglichkeiten schließen ein Berufsverbot jedenfalls nicht aus (vgl. hierzu Rdn. 57 ff). Allerdings regelt § 45 den Verlust der Amtsfähigkeit und ist somit gegenüber § 70 lex specialis.44 Dieses systematische Argument wird durch die Entstehungsgeschichte des § 42l a.F. gestützt, der nach der ausdrücklichen Begründung zum GewVerbrG im Einklang mit der damals herrschenden Auffassung nicht für Beamte gelten sollte.45 Gleichfalls gehen die einschlägigen Bestimmungen der Beamtengesetze über den Verlust der Beamtenrechte § 70 vor.46 Ebenso wenig ist § 70 für Notare anwendbar; insoweit gebührt § 45 StGB und § 49 BNotO der Vorrang.47 Ein Berufsverbot nach § 70 kann hinsichtlich der Stellung als Beamter oder als Notar als solcher demnach nicht angeordnet werden. Zulässig ist es allerdings, einem Beamten außerdienstliche Tätigkeiten nach § 70 19 zu verbieten. Dies gilt auch dann, wenn die Beschäftigung (wie z.B. eines Rechtslehrers als Verteidiger gemäß § 138 Abs. 1 StPO) aufgrund der Amtsstellung gestattet wird.48 Des Weiteren kann es einem Amtsinhaber untersagt werden, seine spezielle fachliche Qualifikation in nichtamtlicher Eigenschaft in gefährlicher Weise zu gebrauchen.49 So ist es zulässig, einem verbeamteten Lehrer wegen vielfachen sexuellen Missbrauchs eine Tätigkeit als Privatlehrer zu untersagen.50 Entgegen der Vorauflage (Hanack LK12 Rdn. 33) ist es hierfür nicht notwendig, dass der Beamte seine Amtsfähigkeit gemäß § 45 verliert. Schließlich betrifft diese Vorschrift gerade nicht die privatrechtliche Berufsausübung, bei der ansonsten Beamte gegenüber Privatpersonen vielmehr unberechtigt privilegiert werden würden, wenn für sie auch insoweit die Voraussetzungen des § 45 erfüllt sein müssten.51 III. Anlasstat 1. Rechtswidrige Tat. Der Täter muss eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) be- 20 gangen haben. Eine Ordnungswidrigkeit genügt nicht. Unerheblich ist die Begehungsform der Tat. So stehen sowohl Täterschaft und Teilnahme52 als auch Vollendung, strafbarer Versuch und (z.B. nach § 30) strafbare Vorbereitung gleich.53
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42 BGH NJW 1965 1388, 1389. 43 Pollähne NK Rdn. 9; s. hierzu auch Walter DÖV 1966 380, 380. 44 Bockemühl MK Rdn. 12; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12; Fischer Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 5; Kilian AnwK Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 7; Stoll BeckOK Rdn. 2. Zum gleichen Verhältnis von § 31 und § 42l a.F. OLG Potsdam NJ 1950 361. 45 Näher Hanack LK12 Rdn. 32 m.N. 46 BGH NStZ 2002 198 für einen Lehrer. 47 BGH wistra 1987 60; wistra 2000 459, 462; ebenso Bockemühl MK Rdn. 12; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 7. 48 Sinn SK Rdn. 7. 49 BGH NStZ 2002 198; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 7. 50 BGH NStZ 2002 198; s. auch RG HRR 1939 Nr. 188. 51 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 7. 52 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; Sander NJW-Sonderheft G. Schäfer 2002 57, 58; Spohr GS 105 (1935) 71, 74.
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2. Verurteilung oder Nichtverurteilung wegen Schuldunfähigkeit. Der Täter muss entweder wegen der Anlasstat verurteilt werden oder seine Verurteilung darf insoweit nur unterbleiben, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist. Im erstgenannten Fall ist nicht erforderlich, dass wegen der Anlasstat eine Strafe verhängt wird. So reicht etwa eine Verurteilung des Täters unter Absehen von Strafe nach § 60.54 22 Einer Mindeststrafe, zu welcher der Täter für die Anlasstat verurteilt wird, bedarf es nicht. Schließlich gibt für die Verhängung eines Berufsverbots nicht die Schwere des Schuldvorwurfs den Ausschlag, sondern sind die vom Täter künftig bei weiterer beruflicher bzw. gewerblicher Tätigkeit ausgehenden Gefahren maßgeblich.55 Auf die abweichende Regelung in § 42l a.F., der eine Verurteilung zu mindestens drei Monaten Freiheitsstrafe voraussetzte, wurde daher verzichtet, zumal der Gesetzgeber auch schuldunfähige Täter erfassen wollte.56 Zwar muss nach dem Gesetzeswortlaut nur die zu befürchtende weitere Tat erheblich sein (näher Rdn. 43). Für die insoweit vorzunehmende Beurteilung, ob vom Täter künftig weitere berufs- bzw. gewerbespezifische Taten drohen, wird allerdings – nicht zuletzt im Hinblick auf den schwerwiegenden Grundrechtseingriff des Berufsverbots und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 62) (Rdn. 4 f) – auch die Erheblichkeit bereits der Anlasstat ein nicht unwesentliches Indiz bilden.57 Aus dieser Bedeutung der Anlasstat sowie aus dem Wortlaut des § 70 („wegen einer rechtswidrigen Tat“) ergibt sich, dass sich das notwendige Gewicht der Anlasstat nicht aus der Kumulation mehrerer Delikte ergeben kann, die für sich die erforderliche Erheblichkeitsschwelle jeweils nicht erreichen.58 Maßgeblich bleibt freilich stets eine Gesamtwürdigung sämtlicher tat- wie täterbezogener Umstände des Einzelfalls (näher Rdn. 44 ff).59 23 Sollte der Täter trotz rechtswidriger Anlasstat nicht verurteilt werden, muss dies nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm auf der erwiesenen bzw. nicht auszuschließenden Schuldunfähigkeit des Täters beruhen. Ein Berufsverbot scheidet somit aus, wenn die Schuld wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums entfällt60 oder Strafausschließungsgründe oder Verfolgungshindernisse – wie nicht zuletzt die Verjährung der Tat (§ 78 Abs. 1)61 – einer Verurteilung entgegenstehen.62 Bei Schuldunfähigkeit (oder Verhandlungsunfähigkeit) kommt eine selbstständige Anordnung des Berufsverbots gemäß § 71 Abs. 2 i.V.m. §§ 413 ff StPO in Betracht. 24
3. Bezug zu Beruf oder Gewerbe. a) Berufs- und Gewerbebegriff. Der Täter muss die Anlasstat unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten (näher zu diesen beiden Varianten Rdn. 32 ff) begehen. Der genauere Inhalt der beiden Begriffe „Beruf“ und „Gewerbe“ ist für § 70 we-
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53 Bockemühl MK Rdn. 6; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; Kilian AnwK Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 10. 54 Bockemühl MK Rdn. 8; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; Kilian AnwK Rdn. 18; Sinn SK Rdn. 10. 55 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 12; Pollähne NK Rdn. 11. 56 Niederschriften IV S. 91 ff, 373 f; Prot. IV S. 840, 843; BTDrucks. IV/650 S. 231. 57 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 9; Fischer Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Sinn SK Rdn. 3. S. auch Prot. V S. 2334 sowie BTDrucks. V/4095 S. 38, die bei den Beratungen zur Strafrechtsreform stets von der Erheblichkeit der Anlasstat ausgingen. 58 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 9; Pollähne NK Rdn. 12; Rapsch S. 70. 59 Vgl. Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16. 60 Pollähne NK Rdn. 1. 61 Bockemühl MK Rdn. 6; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9; Stoll BeckOK Rdn. 3. 62 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; Pollähne NK Rdn. 10.
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nig geklärt und auch nicht ohne Weiteres identisch mit ihrer Interpretation in anderen Bestimmungen oder Gesetzen. Zur Orientierung liegt es gleichwohl nahe, bei der Auslegung – wie im Folgenden – den Berufsbegriff des Art. 12 GG und das Verständnis des „Gewerbes“ nach der Gewerbeordnung heranzuziehen. Trennscharf abgrenzen lassen sich „Beruf“ und „Gewerbe“ nicht (ergänzend sogleich Rdn. 26).63 Vielmehr überschneiden sie sich häufig, so z.B. beim „Beruf“ des Kaufmanns, der das „Gewerbe“ eines Lebensmittelhändlers ausübt. Von gewisser Bedeutung ist die Interpretation der beiden Begriffe indes für die Festlegung des Umfangs eines Berufsverbots (siehe hierzu Rdn. 70 ff). Im Grenzbereich empfiehlt es sich daher, den Zweck des § 70 zu berücksichtigen, die Allgemeinheit vor berufs- bzw. gewerbespezifischen Betätigungen zu schützen, die durch ihre Beziehung zum Publikum besondere Gefahrenquellen eröffnen. Für den „Beruf“ ist zunächst eine Tätigkeit charakteristisch, die eine gewisse Sach- 25 kenntnis und Aufmerksamkeit erfordert.64 Kennzeichnend für eine berufliche Betätigung ist zudem, dass sie auf Dauer und nicht nur vorübergehend angelegt ist, um eine Lebensgrundlage zu schaffen und aufrecht zu erhalten.65 Typischerweise handelt es sich entweder um Betätigungen, für die ein „Berufsbild“ besteht, mag dieses rechtlich normiert sein oder auf gesellschaftlicher Anerkennung beruhen.66 Nicht zuletzt im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Berufsverbots liegt jedoch ein weiter Berufsbegriff nahe. Es ist daher nicht erforderlich, dass die Betätigung wirtschaftlich sinnvoll oder sozialwertig ist.67 Ebenso ist ohne Belang für einen „Beruf“, ob es sich hierbei um die Hauptbeschäftigung des Täters oder um eine Nebentätigkeit handelt.68 Eine unerlaubte Betätigung ist hingegen – entgegen dem heutzutage solche Tätigkeiten nicht kategorisch ausschließenden Berufsbegriff im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG69 – weder als „Beruf“ noch als „Gewerbe“ (siehe hierzu sogleich Rdn. 26) im Sinne des § 70 anzusehen.70 Schließlich hätte es wenig Sinn, eine solche Tätigkeit, insbesondere wenn sie ohnehin schon unter Strafe gestellt ist, noch ausdrücklich zu verbieten. Ein „Gewerbe“ lässt sich in Anlehnung an das Verständnis dieses Begriffs in der 26 Gewerbeordnung als eine erlaubte, selbstständige Tätigkeit definieren, die auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtet und auf Dauer angelegt ist. Ausgenommen sind die bloße Nutzung und Verwaltung eigenen Vermögens, die Urproduktion (z.B. durch Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei einschließlich Folgetätigkeiten) sowie freiberufliche Tätigkeiten wie künstlerische, schriftstellerische und wissenschaftliche Betätigungen und Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern (z.B. Seelsorge, ärztliche Tätigkeit).71 Bei den beiden letztgenannten Fallgruppen dürfte es sich aber in der Regel um Berufe im Sinne des § 70 handeln.72 Diese Umschreibung des Gewerbes dürfte somit auch bei § 70 dazu beitragen, den Umfang eines erforderlichen Berufsverbots zu präzisieren. Bei dem Gewerbebegriff bietet sich wegen der spezialpräventiven
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63 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9; Pollähne NK Rdn. 13. 64 Ebenso Pollähne NK Rdn. 14. 65 S. nur BVerfGE 97 228, 252 f; 105 252, 265; 110 141, 156; 111 10, 28; Ruffert BeckOK-GG Art. 12 Rdn. 40; Maunz/Dürig/Scholz Art. 12 Rdn. 29. 66 Näher Maunz/Dürig/Scholz Art. 12 Rdn. 280 ff. 67 Vgl. Maunz/Dürig/Scholz Art. 12 Rdn. 34 ff. 68 Vgl. BVerfGE 87 287, 316; 110 141, 156 f; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12; Ruffert BeckOK-GG Art. 12 Rdn. 42; Maunz/Dürig/Scholz Art. 12 Rdn. 31. 69 S. hierzu etwa BVerfGE 115 276, 300 f; Ruffert BeckOK-GG Art. 12 Rdn. 42. 70 Pollähne NK Rdn. 16. 71 BVerwG NJW 1977 772, 772; NVwZ 1993 775, 775; NVwZ 1995 473, 474; NJW 2008 1974, 1974; Landmann/Rohmer/Eisenmenger § 1 Rdn. 6; Pielow BeckOK-GewO § 1 Rdn. 135. Näher zum Begriff des freien Berufs statt vieler BVerwG NJW 2013 2214, 2214 f. 72 Ebenso Pollähne NK Rdn. 15.
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Ausrichtung der Maßregel des Berufsverbots ebenso wie beim Berufsbegriff eine weite Auslegung an. Unerheblich ist, ob der Beruf oder das Gewerbe Sonderkenntnisse und Erfahrungen, 27 einen Befähigungsnachweis oder eine Zulassung erfordert. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob der Täter Geschäftsherr oder Angestellter, Meister oder Geselle ist, ob er eine Ausbildung schon abgeschlossen hat oder gerade absolviert.73 Einen Beruf bzw. ein Gewerbe üben auch Ehepartner aus, die im Beruf bzw. Gewerbe 28 ihres Ehegatten mitarbeiten.74 Entsprechendes gilt für andere Familienangehörige, z.B. volljährige Kinder, die gemäß § 1619 BGB im Geschäft ihrer Eltern oder eines Elternteils tätig sind.75 Gegen die genannten Personen kann daher ein Berufsverbot verhängt werden. Die durch § 70 geschützten Interessen gehen denen des Ehegatten oder der Eltern vor.76 b) Innerer Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit. Bei beiden Varianten des § 70 (näher Rdn. 32 ff) bedarf es eines inneren Zusammenhangs zwischen der Anlasstat und der Ausübung eines bestimmten Berufs oder Gewerbes.77 Diesen Zusammenhang hat die Rechtsprechung wiederholt dergestalt näher beschrieben, dass die Tat Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit78 sein oder doch wenigstens ein mit deren regelmäßiger Gestaltung in Beziehung gesetztes Verhalten darstellen muss.79 Mit anderen Worten muss ein berufstypischer Zusammenhang erkennbar sein,80 muss die Tat symptomatisch die Unzuverlässigkeit des Täters gerade in seinem Beruf oder Gewerbe erkennen lassen und deshalb Anlass geben, die Allgemeinheit vor den mit der weiteren beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Täters drohenden Gefahren zu schützen.81 Nur wenn die Anlasstat (und ebenso die weiteren Gefahren, siehe Rdn. 42) diese Beziehung zum ausgeübten Beruf bzw. Gewerbe des Täters offenbart, darf ein Berufsverbot angeordnet werden. Eine sonstige oder allgemeine Unzuverlässigkeit in Beruf oder Gewerbe genügt nicht (ergänzend Rdn. 30 und Rdn. 36). Dass die Anlasstat ebenso von anderen Tätern als Berufsangehörigen oder Gewerbetreibenden begangen werden kann, steht der Anordnung eines Berufsverbots nicht entgegen.82 So kann ein Berufsverbot gegenüber einem zahlungsunfähigen Kaufmann angeordnet werden, der unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit bei mehreren Lieferanten Waren bestellte, auch wenn Betrügereien nicht notwendigerweise von Berufs- oder Erwerbstätigen begangen werden müssen.83 30 Hingegen reicht es nicht aus, dass der Täter die für einen Beruf erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ganz allgemein bei der Ausübung von Straftaten verwertet.84 29
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73 Ebenso Pollähne NK Rdn. 16. 74 Vgl. RG DJ 1940 458, 460; OLG Hamm DRZ 1948 315. 75 OLG Hamm DRZ 1948 315. 76 OLG Hamm DRZ 1948 315; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9. 77 OLG Karlsruhe StV 1993 403, 405; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9. 78 BGHSt 22 144, 146; BGH NJW 1989 3231, 3232; NStZ 1995 124, 124; wistra 2003 423, 423; StV 2008 80, 81; StraFo 2017 247, 250; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003 113, 114; s. auch OLG Karlsruhe NStZ 1995 291: „berufstypische Verbindung“. 79 RGSt 68 397, 399; BayObLG NJW 1957 958, 958; KG JR 1980 247, 247; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003 113, 114; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569. 80 BGH NStZ 1995 124, 124; wistra 2003 423, 423; StV 2008 80, 81; StraFo 2017 247, 250; ähnlich SSW/Harrendorf Rdn. 8: „berufsspezifischer Gefahrzusammenhang“. 81 BGH NJW 1983 2099; NStZ-RR 2016 110, 111. 82 BGH NStZ 1995 124, 124. 83 BGH NJW 1989 3231, 3232 m. Anm. Geerds JR 1990 296. 84 BGHSt 22 144, 146.
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Ebenso wenig rechtfertigt die rein äußerliche Möglichkeit zur Begehung der Tat anlässlich der Berufausübung ein Berufsverbot,85 genügt es somit nicht, dass die Tat nur in einem rein äußerlichen Zusammenhang, d.h. nur bei Gelegenheit der eigentlichen Berufsausübung begangen wird.86 Dies gilt etwa für das betrügerische Erschwindeln eines Darlehens von Patienten,87 von Fahrschülern88 oder von Personen, die der Täter aus seiner früheren Vertretertätigkeit kannte.89 Bei einer Kosmetikerin ist ohne nähere Feststellungen nicht ersichtlich, worin der Missbrauch ihres Berufs liegt, wenn sie illegale Abtreibungen vornimmt.90 Gleichfalls ist ein lediglich äußerer und somit nicht ausreichender Zusammenhang gegeben, wenn ein Krankenpfleger Medikamente aus seinem Krankenhaus stiehlt, um Freundinnen zur Einnahme von Überdosierungen dieser Medikamente wegen angeblich bestehender Krankheiten zu veranlassen und sie in dem dadurch hervorgerufenen Zustand sexuell zu missbrauchen,91 oder wenn ein Arzt zur Betäubung von ihm außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit sexuell missbrauchter Opfer Medikamente einsetzt, auf die er möglicherweise als Arzt Zugriff hatte.92 Demzufolge vermag es ebenso wenig zu überzeugen, einer Krankenschwester die Ausübung dieses „oder eines artverwandten Berufs“ für die Dauer von zwei Jahren zu untersagen, weil sie während des Diensts wiederholt ein narkotisierendes benzodiazepinhaltiges Medikament in Getränke und Speisen einer Arbeitskollegin gab.93 An dem erforderlichen inneren Zusammenhang fehlt es auch, wenn der Täter zum 31 Zeitpunkt der Tat eine Berufstätigkeit überhaupt nicht ausübt,94 sondern etwa nur vortäuscht95 oder sich betrügerisch anmaßt.96 Gleiches gilt, wenn die Tat erst nach Ende der Berufstätigkeit97 oder vor deren Beginn begangen wird.98 Des notwendigen Zusammenhangs mangelt es in dem letztgenannten Fall selbst dann, wenn die Tätigkeit dem Zweck dient, die Voraussetzungen für die Aufnahme der Berufstätigkeit zu schaffen,99 oder der Täter sich durch die Tat den Lebenszuschnitt ermöglichen will, den er für die beabsichtigte Tätigkeit als günstig erachtet.100 Schließlich entstehen erst mit der Aufnahme des Berufs oder Gewerbes die diesen eigentümlichen Pflichten und können erst ab diesem Zeitpunkt Beruf und Gewerbe missbraucht werden.101
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85 RGSt 68 397, 398 f; BGH bei Dallinger MDR 1952 146; bei Dallinger MDR 1968 550; wistra 2003 423, 423; StV 2008 80, 80 f; NStZ-RR 2016 110, 111; StraFo 2017 247, 250; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003 113, 114; Fischer Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9; Pollähne NK Rdn. 17; Sinn SK Rdn. 4. 86 BGH NJW 1983 2099; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 15. 87 BGH NJW 1983 2099. 88 BGH wistra 2003 423, 423 f. 89 BGH bei Dallinger MDR 1968 550. 90 BGH bei Dallinger MDR 1968 550. 91 BGH StV 2008 80, 81. 92 BGH StraFo 2017 247, 250. 93 So aber AG Frankfurt a.M. PflR 2010 585, 590 m. zust. Anm. Roßbruch, weil es die „Aufgabe [der Angeklagten] als Krankenschwester [sei], Patienten und anderen Mitmenschen zu helfen.“ Die Berufungsinstanz (LG Frankfurt a.M. vom 29.2.2012, Az. 5/24 Ns-3530 Js 202270/09 (21/10)) sah sodann, wenngleich aus anderen Gründen (fehlende Gefahrenprognose), von einem Berufsverbot ab. 94 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 15; Pollähne NK Rdn. 17. 95 BGHR § 70 Abs. 1 Pflichtverletzung 4; BGH wistra 1999 222 zur behaupteten Tätigkeit des Angeklagten als Anlageberater oder -vermittler, um betrügerisch Gelder zu erlangen, die indessen allein für eigene Zwecke verbraucht werden sollten; NStZ-RR 2000 326. 96 BGH NStZ 1998 567. 97 BGHR § 70 Abs. 1 Beruf 1. 98 BGHSt 22 144, 146. 99 BGHSt 22 144, 146 für Betrügereien, die mit künftigen Berufsplänen als Kameramann zusammenhängen. 100 BGH NStZ 1988 176. 101 BGHSt 22 144, 146.
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c) Missbrauch oder grobe Pflichtverletzung. Die Anlasstat muss unter Missbrauch des Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen werden. Diese beiden Varianten überschneiden sich häufig und werden vielfach zugleich erfüllt sein. So wird die Alternative des „Missbrauchs“ nicht zuletzt dann verwirklicht sein, wenn der Täter – bewusst und planmäßig – seinen für Beruf bzw. Gewerbe auferlegten Pflichten zuwiderhandelt. Dies gilt etwa für den Anwaltsnotar, der bei überfinanzierten Grundstücksgeschäften Beihilfe zum Betrug leistet,102 oder für den Rechtsanwalt, der für den Mandanten als Hehler fungiert103 oder Verteidigerbesuche (durch Übermittlung von Informationen und durch den Schmuggel von Waffen und Sprengstoff) zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung missbraucht und dadurch die Pflicht eines Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO), sämtliche Handlungen zu unterlassen, die Straftaten zu fördern geeignet sind, gröblich verletzt.104 Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung bilden der Arzt, der im Krankenhaus Opiate stiehlt und missbraucht und sodann unter Einwirkung der injizierten Opiate seinen Dienst verrichtet,105 sowie – wegen des nicht ausreichenden bloßen äußerlichen Zusammenhangs (Rdn. 30) indes fraglich – die Krankenschwester, die in einem Altersheim Opiumtropfen zum Selbstkonsum entwendet.106 Nach verbreiteter Meinung lassen sich die beiden Varianten daher nicht scharf voneinander trennen.107 Gleichwohl kann sich im Einzelfall eine Abgrenzung durchaus als erforderlich erweisen, setzt der „Missbrauch“ doch ein vorsätzliches Handeln voraus (siehe sogleich Rdn. 33), während für die „grobe Pflichtverletzung“ fahrlässiges Verhalten genügt (Rdn. 34). Beruf oder Gewerbe (siehe hierzu Rdn. 24 ff) werden missbraucht (Absatz 1 Satz 1 33 Var. 1), wenn der Täter die ihm durch Beruf oder Gewerbe gegebenen Möglichkeiten oder Befugnisse bewusst und planmäßig zu Straftaten ausnutzt, die den Aufgaben des betreffenden Berufs oder Gewerbes zuwiderlaufen.108 Diese Verfolgung sachfremder Zwecke setzt ein vorsätzliches Verhalten voraus.109 Einen solchen Missbrauch bejahte die Rechtsprechung etwa bei einem Kaufmann, der von seinen Lieferanten fortlaufend unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit Waren bestellte,110 sowie bei einem Lehrer, der wiederholt unter 14 Jahre alte Schülerinnen sexuell missbrauchte.111 Im Schrifttum werden als Beispiele zudem der Buchhändler, der illegale Schriften vertreibt, der Gastwirt, der in seinem Gästezimmer die Hehlerei fördert,112 oder auch der Drucker, der Falschgeld herstellt,113 genannt.
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102 BGH wistra 2000 459, 462. 103 OLG Oldenburg NJW-RR 1997 1287. 104 BGHSt 28 84, 85. 105 OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001 16, 17. 106 OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569. 107 OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; Bockemühl MK Rdn. 10; SSW/Harrendorf Rdn. 10; Pollähne NK Rdn. 13; Sinn SK Rdn. 6. 108 RGSt 68 397, 399; BGH bei Dallinger MDR 1952 146; bei Dallinger MDR 1968 550; BGHSt 22 144, 145 f; BGH NJW 1989 3231, 3232; NStZ 1995 124, 124; wistra 2003 423, 423; StraFo 2017 247, 250; BayObLG NJW 1957 958, 958; KG JR 1980 247, 247; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003 113, 114; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; OLG Karlsruhe NStZ 1995 291; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 16; SSW/Harrendorf Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Sinn SK Rdn. 5. 109 BayObLG NJW 1957 958, 958; KG JR 1980 247, 247; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; Bockemühl MK Rdn. 9; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 16; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Sander NJW-Sonderheft G. Schäfer 2002 57, 58; Spohr GS 105 (1935) 71, 73. 110 BGH NJW 1989 3231, 3232. 111 BGH NStZ 2002 198. 112 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10. 113 Sinn SK Rdn. 5.
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Eine grobe Verletzung der mit Beruf oder Gewerbe verbundenen Pflichten (Ab- 34 satz 1 Satz 1 Var. 2) liegt vor, wenn der Täter durch die Tat den Pflichten, die ihm für die Ausübung seines Berufs oder Gewerbes auferlegt sind, erheblich zuwiderhandelt.114 Unerheblich ist, ob die Pflichten auf Gesetz, auf Vertrag oder auf öffentlich-rechtlicher Anstellungsverfügung beruhen.115 Wegen der spezifischen Verbindung zur Pflichtenstellung reichen insoweit fahrlässige Verstöße aus.116 Freilich kann dies nur gelten, soweit die fahrlässige Verletzung auch mit Strafe bedroht ist, z.B. weil die Pflichtverletzung die Tötung oder Körperverletzung eines Menschen zur Folge hat.117 Als Pflichtverletzungen angesehen wurden z.B. Verstöße gegen das BtMG durch Apotheker oder Ärzte, Abrechnungsmanipulationen durch Ärzte,118 die Anstiftung zur Steuerhinterziehung durch Entwicklung eines „Steuermodells“ für einen Mandanten durch einen Rechtsanwalt und vereidigten Buchprüfer,119 die Verletzung von Buchführungs- und Bilanzpflichten des § 41 GmbHG,120 die Verletzung gesundheitspolizeilicher Vorschriften durch Gewerbetreibende, der Betrug eines Rechtsanwalts gegenüber dem Arbeitsamt und gegenüber einem Mandanten121 sowie das von einem Rechtsanwalt gegen Entgelt vorgenommene Einreichen von Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Vorspiegelung einer selbstständigen Tätigkeit der antragstellenden Flüchtlinge.122 Die erforderliche „grobe“ Pflichtwidrigkeit kann sich sowohl aus der Schwere der 35 Pflichtverletzung als auch bereits aus der Schwere der verletzten Pflicht ergeben.123 Erfordert ein Beruf oder Gewerbe eine besondere Zuverlässigkeit oder gesteigerte Sorgfalt, genügen demzufolge im Einzelfall schon weniger schwerwiegende Umstände für eine grobe Pflichtverletzung. 124 Angenommen wurde dies etwa für einen Spediteur oder Frachtführer, der in Abwesenheit und ohne Einwirkungsmöglichkeit des Eigentümers ständig mit hochwertigen Gütern umgehen musste,125 sowie für einen Arzt, der unter dem Einfluss im Krankenhaus entwendeter und eingenommener Opiate seinen Dienst als Notarzt bzw. Anästhesist versah.126 Stets ist für den erfassten Pflichtenkreis erforderlich, dass sie ihren Entstehungs- 36 grund in den besonderen Pflichten eines Berufs oder Gewerbes finden oder mit diesen wenigstens unmittelbar zusammenhängen.127 Erfasst sind somit zum einen Pflichten, die wegen der Rechtsstellung des Täters in Beruf oder Gewerbe als gesteigerte, berufsoder gewerbespezifische Pflichten anzusehen sind. Zum anderen können aus der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit ebenso allgemeine Pflichten erwachsen, die auch Personen außerhalb eines Berufs oder Gewerbes treffen und von ihnen missachtet
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114 BGH StraFo 2017 247, 250; BayObLG NJW 1957 958, 959; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11; ähnlich auch KG JR 1980 247, 247. 115 BayObLG NJW 1957 958, 959; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11. 116 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 17; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 5; Pollähne NK Rdn. 19; Stoll BeckOK Rdn. 5; Sander NJW-Sonderheft G. Schäfer 2002 57, 59. 117 Kilian AnwK Rdn. 17; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11. 118 OLG Koblenz wistra 1997 280. 119 BGH wistra 2001 220, 220. 120 LG München wistra 1987 261. 121 BGH NStZ 1987 406. 122 BGH NJW 2016 419, 421. 123 OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001 16, 17; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 17; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 5; Pollähne NK Rdn. 19; Stoll BeckOK Rdn. 5. 124 BGH bei Dallinger MDR 1953 19; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001 16, 17; OLG Hamburg NJW 1955 1568, 1569; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Kilian AnwK Rdn. 14; Pollähne NK Rdn. 19. 125 BGH bei Dallinger MDR 1953 19. 126 OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001 16, 17. 127 BayObLG NJW 1957 958, 959; ähnlich KG JR 1980 247, 247.
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werden können.128 Solche Pflichten sind dann als Berufspflichten im Sinne des § 70 anzusehen, wenn sie infolge des Zusammenhangs mit Beruf oder Gewerbe in typischer Verbindung zu der vom Täter ausgeübten Tätigkeit stehen und dadurch zur besonderen, erhöhten Pflicht eines bestimmten Berufs oder Gewerbes werden, folglich als deren integrierter Bestandteil erscheinen.129 Auf diese Weise erlangen auch allgemeine Pflichten jene berufs- oder gewerbespezifische Bedeutung, deren Missachtung diejenigen regelmäßigen Gefahren mit sich bringt, denen das Berufsverbot begegnen soll. Beispielsweise kann gegen den Inhaber eines Galvanisierungsbetriebs wegen eines Verstoßes gegen § 326 ein Berufsverbot verhängt werden, auch wenn selbstredend jedermann eine umweltgefährdende Abfallbeseitigung zu unterlassen hat. Sofern im Rahmen eines Gewerbebetriebs regelmäßig umweltgefährdende Abfälle entstehen, stellt deren ordnungsgemäße Beseitigung eine spezifische, aus dieser Art der Gewerbetätigkeit erwachsende Pflicht dar.130 Ob und gegebenenfalls inwiefern Verletzungen allgemeiner, auch von Personen au37 ßerhalb einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zu beachtender Pflichten ein Berufsverbot rechtfertigen können, ist nicht zuletzt bei der Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zu den Sozialversicherungen umstritten. Gegen die Annahme einer Pflichtverletzung wird vorgetragen, dass die Pflicht zur Einbehaltung und Abführung von Arbeitnehmeranteilen auch Personen (wie etwa den Eigentümer eines Gartens, der sich einen Gärtner halte) obliege, die überhaupt nicht aus Anlass oder im Rahmen eines Berufs oder Gewerbes Arbeitnehmer beschäftigten. Es handele sich hierbei somit nicht um eine Sonderpflicht, deren Verletzung ein Berufsverbot stützen könne.131 Ohnehin sei das Berufsverbot nicht geeignet, „die Allgemeinheit“ (dazu unten Rdn. 41) zu schützen, müsse dafür doch dem Täter die Beschäftigung von Arbeitnehmern überhaupt und ohne Rücksicht darauf untersagt werden, ob sie im Zusammenhang mit seinem Beruf oder Gewerbe tätig werden; eine derart weitgehende Untersagung sei jedoch nicht zulässig.132 Dem bleibt indessen entgegenzuhalten, dass die vom Täter zu beachtende Pflicht auch dem Schutz der Arbeitnehmer dient, die der Täter zur Ausübung seiner Berufs- oder Gewerbetätigkeit einsetzt.133 Zudem vermag das Berufsverbot zwar immer nur die Gefahr weiterer Straftaten in demjenigen Beruf oder Gewerbe zu beseitigen, in dem der Täter die Anlasstat begangen hat (siehe Rdn. 70), und somit nicht zu verhindern, dass sich der Täter einer anderen Tätigkeit zuwendet und dabei entsprechende Straftaten begeht. Das Berufsverbot gewährleistet aber immerhin, dass der Täter seinen bisherigen und gewohnten Tätigkeitsbereich nicht zu weiteren Straftaten ausnutzt. Außerdem erweist sich der Wechsel in einen anderen Beruf oder ein anderes Gewerbe für den Täter in der Regel nicht als allzu einfach. Demzufolge ist mit der wohl herrschenden Meinung die Pflicht, Arbeitnehmerbeiträge zu den Sozialversicherungen abzuführen, als spezifische Pflicht im Sinne des § 70 anzusehen.134 Nach den vorstehenden Überlegungen bleibt hingegen bei der – ähnlich umstritten 38 behandelten – Hinterziehung von (Einkommen-, Umsatz- und Gewerbe-)Steuern eine
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128 Fischer Rdn. 6; SSW/Harrendorf Rdn. 10; aA wohl BayObLG NJW 1957 958, 959. 129 Ähnlich KG JR 1980 247, 247. 130 LG Frankfurt a.M. NStZ 1983 171. 131 BayObLG NJW 1957 958, 959 m. krit. Anm. Martens NJW 1957 1289; zust. hingegen Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11; Pollähne NK Rdn. 19. 132 BayObLG NJW 1957 958, 959; krit. Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, 493 f. 133 KG JR 1980 247, 247 f. 134 LG München wistra 1987 261; Bockemühl MK Rdn. 11; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 6; Lang-Hinrichsen FS Heinitz S. 477, 493 f; Martens in NJW 1957 1289.
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Pflichtverletzung im Sinne des § 70 grundsätzlich abzulehnen.135 Schließlich betrifft die Steuerpflicht in der Regel nicht die Art und Weise der Ausübung des Berufs oder Gewerbes, so dass deren Verletzung – anders als etwa bei der Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zu den Sozialversicherungen – nicht in vergleichbarer Weise die Allgemeinheit gerade durch die Berufs- oder Gewerbetätigkeit gefährdet. Etwas anderes kommt in Betracht, wenn die Hinterziehung betrieblicher Steuern mit schwerwiegenden Verletzungen berufs- oder gewerbespezifischer Pflichten einhergeht. So hat der Bundesgerichtshof ein Berufsverbot bei einer mit der Steuerhinterziehung einhergehenden Verletzung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für zulässig erachtet, wenn die unternehmerische Tätigkeit auf die systematische Hinterziehung von Lohn- und Umsatzsteuern angelegt ist und dadurch die Steuerhinterziehung zu einem betrieblichen Kalkulationsfaktor wird.136 IV. Gefahr weiterer Taten 1. Allgemeines. Außer der (in einem inneren Zusammenhang mit der beruflichen 39 oder gewerblichen Tätigkeit stehenden) Anlasstat des Täters bedarf es einer ungünstigen Prognose in Bezug auf die Gefahren, die vom Täter bei weiterer beruflicher bzw. gewerblicher Tätigkeit ausgehen. Es muss erkennbar sein, dass der Täter bei weiterer Ausübung seines Berufs oder Berufszweiges bzw. seines Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten (wiederum mit dem beschriebenen inneren Zusammenhang) begehen wird. Diese Voraussetzung verdeutlicht zum einen den Charakter des Berufsverbots als reine Sicherungsmaßregel (Rdn. 1) und zum anderen den strengen Bezug der Maßregel zur Ausübung von Beruf oder Gewerbe. 2. Erkennbare Gefahr a) „Gefahr“ weiterer rechtswidriger Taten. Um von einer „Gefahr“ im Sinne des 40 § 70 sprechen zu können, reicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Maßregelrechts die bloße Möglichkeit erneuter, künftiger Straftaten nicht aus.137 Auch eine („einfache“ oder „gewisse“, jedenfalls) nicht näher bestimmte Wahrscheinlichkeit genügt angesichts des einschneidenden Charakters des Berufsverbots entgegen der wohl herrschenden Meinung138 nicht. Vielmehr ist eine „naheliegende“139 bzw. „hohe“140 Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftat des Täters zu fordern. Im Vergleich zur Formulierung des § 63, wonach „erhebliche rechtswidrige Taten […] zu erwarten sind“, kann mit der Vor-
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135 KG JR 1980 247, 247; Bockemühl MK Rdn. 11; Fischer Rdn. 7; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 11; Pollähne NK Rdn. 19; Sinn SK Rdn. 6; offengelassen von BGH bei Schmidt MDR 1992 212, 216 einerseits, ob erschwindelte Vorsteuererstattungen und vorgetäuschte Betriebsausgaben ein Berufsverbot rechtfertigen können; offengelassen von BGH NStZ 1995 124, 124 andererseits, ob jede Art der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dazu geeignet ist, die Anordnung eines Berufsverbots zu rechtfertigen. 136 BGH NStZ 1995 124, 124 für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten; vgl. auch BGHSt 29 97 zur möglichen berufsgerichtlichen Ausschließung aus dem Beruf des Steuerberaters. 137 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; Stoll BeckOK Rdn. 6. 138 So etwa BGH StV 1982 72, 73; StV 2013 699, 699; StV 2018 219, 220; NStZ-RR 2019 43, 43; s. auch Kilian AnwK Rdn. 19; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 8. Generelle Kritik bei Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 19, da sich die erforderliche Prognose „aus erfahrungswissenschaftlicher Sicht kaum mit bestimmten Wahrscheinlichkeitsgraden versehen“ lasse. 139 So Bockemühl MK Rdn. 14. 140 So OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003 113, 114; SSW/Harrendorf Rdn. 14; ähnlich Pollähne NK Rdn. 20: „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“.
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auflage zwar durchaus erwogen werden, ob mit „Gefahr“ im Sinne des § 70 (oder auch des § 64 oder § 68) ein etwas geringerer Grad von Wahrscheinlichkeit bezeichnet wird.141 Ob der Gesetzgeber aber den sprachlichen Unterschied zwischen „Erwartung“ und „Gefahr“ tatsächlich bewusst aufgegriffen hat, erscheint fraglich, nicht zuletzt weil bei § 63 aus der Erwartung ohne weiteres geschlossen wird, dass der Täter „deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist“, „Erwartung“ und „Gefahr“ somit jedenfalls im Ergebnis gleichgesetzt zu werden scheinen. Nicht unumstritten ist, wem die prognostizierte Gefahr drohen muss, um ein Berufs41 verbot verhängen zu können. Sollte die Gefahr einer weiteren, erheblichen berufs- oder gewerbebezogenen Straftat „lediglich“ eine konkrete einzelne Person betreffen (z.B. einen bestimmten Kunden, Mandanten, Patienten, Geschäftspartner oder auch Konkurrenten), erscheint schon aus diesem Grund ein Berufsverbot angesichts des damit einhergehenden schwerwiegenden Eingriffs nicht angebracht.142 Schließlich kann die gefährdete Person als Reaktion auf die Anlasstat jedenfalls in der Regel ohne Weiteres ausweichen, indem sie Beruf bzw. Gewerbe des Täters nicht mehr in Anspruch nimmt. Ein Berufsverbot kann hingegen entsprechend seinem Anliegen (Rdn. 1) nur zum Schutz vor Gefahren für die Allgemeinheit angeordnet werden.143 Dies bedeutet zwar nicht, dass die Gefahr sogleich einer unbestimmten Vielzahl von Personen drohen muss. Es bedarf aber zumindest einer Gefahr, die bestimmte Personengruppen oder einen begrenzten Personenkreis betrifft.144 42
b) Bezug zu Beruf oder Gewerbe. Es muss die Gefahr erkennbar sein, dass der Täter bei weiterer Ausübung seines Berufs oder Berufszweiges bzw. seines Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Der Begriff der rechtswidrigen Tat bestimmt sich nach den gleichen Gesichtspunkten, die für die Interpretation der rechtswidrigen Tat als Anlasstat gelten (oben Rdn. 20). Mit „Taten der bezeichneten Art“ sind solche gemeint, die unter Missbrauch des Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen werden. Wegen des schon mit diesem Merkmal ausdrücklich übernommenen Berufsbzw. Gewerbebezugs kommt der weiteren Voraussetzung, dass die Tat „bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges“ begangen werden muss, keine eigenständige Bedeutung zu. Das Verbot darf somit nur angeordnet werden, sofern auch die künftigen Taten berufs- oder gewerbespezifisch sind; insoweit gelten wiederum die gleichen Grundsätze, die für die Beurteilung der Anlasstat maßgebend sind (oben Rdn. 24 ff). Die befürchteten Taten müssen in ihrer Art nicht genau der Anlasstat entsprechen;145 in der Rechtsprechung ist etwa von der Gefahr „künftiger ähnlicher erheblicher Rechtsverletzungen“ die Rede.146 Ebenso genügen etwas anders akzentuierte berufs- oder gewerbespezifische Taten, wenngleich die Divergenz zur Art der Anlasstat im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung (Rdn. 44 ff) eine besonders sorgfältige Prognose erfordert. Andere, nicht berufs- oder gewerbespezifische Taten reichen hingegen nicht aus.147
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141 S. Hanack LK12 Rdn. 35; ebenso Bockemühl MK Rdn. 14; aA Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21. 142 S. schon Spohr GS 105 (1935) 71, 74. Zur Diskussion im Zuge der Strafrechtsreform bereits Niederschriften IV S. 371 ff. 143 KG JR 1980 247, 247; Bockemühl MK Rdn. 19. 144 S. etwa BGH GA 1960 183 für „den Kreis der Textillieferanten“; StV 2018 219, 220; NStZ-RR 2019 43, 43; Bockemühl MK Rdn. 19; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14. 145 S. schon Dreher Niederschriften XII S. 361. 146 BGH StV 2013 699, 699; StV 2018 219, 220; NStZ-RR 2019 43, 43. 147 Bockemühl MK Rdn. 15; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 14.
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c) Gefahr „erheblicher“ Taten. Der Begriff der „erheblichen“ Tat ist seit dem 43 2. StrRG zu einem Zentralbegriff des Maßregelrechts geworden, lässt sich aber für die verschiedenen Maßregeln nicht ohne Weiteres einheitlich bestimmen. Beim Berufsverbot des § 70, das für den Betroffenen in der Regel einen sehr einschneidenden, auch für seine Resozialisierung problematischen Eingriff bedeutet (Rdn. 4), sind zwar nicht so strenge Maßstäbe wie bei der Sicherungsverwahrung anzulegen.148 Sie dürfen aber – nicht zuletzt im Hinblick auf Art. 12 GG – auch nicht zu niedrig angesetzt sein.149 Drohende Verfehlungen geringeren Gewichts, z.B. „kleine“ Diebstähle, Unterschlagungen und Betrügereien150 oder auch Beleidigungen151 reichen daher nicht aus. Ansonsten sind die Einzelheiten in Rechtsprechung und Schrifttum wenig geklärt. Entscheidend dürften im Einzelfall Art und Häufigkeit der drohenden Taten unter Beachtung auch ihrer berufsoder gewerbespezifischen Bedeutung sein. Sofern durch die Tat materielle Schäden drohen, wird es Auswirkungen auf den jeweils betroffenen „Kundenkreis“ bedürfen, die in ihrer Gesamtheit gewichtig sind. Bei anderen drohenden Beeinträchtigungen (z.B. aufgrund der Missachtung von Hygienevorschriften, bei sexuellen Verfehlungen oder Strafvereitelungen eines Rechtsanwalts) wird vor allem auf die Bedeutung des geschützten Rechtsguts abzustellen sein. 3. Gesamtwürdigung von Täter und Tat. Für die Prognose künftiger, erneuter Ta- 44 ten der bezeichneten Art bedarf es einer „Gesamtwürdigung des Täters und der Tat“. Dadurch wird dem einschneidenden Charakter der Maßregel (Rdn. 4) Rechnung getragen. Ob einzelne Umstände eher der (Anlass-)Tat oder dem Täter zuzurechnen sind, ist mitunter schwierig zuzuordnen, wegen der ohnehin erforderlichen Gesamtwürdigung jedoch nicht von Bedeutung. Die Prognose weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten muss jedenfalls stets auf konkreten Tatsachen beruhen; zur Begründungspflicht Rdn. 85 f. Bei Zweifeln bzgl. dieser Tatsachengrundlage, auf der die Prognose beruht, gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ (näher hierzu Schöch LK12 Vor § 61 Rdn. 60 ff). Die Gesamtwürdigung hat sich zum einen auf die Tat zu beziehen. Die Tat muss 45 folglich Symptomcharakter haben, d.h. die spezifische Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters indizieren. Eine solche Aussagekraft wird der Tat nur zukommen, wenn sie den Schluss auf eine gewisse Konstanz im weiteren Verhalten des Täters gestattet.152 Da die Gesamtwürdigung „erhebliche“ rechtswidrige Taten besorgen lassen muss, wird zudem die Symptomtat, wenngleich nicht zwingend,153 so doch in der Regel ebenfalls von erheblichem Gewicht sein (siehe schon Rdn. 22).154 Die Tat muss jedenfalls nach ihrer Art und nach ihrem Gewicht die Gefahrenprognose mittragen.155 Zum anderen und insbesondere ist – soweit prozessual zulässig – die Gesamtwürdi- 46 gung des Täters erforderlich, um dessen weiteres Verhalten in Beruf und Gewerbe zu prognostizieren. Entsprechend dem Charakter der Maßregel ist der Täter speziell unter dem Blickwinkel der Betätigung zu beurteilen. Insoweit kann es genügen, dass sich der Täter, z.B. als Arzt, nicht über wesentliche Fortschritte seines Berufs informiert. Bei einem wegen Abrechnungsbetrügereien angeklagten Arzt wurde darauf verwiesen, dass
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148 Bockemühl MK Rdn. 18; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6. 149 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 21; Fischer Rdn. 9; SSW/Harrendorf Rdn. 14; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 15. 150 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 15. 151 Prot. IV S. 835; Rapsch S. 68 f; s. auch Niederschriften IV S. 371 ff. 152 Pollähne NK Rdn. 21. 153 So aber BTDrucks. V/4095 S. 38. 154 Bockemühl MK Rdn. 21; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16. 155 SSW/Harrendorf Rdn. 13.
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dieser selbst nach der Durchsuchung seiner Praxis Abrechnungen nach wie vor manipulierte und zudem etwa Prüfbescheide und Beschwerden seiner Patienten ignorierte. Es liege nahe, dass er „infolge erheblicher Charaktermängel auch weiterhin ein gestörtes Verhältnis zu den für ihn geltenden Rechtsnormen“ habe.156 Bei der Gesamtwürdigung einer Geschäftsführung und der dafür wesentlichen allgemeinen Haltung dürften für die weitere Gefährlichkeit vor allem Charaktermängel (Unredlichkeit, Gewissenlosigkeit, Leichtsinn), psychische Defekte (Willensschwäche, dauernde verminderte Schuldfähigkeit) und die Untüchtigkeit im Hinblick auf die Ausübung des in Frage stehenden Berufs oder Gewerbes (Fehlen der nötigen Vorbildung, Fertigkeiten oder Kenntnisse) von Belang sein.157 Zu berücksichtigen sind ferner das Alter des Angeklagten158 sowie eine bereits geleistete Schadenswiedergutmachung.159 Aus dem Nachtatverhalten des Täters darf nicht ohne Weiteres auf die Gefahr wei47 terer Taten geschlossen werden.160 Ebenso wenig darf ein zulässiges Verteidigungsverhalten im Prozess, z.B. durch ein nicht von Reue und Einsicht gekennzeichnetes Festhalten an der Auffassung, dass sein Verhalten nicht strafbar sei,161 berücksichtigt werden.162 Dies gilt auch dann, wenn nach einem rechtskräftigen Schuldspruch nur noch über den Rechtsfolgenausspruch verhandelt wird.163 In die Prognose einzubeziehen sind hingegen frühere, nicht zuletzt einschlägige Taten (neben der Anlasstat).164 Außer Betracht bleiben jedoch Verurteilungen, die nach dem BZRG nicht mehr verwertet werden dürfen.165 Präventive Aspekte der Eintragung eines Berufsverbots im Bundeszentralregister streiten nicht für dessen Anordnung, da bereits die grundsätzliche Eintragung rechtskräftiger Verurteilungen mögliche Arbeitgeber hinreichend informiert.166 Ist der Täter erstmalig wegen einer Anlasstat straffällig geworden, sind an die An48 nahme der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten ganz besonders strenge Anforderungen zu stellen. Denn in diesem Fall spricht viel dafür, dass er bereits durch die Verurteilung zur Strafe von weiteren Taten abgehalten wird.167 Dies schließt es allerdings nicht aus, ein Berufsverbot neben einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe anzuordnen, um die Gefahr weiterer Straftaten gerade durch das Verbot zu steuern.168 Zudem ist es zugunsten des Täters zu berücksichtigen, wenn zwischen Anlasstat und Urteil schon ein längerer Zeitraum vergangen ist, ohne dass er erneut in gleicher Weise straffällig geworden ist.169 In ähnlicher Weise ist zu bedenken, ob es sich um einen
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156 OLG Koblenz wistra 1997 280; vgl. auch AG Bochum MedR 1988 161, 162. 157 Ebenso Parigger StraFo 2011 447, 451. 158 RG DRpfl 1937 Nr. 204; BGH NStZ 2010 170, 171; Pollähne NK Rdn. 21; s. hierzu etwa auch BGHR § 70 Abs. 1 Wiederholungsgefahr 1. 159 BGH StV 2004 80, 81; Kilian AnwK Rdn. 22; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16. 160 BGH NStZ 1987 406; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Pollähne NK Rdn. 21. 161 BGH StV 2004 80, 81 f; NStZ-RR 2019 11. 162 BGH NStZ 2003 543, 544; wistra 2001 220, 220; NJW 2011 1891, 1894 (in BGHSt 56 226 nicht abgedr.); Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 22; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Kilian AnwK Rdn. 21; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Pollähne NK Rdn. 21; Sinn SK Rdn. 11. 163 BGHR § 70 Abs. 1 Dauer 1. 164 BGH wistra 2007 343, 344: „berufsspezifische Vorstrafen“; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Sander NJW-Sonderheft G. Schäfer 2002 57, 59. 165 BGH StV 2018 219, 220 f. 166 BGH StV 2013 699, 699 f. 167 BGH NStZ 1995 124, 124; StV 2013 699, 699; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003 113, 114; SSW/Harrendorf Rdn. 15; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Pollähne NK Rdn. 21; Sinn SK Rdn. 11; ferner BGH NStZ 2010 170, 171; s. aber auch BGH wistra 2003 424. 168 BGH StV 2004 80, 81; s. auch BGH NStZ 2010 170, 171. 169 BGH NStZ 2010 170, 171; StV 2013 699, 699; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 16; Pollähne NK Rdn. 21.
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Gelegenheits- oder Konflikttäter handelt, für den sichernde Maßregeln nicht gedacht sind.170 Dass der Täter den Beruf oder das Gewerbe bereits aufgegeben hat oder noch auf- 49 geben und nicht wieder aufnehmen will, beseitigt grundsätzlich nicht die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten, weil der Täter seine Entschließung jederzeit zu ändern vermag.171 Etwas anderes gilt im Einzelfall etwa dann, wenn der Täter seinen Gewerbebetrieb verpachtet und dabei sichergestellt ist (siehe § 70 Abs. 3), dass er auf die weitere Fortführung des Betriebs keinen Einfluss mehr nehmen kann,172 oder wenn er seinen Betrieb verkauft und übergeben hat und die hinreichende Gewähr dafür besteht, dass der Täter keinen neuen Betrieb eröffnet.173 Ansonsten kann der Richter ein solches Verhalten des Täters nur im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens (Rdn. 52 ff) berücksichtigen.174 4. Zeitpunkt der Prognose. Für die Beurteilung der vom Täter bei weiterer berufli- 50 cher bzw. gewerblicher Tätigkeit ausgehenden Gefahren ist – wie bei allen anderen Maßregeln – auf die Gegebenheiten im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen.175 Anders als nach der früheren Erforderlichkeitsklausel kommt es auf die Zeit des mutmaßlichen Endes ihres Vollzuges, d.h. auf den Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft176 nicht mehr an. Dass der Urteilszeitpunkt maßgeblich ist, kann indessen gerade bei dem Berufsver- 51 bot im Einzelfall problematisch sein. Schließlich kann ein Berufsverbot nach § 70a Abs. 2 frühestens nach einem Jahr ausgesetzt werden, wobei die Zeit einer behördlichen Verwahrung außer Betracht bleibt. Deshalb könnte ein Berufsverbot gegen einen Täter angeordnet und mindestens ein Jahr vollzogen werden, obwohl sich schon im Zeitpunkt des Urteils zweifelsfrei feststellen lässt, dass bei Entlassung aus dem Strafvollzug keine Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters mehr besteht. Dies erscheint verfassungsrechtlich nicht vertretbar, da die Maßregel nicht an die Schuld des Täters anknüpft, sondern nur darüber hinausgehende Interessen der Allgemeinheit im Blick hat (Rdn. 2), die demzufolge ausschließlich einen Eingriff in Art. 12 GG rechtfertigen können. Die Tatgerichte müssen daher bei der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens berücksichtigen, ob die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters wegen des Einflusses des Strafvollzugs vermutlich wegfallen wird.177 V. Anordnung des Berufsverbots 1. Pflichtgemäßes Ermessen des Gerichts. Die Anordnung des Berufsverbots steht 52 nach dem Wortlaut des Gesetzes („kann“) im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
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170 S. etwa BGH NStZ-RR 2016 110, 111 zur konfliktbeladenen Beziehung einer Ärztin, die ihren Ehemann nach einem Streit mit zum Eigenkonsum unter Ausnutzung ihrer Approbation verschafften Morphium tötete. 171 BGH bei Herlan MDR 1954 529; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 22; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17; Pollähne NK Rdn. 22; Sinn SK Rdn. 11; Fischer Rdn. 11. 172 Bockemühl MK Rdn. 23; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17. 173 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 22; Pollähne NK Rdn. 22. 174 SSW/Harrendorf Rdn. 17; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17; Pollähne NK Rdn. 22. 175 BGH NJW 1975 2249, 2249 f; StV 1982 72, 73; StV 2013 699, 699; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 8; Sinn SK Rdn. 11; s. schon BTDrucks. IV/650 S. 231. 176 S. BGH bei Dallinger MDR 1952 146; GA 1953 154, 155; GA 1955 149, 151; bei Dallinger MDR 1956 143 zu § 42l a.F.; hierauf indessen nach wie vor abstellend Kangarani/Hampe MedR 2014 797, 798. 177 Bockemühl MK Rdn. 24; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 19.
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Diese – bei der Strafrechtsreform sehr umstrittene178 – Regelung soll „unbillige Ergebnisse“ vermeiden,179 die sich nicht zuletzt aus der Schwere des Eingriffs in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Rdn. 4) und aus der Mindestdauer des Berufsverbots von einem Jahr (§ 70 Abs. 1 Satz 1, § 70a Abs. 2) ergeben können. Während nach § 42l a.F. von der Anordnung der – nach dem damaligen Wortlaut aber „erforderlich(en)“ – Maßregel nur unter besonderen Umständen abgesehen werden konnte,180 wird daher nun dem Tatrichter ein weiter Ermessensspielraum gewährt.181 Zur Begründungspflicht Rdn. 85 f. Insoweit kommt nicht zuletzt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (siehe auch § 62) eine erhebliche Bedeutung zu. Der Richter muss im Einzelfall prüfen, ob das Gewicht der begangenen und zu erwartenden Taten sowie der Grad der Gefährlichkeit des Täters gegenüber dem einschneidenden Charakter eines Berufsverbots nicht außer Verhältnis stehen. Dies hat sowohl im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung (Rdn. 44 ff) als auch bei Ausübung des richterlichen Ermessens hinsichtlich der Maßregelanordnung zu geschehen. Hierbei verpflichtet das pflichtgemäße Ermessen den Richter insgesamt zu einer umfänglicheren Prüfung der Angemessenheit des Berufsverbots als dies in § 62 („außer Verhältnis“) zum Ausdruck kommt. Zur Bedeutung des pflichtgemäßen Ermessens bei Medienangehörigen Rdn. 17, zur Berücksichtigung verhängter oder drohender verwaltungsrechtlicher bzw. ehrengerichtlicher Maßnahmen Rdn. 64. Bei der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens müssen sich die Gerichte am kriminalpolitischen Zweck der Maßregel orientieren. Folglich ist maßgebend, ob das Berufsverbot zum Schutz der Allgemeinheit geboten ist.182 Insoweit sind auch die Wirkungen einer zugleich verhängten Freiheitsstrafe zu berücksichtigen (siehe schon Rdn. 51). Aspekte des Schuldausgleichs sind ohne Belang.183 Ebenso stehen Gründe der Resozialisierung des Angeklagten, der etwa durch eine weitere Tätigkeit als Kaufmann Schaden wiedergutmachen oder sich ansonsten nicht mehr in ein Arbeitsverhältnis als Angestellter eingliedern könnte, der Anordnung eines Berufsverbots allein nicht entgegen.184 Eine Rücksichtnahme auf die persönlichen Verhältnisse des Täters kommt namentlich in Betracht, wenn die auslösende Tat wie die zu erwartenden (erheblichen) Taten kein besonderes Gewicht haben und die Wahrscheinlichkeit neuer Taten nicht sehr hoch ist, etwa weil seit der Tat schon eine lange Zeit verstrichen ist. Dies gilt insbesondere, wenn die Maßregel den Täter wegen seines höheren Alters oder der Unzumutbarkeit eines Berufswechsels in besonderem Maße treffen würde. Aber auch beim jüngeren Täter kann dessen Lebensalter bedeutsam sein. So kann es sich vor allem bei einem Heranwachsenden, der nach allgemeinem Strafrecht beurteilt wird (hierzu Rdn. 9), als problematisch erweisen, ihm durch ein Berufsverbot den weiteren Lebensweg zu erschweren. Freilich kann die Anordnung eines Berufsverbots im Einzelfall durchaus auch geboten sein, um einer Fehlentwicklung rechtzeitig entgegenzusteuern. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens ist nicht zuletzt das Übermaßverbot als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips zu beachten und zu prüfen, ob der Gefahr für die All-
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178 Näher Niederschriften IV S. 92, 94; Prot. IV S. 834 ff, 841 ff; V S. 445 f; BTDrucks. V/4095 S. 37 f. 179 BTDrucks. V/4095 S. 38; s. auch BGH wistra 2008 58, 60. 180 RGSt 74 54, 54; RG DR 1943 73. 181 BGH wistra 2007 343, 344; wistra 2008 58, 60; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 24; SSW/ Harrendorf Rdn. 16; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17; Pollähne NK Rdn. 23. Für die Einführung eines obligatorischen Berufsverbots im Schweizer Recht unter einschränkenden Voraussetzungen Mühlemann S. 157 ff. 182 Kindhäuser LPK Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 17. 183 Kindhäuser LPK Rdn. 9. 184 BGH NStZ 1981 391, 392.
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gemeinheit nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen begegnet werden kann. Eine Maßregel darf demnach nur angeordnet werden, wenn sie zur Erreichung des Zwecks unerlässlich ist. Kann hingegen die Gefahr auch auf andere, schonendere Weise unterbunden werden oder besteht infolge anderer getroffener Maßnahmen eine Gefahr gegebenenfalls schon überhaupt nicht mehr, ist die Verhängung einer Maßregel unzulässig.185 Von einem Berufsverbot ist daher unter anderem dann abzusehen, wenn die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters durch Auflagen oder Weisungen im Bewährungsbeschluss186 oder durch eine den Täter nach den Regeln des § 72 im Einzelfall weniger belastende Maßregel (Entziehung der Fahrerlaubnis, Führungsaufsicht) abgewendet werden kann. Zur Berücksichtigung außerstrafrechtlicher, namentlich verwaltungsrechtlicher und ehrengerichtlicher Maßnahmen siehe sogleich Rdn. 57 ff. 2. Berücksichtigung außerstrafrechtlicher Maßnahmen a) Allgemeines. Neben dem strafgerichtlichen Berufsverbot des § 70 bestehen zum 57 einen zahlreiche bundes- und landesrechtliche Vorschriften, die verwaltungsrechtliche Maßnahmen ermöglichen, indem sie die zuständigen Behörden dazu ermächtigen, die Ausübung von Berufen oder Gewerbebetrieben ganz oder teilweise zu untersagen, Betriebe zu schließen oder Approbationen und Befugnisse verschiedenster Art zu entziehen. Derartige Regelungen enthalten nahezu sämtliche Gesetze, die sich mit den Voraussetzungen für die Zulassung und die Ausübung bestimmter Berufe befassen. Zu nennen sind etwa die zahlreichen Gesetze über die Heilberufe, sei es die Bundesärzteordnung (BÄO), das SGB V, das Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (Hebammengesetz), das Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG), das Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten (Ergotherapeutengesetz – ErgThG) oder auch das Gesetz über den Beruf des Logopäden. Ähnliches gilt für Gesetze im Bereich des Gewerberechts. Hier finden sich neben der zentralen Vorschrift des § 35 GewO zur Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit (dazu Rdn. 67) weitere – gemäß § 35 Abs. 8 GewO vorrangige – einschlägige Untersagungs- und Betriebsschließungsvorschriften für Sonderfälle, sei es in der Gewerbeordnung selbst (z.B. §§ 51, 33d Abs. 4 und Abs. 5 GewO) oder auch in Spezialgesetzen für einzelne Gewerbezweige bzw. für bestimmte Tätigkeiten (z.B. § 15 GaststättenG für erlaubnispflichtige Gastgewerbe, § 45 WaffG für die Herstellung sowie den Handel von Waffen und Munition, §§ 4 f AÜG für Arbeitnehmerüberlassungen und § 34 SprengG für den Umgang sowie Erwerb von Sprengstoffen). Die Verstöße gegen entsprechende Anordnungen sind dabei zum guten Teil straf- oder bußgeldbewehrt. Bei bestimmten Berufen kommt zum anderen eine ehrengerichtliche Ausschlie- 58 ßung in Betracht. Dies betrifft nicht zuletzt Rechtsanwälte (§§ 13, 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO), Wirtschaftsprüfer (§§ 67 Abs. 1, 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis Nr. 6 WiPrO) und Steuerberater (§§ 20 Abs. 2, 46 Abs. 2 StBerG), ferner Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker (bei denen Ausschließungen z.B. nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO auf dem Weg über die Feststellung der beruflichen Unwürdigkeit nach landesrechtlichen Bestimmungen allerdings nur teilweise vorgesehen sind) sowie Architekten (bei denen nach den landesrechtlichen Architektengesetzen die ehrengerichtliche Ausschließung in Form einer Löschung der
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185 S. auch Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 23; Fischer Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 18; Pollähne NK Rdn. 24; Sinn SK Rdn. 12. 186 BGH wistra 2008 58, 60.
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Eintragung in die Architektenliste in Betracht kommt, siehe z.B. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBauKaG). Um die Bandbreite solcher verwaltungsrechtlicher und ehrengerichtlicher Maßnah59 men am Beispiel von Ärzten aufzuzeigen, sei exemplarisch auf den Katalog bayerischer berufsgerichtlicher Maßnahmen verwiesen, zu denen nach Art. 67 BayHKaG neben dem Verweis (Absatz 1 Nr. 1) die Geldbuße in Höhe von bis zu € 100.000 (Absatz 1 Nr. 2), die Entziehung der Delegierteneigenschaft oder der Mitgliedschaft oder eines Amtes in Organen der Berufsvertretung (Absatz 1 Nr. 3) sowie die Entziehung der Wählbarkeit zum Delegierten oder in Organe der Berufsvertretung bis zur Dauer von fünf Jahren (Absatz 1 Nr. 4) gehören. Die einzelnen Maßnahmen können hierbei nach Art. 67 Abs. 2 BayHKaG auch kombiniert werden. Ist die Schuld des Betroffenen lediglich gering, so dass die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich scheint, kann der Vorstand des ärztlichen Bezirksverbands gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayHKaG eine Rüge aussprechen. Da die Regelung der Berufsausübung der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterfällt, sind Zuständigkeit und Verfahren der Heilberufsgerichte in den Kammer- und Heilberufsgesetzen der Länder geregelt und können sich daher auch in den vorgesehenen Rechtsfolgen unterscheiden; die Abweichungen zwischen den einzelnen Landesgesetzen sind allerdings nur gering. Demgegenüber fällt die Zulassung zu (ärztlichen wie anderen) Heilberufen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, die dieser in der BÄO geregelt hat. Die demnach für die Erteilung der Approbation zuständigen Landesbehörden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BÄO) sind beispielsweise in Bayern dem Innenministerium, in Baden-Württemberg dem Regierungspräsidenten und in Berlin dem Senator für das Gesundheitswesen unterstellt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO hat die zuständige Behörde die Approbation eines Arztes zu widerrufen, wenn dieser durch sein Verhalten seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs offenbart hat. Neben dieser Aufhebung des ärztlichen Status kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO auch das Ruhen der Approbation angeordnet werden, mit dem ein vollständiges, jedoch nur vorübergehendes Berufsausübungsverbot einhergeht. Außerdem kann gemäß § 95 Abs. 6 SGB V einem Arzt, der seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt, die vertragsärztliche Zulassung entzogen werden. Dieses weite Spektrum möglicher Rechtsfolgen für ärztliches Fehlverhalten verlangt von den Rechtsanwälten und Strafverteidigern ein umsichtiges und bedächtiges Vorgehen,187 kann etwa einem im Wege einer Verständigung nach § 257c StPO abgelegten Geständnis, das im Strafverfahren lediglich aus prozesstaktischen Gründen erfolgt, um dort eine Strafmilderung zu erlangen, Bindungswirkung zukommen,188 so dass eine Verteidigung gegen an dessen Inhalt anknüpfende berufsgerichtliche oder approbationsspezifische Maßnahmen aussichtslos wird. Aber auch die Gerichte, die über die Anordnung eines Berufsverbots gemäß § 70 zu entscheiden haben, dürfen gegenüber dem Angeklagten bereits verhängte wie drohende außergerichtliche Sanktionen nicht völlig unberücksichtigt lassen (näher sogleich Rdn. 64 f). Rechtsanwälte sehen sich vor dem Hintergrund des § 114 Abs. 1 BRAO ebenso einer 60 Fülle anwaltsgerichtlicher Maßnahmen gegenüber. So steht für eine einmalige, leichte Verfehlung mit der Warnung nach Nr. 1 die am wenigsten schwer wiegende Maßnahme bereit, die keine weiteren Folgen nach sich zieht. Demgegenüber ist der in Nr. 2 normierte Verweis bereits als nicht unerhebliche Disziplinarstrafe zu begreifen, die kraft Gesetzes weitere Auswirkungen wie etwa die fünf Jahre währende Versagung, zum Mitglied
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S. hierzu nur Lemke-Küch StRR 2015 48. S. hierzu OVG Nds. medstra 2015 303, 307.
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des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer gewählt werden zu können (§ 66 Nr. 3 BRAO), nach sich zieht. Für schwerere Pflichtverletzungen kommt nach Nr. 3 eine Geldbuße in Höhe von bis zu € 25.000 in Betracht, an die im Übrigen identische Folgen wie an den Verweis anknüpfen. Um nachdrücklich an die Einhaltung der Berufspflichten zu erinnern, ohne die Berufsausübung gänzlich zu versagen, sieht zudem Nr. 4 ein zeitlich begrenztes Vertretungsverbot vor. Darüber hinaus ermöglicht Nr. 5 mit der dauerhaften Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft die schwerste anwaltsgerichtliche Maßnahme. Entgegen der dauerhaften, vollumfänglichen Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft oder des Ruhens der ärztlichen Approbation sieht die BRAO ein zeitlich befristetes, vollumfängliches Berufsverbot nicht vor; das zeitlich begrenzte Vertretungsverbot nach Nr. 4 hat sich vielmehr auf bestimmte Rechtsgebiete zu beziehen.189 Dass Angehörigen bestimmter Berufe somit eine Vielzahl an Sanktionen für berufli- 61 ches Fehlverhalten droht, wird häufig kritisch betrachtet. Bemängelt wird etwa, dass z.B. der Rechtsanwalt seinem gesetzlichen Richter entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entzogen werde, wenn er durch den Strafrichter verurteilt werden würde, obwohl § 114 BRAO ein Ehrengericht vorsehe.190 Infolge der Zweispurigkeit des Verfahrens solle außerdem die grotesk anmutende Folge drohen, dass zwar das Strafgericht für diese Tat ein Berufsverbot verhängen, das Ehrengericht dagegen den Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft ablehnen könnte.191 Indessen bleibt mit der vorzugswürdigen Gegenansicht zu bedenken, dass Straf- und Berufsrecht – trotz Anknüpfung an einen identischen Sachverhalt – unterschiedliche Ziele verfolgen (siehe auch sogleich Rdn. 62) und diese jeweils bereits durch ihre speziellen Maßnahmen erreichen können.192 Zudem verbleibt die Entscheidung über Strafe und Berufsverbot in einer Hand, so dass insofern keine unterschiedliche Bewertung aufgrund landesrechtlich divergierender Regelungen zu befürchten steht.193 Auch im Zuge der Großen Strafrechtsreform wurden beachtliche Einwände dagegen erhoben, das Nebeneinander strafrechtlicher, verwaltungsrechtlicher und ehrengerichtlicher Maßnahmen aufzulösen, insbesondere bestimmte Personengruppen vom Anwendungsbereich des § 70 auszunehmen.194 Zur Sonderregelung für Beamte und Notare siehe Rdn. 18 f. b) Weitgehende Unabhängigkeit der Strafgerichte. Die Kompetenzen der Strafge- 62 richte nach § 70 und die der Verwaltungsbehörden sowie der Ehrengerichte bestehen unabhängig voneinander. Hierfür sprechen außer der prinzipiellen Eigenständigkeit der gesetzlichen Aufgabenbereiche der genannten Instanzen vor allem die unterschiedlichen Voraussetzungen, Zielrichtungen und vielfach auch Folgen des strafrechtlichen Berufsverbots gegenüber den verschiedenen verwaltungsrechtlichen Eingriffen und ehrengerichtlichen Beschränkungen. So soll das Berufsverbot des § 70 den Schutz der Allgemeinheit vor der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters gewährleisten, während verwaltungsrechtliche Eingriffsbefugnisse die typischerweise etwas anders akzentuierte Unzuverlässigkeit oder auch Unwürdigkeit des Täters in Beruf
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189 Ausführl. zur Diskussion um die Einführung eines befristeten Berufsverbots Olischläger AnwBl 1973 321, 322 ff, allerdings noch vor Einführung des befristeten Vertretungsverbots in § 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO. 190 Olischläger AnwBl 1973 321, 330. 191 Sondersitzung Ehrengerichtsbarkeit 37. Deutscher Anwaltstag AnwBl. 1973 250, 251. 192 Schmid ZRP 1975 79, 80 f. 193 S. schon BTDrucks. 7/1261 S. 9 (Erster Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zum EGStGB). 194 Prot. IV S. 832 ff; V S. 445; BTDrucks. 7/1261 S. 8 f (Erster Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zum EGStGB). Überzeugend gegen Vorschläge, Rechtsanwälte aus der Regelung des § 70 auszunehmen (so etwa Olischläger AnwBl. 1973 321, 329), Schmid ZRP 1975 79.
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oder Gewerbe195 bzw. den Schutz vor gefährlichen oder nicht korrekt geführten Betrieben im Blick haben und ehrengerichtliche Entscheidungen wiederum im Wesentlichen die Reinhaltung eines Berufsstandes verfolgen.196 Zudem hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass nur die strafgerichtliche Untersagung einer beruflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit unter Strafschutz (§ 145c) stehe.197 Allerdings existieren auch zahlreiche Vorschriften, die den Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Untersagungen der Berufsoder Gewerbeausübung mit Strafe oder zumindest mit Bußgeld bedrohen (siehe schon Rdn. 57). Mangels gesetzlicher Regelung vermag daher jede der genannten Instanzen grund63 sätzlich unabhängig und ohne Rücksicht auf mögliche oder schon getroffene Maßnahmen der anderen tätig zu werden. Dies gilt zunächst für das Verhältnis der Strafgerichte zu den verwaltungsrechtlichen und ehrengerichtlichen Eingriffsmöglichkeiten. 198 So wird die Anordnung eines strafrechtlichen Berufsverbots nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein außerstrafrechtliches Verfahren möglich ist199 oder sogar zwingend erscheint.200 Selbst dass ein solches Verfahren schon mit entsprechendem Rechtsfolgenausspruch stattgefunden hat, steht der Verhängung eines Berufsverbots nach § 70 nicht entgegen.201 Dies gilt nicht zuletzt, weil beispielsweise die Verwaltungsbehörde ihre Entscheidung (z.B. über den Entzug der Approbation) jederzeit wieder abändern könnte.202 Ohnehin entspricht es der gängigen verwaltungsbehördlichen wie ehrengerichtlichen Praxis, zunächst die strafgerichtliche Entscheidung abzuwarten. Auch wenn die strafgerichtlichen Feststellungen grundsätzlich keine unmittelbare Bindungswirkung entfalten (näher auch zu den Ausnahmen Rdn. 67 ff), werden sie doch häufig als Grundlage einer verwaltungsbehördlichen oder auch ehrengerichtlichen Entscheidung herangezogen. Schließlich sind die Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung im Strafverfahren in der Regel umfassender als in einem Verwaltungsverfahren und kommt den Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil eine materielle Richtigkeitsgewähr zu.203 Die beschriebene Unabhängigkeit von strafgerichtlichem Berufsverbot und verwal64 tungsrechtlichen bzw. ehrengerichtlichen Maßnahmen mit der möglichen Folge einer Anordnung mehrerer Sanktionen im weiteren Sinne kann den Täter im Einzelfall allerdings besonders hart treffen. Um solche Konsequenzen zu vermeiden, können die Strafgerichte im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens (allgemein Rdn. 52 ff) durchaus berücksichtigen, ob gegen den Täter verwaltungsrechtliche bzw. ehrengerichtliche Maßnahmen verhängt wurden oder er hiermit zu rechnen hat.204 Zuzugeben ist angesichts der vorstehenden Ausführungen indessen zumindest zweierlei. Zum einen wird sich eine
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195 S. etwa OVG Bln. JR 1965 477, 478 zu den Unterschieden zwischen der Entziehung der ärztlichen Approbation und der Anordnung eines Berufsverbots. 196 Zum Zweck der Reinhaltung verschiedener außerstrafrechtlicher Maßnahmen etwa BGH NJW 1975 1712; NJW 1975 2249, 2249; NJW 1991 1069; zu den Unterschieden zwischen strafrechtlichem Berufsverbot und ehrengerichtlicher Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft Schmid ZRP 1975 79, 79 f. 197 BGH NJW 1975 2249, 2250. 198 BGH NJW 1975 1712; Fischer Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 199 BGHSt 28 84, 85; BGH bei Dallinger MDR 1952 530; NJW 1975 1712. 200 BGH NJW 1991 1069. 201 RG DR 1943 73; BGH NJW 1975 2249, 2249 und OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001 16, 17 bei dem angeordneten Ruhen der ärztlichen Approbation; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; aA Sträßner PKR 2007 48, 50. 202 BGH NJW 1975 2249, 2249. 203 S. nur OVG Nds. medstra 2015 303, 306 für die verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Fortbestand der Approbation. 204 S. auch BGH bei Dallinger MDR 1952 530; SSW/Harrendorf Rdn. 17; Pollähne NK Rdn. 23.
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solche Prüfung häufig bereits vor dem Hintergrund nicht anbieten, dass das Strafgericht oftmals weder sicher weiß noch erkennen kann, ob oder gegebenenfalls in welcher Weise mit außerstrafrechtlichen Reaktionen gegen den Täter zu rechnen ist, zumal sich die anderen Instanzen in der Regel an der strafgerichtlichen Entscheidung orientieren und diese gegebenenfalls abwarten werden bzw. sogar abwarten müssen (siehe schon soeben Rdn. 63). Zum anderen dürfen die Strafgerichte im Rahmen ihres Ermessens nur das Anliegen des Berufsverbots im Blick haben, die Allgemeinheit vor der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters zu bewahren. Andere Ziele (wie etwa die Reinhaltung eines Berufsstandes etc.) müssen hingegen außer Betracht bleiben (Rdn. 62). Auch wenn demnach eine Berücksichtigung außerstrafrechtlicher Maßnahmen beim Ermessen eher die Ausnahme darstellt, sollte sie jedoch nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Diese Ansicht steht im Einklang mit Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum in Art. 103 Abs. 3 GG niedergelegten „ne bis in idem“Grundsatz. Zwar ist die dortige Formulierung „auf Grund der allgemeinen Strafgesetze […] bestraft werden“ in einem engen, nur staatliche Kriminalstrafen umfassenden Sinne zu verstehen.205 Ohnehin mangelte es zudem an einem einheitlichen Streitgegenstand, weil sich die Voraussetzungen und Zwecke des strafgerichtlichen Berufsverbots einerseits und etwa des verwaltungsrechtlichen Approbationsentzugs andererseits erheblich unterscheiden.206 Diese Interpretation des Art. 103 Abs. 3 GG steht jedoch nicht entgegen, beim Nebeneinander von Strafrecht und Disziplinarrecht besonders zu prüfen, ob die eine Maßnahme die andere nicht entbehrlich werden lässt. So gebietet es der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, bei der Bemessung der Kriminalstrafe auch außergerichtlich verhängte Sanktionen wie etwa Disziplinarmaßnahmen zu berücksichtigen, sofern diese in ihrer Wirkung nach gleichartig sind.207 Anerkannt ist, dass (auch nur drohende) ehrengerichtliche Folgen – unabhängig 65 von deren Berücksichtigung bei der Verhängung eines Berufsverbots – jedenfalls bei der Strafzumessung als strafmildernder Umstand heranzuziehen sind.208 Schließlich handelt es sich bei diesen Folgen um von der Strafe zu erwartende Wirkungen im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 2.209 Ebenso ist zu beachten, welche beruflichen Nebenwirkungen eine strafrechtliche Verurteilung für den Täter mit sich bringt. Diese sind jedenfalls dann (als bestimmender Strafzumessungsgrund) ausdrücklich anzuführen, wenn der Täter wegen der Verurteilung seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert.210 c) Eingeschränkte Unabhängigkeit außerstrafgerichtlicher Instanzen. Im Ver- 66 gleich mit den Strafgerichten wird die Unabhängigkeit verwaltungsbehördlicher und ehrengerichtlicher Instanzen erheblich stärker eingeschränkt. Zwar können verwaltungsrechtliche und ehrengerichtliche Maßnahmen wegen ihrer abweichenden Zielrichtung (siehe hierzu schon Rdn. 62) jedenfalls dann grundsätzlich ergriffen werden, wenn das Strafgericht von der Anordnung eines Berufsverbots absieht.211 Sollte indessen ein
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205 BVerfGE 21 378, 383 f; 27 180, 184 ff; Radtke/Hagemeier BeckOK-GG Art. 103 Rdn. 47; Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 Rdn. 287. 206 Eingeh. OVG Bln. JR 1965 477, 478; s. auch OVG NRW NJW 2003 2332, 2333; 2004 2034, 2035; LangHinrichsen FS Heinitz S. 477, 500; Ule DVBl. 1963 674, 676; vgl. auch BVerfGE 27 180, 186 f. 207 BVerfGE 21 378, 388; 28 264, 277; eingeh. Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 Rdn. 275 ff; vgl. auch Rdn. 69. 208 BGH NStZ 1987 133, 134; NStZ 1987 550, 551; StV 1991 207; StV 2017 83, 84. 209 BGH NStZ 1987 550, 551; StV 1991 207. 210 BGH NStZ 2013 522. 211 S. nur BVerwGE 15 282, 286 f; 105 214, 216; VGH BW NJW 2010 692, 695; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Kangarani/Hampe MedR 2014 797, 802.
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strafgerichtliches Berufsverbot verhängt werden, kann den Verwaltungsbehörden und Ehrengerichten nur noch eine eingeschränkte Unabhängigkeit bescheinigt werden. Zum Teil sehen gesetzliche Vorschriften ausdrücklich eine Bindung an die Ent67 scheidungen der Strafgerichte in unterschiedlichem Umfang vor. So darf nach § 35 Abs. 3 Satz 1 GewO die Verwaltungsbehörde (entsprechend § 3 Abs. 4 StVG bei Entziehung der Fahrerlaubnis) in einem Verfahren, das die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 Abs. 1 GewO zum Gegenstand hat, weder von der Feststellung des Sachverhalts noch von der Beurteilung der Schuldfrage, die in einem Strafverfahren einschließlich des gerichtlichen Bußgeldverfahrens getroffen wurden, zum Nachteil des Betroffenen abweichen. Gleiches gilt in Bezug auf die strafgerichtliche Beurteilung, ob der Täter bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist. Die Vorschrift hindert jedoch nach § 35 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO nicht die Untersagung der Ausübung anderer oder sogar aller Gewerbe, über deren Untersagung das Strafgericht nicht entschieden hat. 68 Ähnlich sehen § 118 Abs. 2 und Abs. 3 BRAO grundsätzlich eine Bindung der Anwaltsgerichte an die strafgerichtliche Würdigung von Tatsachen vor, die für die Entscheidung im ehrengerichtlichen Verfahren von Bedeutung sind. Die Bindungswirkung erstreckt sich aber nicht auf die Entscheidungen des Strafrichters selbst.212 Zudem ist – in Bezug auf ein und dasselbe Verhalten, d.h. auf ein einheitliches geschichtliches Ereignis – das ehrengerichtliche Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BRAO bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens auszusetzen; dem strafgerichtlichen Verfahren gebührt somit der Vorrang.213 Dadurch sollen sich widersprechende Entscheidungen jedenfalls bzgl. der Feststellung der jeweils zugrunde liegenden Tatsachen ein und desselben Sachverhalts vermieden werden.214 Ob die festgestellten Tatsachen hingegen etwa eine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft gemäß § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO als schwerste ehrengerichtliche Maßnahme stützen (zu den verschiedenen Sanktionen der Anwaltsgerichte Rdn. 60), müssen die Anwaltsgerichte in eigener Verantwortung in jedem Einzelfall nach den dafür geltenden rechtlichen Kriterien gesondert prüfen und entscheiden.215 Weitere Regelungen des Nebeneinanders von Straf- und Disziplinarmaßnahmen finden sich – wenngleich nicht speziell auf Berufsverbote bezogen – in § 102 Abs. 3 PAO, § 109 Abs. 2 und Abs. 3 StBerG, § 83 WiPrO, § 23 Abs. 1 BDG216 und in landesrechtlichen Vorschriften über die Berufsgerichtsbarkeit der Angehörigen von Heilberufen (siehe z.B. Art. 86 BayHKaG). Fehlen entsprechende Vorschriften zur Bindung an die Strafgerichte, sind die 69 verwaltungsbehördlichen und ehrengerichtlichen Instanzen sowohl in ihren tatsächlichen Feststellungen (ergänzend aber Rdn. 63) als auch in ihren darauf beruhenden rechtlichen Würdigungen zwar grundsätzlich unabhängig. Von Bedeutung ist dies nicht zuletzt für die Entziehung der Approbation eines Arztes, der als Angehöriger eines Heilberufs kein Gewerbetreibender im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 GewO (hierzu soeben Rdn. 67) ist.217 Jedoch darf die Behörde nach Abschluss des Strafverfahrens – auch wenn Art. 103 Abs. 3 GG auf nichtstrafrechtliche Sanktionen an sich nicht anwendbar ist
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212 BGH NJW 1975 1712. 213 BGHSt 28 178, 179. 214 BGHSt 28 178, 181. 215 BGH NJW 1991 1069; s. hierzu auch Schmid ZRP 1975 79, 80. 216 Zur Bindungswirkung nach dieser Vorschrift Lemke-Küch StRR 2015 48, 49. 217 BVerwGE 15 282, 285 m. Bespr. Eyermann JuS 1964 269; 137 1, 9; OVG Bln. JR 1965 477, 477; Pollähne NK Rdn. 33; zum Gewerbebegriff s. schon Rdn. 26.
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(Rdn. 64) – nur bei einem sog. berufsrechtlichen Überhang approbationsrechtliche Sanktionen verhängen,218 d.h. soweit deren Zweck im Strafverfahren noch nicht erreicht wurde und daher eine zusätzliche berufsrechtliche Reaktion erforderlich erscheint.219 Dies ist nicht zuletzt dann anzunehmen, wenn das Strafgericht die berufsrechtlichen Aspekte des Falls überhaupt nicht geprüft hat, z.B. gegenüber einem Arzt wegen Abrechnungsbetrügereien zwar ein Berufsverbot angeordnet hat, ohne hierbei jedoch darauf einzugehen, dass die Delegation von Behandlungsmaßnahmen als originär ärztlicher Aufgabe auf Hilfspersonal eine ärztliche Berufspflicht in einem zentralen Punkt verletzt.220 Etwas anderes gilt hingegen, wenn das Strafgericht bei der Anordnung eines Berufsverbots bereits sämtliche Umstände, die auch für die Entscheidung über zusätzliche verwaltungsrechtliche Maßnahmen von Bedeutung sind, erschöpfend gewürdigt und somit die maßgeblichen berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat.221 Das Rechtsstaatsprinzip sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten folglich die Prüfung, ob neben einer verhängten Kriminalstrafe überhaupt noch eine berufsgerichtliche oder verwaltungsrechtliche Maßnahme erforderlich ist.222 Darüber hinaus reichenden Folgerungen aus Art. 103 Abs. 3 GG, dass der Betroffene nach einer vollständigen Würdigung des Sachverhalts durch das Strafgericht darauf vertrauen können müsse, dem Interesse der Öffentlichkeit sei auch im Hinblick auf eine berufsrechtliche Maßregelung in vollem Umfang Genüge getan,223 ist hingegen eine Absage zu erteilen.224 3. Umfang des Berufsverbots. Nach Absatz 1 Satz 1 kann „das Gericht die Aus- 70 übung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges […] verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird“. Dem lässt sich entnehmen, dass das Berufsverbot immer nur (höchstens) für denjenigen Beruf oder dasjenige Gewerbe angeordnet werden darf, in dem der Täter die Anlasstat begangen hat.225 Zwar kann – sofern der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten dies erfordert – die Untersagung auf die ganze Berufs- bzw. Gewerbegattung erstreckt werden, selbst wenn die Anlasstat nur in einem bestimmten Bereich oder Zweig des Berufs oder Gewerbes begangen wurde.226 Jegliche berufliche oder gewerbliche Betätigung vollständig zu untersagen, ist indessen unzulässig. Das Ausweichen auf einen „anderen“ Beruf oder ein „anderes“ Gewerbe kann dem Täter nicht abgeschnitten werden, selbst wenn dessen Ausübung für die Allgemeinheit gleichfalls gefährlich sein sollte.227 Wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (näher Rdn. 53) sowie im Hin- 71 blick auf den Sicherungscharakter der Maßregel darf zudem ein Berufsverbot immer nur
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218 BVerwGE 15 282, 287; OVG NRW NJW 2004 2034, 2035; OVG RhPf. MedR 2006 301, 304. 219 BVerwGE 137 1, 9; s. auch BVerfGE 27 180, 187. 220 BVerwGE 105 214, 216. 221 BVerwGE 15 282, 287; 137 1, 9; OVG RhPf. MedR 2006 301, 304; Pollähne NK Rdn. 33. 222 BVerfGE 27 180, 187 f; 66 337, 357. 223 So noch BVerwGE 15 282, 288. 224 Ausdrückl. abl. für die Rücknahme einer ärztlichen Approbation OVG Bln. JR 1965 477, 477 f; Eyermann JuS 1964 269, 270; J. Kretschmer S. 291 f; Menger VerwArch. 1964 73, 78 ff; Ule DVBl. 1963 674, 675 f. Ausführl. zur Entscheidung des BVerwG und zu diesbezüglichen Kritikpunkten Hanack LK12 Rdn. 90 ff; krit. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 225 BGH NJW 1965 1388, 1389; StV 1987 20; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 25; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 20; Pollähne NK Rdn. 25. 226 RGSt 71 69, 69 f; BGH MDR 1958 783; NJW 1965 1388, 1389; GA 1967 153; BeckRS 1980 02999; OLG Celle NJW 1965 265; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 20. 227 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 25; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 20.
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in demjenigen Umfang ausgesprochen werden, in dem dessen Anordnung erforderlich ist, um die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern. Demnach ist eine Beschränkung des Berufsverbots auf einen speziellen Teilbereich des Berufs bzw. des Gewerbes geboten, sofern bereits hierdurch die vom Täter drohenden Gefahren abgewendet werden können.228 Dies bringt ebenso bereits – wenngleich unvollkommen – die Formulierung des Absatzes 1 Satz 1 („Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges“) zum Ausdruck. Der erforderliche Umfang der Untersagung richtet sich nach der Art des drohenden 72 Missbrauchs im konkreten Einzelfall. Beispielsweise kann es notwendig sein, den unzuverlässigen Kaufmann gänzlich aus dem Handelsgewerbe zu entfernen.229 Unter Umständen genügt es aber, wenn er nur von einem bestimmten Zweig oder Teil des Gewerbes ferngehalten wird.230 Ähnlich kann dem Täter die Tätigkeit eines angestellten Arztes erlaubt bleiben, während ihm das Praktizieren als selbstständiger Arzt untersagt wird. Ebenso kann einem wegen Abrechnungsbetrügereien verurteilten Arzt die Ausübung als selbstständig liquidierender oder liquidationsberechtiger Arzt verboten werden.231 Gibt ein Arzt unerlaubt Betäubungsmittel an seine drogenabhängigen Patienten ab, kann ihm die berufliche Tätigkeit als Substitutionsarzt untersagt werden.232 Hat sich ein Täter ausschließlich an weiblichen bzw. an männlichen Schutzbefohlenen sexuell vergriffen, reicht – bei der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten – im Zweifel die Untersagung der Beschäftigung, Ausbildung oder Betreuung von Personen des jeweiligen Geschlechts aus.233 Ein Verbot, „jedwede berufliche Tätigkeit mit persönlichem Kontakt zu Kindern auszuüben“, ist in diesen Fällen hingegen unzulässig.234 Bei einem Rechtsanwalt, der in verschiedener Weise eine terroristische Vereinigung unterstützt hat, erachtet der Bundesgerichtshof hingegen ein auf die Verteidigung terroristischer Straftaten beschränktes Berufsverbot für nicht ausreichend.235 73
4. Bestimmtheit des Berufsverbots. Nach § 260 Abs. 2 StPO ist „im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen“. Dieses Gebot ist freilich nur prozessualer Natur und nicht mit der
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228 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 25; Fischer Rdn. 12; SSW/Harrendorf Rdn. 19; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 20; Pollähne NK Rdn. 26; Sinn SK Rdn. 12. 229 RGSt 71 69, 69 f; BGH MDR 1958 783; ergänzend Rdn. 75. 230 BGH GA 1960 183 zum Verbot des Berufs als Textilkaufmann anstatt der Untersagung der „Ausübung jedes selbständigen Handelsgewerbes“. 231 BGH NJW 2012 1377, 1386 (in BGHSt 57 95 nicht abgedr.). 232 BGH StV 2008 471, 472 (in BGHSt 52 271 nicht abgedr.). 233 BGH bei Herlan MDR 1954 529 für „die Untersagung des Haltens und Ausbildens weiblicher Friseurlehrlinge“ nach sexuellen Verfehlungen eines Friseurs an einem weiblichen Lehrling; BGHR StGB § 70 Abs. 1 Umfang, zulässiger 2 für das Verbot, „Kinder und Jugendliche männlichen Geschlechts unter 16 Jahren ohne Aufsicht eines Erziehungsberechtigten zu unterrichten“; StV 2004 653 mit Anm. Kugler für sexuell gefärbte Straftaten eines Arztes zum Nachteil weiblicher Patienten (s. hierzu auch NJW 2011 1891, 1894, in BGHSt 56 226 nicht abgedr.); BeckRS 2014 05761 für die Beschränkung eines Berufsverbots auf die „Ausübung des Berufs des Lehrers oder Nachhilfelehrers zur Unterrichtung weiblicher Personen unter achtzehn Jahren“ (in NStZ-RR 2014 177 nicht abgedr.); LG Kaiserslautern PflR 2009 305 mit dem Verbot, „den Beruf des Sozialpädagogen in der Kinder- und Jugendarbeit auszuüben, soweit die Tätigkeit Mädchen unter 14 Jahren betrifft“; s. auch BGH NStZ 2015 354, 355 zum in der Vorinstanz ausgesprochenen Verbot, „berufs- und gewerbsmäßig von Personen unter 21 Jahren Abbildungen anzufertigen oder solche Personen als Schauspieler oder Fotomodel auszubilden, zu beraten oder zu vermitteln“. 234 BGH BeckRS 2008 12089, wonach es lediglich zulässig sei, „das Unterrichten oder Betreuen von Kindern weiblichen Geschlechts“ zu verbieten, um der Gefahr sexueller Übergriffe des Täters auf Mädchen auch außerhalb des Musikunterrichts zu begegnen. 235 BGHSt 28 84, 85 f; krit. Pollähne NK Rdn. 27.
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Frage zu verwechseln, in welchem Umfang ein Berufsverbot sachlich zulässig bzw. erforderlich ist. Dies richtet sich allein nach der materiellrechtlichen Normierung des § 70, der selbst bereits dazu anhält, das Berufsverbot ausreichend bestimmt zu bezeichnen.236 Dass der Umfang des Berufsverbots so konkret wie möglich zu beschreiben ist, ergibt sich zudem schon aus der praktischen Notwendigkeit, das Berufsverbot durchführen und nachprüfen zu können. Täter und auch Dritte (siehe § 70 Abs. 3) müssen sich entsprechend darauf einrichten können. Dementsprechend hängt ebenso die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen ein (vorläufiges) Berufsverbot nach § 145c von der genauen Bestimmung seiner Tragweite dergestalt ab, dass die ausgeübte Tätigkeit von dem Verbot eindeutig betroffen ist.237 Nach Rechtskraft sind etwaige Zweifel über die Tragweite eines Berufsverbots vom Gericht nach § 458 StPO zu entscheiden. Unzulässig sind anerkanntermaßen die Untersagung „jeder selbständigen Ge- 74 schäftstätigkeit“ 238 bzw. „jeder selbständigen Gewerbetätigkeit“ 239 sowie das Verbot, „ein selbständiges Gewerbe“ auszuüben.240 Ebenso hat der Bundesgerichtshof das Verbot der „Ausübung des Kaufmanngewerbes“241 beanstandet; es bedürfe einer genaueren Bestimmung, weil die gewählte Fassung offenlasse, ob nur der Beruf eines selbstständigen Kaufmanns oder auch die Tätigkeit eines Geschäftsführers, Prokuristen oder dergleichen oder sogar jede Beschäftigung als kaufmännischer Angestellter gemeint sei.242 Als missverständlich und unzulässig wurde die Umschreibung „für den Berufszweig Versicherungskaufmann“ angesehen, wenn die berufliche Vermittlung von Versicherungsverträgen untersagt werden sollte; stattdessen sei etwa „jegliche berufliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen“ zu verbieten. 243 Ebenso nicht hinreichend bestimmt waren nach der Rechtsprechung das Verbot, sich „als Manager“244 zu betätigen, sowie die Untersagung einer Tätigkeit, die dem Täter „die Möglichkeit gibt, über fremde Gelder zu verfügen“.245 Als möglicherweise unbestimmt wurde des Weiteren ein Berufsverbot angesehen, das dem wegen schweren sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen verurteilten Täter außer dem Beruf des Altenpflegers auch „entsprechende berufliche Tätigkeiten“ untersagte.246 Zulässig sind nach der Rechtsprechung hingegen – falls im jeweiligen Einzelfall 75 auch erforderlich (siehe hierzu Rdn. 72) – das Verbot der „selbständigen Ausübung eines Handelsgewerbes“247 oder des „Berufs als selbständiger Kaufmann“.248 Auch die Untersagung „jedweden Handelsgewerbes“ wurde als ausreichend bestimmt erachtet.249 In der Rechtsprechung wurde des Weiteren einem Speditionsunternehmer anlässlich von ihm
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236 Ebenso OLG Karlsruhe NStZ 1995 446, 447. 237 OLG Karlsruhe NStZ 1995 446, 447 m. Anm. Stree und Cramer NStZ 1996 136; aus der Kommentarliteratur statt vieler Krehl LK12 § 145c Rdn. 10. 238 BGH bei Dallinger MDR 1952 530. 239 BGH GA 1967 153; BeckRS 1980 02999. 240 BGH bei Holtz MDR 1979 455. 241 BGH bei Dallinger MDR 1956 143. 242 BGH bei Dallinger MDR 1956 143. 243 BGH BeckRS 2006 14. 244 BGH bei Dallinger MDR 1958 139. 245 BGH bei Dallinger MDR 1974 12, 12. 246 BGH BeckRS 2009 5127. 247 BGH GA 1967 153. 248 BGH GA 1960 183; s. auch BGH BeckRS 1980 02999: Verbot, „den Beruf eines selbständigen Kaufmanns auf jedem Gebiet auszuüben“, kann zulässig sein, auch wenn sie dem – unzulässigen – Verbot jeder selbstständigen Gewerbetätigkeit nahekommt. 249 RGSt 71 69, 69 f.
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zu verantwortender Lenkzeitenüberschreitungen seiner Fahrer, die zu einem Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang führten, untersagt, „ein selbstständiges Speditionsgewerbe auszuüben“.250 Als noch genügend bestimmt wurde ferner das Verbot der „Ausübung des Vertreterberufes im weitesten Sinne“ angesehen.251 Dies erscheint allerdings fraglich, zumal die Formulierung selbst noch in der Entscheidung interpretiert werden musste und demnach nur die unmittelbare Stellvertretung umfassen sollte.252 76 Die Notwendigkeit, ein Verbot ausreichend bestimmt zu bezeichnen, ergibt sich vor allem bei Berufen, deren Tätigkeitsbereich gesetzlich nicht festgelegt ist, sowie bei weitgespannten Verboten. Bei ihnen empfehlen sich unter Umständen klarstellende Zusätze, z.B. durch die Formulierung „jede Tätigkeit als selbständiger, leitender oder angestellter Kaufmann“.253 Gegebenenfalls kommt gerade in solchen Fällen auch die Aufzählung mehrerer verschiedener Einzeltätigkeiten in Betracht. So wurde in der Rechtsprechung erwogen, dem Angeklagten „die Ausübung des Berufs eines Handelsvertreters, eines selbständigen Handelsgewerbes und eines Werbeunternehmens […] zu untersagen“, 254 oder auch das Berufsverbot angeordnet, „als Vollkaufmann oder mittels Beschäftigung von Arbeitnehmern auf dem Gebiet der Entwicklung, Herstellung und des Vertriebes von intelligenten feinmechanischen oder elektronischen Geräten selbständig im Bereich der Bundesrepublik Deutschland tätig zu werden“.255 Stets muss sich das Berufsverbot im Übrigen unmittelbar auf eine berufliche oder 77 gewerbliche Tätigkeit beziehen und somit „eine Beziehung zur Außenwelt“ aufweisen.256 Daher kann z.B. nicht „die Tätigkeit eines Erfinders“ untersagt werden, wenn der Erfinder bei der späteren gewerblichen Auswertung seiner Erfindungen straffällig wird, sondern allenfalls die entsprechende kaufmännische Tätigkeit.257 Das Verbot führt dann gemäß § 70 Abs. 3 dazu, dass der Betroffene die kommerzielle Auswertung nur durch einen unabhängigen Dritten vornehmen lassen darf (Rdn. 88). Die eigene Auswertung zu untersagen, kommt wegen des weitreichenden Charakters eines solchen Verbots allerdings nur ausnahmsweise in Betracht und bleibt dann in besonderem Maße auf das Erforderliche (Rdn. 70 ff) zu beschränken. 5. Dauer des Berufsverbots 78
a) Das zeitlich befristete Berufsverbot (Absatz 1 Satz 1). Nicht nur die Anordnung des Berufsverbots als solche, sondern auch dessen Dauer setzt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen fest.258 Hierbei ist wiederum der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten;259 zur Begründungspflicht Rdn. 85. Das Gericht hat die Verbotsdauer – innerhalb der gesetzlichen Grenzen von einem Jahr bis zu fünf Jahren – konkret festzulegen. Eine nachträgliche Verlängerung ist nicht vorgesehen. Ebenso wenig ist eine
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250 LG Nürnberg-Fürth NJW 2006 1824, 1825. 251 OLG Celle NJW 1965 265; gebilligt von Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 21: „wohl aber noch“; abl. Fischer Rdn. 12a; Pollähne NK Rdn. 28. S. auch OLG Hamm MDR 1958 537, 537 zur Untersagung der „Ausübung des Vertreterberufes“. 252 OLG Celle NJW 1965 265: es sei hiermit „im vorliegenden Falle gemeint, wer für einen anderen Geschäfte vermittelt oder in dessen Namen abschließt“. 253 Vgl. auch BGH bei Dallinger MDR 1956 143. 254 BGH GA 1967 153. 255 LG München wistra 1987 261. 256 Baldus Niederschriften IV S. 374. 257 BGH bei Dallinger MDR 1956 144. 258 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 26; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 22. 259 Stoll BeckOK Rdn. 8.
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nachträgliche Verkürzung zulässig. Entsprechende Umstände können aber gegebenenfalls die Aussetzung nach § 70a rechtfertigen.260 Maßgebend für die Bestimmung der Dauer ist allein die Prognose, wie lange voraus- 79 sichtlich von der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters auszugehen sein wird,261 mit anderen Worten der „mutmaßliche Zeitraum der Gefährlichkeit“.262 Demgegenüber sind Gesichtspunkte der Schuld nicht von Bedeutung (zum Sicherungscharakter der Maßregel schon Rdn. 1). Ebenso wenig darf – auch im Hinblick auf Absatz 4 Satz 3, wonach die Strafverbüßung den Fristablauf hemmt (hierzu Rdn. 92) – auf eine verhängte längere Freiheitsstrafe verwiesen werden, um ein längeres Berufsverbot zu begründen.263 Dem Gewicht der Anlasstat kommt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nur insoweit Bedeutung zu, als es, wie bei der Bestimmung der fortbestehenden Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten als solcher, in der Regel gleichfalls ein wichtiges Indiz oder doch ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die Dauer dieser Gefahren darstellt.264 Auf das Fortkommen des Täters kann nur Rücksicht genommen werden, soweit der Sicherungszweck darunter nicht leidet. Im Übrigen dürften für die Bestimmung der Dauer insbesondere ebenso die Gesichtspunkte der Persönlichkeit und des sozialen Verhaltens maßgebend sein, die schon für die Beurteilung der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters wesentlich sind (Rdn. 44 ff), selbstredend ergänzt durch die Prüfung, wie weit sich der Täter unter dem Einfluss des Berufsverbots besinnt oder vorhandene Mängel (wie z.B. fehlende Kenntnisse) ausgleicht.265 Auch in diesem Rahmen darf eine vermutlich resozialisierende Wirkung der Strafe berücksichtigt werden, falls sie die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten nicht sogar gänzlich ausschließt (siehe Rdn. 48 und Rdn. 51); zur Beachtung der Auswirkungen eines vorläufigen Berufsverbots bereits bei der Festlegung der Dauer des Berufsverbots siehe Rdn. 84. b) Das lebenslange Berufsverbot (Absatz 1 Satz 2). Die Möglichkeit eines lebens- 80 langen Berufsverbots, das § 42l a.F. noch nicht vorsah, war wegen seiner erheblichen Auswirkungen bei den Beratungen zur Strafrechtsreform äußerst umstritten.266 Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen zur Verfassungswidrigkeit des Verbots der Wiederzulassung eines aus der Anwaltschaft ausgeschlossenen Rechtsanwalts (§ 7 Nr. 3 BRAO a.F.)267 hervorgehoben, dass ein lebenslanges Berufsverbot schwerwiegend in das Grundrecht der freien Berufswahl und in seiner Härte zugleich tief in die private und familiäre Existenz eingreife sowie den Lebensplan des Betroffenen zunichte mache.268 Diese Erwägungen gelten zwar schon ihrer Begründung nach angesichts der Möglichkeit, nach § 70a auch das lebenslange Berufsverbot zur Bewährung auszusetzen, nicht für das strafgerichtliche lebenslange Berufsverbot des § 70,269 sollten aber jedenfalls zur Vorsicht mahnen; zur Begründungspflicht siehe Rdn. 85.
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260 Bockemühl MK Rdn. 27; SSW/Harrendorf Rdn. 20; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 22; Pollähne NK Rdn. 29; Sinn SK Rdn. 14. 261 Bockemühl MK Rdn. 27; Fischer Rdn. 13; SSW/Harrendorf Rdn. 20; Pollähne NK Rdn. 29 mit dem Hinweis, dasss eine solche Prognose kaum zu leisten ist. 262 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23. 263 BGH BeckRS 2010 28106 Rdn. 5; SSW/Harrendorf Rdn. 24; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23; Stoll BeckOK Rdn. 10. 264 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23. 265 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23. 266 Zur Diskussion insbes. Prot. IV S. 843 ff; V S. 446 f, 2333 f; s. ferner BTDrucks. V/4095 S. 38. 267 BVerfGE 66 337; 72 51. 268 BVerfGE 66 337, 359; 72 51, 63. 269 BVerfGE 66 337, 361.
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Ein lebenslanges Berufsverbot lässt sich demnach verfassungsrechtlich lediglich rechtfertigen, wenn und solange es zum Schutz überragender Gemeinschaftsgüter unerlässlich ist.270 In Betracht kommt ein lebenslanges Berufsverbot somit – unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – nur in „schwerwiegenden Ausnahmefällen“271 bzw. bei „schwerster Berufskriminalität“272, bei der zu erwarten ist, dass das Höchstmaß des zeitigen Verbots zur Abwehr der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Die besondere Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten kann vor allem dadurch indiziert sein, dass frühere, zeitlich befristete Verbote wirkungslos geblieben sind. Dass das Verbot bei Tätern angewendet wird, die erstmalig straffällig geworden sind, ist in der Regel schwer vorstellbar, aber etwa bei schwersten wiederholten Straftaten nicht ausgeschlossen.273 Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens ist auch das Alter des Betroffenen zu berücksichtigen,274 nicht zuletzt bei jüngeren Menschen; vgl. dazu Rdn. 55. Auch die Möglichkeit, das lebenslange Berufsverbot gemäß § 70a auszusetzen, berechtigt nicht dazu, weniger strenge Maßstäbe für seine Anordnung anzulegen.275
c) Berücksichtigung eines vorläufigen Berufsverbots (Absatz 2). Nach Absatz 2 verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist von einem Jahr um die Zeit, in der ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a StPO) wirksam war, jedoch nicht unter die Grenze von drei Monaten. „Wirksam“ ist das vorläufige Berufsverbot in der Zeit zwischen seiner Bekanntmachung276 und seiner Aufhebung gemäß § 132a Abs. 2 StPO oder seinem automatischen Erlöschen durch Rechtskraft eines Urteils, das ein endgültiges Berufsverbot anordnet.277 Zur etwaigen Anrechnung eines vorläufigen Berufsverbots nach Absatz 4 Satz 2 siehe Rdn. 91. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 69a Abs. 4 Satz 2 zur Anordnung der 83 Sperrfrist bei Entziehung der Fahrerlaubnis nach vorangegangenen vorläufigen Führerscheinmaßnahmen. Dort kann allerdings eine kürzere Ausschließung aus dem Straßenverkehr durch ein Fahrverbot nach § 44 erreicht werden. Bei dem Berufsverbot war mangels solcher Alternativen die Dreimonatsgrenze hingegen schon bei der Strafrechtsreform umstritten.278 Schließlich könne dadurch ein Richter dazu ermuntert werden, trotz inzwischen fehlender Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters ein Berufsverbot von drei Monaten zu verhängen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass das zuvor angeordnete vorläufige Berufsverbot nicht gerechtfertigt gewesen sei.279 Die Regelung in Absatz 2 darf (ebenso wenig wie die Vorschrift des Absatzes 4 84 Satz 2) nicht darüber hinwegtäuschen, dass das vorläufige Berufsverbot nicht nur einen Anrechnungsfaktor darstellt, sondern schon bei der Bestimmung der Dauer des strafge82
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270 BVerfGE 66 337, 359; 72 51, 63. Zum mittlerweile vom BVerfG bei Eingriffen in die Berufsfreiheit als notwendig erachteten Schutz eines besonders wichtigen (und nicht mehr überragenden) Gemeinschaftsgutes s. schon Fn. 14. 271 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 24; ebenso Kilian AnwK Rdn. 34. 272 BGH NStZ 1995 124, 124 f; s. auch Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 27; SSW/Harrendorf Rdn. 22; Sinn SK Rdn. 16. 273 SSW/Harrendorf Rdn. 22. 274 Pollähne NK Rdn. 29. 275 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 24. 276 S. hierzu etwa Valerius LR § 132a Rdn. 19. 277 Näher Valerius LR § 132a Rdn. 27 ff. 278 S. hierzu Prot. IV S. 847 ff. 279 S. hierzu Prot. IV S. 847.
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richtlichen Berufsverbots von Bedeutung ist. Durfte der Täter seinen Beruf bereits für eine bestimmte Zeit nicht ausüben, hat das Gericht diesen Umstand im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens bei der Festsetzung der Verbotsdauer zu berücksichtigen.280 Angezeigt erscheint dies in aller Regel zumindest dann, wenn das vorläufige Verbot von nicht nur ganz kurzer Dauer war. Nicht selten wird sich infolge der Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots ein endgültiges Verbot sogar erübrigen, wenn zur Überzeugung des Gerichts das vorläufige Verbot auf den Täter derart gewirkt hat, dass von diesem keine berufs- oder gewerbespezifischen erheblichen Straftaten mehr drohen.281 In diesem Fall hat das Gericht von einem endgültigen Berufsverbot abzusehen, selbst wenn das vorläufige Verbot weniger als die nach Absatz 1 Satz 1 und § 70a Abs. 2 an sich vorgesehene Mindestdauer von einem Jahr betragen hat.282 6. Begründung der Entscheidung. Angesichts der Schwere des Eingriffs (Rdn. 4) 85 sind an die Begründung der Anordnung eines Berufsverbots strenge Anforderungen zu stellen.283 Die Ausübung des Ermessensspielraums ist zu begründen (§ 267 Abs. 6 Satz 1 StPO).284 Hierfür sind die der Prognose zugrunde liegenden Tatsachen im Urteil anzugeben und ist die darauf beruhende Gesamtwürdigung umfassend darzulegen. Einer besonders eingehenden Begründung bedarf es nicht zuletzt, wenn ein befristetes Berufsverbot von hoher oder sogar zeitlicher Höchstdauer285 bzw. ein lebenslanges Berufsverbot angeordnet wird.286 Sollte das Gericht einen Antrag auf Anordnung eines Berufsverbots ablehnen, ist 86 dies zwar nicht in den Urteilsspruch aufzunehmen. Auch hier ist nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO indessen näher darzulegen, dass und warum die Voraussetzungen des Berufsverbots als nicht erfüllt angesehen wurden.287 Hingegen bedarf die Verneinung eines Berufsverbots keiner Erörterung in den Urteilsgründen, wenn dies weder nach dem Inhalt des Eröffnungsbeschlusses noch durch Anträge der Prozessbeteiligten veranlasst war.288 VI. Wirkung des Berufsverbots 1. Folgen des Berufsverbots. Die Anordnung eines Berufsverbots hat zur Folge, 87 dass der Täter seinen Beruf oder sein Gewerbe innerhalb des vom Gericht bestimmten Umfangs (Rdn. 70 ff) und innerhalb der festgesetzten Zeit (Rdn. 78 ff) nicht mehr ausüben darf. Ein Verstoß gegen das Berufsverbot ist nach § 145c strafbar. Dies gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm auch für denjenigen, der die verbotene Tätigkeit für den Betroffenen ausübt oder durch einen anderen für sich ausüben lässt (siehe dazu sogleich Rdn. 88); näher hierzu etwa Krehl LK12 § 145c Rdn. 12 und Rdn. 16 ff. Um Umgehungen durch Strohmänner zu vermeiden, darf der Täter gemäß Absatz 3 88 die verbotene Tätigkeit auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von sei-
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280 SSW/Harrendorf Rdn. 21; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 25. 281 SSW/Harrendorf Rdn. 21. 282 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 26; vgl. auch Valerius LK § 69 Rdn. 148 für die Entziehung der Fahrerlaubnis. 283 S. bereits BGH VRS 15 112, 115; Börker DRiZ 1956 34. 284 Pollähne NK Rdn. 23; Sinn SK Rdn. 18; Stoll BeckOK Rdn. 7. 285 BGH VRS 31 188, 190; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 23; Pollähne NK Rdn. 29. 286 Fischer Rdn. 14; SSW/Harrendorf Rdn. 22; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 24; Pollähne NK Rdn. 29. 287 BGH bei Dallinger MDR 1952 530; Stoll BeckOK Rdn. 12; Sander NJW-Sonderheft G. Schäfer 2002 57, 61; zur Begründungspflicht des Tatgerichts auch BGH wistra 1994 100, 101. 288 RG HRR 1937 Nr. 1678.
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nen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. „Für einen anderen“ bedeutet, dass etwa ein Handwerker oder Händler, dem die Ausübung seines Handwerks oder Handelsgewerbes verboten ist, einen Betrieb, dessen Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem untersagten Handwerk oder Gewerbe übereinstimmt, auch nicht als Vertreter, Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft betreiben darf.289 Das Verbot erstreckt sich bereits auf die Bestellung, so dass das Registergericht gegebenenfalls deren Eintragung ablehnen muss.290 Nicht verboten ist hingegen, dass ein selbstständig handelnder, vom Betroffenen weisungsunabhängiger „Dritter“ das Gewerbe betreibt und dessen Erträge dem Betroffenen zuwendet.291 2. Wirksamkeit des Berufsverbots (Absatz 4). Gemäß Absatz 4 Satz 1 wird das Berufsverbot mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. Bei Entscheidungen im Beschlusswege, z.B. bei offensichtlicher Unbegründetheit der Revision nach § 349 Abs. 2 StPO, gilt die Rechtskraft nach § 34a StPO als mit Ablauf des Tages der Beschlussfassung eingetreten. Unter den Voraussetzungen des § 456c Abs. 1 StPO, namentlich einer erheblichen 90 Härte des Berufsverbots für den Verurteilten oder seine Angehörigen, kann das Gericht bei Erlass des Urteils das Wirksamwerden des Berufsverbots, gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung oder unter anderen Bedingungen (§ 456c Abs. 3 Satz 1 StPO), für höchstens sechs Monate (§ 456c Abs. 3 Satz 2 StPO) aufschieben. Die Zeit des Aufschubs wird gemäß § 456c Abs. 4 StPO nicht auf die Verbotsfrist angerechnet. Dieser Aufschub der Wirksamkeit durch das erkennende Gericht ist zu unterscheiden von der Befugnis der Vollstreckungsbehörde, unter den Voraussetzungen des § 456c Abs. 1 StPO ein Berufsverbot für höchstens sechs Monate auszusetzen (§ 456c Abs. 2 StPO).292 Ein gegen den Täter angeordnetes vorläufiges Berufsverbot (§ 132a StPO) ist gemäß 91 Absatz 4 Satz 2 bei der Berechnung der im Urteil festgesetzten Verbotsfrist auf diese Frist anzurechnen, soweit es die Zeit nach dem letzten tatrichterlichen Urteil betrifft. Die Regelung entspricht § 69a Abs. 5 Satz 2, so dass ergänzend auf die dortigen Erläuterungen (Valerius LK § 69a Rdn. 64 ff) verwiesen werden darf. Nicht in die Verbotsdauer wird hingegen gemäß Absatz 4 Satz 3 diejenige Zeit einge92 rechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Dies betrifft nicht zuletzt die Verbüßung einer Freiheitsstrafe.293 Zur Interpretation dieser Regelung, die insbesondere auch bei der Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 4 Satz 2) gilt, siehe etwa Schneider LK12 § 68c Rdn. 36 ff. 89
VII. Verfahrensrechtliches 93
1. Richterliche Hinweispflicht. Ist ein mögliches Berufsverbot in der zugelassenen Anklage nicht erwähnt, muss das Gericht nach § 265 Abs. 2 StPO darauf hinweisen, falls es dessen Anordnung in Betracht zieht. Dies gilt auch dann, wenn die tatsächlichen Umstände, die eine solche Maßregel rechtfertigen, nicht erst in der Hauptverhandlung hervortreten, sondern schon im Eröffnungsbeschluss genannt sind.294
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289 Fischer Rdn. 16. Vgl. auch die Betätigungsverbote des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG und § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AktG; zu deren Verhältnis zu § 70 StGB Brand/Reschke JZ 2011 1102, 1105 f. 290 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; Pollähne NK Rdn. 31; Lemke-Küch StRR 2015 48, 51. 291 Bockemühl MK Rdn. 31; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 30; Fischer Rdn. 16; SSW/Harrendorf Rdn. 23; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 28; Sinn SK Rdn. 13. 292 Zu den Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen nach § 456c Abs. 1 und Abs. 2 StPO Lemke-Küch StRR 2014 482, 485 f. 293 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 28. 294 BGHSt 2 85, 87 f; näher Stuckenberg LR26 § 265 Rdn. 46 f.
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Aussetzung des Berufsverbots | § 70a
2. Notwendige Verteidigung. Nach § 140 Abs. 1 Nr. 3 StPO bedarf es der Mitwirkung 94 eines Verteidigers, wenn das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann. Es reicht aus, dass die Untersagung der Berufsausübung mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Entscheidend sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.295 Ob diese Umstände schon bei der Eröffnung des Hauptverfahrens vorliegen, ist unerheblich. Ebenso ist belanglos, ob wirklich ein Berufsverbot angeordnet wird.296 3. Rechtsmittel. Umstritten ist, ob Rechtsmittel auf die Anordnung bzw. Ablehnung 95 des Berufsverbots beschränkt werden können. Zwar dürfte eine Trennung von der Schuldfrage im Allgemeinen möglich sein.297 Eine auch von einem etwaigen Strafausspruch gesonderte Anfechtung des Berufsverbots erscheint aber entgegen der wohl herrschenden Meinung298 als fraglich, weil wegen der beschriebenen Wechselwirkungen (Rdn. 48) jedenfalls nicht uneingeschränkt von einem unabhängigen Nebeneinander von Strafe und Berufsverbot ausgegangen werden kann. Demzufolge dürfte die Trennbarkeit der Anordnung bzw. Ablehnung des Berufsverbots von der Straffrage die Ausnahme darstellen.299
§ 70a Aussetzung des Berufsverbots 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Aussetzung des Berufsverbots Valerius § 70a https://doi.org/10.1515/9783110491302-005
(1) Ergibt sich nach Anordnung des Berufsverbots Grund zu der Annahme, daß die Gefahr, der Täter werde erhebliche rechtswidrige Taten der in § 70 Abs. 1 bezeichneten Art begehen, nicht mehr besteht, so kann das Gericht das Verbot zur Bewährung aussetzen. (2) 1 Die Anordnung ist frühestens zulässig, wenn das Verbot ein Jahr gedauert hat. 2 In die Frist wird im Rahmen des § 70 Abs. 4 Satz 2 die Zeit eines vorläufigen Berufsverbots eingerechnet. 3 Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet. (3) 1 Wird das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt, so gelten die §§ 56a und 56c bis 56e entsprechend. 2 Die Bewährungszeit verlängert sich jedoch um die Zeit, in der eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel vollzogen wird, die gegen den Verurteilten wegen der Tat verhängt oder angeordnet worden ist. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) eingefügt und blieb seitdem unverändert. Sie geht im Wesentlichen auf § 106 Abs. 1 und Abs. 2, § 107 Abs. 1 E 1962 zurück (zur Begründung BTDrucks. IV/650 S. 237 f) und ersetzt zusammen mit § 70b die – nicht zuletzt bei den in § 70a Abs. 3 näher beschriebenen Folgen der Aus-
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295 BGHSt 4 320, 321 f. 296 BGHSt 4 320, 322. 297 BayObLG NJW 1955 353, 353; Sinn SK Rdn. 27. 298 BGH NJW 1975 2249, 2249; BeckRS 2013 08436 (in StV 2013 699 nicht abgedr.); OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001 16, 17; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 29; Pollähne NK Rdn. 34; Sinn SK Rdn. 27; Stoll BeckOK Rdn. 13; s. auch OLG Hamm NJW 1957 1773, 1774. 299 RGSt 74 54, 55; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 34; Fischer Rdn. 18; SSW/Harrendorf Rdn. 27; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 14; Sander NJW-Sonderheft G. Schäfer 2002 57, 61; vgl. auch Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 11.
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§ 70a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
setzung sowie bei den Widerrufsgründen des § 70b – nur wenig konkrete Vorgängerregelung des § 42l Abs. 4. Ergänzend siehe die Entstehungsgeschichte zu § 70.
I. II.
III.
Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzungen der Aussetzung (Absätze 1 und 2) 1. Anwendungsbereich | 3 2. Wegfall der Gefahr | 4 3. Zeitliche Voraussetzungen | 8 Anordnung der Aussetzung 1. Pflichtgemäßes Ermessen | 11 2. Prüfungspflichten und Prüfungsfristen | 12
3.
IV.
Zuständigkeit und Verfahren | 14 Wirkung der Aussetzung 1. Folgen der Aussetzung | 15 2. Entsprechende Anwendung der §§ 56a, 56c bis 56e (Absatz 3) | 16 a) Bewährungszeit (§ 56a) | 17 b) Weisungen und Bewährungshilfe (§ 56c bis § 56e) | 20
I. Allgemeines Die Vorschrift regelt die Aussetzung des Berufsverbots zur Bewährung. Sie trägt dadurch dem Prognoserisiko und der Resozialisierungschance des Betroffenen Rechnung.1 Verbreitet wird die Aussetzung als bedingte Aufhebung verstanden.2 Dies entspricht jedenfalls § 42l Abs. 4 Satz 3 a.F., wonach die Aufhebung der Untersagung der Berufsausübung „nur als bedingte Aussetzung der Untersagung“ galt. 2 Problematisch erscheint, dass die Aussetzung nach Absatz 2 Satz 1 frühestens zulässig ist, wenn das Berufsverbot ein Jahr gedauert hat. Diese Mindestdauer wurde in der Begründung zum E 1962 damit gerechtfertigt, dass gegen den Täter häufig nur eine Geldstrafe oder nur eine kurze bzw. zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe verhängt werde. Dann solle aber das Berufsverbot, das mit der Rechtskraft des Urteils wirksam werde (siehe nunmehr § 70 Abs. 4 Satz 1) und sich daher sofort praktisch auswirke, „wenigstens ein Jahr wirksam bleiben, um die von dem Täter ausgehende Gefahr mindestens für eine gewisse Zeit mit Sicherheit abzuwehren“.3 Solche Überlegungen werden indessen nicht jedem Einzelfall gerecht. Insbesondere nach längerem, nach Absatz 2 Satz 3 nicht zu berücksichtigenden Freiheitsentzug kann der Täter durch ein noch wirksames Berufsverbot unter Umständen ohne zureichenden Grund und gegebenenfalls sogar in einer seiner Resozialisierung abträglichen Weise von der Ausübung seines Berufs bzw. Gewerbes ferngehalten werden.4 Zu Recht wird daher bemängelt, dass der Gesetzgeber nach dem (als solchen durchaus zu begrüßenden) Wegfall der Pflicht, auf die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters im Zeitpunkt der Entlassung aus der Haft abzustellen (siehe hierzu § 70 Rdn. 50 f), dem Subsidiaritätsprinzip jedenfalls durch die Möglichkeit der Aussetzung ohne Rücksicht auf eine Mindestfrist hätte Rechnung tragen müssen.5 Dies gilt nicht zuletzt, wenn einer weiteren Gefahr solcher Taten schon vor Ablauf der Jahresfrist gerade durch Einwirkungen im Rahmen der Aussetzung, namentlich die Erteilung von Weisungen oder die Bestellung eines Bewährungshelfers nach Absatz 3 Satz 1 i.V.m. §§ 56c, 56d (hierzu Rdn. 20 f, hinreichend begegnet werden kann (ergänzend Rdn. 6). Zumindest in den – zugegeben wohl nicht allzu häufigen, aber 1
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1 BVerfGE 66 337, 359. 2 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; SSW/Harrendorf Rdn. 1; Sinn SK Rdn. 2; and. wohl BTDrucks. IV/650 S. 238: „Auflockerung in Form der Aussetzung“. 3 BTDrucks. IV/650 S. 238. 4 Kilian AnwK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1. 5 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; Stoll BeckOK Rdn. 4; krit. auch Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1.
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Aussetzung des Berufsverbots | § 70a
auch nicht ausgeschlossenen – Fällen, in denen sich bereits vor Ablauf der Jahresfrist aufgrund besonderer Umstände eindeutig ergibt, dass die früher bestehende Gefahr weggefallen ist, verstößt die kategorische Regelung des Absatzes 2 Satz 1 daher gegen das Übermaßverbot.6 II. Voraussetzungen der Aussetzung (Absätze 1 und 2) 1. Anwendungsbereich. Ausgesetzt werden kann nicht nur das zeitlich befristete 3 Berufsverbot nach § 70 Abs. 1 Satz 1, sondern auch das für immer angeordnete Berufsverbot des § 70 Abs. 1 Satz 2.7 Insoweit ist freilich ebenso vorauszusetzen, dass die zum Zeitpunkt der Anordnung prognostizierte Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters nicht mehr besteht.8 Zur Aufhebung eines vorläufigen Berufsverbots nach § 132a Abs. 2 Var. 1 StPO siehe Valerius LR27 § 132a Rdn. 27 ff. 2. Wegfall der Gefahr. Für die Aussetzungsprognose ist allein diejenige Gefahr 4 maßgeblich, die mit der Anordnung des Berufsverbots bekämpft werden sollte, d.h. die Gefahr erheblicher (§ 70 Rdn. 43) berufs- oder gewerbespezifischer Delikte im Sinne des § 70 Abs. 1 (hierzu § 70 Rdn. 24 ff).9 Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 70a Abs. 1 („erhebliche […] Taten der in § 70 Abs. 1 bezeichneten Art“) und entspricht auch dem Sinn und Zweck des Berufsverbots, die Allgemeinheit vor solchen berufs- bzw. gewerbespezifischen Gefahren zu schützen. Nicht zuletzt angesichts der Schwere des Eingriffs (siehe § 70 Rdn. 4) darf ein Berufsverbot nur vollzogen werden, solange solche Gefahren bestehen. Folglich ist für die Aussetzung eines Berufsverbots nicht erforderlich, dass die Gefahr neuer Straftaten gänzlich ausgeschlossen ist. Drohen vom Täter „nur“ noch nicht-spezifische oder unerheblich-spezifische Delikte, steht dies einer Aussetzung nicht entgegen.10 Gemäß Absatz 1 setzt die Aussetzung des Berufsverbots „Grund zu der Annahme“ 5 voraus, dass die für die Anordnung des Berufsverbots erforderliche Gefahr erheblicher rechtswidriger berufs- oder gewerbespezifischer Taten nicht mehr besteht. Die im Urteilszeitpunkt negative Prognose (hierzu § 70 Rdn. 39 ff) muss sich demzufolge in eine positive verwandelt haben. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt, anders als bei der Anordnungsprognose (§ 70 Rdn. 44), nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift jedenfalls nicht dergestalt, dass bei diesbezüglichen Zweifeln des Gerichts von einem Wegfall der Gefahr auszugehen wäre. Vielmehr muss das Gericht aufgrund konkreter Umstände überzeugt sein, dass der Täter in Beruf oder Gewerbe keine erheblichen Rechtsverletzungen mehr begehen wird.11 Die allgemeine, nicht auf einem nachvollziehbaren Grund beruhende Erwartung, der Täter werde keine Taten nach § 70 Abs. 1 mehr begehen, reicht nicht aus.12 Der Zweifelsgrundsatz erfährt insoweit nur (eingeschränkt) Bedeutung, als nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehende, den Täter belastende tatsäch-
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6 Ähnlich Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 5; Pollähne NK Rdn. 4. 7 Bockemühl MK Rdn. 1; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; Fischer Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 1; Kilian AnwK Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 1. 8 Pollähne NK Rdn. 1. 9 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2. 10 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2; Pollähne NK Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 4. 11 Bockemühl MK Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 2; Kilian AnwK Rdn. 1; Sinn SK Rdn. 4. Pollähne NK Rdn. 2 bezeichnet dies als „kriminalprognostisch nahezu aussichtsloses Unterfangen“. 12 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 2; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 2.
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liche Umstände bei der Entscheidung über die Aussetzung des Berufsverbots nicht berücksichtigt werden dürfen (näher Schöch LK12 Vor § 61 Rdn. 65 ff). Die Gründe, welche die Annahme einer nicht mehr bestehenden Gefahr weiterer be6 rufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters stützen können, sind vielgestaltig. Eine besondere Rolle spielen das Nachholen beruflicher Ausbildungen oder Fertigkeiten,13 eine erwünschte Umschulung, die Beseitigung spezieller kriminogener Anreize oder die resozialisierenden Wirkungen einer verbüßten Freiheitsstrafe14 oder auch einer zur Bewährung ausgesetzten Strafe.15 Zudem kann die Gefahr weiterer Taten im Einzelfall dadurch entfallen, dass dem Verurteilten gemäß Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 56c bestimmte Weisungen erteilt werden oder er i.V.m. § 56d der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt wird (hierzu Rdn. 20 f).16 Denn die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, solche Anordnungen zu treffen, wäre wenig sinnreich und würde ihre spezifisch stützende Funktion verlieren, wenn es auf sie überhaupt nicht mehr ankäme, weil ohnehin schon anzunehmen wäre, dass der Täter nicht mehr straffällig wird. Die Aussetzung des Berufsverbots darf nicht nur auf nachträglich entstandene, son7 dern auch auf nachträglich bekannt gewordene Umstände gestützt werden.17 Schließlich kann sich die Prognose im Einzelfall gerade wegen des Zusammenwirkens neuer Tatsachen mit bereits früher vorhandenen Umständen ändern, die vom erkennenden Gericht nicht herangezogen wurden bzw. nicht herangezogen werden mussten. Ausgeschlossen ist es allerdings, die Aussetzung des Berufsverbots allein mit einer abweichenden Beurteilung schon bei der Anordnung gewürdigter unveränderter Umstände zu begründen.18 Schließlich gehört die Aussetzung zum Vollstreckungsverfahren, in dem das zuständige Gericht grundsätzlich nicht befugt ist, die Ansicht des erkennenden Gerichts zu korrigieren.19 Die im Erkenntnisverfahren bereits bekannten und berücksichtigten Tatsachen neu zu bewerten, stellte vielmehr eine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft dar.20 3. Zeitliche Voraussetzungen. Schon nach Absatz 1 darf die Aussetzung – anders als nach § 67b bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt – ausdrücklich erst „nach Anordnung des Berufsverbots“ erfolgen. Ebenso verdeutlicht die Regelung in Absatz 2 Satz 1, wonach das Berufsverbot frühestens zur Bewährung ausgesetzt werden darf, wenn es ein Jahr gedauert hat (zur Kritik an dieser Mindestdauer Rdn. 2), dass eine Aussetzung zugleich mit der Anordnung nicht zulässig ist. Wurde das Berufsverbot überhaupt nur für die Dauer eines Jahres angeordnet, kommt eine Aussetzung somit nicht in Betracht, weil die Maßregel mit Ablauf der Jahresfrist erledigt ist.21 Nach Absatz 2 Satz 2 ist in die Jahresfrist die Zeit eines vorläufigen Berufsverbots 9 (§ 132a StPO) einzurechnen. Dies geschieht indessen lediglich „im Rahmen des § 70
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13 Bockemühl MK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Pollähne NK Rdn. 5; s. schon BTDrucks. IV/650 S. 237 f. 14 Bockemühl MK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Pollähne NK Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 4. 15 Bockemühl MK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 5. 16 Bockemühl MK Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 4. 17 Bockemühl MK Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 18 Bockemühl MK Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Stoll BeckOK Rdn. 2. 19 Ebenso Bockemühl MK Rdn. 5. 20 VerfGH Bln. NJW-RR 2005 1294, 1294; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 21 Bockemühl MK Rdn. 6; SSW/Harrendorf Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 3.
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Aussetzung des Berufsverbots | § 70a
Abs. 4 Satz 2“ (hierzu § 70 Rdn. 91 sowie ergänzend Valerius LK § 69a Rdn. 64 ff), d.h. nur soweit die Zeit nach Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils verstrichen ist. Ein vorläufiges Berufsverbot weitergehend, insbesondere auch für die Zeit bis zum letzten tatrichterlichen Urteil, anzurechnen, ist hingegen ausgeschlossen.22 Nicht eingerechnet in die Jahresfrist wird nach Absatz 2 Satz 3 die Zeit, in welcher 10 der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Zur näheren Auslegung dieser Bestimmung, die sich auch in § 70 Abs. 4 Satz 3 (siehe dort Rdn. 92) sowie bei Regelungen anderer Maßregeln findet, etwa Schneider LK12 § 68c Rdn. 36 ff. III. Anordnung der Aussetzung 1. Pflichtgemäßes Ermessen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes („kann“) ist – ab- 11 weichend von §§ 56, 67b – die Aussetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Allerdings ist nicht erkennbar, weshalb von einer Aussetzung abgesehen werden könnte, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass keine weiteren berufs- bzw. gewerbespezifischen Taten des Täters mehr drohen. Dies gilt nicht zuletzt angesichts der Schwere des Eingriffs, der mit einem Berufsverbot einhergeht, und des daher besonders zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (siehe § 70 Rdn. 4 f).23 Demzufolge ist die Aussetzung in aller Regel geboten, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.24 2. Prüfungspflichten und Prüfungsfristen. Zwar sieht das Gesetz – anders als in 12 § 67e Abs. 1, Abs. 2 zu den Unterbringungsmaßregeln und in § 68e Abs. 3 zur Führungsaufsicht – keine Amtspflicht des Gerichts vor, innerhalb bestimmter Fristen zu prüfen, ob eine Aussetzung des Berufsverbots geboten ist. Das Gericht ist aber bereits im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Amts wegen verpflichtet, nach Ablauf der Mindestdauer des Berufsverbots von einem Jahr fortwährend darauf zu achten, ob eine Aussetzung angezeigt ist.25 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vermag es aber entgegen einer verbreiteten Ansicht26 nicht zu rechtfertigen, die Prüfungsfristen des § 67e Abs. 2 analog heranzuziehen und demzufolge eine Überprüfungspflicht des Gerichts etwa vor Ablauf einer Frist von sechs Monaten anzunehmen.27 Ebenso wenig ist – anders als etwa nach § 68e Abs. 2 Satz 3 (ähnlich auch § 67e 13 Abs. 3 Satz 2) – beim Berufsverbot vorgesehen, dass nach gerichtlicher Bestimmung vor dem Ablauf einer Frist von höchstens sechs Monaten ein (erneuter) Antrag auf Aussetzung unzulässig ist. Auch insoweit erscheint eine entsprechende Anwendung dieser Normen nicht zulässig, würde dadurch der Betroffene doch in seinen Rechten beschränkt werden.28 Sollte ein Gericht gleichwohl eine solche Frist festlegen, kann dies lediglich als Hinweis auf die Aussichtslosigkeit eines früheren Antrags ausgelegt werden, ohne dass jedoch ein früher gestellter Antrag zugleich unzulässig wäre.29
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22 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6. 23 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 4; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5. 24 So auch Bockemühl MK Rdn. 7; Fischer Rdn. 3; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Kindhäuser LPK Rdn. 1; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Pollähne NK Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 6. 25 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; SSW/Harrendorf Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Pollähne NK Rdn. 9. 26 So etwa Bockemühl MK Rdn. 7; Kilian AnwK Rdn. 13; Sinn SK Rdn. 5. 27 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; SSW/Harrendorf Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Pollähne NK Rdn. 9. 28 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Stoll BeckOK Rdn. 3; aA Sinn SK Rdn. 5. 29 Ebenso Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8.
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§ 70a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
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3. Zuständigkeit und Verfahren. Zuständig für die Aussetzung ist das Gericht erster Instanz. Es kann die Sache aber an das Amtsgericht des Wohnorts oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Verurteilten abgeben (§ 463 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. §§ 462, 462a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 StPO). Das Verfahren richtet sich gemäß § 463 Abs. 6 Satz 1 StPO nach den Regeln des § 462 StPO. IV. Wirkung der Aussetzung
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1. Folgen der Aussetzung. Wird das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt, darf die verurteilte Person ihren Beruf bzw. ihr Gewerbe wieder ausüben, bis die Aussetzung gemäß § 70b wirksam widerrufen wird.30 Während der Aussetzung ist § 145c folglich nicht anwendbar.31 Zum Widerruf der Aussetzung siehe § 70b, zur Erledigung des Berufsverbots nach erfolgreicher Bewährung § 70b Rdn. 24 ff.
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2. Entsprechende Anwendung der §§ 56a, 56c bis 56e (Absatz 3). Bei Anordnung der Aussetzung sind nach Absatz 3 die Regelungen über die Ausgestaltung der Strafaussetzung zur Bewährung entsprechend anwendbar; zu Einzelheiten darf auf die jeweiligen Erläuterungen verwiesen werden. Nicht aufgeführt ist die Vorschrift des § 56b, da die dort normierten Auflagen ausdrücklich der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen (§ 56b Abs. 1 Satz 1) und daher dem schuldindifferenten Charakter der Maßregel nicht gerecht werden.32
a) Bewährungszeit (§ 56a). Das Gericht muss für das Berufsverbot eine Bewährungszeit festsetzen, die zwischen zwei und fünf Jahren liegt (Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 56a Abs. 1 Satz 2) und innerhalb dieses Fristrahmens auch nachträglich verkürzt oder verlängert werden darf (Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 56a Abs. 2 Satz 2). Kraft Gesetzes verlängert sich die Dauer der Bewährungszeit gemäß Absatz 3 Satz 2 um die Zeit, in der gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel vollzogen wird, die gegen ihn „wegen der Tat“, d.h. wegen der Anlasstat nach § 70, verhängt oder angeordnet worden ist. Da die Dauer eines Freiheitsentzugs schon für die Jahresfrist des Absatzes 2 von Bedeutung ist, vor der eine Aussetzung nicht angeordnet werden darf (siehe Rdn. 10), betrifft die Verlängerung praktisch nur solche Fälle, in denen es durch den Widerruf einer Strafaussetzung, einer Aussetzung des Strafrests oder einer freiheitsentziehenden Maßregel während der Bewährungszeit für das Berufsverbot zu einem Freiheitsentzug kommt. Die genannte Zeit ist dann zwar Bewährungszeit, verkürzt aber nicht die Zeit, die sich der Täter in Freiheit bewähren soll.33 Durch die Strafverbüßung oder Unterbringung wegen einer anderen Tat wird der 18 Ablauf der Bewährungsfrist für das Berufsverbot nicht berührt.34 Allerdings kann die andere Tat einen Widerrufsgrund nach § 70b Abs. 1 Nr. 1 begründen. Ist dies – etwa mangels Bezugs zum Beruf oder zum Gewerbe des Täters – nicht der Fall, wird sich im Hinblick auf die Strafverbüßung oder Unterbringung unter Umständen eine Verlängerung der Bewährungsfrist für die Aussetzung des Berufsverbots empfehlen.35 17
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30 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7. 31 Bockemühl MK Rdn. 12; SSW/Harrendorf Rdn. 8; Kilian AnwK Rdn. 11; Pollähne NK Rdn. 7. 32 BTDrucks. IV/650 S. 238; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7. 33 BTDrucks. IV/650 S. 238. 34 Bockemühl MK Rdn. 9; Kilian AnwK Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; Pflieger/Braasch HK-GS Rdn. 4. 35 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7.
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Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots | § 70b
Die Bewährungsfrist des § 70a wird unabhängig von einer Bewährungszeit nach 19 § 56 oder §§ 57 ff bzw. nach § 67d Abs. 2 oder § 68c festgesetzt. Die verschiedenen Bewährungsfristen können folglich einem unterschiedlichen Zeitablauf unterliegen.36 Wie sich mittelbar schon aus Absatz 3 Satz 2 ergibt, zieht ebenso wenig der Widerruf einer Strafaussetzung oder einer Aussetzung des Strafrests automatisch den Widerruf der Aussetzung gemäß § 70b nach sich.37 b) Weisungen und Bewährungshilfe (§ 56c bis § 56e). Das Gericht kann zugleich 20 mit der Aussetzung des Berufsverbots Weisungen gemäß § 56c erteilen, ohne hierzu jedoch verpflichtet zu sein.38 In diesem Zusammenhang ist auch § 56c Abs. 4 für den Fall von Zusagen des Verurteilten für seine künftige Lebensführung zu beachten. Des Weiteren kann gemäß § 56d Bewährungshilfe angeordnet werden; die gesetzliche Vermutung des § 56d Abs. 2 lässt sich allerdings nicht auf die Aussetzung eines Berufsverbots übertragen. Die Entscheidungen der vorstehenden Art kann das Gericht entsprechend § 56e auch noch nachträglich treffen, ändern oder aufheben. Steht der Täter zugleich unter Führungsaufsicht, gilt § 68g. Weisungen und Bewährungshilfe sind nur zulässig, soweit sie dem Sinn und Zweck 21 des § 70 (siehe § 70 Rdn. 1 f) zumindest mittelbar dienen.39 Da die Anordnung des Berufsverbots nur auf die Abwehr berufs- bzw. gewerbespezifischer Gefährdungen gerichtet ist (vgl. § 70 Rdn. 24 ff, Rdn. 42) und das Anliegen der Aussetzung dem entspricht (Rdn. 4), kann folglich auch für die nähere Gestaltung der Aussetzung nichts anderes gelten. Insbesondere können die dem Täter gewährten Hilfestellungen darauf abzielen, ihn im Hinblick auf die Herausforderungen, welche die Wiederaufnahme des alten Berufs oder Gewerbes mit sich bringt, zu unterstützen oder auch vor den Gefahren, die im Falle eines Wechsels von Beruf oder Gewerbe mit der neuen Tätigkeit verbunden sein können, zu bewahren.40
§ 70b Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots Valerius § 70b https://doi.org/10.1515/9783110491302-006
(1) Das Gericht widerruft die Aussetzung eines Berufsverbots, wenn die verurteilte Person 1. während der Bewährungszeit unter Mißbrauch ihres Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten eine rechtswidrige Tat begeht, 2. gegen eine Weisung gröblich oder beharrlich verstößt oder 3. sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und sich daraus ergibt, daß der Zweck des Berufsverbots dessen weitere Anwendung erfordert. (2) Das Gericht widerruft die Aussetzung des Berufsverbots auch dann, wenn Umstände, die ihm während der Bewährungszeit bekannt werden und zur Versagung der Aussetzung geführt hätten, zeigen, daß der Zweck der Maßregel die weitere Anwendung des Berufsverbots erfordert.
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Bockemühl MK Rdn. 9; SSW/Harrendorf Rdn. 8; Sinn SK Rdn. 7. Sinn SK Rdn. 7. Sinn SK Rdn. 9. Bockemühl MK Rdn. 10; SSW/Harrendorf Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; Sinn SK Rdn. 9. Sinn SK Rdn. 9.
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§ 70b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
(3) Die Zeit der Aussetzung des Berufsverbots wird in die Verbotsfrist nicht eingerechnet. (4) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. (5) Nach Ablauf der Bewährungszeit erklärt das Gericht das Berufsverbot für erledigt. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift ist durch das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) mit einer Ergänzung des Absatzes 4 um die Worte „oder Zusagen“ durch Art. 18 Nr. 36 EGStGB vom 2.3.1974 (BGBl. I 469) eingeführt und durch Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13.4.2007 (BGBl. I 513) geschlechtsneutral formuliert worden. Sie lässt sich – wie § 70a – weitgehend auf den E 1962, namentlich auf dessen § 108 zurückführen (zur Begründung BTDrucks. IV/650 S. 239), hat die Ausgestaltung einzelner Widerrufsgründe nach Absatz 1 aber erst im Sonderausschuss erfahren (zur Diskussion Prot. V S. 790 ff). Bis zur Strafrechtsreform sah § 42l Abs. 4 Satz 3 lediglich eine nicht näher konkretisierte Regelung des Widerrufs vor. Ergänzend siehe im Übrigen die Entstehungsgeschichte zu § 70.
I. II.
III.
Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzungen des Widerrufs 1. Zeitlicher Anwendungsbereich | 2 2. Die einzelnen Widerrufsgründe | 4 a) Begehung einer (neuen) rechtswidrigen Tat (Absatz 1 Nr. 1) | 6 b) Verstoß gegen eine Weisung (Absatz 1 Nr. 2) | 10 c) Sichentziehen der Bewährungshilfe (Absatz 1 Nr. 3) | 11 d) Nachträglich bekannt gewordene Versagungsgründe (Absatz 2) | 12 3. Allgemeine Voraussetzung | 13 Anordnung des Widerrufs
Kein Ermessen | 17 Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen | 18 3. Keine Abänderung der Verbotsfrist | 20 Wirkung des Widerrufs 1. Folgen des Widerrufs | 21 2. Erbrachte Leistungen (Absatz 4) | 23 Erledigung des Berufsverbots 1. Ablauf der Bewährungszeit nach ausgesetztem Berufsverbot (Absatz 5) | 24 2. Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots zur Bewährung | 26 3. Ablauf des Berufsverbots ohne Aussetzung zur Bewährung | 27 Zuständigkeit und Verfahren | 28 1. 2.
IV.
V.
VI.
I. Allgemeines 1
Die Vorschrift regelt insbesondere den Widerruf einer nach § 70a ausgesprochenen Aussetzung des Berufsverbots auf Bewährung. Wird die Aussetzung als bedingte Aufhebung des Berufsverbots angesehen (siehe hierzu § 70a Rdn. 1), lässt sich nach verbreiteter Ansicht der Widerruf der Aussetzung der Sache nach als erneute Anordnung des Berufsverbots charakterisieren.1 Angesichts der Schwere des Eingriffs, der mit dem Berufsverbot in der Regel einhergeht (§ 70 Rdn. 4), müssen jedenfalls die Gründe des
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1 So etwa Bockemühl MK Rdn. 1; Sinn SK Rdn. 2; s. auch SSW/Harrendorf Rdn. 10; krit. Matt/ Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1.
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Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots | § 70b
Widerrufs nach einer Gesamtwürdigung im Sinne des § 70 Abs. 1 eindeutig ergeben, dass vom Täter – doch oder wieder – weitere erhebliche berufs- und gewerbespezifische Straftaten (siehe hierzu § 70 Rdn. 39 ff) drohen (näher Rdn. 13). II. Voraussetzungen des Widerrufs 1. Zeitlicher Anwendungsbereich. Zulässig ist ein Widerruf nur, wenn ein rechts- 2 kräftiger Aussetzungsbeschluss gemäß § 462 StPO vorliegt.2 Bei den Widerrufsgründen des Absatzes 1 muss es sich überdies um Gründe handeln, die während der Aussetzung, d.h. wiederum nach deren Rechtskraft, eingetreten sind. Absatz 2 erfasst hingegen auch Widerrufsgründe, die schon vorher entstanden sind, aber erst nachträglich bekanntwerden (siehe Rdn. 12). Ein Widerruf scheidet grundsätzlich aus, wenn die Bewährungszeit abgelaufen ist. 3 Allerdings ist das Gericht bei der Entscheidung über die dann erforderliche Erledigterklärung nach Absatz 5 (näher hierzu Rdn. 24 f) entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht darauf beschränkt, nur den Ablauf der Bewährungszeit festzustellen. Vielmehr darf das Gericht auch zu diesem Zeitpunkt nach wie vor die Aussetzung widerrufen.3 Selbstredend darf dies nur wegen solcher Umstände geschehen, die noch in die Bewährungszeit fallen.4 2. Die einzelnen Widerrufsgründe. Absatz 1 und Absatz 2 zählen die Widerrufs- 4 gründe abschließend auf. Die Vorschrift ist zwar § 67g nachgebildet, der die Widerrufsgründe bei Aussetzung einer Unterbringung (in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung) normiert, und weist einige Ähnlichkeiten zu § 56f über den Widerruf der Strafaussetzung auf. Vollständig stimmen diese Regelungen aber nicht überein.5 Gleichwohl darf für die generelle Auslegung der einzelnen Widerrufsgründe weitgehend auf die Erläuterungen zu § 67g zurückgegriffen werden, wobei jedoch die Besonderheiten des Berufsverbots und seiner Aussetzung gegenüber den Gegebenheiten bei den freiheitsentziehenden Maßregeln zu beachten sind. Die den Widerrufsgrund tragenden Tatsachen müssen zur Überzeugung des Gerichts 5 feststehen. Bei Zweifeln ist – vergleichbar der Anordnung des Berufsverbots gemäß § 70 (dort Rdn. 44) – nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ (näher hierzu Schöch LK12 Vor § 61 Rdn. 60 ff) von einem Widerruf abzusehen.6 a) Begehung einer (neuen) rechtswidrigen Tat (Absatz 1 Nr. 1). Die neue Tat 6 muss „während der Bewährungszeit“ begangen worden sein, die bei der Aussetzung des Berufsverbots nach § 70a Abs. 3 i.V.m. § 56a Abs. 1 festgelegt wird. Etwaige abweichende längere Bewährungs- oder Aufsichtszeiten einer Strafaussetzung gemäß §§ 56, 57, 57a oder nach Aussetzung einer Unterbringung (in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung) gemäß §§ 67b bis 67d sind ohne Belang.7 Dies gilt auch dann, wenn gerade die Anlasstat für die Anord-
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2 Bockemühl MK Rdn. 3; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; Fischer Rdn. 3; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2. 3 Fischer Rdn. 6; SSW/Harrendorf Rdn. 9; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Sinn SK Rdn. 10. 4 Bockemühl MK Rdn. 13; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7. 5 Bockemühl MK Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 2; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2. 6 Bockemühl MK Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; Pollähne NK Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 11. 7 Kindhäuser LPK Rdn. 2; Sinn SK Rdn. 4.
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§ 70b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
nung des Berufsverbots der ausgesetzten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel zugrunde liegt.8 Es muss sich bei der neuen Straftat um eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) 7 handeln. Eine Ordnungswidrigkeit genügt nicht. Dass der Täter wegen der Tat verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wird, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, verlangt das Gesetz – anders als bei der Anordnung des Berufsverbots nach § 70 (siehe hierzu § 70 Rdn. 21 ff) – zwar nicht.9 Allerdings dürften bei § 70b keine geringeren Anforderungen zu stellen sein, da es widersprüchlich erscheint, die Aussetzung des Berufsverbots wegen einer Tat widerrufen zu können, die für die Anordnung eines Berufsverbots nicht ausreicht. Zudem wird das Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes in der Regel die Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters nicht bestätigen. 8 Von diesen inhaltlichen Voraussetzungen an die rechtswidrige Tat ist deren Nachweis zu unterscheiden. Insofern ist umstritten, ob und gegebenenfalls welche besonderen Anforderungen aus der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK abzuleiten sind. So können beim Widerruf der Strafaussetzung nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR10 Straftaten des Verurteilten nur berücksichtigt werden, wenn sie rechtskräftig abgeurteilt sind11 oder wenn ein glaubhaftes (und nicht widerrufenes)12 Geständnis des Verurteilten vorliegt.13 Dass das über den Widerruf entscheidende Vollstreckungsgericht selbst von der Tat überzeugt ist, genügt demnach gerade nicht.14 Die Übertragung dieser Grundsätze auch auf den Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots wird verschiedentlich bestritten, weil Absatz 1 Nr. 1 anders als § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 keine „Straftat“, sondern lediglich eine „rechtswidrige Tat“ voraussetze und sich daher zur Frage der Schuld indifferent verhalte.15 Dem steht jedoch entgegen, dass mit der „Schuld“ im Sinne des Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht etwa eine Abgrenzung zur (ohnehin ebenso allein von dem für die Aburteilung der Tat zuständigen Gericht zu seiner Überzeugung festzustellenden) Rechtswidrigkeit gesucht wird, sondern bei staatlichem Handeln zwischen der bloßen (grundsätzlich zulässigen) Äußerung eines Tatverdachts und der darüber hinausgehenden (und ohne gesetzlichen Beweis unzulässigen) Schuldzuweisung zu unterscheiden ist. Demzufolge setzt der Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots voraus, dass der Täter wegen der neuen Tat bereits verurteilt bzw. nur wegen (nicht auszuschließender) Schuldunfähigkeit nicht verurteilt worden ist oder dass alternativ der Betroffene insoweit ein glaubhaftes Geständnis abgegeben hat.16 Des Weiteren bedarf es einer Tat, welche die verurteilte Person „unter Mißbrauch ih9 res Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten“ begeht. Nach dem Wortlaut der Norm (sowie nach dem speziellen Maßregelzweck) sind somit nur Taten relevant, die spezifisch berufs- oder gewerbebezogen im Sinne des § 70 sind (dort Rdn. 24 ff). Das Gesetz sagt insoweit zwar nicht, dass es sich um eine „erhebliche“ neue Tat handeln muss. Da dies jedoch für die Anlasstat des § 70 in der
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8 Kindhäuser LPK Rdn. 2. 9 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3. 10 EGMR NJW 2004 43, 44 f (Böhmer/Deutschland); s. auch EGMR NJW 2016 3645, 3647 f (El Kaada/Deutschland) m. Bespr. Esser NStZ 2016 697. 11 OLG Karlsruhe NStZ 2012 702; OLG Köln StV 2012 737; tendenziell zust. BVerfG NJW 2005 817. 12 S. hierzu EGMR NJW 2016 3645, 3647 f (El Kaada/Deutschland). 13 BVerfG NJW 2005 817; OLG Karlsruhe NStZ 2012 702; OLG Köln StV 2012 737; OLG Stuttgart NJW 2005 83, 84. 14 EGMR NJW 2004 43, 45 (Böhmer/Deutschland). 15 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; zust. Bockemühl MK Rdn. 3. 16 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 4; i. Erg. ebenso Pollähne NK Rdn. 6.
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Regel zu verlangen bleibt (siehe § 70 Rdn. 22), ist mit der herrschenden Ansicht hier gleichfalls eine solche Erheblichkeit zu fordern.17 Schließlich muss die neue Tat offenbaren, dass vom Täter auch weiterhin Taten drohen, deren Gewicht die Belastungen eines Berufsverbots rechtfertigen. b) Verstoß gegen eine Weisung (Absatz 1 Nr. 2). Absatz 1 Nr. 2 gestattet einen Wi- 10 derruf bei einem gröblichen oder beharrlichen Verstoß der verurteilten Person gegen eine Weisung. Dieser Widerrufsgrund ist auch in § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 67g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 normiert, so dass ergänzend auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden darf. Die – nach § 70a Abs. 3 Satz 1 i.Vm. § 56c erteilte – Weisung muss zunächst gültig und hinreichend bestimmt sein. Zudem muss es sich um einen gröblichen oder beharrlichen Verstoß handeln. Erforderlich ist demnach eine Zuwiderhandlung gegen eine Weisung in erheblicher (gröblicher) Weise oder eine wiederholte bzw. andauernde (beharrliche) Missachtung einer erteilten Weisung (näher etwa Rissing-van Saan/Peglau LK12 § 67g Rdn. 48). Der Verstoß gegen eigene Zusagen im Sinne des (§ 70a Abs. 3 Satz 1 i.V.m.) § 56c Abs. 4 ist nicht erfasst.18 c) Sichentziehen der Bewährungshilfe (Absatz 1 Nr. 3). Von einem Entziehen der 11 Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers kann nur gesprochen werden, wenn die verurteilte Person sich nicht nur einzelnen Maßnahmen widersetzt, sondern jegliche Kontrolle und Einflussnahme verhindert (näher etwa Rissing-van Saan/Peglau LK12 § 67g Rdn. 52); zur Beharrlichkeit siehe soeben Rdn. 10. d) Nachträglich bekannt gewordene Versagungsgründe (Absatz 2). Für den Wi- 12 derruf nach Absatz 2 darf das Gericht lediglich „Umstände, die ihm während der Bewährungszeit bekannt werden“, heranziehen. Nicht zulässig ist es hingegen, auf bereits zum Zeitpunkt der Aussetzung bekannte Zustände zurückzugreifen, nur weil sie nunmehr abweichend beurteilt werden.19 Ebenso wenig können erst nach Ablauf der Bewährungszeit bekanntgewordene Umstände berücksichtigt werden.20 Die Regelung in Absatz 2, die nur „Ausnahmefälle“ betreffen soll,21 ist nicht unumstritten, da durch den Widerruf etwa in der Regel ein Vertrauen des Betroffenen in die Aussetzungsentscheidung des Gerichts enttäuscht werde. Zudem spreche der Widerruf im Umfeld des Verurteilten (wie z.B. bei Geschäftspartnern) gegen dessen Zuverlässigkeit.22 3. Allgemeine Voraussetzung. Aus den Widerrufsgründen muss sich jeweils erge- 13 ben, dass der Zweck des Berufsverbots dessen weitere Anwendung erfordert (Absatz 1 und Absatz 2 a.E.). Hieraus ist – nicht zuletzt bei der Begehung einer (weiteren) Tat nach Absatz 1 Nr. 1 – zu folgern, dass die ungünstige Gefahrenprognose grundsätzlich den gleichen Inhalt und das gleiche Gewicht aufweist wie die Prognose zur Zeit der Anord-
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17 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 3; SSW/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 4. 18 Bockemühl MK Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 4; Fischer Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 5; Kilian AnwK Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 19 Bockemühl MK Rdn. 7; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; SSW/Harrendorf Rdn. 7; Kilian AnwK Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 7; Sinn SK Rdn. 7. 20 Bockemühl MK Rdn. 7; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 7; vgl. auch Rdn. 3. 21 So Prot. V S. 472. 22 Näher zur Kritik Hanack LK12 Rdn. 8.
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nung des Verbots (hierzu § 70 Rdn. 39 ff).23 Etwas anderes gilt nur in Bezug auf die voraussichtliche Dauer der Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters. Insoweit muss die Gefahrenprognose für den Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots nicht der Einschätzung bei dessen Anordnung entsprechen. Ansonsten wäre derjenige ungerechtfertigt privilegiert, gegenüber dem ein lebenslanges und nicht nur ein zeitlich befristetes Berufsverbot verhängt wurde.24 14 Bei dem Widerrufsgrund des Absatzes 1 Nr. 2 ist besonders darauf zu achten, ob der Verstoß gegen eine Weisung die weitere Gefahr im Sinne des § 70 Abs. 1 belegt, d.h. hierfür symptomatisch ist.25 Dies ist etwa der Fall, wenn der Täter seinen Beruf oder sein Gewerbe ohne eine ihm aufgegebene Nachschulung betreibt oder wenn er entgegen einer Weisung nach § 70a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 56c Abs. 2 Nr. 3 Kontakt zu bestimmten Personen unterhält und dadurch offenbart, dass er die ursprünglichen Gefahrenquellen auszuschalten nicht willens oder fähig ist. Entzieht sich der Verurteilte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 3 der Bewährungshilfe, 15 muss sein Verhalten ebenso die weitere Anwendung der Maßregel erfordern.26 Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn die beharrliche Missachtung der Bewährungshilfe konkret vorgesehene Einwirkungsmöglichkeiten vereitelt, zu deren Zweck die Bewährungshilfe eigens bestellt wurde.27 Bei dem Widerruf aus nachträglich bekannt gewordenen Versagungsgründen 16 bleibt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 62) aus den genannten Gründen des Vertrauensschutzes (Rdn. 12) besonders zu beachten. Es bedarf demzufolge in der Regel eines hohen Maßes an Gefahren weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten der verurteilten Person.28 Bei der notwendigen sorgfältigen Prüfung ist nicht zuletzt zu erörtern, ob die einst nicht erkannten Umstände auch zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung noch gegeben sind und nicht das spätere Verhalten des Betroffenen während der Bewährungszeit erkennen lässt, dass keine Gefahr weiterer Taten im Sinne des § 70 Abs. 1 mehr besteht.29 III. Anordnung des Widerrufs 17
1. Kein Ermessen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift („widerruft“) muss das Gericht den Widerruf aussprechen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Für ein richterliches Ermessen bleibt demzufolge kein Raum.30 Dass der Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots obligatorisch ist, während dessen Anordnung im Ermessen des Gerichts steht, wird mitunter kritisiert.31 Allerdings wird dem Gericht dadurch nicht jeder Spielraum genommen, sondern bedarf es auch beim Widerruf hinsichtlich der weiteren Gefahren einer Gesamtwürdigung im Sinne des § 70 (siehe bereits Rdn. 1) und darf die Aussetzung des Berufsverbots nur widerrufen werden, wenn der Maßregelzweck dies
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23 SSW/Harrendorf Rdn. 1; Pollähne NK Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 3. 24 SSW/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 5. 25 Bockemühl MK Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 4; SSW/Harrendorf Rdn. 5; Kilian AnwK Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Sinn SK Rdn. 5. 26 SSW/Harrendorf Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Pollähne NK Rdn. 9. 27 Sinn SK Rdn. 6; ähnlich Bockemühl MK Rdn. 6; Kilian AnwK Rdn. 8. 28 Bockemühl MK Rdn. 8; SSW/Harrendorf Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 8. 29 SSW/Harrendorf Rdn. 8; Kindhäuser LPK Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Pollähne NK Rdn. 8; Sinn SK Rdn. 7; vgl. auch Prot. V S. 793, 2340. 30 Bockemühl MK Rdn. 1; Fischer Rdn. 2; SSW/Harrendorf Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; Pollähne NK Rdn. 10; Sinn SK Rdn. 2. 31 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; Hanack LK12 Rdn. 9; Pollähne NK Rdn. 3.
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„erfordert“ (zum Übermaßverbot schon § 70 Rdn. 56).32 Das Gericht darf daher eine Aussetzung nicht widerrufen, wenn sich trotz bestehender Widerrufsgründe Umstände abzeichnen, die der vom Täter ausgehenden Gefahr entgegenstehen und Grund zu der Annahme geben, der Täter werde die mit der Aussetzung verknüpften Erwartungen im Ergebnis erfüllen.33 2. Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen. Angesichts der vorstehen- 18 den Ausführungen (Rdn. 17) mag fraglich erscheinen, ob von einem Widerruf auch dann abzusehen ist, wenn sich der (wieder) sichtbar gewordenen Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten des Täters durch zusätzliche oder geänderte Maßnahmen im Rahmen einer Bewährung gemäß § 70a Abs. 3 ausreichend begegnen lässt. Eine der Vorschrift des § 56f Abs. 2 Satz 1 zum Widerruf der Strafaussetzung vergleichbare Regelung enthält § 70b zwar nicht. Allerdings könnte der Gesetzgeber selbst durch den bewussten Verzicht auf eine solche Bestimmung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Rückgriff auf mildere Möglichkeiten der Gefahrenabwehr verfassungsrechtlich nicht ausschließen. 34 Als eine solche weniger einschneidende Maßnahme kommt außer der Verlängerung der Bewährungszeit auch die Erteilung weiterer Weisungen in Betracht.35 Unzulässig ist es aber, einen Widerruf durch Verlängerung der Bewährungs- 19 zeit zu vermeiden, um dadurch Zeit für die weitere Beobachtung und Prüfung zu gewinnen. Ist eine fortbestehende Gefahr weiterer berufs- bzw. gewerbespezifischer Taten der verurteilten Person erwiesen, kann ein solches Bedürfnis allein den Widerruf nicht hindern. Steht hingegen nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine weitere Anwendung des Berufsverbots erforderlich ist, hat ein Widerruf zu unterbleiben (siehe schon Rdn. 5). 3. Keine Abänderung der Verbotsfrist. Auch wenn sich der Widerruf der Ausset- 20 zung eines Berufsverbots als dessen „Neuanordnung“ charakterisieren lassen sollte (hierzu Rdn. 1), ergeht diese Entscheidung doch auf der Grundlage der zuvor vom erkennenden Gericht aufgrund einer Hauptverhandlung getroffenen Anordnung über Art und Dauer der Maßregel. Das für den Widerruf zuständige Gericht befindet hingegen nur über das Vorliegen eines Widerrufsgrundes. Es vermag somit zwar eine unberechtigte Aussetzung zu korrigieren, darf aber schon nach allgemeinen Grundsätzen die ursprüngliche Entscheidung des erkennenden Gerichts nicht abändern; dies gilt nicht zuletzt angesichts der Art des Vollstreckungsverfahrens als Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 463 Abs. 5, 462 StPO). Demzufolge ist es weder zulässig, die Dauer des angeordneten Berufsverbots zu verlängern,36 noch ermächtigt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit das Gericht, bei der „Neuanordnung“ gemäß § 70b ein zunächst für immer angeordnetes Berufsverbot nunmehr als zeitlich befristetes Verbot zu verhängen.37 Dies gilt selbst dann, wenn nach der jetzigen Prognose ein befristetes Ver-
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32 Ebenso SSW/Harrendorf Rdn. 9. 33 Kilian AnwK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3. 34 Ebenso Bockemühl MK Rdn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 9; SSW/Harrendorf Rdn. 4; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Stoll BeckOK Rdn. 1; vgl. auch die Überlegungen bei § 70a Rdn. 6. 35 Bockemühl MK Rdn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 9; Kilian AnwK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 5. 36 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8. 37 So indessen Sinn SK Rdn. 3 und 8; zust. Stoll BeckOK Rdn. 4.
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bot zur Abwehr der vom Täter drohenden Gefahr ausreicht.38 In Betracht kommt lediglich eine spätere erneute Aussetzung des Berufsverbots nach § 70a.39 IV. Wirkung des Widerrufs 1. Folgen des Widerrufs. Widerruft das Gericht die Aussetzung, entsteht keine neue Verbotsfrist (vgl. schon Rdn. 20).40 Vielmehr läuft die gemäß § 70 im Urteil festgelegte Verbotsfrist weiter, ohne dass gemäß Absatz 3 die Zeit eingerechnet werden würde, in der die Aussetzung des Berufsverbots wirksam war.41 Nicht zu berücksichtigen ist insoweit der Zeitraum zwischen der Rechtskraft des Aussetzungsbeschlusses und der Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses. Beispielsweise dauert bei einer dreijährigen Verbotsfrist, die nach Ablauf der Jahresfrist des § 70a Abs. 2 Satz 1 fünf Monate lang ausgesetzt war, das Verbot noch zwei Jahre.42 Kommt ein Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots wegen einer neuen Straftat 22 (Absatz 1 Nr. 1; hierzu Rdn. 6 ff) in Betracht, ist bei deren Aburteilung das erkennende Gericht nicht gehindert, ein weiteres Berufsverbot (gegebenenfalls auch von längerer Dauer) auszusprechen, das mit Rechtskraft des späteren Urteils wirksam wird. Die beiden Maßregeln stehen selbstständig nebeneinander.43 21
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2. Erbrachte Leistungen (Absatz 4). Leistungen, welche die verurteilte Person zur Erfüllung von nach § 70a Abs. 3 Satz 1 i.Vm. § 56c erteilten Weisungen oder abgegebenen Zusagen erbracht hat, werden nach Absatz 4 nicht erstattet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aussetzung überhaupt widerrufen44 oder ob das Berufsverbot für erledigt erklärt wird.45 Diese Regelung entspricht nicht zuletzt § 56f Abs. 3 Satz 1. Eine fakultative Anrechnung analog § 56f Abs. 3 Satz 2 scheidet schon deshalb aus, weil sie nur für Auflagen vorgesehen ist, die bei der Aussetzung des Berufsverbots indessen nicht zulässig sind (§ 70a Rdn. 16). V. Erledigung des Berufsverbots
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1. Ablauf der Bewährungszeit nach ausgesetztem Berufsverbot (Absatz 5). Die Erledigung des Berufsverbots ist nur unvollständig normiert, regelt Absatz 5 doch allein die Erledigung bei Ablauf der Bewährungszeit, d.h. bei nicht widerrufener Aussetzung des Berufsverbots und erfolgreicher Bewährung der verurteilten Person. In diesem Fall endet die Maßregel mit dem Ablauf der gemäß § 70a Abs. 3 Satz 1 i.Vm. § 56a festgesetzten Bewährungszeit; der Ablauf der (in der Regel kürzeren) Verbotsfrist des § 70 ist ohne Bedeutung. Anders als bei § 67g Abs. 5 tritt die Erledigung jedoch nicht automatisch ein. Vielmehr wurde – ähnlich wie bei § 56g – die gerichtliche Erledigungserklärung „aus
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38 Bockemühl MK Rdn. 10; SSW/Harrendorf Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8. 39 Bockemühl MK Rdn. 10; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8. 40 Bockemühl MK Rdn. 10; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10; SSW/Harrendorf Rdn. 10; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Pollähne NK Rdn. 11; Sinn SK Rdn. 8; s. hierzu auch Prot. V S. 2340. 41 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10; Fischer Rdn. 6; SSW/Harrendorf Rdn. 10; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8. 42 Ebenso Fischer Rdn. 6. 43 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10; SSW/Harrendorf Rdn. 10; Kilian AnwK Rdn. 12; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 8; Stoll BeckOK Rdn. 5; krit. Pollähne NK Rdn. 12. 44 SSW/Harrendorf Rdn. 12; Sinn SK Rdn. 9. 45 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 9; Pollähne NK Rdn. 13; s. schon BTDrucks. IV/650 S. 239.
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Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots | § 70b
Gründen der Rechtssicherheit“ für geboten gehalten.46 Somit bedarf es einer konstitutiven Erledigungserklärung durch das Gericht (näher sogleich Rdn. 25).47 Dies gilt sowohl für das zeitlich befristete als auch für das lebenslange Berufsverbot nach § 70 Abs. 1 Satz 2, das sich stets nur auf dem Weg über eine erfolgreiche Aussetzung (§ 70a) erledigen kann.48 Die gerichtliche Erledigungserklärung ergeht durch Beschluss nach § 463 Abs. 6 25 Satz 1 i.V.m. § 462 Abs. 1 Satz 1 StPO. Sie hat alsbald und ohne zeitlichen Aufschub nach Ablauf der Bewährungszeit zu erfolgen. Einen Widerruf der Erledigungserklärung sieht das Gesetz – anders als in § 56g Abs. 2 – nicht vor; die Erledigung ist folglich endgültig.49 Mit der Erledigungserklärung (nicht aber mit der sonstigen Erledigung nach Rdn. 26 f) endet gemäß § 68g Abs. 3 Satz 1 zugleich eine wegen derselben Tat angeordnete befristete Führungsaufsicht. 2. Widerruf der Aussetzung des Berufsverbots zur Bewährung. Nicht geregelt in 26 Absatz 5 ist die Erledigung eines Berufsverbots, das zwar zur Bewährung ausgesetzt, bei dem die Aussetzung aber gemäß § 70b wirksam widerrufen wurde. In dieser Konstellation tritt die Erledigung automatisch mit Ablauf der Verbotsfrist ein, ohne dass es hierfür einer gerichtlichen Erklärung bedarf.50 Schließlich sieht Absatz 5 eine solche Erklärung nur für die Erledigung nach Ablauf einer Bewährungsfrist vor und besteht kein Grund, diese Ausnahmeregelung entsprechend anzuwenden. Es bleibt lediglich zu beachten, dass nach Absatz 3 die Zeit der Aussetzung nicht in die Verbotsfrist eingerechnet wird (hierzu Rdn. 21). 3. Ablauf des Berufsverbots ohne Aussetzung zur Bewährung. Ebenso wie in 27 Rdn. 26 gestaltet sich die Rechtslage, wenn ein Berufsverbot überhaupt nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Auch in diesem Fall ist keine konstitutive Erklärung des Gerichts erforderlich, sondern erledigt sich das (zwingend zeitlich befristete) Berufsverbot automatisch mit Ablauf der Verbotsfrist.51 VI. Zuständigkeit und Verfahren Für Entscheidungen nach den Absätzen 1, 2 und 5 ist, wie bei § 70a, das Gericht des 28 ersten Rechtszuges zuständig, das die Sache aber an das Amtsgericht des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltsorts abgeben kann (§ 463 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. §§ 462, 462a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 StPO). Das Verfahren richtet sich gemäß § 463 Abs. 6 Satz 1 StPO wiederum nach § 462 StPO.
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46 So Prot. V S. 2448. 47 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 11; Fischer Rdn. 7; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Pollähne NK Rdn. 14; Sinn SK Rdn. 12. 48 SSW/Harrendorf Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Pollähne NK Rdn. 16; Sinn SK Rdn. 12. 49 Bockemühl MK Rdn. 14; SSW/Harrendorf Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Pollähne NK Rdn. 14; Sinn SK Rdn. 12. 50 Bockemühl MK Rdn. 15; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 10; Pollähne NK Rdn. 15. 51 Bockemühl MK Rdn. 15; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 13; SSW/Harrendorf Rdn. 13; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; Pollähne NK Rdn. 15; Sinn SK Rdn. 12.
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§ 71 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
– Gemeinsame Vorschriften – § 71 Selbständige Anordnung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Selbständige Anordnung Valerius § 71 https://doi.org/10.1515/9783110491302-007
(1) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt kann das Gericht auch selbständig anordnen, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters undurchführbar ist. (2) Dasselbe gilt für die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot. Schrifttum Gruhl Nebenklage und Sicherungsverfahren, NJW 1991 1874; Rath Zum Begriff der Verhandlungsfähigkeit im Strafverfahren, GA 1997 214.
Entstehungsgeschichte Die selbstständige Anordnung von Maßregeln gegen einen nicht zurechnungsfähigen Täter wurde erstmals durch das Ausführungsgesetz zu dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 (RGBl. I 1000) in §§ 429a ff. StPO a.F. geregelt. Allerdings gestattete das Sicherungsverfahren des § 429a StPO a.F. zunächst nur die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt (§ 42b a.F.). Die Rechtsprechung (BGHSt 13 91, 92 ff) dehnte diese Möglichkeit aber auch auf die Entziehung der Fahrerlaubnis aus, weil diese Maßregel schon nach § 42m Abs. 1 a.F. ebenso gegen den wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochenen Täter verhängt werden durfte und das Sicherungsverfahren große Ähnlichkeiten mit dem Strafverfahren aufweise, zu Recht daher als „unechter“ Strafprozess bezeichnet werde. Die durch das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) – mit einer terminologischen Änderung durch Art. 18 II Nr. 37 des EGStGB vom 2.3.1974 (BGBl. I 469) – eingefügte Vorschrift des § 71 erweiterte die Möglichkeiten zur selbstständigen Anordnung in Anlehnung an § 103 E 1962 (zu dessen Begründung BTDrucks. IV/650 S. 233) und § 81 Abs. 2 AE-AT auf alle Maßregeln des geltenden Rechts, die auch bei Schuldunfähigkeit angeordnet werden können. Durch das Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (StVollzÄndG) vom 20.12.1984 (BGBl. I 1654) wurde in Absatz 1 der Hinweis auf die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt (§ 65 a.F.), die durch dasselbe Gesetz als selbstständige Maßregel aufgehoben wurde, gestrichen. Eine Übergangsregelung für Taten, die vor dem 1.1.1975 begangen wurden, enthält Art. 306 EGStGB. Gesetzesmaterialien
BTDrucks. IV/650 S. 233 (Begründung zum E 1962); Prot. IV S. 985 ff; V S. 16, 447, 2335; BTDrucks. V/4095 S. 38 f (Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); vgl. auch § 81 Abs. 2 AE-AT mit Begründung S. 166 f. I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1 Anwendungsbereich | 3 Voraussetzungen der selbstständigen Anordnung
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1. 2. 3. 4.
Allgemeines | 4 Schuldunfähigkeit | 6 Verhandlungsunfähigkeit | 9 Sonstige Gründe | 12
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Selbständige Anordnung | § 71
IV.
Folgen der selbstständigen Anordnung | 14
V.
Grundzüge des Sicherungsverfahrens (§§ 413 ff StPO) | 15
I. Allgemeines Die Vorschrift ermöglicht die Anordnung der in Absatz 1 und Absatz 2 abschließend 1 aufgelisteten Maßregeln, selbst wenn das Verfahren gegen den Täter wegen dessen Schuld- oder Verhandlungsunfähigkeit nicht durchführbar sein sollte. Zwar setzt die Verhängung einer Maßregel nach dem sog. Kumulationsprinzip eigentlich die gleichzeitige Verhängung von Strafe voraus (siehe hierzu etwa Schöch LK12 Vor § 61 Rdn. 83), was wiederum grundsätzlich nur gegen schuld- und verhandlungsfähige Täter möglich ist. Indessen kann ein Sicherungsbedürfnis auch dann bejaht werden, wenn der Täter nicht zu Strafe verurteilt werden kann, weil er nicht schuldhaft gehandelt hat bzw. seine Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen ist.1 In diesem Fall bedarf es zum einen einer verfahrensrechtlichen Regelung, dass gegen den Täter unbeschadet seiner Schuldunfähigkeit und eventuell auch Verhandlungsunfähigkeit ein Strafverfahren durchgeführt werden kann; insoweit ergeben sich aus den §§ 413 ff StPO die Voraussetzungen, unter denen das sog. Sicherungsverfahren gegen den schuldunfähigen oder verhandlungsunfähigen Täter zum Zwecke der Anordnung einer Maßregel zulässig ist (näher Rdn. 15 ff). Zum anderen bietet sich eine Normierung im materiellen Recht an, dass die Maßregel selbstständig, d.h. auch ohne Verurteilung zu Strafe, angeordnet werden darf; diese Regelung enthält § 71. Zwingend erscheint eine solche Vorschrift indessen nicht,2 so dass ihr mitunter ein lediglich klarstellender Charakter zugesprochen wird.3 Bei der Großen Strafrechtsreform war umstritten, in welchem Umfang und unter 2 welchen Voraussetzungen die selbstständige Anordnung zulässig sein sollte. Ursprünglich wollte § 103 E 1962 (und ebenso § 81 Abs. 2 AE-AT) die Anordnung bei jeglicher Undurchführbarkeit des Strafverfahrens zulassen, was etwa auch den Fall eines fehlenden Strafantrags erfasst hätte (ergänzend Rdn. 12 f). Im weiteren Verlauf der Gesetzesberatungen wurde die Vorschrift jedoch auf die beiden Sachgründe der Schuld- und der Verhandlungsunfähigkeit eingeschränkt. Ansonsten steht nach Ansicht des Reformgesetzgebers ohnehin zumeist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 62) der Anordnung einer Maßregel entgegen und reichen entsprechende verwaltungsrechtliche Maßnahmen z.B. aufgrund der landesrechtlichen Unterbringungsgesetze, des Straßenverkehrsgesetzes oder der Gewerbeordnung aus.4 II. Anwendungsbereich Absatz 1 normiert die selbstständige Anordnung der freiheitsentziehenden Maß- 3 regeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63; zu Besonderheiten Rdn. 8) bzw. in einer Entziehungsanstalt (§ 64). Nach Absatz 2 gilt dies ebenso für die nicht freiheitsentziehenden Maßregeln der Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff) und des Berufsverbots (§§ 70 ff). Auch die selbstständige Anordnung mehrerer
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1 Zu dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung etwa Prot. IV S. 985. 2 Nach Bockemühl MK Rdn. 2, Fischer Rdn. 1a, SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 1 sowie auch Hanack LK12 Rdn. 2 handelt es sich bei § 71 hingegen um die „materielle Grundlage“ für das Sicherungsverfahren; krit. Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1. 3 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 1; Rössner HK-GS Rdn. 1. Pollähne NK Rdn. 4 erachtet § 71 sogar als „deplatziert“, da sich die Möglichkeit einer selbstständigen Anordnung der hier genannten Maßregeln schon aus den jeweiligen Regelungen ergebe; weitere Kritik an der Vorschrift ebendort. 4 Vgl. näher BTDrucks. V/4095 S. 38 sowie Prot. IV S. 985 ff; V S. 16.
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der in § 71 genannten Maßregeln ist möglich (§ 72). Nicht genannt sind die Sicherungsverwahrung und die Führungsaufsicht, die nur neben einer Strafe und somit gerade nicht selbstständig angeordnet werden können.5 III. Voraussetzungen der selbstständigen Anordnung 4
1. Allgemeines. Die in § 71 genannten Maßregeln können nur dann selbstständig angeordnet werden, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit (Rdn. 6 ff) oder wegen Verhandlungsunfähigkeit (Rdn. 9 ff) des Täters undurchführbar ist.6 Sonstige Gründe, die der Durchführung eines Strafverfahrens entgegenstehen (siehe hierzu Rdn. 12 f), reichen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht aus. Auch die Entstehungsgeschichte des § 71 (siehe schon Rdn. 2) verdeutlicht, dass die selbstständige Anordnung nur bei den beiden genannten Gründen ermöglicht werden, nicht aber auch sonstige Hindernisse für die Durchführung eines Strafverfahrens kompensieren sollte. Folglich müssen allein die Schuldunfähigkeit oder die Verhandlungsunfähigkeit ursächlich für die Undurchführbarkeit des Strafverfahrens sein.7 Selbstredend können diese beiden Voraussetzungen im Einzelfall auch zusammentreffen. Die Formulierung „kann“ begründet kein Ermessen des Gerichts, sondern bringt nur 5 dessen Befugnis zum Ausdruck, die aufgezählten Maßregeln selbstständig anzuordnen.8 Stets bedarf es eines hinreichenden Tatverdachts.9
2. Schuldunfähigkeit. Wegen Schuldunfähigkeit undurchführbar ist das Strafverfahren, wenn der Täter zur Zeit der (Anlass-)Tat schuldunfähig war (§ 20). Ein späterer Eintritt der Voraussetzungen des § 20 hindert die Durchführung des Strafverfahrens nicht, sofern sich die Voraussetzungen nicht als Fall der Verhandlungsunfähigkeit (Rdn. 9 ff) darstellen.10 7 Der Schuldunfähigkeit gleichzustellen ist der Fall, dass die Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen ist.11 Dies ergibt sich trotz des insoweit nicht eindeutigen Gesetzeswortlauts aus dem Sinn und Zweck der Regelung, namentlich dem auch hier bestehenden Sicherungsbedürfnis.12 Ähnlich ist nach herrschender Meinung ein Sicherungsverfahren zulässig, wenn sich die Schuldunfähigkeit des Täters zwar nicht ausschließen lässt, er aber sicher erheblich vermindert schuldfähig ist.13 8 Die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63) kommt zwar ebenso in Betracht, wenn sich die Schuldunfähigkeit nicht ausschließen lässt. Es muss aber mit Sicherheit festgestellt werden, dass der Täter zumindest vermindert schuldfähig (§ 21) war.14 Kann hingegen nicht ausgeschlossen werden, dass der Täter gegebenenfalls voll schuldfähig war, ist die Unterbringung unzulässig. Demzufol6
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5 Bockemühl MK Rdn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2; Rössner HK-GS Rdn. 1; Sinn SK Rdn. 3. 6 Krit. wegen der Unterschiede zwischen diesen beiden Sachgründen der Undurchführbarkeit des Strafverfahrens Pollähne NK Rdn. 6. 7 Bockemühl MK Rdn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 5; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 3. 8 Pollähne NK Rdn. 12; Sinn SK Rdn. 7. 9 Kilian AnwK Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 7; Sinn SK Rdn. 6. 10 Ebenso Bockemühl MK Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 3. 11 Bockemühl MK Rdn. 6; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Pollähne NK Rdn. 10. 12 Vgl. BGHSt 18 167, 168; Sax JZ 1968 533, 533; aA Foth JZ 1963 604, 605. 13 BGHSt 22 1, 4 f zu § 429a StPO a.F.; Gössel LR26 § 413 Rdn. 5; Maur KK § 413 Rdn. 8; MeyerGoßner/Schmitt § 413 Rdn. 4. Krit. die Voraufl. Hanack LK12 Rdn. 12; s. auch Pollähne NK Rdn. 8. 14 Bockemühl MK Rdn. 6; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 3.
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Selbständige Anordnung | § 71
ge ist in diesem Fall auch die selbstständige Anordnung der Unterbringung nicht statthaft.15 3. Verhandlungsunfähigkeit. Die Verhandlungsunfähigkeit betrifft zwar ein spezi- 9 fisch (straf-)prozessrechtliches Problem (näher hierzu Stuckenberg LR § 205 Rdn. 17 ff). Allerdings kann der verhandlungsunfähige Täter nicht zu Strafe verurteilt werden, selbst wenn er die Tat nicht im Stadium der Schuldunfähigkeit begangen hat. Es darf daher lediglich eine Maßregel selbstständig angeordnet werden (zur im Sicherungsverfahren möglichen Hauptverhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten Rdn. 17).16 Nicht verhandlungsfähig ist der Beschuldigte, der nicht in der Lage ist, in oder 10 außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger wie verständlicher Weise zu führen, Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.17 Geisteskrankheit lässt die Verhandlungsfähigkeit von Erwachsenen nicht schlechthin entfallen. Erforderlich sind vielmehr in der Regel schwere seelische oder körperliche Mängel oder Krankheiten.18 In diesen Fällen fehlt es an der Verhandlungsfähigkeit bereits dann, wenn sie die Interessenwahrnehmung zwar nicht hindern, aber mit einer unverhältnismäßig großen Schädigungsgefahr für den Beschuldigten einhergehen. Um die Verhandlungsfähigkeit beurteilen zu können, müssen die Strafgerichte in der Regel ein Sachverständigengutachten einholen, das sich substantiiert mit den konkreten Umständen des Einzelfalls auseinandersetzt.19 Keine Verhandlungsunfähigkeit im Sinne des § 71 ist die selbstverschuldete Verhandlungsunfähigkeit gemäß § 231a StPO, bei der das Strafverfahren vielmehr fortgesetzt wird.20 Die Verhandlungsunfähigkeit muss dauerhaft sein, d.h. auf unabsehbare Zeit be- 11 stehen.21 Eine nur vorübergehende Verhandlungsunfähigkeit führt nicht zur Undurchführbarkeit des Strafverfahrens im Sinne des § 71, sondern lediglich zu dessen vorläufiger Einstellung (§ 205 StPO). 4. Sonstige Gründe. Die selbstständige Anordnung einer Maßregel scheidet aus, 12 wenn die Durchführung eines Strafverfahrens an anderen Gründen als der (jedenfalls nicht auszuschließenden) Schuld- oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters scheitert. Dies gilt etwa, wenn der Täter strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten, die Anlasstat verjährt ist oder wenn es am erforderlichen Strafantrag (oder Strafverlangen bzw. an der notwendigen Ermächtigung) fehlt.22 Ebenso wenig ist eine selbstständige Anordnung zulässig, wenn die Tat unter eine Amnestie fällt und ein Strafverfahren – mangels ausdrücklicher entgegenstehender Normierung in dem jeweiligen Amnestiegesetz – deswegen undurchführbar ist.23
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15 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Pollähne NK Rdn. 10; Rössner HK-GS Rdn. 4. 16 Bockemühl MK Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 17 BVerfG NJW 1995 1951, 1951; BGHSt 41 16, 18; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4; Pollähne NK Rdn. 9; Sinn SK Rdn. 6; krit. etwa Rath GA 1997 214, 216 ff. 18 OLG Nürnberg StV 2001 668, 669; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 8. 19 BVerfG NJW 1995 1951, 1951 f; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12. 20 Sinn SK Rdn. 6. 21 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4. 22 BGHSt 31 132, 135 = JR 1984 25 m. Anm. Blau; Bockemühl MK Rdn. 5; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 7; Rössner HK-GS Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 6; Stoll BeckOK Rdn. 3; aA noch BGHSt 5 140, 141 f zum früheren Recht, wonach ein Sicherungsverfahren auch bei fehlendem Strafantrag zulässig sein sollte. 23 Bockemühl MK Rdn. 5; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 7; s. hierzu auch BTDrucks. V/4095 S. 38.
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Ebenso unzulässig ist die selbstständige Anordnung, wenn der Täter als Jugendlicher lediglich mangels Reife nach § 3 JGG strafrechtlich nicht verantwortlich ist. Treffen fehlende Reife und fehlende Schuldfähigkeit (§ 20) zusammen, ist nach der Rechtsprechung die selbstständige Anordnung hingegen statthaft, weil seelische Störungen anders als altersbedingte Reifemängel in der Regel nicht ohne Heilbehandlung therapiert werden können.24 IV. Folgen der selbstständigen Anordnung
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Hinsichtlich der Folgen unterliegen selbstständig angeordnete Maßregeln den allgemeinen Bestimmungen des Maßregelrechts. So ist z.B. § 62 ebenso anwendbar wie die Vorschriften der § 67a, § 67b, § 67c Abs. 2 und der Regelungskomplex der §§ 67d bis 67h. Gegenstandslos sind lediglich diejenigen Bestimmungen, die – wie insbesondere § 67 – Schuldfähigkeit voraussetzen. V. Grundzüge des Sicherungsverfahrens (§§ 413 ff StPO)
Ist das Strafverfahren wegen Schuld- oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters undurchführbar, kommt ein Sicherungsverfahren (oder auch selbstständiges Verfahren) nach §§ 413 bis 416 StPO in Betracht. Mangels abweichender Regelung gelten die Vorschriften über das Strafverfahren sinngemäß (§ 414 Abs. 1 StPO). Eine Nebenklage ist im Sicherungsverfahren zulässig.25 Das Sicherungsverfahren ist auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden zulässig, soweit gegen sie eine Maßregel selbstständig angeordnet werden kann (vgl. §§ 2, 7, 105 JGG). Für die Durchführung des Sicherungsverfahrens ist ein Antrag der Staatsanwalt16 schaft erforderlich (§ 413 StPO), der an die Stelle der Anklageschrift tritt und deren Erfordernissen (§ 200 StPO) entsprechen muss (§ 414 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zudem ist in der Antragsschrift die beantragte Maßregel zu bezeichnen (§ 414 Abs. 2 Satz 3 StPO). Die Antragstellung setzt voraus, dass nach dem Ergebnis der Ermittlungen die Anordnung einer Maßregel zu erwarten steht (§ 413 StPO). Die Antragstellung steht sodann im pflichtgemäßen Ermessen der Staatsanwaltschaft.26 Das Sicherungsverfahren begründet einen Fall notwendiger Verteidigung (§ 140 17 Abs. 1 Nr. 7 StPO). Ein Sachverständiger soll gemäß § 414 Abs. 3 StPO schon im Vorverfahren hinzugezogen werden. Zwingend ist dessen Mitwirkung in der Hauptverhandlung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel in Betracht kommt (§§ 414 Abs. 1, 246a StPO). Unter den Voraussetzungen des § 415 Abs. 1 StPO kann in Abwesenheit des Beschuldigten verhandelt werden, wenn dieser durch einen beauftragten Richter unter Zuziehung eines Sachverständigen vernommen wurde (siehe hierzu § 415 Abs. 2 StPO). Sollte sich im Sicherungsverfahren die Schuldfähigkeit des Beschuldigten erst nach 18 der Eröffnung des Hauptverfahrens ergeben, ist eine Überleitung in das Strafverfahren gemäß § 416 StPO zulässig. Wird in einem wegen Schuldunfähigkeit eröffneten Sicherungsverfahren festgestellt, dass der Beschuldigte zudem verhandlungsunfähig ist, wird das Sicherungsverfahren nicht eingestellt. Schließlich ist nach § 413 StPO ein Sicherungsverfahren auch bei Verhandlungsunfähigkeit des Täters möglich. Gemäß § 415 15
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24 BGHSt 26 67, 68 ff; OLG Jena NStZ-RR 2007 217, 218 f m.N. zum Streitstand; s. auch Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; ferner etwa Eisenberg JGG § 3 Rdn. 35 ff. 25 BGHSt 47 202, 203 ff unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rspr.; Maur KK § 414 Rdn. 4; ausführl. Gössel LR26 Vor § 413 Rdn. 9 ff; s. hierzu schon Gruhl NJW 1991 1874. 26 Krit. Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 12.
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Abs. 1 bzw. Abs. 3 StPO kann vielmehr die (weitere) Hauptverhandlung auch ohne den Beschuldigten durchgeführt werden.27 Umgekehrt ist ein Übergang vom Strafverfahren in das Sicherungsverfahren gesetzlich nicht vorgesehen. Bei einem Freispruch mangels Schuldfähigkeit erübrigt sich eine Überleitung ohnehin, weil in diesem Fall Maßregeln selbstständig angeordnet werden können.28 Ergibt sich im Strafverfahren hingegen die dauernde Verhandlungsunfähigkeit des Beschuldigten, kann § 416 StPO nicht entsprechend angewendet werden, sondern ist das Verfahren nach § 206a Abs. 1, § 260 Abs. 3 StPO einzustellen.29 Unbenommen bleibt der Staatsanwaltschaft, einen Antrag auf selbstständige Anordnung einer Maßregel nach § 413 StPO zu stellen.30 Steht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten, ist die Strafkammer zuständig (§§ 24 Abs. 1 Nr. 2, 74 Abs. 1 Satz 2 GVG). Bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie in den Fällen des Absatzes 2 ist grundsätzlich das Schöffengericht zuständig (§§ 24, 25, 28 GVG), sofern die Staatsanwaltschaft die Antragsschrift nicht wegen besonderer Bedeutung an die Strafkammer richtet (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG). Da im Sicherungsverfahren kein Schuldspruch ergeht und die rechtswidrige Tat nur den Anlass für die Verhängung der Maßregeln bildet, wird die Anlasstat nicht im Urteilsspruch genannt.31 Die rechtskräftige Entscheidung im Sicherungsverfahren führt zum Strafklageverbrauch. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Maßregel angeordnet wird oder nicht.32 Die Strafklage wird ebenso durch eine Entscheidung im Strafverfahren verbraucht, die mithin die spätere Durchführung eines Sicherungsverfahrens ausschließt. Solange zuvor die Sache im Strafverfahren rechtshängig ist, besteht ein Verfahrenshindernis für die Durchführung eines anderweitigen Sicherungsverfahrens. Sollte das Sicherungsverfahren gleichwohl eröffnet werden, ist es einzustellen.33
§ 72 Verbindung von Maßregeln 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Verbindung von Maßregeln Valerius § 72 https://doi.org/10.1515/9783110491302-008
(1) 1 Sind die Voraussetzungen für mehrere Maßregeln erfüllt, ist aber der erstrebte Zweck durch einzelne von ihnen zu erreichen, so werden nur sie angeordnet. 2 Dabei ist unter mehreren geeigneten Maßregeln denen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschweren. (2) Im übrigen werden die Maßregeln nebeneinander angeordnet, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt. (3) 1 Werden mehrere freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet, so bestimmt das Gericht die Reihenfolge der Vollstreckung. 2 Vor dem Ende des Vollzugs einer Maßregel ordnet das Gericht jeweils den Vollzug der nächsten an, wenn deren Zweck die Unterbringung noch erfordert. 3 § 67c Abs. 2 Satz 4 und 5 ist anzuwenden.
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KG BeckRS 2014 2246; Kilian AnwK Rdn. 9; Pollähne NK Rdn. 9. Kilian AnwK Rdn. 12; Pollähne NK Rdn. 12. BGHSt 46 345, 347 ff = JR 2001 520 m. Anm. Gössel; Pollähne NK Rdn. 9; Sinn SK Rdn. 6. Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Pollähne NK Rdn. 9; Rössner HK-GS Rdn. 4. BGH bei Holtz MDR 1985 449. BGHSt 11 319, 322; 16 198, 199; Bockemühl MK Rdn. 8; Sinn SK Rdn. 9. BGHSt 22 185, 186.
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Schrifttum Bruns Über Häufung und Auswahl konkurrierender Sicherungsmaßregeln (§ 42n StGB.), ZStW 60 (1941) 474; ders. Sicherungsmaßregeln und Verschlechterungsverbot, JZ 1954 730; Frisch Das Verschlechterungsverbot – Grundfragen und neue Entwicklungen, JA 1974 165; Grünebaum Zur Konkurrenz der Maßregeln, R & P 2004 187; Hanack Sozialtherapie und Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB n.F., JR 1975 441; J. Kretschmer Das strafprozessuale Verbot der reformatio in peius und die Maßregeln der Besserung und Sicherung (1999); Markwardt Reformbedürftigkeit des Maßregelrechts, Festschrift Gollwitzer (2004) 125; U. Schneider Beendigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bei „Zweckerreichung“ – Eine kriminalpolitische Herausforderung, NStZ 2004 649.
Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch das 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) mit einer redaktionellen Änderung durch Art. 18 II Nr. 38 EGStGB vom 2.3.1974 (BGBl. I 469) eingefügt. Sie ersetzt § 42p a.F., der – identisch mit dem durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 (RGBl. I 995) eingeführten § 42n, umbenannt in § 42p durch das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 26.11.1964 (BGBl. I 921) – lediglich bestimmte, dass Maßregeln nebeneinander angeordnet werden „können“. Auf der Grundlage dieser Regelung entwickelten die Rechtsprechung (schon des Reichsgerichts) und das Schrifttum konkrete Grundsätze, die weitgehend in § 104 E 1962 aufgegriffen wurden, dem nunmehr wiederum § 72 im Wesentlichen entspricht. Auf die entwickelten Überlegungen kann daher noch heute stark zurückgegriffen werden, wenngleich seit der Großen Strafrechtsreform nicht zuletzt der Vorrang der Besserung vor der Sicherung stärker betont wird. Gesetzesmaterialien Niederschriften III S. 164, 178, 365, 374; XII S. 339 f, 363 ff; BTDrucks. IV/650 S. 233 f (Begründung zum E 1962); Prot. IV S. 989; V S. 16, 2335, 2448; BTDrucks. V/4095 S. 39 (Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform); vgl. auch § 81 Abs. 1 AE-AT mit Begründung S. 166 f. I.
II.
Übersicht Allgemeines 1. Sinn und Zweck | 1 2. Systematik | 2 3. Keine generellen Lösungen | 5 Konsumtion einzelner Maßregeln (Absatz 1) 1. Zusammentreffen mehrerer Maßregeln (Satz 1 Halbs. 1) | 7 2. Geeignetheit der einzelnen Maßregeln (Satz 1 Halbs. 2) | 10 3. Beschwer durch die einzelnen Maßregeln (Satz 2) | 14 4. Einzelne Fallkonstellationen a) Zusammentreffen von psychiatrischem Krankenhaus und Entziehungsanstalt | 18 b) Zusammentreffen von Sicherungsverwahrung und Entziehungsanstalt | 21
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c)
III. IV.
Zusammentreffen von Sicherungsverwahrung und psychiatrischem Krankenhaus | 23 d) Zusammentreffen sämtlicher freiheitsentziehender Maßregeln | 26 e) Zusammentreffen nichtfreiheitsentziehender Maßregeln | 27 f) Zusammentreffen von freiheitsentziehenden und nichtfreiheitsentziehenden Maßregeln | 28 Anordnung mehrerer Maßregeln (Absatz 2) | 33 Vollstreckung mehrerer freiheitsentziehender Maßregeln (Absatz 3)
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Verbindung von Maßregeln | § 72
1. 2. 3.
Anwendungsbereich | 36 Bestimmung der Reihenfolge (Satz 1) | 38 Überprüfung der nächsten Maßregel (Sätze 2 und 3) | 40
V.
Verfahrensrechtliches 1. Austausch von Maßregeln und Verschlechterungsverbot | 42 2. Rechtsmittelbeschränkungen | 44
I. Allgemeines 1. Sinn und Zweck. Die Vorschrift regelt die Konkurrenzen zwischen mehreren 1 Maßregeln, deren Voraussetzungen wegen ein und derselben Anlasstat jeweils allesamt erfüllt sind. Dieses Verhältnis erfährt bereits angesichts der zunehmenden Differenzierung des Maßregelrechts wachsende Bedeutung.1 Dies gilt nicht zuletzt, wenn mit Stimmen aus dem Schrifttum ein „inflationäre(r) Rückgriff auf das Maßregelrecht nach dem Motto ‚in dubio pro securitate‘“ diagnostiziert wird.2 2. Systematik. Die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis stellt sich naturgemäß 2 nur, sofern überhaupt die Voraussetzungen mehrerer Maßregeln wegen ein und derselben Anlasstat erfüllt sind (siehe auch Absatz 1 Satz 1 Halbs. 1; näher Rdn. 7 ff).3 Das Gericht hat somit jeweils zunächst zu prüfen, welche Sicherungsmaßnahmen bei dem Täter an sich verhängt werden können.4 Hingegen ist es beispielsweise unzulässig, sogleich bei einem erheblich vermindert steuerungsfähigen Täter Sicherungsverwahrung anzuordnen, ohne zuvor die Möglichkeit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus überhaupt zu erörtern.5 Ebenso wenig dürfen die bei den einzelnen Maßnahmen erforderlichen Prognosen schon mit der Frage ihrer Auswahl oder Häufung gemäß § 72 verbunden werden. Vielmehr ist für jede einzelne Maßregel die Gefährlichkeit gesondert zu beurteilen, jeweils – wie auch sonst – bezogen auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung.6 Können nach dieser getrennten Prüfung mehrere Maßregeln angeordnet werden, 3 kann gleichwohl auf einzelne Maßregeln verzichtet und nur auf eine (bzw. einige) von ihnen zurückgegriffen werden. Ob eine solche Konsumtion möglich ist, bestimmt sich nach den Kriterien des Absatzes 1 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 2. Hierbei ist zunächst zu untersuchen, welche der an sich zulässigen Maßregeln geeignet ist, den erstrebten Zweck zu erreichen (Absatz 1 Satz 1 Halbs. 2; siehe hierzu Rdn. 10 ff). Maßgeblich ist der allen Maßregeln zugrunde liegende Zweck, die Gefahr weiterer rechtswidriger Taten durch den Täter abzuwenden (näher Rdn. 10 f). Lässt sich dieses Anliegen bereits durch einzelne Maßregeln verwirklichen, darf das Gericht nur diese einzelnen Maßregeln anordnen. Absatz 1 Satz 1 konkretisiert somit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dessen Bedeutung für das Maßregelrecht schon in § 62 ausdrücklich festgehalten wird.7 Sollten sich hingegen mehrere Maßregeln eignen, den erstrebten Zweck zu erreichen, gebührt nach Absatz 1 Satz 2 unter diesen derjenigen Maßregel der Vorrang, die den Täter am wenigsten beschwert (siehe hierzu Rdn. 14 ff).8
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Pollähne NK Rdn. 2. So Pollähne NK Rdn. 1; s. auch Braum ZRP 2004 105 zur nachträglichen Sicherungsverwahrung. Zur Systematik der Norm auch Pollähne NK Rdn. 4; Sinn SK Rdn. 1. RGSt 73 101, 102; BGH NStZ 1981 390. RG JW 1935 2136; BGH NStZ 1981 390. Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2; Sinn SK Rdn. 6. Bockemühl MK Rdn. 1; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 1; Pollähne NK Rdn. 2. BGH NStZ 1981 390; NStZ-RR 1999 77, 78.
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Lässt sich eine Auswahl nach den geschilderten Grundsätzen des Absatzes 1 nicht treffen, sind die Maßregeln nebeneinander anzuordnen (so auch ausdrücklich Absatz 2; hierzu Rdn. 33 ff). Für den Fall einer solchen Kumulation mehrerer Maßregeln enthält Absatz 3 (siehe hierzu Rdn. 36 ff) eine zusätzliche Bestimmung zur Vollstreckung, die aber ausdrücklich nur für die freiheitsentziehenden Maßregeln gilt (zur Reihenfolge bei der Konkurrenz nicht-freiheitsentziehender Maßregeln untereinander und mit freiheitsentziehenden Rdn. 37). Danach hat das erkennende Gericht bei der Anordnung mehrerer freiheitsentziehender Maßregeln im Urteil zugleich die Reihenfolge der Vollstreckung zu bestimmen (Satz 1). Jeweils vor dem Ende des Vollzugs der einen Maßregel hat dann die Vollstreckungskammer zu prüfen, ob es der weiteren Unterbringung noch bedarf (Sätze 2 und 3).
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3. Keine generellen Lösungen. Eine zentrale Schwierigkeit bei der Maßregelkonkurrenz ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich nicht allgemein beantworten lässt, ob nur eine oder mehrere und sodann welche Maßregeln anzuordnen sind. Zwar verfolgen die verschiedenen Maßregeln allesamt den generellen Zweck, der künftigen Gefährlichkeit des Täters zu begegnen. Im Einzelnen tragen sie aber unterschiedlichen Gesichtspunkten und Gefahren Rechnung und knüpfen damit an sehr unterschiedliche Bedürfnisse an. Dies gilt selbst unter den freiheitsentziehenden Maßregeln, denen zwar jeweils die Unterbringung des Täters gemeinsam ist, die dabei aber verschiedene Stoßrichtungen der Einwirkungen kennen, so dass – unbeschadet der Möglichkeiten des § 67a (hierzu Rdn. 35) – unter Umständen erst durch eine Häufung der Maßregeln der Gefährlichkeit des Täters begegnet werden kann. Dementsprechend verwundert es nicht, dass § 72 lediglich formale Programmsätze der Erforderlichkeit und der Subsidiarität aufstellt, ohne konkrete Vorgaben für deren Umsetzung zu enthalten.9 Rechtsprechung und Lehre lehnen es deswegen seit jeher ab, die Maßregeln unter6 einander in ein Rangverhältnis zu setzen, das bestimmte Maßregeln generell bevorzugen würde.10 Exemplarisch hat etwa der Bundesgerichtshof für die Maßregeln der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus (damals noch Heil- oder Pflegeanstalt) und der Sicherungsverwahrung ausgeführt, dass deren Austausch im Rechtsmittelverfahren „an der Unmöglichkeit scheitern (müsse), die Vor- und Nachteile der ihrer Art und ihrem Zweck nach stark voneinander abweichenden Reaktionsmittel mit einem objektiv gesicherten Ergebnis gegeneinander abzuwägen“11 (ergänzend Rdn. 43). In der Tat existiert keine feste und unumstößliche Rangfolge der einzelnen Maßregeln. Es lassen sich allenfalls einige objektive Gesichtspunkte für die Frage der geringsten Beschwer finden, die etwa zwischen einzelnen Maßregeln einen Regelvorrang nahelegen (siehe hierzu insbesondere Rdn. 16 f). Stets bedarf es aber einer konkreten Betrachtungsweise anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls, um über Auswahl und Häufung der Maßregeln zu bestimmen.12 II. Konsumtion einzelner Maßregeln (Absatz 1) 7
1. Zusammentreffen mehrerer Maßregeln (Satz 1 Halbs. 1). § 72 kommt von vornherein nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung mehrerer Maß-
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9 Krit. Pollähne NK Rdn. 2. 10 RG HRR 1936 Nr. 1545; JW 1939 619, 620; BGHSt 5 312, 314; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2; Fischer Rdn. 5a; Sinn SK Rdn. 4; J. Kretschmer S. 111 ff. 11 BGHSt 25 38, 40 f. 12 BGHSt 5 312, 315; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 492, 494 und 496.
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regeln erfüllt sind. Ob es sich um mehrere freiheitsentziehende oder um mehrere nichtfreiheitsentziehende Maßregeln handelt oder ob freiheitsentziehende mit nichtfreiheitsentziehenden Maßregeln zusammentreffen, ist ohne Belang. Die Vorschrift ist auch bei der nachträglichen Gesamtmaßregelanordnung nach 8 § 55 Abs. 2 anwendbar.13 Demzufolge hat allein der spätere Richter zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche freiheitsentziehende Maßregel aufgrund der von ihm abzuurteilenden Tat zu verhängen oder neben einer früheren Maßregel anzuordnen ist. Die frühere Maßregelanordnung ist somit nicht nur ein fortgeltender Bestandteil des früheren Rechtsfolgenausspruchs, sondern stellt sich ebenso als ein Teil des dem späteren Richter obliegenden Gesamtmaßregelausspruchs dar, bei dem der Gesamtpersönlichkeit des Angeklagten und dem Gesamtbild seiner Taten Rechnung zu tragen ist. Daher geht Absatz 1 dem § 55 Abs. 2 Satz 1 vor und darf der für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 zuständige Richter jedenfalls dann von der Aufrechterhaltung einer früheren freiheitsentziehenden Maßregel absehen, wenn die Voraussetzungen für deren weiteren Vollzug nicht (mehr) vorliegen und dies von Bedeutung dafür ist, ob und gegebenenfalls welche neue freiheitsentziehende Maßregel gegen den Angeklagten anzuordnen bleibt.14 Vergleichbar hat der Tatrichter über die Erforderlichkeit einer im Raum stehenden 9 Maßregel zu entscheiden, wenn gegen den Beschuldigten schon früher eine Maßregel verhängt wurde, die nicht nach § 55 einbeziehungsfähig ist. Die Anordnung einer weiteren Maßregel kommt auch in diesem Fall nur in Betracht, wenn deren Zweck nicht bereits durch die früher verhängte Maßregel erreicht wird.15 Sofern gerade die erwogene Maßregel (wie etwa die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) bereits verhängt wurde, scheidet deren erneute Anordnung zwar nicht zwingend, jedoch in der Regel aus.16 2. Geeignetheit der einzelnen Maßregeln (Satz 1 Halbs. 2). Liegen die Anord- 10 nungsvoraussetzungen mehrerer Maßregeln zugleich vor, ist deren Häufung nach Absatz 1 Satz 1 Halbs. 2 gleichwohl nur zulässig, soweit „der erstrebte Zweck“ nicht schon durch einzelne Maßregeln oder gegebenenfalls auch eine einzige unter ihnen zu erreichen ist.17 Abzustellen ist auf den allgemeinen Maßregelzweck, die Allgemeinheit vor der Gefahr weiterer rechtswidriger Taten des Täters zu schützen.18 Hierbei ist sogleich zu prüfen, welche Maßregel oder welche Maßregelkombination den Umständen nach die insoweit zweckmäßigste bzw. geeignetste ist. Dieser schon vom Reichsgericht herausgearbeitete Gesichtspunkt 19 kommt in Absatz 1 der Vorschrift, der zunächst in seinem Satz 1 Halbs. 2 allein auf den erstrebten Zweck und sodann in Satz 2 nur auf die den Täter am wenigsten beschwerende Maßregel abstellt, zwar nicht hinreichend zum Ausdruck.20 Allerdings fordert bereits der Gedanke vom erstrebten Zweck schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Beschränkung auf das Geeignete und Zweckmäßige.21 Generell
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13 S. nur Bockemühl MK Rdn. 2; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 1; Sinn SK Rdn. 2. 14 BGHSt 42 306, 311 f = JR 1998 119 m. krit. Anm. Bringewat. 15 BGH NStZ 2016 683, 685; BayObLG NStZ-RR 2004 295, 296; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2. 16 BayObLG NStZ-RR 2004 295, 297. 17 Fischer Rdn. 3; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 3. 18 So schon RGSt 73 101, 102 m.w.N.; RG JW 1939 619, 620; Bockemühl MK Rdn. 3; Fischer Rdn. 2; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 2; Sinn SK Rdn. 3. 19 RGSt 69 129, 134 f; 72 151, 151 f; 73 44, 47; 73 101, 102; s. auch BGHSt 5 312, 315; ferner Bruns ZStW 60 (1941) 474, 489; ders. JZ 1954 730, 731. 20 Krit. etwa Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 2 f. 21 S. auch Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3.
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lässt sich § 72 entnehmen, dass nur die Anordnung der auch erforderlichen Maßregeln zulässig, somit eine restriktive Auslegung des Begriffs des erstrebten Zwecks angezeigt ist.22 Welche Maßregel am geeignetsten ist, den erstrebten Zweck zu erreichen, bestimmt 11 sich nach den Kriterien der Persönlichkeit des Täters, von Art und Grad einer etwaigen Erkrankung und der Behandlungs- und Einwirkungsmöglichkeiten der jeweiligen Maßregel.23 Hierbei verdient der Gedanke der Besserung des Täters den Vorrang vor einer bloßen Sicherung.24 Fiskalische Erwägungen sind nicht maßgebend.25 Gleiches gilt für Umstände, die organisatorische Maßnahmen und die tatsächlichen Verhältnisse (z.B. zeitbedingte Schwierigkeiten bei der Unterbringung wegen Überfüllung der entsprechenden Anstalten) betreffen.26 Ebenso wenig von Bedeutung für die Auswahl ist, ob eine Maßregel zwingend oder fakultativ vorgesehen ist. Die zwingende Maßregel hat keinen Vorrang vor der fakultativen.27 Denn ob eine Maßregel in dem einen oder anderen Sinne ausgestaltet ist, beruht auf anderen Erwägungen als die Auswahl im konkreten Fall. Unter Umständen kann gerade die in das Ermessen gestellte Maßnahme die geeignetste und zweckmäßigste sein.28 Mehrere Maßregeln kommen danach in Betracht, wenn der Täter in verschiedener 12 Hinsicht gefährlich ist und eine einzige Maßregel den vielgestaltigen Gefahren nicht Rechnung tragen kann, sondern jeder der verschiedenen Gefahren mit selbstständigen Mitteln begegnet werden muss und die eine Maßregel im konkreten Fall nicht zugleich die Funktion der anderen erfüllt. Zur Erörterung typischer Einzelfälle Rdn. 18 ff. Besondere Bedeutung gewinnt die Kumulation, wenn Zweifel bestehen, ob sich 13 der erstrebte Zweck bereits durch die eine oder andere Maßregel erreichen lässt. Die Frage entsteht in der Praxis nicht selten, weil sich nicht zuletzt die Entwicklung des Täters vielfach noch nicht genügend beurteilen lässt. Der Tatrichter ist insoweit zunächst verpflichtet, Zweifeln nach erschöpfender Aufklärung des Sachverhalts und unter Ausnutzung aller sich bietender Erkenntnisquellen nachzugehen.29 Sollten gleichwohl Zweifel fortbestehen, ist dies gerade der Grund für die Häufung der in Betracht kommenden Maßregeln. Unsicherheiten über den Erfolg allein der milderen Maßregel führen somit zur kumulativen Anordnung (ergänzend Rdn. 22 zum Verhältnis von Sicherungsverwahrung und Entziehungsanstalt).30 Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 72 und folgt zudem aus den besonderen Aufgaben des Gerichts bei der Vollstreckung freiheitsentziehender Maßregeln (§§ 67a, 67c, 67d Abs. 2, 67e), bei der
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22 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 1; s. auch Pollähne NK Rdn. 3. 23 RGSt 69 129, 134; Bockemühl MK Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3. 24 Bockemühl MK Rdn. 3; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 3; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 3; Pollähne NK Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 3; aA noch Hanack LK12 Rdn. 11, wonach „der Vorrang des Besserungsgedankens […] vielmehr erst dann ein[greife], wenn bei gleicher Beschwer durch mehrere geeignete Maßregeln die eine Maßregel oder Maßregelkombination zur Besserung mehr leistet als die andere“; ebenso Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 2. 25 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10; Sinn SK Rdn. 3; s. schon Bruns ZStW 60 (1941) 474, 491; bedenklich hingegen RG JW 1938 1313; JW 1938 1877, wonach an letzter Stelle berücksichtigt werden dürfe, „welche Maßnahme mit Rücksicht auf den geringsten Einsatz an Kräften der öffentlichen Hand und an öffentlichen Mitteln die für die allgemeinen Belange geeignetste ist“. 26 OLG Freiburg DRZ 1949 117; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10. 27 RGSt 69 153, 154; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 10. 28 RGSt 69 150, 151; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 497 ff. 29 Pollähne NK Rdn. 7; vgl. schon RGSt 69 153, 154; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 505. 30 RGSt 69 129, 135; 73 101, 103; BGH NJW 2000 3015, 3016 m. krit. Anm. Janssen StV 2000 617 und Neubacher NStZ 2001 322; NStZ-RR 2008 336, 337; NStZ 2009 87; NStZ 2010 83, 84; NStZ-RR 2012 106, 107; NStZ 2014 203, 206; Bockemühl MK Rdn. 5; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 3.
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Führungsaufsicht (§§ 68d bis 68f), aber auch aus der Regelung des § 69a Abs. 7 und des § 70a.31 3. Beschwer durch die einzelnen Maßregeln (Satz 2). Sind mehrere Maßregeln 14 gleichermaßen geeignet, den erstrebten Zweck zu erreichen, hat das Gericht denen den Vorzug zu geben, „die den Täter am wenigsten beschweren“.32 Bei dem dadurch normierten Subsidiaritätsprinzip handelt es sich um eine spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.33 Dieser allgemeine Grundsatz gilt über den Wortlaut des § 62 hinaus nicht nur bei der Entscheidung über die Anordnung einer konkreten Maßregel, sondern auch bei der speziellen Frage der Maßregelkonkurrenz und ist daher bei den folgenden Abwägungskriterien zu berücksichtigen. Unumstritten ist das Subsidiaritätsprinzip jedenfalls bei den freiheitsentziehenden Maßregeln indessen nicht, sieht Absatz 3 Satz 2 hier doch bei der Anordnung mehrerer Maßnahmen eine Entbehrlichkeitsprüfung zu einem späteren Zeitpunkt vor, zu dem das Risiko einer unzutreffenden Prognose geringer wäre.34 Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls unter 15 Berücksichtigung nicht zuletzt der Persönlichkeit des Täters, dessen Charakter die Maßregeln gerade begegnen sollen.35 Vorzunehmen ist eine objektive Beurteilung. Die subjektiven Erwägungen des Betroffenen selbst, der ohnehin häufig überhaupt keine zutreffenden Vorstellungen haben wird, sind ebenso unbeachtlich wie seine persönlichen Empfindungen.36 Dies schließt es aber nicht aus, neben den Interessen der Allgemeinheit auch etwaige Wünsche des Täters zu berücksichtigen, soweit er dafür sachliche Gründe geltend macht, d.h. sein Anliegen nach allgemeiner Erfahrung sowie vom Standpunkt der Gesamtheit sinnvoll und zweckmäßig erscheint.37 Auch wenn es keine feste Rangfolge der einzelnen Maßregeln gibt (siehe schon 16 Rdn. 6), lassen sich einige grobe Richtlinien für die Frage der geringsten Beschwer aufstellen (ergänzend die Kasuistik in Rdn. 18 ff). So ist es bei den freiheitsentziehenden Maßregeln zumeist verfehlt, die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung anzuordnen, wenn die wegen ihrer Befristung weniger beschwerende Unterbringung in der Entziehungsanstalt genügt.38 Bei der Sicherungsverwahrung handelt es sich zudem grundsätzlich um die Maßregel mit der härtesten Beschwer. Wegen des schwerwiegenden Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG darf sie daher nur als letztes Mittel angeordnet werden, wenn andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen.39 Zur Berücksichtigung des Ultima-ratio-Charakters der Sicherungsverwahrung bei der Maßregelkonkurrenz ergänzend Rdn. 21 und Rdn. 24 sowie bei der Bestimmung der Reihenfolge der Vollstreckung Rdn. 39.
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31 Krit. gegenüber der „Kumulation und Verkettung […] als Vervielfachung der Kontrollintensität und -diversität“ Pollähne NK Rdn. 7. 32 S. schon RGSt 72 151, 152; 73 101, 103; RG HRR 1936 Nr. 1545; JW 1938 1313; JW 1938 1877; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 490. 33 BGHSt 49 365, 368; BGH StV 2017 592, 593. 34 Markwardt Festschrift Gollwitzer (2004) 125, 133 plädiert daher für eine Streichung der Subsidiaritätsklausel. 35 RGSt 73 101, 103; BGHSt 5 312, 315; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 4; Sinn SK Rdn. 4. 36 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 5; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 496; ders. JZ 1954 730, 732. 37 BGHSt 5 312, 315; Sinn SK Rdn. 4; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 496; ders. JZ 1954 730, 732; s. auch RG HRR 1936 Nr. 1545. 38 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; vgl. schon RGSt 73 101, 103; OGHSt 1 190, 197 f. 39 Vgl. BVerfG NJW 2011 1931, 1938.
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Nicht-freiheitsentziehende Maßregeln werden in der Regel, selbst in ihrer Kombination, einen geringeren Eingriff nach sich ziehen als freiheitsentziehende.40 Unter den nicht-freiheitsentziehenden Maßregeln ist eine generalisierende Betrachtung der geringsten Beschwer kaum möglich. Zum Teil wird zwar vertreten, dass die Führungsaufsicht in der Regel41 dem Berufsverbot vorzuziehen sei. Allerdings wird das Berufsverbot im konkreten Einzelfall jedenfalls dann nicht schwerer wiegen, wenn es lediglich bestimmte Tätigkeiten erfasst und der Täter mühelos in eine gleichwertige, nicht untersagte Betätigung ausweichen kann; ergänzend zum Verhältnis nicht-freiheitsentziehender Maßregeln Rdn. 27. 4. Einzelne Fallkonstellationen
a) Zusammentreffen von psychiatrischem Krankenhaus und Entziehungsanstalt. Beruht der Missbrauch berauschender Mittel auf einem Defekt im Sinne der §§ 20, 21, können die Voraussetzungen sowohl der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 als auch der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 gegeben sein. Lässt sich in einem solchen Fall positiv feststellen, dass der Täter in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist des § 67d Abs. 1 von seiner Sucht geheilt werden kann, tritt die Unterbringung im Krankenhaus hinter der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zurück, falls damit die Gefährlichkeit des Täters insgesamt behoben werden kann, er somit trotz seiner seelischen Störung nicht mehr gefährlich ist. Schließlich stellt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt schon wegen ihrer befristeten Dauer die weniger beschwerende Maßregel dar (siehe bereits Rdn. 16).42 Ist der Täter hingegen wegen seiner seelischen Störungen unabhängig von seiner 19 Rauschmittelsucht gefährlich, wird aufgrund der unsicheren künftigen Entwicklung des Täters eine positive Prognose für den Erfolg der Unterbringung allein in der Entziehungsanstalt oft oder sogar zumeist nicht möglich sein. Dann sind beide Maßregeln anzuordnen 43 und richtet sich die Reihenfolge der Vollstreckung nach den in Rdn. 39 angegebenen Grundsätzen. Allein die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wird anzuord20 nen sein, wenn ein Maßregelvollzug in einer Entziehungsanstalt nach § 64 zuvor schon einmal gescheitert ist und eine erneute solche Maßregel mangels konkreter Erfolgsaussicht nicht in Betracht kommt.44 18
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b) Zusammentreffen von Sicherungsverwahrung und Entziehungsanstalt. Weist ein Täter einen Hang zu erheblichen Straftaten auf, kann dies auch mit einer Alkohol- oder sonstigen Rauschmittelsucht zusammenhängen oder sogar auf ihr beruhen. Insbesondere ist es möglich, dass ein solcher Täter aufgrund seines Hangs dann Straftaten begeht, wenn er Alkohol zu sich genommen hat. In diesen Fällen kommen, wenn die sonstigen Voraussetzungen ebenso vorliegen, sowohl die Unterbringung in der Siche-
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40 Bockemühl MK Rdn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 6; Fischer Rdn. 5; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4d; Sinn SK Rdn. 4. Krit. J. Kretschmer S. 288, der sich wegen der Mindestdauer des Berufsverbots vor der Aussetzung zur Bewährung dagegen ausspricht, eine (sogleich mit ihrer Anordnung zur Bewährung aussetzbare) freiheitsentziehende Unterbringung in einer Entziehungsanstalt generell als schwereren Eingriff anzusehen. 41 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4d. 42 BGH NStZ-RR 1996 162, 163; StV 1998 72; NStZ-RR 2011 171, 172; StV 2017 592, 593; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4c. 43 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 7; zurückhaltend Grünebaum R & P 2004 187, 188. 44 BGH R & P 2006 102, 103 m. Anm. Pollähne; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4c.
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rungsverwahrung als auch die Unterbringung in der Entziehungsanstalt nebeneinander in Betracht.45 Es bedarf in einem solchen Fall daher der Prüfung, ob der Täter von seiner Sucht und einem auf ihr beruhenden Hang allein durch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 geheilt werden kann. Ist dies – und zwar unter Berücksichtigung der Fristen des § 67d Abs. 1 – anzunehmen, was nur mit Hilfe eines Sachverständigen beantwortet werden kann (§ 246a StPO), darf die Sicherungsverwahrung nicht angeordnet werden.46 Zwar dürfen an die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Unterbringung nach § 64 keine überspannten Anforderungen gestellt werden, wenn zugleich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt.47 Um von der Anordnung der Sicherungsverwahrung jedoch abzusehen, ist ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit erforderlich, dass allein mit der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt die vom Täter ausgehende Gefahr beseitigt werden kann;48 dies bleibt nach Rechtsprechung jedoch „freilich nur ausnahmsweise“ anzunehmen.49 Schließlich kann die unterbliebene Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht im Wege einer nachträglichen Sicherungsverwahrung nach § 66b nachgeholt werden, dient diese somit nicht als Korrektiv einer unrichtigen Prognose, wenn die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erfolgreich war.50 Ebenso ist § 67a Abs. 2 für diesen Fall weder nach seinem Wortlaut noch analog anwendbar.51 Umgekehrt kann aber gemäß § 72 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 67c Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 nach einem Erfolg der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vom Vollzug der angeordneten Sicherungsverwahrung abgesehen werden.52 Lassen sich die Erfolgsaussichten einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 22 nicht als in hohem Maße sicher beurteilen, ist auch Sicherungsverwahrung anzuordnen.53 Unsicherheiten über den Erfolg der Maßregel des § 64 führen somit zur kumulativen Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie in der Sicherungsverwahrung.54 Ebenfalls sind beide Maßregeln nebeneinander anzuordnen, wenn der Täter unabhängig von der Sucht, d.h. aus anderen Gründen, ein gefährlicher Hangtäter ist, weil insoweit die Notwendigkeit der Sicherungsverwahrung trotz Heilung von der Sucht bestehen bleibt. Umgekehrt könnte eine Anordnung allein der Sicherungsverwahrung die für die Heilung wichtigen Bemühungen zur Behebung der Sucht nicht gewährleisten. Vielmehr liegt in diesen Fällen eine Doppelgefahr vor, gegen die mit beiden Maßregeln anzugehen ist. c) Zusammentreffen von Sicherungsverwahrung und psychiatrischem Kran- 23 kenhaus. Treffen verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 und ein Hang zu erheb-
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45 BGH GA 1965 342. 46 BGH GA 1965 342; NStZ-RR 1997 291; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4b; Stoll BeckOK Rdn. 5. 47 BGH NStZ-RR 2003 332, 333; StV 2008 300, 301. 48 BVerfG NJW 2006 3483, 3485; BGH NStZ 2007 328; NStZ-RR 2008 336, 336 f; NStZ 2009 442, 443; NStZ-RR 2011 5, 6; NStZ-RR 2011 204; NStZ 2014 203, 206; NStZ 2014 208, 208; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 4; Rössner HK-GS Rdn. 3; Sinn SK Rdn. 4. 49 BGH NStZ 2014 208, 208. 50 BVerfG NJW 2006 3483, 3485 m. Anm. Foth NStZ 2007 89; BGH NStZ 2007 328; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4b. 51 BGH NJW 2000 3015, 3016; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 1998 90, 91; Fischer § 67a Rdn. 4; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4b. 52 BGH NJW 2000 3015, 3016. 53 BGH NStZ-RR 2011 5, 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4b. Nach BGH StV 2008 300, 301 soll hingegen eine Sicherungsverwahrung erst in Betracht kommen, „wenn feststeht, daß die Gefährlichkeit des Angeklagten nicht schon durch eine erfolgreiche Alkoholtherapie beseitigt werden kann“. 54 BGH NJW 2000 3015, 3016; NStZ 2009 87; NStZ 2014 208, 209; NStZ-RR 2018 62, 63; Fischer Rdn. 5.
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lichen Straftaten zusammen, stehen sowohl die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als auch in der Sicherungsverwahrung im Raum. In diesen Fällen ist es nicht selbstverständlich, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus den Täter am wenigsten beschwert.55 Zwar erweist sich die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus schon deswegen in der Regel als weniger beschwerend, weil sie grundsätzlich vor der Strafe vollzogen und auf die Strafe angerechnet wird.56 Allerdings bleibt festzuhalten, dass die Unterbringung gemäß § 63 gegenüber der Sicherungsverwahrung kein geringeres, sondern ein anderes Übel darstellt.57 Ausschlaggebend für die kumulative oder nur einzelne Anordnung einer Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus bzw. in der Sicherungsverwahrung sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalls.58 Wegen des Vorrangs der Besserung und des Ultima-ratio-Charakters der Siche24 rungsverwahrung (siehe Rdn. 16) darf lediglich die Unterbringung im Krankenhaus angeordnet werden, wenn der Hang des Täters zu erheblichen Straftaten auf der seelischen Störung beruht und zudem zu erwarten steht, dass die Gefährlichkeit des Täters durch die Behandlung im Krankenhaus behoben werden kann.59 Dies gilt selbst bei zweifelhaften Heilungsaussichten, zumal die Unterbringung nach § 63 – anders als eine Maßnahme nach § 64 – über die Behandlung hinaus ergänzend auch einen bloßen Sicherungszweck verfolgt.60 Selbst wenn frühere Unterbringungen nach § 63 keine ausreichende Sicherheit gegen Entweichungen geboten haben sollten, rechtfertigt dies noch nicht die (gleichzeitige) Anordnung der Sicherungsverwahrung.61 Sogar bei mangelnder Therapierbarkeit des Täters erfordert der dann allein maßgebliche Sicherungszweck nicht die Kumulation von Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und Sicherungsverwahrung, sondern genügt die unbefristete Anordnung der erstgenannten Maßnahme.62 Nach jüngeren Entscheidungen ist somit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich der Vorrang einzuräumen, wenn der für die Sicherungsverwahrung erforderliche Hang des Angeklagten zu erheblichen Straftaten auf einen psychischen Defekt zurückzuführen ist, auf der die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit beruht.63 Eine kumulative Anordnung von Unterbringung in einem psychiatrischen Kran25 kenhaus und in der Sicherungsverwahrung kommt demgegenüber nur in Betracht, wenn der Hang zu erheblichen Straftaten auch auf anderen Gründen außer einem von § 63 vorausgesetzten Zustand beruht und der Täter somit unabhängig hiervon gefährlich ist.64
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55 BGH NStZ 1981 390; NStZ 1995 284, 284. 56 BGH NStZ-RR 2007 138, 139; StV 2007 410. 57 BGHSt 5 312, 314; 42 306, 308; BGH NStZ 1981 390; NStZ 1998 35, 35; NStZ 2002 533, 534; BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 6; StV 2012 83, 83; aus dem Schrifttum etwa Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4a; Fischer Rdn. 5a. 58 BGHSt 5 312, 315; BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 6. 59 BGH NStZ 2002 533, 534; StV 2012 83, 83 f; Fischer Rdn. 8; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4a. 60 BGH NStZ 2002 533, 534 f; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4a. 61 BGH NStZ 1995 284, 284. 62 BGH NStZ 1995 588; BGHSt 42 306, 308; vgl. auch BGH NStZ-RR 1999 170, 172; aA noch RGSt 73 101, 103. 63 BGH NStZ 1998 35, 36; NStZ-RR 1999 170, 172; BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 6; NStZ-RR 2002 230, 231; NStZ 2003 310, 311. 64 BGH NStZ 2002 533, 535; StV 2012 83, 84; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 5; Grünebaum R & P 2004 187, 189; Bruns ZStW 60 (1941) 474, 526 spricht insoweit von einer „Doppelgefährlichkeit“; s. hierzu auch U. Schneider NStZ 2004 649, 652; krit. Pollähne NK Rdn. 5: „Die Vorstellung, in einem Täter ließen sich zwei unterschiedliche ‚Gefährlichkeits-Quellen‘ diagnostizieren, […] ist psychowissenschaftlich und empirisch ohnehin ‚daneben‘.“
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Entgegen vereinzelter Rechtsprechung 65 ist es aus den oben dargestellten Gründen (Rdn. 21) nicht möglich, nachträglich Sicherungsverwahrung anzuordnen und den Verurteilten zugleich entsprechend § 67a Abs. 2 in den Vollzug einer (zuvor nicht angeordneten und nachträglich nicht zulässigen) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt zu überweisen.66 d) Zusammentreffen sämtlicher freiheitsentziehender Maßregeln. Treffen der 26 Hang des Täters zu erheblichen Straftaten, seelische Störungen und Rauschmittelsucht zusammen, gelten für die Frage, welche und wie viele der in Betracht kommenden Maßregeln anzuordnen sind, die vorstehenden Grundsätze (Rdn. 18 ff) entsprechend. Sie sind je nach den Umständen kumulativ anzuordnen, soweit dies erforderlich ist, um den verschiedenen Gründen für die Gefährlichkeit des Täters zu begegnen. Danach kommt im Einzelfall sogar die Häufung aller freiheitsentziehenden Maßregeln in Betracht.67 e) Zusammentreffen nicht-freiheitsentziehender Maßregeln. Beim Zusammen- 27 treffen mehrerer nicht-freiheitsentziehender Maßregeln entstehen im Allgemeinen keine so großen Schwierigkeiten, weil mit diesen Maßregeln zumeist abgegrenzte Gefahrenquellen abgewehrt werden sollen und es bei ihnen nicht so spezifisch auf die verschiedenen Behandlungsformen wie beim unterzubringenden Täter ankommt. Wegen dieser verschiedenen Stoßrichtungen wird vielfach eine Kumulation der Maßregeln ohne Freiheitsentzug zu erwägen sein. Dies gilt auch für die Führungsaufsicht im Verhältnis zur Entziehung der Fahrerlaubnis und zur Erteilung eines Berufsverbots.68 Ausnahmen von der Kumulation sind aber durchaus denkbar. So ist etwa die Führungsaufsicht dem Berufsverbot vorzuziehen, wenn schon allein deren Anordnung hinreichenden Schutz vor den spezifischen Gefahren durch den Täter gewährt.69 Zudem wird in der Rechtsprechung zunehmend vertreten, bei der Anordnung von Führungsaufsicht als Weisung im Sinne des § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ein Tätigkeitsverbot aussprechen zu können, das in seiner Wirkung einem Berufsverbot gleichkommt.70 f) Zusammentreffen von freiheitsentziehenden und nicht-freiheitsentziehen- 28 den Maßregeln. Sofern nicht-freiheitsentziehende Maßregeln ausreichen, um die Allgemeinheit vor der Gefährlichkeit des Täters zu bewahren, darf auf eine freiheitsentziehende Maßregel grundsätzlich nicht erkannt werden (siehe schon Rdn. 17).71 Genügt etwa die Anordnung von Führungsaufsicht, um den Täter von der Begehung künftiger Straftaten abzuhalten, ist dessen Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 nicht erforderlich und der Führungsaufsicht als weniger beschwerender Maßregel der Vorzug zu geben.72 Sollte ein alkoholabhängiger Täter bisher nur im Straßenverkehr, nicht aber durch sonstige rechtswidrige Taten in Erscheinung getreten sein, genügt die Entziehung der Fahrerlaubnis und ist von der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
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65 LG Hildesheim R & P 2006 45 m. Anm. Pollähne. 66 BGHSt 51 191, 200; BGH NStZ-RR 2006 333; Fischer Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6. 67 RGSt 73 44, 47; s. auch RG HRR 1939 Nr. 386. 68 Fischer Rdn. 10; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5. 69 Bockemühl MK Rdn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 9; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4d; Stoll BeckOK Rdn. 5. 70 KG StV 2016 667, 668; OLG Hamm NStZ-RR 2010 90; aA OLG Dresden NStZ 2008 572, 572 f; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2011 140; Fischer § 68b Rdn. 7; Groß MK § 68b Rdn. 16; Sch/Schröder/Kinzig § 68b Rdn. 8. 71 Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 4d. 72 BGH NStZ-RR 2014 77, 77 f.
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gemäß § 64 abzusehen, falls die Sicherheit des Straßenverkehrs vor dem Täter allein durch die Entziehung seiner Fahrerlaubnis geschützt werden kann. Umgekehrt wird zwar häufig zweifelhaft sein, ob neben einer Unterbringung insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung eines Berufsverbots oder auch beide Maßregeln zugleich erforderlich sind. Da die Unterbringung die Folgen der anderen Maßregeln nicht völlig einschließt, kann indessen nicht ohne Weiteres die Notwendigkeit einer Kumulation verneint werden. 73 Die nicht-freiheitsentziehenden Maßregeln behalten beispielsweise dann ihre Bedeutung, wenn der Täter aus der Unterbringung zur Bewährung entlassen wird oder die Vollstreckung in den Fällen des § 67b schon zugleich mit der Anordnung ausgesetzt wird. Schließlich beginnen die Fristen für die Dauer des Berufsverbots (§ 70 Abs. 4 Satz 3) und der Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 4 Satz 2) überhaupt erst zu laufen, wenn sich der Täter in Freiheit befindet. So kann das Berufsverbot nach der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung die Öffentlichkeit vor der missbräuchlichen Berufsausübung schützen,74 wenn der Untergebrachte zwar seinen allgemeinen Hang zu erheblichen Straftaten verloren hat, seine Gefährlichkeit hinsichtlich der Berufsausübung aber fortbesteht. In Fällen dieser Art kann sich die zusätzliche Anordnung des Berufsverbots im Ergebnis sogar zugunsten des Täters auswirken, da die Entlassung aus der Unterbringung im Einzelfall erfolgen kann, bevor die Gefährlichkeit des Täters auch in berufsspezifischer Hinsicht beseitigt ist, während er möglicherweise weiterhin in Verwahrung zu belassen wäre, wenn kein Berufsverbot erteilt werden würde.75 Ähnliche Erwägungen gelten für die Entziehung der Fahrerlaubnis. So hat der Bundesgerichtshof zutreffend entschieden, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung die Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich nicht überflüssig werden lässt, da es sich um zwei in Voraussetzungen und Wirkung durchaus unterschiedliche Maßregeln handelt.76 Zudem kann die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis für immer untersagt werden, so dass deren Entziehung noch fortwirkte, wenn der Angeklagte nach Erreichen des Verwahrungszwecks aus der Sicherungsanstalt wieder entlassen werden würde.77 Die Anordnung von Führungsaufsicht neben einer freiheitsentziehenden Maßregel erweist sich hingegen in der Regel als überflüssig. Schließlich tritt nach § 67b Abs. 2, § 67c Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 und Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2, § 67d Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 4 bereits kraft Gesetzes Führungsaufsicht ein, wenn die Maßregel zur Bewährung ausgesetzt wird bzw. erledigt ist oder für erledigt erklärt wird. III. Anordnung mehrerer Maßregeln (Absatz 2)
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Nach Absatz 2 sind „im übrigen“, d.h. soweit sich nicht eine oder auch mehrere von den an sich zulässigen Maßregeln nach Absatz 1 als entbehrlich erweisen, die Maßregeln nebeneinander anzuordnen. Eine solche Kumulation von Maßregeln ist vor allem dann notwendig, wenn vor verschiedenartigen Gefahren zu bewahren ist und somit die Auswahl einiger oder sogar einer einzigen Maßregel dem Schutzbedürfnis nicht ausreichend
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73 Fischer Rdn. 10. 74 RG HRR 1935 Nr. 899. 75 Bruns ZStW 60 (1941) 474, 536. 76 BGHSt 13 91, 92 ff; BGH VRS 30 274, 274; aus dem Schrifttum Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5. Zur Entziehung der Fahrerlaubnis neben der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus LG Meiningen NZV 2007 97, 97 f. 77 BGH VRS 30 274, 274 f.
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Rechnung zu tragen vermag (siehe schon Rdn. 12).78 Absatz 2 ist im Ergebnis folglich nichts anderes als die Kehrseite der Prüfung nach Absatz 1, ob sich bereits mit einigen oder auch einer einzigen Maßregel der „erstrebte Zweck“ erreichen lässt. Etwas anderes gälte freilich bei einer entsprechenden abweichenden gesetzlichen 34 Bestimmung, d.h. wenn das Gesetz selbst ein Ausschlussverhältnis zwischen Maßregeln normierte. Dies ist nach geltendem Recht nach Wegfall des § 65 Abs. 3, wonach die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus unter bestimmten Voraussetzungen vorzuziehen war, indessen nicht mehr der Fall.79 Die Vorschrift des § 67a, die unter bestimmten Voraussetzungen eine nachträgliche 35 Überweisung der untergebrachten Person in den Vollzug einer anderen Maßregel ermöglicht, lässt die Häufung freiheitsentziehender Maßregeln jedenfalls in der Regel nicht entbehrlich werden.80 Denn diese Regelung wendet sich nicht an das erkennende Gericht, sondern betrifft Fälle, in denen die Notwendigkeit der Überweisung nachträglich eintritt oder erkannt wird. So darf zwar das erkennende Gericht die Möglichkeiten des § 67a beim Zusammentreffen verschiedener Defekte in gewissem Umfang berücksichtigen, soweit es um geringfügige „Nebenstörungen“ neben einer „Hauptstörung“ geht, wenn die Entwicklung der erstgenannten noch unsicher ist oder wenn zweifelhaft bleibt, ob sie in einer einzigen Anstalt mitbehandelt werden kann. Darüber hinaus ist es jedoch unzulässig, im Vertrauen auf § 67a die Häufung an sich notwendiger Maßregeln zu unterlassen.81 IV. Vollstreckung mehrerer freiheitsentziehender Maßregeln (Absatz 3) 1. Anwendungsbereich. Absatz 3 gilt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut und 36 ebenso nach seinem Zweck nur für die Anordnung mehrerer freiheitsentziehender Maßregeln. Diese müssen zudem in ein und demselben Urteil angeordnet werden. Werden freiheitsentziehende Maßregeln in verschiedenen Urteilen angeordnet, ist Absatz 3 nicht anwendbar.82 Vielmehr bestimmt dann die Staatsanwaltschaft die Reihenfolge der Vollstreckung (siehe hierzu auch § 54 Abs. 2, Abs. 4 StVollstrO).83 Die Wirkung nicht-freiheitsentziehender Maßregeln tritt hingegen auch im Fall 37 der Häufung jeweils mit Rechtskraft der Anordnung ein (vgl. § 68c Abs. 4 Satz 1, § 69 Abs. 3 Satz 1, § 70 Abs. 4 Satz 1). Sofern zugleich freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet werden, ist unter anderem zu beachten, dass die Zeit, die der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht ist, bei der Führungsaufsicht und beim Berufsverbot auf deren Dauer nicht angerechnet wird (§ 68c Abs. 4 Satz 2, § 70 Abs. 4 Satz 3). Sie entfalten daher, falls nicht der Fall des § 67b vorliegt, praktische Wirksamkeit erst dann, wenn der Täter – aus welchem Grund auch immer – wieder aus dem Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregel entlassen wird.84 Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis fehlt eine entsprechende Vorschrift, so dass hier ein Nebeneinander der Entziehung und der Unterbringung eintritt.85
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78 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 11; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 5. 79 SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 5; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 5. 80 And. wohl Pollähne NK Rdn. 8, wonach „eine sachgerechte und sinnvolle Vollstreckungsreihenfolge […] in der Regel […] bereits durch […] § 67a gewährleistet“ sei. 81 So auch Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 11; Fischer Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 5; Sinn SK Rdn. 7. 82 Bockemühl MK Rdn. 7; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 7; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Sinn SK Rdn. 7. 83 OLG Hamm NStZ 1988 430, 430. 84 Sinn SK Rdn. 7. 85 Sinn SK Rdn. 7.
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2. Bestimmung der Reihenfolge (Satz 1). Ordnet das erkennende Gericht mehrere freiheitsentziehende Maßregeln an, bestimmt es nach Absatz 3 Satz 1 zugleich die Reihenfolge ihrer Vollstreckung. Diese Entscheidung darf somit nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen werden.86 Das erkennende Gericht soll aufgrund seiner Kenntnis der Umstände selbst entscheiden, welche Einwirkung auf den Täter am vordringlichsten erscheint. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils.87 Die Anordnung ist im Urteil zu treffen, nicht durch gesonderten Beschluss. Die Möglichkeit, den Täter gemäß § 67a nachträglich in den Vollzug einer anderen freiheitsentziehenden Maßregel zu überweisen, bleibt von Absatz 3 Satz 1 unberührt (zur gleichwohl nicht entbehrlichen Kumulation von Maßregeln siehe schon Rdn. 35). Maßgeblich für die Bestimmung der Reihenfolge ist, welche Form der Behandlung 39 nach der Persönlichkeit des Täters und den Umständen am ehesten geeignet ist, den Maßregelzweck bestmöglich zu erreichen.88 Zumeist wird das diejenige Maßregel sein, die dem Täter am besten hilft. Daher ist z.B. die Entziehungsanstalt im Zweifel grundsätzlich vor der Sicherungsverwahrung zu vollstrecken, weil eine erfolgreiche Entziehungskur eine Aussetzung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung ermöglicht und jedenfalls häufig auch größeren Erfolg für die Resozialisierung in der Sicherungsverwahrung (vgl. § 129 Satz 2 StVollzG) verspricht.89 Generell wird die Sicherungsverwahrung wegen ihres „ultima ratio“-Charakters (siehe hierzu schon Rdn. 16) in der Regel als letzte Maßregel anzuordnen sein.90 Bei der Wahl zwischen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und in einem psychiatrischen Krankenhaus ist der Schwerpunkt des Defekts des Täters entscheidend. Für die Reihenfolge kann außerdem von Bedeutung sein, in welcher Anstalt der Täter nach den konkret zur Verfügung stehenden Behandlungsmitteln am besten aufgehoben ist.91 Gegebenenfalls hat der Sachverständige (§ 246a StPO) die notwendigen Informationen zu geben. 3. Überprüfung der nächsten Maßregel (Sätze 2 und 3). Zum Schutz der verurteilten Person hat das Gericht – über die allgemeine Überprüfungspflicht des § 67e hinaus – vor Ende des Vollzugs einer Maßregel zu prüfen, ob der Vollzug der nächsten noch erforderlich ist (Absatz 3 Satz 2). Der Vollzug der nächsten Maßregel bedarf somit jeweils einer besonderen gerichtlichen Anordnung und ist ansonsten unzulässig.92 Das Verfahren bestimmt sich nach § 463 Abs. 3 i.V.m. § 454 (Beschluss ohne mündliche Verhandlung, gegebenenfalls mündliche Anhörung der verurteilten Person und Einholung eines Sachverständigengutachten), § 462a StPO (Zuständigkeit in der Regel der Strafvollstreckungskammer).93 Auch hier bleibt § 67a unberührt. Das Gericht kann auf dreierlei Weise entscheiden:94 (1) Es kann die nächste Maßregel 41 für erledigt erklären, wenn ihr Zweck schon erreicht ist (Absatz 3 Satz 3 i.V.m. § 67c Abs. 2 Satz 5). (2) Das Gericht kann die nächste Maßregel zur Bewährung aussetzen, wenn der Maßregelzweck zwar noch nicht erreicht ist, aber besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dies könne auch durch die Aussetzung geschehen; mit der Aus-
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86 BGH NStZ 1995 284, 284 f; Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 14. 87 Fischer Rdn. 12. 88 Fischer Rdn. 12; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 6; Kilian AnwK Rdn. 11; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6. 89 BGH NStZ 2015 210; SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 6; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 6; Stoll BeckOK Rdn. 6. 90 Vgl. BGH NStZ 1995 284, 285 zum Nachrang gegenüber der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus; ebenso SSW/Jehle/Harrendorf Rdn. 6. 91 Vgl. hierzu Hanack JR 1975 441, 443. 92 OLG Jena BeckRS 2015 19869 Rdn. 28; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7; Pollähne NK Rdn. 8. 93 Zur Besetzung OLG Jena BeckRS 2015 19869 Rdn. 18. 94 OLG Jena BeckRS 2015 19869 Rdn. 17; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7.
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setzung tritt Führungsaufsicht ein (Absatz 3 Satz 3 i.V.m. § 67c Abs. 2 Satz 4). (3) Schließlich kann das Gericht den Vollzug der nächsten Maßregel anordnen (Absatz 2 Satz 2), wenn dies notwendig erscheint. Unzulässig ist nach dem Wortlaut des Absatzes 3 Satz 2 hingegen, die Fortsetzung der früheren Maßregel über ihre gesetzliche Höchstgrenze hinaus anzuordnen, auch wenn deren Zweck noch nicht erreicht ist.95 V. Verfahrensrechtliches 1. Austausch von Maßregeln und Verschlechterungsverbot. Das Verbot der re- 42 formatio in peius gilt auch für Maßregeln der Besserung und Sicherung, wie sich aus dem Wortlaut („Rechtsfolgen“) der § 331 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 1, § 373 Abs. 2 Satz 1 StPO ergibt. Ausgenommen vom Verschlechterungsverbot sind indessen gemäß § 331 Abs. 2, § 358 Abs. 2 Satz 3 und § 373 Abs. 2 Satz 2 StPO die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bzw. in einer Entziehungsanstalt. Diese Unterbringungsformen können daher in der Rechtsmittelinstanz, in der erneuten tatrichterlichen Verhandlung nach Rückverweisung sowie im Wiederaufnahmeverfahren grundsätzlich neu angeordnet und auch untereinander ausgetauscht werden. Die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bzw. in einer Entziehungsanstalt scheidet nach Rechtsprechung allerdings aus, wenn nur der Angeklagte Rechtsmittel einlegt, er ausschließlich den Strafausspruch rügt und sich aus dem Gesamtzusammenhang der Rechtsmittelbegründung ergibt, dass er die verhängte Strafe nicht deswegen beanstandet, weil er von einem niedrigeren Strafmaß im Falle zugleich angeordneter, im angegriffenen Urteil aber gerade nicht vorgesehener Unterbringung ausgeht.96 Schließlich könnte ansonsten die Befürchtung einer erstmals in der Rechtsmittelinstanz angeordneten Maßregel den Angeklagten von der Einlegung eines Rechtsmittels abhalten.97 Gleiches soll gelten, wenn der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel in zulässiger Weise auf die Versagung von Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt98 oder die Nichtanwendung der Maßregel vom Rechtsmittel ausdrücklich ausnimmt.99 Nicht zuletzt ein Austausch mit der Sicherungsverwahrung ist nach dem Ver- 43 schlechterungsverbot unzulässig, wenn einmal von dem anders gelagerten Fall des § 66b abgesehen wird. Umstritten ist indessen, ob das Verschlechterungsverbot auch dann gilt, wenn der Tatrichter die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung zwar für gegeben hält, aber eine andere Maßregel anordnet, deren Voraussetzungen ebenso erfüllt sind. Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sollte in einem solchen Fall in der erneuten Hauptverhandlung die Sicherungsverwahrung angeordnet werden können, da sonst ein vom Angeklagten als Beschwer empfundener und zutreffend gerügter Rechtsfehler (hier: Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus bzw. damals in einer Heil- oder Pflegeanstalt) nicht beseitigt werden könne.100 Solchen Überlegungen ist jedoch insbesondere der Wortlaut des Gesetzes entgegenzuhalten, der
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95 Matt/Renzikowski/Eschelbach Rdn. 15; Fischer Rdn. 14; Sch/Schröder/Kinzig Rdn. 7. And. indessen OLG Stuttgart NStZ-RR 2002 94, 94 f, wonach unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Resozialisierung die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt über die Höchstdauer von zwei Jahren verlängert werden könne anstatt den Vollzug der an sich im Anschluss vorgesehenen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen; zust. Pollähne NK Rdn. 7. 96 BGH NStZ 1992 539 zur Verurteilung in dem angegriffenen erstinstanzlichen Urteil wegen vorsätzlichen Vollrauschs ohne Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64. 97 BGH NStZ 1992 539. 98 BayObLG JR 1987 172 m. krit. Anm. Meyer-Goßner. 99 BGHSt 38 362, 363 f. Zur generellen Kritik an dieser Rspr. Gössel LR26 § 331 Rdn. 85. 100 BGHSt 5 312, 316 f. Zur Diskussion auch Bruns JZ 1954 730, 732 ff; hiergegen Hanack LK12 Rdn. 39.
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Ausnahmen von dem Verschlechterungsverbot nur für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bzw. in einer Entziehungsanstalt vorsieht (siehe soeben Rdn. 42). Zudem bleibt wiederum zu besorgen, dass der Angeklagte aufgrund der Befürchtung eines solchen Nachteils von der Einlegung von Rechtsmitteln abgehalten werden könnte.101 Auch die Rechtsprechung erachtet daher mittlerweile den Austausch mit der Sicherungsverwahrung „in der Regel jedenfalls“ als unzulässig.102 Dies muss konsequenterweise auch dann gelten, wenn der Austausch mit der Sicherungsverwahrung dem ausdrücklichen Antrag des Angeklagten entspricht.103 44
2. Rechtsmittelbeschränkungen. Rechtsmittel können sich zwar darauf beschränken, lediglich die fehlerhafte Häufung oder Ausschließung von Maßregeln, d.h. die Verletzung des § 72 zu rügen. Eine solche Beschränkung wird aber nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung (siehe hierzu etwa Franke LR26 § 344 Rdn. 14 ff) wegen Untrennbarkeit der Rechtsfragen vielfach unwirksam sein.
SIEBENTER TITEL Einziehung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Vorbemerkungen Lohse Vor §§ 73–76b https://doi.org/10.1515/9783110491302-009
Vorbemerkungen zu den §§ 73 bis 76b Schrifttum Arnold Verfall Einziehung und Unbrauchbarmachung, Diss. Hagen 2012; Arzt Geldwäscherei – Eine neue Masche zwischen Hehlerei, Strafvereitelung und Begünstigung, NStZ 1990 1; Arzt Geldwäsche und rechtsstaatlicher Verfall, JZ 1993 913; Bach Die Anordnung des strafprozessualen dinglichen Arrestes (2006); ders. Arrest bei mehreren Tatbeteiligten, StV 2006 446; Barreto da Rosa Gesamtschuldnerische Haftung bei der Vermögensabschöpfung, NJW 2009 1702; ders. Staatliche Einziehung vs Opferschutz – Bereicherung des Staates auf Kosten Verletzter?, NStZ 2012 419; ders. Zum Verfall von Bestechungsgeld und Tatlohn, wistra 2012 334; Bender Fragen der Wertersatzeinziehung, NJW 1969 1056; Berg Beweiserleichterungen bei der Gewinnabschöpfung, Diss. Würzburg 2000; Bohne/Boxleitner Straftaten lohnen sich!, Kriminalistik 2004 240; Brenner Gewinnverfall, eine vernachlässigte Strafvorschrift, DRiZ 1977 203; Brettschneider Voraussetzungen für den Verfall von Wertersatz bei Schadensersatzansprüchen, wistra 2006 461; ders. Der erweiterte Verfall: Scharfes Schwert oder stumpfe Waffe? StRR 2013 9; Burghart Das erlangte „Etwas“ (§73 Abs. 1 S.1 StGB) nach strafbarer Vertragsanbahnung wistra 2011 241; Büttner Berechnung des illegalen Vermögensvorteils 5. Aufl. 2012; Creifelds Die strafrechtliche Einziehung gegen den „Dritteigentümer“, JR 1955 403; Dessecker Gewinnabschöpfung im Strafrecht und in der Strafrechtspraxis, Diss. Freiburg 1992; Dölp Auswirkung der Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei verbrauchtem Agentenlohn, NStZ 1993 23; Dollmann Die Regelung des Verfalls nach geltendem Recht und nach dem Reformentwurf unter Berücksichtigung von Ausgleichsansprüchen Verletzter, Diss. Tübingen 2003; Eser Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum. Dogmatische und rechtspolitische Untersuchungen zu Einziehung, Unbrauchbarmachung und Gewinnverfall (1969); ders. Informationsfreiheit und Einziehung, NJW 1970 784; ders. Zum Eigentumsbegriff im Einziehungsrecht, JZ 1972 146; ders. Neue Wege der Gewinnabschöpfung im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, Festschrift Stree/Wessels (1993) 833; Faller Güterabwägung bei Einziehung von Schriften, MDR 1971 1; Feldmann Probleme im Zusammenhang mit der Sicherungseinziehung von gefälschten Kunstwerken am Beispiel des Giacometti-Verfahrens, GA
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101 J. Kretschmer S. 181 f. 102 BGHSt 25 38, 40 f = JR 1973 161 m. Anm. Maurach; einschr. schon BGH bei Dallinger MDR 1968 552. Krit. Frisch JA 1974 166, 168 f, wonach die Anordnung von Sicherungsverwahrung nicht gegen das Verschlechterungsverbot verstoße, wenn diese – etwa wegen fehlender medizinischer Indikation der verhängten, vom Angeklagten als drückende Last empfundenen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus – letztlich als mildere Sanktion erscheine; insoweit zust. noch Hanack LK12 Rdn. 38. 103 Offen gelassen von BGHSt 25 38, 40; eingeh. hierzu J. Kretschmer S. 173 ff.
Lohse https://doi.org/10.1515/9783110491302-009
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Die „dritte“ Dimension der Verbrechensbekämpfung, KritJ 1987 321 ff; Hetzer Gewinnabschöpfung und Rückgewinnung, Kriminalistik 2003 152; Hildenstab Die Gewinnabschöpfung im Umweltstrafverfahren (1990); Hofmann Verfallsanordnung gegen tatunbeteiligte Unternehmen wistra 2008 401; Hohn Die Bestimmung des erlangten Etwas i.S.d. § 73 StGB durch den BGH, wistra 2003 321 ders. Abschöpfung der Steigerung des Firmenwerts als Bruttowertersatzverfall?, wistra 2006 321; ders. Wertersatzeinziehung und Wertersatzverfall bei verbrauchten Betäubungsmitteln – keine Abschöpfung ohne Umsatz?, StraFo 2003 302; Hohn/Rönnau Zur Bedeutung von § 73 Absatz 1 Satz 2 StGB für den Verfall bei bestehenden Steuerforderungen, JR 2002 298; Hoyer Die Rechtsnatur des Verfalls angesichts des neuen Verfallsrechts, GA 1993 406; Hund Ist die Sicherung illegaler Gewinne die „Achillesferse“ der Organisierten Kriminalität? ZRP 1996 1; Huber Strafrechtlicher Verfall und Rückgewinnungshilfe bei der Insolvenz des Täters (2011); Hunsicker Rückgewinnungshilfe und Vermögensabschöpfung bei Straftaten – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung dieser Instrumente, Kriminalistik 2006 615; Husberg Verfall bei Bestechungsdelikten, Diss. Augsburg 1999; Hüttemann Grundlagen und Bedeutung der grenzüberschreitenden Vermögensabschöpfung unter besonderer Berücksichtigung der Verordnung (EU) 2018/1805, NZWiSt 2019 201 u. 248; Julius Einziehung, Verfall und Art. 14 GG, ZStW 109 (1997) 58; Kaiser Gewinnabschöpfung als kriminologisches Problem und kriminalpolitische Aufgabe, Festschrift Tröndle (1989) S. 685; Katholnigg Die Neuregelungen beim Verfall, JR 1994 353; Kempf/Schilling Vermögensabschöpfung (2007); Kiethe/Hohmann Das Spannungsverhältnis von Verfall und Rechten Verletzter (§ 73 I 2 StGB), NStZ 2003, 505; Kilchling Die Praxis der Gewinnabschöpfung in Europa (2002); Köhler/Beck Gerechte Geldstrafe statt konfiskatorischer Vermögenssanktionen, JZ 1991 797; Korte Verfallsanordnung gegen juristische Personen- Abschöpfung oder Unternehmensstrafe?, Festschrift Samson (2012) S. 65; Kracht Gewinnabschöpfung und Wiedergutmachung bei Umweltdelikten, wistra 2000 326; Krey/Dierlamm Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, JR 1992 353; Kube/Seitz Zur „Rentabilität“ von Umweltdelikten oder: Viel passiert, wenig geschieht, DRiZ 1987 41; Kudlich/Noltensmeier Die Anordnung des Verfalls (§§ 73 ff StGB) bei verbotenem Insiderhandel nach § 38 i.V.m. § 14 WpHG, wistra 2007 121; Lieckfeldt Die Verfallsanordnung gegen den Drittbegünstigten, Diss. Heidelberg 2008; Lindemann/Reichling Anwendungsprobleme des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz bei Umweltstraftaten, wistra 2014 369; Lohse Verfall (von Wertersatz) bei Vertragsschluss aufgrund Korruption, JR 2009 188; Lohse Ermessen, Gesamtschuld und Härteklausel beim staatlichen Auffangrechtserwerb, JR 2011 242; Lüderssen Verfall vereinnahmten Prostituiertenlohns, StV 2003 162; Mitsch Einziehung und § 241a BGB, NStZ 2005 534; Möhrenschlager Das OrgKG – eine Übersicht nach amtlichen Materialien, wistra 1992 281 und 326; Nack Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verfall, GA 2003 879; Nestler Zur Reichweite von § 73 StGB: Der erweiterte Verfall vor neuen Legitimationsdefiziten? HRRS 2011, 519; Neuefeind Strafrechtliche Gewinnabschöpfung, JA 2004 155; Odenthal Gewinnabschöpfung und illegales Glücksspiel, NStZ 2006 14; Ordner Wider die Informalisierung des Verfalls (2016); Pasewaldt Möglichkeiten und Grenzen strafrechtlicher Vermögensabschöpfung im Bereich der Markenpiraterie (2011); Peglau Aktuelle Entwicklungen bei Verfall und Einziehungen, JA 2005 640; Pelz Verfall bei Handeln ohne behördliche Genehmigung, Festschrift Imme Roxin (2012) S. 181; Perron Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall, JZ 1993 918; Podolsky/Brenner Vermögensabschöpfung 5. Aufl. (2012); Rademacher Spannungsverhältnis zwischen strafrechtlichem „Verfall“ von Vermögen und seiner Besteuerung, AO-StB 2006 296; Radtke Handeln für einen anderen bei Verfall und Wertersatzverfall gegen Dritte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB, Festschrift
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Vor §§ 73–76b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Schünemann (2015) S. 927; Rebler Die Einziehung des Tatfahrzeugs nach § 21 Abs. 3 StVG, DAR 2016 422; Reißig Möglichkeiten und Grenzen von Einziehung und Verfall bei unternehmensbezogenen Straftaten, Diss. Halle-Wittenberg 2017; Rieß Neue Gesetze zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, NJ 1992 491; Rhode Der Verfall nach § 73 Abs. 3 StGB, wistra 2012 85; Rönnau „Doppelabschöpfung“ im Strafverfahren – staatliches Unrecht? Festschrift Volk (2009) S. 583; ders. Vermögensabschöpfung in der Praxis 2. Aufl. (2015); Rönnau/Begemeier Staatshaftung bei ungerechtfertigter Sicherstellung? JZ 2016 441; Rübenstahl Die Verschärfung der Rechtsprechung zum Verfall am Beispiel der Vermögensabschöpfung bei unvollendeten Vermögensdelikten, HRRS 2010 505; Schäfer Zum Eigentumsbegriff im Einziehungsrecht, Festschrift Dreher (1977) S. 283; Schlösser Die Bestimmung des erlangten Etwas i.S.v. § 73 I 1 StGB bei in Folge von Straftaten abgeschlossenen gegenseitigen Verträgen, NStZ 2011 121; Schmid/Winter Vermögensabschöpfung in Wirtschaftsstrafverfahren, NStZ 2006 8; Schultehinrichs Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten – Erweiterter Verfall, Diss. Mainz 1991; Sotiriadis Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche (2009); Thode Die außergerichtliche Einziehung von Gegenständen im Strafprozess, Diss. Kiel 2000; Vogel Die Rechtsstellung des Dritteigentümers im Falle ungerechtfertigter Einziehung, GA 1958 33; Wallschläger Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, Diss. Greifswald 2002; Weßlau Neue Methoden der Gewinnabschöpfung? – Vermögensstrafe, Beweislastumkehr – StV 1991 226; Winkelmann Umweltschutz durch Gewinnabschöpfung, Diss. Hamburg 2005; Wolters Die Neufassung der strafrechtl. Verfallsvorschrift (1995); Zeidler Strafrechtliche Einziehung und Art. 14 GG, NJW 1954 1148. Zur Rechtslage ab dem 1.7.2017: Andorfer/Rimpf Die Einziehung und die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, NZWiSt 2019 54; Bach Das erlangte Etwas i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB bei einer Steuerhinterziehung, NZWiSt 2019 62; Bach Das erlangte Etwas bei Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, NZWiSt 2019 214; Barreto da Rosa Die Reform der Vermögensabschöpfung: Offene Fragen des neuen Sicherstellungsrechts, NZWiSt 2018 215; Berberich/Singelnstein Zur Anwendbarkeit der Vermögensabschöpfung im Jugendstrafrecht nach der Neuregelung 2017, StV 2019 505; Bittmann Vom Annex zur Säule: Vermögensabschöpfung als 3. Spur des Strafrechts, NZWiSt 2016 31; ders. Zum Regierungsentwurf der Reform der Vermögensabschöpfung, KriPoZ 2016 120; ders. Strafprozessuale Abschöpfung bei einem Dritten, NZWiSt 2018 209; Bittmann Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in der Rechtsprechung, NStZ 2019 383 u. 447; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert Handbuch der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (2019); Bielefeld/Handel Das Verfahren der Opferentschädigung nach dem neuen Recht der Vermögensabschöpfung, wistra 2019 9; Bode/Peters Vermögensabschöpfung über den Tode hinaus, ZWH 2018 45; Ceffinato Vermögensabschöpfung gegenüber juristischen Personen, ZWH 2018 161; Emmert Konkretisierung des Bruttoprinzips durch Rückkehr zum Nettoprinzip, NZWiSt 2016 449; Fleckenstein Die strafrechtliche Abschöpfung von Taterträgen bei Drittbegünstigten, Diss. Düsseldorf 2017; Feindt/Rettke Der späte Eintritt der Festsetzungsverjährung bei Steuerstraftaten, DStR 2018 2357; Frind Neuregelung von Vermögenssicherungen im strafrechtlichen Bereich zu Lasten der insolvenzrechtlichen Gläubigergemeinschaft? NZI 2016 674; Fromm Einziehung des Tatfahrzeugs im Verkehrsstrafrecht, ZfSch 2018 544; Fromm Neues zur Anordnung der Einziehung gem. § 73c im Strafprozess, NZWiSt 2018 453; Gebauer Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, ZRP 2016 101; Gerlach/Manzke Verzichtserklärung und Einziehung nach der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, StraFo 2018 101; Greier Entwurf eines Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, jurisPR-StrafR 21/2016 Anm. 1; Greve Das neue Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – ausgewählte Aspekte aus Sicht der Verteidigung, ZWH 2017 277; Görtz Die Vermögensabschöpfungsmaßnahmen gegenüber Unternehmen, (2017); Habetha Privatautonomie im Strafverfahren – Zur außergerichtlichen Vermögensabschöpfung, NJW 2019 1642; Hennecke Ein Ende der Verjährung – Zur Verfassungsmäßigkeit des „Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung“, NZWiSt 2018 121; Herzog/Hoch Bitcoins und Geldwäsche: Bestandsaufnahme strafrechtlicher Fallgestaltungen und regulatorischer Ansätze, StV 2019 412; Heuchemer Kryptowährungen NZWiSt 2019 209; Hiéramente/Schwerdtfeger Das Unternehmen im Fokus der Vermögensabschöpfung im Wirtschaftsstrafrecht, BB 2018 834; Hinderer/Blechschmidt Die „erweiterte selbständige Einziehung“ nach § 76a Abs. 4 StGB i.V.m. § 437 StPO, NZWISt 2018 179; Hüls Zur Reform des Rechts der Vermögensabschöpfung im Strafrecht, ZWH 2017 242; ders. Ausschlussgründe der Vermögenseinziehung – zur Reichweite des § 73e Abs. 1 StGB, ZWH 2019 14; Köhler Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung Teil 1, NStZ 2017 497; Köhler/Burkhard Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung Teil 2, NStZ 2017 665; Köhler 3. Unternehmensstrafrechtliche Tage, NZWiSt 2018 226; Köllner/Cyrus/Mück Referentenentwurf des BMJV zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Insolvenzverwalter als „Staatsanwalt Nummer 2“?, NZI 2016 329; Köllner/Mück Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, NZI 2017 593; Korte Vermögensabschöpfung reloaded,
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Vorbemerkungen | Vor §§ 73–76b
wistra 2018 1; ders. Grundzüge der Reform der Vermögensabschöpfung, NZWiSt 2018 231; Kraushaar Die Einziehung nach § 76a Abs. 4 StGB – Zivilprozess im Strafprozess ? NZWiSt 2019 288; Löffelmann Rechtspolitik (2016) S. 58; Maciejewski/Schumacher Endlich eine (steuer)rechtliche Lösung? Verbleibender Abstimmungsbedarf nach der Reform der Vermögensabschöpfung, DStR 2017 2022; Madauß Das neue Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und Steuerstrafverfahren – Fragen aus der Sicht der Praxis, NZWiSt 2018 28; ders. Vermögensabschöpfung und Steuerstrafrecht– weiter streitige Einzelaspekte, NZWiSt 2019 49; Marstaller/Zimmermann Non-conviction-based confiscation in Deutschland? Eine straf- und verfassungsrechtliche Untersuchung zur Legitimität der erweiterten selbständigen Tatertragseinziehung nach § 76a IV StGB i.V.m. § 437 StPO (2019); Mansdörfer Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – von der Rückgewinnungshilfe zum Entschädigungsmodell, jM 2017 122; Meinecke Mehr Netto vom Brutto? StV 2019 69; Meinecke Surviving Vermögensarrest – Probleme und Lösungsansätze des neuen Abschöpfungsrechts im Steuerstrafverfahren, DStR 2018 2387; Meißner Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – ein Ehrgeizprojekt oder: Höher, schneller, weiter… das neue Abschöpfungsrecht aus Sicht des Strafverteidigers, KriPoZ 2017 237; Meißner Das neue Modell der Opferentschädigung – aus Sicht eines (dritt)betroffenen Unternehmens, NZWiSt 2018 329; Meißner/Schütrumpf Vermögensabschöpfung (2018); Meyer Zivilgesellschaftliche Nutzung konfiszierter Vermögenswerte – ein zukunftsträchtiges Paradigma? ZRP 2015 244; ders.„Reformiert die Rückgewinnungshilfe!“ – Denkanstöße für eine Generalüberholung der Vermögensabschöpfung, ZStW 127 (2015) 241; ders. Die selbständige Einziehung nach § 76a StGB-E, oder don’t bring a knife to a gunfight, StV 2017 343; ders. Abschöpfung von Vermögen unklarer Herkunft, NZWiSt 2018 246; Mitsch Einziehung von Taterträgen aus transnationalem Gütertransport, NZWiSt 2017 338; Mückenberger/Hinz Die neue Vermögensabschöpfung im Steuerstrafrecht, BB 2018 1435; Niehaus Einziehung von an illegalen Autorennen beteiligten Mietfahrzeugen (§ 315f StGB), DAR 2018 247; Ohlmeier/Struckmeyer Vermögensabschöpfung – das Taterlangte beim GmbH- Geschäftsführer und das Verhältnis von § 111e StPO zu § 324 AO, wistra 2018 419; Pelz Abschöpfung von Vermögen unklarer Herkunft in Deutschland, NZWiSt 2018 251; Peters Erste Praxiserfahrungen nach der Neuregelung der Vermögensabschöpfung im Steuerstrafrecht, AO-StB 2018 144; Reh Ausgewählte Probleme des Vermögensabschöpfungsrechts im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei, wistra 2018 414; dies. Praxisprobleme im Umgang mit dem neuen Recht der Vermögensabschöpfung aus staatsanwaltschaftlicher Sicht, NZWiSt 2018 20; Reitemeier/Koujouie Das neue Recht der Vermögensabschöpfung (2017); Reitemeier Vermögensabschöpfung – ein Jahr nach der Gesetzesreform, DRiZ 2018 306; Rettke Einziehung und Vermögensarrest im Steuerstrafverfahren, wistra 2017 417; ders. Das normative Brutto-Prinzip des § 73d StGB, wistra 2018 234; ders. Die Bedeutung der Einziehung gemäß § 73 StGB – Die Aufwertung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung NZWiSt 2019, 281 und 338; Rhode Die strafrechtliche Opferentschädigung im neuen Gewand, wistra 2018 65 u. 102; Rönnau Beweiserleichterungen im kommenden Vermögensabschöpfungsrecht? Festschrift Ostendorf (2015); Rönnau/Begemeier Die neue erweiterte Einziehung gem. § 73a Abs. 1 StGB-E: mit Kanonen auch auf Spatzen? NZWiSt 2016 260; dies. Grund und Grenzen der Bruttoeinziehung, GA 2017 1; dies. Wider die Entgrenzung der Vermögenseinziehung gemäß § 76a Abs. 4 durch die Geldwäschedogmatik, JZ 2018 443; Rübenstahl Bruttoabschöpfung nach neuem Rechtalte und neue Probleme, NZWiSt 2018 255; Savini Handbuch der Vermögensabschöpfung nach altem und neuem Recht (2017); Schäuble/Pananis Subjektive Beschränkungen des Bruttoprinzips nach neuem Einziehungsrecht (§ 73d Abs. 1 StGB), NStZ 2019 65; Saliger Grundfragen der Vermögensabschöpfung, ZStW 129 (2017) 995; Saliger/Schörner Neues Recht für alte Fälle? Die Vermögensabschöpfung im Spannungsfeld zwischen lex mitior Grundsatz und Verschlechterungsverbot, StV 2018 388; Schilling/Corsten/Hübner Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, StraFo 2017 305; Schilling/Hübner „Nonconviction-based confiscation“ – Ein Fremdkörper im neuen Recht der Vermögensabschöpfung? StV 2018 49; Schmidt Die begründungslos unterlassene Einziehungsanordnung und das Verbot der reformatio in peius, NStZ 2018 631; W. Schmidt Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren 2. Aufl. (2019); Schumann Die neue strafrechtliche Vermögensabschöpfung und das Jugendstrafverfahren, StraFo 2018 415; Schumann (Non-)conviction based und extended confiscation in Österreich, NZWiSt 2018 441; Spatschek/Spilker Einziehung im Steuerstrafrecht – Ein Fremdkörper im System, DB 2018 2593; dies. Tatsächliche Verständigung als Ausschlussgrund für die Einziehung im Steuerstrafrecht NStZ 2019 508; Trüg Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, NJW 2017 1913; Ullenboom Die „vergessene“ Ein-ziehung von Taterträgen und ihre Folgen nach dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögens-abschöpfung, wistra 2018 291; ders. Praxisleitfaden Vermögensabschöpfung (2019); Wilke Notwendiger Abstimmungsbedarf zwischen Steuerstraf- und Besteuerungsverfahren bei der strafrechtlichen Vermögenseinziehung, wistra 2019 81; Wulf Das neue Einziehungsrecht – ein Gesetz zur Entlastung der Finanzgerichtsbarkeit? PStR 2018 150.
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Vor §§ 73–76b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
I. II.
III.
IV.
V.
VI.
Übersicht Allgemeines | 1 Die historische Entwicklung des Rechts der Einziehung 1. ursprüngliche Regelung der Einziehung im Allgemeinen Teil | 4 2. Ausweitung der Einziehungsvoraussetzungen | 5 3. Weitere Reformen | 7 Die Entwicklung des Rechts der Einziehung von Taterträgen 1. Einzelvorschriften | 12 2. Konsequenz der Neugestaltung des Geldstrafenrechts | 13 3. Gesetzliche Regelung | 14 4. Nettoprinzip | 15 5. Bruttoprinzip | 17 6. erweiterter Verfall | 18 Die Reform des Einzieungsrechts 2017 – Einziehung von Taterträgen 1. Gesetzgebungsverfahren | 20 2. Überblick der Neuerungen | 21 3. Gesetzliche Architektur der Abschöpfung von Taterträgen | 22 4. Zentrale materielle Änderungen a) Wegfall der Härteklausel | 24 b) Konkretisierung des Bruttoprinzips | 25 5. Zentrale verfahrensrechtliche Änderungen a) Beschränkung von Ausnahmen zur Sicherstellungsverpflichtung | 26 b) Das neue Modell der Opferentschädigung | 27 c) Selbstständige Verjährung | 28 6. Rezeption | 29 7. Bewertung a) Entscheidung für eine Novellierung | 30 b) Eignung zur Erreichung zentraler Reformziele | 31 c) Konkretisierung des Bruttoprinzips | 32 d) Neugestaltung der Opferentschädigung | 33 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach der Neuregelung 2017 | 36 Der Rechtscharakter von Maßnahmen der Einziehung von Taterträgen 1. Einordnung | 37 2. Neuregelung 2017 | 38
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Bruttoprinzip | 39 Wegfall der vormaligen Härteklausel | 40 5. Gefahr der doppelten Inanspruchnahme aus Entschädigungsansprüchen | 41 6. Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention | 42 Verfassungsrecht 1. Verfassungsrechtliche Grenzen von Einziehungsentscheidungen | 43 2. Eigentumsgarantie des Art. 14 GG | 44 3. Verhältnismäßigkeit | 45 4. Prüfungsmaßstäbe | 46 5. Sicherungsmaßnahmen | 47 6. Verfassungsrechtliche Verpflichtung | 48 Europäische Grundrechte-Charta | 49 Jugendstrafrecht | 50 Verfahrensrecht 1. Einziehungsbeteiligung | 51 2. Ermessen §§ 421 ff StPO | 52 3. Abtrennung | 54 4. Sicherungsmaßnahmen bis zur Rechtskraft | 55 5. Rechtlicher Hinweis | 56 6. Verzicht | 57 7. Verständigung | 58 8. Berücksichtigung bei Art und Umfang der Saktionierung | 59 Recht der Europäischen Union 1. Rechtssetzung | 60 2. Richtlinie 2014/42/EU vom 3. April 2014 a) Umsetzung | 61 b) Richtlinienkonforme Auslegung | 62 c) Inhalt der Richtlinie | 63 d) Unionsrechtskonformität der deutschen Regelungen zur Höhe des Erlangten | 64 3. EU-Verordnung 2018/1805 | 65 Europarat | 66 Völkerrecht Übergangsregelungen 1. Art. 316h EGStGB | 68 2. unterbliebene Anordnung | 69 3. Art. 103 Abs. 2 GG | 70 4. Art. 20 Abs. 3 GG | 71 Ordnungswidrigkeitenrecht | 72 3. 4.
VII.
VIII. IX. X.
XI.
XII. XIII. XIV.
XV.
XVI. Einziehung nach Gefahrenabwehrrecht | 73
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Vorbemerkungen | Vor §§ 73–76b
I. Allgemeines Der Siebente Titel des 3. Abschnitts („Rechtsfolgen der Tat“) regelt die Rechtsinstitute 1 der Einziehung von Taterträgen (vormals Verfall, §§ 73 bis 73e) sowie der Einziehung von Tatmitteln, Tatprodukten und Tatmitteln (vormals Einziehung, jetzt § 74 bis 74f) einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Unbrauchbarmachung (§ 74d). Während die Wirkungen der Einziehung in § 75 festgelegt werden, enthalten die §§ 76 bis 76b für beide Rechtsinstitute gemeinsam geltende Vorschriften über die nachträgliche und selbständige Anordnung sowie die Verjährung. Die gesetzlichen Arten der Einziehung und die Unbrauchbarmachung fallen nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 (neben den Maßregeln der Besserung und Sicherung) unter den Begriff der „Maßnahme“ im Sinn des Strafgesetzbuchs. Die Entwicklung der beiden Rechtsinstitute Einziehung von Taterträgen einerseits und der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten andererseits hat sich getrennt vollzogen: Während Letztere von vornherein einen Bestandteil des im Allgemeinen Teil geregelten Rechtsfolgesystems bildete und bereits einen längeren Entwicklungsgang durchlaufen hatte, hat der Gesetzgeber die Einziehung von Taterträgen (vormals: Verfall) erst in einem späteren Stadium zu einem allgemein für das gesamte Strafrecht geltenden Rechtsfolgeinstitut im Allgemeinen Teil ausgestaltet. Die Neuregelung des Einziehungsrechts 2017 hat diese beiden, sich auch in Rechtscharakter und Voraussetzungen unterscheidenden Arten auf den Oberbegriff der Einziehung zurückgeführt. Dies war maßgeblich auch durch die dadurch mögliche Anschlussfähigkeit an die europarechtliche Terminologie („confiscation“) veranlasst.1 Die nachfolgende Rechtssetzung der Europäischen Union mit der Verordnung über die Sicherstellung und Einziehung vom 14.11.2018 hat die Notwendigkeit dieser terminologischen Änderung bestätigt. Das Regime der Abschöpfung der Erlöse und Tatmittel von Straftaten, eine seit jeher 2 in ihrem Charakter umstrittene (Rdn. 4 ff; 37 ff) und als sehr komplex wahrgenommene Materie, hat eine stetige Ausweitung erfahren (siehe näher Rdn. 22). Mit der intendierten Stärkung, dem erheblichen Ausbau, etwa durch die Einführung einer erweiterten selbständigen Einziehung in § 76a Abs. 4,2 und der weitreichenden Neugestaltung des Einziehungsrechts durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) hat sich dieses Instrument nunmehr zunehmend als 3. Spur des Strafrechts in Stellung gebracht3. Sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der – durch die Gesetzesnovelle nochmals gestiegenen – praktischen Bedeutung erfüllt die Aufgabe der Restitution rechtswidrig durch Straftaten angeeigneten Vermögens eine wesentliche Funktion. Da sie weder dem Schuldausgleich noch primär der Verhütung künftiger Straftaten oder sonst der Gefahrenabwehr, sondern der Wiederherstellung einer rechtmäßigen Vermögensordnung dient, erscheint die Annahme einer eigenen, dritten Kategorie neben der Aufklärung und Aburteilung von Straftaten einerseits sowie den sonstigen gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen andererseits gerechtfertigt. Die Rückführung und Abschöpfung aus Straftaten erlangten Vermögens verwirklicht ein elementares Gerechtigkeitsempfinden. Damit erweist es sich über die Präventivfunktion mit der Beseitigung von Anreizen strafbaren Handelns hinaus auch als ein wichtiges Element der Normenstabilisierung4 und der Aufrechterhaltung des Vertrauens in den Rechtsstaat. Der
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1 BTDrucks. 18/9525 S. 48. 2 Für ein eigenständiges, allein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messendes „in rem – Verfahren“ als Angelpunkt dieser Funktion Meyer ZStW 127 (2015) 241, 257, 279 f. 3 Saliger ZStW 129 (2017) 995, 996; Bittmann KripoZ 2016 120, 127; NZWiSt 2016 131,136. 4 Damit dient sie zugleich der Selbstvergewisserung der Rechtsordnung, Meyer ZStW 127 (2015) 241, 261.
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Vor §§ 73–76b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Entzug der Tatgewinne dürfte zudem auch über den materiellen Verlust hinaus eine nicht unerhebliche Wirkung auf die Täter entfalten.5 Zuverlässige und repräsentative statistische Daten über die Vermögensabschöp3 fung für das Bundesgebiet liegen bisher nur vereinzelt vor.6 Die Europäische Union sieht bei der bisherigen lückenhaften statistischen Erhebung von aussagekräftigen Statistiken Nachholbedarf und statuiert deshalb in Art. 11 der EU-Richtlinie 2014/42/EU eine ausdrückliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Daten über die Anzahl der vollstreckten Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sowie jeweilige Schätzwerte zu erheben und der EU-Kommission jährlich, möglichst über eine zentrale Behörde, zu übermitteln.7 Soweit für vergangene Zeiten Zahlen vorliegen, deuten diese noch auf erhebliche Steigerungsmöglichkeiten hin.8 Dies wird weniger auf rechtliche Hindernisse als vor allem auf ein erhebliches Vollzugsdefizit zurückgeführt.9 Die Instrumente der Einziehung, insbesondere jene zur Abschöpfung von Taterträgen, haben seit Inkrafttreten der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung im Juli 2017 in der Justizpraxis jedenfalls eine deutlichere Wahrnehmung10 und schon deshalb eine Stärkung erfahren. II. Die historische Entwicklung des Rechts der Einziehung 4
1. Die ursprüngliche Regelung11 der Einziehung im Allgemeinen Teil (§ 40 a.F.) gestattete, Gegenstände, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen hervorgebracht worden waren oder zu dessen Begehung gebraucht oder bestimmt worden waren (producta et instrumenta sceleris), im Urteil einzuziehen, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehörten. Nach längerem Meinungsstreit hatte sich als herrschend die
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5 Vgl. Meyer ZStW 127 (2015) 241, 244 Fn. 15 unter Hinweis auf allerdings bisher nur schwach erforschte kriminologische Erkenntnisse. 6 Kritisch dazu Meißner KriPoZ 2017 237, 241; dagegen auf die Last der Erhebung verweisend und am Sinn der Statistik zweifelnd Reitemeier DRiZ 2018 306. 7 Siehe auch die Erwägungsgründe 36 und 37 der Richtlinie, welche die derzeitigen Defizite beklagen, die Bedeutung eines Mindestmaßes an geeigneten statistischen Daten der Mitgliedstaaten betonen und diese zu entsprechenden Anstrengungen auffordern. 8 So sind nach dem Lagebild Organisierte Kriminalität des Bundeskriminalamts im Jahre 2017 bei einer Gesamtsumme an Taterträgen von 145 Mio € lediglich 24 Mio € vorläufig gesichert worden; für das Jahr 2016 steht Taterträgen von insgesamt 840 Mio € eine Summe gesicherten Vermögens von lediglich 61 Mio € gegenüber. Dabei weisen die Zahlen keine einheitlichen Trends hinsichtlich einzelner Kriminalitätsbereiche auf. Für den Zeitraum nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung lagen noch keine aussagekräftigen Zahlen vor. Siehe für einzelne Bundesländer auch die Statistik bis 2015 bei Greier Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Rückgewinnungshilfe, S. 268 ff; vgl. auch Meyer ZStW 127 (2015) 241, 242. 9 Greier Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Rückgewinnungshilfe, S. 265 f; zur Bedeutung des Gesichtspunkts der Akzeptanz bei den Rechtsanwendern auch Barreto da Rosa NZWiSt 2018 215, 219. 10 Aus Sicht von Unternehmen Hiéramente/Schwerdtfeger BB 2018 834, 839; aus Sicht der staatsanwaltschaftlichen Praxis Reitemeier DRiZ 2018 306 ff. 11 Die Entstehungsgeschichte der §§ 73 ff ergibt sich aus den Niederschriften über die Erörterungen der Großen Strafrechtskommission (1954 bis 1959) Bd. 1 212; 3 203, 208, 216, 277, 283; 4 321, 331, 378, 569; 12 207, 252, 504; aus §§ 109 bis 120 StGB-Entw. 1962 und Begründung S. 239 ff (BTDrucks. IV/650); aus dem Entwurf des EGOWiG 1968 nebst Begründung (BTDrucks. V/1319); aus den §§ 73 ff des Entwurfs eines zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts nebst Begründung und dem Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (BTDrucks. V/4095 S. 1, 39, 72), aus den Protokollen der 311. Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrats und der Sitzungen des Bundestagssonderausschusses für die Strafrechtsreform, 5. Legislaturperiode S. 539 ff, 992 ff, 1021 ff, 1047 ff, 1063 ff, 1079 ff, 1149 ff, 1152 ff, 1803 ff, 3258 sowie der 53. und 63. Sitzung des Bundestagsrechtsausschusses. Umfassend zur historischen Entwicklung Arnold S. 195 ff; Lieckfeldt S. 87 ff.
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Vorbemerkungen | Vor §§ 73–76b
namentlich in der Rechtsprechung12 vertretene Auffassung herausgebildet, dass die Einziehung nach § 40 a.F. eine Nebenstrafe darstelle. Diese konnte nicht nur in Verbindung mit einer Hauptstrafe, sondern unter den Voraussetzungen des § 42 a.F. („Ist die Verfolgung oder die Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar …“) auch selbständig angeordnet werden. Daraus wurde gefolgert, dass die Nebenstrafe zugleich den Zweck erfülle, die Allgemeinheit durch Wegnahme der Sache vor weiteren Straftaten zu schützen, also neben dem Strafzweck auch Sicherungszwecke verfolge (Lehre von der Doppelnatur). Nach § 41 a.F. war, wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung „strafbar“ ist, grundsätzlich die Unbrauchbarmachung aller Exemplare sowie der zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen durch Urteil anzuordnen. Die Voraussetzung, dass „der Inhalt der Schrift usw. strafbar ist“, wurde dahin verstanden, dass es genüge, wenn ohne Rücksicht auf Verschulden der Inhalt den äußeren Tatbestand irgendeiner Straftat, also bei Hinzutritt der Schuld der volle objektive und subjektive Tatbestand einer strafbaren Handlung, erfüllt wäre. Da es also auf ein Verschulden nicht ankam, wurde die Unbrauchbarmachung als polizeilich-präventive Sicherungsmaßregel charakterisiert; sie konnte unter den Voraussetzungen des § 42 aF auch selbständig angeordnet werden. 2. Ausweitung der Einziehungsvoraussetzungen. Diese Grundsatzregelung des 5 Allgemeinen Teils wurde indessen durch eine Vielzahl von Vorschriften, die sich teils im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs, in der Hauptsache aber in zahlreichen strafrechtlichen Nebengesetzen fanden, im Sinne einer Erweiterung der Einziehungsvoraussetzungen durchbrochen. So wurde in Einzelvorschriften die Einziehung auch bei Fahrlässigkeitstaten, bei Übertretungen (Ordnungswidrigkeiten) und als zwingende Anordnung vorgesehen. Ebenso wurde auf das Erfordernis des § 40 a.F., dass der Täter oder Teilnehmer vorsätzlich gehandelt haben müsse, verzichtet, indem die Einziehung zugelassen oder vorgeschrieben wurde, wenn nur die rechtswidrige Verwirklichung des äußeren Tatbestandes mit „natürlichem“ Vorsatz, vorlag. Ferner wurde die Einziehung über producta et instrumenta sceleris hinaus auch auf die durch die strafbare Handlung erlangten Gegenständen (scelere quaesita) sowie auf Gegenstände, „auf die sich die strafbare Handlung bezieht“ (die sog. Beziehungsgegenstände) erstreckt.13 Namentlich wurde die Voraussetzung des § 40 a.F., dass der Einziehungsgegenstand 6 dem Täter oder einem Teilnehmer gehören müsse, aufgegeben und die Einziehung von producta et instrumenta sceleris, scelere quaesita und Beziehungsgegenständen ohne Rücksicht darauf zugelassen oder vorgeschrieben, in wessen Eigentum sie standen (sog. unterschiedslose Einziehung).14 Die Rechtsprechung, die früher solche Vorschriften ohne Bedenken hinnahm, sah darin eine polizeiliche Sicherungsmaßregel, die auch der Tatunbeteiligte im öffentlichen Interesse hinnehmen müsse,15 oder sprach von einer Art dinglicher Haftung des tatunbeteiligten Dritteigentümers mit der durch die Verwendung bei einer Straftat bemakelten Sache für fremde strafrechtliche Schuld.16 Dies warf zu-
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12 RGSt 26 407; 46 132; 53 126; 54 58; BGHSt 2 337; 10 33; 16 47. 13 Z.B. Lebensmittel, die derart verpackt, aufbewahrt oder befördert werden, dass ihr Genuss die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, §§ 11, 13 des früher geltenden LebensmittelG 1936. 14 Ein Schulbeispiel war § 295 in seiner ursprünglichen Fassung, der zwingend ohne Rücksicht auf das Eigentum die Einziehung der vom Wilderer zur Tat verwendeten Gegenstände vorschrieb, so dass auch die Einziehung des Jagdgewehrs geboten war, das der Wilderer einem Dritten gestohlen hatte. 15 RGSt 55 12; 67 215; OLG Freiburg HESt. 2 140. 16 RGSt 62 49, 52; 69 385.
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nehmend die Frage auf, wie es sich rechtfertigen lasse, den „unschuldigen“ tatunbeteiligten Dritteigentümer mit seinem Eigentum für die strafrechtliche Schuld eines Dritten haften zu lassen. Frühere StGB-Entwürfe versuchten mit unterschiedlichen Methoden des Problems Herr zu werden. So wollte § 52 Abs. 3 des StGB-Entw. 193017 zwar nicht die Einziehungsvoraussetzungen gegenüber dem Dritteigentümer beseitigen, ihm aber einen Anspruch auf volle Entschädigung aus der Staatskasse zubilligen. § 77 Abs. 2 des StGBEntw. 1936 wollte demgegenüber durch eine Härteklausel die Rücksichtnahme auf die Belange des Eigentümers ermöglichen; danach sollte der Richter befugt sein, von der Einziehung abzusehen, wenn die Gegenstände ohne Schuld des Berechtigten zur Tat bestimmt gewesen oder dazu gebraucht worden sind, oder wenn die Einziehung eine unbillige Härte bedeuten würde. 7
3. Weitere Reformen. Beide vorgenannten Prinzipien wurden in der Folgezeit bei Teilreformen zugrunde gelegt: So wurde z.B. der Einziehungszwang bei der Jagdwilderei mittels einer Härteklausel gemildert,18 und die Rechtsprechung übertrug diesen Gedanken später unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Wege der Auslegung auf andere Fällen einer zwingend vorgeschriebenen Einziehung.19 Teilweise deutete sie das Einziehungsgebot auch in eine Ermessensentscheidung um,20 während der Entschädigungsgedanke in §§ 86, 98 Abs. 2 a.F. Eingang fand. 21 Jedenfalls setzte sich in Gesetzgebung, Rechtsprechung 22 und Schrifttum allmählich der Gedanke durch, dass eine Einziehung mit Wirkung gegenüber dem tatunbeteiligten Dritten nach rechtsstaatlichen Grundsätzen unter Beachtung der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) nur zulässig sein könne, wenn – über das die Einziehung zulassende Gesetz hinaus – für die Einziehung ein besonderer zureichender oder sie rechtfertigender Grund vorliege, und dass, wenn dieser Grund die öffentliche Sicherheit ist, dem durch die Einziehung enteigneten schuldlosen Dritteigentümer ein Anspruch auf Entschädigung für den Verlust des Eigentums zu gewähren sei. 8 Eine Reform des Einziehungsrechts auf dem Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts brachten die §§ 17 bis 26 OWiG 1952. Das Gesetz regelte u.a. die Voraussetzungen der Einziehung, wobei es die Einziehung gegen den tatunbeteiligten Eigentümer nur zuließ, wenn er vorwerfbar die Begehung der Tat ermöglicht, erleichtert oder aus ihr einen Vorteil gezogen hatte, es schuf die Möglichkeit der Ersatzeinziehung (Einziehung des Wertes des Gegenstandes, wenn dessen Einziehung nicht ausführbar ist), umschrieb die Wirkung der Einziehung (originärer Rechtserwerb des Staates, Erlöschen dinglicher Rechte am Einziehungsgegenstand), gewährte den Inhabern dinglicher Rechte, die durch die Einziehung des Gegenstandes untergingen, einen Entschädigungsanspruch gegen die Staatskasse, sofern sie nicht vorwerfbar die Begehung der Tat ermöglicht oder erleichtert oder aus ihr einen Vorteil gezogen hatten, und regelte vor allem die Art und Weise, in der Einziehungsbeteiligte (tatunbeteiligter Eigentümer und Inhaber beschränkter dinglicher Rechte am Einziehungsgegenstand) ihre Rechte geltend machen können, indem ihnen eine Beteiligung am subjektiven Verfahren gegen den Täter zugestanden wurde.
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17 Sog. Entwurf Kahl. 18 Gesetz vom 28.6.1935, RGBl. I S. 839. 19 BGHSt 9 96 betr. § 245a Abs. 3 a.F.; BayObLG MDR 1957 434 betr. § 11 a.F. SprengG. 20 BGHSt 18 280; BayObLGSt. 1966 180. 21 Strafrechtsänderungsgesetze v. 20.8.1951 und 11.6.1957 (BGBl. I S. 739, 597) betr. Einziehung bei Hoch-, Verfassungs-, Landesverrat. 22 Grundlegend BGHSt 1 353.
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An die vorstehend geschilderte Rechtsentwicklung knüpften die Arbeiten an der Re- 9 form des Strafgesetzbuchs an, die schließlich in den §§ 113 ff E 1962 ihren Niederschlag fanden. Schon vorher hatten die seit 1953 erlassenen neuen Strafgesetze mit Einziehungsvorschriften die Einziehungsregeln der §§ 17 bis 26 OWiG 1952 für anwendbar erklärt oder übernommen. Durch Art. 1 Nr. 2 bis 5 EGOWiG vom 24.5.1968 (BGBl. I S. 503) wurden die bis dahin die Einziehung und Unbrauchbarmachung regelnden §§ 40, 41, 42 durch neue Vorschriften (§§ 40, 40a, 40b, 40c, 41, 41a, 41b, 41c, 42) ersetzt. Ziel der Neuregelung war vor allem die Schaffung hinreichend klarer und rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechender Grundsätze über die Voraussetzungen einer Einziehung. Einer abschließenden Regelung der Einziehungsvoraussetzungen im Allgemeinen Teil des StGB stand aber das praktische Bedürfnis entgegen, die Möglichkeiten für eine abweichende Gestaltung im Nebenstrafrecht offenzuhalten. Denn nach wie vor kann die Notwendigkeit bestehen, in Einzelvorschriften, sei es des Besonderen Teils, sei es des Nebenstrafrechts, die Einziehung über § 74 Abs. 1 hinaus vorzusehen, z.B. sie weitergehend als § 74 Abs. 1 bei fahrlässigen Vergehen oder für die quaesita sceleris und „Beziehungsgegenstände“ zuzulassen (dazu § 74 Rdn. 21 ff) oder die Einziehung zwingend vorzuschreiben oder sie über die Sicherungseinziehung (jetzt § 74b) hinaus mit Wirkung gegen tatunbeteiligte Eigentümer vorzuschreiben oder zuzulassen. Neben einer Neuregelung des materiellen Einziehungsrechts passte das EGOWiG 10 1968 auch die in Einzelvorschriften außerhalb des Allgemeinen Teils enthaltenen, die Einziehung betreffenden Vorschriften dem neuen Recht an. Neue Einziehungsvorschriften im Besonderen Teil oder im Nebenstrafrecht könnten zwar nach dem Grundsatz lex posterior specialis derogat legi priori generali von den Einziehungsvorschriften des Allgemeinen Teils abweichen, sofern sie erkennbar eine abschließende, den Rückgriff. auf die Vorschriften des Allgemeinen Teils ausschließende Regelung darstellen. Dies wird in der Regel aber nicht der Fall sein. So ist z.B. in § 92b Nr. 2 StGB die Einziehung bestimmter Beziehungsgegenstände fakultativ vorgesehen; das schließt aber nicht aus, dass solche Gegenstände (Schriften usw.) eingezogen werden müssen, wenn die Voraussetzungen des § 74d StGB erfüllt sind.23 Ganz allgemein gilt, dass die §§ 74 ff ergänzend anzu-wenden sind, soweit die Sondervorschriften über die Einziehung keine abschließende Regelung enthalten.24 Wenn also z.B. § 92b die Einziehung an die Voraussetzung einer „Straftat“ im Sinne einer schuldhaft und rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung nach den §§ 80a usw. knüpft, so schließt dies eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 nicht aus, wenn ein Verschulden des Täters nicht festgestellt werden kann.25 Bei der Neugestaltung des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs durch Art. 1 Nr. 1 11 des 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I S. 717) wurden die im Jahre 1968 geschaffenen Vorschriften bis auf wenige redaktionelle Anpassungen unverändert als §§ 74 bis 76a übernommen. Art. 18 Nr. 40, 41 EGStGB 1974 konnte sich demgemäß mit redaktionellen Anpassungen der §§ 74 Abs. 3 und 74d Abs. 4 an den neuen Sprachgebrauch begnügen. III. Die Entwicklung des Rechts der Einziehung von Taterträgen 1. Eine Einziehung von Taterträgen war zunächst nur in Einzelvorschriften vorge- 12 sehen (vgl. insbes. §§ 92b Abs. 2, 109k Abs. 2, 296a Abs. 2, 335 a.F., § 8 WiStG 1954), ohne dass dabei eine genaue begriffliche Trennung von Einziehung und Verfall erfolgte. Das bis zum 31.12.1974 geltende Recht kannte kein allgemeines Rechtsfolgeinstitut der
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BGHSt 23 208 = NJW 1970 437 = JZ 1970 513 m. Anm. Willms. BayObLG OLGSt. § 40c a.F. S. 1. BGHSt 23 64, 68.
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Einziehung von Taterträgen (vormals: des Verfalls). Die wenigen einschlägigen Einzelvorschriften unterschieden zwischen der Entziehung des Gewinns, den der Täter durch eine Straftat erlangt hatte, und der Entziehung des Entgelts, das er für die Straftat erhalten hatte.26 Diese Abschöpfungen von Vorteilen entbehrten einer einheitlichen Terminologie und inhaltlichen Ausgestaltung. Das Gesetz sprach teils von Verfallserklärung (z.B. § 335 a.F.), die als Nebenstrafe verstanden wurde,27 von Abführung des Mehrerlöses (§ 8 WiStG), deren Rechtsnatur streitig war,28 teils aber auch, weil das damals geltende Recht keine genaue begriffliche Trennung von Verfall und Einziehung vornahm, etwa der Einziehung des Entgelts für die Straftat (§§ 86, 108b Abs. 3 a.F. StGB), deren Charakter wiederum streitig war.29 Eine allgemeine mittelbare Entgelts- und Gewinnmitnahme – beschränkt auf die mit Geldstrafe bedrohten Straftaten – ermöglichte § 27b Abs. 2 a.F., wonach die Geldstrafe das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen, und den Gewinn, den er aus ihr gezogen hat, übersteigen sollte. 13
2. Die geplante Ausgestaltung des vormaligen Verfalls als eine allgemeine Rechtsfolge im E 1962 war eine Konsequenz der Neugestaltung des Geldstrafenrechts. Der Weg einer mittelbaren Entgelt- und Gewinnentziehung über die Bemessung der Geldstrafe war nach der Neuregelung des Rechts der Geldstrafe nach dem Tagessatz-System wegen seiner Vermischung von Strafzumessung, die bei der Bemessung der Zahl der Tagessätze nach dem Maß des Verschuldens zu erfolgen hat (§§ 40, 46), und dem ganz anderen Gedanken der Beseitigung einer illegitimen Bereicherung für den Gesetzgeber nicht mehr gangbar. Denn durch die Einführung des Tagessatzssystems konnten Taterträge nicht mehr bei der Feststellung einer Geldstrafensanktion berücksichtigt werden. Aufgrund des kriminalpolitischen Bedürfnisses, Gewinne aus Straftaten nicht dem Täter zu belassen, wurde mit dem „Verfall“ ein allgemeines Rechtsinstitut geschaffen, in dem eine „angemessene Ergänzung“ der Strafe gesehen wurde30. Im Übrigen sah der Gesetzgeber ein kriminalpolitisches Bedürfnis, Gewinne nicht nur bei den mit Geldstrafe bedrohten Straftaten abzuschöpfen. Es sei ganz allgemein nicht sinnvoll, den Täter zu bestrafen, ihm aber zugleich das als Entgelt für die Tat Erlangte und den aus der Tat unrechtmäßig zugeflossenen Gewinn zu belassen, weil dies geradezu als Anreiz zur Begehung weiterer Entgelt und Gewinn einbringender Straftaten wirken könne;31 durch den allgemein vorgesehenen Verfall des Entgelts und des Gewinns finde die Strafe eine sinnvolle und angemessene Ergänzung.32 Wegen dieser dem Verfall zugedachten strafergänzenden Funktion sollte sich dieser nach § 109 E 1962 grundsätzlich nur gegen den Täter oder Teilnehmer richten. Voraussetzung des Verfalls sollte eine schuldhaft-rechtswidrig begangene Straftat sein. War die Tat rechtswidrig, aber nicht schuldhaft begangen, sollte die Abschöpfung des Vermögensvorteils dem Zivilrecht überlassen werden.33 Tatunbetei-
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26 Vgl. z.B. wegen der Gewinnabschöpfung die früheren §§ 296a, 335 StGB; § 40 BJagdG; § 8 WiStG und wegen der Entziehung des Entgelts z.B. die früheren §§ 86 Abs. 3, 98, 101, 335 StGB; § 5 BestechungsVO; § 12 Abs. 3 UWG. 27 RGSt 57 232, 233; BGHSt 10 235, 236; 11 345, 348; 13 328, 329. 28 RGSt 77 145, 147: Nebenstrafe; BGHSt 15 399 f: Sicherungsmaßregel; nach anderer Auffassung (Nachw. bei Eser Sanktionen S. 84): öffentlich-rechtliche Abschöpfung des zu Unrecht Erlangten. 29 BGHSt 10 235, 236: Nebenstrafe; nach Dalcke/Fuhrmann/Schäfer Strafrecht und Strafverfahren37 Fn. 6 zu § 86 a.F.: öffentlich-rechtliche Wegnahme des zu Unrecht Erlangten. 30 Bundestag-Drucksache IV/650 S. 241 zur Begründung der entsprechenden Regelung §§ 109 ff E 1962. 31 Vgl. Prot. V/542. 32 E 1962 S. 241. 33 E 1962 S. 241.
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ligte Dritte sollten nur ausnahmsweise durch die Anordnung des Verfalls betroffen werden, nämlich einmal nach § 109 Abs. 3 E 1962 der Empfänger von Gewinn oder Entgelt, dem sie unmittelbar durch die Straftat des Täters (Teilnehmers) zugeflossen war, der als Vertreter des Empfängers oder sonst für diesen Handelnde, und ferner nach § 109 Abs. 7 E 1962 derjenige tatunbeteiligte Dritte, der das Entgelt gewährt hatte. Dadurch sollte erreicht werden, dass Bestechungsgelder und Belohnungen, die ein Dritter dem Täter gezahlt hatte, auch dann dem Verfall unterlagen, wenn der Dritte nicht strafbar und nach bürgerlichem Recht Eigentümer des hingegebenen Geldes geblieben war. 34 Im BTSonderausschuss erfuhr § 109 E 1962 noch wesentliche Änderungen, so wurde das Erfordernis einer schuldhaft-rechtswidrigen Tat als Voraussetzung der Verfallsanordnung fallen gelassen.35 3. Als ein allgemeines, für das gesamte Strafrecht geltendes Rechtsfolgeninstitut 14 wurde die Einziehung von Taterträgen (vormals Verfall), d.h. die Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils, den der Täter oder Teilnehmer „für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat“ (§ 73 Abs. 1), erst mit Wirkung vom 1.1.1975 durch Art. 1 Nr. 1 des 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I S. 717) geschaffen. Die gesetzliche Regelung lehnte sich an die §§ 109 bis 112 E 1962 an, aber mit einer Reihe von Änderungen sachlicher oder redaktioneller Art durch den BT-Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, der dabei z.T. auch den Vorschlägen in § 83 des Alternativ-Entwurfs (AE) und den als Formulierungshilfe bezeichneten Entwürfen des Bundesjustizministeriums folgte.36 Insbesondere genügte danach für die Anordnung des Verfalls, dass eine schuldlos-rechtswidrige Tat zu dem illegitimen Vermögensvorteil geführt hat. Die Wegnahme des aus der rechtswidrigen Tat erlangten illegitimen Vermögensvorteils (des illegitimen Gewinns) wurde dabei nach mehreren Richtungen begrenzt: Eine wesentliche Beschränkung ergab sich zunächst aus § 73c a.F., wonach der Verfall nicht angeordnet werden durfte, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte darstellte. Eine ganz erhebliche weitere gesetzliche Einschränkung folgte aus der Rücksichtnahme auf Ausgleichsansprüche, die dem Verletzten aus der Tat gegen den Täter (Teilnehmer) entstanden sind; der Verfall war nach § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. ausgeschlossen, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde („Totengräber des Verfalls“). 4. Nach der bis zum 6.3.1992 geltenden Fassung des § 73 konnte Gegenstand einer 15 Anordnung von Verfall nur ein für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangter „Vermögensvorteil“ sein. Dieser war nach dem sogenannten Nettoprinzip in der Weise zu ermitteln, dass von den erlangten Vermögenswerten die gewinnmindernden Aufwendungen (z.B. Einkaufspreis, Transportkosten, Kurierlohn) abzuziehen waren; nur der überschießende Wert des Erlangten konnte Gegenstand der Anordnung sein.37 Dadurch wurde die Feststellung der Verfallsvoraussetzungen erschwert, da ein weiterer Ermittlungsschritt zur Feststellung der Aufwendungen des Täters erforderlich wurde. Auch materiell hatte sich die Nettogewinnabschöpfung immer mehr als bedenklich 16 herausgestellt. Nach der Gesamtsystematik der Rechtsordnung führte die aus ihr folgende Saldierungspflicht bei der Verfallsanordnung zu Wertungswidersprüchen. Der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investier-
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E 1962 S. 244. BTDrucks. V/4095 S. 39. Vgl. Prot. V/556, 1019 und Ausschussbericht BTDrucks. V/4095 S. 39 bis 41. BGHSt 28 369 m.w.N.; 36 251, 252; BGHR StGB § 73 Vorteil 1; Sch/Schröder/Eser Rdn. 17 f.
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Vor §§ 73–76b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
te unwiederbringlich verloren ist, sollte daher nach dem Willen des Gesetzgebers auch beim Verfall Anwendung finden.38 17
5. Durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG), des Strafgesetzbuchs und anderer Gesetze vom 28.2.1992 (BGBl. I S. 372) wurde die in Absatz 1 vorgesehene Nettogewinnabschöpfung durch das Bruttoprinzip abgelöst. Die Bruttogewinnabschöpfung beim Verfall wurde im Gesetzgebungsverfahren erstmals in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall – vorgeschlagen.39 Der Bundesrat hatte zwischen dem beim Erweiterten Verfall vorgesehenen Bruttoprinzip und dem Nettoprinzip des § 73 a.F. einen Widerspruch gesehen. Der Vorschlag der Bundesregierung zur Beseitigung dieses Widerspruchs durch die generelle Einführung des Bruttoprinzips beim Verfall fand dann Eingang in den vom Bundesrat vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität.40 Außerdem wurde der Vorschlag in dem von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze übernommen.41 Schließlich wurde das Bruttoprinzip durch Art. 3 dieses Änderungsgesetzes vom 28.2.1992 eingeführt.
6. Das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) v. 15.7.1992 (BGBl. I S. 1302) führte ferner das Institut des erweiterten Verfalls ein (vgl. § 73a Rdn. 1). Zu Ende der 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages legten die Fraktionen der 19 CDU/CSU, SPD und FDP einen Gesetzentwurf zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten vor,42 dessen Kernstück die Aufhebung des § 73 Abs. 1 Satz 2 in der damaligen Fassung war. Das Vorhaben fiel jedoch der Diskontinuität anheim. Der Gesetzgeber entschied sich in dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2350) stattdessen für die Schaffung neuer strafprozessualer Regelungen, um auf Unzulänglichkeiten aus der Anwendung der Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. zu reagieren. Dem wurde insbesondere durch eine Neufassung des § 111 i StPO mit der Schaffung eines Verfahrens für einen staatlichen Auffangrechtserwerb Rechnung getragen. Im Wege der Rückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 StPO zugunsten des Geschädigten vorläufig sichergestellte Vermögenswerte erwarb danach der Staat, falls der Verletzte innerhalb von drei Jahren seine Ansprüche nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt hatte oder anderweitig befriedigt worden war (vgl. dazu BT-Drucks. 16/700). Obgleich die Gesetzesänderung allein Regelungen der Strafprozessordnung betraf, maß die Rechtsprechung der im Urteil zu treffenden Feststellungsgrundentscheidung, welche das Verfahren des staatlichen Auffangrechtserwerbs gem. § 111i a.F. einleitete, einen materiellrechtlichen Charakter zu.43
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BTDrucks. 12/1134 S. 12 BTDrucks. 11/6623 S. 13. BTDrucks. 11/6623 S. 13 f. BTDrucks. 12/899. BTDrucks. 13/9742. BGH NJW 2008 1093.
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IV. Die Reform des Einziehungsrechts 2017 – Einziehung von Taterträgen 1. Gesetzgebungsverfahren. Den vorläufigen Schlusspunkt der Rechtsentwicklung 20 setzte das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872). Den äußeren Anlass für eine Gesetzesnovelle bildete die Notwendigkeit, die EU-Richtlinie 2014/42/EU in das deutsche Recht umzusetzen. Nachdem eine Weiterentwicklung des Rechts der Vermögensabschöpfung zu Beginn der 18. Legislaturperiode im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD anlässlich der erforderlichen Umsetzung der EU Richtlinie 2014/42/EU vereinbart worden war, brachte die Bundesregierung im Anschluss an einen vorangegangenen Referentenentwurf44 am 5.9.2016 einen Entwurf zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ein.45 Hierzu regte der Bundesrat verschiedene Ergänzungen an,46 welche die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung47 zunächst im Wesentlichen zurückwies. Änderungen ergaben sich jedoch aus der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags.48 Dazu gehören neben geringfügigen redaktionellen Ergänzungen insbesondere die Ausweitung der selbständigen Einziehung nach § 76a n.F. sowie die neue Verjährungsregelung des § 76b n.F. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 wurde am 21.4.2017 verkündet (BGBl. I S. 872) und trat am 1.7.2017 in Kraft. 2. Überblick der Neuerungen. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermö- 21 gensabschöpfung hat das Recht in großem Umfang reformiert und insbesondere die Einziehung von Taterlösen auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Über den aus der EU-Richtlinie 2014/42/EU folgenden Umsetzungsbedarf weit hinausgreifend ist damit eine grundsätzliche Neuausrichtung des Einziehungsrechts erfolgt, die nicht nur im Anschluss an die internationale Terminologie („confiscation“) unter dem Oberbegriff der „Einziehung“ eine neue Bezeichnung, sondern auch weitreichende Änderungen gebracht hat. Die Reform zielt darauf ab, durch eine klarere Systematisierung und verbesserte Praktikabilität bislang wahrgenommene Vollzugsdefizite zu beseitigen sowie durch eine Erweiterung der bisherigen Möglichkeiten zur Vermögensabschöpfung dieses Instrument nachhaltig zu stärken.49 Kernstück ist dabei die Streichung des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. und die daraus folgende Neuregelung der Opferentschädigung, welche weitgehend in das Vollstreckungsverfahren verlagert worden ist und auch Neuregelungen für Mangelfälle enthält (vgl. Rdn. 27, 33 f). Wesentliche weitere Änderungen liegen in der Konkretisierung der Kausalität der Anknüpfung der Vermögensabschöpfung (Erlangen „durch“ die Straftat, vgl. § 73 Rdn. 37 ff) sowie des in der Rechtsprechung uneinheitlich gehandhabten Bruttoprinzips (vgl. Rdn. 32, 39 sowie § 73 Rdn. 19 ff; § 73d Rdn. 6 ff), ferner in der Verlagerung der Härtefallprüfung in die Vollstreckungsphase (§ 459g Abs. 5 StPO) unter Aufhebung des vormaligen § 73c a.F. (vgl. Rdn. 24, 40, 46), der Kodifizierung der Möglichkeiten zur Abschöpfung bei Dritten in § 73b (vgl. § 73b Rdn. 11 ff.), der Aufgabe einer Anknüpfung der erweiterten Einziehung an bestimmte Katalogtaten (vgl. § 73a Rdn. 8 ff), der erheblichen Ausweitung der Möglichkeiten der selbständigen Einziehung (§ 76 Rdn. 9 ff, 19 ff) bis hin zur Etablierung der erweiterten selbständigen Einziehung in
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44 Referentenentwurf vom 9.3.2016, abrufbar unter www.bmjv.de/shared docs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/REfE_Reform_strafrechtliche_Vermoegensabschoepfung. 45 BTDrucks 18/9525. 46 Stellungnahme BR-Drucks. 418/16. 47 BTDrucks 18/10146. 48 BTDrucks 18/11640. 49 BTDrucks 18/9525 S. 48.
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Vor §§ 73–76b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
§ 76a Abs. 4 (vgl. § 76a Rdn. 27 ff) und schließlich der Entkoppelung der Verjährungsvorschriften für die Straftat und die Einziehung der daraus erlangten Taterträge in § 76a Abs. 2 mit Einführung einer eigenständigen 30jährigen Verjährungsfrist für den staatlichen Einziehungsanspruch in § 76b (zu den daran teilweise knüpfenden verfassungsrechtlichen Bedenken § 76a Rdn. 21). 22
3. Gesetzliche Architektur der Abschöpfung von Taterträgen. Systematisch ist zunächst trotz der geänderten Terminologie die weiterhin geltende grundlegende Unterscheidung zwischen der (abgesehen von § 74b und § 74d) strafähnlichen Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten einerseits und der präventiven Einziehung von Taterträgen andererseits zu beachten. Ausgangspunkt der kondiktionsähnlichen Abschöpfung bei der Einziehung von Taterträgen ist die Entstehung eines staatlichen Rückgewährsanspruchs in jenem Zeitpunkt, in welchem der strafrechtswidrige Vermögenszufluss beim Täter oder Teilnehmer der Tat oder bei einem Drittbegünstigten eintritt.50 Maßgeblich ist dafür der tatsächliche Zufluss von Vermögenswerten, die kausal einer Straftat entstammen. Die Entstehung des Anspruchs ist nach der Neuregelung der Opferentschädigung nicht mehr davon abhängig, aus welcher Art rechtswidriger Tat der Vorteil herrührt. Auf die bis dahin geltende Unterscheidung, ob die Tat Rechtsgüter der Allgemeinheit schützen oder dem individuellen Rechtsgüterschutz dienen sollte, kommt es für die Anordnung nicht mehr an. Diese Unterscheidung wird erst im Vollstreckungsverfahren relevant, in welchem der Staat eine Entschädigung der Verletzten durchführen soll (vgl. Rdn 27). Hieraus resultiert die umfassende staatliche Verpflichtung, aus Straftaten stammende Taterträge zu sichern und einzuziehen. Das Gesetz zielt auf eine lückenlose Einziehung aus Straftaten erlangter Erträge ab. In der Praxis wird es aufgrund der Unmöglichkeit zur Herausgabe des Originalgegenstands vielfach zur Einziehung von Wertersatz (§ 73c) kommen. Dem erklärten Zweck „Straftaten dürfen sich nicht lohnen“ folgend, hat das Reformgesetz 2017 die Vermögensabschöpfung auch bei praktischen Schwierigkeiten zur Feststellung konkreter Straftaten maßgeblich erweitert: Zum einen ist das Instrument der erweiterten Einziehung (jetzt: §73a) in seinem Anwendungsbereich in mehrfacher Hinsicht ausgedehnt worden. Eine Einziehung kann danach für sämtliche rechtswidrigen Taten auch bei fehlender Konkretisierbarkeit einer Straftat stattfinden, sofern eine gerichtliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände besteht. Auch nachträglich ist eine Einziehung im Verfahren der selbständigen Einziehung (§ 76a Abs. 1 bis 3) unter erweiterten Voraussetzungen möglich. Dies gilt ebenso für Vermögen unklarer Herkunft, welches auch ohne Feststellung einer Tat lediglich im Zuge entsprechender Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts bestimmter Katalogtaten der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus mittels des neu geschaffenen Instruments der erweiterten selbständigen Einziehung (§ 76a Abs. 4) eingezogen werden kann. Schließlich hat der Gesetzgeber auch die Einziehung bei Dritten (§ 73b) auf eine neue Grundlage gestellt, indem vormalige Figuren der Rechtsprechung (Verschiebungsfälle) kodifiziert und der Anwendungsbereich auch auf Erbfälle erweitert wurde. Insgesamt ergibt sich damit ein lückenloses System mit einem klar konturierten Stufenverhältnis der verschiedenen Einziehungsarten (vgl. § 73 Rdn. 6 ff). Die Abstufungen der Eingriffsvoraussetzungen und die Einhaltung der daraus folgenden Subsidiarität der Instrumente sind auch für die verfassungsrechtliche Absicherung der dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegenden Maßnahmen wesentlich.
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Köhler NStZ 2017 497, 498
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Zum anderen markiert insbesondere die Ausweitung zur Einziehung von Vermögen 23 unklarer Herkunft (§ 76a Abs. 4) eine erste, deutliche Bewegung in Richtung auf eine Ablösung von der Bindung der Gewinnabschöpfung an das Straf- und Strafprozessrecht. Dieser Schritt ist mit Blick auf die vermögensordnende Zwecksetzung des Zugriffs auf Taterträge konsequent: Denn danach besteht kein Zusammenhang mit strafrechtlicher Schuldfeststellung und spezifischen Gewährleistungen der Unschuldsvermutung,51 sondern es geht im Kern um einen bereicherungsrechtlich geprägten Vermögensausgleich52 der dem doppelten Zweck der Verbrechensprävention und der Wiederherstellung einer normgerechten Vermögenslage dient.53 Der Staat macht gegenüber dem Betroffenen damit unter dem Gesichtspunkt des Gefahrenabwehrrechts einen hoheitlichen, nicht aber einen notwendigerweise dem Strafprozessrecht zuzuordnenden Anspruch geltend, der lediglich anlässlich eines Strafverfahrens ausgelöst wird. Demnach ist folgerichtig neben den sichernden Verfahrensvorkehrungen über Art. 14 GG lediglich die materielle Verhältnismäßigkeit der darin liegenden Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts zu prüfen. 4. Zentrale materielle Änderungen. a) Wegfall der Härteklausel. Die Härteklau- 24 sel des § 73c a.F. war bisher Anlass vieler Rechtsfehler und Urteilsaufhebungen. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat diese Vorschrift gestrichen und die Prüfung der Verhältnismäßigkeit in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Einen Vollstreckungsschutz in Härtefällen bietet jetzt § 459g Abs. 5 StPO. Danach unterbleibt eine Vollstreckung eines Zahlungsanspruchs (also der Einziehung von Wertersatz), wenn „der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre“. Im Erkenntnisverfahren wird dagegen eine Einziehungsanordnung ohne Prüfung der aktuellen Zahlungsfähigkeit oder sonstiger Härtegründe getroffen. Dafür geht der Vollstreckungsschutz insofern über die frühere Rechtslage hinaus, als es lediglich auf die aktuelle Entreicherung, nicht aber auf die Gründe für das Nichtmehrvorhandenseins des Erlangten ankommt. Umgehungsstrategien ist dabei vorzubeugen; dem dient u.a. die Möglichkeit nach § 459g Abs. 5 Satz 2, wonach bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte die Vollstreckung wieder aufgenommen werden kann. Zur Einordnung dieser Regelung aus grundrechtlicher Sicht Rdn. 46. b) Konkretisierung des Bruttoprinzips. Die bislang in der Rechtsprechung um- 25 strittene Reichweite des Bruttoprinzips54 hat der Gesetzgeber auf eine neue Grundlage gestellt. Es gilt künftig eine von normativen Wertungen befreite rein tatsächliche Prüfung der Kausalität der Bereicherung des Begünstigten aus der Straftat. Dafür hat der Gesetzgeber aber Anrechnungen für bestimmte mit der Tat zusammenhängende Aufwendungen und für Leistungen zur Erfüllung von Verbindlichkeiten in § 73d und § 73e geschaffen, welche im Ergebnis dem vormaligen Nettoprinzip nahekommen (vgl. im Einzelnen § 73 Rdn. 19 ff, § 73d Rdn. 6 ff, § 73e Rdn. 2 ff).
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51 Dies bedeutet nicht, dass nicht spezifische Schutzvorkehrungen, etwa der Selbstbelastungsfreiheit, im Strafverfahren gewährleistet sein müssen. 52 Wesentlich ist die Korrektur unrechtmäßiger und sozialschädlicher Vermögensmehrung in Anknüpfung an die bereicherungsrechtlichen Zuweisungen, insbesondere der verschärften Haftung nach § 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB. 53 Meyer ZStW 127 (2015) 241, 243. 54 Zur vorangegangenen divergierenden Entwicklung in der Rechtsprechung Heine NStZ 2015 127 ff; siehe auch Rönnau/Begemeier GA 2017 1 ff.
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5. Zentrale verfahrensrechtliche Änderungen. a) Beschränkung von Ausnahmen zur Sicherstellungsverpflichtung. Verfahrensrechtlich wird die Zielsetzung der Novelle auf verschiedene Weise flankiert, wobei die Erweiterung der Möglichkeiten zur strafprozessualen Sicherstellung („Kann“-Regelung bei Vorliegen eines Anfangsverdachts, „Soll“-Regelung bei dringendem Tatverdacht, § 111b StPO), die strikteren Vorgaben an die Ermessensausübung bei Absehen von einer Sicherstellung in § 421 ff StPO sowie die vollstreckungs- und insolvenzrechtlichen Regelungen bei der Opferentschädigung (nachstehend Rdn. 27) hervorzuheben sind.
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b) Das neue Modell der Opferentschädigung. Für die Verletzten von Straftaten ist die vormalige Notwendigkeit, zivilrechtlich tätig zu werden, entfallen. Die Opferentschädigung vollzieht sich im Vollstreckungsverfahren, in welchem es zur Auskehr von Taterlösen an die Geschädigten kommt. Der Begriff des Verletzten ist durch die Neukonzeption insofern verändert worden, als dieser nicht materiell, sondern prozessual zu bestimmen ist. Verletzter im Sinne des strafprozessualen Abschöpfungsrechts ist derjenige, der durch die verfahrensgegenständliche rechtswidrige Tat Geschädigte ist. Wer verfahrensrelevanter Verletzter ist, bestimmt sich nach der Regelung des § 73e. Danach haben etwa Verfahrenseinstellungen nach § 154 StPO Folgen auch für die Stellung als Verletzter. Es gilt mithin ein dynamischer Verletztenbegriff. Im Übrigen bleibt es bei den vormaligen Voraussetzungen. „Verletzter“ kann nur sein, wer durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat; dies hängt allein davon ab, inwieweit das verletzte Strafgesetz auch seine Interessen schützt.55 Als Verletzte kommen natürliche Personen oder Personengesamtheiten und juristische Personen in Betracht; auch der Staat kann Verletzter sein.56 Ist das durch die Tat erlangte noch gegenständlich vorhanden, soll eine rasche Herausgabe erfolgen (§ 459h Abs. 1 StPO oder § 111n Abs. 2 StPO, bei beweglichen Sachen noch im Ermittlungsverfahren). Das Verfahren richtet sich nach § 459j. Im Übrigen müssen die Verletzten binnen sechs Monaten ihre Ansprüche bei der Vollstreckungsbehörde anmelden (§ 459k Abs. 1 StPO) und ggf. glaubhaft machen.57 Im Mangelfall sieht § 111i Abs. 2 StPO eine Insolvenzantragspflicht der Staatsanwaltschaft vor. Dabei stellt § 111d Abs. 1 Satz 2 sicher, dass beschlagnahmte Gegenstände Geschädigter auch dann nicht in die Insolvenzmasse fallen, wenn dem Geschädigten kein Aussonderungsrecht zusteht. Die Entschädigung wird weiter in § 459m StPO geregelt. Dies führt zu einem Verteilungsverfahren, in welchem die Verletzten einer Gleichbehandlung unterliegen und auch sonstige Gläubiger einbezogen sind.58
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c) Selbständige Verjährung. Die Gesetzesnovelle hat die Verjährungsfristen der Anlasstat und der Einziehung voneinander gelöst. Das Gesetz hat nicht nur in § 76a Abs. 2 eine selbständige Einziehung bei bereits verjährten Straftaten eröffnet, sondern sieht eine solche in den Fällen der erweiterten Einziehung (§ 73a) und erweiterten selbständigen Einziehung (§76a Abs. 4) auch noch nach Ablauf der strafrechtlichen Verjährung vor. Für die Einziehung von Taterträgen gilt dafür nach § 76b eine selbständige Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Bei der Anwendung der Verjährungsfrist ist als Vorfrage zu klären, ob das neue Recht übergangsrechtlich anwendbar ist und ob dem vormaligen Recht als milderes Recht der Vorrang zukommt.
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55 BGH NStZ 1984 409; BGHR StGB § 73 Verletzter 1 und 2; BGH NStZ 2001 155. 56 BGHSt 28 369; BGH NJW 2001 693 m. Anm. Rönnau/Hohn JR 2002, 298 ff; NStZ 2003, 423. 57 Krit. Rhode wistra 2018 102, 104; Greier S. 264. 58 Zum Verfahren der Opferentschädigung Rhode wistra 2018 65 u. 102; Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 677 ff; Bielefeld/Handel wistra 2019 9.
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6. Rezeption. Das Gesetzesvorhaben ist insgesamt auf ein geteiltes Echo gestoßen. 29 Wesentliche Kritik richtet sich einerseits gegen die Ausweitung der Möglichkeiten zur Abschöpfung bei der erweiterten Einziehung59 (vgl. § 73a Rdn. 28 ff) und der Schaffung des neuen Instruments der selbständigen erweiterten Einziehung in § 76a Abs. 460 (vgl. § 76a Rdn. 27 ff), welche in der Literatur jeweils als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft werden, andererseits gegen die teilweise als inkonsequent angesehenen neuen Regeln zur Konkretisierung des Bruttoprinzips in § 73d.61 Erhebliche Bedenken haben der Bundesgerichtshof und Stimmen im Schrifttum gegen die Verfassungsmäßigkeit der nachträglichen selbständigen Einziehung bei bereits verjährten Straftaten in § 76a Abs. 2 erhoben.62 Schließlich wird auch die Praktikabilität der Regeln zur Opferentschädigung in der Literatur bezweifelt.63 7. Bewertung a) Entscheidung für eine Novellierung. Das Tätigwerden des Gesetzgebers über 30 das durch die Vorgaben des Unionsrechts geforderte hinaus erscheint in mehrerlei Hinsicht gerechtfertigt. Auch wenn sich das vormalige Modell des staatlichen Auffangrechtserwerbs in der Praxis allmählich im Wesentlichen bewährt hatte, war es doch langwierig und wurde insgesamt als kompliziert empfunden, was gekoppelt mit der Einräumung richterlichen Ermessens Vermeidungsstrategien begünstigte. Zudem bestanden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, namentlich zwischen dem 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs einerseits sowie dem 3. und 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs andererseits, bei der Bestimmung des nach dem Bruttoprinzip gemäß § 73 „Erlangten“ kaum verhüllte grundlegende Divergenzen. Diese betrafen vor allem strafbare Handlungen im Zusammenhang mit der Begründung von Austauschverhältnissen, insbesondere bei der korruptiven Erlangung von Aufträgen oder in Fällen des Eingehungsbetrugs (siehe im Einzelnen § 73 Rdn. 20). Da es durch am Tatsächlichen orientierte Unterscheidungen zu keiner grundsätzlichen Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs kam, durfte sich der Gesetzgeber angesichts der einzelfallbezogenen und unübersichtlichen Kasuistik veranlasst sehen, selbst eine Lösung herbeizuführen. b) Eignung zur Erreichung zentraler Reformziele. Im Einzelnen bleibt abzuwar- 31 ten, wie sich das neue Regelungswerk in der Praxis bewähren wird. Im Ausgangspunkt erscheint das neue Konzept ungeachtet von Detailproblemen nicht ungeeignet, insbesondere die als Kernstück der Reform verfolgten Zielsetzungen, nämlich eine konsequentere Vermögensabschöpfung bei Gleichbehandlung der Geschädigten unter gleichzeitiger Entlastung der Justiz und Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen. Soweit vor
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59 Saliger ZStW 129 (2017) 995; Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260; Trüg NJW 2017 1913, 1915; aA Bittmann KriPoZ 2016 120; Korte wistra 2018 1, 6. 60 Hinderer/Blechschmidt NZWiSt 2018 179; Rönnau/Begemeier JZ 2018 443; Schillling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 310; Meißner KriPoZ 2017 237, 242 f; Greeve ZWH 2017 277, 280. 61 SSW/Heine § 73 Rdn. 17 ff; aA Rönnau/Begemeier GA 2017 1. 62 Vgl. BGH Beschluss vom 7.3.3019 – 3 StR 192/18, mit welchem diese Frage nach Art. 100 GG dem BVerfG zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit vorgelegt wurde; ferner Hennecke NZWiSt 2018 121. 63 Köllner/Cyrus/Mück NZI 2016 329; Frind NZI 2016 674; Köllner/Mück NZI 2017 593; Meißner KriPoZ 2017 237, 241; Rhode wistra 2018 65 und 102 ff; Barreto da Rosa NZWiSt 2018 215 f; Bielefeld/Handel wistra 2019 15, 17; Greier S. 266.
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allem Einzelregelungen Kritik ausgelöst haben, wie die Aufgabe der Kataloganknüpfung bei der Erweiterten Einziehung (vgl. § 73a Rdn. 8 ff), die Konkretisierung des Bruttoprinzips (vgl. § 73d Rdn. 6 ff), die Ausdehnung der selbständigen Einziehung bei Verfahrenshindernissen (vgl. § 76a Rdn. 11 ff) und die Absenkung von Beweisanforderungen im Rahmen der neu eingeführten erweiterten selbständigen Einziehung (vgl. § 76a Rdn. 30 ff), dürfte es sich um Regelungen handeln, die sich zumindest im Wege einer einschränkenden Auslegung auf ein den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügendes, verfassungskonformes Maß zurückführen lassen. Hierin wird eine der wesentlichen Aufgaben der Rechtsprechung liegen. Ein Gewinn liegt zudem in der Öffnung für internationale Standards, welche durch die jüngsten Akte des Unionsrechts eine weitere Konturierung erfahren haben. Vgl. ferner § 76a Rdn. 29. 32
c) Konkretisierung des Bruttoprinzips. Hinsichtlich der Konkretisierung des Bruttoprinzips mag fraglich sein, ob die gefundene Regelung mit Blick auf den Charakter der Einziehung als präventive Maßnahme und zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit zwingend erforderlich gewesen wäre; die von Vorsicht geprägte Ausübung des gesetzgeberischen Ermessens in diesem Bereich hält sich aber insgesamt sicherlich im Rahmen zulässiger Rechtsgestaltung. Sie vermeidet, wenn auch um den Preis der Inkonsistenz und der daraus folgenden, in Einzelfällen leicht als „ungerecht“ empfundenen Privilegierung von Formen „Weißer-Kragen-Kriminalität“, eine verfassungs- oder konventionswidrige Einordnung der Einziehung von Taterlösen als „Strafe“ im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG oder gemäß Art. 7 EMRK. Dies muss umso mehr gelten, als im Gegenzug die vormalige Härteklausel des § 73c a.F. als bisheriges Steuerungsinstrument entfallen ist und demnach gerade in den von § 73d n.F. erfassten Fällen eine erhöhte Gefahr unverhältnismäßiger und damit potenziell als mögliche Strafsanktion eingeordneter Maßnahmen besteht.
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d) Neugestaltung der Opferentschädigung. Hinsichtlich der Konzeption der Opferentschädigung markiert das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung eine deutliche Zäsur: Während bis dahin die Stärkung der Rückgewinnungshilfe im Zuge eines verbesserten Opferschutzes die wesentliche Stoßrichtung der Reformbemühungen bildete, um auf diese Weise eine verbesserte Vermögenszuweisung zu erzielen,64 rückt nach der Reform 2017 die Rolle des Staates als Akteur in den Vordergrund. Einerseits werden damit private Geschädigte von der Obliegenheit eigener prozessualer Bemühungen entlastet, andererseits wird ihnen aber zugemutet, längere Zeit auf eine Restitution zu warten und diese in vielen Fällen auch nur noch eingeschränkt zu erhalten. Der Fokus richtet sich somit nunmehr weniger auf die Rückgewinnungshilfe, sondern verstärkt auf die Sicherung der objektiven Vermögensordnung durch den Entzug inkriminierten Vermögens und damit auf die Zwecke der Prävention und Normenstabilisierung. Fingerspitzengefühl wird gefragt sein bei dem Umgang mit Teileinstellungen, um Verletzte nicht auf diesem Wege aus der Entschädigung herausfallen zu lassen.65 Im Übrigen erfüllt die gleichmäßige Behandlung der Betroffenen einen sozialen Anspruch.66
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64 Besonders deutlich in dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2350). 65 Vgl. Rhode wistra 2018 65, 69; Greier S. 262 ff; Köllner/Mück NZI 2017 593, 597: Zu befürchten ist eine Privilegierung Verletzter, die entweder hohe Schäden erlitten haben oder deren Fälle leicht aufklärbar sind. 66 Rhode wistra 2018 65.
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Was die praktische Umsetzung angeht, bleibt zudem eine gewisse Skepsis ange- 34 bracht, soweit komplizierte Abwicklungen bei der Entschädigung Geschädigter und die Klärung schwieriger zivilrechtlicher Vorfragen in das Vollstreckungsverfahren und damit in die funktionale Zuständigkeit der Rechtspfleger verlagert werden.67 Der Gesetzgeber räumt selbst ein, dass hierfür ein erheblicher Personalbedarf benötigt wird.68 Hier stellen sich angesichts der Komplexität der aufeinanderprallenden Materien des Strafrechts, des Zivilrechts und des Insolvenzrechts verfahrensrechtlich zahlreiche Probleme. So ist fraglich, wie die im Gesetz angelegte Parallelität von Insolvenz- und Strafverfahren aufgelöst werden kann. Ebenso ist unklar, wie den Gefahren einer vorschnellen Insolvenz auf dünner Verdachtsgrundlage einerseits sowie eines Verlustes von Anreizen zur Schadensrestitution angesichts einer absehbaren Insolvenz andererseits entgegengewirkt werden soll.69 Ferner bilden die neuen Möglichkeiten zur strafprozessualen Abtrennung und Nachholung der Einziehungsentscheidung (§ 422 StPO) ein verlockendes Angebot, das Schwierigkeiten jedoch nur verschiebt und nicht löst.70 Schwerlich zu prognostizieren ist ferner, wie sich die Neugestaltung der Opferent- 35 schädigung auf die Möglichkeiten der Geschädigten zur Rechtsdurchsetzung auswirken wird.71 Zwar genügt für die Geltendmachung eine Anmeldung; angesichts der gerade in Massenbetrugsfällen zu erwartenden langen Dauer bis zur Auskehrung der Taterlöse im Vollstreckungsverfahren, der vielfach eintretenden Insolvenz des Schädigers und der Abdeckung nicht aller Ansprüche der Geschädigten (die etwa ein Schmerzensgeld, Verzugsschäden und Kosten der Rechtsverfolgung ohnehin nicht im Wege der staatlichen Abschöpfung erhalten können) ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass diese in nennenswertem Umfang eine Befriedigung durch eigene Rechtsverfolgung suchen werden. Es steht zu befürchten, dass das Modell der Opferentschädigung in der Praxis insgesamt als zu langwierig empfunden und Geschädigte eigene, an den staatlichen Abschöpfungsregeln vorbeilaufende Rechtsverfolgung betreiben oder frustriert werden.72 Eine Bestandsaufnahme wird hier allerdings erst in einigen Jahren möglich sein. V. Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach der Neuregelung 2017 Die Änderungen im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung 36 haben im Gegensatz zur Einziehung von Taterlösen keine auf die bisherigen Grundlagen durchschlagende Auswirkungen, sondern dienen im Wesentlichen einer stringenteren Systematik und Begrifflichkeit. Dementsprechend sind sie vorwiegend klarstellender und redaktioneller Natur; vgl. hierzu § 74 Entstehungsgeschichte. VI. Der Rechtscharakter von Maßnahmen der Einziehung von Taterträgen 1. Einordnung. Anders als bei der (mit Ausnahme der Sicherungseinziehungen in 37 § 74b und § 74d) strafähnlichen Einziehung von Tatmitteln, Tatobjekten und -produkten (vgl. § 74 Rdn. 4 ff) handelt es sich bei der Einziehung von Taterlösen um kondiktions-
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67 Löffelmann Rechtspolitik 2016 S. 58, 70 f. 68 BTDrucks. 18/9525 S. 4, 59 f; vgl. auch Korte NZWiSt 2018 231, 232. 69 Köllner/Mück NZI 2017 593. 70 Köllner/Mück NZI 2017 593, 597. 71 Krit. Saliger NK vor § 73 Rdn. 3c; SSW/Heine § 73 Rdn. 29; Rhode wistra 2018 102; dagegen Korte wistra 2018 1, 2. 72 Ggf. noch verstärkt durch Abtrennungen nach § 422 StPO.
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ähnliche Maßnahmen eigener Art im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8. Es geht weder um eine Sanktionierung noch dient die Vermögensordnung allein der Entschädigung des Verletzten und damit individuellen Ansprüchen. Der Täter soll den Taterlös unabhängig von dem Vorliegen von Ansprüchen eines Geschädigten und deren Realisierung nicht behalten dürfen („Straftaten dürfen sich nicht lohnen“). Anreize zur Begehung von Straftaten sollen so ebenso unterbunden werden wie eine Verfestigung derartiger Vermögen und ein Einsatz deliktisch erlangter Vermögenswerte zur Begehung weiteren kriminellen Unrechts. Die Einziehung von Taterlösen erweist sich somit als staatliche Ausgleichsmaßnahme.73 Sie soll einer dauerhaften Störung der Vermögensordnung entgegenwirken. Die Einziehung von Taterträgen ist nicht Ausdruck vergeltender, sondern ordnender Gerechtigkeit. Sie ist präventiv-ordnender Natur, daneben kommen ihr normenstablisierende und soziale Funktionen zu74. Eine Orientierung erfolgt damit zum einen an den bereicherungsrechtlichen Grundsätzen des § 817 S. 2 BGB sowie der §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB, andererseits aber auch an allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien. Letzteres gilt vor dem Hintergrund möglicher Reinvestitionen in kriminelle Aktivitäten vor allem im Hinblick auf den vom Staat zu gewährenden Rechtsgüterschutz und betrifft damit zugleich Mindestvoraussetzungen einer den Wertentscheidungen der Verfassung entsprechenden Vermögensordnung. 38
2. Auch nach der Neuregelung 2017 stellen Maßnahmen der Einziehung von Taterlösen keine Strafe oder strafähnliche Maßnahme dar. Als Folge dieser Einordnung ergibt sich, dass die Einziehung von Taterlösen in keiner Weise strafmildernd berücksichtigt werden kann. Das gesetzliche Leitbild knüpft erkennbar an das Bereicherungsrecht an. Dies zeigt sich schon im Wortlaut zahlreicher Regelungen, welche auf die Terminologie der entsprechenden zivilrechtlichen Vorschriften verweisen.75 Der Einziehung von Taterlösen kommt entgegen einer vielfach in der Literatur vertretenen Auffassung kein strafender oder strafähnlicher Charakter zu.76 Es handelt sich weiterhin nicht um ein an schuldhaftes und vorwerfbares Verhalten anknüpfendes zusätzliches Übel, das als sozialethischer Tadel verhängt wird. Dass die Einziehung von Taterträgen im Strafverfahren erfolgt und regelmäßig eine vorherige Feststellung von Straftaten voraussetzt, ändert daran nichts. Vielmehr sind Voraussetzungen und Folgen auch hier zu trennen: Auch wenn rechtswidrig begangene strafbare Handlungen oder zumindest eine Erfüllung von Straftatelementen als Voraussetzung vorliegen müssen, ist damit noch nichts über den Gesamtcharakter der Maßnahme gesagt, wie sich bei sonstigen an die Feststellung oder Aburteilung von Straftaten knüpfenden Rechtsfolgen zeigt.77 Soweit maßgeblich auf die Intensität des Eingriffs abgestellt wird, so lässt sich auch daraus ebenfalls keine Einordnung der Vermögensabschöpfung als Strafrecht ableiten.78 Bei einer reinen Rückführung, einem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen liegt lediglich eine Restitution, nicht aber ein davon losgelöster, eigenständiger staatlicher Eingriff vor. Unterstrichen wird dieses Ergebnis zum einen mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Einziehung, die gerade eine Ablösung des Instruments von dem Gedanken des Schuldausgleichs belegt. Zum anderen wird dies auch durch die systematische Ein-
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73 Eine andere Frage ist, wofür eingezogenes Vermögen verwendet wird und wer darüber entscheiden soll. Zu Modellen sog. social re-use Meyer ZRP 2015 244. 74 BVerfGE 110 1, 16 ff. 75 Z.B. § 822 BGB, weitere Beispiele Burghart wistra 2011 241 ff; SSW/Heine § 73 Rdn. 10. 76 BGH NStZ-RR 2018 241 Rdn. 55 unter Verweis auf die an die Stelle der Härteklausel in § 73c a.F. getretene Vollstreckungsregelung des § 459g StPO. 77 AA Schönke/Schröder/Eser/Schuster, vor § 73 Rdn. 16 ff; Saliger ZStW 2017 995, 1002. 78 AA Saliger ZStW 2017 995, 1006.
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ordnung im StGB (Maßnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 8, entsprechende Stellung im allgemeinen Teil) deutlich. Schließlich ist auch die Definition in Art. 2 der maßgeblichen Richtlinie der Europäischen Union 2014/42/EU in den Blick zu nehmen, deren Wortlaut ebenfalls auf Restitution und nicht auf Repression verweist. 3. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des seit 1992 geltenden Bruttoprinzips. 39 Eine strukturelle Schlechterstellung des Einziehungsbetroffenen als Folge der Gewinnabschöpfung nach dem Bruttoprinzip ist der Gesetzeslage nicht immanent.79 Die gesetzliche Leitlinie zur Berechnung des Bruttoprinzips in §§ 73d, 73e ist ersichtlich ebenfalls von diesem Ziel getragen. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers geht es auch bei der konkreten Anwendung des Bruttoprinzips nicht um eine Zuschreibung individueller Schuld und das Auferlegen eines zusätzlichen Übels. Vielmehr bleibt der an das Bereicherungsrecht angelehnte, ausgleichende und vermögensordnende Präventivcharakter maßgeblich. Soweit im Einzelfall insbesondere bei der Anwendung der Instrumente der erweiterten, selbständigen oder selbständig erweiterten Einziehung diese Ausgleichsfunktion im Einzelfall überschritten werden sollte, bleibt entscheidend, dass das Instrument der Einziehung von Taterträgen systematisch eng an die bereicherungsrechtliche Funktion angelehnt ist und zudem durch den übergeordneten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strukturell abgesichert wird. Mit einem strafähnlichen Charakter der Vermögensabschöpfung wären im Übrigen weder die Möglichkeit der Abschöpfung bei einem tatunbeteiligten Dritten noch die Institute der selbständigen und erweiterten Einziehung von Taterträgen in Einklang zu bringen. 4. Weiterhin führt auch der mit dem Gesetz zur Reform der Vermögensabschöpfung 40 erfolgte Wegfall der vormaligen Härteklausel des § 73c a.F. zu keiner durchgreifenden Änderung des Charakters der Einziehung von Taterlösen.80 Eine Berücksichtigung individueller Unzumutbarkeiten findet danach in Teilen, nämlich wenn der Tatvorteil außerhalb von Austauschverhältnissen erlangt wurde, erst im Vollstreckungsverfahren durch die Prüfung der zwingend ausgestalteten Vorschrift des § 459g StPO statt. Diese Konstruktion ist insoweit atypisch, als sie die Prüfung vollständig in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern scheint, andererseits aber bereits die richterliche Anordnung der Maßnahme (ebenso wie die vorbereitende Sicherungsmaßnahmen nach §§ 111b ff. StPO) unter dem Primat des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als übergeordnetes Rechtsprinzip steht. Die Konstellation, dass eine dauerhafte Nichtvollstreckbarkeit bereits bei deren Anordnung feststeht, erscheint jedoch aufgrund der nur schwerlich zu prognostizierenden künftigen Vermögenssituation des Betroffenen strukturell ausgeschlossen. Zudem dürften bei einer Gesamtbetrachtung sowohl der klare gesetzgeberische Wille als auch die vorhandenen Sicherungsinstrumente hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die Maßnahme auch im Einzelfall keine überschießende, über den bezweckten Bereicherungsausgleich hinausgehende und damit sanktionierende Wirkung zukommt. Maßgeblich wird dieses Ziel durch die über rein bereicherungsrechtliche Wertungen hinausgehende zwingende Berücksichtigung einer Entreicherung oder Unverhältnismäßigkeit im Vollstreckungsverfahren durch die Regelung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO erreicht. Das gesetzgeberische Konzept der Übertragung bereicherungsrechtlicher Instrumente in das Strafrecht wird einerseits zu Gunsten des Betroffenen durch verfahrensrechtliche Rege-
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OLG München Beschl. vom 19.07.2018 – 5 OLG 15Ss 539/17. So auch BGH NStZ-RR 2018 241, 242.
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lungen zur Sicherung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie andererseits durch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger ergänzt. 41
5. Gefahr der doppelten Inanspruchnahme aus Entschädigungsansprüchen. Um einen unverhältnismäßigen Zugriff auf Vermögenswerte zu vermeiden, führte nach der alten Rechtslage des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bereits das bloße Bestehen von Verletztenansprüchen zum Ausschluss der Abschöpfung. Nach neuem Recht hat nun stets eine staatliche Justierung der aus Straftaten erlangten ungerechtfertigten Vermögensvorteile zu erfolgen, während die Opferentschädigung auf das Vollstreckungsverfahren verlagert und somit nachgeschaltet ist. Wesentliches Instrument zur Vermeidung eines Strafübels und damit zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit ist der Ausschluss einer doppelten Inanspruchnahme bei Bestehen von Ansprüchen Geschädigter. Bestand vor der Gesetzesreform 2017 hier ein weitreichender, umfassender Ausschluss aufgrund der fundamentalen Regelung des § 73 Abs. 1 S. 2 a.F., bedient sich das neue Recht hier einzelner Regelungen wie § 73e und § 459g StPO, um dieses Ziel zu erreichen. Zugleich macht die Neuregelung der Opferentschädigung unter Modifikation des vormaligen Ansatzes der Rückgewinnungshilfe deutlich, dass die Möglichkeiten individuellen Schadensersatzes keine Einschränkung erfahren sollen.
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6. Mangels Strafcharakters der Maßnahme sind auch die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention gewahrt, insbesondere liegt kein Verstoß gegen 7 Abs. 2 EMRK vor.81 Die Gegenansicht82 erscheint schon in ihren Schlussfolgerungen aus der Rechtsprechung des EGMR nicht überzeugend. Denn die allein in Bezug genommene Entscheidung des EGMR vom 9.2.1995 im Verfahren Welch/Vereinigtes Königreich83 lässt schon für sich einen zwingenden Schluss auf eine Einordnung der Instrumente der Vermögensabschöpfung im deutschen Recht nicht zu, zumal dieser Fall von der Androhung einer Ersatzfreiheitsstrafe gekennzeichnet war.84 Zudem wäre nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG zur Rezeption der Vorgaben des EGMR85 in Rechnung zu stellen, dass sowohl eine Kontextualisierung vorzunehmen ist als auch die Leit- und Orien-
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81 BGH NStZ 2018 400 m. zust. Anm. Müller-Metz; OLG München Beschl. vom 19.07.2018 – 5 OLG 15 Ss 539/17 (juris); OLG Köln StraFo 2018 204; OLG Hamburg StraFo 2018 257; Greier juris PR-StrafR 12/2018 Anm. 2. 82 LG Kaiserslautern wistra 2018 94 = NZWiSt 2018 149 m. zust. Anm. Rebell-Houben; Reichling wistra 2018 139; aA Saliger/Schörner StV 2018 388; ferner Rettke wistra 2018 298; Gotzens wistra 2018 429. 83 Beschwerde Nr. 17440/90. 84 Der EGMR hat Maßnahmen des Verfalls und der Einziehung mit Eingriffen in Eigentumsrechte von Beschuldigten oder Nebenbeteiligten, die nicht der Sanktionierung, sondern der Vermögensordnung dienen, grds. nicht als strafrechtliche, sondern als zivilrechtliche Streitigkeit eingeordnet (EGMR Gogitidze/Georgien Urt. vom 12.5.2015, Beschwerde Nr. 36862/05 Rdn. 94; Silickiene/Litauen Urt. vom 10.4.2012, Beschwerde Nr. 20496/02 Rdn. 45 f; Air Canada/Vereinigtes Königreich Urt. vom 5.5.1995, Beschwerde Nr.18465/91 Rdn. 54 = ÖJZ 1995, 755; AGOSI/Vereinigtes Königreich Urt. vom 24.10.1986 , Beschwerde Nr. 9118/80 Nr 65 f, = EuGRZ 1988 513; lediglich gesonderte Verfahren wegen Beschlagnahme oder Einziehung nach abgeschlossenen Strafverfahren im englischen Recht hat der EGMR dagegen ausnahmsweise als Strafverfahren bewertet, Philips/Vereinigtes Königreich Urt. vom 5.7.2001 Beschwerde Nr. 41087/98, Rdn. 35, 39; Grayson/Vereinigtes Königreich Urt. vom 23.9.2008, Beschwerde Nr. 19955/05 Rdn. 37 ff; weitere umfassende Nachweise bei Meyer ZStW 127 (2015) 241, 258 Fn. 68). Etwas anderes folgt entgegen der Bewertung SSW/Satzger Art. 7 EMRK Rdn. 10 auch nicht aus zwingend aus den Entscheidungen des EGMR Sud Fondi SRL/Italien Urt. v. 20.1.2009, Beschwerde Nr. 78909/01 und Varvara/Italien Urt. v. 29.10.2013 Beschwerde Nr. 17475/09, vgl. ferner Saliger/Schörner StV 2018 388, 390. 85 BVerfG NJW 2018 2695, 2700.
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tierungsfunktion einem Vergleichsmoment unterliegt. Beide Aspekte sprechen hier dagegen, die Erwägungen des EGMR, die den wesentlich anders gelagerten anglo-amerikanischen Rechtskreis betreffen, auf das deutsche Recht zu übertragen. Unter maßgeblicher Berücksichtigung der sog. Engel-Kriterien86 wird man die Einziehung von Taterlösen daher vor allem mit Blick auf den bezweckten Ausgleich unrechtmäßiger Bereicherung ungeachtet ihrer Verortung im Strafverfahren nicht als strafrechtliche Maßnahme einordnen können. Auch die den Betroffenen drohende Insolvenzantragstellung nach § 111i Abs. 2 StPO vermag hieran nichts zu ändern. VII. Verfassungsrecht 1. Verfassungsrechtliche Grenzen von Einziehungsentscheidungen. Folgt man 43 der hier vertretenen Auffassung (siehe vorstehende Rdn. 38 ff), scheidet eine Verletzung des Schuldprinzips (ebenso wie eine solche von Art. 7 EMRK) schon mangels Strafcharakters der Maßnahme aus. 2. In den Fokus gerät damit die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Insoweit ist im 44 Ausgangspunkt zu unterscheiden: Soweit erlangte Vermögenswerte dem Betroffenen bereits zivilrechtlich, etwa aufgrund § 134 BGB, nicht zustehen, ist das Eigentumsrecht schon mangels schutzfähiger Rechtsposition nicht berührt.87 Liegt ein zivilrechtlich wirksamer Erwerb vor, handelt es sich bei Maßnahmen der Einziehung um eine Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentumsrechts des Art. 14 GG.88 Dabei ist es dem Gesetzgeber unbenommen, durch kriminelle Handlungen erlangten Vermögenswerten den grundrechtlichen Eigentumsschutz zu verwehren. 3. Die Prüfung verlagert sich damit wiederum auf die Ebene der Verhältnismäßig- 45 keit.89 Dementsprechend wird in der Regel offenbleiben können, ob bei der Einziehung von Wertersatz ein Eingriff in das Eigentumsrecht des Art. 14 GG oder in das über Art. 2 Abs. 1 GG geschützt allgemeine Vermögen vorliegt.90 Damit werden die anwendbaren und vom Gesetz in Bezug genommenen Grundsätze des Bereicherungsrechts durch die stets vorzunehmende Prüfung der Verhältnismäßigkeit überlagert und begrenzt, was den präventiv-ordnenden Charakter der Maßnahme zusätzlich sichert. Zudem dürfen einer Anordnung der Einziehung keine Ausschlussgründe entgegenstehen. Solche ergeben sich insbesondere aus einer möglichen Doppelbelastung des Betroffenen. Der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme auf der Ebene der Anordnung der Maßnahme wirkt die Abzugsregelung des § 73e (vgl. Rdn. 2 ff) entgegen. Ferner erfolgt eine Sicherung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei Vermögenslosigkeit des Begünstigten über die Vollstreckungsregelung des § 459g Abs. 5 Satz 1, welche auch bei sonstigen Gründen fehlender Verhältnismäßigkeit eingreift. 4. Bei alledem folgen auch aus der Streichung der Härteklausel des § 73c a.F. und 46 der Verlagerung der Zumutbarkeitsprüfung in das Vollstreckungsverfahren (§ 459g StPO) keine erhöhten Prüfungsmaßstäbe für die Anordnung der Wertersatzeinziehung.
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Vgl. EGMR Engel u.a./Niederlande Urt. v. 8.6.1976 Beschwerde Nr. 5100/71 Nr. 80 ff = EuGRZ 1976, BVerfGE 110 1, 23. BVerfGE 110 1 24; BGH NStZ-RR 2018 241, 242. Joecks MK § 73 Rdn. 30 Fn. 52. Näher Rönnau/Begemeier GA 2017 1, 6.
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5. In das Eigentumsrecht wird nicht nur bei der endgültigen Entziehung, sondern auch bereits bei Sicherungsmaßnahmen mit einer Einschränkung der Nutzungsbefugnisse eingegriffen. Art. 14 GG und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit können im Einzelfall verletzt werden, wenn die Eingriffsvoraussetzungen in besonders drastischer Weise missachtet werden, was auch bei einer gröblichen Vernachlässigung von Darlegungsanforderungen denkbar sein kann.91
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6. Verfassungsrechtliche Verpflichtung? Bisher nicht geklärt ist demgegenüber die Frage, ob im Bereich der Vermögensordnung auch ein Untermaßverbot Platz greift, mit anderen Worten, ob es – losgelöst von geschuldeten Vorkehrungen zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche Geschädigter – auch eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates gibt, unter bestimmten Voraussetzungen ordnend einzugreifen, um eine Erlangung, Reinvestition in kriminelle Handlungen oder sonstige Nutzung aus Straftaten generierter Vermögenswerte zu unterbinden. Führt man die Einziehung von Taterlösen nicht allein auf bereicherungsrechtliche Grundlagen, sondern auch auf Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips zurück, wird man naheliegend bei einem systemischen Versagen eine Verpflichtung zum staatlichen Eingreifen annehmen dürfen. Denn ein Staat, der sehenden Auges die ungehinderte Anhäufung kriminell erlangten Vermögens duldet, und damit den Nutznießern dauerhaft entsprechende wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht einräumt, entfernt sich erkennbar von einem an Gemeinwohlinteressen und Rechtsbindungen orientierten Handeln. VIII. Europäische Grundrechte-Charta
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Auch gemessen an dem durch die Europäische Grundrechtecharta (EU-GrCh) in deren Art. 49 Abs. 1 verbürgten Bestimmtheits- und Gesetzlichkeitsgrundsatz sowie dem in Art. 17 EU-GrCh garantierten Eigentumsrecht hält die strafrechtliche Vermögensabschöpfung einer Prüfung stand. Unionsrechtliche Schutznormen sind gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh einschlägig, soweit es sich um „die Durchführung des Rechts der Union“ handelt. Dies ist der Fall, soweit deutsches Recht Richtlinien des Unionsrechts (insbesondere die Richtlinie 2014/42/EU) umsetzt, nicht aber bei überschießenden Regelungen des deutschen Rechts. Gleiches gilt für den Regelungsgehalt der ab dem 19.12.2020 unmittelbar anwendbaren EU-Verordnung zur gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen der Einziehung und Sicherstellung (dazu Rdn. 65 und Anhang). Insbesondere steht das Eigentumsrecht der EU-Grundrechtecharta dem unionsrechtlich als Mindestvorschrift konzipierten Institut der erweiterten Einziehung nicht entgegen92 (§ 73a Rdn. 29 ff). IX. Jugendstrafrecht
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Nach dem bisherigen Recht war eine Vermögensabschöpfung auch gegenüber Jugendlichen gemäß § 2 Abs. 2 JGG i.V.m. §§ 73 ff möglich. Dies galt insbesondere auch für jene Fälle, in denen der Jugendliche zum Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung entreichert war.93 Ob daran auch nach der Gesetzesnovelle 2017 mit dem Wegfall der Härteklausel des § 73c a.F. festzuhalten ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten: Während
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BVerfGK 10 180 Rn. 9, 14. AA Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260, 262f. BGHSt 55 174 m. abl. Anm. Eisenberg StV 2010 584 und zust. Bespr. Altenhain NStZ 2011 271.
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dies nach einer Ansicht zu bejahen ist,94 hält die Gegenauffassung eine solche Auslegung mit dem das Jugendstrafverfahren prägenden Erziehungsgedanken des § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG nicht für vereinbar und hält deshalb in derartigen Konstellationen eine Einschränkung der Abschöpfung mit Blick auf den Erziehungszweck für geboten.95 Im Kern geht es dabei um das Verhältnis zwischen den Zwecken des strafrechtlichen Einziehungsrechts einerseits und dem das Jugendstrafrecht prägenden Erziehungsgedanken andererseits. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat dabei keine maßgebliche Änderung der vormaligen Rechtslage bezweckt. Dem Gesetz geht es ausdrücklich um eine effektive und flächendeckende Durchsetzung des quasi-kondiktionellen staatlichen Abschöpfungsanspruchs. Zudem steht diese Auffassung mit der zivilrechtlichen Rechtslage in Einklang.96 Schließlich stellt das Gesetz im Vollstreckungsverfahren mit § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO Instrumentarien bereit, um eine Vollziehung unverhältnismäßiger Anordnungen ausschließen.97 Allerdings vermag das Einziehungsrecht den übergeordneten Erziehungsgrundsatz des Jugendstrafrechts im Zeitpunkt der Anordnung nicht vollständig zu verdrängen. Mit anderen Worten: Einziehung geht nicht immer vor Erziehung. Dies folgt auch aus dem Zusammenhang der speziellen Befugnisse des Jugendgerichts nach § 15 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 JGG. Zwar wird die Botschaft „Straftaten dürfen sich nicht lohnen“ in aller Regel zugleich den Erziehungsgedanken verwirklichen.98 Es mag aber Ausnahmefälle der Verarmung oder Perspektivlosigkeit geben, in denen diese beiden Zwecke in einen Zielkonflikt geraten. Das Problem verlagert sich damit auf die Ebene verfahrensrechtlicher Sicherungen, um dem Erziehungsgedanken auch schon zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anordnung Geltung zu verschaffen. Sachgerechte Ergebnisse im Einzelfall ermöglichen einschlägige Ermessensnormen. Abgesehen von den Möglichkeiten des § 421 Abs. 1 StPO (vgl. Rdn. 52) lässt sich in derartigen Ausnahmefällen insbesondere über die am Erziehungszweck ausgerichtete, durch das Einziehungsrecht nicht komplett verdrängte Ermessensregel des § 8 Abs. 3 JGG eine einzelfallbezogene Modifikation der obligatorischen Verpflichtung zur Einziehung von Taterträgen erreichen.99 X. Verfahrensrecht 1. Einziehungsbeteiligung. Art. 1 Nr. 2 ff EGOWiG 1968 hatte die Zulassung der von 51 einer drohenden Einziehung in ihren Rechten Betroffenen als Einziehungsbeteiligte am subjektiven Strafverfahren zur Geltendmachung ihrer Rechte ermöglicht sowie ein Nachverfahren nach rechtskräftiger Einziehung geschaffen. Diese Regelungen hatte Art. 21 Nr. 117 EGStGB 1974 auf das Institut des vormaligen Verfalls erstreckt. Nunmehr hat das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) nochmals wesentliche Änderungen des Verfahrensrechts eingeführt. Diese betref-
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94 BGH Urt. v. 8.5.2019 – 5 StR 95/19 Rdn. 6 f (juris) = ZJJ 2019 285; BGH NStZ 2019 221 m. krit. Anm. Eisenberg; LG Trier Urt. vom 27.9.2017 – 8031 Js 20631/16 jug 2a Ns; Schumann StraFo 2018 415, 417 ff. 95 AG Rudolfstadt Urt. vom 29.8.2017 – 312 Js 11104/17 1 Ds = ZJJ 2018 63; AG Frankfurt aM Urt. vom 29.3.2018 – 905 Ds 4610 Js 218247/17; LG Münster NStZ 2018 669 m. zust. Bespr. Berberich/Singelnstein StV 2019 505 u. krit. Anm. Köhler NStZ 2018 730; LG Frankenthal Urt. vom 6.11.2018 – 7 Ns 5527 Js 18948/16 jug (2). 96 BGH NJW 1971 609, 611 f; Schumann StraFo 2018 415, 417 ff. 97 Schumann StraFo 2018 415, 417 ff hält einen Ausschluss lediglich über eine entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens des § 828 Abs. 3 BGB für angezeigt und schlägt im Übrigen ebenfalls eine Lösung auf der Ebene des Verfahrensrechts vor. 98 Korte NZWiSt 2018 231, 233. 99 In diese Richtung weist auch der Vorlagebeschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2019 – 1 StR 467/18.
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fen insbesondere die Systematik der Regelungen: Diese sind in Fortsetzung der einheitlichen Terminologie der Einziehung sowohl für die Einziehung von Taterträgen als auch hinsichtlich der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten vereinheitlicht und zusammengeführt worden. Dabei wird zwischen demjenigen, gegen den sich die Einziehung richtet (Einziehungsbeteiligter) und dem sonst in seinen Rechten betroffenen Dritten getrennt (Nebenbetroffener); für letzteren erklärt § 438 StPO insbesondere die Vorschriften der §§ 424 und 425 StPO zur Anordnung der Verfahrensbeteiligung für entsprechend anwendbar. 52
2. Ermessen §§ 421 ff StPO. Das Verfahrensrecht eröffnet Gericht und Staatsanwaltschaft unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, von Einziehungen abzusehen. Ein solches Absehen gestattet zum einen die Bagatellregelung des § 421 Abs. 1 Nr. 1 StPO.100 Umstritten ist, ob die in § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO eröffnete weitere Möglichkeit allein für Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte oder auch für die Einziehung von Taterträgen gilt. Dem kann für die Praxis nicht unerhebliche Bedeutung zukommen. Während der Wortlaut dafür streitet, die Anwendung dieser Opportunitätsregelung auf die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten im Sinne des § 74 StGB zu beschränken, weil nur insoweit eine Relevanz für das Strafmaß besteht und es sich bei der Einziehung von Taterträgen auch nicht um eine Maßregel der Besserung und Sicherung handelt,101 macht der Bundesgerichtshof von dieser Beschränkungsmöglichkeit auch im Falle einer Wertersatzeinziehung von Taterträgen Gebrauch.102 Einer derartigen Ausdehnung der Möglichkeiten für ein Absehen von der Entscheidung unterliegt trotz des praktischen Bedürfnisses gesetzessystematischen Bedenken: Sowohl einer direkten Anwendung als auch einer daraus abgeleiteten Teilbeschränkung steht der Wortlaut des § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO entgegen. Für eine entsprechende Anwendung scheint schon mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum. Zudem ist mit Blick auf den erkennbaren Gesetzeszweck, eine möglichst weitgehende Vermögensabschöpfung zu ermöglichen, um den Programmsatz „Verbrechen darf sich nicht lohnen“ durchzusetzen, die Einräumung einer solch weitreichenden Möglichkeit zum Absehen von der Einziehung nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt. Dieser wollte, wie die Aufhebung der Härteklausel und die grundsätzliche Verpflichtung zur Vermögensabschöpfung belegen, vielmehr vermeiden, dass die Gerichte durch allgemeine Erwägungen zur Höhe des Einziehungsbetrages relativ freihändig Ergebnisse erzielen. Ziel war es stattdessen, eine strikte und vorhersehbare Rechtsanwendung zu eröffnen.103 Beschränkungen aller Arten des Einziehungsverfahrens erlaubt § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Danach ist die Unangemessenheit des Aufwands oder der Erschwerung der Entscheidung maßgeblicher Anknüpfungspunkt. Beispiele sind langwierige und kostenträchtige Beweiserhebungen zur Feststellung der Höhe des Erlangten, ferner Fallgestaltungen, in denen auf andere Weise Schadenswiedergutmachung betrieben wird104 sowie offensichtlich vermögenslose Tä-
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100 Die Höhe der Bagatellgrenze ist umstritten und reicht von 30 € (Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler § 421 Rdn. 4) bis zu 400 € (LG Trier Urt. v. 27.9.2017 – 8031 Js 20631/16 jug. 2a Ns (juris); vgl. auch Reitemeier DRiZ 2018 306, 309. Diese Auslegung stimmt mit der Geringwertigkeit nach § 111d Abs. 1 S. 3 a.F. nicht überein, Rettke wistra 2017 417, 418. 101 Ebenso Korte wistra 2018 1, 10. 102 BGH Beschl. vom 2.11.2017 – 4 StR 286/17; BGH Beschl. v. 2.5.2018 – 3 StR 39/18 Rdn. 2 (juris); BGH Beschl. vom 2.8.2018 – 1 StR 311/18 Rdn. 2 (juris); dem zustimmend Schumann StraFo 2018 415, 420 f; Leppich wistra 2018 505; aA Rettke wistra 2017 417, 418; Korte wistra 2018 1, 10. 103 Vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler61 § 421 Rdn. 2. 104 Vgl. Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 675.
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ter.105 Die Opportunitätsvorschriften lassen eine Teilbeschränkung zu. Ein teilweises Absehen ist als ein „Minus“ gegenüber dem vollständigen Absehen von der Einziehung vom Wortlaut des § 421 Abs. 1 („wenn“ statt „soweit“) noch umfasst und aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten.106 Es besteht auch kein genereller Vorrang der Abtrennung nach § 422 StPO (Rdn. 54). Von Bedeutung ist außerdem die den Staatsanwaltschaften eröffnete Ermessensent- 53 scheidung nach § 421 Abs. 3 StPO. Danach kann bereits im Ermittlungsverfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 421 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 StPO von Maßnahmen zur Vorbereitung einer Einziehungsentscheidung abgesehen werden. Diese der Verfahrensökonomie dienende Rechtsgestaltung bewirkt eine wesentliche Weichenstellung, zumal für die Entscheidung über die Einziehung von Taterlösen in § 73 kein Ermessen mehr eröffnet ist. 3. Abtrennung. Als weitere Neuerung ermöglicht das neue Recht nunmehr, aus pro- 54 zessökonomischen Gründen die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen vom Verfahren der Hauptsache abzutrennen und die Entscheidung insoweit einem späteren eigenständigen Verfahren zu überlassen (§§ 422, 423 StPO). Ob diese Option größere Effekte zeitigen wird, bleibt abzuwarten. In vielen Fällen wird eine spätere Einstellung nach Opportunitätsgesichtspunkten, insbesondere nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO wegen unangemessenen Aufwands, nahe liegen. Ob § 422 dabei als vorrangig gegenüber den Möglichkeiten des § 421 anzusehen ist107 und auch so in der Praxis angewandt werden wird, bleibt fraglich, weil damit eine Befassung lediglich aufgeschoben wird. 4. Sicherungsmaßnahmen bis zur Rechtskraft. Herabgesetzt hat die Gesetzesno- 55 velle die Voraussetzungen für bereits im Ermittlungsverfahren zu treffende Sicherungsmaßnahmen, nämlich eine Beschlagnahme nach § 111c StPO oder – im Falle der Einziehung von Wertersatz – einen Vermögensarrest nach § 111e StPO. Gemäß § 111b StPO „sollen“ solche Maßnahmen bei Vorliegen eines dringenden Tatverdachts erfolgen; bei einer „begründeten Annahme“ ist eine Ermessensentscheidung zu treffen (kann“). Die vormaligen zeitlichen Vorgaben sind entfallen. 5. Rechtlicher Hinweis. Ist die Möglichkeit der Einziehung nicht bereits in der Ankla- 56 geschrift erwähnt, bedarf es eines rechtlichen Hinweises gemäß des durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2018 (BGBl. I S. 3202, 3210) neu eingeführten § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO. Der Schlussantrag des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsvertreters kann diesen Hinweis, mit welchem das rechtliche Gehör des Angeklagten gesichert wird, nicht ersetzen.108 Diesem Ziel dient auch das dem Angeklagten bei Erteilung des Hinweises zukommende Recht auf Aussetzung der Hauptverhandlung. Wird ein Hinweis rechtsfehlerhaft unterlassen, liegt darin ein Revisionsgrund, auf dem die im Urteil getroffene Einziehungsanordnung in der Regel beruhen wird. 6. Verzicht. Bereits nach bisheriger Rechtslage war im Grundsatz ein Verzicht des 57 Angeklagten auf sichergestellte Taterlöse, Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte mög-
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105 BT-Drucks. 18/9525 S. 87. 106 BGH NStZ 2018 742 (zu § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO) m. Bespr. Schneider, der zutreffend auf die daraus folgenden Spielräume für Verständigungen hinweist (vgl. Rdn. 58). 107 Korte wistra 2018 1, 10. 108 BGH NJW 2019 2486, 2487; BGH Beschl. v. 6.12.2018 – 1 StR 186/18 Rdn. 18 f (juris); OLG Koblenz NJW 2018 2505 m. Anm. Habetha = ZWH 2019 169 m. Bespr. Rausch.
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lich109. Die Novellierung des Einziehungsrechts hat hieran weder für den Grundfall der Einziehung von Taterträgen nach § 73110 (gleiches gilt für § 74) noch für die erweiterte Einziehung nach § 73a etwa geändert.111 Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte die Neufassung die „Möglichkeit der 'formlosen Einziehung' des Erlangten nicht einschränken“.112 Der Einräumung der Befugnis, wirksam auf Einziehungsgegenstände verzichten zu können, lässt sich auch der Regelungsgehalt des § 75 nicht zwingend entgegenhalten.113 Bei der rechtlichen Einordnung der außergerichtlichen Einziehung ist von einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung des Angeklagten und damit der Anwendbarkeit der Regeln des bürgerlichen Rechts auszugehen; die Erklärung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände zu verzichten, ist als Angebot auf Übertragung des Eigentums auszulegen, welches von dem zur Entgegennahme befugten Vertreter der Staatsanwaltschaft (ggf. stillschweigend) angenommen wird.114 Die Erklärung des Angeklagten enthält zugleich einen unwiderruflichen Verzicht auf etwa bestehende Herausgabeansprüche.115 Werden im Zusammenhang mit der Einziehung von Wertersatz Leistungen an Erfüllungs statt (§ 364 BGB) oder erfüllungshalber angenommen, ist dies kenntlich zu machen, weil das Erlöschen des staatlichen Anspruchs von der Verwertung des Gegenstands abhängt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass eine formlose Einziehung im Hinblick auf mögliche, unabsehbare Folgefragen außerhalb der Fälle des § 73e Abs. 1 Probleme aufwerfen kann, insbesondere wenn sie mangels Eigentums oder Verfügungsbefugnis des Angeklagten an dem Gegenstand dem Staat kein Eigentum verschaffen kann. Dann bleibt nämlich die Verzichtserklärung hinter der Einziehungsfolge des § 75 Abs. 1 Satz 1 zurück, so dass auch das Verfahren nach § 459h StPO zur Entschädigung Verletzter leerlaufen würde. Ebenso können im Falle der Insolvenz Risiken für den Geschädigten entstehen, weil eine Anfechtung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 129 ff InsO nicht ausgeschlossen ist und die Wirkung des § 111d Abs. 1 Sartz 2 StPO i.V.m. § 75 Abs. 4 im Fall einer unterbliebenen förmlichen Einziehung nicht eintritt. Die formlose Einziehung ist deshalb auf eindeutige Fälle zu beschränken.116 Regelmäßig sollte deshalb das Vorliegen der Voraussetzungen von Verzicht und Übertragung geprüft und ggf. eine (deklaratorische) Einziehung angeordnet werden.117 Denn die förmliche Einziehungsanordnung gibt die Entschädigungsansprüche Verletzter vor und sichert so auch den staatlichen Anspruch gegen eine spätere Geltendmachung von Rechten durch Dritte.118 Im Übrigen schließt der
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109 BGH NStZ-RR 2016 83; aA Thode NStZ 2000 62. 110 BGH NJW 2018 2278= NStZ 2018 333 = NZWiSt 2018 510 m. krit Anm. Schuster; BGH NJW 2019 1692, 1693 f m. zust. Bespr. Habetha NJW 2019 1642 = StraFo 2019 254 m. Anm. Gerlach/Manske = NZWiSt 2019 309 m. Anm. Hiéramente. 111 BGH NJW 2019 1961, 1962 f = JR 2019 463 m. krit. Bespr. Rönnau/Begemeier und Hansen NZWiSt 2019 553. 112 BT-Drucks 18/9525 S. 61. 113 BGH NStZ 2018 333 = NZWiSt 2018 510 m. krit Anm. Schuster; BGH Beschl. vom 7.6.2018 – 4 StR 63/18 Rdn. 17; aA Gerlach/Manzke StraFo 2018 101, 102 ff; für die frühere Rechtslage Thode NStZ 2000 62. 114 BGH NJW 2019 1692, 1693 f m. zust. Bespr. Habetha NJW 2019 1642 = StraFo 2019 254 m. Anm. Gerlach/Manske NZWiSt 2019 309 m. Anm. Hiéramente in Abgrenzung zu den Gegenauffassungen, es bedürfe keiner rechtlichen Einordnung oder es liege ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vor. 115 BayObLGSt. NStZ-RR 1997 51. 116 So BGH NJW 2019 1692, 1694 = m. zust. Bespr. Habetha NJW 2019 1642 = StraFo 2019 254 m. Anm. Gerlach/Manske = NZWiSt 2019 309 m. Anm. Hiéramente. 117 Zum Fall eines Verzichts, obwohl die Einziehungsvoraussetzungen nicht vorliegen Gerlach/Manzke StraFo 2018 101, 105. 118 Reitemeir/Koujouie S. 78; Schuster NZWiSt 2018 511, 512; Gerlach/Manske StraFo 2019 257, 259; SSW/Heine Rdn. 54.
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Verzicht auf vorläufig sichergestellte Forderungen oder Gegenstände eine zumindest deklaratorische Einziehungsanordnung nicht aus.119 Ein solches Vorgehen beschwert den Angeklagten nicht120 und unterliegt im Hinblick auf die nötige Erfüllung der genannten Funktionen auch keinen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit.121 Bei Verzichtserklärungen auf Gegenstände, die der erweiterten Einziehung (§ 73a) unterliegen, stellt sich die Ausgangslage anders dar: Infolge der fehlenden Eigentümerstellung und mangelnden Verfügungsbefugnis des verzichtenden Angeklagten erschöpft sich die Erklärung in der Regel in einem unwiderruflichen Verzicht auf Herausgabeansprüche.122 Da mangels Individualisierbarkeit von Taten die Verletzten in der Regel unbekannt sind und es dabei stets um gegenständliche Einziehungen und nicht um Wertersatz geht, vollzieht sich der Eigentumsübergang aufgrund der förmlichen Einziehung wegen der fehlenden Voraussetzungen der § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 in aller Regel nicht nach § 75 Abs. 1 Satz 1, sondern im Wege des sog. kleinen Auffangrechtserwerb nach § 75 Abs. 1 Satz 2. Dieser Erwerb bereitet das Entschädigungsverfahren der Verletzten nach § 459h Abs. 1 Satz 2 StPO vor. Die Verzichtserklärung vermag dagegen keine gleichwertige Folge zu ermöglichen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichthofs hat den Instanzgerichten für die praktische Durchführung der erforderlichen Abwägung zwischen den Gesichtspunkten der Verfahrensökonomie und der effektiven Vermögensabschöpfung einerseits und dem Ziel der Sicherung der Opferentschädigung andererseits ein weites Ermessen eingeräumt. Damit bestehen in diesen Fällen gegenüber dem Standardfall der Einziehung erweiterte Handlungsmöglichkeiten des Gerichts: Es bleibt ihm unbenommen, eine (deklaratorische) Einziehungsentscheidung zu treffen, zugleich darf es aber auch im Hinblick auf den Verzicht von einem solchem Ausspruch absehen. Für eine förmliche Einziehung werden ein hoher Wert des Gegenstands mit manifesten Opferinteressen sprechen; andererseits darf das Tatgericht aber auch den Umfang möglicher weiterer Beweiserhebungen berücksichtigen.123 Soweit verfahrensökonomisch vertretbar, sollte mit Blick auf das Opferentschädigungsverfahren in aller Regel eine deklaratorische Einziehungsentscheidung erfolgen. Dadurch würde aus der Rechtsprechung folgende Divergenz zwischen den Einziehungsarten eingeebnet. Entsprechendes wird für Verzichtserklärungen zu Vermögensgegenständen unklarer Herkunft nach § 76a Abs. 4 zu gelten haben. 7. Verständigung. Da es sich bei der Vermögensabschöpfung durch die Einziehung 58 von Taterträgen oder die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten um eine zwingend zu treffende Maßnahme und nicht um eine Ermessensentscheidung handelt, sind diese Anordnungen einer Verständigung iSd § 257c StPO nicht zugänglich.124 Offen hat die Rechtsprechung bisher gelassen, ob demgegenüber im Ermessen des Tatgerichts stehende Beschränkungen nach § 421 Abs. 1 StPO Gegenstand einer Verständigung sein können.125 Richtigerweise ist dabei zu unterscheiden zwischen dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 421 StPO n.F. (dazu oben Rdn. 52), die nicht zur Disposition der Ver-
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119 BGH NJW 2019 1961= JR 2019 463 m. krit. Bespr. Rönnau/Begemeier und Hansen NZWiSt 2019 553. 120 OLG Koblenz Beschl. v. 4.9.2006 – 1 Ss 241/06. 121 Anders BGH NStZ 2018 333 = NZWiSt 2018 510 m. krit. Anm. Schuster; für die Möglichkeit einer Einziehung nach erfolgtem Verzicht nunmehr auch BGH Anfragebeschluss gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG vom 20.3.2019 – 3 StR 67/19. 122 BGH NJW 2019 1961, 1962 f = JR 2019 463 m. krit. Bespr. Rönnau/Begemeier und Hansen NZWiSt 2019 553. 123 BGH NJW 2019 1961, 1963 f = JR 2019 463 m. krit. Bespr. Rönnau/Begemeier und Hansen NZWiSt 2019 553. 124 BGH NStZ 2018 366 m. Anm. Leppich wistra 2018 505. 125 BGH NStZ 2018 366.
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fahrensbeteiligten stehen, und der Ausübung des dem Gericht überantworteten Ermessens. Unter Berücksichtigung der aus der Ermessensausübung folgenden Rechtsbindung – sowie der sonstigen Voraussetzungen an eine wirksame Verständigung – ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, diese Entscheidung wie bei §§ 154, 154a StPO zum Gegenstand einer Verständigung zu machen.126 Aufgrund der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Verzichtserklärung erscheint es insbesondere nicht ausgeschlossen, eine solche in eine Verständigung nach § 257c StPO einzubeziehen. Dies gilt auch für die gleichfalls im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung über eine Wiedereinbeziehung nach § 421 Abs. 2 StPO. 59
8. Berücksichtigung bei Art und Umfang der Sanktionierung. Bei Taten zum Nachteil von Individualverletzten kann die Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung in mehrfacher Weise zu Gunsten des Täters Berücksichtigung finden. Neben dem Täter– Opfer Ausgleich nach § 46a ist auch an die Möglichkeit einer entsprechenden Bewährungsauflage oder einer Einstellung nach § 153a StPO unter der Auflage der Schadenswiedergutmachung zu denken. Dem Angeklagten sollen derartige Möglichkeiten auch nach der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung nicht genommen werden.127 Ein Schutz vor einer doppelten Inanspruchnahme bietet insoweit § 459g Abs. 4 StPO im Vollstreckungsverfahren, eine legislatorische Verknüpfung der verschiedenen Instrumente ist jedoch unterblieben.128 Der Vollstreckungsschutz aus § 459g Abs. 4 und 5 gilt auch, soweit Taterlöse im Ausland sichergestellt wurden.129 XI. Recht der Europäischen Union
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1. Aus dem Bestand des Rechts der Europäischen Union sind auf dem Feld des Einziehungsrechts insbesondere folgende Rechtssetzungsakte zu nennen: – Gemeinsame Maßnahme 98/699/JI vom 3. Dezember 1998 betreffend Geldwäsche, die Ermittlung, das Einfrieren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (ABl. L 333 vom 9.12.1998, S. 1) – Rahmenbeschluss 2001/500/JI des Rates vom 26. Juni 2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (ABl. L 182 vom 5.7.2001, S. 1) – Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. L 196 vom 2. August 2003, S. 45) – Rahmenbeschluss 2005/212/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten (ABl. L 68 vom 15.3.2005, S. 49) – Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 59). – Rahmenbeschluss 2007/845/JI des Rates vom 6. Dezember 2007 über die Zusammenarbeit zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Aufspürens und der Ermittlung von Erträgen aus Straftaten oder an-
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126 BVerfG NStZ 2016 422, 424. 127 Zur Steuerschuld Peters AO-StB 2018 144, 150, der allerdings im Fall einer Bewährungsauflage ein Vollstreckungshindernis der Einziehungsanordnung annimmt; dafür gibt es im Gesetz keinen Anhaltspunkt. 128 Nolte jurisPR-compl 2/2017 Anm. 6. 129 BGH Beschl. v. 19.2.2019 – 2 StR 8/19.
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deren Vermögensgegenständen im Zusammenhang mit Straftaten (ABl. L 332 vom 18.12.2007, S. 103). Für das grenzüberschreitende Aufspüren von inkriminierten Vermögen von Bedeutung ist neben der Zusammenarbeit im Europäischen Justiziellen Netz (EJN) und der Agentur Eurojust das „Camden Asset Recovery Inter-Agency Network (CARIN)“, welches durch das mit dem EU-Rahmenbeschluss 2007/845/JI eingerichtete Netzwerk ARO (Asset Recovery Offices) ergänzt wird. Ansprechpartner in Deutschland sind insoweit das Bundeskriminalamt als polizeiliche und das Bundesamt für Justiz als justizielle Kontaktstelle. 2. Richtlinie 2014/42/EU vom 3. April 2014 a) Insgesamt ist für den Bereich der Einziehung von Tatwerkzeugen und Taterträ- 61 gen festzustellen, dass die in rascher Folge ergangenen Rechtsakte der Europäischen Union weder der vielfach als zu kompliziert empfundenen Rechtsgestaltung noch der Vielfalt der verschiedenen Modelle in den Mitgliedstaaten und dem daraus folgenden Vollzugsdefizit durchgreifend abhelfen konnten. Dies veranlasste weitere Rechtsakte, welche die zuvor genannten ersetzt haben, um die grenzüberschreitende Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen zu erleichtern. Von wesentlicher Bedeutung ist die Richtlinie 2014/42/EU vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union, welche der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom April 2017 (BGBl. I S. 872) in das deutsche Recht umgesetzt hat. Dabei ging der Gesetzgeber weit über den durch die Richtlinie veranlassten Umsetzungsbedarf hinaus, welcher sich im Wesentlichen aufgrund Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie auf eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des erweiterten Verfalls und entsprechend Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie auf die Erweiterung des selbständigen Verfalls beschränkte. b) Richtlinienkonforme Auslegung. Aufgrund der im Loyalitätsgebot des Art. 4 62 Abs. 3 EUV wurzelnden Verpflichtung der Mitgliedstaaten, nationales Recht richtlinienkonform auszulegen, sind die Vorgaben von einschlägigen EU-Richtlinien bei der Auslegung der deutschen Bestimmungen zur Einziehung heranzuziehen. Dies gilt insbesondere für die Richtlinie 2014/42/EU vom 3. April 2014. Dabei bleibt deren Charakter als Mindestvorschrift erhalten (Art. 1 und Erwägungsgrund 22), die Mitgliedstaaten können also in ihrem nationalen Recht weiterreichende Vorschriften erlassen. c) Inhalt der Richtlinie. Von wesentlicher Bedeutung sind die Definitionen in Art. 2 63 der Richtlinie, welche sich auf das Verständnis der deutschen Regeln auswirken. Hervorzuheben ist die Definition des „Ertrages“ in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie. Ertrag wird definiert als jeder wirtschaftliche Vorteil, der direkt oder indirekt durch eine Straftat erlangt wird; dieser Vorteil kann aus Vermögensgegenständen aller Art bestehen und schließt eine spätere Reinvestition oder Umwandlung direkter Erträge sowie geldwerte Vorteile ein. Die Definition stützt den deutschen Ansatz, dass es sich bei der Einziehung von Taterträgen nicht um eine Sanktionierung, sondern um ein Instrument handelt, dass sich an einem bereicherungsrechtlichen Ausgleich orientiert. Denn die Definition setzt voraus, dass eine kausale Verknüpfung zwischen der Straftat und dem Vermögenszufluss vorliegt. Dies stellt sicher, dass nur solche Erträge abgeschöpft werden, welche der Straftat entstammen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie beschränkt sich auf solche Straftaten, die den in Art. 3 näher dargelegten Rechtsakten zu entnehmen sind. Der deutsche Gesetzgeber ist über diese Vorgabe hinausgegangen und hat insbesondere im Bereich des erweiterten Ver303
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falles eine umfassende Geltung angeordnet. Art. 4 der Richtlinie sieht zwei weitere wesentliche Verpflichtungen vor: Nach Art. 4 Abs. 1 treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Tatwerkzeuge und Erträge oder Vermögensgegenstände, deren Wert diesen Tatwerkzeugen oder Erträgen entspricht, bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat ganz oder teilweise eingezogen werden können; Absatz 2 erweitert diese Pflicht auf die Fälle, in denen eine Einziehung nicht möglich ist, wenn das Hindernis auf Krankheit oder Flucht der verdächtigten oder beschuldigten Person beruht. Art. 5 betrifft Verpflichtungen zur erweiterten Einziehung (vgl. § 73a Rdn. 3 ff), Art. 6 enthält Vorgaben zur Dritteinziehung (§ 73b Rdn. 6 f). 64
d) Unionsrechtskonformität der deutschen Regelungen zur Höhe des Erlangten. Umstritten ist, ob aus Art. 2 und Art. 4 der Richtlinie auch Vorgaben für die Bestimmung der Höhe des abzuschöpfenden Betrags folgen, insbesondere für eine über unmittelbare Surrogate hinausgehende Einziehung und für die Geltung des Bruttoprinzips. Nach einer Auffassung130 steht damit in Frage, ob die Regelung zur Konkretisierung des Bruttoprinzips im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung den unionsrechtlichen Vorgaben gerecht wird. Dies würde voraussetzen, dass die Richtlinie eine umfassende Anwendung des Bruttoprinzips (ohne Anrechnung von Aufwendungen wie in § 73d und § 73e) zwingend vorgibt. Dies unterstellt, wäre in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob und wie dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung im deutschen Recht Rechnung getragen werden könnte. Eine fehlende Unionsrechtskonformität der deutschen Regelungen lässt sich bei Betrachtung der Vorgaben der Richtlinie allerdings noch nicht feststellen. Die unionsrechtliche Vorgabe, insbesondere des Art. 2 der Richtlinie, erscheint deutungsoffen, zudem geht es bei den angesprochenen Regelungen um die Ermittlung der Höhe des Tatertrages. Zuzugeben ist allerdings, dass die Rechtsetzung der Europäischen Union sicherlich nicht differenzierte Fallgruppen und mehrstufige komplizierte Rechenoperationen mit Abzugsposten vor Augen gehabt haben wird.
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3. EU-Verordnung 2018/1805 vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen (siehe Anhang). Die Verordnung 2018/1805 vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen (ABl. vom 28.11.2018 L 303 S. 1) tritt gemäß deren Art. 4 am 19.12.2020 in Kraft.131 Es handelt sich ab diesem Zeitpunkt um unmittelbar geltendes Recht. Der Unionsgesetzgeber hat soweit ersichtlich erstmals im Zusammenhang mit dem Erlass von Rechtsinstrumenten der gegenseitigen Anerkennung zur Rechtsform der Verordnung gegriffen, wesentlich motiviert durch die zu geringe Wirkungskraft der vorangegangenen Richtlinien. In der Sache folgt die Verordnung der bei sonstigen Rechtsakten der gegenseitigen Anerkennung praktizierten Technik.132 Umfasst werden gerichtliche Einziehungsentscheidungen (Art. 2 Abs. 2) in Strafverfahren (Art. 1 Abs. 4). Auch außerhalb des Rechtshilfeverkehrs von unmittelbarer Bedeutung sind die materiell-rechtlichen Definitionen in Art. 2 der Verordnung, welche indes jenen der Richtlinie 2014/42/EU entsprechen (vgl. insbesondere „Ertrag“ und „Tatwerkzeug“). Ebenso folgt die Normierung eines Straftatenkatalogs (Art. 3), welcher die rechtshilferechtliche Voraussetzung der gegenseitigen Strafbarkeit ersetzt, dem Beispiel anderer Rechtsinstrumente der gegenseitigen Anerkennung. Gleiches gilt für die Normierung von detaillierten Vorgaben für die Übermittlung von Sicherstellungs- und Einziehungsent-
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Heine NStZ 2015 127, 136. Sie ist im Bereich der EU nicht anwendbar im Verhältnis zu Irland und Dänemark. Eingehend Hüttemann NZWiSt 2019 248, 251 ff.
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scheidungen (Artt. 4 bis 7, Artt. 14–17) sowie die abschließend genannten fakultativen (Art. 8, Art. 19) und obligatorischen Ablehnungsgründen (Art. 13, Art. 22). Aussetzungsmöglichkeiten nennen Art. 10 und Art. 21. Hervorzuheben ist die lange strittige Integration einer allgemeinen Pflicht zur Achtung der Grundrechte (Art. 8 Abs. 1 lit. f; Art. 19 Abs.1 lit. f)133 sowie der Gewährleistung der Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit (Art. 1 Abs. 3). Es bestehen jeweils engen Fristvorgaben für die Erledigung von Ersuchen (Art. 9, Art. 20). Zu beachten ist die Vorrangstellung von Tatopfern (Art. 29, Art. 30). Ansonsten bleibt der Abschöpfungsbetrag dem Vollstreckungsstaat, bei Beträgen über 10.000 € erfolgt eine hälftige Teilung der Erlöse. XII. Europarat Übereinkommen des Europarates über Geldwäsche sowie Ermittlung, Be- 66 schlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 7.11.1990. Art. 6 des Übereinkommens verpflichtet die Vertragsparteien, Geldwäsche unter Strafe zu stellen und enthält Regelungen zu Einziehung und Verfall. Das Übereinkommen ist im Gegensatz zum Wiener Übereinkommen nicht auf Drogendelikte beschränkt. Es zielt auf die Bekämpfung internationaler Schwerstkriminalität. Ihm folgte das Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus vom 16. Mai 2005, welches seit in Deutschland aufgrund des Ausführungsgesetzes vom 19. Dezember 2016 (BGBl. I S.1370) seit 2017 anwendbar ist. XIII. Völkerrecht In Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten 67 Verkehr mit suchtstoffen und psychotropen Stoffen (UN-Suchtstoffübereinkommen) vom 20. Dezember 1988 ermöglichte Deutschland mit dem am 2. August 1993 in Kraft getretenen Ausführungsgesetz (BGBl. I S. 1407) erstmals Vollstreckungshilfe für Einziehungsentscheidungen. Die am 15. November 2000 von der UNO-Generalversammlung angenommene, aber von Deutschland bisher nicht ratifizierte UN-Konventionen zur Grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität (UNTOC) trat am 29. September 2003 in Kraft. Sie sieht unter anderem die Verpflichtung der Konventionsstaaten vor, die Geldwäsche unter Strafe zu stellen. Daneben enthält die Konvention auch Regelungen zur Einziehung und Beschlagnahme. Im Bereich der Rechtshilfe wird bestimmt, dass Rechtshilfeersuchen nicht mit Berufung auf das Bankgeheimnis abgelehnt werden dürfen. XIV. Übergangsregelungen 1. Art. 316h EGStGB trifft hinsichtlich des Inkrafttretens des neuen Rechts eine 68 Stichtagsregelung zum 1. Juli 2017, wobei der Gesetzgeber das neue Recht auch rückwirkend in Kraft gesetzt hat. Damit wollte er eine parallele Geltung verschiedener Anknüpfungsregeln vermeiden und die Rechtssicherheit verbessern. Das neue Recht gilt seit dem Stichtag 1. Juli 2017. Entscheidend ist, ob zu diesem Zeitpunkt bereits über die Anordnung des Verfalls (von Wertersatz) entschieden wurde, wobei eine erstinstanzliche Entscheidung (Urteil oder Beschluss im selbständigen Verfahren), unabhängig vom Eintritt der Rechtskraft, genügt.134 Maßgebliche Entscheidung im Sinne der Regelung ist
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Krit. zu dem Maßstab der offensichtlichen Verletzung Hüttemann NZWiSt 2019 248, 255 f. BGH NStZ 2018 459, 460; BGH Beschl. v. 16.5.2018 – 1 StR 633/17
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auch ein rechtskräftig gewordener Strafbefehl. Gleiches gilt, soweit bis zum 1. Juli 2017 in einem Urteil oder Strafbefehl festgestellt wurde, dass wegen der Regelung in § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. nicht auf Verfall erkannt wurde (vgl. § 14 EGStPO). Dabei bildet die gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO a.F. unterbliebene Feststellung keine Entscheidung im Sinne des Art. 316h Abs. 2 EGStGB.135 69
2. Hinsichtlich der Anwendung der Übergangsregelung ist weiter zu beachten, dass eine Entscheidung im Sinne des Gesetzes auch bei einer unterbliebenen Anordnung des Verfalls nach altem Recht vorliegt, selbst wenn diese nicht weiter begründet worden ist.136 Dafür spricht, dass der Gesetzgeber mit der Stichtagsregelung eine klare Abgrenzung der Anwendbarkeiten von altem und neuem Recht schaffen wollte. Von der Anwendbarkeit des alten Rechts ist die Frage zu trennen, ob die Entscheidung des Absehens von Verfall (Einziehung von Taterträgen) im Urteil einer Erörterungspflicht unterlag.
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3. Ungeachtet der Geltung auch für vor Inkrafttreten des Gesetzes begangene Straftaten und der somit eröffneten Rückwirkung verletzt diese Übergangsregelung nicht Art. 103 Abs. 2 GG;137 daran ändert auch die Aufhebung der Härteklausel des § 73c a.F. im Hinblick auf die vollstreckungsrechtliche Schutzvorschrift des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO, welche auf Antrag eine richterliche Prüfung ermöglicht, nichts.
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4. Trotz des Vorliegens einer unechten Rückwirkung138 ist die Regelung auch mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar, weil bei einer Abwägung im Hinblick auf das Gewicht des betroffenen Gemeinwohlinteresses und die vormalige Rechtslage kein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen besteht.139 Es liegt auch kein Verstoß gegen 7 Abs. 2 EMRK140 (vgl. Rdn. 42) und Art. 49 EU-GrCh (Rdn. 49) vor. Zur Annahme einer unzulässigen echten Rückwirkung in Bezug auf die nachträgliche Einziehung aus bereits verjährten Sachverhalten in § 76a Abs. 2 vgl. § 76a Rdn. 21 ff. XV. Ordnungswidrigkeitenrecht
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Einziehung von Gegenständen kommt nach §§ 22 bis 29 OWiG auch als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit in Betracht. Es fehlt allerdings an einer dem § 74 Abs. 1 StGB entsprechenden Vorschrift: Nach § 22 Abs. 1 OWiG ist Einziehung nur zulässig, soweit sie das Einzelgesetz ausdrücklich zulässt (oder vorschreibt) und den Einziehungsgegenstand (producta et instrumenta sceleris, scelere quaesita, Beziehungsgegenstände usw.) umschreibt. Im Übrigen sind die §§ 22 ff, soweit möglich, mit den §§ 74 ff StGB parallel gestaltet worden. Neben der Einziehung ist in § 123 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG die Unbrauchbarmachung bestimmter Gegenstände vorgesehen. Die Einziehung von Taterträgen ist in § 29a OWiG geregelt.
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135 BGH NStZ-RR 2019 175, 176. 136 BGH NJW 2018 1831 Rdn. 25, 28. 137 BGH NStZ-RR 2018 241; BGH wistra 2018 427; BGH NStZ-RR 2019 22, 23; aA Hennecke NZWiSt 2018, 122, 125. 138 Anders, soweit im Falle des § 76a Abs. 2 von einer echten Rückwirkung auszugehen ist; dazu § 76a Rdn. 21. 139 BGH NStZ-RR 2018 241; OLG München Beschl. vom 19.7.2018 – 5 OLG 15Ss 539/17. 140 BGH NStZ-RR 2018 241; OLG München Beschl. vom 19.7.2018 – 5 OLG 15Ss 539/17; Saliger/Schörner StV 2018 388, 389; Greier juris PR-StrafR 12/2018 Anm. 2; aA LG Kaiserslautern Wistra 2018 94 = NZWiSt 2018 149 m. zust. Anm. Rebell-Houben; Reichling Wistra 2018 139.
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XVI. Einziehung nach Gefahrenabwehrrecht Beschlagnahmen von Geldbeträgen im Gefahrenabwehrrecht sind in aller Regel 73 nicht möglich. Sie setzen voraus, dass bezogen auf den konkreten Gegenstand eine gegenwärtige Gefahr, also die Erwartung weiterer Straftaten mit denselben Mitteln, vorliegt. Dies wird sich nur sehr selten nachweisen lassen,141 zumal dann auch die Möglichkeit einer Einziehung als Tatmittel nach § 74 im Raum steht. Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen KAPITEL I GEGENSTAND, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND GELTUNGSBEREICH Artikel 1 Gegenstand (1) Diese Verordnung legt die Vorschriften fest, nach denen die Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen anerkennen und vollstrecken, die von anderen Mitgliedstaaten im Rahmen von Verfahren in Strafsachen erlassen wurden. (2) Diese Verordnung berührt nicht die Pflicht, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 EUV niedergelegt sind, zu achten. (3) Beim Erlass einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung gewährleistet die Entscheidungsbehörde, dass die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit befolgt werden. (4) Diese Verordnung gilt nicht für Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die im Rahmen von Verfahren in Zivilsachen oder Verwaltungssachen erlassen werden. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck: (1) „Sicherstellungsentscheidung“ eine Entscheidung, die von einer Entscheidungsbehörde erlassen oder bestätigt wird, um die Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung oder das Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen im Hinblick auf deren Einziehung zu verhindern; (2) „Einziehungsentscheidung“ eine rechtskräftige Strafe oder Maßnahme, die von einem Gericht im Anschluss an ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Straftat verhängt wird und die zur endgültigen Entziehung von Vermögensgegenständen einer natürlichen oder juristischen Person führt; (3) „Vermögensgegenstände“ körperliche oder unkörperliche, bewegliche oder unbewegliche Vermögensgegenstände jeder Art sowie Urkunden oder rechtserhebliche Schriftstücke, die das Recht auf solche Vermögensgegenstände oder Rechte daran belegen, hinsichtlich deren die Entscheidungsbehörde der Auffassung ist, dass sie a) den Ertrag aus einer Straftat oder dessen Gegenwert darstellen, unabhängig davon, ob sie ganz oder nur teilweise dem Wert dieses Ertrags entsprechen; b) Tatwerkzeuge einer Straftat darstellen oder dem Wert der Tatwerkzeuge entsprechen; c) durch die im Entscheidungsstaat erfolgende Anwendung einer der in der Richtlinie 2014/42/EU genannten Einziehungsbefugnisse einzuziehen sind oder d) aufgrund sonstiger Bestimmungen über Einziehungsbefugnisse, einschließlich der Einziehung ohne endgültige Verurteilung, nach dem Recht des Entscheidungsstaats im Anschluss an ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Straftat einzuziehen sind;
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141 OVG Bremen NVwZ-RR 2015 31; VG Darmstadt StraFo 2018 481; ferner Hunsicker StV 2010 212, 213 ff; Thiée StV 2009 102 und StV 2010 215.
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(4) „Ertrag“ jeden wirtschaftlichen Vorteil, der direkt oder indirekt durch eine Straftat erlangt wird, in Vermögensgegenständen aller Art besteht und eine spätere Reinvestition oder Umwandlung direkter Erträge sowie geldwerte Vorteile mit einschließt; (5) „Tatwerkzeuge“ alle Gegenstände, die in irgendeiner Weise ganz oder teilweise zur Begehung einer Straftat verwendet werden oder verwendet werden sollen; (6) „Entscheidungsstaat“ den Mitgliedstaat, in dem eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung erlassen wird; (7) „Vollstreckungsstaat“ den Mitgliedstaat, dem eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung zum Zwecke der Anerkennung und Vollstreckung übermittelt wird; (8) „Entscheidungsbehörde“ a) bei Sicherstellungsentscheidungen: i) einen Richter, ein Gericht oder einen Staatsanwalt mit Zuständigkeit in dem betreffenden Fall oder ii) eine andere vom Entscheidungsstaat als solche benannte zuständige Behörde, die nach nationalem Recht in Strafsachen dafür zuständig ist, die Sicherstellung von Vermögensgegenständen anzuordnen oder eine Sicherstellungsentscheidung zu vollstrecken. Die Sicherstellungsentscheidung wird außerdem vor ihrer Übermittlung an die Vollstreckungsbehörde von einem Richter, einem Gericht oder einem Staatsanwalt im Entscheidungsstaat bestätigt, nachdem überprüft wurde, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Entscheidung nach dieser Verordnung gegeben sind. Ist die Entscheidung von einem Richter, einem Gericht oder einem Staatsanwalt bestätigt worden, so gilt auch diese andere zuständige Stelle für die Zwecke der Übermittlung der Entscheidung als Entscheidungsbehörde; b) bei Einziehungsentscheidungen eine vom Entscheidungsstaat als solche benannte Behörde, die nach nationalem Recht in Strafsachen für die Vollstreckung einer von einem Gericht erlassenen Einziehungsentscheidung zuständig ist; (9) „Vollstreckungsbehörde“ eine Behörde, die für die Anerkennung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung und für die Gewährleistung ihrer Vollstreckung gemäß dieser Verordnung und den nach nationalem Recht für die Sicherstellung und Einziehung von Vermögensgegenständen anzuwendenden Verfahren zuständig ist; wenn nach diesen Verfahren gilt, dass ein Gericht die Entscheidung registrieren und ihre Vollstreckung genehmigen muss, gilt die Behörde, die das Ersuchen der Registrierung und Genehmigung zuständig ist, als Vollstreckungsbehörde; (10) „betroffene Person“ die natürliche oder juristische Person, gegen die eine Sicherstellungs- oder eine Einziehungsentscheidung ergangen ist, oder die natürliche oder juristische Person, die Eigentümerin des von der Entscheidung betroffenen Vermögensgegenstands ist, sowie etwaige Dritte, deren Rechte in Bezug auf diesen Vermögensgegenstand nach dem Recht des Vollstreckungsstaats durch diese Entscheidung unmittelbar beeinträchtigt werden. Artikel 3 Straftaten (1) Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen werden ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit der Handlungen, die zu diesen Entscheidungen geführt haben, vollstreckt, wenn diese Handlungen im Entscheidungsstaat mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind und nach den Rechtsvorschriften des Entscheidungsstaats eine oder mehrere der folgenden Straftaten darstellen: 1. Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung; 2. Terrorismus; 3. Menschenhandel; 4. sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie; 5. illegaler Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen; 6. illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen; 7. Korruption; 8. Betrugsdelikte, einschließlich Betrug und anderer Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates (17); 9. Wäsche von Erträgen aus Straftaten; 10. Geldfälschung einschließlich Euro-Fälschung;
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Cyberkriminalität; Umweltkriminalität einschließlich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten oder mit bedrohten Pflanzen- und -Baumarten; 13. Beihilfe zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt; 14. vorsätzliche Tötung oder schwere Körperverletzung; 15. illegaler Handel mit menschlichen Organen und menschlichem Gewebe; 16. Entführung, Freiheitsberaubung oder Geiselnahme; 17. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit; 18. Diebstahl in organisierter Form oder mit Waffen; 19. illegaler Handel mit Kulturgütern einschließlich Antiquitäten und Kunstgegenständen; 20. Betrug; 21. Erpressung und Schutzgelderpressung; 22. Nachahmung und Produktpiraterie; 23. Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit; 24. Fälschung von Zahlungsmitteln; 25. illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern; 26. illegaler Handel mit nuklearen oder radioaktiven Substanzen; 27. Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen; 28. Vergewaltigung; 29. Brandstiftung; 30. Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen; 31. Flugzeug- und Schiffsentführung; 32. Sabotage. (2) Bei anderen Straftaten als den in Absatz 1 genannten kann der Vollstreckungsstaat die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung unabhängig von den Tatbestandsmerkmalen oder der Klassifizierung der Straftat nach dem Recht des Entscheidungsstaats davon abhängig machen, dass die Handlungen, die zu der Sicherstellungs- oder der Einziehungsentscheidung geführt haben, eine Straftat nach dem Recht des Vollstreckungsstaats darstellen. KAPITEL II ÜBERMITTLUNG, ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG VON SICHERSTELLUNGSENTSCHEIDUN-
GEN Artikel 4 Übermittlung von Sicherstellungsentscheidungen (1) Eine Sicherstellungsentscheidung wird durch eine Sicherstellungsbescheinigung übermittelt. Die Entscheidungsbehörde übermittelt die in Artikel 6 vorgesehene Sicherstellungsbescheinigung direkt der Vollstreckungsbehörde oder gegebenenfalls der in Artikel 24 Absatz 2 genannten zentralen Stelle in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Vollstreckungsbehörde die Feststellung der Echtheit der Sicherstellungsbescheinigung gestatten. (2) Die Mitgliedstaaten können eine Erklärung abgeben, der zufolge die Entscheidungsbehörde ihnen bei der Übermittlung einer Sicherstellungsbescheinigung zwecks Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung das Original der Sicherstellungsentscheidung oder eine beglaubigte Abschrift davon zusammen mit der Sicherstellungsbescheinigung übermitteln muss. Gemäß Artikel 6 Absatz 2 muss jedoch nur die Sicherstellungsbescheinigung übersetzt werden. (3) Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 2 genannte Erklärung vor dem Tag des Geltungsbeginns dieser Verordnung oder zu einem späteren Zeitpunkt abgeben. Die Mitgliedstaaten können eine solche Erklärung jederzeit zurückziehen. Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission in Kenntnis, wenn sie eine solche Erklärung abgeben oder zurückziehen. Die Kommission macht derartige Informationen allen Mitgliedstaaten sowie dem EJN zugänglich. (4) Im Falle einer Entscheidung über die Sicherstellung eines Geldbetrags übermittelt die Entscheidungsbehörde die Sicherstellungsbescheinigung dem Mitgliedstaat, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen Vermögen oder Einkommen der Person vermutet, gegen die die Entscheidung ergangen ist.
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(5) Im Falle einer Entscheidung über die Sicherstellung bestimmter Vermögensgegenstände übermittelt die Entscheidungsbehörde die Sicherstellungsbescheinigung dem Mitgliedstaat, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen solche Vermögensgegenstände vermutet. (6) Für die Sicherstellungsbescheinigung gilt Folgendes: a) Ihr ist eine gemäß Artikel 14 übermittelte Einziehungsbescheinigung beizufügen; oder b) sie muss eine Anordnung enthalten, wonach der Vermögensgegenstand im Vollstreckungsstaat so lange sicherzustellen ist, bis die Einziehungsentscheidung gemäß Artikel 14 übermittelt und vollstreckt worden ist, wobei die Entscheidungsbehörde in der Sicherstellungsbescheinigung den voraussichtlichen Zeitpunkt dieser Übermittlung anzugeben hat. (7) Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde, wenn sie von betroffenen Personen Kenntnis hat. Die Entscheidungsbehörde übermittelt der Vollstreckungsbehörde auf Ersuchen auch alle Informationen, die für etwaige Ansprüche relevant sind, die solche betroffenen Personen in Bezug auf den Vermögensgegenstand haben können, einschließlich Angaben zur Identifizierung dieser Personen. (8) Ist die zuständige Vollstreckungsbehörde trotz der gemäß Artikel 24 Absatz 3 zur Verfügung gestellten Informationen nicht bekannt, so versucht die Entscheidungsbehörde mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln — auch über die Kontaktstellen des EJN — zu bestimmen, welche Behörde für die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung zuständig ist. (9) Ist die Behörde im Vollstreckungsstaat, die eine Sicherstellungsbescheinigung erhält, nicht dafür zuständig, die Sicherstellungsentscheidung anzuerkennen oder die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung zu treffen, so übermittelt sie die Sicherstellungsbescheinigung umgehend der zuständigen Vollstreckungsbehörde in ihrem Mitgliedstaat und unterrichtet die Entscheidungsbehörde entsprechend. Artikel 5 Übermittlung einer Sicherstellungsentscheidung an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten (1) Eine Sicherstellungsbescheinigung wird gemäß Artikel 4 jeweils nur einem Vollstreckungsstaat übermittelt, es sei denn Absatz 2 oder Absatz 3 dieses Artikels sind erfüllt. (2) Die Sicherstellungsbescheinigung kann im Falle einer Sicherstellungsentscheidung, die bestimmte Vermögensgegenstände betrifft, gleichzeitig mehr als einem Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn a) die Entscheidungsbehörde berechtigte Gründe zu der Annahme hat, dass sich verschiedene von der Sicherstellungsentscheidung betroffene Vermögensgegenstände in verschiedenen Vollstreckungsstaaten befinden, oder b) die Sicherstellung eines von der Sicherstellungsentscheidung betroffenen bestimmten Vermögensgegenstands Maßnahmen in mehr als einem Vollstreckungsstaat erfordern würde. (3) Die Sicherstellungsbescheinigung kann im Falle einer Sicherstellungsentscheidung, die einen Geldbetrag betrifft, gleichzeitig mehr als einem Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn hierzu nach Auffassung der Entscheidungsbehörde eine besondere Notwendigkeit besteht, insbesondere wenn der geschätzte Wert des Vermögensgegenstands, der im Entscheidungsstaat und in irgendeinem Vollstreckungsstaat sichergestellt werden kann, voraussichtlich nicht zur Sicherstellung des gesamten in der Sicherstellungsentscheidung ausgewiesenen Betrags ausreicht. Artikel 6 Standardisierte Sicherstellungsbescheinigung (1) Um eine Sicherstellungsentscheidung zu übermitteln, füllt die Entscheidungsbehörde die in Anhang I enthaltene Sicherstellungsbescheinigung aus, unterzeichnet sie und bestätigt die Genauigkeit und die Richtigkeit ihres Inhalts. (2) Die Entscheidungsbehörde stellt der Vollstreckungsbehörde eine Übersetzung der Sicherstellungsbescheinigung in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder in eine von dem Vollstreckungsstaat gemäß Absatz 3 akzeptierte andere Sprache. (3) Jeder Mitgliedstaat kann jederzeit in einer der Kommission übermittelten Erklärung angeben, dass er Übersetzungen von Sicherstellungsbescheinigungen in eine oder mehrere Amtssprachen der Union, die nicht die Amtssprache oder Amtssprachen des jeweiligen Mitgliedstaats sind, akzeptiert. Die Kommission macht die Erklärungen allen Mitgliedstaaten und dem EJN zugänglich.
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Artikel 7 Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde erkennt jede gemäß Artikel 4 übermittelte Sicherstellungsentscheidung an und trifft die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung auf dieselbe Weise wie bei einer von einer Behörde des Vollstreckungsstaats erlassenen innerstaatlichen Sicherstellungsentscheidung, es sei denn, die genannte Vollstreckungsbehörde macht einen der Gründe für die Versagung der Anerkennung und der Vollstreckung gemäß Artikel 8 oder einen der Aussetzungsgründe gemäß Artikel 10 geltend. (2) Die Vollstreckungsbehörde berichtet der Entscheidungsbehörde über die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung, wobei sie auch die sichergestellten Vermögensgegenstände beschreibt und, soweit verfügbar, eine Schätzung ihres Werts übermittelt. Diese Berichterstattung erfolgt in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, unverzüglich, sobald die Vollstreckungsbehörde von der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung unterrichtet wurde. Artikel 8 Gründe für die Versagung der Anerkennung und der Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde kann die Anerkennung und die Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung nur versagen, wenn a) die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung dem Grundsatz „ne bis in idem“ zuwiderlaufen würde; b) nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Vorrechte oder Immunitäten bestehen, die der Sicherstellung des betreffenden Vermögensgegenstands entgegenstehen, oder wenn Vorschriften zur Bestimmung und Beschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Bezug auf die Pressefreiheit oder die Freiheit der Meinungsäußerung in anderen Medien bestehen, die der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung entgegenstehen; c) die Sicherstellungsbescheinigung unvollständig oder offenkundig unrichtig ausgefüllt und nach Abstimmung gemäß Absatz 2 nicht vervollständigt wurde; d) die Sicherstellungsentscheidung sich auf eine Straftat bezieht, die ganz oder teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets des Entscheidungsstaats und ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangen wurde, und die Handlung, aufgrund der die Sicherstellungsentscheidung ergangen ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt; e) in einem unter Artikel 3 Absatz 2 genannten Fall die Handlung, aufgrund der die Sicherstellungsentscheidung ergangen ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt; in Fällen, die Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen betreffen, kann die Anerkennung oder Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung jedoch nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Recht des Vollstreckungsstaats nicht dieselbe Art von Steuern vorschreibt oder nicht dieselbe Art von Steuer-, Zollund Währungsbestimmungen vorsieht wie das Recht des Entscheidungsstaats; f) in Ausnahmefällen aufgrund genauer und objektiver Angaben berechtigte Gründe zu der Annahme bestehen, dass die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung unter den besonderen Umständen des Falles die offensichtliche Verletzung eines in der Charta verankerten relevanten Grundrechts, insbesondere des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, des Rechts auf ein faires Verfahren oder des Rechts auf Verteidigung zur Folge hätte. (2) Bevor die Vollstreckungsbehörde in einem der in Absatz 1 genannten Fälle beschließt, die Sicherstellungsentscheidung ganz oder teilweise nicht anzuerkennen oder nicht zu vollstrecken, hält sie in geeigneter Weise mit der Entscheidungsbehörde Rücksprache und ersucht diese gegebenenfalls um unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen Informationen. (3) Der Beschluss, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung zu versagen, wird unverzüglich gefasst und der Entscheidungsbehörde umgehend in einer Form mitgeteilt, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. (4) Stellt eine Vollstreckungsbehörde, die eine Sicherstellungsentscheidung anerkannt hat, während deren Vollstreckung fest, dass einer der Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung vorliegt, so nimmt sie umgehend auf geeignete Art und Weise mit der Entscheidungsbehörde Kontakt auf, um zu erörtern, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Die Entscheidungsbehörde kann auf dieser Grundlage beschließen, die Sicherstellungsentscheidung zurückzuziehen. Wird im Anschluss
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an diese Erörterung keine Lösung erzielt, kann die Vollstreckungsbehörde beschließen, die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung einzustellen. Artikel 9 Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen (1) Nach Erhalt der Sicherstellungsbescheinigung fasst die Vollstreckungsbehörde den Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung und vollstreckt diese Entscheidung unverzüglich und mit der gleichen Geschwindigkeit und Dringlichkeit wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall. (2) Hat die Entscheidungsbehörde in der Sicherstellungsbescheinigung angegeben, dass die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt durchzuführen ist, so wird dies von der Vollstreckungsbehörde möglichst weitgehend berücksichtigt. Wenn die Entscheidungsbehörde angegeben hat, dass sich die beteiligten Mitgliedstaaten abstimmen müssen, stimmen sich die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde zur Vereinbarung des Zeitpunkts, zu dem die Sicherstellungsentscheidung vollstreckt wird, untereinander ab. Wenn keine Einigung erreicht werden kann, entscheidet die Vollstreckungsbehörde über den Zeitpunkt der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung, wobei sie die Interessen der Entscheidungsbehörde so weit wie möglich berücksichtigt. (3) Wenn die Entscheidungsbehörde in der Sicherstellungsbescheinigung angegeben hat, dass die Sicherstellung aufgrund berechtigter Gründe zu der Annahme, dass die betreffenden Vermögensgegenstände in Kürze verbracht oder vernichtet werden, oder angesichts ermittlungs- oder verfahrenstechnischer Erfordernisse im Entscheidungsstaat sofort erfolgen muss, fasst die Vollstreckungsbehörde den Beschluss über die Anerkennung der Sicherstellungsentscheidung unbeschadet des Absatzes 5 spätestens 48 Stunden nach Eingang der Sicherstellungsentscheidung bei der Vollstreckungsbehörde. Die Vollstreckungsbehörde trifft die zur Vollstreckung der Entscheidung erforderlichen konkreten Maßnahmen spätestens 48 Stunden nach diesem Beschluss. (4) Die Vollstreckungsbehörde informiert die Entscheidungsbehörde über den Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung unverzüglich in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. (5) Wenn in einem spezifischen Fall die Fristen gemäß Absatz 3 nicht eingehalten werden können, unterrichtet die Vollstreckungsbehörde umgehend die Entscheidungsbehörde in beliebiger Form, gibt dabei die Gründe an, aus denen die Fristen nicht eingehalten werden konnten, und stimmt sich mit der Entscheidungsbehörde über einen geeigneten Zeitplan für die Anerkennung oder Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung ab. (6) Der Ablauf der in Absatz 3 festgelegten Fristen entbindet die Vollstreckungsbehörde nicht von ihrer Verpflichtung, unverzüglich einen Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung zu fassen und diese Entscheidung unverzüglich zu vollstrecken. Artikel 10 Aussetzung der Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer gemäß Artikel 4 übermittelten Sicherstellungsentscheidung aussetzen, wenn a) deren Vollstreckung laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigen könnte; in diesem Fall kann die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung so lange ausgesetzt werden, wie die Vollstreckungsbehörde es für angemessen hält; b) die Vermögensgegenstände bereits Gegenstand einer bestehenden Sicherstellungsentscheidung sind; in diesem Fall kann die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung so lange ausgesetzt werden, bis diese bestehende Entscheidung aufgehoben wird; oder c) die Vermögensgegenstände bereits Gegenstand einer bestehenden Entscheidung sind, die im Vollstreckungsstaat im Rahmen eines anderen Verfahrens ergangen ist; in diesem Fall kann die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung so lange ausgesetzt werden, bis diese bestehende Entscheidung aufgehoben wird. Dies gilt jedoch nur, wenn die bestehende Entscheidung nach nationalem Recht Vorrang vor späteren nationalen Sicherstellungsentscheidungen in Strafsachen hätte. (2) Die Vollstreckungsbehörde berichtet der Entscheidungsbehörde umgehend über die Aussetzung der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis er-
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möglicht unter Angabe der Gründe für die Aussetzung sowie, falls möglich, der voraussichtlichen Dauer der Aussetzung. (3) Sobald die Aussetzungsgründe entfallen, trifft die Vollstreckungsbehörde umgehend die zur Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung notwendigen Maßnahmen und teilt dies der Entscheidungsbehörde in einer Form mit, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. Artikel 11 Vertraulichkeit (1) Während der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung tragen die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde der Vertraulichkeit der Ermittlung, in deren Zusammenhang die Sicherstellungsentscheidung erlassen wurde, gebührend Rechnung. (2) Soweit die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung nichts anderes gebietet, gewährleistet die Vollstreckungsbehörde gemäß ihrem nationalen Recht die Vertraulichkeit des Sachverhalts und des Inhalts der Sicherstellungsentscheidung. Sobald die Sicherstellungsentscheidung vollstreckt wurde, setzt die Vollstreckungsbehörde die betroffenen Personen hiervon unbeschadet von Absatz 3 dieses Artikels und unter Beachtung von Artikel 32 in Kenntnis. (3) Zum Schutz laufender Ermittlungen kann die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde ersuchen, die Unterrichtung der betroffenen Personen über die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung gemäß Artikel 32 auszusetzen. Sobald die Unterrichtung der betroffenen Personen zum Schutz laufender Ermittlungen nicht länger ausgesetzt werden muss, setzt die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde darüber entsprechend in Kenntnis, sodass die Vollstreckungsbehörde die betroffenen Personen gemäß Artikel 32 über die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung unterrichten kann. (4) Kann die Vollstreckungsbehörde die sich aus diesem Artikel ergebenden Vertraulichkeitsverpflichtungen nicht einhalten, so teilt sie dies der Entscheidungsbehörde umgehend und nach Möglichkeit vor der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung mit. Artikel 12 Geltungsdauer von Sicherstellungsentscheidungen (1) Der von einer Sicherstellungsentscheidung betroffene Vermögensgegenstand ist im Vollstreckungsstaat so lange sicherzustellen, bis die zuständige Behörde dieses Staates einer gemäß Artikel 14 übermittelten Einziehungsentscheidung endgültig entsprochen hat oder die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde über einen Beschluss oder eine Maßnahme unterrichtet, aufgrund dessen oder deren die Entscheidung nicht mehr vollstreckbar oder die Vollstreckung gemäß Artikel 27 Absatz 1 aufgehoben wird. (2) Die Vollstreckungsbehörde kann unter Berücksichtigung der Umstände des Falles ein begründetes Ersuchen an die Entscheidungsbehörde richten, um die Sicherstellung des Vermögensgegenstands zu befristen. Ein solches Ersuchen wird zusammen mit einschlägigen Begleitinformationen in einer Weise übermittelt, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Entscheidungsbehörde die Feststellung der Echtheit gestatten. Bei der Prüfung eines solchen Ersuchens trägt die Entscheidungsbehörde allen Interessen, auch denen der Vollstreckungsbehörde, Rechnung. Die Entscheidungsbehörde antwortet so bald wie möglich auf das Ersuchen. Ist die Entscheidungsbehörde mit der Befristung nicht einverstanden, teilt sie der Vollstreckungsbehörde die Gründe dafür mit. In einem solchen Fall ist der Vermögensgegenstand so lange sicherzustellen, wie dies in Absatz 1 vorgesehen ist. Antwortet die Entscheidungsbehörde nicht innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt des Ersuchens, ist die Vollstreckungsbehörde nicht länger zur Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung verpflichtet. Artikel 13 Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung (1) Kann eine Sicherstellungsentscheidung nach Auffassung der Vollstreckungsbehörde nicht vollstreckt werden, so setzt sie die Entscheidungsbehörde unverzüglich darüber in Kenntnis. (2) Vor Unterrichtung der Entscheidungsbehörde nach Absatz 1 berät sich die Vollstreckungsbehörde gegebenenfalls mit der Entscheidungsbehörde. (3) Die Versagung der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung gemäß diesem Artikel lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Vermögensgegenstände
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a) b) c) d) e)
bereits eingezogen wurden, verschwunden sind, vernichtet wurden, an dem in der Sicherstellungsbescheinigung angegebenen Ort nicht aufzufinden sind oder nicht aufzufinden sind, weil die Angabe des Orts, an dem sich die Vermögensgegenstände befinden, trotz der Abstimmungen nach Absatz 2 zu ungenau war. (4) Erhält die Vollstreckungsbehörde in Bezug auf die in Absatz 3 Buchstaben b, d und e genannten Fälle später Informationen, aufgrund der sie die Vermögensgegenstände ausfindig machen kann, so kann die Vollstreckungsbehörde die Sicherstellungsentscheidung vollstrecken, ohne dass dafür eine neue Sicherstellungsbescheinigung übermittelt werden muss, sofern sie sich vor der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung bei der Entscheidungsbehörde vergewissert hat, dass die Sicherstellungsentscheidung noch gültig ist. (5) Hat die Entscheidungsbehörde angegeben, dass Vermögensgegenstände mit entsprechendem Wert sichergestellt werden könnten, ist die Vollstreckungsbehörde ungeachtet des Absatzes 3 nicht verpflichtet die Sicherstellungsentscheidung zu vollstrecken, wenn einer der in Absatz 3 genannten Fälle vorliegt und keine Vermögensgegenstände mit entsprechendem Wert vorhanden sind, die sichergestellt werden können. KAPITEL III ÜBERMITTLUNG, ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG VON EINZIEHUNGSENTSCHEIDUNGEN Artikel 14 Übermittlung von Einziehungsentscheidungen (1) Einziehungsentscheidungen werden durch eine Einziehungsbescheinigung übermittelt. Die Entscheidungsbehörde übermittelt die Einziehungsbescheinigung nach Artikel 17 direkt der Vollstreckungsbehörde oder gegebenenfalls der in Artikel 24 Absatz 2 genannten zentralen Stelle in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Vollstreckungsbehörde die Feststellung der Echtheit der Einziehungsbescheinigung gestattet. (2) Die Mitgliedstaaten können eine Erklärung abgeben, der zufolge die Entscheidungsbehörde ihnen bei der Übermittlung einer Einziehungsbescheinigung zwecks Anerkennung und Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung auch das Original der Einziehungsentscheidung oder eine beglaubigte Abschrift davon zusammen mit der Einziehungsbescheinigung übermitteln muss. Gemäß Artikel 17 Absatz 2 muss jedoch nur die Einziehungsbescheinigung übersetzt werden. (3) Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 2 genannte Erklärung vor dem Tag des Geltungsbeginns dieser Verordnung oder zu einem späteren Zeitpunkt abgeben. Die Mitgliedstaaten können eine solche Erklärung jederzeit zurückziehen. Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission in Kenntnis, wenn sie eine solche Erklärung abgeben oder zurückziehen. Die Kommission macht derartige Informationen allen Mitgliedstaaten und dem EJN zugänglich. (4) Im Falle einer Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags übermittelt die Entscheidungsbehörde die Einziehungsbescheinigung dem Mitgliedstaat, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen Vermögen oder Einkommen der Person vermutet, gegen die die Einziehungsentscheidung ergangen ist. (5) Im Falle einer Entscheidung über die Einziehung bestimmter Vermögensgegenstände übermittelt die Entscheidungsbehörde die Einziehungsbescheinigung dem Mitgliedstaat, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen solche Vermögensgegenstände vermutet. (6) Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde, wenn sie von betroffenen Personen Kenntnis hat. Die Entscheidungsbehörde übermittelt der Vollstreckungsbehörde auf Ersuchen auch alle Informationen, die für etwaige Ansprüche relevant sind, die solche betroffenen Personen in Bezug auf den Vermögensgegenstand haben können, einschließlich Angaben zur Identifizierung dieser Personen. (7) Ist der Entscheidungsbehörde die zuständige Vollstreckungsbehörde trotz der gemäß Artikel 24 Absatz 3 zur Verfügung gestellten Informationen nicht bekannt, so versucht die zuständige Entscheidungsbehörde mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln — auch über die Kontaktstellen des EJN — festzustellen, welche Behörde für die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung zuständig ist.
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(8) Ist die Behörde im Vollstreckungsstaat, die eine Einziehungsbescheinigung erhält, nicht dafür zuständig, die Einziehungsentscheidung anzuerkennen oder die für deren Vollstreckung erforderlichen Maßnahmen zu treffen, so übermittelt diese Behörde die Einziehungsbescheinigung umgehend der zuständigen Vollstreckungsbehörde in ihrem Mitgliedstaat und unterrichtet die Entscheidungsbehörde entsprechend. Artikel 15 Übermittlung einer Einziehungsentscheidung an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten (1) Eine Einziehungsbescheinigung wird gemäß Artikel 14 jeweils nur einem Vollstreckungsstaat übermittelt, es sei denn, Absatz 2 oder Absatz 3 dieses Artikels sind erfüllt. (2) Die Einziehungsbescheinigung kann, wenn die Einziehungsentscheidung bestimmte Vermögensgegenstände betrifft, gleichzeitig mehr als einem Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn a) die Entscheidungsbehörde berechtigte Gründe zu der Annahme hat, dass sich verschiedene von der Einziehungsentscheidung betroffene Vermögensgegenstände in verschiedenen Vollstreckungsstaaten befinden, oder b) die Einziehung eines von der Einziehungsentscheidung betroffenen bestimmten Vermögensgegenstands Maßnahmen in mehr als einem Vollstreckungsstaat erfordern würde. (3) Die Einziehungsbescheinigung kann, wenn sie einen Geldbetrag betrifft, gleichzeitig mehr als einem Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn hierzu nach Auffassung der Entscheidungsbehörde eine besondere Notwendigkeit besteht; dies gilt besonders in Fällen, in denen a) der betreffende Vermögensgegenstand nicht gemäß dieser Verordnung sichergestellt worden ist oder b) der geschätzte Wert des Vermögensgegenstands, der im Entscheidungsstaat und in irgendeinem Vollstreckungsstaat eingezogen werden kann, voraussichtlich nicht zur Einziehung des gesamten in der Einziehungsentscheidung ausgewiesenen Betrags ausreicht. Artikel 16 Folgen der Übermittlung von Einziehungsentscheidungen (1) Die Übermittlung einer Einziehungsentscheidung gemäß den Artikeln 14 und 15 beschränkt nicht das Recht des Entscheidungsstaats, die Entscheidung zu vollstrecken. (2) Der Gesamtbetrag, der sich aus der Vollstreckung der Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags ergibt, darf nicht den in dieser Entscheidung festgelegten Höchstbetrag übersteigen, unabhängig davon, ob diese Entscheidung einem oder mehreren Vollstreckungsstaaten übermittelt wurde. (3) Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde umgehend in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, wenn a) sie aufgrund von Informationen, die sie von der Vollstreckungsbehörde insbesondere gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b erhalten hat, der Auffassung ist, dass das Risiko besteht, dass eine Einziehung über den Höchstbetrag hinaus erfolgen könnte; b) die Einziehungsentscheidung ganz oder teilweise im Entscheidungsstaat oder in einem anderen Vollstreckungsstaat vollstreckt wurde; in diesem Fall gibt sie an für welchen Betrag die Einziehungsentscheidung noch nicht vollstreckt wurde; oder c) nach Übermittlung einer Einziehungsbescheinigung gemäß Artikel 14 eine Behörde des Entscheidungsstaats einen Geldbetrag erhält, der aufgrund der Einziehungsentscheidung gezahlt wurde. Wenn Buchstabe a des Unterabsatz 1 greift, unterrichtet die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde so bald wie möglich, wenn das unter diesem Buchstaben genannte Risiko nicht mehr besteht. Artikel 17 Standardisierte Einziehungsbescheinigung (1) Um eine Einziehungsentscheidung zu übermitteln, füllt die Entscheidungsbehörde die in Anhang II enthaltene Einziehungsbescheinigung aus, unterzeichnet sie und bestätigt die Genauigkeit und Richtigkeit ihres Inhalts. (2) Die Entscheidungsbehörde stellt der Vollstreckungsbehörde eine Übersetzung der Einziehungsbescheinigung in einer der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder in einer von dem Vollstreckungsstaat gemäß Absatz 3 akzeptierten anderen Sprache zur Verfügung.
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(3) Jeder Mitgliedstaat kann jederzeit in einer der Kommission übermittelten Erklärung angeben, dass er Übersetzungen von Einziehungsbescheinigungen in eine oder mehrere Amtssprachen der Union, die nicht die Amtssprache oder Amtssprachen des jeweiligen Mitgliedstaats sind, akzeptiert. Die Kommission macht die Erklärungen allen Mitgliedstaaten und dem EJN zugänglich. Artikel 18 Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde erkennt jede gemäß Artikel 14 übermittelte Einziehungsentscheidung an und trifft die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung auf dieselbe Weise wie bei einer von einer Behörde des Vollstreckungsstaats erlassenen innerstaatlichen Einziehungsentscheidung, es sei denn, die betreffende Vollstreckungsbehörde macht einen der in Artikel 19 vorgesehenen Gründe für die Versagung der Anerkennung und der Vollstreckung oder einen der in Artikel 21 vorgesehenen Aussetzungsgründe geltend. (2) Betrifft eine Einziehungsentscheidung einen bestimmten Vermögensgegenstand, so können die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde, sofern dies im Recht des Entscheidungsstaats vorgesehen ist, vereinbaren, dass die Einziehung im Vollstreckungsstaat durch die Einziehung eines Geldbetrags erfolgen kann, der dem Wert des einzuziehenden Vermögensgegenstands entspricht. (3) Betrifft eine Einziehungsentscheidung einen Geldbetrag und kann die Vollstreckungsbehörde keine Zahlung erwirken, so vollstreckt sie die Einziehungsentscheidung gemäß Absatz 1 unter Rückgriff. auf jeden zu diesem Zweck verfügbaren Vermögensgegenstand. Gegebenenfalls rechnet die Vollstreckungsbehörde den einzuziehenden Betrag in die Währung des Vollstreckungsstaats zu dem EuroTageskurs um, der am Tag des Erlasses der Einziehungsentscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C veröffentlicht wurde. (4) Wird gemäß der Einziehungsentscheidung ein Teil des Geldbetrags in einem anderen Staat als dem Vollstreckungsstaat beigetrieben, so ist dieser Teil vollständig auf den im Vollstreckungsstaat einzuziehenden Betrag anzurechnen. (5) Hat die Entscheidungsbehörde eine Einziehungsentscheidung, aber keine Sicherstellungsentscheidung erlassen, so kann die Vollstreckungsbehörde im Rahmen der in Absatz 1 genannten Maßnahmen beschließen, den betreffenden Vermögensgegenstand im Hinblick auf die spätere Vollstreckung der Einziehungsentscheidung auf eigene Veranlassung gemäß ihrem nationalen Recht sicherzustellen. In diesem Fall unterrichtet die Vollstreckungsbehörde unverzüglich und nach Möglichkeit vor der Sicherstellung der betreffenden Vermögenswerte die Entscheidungsbehörde. (6) Sobald die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung abgeschlossen ist, unterrichtet die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde über die Ergebnisse der Vollstreckung in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. Artikel 19 Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde kann die Anerkennung oder Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung nur dann versagen, wenn a) die Vollstreckung der Entscheidung dem Grundsatz „ne bis in idem“ zuwiderlaufen würde; b) nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Vorrechte oder Immunitäten bestehen, die der Einziehung des betreffenden Vermögensgegenstands entgegenstehen, oder wenn Vorschriften zur Bestimmung und Beschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Bezug auf die Pressefreiheit oder die Freiheit der Meinungsäußerung in anderen Medien bestehen, die der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung entgegenstehen; c) die Einziehungsbescheinigung unvollständig oder offenkundig unrichtig ausgefüllt und nach der in Absatz 2 vorgesehenen Abstimmung nicht vervollständigt wurde; d) die Einziehungsentscheidung sich auf eine Straftat bezieht, die ganz oder teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets des Entscheidungsstaats und ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangen wurde, und die Handlung, aufgrund deren die Einziehungsentscheidung ergangen ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt; e) die Rechte betroffener Personen nach dem Recht des Vollstreckungsstaats die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung unmöglich machen würden, einschließlich wenn sich die Unmöglichkeit der Vollstreckung aus der Einlegung von Rechtsbehelfen gemäß Artikel 33 ergibt;
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Vorbemerkungen | Vor §§ 73–76b
f)
in einem in Artikel 3 Absatz 2 genannten Fall die Handlung, aufgrund der die Einziehungsentscheidung ergangen ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt; in Fällen, die Steuer- oder Zoll- und Währungsbestimmungen betreffen, kann die Anerkennung oder Vollstreckung der Einziehungsentscheidung jedoch nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Recht des Vollstreckungsstaats nicht dieselbe Art von Steuern vorschreibt oder nicht dieselbe Art von Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen vorsieht wie das Recht des Entscheidungsstaats; g) laut der Einziehungsbescheinigung die Person, gegen die die Einziehungsentscheidung ergangen ist, nicht persönlich zu der Verhandlung erschienen ist, die zu der Einziehungsentscheidung im Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Verurteilung geführt hat, außer aus der Einziehungsbescheinigung geht hervor, dass die betroffene Person im Einklang mit weiteren verfahrensrechtlichen Vorschriften des Rechts des Entscheidungsstaates i) rechtzeitig persönlich vorgeladen wurde und dabei über den geplanten Termin und Ort der Verhandlung, die zu der Einziehungsentscheidung geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde oder auf anderem Wege tatsächlich offiziell vom geplanten Termin und Ort der Verhandlung Kenntnis erhalten hatte, und zwar in einer Weise, dass sich zweifelsfrei nachweisen ließ, dass die betroffene Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte und rechtzeitig darüber unterrichtet wurde, dass eine Einziehungsentscheidung auch im Falle ihres Nichterscheinens zur Verhandlung ergehen kann; ii) in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einem Rechtsanwalt, der entweder von der betroffenen Person selbst oder vom Staat bestellt wurde, das Mandat erteilt hat, die betroffene Person bei der Verhandlung zu verteidigen, und bei der Verhandlung von diesem Rechtsanwalt tatsächlich verteidigt wurde; oder iii) nachdem ihr die Einziehungsentscheidung zugestellt und sie ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren belehrt wurde, das ihr die Möglichkeit der Teilnahme und einer erneuten Prüfung des Sachverhalts einschließlich einer Prüfung neuer Beweismittel mit der Option der Aufhebung der ursprünglichen Einziehungsentscheidung eröffnen würde, ausdrücklich erklärt hat, dass sie die Einziehungsentscheidung nicht anficht oder innerhalb der geltenden Frist keine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. kein Berufungsverfahren ersucht hat; h) in Ausnahmefällen aufgrund genauer und objektiver Angaben berechtigte Gründe zu der Annahme bestehen, dass die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung unter den besonderen Umständen des Falles die offensichtliche Verletzung eines in der Charta verankerten relevanten Grundrechts, insbesondere des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, des Rechts auf ein faires Verfahren oder des Rechts auf Verteidigung zur Folge hätte. (2) Bevor die Vollstreckungsbehörde in einem der in Absatz 1 genannten Fälle beschließt, die Einziehungsentscheidung ganz oder teilweise nicht anzuerkennen oder nicht zu vollstrecken, hält sie in geeigneter Wiese mit der Entscheidungsbehörde Rücksprache und ersucht diese gegebenenfalls um unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen Informationen. (3) Der Beschluss, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung zu versagen, wird unverzüglich gefasst und der Entscheidungsbehörde umgehend in einer Form mitgeteilt, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. Artikel 20 Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde fasst den Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung unverzüglich, unbeschadet des Absatzes 4 jedoch spätestens 45 Tage nach Eingang der Einziehungsbescheinigung bei der Vollstreckungsbehörde. (2) Die Vollstreckungsbehörde teilt der Entscheidungsbehörde ihren Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung unverzüglich in einer Weise mit, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. (3) Sofern keine Aussetzungsgründe nach Artikel 21 vorliegen, trifft die Vollstreckungsbehörde die konkreten für die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung erforderlichen Maßnahmen unverzüglich, zumindest aber mit der gleichen Geschwindigkeit und Dringlichkeit wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall.
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(4) Wenn in einem spezifischen Fall die Frist gemäß Absatz 1 nicht eingehalten werden kann, unterrichtet die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde unverzüglich in beliebiger Form, gibt dabei die Gründe an, aus denen die Frist nicht eingehalten werden konnte, und stimmt sich mit der Entscheidungsbehörde über einen geeigneten Zeitplan für die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung ab. (5) Der Ablauf der in Absatz 1 festgelegten Frist entbindet die Vollstreckungsbehörde nicht von ihrer Verpflichtung, einen Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung zu fassen und diese Entscheidung unverzüglich zu vollstrecken. Artikel 21 Aussetzung der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen (1) Die Vollstreckungsbehörde kann die Anerkennung oder die Vollstreckung einer gemäß Artikel 14 übermittelten Einziehungsentscheidung aussetzen, wenn a) deren Vollstreckung laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigen könnte; in diesem Fall kann die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung so lange ausgesetzt werden, wie die Vollstreckungsbehörde es für angemessen hält; b) sie bei einer Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags der Auffassung ist, dass das Risiko besteht, dass der sich aus der Vollstreckung dieser Einziehungsentscheidung eingezogene Gesamtbetrag den in der Einziehungsentscheidung festgelegten Betrag aufgrund einer gleichzeitigen Vollstreckung der Einziehungsentscheidung in mehr als einem Mitgliedstaat erheblich übersteigen könnte; c) die Vermögensgegenstände bereits Gegenstand eines laufenden Einziehungsverfahrens im Vollstreckungsstaat sind; oder d) ein Rechtsbehelf gemäß Artikel 33 eingelegt wurde. (2) Ungeachtet des Artikels 18 Absatz 5 trifft die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats für die Dauer der Aussetzung der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung sämtliche Maßnahmen, die sie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall ergreifen würde, um zu verhindern, dass die Vermögensgegenstände nicht mehr zum Zwecke der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung verfügbar sind. (3) Die Vollstreckungsbehörde berichtet der Entscheidungsbehörde über die Aussetzung der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung unverzüglich in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, unter Angabe der Gründe für die Aussetzung sowie, falls möglich, der voraussichtlichen Dauer der Aussetzung. (4) Sobald die Aussetzungsgründe entfallen, trifft die Vollstreckungsbehörde unverzüglich die für die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung erforderlichen Maßnahmen und teilt dies der Entscheidungsbehörde in einer Weise mit, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. Artikel 22 Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung (1) Kann eine Einziehungsentscheidung nach Auffassung der Vollstreckungsbehörde nicht vollstreckt werden, so setzt sie die Entscheidungsbehörde unverzüglich davon in Kenntnis. (2) Vor der Unterrichtung der Entscheidungsbehörde nach Absatz 1 berät sich die Vollstreckungsbehörde gegebenenfalls mit der Entscheidungsbehörde, wobei auch den in Artikel 18 Absatz 2 oder Absatz 3 genannten Möglichkeiten Rechnung getragen wird. (3) Die Versagung der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung gemäß diesem Artikel lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Vermögensgegenstände a) bereits eingezogen wurden, b) verschwunden sind, c) vernichtet wurden, d) an dem in der Einziehungsbescheinigung angegebenen Ort nicht aufzufinden sind oder e) nicht aufzufinden sind, weil die Angabe des Orts, an dem sich die Vermögensgegenstände befinden, trotz der Abstimmungen nach Absatz 2 zu ungenau war. (4) Erhält die Vollstreckungsbehörde in Bezug auf die in Absatz 3 Buchstaben b, d und e genannten Fälle später Informationen, aufgrund der sie die Vermögensgegenstände ausfindig machen kann, so kann die Vollstreckungsbehörde die Einziehungsentscheidung vollstrecken, ohne dass dafür eine neue Einziehungsbescheinigung übermittelt werden muss, sofern die Vollstreckungsbehörde sich vor der Vollstre-
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ckung der Einziehungsentscheidung bei der Entscheidungsbehörde vergewissert hat, dass die Einziehungsentscheidung noch gültig ist. (5) Hat die Entscheidungsbehörde angegeben, dass Vermögensgegenstände mit entsprechendem Wert eingezogen werden könnten, so ist die Vollstreckungsbehörde ungeachtet des Absatzes 3 nicht dazu verpflichtet, die Einziehungsentscheidung zu vollstrecken, wenn einer der in Absatz 3 genannten Fälle vorliegt und keine Vermögensgegenstände mit entsprechendem Wert vorhanden sind, die eingezogen werden können. KAPITEL IV ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Artikel 23 Für die Vollstreckung maßgebendes Recht (1) Für die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung ist das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend; dessen Behörden entscheiden allein, auf welche Weise deren Vollstreckung erfolgt und welche Maßnahmen zu diesem Zweck ergriffen werden. (2) Eine gegen eine juristische Person ergangene Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung ist selbst dann zu vollstrecken, wenn der Grundsatz der strafrechtlichen Haftung juristischer Personen im Vollstreckungsstaat nicht anerkannt wird. (3) Ungeachtet des Artikels 18 Absätze 2 und 3 kann der Vollstreckungsstaat ohne Zustimmung des Entscheidungsstaats keine Ersatzmaßnahmen zu der nach dem Artikel 4 übermittelten Sicherstellungsentscheidung oder der nach dem Artikel 14 übermittelten Einziehungsentscheidung verhängen. Artikel 24 Benennung der zuständigen Behörden (1) Bis zum 19. Dezember 2020 teilt jeder Mitgliedstaat der Kommission mit, welche Behörde oder Behörden im Sinne des Artikels 2 Nummern 8 und 9 nach seinem Recht zuständig ist bzw. sind, wenn dieser Mitgliedstaat entweder Entscheidungsstaat oder Vollstreckungsstaat ist. (2) Wenn es sich aufgrund des Aufbaus des innerstaatlichen Rechtssystems als erforderlich erweist, kann jeder Mitgliedstaat eine oder mehrere zentrale Behörden benennen, die für die administrative Übermittlung und Entgegennahme der Sicherstellungs-oder Einziehungsbescheinigungen und für die Unterstützung seiner zuständigen Behörden verantwortlich sind. Jeder Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über jede auf diese Weise benannte Behörde. (3) Die Kommission macht diese nach Maßgabe dieses Artikels erhaltenen Angaben allen Mitgliedstaaten und dem EJN zugänglich. Artikel 25 Kommunikation (1) Die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde halten bei Bedarf unverzüglich unter Einsatz aller geeigneten Kommunikationsmittel miteinander Rücksprache, um die effiziente Anwendung dieser Verordnung sicherzustellen. (2) Alle Mitteilungen, einschließlich jener zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Übermittlung oder der Authentifikation der zur Vollstreckung der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung erforderlichen Unterlagen, erfolgen unmittelbar zwischen der Entscheidungsbehörde und der Vollstreckungsbehörde und, wenn ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 24 Absatz 2 eine zentrale Behörde benannt hat, gegebenenfalls unter Einschaltung dieser zentralen Behörde. Artikel 26 Mehrfache Entscheidungen (1) Wenn die Vollstreckungsbehörde zwei oder mehr von verschiedenen Mitgliedstaaten ausgestellte Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen gegen dieselbe Person erhält und diese Person im Vollstreckungsstaat nicht über die für die Vollstreckung aller Entscheidungen ausreichenden Vermögensgegenstände verfügt oder wenn die Vollstreckungsbehörde zwei oder mehr Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen über ein und denselben bestimmten Vermögensgegenstand erhält, so beschließt die
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Vollstreckungsbehörde nach dem Recht des Vollstreckungsstaats und unbeschadet der Möglichkeit einer Aussetzung der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung gemäß Artikel 21, welche der Entscheidungen zu vollstrecken ist. (2) Bei diesem Beschluss räumt die Vollstreckungsbehörde nach Möglichkeit den Interessen der geschädigten Personen Vorrang ein. Sie trägt ferner allen anderen relevanten Umständen Rechnung, einschließlich a) der Frage, ob die Vermögensgegenstände schon sichergestellt sind, b) des Zeitpunkts der jeweiligen Entscheidungen bzw. ihrer Übermittlung, c) der Schwere der betreffenden Straftat und d) des Ortes, an dem die Straftat verübt wurde. Artikel 27 Beendigung der Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung (1) Wenn die Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung nicht mehr vollstreckbar oder nicht mehr gültig ist, hebt die Entscheidungsbehörde die Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung unverzüglich auf. (2) Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, umgehend über die Aufhebung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung sowie über jeden Beschluss oder jede Maßnahme, aufgrund der eine Sicherstellungsoder Einziehungsentscheidung aufgehoben wird. (3) Sobald die Vollstreckungsbehörde von der Entscheidungsbehörde nach Absatz 2 entsprechend unterrichtet wurde, beendet sie die Vollstreckung der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung, sofern die Vollstreckung noch nicht abgeschlossen ist. Die Vollstreckungsbehörde übermittelt dem Entscheidungsstaat unverzüglich in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, eine Bestätigung über die Beendigung. Artikel 28 Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögensgegenstände und Verfügung darüber (1) Für die Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögensgegenstände ist das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend. (2) Der Vollstreckungsstaat verwaltet die sichergestellten oder eingezogenen Vermögensgegenstände in einer Weise, die ihre Wertminderung verhindert. Zu diesem Zweck kann der Vollstreckungsstaat unter Berücksichtigung des Artikels 10 der Richtlinie 2014/42/EU sichergestellte Vermögensgegenstände veräußern oder übertragen. (3) Sichergestellte Vermögensgegenstände und infolge der Veräußerung dieser Vermögensgegenstände nach Absatz 2 erzielte Geldbeträge verbleiben unbeschadet der Möglichkeit einer Rückgabe von Vermögensgegenständen gemäß Artikel 29 so lange im Vollstreckungsstaat, bis eine Einziehungsbescheinigung übermittelt und die Einziehungsentscheidung vollstreckt wurde. (4) Der Vollstreckungsstaat ist nicht verpflichtet, bestimmte von einer Einziehungsentscheidung betroffene Gegenstände zu veräußern oder zurückzugeben, wenn diese Gegenstände Kulturgüter nach Maßgabe des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie 2014/60/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (18) sind. Diese Verordnung berührt nicht die Verpflichtung zur Rückgabe von Kulturgütern gemäß jener Richtlinie. Artikel 29 Rückgabe sichergestellter Vermögensgegenstände an die geschädigte Person (1) Hat die Entscheidungsbehörde oder eine andere zuständige Behörde des Entscheidungsstaats nach ihrem nationalen Recht die Rückgabe sichergestellter Vermögensgegenstände an die geschädigte Person beschlossen, so trägt die Entscheidungsbehörde Informationen über diesen Beschluss in die Sicherstellungsbescheinigung ein oder setzt die Vollstreckungsbehörde zu einem späteren Zeitpunkt von diesem Beschluss in Kenntnis. (2) Wurde die Vollstreckungsbehörde gemäß Absatz 1 über einen Beschluss, sichergestellte Vermögensgegenstände der geschädigten Person zurückzugeben, informiert, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die betreffenden Vermögensgegenstände nach ihrer Sicherstellung so
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bald wie möglich gemäß den Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsstaats, falls nötig über den Entscheidungsstaat, der geschädigten Person zurückgegeben werden, vorausgesetzt dass a) das Eigentumsrecht der geschädigten Person an den Vermögensgegenständen nicht angefochten wird, b) die Vermögensgegenstände im Vollstreckungsstaat nicht als Beweismittel in Strafverfahren benötigt werden und c) die Rechte betroffener Personen nicht beeinträchtigt werden. Falls der Vermögensgegenstand direkt der geschädigten Person übertragen wird, setzt die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde hiervon in Kenntnis. (3) Ist die Vollstreckungsbehörde nicht davon überzeugt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind, so berät sie sich unverzüglich auf geeignete Weise mit der Entscheidungsbehörde im Hinblick auf eine Lösung. Kann keine Lösung gefunden werden, kann die Vollstreckungsbehörde entscheiden, die sichergestellten Vermögensgegenstände der geschädigten Person nicht zurückzugeben. Artikel 30 Verfügung über eingezogene Vermögensgegenstände oder infolge der Veräußerung dieser Vermögensgegenstände erzielte Geldbeträge (1) Hat die Entscheidungsbehörde oder eine andere zuständige Behörde des Entscheidungsstaats nach ihrem nationalen Recht entweder die Rückgabe eingezogener Vermögensgegenstände an die geschädigte Person oder die Entschädigung der geschädigten Person beschlossen, so trägt die Entscheidungsbehörde die Informationen über diesen Beschluss in die Sicherstellungsbescheinigung ein oder setzt die Vollstreckungsbehörde zu einem späteren Zeitpunkt von diesem Beschluss in Kenntnis. (2) Wurde die Vollstreckungsbehörde gemäß Absatz 1 über einen Beschluss, eingezogene Vermögensgegenstände der geschädigten Person zurückzugeben, informiert, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die betreffenden Vermögensgegenstände nach ihrer Einziehung so bald wie möglich erforderlichenfalls über den Entscheidungsstaat, der geschädigten Person zurückgegeben werden. Falls der Vermögensgegenstand direkt der geschädigten Person übertragen wird, setzt die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde hiervon in Kenntnis. (3) Wenn es der Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist, die Vermögensgegenstände gemäß Absatz 2 an die geschädigte Person zurückzugeben, aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung in Bezug auf diesen Vermögensgegenstand jedoch ein Geldbetrag hervorgegangen ist, so wird der geschädigten Person der entsprechende Betrag zum Zwecke der Rückgabe, erforderlichenfalls über den Entscheidungsstaat, übertragen. Falls der geschädigten Person direkt ein Geldbetrag übertragen wird, setzt die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde hiervon in Kenntnis. Über etwaige verbleibende Vermögensgegenstände wird nach Maßgabe des Absatzes 7 verfügt. (4) Wurde die Vollstreckungsbehörde gemäß Absatz 1 über einen Beschluss, die geschädigte Person zu entschädigen, informiert und ist aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung ein Geldbetrag hervorgegangen, so wird der entsprechende Betrag, sofern er den in der Bescheinigung angegebenen Betrag nicht übersteigt, der geschädigten Person zum Zwecke der Entschädigung, erforderlichenfalls über den Entscheidungsstaat, übertragen. Falls der geschädigten Person direkt ein Geldbetrag übertragen wird, setzt die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde hiervon in Kenntnis. Über etwaige verbleibende Vermögensgegenstände wird nach Maßgabe des Absatzes 7 verfügt. (5) Sind im Entscheidungsstaat Verfahren über Rückgabe von Vermögensgegenständen an oder Entschädigung der geschädigten Person anhängig, so informiert die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde darüber. Der Vollstreckungsstaat trifft keine Verfügungen über die eingezogenen Vermögensgegenstände, bis die Vollstreckungsbehörde über den Beschluss über die Rückgabe von Vermögensgegenständen an oder die Entschädigung der geschädigten Person informiert wurde, auch wenn die Einziehungsentscheidung bereits vollstreckt worden ist. (6) Unbeschadet der Absätze 1 bis 5 wird über andere Vermögensgegenstände als Geld, die aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verfügt: a) Die Vermögensgegenstände können veräußert werden; in diesem Fall wird über die Veräußerungserlöse nach Maßgabe des Absatzes 7 verfügt, b) bezieht sich die Einziehungsentscheidung auf einen Geldbetrag, so können die Vermögensgegenstände dem Entscheidungsstaat unter der Voraussetzung übertragen werden, dass die Entschei-
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dungsbehörde ihre Zustimmung erteilt hat, die Vermögensgegenstände dem Entscheidungsstaat zu übertragen; c) vorbehaltlich des Buchstabens d, wenn die Buchstaben a oder b nicht anwendbar sind, so kann über die Vermögensgegenstände in anderer Weise gemäß dem Recht des Vollstreckungsstaats verfügt werden; oder d) die Vermögensgegenstände können im Vollstreckungsstaat nach seinem Recht im öffentlichen Interesse oder für soziale Zwecke verwendet werden, sofern der Entscheidungsstaat zustimmt. (7) Sofern die Einziehungsentscheidung nicht mit einem Beschluss über die Rückgabe von Vermögensgegenständen an die geschädigte Person bzw. die Entschädigung der geschädigten Person gemäß den Absätzen 1 bis 5 einhergeht oder zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten nichts anderes vereinbart wurde, verfährt der Vollstreckungsstaat mit Geldern, die aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung stammen, wie folgt: a) Liegt der Betrag, der aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen ist, bei höchstens 10 000 EUR, so fließt er dem Vollstreckungsstaat zu oder b) liegt der Betrag, der aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen ist, über 10 000 EUR, so führt der Vollstreckungsstaat 50 % dieses Betrags an den Entscheidungsstaat ab. Artikel 31 Kosten (1) Unbeschadet der Bestimmungen in Bezug auf die Verfügung über eingezogene Vermögensgegenstände nach Artikel 28 trägt jeder Mitgliedstaat seine eigenen Kosten, die ihm aus der Anwendung dieser Verordnung entstehen. (2) Die Vollstreckungsbehörde kann der Entscheidungsbehörde einen Vorschlag unterbreiten, die Kosten zu teilen, wenn entweder vor oder nach der Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung der Eindruck entsteht, dass die Vollstreckung der Entscheidung mit erheblichen oder außergewöhnlichen Kosten verbunden wäre. Solchen Vorschlägen fügt die Vollstreckungsbehörde eine detaillierte Aufschlüsselung der entstandenen Kosten bei. Nach einem solchen Vorschlag stimmen sich die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde untereinander ab. Gegebenenfalls kann Eurojust bei diesen Abstimmungen behilflich sein. Die Abstimmungen oder zumindest deren Ergebnisse werden in einer Weise aufgezeichnet, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht. Artikel 32 Verpflichtung zur Unterrichtung der betroffenen Personen (1) Unbeschadet des Artikels 11 setzt die Vollstreckungsbehörde nach der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung oder nach dem Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung soweit möglich die ihr bekannten betroffenen Personen gemäß den Verfahren nach ihrem nationalen Recht unverzüglich über diese Vollstreckung und diesen Beschluss in Kenntnis. (2) Die nach Absatz 1 bereitzustellenden Informationen enthalten Angaben über die Bezeichnung der Entscheidungsbehörde, sowie über die nach dem Recht des Vollstreckungsstaats bestehenden Rechtsbehelfe. In den Informationen werden auch die Gründe für die Entscheidung zumindest kurz angegeben. (3) Gegebenenfalls kann die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde um Unterstützung bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 ersuchen. Artikel 33 Rechtsbehelfe im Vollstreckungsstaat gegen die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungsoder Einziehungsentscheidung (1) Betroffene Personen haben das Recht, gegen den Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen nach Artikel 7 und Einziehungsentscheidungen nach Artikel 18 im Vollstreckungsstaat wirksame Rechtsbehelfe einzulegen. Das Recht auf Einlegen eines Rechtsbehelfs wird vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats nach dessen Recht ausgeübt. Im Falle von Einziehungsentscheidungen kann das Einlegen eines Rechtsbehelfs aufschiebende Wirkung haben, sofern das nach dem Recht des Vollstreckungsstaats vorgesehen ist.
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(2) Die Sachgründe für den Erlass der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung können nicht vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats angefochten werden. (3) Die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats wird über alle gemäß Absatz 1 eingelegten Rechtsbehelfe unterrichtet. (4) Die Anwendung von Garantien und Rechtsbehelfen gemäß Artikel 8 der Richtlinie 2014/42/EU bleibt von diesem Artikel unberührt. Artikel 34 Erstattung (1) Haftet der Vollstreckungsstaat nach Maßgabe seines Rechts für Schäden, die einer betroffenen Person aufgrund der Vollstreckung einer ihm nach Artikel 4 übermittelten Sicherstellungsentscheidung beziehungsweise einer ihm nach Artikel 14 übermittelten Einziehungsentscheidung entstanden sind, so erstattet der Entscheidungsstaat dem Vollstreckungsstaat jeglichen an die betroffene Person gezahlten Schadensersatz. Wenn der Entscheidungsstaat dem Vollstreckungsstaat jedoch nachweisen kann, dass der Schaden ganz oder teilweise ausschließlich auf das Verhalten des Vollstreckungsstaats zurückzuführen ist, einigen sich der Entscheidungs- und der Vollstreckungsstaat über den zu erstattenden Betrag. (2) Absatz 1 lässt die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Schadenersatzansprüche natürlicher oder juristischer Personen unberührt. KAPITEL V SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 35 Statistik (1) Die Mitgliedstaaten führen eine umfassende Statistik, die sie anhand der regelmäßig bei den zuständigen Behörden erhobenen Daten erstellen. Sie übermitteln diese Statistik jedes Jahr der Kommission. Diese Statistik umfasst zusätzlich zu den in Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 2014/42/EU genannten Daten die Anzahl der Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die ein Mitgliedstaat von anderen Mitgliedstaaten erhalten hat, und die anerkannt und vollstreckt wurden bzw. deren Anerkennung und Vollstreckung abgelehnt wurde. (2) Außerdem übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission jedes Jahr die folgenden statistischen Daten, sofern diese im betreffenden Mitgliedstaat auf zentraler Ebene verfügbar sind: a) die Anzahl der Fälle, in denen eine geschädigte Person gemäß dieser Verordnung aus den Vermögensgegenständen, die aus der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung hervorgegangen sind, entschädigt oder ihr die Rückgabe dieser Vermögensgegenstände zugestanden wurde; und b) die durchschnittliche Dauer der Vollstreckung von Sicherstellungs-und Einziehungsentscheidungen gemäß dieser Verordnung. 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern Lohse § 73 https://doi.org/10.1515/9783110491302-010
§ 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern (1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an. (3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat 1. durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder 2. auf Grund eines erlangten Rechts.
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§ 73 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Schrifttum: siehe Vor § 73. 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern Lohse § 73
Übersicht Entstehungsgeschichte | 1 Die Gesetzesreform 2017 1 Änderung der Begrifflichkeiten | 2 2. Inhaltliche Änderungen | 3 3. Systematische und redaktionelle Änderungen | 5 III. Verhältnis der Einziehung von Taterträgen zu anderen Instrumenten der Einziehung | 6 IV. Vorliegen einer Anknüpfungstat 1. Rechtswidrige Tat | 12 2. Versuch, Vorbereitungshandlung | 13 3. Irrtumsfragen | 14 4. Persönliche Strafaussließungs- und Strafaufhebungsgründe | 15 5. Beteiligungsform | 16 6. Formelle Voraussetzungen | 17 V. Gegenstand der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 1. Allgemeines | 18 2. Etwas | 22 VI. „Erlangung“ des „Etwas“ | 28 VII. Erlangung des Vermögensvorteils „durch die Tat“ | 35 VIII. Erlangung des Vermögensvorteils „für die Tat“ | 41
I. II.
IX. X.
XI. XII.
XIII.
XIV. XV.
Erstreckung der Einziehung auf Nutzungen (Absatz 2) | 43 Erstreckung der Einziehung auf Surrogate (Absatz 3) 1. Umfang | 46 2. Erwerbsgegenstände | 47 3. Ersatzleistungen | 48 4. Erwerb aufgrund eines erlangten Rechts | 49 Anordnung | 50 Einziehungsbetroffene 1. Mehrere Beteiligte | 52 2. Dritte | 58 Wertänderungen des Einziehungsgegenstands 1. Erlangtes nicht mehr vorhanden | 59 2. Nachträgliche Wertänderungen | 60 Verjährung Sonstiges 1. Urteilstenor | 62 2. Isolierte Anfechtbarkeit | 63 3. Eigene Entscheidung des Revisionsgerichts | 64 4. Verschlechterungsverbot | 65 5. Hinweispflicht | 66
I. Entstehungsgeschichte 1
Zur Entstehungsgeschichte des Rechts der Einziehung von Taterträgen siehe vor § 73 Rdn. 12 ff. II. Die Gesetzesreform 2017
2
1. Die Gesetzesreform 2017 brachte zunächst eine Änderung der Begrifflichkeiten: Aus dem vormaligen Verfallsrecht wurde nunmehr die Einziehung von Taterlösen. Mit dieser Umbenennung, die insbesondere der besseren Anschlussfähigkeit der deutschen Gesetzesterminologie an die internationale Terminologie („confiscation“) dient, ist für sich betrachtet aber keine inhaltliche Änderung im Vergleich zum bis dahin geltenden Recht verbunden. Wo der Gesetzgeber also im Zuge dieser Reform keine ausdrücklichen Änderungen der gesetzlichen Grundlagen des früheren Verfallsrechts angeordnet hat, kann deshalb auch nach der Gesetzesnovelle auf die vormalige Rechtsprechung zurückgegriffen werden.
3
2. Inhaltliche Änderungen. Darüber hinaus hat das Gesetz zur Reform der Vermögensabschöpfung die vormalige Fassung des § 73 jedoch auch in mehrfacher Weise in Lohse
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Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73
inhaltlicher Hinsicht verändert. Herausragend ist dabei der Wegfall der vormaligen Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 mit der Beseitigung der Sperre bei vorrangigen Ansprüchen Verletzter und die damit verbundene umfassende Neugestaltung des Verfahrens der vormaligen Rückgewinnungshilfe und Opferentschädigung (vgl. im Einzelnen vor § 73 Rdn. 27). Dementsprechend ist es nach dem neuen Recht unerheblich, welches Rechtsgut die Strafvorschrift, deren Verletzung zu der Bereicherung führte, schützen sollte.1 Eine wesentliche weitere Neuerung ist die auf eine Erweiterung der Einziehungs- 4 möglichkeit abzielende Änderung der Definition des Erlangten in Abs. 1: War nach altem Recht zu prüfen, was der Täter „aus der Tat“ erlangt hat, ist nunmehr maßgeblich, was ihm „durch die Tat“ zugeflossen ist. Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber das von der Rechtsprechung zur früheren Fassung verlangte Erfordernis der „Unmittelbarkeit“ des Vermögenszuflusses aus der Tat zu Gunsten eines weiten Begriff des „Erlangten“ ersetzen.2 Diese gesetzliche Neuerung sollte damit die grundsätzliche Geltung des Bruttoprinzips unterstreichen und absichern; zur Auslegung im Einzelnen vgl. Rdn. 37. Eine wesentliche weitere Weichenstellung hat das Recht durch die Präzisierung des Bruttoprinzips erfahren, welche unter Reaktion auf einen länger währenden Konflikt in der Rechtsprechung (vgl. Rdn. 19) nunmehr dessen grundsätzliche Geltung betont, zugleich aber spezielle Anrechnungsregeln in den §§ 73d und § 73e vorgibt und sich damit in Teilbereichen wieder dem für überwunden geglaubten Nettoprinzip annähert. 3. Systematische und redaktionelle Änderungen. Die Gesetzesnovelle 2017 hat 5 darüber hinaus die bisher in Absatz 2 zusammengefasste Abschöpfungsmöglichkeit von Nutzungen und Surrogaten der besseren Übersichtlichkeit halber in die Absätze 2 und 3 untergliedert. Dafür ist die Regelung zur Abschöpfung bei Dritten aus dem vormaligen Absatz 3 in der neugefassten Vorschrift des § 73b aufgegangen. III. Verhältnis der Einziehung von Taterträgen zu anderen Instrumenten der Einziehung Die Einziehung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 erfordert, dass die erlangten Geldbeträge als 6 solche bei dem Angeklagten noch vorhanden waren und typischerweise bei ihm sichergestellt worden sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kommt die Anordnung der Wertersatzeinziehung von Taterlösen nach § 73c in Betracht.3 Diese kann auch noch nachträglich angeordnet werden (§ 76). Die nunmehr in § 73a geregelte erweiterte Einziehung unterscheidet sich dadurch, 7 dass diese zwar wie die Einziehung nach § 73 die Begehung einer rechtswidrigen Tat voraussetzt, das Erlangte aber zur Überzeugung des Gerichts aus anderen, nicht konkretisierbaren und deshalb auch nicht angeklagten Taten stammt. Die erweiterte Einziehung ist subsidiär4 (vgl. § 73a Rdn. 16). Sie kommt erst in Betracht, wenn unter Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Mittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen einer Einziehung (von Wertersatz) nach §§ 73, 73c möglich ist. Eine Einziehung bei Dritten (§ 73b) ist ebenfalls erst dann zu prüfen, wenn ei- 8 ne Anordnung der Einziehung von Taterträgen gegen den Tatbeteiligten nach § 73 leerläuft, weil dieser nicht (mehr) bereichert ist, sondern der Vorteil aus der Straftat unmit-
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Köhler NStZ 2017 497, 498. BT-Drucks. 18/9525 S. 55. BGH NStZ 2003 198. BGH NStZ-RR 2018 380, 381
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telbar durch oder nach der Tat einem Dritten, etwa einer juristischen Person, zugeflossen ist. Eine selbständige Einziehung (§76a Abs. 1 bis 3) unterscheidet sich darin, dass 9 diese in einem gesonderten Verfahren außerhalb der Aburteilung der Anknüpfungstat stattfindet, sofern eine Einziehung im subjektiven Strafverfahren nicht möglich war.5 Als neues Instrument hat der Gesetzgeber zur weiteren Schließung von Abschöp10 fungslücken die Möglichkeit einer selbständigen erweiterten Einziehung (Abs. 4) geschaffen und damit die Verknüpfung zwischen der Feststellung einer Straftat und dem staatlichen Zugriff auf Vermögensgegenstände noch weiter gelockert. Diese Regelung bezieht sich auf Vermögen aus unklarer Herkunft und setzt lediglich die Ingangsetzung eines Ermittlungsverfahrens wegen eines Anfangsverdachts auf bestimmte Katalogtaten der Organisierten Kriminalität oder des Terrorismus, nicht aber die gerichtliche Feststellung einer solchen Tat voraus (vgl. im Einzelnen § 76a Rdn. 27ff). Gegenüber den Arten der Einziehung von Taterträgen vorrangig zu prüfen ist hinge11 gen die in § 74 vorgesehene Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten. In jenen Fällen geht es gerade nicht um das in § 73 vorausgesetzte Erlangen eines Etwas „durch oder für die Tat“. So entfällt eine Einziehung der Tatgegenstände dort, wo der Gesetzgeber zur Wegnahme den Weg der Einziehung als „Beziehungsgegenstand“ (§ 74 Rdn. 21ff) gewählt hat, wie bei den aus der Tat erlangten Betäubungsmitteln (§ 74 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 2 BtMG).6 Gleiches gilt für Tatmittel und Tatobjekte, z.B. bei zum Eigenkonsum erlangten Betäubungsmitteln7 oder bei zur Vorbereitung einer Geldwäsche eingesetztem Bargeld.8 IV. Vorliegen einer Anknüpfungstat 12
1. Rechtswidrige Tat. Anders als bei der Einziehung nach § 74 Abs. 1 (vgl. dort Rdn. 9) fordert das Gesetz bei der Einziehung von Taterlösen nicht die Begehung einer Straftat (oder gar einer vorsätzlichen Tat), also die schuldhaft-rechtswidrige Verwirklichung eines Straftatbestandes. Es begnügt sich mit der Begehung einer rechtswidrigen Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5), also der objektiv-rechtswidrigen Verwirklichung des Tatbestandes unter Verzicht auf das zu einer Bestrafung erforderliche Verschulden, wenn es daran fehlt. Ist nur die vorsätzliche Begehungsweise strafbar, muss die rechtswidrige, aber nicht schuldhaft begangene Tat jedoch wenigstens mit „natürlichem“ Vorsatz begangen sein.9 Die Anordnung ist dabei nicht auf Vermögensstraftaten beschränkt.10 Die Einziehung von Taterlösen ist auch möglich, wenn die Straftat fahrlässig begehbar und begangen ist.11 Es müssen dann die für die Rechtswidrigkeit der fahrlässigen Tat wesentlichen Elemente, insbesondere eine objektive Pflichtwidrigkeit, vorliegen.12
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5 Auf diese Verfahrensart ist auch bei vorherigen Beschränkungen nach § 154a Abs. 2 auszuweichen, OLG Celle wistra 2019 294. 6 BGH Urt. v. 1.3.2007 – 4 StR 544/06. 7 BGH Beschl. v. 16.4.2019 – 5 StR 64/19. 8 BGH Beschl. v. 27.3.2019 – 2 StR 561/18 Rdn. 15 (juris). 9 Wolters SK Rdn. 9; Fischer Rdn. 9; krit. Rübenstahl AnwK Rdn. 9. 10 BGH NStZ 2014, 149, 153 zu anwaltlichen Mahnschreiben. 11 BGHSt 57 79, 81. 12 Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 33.
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Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73
2. Versuch, Vorbereitungshandlung. Eine rechtswidrige Tat ist auch der mit Strafe 13 bedrohte Versuch.13 So unterliegt z.B. bei der Bestechlichkeit nach § 332 das Bestechungsentgelt der Einziehung von Taterträgen, selbst wenn es zu der dienstpflichtwidrigen Handlung nicht mehr kommt. Auch der Rücktritt vom Versuch (§ 24) beseitigt nicht die rechtswidrige Tat.14 Dabei wird eine fortbestehende Erlangung von Vermögensvorteilen „durch die Tat“ das Vorliegen eines Rücktritts bereits ausschließen. Entsprechendes gilt für eine strafbare Vorbereitungshandlung (§ 30), sofern ausnahmsweise bereits aus dieser ein Vermögenvorteil zugeflossen ist, z.B. etwas „für die Tat“ erlangt wurde. 3. Irrtumsfragen. Ein Tatbestandsirrtum, der nach § 16 den Vorsatz ausschließt, 14 steht demnach einer Anordnung entgegen, soweit nicht die Bestrafung wegen fahrlässiger Begehungsweise in Betracht kommt. Ein Verbotsirrtum, der nur die Schuld betrifft (§ 17), lässt die Rechtswidrigkeit der Tat unberührt und hindert eine Einziehung nicht.15 Praktische Bedeutung kann dies besonders im Nebenstrafrecht haben, da dort das Nichtkennen der Strafnorm ein besonders naheliegendes Verteidigungsvorbringen sein kann.16 4. Persönliche Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe stehen der 15 Einziehung nicht entgegen. Im Übrigen ist bei Verfahrenshindernissen die Möglichkeit der selbständigen Einziehung gemäß § 76a Abs. 1, 3 zu beachten. 5. Beteiligungsform. Es ist unerheblich, in welcher Weise der durch die Straftat Be- 16 reicherte an der Begehung der Anknüpfungstat beteiligt war. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Vermögenszufluss durch die Haupttat oder aus einer Teilnahme erfolgte, etwa wenn der Gehilfe vom Haupttäter schon vor der Tat bezahlt wurde.17 6. Formelle Voraussetzungen. Es dürfen alle diejenigen Vermögensvorteile für ein- 17 gezogen erklärt werden, die durch eine von der Anklage umfasste und vom Tatrichter festgestellte Tat erlangt worden sind.18 Bei einer nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Tat ist eine Einziehungsanordnung nach § 73 nicht möglich.19 In einem solchen Fall kommt aber eine nachfolgende selbständige Einziehung nach § 76a Abs. 3 in Betracht (dort Rdn. 23), nicht aber eine Anordnung des erweiterten Verfalls nach § 73a.20 Bei einer nachträglichen Gesamtstrafe muss das spätere Urteil die Einziehung von Taterlösen einheitlich anordnen (§ 55 Abs. 2 StGB).21 Vgl. zur Fassung der Urteilsformel im Übrigen Rdn. 62.
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13 BGH NStZ 2011 83, 85 m. Bespr. Bauer NStZ 2011 396; Rübenstahl HRRS 2010 505; Taschke NZWiST 2012 41; Heine NStZ 2015 127; BGH NStZ 2014, 149, 153 m. Bespr. Harrendorf AnwBl. 2014 492; Fahl JR 2015 169; v. Hentschel-Heinegg JA 2014 313; Eidam HRRS 2014 129. 14 Roxin FS Heinitz S. 251; Ulsenheimer Grundfragen des Rücktritts vom Versuch (1976) S. 66 ff; aA v. Hippel Untersuchungen über den Rücktritt vom Versuch S. 72 ff, der den Rücktritt als negatives Merkmal in den Versuchstatbestand einbezieht. 15 Wolters SK Rdn. 6; Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 33. 16 Rübenstahl AnwK Rdn. 9. 17 Schönke/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4; Wolters SK § 73 Rdn. 22. 18 BGHSt 28 269; BGH NStZ 2003 422; BGH NStZ 2004 400; BGH NStZ-RR 2018 337, 338 m. Anm Bittmann. 19 BGH NStZ 2019 271; BGH wistra 2019 97 m. Anm. Gehm StR 2018 Nr. 12, 20. 20 BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 4; BGH wistra 2019 97, 98 m. Anm. Gehm StR 2018 Nr. 12, 20. 21 BGH Urt. v. 22.5.2003 – 4 StR 130/03.
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V. Gegenstand der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 1. Allgemeines. Die Einziehung von Taterlösen nach § 73 Abs. 1 erstreckt sich nur auf das erlangte Etwas. Die Vermögenswerte müssen durch oder aus der Tat erlangt sein. Ein Vermögensvorteil, der durch entsprechende Verwendung des ursprünglich Erlangten dem Vermögen eines Täters zufließt, scheidet als Einziehungsobjekt nach § 73 Abs. 1 Satz 1 aus.22 In diesen Fällen kommt die Anordnung der Einziehung von Taterlösen nach § 73 Abs. 2 (Nutzungen) oder Abs. 3 (Surrogate) in Betracht.23 Somit kann nur ein durch Straftaten tatsächlich erlangter und nicht auch ein lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs der Einziehung von Taterlösen unterliegen.24 Für die Einziehung von Taterlösen gilt das sog. Bruttoprinzip. Danach unterliegt 19 nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder durch sie erlangt hat, der Einziehung.25 Bei der Berechnung des aus einem strafbaren Geschäft Erlangten ist deshalb vom gesamten Erlös ohne Abzug der Kosten für die eigene Leistungserbringung und sonstiger Aufwendungen auszugehen. Die durch die Einführung des Bruttoprinzips angestrebte Folge, dass auch die Aufwendungen nutzlos sind, soll zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten beitragen. Würde lediglich der Tatgewinn abgeschöpft, so wäre die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos. Dieser vom Gestzgeber immer wieder betonte Präventionszweck bezieht sich auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB und postuliert, dass das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein soll.26 Noch überzeugender ist es dabei, bei der Übertragung zivilrechtlicher Risikozuweisungen in erster Linie auf den Rechtsgedanken der verschärften Haftung des bösgläubigen oder rechtshängig in Anspruch genommenen Bereicherungsschuldners (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB) abzustellen.27 Begrenzungen erhält das Bruttoprinzip zum einen durch die Bestimmung des Erlangten und dessen kausalen Zusammenhangs mit der Tat, zum anderen durch den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, an dem jegliches staatliches Eingriffshandeln zu messen ist (vgl. ferner vor § 73 Rdn. 43 ff). Die Anwendung des Bruttoprinzips hat sich in der Rechtsprechung jedoch nicht 20 einheitlich entwickelt: Während die Handhabung im Betäubungsmittelstrafrecht nicht streitig war, kam es in bedeutenden Kriminalitätsfeldern wie den Korruptionsdelikten und bei Austauschverträgen zu letztlich nicht miteinander zu vereinbarenden Ansätzen. Insbesondere ergaben sich zwischen Senaten des Bundesgerichtshofs erhebliche Differenzen, welche letztlich keiner abschließenden Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen zugeführt wurden.28 Nach der Auffassung des 1. Strafsenats war das Bruttoprinzip umfassend anzuwenden.29 Alle Vermögenswerte, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten unmittelbar aus der Tatbegehung in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind, seien umfassend abzuschöpfen. Insbesondere seien bei Austauschver18
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22 BGH NStZ 1996, 332. 23 BGHSt 31 147; BGH NStZ 1984 409; Käbsch wistra 1984 12; Franzheim wistra 1989 87; Schmid JR 1983 432. 24 BGH StV 2002 485. 25 BGH NStZ 1995 491; 2003 37; 2006 570. 26 BT-Drucks. 18/9525 S. 45 ff; vgl. ferner BGHSt 51 65, 66; BGH NStZ-RR 2015 310; Rönnau/Begemeier GA 2017 1, 7 f. 27 Vgl. Fleckenstein S. 68 ff; ferner Burghart wistra 2011 241, 245 ff; Heine NStZ 2015 127, 133 unter Verweis auf BVerfGE 110 1, 21 f. 28 Vgl. nur Rönnau StraFo 2014 265, 270 f; Heine NStZ 2015 127 ff. 29 BGHSt 47 369, 370; 51 65, 66; 52 227, 248 m. Bespr. Lohse JR 2009 188; Korte FS Samson (2012) S. 65, 76 ff.
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hältnissen erbrachte (vertragliche) Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen nicht betragsmindernd anzurechnen. Korrekturen seien danach allein nach der Härteklausel des § 73c a.F. vorzunehmen. Demgegenüber zogen der 3. und 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „Unmittelbarkeit“ heran, um schon bei der Bestimmung des „erlangten Etwas“ normative Betrachtungen vorzunehmen und darauf abzustellen, was aus dem spezifischen Unwertgehalt der jeweiligen Tatbegehung zugeflossen ist.30 Während dies bei insgesamt verbotenen Geschäften wie Betäubungsmittelhandel oder AWG-Verstößen in Übereinstimmung mit dem 1. Strafsenat der gesamte Erlös sei, dürfe bei solchen Geschäften, bei denen lediglich die Art und Weise der Auftragserlangung (z.B. durch Bestechung) oder der Ausführung (z.B. durch Betrug) der Rechtsordnung zuwiderlaufe, nur der „bemakelte“ Vorteil abgeschöpft werden. Daraus folgten erhebliche Unterschiede der praktischen Ergebnisse.31 Im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung 21 im Jahre 2017 hat der Gesetzgeber mit dem Ziel der Überwindung dieser Divergenzen das Bruttoprinzip weiter konkretisiert und für bestimmte Konstellationen, nämlich insbesondere bei Austauschgeschäften, faktisch eingeschränkt. Der Gesetzgeber hat eine neue Systematik eingeführt, indem eine zweistufige Prüfung vorgegeben wird. Auf der ersten Stufe geht es danach um die Feststellung des Erlangten. Hier folgt der Gesetzgeber im Grundsatz dem weiten Ansatz des 1. Strafsenats, indem – unterstrichen durch die Ersetzung des Merkmals „aus der Tat“ durch die Wendung „durch die Tat“ – ein gegenständlicher Begriff gelten soll, der frei von normativen Wertungen bleibt. Maßgeblich ist dafür das Leitbild des Bereicherungsrechts. Erlangt sind danach alle Vermögenswerte in ihrer Gesamtheit, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatgeschehens zugeflossen sind. Auf das Vorliegen einer „unmittelbaren Kausalbeziehung“ oder normative Wertungen kommt es nicht an. Einzubeziehen sind somit auch alle „indirekt“ aus der Tat erlangten Vorteile. Korrekturen sollen auf einer zweiten Stufe dann aber nicht mehr durch eine allgemeine Härteklausel, sondern – unter Durchbrechung des sonst geltenden Abzugsverbots – durch eine Anrechnung bestimmter Gegenleistungen als zu berücksichtigende Aufwendungen erfolgen. Diese zweite Stufe ist in der Regelung des § 73d näher ausgestaltet (dort Rdn. 6 ff); ferner schafft § 73e Einschränkungen (dort Rdn. 2 ff). 2. Etwas im Sinne von § 73 Absatz 1 Satz 1 meint danach die Gesamtheit der aus oder 22 für die Tat erlangten wirtschaftlich messbaren Vorteile.32 Abzuschöpfen ist demnach jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist.33 Unberücksichtigt bei der Feststellung des Vermögenszuwachses bleiben dagegen wie bisher immaterielle Begünstigungen.34 Systematisch unterscheidet die gesetzliche Regelung nach wie vor zwischen dem 23 „Etwas“, das der Täter durch die Tat erlangt hat (Abs. 1), und den mittelbaren Tatvorteilen (Nutzungen, Surrogate), die nach Absatz 2 und 3 dieser Regelung der Einziehung
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30 BGHSt 47 260, 269; 50 299, 310; 57 79, 84. 31 Für eine Beschränkung bei juristischen Personen anhand der nach § 30 OWiG erfolgenden Abschöpfung Korte FS Samson (2012) S. 65, 79 f. 32 BGH StV 2002 485. 33 BGH StV 2019 17. 34 BTDrucks. 12/989 S. 23; BT-Drucks. 18/9525 S. 51 (einschließlich zustehenden Schmerzensgelds).
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unterworfen werden.35 Diese gesetzliche Systematik könnte den Schluss nahe legen, dass in Absatz 1 die unmittelbaren Tatvorteile, in Absatz 2 dagegen nur mittelbare aus der Tat herrührende Vermögenszuwächse erfasst werden sollen. Die Bedeutung erschöpft sich jedoch darin, dass das Erfordernis der Erlangung des Vorteils aus der Straftat gemäß Abs. 1 nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er im Wortlaut „durch“ zum Ausdruck kommt, in strikter Orientierung an dem Bereicherungsrecht allein auf die Kausalität abstellt. Damit wird keinesfalls eine Heranziehung von normativen Wertungen und Erwägungen, wie sie teilweise vormals an die Auslegung des Merkmals „unmittelbar“ geknüpft waren, ermöglicht.36 Vorteile im Sinne des Einziehungsrechts sind nicht nur Gegenstände körperlicher Art, sondern auch Rechte sowie sämtliche ansonsten rechnerisch erfassbare Positionen.37 Dazu zählen neben dem Tatentgelt und Tatgewinn38 auch sonstige geldwerte Vorteile wie Dienstleistungen oder die Verbesserung einer Marktposition.39 Ebenso umfasst sind durch die Tat erlangte Kryptowährungen wie etwa Bitcoins.40 Mit dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es für die Anerkennung eines Wirtschaftsgutes nicht auf seine rechtliche Vorformung ankommt.41 Ein lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs unterliegt hingegen nicht der Einziehung von Taterlösen.42 Auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit kann grundsätzlich einen Vermögensvorteil darstellen,43 auch im Falle des § 267 BGB. Jedoch muss es sich um eine werthaltige Verbindlichkeit handeln. Darunter fallen nach bisheriger Rechtsprechung nicht Spielschulden (§ 762 Abs. 1 Satz 1 BGB) und der wegen der Nichtigkeit des Geschäfts ins Leere gehende Schuldenerlass bei einem Betäubungsmittelgeschäft.44 Ebenfalls nicht erfasst soll ein Schuldenerlass sein, der als Gegenleistung für die Begehung von Straftaten gewährt wird, weil es sich auch dabei um ein nichtiges Rechtsgeschäft handelte.45 Diese pauschalen Aussagen überzeugen jedoch nicht, weil sie für die Feststellung der Bereicherung wieder an normative Wertungen anknüpfen. Ein Vermögenszuwachs des Täters kann auch im Zuge einer Zuwendung an eine nichttatbeteiligte dritte Person als Mittelsperson für den Täter erreicht werden, so wenn Rechte an einen Dritten als Treuhänder des Täters abgetreten werden und dem Täter ein Anspruch gegen den Treuhänder auf Übertragung der Rechte an ihn zusteht; dann ist Gegenstand der Einziehung der Abtretungsanspruch des Täters gegen den Treuhänder.46 Ersparte Aufwendungen können ebenfalls als „erlangtes Etwas“ gemäß Abs. 1 abgeschöpft werden, wenn sie eine rechnerisch erfassbare Besserstellung beim Einziehungsadressaten bewirkt haben.47 Hat z.B. ein Unternehmer ein Delikt nach §§ 324, 326 verwirklicht
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35 BGH StV 2019 17. 36 SSW/Heine Rdn. 44. 37 Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 35 f; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 7. 38 BGHSt 32 60, 63; Wolters SK Rdn.10. 39 BT-Drucks. 18/9525 S. 62. 40 BGH NJW 2015 3463; BGH NStZ 2018 401 = StV 2019 385 m. Bespr. Brodowski; Heine NStZ 2016 441, 444; Greier wistra 2016 249; Goger MMR 2016 431; Herzog/Hoch StV 2019 412; Heuchemer NZWiSt 2019 209. 41 RGSt 44 230; 66 285; BGHSt 1 264; 3 99; 16 220; 16 325; 26 347; Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 34. 42 BGH NStZ-RR 2001 82; BGH StV 2002 485; BGH NStZ-RR 2006 39. 43 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 7. 44 BGH Beschl. v. 14.3.2007 – 2 Str 54/07; BGH StraFo 2010 348. 45 OLG Schleswig Beschl. v. 25.5.2018 – 2 Ss 51/18 (65/18), juris. 46 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 21. 47 BGHSt 57 79; BGH wistra 2011 394; BGH NStZ 2014 89, 93.
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und dabei Entsorgungskosten eingespart, kann nur dieser Vermögensvorteil, in der Regel aber nicht die von Dritten für eine vermeintliche Entsorgung bezahlten Beträge, als Tatertrag abgeschöpft werden.48 Hierher gehören auch ersparte Auszahlungsgebühren bei Finanzinstituten im Falle manipulierter, eigentlich kostenpflichtiger Abhebungen von Geldautomaten.49 Da sich solche nichtgegenständlichen Vorteile mit ihrer Inanspruchnahme verbrauchen, lösen sie in der Regel einen Wertersatzanspruch gem. § 73c aus. Ebenfalls der Kategorie ersparter Aufwendungen unterfallen die Beträge nicht abgeführter Abgaben zur Sozialversicherung50 und nicht erklärter Steuern;51 Verzugs- und Hinterziehungszinsen bleiben hingegen außer Betracht.52 Bei Verbraussteuern wie der Tabaksteuer soll ein messbarer wirtschaftlicher Vorteil nach neuerer Rechtsprechung erst mit einem Vermögenszuwachs im Zusammenhang mit der Vermarktung eintreten, wobei noch eine genauere Bestimmung des Erlangten herausgearbeitet werden müsste.53 Bislang nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob vermögensrelevante Unterlassungstaten generell einen staatlichen Einziehungsanspruch wegen ersparter Aufwendungen auslösen, etwa in Fällen der Unterhaltspflichtverletzung.54 Nach dem Leitbild des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, wonach dem Prinzip „Straftaten dürfen sich nicht lohnen“ zur umfassenden Geltung gebracht und eine lückenlose Abschöpfung der durch Straftaten erlangten Tatvorteile ermöglicht werden soll, ist diese Frage zu bejahen.55 VI. „Erlangung“ des „Etwas“ Erlangt ist der Vermögensvorteil, wenn der Täter, dem eine Sache zu Eigentum oder 28 ein Recht übertragen werden soll, die dem Übertragungswillen entsprechende tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt, und wenn er bei Vermögensvorteilen anderer Art mit ihrer wirtschaftlichen Ausnutzung begonnen hat.56 Maßgeblich ist dabei nicht, ob die erlangte Verfügungsmacht rechtlicher Billigung unterliegt, sondern ob sie sich als wirtschaftlich wertvoll erweist.57 Für den Erhalt der Verfügungsgewalt unerheblich ist, ob das Kausalgeschäft oder die dingliche Verfügung, welche den Vermögenszuwachs beim Täter hervorgerufen haben, rechtswirksam ist.58 Ein Täter kann auch von der Rechtsordnung missbilligte Vorteile erlangen.59 Ein Vermögensvorteil, der lediglich angeboten oder versprochen, aber noch nicht 29 gewährt wurde, ist noch nicht erlangt. Es muss vielmehr zu einem Wechsel der Verfügungsgewalt kommen; eine Erlangung liegt nicht vor, wenn ein Übergang unterbleibt.60 Ein mit der Tat lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs, der tatsächlich nicht erzielt
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48 BGH NStZ 2014 89, 93; eingehend zur Einziehung bei Umweltstraftaten Lindemann/Reichling wistra 2014 369. 49 BGH Beschl. v. 14.8.2018 – 2 StR 251/18 = wistra 2018 471. 50 OLG Nürnberg wistra 2019 297, 299 m. Anm. Leppich; aA Bach NZWiSt 2019 214, 216. 51 BGH wistra 2010 406; BGH wistra 2011 394; BGH wistra 2015 236; BGH StraFo 2016 349; BGH NStZ 2017 361, 362; BGH wistra 2018 471; Madauß NZWiSt 2019 49; Rettke wistra 2019 252; aA Bach NZWiSt 2019 62; Wulf PStR 2018 150, 157. 52 Reh wistra 2018 414, 415 f. 53 BGH Urt. vom 11.7.2019 – 1 StR 620/18. 54 Vgl. Reh NZWiSt 2018 20, 21. 55 Im Ergebnis ebenso Reh NZWiSt 2018 20, 21. 56 OLG Hamburg NJW 1971 1999; vgl. auch BGH Urt. v. 1.3.2007 – 4 StR 544/06. 57 Joecks MK § 73 Rn. 25 58 BGHSt 33 234; BGH MDR 1986 973; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 18; Schmid JR 1983 431; Ebersbach NStZ 1985 556. 59 Saliger NK Rdn. 7. 60 RGSt 11 103; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 18; Saliger NK Rdn. 7.
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wurde, kann deshalb nicht für eingezogen erklärt werden.61 Weist ein Beamter das ihm zugedachte Bestechungsgeld unverzüglich zurück, kann dieses allenfalls als Tatwerkzeug zu einem Bestechungsversuch nach § 74 Abs. 1 der Einziehung unterliegen. Erlangt ist auch nicht ohne weiteres eine Zuwendung, die der Bestecher einem Amtsträger von diesem unbemerkt zugesteckt oder mit der Post zugesandt hat. Sie ist erst erlangt, wenn dieser sie als Gegenleistung dafür behält („annimmt“), dass er eine Dienstleistung vorgenommen hat oder künftig vornehme. Gibt er die Zuwendung alsbald dem Bestecher zurück oder liefert er sie seiner Behörde ab, so kann die Einziehung als Tatwerkzeug des Bestechungsversuchs (§ 334 Abs. 2, 3) in Betracht kommen; nicht zulässig bleibt aber eine Einziehung nach § 73, da es an der Begehung einer rechtswidrigen Tat fehlt, für die oder aus der der Täter einen Vermögensvorteil erlangt hat. Das erlangte Etwas muss die Vermögensmehrung bei einem Tatbeteiligten, d.h. Täter oder Teilnehmer, bewirkt haben.62 Unerheblich ist, ob der Täter oder Teilnehmer im Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung entreichert ist;63 es kommt nur darauf an, ob der Täter oder Teilnehmer zu irgendeinem Zeitpunkt, d.h. vor, bei oder nach der Tat einen Vorteil erlangt hat.64 Maßgeblich ist der tatsächliche Vorgang.65 Hieran knüpfen in Fällen nur vorübergehenden Gewahrsams teilweise diffizile tatsächliche Abgrenzungen. Der sog. transistorische Besitz reicht nach der Rechtsprechung nicht aus. So kann es bei einem nur kurzfristigen Besitz des Gehilfen, der das Entgelt aus dem Rauschgiftgeschäft unverzüglich (als Bote) an den Verkäufer weiterleiten soll, an der erforderlichen Tatherrschaft mangeln, um das Geld als an ihn zugeflossen anzusehen.66 Es genügt danach nicht, dass der Besitz lediglich „gelegentlich“ einer Straftat verschafft wird, weil er diesen nur für den Verkäufer ausübt, an den er den Erlös absprachegemäß übergeben oder als Bote weiterleiten soll.67 Ebenso soll aus der Überlassung der Tatbeute zum Transport und einer zeitlich nicht näher eingegrenzten Aufbewahrung nicht ohne weiteres folgen, dass damit faktische Mitverfügungsgewalt erlangt wurde.68 Diese Abgrenzung sollte weiter geschärft und konsequent auf die tatsächliche Ausübung des Besitzes und die daraus folgende tatsächliche (Mit-)Sachherrschaft abgestellt werden. An Letzterer fehlt es nur dann, wenn der Betroffene seinen (kurzzeitigen und vorübergehenden) unmittelbaren Besitz erkennbar lediglich für einen Dritten ausübt, der aufgrund übergeordneter Kontroll- und Dispositionsbefugnis die faktische Verfügungsgewalt innehat. Nur so lässt sich bruchlos eine Vereinbarkeit mit dem anerkannten Grundsatz herstellen, dass es unerheblich ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde.69 Bei mehreren Beteiligten vermag die Annahme mittäterschaftlichen Handelns die erforderliche Darlegung tatsächlicher Mitverfügungsgewalt nicht zu ersetzen. Auch nach
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61 BGH NStZ-RR 2001 82; StV 2002 485; NStZ-RR 2006 39. 62 Saliger NK Rdn. 8. 63 In diesem Fall tritt ein Vollstreckungsschutz gemäß § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO ein. 64 BGH NJW 1989 3164; BGH MDR 1981, 629; Saliger NK Rdn. 7. 65 BGH Urt. vom 12.7.2018 – 3 StR 144/18 unter Verweis auf BT-Drucks. 18/9525 S. 62. 66 BGH NStZ-RR 2002 366; BGH NStZ 2011 87; BGH Urt. v. 7.6.2018 – 4 StR 63/18 Rdn. 14 (juris). 67 BGH NStZ 2011 87; BGH NStZ-RR 2019 22. 68 BGH NStZ 2010 568 m. Anm. Spillecke; NStZ-RR 2014 44; BGH NStZ-RR 2019 14, 16; im Ergebnis anders dagegen BGH NStZ-RR 2018 335, 336, wo der Angeklagte die spätere Aufteilung der Beute wesentlich mitbestimmte; ebenso BGH Urt. v. 24.5.2018 – 5 StR 623/17, juris = ZJJ 2018 338; ferner BGH NStZ-RR 2018 278. 69 BGH NStZ 2019 221, 222 m. Anm. Eisenberg; BGH Urt. v. 24.5.2018 – 5 StR 623/17 (juris) = ZJJ 2018 338.
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der neuen Gesetzeslage seit 2017 reicht eine Zurechnung über die Grundsätze der Mittäterschaft weiterhin nicht aus.70 Es kommt darauf an, dass die Person einvernehmlich mit den anderen Tatbeteiligten zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt hat.71 Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte.72 Eine spätere Aufgabe der Mitverfügungsgewalt ist unerheblich.73 So erhalten alle Empfänger Mitverfügungsgewalt, wenn die zunächst von einem Mittäter erlangte Beute dem Tatplan gemäß sogleich allen verschafft wurde.74 Dies kann der Fall sein, wenn die den einzelnen Tatbeteiligten zugeflossenen Werte einer zuvor mit „Gruppenwillen“ für alle Tatbeteiligten „gesammelten“ Gesamtmenge durch Betrug erlangter Vermögenswerte entstammen.75 Gleiches gilt bei dem Zugriff Mehrerer auf ein Gesellschaftskonto, auf welches ertrogene Beträge fließen.76 Dagegen genügt es nicht, abgesehen von Führungsrollen („Kopf der Bande“) allein aus einer bestimmten Funktion eines Beteiligten ohne Feststellung einer konkreten Sachherschaft auf eine (Mit-)Verfügungsgegwalt zu schließen.77 Bei Diebstahlstaten kann die faktische Mitverfügungsgewalt – jedenfalls bei dem vor Ort anwesenden Mittäter – auch dann vorliegen, wenn dieser zwar keinen unmittelbaren Gewahrsam an der Tatbeute erhielt, sich seine Stellung im Tatgeschehen aber in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit „verfügt“ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet.78 Dagegen reicht es nicht aus, wenn im Zuge des Tatgeschehens lediglich eine kurze Transportfahrt durchgeführt wurde, während die unmittelbare Tatausführung mit der Inbesitznahme der Beute von anderen Tätern ausgeführt wurde (vgl. Rdn. 31).79 Bei einem Rauschmittelkurier kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dieser von den Haupttätern des Handeltreibens das transportierte Rauschmittel auch nur zur Mitverfügungsgewalt erhalten hat.80 Dagegen unterliegt der einem Kurier ausgehändigte Kaufpreis in voller Höhe der Einziehung von Taterlösen gemäß §§ 73, 73c.81 Erlangen mehrere Beteiligte Mitverfügungsgewalt, haften diese als Gesamtschuldner (vgl. Rdn. 52 ff). Anders stellt sich die Situation im Falle von Handelsketten, insbesondere bei wei- 34 terveräußerten Betäubungsmittellieferungen dar: In diesem Fall ist jeder Beteiligter, der zwischenzeitlich Verfügungsgewalt erhält, einem gesonderten staatlichen Anspruch ausgesetzt. Eine Haftung als Gesamtschuldner findet hier nicht statt.82 Von einem als Zwischenhändler oder Vermittler agierenden Täter werden auch solche Geldbeträge wirtschaftlich erlangt, die er von seinem Abnehmer vereinnahmt und in der Folgezeit an den Lieferanten weitergibt.83 Demgegenüber ist ohne Belang, ob der erlangte Wert später
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70 BGH NStZ-RR 2019 22; Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 669. 71 BGH NStZ 2019 20. 72 BGH NStZ-RR 2018 278, 279; BGH Urt. v. 24.5.2018 – 5 StR 623/17 (juris) = ZJJ 2018 338. 73 BGH NStZ-RR 2015 310, 311; BGH NStZ 2019 20; BGH wistra 2019 234235; BGH NZWiSt 2019 225, 228 m. Bespr. Lucke. 74 BGH NStZ 2008 565, 566; 2010 85; 2010 86, 87. 75 BGH NStZ-RR 2012 81, 82 76 BGH NZWiSt 2019 195, 197. 77 BGH Beschl. v. 6.11.2018 – 5 StR 196/18 Rdn. 2 (juris). 78 BGH NStZ-RR 2018 335, 336; BGH NStZ-RR 2018 278, 279. 79 BGH NStZ 2010 568, 569 m Anm. Spillecke; NStZ-RR 2014 44. 80 BGH NStZ-RR 2008 287. 81 BGHSt 51 65, 68; BGH NStZ 2004 440. 82 BGHSt 51 65. 83 BGH NStZ-RR 2019 22 m.w.N.
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durch Vermögensabflüsse, etwa Kaufpreiszahlungen innerhalb des Lieferweges, gemindert worden ist.84 An diesen Grundsätzen hat sich auch durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) nichts geändert.85 VII. Erlangung des Vermögensvorteils „durch die Tat“ 35
Unterscheidung der Erlangung „durch und für die Tat“. Das „Etwas“ muss durch oder für die Tat erlangt worden sein.86 Diese Unterscheidung geht zunächst auf § 109 E 1962 zurück, der zwischen dem für die Straftat erlangten Entgelt und dem aus der Straftat erlangten Gewinn unterschieden hatte. Im Gegensatz zu der Unterscheidung zwischen Entgelt und Gewinn wurde zwischen Vermögensvorteilen für die Tat (dem Entgelt) und aus der Tat (dem Gewinn) differenziert. Die Unterscheidung dieser beiden Alternativen hat nach der Streichung des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F., der nur die vormals „aus der Tat“ erlangten Vorteile betraf, erheblich an Bedeutung verloren. Vormalige Voraussetzung der Erlangung „aus der Tat“. Der bis zur Gesetzesre36 form 2017 verwendete Ausdruck „aus der Straftat“ wurde so verstanden, dass er das Erfordernis der Unmittelbarkeit des dem Verfall unterliegenden Vermögensvorteils zum Ausdruck bringen sollte.87 Erlangung „durch die Tat“. Das Gesetz 2017 hat die Rechtslage fortentwickelt, in37 dem es in bewusster Orientierung am Bereicherungsrecht einen umfassenderen Begriff gewählt hat, der bei der Einziehung von Taterlösen das Bruttoprinzip stärkt und lediglich eine kausale Verbindung zwischen der Tat und dem Vermögenszufluss verlangt.88 Nach der Rechtsprechung ist „durch die Tat“ alles jenes erlangt, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in die Verfügungsgewalt des Täters oder Teilnehmers übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist.89 Diese Formel knüpft an die überkommene Definition zum bisherigen Merkmal „aus der Tat“ an;90 und zwar einschließlich der Voraussetzung „unmittelbar“. Danach bleibt unklar, ob die Rechtsprechung an der vormaligen Einbeziehung des Unmittelbarkeitserfordernisses – und damit auch bei den Divergenzen, welche das Eingreifen des Gesetzgebers wesentlich beförderten – festhalten will.91 Dies würde freilich dem erklärten Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Vielmehr reicht die tatsächliche Ursächlichkeit der Straftat für die Erlangung der Bereicherung („Etwas“) aus. Normative Wertungen haben hier über die vom Gesetzgeber vorgesehenen strukturellen Einschränkungen in den §§ 73d, 73e hinaus keinen Platz. Ergänzende Eingrenzungen. Nimmt man das Kernanliegen der Gesetzesnovelle 38 ernst, wird eine an bereicherungsrechtliche Wertungen anknüpfende Würdigung des tatsächlichen Geschehens für die Feststellung des Vermögenszufluss genügen.92 Dessen ungeachtet stellt sich die Frage, ob in speziellen Einzelfällen eine Begrenzung der bloßen Ursächlichkeit in Betracht zu ziehen ist. Diskutiert wird dies in der besonderen Konstellation von weiteren, zu Vermögenszuwächsen führenden Taten im Zeitraum der Begehung eines Dauerdelikts. So war nach altem Recht bei Erlösen als Folge einer zum
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84 85 86 87 88 89 90 91 92
BGHSt 56 39, 46. BGH NStZ-RR 2019 22; Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 669. BGH, Urt. v. 27.3.2003 – 5 StR 434/02 m.w.N.; Urt. v. 4.6.2003 – 5 StR 30/03. Prot. V/1002. BT-Drucks 18/9525 S. 55 BGH NJW 2018 2141, 2142; NStZ 2019 272; BGH NJW 2019 2182, 2183. Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 306. Dies befürchtet SSW/Heine Rdn. 44 Kritisch Andorfer/Rimpf NZWiSt 2019 54, 55 ff.
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Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73
unerlaubten Aufenthalt nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG führenden Prostitutionstätigkeit das Vorliegen eines zureichenden Kausalzusammenhangs verneint worden.93 Methodisch lässt sich dieses Ergebnis nach neuem Recht erzielen, indem über die ursächliche Verknüpfung hinaus auch ein Adäquanzzusammenhang zwischen Tat und Bereicherung verlangt wird.94 Offen ist bislang ebenso, welche Anforderungen nach neuem Recht an den zeitlichen Zusammenhang zwischen Tat und Vermögenszufluss anzulegen sind.95 Erlangung „durch die Tat“ – Einzelfälle. Da der Begriff „durch die Tat“ jene Fälle 39 einschließt, die nach der vorherigen Gesetzeslage als Erlangen „aus der Tat“ gewertet wurden, bleibt die dazu ergangene Rechtsprechung weiterhin gültig; zu beachten ist aber die daran anschließende Bestimmung der Höhe des Erlangten unter Anwendung der neu geschaffenen Regelungen der § 73d und § 73e (vgl. im Einzelnen dort). Dies gilt etwa für – Bestechungsdelikte96 – Steuerdelikte97 (siehe auch Rdn. 27) – Vorenthalten von Arbeitsentgelt98 – Betäubungsmittelgeschäfte:99 Hier ist nach dem Bruttoprinzip der Verkaufserlös insgesamt – ohne Abzug des Einkaufspreises und weiterer Aufwendungen – für eingezogen zu erklären;100 dabei sind auch bei der Schätzung Darstellungserfordernisse zu beachten und die Schätzgrundlagen mitzuteilen.101 Von den Ermittlungsbehörden für Betäubungsmittelaufkäufe eingesetztes „Scheinkaufgeld“ unterliegt jedenfalls dann der Wertersatzeinziehung, wenn es nicht sichergestellt wurde.102 Hingegen unterliegt das für den Ankauf von Betäubungsmitteln bestimmte, noch nicht eingesetzte Kaufgeld nicht der Einziehung von Taterträgen, sondern kann nur nach § 74 StGB eingezogen werden.103 Die pauschale Bezeichnung „Dealgeld“ reicht mangels Spezifizierung nicht aus, um die Voraussetzungen der Einziehung oder erweiterten Einziehung zu belegen, sondern bedarf näherer Feststellungen.104 Hat der Täter aus der Straftat keinen Erlös, sondern lediglich das Betäubungsmittel selbst erlangt, kommt nur dessen Einziehung als Beziehungsgegenstand nach § 74 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 2 BtMG, nicht aber eine Einziehung nach § 73 in Betracht.105 Werden dem
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93 OLG Frankfurt NStZ 2006 531. 94 Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5. 95 Offen gelassen in BGH Beschl. v. 23.10.2018 – 5 StR 185/18 (juris) = NZWiSt 2019, 195. 96 BGH NStZ 1996 278; wistra 2001 388; NStZ 2002 477. 97 BGH NStZ 2001 155, zur steuerlichen Behandlung von der Einziehung unterliegenden Vermögensvorteilen siehe BGH NStZ 2002 477. Zur Behandlung von Verbrauchssteuern BGH NStZ 2017 361; zur Steuerhehlerei BGH wistra 2011 394; BGH NStZ 2015 469; BGH NStZ-RR 2019 153, 154. Zu dem der Einziehung unterliegendem wirtschaftlichen Vorteil bei der Tabaksteuer BGH Urt. vom 11.7.2019 – 1 StR 620/18.Teilweise wird angenommen, auch der Geschäftsführer, der fehlerhafte Steueranmeldungen zu Gunsten einer GmbH abgegeben habe, habe mit Blick auf die Haftungsvoraussetzungen der §§ 69, 71 AO „durch die Tat“ zugleich Aufwendungen für die haftungsweise Inanspruchnahme erspart und dadurch etwas elangt: LG Hamburg wistra 2018 446; dem zustimmend Ohlmeier/Struckmeyer wistra 2018 419, dagegen Mosiek wistra 2019 90 mit dem zutreffenden Hinweis, dass die Haftung nach §§ 69, 71 AO erst aus der Tat folgt, vgl. auch BGH wistra 2018 471 und Bittmann NStZ 2019 383, 390 Fn. 140. 98 OLG Nürnberg wistra 2019 297, 299 m. Anm. Leppich; aA Bach NZWiSt 2019 214, 216. 99 Vgl. z.B. BGH NStZ 1994 123; NStZ 1995 491; NStZ 2000 481; NStZ 2001 312; NStZ-RR 2000 57; NStZ 2003 257; StraFo 2003 283; NStZ 2004 400. 100 BGH Urt. v. 1.3.2007 – 4 StR 544/06. 101 BGH Beschl. v. 18.2.2016 – 2 StR 251/14. 102 BGHSt 53 179 = JZ 2009 1124 m. Anm. Rönnau und Anm. Stiebig JR 2010 35. 103 Zum Vorzeigegeld siehe BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 1 Eigentümer 1 und 2. 104 BGH NStZ-RR 2012 313. 105 BGH NStZ-RR 2002 118.
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Kurier konkrete Beträge zur Deckung von Mietkosten und Mautgebühren mitgegeben, handelt es sich um Beträge, die der Täter nicht für die Tat, sondern für deren Durchführung erlangt hat, und die deshalb nicht als Taterträge nach § 73 abzuschöpfen sind, sondern der Einziehung als Tatmittel gemäß § 74 Abs. 1 unterliegen.106 – Embargoverstöße: Da es sich um eine Investition in ein verbotenes Geschäft handelt, ist der gesamte Verkaufserlös einzuziehen, ohne Abzug von Einkaufspreis und sonstigen Aufwendungen.107 – Zuhälterei108 – geheimdienstliche Agententätigkeit109 – Landesverrat110 – Straftaten nach dem Ausländergesetz111 – Insidergeschäfte und Marktmanipulationen;112 hier ist nach neuer Rechtslage der gesamte Erlös einzuziehen. Da es sich um verbotene Geschäfte handelt, entfällt auch ein Abzug von Aufwendungen, vgl. § 73d Rdn. 21. – Taten nach § 288 StGB113 – Bankrott114 – Nötigung115 – Unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften:116 Bei einem entgegen dem Verbot des § 32 KWG gewährten Darlehen unterliegen der Einziehung von Taterträgen die daraus vereinnahmten Darlehensrückzahlungen117 und Zinszahlungen, nicht aber die noch offenen weiteren Ansprüche auf Darlehensrückgewähr. Die zurückbezahlten Darlensmittel sind im Hinblick auf das Verbot des § 134 BGB auch nicht als abzugsfähige Aufwendungen im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 anzusehen. Für Fälle der Geldwäsche118 gilt § 261 Abs. 7 i.V.m. § 74 Abs. 2 (Einziehung von Tatobjekten). 40
Für Ordnungswidrigkeiten hat das neue Recht in § 29a Abs. 1 und Abs. 3 OWiG die Voraussetzungen des § 73 entsprechend übernommen. Hinsichtlich der Höhe des Erlangten hatten sich die unterschiedlichen Auffassungen der Rechtsprechung über die Interpretation der „Unmittelbarkeit“ bei der Erlangung des Tatvorteils aus der Straftat auch bei der Beurteilung von Vorteilen aus Ordnungswidrigkeit niedergeschlagen. Nach der Reform der Vermögensabschöpfung 2017 sind jetzt die Wertungen des § 29a OwiG, welche jenen des § 73d entsprechen, maßgeblich. Fallgestaltungen aus der früheren Rechtsprechung sind beispielsweise
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106 BGH NStZ-RR 2011 283, 284; BGH wistra 2011 298. 107 BGH NStZ 2003 37; vgl. auch BGHSt 57 79 (erlangt sind nur die durch das Unterbleiben des Genehmigungsverfahrens ersparten Aufwendungen); diese Entscheidung ist durch die Gesetzesnovelle überholt. 108 BGH NStZ 2003 533; BGH NStZ-RR 1997 270; BGH StV 2003 617, 618. 109 BGH NJW 1998 1723. 110 BGH NJW 1996 492; NStZ-RR 2006 266; 2007 11. 111 BGH wistra 2003 351. 112 BGHSt 59 80; BGH StV 2017 110; OLG Frankfurt NStZ-RR 2017 145. 113 BGH wistra 2012 69. 114 BGH StV 2017 79. 115 BGH NJW 2014 401. 116 OLG Hamm Beschl. v. 2.4.2019 – 2 Ws 14/19 (juris). 117 AA Bittmann NStZ 2019 383, 393: Keine Erlangung eines Tatertrages, sondern lediglich der Ausgleich vorheriger Aufwendungen aus der Auszahlung des Darlehens. 118 Zu Fällen der sog. Selbstgeldwäsche vgl. BGH NJW 2019 533, 534 f.
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Illegales Betreiben eines Spielecenters:119 Da ein Antrag auf Erteilung der Erlaubnis abgelehnt worden wäre, weil das Geschäftskonzept in der aktuellen Ausgestaltung nicht genehmigungsfähig war, unterliegt der gesamte aus dem Geschäft erzielte Erlös der Einziehung von Taterlösen illegales Betreiben einer Anlage120 Inbetriebnahme eines verkehrsunsicheren Busses121 Illegale (grenzüberschreitende) Frachttransporte122 Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot123 Überladung124 Verstoß gegen behördliche Kontrollbefugnis125 Verstoß gegen die Handwerksordnung (fehlender Eintrag in die Handwerksrolle)126 Verstoß gegen Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns.127
Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat den Regelungsgehalt des § 73d zur Feststellung der Höhe des Erlangten in das Ordnungswidrigkeitenrecht übertragen. Danach wird im ersten Schritt der volle Betrag angesetzt (§ 29a Abs. 1). Davon werden die entstandenen Aufwendungen abgezogen, sofern nicht bewusst in Verbotenes investiert werden sollte (§ 29a Abs. 3).128 VIII. Erlangung des Vermögensvorteils „für die Tat“ Für die Tat erlangt sind Vermögenswerte, die als Gegenleistung für ein rechtswidri- 41 ges Tun gewährt werden,129 jedoch nicht auf der Tatbestandsverwirklichung beruhen,130 in erster Linie also Lohn und Entgelt (§ 11 Abs. 1 Nr. 9) für die erfolgte oder künftige Begehung rechtswidriger Taten;131 eine rechtswidrige Tat kann aber auch, wie in den Fällen der §§ 331, 332, bereits durch die Annahme des Entgelts für ein in der Vergangenheit oder
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119 BGH NZWiSt 2016 281. 120 LG Münster wistra 2011 238 (Höhe: Lediglich die Kosten des Genehmigungsverfahrens), krit. Labi NZWiSt 2013, 41. 121 OLG Stuttgart wistra 2009 167: (Kein unmittelbar erlangter Vorteil, weil nicht aus einer Ordnungswidrigkeitstat nach § 31 Abs. 2 StVZO ein Vermögensvorteil gezogen wurde, sondern erst die gesetzwidrigen Einsparungen den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit begründeten). 122 BGH wistra 2016 124; BGHSt 62 114= NJW 2017 2292 (Höhe: Volles Entgelt); nur für die inländische Strecke erlangte Leistung: OLG Braunschweig wistra 2016 124; OLG Schleswig SchlHA 2016, 307; Mitsch NZWiSt 2017 338; zur neuen Rechtslage (Anrechnung von Aufwendungen soweit keine bewusste Inverstition in Verbotenes) Köhler NStZ 2017 497, 511 f. 123 OLG Oldenburg Beschl. v. 9.6.2016 – 2 Ss 110/16 (juris) (volles Entgelt). Nach neuem Recht würde es zum teilweisen Abzug der Aufwendungen kommen, Köhler NStZ 2017 497, 512. 124 OLG Koblenz ZfS 2007 108 (bei Genehmigungsfähigkeit nur die ersparten Aufwendungen; dagegen Hartmann NZV 2012 565, 568; OLG Hamburg NStZ 2014 340 (Höhe: Bei vorsätzlichem Verstoß ist einzuziehen das volle Entgelt; möglich ist eine gestaffelte Ahndung nach der prozentualen Überschreitung der gesetzlich festgelegten Gewichte), aA Thole NZV 2009 64; Lepper ZWH 2012 441; vgl. auch Rebler AnwZertVerkR 16/2018 Anm. 2. 125 OLG Celle wistra 2013 364 (Höhe: Vertragliche Gegenleistung). 126 OLG Stuttgart wistra 2012 283 (Höhe: Der erzielte Umsatz). 127 OLG Düsseldorf NStZ 2014 339 (Höhe: Gesamter Mindestlohn); für die neue Gesetzeslage OLG München NZWiSt 2019 275 m. Bespr. Hütwohl: Erlangt ist die Arbeitsleistung, deren Höhe entspricht dem gesetzlichen Mindestlohn. Die erbrachten Lohnzahlungen sind nicht anzurechnen, weil sie dem Abzugsverbot des § 29a Abs. 3 Satz 2 OwiG unterliegen. 128 Beispiele bei Köhler NStZ 2017 497 511 f. 129 BGH NStZ 2011 229; 2012 383. 130 BGH Beschl. v. 27.3.2019 – 2 StR 561/18 Rdn. 8 (juris). 131 BGHSt 28 369; BGH StV 1981 627; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn.108; Saliger NK Rdn. 5.
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Zukunft liegendes, an sich nicht strafbares Verhalten begangen werden.132 Bedeutungslos ist, ob die Gewährung des Vermögensvorteils für die Tat ihrerseits eine rechtswidrige Tat darstellt oder nicht. 42 Einzelfälle: Vermögensvorteile für die Tat sind z.B. die Gegenleistung für eine vorgenommene oder künftig vorzunehmende, wenn auch pflichtgemäße oder pflichtwidrige, aber nicht strafbare Diensthandlung,133 das nachrichtendienstliche Entgelt,134 der Lohn des gedungenen Killers, aber auch die Belohnung, sofern sie in einem Vermögensvorteil besteht, die der Täter der in § 140 bezeichneten Taten nachträglich von einem Sympathisanten entgegennimmt. Ebenso wurde bei einem Embargoverstoß in der Kaufpreisforderung ein Tatentgelt für die rechtswidrige Tat gesehen.135 Bei Kuriertätigkeiten im Zuge von Betäubungsmittelgeschäften wird für die Tat dasjenige erlangt, was der Täter nicht nur gelegentlich einer Straftat, sondern als Gegenleistung für die Tatbegehung erhält.136 Reisespesen eines Kuriers können „für die Tat“ erlangt sein, wenn sie diesem persönlich, etwa für seinen Aufenthalt in Deutschland, zugutekommen.137 Demgegenüber handelt es sich bei Zahlungen zur Begleichung von Miet- und Mautkosten um nach § 74 einzuziehende Tatmittel, weil diese Gelder nicht „für die Tat“, sondern für die Durchführung der Tat gegeben wurden.138 Ebenso handelt es sich bei einer Summe, die zur Beschaffung von Tatwerkzeugen übergeben wird, nicht um eine Erlangung „für die Tat“, sondern um einen als Tatmittel nach § 74 Abs. 1 einzuziehenden Betrag.139 Auch erfolgt die Bezahlung für Tatbeiträge unabhängig vom Eintritt eines Taterfolgs „für die Tat“. Zahlungen an einen Gehilfen mit deutlichem Abstand zur Tatbegehung sind ebenfalls als Zufluss „für die Tat“ zu werten, weil der Ablauf für eine Entlohnung spricht.140 Anders liegt es bei einem im Vorfeld der Tat liegenden bloßen Wechsel von Geldscheinen kleiner Stückelung in solche großer Stückelung, um das Geld besser als Tatmittel für Betäubungsmitteldelikte verwenden zu können.141 IX. Erstreckung der Einziehung auf Nutzungen (Absatz 2) Die Fassung des Absatzes 2 ist dem § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet, dessen Auslegung auch für § 73 Abs. 2 von Bedeutung ist.142 Darüber hinausgehender mittelbarer Gewinn kann nicht für eingezogen erklärt werden.143 § 73 Abs. 2 und Abs. 3 bilden insoweit eine erschöpfende Sonderregelung bezüglich mittelbarer Tatvorteile.144 Bei den Nutzungsfällen ist das erlangte Etwas i.S. des § 73 Abs. 1 nicht in der Er44 sparnis von Aufwendungen,145 sondern in der tatsächlichen Überlassung eines Gegen43
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132 BGHSt 47 260. 133 BGHSt 30 46, 47. 134 BGHSt 43 321 ff. 135 NStZ 2003 37. 136 NStZ-RR 2002 366. 137 BGH NStZ 2007 150. 138 BGH NStZ-RR 2011 283. 139 BGH Beschl. v. 2.7.1993 – 2 StR 292/93; Beschl. v. 10.6.1998 – 3 StR 182/98; OLG Schleswig Beschl. v. 25.5.2018 – 2 Ss 51/18 (65/18) (juris). 140 BGH NJW 2012 2051. 141 BGH NJW 2019 2182 142 Lackner/Kühl/Heger Rdn. 7; Saliger NK Rdn. 32. 143 BGH bei Holtz MDR 1981 630; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 26; Fischer Rdn. 31; Brenner DRiZ 1977 204. 144 Saliger NK Rdn. 30; vgl. dazu Eser Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum (1969) S. 291 ff m.w.N. 145 So RGSt 57 232 zu § 335 a.F.
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standes zur Nutzung zu sehen. Der Vorteilsempfänger kann sich demnach bei der unentgeltlichen Überlassung eines Luxuswagens nicht darauf berufen, er sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, für einen solchen Vorteil Geld auszugeben.146 Der Begriff der Nutzungen, auf die nach Absatz 2 Satz 1 die Anordnung der Einzie- 45 hung von Taterlösen des Vermögensvorteils erstreckt werden muss, ergibt sich aus §§ 99, 100 BGB (Sach- und Rechtsfrüchte sowie Gebrauchsvorteile). Für eingezogen zu erklären sind nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen, nicht solche, die der Täter hätte ziehen können, aber zu ziehen unterlassen hat.147 Zu den gezogenen Nutzungen gehören z.B., wenn der Täter als Vermögensvorteil das Eigentum an einem Mietshaus erlangt hat, die aus der Vermietung erzielten Einnahmen.148 Besteht der erlangte Vermögensvorteil in Geld, so zählt zu den Nutzungen der Zinsertrag, den der Täter durch Anlegung des Geldes auf ein Sparkonto, durch Vergabe verzinslicher Darlehen oder – als Surrogatsnutzung (Abs. 3) – durch den Ankauf verzinslicher Wertpapiere erzielt.149 Dagegen gehören, wenn der Täter das erlangte Geld zum Auf- oder Ausbau eines Unternehmens verwendet, die in diesem Unternehmen erzielten Gewinne nicht mehr zu den Nutzungen im Sinne des Absatzes 1. Sie sind durch persönlichen Einsatz erlangte legale Gewinne, die nicht unter dem Gesichtspunkt der Abschöpfung des illegitim Erlangten weggenommen werden können.150 Entsprechendes gilt bei Gewinnen durch Einsatz des Geldes in der Lotterie oder beim Glückspiel.151 An Nutzungen im Sinne des § 73 Abs. 2 kann es auch fehlen, wenn es sich bei vereinnahmten Zahlungen lediglich um eine Scheinrendite handelt, die einen dahinter stehenden Anlagebetrug verschleiern sollte.152 X. Erstreckung der Einziehung auf Surrogate (Absatz 3) 1. Umfang. Außer den gezogenen Nutzungen unterliegen nach Absatz 3 der Einzie- 46 hung von Taterlösen auch die Surrogate (Gegenstände oder Forderungen), die an die Stelle des ursprünglich erlangten Vermögensvorteils getreten sind.153 Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. Zunächst setzt Absatz 3 voraus, dass der erlangte Vermögensvorteil in einem bestimmten Gegenstand (Sache oder Recht) besteht, dessen Eigentümer (Rechtsinhaber) der Täter (Teilnehmer) geworden ist. Ferner können als Surrogate nur Gegenstände eingezogen werden, die durch bestimmte Vorgänge unmittelbar an die Stelle des ursprünglich erlangten Gegenstandes getreten sind. Damit soll erreicht werden, dass auch die Surrogate als mittelbare Vorteile nur in rechtlich bestimmten Grenzen einziehungsfähig sind.
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146 Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 36. 147 BGH bei Holtz MDR 1981 629 f; vgl. dazu BTDrucks. V/4095 S. 40: In § 109 Abs. 5 StGB-Entw. 1962 war zwar vorgesehen, dass, wenn der erlangte Vermögensvorteil in Geld besteht und nicht ein tatsächlich erzielter Zinsgewinn dem Verfall unterliegt, das Gericht den Verfall eines Geldbetrages anordnen könne, der den üblichen Zinsen für eine angemessene Zeit, jedoch nicht über die Anordnung des Verfalls hinaus entspricht. Damit sollte aus generalpräventiven Gründen der Verfall des mittelbaren Gewinns in begrenztem Umfang ermöglicht werden, weil der Täter sich durch die rechtswidrige Tat – gedacht war vor allem an Steuerhinterziehung – im praktischen Ergebnis ein zinsloses Darlehen verschafft habe. Eine solche Vorschrift wurde aber als überflüssig angesehen, nachdem im Steuerrecht die Verzinsung hinterzogener Steuern ab dem Zeitpunkt der vollendeten Hinterziehung eingeführt worden war. 148 Vgl. OLG Karlsruhe JR 1976 121 mit Anm. Keller. 149 BGHR StGB § 73 Vorteil 4; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 26; Brenner DRiZ 1977 204. 150 Prot. V/1014; Joecks MK Rdn. 66. 151 BGH NStZ 1996 332; Fischer Rdn. 31. 152 BGH wistra 2019 59, 660 = ZWH 2019 58 m. Anm. Spatschek/Spilker. 153 BGH NStZ-RR 2016 83.
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§ 73 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
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2. Erwerbsgegenstände. Der Einziehung unterliegt der Gegenstand, den der Täter oder Teilnehmer durch Veräußerung des erlangten Originalgegenstandes erworben hat.154 „Durch die Veräußerung erworben“ ist nur ein Gegenstand, der unmittelbar als Gegenleistung für die Veräußerung an die Stelle des entäußerten Gegenstandes getreten ist (z.B. bei einem Tausch der Tauschgegenstand). Hierzu zählen auch solche Gegenstände, die der Täter unter Verwendung (deliktisch) erlangter Geldbeträge angeschafft hat.155 Umfasst ist somit das mit dem Geld erworbenen Lotterielose, nicht aber mehr der auf diese Lose entfallene, den Erwerbspreis der Lose übersteigende Lotteriegewinn, der als mittelbarer Vermögensvorteil anzusehen ist.156 Nachträgliche Zugewinne können aber die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Vollstreckungsverfahrens nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO auslösen. Hat der Täter ersparte Aufwendungen, etwa infolge von Steuerhinterziehungen nicht entrichteter Steuerbeträge, erlangt, verbleibt es bei einer Abschöpfung in dieser Höhe. Hat der Täter diesen Betrag investiert und so Wertsteigerungen seines Vermögens erzielt, so stellen diese Wertzuwächse keine Surrogate im Sinne des Abs. 3 dar; es verbleibt bei der Abschöpfung des Erlangten.157 Eine doppelte Abschöpfung ist zu vermeiden, dies ist auch beim Zusammentreffen von Erlangungs- und Verwertungstat zu beachten. Deshalb greift es zu weit, bei einer Veräußerung gegen eine Geldzahlung sowohl den Geldbetrag selbst wie auch den Gegenstand, den der Täter mit Hilfe des Geldbetrages als Ersatz für den veräußerten Gegenstand angeschafft hat, der Einziehung zu unterwerfen.158
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3. Ersatzleistungen. Der Einziehung von Taterlösen unterliegt auch der Gegenstand, den der Täter (Teilnehmer) als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des Originalgegenstandes erworben hat, z.B. die Schadensersatzforderung gegen den schuldigen Sachbeschädiger oder Dieb, im Fall der Beschädigung oder Zerstörung des als Vermögensvorteil erlangten Kraftfahrzeugs bei einem Verkehrsunfall durch ein drittes Kraftfahrzeug die Ersatzforderung gegen den Kraftfahrzeughalter oder den Führer oder dessen Versicherung, aber auch der Ersatzgegenstand, der nach Begleichung der Ersatzforderung aus dem Erlös angeschafft ist.
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4. Erwerb aufgrund eines erlangten Rechts. Der Einziehung unterliegendes Surrogat ist schließlich der Gegenstand, den der Täter (Teilnehmer) aufgrund eines als Vermögensvorteil erlangten Rechts erworben hat, d.h. der durch Realisierung des Rechts erlangte Gegenstand, z.B. bei Abtretung einer Kaufpreisforderung der gezahlte Kaufpreis, bei Abtretung eines Pfandrechts der Pfanderlös, aber nicht der mit Hilfe dieses Geldes angeschaffte Gegenstand. XI. Anordnung
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Die Entscheidung zur Einziehung der Taterträge ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 obligatorisch.159 Der Einziehungsentscheidung steht nicht entgegen, dass über das
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154 BGH NJW 2004 1314; aA Vorauflage. 155 BGH NStZ-RR 2016 83. 156 BGH NStZ 1996 332; MDR 1981 630; Saliger NK Rdn.32; Brenner DRiZ 1977 204. 157 BGH NJW 2019 867, 868 = NStZ 2019 465 m. Anm. Heine = wistra 2019 333 m. Anm. Webel. Es kann aber ggf. eine Einziehung nach § 261 Abs. 7 aufgrund begangener Geldwäschehandlungen in Betracht kommen. 158 Vgl. Bittmann NStZ 2019 383, 395. 159 BGH NStZ-RR 2019 22, 23; NStZ 2019 272, 273. Für eine teleologische Reduktion im Anwendungsbereich des § 31 BtMG LG Frankenthal Urt. vom 6.11.2018 – 7 Ns 5527 Js 18948/16 jug (2); dieser Ansatz findet jedoch im Gesetz keine Stütze.
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Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73
Vermögen des Betroffenen ein Privatinsolvenzverfahren eröffnet worden ist.160 Möglichkeiten zum Absehen von der Einziehung bieten insoweit lediglich die Beschränkungsvorschriften des § 421 Abs. 1 (dazu vor § 73 Rdn. 52). Im Übrigen kann das Gericht von den allgemeinen gesetzlichen Teileinstellungen nach §§ 154, 154a StPO mit entsprechenden Auswirkungen auf die Einziehungsentscheidung Gebrauch machen oder auf die neu geschaffene Möglichkeit der Abtrennung der Einziehung nach § 422 StPO zurückgreifen, welche allerdings gemäß § 423 StPO lediglich zu einer Aufschiebung mit einem Übergang in ein Beschlussverfahren und somit nicht zu einer dauerhaften Lösung führt. Demgegenüber stellt Abs. 3 die Erstreckung der Einziehung auf die Surrogate in das 51 pflichtgemäße Ermessen des Gerichts. Diese unterschiedliche Behandlung beruht auf dem prozessökonomischen Gedanken, dem Gericht in geeigneten Fällen die schwierige Ermittlung zu ersparen, welches Surrogat angefallen ist.161 So soll z.B., wenn der erlangte Vermögensvorteil in einem Kraftfahrzeug besteht und dieses bei einem Unfall beschädigt oder zerstört worden ist, das Gericht nicht den gegen den schuldigen Fahrer oder den gegen die Haftpflichtversicherung des Halters bestehenden Ersatzansprüchen nachgehen müssen.162 Sieht das Gericht von der Einziehung des Surrogats ab, so muss es nach § 73c die Wertersatzeinziehung eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. XII. Einziehungsbetroffene 1. Mehrere Beteiligte. Adressaten der Anordnung sind nach Absatz 1 Satz 1 Täter 52 (§ 25) und Teilnehmer (§§ 26, 27). Im Gesetz nicht geregelt ist der Fall, dass die Einziehung gegen mehrere an der Tat Beteiligte zugleich angeordnet wird. Waren an der Tat mehrere beteiligt, so war nach der Rechtsprechung zu § 335 a.F. die 53 nach seinerzeitigem Recht zu treffende Verfallerklärung gegen denjenigen zu richten, der (im Zeitpunkt der Aburteilung) das Bestechungsmittel besitzt oder, falls es sich nicht mehr im Kreis der Täter befindet, der es zuletzt in den Händen gehabt hat.163 Gegen Mittäter war auf Verfallserklärung bezüglich des gemeinschaftlich erlangten Bestechungsmittels in Gesamthaftung (nicht gegen den einzelnen auf Verfallerklärung des bei einer Verteilung ihm zugeflossenen Anteils) zu erkennen.164 Eine gesamtschuldnerische Haftung war z.B. in § 7 Abs. 2 der Preistreibereiverordnung vom 8.5.1918165 bezüglich der Einziehung des übermäßigen Gewinns und des über den Höchstpreis erzielten Erlöses vorgesehen. Die Begründung zu § 110 E 1962166 ging davon aus, „dass die Gerichte in diesem Fall auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aussprechen werden“. Diese Rechtsentwicklung spricht für die Auffassung, die Einziehungserklärung (des 54 Gegenstandes oder des Wertersatzes nach § 73c) sei gegen die Tatbeteiligten als Gesamtschuldner anzuordnen, auch wenn später der Vermögensvorteil unter ihnen aufgeteilt worden sei und die Anteile verschiedene rechtliche Schicksale erfahren haben.167 Dies ergebe sich aus dem Grundsatz, „dass die Verfallserklärung (jetzt Einziehung von Taterträgen) sich auf das ursprünglich Erlangte richtet, auch wenn es sich im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr im Vermögen der ursprünglichen Empfänger befindet“. Dieser
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160 BGH wistra 2019 187 m. Anm. Köllner NZI 2019 307 und Bespr. Tschakert ZInsO 2019 1149; BGH NJW 2019 2486. 161 Prot. V/1023. 162 Prot. V/1013, 1022; BTDrucks. V/4095 S. 40. 163 BGHSt 13 329 m.w.N. 164 BGHSt 10 237. 165 RGBl. I S. 395. 166 S. 245. 167 Vgl. auch BGH NStZ 1996 442.
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Auffassung ist der BGH in ständiger Rechtsprechung gefolgt.168 Haben Mittäter unmittelbar aus der Tat eigene Verfügungsgewalt erlangt sollen sie – bei Einziehung von Wertersatz – als Gesamtschuldner haften.169 An den gegen diese Auffassung erhobenen Bedenken der Vorauflage wird nicht 55 mehr festgehalten. Die dafür angeführten Argumente, erstens bei der Einziehung von Taterlösen gehe es um die Beseitigung eines unrechtmäßigen Vermögenszuwachses und nicht darum, Tatvorteile in das Staatsvermögen überzuleiten,170 und zweitens, als Gläubigerschutzvorschrift passe die Rechtsfigur der Gesamtschuld nicht zum Verhältnis der Straforgane zu den Sanktionsadressaten,171 greifen zu kurz. Auch bedarf es keiner Erforschung der internen Aufteilung des Vermögens zwischen den Tatbeteiligten.172 Die Gefahr, dass eine gesamtschuldnerische Haftung einem Tatbeteiligten möglicherweise mehr entzieht, als er durch die Tat erlangt hat, betrifft in erster Linie die Frage der Zurechnung einer Mitverfügungsgewalt im Rahmen der Prüfung des Erlangten. Der Einwand, es werde die Gläubigerschutzfunktion des § 830 BGB zu Lasten Betroffener in das Strafrecht importiert, übersieht, dass Ausgangspunkt der im Strafverfahren vollzogenen Vermögensabschöpfung jeweils das Vorliegen einer tatsächlichen (gegenständlichen) Erlangung von Vermögenswerten, also der Eintritt einer Bereicherung ist. Es geht also schon im Ausgangspunkt nicht um die Erleichterung der Anspruchsdurchsetzung von Gläubigern. Zudem ist nicht zu rechtfertigen, dass ein Mittäter im Außenverhältnis die Mithaftung eines Mittäters einwenden könnte.173 In das Strafverfahren übertragen wird vielmehr allein die daran zivilrechtlich anknüpfende flexiblere Abwicklung des Anspruchs im Verhältnis zwischen mehreren Beteiligten. Hieraus folgt jedoch im Ergebnis keine Belastung, sondern eine faktische Sicherung für die Betroffenen, die insbesondere gegen eine doppelte Inanspruchnahme geschützt werden und eine Ausgleichsmöglichkeit im Binnenverhältnis erhalten.174 Gegen die Ansicht der Rechtsprechung spricht auch nicht, dass nach der Gesetzes56 änderung 2017 die Möglichkeit einer Korrektur durch eine individuelle Härteklausel entfallen ist. Vielmehr erfahren mehrere Beteiligte, gegen die jeweils nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen die Haftung als Gesamtschuldner angeordnet wurde, neben § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO eine weitere Absicherung gegen eine übermäßige oder doppelte Inanspruchnahme, die durch den Ausgleich in entsprechender Anwendung des § 426 BGB bewirkt wird.175 Bei einer Aufteilung nach Kopfteilen wäre hingegen eine starre Handhabung vorgegeben. 57 Davon zu trennen ist die Frage, ob ein Beteiligter durch die unterbliebene Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung prozessual beschwert ist. An einer Beschwer kann es bei einer fehlerhaft unterlassenen Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ausnahmsweise fehlen, wenn ausgeschlossen ist, dass er nach § 426 BGB einen Gesamtschuldnerausgleich von anderen Tatbeteiligten beanspruchen kann.176
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168 BGHSt 56 39,46; NStZ 2003 198, 199; 2006 570; für die neue Rechtslage vgl. nur die Nachweise in Fn. 174. 169 BGH NStZ 2003 198; Urt. v. 4.6.1996 – 1 Str. 235/96. 170 BGH NStZ 2006 570, 572. 171 Rönnau Vermögensabschöpfung Rdn. 237 ff; Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 51; Schultehinrichs S. 46; Wehnert/Mosiek StV 2005 568, 573. 172 Rönnau Vermögensabschöpfung Rdn. 237. 173 BGH NStZ-RR 2018 335, 336. 174 BGHSt 56 39, 45 ff; BGH Beschl. vom 18.7.2018 – 2 StR 553/17. 175 BGH NStZ-RR 2018 335, 336; BGH Urt. v. 24.5.2018 – 5 StR 623 u. 624/17 Rdn 13 (juris) = ZJJ 2018 338; BGH Beschl. v. 7.6.2018 – 4 StR 63/18 Rn. 16. 176 BGH Beschl. v. 6.11.2018 – 5 StR 223/18.
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Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73
2. Dritte. Bei der Bestimmung des zutreffenden Einziehungsadressaten sind Ver- 58 mögensmassen Dritter, etwa die von Täter und einer GmbH, sorgfältig zu trennen; ggf. ist nach den Vorgaben des § 73b ein Drittverfall durchzuführen.177 Wird eine GmbH nur als formaler Mantel vorgeschoben, liegt keine Drittbegünstigung vor.178 Gleiches gilt, wenn der Täter einen legalen Zugriff auf einer juristischen Person zugeflossene Vermögenswerte behält.179 XIII. Wertänderungen des Einziehungsgegenstands 1. Erlangtes nicht mehr vorhanden. Ein späterer Verlust oder eine Weitergabe des 59 Einziehungsgegenstands vermögen am erfolgten Eintritt des Erlangens des Vermögensvorteils nichts mehr zu ändern.180 Ob der erlangte Vorteil noch immer im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, ist für die Zulässigkeit der Anordnung nach dem Wegfall der Härteklausel des § 73c aF nicht mehr von Belang. Dieser Umstand erlangt erst im Vollstreckungsstadium im Hinblick auf § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO Bedeutung. 2. Nachträgliche Wertänderungen. Hierzu § 73c Rdn. 15.
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XIV. Verjährung Der Gesetzgeber hat lediglich für die erweiterte (§ 73a) und selbständige erweiterte 61 Einziehung (§ 76a) eine eigene, von der Verjährung der Straftat losgelöste Verjährung eingeführt. Die Verjährung des Anspruchs auf Einziehung von Taterträgen folgt weiterhin der Verjährung der Anknüpfungstat. XV. Sonstiges 1. Urteilstenor. Der Kennzeichnung der Haftung als gesamtschuldnerisch im Ur- 62 teilstenor bedarf es, wenn die Einziehungsanordnung in demselben Verfahren getroffen wird, auch nach neuem Recht.181 Die Angabe eines Namens des jeweiligen Gesamtschuldners ist dafür nicht erforderlich.182 Bei Strafbefehlen ist die Ergänzung „gesamtschuldnerisch“ sowie vor dem Hintergrund der späteren Vollstreckungssituation eine namentliche Nennung der anderen Gesamtschuldner vorzunehmen.183 2. Isolierte Anfechtbarkeit. Einziehungsentscheidungen sind auch weiterhin im 63 Rechtsmittelverfahren grundsätzlich selbständig anfechtbar, auch der Höhe nach.184 Dies setzt voraus, dass dieser Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft werden kann und die stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt.185
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177 BGH NStZ 2017 151. 178 BGH NZWiSt 2019 195, 197 f m. Bespr. Meißner. 179 BGH wistra 2017 345 m. Anm. Nestler wistra 2017 190. 180 BGH NStZ 2014, 32 181 BGH StraFo 2018 490; BGH NStZ-RR 2018 278, 279; BGH NStZ-RR 2019 176, 177; BGH Beschl. v. 20.2.2018– 2 StR 12/18 Rdn. 3 (juris); BGH Beschl, v. 12.3.2018 – 4 StR 57/18 Rdn. 3 (juris); BGH Beschl. v. 25.4.2018 – 2 StR 14/18 Rdn. 12 (juris); BGH Beschl. v. 8.5.2018 – 2 StR 548/17 Rdn. 5 (juris). 182 BGH NStZ-RR 2019 176, 177; Beschl. v. 7.6.2018 – 4 StR 63/18 Rdn. 18. 183 Reh NZWiSt 2018 20, 25. 184 Fischer Rdn. 35. 185 BGH NStZ-RR 2017 652; BGH NStZ-RR 2018 241; BGH Beschl. v. 15.11.2018 – 3 StR 346/18.
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§ 73a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
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3. Eigene Entscheidung des Revisionsgerichts. Da es sich gesetzlich um eine gebundene Entscheidung handelt („ordnet an“) darf das Revisionsgericht auf entsprechendes Rechtsmittel hin eine unterlassene Einziehung von Taterträgen in Anwendung von § 354 StPO selbst anordnen.186 Hat der Tatrichter rechtsfehlerhaft einen Geldbetrag nach § 74 anstatt nach § 73 eingezogen, kann das Revisionsgericht die Einziehung von Taterlösen anordnen, wenn nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe der Täter einen solchen Vermögensvorteil erlangt hat.187 Ebenso ist ein Übergang auf eine Einziehung von Wertersatz nach § 73c möglich.188
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4. Verschlechterungsverbot. Das gesetzliche Verschlechterungsverbot der §§ 331, 358 Abs. 2 StPO ist für Einziehungsentscheidungen in vollem Umfang zu beachten.189 5. Zur gerichtlichen Hinweispflicht nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO vgl. vor § 73 Rdn. 56.
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3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern Lohse § 73a https://doi.org/10.1515/9783110491302-011
§ 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern (1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
I. II.
III. IV. V.
Übersicht Entstehungsgeschichte; Unionsrecht | 1 Zweck der erweiterten Einziehung 1. Gesetzlicher Zweck des § 73d a.F. | 7 2. Ausdehnung der gesetzlichen Zwecke durch § 73a | 8 Rechtsnatur der erweiterten Einziehung | 13 Systematik | 15 Verfassungsrechtliche Grundlagen 1. Zur Gesetzeslage nach § 73d a.F. | 22 2. Zur Gesetzeslage nach § 73a | 28 3. Bewertung a) Ausweitung des Anwendungsbereichs | 29 b) Auflösung des Konnexes zwischen Anknüpfungs- und Erwerbstat | 31 c) Beweisanforderungen | 33
VI.
Die Voraussetzungen der erweiterten Einziehung 1. Anknüpfungstat | 34 2. Gegenstand der Einziehung | 37 3. Verfügungsgewalt des Tatbeteiligten | 39 4. Erlangung für oder durch eine rechtswidrige Tat | 40 5. Überzeugung des Gerichts | 46 6. Prozessordnungsgemäße Feststellungen des Gerichts zum Ausschluss der rechtmäßigen Herkunft der Gegenstände | 47 7. Rückwirkung | 48 VII. Ausschluss nach Absatz 2 | 50 VIII. Verjährung | 51 IX. Verzicht | 53 X. Übergangsvorschrift | 54
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186 187 188 189
BGH NStZ 2019 272, 273. BGHR StGB § 73 Vermögensvorteil 1; BGH NStZ-RR 1999 119; BGH NStZ-RR 2003 57. OLG Hamm NZWiSt 2019 279, 280. BGH Beschl. v. 10.1.2019 – 5 StR 387/18; BGH Beschl. v. 15.11.2018 – 3 StR 346/18.
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Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73a
I. Entstehungsgeschichte; Unionsrecht Die vormalige Regelung der erweiterten Einziehung (nach alter Terminologie: erwei- 1 terter Verfall) des § 73d a.F. wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.7.1992 (BGBl. I S. 1302) mit Wirkung vom 22.9.1992 eingefügt. Sie geht auf einen von der Bundesregierung eingebrachten „Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – erweiterter Verfall – (StrÄndG)“1 zurück. Der Bundesrat übernahm diesen Vorschlag in seinem in der 11. Legislaturperiode erstmals eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG)“2 in Art. 1 Nr. 9 bis 12. Nachdem die beiden Entwürfe in der 11. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag nicht mehr abschließend beraten werden konnten, brachte der Bundesrat den Entwurf des OrgKG in der 12. Legislaturperiode erneut ein und dehnte diese Sanktion auf weitere Bereiche der Organisierten Kriminalität (Delikte mit banden- oder gewerbsmäßiger Begehungsweise) aus.3 Die vormalige Vorschrift des erweiterten Verfalls des § 73d a.F. hat das Gesetz zur 2 Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) in dem neu formulierten § 73a wesentlich verändert. Insbesondere hat das Gesetz die bis dahin bestehende Beschränkung des Anwendungsbereichs beseitigt, den vormaligen Katalog der Anlasstaten der Organisierten Kriminalität aufgehoben und die erweiterte Einziehung durch die nunmehr mögliche Anknüpfung an jede Art von rechtswidrigen Taten zu einem allgemein anwendbaren Instrument ausgebaut. Damit ist die erweiterte Einziehung auch in ihrem Charakter und ihrer Zielrichtung wesentlich ausgedehnt worden. Mit der Kombination von Beweiserleichterung und allgemeiner Anwendbarkeit hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten des Zugriffs auf inkriminierte Vermögenswerte bis in Grenzbereiche hinein ausgeschöpft. Die Gesetzesnovelle war durch die Verpflichtung zur Umsetzung der EU-Richtlinie 3 2014/42/EU vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union4 veranlasst. Insbesondere folgte ein Umsetzungsbedarf aus Art. 5 der Richtlinie. Dieser lautet unter der Überschrift „Erweiterte Einziehung“ wie folgt: (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Vermögensgegenstände, die einer Person gehören, die wegen einer Straftat verurteilt ist, die direkt oder indirekt zu einem wirtschaftlichen Vorteil führen kann, ganz oder teilweise eingezogen werden können, wenn ein Gericht aufgrund der Umstände des Falls, einschließlich der konkreten Tatsachen und verfügbaren Beweismittel wie der Tatsache, dass der Wert der Vermögensgegenstände in einem Missverhältnis zum rechtmäßigen Einkommen der verurteilten Person steht, zu der Überzeugung gelangt, dass die betreffenden Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 dieses Artikels umfasst der Begriff „Straftat“ mindestens Folgendes: a) Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor gemäß Artikel 2 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI sowie Bestechung und Bestechlichkeit, an der Beamte der Organe der Union oder der Mitgliedstaaten beteiligt sind, nach den Artikeln 2 bzw. 3 des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte beteiligt sind;
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BTDrucks. 11/6623. BTDrucks. 11/7663. BTDrucks. 12/989. Amtsblatt EU vom 29.4.2014 L 127 S. 39.
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Straftaten im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gemäß Artikel 2 des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI, zumindest in Fällen, in denen die Straftat zu einem wirtschaftlichen Vorteil geführt hat; Veranlassung oder Anwerbung eines Kindes zu einer Mitwirkung an pornografischen Darbietungen oder Profit von dieser oder anderweitige Ausbeutung eines Kindes für derartige Zwecke, wenn das Kind das Alter der sexuellen Mündigkeit erreicht hat, gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2011/93/EU; Vertrieb, Verbreitung oder Weitergabe von Kinderpornografie gemäß Artikel 5 Absatz 4 der Richtlinie 2011/93/EU; Anbieten, Liefern oder sonstiges Zugänglichmachen von Kinderpornografie gemäß Artikel 5 Absatz 5 jener Richtlinie; Herstellung von Kinderpornografie gemäß Artikel 5 Absatz 6 jener Richtlinie; rechtswidrige Systemeingriffe und rechtswidrige Eingriffe in Daten gemäß den Artikeln 4 bzw. 5 der Richtlinie 2013/40/EU, wenn eine erhebliche Zahl von Informationssystemen durch Verwendung eines Tatwerkzeugs nach Artikel 7 der genannten Richtlinie, das in erster Linie dafür ausgelegt oder hergerichtet worden ist, beeinträchtigt wurde; das vorsätzliche Herstellen, Verkaufen, Beschaffen zwecks Gebrauchs, Einführen, Verbreiten oder anderweitiges Verfügbarmachen von Instrumenten, die für das Begehen von Straftaten verwendet werden, zumindest wenn kein leichter Fall vorliegt, nach Artikel 7 der Richtlinie 2013/40/EU; eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren bedroht ist, in Übereinstimmung mit dem einschlägigen Rechtsinstrument in Artikel 3 oder, sofern in dem betreffenden Instrument kein Strafmaß genannt ist, in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht.
Darüber hinaus befassen sich die Erwägungsgründe 19 bis 21 der Richtlinie wie folgt mit der erweiterten Einziehung: Erwägungsgrund 19: „Das Betätigungsfeld krimineller Gruppen ist sehr vielfältig. Zur wirkungsvollen Bekämpfung der organisierten Kriminalität sollten nach einer strafrechtlichen Verurteilung nicht nur Vermögensgegenstände eingezogen werden können, die mit einer bestimmten Straftat in Zusammenhang stehen, sondern auch darüber hinaus weitere Vermögensgegenstände, die das Gericht als Erträge aus anderen Straftaten ansieht. Dieses Vorgehen wird als erweiterte Einziehung bezeichnet. (…)“; Erwägungsgrund 20: „Bei der Feststellung, ob eine Straftat zu einem wirtschaftlichen Gewinn führen kann, können die Mitgliedstaaten die Vorgehensweise der Straftäter berücksichtigen, beispielsweise, ob eine Voraussetzung für das Vorliegen einer Straftat darin besteht, dass sie im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder in der Absicht, regelmäßige Gewinne aus Straftaten zu ziehen, begangen wurde. Dies sollte jedoch im Allgemeinen der Möglichkeit, auf eine erweiterte Einziehung zurückzugreifen, nicht entgegenstehen“; Erwägungsgrund 21: „Die erweiterte Einziehung sollte möglich sein, wenn nach Überzeugung des Gerichts die betreffenden Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen. Dies bedeutet nicht, dass feststehen muss, dass diese Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass es beispielsweise ausreichen könnte, dass das Gericht nach einer Wahrscheinlichkeitsabwägung befindet oder vernünftigerweise davon ausgehen kann, dass es wesentlich wahrscheinlicher ist, dass die betreffenden Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen, als dass sie durch andere Tätigkeiten erworben wurden. In diesem Zusammenhang hat das Gericht die konkreten Umstände des Falls zu berücksichtigen, einschließlich der Tatsachen und verfügbaren Beweismittel, aufgrund deren eine Entscheidung über eine erweiterte Einziehung ergehen könnte. Die Tatsache, dass die Vermögensgegenstände einer Person in einem Missverhältnis zu ihrem rechtmäßigen Einkommen stehen, könnte eine der Tatsachen sein, die das Gericht zu der Schlussfolgerung gelangen lassen, dass die Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen. Die Mitgliedstaaten könnten ferner festlegen, dass ein bestimmter Zeitraum vorliegen muss, für den davon ausgegangen werden kann, dass die Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen“. Lohse
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Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73a
Über die Vorgaben des Art. 5 der EU-Richtlinie 2014/42/EU, welche ausdrücklich 5 lediglich Mindestvorschriften enthält, ist der Gesetzgeber im Zuge der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung 2017 deutlich hinausgegangen (vgl. im Einzelnen Rdn. 8 ff). Soweit § 73a die Vorgaben der EU-Richtlinie 2014/42/EU in das deutsche Recht um- 6 setzt, unterliegen die Bestimmungen dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung des Unionsrechts. Die deutsche Regelung ist mithin so anzuwenden, dass es die vorgenannte Vorschrift der Richtlinie zur Geltung bringt. Im Umfang der Umsetzung der EU Richtlinie gelten ferner die Garantien der Charta der Grundrechte der EU (vgl. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta). Bestehen Unklarheiten über das Verständnis des Unionsrechts, ist ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV durchzuführen. II. Zweck der erweiterten Einziehung 1. Gesetzlicher Zweck des § 73d a.F. Die Vorschrift des § 73d bezweckte, der Orga- 7 nisierten Kriminalität, insbesondere im Bereich des Betäubungsmittelhandels, durch „effektive Gewinnabschöpfung“ die finanzielle Basis zu entziehen.5 Die erweiterte Einziehung hatte nach dem ursprünglichen Konzept jene Fälle im Auge, in denen bei den an der Anknüpfungstat Beteiligten Vermögensgegenstände vorgefunden werden, deren rechtmäßiger Erwerb nicht festgestellt werden kann, die aber mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Begehung von Straftaten herrühren. Danach sollte die Regelung insbesondere dann zur Anwendung kommen, wenn z.B. bei Rauschgiftdealern Geldbeträge vorgefunden werden, die angesichts der festgestellten Einkommensverhältnisse den Schluss zulassen, dass diese Geldmittel mit hoher Wahrscheinlichkeit aus illegalen Betäubungsmittelgeschäften stammen. In der Praxis kann in diesen Fällen in der Regel nur der strafbare Besitz des vorgefundenen Betäubungsmittels nachgewiesen werden. Für die Einziehung des bei dem Täter vorgefundenen Geldes bestand in der Regel keine Handhabe, da es an dem Nachweis der Herkunft aus der gegenständlichen oder einer anderen konkretisierbaren Tat fehlt. Deshalb sollte es die Vorschrift des § 73d a.F. ermöglichen, dann auf Tätervermögen zuzugreifen, wenn objektive Umstände den sicheren Schluss rechtfertigen, dass die Gegenstände aus den im Gesetz genannten rechtswidrigen Katalogtaten stammen. Dem Organisierten Verbrechen sollte so das Investitionskapital zur Begehung weiterer Straftaten entzogen und damit dem als besonders hochrangig einzustufenden Gemeinwohlinteresse an einer wirksamen Bekämpfung der Organisierten Kriminalität Rechnung getragen werden.6 2. Ausdehnung der gesetzlichen Zwecke durch § 73a. Die vormalige Beschrän- 8 kung auf typische Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität hat der Gesetzgeber im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) aufgegeben. Nachdem die notwendige Umsetzung von Art. 3 und Art. 5 der EU-Richtlinie 2014/42 ohnehin eine beträchtliche Ausweitung des Anwendungsbereichs der erweiterten Einziehung, in verschiedensten Deliktskategorien bedingt hätte – einzubeziehen in die erweiterte Einziehung waren zumindest die Geldund Wertzeichenfälschung nach §§ 146, 147, 149 StGB, bestimmte Vermögensdelikte nach §§ 152, 152a, § 152b, § 242, § 243, § 261, § 263, § 263a StGB, Urkundsdelikte nach §§ 267 ff StGB, Taten der Korruption nach § 299, § 332, § 334 StGB, gemeingefährliche
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BTDrucks. 12/989 S. 23. BTDrucks. 12/989 S. 1.
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§ 73a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Straftaten gemäß § 303a, § 303b, Zuhälterei nach § 232, § 233, § 233a sowie Delikte der Kinderpornographie gemäß § 184c –, hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die bisherige Systematik vollständig „aufzubrechen“ und die Anknüpfung an bestimmte Katalogtaten aufgegeben. Die vermögensordnende und normstabilisierende Zielsetzung der erweiterten Einziehung sei letztlich nur zu erreichen, wenn diese auf alle Fälle anzuwenden sei, in denen Vermögensgegenstände aufgefunden werden, die aus rechtswidrigen Taten stammen.7 Die Duldung strafrechtswidriger Vermögenslagen könne einen staatlich gesetzten Anreiz zur Begehung von gewinnorientierten Delikten geben.8 Damit hat der Gesetzgeber die erweiterte Einziehung zu einem allgemeinen Standardinstrument der Vermögensabschöpfung ausgebaut. Neben den neu konstruierten Möglichkeiten zur Abschöpfung von Vermögen unklarer Herkunft in § 76a Abs. 4 bringt diese Neuerung am deutlichsten den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck, aus Straftaten stammendes Vermögen umfassend und flächendeckend zu entziehen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber auch den bisher geforderten Kausalzusam9 menhang zwischen der Anknüpfungstat, wegen der strafrechtliche Ermittlungen geführt werden, und der Erwerbstat, aus welcher inkriminiertes Vermögen erlangt wurde, aufgehoben. Liegt eine Anknüpfungstat vor, spielt es keine Rolle mehr, welcher Deliktskategorie die Erwerbstat zuzurechnen ist. Eine Verknüpfung ist nicht mehr erforderlich. Dementsprechend können auch nicht-gewinnorientierte Straftaten den Anlass bieten, Finanzermittlungen mit dem Ziel der Prüfung einer erweiterten Einziehung von illegal erlangtem Vermögen durchzuführen. Voraussetzung hierfür ist aber stets das Vorliegen eines Verdachts für die Anlasstat sowie im Laufe der Ermittlungen aufscheinende Anhaltspunkte für die Erlangung von Vermögenswerten aus Erwerbstaten. Hinsichtlich der Beweisanforderungen hat der Gesetzgeber zwei Konkretisierun10 gen vorgenommen: Zum einen nimmt die Fassung des § 73a explizit Bezug auf die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts entwickelte verfassungskonforme Anwendung des Beweismaßes (vgl. näher Rdn. 26 f). Zum anderen wurden in § 437 StPO bezogen auf das selbständige Einziehungsverfahren nach § 76a eine Aufzählung für die Beurteilung einer deliktischen Herkunft sprechender Indizien in das Gesetz eingefügt, wie insbesondere das Bestehen eines groben Missverhältnisses zwischen dem Wert des Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen. Diesen Hinweisen wird auch für die Prüfung im Rahmen der erweiterten Einziehung eine faktische Bedeutung zuzumessen sein,9 ohne dass damit die richterlichen Anforderungen an eine Überzeugungsbildung im Ergebnis herabgesetzt werden. Im Gegensatz zur Einziehung von Taterträgen nach § 73, die Vermögensvorteile aus konkret festgestellten und damit verfolgbaren Straftaten voraussetzt, knüpft der Auffangtatbestand des § 73a somit weiterhin an die Annahme der illegalen Vermögensherkunft an unter Verzicht auf eine weitere Tatkonkretisierung. Die erweiterte Einziehung setzt aber jetzt auch bereits aufgrund der Gesetzesfassung voraus, dass eine tatrichterliche Überzeugung des deliktischen Ursprungs vorliegt. Darin liegt eine ausreichende Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben. 11 Denn Art. 5 der EU-Richtlinie 2014/42/EU verpflichtet nicht zu einer Absenkung des bisherigen deutschen Beweisstandards für Anordnungen der erweiterten Einziehung.10 Maßgeblich bleibt auch unionsrechtlich das Vorliegen einer gerichtlichen Überzeugung, was insbesondere die im Rechtssetzungsverfahren erfolgte Verwerfung des vorangegan-
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7 BTDrucks. 18/9525 S. 65. 8 BTDrucks. 18/9525 S. 65. 9 Pelz NZWiSt 2018 251, 252. 10 Rönnau FS Ostendorf S. 707, 713 ff; aA SSvHH/Kilchling § 16 Rd. 21.
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Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73a
genen Richtlinienvorschlags vom 12.3.2012 zeigt,11 der noch auf eine reine Wahrscheinlichkeitsabwägung gerichtet war. Während sich die Anforderungen an die Beweiswürdigung somit nicht verschärft 12 haben, hat das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung somit in zweifacher Hinsicht eine weitere Entgrenzung des bisherigen Konzepts herbeigeführt: Zum einen unterliegen der erweiterten Einziehung nunmehr alle Vermögenswerte, die rechtswidrigen Taten entstammen, es liegt also keine Beschränkung mehr auf bestimmte, für Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität typische Delikte vor, zum anderen hat auch die Verbindung zwischen Anknüpfungstat und erleichtert nachzuweisender Erwerbstat eine weitreichende Lockerung erfahren. Ziel dessen ist eine erhöhte generalpräventive Wirkung, damit Straftäter nicht auf die Erwartung bauen dürfen, durch wiederholte Begehung von Straftaten dauerhafte Gewinne anhäufen zu können. III. Rechtsnatur der erweiterten Einziehung Die systematische Einordnung in die Einziehungsvorschriften des StGB stellt klar, 13 dass die erweiterte Einziehung eine – wenngleich eigenständig ausgestaltete – Erscheinungsform der Einziehung i.S. der §§ 73 ff StGB darstellt. Sie ist eine Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), die in dieser Zuordnung mit dem Grundfall der Einziehung nach § 73 nach Rechtsnatur und Funktion übereinstimmt. Wie bei Letzterer (zur Rechtsnatur der Einziehung vgl. vor § 73 Rdn. 37 ff) handelt es sich auch bei der erweiterten Einziehung um eine im Strafverfahren zu treffende Maßnahme mit kondiktionsähnlichem Charakter.12 Dem steht nicht entgegen, dass die erweiterte Einziehung dem Täter den Erlös aus früheren Straftaten entzieht, für die er mangels erforderlicher Konkretisierbarkeit der Straftat nicht bestraft worden ist und auch im gegenwärtigen Verfahren nicht bestraft werden kann. Mit der Anordnung dieser Maßnahme wird lediglich der Zustand hergestellt, der rechtmäßig bestünde, wenn der Täter strafrechtlich verurteilt werden könnte. Es besteht wegen dieser kondiktionsähnlichen Zweckrichtung auch weiterhin kein Anlass, der Anordnung der erweiterten Einziehung Einfluss auf die Strafzumessung einzuräumen.13 Die Neufassung im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensab- 14 schöpfung hat diese grundsätzliche Einordnung der erweiterten Einziehung nicht geändert. Die Zweckrichtung ist dieselbe geblieben. Der Rechtscharakter dieses Instruments wird nicht dadurch berührt, dass die bisherige Beschränkung auf bestimmte Delikte aufgehoben worden ist. Auch die Auflösung des Konnexes zwischen Anlass- und Erwerbstat ändert den Charakter der Maßnahme nicht, weil auch insoweit kein Übel als Sanktionierung auferlegt, sondern allein der vormalige rechtmäßige Zustand der Vermögensordnung wiederhergestellt wird. IV. Systematik Nach Aufgabe der vormaligen Ausgestaltung als Blankettnorm unterstreicht die Ein- 15 stellung als „§ 73a“ in den 7. Titel des Strafgesetzbuchs unmittelbar nach der Grundnorm der Einziehung von Taterträgen die Auffangfunktion der erweiterten Einziehung. Die systematische Einordnung als § 73a soll allerdings auch verdeutlichen, dass es sich um eine eigenständige Eingriffsgrundlage handelt. Die Gewinnabschöpfung nach § 73a ist
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11 KOM (2012) 85 endg. S. 20 ff; Rönnau FS Ostendorf S. 707, 716. 12 Möhrenschlager wistra 1992 286; Wolters SK § 73d Rdn. 2. 13 Für § 73d a.F.: BGHR StGB § 73d Strafzumessung 1; BGH NStZ 1997 270; BGH NStZ 2000 137; BGH NStZ 2001 531.
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§ 73a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
eine besondere Form der Einziehung. Sie unterscheidet sich von dieser im Wesentlichen darin, dass die Einziehungsobjekte nicht aus der konkret abgeurteilten Tat stammen; die illegale Herkunft aus anderen Straftaten genügt. Dabei hat das Gericht sich nach demselben Maßstab eine Überzeugung zu verschaffen, wie er auch für den Tatnachweis gilt. Dabei ist auch auf § 437 StPO Bedacht zu nehmen.14 Das Verhältnis zum Grundfall der Einziehung von Taterträgen ist im Sinne des Vor16 rangs des § 73 geregelt. Da beide Formen der Einziehung als zwingende Rechtsfolgen anzuordnen sind, die Einziehung nach § 73 aber die Maßnahme unter konkreteren Voraussetzungen vorschreibt, geht deren Prüfung in Übereinstimmung mit der vorherigen Rechtslage15 vor. Der Wortlaut des § 73a Absatz 1 Satz 1 stellt dies durch die Formulierung „auch dann“ klar.16 Entsprechend der vom Gesetzgeber vorgesehenen Auffangfunktion der erweiterten Einziehung sind deshalb zunächst die von der Anklage umfassten Taten unter Ausschöpfung aller Prozessregeln auch in der Richtung aufzuklären, ob überhaupt ein der Einziehung von Taterträgen unterliegender Gewinn erzielt wurde. Gelingt dies, bestimmt sich die Maßnahme nach § 73. Die Frage der erweiterten Einziehung wird demnach erst relevant, wenn und soweit die Herkunft der Gegenstände nicht zweifelsfrei aus den angeklagten Taten abgeleitet werden kann.17 Von der erweiterten Einziehung ausgenommen sind somit auch Gegenstände, die aus Taten stammen, die von der Anklage umfasst waren und zu einem Freispruch geführt haben.18 Lässt sich nicht sicher feststellen, ob das nachweislich dem Angeklagten zugeflossene Vermögen aus den angeklagten oder anderen, nicht konkretisierbaren Straftaten stammt, so war die Anordnung des vormaligen erweiterten Verfalls nach der Rechtsprechung dennoch möglich.19 Daran hat der Gesetzgeber bei der Neufassung der erweiterten Einziehung in § 73a ausdrücklich nichts geändert.20 17 Soweit sich aus der Gesetzessystematik nichts anderes ergibt, sind alle Vorschriften, die sich auf die Einziehung beziehen, auch auf die erweiterte Einziehung anwendbar. Dies gilt insbesondere auch für die Verfahrensregelungen der §§ 111b ff. StPO und der neuen Regelungen zur Opferentschädigung, welche die Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 und 3 a.F. bedingten. Denkbar ist eine Anwendung des § 73b im Falle von Weitergaben des Erlangten an Dritte, während für die materiellen Regelungen der §§ 73c bis 73e kein Anwendungsbereich verbleiben dürfte. So kommt die unmittelbare Anwendung der Einziehung von Wertersatz nach 73c weiterhin nicht in Betracht, denn Eingriffsobjekte des § 73a sind nur „Gegenstände aus rechtswidrigen Taten“. Hieraus folgt notwendigerweise auch der Ausschluss der direkten Anwendung der Schätzung nach § 73d Abs. 2. Da die Ermittlung eines konkret erlangten Tatgewinns nicht vorausgesetzt wird, ist für die Schätzung eines solchen Tatgewinns hier kein Raum. Auch eine nähere Bestimmung der Höhe des Erlangten nach § 73d Abs. 1 und § 73e wird jeweils aufgrund der Beschränkung auf das gegenständliche Erlangte und das Fehlen einer konkretisierbaren Tat in aller Regel ausscheiden.
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14 BTDrucks. 18/9525 S. 66. 15 BTDrucks. 11/6623 S. 6; BGH NStZ-RR 2018 380, 382; Beschl. v. 5.2.2019 – 5 StR 701/18 Rdn. 4 (juris). 16 Joecks MK § 73d Rdn. 11. 17 BGH NStZ-RR 2003 75; StraFo 2004 283. 18 BGH NStZ-RR 2018 380, 382; Beschl. v. 25.10.2018 – 1 StR 275/18 Rdn. 24 (juris). 19 BGH NStZ 2014 82, 83 m. Anm. Knauer/Oklagcioklu; BGH Beschl. vom 11.2.2016 – 3 StR 486/15; Saliger NK § 73d Rdn 14a; für eine parallele Anwendung von § 73 und § 73a in diesen Fällen SSW/Heine Rdn. 4. 20 BTDrucks. 18/9525 S. 66; siehe auch BGH Beschl. v. 4.4.2018 – 3 StR 63/18; BGH NStZ-RR 2018 380, 382.
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Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern | § 73a
Demgegenüber gelten die Vorschriften über die Wirkung der Einziehung (jetzt § 75) sowie des § 76a Abs. 1 und 3 unmittelbar auch für die erweiterte Einziehung. Bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ist für die Vermögensabschöpfung auf das Verfahren der selbständigen Einziehung nach § 76a Abs. 3, nicht aber auf die erweiterte Einziehung nach § 73a zurückzugreifen.21 Hinsichtlich des Verhältnisses zur neu geschaffenen Möglichkeit zur Abschöpfung von Vermögen unklarer Herkunft gemäß § 76a Abs. 4 besteht Ausschließlichkeit. Aufgrund der Abstufung der verschiedenen Abschöpfungsinstrumente ist das neue Instrument der erweiterten selbständigen Einziehung gegenüber der erweiterten Einziehung subsidiär. Während die erweiterte Einziehung nach § 73a den Nachweis einer Anlasstat voraussetzt, genügt für die selbständige erweiterte Einziehung die Aufnahme von Ermittlungen, also ein Anfangsverdacht, für eine der dort genannten Katalogtaten. Damit scheidet ein vorschnelles Ausweichen auf das Instrument der selbständigen erweiterten Einziehung aus. Liegen die Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen der Anlasstat jedoch nicht (mehr) vor, kommt die Auffangfunktion des § 76a Abs. 4 zum Zuge, so dass unter den dortigen Voraussetzungen, insbesondere der gerichtlichen Überzeugung von der deliktischen Herkunft der betroffenen Gegenstände (zur Auslegung des dortigen Beweismaßes § 76a Rdn. 31 ff) eine selbständige erweiterte Einziehung möglich ist. Ebenso hat die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten im Sinne des § 74 gegenüber der erweiterten Einziehung Vorrang.22 Liegen die Voraussetzungen für eine erweiterte Einziehung vor, ist die Anordnung obligatorisch, dem Gericht steht kein Ermessen zu.23 Zur Anwendung des § 421 StPO vgl. vor § 73 Rdn. 52.
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V. Verfassungsrechtliche Grundlagen 1. Zur Gesetzeslage nach § 73d a.F. Die Einführung der erweiterten Einziehung er- 22 schien dem Gesetzgeber zunächst verfassungsrechtlich unbedenklich, soweit überwiegende Interessen des Gemeinwohls, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung von schweren, für die Rechtsgüter des einzelnen wie der Allgemeinheit besonders gefährlichen Kriminalitätsformen, dies zwingend erfordern. Einer effektiven Gewinnabschöpfung komme besondere Bedeutung zu, um der Organisierten Kriminalität die finanzielle Basis zu entziehen. Dagegen sah der Gesetzgeber im Hinblick auf die vom Grundgesetz gewährleistete Eigentumsgarantie keine Möglichkeit, diese Lücke dadurch zu schließen, dass dem Beschuldigten auferlegt wird, zur Vermeidung der Einziehung seines ganzen Vermögens den legalen Erwerb aller in Betracht kommender Gegenstände vollständig nachzuweisen.24 In der Literatur stieß § 73d a.F. von Anfang an auf Bedenken. Die Verfassungsmäßig- 23 keit der durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.7.1992 (BGBl. I S. 1302) eingefügten Vorschrift des § 73d wurde insbesondere unter den Gesichtspunkten der Unschuldsvermutung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip) sowie der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) in Zweifel gezogen.25
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21 BGH NStZ 2003 422; NStZ-RR 2019 153, 154. 22 BGH wistra 2010 347; Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 5. 23 Krit. Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 12. 24 BTDrucks. 12/989 S. 23. 25 Vgl. u.a. Fischer Rdn. 8; Wallschläger S. 152 ff; Eser FS Stree/Wessels S. 833; Weßlau StV 1991 226, 232 ff; Julius ZStW 109 (1997) 58, 94 ff; Hoyer GA 1993 407, 413.
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Der Verstoß gegen die Unschuldsvermutung wurde darin gesehen, dass die Regelung auf einer Unterstellung von Straftaten beruhe. Zwar müssten die Vermögensgegenstände, deren Einziehung nach § 73a angeordnet werde, aus einer mit Strafe bedrohten Handlung herrühren; diese müsse aber nicht rechtskräftig festgestellt sein. Ohne rechtskräftigen Nachweis der Schuld untersage die Unschuldsvermutung jedoch die Verhängung von Strafen und strafähnlichen Sanktionen.26 25 Die Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG liege darin, dass die Einziehung eines Gegenstandes ohne prozessordnungsmäßigen Nachweis einer rechtswidrigen Herkunft angeordnet werden könne.27 Der Gedanke der Grundrechtsverwirkung,28 wonach Eigentum an Gegenständen, die für Straftaten verwendet wurden oder aus ihr stammten, nicht schutzwürdig sei, reiche zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit nicht aus. Er lasse sich bei der erweiterten Einziehung nur anwenden, wenn dem Gericht wegen des Strafcharakters der volle Schuldnachweis sowie der zweifelsfreie Nachweis des gemeinschaftswidrigen Gebrauchs des Eigentums gelinge und wenn nachgewiesen werden könne, dass ein konkreter Zusammenhang zwischen der abzuurteilenden Anknüpfungstat und dem Eigentumsmissbrauch bestehe.29 Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs konnte die Vorschrift in Bezug auf die 26 Anforderungen, die an den Nachweis der Herkunft der von der Anordnung des erweiterten Verfalls erfassten Gegenstände zu stellen sind, verfassungskonform ausgelegt werden.30 Die Anordnung der erweiterten Einziehung komme nur in Betracht, wenn der Tatrichter aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung 31 die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen habe, dass der Angeklagte die von der Anordnung erfassten Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt hat, ohne dass diese selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten. Insoweit könne an die Rechtsprechung zur rechtsfehlerfreien richterlichen Überzeugungsbildung angeknüpft werden. Gründe, die zu vernünftigen Zweifeln an einer deliktischen Herkunft von Tätervermögen Anlass geben, stünden danach der Anordnung des (vormaligen) erweiterten Verfalls dieser Gegenstände nach § 73d a.F. entgegen. Begründeten dagegen bestimmte Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass Vermögensgegenstände des Täters aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen, so scheide die Anordnung des erweiterten Verfalls aus. Allerdings dürften an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere sei das Gericht nicht gehindert, sondern sogar gehalten, auch die festgestellten Anlasstaten selbst dann in seine Überzeugungsbildung einzubeziehen, wenn aus ihnen kein Gewinn erlangt worden sei. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts32 enthielt § 73d a.F. eine wirk27 same und von Verfassungs wegen nicht zu beanstandende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Artikel 14 Absatz 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht stellte weiterhin fest, der erweiterte Verfall (alter Fassung) verfolge nicht repressivvergeltende, sondern präventiv-ordnende Ziele und sei daher keine dem Schuldgrundsatz unterliegende Maßnahme. Auch liege kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vor, da § 73d a.F. die Entziehung von Vermögenswerten vorsehe, die der Beschuldigte
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26 Weßlau StV 1991 226, 232. 27 Weßlau StV 1991 226, 233; aA Katholnigg JR 1994 353, 355. 28 Vgl. BVerfGE 22 422. 29 Köhler/Beck JZ 1991 797, 799; Weßlau StV 1991 226, 233; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 32; Hoyer GA 1993 406, 412. 30 BGHSt 40 371, 372. 31 Vgl. Lackner/Kühl/Heger Rdn. 8. 32 BVerfGE 110 1 = NJW 2004 2073, 2078, krit. Saliger NK § 73d Rdn. 3; Herzog JR 2004 494 ff; Joecks MK § 73d Rdn. 19.
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aus rechtswidrigen, aber nicht notwendigerweise schuldhaft begangen Taten erlangt habe. Da die Anordnung des erweiterten Verfalls die Feststellung der Schuld nicht voraussetze, sei sie auch nicht mit einer gerichtlichen Schuldzuweisung verbunden. Schließlich sei die Annahme der deliktischen Herkunft eines Gegenstands gerechtfertigt, wenn sich der Tatrichter durch Ausschöpfung der vorhandenen Beweismittel von ihr überzeugt habe. 2. Zur Gesetzeslage nach § 73a. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermö- 28 gensabschöpfung hat diese Vorgaben zur verfassungskonformen Auslegung übernommen. Die Norm knüpft an den – auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit des Eigentumsverlustes als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung33 zugrunde liegenden – Gedanken an, dass Eigentum an Gegenständen, die für Straftaten verwendet wurden oder aus Straftaten stammen, nicht schutzwürdig ist und daher entzogen werden kann. Die Regelung ermöglicht den Eigentumsentzug nicht aufgrund eines bloßen Verdachts. Vielmehr setzt sie sowohl voraus, dass die Herkunft des Beweisgegenstandes mit den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts nicht feststellbar ist, als auch, dass sich eine ganz hohe Wahrscheinlichkeit der Herkunft aus rechtswidrigen Taten in dem Sinne ergibt, dass sich das Gericht eine Überzeugung von der rechtswidrigen Herkunft bildet.34 Die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts35 bildet daher den Ausgangspunkt auch für die verfassungsrechtliche Bewertung der neuen gesetzlichen Fassung. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 73a ausdrücklich auf diese einschränkenden Vorgaben Bezug nimmt, indem nicht mehr von abgesenkten Anforderungen an die Überzeugungsbildung („...wenn Umstände die Annahme rechtfertigen...“) die Rede ist, sondern explizit darauf abgestellt wird, dass sich das Gericht nach erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände überzeugt hat.36 Auch der Regelungsgehalt des § 437 StPO führt lediglich zu einer Konkretisierung, nicht aber zu einer Herabsetzung des Nachweisstandards.37 Voraussetzung für die erweiterte Einziehung ist danach, dass sich das Gericht eine Überzeugung davon verschafft hat, dass das fragliche Vermögen durch rechtswidrige Taten erlangt wurde, die lediglich nicht näher konkretisiert werden können. Die lediglich theoretische Möglichkeit legaler Einkommensquellen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt, muss bei der erforderlichen Würdigung aller Umstände der Vermögens- und Lebenssituation der Anordnung einer erweiterten Einziehung nicht entgegenstehen. 3. Bewertung a) Ausweitung des Anwendungsbereichs. In der Literatur ist die deutliche Aus- 29 weitung der Abschöpfungsmöglichkeiten insgesamt auf erhebliche Kritik gestoßen und als unverhältnismäßige Beschränkung des Eigentumsrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) gewertet worden.38 Zunächst ist jedoch zu konstatieren, dass die gesetzgeberische Entscheidung zur Aufgabe der vormaligen Beschränkung auf typische Taten der Organisierten Kriminalität in Anbetracht des aus der EU-Richtlinie 2014/42/EU folgenden Umsetzungsbe-
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33 BVerfGE 22 387, 422. 34 BTDrucks. 18/9525 S. 66. 35 BVerfGE 110, 1 = NJW 2004 2078. 36 BTDrucks. 18/9525 S. 66. 37 Korte wistra 2018 1, 9. 38 Saliger ZStW 2017 995 1015 ff; Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260, 264; Trüg NJW 2017 1913, 1915; Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 308; Löffelmann Rechtspolitik (2016) S. 58, 62.
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darfs unter den Gesichtspunkten der Gesetzessystematik und Praktikabilität nachvollziehbar erscheint. Ein bloßes buchstabengetreues Umsetzen der Richtlinienvorgaben im Rahmen der Katalogtaten hätte zudem die Gefahr von Wertungswidersprüchen und nicht erklärbaren Durchbrechungen der Anwendbarkeit begründet, was das Instrument der erweiterten Einziehung insgesamt geschwächt hätte. Zudem ist diese Weiterentwicklung systematisch insofern konsequent, als Unterscheidungen zwischen bestimmten, der Organisierten Kriminalität zugerechneten Straftaten und sonstigen Straftaten nur schwerlich zu definieren sowie in der gesetzlichen Systematik und Anwendungspraxis durchzuhalten sind. Das Recht, insbesondere die hier wesentlichen bereicherungsrechtlichen Wertungen, unterscheidet zudem bei der rechtlichen Missbilligung des jeweiligen aus Straftaten erlangten Vermögens nicht nach verschiedenen Stufen der Sozialschädlichkeit.39 Wesentlicher Gesichtspunkt für die Beschränkung des vormaligen erweiterten Verfalls auf typische Straftaten der Organisierten Kriminalität war zwar auch die Gefährlichkeit der Reinvestition solcher Erträge und der daraus folgende wirtschaftliche (und gesellschaftliche) Machtzuwachs derartiger Strukturen. Unter dem Gesichtspunkt der Vermögensordnung ist eine gesetzliche Betonung dieses Unterschieds zur „gewöhnlichen“ Kriminalität aber ebenfalls nicht zwingend geboten. Im Übrigen kann dem erhöhten Unrechtsgehalt bestimmter Tatbilder bei der Zumessung der Strafe Rechnung getragen werden, nicht notwendigerweise aber bei der bereicherungsrechtlich geprägten Vermögensabschöpfung. Soweit die Erstreckung der erweiterten Einziehung auf sämtliche rechtswidrigen Ta30 ten als Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betrachtet wird, geht diese, vielfach bereits zu § 73d a.F. geäußerte Kritik40 teilweise bereits im Ausgangspunkt von der hier (vgl. vor § 73 Rdn. 37 ff) abgelehnten Prämisse aus, die Vermögensabschöpfung stelle eine unzulässige Strafe dar. Misst man der Vermögensabschöpfung einschließlich des Instrumentariums der erweiterten Einziehung hingegen, so wie der Gesetzgeber, im Kern die Funktion eines Bereicherungsausgleichs zu, welche der präventiven Verwirklichung und Aufrechterhaltung einer zivilen Vermögensordnung dient, so muss sich die Bewertung anders darstellen. Denn unter dieser Annahme handelt es sich lediglich um eine konsequente Fortführung des bereits in der vorherigen Gesetzesfassung niedergelegten Konzepts. Eine Verletzung des Schuldprinzips scheidet damit von vornherein aus; die Maßnahmen erweisen sich aber auch nicht als unverhältnismäßig. Zwar mögen von Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität besondere Gefahren für den Bestand der Rechtsordnung ausgehen; es ist aber auch mit Blick auf die normenstabilisierende Funktion der Vermögensabschöpfung kein durchgreifender Grund dafür ersichtlich, für andere Bereiche auf eine staatliche Korrektur bei aus Straftaten erlangten Vermögenswerten zu verzichten. Ein Recht des Täters oder Teilnehmers einer Straftat, das dabei erlangte Vermögen behalten zu dürfen, gibt es nicht. Der Staat braucht eine solche Vermögensbildung nicht tatenlos hinzunehmen. Vielmehr unterstreichen die übrigen Wertungen der Rechtsordnung, insbesondere die bereicherungsrechtlichen Risikozuweisungen des § 817 Satz 2 BGB sowie der §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB, dass eine schutzwürdige Rechtsposition nicht besteht. Dies wird bei rechtswidrigen Erwerbstaten zum Nachteil individueller Geschädigter besonders deutlich. Dem neuen Ansatz des Gesetzgebers lässt sich ferner nicht unter dem Aspekt
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39 Wie hier SSW/Heine § 73a Rdn. 2. 40 Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 3 sehen darin eine Aushöhlung des prozessualen Anklagesatzes; vgl. auch Fischer Rdn. 8: „Wahlfeststellung unter Weglassen der Tatbestandsgarantie“; ferner Saliger NK § 73d Rdn. 3; Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260; Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 308; Trüg NJW 2017 1913, 1915.
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mangelnder Verhältnismäßigkeit entgegen halten, dass durch die Aufhebung der Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F., welche auch für den vormaligen erweiterten Verfall nach § 73d a.F. galt, nunmehr auch Ansprüche Geschädigter in die staatliche erweiterte Einziehung einbezogen werden. Bei der vormaligen Rückgewinnungshilfe stand die konkrete Restitution zu Gunsten des Geschädigten, mithin die Gewährleistung von dessen Eigentumsrecht, im Vordergrund. Dem wird über das Rückgaberegime weiterhin Rechnung getragen; dies hindert aber nicht, nunmehr insgesamt den für die Rechtfertigung der erweiterten Einziehung maßgeblichen Zweck der normstabilisierenden Vermögensordnung und Gefahrenprävention (im Hinblick auf Reinvestitionen Organisierter Kriminalität) in den Vordergrund zu rücken.41 Schließlich lässt sich zwar darüber diskutieren, ob nicht aus der Beschränkung der selbständigen erweiterten Einziehung (§ 76a Abs. 4 ) auf bestimmte Katalogtaten ein systematischer Widerspruch zur unbeschränkten Geltung der erweiterten Einziehung für sämtliche Delikte liegt;42 eine Unverhältnismäßigkeit des Gesetzes folgt jedoch auch daraus nicht. Die selbständige erweiterte Einziehung des § 76a Abs. 4 verlangt keine Verurteilung wegen einer Straftat, sondern lediglich Ermittlungen wegen einer bei typisierter Betrachtung besonders schwer wiegenden Anlasstat. Die Einschätzung des § 76a Abs. 4 als im Vergleich zur erweiterten Einziehung eingriffsintensiverer Maßnahme ist nicht evident fehlerhaft und liegt nicht außerhalb des dem Gesetzgeber überantworteten Ermessens. Ein auf die Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs durchschlagender Wertungsfehler ist deshalb auch insoweit nicht festzustellen. b) Auflösung des Konnexes zwischen Anknüpfungs- und Erwerbstat. Unter dem 31 Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit wird im Schrifttum auch im Hinblick auf die Auflösung des Konnexes zwischen Anknüpfungs- und Erwerbstat die Verfassungsmäßigkeit bezweifelt. Durch die Lockerung dieser Anknüpfung habe das öffentliche Interesse in der Abwägung mit den Individualrechten der Betroffenen zum einen nur noch ein gemindertes Gewicht; infolgedessen sei der Eingriff in das entgegenstehende Eigentumsrecht nicht mehr zu rechtfertigen.43 Zum anderen sei diese Ausweitung der staatlichen Vermögensentziehung, auch unter rechtsvergleichenden Aspekten,44 unverhältnismäßig. Dies folge sowohl aus der Auflösung des dem strafrechtlichen Eingriff. zugrunde liegenden Legitimationszusammenhangs,45 als auch aus der gleichzeitigen Aufhebung der vormaligen Härteklausel des § 73c aF und dem durch die Aufhebung des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. bedingten Leerlaufen des Opferschutzes trotz einer Ausweitung der erweiterten Einziehung auf alle individualschützenden Straftaten.46 Schließlich stehe auch das Unionsrecht der neuen Regelung der erweiterten Einziehung im deutschen Recht im Hinblick auf den auch dort gewährleisteten Schutz gegen unverhältnismäßige Eingriffe in das Eigentumsrecht entgegen (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 17 EU-Grundrechtecharta).47 Eine fehlende Verfassungskonformität unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismä- 32 ßigkeit ist daraus indes ebenfalls nicht abzuleiten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auch hinsichtlich der Auflösung der Verknüpfung zwischen Anlass- und Erwerbstat gewahrt. Dies gilt auch für die neu hinzugekommenen Abschöpfungsmöglichkeiten
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41 Zum Spannungsverhältnis zwischen präventiv wirkender Vermögensabschöpfung und Rückgewinnungshilfe Meyer ZStW 127 (2015) 241, 245 f. 42 Vgl. Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260, 264. 43 Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260, 262 f; Trüg NJW 2017 1913, 1915. 44 Saliger ZStW 129 (2017) 995, 1020. 45 Saliger ZStW 129 (2017) 995, 1019. 46 Saliger ZStW 129 (2017) 995, 1021; Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260, 262 f. 47 Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260, 262 f.
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bei Taten einfacher Kriminalität. Im Vergleich zu Ausprägungen Organisierter Kriminalität haben diese bei der Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse zwar nur geringeres Gewicht, es liegt aber auch insoweit ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer rechtmäßigen Vermögenszuordnung und Normenstabilisierung vor.48 Ein Anspruch darauf, inkriminiertes Vermögen behalten zu dürfen, besteht nicht. Die erforderliche Sicherung der Verhältnismäßigkeit kann zudem über die in der gesetzlichen Systematik angelegte strikte Beachtung der im Gesetz angelegten Subsidiaritätsregeln erreicht werden. Das Verfahren der erweiterten Einziehung darf nicht zur Umgehung einer prozessordnungsgemäßen Feststellung und Zuschreibung strafprozessualer Schuld ausgenutzt werden. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann dabei im Übrigen einzelfallbezogen durch die Möglichkeiten zum Absehen von der Einziehung Rechnung getragen werden. Zudem sind bei den Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere bei vorläufigen Sicherstellungen, Art und Umfang des Verdachtsgegenstands, der Verdachtsgrad sowie die Hintergründe und das Umfeld der Tat zu berücksichtigen.49 Danach gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch nicht, den Kreis möglicher Erwerbstaten der erweiterten Einziehung von vornherein auf die Tatkategorie der Anknüpfungstat zu beschränken (auch wenn dies in der Praxis häufig der Fall sein wird). 33
c) Beweisanforderungen. Auf der Grundlage der gesetzlichen und höchstrichterlichen Auslegungsvorgaben erscheint die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Erweiterten Einziehung auf sonstige rechtswidrige Erwerbstaten auch mit Blick auf die Voraussetzungen an den Nachweis der deliktischen Herkunft insgesamt verfassungsrechtlich unbedenklich.50 Dies gilt auch, soweit die Neuregelung des § 73a nicht mehr eine Verknüpfung von Anknüpfungs- und Erwerbstat verlangt, sondern bei Vorliegen einer Anknüpfungstat sämtliche nachweislich aus (nicht konkretisierbaren) anderen rechtswidrigen Taten stammende Vermögenswerte der erweiterten Einziehung unterliegen. Legt man, wie dies nunmehr auch gesetzlich vorgesehen ist, die bisherige verfassungsrechtliche Bewertung des erweiterten Verfalls zugrunde, wird über die Beweisanforderungen auch insoweit eine hinreichende Beachtung verfassungsrechtlicher Ansprüche gewährleistet. Die Übertragung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts auf die Gesetzesnorm verletzt weder die Unschuldsvermutung (so kann sich der Beschuldigte durch Schweigen verteidigen und erleidet dadurch wegen des Maßstabs der vollen richterlichen Überzeugung nach § 261 StPO auch keine verfahrens- oder beweismäßigen Nachteile)51 noch das Schuldprinzip. Aufgrund einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmung liegt auch keine Verletzung des Eigentumsrechts aus Art. 14 GG vor. Schließlich ist auch eine Konformität sowohl mit den Vorgaben der EU-Richtlinie 2014/42/EU52 als auch mit den Verbürgungen der EUGrundrechtecharta gegeben.
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48 Bittmann KripoZ 2016 120, 124. 49 Vgl. auch Mansdörfer jM 2017 122, 125. 50 Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 2 befürchten in der Praxis ein Unterlaufen durch Anwendung geringerer Anforderungen. 51 AA Pelz NZWiSt 2018 251, 252; Saliger NK § 73d Rdn. 3, die faktisch einen Druck konstatieren, eine legale Herkunft zu behaupten. Diese Situation unterscheidet sich aber nicht von der Ausgangslage in vielen Verdachtslagen auf das Vorliegen strafbarer Handlungen, in denen sich der Beschuldigte ebenfalls entscheiden muss, wie er sich gegen Vorwürfe verteidigen will. 52 Vgl. auch Saliger ZStW 129 (2017) 995, 1017 f.
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VI. Die Voraussetzungen der erweiterten Einziehung 1. Anknüpfungstat. Die erweiterte Einziehung setzt voraus, dass eine rechtswidrige 34 Tat begangen worden ist. Rechtswidrige Tat ist eine solche im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 5. Im Gegensatz zur Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach § 74 wird dabei nicht die schuldhaft-rechtswidrige Verwirklichung eines Straftatbestandes verlangt.53 Dem liegt zugrunde, dass es sich auch bei der erweiterten Einziehung – wie bei der Einziehung nach § 73 Abs. 1 – nicht etwa um eine „Strafe“, sondern um eine strafrechtliche Maßnahme „eigener Art“ mit kondiktionsähnlichem Charakter handelt.54 Begangen ist die Tat i.S. des § 73 Abs. 1 mit der Tatbestandsverwirklichung. Von ei- 35 ner Tatbegehung kann auch noch nach der Vollendung einer Straftat die Rede sein, nicht mehr aber nach deren Beendigung, also dem vollständigen Abschluss des Handlungsgeschehens.55 Persönliche Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe stehen der Ein- 36 ziehungsanordnung demnach ebenfalls nicht entgegen. Die Anordnung der erweiterten Einziehung nach § 73a ist zulässig, wenn die Angeklagten den Straftatbestand der Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte verwirklicht haben, auch wenn sie wegen dieses begangenen Delikts nach § 261 Absatz 9 Satz 2 StGB nicht bestraft werden dürfen.56 2. Gegenstand der Einziehung. Zugriffsobjekte der erweiterten Einziehung sind 37 wie bei der Einziehung nach § 74 Abs. 1 „Gegenstände“ des Täters oder des Teilnehmers. Gegenstände in diesem Sinn sind alle Rechte oder Sachen, die dem Tatbeteiligten zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen.57 § 73a unterscheidet sich hier grundlegend von der Grundnorm des § 73 Abs. 1 Satz 1, der sich auf „etwas“ bezieht und somit den Kreis der Einziehungsobjekte erheblich weiter zieht.58 Nur rechnerisch fassbare Vorteile fallen daher nicht unter § 73a.59 Die gegenüber § 73 erheblich ausgedehnten Zugriffsmöglichkeiten des § 73a haben die Einschränkung erforderlich gemacht. Sie beruht aber auch auf systematischen Erwägungen. Im Gegensatz zu § 73 stellte die Vorschrift über die erweiterte Einziehung gerade nicht auf das aus einer bestimmten Tat Erlangte ab.60 Sinn des § 73a ist es, Vermögensgegenstände, die aus anderen Straftaten herrühren, dem Täter zu entziehen. Der Vorschrift liegt der Gegenstandsbegriff des BGB zugrunde. Es kann sich dem- 38 nach um Sachen und Rechte handeln. Dass unter Gegenständen auch Rechte zu verstehen sind, ergibt sich aus Satz 2 („gehören oder zustehen“). Gegenstände i.S. des § 73a sind Bankguthaben, Anwartschaften, beschränkt dingliche Rechte wie Hypotheken, ideelles Miteigentum. Es muss sich aber um einen bestimmten, von einem Gesamtvermögen abtrennbaren Gegenstand handeln. Keine Gegenstände sind Gesamthandeigentum,61 soweit nicht alle Miteigentümer Täter oder Teilnehmer sind und in Bezug auf je-
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53 54 55 56 57 58 59 60 61
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BTDrucks. 18/9525 S. 48. BVerfGE 110, 1 = BVerfG NJW 2004 2073, 2075; BTDrucks. 11/6623 S. 6. Vgl. BGH Urt. v. 29.11.1977 – 1 StR 582/77. BGH NStZ 2002 493. Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5 ff; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 81; Fischer Rdn. 13. Katholnigg JR 1994 353, 354. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 8. Katholnigg JR 1994 354. Vgl. RGSt 74 333.
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den von ihnen die Voraussetzungen des erweiterten Verfalls vorliegen (vgl. dazu § 74 Rdn. 35, 42). 39
3. Verfügungsgewalt des Tatbeteiligten. Die Gegenstände oder Rechte müssen im Zeitpunkt der Einziehungsanordnung zum Vermögen des an der rechtswidrigen Tat Beteiligten gehören oder ihm zustehen.62 Es genügt, dass dessen faktische Verfügungsgewalt (der „Eigenbesitz“) hierüber begründet worden ist.
4. Erlangung für oder durch eine rechtswidrige Tat. Die Gegenstände müssen von dem Tatbeteiligten für eine rechtswidrige Tat oder durch sie erlangt worden sein.63 Zur Auslegung „durch die Tat“ § 73 Rdn. 35 ff. Bezugspunkt für die kausale Verknüpfung ist die (nicht weiter zu konkretisierende) Tat. Es braucht sich dabei nicht um die Deliktskategorie der Anknüpfungstat zu handeln (vgl. Rdn. 9). Nach Auffassung des Gesetzgebers genügt es, dass die rechtswidrige Tat verfolgbar 41 ist,64 zumal das Gesetz nach dem Wortlaut der neuen Fassung bereits das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat ausreichen lässt. Auch das Fehlen der Verfolgbarkeit aus rechtlichen Gründen (zur neu geregelten selbständigen Verjährung vgl. § 76b) ist grundsätzlich unschädlich. Dafür spricht die Erwägung, dass die erweiterte Einziehung über den Kondiktionsgedanken hinaus dem Täter die wirtschaftlichen Mittel zur Vorbereitung neuer Straftaten entziehen soll. An dieser Rechtslage hat die Gesetzgebungsreform von 2017 nichts geändert. 42 Der Einziehungsgegenstand muss durch oder für eine rechtswidrige Taten erlangt sein („Erwerbstat“65). Nutzungen, die von dem Tatbeteiligten aus dem erlangten Gegenstand bis zum Entscheidungszeitpunkt tatsächlich gezogen worden, und Surrogate, die bis dahin an die Stelle des ursprünglich erlangten Gegenstandes getreten sind, konnten nach der vormaligen Gesetzeslage gem. § 73 Abs. 2 i.V.m. § 73d Abs. 1 Satz 3 für verfallen erklärt werden.66 Einer Umgehung der erweiterten Einziehung durch Austausch der ursprünglich erworbenen Gegenstände wurde durch diese Regelung entgegengewirkt. Im Gegensatz zu § 73 und 73b ist die vormalige ausdrückliche gesetzliche Verweisung im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, möglicherweise aufgrund eines Redaktionsversehens, weggefallen. Die Rechtsprechung 67 hat daraus gefolgert, jedenfalls Surrogate seien daher von der erweiterten Einziehung nicht mehr umfasst. In der Literatur wird teilweise angenommen, dass sich aus der Gesetzessystematik eine Einbeziehung von Nutzungen und Surrogaten in die erweiterte Einziehung des § 73a ergebe.68 Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber im Sinne einer Wiederherstellung der vormaligen Rechtslage erscheint wünschenswert. Ist die erweiterte Einziehung des Gegenstandes ganz oder teilweise unmöglich ge43 worden, ist ein Übergang auf die Einziehung von Wertersatz vorzunehmen.69
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62 BGH NStZ 1995 540. 63 Fischer Rdn. 13; BGH NStZ-RR 2010 255. 64 BTDrucks. 11/6623 S. 7 und UAR-BRat, Prot 4/90, S. 39. 65 Vgl. BGHSt 41 278, 284 66 BGH NStZ 2012 312, 313. 67 BGH Beschl. v. 17.4.2019 – 5 StR 603/18 Rdn. 4 (juris). 68 Schmidt Gewinnabschöpfung2 Rdn. 136; aA Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 8; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein Rdn. 4. 69 BGH Beschl. v. 17.4.2019 – 5 StR 603/18 Rdn. 5 (juris); Beschl. v. 7.5.2019 – 5 StR 149/19 Rdn. 8 (juris).
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Nicht erfasst werden hingegen ersparte Aufwendungen70 sowie nur mittelbare 44 Vorteile. Ein Antrag, auch einen mittelbaren Bezug zwischen der Erwerbstat und dem für verfallen zu erklärenden Vermögensgegenstand genügen zu lassen, fand keine Mehrheit.71 Aufgrund des ausdrücklichen Verweises in § 73b ist die erweiterte Einziehung auch 45 im Verhältnis zur Dritteinziehung möglich. 5. Überzeugung des Gerichts. Nach der Gesetzesänderung müssen nicht mehr nur 46 Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Vermögenswerte aus rechtswidrigen Taten stammen, sondern das Gericht muss davon überzeugt sein.72 Nach dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelungen sind für die Beweiswürdigung insbesondere die in § 437 StPO genannten Umstände heranzuziehen, welche jedoch lediglich als unverbindliche gesetzgeberische Hinweise zu verstehen sind (vgl § 76a Rdn. 31 f). Im Ergebnis übernimmt das Gesetz damit die Anforderungen der Rechtsprechung des BGH,73 wonach der Tatrichter aufgrund erschöpfender Beweiswürdigung die uneingeschränkte Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände gewonnen haben muss, ohne dass diese Taten im Einzelnen festzustellen sind.74 Dabei sind an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen zu stellen.75 Die nur mittelbare Beweisführung durch den Tatrichter anhand der Umstände ist danach, sofern sich das Gericht eine entsprechende Überzeugung des Ursprungs aus Straftaten gebildet hat, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Beurteilung können Auffindesituation und Ort des Fundes,76 die persönlichen Lebensumstände des Täters77 einschließlich seiner Einkommens78 – und finanziellen Verhältnisse,79 aber auch die Anlasstat selbst80 berücksichtigt werden. Der bloße Verdacht der illegalen Herkunft des Gegenstandes reicht für dessen Einziehung nicht aus.81 Die Anordnung der erweiterten Einziehung kommt dann nicht in Betracht, wenn Gründe, die zu vernünftigen Zweifeln an einer deliktischen Herkunft von Tätervermögen Anlass geben, nicht auszuräumen sind.82 Indes wird das Gericht diesen Maßstäben weder durch die allgemeine Feststellung, der Angeklagte habe aus Betäubungsmittelgeschäften Gelder eingesammelt und aufbewahrt, noch durch den nicht näher begründeten Hinweis, das Geld sei durch eine Straftat erlangt, gerecht. Dies gilt umso mehr, wenn der Angeklagte eine redliche Einnahmequelle hatte und zumindest auch über legale Geldmittel verfügte. Es bedarf daher bei der Annahme, es handele sich um aus rechtswidriger Tat erlangte Gelder, einer besonders sorgfältigen Prüfung.83 Bestehen greifbare Anhaltspunkte für legale Einkommensquellen und daraus folgende nicht fern liegende Zweifel an einer deliktischen Herkunft, hat eine Anordnung zu unterbleiben.84
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70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84
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BGH wistra 2018 471. Prot. BRat Nr. R 10/90, 85. BTDrucks. 18/9525 S. 66. BGHSt 40 371, 373; im Ergebnis ebenso BGH StV 1995 17. BGH NStZ-RR 2018 380, 381; BGH Beschl v. 4.4.2018 – 3 StR 63/18 Rdn. 6 (juris). BGH NStZ-RR 1998 297; BGH NStZ 2001 531; BGH NStZ-RR 2018 380, 381. BGH Beschl. v. 25.7.1995 – 1 StR 238/95. BGH NStZ-RR 2009 384; Beschl. v. 21.8.2018 – 2 StR 231/18. BGH NStZ-RR 1996 116. BGH NStZ-RR 1996 116; BGH NStZ-RR 2018 380, 381. BGH NStZ-RR 2018 380, 381; Beschl. v. 7.5.2019 – 5 StR 149/19 Rdn. 8 (juris). BGH NStZ-RR 2018 380, 381 unter Verweis auf BTDrucks. 18/9525 S. 57 f. BGHSt 40 371, 373; BGH NStZ-RR 1998 25; Urt. v. 10.1.2018 – 5 StR 465/17 Rdn. 13. BGH NStZ-RR 2004 347. BGH Beschl. vom 9.5.2018 – 2 StR 45/18.
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6. Prozessordnungsgemäße Feststellungen des Gerichts zum Ausschluss der rechtmäßigen Herkunft der Gegenstände. Eine weitere, wegen ihrer Selbstverständlichkeit nicht in das Gesetz aufgenommene Voraussetzung ist, dass das Gericht zunächst versuchen muss, prozessordnungsgemäß die Herkunft der für die erweiterte Einziehung in Betracht kommenden Gegenstände des Täters zu ermitteln, um sicherzustellen, dass rechtmäßig Erworbenes nicht eingezogen wird. Im Rahmen dieser Ermittlungen ist nicht nur die Einlassung des Täters oder Teilnehmers zu berücksichtigen, sondern es sind auch sonstige Möglichkeiten (legaler) Einkommensquellen in den Blick zu nehmen.
7. Rückwirkung. Für das vormalige Recht wurde in der Literatur überwiegend die Meinung vertreten, die Anordnung von strafrechtlichen Maßnahmen, zu denen auch der Verfall gehört, wegen verjährter Taten sei unstatthaft.85 Aufgrund des Rückwirkungsverbots erfasste der erweiterte Verfall nach der Rechtsprechung jedenfalls solche Gegenstände nicht, die aus rechtswidrigen, aber vor Inkrafttreten des OrgKG begangenen Taten („Erwerbstaten) stammen.86 Entsprechendes galt für spätere Gesetze, die den Anwendungsbereich des § 73d auf weitere Tatbestände ausgeweitet haben. Für das neue Recht ist zu beachten, dass diese Grundsätze entsprechend heranzu49 ziehen sein werden. Insbesondere wird eine erweiterte Einziehung nach neuem Recht nicht möglich sein, wenn das Vermögen Taten entstammt, die bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesreform im Juli 2017 begangen waren,87 vgl. auch Rdn. 52 Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers.88 Ob in der Praxis eine solche zeitliche Einordnung von Erwerbstaten, an welche die erweiterte Einziehung erst seit Juli 2017 anknüpft, derzeit überhaupt möglich ist, ist fraglich und in jedem Einzelfall zu prüfen.
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VII. Ausschluss nach Absatz 2 50
Absatz 2, der inhaltlich unverändert dem vormaligen § 73d Abs. 3 a.F. entspricht, schließt den mehrfachen Zugriff auf denselben Gegenstand aus. Demnach ist das Gericht verpflichtet, bei einer Einziehung eine bereits ergangene Anordnung zu berücksichtigen. Hierdurch soll eine mehrfache Abschöpfung desselben Gegenstands verhindert werden.89 Danach ist bei entsprechenden Anhaltspunkten zu prüfen, ob der fragliche Gegenstand bereits zuvor von einer Abschöpfungsmaßnahme umfasst war, was bei fehlender Aufklärbarkeit nach dem Zweifelssatz anzunehmen ist.90 VIII. Verjährung
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Die Verjährung bestimmt sich nach dem neu eingefügten § 76b (zu den Voraussetzungen vgl. § 76b Rdn. 4 ff). Damit hat sich die vormalige Streitfrage geklärt, ob eine erweiterte Einziehung auch bei bereits verjährten Straftaten möglich ist. Dies ist zu bejahen, auch wenn bei der Erwerbstat nach der kürzeren strafrechtlichen Frist Verjährung eingetreten ist. Für Erwerbstat und Einziehung gelten nunmehr unterschiedliche Fristen.
_____ 85 86 87 88 89 90
Joecks MK § 73d Rdn. 24; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2. BGHSt 41 218; BGH NStZ 1994 123. In diesem Fall muss es sich also um eine Katalogtat i.S.d. § 73d a.F. handeln. BTDrucks. 18/9525 S. 65. BTDrucks. 11/6623 S. 9. Lackner/Kühl/Heger Rdn. 9.
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Einziehung von Taterträgen bei anderen | § 73b
Die Möglichkeit zur erweiterten Einziehung verjährt nach 30 Jahren; die Frist beginnt mit der Beendigung der rechtswidrigen Tat. Die Bestimmung der Verjährung ist wegen der fehlenden Konkretisierung der Tat schwer zu bestimmen. Der Zweifelssatz ist zu beachten. Zu beachten ist die Anwendung der Regelung milderen Rechts. Danach gelten für 52 (mutmaßlich) vor dem 1.7.2017 begangene Erwerbstaten die vormaligen Regelungen des § 73d a.F., vgl. auch Rdn. 49. Dies kann Auswirkungen insbesondere auf das Vorliegen einer ausreichenden Erwerbstat (Geltung des Katalogs des § 73d a.F.) und die Bestimmung der Verjährung haben. IX. Verzicht Hat der Betroffene auf die Herausgabe von Gegenständen verzichtet, ist das Tatge- 53 richt nicht daran gehindert, die Einziehung gleichwohl anzuordnen, wenn es davon überzeugt ist, dass der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat. Es ist dem Gericht aber möglich, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens in geeigneten Ausnahmefällen mit Rücksicht auf die Verzichtserklärung von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen.91 Vgl. im Übrigen näher vor § 73 Rdn. 57. X. Übergangsvorschrift Nach Art. 316h Satz 2 gilt die Stichtagsregel des 1.7.2017.
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§ 73b Einziehung von Taterträgen bei anderen 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung von Taterträgen bei anderen Lohse § 73b https://doi.org/10.1515/9783110491302-012
(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn 1. er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat, 2. ihm das Erlangte a) unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder b) übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder 3. das Erlangte auf ihn a) als Erbe übergegangen ist oder b) als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist. Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde. (2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
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BGH NJW 2019 1961.
361 https://doi.org/10.1515/9783110491302-012
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§ 73b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde 1. durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder 2. auf Grund eines erlangten Rechts. Schrifttum siehe Vor § 73 I. II.
III.
IV.
Ausgangssituation | 1 Rechtsentwicklung, Unionsrecht 1. Entstehungsgeschichte | 2 2. Rechtssprechung | 3 a) Vertretungsfälle | 4 b) Verschiebungsfälle | 5 c) Erfüllungsfälle | 6 3. Unionsrecht a) Richtlinie 2014/42/EU | 7 b) Erwägungsgründe 24 und 25 | 8 4. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung | 9 5. Aufbau des § 73b | 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (Vertretungsfälle) 1. Vertretungsfälle | 11 2. Adressat der Dritteinziehung | 12 3. Kausalität | 13 4. Unmittelbare Bereicherung | 14 5. Handlung für einen anderen | 16 6. Person des Handelnden | 17 7. Erkennbarkeit | 18 8. Einschränkungen der Zurechenbarkeit? | 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Verschiebungsfälle) 1. Abs. 1 Nr. 2 | 21 2. Abs. 1 Nr. 2a a) Erste Alternative | 22
Zweite Alternative | 23 Übertragen des Erlangten | 24 Bereicherungskette | 25 Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht | 26 f) Bereicherungszusammenhang | 27 3. Abs. 1 Nr. 2b a) Bösgläubigkeit | 28 b) „Erkennenmüssen“ | 30 c) maßgeblicher Zeitpunkt des Wissens oder Kennenmüssens | 31 d) Zivilrechtliche Zurechnung | 32 e) weitere Vorraussetzungen | 33 4. Umfang der Abschöpfung | 34 5. Vermischung mit Legalvermögen | 35 V. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (Erbschaftsfälle) | 36 VI. Die Sperre des § 73b Abs. 1 Satz 2 | 39 VII. Abs. 2 (Einziehung von Wertersatz und Nutzungen) | 40 VIII. Abs. 3 (Einziehung von Surrogaten) | 42 IX. Verhältnis der Haftung des Täters/ Teilnehmers und des Drittbegünstigten | 43 X. Verfahrensrecht | 44 b) c) d) e)
I. Ausgangssituation 1
Nach § 73 Abs. 1 richtet sich die Anordnung der von Taterträgen grundsätzlich gegen den Täter oder Teilnehmer der rechtswidrigen Tat, der für die Tat oder aus ihr einen rechtswidrigen Vermögensvorteil erlangt hat. Nutznießer einer Straftat kann aber auch ein an der Tat nicht beteiligter Dritter sein. Für die Einziehung gilt dabei eine strikte Trennung von Vermögensmassen, die im Hinblick auf Art. 14 GG auch verfassungsrechtlich abgesichert ist.1 Eine Dritteinziehung ist deshalb nur möglich, wenn die Vermögensmassen des Handelnden und des Begünstigten auseinanderfallen. Dies ist nicht der Fall, soweit der Handelnde selbst etwas aus der Straftat erlangt hat. Deshalb ist die Einziehung gegen den handelnden Täter zu richten, wenn dieser eine Gesellschaft lediglich als formalen Mantel nutzt, eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre
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BVerfGK 5 217, 221; BVerfGK 8 143; BVerfG StV 2004 409.
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und derjenigen der Gesellschaft also nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich wieder an den Täter weitergeleitet wird.2 Ist ein Vermögenszufluss dagegen danach tatsächlich bei einem Dritten eingetreten, setzt eine insoweit gleichwohl gegen den Tatbeteiligten gerichtete Abschöpfung voraus, dass er Verfügungsgewalt über den bei einer juristischen oder natürlichen Person durch die Tat eingetretenen Vermögenszuwachs gehabt hat.3 II. Rechtsentwicklung; Unionsrecht 1. Entstehungsgeschichte. Im Hinblick auf die naheliegenden Umgehungs- und 2 Missbrauchsmöglichkeiten, welche die Übertragung bemakelten Vermögens an Dritte bietet, hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, einen Zugriff auf Drittvermögen in bestimmten Fällen zu gestatten. Den vorläufigen Endpunkt der darauf gerichteten Überlegungen4 bildete die Bestimmung des § 73 Abs. 3 a.F. („Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser den Vermögensvorteil erlangt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 gegen ihn“).5 Diese Formulierung dürfte indes ein redaktionelles Versehen enthalten:6 Vorgesehen war eigentlich, dass gegenüber jedem eine Abschöpfung ermöglicht werden sollte, der etwas aus einer rechtswidrigen Tat erlangt hatte.7 Die Wendung „für einen anderen gehandelt“ wurde durch die Gesetz gewordene Fassung jedoch zu einem eigenständigen Merkmal aufgewertet. 2. Rechtsprechung. Nach der zu § 73 Abs. 3 a.F. ergangenen Rechtsprechung des 3 Bundesgerichtshofs8 verlangte das „Handeln für einen anderen“ zwar keinen echten Vertretungsfall, aber der Handelnde musste jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch im zumindest faktischen Interesse des Dritten gehandelt haben. Für das Merkmal „dadurch“ wurde ein Bereicherungszusammenhang zwischen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten vorausgesetzt. Dabei wurden die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Abgrenzungskriterien (z.B. Erkennbarkeit nach außen, Vertretungsverhältnis, enge Beziehung, gezieltes Handeln, Kenntnis des Dritten von der Tat, Interesse, Einflussbereich, Unmittelbarkeit, dazwischengeschaltete Geschäfte ohne Entgeltlichkeit) in Konkretisierung dieses Bereicherungszusammenhangs auf Fallgruppen bezogen. Als wichtigste Fallgruppen identifizierte der Bundesgerichtshof Vertretungsfälle im weiteren Sinne, Verschiebungs- und Erfüllungsfälle,9 welche er wie folgt beschrieb: a) Zu den Vertretungsfällen (im engeren Sinn) gehöre zunächst das Handeln als 4 Organ, Vertreter oder Beauftragter i.S. des § 14 StGB. Vertretungsfälle im weiteren Sinne könne man bei sonstigen Angehörigen einer Organisation annehmen, die im Organisa-
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2 BVerfGK 5 217, 222; 8 143, 148; BGH NStZ 2014 89, 93; BGH StV 2019 42, 46; BGH NZWiSt 2019 195, 197 m. Bespr. Meißner BGH NZWiSt 2019 321, 322 m. Anm. Wengenroth; BGH NStZ-RR 2019 278, 279. 3 Pfälzisches OLG Zweibrücken StraFo 2018 488. 4 Eingehend zur Rechtsentwicklung Lieckfeldt S. 87 ff; Fleckenstein S. 119 ff. 5 Vgl. Zweites Strafrechtsreformgesetz vom 4.7.1969 (BGBl. I S. 717); die Regelung trat am 1.1.1975 in Kraft. 6 Diese Fassung wurde unverändert in § 73b Abs. 1 Nr. 1 übernommen. 7 Vgl. Protokolle Sonderausschuss V S. 1014 ff und BT-Drucks. V/4095 S. 40; Fleckenstein S. 137 ff; vgl. auch Bittmann NZWiSt 2018 209, 210. 8 BGHSt 45 235. 9 BGHSt 45 235; BGH wistra 2014 219, 222.
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tionsinteresse tätig werden, z.B. Angestellte oder Angehörige einer kriminell handelnden Organisation, die nicht selbst Tatbeteiligte seien.10 Fließe in solchen Fällen dem Dritten der Vorteil zu, so habe der Täter oder Teilnehmer für den Dritten gehandelt und diese Tat durch den Vorteil erlangt. Auf eine Unmittelbarkeit im Sinne von „durch ein und dieselbe Handlung“ könne es im Regelfall schon deshalb nicht mehr ankommen, weil – insbesondere bei Warentermingeschäften, Scheckreitereien, Steuer- oder Umweltdelikten – nicht selten ein komplexer Geltungskreislauf in Gang gesetzt werde. 5
b) In den Verschiebungsfällen11 lasse der Täter dem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern. In dieser Konstellation seien andere Kriterien schon deshalb maßgeblich, weil hier der Dritte in die Nähe der Tatbeteiligung geraten könne. Der Täter werde Tat und (spätere) Vermögensverschiebung primär im eigenen Interesse und allenfalls faktisch (auch) im Interesse des Dritten begehen.
6
c) Erfüllungsfälle seien in Abgrenzung dazu dadurch gekennzeichnet, dass der Täter oder Teilnehmer einem gutgläubigen Dritten Tatvorteile zuwende, und zwar in Erfüllung einer nicht bemakelten entgeltlichen Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat stehe. In diesem Fall komme der Unmittelbarkeit i.S. von dazwischengeschalteten Rechtsgeschäften entscheidende Bedeutung zu; die rechtswidrige Tat dürfe nicht völlig außerhalb des Einflussbereichs des Dritten liegen. Habe der Dritte die Tatbeute (oder deren Wertersatz) aufgrund eines mit dem Täter oder Teilnehmer geschlossenen entgeltlichen Rechtsgeschäfts erlangt, das weder für sich noch im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat bemakelt sei, so habe der Dritte den Vorteil nicht „aus“ der Tat erlangt. Diese Einschränkung folge auch aus der vom Gesetzgeber gezogenen Parallele zu §§ 812 ff BGB, denn § 73 Absatz 3 aF soll jedenfalls nicht weitergehen als der Durchgriff nach § 822 BGB. Empfange der Dritte den Vorteil aufgrund eines nicht bemakelten entgeltlichen Rechtsgeschäfts, so könne auch der Verfall gegen ihn nicht angeordnet werden.
7
3. a) Die Richtlinie 2014/42/EU enthält in Art. 6 zur Dritteinziehung die folgende Bestimmung: (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Erträge oder andere Vermögensgegenstände eingezogen werden können, deren Wert den Erträgen entspricht, die von einer verdächtigten oder beschuldigten Person direkt oder indirekt an Dritte übertragen wurden oder die durch Dritte von einer verdächtigten oder beschuldigten Person erworben wurden, zumindest wenn diese Dritten aufgrund konkreter Tatsachen und Umstände — unter anderem dass die Übertragung oder der Erwerb unentgeltlich oder deutlich unter dem Marktwert erfolgte — wussten oder hätten wissen müssen, dass mit der Übertragung oder dem Erwerb die Einziehung vermieden werden sollte. (2) Absatz 1 lässt die Rechte gutgläubiger Dritter unberührt.
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10 Vgl. BGH Beschl. v. 3.11.1996 – 3 StR 482/96 bei Straftaten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG sowie BGH NStZ 2003 37. 11 Krit. Rönnau Vermögensabschöpfung Rdn. 281–288, der die Verschiebungsfallgruppen als unzulässige Beweiserleichterungen ansieht. Zu einem Verschiebungsfall vgl. BGH wistra 2006 384; BGH NStZ-RR 2006 266.
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b) Darüber hinaus beziehen sich die Erwägungsgründe 24 und 25 der Richtlinie 8 auf die Dritteinziehung. Erwägungsgrund 24 stellt fest: Es ist eine übliche und zunehmend verbreitete Praxis, dass die verdächtigte oder beschuldigte Person Vermögensgegenstände einem eingeweihten Dritten überträgt, um zu vermeiden, dass diese Gegenstände eingezogen werden. Der derzeitige rechtliche Rahmen der Union enthält keine verbindlichen Vorschriften für die Einziehung von Vermögensgegenständen, die Dritten übertragen worden sind. Es besteht daher die wachsende Notwendigkeit, die Einziehung von Vermögensgegenständen zu gestatten, die Dritten übertragen oder von ihnen erworben worden sind. Der Erwerb durch Dritte betrifft Situationen, in denen beispielsweise Vermögensgegenstände direkt oder indirekt — etwa über einen Mittelsmann — durch einen Dritten von einer verdächtigten oder beschuldigten Person erworben wurden, einschließlich der Fälle, in denen die Straftat im Namen oder zugunsten dieses Dritten begangen wurde, und wenn die beschuldigte Person keine Vermögensgegenstände besitzt, die eingezogen werden können. Diese Einziehung sollte zumindest in den Fällen möglich sein, in denen dem Dritten aufgrund konkreter Tatsachen oder Umstände — darunter auch die unentgeltliche Übertragung oder die Übertragung für einen wesentlich unter dem Marktwert liegenden Geldbetrag — bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass der Zweck der Übertragung oder des Erwerbs in der Vermeidung der Einziehung bestand. Die Vorschriften über die Dritteinziehung sollten für natürliche und juristische Personen gelten. Die Rechte gutgläubiger Dritter sollten keinesfalls beeinträchtigt werden. Nach Erwägungsgrund 25 können die Mitgliedstaaten die Dritteinziehung gegebenenfalls nach Maßgabe des nationalen Rechts als eine Maßnahme definieren, die der direkten Einziehung untergeordnet ist oder eine Alternative dazu darstellt. 4. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung lässt 9 anknüpfend an die höchstrichterliche Rechtsprechung nunmehr einen Zugriff auf Drittvermögen in drei Konstellationen zu: In dem zuvor in § 73 Abs. 3 aF geregelten sog. Vertretungsfall (Abs. 1 Nr. 1), in dem von der Rechtsprechung unter der Geltung des vormaligen Rechts herausgebildeten sog. Verschiebungsfall12 (Abs. 1 Nr. 2) sowie in dem neu normierten Erbschaftsfall (Abs. 1 Nr. 3). Der gesetzgeberischen Entscheidung liegen die Wertungen zugrunde, dass der Dritte, der eine objektive Begünstigung durch einen Zufluss aus Straftaten entstammenden Vermögens erfährt, weniger schutzwürdig ist, wenn er für einen anderen gehandelt hat, wenn er bösgläubig war oder wenn ein unentgeltlicher Erwerb vorliegt. Neben der damit verbundenen redaktionellen Überarbeitung und der systematisch folgerichtigen Fassung in der neu eingefügten eigenständigen Vorschrift des § 73b hat der Gesetzgeber mit der Gesetzesnovelle über die Vertretungs- und Verschiebungsfälle hinaus wegen der Wertungsgleichheit zu der Fallgruppe des unentgeltlichen Erwerbs nunmehr auch eine Einziehung von aus Straftaten erlangten Vermögenswerten bei Erben, Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern eingeführt (§ 73b Abs. 1 Nr. 3). 5. Der Aufbau des § 73b stellt sich wie folgt dar: In Absatz 1 fasst der Gesetzgeber 10 zunächst die Fallgruppen zusammen, in denen eine Anordnung der Einziehung von Taterträgen sich auch gegen Dritte, die nicht Täter oder Teilnehmer der rechtswidrigen Tat waren, richten kann. Die Fälle, in denen sich die Vermögensverlagerung auf den Dritten
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Vgl. dazu BGHSt 45 235 ff.
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infolge eines Vertretungsverhältnisses vollzog, ist nunmehr, im Wesentlichen wortgleich mit dem früheren § 73 Abs. 3 aF, in Abs. 1 Nr. 1 erfasst; geändert wurde allerdings die Beschreibung der Bereicherung („durch die Tat etwas erlangt hat“ gegenüber zuvor „dadurch … erlangt“), hierzu Rdn. 13 f. Näher konturiert und systematisch zusammengefasst hat der Gesetzgeber die als „Verschiebungsfälle“ bekannten Konstellationen unter Abs. 1 Nr. 2. Danach führen zum einen solche Übertragungen von Vermögenswerten zur Anwendbarkeit der Einziehung, die entweder unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund erfolgten (Buchstabe 2a). Zum anderen werden aufgrund der geringeren Schutzwürdigkeit des Empfängers auch solche Vermögenswerte der Einziehung unterworfen, bei deren Übertragung auf den Dritten dieser wusste oder zumindest hätte erkennen müssen, dass sie aus einer Straftat herrühren (Buchstabe b). Der dritte, neu eingefügte Fall betrifft die Einziehung strafrechtlich bemakelten Vermögens bei Erben, Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern (Abs. 1 Nr. 3). In den beiden zuletzt genannten Fällen scheidet eine Einziehung jedoch aus, wenn die Erwerbskette durch einen gutgläubigen Erwerb unterbrochen worden war (Abs. 1 Satz 2). Der ebenfalls neu gefasste Absatz 2 betrifft wiederum die praktisch bedeutsame Konstellation, dass die Herausgabe des gegenständlich Erlangten nicht mehr möglich ist; die Bestimmung stellt klar, dass in diesem Fall auch bei dem Zugriff auf Vermögen Dritter stattdessen eine Einziehung von Wertersatz sowie gezogener Nutzungen zu erfolgen hat. Abs. 3 erlaubt die Einziehung von Surrogaten. III. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (Vertretungsfälle) 11
1. Vertretungsfälle: Das Gesetz knüpft an die Auslegung der Rechtsprechung zu § 73 Abs. 3 a.F. an (vgl. Rdn. 4). Ein Überwiegen des staatlichen Interesses ist dabei ohne Rücksicht auf ein Verschulden des begünstigten Dritten nach Abs. 1 Nr. 1 gegeben, wenn der Täter oder Teilnehmer für den Dritten gehandelt hat und dieser den Vermögensvorteil erlangt hat. Ohne diese Regelung wäre eine Gewinnabschöpfung gerade in Bereichen, wie z.B. der Wirtschafts- oder Verbandskriminalität sowie des organisierten Verbrechens, in denen die Vermögensvorteile aus Straftaten bei Unternehmen anfallen oder auf Scheinfirmen übertragen werden, wesentlich erschwert oder sogar unmöglich.13 Der rechtswidrig erlangte Vorteil wird häufig aufgrund des Auftrags- oder Vertretungsverhältnisses nicht beim Täter, sondern bei einer Organisation oder einem Unternehmen anfallen. Denkbar sind aber auch Fälle, in denen der Täter ohne ein Abhängigkeitsverhältnis die Tatvorteile einem Dritten zukommen lässt, um ihn zu begünstigen oder den Vermögenszuwachs zu verschleiern.
12
2. Adressat der Dritteinziehung ist im Vertretungsfall nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 derjenige, für den gehandelt wurde. Dies kann jede natürliche oder juristische Person14 sein. In Betracht kommen aber auch Personengesellschaften oder -vereinigungen ohne Rechtsfähigkeit, sofern sie Träger eines Vermögens sein können, das vom Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter bzw. Mitglieder zu unterscheiden ist, z.B. Personengesellschaften des Handelsrechts15 und die nicht rechtsfähigen Vereine. Im Hinblick auf die nunmehr anerkannte Rechtsfähigkeit der Außen-GbR16 kann auch diese herangezogen
_____ 13 132. 14 15 16
BGHSt 47 369, 374; Brenner DRiZ 1977 203, 205; Rhode wistra 2012 85, 87; Bittmann NZWiSt 2016 131, Protokolle des Sonderausschusses, Protokoll V, S. 1002, 1015. Für die OHG BGH Beschl. vom 31.7.2018 – 3 StR 620/17 Rdn. 25 (juris). BGHZ 146 341 ff.
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werden.17 Möglich ist die Anordnung der Einziehung von Taterträgen auch gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, selbst wenn aufgrund der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, fehlender Gewinnerzielungsabsicht und Staatsaufsicht eine geringere Anfälligkeit für ein illegales Gewinnstreben besteht. 3. Kausalität. Das Merkmal „durch die Tat“ verlangt wie bei § 73 einen Zusammen- 13 hang zwischen der Tat und der Begünstigung. Maßgeblich ist, dass die Handlung des Täters zu einem Vermögenszuwachs bei dem Dritten, nicht aber bei ihm selbst geführt hat.18 Ebenso wie bei § 73 Abs. 1 bedarf es eines Kausalzusammenhangs zwischen der Begehung der rechtswidrigen Tat und der Vermögensmehrung bei dem Dritten; dieser ist auch hier im tatsächlichen Sinne zu verstehen und nicht von normativen Wertungen abhängig. 4. Unmittelbare Bereicherung. Die Neuformulierung der Gesetzesfassung („durch 14 die Tat etwas erlangt hat“ gegenüber zuvor „dadurch … erlangt“) führt zugleich zu einer wesentlichen systematischen Klarstellung: Danach erfasst Abs. 1 Nr. 1 nur jene Fälle, in denen der Drittbegünstigte den inkriminierten Vermögenswert unmittelbar, also ohne Durchgangserwerb erlangt hat; sonst liegt ein Verschiebungsfall im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 vor.19 Für diese Lesart ist in systematischer Hinsicht die sprachliche Abgrenzung zur „Übertragung“ nach Abs. 2 und Abs. 3 anzuführen:20 Zwar wollte der Gesetzgeber an die vormalige Rechtsprechung anknüpfen und diese nicht ausdrücklich einschränken; der Wortlaut und die Motive des Gesetzes sind jedoch eindeutig. Damit entfällt in dieser Konstellation auch die Prüfung eines Bereicherungs- 15 zusammenhangs21 (vgl. hierzu auch Rdn. 27). Als Folge ist damit anders als bisher22 der Fall des Durchgangserwerbs ausschließlich der Fallgruppe nach Abs. 1 Nr. 2 zugewiesen. Wollte man im Übrigen weiterhin vom Erfordernis eines Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten ausgehen, wäre dieser durch das Vertretungsverhältnis oder die faktische Auswirkung der Vertretung indiziert. 5. Handlung für einen anderen. Es kommt sowohl ein rechtsgeschäftliches als 16 auch ein faktisches Handeln in Betracht. Das Gesetz begnügt sich bei der Einziehung gegenüber dem unbeteiligten Dritten mit jeder Art des Handelns für den Dritten. Erforderlich sind demnach weder rechtliche Beziehungen zwischen dem Empfänger und dem Täter, die letzteren zu seiner Tat veranlasst haben, noch wird ein auf die Zuwendung des Vermögensvorteils an den Drittempfänger gezieltes Handeln des Täters bzw. Teilnehmers gefordert. Nicht erforderlich ist auch nach der neuen Gesetzeslage des § 73b Abs. 1, dass der Tatbeteiligte in einem Vertretungs- und Organschaftsverhältnis zu dem Dritten steht.23 Es genügt ein tatsächliches Handeln des Täters (auch) im Interesse des Dritten mit der Wirkung, dass dadurch der andere den Vermögensvorteil erlangt.24 Nach
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17 BGH Beschl. vom 31.7.2018 – 3 StR 620/17 Rdn. 25 (juris); Kiethe/Homann NStZ 2003 505, 508. 18 Rönnau JZ 2009 1125, 1127. 19 BT-Drucks. 18/9525 S. 66 f. 20 Fleckenstein S. 209. 21 Dies bejahend Fleckenstein S. 209 ff. 22 BGHSt 52 227, 228 ff. 23 Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 666; dies entspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers BTDrucks. V/4095. 24 OLG Düsseldorf NJW 1979 992.
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dem Willen des historischen Gesetzgebers sollte sogar weiter gehend genügen,25 dass der Täter die Tat nur im eigenen Interesse begehen will, diese aber, nachdem unbeabsichtigt der Vermögensvorteil bei dem anderen eingetreten ist, aus irgendwelchen Gründen nicht beenden kann (vorausgesetzt natürlich, dass dabei mindestens der äußere Tatbestand eines Versuchs erfüllt ist); diese Interpretation erscheint indes mit dem durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung neuerlich bestätigten Wortlaut („für ihn gehandelt hat“) schwerlich vereinbar, so dass in dieser Konstellation die engeren Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gelten.26 17
6. Person des Handelnden. Als Täter oder Teilnehmer, die für den anderen handeln, kommen etwa in Betracht Personen als Organe einer juristischen Person oder als Mitglieder eines solchen Organs, gesetzliche oder gewillkürte Vertreter eines anderen, Beauftragte und Geschäftsführer ohne Auftrag, Angestellte oder Betriebsangehörige, z.B. der Buchhalter, der durch Bilanzfälschungen seinem Unternehmen zu Krediten verhilft, der Hausverwalter, der gegenüber den besichtigenden Kaufinteressenten die Mängel des Grundstückes verdeckt.27 Auf das Handeln des Begünstigten nach Absatz 1 Nr. 1 kommt es nicht an. Maßgebend ist allein die (objektive) Vermögensverschiebung zu seinen Gunsten.28
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7. Erkennbarkeit. Es ist unerheblich, ob das Handeln des Täters nach außen erkennbar für einen anderen erfolgte. § 73b knüpft nach dem Willen des Gesetzgebers an die bisherige Rechtsprechung29 an.
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8. Einschränkungen der Zurechenbarkeit? In der Literatur wird die Interpretation des Bundesgerichtshofs zum Fall der Vertretung teilweise als zu weitreichend kritisiert, weil die Weite der denkbaren „Vertreter“ eine wirksame Kontrolle nicht zulasse,30 über das Bruttoprinzip schwer wiegende Folgen entstünden31 und die Gutgläubigkeit des Dritten bzw. von dessen Organen eine Einziehung nicht hindere;32 dies komme einem Verbandsstrafrecht nahe.33 Teilweise wird deshalb nach Wegen gesucht, die weite Fassung nach allgemeinen Zurechnungsgrundsätzen einzuschränken.34 So wird verlangt, dass der Täter im Interesse des Vorteilsempfängers handeln müsse.35 Darüber hinaus wird für erforderlich gehalten, dass die Tat von einem im Einflussbereich des Empfängers stehenden Täter begangen ist; nach allgemeinen Zurechnungskriterien müsse die Einziehung gegenüber dem Empfänger dort entfallen, wo der erlangte Vorteil aus einer Tat
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25 Vgl. das von dem Abg. Dr. Güde gebildete und von dem Sonderausschuss gebilligte Beispiel im Fall „Contergan“ Prot. V/1016. 26 Für eine Streichung der Formulierung „und für ihn gehandelt hat“ Fleckenstein S. 206 ff; Bittmann NZWiSt 2018 209, 210 27 Brenner DRiZ 1977 205. 28 BGHR StGB Verfallsbeteiligte 1. 29 BGH NJW 1991 367, 371. 30 Hofmann wistra 2008 401, 403, 407. 31 Für eine Rückkehr zum Nettoprinzip bei natürlichen Personen als Drittbegünstigte Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4. 32 Kritisch zur Abschöpfung auch bei Entreicherung des gutgläubigen Drittbegünstigten Fleckenstein S. 106 ff. 33 Hofmann wistra 2008 401, 403 ff; Ceffinato ZWH 2018 161, 164; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4. 34 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4; Eser Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum (1969) S. 287 ff. 35 Ob nach Aufgabe der sog. Interessentheorie zur Abgrenzung von Untreue und Bankrott in der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs – BGHSt 57 229, 233 ff – an diesem Kriterium festgehalten werden kann, erscheint fraglich, vgl. Radtke FS Schünemann S. 927, 937.
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herrühre, die völlig außerhalb seines Einflussbereichs liege. Die Gewinnabschöpfung müsse im Interesse der Rechtssicherheit dort ihre Grenzen haben, wo ihre Auswirkungen für den potentiell Betroffenen nicht mehr zu überschauen und damit nicht mehr kalkulierbar wären.36 Daran fehle es dort, wo der Vermögensvorteil auf einer Tat beruhe, von der der Empfänger vorher weder Kenntnis hatte noch haben konnte und auf die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch keinerlei Einfluss hätte nehmen können. Eine weitere Einschränkung folge aus der Einführung des Bruttoprinzips, weil dadurch die Einziehung von Taterträgen strafähnlichen Charakter habe. Deshalb müsse – zumindest bei juristischen Personen – ein organschaftliches oder wenigstens organschaftsähnliches Zurechnungsverhältnis bestehen.37 Diese einschränkenden Interpretationen mögen zwar nach dem Gesetzeswortlaut 20 nicht ausgeschlossen sein, haben aber in der gesetzlichen Neuregelung ausweislich der Gesetzesmaterialien ersichtlich keinen Niederschlag gefunden. Der Gesetzgeber hat hinsichtlich der sog. Vertretungsfälle an das bisherige Verständnis anknüpfen wollen. Im Übrigen wurde der Umfang der Haftung von Drittempfängern insgesamt nicht unbeträchtlich erweitert; auch dies spricht dagegen, dass eine solche Einschränkung dem gesetzgeberischen Willen entspräche. Der Gesetzgeber der Novelle 2017, der auf eine möglichst lückenlose Abschöpfung zielte, wollte keine zusätzlichen Elemente statuieren. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Orientierung der Regelung an den Bereicherungsvorschriften der §§ 819, 822 BGB über den Wegfall oder die Beschränkung zum Schutz des hinsichtlich der rechtswidrigen Tat gutgläubigen Drittempfängers. Eine andere Auslegung erscheint auch unter sonstigen Gesichtspunkten nicht geboten. IV. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Verschiebungsfälle) 1. Abs. 1 Nr. 2 fasst die Ausformungen der vormals in der Rechtsprechung entwickel- 21 ten sog. Verschiebungsfälle zusammen. Sie untergliedert sich wiederum in zwei Gruppen verminderter Schutzwürdigkeit des Empfängers: Dies sind zum einen jene unter Buchstabe a) genannten Fälle, in denen sich diese aus der Art des Rechtsgeschäftes ergibt, welches der Übertragung zugrunde lag. Das Gesetz nennt hierzu die unentgeltliche Weitergabe, aus welcher sich eine verminderte Schutzwürdigkeit des den Vermögenswert empfangenden Dritten ableitet; gleiches gilt für rechtsgrundlose Übertragungen, insbesondere weil der Veräußerung ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB oder eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB entgegenstand. Unter Buchstabe b) werden jene Fälle für eine Abschöpfung bei dem Dritten geöffnet, in denen der Empfänger bösgläubig war oder sich der deliktischen Herkunft der Vermögenswerte fahrlässig verschlossen hat. Nicht ausgeschlossen sind Abschöpfungen dabei auch, wenn es sich bei dem Erlangten um ersparte Aufwendungen handelte.38 2. Abs. 1 Nr. 2a a) Nach der ersten Alternative kommt eine Einziehung von Taterträgen bei dem 22 Dritten in Betracht, wenn dieser die Taterträge unentgeltlich erlangt hat. Die Regelung orientiert sich an der bereicherungsrechtlichen Wertung des § 822 BGB.39
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36 Zu Literaturmeinungen vgl. BGHSt 45 235, 241 ff. 37 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4. 38 BGH NStZ 2014 89, 94 Rdn. 57. 39 BTDrucks 18/9525 S. 56; Lieckfeldt S. 403 ff; stattdessen für einen Rückgriff. auf § 818 Abs. 4; 819 BGB Fleckenstein S. 215 ff.
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b) Die zweite Alternative des Abs. 1 Nr. 2a knüpft daran an, dass der Transaktion kein wirksames Rechtsgeschäft zugrunde lag.40 Dagegen wird eingewandt, dass die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts und das daraus resultierende Fehlen eines Rechtsgrunds nicht zwangsläufig mit einer geringeren, den Eingriff rechtfertigenden Schutzwürdigkeit des Empfängers einhergehen muss. Nicht ausgeschlossen wird insbesondere die Erfassung von Fällen eines entgeltlichen und nicht bösgläubigen Besitzes. Die Gesetzesmaterialien ergeben keinen weiteren Aufschluss. Bei entsprechenden Sachverhalten wäre eine teleologische Reduktion der Reichweite dieser Bestimmung zu erwägen.41
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c) Der Begriff des Übertragens des Erlangten ist in erster Linie rein tatsächlich zu verstehen, bedeutet also das Verschaffen der faktischen Verfügungsgewalt und entspricht damit dem „Erlangen“ im Sinne des § 73.42 Im Hinblick auf Fallgestaltungen sog. Verschiebungen nur zum Schein ist jedoch auch die nach dem Wortlaut mögliche Einbeziehung rein formaler Übertragungen denkbar, um eine Abschöpfung in derartigen trickreichen Konstellationen auf eine breitere Grundlage stellen zu können.43
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d) Nach dem bisherigen Verständnis von Verschiebungsfällen bedurfte es einer Bereicherungskette zwischen dem Eintritt der Erlangung des Ertrages aus der Tat und dem Zufluss bei einem Dritten; dieser Zusammenhang wurde insbesondere durch eine dazwischentretende Zäsur unterbrochen.44 Dieses Erfordernis hat der Gesetzgeber der Reform 2017 nicht verändert.45 Demnach ist weiterhin notwendig, dass der Drittgläubiger die Taterträge in einer ununterbrochenen Bereicherungskette ausgehend vom Tatbeteiligten erlangt. Unerheblich ist lediglich, dass der Täter andere Personen in die Zuwendungskette einbezieht, etwa wenn der Drittempfänger nur einen Teil des Tatertrages erhält.46 Die Unterbrechung und Sperrwirkung einer dazwischentretenden Zäsur (gutgläubiger Erwerb) ist hingegen nunmehr in § 73b Abs. 1 Satz 2 normiert.
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e) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Verschiebungsfällen mussten diese weitergehend zudem davon gekennzeichnet sein, dass der Weitergabe des Vermögens eine Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht zugrunde lag.47 Gesetzeswortlaut und Gesetzesmaterialien lässt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob der Gesetzgeber bei der Kodifikation dieser in der Rechtsprechung geformten Fallgruppe an diesem Merkmal festhalten wollte. Dagegen könnte sprechen, dass kein ausdrücklicher Änderungswille erkennbar wird, der Gesetzgeber vielmehr erklärtermaßen an die vormalige Rechtsprechung anknüpfen wollte. Hätte der Gesetzgeber jedoch die Geltung dieses Elements explizit anordnen wollen, so hätte andererseits eine entsprechende Normierung nahe gelegen. Von entscheidender Bedeutung erscheint indes das systematische Argument, dass nämlich bei den neu in das Gesetz aufgenommenen Erbschaftsfällen des Abs. 1 Nr. 3 eine solche subjektive Absicht von vornherein ausgeschlossen ist. Damit hat der Gesetzgeber aber in Anlehnung an § 822 BGB die Wertung zum Ausdruck gebracht, dass er bereits allein wegen der Unentgeltlichkeit der Erlangung, unabhängig von einer davon zu unterscheidenden Motivation des Zuwendenden,
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40 41 42 43 44 45 46 47
Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 666; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6. Fleckenstein S. 224 f. Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 666. Fleckenstein S. 231 f. Rhode wistra 2012 85, 88. BT-Drucks. 18/9525 S. 56. BT-Drucks. 18/9525 S. 56. BGHSt 45 235, 2436; BGH NZWiSt 2012 349 m. Anm. Rübenstahl; BGH NStZ 2014 89, 94.
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Einziehung von Taterträgen bei anderen | § 73b
bei inkriminierten Vermögenswerten eine staatliche Korrektur der Vermögenszuweisung für geboten hält. Einer besonderen Absicht bedarf es für die Erfüllung der Voraussetzungen dieser Norm deshalb nicht. f) Damit stellt sich weiter die Frage, ob die Vermögensverschiebung über das Vorlie- 27 gen einer lückenlosen Bereicherungskette hinaus überhaupt noch auf besonderen subjektiven Voraussetzungen im Sinne eines zu fordernden Bereicherungszusammenhangs beruhen muss. Dafür spricht, dass der Zugriff auf das Vermögen Dritter einer spezifischen Rechtfertigung bedarf, wofür die bloße Weitergabe nicht ausreichen könnte. Allerdings kann die Aufhebung der vormaligen Formulierung „dadurch etwas erlangt“ auch so verstanden werden, dass der Gesetzgeber das vormalige Erfordernis des Bereicherungszusammenhangs nicht mehr als Voraussetzung der Abschöpfung verlangt. Danach wäre es in dieser Fallgruppe unerheblich, ob der Drittbegünstigte gut- oder bösgläubig war.48 Der Gesetzeswortlaut legt die Auslegung nahe, es käme nur noch darauf an, dass als Folge der Tatbeteiligung die Vermögensverschiebung auf den Drittbegünstigten eintritt.49 Eines weitergehenden Zusammenhangs, etwa eines „Herrührens“ aus der Tat, scheint es nach dem gesetzgeberischen Konzept danach nicht mehr zu bedürfen. Die Vorgaben von Art. 6 der EU-Richtlinie 2014/42/EU stehen dieser Interpretation nicht entgegen. Denn dabei handelt es sich lediglich um Mindestvorschriften, über die der deutsche Gesetzgeber hinausgehen konnte; zudem stellt die Gesetzesbegründung insoweit keinen Bezug zur Richtlinie her. Wenn man hingegen eine Rechtfertigung im Sinne eines Bereicherungszusammenhangs für die Fallgruppen des Abs. 1 Nr. 2 fordern wollte, wäre dieser indes durch die Wertungen zur herabgesetzten Schutzwürdigkeit des Dritten bei unentgeltlichem oder bösgläubigem Erwerb bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen implizit gegeben.50 3. Abs. 1 Nr. 2b a) Die zweite, in Buchstabe b) definierte Fallgruppe der Verschiebungsfälle betrifft 28 jene Fälle, in welchen die Übertragung des Erlangten mit Rechtsgrund und Gegenleistung erfolgt sind. Diese Fallgruppe knüpft in Übereinstimmung mit der vormaligen Rechtsprechung an Bösgläubigkeit und Verhalten des Empfängers im Hinblick auf den strafrechtlich bemakelten Ursprung der Vermögenswerte an. Bei Kenntnis des Dritten, dass die ihm zugewandten Vermögenswerte Straftaten entstammen, ist dessen geringere Schutzwürdigkeit evident. Zu Überschneidungen kann es in den Fällen vorsätzlichen oder leichtfertigen Han- 29 delns mit anderen Tatbeständen kommen, insbesondere bei Erfüllen der Voraussetzungen der Begünstigung (§ 257), der Hehlerei (§ 359) oder der Geldwäsche (§ 261). Dann ist die Anordnung gegen den Täter gemäß § 73 vorrangig.51 Der Abschöpfungsmöglichkeit nach Abs. 1 Nr. 2b soll aber in jenen Fällen, in denen diese Taten nicht vorliegen oder z.B. wegen Verjährung der Straftat nicht verfolgbar sind, eine Auffangfunktion erfüllen.52 Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die Ausgangstat aus der das Erlangte stammt, noch nicht verjährt ist.
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48 Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 666. 49 Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 667; Korte wistra 2018 1 ,6; aA OLG Celle wistra 2018 440, 443 m. Anm. Fleckenstein. 50 Vgl. SSW/Heine Rdn. 8 51 BTDrucks 18/9525 S. 66. 52 BTDrucks 18/9525 S. 66; SSW/Heine Rdn. 6.
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§ 73b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
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b) Der Gesetzgeber hat darüber hinaus, auch um schwierige Beweisfragen zu umgehen, zudem jene Fälle der Einziehung unterstellt, in denen lediglich ein „Erkennenmüssen“ des bemakelten Herrührens des zugewandten Vermögens festzustellen ist. Der Begriff geht auf Art. 6 Abs. 1 der EU-Richtlinie 2014/42/EU und deren Erwägungsgrund 24 zurück. Dies wirft die Frage auf, welcher Grad von Fahrlässigkeit für das „erkennen müssen“ genügt. Insoweit ist schon nach dem Wortlaut mehr als nur leichte Fahrlässigkeit zu verlangen.53 Ein bloßes „erkennen können“ bleibt hinter einem „erkennen müssen“ zurück und reicht mithin nicht aus. Für eine Beschränkung auf Leichtfertigkeit lassen sich die Anschlussfähigkeit an den öffentlich-rechtlichen Vertrauensgrundsatz und die Wertung des § 73e Abs. 2 sowie Abs. 1 Satz 2 anführen. Ferner spricht die Funktion der Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Dritteinziehung für eine solche einschränkende Auslegung. Zwar lassen sich die gesetzlichen Regelungen systematisch auch so wenden, dass es widersprüchlich wäre, eine Regelung zur Entreicherung des Dritten zu treffen, wenn unter deren Voraussetzungen zuvor schon keine für die Abschöpfung relevante Bereicherung eintreten konnte. Es kommt das weitere systematische Argument hinzu, dass der Gesetzgeber eine umfassende Auffangfunktion der Dritteinziehung anscheinend auch für jene Fälle schaffen wollte, in denen der Empfänger bei grober Fahrlässigkeit schon unmittelbar aus eigener strafrechtlicher Verantwortlichkeit gemäß § 73 haftet, wie dies bei der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1, 2, 5, 7 der Fall ist.54 Die Abschöpfung bei dem Dritten liefe in diesen Fällen teilweise leer, der Anwendungsbereich des Abs. 1 Nr. 2b wäre auf die Fälle unterschiedlicher Verjährungsläufe der Ausgangstat und der durch die Entgegennahme des daraus stammenden Ertrags beschränkt. Zwingend ist dies jedoch nicht. Dass nach den Umständen der deliktische Ursprung vom Empfänger tatsächlich erkannt werden musste wird deshalb im Sinne einer groben Fahrlässigkeit zu verstehen sein.
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c) Hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts des Wissens oder Kennenmüssens ist im Einklang mit der Richtlinie 2014/42/EU entscheidend auf das Vorliegen entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte für darauf weisende Umstände beim Erwerb abzustellen.55 Damit wäre im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut und das Merkmal „übertragen“ das dingliche Geschäft und damit die Verschaffung der tatsächlichen Verfügungsgewalt gemeint.56
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d) Zurechnungen der Kenntnis oder des Kennenmüssens kommen nach dem Willen des Gesetzgebers in Konkretisierung der zivilrechtlichen Normen der §§ 31, 166, 278 BGB in Betracht; insbesondere soweit Fehlverhalten von Mitarbeitern von Unternehmen in Rede stehen, die der Geschäftsleitung und Buchhaltung nicht bekannt waren oder sein konnten. Insoweit bedürfen die einzelnen Voraussetzungen jedoch noch näherer Klärung, wobei die zivilrechtlichen Regelungen den Ausgangspunkt bilden.57
33
e) Zu den weiteren Voraussetzungen siehe vorstehend Rdn. 24–26.
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53 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 8; Fleckenstein S. 226 f; aA Madauß NZWiSt 2018 28, 31. 54 Korte NZWiSt 2018 231, 233. 55 Bittmann NZWiSt 2018 209, 210;. anders die Rechtsprechung zum alten Recht (Zeitpunkt der Begründung der gegenseitigen Verpflichtung) BGH wistra 2014 219, 223. 56 Zumindest de lege ferenda im Hinblick auf die Entreicherung des Verschiebenden durch die Gegenleistung für den Zeitpunkt des Abschlusses (Verpflichtungsgeschäfts) Fleckenstein S. 229. 57 BTDrucks 18/9525 S. 66; zu diesem Problemkreis Hieramente/Schwerdtfeger BB 2018 834, 836.
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4. Der Umfang der Abschöpfung bei dem Dritten umfasst sowohl die direkte Zu- 34 wendung des Tatertrages an den Dritten als auch jenen Fall, in welchem der Tatertrag in einer ununterbrochenen Bereicherungskette ausgehend vom Täter oder Teilnehmer, aber auch durch andere Dritte, an den Begünstigen gelangt;58 dabei kann jedoch eine Unterbrechung gemäß Abs. 1 Satz 2 aufgrund eines gutgläubigen Zwischenerwerbs vorliegen, welche einer Abschöpfung bei dem Dritten entgegensteht. Ein Verschiebungsfall kommt auch dann in Betracht, wenn das Erlange lediglich aus ersparten Aufwendungen besteht.59 5. Vermischung mit Legalvermögen. Dass, etwa in Fällen ersparter Aufwendun- 35 gen, eine Vermischung mit sonstigem Vermögen stattfindet und der Ertrag erst nach einer solchen Vermischung an den Dritten weitergeleitet wird, schließt einen Zugriff nach § 73b Abs. 1 ebenfalls nicht aus; der Gesetzgeber hat die vormalige Auslegung60 ersichtlich nicht ändern wollen. Für die Einziehungsentscheidung kommt es nicht darauf an, Feststellungen zu Quoten von „Legalvermögen“ und „bemakelten Vermögen“ zu treffen.61 Entscheidend ist vielmehr der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Tat, den daraus erlangten Erlösen und dem vom Dritten in diesem Zusammenhang erlangten Geldern. V. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (Erbschaftsfälle) Erbschaftsfälle: Der Gesetzgeber erstreckt die Wertung der geringeren Schutzwür- 36 digkeit bei ohne Gegenleistung erlangtem Vermögen auch auf Erbfälle. Demzufolge unterwirft er in Abs. 1 Nr. 3a auch das von Erben, in Abs. 1 Nr. 3b ebenso das von Pflichtteilsberechtigten oder Vermächtnisnehmern erlangte strafrechtlich bemakelte Vermögen der Einziehung. Dies ist insofern konsequent, als der Erbe auch für Nachlassverbindlichkeiten haftet.62 Darin liegt im Hinblick auf die vom Gesetzgeber betonte Parallelität zum unentgeltlichen Erwerb keine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts.63 Vielmehr haftet der Erbe ohnehin umfassend für Nachlassverbindlichkeiten; die Erbschaft (respektive das Vermächtnis) ist von vornherein mit dem bestehenden staatlichen Einziehungsanspruch belastet, zumal auch für die Ansprüche von Geschädigten in entsprechender Weise eine Haftung besteht. Durch die Formulierungen in Nr. 2 und Nr. 3 werden auch Bereicherungsketten er- 37 fasst, z.B. wenn der Täter das Erlangte einem bösgläubigen Dritten zuwendet, der stirbt, kann bei dessen Erben eine Abschöpfung erfolgen.64 Verfahrensrechtlich hat ein Vorgehen im selbständigen Verfahren nach § 76a 38 Abs. 1 bis 3 zu erfolgen. Bei der steuerlichen Behandlung kann die Erbschaftssteuer eine abzugsfähige Aufwendung darstellen.65
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58 BTDrucks 18/9525 S. 66. 59 BGH NJW 2019 867, 868 = NStZ 2019 452 m. Anm. Heine. 60 OLG Hamburg NJW 2005 1383, 1385; OLG Köln NStZ-RR 2008 107, 108. 61 Rhode wistra 2012 85, 87. 62 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 9. 63 SSW/Heine Rdn. 11; aA Hüls ZWH 2017 242, 246; Bode/Peters ZWH 2018 45, 59; Löffelmann Rechtspolitik 2016 S. 58, 64. 64 Korte NZWiSt 2018 231, 234. 65 Bode/Peters ZWH 2018 45, 52ff.
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§ 73b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
VI. Die Sperre des § 73b Abs. 1 Satz 2 39
Die Regelung des Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass in einer Bereicherungskette ein gutgläubiger Zwischenerwerb die weitere Abschöpfung bei Begünstigten ausschließt. Dies gilt unabhängig davon, ob dem gutgläubigen Zwischenerwerb ein gutgläubiger oder bösgläubiger Anschlusserwerb folgt. Die Regelung, welche ebenfalls bewusst der vormaligen Rechtsprechung zu § 73 Abs. 3 a.F. entspricht,66 dient damit der Sicherung der Verkehrsfähigkeit.67 Möglichen Umgehungsstrategien (Bestellung von unwissenden Strohleuten; Einschaltung von Minderjährigen) sind zwar nicht ausgeschlossen,68 werden aber in aller Regel, sofern darin nicht ohnehin strafbare Handlungen der Geldwäsche liegen, eine Einziehung gegen den begünstigten Täter oder Teilnehmer, etwa unter dem Gesichtspunkt der Einziehung von Wertersatz nach § 73c, zulassen.69 VII. Abs. 2 (Einziehung von Wertersatz und Nutzungen)
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Die in Abs. 2 vorgesehene Möglichkeit zur Einziehung von Wertersatz oder mittelbarer Tatfrüchte (Nutzungen) bezieht sich allein auf die Konstellation eines Durchgangserwerb eines Tatbeteiligten nach Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 1 Nr. 3 mit der anschließenden Übertragung dieser Vorteile auf den Drittbegünstigten. In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 kommt es infolge des Vertretungsverhältnisses bereits zu einer unmittelbaren Begünstigung. Eine Einziehung von Wertersatz und Nutzungen kommt damit bereits durch die Verweisung nach Abs. 1 auf die Grundnorm des § 73 Abs. 2 in Betracht. Schwierigkeiten bereitet eine Ausfüllung des Merkmals „einen Gegenstand, der 41 dem Wert des Erlangten entspricht“. Bei einer engen Anlehnung an den Wortlaut wird eine sichere Identifizierung der erlangten Vermögensvorteile, etwa bei ersparten Aufwendungen oder sonstiger Fälle des Wertersatzes, mit großen Unsicherheiten behaftet sein.70 Während nach einer Auffassung für ausreichend angesehen wird, dass eine Verschiebung mit demselben Nominalwert stattgefunden hat wie das Erlangte,71 verlangt die Gegenauffassung in Anlehnung an die frühere Rechtsprechung72 einen spezifischen Bereicherungszusammenhang, um den fortgesetzten Zugriff in der Erwerbskette zu rechtfertigen.73 Das erste Problem ist somit die objektive Identifizierung des Erlangten im Vermögen des Dritten. Hier käme in konsequenter Fortsetzung der Wertersatzeinziehung allein eine Erstreckung auf das Gesamtvermögen in Betracht, wodurch eine sinnvolle Identifizierung der Übertragung aber in aller Regel nicht mehr möglich ist.74 Damit verlagert sich die Prüfung auf die subjektive Ebene. Insoweit ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass das die Konstellationen der Dritteinziehung in Abs. 1 Nr. 2 und 3 prägende Leitbild in den Fällen der Absätze 2 und 3 nicht mehr unmittelbar herangezogen werden kann und es deshalb an einer Rechtfertigung für die weitreichende Abschöpfung bei dem Dritten fehlt. Wie allerdings eine sinnvolle subjektive Voraussetzung in Ersetzung des vormalig zu verlangenden Bereicherungszusammenhangs praktisch ausgefüllt werden kann, bleibt ungeklärt. Während nach einer Ansicht auf die frühere Voraussetzung
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66 67 68 69 70 71 72 73 74
BTDrucks 18/9525 S. 67. Auf die Parallele zu § 261 Abs. 6 verweist Fleckenstein S. 238. Bittmann NZWiSt 2018 209, 211. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 10. Aus diesen Gründen für eine Streichung der Regelung Fleckenstein S. 250 ff. Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 667; Korte wistra 2018 1,6. OLG Hamburg NJW 2005 1383. OLG Celle wistra 2018 440, 443 m.w.N. m.krit. Anm. Fleckenstein. Fleckenstein wistra 2018 444.
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der Benachteiligungs- und Verschleierungsabsicht zurückzugreifen ist,75 bietet sich als Alternative eine Anwendung des Rechtsgedankens des § 73b Abs. 1 Satz 2 an. Danach scheidet eine Abschöpfung stets aus, wenn nicht eine sich aus dem Gesamtumständen abzuleitende jedenfalls leichtfertige Unkenntnis von der deliktischen Herkunft des zugewandten Betrags bei dem Drittempfänger besteht.76 Dies wird nur selten der Fall sein.77 Liegen die Voraussetzungen vor, hat damit ein Ausgleich aus dem Gesamtvermögen zu erfolgen. VIII. Abs. 3 (Einziehung von Surrogaten) Entsprechendes gilt für den Fall der Einziehung erlangter Surrogate nach Abs. 3. 42 Vermögenswerte, die vom Dritten mit einem Geldbetrag angeschafft werden, der in seiner Höhe dem ihm zugeflossenen ursprünglich Erlangten aus ersparten Aufwendungen, z.B. hinterzogenen Steuern entspricht, stellen keine Surrogate im Sinne des Abs. 3 dar.78 IX. Verhältnis der Haftung des Täters/Teilnehmers und des Drittbegünstigten Das Verhältnis der Haftung zwischen dem Drittbegünstigten und dem unmittelbaren 43 Einziehungsschuldnern ist im Hinblick auf das Surrogat (Abs. 3) oder auf Wertersatz (§ 73c) zwar nicht ausdrücklich geregelt; es kann aber auch insoweit79 nur eine gesamtschuldnerische Haftung (vgl. dazu § 73 Rdn. 52) in Betracht kommen. Auf der anderen Seite könnte es in einer weiteren gesetzlichen Ausgestaltung nahe liegen, schon bei der Anordnung dem Grad der jeweiligen Verantwortlichkeit Rechnung zu tragen und einen Ausspruch über eine vorrangige Haftung zu ermöglichen. Demnach käme in erster Linie eine Inanspruchnahme des Täters oder Teilnehmers in Betracht, die Haftung des Drittbegünstigten wäre subsidär.80 Mehrere Drittbegünstigte haften gleichrangig als Gesamtschuldner. X. Verfahrensrecht Der Drittbegünstigte ist als Einziehungsbeteiligter nach den §§ 424 ff StPO an dem 44 Verfahren zu beteiligen. 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung des Wertes von Taterträgen Lohse § 73c https://doi.org/10.1515/9783110491302-013
§ 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Ein-
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75 SSW/Heine Rdn. 9. 76 Ähnlich wie hier Bittmann NStZ 2019 383, 391; zu weiteren Lösungsansätzen de lege ferenda Fleckenstein S. 247 ff. 77 Beispiele bei Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 667. 78 BGH NJW 2019 867, 868 f. 79 Vgl. zur Gesamtschuldnerschaft im Fall der unmittelbaren Begünstigung des Drittempfängers BGH Beschl. v.7.6.2018 – 4 StR 639/17 Rdn. 3 (juris). 80 Barreto da Rosa NJW 2009 1702, 1704; Fleckenstein S.230.
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§ 73c | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
ziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. Entstehungsgeschichte 1
Vgl. Vor § 73 Rdn. 12 ff. Die ursprüngliche Fassung der Vorgängerbestimmung des § 73a a.F. (Verfall von Wertersatz) wurde geschaffen durch das 2. StrRG.1 Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I 872) hat im Zuge der systematischen Neuausrichtung des Einziehungsrechts die Umbenennung in „Einziehung des Wertes von Taterträgen“ vollzogen und die vormalige Regelung des § 73a a.F.2 als neuen § 73c gefasst. Die neue Vorschrift unterlag dabei lediglich einer geringfügigen redaktionellen und terminologischen Anpassung, blieb aber in ihrem inhaltlichen Gehalt unverändert.3
I. II.
Übersicht Allgemeine Bedeutung | 2 Arten der Einziehung des Wertes von Taterträgen 1. Undurchführbarkeit der Anordnung der Einziehung eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten | 6 2. Undurchführbarkeit der Einziehung eines bestimmten Gegenstandes „aus einem anderen Grunde“ | 7 3. Einziehung des Wertes von Taterträgen bei einem Absehen von der Surrogatseinziehung nach § 73 Abs. 3 oder § 73b Abs. 3 | 9 4. Einziehung des Wertes von Taterträgen neben der Einziehungsanordnung nach § 73 | 11
III. IV.
V. VI.
Die Bestimmung der Höhe des Erlangten | 13 Die Höhe der Wertersatzeinziehung 1. Berechnungsweise | 14 2. Maßgeblicher Berechnungszeitpunkt | 15 a) nachträglich eingetretenen Wertsteigerungen | 16 aa) Satz 1, 1. Alt. | 17 bb) Satz 1, 2. Alt. | 18 cc) Satz 1, 3. Alt. | 19 b) nachträgliche Wertminderungen | 20 Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen | 21 Vollstreckung | 24
I. Allgemeine Bedeutung 2
Nach dem Grundsatz des Rechts zur Einziehung von Taterträgen (§ 73) sollen dem Täter, Teilnehmer oder Drittempfänger (§ 73b) alle Vermögensvorteile entzogen werden, die er durch eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. In den Fällen, in denen wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aufgrund nachträglicher Änderungen die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes oder des Erlangten nicht möglich, untunlich oder unzureichend ist, soll die Vorschrift des § 73c eine lückenlose Gewinnabschöpfung sicherstellen. Vorausgesetzt wird, dass der Täter zunächst „etwas“ erlangt hat (vgl. § 73 Rdn. 28 ff).4 Die Einziehung des Wertes von Taterträgen teilt damit die Rechtsnatur
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1 § 110 E 1962, Begr. 244; § 84 AE; BTDrucks. V/4095 S. 40. 2 Diese lautete: „Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstands wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstands nach § 73 Abs. 2 abgesehen wird, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall eines Gegenstands, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.“ 3 BT-Drucks. 18/9525 S. 67. 4 BGH NStZ-RR 2006 39
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Einziehung des Wertes von Taterträgen | § 73c
und die Ziele der Einziehung nach § 73. Diese Form der Einziehung ist mithin ebenso wie jene nach § 73 keine Strafe (vgl. vor § 73 Rdn. 37 ff). Die Einziehung von Wertersatz dient den gleichen spezial- und generalpräventiven Zwecken wie die Einziehung von Taterträgen. Spezialpräventiv wirkt sie namentlich insofern, als sie dem Betroffenen den Anreiz nehmen soll, das Erlangte zur Vereitelung der Einziehung an Dritte weiterzugeben. Unerheblich ist, ob der Täter im Zeitpunkt der Anordnung noch bereichert ist. Die Verhältnismäßigkeit einschließlich der Beseitigung oder Milderung von Härten, die sich daraus ergeben, dass die Höhe der Einziehung des Wertes von Taterträgen grundsätzlich an die Höhe des zunächst Erlangten ohne Rücksicht auf dessen Schicksal anknüpft, wird nach der Aufhebung der Härteklausel des § 73c a.F. zum einen durch die Ausschlussregelung des § 73e und den Vorgaben des § 73d zur Bestimmung des Wertes des Erlangten gesichert; zum anderen ist diese Funktion den teilweise neu gefassten Regelungen des Vollstreckungsrechts, insbesondere § 459g Abs. 5 StPO, zugewiesen. Der Betroffene ist somit im Vergleich zur vormaligen Rechtslage nicht schlechter gestellt;5 siehe im Übrigen vor § 73 Rdn. 37 ff, 46. Nach der Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Ver- 3 mögensabschöpfung 2017 mit der Aufhebung des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. stehen mögliche konkurrierende Ansprüche Verletzter der Einziehung des Wertes von Taterträgen nicht mehr entgegen. Gleichwohl soll der Bereicherte vor einer doppelten Inanspruchnahme bewahrt werden. Zur Berücksichtigung bereits erfolgter Leistungen an Verletzte vgl. § 73e Rdn. 2 ff. Den Schutz im Vollstreckungsverfahren stellt § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO her. Wurde aus der Straftat kein bestimmter Gegenstand erlangt, so kann der Vorteil nur 4 in Form der Einziehung eines bestimmten Geldbetrages entzogen werden. Ebenso wird der Fall umfasst, dass das Erlangte in Sacheigentum oder Rechtsinhaberschaft bestand, der Gegenstand aber – von den Fällen der Dritteinziehung des § 73b abgesehen – zur Zeit der Anordnung nicht mehr dem Empfänger zusteht (arg. § 75 Abs. 1) oder untergegangen ist. Die Einziehung des Wertersatzes setzt keine Vorwerfbarkeit am Untergang des Ursprungsgegenstandes voraus. Die praktische Bedeutung der Einziehung von Wertersatz ist sehr hoch.6 In den al- 5 lermeisten Fällen wird nicht mehr der originäre Gegenstand des aus der Tat Erlangten zur Verfügung stehen, so dass sich der Anspruch auf Einziehung auf die Durchsetzung einer Zahlungsforderung auf Wertersatz wandelt. Die Sicherung dieses Anspruchs erfolgt durch das Instrument des Vermögensarrestes gemäß § 111e Abs. 1 StPO. II. Arten der Einziehung des Wertes von Taterträgen 1. Undurchführbarkeit der Anordnung der Einziehung eines bestimmten Ge- 6 genstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten (Satz 1, 1. Alt.). Diese Voraussetzung liegt vor, wenn das erlangte Etwas nicht in der Übertragung einer Sache oder eines Rechts, sondern in geldwerten Vorteilen anderer Art besteht, durch die der Empfänger eigene Aufwendungen erspart (z.B. bei der Hinterziehung von Steuern oder der umweltgefährdenden Vermeidung von Entsorgungskosten) 7 oder Gebrauchsvorteile erlangt hat (z.B. bei der unentgeltlichen Gewährung von Dienstleistungen oder Überlassung eines Kraftfahrzeugs als Leihwagen). Gleiches gilt, wenn das Erlangte bereits im Zeitpunkt des Zuflusses mit einer anderen Sache verbunden (§§ 946, 947 BGB), ver-
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BGH NStZ-RR 2018 241; BGH wistra 2018 427, 428; BGH NStZ-RR 2019 22, 23. Vgl. nur Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 1. Köhler NStZ 2017 497, 503.
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§ 73c | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
mischt8 oder verarbeitet worden ist. In diesen Fällen wird das erlangte Etwas (§ 73 Abs. 1 Satz 1) durch Anordnung der Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert des Erlangten entspricht, abgeschöpft. 2. Undurchführbarkeit der Einziehung eines bestimmten Gegenstandes „aus einem anderen Grunde“ (Satz 1, 2. Alt.). Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der ursprünglich vom Täter, Teilnehmer oder Dritten (nach § 73b) erlangte Gegenstand sich im Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung der Einziehung nicht mehr im Vermögen des Empfängers befindet. In diesem Fall ginge ein Vollstreckungstitel zur Wegnahme der nicht bereits in staatlichem Gewahrsam befindlichen Sache und zum Übergang des Sacheigentums oder Rechts auf den Staat (§ 75, § 459g StPO, § 61 StVollstrO) ins Leere. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Täter eine erlangte Sache verbrauchte,9 zerstörte, durch Unterlassen von Erhaltungsmaßnahmen zugrunde gehen ließ, sie unauffindbar beiseiteschaffte oder durch Vermischung oder Verarbeitung (§§ 948, 950 BGB) eine andere Sache herstellte. Gleiches gilt, wenn das Einziehungsobjekt im Zeitpunkt der Entscheidung einem tatunbeteiligten Dritten gehört, dem der Täter den Einziehungsgegenstand, außerhalb des Anwendungsbereichs des § 73e, geschenkt oder verkauft hat.10 Aber auch dann, wenn ohne Zutun und Verschulden des Täters die Sache von einem Dritten zerstört oder gestohlen wurde, oder wenn sie durch Zufall unterging, steht dies der Einziehung des Wertersatzes nicht entgegen. Anders als bei der Wertersatzeinziehung nach § 74c kommt es für die Einziehung des 8 Wertes von Taterträgen (§ 73c) auf das Vorliegen eines subjektiven Elements (Vereitelung) bei dem Einziehungsbetroffenen nicht an. Dies erklärt sich vor allem aus der gesetzlichen Ratio eines möglichst lückenlosen Abschöpfungsregimes und dem Ziel, schwierige Nachforschungen zum Verbleib einzelner Gegenstände zu erübrigen. 7
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3. Einziehung des Wertes von Taterträgen bei einem Absehen von der Surrogatseinziehung nach § 73 Abs. 3 oder § 73b Abs. 3 (Satz 1, 3. Alt.). Nach § 73 Abs. 3 steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, die Einziehung auf solche Gegenstände zu erstrecken, die der Täter, Teilnehmer oder Drittempfänger (vgl. § 73b Abs. 3) durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder auf Grund eines erlangten Rechts erworben hat. Das Erlangte im Sinn dieser Vorschrift ist dabei der veräußerte, zerstörte, beschädigte oder entzogene Gegenstand. An dessen Stelle kann das Surrogat als Einziehungsgegenstand treten. Sieht das Gericht in diesen Fällen nach seinem Ermessen von der Surrogatseinziehung ab, so hat es nach § 73c Satz 1, 3. Alt. die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe des Wertes des Erlangten anzuordnen. Damit stellt die Vorschrift auch in den Fällen, in denen das Gericht von der Surrogatseinziehung abgesehen hat, eine lückenlose Gewinnabschöpfung her. Eine kumulative Einziehung des Wertes des Erlangten und des Wertes eines veräußerten Surrogatsgegenstands ist dagegen nicht zulässig, weil dadurch ein überschießender Gesamtbetrag eingezogen würde.11 Findet demgegenüber eine Surrogatseinziehung statt, die den Wert des Erlangten unterschreitet, ist hinsichtlich der Differenz eine ergänzende Einziehung nach § 73c Abs. 2 zu treffen (vgl. Rdn. 11 f).
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8 Dies ist in der Regel auch bei Bargeld der Fall, vgl. nur BGH Beschl. vom 21.11.2018 – 2 StR 262/18 Rdn. 7 (juris). 9 Vgl. BGHSt 33 37, 39. 10 BGH NStZ 1997 270, 271; 2019 20. 11 BGH NStZ 2018 654 = StraFo 2018 490.
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Einziehung des Wertes von Taterträgen | § 73c
Im Unterschied zu den Alternativen 1 und 2 von Satz 1 kommt es in der 3. Alternative 10 nicht auf die Undurchführbarkeit der Einziehung an. Dem Gericht ist schon unter weniger strengen Voraussetzungen die Möglichkeit eröffnet, an Stelle einer vielleicht schwierigen, aber nicht unbedingt unmöglichen Surrogatseinziehung auf eine Einziehung des Wertes auszuweichen.12 Bei der Ermessensvorschrift des § 73 Abs. 3 handelt es sich demnach nur scheinbar um eine Ausnahme vom Einziehungszwang. Denn eine entsprechende Ausübung des Ermessens verpflichtet dazu, jedenfalls die Einziehung des Wertes der erlangten Taterträge anzuordnen. 4. Einziehung des Wertes von Taterträgen neben der Einziehungsanordnung 11 nach § 73 (§ 73c Satz 2). Satz 2 sieht die Anordnung der Wertersatzeinziehung neben der Einziehung eines Gegenstandes vor, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. Die Vorschrift umfasst zunächst den Fall, dass die erlangte Sache im Eigentum des Empfängers verblieben ist und – gleichviel aus welchen Gründen – nach der Erlangung eine Wertminderung erfahren hat. Dies ist etwa der Fall, wenn der erlangte Gegenstand beschädigt worden ist.13 Hat also z.B. der Täter als Entgelt für die Begehung der rechtswidrigen Tat ein Kraftfahrzeug im Wert von 10 000 Euro erhalten und es längere Zeit hindurch gefahren, so dass es im Zeitpunkt der Anordnung der Einziehung nur noch 6 000 Euro wert ist, so ist gemäß § 73 auf die Einziehung des Kraftfahrzeugs und nach § 73c Absatz 2 auf die (ergänzende) Einziehung von Wertersatz in Höhe von 4 000 Euro zu erkennen.14 Das kann dann zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn neben der Einziehung des Kraftfahrzeugs gem. § 73 Abs. 2 Satz 1 zugleich auf die Einziehung gezogener Nutzungen – hier: der Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB) – zu erkennen ist. Da in einem solchen Fall die gezogenen Nutzungen zugleich weitgehend der Grund für die Wertminderung sind, würde die Anordnung einer die gezogenen Nutzungen und zugleich die Wertminderung umfassenden Wertersatzeinziehung eine über das Erlangte hinausgehende Gewinnabschöpfung bedeuten. Satz 2 ermöglicht aber auch die Anordnung der Wertersatzeinziehung, wenn bei der 12 Surrogatseinziehung (§ 73 Abs. 3) der Wert des Surrogats hinter dem Wert des Originalgegenstandes zurückbleibt.15 Die Einziehung eines Veräußerungssurrogats, das nicht mehr vorhanden ist, sieht das Gesetz hingegen nicht vor; Bezugspunkt ist stets allein die Einziehung des Werts des zunächst durch die Tat Erlangten.16 III. Die Bestimmung der Höhe des Erlangten Die Gesetzesnovelle im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermö- 13 gensabschöpfung geht von einem zweistufigen Verfahren bei der Bestimmung der Höhe der Wertersatzeinziehung aus. Auf der ersten Stufe wandelt sich der ursprünglich gegenständliche Einziehungsanspruch in einen Anspruch auf Wertersatz in Höhe des Wertes des Erlangten. Dabei ist das Bruttoprinzip für die Bestimmung der Höhe des Anspruchs maßgebend. Auf der zweiten Stufe ist dann zu prüfen, ob Aufwendungen ausnahmsweise nach §§ 73d, 73e von dem Wert des Erlangten abzuziehen sind.17 Dem
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Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6; Joecks MK § 73a Rdn. 8. BGH NStZ 2019 20. Vgl. Prot. V/1023 bis 1025. BGH NStZ 2018 654 = StraFo 2018 490; vgl. auch die Begründung zu § 110 E 1962, S. 245. BGH NStZ 2018 654 = StraFo 2018 490. OLG Saarbrücken NStZ 2019 35; Köhler NStZ 2017 497, 510.
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§ 73c | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
entsprechend ist bei der Bestimmung der Höhe des Wertersatzes jeweils das Prüfungsprogramm der § 73d, § 73e zu berücksichtigen (vgl. § 73d Rdn. 6 ff; § 73e Rdn. 2 ff). IV. Die Höhe der Wertersatzeinziehung 14
1. Berechnungsweise. Als Wertersatz ist ein bestimmter Geldbetrag für eingezogen zu erklären. Dessen Höhe bestimmt sich nach dem Verkehrswert.18 Grundlage ist der gewöhnliche inländische Verkaufspreis für Waren gleicher Art und Güte.19 Dabei ist auch die jeweilige Umsatzstufe zu berücksichtigen.20 § 73c regelt für das Einziehungsrecht eine ähnliche Interessenlage wie § 818 Abs. 2 BGB für das Zivilrecht. Daher bietet sich der Rückgriff auf die umfangreiche Kasuistik zu dieser Vorschrift an, zumal § 818 Abs. 2 BGB ebenfalls ein objektiver Wertbegriff zugrunde liegt.21 Umfang und Wert des Erlangten können, wenn genauere Feststellungen nicht möglich sind, geschätzt werden (§ 73d Abs. 2, § 73d Rdn. 22 ff).
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2. Maßgeblicher Berechnungszeitpunkt. Von der Berechnungsweise zu trennen ist die Bestimmung des Zeitpunktes, auf welchen die Höhe des Wertersatzes bezogen werden soll. Die vormalig überwiegende Auffassung hatte dafür generell auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abgestellt.22 Nach anderer Auffassung war stattdessen im Grundsatz stets der Zeitpunkt des Erlangens des Vermögensvorteils maßgeblich.23 Entsprechend der im Gesetz vorgesehenen Varianten ist zwischen verschiedenen Fallgruppen zu unterscheiden, nämlich zwischen jenen Fällen, in denen von vornherein eine Auskehrung allein des Wertersatzes in Betracht kommt, der nachträglich eingetretenen Unmöglichkeit der Herausgabe des erlangten Gegenstandes und der Surrogatseinziehung. Nach der Konstruktion des Gesetzes entsteht der Einziehungsanspruch im Moment des Vermögenszuflusses aus oder für die Straftat. Demnach ist aber auch die Bestimmung der Höhe des Erlangten zunächst an diesem Zeitpunkt zu orientieren. Tritt anschließend keine Steigerung und Minderung des Wertes mehr ein, hat es damit sein Bewenden und es bedarf keiner weiteren Prüfung. Bei Wertänderungen bedarf es hingegen von diesem Ausgangspunkt aus einer weiteren Betrachtung der jeweiligen Konstellation. Dazu sind die spezifischen Risikozuweisungen des Gesetzes wie sie in § 73c Satz 2 und im Bereicherungsrecht (insbesondere §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB) zum Ausdruck kommen für die verschiedenen Konstellationen zu beachten. Demnach kommen der Tat nachfolgende Wertsteigerungen der erlangten Tatbeute nicht dem Täter zu Gute, andererseits trägt dieser das Risiko des nachträglich eintretenden Verlustes oder der Wertminderung des Erlangten.
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a) Für die Bemessung des Wertersatzes ergibt sich bei nachträglich eingetretenen Wertsteigerungen für die drei gesetzlich erfassten Konstellationen folgendes:
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aa) Satz 1, 1. Alt.: War die Einziehung aufgrund der Beschaffenheit des Erlangten von vornherein unmöglich und kommt deshalb von Anfang an nur Wertersatz in Betracht, ist die Wahl des Zeitpunktes umstritten: Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs
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18 Joecks MK § 73a Rdn. 14; aA Güntert Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion S. 66, der wie beim Vermögensschaden im Sinne des § 263 einen objektiv-individuellen Maßstab zugrunde legt. 19 BGHSt 4 13, 14. 20 Joecks MK § 73a Rdn. 14. 21 Joecks MK § 73a Rdn. 13. 22 Vorauflage § 73a a.F. Rdn. 13 im Anschluss an BGHSt 4 305. 23 Joecks MK § 73a Rdn. 17; Güntert Gewinnabschöpfung S. 67.
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Einziehung des Wertes von Taterträgen | § 73c
ist der Wert im Zeitpunkt der Erlangung entscheidend.24 Dafür wird die Erwägung ins Feld geführt, dass die Höhe des Erlangten die Grenze der Abschöpfung bildet, weil der nachfolgende Vermögensentzug den vormaligen (unrechtmäßigen) Bereicherungsvorgang spiegelt. Der Vermögenszuwachs trete infolge der nachträglichen Wertsteigerung erst ein, wenn der Täter den Gegenstand nicht mehr innehabe und ihm der in der nachträglichen Wertsteigerung liegende Vermögenszuwachs folglich nicht mehr zufließen konnte. Diese Sichtweise entspreche auch der Wertung des Gesetzgebers, wie sie dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zugrunde lag.25 Dagegen stellt eine Ansicht in der Literatur26 – entgegen der Annahme in der Gesetzesbegründung – auf den Wert des Gegenstands im Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung ab. Denn in diesem Fall sei die nachfolgende Wertsteigerung noch dem Vorgang des unrechtmäßigen Erlangens zuzurechnen; es habe sich lediglich der gesamte Umfang des Vermögenszuflusses erst mit Verzögerung realisiert. Entscheidend ist jedoch, dass bereits im Moment des Zuflusses des Vermögensvorteils ein Anspruch auf Wertersatz entsteht, der sich nachfolgend nicht mehr ändern kann. Der Rechtsprechung, die sich auf die Gesetzesmaterialien stützen kann, ist daher zuzustimmen. Dementsprechend werden (außerhalb von Geldwäschetatbeständen) auch Wertsteigerungen eines durch ersparte Aufwendungen erworbenen Drittgegenstandes nicht erfasst.27 Allerdings gilt § 73c Satz 1, 1. Alt. nur in jenen Fällen, in denen aufgrund der Beschaffenheit des Erlangten von vornherein nur Wertersatz in Betracht kommt, wie insbesondere bei ersparten Aufwendungen. Anders liegt es hingegen, wenn der erlangte Gegenstand zunächst noch vorhanden ist und während dieser Phase Wertänderungen aufweist. So wäre die Erlangung von Aktien, sonstigen Wertpapieren oder Geldscheinen in Fremdwährung kein Fall von § 73c Satz 1, 1. Alt., sondern würde bei nachträglicher Veräußerung § 73c Satz 1 2. Alt. unterfallen (vgl. nachfolgend Rdn. 18). Die Geldscheine verkörpern einen Wert, der nicht anders als z.B. Aktien oder sonstige Wertpapiere zu behandeln sind. Bis zur Veräußerung gelten die allgemeinen Regeln, wonach eine Wertminderung zu Lasten des Täters geht, eine Wertsteigerung hingegen dem Verletzten zu Gute kommt. Erst durch die Veräußerung gelten wird die Wandlung des Anspruchs auf die Auskehrung von Wertersatz ausgelöst. Ein anderes Ergebnis würde dazu führen, diesen Vermögenszuwachs der Sphäre des durch die Straftat Begünstigten zuzuweisen.28 Noch deutlicher wird dies, wenn die Situation des Verletzten in den Blick genommen wird: Denn dieser hätte ohne die Straftat die Chance gehabt, an der Wertsteigerung von Wertpapieren teilzuhaben. Durch eine unterlassene Abschöpfung, die auf einen Mindererlös bei der späteren Auskehrung durchschlägt, wird ihm dieser Vermögensteil genommen. bb) Satz 1, 2. Alt.: In dieser Konstellation geht es darum, dass der vom Täter er- 18 langte Gegenstand zunächst noch vorhanden und dessen Herausgabe erst zu einem späteren Zeitpunkt unmöglich geworden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt eingetretene Wertsteigerungen, etwa eines Aktienpakets infolge von Kurssteigerungen, sind abzuschöpfen (siehe vorstehend Rdn. 17). Gibt es individuelle Verletzte, kommt diesen eine berücksichtigungsfähige Wertsteigerung zu Gute.29 Trat die Wertsteigerung hingegen
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24 BGH Beschl. vom 16.4.2019 – 5 StR 169/19 = NStZ 2019 468. 25 BT-Drucks. 18/9525 S. 67. 26 Bittmann NStZ 2019 383, 392. 27 Zu einer solchen Konstellation BGH NJW 2019 967 = NStZ 2019 465 m. Anm. Heine = wistra 2019 333 m. Anm. Webel. 28 Ebenso Bittmann NStZ-RR 2018 340; SSW/Heine Rdn. 7. 29 Anders Rettke wistra 2019 100 im Hinblick auf § 459h Abs. 2 StPO; der abzuschöpfende und auszukehrende Betrag entspricht dem dort vorgesehenen „Wert des Erlangten“ .
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erst nach dem Zeitpunkt ein, an dem die Herausgabe des Gegenstandes unmöglich geworden ist, ist dieser Zuwachs unbeachtlich und unterliegt nicht mehr der staatlichen Abschöpfung von Wertersatz. Denn aus oder für die Straftat erlangt wurde allein der ursprüngliche Gegenstand; die spätere Steigerung des Wertes des nicht mehr herausgabefähigen Gegenstands stellt ein eigenständiges Geschehen dar. Dieser Auffassung hat sich jetzt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowohl für das alte30 als auch für das neue Recht31 angeschlossen. Demgemäß sind auch etwaige spätere Wertsteigerungen eines mit dem entsprechenden Geldbetrag angeschafften Surrogats unerheblich. 19
cc) Satz 1, 3. Alt: Unverändert ist in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Gesetzgebers32 die Lage im dritten Fall des Absehens von der Surrogatseinziehung, bei welchem es bei der Wertberechnung weiterhin auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung ankommt.33
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b) Für nachträgliche Wertminderungen ist ebenfalls der Zeitpunkt der Erlangung maßgeblich.34 Das Risiko der Verschlechterung des Gegenstands trägt derjenige, der diesen aus der Straftat erlangt hat; diese Folge entspricht den gesetzlichen Wertungen sowohl des § 73c Satz 235 als auch der jeweils in Bezug zu nehmenden bereicherungsrechtlichen Regelungen der §§ 818 Abs. 4, 819 BGB.36 V. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen
Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist zwingend.37 Härtefällen wird durch die Vollstreckungsvorschrift des § 459g StPO Abs. 5 Rechnung getragen. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist bei der Strafzumessung nicht mildernd zu berücksichtigen.38 Liegen die Voraussetzungen für die Einziehung des Wertersatzes bereits im Zeit22 punkt der tatrichterlichen Entscheidung vor, ist im Urteil auf den entsprechenden Geldbetrag zu erkennen, ohne dass es zuvor einer Entscheidung über die Einziehung nach § 73 bedürfte. Schon deshalb ist die Unterscheidung zwischen Einziehung von Taterträgen und der Einziehung des Wertes von Taterträgen auch im Urteilstenor wichtig.39 Das Revisionsgericht kann aber den Tenor analog § 354 Abs. 1 StPO umstellen.40 Die Einziehung des Wertes von Taterträgen kann auch durch Strafbefehl ausgesprochen werden (§ 407 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Betrifft die Anordnung mehrere Mittäter, ist gegen jeden von ihnen gesondert ein bestimmter Geldbetrag festzusetzen, der dem Wert des jeweils Erlangten entspricht. Zur Haftung als Gesamtschuldner vgl. § 73 Rdn. 52 ff. 21
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30 BGH NJW 2018 3325 m. Anm. Habetha = NStZ-RR 2018 337, 338 f m. Anm Bittmann = wistra 2019 98 m. Anm Rettke; vgl. auch OLG Stuttgart AG 2015 45, 46. 31 BGH Urt. vom 24.10.2018 – 5 StR 229/18; BGH Beschl. vom 14.11.2018 – 3 StR 447/18 = NZI 2019 305 m. Anm. Köllner. 32 BT-Drucks. 18/9525 S. 67. 33 BGHSt 4 305; Joecks MK Rdn. 16 f. 34 Fischer Rdn. 5, der auf den Verkehrswert zur Zeit der Möglichkeit der Originaleinziehung abstellt. 35 SSW/Heine Rdn. 7; aA Habetha NJW 2018 3327, 3328. 36 AA für Wertverluste Rönnau/Hohn Wistra 2002 445, 451 in Auseinandersetzung mit der vormals entsprechend geltenden Regelung zum Sicherstellungsbedürfnis in § 917 Abs. 2 ZPO. 37 BGH NStZ-RR 2018, 241; BGH NStZ-RR 2019 22, 23. 38 BGHSt 47 369, 370; BGH StV 1998 599; NStZ 2001 312. 39 Nack GA 2003 884. 40 BGH Beschl. v. 16.5.2002 – 1 StR 87/02 (juris).
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Eine nachträgliche Anordnung der Wertersatzeinziehung ist möglich, wenn die 23 Voraussetzungen des § 73c erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung eintreten oder bekannt geworden sind (§ 76). Kann wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, kommt die selbständige Anordnung nach § 76a in Betracht. VI. Vollstreckung Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen begründet – insoweit der 24 Verhängung einer Geldstrafe vergleichbar – einen Zahlungsanspruch der Staatskasse gegenüber dem Betroffenen. Dieser Anspruch kann sich im Falle des § 73b auch gegen einen tatunbeteiligten Dritten richten, wenn er durch das Handeln des Täters etwas erlangt hat. Das Fehlen eines Straf- oder strafähnlichen Charakters (vgl. vor § 73 Rdn. 37 ff) führt dazu, dass bei Uneinbringlichkeit des Wertersatzes eine Ersatzfreiheitsentziehung entfällt und Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung nicht auf den Wertersatz angerechnet wird (§ 51 Abs. 1 StGB). Jedoch wird die Einziehung von Wertersatz materiellrechtlich wie eine Geldstrafe behandelt. Vollstreckungsrechtlich gehört sie zu den „Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten“, die nach § 459g Abs. 2, § 459 StPO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO, § 1 Abs. 1 Nr. 1 EBAO, § 57 StVollstrO wie Geldstrafen behandelt werden. Die vormals in § 73c Abs. 2 a.F. über den Verweis auf § 42 vorgesehene Möglichkeit zur Leistung von Ratenzahlungen ist nunmehr entfallen. Da es sich um keine planwidrige Regelungslücke handelt, kommt eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Vielmehr sind mögliche Härten allein über § 459g Abs. 5 StPO im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.41
§ 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung Lohse § 73d https://doi.org/10.1515/9783110491302-014
(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt. (2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden. Übersicht Entstehungsgeschichte | 1 I. Bestimmung der Höhe des Erlangten; Anrechnung von Aufwendungsersatz (Abs. 1) 1. Grundgedanke | 3 2. Anwendungsbereich | 5 3. Abzug des Aufendungsersatzes a) Aufwendungen | 6 b) Begriff der Aufwendungen | 7 c) ursächlicher Zusammenhang | 8 d) zeitliches Element | 9
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e)
4.
freiwillig erbrachte Leistung | 10 f) Schutzzweck der Strafnorm | 11 Ausnahme: Aufwendungen zur Begehung und Vorbereitung der Tat a) Leistungen in ein verbotenes Geschäft | 12 b) objektive Reichweite | 13 c) subjektive Hinsicht | 14 d) Aufwendungen | 16
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§ 73d | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
5.
II.
Rückausnahme a) Zweck | 17 b) Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit | 18 c) Leistungen an den Verletzten der Tat | 19 6. Einzelfälle | 20 Schätzung (Absatz 2) 1. Zweck und Bedeutung | 22 2. Voraussetzungen der Schätzung a) Zulässigkeit der Einziehung | 25 b) Schwierigkeit konkteter Feststellungen | 26
c)
3.
4.
Schätzungsgrundlagen | 27 Gegenstand der Schätzung a) Umfang des Erlangten | 28 b) Der Wert der erlangten Vorteile | 29 c) erweiterte Einziehung | 30 d) Die Höhe der Aufwendungen nach Abs. 1 | 31 e) maßgeblicher Zeitpunkt | 32 Kasuistik | 33
Entstehungsgeschichte 1
Die Anrechnungsregelungen des Absatz 1 wurden im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 neu in das StGB eingefügt (BGBl. I S. 872). Sie dienen der Konkretisierung des Bruttoprinzips, BTDrucks. 18/9525 S. 46 f, 50 f, 67 ff. Die Regelung des Absatz 2 nimmt die bereits zuvor im Strafgesetzbuch unter § 73b 2 a.F. enthaltene Befugnis zur Schätzung auf (vgl. § 109 Abs. 6 E 1962 Begr. 244; Ber. BTDrucks. V/4095 S. 40; Prot. V/1025). Die jetzige Fassung geht zurück auf Art. 3 Nr. 2 AWG/StGBuaÄndG vom 28.2.1992 (BGBl. I S. 372; vgl. auch E-BRat-OrgKG, BTDrucks. 11/7663). Sie wurde durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) in § 73d Abs. 2 überführt. I. Bestimmung der Höhe des Erlangten; Anrechnung von Aufwendungsersatz (Abs. 1) 3
1. Grundgedanke. Die Regelung über die Anrechnung von Aufwendungen in Absatz 1 wurde durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) neu geschaffen. Ihr Regelungsgegenstand ist die Bestimmung der Höhe des aus oder für die Straftat Erlangten. Der Regelung kommt nach dem Willen des Gesetzgebers im Zusammenspiel mit § 73 die Funktion zu, das Bruttoprinzip zu konkretisieren.1 Die Bestimmung des der Einziehung von Taterlösen unterfallenden Erlangten vollzieht sich nach dem gesetzgeberischen Konzept in mehreren Schritten: Zunächst ist nach § 73 festzustellen, was als Taterlös aus der Straftat erlangt worden ist. Hier knüpft das Gesetz an das weite Verständnis des Bruttoprinzips an. Erlangt sind demnach auf der Grundlage einer rein gegenständlichen Betrachtungsweise alle Vermögenswerte in ihrer Gesamtheit, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind (vgl. näher § 73 Rdn. 18 ff).2 Auf die vormals umstrittene „Unmittelbarkeit“ der Kausalbe-
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1 Die Regelungen haben insgesamt ein sehr geteiltes Echo erfahren, der positiven Einschätzung von Trüg NJW 2017 1913, 1915 stehen zahlreiche kritische Stimmen insbesondere zur Ungleichbehandlung von Tatbeständen gegenüber, z.B. Barreto da Rosa NZWiSt 2018 215, 217; Bittmann KriPoZ 2016 120, 123 f; Gebauer ZRP 2016 101, 103; Emmert NZWiSt 2016 449; SSW/Heine § 73 Rdn. 20 f; vgl auch vor § 73 Rdn. 29, 32. 2 BTDrucks. 18/9525 S. 67.
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ziehung des Vermögenszuflusses kommt es nicht an. Leitend soll vielmehr der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB sein. Der Gesetzgeber hat daraus die Konsequenz gezogen, dass im Zuge der Tatplanung und –begehung erbrachte Aufwendungen immer dann einem Abzugsverbot unterliegen, soweit sie bewusst oder willentlich für die Vorbereitung oder Begehung einer Straftat erbracht worden sind. Anders soll es hingegen liegen, wenn es sich um Leistungen in für sich betrachtet nicht bemakelte Geschäfte handelt. Entscheidend soll dabei sein, ob die Handlung oder das Geschäft, das unmittelbar zur Vermögensmehrung geführt hat, selbst verboten war oder nicht.3 Dementsprechend hat der Gesetzgeber als zweite Prüfungsstufe die neue Bestimmung des § 73d geschaffen, welche im Rahmen der Bestimmung des Wertes (der Höhe) des Erlangten Regelungen zur Anrechnung von Aufwendungen trifft. Nach der Grundregel des Absatzes 1 Satz 1 sind danach alle von Täter, Teilnehmer oder sonstigem Betroffenen im Zusammenhang mit der Tat erfolgten Aufwendungen abzuziehen. Dieser Grundsatz weist jedoch die gewichtige Ausnahme des Absatz 1 Satz 2 auf, wonach diese Anrechnung gerade nicht für solches Vermögen gilt, das „für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt“ worden ist. Auf diese Weise soll die Abzugsmöglichkeit auf Aufwendungen für verbotene Geschäfte beschränkt werden. Für Aufwendungen, die für sich betrachtet keine zu beanstandenden Leistungen darstellen gilt die Grundregel des Absatzes 1 Satz 1. Das ist insbesondere bei gegenseitigen Vertragsverhältnissen der Fall die als solche keinen verbotenen Inhalt haben. Ebenso verbleibt es bei einer Abzugsfähigkeit von Leistungen, die zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erbracht wurden.4 Das Abzugsverbot des Abs. 1 Satz 2 steht jedoch unter dem Vorbehalt einer Rückausnahme. Danach kommt das Abzugsverbot nicht zum Tragen, wenn es sich um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt. Diese Bestimmung findet ihren Grund darin, dass eine doppelte Inanspruchnahme des Betroffenen vermieden werden soll, wenn der Tat ein anfechtbarer, aber nicht unwirksamer Austauschvertrag zugrunde liegt. Wird der Vertrag wirksam angefochten, sieht sich der Täter einer entsprechenden Rückforderung ausgesetzt. In diesem Fall lebt das Abzugsverbot wieder auf. Über die darin liegende Auflösung der vormals uneinheitlichen Rechtsprechung 4 hinaus5 und die daraus folgende präzisere Bestimmung durch den Gesetzgeber wird der Vorschrift auch die Funktion zugemessen, bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des Bruttoprinzips und Wegfall der vormaligen Härteklausel des § 73c a.F. die Verhältnismäßigkeit des Instruments in Abgrenzung zu einer ein zusätzliches Übel auferlegenden Strafe sicherzustellen. 2. Anwendungsbereich. Auch wenn der Überschrift (Bestimmung des Wertes des 5 Erlangten) und der systematischen Stellung teilweise entnommen wird, die Vorschrift sei auf die Fälle der Einziehung von Wertersatz beschränkt, ist dieser Schluss jedenfalls nicht zwingend. Die systematische Stellung legt vielmehr die damit wohl auch intendierte Geltung für sämtliche Formen der Einziehung von Taterlösen nahe. Dafür spricht auch die Zuweisung umfassender Funktionen in der Gesetzesbegründung.6 Eine andere Auslegung würde zudem zu erheblichen Friktionen zwischen den verschiedenen denkbaren
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3 BTDrucks. 18/9525 S. 67. 4 BTDrucks. 18/9525 S. 67. 5 Während der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine weite Auslegung des Bruttoprinzips annahm und insbesondere in Vertragsverhältnissen eine Abschöpfung des Gesamterlöses ohne Gegenrechnung erfolgter Aufwendungen vornahm, vgl. BGHSt 52 227; BGH NStZ-RR 2015 159, berücksichtigten der 5. und der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes schon unter dem Erfordernis der „Unmittelbarkeit“ des Erlangten die erfolgten Aufwendungen, vgl. BGHSt 50 299; 57 79. 6 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 3.
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Formen der Einziehung von Taterlösen führen. Folge der generellen Geltung der Regelung ist dann aber, dass sie auch auf den Fall der Einziehung des Erlangten nach § 73 anzuwenden ist. Dies führt zu dem praktischen Problem, wie zu verfahren ist, wenn es sich bei dem Erlangten um einen nicht teilbaren Gegenstand handelt. Dann kommen bei erforderlicher Anrechnung eines Aufwendungsersatzes zwei Möglichkeiten zur Abwicklung in Betracht: Denkbar ist zum einen, bei einer Verwertung des Gegenstandes die Aufwendungen im Wege einer Teilauskehrung des dabei erzielten Erlöses zu erstatten.7 Nach der anderen Lösungsalternative wäre in diesem Fall auf eine Einziehung von Wertersatz überzugehen und dabei der einzuziehende Betrag entsprechend herabzusetzen.8 6
3. Abzug des Aufwendungsersatzes (Absatz 1 Satz 1). a) Nach der Grundregel des Absatzes 1 Satz 1 sind Aufwendungen abzugsfähig, wenn sie in einem sachlichen Zusammenhang mit der strafrechtswidrigen Bereicherung stehen. Dieser Zusammenhang wird sich in der Regel als ein einheitliches Erwerbsgeschehen konkretisieren lassen.9 Im Ergebnis entspricht dieser Ansatz der Sache nach somit den vormaligen Grundsätzen zur Handhabung des Nettoprinzips.
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b) Der Begriff der Aufwendungen ist hier selbständig im Kontext des Regelungszusammenhangs zu bestimmen. Ein Rückgriff auf die Definitionen dieses Begriffs im Zivilrecht (z.B. § 670 BGB; dort gemeint: freiwillig erbrachte Leistungen im Sinne einer Aufopferung) oder Steuerrecht (z. B. § 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 EStG) ist wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen nicht möglich.10 Auch eine Übernahme der Definition in der Strafvorschrift des § 261 Abs. 1 Satz 3 kommt nicht in Betracht, weil diese gerade das durch die Tat Erlangte, nämlich den auf diese Weise erlangten Vorteil ersparter Aufwendungen, nicht aber einen von diesem Vorteil abzusetzenden Vermögenswert, meint.11 Es bedarf deshalb einer eigenen Bestimmung dieses Begriffs bezogen auf das Einziehungsrecht. Eine großzügige Anrechnung von Aufwendungen ist dabei nicht geboten. Zwar dienen der Mechanismus und das Prüfungsprogramm der §§ 73d, 73e auch dazu, strukturell die Verhältnismäßigkeit der Abschöpfung zu sichern;12 daraus folgt aber nicht, dass auch im jeweiligen Einzelfall vom Täter, Teilnehmer oder Dritten im Zusammenhang mit der Begehung der Straftat erlittene Nachteile im Zweifel den Einziehungsbetrag mindern müssen. Denn dem steht zum einen der erklärte Gesetzeszweck entgegen, Erlöse aus Straftaten konsequent einzuziehen, um die mit der Abschöpfung verfolgten Zwecke der Vermögensordnung und Normenstabilisierung zu stärken. Zum anderen ergibt sich in systematischer Hinsicht, dass die Absetzungsmöglichkeit des § 73d Abs. 1 Satz 1 eine Ausnahme zur Anwendung des die Einziehung von Taterträgen prägenden Bruttoprinzips darstellt; der Ausnahmetatbestand zu einem gesetzlichen Grundprinzip ist aber grundsätzlich eng auszulegen.
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c) Damit bleibt als erste Grundbedingung zu verlangen, dass die Aufwendungen als Leistungen des Betroffenen zum inkriminierten Erwerbsgeschehen beigetragen haben. Es muss also, wie dem Wortlaut noch zu entnehmen ist, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Leistung und dem aufgrund des Tatgeschehens eingetretenen Be-
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7 Köhler NStZ 2017 497, 511. 8 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 3. 9 Köhler NStZ 2017 497, 505. 10 Rettke wistra 2018 234, 236. 11 Köhler NStZ 2017 497, 505 f; Korte wistra 2018 1, 3 f; Rettke wistra 2018 234, 236. 12 Rübenstahl NZWiSt 2018 255, 259.
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reicherungsvorgang vorliegen. Dementsprechend scheiden sonstige vermögensmindernde Verfügungen, die keinerlei Verbindung zu dem durch oder für die Straftat erfolgten Vermögenszufluss aufweisen, als relevante Aufwendung von vornherein aus. Dies gilt etwa für allgemeine Lebenshaltungskosten oder für Kosten für eine anschließende Flucht oder für die Sicherung der erlangten Tatvorteile.13 Zu verlangen ist außerdem, dass über eine entsprechende bloße Ursächlichkeit hinaus auch eine innere Verknüpfung mit dem strafrechtlich relevanten Erwerbsvorgang besteht.14 So liegt es etwa bei Leistungen, die eine synallagmatische Verbindung mit der Leistung des Geschädigten aufweisen.15 Daran fehlt es dagegen, wenn es sich etwa um allgemeine Geschäftsoder Lagerkosten, um (eigene) geldwerte Arbeitsleistungen oder nachfolgende Besteuerungen handelt, die in gleicher Weise bei legalem Handeln angefallen wären. Dem lässt sich mit Blick auf die Ausnahme des Abs. 1 Satz 2 nicht die Erwägung entgegenhalten, wenn das in verbotene Zwecke investierte Vermögen nach dem Willen des Gesetzgebers als Aufwendung abzugsfähig sei, so müsse der Täter erst recht seine für legale Ziele eingesetzte Leistungen gutgebracht erhalten. Denn es geht hier nicht um eine allgemeine Gegenrechnung von Auslagen, sondern um die Bestimmung der Höhe des aus der Straftat erlangten Vermögenswertes. Anrechnungsfähig können deshalb nur solche Einbußen sein, die in einem qualifizierten Verhältnis zu dem Zufluss im Sinne des § 73 stehen. d) Hinzu treten muss nach dem Willen des Gesetzgebers darüber hinaus ein zeitli- 9 ches Element. Die Aufwendung muss danach im Zusammenhang mit der Planung und Vorbereitung der Tat erfolgt sein,16 mithin dem Tatentschluss nachfolgen.17 Der geforderte zeitliche Zusammenhang erweist sich bei näherer Betrachtung jedoch im Wesentlichen als Konkretisierung des zu fordernden Kausalzusammenhangs. Ein weiter zeitlicher Abstand zum Tatgeschehen außerhalb der Vorbereitungs- oder Begehungsphase indiziert, dass es an der erforderlichen Verbindung zwischen der Aufwendung und dem erlangten Tatertrag und somit an einem einheitlichen Geschehen fehlt. Die Einbeziehung derartiger Kosten wäre auch mit dem Bruttoprinzip und darüber hinaus mit den Vorgaben aus Art. 2 der EU-Richtlinie EU/2014/42 schwerlich vereinbar.18 Potenziell anrechnungsfähig sind dagegen Kosten, die noch in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung der Tat aufgewendet wurden.19 e) Schließlich muss es sich wegen der Anknüpfung an § 817 Satz 2 um eine freiwillig 10 erbrachte Leistung handeln, wie dies etwa bei vertraglichen Leistungen wie Zahlungen und Werkleistungen der Fall ist.20 Im Zuge der Tatausführung erlittene Schäden werden dagegen nicht erfasst.
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13 Köhler NStZ 2017 497, 505; Rettke wistra 2018 234, 237; anders Emmert NZWiSt 2016 449,451. 14 Rettke wistra 2018 234, 237 f; dies gilt auch für „schwarze“ Lohnzahlungen beim Vorenthalten von Arbeitsentgelt, Köhler NStZ 2017 497, 506. 15 OLG Celle StraFo 2019 123 m. Bespr. Bode ZWH 2019 66. 16 BT-Drucks. 18/9525 S. 68. 17 Köhler NStZ 2017 497, 505, 507; aA Rübenstahl NZWiSt 2018 255, 259. 18 Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie definiert Ertrag als „jeder wirtschaftliche Vorteil, der direkt oder indirekt durch eine Straftat erlangt wird“; bei einem Abzug vorangegangener, zeitlich mit der Tat nicht verbundener Aufwendungen würde die Abschöpfung hinter dem Ertrag zurückbleiben, selbst wenn man auf das frühere Nettoprinzip zurückgehen wollte. 19 BGH StV 2019 42, 46. 20 Rettke wistra 2018 234, 238.
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f) Es bleibt abzuwarten, ob sich insbesondere das Zeitelement angesichts der sehr unterschiedlichen Möglichkeiten deliktsspezifischer Zeitphasen als ein taugliches Abgrenzungskriterium erweisen wird. Im Schrifttum wird teilweise, wenn denn schon in einem deliktischen Teilbereich eine Anrechnung von Aufwendungen zugelassen werden soll, ein Rückgriff auf den früheren Maßstab des Schutzzwecks der Strafnorm für geeigneter gehalten, um klare Abgrenzungen herzustellen und konsistente Ergebnisse zu erzielen.21 Dies hat indes ohnehin bei der Prüfung der Reichweite des Abzugsverbots nach Abs. 1, Satz 2, 1. Hs zu geschehen. Im Übrigen decken sich die Ergebnisse, von Ausnahmen wie verbotenen Insidergeschäften nach § 119 WpHG abgesehen (vgl. dazu Rdn. 21), mit der früheren Rechtsanwendung, insbesondere bei den vom Gesetzgeber primär in den Blick genommenen Straftaten im Zusammenhang mit Austauschverträgen.
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4. Ausnahme: Aufwendungen zur Begehung und Vorbereitung der Tat (Absatz 1 Satz 2, 1. Hs). a) Von der Grundregel des Abzugs von Aufwendungen statuiert nun Absatz 1 Satz 2 gewichtige Ausnahmen. Wie sich bereits aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen des § 73 und des § 73d sowie der ausdrücklichen Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs ergibt, entfällt eine Abzugsmöglichkeit für Aufwendungen, wenn es sich um Leistungen handelt, die in ein verbotenes Geschäft im Sinne des § 134 BGB investiert worden sind. Als Beispiele nennt der Gesetzgeber22 unter Verweis auf die schon bisher in der Rechtsprechung getroffenen Wertungen den Ankauf von Betäubungsmitteln, Investitionen in Güter in bewusster Umgehung von Verboten des Außenwirtschaftsrechts23 sowie vorsätzliche Marktmanipulationen.24 Darunter fallen auch Verstöße gegen das Kreditwesengesetz.25 Auch hier können auch solche Leistungen erfasst werden, die nach Vollendung, aber vor Beendigung der Tat erbracht wurden, wenn diese die Voraussetzung für den Erhalt des Tatvorteils, etwa einen Werklohn, bildeten.26
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b) Die objektive Reichweite des Abzugsverbots wird sich an dem Schutzzweck der verletzten Strafnorm zu orientieren haben. Nur dieses Korrektiv ermöglicht eine präzise Bestimmung, ob es sich um verbotswidrige Aufwendungen handelt. Dies ermöglicht zugleich angemessene Lösungen, wenn die Handlung mehrere konkurrierende Strafnormen verletzt hat, weil deren jeweilige Zwecke berücksichtigt werden können.
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c) In subjektiver Hinsicht werden mindestens bedingt vorsätzlich erbrachte Investitionen in Verbotenes vom Abzugsverbot erfasst.27 Anders liegt es, wenn das Verbotene des (auch in dieser Begehungsform strafbaren) Geschäfts lediglich fahrlässig verkannt wurde;28 weil der Täter in diesem Fall die Aufwendungen nicht bewusst für die
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21 Kritisch zum zeitlichen Element als Abgrenzungskriterium gegenüber der Zwecksetzung Rönnau/Begemeier GA 2017 1, 17; Bittmann KriPoZ 2016 120, 123; Gebauer ZRP 2016 101, 103. 22 BTDrucks. 18/9525 S. 68. 23 Vgl. BGHSt 47 369. 24 Der Gesetzgeber verweist auf die Entscheidung BGHSt 59 80; anders war jedoch die Behandlung von Gewinnen aus Insidergeschäften nach vormaligem Recht (Abstellen allein auf den daraus erlangten Sondervorteil) BGH NJW 2010 882. 25 OLG Hamm Beschl. v. 2.4.2019 – 2 Ws 14/19 (juris). 26 BGH StV 2019 42, 46; krit. zu den nicht tragenden Ausführungen Bittmann NStZ 2019 383, 393 unter Verweis auf die Vorgabe des Gesetzgebers, Gegenleistungen aus für sich betrachtet rechtmäßigen Austauschverträgen wie hier als nicht bemakelt zu betrachten. 27 BTDrucks. 18/9525 S. 69. 28 Zum Beispiel bei einem fahrlässigen unerlaubten Erbringen von Zahlungsdiensten, vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 69 entgegen der vormaligen Praxis, BGH NZWiSt 2016, 281 m. Anm. Wagner; vgl. zur Abschöpfung bei Fahrlässigkeit auch BGHSt 57, 79.
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Begehung der Straftat vorgenommen hat, bleiben die Leistungen vom Wert des Erlangten abzugsfähig.29 Demgegenüber findet die Forderung nach einer Einschränkung des Abzugsverbots auf ein Absichtserfordernis30 weder im Gesetzeswortlaut noch in dem im Grundsatz auf die Durchsetzung des Bruttoprinzips gerichteten Gesetzeszweck eine hinreichende Stütze. Damit bleibt konsequenterweise auch in Fällen eines Tatbestandsirrtums im Sinne des §16 sowie eines unvermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 eine den Abschöpfungsbetrag mindernde Berücksichtigung der Aufwendungen möglich.31 Dass bei dem Verbotsirrtum eines Dritten im Hinblick auf die Wertungen des § 73b Abs. 1 Nr. 2b) nach der gesetzlichen Risikozuweisung bereits die (grob) fahrlässige Unkenntnis über die strafrechtliche Bemakelung des zugeflossenen Vermögens für eine Inanspruchnahme ausreicht, ändert an dem Ergebnis nichts; denn dieser Widerspruch ist ersichtlich im Gesetz angelegt. Demgegenüber wird bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum mit Blick auf die hier in Bezug genommene Wertung des § 817 Satz 2 BGB die Begehungsform entscheidend sein: Hat der Täter mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt, bleibt es bei dem normierten Abzugsverbot.32 Auch wenn die Gesetzesmaterialien33 eine andere Auslegung nahelegen, spricht un- 15 abhängig davon vieles für eine Erstreckung der uneingeschränkten Geltung des Bruttoprinzips auch auf jene Fälle, in denen sich die Beteiligten der Rechtswidrigkeit ihres Handelns leichtfertig verschlossen haben.34 Nur dieser Maßstab stellt einen bruchlosen Anschluss an die Reichweite des öffentlich-rechtlichen Vertrauensgrundsatzes35 her und spiegelt auch die zivil-rechtlichen Wertungen des § 817 S. 2 BGB36 wider. Zudem entspricht diese Auslegung den Wertungsentscheidungen der Abschöpfung bei Dritten nach § 73b und des § 73e Abs. 2, wo ebenfalls das leichtfertige (grob-fahrlässige) Verhalten die Grenze der Schutzwürdigkeit markiert. Der Gesetzeswortlaut des § 73d Abs. 1 steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Auch systematisch wäre diese Auslegung vorzugswürdig. Sie bringt den Ausnahmecharakter des Verwendungsabzugs als Fremdkörper innerhalb der vorgesehenen uneingeschränkten Geltung des Bruttoprinzips stärker zum Ausdruck und wird somit auch dem Gesetzesziel einer effektiveren Durchsetzung der Abschöpfung als Instrument der Prävention besser gerecht. d) In der Literatur37 wird schließlich ein Wertungswiderspruch beanstandet bei der 16 Behandlung von Aufwendungen, die der Täter aus dem Vermögen eines gutgläubigen Dritten für die Straftat eingesetzt hat. Handelt es sich um (bewusste, nach hier vertretener Auffassung mindestens leichtfertige) Investitionen des Täters oder Teilnehmers in ein verbotenes Geschäft, bleibt eine Berücksichtigung der zu Lasten des Dritten erfolgten Aufwendungen generell ausgeschlossen.38 Der Drittbegünstigte wird damit hinsichtlich der Berücksichtigung von Aufwendungen insofern schlechter gestellt, als ihm ein
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29 BTDrucks. 18/9525 S. 69; BTDrucks. 18/11640 S.79; Korte wistra 2018 1, 4; Schäuble/Pananis NStZ 2019 65, 70. 30 Dafür Rübenstahl NZWiSt 2018 255, 259. 31 Rönnau/Begemeier GA 2017 1, 14 f; Saliger ZStW 2017 995, 1014; Rübenstahl NZWiSt 2018 255, 260; Schäuble/Pananis NStZ 2019 65, 70 f; SSW/Heine Rdn. 8; Fischer Rdn. 6. 32 Rönnau/Begemeier GA 2017 1, 15; aA Schäuble/Pananis NStZ 2019 65, 70. 33 BT-Drucks. 18/9525 S. 69: Es sind auch die Aufwendungen abzuziehen, „die zwar für ein verbotenes Geschäft angefallen sind, jedoch nicht willentlich und bewusst dafür getätigt wurden.“ 34 Dies befürworten Rönnau/Begemeier GA 2017 1, 19; vgl. auch Saliger ZStW 129 (2017) 995 1014 f. 35 Vgl. § 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. 36 BGH NJW 2005 1490, 1491; BGH NJW 2013 401, 403. 37 Vgl. Fleckenstein S 261 ff. 38 BTDrucks. 18/9525 S. 55.
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Abzug auch bei einem faktischen, nicht zurechenbaren Handeln im Sinne des § 73b Abs. 1 Nr. 1 versagt wird (hierzu § 73b Rdn. 15 ff). Die Ursache liegt darin, dass das Gesetz insgesamt lediglich auf die Motivlage des Täters, nicht aber, wie sonst bei Abschöpfungen beim Drittbegünstigten nach § 73b Abs. 1 Nr. 2 und 3 (§ 73b Rdn. 22 ff) sowie bei § 73e Abs. 2 (vgl. dazu § 73e Rdn. 14), auf die Kenntnis des Dritten schaut. Außerhalb einer Zurechenbarkeit nach § 14 oder den §§ 31, 166, 278 BGB oder Fällen sonstiger Veranlassung des Dritten erscheint eine entsprechende Restriktion des Abzugsverbots auf Fälle einer entsprechenden Vorwerfbarkeit gegen den Dritten erwägenswert. 17
5. Rückausnahme (Absatz 1 Satz 2, 2. Hs). a) Zweck. Die Rückausnahme dient dazu, eine doppelte Inanspruchnahme des Betroffenen zu vermeiden. Liegt der Tat ein anfechtbarer, aber noch nicht angefochtener und deshalb nicht unwirksamer Austauschvertrag zugrunde und wird der Vertrag später wirksam angefochten, sodass er ex tunc nichtig ist, sieht sich der Täter einer entsprechenden vertraglichen Forderung ausgesetzt. Ohne das Abzugsverbot liefe er Gefahr, doppelt, nämlich sowohl durch den staatlichen Anspruch auf Einziehung des Tatertrages als auch aufgrund seiner fortbestehenden Vertragsverpflichtung, in Anspruch genommen zu werden. Dieses Ergebnis würde die bereicherungsrechtliche Risikozuweisung überschreiten. Die Vermögensabschöpfung wird deshalb in diesen Fällen auf den Tatgewinn begrenzt.39 Erfolg die Anfechtung, lebt das Abzugsverbot wieder auf.40 Diese Regelung gilt nur für Taten, die sich gegen individuelle Vermögensinteressen richten.41 In der Praxis dürfte sich diese Rückausnahme auf Fälle des Betruges im Zusammenhang mit Austauschverträgen beschränken.42
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b) Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit. Es muss sich um Leistungen handeln, die gerade zur Erfüllung der vertraglichen Verbindlichkeit erfolgen. Dies ist insbesondere der Fall bei Leistungen, die eine synallagmatische Verbindung mit der Leistung des Geschädigten aufweisen, etwa die Gegenleistung eines durch Betrug zustande gekommen Austauschvertrags.43
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c) Leistungen an den Verletzten der Tat. Die Leistungen müssen an den Verletzten der Tat erfolgen. Diese Voraussetzung dient dazu, die Opferentschädigung abzusichern. Zum Begriff des Verletzten § 73e Rdn. 2.
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6. Einzelfälle. Ein Abzug von Aufwendungen hat grds. zu erfolgen: Betrugstaten: Solange der zugrunde liegende Vertrag wirksam, aber anfechtbar ist, ist die Leistung des Täters anzurechnen. Im Moment der Anfechtung des Vertrags durch den (betrogenen) Vertragsgegner wandelt sich die Lage.44 Bei der Leistung des Täters handelt es sich nunmehr um keine Leistung für eine Verbindlichkeit mehr.45 Bei einem
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39 Zum Beispiel kann der betrügerische Autoverkäufer den tatsächlichen Wert des mit manipuliertem Tacho verkauften Fahrzeugs, OLG Saarbrücken NStZ 2019, 35; Köhler NStZ 2017 597, 510, oder der betrügerische Teppichverkäufer den tatsächlichen Wert eines minderwertigen Teppichs in Abzug bringen, BGH StraFo 2019 80. 40 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 7. 41 Korte wistra 2018 1, 4. 42 SSW/Heine Rdn. 10. § 38 WpHG hat keinen individualschützenden Charakter. 43 OLG Celle StraFo 2019 123 m. Bespr. Bode ZWH 2019 66. 44 Dagegen hatte sich der Bundesrat gewandt, BT-Drucks. 18/10146 S. 2. 45 Rettke wistra 2018 234, 239.
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Abrechnungsbetrug im Zusammenhang mit medizinischen Leistungen ist der Wert der regulär erbrachten (Teil-)Leistungen nicht abziehbar.46 Korruption: In diesen Fällen, die vom Gesetzgeber als wesentliche Fallgruppe für die neue Regelung angesehen wurden, wird ein Abzug der erbrachten Werk- oder sonstigen Leistung vorzunehmen sein. Es besteht jedoch eine Vermutung dafür, dass der nach Abzug der Aufwendungen verbleibende Abschöpfungsbetrag jedenfalls die Höhe der Bestechungssumme aufweist, weil von einer entsprechenden „Einpreisung“ auszugehen ist.47 Bei einer durch Bestechung erlangten Umwandlung zuvor erworbenen Ackerlandes in Bauland soll nach den Ausführungen des Gesetzgebers der für den ursprünglichen Ankauf aufgewandte Kaufpreis abzusetzen sein.48 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Diese Spezialkonstellation ist vielmehr parallel zur Grundregel bei Korruptionsdelikten zu lösen. Erlangt wird durch die Straftat der Bestechung die Heraufstufung des Grundstücks, die Wertsteigerung liegt also in dieser Differenz. Als Aufwendungen abzusetzen sind folglich konsequenterweise nur die darauf bezogenen Aufwendungen, etwa Unkosten im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren.49 Genehmigungsunrecht: Bei nur fahrlässigem Verschulden, erst recht bei bestehender materieller Genehmigungsfähigkeit, sind Gegenstand des Erlangten lediglich die durch das unterlassene Genehmigungsverfahren ersparten Kosten, nicht aber die Einnahmen aus dem genehmigungspflichtigen Handeln selbst. Das Abzugsverbot greift nicht ein. Ein Abzug von Aufwendungen muss grds. ausscheiden: 21 Betäubungsmitteldelikte: In diesen Fällen besteht von vornherein keine Abziehbarkeit, vgl. Rdn. 4; gleiches gilt bei Verstößen gegen das Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG).50 Bewusste Umgehungen von Genehmigungen, z.B. AWG-Verstöße: Auch in dieser Fallkonstellation scheidet ein Abzug der Aufwendungen aus, wenn wegen der daraus folgenden Nichtigkeit der Verträge auch keine Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit im Sinne des Absatz 1 Satz 2 HS. 2 vorliegen. Börsen- und Marktmanipulation: Aufgrund der bewussten Investition in ein verbotenes Geschäft kommt ein Abzug nicht in Betracht.51 Verbotene Insidergeschäfte: Entgegen der vormaligen Annahme in der Rechtsprechung (Beschränkung auf den Sondervorteil)52 findet auch in diesem Fall nach neuem Recht ein Abzug von Aufwendungen nicht mehr statt.53 Steuerdelikte: Hier stellt sich jeweils die Frage, ob die Besteuerung in einem hinreichenden Zusammenhang zu dem Vermögenszufluss steht und deshalb als Aufwendung angerechnet werden kann. Dies wird, abgesehen von der Erbschaftssteuer im Falle des § 73b Abs. 1 Nr. 3,54 regelmäßig nicht der Fall sein. So fehlt es bei einer nachfolgenden
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46 BGH NJW 2014 3170, 3171 f unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG ; im Ergebnis zustimmend Rettke wistra 2018 234, 240 unter Bezug auf die mangels Prüfbarkeit fehlende Fälligkeit der Gegenleistung. Zu betrügerisch erlangten Honoraren aufgrund wahrheitswidriger Angabe eines akademischen Grades BGH NStZ 2019 462 m. Anm. Bittmann. 47 BTDrucks. 18/9525 S. 68. 48 BTDrucks. 18/9525 S. 68; aA Rettke wistra 2018 234, 238. 49 Ebenso SSW/Heine Rdn. 14. 50 OLG Bamberg Beschl. vom 22.5.2018 – 1 Ws 169/18 Rdn. 13 (juris). 51 BTDrucks. 18/9525 S. 68; ebenso für die vorherige Rechtslage BGHSt 59 80. 52 BGH NStZ 2010 339, 341; 53 BTDrucks. 18/9525 S. 68; Rettke wistra 2018 234, 238; Korte NZWiSt 2018 231, 235; krit. Gebauer ZRP 2016 101, 103; Hüls ZWH 2017 242, 245. 54 Peters ZWH 2018 45, 52ff.
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Besteuerung von Tatgewinnen, sei es im Wege der Einkommens- oder Umsatzsteuer, an dem erforderlichen Zusammenhang.55 Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass vorangegangene Transaktionen eine spätere Steuerhinterziehung vorbereiten.56 Zahlungen auf die Anordnung der Einziehung (von Wertersatz) können zur Vermeidung einer Doppelbelastung steuerrechtlich abgesetzt werden.57 Das Strafverfahren soll so von Nebenfragen befreit werden.58 Bei zwischenzeitlicher Abführung der Steuer ist § 459g Abs. 5 (Unterbleiben der Vollstreckung) zu beachten.59 Im Ausland begangene Taten: Außer Betracht bleiben auch Zahlungen auf ausländische Abschöpfungsentscheidungen wegen derselben rechtswidrigen Tat.60 II. Schätzung (Absatz 2) 22
1. Zweck und Bedeutung. Die Vorschrift ermächtigt das Gericht, Werte, die für die Anwendung der §§ 73, 73a, 73b und 76a maßgebend sind, zu schätzen. Die Schätzung dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens. Damit wird das Gericht von der schwierigen, teilweise unmöglichen Aufgabe entbunden, bis ins Einzelne gehende Feststellungen über Art und Umfang der erlangten Vermögenswerte zu treffen.61 Die Schätzung kommt nur in Betracht, wenn die Werte nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Kosten festgestellt werden können.62 Die Vorschrift hat strafrechtliche Vorbilder und Parallelen in §§ 40 Abs. 3 und 74c Abs. 3 StGB. Die zum zivilprozessualen Gegenstück in § 287 ZPO (s. auch § 813 ZPO) durch die in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Grundsätze 63 können – unter Berücksichtigung der Prozessmaximen des Strafprozesses – berücksichtigt werden. Schätzung, wo sie zugelassen ist, bedeutet, dass das Gericht, statt alle für die ge23 naue Berechnung der Rechtsfolgen notwendigen Einzelheiten zu klären, sich mit der Ermittlung von Anhaltspunkten zu Art und Umfang des Erlangten begnügen darf, die nach der Lebenserfahrung eine hinreichend sichere Annahme erlauben.64 Sie befreit das Gericht vom Strengbeweis und modifiziert im Interesse der Prozessökonomie und der Beschleunigung des Verfahrens die Amtsaufklärungspflicht des Gerichts (§ 244 Abs. 2 StPO).65 Das Gericht orientiert sich dabei an den Umständen des Einzelfalles, insbesondere auch daran, ob es für eine weitere Aufklärung einer das Verfahren über Gebühr verzögernden Beweisaufnahme bedarf, die außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der in Frage stehenden Rechtsfolgen stünde.66 24 Durch die Zusammenführung der vormals in § 73b a.F. verorteten Regelung in dem neu geschaffenen § 73d mit der Neuregelung des Abs. 1 hat der Gesetzgeber den systematischen Zusammenhang der beiden Absätze unterstrichen. Die Möglichkeit
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55 Rettke wistra 2018 234, 238. 56 So entfällt eine Anrechnung früherer Handelsverluste auf den einzuziehenden Betrag der Steuerverkürzung bei den sog. Cum/Ex-Geschäften, dazu Knauer/Schomburg NStZ 2019 305, 316. 57 BTDrucks. 18/11640 S. 79. 58 Zust. Mückenberger/Hinz BB 2018 1435, 1436. 59 Korte wistra 2018 1,4. 60 BTDrucks. 18/11640 S. 78. 61 BTDrucks. V/4095 S. 40; Prot. V/1025 f; BGH NStZ 1989 361. 62 BGH NStZ-RR 2001 327, 328; Beschl. vom 23.1.2019 – 3 StR 501/18 Rdn. 6 (juris). 63 Vgl. RGZ 40 422, 424; 95 1, 2; 130 108, 112; BGH NJW 1964 589; NJW 1983 998; BGHZ 91 243, 256; NJW 1987 909 f. 64 Vgl. zur Vorgehensweise BGH Urt. v. 28.11.1997 – 3 StR 114/97, insoweit in BGHSt 43 321 nicht abgedruckt; Beschl. v. 10.9.2003 – 1 StR147/03. 65 BGH wistra 2013 462. 66 Vgl. Prot. V/1025; BTDrucks. V/4095 S. 40.
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Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung | § 73d
der Schätzung besteht somit auch auf allen Stufen der Prüfung im Rahmen des Absatz 1.67 2. Voraussetzungen der Schätzung a) Zulässigkeit der Einziehung. Die Vorschrift bezieht sich nicht auf die Frage, ob 25 die Voraussetzungen einer Einziehung von Taterlösen gegeben sind und ob überhaupt etwas erlangt worden ist.68 Eine Schätzung kommt demnach immer nur hinsichtlich des Umfanges, nicht dagegen des „Ob“ des Erlangten in Betracht. b) Schwierigkeit konkreter Feststellungen. Konkrete Feststellungen müssen 26 ausgeschlossen erscheinen69 oder einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit oder Kosten erfordern.70 Beweismittel, die ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten zu erlangen sind, müssen ausgeschöpft werden.71 c) Schätzungsgrundlagen. Die Möglichkeit der Schätzung entledigt das Gericht 27 nicht davon, im Urteil die Grundlagen für die getroffenen Annahmen zu Tat und Höhe des Erlangten, etwa bei mehreren Beteiligten, mitzuteilen.72 Dabei muss das Tatgericht von der Richtigkeit der seine Schätzung zugrundeliegenden Annahmen überzeugt sein.73 Es darf auch bei einer Schätzung nicht willkürlich und ohne sichere Anhaltspunkte vorgehen.74 So kann bei Rauschgiftgeschäften der Einkaufspreis als Schätzgrundlage dienen.75 Zur Schätzung darf sich das Gericht auch des Rates eines Sachverständigen bedienen. Die Befugnis zur Schätzung entbindet das Gericht nicht von der Pflicht, Beweismittel, die ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten zu erlangen sind, auszuschöpfen.76 Einzelheiten müssen zumindest in dem Maße geklärt werden, dass eine hinreichend sichere Schätzung gegeben ist.77 Eine geständige Einlassung kann dafür eine ausreichende Grundlage bieten.78 Bei der Ermittlung der Schätzungsgrundlagen, nicht jedoch bei der Schätzung selbst, ist der Zweifelsgrundsatz anzuwenden.79 Dabei kann als Basis der Schätzung auch ein prozentualer Sicherheitsabschlag herangezogen werden,80 eines weitergehenden allgemeinen großzügigen „Sicherheitsabschlags“ bedarf es aber nicht.81 Liegt eine sichere Grundlage für eine Schätzung vor, ist von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen; ein Absehen von einer Wertannahme ist in einem solchen Fall rechtsfehlerhaft.82 Hat sich das Gericht dagegen von einem bestimmten Umfang und
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67 Ob allerdings nicht doch vielfach diffizile Beweise durch Sachverständigengutachten erhoben werden müssen erscheint fraglich, vgl. auch Barreto da Rosa NZWiSt 2018 215, 217. 68 Vgl. E 1962 S. 244. 69 BGH NStZ 1989 361. 70 BTDrucks. V/4095 S. 40 f. 71 BTDrucks. V/4095 S. 40. 72 BGH NStZ 2008 623. 73 BGH NStZ 1989 361; Beschl. vom 18.2.2016 – 2 StR 251/14; Beschl. vom 23.1.2019 – 3 StR 501/18 Rdn. 6 (juris). 74 BGH NStZ-RR 2001, 327; NStZ 2008 623. 75 BGHR StGB § 73b Schätzung 2; BGH NStZ 1989 361. 76 Vgl. BTDrucks. V/4095 S. 40; Prot. V/1025. 77 BGH NStZ-RR 2001 327, 328, Fischer Rdn. 11. 78 BGH NStZ 2005 455. 79 BGH NStZ 1989 361; BGH Beschl. v. 11.12.2018 – 5 StR 587/18 Rdn. 2 (juris); Beschl. v. 23.1.2019 – 3 StR 501/18 Rdn. 6 (juris). 80 BGH NStZ-RR 2019 112, 114. 81 BGH Beschl. v. 13.9.2018 – 4 StR 174/18 Rdn. 19 (juris). 82 BGH NStZ-RR 2009 94.
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§ 73d | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Wert des Erlangten bereits aufgrund der Beweisaufnahme überzeugt, bleibt für eine Schätzung kein Raum mehr.83 3. Gegenstand der Schätzung 28
a) Der Umfang des Erlangten. Geschätzt werden kann zunächst der Umfang des Erlangten mittels einer quantitativen Schätzung, also der Umfang des Vermögensvorteils, den der Täter, Teilnehmer oder Drittempfänger (§ 73 Abs. 3) aus der Tat oder für sie erlangt hat (§ 73 Abs. 1 Satz 1), sowie der gezogenen Nutzungen (§ 73 Abs. 2 Satz 1) und der Surrogate, bei Erstreckung des Verfalls auf dieselben (§ 73 Abs. 2 Satz 2).
29
b) Der Wert der erlangten Vorteile. Die Befugnis des Gerichts zur Schätzung des Wertes hat insbesondere Bedeutung beim Wertersatzverfall, z.B. wenn das Erlangte nicht in der Übertragung einer Sache oder eines Rechts, sondern in geldwerten Vorteilen anderer Art besteht, durch die der Empfänger eigene Aufwendungen erspart oder Gebrauchsvorteile erlangt hat. Eine Schätzung wird in der Regel auch erforderlich sein, wenn sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung nicht mehr im Vermögen des Empfängers befindet. Geschätzt werden kann auch der Wert von Nutzungen und Surrogaten (§ 73 Abs. 2 und Abs. 3).84
30
c) § 73b gilt auch bei der erweiterten Einziehung (§73a) sowie bei der erweiterten selbständigen Einziehung nach § 76a Abs. 4 entsprechend. Die Schätzung bezieht sich dabei nur auf den ursprünglichen Gegenstandswert.
31
d) Die Höhe der Aufwendungen nach Abs. 1. Geschätzt werden kann die Höhe der nach Absatz 1 geleisteten abzugsfähigen Aufwendungen.85
32
e) Zum maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertermittlung vgl. § 73c Rdn. 15.
4. Kasuistik. Weiterveräußerung von Betäubungsmitteln: Bei der Schätzung der Preise für Einkauf und Weiterveräußerung sind die üblichen (gerichtsbekannten) Marktpreise für bestimmte Betäubungsmittel heranzuziehen. Für eine Schätzung muss aber jeweils eine tatsächliche Weiterveräußerung im Urteil belegt werden.86 Bei dem Anbau von Betäubungsmitteln in Plantagen sind nicht die erzielbaren, sondern die tatsächlich erzielten Vermögenszuwächse maßgeblich.87 Insidergeschäfte: Ebenso ist für die Gewinne aus unerlaubten Insidergeschäften 34 eine Schätzung möglich. Die Schätzung darf aber nicht allein durch die Betrachtung des Kursverlaufs an dem Handelstag bestimmt werden, an dem die frühere Insiderinformation allgemein bekannt geworden ist; ohne die Anforderungen zu überspannen sind in der Regel auch die tatzeitbezogenen Börsen- und Markttrends, die Kursentwicklung von Aktien unmittelbarer Mitbewerber sowie die übliche Schwankungsbreite des Wertpapiers in den Blick zu nehmen, um besondere technische Überreaktionen im Zeitpunkt der Veröffentlichung zu neutralisieren.88 33
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BGH Urt. vom 9.1.2008 – 5 StR 387/07 Rdn. 12 (juris). Fischer Rdn. 10. Fischer Rdn. 10. BGH Beschl. vom 2.11.2010 – 4 StR 473/10. BGH Beschl. vom 21.10.2008 – 4 StR 437/08 Rdn. 11 (juris). BGH NJW 2010 882, 884; OLG Stuttgart NStZ 2016 28, 30 m. Anm. Bittmann.
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Marktpreise: Für deren Schätzung ist grundsätzlich der gewöhnliche inländische 35 Verkaufspreis maßgeblich.89 Lässt sich bei ersparten Aufwendungen kein Marktpreis feststellen, kann auf einen Vergleich mit der Höhe früherer Aufwendungen zurückgegriffen werden.90
§ 73e Ausschluss der Einziehung des Tatertrages oder des Wertersatzes 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Ausschluss der Einziehung des Tatertrages oder des Wertersatzes Lohse § 73e https://doi.org/10.1515/9783110491302-015
(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. (2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt. Entstehungsgeschichte § 73e ergänzt die Regelungen der §§ 73, 73d für die Bestimmung des Wertes des Erlangten bei der Einziehung von Taterlösen. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 17.4.2017 (BGBl. I S. 872) in das StGB eingefügt. Die Norm beschreibt Ausschlusstatbestände, die einer Einziehung entgegenstehen.
I.
Übersicht Ausschluss bei Erlöschen des Anspruchs des Verletzten (Absatz 1) 1. Entstehung, Grundgedanke | 1 2. Voraussetzungen des Ausschlusses nach Absatz 1 a) Verletzter | 2 b) Anspruch aus der Tat | 3 c) Erlöschen | 4 d) Verjährung aufgrund gesetzlicher Bestimmung | 7 e) Öffentlich-rechtliche Ausschlussfrist | 8 f) Verwirkung | 9
g)
II.
Nebeneinander von Stafverfahren einerseits sowie Besteuerungsund Verwaltungsverfahren andererseits | 10 h) Anordnung | 11 Ausschluss bei Entreicherung des Drittbetroffenen (Absatz 2) 1. Entstehung, Grundgedanke | 12 2. Voraussetzungen a) Grundregel | 13 b) Ausnahme | 14 c) nachträgliche Entreicherung | 15
I. Ausschluss bei Erlöschen des Anspruchs des Verletzten (Absatz 1) 1. Entstehung, Grundgedanke. Die Einfügung des § 73e Abs. 1 stellt sich als eine 1 notwendige Reaktion auf die Streichung des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. und der Härteklausel
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89 90
BGHSt 4 305; OLG Braunschweig Beschl. vom 17.6.2013 – 1 Ss 34/13 Rdn. 4 (juris). Rettke wistra 2018 234, 235.
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des § 73c a.F. dar. Die vormalige, im Zuge der Gesetzesreform aufgehobene Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 a.F. hatte u.a. sichergestellt, dass bei Straftaten gegen Individualrechtsgüter ein Ausgleich der aus der Tat zugeflossenen Bereicherung lediglich im Ver hältnis zwischen dem Bereicherten und dem dadurch Verletzten vollzogen wurde. Nach dem neuen Modell der Opferentschädigung kommt es jedoch bei dem Täter, Teilnehmer oder Drittbegünstigten zunächst zu einer staatlichen Abschöpfung des Vorteils aus der Straftat. Dementsprechend musste der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen, um der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme entgegenzuwirken. § 73e Abs. 1 löst diesen Konflikt, indem die Vorschrift bei einem Erlöschen des Anspruchs des Verletzten einen Ausschluss des parallel bestehenden staatlichen Anspruchs auf die Einziehung von Taterlösen statuiert. Wird also der Ersatzanspruch des Verletzten aus der Straftat erfüllt (§ 362 BGB) oder kommt dieser auf sonstige Weise, insbesondere durch einen (Teil-)Erlass nach § 397 BGB,1 zum Erlöschen im Sinne des § 73e, ist eine Anordnung der Einziehung von Taterlösen nicht mehr möglich. Der Gesetzgeber verfolgte dabei das Ziel, vergleichsfreundliche Lösungen zu begünstigen, um so eine schnelle Wiederherstellung des Rechtsfriedens zu erleichtern. Auf diese Weise wird nach dem Wegfall der bisherigen Härteklausel des § 73c a.F. zugleich die Verhältnismäßigkeit der Einziehung gesichert.2 2. Voraussetzungen des Ausschlusses nach Absatz 1. § 73e Absatz 1 setzt das Erlöschen des Anspruchs des Verletzten aus der Tat voraus. 2
a) Verletzter. Für die Definition des Verletzten kann an den Begriff im vormaligen Verfallsrecht (§ 73 Abs. 1 Satz 2 a.F.) angeknüpft werden. Verletzter ist danach der durch die rechtswidrige Tat Geschädigte. Als Geschädigte kommen natürliche Personen oder Personengesamtheiten und juristische Personen in Betracht. Auch der Staat kann Verletzter sein. Verletzter ist nur, wer durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat. Ob jemand Verletzter ist, hängt allein davon ab, inwieweit das verletzte Strafgesetz auch seine Interessen schützt. Der Verletzte muss nicht namentlich bekannt sein.3 Maßgeblich ist allein, dass ein Anspruch, den in diesem Fall das erkennende Strafgericht feststellt, besteht und rechtlich durchsetzbar ist.4
3
b) Anspruch aus der Tat. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich zunächst auf den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil, d.h. auf den Gewinn. Weitere Ansprüche wie etwa die Zahlung eines Schmerzensgeldes, Zinsansprüche oder Kosten der Rechtsverfolgung, bleiben außer Betracht.5 Entsprechend der vormaligen Rechtslage ohne Bedeutung ist die Art des Ausgleichsanspruchs. Dieser kann ein bürgerlichrechtlicher Anspruch sein,6 z.B. ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1, 2 BGB, ein Bereicherungsanspruch, ein Anspruch aus § 985 BGB, und er kann sich auf Naturalrestitution oder Ausgleich in Geld richten. Unbeachtlich sind Ausgleichsansprüche des Verletzten, deren Geltendmachung rechtlich ausgeschlossen ist. Mangelnde Klagbarkeit oder beiderseitige Sittenwidrigkeit schließen Gegenrechte des Verletzten aus.7
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1 2 3 4 5 6 7
BT-Drucks. 18/9525 S. 69. BT-Drucks. 18/9525 S. 69. NStZ-RR 2004 242, 244; BGHR StGB § 73 Tatbeute 1. BGH wistra 2002 57; BGH NStZ 1984 409; 2001 257; 2006 621; NStZ-RR 2006 138. BT-Drucks. 18/9525 S. 51. Hansen/Wolf-Rojczyk GRUR 2007 468. BGHSt 33 37; OLG Stuttgart wistra 1990 165.
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c) Es muss ein Erlöschen dieses Anspruchs vorliegen. Dies ist der Fall, wenn Erfül- 4 lung eingetreten ist, sei es, dass der aus der Straftat Begünstigte den erlangten Gegenstand zurückgegeben8 oder den Anspruch des Verletzten befriedigt hat9 oder die Wirkung des § 362 BGB im Wege der Zwangsvollstreckung eingetreten ist. Ebenso liegt ein Erlöschen im Sinne des Absatz 1 vor, wenn der Verletzte etwa im Wege eines Vergleichs einem (teilweisen) Erlass seiner Forderung zugestimmt hat (§ 397 BGB) oder sonst auf Herausgabe- oder Auszahlungsansprüche rechtswirksam verzichtet hat.10 Insoweit gilt es jedoch wachsam zu sein bei denkbaren Versuchen, auf strukturell unterlegene Verletzte Druck auszuüben mit dem Ziel, diese zum Abschluss eines nachteiligen Vergleichs oder Verzichts zu bewegen.11 Nicht ausreichend für die Annahme eines Erlöschens ist hingegen bereits der bloße 5 Abschluss eines Vergleichs, ohne dass daraus folgende Ansprüche bereits erfüllt worden sind. Dem steht bereits der Gesetzeswortlaut entgegen, wonach der Anspruch des Verletzten erloschen sein muss; dies gilt auch bei Vereinbarung einer Ratenzahlung.12 Dass damit der Ausschluss des staatlichen Einziehungsanspruchs im Hinblick auf den maßgeblichen Erlass der Anordnung von zeitlichen Zufälligkeiten abhängen kann, ist bewusste Folge der auf eine rasche Befriedigung des Verletzten gerichteten Gesetzesfassung. Eine andere Auslegung rechtfertigen zudem weder die Zwecke des gleichfalls auf eine Befriedigung des Verletzten zielenden Täter-Opfer-Ausgleichs (§ 46a) noch der nachfolgende Schutz des Zahlungspflichtigen aus § 459g Abs. 4 StPO.13 Erforderlich ist die Erfüllung der Forderung. Dementsprechend genügt die bloße Verzichtserklärung des durch die Tat Begünstigten auf sichergestellte Vermögenswerte, etwa eine Erklärung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, noch nicht, um die Wirkung des § 73e auszulösen14 Ebenso wenig genügt eine Freigabeerklärung gegenüber der Hinterlegungsstelle gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BerlHintG, weil diese lediglich die Erfüllung vorbereitet, nicht aber bereits bewirkt;15 anders liegt es nur, wenn die Staatsanwaltschaft den Verzicht als Leistung an Erfüllungs statt im Sinne des § 364 Abs. 1 BGB annimmt.16 Gleiches gilt für die Bekanntgabe von Anordnungsbescheiden, wenn Behörden oder der Steuerfiskus Verletzte sind. Auch insoweit ist allein das Erlöschen des Anspruchs durch Erfüllung oder wirksamen Erlass des Berechtigten maßgebend.17 Ebenfalls nicht ausreichend ist es, wenn der Verletzte Entschädigung von einem gutgläubigen Dritten18 oder Versicherungsleistungen19 erhalten hat. Durch die erbrachte Leistung der Versicherung an den Versicherten sind dessen Ansprüche an den Haftungsschuldner nicht
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8 Z.B. das Hehlereiobjekt, BGH NZWiSt 2019 119. 9 Dies gilt auch wenn ein anderer, noch nicht angeklagter Tatbeteiligter aus einem die Ansprüche aus der Tat betreffenden Vergleich Entschädigungszahlungen erbracht hat, LG Hildesheim wistra 2019 212, 214, nicht aber bei Leistungen auf andere Verbindlichkeiten, Bittmann NStZ 2019 383, 396. 10 Für Ansprüche aus § 667 BGB BGH wistra 2019 59, 660 = ZWH 2019 58 m. Anm. Spatschek/Spilker. 11 Diese Gefahr beschreibt Barreto da Rosa NZWISt 2018 215, 216; vgl. auch Hüls ZWH 2019 14, 16. 12 AA Schillling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 307; Schumann StraFo 2018 415, 420; Meißner/Schütrumpf Vermögensabschöpfung Rdn. 99. 13 AA Meißner NZWiSt 2018 439, 444. 14 Gerlach/Manske StraFo 2018 101, 102. 15 BGH Beschl. v. 6.3.2019 – 5 StR 546/18 Rdn. 6 (juris.). 16 Dazu BGH NJW 2019 1692, 1695. 17 Fromm NZWiSt 2018 453, 455; für Steuerbescheide: Madauß NZWISt 2018 49, 50; aA Wulf PStR 2018 150, 157 f; Spatschek/Spilker DB 2018 2593, 2595. 18 LG Hildesheim wistra 2019 212, 213. 19 BGH NStZ-RR 2018 335; StV 2019 17.
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erloschen, sondern nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG nur auf die Versicherung übergegangen. Als Verletzter gilt somit der Versicherer.20 Ebenso wenig genügt grundsätzlich der Eintritt der Verjährung oder sonstiger die 6 Anspruchsdurchsetzung hindernder formeller Einreden.21 Die Verjährung führt nicht zum Erlöschen einer Forderung, sondern hat lediglich zur Folge, dass der Schuldner die Leistung verweigern kann (§ 214 BGB).22 Zugleich besteht in diesen Fällen aufgrund des eingetretenen Hindernisses für eine Durchsetzung des Anspruchs auch nicht mehr die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des aus der Tat Begünstigten.23 Der Grund für den Ausschluss als Ausnahme zur Grundregel der Einziehung von Taterträgen ist damit entfallen. Es besteht kein Anlass, dieses Hindernis auch auf den materiellen Anspruch aus § 73, § 73a oder § 73b durchschlagen zu lassen; der Gesetzeszweck, eine möglichst umfassende und lückenlose Abschöpfung inkriminierten Vermögens zu erreichen, würde sonst, ohne dass es dafür eine durchgreifende Rechtfertigung gäbe, unterlaufen. Aus dieser, auf den Gesetzeszweck des Einziehungsrechts bezogenen engen Auslegung des Ausnahmetatbestands des § 73e folgt auch insoweit nicht, dass der Einziehung von Taterlösen ein Strafcharakter zuzubilligen wäre.24 Denn der Sache nach orientiert sich die Höhe der Einziehung weiterhin an der Funktion eines Ausgleichs und einer Rückabwicklung der durch die Straftat entstandenen unrechtmäßigen Vermögensverschiebung. Die den Begünstigten treffende Einschränkung, sich mit Erfolg auf prozessuale Einreden berufen zu können, stellt keine Zuschreibung von Schuld oder eine sonstige, über diese Ausgleichsfunktion hinausweisende Belastung dar. Der Gesetzgeber brauchte vielmehr die weitere Durchsetzbarkeit des staatlichen Einziehungsanspruchs nicht von prozessualen Voraussetzungen anderer Verfahren abhängig zu machen. Eine zu einem Strafübel führende Schlechterstellung liegt in dieser prozessualen Gestaltung nicht. 7
d) Anders liegt es ausnahmsweise im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut jedoch, wenn die Verjährung aufgrund gesetzlicher Bestimmung unmittelbar zum Erlöschen des Anspruchs führt. Dies ist insbesondere der Fall im Steuerrecht der Fall, weil gemäß § 47 AO i.V. m. den §§ 169–171 AO, §§ 228–232 AO bei der Verjährung von Steuerforderungen der Anspruch gesetzlich erlischt.25 Zwar mögen die Zielsetzungen des Gesetzgebers, der offenkundige Widerspruch zur Regelung des § 76a Abs. 2 sowie die vom Gesetzgeber angestrebte Erleichterung von vergleichsfreundlichen Lösungen, welche die rechtmäßige Vermögenslage und damit einen materiell fundierten Rechtsfrieden wieder herstellen dafür sprechen, auch in diesem Fall eine (vergleichsweise) Erfüllung des Anspruchs zu verlangen;26 dieser Auslegung steht indes der klare gesetzliche Wortlaut entgegen.27 Eine gesetzliche Klarstellung wäre wünschenswert.
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e) Ähnlich gelagert erscheint zwar auf den ersten Blick der Fall der öffentlichrechtlichen Ausschlussfrist von Rückgewähransprüchen bei der Rücknahme durch Täu-
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20 BT-Drucks. 18/9525 S. 51. 21 BGH Beschl. v. 8.5.2018 – 5 StR 139/18 (juris) ; OLG München Wistra 2018 518, 520 m. Anm. Wengenroth. 22 BGH Beschl. v. 8.5.2018 – 5 StR 139/18 (juris). 23 OLG München wistra 2018 518, 520 m. Anm. Wengenroth. 24 AA Wengenroth wistra 2018 521, 522; ähnlich Gehrmann Wistra 2010 346, 347. 25 Mückenberger/Hinz BB 2018 1435, 1438; SSW/Heine Rdn. 2; Rettke wistra 2017 417. 26 Vgl. die Erwägungen bei Madauß NZWiSt 2018 28, 33. 27 SSW/Heine § 73e Rdn. 2; Feindt/Rettke DStR 2018 2357, 2359; Peters AO-StB 2018 144, 147 f; Knauer/Schomburg NStZ 2019 305, 316 f aA (obiter dictum) OLG München NZWiSt 2019 77, 78 m. insoweit krit. Anm. Rettke.
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schung erlangter begünstigender Verwaltungsakte nach der Grundnorm des § 48 Abs. 4 VwVfG oder z.B. bei der Rückforderungsansprüchen von Krankenkassen nach § 45 Abs. 4 SGB X.28 In diesem Fall liegt aber keine Gleichstellung des Ausschlusses mit einem Erlöschen vor, sondern der Anspruch kann lediglich wegen verfahrensrechtlicher Gründe, nämlich den aufgrund des eingetretenen Zeitablaufs überwiegenden Belangen der Rechtssicherheit, nicht mehr durchgesetzt werden. Der Anspruch als solcher ist jedoch gerade nicht „erloschen“, sondern der öffentlich-rechtliche Gläubiger ist nur an einer Durchsetzung gehindert.29 In diesem Fall bleibt demnach eine Einziehung möglich, wofür auch das Fortbestehen der vom Gesetzgeber bewusst gesetzten Anreize für eine vergleichsweise Lösung sowie die Vermeidung von willkürlichen Privilegierungen infolge einer Untätigkeit von Behörden sprechen. f) Vorgenannte Erwägungen führen dazu, auch in Fällen einer Verwirkung aus 9 sonstigen Gründen kein „Erlöschen“ im Sinne des § 73e anzunehmen. g) Eine Vielzahl von Problemen kann sich aus dem Nebeneinander von Strafver- 10 fahren einerseits sowie Besteuerungs- und Verwaltungsverfahren andererseits30 ergeben, etwa wenn Ansprüche in unterschiedlicher Höhe festgestellt werden. Im Ausgangspunkt ist die Selbständigkeit der verschiedenen Verfahren zu wahren.31 Die Voraussetzungen des § 73e bleiben deshalb von Entscheidungen in anderen Verfahren unberührt.32 Vielmehr werden im jeweiligen Verfahren sachdienliche Lösungen im Einzelfall zu suchen sein.33 h) Erlischt der Anspruch des Verletzten erst nach der Anordnung der Einziehung, 11 wird der Pflichtige über § 459g Abs. 4 StPO geschützt. Die nach diesem Zeitpunkt erbrachten Zahlungen des aus der Straftat Begünstigten oder die im Wege der Vollstreckung beigetriebenen Beträge werden gemäß § 459h Abs. 2 StPO an den Verletzten ausgekehrt. II. Ausschluss bei Entreicherung des Drittbetroffenen (Absatz 2) 1. Entstehung, Grundgedanke. Die Regelung des Absatz 2 ist ebenfalls im Zuge des 12 Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 17.4.2017 (BGBl. I S. 872) geschaffen worden. Sie betrifft die Sonderkonstellation der Entreicherung des Drittbetroffenen. Sie kommt ausschließlich bei der Entreicherung des gutgläubigen Drittempfängers zur Anwendung, während für Tatbeteiligte und bösgläubige Drittbegünstigte eine Prüfung des § 459g Abs. 4 StPO im Vollstreckungsverfahren zu erfolgen hat.34
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28 Reh NZWiSt 2018 20, 22; Hüls ZWH 2019 14, 15. 29 Im Ergebnis ebenso OLG München NZWiSt 2019 77 m. Anm. Rettke. 30 Hinzukommt ggf. noch das Insolvenzverfahren. 31 Madauß NZWiSt 2019 49, 50 32 AA Spatschek/Spilker DB 2018 2593, 2595. 33 Dies gilt auch für den Fall einer tatsächlichen Verständigung im Besteuerungsverfahren, Madauß NZWiSt 2019 49, 50 f; aA für ein Erlöschen iSd § 73e Spatschek/Spilker DB 2018 2593, 2595; Peters AO-StB 2018 144, 148. 34 BT-Drucks. 18/9525 S. 69.
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§ 74 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
2. Voraussetzungen 13
a) Nach der Grundregel des Absatz 2 ist eine Einziehung des Tatertrages bei dem Dritten (§ 73b) ausgeschlossen, wenn der Wert des Erlangten im Vermögen des Drittbegünstigten nicht mehr vorhanden ist. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Anordnung. Die dafür erforderliche Entreicherung liegt jedoch nicht vor, wenn der ursprünglich erlangte Vermögensvorteil, für dessen Bestimmung ggf. § 73d zu berücksichtigen ist, sich in anderen Vermögenswerten fortsetzt oder die Sache verbraucht worden ist.35 Die zivilrechtlichen Vorgaben des Bereicherungsrechts (§ 818 Abs. 4, 819) sind zu übertragen. Diese werden durch die Wertungen des Einziehungsrechts darüber hinaus auch dahin konkretisiert, dass Fälle einer gegenständlichen Entreicherung, etwa durch den Verbrauch oder den zufälligen Untergang der Sache oder durch Luxusaufwendungen nicht als durchgreifende Entreicherung anerkannt werden können. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, wird vielmehr regelmäßig lediglich eine Verarmung des Begünstigten genügen, um einen Ausschluss des Einziehungsanspruchs begründen zu können.36
14
b) Als Ausnahme zu dieser Grundregel ist ein Ausschluss der Einziehung in Übertragung der Wertungen des § 822 BGB ausgeschlossen, wenn dem Dritten die deliktische Herkunft zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder aufgrund Leichtfertigkeit unbekannt geblieben war. Eine Gutgläubigkeit eines Unternehmens scheidet aufgrund der Zurechnung über §§ 14, 73b Abs. 1 Nr. 1, 2 regelmäßig aus, wenn das für das Unternehmen handelnde Organ oder der handelnde Mitarbeiter den Sachverhalt kannte oder grob fahrlässig nicht kannte.37
15
c) Im Falle einer nachträglichen Entreicherung ist § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO anzuwenden. Dabei ist auch zu beachten, dass nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO bei einer nachträglichen Wiedererlangung von Vermögen der staatliche Anspruch wiederaufleben kann.
§ 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten b. Tätern u. Teilnehmern Lohse § 74 https://doi.org/10.1515/9783110491302-016
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften. (3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
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Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 4. Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 4. Meißner NZWiSt 2018 239, 243.
Lohse https://doi.org/10.1515/9783110491302-016
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Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten b. Tätern u. Teilnehmern | § 74
Schrifttum S. Vor § 73.
Entstehungsgeschichte Zur Entstehungsgeschichte des Grundtatbestands des § 74 (früher § 40) und des Rechts zur Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten im Allgemeinen vgl. Rdn. 4 ff vor § 73 sowie nachstehend Rdn. 1 ff. Bis zur Gesetzesreform 2017 war es über lange Zeit lediglich zu geringfügigen gesetzgeberischen Modifikationen bei den §§ 74 ff gekommen. Art. 1 Nr. 1 des 2. StrRG vom 4.7.1969 (BGBl. I S. 717) hatte die vormaligen, zuletzt durch Art. 1 Nr. 2 bis 5 EGOWiG vom 24.5.1968 (BGBl. I S. 503) reformierten Vorschriften des Einziehungsrechts bis auf wenige redaktionelle Anpassungen unverändert als §§ 74 bis 76a übernommen. Spätere Gesetzesänderungen enthielten lediglich überschaubare redaktionelle Anpassungen: So hat Art. 18 Nr. 40 EGStGB 1974 in Absatz 3 die Worte „eine nur rechtswidrige Tat begangen hat“ durch „ohne Schuld gehandelt hat“ ersetzt. Erhebliche begriffliche, systematische und redaktionelle Änderungen des Einziehungsrechts hat das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) gebracht. Systematisch unterscheidet die neue Fassung des § 74 die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten. Die Verweisungsregel für die Einziehung von Tatobjekten wurde in dem eigenständigen Abs. 2 gefasst. Dabei wurden die Bezeichnungen in den Absätzen 1 und 2 ausdrücklich als Legaldefinitionen gekennzeichnet, um eine klarere Begrifflichkeit herzustellen. § 74 Abs. 3 Satz 1 hat die vormalige Fassung des § 74 Abs. 2 Nr. 1 a.F. übernommen; der vormalige § 74 Abs. 4 a.F. wurde zu § 74 Abs. 3 Satz 2. Die zuvor in § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 a.F. enthaltene Sicherungseinziehung hat der Gesetzgeber aufgrund ihrer abweichenden Rechtsnatur folgerichtig in die eigenständige Vorschrift des § 74b überführt. Die weiteren auf die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bezogenen Vorschriften des § 74a (dort: Rdn. 6), des § 74c dort Rdn. 2) sowie des § 74d (vgl. dort Entstehungsgeschichte) weisen lediglich kleinere redaktionelle Anpassungen auf, ohne dass damit inhaltliche Neugestaltungen verbunden wären. Die frühere Regelung zu Sondervorschriften für Organe und Vertreter (§ 75 a.F.) findet sich inhaltlich unverändert im neuen § 74e. Um seine umfassende Geltung für die Einziehungsvorschriften zu unterstreichen, wurde schließlich der vormals unter § 74b a.F. angesiedelte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz systematisch schlüssig im neuen § 74f an das Ende der Normen zur Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten gerückt.
I.
II.
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Übersicht Rechtsnatur der Einziehung 1. Historische Entwicklung | 1 2. Verzicht auf gesetzliche Festlegung | 2 3. Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 | 3 Arten der Einziehung – Übersicht und Einordnung 1. Strafcharakter des § 74 Abs. 1, Abs. 2 | 4 2. Strafähnlicher Charakter des § 74a | 7
3.
III.
Primärer Sicherungszweck des § 74b | 8 Die Einziehungsvoraussetzungen im Allgemeinen (§ 74 Abs. 1) 1. Vorsätzliche Straftat a) Begriff | 9 b) Bedeutung von Verfahrenshindernissen | 10 2. Einziehungsobjekte | 11 3. Tatprodukte a) Begriff | 12 b) Beispiele | 13 4. Tatmittel
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IV.
V.
a) Begriff | 15 b) Erste Alternative | 16 c) Zweite Alternative | 17 d) Beispiele | 18 Die Einziehung von Tatobjekten (§ 74 Abs. 2) 1. Tatobjekte a) Begriff | 21 b) Beispiele | 22 2. Verhältnis Sondervorschriften und allgemeine Einziehungsvorschriften a) Vorrang der Sondervorschriften | 23 b) Ergänzung der Sondervorschriften | 24 c) Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften | 25 Die zusätzlichen besonderen Einziehungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 3 1. Rechtsverhältnisse am Einziehungs Gegenstand | 26 a) Begriff des Täters oder Teilnehmers | 27 b) Verfahrensrechtliches | 29 2. Begriff des Gehörens | 30 3. Vorbehalts- und Sicherungseigentum | 31 a) Maßgeblichkeit des formalen Eigentums | 32
b)
Maßgeblichkeit des wirtschaftlichen Eigentums | 33 c) Eigene Meinung | 34 4. Miteigentum. Gesamthandseigentum | 35 5. Maßgeblichkeit der Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung a) Zeitpunkt der letzten richterlichen Entscheidung | 36 b) Vorschriften zur Verhinderung einer Vereitelung der Einziehung | 37 c) Untergang des Gegenstandes | 38 d) Tod des Täters | 39 6. Einziehung von Rechten a) Allgemeines | 40 b) Miteigentum | 41 d) Gesamthandseigentum | 42 e) Anwartschaftsrechte | 43 7. Identität des Einziehungsgegenstandes | 44 8. Teileinziehung | 46 9. Parallelität mit der Einziehung von Taterträgen | 47 VI. Ermessensausübung | 48 VII. Verfahrensrechtliches | 49
I. Rechtsnatur der Einziehung 1
1. Historische Entwicklung. Die Rechtsnatur der Einziehung war vom Zeitpunkt ihrer Einführung an nicht einheitlich, sondern wechselte je nach dem Zweck der Maßnahme. Die StGB-Entwürfe 1925, 1927 und 1930 waren bemüht, die Rechtsnatur der Einziehung formal klarzustellen, ohne dass es gelungen wäre, bei der materiellen Ausgestaltung der Einziehungsregeln die „Doppelnatur“ aus Strafcharakter und Sicherungszweck (Rdn. 4 ff Vor § 73) durchgreifend zu beseitigen. So rechnete z.B. der Entwurf 1927 die Einziehung zu den Nebenstrafen und Nebenfolgen, hob jedoch in der Begründung zu den §§ 52 bis 54 hervor, dass die Einziehung neben ihrem Strafcharakter auch einem Sicherungszweck zu dienen habe. Umgekehrt gestaltete der Entwurf 1936 (§§ 77 bis 79) die Einziehung als Maßregel der Sicherung aus, hielt diesen Grundgedanken aber nicht durch, indem er bestimmte, dass der Richter von der Einziehung absehen könne, wenn die Gegenstände ohne Schuld des Berechtigten zu der Tat bestimmt gewesen oder dazu gebraucht worden seien oder wenn die Einziehung eine unbillige Härte wäre.
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2. Verzicht auf gesetzliche Festlegung. Angesichts dieser praktischen Schwierigkeiten sah der Gesetzgeber des Jahres 1968 bei der Neuregelung des Einziehungsrechts im Anschluss an den StGB-Entwurf 1962 bewusst davon ab, die Einziehung einseitig entweder als Nebenstrafe oder als Sicherungsmaßregel auszugestalten.1 Diese Auffas-
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1 In der Begründung des Entw. EGOWiG 1968 (S. 50) wird dazu ausgeführt: „Würde die Einziehung nur als Nebenstrafe behandelt, so wäre es bei folgerichtiger Durchführung kaum angängig, die selbständige Anordnung der Maßnahme ohne ein subjektives Strafverfahren zuzulassen. Eine derartige Folge wäre
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_____ sowohl bei der Einziehung der producta et instrumenta sceleris als auch von sog. Beziehungsgegenständen (z.B. von geschmuggelter Ware) kriminalpolitisch bedenklich. Andererseits wäre bei einer Regelung, die den Zweck der Einziehung allein in der Sicherung der Allgemeinheit sieht, der Anwendungsbereich der Maßnahme unangemessen eingeschränkt. Sie könnte immer nur angeordnet werden, wenn im einzelnen Falle nachgewiesen ist, dass der Gegenstand gefährlich ist oder der Begehung rechtswidriger Taten dienen wird. Auch dann dürfte es kaum zulässig sein, die Einziehung in das Ermessen des Richters zu stellen. Eine für alle Fälle zwingend vorgeschriebene Einziehung aber müsste zu unbilligen Ergebnissen führen. Der Entwurf sieht deshalb davon ab, die Rechtsnatur der Einziehung festzulegen, und trifft eine undogmatische und bewegliche Regelung, die allein den kriminalpolitischen Bedürfnissen entspricht“. 2 § 88 Abs. 1 mit Begr. S. 161. 3 Vgl. 2. Bericht des BT-Sonderausschusses, BTDrucks. V/4095 S. 41 sowie Prot. S. 1029 ff. 4 BT-Drucks. 18/9525 S. 48. 5 Krit. Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1: „Umsortierung“. 6 BGHSt 6 62; 8 205, 214; 10 28, 29; 16 47; 25 10, 12; NJW 1952 191; NJW 1983 2710; OLG Saarbrücken NJW 1975 65, 66; OLG Hamm NJW 1975 67.
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Tatmitteln und Tatobjekten als Nebenstrafe klassifiziert,7 werden diese Eingriffe in der Literatur als „Strafe“,8 „strafähnliche Maßnahmen“9 und „gegenständlich spezifizierte Vermögensstrafe“10 verstanden. Diese unterschiedliche Terminologien sind im Ergebnis jedoch unschädlich. Im Vordergrund steht, dass es sich bei der Einziehung nach § 74 ihrer Zielrichtung nach um eine Frage der Strafzumessung handelt.11 Leitender Gedanke ist, aus Gründen des Unrechtsausgleichs, der Spezial- wie der Generalprävention, dem Täter die Folgen der Tat fühlbar zu machen. Durch die Auferlegung einer Vermögenseinbuße soll sie dem Täter oder Teilnehmer vor Augen führen, dass er sein Eigentum aufs Spiel setzt, wenn er es zur Begehung von Straftaten missbraucht. Die Maßnahme der Einziehung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) hat Nebenstrafcharakter, weil sie zusätzlich neben einer Hauptstrafe angedroht ist und verwirkt wird; von einer Nebenstrafe im technischen Sinn unterscheidet sie sich jedoch dadurch, dass sie nicht nur in Verbindung mit einer Hauptstrafe, sondern unter den Voraussetzungen des § 76a Abs. 1 auch selbständig angeordnet werden kann. Der Strafcharakter der Maßnahme wird aber dadurch nicht berührt. Diese Einordnung hat zur Folge, dass Einziehungen von Tatprodukten und Tatmit5 teln nach § 74 Abs. 1 sowie von Tatobjekten nach § 74 Abs. 2 in die Bemessung des dem Angeklagten auferlegten Gesamtübels einzubeziehen sind. Die Anordnung der Einziehung stellt auch nach der Gesetzesnovelle 2017 eine Strafzumessungsentscheidung dar.12 Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so liegt darin ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe, der im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen ist;13 zu den praktischen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vgl. Rdn. § 74f Rdn. 3. Bei der Zumessung von Jugendstrafe müssen die Gründe erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken Rechnung getragen wurde. Einer ausdrücklichen Erörterung der Wechselwirkung von Strafe und Einziehung bedarf es nicht, wenn letztere angesichts des Wertes der Sache die Bemessung der Strafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag.14 Nach anderer Ansicht15 hat die Einziehung nach § 74 Abs. 1 zwar auch strafähnli6 chen Charakter, der kriminalpolitische Schwerpunkt des „schillernden“ Rechtsinstituts liege jedoch nicht auf dem Schuldausgleich, sondern auf dem Gesichtspunkt der Sicherung der Allgemeinheit, so dass der Richter im allgemeinen den Gedanken der Vorbeugung in den Vordergrund rücken werde;16 wenn die Einziehung unter dem Gesichtspunkt der Vorbeugung nicht angebracht sei, werde ihre Anordnung meist auch nicht zweckmäßig sein.17 Diese den Gesichtspunkt der Sicherung in den Vordergrund schiebende Betrachtungsweise, die bereits den Gegenstand der oben (Rdn. 2, 3) dargestellten parlamentarischen Erörterungen bildete, verlässt indes den Leitgedanken, auf dem die Gesetz
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7 Vgl. nur BGH NJW 1983 2710; BGH NStZ 2018 526; der Einordnung als Nebenstrafe zustimmend SSW/Heine Rdn. 3. 8 Fischer Rdn. 3; Adick AnwK Rdn. 2. 9 Saliger NK vor § 73 Rdn. 6 f; Wolters SK Rdn. 3. 10 Sch/Schröder/Eser/Schuster vor § 73 Rdn. 20; Joecks MK Rdn. 3. 11 BGH NJW 1983 2710; BGH NStZ 1985 382; 1996 435; 1999 451; 2018 526; BGH StV 1989 529; 1999 436, 2003 444. 12 BGH NStZ 2018 526; BGH NStZ 2019 82. 13 BGH NJW 1983 2710; BGH NStZ 2018 526; BGH StV 2019 20; BGH NStZ 2019 82 für die Einziehung eines Grundstücks. 14 BGH NStZ 1985 362; Beschl. vom 14.4.2011 – 2 StR 34/11. 15 Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1; ähnlich Göhler/Gürtler Vor § 22 OWiG Rdn. 4 f. 16 Lackner/Kühl/Heger Rdn. 1. 17 Göhler/Gürtler Vor § 22 OWiG Rdn. 4.
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gewordene Fassung des § 74 beruht. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber die Unterscheidung zur Sicherungseinziehung nunmehr auch in der Gesetzessystematik verstärkt (vgl. Rdn. 3) und die Sanktionsmöglichkeiten generell, etwa durch die Anordnung von Fahrverboten gemäß § 44, erheblich erweitert hat.18 2. In den Fällen der Dritteinziehung des § 74a hat die Einziehung dem Täter (Teil- 7 nehmer) gegenüber Strafcharakter, gegenüber dem Eigentümer strafähnlichen Charakter.19 Denn die in § 74a gestattete Einziehung gegenüber dem Eigentümer als Dritten beruht auf dem Gedanken, dass diesen der Vorwurf einer schuldhaft („wenigstens leichtfertig“) begangenen Quasibeihilfe (§ 74a Nr. 1) oder einer schuldhaften („in verwerflicher Weise“) Quasihehlerei oder Quasibegünstigung (§ 74a Nr. 2) durch Vereitelung der Einziehung mit Wirkung gegen den Täter (Teilnehmer) treffe. Nach beiden Richtungen ist hier die Behandlung der Einziehung unter dem Gesichtspunkt der Strafe gerechtfertigt. 3. Demgegenüber steht in den Fällen der Sicherungseinziehung des § 74b (vor- 8 mals § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 a.F.) insgesamt der Sicherungszweck im Vordergrund.20 Denn die Einziehung dient hier der Abwendung von Gefahren, sei es, dass sie der Allgemeinheit von der Art des Einziehungsgegenstandes drohen, sei es, das die künftige Verwendung des Gegenstandes zur Begehung rechtswidriger Taten zu besorgen ist. Der Sicherungszweck rechtfertigt es, die Einziehung mit Wirkung gegen den tatunbeteiligten Dritteigentümer auch dann zuzulassen, wenn diesen hinsichtlich der Verwendung des Gegenstandes zur Tat oder hinsichtlich seines Erwerbs kein Vorwurf trifft. Jedoch ist die Einziehung nicht zwingend vorgeschrieben, sondern in das richterliche Ermessen gestellt. Bei der Ausübung seines Ermessens muss sich der Richter von der Erwägung leiten lassen, inwieweit das Maß des Sicherungsbedürfnisses eine Abstandnahme von der Maßnahme zulässt. Dies gilt auch in den besonderen Fällen des § 74b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2. Die Einziehung gehört aber auch dann nicht zu den Maßregeln der Sicherung im Sinne des § 61, sondern ist eine Sicherungsmaßregel eigener Art. Dem tatunbeteiligten Eigentümer des Gegenstandes gegenüber wirkt die Einziehung mit der Folge des Eigentumsüberganges auf den Staat (§ 75) grundsätzlich als Enteignung. Diese zieht die Verpflichtung der Staatskasse zu angemessener Entschädigung nach sich (§ 74b Abs. 2), es sei denn, dem Betroffenen wird wegen seines den Grundsatz der Sozialbindung des Eigentums verletzenden Mitverschuldens am Eigentumsverlust (§ 74b Abs. 3 Nr. 1) oder weil er diesen ohnedies nach anderen Vorschriften hätte hinnehmen müssen (§ 74b Abs. 3 Nr. 2) eine Entschädigung versagt oder nur ausnahmsweise nach Billigkeitsgrundsätzen gewährt (§ 74b Abs. 3 Satz 2). III. Die Einziehungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 1. Vorsätzliche Straftat a) Begriff. Erforderlich ist die Erfüllung des gesamten objektiven wie des subjekti- 9 ven Tatbestandes.21 Auf die Begehungsform der Straftat (unmittelbare oder mittelbare Täterschaft, Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe) kommt es nicht an. Es genügt auch der strafbare Versuch22 und ein nach § 30 strafbarer Versuch der Beteiligung.23 Ausgeschlos-
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Hierauf verweist SSW/Heine Rdn. 3. BGHSt 9 164, 172. BT-Drucks. 18/9525 S. 70. BGHSt 23 64, 68.
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sen ist die Einziehung bei fahrlässigen Vergehen, soweit sie nicht (vgl. § 74 Abs. 2) durch besondere Vorschriften vorgeschrieben oder zugelassen ist (vgl. z.B. § 322 i.V.m. §§ 307 Abs. 4, 308 Abs. 6, 311 Abs. 3, 312 Abs. 6). Ausgeschlossen ist eine Einziehung auch, wenn ein Schuldausschließungsgrund, wie Schuldunfähigkeit, Notstand (§ 35), unvermeidbarer Verbotsirrtum oder vorsatzausschließender Sachverhaltsirrtum (§§ 16, 17), vorliegt; dann kann aber eine Sicherungseinziehung nach § 74b Abs. 1 Nr. 1 in Betracht kommen. Das gleiche gilt, wenn ein Rechtfertigungsgrund (einschl. des Falles der Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB), ein persönlicher Strafausschließungsgrund (§ 258 Abs. 6) oder Strafaufhebungsgrund (z.B. § 24, § 139 Abs. 3, 4 StGB) gegeben ist; dann fehlt es an der Begehung einer vorsätzlichen Straftat.24 Ebenso ist die Einziehung ausgeschlossen, wenn nur der straflose Versuch eines Vergehens vorliegt.25 Auch die Rauschtat (§ 323a) ist keine Straftat in diesem Sinne.26 10
b) Zur Bedeutung von Verfahrenshindernissen, die einer Bestrafung entgegenstehen, vgl. § 76a Abs. 1 bis 3.
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2. Einziehungsobjekte können Sachen und Rechte sein. Die Rechtsprechung zu § 40 a.F. verstand unter Gegenständen zwar nur körperliche (bewegliche oder unbewegliche) Sachen i.S. des § 90 BGB.27 Bei § 74 sind aber unter Gegenständen auch Rechte zu verstehen;28 das ergibt sich aus § 74 Abs. 3, § 74a („gehören oder zustehen“) und ganz unmissverständlich aus § 75 Abs. 1 („die Sache oder das Recht“). „Gegenstände“ i.S. des § 74 sind somit nicht nur Sachen und Grundstücke,29 sondern z.B. auch Forderungen wie Darlehens- oder Provisionsforderungen, Bankguthaben, Anwartschaften und beschränkt dingliche Rechte wie Hypotheken sowie ideelles Miteigentum.30 Stets aber muss es sich um einen bestimmten, von einem Gesamtvermögen abtrennbaren Gegenstand handeln. Keine „Gegenstände“ sind daher Gesamteigentum, soweit nicht alle Miteigentümer Täter oder Teilnehmer der Tat sind oder nicht dem Täter oder Teilnehmer ein Anspruch auf Übertragung des Gesamtvermögens zusteht.31 Keine „Gegenstände“ sind ferner unteilbare Sachen,32 das Vermögen in seiner Gesamtheit oder in einer Sonderform (Firmenvermögen) oder ziffernmäßig begrenzte Vermögensteile, soweit sie nicht unter dem Gesichtspunkt des Wertersatzes (§ 74c) oder nach Sondervorschriften (§ 74 Abs. 2) einziehbar sind. Tiere sind taugliche Einziehungsobjekte, da sie auch nach Einführung von § 90a BGB dem strafrechtlichen Sachbegriff unterfallen.33 Eine Einziehung von „Daten“, die keinen weiteren Wert verkörpern, ist als solches nicht möglich; einzuziehen sind jeweils die entsprechenden Datenträger.34 Die Einziehung kann grundsätzlich auch in Bezug auf ausländische Vermögenswerte erfolgen;35 vgl. die einschlägigen Regelungen
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22 RGSt 16 268. 23 BGHSt 13 311, 312 = LM Nr. 10 m. Anm. Busch; OLG Köln NJW 1951 612. 24 RGSt 29 130, 131; BGH bei Dallinger MDR 1952 530; BGH Beschl. v. 22.4.1976 – 2 StR 105/76. 25 Der gegenteiligen Auffassung älterer Entscheidungen (RGSt 36 145, 148; 49 208, 210) ist durch die Fassung des jetzigen § 74 („vorsätzliche Tat“) der Boden entzogen. 26 BGHSt 31 80, 81; OLG Braunschweig NJW 1954 1052; Hettinger JR 1983 207. 27 RGSt 52 201; 57 127, 128; BGHSt 2 337; 8 205, 214. 28 Joecks MK Rdn. 9; Saliger NK Rdn. 6; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6. 29 BGH NStZ 2017 89; BGH NStZ 2019 82; LG Kleve NStZ 2013 167. 30 BGH NStZ 1991 456; OLG Karlsruhe MDR 1974 155. 31 RGSt 74 326, 333. 32 BayObLGSt. 1961 277. 33 OLG Karlsruhe NJW 2001 2488. 34 LG Hamburg NJW 2013 3458, 3459 f. 35 BGH NStZ 2004 505, 507.
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des EU-Rechts und des Rechtshilferechts, insbesondere die am 19.12.2020 in Kraft tretende, unmittelbar anwendbare EU-Verordnung 2018/1805 vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen (dazu vor § 73 Rdn. 65). 3. Tatprodukte a) Begriff. Durch die Tat hervorgebrachte Gegenstände (Tatprodukte) sind solche, 12 die mit ihr in unmittelbarem ursächlichen Zusammenhang stehen.36 Sie müssen ihre Entstehung oder gegenwärtige Beschaffenheit der Tat verdanken.37 Das ist auch der Fall, wenn ein schon vorhandener Gegenstand in strafbarer Weise verändert wird.38 b) Beispiele. Tatprodukte sind z.B. die unechte oder verfälschte Urkunde39 oder 13 technische Aufzeichnung (§ 268), das nachgemachte oder verfälschte Geld, verfälschte, nachgemachte oder verbotswidrig hergestellte Lebensmittel sowie zur Begehung weiterer, von der Anklage umfasster Straftaten, wie etwa Betäubungsmittelankäufen, vorhandene Geldmittel.40 Vielfach ist die Einziehung solcher Gegenstände unter dem Gesichtspunkt von „Beziehungsgegenständen“ (Tatobjekten) zusätzlich durch Sondervorschriften im Sinne des § 74 Abs. 2 geregelt (vgl. z.B. §§ 150, 282). Keine Tatprodukte sind die Früchte des Verbrechens (Taterträge), d.h. die für die 14 Tat oder aus ihr erlangten Vermögensvorteile – Entgelt und Gewinn –, wie z.B. das gestohlene oder gehehlte Gut,41 das durch Betrug oder Erpressung Erlangte, das Honorar für die Brandlegung,42 das gewilderte Tier,43 das beim verbotenen Glücksspiel gewonnene Geld,44 das bei einer unerlaubten Straßensammlung erhaltene Geld,45 der mittels Bestechung erlangte Vermögensvorteil und Bestechungslohn,46 sowie der Erlös aus dem Verkauf von Betäubungsmitteln,47 soweit er nicht zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten bestimmt ist, die Gegenstand der Anklage sind.48 In den genannten Fällen unterliegen die Gegenstände nach Maßgabe der §§ 73 bis 73e der Einziehung von Taterträgen, aber grundsätzlich nicht der Einziehung von Tatprodukten, soweit diese nicht in Sondervorschriften zugelassen oder vorgeschrieben ist.49
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36 RGSt 39 78, 79; Motive zu § 38 des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund. 37 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 7; Joecks MK Rdn. 11. 38 Saliger NK Rdn. 7. 39 AG Osterode NdsRpfl. 1966 227. 40 BGH NStZ-RR 2003 57, StraFo 2003 204 f. 41 RGSt 54 223. 42 BGH NStE Nr. 5. 43 RGSt 70 94. 44 RGSt 39 78; BGH U. v. 18.1.1977 – 1 StR 643/76 (juris). 45 BGH U. v. 17.9.1979 – 2 StR 791/78. 46 Vgl. aber OLG Frankfurt NStZ-RR 2000 45: Einziehung einer dem Bestochenen zur Nutzung überlassenen Wohnung als Tatmittel. 47 BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 2. 48 BGH NStZ-RR 2003 57, StraFo 2003 204 f; in diesem Fall wäre das Geld als Tatmittel einzuziehen. 49 Wie bei § 40 BJagdG betr. das vom Jagdausübungsberechtigten verbotswidrig erlegte Wild.
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4. Tatmittel 15
a) Begriff. Tatmittel sind Gegenstände, die zur Begehung oder Vorbereitung der Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, also nach der Absicht des Täters als Mittel zur Verwirklichung eines verbrecherischen Plans eingesetzt oder dazu vorgesehen waren.50 Der Begriff der Begehung geht somit über die Tatbestandsverwirklichung, also über das zum Versuch oder zur Vollendung rechtlich Erforderliche,51 hinaus und umfasst den ganzen Geschehensablauf, also auch die sich unmittelbar anschließenden Nachakte bis zum völligen tatsächlichen Abschluss (Wegbringen der Beute, ihre Bergung und Sicherung, Entkommen vom Tatort). Dies reicht aber nur bis zur Beendigung der Tat.52 So ist ein nach rechtlicher Vollendung und tatsächlicher Beendigung der Tat zur Flucht oder zum Abtransport der Beute verwendetes Transportmittel nicht mehr „zur Begehung“ der Tat gebraucht.53 Die Tat muss Gegenstand der Anklage und vom Tatrichter festgestellt sein.54
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b) In der ersten Alternative des § 74 Abs. 1 Satz 1, 2. HS muss der Gegenstand zur Begehung der Tat gebraucht worden sein. Dazu ist erforderlich, aber auch genügend, dass der Gegenstand bei der Begehung der Tat oder einer (auch einer als solche straflosen) Vorbereitung verwendet wurde oder verwendet werden sollte und dass diese Verwendung die Tat gefördert hat oder fördern sollte.55 Der Gegenstand muss bei der abgeurteilten Tat eine bestimmende Rolle gespielt haben.56 Die nur gelegentliche Benutzung eines Gegenstands im Zusammenhang mit der Straftat reicht dafür nicht aus.57 Dies gilt auch für die nur gelegentliche Benutzung eines Fahrzeugs im Zusammenhang mit der Tat.58 Die Förderung kann auch darin bestehen, dass durch die Verwendung des Gegenstandes der Tatentschluss des Täters erleichtert wird, weil sich das Risiko seiner späteren Entdeckung vermindert.59
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c) Nach der zweiten Alternative einziehbar sind solche Gegenstände, die nur zur Begehung oder Vorbereitung der Tat bestimmt waren, ohne bei der Ausführung der Tat gebraucht zu werden.60 Zur Begehung oder Vorbereitung bestimmt gewesen ist ein Gegenstand aber nur, wenn er zur Tat – wenn auch nur für den Bedarfsfall – bereit gestellt oder in Aussicht genommen war, der Entschluss zu einer bestimmten Tat in dieser Weise im wesentlichen also feststand;61 im Hinblick auf das Erfordernis einer vorsätzli-
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50 BGHSt 10 28, 29. 51 RGSt 69 193. 52 BGH NJW 1952 892; BGH NStZ-RR 2002 332. 53 BayObLG NJW 1963 600. 54 BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6; BGH NStZ-RR 1997 318; Beschl. v. 27.6.2003 – 2 StR 197/03 (juris); Beschl. v. 14.1.2014 – 2 StR 187/13 (juris). 55 BGHSt 8 205, 213; BGH NJW 1987 2883; BGH NStZ-RR 1997 318. 56 BGH Beschl. vom 17.8.2011 – 2 StR 304/11. 57 BGH NStZ-RR 2002 332 f, StV 2005 210; StV 2019 20. 58 BGH bei Miebach/Feilcke NStZ 2007 570 (Fahrt lediglich zwei Wochen vor der Tat zum Tatort). 59 Z.B. bei einem Banküberfall die vom Täter zur Unkenntlichmachung getragene Gesichtsmaske oder beim Fahren ohne Fahrerlaubnis der vom Täter mitgeführte kraftlos gewordene Führerschein, durch dessen Vorweisung er sich bei einer Kontrolle der Entdeckung entziehen will, BayObLGSt. 1976 38, 39. 60 Z.B. die Feile zur Anfertigung eines Dietrichs oder der Dietrich selbst, mit dem ein Raum eröffnet werden sollte, auch wenn später bei dem Einbruch oder Einbruchsversuch dieser Dietrich nicht verwendet wurde oder der verwendete Dietrich nicht mit der dafür bestimmt gewesenen Feile hergestellt wurde, BGHSt 8 205, 212; OLG Köln NJW 1951 612, 613. 61 BGHR StGB § 74 Abs 1 Tatmittel 2; BGH Beschl. v. 3.12.1980 – 3 StR 439/80.
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Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten b. Tätern u. Teilnehmern | § 74
chen Straftat genügt auch eine nach außen manifestierte „gedankliche Bereitstellung“ im Sinne einer darauf gerichteten Tatbestimmung,62 nicht aber eine bloße Anfertigung auf Vorrat ohne Beziehung zu einer konkreten Tat.63 War Eigentum des Anstifters oder Gehilfen nur zum Gebrauch bei einem Abschnitt der Haupttat bestimmt, zu dessen Ausführung es auch in Form eines Versuchs nicht gekommen ist, so kann der Gegenstand nicht eingezogen werden.64 d) Beispiele: Als Tatmittel wegen ihres Gebrauchs bei der Begehung der Tat (ers- 18 te Alternative) einziehbar sind z.B. das Kraftfahrzeug, das zum Auskundschaften des Tatorts verwendet65 oder mit dem ein Entfernen vom Unfallort (§ 142 Abs. 1) begangen wurde,66 mit dem der Wilderer dem Wild nachstellte, um es zu blenden und zu überfahren, und aus dem er auf das Wild schoss,67 das zur gewaltsamen Entführung des Opfers an einen zur Verübung eines Sexualverbrechens geeigneten Ort68 oder zum Betäubungsmittelhandel benutzt wurde;69 ferner ein Kraftfahrzeug, wenn es zum Anfahren des Täters zum Tatort und zum Antransport der Diebeswerkzeuge dient, auch, wenn es planmäßig zur raschen Flucht vom Tatort und ungehinderten Bergung der Beute gebraucht oder bestimmt war.70 Vor Beendigung der Tat ist ein Kraftfahrzeug gebraucht, das der Täter benutzt, um an verschiedenen Orten jeweils eine einzige der von ihm nachgemachten Banknoten in Verkehr zu bringen.71 Ein „verkehrsspezifischer Zusammenhang“ zur Tat ist nicht erforderlich.72 Weitere Beispiele: Die dem Bestochenen zur Nutzung überlassene Ferienwohnung;73 der zum Falschgeldtransport eingesetzte Hubschrauber;74 die Waffe, wenn das bewusste Beisichführen der Waffe ein die Strafbarkeit erhöhender Umstand ist, wie z.B. nach § 244 Abs. 1 Nr. 1;75 Gelder, die ein Buchmacher auf den Rennplatz in der Absicht mitbringt, mit ihnen die Gewinne auszuzahlen;76 ein Bankguthaben, das zur Durchführung wucherischer Geschäfte bestimmt war;77 Reisespesen, die für einen Herointransport über mehrere Tage durch mehrere Länder benötigt werden;78 das Mobiltelefon, mit dem Straftaten nach dem BtMG verabredet werden;79
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62 BGHSt 8 205, 213; Wolters SK Rdn. 11; aA Saliger NK Rdn. 9; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 9; Adick AnwK Rdn. 6. 63 BGHSt 8 205, 212; BGH bei Dallinger MDR 1955 395. 64 RGSt 49 208, 212. 65 BGHSt 8 205, 212. 66 BGHSt 10 337, 338. 67 BGHSt 19 123, 125. 68 BGH LM Nr. 4 zu § 40 a.F. 69 BGH NStZ 2005 232: eines verkehrsspezifischen Zusammenhangs bedarf es entgegen OLG Koblenz StV 2004 320 nicht. 70 RGSt 12 305, 307; 73 106, 108; BGHSt 3 355, 357; NJW 1952 892; anders jedoch, wenn der mit einem Kraftfahrzeug angekommene Täter erst nach dessen Verlassen den Entschluss zur Tat fasst und dabei durch die Vorstellung bestärkt wird, notfalls mit Hilfe des Kraftfahrzeugs leichter entfliehen zu können, da es dann am planmäßigen Einsatz des Kraftfahrzeugs als eines Mittels zur Begehung der Tat fehlt BayObLG NJW 1963 600; ObLGSt. 1976 41. 71 BGH bei Dallinger MDR 1970 559. 72 BGH NStZ 2005 232. 73 OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2000 45. 74 BGH NStZ 1997 30. 75 BGHSt 10 28, 33. 76 RGSt 35 391, 392. 77 Vgl. RGSt 52 201 78 BGH NStZ 1993 340; BGHR StGB § 73 Erlangtes 3; offen gelassen in BGH NStZ 2007 150, wo die Anordnung von Verfall (Einziehung von Taterträgen) möglich war. 79 BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 5.
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§ 74 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Betäubungsmittelwaagen oder Ledertaschen zum Transport von Betäubungsmitteln.80 Einzuziehen sind ebenso Computer, Datenträger oder elektronische Geräte, die unmittelbar zur Begehung der Straftat dienten;81 soweit ein Computer, mit dem beleidigende Briefe geschrieben wurden, nicht als Tatmittel betrachtet wurde, weil diese Taten nicht von der Verwendung des einzuziehen angeordneten Computers abhängig gewesen seien,82 vermag diese Wertung jedenfalls als eine von den Umständen des Einzelfalls losgelöste allgemeine Regel nicht zu überzeugen. Richtigerweise wird bei einem konkreten Tatbezug in derartigen Fällen von der grundsätzlichen Einziehbarkeit des für Straftaten bestimmten Rechners auszugehen und eine angemessene Lösung im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit gemäß § 74f zu suchen sein;83 vgl. § 74f Rdn. 8 ff. Wegen ihrer Bestimmung für die Begehung der Straftat einzuziehen sind z.B. die 19 zur Begehung der Tat bestimmten Wechsel84 und das für den Erwerb von Betäubungsmitteln bestimmte Geld, soweit diese Erwerbsgeschäfte wiederum Gegenstand der Anklage sind.85 Gleiches gilt für das noch nicht voll abgeflogene Flugticket bei der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln, wenn die Bestimmung für die Tat bereits feststand.86 Keine Tatmittel sind Bank- oder Depositenbücher, wenn nicht sie, sondern nur das 20 Bankguthaben zur Durchführung wucherischer Geschäfte oder eines unerlaubten Geschäftsbetriebs diente; sie sind dann lediglich Beweismittel;87 entsprechendes gilt beim unerlaubten Munitionserwerb für die Pistolentasche und das Reservemagazin anderen Kalibers.88 Nicht einziehbar sind auch die bei einer Rauschtat verwendeten Gegenstände, da sie nicht Werkzeug der Versetzung in den Vollrausch waren;89 anders aber, wenn die Voraussetzungen der Sicherungseinziehung nach § 74b gegeben sind.90 Kein Tatwerkzeug ist, da der Kreis der zur Vorbereitung gebrauchten oder bestimmten Gegenstände einer sinnvollen Einschränkung bedarf, der Schraubstock, in den der mit der Feile bearbeitete Dietrich eingespannt war,91 und noch weniger sind es ordnungsmäßig erstellte Bilanzen, deren Informationen der Kreditbetrüger zur Erstellung einer falschen Bilanz auswertete (§ 265b Abs. 1 Nr. 1a), oder der echte Schlüssel, der als Vorbild bei der Anfertigung des falschen Schlüssels (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) diente.92 In diesem Sinne wäre ein Grundstück, auf dem unerlaubte Glücksspiele veranstaltet werden, mangels ausreichenden Zusammenhangs zur Tat ebenfalls kein Tatmittel.93
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80 BGH bei Zschockelt NStZ 1997 267. 81 Für Computer, auf denen kinderpornographische Inhalte gespeichert waren: BGH NStZ 2012 319; für Datenträger: LG Hamburg NJW 2013 3458, 3459 f; bei den Festplatten der zur Bildspeicherung genutzten Geräte handelt es sich gemäß § 184 Abs. 6 Satz 1 um Tatobjekte, BGH NStZ 2012 319; für sog. SchwarzSurfen“ AG Wuppertal NStZ 2008 161, 162; für das manipulierte Abspeichern von Zugangskennungen in betrügerischer Absicht LG Mainz Wistra 2001, 318; für ein Kartenlesegerät BGH Wistra 2004 265. 82 OLG Düsseldorf NJW 1993 1485; LG Hamburg Urt. v. 21.3.2012 608 – Kls 8/11; vgl. auch LG Hildesheim Urt. v. 27.10.2017 – 22 KLs 14 Js 10671/14 Rn. 237 (juris). 83 Vgl. etwa BGH NStZ 2012 319; Beschl. v. 11.1.2012 – 4 StR 612/11 84 BGH Beschl. v. 2.6.1989 – 2 StR 112/89. 85 BGH bei Schoreit NStZ 1985 61; NStZ 1993 340; bei Zschockelt NStZ 1996 226; NStZ-RR 2003 57; StraFo 2003 204. 86 AA LG Frankfurt StV 1984 518; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 12. 87 RGSt 52 201. 88 BGH Beschl. v. 20.6.1990 – 3 StR 13/90. 89 BGH bei Holtz MDR 1976 812; NJW 1979 1370; OLG Braunschweig NJW 1954 1052. 90 BGH 31 80 = JR 1983 207 m. Anm. Hettinger; OLG Hamburg MDR 1982 515. 91 Eser Sanktionen S. 326. 92 Gehre NJW 1977 711 gegen Freund NJW 1976 2004. 93 OLG Köln NStZ 2006 225 mit abl. Anm. Burr.
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Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten b. Tätern u. Teilnehmern | § 74
IV. Die Einziehung von Tatobjekten nach § 74 Abs. 2 1. Tatobjekte a) Begriff. Die Einziehung von Tatobjekten (Beziehungsgegenständen) hat der Ge- 21 setzgeber nunmehr durch die Verweisung des § 74 Abs. 2 auf Sondervorschriften definiert. Hier geht es um von § 74 Abs. 1 nicht erfasste Gegenstände, auf die sich die Tat nur bezieht und die notwendigerweise den Gegenstand der Tat bilden,94 ohne dass sie als Mittel zur Verwirklichung des verbrecherischen Plans eingesetzt oder dazu bestimmt worden sind. Hierzu rechnen vor allem die Gegenstände, deren Verwendung begrifflich zur Erfüllung des Tatbestands gehört. b) Beispiele. Tatobjekte sind das Kraftfahrzeug, das von einem Führer ohne Fahr- 22 erlaubnis bei einer Trunkenheitsfahrt95 oder entgegen einem Fahrverbot (§ 44 StGB, § 25 StVG) geführt wird96 oder zur Verfolgung des Raubopfers gedient hat.97 Die Gefährlichkeit eines Beziehungsgegenstandes kann aber – dies ergibt sich aus der nur entsprechenden Anwendbarkeit des § 74b – auch darin bestehen, dass die Gefahr künftiger rechtswidriger Taten gegeben ist, bei denen der Gegenstand wiederum Beziehungsgegenstand ist; so kann bei Fahren ohne Fahrerlaubnis das Kraftfahrzeug gemäß § 21 Abs. 3 StVG eingezogen werden, wenn die Gefahr eines weiteren Fahrens ohne Fahrerlaubnis in diesem Fahrzeug besteht.98 Gleiches gilt hinsichtlich der im 56. StrÄndG vom 30.9.2017 (BGBl. I S. 3532) neu geschaffenen Möglichkeit zur Einziehung von Kraftfahrzeugen in § 315f, welche auf den Entzug von Fahrzeugen abzielt, die für Verkehrsstraftaten nach § 315d Abs. 1 Nrn. 2 und 3 sowie Abs. 2, 4 und 5 verwendet wurden;99 diese Bestimmung verweist auch auf § 74a.100 Anders liegt es bei dem Führen eines nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs, da es sich um keine Straftat, sondern um eine Ordnungswidrigkeit handelt und es an einer die Einziehung zulassenden Vorschrift im Sinne des 22 Abs. 1 OWiG fehlt. Dagegen ist das Kraftfahrzeug, mit dem der Täter sich unerlaubt vom Unfallort entfernte (§ 142 StGB)101 oder unerlaubt Betäubungsmittel transportierte,102 nicht Beziehungsgegenstand, sondern unter den Voraussetzungen des § 74 StGB einziehbares Mittel zur Begehung der Tat, da diese auch ohne das Fahrzeug hätte ausgeführt werden können. Als Tatobjekt einzuziehen sind ferner gemäß § 54 Abs. 1 WaffG die Waffe, die ohne die nach dem Waffengesetz erforderliche Erlaubnis (Waffenbesitzkarte oder Waffenschein) erworben oder geführt wird,103 die Kriegswaffe (§ 24 Abs. 2 KWKG),104 Uniformen, die unbefugt getragen werden (§ 132a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4), zum Zwecke des Betrugs versteckte Gegenstände,105 sowie Betäubungsmittel, die ohne die erforderliche Erlaubnis hergestellt, erworben oder in den Verkehr gebracht werden
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94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105
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BGHSt 10 28, 30 ff; 10 337, 338. OLG Hamburg MDR 1982 515; OLG Koblenz VRS 70 7. BGHSt 10 28; BayObLG VRS 46 [1974] 270, 271. BGH NJW 1983 2710. BayObLGSt. 1973 180; Rebler DAR 2016 422. Fromm ZfS 2018 544; Niehaus DAR 2018 247. Dadurch geraten auch professionelle Autovermieter in den Fokus, Niehaus DAR 2018 247. BGH VRS 4 361; KG VRS 3 125. BGH NStZ 1991 496. OLG Hamm NJW 1955 274. BGH Beschl. vom 19.8.2010 – 3 StR 281/10. BGH bei Holtz MDR 1984 441.
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§ 74 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
(§ 33 Abs. 2 BtMG).106 Datenträger und Festplatten mit strafbaren Inhalten, z.B. kinderpornographischen Inhalten sind zwingend einzuziehende Tatobjekte (§ 184f Abs. 6 Satz 1).107 Der Einziehung als Tatobjekt unterliegt nach § 261 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 74 Abs. 2 auch der Vermögensgegenstand einer (Selbst-)Geldwäsche in Höhe der vom Täter selbst zugeführten Beträge; soweit dieser Betrag anschließend vom Empfänger (im Fall: dem Scheininhaber eines Bankkontos) mit anderen Geldmitteln vermischt wurde, ist gegen diesen nach § 74a vorzugehen.108 2. Das Verhältnis der Sondervorschriften zu den allgemeinen Einziehungsvorschriften 23
a) Vorrang der Sondervorschriften. Das Verhältnis ist dadurch bestimmt, dass die Einziehung sich in diesen Fällen auf Grundlage der besonderen Vorschrift vollzieht. Die Sondervorschrift gestattet die Anordnung und gibt vor, ob die Einziehung einer Ermessensunterscheidung unterliegt oder zwingend erfolgen muss. Sondervorschriften im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB enthalten z.B. §§ 92b Nr. 2; 132a Abs. 4; 261 Abs. 7; 286; 330c Nr. 2 StGB; § 21 Abs. 3 StVG; § 54 Abs. 1 WaffG; § 24 Abs. 2 KWKG; § 40 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG; § 30 VersammlG; § 20 Abs. 3 VereinsG; § 7 WiStG; § 33 Abs. 2 BtMG; § 98 ArzneimittelG; § 19 TierschutzG. Demgegenüber enthält Absatz 2 eine gemeinsame Rahmenvorschrift für die Einziehung von Tatobjekten, die in Bestimmungen des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs oder des Nebenstrafrechts über § 74 Abs. 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen wird.
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b) Ergänzung der Sondervorschriften. Zur Entlastung der Sondervorschriften auf der einen Seite und zur Erhaltung der Grundregeln des Einziehungsrechts auf der anderen Seite kommen durch die über § 74 Abs. 3 Satz 2 statuierte gesetzestechnische Inbezugnahme des § 74 Abs. 2 zusätzlich die Vorraussetzungen des § 74 Abs. 3 Satz und hilfsweise des § 74a zur Anwendung.109 Ebenso gilt in diesen Fällen § 74b entsprechend (sinngemäß), so dass die Einziehbarkeit auf Eigentum (Rechtsinhaberschaft) der Tatbeteiligten (§ 74 Abs. 3 Satz 1) und auf gefährliche Gegenstände (§ 74b) begrenzt ist. Weitere Voraussetzungen einer Einziehung unter Eingriff. in die Rechte tatunbeteiligter Dritter über § 74b hinaus enthält die Blankettvorschrift des § 74a, wonach das solche Erweiterungen vorsehende Gesetz auf § 74a verweisen muss.
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c) Rückgriff auf die allgemeinen Einziehungsvorschriften. Da die Sondervorschriften in der Regel die Voraussetzungen der Einziehung nicht abschließend regeln, sondern lediglich die allgemeinen Voraussetzungen der Einziehung erweitern, bleibt neben der Einziehung nach den Sondervorschriften der Rückgriff auf die allgemeinen Einziehungsvorschriften offen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Wenn also z.B. § 33 Abs. 2 BtMG bestimmt: „Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a … bezieht, können eingezogen werden.“, so schließt die Vorschrift nicht aus, dass gegenüber dem Täter, der unbefugt Betäubungsmittel in den Verkehr bringt (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG), neben der Einziehung der Betäubungsmittel (§ 33 Abs. 2 BtMG) gemäß § 74 Abs. 1 bis 3 StGB auch auf Einziehung des Kraftfahrzeugs erkannt wird, dessen er sich zum Transport der Ware zu den Abnehmern bedient.
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106 Hat der Täter aus der Straftat keinen Erlös, sondern lediglich das Betäubungsmittel selbst erlangt, kommt nur dessen Einziehung als Tatobjekt, nicht aber eine Einziehung von Taterträgen in Betracht, BGH NStZ-RR 2002 118 f. 107 BGH NStZ 2012 319; BGH NStZ 2014 220, 221. 108 BGH NJW 2019 533 535 f m. Anm Jahn zu § 74 Abs. 4 a.F. 109 SSW/Heine Rdn. 10.
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V. Die zusätzlichen besonderen Einziehungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 3 1. Der Einziehungsgegenstand muss dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Ent- 26 scheidung (als Eigentümer) gehören oder (als Rechtsinhaber) zustehen. Dies stellt § 74 Abs. 3 Satz 1 für Tatprodukte und Tatmittel, § 74 Abs. 3 Satz 2 für Tatobjekte (Beziehungsgegenstände) klar. a) Die Begriffe Täter oder Teilnehmer sind im technischen Sinn der §§ 25 ff zu ver- 27 stehen (Alleintäter, mittelbarer Täter, Mittäter, Anstifter, Gehilfe). Eigentum des Anstifters oder Gehilfen kann jedoch nicht eingezogen werden, wenn es nur zum Gebrauch bei einem Abschnitt der Haupttat bestimmt war, zu dessen Ausführung es nicht, auch nicht auf der Stufe des Versuchs, gekommen ist.110 Begünstiger und Hehler gehören daher nicht hierher; 111 diesen gegenüber kommt eine Einziehung nur in Frage, wenn der Gegenstand auch zur Begehung der Begünstigung oder Hehlerei verwendet wurde oder bestimmt gewesen war.112 Nach dem Gesetzeswortlaut scheint es zur Einziehung eines zur Tat verwendeten Gegenstandes stets zu genügen, wenn er im Eigentum eines von mehreren Tatbeteiligten steht, so dass z.B. bei Beteiligung von Alleintäter A und Anstifter B das von A zur Ausführung der Tat benutzte Kraftfahrzeug des B auch dann der Einziehung unterläge, wenn A ohne Wissen des B dessen Kraftfahrzeug verwendete. Ein strafähnliches Einstehen des B mit seinem Vermögen für das strafrechtliche Verhalten des A erscheint indessen entsprechend der Wertungen des § 74a ausreichend, wenn es dem B zum Verschulden gereicht, dass sein Kraftfahrzeug von A zur Tatbegehung verwendet wurde. Ein solches Verschulden liegt ohne Weiteres vor, wenn die Zurverfügungstellung des Fahrzeugs das Mittel war, durch das B den A zur Tatbegehung bestimmte, oder wenn sonst die Verwendung mit Billigung des B erfolgte.113 Weitergehend ist ein die Einziehung rechtfertigendes Verschulden aber auch anzunehmen, wenn B, ohne die Verwendung zu billigen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hatte, dass sein Kraftfahrzeug Mittel der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist.114 Denn unter diesen Voraussetzungen ist gemäß § 74a eine Einziehung sogar mit Wirkung gegen einen tatunbeteiligten Dritten zulässig, sofern das die Einziehung zulassende oder vorschreibende Gesetz auf § 74a verweist; gegenüber dem Tatbeteiligten aber muss es nach dem Zusammenhang der §§ 74 Abs. 1, 74a Nr. 1 anstelle einer förmlichen Verweisung genügen, dass das Gesetz in § 74 Abs. 1 die Einziehung zulässt, wenn der Eigentümer des zur Tat verwendeten oder bestimmten Gegenstandes Täter oder Teilnehmer ist. Trifft den B aber kein Vorwurf hinsichtlich der Verwendung seines Kraftfahrzeugs 28 durch A (die bloße Bestimmung zur Tat dürfte für die Anstiftung wohl noch nicht ausreichen), so liegt insoweit ein Exzess vor. Für diesen haftet B nach § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 nicht. In einem solchen Fall kommt die Einziehung mit Wirkung gegen den Teilnehmer vielmehr nur unter den Voraussetzungen der Dritteinziehung nach § 74a in Betracht. Diese Lösung vermeidet Widersprüche zwischen den Wertungen des § 74 Abs. 3 und § 74a sowie zwischen den strafrechtlichen und zivilrechtlichen Haftungsvoraussetzungen. Ist der Teilnehmer schuldunfähig, so ist die Einziehung seines Eigentums nur unter den Voraussetzungen des § 74b möglich.
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110 RGSt 49 208, 212. 111 RGSt 66 236, 243; RG JW 1938 2199; BGHSt 19 27, 30; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 19; Fischer Rdn. 12. 112 OLG Hamm JZ 1952 39 m. Anm. Hartung; Horn SK Rdn. 13; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 20. 113 RGSt 49 212; 62 52; Eser aaO 212 ff. 114 AA Joecks MK Rdn. 59; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 31; offen gelassen in BGH StraFo 2017 247.
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§ 74 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
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b) Verfahrensrechtliches. Aus dem § 40 Abs. 2 a.F. („Die Einziehung ist im Urteil auszusprechen“) folgerte die Rechtsprechung115 früher, dass im subjektiven Strafverfahren eine Einziehung nur in einem Urteil möglich sei, durch das der Eigentümer des einzuziehenden Gegenstandes zugleich zu einer Hauptstrafe verurteilt wird. Nach der heutigen Rechtslage ermöglicht § 424 StPO (431 StPO aF) die Einbeziehung des tatbeteiligten Eigentümers (als Einziehungsbeteiligter) in das subjektive Verfahren auch dann, wenn dieses sich nur gegen einen Täter oder Teilnehmer richtet, der nicht Eigentümer ist, während ein subjektives Verfahren gegen den Eigentümer des Einziehungsgegenstandes, z.B. wegen Krankheit, nicht betrieben wird.116 Es ist demgemäß z.B. möglich, die Einziehung in einem Verfahren auszusprechen, in dem nur der Mittäter angeklagt ist, der den Gegenstand verwendete, ohne dessen Eigentümer zu sein117 (vgl. auch § 76a).
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2. Begriff des Gehörens. Ist Einziehungsgegenstand eine Sache, so muss sie nach § 74 Abs. 3 Satz 1 dem Täter oder Teilnehmer gehören, er muss also Alleineigentümer sein. Über die Eigentumsverhältnisse entscheidet grundsätzlich das Sachenrecht.118 Auf den Besitz der Sache oder die tatsächliche Möglichkeit der Verfügung über den Gegenstand kommt es nicht an;119 der Besitz kann aber Eigentumsvermutungen begründen (vgl. § 1006 BGB). Aus diesem Grund gehört dem bloßen Empfänger einer unaufgefordert gelieferten Sache trotz der Privilegierung durch den neuen § 241a BGB diese Sache nicht.120 Für das Eigentum an einem Kraftfahrzeug ist der Kraftfahrzeugbrief von hohem Beweiswert, der aber durch andere dringende Gründe entkräftet werden kann. Aufgrund der sachenrechtlichen Wertungen kommt es bei der Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts zu keinem Gehören oder Zustehen des Empfängers.121 Demnach bleibt bei Betäubungsmittelgeschäften der Käufer nach § 134 BGB Eigentümer des dem Verkäufer übergebenen Geldes. 122 Stattdessen kommt jedoch eine Einziehung von Taterträgen in Betracht.123 Den Fall, dass der Täter als Organ einer juristischen Person oder Vertreter einer Personenvereinigung handelte, regelt § 74e. Bei Kreditkarten sind die Bedingungen für deren Ausstellung zu beachten, nach denen diese regelmäßig Eigentum des ausstellenden Unternehmens bleiben.124
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3. Vorbehalts- und Sicherungseigentum. Im Schrifttum ist umstritten, ob für den Begriff des Eigentums die formale Rechtsposition oder die wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit maßgeblich ist, ob also bei einer unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache (§ 455 BGB) der Verkäufer Eigentümer ist, auch wenn der Kaufpreis weitgehend beglichen ist; gleiches gilt für die Frage, ob bei Sicherungsübereignung unter der auflösenden Bedingung des Eigentumsrückfalls an den Sicherungsgeber nach vollständiger Begleichung der gesicherten Forderung der im Besitz des Gegenstandes verbliebene Sicherungsgeber oder der Sicherungsnehmer Eigentümer i.S. des § 74 ist.
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115 RGSt 57 334, 335. 116 Gössel LR § 431 StPO a.F. Rdn. 8. 117 AA Joecks MK Rdn. 29; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 19 118 BGHSt 24 222, 227; zur sog. Fremdrechtsanwendung vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 1 Eigentümer 1; Achenbach JR 1997 205; Langheit WiB 1995 524. 119 BGH bei Dallinger MDR 1969 722; BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 1 Eigentümer 2. 120 Mitsch NStZ 2005, 534, 537 f; einzuziehen wäre seine das Besitzrecht umfassende, faktisch einem Anwartschaftsrecht angenäherte Rechtsstellung. 121 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 20. 122 BGHSt 31 145. 123 BGHSt 33 233 = NStZ 1985 556 m. Anm. Eberbach. 124 BGHR § 74 Abs. 2 Nr. 1 Eigentümer 2; BGH Beschl. vom 30.4.2019 – 4 StR 482/18, Rn. 7, juris.
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a) Nach der heute in der Rechtsprechung ausschließlich und im Schrifttum wohl 32 überwiegend vertretenen Auffassung ist das formale Eigentum maßgeblich. Eine Sache gehört dem Täter oder Teilnehmer, wenn sie in seinem Eigentum i.S. des § 903 BGB steht. Die Rechtspositionen des Sicherungsgebers und des Vorbehaltskäufers müssen demgegenüber ausscheiden, weil sie, solange die Bedingung für den Erwerb oder Rückfall des Eigentums noch nicht eingetreten ist, kein Eigentum i.S. des § 903 BGB haben.125 Nach dieser Auffassung ist die Definition des „Gehörens“ i.S. des § 74 Abs. 3 längst vorgeprägt durch den entsprechenden Begriff in dem ursprünglich geltenden § 40 StGB aF, der stets als „im Eigentum stehen“ i.S. des § 903 BGB verstanden wurde. Da diese Vorschrift insoweit unverändert in § 74 übernommen wurde und dessen Entstehungsgeschichte keinen Anlass für die Annahme eines Begriffswandels bietet, ist – auch aus Gründen der Rechtssicherheit und mit Blick auf das Prinzip der Einheitlichkeit der Rechtsordnung – anzunehmen, dass der Begriff des Gehörens in § 74 die gleiche Bedeutung hat wie in anderen Vorschriften. Dagegen kann das Anwartschaftsrecht des Täters (Sicherungsgebers, Vorbehaltskäufers) als ein ihm zustehendes Recht gemäß § 74 Abs. 1 eingezogen werden.126 b) Nach der Gegenauffassung ist das wirtschaftlichen Eigentum maßgeblich. Ist 33 der Täter der besitzende Vorbehaltskäufer oder der besitzende Sicherungsgeber, sei nicht entscheidend, dass er nicht „formaler“ Eigentümer sei, sondern dass ihm die Sache „wirtschaftlich gehöre“. 127 Das Sicherungseigentum wie das Vorbehaltseigentum sei nach seiner Zweckbestimmung („funktional“) ein aliud gegenüber dem echten Volleigentum (§ 903 BGB), weil es nur der Sicherung einer Forderung diene. Die Achtung vor dem formalen Eigentum des tatunbeteiligten Sicherungsnehmers (Vorbehaltskäufers) brauche demgemäß nicht weiter zu gehen, als ihre materielle Interessensphäre tatsächlich reiche. Wenn Täter der besitzende Vorbehaltskäufer oder der besitzende Sicherungsgeber ist, so hindere das „formale“ Eigentumsrecht des tatunbeteiligten Vorbehaltsverkäufers oder Sicherungsnehmers nicht die Einziehung; ihre Rechte blieben lediglich nach § 75 Abs. 2 Satz 1 bestehen, oder sie erhielten jedenfalls eine Entschädigung aus der Staatskasse nach § 74b Abs. 2, falls nicht die Voraussetzungen eines entschädigungslosen Verlusts ihrer Rechte (§ 74b Abs. 3 Satz 1) vorlägen. Diese Lösung trage auch kriminalpolitischen Bedürfnissen Rechnung. Denn es sei unerträglich, dass die Einziehung des Tatwerkzeugs womöglich allein daran scheitere, dass vom Schuldner die letzte Darlehens- oder Kaufpreisrate noch nicht bezahlt sei, deren Begleichung ihm das (einziehungsfähige) Volleigentum verschafft hätte. Der Ausweg, das Anwartschaftsrecht einzuziehen, sei weder gangbar noch praktikabel und könne sogar dazu führen, dass der Fiskus finanzielle Einbußen erleide. Der erstgenannten Auffassung ist beizutreten. Maßgeblich bleibt das formale Eigen- 34 tum. Wie von der Rechtsprechung angenommen ist in derartigen Fällen ggf. das Anwartschaftsrecht des Betroffenen einzuziehen (zur Einziehung von Rechten vgl. Rdn. 11, 40). Dieses Ergebnis wird auch durch die historische Auslegung belegt. Wenn der Gesetzgeber, um in den Fällen der §§ 74 Abs. 2 Satz 1 und 74a den einziehungsbedrohten Täter
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125 So BGHSt 24 222; 25 10; BayObLGSt. 1973 178, 182; OLG Karlsruhe NJW 1974 709; OLG Hamm VRS 50 (1976) 420, 421; Meyer JR 1972 285 (Anm. zu BGHSt 24 222); Hübner LM § 40 Nr. 1 (Anm. zu BGHSt 24 222); Börtzler LM § 40 Nr. 2 (Anm. zu BGHSt 25 10); Wolters SK § 74 Rdn. 18 126 BGHSt 25 10; BGH JR 1973 337 m. abl. Anm. Meyer; BGH NStZ-RR 1999 11. 127 Eser JZ 1972 146 u. 1973 171; Sch/Schröder/Eser/Schuster § 74 Rdn. 22; Blei JA 1973 31 (abl. Anm. zu BGHSt 24 222); Bruns JR 1984 133, 140; Franzen/Gast/Joecks § 375 Rdn. 55; Gilsdorf JZ 1958 691; AG Bremen MDR 1980 72.
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und Quasitäter von tatunbeteiligten Dritteigentümern abzugrenzen, die erforderliche Rechtsposition mit dem hergebrachten Wort „Gehören“ kennzeichnet, so kann nicht zweifelhaft sein, dass er dieses Merkmal des Gehörens nicht neu verstanden wissen wollte, wie denn auch der Begriff des Eigentums in §§ 74e, 74f nicht anders verstanden werden kann als im bürgerrechtlichen Sinn (§ 903 BGB). Demgegenüber ist die Rechtsprechung der Nachkriegszeit128 durch die einziehungsrechtliche Gleichstellung von Sachen und Rechten (vgl. §§ 74, 75) überholt. Die Interessenlagen lassen sich vielmehr durch die Einziehung von Rechten sachgerecht auflösen. 35
4. Miteigentum. Gesamthandseigentum. Miteigentum nach Bruchteilen (§§ 1008 ff BGB) und Beteiligung am Gesamthandseigentum sind Rechte, die dem Täter als Inhaber „zustehen“ können. Hat der Täter als Vertreter einer juristischen Person oder Personenvereinigung gehandelt, der die verwendete oder gewonnene Sache gehört, so kommt eine Einziehung nach § 74e in Betracht. 5. Maßgeblichkeit der Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung
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a) Zeitpunkt. Der Gegenstand muss, um nach § 74 Abs. 1, Abs. 3 einziehbar zu sein, dem Täter zur Zeit der letzten tatrichterlichen Entscheidung gehören. Unter Entscheidung ist die jeweilige Anordnung oder Bestätigung der Einziehung durch den Tatrichter zu verstehen, gleichgültig, ob dies in der ersten Instanz, in der Berufung oder nach Zurückverweisung geschieht.129 Ein Erwerb oder Verlust des Eigentums kann nach diesem Zeitpunkt – auch in der Revisionsinstanz, soweit nicht § 354 Abs. 1 eingreift130 – verfahrensrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden.131 Ein Übergang des Eigentums an dem Gegenstand, dessen Einziehung angeordnet ist, nach diesem Zeitpunkt vom Täter (Teilnehmer) auf einen Dritten hätte gemäß § 74b nur zur Folge, dass demjenigen, der zur Zeit der Rechtskraft Eigentümer war ggf. ein Anspruch auf Entschädigung zusteht. Auf das Eigentum zur Zeit der Tat kommt es nicht an, so dass auch ein nachträglicher Eigentumserwerb des Täters in der Zeit bis zur letzten tatrichterlichen Entscheidung die Einziehung ermöglicht.
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b) Gegen eine Vereitelung der Einziehung dadurch, dass der Täter das Eigentum nach der Tat einem anderen überträgt, richten sich die Vorschriften über die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c), über die Wirkung der noch nicht rechtskräftigen Anordnung der Einziehung (§ 75 Abs. 3), über die Einziehbarkeit bei dem bösgläubigen Erwerber (§ 74a) und über den Ausschluss der Entschädigung bei verwerflichem Erwerb (§ 74b Abs. 3 Nr. 1).
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c) Der Untergang des Gegenstandes vor dem Urteil schließt die Einziehung aus (wegen der Einziehung des Wertersatzes vgl. § 74c).
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d) Stirbt der Täter (Teilnehmer) vor dem Urteil, so ist eine (selbständige, § 76a) Einziehung nach neuem Recht aufgrund der Wertung des § 73b Abs. 1 Nr. 3 nicht mehr ausgeschlossen (vgl. § 76a Rdn. 8, 16).
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BGHSt 2 311; 4 344, 345; 8 70, 71; 19 123. BGHSt 8 205, 212; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 24; Wolters SK Rdn. 20. Vgl. BGHSt 16 57. Ebenso Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 24.
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6. Einziehung von Rechten a) Allgemeines. Wie oben bei Rdn. 11 ausgeführt, sind unter „Gegenständen“ im 40 Sinne des § 74 nicht nur körperliche Sachen, sondern auch Rechte jeder Art zu verstehen. Dazu zählen Forderungsrechte und beschränkt dingliche Rechte (z.B. eine Hypothek), aber nicht beschränkt dingliche Rechte am körperlichen Einziehungsgegenstand. Sie unterliegen der Einziehung, wenn sie dem Täter (Teilnehmer) zur Zeit der Entscheidung „zustehen“, d.h. wenn er Rechtsinhaber ist. Die vereinfachende Ausdrucksweise „gehören oder zustehen“ darf nicht dahin missverstanden werden, zur Einziehung einer körperlichen Sache genüge es, wenn dem Täter oder Teilnehmer ein obligatorisches Recht (z.B. aus Kaufvertrag) auf Übereignung der zur Tat verwendeten Sache „zustehe“; der Verkäufer, der noch Eigentümer ist, ist in einem solchen Fall tatunbeteiligter Dritteigentümer. Geklärt sind dadurch auch die Fälle, in denen dem Täter (Teilnehmer) an einer körperlichen Sache nur Miteigentum nach Bruchteilen (§§ 1008 ff BGB) zusteht oder in denen die Sache im Gesamteigentum steht und der Täter (Teilnehmer) nur einer von mehreren Gesamthandsberechtigten ist. b) Miteigentum. Die körperliche Sache kann nicht schon deshalb als Tatwerkzeug 41 eingezogen werden, weil der Täter (Teilnehmer) Miteigentümer ist; denn damit würde ohne Rechtfertigung in das Miteigentumsrecht der tatunbeteiligten Miteigentümer eingegriffen werden. Die Einziehung der körperlichen Sache setzt vielmehr voraus, dass entweder alle Miteigentümer tatbeteiligt waren, hinsichtlich der tatunbeteiligten Miteigentümer die Voraussetzungen des § 74a Nr. 1, 2 gegeben sind132 oder die Einziehung gemäß § 74b als Sicherungseinziehung auch mit Wirkung gegen die tatunbeteiligten Miteigentümer zulässig ist.133 Infrage steht nur die Einziehbarkeit des Miteigentumsanteils als solcher, der dem tatbeteiligten Miteigentümer „zusteht“, so dass die Anteilsrechte der übrigen tatunbeteiligten Miteigentümer, soweit sie nicht die Merkmale des § 74a erfüllen, nicht berührt werden, diese also Miteigentümer bleiben. Ideelles Miteigentum stellt ein Recht im Sinne des § 74 Abs. 1 dar. So wurde die Tatverstrickung des Miteigentumsanteils, der im Regelfall die Verwendung der Sache bei der Tat überhaupt ermöglicht, mit der Begründung bejaht, Miteigentumsrecht und tatverstrickte Sache stünden in einer so engen inneren Einheit miteinander, dass beim Missbrauch der Sache der Täter zugleich auch sein Miteigentumsrecht missbrauche.134 Diese Auffassung entspricht der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum,135 wonach genügt, dass der Miteigentümer um die Tatverstrickung des Miteigentumsanteils weiß und diese billigt. Die Gegenansicht,136 welche eine Einziehung von Miteigentumsanteilen in diesen Fällen generell verneint, erscheint durch die gesetzgeberische Grundentscheidung für die Einziehbarkeit von Rechten überholt. d) Bei Gesamthandseigentum der Miterbengemeinschaft (§ 2032 BGB), der Gesell- 42 schaft (§ 719) und der ehelichen Gütergemeinschaft (§ 1419) ist das körperliche Tatwerkzeug einziehbar, wenn entweder alle Gesamthandsberechtigten tatbeteiligt waren oder
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132 OLG Karlsruhe NJW 1974 710. 133 Z.B. weil die Gefahr besteht, die Sache diene dem Täter zur Begehung rechtswidriger Taten, OLG Koblenz VRS 49 [1975] 134. 134 OLG Karlsruhe NJW 1974 710 im Anschluss an Eser JZ 1973 173. 135 BGH NStZ 1991 496; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2000 45; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 21. 136 Lackner/Kühl/Heger § 74 Rdn. 8.
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die Tatunbeteiligten die Voraussetzungen des § 74a Nr. 1 erfüllen.137 Ebenso unproblematisch ist nach § 75 die Rechtslage, wenn das Tatwerkzeug im Gesamthandseigentum einer Personenhandelsgesellschaft steht und der gesamthandsberechtigte Täter zugleich als vertretungsberechtigter Gesellschafter handelte.138 Die Frage, ob eine auf die Eigentumsbeteiligung des Täters beschränkte Einziehung möglich sei, konnte sich früher von dem Standpunkt aus, dass nur körperliche Sachen einziehungsfähig seien, nicht stellen. Auch wenn sie sich auch nach heutigem Recht wohl kaum allgemein beantworten lässt, stünde eine solche Möglichkeit mit der Grundentscheidung für die Einziehbarkeit von Rechten im Einklang und ermöglichte im Einzelfall eine die Verantwortlichkeiten exakt abbildende Vermögenszuordnung. Denkbar wäre z.B. eine auf den Miterbenanteil beschränkte Einziehung, weil der Miterbe über seinen Erbanteil verfügen (§ 2033 Abs. 1 BGB), jederzeit die Auseinandersetzung verlangen (§ 2042) und der Anteil nach § 859 Abs. 2 ZPO Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein kann. Dem Bedenken, dass der Erbanteil als solcher nicht Tatwerkzeug gewesen sei, ließe sich mit den oben (Rdn. 41) bzgl. der Einziehbarkeit des Miteigentumsanteils aufgestellten Überlegungen begegnen. Dagegen entfällt eine Einziehung der Gesamthandsberechtigung eines Miterben an den einzelnen zum Nachlass gehörigen Gegenständen, weil ein Miterbe darüber nicht verfügen kann (§ 2033 Abs. 1); sowenig ein Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen pfändbar ist, sowenig kann er Gegenstand des staatlichen Zugriffs im Strafverfahren sein. In den übrigen Fällen eines Gesamthandsvermögens besteht nicht einmal die Möglichkeit der Verfügung über den Anteil am Gesamtvermögen. 43
e) Anwartschaftsrechte. Als Anwartschaftsrechte von praktischer Bedeutung sind bisher im Rahmen des Einziehungsrechts nur die sog. qualifizierten dinglichen Anwartschaften hervorgetreten und von ihnen auch nur beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt das durch Zahlung des Kaufpreises aufschiebend bedingte Recht des Käufers auf Erlangung des Eigentums an der Kaufsache und bei der Sicherungsübereignung das durch Tilgung der gesicherten Forderung auflösend bedingte Recht des Sicherungsgebers auf Rückfall des Eigentums am sicherungshalber übereigneten Gut.139 Vgl. im Übrigen oben Rdn. 11, 31 ff, 40.
7. Identität des Einziehungsgegenstandes. Eine Einziehung setzt voraus, dass der konkrete Gegenstand, über dessen Einziehung zu entscheiden ist, identisch (sachgleich) mit einem Tatprodukt oder Tatmittel ist, dass also in der Zeit bis zur Entscheidung über die Einziehung keine die Identität aufhebenden Veränderungen an dem Gegenstand eingetreten sind. Soweit der Täter oder Teilnehmer selbst auf den Gegenstand identitätsverändernd eingewirkt hat, kann nach § 74c, wenn nicht auf Einziehung eines Gegenstandes selbst, dann auf Einziehung eines dem Wert entsprechenden Geldbetrages erkannt werden. Im Übrigen beurteilt sich die Frage der Identität zunächst nach der Verkehrsan45 schauung;140 sie entscheidet z.B. darüber, ob eine Sache durch Vermischung oder Verarbeitung (§§ 948, 950 BGB) untergegangen ist oder ob nur eine „Bearbeitung“ der in ihrem Wesen unverändert bleibenden Sache vorliegt.141 So liegt eine neue selbständige Sache vor beim Verschnitt von Weinen im Verhältnis 1 : 2,142 nur eine „Bearbeitung“ aber
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RG JW 1933 174; RGSt 74 333; OLG Köln GA 64 328. Dazu BGH NJW 1976 578. Vgl. dazu Soergel/Mühl BGB § 929 Rdn. 37; § 930 Rdn. 78. Eser Sanktionen S. 304; Wolters SK Rdn. 12. RGSt 52 48; 65 175, 177; BGHSt 8 98, 102; BayObLGSt. 1963 107, 109; 1965 15, 20. RGSt 42 123, 125.
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bei Zusatz geringer Mengen143 oder bei bloßer Verdünnung einzuziehenden Sprits mit Wasser.144 Ferner entscheiden wirtschaftliche Erwägungen darüber, ob der zur Tatbegehung verwendete oder bestimmte Gegenstand noch der nämliche ist, wenn er Teil einer zusammengesetzten, einheitlichen Sache oder wesentlicher Bestandteil einer anderen Sache geworden ist; die Identität ist dann zu bejahen, wenn der körperliche Zusammenhang ohne Wertzerstörung aufgehoben und der Gegenstand ausgeschieden werden kann.145 Zubehörsachen teilen entgegen § 97 BGB nicht notwendig das Schicksal der Hauptsache; sie können bei der Einziehung von dieser getrennt werden. Identität besteht nach der Verkehrsauffassung, wenn vertretbare Sachen durch gleiche oder gleichwertige andere ersetzt werden, z.B. an die Stelle einer Banknote durch Umwechseln ein Geldbetrag tritt.146 Im Übrigen treten Ersatzsachen oder -werte nur an die Stelle eines körperlichen Gegenstandes, wo das Gesetz (vgl. dazu § 74c) es vorsieht.147 8. Teileinziehung. Ist die Einziehung nicht zwingend vorgeschrieben, sondern – so 46 im Bereich des § 74 Abs. 1 bis 3 – nur zugelassen („können“), so kann die Einziehung auf einen Teil des Einziehungsgegenstandes beschränkt werden. Es gilt § 74f Abs. 1 Satz 4, dazu § 74f Rdn. 15. 9. Konkurrenz mit der Einziehung von Taterträgen zu Gunsten von Verletzten. 47 Ist der Einziehungsgegenstand zugleich Surrogat eines Tatertrages im Sinne des § 73 Abs. 3, wie z.B. bei der Finanzierung des für eine Straftat verwendeten Fluchtautos aus der Beute eines vorangegangenen Delikts, kann es zu einer Konkurrenz zwischen der Einziehung von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, 3) und der Einziehung nach § 74 kommen.148 Hierzu wird teilweise in der Literatur vertreten, eine Einziehung nach § 74 sei generell ausgeschlossen, wenn zugleich Verletztenansprüche bestünden.149 Dem ist zuzugeben, dass die nach Aufhebung des § 73 Abs. 1 Satz 2 aF verbliebene Sicherung des Betroffenen gegen eine doppelte Inanspruchnahme in § 459h StPO nicht auf die Anordnung der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten übertragbar ist. Die Annahme eines daraus folgenden kategorischen Ausschlussgrundes wäre aber mit den Zwecken der Einziehung nicht vereinbar. Dies gilt zum einen für den Fall der Sicherungseinziehung, weil die Notwendigkeit zur Eliminierung einer gefährlichen Sache dort nicht von zivilrechtlichen Ansprüchen Dritter abhängen kann (vgl. § 74b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2). Bei den als strafähnliche Maßnahme ausgestalteten Formen der Einziehung lassen sich sachgerechte Ergebnisse im Rahmen der Ermessensausübung erzielen. Die Ermessenserwägungen zu der Entscheidung nach § 74 schließen die Prüfung der Verhältnismäßigkeit und die Berücksichtigung der Auswirkungen bei der Strafzumessung ein. Dass Gericht muss sich aber auch damit auseinandersetzen, dass die Einziehungsentscheidung die Durchsetzbarkeit der Ansprüche des Geschädigten aus dem verübten Delikt gefährden können und dass deshalb nach einer Gesamtabwägung aller in Betracht kommenden Umstände diese Belange eine staatliche Einziehung sperren könnten.150 Um in dieser Konstellation eine doppelte Belastung des Täters zu vermeiden und ggf. eine Gleichstellung des Geschädigten im Verfahren der Auskehrung von Taterlösen nach § 459h StPO
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RGSt 65 175, 178. BGHSt 8 98, 102. Vgl. RGSt 12 198, 202; s. dazu auch BayObLGSt. 1961 277, 281. BGH NStZ 1993 538. RGSt 66 85, 86; BGH NStZ 1986 58. Zu diesem Interessenkonflikt nach altem Recht Barreto da Rosa NStZ 2012 419. SSW/Heine Rdn. 19. BGH NStZ-RR 2016 41.
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§ 74 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
zu gewährleisten, wird in der Regel ein Vorrang der Einziehung nach § 73 bestehen. Sind keine Individualrechtsgüter betroffen, bleibt es dagegen bei der allgemeinen Anwendbarkeit der Einziehungsregeln nach § 74. In ähnlicher Weise werden denkbare Konkurrenzsituationen in Fällen der Einziehung von Tatobjekten der Geldwäsche nach § 261 Abs. 7 zu lösen sein. VI. Ermessensausübung 48
Im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 1 ist die Anordnung der Einziehung dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen („kann“). Dem Urteil muss sich entnehmen lassen, dass das Gericht die Einziehung als eine Frage des Ermessens erkannt und dieses Ermessen auch ausgeübt hat.151 Wegen der bei der Ermessensausübung insbesondere im Hinblick auf die Strafzumessung zu berücksichtigenden Grundsätze vgl. § 74f Rdn. 3; zu dem Sonderfall dass der Einziehungsgegenstand zugleich Surrogat eines Tatertrages ist (§ 73 Abs. 3) vorstehend Rdn. 47. VII. Verfahrensrechtliches
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Im subjektiven Verfahren wird die Einziehung nur gegen den Täter (Teilnehmer) ausgesprochen, auch wenn der Gegenstand einem tatunbeteiligten Dritten gehört oder zusteht; der Dritte ist aber an diesem Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, nach §§ 431 ff StPO auf Anordnung des Gerichts zu beteiligen, um seine Rechte geltend zu machen („Einziehungsbeteiligter“). Er hat dabei die Befugnisse, die einem Angeklagten zustehen (§ 433). Er kann seine Rechte auch in der Weise geltend machen, dass er sich gegen die Schuld des Angeklagten wendet, es sei denn, dass das Gericht die Nichtbeteiligung nach dieser Richtung anordnet, weil die Einziehung nur in Betracht kommt, wenn der Gegenstand dem Angeschuldigten gehört (zusteht) und deshalb für den Einziehungsinteressenten nur die Eigentumsfrage von Bedeutung ist (§ 431 Abs. 2 Nr. 1 StPO).
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Die einzuziehenden Gegenstände sind in der Entscheidung genau zu bezeichnen.152 Dies geschieht grundsätzlich im Urteilssatz (im Strafbefehl) oder in einer Anlage dazu, mindestens aber in den Urteilsgründen.153 Für eine Überprüfung der Rechtsanwendung durch das Revisionsgericht sollten die Urteilsgründe Feststellungen zum Wert der Gegenstände enthalten.154 Bei Betäubungsmitteldelikten ist die Art155 und die einzuziehende Menge anzugeben.156 Nur bei besonders umfangreichem Material (Druckschriften), dessen genaue Bezeichnung im Urteil erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde, kann eine Sammelbezeichnung genügen.157 Bezugnahmen auf die Anklageschrift reichen nicht aus, weil das Urteil als Vollstreckungstitel aus sich heraus verständlich sein muss.158
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151 BGHSt 19 245, 256; BGH StV 1994 479; OLG Saarbrücken NJW 1975 65, 65; OLG Düsseldorf VRS 80 [1991] 23. 152 BGHSt 8 205, 211 f; BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH StraFo 2015 22; NStZ 2017 88; Beschl. vom 12.9.2018 – 5 StR 232/18. 153 Rechtsprechungnachweise bei Detter NStZ 2007 633. 154 BGH NStZ 1985 362. 155 BGH bei Detter NStZ 2016 398; NStZ 2017 636. 156 BGH NStZ 1993 95; 1997 136; BGH Beschl. v. 12.10.1999 – 4 StR 391/99; Beschl. v. 28.1.1998 – 2 StR 641/97. 157 BGHSt 9 88. 158 BGH NJW 1962 2019.
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Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen | § 74a
Ebenso wenig genügt ein Verweis auf Nummern einer Asservatenliste.159 Ist die Einziehung ohne genügende Bezeichnung ausgesprochen worden, so ist eine Nachholung der Bezeichnung durch ergänzenden Beschluss nicht möglich. Schweigt das Urteil über die Einziehung, so ist auch bei versehentlich unterlassener Einziehung der Strafanspruch insoweit mit der Rechtskraft des Urteils verbraucht;160 eine nachträgliche Einziehung ist nur in § 76a vorgesehen. Eine fälschlicherweise angeordnete Einziehung von Taterträgen kann das Revisionsgericht durch die Anordnung der Einziehung von Tatmitteln, Tatprodukten oder Tatobjekten gemäß § 354 Abs. 1 StPO ersetzen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen.161 Ein einmal rechtskräftig eingezogener Gegenstand kann im Hinblick auf § 75 nicht nochmals (z.B. gegen einen anderen Tatbeteiligten) eingezogen werden. Zum richterlichen Hinweis nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO vgl. vor § 73 Rdn. 56, zur 51 sog. formlosen Einziehung vgl. vor § 73 Rdn. 57.
§ 74a Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen Lohse § 74a https://doi.org/10.1515/9783110491302-017
Verweist ein Gesetz auf diese Vorschrift, können Gegenstände abweichend von § 74 Absatz 3 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, 1. mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass sie als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen sind, oder 2. sie in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat.
I. II.
III. IV.
Übersicht Grundgedanke, Rechtsnatur und Entstehungsgeschichte | 1–6 Anwendungsbereich 1. Blankettgesetz | 7 2. Ordnungswidrigkeiten | 10 Verfassungsrecht | 11–12 Die erweiterte Einziehung nach § 74a Nr. 1 1. Objektive Einziehungsvoraussetzungen a) Mittel der Tat | 13 b) Gegenstand der Tat | 14 2. Subjektive Einziehungsvoraussetzungen a) Leichtfertiger Beitrag | 15 b) Vorsatz | 16 c) Kausalität | 17 d) Fehlende Beitragsschuld | 18
V.
Die erweiterte Einziehung nach § 74a Nr. 2 1. Grundgedanke | 19 2. Voraussetzungen der erweiterten Einziehung a) Erwerb | 20 b) Kenntnis der Umstände | 21–22 c) Erwerb in verwerflicher Weise | 23–25 VI. Zusammentreffen von § 74b mit § 74a 1. § 74b als primäre Einziehungsgrundlage | 26 2. Wahlweise Begründung | 27 VII. Ermessensentscheidung | 28 VIII. Übergangsregelung | 29
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159 BGH Beschl. v. 14.10.2015 – 2 StR 512/14, juris; Beschl. v. 9.2.2017 – 1 StR 490/16 (juris). 160 RGSt 66 243. 161 BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 5; BGH BGH StraFo 2015 22; Beschl. vom 12.9.2018 – 5 StR 232/18; Beschl. v. 13.9.2018 – 5 StR 216/18.
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§ 74a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Grundgedanke, Rechtsnatur und Entstehungsgeschichte 1
1. Grundgedanke. Nach der allgemeinen Regel des § 74 Abs. 3 dürfen Gegenstände nur dann eingezogen werden, wenn sie zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Eine Einziehung mit Wirkung gegenüber einem tatunbeteiligten Eigentümer (Rechtsinhaber) ist als Ausnahme zum einen bei den im Sinne dieser Vorschriften „gefährlichen“ Gegenständen zulässig (Fall der Sicherungseinziehung nach § 74b); eine weitere Grundlage für die Einziehung von Gegenständen, die tatunbeteiligten Dritten gehören oder zustehen, bildet die Bestimmung des § 74a über die erweiterte Einziehung. In Anlehnung an allgemeine gesetzliche Wertungen des Bereicherungs- und Einziehungsrechts (vgl. § 73b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2b sowie an die Rechtsgedanken der §§ 817 Satz 1, 819 Abs. 2 BGB) kann nach der gesetzlichen Wertung der als Blankettvorschrift ausgestalteten Regelung das Eigentumsrecht des Dritten auch dann zurücktreten, wenn diesem die Verwendung als Tatmittel oder die Eigenschaft als Tatobjekt einer Straftat in individuell vorwerfbarer Weise zugerechnet werden kann.
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2. Rechtsnatur. Indem sie die Einziehungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 3 – dort hat die Maßnahme Strafcharakter – erweitert, und zwar in der Weise, dass sie an Stelle der strafrechtlichen Schuld eine deren Merkmalen ähnliche Vorwerfbarkeit fordert, ist auch die Einziehung nach § 74a, ohne dass sie ein sozial-ethisches Unwerturteil enthält, strafähnlich ausgestaltet. Sie wird nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung1 und Schrifttum2 zutreffend als „strafähnliche Dritteinziehung“ angesehen, vgl. auch § 74 Rdn. 7. Nach der Gegenansicht soll es sich um eine ,,quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme“ handeln.3 Eine solche Konstruktion verwischt jedoch die Unterschiede zur Einziehung von Taterträgen und vor allem zur Sicherungseinziehung des § 74b.
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3. Frühe Entwicklungshistorie. Die früheren in Rechtsprechung und Schrifttum entfalteten Bemühungen, den Bereich der in älteren Vorschriften vorgesehenen unterschiedslosen Einziehung rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend einzuhegen (vgl. Rdn. 4 ff vor § 73), hatten bereits in allgemeiner Form ihren gesetzlichen Niederschlag zunächst – im Anschluss an § 40 WiStG 1949 – in § 19 OWiG 1952 gefunden, der die Einziehung nicht dem Täter gehörigen Eigentums nur zugelassen hatte, wenn „der Eigentümer die Zuwiderhandlung kannte oder kennen musste oder von ihr einen Vorteil gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung ihm erkennbar war“. Schon der StGB-Entw. 1962 sah wesentliche Einengungen dieser noch verhältnismäßig weiten Einziehungsvoraussetzungen vor.4
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4. Weitere Entstehungsgeschichte. Die jetzige Regelung wurde zunächst durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968 (BGBl. I 503) als § 40a in das Strafgesetzbuch eingefügt. Bereits der Entw. EGOWiG 1968 hatte die Vorschrift zu einer Blankettvorschrift umgestaltet, deren Anwendbarkeit erst durch die Verweisung in einem besonderen Gesetz ausgelöst wird. Die Gesetz gewordene
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1 OLG Koblenz NJW 1950 78, 79; BGHSt 9 164, 172; anders aber ohne nähere Begründung OLG München NJW 1982 2330, 2331, welches missverständlich eine Gleichstellung mit der Sicherungseinziehung annimmt. 2 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 1; Fischer Rdn. 4; SSW/Heine Rdn. 1. 3 MaurachGössel/Zipf § 61 II B 2a. 4 § 114 Nr. 2 i.V.m. § 113 Abs. 2 Nr. 2 StGB-E 1962.
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Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen | § 74a
Fassung wich nochmals in einengendem Sinn von den Vorschlägen des Entwurfs ab,5 nachdem sich bei den parlamentarischen Erörterungen der Gedanke durchgesetzt hatte, dass die bloße Vorteilsziehung, ohne einen die Einziehung rechtfertigenden Strafbestand zu erfüllen, eine Entziehung des Eigentums nicht rechtfertige.6 Aus gleichen Gründen wurden auch die Vorschläge abgelehnt, die Einziehung wegen Quasi-Beihilfe auch dann zuzulassen, wenn die dem Dritten gehörige Sache nicht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung, sondern einer mit ihr zusammenhängenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist.7 5. Das Zweite Strafrechtsreformänderungsgesetz vom 4.7.1969 (BGBl. I 717) ver- 5 ortete die Vorschrift dann inhaltlich unverändert im Einziehungsrecht als neuer § 74a. Diesen Standort hat die Norm seitdem beibehalten. 6. Durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung 6 vom 13.4.2017 (BGBl. I 872) hat die Bestimmung einige redaktionelle Anpassungen erfahren, ohne dass sich nach dem Willen des Gesetzgebers deren Anwendung und Auslegung dadurch verändern sollten.8 Zum einen hat der Gesetzgeber den Verweis auf die Teilbestimmung des § 74 anpassen müssen (jetzt: § 74 Abs. 3), zum anderen wurde klarstellend die gängige Begrifflichkeit für Ermessensnormen gewählt („können“); hierzu Rdn. 28. Weiterhin hat der Gesetzgeber in Nr. 1 neben der geringfügigen sprachlichen Anpassung des Verschuldensgrades („mindestens leichtfertig“ anstatt zuvor „wenigstens leichtfertig“) insbesondere die neue Terminologie des § 74 (“als Tatmittel verwendet oder Tatobjekt gewesen“) in die Vorschrift integriert. II. Anwendungsbereich 1. § 74a ist ein Blankettgesetz. Über die in § 74a Nr. 1 und 2 genannten einschrän- 7 kenden Voraussetzungen hinaus ist die erweiterte Einziehung auf die Fälle beschränkt, in denen ein Gesetz (eine Vorschrift im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs oder im Nebenstrafrecht) auf § 74a verweist. Das Verweisungserfordernis bezweckt, den Gesetzgeber jeweils zur Prüfung zu veranlassen, ob gerade bei der in diesem Gesetz geregelten Materie ein kriminalpolitisches Bedürfnis für die erweiterte Einziehbarkeit unabweisbar erscheint. Der Begriff des verweisenden Gesetzes ist im materiellen Sinn zu verstehen; „Gesetz“ ist also auch eine RechtsVO, die im Rahmen einer dem Art. 80 Abs. 1 GG entsprechenden Ermächtigung ergangen ist.9 Solche Verweisungen („§ 74a ist anzuwenden“) finden sich etwa in §§ 92b, 101a Satz 2, 109k Satz 2, 129b Abs. 2, 201 Abs. 5 Satz 2, § 201a Abs. 5 S. 2, § 261 Abs. 7 Satz 2, 264 Abs. 6 Satz 3, 286 Satz 2, 295 Satz 2; im Nebenstrafrecht z.B. in § 375 Abs. 2 Satz 2 AO; § 98 Satz 2 AMG; § 20 Abs. 2 AWG; § 33 Satz 2 BtMG; § 40 Abs. 2 BJagdG; § 27d Satz 2 ChemG; § 25 Abs. 5 Satz 2 GebrMG; § 51 Abs. 5 Satz 2 GeschmMG; § 21 Satz 2 GÜG; § 24 Abs. 1 Satz 1 KWKG; § 9 Satz LSpG; § 143
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5 § 113 Abs. 2 Nr. 2b StGB-Entw. 1962 und ebenso § 40a Nr. 2 i.d.F. des Entw. EGOWiG 1968 hatten als weiteren Grund für eine strafähnliche Dritteinziehung vorgesehen, dass derjenige, dem der Gegenstand im Zeitpunkt der Entscheidung gehört oder zusteht, aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat. 6 Prot. S. 1040 ff der 54. Sitzung des Sonderausschusses v. 9.3.1967. 7 So § 113 Abs. 2 Nr. 2a StGB-Entw. 1962, § 40a Nr. 1 Entw. EGOWiG 1968. 8 BT-Drucks. 18/9525 S. 70. 9 Vgl. dazu BVerfGE 14 174 = NJW 1962 1339 f; 51 60, 73 = NJW 1979 1981 f.; 78 374, 382 = NJW 1990 1714; BGHSt 61 110, 130 = NJW 2016 1251 m. Anm. Brand = NStZ 2016 481 m. Anm. Dalby; Rogall KK-OWiG § 3 Rn. 14.
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§ 74a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Abs. 5 Satz 2 MarkenG; § 22a Abs. 2 Satz 2 StVG; § 110 Satz 2 UrhG; § 54 Abs. 3 Waff.G; § 52 Satz 2 WeinG. Ein Anlass, in einem Gesetz auf § 74a zu verweisen, ist nach der Begr. des Entw. 8 EGOWiG10 nur bei einem sehr eng begrenzten Kreis von Fällen zu bejahen, und zwar „im Wesentlichen bei solchen Arten von Delikten, an deren Verwirklichung außer den unmittelbar an der Tat beteiligten Personen typischerweise andere mitwirken oder teilhaben, ohne dass es zu einer strafbaren Handlung kommt, sei es, dass ihnen als Hintermännern die Vorteile der Tat zufließen, oder sei es, dass sie durch ihr leichtfertiges Verhalten die Tat erst ermöglichen oder dazu beitragen, anderen die Vorteile der Tat zu sichern. Zu diesen Typen von Delikten rechnen namentlich die des Staatsschutzes, des Außenwirtschaftsverkehrs, der Abgabenhinterziehung, vor allem bei den Schmuggeldelikten, aber auch beim unerlaubten Glücksspiel. Hier werden oft andere Personen vorgeschoben, deren Gegenstände benutzt, oder für deren Rechnung Handlungen vorgenommen, um das Risiko strafrechtlicher Rechtsfolgen für die eigentlichen Hintermänner zu verringern. Die Bekämpfung derartiger Delikte wäre unvollkommen, wenn die Einziehung der Tatgegenstände schon daran scheitern würde, dass sie einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer gehören, obwohl gerade diese anderen im Zusammenhang mit der Tat ein Schuldvorwurf trifft. Die erweiterte Einziehungsmöglichkeit gegenüber Dritten kommt schließlich auch bei solchen Delikten in Betracht, deren Verwirklichung in der unerlaubten Verwendung einer Sache besteht. Denn diese Delikte werden vielfach überhaupt erst dadurch ermöglicht, dass sich der Eigentümer der Sache, deren Gebrauch Beschränkungen unterliegt, leichtfertig verhalten hat. Das gilt z.B. für den unbefugten Gebrauch von Jagd- und Fischereigeräten. Auch hier erscheint eine erweiterte Einziehungsmöglichkeit schon aus generalpräventiven Gesichtspunkten geboten.“ 9 Mit den vorgenannten Ausführungen in der Begr. des Entw. EGOWiG sollten zugleich dem künftigen Gesetzgeber Richtlinien für die weitere Praxis der Verweisung auf § 74a an die Hand gegeben werden, denn „der Entw. geht davon aus, dass die erweiterte Einziehungsmöglichkeit gegenüber Dritten, also die Verweisung auf § 40a [= § 74a] im Besonderen Teil und im Nebenstrafrecht nur bei den genannten Deliktsgruppen vorgesehen und damit in ganz engen Grenzen gehalten wird“, und „dass der Gesetzgeber in künftigen Gesetzen die Rahmenvorschriften des § 40 [= § 74] Abs. 2 bis 4 und des § 40a berücksichtigen und nur in besonderen Ausnahmefällen abweichende Regelungen treffen wird, welche die Voraussetzungen der Einziehung im Vergleich zu den Rahmenvorschriften entweder abschwächen oder verschärfen“.11 10
2. Die Einziehung als Nebenfolge von Ordnungswidrigkeiten entspricht § 23 OWiG dem § 74a. III. Verfassungsrecht
11
Rechtfertigung des Eingriffs. Die (erweiterte) Einziehung ist an der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG zu messen. Für die mit der Einziehung verbundene Eigentumsentziehung (§ 75 Abs. 1) muss ein rechtfertigender Grund vorliegen. Im Fall des § 74 Abs. 3 liegt der Rechtfertigungsgrund darin, dass der Täter oder Teilnehmer sein Eigentum in einer sozialbindungswidrigen Weise missbraucht und damit, soweit nicht § 74f eingreift, die Eigentumsgarantie verwirkt hat. Im Fall der Sicherungseinziehung des § 74b bildet
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10 BRDrucks. 450/66 S. 54; s. dazu auch die Erörterungen in der 54. Sitzung des Sonderausschusses v. 9.3.1967 – Prot. S. 1036 –. 11 BRDrucks. 450/66 S. 55 f.
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der Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die nach den Umständen von dem Gegenstand drohen, den Rechtfertigungsgrund. Die Rechtfertigung der erweiterten Einziehbarkeit gründet zum einen darin, dass der Eigentümer (Rechtsinhaber) entweder, ohne Tatbeteiligter zu sein, doch in vorwerfbarer Weise („mindestens leichtfertig“) die Tat unterstützt hat („Quasibeihilfe“); zum anderen folgt sie daraus, dass dieser das Eigentum an Gegenständen, die zwar nicht durch die Vortat erlangt wurden, aber doch bei dieser eine die Einziehung gegen den Täter zulassende Rolle spielten, in Kenntnis dieser Umstände und in verwerflicher Weise erworben hat („Quasihehlerei“).12 Einer teilweise im Schrifttum geforderten darüber hinaus gehenden erhöhten Qualität des Vorwurfs („Mittelbare Tatverstrickung“) 13 bedarf es nicht, zumal diese Anforderung sehr unbestimmt wäre und das Ausmaß der Vorwerfbarkeit ohnehin bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen ist. Die im Gesetz statuierten Voraussetzungen begründen jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung die Beschränkung des Eigentumsrechts ausreichend: Zunächst dient die strafähnliche Maßnahme einem legitimen Zweck, denn für die Möglichkeit der erweiterten Einziehung besteht unabweisbar ein kriminalpolitisches Bedürfnis. Die Beschränkung des Eigentums erweist sich auch sonst noch als verhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat durch die Verweisungskette eine Konstruktion geschaffen, welche eine zielgerichtete Anwendung dieses Instruments ermöglicht. Durch die Begrenzung der Gesetze, die auf § 74a verweisen, und durch weitere einschränkende Vorgaben zu deren Ausgestaltung (siehe vorstehend Rdn. 8) wird die Maßnahme auf typisierte Fallgruppen einer besonderen Missbrauchsgefahr eingegrenzt. Vor allem schafft die in § 74a enthaltene Anknüpfung an Formen gravierenden, individuell vorwerfbaren Verhaltens auch im Einzelfall eine verlässliche und vorhersehbare Beschränkung der Anwendung auf solche Fälle, die aufgrund ihrer Nähe zu einer strafrechtlichen Verstrickung in besonderer Weise einen staatlichen Eingriff. rechtfertigen.14 Absicherungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht erfährt das Instrument der erweiterten Einziehung schließlich auch durch die in § 74f auch einfachgesetzlich angeordnete Prüfung der Verhältnismäßigkeit, welche sich weiter durch die Einräumung richterlichen Ermessens konkretisiert. Vereinbarkeit mit dem Schuldprinzip. Im Schrifttum wird der Verzicht auf ein 12 spezifisch strafrechtliches Verschulden teilweise als „nicht unproblematisch“ bezeichnet15 und daraus das Erfordernis einer Tatbestandskorrektur über das ungeschriebene (und auch nicht näher konkretisierte) Tatbestandsmerkmal eines „quasi-schuldhaften Verhaltens“ verlangt.16 Maßgeblich bleibt aber, dass sich mit der Einziehungsentscheidung hier kein sozial-ethisches Unwerturteil, sondern allein ein an ein vorwerfbares Fehlverhalten anknüpfender Eigentumseingriff verbindet.17 Ein Verstoß der Vorschrift gegen das Schuldprinzip muss deshalb außer Betracht bleiben.18 Es liegt angesichts der dargelegten Vorkehrungen zur Gewährleistung einer verhältnismäßigen Rechtsanwendung auch unter diesem Gesichtspunkt kein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor, zumal die Anordnung dieser Rechtsfolge wie dargelegt erheblichen Verfahrenssicherungen unterliegt.
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12 BGHSt 1 351; 19 123, 126; 21 66, 67 f. 13 Saliger NK Rdn. 2; allerdings fordert auch die für diese Auffassung angeführte ältere höchstrichterliche Rechtsprechung – BGHSt 19 123, 126; 21 66, 67 f lediglich ein Verschulden. 14 So auch Joecks MK § 74a Rdn. 5f; Kühl § 74a Rdn. 1; aA Julius ZStW 109 [1997] 58, 85. 15 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 2 m.w.N.; schärfer noch die 29. Aufl.: „Schwerlich mit dem Schuldprinzip vereinbar“. 16 Saliger NK Rdn. 3. 17 Vgl. auch Wolters SK Rdn. 2. 18 Wie hier Niehaus DAR 2018 247, 249.
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§ 74a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
IV. Die erweiterte Einziehung nach § 74a Nr. 1 1. Objektive Einziehungsvoraussetzungen 13
a) Der Gegenstand (Sache oder Recht) muss Mittel der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen sein. Es müssen die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 erfüllt sein, die seine Einziehung als Tatmittel rechtfertigen würden, wenn der Täter (Teilnehmer) Eigentümer oder Rechtsinhaber im Zeitpunkt der Entscheidung wäre. Denn § 74a entbindet von den in § 74 Abs. 1, Abs. 3 aufgestellten Einziehungsvoraussetzungen nur insoweit, als es nicht darauf ankommt, dass dem Täter (Teilnehmer) der Gegenstand gehört oder zusteht. So kann z. B. nach § 295 Satz 2 das dem Wilderer nicht gehörige Jagdgerät eingezogen werden, wenn dessen Eigentümer leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Wilderer es bei der Wilderei verwendete.
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b) Es genügt aber auch, dass die Sache oder das Recht Tatobjekt („Beziehungsgegenstand“; § 74 Rdn. 61) gewesen ist. Nach § 74 Abs. 3 i.V.m. § 74 Abs. 2 gilt auch für Beziehungsgegenstände, dass sie grundsätzlich nur einziehbar sind, wenn sie zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören. Die durch § 74a zugelassene Abweichung von § 74 Abs. 3 besteht also auch bei den Beziehungsgegenständen nur darin, dass auf das Erfordernis des Eigentums (der Rechtsinhaberschaft) des Täters oder Teilnehmers am Tatobjekt (Beziehungsgegenstand) zur Zeit der Entscheidung verzichtet wird; im Übrigen müssen alle Voraussetzungen der Einziehung nach § 74 Abs. 2 in Verbindung mit der Sondervorschrift erfüllt sein. Beispiel: Führt jemand, der keinen Waffenschein besitzt, eine ihm nicht gehörige (vollautomatische) Schusswaffe (§§ 2, 51 Abs. 1 WaffG), so kann sie (als „Beziehungsgegenstand“) kraft des § 54 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 WaffG eingezogen werden, wenn der Eigentümer der Waffe leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Täter sie ohne Waffenschein führte. 2. Subjektive Einziehungsvoraussetzungen
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a) Leichtfertiger Beitrag. Der bisher geltende Maßstab ist durch die rein redaktionelle Gesetzesänderung nicht verändert worden. 19 Der tatunbeteiligte Eigentümer (Rechtsinhaber) muss dazu beigetragen, d.h. durch sein Verhalten (Tun oder Unterlassen) ermöglicht haben, dass sein Eigentum Mittel oder Gegenstand der Tat des Täters oder Teilnehmers oder ihrer Vorbereitung gewesen ist. Die Einziehbarkeit begründet diese Ermöglichung aber nur, wenn sie mindestens leichtfertig 20 war. Und zwar beschränkt sich die hier geforderte gesteigerte Vorwerfbarkeit nicht nur auf den Vorgang (etwa die Überlassung des Besitzes des Gegenstandes an den Täter, ohne sich um die beabsichtigte Verwendung zu kümmern, oder dessen mangelhafte Verwahrung, die es dem Täter ermöglicht, sich seiner zu bemächtigen), der den Täter in die Lage versetzt, die Sache oder das Recht zum Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung zu machen; die Leichtfertigkeit muss sich vielmehr auch darauf erstrecken, wie der Täter von dem Gegenstand Gebrauch machen könnte. Dazu gehört, dass der Dritte die Begehung einer Tat von der Art, wie sie vom Täter (Teilnehmer) begangen wurde, im Allgemeinen, in groben Umrissen, hätte voraussehen können.21 Es handelt sich also, wenn Leicht-
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19 BT-Drucks. 18/9525 S. 70. 20 BGH Beschl. vom 20.11.2018 – 1 StR 420/18 Rn. 26 (juris); OLG Karlsruhe NJW 1974 709, 710. 21 BGH NZWiSt 2019 192, 193 m. Anm. Wissmann; OLG Karlsruhe NJW 1974 711; s.a. die gleich lautenden Erörterungen in der 54. Sitzung des Sonderausschusses v. 9.3.1967 – Prot. S. 1040.
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Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen | § 74a
fertigkeit vorliegt, praktisch um den Fall einer grob fahrlässigen Beihilfe (einer QuasiBeihilfe),22 wie etwa die Überlassung eines Kraftfahrzeugs an den Täter, obwohl sich dem Eigentümer der Gedanke hätte aufdrängen müssen, dass dieser es zum Abtransport der Beute des geplanten Diebstahls benutzen wolle; nicht aber, wenn Verletzungen von allgemeinen Wartungs- und Prüfungspflichten bei Kraftfahrzeugen nicht ohne Weiteres zum Erkennen von Straftaten vorbereitenden Manipulationen geführt hätten.23 b) Vorsätzlicher Beitrag. Der Gesetzeswortlaut deckt auch den Fall, dass der Dritte 16 vorsätzlich („mindestens leichtfertig“) kausal dazu beigetragen hat, dass sein Eigentum Mittel der Tat wurde, ohne dass er dadurch zum Tatbeteiligten (Gehilfen) wurde. c) Kausalität. Wenn schon gegenüber einem Täter, der im Zeitpunkt der Entschei- 17 dung Eigentümer der Tatwerkzeuge (§ 74 Abs. 3) ist, eine Einziehung hinsichtlich solcher Gegenstände entfällt, die nur zu Vorbereitungshandlungen gebraucht wurden oder bestimmt waren, falls die Vorbereitungshandlungen die spätere Tat nicht irgendwie gefördert haben (vgl. § 74 Rdn. 15 ff), so kann in einem solchen Fall erst recht keine Einziehung mit Wirkung gegen den tatunbeteiligten Dritten in Betracht kommen. Was beim Täter oder Gehilfen als Eigentümer nicht einziehbar ist, kann auch gegenüber dem Quasi-Gehilfen nicht einziehbar sein. Im Übrigen hat die Streitfrage über das Wesen der Beihilfe 24 auch hier Bedeutung: Gehört zur Beihilfe, dass sie die Durchführung der Tat erleichtert hat, und liegt Beihilfe nicht vor, wenn der Haupttäter das ihm gelieferte Werkzeug nicht benutzt, so kann auch der Quasi-Gehilfe des § 74a Nr. 1 hinsichtlich der Einziehung nicht anders behandelt werden als der Eigentümer, dessen gewollter Tatbeitrag unbeachtlich bleibt, weil er nicht in die Gehilfenstellung hineingelangte. Genügt es aber zur Beihilfe, dass die Handlung des Haupttäters gefördert wird, auch wenn der Erfolg der Haupttat nicht durch die Gehilfentätigkeit ursächlich mitbewirkt oder erleichtert wurde, und ist er deshalb hinsichtlich seines in die Tat verstrickten Eigentums der Einziehung nach § 74 Abs. 3 unterworfen, so muss sich der Quasi-Gehilfe in gleichem Umfang die Wegnahme seines Eigentums gefallen lassen. Die gegenteilige Auffassung, die die Einziehung gegenüber dem Quasi-Gehilfen unabhängig von den für die Strafbarkeit des echten Gehilfen geltenden Grundsätzen zulassen will, kann auch nicht damit begründet werden, dass es nur darum gehe, ob das Verhalten des Tatunbeteiligten die Einziehung aufgrund der Verwirkung des Eigentums wegen sozialbindungswidrigen Verstrickenlassens in Straftaten rechtfertige; diese „Verwirkung“ kann nicht weiter reichen, als sie einem Tatbeteiligten droht.25 d) Fehlende Beitragsschuld. Auch wenn der Dritte von der bevorstehenden Straftat 18 und der beabsichtigten Verwendung seines Eigentums Kenntnis hatte (oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht hatte), kann § 74a Abs. 1 Nr. 1 unanwendbar sein. So sind Ausnahmefälle denkbar, in denen der Betroffene die Verwendung des Gegenstandes zur Straftat trotz seiner Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis von der Tat nicht hätte verhindern können.26 In Fällen dieser Art trifft ihn kein Vorwurf und die Einziehung ist nicht gerechtfertigt.27 Der Vorwurf der Leichtfertigkeit entfällt auch, wenn der Dritte schuldun-
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BGH NZWiSt 2019 192, 193 m. Anm. Wissmann; Joecks MK Rdn. 10. BGH NZWiSt 2019 192, 193 m. Anm. Wissmann. Sch/Schröder/Heine/Weißer § 27 Rdn. 3 ff. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 5. Göhler/Gürtler § 23 Rdn. 4. BRDrucks. 450/66 S. 54.
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§ 74a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
fähig war oder in unverschuldetem Verbotsirrtum handelte; dann kommt eine ihn treffende Einziehung nur unter den Voraussetzungen des § 74b in Betracht. V. Die erweiterte Einziehung nach § 74a Nr. 2 19
1. Grundgedanke. Diese Vorschrift hat in erster Linie den Fall im Auge, dass der Täter oder Teilnehmer zwar zur Tatzeit Eigentümer der Tatmittel oder des Tatobjekts (Beziehungsgegenstandes) war oder es nach der Tat wurde, die Einziehung nach § 74 Abs. 3 aber daran scheitert, dass zur Zeit der Entscheidung nunmehr ein Dritter Inhaber dieses Rechts geworden ist. § 74a Nr. 2 deckt zudem den Fall ab, dass das Eigentum eines Nichttatbeteiligten i.S. des § 74a Nr. 1 oder 2 tatverstrickt war, diesem gegenüber aber eine Einziehung nach § 74a nicht möglich ist, weil seine Rechtsstellung nach der Tat auf einen anderen übergegangen ist, der sie im Zeitpunkt der Entscheidung noch innehat. Veräußert der Täter hingegen vor Ausführung der geplanten Tat die in seinem Besitz verbleibende Sache, um sie damit der Einziehung zu entziehen, so greift § 74a Nr. 2 bei fehlender Kenntnis des Erwerbers nicht ein. Aber auch § 74a Nr. 1 erfasst den Erwerber, der weiß, was der Veräußerer vorhat, nicht unbedingt, vielmehr wird zu prüfen sein, ob der Erwerber dadurch zur Verwendung der Sache als Tatmittel beigetragen hat, indem er sich auf den Erwerb mittels Besitzkonstituts einließ; ggf. kann auch § 258 anwendbar sein.28 2. Die Einziehung setzt voraus a) einen Erwerb nach der Tat, der erfolgt ist; b) in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen hätten, und c) in verwerflicher Weise.
20
a) Erwerb bedeutet Erlangung des Eigentums an der Sache oder der Inhaberschaft an dem Recht (z.B. Abtretung nach § 398 BGB). Denkbar ist auch, dass der Gegenstand von einem nicht an der Tat Beteiligten erworben wird.29 Allein der Besitz oder Erlangung eines Anspruchs auf Übertragung des Eigentums genügen nicht;30 ebenso wenig die Begründung eines beschränkt dinglichen Rechts, das die Einziehung nicht hindern kann.31 Aus dem Erfordernis des Erwerbs „in verwerflicher Weise“ ergibt sich aber, dass zum Erwerb eine auf Erlangung des Eigentums gerichtete Mitwirkung des Dritten gehört; daran fehlt es, wenn sich der Rechtserwerb kraft Gesetzes ohne Zutun des Dritten vollzieht, so wenn der Erbe kraft Universalsukzession am Nachlass oder wenn der Jagdausübungsberechtigte an dem Wild, das der Jagdgast unter Verletzung der Schonzeitvorschriften erlegt hat (vgl. § 40 BJagdG), Eigentum erwirbt.
21
b) Zur Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, gehört aa) die Kenntnis der Straftat (§ 74 Abs. 1), und zwar etwa in der Weise, wie sie bei der Begünstigung (§ 257) hinsichtlich der Vortat erforderlich ist; bb) die Kenntnis, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat gewesen ist; cc) die Kenntnis, dass der Voreigentümer Täter (Teilnehmer) der Straftat oder ein i.S. des § 74a vorwerfbar handelnder Dritter ist. Dagegen gehört nicht zur „Kenntnis der Umstände“ deren richtige rechtliche Würdigung; auch braucht der Dritte nicht zu wissen, dass die ihm bekannten Umstände rechtlich die Möglichkeit begründen, den Gegenstand einzuziehen.
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Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 8. Fischer Rdn. 6. Wolters SK Rdn. 8. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 7.
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Zur Erfüllung des § 74a Nr. 2 bedarf es nicht positiver Kenntnis, sondern ein dem 22 bedingten Vorsatz entsprechendes Verhalten des Dritten genügt.32 Bei der strafähnlichen Dritteinziehung ersetzt in subjektiver Beziehung die vorbezeichnete Kenntnis der Umstände (in Verbindung mit der Verwerflichkeit des Erwerbs) den bei der Einziehung als Nebenstrafe geforderten Vorsatz des Täters. Vorsatz i.S. des § 74 Abs. 1 umfasst aber auch den bedingten Vorsatz. Demgemäß ist es folgerichtig, im Fall des § 74a Nr. 2 ein dem bedingten Vorsatz entsprechendes Handeln des Dritten genügen zu lassen; das erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil bei der Hehlerei (§ 259) bedingter Vorsatz ausreicht und kein Grund erkennbar ist, es bei der Quasi-Hehlerei der Nr. 2 anders zu halten. c) Neben der maßgeblichen Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen 23 hätten, fordert das Gesetz – im Anschluss an § 113 Abs. 2c des StGB-Entw. 1962 – weiterhin, dass der Erwerb in verwerflicher Weise erfolgt ist. Was darunter zu verstehen ist, ist streitig; es wird (mit Varianten) teils in einem weiteren, teils in einem engeren Sinn ausgelegt. Die weitere Auslegung. Nach der Begründung zum Entw. EGOWiG 1968 will die 24 Vorschrift jene Fälle treffen, „in denen der Täter durch Zusammenwirken mit einem Dritten, an den er den Gegenstand nach der Tat veräußert hat, die Anordnung der Einziehung zu verhindern sucht. Dabei bleibt zu beachten, dass nicht jeder Erwerb eines nicht gutgläubigen Dritten die Einziehung rechtfertigt. Es sind die Fälle zu berücksichtigen, in denen den Erwerber kein Vorwurf trifft, obwohl er die Umstände, welche die Einziehung gegenüber dem Täter ermöglicht hätten, gekannt hat. Das gilt insbesondere bei einem Erwerb im Wege der Notveräußerung etwa nach den Polizeigesetzen, da hierbei nicht die notveräußerte Sache, sondern der Wertersatz der Einziehung unterliegt. Deshalb setzt die Einziehung nach dieser Vorschrift weiter voraus, dass der Erwerb in verwerflicher Weise erfolgt ist“.33 Danach soll die etwas pathetisch klingende Floskel „in verwerflicher Weise“ lediglich die Fälle von der Einziehung ausnehmen, in denen den Erwerber trotz Kenntnis der Umstände, die ohne den Erwerb die Einziehung gegenüber dem Täter ermöglicht hätten, „kein Vorwurf trifft“. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass – über den Fall kollusiven Zusammenwirkens zur Vereitelung der Einziehung hinaus – im Regelfall schon jener Erwerber, der in Kenntnis der genannten Umstände erwirbt, verwerflich handelt, sofern nicht besondere Gründe vorliegen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen.34 Ausnahmen liegen nahe, wenn der Erwerber schon vor der Tat ein Recht auf Erwerb des Gegenstandes hatte oder wenigstens eine Forderung an den Tatbeteiligten, die er anders nicht befriedigen konnte.35 Nach der – wenigstens im Grundsatz – engeren Auslegung36 ist ein die Einziehung 25 ermöglichender Erwerb in verwerflicher Weise nur gegeben, wenn er in begünstigender,
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32 Fischer Rdn. 7; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; Wolters SK Rdn. 10; positives Wissen verlangen Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 9 und Joecks MK Rdn. 14. 33 BRDrucks. 450/66 S. 55; In gleichem Sinn erläuterte der Regierungsvertreter in der 54. Sitzung des Sonderausschusses v. 9.3.1967 – Prot. S. 1044 –, ohne Widerspruch zu finden, die Bedeutung der Verwerflichkeitsklausel dahin, sie sei geschaffen, um z.B. den Fall auszuscheiden, dass jemand die Sache im Wege der Versteigerung erwerbe. 34 Fischer Rdn. 8 sieht ein Handeln, das in erhöhtem Grad sittliche Missbilligung verdient in der Regel als gegeben an, wenn der Erwerber Kenntnis von den die Einziehungsmöglichkeit eröffnenden Umständen hat; Joecks MK Rdn. 16, aber mit der Prämisse, dass „Kenntnis“ positives Wissen bedeutet. 35 Fischer Rdn. 8. 36 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 10.
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§ 74a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
hehlerischer oder sonst wie ausbeuterischer Absicht erfolgt.37 Dem ist nicht zu folgen. Denn die Regel – Ausnahme – Lehre (vorstehend Rdn. 24) kann sich mit gutem Grund auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift mit den erkennbaren gesetzgeberischen Vorstellungen berufen, führt mit den zivilrechtlichen Vorgaben, etwa im Falle der Veräußerung von Plagiaten, zu kompatiblen Ergebnissen,38 und lässt sich auch mit der Einräumung des richterlichen Ermessens gut in Einklang bringen. VI. Zusammentreffen des § 74a mit der Sicherungseinziehung des § 74b; wahlweise Anwendung der Einziehung nach § 74 Abs. 1 und des § 74a 26
1. Ist eine Dritteinziehung nach § 74b und zugleich nach § 74a möglich, so ist § 74b die primäre Einziehungsgrundlage.39
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2. Wahlweise Begründung. Sind die Einziehungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 gegeben, falls der Täter (Teilnehmer) Eigentümer des Gegenstandes zur Zeit der Entscheidung ist, die des § 74a aber, falls er zu diesem Zeitpunkt einem Dritten gehört oder zusteht, und lässt sich nicht eindeutig feststellen, wem von den in Betracht kommenden Personen der tatverstrickte Gegenstand zur Zeit der Entscheidung gehört oder zusteht, so ist eine der Wahlfeststellung entsprechende wahlweise Begründung der Einziehung mit § 74 Abs. 1 und § 74a möglich.40 Es müssen dann aber der Tatbeteiligte wie der Dritte so behandelt werden, als wäre jeder von ihnen von der Einziehung betroffen; es muss also z.B. bei beiden gleichmäßig § 74f beachtet werden, und die danach bei einem jeweils günstigste Beurteilung kommt auch dem anderen zugute. VII. Ermessensentscheidung
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Nach der Neufassung des § 74a „können“ die Gegenstände eingezogen werden, so dass im Grundsatz ein richterliches Ermessen eröffnet ist. Die Ermessensausübung wird insbesondere das Ausmaß des Verschuldens sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen der Einziehung in den Blick zu nehmen haben. Wegen der Ermessensausübung bei „kann“-Vorschriften vgl. § 74f Rdn. 3. Ob weiterhin, wie nach der vormaligen Formulierung „dürfen“, auch nach der neuen Gesetzeslage – anders als bei einer sonstigen „kann“-Vorschrift – bei der strafähnlichen Dritteinziehung eine Einziehungspflicht in jenen Fällen besteht, in denen in einer Sondervorschrift (§ 74 Abs. 2) die Einziehung zwingend vorgeschrieben und §74a für anwendbar erklärt ist, erscheint fraglich. Dagegen spricht nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch die Funktion der Ermessensausübung, sachgerechte Lösungen im Einzelfall zu ermöglichen und die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit zu sichern. Im Ergebnis ist den Gerichten danach stets ein, wenn im Einzelfall durch die Beachtung der Wertung der Sondervorschriften ggf. auch gebundenes, Ermessen eingeräumt (vgl. auch § 74f Rdn. 2, 6, 7).
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37 Diese engere Betrachtungsweise vertritt wohl auch Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3, wenn dort als Beispielsfall eines in verwerflicher Weise Erwerbenden derjenige genannt wird, dem es auf Vereitelung der Einziehung ankommt, oder der aus dem Erwerb einen erkennbar ungerechtfertigten Vorteil zieht. 38 Wagner Wistra 2018 287, 289. 39 Ebenso Fischer Rdn. 2; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 14. 40 Wolters SK Rdn. 11; OLG Oldenburg VRS 90 285.
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VIII. Übergangsregelung
§ 74b Art. 316h EGStGB gilt nicht für die durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen 29 Vermögensabschöpfung im Wesentlichen unverändert gebliebene Regelung des § 74a. Es verbleibt bei der allgemeinen Regelung des § 2 Abs. 5.
§ 74b Sicherungseinziehung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Sicherungseinziehung Lohse § 74a https://doi.org/10.1515/9783110491302-018
§ 74b
(1) Gefährden Gegenstände nach ihrer Art und nach den Umständen die Allgemeinheit oder besteht die Gefahr, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, können sie auch dann eingezogen werden, wenn 1. der Täter oder Teilnehmer ohne Schuld gehandelt hat oder 2. die Gegenstände einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. (2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 wird der andere aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes des eingezogenen Gegenstandes angemessen in Geld entschädigt. Das Gleiche gilt, wenn der eingezogene Gegenstand mit dem Recht eines anderen belastet ist, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtigt ist. (3) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn 1. der nach Absatz 2 Entschädigungsberechtigte a) mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder b) den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder 2. es nach den Umständen, welche die Einziehung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, dem Entschädigungsberechtigten den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand ohne Entschädigung dauerhaft zu entziehen. Abweichend von Satz 1 kann eine Entschädigung jedoch gewährt werden, wenn es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen. Schrifttum S. Vor § 73.
Entstehungsgeschichte Die Sicherungseinziehung war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung am 1.7.2017 in § 74 Abs. 2 Nr. 2 a.F. geregelt. Wegen der Entstehungsgeschichte des § 74 (früher § 40) im Allgemeinen vgl. Rdn. 4 ff vor § 73. Die Gesetzesnovelle bezweckt nach dem Willen des Gesetzgebers keine inhaltliche Neugestaltung der Sicherungseinziehung, sondern hat lediglich die vormalige Regelung aus systematischen Gründen in eine eigenständige Vorschrift überführt. Die Neufassung unterstreicht damit die eigenständige Funktion der Sicherungseinziehung gegenüber der strafähnlichen Einziehung nach § 74 und § 74a. Zugleich wurden die vormaligen Entschädigungsregelungen des § 74f a.F. als neue Absätze 2 und 3 hinzugefügt. 431 https://doi.org/10.1515/9783110491302-018
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§ 74b | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Dadurch werden die einschlägigen Bestimmungen zur Sicherungseinziehung nunmehr in einer einzigen, selbständigen Vorschrift zusammengeführt.
I.
II.
Übersicht Die allgemeinen Einziehungsvoraussetzungen des § 74b 1. Bedeutung der Vorschrift | 1 2. Keine generelle Erstreckung auf Tatobjekte | 2 3. Das Eigentumsrecht des Art. 14 GG | 3 4. Gefährdung der Allgemeinheit | 4 5. Gefahr der Begehung rechtswidriger Taten | 6 6. Zusammentreffen mit § 74 Abs. 1 | 10 Erweiterung der Einziehungsmöglichkeiten nach § 74b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 1. Schuldloses Handeln nach § 74b Abs. 1 Nr. 1 | 11 2. Dritteigentümer § 74b Abs. 1 Nr. 2 | 12
III.
IV.
V. VI.
Der Anspruch auf Entschädigung (Abs. 2) 1. Entstehungsgeschichte und Grundgedanke der Vorschrift | 13 2. Die Entschädigungsberechtigten | 14 Ausschluss der Entschädigungspflicht (Absatz 3 1. Ausschluss nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 | 18 2. Ausschluss nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 | 19 Die Härteklausel des Abs. 3 Satz 2 | 20 Verfahrensrechtliches 1. Entschädigungsverpflichteter | 21 2. Zuständigkeit | 22
I. Die allgemeinen Einziehungsvoraussetzungen des § 74b 1
1. Bedeutung der Vorschrift. Im Gegensatz zu jenen Formen der Einziehung in § 74 und § 74a, die als strafähnliche Maßnahmen den staatlichen Zugriff auf fremdes Eigentum gestatten, liegt die Rechtfertigung der Sicherungseinziehung in der Gefährlichkeit der betroffenen Gegenstände. In Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten, welche die Einziehung nach § 74 eröffnet, lässt § 74b bei Vorliegen einer rechtswidrig begangenen Straftat die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten auch für Gegenstände zu, die nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder bei denen die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) dienen werden. Dabei ist die Einziehung über den Grundfall des Zugriffs auf das Eigentum des schuldhaft handelnden Täters oder Teilnehmers hinaus auch für zwei weitere Konstellationen zulässig: Zum einen ist die Einziehung zu Sicherungszwecken ohne Rücksicht darauf möglich, ob der Täter oder Teilnehmer schuldhaft gehandelt hat (Abs. 1 Nr. 1). Zum anderen ist auch eine Einziehung mit Wirkung gegenüber dem tatunbeteiligten Dritteigentümer gestattet (Abs. 1 Nr. 2). Ob Gefährdung und Gefahr i.S. der Nr. 2 bestehen, ist nach den Umständen im Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen.1
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2. Keine generelle Erstreckung auch auf Tatobjekte. Aus dem Gesetzeswortlaut wird im Schrifttum teilweise der Schluss gezogen, die Sicherungseinziehung nach § 74b würde sich, ohne dass es dafür (im Gegensatz zu § 74 Abs. 4 a.F.) einer weiteren Verweisung bedürfe, generell auch auf sämtliche Tatobjekte (Beziehungsgegenstände) erstrecken.2 Dies wäre eine weitreichende Änderung der bisherigen Gesetzeslage, weil damit die bestehenden zahlreichen Verweisungen überflüssig geworden und § 74b in seiner
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Göhler MDR 1969 1026. SSW/Heine Rdn. 4.
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Anwendbarkeit wesentlich erweitert worden wäre. Diese Konsequenz wird sich indes nicht ziehen lassen. Dem steht zum einen der erkennbare Willen des Gesetzgebers entgegen, denn die Gesetzesmaterialien lassen nur den Schluss zu, dass eine solche weitreichende Änderung nicht gewollt war. Während die Reformüberlegungen im Übrigen detailliert erläutert werden, wird hinsichtlich § 74b Abs. 1 lediglich bemerkt, dass mit der Neufassung keine inhaltlichen Änderungen verbunden sein sollten. Ebenso steht diese Auslegung auch mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang. Denn mit der Wendung „können sie auch dann eingezogen werden“ nimmt der Gesetzgeber ersichtlich die Voraussetzungen des Grundfalls der Einziehung in § 74 in Bezug, welche in mehrfacher Hinsicht, nämlich zum einen für den Fall der Gefährlichkeit des Gegenstands und zum anderen für die Sonderfälle des schuldlosen Handelns oder des Dritteigentums, erweitert werden. Eine Sicherungseinziehung von Tatobjekten setzt deshalb auch weiterhin voraus, dass eine entsprechende Verweisung auf die Einziehungsvorschriften des StGB im Sinne des § 74 Abs. 2 vorliegt.3 3. Das Eigentumsrecht des Art. 14 GG. Mit dem Eigentumsanspruch aus Art. 14 GG 3 ist der durch die Sicherungseinziehung erfolgende Eingriff vereinbar. Der Schutz der Allgemeinheit genießt hier den Vorrang.4 Die Eigentumsgarantie hat aufgrund der Gemeinwohlklausel des Art. 14 Abs. 2 GG hinter das Sicherungsinteresse zurückzutreten. Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. 4. Gefährdung der Allgemeinheit. Bei den Gegenständen, die nach ihrer Art und 4 den Umständen die Allgemeinheit gefährden, ist, soweit es sich um die „Art“ handelt, an eine generelle abstrakte Gefährlichkeit des Gegenstandes für die Allgemeinheit gedacht, die sich aus den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Gegenstandes oder seinen Verwendungsmöglichkeiten ergibt, die für die Allgemeinheit Gefahren in sich bergen, wenn der Gegenstand nicht aus dem Verkehr gezogen wird.5 In Betracht kommen z.B. Falschgeld, Sprengstoffe, Kernbrennstoffe, radioaktives Material, Gifte jeder Art einschl. Rauschgifte6 und Bakterienkulturen, durch Verderb oder die Art der Zusammensetzung gefährliche Lebensmittel, Waffen wie Maschinenpistolen und Munition, Gegenstände, die praktisch nur zur Verwendung bei Straftaten dienen (dazu hergestellt oder zugerichtet sind), wie z.B. Propagandaschriften für eine verbotene Partei.7 Indessen gibt es keine absolut gefährlichen Gegenstände, sondern es kommt darauf an, ob Erlaubnisse bestehen und z.B. die gesetzlichen Bestimmungen beachtet werden. Deshalb bindet das Gesetz die Einziehungsfähigkeit der nach ihrer Art gesteigert (generell, abstrakt) gefährlichen Gegenstände an die weitere Voraussetzung, dass sie „nach den Umständen“ für die Allgemeinheit gefährlich sind. Das ist etwa der Fall, wenn sich der Gegenstand in der Hand von Personen befindet, die die von dem Gegenstand drohenden Gefahren nicht kennen oder keine oder nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Abwendung der Gefahren treffen, die unzuverlässig sind oder gar zu Rechtsbrüchen neigen, während unter anderen Umständen (sorgfältige Verwahrung, bestimmungsgemäße Behandlung, Beaufsichtigung und Verwendung) ein „an sich“ gefährlicher Gegenstand für die Allgemeinheit ungefährlich sein kann. Entsprechend hat die Rechtsprechung zutreffend die generelle Gefährlichkeit einer Hunderasse nicht aus-
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So auch Sch-Sch/Eser/Schuster Rdn. 5. BGHSt 19 63, 76; 20 253, 255; 21 66, 69. Vgl. Joecks MK § 74 aF Rdn. 41. OLG Frankfurt a.M. NJW 1997 1647. BGHSt 26 258, 266.
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reichen lassen, um die Einziehung von Hunden dieser Rasse zu begründen.8 Im Fall der Gesamtauflage einer Schrift verfassungsfeindlichen Inhalts kann bei den einzelnen Stücken die Gefährlichkeit nach den Umständen unterschiedlich zu beurteilen sein; der Umfang der Einziehung, falls die Gegenstände sich nicht in der Hand des Täters befinden oder nach § 74d Abs. 1 eingezogen werden müssen, hängt dann davon ab, wie groß die konkrete Gefahr ist, die von ihnen ausgeht.9 5 Dass der Gegenstand die Allgemeinheit gefährden muss, bedeutet nicht, dass aus seiner gesetzwidrigen Behandlung und Verwendung eine Gemeingefahr im technischen Sinn (Gefahr für Leib und Leben einer unbestimmten Zahl von Personen oder auch nur eines einzelnen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert) entstehen müsse. Vielmehr kann – vgl. als Gegenstück zu der Gefahr für die Allgemeinheit den Begriff des Wohles der Allgemeinheit, Art. 14 Abs. 3 GG – die Einziehung zum Schutz jedes rechtlich geschützten Interesses angeordnet werden.10 5. Gefahr der Begehung rechtswidriger Taten. Bei Absatz 1 Nr. 2 kommt es nicht auf die Beschaffenheit und die besondere Verwendungsmöglichkeit des Tatprodukts oder Tatmittels, sondern nur darauf an, ob nach den konkreten Umständen die Gefahr besteht, dass er zur Begehung rechtswidriger Taten dienen werde (individuelle Gefährlichkeit).11 Unter dieser Voraussetzung ist jeder Gegenstand einziehungsfähig, z.B. auch das bei der Körperverletzung verwendete Messer, die Aktentasche, die zum Antransport des Diebeswerkzeugs benutzt wurde oder bei Mitgliedern einer terroristischen Vereinigung beschlagnahmtes Geld.12 Möglich ist auch eine Sicherungseinziehung von Kraftfahrzeugen, sofern besondere Umstände der Tat oder Merkmale der Persönlichkeit des Beschuldigten die Gefahr begründen, dass er es künftig erneut in strafbarer Weise nutzen wird.13 Der mit der Einziehung verfolgte Zweck wird nicht dadurch gegenstandslos, dass für den Täter die Möglichkeit besteht, sich Ersatz zu beschaffen; das gilt insbesondere dann, wenn eine Ersatzbeschaffung mit besonderer Mühewaltung oder mit verhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist.14 „Gefahr“ ist hier – wie auch sonst – die begründete Besorgnis, die nahe liegende 7 Möglichkeit (Wahrscheinlichkeit), während eine bloße oder nur entfernte Möglichkeit nicht genügt.15 Die Gefahr des Dienens zur Begehung rechtswidriger Taten muss nach den besonderen konkreten Umständen begründet sein. Die bloße gedankliche Möglichkeit einer rechtswidrigen Verwendung reicht dafür nicht aus, sondern es müssen konkrete Anhaltspunkte eine rechtswidrige Verwendung nahe legen.16 Das ist insbesondere der Fall bei Tatprodukten, die praktisch gar nicht anders als unter Missachtung der Rechtsordnung gebraucht werden können z.B. gefälschte oder verfälschte Urkunden, § 282 Ab-
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8 OLG Karlsruhe NJW 2001 2488. 9 BGHSt 23 64, 69. 10 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4, Joecks MK § 74 a.F. Rdn. 43. 11 BGHSt 18 271, 272; 23 64, 69; BGH VRS 50 38, 39; BGH JZ 1988 936; BGH bei Holtz MDR 1991 701. 12 BGH NStZ 1985 262. 13 Vgl. KG VRS 57 20: Vollrauschtat des wiederholten Fahrens ohne Fahrerlaubnis; LG Siegen NStZ 1990 338: Einziehung eines einem Dritten gehörenden Pkw, mit dem der Angeklagte wiederholt ohne Fahrerlaubnis gefahren ist; ebenso OLG Oldenburg Urt. v. 13.2.1995 – Ss 511/94 (juris); beachte aber auch BGH StV 1991 262: Allein die Tatsache, dass ein gefährlicher Eingriff. in den Straßenverkehr vorliegt, begründet eine solche Wahrscheinlichkeit noch nicht; ferner Rebler DAR 2016 422, 426. 14 BayObLGSt. 1973 178, 181. 15 Vgl. etwa BGHSt 18 271. 16 BGHSt 18 271, 272; 23 64, 69.
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satz 2, nicht notwendigerweise bei gefälschten Kunstgegenständen,17 – anders, wenn der Täter die Verfälschung nachträglich wieder rückgängig gemacht hat18 –, und bei Tatwerkzeugen, die gerade zu kriminellen Zwecken hergerichtet sind. Die Gefahr kann sich auch daraus ergeben, dass der Gegenstand schon in der Vergangenheit wiederholt der Begehung rechtswidriger Taten diente, insbesondere bei der Annahme, der Täter werde ohne die Einziehung bei jeder sich bietenden Gelegenheit in gleicher Weise wieder straffällig werden.19 Das bei einem einer Straftat nach § 129a Abs. 1 StGB Verdächtigen sichergestellte Geld kann der Einziehung nach der 2. Alternative unterliegen, wenn er dringend verdächtig ist, auch künftig weitere Akte mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung – auch unter Nutzung des sichergestellten Geldes, wenn es ihm zur Verfügung stünde – zu begehen.20 Handelt es sich um die Einziehung eines dem Täter nicht gehörenden Gegenstandes, reicht dagegen – bei Berücksichtigung der Belange des tatunbeteiligten Eigentümers – eine erstmalige Verurteilung des bisher unbestraften Täters, wenn auch wegen einer nicht unerheblichen Straftat, für sich allein noch nicht zur Begründung einer konkreten Gefahr aus. So rechtfertigt z.B. die Verurteilung zu Freiheitsstrafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung bei gleichzeitiger Entziehung der Fahrerlaubnis mit längerer Sperrfrist allein noch nicht die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten, dem Täter nicht gehörigen Fahrzeugs.21 Zu weit geht es, wenn verlangt wird, es müsse sich um die Gefahr von Straftaten oder rechtswidrigen Taten handeln, die zumindest in ihren Umrissen bereits einigermaßen klar bestimmbar sind;22 entscheidend kann nur die aus einer Gesamtwürdigung hergeleitete Begründung der Gefahr sein, ohne dass zugleich Bestimmtheitserfordernisse notwendigerweise erfüllt sein müssen, wobei freilich die anzunehmende Gefahr mit zunehmender Konkretheit des zu erwartenden strafbaren Handelns steigt. Die Verwendungsgefahr entfällt, wenn das Produkt oder Werkzeug der Tat durch Vermischung oder Verarbeitung untergegangen ist, also keine Identität mehr besteht.23 Bedeutungslos ist die Art der zu besorgenden rechtswidrigen Tat; eine Ein- 8 schränkung (etwa: „der Begehung weiterer gleichartiger …“) kennt das Gesetz nicht. Es kann also z.B. das zur Begehung eines Diebstahls verwendete Kraftfahrzeug eingezogen werden, wenn seine künftige Verwendung zur Begehung von Schmuggelfahrten zu besorgen ist. Wesentlich ist nur das Bestehen der Gefahr, dass die Sache der Begehung rechtswidriger Taten dient, d.h. als Tatwerkzeug verwendet werde. § 74b betrifft nicht den Fall, dass der Gegenstand nicht Mittel, sondern nur Tatobjekt („Beziehungsgegenstand“) einer künftigen rechtswidrigen Tat sein kann; dazu oben Rdn. 2. Um Beziehungsgegenstände nach § 74b einziehen zu können, bedarf es einer entsprechenden Verweisung (vgl. § 74 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2). Es kommt auch nicht darauf an, von wem die Gefahr einer rechtswidrigen Tat 9 droht, ob vom Täter, vom Dritteigentümer oder von einer anderen Person; die Einziehung ist auch dann zulässig, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Gegenstand, falls er nicht eingezogen wird, durch Überlassung des Besitzes, Übereignung, mangel-
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17 BGH BGH JZ 1988 936; BGH bei Holtz MDR 1991 701; OLG Düsseldorf StraFo 2009 525; für das Ausreichen einer durch Unzuverlässigkeit erfüllten abstrakten Gefahr Feldmann GA 2014 333, 347f. 18 OLG Hamm NJW 1976 2222, 2223. 19 OLG Koblenz VRS 49 [1975] 134, 136. 20 BGH NStZ 1985 262 zur Beschlagnahme nach § 111b StPO von Geldern eines mutmaßlichen Mitglieds der „RAF“. 21 BGH VRS 50 [1976] 38, 39. 22 So aber Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6; zweifelnd Joecks MK § 74 a.F. Rdn. 45. 23 BayObLGSt. 1963 107, 110.
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hafte Verwahrung usw. in die Hand von irgendwelchen Personen gerät, denen er zur Begehung rechtswidriger Taten dient. 10
6. Zusammentreffen von § 74 Abs. 1 und § 74b Abs. 1. Gegenüber der Einziehung nach § 74 Abs. 1 weist die Einziehung nach § 74b Abs. 1 Besonderheiten auf, die sich aus dem im Vordergrund stehenden Sicherungszweck (oben Rdn. 7) ergeben: 1. sie ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 74a mit Wirkung gegen den tatunbeteiligten Dritteigentümer zulässig; 2. bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Einziehung gelten Besonderheiten (vgl. § 74f Rdn. 5); 3. es wird das Erlöschen beschränkter dinglicher Dritter am Einziehungsgegenstand angeordnet (§ 75); 4. die selbständige Einziehung ist in weiterem Umfang zulässig (§ 76a). Wegen dieser weiterreichenden Folgen ist zunächst zu prüfen, ob die Einziehung auf § 74b Abs. 1 gestützt werden kann. Aber auch wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift festgestellt sind, ist es nicht nur zulässig, sondern geboten, als Einziehungsgrund nicht nur § 74b, sondern auch die Ermächtigungsgrundlage des § 74 Abs. 1 anzuführen, wenn auch deren Voraussetzungen festgestellt sind und der Gesichtspunkt des Unrechtsausgleichs (der Bestrafung) die Wegnahme des Gegenstandes rechtfertigt und fordert. Damit wird ermöglicht, eine Einziehung auch dann auszusprechen, wenn der Sicherungszweck gemäß § 74b Abs. 1 durch eine weniger einschneidende Maßnahme erreichbar wäre, und es bleibt die Möglichkeit erhalten, nachträglich gemäß §§ 74c, 76 die Einziehung von Wertersatz anzuordnen. Demgemäß muss sich den Gründen der die Einziehung anordnenden Entscheidung entnehmen lassen, auf welchen der in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen sie beruht.24 Mit der Stützung der Einziehung auf eine der beiden Normen begnügt sich das Gericht, wenn deren Voraussetzungen feststehen, die Voraussetzungen der anderen (Eigentum zur Zeit der Entscheidung bei § 74 Abs. 1, die Gefährdung der Allgemeinheit oder die Gefahr weiterer Verwendung des Gegenstandes zur Begehung rechtswidriger Taten bei § 74 Abs. 2) sich nicht sicher feststellen lassen oder (vgl. den Rechtsgedanken des § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO) Feststellungen nach dieser Richtung einen unangemessenen Aufwand erfordern würden und Nachteile für den Betroffenen nicht zu erwarten sind. Ist eine Einziehung im angefochtenen Urteil in der rechtsirrtümlichen Annahme, die Sache gehöre dem Täter, nur aus § 74 Abs. 1 ausgesprochen, so ist dies unschädlich, wenn nach den tatsächlichen Feststellungen die Einziehung auf Grund des § 74b gerechtfertigt und das Revisionsgericht davon überzeugt ist, dass der Tatrichter bei richtiger rechtlicher Würdigung die Einziehung auf Grund dieser Vorschrift angeordnet hätte.25 II. Erweiterung der Einziehungsmöglichkeiten nach § 74b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2
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Schuldloses Handeln nach § 74b Abs. 1 Nr. 1. § 74b Abs. 1 Nr. 1 erweitert die allgemeinen Einziehungsvoraussetzungen des § 74b auf die Fälle schuldlosen Handelns. Die Regelung des Absatz 1 Nr. 1 lässt die Einziehung gefährlicher Tatprodukte und Tatmittel i.S. des § 74b Abs. 1 auch dann zu, wenn der Täter nur (mit „natürlichem“ Vorsatz) den äußeren Tatbestand einer vorsätzlichen Straftat rechtswidrig verwirklicht hat, die Schuld also entfällt oder nicht eindeutig festgestellt werden kann.26 Hier ist die Einziehung eindeutig als Sicherungsmaßnahme gekennzeichnet. Die Fassung des Gesetzes in
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24 OLG Saarbrücken NJW 1975 65, 66 zu § 74 Abs. 2 Nr. 2 a.F. 25 OLG Koblenz VRS 49 [1975] 134. 26 BGHSt 31 80 = JZ 1983 207 m. Anm. Hettinger; BGH NStZ-RR 1996 100; OLG Düsseldorf JMBlNW 1989 236.
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§ 74b Abs. 1 Nr. 1 und 2 stellt klar, dass die Maßnahme der Einziehung sich sowohl gegen Täter als auch Teilnehmer richtet. Dritteigentümer § 74b Abs. 1 Nr. 2. Demgegenüber wird in § 74b Abs. 1 Nr. 2 auf 12 das Erfordernis des Eigentums zur Zeit der Entscheidung verzichtet. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob den Dritteigentümer ein Schuldvorwurf der in § 74a Nr. 1 und 2 bezeichneten Art trifft.27 Maßgeblich bleibt danach allein, dass eine vorsätzliche Straftat begangen worden ist. III. Anspruch auf Entschädigung (Abs. 2) 1. Entstehungsgeschichte und Grundgedanke der Vorschrift. Das frühere Straf- 13 recht kannte keine dem jetzigen § 74b Abs. 2 (bisherige Bezifferung: § 41c, später § 74f) entsprechende allgemeine Vorschrift über die Entschädigung tatunbeteiligter Dritter, die durch die Einziehung eines Gegenstandes ihr Eigentumsrecht oder ein Recht am Einziehungsgegenstand einbüßten. Sondervorschriften enthielten dagegen die auf dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz v. 30.8.1951 beruhenden §§ 86 Abs. 2, 98 Abs. 2, 101 Abs. 2 a.F. StGB, wonach bei Einziehung (Unbrauchbarmachung) in Fällen von Hoch- und Landesverrat und Staatsgefährdung dem tatunbeteiligten Eigentümer aus der Staatskasse eine angemessene Entschädigung zu zahlen war, sofern er sich nicht im Zusammenhang mit der Tat auf andere Weise strafbar gemacht hatte. Dieser Vorschrift, die auf das Vorbild des StGB-Entw. 1930 zurückging, lag der Gedanke zugrunde, dass eine Einziehung, die als Sicherungsmaßregel auch der an der Tat völlig unbeteiligte Eigentümer mit der Folge des Eigentumsverlusts hinnehmen muss, sich ihm gegenüber als eine Eigentumsentziehung zum Wohl der Allgemeinheit darstelle, die nach dem – mindestens sinngemäß anwendbaren – Art. 14 Abs. 3 GG nur gegen Entschädigung zulässig sei. Der diesen Vorschriften zugrunde liegende Gedanke führte, wie in Rdn. 4 ff vor § 73 dargestellt, zu einer Zurückdrängung der bis dahin in weitem Umfang vorgesehenen sog. unterschiedslosen Einziehung und zu der Forderung, dass der in seinen Rechten Beeinträchtigte für den Rechtsverlust zu entschädigen sei.28 Eine allgemeine Regelung der Entschädigungsfrage für das Gebiet des Straf- und Nebenstrafrechts sah erstmals die Regelung des § 119 E 1962 vor, welche im Wesentlichen über die vormalige Regelung des § 74f StGB in die jetzige Fassung des § 74b Abs. 2 und 3 übernommen wurde. Danach ist der tatunbeteiligte Dritteigentümer für die Einbuße durch Einziehung oder Unbrauchbarmachung aus der Staatskasse zu entschädigen; das gleiche gilt für die Inhaber beschränkt dinglicher Rechte am Gegenstand der Einziehung oder Unbrauchbarmachung, sofern ihr Recht durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtigt ist. Absatz 3 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Entschädigungspflicht entfällt, sofern nicht die Härteklausel des Absatzes 3 Satz 2 zu einer Milderung führt. Die dem § 74b Abs. 2 entsprechende Vorschrift für das Ordnungswidrigkeitenrecht findet sich in § 28 OWiG.
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27 BGH bei Detter NStZ 1990 225; Maurach/Gössel/Zipf § 61 II B 2c; Hettinger JR 1983 209. 28 Dem entsprach in allgemeiner Form für das Recht der Ordnungswidrigkeiten das OWiG 1952, indem es einerseits in § 19 eine Einziehung mit Wirkung gegenüber dem tatunbeteiligten „unschuldigen“ Eigentümer ausschloss, andererseits in § 23 den Inhabern beschränkt dinglicher Rechte am Einziehungsgegenstand, die nach § 22 mit Rechtskraft der Einziehungsentscheidung erloschen, einen Entschädigungsanspruch gewährte, sofern der Betroffene nicht die die Einziehung rechtfertigende Zuwiderhandlung kannte oder kennen musste oder von ihr einen Vorteil hatte, dessen Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung ihm erkennbar war.
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2. Die Entschädigungsberechtigten 14
a) Entschädigungsberechtigt sind zunächst Dritte („andere“), denen das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zustand. „Andere“ im Sinne der Vorschrift sind diejenigen Personen, gegen die sich die Maßnahme nicht unmittelbar richtet, sondern die von ihr nur mittelbar durch die Einziehungswirkung nach § 74e betroffen werden. Keine Dritte sind danach einmal Täter und Teilnehmer und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie ein Schuldvorwurf trifft (§§ 74 Abs. 3, 74d), denn eine entschädigungspflichtige Enteignung liegt auch dann nicht vor, wenn Sicherungsmaßnahmen gegen die von einem Gegenstand ausgehenden Gefährdungen der Allgemeinheit getroffen werden, die sich aus der Person des Eigentümers oder der Beschaffenheit des Gegenstandes ergeben, und die Verwirklichung des Straftatbestandes nicht schuldhaft erfolgt.29 Dritter ist ferner nicht der tatunbeteiligte Eigentümer, den § 74a dem Täter oder Teilnehmer gleichgestellt, weil ihm vorwerfbare Quasi-Hehlerei oder Quasi-Begünstigung zur Last fällt. Eine entsprechende Anwendung des § 74b Abs. 2 auf andere Fälle eines Eigentumsverlusts im Laufe eines Strafverfahrens ist nicht möglich.30
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b) Als entschädigungsberechtigter tatunbeteiligter Dritteigentümer (Drittrechtsinhaber), dem Eigentum oder Recht im Zeitpunkt der Rechtskraft zustand, kommt danach in Betracht, wer aa) in der Zeit zwischen der letzten tatrichterlichen Verhandlung und der Rechtskraft des Urteils gutgläubig Eigentum erwarb, bb) von einer Einziehung (Unbrauchbarmachung) nach § 74b oder § 74d betroffen wurde, cc) wirklich Eigentümer ist, ohne sein Verschulden aber nicht in den Tatsacheninstanzen des Strafverfahrens die Rechte eines Einziehungsbeteiligten wahrnehmen konnte, mit der Folge, dass das Gericht zu Unrecht die Einziehungsvoraussetzungen nach §§ 74 Abs. 2 Nr. 1, 74a (Eigentum des Täters oder Teilnehmers oder des Dritten i.S. des § 74a zur Zeit der Entscheidung) als gegeben ansah. In solchen Fällen sieht § 433 StPO die Möglichkeit eines Nachverfahrens mit dem Ziel einer Entscheidung vor, dass die Einziehung dem wirklichen Eigentümer gegenüber nicht gerechtfertigt sei (vgl. auch § 433 Abs. 4). Jedoch kann unabhängig von dieser Möglichkeit der wirkliche Eigentümer – auch während und erst recht nach Ablauf der einmonatigen Antragsfrist für das Nachverfahren (§ 433 Abs. 2) – Entschädigung nach § 74b Abs. 2 verlangen und seinen Anspruch im Wege des Zivilprozesses durchsetzen.
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c) Die einen Entschädigungsanspruch begründende Einbuße kann in dem Verlust des Eigentums (Rechts) durch den Übergang auf den Staat (§ 75, vgl. aber zu der geänderten Rechtslage § 75 Rdn. 7), sowie darin bestehen, dass bei Einziehungsvorbehalt Maßnahmen i.S. des § 74f angeordnet und durchgeführt sind, die mit Verlust oder wirt-
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29 BGHZ 27 382, 389; BGHSt 15 399, 403. 30 Vgl. den Fall LG Hamburg NJW 1974 373: Es ergeht ein Strafbefehl, der auf Einziehung des beschlagnahmten Kraftfahrzeugs lautet; in der Annahme der eingetretenen Rechtskraft wird das Fahrzeug zugunsten der Staatskasse versteigert; der Beschuldigte begehrt Entschädigung, weil entgegen der Annahme des Amtsgerichts der Strafbefehl nicht wirksam zugestellt worden ist.
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schaftlicher Beeinträchtigung des Eigentums verbunden waren. Dagegen kann ein Entschädigungsanspruch nicht darauf gestützt werden, dass der Rechtsverlust nicht erforderlich gewesen sei und weniger einschneidende Maßnahmen ausgereicht hätten, denn solche Einwendungen können nur gegen die Einziehungsentscheidung selbst geltend gemacht werden. 3. Inhaber beschränkt dinglicher Rechte am Gegenstand der Einziehung oder 17 Unbrauchbarmachung sind, da diese Rechte grundsätzlich von einer Einziehung nicht berührt werden (§ 75), nur beschränkt entschädigungsberechtigt, nämlich wenn das Erlöschen dieser Rechte gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 angeordnet wurde oder wenn das bestehen gebliebene Recht durch eine Maßnahme nach § 74f Abs. 1 beeinträchtigt wurde, indem sie seinen wirtschaftlichen Wert verringerte. Im Übrigen ist ein Rechtsverlust durch Anordnung des Erlöschens nach § 75 Abs. 2 Satz 3 nur in Fällen zulässig, in denen eine Entschädigung nicht zu gewähren ist. IV. Ausschluss der Entschädigungspflicht (Absatz 3) 1. Die Nummer 1 enthält in lit a und lit b Ausschließungsgründe, die den Einzie- 18 hungsvoraussetzungen in § 74a Nr. 1, 2 entsprechen. Die Entschädigungspflicht entfällt, wenn die Einziehung auf § 74a gestützt werden kann. Die Erläuterungen zu § 74a Nr. 1, 2 (§ 74a Rdn. 15 ff) gelten entsprechend. Liegen bei der Sicherungseinziehung die Voraussetzungen von § 74b Abs. 3 Nr. 1 StGB vor, entfällt die Entschädigungspflicht unabhängig davon, ob der Dritte das Einziehungsobjekt vom Täter/Teilnehmer oder einer sonstigen Person erworben hat.31 2. Die Nummer 2 schließt die Entschädigung aus, wenn die Einziehung oder 19 Unbrauchbarmachung keine Enteignung (Art. 14 GG) ist, weil es im konkreten Fall auch auf Grund anderer Vorschriften zulässig gewesen wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. Mit dieser Anknüpfung an außerstrafrechtliche Vorschriften beschreibt die Vorschrift die Fälle, in denen das Gesetz die Grenzen des Eigentums festsetzt. Gedacht ist hierbei vorzugsweise an die Polizeigesetze der Länder, die unter gewissen Voraussetzungen aus Präventivgründen, d.h. zum Schutz der Allgemeinheit vor Gefahr und zur Vermeidung der missbräuchlichen Benutzung eines Gegenstandes, auch die dauernde Entziehung des Eigentums oder die Vernichtung oder Unbrauchbarmachung zulassen können. Der Versagung einer Entschädigung gemäß Nummer 3 steht indessen nicht entgegen, dass dem Berechtigten im Falle einer Verwertung der Erlös, abzüglich der Verwertungskosten auszukehren ist;32 auch könnte, wenn die Höhe des Verwertungserlöses absehbar ist, eine entsprechende Zubilligung nach § 74f Abs. 3 erfolgen. V. Härteklausel (Absatz 3 Satz 2) Die Härteklausel dient der Vermeidung von Ungerechtigkeiten, die sich bei uneinge- 20 schränkter Versagung einer Entschädigung im Vergleich mit § 74a ergeben könnten.33 Während nämlich bei der strafähnlichen Einziehung nach § 74a über die Einziehung nach Ermessensgrundsätzen zu entscheiden ist, müsste bei der Einziehung als Siche-
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Vgl. Joecks MK Rdn. 8. Joecks MK Rdn. 10. Vgl. die Begr. zu § 41, BTDrucks. V/1319 S. 60.
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rungsmaßnahme der tatunbeteiligte Dritteigentümer, den ein entsprechender Schuldvorwurf trifft, nicht nur die Einziehung hinnehmen, sondern er wäre auch, wenn Abs. 3 Satz 2 nicht bestünde, von jeglicher Entschädigung ausgeschlossen. Eine Entschädigung, die bis zur Höhe der Entschädigung nach Absatz 1 gehen kann, wird aber nur gewährt, soweit die Versagung der Entschädigung eine unbillige Härte wäre, etwa wenn bei einer Sicherungseinziehung der Rechtsverlust durch die Einziehung außer Verhältnis zur Bedeutung der Tat oder der Schwere des Vorwurfs steht, oder wenn der Dritte im Fall des Absatzes 2 Nr. 2 bei einem Verlust nach außerstrafrechtlichen Vorschriften wenigstens Anspruch auf Herausgabe des Erlöses hätte. VI. Verfahrensrechtliches 21
Entschädigungspflichtig nach § 74b Abs. 2 ist der Bund oder das Land, das mit der Rechtskraft Eigentum am Einziehungsgegenstand erlangte. Die Höhe der Entschädigung richtet sich grds. nach dem Verkehrswert des eingezogenen Gegenstandes. Zuständig für die Entscheidung über Entschädigungsansprüche gegen die Staats22 kasse, ist grundsätzlich das Zivilgericht (Art. 14 Abs. 3 GG). Das Strafgericht kann im Zusammenhang mit der Einziehung über solche Ansprüche nur entscheiden, wenn ihm die Befugnis hierzu gesetzlich besonders eingeräumt ist. Eine solche Ausnahme ist in § 430 Abs. 3 StPO (§ 436 Abs. 3 StPO a.F.) vorgesehen, der auch im selbständigen Einziehungsverfahren Anwendung findet (§ 435 Abs. 3 StPO, vormals § 440 Abs. 3 StPO). Nach § 430 Abs. 3 Satz 1 spricht das Gericht, wenn es die Einziehung auf Grund von Umständen anordnet, die einer Entschädigung eines Einziehungsbeteiligten entgegenstehen, zugleich aus, dass dem Einziehungsbeteiligten eine Entschädigung nicht zusteht; es trifft also, wenn es die Ausschlussvoraussetzungen des § 74b Abs. 3 Satz 1 StGB feststellt, insoweit eine Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch dem Grunde nach. Diese Vorschrift soll widersprechende Entscheidungen zwischen Zivil- und Strafgericht ausschließen. Sie legt dem Strafgericht die Pflicht auf, über die Versagungsvoraussetzungen Feststellungen zu treffen; diese Entscheidung ist nicht einem Nachverfahren gemäß § 430 (vormals: § 439) StPO überlassen.34 Ist einem Einziehungsbeteiligten der Entschädigungsanspruch rechtskräftig abgesprochen, so bindet dies das Zivilgericht. Zum anderen kommt dem Strafgericht ebenfalls aus prozessökonomischen Gründen § 430 Abs. 3 Satz 2 StPO (vormals § 436 Abs. 3 StPO) die Befugnis zu, wenn er aus Billigkeitsgründen eine Entschädigung nach § 74b Abs. 3 Satz 2 für geboten hält, nicht nur über den Grund, sondern zugleich über die Höhe der Entschädigung zu entscheiden.
§ 74c Einziehung des Wertes von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung d. Wertes v. Tatprodukten, Tatmitteln u. Tatobj. b. Tätern u. Teilnehmern Lohse § 74c https://doi.org/10.1515/9783110491302-019
(1) Ist die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes nicht möglich, weil der Täter oder Teilnehmer diesen veräußert, verbraucht oder die Einziehung auf andere Weise vereitelt hat, so kann das Gericht gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert des Gegenstandes entspricht. (2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben oder statt der Einziehung eines Gegenstandes treffen, wenn ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Ent-
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BGH NJW 1970 818, 820; LG Bayreuth NJW 1970 574, 577.
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scheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen nicht oder ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann (§ 74 Absatz 2 und 3 und § 75 Absatz 2). Trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, bemisst sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes. (3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden.
I.
II.
Übersicht Grundgedanke, Entstehungsgeschichte und Rechtsnatur 1. Funktion | 1 2. Entstehungsgeschichte | 2 3. Gebiet der Ordnungswidrigkeiten | 3 4. Rechtsnatur | 4 Voraussetzungen der Wertersatzeinziehung (Absatz 1) 1. Elemente des Abs. 1 a) Eigentümer zur Zeit der Tat | 5 b) Unmöglichkeit der Einziehbarkeit | 6 c) Zeitpunkt der Entscheidung | 7 2. Verhältnis von „Veräußern“, „Verbrauchen“ und „Vereiteln“ | 8 3. Begriff des Veräußerns und Verbrauchens | 9
Begriff des Vereitelns | 10 a) Beispielsfälle einer tatsächlichen Vereitelung | 12 b) Folgerungen | 13 Wertersatz 1. Höhe | 14 2. gemeine Verkehrswert | 15 3. Ermessensausübung | 16 4. Tatbeteiligte Nichteigentümer | 17 5. Schätzung | 18 Dingliche Belastung (Absatz 2) 1. Bedeutung der Vorschrift | 19 2. Wahlmöglichkeit | 20 V. Zahlungserleichterungen | 21 Vollstreckung | 22 4.
III.
IV.
VI.
I. Grundgedanke, Entstehungsgeschichte und Rechtsnatur 1. § 74c ergänzt die §§ 74 und 74a. Die Vorschrift soll zunächst eine Lücke schlie- 1 ßen, die sich sonst bei der Einziehungsregel des § 74 Abs. 1 ergeben würde. Diese Bestimmung setzt voraus, dass der Täter oder Teilnehmer im Zeitpunkt der Entscheidung Eigentümer der Sache oder Inhaber des Rechts ist.1 War er zur Tatzeit Eigentümer (Rechtsinhaber), so kann er die Einziehung dadurch umgehen, dass er vor der Entscheidung über die Einziehung den Gegenstand verwertet, namentlich veräußert (ohne dass die Einziehungsvoraussetzungen nach § 74a Nr. 2 gegeben sind) oder verbraucht, oder dass er die Einziehung sonst vereitelt. Dem begegnet § 74c Abs. 1, der an Stelle der nicht mehr möglichen Einziehung des Gegenstandes die Einziehung von Wertersatz eröffnet. § 74c will weiterhin unangemessene Ergebnisse ausschließen, die sich ergeben könnten, wenn zwar die Substanz des Gegenstandes dem Täter nach der Tat verbleibt, er aber diesem bis zur Entscheidung den wirtschaftlichen Wert entzieht oder ihn verringert, indem er ihn mit Rechten Dritter belastet (§ 74c Abs. 2). § 74c wird ergänzt durch § 76. In ihrem Anwendungsbereich ist die Wertersatzeinziehung keineswegs auf die Fälle des § 74 Abs. 1 beschränkt; sie gilt für alle Einziehungsfälle, z.B. § 33 BtMG.2 2. Entstehungsgeschichte. Das Strafgesetzbuch enthielt früher keine dem § 74c 2 entsprechende allgemeine Regelung. Nur in Einzelvorschriften (z.B. § 335 a.F. StGB) und im Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht der Reichsabgabenordnung war eine Ersatzeinziehung in Form der Auferlegung einer Vermögensstrafe vorgesehen, die dem Wert des
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BGH 28 369, 370. BGHSt 28 369, 370; 33 233 = NStZ 1985 556 m. Anm. Eberbach; BGH NStZ 2011 100.
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§ 74c | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Gegenstandes entsprach, dessen Einziehung oder Verfallserklärung nicht mehr möglich war. Eine allgemeine Vorschrift über die Ersatzeinziehung brachte – beschränkt auf das Gebiet der Ordnungswidrigkeiten – § 20 OWiG 1952. Bei den Beratungen der Großen Strafrechtskommission wurde auch für das Strafrecht eine allgemeine Vorschrift über die Einziehung des Wertersatzes konzipiert (später § 115 StGB-Entw. 1962), deren Grundgedanken sich der in Art. 1 Entw.-EGOWiG 19683 vorgeschlagene § 40 anschloss, im Lauf der parlamentarischen Erörterungen Änderungen erfuhr und um den jetzigen Absatz 2 des § 74c ergänzt wurde. In seiner ursprünglichen auf dem EGOWiG 1968 beruhenden Fassung enthielt der dem § 74c entsprechende § 40c einen Absatz 4, der durch Art. 1 des 2. StrRG vom 4.7.1969 – unter Ausdehnung auf den Verfall – als § 76 eingestellt wurde. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I 872) hat die Vorschrift lediglich in redaktioneller Hinsicht in Abs. 1 angepasst und Abs. 4 gestrichen, jedoch keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen.4 3
3. Eine dem § 74c entsprechende Vorschrift enthält für das Gebiet der Ordnungswidrigkeiten § 25 OWiG.
4
4. Rechtsnatur. Die Einziehung des Wertersatzes hat in der Regel Strafcharakter, weil sie eine Reaktion auf schuldhafte (vorsätzliche) Pflichtverletzung darstellt.5 Doch stellt sie weder eine Nebenstrafe im technischen Sinn dar,6 da sie nach § 76a selbständig angeordnet werden kann, noch liegt eine Geldstrafe im technischen Sinn vor (unten Rdn. 21). Aus diesem Rechtscharakter folgt, dass eine Einziehung von Wertersatz bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, bei erheblichen Auswirkungen der Einziehung auch als gewichtiger Zumessungsgrund (vgl. § 74 Rdn. 5 m.w.N.). II. Voraussetzungen der Wertersatzeinziehung (Absatz 1) 1. Die Einziehung des Wertersatzes nach § 74c Abs. 1 setzt voraus:
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a) dass der Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat Eigentümer (Rechtsinhaber) des Einziehungsgegenstandes war.7 Diese Voraussetzung ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der Einziehungsvorschriften, insbesondere § 74 Abs. 1, denn die Wertersatzeinziehung kann nicht im Anspruchsgrund weiter reichen als der staatliche Primäranspruch. Gegenüber einem tatunbeteiligten Dritteigentümer ist also eine Wertersatzeinziehung stets ausgeschlossen, auch wenn er eine nach § 74a oder § 74b mit Wirkung gegen ihn mögliche Einziehung des Gegenstandes vereitelte. Dementsprechend scheidet eine Maßnahme nach § 74c aus, wenn das Bargeld im Eigentum einer GmbH stand;8 in diesem Fall wäre § 74e anzuwenden und die GmbH Nebenbeteiligte. Ebenso ist § 74c unanwendbar, wenn der Täter erst nach der Tat Eigentümer (Rechtsinhaber) wurde und eine Einziehung nach § 74 Abs. 1 möglich gewesen wäre, falls er diese Rechtsstellung bis zur Entscheidung behalten und sie nicht auf die in § 74c Abs. 1 bezeichnete Weise in der Zeit zwischen Erwerb und Entscheidung verloren hätte. Für eine Wertersatzeinziehung
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3 BTDrucks. V/1319. 4 BT-Drucks. 18/9525 S. 70. 5 Ebenso Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 2; Fischer Rdn. 1; Maurach/Gössel/Zipf § 61 II 2e und zum früher geltenden Recht z.B. RGSt 49 408; 72 239; 74 183; 78 239; BGHSt 3 163, 164; 5 163. 6 AA Saliger NK Rdn. 2. 7 BGH NStZ-RR 2009 320; NStZ 2011 100. 8 BGH NStZ-RR 2018 14.
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ist auch kein Raum, wenn der Täter den Beziehungsgegenstand nicht selbst erwerben wollte, sondern nur das Geschäft vermittelt hat.9 Zu beachten ist, dass der Erwerber von Betäubungsmitteln wegen § 134 BGB nicht deren Eigentümer wird, so dass eine Wertersatzeinziehung ausscheidet.10 b) dass auf die Einziehung des Gegenstandes hätte erkannt werden können, aber 6 nicht mehr erkannt werden kann, weil das Eigentum oder Recht in der in Absatz 1 beschriebenen Art unter- oder auf einen anderen übergegangen ist. Die Einziehung des Wertersatzes entfällt danach, wenn eine Einziehung des Gegenstandes selbst wegen Unverhältnismäßigkeit nicht hätte angeordnet werden dürfen. c) dass eine Einziehung, die zulässig gewesen wäre, im Zeitpunkt der Entschei- 7 dung aus bestimmten im Gesetz genannten Gründen nicht mehr möglich ist. Diese Voraussetzung entfällt, wenn der Gegenstand zwar nicht mehr im Zeitpunkt der Entscheidung dem Täter (Teilnehmer) gehört oder zusteht, die Einziehung aber ausführbar ist, da der Gegenstand einem tatunbeteiligten Dritten gehört, dem gegenüber eine Einziehung nach 74a Nr. 2 oder des § 74b Abs. 1 Nr. 2 zulässig ist. Solange eine solche Dritteinziehung, wenn auch außerhalb des gegen den Täter anhängigen Verfahrens, noch zu erwarten ist, sind die Voraussetzungen der Wertersatzeinziehung nicht gegeben.11 2. Verhältnis von „Veräußern“, „Verbrauchen“ und „Vereiteln“. Bei den Grün- 8 den, die eine Einziehung des Gegenstandes ausschließen und nur eine Wertersatzeinziehung ermöglichen, unterscheidet das Gesetz drei Gruppen von Fällen, nämlich a) der Täter (Teilnehmer) hat den Gegenstand vor der Entscheidung veräußert, b) er hat diesen verbraucht oder c) er hat die Einziehung sonst vereitelt. Den vormaligen Begriff des „Verwertens“ hat das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 gestrichen und durch die Einzelformen des „Veräußerns“ und des „Verbrauchens“ ersetzt, welche jeweils bestimmte Formen der Verwertung darstellen. „Vereiteln“ ist aber – trotz des „sonst“ – nicht schlechthin der Oberbegriff. für die Handlungen des Täters (Teilnehmers), die eine Einziehung des Gegenstandes selbst unmöglich gemacht haben; vielmehr können Verwertungsfälle zugleich Vereitelungsfälle sein, müssen es aber nicht sein. Das ergibt sich aus dem einem „Vereiteln“ innewohnenden subjektiven Moment, welches bei den objektiven Verwertungshandlungen des Veräußerns und Verbrauchens nicht gegeben sein muss. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 an dieser Ausgangslage ersichtlich nichts ändern.12 Die somit in Geltung belassene historische Auslegung ergab sich schon aus der vormaligen Fassung des Gesetzes, die den Fall der Vereitelung von der bloßen Verwertung abhob („oder hat er …“), und noch deutlicher aus § 115 E 1962, wo der Fall des Vereitelns gesondert in Absatz 2 behandelt war (s. auch § 92b Abs. 2 in der bis 1975 geltenden Fassung „… oder der Betroffene das Empfangene vor der Entscheidung über die Einziehung verbraucht und dabei nicht zur Vereitelung der Einziehung gehandelt hat …“). 3. Begriff des Veräußerns und Verbrauchens. Während das „Veräußern“ sämtli- 9 che Formen einer rechtsgeschäftlichen Verwertung erfasst, bedeutet das „Verbrauchen“
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9 BGH NStE Nr. 1. 10 BGH NStZ-RR 2009 320; OLG Dresden NStZ-RR 2003 214; Joecks MK Rdn. 5 m.w.N 11 BGHSt 8 98. 12 BT-Drucks. 18/9525 S. 70.
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die tatsächliche Einwirkung, die zur Beseitigung der Möglichkeit zur Herausgabe des Gegenstands führt. Die beiden Formen sind so auszulegen, dass sie sämtliche Arten des Verwertens umfassen. Der Begriff des Verwertens bedeutete nach dem Verständnis zu § 74c a.F. eine die Einziehung verhindernde rechtliche oder tatsächliche Einwirkung auf den Gegenstand dergestalt, dass der Täter/Teilnehmer13 daraus einen Vorteil (Nutzen) zieht. Ein Veräußern liegt demnach beispielsweise vor bei Einziehung einer Forderung, Verfügung über ein Bankguthaben, entgeltliche Veräußerung des Gegenstandes, aber auch bei einer unentgeltlichen Veräußerung, die ihm Vorteile anderer Art (z. B. Hebung des Ansehens, Anknüpfung vorteilhafter Beziehungen) verschaffen kann. Nach der Rechtsprechung stellt hingegen die Rückgabe gewaschenen Geldes an den Auftraggeber keine Verwertung dar – ebenso keine Vereitelung –, so dass nur Wertersatzverfall hinsichtlich des erzielten Gewinnes in Betracht kommt.14 Ebenso kann ein die Wertersatzeinziehung rechtfertigendes Veräußern die Waren, z.B. Zigaretten, betreffen, auf die sich die Hinterziehung von Verbrauchssteuern bezieht;15 die Waren, auf die sich die Hinterziehung einer Verbrauchsteuer bezieht, unterfallen somit nicht der Einziehung von Taterträgen, können aber nach § 375 Abs. 2 Satz Nr. 1 AO eingezogen werden. Ein Verbrauchen ist z.B. der Verzehr der Sache, ein Gebrauch bis zum Verschleiß,16 oder eine Vermischung oder Verarbeitung, die zur Aufhebung der Identität führt (§ 74 Rdn. 45). Der erzielte Vorteil rechtfertigt es, dem Täter als Ersatz für die unmöglich gewordene Einziehung in Form der Wertersatzeinziehung einen den Nutzen entziehenden Nachteil zuzufügen,17 der sich aber nicht notwendig auf die Höhe des in Geld messbaren Vorteils beschränkt oder erstreckt. In diesem Fall braucht das Verhalten des Täters nicht vorwerfbar zu sein, da es nicht „im Hinblick auf die drohende Einziehung“ seinen Grund zu haben braucht.18 Die Wertersatzeinziehung hat auch hier Strafcharakter. 10
4. Begriff des Vereitelns. Hinsichtlich der Vereitelungshandlung ist zunächst zwischen dem Anlass für die staatliche Entstehung des Einziehungsanspruchs und dem nachfolgenden, den Zugriff auf den Einziehungsgegenstand hindernden Ereignis zu unterscheiden. Da erst die funktionale Verwendung etwa das Geld zum Einziehungsgegenstand macht, kann eine solche Verwendung nicht zugleich als Vereitelungshandlung begriffen werden; die Einziehung des Wertersatzes erfasst deshalb nur solche Fälle, in denen der Täter oder Teilnehmer durch andere als die im konkreten Fall die Einziehung begründenden Tathandlungen die Einziehung vereitelt;19 dies gilt auch für als natürliche Handlungseinheit zusammentreffende Verschleierungshandlungen der Geldwäsche.20 Hinzutreten muss ferner eine subjektive Komponente. Nach § 115 Abs. 2 StGB-Entw. 1962 und ihm folgend § 414a Abs. 2 a.F. RAO sollte die Wertersatzeinziehung zulässig sein, wenn der Täter „die Ausführung der Einziehung vereitelt und ihm dies vorzuwerfen ist“. Im Anschluss daran lautete § 40c im Entw. EGOWiG 1968: „oder hat er die Einziehung des Gegenstandes vorwerfbar vereitelt“. In der 55. Sitzung des Sonderausschusses (Prot. S. 1048) beantragte ein Ausschussmitglied, das Wort vorwerfbar als entbehrlich zu strei-
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13 Oder nach Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 5, Joecks MK Rdn. 7 ein Dritter mit Billigung des Täters oder Teilnehmers. 14 LG Berlin wistra 2004, 154 ff. 15 BGH NStZ 2016 731; BGH NStZ 2017 361 m. Anm. Kirch-Heim. 16 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 5; Joecks MK Rdn. 7. 17 BGHSt 16 294. 18 Ebenso Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 5. 19 BGH NStZ 1992 82; BGH Beschl. v. 27.3.2019 – 2 StR 561/18 Rn. 20 (juris); krit. Barreto da Rosa NZWiSt 2018 215, 217. 20 BGH Beschl. v. 27.3.2019 – 2 StR 561/18 Rn. 21 (juris).
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chen, „da es praktisch in dem Vereiteln enthalten sei“. Zum Vereiteln gehöre, „dass etwas im Hinblick auf die drohende Einziehung geschehe“. Der Ausschuss beschloss demgemäß die Streichung des Wortes „vorwerfbar“ mit Stimmenmehrheit. Nach dieser Entstehungsgeschichte der Vorschrift gehört also zum Vereiteln objektiv eine rechtliche oder tatsächliche Einwirkung des Täters auf den Gegenstand, die dessen Einziehung unmöglich macht, und subjektiv („im Hinblick auf die drohende Einziehung“), dass der Täter dabei weiß oder wenigstens (dem bedingten Vorsatz entsprechend) billigend in Kauf nimmt, dass dadurch die Einziehung verhindert wird, während ein nur fahrlässiges, auch ein grobfahrlässiges (leichtfertiges) Verhalten, das die Einziehung unmöglich macht, keine „Vereitelung“ darstellt.21 Es liegt danach z.B. kein Vereiteln vor, wenn der Täter den einziehbaren Gegenstand unsachgemäß aufbewahrt und er dadurch verdirbt oder wenn er ihn nur infolge einer Verwechslung mit einem anderen Gegenstand zerstört. Diese Auslegung entspricht aber auch der ratio legis: Es kann zwar nicht Sinn des Gesetzes sein, dem Täter eine umfassende Sorgfaltspflicht aufzuerlegen, den Gegenstand einziehungsfähig zu erhalten, aber es lässt sich rechtfertigen, dem Täter ein Strafübel anzudrohen, wenn er „vorsätzlich“ den Einziehungsgegenstand der drohenden Einziehung entzieht. Es kommt hier in abgeschwächter Form der Gedanke einer gewissen Verstrickung des Gegenstandes durch die Beziehung zur Straftat zum Ausdruck, der auch § 74a Nr. 2 zugrunde liegt: Wie sich der Erwerber der strafähnlichen Dritteinziehung aussetzt, wenn er den tatverstrickten Gegenstand in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen hätten, erwirbt, so setzt sich auch der Täter einem Strafübel aus, wenn er „vorsätzlich“ die Einziehung des Gegenstandes unmöglich macht. Zum Vorsatz der Vereitelung gehört nicht die richtige rechtliche Würdigung des Vorgangs; der Täter braucht nicht zu wissen, dass der Gegenstand einziehbar ist und dass sein Verhalten die Einziehung verhindert. Als ausreichend wird ein zumindest bedingt vorsätzliches Handeln anzusehen sein, eine Benachteiligungsabsicht im Sinne zielgerichteten Handelns ist dagegen nicht zu fordern. Von einem anderen Verständnis der Vorschrift geht ein Teil des Schrifttums22 aus: 11 Das „Vereiteln“ sei nur die Auffangnorm zu den Varianten des „Verwertens“ und enthalte daher keine weitergehenden Anforderungen. Den Täter wegen der Vereitelung des Zugriffs auf den Einziehungsgegenstand zu „bestrafen“, sei zudem nicht Aufgabe des § 74c, sondern des § 258. Grundgedanke des § 74c sei nur die Erfassung des an die Stelle des Einziehungsgegenstandes (bei Verwertung) getretenen Surrogats. Wenn aber der Einziehungsgegenstand – gleichviel ob mit oder ohne Verschulden des Beteiligten – bereits aus seinem Vermögen gefallen sei, ohne ein Surrogat zu hinterlassen, so habe er per saldo die gleiche Vermögensminderung zu verzeichnen, die ihm eigentlich von Rechts wegen zugedacht gewesen ist. Dem ist nicht zu folgen, weil § 258 Abs. 2 nur die Vereitelung der Vollstreckung der gegen einen anderen verhängten Maßnahme betrifft; zudem ist die abgelehnte Auffassung weder mit der Entstehungsgeschichte noch mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar. b) Beispielsfälle einer tatsächlichen Vereitelung sind die Zerstörung, Beseitigung 12 des Gegenstandes, Verbrauch,23 die Gestattung oder die „vorsätzliche“ Nichtverhinderung der entsprechenden Einwirkung eines Dritten; Beispielsfälle einer rechtlichen
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21 BGHSt 16 293; vgl. auch Lackner/Kühl/Heger Rdn. 2; Saliger NK Rdn. 7; Bender NJW 1969 1056; Fischer Rdn. 3; aA Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6, wonach Fahrlässigkeit, z.B. Verkommenlassen aus Nachlässigkeit genügt. 22 Wolters SK Rdn. 7, 8. 23 BGHSt 16 383, 393; 28 369, 370.
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Vereitelung die entgeltliche Veräußerung des Gegenstandes an einen Dritten, ohne dass eine Einziehung mit Wirkung diesem gegenüber möglich ist, so bei Veräußerung an einen gutgläubigen Dritten oder an einen Dritten, der zwar bösgläubig (§ 74a Nr. 2) ist, dem aber der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung nicht mehr gehört, weil er ihn zerstört, verbraucht oder an einen gutgläubigen Vierten weiterveräußert hat. Gleiches gilt beim Verlust durch Zwangsvollstreckung.24 Bei Veräußerung an einen unbekannten Dritten liegt Vereitelung vor, weil nicht feststellbar ist, dass eine Einziehung noch möglich ist.25 Mangels entsprechender subjektiver Zielrichtung fehlt es an einer Vereitelungshandlung bei einer im Sinne der Bandenabrede bestimmungsgemäßen Verwendung von erlangten Geldern für die spätere Begehung von Straftaten.26 13
c) Folgerungen. Danach kommt Wertersatzeinziehung nicht in Betracht bei unfreiwilligem Verlust oder Untergang der Sache, etwa durch Verlieren, Diebstahl, Brand, denn hier entgeht dem Täter die Nutzung.27 Dies gilt auch, wenn der Täter bei gehöriger Aufmerksamkeit Verlust oder Untergang hätte vermeiden können.28 In diesen Fällen liegt ein die Wertersatzeinziehung rechtfertigender Vorteil durch „Verwertung“ auch dann nicht vor, wenn der Täter auf Grund einer Brand- oder Diebstahlsversicherung voll für den Verlust der Sache entschädigt wird.29 Die Wertersatzeinziehung entfällt, wenn der beschlagnahmte Gegenstand im Gewahrsam der Behörde untergeht, weil dann weder ein Vereiteln noch ein Verwerten durch den Täter in Betracht kommt.30 Kein unfreiwilliger Verlust in diesem Sinn liegt dagegen wohl vor, wenn das Eigentum durch Zwangsvollstreckung verloren geht. Der Täter zieht daraus einen Nutzen, indem er von einer Verbindlichkeit befreit wird, nicht anders, als wenn er freiwillig den Gegenstand zur Befriedigung des Gläubigers verwendet hätte.31 Ein Handeln in Benachteiligungsabsicht ist dabei nicht zu fordern,32 entscheidend ist allein, dass er die Begünstigung in Kauf nimmt, wovon bei dem Freiwerden von einer Verbindlichkeit, und sei es im Wege der Zwangsvollstreckung, auszugehen ist. III. Der Wertersatz
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1. Höhe. Die Wertersatzeinziehung erfolgt durch die gegen den Täter oder Teilnehmer auszusprechende Einziehung eines Geldbetrages bis zu der Höhe, die dem Wert des Gegenstandes entspricht. Der Wert des Gegenstandes bildet also die Höchstgrenze der Wertersatzeinziehung, auch wenn der Täter aus besonderen Gründen einen den Wert des Gegenstandes übersteigenden Vorteil durch die Verwertung erlangt hat.33
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2. Maßgebend ist der gemeine Verkehrswert, den der Gegenstand in der Beschaffenheit, die er zur Zeit der Verwertung oder Vereitelung aufwies, zur Zeit der letzten tatrichterlichen Entscheidung haben würde.34 Dies ist der im Inland erzielbare gewöhnli-
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24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
AA Fischer Rdn. 4; Heine SSW Rdn. 3; abw. Wolters SK Rdn. 8. BGHSt 28 369, 370; Bender NJW 1969 1056, 1057. BGH NStZ-RR 2011 283; BGH Beschl. v. 14.2.2018 – 4 StR 648/17. Bender NJW 1969 1056, 1057. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6. Bender NJW 1969 1956, 1057. BGHSt 4 62 = NJW 1953 754. Ebenso Wolters SK Rdn. 8; aM Fischer Rdn. 4, Joecks MK Rdn. 3; SSW/Heine Rdn. 3. AA SSW/Heine Rdn. 3. BGHSt 28 369. RGSt 67 257; BGHSt 4 305; 28 369; Fischer Rdn. 8.
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Einziehung d. Wertes v. Tatprodukten, Tatmitteln u. Tatobj. b. Tätern u. Teilnehmern | § 74c
che, verkehrsübliche Verkaufspreis für Waren gleicher Art und Güte; Ausnahmeerscheinungen bleiben außer Betracht.35 Es kommt nicht darauf an, welchen Preis der Fiskus durch die Verwertung erzielen würde.36 Der vom Täter bei einer Veräußerung erzielte Preis ist nur insofern bedeutsam, als er ein Indiz für den erzielbaren Preis bilden kann. 3. Ermessensausübung. Die Wertersatzeinziehung steht stets im pflichtmäßigen 16 Ermessen des Gerichts („kann“). Das gilt auch dann, wenn der Gegenstand, wäre er noch vorhanden, eingezogen werden müsste, weil die Einziehung zwingend vorgeschrieben ist. Der Wortlaut des Zusammenspiels der Vorschriften des § 74 i.V.m. § 74c Abs. 1 steht dem nicht entgegen. Die Wertersatzeinziehung kann daher – insoweit im Gegensatz zu § 74f Abs. 3 (dort Rdn. 15) – stets auf einen Teil des Wertes mehrerer Gegenstände oder eines teilbaren Gegenstandes (Rdn. 16 zu § 74f), darüber hinaus aber auch auf den Teil des Wertes eines unteilbaren Gegenstandes beschränkt werden. Ist eine Einziehung nur teilweise vereitelt worden, so beschränkt sich auch der Wertersatz auf den nicht mehr einziehbaren Teil. Im Übrigen kann das Gericht bei der Frage, ob Wertersatzeinziehung anzuordnen ist, und bei der Bemessung des Wertersatzes innerhalb des Wertrahmens, dem Strafcharakter der Wertersatzeinziehung entsprechend, alle Erwägungen anstellen, die bei einer fakultativen Einziehung in Betracht kommen, z.B. die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters berücksichtigen, auch darauf Bedacht nehmen, dass u.U. die Wertersatzeinziehung den Täter härter trifft, als ihn die Einziehung des Gegenstandes getroffen hätte. Berücksichtigung kann auch finden, in welchem Grad die Vernichtung vorwerfbar ist.37 Mit dem strafähnlichen Charakter der Wertersatzeinziehung verträgt sich im Allgemeinen deren Anordnung dann nicht, wenn sie nur auf § 74b hätte gestützt werden können.38 Sicherungserwägungen scheiden für die Ermessensausübung grundsätzlich aus, wenn mit Zerstörung oder Unbrauchbarwerden des Einziehungsgegenstandes das Sicherungsbedürfnis entfallen ist.39 4. Tatbeteiligte Nichteigentümer. Da die Wertersatzeinziehung nur gegenüber 17 dem Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt, dem der Einziehungsgegenstand zur Tatzeit gehörte oder der ihm zustand und der die Einziehung unmöglich machte, ist eine gesamtschuldnerische Mithaftung tatbeteiligter Nichteigentümer für den Wertersatz auch dann ausgeschlossen, wenn sie an der Vereitelung der Einziehung mitwirkten.40 Stand der Gegenstand zur Tatzeit im ideellen Miteigentum mehrerer Tatbeteiligter und waren nicht alle an der Vereitelung beteiligt, so ist Wertersatzeinziehung nur gegenüber dem vereitelnden Tatbeteiligten und beschränkt auf seinen Anteil zulässig.41 5. Schätzung. Im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens lässt Absatz 3 zu, 18 dass der Wert geschätzt wird (vgl. dazu §§ 287, 813 ZPO). Gedacht ist dabei an die Fälle, dass es an genügenden Anhaltspunkten für den Wert des Gegenstandes fehlt oder dass der genaue Wert nur durch eine zeitraubende Beweisaufnahme ermittelt werden könnte. Im Zweifel ist vom geringsten Schätzwert auszugehen; vgl. dazu auch § 73d Rdn. 22 ff.
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35 36 37 38 39 40 41
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RGSt 75 103; BGHSt 4 13. OLG Neustadt NJW 1957 554. Sch/Schröder/EserSchuster Rdn. 10. Lackner/Kühl/Heger Rdn. 5. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 10. BGH WiStra 2010 302. Vgl. auch Fischer Rdn. 3.
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§ 74c | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
IV. Dingliche Belastung (Absatz 2) 19
1. Bedeutung der Vorschrift. Die Belastung des Gegenstandes mit dem Recht eines Dritten (d.h. mit einem beschränkten dinglichen Recht wie Hypothek, Pfandrecht, Nießbrauch), die den wirtschaftlichen Wert des Gegenstandes verringert oder aufhebt, stellt das Gesetz einer teilweisen „Verwertung“ gleich, so dass es auf die Vorwerfbarkeit des Verhaltens (vgl. oben Rdn. 12) nicht ankommt.42 Der Belastung durch den Täter entspricht auch die Veranlassung der Belastung im Wege der Zwangsvollstreckung (oben Rdn. 13), sowie die Herbeiführung einer Lage, die ein gesetzliches Pfandrecht auslöst.43 Voraussetzung einer Anordnung nach Absatz 2 ist aber eine tatsächliche Verringerung des wirtschaftlichen Wertes des Gegenstandes; sie liegt nicht vor, wenn das Erlöschen der Belastung angeordnet werden kann und dem Dritten eine Entschädigung nicht gewährt werden muss (§ 74e Abs. 2 Satz 2, 3; § 74f Abs. 2).
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2. Absatz 2 räumt dem Gericht eine Wahlmöglichkeit ein. Es kann entweder auf Einziehung des Gegenstandes und daneben auf Wertersatz entsprechend dem – ggf. geschätzten, Absatz 3 – Wert der Belastung erkennen oder sich auf die Anordnung von Wertersatzeinziehung beschränken. Die erstere Maßnahme kommt namentlich in Betracht, wenn die Einziehung als Sicherungsmaßnahme geboten ist (§ 74b), die letztere, wenn die Einziehung Strafcharakter hat und der wirtschaftliche Wert durch die Belastung im Wesentlichen oder vollständig verloren gegangen ist. V. Zahlungserleichterungen
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Der vormalige Absatz 4 ist durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung aufgehoben worden. Jene Regelung beruhte auf dem Gedanken, dass die Wertersatzeinziehung zwar Strafcharakter hat, aber keine Geldstrafe im technischen Sinn (§§ 40 ff StGB) darstellt. § 42 StGB war daher ausdrücklich für (entsprechend) anwendbar erklärt worden. Diese Regelung wurde im Zuge der Gesetzesnovelle 2017 aufgehoben. Da es sich um keine planwidrige Regelungslücke handelt, kommt eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Vielmehr sind mögliche Härten allein über § 459g Abs. 5 StPO im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.44 Auch im Übrigen sind die für die Geldstrafe geltenden Vorschriften unanwendbar, insbesondere gibt es keine Ersatzfreiheitsstrafe bei Uneinbringlichkeit des Wertersatzes und keine Bildung einer Gesamtstrafe bei mehrfachem Anfall von Wertersatz. Vgl. im Übrigen §§ 52 Abs. 4, 53 Abs. 3, 55 Abs. 2. VI. Vollstreckung
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Mit Rechtskraft der Wertersatzeinziehung erlangt der Staat eine auf Zahlung einer Geldsumme gerichtete Forderung gegen den Täter (Teilnehmer). Die Vollstreckung erfolgt nach § 459g Abs. 2 StPO.45 Auf sichergestellte Gelder kann nur im Wege der Vollstreckung dieses Zahlungsanspruchs zurückgegriffen werden.46 Im Falle ausländischer Valuta ist nur die Einziehung des Gegenwerts in inländischer Währung möglich.47 We-
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Fischer Rdn. 6; differenzierend Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 7. Vgl. die Erörterungen in der 57. Sitzung des Sonderausschusses v. 13.4.1967 – Prot. S. 1107. BGH NStZ-RR 2019 252. BGHSt 28 370; BGH Urt. v. 17.10.1979 – 2 StR 791/78. BGHSt 28 370; LG München NStZ 1989 285. BGH Beschl. v. 12.9.1979 – 2 StR 457/79; Beschl. vom 16.4.2019 – 5 StR 169/19.
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gen der Sicherstellung der künftigen Forderung des Fiskus vor rechtskräftiger Entscheidung durch Anordnung des dinglichen Arrests vgl. § 111d StPO. Vgl. ergänzend § 73c Rdn. 7.
§ 74d Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung Lohse § 74d https://doi.org/10.1515/9783110491302-020
(1) Schriften (§ 11 Absatz 3), die einen solchen Inhalt haben, dass jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, werden eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. Zugleich wird angeordnet, dass die zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen, die Vorlage für die Vervielfältigung waren oder sein sollten, unbrauchbar gemacht werden. (2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht dem Empfänger ausgehändigt worden sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend für Schriften (§11 Absatz 3), die einen solchen Inhalt haben, dass die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Einziehung und Unbrauchbarmachung werden jedoch nur angeordnet, soweit 1. die Stücke und die in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Vorrichtungen sich im Besitz des Täters, des Teilnehmers oder eines anderen befinden, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat, oder von diesen Personen zur Verbreitung bestimmt sind und 2. die Maßnahmen erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch die in Nummer 1 bezeichneten Personen zu verhindern. (4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich, wenn eine Schrift (§ 11 Abs. 3) oder mindestens ein Stück der Schrift durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise öffentlich zugänglich gemacht wird. (5) Stand das Eigentum an der Sache zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtigt ist, wird dieser aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. § 74b Absatz 3 gilt entsprechend. Entstehungsgeschichte Durch Art. 18 Nr. 41 EGStGB 1974 wurde in Absatz 4 das Wort „allgemein“ (vor „zugänglich gemacht wird“) durch „öffentlich“ ersetzt. Die Änderung des § 11 Abs. 3 aufgrund des am 1.8.1997 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz – IuKDG) vom 22.7.1997 (BGBl. I S. 1870) veranlasste geringfügige Folgeänderungen bei § 74d. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 hat die Vorschrift lediglich geringfügig redaktionell geändert, ohne dass damit der bis449 https://doi.org/10.1515/9783110491302-020
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§ 74d | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
herige Anwendungsbereich und Normbefehl berührt wurde:1 Zum einen wurden die Beispielsfälle in § 74d Abs. Satz 2 a.F. der Konzentration der gesetzlichen Aussage wegen gestrichen, zum anderen ist die vormals ausdrückliche Verweisung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die systematische Umstellung entbehrlich geworden (§ 74b a.F. ist nunmehr als § 74f an das Ende der Normen zur Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten gerückt, was die Geltung für sämtliche vorstehenden Normen zeigt).
I. II. III. IV.
V.
Übersicht Grundgedanke | 1 Rechtsnatur | 2 Die Einziehungsvoraussetzungen im Allgemeinen | 3 Die Einziehungsvoraussetzungen nach § 74d Abs. 1 1. Bestimmter Inhalt | 6 2. Verwirklichung eines Strafgesetzes | 7 3. Verbreitung durch eine rechtswidrige Tat a) Verbreiten | 8 b) Bestimmung zur Verbreitung | 9 c) Verbreitung durch eine rechtswidrige Tat | 10 Erstreckung der Einziehung (Absatz 2) 1. Umfang der Einziehung | 11 2. Kreis der von der Einziehung betroffenen Besitzer | 12
Besitz i.S. des § 74d Abs. 2 | 13 Einziehung unabhängig vom Besitz einer Mitwirkungsperson | 14 VI. Unbrauchbarmachung der Herstellungsvorrichtungen (Absatz 1 Satz 2) 1. Keine gesonderte Einziehung | 16 2. Herstellungsvorrichtungen | 17 3. Unanwendbarkeit des § 74d Abs. 2 | 18 VII. Die einschränkenden Einziehungsvoraussetzungen nach Absatz 3 1. Hinzutreten weiterer Tatumstände | 19 2. Beschränkung der Einziehung | 20 3. Beispiele | 23 VIII. Der Verbreitung gleichstehender Handlungen (Absatz 4) | 24 IX. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 25 X. Bedeutung des Art. 5 GG | 26 XI. Verfahrensrechtliches | 29 3. 4.
I. Grundgedanke 1
Die Regelung des § 74d enthält in der Nachfolge des § 41 a.F. und des § 116 StGBEntw. 1962 für Schriften (§ 11 Abs. 3) eine von §§ 74, 74a abweichende Sonderregelung. Die Vorschrift will Gefahren für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter abwenden, die sich bei einer Verbreitung oder gleichgestellten Handlung (Absatz 4) aus dem Inhalt der Schrift oder den gleichgestellten Ton- und Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen und andere Darstellungen ergeben. Dieser Inhalt ist in Absatz 1 dahin gekennzeichnet, dass jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis des Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde. Der Gesetzgeber hat in § 74 Abs. 1 die Schranke des Eigentums i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsgemäß konkretisiert.2 Unter der Voraussetzung, dass auch nur ein einziges („mindestens ein“) Stück einer solchen Schrift durch irgendeine den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes rechtswidrig, aber nicht notwendig schuldhaft erfüllende Handlung verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist, ist in Absatz 1 die Einziehung auch der „tatunbeteiligten“ Schriften in dem in Absatz 2 bestimmten Umfang zwingend vorgeschrieben; mit der Einziehung ist die Anordnung der Unbrauchbarmachung der Herstellungsvorrichtungen zu verbinden. Absatz 3 enthält Einschränkungen für solche Schriften, bei welchen die vorsätzliche Verbreitung
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BT-Drucks. 18/9525 S. 70. BVerfG NJW 1982 1512.
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in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde (vgl. unten Rdn. 19). Die Beschränkung bezieht sich auf den Umfang der einzuziehenden Stücke und unbrauchbar zu machenden Herstellungsvorrichtungen (Absatz 3 Nr. 1); gemäß Absatz 3 Nr. 2 sind Einziehung und Unbrauchbarmachung nur soweit anzuordnen, als es zur Verhinderung eines gesetzwidrigen Verbreitens durch den in Absatz 3 Nr. 1 bezeichneten Personenkreis erforderlich ist. Im Ordnungswidrigkeitenrecht fehlt es – als Folgerung aus § 22 Abs. 1 OWiG – an 1a einer dem § 74d entsprechenden allgemeinen Vorschrift über die Einziehung von Schriften, die einen solchen Inhalt haben, dass jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen würde. Für bestimmte Ordnungswidrigkeiten, die durch das Verbreiten von Schriften begangen werden (§§ 119 Abs. 1 und 2 OWiG), enthält § 123 OWiG eine Vorschrift, die sich an § 74d anlehnt. II. Rechtsnatur Einziehung und Unbrauchbarmachung nach § 74d sind sichernde Maßnahmen. 2 Sie sollen künftigen Straftaten vorbeugen, setzen keine vorangegangene Straftat voraus und sind vom Eigentum eines Täters oder Teilnehmers unabhängig.3 Diese Charakterisierung entspricht dem vormaligen Recht4 und kommt auch bei der selbständigen Einziehung (§ 76a Abs. 2) zum Ausdruck. III. Die Einziehungsvoraussetzungen im Allgemeinen 1. § 74d kennt zwei Gruppen von Einziehungsfällen. Während bei den Absätzen 1 3 und 2 jede vorsätzliche Verbreitung einer Schrift in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde, ist bei Absatz 3 außerdem das Hinzutreten weiterer Tatumstände erforderlich. 2. Bei beiden Fallgruppen sind Gegenstand der Einziehung Schriften i.S. des § 11 4 Abs. 3, also neben den Schriften im engeren Sinn auch Ton- und Bildträger/Datenträger, Datenspeicher, Videobänder,5 Abbildungen und andere Darstellungen. Nach seinem Zweck, die „tatunbeteiligten“ Stücke einer Schrift durch Einziehung aus dem Verkehr zu ziehen, bezieht sich § 74d in erster Linie auf vervielfältigte Schriften, deren Inhalt einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden soll. 3. Bei beiden Fallgruppen setzt die Einziehung der Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 5 zunächst voraus, dass sie einen bestimmten Inhalt haben. Diesen Inhalt umschrieb § 41 a.F. dahin, dass er „strafbar“ sein müsse. Demgegenüber bezeichnete § 116 E 1962 als einziehungsfähig „Schriften, die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind und die einen solchen Inhalt haben, dass jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde“. In dem Bestreben, die Einziehungsvoraussetzungen unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten schärfer zu präzisieren, beschränkt § 74d den Anknüpfungstatbestand auf die Verbreitung oder Bestimmung zur Verbreitung (mindestens eines Stückes) durch eine rechtswidrige Tat und bestimmt die „Strafbarkeit“ des Inhalts der Schrift in der Weise, dass entweder jede vorsätzliche Ver-
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BGHSt 29 107, 108; 36 51, 58; OLG Hamm MDR 1970 943. Vgl. BGHSt 16 49, 56; 19 63, 75. LG Düsseldorf NStZ 1987 367.
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breitung in Kenntnis des Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde (Absätze 1, 2) oder dass zu einer solchen Verbreitung weitere Tatumstände hinzutreten müssen (Absatz 3). Im Vordergrund stehen dabei im Bereich der Absätze 1, 2 volksverhetzende, gewaltverherrlichende und „harte“ sowie kinderpornographische Filme (§§ 130, 131, 184a, 184b;6 s. auch ergänzend §§ 119, 120 Abs. 1 Nr. 2, 123 OWiG) sowie staatsgefährdende und beleidigende Schriften. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Internet-Dienstleistern (u.a. Content-Provider, Access-Provider, Usenet-Provider) vgl. §§ 7–10 TMG.7 IV. Die Einziehungsvoraussetzungen nach § 74d Abs. 1 6
1. Die Schriften müssen einen solchen Inhalt haben, dass jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Strafbarkeit des (hypothetischen) vorsätzlichen Verbreitens der Schrift muss danach ihren Grund allein in dem Inhalt der Schrift haben;8 sie muss sich aus ihrem Inhalt selbst ergeben.9 Dabei ist allerdings der Wortinhalt einer ergänzenden Auslegung mithilfe allgemeinkundiger Tatsachen zugänglich.10 Bei verschiedenen Deutungen ist mit Blick auf Art. 5 GG diejenige zugrunde zu legen, die nicht zu einer Strafbarkeit führt. Aus dem Inhalt muss sich ergeben, dass jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis der Bedeutung des Inhalts einen Straftatbestand verwirklichen würde; dass dieser den Begriff des Verbreitens als Merkmal enthält, ist dazu nicht erforderlich.11 Damit werden alle Fälle ausgeschlossen, in denen das Verbreiten der Schrift nicht mit Rücksicht auf ihren Inhalt, sondern mit Rücksicht auf andere Tatsachen, z.B. auf ihre äußere Gestalt oder auf Zeit, Ort oder die besondere Art der Verbreitung, unter Strafe gestellt ist.12 Dagegen brauchen nicht alle Tatsachen, von denen die Strafbarkeit des vorsätzlichen Verbreitens der Schrift in Kenntnis ihres Inhalts abhängt, unmittelbar aus der Schrift selbst ersichtlich zu sein, da sonst der Zweck der Einziehung – zu verhindern, dass immer neue Personen von ihrem Inhalt Kenntnis erhalten und so der Tatbestand der bei vorsätzlicher Verbreitung in Frage kommender Straftat immer wieder verwirklicht wird – nicht erreichbar wäre.13 Das gilt z.B. im Fall des § 186 StGB für die Nichterweislichkeit der in einer Schrift enthaltenen herabwürdigenden Erklärungen. Umgekehrt bleiben aber auch Rechtfertigungsgründe – z.B. aus § 193 StGB –, die im Einzelfall die Rechtswidrigkeit einer vorsätzlichen Verbreitung ausschließen könnten, die sich aber nicht aus dem Inhalt ergeben, unberücksichtigt; jedoch wird die Einziehbarkeit nicht ausgelöst, solange nicht mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder strafrechtswidrig zur Verbreitung bestimmt worden ist.
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2. Verwirklichung eines Strafgesetzes durch jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts. Maßgeblich ist danach nur, dass durch vorsätzliche Verbreitung der Tatbestand in subjektiver und objektiver Beziehung erfüllt würde; dass die Verfolgbarkeit von zusätzlichen Verfahrensvoraussetzungen (z.B. einem Strafantrag) abhängt, ist ohne Bedeutung. Zur „Kenntnis des Inhalts“ gehört die Kenntnis der Bedeu-
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Seetzen NJW 1976 497, 499. Hoeren NJW 2007 801; SSW/Hilgendorf § 184 Rdn. 211 ff, SSW/Lohse § 130 Rdn. 30 m.w.N. BGH NJW 1969 1818. BGH NJW 1970 818, 819. BGH NStZ 1982 25. BGHSt 36 51, 58. RGSt 66 145; BGHSt 36 51, 58. RGSt 66 145, 148.
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tung des Inhalts. Im allgemeinen ist dabei maßgebend, wie ein „verständiger Durchschnittsleser“ den Inhalt der Schrift verstehen muss; werden die Ziele, die etwa der Verfasser der Schrift verfolgt, nur verdeckt zum Ausdruck gebracht, so genügt es, dass der Wortinhalt die Zielrichtung in Ansatzpunkten erkennen lässt, die der ergänzenden Auslegung durch das, was der verständige Durchschnittsleser zwischen den Zeilen lesen kann, und durch allgemeinkundige Tatsachen zugänglich sind.14 Mit dem Wort „jede“ (vorsätzliche Verbreitung) ist bezweckt, die Abgrenzung der Fälle des Absatzes 1 gegenüber denjenigen des Absatzes 3 zu kennzeichnen, in denen die hypothetische vorsätzliche Verbreitung nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand verwirklichen würde.15 „Jede“ ist also nicht im Sinn von „ausnahmslos jede“ zu verstehen; die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen also nicht schon dann, wenn Fälle denkbar sind, in denen der Täter trotz vorsätzlicher Verbreitung im Einzelfall straffrei bleibt, z.B. weil er in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) handelt. 3. Die Einziehung der Schriften des so durch hypothetische Voraussetzungen gekennzeichneten Inhalts setzt weiter voraus, dass mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. a) Verbreiten – der Begriff. ist der gleiche wie auch sonst, wenn das Gesetz sich die- 8 ses Ausdruckes bedient, z.B. in §§ 80a, 86 Abs. 1, 130 Abs. 2, 186 StGB – bedeutet jede Tätigkeit, durch die die Schrift einem größeren (nicht notwendig unbestimmten) Personenkreis zugänglich gemacht wird.16 Dazu genügt nach ständiger Rechtsprechung die Aushändigung an eine Person, wenn sie den Gegenstand nicht vertraulich behandeln soll, vielmehr gewollt ist oder auch billigend damit gerechnet wird, dass sie ihn ihrerseits weiteren Personen mitteilen werde.17 Es reicht also z.B. aus, wenn der Verkäufer eines Films damit rechnet, dass ihn der Käufer selbst oder durch Weitergabe an einen anderen einer größeren unbestimmten Zahl von Personen zugänglich machen werde18 sowie das Versenden einer Schrift an ca. 200 bis 230 Mitglieder des Bundestages mit dem Ziel, Einfluss auf ein Gesetzesvorhaben zu nehmen.19 Ein vollendetes Verbreiten ist bereits der Akt der Versendung zum Empfänger;20 das ergibt sich aus § 74d Abs. 2 („beim Verbreiten durch Versenden …“) und war auch für das frühere Recht anerkannt.21 Jedoch gehört zum Verbreiten, dass die Schrift selbst anderen zugänglich gemacht wird; eine Weitergabe lediglich ihres Inhalts, z.B. durch Vorlesen usw. genügt nicht,22 soweit nicht die Voraussetzungen des § 74d Abs. 4 vorliegen, der dem Verbreiten einer Schrift gleichstellt, wenn sie allgemein zugänglich gemacht wird (vgl. unten Rdn. 24).
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14 BGHSt 23 65, 73. 15 Vgl. Prot. S. 1068. 16 RGSt 36 330, 331; BGHSt 13 257, 258; 19 63, 71; 36 51, 56; 47, 55, 59; BGH NStZ 2017 405, 406; BayObLG 1951 417, 422; 1963 37, 38; einschränkend aber BayObLG NStZ 1983 120 m. abl. Anm. Keltsch. 17 RGSt 7 113, 114; 15 118, 119; 16 245; 55 276, 277; BGHSt 19 63, 71; OLG Bremen NJW 1987 1427; OLG Hamm NJW 1970 1754, 1756; KG Berlin, Beschl. v. 6.3.2000 – (5) 1 Ss 42/00 (10/00); einschränkend BayObLG NStZ 1983 120 m. krit. Anm. Keltsch. 18 BGHSt 19 63, 71. 19 BayObLG NStZ 1996 436. 20 BGH NJW 1965 1973; Urt. v. 14.1.1981 – 3 StR 440/80; zu eng OLG Frankfurt StV 1990 209, wonach das Zuleiten einer Pressemitteilung an einen bestimmte Redakteur kein Verbreiten sein soll. 21 RGSt 16 245; BGH NJW 1965 1973. 22 RGSt 15 118; 47 223, 226; BGHSt 18 63; BGH bei Schmidt MDR 1984 183, 1990 103; BayObLG NStZ 1983 120; OLG Hamburg NStZ 1983 127 m. Anm. Franke NStZ 1983 126 und Bottke JR 1983 299; OLG Frankfurt NJW 1984 1128; MDR 1984 423; KG JR 1984 249; OLG München MDR 1989 180; OLG Karlsruhe NStZ 1993 390.
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b) Die Bestimmung zur Verbreitung, d.h. die gedankliche Bereitstellung zur Verbreitung oder die Inaussichtnahme der Verbreitung,23 ohne dass es bereits zu einem Verbreiten gekommen ist, genügt nur da, wo die rechtswidrige Tat (unten Rdn. 10) auch Vorbereitungshandlungen wie das Herstellen, Einführen, Vorrätighalten zum Zweck der Verbreitung umfasst, wie z.B. in §§ 86 Abs. 1, 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB). Bei Plakaten oder beschrifteten Tüchern24 ist dies der Fall, wenn sie an öffentlich zugänglichen und in fremdem Eigentum befindlichen Stellen angeschlagen werden sollen.25
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c) Verbreitung durch eine rechtswidrige Tat. Die Verbreitung oder die Bestimmung zur Verbreitung muss danach rechtswidrig, wenn auch nicht schuldhaft, den äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllen;26 es genügt ein Handeln mit „natürlichem Vorsatz“. An der Rechtswidrigkeit fehlt es z.B., wenn Schriften öffentlichen Bibliotheken zugänglich gemacht werden, deren Aufgabe auch in der Sammlung des gesamten Schrifttums ohne Rücksicht auf die von seinem Inhalt ausgehende Gefährlichkeit besteht.27 Prozesshindernisse spielen dagegen im Bereich des § 74d keine Rolle, sind aber bedeutungsvoll für das selbständige Einziehungsverfahren (§ 76a Abs. 2). V. Erstreckung der Einziehung (Absatz 2)
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1. Wird die Einziehung angeordnet, so erstreckt sie sich – und darin besteht die Bedeutung des § 74d – nicht nur auf die Stücke der Schrift, die den Gegenstand der rechtswidrigen Verbreitungshandlung bildeten und die ggf. schon nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 74, 74a) hätten eingezogen werden können, sondern auf sämtliche Stücke, bei denen die konkrete Gefahr (nicht nur die abstrakte Möglichkeit) der Weiterverbreitung besteht.28 Eine solche Gefahr bejaht das Gesetz, solange die Stücke sich im Zeitpunkt der Entscheidung im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden, und unabhängig von den Besitzverhältnissen, wenn sie öffentlich ausgelegt oder noch im Versand begriffen sind. Die Einziehung erfasst in der Regel die gesamte Auflage eines Druckwerkes und nicht nur diejenigen Exemplare, die der verurteilte Täter in Besitz gehabt hat.29 Die Eigentumsverhältnisse sind gleichgültig.
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2. Den Kreis der von der Einziehung betroffenen Besitzer umschrieb § 41 a.F. mit „Verfasser, Drucker, Herausgeber, Verleger oder Buchhändler“. Die Aufzählung des als „gefährlich“ bewerteten Besitzerkreises, die an bestimmte typische Berufsgruppen anknüpfte, wurde als abschließend angesehen. Sie erwies sich aber als zu eng, so dass Abhilfe im Wege erweiternder Auslegung gesucht und z.B. als „Buchhändler“ auch Filmhändler, Hausierer, Straßenverkäufer, Verteiler und dgl. angesehen wurden.30 § 116 E 1962 wollte die beispielsweise Aufzählung bestimmter Gruppen von Besitzern erweitern und mit einer Generalklausel verbinden („Verfasser, Verleger, Herausgeber, Redakteur, Drucker, Händler oder andere bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkende Personen“). § 74d Abs. 2 verzichtet auf eine, wenn auch nur
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BGHSt 19 63, 67. BGH NStE Nr. 1 zu § 86 StGB. BayObLG 1984 71. BayObLG MDR 1987 870. Prot. S. 1069. BGHSt 19 63, 76. BGHR StGB § 74d Besitz 2; OLG Düsseldorf NStE Nr. 3. Vgl. BGHSt 19 76.
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beispielsweise Aufzählung einzelner Besitzergruppen, die zu einer einschränkenden Auslegung der Generalklausel führen könnte, und sieht die Einziehung mit Wirkung gegen Dritte allgemein gegen alle Besitzer vor, die bei der Verbreitung der Stücke oder deren Vorbereitung mitgewirkt haben.31 3. Besitz i.S. des § 74d Abs. 2 umfasst auch den mittelbaren Besitz i.S. des § 868 13 BGB32 und den von Besitzdienern (§ 855 BGB) vermittelten Besitz,33 so dass z.B. Ansichtssendungen beim Kunden, solange er sich nicht zum Behalten entschlossen hat, erfasst werden können. Nach Sinn und Zweck des § 74d genügt auch, wenn eine an der Verbreitung mitwirkende Person nur Mitbesitz hat, z.B. ein Vermittler zugleich mit dem Käufer, da § 74d ohne Rücksicht auf Eigentum und Schuld gerade verhindern will, dass die Schrift an dem noch nicht zur Ruhe gekommenen Verbreitungsvorgang teilnimmt.34 Die Einziehungsmöglichkeit entfällt, wenn die Schrift in den Besitz des Letztempfängers gelangt ist; unter diesem Gesichtspunkt ist auch bei den typischen Verbreitungspersonen eine Schrift der Einziehung entzogen, die sie in „Privatgebrauch“ genommen, etwa in ihre Privatbibliothek eingereiht haben.35 4. Unabhängig vom Besitz einer Mitwirkungsperson unterliegen der Einziehung a) öffentlich ausgelegte Stücke. Das sind Stücke, die einem unbestimmt großen 14 Personenkreis so offengelegt werden, dass er sich von dem Inhalt Kenntnis verschaffen kann, z.B. in Läden, Schaufenstern, Gaststätten, Eingangshallen zu Versammlungen usw. An der Öffentlichkeit der Auslegung fehlt es bei geschlossenen Gesellschaften. Ob die öffentlich ausgelegten Stücke auch öffentlich angeboten werden (zum Verkauf usw.), ist ohne Bedeutung; b) durch Versendung verbreiteter Stücke vor Aushändigung an den Empfän- 15 ger. Diese zweite Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Einziehung sich nur auf Stücke erstreckt, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden, will die Lösung schwieriger zivilrechtlicher Fragen erübrigen, die sich namentlich im Auslandsverkehr ergeben könnten. Sie trägt insbesondere Erfahrungen über das Verhalten von Schmugglerorganisationen Rechnung.36 Rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Besitzverhältnisse können sich auch aus Vorschriften des ausländischen Rechts ergeben, nach denen beim Versendungskauf Eigentum und Besitz sofort auf den Empfänger übergehen, obwohl er die Ware noch nicht in den Händen hat.37 Im Interesse der Rechtsklarheit wurde deshalb, wenn die Verbreitung von einem Versendungsort aus erfolgt, die Möglichkeit der Beschlagnahme und Einziehung eröffnet; diese besteht unabhängig davon, ob sich die Besitzverhältnisse im Einzelfall genau ermitteln lassen, solange der Versendungsakt noch nicht abgeschlossen ist. Die Voraussetzungen sind auch gegeben, wenn die Verbreitung im Inland durch die
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Groß NStZ 1999 334, 338. BGHSt 19 77f. BGH MDR 1953, 721. BGHSt 19 78. Vgl. Ebermayer Seuff.Bl. 73 280. Vgl. Prot. S. 1070. Vgl. dazu OLG Hamm MDR 1970 943.
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§ 74d | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Post erfolgt; als „ausgehändigt“ sind aber solche Postsendungen anzusehen, die dem unmittelbaren Zugriff des Adressaten offen stehen, z.B. in einem Postfach.38 VI. Unbrauchbarmachung der Herstellungsvorrichtungen (Absatz 1 Satz 2) 16
1. Mit der Anordnung der Einziehung der Schriften ist die Anordnung der Unbrauchbarmachung der Herstellungsvorrichtungen zu verbinden. Bei diesen bedarf es keiner Einziehung, weil es zur Verhinderung weiterer Verbreitung der Schriften genügt, wenn sie zur Vervielfältigung untauglich gemacht werden, wie z.B. durch Einschmelzen der Drucksätze, Abschleifen der Platten, Zerstörung der Formen für die Herstellung von Plastiken. Bei Datenträgern (z.B. elektronische Datenträger, Disketten, Festplatten, Magnetbänder) reicht in der Regel das Löschen des Inhalts der jeweiligen Datei aus.39
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2. Herstellungsvorrichtungen sind alle zur Herstellung der Schriften gebrauchten (= verwendeten) oder bestimmten Vorrichtungen. Aus den genannten Beispielen für die in Betracht kommenden Herstellungsmittel ergibt sich, dass dabei nicht an solche Gegenstände gedacht ist, die allgemein bei einer Vervielfältigung benutzt werden, wie z.B. die Rechner, Drucker, Druck- und Setzmaschinen oder Fotokopiergeräte – ihre Einziehung kann nach §§ 74, 74a in Betracht kommen –, sondern an solche Mittel, die speziell zur Herstellung der Stücke strafbaren Inhalts verwendet wurden oder dazu bestimmt waren, wie spezielle Datenträger oder -speicher, Platten und Druckstöcke, der Drucksatz oder Formen zur Herstellung von Plastiken.
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3. § 74d Abs. 2 ist, da er nur für die Einziehung (§ 74 d Abs. 1 Satz 1) gilt, hier unanwendbar; die Unbrauchbarmachung erstreckt sich daher auf alle Vorrichtungen ohne Rücksicht darauf, wo und bei wem sie sich befinden. Die Herstellungsmittel können danach in weiterem Umfang zur Unbrauchbarmachung erfasst werden, als die mit ihrer Hilfe hergestellten Stücke (z.B. das Foto) eingezogen werden können. Das findet seinen Grund darin, dass der bestimmungsgemäße Gebrauch solcher Herstellungsmittel allein darin besteht, Schriften gefährlichen Inhalts herzustellen, während bei den Schriften selbst nicht jeder Gebrauch eine rechtswidrige Tat darstellt, eine die Einziehung rechtfertigende Verbreitungsgefahr aber vom Gesetzgeber nur vermutet wird, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind. VII. Die einschränkenden Einziehungsvoraussetzungen nach Absatz 3
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1. Hinzutreten weiterer Tatumstände. § 74d Abs. 1 sieht die Einziehung solcher Schriften vor, bei denen wegen ihres Inhalts jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde. Absatz 3 sieht Einziehung und Unbrauchbarmachung (§ 74d Abs. 1 Satz 2) nur mit Einschränkung in solchen Fällen vor, in denen die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände, gleichviel, ob sie dem inneren oder äußeren Tatbestand angehören, den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Ob das Verbreiten bereits ein in der Strafvorschrift genannter Tatumstand sein muss, ist streitig;40 praktisch kommen jedenfalls nur Tatbestände in Betracht, in denen dies der Fall ist. Ferner gehö-
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38 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 11; Fischer Rdn. 8. 39 Zweifelnd Joecks MK Rdn. 14. 40 Bejahend der RegVertreter in der 56. Sitzung des Strafrechtssonderausschusses Prot. S. 1071; verneinend Saliger NK Rdn. 13; Fischer Rdn. 10.
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Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung | § 74d
ren hierher Tatbestände, die das Verbreiten und die ihm gleichstehenden Formen öffentlichen Zugänglichmachens (§ 74d Abs. 4) von Schriften nicht schlechthin verbieten, sondern nur, wenn es an bestimmten Orten oder gegenüber bestimmten Personen geschieht, wie bei „einfach“ pornographischen Schriften (z.B. § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Aus dem Nebenstrafrecht ist z.B. zu nennen § 27 JugSchG, der das Vertreiben jugendgefährdender Schriften nur unter bestimmten Voraussetzungen mit Strafe bedroht. 2. Es gilt Absatz 2 entsprechend, d.h. es muss mindestens ein Stück durch eine 20 rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden sein, und mit der Einziehung wird die Anordnung der Unbrauchbarmachung der Herstellungsmittel verbunden. Die Einziehung ist jedoch – abweichend von Absatz 2 – nach zwei Richtungen beschränkt: a) Nach Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 ist die Einziehung nur einem engeren Personenkreis 21 gegenüber zulässig, und auch die Unbrauchbarmachung kommt – abweichend von § 74d Abs. 1 Satz 2 (oben Rdn. 18) – nur diesem Kreis gegenüber in Betracht. Die Schriften und Herstellungsmittel müssen sich befinden im Besitz aa) des Täters (= dessen, der verbreitet hat), bb) des Teilnehmers oder cc) eines anderen, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Sind sie von dem vorgenannten Personenkreis zur künftigen Verbreitung bestimmt, so können sie sich auch im Besitz anderer Personen, z.B. einer Versandperson (Spediteurs) befinden. Da Absatz 3 den Absatz 2 einschränken, nicht aber erweitern will, gilt dies aber nur, wenn sie sich noch im Verbreitungsprozess befinden und noch nicht zu einem unbeteiligten Empfänger gelangt sind.41 b) Die Maßnahmen müssen ferner nach Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 erforderlich sein, um 22 ein gesetzwidriges Verbreiten durch diese Personen zu verhindern; es wird also eine konkrete Verbreitungsgefahr gefordert. Darunter ist nur eine Verbreitung durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) zu verstehen,42 weshalb weder ein nur gegen einen Ordnungswidrigkeitstatbestand verstoßendes43 noch ein bloßes polizeiwidriges44 Verhalten ausreichen. 3. Beispiele. Hat ein Kioskhändler einem Jugendlichen eine in die Liste aufgenom- 23 mene jugendgefährdende Schrift verkauft (§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 3, § 15 Abs. 1 Nr. 1 JugSchG), kann die in seinem Besitz befindlichen weiteren Stücke dieser Schrift eingezogen werden, wenn der Händler nicht die Gewähr bietet, dass er sich künftig an die gesetzlichen Vorschriften halten wird. Die Herstellungsmittel unbrauchbar zu machen kann in Betracht kommen, wenn ein Verleger jugendgefährdende Schriften zur Belieferung von Kiosken und gewerblichen Leihbüchereien herstellen lässt, damit sie dort anderen Personen angeboten werden (§ 27 Abs. 1 Nr. 3; 15 Abs. 1 Nr. 3 JugSchG), vorausgesetzt, dass bereits mindestens ein Stück gesetzwidrig verbreitet ist. Werden jugendgefährdende Schriften in einer Buchhandlung in unzulässiger Weise ausgestellt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 JugSchG, § 74d Abs. 4; unten Rdn. 24), so unterliegen alle Stücke, die der Buchhändler sonst noch in seinem Besitz hat, der Einziehung, falls dies zur Verhinderung gesetzwidrigen Verbreitens erforderlich ist.
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41 Ebenso Fischer Rdn. 12; Wolters SK Rdn. 17; Saliger NK Rdn. 14; aM Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 14. 42 Wolters SK Rdn. 18. 43 Fischer Rdn. 13; Saliger NK Rdn. 14; Joecks MK Rdn. 24; aM Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 15. 44 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 15.
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§ 74d | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
VIII. Der Verbreitung gleichstehende Handlungen (Absatz 4) 24
Absatz 4 enthält keine Legaldefinition des Begriffs des Verbreitens. Die Einziehung setzt Strafvorschriften voraus, die über das Verbreiten hinaus das in Absatz 4 mit Beispielen beschriebene öffentliche Zugänglichmachen des Inhalts einer Schrift bzw. die Bestimmung zur Zugänglichmachung mit Strafe bedrohen, wie z.B. §§ 131 Abs. 1 Nr. 2, 184a Nr. 2. Die Merkmale des Ausstellens, Anschlagens, Vorführens oder in anderer Weise öffentlich Zugänglichmachens sind bei diesen Vorschriften erläutert; darauf kann hier verwiesen werden. IX. Entschädigung (Absatz 5)
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Absatz 5 enthält für zwei Fälle eine Entschädigungsregelung: Zum einen besteht ein Entschädigungsanspruch, wenn die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einen Dritteigentümer belastet. Zum anderen steht auch jenem Dritten ein Anspruch zu, dessen an dem Einziehungsgegenstand bestehendes Recht durch die Entscheidung zur Einziehung oder Unbrauchbarmachung erloschen oder in seinem Wert beeinträchtigt worden ist. Die Entschädigungsgründe entsprechen damit jenen des § 74b Abs. 2 (vgl. hierzu im Einzelnen § 74b Rdn. 14 ff). Ebenso kommen entsprechend der gesetzlichen Verweisung in § 74d Abs. 5 Satz 2 die Ausschlusstatbestände des § 74b Abs. 3 zur Anwendung (vgl. § 74b Rdn. 18 ff). X. Bedeutung des Art. 5 GG für § 74d
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1. Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sind Vorschriften, die die Einziehung nach Ermessen des Gerichts zulassen, zwar allgemeine Gesetze i.S. des Art. 5 Abs. 2 GG; indessen müssen solche beschränkenden Vorschriften im Licht der Bedeutung dieser Grundrechte so ausgelegt werden, dass der besondere Wertgehalt des Grundrechts auf jeden Fall gewahrt bleibt (Grundsatz der „Wechselwirkung“). Das Gericht muss deshalb bei Ausübung seines Ermessens eine Güterabwägung zwischen den grundrechtlich geschützten Interessen und den durch die Strafvorschriften geschützten Rechtsgütern vornehmen.45 Bei dieser Abwägung handelt es sich nicht um eine allgemeine Abwägung abstrakter Rechtsgüter, sondern um die vergleichsweise Gegenüberstellung des Gewichts, das den beiden in einem Spannungsverhältnis zueinander stehenden Rechtsgütern oder Interessen im Einzelfall bei objektiver Betrachtung zukommt – konkrete Abwägung –.46 Kann bei der Abwägung gegenüber dem Grundrecht der Informationsfreiheit das Gericht einen Vorrang der jedem Bürger zustehenden Informationsfreiheit nicht feststellen, so ist grundsätzlich zu prüfen, ob nicht ein spezielles, berechtigtes Informationsinteresse einzelner gebietet, zu ihren Gunsten die sich auf alle Exemplare der Druckschrift beziehende Einziehung zu beschränken.47
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2. Das Gericht ist zu einer solchen Abwägung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch verpflichtet, wenn die Einziehung unter Ausschluss eines Ermessensspielraums nach § 74d Abs. 1 zwingend vorgeschrieben ist.48 So liegt es auch,
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45 Vgl. z.B. BVerfGE 7 198, 208 = NJW 1958 257; BVerfGE 20 162, 176; 21 239, 243; 25 44, 55 = NJW 1969 738; BVerfGE 27 71 = NJW 1970 235; BGHSt 23 64, 71, 208, 211; BGH NJW 1970 818. 46 BGHSt 23 208, 211. 47 BVerfG NJW 1970 235, 238; BGHSt 19 245, 256 = NJW 1964 1144. 48 BGHSt 23 269.
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wenn § 74d mit einer Vorschrift – z.B. mit § 92b StGB – zusammentrifft, die die Einziehung nach Ermessen zulässt, ohne dass die letztere Vorschrift eine abschließende, die Anwendung der allgemeinen Einziehungsvorschriften (§§ 74 ff) ausschließende Sonderregelung darstellt.49 Die Auffassung, dass verfassungsrechtlich eine Abwägung auch gegenüber einem zwingenden Einziehungsgebot in Betracht kommt,50 rechtfertigt sich aus der Ausstrahlungswirkung der in Art. 5 GG garantierten Freiheiten; die Zulässigkeitsfrage ist folgerichtig nicht auf den Bereich der Ermessensausübung beschränkt, sondern es ist schon vorher zu prüfen, ob nach den Grundsätzen der „Wechselwirkung“ ein etwaiger Vorrang des Grundrechts Raum für eine Einziehung lässt.51 3. Bedeutung kann auch die Kunstfreiheitsgarantie (Art. 5 Abs. 3) erlangen, die je 28 nach Einzelfall ebenfalls in den Blick zu nehmen sein kann. XI. Verfahrensrechtliches In der Entscheidung muss der Inhalt der Schrift genau, mindestens in seinem Kern, 29 bezeichnet werden.52 Ebenso sind die Beschränkungen nach den Absätzen 2 und 3 auszusprechen. Die Urteilsgründe müssen auch erkennen lassen, dass § 74f Abs. 2 nicht übersehen ist.53 Der Eigentumsübergang nach § 75 Abs. 1 erstreckt sich auf alle Stücke mit dem in der Einziehungsentscheidung bezeichneten Inhalt, ohne Rücksicht darauf, ob sie beschlagnahmt waren, und ob dem Gericht ihr Vorhandensein bekannt war. Die Betroffenen sind im Verfahren Einziehungsbeteiligte (§ 424 StPO). Zum Einverständnis zu einer formlosen Einziehung vgl. vor § 73 Rdn. 57.
§ 74e Sondervorschrift für Organe und Vertreter 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Sondervorschrift für Organe und Vertreter Lohse § 74e https://doi.org/10.1515/9783110491302-021
1
1. 2. 3. 4.
5.
Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes, als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft, als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört,
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BGHSt 23 208 = NJW 1970 437 = JZ 1970 513 m. Anm. Willms. So BGHSt 23 208, 269; Eser NJW 1970 784; Faller MDR 1971 3; dagegen kritisch Willms JZ 1970 514. Eser NJW 1970 786. BGHSt 23 65, 78; 26 266; NJW 1970 818, 820. OLG Düsseldorf NJW 1967 1143.
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§ 74e | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 74 bis 74c und 74f die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluss der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. 2 § 14 Abs. 3 gilt entsprechend. Entstehungsgeschichte § 75 Satz 1 Nr. 4 a.F. wurde durch das 31. StrÄndG-2. UKG vom 27.6.1994 (BGBl. I S. 1440) eingefügt. Es handelt sich um eine Folgeregelung der Änderung des § 30 OWiG, der die Verhängung von Geldbußen auch gegen Personen der Leitungsebene eines Unternehmens vorsieht. Dementsprechend wurde auch § 29 OWiG geändert. Mit Gesetz zur Ausführung des 2. Protokolls vom 19. Juni 1997 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 22.8.2002 (BGBl. I S. 3387) ist in § 75 Satz 1 Nr. 3 die Personenhandelsgesellschaft als Bezugsobjekt durch die rechtsfähige Personengesellschaft ersetzt und die Nr. 5 in § 75 Satz 1 neu eingefügt worden. Entsprechende Regelungen sind auch in §§ 29, 30 OWiG erfolgt. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 hat die vormalige Bestimmung des § 75 inhaltlich unverändert aus systematischen Gründen in den neuen § 74e überführt.
I.
II.
III.
Übersicht Grundgedanke der Vorschrift 1. Problematik | 1 2. Gesetzgeberische Lösungen | 2 3. Bedeutung des § 74e | 3 Kreis der Vertretenen 1. Juristische Personen | 4 2. Nichtrechtsfähige Vereine | 5 3. Personenhandelsgesellschaften | 6 4. Abschließende Aufzählung | 7 Vertreter 1. Vertretungsberechtigte Organe | 8 2. Vorstand eines nichtrechtsfähigen Vereins | 10
3.
IV. V. VI.
Vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft | 11 4. Generalbevollmächtigter und sonstige Verantwortliche in leitender Stellung | 12 5. Sonstige verantwortliche Personen | 12a 6. Handeln als Organ oder Vertreter | 13 Die Zurechnung | 14 § 74e Satz 2 | 16 Übergangsrecht | 17
I. Grundgedanke des § 74e 1
1. Die Problematik. Ob juristische Personen bestraft werden können, ist dogmatisch und kriminalpolitisch lebhaft umstritten.1 Dogmatisch wird geltend gemacht, dass der Schuldgrundsatz („keine Strafe ohne Schuld“) den Rang eines Verfassungsrechtssatzes habe, den juristischen Personen aber die Handlungsfähigkeit und damit die strafrechtliche Verantwortlichkeit für das fehle, was ihre Organe, die allein für sie handeln können, in ihrer Vertretung tun. Auch sei eine Freiheitsentziehung schon begrifflich ausgeschlossen, damit aber auch die Geldstrafe, weil eine Ersatzfreiheitsentziehung nicht hinter ihr stehe. Demgegenüber wird geltend gemacht, es bestehe ein unabweisbares Bedürfnis,
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1 Sch/Schroeder/Cramer/Heine/Weißer Rdn. 120 ff vor § 25; zur aktuellen rechtspolitischen Diskussion BT-Drucks. 18/10038; 19/7983; 19/8814; sowie der Kölner Entwurf für ein Verbandssanktionengesetz, abrufbar unter http://www.jpstrafrecht.jura.uni-koeln.de/sites/iss_juniorprof/Projekte/Koelner_Entwurf_ eines_Verbandssanktionengesetzes__2017.
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Sondervorschrift für Organe und Vertreter | § 74e
wenigstens strafähnliche Sanktionen anderer Art mit Wirkung gegen juristische Personen zu verhängen, wenn ihre Organe bei deren Vertretung gegen sanktionsbewehrte Vorschriften verstoßen. Denn es sei, von weiteren Gründen abgesehen, nicht vertretbar, der juristischen Person eine dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufende Vorzugsstellung gegenüber dem Einzelunternehmer bei vergleichbaren Gesetzesverstößen einzuräumen. Der Einzelunternehmer, der die ihm in dieser Eigenschaft obliegenden Pflichten verletze und gegen Gesetze verstoße, die eine vermögensrechtliche Sanktion (Geldstrafe, Geldbuße, Einziehung) androhen, werde mit einer Sanktion unter Berücksichtigung des Wertes seines Unternehmens belegt, während bei einer juristischen Person wegen eines entsprechenden Gesetzesverstoßes, wenn nur das Organ in Anspruch genommen werden könne, die Höhe der Sanktion sich an dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen orientieren müsse und sogar mildernd oder sanktionsausschließend zu berücksichtigen sei, wenn er aus „altruistischen Gründen“ den Gesetzesverstoß im Interesse der juristischen Person auf sich genommen habe. Die Zulassung strafähnlicher Sanktionen gegen die juristische Person sei auch unter dem Gesichtspunkt berechtigt und notwendig, präventiv zu wirken und die Verbandsmitglieder zu veranlassen, ihre Organe auch unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtstreue auszuwählen. Eine entsprechende Lage besteht bei nichtrechtsfähigen Vereinen und Personenhandelsgesellschaften, wenn deren „Organe“ (Vorstand, vertretungsberechtigter Gesellschafter) Gesetzesverstöße in dieser Eigenschaft begehen. 2. Gesetzgeberische Lösungen. Kriminalgeldstrafen gegen juristische Personen 2 oder deren Haftung für Strafen gegen ihre Organe sind nicht vorgesehen; wohl aber gibt es „strafähnliche“ Sanktionen in Form einer Geldbuße gegen die juristische Person als Folge des schuldhaft gesetzwidrigen Verhaltens ihrer Organe (Straftat oder Ordnungswidrigkeit) in Nebengesetzen wie § 30 OWiG (vgl. dazu § 444 StPO).2 3. Bedeutung des § 74e. Auf dem Gedanken, dass es grundgesetzlich zulässig sei, 3 strafähnliche Nachteile als Nebenfolge der Straftat des Organs einer juristischen Person oder des Vertretungsberechtigten einer Personenvereinigung mit Wirkung gegen die juristische Person (Personenvereinigung) zuzulassen, beruht auch § 74e. Soweit die Einziehung als Sicherungsmaßnahme ohne Rücksicht auf Dritteigentum zulässig ist, versteht es sich von selbst, dass auch Eigentum der juristischen Person (Personenvereinigung) der Einziehung unterliegt, wenn ihr Organ (Vertreter) eine Straftat oder rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen hat, die die Einziehung von Dritteigentum zulässt. § 74e erweitert darüber hinaus den Zugriff auf Dritteigentum (der juristischen Person, des nicht rechtsfähigen Vereins, der Personenhandelsgesellschaft) in den Fällen der §§ 74 Abs. 1, Abs. 2, 74a, ferner die Heranziehung von Drittvermögen zum Wertersatz (§ 74c) und den Ausschluss der Entschädigung wegen Entziehung oder Beeinträchtigung von Drittrechten (§ 74b Abs. 3); umfasst werden die Fälle, in denen gegenüber dem Organ (Vertreter), wäre er Eigentümer (Rechtsinhaber), die Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes oder die Versagung der Entschädigung zulässig wäre, indem er bestimmt, dass seine Handlung dem Vertretenen zugerechnet wird. Die Konstruktion der Zurechnung trägt dem dogmatischen Bedenken Rechnung, dass der Vertretene selbst nicht handelt und daher die Tatfolge nicht unmittelbar gegen ihn festgesetzt wird, sondern ihn nur als Nebenfolge der Tat des Organs (Vertreter) treffen kann. Der durch sein Organ (Vertreter) handelnde Vertretene muss sich so behandeln lassen, als hätte er
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BVerfG NJW 1967 195 hielt das nicht für verfassungswidrig.
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§ 74e | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
selbst als natürliche Person die Handlung begangen. Der „zureichende Grund“ für diesen Eingriff beruht darin, dass die juristische Person oder Personenvereinigung bei gesetzwidrigem Handeln ihrer Organe (Vertreter) nicht in vermeidbarer Weise gegenüber dem Einzelunternehmer begünstigt werden soll (oben Rdn. 1). Ergänzt wird diese Regelung durch die Verweisung in § 74e Satz 2 auf § 14 Abs. 3, so dass die „Zurechnung“ auch dann erfolgt, wenn die Bestellung zum Organ (Vertreter) unwirksam ist. Die dem § 74e entsprechende Vorschrift für das Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts enthält § 29 OWiG. II. Kreis der Vertretenen Das Handeln ihres Organs (Vertreters) müssen sich zurechnen lassen 4
1. inländische oder ausländische3 juristische Personen des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts, z.B. rechtsfähige Vereine (§§ 21 ff BGB), Stiftungen (§§ 80 ff BGB), die Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die eingetragene Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft, alle Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts,
5
2. nicht rechtsfähige Vereine (§ 54 BGB). Sie sind juristischen Personen gleichgestellt, weil bei ihnen häufig ein zweckgebundenes Vermögen vorhanden ist, an dem der Vorstand (das Vorstandsmitglied) oft nicht oder nur in ganz geringem Maße beteiligt ist,
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3. rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14 Abs. 2 BGB), d.h. die Personenhandelsgesellschaften – offene Handelsgesellschaft (§§ 105 ff HGB) und Kommanditgesellschaft (§§ 161 ff HGB) – nunmehr auch die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB),4 die Partnerschaftsgesellschaft (§§ 1 ff PartG) und die „Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung“ (EWIV). Die Rechtsfähigkeit der Partnerschaftsgesellschaft und der EWIV ergibt sich aus den Verweisungen von § 7 Abs. 2 PartGG und § 1 EWIVG auf § 124 Abs. 1 HGB.
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4. Die vorstehende Aufzählung der in Betracht kommenden „Vertretenen“ ist abschließend. Der Gesetzgeber hat der juristischen Person nur solche Personenvereinigungen gleichgestellt, die rechtlich weitgehend verselbständigt und damit der juristischen Person angenähert sind. § 74e ist daher unanwendbar bei sonstigen Personengemeinschaften, wie der BGB-Innengesellschaft,5 bei Gesamthandgemeinschaften (Miterbengemeinschaft usw.), bei denen es an einem Sondervermögen fehlt, das dem des nichtrechtsfähigen Vereins vergleichbar wäre, und – im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 Nr. 3 – erst recht bei vertretenen natürlichen Einzelpersonen. Nur bei juristischen Personen und bei Personenvereinigungen, die diesen gleichgesetzt werden können, ist es gerechtfertigt, deren Vermögen so zu behandeln, als sei es das des tätig gewordenen Organs oder vertretungsberechtigten Mitglieds“.6
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Vgl. BGH NStZ 1997 30 Joecks MK § 75 Rn. 4, Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6. Joecks MK § 75 Rn. 4. Begr. BTDrucks. V/1319 S. 61.
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Sondervorschrift für Organe und Vertreter | § 74e
III. Vertreter Vertreter, deren Handeln der Vertretene sich nach § 74e zurechnen lassen muss, sind 1. das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person oder das Mitglied 8 eines solchen Organs. a) Das Merkmal „vertretungsberechtigt“ soll dabei bei Organen nur die Organstellung dahin kennzeichnen, dass es sich um Organe handeln muss, denen die Geschäftsführung nach innen oder außen obliegt. Dagegen bedeutet „vertretungsberechtigt“ nicht, dass das Organ zur alleinigen rechtsgeschäftlichen Vertretung befugt sein müsse und im konkreten Fall in Wahrnehmung seiner Aufgabenbereiche gehandelt habe. Auf den Rahmen der rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnis kann es nicht ankommen, weil die „Handlung“ des Organs nicht rechtsgeschäftlicher Art zu sein braucht, sondern auch tatsächlicher Art sein kann, und weil im Übrigen ein die Einziehung rechtfertigendes Verhalten auch regelmäßig außerhalb des Bereichs einer zulässigen Vertretung liegt. Bedeutungslos wäre z.B., wenn der Vorstand nur mit Zustimmung oder auf Grund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung tätig werden darf und diese fehlen oder wenn der aus einer Person bestehende Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht mit einer gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vorgesehenen Zustimmung des Aufsichtsrats gehandelt hätte. b) Besteht das vertretungsberechtigte Organ aus mehr als einer Person, so genügt 9 schon die Handlung eines Mitglieds des Organs, auch wenn zur Geschäftsführung oder zur Vertretung der juristischen Person nach außen gesetzlich oder satzungsgemäß gemeinschaftliches Handeln oder ein Handeln zusammen mit einer anderen Person vorgeschrieben ist. 2. der Vorstand eines nichtrechtsfähigen Vereins oder das Mitglied eines solchen 10 Vorstands. Auch hier gilt das in Rdn. 8, 9 Ausgeführte entsprechend; 3. der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesell- 11 schaft. Auch hier kommt es nach dem Sinn der Vorschrift nur darauf an, ob in abstracto eine Vertretungsberechtigung gegeben ist (vgl. z.B. §§ 125, 161 Abs. 2, 170 HGB), während Beschränkungen der Vertretungsmacht durch das Erfordernis der Gesamtvertretung oder des Handelns gemeinsam mit einem Prokuristen (vgl. §§ 125 Abs. 2, 3, 161 Abs. 2 HGB) bedeutungslos sind. Im Liquidationsstadium sind als vertretungsberechtigte Gesellschafter die Liquidatoren anzusehen (§§ 149, 161 Abs. 2 HGB). 4. der Generalbevollmächtigte sowie Prokuristen und Handlungsbemächtigte 12 in leitender Stellung im Betrieb einer juristischen Person oder Personenvereinigung. Die Regelung geht davon aus, dass die Beschränkung auf gesetzliche Organe der juristischen Person oder Personenvereinigungen „der Organisationsstruktur von Unternehmen mit Arbeitsteilung, Delegation von Aufgaben sowie Trennen der Funktionen verantworten, Entscheiden und Handeln nicht gerecht“ werden. Auf der Grundlage dieser Regelung könne die juristische Person oder Personenvereinigung in sanktionsmäßig drohenden „Konsequenzen schuldhafter Zuwiderhandlung in ihrem Leitungsbereich dadurch entgehen, dass aus Repräsentationsgründen oder zur Verschleierung der wahren Verantwortung Personen zu vertretungsberechtigten Organen, Mitgliedern des Vorstan463
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§ 74e | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
des oder zu vertretungsberechtigten Gesellschaftern bestellt werden, denen praktisch keine Leitungsaufgaben übertragen sind, während die eigentliche Geschäftsleitung auf bestimmte leitende Angestellte verlagert“ werde.7 Mit der Regelung in Absatz 1 Nummer 4 hat der Gesetzgeber einen Mittelweg eingeschlagen; als Anknüpfungstat lässt er einerseits nicht das Verhalten irgendeiner natürlichen Person gelten, die befugterweise für die juristische Person oder Personenvereinigung gehandelt hat, sondern nur das Verhalten im Gesetz abschließend aufgezählter Personen.8 Maßgebend ist der Umfang der Handlungsvollmacht (§§ 164 ff BGB), d.h. welche Leitungsaufgabe der Vertreter in der betrieblichen Hierarchie mit Duldung der Organe der juristischen Person oder Personenvereinigung tatsächlich ausübt; in erster Linie erfasst wird die tatsächliche Geschäftsführung in der oberen Leitungsebene.9 Nicht genügend ist die Tat eines sonstigen Vertreters der juristischen Person oder Personenvereinigung. Die Einbeziehung auch dieser Personen in den Kreis derer, deren gesetzwidriges Tun sich der Vertretene, soweit es mit den Nebenfolgen der Einziehung usw. verbunden ist, zurechnen lassen muss, widerspräche dem Grundgedanken des § 74e, juristische Personen und die ihnen gleichstehenden Personenvereinigungen nicht besser zu behandeln als natürliche Personen; denn dieser Grundgedanke verlangt nur, die Handlungen von Organen der juristischen Person und den ihnen entsprechenden Funktionären der Personenvereinigungen mit der Folge der „Zurechnung“ auszustatten.10 12a
5. Sonstige Personen, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens der juristischen Person oder Personenvereinigung verantwortlich handeln. Das Gesetz vom 22.8.2002 (BGBl. I S. 3387) hatte den Katalog der für juristische Personen und Personenvereinigungen handelnden Täter um die in § 75 Satz 1 Nr. 5 a.F. aufgeführten sonstigen Personen erweitert, die für die Leitung eines Betriebs oder Unternehmens verantwortlich handeln, ohne die in den anderen Tatbestandsalternativen vorausgesetzte formale Vertretungsberechtigung zu besitzen. Die in § 74e übernommene Erweiterung entspricht wortgleichen Änderungen in §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG und knüpft an das Bemühen an, Umgehungen der Zurechnungsregeln einzuschränken. 11 Damit erfolgt gleichwohl keine Erstreckung der Zurechnung auf jegliches Handeln von Mitarbeitern, sondern dieses bleibt auf verantwortliches Handeln für die Leitung von Betrieben oder Unternehmen der vorgenannten Trägerorganisationen beschränkt. Zu diesem Handeln sollen nach der ausdrücklichen Erwähnung in der Vorschrift die Überwachung der Geschäftsführung und die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehören, so dass neben Aufsichtsratsmitgliedern auch Personen mit Leitungsverantwortung in einem bestimmten Unternehmensbereich (z.B. Rechnungsprüfung) erfasst werden. Ob der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft dazu gehört, erscheint aufgrund der Gesetzgebungsgeschichte zweifelhaft, wurde aber von der Rechtsprechung bislang offen gelassen.12
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6. Handeln „als Organ“ oder Vertreter. § 74e setzt voraus, dass die natürliche Person (Organ, Organmitglied usw.) „als Organ“ usw., also in dieser Eigenschaft gehandelt
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7 BTDrucks. 12/192 S. 14. 8 BGH NStZ 2004 505, 507. 9 Vgl. Begr. zu § 30 OWiG in der Fassung des 2. UKG BTDrucks. 12/192 S. 32. 10 Vgl. dazu die Erörterungen im Sonderausschuss 57. Sitzung v. 13.4.1967, Prot. V/1085 ff. 11 Vgl. Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 8. 12 Vgl. BGH NStZ 2004 507.
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Sondervorschrift für Organe und Vertreter | § 74e
hat, da nur dann die innere Rechtfertigung für die Zurechnung gegeben ist. Zwar braucht das Organ oder der Vertreter nicht im Rahmen seiner Vertretungsbefugnis zu bleiben (oben Rdn. 8), doch muss die Handlung in innerem Zusammenhang mit der Stellung als Organ oder Vertreter stehen, der Täter muss noch in Wahrnehmung seines allgemeinen Aufgabenbereichs gehandelt haben.13 Das kann auch der Fall sein, wenn er ein Handeln für die juristische Person mit der Wahrnehmung eigener Interessen verknüpfte (so insbes. bei der „Ein-Mann“-GmbH), während es im allgemeinen an einem Handeln als Organ usw. fehlt, wenn er in formaler Ausnutzung der Organstellung nur im eigenen Interesse oder sogar die Organstellung gegenüber dem Vertretenen missbrauchend gegen die Interessen des Vertretenen tätig ist.14 Ein Handeln als Organ entfällt weiterhin, wenn der innere Zusammenhang mit der Organstellung völlig gelöst ist und die Tat sich nur als ein Handeln bei Gelegenheit der Ausübung der Organstellung darstellt. Es kommen hier ähnliche Unterscheidungen in Betracht, wie sie etwa bei § 831 BGB („in Ausführung der Verrichtung“) oder bei § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG („in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes“) gemacht werden, um die Haftung des Geschäfts- oder Dienstherrn in solchen Fällen auszuschließen, in denen die Handlung des Verrichtungsgehilfen oder Amtsträgers des inneren Zusammenhangs mit der ihm obliegenden Aufgabe völlig entbehrt.15 IV. Die Zurechnung 1. Die Zurechnung setzt voraus, dass in der Person des Organs (Vertreters) alle 14 Voraussetzungen („unter den übrigen Voraussetzungen“) erfüllt sind, die nach §§ 74 bis 74c und 74f die Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluss der Entschädigung begründen, mit der Ausnahme, dass Eigentümer des Gegenstandes oder Rechtsinhaber der „Vertretene“ ist.16 Die Einziehung ist also zulässig oder (§ 74 Abs. 2) vorgeschrieben, wenn das Organ (Vertreter) die Voraussetzungen der §§ 74 Abs. 1, 74a erfüllt und der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Vertretenen gehört oder zusteht; Wertersatz nach § 74c kommt gegen den Vertretenen in Betracht, wenn der Gegenstand zur Tatzeit ihm gehörte oder zustand und das Organ Verwertungsund Vereitelungsmaßnahmen traf.17 Bei Prüfung der Verhältnismäßigkeit (§ 74f Abs. 1) ist die Bedeutung der Tat des Organs und des ihn treffenden Vorwurfs maßgebend. 2. Abweichungen von dem unbeschränkten Zurechnungsgrundsatz ergeben sich 15 daraus, dass bei der Billigkeitsprüfung nach § 74f Abs. 3 auch die Verhältnisse des Vertretenen einbezogen werden können. 3. § 74d ist in § 74e nicht erwähnt, weil die Einziehung (Unbrauchbarmachung) 16 eine Sicherungsmaßregel darstellt, bei der es auf das Eigentum am Einziehungsgegenstand nicht ankommt; bei der Begrenzung des Zugriffs durch § 74d Abs. 3 Nr. 1 ist dort dem Zurechnungsgedanken in weiterem Umfang dadurch Rechnung getragen, dass Einziehung und Unbrauchbarmachung auch angeordnet werden können, wenn sich die Stücke und Gegenstände im Besitz eines Tatunbeteiligten befinden, für den der Täter
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13 BGH NStZ 1997 30 m. Anm. Achenbach JR 1997 205. 14 Enger Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 10, wonach begrifflich eine Tätigkeit im Interesse des Verbandes erforderlich ist. 15 BGH NStZ 1997 30 m. Anm. Achenbach JR 1997 205. 16 BGH StV 1992 155. 17 Ebenso Fischer Rdn. 9; Saliger NK Rdn. 11.
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oder Teilnehmer gehandelt hat. Die §§ 75 und 76a sind in § 74e nicht genannt, weil sich kein besonderes Zurechnungsproblem erhebt; sie sind ohne weiteres anwendbar. V. § 74e Satz 2 Zu § 74e Satz 2 wird auf die Ausführungen zu § 14 Abs. 3 verwiesen.
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§ 74f Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Lohse § 74f https://doi.org/10.1515/9783110491302-022
(1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen der §§ 74 und 74a nicht angeordnet werden, wenn sie zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, außer Verhältnis stünde. In den Fällen der §§ 74 bis 74b und 74d ordnet das Gericht an, dass die Einziehung vorbehalten bleibt, wenn ihr Zweck auch durch eine weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Anweisung, 1. die Gegenstände unbrauchbar zu machen, 2. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder 3. über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an. Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so kann sie auf einen Teil der Gegenstände beschränkt werden. (2) In den Fällen der Unbrauchbarmachung nach § 74d Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 gilt Absatz 1 Satz 2 und 3 entsprechend.
I. II.
III.
Übersicht Entwicklungsgeschichte und Grundgedanke der Vorschrift | 1 Allgemeine Auswirkungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes | 1. Allgemeines | 3 2. Kasuistik | 4 3. Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Sicherungseinziehung | 5 4. Zwingend vorgeschriebene Einziehung | 6 Vorbehalt der Einziehung (Absatz 2) | 8 1. Allgemeines | 8 2. Sicherungseinziehung als primäres Anwendungsgebiet | 9
Beispiele | 10 Durchführung von Anweisungen | 11 5. Durchführung von Maßnahmen von Amts wegen | 12 6. Keine weniger einschneidende Maßnahme | 13 7. Wirkung eines Veräußerungsverbots | 14 Teileinziehung (Absatz 3) | 15 1. Zulässigkeit | 15 2. Anwendungsbereich | 16 Ausscheidung der Einziehung aus verfahrensrechtlichen Gründen | 17 3. 4.
IV.
V.
VI. Unbrauchbarmachung (Satz 2) | 18
I. Entwicklungsgeschichte und Grundgedanke der Vorschrift 1
1. Historie. Der StGB-Entw. 1962 enthielt – von der nur für den Verfall geltenden Härtevorschrift des § 111 Abs. 1 (= vormals § 73c a.F.) abgesehen – noch keine dem § 74f (= § 40b a.F. und § 74b a.F.) entsprechende Vorschrift, weil eine allgemeine, das richterliche Ermessen beschränkende Regel die praktische Anwendung der EinziehungsvorLohse https://doi.org/10.1515/9783110491302-022
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Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | § 74f
schriften erschweren würde. Erst die Beratungen im Sonderausschuss führten zu einer entsprechenden Ergänzung. Sie trägt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, wonach jeder Eingriff. in den grundrechtlich geschützten Bereich – hier: das grundrechtlich geschützte Eigentum 1 – unter dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck steht. Teilreformen, vor allem aber die Rechtsprechung, die ältere zwingende Einziehungsvorschriften einengend auslegte und deutete, hatten bereits dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Eingang auf dem Gebiet der Einziehung verschafft.2 Nachdem in allgemeiner Form der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch das Strafprozessänderungsgesetz v. 19.12.1964 als Leitgedanke für Eingriffe in die persönliche Freiheit im Zuge der Strafverfolgung förmlich niedergelegt war (§ 112 Abs. 1, § 116 StPO), umschreibt §74f auch für Eingriffe in das Eigentum durch Einziehung die Auswirkungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes allgemein gesetzlich. Im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) hat der Gesetzgeber die vormalige Regelung des § 74b inhaltlich unverändert aus systematischen Gründen in die Vorschrift des § 74f überführt, um damit die Geltung der §§ 74 ff für das gesamte Einziehungsrecht zu unterstreichen. Die entsprechende Vorschrift für Ordnungswidrigkeiten enthält § 24 OWiG. 2. Hintergrund der zwingend vorgeschriebenen Einziehung. Zwar regelt Absatz 2 1 des § 74f seinem Wortlaut nach lediglich den Fall, dass die Einziehung nicht vorgeschrieben, sondern als „Kann“-Vorschrift in das richterliche Ermessen gestellt ist. Da aber der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine allgemein für staatliche Eingriffe jeder Art, gleichviel, ob nur zugelassen oder zwingend vorgeschrieben, geltende Regelung darstellt, ist die Maßnahme auch in den Fällen einer zwingend vorgeschriebenen Einziehung im Einzelfall am Übermaßverbot zu messen.3 Dabei hat das Gericht jedoch zu prüfen, ob nicht die gesetzliche Regelung bereits eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragende abschließende Regelung darstellt (dazu unten Rdn. 6, 7). Da § 74 Abs. 2 auch die Fälle einer zwingend vorgeschriebenen Einziehung umfasst (ebenso für § 74a, vgl. dort Rdn. 28), gilt § 74f insoweit auch in den Fällen, in denen die Einziehung in anderen gesetzlichen Regelungen vorgeschrieben ist.4 Wegen der allgemeinen Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit werden darüber hinaus auch solche Vorschriften erfasst, auf welche die einfach-gesetzliche Regelung des § 74f nicht ausdrücklich Bezug nimmt.5 Dieses Ergebnis entspricht auch der historischen Auslegung: Die Fassung des § 74b Abs. 1 beruhte auf der Erwägung,6 dass dem Gesetzgeber, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch bei zwingend vorgeschriebenen Eingriffen Rechnung zu tragen, zwei Wege zur Verfügung stehen. Er kann einmal generell die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für einen Bereich von Maßnahmen aussprechen und ihn bei einer einzelnen Maßnahme ausschließen: So ist der Gesetzgeber bei den Maßregeln der Besserung und Sicherung verfahren, wo er in § 62 generell deren Unterstellung unter den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aussprach, aber in § 69 Abs. 1 Satz 2 (betr. Entziehung der Fahrerlaubnis) bestimmte, dass es „einer weiteren Prüfung nach § 62 nicht bedürfe“, weil das Gesetz davon ausgeht, dass bei festgestellter
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1 BVerfGE 17 108, 117; 19 342, 348; 20 162, 186 f; 24 367, 404; BVerfG NJW 1996 246. 2 BGHSt 19 63, 70; Maunz/Dürig/Herzog Art. 1 Rdn. 32. 3 BGHSt 23 267, 269; NStZ 1981 104; OLG Braunschweig MDR 1974 594; OLG Saarbrücken BJW 1975 65; OLG Schleswig SchlHA 1980 171; StV 1989 156. 4 BGH StraFo 2012 509; NStZ-RR 2014 274, jeweils zur Vorgängerregelung des § 74b Abs. 2 a.F. 5 Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn.2; Saliger NK § 74b a.F. Rdn. 2. 6 Vgl. dazu die Erörterungen in der 54. Sitzung des Sonderausschusses v. 9.3.1967 – Prot. S. 1045 f, die die Frage der Grundgesetzmäßigkeit der gewählten Fassung zum Gegenstand hatten.
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Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen die Entziehung der Fahrerlaubnis stets verhältnismäßig ist. Der Gesetzgeber kann umgekehrt generell die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für bestimmte Maßnahmen ausschließen, wenn er solche nur für Fälle anordnet, in denen nach seiner Auffassung keine Fallgestaltung denkbar ist, bei der der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz praktisch zur Anwendung kommen könnte. So ist der Gesetzgeber in § 74b Abs. 1 verfahren; er ging davon aus, „dass die zwingende Einziehung die ganz seltene Ausnahme sein müsse und nur dann vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden könne, wenn er im Vorhinein unter Berücksichtigung aller möglichen Fallgestaltungen sagen könne, dass die Einziehung bei diesem Straftatbestand niemals außer Verhältnis stehen werde“. § 74f Abs. 2 trifft Bestimmungen für den Fall der Unbrauchbarmachung nach § 74d. II. Allgemeine Auswirkungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Absatz 1) 3
1. Allgemeines. Für die Fälle des § 74 Abs. 1 und des § 74a, in denen die fakultative Einziehung den Täter, Teilnehmer oder den Dritteigentümer als strafähnliche Maßnahme trifft und vorwiegend generalpräventiven Charakter hat, enthält § 74f Abs. 1 als äußerste Schranke der Ermessensausübung ein Verbot der Einziehung, falls diese nach ihrer wirtschaftlichen Wirkung, insbesondere nach dem Wert des Einziehungsgegenstandes, zur Bedeutung der Tat und zu dem Vorwurf, der Täter, Teilnehmer oder Dritteigentümer trifft, außer Verhältnis, d.h. in einem offensichtlichen Missverhältnis steht. Das Gericht muss danach zunächst prüfen, ob die Einziehung als solche mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist, und die Urteilsgründe müssen jedenfalls bei Einziehungsobjekten von einigem Belang erkennen lassen, dass die Abwägung stattgefunden hat; das Schweigen der Urteilsgründe kann aber unschädlich sein, wenn das Revisionsgericht aus dem abgeurteilten Sachverhalt ohne Weiteres die Gründe entnehmen kann, die das Tatgericht zur Einziehung veranlassten.7 Wegen der Strafähnlichkeit der Maßnahme sind aber zugleich die allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 46 zu beachten.8 Das Gericht hat danach in einer Gesamtbetrachtung sowohl die Bedeutung der Tat wie auch den persönlichen Schuldvorwurf zu würdigen und mit der Schwere des Eingriffs zu vergleichen, zugleich aber auch (im Fall des § 74 Abs. 1) die Hauptstrafe (Freiheits- oder Geldstrafe) gegenüber der Einziehung abzuwägen und Strafe sowie Einziehung hinsichtlich ihrer Gesamtwirkung auf den Angeklagten abzustimmen; Strafe und Einziehung müssen in ihrer Kumulierung schuldangemessen sein (§ 46 Abs. 1 Satz 1).9 Auf diese Abwägung braucht das Urteil jedoch nicht einzugehen, wenn die Einziehung im Einzelfall die Bemessung der Hauptstrafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag, also kein bestimmender Zumessungsfaktor ist. Der Wert der nach § 74 Abs 1 eingezogenen Gegenstände ist insoweit nicht anders zu beurteilen als andere Gesichtspunkte der Strafzumessung.10 Die Gesamtwürdigung kann dazu führen, dass die Einziehung trotz erheblichen Vorwurfs wegen geringerer Bedeutung der Tat unverhältnismäßig ist und entfallen muss.11 Sie kann aber auch ergeben, dass die Einziehung bei einer Tat, die für die Allgemeinheit oder den einzelnen besonders schädlich ist, nach der Überzeugung des Gerichts selbst dann erforderlich ist, wenn den Täter, Teilnehmer oder Dritteigentümer nur
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7 OLG Hamm NJW 1973 1141, 1143. 8 BGH Beschl. v. 14.10.1970 – 3 StR 180/70; OLG Saarbrücken NJW 1975 65, 66; OLG Hamm NJW 1975 67; OLG Düsseldorf VRS 51 (1976) 439; Fischer Rdn. 2. 9 BGH NJW 1983 2710; MDR 1984 24; StV 1986 58; 1989 529; 1995 301; 1996 206; 2003 444. 10 BGH bei Detter NStZ 2001 133. 11 OLG Hamm MDR 1966 430; Busse NJW 1958 1417; Gilsdorf JZ 1958 687; Maier NJW 1959 182.
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ein verhältnismäßig geringer Schuldvorwurf trifft;12 in einem solchen Fall wird dem durch die Ermäßigung der sonst – ohne die Einziehung – schuldangemessenen Strafe Rechnung zu tragen sein.13 Verfahrensrechtlich ergibt sich aus dieser Wechselwirkung zwischen Hauptstrafe und nebenstrafähnlicher Einziehung, dass eine Beschränkung des Rechtsmittels innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs, z.B. auf die Einziehung, unwirksam ist, wenn erkennbar bei Bemessung der Hauptstrafe eine über das Maß der Schuld hinausgehende Steigerung des Strafübels durch die Einziehung unberücksichtigt geblieben ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Zulässigkeit der Rechtsmittelbeschränkung stets verneint werden müsste, wenn deutlich ist, dass die Hauptstrafe unabhängig von der daneben ausgesprochenen Einziehung bemessen worden ist.14 2. Kasuistik. Als unverhältnismäßig wurden in der Rechtsprechung z.B. angese- 4 hen die Einziehung einer ungenehmigt errichteten Funkanlage, die nur gelegentlich zu Ausstrahlungen von Musiksendungen mit launigen Ansagen benutzt wurde,15 oder die Einziehung eines wertvollen Beförderungsmittels wegen eines geringfügigen Vergehens,16 z.B. des zum Schmuggeln von Zigaretten verwendeten PKW, dessen Wert 2 500 DM betrug, während die Zollabgabe für die Schmuggelware sich auf 120 DM belief,17 oder des zur Begehung von fortgesetztem Betrug verwendeten PKW im Wert von einigen tausend DM, während der Gesamtvorsatz des Täters auf eine Beute von 600 DM ging und der tatsächlich angerichtete Schaden nur 350 DM betrug.18 Bei Einziehung von Kraftfahrzeugen ist eine Feststellung des Wertes zu treffen und im Rahmen der Strafzumessung zu erörtern.19 Als nicht unverhältnismäßig wurde angesehen die Einziehung eines zur Vergewaltigung gebrauchten Motorboots,20 die Einziehung von Druckschriften mit dem Programm einer für verfassungswidrig erklärten politischen Partei21 und eines Kraftfahrzeugs zur Verhinderung weiterer Fahrten ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG).22 Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit können auch Umstände berücksichtigt werden, die außerhalb der unmittelbaren Einwirkungen liegen.23 3. Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Sicherungseinzie- 5 hung. Da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz schlechthin für alle Eingriffe in den grundrechtlich geschützten Bereich gilt (oben Rdn. 2), ist er auch bei der Sicherungseinziehung (§ 74b) zu beachten.24 Daher ist auch bei der fakultativen Sicherungseinziehung zu prüfen, ob diese außer Verhältnis zur Bedeutung der Tat sowie zu Art und Bedeutung der Gefahr und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts steht; das wird
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12 Begr. S. 56. 13 BGHSt 10 338; BGHSt 16 288; BayObLG NJW 1974 2060; OLG Saarbrücken NJW 1975 65, 66; OLG Hamm NJW 1975 67; OLG Düsseldorf VRS 51 (1976) 439. 14 OLG Hamm OLGSt § 74 S. 4; NJW 1978 1018; aM bis zur 50. Aufl. Fischer § 74 Rdn. 21; Herzog NK Rdn. 46, nicht eindeutig BGH StV 1993 359 f. 15 BayObLG NJW 1967 586. 16 BGHSt 16 285. 17 OLG Hamm NJW 1962 828, 829. 18 OLG Hamm NJW 1975 67, 68. 19 BGH StV 2011 726; 2013 565. 20 BGH NJW 1970 1331, 1332. 21 BGHSt 26 258, 267. 22 OLG Hamm NJW 1973 1141, 1143; vgl. auch OLG Nürnberg NJW 2006 3448: Einziehung eines Fahrzeugs im Wert von 14.000 € bei zweimaligen Fahren ohne Fahrerlaubnis zulässig, wenn sie sich nicht existenzbedrohend auswirkt; Fischer Rdn. 3. 23 Vgl. KG NJW 1953 678. 24 Vgl. OLG Schleswig SchlHA 1980 171; 1983 83; Fischer Rdn. 3.
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bei einer nur individuellen Gefährlichkeit (§ 74b Rdn. 6) eher zu bejahen sein als bei der generellen Gefährlichkeit (§ 74b Rdn. 4). Das Gericht hat die wirtschaftliche Wirkung der Sicherungseinziehung zu berücksichtigen, wobei es insbesondere auf den Wert des Einziehungsgegenstandes,25 aber auch den Grad des Vorwurfes gegen den Dritteigentümer ankommt.26 4. Zwingend vorgeschriebene Einziehung. Nach den Eingangsworten des § 74f Abs.1 würde die richterliche Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wenn die Einziehung zwingend vorgeschrieben ist, wie in §§ 150, 282 Abs. 2 Satz 2, 286 Abs. 2 Satz 1 entfallen. Indessen stellt sich diese Frage bei richtiger Auslegung der Vorschrift praktisch nicht (vgl. auch oben Rdn. 2). Die im Gesetz ausgesprochene Beschränkung der richterlichen Nachprüfung bedeu7 tet nämlich nicht, dass der einfache Gesetzgeber – gegen den unbeschränkt anwendbaren Verfassungssatz verstoßend – den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für unanwendbar erklärt, sondern lediglich, dass er selbst bereits diese Prüfung unter Berücksichtigung der denkbaren Fallgestaltungen in typisierter Form vorgenommen hat. An diese gesetzgeberische Abwägung ist der Richter grundsätzlich gebunden, nachdem auch die Einziehungsvorschriften des Nebenstrafrechts dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angepasst worden sind.27 Daher kommt in diesen Fällen erst bei einer außergewöhnlichen Fallgestaltung die Anwendung des in § 74f statuierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zur Vermeidung eines dem Übermaßverbot nicht mehr genügenden Ergebnisses in Betracht.
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III. Vorbehalt der Einziehung (Absatz 1 Satz 2) 8
1. Allgemeines. Auch wenn die Einziehung nicht unverhältnismäßig ist, wird nach Absatz 1 Satz 2 eine weniger einschneidende Maßnahme angeordnet, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann.28 Grundsätzlich muss sich aus den Urteilsgründen ergeben, ob das Gericht diese Regel bedacht hat,29 doch erübrigen sich Ausführungen im Urteil, wenn nach Lage des Falles erkennbar weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen.30 Nach ihrem Wortlaut bezieht sich die Vorschrift auf alle von §§ 74, 74a umfassten Einzelfälle. Da aber maßgeblich ist, welchen Zweck die Einziehung nach den Umständen des Einzelfalles haben soll, ergeben sich Unterschiede, je nachdem ob die Einziehung vorzugsweise Straf- oder Sicherungscharakter hat. Die Anweisung kann auch das Revisionsgericht treffen.31
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2. Das primäre Anwendungsgebiet der Vorschrift liegt bei der Sicherungseinziehung (§ 74b Abs. 1), da hier der Zweck der Einziehung (die Abwendung von Gefahren für die Allgemeinheit und die Abwendung der Gefahr, dass der Gegenstand der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen dient) vielfach durch weniger einschneidende Maßnahmen erreichbar ist, die die Gefahr beseitigen und dem Täter nach Möglichkeit den wirtschaftlichen Wert der Sache erhalten.32 Sind dagegen die Voraussetzungen der
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25 26 27 28 29 30 31 32
BGH Beschl. v. 9.12.1985 – 2 StR 665/85, bei Theune NStZ 1986 493, 497. BGH StV 1983, 107. BGH bei Holtz 1981 266. BGH NStZ 2009 324. BayObLG NJW 1974 2060. OLG Köln OLGSt. § 74 Nr. 1). Vgl. zu § 24 OWiG: OLG Schleswig SchlHA 1991 163; Göhler § 24 Rdn. 11. OLG Schleswig SchlHA 1983, 83.
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Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | § 74f
Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 oder nach § 74a gegeben, und macht der Richter unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von der „Kann“-Vorschrift Gebrauch, so erfolgt die Einziehung grundsätzlich als Erwiderung auf vorwerfbares Verhalten; der Straf- oder strafähnliche Charakter aber schließt regelmäßig die Anwendung des § 74f Abs. 1 Satz 2 aus, denn wenn die Einziehung als Strafübel (Verlust des Eigentums) aus Gründen der Spezial- und Generalprävention in Betracht kommt, so kann ihr Zweck durch eine weniger einschneidende Maßnahme nicht erreicht werden.33 Das gilt auch dann, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 und die des § 74b Abs. 1 vorliegen (vgl. § 74b Rdn. 10). Jedoch kann bei einer Ermessensausübung im Fall des § 74 Abs. 1 auch der Sicherungszweck eine Rolle spielen, so etwa, wenn der Gegenstand nach seiner Art gefährlich ist, aber zweifelhaft bleibt, ob auch nach den Umständen eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht. In solchen Fällen kann § 74f Abs. 1 Satz 2 mit Rücksicht auf den zugleich verfolgten Sicherungszweck anwendbar sein. Wird durch die weniger einschneidende Maßnahme der Sicherungszweck erreicht, ist ein Ermessen nicht eröffnet.34 Voraussetzung ist stets, dass die mildere Maßnahme tatsächlich umsetzbar und damit geeignet ist, das Ziel der Einziehung in gleicher Weise zu erreichen. 3. Als Beispiele („namentlich“) weniger einschneidender Maßnahmen nennt 10 Absatz 1 Satz 3 eine Reihe von Anweisungen. Sie betreffen a) die Unbrauchbarmachung (vgl. § 63 Abs. 3 StVollstrO), die dem Gegenstand die Gefährlichkeit entzieht, dem Einziehungsbetroffenen aber das Eigentum an der Substanz belässt, z.B. Einschmelzen falscher Münzen; die Löschung von Daten auf einer Festplatte als milderes Mittel gegenüber der Einziehung eines PC;35 b) die Beseitigung bestimmter Einrichtungen36 am Einziehungsgegenstand, z.B. die Beseitigung besonderer Scheinwerfereinrichtungen, die der Täter am Kraftfahrzeug anbrachte, um mit ihrer Hilfe vom Kraftfahrzeug aus zu wildern, die Entfernung von Spezialeinrichtungen, mit denen das zu Schmuggelfahrten verwendete Kraftfahrzeug ausgestattet war, so der Ausbau von manipulierten Achsen des Aufliegers, der mit der Zugmaschine keine untrennbare Einheit bildet37 oder die Beseitigung für den Schmuggel von Betäubungsmitteln genutzter Hohlräume;38 c) die Beseitigung von Kennzeichen, z.B. die Ablösung der falschen Etikettierung auf Weinflaschen, wenn der darin enthaltene Wein bei richtiger Etikettierung in den Verkehr gebracht werden darf, die Unkenntlichmachung von Kennzeichen auf Umhüllungen, die die Voraussetzungen der §§ 86a, 92b erfüllen, durch Schwärzen des Kennzeichens,39 d) die Gegenstände sonst zu ändern,40
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33 OLG Köln OLGSt. § 74 S. 1; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6; Lackner/Kühl/Heger Rdn. 3; aM Wolters SK Rdn. 5, Joecks MK Rdn. 10. 34 BGH NStZ 2009 324. 35 BGHSt 53 69, 71; BGH NStZ 2012 319; NStZ-RR 2014 724; BGH Beschl. v. 8.5.2018 – 5 StR 65/18 Rn. 10 (juris); krit. dazu BGH Beschl.v. 12.6.2018 – 3 StR 422/17 (obiter dictum). 36 Zum Begriff der Einrichtung vgl. BGHSt 31 1. 37 BGH NZWiSt 2019 192, 193 m. Anm. Wissmann. 38 BGH Wistra 2017 100; krit. dazu BGH Beschl.v. 12.6.2018 – 3 StR 422/17 (obiter dictum). 39 BGHSt 23 65, 79. 40 Seetzen NJW 1976 500; BGH Film und Recht 1976 671.
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§ 74f | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
e) über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen, z.B. Gegenstände, die befugterweise sich nur in der Hand bestimmter Personen befinden oder von diesen verwendet werden dürfen, an sie zu veräußern, etwa verschreibungspflichtige Arzneimittel an einen Apotheker.41 Oder es wird, wenn neben einer Verurteilung wegen Führens eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) die Wegnahme des Kraftfahrzeugs geboten erscheint, weil die Gefahr besteht, dass der Täter wiederum das Kraftfahrzeug führen wird, falls es in seinem Besitz verbleibt, die Einziehung nach § 21 Abs. 3 StVG, § 74 Abs. 2 vorbehalten und dem Verurteilten die Anweisung erteilt, das Fahrzeug freihändig zu veräußern.42 Erfolgt eine solche Veräußerung in Befolgung einer Anweisung (unten Rdn. 11), so steht § 75 Abs. 3 dem nicht entgegen; das gesetzliche Veräußerungsverbot wird durch die spezielle Veräußerungsanweisung außer Kraft gesetzt, f) eine weitere Maßnahme regelt § 54 Abs. 4 Waff.G i.d.F. vom 11.10.2002 betr. Erwerb bzw. Besitz von Schusswaffen und Munition ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis,43 danach kommt als Maßnahme i.S. des § 74b Abs. 2 Satz 2 StGB auch die Anweisung in Betracht, binnen einer angemessenen Frist die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Erteilung der Erlaubnis vorzulegen oder die Gegenstände einem Berechtigten zu überlassen. 11
4. Durchführung von Anweisungen. Wäre die Durchführung weniger einschneidender Maßnahmen nur dem Vollstreckungsverfahren überlassen, so müsste nach § 459g StPO verfahren, die Sache dem Verurteilten oder Einziehungsbeteiligten weggenommen und die Maßnahme an oder mit der Sache vorgenommen werden. Daraus könnten sich beträchtliche Verzögerungen und Schwierigkeiten und Belastungen der Staatskasse ergeben. § 74f Abs. 1 sieht deshalb vor, dass das Gericht im Urteil die Einziehung vorbehält und bestimmte Maßnahmen anordnet, die dem Gegenstand die Gefährlichkeit entziehen. Als Regelfall solcher Maßnahmen sieht der Gesetzgeber bestimmte Anweisungen über die Behandlung des Gegenstandes vor. Sie richten sich nur dann an den angeklagten Täter oder Teilnehmer, wenn er Eigentümer oder Rechtsinhaber ist, sonst an den (im Protokoll nach § 272 Nr. 4 StPO als Nebenbeteiligten aufzuführenden) Eigentümer oder Rechtsinhaber, da nur der Eigentümer (Rechtsinhaber) über den Gegenstand verfügen kann und bei Nichtbefolgung der Anweisung sein Eigentum durch nachträgliche Einziehung verliert. Dem Angewiesenen bleibt es überlassen, innerhalb der ihm im Urteil gesetzten Frist die Maßnahmen selbst durchzuführen oder (auf seine Kosten) durchführen zu lassen. Soweit erforderlich können dem Betroffenen über die allgemeine Anweisung im Sinne der Nummern 1 bis 3 des § 74f Abs. 1 Satz 3 hinaus nähere Weisungen über deren Durchführung erteilt werden, z.B. kann dem zur Veräußerung seines Kraftfahrzeugs angewiesenen Täter (oben Rdn. 10 zu e), um seinem Einwand zu begegnen, dass er während der ihm gesetzten Frist keinen zur Zahlung eines angemessenen Kaufpreises bereiten Käufer gefunden habe, aufgegeben werden, dass er es jedenfalls zu dem Schätzpreis zu veräußern habe, den ein von ihm zu beauftragender und zu honorierender amtlich anerkannter Sachverständiger bestimmt.44 Kommt der Angewiesene der Anweisung nach, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben. Wird die Anwei-
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BayObLG NJW 1974 2060. OLG Braunschweig MDR 1974 594; OLG Schleswig SchlHA 1983, 83. BGH U. v. 2.12.1980 – 1 StR 441/80; OLG Schleswig SchlHA 1986 122, 123. OLG Braunschweig MDR 1974 594.
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Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | § 74f
sung – wenn auch ohne Verschulden des Angewiesenen 45 – nicht befolgt, so wird nachträglich die Einziehung des Gegenstandes angeordnet, da dann feststeht, dass der Zweck der Einziehung durch weniger einschneidende Maßnahmen nicht zu erreichen ist. Es ist jedoch (nochmals) zu prüfen, ob die nachträgliche Einziehung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.46 Diese Entscheidungen werden gemäß § 462 Abs. 1 Satz 2 StPO durch Beschluss getroffen. Durch einen solchen Beschluss kann auch die im Urteil bestimmte Frist auf Antrag verlängert werden, wenn sie sich als zur Durchführung der Anweisung nicht ausreichend erweist. Vgl. ergänzend unten Rdn. 14. 5. Durchführung der Maßnahmen von Amts wegen. § 74f Abs. 1 Satz 2 besagt 12 nicht, dass die Ergreifung weniger einschneidender Maßnahmen nur im Wege der Anweisung an den Einziehungsbetroffenen möglich sei. Zulässig ist es auch, in Verbindung mit dem Einziehungsvorbehalt andere Maßnahmen anzuordnen, z.B. die Unbrauchbarmachung des Gegenstandes von Amts wegen; dann erfolgt die Aufhebung des Vorbehalts von Amts wegen nach Durchführung der Maßnahme. Die Kosten solcher Maßnahmen trägt dann der Eigentümer als Angeklagter nach § 465 oder als Nebenbeteiligter nach § 472b StPO. 6. Keine weniger einschneidende Maßnahme i.S. des § 74f Abs. 1 Satz 2 wäre die 13 schriftliche Versicherung des Täters, in Zukunft nicht mehr den Gegenstand zu strafbaren Handlungen zu verwenden, da dann der Erfüllungszwang entfällt;47 es läge auch keine Anweisung i.S. des § 74b Abs. 2 Nr. 3 vor, wenn das Gericht dem Täter die Abgabe einer solchen Erklärung aufgäbe, da in der bloßen Abstandnahme von einem bestimmten Gebrauch des Gegenstandes keine „Verfügung“ liegt, die dem Gegenstand die Gefährlichkeit in der Hand des Täters entzieht.48 7. Der Einziehungsvorbehalt hat gemäß § 75 Abs. 3 die Wirkung eines Veräuße- 14 rungsverbots nach § 136 BGB. Sind die Gegenstände beschlagnahmt, so ist das Gericht nicht gehalten, die Beschlagnahme zur Durchführung der Anweisungen aufzuheben, wohl aber muss es die Durchführung der Maßnahmen zulassen und kann zu diesem Zweck den Gegenstand unter Aufrechterhaltung der Beschlagnahme vorübergehend dem Betroffenen überlassen. Es ist auch zulässig, trotz Rechtskraft des den Einziehungsvorbehalt aussprechenden Urteils einen noch nicht beschlagnahmten Gegenstand zu beschlagnahmen, z.B. weil eine Vereitelung der Einziehung unter Missachtung der Anweisung zu besorgen ist. Denn solange über den Wegfall des Vorbehalts der Einziehung noch nicht entschieden ist, liegt ein der Einziehung unterliegender Gegenstand i.S. des § 111b StPO vor; dabei kann der Vollzug der Beschlagnahme auch durch eine weniger einschneidende Maßnahme, wie bestimmte Auflagen, ersetzt werden. Im Übrigen fehlt es an Vorschriften über die Durchführung des Verfahrens im Anweisungsstadium; es bleibt z.B. offen, welcher Stelle – Gericht oder Vollstreckungsbehörde – es obliegt zu überwachen, ob der Einziehungsbetroffene der Anweisung nachkommt oder nachgekommen ist. Die Rechtslage im Stadium zwischen Erlass der Anweisung unter Vorbehalt der Einziehung und der Entscheidung über Aufhebung des Vorbehalts oder nachträgli-
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45 Lackner/Kühl Rdn. 4; Göhler § 24 Rdn. 17; aM Horn SK Rdn. 11 zur strafähnlichen Einziehung, so wohl auch Joecks MK Rdn. 14. 46 BVerfG NJW 1996, 246. 47 AA OLG Karlsruhe NJW 1970 394, 396. 48 Ebenso Joecks MK § 74b Rdn. 12; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 9; Herzog NK Rdn. 12; aA Horn SK Rdn. 5.
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§ 74f | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
cher Einziehung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der bei Stellung unter Bewährungsfrist, da in beiden Fällen nur ein mittelbarer Zwang zur Erfüllung gerichtlicher Weisungen durch ein drohendes Übel (Widerruf der Aussetzung, nachträgliche Einziehung) besteht; es liegt deshalb nahe, den Gedanken des § 453b StPO anzuwenden und das Gericht als die Stelle anzusehen, die – ggf. unter Inanspruchnahme der Rechts- oder Amtshilfe anderer Stellen – nachzuprüfen hat, ob der Angewiesene der Anweisung nachgekommen ist. IV. Teileinziehung (Absatz 1 Satz 3) 15
1. Zulässigkeit. Die Teileinziehung, als eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende mildere Maßnahme ist nach dem Gesetzeswortlaut nur bei fakultativer Einziehung vorgesehen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass in den seltenen Fällen einer zwingend vorgeschriebenen Einziehung bereits der Gesetzgeber den Gegenstand und Umfang der Einziehung in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragenden Weise bestimmt hat. Dadurch wird aber nicht ausgeschlossen, dass auch bei atypischen Fällen einer zwingend vorgeschriebenen Einziehung eine durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebotene Beschränkung auf eine Teileinziehung erfolgt49 (oben Rdn. 6, 7).
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2. Anwendungsbereich. Teileinziehung ist sowohl die auf einen Teil einer Mehrheit von Gegenständen beschränkte Einziehung wie auch die Einziehung eines Teils eines teilbaren Gegenstandes, der sich ohne Verminderung seines Wertes in gleichartige Teile zerlegen lässt (z.B. einer bestimmten Menge aus einem Fass Wein oder aus der in einem Eisenbahnwagen befindlichen Getreidemenge oder eines Teils einer Forderung). Keine teilbaren Sachen sind im allgemeinen zusammengesetzte einheitliche Sachen, wie z.B. ein Kraftfahrzeug; ausgeschlossen wäre z.B. eine auf die Räder eines Kraftfahrzeugs beschränkte Einziehung;50 zulässig ist es dagegen, die Einziehung eines schonzeitwidrig erlegten Tieres auf Teile (Decke, Trophäe usw.) zu beschränken, wie dies § 40 a.F. BJagdG ausdrücklich vorsah. Unberührt bleibt die Möglichkeit, auch bei zusammengesetzten einheitlichen Sachen die Beseitigung eines Teils („bestimmter Einrichtungen“) anzuordnen (oben Rdn. 10). Keine zulässige Teileinziehung wäre die Begründung eines anders gearteten Rechts am Einziehungsgegenstand, z.B. die Begründung von Miteigentum an einer unteilbaren Sache;51 dagegen ist ideelles Miteigentum an einem Gegenstand ein selbständig einziehbares Recht (§ 74 Rdn. 41). V. Ausscheidung der Einziehung aus verfahrensrechtlichen Gründen
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Ohne Rücksicht darauf, ob die Einziehung straf- oder strafähnlichen oder Sicherungscharakter hat und ob sie nur zugelassen („kann“) oder zwingend vorgeschrieben ist, lässt § 421 Abs. 1 StPO die Ausscheidung der Einziehung aus dem Verfahren zu, wenn sie neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder wenn das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.
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Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 11. BayObLGSt. 1961 277, 281. BayObLGSt. 1961 277, 278.
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Wirkung der Einziehung | § 75
VI. Anwendung bei der Unbrauchbarmachung (Satz 2) Satz 2 bestimmt die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Fälle der 18 Unbrauchbarmachung (§ 74d).
§ 75 Wirkung der Einziehung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Wirkung der Einziehung Lohse § 75 https://doi.org/10.1515/9783110491302-023
(1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand 1. dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht oder 2. einem anderen gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat. In anderen Fällen geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass vorher derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet. (2) Im Übrigen bleiben Rechte Dritter an dem Gegenstand bestehen. In den in § 74b bezeichneten Fällen ordnet das Gericht jedoch das Erlöschen dieser Rechte an. In den Fällen der §§ 74 und 74a kann es das Erlöschen des Rechts eines Dritten anordnen, wenn der Dritte 1. wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder 2. das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat. (3) Bis zum Übergang des Eigentums an der Sache oder des Rechts wirkt die Anordnung der Einziehung oder die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (4) In den Fällen des § 111d Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung findet § 91 der Insolvenzordnung keine Anwendung. Entstehungsgeschichte Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) hat die vormaligen Regelungen der § 73e a.F. und § 74e a.F. zusammengeführt, inhaltlich um den in Abs. 1 Satz 2 neu geschaffenen sog. „kleinen Auffangrechtserwerb“ sowie Absatz 4 ergänzt und als neuen § 75 gefasst. Regelungsgegenstand ist die dingliche Wirkung der rechtskräftig angeordneten Einziehung in den Fällen der Einziehung von Taterlösen im Grundfall des § 73, bei der erweiterten Einziehung von Taterlösen nach § 73a und der Dritteinziehung nach § 73b sowie in den Fällen der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten.1
I.
Übersicht Bedeutung und Zweck der Vorschrift | 1
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II.
Wirkung rechtskräftiger Anordnung des Verfalls eines Gegenstandes (Absatz 1 Satz 1) | 6
BTDrucks. 18/9525 S. 70.
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§ 75 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
III.
IV.
Aufschiebend bedingter Eigentums- und Rechtsübergang ( kl. Auffangsrechtserwerb) (Absatz 1 Satz 2) | 11 Rechte Dritter | 13
V. VI.
Veräußerungs- und Verfügungsverbot (Absatz 3) | 19 Insolvenzrechtliche Regelung (Absatz 4) | 21
I. Bedeutung und Zweck der Vorschrift 1
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Bedeutung und Zweck. § 75 Absatz 1 regelt die Rechtsfolgen der Einziehung eines Gegenstandes, d.h. einer Sache oder eines Rechts. Sie bestimmt den Eigentumsübergang auf den Staat als Folge der Einziehungsentscheidung. Mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung geht das Eigentum an dem Einziehungsgegenstand (bei Rechten: die Inhaberschaft) auf den Staat über. Im Einzelnen benennt Satz 1 zwei Konstellationen, nämlich zum einen den Grundfall, in welchem der Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer als Betroffenen gehörte (Nr. 1), und zum anderen die vormals in § 73 Abs. 4 a.F. geregelte Situation, dass der Gegenstand einem Dritten gehört, dessen Recht aber infolge einer Tatverstrickung unter Kenntnis der Tatumstände infolge der Anordnung ebenfalls untergeht (Nr. 2). Die Vorschrift gilt nicht bei der Einziehung von Wertersatz, weil in jenen Fällen an die Stelle des Gegenstands ein Zahlungsanspruch tritt, der durch die rechtskräftige Anordnung lediglich tituliert wird.2 Neu ist der in Absatz 1 Satz 2 als bedingter Eigentumsübergang ausgestaltete sog. kleine Auffangrechtserwerb (Rdn. 11), der die zuvor in Nr. 75 Abs. 4 RiStBV niedergelegte Behandlung von solchen Gegenständen betrifft, auf die der (unbekannte) vormalige Eigentümer keine Ansprüche oder Rechte mehr erhebt. Dies wird in der Praxis vor allem Diebstahlstaten zum Nachteil unbekannter Eigentümer betreffen.3 Die Regelung des Absatzes 2 bestimmt den Fortbestand der an den Einziehungsgegenständen bestehenden dinglichen Rechte Dritter. Absatz 3 begründet ein Veräußerungsverbot für den Zeitraum zwischen der Einziehungsanordnung und der Rechtskraft, diese Regelung ist im Gesamtgefüge mit den Vorschriften über die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen (§§ 111b ff. StPO) zu sehen. Absatz 4 schließlich trifft eine Regelung für das Insolvenzrecht. § 75 hat einen umfassenden Anwendungsbereich. Die in dieser Vorschrift bestimmten Wirkungen gelten nicht nur für alle Arten der Einziehung von Taterlösen (§§ 73, 73a und 73b) und der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (jeweils mit Ausnahme der Einziehung von Wertersatz), sondern auch unabhängig von der jeweiligen Verfahrensart. Ihre Wirkung entfaltet sich somit unabhängig davon, ob die Einziehung im Urteil oder in einem selbständigen Verfahren gemäß § 76a durch Beschluss angeordnet worden war.4 Für den sich mit der rechtskräftigen Einziehungsanordnung verwirklichenden Rechtsübergang von dem Betroffenen auf den Staat sind mehrere Wirkungsstufen zu unterscheiden: – die Beschlagnahme des Einziehungsgegenstands nach § 111b Abs. 1 StPO oder § 111e StPO mit der Wirkung des § 111d StPO und § 111f StPO; – der Eigentumsübergang der Sache oder des für eingezogen erklärten Rechts auf den Staat mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung (§ 75 Absatz 1); – ggf. die Vollstreckung des auf den Staat übergegangenen Eigentumsrechts.
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Köhler NStZ 2017 497, 500. BTDrucks. 18/9525 S. 71. Köhler NStZ 2017 497, 500.
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Wirkung der Einziehung | § 75
II. Wirkung rechtskräftiger Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (Absatz 1) Abs. 1 bewirkt den Eigentumsübergang vom vormaligen Eigentümer auf den Justiz- 6 fiskus. Dabei gilt die Besonderheit, dass das Eigentum an der für eingezogen erklärten Sache oder das Recht, dessen Einziehung angeordnet ist, nur dann kraft Gesetzes mit Rechtskraft auf den Staat übergeht, wenn der von der Anordnung Betroffene in diesem Zeitpunkt Eigentümer der Sache oder Inhaber des Rechts ist (vgl. Rdn. 7). Gemäß § 60 Strafvollstreckungsordnung erlangt mit der Rechtskraft einer Entscheidung über die Einziehung das Eigentum an den eingezogenen Sachen das Land (Justizfiskus) Eigentum, dessen Gericht im ersten Rechtszug entschieden hat. Dies gilt auch dann, wenn im ersten Rechtszug in Ausübung der Gerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist. Nur dann, wenn das Gericht die Einziehung zugunsten des Bundes angeordnet hat, oder wenn dies, wie in § 24 KrWaffKG, gesetzlich besonders angeordnet ist, wird die Bundesrepublik Deutschland (Justizfiskus) Eigentümer.5 Im Falle einer Wiederaufnahme lebt das Eigentum des Voreigentümers mit dem Beschluss nach § 370 Abs. 2 StPO wieder auf. Bei der Anordnung der Einziehung von Guthaben bei ausländischen Banken verlagert sich die Frage der Wirksamkeit der Anordnung im transnationalen Verhältnis nur auf die Stufe der Vollstreckung im Wege der Rechtshilfe. Die Souveränität des ausländischen Staates wird durch diese Anordnung nicht berührt.6 Im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der EU sind dabei nach deren Inkrafttreten am 19.12.2020 die Art. 14 ff der Verordnung 2018/1805 vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungsund Einziehungsentscheidungen (ABl. vom 28.11.2018 L 303 S. 1) als unmittelbar anwendbares Recht maßgebend, wobei Ablehnungsgründe abschließend in Art. 19 definiert sind (vgl. Vor § 73 Rdn. 65 und Anhang). Im Übrigen behält die Anordnung der Einziehung selbst dann noch einen Sinn, wenn die erforderliche Vollstreckungshilfe durch den ausländischen Staat nicht geleistet werden sollte. Denn sie kann unter Umständen zur Strafbarkeit nach dem Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 Absatz 1 Nr. 1; Nr. 2 lit b) führen, wenn der Dritte die Einziehung wissentlich vereitelt oder gefährdet.7 Betroffener der Anordnung ist derjenige, gegen den die Anordnung sich richtet. 7 Nach der bisherigen Rechtslage zu § 74e a.F. trat der originäre Eigentumserwerb des Staates auch dann ein, wenn das die Einziehung im Sinne der §§ 74 ff anordnende Urteil sachlich unrichtig war, z.B. weil das Gericht zu Unrecht angenommen hat, dass die Sache zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer (§ 74 Abs. 2 Nr. 1) oder demjenigen Tatunbeteiligten gehört habe, der leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung wurde (§ 74a Nr. 1).8 Nach dem Willen des Gesetzgebers soll nunmehr kein originärer Rechtserwerb des Staates von einem Nichtanordnungsbetroffenen mehr stattfinden; nach dem geänderten Gesetzeswortlaut steht der Übergang mithin unter der Bedingung, dass der Betroffene tatsächlich Eigentümer ist.9 Ist der Betroffene Eigentümer der Sache oder steht ihm das in Rede stehende Recht 8 zu, geht nach Absatz 1 Nr. 1 das Eigentum oder die Inhaberschaft mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über. Dies gilt unabhängig davon, ob der Staat den
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Vgl. Erlass des BMJ v. 6.6.1995 – ZB 1 – 5123 – 3/1995 – Z 2 0555/95. BGH Wistra 2001 379. BGH Wistra 2001 379. So die vormals ganz herrschende Auffassung zu § 74e a.F., vgl. Schmidt LK12 § 74e Rdn. 3. SSW/Heine Rdn. 5.
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fraglichen Gegenstand, etwa aufgrund einer vorangegangenen Beschlagnahme nach § 111b StPO, bereits in seinem Besitz hatte. Der Rechtsübergang nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 betrifft den Fall, dass das Eigentum an 9 dem Gegenstand oder das Recht einem Dritten zusteht. Der Gesetzgeber hatte vor allem den Fall im Auge, dass der Verkäufer eines nach §§ 134, 138 BGB unwirksamen Vertrags (insbesondere bei der Veräußerung von Betäubungsmitteln) kein Eigentum an dem für den verbotenen Gegenstand erhaltenen Bargeldbetrag erlangen kann.10 Voraussetzung ist entweder ein Gewähren für die Tat; hier ist die Regelung des Absatzes 1 Nr. 2 unabhängig davon zu Anwendung zu bringen, dass der Dritte auch als Tatbeteiligter angesehen werden könnte.11 In der zweiten Alternative tritt der Rechtsübergang ein, wenn die Übergabe anderen Zwecken dienen sollte. Voraussetzung ist jeweils weiter, dass die Übergabe in Kenntnis der wesentlichen Tatumstände erfolgte. Dafür ist in Übernahme der Wertung des § 74a Nr. 2 positives Wissen um die Tatbegehung erforderlich, ohne dass zusätzlich eine besondere Verwerflichkeit zu verlangen ist.12 Nimmt das die Einziehung einer Sache anordnende Gericht irrtümlich an, sie gehö10 re dem Verurteilten A, während sie tatsächlich dem völlig tatunbeteiligten B gehört, so bleibt B trotz der Rechtskraft des Urteils Eigentümer und kann sein Recht frei gegenüber dem Justizfiskus geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn A im Zeitpunkt des die Einziehung anordnenden Urteils Eigentümer war, B aber gutgläubig nach §§ 932 ff oder §§ 892, 1138, 1155 BGB vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils das Eigentum an der (nicht beschlagnahmten) Sache oder dem Grundstück erwarb, denn auch der gutgläubige Erwerb wird geschützt, wie sich aus Abs. 3 ergibt. Hatte der Erwerber Kenntnis davon, dass wegen eines möglichen Bezugs der Sache zu einer Straftat ein Strafverfahren geführt wird, ist allerdings von grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 932 Abs. 2 BGB auszugehen. Verweigert der im Gewahrsam der Sache befindliche Dritte B deren Herausgabe unter Berufung auf das ihm von früher her zustehende oder nachträglich gutgläubig erworbene Eigentum, so entfällt eine Vollstreckung gegen B aus dem Urteil; der Justizfiskus muss, wenn er glaubt, Eigentümer geworden zu sein, seine Ansprüche gegen B im Wege der Klage geltend machen (§ 61 Abs. 3 Satz 2 StVollstrO). Umgekehrt könnte aber auch B zur Zerstörung des Rechtsscheins des Urteils aktiv vorgehen, z.B. durch Erhebung einer Feststellungsklage gegen den Fiskus (§ 256 ZPO) oder durch Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung (§ 458 Abs. 1 StPO). Im Falle des Eintritts der Wirkung der Einziehung ist im Nachverfahren nach § 433 StPO vorzugehen. III. Aufschiebend bedingter Eigentums- und Rechtsübergang (Absatz 1 Satz 2) 11
Die durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung neu geschaffene Vorschrift des aufschiebend bedingten Erwerbs in Fällen der fehlenden Geltendmachung von Ansprüchen des vormaligen Berechtigten (sog. kleiner Auffangrechtserwerb) regelt die vormals nicht gesetzlich, sondern lediglich von Nr. 75 Abs. 4 RiStBV erfasste Situation, dass sich kein Berechtigter sichergestellter Gegenstände ermitteln lässt oder sonst meldet. Der Anwendungsbereich bedürfte vor allem Diebstahlstaten zum Nachteil unbekannter Eigentümer betreffen. In diesen Fällen bleibt der (unbekannte) Geschädigte aufgrund der Regelung des § 935 BGB Eigentümer. Die rechtskräftige Einziehung nach Absatz 1 ginge ins Leere. Die vom Gesetzgeber gefundene Lösung lehnt sich an die bereits zuvor angewandte Behandlung nach Fundvorschriften an. Der Eigen-
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tümer hat die Möglichkeit, seine Rechte innerhalb von sechs Monaten anzumelden. Nach Fristablauf vollzieht sich der staatliche Rechtserwerb.13 Der Berechtigte hat bei unverschuldeter Versäumung der Frist die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen.14 Im Falle einer irrtümlichen Einziehungsanordnung gegen den Nichteigentümer (vor- 12 stehend Rdn. 10) soll die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 nach dem Willen des Gesetzgebers vor dem Hintergrund der in § 459i StPO nicht vorgesehenen Mitteilung der Einziehungsanordnung an den Miteigentümer hingegen nicht zum Zuge kommen.15 IV. Rechte Dritter (Absatz 2) In Entsprechung der vormaligen Bestimmungen des § 73e Abs. 1 Satz 2 a.F. und § 74e 13 Abs. 2 a.F. stellt § 75 Abs. 2 den Grundsatz auf, dass Rechte Dritter am Einziehungsgegenstand nicht erlöschen. Der Grund dafür liegt einmal in der Berücksichtigung des Art. 14 GG, der einen rechtfertigenden Grund für den Eingriff in vermögenswerte Rechte verlangt. Die Vorschrift ermöglicht ferner, die Beteiligung Drittberechtigter am Strafverfahren auf die Fälle zu beschränken, in denen eine Anordnung des Erlöschens des Rechts in Betracht kommt (vgl. § 431 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO); dadurch wird verhindert, dass beschränkt dinglich Berechtigte, ohne dass ihre Belange berührt werden, sich am Strafverfahren beteiligen und Ausführungen zur Frage der Einziehung und gar der Schuld machen. 2. Bestehenbleibende Rechte Dritter sind nur die beschränkt dinglichen Teil- 14 rechte wie (Grund-)Pfandrechte (§§ 1113 ff, 1191 ff, 1204 ff, 1279 BGB)16 oder Nießbrauch (§§ 1030 ff BGB) sowie das dem hier gleichgestellte Sicherungs- und Vorbehaltseigentum.17 Nicht erfasst werden obligatorische Rechte, z.B. aus Kaufvertrag, Miete oder Leihe, deren Erfüllung durch die Einziehung unmöglich wird, auch nicht der bloße Besitz.18 Da es um Drittrechte geht, ist das Eigentum des Einziehungsadressaten am Einziehungsgegenstand von der Regelung nicht umfasst.19 Gleiches gilt für Anwartschaftsrechte, die ebenfalls der Einziehung unterliegen können (Rdn. 11, 31 ff, 40 zu § 74). 3. Von dem Grundsatz des Bestehenbleibens der Rechte sehen die Sätze 2 und 3 15 Ausnahmen vor. a) Das Gericht muss nach Satz 2 das Erlöschen des Drittrechts anordnen, wenn 16 eine Sicherungseinziehung aufgrund § 74b vorliegt. Denn wenn der Gegenstand wegen Gefährdung der Allgemeinheit oder der Gefahr der Verwendung zur Begehung künftiger rechtswidriger Taten aus dem Verkehr zu ziehen ist, darf dies nicht daran scheitern, dass Rechte Dritter an diesem Gegenstand zu berücksichtigen sind. Dieser Gesichtspunkt greift ebenso durch, wenn eine Einziehung nach § 74d ausgesprochen wird, denn auch hier handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme, die eine weitere Verbreitung und Nutzung generell gefährlicher Gegenstände ausschließen soll. Der Gesetzgeber hat diese
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BTDrucks. 18/9525 S. 71. BTDrucks. 18/9525 S. 71. BTDrucks. 18/9525 S. 71. OLG Karlsruhe MDR 1974 154. BTDrucks. 18/9525 S. 71. BayObLGSt. 1973 181 = VRS 46 274, 275. BTDrucks. 18/9525 S. 71.
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§ 75 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
Frage bei der Gesetzesnovelle zwar nicht ausdrücklich geregelt, aus der Parallelität der Zwecksetzung und der dem Charakter der Unbrauchbarmachung zukommende Vermutung der Gefährlichkeit folgt aber, dass § 75 Abs. 2 Satz 2 in sinngemäßer Ergänzung des unvollkommenen Wortlauts anzuwenden ist. Wegen der Entschädigung für den Rechtsverlust vgl. § 74b Abs. 2 und 3. 17
b) Das Gericht kann nach Satz 3 das Erlöschen eines Drittrechts auch anordnen, wenn die Einziehung nicht (auch) auf § 74b, sondern lediglich auf §§ 74, 74a gestützt wird und der Drittberechtigte, weil er vorwerfbar i.S. des § 74b Abs. 2 Nr. 1, 2 gehandelt hat, keinen Anspruch auf Entschädigung für den Rechtsverlust hat, mag ihm auch gemäß § 74b Abs. 3 aus Billigkeitsgründen eine Entschädigung gewährt werden. Der Vorwurf bezieht sich nach Nr. 1 auf ein quasi-schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit der Tat, wobei er mindestens leichtfertig gehandelt haben muss. Nach Nr. 2 ergibt sich seine verminderte Schutzwürdigkeit aus seinem verwerflichen Verhalten beim Erwerbsvorgang, was eine Kenntnis der strafrechtlichen Verstrickung des Gegenstands voraussetzt. Der Drittberechtigte wird somit in gleicher Weise behandelt wie der tatunbeteiligte Dritteigentümer. Im Rahmen des Ermessens wird vor allem die wirtschaftliche Einbuße und der Verwerflichkeitsgrad seines Verhaltens abzuwägen sein.20
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c) Die Prüfung der Entschädigungsfrage ist hier – ausnahmsweise; vgl. Rdn. 10 zu § 74b – im Strafverfahren vorzunehmen; das ist notwendig, weil sonst der Drittberechtigte das Recht behalten würde und sich die Frage der Entschädigung dann später nicht mehr stellen könnte. In beiden Fällen sind die Drittberechtigten gemäß § 424 StPO am Strafverfahren zu beteiligen. V. Anordnung der Einziehung als Veräußerungs- und Verfügungsverbot (Absatz 3)
Abs. 3 begründet für die Phase zwischen Anordnung der Einziehung und Rechtskraft ein Veräußerungs- und Verfügungsverbot. Nach § 75 Abs. 1 führt die im letzten tatrichterlichen Urteil angeordnete Einziehung einer Sache oder eines Rechts nur dann zum Übergang des Eigentums an der Sache und zum Übergang des Rechts auf den Staat, wenn der von der Anordnung Betroffene im Zeitpunkt der Rechtskraft noch Sacheigentümer oder Rechtsinhaber ist. Der Zweck der Vorschrift liegt darin, nach Möglichkeit auszuschließen, dass der Anordnungsbetroffene durch andere Verfügungen eine Minderung des Wertes des Gegenstandes bewirkt, z.B. durch die Begründung von Rechten Dritter an dem Gegenstand, die gem. § 75 Abs. 2 bestehen bleiben. Solche Verhinderungsmaßnahmen sind nach Möglichkeit schon vor Erlass der die 20 Einziehung anordnenden Entscheidung zu treffen. Nach §§ 111b Abs. 1, 2, 111c StPO können Gegenstände beschlagnahmt werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für die spätere Einziehung vorliegen. In Eilfällen kann die Beschlagnahme nach § 111b auch als Präventivmaßnahme angeordnet werden.21 Nach § 111d Abs. 1 StPO hat die Beschlagnahme eines Gegenstands die Wirkung eines Veräußerungsverbots i.S. des § 136 BGB; das Verbot umfasst auch hier andere Verfügungen als Veräußerungen wie Verpfändungen, Belastungen mit Rechten Dritter. Die Beschlagnahme hat, da sie nur zugunsten des Fiskus den möglichst ungeschmälerten 19
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Sch/Sch/Eser/Schuster Rdn. 10. LG Frankfurt NJW 1982 897; Rönnau Vermögensabschöpfung Rdn. 621; Achenbach NJW 1982 2809.
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Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes | § 76
Rechtsübergang für den Fall des Ergehens einer auf Einziehung lautenden Entscheidung bezweckt, die Bedeutung eines relativen Veräußerungs- und Verfügungsverbots, das gemäß § 135 Abs. 2 BGB einen gutgläubigen Erwerb nicht ausschließt. Es gelten dann die Vorschriften der §§ 932 ff BGB. Allerdings ist bei Gegenständen, die sich in behördlichem Gewahrsam befinden, ein strengerer Maßstab an die Gutgläubigkeit22 anzulegen. § 75 Abs. 3 bringt dazu eine ergänzende Regelung, die Bedeutung erlangt, wenn es nicht zum Vollzug einer solchen Beschlagnahme gekommen war. VI. Insolvenzrechtliche Regelung (Abs. 4) Die Regelung des Abs. 4 wurde auf Initiative des Rechtsausschusses eingefügt.23 21 Sie fungiert als eine Ergänzung zu § 111d und bestimmt, dass § 91 InsO keine Anwendung finden soll. War der Gegenstand vor der Einziehungsentscheidung bereits beschlagnahmt, lässt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Wirkung der Beschlagnahme unberührt. Damit wird die Einziehung unter der Voraussetzung einer vorangegangenen Beschlagnahme insolvenzfest. Dies verhindert, dass inkriminierte Vermögensgegenstände zur Befreiung von privatrechtlichen Verbindlichkeiten eingesetzt werden können.
§ 76 Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes Lohse § 76 https://doi.org/10.1515/9783110491302-024
Ist die Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes unzureichend oder nicht ausführbar, weil nach der Anordnung eine der in den §§ 73c oder 74c bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann das Gericht die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen. 22 23
Entstehungsgeschichte Der frühere Absatz 4 des § 40c (jetzt § 74c) ist unter Ausdehnung auf den Verfall durch Art. 1 des 2. StrRG vom 4.7.1969 als § 76 eingestellt worden. Das OrgKG hat die Vorschrift durch Einfügung des § 73d Abs. 2 erweitert. Das Gesetz zur Reform der strafrechtichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 hat die Vorschrift in der Sache unverändert belassen.1
I. II.
Übersicht Durchbrechung der Rechtskraft | 1 Nichtausführbare oder unzureichende Anordnung | 2 1. Unausführbare Anordnung | 2 2. Anwendungsbereich des § 76 bei der Einziehung | 3
3.
III.
Nachverfahren gem. § 439 Abs. 5 StPO | 4 4. Unzureichende Anordnung | 5 5. Anwendungsbereich des § 76 beim Verfall | 6 Art. 103 Abs. 3 GG | 7
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22 OLG München NJW 1982 2330, 2331. 23 BT-Drucks 18/11640 S. 81. 1
BT-Drucks. 18/9525 S. 71.
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I. Durchbrechung der Rechtskraft 1
§ 76 lässt in Durchbrechung der Rechtskraft der Einziehung eines Gegenstandes in Reaktion auf geänderte Umstände eine nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§§ 73c, 74c) zu. Dies geschieht durch Beschluss des Gerichts des ersten Rechtszuges, § 462 Abs. 1 Satz 2 StPO. Anlass hierfür besteht, wenn sich nachträglich ergibt, dass die ursprüngliche Entscheidung zur Einziehung eines Gegenstands nicht ausführbar oder unzureichend ist, insbesondere durch (gutgläubig erworbene) Rechte Dritter oder weil sich herausgestellt hat, dass die Sache z.B. aufgrund Zerstörung, Verbrauch, Veräußerung oder Untergang, vgl. § 73c Rdn. 6 f, nicht mehr eingezogen werden kann. II. Nichtausführbarkeit oder unzureichende Anordnung
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1. Der Abgrenzung der Nichtausführbarkeit ist zunächst vorauszuschicken, wie die Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes ausgeführt (= vollstreckt) wird. Bei Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder von Tatprodukten, Tatmitteln oder Tatobjekten geht nach der nunmehr für alle Einziehungsarten geltenden Vorschrift des § 75 kraft Gesetzes das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung unter den dort genannten Voraussetzungen auf den Staat über. Besonderer Maßnahmen (Vollstreckungshandlungen) zur Ausführung der Entscheidung bedarf es bei Sachen nur, wenn der Gegenstand zur Zeit der Rechtskraft sich nicht in amtlicher Verwahrung (infolge Beschlagnahme, § 111b StPO oder bei freiwilliger Herausgabe) befindet. Ist er in den Händen des Verurteilten, gegen den auf Einziehung erkannt ist, oder des Einziehungsbeteiligten, der zur Herausgabe verpflichtet ist, und gibt dieser ihn trotz Aufforderung nicht freiwillig heraus oder lässt eine Aufforderung den Vollstreckungserfolg gefährdet erscheinen, so erfolgt die Vollstreckung nach § 459g StPO, § 883 ZPO, indem der Vollziehungsbeamte auf Grund eines schriftlichen Vollstreckungsauftrags (§ 61 Abs. 2 StVollstrO) dem Herausgabepflichtigen den Gegenstand wegnimmt. Wird dieser dort nicht vorgefunden, so kann der Herausgabepflichtige zur eidesstattlichen Versicherung über den Verbleib angehalten werden (§ 883 Abs. 2 ZPO); davon ist aber nach § 62 Abs. 1 StVollstrO in der Regel abzusehen, sofern die Versicherung wesentlichen Feststellungen der Entscheidung widersprechen würde. Ist der Gegenstand im Gewahrsam des Einziehungsbeteiligten und verweigert dieser die Herausgabe mit der Begründung, dass er an dem Gegenstand ein Recht zum Besitz habe, so kann gegen ihn auf Grund der Entscheidung nur vollstreckt werden, wenn in ihr das Erlöschen des Rechts festgestellt ist; ob der Anspruch auf Herausgabe (§ 985 BGB) gegen ihn im Wege der Klage geltend gemacht werden soll, entscheidet die oberste Justizbehörde (§ 61 Abs. 4 StVollstrO). Befindet sich die Sache in den Händen eines Dritten (eines anderen als des Verurteilten oder des Einziehungsbeteiligten), so kann gegen ihn nicht unmittelbar aus dem die Einziehung anordnenden Urteil mit Vollstreckungsmaßnahmen vorgegangen werden, denn einen Vollstreckungstitel bildet das Urteil nur gegen denjenigen, den das Strafurteil als Verurteilten oder Einziehungsbeteiligten, der die Maßnahmen zu dulden hat, nennt; der Fiskus kann gegen den dritten Gewahrsamsinhaber, der einer Aufforderung zur Herausgabe nicht nachkommt, auf Grund des mit der Rechtskraft erworbenen Eigentums nur mit einer Klage auf Herausgabe (§ 985 BGB) vorgehen. Ob das geschehen soll, entscheidet auch hier die oberste Justizbehörde (§ 61 Abs. 4 Satz 2 StVollstrO). Sind Rechte eingezogen, so gilt nach § 61 Abs. 5 StVollstrO der § 61 Abs. 4 StVollstrO „entsprechend“. Das muss dahin verstanden werden, dass, wenn ein am Strafverfahren unbeteiligter Dritter geltend macht, Rechtsinhaber zu sein, und der Ausübung des Rechts durch den Staat Lohse
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Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes | § 76
als Rechtsinhaber widerspricht, es zunächst einer zivilprozessualen Klärung der Rechtslage bedarf und die oberste Justizbehörde entscheidet, ob dies geschehen soll. 2. Anwendungsbereich des § 76 bei Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln 3 und Tatobjekten. § 76 hat zunächst den Fall im Auge, dass das Gericht die Einziehung eines Gegenstandes, der dem Täter oder Teilnehmer zur Tatzeit gehörte oder zustand, in der Annahme anordnete, er habe ihm auch zur Zeit der Entscheidung noch gehört oder zugestanden, und nach der Entscheidung bekannt wird, dass der Gegenstand tatsächlich infolge Verwertung, Beiseiteschaffens usw. in der Zeit zwischen Tat und Entscheidung nicht mehr vorhanden war oder der Täter (Teilnehmer) ihn durch Veräußerung an einen gutgläubigen Dritten oder an einen Unbekannten der Einziehung entzogen hat. Dem ist der Fall gleichgestellt, dass der Täter (Teilnehmer) erst nach der Einziehungsanordnung den Gegenstand verwertet oder dessen Einziehung sonst vereitelt hat. Solange es noch möglich ist, die Einziehungsanordnung mittels Einlegung von Rechtsmitteln durch eine Wertersatzeinziehung zu ersetzen, ist dieser Weg zu beschreiten. Im Allgemeinen werden aber, wo eine Sicherstellung oder Beschlagnahme unterblieben ist, die die „Ausführung“ der Einziehung, d.h. den Übergang des Eigentums am Einziehungsgegenstand oder des Rechtes auf den Staat, bzw. die die Besitzerlangung hindernden Umstände erst nach Rechtskraft und im Zuge von Vollstreckungshandlungen zutage treten. Für solche Fälle sind die Vollstreckungsbehörden angewiesen, die Prüfung zu veranlassen, ob die Einziehung des Wertersatzes nachträglich angeordnet werden soll (§ 62 Abs. 2 StVollstrO), d.h. sie haben dem Gericht von dem Sachverhalt Mitteilung zu machen. Dieses hat dann zu prüfen, ob die Einziehung noch ausführbar ist; es kann Wertersatzeinziehung erst anordnen, wenn es die Nichtausführbarkeit festgestellt hat. Hat der Täter den Gegenstand vor der Einziehung an einen gutgläubigen Dritten veräußert und hat das erkennende Gericht in Unkenntnis dieser Veräußerung und in der Annahme, der Täter sei zur Zeit der Entscheidung noch Eigentümer, auf Einziehung erkannt, so ist zwar mit der Rechtskraft der Entscheidung das Eigentum auf den Staat übergegangen, und die Einziehung wäre durch Erhebung einer Klage des Fiskus gegen den Gewahrsamsinhaber auf Herausgabe (§ 985 BGB) ausführbar. Erreicht aber der am Verfahren gegen den Täter unverschuldet nicht beteiligte Gewahrsamsinhaber im Nachverfahren nach § 434 StPO eine gerichtliche Entscheidung, dass die Einziehung ihm gegenüber nicht gerechtfertigt sei, so beseitigt diese Entscheidung mit dem Eintritt ihrer Rechtskraft rückwirkend den Übergang des Eigentums auf den Staat; die Einziehung ist unausführbar geworden, und die Voraussetzungen einer nachträglichen Anordnung der Wertersatzeinziehung nach § 76 liegen nunmehr vor. 3. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht im Nachverfahren gemäß § 433 Abs. 5 4 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Anordnung der Einziehung aufhebt, weil für das Nachverfahren die Voraussetzungen des § 421 Abs. 1 StPO vorliegen, insbesondere wenn dieses entsprechend § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Ergibt erst das Nachverfahren, dass ein gegenüber der Bedeutung der Einziehung unangemessener Aufwand erforderlich wird, so erscheint es sachgerecht, wenn das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die in § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO vorgesehene Beschränkung nachträglich vornimmt, indem es die Entscheidung über die Einziehung aufhebt. Angesichts dieser Regelung kann die Frage aufgeworfen werden, ob Unausführbarkeit der Einziehung nicht schon dann anzunehmen ist, wenn die oberste Justizbehörde nach § 61 Abs. 4, 5 StVollstrO (oben Rdn. 2) davon Abstand nimmt, den Anspruch auf Herausgabe des mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat übergegangenen Eigentums (§ 985 BGB) gegen den Gewahrsamsinhaber (Einzie483
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§ 76 | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
hungsbeteiligten oder Dritten) im Wege der Klage geltend machen zu lassen, weil ein solches Prozedieren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Die Frage ist aber zu verneinen. Denn es ist ein Unterschied, ob das Gesetz es gestattet, eine rechtskräftige Entscheidung mit rückwirkender Kraft teilweise aufzuheben, oder ob der Fiskus aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung davon Abstand nimmt, seine Eigentumsrechte im Wege des Zivilprozesses zu verfolgen, nachdem die Strafvollstreckung im technischen Sinn sich kraft Gesetzes mit dem Eigentumsübergang vollzogen hatte. Eine solche freiwillige Beschränkung fiskalischer Rechte macht die Einziehung nicht „unausführbar“ i.S. des § 76. 5
4. Die Anordnung der Einziehung ist i.S. des § 76 unzureichend, wenn nach der Anordnung die in § 74c Abs. 2 bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekannt geworden sind und die Einziehungsanordnung deshalb nur teilweise Erfolg hätte.
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5. Anwendungsbereich des § 76 bei der Einziehung von Taterträgen. Hier kann nachträglich auf die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen erkannt werden, wenn rechtskräftig die Einziehung eines Gegenstandes (Sache oder Recht) angeordnet war und nachträglich bekannt wird, dass diese schon vor dem Urteil „aus einem anderen Grunde“ i.S. des § 73c Satz 1 nicht „möglich war“ (dazu § 73c Rdn. 6 f) oder diese Unmöglichkeit erst nach der Entscheidung eintritt. Unzureichend ist die Anordnung der Einziehung von Taterträgen, wenn erst nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen einer Anordnung nach § 73c Satz 2 vorlagen oder diese Voraussetzungen erst nach der Entscheidung eingetreten sind und die Einziehung deshalb nur einen Teilerfolg erreichen könnte. Die Vorschrift dient jedoch nicht dazu, eine fehlerhaft zu niedrige Feststellung oder Schätzung des Wertes des zunächst Erlangten unter Durchbrechung der Rechtskraft einer nachträglichen Korrektur zu unterziehen. Die Ausführungen oben Rdn. 4 betr. die Bedeutung freiwilliger Beschränkungen des Fiskus bei der Geltendmachung der Rechte aus § 75 gelten sinngemäß auch hier. III. Art. 103 Abs. 3 GG
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Die nachträgliche Wertersatzentscheidung stellt keine mit Art. 103 Abs. 3 GG unvereinbare nochmalige Inanspruchnahme dar; der Wertersatz ist in der ursprünglichen Einziehungsanordnung bereits immanent vorbehaltener Ersatz des primär erfassten Vermögenswertes.2 Von diesem Standpunkt aus sahen §§ 110 Abs. 2, 115 Abs. 2 Satz 2 E 1962 vor, dass mit der Einziehung die Anordnung der Wertersatzeinziehung für den Fall verbunden werden könne, dass deren Voraussetzungen sich erst später ergeben. Der Gesetzgeber hat es aber abgelehnt, diesem Vorschlag folgend von vornherein eine bedingte Wertersatzeinziehung zuzulassen, da sie dem Vollstreckungsbeamten bei der Vollstreckung die Prüfung überlasse, ob der Täter die Einziehung vereitelt habe; diese Frage müsse vom Gericht geprüft werden, bevor es die nachträgliche Wertersatzeinziehung anordne.3 Dies ist in § 76 mit genügender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen.
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Sch/Schröder/EserSchuster Rdn. 3; Saliger NK Rdn. 1. Begr. S. 58.
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Selbstständige Einziehung | § 76a
§ 76a Selbständige Einziehung 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Selbstständige Einziehung Lohse § 76a https://doi.org/10.1515/9783110491302-025
(1) 1 Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. 2 Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. 3 Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist. (2) 1 Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. 2 Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Schriften und der Unbrauchbarmachung. (3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt. (4) 1 Ein aus einer rechtswidrigen Tat herrührender Gegenstand, der in einem Verfahren wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellt worden ist, soll auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. 2 Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. 3 Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind 1. aus diesem Gesetz: a) Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4, b) Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129 b Absatz 1, c) Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3, d) Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften in den Fällen des § 184b Absatz 2, e) gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a, f) Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte nach § 261 Absatz 1, 2 und 4, 2. aus der Abgabenordnung: a) Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen, b) gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373, c) Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2, 3. aus dem Asylgesetz: a) Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3, 485 https://doi.org/10.1515/9783110491302-025
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§ 76a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
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VI.
b) gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a, aus dem Aufenthaltsgesetz: a) Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2, b) Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97, aus dem Außenwirtschaftsgesetz: vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18, aus dem Betäubungsmittelgesetz: a) Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen, b) Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b, aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen: a) Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, b) Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3, aus dem Waffengesetz: a) Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3, b) Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6. Übersicht Entstehungsgeschichte; Unionsrecht | 1 Die Rechtsnatur der selbstständigen Anordnung nach Absatz 1 und 2 1. Die Bedeutung der Grundnormen der Absätze 1 und 2 | 3 2. Rechtsnatur | 4 3. Verfassungsrecht | 5 Selbstständige Anordnung nach Absatz 1 1. Systematik | 6 2. Allgemeine Voraussetzungen | 7 3. tatsächliche Gründe | 8 4. rechtliche Gründe | 9 a) selbstständige Einziehung | 10 b) Doppelbestrafung | 11 c) Tod des Beschuldigten | 16 d) Weitere Konstellationen | 17 5. Ermessensausübung | 18 Selbstständige Anordnung bei Verjährung (Absatz 2) 1. Grundsatz | 19 2. Verjährung des Anspruchs auf selbstständige Einziehung | 20 3. Rückwirkung | 21 4. nachträgliche Ermittlungen | 24 Absehen von Strafe, Einstellung bei Lockerung des Verfolgungszwangs (Absatz 3) 1. Anwendungsfälle | 25 2. Unanwendbarkeit | 26 Absatz 4 1. Gesetzeszweck | 27
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2.
Architektur der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung | 28 3. Rechtsnatur | 29 4. Verfassungsrecht | 30 5. Die Voraussetzungen der erweiterten selbständigen Einziehung a) Anlassverfahren aus dem Kreis der Katalogtaten | 33 b) Rechtswidrige Tat | 34 c) Der Umfang der Katalogtaten | 35 d) Keine Einschränkung des Zugriffs auf Gegenstände aus Katalogtaten | 36 e) Begriff des Herrührens | 37 f) Keine Übernahme der Grundsätze zur Teilkontamination | 38 g) Verfügungsgewalt des Betroffenen | 39 6. Gegenstand der Einziehung | 40 7. Die Rechtsfolge der erweiterten selbständigen Einziehung (Satz 2) | 41 8. Zeitliche Anwendbarkeit | 42 9. Verjährung | 43 VII. Verfahrensrechtliches 1. Objektives Verfahren | 44 2. Im subjektiven Verfahren a) Freisprechendes Urteil | 45 b) Verfahrenshindernisse | 46 486
Selbstständige Einziehung | § 76a
c) d)
Einstellung, Absehen von Strafe | 47 selbstständige Einziehung | 48
e)
erweiterte selbständige Einziehung | 49 VIII. Übergangsvorschriften | 50
I. Entstehungsgeschichte; Unionsrecht Das Verfahren der selbständigen Einziehung zielt darauf ab, außerhalb des Regel- 1 falls des subjektiven Strafverfahrens (gegen eine bestimmte Person) eine Möglichkeit zur Einziehung inkriminierter Vermögenswerte bereitzustellen. Eine weitreichende Neuausrichtung der vormals im Wesentlichen lediglich redaktionell geänderten Bestimmung1 hat das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) geschaffen. Die Neuerungen betreffen zum einen die Erweiterung der Voraussetzungen für eine selbständige Einziehung nach Abs. 1 und Abs. 2, welche über den bisherigen Anwendungsbereich der Fälle tatsächlicher Hinderungsgründe hinaus ausgedehnt wurde. Die Ausweitung der Abschöpfungsmöglichkeiten war im Ausgangspunkt veranlasst durch die Notwendigkeit, Art. 4 der EU-Richtlinie 2914/42/EU vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (EU-ABl. vom 29.4.2014, L 127 S. 39) in das deutsche Recht umzusetzen. Diese Bestimmung lautet wie folgt: (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Tatwerkzeuge und Erträge oder Vermögensgegenstände, deren Wert diesen Tatwerkzeugen oder Erträgen entspricht, vorbehaltlich einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat, auch durch Verfahren in Abwesenheit, ganz oder teilweise eingezogen werden können. (2) Ist eine Einziehung auf der Grundlage des Absatzes 1 nicht möglich — zumindest wenn dies auf Krankheit oder Flucht der verdächtigten oder beschuldigten Person beruht — treffen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Tatwerkzeuge und Erträge dann eingezogen werden können, wenn ein Strafverfahren in Bezug auf eine Straftat, die direkt oder indirekt zu einem wirtschaftlichen Vorteil führen kann, eingeleitet wurde und dieses Verfahren zu einer strafrechtlichen Verurteilung hätte führen können, wenn die verdächtigte oder beschuldigte Person vor Gericht hätte erscheinen können.
Nach der Neufassung des § 76a Abs. 1 und Abs. 2 ist – über die Vorgaben des Unionsrechts deutlich hinausreichend – ein nachfolgendes selbständiges Einziehungsverfahren nunmehr grundsätzlich auch dann eröffnet, wenn einer Einziehung im subjektiven Verfahren rechtliche Hinderungsgründe entgegenstehen. Ausnahmen sind in Abs. 1 Satz 3 benannt. So kann die Einziehung im selbständigen Verfahren nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auch für verjährte Straftaten (vgl. den neu gefassten Abs. 2, Rdn. 19 ff) sowie teilweise auch noch nach einem bereits vorangegangenen subjektiven Verfahren erfolgen (zu den dagegen bestehenden Bedenken Rdn. 11 ff). Ein weiteres, in seinen Auswirkungen noch nicht abschätzbares Novum stellt die 2 Ausdehnung und Lockerung der Zugriffsmöglichkeiten durch das neu geschaffene Instrument der erweiterten selbständigen Einziehung für Vermögen unklarer Herkunft in Absatz 4 dar. Die Regelung soll es in einem nicht personen-, sondern sachbezogenen Verfahren ermöglichen, Vermögensgegenstände unabhängig vom Nachweis einer konkreten rechtswidrigen Tat selbständig einzuziehen, wenn das Gericht von ihrer illegalen Herkunft überzeugt ist.2 Näher zur Rechtsnatur des Instruments Rdn 29 sowie zur damit
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Vgl. dazu näher Schmidt LK12. BTDrucks. 18/9525 S. 58.
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§ 76a | 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat
entstandenen neuen Architektur der Vermögensabschöpfung Rdn. 28, vor § 73 Rdn. 22 und § 73 Rdn. 6 ff. II. Die Rechtsnatur der selbständigen Anordnung nach Absatz 1 und 2 3
1. Die Bedeutung der Grundnormen der Absätze 1 und 2 besteht darin, dass sie die Verbindung der Einziehung zu einem subjektiven Verfahren löst. Kann gegen den Täter ein subjektives Strafverfahren nicht geführt werden, bleibt die objektive Einziehung möglich und kann in einem selbständigen Einziehungsverfahren (§§ 435, 436 StPO) erfolgen. Darüber hinaus enthält sie – im Gegensatz zu der in Absatz 4 neu geschaffenen Möglichkeit bei Vermögen unklarer Herkunft – keine Erweiterung der in §§ 73 ff aufgestellten Anordnungsvoraussetzungen; sie bietet lediglich einen – ggf. selbständigen – prozessualen Weg, der die Durchsetzung der Rechtsfolgen nach §§ 73 ff StGB eröffnet, ohne die dafür bestehenden allgemeinen Voraussetzungen einzuschränken.3 Dies bringt Absatz 1 („wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen“) klar zum Ausdruck. Eine Anordnung nach Absatz 1 setzt mithin die Feststellung voraus, dass die jeweiligen objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Einziehung erfüllt sind.
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2. Demgemäß bleibt die Rechtsnatur der jeweiligen Art der Einziehung, z.B: (Wertersatz-)Einziehung von Taterträgen, der Sicherungseinziehung und der Unbrauchbarmachung, auch bei ihrer selbständigen Anordnung grundsätzlich unverändert.4 Abgesehen von der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten handelt es sich somit nicht um die Verhängung einer Strafe oder strafähnlichen Maßnahme, sondern die selbständige Einziehung folgt präventiven Zwecken, sei es durch die Einziehung von Taterträgen (vgl. dazu vor § 73 Rdn. 37 ff) oder durch die Sicherungseinziehung.
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3. Verfassungsrecht. Die selbständige Einziehung verstößt weiterhin weder gegen die Unschuldsvermutung noch gegen die Eigentumsgarantie.5 Soweit die neue Gesetzeslage eine Einziehung auch noch nachträglich ermöglicht, stehen bei sachgerechter Rechtsanwendung (vgl. im Einzelnen Rdn. 11 ff) weder das Verbot der Mehrfachahndung aus Art. 103 Abs. 3 GG noch ein aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteter Vertrauensschutz oder sonstige Gewährleistungen des Rechtsstaatsprinzips der Verfassungsmäßigkeit der Norm entgegen; denn nach dem Wortlaut des Absatz 1 Satz 3 scheidet eine solche nachträgliche Maßnahme im selbständigen Verfahren aus, wenn in dem vorangegangenen Verfahren eine die Einziehung ablehnende Entscheidung ergangen ist. III. Selbständige Anordnung nach Absatz 1
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1. Systematisch unterscheidet die Grundregel des Absatz 1 zwei Alternativen: Während Satz 1 die Fälle zwingend angeordneter Einziehung erfasst, gilt Absatz 1 Satz 2 für jene Fälle, in denen die Einziehung einem richterlichen Ermessen unterliegt („zugelassen“ ist).6 Mit der Neufassung des Absatz 1 hat der Gesetzgeber zugleich die vormalige grundsätzlich Trennung zwischen tatsächlichen und rechtlichen Hinderungsgründen aufgegeben und die Beschränkung auf tatsächliche Gründe gestrichen. Die Einzie-
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RGSt 53 126; 66 423; BGHSt 13 311, 313. RGSt 53 126; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 4. BrandenbgVerfG NStZ 1997 93. BTDrucks. 18/9525 S. 72.
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hung ist damit nur noch bei den im Gesetz genannten Ausnahmen (Abs. 1 Satz 3) sowie bei Verjährung des staatlichen Einziehungsanspruchs, nicht aber bei Verjährung der Straftat (§ 76b Abs. 1 Satz 1), ausgeschlossen.7 2. Allgemeine Voraussetzungen. Die in Absatz 1 genannten Möglichkeiten der Ein- 7 ziehung setzen zunächst voraus, dass eine Straftat begangen ist. Dieser Begriff umfasst nach dem Sachzusammenhang sowohl die rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) ohne Verschulden als auch die schuldhaft-rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung. Ob eine nur rechtswidrige Tat genügt oder ob Verschulden erforderlich ist, richtet sich (vgl.: „wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im Übrigen vorliegen“) nach den materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Maßnahme. Danach genügt bei der Einziehung von Taterträgen eine nur rechtswidrige Tat (§ 73), während die Einziehung mit nebenstrafähnlichem Charakter (§ 74 Abs. 1, § 74a) darüber hinaus Verschulden erfordert. Eine selbständige Anordnung ist bei solchen Vorbereitungshandlungen möglich, die, wie z.B. § 30 StGB, selbständig mit Strafe bedroht sind8 (die geringere Rechtsgutsgefährdung wird jedoch bei der fakultativen Einziehung im Rahmen des pflichtgemäßen richterlichen Ermessens zu berücksichtigen sein).9 Ausgeschlossen ist aber die selbständige Anordnung ggf., wenn keine rechtswidrige Tat vorliegt, weil es nur zum straflosen Versuch eines Vergehens gekommen ist10 oder es an der Rechtswidrigkeit durch das Eingreifen von Rechtfertigungsgründen fehlt.11 Ebenso können bei der tätergerichteten Einziehung Schuldausschließungsgründe, z.B. Schuldunfähigkeit,12 der Irrtum über Tatumstände (§ 16), der unvermeidbare Verbotsirrtum (§ 17) oder entschuldigende Notstand (§ 35), oder das Vorliegen persönlicher Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe (z.B. Rücktritt vom Versuch) entgegenstehen. 3. Die selbständige Anordnung ist auch nach der Gesetzesnovelle 2017 unverändert 8 zu treffen, wenn aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Das ist der Fall, wenn der Täter (Teilnehmer) nicht festzustellen ist, z.B. unbekannt bleibt oder unter mehreren Tatverdächtigen der wirkliche Täter nicht zu ermitteln ist oder wenn er für die inländische Gerichtsbarkeit nicht erreichbar ist oder sich der Verfolgung und Verurteilung durch Abwesenheit, Flucht oder Sichverbergen entzieht. Als Hinderungsgrund wird entsprechend Art. 4 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2014/42/EU auch die dauernde Verhandlungsunfähigkeit erfasst.13 Wie sich aus § 73b Abs. 1 Nr. 3 ergibt, hindert auch der Tod des Täters eine gegen die Erben und Pflichtteilsberechtigten zu richtende Einziehung im selbständigen Verfahren nicht.14 4. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 9 13.4.2017 ist nunmehr die Durchführung eines selbständigen Einziehungsverfahrens grundsätzlich auch dann möglich, wenn einer subjektiven Verfolgung rechtliche Gründe, d.h. Verfahrenshindernisse entgegenstehen. Die Ausnahmen sind in Abs. 1 Satz 3 abschließend aufgeführt (zur selbständigen Einziehung bei Verjährung nach Abs. 2
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7 BTDrucks. 18/9525 S. 72. 8 BGHSt 13 311. 9 BGHSt 13 311, 315. 10 So schon das frühere Recht BGHSt 8 212; 13 311 im Gegensatz zu RGSt 27 243; 36 145; 49 208. 11 RGSt 29 401 betr. § 193 StGB. 12 RGSt 29 130. 13 BTDrucks. 18/9525 S. 72. 14 Ebenso SSW/Heine Rdn. 8; Sch/Schröder/Eser/Schuster Rdn. 6.
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Rdn. 19 ff). Danach ergibt sich für die einzelnen in Frage kommenden Verfahrenshindernisse folgende Situation: 10
a) Weiterhin ausgeschlossen ist die selbständige Einziehung nach Abs. 1 Satz 3, wenn es an einem Strafantrag, einer Ermächtigung oder einem Strafverlangen fehlt. Leitend für diese gesetzliche Wertungsentscheidung ist das Primat der Interessen desjenigen, dem die Entschließung darüber eingeräumt ist, ob die Sache verfolgt und in einer Hauptverhandlung erörtert werden soll. Dessen Entscheidung wird beeinträchtigt, wenn er zwar durch Nichtgebrauch seines Antragsrechts die subjektive Verfolgung verhindern könnte, aber ein die Prüfung der Straftat notwendigerweise umfassendes selbständiges Anordnungsverfahren hinnehmen müsste. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll deshalb die Entscheidung des Berechtigten wie bisher nicht außer Acht gelassen werden.15 Dagegen wird im Schrifttum zu bedenken gegeben, dass das Unterlassen eines Strafantrags nicht automatisch den Verzicht auf die Restitution der irregulären Vermögenslage bedeuten muss.16 Da jedoch die Strafverfolgung als solche bei Antragsdelikten zu Gunsten der autonomen Entscheidung des Verletzten zurückgenommen ist, sich strafrechtliche Ermittlungen und die Aufklärung von daraus folgenden Vermögenszuflüssen nicht wirksam voneinander trennen lassen und daraus auch kaum den Präventionszweck ernsthaft gefährdende Abschöpfungslücken folgen, erscheint diese Einschränkung unbedenklich. Die selbständige Anordnung ist somit stets ausgeschlossen, wenn zu einer subjektiven Verfolgung als Verfahrensvoraussetzung ein Verfolgungsverlangen oder eine Verfolgungszustimmung einer dritten Stelle gehört und diese fehlt. Bei den von Absatz 1 Satz 3 umfassten Verfahrensvoraussetzungen handelt es sich um den Strafantrag (§ 77 StGB), die Ermächtigung (§ 77e i.V.m. §§ 90 Abs. 4, 90b Abs. 2, 97 Abs. 3, 104a, 194 Abs. 4, 353a Abs. 2, 353b Abs. 4) und das Strafverlangen (§ 104a). Daran mangelt es, wenn die nötige Erklärung überhaupt nicht abgegeben, wirksam zurückgenommen oder aus sonstigen Gründen unwirksam ist, z.B. weil sie von einer nicht legitimierten Person oder nicht innerhalb einer gesetzlich vorgeschriebenen Frist abgegeben worden ist.17 Das Fehlen eines Antrags des Berechtigten hindert aber die selbständige Anordnung nicht, wenn nach gesetzlicher Vorschrift der grundsätzlich erforderliche Strafantrag entbehrlich ist, weil die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält (vgl. §§ 183 Abs. 2, 230 Abs. 1, 248a, 257 Abs. 4 Satz 2, 259 Abs. 2, 263 Abs. 4, 265a Abs. 3, 266 Abs. 3).
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b) Den früheren umfassenden Ausschluss der selbständigen Einziehung unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Doppelbestrafung („ne bis in idem“, Art. 103 Abs. 3 GG) hat der Gesetzgeber nach der Modifikation durch das Gesetz zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 durch eine differenzierte Lösung ersetzt. Der Anspruch nach § 76a entfällt danach nur noch dann, wenn über diesen „bereits rechtskräftig entschieden worden ist“.18 Aus welchen Gründen das Gericht die Einziehung abgelehnt hat, ist dabei ohne Belang.19 Entgegen der vormaligen Rechtslage20 soll eine selbständige Einziehung „unter Gerechtigkeitsaspekten“ jedoch möglich bleiben, wenn eine Entschei-
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15 BT-Drucks. 18/9525 S. 72. 16 Meyer StV 2017 343, 344. 17 Vgl. die Erörterungen im Sonderausschuss 57. Sitzung, Prot. S. 1093. 18 Anders liegt es aber, wenn ein subjektives Verfahren noch gegen einen Dritten möglich ist, BGHSt 21 55, 56, für die Situation, dass ein selbständiges Verfahren nach § 74e gegen ein Unternehmen geführt wird vgl. zu § 29a Abs. 4 OWiG OLG Köln NStZ 2004 700. 19 BT-Drucks. 18/9525 S. 72. 20 RGSt 8 349; 44 315; 65 176; 66 423.
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dung über die Einziehung nicht ausdrücklich ergangen ist, eine solche Anordnung aber mit einer Verurteilung hätte verbunden werden können.21 Damit soll etwa in den Fällen, in denen die Einziehungsentscheidung „übersehen“ wurde oder es zu einer Beschränkung nach § 421 StPO gekommen war, auch eine nachträgliche Einziehung ermöglicht werden. Dieses Konzept begegnet indes durchgreifenden Bedenken. Zunächst fragt sich, inwieweit die Nichtanordnung an der Wirkung der vorange- 12 gangen Entscheidung teilhat. Hier stellt sich die Frage, ob Absatz 1 Satz 3 ein anderer Begriff der rechtskräftigen Entscheidung als etwa der Übergangsregelung des Art. 316h Satz 2 EGStGB zugrunde zu legen ist. Denn nach letzterer Regelung sind alle im Urteil ungenannten Rechtsfolgen nicht angeordnet,22 wie die Rechtsprechung zu Art. 316h Satz 2 EGStGB zeigt;23 danach kommt es nicht darauf an, ob das Tatgericht eine Anordnung ausdrücklich geprüft und in den Urteilsgründen dargelegt hat, weil auch das nicht begründete Unterbleiben eine „Entscheidung“ darstellt. Maßgeblich ist allein die Urteilsformel; alle dort nicht genannten Rechtsfolgen gelten als nicht angeordnet.24 Gegen eine Ausschließlichkeit dieses Maßstabs könnte sprechen, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei steht, für einen Teilbereich den Umfang und die Wirkung einer „Entscheidung“ in zwei Vorschriften (hier: Art. 316h Satz 2 EGStGB und § 76a Abs. 1 Satz 3) abweichend voneinander zu definieren,25 obgleich die Verwendung desselben Begriffs mit unterschiedlichen Inhalten gesetzestechnisch problematisch erscheint. Diese Interpretation unterstellt, wäre die Anwendbarkeit des Verfahrens der selbständigen Einziehung nach Maßgabe des § 76a n.F. nicht von vornherein ausgeschlossen.26 Eine nachträgliche selbständige Einziehung wäre somit im Ausgangspunkt nicht auf Fälle nachträglich entdeckten Vermögens nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO beschränkt, sondern in Anlehnung an den sich in der Gesetzesbegründung spiegelnden Willen des Gesetzgebers auch noch in solchen Fällen möglich, in denen keine „bewusste“ Ablehnung eines Einziehungsanspruchs vorlag („Vergessen“ des Einziehungsanspruchs). Selbst wenn man dieser Konstruktion folgen wollte, wäre der Gesetzgeber damit je- 13 doch nicht den insbesondere aus höherrangigem Recht folgenden Bindungen enthoben. In jenen, praktisch wohl weniger häufigen Fällen, in denen sich die Einziehung im subjektiven Verfahren als eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme dargestellt hätte, also bei der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74, 74a) außerhalb der Sicherungseinziehung, ist zunächst das Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs. 3 GG zu beachten. War die Frage einer solchen Einziehung somit bereits Gegenstand des vorangegangenen subjektiven Verfahrens, ist deshalb eine nochmalige Entscheidung in einem nachfolgenden objektiven (selbständigen) Einziehungsverfahren ausgeschlossen. Eine Motivsuche, aus welchen Gründen eine derartige Entscheidung unterblieben war, verbietet sich dabei. Dem Betroffenen darf nicht wegen derselben Tat erneut ein strafähnliches Übel auferlegt werden. Hinsichtlich der Einziehung von Taterträgen sind auf der Grundlage des hier an- 14 genommenen präventiven Charakters dieses Instruments zwei Gehalte des Rechtsstaatsprinzips berührt: Zum einen wird durch die gerichtliche Entscheidung als Abschluss eines gegen einen Angeklagten oder Beteiligten geführten rechtsförmigen Verfahrens auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 103 Abs. 3 GG ein Vertrau-
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BT-Drucks. 18/9525 S. 72. SSW/Heine Rdn. 7. BGHSt 63, 114 = NJW 2018 1831. OLG Hamburg NStZ-RR 2018 205 m.w.N. OLG Hamburg Wistra 2018 485 m. Anm. Rettke. So Schmidt NStZ 2018 631, 632.
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ensschutz darauf begründet, dass in diese Entscheidung nach Rechtskraft nicht noch einmal zu seinem Nachteil eingegriffen wird, wobei auch das verfassungsrechtlich verankerte Resozialisierungsgebot berührt werden kann.27 Dazu steht die nochmalige Verhandlung eines Anspruchs, der bereits in einem abgeschlossenen Gerichtsverfahren gegenständlich war, in Widerspruch.28 Zweifelhaft erscheint dabei, ob die in § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO neu aufgenommene Hinweispflicht, die gegen Überraschungsentscheidungen schützen soll (vgl. Vor § 73 Rdn. 56), verfahrensrechtlich ausreicht, um den durch eine vorangegangene Entscheidung begründeten Vertrauensschutz zu verdrängen. dem Individualinteresse ausreichend Rechnung trägt.29 Zum anderen wäre unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit selbst bei der Annahme einer Überwindung entgegenstehender Individualrechte durch überwiegende öffentliche Interessen zu verlangen, dass dies aufgrund klarer Normen und in abstrakt vorausbestimmter, für den Normadressaten in hinreichend bestimmter und damit vorauszusehender Weise geschieht. Jedenfalls diese letztgenannte Voraussetzung wird bei der in der Gesetzesbegründung vorgegebenen Rechtsanwendung nicht erfüllt. Denn es verbleiben erhebliche praktische Zweifelsfragen und Anwendungsprobleme: So wird aufgrund des Verfahrensablaufs, auch wenn ein entsprechender Antrag durch die Staatsanwaltschaft gestellt wurde, nicht immer zuverlässig zu beurteilen sein, aus welchen Gründen das Gericht letztlich keine Einziehungsanordnung getroffen hat. Unterbleibt eine ausdrückliche Erwähnung zumindest in den Gründen der Entscheidung, kann dies auch darin begründet sein, dass das Gericht eine solche Anordnung für derart fern liegend hielt, dass es meinte, sich damit nicht auseinandersetzen zu müssen. Dementsprechend kann es auch nicht darauf ankommen, welche Gründe für das Fehlen entsprechender Nennungen in Urteilen und Protokollen nahe liegend in Betracht kommen können.30 Eine derartige „Motiverforschung“ ist weder möglich noch, etwa mit Blick auf das richterliche Beratungsgeheimnis, zumutbar. Zudem besteht immer ein enger Zusammenhang mit den über Art. 103 Abs. 3 GG geschützten Feststellungen zur Tat. Des Weiteren kommt hinzu, dass das Gesetz selbst dem Gericht das Instrumentarium an die Hand gibt, um schon formal die erforderliche Klarheit herzustellen, nämlich die Möglichkeit zur Beschränkung (§ 421 StPO) oder Abtrennung (§ 422 StPO). Hat das Gericht die Entscheidung über die Einziehung weder nach § 422 StPO abgetrennt noch den Verfahrensstoff anderweitig, insbesondere nach § 421 StPO, beschränkt, ist sie Gegenstand des subjektiven Verfahrens geblieben. Dies indiziert aber das Vorliegen einer Entscheidung im Sinne des Absatzes 1 Satz 3. Die Gegenauffassung, welche die nachträgliche Abschöpfung im Wege einer selbständigen Einziehung durch die Annahme einer reinen Regelung über die Reichweite der nach § 264 StPO zu erfüllenden Kognitionspflicht zu erklären sucht,31 findet im Gesetz keine Stütze.32 Hat das Gericht unter diesen Voraussetzungen von einer Einziehung über den anhängig gebliebenen Anspruch auf Einziehung von Taterträgen bei objektiver Betrachtung (bewusst) abgesehen, soll eine spätere Korrektur jedoch auch nach dem Willen des Gesetzgebers33 ausgeschlossen sein; alles andere würde dem Gesetzeswortlaut zuwiderlaufen, denn es
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27 Zu diesem Aspekt Löffelmann Rechtspolitik (2016) S. 58, 65. 28 Ullenboom wistra 2018 291, 292 leitet daraus das Fehlen der in Abs. 1 vorausgesetzten Unverfolgbarkeit ab. 29 So aber OLG Hamburg wistra 2018 438, 440 (nicht tragend). 30 AA Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 771. 31 Schmidt NStZ 2018 631, 632. 32 Ebenso SSW/Heine Rdn. 7. 33 Vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 72: „Zum anderen bestimmt Satz 3, dass eine selbständige Einziehung auch dann unzulässig ist, wenn in einem früheren Verfahren rechtskräftig über die in Rede stehende Einziehung entschieden worden ist.“
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ist rechtskräftig im Sinne des Absatz 1 Satz 3 „entschieden“ worden.34 Dass eine nachträgliche Entscheidung im selbständigen Verfahren über eine „vergessene“ Einziehung somit ausscheiden muss, ist mithin bereits in der Gesamtsystematik des Gesetzes angelegt. Dies entspricht im Übrigen auch der Behandlung staatlicher Ansprüche in sonstigen gerichtlichen Verfahren. Ein Vorbehalt in Form einer allgemeinen „Vergessensklausel“ unter Einräumung einer „zweiten Chance“ zur nachträglichen Fehlerreparatur bei einer versehentlich unvollständig gebliebenen oder trotz eines Klageverfahrens unterbliebenen gerichtlichen Geltendmachung staatlicher Ansprüche ist dem Recht fremd und auch sonst in keiner Prozessordnung vorgesehen. Es besteht hierfür auch kein Bedürfnis, weil die Staatsanwaltschaften durch die Einlegung von Rechtsmitteln die richtige Rechtsanwendung in derartigen Fällen vorrangig sichern können. Im Übrigen ist auf die Befugnis zur Wiederaufnahme nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO zu verweisen. Schließlich gebieten auch die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 4 der Richtlinie 2014/42/EU diese in der Rechtsordnung singuläre Konstruktion nicht, weil dort jeweils andere Konstellationen (Abwesenheit und Verhandlungsunfähigkeit) angesprochen sind, vielmehr inzident sogar der Vorrang des subjektiven Verfahrens betont wird.35 Davon zu trennen ist schließlich noch die Frage, ob es zulässig sein kann, noch im 15 laufenden Verfahren eine unterbliebene Einziehungsentscheidung nachzuholen,36 indem das Berufungsgericht ungeachtet des Verschlechterungsverbots (§§ 331 Abs. 1, 358 Abs. 2 StPO) auch auf alleiniges Rechtsmittel des Angeklagten hin eine „vergessene“ Einziehungsentscheidung nachholen kann. Das Verschlechterungsverbot will den Angeklagten davor schützen, dass er von den ihm zustehenden Rechtsmitteln nur deshalb keinen Gebrauch macht, weil ihm dadurch Nachteile drohen. Mit Blick auf die nach § 335 StPO zu treffende Ermessensentscheidung hat der Bundesgerichtshof ein aufgrund der Regelungen der selbständigen Einziehung bewirktes faktisches Leerlaufen des Verschlechterungsverbots jedoch bereits deshalb verneint, weil der Eintritt eines sicher zu erwartenden identischen Rechtsnachteils nicht feststehe.37 Zutreffend wurde weiter gefolgert, dass die Reichweite des Verschlechterungsverbots (§§ 331, 358 Abs. 2 StPO) und der Wiederaufnahmemöglichkeit durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung nicht geändert wurden, weil es sich nicht auf das Verfahrensrecht, sondern allein auf § 76a bezogen hat. Im Übrigen ist der Angeklagte oder Einziehungsbeteiligte, der kein Rechtsmittel einlegt oder dieses zurücknimmt, durch die dann eingetretene Rechtskraft vor einer nachträglichen Einziehungsanordnung sicher, weil dann nach Absatz 1 Satz 3 „entschieden“ wurde. Aufgrund der Möglichkeit der Staatsanwaltschaft gegen fehlerhafte oder „vergessene“ Einziehungsentscheidungen Rechtsmittel einzulegen, liegt darin auch keine relevante Einschränkung der staatlichen Abschöpfungsbefugnisse. Fehlerhafte Entscheidungen sind eben im Rechtsmittelzug zu korrigieren und nicht nachträglich; das anderenfalls bestehende Wahlrecht der Staatsanwaltschaft wäre ebenfalls nicht mit den prozessualen Grundsätzen vereinbar.38
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34 Ebenso Pelz NZWiSt 2018 251, 253. 35 Dies gilt auch unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 14 der Richtlinie, welcher sich erkennbar lediglich auf die tatsächliche Durchsetzung der rechtskräftig angeordneten Einziehung, nicht aber auf ein von den Mitgliedstaaten zu schaffendes Verfahren zur Korrektur rechtskräftig gewordener ablehnender Entscheidungen bezieht. Missverständlich OLG Hamburg wistra 2018 438, 439. 36 Eine Zulässigkeit nehmen dagegen an OLG Hamburg wistra 2018 485 m. zust. Anm. Rettke; OLG Hamburg wistra 2018 438 (nicht tragend); Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 670 f; Meyer-Goßner/Schmitt61 § 331 Rdn. 21. 37 BGH NJW 2019 1008, 1009 m. zust. Anm. Gubitz = NZWiSt 2019 271 m. zust. Anm. Wissmann und Greier jurisPR-StrafR 9/2019 Anm. 1. 38 Vgl. für das alte Recht BGH Beschl. v. 15.11.2018 – 3 StR 346/18 Rdn. 7 (juris).
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c) Die vormals umstrittene Frage,39 ob ein Verfahren der selbständigen Einziehung auch beim Tod des Beschuldigten durchzuführen ist, hat sich durch die mit der Einfügung des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 eröffnete vorrangige Möglichkeit einer Abschöpfung bei Erben, Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern erledigt.
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d) Weitere Konstellationen. In Übereinstimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben zulässig ist die selbständige Einziehung hingegen in den Fällen der Abwesenheit und dauernden Verhandlungsunfähigkeit.
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5. Ermessensausübung. Die Regelung in Absatz 1 Satz 2 bezieht sich auf jene Fälle, in denen die Einziehungsanordnung im richterlichen Ermessen steht. IV. Selbständige Anordnung bei Verjährung (Absatz 2)
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1. Grundsatz. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) hat auf Initiative des Rechtsausschusses40 den Anwendungsbereich der selbständigen Einziehung durch die Einbeziehung von verjährten Fällen wesentlich ausgedehnt. Die darin nunmehr enthaltenen Verweisungen auf die Einziehung von Taterträgen nach §§ 73, 73b und 73c bringen eine erhebliche Ausweitung des selbständigen Einziehungsverfahren in diesen Fällen mit sich und geben die vormalige Beschränkung auf die Konstellation der Sicherungseinziehung auf. Dabei erklärt sich die Nichteinbeziehung der erweiterten Einziehung von Taterträgen nach § 73a offenbar lediglich daraus, dass der Gesetzgeber diese von dem Verfahren zur Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft nach Abs. 4 erfasst sah.41 Die Entkoppelung der Verjährungsfristen und die daraus folgende Möglichkeit zur Abschöpfung bei bereits verjährten Erwerbstaten soll dabei auch einen Wertungswiderspruch zur erweiterten Einziehung beseitigen, bei der mangels Konkretisierbarkeit der Tat schon bisher nach dem Willen des Gesetzgebers eine Abschöpfung auch der aus (möglicherweise) strafrechtlich verjährter Zeit stammenden Taterlöse möglich sein sollte.42 Für den Fall der Sicherungseinziehung gemäß § 74b und § 74d hatte bereits die vormalige Fassung des § 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a.F. zur Vermeidung der unerwünschten Folge, dass links- und rechtsextremistische Schriften nicht mehr aus dem Verkehr genommen werden können, eine selbständige Einziehung auch bei Verjährung der Tat, die sich hier zumeist nach den kurzen presserechtlichen Fristen richtete, zugelassen;43 § 78 Abs. 1 Satz 2 a.F. hatte deshalb klargestellt, dass § 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 als die spezielle Regelung anzusehen ist, die trotz eingetretener Verjährung die Einziehung im selbständigen Verfahren erlaubt. Die Neufassung des § 76a Abs. 2, die diesen Gedanken übernommen und erweitert hat, korrespondiert weiterhin mit § 78 Abs. 1 Satz 2 n.F. Diese Norm bestimmt, dass § 76 a Abs. 2 von der Verjährung von Maßnahmen unberührt bleibt. Nicht erfasst werden die strafähnlichen Fälle der Einziehung nach §§ 74, 74a, weil sie von der Verfolgbarkeit der Tat abhängen.
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2. Die Verjährung des Anspruchs auf selbständige Einziehung ist nach dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 in § 76b ge-
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Vgl. zur alten Rechtslage nur OLG Stuttgart NJW 2000 2598, 2599; OLG Frankfurt NStZ-RR 2006 39, BT Drucks 18/11640 S. 82. SSW/Heine Rdn 9. BTDrucks. 18/11640 S. 82 unter Verweis auf BTDrucks. 11/6623 S. 7. BTDrucks. 10/1286 S. 6.
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regelt. Die Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre. Voraussetzung ist allerdings die Anwendbarkeit des neuen Rechts nach Maßgabe des Art. 316h Satz 2 EGStGB. Entscheidend dafür ist nach der darin enthaltenen Stichtagsregelung nicht das Gesetz zur Zeit der Begehung der Tat, sondern die Frage, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt am 1.7.2017 bereits eine erstinstanzliche Entscheidung vorlag. 3. Rückwirkung. Die rückwirkende Aufhebung der Verjährung stößt auf erhebliche 21 verfassungsrechtliche Bedenken: Der Bundesgerichtshof hat dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG die Frage vorgelegt, ob Art. 316h Satz 1 EStGB, soweit dieser § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB in Fällen für anwendbar erklärt, in denen für die Erwerbstat bereits vor dem 1.7.2017 Verfolgungsverjährung eingetreten war, mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.44 Auch in der Literatur wird die Erfassung bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes verjährter Taten als nicht verfassungsgemäß abgelehnt.45 Dieser Regelung liege, auch bei der Annahme, es handele sich bei der selbständigen Einziehung nicht um eine strafrechtliche Sanktion, eine „echte“ Rückwirkung zugrunde. Bei der Abwägung zwischen dem Vertrauensschutz des Betroffenen und dem öffentlichen Interesse an der Abschöpfung müsse letzteres zurücktreten, weil die Verjährung, die auch der Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit diene, nachträglich entwertet werde. Zudem liege eine Schlechterstellung gegenüber jenen Betroffenen vor, bei denen noch vor dem in Art. 316h Satz 2 EGStGB festgelegten Stichtag (1.7.2017) eine Einstellung wegen Verjährung erfolgt sei. Bewertung: Zunächst ist zu differenzieren zwischen jenen Fällen, in denen bereits 22 vor Inkrafttreten des Reformgesetzes am 1.7.2017 Verjährung eingetreten war und jenen Fällen, in denen die Verjährungsfrist zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Letztere können als tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) betrachtet werden. Die Zulässigkeit nach Art. 20 Abs. 3 GG ist im Hinblick auf das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer effektiven Vermögensabschöpfung auch für länger zurückliegende Sachverhalte zu bejahen. Zudem lässt sich mit Blick auf die erforderliche Ermessensausübung entgegenhalten, dass das Gesetz auf diese Weise Verfahrensvorkehrungen bereithält, um angemessene Lösungen im Einzelfall zu erzielen. Die Regelung muss somit bei sachgerechter Rechtsanwendung insoweit nicht insgesamt verworfen werden. Anders liegt es in den Fällen bereits eingetretener Verjährung. Zunächst ist inso- 23 weit hinsichtlich der Regelung des Art. 316h Satz 1 EStGB vom Vorliegen einer echten Rückwirkung auszugehen, weil es sich nach Eintritt der strafrechtlichen Verjährung um zeitlich abgeschlossene Sachverhalte handelt, für die der Gesetzgeber durch die Regelung des § 76a Abs. 4 nachträgliche staatliche Eingriffe eröffnet hat. Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben ist die echte Rückwirkung regelmäßig unzulässig. Von den anerkannten Ausnahmen46 käme lediglich zum einen in Betracht, dass der Betroffene bereits im Zeitpunkt, auf den die Rechtsfolge rückbewirkt wird, nicht auf deren Fortbestand vertrauen konnte. Die Aufnahme von Regelungen unechter Rückwirkung ist hier überhaupt erst zu einem späten Zeitpunkt des Gesetzgebungsvorhabens durch eine entsprechenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz47 Gegenstand geänderter Gesetzgebung geworden und war nach der vorangegangenen
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BGH NJW 2019 1891 m. Anm. Trüg. Hennecke NZWiSt 2018 121, 123 ff. Vgl. zu dem Maßstab BVerfG NVwZ 2016 300, 304. BT-Drucks. 18/11640 S. 18 f, 82 ff.
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Diskussion nicht zu erwarten.48 Ebenso wenig erfordern überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung und eine Durchbrechung des Vertrauensschutzes.49 Anknüpfungspunkt ist hier nicht das Vertrauen darauf, unrechtmäßig durch Straftaten erlangte Gegenstände behalten zu dürfen. Gegenstand der Abwägung ist vielmehr das Vertrauen der Betroffenen darauf, dass der Sachverhalt durch den Eintritt der Verjährung abgeschlossen ist. Der Verjährung kommt eine wichtige Funktion zur Sicherung des Rechtsfriedens zu. Zugleich tritt mit ihr die Zeitlichkeit der menschlichen Existenz in die Rechtsordnung ein.50 Ein zwingender Vorrang des öffentlichen Interesses an der Abschöpfung auch aus solchen Sachverhalten, die nach der Rechtsordnung durch entsprechenden Zeitablauf als „befriedet“ gelten, lässt sich demgegenüber auch mit Blick auf die zivilrechtlichen Verjährungsregeln nicht begründen.51 Zudem lassen die Gesetzesmaterialien derartige Erwägungen des Gesetzgebers nicht erkennen.52 So hat der Gesetzgeber für die Regelung der Abschöpfung unklarer Herkunft in Absatz 4 die Anwendbarkeit nur für solche Erwerbstaten angenommen, die erst nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes begangen wurden (vgl. Rdn. 42). Er hat keine ausdrückliche Erlaubnis für nachträgliche Ermittlungen in diesen Fällen vorgesehen (Rdn. 24), was ebenfalls gegen eine Zuordnung der Abschöpfung zu zwingenden Belangen des Gemeinwohls spricht. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Bedeutung der präventiven Wirkung der Abschöpfung mit dem Zeitablauf stetig abnimmt. 24
4. Die Zulässigkeit nachträglicher Ermittlungen mit dem Ziel, eine selbständige Einziehung bei verjährten Straftaten durchführen zu können, hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt; auch die Gesetzesbegründung verhält sich dazu nicht. Abgesehen von der Frage der praktischen Relevanz wird teilweise aus dem unterschiedlichen Umfang der Verweisung in § 414 StPO für das Sicherungsverfahren und der für das selbständige Einziehungsverfahren geltenden Norm des § 435 StPO geschlossen, dass ein solches Vorgehen nicht zulässig sei.53 Das erscheint im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des § 435 StPO („nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist“) nicht zwingend. 54 Vor einer Aufnahme nachträglicher Ermittlungen wird im Hinblick auf Vertrauensschutzgesichtspunkte einerseits und der Schwierigkeit bei der Aufklärung weit zurückliegender Sachverhalte andererseits jedoch unter Berücksichtigung der Höhe des in Rede stehenden Abschöpfungsbetrags zumeist ein Gebrauch der Einstellungsmöglichkeiten nach § 76a Abs. 1 Satz 2 oder § 421 StPO in Betracht zu ziehen sein.55
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48 BGH NJW 2019 1891, 1893 m. Anm. Trüg. 49 BVerfGE 2 380, 405; 13 261, 272; BVerfG NVwZ 2016 300, 304. 50 Hennecke NZWiSt 2018 121, 125. 51 BGH NJW 2019 1891, 1895 m. Anm. Trüg. 52 Vgl. BT-Drucks. 18/11640 S. 82, 84; die Ausführungen setzen sich nicht mit dem Vertrauen in den Bestand der eingetretenen Verjährung auseinander und begründen schon deshalb nicht einen Vorrang des Abschöpfungsinteresses auch in diesen Fällen. 53 Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 672 f. 54 SSW/Heine Rdn. 22; LG Düsseldorf wistra 2018 445 mit zust. Anm. Rettke, der zudem auf die Notwendigkeit von Ermittlungen im Falle des Zugriffs auf den Nachlass nach § 73 b Abs. 1 Nr. 3 verweist; ferner Feindt/Rettke DStR 2018 2357, 2363. 55 SSW/Heine Rdn. 22.
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V. Absehen von Strafe, Einstellung bei Lockerung des Verfolgungszwangs (Absatz 3) 1. Anwendungsfälle. In Absatz 3 wird aus Gründen des praktischen Bedürfnisses 25 der Grundsatz der Absätze 1, 2 aufgegeben, dass eine selbständige Einziehung nur möglich ist, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Die selbständige Anordnung der Maßnahme56 ist danach auch zulässig, 1. wenn das Gericht nach einer Vorschrift des materiellen Rechts von Strafe abgesehen hat, z.B. gemäß §§ 23 Abs. 3, 60, 83a, 84 Abs. 4, 5, 85 Abs. 3, 86 Abs. 4, 86a Abs. 3, 87 Abs. 3, 89 Abs. 3, 98 Abs. 2, 113 Abs. 4, 129 Abs. 6, 129a Abs. 6, 139 Abs. 1, 157, 158 Abs. 1, 174 Abs. 5, 199 StGB; ein Absehen von Strafe ist auch die Verwarnung mit Strafvorbehalt (vgl. § 59 Abs. 3), 2. wenn das Verfahren nach Ermessen („kann“) in Durchbrechung des Verfolgungszwanges eingestellt wurde a) durch die Staatsanwaltschaft allein (§§ 153 Abs. 1 Satz 2, 153c, 153d, 154 Abs. 1, 154a Abs. 1, 154b Abs. 1 bis 3, 154c, 421 Abs. 1 StPO; § 45 Abs. 2 JGG); b) durch das Gericht allein (z.B. gemäß § 383 Abs. 2 StPO); c) durch Gericht oder Staatsanwaltschaft im Einvernehmen beider Stellen, sei es, dass die Einstellung durch die eine Stelle die Zustimmung der anderen (§§ 153 Abs. 1, 2, 153a, 153b, 153e, 154a Abs. 2 StPO; § 47 Abs. 2 JGG), deren Antrag (§§ 154 Abs. 2, 154b Abs. 4 StPO) oder deren Anregung (§ 45 Abs. 1 JGG) voraussetzt. Umfasst ist auch der Fall einer vorangegangenen Beschränkung nach § 421 Abs. 1. Eine Einstellung nach Absatz 3 liegt auch vor, wenn die Staatsanwaltschaft „von der Verfolgung der Tat“ (z.B. nach § 153d StPO) oder „von der Erhebung der öffentlichen Klage“ (z.B. aufgrund §§ 153a Abs. 1, 153b) „absieht“. „Einstellung“ ist auch die ausdrücklich nur als „vorläufige“ bezeichnete Einstellung (z.B. §§ 153a, 154 Abs. 2). Eine Einstellung „im Einvernehmen beider“ ist auch gegeben, wenn es der Zustimmung weiterer Verfahrensbeteiligter (im Fall der §§ 153 Abs. 2, 153a, 153b Abs. 2 StPO der des Angeschuldigten) bedarf und diese erteilt wird. 2. Unanwendbar ist Absatz 3, wie sich als Gegenschluss ergibt, in allen anderen 26 Fällen einer sonst eintretenden doppelten Einziehung sowie bei der Einstellung des Verfahrens nach § 154d StPO. Denn der Grund für die dort zugelassene Einstellung des Verfahrens, der Staatsanwaltschaft die Prüfung komplizierter Vorgänge zu ersparen, wenn es dem Anzeigenden darauf ankommt, das Ermittlungsverfahren als Vorspann eines anderen Verfahrens zu benutzen, greift auch durch, wenn die selbständige Anordnung der Einziehung usw. in Frage steht und die Klärung ihrer Voraussetzungen mit dem gleichen Aufwand verbunden ist wie die Sachverhaltsaufklärung im Interesse der subjektiven Verfolgung. Generell keine Anwendung findet Absatz 3 im Verfahren der erweiterten selbständigen Einziehung nach Absatz 4, weil sie voraussetzt, dass der Nachweis einer konkreten Tat nicht geführt werden kann.57
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56 Ausgeschlossen ist die Einziehung dagegen in dem Ausgangsverfahren, weil die Tat nach der Einstellung nicht mehr anhängig und die Verhängung von Rechtsfolgen deshalb nicht mehr möglich ist, BGH wistra 2019 97, 98 m. Anm. Gehm StRR 2018 Nr. 12, 20; BGH NStZ-RR 2018 116, 117. 57 BTDrucks. 18/9525 S. 73.
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VI. Absatz 4 27
1. Gesetzeszweck. Die Regelung des Absatzes 4 schafft mit der erweiterten selbständigen Einziehung ein neues Abschöpfungsinstrument, welches in der Gesetz gewordenen Form auf Initiative des Rechtsausschusses in das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) eingefügt worden ist.58 Nach der Konzeption des Gesetzgebers soll damit eine Lücke bei der Entziehung inkriminierten Vermögens in nochmaliger Ausdehnung der erweiterten Einziehung von Taterträgen nach § 73a geschlossen werden. Das gänzlich neu in das deutsche Recht eingefügte Instrument zielt darauf ab, eine Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft zu ermöglichen. Im Auge hatte der Gesetzgeber dabei Fälle des Auffindens hoher Bargeldbeträge bei polizeilichen Flughafenkontrollen, die zwar allem Anschein nach aus Straftaten und Aktivitäten organisierter Kriminalität entstammen, in denen mangels Konkretisierbarkeit, etwa aufgrund von Auslandsbezügen, bislang aber keine rechtliche Handhabe für einen Zugriff bestand;59 gleiches gilt für Verkehrskontrollen sowie entsprechende Zufallsfunde bei Ermittlungen in anderer Sache. Danach bedarf es für eine Einziehung nicht, wie bei § 73a, der Verurteilung wegen einer konkreten rechtswidrigen Tat. Ausreichen soll vielmehr, dass im Zuge von Ermittlungen wegen der im Gesetz aufgeführten Katalogtaten, bei denen es sich um schwere Straftaten der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus handelt, Vermögenswerte unklarer Herkunft aufgefunden werden. Weiter muss das Gericht unter Zuhilfenahme der in § 437 StPO genannten Indizien zu dem sicheren Schluss kommen, dass die Gegenstände einer rechtswidrigen Tat entstammen. Damit handelte sich um eine Kombination der bisherigen erweiterten Einziehung (§ 73a) und der selbständigen Einziehung außerhalb eines subjektiven Verfahrens (§ 76a Abs. 1), was die Begrifflichkeit der erweiterten selbständigen Einziehung rechtfertigt.60 Die Maßnahme soll sich nicht gegen die betroffene Person richten, sondern auf die Einziehung der Sache (ad rem) gerichtet sein.61 Dementsprechend ist sie nicht am Schuldprinzip, sondern allein an Art. 14 GG, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit62 zu messen. Dabei bleiben die Vorstellungen des Gesetzgebers unklar, ob und inwieweit sie sich zivilrechtlichen Beweisregeln annähern soll.63
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2. In die Architektur der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (siehe vor § 73 Rdn. 22 ff) lässt sich dieses Instrument nur schwer einfügen. Es unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der Grundstruktur der bisherigen Arten der Vermögensabschöpfung und bildet zugleich absehbar den vorläufigen Endpunkt einer Entwicklung, in welcher die staatlichen Zugriffsmöglichkeiten eine stetige Ausweitung erfahren haben. Kennzeichnend ist zum einen die Ablösung von der bisherigen engen Bindung der Einziehung an die materiellen Voraussetzungen des Strafrechts, namentlich die Anknüpfung an eine Verurteilung wegen einer konkreten Straftat nach den Regeln des Strafprozessrechts. Die erweiterte selbständige Einziehung verlangt nicht mehr die Verurteilung wegen einer Straftat, sondern nur noch die Einleitung von Ermittlungen aufgrund eines Anfangsverdachts (§ 152 Abs. 2). Zum anderen werden aber auch die verfahrensrechtli-
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58 BTDrucks. 18/11640 S. 83. 59 BTDrucks. 18/9525 S. 48. 60 Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 671; Hinderer/Blechschmidt NZWiSt 2018 179, 180; Schillling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 310; Fischer Rdn. 9. 61 BTDrucks. 18/9525 S. 92. 62 Vgl. auch Meyer StV 2017 343, 352. 63 BTDrucks. 18/9525 S. 92; kritisch Schilling/Hübner StV 2018 49, 51.
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chen Anforderungen abgesenkt: Nach der Gesetzesbegründung werden sowohl der strafprozessuale Beweismaßstab gelockert als auch verfahrensmäßige Vorkehrungen zum Schutz der Ansprüche potenziell Geschädigter zurückgedrängt. Schließlich schafft dies Instrument für die in § 76a Abs. 4 genannten Katalogtaten eine weitere Parallelität von Einziehungsmöglichkeiten. Dementsprechend entsteht ein erhebliches Risiko der Umgehung der für die bestehenden Instrumente geltenden Schutzerfordernisse, welchem sich nur durch eine strikte Einhaltung der in der Systematik der Abschöpfungsinstrumente angelegten Subsidiaritätsregeln begegnen lässt.64 Der erweiterten selbständigen Einziehung kommt damit in erster Linie eine Auffangfunktion zu:65 Primär ist zu klären, ob der Anfangsverdacht einer Katalogtat zu einer Anklageerhebung und damit zur Anwendbarkeit der erweiterten Einziehung nach § 73a führt.66 Erst wenn dies nicht der Fall ist und sich auch die potenzielle Erwerbstat, welcher der Vermögensgegenstand mutmaßlich entstammt, nicht konkretisieren lässt, verhindert der Rückgriff auf das Instrument der erweiterten selbständigen Einziehung eine Rückgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber. 3. Für die Rechtsnatur der erweiterten selbständigen Einziehung folgt daraus, dass 29 sich diese den gängigen Einordnungen entzieht. In der Literatur wird unter Betonung der in der Gesetzesbegründung angelegten Veränderung der Beweisregeln vielfach von einer „Verdachtssanktion“67 gesprochen, wobei dieser Begriff in Verbindung mit der Annahme einer Umkehr der Beweislast bereits die fehlende Verfassungsmäßigkeit der Regelung indizieren soll. Demgegenüber erscheint es unter der Voraussetzung einer entsprechenden strikten Auslegung vor allem im Hinblick auf den letztlich übereinstimmenden Zweck angebrachter, dieses Institut als besondere Art der Einziehung von Taterträgen einzustufen. Die erweiterte selbständige Einziehung zielt wie die anderen Formen der Einziehung von Taterträgen auf die Erhaltung und Wiederherstellung einer normenstabilisierenden Vermögensordnung. Im Hinblick auf den eingrenzenden Straftatenkatalog dient sie stärker als die nunmehr auf alle Straftaten erweiterten sonstigen Abschöpfungsinstrumente der Abwehr der Aktivitäten der Organisierten Kriminalität einschließlich des Terrorismus. Ihre Implementierung in das deutsche Recht markiert zugleich eine Öffnung und Wende in der gesetzlichen Zielsetzung. Während das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24.10.2006 (BGBl. I 2350) den Opferschutz in den Vordergrund rückte und im Übrigen eine enge strafprozessuale Anbindung zur Auflösung der mehrdimensionalen Interessen- und Verfahrenskonflikte verfolgte, wird nunmehr das Gewicht auf die Durchsetzung der rechtmäßigen Vermögenszuordnung gelegt, wobei rechtskonstruktiv neue Wege beschritten werden. Auch wenn die Diskussion über die richtigen Antworten auf die Herausforderungen einer sich auch grenzüberschreitend immer stärker vernetzenden Kriminalität ergebnisoffen weitergeführt und weitere Klarheit über zivil- und öffentlich-rechtliche Überschneidungen erlangt werden muss,68 liegt ein wesentlicher Fortschritt schon in der
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64 Diese Problematik kann sich z.B. auch im Zusammenhang mit der Gewährung ausländischer Rechtshilfe stellen, vgl. Meyer StV 2017 343, 345. 65 Vgl. auch Meyer StV 2017 343, 345: „Scharniernorm“, die zum Zuge kommt, wenn die Strafverfolgung im Übrigen erfolglos bleibt. 66 Vgl. auch Pelz NZWiSt 2018 251. 67 Hinderer/Blechschmidt NZWiSt 2018 179, 183; Trüg NJW 2017 1913, 1916; im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit zu konkreten Feststellungen zu Ort, Zeit und Modalitäten der deliktischen Herkunft auch Pelz NZWiSt 2018 251, 252. 68 Instruktiv Meyer ZStW 127 (2015) 241; StV 2017 343.
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durch die Einführung dieses Instruments erzielten verbesserten internationalen Anschlussfähigkeit des deutschen Konzepts. 30
4. Verfassungsrechtlich wirft die erweiterte selbständige Einziehung allerdings erhebliche neue Fragen auf. Geltend gemacht werden in der Literatur, in Anknüpfung an die gegen die Regelung des § 73a vorgebrachten Bedenken (vgl. § 73a Rdn. 29 ff), insbesondere Verstöße gegen die Unschuldsvermutung, das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit, die Bestimmtheit und die Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs in das Eigentum.69 Zentraler Kritikpunkt ist dabei die angenommene Absenkung des Beweismaßes bis hin zu einer Beweislastumkehr, etwa aufgrund eines Anscheinsbeweises.70 Zudem werde durch die Entkoppelung von Anlasstat und Herkunftstat zwangsläufig der Nachweisstandard gelockert; dabei komme es zu einer Verlagerung von der Herstellungsebene auf die Darstellungsebene,71 anstatt um eine präzise Feststellung gehe es nur noch um eine plausible Darlegung der Annahme einer deliktischen Herkunft.72 Bewertung: Die Gesetzesmaterialien sind zwar auf den ersten Blick in der Tat un31 klar, erschließen sich aber im Zusammenhang mit dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens. Während die Begründung des Referentenentwurfs – im Widerspruch zur ursprünglich vorgeschlagenen Gesetzesregelung, das § 261 StPO unberührt bleiben solle – zunächst den Anschein weckte, über § 437 StPO solle eine Orientierung an zivilrechtlichen Regeln stattfinden und damit das zivilrechtliche Element einer Beweislastumkehr und –erleichterung Einzug in das Strafverfahren halten,73 hat die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in ihrer Begründung klargestellt, dass der Maßstab der richterlichen Überzeugung, wie er in § 261 StPO niedergelegt ist, Geltung behält.74 Die in § 437 StPO genannten Kriterien sollen lediglich als nicht abschließende und unverbindliche gesetzgeberischen Hinweise auf diese Überzeugungsbildung verstanden werden.75 Nach diesem Verständnis wäre der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht angetastet.76 Von wesentlicher Bedeutung für die Auslegung erscheint der Vergleich mit dem 32 Maßstab der erweiterten Einziehung in § 73a, welcher in ihrer Art dem vorliegenden Institut am nächsten kommt. Hier hat der Gesetzgeber gerade ausdrücklich den auf die Überzeugung des Gerichts abstellenden Beweisstandard, der zuvor in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts entwickelt worden war, als gesetzliche Grundlage anerkannt. Daraus lässt sich eine Leitlinie für einen verfassungskonformen Umgang mit der erweiterten selbständigen Einziehung entwickeln. Ist zur Sicherung der betroffenen Rechte der Selbstbelastungsfreiheit, der Unschuldsvermutung und der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Eigentumsrecht schon bei der erweiterten Einziehung des § 73a beweisrechtlich eine richterliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft erforderlich, so hat dies erst recht für das im Übrigen noch weiter von rechtlichen Bindungen gelöste Institut der erweiterten selbständigen Einzie-
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69 Hinderer/Blechschmidt NZWiSt 2018 179, 183; Schillling/Corsten/Hübner StraFo 2017 305, 310; Meißner KriPoZ 2017 237, 242 f. 70 Greeve ZWH 2017 277, 280; Pelz NZWiSt 2018 251, 252; Löffelmann Rechtspolitik (2016) S. 58, 67; Marstaller/Zimmermann S. 124 ff; Kraushaar NZWiSt 2019 288, 291 ff. 71 NK-Saliger § 73d Rdn. 3. 72 Meyer NZWiSt 2018 246, 248. 73 Vgl. BTDrucks. 18/9525 S. 92: „Ein Verfahren, dass sich an zivilrechtlichen Darlegungs- und Beweislastregeln orientiert.“ 74 Vgl. BTDrucks. 18/11640 S. 89. 75 Kritisch dazu im Hinblick auf die geringe gesetzliche Steuerung Meyer NZWiSt 2018 246, 248. 76 Eine insgesamt fehlende Vereinbarkeit mit § 261 konstatieren aber Rönnau/Begemeier NZWiSt 2016 260.
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hung zu gelten. Dieser Weg weist auch die Lösung für den Umgang mit der Vorschrift des § 437 StPO: Entgegen der teilweise in den Gesetzesmaterialien zugewiesenen zivilrechtlichen Wirkung77 sind die dortigen Hinweise lediglich als Gesichtspunkte zu werten, die im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung beispielhaft herangezogen werden können und anhand der konkreten Umstände des Falles weiterer Ausfüllung bedürfen. Danach reicht auch nicht die bloße Plausibilität einer Annahme, sondern das Gericht muss sich eben unter Anlegung des Maßstabs des § 261 StPO die volle Überzeugung von der deliktischen Herkunft des betroffenen Vermögens verschaffen.78 Bloße Mutmaßungen oder allgemeine kriminalistische Erfahrungswerte genügen nicht. In den Hintergrund tritt damit die Frage, ob die in § 437 StPO verwendeten Begriffe aufgrund ihrer potenziellen Unbestimmtheit weiterer Konturierung im Gesetz bedürfen.79 Ebenso entfällt damit eine Orientierung an den Maßstäben verwaltungsrechtlicher Verfahren.80 Zugleich wird durch diesen Ansatz weiterhin sichergestellt, dass die erweiterte selbständige Einziehung die Anknüpfung an den bereicherungsrechtlichen Ursprung des Einziehungsrechts nicht verliert, was ebenfalls zur Vermeidung eines Verfassungsverstoßes beiträgt.81 Insgesamt bleibt auf diese Weise eine verfassungskonforme Auslegung möglich. 5. Die Voraussetzungen der erweiterten selbständigen Einziehung a) Anlassverfahren aus dem Kreis der Katalogtaten. Absatz 4 Satz 3 nennt einen 33 umfassenden Katalog von Straftaten, auf die sich ein Anfangsverdacht beziehen muss, um ein Verfahren nach § 76a Abs. 4 einleiten zu können. Diese Vorgabe soll der Sicherung eines verhältnismäßigen Eingriffs in das Eigentumsrecht dienen. Allerdings liegt hierin nur eine geringe Eingriffsschwelle und damit ein schwacher Schutz. Auch wenn man darin nicht den bloßen Schein einer Rechtfertigung für den letztlich bezweckten Zugriff auf Gegenstände aus allen Arten von Straftaten erblicken muss,82 ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass gerade in den vom Gesetzgeber genannten Beispielsfällen (Zufallsfunde; Auffälligkeiten bei Flughafen- und Verkehrskontrollen)83 der Anfangsverdacht einer Katalogtat aus dem Fund folgen wird und nicht umgekehrt die Klärung eines bereits bestehenden Anfangsverdachts zu dem Aufspüren des Gegenstands führen wird; gerade dies ist jedoch vom Gesetzgeber auch gewollt.84 Dies gilt umso mehr, als durch die Einbeziehung der Geldwäsche in den Katalog eine sehr breite Erfassung von Sach-
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77 Gegen eine Übertragung zivilrechtlicher Standards auch Schilling/Hübner StV 2018 49. 78 Beispielhaft LG Hamburg Beschl. v. 7.3.2019 – 614 Qs 21/18, Rn. 21, juris: „Es genügt, wenn das Gericht sich davon überzeugt, dass der in einem – nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren wegen einer Katalogtat des § 76a Abs. 4 Satz 3 sichergestellte Gegenstand aus irgendeiner rechtswidrigen Tat herrührt, die nicht länger als 30 Jahre zurückliegt. Gem. § 437 S. 2 StPO kann das Gericht dabei insbesondere das Ergebnis der Ermittlungen zu der Tat, die Anlass für das Verfahren war, die Umstände, unter denen der Gegenstand aufgefunden und sichergestellt worden ist, sowie die sonstigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen berücksichtigen. Es gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung.“ Im Fall ging es um die Sicherstellung von 800.000 € in bar an einem Flughafen. 79 Die Unbestimmtheit dieser Voraussetzung kritisiert Meyer NZWiSt 2018 246, 248 f. 80 Erwägungen zum Ausweichen auf ein präventiv-polizeiliches Modell bei Meyer NZWiSt 2018 246, 249 sowie StV 2017 343, 345. 81 Im Ergebnis keinen Verfassungsverstoß sieht auch Pelz NZWiSt 2018 251, 254. 82 Dies vermuten Hinderer/Blechschmidt NZWiSt 2018 179, 181. 83 BTDrucks. 18/9525 S. 48. 84 Meyer NZWiSt 2018 246, 247, der die Funktion lediglich darin erblickt, einen „verfahrensrechtlichen Aufhänger“ zu schaffen.
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verhalten ermöglicht wird und auch ein gegen Unbekannt gerichtetes Ermittlungsverfahren nach § 160 Abs. 3 StPO ausreicht.85 Das Erfordernis des Anlassverfahrens wegen einer Katalogtat stellt allerdings sicher, dass anlasslose, allein auf die Auffindung von Einziehungsgegenständen gerichtete Ermittlungen nicht zulässig sind. 34
b) Rechtswidrige Tat. Der Gegenstand muss aus einer rechtswidrigen Tat herrühren. Der Begriff der rechtswidrigen Tat knüpft an die Auslegung der erweiterten Einziehung an. Ein Verschulden muss nicht vorliegen.86 Dem entsprechend steht auch ein Ausschluss der Verfolgbarkeit nach § 261 Abs. 9 nicht entgegen.87
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c) Der Umfang der Katalogtaten, insbesondere die Einbeziehung des Tatbestandes der Geldwäsche, ist Gegenstand der Kritik im Schrifttum, weil eine Uferlosigkeit der Anknüpfungsmöglichkeiten befürchtet wird.88 Allerdings ist auf der anderen Seite zu sehen, dass die Geldwäsche gerade eine typische Ausprägung Organisierter Kriminalität darstellt und ohne deren Einbeziehung eine Abschöpfung Vermögen unklarer, aber erkennbar krimineller Herkunft kaum zielführend wäre.89
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d) Keine Einschränkung des Zugriffs auf Gegenstände aus Katalogtaten. Vor diesem Hintergrund ist eine Einschränkung der Abschöpfungsmöglichkeit auf solche Gegenstände, die mutmaßlich Katalogtaten entstammen, nicht erforderlich.90 Diese Beschränkung findet weder im Gesetzeswortlaut noch in der Begründung eine Stütze91 und ist auch zur Sicherung der Verfassungskonformität nicht geboten. Ungeachtet dessen besteht jedoch Grund zu der Annahme, dass die Nachweiserleichterungen des § 76a Abs. 4 vielfach nur in Bezug auf Katalogtaten eingreifen werden.92
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e) Begriff des Herrührens. Mit dem Merkmal des „Herrührens“ knüpft der Gesetzgeber ausdrücklich an das Merkmal der Geldwäsche in § 261 StGB an.93 Danach genügt, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Kausalzusammenhang zwischen der Vortat und dem Gegenstand besteht. Das Merkmal ist tendenziell eher weit auszulegen.94
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f) Keine Übernahme der Grundsätze zur Teilkontamination. Zwar lassen sich den Gesetzesmaterialien Hinweise darauf entnehmen, dass die zum Geldwäschetatbestand des § 261 entwickelten Grundsätze zur „Teilkontamination“ auch für den Umfang der Vermögensabschöpfung bei der erweiterten selbständigen Einziehung gelten sollen.95 Dies hätte allerdings zur Folge, dass bei einer Vermischung nur eines kleinen Teils inkriminierten Vermögens mit legalem Vermögen der gesamte Gegenstand eingezogen werden könnte. Darin läge ein an eine strafähnliche Sanktion heranreichender, nicht
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85 Schmidt Gewinnabschöpfung, 2. Aufl. (2019) Rdn. 186. 86 Schmidt Gewinnabschöpfung Rdn. 189. 87 Schmidt Gewinnabschöpfung Rdn. 192. 88 Trüg NJW 2017 1913, 1916. 89 Fleckenstein S. 272 und Meyer StV 2017 343, 352 werfen demgegenüber die Frage auf, ob die Begrenzung auf Katalogtaten im Vergleich zum Konzept der erweiterten Einziehung nicht inkonsequent sei. 90 Dies erwägt Meyer StV 2017 343, 345. 91 Pelz NZWiSt 2018 251, 252. 92 Meyer NZWiSt 2018 246, 247. 93 BTDrucks. 18/9525 S. 73. 94 Vgl. BTDrucks. 18/9525 S. 73. 95 Vgl. BTDrucks. 18/9525 S. 73.
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mehr zu rechtfertigender Entzug des Eigentums.96 Zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit ist deshalb eine erweiterte selbständige Einziehung von mischfinanzierten Gegenständen allenfalls im Umfang des Anteils des inkriminierten Vermögens möglich (mit der Einziehung von Wertersatz in entsprechender Höhe).97 Dem ist zwingend bei der Ausübung des Ermessens (Soll-Vorschrift, vgl. nachstehend Rdn. 48) Rechnung zu tragen.98 g) Verfügungsgewalt des Betroffenen. Das Verfahren der erweiterten selbständi- 39 gen Einziehung richtet sich gegen denjenigen, der zuletzt die Verfügungsgewalt über den Einziehungsgegenstand innehatte. 6. Gegenstand der Einziehung. Die Einziehung erstreckt sich auf Gegenstände und 40 Rechte (vgl. § 73 Rdn. 24). 7. Die Rechtsfolge der erweiterten selbständigen Einziehung (Satz 2). Absatz 4 41 Satz 2 regelt die Rechtsfolge der Einziehung abweichend von § 75. Die Vorschrift ist notwendig, weil aufgrund der fehlenden Hintergründe zur Tat der von der Sicherstellung Betroffene nicht notwendigerweise auch Eigentümer des einzuziehenden Gegenstands sein muss. 8. Zeitliche Anwendbarkeit. Das Rückwirkungsverbot bedingt, dass die erweiter- 42 te selbständige Einziehung erst angewendet werden darf, wenn die Erwerbstat nach Inkrafttreten der Neufassung, also nach dem Stichtag des 1.7.2017, begangen worden ist.99 Dagegen kann die Anlasstat, welche zur Aufnahme der Ermittlungen geführt hat (§ 152 Abs. 2 StPO), auch zu davor liegendem Zeitpunkt verübt worden sein. 9. Verjährung. Zur Verjährung siehe § 76b.
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VII. Verfahrensrechtliches 1. Objektives Verfahren. Nach § 435 StPO können Staatsanwaltschaft und Privat- 44 kläger die selbständige Anordnung der Einziehung von Gegenständen und Wertersatz und der Unbrauchbarmachung beantragen. Formelle Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags sind in § 435 Abs. 2 und Abs. 3 StPO (Eröffnungsbeschluss entsprechend § 203 StPO) genannt. Es gelten die Anforderungen an eine Antragsschrift entsprechend. Die auf das objektive Einziehungsverfahren zielende Antragsschrift muss, auch im Sicherungsverfahren, als solche klar erkennbar sein. Bloße Hinweise in einer Anklage oder Ausführungen in einem Schlussvortrag reichen nicht aus.100 Die Einleitung eines solchen Verfahrens ist aber nicht der einzige prozessuale Weg zur selbständigen Anordnung; diese ist vielmehr in gewissem Umfang bereits im Zusammenhang mit einem subjektiven (gegen einen bestimmten Angeklagten gerichteten) Verfahren zulässig. 2. Im subjektiven Verfahren kann die selbständige Anordnung, wenn deren mate- 45 riellrechtliche Voraussetzungen vorliegen, auch ausgesprochen werden in Verbindung
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Rönnau/Begemeier JZ 2018 443, 448. SSW/Heine Rdn. 15; Meyer StV 2017 343, 345. Köhler NZWiSt 2018 226, 229. Vgl. BTDrucks. 18/9525 S. 74. BGH NStZ 2018 559; BGH Beschl. v. 22.11.2018 – 1 StR 325/18.
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a) mit einem wegen fehlender Schuld (infolge Schuldunfähigkeit, vorsatzausschließendem Sachverhaltsirrtum, unvermeidbaren Verbotsirrtums) freisprechenden Urteil, sofern der Täter wenigstens rechtswidrig den Tatbestand der den Anknüpfungspunkt bildenden Tat (§ 73) oder des die Einziehung als Sicherungsmaßnahme vorsehenden Straftatbestandes erfüllt hat;101 46
b) bei der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten mit einem wegen eines Verfahrenshindernisses („aus rechtlichen Gründen“) einstellenden Urteil, sofern es sich nicht um die in § 76a Abs. 2 Satz 2 bezeichneten Hindernisse handelt.
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c) bei einem Urteil, das gemäß § 76a Abs. 3 von Strafe absieht oder das Verfahren einstellt.
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d) Die Einleitung eines Verfahrens der selbständigen Einziehung (Abs. 1 bis 3) steht gemäß § 435 StPO im Ermessen der Staatsanwaltschaft. In die Ermessensentscheidung ist auch einzustellen, in welchem Umfang noch ein öffentliches Interesse an der Abschöpfung deliktisch erlangten Vermögens bei bereits verjährten Straftaten besteht.102 Die Ausübung des Ermessens kann dabei von verschiedenen Gesichtspunkten bestimmt sein. Wesentliche Bedeutung wird der gesetzgeberischen Grundentscheidung zuzumessen sein, Taterträge konsequent und flächendeckend einzuziehen. Anderseits sind aber auch Schutzrechte Betroffener im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen. Die Ermessensausübung hat insgesamt auch die Funktion, eine auch im Einzelfall verhältnismäßige Rechtsanwendung zu gewährleisten. In Anbetracht des möglich gewordenen Zugriffs auf bereits vor längeren Zeiträumen erlangtes Vermögen kann auch die zeitliche Komponente für die Bewertung des öffentlichen Interesses relevant werden,103 ebenso das Vorliegen desolater Vermögensverhältnisse.104 Zudem kann im Einzelfall auch anderen Instrumenten wie einer Bewährungsauflage105 oder der Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs der Vorrang zukommen.106
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e) Bei der Durchführung eines Verfahrens der erweiterten selbständigen Einziehung (Abs. 4) handelt es sich ebenfalls um eine Ermessensentscheidung. Konzipiert ist § 76a Abs. 4 als Soll-Vorschrift („soll eingezogen werden“). Zwar ist in der Regel von dem Verfahren Gebrauch zu machen, die Ermessensausübung muss jedoch das Vorliegen von Individualrechten und die Gesamtumstände des Falles berücksichtigen. Die Ausgestaltung als Ermessensvorschrift dient somit auch der Sicherung der Verhältnismäßigkeit.107 Dies soll Vorgaben der EMRK Rechnung tragen.108 VIII. Übergangsvorschriften
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Art. 316h EGStGB sieht die Geltung ab dem Stichtag 1.7.2017 vor. Bezieht sich die selbständige Einziehung auf Taten, die nach § 154a Abs. 2 StPO abgetrennt worden waren und bei dem über andere Teile der Tat bereits vor dem 1.7.2017 ein eine Verfallsan-
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So schon RGSt 34 388; 44 315; 66 420; BGHSt 6 62, 64; 18 136, 138. BTDrucks. 18/11640 S. 82. Vgl. für verjährte Taten BTDrucks 18/11640 S. 82. BGH NJW 2019 1008, 1009. BGH NJW 2019 1008, 1009. Zur Selbstanzeige nach § 371 AO Madauß NZWiSt 2019 49, 53. Köhler NZWiSt 2018 226, 229. Vgl. BTDrucks. 18/9525 S. 73.
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Verjährung der Einziehung von Taterträgen und des Wertes von Taterträgen | § 76b
ordnung ablehnendes Urteil ergangen war, beurteilt sich die selbständige Einziehung gleichwohl nach neuem Recht.109 3. Abschnitt – Rechtsfolgen der Tat Verjährung der Einziehung von Taterträgen und des Wertes von Taterträgen Lohse § 76b https://doi.org/10.1515/9783110491302-026
§ 76b Verjährung der Einziehung von Taterträgen und des Wertes von Taterträgen 109
(1) Die erweiterte und die selbständige Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages nach den §§ 73a und 76a verjähren in 30 Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der rechtswidrigen Tat, durch oder für die der Täter oder Teilnehmer oder der andere im Sinne des § 73b etwas erlangt hat. Die §§ 78b und 78c gelten entsprechend. (2) In den Fällen des § 78 Absatz 2 und des § 5 des Völkerstrafgesetzbuches verjähren die erweiterte und die selbständige Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages nach den§§ 73a und 76a nicht.
I. II.
Übersicht Entstehungsgeschichte, Zweck | 1 Dogmatische Einordnung | 4
III. IV.
Regelungsgehalt des Abs. 1 | 5 Regelungsgehalt des Abs. 2 | 6
I. Entstehungsgeschichte, Zweck Die selbständige Regelung der Verjährung in § 76b findet ihre Notwendigkeit in der 1 Trennung der jeweiligen Verjährung der Straftat und der staatlichen Einziehungsansprüche in den Fällen der erweiterten Einziehung (§ 73a) und der selbständigen Einziehung (§ 76a). Insbesondere stellt die Regelung eine notwendige Reaktion auf die neu geschaffene Einbeziehung von verjährten Straftaten in das Verfahren der selbständigen Einziehung in § 76a Abs. 2 Satz 1 und die damit verbundene Entkoppelung der Fristen dar. Die Vorschrift geht zurück auf die Initiative des Rechtsausschusses.1 Die Regelung bringt eine veränderte gesetzgeberische Gewichtung zum Aus- 2 druck: Entgegen der früheren Rechtslage, welche abgesehen von den Fällen der Sicherungseinziehung nach § 74b und § 74d dem durch die Verjährung bezweckten Eintritt des Rechtsfriedens den Vorrang einräumte, überwiegt nunmehr auch in diesen Fällen das Interesse an einer Durchsetzung der normenstabilisierenden Korrektur der Vermögenszuweisung auch bei länger zurückliegenden Sachverhalten. Darin kann eine konzeptionelle Orientierung des Gesetzgebers an der Verjährung zivilrechtlicher Ansprüche, insbesondere zur Herausgabe von Eigentum, gesehen werden.2 In der Literatur wird die Zulässigkeit der Ausdehnung der Fristen kritisch gesehen.3 3 Dies gilt zum einen für die Ermöglichung eines rückwirkenden Zugriffs auf Vermögenswerte (vgl. dazu § 76a Rdn. 21 ff) und zum anderen für die Dauer der für weit in die Vergangenheit,4 nach Abs. 2 bei Mord auch gegenüber einem Drittbegünstigten sogar
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109 OLG Celle wistra 2019 294, 295 f. 1 BTDrucks. 18/11640 S. 18, 83. 2 Meyer NZWiSt 2018 246, 248; der Gesetzgeber verweist zudem auf die Parallelität zur Höchstfrist nach § 852 BGB, BTDrucks. 18/11640 S. 83. 3 Saliger ZStW 2017 995 1027. 4 Hennecke NZWiSt 2018 121, 123 ff.
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Lohse
Vor §§ 77–77e | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
ganz ohne zeitliche Begrenzung eröffneten5 Durchsetzbarkeit des staatlichen Einziehungsanspruchs. Die Dauer der Verjährungsfrist geht zwar vielfach über die für die Straftat geltende Verjährung hinaus; sie ist jedoch, auch in Anbetracht der Möglichkeiten zu angemessener Rechtsanwendung im Einzelfall, nicht als unverhältnismäßig zu würdigen (vgl. § 76a Rdn. 22). Bedenken werden darüber hinaus mit Blick auf die Praktikabilität erhoben, zumal es in den Fällen der §§ 73a, 76a Abs. 4 gerade an einem Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährung fehlt. Es fragt sich dabei allerdings, ob Anhaltspunkte für ein längeres Zurückliegen praktisch eine Rolle spielen können.6 II. Dogmatische Einordnung 4
In dogmatischer Hinsicht weicht die von § 76b gemeinte Verjährung, soweit sie sich auf die erweiterte Einziehung (§ 73a) und die selbständige erweiterte Einziehung (§ 76a Abs. 4) bezieht, von dem sonstigen Verständnis ab. Die Verjährung begründet insofern kein Verfahrenshindernis, weil dies nur bei einer bekannten Tat möglich ist. Der fehlende Eintritt der Verjährung im Sinne des § 76b ist bei unbekannter Tat vielmehr als materielle Anordnungsvoraussetzung zu begreifen.7 Im Ergebnis muss sich das Gericht deshalb neben der deliktischen Herkunft auch davon überzeugen, dass die (nicht konkretisierbare) Erwerbstat nicht länger als 30 Jahre zurückliegt.8 III. Regelungsgehalt des Abs. 1
5
Für die erweiterte und selbständige Einziehung statuiert Abs. 1 eine eigenständige Verjährungsfrist von 30 Jahren. Nach Abs. 1 Satz 2 beginnt die Verjährung mit der Beendigung der Erwerbstat. Für das Ruhen und die Unterbrechung der Verjährung gelten die §§ 78b, 78c StGB entsprechend (§ 76b Absatz 1 Satz 3). IV. Regelungsgehalt des Abs. 2
6
Die Regelung des Absatzes 2 StGB betrifft die Sonderfälle, in denen die Straftat nicht der Verjährung unterliegt. In diesen Fällen verjähren auch die Ansprüche aus der erweiterten oder (erweiterten) selbständigen Einziehung des Tatertrages nicht. 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Greger/Weingarten Vor §§ 77–77e https://doi.org/10.1515/9783110491302-027
VIERTER ABSCHNITT Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Vorbemerkungen
Vorbemerkungen zu den §§ 77 bis 77e Alberts Die Feststellung doppelt relevanter Tatsachen in der strafprozessualen Revisionsinstanz (1990); Barnstorf Unwirksamkeit des Strafantrags, NStZ 1985 67; Bindokat Freispruch bei fehlendem Strafantrag? NJW 1955 1863; Boeckmann Zur gesetzlichen Vertretung des Kindes im Strafprozess, NJW 1960 1938; Bloy Die dogmatische Bedeutung der Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe (1976); Bosch Der Strafantrag, Jura 2013 368; Brähmer Wesen und Funktion des Strafantrags (1994); Coenders Über den
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5 Kritisch dazu Fleckenstein S. 236. 6 So hält es Pelz NZWiST 2018 251, 253 für praktisch undenkbar, dass sich Gericht die Überzeugung verschafft, dass die Straftat zwar viele Jahrzehnte zurückliegt, aber nach Art, Tatort, und Tatzeit unbekannt ist. 7 BTDrucks. 18/11640 S. 83. 8 BTDrucks. 18/11640 S. 83; vgl. auch SSW/Heine Rdn. 3.
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Vorbemerkungen | Vor §§ 77–77e
Strafantrag und die Privatklage der Nichtverletzten, GerS 83 (1915) 286; Dannecker Das intertemporale Strafrecht (1993); Dau Der strafrechtliche Ehrenschutz der Bundeswehr, NJW 1988 2650; Deeg Inhalt und Ausübung des Strafantragsrechts (1933); Dubs Zur Problematik der relativen Antragsdelikte, Schweiz. Zeitschr. f. Strafrecht 71 (1956) 70; Eckstein Europa und Opferschutz Festschrift Schroeder (2006) 778; Geerds Festnahme und Untersuchungshaft bei Antrags- und Privatklagedelikten, GA 1982 237; ders. Zur Rechtsstellung des Verletzten im Strafprozess, JZ 1984 786; v. Gravenreuth Das Plagiat aus strafrechtlicher Sicht (1986); Härtung Recht zur Stellung des Strafantrages und zur Privatklage bei Tod des Antrags- und Klageberechtigten, NJW 1950 670; Henkel Die Beteiligung des Verletzten am künftigen Strafverfahren, ZStW 56 (1937) 227; Jung Die Stellung des Verletzten im Strafverfahren, ZStW 93 (1981) 1147; Kaiser Die Rechtsstellung geisteskranker und wegen Geistesschwäche entmündigter Antragsteller im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, NJW 1960 373; H. Kaufmann Strafanspruch Strafklagrecht (1968); Koch Zum Antragsrecht beim „Familiendiebstahl“, GA 1962 304; Köhler Die Lehre vom Strafantrag (1899); Kohlhaas Antragsdelikte bei Wegfall eines Offizialdelikts, NJW 1954 1792; ders. Die Auswirkungen der Gleichberechtigung der Geschlechter auf Strafrecht und Strafverfahrensrecht, NJW 1960 l; ders. Die negativen Auswirkungen der Gleichberechtigung auf die Verfolgbarkeit von Antragsdelikten, JR 1972 326; H. Lange Die Lücke im Kindschaftsrecht, NJW 1961 1889; Lichtner Die historische Begründung des Strafantragsrechtes und seine Berechtigung heute, Diss. Heidelberg 1981; Loose/Henseler Antragsdelikte als Prüfungsgegenstand im Assessorexamen, JuS 2018 346; Maiwald Die Beteiligung des Verletzten am Strafverfahren, GA 1970 33; M. K. Meyer Zur Rechtsnatur und Funktion des Strafantrags (1984); Michael Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahrensrecht (1981); Naucke „Mißbrauch“ des Strafantrags? Festschrift H. Mayer (1966) 565; Ott Der „vorsorglich“ gestellte Strafantrag, StV 1982 45; Pföhler Zur Unanwendbarkeit des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots im Strafprozessrecht in dogmenhistorischer Sicht (1988); Pieroth Der rückwirkende Wegfall des Strafantragserfordernisses, JuS 1977 394; Rehberg Der Strafantrag, Schweiz. Zeitschr. f. Strafrecht 85 (1969) 247; Reiss Der Strafantrag in unserem Strafrecht, Rpfleger 1967 375; Riegel Zum Problem der Schriftlichkeit i.S. des § 158 Abs. 2 StPO, NJW 1973 495; Rieß Die Rechtsstellung des Verletzten im Strafverfahren, Gutachten für den 55. Deutschen Juristentag (1984) (zit.: DJT-Gutachten); ders. Nebenklage und Strafantrag, NStZ 1989 102; Rochlitz Der strafrechtliche Schutz des ausübenden Künstlers, des Tonträger- und Filmherstellers und des Sendeunternehmens (1987); Schroth Der „vorsorgliche“ Strafantrag bei Hausbesetzungen, NStZ 1982 1; ders. Die Rechte des Opfers im Strafprozess (2011); Schröter Der Begriff. des Verletzten im Strafantragsrecht (§ 77 Absatz 1 StGB), Europäische Hochschulschriften: Reihe 2, Rechtswissenschaft; Bd. 2537 (1998); Schulz Können Strafanträge fristwahrend bei ausländischen Behörden gestellt werden? NJW 1977 480; Schwarz/Sengbusch Zur Wirksamkeit von Strafanträgen minderjähriger Verletzter, NStZ 2006 673; Spriegel Willensfreiheit und Rechtsmissbrauch im Strafantragsrecht, Berichte aus der Rechtswissenschaft (2003); Stree Zur Vertretung beim Strafantrag, NJW 1956 454; ders. Strafantragsrecht der Eltern eines Minderjährigen vor und nach der Ehescheidung, FamRZ 1956 365; ders. Zum Strafantrag durch Strafanzeige, MDR 1956 723; ders. Strafantrag und Gleichheitssatz, DÖV 1958 172; ders. In dubio pro reo (1962); ders. Probleme der Sachbeschädigung – OLG Frankfurt NJW 1987, 389, JuS 1988 187; Tegtmeyer Der Strafantrag nach den Strafvorschriften der Datenschutzgesetze, Öffentl. Verwaltung u. Datenverarbeitung (ÖVD) 1981 H. 5 S. 12; Tiedemann Gleichheit und Sozialstaatlichkeit im Strafrecht, GA 1964 353; Töwe Der Strafantrag, GS 112 22; Weber Der strafrechtliche Schutz des Urheberrechts (1976); Volk Prozessvoraussetzungen im Strafrecht (1978); Weigend Deliktsopfer und Strafverfahren (1989); Zielinski Strafantrag – Strafantragsrecht, H. Kaufmann-Gedächtnisschrift (1986) 875; Zipf Strafantrag, Privatklage und staatlicher Strafanspruch, GA 1969 234.
Entstehungsgeschichte Das Strafantragsrecht war bereits im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 in den §§ 61 bis 65 geregelt. Allgemeine Vorschriften über Ermächtigung und Strafverlangen gab es zunächst nicht; sie hat das 2. StrRG eingefügt. Das Recht des Strafantrags ist in seinen Grundzügen seit 1871 erhalten geblieben. Größere Änderungen hat der Gesetzgeber in den Fragen der Beschränkbarkeit des Strafantrags auf bestimmte Personen, des Übergangs des Antragsrechts nach dem Tode des Verletzten und der Antragsrücknahme vorgenommen.
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Greger/Weingarten
Vor §§ 77–77e | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
I.
II.
III.
Übersicht Die Problematik des Strafantrags 1. Rechtspolitische Problematik | 1 2. Rechtstheoretische Problematik | 2 3. Rechtfertigung des Instituts | 3 Gruppen von Antragsdelikten 1. Einteilung nach dem Zweck des Antragserfordernisses | 4 2. Einteilung nach der Reichweite des Antragserfordernisses | 6 Die Rechtsnatur des Strafantrages 1. Allgemein | 7 2. Strafanträge von Behörden | 8
IV.
Verfahrensrechtliches 1. Feststellung des Vorliegens des Antrags | 9 2. Verfahren bei fehlendem Antrag | 11 V. Sachlich-rechtliche Folgen der Rechtsnatur des Strafantrags | 14 VI. Ermächtigung und Strafverlangen | 15 VII. Landesrecht | 16 VIII. Ordnungswidrigkeitenrecht und Jugendstrafrecht | 17
I. Die Problematik des Strafantrags 1
1. Rechtspolitische Problematik. Die Strafverfolgung ist grundsätzlich das Monopol des Staates (zur historischen Entwicklung Roxin/Schünemann 2. Kap., § 12). Die Tatbestände des Strafrechts sind daher überwiegend als Offizialdelikte ausgestaltet; die Strafverfolgung des Täters setzt kein Tätigwerden eines Anzeigeerstatters voraus, sondern kommt von Amts wegen zustande, ohne dass der Verletzte einen bestimmenden Einfluss darauf hätte (§§ 152 Abs. 2, 160 StPO). In bestimmten Fällen verlangt das Gesetz jedoch für den Beginn und die Fortdauer der Strafverfolgung ein formalisiertes Verlangen einer Person oder Institution auf Bestrafung, den sogenannten Strafantrag. Dieser ist regelmäßig vom verletzten privaten Rechtsgutträger zu stellen. Die Mitwirkung Privater bei der Begründung des Rechts und der Pflicht der staatlichen Strafverfolgungsbehörden zum Einschreiten gehört zu den jüngeren Erscheinungen der Rechtsgeschichte.1 Sie vereinigt in sich Elemente der Privatklage und des staatlichen Strafverfolgungsmonopols; auch die Nähe des Strafantrags zu den objektiven Bedingungen der Strafbarkeit wird immer wieder hervorgehoben.2 Rechtspolitisch ist das Institut des Strafantrags nicht unumstritten. Denn der Strafantrag und die Möglichkeit seiner Rücknahme bieten strafrechtsfremden Zwecken Raum.3
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1 Zur geschichtlichen Entwicklung v. Gönner Neues Archiv des Criminalrechts 7 (1825) 459; Köhler S. 5; Lichtner S. 55 ff; Töwe GS 112 22; Weigend S. 104, 134; Zipf GA 1969 234. 2 Bemmann Zur Frage der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit (1957) S. 22; Stratenwerth Objektive Strafbarkeitsbedingungen im Entwurf eines StGB 1959, ZStW 71 (1959) 565, 575; Töwe GS 122 22, 27; Volk S. 29 ff, 255 Fn. 302; anders Schmidhäuser Objektive Strafbarkeitsbedingungen, ZStW 71 (1959) 545, 552 ff. 3 Daher für das Antragserfordernis im UWG Kragler Das Strafverfahren wegen privater Wirtschaftsspionage, wistra 1983 1, 7; weitere rechtspolitische Stellungnahmen: Alternativ-Entwurf BT Straftaten gegen die Wirtschaft (1977) S. 119; Diss. Die Privilegierung der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) gegenüber Diebstahl (§ 242 StGB) und Unterschlagung (§ 246 StGB) 1982, S. 373; Flechsig Urheberrechtskriminalität und Urheberstrafrecht, ZRP 1980 313; ders. (Hrsg.) Rechtspolitische Überlegungen zum Urheberstrafrecht (1982); Geerds JZ 1984 786; Jung Zur Rechtsstellung des Verletzten im Strafverfahren, JR 1984 309, 311; Kragler Wirtschaftsspionage Bd. 2 (1982) Rdn. 67; H. U. Krüger Der strafrechtliche Schutz des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses (1984) S. 177; H. Mayer Strafrechtsreform für heute und morgen (1962) S. 62; Nordemann Umwandlung der Straftaten gegen das Urheberrecht in Offizialdelikte? NStZ 1982 372; Oehler (Hrsg.) Der strafrechtliche Schutz des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft sowie in Österreich und der Schweiz, Bd. 2 (1978) S. 405; Rieß DJT-Gutachten Rdn. 14, 93; Weber S. 438; ders. Zur strafrechtlichen Erfassung des Musikdiebstahls, FS Sarstedt, S. 379, 385; Wersdörfer Unbefugter Kraftfahrzeuggebrauch und Strafantrag, NJW 1958 1031.
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2. Rechtstheoretische Problematik. Die Begründung des Antragserfordernisses 2 bereitet auch rechtstheoretische Schwierigkeiten (Weigend S. 445). Wenn – nach klassischer Ansicht – allein der Umstand, dass Unrecht geschehen ist, Strafe fordert und rechtfertigt, ist für eine Berücksichtigung des Willens des Verletzten kein Raum (Maiwald GA 1970 33, 35). Ist Strafgrund die Sozialschädlichkeit der Tat, sind Antragsdelikte ebenfalls ein Fremdkörper im System, weil die Gefahrenabwehr nicht von den Interessen Einzelner abhängen kann (Zipf GA 1969 234, 240). Der Vorschlag, den Strafantrag allgemein mit dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung zu verknüpfen und ihn bei dessen Fehlen als unbeachtlich, bei dessen Vorliegen als nicht erforderlich zu bezeichnen (Naucke FS H. Mayer, S. 565, 581), ist allerdings zu Recht nicht aufgegriffen worden, weil er mit dem Gesetz unvereinbar ist (Rieß DJT-Gutachten Rdn. 95 Fn. 286; BGHSt 7 256, 258; RGSt 77 359). Aber auch der Gedanke, den Strafantrag auf ein einheitliches materielles Prinzip der Verzeihung durch den Rechtsgutträger 4 zurückzuführen oder mit höchstpersönlichen Beziehungen zwischen Täter und Opfer zu erklären (Zielinski H. KaufmannGedächtnisschrift S. 875, 883), ist nach der Gesetzeslage nicht tragfähig. Denn die Motivation der Stellung wie auch der Rücknahme des Antrags kann vielfältiger Natur sein und die Offenlegung des Motivs wird nicht verlangt. Daran scheitert zugleich die prozessuale Auffassung von M. K. Meyer (S. 44 ff), die wie Volk (S. 204, 233; ebenso Roxin AT I § 23 Rdn. 56) im – gestellten – Strafantrag den Ausdruck einer Störung des allgemeinen Rechtsfriedens erblickt, welche das Einschreiten gegen den Täter rechtfertigt. Träfe diese Deutung zu, müsste umgekehrt der unterbliebene Strafantrag ein Zeichen bewahrten Rechtsfriedens sein. Die Vielgestaltigkeit der denkbaren Gründe des Opfers für sein Verhalten schließt es aber aus, in der Anbringung oder Unterlassung des Strafantrags ein Indiz für die Bedeutung der Tat zu sehen (Jescheck/Weigend § 85 I 1 Fn. 4). 3. Rechtfertigung des Instituts. Dem Institut des Strafantrags liegt daher keine 3 einheitliche ratio legis zugrunde (Mitsch MK Rdn. 17; SSW/Rosenau § 77 Rdn. 1). Die Rechtfertigung des Strafantrags ergibt sich aus pragmatischen Erwägungen und hängt damit entscheidend von dem Ausmaß ab, in dem die Gesetzgebung sich seiner bedient. Der Verletzte oder Interessenvertreter kann ein unabweisbares, von Außenstehenden nicht zuverlässig abschätzbares Interesse daran haben, bestimmte Fragen aus gerichtlichen Verfahren fernzuhalten. Der Gesetzgeber erkennt dieses Interesse in Einzelfällen an. Selbst das Bestreben, dieses Interesse nicht näher erläutern und begründen zu müssen, kann schützenswert sein. Dieser Gedanke kommt auch in der Rechtsfigur der Ermächtigung zum Ausdruck (§ 77e Rdn. 1). Die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur sachlichen Teilbarkeit des Strafantrags beruht ebenfalls auf ihm. In bestimmten Fällen, insbesondere in Fällen persönlicher Betroffenheit durch die Tat erscheint es dem Gesetzgeber vertretbar, den Anstoß zur Strafverfolgung in die Hand des Verletzten zu legen (Jescheck/Weigend § 85 I 1; Rieß DJT-Gutachten Rdn. 96; Weigend S. 451 ff). Nicht dem materiellen Verbrechensbegriff. oder dem Prozessziel zuzuordnende Leitgedanken rechtfertigen deshalb den Strafantrag, sondern die pragmatisch zu treffende Entscheidung, ob und in welchen Fällen die Strafverfolgung ohne Anstoß des Verletzten und auch über den Kopf des Verletzten hinweg erfolgen soll (Jung ZStW 93 [1981] 1147, 1163; Volk S. 233; weitergehend Lichtner S. 199; Kargl NK Rdn. 10). Die Beurteilung dieser Frage kann sich infolge einer Änderung der einschlägigen Kriminalitätsformen durchaus auch wandeln.5
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4 Bloy S. 114; Geerds GA 1982 237, 242; Maiwald GA 1970 33, 36, 38; Rudolphi JR 1982 27, 28; Barnstorf NStZ 1985 67. 5 Aus diesem Grunde wurde § 303 nach dem Vorbild des § 232 a.F. zum relativen Offizialdelikt umgestaltet, vgl. BTDrucks. 10/308; ebenso die Straftatbestände des Urheberrechts, vgl. das Gesetz zur
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Kein beachtlicher Gesichtspunkt ist das Interesse des Täters, von Strafverfolgung verschont zu bleiben und hierüber alsbald Klarheit zu gewinnen (RGSt 24 427, 428; 27 366, 367; Wolter SK Rdn. 15). II. Gruppen von Antragsdelikten 4
1. Differenzierung nach dem gesetzgeberischen Zweck. Stellt man auf den gesetzgeberischen Zeck ab, , lassen sich die Antragsdelikte in drei Gruppen einteilen. Mit der ersten Gruppe nimmt der Gesetzgeber Rücksicht auf die Empfindungen des in seiner Intimsphäre oder an persönlichen Rechtsgütern verletzten Opfers. Hierzu zählen etwa die §§ 182 , 194. In anderen Fällen, die mitunter mit der ersten Gruppe zusammengefasst werden (Geerds GA 1982 237, 243), ist das Antragserfordernis Ausdruck einer Rücksichtnahme auf eine besondere persönliche Beziehung zwischen Täter und Opfer. So will das Strafrecht nicht ohne Not in den Familienfrieden eingreifen, wenn es lediglich um die Verletzung vermögenswerter Rechte geht (etwa § 247). Für eine dritte Gruppe von Antragsdelikten schließlich, die überwiegend private Rechtsgüter schützen, ist das geringere Strafbedürfnis maßgebend (so etwa § 248a oder auch gewerbliche Schutzrechte).6 Zu diesen drei Gruppen tritt eine vierte, heute nur noch rudimentär anzutreffende 5 Kategorie. Sie umfasst Tatbestände, in denen Fachbehörden ein eigenständiges Strafantragsrecht zugewiesen ist, weil diese den erforderlichen Überblick über die maßgebenden Verhältnisse und die Notwendigkeit der Strafverfolgung haben. Dies ist bei § 145a Satz 2 StGB (Führungsaufsicht) sowie bei § 42 Abs. 3 BDSG im Bereich des Datenschutzes der Fall. Sonderregelungen gelten für die Strafanträge dieser Fachbehörden nach zutreffender Ansicht nicht.7
6
2. Absolute und relative Antragsdelikte. Absolute Antragsdelikte setzen stets und zwingend einen wirksam gestellten Strafantrag voraus (§ 123 Abs. 2, § 194 Abs. 1, § 205 Abs. 1). Demgegenüber spricht man von einem relativen Antragsdelikt, wenn die Strafverfolgung nur unter bestimmten Voraussetzungen an einen Strafantrag geknüpft wird (§§ 247, 248a). Einen Sondertypus der relativen Antragsdelikte als „relative Offizialdelikte“8 oder „bedingte Antragsdelikte“ (Mitsch MK Rdn. 2) stellen die Antragsdelikte dar, die der Strafverfolgungsbehörde unbeschadet eines Strafantrags auch ein Einschreiten von Amts wegen gestatten, sofern dies im besonderen öffentlichen Interesse (vgl. BVerfGE 50 216) liegt (§ 182 Abs. 5, § 183 Abs. 2, § 205 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 235 Abs. 7, § 238 Abs. 4, § 248a, § 257 Abs. 4, § 259 Abs. 2, § 263 Abs. 4, § 266 Abs. 2, § 301 Abs. 1, § 303c). Die Erklärung der Staatsanwaltschaft steht in deren Ermessen, bedarf im Gegensatz zum Strafantrag keiner Form (BGHSt 16 225), ist auch noch in der Revisionsinstanz möglich (BGHSt 6 282; BGHSt 16 225 und BGHSt 19 381) und kann konkludent auch in der Anklageerhebung liegen (BGHSt 6 282), sofern die Anklage wegen des entsprechenden Delikts erhoben wird (BGH NStZ-RR 2013 349; BGH StraFo 2016 212). Eine Erhebung der Anklage unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt genügt jedoch nicht (BGH NJW 1964 1969; BGH NStZ-RR 2017 251). Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft selbst ist der
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Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie v. 7.3.1990 (BGBl. I S. 422), dazu BTDrucks. 11/4792, S. 25. 6 BGHSt 5 140, 141; 29 54, 56; zur Gruppeneinteilung ferner Blei AT § 110 II Dallmeyer BeckOK § 77 Rdn. 6; Rieß DJT-Gutachten Rdn. 16; Weber JZ 1971 490, 493 f; SSW/Rosenau § 77 Rdn. 2; Zielinski H. KaufmannGedächnisschrift S. 875, 883 f; anders Maiwald GA 1970 33, 34. 7 Fernholz-Niemeier Die Pönalisierung von Weisungsverstößen im Rahmen der Führungsaufsicht, Diss. Münster 1992, S. 94 ff. 8 Wolter SK Rdn. 1; nach Zielinski GedS H. Kaufmann, S. 885 „unechte Antragsdelikte“.
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richterlichen Nachprüfung entzogen (BVerfGE 51 176; BGHSt 6 285; BGHSt 16 225; BGHSt 19 381; BVerwG NJW 1959 448; aA Kargl NK Rdn. 3 Prüfung auf pflichtgemäßes Ermessen). III. Rechtsnatur des Strafantrags 1. Allgemein. Das Gesetz nimmt nicht ausdrücklich dazu Stellung, ob der Strafan- 7 trag dem materiellen oder dem Verfahrensrecht angehört (vgl. Übersicht Wolter SK Vor § 77 Rdn. 6–8). Während der Arbeiten zur Strafrechtsreform hat aber kein Zweifel an seiner prozessrechtlichen Natur bestanden (E 1962 S. 252; Prot. V/484). Die Aufnahme der §§ 77 ff in das StGB ist erfolgt, um die für die Antragsdelikte allgemein geltenden Regelungen in einen Zusammenhang zu bringen, dient also der Übersichtlichkeit (Prot. V/488). Die gefestigte Rechtsprechung betrachtet und behandelt den Strafantrag als eine dem förmlichen Recht zuzuordnende Verfahrensvoraussetzung, deren Fehlen zu einem Prozesshindernis führt.9 Dieser Meinung ist zu folgen. Der Strafantrag ist die Willenserklärung des Verletzten oder eines Interessenvertreters, strafrechtliche Ermittlungen und gegebenenfalls anschließend eine Reaktion des Staates auf die Straftat bezüglich des Strafantragsdelikts herbeizuführen, wobei der Antragsteller seine Entscheidung willkürlich treffen und abändern darf. Eine derartige Erklärung kann nicht unrechts- oder strafbegründend, ihre Unterlassung oder Rücknahme nicht unrechts- oder strafausschließend wirken. Zu solchen Folgerungen nötigt auch nicht der Umstand, dass die Revisionsgerichte den Strafantrag bereits auf die Sachrüge hin prüfen;10 denn das Revisionsgericht hat bei einer zulässigen Revision zunächst von Amts wegen die Prozessvoraussetzungen zu prüfen (Gericke KK § 352 Rdn. 3). Auch das Schrifttum hält den Strafantrag ganz überwiegend für eine Verfahrensvoraussetzung,11 wobei in der Literatur auch vermittelnde Ansichten vertreten werden, so, der Strafantrag gehöre dem sachlichen Strafrecht an,12 er habe eine materiell-rechtliche und eine verfahrensrechtliche Seite,13 er stehe als Drittes neben Beidem (Grünwald Zur verfassungsrechtlichen Problematik der rückwirkenden Änderung von Verjährungsvorschriften, MDR 1965 521, 522; Grünwald Die Teilrechtskraft im Strafverfahren [1964] S. 373), es handle sich um eine Vorausset-
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9 BGHSt 6 155, 156; 7 245, 246; 17 157, 158; 18 123, 125; 19 320, 321; 22 90, 91; 29 224, 228; 31 132, 133; 32 l, 10; BGH NJW 1952 1422; 1957 470; 1994 1165; BGH bei Dallinger MDR 1955 143; BGH GA 1957 17, 18; BGH MDR 1963 231; BGH NStZ 1985 407; BGH StraFo 2016 212; BGH StraFo 2017 120; RGSt 1 43; 2 221; 4 264, 265; 6 161, 163; 45 128; 59 197, 200; 67 53, 55; 68 120, 124; 71 218; 73 113, 114; 75 257; 75 306, 311; 76 327; 77 106, 107; 77 157, 160; 77 181, 183; RG Rspr. 1 614, 616; RG GA 1909 78; RG HRR 1934 Nr. 440; 1939 Nr. 1484; RG DR 1940 1671; OGHSt 2 291, 309; OLG Bamberg HESt 2 215, 216; BayObLGSt 1957 52; 1980 64; BayObLG NJW 1961 1222, 1223; OLG Düsseldorf NStZ 1981 103; OLG Frankfurt/M. NJW 1983 1208, 1209; OLG Hamm NJW 1970 578; OLG Koblenz NJW 1958 2027, 2028; OLG Schleswig SchlHA 1957 209; OLG Stuttgart NStZ 1981 184. 10 BGHSt 21 242, 243; dazu allgemein Grünwald Die Teilrechtskraft im Strafverfahren (1964) S. 368 ff; Volk S. 60 ff. 11 Bindokat NJW 1955 1863; Bosch Jura 2013 368, 371; Eckstein Festschrift Schroeder (2006) 780; Fischer Rdn. 4; Jescheck/Weigend § 85 I 1 ; Kargl NK Vor §77 Rdn. 14; Kohlrausch/Lange § 61 II; Kohlhaas NJW 1954 1792, 1793; Lackner/Kühl/Kühl § 77 Rdn. 1, 2; Loose/Henseler JuS 2018 346; Maurach/Gössel/Zipf 74/1 f; Meyer-Goßner NStZ 2003, 172; Mitsch MK Vor § 77 Rdn. 10; Rieß DJT-Gutachten Rdn. 14; Roxin Strafrecht AT Bd. 1 § 23 Rdn. 52; Schmidhäuser StudB 9/10; Sch/Schröder/Bosch § 77 Rdn. 6–8; Schroth NStZ 1982 l, 3; SSW/Rosenau § 77 Rdn. 4; Wolter SK Rdn. 12, 13; Zipf GA 1969 234, 237. 12 Bloy GA 1980 161, 167; Geerds GA 1982 237, 242 (abw. JZ 1984 786, 787); Maiwald GA 1970 33, 38 f. 13 Peters § 2 V; Schreiber NJW 1949 497, 498; Wolter SK Rdn. 8; früher auch das Bayerische Oberste Landesgericht HRR 1925 Nr. 1394; LZ 1933 57; HRR 1934 Nr. 1084 dagegen Roxin Strafrecht AT Bd. 1 § 23 Rdn. 58.
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zung der Verurteilung sui generis,14 es handle sich um eine „Voraussetzung negativer Sanktionierung“ (Dallmeyer BeckOK § 77 Rdn. 1) oder um eine Bestrafungsvoraussetzung (Meyer-Goßner NStZ 2003 169, 173). 8
2. Strafanträge von Behörden sind keine Verwaltungsakte. Gleichgültig ist dabei, ob der Behörde das Antragsrecht als Verletzter, Dienstvorgesetzter (§ 77a) oder als sonstiger Berechtigter (vgl. Rdn. 5) zusteht. Die Behörde tritt dem Täter durch die Antragstellung nicht in einem Überordnungsverhältnis entgegen und nimmt dabei auch keine Aufgaben der vollziehenden Gewalt wahr (vgl. VGH Baden-Württemberg NJW 1984 75: Versagung des Verwaltungsgerichtswegs). Vielmehr schöpft sie eine strafrechtliche Befugnis aus, die ihr wie jedem privaten Verletzten verliehen ist oder als „sonstigem Berechtigten“ verliehen werden kann (BayObLGSt 1955 225, 228). Sie ist deshalb auch nicht an den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) gebunden (Fischer § 77a Rdn. 2; Kargl NK Rdn. 16); Strafanträge, mit denen die Behörde aus mehreren Tatbeteiligten einen oder einige herausgreift, können somit nicht wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot unwirksam sein (Fischer § 77a Rdn. 2; Kargl NK Rdn. 16; Wolter SK Rdn. 6; aA Lackner/Kühl/Kühl § 77 Rdn. 17; Stree DÖV 1958 172, 175; Tiedemann GA 1964 353, 358; JZ 1969 725, 726; s. ferner Ostendorf JuS 1981 640, 642). Die Gegenauffassung vermag nicht zu erklären, warum eine Maßnahme gegen einzelne unzulässig sein soll, die bedenkenfrei gegen alle gerichtet werden darf. Eine solche Verknüpfung der Gültigkeit des Strafantrags mit anderweitigen Befugnissen der Behörde ließe zudem seine Wirksamkeit in der Schwebe, bis feststeht, ob gegen alle – auch gegen später noch zu ermittelnde Tatbeteiligte – Strafantrag gestellt wird. Das wäre für die Ermittlungsorgane, deren Eingriffsbefugnisse gesichert sein müssen, nicht tragbar. Unerklärt bleibt ferner, warum in einem solchen Falle die Stellung des Strafantrages, nicht seine Unterlassung rechtswidrig sein soll und welche Folgen die Rücknahme einzelner von mehreren Strafanträgen hätte. Die Entscheidungsfreiheit des Berechtigten ist daher auch im Bereich der Strafanträge von Behörden vollumfänglich anzuerkennen. IV. Verfahrensrechtliches
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1. Feststellung des Vorliegens des Antrags. Die Zuordnung des Strafantrags zu den Verfahrensvoraussetzungen hat wichtige Folgen. Ob ein Strafantrag nach dem zu beurteilenden Sachverhalt erforderlich ist, ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen;15 ebenso, ob er wirksam gestellt 16 oder zurückgenommen (RGSt 55 23; OLG Hamm JMBlNRW 1955 44, 45) worden ist und ob er das entsprechende Delikt umfasst (zur Reichweite Kargl NK Rdn. 2). Im Zweifel ist das Verfahren einzustellen (BGHSt 22 93; BGH StV 1984 509). Im Rechtsmittelverfahren ist das Gericht an dieser Prüfung nicht durch eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Rechtsfolgen gehindert.17
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14 Zielinski GedS H. Kaufmann, S. 875, 882 . 15 BGHSt 19 320, 321; 29 54, 55; BGH NJW 1994 1165; BGH bei Dallinger MDR 1955 143; RGSt 1 43; 67 53, 55; 73 113, 114; 75 257; 77 106, 107; RG GA 1909 78; RG HRR 1934 Nr. 440; 1939 Nr. 1484; OLG Düsseldorf VRS 71 28, 29; OLG Koblenz NJW 1958 2027; OLG Stuttgart NStZ 1981 184; Kargl NK Rdn. 17; Mitsch MK Rdn. 12; Wolter SK Rdn. 14. 16 BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 1; BGH NJW 1994 1165; RGSt 14 182, 183; 45 128; 57 143; 62 262; 65 150; BayObLGSt 1980 64. 17 BGHSt 6 304, 306; RGSt 62 262; 65 150; Gericke KK7 § 352 Rdn. 3.
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Vorbemerkungen | Vor §§ 77–77e
Im Falle vertikaler Teilrechtskraft genügt es zur Begründung der Prüfungspflicht des Rechtsmittelgerichts, dass wegen der in demselben Verfahren rechtskräftig abgeurteilten Einzeltaten noch eine Gesamtstrafe zu bilden ist (BGHSt 8 269). Die Frage der Strafbarkeit eines Beteiligten ist unabhängig von der Frage der Verfolgbarkeit des Täters zu entscheiden, die Strafverfolgung eines Beteiligten setzt also nicht einen Strafantrag gegen den Haupttäter voraus (Mitsch MK Rdn. 11). Kenntnisse, Vorstellungen und Irrtümer bezüglich des Strafantrags oder des Antragserfordernisses berühren grundsätzlich nicht den Vorsatz (BGHSt 18 123; Mitsch JA 2014 1). Wurde die Tat im Ausland begangen, richtet sich die Geltung des Deutschen Strafrechts nach § 7. Ein Strafantragserfordernis im Ausland hindert die deutsche Strafverfolgung bei einem fehlenden Antrag nicht (BGH NJW 1954 1086); ein ausländisches Offizialdelikt, dessen Verfolgung nach dem deutschen Strafrecht nur mit Strafantrag möglich ist, bleibt Antragsdelikt (vgl. Mitsch MK Vor § 77 Rdn. 8). Die Prüfung des Strafantrags geschieht grundsätzlich nach den Regeln des Freibe- 10 weises.18 An Feststellungen des Tatrichters ist das Revisionsgericht dabei grundsätzlich nicht gebunden (RGSt 45 128; 48 274, 276; 55 23; 62 262, 263; RG HRR 1934 Nr. 440). Es kann bei Zweifeln zur Antragstellung den Sachverhalt selbst aufklären (RG HRR 1939 Nr. 1064), die Sache aber auch an den Tatrichter zurückverweisen.19 Anders liegt es bei den doppelrelevanten – auch den Schuldspruch tragenden – Feststellungen wie denjenigen zum Tatzeitpunkt oder über den Verletzten (OLG Köln JMBlNRW 1984 47). Betreffen sie die Straftat selbst, sind sie im Strengbeweis festzustellen (Kargl NK Rdn. 18; Mitsch MK Rdn. 15) und dann für das Revisionsgericht verbindlich, es sei denn, sie wären für den Schuldspruch ohne Bedeutung.20 Bleibt ungewiss, ob der Strafantrag ordnungsgemäß, insbesondere rechtzeitig gestellt ist, gilt der Satz in dubio pro reo.21 Er gilt ebenso, wenn die Notwendigkeit eines Strafantrags (z.B. die Angehörigeneigenschaft nach § 247) nicht zu klären ist (BayObLGSt 1961 66; Stree In dubio pro reo S. 61). Über die Prozessvoraussetzungen entscheidet das Gericht mit einfacher Mehrheit, § 263 StPO gilt nicht, sondern es bleibt bei § 196 GVG (RGSt 20 161; RGSt 2 221; Kargl NK Rdn. 18; Stuckenberg LR § 263 Rdn. 15). Im Urteil braucht, da das Rechtsmittelgericht den Strafantrag selbständig prüft, über ihn grundsätzlich nichts zu verlauten (RG GA 1914 339). Anders liegt es, wenn der Tatrichter dazu Beweise erhoben hat, die das Revisionsgericht nicht selbst zu erheben pflegt (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 1). Hier empfiehlt sich eine für das Revisionsgericht nachprüfbare Darstellung der Urteilsgrundlagen, um eine Zurückverweisung der Sache zu vermeiden (zu weitgehend OLG Hamm MDR 1986 778).
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18 BGH bei Dallinger MDR 1955 143; RGSt 1 43; 4 264, 265; RG HRR 1934 Nr. 440; BayObLGSt 1980 64; OLG Düsseldorf VRS 71 28, 29; OLG Frankfurt/M. NJW 1983 1208, 1209; Mitsch MK Rdn. 15; Wolter SK Rdn. 14; aA Volk S. 73, 83, 249; zum Freibeweis bei doppelrelevanten Tatsachen Alberts S. 138; Többens Der Freibeweis und die Prozeßvoraussetzungen im Strafrecht, NStZ 1982 184, 186. 19 BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 1; RG HRR 1939 Nr. 1484; OLG Karlsruhe GA 1985 134; Grünwald Die Teilrechtskraft im Strafverfahren (1964) S. 375. 20 BGHSt 22 90 m. Anm. Eb. Schmidt JZ 1968 434; Willms Wesen und Grenzen des Freibeweises, Ehrengabe für Heusinger S. 393, 408; enger BGH bei Dallinger MDR 1955 143; aA Alberts S. 139. 21 BGHSt 22 90, 93 m. Anm. Kleinknecht JR 1968 467; BGH StV 1984 509; vgl. auch BGH NStZ 2010 160; RGSt 47 238, 239; OLG Hamm VRS 14 33; OLG Koblenz VRS 63 359, 362; OLG Stuttgart NStZ 1981 184; Bosch Jura 2013 368, 371; Fischer Rdn. 4; Löffler JA 1987 77, 82; Michaels. 24; Mitsch MK Rdn. 16; Kargl NK Rdn. 18; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 9, 15; Sulanke Die Entscheidung bei Zweifeln über das Vorhandensein von Prozeßvoraussetzungen und Prozeßhindernissen im Strafverfahren (1974) S. 109; Stree In dubio pro reo S. 60; Wolter SK Rdn. 14; Zopfs Der Grundsatz „in dubio pro reo“ (1999) S. 345 ff; aA, aber mit gleichem Erg. Meyer-Goßner/Schmitt § 206a StPO Rdn. 7; zum Meinungsstreit Schneider KK § 206a Rdn. 10.
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2. Verfahren bei fehlendem Antrag. Der Strafantrag ist nicht ersetzbar und nicht verzichtbar. Der fehlende Strafantrag unterbindet grundsätzlich eine strafrechtliche Reaktion auf die rechtswidrige Tat (BGHSt 31 132) mit Ausnahme von vorläufigen Maßnahmen (§§ 127 Abs. 3 S. 1, 130 StPO). Nur wenn der entsprechende Straftatbestand ausdrücklich die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft vorsieht, das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen, ist ein Einschreiten von Amts wegen auch ohne Strafantrag eröffnet; die in den §§ 182 Abs. 5, 183 Abs. 2, 230 Abs. 1, § 238 Abs. 4, 248a, 235 Abs. 7, 301, 303c und in vielen Bestimmungen des Nebenstrafrechts vorgesehene Erklärung der Staatsanwaltschaft, dass wegen des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen erforderlich sei, ist eine selbständige Verfahrensvoraussetzung und auf andere Tatbestände auch nicht in Ausnahmefällen übertragbar (BGHSt 7 256, 258; OLG Koblenz OLGSt § 194 Nr. 1; RGSt 77 359; anders für Sonderfälle nach der überholten Rechtsprechung RGSt 77 56, 59; 77 72, 73). Bei der Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft nach einer Rücknahme des Strafantrags in den gesetzlich normierten Fällen das besondere öffentliche Interesse bejaht, ist sie grundsätzlich frei (OLG Brandenburg Urteil vom 20. Juni 2016 – (1) 53 Ss 25/16; BVerfGE 51 176). Aus der Anklageerhebung wegen eines Offizialdelikts folgt nicht schon ohne weiteres, dass auch für den Fall einer Umgestaltung der Strafklage durch das Gericht in ein relatives Antragsdelikt die Anklageerhebung zugleich als konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung zu verstehen sein soll (BGH NStZ-RR 2017 251). Fehlt der Strafantrag, ist er aber noch nachholbar, so gestattet das Gesetz einstweilige Ermittlungen (BGH NJW 1957 470; aA RGSt 6 37, 41; 33 426, 428) und vorläufige Sicherungsmaßnahmen (§§ 94, 127, 130 StPO), es sei denn, es steht fest, dass der fehlende Strafantrag endgültig nicht mehr beigebracht werden kann.22 Vorläufige Maßnahmen verbieten sich nämlich, wenn vorauszusehen ist, dass sich kein gerichtliches Verfahren anschließen wird (BGHSt 9 351, 355). In diesem Fall ist ein Strafverfahren unzulässig; es ist einzustellen. Nach der Anklageerhebung kommt ein Nichteröffnungsbeschluss nach § 204 StPO in Betracht, nach Rechtshängigkeit der Sache geschieht dies durch Beschluss nach § 206a StPO oder in der Hauptverhandlung durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO, wenn der Antrag nicht nachholbar ist.23 § 357 StPO – Erstreckung auf Mitverurteilte – findet Anwendung (BGHSt 19 320, 321). Ist der Antrag nachholbar, kommt eine vorläufige Einstellung (§ 205 StPO) in Betracht. Haben alle Antragsteller den Strafantrag zurückgenommen, hat gleichfalls Einstellung zu erfolgen (BGHSt 9 149, 157). Eine gerichtliche Entscheidung, die auf dem Fehlen des Strafantrags beruht, bedeutet die bindende Feststellung des Verfahrenshindernisses (Meyer-Goßner/Schmitt § 206a Rdn.11; Schneider KK § 206a Rdn. 15; aA Mitsch MK Rdn. 13). Dies gilt aus Gründen der Rechtssicherheit auch bei irrtümlicher Annahme des Fehlens der Prozessvoraussetzung (str., vgl. Schneider KK § 206a Rdn. 15; eine Ausnahme ist für die Bewirkung der Verfahrenseinstellung durch bewusste Täuschung zu machen). Die Entscheidung entfaltet jedoch keinen Strafklageverbrauch (Mitsch MK Rdn. 13; etwas anderes dürfte mit Blick auf die neuen Tatsachen auch der Entscheidung des EuGH in NJW 2014, 3010 nicht zu entnehmen sein). Wird nachträglich ein wirksamer Strafantrag gestellt, ist die Tat in einem neuen Verfahren
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22 Meyer-Goßner/Schmitt § 94 StPO Rdn. 6,7; s. ferner Geerds GA 1982 237; Schlüchter Das Strafverfahren 2. Aufl. (1983) Rdn. 252; aA Wolter SK Rdn. 17. 23 BGHSt 7 245, 246; 10 400, 403; 22 103, 105; BGH NStZ 1985 407; OLG Düsseldorf NStZ 1981 103; Ott KK7 § 260 Rdn. 46, 47; Wolter SK Vor. 77 Rdn. 14; Lackner/Kühl/Kühl § 77 Rdn. 2; Mitsch MK Rdn. 12; aA Zielinski GedS H. Kaufmann, S. 875, 882; zum Verfahren vor Rechtshängigkeit BGHSt 7 64; zum Zusammentreffen mit den Voraussetzungen eines Straffreiheitsgesetzes OLG Bamberg HESt 2 215, 216. Zur Vereinbarkeit des Einstellungsurteils mit der Unschuldsvermutung Kühl Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung (1983) S. 100 ff.
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verfolgbar (vgl. Schneider KK § 206a Rdn. 15 und § 260 Rdn. 49; vgl. aber Meyer-Goßner/Schmitt § 206a Rdn. 11: Aufhebung des Beschlusses und Fortführung des eingestellten Verfahrens). Auf Freispruch ist dagegen ausnahmsweise zu erkennen, sofern die Schuldlosigkeit des Angeklagten schon erwiesen (vgl. OLG Hamm wistra 2003 356; Meyer-Goßner FS 7 Rieß 331, 341; Kühne Strafprozessrecht Rdn. 990; KG NStZ 1983 561; Ott KK § 260 Rdn. 50, 50a; aA Mitsch MK Vor. § 77 Rdn. 12) oder der Vorwurf eines schwerwiegenderen Offizialdelikts nicht nachgewiesen, das damit zusammentreffende leichtere Delikt aber mangels Strafantrags endgültig nicht verfolgbar ist.24 Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz kann den Angeklagten beschweren (BGH GA 1959 17; OLG Oldenburg NJW 1985 1177). Ist der Antrag nachholbar, muss auch hier das Verfahren eingestellt werden, um die Strafklage nicht zu verbrauchen (BGHSt 32 1, 10; 1 231, 235; BGH GA 1959 17). Sofern bei tateinheitlichem Zusammentreffen das Offizialdelikt nachgewiesen und das Antragsdelikt endgültig nicht verfolgbar ist, bleibt das Antragsdelikt im Urteilsspruch unerwähnt.25 Im Revisionsrechtszug beseitigt das Gericht eine insoweit fehlerhafte Verurteilung von sich aus (RGSt 74 167, 168 m. Anm. Mezger DR 1940 1098). Wird der Antrag nach Erlass des Urteils, aber vor dessen Rechtskraft zurückgenommen, hat der Tatrichter das Verfahren nach § 206a StPO einzustellen (BGHSt 22 213, 217; Schneider KK § 206a Rdn. 3), nach rechtzeitiger Rechtsmitteleinlegung erfolgt die Einstellung durch das Rechtsmittelgericht (Schneider KK § 206a Rdn. 4). Das Sicherungsverfahren (§ 413 StPO) und die selbständige Anordnung einer Maßre- 12 gel der Besserung und Sicherung (§ 71 StGB) sind unzulässig, wenn Anlasstat ein Antragsdelikt ist, der Strafantrag aber fehlt, da auch hier das Fehlen des Strafantrags die staatliche Reaktion auf die Tat unterbindet.26 Ebenfalls unzulässig ist beim Fehlen des erforderlichen Strafantrags die selbständige Einziehung (§ 76a Abs. 1 Satz 3; überholt BGHSt 8 299; OLG Düsseldorf NJW 1967 1142). Der Ausschluss eines Verteidigers nach § 138a StPO scheitert hingegen nicht daran, dass wegen des zu beanstandenden Verhaltens ein Strafantrag nicht gestellt ist (BGH wistra 2000 311; BGH NJW 1984 316; OLG Hamburg NStZ 1983 426). Ein fehlender Strafantrag kann jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist 13 in jeder Lage des Verfahrens, auch noch im Revisionsrechtszug, nachgeholt werden.27 Das Rückwirkungsverbot findet auf das Strafantragserfordernis als Verfahrensvoraussetzung keine Anwendung. Entfällt nach einer Gesetzesänderung das Antragserfordernis oder wird es modifiziert, kann sich der Täter grundsätzlich nicht auf die frühere Rechtslage zum Zeitpunkt der Tat berufen.28 Dies gilt auch, wenn die Antragsfrist zum Zeit-
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24 BGHSt 1 231, 235; 7 256, 261; BGHSt 36 340, 341; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 495; BGH GA 1978 371; RGSt 72 296, 300; Ott KK7 § 260 Rdn. 51; näher Volk S. 89 ff; Mitsch MK Vor. § 77 Rdn. 12; aA Bindokat NJW 1955 1863, 1865. 25 BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 4; RGSt 18 286; 33 339, 341; 46 45, 47; vgl. auch BGHSt 7 305. 26 BGHR StGB § 63 Tat 3; BGHSt 31 132 m. Anm. Blau JR 1984 27; RGSt 71 218; 71 321; 73 155; aufgegeben BGHSt 5 140; BGH NJW 1958 1643; vgl. auch BGHSt 1 384; Lackner/Kühl/Kühl § 77 Rdn. 2; Kargl NK Rdn. 21; Maiwald GA 1970, 44; Mitsch MK Rdn. 10; Sch/Schröder/Bosch § 77 Rdn. 49; Wolter SK Rdn. 18. 27 BGHSt 3 73, 74; 6 155, 157; 29 224, 228; RGSt 38 39, 41; 68 120, 124; 73 113, 114; RG HRR 1940 Nr. 39; RG DR 1940 1671; OLG Hamm NZWehrR 1977 70; Griesbaum KK7 § 158 Rdn. 39; aA RGSt 46 45, 48; RG HRR 1926 Nr. 100. 28 BGHSt 46 310; RGSt 75 306, 311; 77 106, 107; 77 157, 160; 77 181, 183; RG DR 1940 1671; OLG Hamm NJW 1961 2030; Fischer § 1 Rdn. 30; Krey Keine Strafe ohne Gesetz (1983) S. 117; Maurach/Gössel/Zipf § 74 I Rdn. 2; Welzel JZ 1952 617; Wolter SK Rdn. 8, 15; Kargl NK Rdn. 15; Mitsch MK Rdn. 14; 15; vgl. ferner BGHSt 20 20, 27; aA Roxin Strafrecht AT Bd. 1 § 5 Rdn. 58 f; Jescheck/Weigend S. 139 f; Mayer JZ 1953 105; StudB S. 167; Pieroth JuS 1977 394; Jura 1983 122, 124; Schmitt FS Jescheck S. 223, 229; Schreiber ZStW 80 (1968) 348, 366; s. ferner OLG Hamm FamRZ 1958 377.
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Vor §§ 77–77e | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
punkt der Gesetzesänderung bereits v e r s t r i c h e n i s t 29 oder die Strafverfolgung sonst, etwa wegen Rücknahme des Strafantrags, zunächst unzulässig war (Wolter SK Rdn. 16; aA KG JR 1986 478; Kargl NK Rdn. 15). Wird das Antragserfordernis neu eingeführt, ergreift die Neuregelung ebenfalls die schon begangenen Taten; für die Einleitung wie auch für die Fortführung des Strafverfahrens ist dann zwingend ein Antrag erforderlich (vgl. BGHSt 21 367, 369 für die Verjährung; Mitsch MK Rdn. 14; Kargl NK Rdn. 15), das (nachträglich eingeführte) Antragserfordernis ist als Verfahrensvoraussetzung auch noch in der Revisionsinstanz zu beachten (Kargl NK Rdn. 15); die Antragsfrist beginnt mit dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften (§ 77b Rdn. 3). Als Nebenkläger kann sich ein dazu Berechtigter dem – anderweitig zulässig in Gang gesetzten – Verfahren auch anschließen, wenn er einen Strafantrag nicht gestellt hat (BGH NStZ 1992 452; KG NStZ 1991 148 m. Anm. Wendisch OLG Frankfurt/M. MDR 1991 888; Rieß NStZ 1989 102; abw. OLG Frankfurt/M. JR 1991 390 m. Anm. Hilger). V. Sachlich-rechtliche Folgen der Rechtsnatur des Strafantrags 14
Da der Strafantrag eine – auf einen bestimmten Tatbestand bezogene – Prozessvoraussetzung ist, ist die Tat unabhängig von seinem Vorliegen rechtswidrig nach § 11 Abs. 1 Nr. 5; sie stellt eine Straftat dar (vgl. BGH wistra 2000 311 und BGH NJW 1984 316 zur Ausschließung eines Verteidigers). Der Lauf der Verjährung wird durch das Fehlen des Antrags nicht tangiert (§ 78b Abs. 1 Nr. 2). Strafbare Teilnahme, Begünstigung und Hehlerei sind möglich, auch wenn der Antrag nicht gestellt oder zurückgenommen ist. Eine Strafvereitelung hingegen scheidet aus, wenn endgültig kein Strafantrag gestellt wird (Mitsch MK Rdn. 11; Fischer § 258 Rdn. 5). Der Verletzte darf Notwehr üben ohne Rücksicht darauf, ob er gegen den Angreifer Strafverfolgung wünscht. Wurde eine Straftat im Ausland begangen, gilt folgendes: Handelt es sich nach deutschem Recht um ein Antragsdelikt, ist unbeschadet eines etwaigen Offizialdeliktscharakters am Tatort für die deutsche Strafverfolgung ein Strafantrag erforderlich (Mitsch MK Rdn. 8). Handelt es sich nach deutschem Recht um ein von Amts wegen verfolgbares Delikt, ist im Sinne des § 7 eine Auslandstat auch dann mit Strafe bedroht, wenn ein nach dem Tatortrecht erforderlicher Strafantrag fehlt.30 Der Irrtum des Täters über die Notwendigkeit eines Strafantrags und über die das Antragserfordernis begründenden tatsächlichen Umstände ist bedeutungslos.31 Bei mehrfacher Verurteilung scheitert die Bildung einer Gesamtstrafe nicht daran, dass im Zeitpunkt des früheren Urteils der wegen der davor begangenen (aber später abgeurteilten) Tat erforderliche Strafantrag noch fehlte (RGSt 7 298, 300). Wie eine verjährte Tat kann auch eine mangels Strafantrags unverfolgbare Tat oder Tatmodalität bei der Beweiswürdigung und – mit eingeschränktem Gewicht – in der Strafzumessung verwertet werden (BGH bei Holtz MDR 1993 405; BGH NJW 1994 1165; BGH bei Dallinger MDR 1957 654; ThürOLG Urteil vom 10.11.2005 – 1 Ss 213/05; BayObLG HESt 3 63, 66; KG VRS 10 304, 307; Kargl NK Rdn. 24 ; Wolter SK Rdn. 21). Eine Sperrwirkung kommt einem fehlenden Strafantrag bezüglich der Verfolgung eines mit dem Antragsdelikt tateinheitlich zusammentreffenden Offizialdelikt nicht zu (BGHSt 39 239; vgl. dazu die
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29 BGHSt 46 310 [zu 299, 301]; aA Kargl NK Rdn. 15; Jescheck/Weigend § 15 IV 4; M. K. Meyer S. 13; Pieroth JuS 1977 394; SSW/Rosenau § 77 Rdn. 8; Sch/Schröder/Bosch § 77 Rdn. 6–8; . Die Rspr des BVerfG zur Verjährung – vgl. BVerfG NStZ 2000 251- ist mangels vergleichbarem Vertrauensschutzes des Betroffenen nicht übertragbar. 30 BGH NJW 1954 1086; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 4 Anm. 2; RGSt 40 402, 404; KG JR 1988 345, 346; differenzierend Eser JZ 1993 875, 877; Mitsch MK Rdn. 8. 31 BGHSt 18 123, 125; 9 262, 265; BGH MDR 1963 231; RGSt 73 151, 153; Stree Der Irrtum des Täters über die Angehörigeneigenschaft seines Opfers, FamRZ 1962 55, 58; aA Kohlhaas ZStW 70 [1958] 217, 223 ff.
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Vorbemerkungen | Vor §§ 77–77e
Überlegungen von Mitsch MK Vor. § 77 Rdn. 18, 20 ff und Fahl GA 1996 476; Wolter SK Vor. § 77 Rdn. 7 zu § 237 a.F.). Wird das Offizialdelikt vom Antragsdelikt verdrängt und fehlt es am Strafantrag, kann nicht aus dem verdrängten Delikt bestraft werden (BGHR StGB § 239 Abs. 1 Strafantrag 1; BGHSt 19 320; Fischer Vor § 52 Rdn. 46; Mitsch MK Rdn. 22). Ebenfalls zu keiner Sperrwirkung kommt es bei Taten, die zueinander im Verhältnis der Vor- und Nachtat stehen (vgl. BGH NJW 1968 2115; BGHSt 38 366, 368 m. Anm. Stree JZ 1993 476). Einem Delikt, das mangels Strafantrags nicht verfolgt werden kann, kann dennoch eine Klammerwirkung zukommen (BGH NStZ 1984 408). VI. Ermächtigung und Strafverlangen Ermächtigung und Strafverlangen sind nach einhelliger Ansicht Verfahrensvoraus- 15 setzungen und als solche von Amts wegen zu klären (Fischer § 77e Rdn. 1; Mitsch MK Rdn. 29). Nach § 77e gelten dafür die Vorschriften des Strafantrags entsprechend. Sie betreffen Straftatbestände, die regelmäßig einen politischen Einschlag haben oder im Bereich des zwischenstaatlichen Verkehrs angesiedelt sind. Erstmals wurden sie im 2. StrRG näher geregelt. Sie dienen außerstrafrechtlichen Zielen. Welche Straftatbestände Ermächtigung oder Strafverlangen voraussetzen, ergibt sich aus den Strafvorschriften des Besonderen Teils des StGB, s. hierzu die Erläuterungen bei § 77e. VII. Landesrecht Straftaten des Landesrechts können ebenfalls Antragsdelikte sein. Für die an sich im 16 StGB abschließend geregelten Materien des Hausfriedensbruchs, der Sachbeschädigung und der Urkundenfälschung gestattet Art. 4 Abs. 5 Nr. 2 EGStGB Sondervorschriften, die die Strafverfolgung bei geringfügigen Feld- und Forststraftaten von einem Strafantrag abhängig machen. In Materien, die der Bundesgesetzgeber nicht abschließend geregelt hat, sind die Länder ohnehin frei, auch das Antragserfordernis vorzusehen (Art. 4 Abs. 2 EGStGB). Nutzen sie diese Möglichkeit, gelten für den Strafantrag grundsätzlich die bundesrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen Teils, also die §§ 77 ff (Art. 1 Abs. 2 EGStGB). Daher ist auch der im Landesrecht verankerte Strafantrag stets rücknehmbar; entgegenstehendes Landesrecht ist aufgehoben (Art. 291 EGStGB). Die Länder haben die Feld- und Forstrügesachen durchweg in Ordnungswidrigkeiten umgewandelt, so dass der Antragsvorbehalt des Bundesrechts gegenstandslos ist. Das Antragserfordernis ist aber in einigen Datenschutzgesetzen der Länder vorgesehen. Darin ist mitunter auch dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ein Antragsrecht verliehen. Mit Art. 1 Abs. 2 EGStGB ist dies vereinbar, da die in § 77 Abs. 1 vorgesehene Möglichkeit, durch Gesetz eine Antragsbefugnis anderen Personen als dem Verletzten zuzubilligen, nach ihrem Wortlaut auch landesgesetzliche Regelungen einschließt (rechtspolitische Bedenken bei Tegtmeyer ÖVD 1981 H. 5 S. 12, 13). Hinsichtlich möglicherweise überschneidender Tatbestände ist allerdings der Vorrang des Bundesrechts zu bachten (OLG Koblenz NJW 2008 2794).
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§ 77 | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
VIII. Ordnungswidrigkeitenrecht und Jugendstrafrecht Im Ordnungswidrigkeitenrecht existiert das Verfahrensinstitut des Antrags (§ 131 Abs. 2 OWiG). Die §§ 77 ff StGB gelten entsprechend (Mitsch MK Rdn. 7). Im Jugendstrafrecht gelten die §§ 77 ff uneingeschränkt (§ 2 Abs. 2 JGG). 18 17
Antragsberechtigte
§ 77 Antragsberechtigte 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Greger/Weingarten § 77 https://doi.org/10.1515/9783110491302-028
(1) Ist die Tat nur auf Antrag verfolgbar, so kann, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Verletzte den Antrag stellen. (2) Stirbt der Verletzte, so geht sein Antragsrecht in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, auf den Ehegatten, den Lebenspartner und die Kinder über. Hat der Verletzte weder einen Ehegatten, oder einen Lebenspartner noch Kinder hinterlassen oder sind sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben, so geht das Antragsrecht auf die Eltern und, wenn auch sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben sind, auf die Geschwister und die Enkel über. Ist ein Angehöriger an der Tat beteiligt oder ist seine Verwandtschaft erloschen, so scheidet er bei dem Übergang des Antragsrechts aus. Das Antragsrecht geht nicht über, wenn die Verfolgung dem erklärten Willen des Verletzten widerspricht. (3) Ist der Antragsberechtigte geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so können der gesetzliche Vertreter in den persönlichen Angelegenheiten und derjenige, dem die Sorge für die Person des Antragsberechtigten zusteht, den Antrag stellen. (4) Sind mehrere antragsberechtigt, so kann jeder den Antrag selbständig stellen. Schrifttum S. die Angaben zu den Vorbemerkungen.
Entstehungsgeschichte S. Vor § 77. Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG; Absatz 2 Satz 3 geändert durch Art. 6 Nr. 2 AdoptionsG vom 2.6.1976 (BGBl. I S. 1749). Absatz 3 Satz 2 (Antragsmündigkeit beschränkt geschäftsfähiger Volljähriger) gestrichen durch Art. 7 § 34 Betreuungsgesetz vom 12.9.1990 (BGBl. I S. 2002). Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 erweitert durch Art. 3 § 32 Nr. 2a, b Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266).
I.
II.
Übersicht Umfang des Antragserfordernisses; Wirkung der Antragstellung | 1 1. Gesetzestechnische Regelung | 1 2. Mehrheit von Personen | 2 3. Relative Antragsdelikte | 3 4. Verfahren nach Antragstellung | 5 Der Strafantrag | 6 1. Zur Entgegennahme zuständige Organe | 6
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2.
3.
a) Polizei | 7 b) Staatsanwaltschaft | 9 c) Gericht | 10 Förmlichkeiten | 11 a) Schriftform | 11 b) Erklärung zu Protokoll | 12 Inhaltliche Anforderungen | 13 a) Äußerung des Verfolgungswillens | 13 518
Antragsberechtigte | § 77
Freiheit von Bedingungen | 14 Freiheit von Willensmängeln | 15 4. Gegenstand des Verfolgungswillens | 16 a) Person des Täters | 16 b) Tat | 18 aa) Allgemein | 18 bb) Beschränkbarkeit | 19 cc) Inhaltliche Anforderung | 20 Zeitpunkt der Entstehung des Antragsrechts | 22 Antragsberechtigte | 23 1. Der Verletzte | 23 a) Begriff. des Verletzten | 23 b) Verletzter bei einzelnen Delikten | 25 c) Beginn und Ende der Verletzteneigenschaft | 36 2. Andere Antragsberechtigte | 37 Ausübung des Strafantragsrechts | 38 1. Selbstausübung | 38 a) Juristische Personen | 39 b) Behörden | 40 c) Parteien, Gewerkschaften | 41 b) c)
III. IV.
V.
d) Vermögensverwalter | 42 Stellvertretung | 43 a) Gesetzliche Vertretung (Absatz 3) | 43 aa) Volljährige | 44 bb) Über 18 Jahre alte Ausländer | 45 cc) Minderjährige | 46 dd) Wechsel des Vertreters | 49 ee) Pfleger | 50 b) Gewillkürte Stellvertretung | 51 aa) Formen | 51 bb) Zulässigkeit | 52 cc) Vollmacht | 53 dd) Vollmachtloses Handeln | 54 ee) Erlöschen der Vollmacht | 55 VI. Missbrauch des Antragsrechts | 56 VII. Übergang des Antragsrechts (Absatz 2) | 57 VIII. Mehrheit von Antragsberechtigten (Absatz 4) | 59 IX. Untergang des Antragsrechts | 60 2.
Antragsberechtigte I. Umfang des Antragserfordernisses; Wirkung der Antragstellung 1. Gesetzestechnische Regelung. Die Vorschrift regelt, wer berechtigt ist, den 1 Strafantrag zu stellen, sofern nicht eine spezielle Norm eine Sonderregelung vorsieht, so etwa § 145a S. 2 und § 194 Abs. 2 S. 1. In welchen Fällen überhaupt ein Strafantrag erforderlich ist, ergibt sich nicht aus § 77 StGB, sondern aus den einzelnen Straftatbeständen. Dort muss das Antragserfordernis als Ausnahme zum grundsätzlich von Amts wegen zu verfolgenden Delikt jeweils im Gesetzestext ausdrücklich normiert sein. Sieht der Gesetzestext das Erfordernis des Strafantrags vor, gilt dieses Erfordernis nicht nur für die vollendete, sondern auch für die versuchte Tat, für die Straftatvorbereitung nach § 30 (Kargl NK Rdn. 8; Mitsch MK Rdn. 10) und unbeschadet von Strafschärfungen. Erfasst sind alle Arten von Antragsdelikten, also auch die relativen. Zur Systematik der Antragsdelikte vgl. Vor §§ 77. Ist nach dem Gesetz für die Strafverfolgung ein Strafantrag erforderlich, ist das Vorliegen eines wirksamen Antrags des Berechtigten in jeder Lage des Verfahrens zwingende Verfahrensvoraussetzung; eine Strafverfolgung ohne Antrag ist dann auch nicht in Ausnahmefällen zulässig (Kargl NK Rdn. 7; SSW/Rosenau Rdn. 2, 4; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 2; aA. Mitsch MK Rdn. 9 für den untauglichen Versuch). 2. Mehrheit von Personen. Sind an einer Tat mehrere beteiligt, so bedarf es eines 2 Strafantrags gegen jeden von ihnen (zu den relativen Antragsdelikten vgl. Rdn. 3). Das gilt nicht nur bei Mittätern, sondern auch für Anstifter und Gehilfen (BGHSt 17 157). Gegen wen sich der Strafantrag bei mehreren Beteiligten richtet, ist im Zweifel eine Frage der Auslegung. Für den Tatbestand der Begünstigung gilt die Regelung des § 257 Abs. 4, für die Hehlerei gilt § 259 Abs. 2 und für die Strafvereitelung § 258 Abs. 6. 519
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§ 77 | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
Im Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 gilt folgendes: Ist der Teilnehmer an einem unechten Sonderdelikt ein Außenstehender, gilt § 28 Abs. 2. Die Strafverfolgung des Teilnehmers, der selbst nicht Amtsträger ist, richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften. Es bedarf eines gegen ihn gerichteten Strafantrages, sofern das Grunddelikt eine Antragsstraftat ist. Stiftet etwa ein Außenstehender einen Amtsträger zu einer Körperverletzung im Amt (§ 340) an, so bedarf es für die Strafverfolgung des Amtsträgers keines Strafantrags (§ 340 Abs. 3), wohl aber gilt § 230 für die Strafverfolgung des Anstifters (BGH NJW 1955 720; Grünwald Gedächtnisschrift Armin Kaufmann S. 555, 565; Fischer § 340 Rdn. 7; umfassend Küper ZStW 104 [1992] 559, 577; aA Lilie LK § 340 Rdn. 19; Cortes Rosa ZStW 90 [1978] 413, 434; ). Richtet sich die Tat gegen mehrere Opfer, so ist jeder Verletzte selbständig antragsberechtigt, Abs. 4.1 3. Relative Antragsdelikte (vgl. Vor §§ 77). Begründet bei den relativen Antragsdelikten eine persönliche Beziehung des Täters zum Verletzten das Antragserfordernis (z.B. § 247), so ist dieses für jeden Beteiligten gesondert und selbstständig zu bestimmen. Es kann mithin für den Teilnehmer zu bejahen, für den Täter oder einen Mittäter zu verneinen sein.2 Andererseits kann der Teilnehmer, bei dem die Angehörigeneigenschaft nicht vorliegt, von Amts wegen verfolgt werden, auch wenn der Haupttäter mangels Strafantrag nicht verfolgbar ist. Die hier vorausgesetzte persönliche Beziehung muss zur Zeit der Tat vorgelegen haben; ob sie vorher oder danach bestanden hat, ist gleichgültig.3 Die erforderlichen Feststellungen sind von Amts wegen zu treffen (BGHSt 7 245; BGH NStZ 1985 407; RGSt 72 324, 325). Richtet sich die Tat gegen Angehörige und Nichtangehörige zugleich (die gestohlene 4 Sache gehört einem Angehörigen und einem Fremden), so ist sie grundsätzlich ohne Antrag verfolgbar, die Strafverfolgung umfasst dann die gesamte historische Tat. Ein Irrtum des Täters über die tatsächlichen Voraussetzungen des Antragserfordernisses ist unbeachtlich (BGHSt 18 123). 3
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4. Verfahren nach Antragstellung. Stellt der Berechtigte den erforderlichen Strafantrag, so ist damit der Weg zum regulären Ermittlungs- und Strafverfahren eröffnet. Schon vor Stellung des Strafantrags sind Ermittlungen bei drohendem Beweismittelverlust zulässig, vgl. auch § 127 Abs. 3 und § 130 (Griesbaum KK § 158 Rdn. 33). Wird das Verfahren bereits wegen des Verdachts eines Offizialdelikts betrieben, erfährt es eine Erweiterung um den Tatbestand des Antragsdelikts. Stellen nicht alle Berechtigten den Antrag, darf bei der Bemessung der Schuld dennoch grundsätzlich auf den Gesamtschadensumfang abgestellt werden. Denn maßgeblich ist die Schuld des Täters, zumal anerkannt ist, dass bei der Strafzumessung sogar eine wegen Fehlens des Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung, allerdings mit geringerem Gewicht, berücksichtigt werden darf (BGH NJW 2001 1874, 1876; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 9, 12). Bei teilbaren Unrechtsfolgen wie etwa mehreren Verletzten bei einer Körperverletzung ist die Strafverfolgung auf die Verletzung des Antragstellers beschränkt (RGSt 72 44; OLG Hamburg MDR 1981 71; Mitsch MK Rdn. 37; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 11; Wolter SK Rdn. 4). Die Staatsanwaltschaft ist auch hinsichtlich des Antragsdelikts dem Legalitätsprinzip
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1 BGHSt 17 157; RGSt 59 197, 200; 72 44; OLG Frankfurt/M. JR 1991 390 m. Anm. Hilger; Kargl NK Rdn. 5; Mitsch MK Rdn. 5; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 11; Wolter SK Rdn. 4. 2 RGSt 25 176; Fischer § 247 Rdn. 5; Maurach/Schroeder/Maiwald I § 33 IV Rdn. 137; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3. 3 BGHSt 29 54, 56; RGSt 72 324, 325; OLG Celle JR 1986 385 m. Anm. Stree; OLG Hamm NJW 1986 734; OLG Koblenz NJW 1958 2027, 2028; Fischer Vor § 77 Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3.
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unterworfen, das Gericht zur umfassenden Kognition verpflichtet. Für die Anklageerhebung bei Privatklagedelikten ist § 376 StPO zu beachten. Ist der Strafantrag rechtswirksam gestellt, führt ein nachträglicher Wegfall des Verletzten nicht zur Einstellung des Verfahrens. Der einmal wirksam gestellte Strafantrag hat den Weg zum Verfahren endgültig eröffnet. Er verliert seine Wirkung auch nicht durch den Tod des Antragstellers oder die Auflösung der durch die Straftat verletzten juristischen Person. Der Strafantrag des unberechtigten Nichtverletzten ist unwirksam, eine Heilung durch eine nachträgliche Genehmigung des Berechtigten nicht möglich (Mitsch MK Rdn. 1). II. Der Strafantrag 1. Zur Entgegennahme zuständige Organe. Bei dem Strafantrag handelt es sich um eine Willenserklärung, in der der Erklärende der Strafverfolgungsbehörde gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er wünsche eine Strafverfolgung möglicher Taten zu seinem Nachteil (BGH GA 1957 17; BGH NJW 1992 2167; BGH NStZ 1995 353). Er unterscheidet sich damit begrifflich von der Strafanzeige, die den Ermittlungsbehörden einen Tatverdacht mitteilt, die von jedermann angebracht werden kann und nicht notwendig einen Verfolgungswillen zum Ausdruck bringt, sondern sich in einer Anregung zur Prüfung einer möglichen Strafverfolgung erschöpfen kann (Griesbaum KK § 158 Rdn. 2; Maurach/Gössel/Zipf § 74 II Rdn. 5). Ob eine bloße Strafanzeige erstattet oder ein förmlicher Strafantrag gestellt wird, ist im Zweifelsfall eine Frage der Auslegung (BGHSt 33 116). Bei verbleibenden Zweifeln an der rechtzeitigen Stellung eines wirksamen Strafantrags ist in dubio pro reo von einer fehlenden Prozessvoraussetzung auszugehen und das Verfahren einzustellen (BGHSt 22 93; BGH StV 1984 509). Die Zuständigkeit zur Entgegennahme des Strafantrags ist in § 158 Abs. 1 und 2 StPO geregelt. Taugliche Adressaten sind danach ausschließlich die Staatsanwaltschaft, Behörden und Beamte des Polizeidienstes und die Amtsgerichte, ohne dass es auf deren örtliche Zuständigkeit im Einzelfall ankommen würde (Griesbaum KK § 158 Rdn. 39, 40; Wohlers SK-StPO § 158 Rdn. 49). Soweit § 158 Abs. 2 StPO von anderen Behörden spricht, bezieht sich die Begrifflichkeit auf die Polizeibehörden nach Abs. 1 (Erb LR § 158 Rdn. 45). Ein bei einer außerhalb von Abs. 1 liegenden Behörde angebrachter Antrag wird erst wirksam, wenn er einer nach § 158 Abs. 1 StPO zuständigen Stelle – fristgerecht – im Original (Plöd KMR § 158 Rdn. 26) zugeht. a) Behörden des Polizeidienstes sind diejenigen Behörden, die nach den Polizei- 7 gesetzen der Länder mit allgemeinen und sicherheitspolizeilichen Aufgaben betraut sind.4 Dazu zählen nach der hier vertretenen weiten Auslegung auch polizeiliche Sonderbehörden wie das Landeskriminamt oder die Bundespolizei unbeschadet ihrer sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit. Die vormals vertretene Meinung, die für die Fristwahrung die Entgegennahme durch den Polizeibeamten außerhalb der Behörde als nicht ausreichend erachtete (so auch RGSt 39 358, 359; Griesbaum KK § 158 Rdn. 41; Erb LR § 158 Rdn. 45; Wohlers SK-StPO § 158 Rdn. 48; Schmid Vorauflage LK Rdn. 7), ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 158 Abs. 1 StPO nicht aufrechtzuhalten. Der Polizeibeamte ist auch außerhalb der Amtsräume kraft seines Amtes legitimiert, einen Strafantrag fristwahrend etwa im Rahmen einer Vernehmung entgegenzunehmen, so dass es in diesem Fall auf den Zugang bei ihm, nicht auf die vom Antragsteller im Übrigen nicht kon-
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RGSt 48 274, 275; 67 125, 128; Griesbaum KK § 158 Rdn. 41; Erb LR § 158 Rdn. 26; Plöd KMR § 158 Rdn. 25.
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§ 77 | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
trollierbare und vom Beamten in der Regel auch nicht dokumentierte Weiterreichung an die Behörde ankommt, zumal es sich bei der Antragsfrist um eine Ausschlussfrist handelt. Keine Polizeibehörden im Sinne der Vorschrift stellen Ordnungsämter, Verfassungsschutzämter (BayObLGSt 1957 52), Nachrichtendienste und Ministerien (BayObLGSt 1957 52; Schulz NJW 1977 480) dar. Auch bei einer deutschen Auslandsvertretung kann ein Strafantrag nicht fristwahrend gestellt werden. 8 Ausländische Behörden können einen Antrag auf Strafverfolgung durch die deutsche Justiz ebenfalls nicht fristwahrend entgegennehmen (vgl. RGSt 27 161; BayObLG NJW 1973 1631; Erb LR § 158 Rdn. 42). Nach Art. 11 Abs. 2 UA 1, 2 des Rahmenbeschlusses des Rates der Europ. Union vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren (2001/220/JI) haben die Mitgliedsstaaten jedoch zu gewährleisten, das das Opfer einer in einem anderen Mitgliedsstaat begangenen Straftat unter bestimmten Voraussetzungen bei den zuständigen Behörden seines Wohnsitzstaates Anzeige erstatten kann und dass die Anzeige bei Nichtverfolgung im Wohnsitzstaat unverzüglich an die zuständige Behörde des Mitgliedstaates weiterzuleiten ist. Der Umsetzung der Vorschrift dient § 158 Abs. 3 StPO. Geht der schriftliche Antrag noch innerhalb der Strafantragsfrist bei der deutschen Behörde ein, wird er in diesem Moment rechtswirksam. Grundsätzlich ist aber derjenige, der in Deutschland Strafverfolgung wünscht, gehalten, sich unmittelbar zeitnah an die hiesigen Strafverfolgungsorgane zu wenden. Wurde bei einer im Ausland begangenen Tat, deren Verfolgung durch einen dort erforderlichen und gestellten Strafantrag im Ausland bereits eingeleitet worden war, das Verfahren später hierher abgegeben, ist ein gesonderter Strafantrag in Deutschland nicht mehr erforderlich (RGSt 44 433, 434; wohl auch OLG Stuttgart Justiz 1966 16 m. Anm. A. Mayer; Erb LR § 158 Rdn. 42). Polizeiorgane der Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik gehören, da es sich nicht um deutsche Behörden handelt, ebenfalls nicht zu den Polizeibehörden nach § 158 StPO (OLG Koblenz OLGSt StPO § 158 S. 1). 9
b) Staatsanwaltschaft ist jede Staatsanwaltschaft beim Landgericht und jede Generalstaatsanwaltschaft (BayObLGSt 1957 52) ohne Rücksicht auf die örtliche oder sachliche Zuständigkeit (Erb LR § 158 Rdn. 41). Auch der Generalbundesanwalt ist, da er Ermittlungsaufgaben hat, geeigneter Empfänger eines Strafantrags (vgl. § 142a Abs. 1 GVG). Ist die Staatsanwaltschaft oder ein einzelner Staatsanwalt der Verletzte, kann der Staatsanwalt den Antrag bei sich selbst durch Niederlegung in den Akten anbringen (RGSt 4 264, 266). Die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft bleibt auch dann noch bestehen, wenn das Verfahren bereits bei Gericht anhängig ist (RGSt 68 120, 124; anders bei der Rücknahme, vgl. § 77d Rdn. 3).
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c) Zuständiges Gericht ist nach § 158 Abs. 1 StPO stets das Amtsgericht. Ist das Verfahren bereits bei Gericht anhängig, so ist auch das mit der Sache befasste Gericht zuständig, einschließlich der Revisionsinstanz (BGHSt 3 73; 6 157; Erb LR § 158 Rdn. 43), da sich der Antragsteller in diesem Fall nicht an das mit dem Fall nicht vertraute Amtsgericht verweisen lassen muss.
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2. Förmlichkeiten. Die notwendige Form des Strafantrags ergibt sich aus § 158 Abs. 2 StPO. Bei Polizeibehörden ist er schriftlich zu stellen, sonst schriftlich oder zu Protokoll. Die Formvorschrift soll der Rechtssicherheit dienen (KG NStZ 1990 144; BayObLG NStZ 1997 453; Griesbaum KK § 158 Rdn. 33; Wohlers SK-StPO § 158 Rdn. 32), indem der Antragsteller und dessen Intention eindeutig fixiert sind. Ein mündlich gestellter Antrag genügt entgegen der missverständlichen Formulierung in § 158 Abs. 1 StPO nicht, da Abs. 2 diesbezüglich eine Sondervorschrift darstellt (BGH NJW 1971 903). Zum Zugang Greger/Weingarten
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bei schriftlicher Antragstellung § 77b Rdn. 4. Für Nichtsprachkundige sieht § 158 Abs. 4 StPO nunmehr die Pflicht zur Unterstützung bei der Verständigung vor. Bei Gesamtvertretung genügt es, dass einer der Vertreter eine schriftliche Erklärung abgibt und die übrigen mündlich zustimmen (BGH MDR 1957 52; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 34/35). a) Schriftform. Welche Anforderungen an die Schriftlichkeit nach § 158 StPO zu 11a stellen sind, ist umstritten. Die Vorschrift des § 126 BGB gilt im Prozessrecht jedenfalls weder unmittelbar noch entsprechend. Das Strafprozessrecht sieht zur Einhaltung der Schriftform nicht zwingend eine handschriftliche oder gar eigenhändige Unterschrift vor (GmS-OGB BGHZ 75 340 ff für Schriftsätze von Behörden; BVerfG NJW 2002 3534 f). Entscheidend ist, welcher Grad von Formenstrenge nach den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften sinnvoll zu fordern ist (BVerfGE 15 288 ff). Gemessen daran ist der Formvorschrift der Schriftlichkeit in § 158 StPO Genüge getan, wenn aus dem Schriftstück zweifelsfrei ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt und wenn feststeht, dass es sich nicht um einen bloßen Entwurf handelt; ein eigenhändiges Abfassen oder eine eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich (Kargl NK Rn. 49; Sch/Schröder/ Bosch Rdn. 36). Generell ist auch eine Unterzeichnung nicht zwingend eine Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. BGH NStZ 2002 558 für die Einlegung der Revision; GmS-OGB BGHZ 144 160 ff für bestimmende Schriftsätze; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2008 – III 5 Ss 198/08–84/08 I; RGSt 3 442; 62 53, 54; Gercke/Julius/Temming- Zöller StPO § 158 Rdn. 16; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36; Wohlers SK-StPO § 158 Rdn. 52; aA und Unterschrift für erforderlich haltend: BGH StraFo 2017 338; KG NStZ 1990 144; Griesbaum KK § 158 Rdn. 45; Meyer-Goßner/Schmitt § 158 Rdn. 11). Die Unterzeichnung eines von Dritten gefertigten Schreibens ist ohne weiteres zulässig (BGH NJW 1951 368; RGSt 2 253, 255; 48 274, 275) ebenso wie eine Unterschrift mit dem Namen des Vertretenen (RGSt 6 69; 62 53, 54; RG Rspr. 2 625, 626) oder eine Unterschrift des Vertreters (Wolter SK Rn. 11). Ebenfalls formgerecht ist ein Faksimile-Stempel (OLG Hamm StRR 2015 42; RGSt 62 53, 54), nicht aber der bloße Firmenstempel ohne individualisierbares Handzeichen (OLG Celle GA 1971 378; KG NStZ 1990 144), da die Person des Erklärenden zweifelsfrei erkennbar sein muss; ausreichend sind ferner ein den Urheber bezeichnendes Telegramm (RG GA 1917 116; vgl. auch BGHSt 30 64, 69; 31 7, 8; Kargl NK Rdn. 49), eine E-Mail (Fischer Rdn. 23; Kargl NK Rdn. 49; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36), ein Fernschreiben (vgl. BGHSt 31 7, 9), der Telebrief (vgl. BGHR StPO § 341 Schriftform 1; BGHZ 87 83; OLG Koblenz NStZ 1984 236), die Übermittlung per Telefax (BGHR StPO § 341 Frist 1) sowie das Computerfax (GmS-OBG BGHZ 144 160) und das blanco unterschriebene Formblatt (Griesbaum KK § 158 Rdn. 45). § 32a StPO regelt die Einreichung des Antrags als elektronisches Dokument. Erfolgt die Antragstellung bei der Polizei, gilt folgendes: Unwirksam ist die bloße telefonische Antragstellung (BGH NJW 1971 903; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36), auch wenn der Beamte darüber einen Aktenvermerk aufnimmt, weil die Person des Urhebers nicht zuverlässig feststellbar ist. Fertigt der Beamte lediglich Notizen über ein Gespräch, die er später in eigenen Formulierungen niederlegt, ist die Schriftform nicht gewahrt (Erb LR § 158 Rdn. 48). Ein polizeiliches Protokoll ist nach § 158 Abs. 2 StPO für die Stellung des Strafantrags ebenfalls nicht vorgesehen (BGH StraFo 2017 338). Ist die vom Beamten gefertigte Erklärung oder das Vernehmungsprotokoll aber vom Antragsteller unterzeichnet, liegt ein ordnungsgemäßer schriftlicher Antrag vor (BGH NJW 1951 368; BGHR StGB § 77 I Form 1; NStZ 1995 353; OLG Düsseldorf MDR 1986 165; RGSt 48 274, 275; Erb LR § 158 Rdn. 48; Griesbaum KK § 158 Rdn. 45; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36). In Ausnahmefällen kann in Abgrenzung zu der reinen, bei der Polizeibehörde unzulässigen Protokollierung (siehe § 158 Abs. 2 StPO; Rdn. 12) eine Vertretung des Verletzten durch den unter523
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zeichnenden Polizeibeamten vorliegen. Die Rechtsprechung dazu ist uneinheitlich. Zur Abgrenzung zwischen der nichtformwahrenden Protokollierung durch den Polizeibeamten und der formwahrenden Vertretung ist darauf abzustellen, ob der Beamte lediglich die Erklärung des Verletzten aufnimmt und deren Abgabe bestätigt, oder ob der Beamte nach Bevollmächtigung durch den Verletzten eine eigene Erklärung abgibt. Letzteres kann angenommen werden, wenn der Antrag zunächst auf Tonband aufgenommen wird und der aufnehmende Polizeibeamte die Übertragung für den Antragsteller unterzeichnet.5 Wirksam als Strafantrag ist aus diesem Grunde auch der von einem Polizeibeamten unterzeichnete Vermerk über die Äußerung eines der deutschen Sprache nicht mächtigen Ausländers, dass er Strafverfolgung wünsche (OLG Hamm MDR 1990 847); der Beamte verfährt in einem solchen Falle ebenfalls als Vertreter (so auch OLG Düsseldorf NJW 1982 2566; aA BayObLG NStZ 1994 86 wohl aufgrund des Zusatzes „bestätigt“; Meyer-Goßner/Schmitt § 158 Rdn.11; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36). Strafanträge von Behörden können mit einem Beglaubigungsvermerk versehen ohne Unterschrift eingereicht werden.6 Für die Fristwahrung reicht zur Wahrung der gebotenen Rechtssicherheit die Einreichung einer beglaubigten Abschrift (Wolter SK Rdn. 20 mwN; a.A RGSt 48 274; Griesbaum KK § 158 Rdn. 42; Meyer-Goßner/Schmitt § 158 Rdn 11) wie auch einer beglaubigten Ablichtung (Griesbaum KK § 158 Rdn. 43), nicht jedoch eine einfache Kopie aus (Erb LR § 158 Rdn. 45). Die frühere Differenzierung der Rechtsprechung zu den Beglaubigungsfällen (vgl. RGSt 71 358, 359; BayObLGSt 1957 52; Erb LR Rdn. 45 mwN; MeyerGoßner/Schmitt § 158 Rdn. 11; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36) wirkt mit Blick auf die modernen Medien nicht mehr zeitgemäß und ist überholt. Von der Frage der Form der Strafantragserklärung zu unterscheiden ist die Frage der Formbedürftigkeit der Vollmacht; diese ist formfrei, kann mündlich erteilt und auch noch nach Ablauf der Frist nachgewiesen werden (Erb LR § 158 Rdn. 49). 12
b) Zu Protokoll kann der Berechtigte den Strafantrag bei der Geschäftsstelle des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft erklären (§ 158 Abs. 2 StPO). Bei der Polizei ist die Stellung eines Strafantrags zu Protokoll nach § 158 Abs. 2 StPO nicht zulässig, zu den Fallgestaltungen bei der polizeilichen Aufnahme vgl. oben Rdn. 11. Auch der Richter oder Staatsanwalt darf die Erklärung beurkunden. In der Hauptverhandlung wird die Form durch Aufnahme des Antrags in die Sitzungsniederschrift gewahrt (RGSt 38 39, 41 f; Erb LR § 158 Rdn. 51). Das Protokoll braucht nicht verlesen (RGSt 12 173, 175) und vom Antragsteller nicht unterzeichnet (RGSt 2 253, 254; 12 173, 175; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36) zu werden. Inwieweit ein bloßer Aktenvermerk über die Stellung des Strafantrags die Form wahrt, ist eine Frage des Einzelfalls; erfüllt die mittels des Vermerks formulierte Erklärung die inhaltlichen Anforderungen an den Strafantrag und lässt sie den Erklärenden und den Aufnehmenden hinreichend erkennen, ist die Bezeichnung „Vermerk“ unschädlich (im Erg. auch auch Griesbaum KK § 158 Rdn. 46; Erb LR § 158 Rdn. 51; aA Sch/Schröder/Bosch Rdn. 37). 3. Inhaltliche Anforderungen
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a) Äußerung des Verfolgungswillens. Inhaltlich muss die Erklärung das ernsthafte Verlangen nach Strafverfolgung enthalten (BGHSt 13 363; BGH NJW 1991 370; BGH
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5 BayOblG NStZ 1997 453; Griesbaum KK § 158 Rdn. 45; Riegel NJW 1973 495; Meyer-Goßner/Schmitt § 158 Rdn. 11; ; aA Gercke/Julius/Temming-Zöller § 158 Rdn. 16; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 36. 6 OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2008 – III 5 Ss 198/08–84/08 I; BGH NStZ 2002 558; RGSt 72 387, 388; KG GA 1953 123;
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NJW 1992 2167; BGH NStZ 1995 353; KG NStZ-RR 2008 198). Für ein Strafverfolgungsverlangen reicht auch das Ziel der Unterbringung des Täters (RGSt 71 321). Ob das schriftliche Begehren als formeller Strafantrag zu werten ist, ist von Amts wegen und in jeder Lage des Verfahrens freibeweislich zu klären. Bleiben danach Zweifel, ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass kein wirksamer Strafantrag vorliegt (BGHSt 22 90; Erb LR § 158 Rdn. 39; SSW/Rosenau Rdn. 6). Der Verfolgungswille braucht nicht ausdrücklich erklärt zu sein; insbesondere bedarf es nicht des Gebrauchs des Wortes Strafantrag. Vielmehr genügt es, dass der Verfolgungswille sich der Urkunde durch Auslegung entnehmen lässt; dazu dürfen auch außerhalb der Erklärung liegende Umstände wie etwa eine nachträgliche Befragung des Antragsstellers verwertet werden.7 Als unbeachtlich erweist sich jedoch der „hypothetische Parteiwille“ (BGH NJW 1953 1152; NStZ 1985 407; BGH bei Holtz MDR 1977 637); beachtlich ist allein der wirkliche Wille zum Zeitpunkt der Antragstellung. So wird namentlich in der Strafanzeige regelmäßig zugleich ein Strafantrag liegen (BGH NStZ 1995 353; BGHR StGB § 77 I Form 1; RGSt 76 335; RG Rspr. 1 614, 617; OLG Düsseldorf MDR 1986 165; Stree MDR 1956 723), auch wenn sie nachträglich ergänzt wird (BGH NJW 1992 2167); anders aber z.B. bei nur beiläufiger Erwähnung des Antragsdelikts in einer wegen anderer Vorfälle erstatteten Anzeige (BGH GA 1957 17, 18) oder bei einer bloßen Vermisstenmeldung (BGHR StPO § 158 II Formerfordernis 2). Steht eine Vielzahl von Tatvorwürfen wegen Antrags- und Offizialdelikten im Raum, so soll die Erklärung des Verletzten, die Sache verfolgt zu wünschen, aus Gründen der Rechtssicherheit auf ein konkretes Antragsdelikt beziehbar sein, ansonsten kann es diesbezüglich an einem wirksamen Strafantrag fehlen (zu eng jedoch BGH NStZ-RR 2017 251). Ein umfassender Verfolgungswille ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch anzunehmen, wenn der Verletzte ein Offizialdelikt anzeigt, das mit einem Antragsdelikt im Verhältnis der Tateinheit steht.8 Ebenso liegt in der Abgabe eines Vorgangs an die Staatsanwaltschaft durch eine Behörde regelmäßig ein Strafantrag (RGSt 19 378, 380). Im Anschluss als Nebenkläger (BGHSt 33 114, 116; BGHR StGB § 77 I Form 1; RGSt 38 39, 41; RG Rspr. 10 606), im Plädoyer des Nebenklägers in der Hauptverhandlung (RGSt 38 39, 41; RG Rspr. 1 614, 617), in der Erhebung der Privatklage (RGSt 8 207, 208) und der Widerklage (RGSt 29 116, 117) ist der Strafantrag wesensmäßig eingeschlossen. Dagegen liegt in der Vernehmung des Opfers als Zeuge allein kein Strafantrag (OLG Braunschweig OLGSt n.F. § 158 StPO Nr. 1); ebenso wenig genügt die Einreichung des Entwurfs einer Privatklage (LG Bonn MDR 1965 766), eines Antrags auf Anberaumung einer Sühneverhandlung oder eines Gesuchs um Prozesskostenhilfe. Nicht ausreichend ist ferner die bloße Abgabe einer allgemeinen Vertretungsanzeige durch einen vom Antragsberechtigten bestellten Rechtsanwalt (OLG Düsseldorf VRS 92, 331) oder die Einleitung eines Verfahrens durch einen Staatsanwalt (Kargl Rdn. 9; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 38; aA BGH NStZ 2004 33). Kein Strafantrag ist schließlich auch die Bitte um Prüfung, „ob“ sich eine bestimmte Person strafbar gemacht habe (OLG Stuttgart NStZ 1981 184), die Anregung an den Dienstvorgesetzten, Strafantrag zu stellen (BayObLGSt 1964 154, 155; s. auch RGSt 67 125, 127) und die Anzeige mit dem erklärten Vorbehalt, den Strafantrag noch stellen zu wollen (anders RGSt 12 173, 174).
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7 BGH wistra 1991 99, 100; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 10; RGSt 64 106, 107; 75 257, 259; KG JR 1956 351; OLG Braunschweig OLGSt n.F. § 158 StPO Nr. 1; OLG Düsseldorf VRS 71 28, 31; Erb LR § 158 Rdn. 52. 8 BGH NStZ-RR 2010, 53; BGH NJW 1951 368; BGH GA 1957 17; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 10; RG Rspr. 3 130; anders im Einzelfall BGHSt 19 377, 378; OLG Köln NJW 1965 408; OLG Stuttgart NStZ 1981 184; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 38.
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b) Freiheit von Bedingungen. Die Erklärung, die Straftat verfolgt zu wünschen, muss unbedingt sein (RGSt 14 96, 97). Unschädlich ist jedoch, wenn der Antragsteller sein Begehren lediglich mit Ereignissen verknüpft, die sich schon zugetragen haben, aber vielleicht noch nicht festgestellt sind. So verhält es sich mit der Erklärung, es werde Strafantrag gestellt, sofern der Beschuldigte sich strafbar gemacht habe (RGSt 14 96, 99) oder die Bestrafung wegen eines Offizialdelikts nicht möglich ist (Bergmann MDR 1954 660; unrichtig OLG Oldenburg MDR 1954 55). Ebenso unschädlich sind Zusätze wie „falls erforderlich“, „für alle Fälle“, meist auch „vorsorglich“ (BGH NJW 1951 531; 1961 1412; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 9, vgl. auch BGHSt 5 183 und BGHSt 25 187). Keine Bedingung und rechtlich unbeachtlich ist ferner die Ankündigung, den Strafantrag unter gewissen Voraussetzungen zurücknehmen zu wollen (RGSt 3 89, 91). Macht der Antragsteller das Wirksamwerden seines Antrags hingegen vom Eintritt eines künftigen ungewissen Ereignisses abhängig, so stellt er ihn unter eine aufschiebende Bedingung. Ein solcher Strafantrag ist unwirksam,9 er wird auch nicht wirksam, wenn die Bedingung noch in der Antragsfrist eintritt.10 Zeigt jedoch der Antragsteller nachfolgend den Bedingungseintritt innerhalb der Antragsfrist unter Aufrechterhaltung seines (ehedem unzulässigen) Antrags an, so stellt er damit einen nunmehr unbedingten und damit wirksamen Strafantrag (Fischer Rdn. 26; SSW/Rosenau Rdn. 31). Ist ein Strafantrag wirksam gestellt, kann der Fortgang des Verfahrens vom Antragsteller aus Gründen der Rechtssicherheit ebenfalls nicht an Bedingungen geknüpft werden, entsprechende Maßgaben für das Wirksambleiben des Antrags sind unbeachtlich,11 sofern nicht bereits von vornherein Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Verfolgungswillens begründet sind.
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c) Freiheit von Willensmängeln. Willensmängel des Antragstellers sind, soweit die Natur des Strafantrags als Verfahrenshandlung dies zulässt, beachtlich. Ein Irrtum in der Erklärung macht den Strafantrag daher unwirksam (RGSt 23 273), nicht hingegen ein Motivirrtum (Stree NJW 1956 454). Eine Anfechtung ist ausgeschlossen. 4. Gegenstand des Verfolgungswillens
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a) Personen. Die Benennung der Person, die verfolgt werden soll, ist für die Wirksamkeit des Antrags nicht notwendig. Im Zweifel ist von einem gegen sämtliche Beteiligte gerichteten Verfolgungswillen des Antragstellers auszugehen.12 Dies gilt selbst dann, wenn erst nach Antragstellung weitere Täter oder Teilnehmer in das angezeigte Geschehen in strafrechtlich relevanter Weise eingreifen (OLG Düsseldorf NJW 1982 2680; Blei AT § 110 II 2; Kargl NK Rdn. 52; Wolter SK Rdn. 23), sowie alle Nebentäter, die denselben Erfolg vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben (RGSt 49 432, 433; 74 185, 188; Kargl NK Rdn. 52; aA Fincke Der Täter neben dem Täter, GA 1975 161, 174). Begünstiger und Hehler werden jedoch nicht ohne weiteres erfasst (RGSt 74 185, 188; Kargl NK Rdn. 52), weil insoweit eine selbständige Tat vorliegt (Rdn. 18).
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9 RGSt 14 96, 97; Brähmer S. 126; Erb LR § 158 Rdn. 38; Fischer Rdn. 26; Kargl NK Rdn. 51; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 41; Wolter SK Rdn. 24; vgl. auch RGSt 54 288; 74 185, 188. Wohl ebenso Schmid Bedingte Prozesshandlungen im Strafprozeß? GA 1982 95, 102. 10 Kargl NK Rdn. 51; diff. Wolter SK Rdn. 24. 11 RGSt 14 96, 97; Erb LR § 158 StPO Rdn. 38; Fischer Rdn. 26; Kargl NK Rdn. 51; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 41; aA – Wirksamkeit der Bedingung – Griesbaum KK § 158 Rdn. 52; Wolter SK Rdn. 24; noch anders (Unwirksamkeit des Antrags) Schmid Bedingte Prozesshandlungen im Strafprozeß? GA 1982 95, 102, 105. 12 RGSt 6 212, 213; OLG Köln StraFo 2004 245; Jescheck/Weigend § 85 I 4; Griesbaum KK § 158 Rdn. 49; Meyer-Goßner/Schmitt Rdn. 19.
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Eine Beschränkung auf bestimmte Personen ist zulässig (BGHSt 17 157; BGHSt 19 17 320; RGSt 77 181, 183; Kargl NK Rdn. 52), dann ist die Strafverfolgung nur gegen denjenigen zulässig, gegen den der Antrag sich richtet. Ob der Antrag beschränkt wurde, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln (BGH bei Holtz MDR 1977 637). So wird der Antragsteller im Zweifel nur die Verfolgung einer bestimmten Person wünschen, wenn er im Antrag in Kenntnis einer Tätermehrheit nur einen von mehreren Tatverdächtigen ausdrücklich benennt (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 14). Bezeichnet er irrtümlich eine falsche Person, liegt darin im Zweifel keine Beschränkung auf diese (RGSt 7 35, 36; SSW/Rosenau Rdn. 29). Hält er aber allein eine bestimmte Person für schuldig, die er deshalb verfolgt wissen will, ist Strafantrag nur gegen diese Person gestellt (OLG Saarbrücken VRS 30 40, 42). Kommen als Tatbeteiligte nahe Angehörige in Betracht, so soll nach verbreiteter Meinung anzunehmen sein, dass sich der Verfolgungswille des Verletzten im Zweifel nicht auf sie erstrecke.13 Davon ist jedoch mit Blick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit nicht ohne weiteres auszugehen. Auch in diesem Fall ist die Erklärung nach dem Erklärungsinhalt auszulegen (BGH bei Dallinger MDR 1974 13; differenzierend auch Kargl NK Rdn. 52), im Zweifel ist von einer umfassend gewünschten Strafverfolgung auszugehen. Dem Antragsteller steht es frei, seinen Antrag bezogen auf seinen Angehörigen zurück zu nehmen. b) Tat aa) Allgemein. Ein Strafantrag muss sich auf eine bestimmte Tat, also ein bestimm- 18 tes strafrechtlich subsumierbares Geschehen i.S. der §§ 155, 264 StPO beziehen.14 Welcher geschichtliche Vorgang, welches Verhalten und welche Personen vom Strafantrag erfasst werden sollen, ist zunächst anhand der schriftlichen Erklärung nebst der Begleitumstände zu ermitteln. Bei der Beurteilung, auf welchen Vorgang sich das Verfolgungsbegehren bezieht, können auch außerhalb der schriftlichen Erklärung liegende Umstände herangezogen werden (BGHSt 37 191 ff). Erfasst wird im Zweifel die gesamte Tat im Sinne des § 264 StPO (SSW/Rosenau Rdn. 30). Die Person des Verdächtigen muss noch nicht feststehen, daher ist der Antrag gegen unbekannt unbedenklich zulässig. Auch dass der Antragsteller nur einen Verdacht hegt, ist unschädlich (BGHSt 13 363, 364; RGSt 38 434, 435; 51 63). Eine rechtliche Einordnung des Antragstellers ist nicht von Nöten (Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 39), erfolgt sie, ist sie unverbindlich (BGH bei Dallinger MDR 1974 546; BGHSt 6 156; RGSt 65 358; OLG Hamm NStZ-RR 2012 308; Wolter SK Rdn. 22). Der vom Antragsteller angezeigte Vorgang ist grundsätzlich unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu würdigen,15 es sei denn, der Antrag wurde vom Antragsteller beschränkt oder der Antragsteller verfügt mangels Verletzteneigenschaft bezüglich bestimmter Delikte nicht über eine Antragsberechtigung (BGH Beschluss vom 17. Feb. 2011 – 3 StR 477/ 10).
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13 RGSt 7 35, 36; 31 168, 169, 171; 75 257, 258; Erb LR § 158 Rdn. 37; Griesbaum KK § 158 Rdn. 50; SSW/Rosenau Rdn. 29; Sch/Schröder/Stree/Sternberg-Lieben/Bosch Rdn. 40; Stree MDR 1956 723; Stree In dubio pro reo S. 61; Wolter SK Rdn. 23. 14 BGH StraFo 2017 338, 339; BGHSt 33 114; BGH NJW 1951 368; BGHSt 22 80; BGH VRS 34 423; BGH wistra 1991 99; RGSt 5 97, 99; 31 168, 169; 49 432, 433; 62 83, 89; KG JR 1956 351; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 39; Dallmeyer BeckOK § 77 StGB Rdn. 9; a.A. Wolter SK Rdn. 22. 15 BGHSt 6 155, 156; 33 114, 116; BGH NJW 1951 368; BGH GA 1964 377; BGH VRS 34 423; RGSt 6 212, 213; 65 354, 357; RG Rspr. 3 130; RG HRR 1939 Nr. 1436; RG DJ 1936 774; BayObLG VRS 79 149; NJW 1993 2760, 2761; KG JW 1933 1902; OLG Stuttgart NStZ 1981 184; Kargl NK Rdn. 53.
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§ 77 | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
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bb) Sachliche Beschränkbarkeit. Bei mehreren selbstständigen Taten im Sinne von § 264 StPO steht es dem Antragsteller frei, den Antrag nur auf einen Sachverhalt zu beziehen. Aber auch innerhalb einer Tat darf er den Antrag auf einzelne Straftaten und Straftatbestände beschränken. Dies gilt ohne weiteres bei in Tatmehrheit verwirklichten Delikten. Es gilt in gleicher Weise jedoch auch für einzelne Gesetzesverletzungen bei Tateinheit (Kargl NK Rdn. 53; SSW/Rosenau Rdn. 30; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 43; Wolter SK Rdn. 22), so für die gleichartige Idealkonkurrenz 16 und für die natürliche Handlungseinheit.17 Der Antragsteller kann daher bestimmte Rechtsverletzungen aus einem komplexen Vorgang herausgreifen und isoliert der strafrechtlichen Ahndung zuführen, so einzelne von mehreren in demselben Schriftstück enthaltene Beleidigungen (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 9; RGSt 24 12, 14; aA OLG Koblenz NJW 1956 1729; n. 43), soweit sie abtrennbar sind (Erb LR § 158 Rdn. 37). Möglich ist es dem Antragsteller ferner, den Antrag nur wegen vorsätzlich begangener Tat zu stellen und die fahrlässige Begehung auszunehmen (BGH VRS 34 423).
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cc) Inhaltliche Anforderung. Eine Beschränkung braucht zwar nicht ausdrücklich erklärt zu sein, sie muss sich dem Antrag aber zweifelsfrei entnehmen lassen. Anderenfalls umfasst er die ganze Tat im prozessualen Sinne.18 Die bloße Hervorhebung einzelner tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte stellt noch keine Antragsbeschränkung dar (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 9). Entscheidend ist auch hier der Strafverfolgungswille des Berechtigten. Bringt der Antragsteller mehrere Taten zur Anzeige, bezieht sich der Strafantrag im Zweifel auf sämtliche Rechtsverletzungen (zu eng BGH NStZ-RR 2017 251). III. Zeitpunkt der Entstehung des Antragsrechts
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Das Antragsrecht besteht jedenfalls mit dem Beginn der rechtswidrigen Handlung (RGSt 38 39, 40; RGSt 40 319, 320; 45 128, 129; 58 203, 204); wer im Sinne der Antragsberechtigung als Verletzter anzusehen ist, bestimmt sich nach der Tatzeit (BGHSt 29 55). Eine später eintretende Veränderung der Umstände berührt diese nicht (Wolter SK Rdn. 3). Fallen die die Verletzteneigenschaft begründenden Umstände nachträglich weg, ist dies somit unschädlich. Im Falle einer Übertragung des Rechts ist für die Frage der Berechtigtenstellung stets der Zeitpunkt der Tat maßgeblich. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Strafantrag gestellt werden kann. Das Gesetz verhält sich dazu nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Strafantrag in Ausnahmefällen rechtswirksam auch vor der Begehung der Tat gestellt werden, wenn ihr Eintritt alsbald zu erwarten ist und wenn sie genau identifizierbar bezeichnet werden kann.19 Rein vorsorglich kann der Antrag jedoch nicht gestellt werden (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 45; Ott StV 1982 46).
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16 RGSt 62 83, 88; 74 203, 205; RG HRR 1939 Nr. 1436; OLG Stuttgart NStZ 1981 184; Fischer Rdn. 29; aA Bloy S. 118. 17 RG DStR 1936 101; OLG Frankfurt/M. NJW 1952 1388; s. auch BGHSt 33 114, 116; aA für die rechtliche Bewertungseinheit Sch/Schröder/Bosch Rdn. 43. 18 BGHSt 33 114, 116; BGH VRS 34 423; BGHR StGB § 77 I Form 1; OLG Hamm NStZ-RR 2012 308; BayObLG NJW 1993 2760, 2761; KG JR 1956 351; Erb LR § 158 Rdn. 37; Wohlers SK-StPO § 158 Rdn. 56. 19 BGHSt 13 363; RG GA 1913 438; BayObLG NJW 1966 942; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1980 171; LG Berlin StV 1985 239; ebenso Fischer § 77b Rdn. 2; Griesbaum KK § 158 StPO Rdn. 38; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 45; Wolter SK Rdn. 22 ; aA Geerds G A 1982 237, 242 Fn. 20; Maurach/Gössel/Zipf § 74 II Rdn. 19; Ott StV 1982 45; Roxin Strafverfahrensrecht § 12 B II 1 Rdn 9; Schroth NStZ 1982 1; Schmid LK12 Rdn. 22).
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Antragsberechtigte | § 77
IV. Antragsberechtigte 1. Der Verletzte a) Begriff. des Verletzten. Zum Strafantrag berechtigt ist zunächst der Verletzte 23 (Absatz 1), bei mehreren Verletzten jeder von ihnen eigenständig (Absatz 4). Wer dies im Einzelnen ist, richtet sich nach der Natur des jeweiligen Straftatbestandes. Der in der StPO an mehreren Stellen verwandte Verletztenbegriff. ist aufgrund dessen gesonderten Regelungsgehalts nicht maßgebend (vgl. §§ 22, 61, 172 StPO, Jung ZStW 93 [1981] 1147, 1148 ff). Verletzter im Sinne des Absatzes 1 ist der Träger des durch den verwirklichten Tatbestand unmittelbar geschützten Rechtsguts, das heißt derjenige, in dessen Rechtskreis der Täter durch die verbotene Handlung eingegriffen hat (BGHSt 31 210; BGHSt 7 245, 246; RGSt 38 6, 7; RGSt 68 305) oder beim Versuch eingreifen wollte. Für die Bestimmung des Antragsberechtigten ist daher stets die Frage zu klären, welches Rechtsgut der verletzte Straftatbestand schützt (Mitsch MK Rdn. 6). Maßgeblich für die Beurteilung der Verletzteneigenschaft ist strikt der Zeitpunkt der Tat (Kargl NK Rdn. 29; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10; Wolter SK Rdn. 3). Eine spätere Übertragung des Bezugsobjekts transferiert daher das Antragsrecht nicht auf den neuen Rechtsinhaber (RGSt 71 137, 138; Mitsch MK Rdn. 12; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10; Wolter SK Rdn. 3), dieses verbleibt vielmehr beim ursprünglichen Rechtsinhaber. Eine spätere Änderung der persönlichen Beziehung zwischen Täter und Opfer lässt die zum Zeitpunkt der Tat entstandene Antragsberechtigung nicht in Wegfall geraten (Wolter SK Rdn. 3). Eine nur mittelbare Betroffenheit durch die Straftat begründet die Verletzteneigenschaft nicht (Kargl NK Rdn. 4). Stirbt der Verletzte nach der Beendigung der Tat, geht das Antragsrecht gemäß Abs. 2 unbeschadet der Erbfolge nur dann auf eine andere Person über, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Ansonsten geht es unter. Den Erben des Opfers eines Familiendiebstahls kommt daher weder ein eigenes noch ein abgeleitetes Antragsrecht zu (BGH NStZ-RR 2017 211). Diese Entscheidung bestätigt den Grundsatz, dass eine nur mittelbare Schädigung durch die Straftat keine Antragsberechtigung begründet (Mitsch MK Rdn. 7; ähnlich Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10 mit Beispielsfällen aus der zu weitgehenden älteren Rspr.; vgl. auch Kargl NK Rdn. 5). Verletzter kann auch eine juristische Person sein. Das Antragsrecht wird in diesem Fall von dem für die Vertretung nach außen zuständigen Organ ausgeübt (Mitsch MK Rdn. 5; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 14). Bei der Schädigung einer juristischen Person des Wirtschaftslebens ist in der Regel nur die juristische Person selbst, nicht aber deren Geschäftsführer, Gesellschafter oder Aktionär als Verletzter anzusehen (vgl. OLG Frankfurt NJW 2011 691 ff m.w.N.; zum Ausnahmefall einer Durchgriffsschädigung BGH NJW 2003 2924). Selbst ein nicht rechtfähiger Verein kann antragsberechtigt sein (OLG Düsseldorf MDR 1979 692; Kargl NK Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10), wie eine politische Partei (BGH NStZ 1982 508). Steht das Recht mehreren nach Bruchteilen oder zur gesamten Hand zu, so ist jeder von ihnen verletzt und selbständig antragsberechtigt (RGSt 10 210, 212; 41 103; 41 377, 378). Beim Versuch ist Verletzter, wem der Angriff. galt (BGHSt 7 245, 246; Mitsch MK 24 Rdn. 8 ff; Kargl NK Rdn. 6 f; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10), bei einem Gefährdungsdelikt der Gefährdete (BGH VRS 13 362). Bei der strafbaren Vorbereitung nach § 30 ist Verletzter derjenige, gegen den sich die Tat richten soll (Kargl NK Rdn. 8; Mitsch MK Rdn. 10); im Falle einer aberratio ictus sind sowohl das getroffene Opfer wie auch das beabsichtigte Opfer antragsberechtigt (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10), bei einem error in persona lediglich das getroffene (Kargl NK Rdn. 3; Mitsch MK Rdn. 4). 529
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b) Verletzter bei einzelnen Delikten. Beleidigung (§ 194). Verletzt ist der Beleidigte. Wird eine Personenmehrheit unter einer Kollektivbezeichnung beleidigt, ist jeder Betroffene selbst und eigenständig antragsberechtigt (Abs. IV; BGHSt 14 48, 50; Fischer Vor. §§ 185 Rdn. 9 ff). Wird eine Personengemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit angegriffen wie etwa eine juristische Person des privaten Rechts (AG Pforzheim NStZ-RR 2003 203), ein nicht rechtsfähiger Verein mit sozial anerkannter Aufgabenstellung (BGHSt 6 186; krit. Fischer Vor. §§ 185 Rdn. 12 f, 15), eine Behörde (BVerfGE 93 266, 291; BVerfG NJW 1992 2815; BGHZ 176 175; BGHSt 36 83, 88; krit. Fischer JZ 1990 68, 73) oder die Bundesregierung (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 5), besteht die Möglichkeit, dass der Personenverband als solches durch das vertretungsberechtigte Organ einen Strafantrag stellt (vgl. § 194 Abs. 3 S. 2). Wird ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder des Landes oder eine politische Körperschaft außerhalb einer Behörde beleidigt, tritt nach § 194 Abs. IV die Ermächtigung an die Stelle des Strafantrags. Diese ersetzt nicht den Strafantrag wegen Beleidigung einzelner Mitglieder (KG JR 1980 290). Wird die Bundesregierung, die weder Behörde noch Körperschaft ist, beleidigt, bedarf der Strafantrag eines Regierungsbeschlusses (BGH Entscheidung vom 16.1.1962 – 1 StR 532/61). Für die Bundeswehr übt das Antragsrecht der Bundesminister der Verteidigung aus (OLG Hamm NZWehrR 1977 70). Betrug (§ 263 Abs. 4, §§ 247, 248a) und Computerbetrug (§ 263a). Verletzt ist der Geschädigte, nicht der Getäuschte (BGHSt 7 245, 246; RGSt 72 324, 325; 74 167, 169; Fischer § 263 Rdn. 228; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10). Im Unterhaltsprozess des nichtehelichen Kindes gegen den Erzeuger ist dies das Kind (BGH NStZ 1985 407). Computerstraftaten (§§ 202a, b und d, 263a, 303a, b). Das Ausspähen, Abfangen und Hehlen von Daten (§§ 202a ff.) verletzt den über die Daten Verfügungsberechtigten (Fischer § 205 Rdn. 2). Die Datenveränderung (§ 303a) und die Computersabotage (§ 303b) verletzen den Nutzungsberechtigten, im Fall des § 303b auch den Inhaber der Datenverarbeitung (Fischer § 303c Rdn. 6). 26 Diebstahl (§§ 247, 248a). § 247 ist nur dann anwendbar, wenn zu allen in ihrem Eigentum oder Gewahrsam Verletzten eine der in § 247 genannten Beziehungen besteht (spez. Näheverhältnis; BGH Beschluss vom 6.7.1999 – 4 StR 57/99; Vogel LK § 247 Rdn. 6). Steht entweder der Eigentümer oder der Gewahrsamsinhaber außerhalb einer solchen Beziehung, ist die Tat von Amts wegen zu verfolgen (Mitsch MK Rdn. 6; Vogel LK § 247 Rdn. 6 m.w.N.). Beim Diebstahl ist neben dem Eigentümer auch der Gewahrsamsinhaber antragsberechtigt.20 Die Gegenauffassung, die nur den Eigentümer als antragsberechtigt betrachtet, setzt zu Unrecht die Antragsbefugnis mit der Rechtsträgerschaft gleich. Entziehung Minderjähriger (§ 235) Antragsberechtigt ist, wessen Sorgerecht durch 27 die Tat beeinträchtigt wird, zudem der Minderjährige selbst (Fischer § 235 Rdn. 21). Exhibitionistische Handlungen (§ 183). Verletzt ist der Belästigte. Die Vorschriften zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimnisbe28 reichs (§§ 201 ff). Die Verletzung des privaten Geheimbereichs ist nicht einheitlich zu beurteilen. Der Schutz der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201) dient jedem, dessen Wort aufgenommen oder abgehört wird; im Falle eines Gesprächs ist daher jeder Gesprächsteilnehmer antragsberechtigt, nicht aber der inhaltlich Betroffene.21 Rechtswidrige Bildaufnahmen (§ 201a) verletzten jede der abgebildeten Personen. Die Verletzung des
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20 BGHSt 10 400, 401; BGH bei Dallinger MDR 1955 143; RGSt 4 346, 348; 10 210, 211; 19 378, 379; RG Rspr. 8 703; RG DR 1943 513; Mitsch MK Rdn. 6; Vogel LK § 247 Rdn. 16 m.w.N.; diff. Fischer § 247 Rdn. 3; aA Kargl NK Rdn. 12; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10. 21 Fischer § 205 Rdn. 2.
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Antragsberechtigte | § 77
Briefgeheimnisses (§ 202) betrifft den zur Tatzeit Verfügungsberechtigten.22 Postalisch beförderte Briefe gehören bis zum Zugang dem Absender, danach auch bei unrichtiger Auslieferung an Dritte dem Empfänger (RG GA 1914 339, 340; RG LZ 1916 Sp. 1269; RGZ 94 1, 3). Die Post als Beförderungsunternehmen ist nicht antragsberechtigt; die ihren inneren Betrieb betreffenden Taten sind in § 206 als Offizialdelikte erfasst. Die Offenbarung und Verwertung von Privatgeheimnissen (§§ 203, 204) verletzt den, dessen Sphäre das Geheimnis entstammt, den Träger des Geheimnisses.23 Streitig ist, ob daneben antragsberechtigt auch derjenige ist, der einem Schweigepflichtigen ein Drittgeheimnis anvertraut hat, sei es auch nur im Rahmen einer der in den §§ 203, 204 vorausgesetzten Vertrauensbeziehungen.24 Das Merkmal des „Anvertrauens“ ist indessen zur Abgrenzung des Kreises der Antragsberechtigten ungeeignet, weil der Schweigepflichtige nicht nur anvertraute, sondern auch sonst ihm beruflich bekannt gewordene Tatsachen geheim halten muss. Hiervon ausgehend wäre auch dem Arbeitgeber ein Strafantragsrecht einzuräumen, der dem plaudernden Arzt die für die Untersuchung eines Bediensteten erforderlichen Angaben gemacht hat. Ebenso müsste dem Arzt ein Strafantragsrecht gegenüber seiner Gehilfin zustehen, welche die Krankengeschichte eines prominenten Patienten verkauft. Eine derart weite Zielrichtung hat § 205 aber nicht. Maßgebend ist vielmehr, dass es um Geheimnisse intimster Art gehen kann, über deren Erörterung in einer Gerichtsverhandlung allein der Betroffene befinden darf. Unbeschadet des Streits um das geschützte Rechtsgut (und die Einwilligungsberechtigung) ist das Antragsrecht deshalb auf den Geheimnisträger zu begrenzen. Ebenso liegt es bei der Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355). Hausfriedensbruch (§ 123). Verletzt ist der Inhaber des Hausrechts. Das kann der Eigentümer sein, auch wenn er einen Raum zu vorübergehendem Gebrauch anderen überlassen hat (RGSt 61 33, 35). Ferner kommt dafür namentlich der Mieter und der sonst Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigte in Betracht (RGSt 1 306). Maßgebend ist insoweit der rechtsgeschäftliche Besitztitel (RGSt 11 53, 55; OLG Brandenburg NJW 2002 693). Körperverletzung (§ 230). Antragsberechtigt ist der Misshandelte (RGSt 1 370, 371; 24 427, 428). Kraftfahrzeuggebrauch (§ 248b). Der unbefugte Kraftfahrzeuggebrauch verletzt den Eigentümer sowie den auf Grund persönlichen oder dinglichen Rechts zur Nutzung Berechtigten (dazu BGH VRS 39 199; aA Kargl NK Rdn. 18). Ein wegen Sachbeschädigung gestellter Strafantrag kann genügen (BGH VRS 34 423). Nachstellung (§ 238). Verletzter ist der Verfolgte. Pfandkehr (§ 289). Berechtigt zum Strafantrag ist die Person, deren Rechtsausübung vereitelt wird (Fischer § 290 Rdn. 8 und § 288 Rdn. 15). Im Falle der Insolvenz des Gläubigers kann der Insolvenzverwalter Strafantrag stellen (RGSt 23 221; 33 433; 35 149), aber nicht gegen den Gemeinschuldner (RG JW 1911 509). Ebenso ist der Zwangsverwalter zum Strafantrag befugt, wenn der Mieter das gesetzliche Vermieterpfandrecht beeinträchtigt (RGSt 23 344). Der Gerichtsvollzieher hat kein Antragsrecht (RG JW 1929 2429). Sachbeschädigung (§ 303). Die Sachbeschädigung verletzt denjenigen, der ein unmittelbares dingliches oder obligatorisches Recht an der beeinträchtigten Sache hat
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22 Fischer § 205 Rdn. 2. 23 BGH NStZ-RR 2013 110; BGHSt 48 28; BGHR StGB § 77 Abs. 1 Verletzter 1; BGH NJW 1953 1878; Arians in Oehler Der strafrechtliche Schutz des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft sowie in Österreich und der Schweiz, Bd. 2 (1978) S. 397; Fischer § 205 Rdn. 2; vgl. auch OLG Hamm NStZ 1986 327. 24 RGSt 13 60, 62; s. ferner Hackel Drittgeheimnisse innerhalb der ärztlichen Schweigepflicht, NJW 1969 2257; aA Fischer § 205 Rdn. 2 m.w.N.
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(Fischer § 303c Rdn. 3; SSW/Rosenau Rdn. 12; einschränkend auf den Eigentümer Kargl NK Rdn. 21; Wolter SK Rdn. 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10), sei es als Eigentümer (BGH NStZ 1982 508; OLG Stuttgart Justiz 1976 437), als Käufer nach Gefahrübergang (BayObLG NJW 1963 1464; Reichel DJZ 1922 175), als Unternehmer eines Werkvertrages vor Gefahrübergang (RGSt 63 76, 77) oder als sonstiger Berechtigter (vgl. auch BGHSt 10 400). Ein nur ideelles Interesse genügt aber nicht. Sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182). Verletzter ist der Jugendliche. Unterschlagung (§ 247). Verletzt ist der Eigentümer (RGSt 49 194, 198; Fischer § 247 33 Rdn. 3). Untreue (§ 266 Abs. 2). Die Untreue richtet sich gegen den Inhaber des zu betreuenden Vermögens, der daher Verletzter und antragsberechtigt ist. Bei einer Personenhandelsgesellschaft ist jeder Gesellschafter Inhaber des Gesellschaftsvermögens. Sind mehrere Angehörige beteiligt, so kann § 266 Abs. 2 mit § 247 eingreifen, wenn ein Gesellschafter dem anderen Untreue zum Nachteil der Gesellschaft vorwirft (BGH wistra 1987 218; 1989 264, 266). Bei der Schädigung einer GmbH gilt folgendes: Neben den Gesellschaftern einer GmbH kann auch die GmbH selbst Verletzte sein, sofern durch die Entnahmen eine konkrete Existenzgefährdung für die Gesellschaft entsteht (BGH NStZ-RR 2007 79; BGH NStZ-RR 2005 86; BGHSt 35 333, 336 f; BGH NJW 2003 2924, 2926). Fällt die Gesellschaft in Insolvenz, geht die Antragsberechtigung auf den Insolvenzverwalter über (OLG Celle NJW 2007 3795 mwN; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 27; aA OLG Frankfurt NStZ 2007 587). Bei Strohmannbeteiligungen ist der Strohmann als formeller Rechtsträger, aber auch der Hintermann als der wirklich Verletzte antragsberechtigt; im umgekehrten Falle, bei von ihnen verübten Taten, werden auch beide zur Verantwortung gezogen. 34 Vereiteln der Zwangsvollstreckung (§ 288). Die Straftat verletzt den Gläubiger, von dem eine konkrete Zwangsvollstreckung droht (Fischer § 288 Rdn. 15). Die bloße Eigenschaft als Grundpfandgläubiger verschafft daher noch kein Antragsrecht (RGSt 17 42, 45; RG JW 1911 509). Der titulierte Anspruch muss auch sachlich begründet, also nicht etwa bereits erfüllt sein (RG JW 1937 1336; RG LZ 1926 Sp. 491). Einwendungen, die nicht im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend gemacht werden können, stehen aber auch der Geltendmachung des Strafantragsrechts nicht entgegen. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299). Verletzte sind alle Mitbewer35 ber sowie der Geschäftsherr (BGHSt 31 207; RGSt 76 335, 336; Fischer § 301 Rdn. 4), nicht aber der Kunde. Nach § 301 Abs. 2 sind desweiteren Verbände und Kammern antragsberechtigt. Wilderei (§ 294). Jagd- und Fischwilderei verletzen das Aneignungsrecht des Jagdund des Jagdausübungsberechtigten sowie der Fischereiberechtigten. Diese Personen sind antragsbefugt (RG JW 1932 1589; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1961 37), nicht dagegen der Grundstückseigentümer in dieser Eigenschaft (RGSt 4 158) oder der Jagdgast. Richtet sich die Tat gegen mehrere Verletzte, ist § 294 nur dann einschlägig, wenn sich das Angehörigenverhältnis auf alle Verletzte bezieht (Fischer § 294 Rdn. 3). 36
c) Beginn und Ende der Verletzteneigenschaft. Die die Eigenschaft als Verletzter begründenden Umstände (z.B. die Eigentümerstellung bei § 247) müssen im Tatzeitpunkt vorliegen (RGSt 41 377, 380; vgl auch Rdn. 23). Verlangt das Antragserfordernis zugleich eine besondere persönliche Beziehung des Täters zum Opfer (Rdn. 3), muss diese zur Tatzeit vorliegen. Ein Verein, der sich als verletzt betrachtet, muss demgemäß bestanden haben (RGSt 46 324). Je nach Rechtsnatur des Delikts muss er auch spätestens während der Tatausführung die Rechtsfähigkeit erlangt haben (RGSt 49 66). Der Inhaber eines Schutzrechts Greger/Weingarten
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kann Strafantrag nur wegen der Verletzungshandlungen stellen, die nach dem Erwerb des Rechts liegen (RGSt 43 335, 336). Der Insolvenzverwalter wahrt hingegen Rechte der Masse und damit des Gemeinschuldners, er braucht deshalb im Tatzeitpunkt noch nicht bestellt gewesen zu sein (RGSt 35 149). Gesellschaften bestehen bis zur endgültigen Auflösung (Rdn. 28). Ein Wegfall der die Verletzteneigenschaft begründenden Umstände nach der Tat berührt die einmal zur Entstehung gelangte Antragsberechtigung nicht. Der Eigentümer einer beschädigten Sache, der Inhaber eines Schutzrechts sind auch nach der Veräußerung des beschädigten oder verletzten Gegenstands berechtigt, Strafantrag stellen. Dasselbe Recht hat der Mieter nach dem Auszug aus der Wohnung wegen der während der Mietzeit begangenen Taten (RGSt 71 137). Der neue Rechtsinhaber ist zum Strafantrag wegen der nach seinem Rechtserwerb verübten Verletzungshandlungen befugt (RGSt 29 363, 367; 41 422, 425; 43 335, 336), sofern der Übertragungsakt wirksam ist (RGSt 12 327, 328; 39 15, 17). So steht auch dem Erben das Antragsrecht wegen der nach dem Erbfall begangenen Taten zu (Weber S. 373). Dagegen ist das Strafantragsrecht selbst nicht übertragbar oder vererblich (RGSt 43 335, 336; Härtung NJW 1950 670); es geht lediglich in bestimmten Fällen auf andere Personen über (Rdn. 57). 2. Andere Antragsberechtigte. Soweit das Gesetz es bestimmt, können anstelle 37 oder neben einem Verletzten auch andere Personen oder Institutionen zum Strafantrag berechtigt sein. Derartige Bestimmungen finden sich im StGB in § 194 Abs. 2, 3, § 230 Abs. 2, 301 Abs. 2; § 355 Abs. 3. Für das Strafantragsrecht des Dienstvorgesetzten trifft § 77a besondere Regelungen. Strafantragsrechte von Behörden und Institutionen finden sich in § 145a Satz 2 StGB und im Nebenstrafrecht, insbesondere im Bereich des Datenschutzes (§ 42 Abs. 3 BDSG), im Gesellschaftsrecht (§ 333 HGB, § 404 AktG), im Betriebsverfassungsrecht (§ 119 Abs. 2 BetrVG) und im Wettbewerbsrecht (§ 8 Abs. 3 UWG). So wird im Wettbewerbsrecht auch nach Übernahme der sogenannten Angestelltenbestechung gem. § 12 UWG a.F. in das Kernstrafrecht (§ 299) bestimmten Verbänden und Kammern ein eigenes Strafantragsrecht eingeräumt (§ 301 Abs. 2 i.V. mit § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 4 UWG).25 Entscheidungen zum Antragsrecht sind unter anderem zu den Handwerkskammern (BGHSt 2 396, 400; RGSt 43 44, 46), Ärztekammern (RGSt 35 267, 268; 44 348), Landwirtschaftskammern (RG GA 1913 73) und den sonstigen öffentlich-rechtlichen Berufskammern mit Zwangsmitgliedschaft ergangen (RGSt 43 47; BGHZ 79 392; BGHR[Z] UWG § 13 II Nr. 2 Rechtsanwaltskammern 1; Steuerberaterkammer 1). Im Bereich des Datenschutzes hat der Gesetzgeber den Kreis der antragsberechtigten Personen in § 42 Abs. 3 BDSG geregelt.26 Darüber hinaus ist auch nach Landesrecht den Datenschutzbeauftragten mitunter ein Strafantragsrecht zugebilligt (s. Vor § 77 Rdn. 16). Im Betriebsverfassungsgesetz regelt § 119 Abs. 2 BetrVG das Antragsrecht bestimmter Organe der Betriebsverfassung. Bei Kollegialorganen bedarf es dazu eines ordnungsgemäß gefassten Beschlusses. Die einzelnen Organmitglieder sind demgegenüber nicht antragsberechtigt.27 V. Ausübung des Antragsrechts 1. Selbstausübung. Grundsätzlich muss der Antragsberechtigte den Antrag selbst 38 stellen. Eine Vertretung ist in bestimmten Fällen zulässig.
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Fischer § 301 Rdn. 4; Ullmann/Seichter jurisPK-UWG § 8 Rdn. 163 ff. Plath/Becker DSGVO/BDSG § 42 Rdn. 7. BayObLGSt 1980 64, 65; OLG Stuttgart NStZ 1989 31.
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a) Juristische Personen handeln durch ihre nach Gesetz oder Satzung berufenen Organe unabhängig vom Wechsel der Mitglieder (RGSt 58 202; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 14). Bei dem rechtsfähigen Verein ist dies nach § 26 BGB der Vorstand (RGSt 42 216; 58 202), bei der GmbH nach § 35 Abs. 1 GmbHG der Geschäftsführer (BGHSt 6 186, 187; KG NStZ 1990 144; OLG Koblenz OLGSt § 77 StGB S. 1), nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur der Insolvenzverwalter (KG HRR 1935 Nr. 773). Die AG handelt nach § 78 Abs. 1 AktG ebenfalls durch den Vorstand (RGSt 47 338, 339), eine öffentlich-rechtliche Körperschaft durch den nach der Satzung dazu Bestellten (RGSt 35 267; 43 44, 46; 70 140, 141), eine Gemeinde entsprechend den Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnung (RGSt 24 179; 68 305; BayObLGSt 1953 185; s. auch Rdn. 29, 32). Der danach Berechtigte kann die Ausübung des Antragsrechts mittels Geschäftsverteilungs- und Zeichnungsregelungen weiter delegieren (RGSt 41 195; RGSt 67 47, 49; OLG Karlsruhe OLGSt 1 zu § 303 StGB; OLG Celle NStZ 1981 223; OLG Köln NVwZ 1982 582). Nach den jeweiligen Vorschriften beurteilt es sich auch, ob Einzel- oder Gesamtvertretung stattfindet. Da Gesamthandsgemeinschaften und Bruchteilsgemeinschaften keine juristischen Personen sind, handelt hier der einzelne Gemeinschafter als Rechtsträger und Verletzter (BGH wistra 1987 218; 1989 264, 266; RGSt 10 210, 212; 41 103), so auch bei einer in Liquidation befindlichen OHG (RGSt 41 377 gegen RGSt 28 275, 277).
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b) Die Handlungsmacht für Behörden ist häufig rechtssatzmäßig festgelegt; anderenfalls ist im Rahmen der Behördenzuständigkeit – auch der örtlichen (RGSt 19 378, 381) – der Leiter zur Antragstellung berufen (RG GA 1917 116; OLG Celle NStZ 1981 223; für Beleidigungen s. § 194 Abs. 3 Satz 2; Dau NJW 1988 2650, 2655); er kann die Ausübung des Rechts kraft seiner Organisationsmacht delegieren (OLG Köln NVwZ 1982 582 – Sachbearbeiter des Rechtsamts). Bei Gesamtvertretung können die Gesamtvertreter einen von ihnen zur Antragstellung bevollmächtigen (BayObLGSt 1955 225, 229; BayObLG JW 1925 2796). Der Behördenleiter kann intern an die Beschlussfassung eines Kollegialorgans gebunden sein; rechtlich beachtlich ist auch hier aber nur seine Willensäußerung (RGSt 24 179; 41 195; 57 143). Lässt er sich vertreten, so ist der Vertretungsgrund nicht nachzuprüfen (RGSt 57 143, 144; RG HRR 1926 Nr. 100). Handelt ein Staatsorgan wie die Bundesregierung hingegen durch Beschlussfassung, muss ein entsprechender Beschluss vorliegen; der Kanzler führt ihn lediglich aus (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 5; für die Reichsregierung RG HRR 1925 Nr. 1393). Zeichnet ein Beamter den Strafantrag „Im Auftrag“, so handelt er für die Behörde, nicht für den Leiter persönlich (RGSt 21 231, 233; RG HRR 1926 Nr. 100). Eine Pflicht zur Stellung eines Strafantrags besteht auch für eine Behörde nicht (Erb LR § 158 Rdn. 4; a.A. Sch/Schröder/Bosch Rdn. 44).
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c) Parteien. Gewerkschaften. Für die Unterorganisation einer Partei handelt im Rahmen der Satzung der Vorsitzende (BGH NStZ 1982 508; OLG Stuttgart Justiz 1976 437). Eine Gewerkschaft wird ebenfalls durch ihre satzungsgemäßen Organe, nicht durch bloße Verwaltungs- oder Außenstellen repräsentiert (BayObLGSt 1980 64, 65).
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d) Je nach Aufgabenkreis und verletztem Rechtsgut können auch bestellte Vermögensverwalter kraft ihres Amtes aus eigenem Recht ein eigenes Strafantragsrecht haben. Dies gilt etwa für den Insolvenzverwalter, der zwar selbst nicht Verletzter ist, der die auf ihn übergegangene Verfügungsmacht (§ 80 Abs. 1, § 22 Abs. 1 InsO) jedoch kraft Amtes in eigenem Namen ausübt (OLG Köln DStR 2011 1195; OLG Celle NJW 2007 3795 f; RGSt 33 433; 35 149; Fischer Rdn. 22; unzutreffend insoweit OLG Frankfurt NStZ-RR 2006 342, 343) und der daher auch strafantragsberechtigt ist für die vor seiner Bestellung beGreger/Weingarten
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gangenen Delikte (Jaeger/Windel § 80 Rdn. 242 mwN; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 27), den Zwangsverwalter eines Grundstücks (RGSt 23 344), den Pfleger für unbekannte Erben (RGSt 8 112; abw. – Vertretung – RGZ 106 46, 47), den Testamentsvollstrecker (Wolter SK Rdn. 6). 2. Stellvertretung a) Gesetzliche Vertretung (Absatz 3). Ist der Verletzte geschäftsunfähig (§ 104 43 BGB) oder beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB), vermag er das Antragsrecht nicht selbst auszuüben (BGH NStZ 1981 479; BGH NJW 1994 1165). Dazu ist vielmehr der gesetzliche Vertreter berufen, der nicht aus eigenem Recht tätig wird, sondern allein Befugnisse des Verletzten wahrnimmt und in dessen Namen handelt.28 Wer gesetzlicher Vertreter ist, bestimmt sich nach bürgerlichem Recht. Dieses ist auch maßgebend für die Frage der Geschäftsfähigkeit (RGSt 34 98, 99). Mit dem Tode des Verletzten endet zwangsläufig die gesetzliche Vertretung (RGSt 1 370, 373). Ab diesem Zeitpunkt ist der Vertreter des Verstorbenen nicht mehr berechtigt, einen bis dahin unterlassenen Strafantrag nachzuholen.29 Der vor dem Tod des Verletzten gestellte Strafantrag bleibt wirksam, die Möglichkeit der Rücknahme regelt § 77d Abs. 2. Das Recht zur Antragstellung ist, wie Absatz 2 zeigt, nicht vererbbar (Mitsch MK Rdn. 12). Sieht jedoch das jeweilige Antragsdelikt ausdrücklich einen Übergang des Antragsrechts vor (§ 194 Abs. 1 S. 5, § 205 Abs. 2, § 230 Abs. 1 S. 2 StGB), regelt Absatz 2, auf welche(n) neuen Antragsberechtigten ein Übergang des Antragsrechts des verstorbenen Verletzten stattfindet. aa) Erwachsene sind grundsätzlich mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, also 44 nach § 187 Abs. 2 BGB mit dem Beginn des 18. Geburtstages (RGSt 35 37; 69 378) strafantragsmündig (a.A. im Sinne einer individuellen Betrachtung der Einsichtsfähigkeit Schwarz/Sengbusch NStZ 2006, 673, 677). Gleichgültig ist, wann die Tat begangen wurde (RGSt 69 378, 379). Zu der Antragsmündigkeit von ausländischen Staatsangehörigen siehe unten Rdn. 45. Ist der Volljährige infolge eines in § 104 Nr. 2 BGB bezeichneten Gebrechens vollständig oder bezogen auf die Stellung des Strafantrags partiell geschäftsunfähig und steht er unter Betreuung, gilt folgendes: Ist die Stellung eines Strafantrages vom Aufgabenbereich des Betreuers umfasst, ist der Betreuer nach Abs. 3 als derjenige, dem insoweit die Sorge für den Verletzten zusteht, berechtigt, den Strafantrag zu stellen (BGHSt 59, 278 ff; OLG Hamm wistra 2003, 356; Böhm FamRZ 2014 1827). Er nimmt in diesem Fall als Vertreter im Willen die Befugnis des Betreuten wahr (BGHR StGB § 77 Abs. 3 Antragsrecht 1), ohne dass es insoweit auf den natürlichen Willen des Betreuten ankommen würde (BGHSt 59, 278; krit. Böhm FamRZ 2014 1827; aA SSW/Rosenau Rdn. 23). Ob der Aufgabenbereich des Betreuers im konkreten Fall die Stellung eines Strafantrags erfasst, ist vom Strafgericht im Einzelfall zu prüfen; maßgeblich ist der in der Anordnung der Betreuung zum Ausdruck gebrachte Betreuungsbedarf zum Zeitpunkt der Anordnung; eine explizite Zuweisung der Berechtigung ist daher nicht unbedingt erforderlich (BGHSt
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28 BGHR StGB § 77 III Antragsrecht 1; RGSt 22 256; 24 427, 429; 57 240, 241; Fischer Rdn. 17; Jescheck/Weigend § 85 I 3; Kargl NK Rdn. 39; Mitsch MK Rdn. 11 und 30; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 15, 21; Wolter SK Rdn. 12; aA Coenders GS 83 286, 336 ff. 29 BGHR StGB § 77 III Antragsrecht 1; RGSt 4 145, 147; 57 240, 241; Fischer Rdn. 17; Kargl NK Rdn. 39; Mitsch MK Rdn. 30; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 15.
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59, 278; im Ergebnis auch LG Ravensburg FamRZ 2001, 937; Schwab MK-BGB § 1896 Rdn. 100; zu eng OLG Karlsruhe NStZ-RR 2014, 143; OLG Celle NStZ 2012, 702; OLG Köln wistra 2005, 392; LG Hamburg NStZ 2002, 39). Ist der Betreuer kraft der ihm zugewiesenen Aufgabenbereiche nicht zur Stellung des Strafantrags befugt, hat das Vormundschaftsgericht den Aufgabenbereich unter Beachtung von § 1896 Abs. 2 BGB gegebenenfalls zu erweitern. Im Eilfall sieht § 1846 i.V.m. § 1908i BGB eine Eilkompetenz des Vormundschaftsgerichts vor. Ist eine Betreuung angeordnet, der Betreute jedoch bezogen auf die Stellung des Strafantrags geschäftsfähig, eine verständige Ausübung des Antragsrechts ihm also möglich, ist auch der Betreute selbst, gegebenenfalls je nach Aufgabenkreis neben dem Betreuer, berechtigt, den Strafantrag zu stellen (Fischer Rdn. 19; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 19a). Die Anordnung der Betreuung als solches entzieht dem Betroffenen nicht die Geschäftsfähigkeit. Ist noch keine Betreuung angeordnet, der Verletzte selbst aber bezogen auf die Antragstellung partiell geschäftsunfähig, wird der Fristenlauf gehemmt (vgl. § 77b); auch kommt in Eilfällen die Stellung des Strafantrags durch das Vormundschaftsgericht in Betracht. Wegen der Wirkungen eines Wechsels des Vertreters s. Rdn. 49. 45
bb) Staatsangehörige anderer Staaten. Nach Art. 7 EGBGB bestimmt sich die Geschäftsfähigkeit eines Ausländers, abgesehen von möglichen Rück- oder Weiterverweisungen (Art. 4 EGBGB), nach demjenigen Recht des Staates, dem er angehört. Danach tritt in einigen Ländern wie etwa Algerien, Gambia, Liberia und Burundi und Guinea (Brandenburgisches OLG Beschl. v. 26.April 2016 – 13 UF 40/16) die Volljährigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt ein. Handelt es sich bei der betroffenen Person um einen Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wird nach der aktuellen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes die Bestimmung des Art. 7 EGBGB jedoch verdrängt von Art. 12 GFK. Bei anerkannten Flüchtlingen richtet sich somit das Personalstatut nach deutschem Recht (BGH FamRZ 2018 457 und Dürbeck FamRZ 2018 553 ff) mit der Folge, dass der Flüchtling unbeschadet seines Heimatrechts mit der Vollendung des 18. Lebensjahres einen wirksamen Strafantrag stellen kann. Für die Antragsmündigkeit nicht geflüchteter ausländischer Staatsangehöriger kann letztlich – parallel zur Deliktsfähigkeit – nichts anderes gelten. Dies gilt auch, soweit die Rechtsordnungen fremder Kulturkreise versuchen, die Geschäftsfähigkeit der Frau zu beschränken. Die Antragsmündigkeit von ausländischen Staatsangehörigen muss daher generell den deutschen Bestimmungen über das Volljährigkeitsalter folgen (Kargl NK Rdn. 43). Denn das Strafrecht leitet sich in besonderem Maße aus der nationalen Hoheitsgewalt ab. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn es die Befugnis zum strafrechtlichen Einschreiten fremder Rechtsetzungsgewalt überantworten würde. Damit würde es seiner Verantwortung gegenüber Personen nicht gerecht, die in Deutschland Opfer von Straftaten geworden sind. Deren Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Strafverfolgung im Inland können nicht von ihrer Nationalität, ihrem Wohnsitz oder ihrem Flüchtlingstatus abhängen und je nach der (zivilrechtlichen) Anknüpfung unterschiedlich ausgestaltet sein.
cc) Für Minderjährige sieht Abs. 3 eine Antragsberechtigung für den gesetzlichen Vertreter in den persönlichen Angelegenheiten sowie eine eigene Berechtigung auch für den Personensorgeberechtigten vor. Der Minderjährige selbst ist, da nicht voll geschäftsfähig, nach gefestigter Auffassung nicht antragsberechtigt (Mitsch MK Rdn. 30, 32; aA Schwarz/Sengbusch NStZ 2006 673). Gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen sind bei bestehender Ehe die Eltern 47 gemeinschaftlich (§§ 1626, 1629 BGB). Die gesetzliche Vertretung eines nichtehelichen
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Kindes steht grundsätzlich der Mutter zu (§ 1626a Abs. 3 BGB), es sei denn, es greifen die Ausnahmetatbestände des § 1626a Abs. 1 BGB ein. Hat ein Minderjähriger keine Eltern oder wurde den Eltern die Personensorge entzogen, ist der Vormund (§§ 1773, 1793 BGB) antragsberechtigt, soweit nicht eine Pflegschaft angeordnet ist (§ 1794 BGB). Notfalls handelt auch das Familiengericht selbst (§§ 1666, 1693, 1846 BGB). Nach einer Adoption gelten die §§ 1754, 1755 BGB, für die Zeit des Adoptionsverfahrens gilt § 1751 BGB. Die Eltern müssen den Strafantrag grundsätzlich gemeinsam stellen (BGH FamRZ 1960 197), da sie das Kind gemeinschaftlich vertreten (§ 1629 Abs. 1 S. 2 BGB), es sei denn, ein Elternteil ist alleine sorgeberechtigt (§ 1629 Abs. 1 S. 3) oder der andere tatsächlich verhindert (§ 1678 BGB). Sie müssen jedoch nicht zwingend gemeinsam handeln.30 So genügt es, wenn ein Elternteil mit dem – formfreien – Einverständnis des anderen als Bevollmächtigter handelt; in Abweichung zu dem Grundsatz, dass die vollmachtslose Erklärung nicht genehmigungsfähig ist, soll sogar genügen, dass der andere nachträglich innerhalb der Frist – formfrei – zustimmt (BGHR StPO § 158 Abs. 2 Formerfordernis 4 m.w.N.; OLG Hamm VRS 106, 192; Kargl NK Rdn. 42; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 16; Wolter SK Rdn. 13). Eine nachträgliche Genehmigungsfähigkeit der zunächst ohne Vollmacht abgegebenen Erklärung eines Elternteils ist jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen (vgl. unten Rdn. 54). Ein Elternteil ist ferner alleiniger gesetzlicher Vertreter, wenn das Sorgerecht dem anderen Teil entzogen wird (§§ 1666, 1671 BGB), wenn es ruht (§§ 1673 ff BGB), durch Tod erlischt (§ 1680 BGB) oder wenn ein Elternteil tatsächlich verhindert ist (§ 1678 BGB). Letzteres kann zutreffen bei unbekanntem Aufenthalt (BGH NJW 1967 941, 942), bei längerer Krankenhausbehandlung (BGH bei Dallinger MDR 1972 923) oder Strafverbüßung (RG GA 1908 334). Ungeregelt ist der Fall der rechtlichen Verhinderung. Ein bloßer Interessengegen- 48 satz lässt die Vertretungsbefugnis zunächst einmal unberührt (BGHSt 6 157; Wolter SK Rdn. 15, zu einem Ausnahmefall bei Eltern siehe unten). Sobald jedoch der Vertreter tatverdächtig ist, ist er selbst rechtlich verhindert, Strafantrag zu stellen;31 die fehlende Vertretungsbefugnis folgt aus dem Rechtsgedanken des § 181 BGB. Der Tatverdächtige kann Strafantrag auch nicht gegen Mitbeteiligte stellen, da ihm auch insoweit die Vertretungsbefugnis fehlt. Dies verdeutlichen § 77 Abs. 2 Satz 3 und § 77d Abs. 2 Satz 3. Danach scheiden Tatbeteiligte beim Übergang des Antragsrechts und als Rücknahmeberechtigte nach dem Tod des Antragstellers aus. Dem Tatbeteiligten soll keine Disposition über das Antragsrecht zustehen; der rechtliche Verhinderungsgrund liegt nicht nur bei Täterschaft oder Mittäterschaft vor, sondern auch bei Teilnahme (Bindokat NJW 1955 1863, 1864; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 22), nicht aber bei Begünstigung, Hehlerei und Strafvereitelung (Fischer Rdn. 8 und Kargl NK Rdn. 38 jeweils zu Abs. 2 S. 3; SSW/Rosenau Rdn. 18; Wolter SK Rdn. 15; aA Schmid, Vorauflage, Rdn. 48; Mitsch MK Rdn. 25; Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 22). Ob im Falle der rechtlichen Verhinderung des einen Elternteils wegen eigener Beteiligung der andere Elternteil alleine antragsbefugt ist oder ob ein Pfleger zu bestellen ist, ist streitig. Die Rechtsansicht der Vorauflage, das Antragsrecht übe bei der rechtlichen Verhinderung des einen Elternteils der andere Elternteil alleine aus, wird nicht aufrechterhalten. Vielmehr ist in diesem Fall auch der andere Elternteil
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30 BGH FamRZ 1960 197; OLG Hamm VRS 106 192; OLG Celle NJW 1996 2666; BayObLGSt 1956 8; 1960 266; Boeckmann NJW 1960 1938; H. Lange NJW 1961 1889; 1893; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 16; krit. Kohlhaas NJW 1960 1; JR 1972 326. 31 BGHSt 6 155, 157; RGSt 73 113, 115; RG Rspr. 3 771; BayObLGSt 1956 158, 160; OLG Celle NStZ 2012, 702 für den Betreuer; Bindokat NJW 1955 1863; Kargl NK Rdn. 42; Mitsch MK Rdn. 35; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 22; Wolter SK Rdn. 15 .
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nach dem Rechtsgedanken der § 1795 Abs. 1 Nr. 3, § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB aufgrund des bestehenden Interessenkonfliktes rechtlich an der Ausübung des Antragsrechts verhindert, weil er gegen den Ehegatten vorgehen müsste und daher eine sachgerechte und fristgerechte Handhabung des Antragsrechts nicht sichergestellt wäre.32 Sind beide Elternteile von der Vertretung ausgeschlossen, ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, in Eilfällen kann auch das Vormundschaftsgericht eigenständig tätig werden. 49
dd) Wechsel des Vertreters. Wechselt die Person des gesetzlichen Vertreters, so ist das auf die Rechtslage ohne Einfluss. Der Nachfolger muss alle Handlungen und Unterlassungen seines Vorgängers gegen sich gelten lassen. So tritt der neue Vertreter in die für den früheren laufende Antragsfrist ein; ist sie verstrichen, vermag die Bestellung eines Pflegers daran nichts mehr zu ändern.33 Ebenso wirken Rücknahme und Verzicht endgültig (RGSt 36 64, 65). Der Strafantrag eines Minderjährigen wird nicht allein deshalb wirksam, dass der Minderjährige innerhalb der Strafantragsfrist volljährig geworden ist (BGH NJW 1994 1165). Nach Eintritt der Volljährigkeit kann der Verletzte den unwirksam gestellten Antrag innerhalb der Antragsfrist (§ 77b Rdn. 15) gegenüber der mit der Sache befassten Stelle formfrei billigen und ihm damit zur Wirksamkeit verhelfen. Bloßes Stillschweigen genügt hierfür aber nicht (BGH NJW 1994 1165). Der Eintritt der Volljährigkeit führt nicht dazu, dass eine neue Antragsfrist zu laufen beginnen würde (aA Wolter SK Rdn. 17).
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ee) Pfleger. Ist einem Minderjährigen bezüglich der Personensorge ein Pfleger bestellt (§§ 1909, 1630 Abs. 3 BGB), steht auch diesem im Rahmen des Wirkungskreises der Pflegschaft das Antragsrecht zu. Dieses Recht ist vom Antragsrecht der Eltern unabhängig und läuft mit eigenständiger Frist (Wolter SK Rdn. 14). b) Gewillkürte Stellvertretung
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aa) Formen. Das Recht zum Strafantrag ist höchstpersönlicher Natur. Es ist daher weder übertragbar noch vererblich. Nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift kann es mit dem Tode des Verletzten auf andere Personen übergehen (Absatz 2). Bei der gesetzlich nicht geregelten Frage, ob und inwieweit der Antragsberechtigte bei der Stellung des Strafantrags eine dritte Person einschalten kann, ist zu differenzieren. Weitgehende Übereinstimmung herrscht insoweit, als der Berechtigte seine Erklärung mittels eines Boten übermitteln kann und dass er die von ihm selbst getroffene Entscheidung, Strafantrag zu stellen, mittels eines Vertreters erklären kann (Kargl NK Rdn. 44; Mitsch MK Rdn. 11, 28). Beispiel für den Vertreter in der Erklärung ist der Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Strafanzeige, Privatklage oder Nebenklage hat (Stree NJW 1956 454, 455). Nicht vollkommen geklärt ist die Frage, ob und inwieweit eine Vertretung in der Willensbildung zulässig ist. Im Einzelnen:
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bb) Zulässigkeit. Die Antragstellung mittels eines Boten, der keinerlei eigene Entscheidung trifft und lediglich die schriftliche Erklärung des Berechtigten überbringt, ist unbeschränkt zulässig (RG Rspr. 10 90; Kargl NK Rdn. 44). Da der Bote eine
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32 Hans. OLG Hamburg StraFo 2013 282 ff; OLG Stuttgart Justiz 1999 348 für Nebenklage; BGH NJW 2012 1731, 1734 zu § 1629 BGB; Lange NJW 1961 1894; Stree FamRZ 1956 365; im Erg. auch Kargl NK Rdn. 42 für den Fall der Weigerung; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 22; aA OLG Celle NJW 1996 2666; BayObLG NJW 1956 1608; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 11; SSW/Rosenau Rdn. 22; Wolter SK Rdn. 15. 33 BGHSt 6 155, 157, 159; RGSt 5 190, 192; 24 427, 431; 36 64, 65; RG GA 1909 78.
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fremde Erklärung überbringt, muss diese der Form des § 158 Abs. 2 StPO genügen (Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 26); Antragstellung zu Protokoll scheidet damit aus (Stree NJW 1956 454). Auch die Vertretung in der Erklärung ist nach allgemeiner Ansicht ohne Weiteres statthaft. 34 Mündliche Beauftragung reicht aus (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 26). Daher können Gesamtvertreter dergestalt handeln, dass einer von ihnen den Strafantrag formgerecht stellt, nachdem der andere ihn formlos dazu ermächtigt hat. Praktisch wird dies vor allem für Eltern Minderjähriger,35 aber auch in Fällen organschaftlichen Handelns für Gesellschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts.36 Ob und in welchen Fällen der Berechtigte die Entscheidung, Strafantrag zu stellen, einem Dritten überlassen darf, ist dogmatisch nicht befriedigend geklärt. Die Rechtsprechung wie auch weite Teile der Literatur lassen die sogenannte Vertretung im Willen bei Strafanträgen wegen Verletzung vermögenswerter Rechte zu.37 Anders soll es sich nach verbreiteter Meinung aber bei Strafanträgen verhalten, welche die Verfolgung von Verletzungen höchstpersönlicher Rechtsgüter zum Ziele haben 38 oder sich gegen Angehörige richten,39 wobei auch hier Unterausnahmen gemacht werden (vgl. OLG Hamburg MDR 1981 71 für den Fall der religiösen Verfolgung; für Urheberrechtsverletzungen Weber S. 371; für spezifizierte Ermächtigung Wolter SK Rdn. 18 und Sch/Schröder/Bosch Rdn. 27 sowie Kargl NK Rdn. 45). Dieser dogmatisch nicht befriedigenden Differenzierung ist jedoch entgegenzutreten. Auch wenn das Recht, Strafantrag zu stellen, nicht rechtsgeschäftlich übertragbar ist, besteht kein Anlass, die Zulässigkeit einer Stellvertretung für bestimmte Fallgruppen grundsätzlich von vornherein auszuschließen (im Ergebnis auch BGHSt 9 149 für den Fall der Rücknahme des Strafantrags). Bringt der Berechtigte bereits bei der Bevollmächtigung die Beliebigkeit zum Ausdruck, steht mit der Mißbrauchskontrolle (vgl. Rdn. 56) ein geeignetes Instrument zur Verfügung, die Wirksamkeit des Strafantrages im Einzelfall abzulehnen. cc) Vollmacht. Gewillkürte Stellvertretung setzt eine Vollmacht voraus. Sie muss 53 bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung (RGSt 68 265, str., vgl unten Rdn. 54) wirksam erteilt sein, eine Anscheinsvollmacht scheidet aus Gründen der Rechtssicherheit aus (RGSt 7 4, 7; 12 327, 329; 60 281, 282; Kargl NK Rdn. 46), ebenso eine nachträgliche Genehmigung der vollmachtslosen Antragstellung. Die Vollmacht bedarf keiner be-
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34 BGH LM StGB § 61 a.F. Nr. 2; BGH NStZ 1982 508; RGSt 1 387, 388; 2 145, 148; 58 202; 61 45; OLG Düsseldorf JR 1987 520, 521; OLG Hamburg JR 1983 298; OLG Koblenz OLGSt § 77 StGB S. 1; OLG Stuttgart Justiz 1976 437; Blei AT § 110 II 3; Fischer Rdn. 21; Kargl NK Rdn. 44; Mitsch MK Rdn. 28; Wolter SK Rdn. 11; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 26; Stree NJW 1956 454, 455. 35 BGH JZ 1957 67; BayObLG NJW 1956 521; BayObLGSt 1960 266; OLG Hamm FamRZ 1958 377; Blei AT § 110 II 3; Boeckmann NJW 1960 1938, 1939; Fischer Rdn. 11; Jescheck/Weigend § 85 I 3; H. Lange NJW 1961 1889, 1894; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 16; Wolter SK Rdn. 13. 36 RG HRR 1930 Nr. 566; BayObLGSt 1955 225, 229. 37 BGH NStZ 1985 407; RGSt 35 267, 269; 44 348; 58 202; 68 263, 265; BayObLG NJW 1995 2862; OLG Stuttgart Justiz 1976 437; Blei AT § 110 II 3; Fischer Rdn. 22; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 7; SSW/Rosenau Rdn. 25; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 27; Wolter SK Rdn. 18; einschr. Mitsch MK Rdn. 29. 38 RGSt 21 231, 233; RG J W 1911 847, 848; RG GA 1912 318; OLG Bremen NJW 1961 1489; Dallmeyer BeckOK Rdn. 17; Fischer Rdn. 22; Jescheck/Weigend § 85 I 3; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 7; Kargl NK Rdn. 45; Mitsch MK Rdn. 29; Wolter SK Rdn. 18.Sch/Schröder/Bosch Rdn. 27; Stree NJW 1956 454, 455; diff. KettStraub JA 2011 694 (697). 39 RGSt 2 145, 149; Kargl NK Rdn. 45; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 27; Stree NJW 1956 454, 455; Wolter SK Rdn. 18.
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sonderen Form (Kargl NK Rdn. 46). Es genügt, wenn die Vollmacht mündlich oder stillschweigend erteilt ist.40 Der Bevollmächtigte muss nicht bestimmt, aber bestimmbar sein (RGSt 44 348, 349). Der Nachweis der zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Bevollmächtigung ist nicht fristgebunden; er kann noch nach Ablauf der Antragsfrist und im gerichtlichen Verfahren erbracht werden.41 Der Vertreter braucht das Vertretungsverhältnis deshalb bei der Antragstellung zunächst auch nicht offen zu legen.42 Das Gericht hat die Wirksamkeit der Antragstellung im Laufe des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Ob im Einzelfall eine wirksame Vollmacht erteilt worden ist, ist im Zweifelsfall eine Frage der Auslegung der General- oder Einzelvollmacht. Eine Reihe zivilrechtlicher Handlungsbefugnisse schließt die Vollmacht zur Stellung des Strafantrags grundsätzlich mit ein.43 Wer Vermögenswerte zu betreuen hat, darf daher Strafantrag wegen Straftaten stellen, welche gegen die betreuten Gegenstände verübt werden.44 Die einem Gutsverwalter erteilte Generalvollmacht berechtigt zum Strafantrag wegen Entwendung zum Gut gehöriger Sachen (RG Rspr. 6 734), die Vollmacht des Hausverwalters zum Strafantrag wegen Verletzung des Vermieterpfandrechts (RG Rspr. 3 770). Der Prokurist darf Strafantrag wegen Beeinträchtigung der Gegenstände des Handelsbetriebs stellen (RGSt 15 144; RG GA 1905 82, 83; RG HRR 1933 Nr. 899; anders für den Handelsbevollmächtigten RGSt 12 327, 329). In der Übertragung einer Einzelaufgabe, etwa der Durchsetzung eines Anspruchs, kann gleichzeitig die Einzelvollmacht zur Stellung eines Strafantrags liegen (RG HRR 1930 Nr. 566). 54
dd) Vollmachtloses Handeln. Vollmachtloses Handeln ist unwirksam (BGHSt 9 149, 152; RGSt 58 202, 204); eine nachträgliche Genehmigung ist nicht möglich. Selbst in Eilfällen ist eine Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 29). Vollmachtsloses Handeln liegt auch vor, wenn ein Vertreter in der Erklärung seine Vollmacht überschreitet, eine zulässige Bedingung verkennt (vgl. BGHSt 9 149 für die Rücknahme) oder sich über ihren Inhalt irrt (Stree NJW 1956 454, 455). Vom Handeln ohne Vollmacht zu unterscheiden ist die Konstellation des Nachreichens des Nachweises der Bevollmächtigung. Während der Nachweis der Bevollmächtigung auch noch nach Ablauf der Antragsfrist erbracht werden darf (BGH NStZ 1982 508 f; RGSt 60 45), kann die Bevollmächtigung aus Gründen der Rechtssicherheit nicht nachgeholt werden, und zwar auch nicht innerhalb der Antragsfrist. Der ohne Vollmacht gestellte Strafantrag ist demnach nicht genehmigungsfähig und unwirksam (Fischer Rdn. 21; Kargl NK Rdn. 46; aA SSW/Rosenau Rdn. 25; Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 30). Zwar hat die Rechtsprechung verschiedentlich angenommen, der Strafantrag des Vertreters ohne Vertretungsmacht werde wirksam, wenn der Verletzte ihn innerhalb der Antragsfrist genehmige.45 Der BGH hat die nachträgliche Genehmi-
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40 BGH LM StGB § 61 a.F. Nr. 2; RGSt 3 425; 6 69; 19 7, 9; 44 348, 349; 60 281, 282; 61 357; 62 262, 263; 68 263, 265; 68 305; RG Rspr. 2 625. 41 BGH NStZ 1982 508; RGSt 60 281, 282; 61 45, 47; 61 357, 358; 62 262, 263; 68 263, 265; BayObLG bei Bär DAR 1987 307; OLG Bremen NJW 1961 1489; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 30; aA KG HöchstRR 3 88, 89. 42 BGH LM StGB § 61 a.F. Nr. 2; BGH NStZ 1982 508; RGSt 6 69; 61 45, 47; 61 357; RG Rspr. 2 625, 626; RG HRR 1931 Nr. 1006; OLG Hamm VRS 13212. 43 RGSt 2 145, 149; 15 144, 145; RG Rspr. 3 770; RG GA 1905 82, 83; RG HRR 1933 Nr. 899. 44 RGSt 1 387, 389; 2 145, 149; 21 231, 232; RG HRR 1933 Nr. 899. 45 RGSt 12 327, 329; RG JW 1912 928; BGH NJW 1994 1165; BayObLGSt 1980 64, 65; BayObLG bei Bär DAR 1987 307; OLG Brandenburg NJW 2002 693; OLG Darmstadt HRR 1933 Nr. 1712; OLG Düsseldorf VRS 71 28, 31; OLG Hamm VRS 13 212; OLG Stuttgart Justiz 1976 437; ebenso Boeckmann NJW 1960 1938, 1939; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 6; Kohlhaas NJW 1954 1792, 1794; aA KG NStZ 1990 144 Jescheck AT4 § 85 I 3.
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Antragsberechtigte | § 77
gung für wirksam erachtet, sofern der Vertreter mit der vollmachtlosen Antragstellung zugleich eine eigene Angelegenheit besorgte. Nach seiner Ansicht war dies bei der Mutter anzunehmen, die im Namen des Kindes statt des allein sorgeberechtigten Ehemanns (BGH LM StGB § 61 a.F. Nr. 2) oder statt des Vormundes (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 8) handelte; ferner bei der Ehefrau, die wegen des Diebstahls von Hausratsgegenständen ihren antragsberechtigten Ehemann vertrat (BGH bei Dallinger MDR 1955 143). Indessen ist eine nachträgliche Genehmigung mit der Rechtsnatur des Strafantrags als Prozesshandlung unvereinbar (RGSt 61 357; 68 263, 265; KG NStZ 1990 144; s. auch RGSt 36 413, 417). So wie eine beigefügte Bedingung (Rdn. 14) führt der Mangel der Vollmacht zu einem Zustand der Ungewissheit (vgl. LG Heilbronn Justiz 1980 480: schwebende Unwirksamkeit), der den Strafverfolgungsbehörden keine verlässliche Grundlage für ihr Handeln bietet. Einer solchen bedürfen sie jedoch. Daher vermag auch die Auffassung des BGH nicht zu befriedigen. Ob der Vertreter mit der Antragstellung zugleich eine eigene Angelegenheit besorgt hat, erscheint daher nicht als ein taugliches Abgrenzungskriterium geeignet, sondern trägt vielmehr ein zusätzliches Moment der Ungewissheit in die Beurteilung der Rechtslage. ee) Erlöschen der Vollmacht. Die Vollmacht erlischt mit dem jederzeit formlos 55 möglichen Widerruf und mit der Beendigung der sie einschließenden Verwaltungstätigkeit (Rdn. 53). Sie dauert auf Grund der höchstpersönlichen Natur des Antragsrechts auch nicht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fort (Härtung NJW 1950 670), vielmehr entstehen in diesem Zeitpunkt, sofern das Gesetz dies anordnet, neue Antragsrechte von Angehörigen oder Erben nach Absatz 2 (Rdn. 57). Ferner erlischt die Vollmacht mit dem Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers (RGSt 2 145, 150), weil der Vertreter sich nicht in Widerspruch zu dem Willen des Vollmachtgebers setzen darf (Rdn. 53); dies setzt dessen Willensfähigkeit voraus. VI. Mißbrauch des Antragsrechts Auch für die Stellung des Strafantrags gilt die ungeschriebene Grenze des Rechts- 56 mißbrauchs (a.A. Mitsch MK § 77d Rdn. 9). Die Einzelheiten sind umstritten (vgl. Wolter SK Rdn. 26 mwN in Fn. 108; Naucke FS H. Mayer, S. 565, 582; H. Mayer GS 104 302, 317). Rechtsmissbräuchliches Verhalten im Strafprozess macht eine Erklärung unzulässig (BGHSt 51 88). Denn die Rechtsordnung darf nicht dazu missbraucht werden, anstössigem Verhalten zur Durchsetzung zu verhelfen. Rechtsmissbrauch kann jedoch, da der Gesetzgeber die weitgehende Dispositionsfreiheit des Antragstellers unbeschadet seiner Motive anerkannt hat, im Falle des Strafantrags nur in extremen Ausnahmefällen vorstellbar sein. Wenn der Verletzte dem Täter vormals verziehen hat, wenn er ihm gegenüber auf die Stellung des Antrags verzichtet hat, wenn er ohne sachlichen Grund nur bestimmte Täter auswählt, wenn er sich finanziell entschädigen lässt oder sich auf den Täter-Opfer-Ausgleich einlässt (Fischer Rdn. 30), wenn er sich Mitverschulden zurechnen lassen muss oder bei bewusster Selbstgefährdung,46 stellt die Strafantragstellung kein rechtsmißbräuchliches Verhalten dar (im Erg. auch Kargl NK Rdn. 54, 55; Mitsch MK § 77d Rdn. 9; Wolter SK Rdn. 26). Der BGH hat in einem Fall nach § 22 UWG a.F. die Verletzteneigenschaft eines bösgläubigen Geschäftsherrn verneint (BGHSt 31 212).
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46 AA Geppert ZStW 83 (1971) 947, 988 f; Kohlhaas DAR 1960 348, 350; Zielinski H. KaufmannGedächtnisschrift S. 875, 889; Zipf Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht (1970) S. 69; weitergehend Barnstor NStZ 1985 67.
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§ 77 | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
VII. Übergang des Antragsrechts (Absatz 2) Stirbt der Verletzte vor dem Ablauf der Antragsfrist, ohne dass er den Strafantrag gestellt hat, erlischt das Recht in der Regel mit dem Tod, denn das Strafantragsrecht ist höchstpersönlich und grundsätzlich unvererblich (RGSt 11 53, 55; Hartung NJW 1950 670; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12). Von diesem Grundsatz sehen jedoch einzelne Normen eine Ausnahme vor. Derartige Regelungen, die für den Todesfall (gleichzustellen ist die Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz, Mitsch MK Rdn. 18) einen Übergang des noch nicht ausgeübten Antragsrechts auf Dritte vorsehen, finden sich in § 194 Abs. 1 Satz 2, § 205 Abs. 2, § 230 Abs. 1 Satz 2 StGB sowie in § 120 Abs. 5 S. 2 BetrVG.47 Bestimmt die gesetzliche Regelung für den Fall des Todes des Verletzten den Übergang des Antragsrechts auf die Angehörigen, regelt Abs. 2 die Rangfolge, die Einschränkung und den Ausschluss des Übergangs. Durch Verweisung ist Absatz 2 ferner anwendbar in den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 und des § 194 Abs. 2 Satz 1. Die Vorschrift hat Ausnahmecharakter und ist daher einer Analogie nur eingeschränkt zugänglich; auf den Tod des gesetzlichen Vertreters, des Dienstvorgesetzten oder eines Organs einer juristischen Person ist sie nicht analog anwendbar (Mitsch MK Rdn. 17), auch für das Klageerzwingungsverfahren des § 172 Abs. 2 StPO gilt sie nicht (OLG Hamm NJW 1977 64), wohl aber für die Anschlussbefugnis als Nebenkläger (BGHSt 33 114). Sie ist auch nicht umfassend. So ist von dem Übergang des Antragsrechts auf Angehörige der Übergang auf Erben zu unterscheiden (§ 205 Abs. 2 Satz 2 StGB, § 120 Abs. 5 S. 2 2. Al BetrVG). Dafür fehlt es an einer Abs. 2 entsprechenden Regelung. Geht das Strafantragsrecht über, beginnt nach § 77b Abs. 4 eine neue Frist. Der Übergang auf einen Angehörigen ist ausgeschlossen, wenn der Verletzte vor seinem Tod auf die Stellung eines Strafantrags verzichtet hat, einen bereits gestellten Strafantrag zurückgenommen hat oder erklärt hat, eine Strafverfolgung nicht zu wünschen (Abs. 2 S. 4). Diese Erklärung braucht nicht förmlich festgehalten zu sein; eine mündliche oder stillschweigende Willensäußerung genügt,48 nicht jedoch genügt der mutmaßliche Wille (Mitsch MK Rdn. 27). Bei einander widersprechenden Erklärungen gilt die letzte (Fischer Rdn. 7; Wolter SK Rdn. 10). Im Zweifel findet ein Übergang nicht statt (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12; Wolter SK Rdn. 10). 58 Der Übergang des Antragsrechts geschieht – ähnlich wie bei der gesetzlichen Erbfolge, § 1924 ff BGB – nach Ordnungen. Das Gesetz sieht drei Gruppen Angehöriger vor, denen das Antragsrecht zufallen kann; hinterlässt der Verletzte keinen Angehörigen aus einer dieser Gruppen, so findet ein Übergang nicht statt und das Antragsrecht erlischt (Mitsch MK Rdn. 19). Unter den drei Ordnungen besteht eine Rangfolge. Solange ein Mitglied einer vorangehenden Gruppe vorhanden ist, sind alle zur nächstfolgenden Gruppe gehörenden Angehörigen von der Antragsberechtigung ausgeschlossen. Innerhalb jeder einzelnen Ordnung dagegen hat jedes Mitglied ein selbständiges Antragsrecht, das es unabhängig von den anderen Berechtigten ausüben kann (Absatz 4). Sterben alle Mitglieder einer Ordnung nach dem Tod des Verletzten, findet ein neuerlicher Übergang des noch nicht erloschenen Antragsrechts statt. Dasselbe gilt, wenn ein Verwandtschaftsverhältnis nach dem Tode des Verletzten infolge Adoption oder Aufhebung der Adoption erlischt. Zur ersten Ordnung gehören der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner und die Kinder. Ehegatte ist die Person, die im Zeitpunkt des Todes des Verletzten mit diesem in formell gültiger Ehe lebte, also nicht der rechtskräftig geschiedene frühere Gatte (Mitsch 57
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47 Zum Streitstand vor dem 2. StrRG Eb. Schmidt NJW 1962 1748; Schäfer DStrR 1937 197, 199. 48 Fischer Rdn. 7; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 8; Kargl NK Rdn. 32; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12; Wolter SK Rdn. 10.
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Antragsberechtigte | § 77
MK Rdn. 20). Dagegen ist unerheblich, ob die Ehegatten gemeinsam lebten oder ein Scheidungsverfahren eingeleitet war, oder dass die Ehe bereits zur Tatzeit bestand.49 Das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266; BT-Drs. 14/3751) ermöglichte bis zum 30. September 2017 die Begründung von Lebenspartnerschaften und hat das Recht, nach dem Tod des Verletzten einen Strafantrag zu stellen, auf den hinterbliebenen Lebenspartner einer formell gültigen, gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft nach § 1 Abs. 1 LPartG erstreckt. Entsprechend den für Ehegatten geltenden Grundsätzen ist für einen Übergang des Antragsrechts erforderlich, dass der hinterbliebene Lebenspartner im Zeitpunkt des Todes des Verletzten mit diesem in einer formell gültigen Lebenspartnerschaft lebte (Mitsch MK Rdn. 20). War die Lebenspartnerschaft zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig durch gerichtliches Urteil aufgehoben (§ 15 Abs. 1 LPartG), geht das Antragsrecht nicht auf den früheren Lebenspartner über.50 Unerheblich ist hingegen, ob die Lebenspartner getrennt lebten (§ 12 LPartG) oder ein gerichtliches Aufhebungsverfahren (§§ 15 ff LPartG) eingeleitet war. Auch ist nicht erforderlich, dass die Lebenspartnerschaft bereits zur Tatzeit bestand.51 Seit 1. Oktober 2017 kann die Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 in eine Ehe umgewandelt weden (§ 20a LPartG). Kinder sind alle leiblichen Abkömmlinge des Verletzten einschließlich der nichtehelichen Kinder, ferner Adoptivkinder. Bei Begründung oder Aufhebung des Adoptionsverhältnisses gilt Abs. 2 S. 3 (vgl. §§ 1755, 1764 BGB, dazu Mitsch MK Rdn. 26). Zur zweiten Ordnung zählen die Eltern, das sind die ehelichen oder nichtehelichen Eltern und die Adoptiveltern. Sowohl Mutter wie auch Vater erlangen ein eigenständiges Antragsrecht im Sinne von Abs. 4 (Mitsch MK Rdn. 21). Die dritte Ordnung bilden die Geschwister und die Enkel des Verletzten. Auch hier ist gleichgültig, ob die Verwandtschaft auf ehelicher oder nichtehelicher Geburt beruht oder durch Adoption zustande gekommen ist. Halbbürtige Geschwister sind ebenfalls antragsberechtigt (Mitsch MK Rdn. 22), nicht jedoch im Haushalt lebende Nichtverwandte. Ausgeschlossen von dem Übergang des Antragsrechts ist nach Abs. 2 S. 3 jeder Tatbeteiligte (Täter und Teilnehmer, nicht jedoch Begünstiger, Hehler, Täter einer Strafvereitelung, vgl. Rdn. 48; Fischer Rdn. 8; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 8; Kargl NK Rdn. 38; Wolter SK Rdn. 9; aA Mitsch MK Rdn. 25 und Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12 unter Berufung auf die Interessenkollision). Für die Bestimmung der Bezugstat maßgeblich ist, ob der potentielle Rechtsnachfolger eine Strafverfolgung bezüglich des Antragsdelikts zu besorgen hat (Mitsch MK Rdn. 24). Der Beteiligte gilt in der Rangfolge als nicht vorhanden. Das Antragsrecht beschränkt sich auf die übrigen Mitglieder derselben Ordnung; wo solche fehlen, ist die nachfolgende Ordnung berufen. Dasselbe gilt, wenn ein Verwandtschaftsverhältnis infolge Adoption oder Aufhebung der Adoption im Zeitpunkt des Todes des Verletzten erloschen war. Das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses steht dem Tode der betreffenden Person gleich, geht aber insoweit darüber hinaus, als es sich auf die Abkömmlinge des Adoptierten erstreckt (§§ 1755, 1764 Abs. 2 BGB). VIII. Mehrheit von Antragsberechtigten (Absatz 4) In Übereinstimmung mit dem früheren Recht (§ 62 a.F.) bestimmt Absatz 4 die Selb- 59 ständigkeit des Antragsrechts mehrerer Berechtigter. Wodurch die einzelnen Antragsberechtigungen entstanden sind, ist gleich. Mehrere eigenständig Berechtigte sind denkbar
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Kargl NK Rdn. 34; Mitsch MK Rdn. 20. Fischer § 77 Rdn. 6, § 11 Rdn. 7; Wolter SK Rdn. 8. Mitsch MK Rdn. 20.
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§ 77a | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
bei mehreren Verletzten derselben Tat, infolge Übergangs des Antragsrechts und durch die Zubilligung der Antragsbefugnis an andere Personen als den Verletzten (Rdn. 37; ferner § 77a). In allen diesen Fällen läuft die Antragsfrist für jeden Antragsberechtigten gesondert (§ 77b Abs. 3). Erlöschensgründe (Rücknahme, Verzicht) wirken nur in der Person des Betroffenen. Für die Antragsrücknahme ist im Falle des Übergangs des Antragsrecht auf Angehörige § 77d Abs. 2 S. 2 zu beachten. Stellen nicht sämtliche Verletzte einen Strafantrag, ist die Tat nur in Bezug auf denjenigen Verletzten zu ahnden, der den Strafantrag gestellt hat (Kargl NK Rdn. 47; Mitsch MK Rdn. 37; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 33). Vom Antragsrecht mehrerer Beteiligter zu unterscheiden ist die Konstellation, dass das Antragsrecht nur von mehreren gemeinsam ausgeübt werden kann, etwa den gemeinsam Sorgeberechtigten. In diesem Fall läuft nur eine einheitliche Antragsfrist, die beginnt, sobald einer von ihnen die entsprechende Kenntnis erlangt (BGHSt 22 103; BGHR §77b Abs. 2 S. 1 Eltern 1; Kargl NK 47; Mitsch MK Rdn. 39; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 33; Wolter SK Rdn. 14). IX. Untergang des Antragsrechts 60
Das Recht zum Strafantrag erlischt, wenn es nicht fristgerecht ausgeübt wird (§ 77b Rdn. 2), wenn ein gestellter Antrag zurückgenommen oder auf ihn verzichtet wird (§ 77d Rdn. 8). Ob ein endgültiger Verzicht vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Erklärt der Verletzte dem Täter gegenüber, keinen Strafantrag stellen zu wollen, liegt darin keine verbindliche Verzichtserklärung; anders, wenn der Verzicht dem Gericht gegenüber abgegeben wird (SSW/Rosenau Rdn. 33). Schließlich geht das Recht, soweit nicht ein Übergang stattfindet, mit dem Tod des Verletzten (RGSt 11 53, 56) oder der Auflösung der verletzten Körperschaft unter.
§ 77a Antrag des Dienstvorgesetzten 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Antrag des Dienstvorgesetzten Greger/Weingarten § 77a https://doi.org/10.1515/9783110491302-029
(1) Ist die Tat von einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr oder gegen ihn begangen und auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgbar, so ist derjenige Dienstvorgesetzte antragsberechtigt, dem der Betreffende zur Zeit der Tat unterstellt war. (2) Bei Berufsrichtern ist an Stelle des Dienstvorgesetzten antragsberechtigt, wer die Dienstaufsicht über den Richter führt. Bei Soldaten ist Dienstvorgesetzter der Disziplinarvorgesetzte. (3) Bei einem Amtsträger oder einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, der keinen Dienstvorgesetzten hat oder gehabt hat, kann die Dienststelle, für die er tätig war, den Antrag stellen. Leitet der Amtsträger oder der Verpflichtete selbst diese Dienststelle, so ist die staatliche Aufsichtsbehörde antragsberechtigt. (4) Bei Mitgliedern der Bundesregierung ist die Bundesregierung, bei Mitgliedern einer Landesregierung die Landesregierung antragsberechtigt. Schrifttum S. Vor § 77.
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Antrag des Dienstvorgesetzten | § 77a
Entstehungsgeschichte S. Vor § 77. Die Vorschrift ist, ohne Vorbild im früheren Recht, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG.
I.
II.
III.
Übersicht Allgemeines 1. Bedeutung | 1 2. Geltungsbereich | 2 3. Sachlich-rechtliche Vorschriften | 3 Begriff des Dienstvorgesetzten 1. Maßgeblichkeit des Beamtenrechts | 4 2. Mittelbare Dienstvorgesetzte | 5 3. Nebentätigkeiten | 6 Antragsverechtigung bei mehreren Vorgesetzten | 7
IV.
V.
Entstehung, Ausübung des Antragsrechts 1. Entstehung | 9 2. Ausübung | 10 Antragsberechtigte nach Abs. 2 bis 4 1. Berufsrichter | 11 2. Soldaten | 12 3. Amtsträger ohne Dienstvorgesetzten | 13 4. Regierungsmitglieder | 14
I. Allgemeines 1. Bedeutung. Die Vorschrift regelt, wer in den Fällen, in denen neben dem Verletz- 1 ten (BGHSt 44 209; BayObLG JR 1989 73; Dallmeyer BeckOK Rdn. 1; Wolter SK Rdn. 1) auch ein Dienstvorgesetzter strafantragsberechtigt ist, als Dienstvorgesetzter zu sehen ist. In den §§ 194, 230 und 355 sieht das Gesetz neben der Antragsberechtigung des Verletzten eine gleichartige Befugnis des Dienstvorgesetzten vor, wenn die Tat gegen oder durch einen Amtsträger oder eine gleichgestellte Person begangen ist. § 77a bestimmt, wer in diesen Fällen als Dienstvorgesetzter den Strafantrag stellen kann (kritisch Rieß DJT-Gutachten Rdn. 99). Wenn der Dienstvorgesetzte den Strafantrag als selbst Verletzter stellt, gilt § 77 (Mitsch MK Rdn. 2, 3). 2. Geltungsbereich. Geregelt ist die Antragsberechtigung des Dienstvorgesetzten 2 für Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2, 4, für Soldaten der Bundeswehr (§ 1 Abs. 1 S. 1 SG) und ferner für Regierungsmitglieder. Ergänzt wird die Vorschrift von § 355 Abs. 3 Satz 2, der eine nicht verallgemeinerungsfähige Sonderregelung für amtlich zugezogene Sachverständige enthält. Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 9 des 4. StRÄndG gilt § 194 Abs. 3 und damit § 77a auch bei Beleidigungen von Dienststellen, Soldaten oder Beamten der Stationierungsstreitkräfte. Im Gegenschluss folgt daraus, dass Strafanträge von Vorgesetzten ausländischer Beamter im Übrigen unbeachtlich sind, weil das deutsche Strafrecht nicht allgemein dem Schutz fremder Staatsapparate dient (aA RGSt 4 40). 3. Sachlich-rechtliche Vorschriften über die Erwägungen, von denen sich der 3 Dienstvorgesetzte bei der Entscheidung über die Antragstellung leiten lassen soll, finden sich im StGB nicht. Aus dem Zweck der ihm verliehenen Befugnis ergeben sich jedoch die Grundsätze, an denen er sich ausrichten kann. Das Antragsrecht des Vorgesetzten ist Ausfluss des Fürsorge-, Aufsichts- und Überwachungsrechts, dem der Verletzte oder der Täter durch seine öffentlich-rechtliche Stellung unterworfen ist (BGHSt 44 209, 213). Es beruht ferner darauf, dass durch die Tat regelmäßig auch die Anstellungsbehörde mittelbar betroffen ist (BGHSt 7 256, 260; 9 265, 266; 44 209; RGSt 4 220, 222; 7 79, 81; 19 23, 24; BayObLGSt 1956 227). Der Dienstvorgesetzte wird daher zu prüfen haben, ob nach den Umständen, nach der Persönlichkeit und dem Verhalten des Amtsträgers im allge545
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§ 77a | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
meinen und im gegebenen Falle sowie im Interesse der Behörde und des Amtsträgers die Strafverfolgung angezeigt ist (RGSt 67 47, 49). Die Antragsstellung unterliegt nicht dem Gleichheitssatz (Fischer Rdn. 2). Sie stellt keinen Verwaltungsakt dar. Strafgerichtlicher Nachprüfung unterliegen die Gründe der Antragstellung des Dienstvorgesetzten nicht (unklar Ostendorf JuS 1981 640, 642). II. Begriff des Dienstvorgesetzten 4
1. Maßgeblichkeit des Beamtenrechts. Die Antragsbefugnis ist an die amtliche Funktion des Dienstaufsichtsführenden geknüpft (BGHSt 44 209; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 2). Maßgeblich ist daher das Beamtenrecht. Nach § 3 Abs. 2 BBG und den entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze ist „Dienstvorgesetzter“, wer für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr oder ihm nachgeordneten Beamten zuständig ist. Persönlich sind Angelegenheiten, welche die Rechtsstellung des Beamten selbst und sein Verhältnis zum Dienstherrn betreffen, insbesondere die Veränderung und Beendigung des Beamtenverhältnisses (Battis Bundesbeamtengesetz 5. Aufl. § 3 Rdn. 4). Der Dienstvorgesetzte ist abzugrenzen von dem bloßen Vorgesetzten, der zwar dienstliche Anordnungen erteilen darf (§ 3 Abs. 3 BBG), jedoch nicht strafantragsberechtigt ist. Das Vorgesetztenverhältnis bei kirchlichen Beamten regeln die Kirchenbeamtenordnungen. Zu der Sonderregelung für Richter vgl. Abs. 2.
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2. Mittelbare Dienstvorgesetzte. Dienstvorgesetzter ist nicht nur der unmittelbar mit der Entscheidungsgewalt über persönliche Angelegenheiten Befasste. Im mehrstufigen Behördenaufbau der unmittelbaren Staatsverwaltung ist dies vielmehr auch der höhere, entferntere Dienstvorgesetzte (Wolter SK Rdn. 2; Mitsch MK Rdn. 9). Jeder von ihnen hat ein eigenes Strafantragsrecht, das er unabhängig von dem der anderen Dienstvorgesetzten ausüben kann.1 Demgemäß läuft auch für jeden von ihnen eine besondere Antragsfrist. Allerdings muss sich ein im Innenverhältnis allein antragsberechtigter Dienstvorgesetzter die Kenntnis seines im Außenverhältnis uneingeschränkt antragsberechtigten ständigen Vertreters zurechnen lassen (BGHSt 44 209 mit zust. Anm. Lampe JR 99 519; aA RGSt 46 203, 204). Andernfalls unterläge der Fristenlauf erheblichen Beweisunsicherheiten (BGH aaO S. 214; § 77b Rdn. 10).
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3. Nebentätigkeiten. Dagegen fehlt es an einem Dienstvorgesetzten, soweit der Amtsträger eine Nebentätigkeit ausübt, die nicht zu seinem dienstlichen Aufgabenbereich gehört. Das gilt auch, wenn die Nebentätigkeit einen engen sachlichen Zusammenhang mit dem Amt aufweist. Der als Sachverständiger vor Gericht gehörte Hochschullehrer, der wegen seines Gutachtens beleidigt wird, muss den Strafantrag daher selbst, als Verletzter, stellen (RGSt 32 273, 276; BayObLGSt 1978 31). III. Antragsberechtigung bei mehreren Vorgesetzten
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Da § 77a an die Stellung als Dienstvorgesetzter anknüpft, kommt es auf die Zuordnung der Aufgabenerledigung des Beamten im Einzelfall grundsätzlich nicht an. Für einen Polizeibeamten, der am Einsatzort beleidigt oder angegriffen wird, sind nur die polizeilichen Dienstvorgesetzten antragsberechtigt, auch wenn es sich bei der Aktion um
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1 E 1962 S. 254; RGSt 46 203, 204; BayObLG JZ 1965 371; JR 1989 72, 73; 9; Dallmayer BeckOK Rdn. 2; Fischer Rdn. 3; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 2; Kargl NK Rdn. 3; Schönke/Schröder/Bosch Rdn. 2.
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Antrag des Dienstvorgesetzten | § 77a
eine unter der Leitung eines Staatsanwalts stehende Strafverfolgungsmaßnahme handelt. Dieses Prinzip berücksichtigt indessen nicht alle Eigentümlichkeiten des Beamten- 8 rechts und der Staatsorganisation. Wird ein Beamter zu einem anderen Dienstherrn abgeordnet, so spaltet sich die Zuständigkeit für die persönlichen beamtenrechtlichen Entscheidungen auf. Der Präsident der Oberfinanzdirektion ist in der Regel zugleich Bundes- und Landesbeamter, in seiner Behörde sind sowohl Bundes- wie auch Landesbedienstete tätig (§§ 8, 9 des Gesetzes über die Finanzverwaltung i.d.F. v. 4.4.2006 BGBl. I S. 846, 1202). Landratsämter können untere staatliche Verwaltungsbehörde und Organ des Landkreises als Gebietskörperschaft sein. Mitglieder von Verwaltungsausschüssen, von Leitungsgremien der mittelbaren Staatsverwaltung, des Rundfunks, der Sparkassen oder ehrenamtliche Richter üben ihre Funktion meist im Nebenamt aus. Sind sie Angehörige des öffentlichen Dienstes, steht ihr Hauptamt oft in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Nebentätigkeit. In diesen vom Gesetzgeber nicht bedachten Fällen wäre es nicht sachgerecht, das Strafantragsrecht dem Dienstvorgesetzten des Hauptamts zu überantworten oder – etwa im Falle der Abordnung – mehreren Dienstherrn zuzubilligen. Dem Zweck des Strafantragsrechts vermag vielmehr am besten der Vorgesetzte zu genügen, dessen Funktionen der Amtsträger wahrnimmt. Hat der Amtsträger mehrere selbständige Ämter oder Dienstbereiche oder mehrere gleich geordnete Dienstvorgesetzte, muss das Recht zum Strafantrag deshalb dem Dienstherrn zustehen, dessen Funktionen der Amtsträger im Tatzeitpunkt wahrnimmt. Die Zuordnung erfolgt in diesen Fällen über die dienstliche Weisungsbefugnis (BayObLGSt 1956 227; OLG Köln MDR 1958 706). Fehlt eine solche Weisungsbefugnis, greift Absatz 3 ein (Rdn. 13). IV. Entstehung, Ausübung des Antragsrechts 1. Entstehung. Maßgebend für die Entstehung des Antragsrechts des Dienstvorge- 9 setzten ist der Tatzeitpunkt. In diesem Augenblick muss das Dienstvorgesetztenverhältnis bestehen (BGHSt 36 83, 88; so schon RGSt 13 95; 19 23). Mangels Dienstvorgesetztenverhältnisses haben demnach weder der Ruhestandsbeamte noch der verstorbene Beamte einen Dienstvorgesetzten (RGSt 27 193; RGSt 13 95). Scheidet ein aktiver Beamter nach der Tat aus dem Beamtenverhältnis aus, bleibt der Dienstvorgesetzte antragsberechtigt (RG GA 1895 127). Das gilt nach der ausdrücklichen Vorschrift des Absatzes 1 auch für den Fall, dass der Amtsträger nicht aus dem Dienst ausscheidet, sondern in ein anderes Amt versetzt wird. Ein Wechsel in der Person des Dienstvorgesetzten ist stets unbeachtlich; es entscheidet der Nachfolger im Amt (E 1962 S. 254). Voraussetzung des Strafantragsrechts nach § 77a ist aber stets das Vorhandensein eines Verletzten, der selbst Strafantrag stellen könnte. Lässt sich bei einer Beleidigung keine bestimmte Person als verletzt ermitteln, so erwächst dem Behördenleiter kein Strafantragsrecht daraus, dass der Angriff. jedenfalls Behördenangehörigen galt (RG JW 1932 3267). Unerheblich für das Strafantragsrecht des Dienstvorgesetzten ist, ob das Beamtenverhältnis des Verletzten anfechtbar zustande gekommen ist (RGSt 2 82). 2. Ausübung. Zuständig für die Entscheidung, ob ein Strafantrag gestellt werden 10 soll, ist die Person, die die Funktion im Zeitpunkt der Antragsstellung inne hat (Mitsch MK Rdn. 17). Über die Ausübung des Strafantragsrechts muss demnach der Dienstvorgesetzte selbst oder sein allgemeiner Vertreter (RG Rspr. 4 207; BayObLG JR 1989 72, 73) entscheiden, ohne dass das Vorliegen des Vertretungsfalls gerichtlich nachzuprüfen 547
Greger/Weingarten
§ 77a | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
wäre (BGHSt 44 209). Der Dienstvorgesetzte kann diese Entscheidung jedoch nicht durch allgemeinen Organisationsakt auf nachgeordnete Beamte übertragen, weil nur von ihm die erforderliche Übersicht und umfassende Prüfung erwartet werden kann (RGSt 30 171, 176; 67 47, 49; OLG Köln MDR 1958 706). Jedoch bleibt es dem Dienstvorgesetzten unbenommen, im Einzelfall oder für eine bestimmte Gruppe von Taten einem Untergebenen die Weisung zu erteilen, Strafantrag zu stellen, also die von ihm getroffene Entscheidung umzusetzen. V. Antragsberechtigte nach Abs. 2 bis 4 11
1. Berufsrichter. Berufsrichter haben keinen Dienstvorgesetzten (vgl. § 26 Abs. 1 DRiG). Dessen Funktion hat nach Absatz 2 Satz 1, wer die Dienstaufsicht führt. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist dies der Gerichtspräsident für die Mitglieder seines Gerichts (BGHSt 44 209); der Präsident des Landgerichts übt zugleich die Dienstaufsicht über die Richter an den nicht mit einem Präsidenten besetzten Amtsgerichten seines Bezirks aus (§ 22 Abs. 3 S. 1 GVG). Übergeordnete Inhaber der Dienstaufsicht sind der Präsident des Oberlandesgerichts und der Justizminister. In den anderen Gerichtszweigen ist die Dienstaufsicht teilweise abweichend hiervon geregelt. So steht die Dienstaufsicht in der Verwaltungsgerichtsbarkeit dem Gerichtspräsidenten zu (§ 38 Abs. 1 VwGO), bezüglich der Arbeitsgerichte, Sozialgerichte und der Landesarbeits- und Sozialgerichte der zuständigen obersten Landesbehörde mit einer Übertragungsmöglichkeit an den Gerichtspräsidenten (§ 15 Abs. 1 S. 1, § 34 Abs. 1 S. 1 ArbGG; §§ 9, 30 SGG), bezüglich der Bundesgerichte den Fachministerien und bezüglich der Finanzgerichtsbarkeit dem Gerichtspräsidenten (§ 31 FGO). Die Richter des Bundesverfassungsgerichts unterstehen keiner Dienstaufsicht, § 1 Abs. 3 BVerfGG, (Wolter SK Rdn. 3; Kargl NK Rdn. 4), entsprechendes gilt für die Richter an den Verfassungsgerichten und den Staatsgerichtshöfen der Länder (Schmidt-Räntsch Deutsches Richtergesetz, § 26 Rdn. 9; Mitsch MK Rdn. 11). Laienrichter haben ebenfalls keinen Dienstvorgesetzten (§ 2 DRiG), insoweit gilt Abs. 3.
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2. Soldaten. Für Soldaten gilt als Dienstvorgesetzter nach Absatz 2 Satz 2 jeder Disziplinarvorgesetzte. Wer dies ist, regeln § 1 Abs. 4 Soldatengesetz, §§ 27 ff Wehrdisziplinarordnung. Danach reicht die Kette der Antragsberechtigten vom Kompaniechef über den Bataillonskommandeur bis zum Bundesminister der Verteidigung (BGHSt 36 83, 87; Dau NJW 1988 2650, 2655).
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3. Amtsträger ohne Dienstvorgesetzten (Absatz 3). Dazu zählen die Richter des Bundesverfassungsgerichts und ehrenamtliche Richter, auch weisungsfreie Mitglieder von Verwaltungsausschüssen oder Leitungsgremien öffentlicher Körperschaften und Anstalten. Beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen kann auch der erste Beamte einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts einschließlich der Gebietskörperschaften zu diesem Kreis zählen (vgl. zum früheren Recht BayObLGSt 1956 227). Häufiger wird Absatz 3 bei für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten in Betracht kommen, die nicht in einer Behörde arbeiten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4b). In allen diesen Fällen handelt die Behörde, für die der Verletzte zur Tatzeit tätig war, durch ihre organisationsrechtlich zuständigen Organe; ist der Verletzte der Behördenleiter, tritt nach S. 2 an die Stelle der Behörde die staatliche Aufsichtsbehörde.
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4. Regierungsmitglieder. Wird nicht eine Bundes- oder Landesregierung als solche, sondern das einzelne Regierungsmitglied angegriffen, so kann nach Absatz 4 neben Greger/Weingarten
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dem Verletzten die Regierung in der Funktion des Dienstvorgesetzten Strafantrag stellen. Die Willensbildung und Vertretung der Regierung regelt sich nach ihrer jeweiligen Geschäftsordnung (zur Bundesregierung § 77 Rdn. 40). Ein zwischen Tat und Antragstellung eingetretener Wechsel in der Zusammensetzung der Regierung ist unbeachtlich, da die Regierung als Staatsorgan handelt, nicht für ihre Mitglieder persönlich (Fischer Rdn. 7; Wolter SK Rdn. 3). Wie bei jedem anderen Dienstvorgesetzten kann daher auch hier der Nachfolger im Amt (Rdn. 9) handeln.
§ 77b Antragsfrist 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Antragsfrist Greger/Weingarten § 77b https://doi.org/10.1515/9783110491302-030
(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. (2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an. (3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert. (4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tode des Verletzten. (5) Der Lauf der Frist ruht, wenn ein Antrag auf Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 der Strafprozeßordnung bei der Vergleichsbehörde eingeht, bis zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 380 Abs. 1 Satz 3 der Strafprozeßordnung. Schrifttum S. Vor § 77.
Entstehungsgeschichte S. Vor § 77. Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG. Absatz 1 Satz 2 eingefügt durch Art. 18 Nr. 43 EGStGB. Absatz 5 angefügt durch Art. 4 Strafverfahrensänderungsgesetz 1987 (BGBl. I S. 475) und redaktionell geändert durch Art. 12c Nr. 2 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. 8. 2004 (BGBl. I S. 2198). Abs. 2 S. 2 a.F. (Sonderregelung für den Fall der Nichtigkeit oder Auflösung einer Ehe) wurde durch Gesetz vom 20. 11. 2015 aufgehoben.
I.
II.
III.
Übersicht Zweck und Wirkung der Antragsfrist 1. Zweck | 1 2. Wirkung | 2 Dauer der Antragsfrist. Fristwahrung 1. Dauer | 3 2. Fristwahrung | 4 Beginn der Antragsfrist | 5 1. Tat | 6
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Kenntnis | 7 Kenntnis d Antragsberechtigten | 10 Möglichkeit der Antragstellung | 12 Gesetzliche Vertretung und Fristenlauf | 13 Fristbeginn beim Übergang des Antragsrechts | 15 Ruhen des Fristenlaufs | 16 2. 3. 4. 5.
IV. V.
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§ 77b | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
I. Zweck und Wirkung der Antragsfrist 1
1. Zweck. In Übereinstimmung mit dem früheren Recht (§ 61 a.F.) ist die Strafantragsbefugnis fristgebunden. Die zeitliche Begrenzung des Antragsrechts dient nicht dem Interesse des Täters (vgl. BGHSt 46 310; RGSt 24 427, 428; 27 366, 367). Dass § 77b keinen Vertrauenstatbestand zu seinen Gunsten schafft, zeigen die Bestimmungen über den Beginn der Antragsfrist (Absätze 2, 3). Der Fristenlauf kann bis zum Eintritt der Verjährung hinausgeschoben (RGSt 6 37, 38) und für jeden von mehreren Antragsberechtigten und Tatbeteiligten unterschiedlich sein. Zweck der Antragsfrist ist es vielmehr, aus Gründen der öffentlichen Rechtsordnung den Zustand der Unentschiedenheit darüber abzukürzen, ob der Staat verpflichtet sei, den Täter zu verfolgen (RGSt 71 34, 39; OLG Hamm VRS 10 134; Dallmeyer BeckOK Rdn. 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1).
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2. Wirkung. Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist (BGH NJW 1994 1165). Nutzt der Berechtigte sie nicht, so geht sein Antragsrecht unter. Gänzlich unerheblich ist, aus welchen Gründen er es nicht ausgeübt hat und ob ihm das Versäumnis vorzuwerfen wäre, sofern er dazu nur rechtlich und tatsächlich in der Lage war (Abs. 1 S. 1 „unterlässt“, vgl. RGSt 26 116; 71 34, 39; OLG Saarbrücken VRS 30 40). Auch die fehlende Kenntnis des Berechtigten von einer neu eingeführten Strafantragsfrist ist auf ihren Ablauf ohne Einfluss (OLG Hamm NJW 1970 578). Daher gibt es gegen ihre Versäumung auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.1 Ist nicht aufklärbar, ob der Strafantrag rechtzeitig gestellt worden ist, ist das Verfahren einzustellen (BGHSt 22 93; BGH StV 1984 509). Für Gesetzesänderungen, die die Antragsfrist oder das Antragserfordernis modifizieren, gilt das Rückwirkungsverbot nicht (BGHSt 46 310). Bereits bevor der Lauf der Frist beginnt (Abs. 2), ist ein Strafantrag möglich, etwa wenn der Antragsberechtigte die Tat nur in groben Umrissen kennt oder die Person des Täters noch unbekannt ist (RGSt 38 434, 435; 45 128, 129; 51 63; 61 299, 302; RG Rspr. 1 614). II. Dauer der Antragsfrist. Fristwahrung
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1. Dauer. Die Antragsfrist beträgt nach Abs. 1 drei Monate. Die Dreimonatsfrist kann aufgrund der Fallumstände nach ergänzenden Regelungen aber auch Präzisierungen und Konkretisierungen erfahren. Sie beginnt nach Abs. 2 mit dem Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte die erforderliche Kenntnis von Tat und Täter erlangt hat. Der Tag der Kenntniserlangung wird also nicht mitgezählt. Erhält der Verletzte die notwendige Kenntnis am 30. März, muss er Strafantrag bis 30. Juni, 24 Uhr, stellen. Fällt das Ende der Antragsfrist auf einen Sonntag, allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (Absatz 1 Satz 2). Zum Ruhen des Fristenlaufs Rdn. 17. Wird das Strafantragserfordernis für ein bestimmtes Delikt neu eingeführt, beginnt die Antragsfrist, sofern keine Übergangsregelung getroffen ist, auch in anhängigen Sachen mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung (vgl. OLG Hamm NJW 1970 578).
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2. Fristwahrung. Gewahrt ist die Frist, wenn der Strafantrag vor ihrem Ablauf der zuständigen Stelle (§ 77 ) zugeht.2 Zugang ist bei schriftlicher Antragstellung der Einwurf
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1 BGH NJW 1994 1165; OLG Bremen GA 1956 185; OLG Düsseldorf JMBlNRW 1973 57;Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1; Dallmeyer BeckOK Rdn. 1; Maul KK § 44 Rdn. 10; unzutr. Leisner Jura 1990 120, 122. 2 Umfassend zur Frage des Zugangs Schmid Über den Zugang Strafprozessualer Willenserklärungen, FS Dünnebier, S. 101.
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Antragsfrist | § 77b
in den Behördenbriefkasten (vgl. BGH FamRZ 1984 358) oder die Ablieferung an einen zur Entgegennahme befugten Bediensteten innerhalb des Amtes (RGSt 39 358 aA OLG Celle HRR 1927 Nr. 653). Ebenso ist der durch Telefax übermittelte Strafantrag fristgemäß, wenn er rechtzeitig auf dem Empfangsgerät der zuständigen Behörde eingeht (BGHR StPO § 341 Schriftform 1). Ist der Antrag bei einer unzuständigen Behörde eingereicht, wird er wirksam, wenn er innerhalb der Antragsfrist an eine zuständige Behörde gelangt.3 Auch die Nachbesserung eines formfehlerhaften Strafantrags muss innerhalb der Frist geschehen (RGSt 3 442, 444). Bei Zweifeln ist das Verfahren einzustellen (BGHSt 22 90, 93; BGH StV 1984 509; Fischer Vor. § 77 Rdn. 4; Mitsch MK Vor. § 77 Rdn. 16). III. Beginn der Antragsfrist Die Antragsfrist beginnt nach Abs. 2 mit der Kenntnis des Antragsberechtigten von 5 Tat und Täter, sofern der Berechtigte tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, den Strafantrag zu stellen (BGHSt 44 209). Kenntnis ist das Wissen von Tatsachen, die einen Antragsberechtigten in die Lage versetzen, zu beurteilen, ob er Strafantrag stellen soll (BGH StV 1984 509). Zur Kenntnis von Tat und Täter gehört dabei nicht die Gewißheit über sämtliche Einzelheiten des strafrechtlichen Geschehens, sondern lediglich das Wissen von Tatsachen, die einen Schluss auf die wesentlichen Tatumstände und den Täter zulassen (BGHSt 44 209). Bloße Vermutungen oder Verdachtsgründe reichen jedoch nicht aus (BGH Urteil vom 20.2.1997 – 1 Str 606/78). Die Berechnung richtet sich nach Abs. 2 S. 1; erfährt also der Berechtigte am 3. März von der Tat und dem Täter, beginnt die Frist am 4. März 0.00 Uhr und endet am 3. Juni 24.00 Uhr. 1. Tat. Kenntnis der Tat setzt eine hinreichende Kenntnis des tatbestandsmäßigen 6 Gesamtgeschehens einschließlich des subjektiven Tatbestands voraus (Fischer Rdn. 4; Sch/Schröder/Bosch. Rdn. 6; SSW/Rosenau Rdn. 5). Bei vollendeten Erfolgsdelikten sind damit der Erfolgseintritt und dessen Kenntnis Voraussetzung für den Fristenlauf (vgl. OLG Karlsruhe wistra 1995 154). Vorher kann der Antragsberechtigte ihr schädigendes Ausmaß nicht beurteilen (vgl. auch BGHSt 11 119, 121). Maßgeblich ist daher das Ende der Rechtsgutverletzung. Dauert die Rechtsgutverletzung an, beginnt die Antragsfrist nicht zu laufen. Im Falle eines Dauerdelikts beginnt die Antragsfrist nicht vor der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes (BayObLG NJW 1995 2864; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 8). Bei einem versuchten Delikt ist die Kenntnis von der letzten auf den Tatbestandserfolg gerichteten Handlung maßgebend (BGH NStZ 2008 411). Für den Tatversuch kann damit die Antragsfrist bereits vor der Vollendung der Tat abgelaufen sein; tritt diese noch ein, beginnt mit der Beendigung der Tat eine neue Antragsfrist (BGH NStZ 2008 411). 2. Kenntnis. Der Beginn der Antragsfrist setzt desweiteren die Kenntnis des An- 7 tragsberechtigten von Tat und Täter voraus. Diese Kenntnis erfordert jedoch nicht die Gewissheit über sämtliche Einzelheiten des strafrechtlichen Geschehens, sondern lediglich das Wissen von Tatsachen, die einen Schluss auf die wesentlichen Tatumstände und den Täter zulassen (BGH NStZ 2008 411; BGHSt 44 209, 212). Ob der Antragsberechtigte über diese Kenntnis verfügt, ist in wertender Betrachtung zu beantworten. Zwar setzt der Fristbeginn stets einen konkreten Wissensstand des Berechtigten voraus. Der bloße Verdacht, selbst die Überzeugung von der Schuld des Täters allein genügt dazu nicht (BGH Urteil v. 20.2.1979 – 1 StR 606/78; RGSt 10 141; 45 128, 129; 51 71, 73). Aber das Ausmaß
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BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 2; RGSt 48 274, 275.
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der erforderlichen Tatsachenkenntnis bestimmt sich danach, ob und wann dem Berechtigten vom Standpunkt eines besonnenen Menschen aus der Entschluss zugemutet werden kann, gegen den anderen mit dem Vorwurf einer strafbaren Handlung vorzugehen (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 16; BGH, Beschl. v. 16.8.1984 – 1 StR 406/84; BGH NJW 1999 508). Keinesfalls genügt es, dass sich der Betroffene die notwendige Kenntnis verschaffen könnte (RGSt 27 34, 35; RGSt 45 128, 131). Den Antragsberechtigten trifft in der Regel keine Erkundungspflicht (BGHSt 44 209; RGSt 45 128, 131). Andererseits steht dem Fristbeginn nicht entgegen, dass er sich trotz zutreffenden Wissensstandes den daraus zu ziehenden Folgerungen absichtlich verschließt. So liegt es etwa, wenn Eltern die an der Tochter verübte Tat nicht wahrhaben wollen (RGSt 75 298, 300); anders, sofern sie aus guten Gründen an der Wahrheit des erhaltenen Berichts zweifeln (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 16; OLG Frankfurt/M. NJW 1952 236; OLG Schleswig SchlHA 1957 209). Unerheblich ist hingegen, ob der Antragsberechtigte das Antragserfordernis als solches kennt, über die Frist irrt oder infolge unrichtiger rechtlicher Bewertung Strafantrag gegen einen Falschen stellt (OLG Saarbrücken VRS 30 40, 42). 8 Zur Kenntnis der Tat gehört nicht die Gewissheit über alle Einzelheiten des Handlungsverlaufs (BGHSt 44 209). Der Verletzte muss aber diejenigen Tatsachen kennen, die den objektiven und den subjektiven Tatbestand (RGSt 69 378, 380; OLG Hamm VRS 10 134) der Strafvorschrift als eines Antragsdelikts (RGSt 10 141) ausmachen und die die Tat als Verletzung seiner Person kennzeichnen (RGSt 6 47, 49; 61 299, 302; 75 298, 299). Bei einem Verkehrsunfall, an dem der Antragsteller beteiligt war, ist das in der Regel der Fall (OLG Saarbrücken VRS 30 40, 42; OLG Stuttgart NJW 1955 73), sofern er sich auch ein Bild über die Schwere der eingetretenen Verletzungsfolgen machen kann (RGSt 61 299, 303). Unfallschilderungen von Kindern begründen dagegen regelmäßig noch keine ausreichende Sachverhaltskenntnis (OLG Hamm JMBlNRW 1960 271; OLG Köln JMBlNRW 1961 145). Von einer Beleidigung erfährt der Gekränkte durch Kenntnisnahme des Inhalts der beleidigenden Äußerung, nicht schon durch die Mitteilung, er sei beleidigt worden (RG GA 1898/99 38). Ergibt sich das Erfordernis des Strafantrags erst in der Hauptverhandlung durch Umgestaltung der Strafklage (etwa von der Anklage nach § 242 zum Vorwurf nach § 248b), so kann bis dahin die Kenntnis des Verletzten von der Tat als Antragsdelikt fehlen. Im Falle einer Tatbeteiligung setzt die Kenntnis der Tat auch das Wissen um die Haupttat voraus, denn darin liegt die das Antragsrecht auslösende Rechtsverletzung. Die Antragsfrist für die Haupttat braucht noch nicht in Lauf gesetzt zu sein (vgl. RGSt 25 106, 107). Die Person des Täters ist bekannt, sofern der Antragsberechtigte in der Lage ist, ihn 9 so zu bezeichnen, dass er für die Strafverfolgungsbehörde individualisierbar ist (RGSt 27 34, 35; BayObLG NStZ 1994 86). Nicht erforderlich ist die Kenntnis des Namens 4 und des Aufenthaltsorts (BGHSt 21, 125). Auch die Kenntnis der besonderen Voraussetzungen, die die Tat zum relativen Antragsdelikt machen – wie die Angehörigeneigenschaft – ist nach dem Gesetzeswortlaut für den Fristbeginn bedeutungslos. Die Antragsfrist beginnt stets, sobald der Berechtigte von der Festnahme des Tatverdächtigen erfährt (OLG Braunschweig OLGSt n.F. § 158 StPO Nr. 1). 10
3. Kenntnis des Antragsberechtigten. Das für den Beginn der Antragsfrist erforderliche Wissen muss der zum Antrag Befugte selbst haben (Abs. 2). Auf die etwaige Kenntnis eines rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten (RGSt 6 119, 121; 36 413, 416) oder
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4 BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 61 Anm. 16; RGSt 27 34, 35; BayObLG NStZ 1994 86; OLG Schleswig SchlHA 1991 120.
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Antragsfrist | § 77b
eines Angestellten (OLG Hamburg MDR 1980 598) kommt es nicht an. Juristische Personen und Behörden handeln durch ihre Organe (§ 77 Rdn. 39, 40), daher ist für den Fristbeginn deren Kenntnis, nicht diejenige untergeordneter Bediensteter (Dau NJW 1988 2650, 2655) maßgeblich. Nicht erforderlich ist hingegen, dass einem antragsberechtigten Behördenvertreter die Kenntnis gerade in seiner dienstlichen Eigenschaft vermittelt wird. Private Kenntniserlangung genügt (BGHSt 44 209). Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten ist dessen Kenntnis maßgebend (Absatz 2 Satz 3). Besteht Gesamtvertretung wie in der Regel bei Minderjährigen, so genügt es, wenn einer der gesetzlichen Vertreter die erforderlichen Tatsachen erfahren hat.5 Gründe dafür, von diesem allgemeinen Grundsatz hier abzuweichen, bestehen nicht. Im Bereich der gesetzlichen Vertretung Minderjähriger kann vielmehr die möglichst baldige Klärung der Frage, ob es zu einem Gerichtsverfahren kommt, aus Gründen des Kindeswohls geboten sein. Entgegen der Rechtsprechung 6 genügt auch bei juristischen Personen die Kenntnis eines Mitglieds des Vertretungsorgans (aA Fischer Rdn. 6; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4; SSW/Rosenau Rdn. 8). Auf die Kenntnis aller Mitglieder des Vorstands abzustellen, wäre nicht sachgerecht. Sind mehrere Antragsberechtigte vorhanden, so läuft die Frist für jeden von ihnen 11 gesondert (Absatz 3); sie beginnt daher für jeden mit seiner Kenntnis des zum Strafantrag berechtigenden Sachverhalts. Dies gilt auch für mehrere zum Strafantrag befugte Dienstvorgesetzte, selbst wenn diese ihrerseits in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander stehen. Ist für den Dienstvorgesetzten ein ständiger Vertreter bestellt, muss sich der Dienstvorgesetzte die Kenntnis dieses ständigen Vertreters zurechnen lassen (BGHSt 44 209; Lampe JR 1999 519). 4. Möglichkeit der Antragstellung. Solange der Berechtigte tatsächlich oder recht- 12 lich verhindert ist, den Strafantrag zu stellen, beginnt die Frist nicht zu laufen, denn in diesem Fall liegt kein „Unterlassen“ nach Abs. 1 S. 1 vor; eine schon in Lauf gesetzte Frist wird durch den Eintritt des Hindernisses gehemmt. Eine tatsächliche Verhinderung ist nur in Ausnahmefällen zu bejahen, etwa für den Fall, dass der Berechtigte ohne Betreuung im Koma liegt, im abgelegenen Ausland nicht über eine Kommunikationsmöglichkeit verfügt oder aufgrund Geisteskrankheit den Sachverhalt nicht erfassen kann (vgl. OLG Schleswig MDR 1980 247). Eine rechtliche Verhinderung einer eigenen Antragstellung liegt im Fall des § 77 Abs. 3 vor der Bestellung eines Pflegers oder Betreuers vor (vgl. OLG Karlsruhe NStZ-RR 2014 143). 5. Gesetzliche Vertretung und Fristenlauf. Der gesetzliche Vertreter übt das Straf- 13 antragsrecht für sein Mündel aus, eine eigene Befugnis hat er nicht (§ 77 Rdn. 43). Daher wird die Kenntnis des Vertreters und folglich auch der so ausgelöste Fristenlauf dem Vertretenen zugerechnet. Lässt der gesetzliche Vertreter die Antragsfrist verstreichen, oder bringt er das Antragsrecht sonst zum Erlöschen, so ist dies für den Mündel bindend (RGSt 24 427, 431). Wechselt die Person des gesetzlichen Vertreters, verbleibt dem Nachfolger lediglich der etwaige von dem Vorgänger nicht ausgenutzte Rest der Antragsfrist; 7 insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der neue gesetzliche Vertreter dieselbe Kenntnis von Tat und Täter hat wie der alte. Daher läuft die Antragsfrist vom Zeitpunkt der Bestellung des Nachfolgers an weiter.
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So für Eltern BGHSt 22 103; BGHR StGB § 77b II 1 Eltern 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4. RGSt 35 267, 270; 47 338, 339; 68 263, 265; Bay-ObLGSt 1955 225, 230. BGHSt 6 155, 157, 159; RGSt 5 190, 192; 24 427, 431; 36 64, 65.
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Fraglich ist, ob sich am Fristenlauf etwas ändert, wenn während dieses Zeitraums die gesetzliche Vertretung beginnt oder endet. In Betracht kommt dies, wo der Verletzte nach dem Beginn der Antragsfrist volljährig wird oder, nachdem er geschäftsunfähig geworden war, einen Betreuer erhält. Der Eintritt des nunmehr zum Antrag Befugten in eine bereits laufende Antragsfrist kann ihn zu übereilten Entscheidungen nötigen oder sein Antragsrecht auch hinfällig machen, wenn er vom Fristenlauf nicht unterrichtet wird. Aber die Annahme, dass mit dem „Hineinwachsen“ des Minderjährigen in die bisher von den Eltern nicht genutzte Antragsbefugnis eine neue Frist von drei Monaten für den nunmehr Volljährigen beginne,8 ist rechtlich nicht zu begründen. Hat der Vertreter die Frist vor dem Ende der gesetzlichen Stellvertretung verstreichen lassen, ist das dem Vertretenen voll zuzurechnen; dieser kann den Strafantrag nicht mehr nachholen. Beim nur teilweisen Ablauf der Strafantragsfrist sind aus dem Gesetz keine anderen Zurechnungsmaßstäbe herzuleiten. Der jetzt Volljährige tritt in die Antragsfrist ein, wie er sie mit dem Erreichen der Volljährigkeit vorfindet (SSW/Rosenau Rdn. 8; aA Dallmeyer BeckOK Rdn. 3; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 17; Wolter SK Rdn. 7). Dafür spricht auch, dass der volljährig Gewordene den von seinem gesetzlichen Vertreter gestellten Antrag ohne Bindung an dessen Willen zurücknehmen kann (RGSt 22 256; 24 427, 431); dies ist nur möglich, weil die Handlung des Vertreters nach dem Recht der Stellvertretung in allen Belangen als Tun des Vertretenen gilt. Ebenso tritt ein Betreuer in eine für den Betreuten laufende Antragsfrist ein, sofern dieser nach ihrem Beginn geschäftsunfähig geworden ist und nunmehr die Betreuerbestellung erfolgt. Denn auch dem Betreuer wachsen keine weiteren Rechte zu, als sie der Betreute hatte. IV. Fristbeginn beim Übergang des Antragsrechts
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Eine Sonderregelung trifft Absatz 4 für die Fälle, in denen das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen ist (§ 77 Abs. 2). Ist das Antragsrecht übergegangen, so eröffnet Absatz 4 dem nunmehr Berechtigten eine neue Frist. Unerheblich ist, ob für den Verletzten schon eine Frist lief und welchen Teil von ihr er hatte verstreichen lassen, sofern ihm überhaupt noch ein Rest zur Verfügung stand. Die neue Frist beträgt 3 Monate und beginnt nach den allgemeinen Regeln mit der Kenntnis von Tat und Täter (Rdn. 5 ff), jedoch frühestens mit dem Ende des Todestages des Verletzten, an dem das Antragsrecht übergegangen ist. Stirbt während des Laufs der Antragsfrist der neue Berechtigte, so beginnt, sofern sich dadurch ein neuerlicher Übergang des Antragsrechts vollzieht (§ 77 Rdn. 58), abermals eine volle neue Frist. Unabhängig vom Lauf jeglicher Antragsfrist erlischt das Antragsrecht jedoch 6 Monate nach dem Tode des Verletzten. V. Ruhen des Fristenlaufs
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Nach Absatz 5 ruht der Lauf der Strafantragsfrist während des Sühneverfahrens vor der Vergleichsbehörde nach § 380 StPO (dazu BTDrucks. 10/1313). Die Tage des Eingangs des Sühneantrags und der Ausstellung der Bescheinigung gehören zu dem Zeitraum, in welchem der Fristenlauf ruht (Fischer Rdn. 12). Mängel des Sühnebegehrens sind ohne Einfluss auf die in Absatz 5 angeordnete Rechtsfolge (OLG Hamburg NStE § 77b Nr. 1; SSW/Rosenau Rdn. 11). Andere Ereignisse als die Ausstellung der Fruchtlosigkeitsbescheinigung durch die Vergleichsbehörde bewirken ein Ende des Ruhens nicht (OLG Hamburg aaO).
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AA RGSt 24 427, 431; 69 378, 379.
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Wechselseitig begangene Taten | § 77c
Voraussetzung für die Anwendung des Absatzes 5 ist jedoch, dass die Vergleichsbehörde überhaupt zur Vornahme eines Sühneversuchs befugt ist. Der Privatkläger muss sich ferner an die nach Landesrecht richtige Vergleichsbehörde gewandt haben, anderenfalls läuft die Antragsfrist weiter.
§ 77c Wechselseitig begangene Taten 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Wechselseitig begangene Taten Greger/Weingarten § 77c https://doi.org/10.1515/9783110491302-031
Hat bei wechselseitig begangenen Taten, die miteinander zusammenhängen und nur auf Antrag verfolgbar sind, ein Berechtigter die Strafverfolgung des anderen beantragt, so erlischt das Antragsrecht des anderen, wenn er es nicht bis zur Beendigung des letzten Wortes im ersten Rechtszug ausübt. Er kann den Antrag auch dann noch stellen, wenn für ihn die Antragsfrist schon verstrichen ist. Schrifttum Dürwanger/Dempewolf Handbuch des Privatklagerechts, 3. Aufl. (1971); Schreiber Widerklage und Strafantragsfristen, NJW 1949 497; s. ferner Vor § 77.
Entstehungsgeschichte Vorläufer der Vorschrift sind § 198 a.F., § 232 Abs. 3 a.F. Die Bestimmung ist eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzung | 2 1. Antragsdelikte | 3 2. Strafantrag | 4
III.
3. Verschiebung der Antragsfrist | 5 4. Wechselseitige Tatbegehung | 6 5. Zusammenhang | 7 Rechtsfolgen | 8
I. Allgemeines Die Vorschrift bezweckt die endgültige Bereinigung von Vorfällen, bei denen mehre- 1 re Beteiligte wechselseitig die Rechte des jeweils anderen mittels Antragsdelikten verletzt haben. Zu diesem Zweck setzt der Gesetzgeber einen Endpunkt für die Anbringung des Strafantrags der Gegenseite, verlängert oder erneuert aber ferner aus Billigkeitsgründen die Antragsbefugnis des Beteiligten, wenn dieser seine Frist noch nicht genutzt hatte (zu den Motiven RGSt 44 161, 163 ff). Liegt auf der einen Seite ein Strafantrag vor, so darf der Kontrahent in dem gegen ihn geführten Strafverfahren einen Strafantrag bis zur Beendigung des letzten Wortes im ersten Rechtszuge stellen. Darin kann für den Angeklagten eine Verkürzung seiner Antragsfrist liegen, wenn die Hauptverhandlung entsprechend früh stattfindet (E 1962 S. 255) oder auch eine Verlängerung oder ein Wiederaufleben des Antragsrechts, wenn die Hauptverhandlung später stattfindet. Die Bestimmung steht in engem Zusammenhang mit § 388 StPO, wonach der Beschuldigte eines Privatklageverfahrens bis zur Beendigung des letzten Wortes im ersten Rechtszuge Widerklage erheben kann.
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§ 77c | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
II. Voraussetzung 2
Voraussetzungen für die rechtliche Verknüpfung nach § 77c sind das Vorliegen wechselseitig begangener, zusammenhängender Antragsdelikte und die Existenz eines Strafantrags eines dazu Berechtigten.
3
1. Antragsdelikte müssen von beiden Kontrahenten verwirklicht sein. Auf die Art des Antragsdelikts kommt es im Gegensatz zum früheren Recht (§ 198 a.F., § 232 Abs. 3 a.F.) aber nicht an (E 1962 S. 255). § 77c greift deshalb auch ein, wenn sich etwa Sachbeschädigung und Körperverletzung, Diebstahl nach § 248a und Jagdwilderei oder die Verletzung verschiedener gewerblicher Schutzrechte gegenüberstehen. Unerheblich ist auch, ob das Strafverfahren gegen den Antragsberechtigten von der Staatsanwaltschaft oder im Wege der Privatklage betrieben wird (BayObLGSt 1960 27, 29) und ob neben den Antragsdelikten auch Offizialdelikte verwirklicht sind.
4
2. Strafantrag. Wegen der Tat, die den Gegenstand des Ermittlungs- oder Strafverfahrens bildet, muss ein noch wirksamer Strafantrag vorliegen. Hat der Gegner seinen Antrag zurückgenommen, besteht kein Anlass, das Antragsrecht des Beschuldigten gesondert zu reglementieren, auch wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 230 Abs. 1 weiter betreibt. Nicht erforderlich ist , dass der Strafantrag der Gegenseite von dem Verletzten selbst gestellt ist. Es reicht aus, wenn der Dienstvorgesetzte (§ 77a) oder ein sonstiger weiterer Antragsberechtigter das Verfahren in Gang gebracht hatte. Das Bedürfnis nach endgültiger Bereinigung zusammenhängender Taten besteht auch in einem solchen Fall. Darüber hinaus gebietet der sachliche Zusammenhang der Vorschrift mit den Regeln des Privatklagerechts eine solche Auslegung. Widerklage gegen den Verletzten kann der Beschuldigte bis zur Beendigung seines letzten Wortes im ersten Rechtszuge auch erheben, wenn die Privatklage nicht vom Verletzten erhoben ist (§ 388 Abs. 2, § 374 Abs. 2 StPO). Dann muss ihm das zur Ausübung der Widerklagebefugnis notwendige Strafantragsrecht in demselben Umfang eingeräumt sein.1
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3. Verschiebung der Antragsfrist. Findet die Hauptverhandlung zu einem relativ frühzeitigen Zeitpunkt statt, verkürzt Satz 1 die Antragsfrist auf Seiten des Beschuldigten (nicht für die anderen Antragsberechtigten). Eine Ausnahme wird jedoch dann anerkannt, wenn der Berechtigte bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis von der Tat hatte. 2 Denn die Befriedungsfunktion der Hauptverhandlung würde hier fehllaufen. Findet die Hauptverhandlung zu einem späten Zeitpunkt statt, stellen S. 1 und S. 2 sicher, dass dem Angeklagten sein eigenes Antragsrecht bis zu seinem letzten Wort (§ 258 Abs. 2 StPO) offen steht. Auch von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen: Hatte der Angeklagte seinen Antrag vormals bereits zurückgenommen oder darauf verzichtet, lebt das Strafantragsrecht im Laufe der Hauptverhandlung nicht wieder auf. Anderenfalls wäre der Zweck der Vorschrift ins Gegenteil verkehrt (im Ergebnis auch Lackner/Kühl/ Kühl Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4). Hat der Beschuldigte seine eigene Tat erst begangen, nachdem seine wegen der Tat des Gegners gegebene Antragsfrist verstrichen war, begründet Satz 2 keine neue Antragsfrist für die erste Tat; andernfalls könnte der
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Fischer Rdn. 2. OLG Hamm JMBlNRW 1963 145; Fischer Rdn. 3 Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4; Mitsch MK Rdn. 8.
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Wechselseitig begangene Taten | § 77c
Angeklagte durch die Begehung einer weiteren Tat die eigene Fristversäumnis aushebeln.3 4. Wechselseitige Tatbegehung liegt vor, wenn der Verletzte der Tat, welche den 6 Gegenstand der Anschuldigung bildet, seinerseits als Täter oder Teilnehmer in Rechtsgüter des Beschuldigten eingegriffen hat (vgl. RGSt 2 87; Mitsch MK Rdn. 3). Die Wechselseitigkeit muss nach den Ermittlungen objektiv vorliegen, die bloße Behauptung genügt nicht.4 Ob der wechselseitige Zusammenhang tatsächlich besteht und den Fristenlauf beeinflussen konnte, ist dann im Zusammenhang mit der Prüfung eines wirksamen Strafantrags im Strafverfahren gegen den Antragsgegner festzustellen. Möglich ist auch mehrfache Wechselseitigkeit (LG Zweibrücken MDR 1958 117). 5. Zusammenhang. Der nach dem Gesetz notwendige Zusammenhang zwischen 7 den wechselseitig begangenen Taten braucht nicht rechtlicher Art zu sein; ein tatsächlicher Zusammenhang genügt (E 1962 S. 255; vgl. für § 388 StPO BGHSt 17 194, 197). Ein solcher ist typischerweise gegeben, wo die eine Rechtsverletzung aus der anderen erwachsen ist (Prügelei) oder wo sich beide Rechtsverletzungen auf dieselbe Ursache zurückführen lassen, also auch bei Fahrlässigkeitsdelikten (Verkehrsunfall). Die Zweittat muss sich aber nicht als „Erwiderung auf der Stelle“ darstellen; auch ein erheblicher Zeitabstand steht der Annahme eines Zusammenhangs – etwa bei Revanchehandlungen – nicht entgegen (s. aber Rdn. 5). Die Anwendung des § 77c ist nicht auf Vorsatztaten beschränkt (BayObLGSt 1960 27, 29; OLG Hamm JMBlNRW 1963 145). III. Rechtsfolgen Liegen die Voraussetzungen des § 77c vor, so erlischt das Strafantragsrecht des Be- 8 schuldigten für ihn endgültig, wenn er es nicht bis zur Beendigung des letzten Wortes im ersten Rechtszuge ausübt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann er den Strafantrag in der Form des § 158 StPO stellen, selbst wenn seine Antragsfrist an sich schon verstrichen war (zu den Ausnahmen s. Rdn. 5). Eine Neuverhandlung der Sache nach Zurückverweisung durch das übergeordnete Gericht gehört in diesem Sinne nicht mehr zum ersten Rechtszug (Fischer Rdn. 3). Das Erlöschen beschränkt sich auf das Antragsrecht des Beschuldigten, die Rechte sonstiger Berechtigter (z.B. nach § 77a) bleiben erhalten. Das steht zwar in einem gewissen Widerspruch zu dem Gesetzeszweck (Rdn. 1, s. ferner Rdn. 4), folgt aber aus der Selbständigkeit der einzelnen Antragsbefugnisse (§ 77 Abs. 4).Stellt der Beschuldigte den Strafantrag, sollte das Gericht die gemeinsame Verhandlung der gegenseitigen Tatvorwürfe anstreben. Im Offizialverfahren bietet sich dazu die Übernahme der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft und die Verbindung der Verfahren an; geschieht dies nicht, sind die Verfahren aber selbständig zu Ende zu führen (RGSt 29 116). Im Privatklageverfahren eröffnet § 388 StPO dem Beschuldigten die Möglichkeit der Widerklage, deren rechtzeitige Erhebung aber ebenfalls nicht erzwingbar ist.
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RGSt 44 161, 163; BayObLGSt 1959 61; Fischer Rdn. 4; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 2. Dallmeyer BeckOK Rdn. 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 2; aA BayObLG NJW 1959 304.
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§ 77d | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
§ 77d Zurücknahme des Antrags 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Zurücknahme des Antrags Greger/Weingarten § 77d https://doi.org/10.1515/9783110491302-032
(1) Der Antrag kann zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens erklärt werden. Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden. (2) Stirbt der Verletzte oder der im Falle seines Todes Berechtigte, nachdem er den Antrag gestellt hat, so können der Ehegatte, der Lebenspartner, die Kinder, die Eltern, die Geschwister und die Enkel des Verletzten in der Rangfolge des § 77 Abs. 2 den Antrag zurücknehmen. Mehrere Angehörige des gleichen Ranges können das Recht nur gemeinsam ausüben. Wer an der Tat beteiligt ist, kann den Antrag nicht zurücknehmen. Schrifttum Härtung Welche Wirkung hat der vor der Vergleichsbehörde (§ 380 StPO) geschlossene Vergleich auf das Strafverfahren? ZStW 63 (1951) 412; Holland Die Wirksamkeit eines im Vergleichsverfahren nach § 380 StPO erklärten Verzichts auf das Strafantragsrecht, Rpfleger 1968 45; Haas Vereinbarungen im Strafverfahren, NJW 1988 1345; Peglau Rücknahme des Strafantrags nach horizontaler Teilrechtskraft, jurisPRStrafR 3/2013 Anm. 1.
Entstehungsgeschichte S. Vor § 77. Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG; Änderung (allgemeine Einführung der Rücknahmemöglichkeit) durch Art. 18 Nr. 44 EGStGB; s. ferner Art. 16, 291 EGStGB. Absatz 2 Satz 1 ergänzt durch Art. 3 § 32 Nr. 3 LPartG vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266).
I. II.
III.
Übersicht Allgemeines | 1 Rücknahmeerklärung 1. Inhalt | 2 2. Form. Adressat | 3 Rücknahmeberechtigter 1. Antragsteller | 4 2. Vertretung | 5
3.
IV.
V.
Übergang der Rücknahmebefugnis | 6 Zeitpunkt der Rücknahme. Wirkung 1. Zeitpunkt | 7 2. Wirkung | 7a Verzicht | 8
I. Allgemeines 1
Die Vorschrift regelt die Rücknahme des Strafantrags. Zur Sicherung der Dispositionsfreiheit des Antragsberechtigten wird ihm auch noch nach der Einleitung des Verfahrens die Möglichkeit eröffnet, auf die Strafverfolgung in Bezug auf das Antragsdelikt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bestimmenden Einfluss zu nehmen. Die Konzeption soll den außergerichtlichen Ausgleich der durch die Tat beeinträchtigten Interessen erleichtern (Begründung des Entwurfs des EGStGB, BTDrucks. 7/550 S. 215; Maurach/Gössel/Zipf/Laue § 75 Rdn. 32). Die Regelung birgt jedoch auch Gefahren, weil sie einerseits den Antragsteller einem Druck des Beschuldigten zur Antragsrücknahme aussetzen kann und andererseits den Handel mit dem Strafantragsrecht fördert (Rieß DJT-Gutachten Rdn. 95; Mitsch MK Rdn. 3 zur Nötigungsstrafbarkeit). Zur Abgrenzung zu dem nicht ausdrücklich geregelten Verzicht vgl. unten Rdn. 8.
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Zurücknahme des Antrags | § 77d
II. Rücknahmeerklärung 1. Inhalt. Die Möglichkeit, den Antrag zurückzunehmen, ist die logische Konsequenz 2 der gesetzgeberischen Entscheidung, die Strafverfolgung bezüglich einzelner Delikte vom Willen des Verletzten abhängig zu machen. Sie bedarf keiner bestimmten Wortwahl und keiner bestimmten Form, muss jedoch zweifelsfrei zum Ausdruck bringen, dass der Berechtigte die Strafverfolgung nicht mehr will oder auf die Strafverfolgung keinen Wert mehr legt (OLG Hamm JMBlNRW 1955 44, 45). Eine missverständliche oder unklare Erklärung ist auszulegen. Bleiben Zweifel, fehlt es an einer wirksamen Rücknahme.1 Die Rücknahme der Privatklage umfasst mangels Vergleichbarkeit der Interessenlage nicht notwendig auch eine Rücknahme des zugrunde liegenden Strafantrags (RGSt 8 207; 19 284; Fischer Rdn. 3); schon gar nicht berührt eine lediglich nach § 391 Abs. 2 StPO fingierte Klagerücknahme den Bestand des Strafantrags (OLG Karlsruhe HRR 1925 Nr. 645). Auch die Reichweite der Rücknahme ist im Zweifel durch Auslegung zu bestimmen. Der Berechtigte kann seine Erklärung auf abtrennbare Tatteile, auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, oder auf bestimmte Personen beschränken.2 Liegt auch ein Offizialdelikt vor, hindert die Rücknahme nicht deren Verfolgung (BGHSt 39 239 ff; RGSt 5 274; 32 280). Die Rücknahme ist als prozessuale Erklärung bedingungsfeindlich (BGHR StGB § 77d Rücknahme 1; RGSt 48 195, 196). Von einer Rechtsbedingung und davon, dass ihn keine Kosten treffen (§ 470 Satz 2 StPO), darf der Antragsteller die Rücknahme seines Antrags aber abhängig machen (BGH aaO; BGHSt 9 149, 154; 16 105, 107; 29 396, 397). Die Feststellungen zur Antragsrücknahme können im Freibeweisverfahren getroffen werden. Ein Motivirrtum ist unbeachtlich. 2. Form. Adressat. Da eine dem § 158 Abs. 2 StPO entsprechende Vorschrift fehlt, ist 3 die Rücknahme formfrei, also auch mündlich möglich.3 Sie muss aber der mit der Sache befassten Stelle gegenüber erklärt werden.4 Das ist bis zur Anklageerhebung die ermittelnde Dienststelle der Polizei oder die Staatsanwaltschaft, danach das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist (BGHSt 16 105, 108), nach Rücknahme der Anklage wiederum die Staatsanwaltschaft (BGH aaO S. 109). Die der nicht befassten Stelle gegenüber abgegebene Rücknahmeerklärung wird erst wirksam, sobald sie bei der zuständigen Stelle eingegangen ist (BGHSt 16 105, 108; RGSt 55 23, 25; OLG Koblenz GA 1976 282); bis dahin bleibt die Erklärung widerruflich. Erklärungen gegenüber dem Täter, einschließlich solcher vor der Vergleichsbehörde nach § 380 StPO, stellen daher keine Rücknahme des Strafantrags dar (RGSt 76 345; KG Urteil vom 25. Juni 2001 – (3) 1 Ss 4/01 (26/01); Mitsch MK Rdn. 3). Aus einem Vergleich, in dem sich der Antragsteller zur Rücknahme verpflichtet, kann aber auf Erfüllung geklagt werden.5 Eine Rücknahmeerklärung, die noch
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1 RGSt 48 195; OLG Hamm JMBlNRW 1955 44, 45; LG Krefeld VRS 31 436; Fischer Rdn. 3; Schwarz NJW 1950 124, 125; aA Michael Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahrensrecht (1981) S. 24; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 6; Stree In dubio pro reo S. 61 ff; Sulanke Die Entscheidung bei Zweifeln über das Vorhandensein von Prozeßvoraussetzungen und Prozeßhindernissen im Strafverfahren (1974) S. 110. 2 E 1962 S. 256; OLG Hamm JMBlNRW 1955 44, 45; Fischer Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 9, 10; überholt insoweit RGSt 49 432, 433. 3 BGHR StGB § 77d Rücknahme 1; RGSt 8 79, 80; 55 23, 24; RG GA 1893 28, 29; Dallmeyer BeckOK Rdn. 3; Fischer Rdn. 2; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 5; aA LG Kiel NJ W 1964 263. 4 RGSt 8 79, 80; 52 200; 55 23, 25; 76 345; OLG Koblenz GA 1976 282; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 5. 5 BGH NJW 1974 900 m. abl. Anm. D. Meyer NJW 1974 1325; OLG München MDR 1967 223; für unmittelbare Rechtswirkung hingegen Schünemann Absprachen im Strafverfahren? Gutachten z. 58. DJT (1990) B 68 Fn. 164.
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§ 77d | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
vor dem Strafantrag der Adressatenstelle zugeht, ist wirksam und macht den nachfolgend eingehenden Strafantrag unwirksam (Mitsch MK Rdn. 6). III. Rücknahmeberechtigter 4
1. Antragsteller. Da die einzelnen Antragsrechte voneinander unabhängig sind (§ 77 Abs. 4), kann ein Berechtigter nicht über den Antrag des anderen verfügen. Jeder Antragsteller kann daher nur seinen eigenen Antrag zurücknehmen. Der Minderjährige kann den von seinem gesetzlichen Vertreter gestellten Antrag nach Erlangung der Volljährigkeit ohne Bindung an dessen Willen zurücknehmen (RGSt 22 256; 24 427, 431).
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2. Vertretung. Für die Vertretung gelten im Wesentlichen dieselben Grundsätze wie für die Antragstellung (§ 77 Rdn. 43). Für den nicht voll Geschäftsfähigen handelt sein gesetzlicher Vertreter. Wechselt die Person des Vertreters, so kann der Nachfolger den von seinem Vorgänger gestellten Strafantrag ohne Bindung an dessen Willen zurücknehmen. Zugleich muss der Nachfolger die von seinem Vorgänger geschaffene Lage so übernehmen, wie er sie vorfindet. An eine von diesem erklärte Rücknahme ist er daher gebunden (RGSt 36 64, 65). Wie Absatz 2 Satz 3 ergibt, gilt auch für die Rücknahme der allgemeine Grundsatz, dass der Tatbeteiligte nicht wirksam den Antrag zurücknehmen kann. Besteht Gesamtvertretung wie in der Regel bei Minderjährigen (§§ 1626, 1629 BGB), so gilt dies auch für die Rücknahme.6 Die Stellung und die Rücknahme des Antrags sind spiegelbildlich ausgestaltet. Nach den allgemeinen Stellvertretungsregeln genügt daher die Erklärung eines Teils, wenn der andere in sie vorher eingewilligt hat (OLG Hamm VRS 106 192 für die Stellung des Strafantrags). Ist ein zur Gesamtvertretung berufener Elternteil als Täter rechtlich verhindert, für sein durch die Tat verletztes Kind Strafantrag zu stellen, ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich (§ 1629 Abs. 2 S. 1, § 1795 Abs. 1 Nrn. 3, 1, § 1909 BGB).7 Gewillkürte Stellvertretung ist unbeschränkt zulässig. Bei Strafanträgen, die die Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter betreffen, ist – sofern sich die Vollmacht darauf erstreckt – eine Vertretung im Willen zulässig (BGHSt 9 149, 151 f).
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3. Übergang der Rücknahmebefugnis. Während das Recht zur Stellung des Strafantrags nach dem Tode des Verletzten nur in den Fällen auf Angehörige übergeht, die das Gesetz ausdrücklich bestimmt (§ 77 Abs. 2), geht das Recht zur Rücknahme des bereits gestellten Strafantrags stets über, außer der Antragsteller hinterlässt keinen der in § 77d aufgeführten Angehörigen. Die Rangordnung der Rücknahmeberechtigten bestimmt Absatz 2 S. 1 i.V.m. § 77 Abs. 2. Solange ein Mitglied einer vorgehenden Ordnung vorhanden ist, kann kein Mitglied einer späteren Gruppe das Rücknahmerecht ausüben (E 1962 S. 256). Die Angehörigeneigenschaft und die Rangfolge bestimmen sich nach dem Wortlaut der Vorschrift immer im Verhältnis zum Verletzten, nicht zu den Personen, auf die das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 übergegangen ist. Mehrere Angehörige gleichen Ranges können die Rücknahme nur gemeinsam erklären. Gemeinsamkeit bedeutet nicht notwendig Gleichzeitigkeit oder Erklärung in einer Urkunde. Tatbeteiligte scheiden als Rücknahmeberechtigte aus. Heranzuziehen ist insoweit § 28 Abs. 2. Begünstigung, Hehlerei und Strafverei-
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6 Boeckmann NJW 1960 1938, 1940; Fischer Rdn. 5; aA Kohlhaas NJW 1960 1, 2; 1960 1940; H. Lange NJW 1961 1889, 1894. 7 OLG Hamburg StraFo 2013 282 für die Stellung des Strafantrags; aA OLG Celle NJW 1996 2666.
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Zurücknahme des Antrags | § 77d
telung fallen daher nicht unter den Begriff. der Tatbeteiligung (Fischer Rdn. 8; Wolter SK Rdn. 3; aA Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4). IV. Zeitpunkt der Rücknahme. Wirkung 1. Zeitpunkt. Die Rücknahme ist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfah- 7 rens möglich. Die Rücknahme ist daher unbeschadet einer Rechtskraft des Schuldspruchs bis zur Rechtskraft des Rechtsfolgenausspruchs noch zulässig (KG Berlin StraFo 2013 20; OLG Zweibrücken MDR 1991 1078; Fischer Rdn. 7; Wolter SK Rdn. 2 mwN). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen eine bereits eingetretene Rechtskraft. Die erloschene Befugnis zur Antragsrücknahme lebt in diesen Zeitpunkten wieder auf. 2. Wirkung. Die Rücknahme des Antrags bei der zuständigen Stelle beseitigt den 7a Strafantrag endgültig; er kann nicht neu gestellt werden (Absatz 1 Satz 3). Die Rücknahme selbst ist als Prozesserklärung weder widerruflich (RGSt 36 64, 65) noch wegen Irrtums oder Drohung anfechtbar (KG JW 1931 227; OLG Koblenz StraFo 2005 129; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 6, 8). Ausnahmsweise kann die unter Drohung oder durch behördliche Täuschung erzwungene Antragsrücknahme aber rechtlich wirkungslos sein, wenn sich die Erklärung als nicht vom Willen des Erklärenden getragen erweist.8 Ein durch bloße unrichtige Rechtsauskunft der Polizei entstandener Motivirrtum erfüllt diese Voraussetzung aber nicht (unzutr. KG JR 1988 480), weil eine Erforschung der Motive des Antragstellers ebenso wie bei der Anbringung des Antrages (§ 77 Rdn. 56) unterbleiben muss. Ist der Strafantrag zurückgenommen, ist eine Strafverfolgung oder eine Verurteilung wegen des Antragsdelikts nicht mehr möglich. Da es sich um eine Prozessvoraussetzung handelt, ist das Revisionsgericht nicht an die Feststellungen des Tatrichters gebunden; das Vorliegen eines wirksamen Strafantrags ist vielmehr in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen anhand der Akten zu prüfen und das Fehlen des Antrags ist von Amts wegen zu beachten (BGH NJW 1994 1165; BGHSt 6 155, 156). Trotz der Antragsrücknahme bleibt die Tat verfolgbar, soweit zugleich ein Offizialdelikt vorliegt (BGHSt 39 239 ff), oder wenn die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse nach § 230 Abs. 1, § 205 Abs. 1, § 248a bejaht, anderenfalls ist das Strafverfahren einzustellen, §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO. Die Kostenpflicht regelt § 470 StPO (vgl. dazu OLG Nürnberg Beschl. v. 30.6.2009 – 2 Ws 240/09). Dem Rücknehmenden ist bezüglich der Kostenauferlegung rechtliches Gehör zu gewähren (Gieg KK § 470 Rdn. 2). V. Verzicht Der Antragsberechtigte kann auf sein Strafantragsrecht, bevor er es ausgeübt hat, 8 rechtswirksam verzichten.9 Ein derartiger Verzicht ist zwar nicht gesetzlich geregelt, ist aber die logische Folge der Dispositionsfreiheit des Antragsberechtigten. Die Verzichtserklärung muss zweifelsfrei den Willen zum Ausdruck bringen, sich des Strafantragsrechts endgültig zu begeben. Im Zweifel ist die Erklärung auszulegen. In der Äußerung,
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8 Vgl. BGHSt 17 14, 18; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 8. 9 BGH LM StGB § 194 Nr. 5; RGSt 76 345; 77 157, 159; OLG Oldenburg DAR 1959 298; LG Dortmund DAR 1957 244; LG Krefeld VRS 31 436; LG Heilbronn Justiz 1980 480; Fischer § 77 Rdn. 30; Hartung ZStW 63 (1951) 412, 422; ; Mitsch MK Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch § 77 Rdn. 31; Wolter SK § 77b Rdn. 3; aA (überholt) RGSt 3 221; 14 202, 204; RG Rspr. 3 181, 183.
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§ 77e | 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen
keinen Strafantrag stellen zu wollen, liegt eine solche Willenskundgabe regelmäßig noch nicht (OLG Hamm JMBlNRW 1953 35; OLG Oldenburg DAR 1959 298; abw. LG Dortmund DAR 1957 244). Im Zweifel liegt kein Verzicht vor. Die Verzichtserklärung ist formlos (aA LG Kiel NJW 1964 263) gegenüber der mit der Sache befassten Strafverfolgungsbehörde abzugeben.10 Der Verzicht gegenüber dem Täter oder einer Stelle, die mit der Strafverfolgung nichts zu tun hat, ist unbeachtlich (RGSt 76 345). Wird der Verzicht auf den Strafantrag bei der Vergleichsbehörde nach § 380 StPO erklärt, handelt es sich um eine wirksame Verzichtserklärung. Denn das obligatorische Sühneverfahren dient dazu, die Anrufung des Gerichts zu vermeiden. Mit dieser Zielsetzung wäre es unvereinbar, einem vor der Vergleichsbehörde erklärten Verzicht die rechtliche Anerkennung zu versagen.11 Der Verzicht auf den Strafantrag ist zu unterscheiden von einem Verzicht auf die Privatklage; letzterer enthält nicht zwingend einen Verzicht auch auf den Strafantrag; ob dies der Fall ist, ist vielmehr Auslegungsfrage (OLG Celle HRR 1926 Nr. 997). Zum Verzicht berechtigt ist, wer antragsmündig ist (LG Dortmund DAR 1957 244; LG Krefeld VRS 31 436). Besteht bei gesetzlicher Vertretung Gesamtvertretung, genügt die Erklärung des einen Teils, wenn der andere darin eingewilligt hat. Fehlt es an der notwendigen Mitwirkung eines Gesamtvertreters, ist der Verzicht unwirksam (Rdn. 5; aA LG Heilbronn Justiz 1980 480). Der Verzicht beseitigt das Antragsrecht endgültig (BGH LM StGB § 194 Nr. 5; OLG Hamm JMBlNRW 1953 35; LG Dortmund DAR 1957 244; Mitsch MK Rdn. 7; Wolter SK § 77b Rdn. 3); eine Anfechtung wegen Irrtums ist ausgeschlossen (abw. LG Kiel NJW 1964 263).
§ 77e Ermächtigung und Strafverlangen 4. Abschnitt – Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen Ermächtigung und Strafverlangen Greger/Weingarten § 77e https://doi.org/10.1515/9783110491302-033
Ist eine Tat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar, so gelten die §§ 77 und 77d entsprechend. 10 11
Schrifttum Schlichter Der Strafantrag, die Strafverfolgungsermächtigung und die Anordnung der Strafverfolgung unter besonderer Berücksichtigung der Staatsschutzdelikte, GA 1966 353.
Entstehungsgeschichte Die Vorschrift ist, ohne Vorbild im früheren Recht, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG. 1
1. Ermächtigung und Strafverlangen sind Verfahrensvoraussetzungen,1 die sich in ihrer Rechtsnatur nicht wesentlich vom Strafantrag unterscheiden. Ihre Besonderheit hängt mit der Art der Tatbestände zusammen, für die sie gelten. Die Strafverfolgung ist hier gewöhnlich in besonderer Weise mit politischen Fragen und staatlichen Geheimhaltungsinteressen verknüpft, deren Erörterung vor Gericht dem Gemeinwohl scha-
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10 BGH LM StGB § 194 Nr. 5; RGSt 77 157; LG Krefeld VRS 31 436. 11 Hartung ZStW 63 (1951) 412, 425; RGSt 77 157, 159; RG HRR 1938 Nr. 1563; Sch/Schröder/Bosch § 77d Rdn. 5; Holland Rpfleger 1968 45. 1
BGHSt 11 11, 14; 20 22, 27; Fischer Rdn. 1; Lackner/Kühl/Kühl Rdn. 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1.
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den kann. Es geht daher um die politisch sinnvolle Handhabung der Strafrechtspflege (Geerds GA 1982 237, 245). Daher lässt sich aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 GG) kein Anspruch auf eine Ermächtigung oder ein Strafverlangen ableiten. Zur Verfassungsmäßigkeit von § 129b (Verfolgungsermächtigungserfordernis bei kriminellen oder terroristischen Vereinigungen im EU-Ausland) vgl. OLG München NJW 2007 2786. Vorgesehen ist die Ermächtigung in § 90 Abs. 4, § 90b Abs. 2, § 97 Abs. 3, § 104a, § 129b Abs. 1, § 194 Abs. 4, § 257 Abs. 4; 323a Abs. 3; § 353a Abs. 2, § 353b Abs. 4. Im Ordnungswidrigkeitenrecht stellt § 131 Abs. 2 OWiG auf die Ermächtigung ab. Ein Strafverlangen (vgl. § 104a) ist das Ersuchen eines fremden Staates um Ahndung einer Tat, die sich gegen ihn richtet und nach deutschem Recht strafbar ist. Um eine als Verfahrensvoraussetzung ausgestaltete Mischform aus Ermächtigung und Strafverlangen dürfte es sich bei Ermittlungsersuchen nach Art. 218 Abs. 2 des Seerechtsübereinkommens (BGBl. II 1994 S. 1799) handeln (vgl. LG Hamburg TranspR 2003 407 m. Anm. Sander). Der Antrag nach Art. 194 Abs. 1 im Euratom-Vertrag stellt keine Prozessvoraussetzung dar (BGHSt 17 121, 123). Bei Auslandstaten ist es für die Anwendung des deutschen Strafrechts (§ 7) unerheblich, ob das fremde Recht die Verfolgbarkeit der Tat an ein Strafverlangen knüpft (BGHSt 20 22, 27 ). 2. Die Staatsanwaltschaft hat von Amts wegen die notwendigen Erklärungen ein- 2 zuholen (RGSt 33 66, 70 f; RiStBV Nr. 6 Abs. 5 und Nrn. 209–212). Die Ermächtigung braucht dann lediglich zum Ausdruck zu bringen, dass kein Widerspruch gegen die Verfolgung des Täters erhoben werde (RGSt 33 66, 70, 71; Schlichter GA 1966 353). Bis zu ihrem Eingang ist die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen befugt; Grundrechtseingriffe sind aber aus Verhältnismäßigkeitsgründen auf Sicherungsmaßnahmen zu beschränken; für Festnahme und Verhaftung gelten § 127 Abs. 3 S. 2, § 130 Satz 3 StPO. 3. Die Ermächtigung und das Strafverlangen sind formlos wirksam (RGSt 18 382; 33 3 66, 70; 70 356, 357; Mitsch MK Rdn. 1) und nicht fristgebunden. Sie bedürfen keiner Begründung (vgl. Altvater NStZ 2003 179, 182 zu § 129b). Die Erteilung wie auch die Rücknahme stehen im Ermessen des Berechtigten (für eine Willkürgrenze OLG München NJW 2007 2786; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 2). Beide Erklärungen müssen sich auf ein bestimmtes Geschehen beziehen und erfassen dann die Tat im Sinne des § 264 im Ganzen, sind aber wie der Strafantrag persönlich und sachlich beschränkbar.2 In der Ermächtigung muss der Wille zum Ausdruck kommen, die mit Ermächtigung verfolgbare Gesetzesverletzung zu ahnden. Im Einzelfall ist es Auslegungsfrage, ob in einem als Strafantrag bezeichneten Begehren eine Ermächtigung liegt.3 Bei Zweifeln gilt der Satz in dubio pro reo.4 Bei Kollegialorganen bedarf es eines Beschlusses (BVerfGE 6 323). Ob ein Amtsnachfolger die Ermächtigung erteilen kann, bestimmt sich nach der jeweiligen Strafvorschrift (BGHSt 29 282). 4. Die §§ 77 und 77d gelten nach dem Gesetzeswortlaut entsprechend. Wer zur Ertei- 4 lung der Ermächtigung befugt ist, regeln die einzelnen Strafbestimmungen. Aus deren Auslegung ergibt sich auch, inwieweit jedem Betroffenen eine selbstständige Befugnis zukommt, ob Vertretung statthaft ist (dazu Schlichter GA 1966 353, 360) und ob bei per-
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2 BGHSt 16 338, 341; Fischer Rdn. 1; Mitsch MK Rdn. 5; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 2. 3 BGH MDR 1954 754; BGH bei Wagner GA 1961 22; RGSt 33 66, 71; RG DJZ 1904 Sp. 459; weitergehend OLG Hamm GA 1953 28 m. Anm. Grützner. 4 Sulanke Die Entscheidung bei Zweifeln über das Vorhandensein von Prozeßvoraussetzungen und Prozeßhindernissen im Strafverfahren (1974) S. 111.
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sönlichen Verunglimpfungen eines Verfassungsorgans dessen Amtsnachfolger die Ermächtigung erteilen kann (dazu BGHSt 29 282). Soweit ein Kollegialorgan (Bundes- oder Landesregierung, Gemeinderat) durch Beschlussfassung über die Erteilung befindet, sind die durch Gesetz und Geschäftsordnung vorgesehenen Förmlichkeiten zu beachten (BVerfGE 6 309, 323 f; RGSt 33 66, 67); die Ordnungsmäßigkeit der Willensbildung im Übrigen unterliegt nicht der gerichtlichen Nachprüfung. Ein Wechsel der Mitglieder des Kollegialorgans ist in diesem Fall ohne Bedeutung (Schlichter GA 1966 353, 363). Bei dem Strafverlangen ist die Ordnungsmäßigkeit der Willensbildung innerhalb des fremden Staates nicht nachzuprüfen (RG GA 1908 334). 5 Kraft der Verweisung auf § 77d sind Ermächtigung und Strafverlangen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens rücknehmbar. Je nach verletzter Strafvorschrift bestimmt sich, ob die Ermächtigung im Falle des Todes des Ermächtigungsbefugten nach § 77d Abs. 2 von einem Angehörigen oder vom Amtsnachfolger zurückzunehmen ist. Da nicht auf die Vorschrift des § 77b verwiesen wird, sind Ermächtigung und Strafverlangen nicht fristgebunden.
FÜNFTER ABSCHNITT Verjährung 5. Abschnitt – Verjährung Vorbemerkungen Greger/Weingarten Vor § 78 https://doi.org/10.1515/9783110491302-034
Vorbemerkungen Schrifttum A. Allgemeines. Alberts Die Feststellung doppelt relevanter Tatsachen in der strafprozessualen Revisionsinstanz (1990); Asholt Verjährung im Strafrecht. Zu den theoretischen, historischen und dogmatischen Grundlagen von Bestrafung und Zeit in §§ 78 ff StGB (2016); Bloy Die dogmatische Bedeutung der Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe (1976); Dannecker Das intertemporale Strafrecht (1993); Ebner Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht (2015); Franke Zum Begriff des Presseinhaltsdelikts, GA 1982 404; Gillmeister Strafzumessung aus verjährten und eingestellten Straftaten, NStZ 2000 344; Gross Zum Begriff des Presseinhaltsdelikts, NJW 1966 638; Gross Zur Gesetzgebungskompetenz für das Presserecht, DVBl. 1966 66; ders. Pressestrafrechtliche Verantwortlichkeit, NJW 1978 918; Hennig Empfiehlt sich eine Neuregelung der Verjährung von Wirtschaftsstraftaten, wistra 2000 321; Hsueh Abschied vom Begriff. der Tatbeendigung (2013); Hörnle Verfolgungsverjährung: Keine Selbstverständlichkeit, Festschrift Beulke (2015) S. 115; Jacobsen-Raetsch Wiederaufnahme und Verjährung (2011); H. Kaufmann Strafanspruch Strafklagrecht (1968); Kohlmann Schließt die Verjährung der Vortat auch die Bestrafung der Nachtat aus? JZ 1964 492; Krey Grundzüge des Strafverfahrensrechts, JA 1983 233; Lorenz Die Verjährung im Strafrechte (1934); ders. Die Verjährung in der deutschen Strafgesetzgebung (1955); ders. Über das Wesen der strafrechtlichen Verjährung, GA 1966 371; Meister Reformbedürftigkeit des Rechts der Strafverfolgungsverjährung, DRiZ 1954 217; Michael Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahrensrecht (1981); Montenbruck In dubio pro reo aus normtheoretischer, straf- und strafverfahrensrechtlicher Sicht (1985); Moser Zur Frage der rechtlichen Natur der Strafverfolgungsverjährung, GA 1954 301; Radke Bestrafungshindernisse aufgrund des Zeitablaufs (2001); Rehbinder Grundzüge des Pressestrafrechts, JA 1977 471; Romberg Verjährung im Strafrecht (2002); Satzger Die Verjährung im Strafrecht, Jura 2012 433; G. Schäfer Einige Fragen zur Verjährung in Wirtschaftsstrafsachen, Festschrift Dünnebier (1982) 541; Schoene Verfolgungsverjährung nach Bundes- und Landesrecht, NJW 1975 1544; Schöneborn Die Behandlung der Verfahrenshindernisse im Strafprozessualen Verfahrensgang, MDR 1975 6; H. Schröder Probleme strafrechtlicher Verjährung, Festschrift Gallas (1973) 329; Seeber Belohnt das Berliner Pressegesetz den Betrüger? JR 1973 56; Seibert Sinn und Unsinn der strafrechtlichen Verjährung, NJW 1952 1361; von Stackelberg Verjährung und Verwirkung des Rechts auf Strafverfolgung, Festschrift Bockelmann (1979) 759; Stree In dubio pro reo (1962); Wolter Verjährung, Strafantrag, Konkurrenzen: strikte Prozessrechtsinstitute in materiellem Gewand, GA 2016
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316; Volk Prozeßvoraussetzungen im Strafrecht (1978); Young Gi Hong Zeitablauf als Grenze des staatlichen Strafanspruchs (2005). B. Zur nachträglichen Verlängerung von Verjährungsfristen. Arndt Die verfassungsrechtliche Bedeutung der strafrechtlichen Verjährung, NJW 1961 14; ders. Zum Problem der strafrechtlichen Verjährung, JZ 1965 145; Baumann Der Aufstand des schlechten Gewissens (1965); ders. Wider eine Verjährung von NSVerbrechen, ZRP 1979 150; Bemmann Zur Frage der nachträglichen Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung, JuS 1965 333; Benda Verjährung und Rechtsstaat (1965); Böckenförde Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Einführung der Unverjährbarkeit des Mordes, ZStW 91 (1979) 888; Calvelli-Adorno Die Verlängerung der Verjährungsfrist für die Strafverfolgung von Verbrechen, die mit lebenslangem Zuchthaus bedroht sind, NJW 1965 273; Eben Zur rechtlichen Problematik der Verjährung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen, Festschrift Universität Bielefeld (1979) S. 145; Erhard Die Verjährung im Strafrecht (1979); Eyrich Auch die Verfolgung von Mord soll verjähren, ZRP 1979 49; Frost Die Verjährung bei NSVerbrechen, DRiZ 1965 89; Fuhrmann Verjährung von NS-Verbrechen, JR 1965 15; Grünwald Zur verfassungsrechtlichen Problematik der rückwirkenden Änderung von Verjährungsvorschriften, MDR 1965 521; Heimeshoff. Zur Diskussion über die Strafverfolgungsverjährung bei Mord, DRiZ 1979 139; M. Hirsch Anlaß, Verlauf und Ergebnis der Verjährungsdebatten im Deutschen Bundestag in Weber/Steinbach (Hrsg.) Vergangenheitsbewältigung durch Strafverfahren? (1984) S. 40; Jantsch Das strafrechtliche Verjährungsproblem, DRiZ 1968 196; Kirn Der Hintergrund der Verjährungsfrage, ZRP 1968 3; Klein Keine Veränderung der Verjährungsfrist für Mord, ZRP 1979 145; Klug Die Verpflichtung des Rechtsstaats zur Verjährungsverlängerung, JZ 1965 149; Lewald Aufhebung oder Nichtaufhebung der Mordverjährung – Freiheit der Gewissensentscheidung? ZRP 1979 152; Lorenz Strafrechtliche Verjährung und Rückwirkungsverbot, GA 1968 300; Lüderssen Politische Grenzen des Rechts – rechtliche Grenzen der Politik, JZ 1979 449; Maihofer Nichtverjährung des Völkermordes, ZRP 1979 81; Mischnick Gegen eine Verlängerung der Verjährungsfristen, ZRP 1968 63; Naegele Zur Strafverfolgungsverjährung von vor dem 8. Mai 1945 begangenen Straftaten, NJW 1960 889; Naucke Rechtspolitische Vorentscheidungen bei der Diskussion einer Verlängerung von Verjährungsfristen für NS-Verbrechen, ZRP 1969 8; Pawlowski Die Verlängerung von Verjährungsfristen für die Strafverfolgung, NJW 1965 287; ders. Der Stand der rechtlichen Diskussion in der Frage der strafrechtlichen Verjährung, NJW 1969 594; Pfeiffer Zur Verjährung der Strafverfolgung bei Mord, DRiZ 1979 11; Pföhler Zur Unanwendbarkeit des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots im Strafprozeßrecht in dogmenhistorischer Sicht (1988); Schmid Nachwort zum Streit um die Verlängerung der Verjährungsfrist für NSVerbrechen, NJW 1965 1952; Schmitt Der Anwendungsbereich von § 1 Strafgesetzbuch (Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz), Festschrift Jescheck (1985) 223; P. Schneider NS-Verbrechen und Verjährung, Festschrift O. A. Germann (1969) 199; Schreiber Zur Zulässigkeit der rückwirkenden Verlängerung von Verjährungsfristen früher begangener Delikte, ZStW 80 (1968) 348; Schünemann 17 Thesen zum Problem der Mordverjährung, JR 1979 177; Vogel Mord sollte nicht verjähren, ZRP 1979 1; Wassermann Der Verjährungsdebatte zweiter Teil, JR 1965 223; Willms Zur Frage rückwirkender Beseitigung der Verjährung, JZ 1969 60; Winters Weiterhin NS-Prozesse? ZRP 1968 47. C. Überlange Verfahrensdauer. Baumann Die Bedeutung des Artikels 2 GG für die Freiheitsbeschränkungen im Strafprozess, Festschrift Eb. Schmidt (1961) 525; Hanack Prozeßhindernis der überlangen Verfahrensdauer? JZ 1971 705; Hillenkamp Verwirkung des Strafanspruchs durch Verfahrensverzögerung? JR 1975 133; ders. Verfahrenshindernisse von Verfassung wegen, NJW 1989 2841; Katzorke Die Verwirkung des staatlichen Strafanspruchs (1989); Kloepfer Verfahrensdauer und Verfassungsrecht, JZ 1979 209; Kohlmann Der Anspruch des Beschuldigten auf schnelle Durchführung des Ermittlungsverfahrens, Festschrift Maurach (1972) 501; ders. „Überlange Strafverfahren“ – bekannt, bedenklich, aber nicht zu vermeiden? Festschrift Pfeiffer (1988) 203; Krehl Die überlange Dauer von Strafverfahren, NStZ 2006 1; Krey Grundzüge des Strafverfahrensrechts, JA 1983 638; Leipold Das Vollstreckungsmodell bei Verstoß gegen das Beschleunigungsgebiet NJW-Spezial 2008 152; Peukert Die überlange Verfahrensdauer in der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen, EuGRZ 1979 261; Ostendorf Zur Strafmilderung wegen rechtsstaatswidriger Verzögerung des Verfahrens in Jugendstrafsachen, StV 2008 114; Priebe Die Dauer von Gerichtsverfahren im Lichte der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Grundgesetzes, Festschrift Simson (1983) 287; Rieß Verfahrenshindernisse von Verfassungs wegen? JR 1985 45; Imme Roxin Die Rechtsfolgen schwerwiegender Rechtsstaatsverstöße in der Strafrechtspflege, 4. Auflage (2004); Rüping Der Schutz der Menschenrechte im Strafverfahren, ZStW 91 (1979) 351; Scheffler Die überlange Dauer von
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Strafverfahren (1991); Schroth Strafrechtliche und Strafprozessuale Konsequenzen aus der Überlänge von Strafverfahren, NJW 1990 29; Schwenk Das Recht des Beschuldigten auf alsbaldige Hauptverhandlung, ZStW 79 (1967) 721; ders. Strafprozessuale Probleme des NATO-Truppenstatuts, JZ 1976 581; v. Stackelberg Verjährung und Verwirkung des Rechts auf Strafverfolgung, Festschrift Bockelmann (1979) 759; Trurnit/Schroth Das Beschleunigungsgebot und die Konsequenzen einer überlangen Verfahrensdauer im Strafprozess, StraFo 2005 358; Ulsamer Art. 6 Menschenrechtskonvention und die Dauer von Strafverfahren, Festschrift Faller (1984) 373; Ulsenheimer Zur Problematik der überlangen Verfahrensdauer und richterlichen Aufklärungspflicht im Strafprozeß sowie zur Frage der Steuerhinterziehung durch Steuerumgehung, wistra 1983 12; Vogler Straf- und strafverfahrensrechtliche Fragen in der Spruchpraxis der Europäischen Kommission und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, ZStW 89 (1977) 761; Wohlers Rechtsfolgen prozessordnungswidriger Untätigkeit von Strafverfolgungsorganen, JR 1994 138. Schrifttum zum Recht des Einigungsvertrages s. Anhang zu § 78c.
Entstehungsgeschichte Vorschriften über die Verfolgungs- und die Vollstreckungsverjährung enthielt das RStGB von 1871 ohne besondere Hervorhebung im 4. Abschnitt des Ersten Teils, der sich mit Gründen, welche die Strafe ausschließen oder mildern, befasste. Die Verfolgungsverjährung war in den §§ 66 bis 69, die Vollstreckungsverjährung in den §§ 70 bis 72 geregelt. Die Fristen waren nach Art und Schwere des Delikts sowie nach Art und Höhe der Strafe gestaffelt. Jede richterliche Handlung, welche wegen der begangenen Tat gegen den Täter gerichtet war, unterbrach die Verfolgungsverjährung. Die Unterbrechung war beliebig oft wiederholbar. Die Vollstreckungsverjährung war ohne zeitliche Begrenzung durch die Vollstreckungsbehörde zu unterbrechen. Die Bestimmungen galten im Wesentlichen unverändert bis zum 1.1.1975. Das 2. StrRG brachte den Regeln über die Verjährung den heutigen Standort, wies sie einem eigenen Abschnitt zu und teilte Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung auf zwei Titel auf. Durch das EGStGB ergänzt, legte es einen Katalog auch nichtrichterlicher Unterbrechungshandlungen fest und führte die sog. absolute Verjährung ein, die Unterbrechungen der Verfolgungsverjährung eine zeitliche Grenze setzt. Dafür hemmt der Erlass eines Urteils des ersten Rechtszuges den Ablauf der Verjährung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Sache. Eine Unterbrechung der Vollstreckungsverjährung ist nicht mehr möglich, wohl aber deren Ruhen (§ 79a). Vorgesehen ist ferner die gerichtliche Verlängerung der Frist bei bestimmten flüchtigen Verurteilten (§ 79b). Übersicht 1. Überblick und Herleitungsansätze | 1 2. Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung | 2 3. Verjährung in anderen Gesetzen | 3 4. Landesrecht | 4 5. Rechtsnatur der Verjährung | 7 6. Folgerungen aus der Rechtsnatur als Verfahrensrecht | 10
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a)
7. 8. 9. 10. 11.
Räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich | 10 b) Prüfungsgrundsätze | 12 c) Entscheidung | 16 Sachlich-rechtliche Folgen | 17 Exkurs: Überlange Verfahrensdauer | 18 Übergangsrecht | 19 Recht des Einigungsvertrages | 20 Internationale Bezüge | 21
1. Überblick und Herleitungsansätze. Eine friktionslose dogmatische Herleitung des gesetzlich verankerten Rechtsinstituts der Verjährung ist bisher nicht gelungen.1 Für
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Hüls/Reichling/Asholt § 376 AO Rdn. 6.
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sich genommen sind die einzelnen dazu vertretenen Erklärungsansätze stets angreifbar.2 Andererseits begründet aber das Konglomerat der für die Verjährung angeführten Gründe die wohl allgemeine, womöglich letztlich intuitiv konstituierte Überzeugung, dem Zeitablauf nach Tat und Urteil Bedeutung für die Verhängung und Vollstreckung von Strafen und Maßnahmen beilegen zu sollen, und dies nicht nur kompensatorisch auf der Ebene der Strafzumessung oder mittels Vollstreckungsfiktion,3 sondern durch vollständigen Verfolgungs- und Vollstreckungsverzicht.4 Dieses Ziel war in der Gesetzgebung nicht stets anerkannt. Im Gegensatz zum römischen Recht kannten die Carolina und das ALR keine Verjährung, der Sachsenspiegel und andere mittelalterliche Rechte jedenfalls nicht bei schweren Delikten; im Übrigen gab es (meist sehr kurze) Klagefristen. Durchgesetzt hat sich das Institut im 19. Jahrhundert.5 In der Strafrechtsreform war es nicht mehr umstritten.6 Zu heftigen Auseinandersetzungen führte allerdings seit 1960 die Frage, ob auch Mord (§ 211) der Verjährung unterliegen solle. Hintergrund der Debatten war die seinerzeit drohende Verjährung der Verbrechen, die in der Zeit der NS-Herrschaft begangen worden waren; deren Unverfolgbarkeit erschien unerträglich. Nach einer Reihe halbherziger Anläufe hat der Gesetzgeber durch das 16. StRÄndG die Verjährung für Mord aufgehoben (näher § 78 Rdn. 5, 6). Andere Änderungsbemühungen galten den insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen oftmals als zu kurz empfundenen Verjährungsfristen (vgl. § 78b Abs. 4; zu gescheiterten Bestrebungen Entwurf des BR zu einem StRÄndG, BTDrucks. 10/272) sowie – mehrfach – dem späteren Beginn der Verjährung bei Sexualdelikten (vgl. § 78b Abs. 1 Nr. 1). Strafrechtliche Verjährung ist als einzelfallübergreifendes Konzept des Bestrafungs- 1a verzichts sowohl mit abstrakten materiellen als auch mit ebensolchen prozessualen Begründungszusammenhängen verknüpft.7 Der ständigen Rechtsprechung zufolge soll die Verjährung dem Rechtsfrieden8 dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in allen Verfahrensabschnitten entgegenwirken (GSSt BGHSt 62 184, 195 m.w.N.). Obschon die Verjährung verfahrensrechtlicher Natur und als solche ausgestaltet ist (Rdn. 7 ff, 9), fußt sie der Sache nach vorrangig auf Erwägungen, die gegenläufig an den Gründen und Zwecken des Strafens orientiert sind. Die Positiv- wie Negativvarianten sowohl der spezial- als auch der generalpräventiven Strafzwecke verlieren bei abstrakter Betrachtung nach einem im Verhältnis zum Gewicht der Tat sehr erheblichen Zeitablauf an Bedeutung (Mitsch MK § 78 Rdn. 3; Satzger Jura 2012 433, 434 f; Wolter SK Rdn. 13). Generalpräventiver Wirkungen der Strafe, insbesondere der Stärkung des Vertrauens in die Unverbrüchlichkeit des Rechts, bedarf es umso weniger, je mehr die Rechtsverletzung als solche durch Zeitablauf an geistiger Präsenz bei den Normadressaten verliert (vgl. Hsueh S. 117 ff). Auch unter dem Gesichtspunkt der Vergeltungsfunktion des Strafrechts (BVerfGE 45 187, 253 f; 95 96, 140) erscheint nach langem Zeitablauf die Erwartung berechtigt, dass die vergangene Unrechtsverwirklichung nicht mehr als sanktionswürdiger Teil der Gegenwart verstanden wird (aA Hörnle FS Beulke S. 115, 118 ff, 121 f; vgl. Wolter SK Rdn. 30 f). Danach erfährt die Verjährung also ihre Rechtfertigung in
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2 Hörnle FS Beulke S. 115, 118 ff. 3 Vgl. hierzu: BGHSt 62 184 192 f m.w.N.; Theune LK12 § 46 Rdn. 240 ff. 4 Asholt S. 164 ff; krit. Hörnle FS Beulke S. 115, 116 f. 5 Ebert S. 150; S. 2; His Das Strafrecht des deutschen Mittelalters Bd. I (1920) S. 403 f; v. Liszt/Schmidt § 75 III; Schreiber ZStW 80 (1968) 348, 352 ff. 6 Vgl. zur Entwicklung: Vormbaum Beiträge zum Strafrecht und zur Strafrechtspolitik, 2. Aufl. (2018), S. 211 ff. 7 Ausführlich darstellend: Asholt S. 90 ff; Bloy S. 181 ff. 8 Vgl. zur Unschärfe des Begriffs: Rieß JR 2006 269, 271.
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erster Linie durch die Erwägung, dass der Ablauf der Zeit in der Regel und in zunehmendem Maße das Bedürfnis nach Strafe schwinden lässt (BTDrucks. IV/650 S. 257). Dem auf einer entsprechenden Wertung des Gesetzgebers gründenden Rechtsinstitut der Verjährung liegt naturgemäß eine generalisierende und prognostizierende Betrachtung von Taten, Tätern und sozialpsychologischen Vorgängen zugrunde. Eine Aussage über die Legitimität der Verjährungsfolgen im Einzelfall kann damit nicht verbunden sein (vgl. GSSt aaO, S. 196; Hsueh aaO S. 118). Die Geschichte der Bewältigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft offenbart, dass ein gesellschaftliches Strafbedürfnis nicht nur im Einzelfall nach langer Zeit wieder aufleben, sondern auch im Hinblick auf ganze Deliktstypen gerade erst mit zunehmendem zeitlichen Abstand ganz erheblich anwachsen kann.9 Verfahrenspraktisch orientierten Erklärungsansätzen kommt weniger Gewicht 1b bei der Begründung der Strafverfolgungsverjährung zu; hinsichtlich der Vollstreckungsverjährung versagt dieser Ansatz ganz. Das häufig geltend gemachte Argument, die Verjährung überwinde die sich mit zunehmendem Zeitablauf ergebenden Beweisschwierigkeiten,10 überzeugt nicht (vHH/Dallmeyer § 78 Rdn. 2; Hörnle aaO S. 123 f; Hsueh aaO S. 106 ff; Mitsch MK § 78 Rdn. 2). Durch Zeitlauf bedingte Schwierigkeiten der Sachverhaltsaufklärung offenbaren sich vor allem beim Zeugenbeweis. Das Voranschreiten der Entwicklung kriminaltechnischer Untersuchungsmethoden in den vergangenen Jahrzehnten konterkariert hingegen die Annahme, Zeitlauf verschlechtere die Beweislage per se; zahlreiche Altfälle insbesondere im Bereich der Tötungsdelikte konnten durch Einsatz moderner Untersuchungsmethoden aufgeklärt werden. Vor allem aber steht die Entwicklung zeitlaufbedingter Beweisschwierigkeiten in keinem inneren Zusammenhang zu der Schwere des zu verfolgenden Delikts, von der die Verjährbarkeit (§ 78 Abs. 2, § 5 VStGB) oder die Verjährungsfristen des § 78 Abs. 3 – gemessen an den Strafobergrenzen – aber abhängen (siehe auch Rdn. 9). Auch wird die mögliche zeitlaufbedingte Minderung des Beweiswerts einer Zeugenaussage11 nicht aufgehalten oder günstig beeinflusst durch das Vorliegen etwaiger Unterbrechungs-, Hemmungs- oder Ruhenstatbestände. Schwierigkeiten bei der Überzeugungsbildung aufgrund von Beweismitteln mit gemindertem Beweiswert treten in Strafprozessen im übrigen häufig auf. Verbleiben deshalb Zweifel, gilt die Entscheidungsregel des Zweifelgrundsatzes. Dass Beweisprobleme (Rdn. 2) darüber hinaus zu einem Verfahrenshindernis führen sollen, drängt sich nicht auf. Auch der Hinweis, die Verfolgungsverjährung diszipliniere die Strafverfolgungsbehörden und beschleunige die Verfahren,12 verfängt kaum (Hörnle aaO S. 122 f; Hsueh aaO S. 110 f). Schon die Dauer der Verjährungsfristen erscheint nicht allgemein geeignet, eine im rechtsstaatlichen Sinne angemessene Beschleunigung von Strafverfahren sicherzustellen. Im Übrigen rechtfertigt die zeitliche Überdehnung von Strafverfahren dem Grunde nach kein Verfahrenshindernis (vgl. auch Rdn. 18). Persönlichem Fehlverhalten von Strafverfolgungsbeamten wird zudem effektiver mit der materiellrechtlichen Absicherung des Legalitätsprinzips begegnet (z.B. § 258a); strukturelle Probleme werden durch die Verjährung nicht gelöst. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass etwa die Regelung des § 78c Abs. 3 Satz 1 Auswirkungen auf die beschleunigte Vornahme
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9 Vgl. nur Dallmeyer ZStW 2012 711; Hüls/Reichling/Asholt § 376 AO Rdn. 4. 10 BTDrucks. IV/650 S. 257; Helmrich wistra 2009 10, 11; Otto FS Lackner 715, 720; Saliger NK Rdn. 6; Satzger Jura 2012 433, 435; Wolter GA 2016 316, 324; ders. SK Rdn. 9. 11 Bender/Nack/Treuer Tatsachenfeststellung vor Gericht (2014) Rdn. 115 ff. 12 BTDrucks. 15/5653 S. 1; BGHSt 12 335, 337 f; Helmrich wistra 2009 10, 11; Mitsch § 78 Rdn. 4; Satzger Jura 2012 433, 435.
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verfahrensförderlicher Maßnahmen im Sinne des § 78c Abs. 1 kurz vor Ablauf Frist des § 78 Abs. 3 zeitigen mag. Verjährung ist kein zwangsläufiger Bestandteil rechtsstaatlichen Strafrechts; ihre 1c Regelung ist eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers in der Annahme, damit den allgemeinen Rechtsfrieden zu fördern.13 Als originär alleinigem Inhaber des Strafanspruchs steht dem Staat14 der Verzicht auf Bestrafung der Sache nach auch zu. Da er die Strafverfolgung auch bei tatbetroffenen Individualrechtsgütern nicht gleichsam stellvertretend für den einzelnen Tatverletzten, sondern stets im eigenen, mithin öffentlichen Interesse ausübt, sind deliktsunabhängig Allgemeininteressen und nicht individualbezogene Genugtuungsvorstellungen Ansatzpunkt verjährungsrechtlicher Überlegungen.15 Im Bezugsrahmen des öffentlichen Interesses kann allerdings der hohe Rang bestimmter Individualrechtsgüter zum Ausdruck kommen, typischerweise in der an die Strafrahmen und damit an das Ausmaß an Unrecht gekoppelten Fristenregelung des § 78 Abs. 3 oder – systematisch und sachlich fragwürdig16 – in einer unrechtsentkoppelten Ruhensregelung (§ 78b Abs. 1 Nr. 1). Damit korrespondierend will die Rechtsordnung durch die Verjährung auch dem einzelnen Täter nicht etwa eine Wohltat erweisen (RGSt 24 427, 428; vgl. aber auch BTDrucks. 11/6623 S. 7); dieser hat mit der Tat mitnichten zugleich einen Anspruch auf Straffreiheit nach Ablauf bestimmter Fristen erworben (vgl. vHH/Dallmeyer § 78 Rdn. 2; Schmitt FS Jescheck, S. 223, 230; Roxin/Schünemann Strafverfahrensrecht § 21 B II 2 Rdn. 9; P. Schneider FS O. A. Germann S. 199, 210). Dessen Interessen spiegeln sich nur im geminderten Allgemeininteresse an Bestrafung wider, etwa weil eine solche wegen der Verbüßung einer durch langjährige Gewissensnot oder Angst vor Strafverfolgung gekennzeichneten Naturalstrafe17 oder einer infolge langen Zeitlaufs eingetretenen Persönlichkeitsveränderung18 für nicht mehr erforderlich erachtet werden mag.19 Im Kern soll die Verjährung in Fällen eines durch Zeitablauf erheblich reduzierten Strafbedürfnisses durch Gestaltung von Rechtssicherheit dem Rechtsfrieden dienen (Rdn. 9),20 ohne dass damit der Anspruch verbunden ist, dieses Ziel in jedem denkbaren Einzelfall auch zu erreichen; der Grundgedanke der Verjährung stellt gerade nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls ab.21 2. Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung. Das Gesetz kennt die Verfol- 2 gungs- und die Vollstreckungsverjährung. Die Forderung, allgemeine Regeln über die Verjährung von Nebenfolgen vorzusehen,22 hat sich nicht durchgesetzt. Mit dem Strafantrag und der für ihn geltenden Antragsfrist (§ 77b) hat die Verjährung nichts zu tun. Verjährung kann eintreten, bevor die Strafantragsfrist in Lauf gesetzt ist (RGSt 6 37). Die Verfolgungsverjährung schließt die Verfolgung der Tat – und damit die (weitere) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und gerichtlichen Erkenntnisverfahrens einschließlich aller der in diesen Verfahrensabschnitten vorgesehenen Ermittlungs- und
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13 OLG Karslruhe StraFo 2017 162, 163; vHH/Dallmeyer § 78 Rdn. 2. 14 Anders Straftheoretische Anmerkungen zur Verletzenorientierung im Strafverfahren, ZStW 2012 374 405 f; Lüderssen Opfer im Zwielicht FS Hirsch S. 879, 888. 15 abw. Hörnle FS Beulke S. 115, 117 f. 16 Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3, § 78b Rdn. 3; s. § 78b Rdn. 1. 17 Mitsch MK § 78 Rdn. 3. 18 Bloy S. 189; Hong S. 62 ff; Lorenz S. 41. 19 Abl. Hörnle FS Beulke S. 115, 122 f. 20 BTDrucks. IV/650 S. 257, BTDrucks. 8/2539 S. 2; Dallmeyer ZStW 2012 711. 21 BGHSt 62 184, 196; BTDrucks. IV/650 S. 258; Saliger NK Rdn. 6; Schmitz Unrecht und Zeit S. 223 (Fn. 168). 22 Lorenz S. 66; dazu E 1962 S. 257.
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Zwangsmaßnahmen – aus. Wegen sicher verjährter Taten darf kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden (§ 152 Abs. 2 StPO); anhängige Verfahren sind nach Feststellung des Verjährungseintritts unverzüglich einzustellen (Rdn. 16). Mit Eintritt der Verfolgungsverjährung der (Bezugs-)Tat wird die Verhängung von Strafen und Maßnahmen – mit Ausnahme der erweiterten und selbstständigen Einziehung (dazu § 78 Rdn. 2) – unzulässig (§ 78 Abs. 1). Nach Rechtskraft des verurteilenden Erkenntnisses schließt sich an die Verfolgungsverjährung unmittelbar die Vollstreckungsverjährung an (BGHSt 20 198, 200; 30 232), so dass es zwischen beiden Arten der Verjährung keinen verjährungsfreien Zwischenraum gibt. Ausnahmsweise kann Verfolgungsverjährung jedoch auch dann noch in Betracht kommen, wenn die Frist für die Vollstreckungsverjährung bereits in Lauf gesetzt war. Möglich ist dies bei nachträglicher Durchbrechung der Rechtskraft, etwa in Fällen der Wiederaufnahme des Verfahrens (näher § 78 Rdn. 9). 3
3. Verjährung in anderen Gesetzen. Die §§ 78 ff gelten für alle bundesrechtlichen Strafvorschriften, auch des Nebenstrafrechts, sofern nichts anderes bestimmt ist (Art. 1 Abs. 1 EGStGB). Sondervorschriften enthalten die §§ 376, 396 AO. Das System der strafrechtlichen Verjährung ist ferner mit den entsprechenden Vorschriften des OWiG (§§ 31 bis 34) abgestimmt. Rechtsprechung und Literatur zum OWiG sind daher auch für die Verjährung des StGB von Bedeutung. Daneben kennen auch die Dienstordnungsgesetze (§ 15 BDG) und die Verfahrensordnungen für die Berufsgerichte des Bundes und der Länder die Verjährung oder ähnliche Rechtsinstitute (vgl. BGHSt 24 1; 28 259; 33 54). Meist finden auf sie strafrechtliche Vorschriften entsprechende Anwendung (vgl. etwa § 115 BRAO). Doch ist infolge des im Berufs- und Standesrecht geltenden Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens der Tatbegriff und damit der Fristenlauf besonders zu beurteilen (BVerwG NVwZ 2008 1375; BGHSt 22 157, 166; 29 124, 129; Glanzmann Berufsrecht beim Bundesgerichtshof, FS BGH, S. 185, 187; Jähnke FS Pfeiffer, S. 941). Für Ordnungsmittel trifft Art. 9 EGStGB eigene Verjährungsregelungen. Im Auslieferungsrecht hat die Inlandsverjährung der Tat Bedeutung für die Zulässigkeit der Auslieferung, soweit auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet ist (§ 9 Nr. 2 IRG).23 Geht es um die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger, sind verfassungsrechtlich lediglich inländische Maßnahmen als zur Verjährungsunterbrechung geeignet anerkannt,24 dies auch dann, wenn die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger aufgrund eines Europäischen Haftbefehls in Rede steht.25 Anderes gilt jedenfalls für die Auslieferung nichtdeutscher Staatsangehöriger auf Grundlage des EuAlÜbk, wenn die Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates Handlungen vorgenommen haben, die ihrer Art nach geeignet wären, die Verjährung nach deutschen Rechtsvorschriften zu unterbrechen.26
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4. Landesrecht. Für landesrechtliche Verjährungsvorschriften ist nach Art. 1 Abs. 2 EGStGB grundsätzlich kein Raum. Eine Ausnahme hiervon machen die Pressegesetze der Länder (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 EGStGB), die bei Verstößen gegen das Presseordnungs-
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23 KG StraFo 2014 217, 218; Böhm NStZ 2018 197, 201. 24 BVerfG StraFo 2009 455. 25 BVerfG aaO; BGHSt 52 191; 34 304; BGH NStZ-RR 2010 177; BGH MDR 1984 956; OLG München GA 1983 89 m. Anm. Bartholy; v. Bubnoff. Rechtsfolgen einer nach den Verfahrensgegebenheiten im Inland eingetretenen Verfolgungsverjährung bei vertragslosem Auslieferungsverkehr, NStZ 1987 354; vHH/Dallmeyer § 78 Rdn. 14. 26 OLG München NStZ-RR 2013 179; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2016 – 1 AK 127/15 –; OLG Köln, Beschluss vom 13.05.2014 – 6 AuslA 26/14 –; OLG Köln StV 2010 316.
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recht sowie für Straftaten, welche mittels Verbreitens einer Druckschrift begangen werden (Presseinhaltsdelikte), besondere Regelungen über Beginn und Dauer der Verjährungsfrist enthalten (dazu § 78 Rdn. 14). Sie waren nach Auffassung des BVerfG schon vor der mit der Förderalismusreform einhergehenden Abschaffung der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des Presserechts (Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG a.F.) durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8.2006 (BGBl. I S. 2304) zulässig, weil die presserechtliche Verjährung nicht dem Strafrecht oder Strafverfahren (Art. 74 Nr. 1 GG), sondern dem Presserecht zuzuordnen sei und deshalb in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle (BVerfGE 7 29, 38, 45). Das vermochte nicht zu überzeugen.27 Das bestehende kompetenzielle und sachliche Spannungsverhältnis zwischen Pressegesetzen und StGB ist durch die Aufhebung des Art. 75 GG nicht behoben: Wenn der Bundesgesetzgeber Tatbestände typischer Presseinhaltsdelikte schaffen darf – etwa das näher spezifizierte Verbot des Verbreitens pornographischer Schriften (§ 184 Abs. 1 Nr. 5 2. Alt, § 184a Nr. 1, § 184b Abs. 1 Nr. 1) oder das Verbot unrichtiger Mitteilungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalanlagen (§ 264a StGB)28 –, kann es nicht Sache des Landesgesetzgebers sein, die Effektivität der Strafdrohung zu begrenzen. Dies gilt der Sache nach auch bei Allgemeindelikten, die (typischerweise) als Presseinhaltsdelikt begangen werden können. Die Effektivitätsbegrenzung geschieht aber, wenn der Landesgesetzgeber kurze und schon an den ersten Verbreitungsakt anknüpfende Verjährungsfristen festsetzt. Das BVerfG hatte daher nicht von ungefähr Mühe, Weiterungen zu vermeiden. Dass gerade die Verjährung, nicht aber das eher berufsspezifische Zeugnisverweigerungsrecht der Pressemitarbeiter (§ 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO) in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle, vermochte es nicht überzeugend darzutun (BVerfGE 36 193, 202; 36 314, 319; s. ferner BVerfGE 48 367, 372). Der Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs (vgl. Entwurf des EGStGB, BTDrucks. 7/550 S. 197 f) ist zur Abgrenzung vollends untauglich; derartige Zusammenhänge lassen sich bei vielen Normen nachweisen, deren Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sachgebiet zweifelsfrei ist. Im Kartellrecht hat der Bundesgesetzgeber eine ausdrückliche Vorschrift geschaffen (§ 81 Abs. 8 GWB), um die presserechtliche Verjährung auszuschalten (dazu BGH MDR 1986 868); zu terroristischen Publikationen Rebmann NStZ 1989 97. Die Rechtsprechung hat die Entscheidung des BVerfG denn auch lediglich als ver- 5 bindliche Zuständigkeitsabgrenzung hingenommen. In der Sache ist sie ihr nicht gefolgt. So erkennen die Strafgerichte bei verjährten Pressestraftaten nicht etwa auf Freispruch, wie dies geboten wäre, wenn die Verjährung dem Presserecht und damit dem sachlichen Recht angehörte; und maßgebend ist nicht das Tatortrecht, sondern die lex fori (BGHSt 28 53, 56 f; BGH NJW 1995 893; kritisch: Löffler/Kühl § 24 LPG Rdn. 38). Auch sachlich greifen die Regelungen der Landespressegesetze weit über eine an- 6 gemessene Privilegierung der Presse hinaus und bergen manche Ungereimtheit in sich. So ist es wenig einsichtig, dass die heimliche Verbreitung strafbaren Materials den Schutz der freien Presse genießt (Rebmann NStZ 1989 97, 102). Der Begriff. des Druckwerks ist derart weit gefasst, dass seine Beziehung zum Grundgedanken der Privilegierung – leichte Erkennbarkeit und Verfolgbarkeit der Tat, Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse der Presse (BGHSt 18 63, 65; RGSt 66 145, 149; Franke GA 1982 404, 413) – oftmals im Dunkeln bleibt (dazu § 78 Rdn. 15). Ungereimt erscheint es schließlich, strafbare Vorbereitungshandlungen wie Herstellung und Vorrätighalten der normalen Verjährung zu unterwerfen, aber die Presseverjährung eingreifen zu lassen, sobald der Täter
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27 Schoene NJW 1975 1544, 1545; aA eingehend Löffler/Cornils Einl. Rdn. 40 ff; Löffler/Kühl Vor §§ 20 LPG Rdn. 12 f. 28 BGHSt 40 385 387; Fischer § 264a Rdn. 23.
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mit der Verbreitung seine Gefährlichkeit steigert (zur Kritik auch RGSt 61 19, 30; Seeber JR 1973 56). Partielles Bundesrecht ist § 84 StGB-DDR, der nach dem Einigungsvertrag fortgilt. Zur Verjährung von DDR-Alttaten vgl. Art. 315a EGStGB (s. Vorauflage Schmid LK12 § 78c Rdn. 39 ff). 5. Die für die rechtlichen Konsequenzen des Verjährungseintritts, etwa hinsichtlich der Geltung des Rückwirkungsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG), maßgebliche Rechtsnatur der Verjährung ist umstritten. Die argumentative Herleitung des Instituts der Verjährung, sei es durch materielle oder durch prozessuale Begründungszusammenhänge (Rdn. 1a, 1b), wie auch deren Regelung gerade im StGB erlauben keinen Rückschluss auf die Rechtsnatur der Verjährung, denn der Gesetzgeber ist nicht gehindert, sachlichrechtlichen Vorstellungen mittels prozessualer Regelungen Raum zu geben und umgekehrt.29 § 263 Abs. 3 StPO, wonach sie bei der Abstimmung im Gericht nicht zur Schuldfrage gehört, liefert keinen Hinweis. Die Vorschrift ist durch Art. 21 Nr. 67 EGStGB neu gefasst worden. Im Zuge derselben Reformgesetzgebung hat der Sonderausschuss für die Strafrechtsreform erklärt, er lasse die rechtliche Einordnung der Verjährung bewusst offen (2. Schriftl. Bericht BTDrucks. V/4095 S. 43; vgl. aber Rdn. 8, Fn. 38). Es wäre deshalb eine Verfälschung des gesetzgeberischen Willens, der Bestimmung des § 263 Abs. 3 StPO mehr als bloß technische Bedeutung für die Abstimmungsmodalitäten beizulegen. Auch dem StGB selbst ist die Rechtsnatur der Verjährung nicht eindeutig zu entnehmen (vgl. Asholt S. 168 ff). Die Vorschriften über die Verjährung selbst enthalten sowohl Regelungen, die materiellrechtlich erklärbar sind, als auch solche, die sich dem Verfahrensrecht zuordnen lassen. So gilt etwa die nach der Deliktsschwere abgestufte Dauer der Verjährungsfristen als Ausdruck sachlichrechtlichen Denkens. Weniger schwere Delikte verjähren früher als schwerwiegende Taten, und für Mord ist die Verjährung aufgehoben. Darin äußert sich der Gedanke, dass Verjährung wegen des durch Zeitablauf schwindenden Strafbedürfnisses eintrete (dazu Hillenkamp JR 1975 133, 138; BTDrucks. 8/2539 S. 2). Demgegenüber sind etwa die Bestimmungen über die Unterbrechung der Verjährung und über ihre Hemmung nach dem erstinstanzlichen Urteil (§§ 78c, 78b Abs. 3) mit der fortschreitenden Verfahrensentwicklung, insbesondere mit der Sammlung des Tatsachenstoffs und deren Abschluss, verknüpft. Hiernach könnte das Institut der Verjährung rechtstheoretisch aus dem mit der Zeit eintretenden Verlust der Beweismittel und ihrer Zuverlässigkeit und dem Ziel beschleunigter Verfahren herzuleiten und dem Verfahrensrecht zuzuordnen sein (s. aber Rdn. 1b).30 Alle diese und unter Rdn. 1 ff genannten Gesichtspunkte spiegeln sich auch in den 8 Auffassungen des Schrifttums zur Rechtsnatur der Verjährung wider. Ein Teil betrachtet sie als materiellrechtliches Institut , 31 mit dem das Unrecht der Tat aufgehoben 32 oder jedenfalls Strafe ausgeschlossen 33 werde. Ein anderer Teil legt der Verjährung eine Doppelnatur mit einer materiellrechtlichen und einer verfahrensrechtlichen Seite bei.34 Ein 7
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29 Blei AT § 111; Rüping GA 1985 437, 438; Saliger NK Rdn. 5; Wolter GA 2016 316, 323 f; Volk S. 21, 226. 30 Nachweise zu den Verjährungstheorien und ihren Begründungen bei Asholt S. 90 ff. 31 Asholt S. 295 ff; 706; Baumann Der Aufstand S. 17 (anders AT8 § 12 I 2b); Bloy S. 180, 190, 251; Jantsch DRiZ 1968 196; H. Kaufmann S. 154; v. Liszt/Schmidt § 75 II; Lorenz S. 56; GA 1966 371; Pawlowski NJW 1965 287, 288; v. Stackelberg FS Bockelmann, S. 759, 765; wohl auch Kühl Die Beendigung des vorsätzlichen Begehungsdelikts (1974) S. 172. 32 Bloy S. 251; Lorenz S. 56; wohl auch v. Stackelberg FS Bockelmann, S. 759, 765. 33 v. Liszt/Schmidt AT § 75 II. 34 E 1962 S. 257; Böckenförde ZStW 91 (1979) 888, 890; Dreher MDR 1963 857; Frank § 66 Anm. II; Haft AT K I; Jakobs AT 10/22; Jescheck/Weigend § 86 I 1; Lackner/Kühl § 78 Rdn. 1; Löffler/Kühl § 24 LPG Rdn. 36; Schäfer LR24 Einl. Kap. 12 Rdn. 88; H. Mayer Stud B S. 167; AT S. 350; Moser GA 1954 301; Peters § 2 V; Suhr
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weiterer Teil des Schrifttums schließlich hält sie für eine Einrichtung des Prozessrechts.35 Daneben stehen Ansichten, die die Verjährung weder dem materiellen noch dem Verfahrensrecht zurechnen, sondern neben Beidem ansiedeln,36 sowie ferner die Auffassung, dass die Verjährung zwar Verfahrensrecht darstelle, an die Einordnung als solche aber keine Folgen geknüpft werden dürften.37 Der Gesetzgeber legt seinen Überlegungen inzwischen die Auffassung zugrunde, bei den Verjährungsvorschriften handele es sich um verfahrensrechtliche Regelungen.38 Das RG hat geschwankt. Während es zunächst der materiellrechtlichen Ansicht zuneigte,39 ging es später zur gemischt materiellrechtlich-verfahrensrechtlichen Theorie 40 über und schwenkte zuletzt auf die rein verfahrensrechtliche Auffassung ein.41 Der BGH und die einheitliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte erblicken in der Verjährung ein Verfahrenshindernis.42 Diese Auffassung ist zutreffend. Keine der beiden rechtstheoretischen Ableitungen (schwindendes Strafbedürfnis, Be- 9 weismittelverlust) vermag für sich genommen oder in ihrer Kombination vollständig zu überzeugen. So lässt die materiellrechtliche Auffassung offen, wieso etwa erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme und Brandstiftung in ihren erschwerten Formen § 239a Abs. 3, § 239b Abs. 2, § 306c) einen Tag vor Ablauf der Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2) – also ggf. nach fast 60 Jahren – noch mit mindestens zehn Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden sind, einen Tag später aber überhaupt nicht mehr. Derartige Sprünge kann ein „schwindendes Strafbedürfnis“ nicht vollführen. Schematische, die Abstufungen von Unrecht und Schuld vernachlässigende Einschnitte wie der Eintritt der Verjährung sind vielmehr charakteristisch für Verfahrenshindernisse. Die legislative Notwendigkeit starrer Fristenregelungen vermag dieses Begründungsdefizit der materiellen Theorie nicht auszugleichen (aA Hsueh S. 120; Schmitz Unrecht und Zeit (2001), S. 223). Aber auch der Gedanke der unsicher werdenden Beweisgrundlage erklärt die Verfolgungsverjährung nicht befriedigend und die Vollstreckungsverjährung gar nicht. Denn danach wäre die Verfolgungsverjährung überflüssig, weil der Grundsatz „in dubio pro reo“ ihre Stelle ausfüllte (Rdn. 1b). Zudem wäre die Unverjährbarkeit von Mord und Völkermord (§ 78
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in BM d. Finanzen (Hrsg.) Aktuelle Fragen des materiellen Steuerstrafrechts (1959) S. 225, 227; Welzel S. 262. 35 Bemmann JuS 1965 333 (s. aber Zur Frage der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit [1957] S. 27); Blei AT § 111; Bockelmann/Volk § 4 C I 4e; Calvelli-Adorno NJW 1965 273, 275; Fuhrmann JR 1965 15, 16; Klug JZ 1965 149, 150; Krey JA 1983 233, 234; Strafverfahrensrecht 1 Rdn. 8; Maurach/Gössel/Zipf AT 2 § 76 I Rdn. 12; Mösl LK9 § 66 Rdn. 6; Mitsch MK § 78 Rdn. 1 ff; Naegele NJW 1960 889; Preisendanz Anm. 1; Roxin AT I § 23 Rdn. 48 ff; Strafverfahrensrecht § 21 B II 2; Saliger NK Rdn. 4 f; Sarstedt/Hamm Die Revision in Strafsachen Rdn. 149; Schmidhäuser AT 13/14; Schöneborn MDR 1975 6; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 6, 13; ders. GA 2016 316, 23 f (mit materiellrechtlichem Einschlag). 36 Grünwald Die Teilrechtskraft im Strafverfahren (1964) S. 373; Grünwald MDR 1965 521, 522. 37 Schumann StV 1992 392; Volk S. 226, 255; Zielinski Geds H. Kaufmann, S. 875, 882; im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit rückwirkender Verlängerung der Verjährungsfristen Arndt NJW 1961 14; JZ 1965 145, 147; Benda S. 24; Heuer/Lilie DtZ 1993 354, 356; Schreiber ZStW 80 (1968) 348, 365; Schünemann Nulla poena sine lege? (1978) S. 25; Willms JZ 1969 60; dagegen Krey Keine Strafe ohne Gesetz (1983) S. 116; JA 1983 233, 234. 38 BTDrucks. 15/5653 S. 7; BTDrucks. 15/5856. 39 RGSt 6 37, 38, 41; 12 434, 436; 14 382, 384; 23 407, 408; unklar RGSt 30 31; 40 88, 90; 61 19, 20. 40 RGSt 32 247, 251; 41 167; 46 269, 274; 59 197, 199; 65 82; 66 328; RG HRR 1933 Nr. 73; 1938 Nr. 941; 1942 Nr. 457a. 41 RGSt 76 64; 76 159, 160. 42 BGHSt 2 300, 306; 4 135, 137; 4 379, 385; 8 245; 8 269; 11 393, 395; 13 128; 20 248, 252; 21 25, 26; 23 365, 368; 25 259; 28 53, 56; 29 168; 50 138, 139; 62 184, 195; BGH NJW 1952 271; 1952 1386; bei Herlan MDR 1955 527; BayObLGSt 1977 125; 1979 44, 45; KG NstE StGB § 78 Nr. 5; OLG Bremen NJW 1956 1248; 1966 743; ebenso BVerfGE 1 418, 423; 25 269, 287, 294 abw. LG Hamburg NStZ 1981 141 m. Anm. Schünemann; s. ferner BGH JR 1985 244 m. Anm. Puppe.
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Vor § 78 | 5. Abschnitt – Verjährung
Abs. 2, § 5 VStGB) eine Ungereimtheit, da sich die Beweissituation auch bei diesen Taten mit der Zeit verschlechtert. Für die Vollstreckungsverjährung schließlich spielt die Beweislage keine Rolle, da ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Die Verjährung ist deshalb am besten als Verfolgungsverzicht erfassbar. Zu Recht hat der Große Strafsenat des BGH (BGHSt 62 184, 195) die gesicherte Rechtsprechung (BVerfGE 25 269, 287, 294; BVerfG NStZ 2000 251; Fn. 41) bestätigt, der zufolge die Verjährungsvorschriften unabhängig von dem der Verjährung beigemessenen Sinn und Zweck lediglich die Verfolgbarkeit der Tat regeln und das Tatunrecht und die Schuld des Täters unberührt lassen. Die Länge der verflossenen Zeit ist kein Merkmal, das dem begangenen Verbrechen anhaftet, die materiell-rechtliche Lage bleibt damit unverändert. Wesensmäßig betrifft die Verjährung nicht die Strafbarkeit der Tat, sondern ihre Verfolgbarkeit (BVerfGE 25 269, 287, 294). Ob und aus welchen Gründen diese nach Ablauf bestimmter Fristen enden soll und wie lang die Fristen zu bemessen sind, ist zwar an Hand von Erwägungen zu entscheiden, die auf das Strafbedürfnis oder typische Verfahrensprobleme Rücksicht nehmen können (Rdn. 1 ff). Für die Rechtsnatur entscheidend bleibt aber, dass sich mit dem Eintritt der Verjährung nicht etwa die Bewertung der Tat ändert. Diese bleibt rechtswidrig und schuldhaft, sie kann Anknüpfungspunkt für Begünstigung und Hehlerei oder auch eines ggf. selbstständig verjährenden Teilnahmedelikts sein und in späteren Verfahren strafschärfend verwertet werden. Dementsprechend hat auch der Täter keinen Anspruch darauf, dass nach der gewöhnlichen oder der absoluten Verjährungsfrist oder dass überhaupt Verjährung eintritt.43 Das ist insbesondere im Zusammenhang mit der Behandlung der sog. DDR-Alttaten immer wieder und einhellig betont worden (vgl. etwa Gesetzentwurf des 1. Verjährungsgesetzes BTDrucks. 12/3080 S. 6; Bericht des Rechtsausschusses dazu BTDrucks. 12/4140 S. 6). 6. Folgerungen aus der Rechtsnatur als Verfahrensrecht 10
a) Räumlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich. Auf Grund der Zuordnung der Verjährungsvorschriften zum Verfahrensrecht gelten dessen Regeln über das anwendbare Recht. Unterscheiden sich die Verjährungsbestimmungen am Tatort und am Gerichtsort, so hat das Gericht das an seinem Sitz geltende Recht anzuwenden (BGHSt 2 300, 305; 28 53, 56; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 67 Anm. 1; KG NStE § 78 Nr. 5). Innerhalb der Bundesrepublik kann das für die landesrechtlich geregelte Presseverjährung (Rdn. 4, § 78 Rdn. 14) Bedeutung erlangen, weil die Verjährungsfristen für Presseinhaltsdelikte nicht einheitlich sind (BGHSt 28 53, 56; Löffler/Kühl § 24 LPG Rdn. 87 ff). Doch gilt der Grundsatz der lex fori nur für die landesrechtlichen Verjährungsvorschriften selbst. Ist die Verjährungsfrist als Fernwirkung der Strafdrohung des sachlichen Landesrechts aus § 78 Abs. 3 zu bestimmen, ist die Strafdrohung des Tatortrechts maßgebend. Zu § 84 StGB-DDR s. Vorauflage Schmid LK12 § 78c Rdn. 38. Im Sinne des § 7 ist eine Auslandstat auch dann mit Strafe bedroht, wenn nach dem Tatortrecht das Verfolgungshindernis der Verjährung besteht.44 Für die zeitliche Geltung der Verjährungsvorschriften ist die verfahrensrechtliche 11 Natur der Verjährung ebenfalls maßgebend. Die Anwendung verjährungsrechtlicher
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43 RGSt 24 427, 428; Roxin/Schünemann Strafverfahrensrecht § 21 B II 2 Rdn. 9; P. Schneider FS Germann, S. 199, 210; Wolter SK Rdn. 5; Schumann StV 1992 392, 393. 44 BGHSt 2 160, 161; BGH GA 1976 242; NStZ 1992 508; BGH NStZ-RR 2000 208; BGH NStZ-RR 2011 245, 246; KG JR 1988 345, 346; RGSt 40 402, 404; differenzierend im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 2 Eser JZ 1993 875, 877; Sch/Schröder/Bosch Rdn 4; Mitsch MK § 78 Rdn. 6; insoweit offen gelassen: BGH NStZ-RR 2000 208.
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Vorbemerkungen | Vor § 78
Vorschriften folgt grundsätzlich allgemeinen verfahrenrechtlichen Prinzipien. Mithin richtet sich die Beurteilung verjährungsrechtlicher Fragen nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (BGHSt 50 138, 139 f). Zu diesem Zeitpunkt bereits aufgehobene oder geänderte Verjährungsregeln sind unbeachtlich, es sei denn, der Gesetzgeber regelt ausdrücklich abweichendes. Wird die Verjährungsfrist geändert, gilt das neue Recht mangels einer besonderen Übergangsregelung45 also auch für bereits begangene Taten.46 Der Gesetzgeber ist daher nicht gehindert, laufende Verjährungsfristen zu verlängern.47 Die Änderung unmittelbar verjährungsregelnder Vorschriften unterliegt demnach grundsätzlich nicht dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Lediglich die Neueröffnung bereits abgelaufener Verjährungsfristen ist ihm aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 20 Abs. 3 GG) verwehrt (vgl. § 78 Rdn. 2).48 Mit dieser Maßgabe war es mithin rechtlich unbedenklich, im 16. StRÄndG die Verjährung für Mordtaten der Vergangenheit gänzlich zu beseitigen (näher § 78 Rdn. 5) oder die Verjährungsfristen für im Beitrittsgebiet begangene Taten zu verlängern (Art. 315a EGStGB i.d.F. d. 3. Verjährungsgesetzes vom 22.12.1997, BGBl. I S. 3223). In gleicher Weise entfaltet die Änderung von Vorschriften über den Beginn oder ein Ruhen der Verjährung rechtliche Wirkung auch für bereits verübte Taten und in anhängigen Verfahren (BVerfG NJW 2000 1554, 1555; NJW 1995 1145; BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 12; BGHSt 47 245 m.w.N.; BGHSt 26 288). Dies hat Bedeutung für die durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11.1.1993 (BGBl. I S. 50) eingefügte Vorschrift des § 78b Abs. 4 (s. dort Rdn. 17), für die in § 78b Abs. 1 Nr. 1 zuletzt durch das 49. StrÄndG vom 27.1.2015 (BGBl. I 10) mit Anhebung der Altersgrenze auf 30 Jahre verlängerten Ruhensregelung bei Sexualstraftaten (s. dort Rdn. 1a) und die durch das 38. StRÄndG vom 4.8.2005 (BGBl. I S. 2272) in § 78b Abs. 5 neu geschaffene Ruhensregelung bei förmlichen Auslieferungsersuchen (s. dort Rdn. 21). Zu unterscheiden ist jedoch zwischen der Änderung der Verjährungsvorschrift selbst und einer Änderung der materiellrechtlichen Strafdrohung, welche als Fernwirkung eine andere Verjährungsfrist nach sich ziehen kann. Bei Änderungen des sachlichen Rechts ergibt sich der zeitliche Anwendungsbereich des Strafgesetzes aus § 2. Das nach § 2 anwendbare Strafgesetz bestimmt dann auch die maßgebende Verjährungsfrist,49 wobei sich die Verjährungsfrist nach der Vorschrift berechnet, die im konkreten Einzelfall im Gesamtvergleich die für den Täter günstigste Beurteilung zulässt. Deshalb ist die
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45 Wie zum 1.1.1975 durch Art. 309 Abs. 3 EGStGB; s. auch die allgemeine Vorschrift in § 78c Abs. 5. 46 BGHSt 2 300, 307; 4 379, 385; 21 367; BGH NJW 1952 271; 1952 1386; RGSt 76 64; 76 159; 76 327; OGHSt 3 93, 95; aA Schmitt FS Jescheck, S. 223, 229; Schumann StV 1992 392, 393. 47 BVerfGE 1 418, 423; 25 269, 287; BVerfG NJW 2000 1554, 1555; BVerfG NStZ 1994 480, 481; BGHSt 50 138, 139 f; BGH NStZ 2004 380, 382; OLG Frankfurt/M. NJW 1988 2900, 2901; Bemmann JuS 1965 333, 339; Blei AT § 111; Fischer Rdn. 3, § 1 Rdn. 30; Hassemer AK § 1 Rdn. 63; Klug JZ 1965 149; Krey Keine Strafe ohne Gesetz (1983) S. 114 Fn. 370; JA 1983 234; Strafverfahrensrecht 1 Rdn. 7; Lüderssen JZ 1979 449, 456 (zweifelnd ZStW 104 [1992] 735, 767); Maurach/Gössel/Zipf AT 2 § 76 I Rdn. 14; Naegele NJW 1960 889; Roxin AT I § 5 Rdn. 58; Saliger NK Rdn. 9; Schmidhäuser AT 5/21; Schmitt FS Jescheck, S. 223, 230; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3, § 78 Rdn. 11; Wessels/Beulke/Satzger § 2 I 2; Wolter SK Rdn. 8; aA Asholt S. 345 ff; 361 ff; 706; Arndt NJW 1961 14, 15; Baumann Der Aufstand S. 15 (s. aber AT § 12 I 2b); Dannecker S. 335 (jedoch mit fragwürdiger Differenzierung zwischen Verlängerung und Unterbrechung der Verjährung); Grünwald MDR 1965 521, 522; Jakobs AT 4/9; Jescheck/Weigend § 86 I 1; Lorenz GA 1968 300; Otto AT § 2 I 2; Schreiber ZStW 80 (1968) 348, 364; Schünemann Nulla poena sine lege? (1978) S. 25; Willms JZ 1969 60 – je mit unterschiedlicher Begründung. 48 BVerfGE 25 269, 287; BVerfG NJW 2000 1554, 1555; BGH, NJW 2019 1891, 1892; Mitsch MK Rdn. 12; Saliger NK Rdn. 9; Sch/Schröder/Hecker § 2 Rdn. 6; Sch/Schröder/Bosch § 78 Rdn. 11; Wolter SK Rdn. 6. 49 BGHSt 55 11, 16; BGH NStZ 2006 32 m. Anm. Mitsch; BGHR StGB § 78b Abs. 4 Strafdrohung 2; BGH GA 1954 22; Dreher NJW 1962 2209; Saliger NK Rdn. 10; Sch/Schröder/Bosch § 78 Rdn. 11; unrichtig RGSt 75 52, 54; OLG Saarbrücken NJW 1974 1009; vgl. auch BGH bei Holtz MDR 1978 804.
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nachträgliche Verschärfung der Höchststrafe für die Berechnung der Verjährungsfrist ebenso unbeachtlich wie sich andererseits ein milderes Zwischengesetz (BGHSt 39 353, 370), die Umwandlung eines Qualifikationstatbestandes in ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall – wegen § 78 Abs. 4 – trotz gleichbleibenden Strafrahmens (BGHSt 50 138, 140; vgl. BGH NStZ 1999 556) oder bei Verwirklichung des Grundtatbestands – wegen § 78b Abs. 4 – die Umwandlung ein Regelbeispiels in einen Qualifikationstatbestand (BGHSt 55 11, 16) begünstigend auf die Dauer der Verjährung auswirken und deshalb eine im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB für die Verjährungsfrage zu beachtende Gesetzesänderung sein kann. 11a Schließlich kann die verfahrensrechtliche Auffassung auch Bedeutung für den sachlichen Geltungsbereich der Verjährungsvorschriften erlangen. So finden auf die Ahndung von Aufsichtspflichtverletzungen nach § 130 OWiG die Verfahrensregeln Anwendung, welche für die nicht verhinderte Pflichtverletzung bestehen (§ 131 Abs. 3 OWiG). Verfahrensregeln in diesem Sinne sind auch die Bestimmungen über die Verjährung (OLG Düsseldorf MDR 1985 78; OLG Frankfurt/M. NStZ 1992 193; OLG Köln NStZ 1990 192; Göhler/Gürtler § 131 OWiG Rdn. 6). Prüfungsgrundsätze. Die verfahrensrechtliche Behandlung der Verjährung gleicht 12 weitgehend der des Strafantrags (Vor § 77 Rdn. 9 ff). Ob Verjährung eingetreten ist, haben die Ermittlungsbehörden und das Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.50 Dem Rechtsmittelgericht ist diese Prüfung allerdings nur möglich, wenn es durch ein zulässiges Rechtsmittel ordnungsgemäß angegangen wurde 51 und das Rechtsmittel auch nicht durch Rücknahme hinfällig ist.52 Teilrechtskraft hindert die Nachprüfung nicht. Es genügt vielmehr, daß nur der Rechtsfolgenausspruch (BGH bei Spiegel DAR 1978 146, 160; BGHSt 40 113) oder ein Teil davon, wie die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung (BGHSt 11 393, 395; RG HRR 1938 Nr. 941), angefochten ist. Auch die Revision gegen ein Verwerfungsurteil gemäß § 329 Abs. 1 StPO führt zur Verjährungsprüfung durch das Revisionsgericht (BGHSt 46 230; OLG Celle NStZ-RR 2012 75). Die Anfechtung der Kostenentscheidung (§ 464 Abs. 3 StPO) ermöglicht dagegen keinen Eingriff in die Hauptsacheentscheidung mehr (Stuckenberg LR § 206a StPO Rdn. 18). Denn die Kostenentscheidung ist nur noch mit sofortiger Beschwerde angreifbar (MeyerGoßner/Schmitt § 464 StPO Rdn. 20), über die nicht stets das in der Hauptsache berufene Rechtsmittelgericht zu befinden hat. Ein solches Rechtsmittel gestattet kein „Hinübergreifen“ in den Schuldspruch (überholt BGHSt 13 128; aA Sch/Schröder/Bosch § 78 Rdn. 5; Wolter SK Rdn. 15). Bei vertikaler Teilrechtskraft ist die Verjährungsfrage insoweit zu prüfen, als eine Gesamtstrafe nach § 53 zu bilden ist.53 Die Rechtskraft anderweitig abgeurteilter Taten, deren Strafen lediglich nach § 55 StGB oder § 460 StPO einzubeziehen sind, bleibt unangetastet.54 Auf die Frage der Verjährung kann ein Rechtsmittel nicht beschränkt werden (BGHSt 2 385; BGH NJW 1984 988; unklar OLG Frankfurt/M. NStZ 1982 35). Einer verjäh-
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50 BGHSt 8 269; 11 393; 13 128; 15 203; BGH BeckRS 2011 01253; BGH bei Spiegel DAR 1978 146, 160; RGSt 63 320; 66 328; RG HRR 1938 Nr. 941; 1942 Nr. 457a; BayObLGSt 1968 84; 1977 125; 1979 44, 45; OLG Bremen NJW 1956 1248; Fischer § 78 Rdn. 3; Lackner/Kühl § 78 Rdn. 12; Mitsch MK § 78 Rdn. 9; Saliger NK Rdn. 12. 51 BGHSt 16 115 (aufgegeben BGHSt 15 203); BayObLGSt 1953 82; Fischer § 78 Rdn. 3; Schöneborn MDR 1975 6. Die Frage, ob nach Urteilserlass eingetretene Verjährung trotz unzulässigen Rechtsmittels zu beachten ist (BGHSt 22 213), ist durch § 78b Abs. 3 (Ablaufhemmung) gegenstandslos. 52 Schöneborn MDR 1975 6; aA BayObLG MDR 1975 72; Saliger NK Rdn. 12. 53 BGHSt 8 269 m. Anm. Jescheck JZ 1956 418. 54 Anders (nicht einzubeziehen) Jescheck JZ 1956 418; Oppe NJW 1959 1358.
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rungsbezogenen Rüge bedarf es im Revisionsverfahren nicht.55 Im Revisionsrechtszug ist die Verjährung bereits auf die Sachrüge hin zu prüfen (BGHSt 21 242, 243; RGSt 63 320, 321; dazu Grünwald Die Teilrechtskraft im Strafverfahren [1964] S. 368 ff; Volk S. 60 ff). Prüfungsgrundlage ist die Tat, wie sie sich dem zur Entscheidung berufenen Straf- 13 verfolgungsorgan darstellt. Für das Gericht ist beim Urteil das Ergebnis der Hauptverhandlung maßgebend. Ist nach ihm statt eines in der Anklage angenommenen schwerwiegenden Delikts nur ein leichteres bewiesen, beurteilen sich die Länge der Verjährungsfrist und damit die Rechtzeitigkeit etwa vorgenommener Unterbrechungshandlungen allein nach der erwiesenen Tat.56 Das gilt auch, wenn eine Straftat angeklagt war, nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung aber lediglich eine Ordnungswidrigkeit übrig bleibt. Ist der Schuldspruch rechtskräftig, ist die Verjährungsfrage auf seiner Grundlage zu beurteilen (OLG Bremen NJW 1956 1248). Hat das Gericht Einzelakte einer fortgesetzten Tat nach § 154a StPO aus dem Verfahren ausgeschieden, so muss es seine Prüfungsgrundlage durch Wiedereinbeziehung dieser Teile wieder vervollständigen, wenn anders der Verjährungsbeginn (die Beendigung der fortgesetzten Tat, § 78a Rdn. 10) nicht geklärt werden kann (BGHSt 29 315; BGH NStZ 1988 322). Die Prüfung der Verjährungsfrage geschieht nach den Regeln des Freibeweises.57 14 So genügt es, Unterbrechungshandlungen aus den Akten festzustellen. An die Würdigung des Tatrichters ist das Revisionsgericht dabei grundsätzlich nicht gebunden.58 Bei Zweifeln hat es den Sachverhalt selbst aufzuklären, es kann die Sache aber auch an den Tatrichter zurückverweisen.59 Eine Bindung des Revisionsgerichts besteht jedoch bei den sog. doppelrelevanten – auch den Schuldspruch tragenden – Feststellungen (BayObLG wistra 1988 81; OLG Düsseldorf MDR 1988 253), wie denjenigen zum Tatzeitpunkt, sofern nicht die datumsmäßige Bestimmtheit der Tat für den Schuldspruch ohne Bedeutung ist 60 oder fehlt (BGH NStZ 1982 25; BGHSt 33 271, 277; 16 354, 355). Bleibt zweifelhaft, ob Verjährung eingetreten ist, gilt der Grundsatz in dubio pro 15 reo.61 Sein Anwendungsbereich ist hier umfassend, obgleich er generell im Verfahrensrecht keine Anwendung findet (vgl. SSW/Schluckebier § 261 StPO Rdn. 55). Daher bestimmt sich die Frage der Verjährung bei einem nicht eindeutig feststellbarem Tatzeitpunkt nach der für den Angeklagten günstigsten Fallkonstellation (BGH NStZ-RR 2018 172; BGHR StGB § 78 III Fristablauf 1; OLG Hamm NJW 1976 2222). Der Zweifelsgrundsatz
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55 BGHSt 46 230; 21 242 m.w.N.; BayObLG, Beschluss vom 20.11.2003 – 5 St RR 301/03 –. 56 BGHSt 13 128; RGSt 33 426, 427; 38 426, 427; RG J W 1924 1728; für Übergangsfälle bei Rechtsänderungen (Umwandlung Straftat in Ordnungswidrigkeit) vgl. BGHSt 25 158, 161. 57 BGHSt 7 202, 204; 30 215, 218; 33 271, 277; BGH NStZ 1982 25; RGSt 63 320, 321; 65 82; RG HRR 1938 Nr. 941; BayObLGSt 1979 44, 45; OLG Braunschweig GA 1974 152; OLG Düsseldorf JR 1991 250, 252 m. Anm. Bottke; Stuckenberg LR § 260 StPO Rdn. 118; dagegen Roxin/Schünemann § 21 C Rdn. 23; Alberts S. 138; Többens Der Freibeweis und die Prozeßvoraussetzungen im Strafprozeß, NStZ 1982 184; Volk S. 249. 58 BGHSt 7 202, 204; 30 215, 218; BGHR StGB § 78c I Nr. 1 Bekanntgabe 1; BayObLGSt 1979 44, 45. 59 BGHSt 11 345, 347 f; 16 399, 403; BGH wistra 1988 23; BGHR StGB § 78a Satz 1 ESt-Hinterziehung 2; OLG Karlsruhe GA 1985 134; Grünwald Die Teilrechtskraft im Strafverfahren (1964) S. 375; zu weitgehend (vollständige Darstellung im tatrichterlichen Urteil geboten) OLG Hamburg MDR 1989 666; vgl. auch OLG Hamm MDR 1986 778. 60 BGHSt 22 90 m. Anm. Eb. Schmidt JZ 1968 434; Willms Wesen und Grenzen des Freibeweises, Ehrengabe für Heusinger S. 393, 408; s. schon RGSt 15 107, 108; zur Bindung an Feststellungen über den Tatort RGSt 45 158, 159; aA Alberts S. 139; Hanack LR25 § 337 Rdn. 35, 36. 61 BGHSt 18 274, 278 m. Anm. Eb. Schmidt JZ 1963 606 und Dreher MDR 1963 857; 33 271, 277 m. Anm. Bottke JR 1987 167; KG JR 1990 124, 126; Stuckenberg LR27 § 206a StPO Rdn. 37 ff; Michael Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahren S. 27, 149; Mitsch MK § 78 Rdn. 9 Montenbruck S. 175; Stree In dubio pro reo S. 64; Sulanke Die Entscheidung bei Zweifeln über das Vorhandensein von Prozeßvoraussetzungen und Prozeßhindernissen im Strafverfahren (1974) S. 120; überholt BGH bei Herlan MDR 1955 527; BGH GA 1963 126; OLG Düsseldorf NJW 1957 1485; Lackner/Kühl § 78 Rdn. 12a.
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gilt auch, wenn über Sinn oder Zeitpunkt von Unterbrechungshandlungen Ungewissheit bleibt,62 wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Ruhen der Verjährung nicht aufzuklären sind 63 und schließlich auch im Falle des § 323a, sofern der Täter möglicherweise noch unter den Voraussetzungen des § 21 gehandelt hat und die Rauschtat wegen der für sie geltenden kürzeren Verjährungsfrist verjährt wäre.64 16
c) Entscheidung. Ist Verjährung eingetreten, so ist das Verfahren unzulässig und durch Einstellung zu beenden (BGHSt 27 76, 79). Infolge der Entkoppelung der Verjährung von Straftat und erweiterter sowie selbstständiger Einziehung durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) bleiben die in § 73a und § 76a genannten Maßnahmen trotz Verjährung der Herkunftstat zulässig; diese Maßnahmen verjähren selbstständig nach § 76b (s. § 78 Rdn. 2). Demnach ist auch bei unzweifelhaft verjährten Straftaten die Durchführung von Ermittlungen zur Feststellung der Voraussetzungen des selbstständigen Einziehungsverfahrens (§ 435 Abs. 1 Satz 1 StPO) zulässig (LG Düsseldorf wistra 2018 445 m. Anm. Rettke; SSW/Heine § 76a Rdn. 22; aA Köhler/Burkhardt NStZ 2017 665, 672 f; vgl. aber auch Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler § 435 StPO Rdn. 13, 19), sofern nicht auch insoweit Verjährung eingetreten ist. Die Einstellungsentscheidung ist nachvollziehbar, also unter Darlegung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses zu begründen, was die Feststellung der insoweit bedeutsamen Tatsachen voraussetzt (BGHSt 56 6). Das Ermittlungsverfahren wird wegen Verjährung durch staatsanwaltschaftliche Verfügung entweder gar nicht erst eingeleitet (§ 152 Abs. 2 StPO) oder bei nachfolgender Feststellung des Verjährungseintritts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.65 Nach Erhebung öffentlicher Klage erfolgt die Einstellung durch Nichteröffnungsbeschluss gemäß § 204 (KG NStZ 2016 374; Meyer-Goßner/Schmitt § 204 StPO Rdn. 1), nach Eröffnung des Hauptverfahrens durch Beschluss gemäß § 206a StPO oder durch Urteil nach § 260 Abs. 3 StPO.66 § 357 StPO – Erstreckung auf Mitverurteilte – findet Anwendung (BGHSt 12 335, 340; 24 208, 210 f; 62 40). Nicht auf Einstellung, sondern auf Freispruch ist dagegen zu erkennen, wenn die Schuldlosigkeit des Angeklagten schon erwiesen ist, die Schuldfrage einer eingehenderen Erörterung also nicht mehr bedurfte, oder der Vorwurf eines schwerwiegenderen Delikts nicht nachgewiesen, das damit zusammentreffende leichtere Delikt aber verjährt ist.67 Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz kann den Angeklagten beschweren (BGHSt 50 16, 30; BGH NStZ-RR 2005, 259; BGH GA 1959 17; OLG Oldenburg NJW 1985 1177). Ist von mehreren tateinheitlich zusammentreffenden Gesetzesverletzungen nur eine verjährt, bleibt diese im Urteilsspruch unerwähnt; anders, wenn der Eröffnungsbeschluss Tatmehrheit angenommen hatte.68 Die Einstellung wegen Verjährung
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62 BGH bei Dallinger MDR 1970 897; OLG Hamburg JZ 1965 543; OLG Hamm JMBlNRW 1963 134; OLG Karlsruhe VRS 61 45; G. Schäfer FS Dünnebier S. 541, 548. 63 BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 1 mit Anm. Scholz JR 1996 121. 64 OLG Celle VRS 25 32; KG VRS 20 50; OLG Köln NJW 1958 1984; Fischer § 323a Rdn. 11, 21a. 65 BGHSt 56 6, 9; Meyer-Goßner/Schmitt § 170 StPO Rdn. 1, 6. 66 Ohne jeden Schuldspruch, BGHSt 20 225; zur Vereinbarkeit der Einstellung mit der Unschuldsvermutung Kühl Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung (1983) S. 100 ff; Kühl Unschuldsvermutung und Einstellung des Strafverfahrens, NJW 1984 1264. 67 BGHSt 36 340; 44 209, 218; 50 16, 30; BGH StV 1992 10, 11; NStZ-RR 1996 299, 300; NStZ-RR 2005 259; GA 1978 371; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 66 Anm. 4; RGSt 66 51, 53; BayObLG NJW 1989 1622; OLG Düsseldorf NJW 1982 2614; JR 1991 250, 252 m. Anm. Bottke; KG JR 1990 124; NStZ 1983 561; OLG Karlsruhe VRS 57 114, 116; OLG Schleswig SchlHA 1959 127; Ott KK § 260 StPO Rdn. 50a f; differenzierend: Stuckenberg LR § 260 StPO Rdn. 37 ff, 41 ff; vgl. auch BGHSt 13 268, 272; 20 333, 335; abw. BGHSt 35 246, 251; BayObLG VRS 57 40, 41; zum Strafantrag Vor § 77 Rdn. 11. 68 vgl. Ott KK § 260 Rdn. 21; s. auch BGH NJW 1991 1306, 1309.
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Vorbemerkungen | Vor § 78
hat Vorrang vor einer Einstellung auf Grund einer Amnestie.69 Über die Voraussetzungen der Verjährung entscheidet das Gericht mit einfacher Mehrheit (§ 263 Abs. 3 StPO). Im Urteil braucht, da das Rechtsmittelgericht die Verjährung selbständig prüft, hierüber grundsätzlich nichts zu verlauten. Hat der Tatrichter aber Beweise erhoben, die das Revisionsgericht nicht zu erheben pflegt, empfiehlt sich eine nachprüfbare Niederlegung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, um eine Zurückverweisung zu vermeiden (vgl. BGHSt 30 215, 217; 56 6, 10; Rdn. 14). 7. Sachlich-rechtliche Folgen. Die Verjährung beseitigt nicht nachträglich die 17 Rechtswidrigkeit der Tat. Diese bleibt tauglicher Anknüpfungspunkt für Begünstigung und Hehlerei70 oder auch eines ggf. selbstständig verjährenden Teilnahmedelikts (Mitsch MK Rdn. 10; s. auch § 78 Rdn. 4, § 78a Rdn. 18; hinsichtlich der persönlichen Gegebenheiten mehrerer Tatbeteiligter auch § 78c Rdn. 14). Strafverteitelung ist nach Verjährung der Vortat möglich, soweit eine noch zulässige Maßnahme der Vermögensabschöpfung vereitelt wird (§ 78 Rdn. 2).71 Der Irrtum des Täters über den Eintritt der Verjährung ist unerheblich. Verjährte Taten dürfen im Rahmen der Beweiswürdigung als Indiz verwertet und bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden.72 Ist bei mehreren in Gesetzeseinheit stehenden Rechtsverstößen der eine davon verjährt, ist die an sich verdrängte Strafvorschrift anzuwenden. Das gilt bei Subsidiarität (BGH NStZ 1984 309, 310; RGSt 39 353, 354) ebenso wie im Falle der sonst mitbestraften Nachtat.73 Bei Spezialität kann es je nach dem Gesetzeszusammenhang anders liegen (RGSt 47 385, 388). 8. Exkurs: Überlange Verfahrensdauer Die Beschleunigung des Strafverfahrens ist Wesenselement wirksamer Strafrechts- 18 pflege und rechtsstaatliches Gebot. Es hat in Art. 6 MRK positiven Ausdruck gefunden 74 und lässt sich zahlreichen Einzelvorschriften der StPO entnehmen. Welche Folgen eine Verletzung des Beschleunigungsgebots hat, ist aber umstritten. Die Zubilligung von Rechtsbehelfen gegen Untätigkeit der Strafverfolgungsorgane (vgl. 199 GVG) dürfte keine Lösung sein, der sich der Beschuldigte häufig bedient. Vielfach wird aus überlanger, staatlich zu verantwortender Verfahrensdauer auf ein Verfahrenshindernis infolge Verwirkung der Strafverfolgungsbefugnis geschlossen.75 Diese Auffassung hat für extreme
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69 BGHSt 20 248, 252; RGSt 53 276; RG HRR 1939 Nr. 1014. 70 Mitsch MK Rdn. 11; Fischer § 257 Rdn. 3; 259 Rdn. 6. 71 Fischer § 258 Rdn. 4; Walter LK12 § 258 Rdn. 34. 72 BGH NStZ-RR 2008 142, 143; NStZ 2004 277, 278; BGH StV 1989 478; BGHR StGB Vor § 1 fortg. Hdlg. Gesamtvorsatz 17, 18, 21; § 46 Abs. 2 Vorleben 11, 19, 24; BGH bei Holtz MDR 1977 809; Fischer § 46 Rdn. 38d; Sch/Schröder/Kinzig § 46 Rdn. 33; zurückhaltend Gillmeister NStZ 2000 344. 73 BGHSt 38 366, 368 m. Anm. Stree JZ 1993 476; BGH NStZ 1993 493; BGH NJW 1968 2115; BGH bei Dallinger MDR 1955 269; Dreher MDR 1964 168; Kohlmann JZ 1964 492; Rissing-van Saan LK12 Vor § 52 Rdn. 164; Sch/Schröder/SternbergLieben/Bosch Vor § 52 Rdn. 136; aA OLG Braunschweig JZ 1964 524; Jakobs AT 31/46; Jescheck/Weigend § 69 II 3a; Wolter SK § 78a Rdn. 9;. 74 Dazu EGMR in EuGRZ 1983 371 m. Anm. Kühne (Fall Eckle). Darstellung bei Krey JA 1983 638, 640; EGMR NJW 1986 647; 649. 75 LG Frankfurt/M. JZ 1971 234; LG Krefeld JZ 1971 733; LG Düsseldorf NStZ 1988 427; Baumann FS Eb. Schmidt, S. 525, 541; Hillenkamp JR 1975 133; NJW 1989 2841, 2848; Peters JR 1978 247; Priebe FS Simson, S. 287, 309; Imme Roxin S. 152 ff; Schroth NJW 1990 29, 31; Schwenk ZStW 79 (1967) 721, 736; JZ 1976 581, 583; v. Stackelberg FS Bockelmann, S. 759, 769; Ulsenheimer wistra 1983 12; s. ferner OLG Koblenz NJW 1972 404; aA Hanack JZ 1971 705; Meyer-Goßner/Schmitt Art. 6 MRK Rdn. 9; Kloepfer JZ 1979 209, 215 Fn. 53; Kohlmann FS Pfeiffer, S. 203, 211; Kühne EuGRZ 1983 383; Schäfer LR24 Einl. Kap. 12 Rdn. 91; Rieß JR 1985 45, 48; Rüping ZStW 91 (1979) 351, 361; Schlüchter Das Strafverfahren 2. Aufl. (1983) Rdn. 388; Ulsamer
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Vor § 78 | 5. Abschnitt – Verjährung
Ausnahmefälle Unterstützung durch das BVerfG gefunden (NStZ 1984 128; StV 1993 352 [s. aber NJW 1992 2472]; NJW 2003 2897 und insbesondere BVerfGK 2 239). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet eine Verletzung des 18a Beschleunigungsgebots mit Ausnahme extremer Sonderfälle kein Verfahrenshindernis, aufgrund dessen das Verfahren einzustellen 76 oder andere als die im Gesetz vorgesehenen Rechtsfolgen zu verhängen wären (BGHSt 27 274, 275 f m. Anm. Peters JR 1978 247). Vielmehr sind solche Verstöße durch Feststellung im Urteilstenor dadurch zu kompensieren, dass als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt (sog. Vollstreckungsmodell).77 Andernfalls ist die Anwendung der §§ 59, 60 oder eine Einstellung des Verfahrens nach Opportunitätsgesichtspunkten zu erwägen (§§ 153, 153a, 154, 154a StPO).78 Trotz des dort maßgebenden Erziehungsgedankens gilt dieses Prinzip auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht (BGH NJW 2018 2062 mit Anm. Kölbel JR 2018 573). Dieser zutreffenden Auffassung ist anzufügen, dass die Verjährungsvorschriften zumindest die gesetzgeberische Intention verfolgen, einer etwaigen Untätigkeit der Behörden vorzubeugen (BTDrucks. 15/5653; vgl. auch BGHSt 11 393, 396; 12 335, 337; vgl aber Rdn. 1a, 1b). Nach der eindeutigen gesetzlichen Entscheidung zieht aber erst § 78c Abs. 3 Satz 2 mit der absoluten Verjährung die zeitliche Grenze zulässiger Strafverfolgung (BTDrucks. aaO). Diese Grenzziehung schließt es aus, ein der Verjährung vorgelagertes Verfahrenshindernis zu konstruieren, das ebenfalls wesentlich auf den Zeitablauf abstellt (Hanack J Z 1971 705, 712). Auch die Hemmung der Verjährung nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils (§ 78b Abs. 3) ist eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die nicht unterlaufen werden darf, und ebenso sind es die Fälle des Ruhens der Verjährung (BGHSt 36 363, 372). Allerdings kann auch nach Auffassung des BGH in extremen Ausnahmefällen die unverständliche Untätigkeit der Strafverfolgungsbehörden zu einem Abbruch des Verfahrens nötigen;79 doch ist Zurückhaltung in der Annahme eines Extremfalles geboten. Für die Zulässigkeit einzelner prozessualer Maßnahmen hingegen kann auch die bisherige Verfahrensdauer ein beachtlicher Gesichtspunkt sein (BVerfGE 53 152; OLG Stuttgart NJW 1974 284); ebenso kann einem großem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil wie auch einer langen Verfahrensdauer ohne Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bei der allgemeinen Strafzumessung jeweils für sich genommen erhebliches Gewicht zu kommen (BGHSt 62 184 192 f m.w.N.; BGH NStZRR 2011 171).
_____ FS Faller, S. 373, 382; Vogler ZStW 89 (1977) 761, 783; Volk S. 228. Differenzierend in den Rechtsfolgen Scheffler (1991). 76 BGHSt 21 81, 84; 24 239; BGH GA 1977 275; BGH NStZ 1982 291; 1983 135; 1989 283; BGH wistra 1982 108; 2017 108, 109; BGH MDR 1984 861, 862; BGH bei Holtz MDR 1984 89; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1987 19; ebenso OLG Hamm NJW 1975 702; OLG Karlsruhe NJW 1972 1907; OLG Stuttgart NJW 1967 508, 509; Katzorke S. 207; Scheffler JZ 1992 131, 134; Volk StV 1986 36. 77 BGHSt 52 124; BGH wistra 2017 108, 109. 78 BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 4.9.2009 – 2 BvR 1089/09 –, BGHSt 52 124; zu dem bis zur Entscheidung des GSSt (BGHSt 52 124) geltenden Strafabschlagsmodell s. BVerfG NStZ 1984 128; StV 1993 352; EGMR EuGRZ 1983 371 m. Anm. Kühne; BGH NJW 1990 56; StV 1992 452 m. Anm. Scheffler StV 1993 567; OLG Düsseldorf MDR 1989 935. 79 BGHSt 52 124; BGHSt 46 160; BGH NStZ-RR 2004 230; BGHSt 35 137; BGH MDR 1990 168; OLG Stuttgart StV 1993 289; OLG Zweibrücken NStZ 1989 134; LG Ellwangen JR 1993 257 m. Anm. Otto; LG Stuttgart Justiz 1990 303; zu einem Fall der Ablehnung der Verfahrenseröffnung LG Bad Kreuznach NJW 1993 1725; s. ferner LG Berlin JZ 1992 159 m. Bespr. Scheffler S. 131 (Schmücker-Verfahren).
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Verjährungsfrist | § 78
9. Übergangsrecht. Die §§ 78 ff gelten uneingeschränkt für Taten, die nach dem 19 1.1.1975 begangen sind. Für früher verübte Delikte sind die Übergangsregelungen des Art. 309 EGStGB zu beachten. Eine allgemeine Bestimmung über das Wirksambleiben von Unterbrechungshandlungen bei einer Verkürzung der Verjährungsfrist infolge Änderung der Strafdrohung findet sich in § 78c Abs. 5. 10. Recht des Einigungsvertrages. Das Recht des Einigungsvertrages ist in der 20 Vorauflage im Anhang nach § 78c dargestellt (dort Rdn. 38 ff). 11. Internationale Bezüge. Die fortschreitende Europäisierung und Internationali- 21 sierung auf dem Gebiet der Strafrechtspflege führte auch zu einer Anpassung des deutschen Verjährungsrechts. Zum einen hat das 38. StRÄndG mit Wirkung vom 11.8.2005 § 78b Absatz 5 neu eingefügt. Danach ruht die Verjährung, solange sich der Beschuldigte im Ausland aufhält und die deutschen Strafverfolgungsbehörden seine Auslieferung betreiben (§ 78b Rdn. 21 ff). Eine weitere Ergänzung im Bereich der Ruhensregelung enthält die Eingliederung des zum 26.11.2015 außer Kraft getretenen Gesetzes über das Ruhen der Verfolgungsverjährung und die Gleichstellung der Richter und Bediensteten des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH-GleichstG) in das StGB (vgl. § 78b Rdn. 32).
ERSTER TITEL Verfolgungsverjährung § 78 Verjährungsfrist 5. Abschnitt – Verjährung Verjährungsfrist Greger/Weingarten § 78 https://doi.org/10.1515/9783110491302-035
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Abs. 2 bleibt unberührt. (2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht. (3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist 1. dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, 2. zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, 3. zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, 4. fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, 5. drei Jahre bei den übrigen Taten. (4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind. Schrifttum v. Frankenberg Wie geht die Justiz der BRD mit Nazi-Verbrechen um? KJ 2018 137; Gössel Bindung der Wiederaufnahme zuungunsten des Verurteilten an die Verjährungsfrist? NStZ 1988 537; Heinrich Besonderheiten der Verjährung im Bereich des Pressestrafrechts, ZJS 2016 17; Kramer Scalping ein Pressedelikt? – Zur Verjährung informationsgestützter Marktmanipulation, WM 2016 1163; Sieg Zur Verjährung bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 1975 153; Triffterer Können Mord-Gehilfen der Nationalsozialis-
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§ 78 | 5. Abschnitt – Verjährung
ten heute noch bestraft werden? NJW 1980 2049; Wickern Die Berechnung der strafrechtlichen Verjährungsfrist in der Rechtsprechung des BGH, NStZ 1994 572; Wüstenberg Zur presserechtlichen Verjährungsfrist, AfP 2007 423 s. ferner die Schrifttumsangaben zu den Vorbemerkungen.
Entstehungsgeschichte S. Vor § 78. Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG, Art. 18 Nr. 45 EGStGB. Änderung des Absatzes 2 und redaktionelle Verbesserung durch Art. 1 des 16. StRÄndG. Absatz 1 Satz 2 eingefügt durch Art. 1 Nr. 2 des 21. StRÄndG. Änderung des Absatzes 2 durch Art. 2 Nr. 3 Gesetz zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254). Anpassung des Absatzes 1 Satz 2 durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872). Übersicht 1. Inhalt | 1 2. Wirkung der Verfolgungsverjährung | 2 3. Tat- und Tatfolgenverjährung | 3 4. Unverjährbare Taten | 5 5. Fristenlauf bei den verjährenden Taten | 7 6. Bedeutung der Rechtskraft | 8 7. Beseitigung der Rechtskraft | 9
a)
8. 9. 10. 11.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand | 10 b) Wiederaufnahme des Verfahrens | 11 c) Sonstige Eingriffe in die Rechtskraft | 12 Die Fristen | 13 Presseverjährung | 14 Ermittlung der anwendbaren Frist | 18 Recht des Einigungsvertrages | 19
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1. Inhalt. Die Vorschrift regelt die Wirkungen der Verfolgungsverjährung (Absatz 1), sie bestimmt, welche Taten in welchen Fristen verjähren (Absätze 2, 3) und schafft Grundlagen für die Berechnung der Verjährungsfrist (Absatz 4). Wegen Taten, die vor Ablauf des 31.12.1992 im Beitrittsgebiet begangen wurden s. Vorauflage Schmid LK12 § 78c Rdn. 38.
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2. Wirkung der Verfolgungsverjährung. Nach Absatz 1 schließt die Verjährung jegliche Ahndung der Tat durch Strafen, Nebenstrafen und Nebenfolgen sowie die Verhängung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. Prozessual ist nach Eintritt der Verjährung auch die Einleitung oder Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens, gleich in welchem Stadium es sich befindet, unzulässig (vgl. Vor § 78 Rdn. 16). Unzulässig ist demnach grundsätzlich auch die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung. Hinsichtlich der Sicherungseinziehung war dies früher streitig (vgl. 10. Aufl. Rdn. 2). Bereits das 21. StRÄndG hat die Streitfrage durch Einfügung des Absatzes 1 Satz 2 a.F. erledigt; die Sicherungseinziehung war und ist damit auch weiterhin bei verjährter Straftat möglich (§ 76a Abs. 2 Satz 2). Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) erstreckt die Möglichkeit der selbstständigen Anordnung der Einziehung trotz Eintritts der Verfolgungsverjährung der Straftat nach § 76a Absatz 2 Satz 1 auf den Tatertrag und den Wert des Tatertrags.1 Derartige Maßnahmen der Vermögensabschöpfung unterliegen gemäß § 76b Abs. 1 – wie nunmehr auch die erweiterte (selbständige) Einziehung nach § 73a, § 76a Abs. 4 – einer eigenen, von der Strafttat unabhängigen Verjährung von 30 Jahren, es sei denn, die Anlasstat ist als sol-
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Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 670 f.
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che unverjährbar (§ 76b Abs. 2).2 Damit hat die Neuschaffung des § 76b auch die frühere Kontroverse um die Zulässigkeit der Anordnung des erweiterten Verfalls bei nicht konkretisierbaren, aber verjährten Erwerbstaten erledigt (vgl. hierzu Schmid LK12 Rdn. 2). Der Gesetzgeber ist mit der Entkoppelung der Verjährung von Straftat und erweiterter sowie selbstständiger Vermögensabschöpfung weit über den Entwurf der Bundesregierung (BTDrucks. 18/9525, S. 14, 15) hinausgegangen.3 Diese hatte die Vermögensabschöpfung ausdrücklich nicht auf verjährte Erwerbstaten erstrecken, sondern den Gleichlauf der Verjährung von Tat und Maßnahmen aufrechterhalten wollen, weil eine den Rechtsfrieden störende Nachwirkung der Tat bei deren Verjährung insgesamt – also auch im Hinblick auf inkriminiertes Vermögen – nicht mehr anzunehmen sei (BTDrucks. aaO, S. 57). Anliegen des Gesetzgebers war es jedoch, mit der jetzigen Fassung neben der Bereinigung der „Unwucht“ einer Ungleichbehandlung von selbstständiger und erweiterter Abschöpfung von Vermögenswerten bei verjährten Herkunftstaten die Vermögensabschöpfung unter vollständiger Ausschöpfung des grundrechtlich Machbaren möglichst weitgehend zu gestalten (BTDrucks. 18/11640, S. 82, 83). Diese Absicht offenbart sich auch in dem von § 2 Abs. 5 abweichenden Übergangsrecht (vgl. Art. 316h EGStGB). Danach gilt die Verjährungsvorschrift des § 76b für die Anordnung der selbstständigen und erweiterten Einziehung des Tatertrags oder des Wertes des Tatertrags auch wegen solcher Taten, die vor Inkraftreten des Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 begangen worden sind; dies gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB mit Ausnahme derjenigen Fälle, hinsichtlich derer bis zum 1.7.2017 bereits eine erstinstanzliche Entscheidung über den Verfall nach altem Recht ergangen ist (Köhler/Burkhard NStZ 2017 665, 682). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Art. 316h EGStGB bestehen wegen der rückwirkenden Regelung noch nicht verjährter Taten und Maßnahmen weder unter dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbots (Art. 103 Abs. 2 GG) noch des allgemeinen Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. BGH NStZ-RR 2018 241; OLG München, Beschluss vom 19. Juli 2018 – 5 OLG 15 Ss 539/17; aber auch LG Kaiserslautern NZWiSt 2018 149 m. Anm. Rebell-Houben; Vor § 78 Rdn. 11). Mit guten Gründen hält indes der 3. Strafsenat des BGH die Übergangsrelegung für verfassungswidrig, soweit diese – vom Gesetzgeber wegen des (nur) kondiktionsähnlichen Charakters der Vermögensabschöpfung ausdrücklich gewollt (BTDrucks. 18/11640, S. 84) – auch solche vermögensabschöpfenden Maßnahmen erfasst, die wegen der altrechtlichen Koppelung an die Verjährung der Tat bei Inkrafttreten am 1.7.2017 bereits verjährt waren. Insoweit nimmt der Senat in einer Vorlage an das BVerfG eine echte Rückwirkungsanordnung des Art. 316h Satz 1 EGStGB an, die mit dem Rechtsstaatsprinzip im Hinblick auf das schützenwerte Vertrauen des Rechtsunterworfenen in Verbindlichkeit und Bestand einer bereits eingetretenen Verjährung unvereinbar sei (BGH NJW 2019 1891), s. auch Vor § 78 Rdn. 11. 3. Tat- und Tatfolgenverjährung. Tat im Sinne des Absatzes 1 ist die einzelne Ge- 3 setzesverletzung. Verwirklicht der Täter tateinheitlich mehrere Straftatbestände, ist die Verjährung für jeden davon selbständig zu prüfen,4 weil nach Absatz 3 für die einzelnen
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2 Zu den verfahrensrechtlichen Konsequenzen vgl. Vor § 78 Rdn. 16. 3 Korte wistra 2018 1, 7. 4 BGH wistra 1982 188; BGHR StGB § 78 Tat 1, 2; BGH NJW 1987 3144; StV 1989 478; NStZ 1990 80; StV 1990 404; NStZ-RR 2003 353; BGH NStZ-RR 2009 43; 2016 137; BGH bei Dallinger MDR 1956 526; 1976 15; RGSt 8 310, 312; 26 261, 263; 39 353, 355; 57 140, 141; 62 83, 88; RG HRR 1942 Nr. 457a; OGHSt 1 53, 54; 1 203, 205; OLG Köln GA 1953 57; Fischer § 78a Rdn. 5; Lackner/Kühl Rdn. 11; Maurach/Gössel/Zipf § 75 I Rdn. 23; Saliger NK Rdn. 5; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 8.
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§ 78 | 5. Abschnitt – Verjährung
Delikte Verjährungsfristen von unterschiedlicher Dauer gelten und nach § 78a ihr Lauf zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen kann. Bei einem Blankett-Strafgesetz wie § 370 AO ergibt sich die Gesetzesverletzung vollständig erst aus der ausfüllenden Norm. Der Beginn der Verjährung von Steuerdelikten bestimmt sich daher auch nach den Besonderheiten der jeweiligen Steuer (BGHSt 56 298, 312 f; BGH NJW 1991 1306, 1308; StV 1990 404, 405; vgl. § 78a Rdn. 6). Zur anderen Lage bei der Unterbrechung s. § 78c Rdn. 15. Dies besagt jedoch nicht, dass jede Gesetzesverletzung lediglich einer einheitlichen Verjährung unterläge. Hat der Strafausspruch Rechtskraft erlangt, läuft wegen anhängig gebliebener Nebenfolgen oder Maßregeln die Verjährung weiter.5 Das hat bei Urteilen zwar keine praktische Bedeutung, weil nach § 78b Abs. 3 der Erlass des erstinstanzlichen Urteils den Ablauf der Verjährungsfrist für die gesamte Tat hemmt (vgl. § 78b Rdn. 13); für die Vollstreckungsverjährung gilt § 79 Abs. 5. Anders liegt es aber bei zulässigem TeilEinspruch gegen einen Strafbefehl. Wird ein Teil der durch Strafbefehl festgesetzten Rechtsfolgen rechtskräftig, steht dem Lauf der Verjährung im übrigen kein Hindernis im Wege, denn der Erlass des Strafbefehls entfaltet keine hemmende Wirkung, er unterbricht die Verjährung (§ 78c Abs. 1 Nr. 9). Eine solche Beschränkung des Einspruchs gegen einen Strafbefehl ist seit dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1987 möglich (§ 410 Abs. 2 StPO). Tat nach Absatz 1 ist auch die Teilnahme, die mit der Haupttat zunächst eine Ein4 heit bildet (§ 78a Rdn. 18). Hat der Teilnehmer ein anderes Strafgesetz als der Haupttäter verwirklicht, bestimmt sich die Verjährungsfrist für jeden Beteiligten entsprechend des Umfangs der Haupttatzurechnung aber nach der Strafdrohung des von ihm verübten Delikts (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10). In Betracht kommt dies etwa bei Verschiedenheit der inneren Tatseite, bei unechten Sonderdelikten oder qualifizierten und privilegierten Tatbeständen im Verhältnis zum Grundtatbestand. Eine Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 kann zu einer entsprechenden Verschiebung der Verjährungsfrist führen.6 Tat im Sinne des Absatzes 1 ist schließlich auch der Versuch; die Verjährung ist an die Strafdrohung für die vollendete Tat geknüpft. 5
4. Unverjährbare Taten. Mord (§ 211) verjährt nicht (Absatz 2); dies gilt auch für Versuch, Teilnahme und Versuch der Beteiligung gemäß § 30 StGB (Rdn. 6). Der uneingeschränkte Verjährungsausschluss für Mord erfolgte durch das 16. StRÄndG.7 Er gilt nach dessen Art. 2 rückwirkend für alle Taten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des 16. StRÄndG am 22.7.1979 noch nicht verjährt waren und erfasst – dies war das Ziel der Regelung – insbesondere die NS-Gewaltverbrechen, deren Verjährung mangels hinreichender Aufklärung noch nicht unterbrochen werden konnte. Der zeitliche Anwendungsbereich (dazu Vor § 78 Rdn. 11) beruht auf dem Ineinandergreifen verschiedener Regelungen.8 Seit 1939 galt für Mord eine Verjährungsfrist von 20 Jahren.9 Sie ruhte, solange die von Staats wegen begangenen Morde entsprechend dem Willen der Staatsführung unverfolgt blieben (vgl. § 78b Rdn. 11).10 Nach dem Zusammenbruch droh-
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5 OLG Celle NJW 1965 2413; OLG Düsseldorf VRS 32 34; OLG Hamm VRS 33 191; OLG Neustadt/W. GA 1956 268; Fischer Rdn. 2; Lackner/Kühl Rdn. 7. 6 Mitsch MK Rdn. 15; Saliger NK Rdn. 7; Satzger Jura 2012 433, 437; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10. 7 Zum Streit um das 16. StRÄndG § 211 Rdn. 69, Fn. 75 sowie Böckenförde ZStW 91 (1979) 888; Eben FS Univ. Bielefeld S. 145; Weber/Steinbach/M.Hirsch S. 40; Schünemann Nulla poena sine lege? (1978) S. 25. 8 Anschaulich BGHSt 41 72 (Strafverfahren wegen Mordes am Berliner Bülow-Platz 1931); BGH NJW 1988 2998; Dokumentation der Gesetzesgeschichte in Deutscher Bundestag, Presse- und Informationszentrum Zur Verjährung nationalsozialistischer Verbrechen, Zur Sache 3/80–5/80. 9 BGH NJW 1962 2209 m. Anm. Dreher; BGH GA 1964 78. 10 BGHSt 18 367; 23 137; BGH NJW 1962 2308; BVerfGE 1 418, 425; OLG Dresden NJW 1947/48 311; OLG Gera NJW 1947/48 31 Nr. 34.
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te erstmals am 8.5.1965 der Eintritt der Verjährung.11 Es erging deshalb das sog. Berechnungsgesetz vom 13.4.1965 (BGBl. I S. 315); dieses ordnete an, dass bei der Berechnung der Verjährungsfrist die Zeit vom 8. 5.1945 bis 31. 12. 1949 außer Ansatz bleibe (dazu BVerfGE 25 269). Die damit an sich am 31.12.1969 endende zwanzigjährige Verjährung verlängerte der Gesetzgeber durch das 9. StRÄndG auf 30 Jahre, also bis Ende 1979.12 Mit dem 16. StRÄndG hat er sich sodann für die gänzliche Aufhebung der Verjährung entschieden. Unverjährbar ist ferner die Verfolgung von Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (§§ 5, 2 VStGB i.V.m. § 12 Abs. 1). Es sind dies der vormals in § 220a 13 normierte Völkermord, der mit Wirkung vom 30.6.2002 aufgehoben und inhaltsgleich durch § 6 VStGB ersetzt wurde,14 sowie die Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) und die im 2. Abschnitt des Völkerstrafgesetzbuches aufgeführten Kriegsverbrechen (§§ 8 bis 12 VStGB).15 Seit dem 1.1.2017 gilt dies mit Wirksamwerden des Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuchs vom 22.12.2016 auch für Aggressionsverbrechen nach § 13 VStGB. Für die in §§ 14 und 15 VStGB pönalisierten Vergehen gelten hingegen nach § 2 VStGB die allgemeinen Verjährungsfristen (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, 5). Die Unverjährbarkeit gilt nicht nur für die vollendete Haupttat, sondern auch für 6 den Versuch, die Teilnahme und den Versuch der Beteiligung gemäß § 30 StGB. Bemühungen, die Beihilfe zum Mord aus dem Anwendungsbereich des Absatzes 2 herauszunehmen (LG Hamburg NStZ 1981 141 m. Anm. Schünemann; Triffterer NJW 1980 2049), widersprechen dem Gesetz (Absatz 4, § 12 Abs. 3).16 Der Gesetzgeber hatte mit dem Erlass des EGOWiG 1968 unbeabsichtigt einen Teil der Beihilfefälle der Verjährung zugeführt (BGHSt 22 375; vgl. § 211 Rdn. 166; krit. v. Frankenberg KJ 2018 137, 143). Die Formulierung des Absatzes 4 ist vor dem Hintergrund des unterlaufenen Versehens zu betrachten und wurde ausdrücklich gewählt, um gerade die gleiche Länge der Verjährung für Täterschaft und Teilnahme zu gewährleisten (Prot. 5/3189 f, 3211). Dieser Wille hat hinreichend klaren Ausdruck in Wortlaut und Systematik des Gesetzes gefunden. Dem Gesetzgeber kann daher nicht ein neuerlicher Fehler mit der Begründung angelastet werden, Absatz 4 enthalte eine Fristenregelung und betreffe nur verjährende, nicht aber unverjährbare Taten.17 Jedoch bleiben Beihilfetaten, die vor dem Erlass des 16. StRÄndG bereits verjährt waren, unverfolgbar. Das ergibt sich aus rechtsstaatlichen Grundsätzen (vor § 78 Rdn. 11) und ist in Art. 2 des 16. StRÄndG ausdrücklich ausgesprochen. Zu den in Betracht kommenden Fällen vgl. BGHSt 22 375. Eine Tat nach § 111 Abs. 1 unterliegt auch dann nicht der Unverjährbarkeit, wenn der Täter mit Erfolg öffentlich zur Begehung eines Mordes auffordert (aA Mitsch MK Rdn. 15). Sie verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 nach 30 Jahren, denn die in § 111 Abs. 1 vorgenommene gesetzliche Gleichstellung mit dem (erfolgreichen) Anstifter bezieht sich nur auf
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11 Zur Verjährung des Totschlags am 7.5.1960 Lackner NJW 1960 1046; BGH NJW 1962 2308. 12 Zur damaligen rechtspolitischen Auseinandersetzung Arndt NJW 1961 14; JZ 1965 145; Baumann Aufstand S. 15; Bemmann JuS 1965 333; Benda S. 24; Calvelli-Adorno NJW 1965 273; Frost DRiZ 1965 89; Fuhrmann JR 1965 15; Grünwald MDR 1965 521; Jantsch DRiZ 1968 196; Kirn ZRP 1968 3; Klug JZ 1965 149; Lorenz GA 1968 300; Mischnick ZRP 1968 63; Naegele NJW 1960 889; Naucke ZRP 1969 8; Pawlowski NJW 1965 287; 1969 594; Schmid NJW 1965 1952; P. Schneider FS Germann S. 199; Schreiber ZStW 80 (1968) 348; Wassermann JR 1965 223; Willms JZ 1969 60; Winters ZRP 1968 47. 13 Zur Nichtverjährbarkeit des Völkermordes nach § 220a a.F. vgl. 11. Aufl. Rdn. 5. 14 Art. 2 Nr. 10 des Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches vom 26.6.2002 (BGBl. I S. 2254). 15 BTDrcks. 14/8524 S. 26. 16 Lackner/Kühl Rdn. 6. 17 Ebenso OLG Frankfurt/M. NJW 1988 2900; Fischer Rdn. 4; Mitsch MK Rdn. 15; Saliger NK Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1; Wolter SK Rdn. 7; Wickern NStZ 1994 572.
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die Rechtsfolge einer lebenslangen Strafandrohung, führt aber nicht zur Gleichstellung der Deliktsqualität (BGHSt 29 258, 267; Rosenau LK12 § 111 Rdn. 2 ff, 12) und damit auch nicht zu einer Anwendbarkeit des § 78 Abs. 2. Dies folgt auch aus § 111 Abs. 2 StGB, der für die erfolglose Aufforderung zum Mord eine eigenständige Strafandrohung18 von bis zu fünf Jahren ausweist und damit von der Strafandrohung bei versuchter Anstiftung zum Mord nach § 211 Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 1 gerade aufgrund der unterschiedlichen Deliktseinordnung – die erfolglose Aufforderung ist ein Vergehen (Rosenau LK12 § 111 Rdn. 65) – deutlich abweicht. 7
5. Fristenlauf bei den verjährenden Taten. Die Strafverfolgung aller Taten außer Mord und den Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch verjährt binnen bestimmter Fristen (Absatz 3). Allein das Verstreichen eines der Frist entsprechenden Zeitraums bedeutet allerdings nicht zwangsläufig den Eintritt der Unverfolgbarkeit. Die Verjährung kann ruhen (§ 78b), gehemmt sein (§ 78b Abs. 3) oder unterbrochen werden (§ 78c). Sie kann auch nach ihrem Ende wieder aufleben (Rdn. 9). Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt jeweils mit dem Tag, in den das maßgebende Ereignis fällt. Dies kann die Straftat sein (§ 78a), aber auch die Unterbrechungshandlung (§ 78c). Nicht behebbare tatsächliche Zweifel über den Beginn der Verjährungsfrist, den Zeitraum des Ruhens oder der Unterbrechung gehen zugunsten des vom Verfahren Betroffenen (Vor § 78 Rdn. 15). Die Frist endet an dem Tag, der nach seiner Bezeichnung dem Anfangstag vorangeht. Beginnt eine dreimonatige Verjährungsfrist am 15. April, tritt Verjährung mithin am 14. Juli, 24 Uhr ein.19 Ob das Fristende auf einen Werktag, Sonntag oder Feiertag fällt, ist unerheblich.
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6. Bedeutung der Rechtskraft. Ergeht vor dem Ende der Frist ein Urteil, so endet die Verfolgungsverjährung mit dessen Rechtskraft. In diesem Zeitpunkt beginnt die Vollstreckungsverjährung, so dass es einen verjährungsfreien Zwischenraum zwischen den beiden Verjährungsarten nicht gibt.20 Bei Teilrechtskraft ist die Vollstreckbarkeit der jeweiligen Rechtsfolge maßgebend (s. aber Rdn. 3). Der Strafausspruch ist nicht vollstreckbar, wenn die Frage der Strafaussetzung (BGHSt 11 393, 395; OLG Bremen NJW 1956 1248) oder der Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und Maßregel (§ 67 Abs. 2) angefochten ist. Ist nach § 53 eine Gesamtstrafe zu bilden, beginnt die Vollstreckungsverjährung erst mit deren Rechtskraft, nicht mit der der Einzelstrafen (BGHSt 30 232; RGSt 60 206, 207). Ist hingegen eine nachträgliche Gesamtstrafe nach § 460 StPO oder durch Einbeziehung gemäß § 55 StGB gebildet worden, bietet sich keine Handhabe, die für die rechtskräftig erkannten Einzelstrafen laufende Vollstreckungsverjährung wieder in eine Verfolgungsverjährung umzuwandeln. Denn die rechtskräftigen Strafen sind vollstreckbar und gehen erst mit Rechtskraft der Gesamtstrafe in dieser auf. Es kann sich daher hier nur um die Frage handeln, ob die Bildung der Gesamtstrafe zu einer längeren Vollstreckungsverjährung führt und von welchem Tag an die Frist zu laufen beginnt (dazu § 79 Rdn. 4).
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18 BT Drucks. 7/3030, S. 7; Fischer § 111 Rdn. 8; Rosenau LK12 § 111 Rdn. 65; Sch/Schröder/Eser § 111 Rdn. 21. 19 BGHSt 23 137; 27 76; BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 66 Anm. 1; RGSt 13 57, 58; 41 167; 65 287, 290; RG Rspr. 8 493; BayObLGSt 1959 14, 15; BayObLG JR 1969 64; OLG Celle NdsRpfl. 1984 239; OLG Karlsruhe VRS 57 114, 115; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1981 96; OLG Zweibrücken MDR 1981 960; Fischer § 78a Rdn. 6; Saliger NK Rdn. 10; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12. 20 BGHSt 11 393, 396; 20 198, 200; BGH bei Dallinger MDR 1973 191; RGSt 76 48; OLG Bremen NJW 1956 1248; OLG Celle NJW 1965 2413; OLG Köln VRS 57 296; Saliger NK Rdn. 14; Gössel NStZ 1988 537, 538.
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7. Beseitigung der Rechtskraft. Der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens ist 9 kein unabänderlicher Endpunkt der Verfolgungsverjährung. Mit der Beseitigung der Rechtskraft, etwa durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Wiederaufnahme des Verfahrens, beginnt die Verfolgungsverjährung erneut. Nicht im Gesetz geregelt ist jedoch, ob alsdann die frühere Frist weiterläuft oder eine neue Frist beginnt, welche Bedeutung die in § 78b Abs. 3 vorgesehene Ablaufhemmung hat und ob die absolute Verjährungsfrist des § 78c Abs. 3 Satz 2 noch eine Rolle spielt. Nach der mehrheitlichen Literaturmeinung soll die Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Durchbrechungsentscheidung, also etwa eines Beschlusses gemäß § 46 Abs. 1 StPO oder gemäß § 370 Abs. 2 StPO, grundsätzlich in ihrem alten Stand wieder aufleben und fortlaufen.21 Dabei wird teils ein rückwirkender Fortlauf der Verjährung angenommen,22 teils ein zwischenzeitliches Ruhen der Verjährung fingiert.23 Mit der Rechtsprechung24 und einem Teil der Literatur25 ist jedoch davon auszugehen, dass die Verjährung in diesen Fällen mit einer vollen Verfolgungsfrist nach Absatz 3 gänzlich neu in ihrem Lauf beginnt: a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hat das Amtsgericht den Einspruch 10 gegen einen Strafbefehl durch rechtskräftigen Beschluss als unzulässig verworfen und gewährt es nunmehr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist, beginnt die Verfolgungsverjährung wieder zu laufen. Voraussetzung ist nur, dass die Sache nicht bereits vorher verjährt war (OLG Braunschweig GA 1974 152). Es setzt eine volle neue Frist ein, da mit der Rechtskraft des Strafbefehls die Verfolgungsverjährung endgültig, nicht nur auflösend bedingt, endete. Denn in diesem Zeitpunkt durfte die Strafvollstreckung beginnen (s. auch § 449 StPO, § 44 Abs. 2, § 69 Abs. 3, § 70 Abs. 4); das schließt jeglichen Lauf einer Verfolgungsverjährung aus. An deren Stelle tritt die Vollstreckungsverjährung (Rdn. 8). Eine Weitergeltung der bisherigen Frist lässt sich auch nicht rückwirkend fingieren, weil dies mit der Rechtmäßigkeit der bereits durchgeführten Strafvollstreckung nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. BGHSt 18 34, 36; OLG Hamm NStZ-RR 2010 29, 30). Außerdem würde eine Rückwirkungsfiktion mit der Strafverfolgungsfreiheit kollidieren, die durch den mit dem Rechtskrafteintritt der Erkenntnisentscheidung verbundenen Strafklageverbrauch eintritt. Die Wiedereinsetzung lässt die Rechtskraftwirkung insoweit lediglich für die Zukunft entfallen, so dass der Zeitraum zwischen Rechtskraft und Wiedereinsetzung auch rückblickend ein von möglicher Strafverfolgung freier bleibt, für und in dem eine Strafverfolgungsfrist weder laufen
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21 Engländer/Zimmermann MK StPO § 370 Rdn. 25; Eschelbach KMR § 370 Rdn. 40; Fischer § 78b Rdn. 11a; Lackner/Kühl Rdn. 7; Kohlmann/Heerspink § 376 AO Rdn. 48; HHS/Bülte § 376 AO Rdn. 195, 197; SSW/Kaspar Vor §§ 395 Rdn. 28; Meyer-Goßner/Schmitt § 362 StPO Rdn. 1, § 370 StPO Rdn. 14; Mitsch MK § 78b Rdn. 20; Schmidt KK § 362 StPO Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch § 78a Rdn. 15, § 78b Rdn. 12; Wolter SK Vor § 78 Rdn. 10; Jacobsen-Raetsch S. 199 f; Lenzen JR 1988 520, 521; Sieg NJW 1975 153; Asholt S. 672 ff, 685 f, 709; ebenso: OLG Nürnberg NStZ 1988 555, 556. 22 Asholt S.672 ff, 685 f; Fischer § 78b Rdn. 11a; Marxen/Tiemann Die Wiederaufnahme in Strafsachen 3. Aufl. (2013) 1. Teil A I 2 Rdn. 18, 19; Sch/Schröder/Bosch § 78a Rdn. 15; ebenso: OLG Nürnberg NStZ 1988 555, 556. 23 Jacobsen-Raetsch S. 199, 201; Lackner/Kühl Rdn. 7; Lenzen JR 1988 520, 521; Kohlmann/Heerspink § 376 AO Rdn. 48; HHS/Bülte § 376 AO Rdn. 195, 197; Meyer-Goßner/Schmitt § 362 StPO Rdn. 1; § 370 StPO Rdn. 14; Wolter SK Vor § 78 Rdn. 10. 24 BGH GA 1974 149; OLG Düsseldorf GA 1988 426; NStZ-RR 2001 142; OLG Frankfurt/M. MDR 1978 513; OLG Hamm NStZ-RR 2010 29, 30; OLG Stuttgart MDR 1986 608. 25 Ellbogen KK OWiG § 31 Rdn. 37; Göhler/Gürtler Vor § 31 OWiG Rdn. 2a, b; Gössel LR § 362 StPO Rdn. 3, § 370 StPO Rdn. 40; ders. NStZ 1988 537; Graalmann-Scheerer LR § 46 StPO Rdn. 13; Pfeiffer FS Graßhof S. 285; Saliger NK Rdn. 15.
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noch ruhen oder unterbrochen werden oder gehemmt sein kann. Hiernach ist der mit der Wiedereinsetzung bewirkte Übergang zur Verfolgungsverjährung nur durch Begründung einer neuen Frist möglich, nicht aber durch die Fortsetzung des Laufs der alten (OLG Stuttgart MDR 1986 608; s. ferner Rdn. 11).26 Wird Wiedereinsetzung wegen Versäumung des Rechtsmittels gegen ein rechtskräftiges Urteil gewährt, gelten dieselben Grundsätze. Die Frage, ob etwa trotz Wegfalls der Verfolgungsverjährung die Ablaufhemmung nach § 78b Abs. 3 weiter wirken könnte, stellt sich bei dieser Betrachtung nicht, weil es eine endgültig beendete Verfolgungsverjährungfrist in ihrem Ablauf nicht mehr gehemmt werden kann. Nach Beseitigung der Rechtskraft durch Wiedereinsetzung erlangt auch die absolute Verjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 keine Bedeutung mehr. Dies ergibt ein Blick auf die vergleichbare Rechtslage bei der Wiederaufnahme (Rdn. 11). In beiden Fällen durfte mit Rechtskraft der Entscheidung die Vollstreckung beginnen; das Fahrverbot und die Entziehung der Fahrerlaubnis wurden mit der Rechtskraft des Strafbefehls von selbst wirksam (§ 44 Abs. 2; § 69 Abs. 3). Der außerordentliche Rechtsbehelf ist nicht dazu bestimmt, diesen Folgen mittels Verjährung die Grundlage zu entziehen. Demgegenüber erscheint der Ansatz des OLG Köln (VRS 57 296) nicht überzeugend, das die absolute Verjährung von der Tat an berechnet, die Zeitspanne der Rechtskraft aber einem Ruhen der Verjährung gleichachtet und bei der Bestimmung der Höchstfrist analog § 78c Abs. 3 Satz 3 außer Betracht lässt. Die Verjährung konnte nicht ruhen, sie hatte bereits ihr Ende gefunden (RGSt 76 46, 48; OLG Stuttgart MDR 1986 608; Göhler/Gürtler Vor § 31 OWiG Rdn. 2a). Nichts anderes folgt aus BGH NJW 2018 1268 ff. Diese Entscheidung bezieht sich gerade nur auf nicht strafklageverbrauchende Einstellungsurteile (§ 78b Rdn. 16) und unterscheidet sich hinsichtlich der Ausgangskonstellation von derjenigen bei rechtskraftsdurchbrechenden Entscheidungen ferner dadurch, dass es dort um die Auswirkungen der Rechtskraft eines Prozessurteils auf eine nur gehemmt gewesene, aber eben nicht endgültig beendete Strafverfolgungsverjährung geht. 11
b) Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Wiederaufnahme des Verfahrens schafft ebenfalls eine volle neue Verjährungsfrist.27 Zunächst sind dafür dieselben Gründe wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand maßgebend (Rdn. 10): Die Verfolgungsverjährung hatte endgültig geendet und muss neu begründet werden. Auch für die Schöpfung einer Teilfrist bietet das Gesetz, das bei bei Vorliegen einer Unterbrechung die gesamte Frist neu beginnen lässt (§ 78c Abs. 3 Satz 1), keine Handhabe. Demgegenüber versagt das aus § 78a hergeleitete Argument, nach dem Gesetz beginne die Verjäh-
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26 In gleicher Weise im Ordnungswidrigkeitenrecht bei Wiedereinsetzung in die Frist zum Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, BayObLG JR 1954 150; OLG Düsseldorf MDR 1979 335; OLG Frankfurt/M. VRS 50 128; OLG Hamm NJW 1972 2097; OLG Köln VRS 57 296; OLG Stuttgart Justiz 1972 363; Göhler/Gürtler Vor § 31 OWiG Rdn. 2b; Gössel LR § 362 StPO Rdn. 3 aA Lackner/Kühl Rdn. 7; Kohlmann/Heerspink § 376 AO Rdn. 48; Wolter SK Vor § 78 Rdn. 10; Sieg NJW 1975 153. 27 BGH GA 1974 149; RGSt 76 46, 48; BayObLG JR 1954 150; OLG Bamberg NJW 1962 2168, 2169; OLG Düsseldorf JR 1988 519; NStZ-RR 2001 142; OLG Hamburg VRS 29 359; OLG Schleswig SchlHA 1963 60, 63; Ellbogen KK OWiG § 32 Rdn. 37; Gössel LR § 362 StPO Rdn. 3, § 370 StPO Rdn. 40; ders. NStZ 1988 537; Göhler/Gürtler Vor § 31 OWiG Rdn. 2a; Graalmann-Scheerer LR § 46 StPO Rdn. 13; Pfeiffer FS Graßhof S. 285; Saliger NK Rdn. 15; aA OLG Nürnberg NStZ 1988 555, 556; Asholt S. 672 ff, 685 f, 709; vHH/Dallmeyer § 78b Rdn. 7; Engländer/Zimmermann MK StPO § 370 Rdn. 25; Eschelbach KMR § 370 StPO Rdn. 40; Fischer § 78b Rdn. 11a; Jacobsen-Raetsch S. 199 f; Lackner/Kühl Rdn. 7; Lenzen JR 1988 520, 521; Kohlmann/Heerspink § 376 AO Rdn. 48; HHS/Bülte § 376 AO Rdn. 195, 197; SSW/Kaspar Vor §§ 359 StPO Rdn. 28; MeyerGoßner/Schmitt § 362 StPO Rdn. 1; § 370 StPO Rdn. 14; Mitsch MK § 78b Rdn. 20; Schmidt KK § 362 StPO Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch § 78a Rdn. 15, § 78b Rdn. 12; Sieg NJW 1975 153; Wolter SK Vor § 78 Rdn. 10.
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rung mit der Beendigung der Tat und zu keinem Zeitpunkt sonst (Lackner/Kühl Rdn. 7). Es lässt § 78c Abs. 3 S. 1 aus dem Blick (Saliger NK Rdn. 15) und vernachlässigt das notwendige funktionelle Zusammenspiel mit dem Prozessrecht. Denn § 78b Abs. 3 sieht für die Zeit nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eine Ablaufhemmung vor. Dabei steht der Lauf der Verjährung nicht still. Die Frist läuft vielmehr weiter, nur ihr Ende wird, falls es vor dem Eintritt der Rechtskraft läge, bis zu diesem Zeitpunkt hinausgeschoben (§ 78b Rdn. 13). In vielen Fällen wird deshalb bei Eintritt der Rechtskraft kein unverbrauchter Rest der Verjährungsfrist mehr vorhanden sein. Die Wiederaufnahmeentscheidung entfaltet damit auch unter diesem Gesichtspunkt fristschöpfende Kraft, die nicht unterschiedlich ausgestaltet sein kann je nachdem, ob die frühere Verjährungsfrist ganz verbraucht war oder nicht. Dass sich nicht die alte Verjährung fortsetzen kann, ergibt schließlich ein Blick auf § 78c Abs. 3 Satz 2. Bei einem Weiterlaufen der alten Verjährung müsste auch deren absoluter Endzeitpunkt gelten. Da besonders in Großverfahren das erstinstanzliche Urteil oftmals erst kurz vor dieser Grenze gefällt werden kann, würde die Wiederaufnahme hier regelmäßig nicht zur erneuten Prüfung des Schuldvorwurfs, sondern zur Einstellung wegen Verjährung führen. Der inzwischen durchgeführten Strafvollstreckung wäre ebenso wie der Fortsetzung des Verfahrens die Grundlage entzogen. Dieses Ergebnis würde mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des Wiederaufnahmeverfahrens kollidieren (Saliger NK Rdn. 15), das er in den gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen ohne eine zeitliche Begrenzung – zugunsten des Verurteilten gar über den Tod hinaus – durchgeführt wissen will. Eine abweichende Behandlung der Wiederaufnahme gegen freisprechende Urteile ist, da Billigkeitserwägungen im Recht der Verjährung keinen Platz haben, ausgeschlossen.28 Vielmehr erachtet der Gesetzgeber die Mängel, welche eine Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Angeklagten begründen, als so schwerwiegend, dass er die Wiederaufnahme an keine Frist gebunden hat. Dieser Gesichtspunkt schlägt auch gegenüber den das Institut der Verjährung rechtfertigenden Erwägungen durch (Gössel NStZ 1988 537, 538; aA Schmidt KK § 362 Rdn. 7). Zudem stellt sich die verjährungsrechtliche Schlechterstellung des freigesprochenen Angeklagten, der einem Wiederaufnahmeverfahren ausgesetzt ist, gegenüber dem Beschuldigten, dessen Ermittlungsverfahren ohne Anklageerhebung eingestellt worden ist, konstruktiv nicht als singuläres Phänomen dar. So folgt die verjährungsrechtliche Benachteiligung eines vormaligen Beschuldigten, gegen den das Verfahren ursprünglich mangels hinreichenden Verdachts eingestellt worden ist, gegenüber demjenigen, der innerhalb der relativen Verjährungsfrist nie in Verdacht geraten ist, unmittelbar aus § 78c Abs. 3 Satz 1. Denn die Unterbrechungswirkung von Untersuchungshandlungen trifft stets nur den davon betroffenen, nicht aber den unverdächtig gebliebenen Täter, obschon dies aus der – im Verjährungsrecht indes nicht maßgeblichen – Pespektive des Betroffenen kaum gerechtfertigt erscheint.
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28 BGH GA 1974 149; OLG Düsseldorf JR 1988 519 m. Anm. Lenzen; NStZ-RR 2001 142 aA OLG Nürnberg NStZ 1988 555; Fischer § 78b Rdn. 11a; Jacobsen-Raetsch S. 199 f, 210; Lenzen JR 1988 520; Heerspink in Kohlmann § 376 AO Rdn. 48; HHS/Bülte § 376 AO Rdn. 195, 197; Meyer-Goßner/Schmitt § 362 StPO Rdn. 1; § 371 StPO Rdn. 14; Mitsch MK § 78b Rdn. 20; Roxin/Schünemann Strafverfahrensrecht § 57 B III 2 Rdn. 11; Schmidt KK § 362 StPO Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch § 78a Rdn. 15, § 78b Rdn. 12; Sieg NJW 1975 153; Wolter SK Vor § 78 Rdn. 10.
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c) Sonstige Eingriffe in die Rechtskraft. Sonstige Eingriffe in die Rechtskraft sind auf Grund des § 33a StPO oder infolge Aufhebung der Entscheidung durch das BVerfG möglich. Auch in diesen Fällen beginnt mit dem Wegfall der Rechtskraft eine neue Verfolgungsverjährung (OLG Frankfurt/M. MDR 1978 513; OLG Celle VRS 25 32).
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8. Die Fristen sind in Absatz 3 aufgeführt. Ihre Dauer ist fünffach nach der Deliktsschwere gestaffelt und reicht von drei bis zu 30 Jahren. Maßgebend ist die Regelstrafdrohung (BGHSt 32 293, 294) für den einzelnen erwiesenen Gesetzesverstoß (Vor § 78 Rdn. 13; vgl. auch BayObLG NStZ 1989 482). Die für Teilnahme- und Versuchstaten nach dem Allgemeinen Teil in Betracht kommenden Strafrahmenverschiebungen bleiben unberücksichtigt (Absatz 4; s. auch Rdn. 4). Die Fristen gelten, soweit nicht Sondervorschriften eingreifen, auch für die Tatbestände des Nebenstrafrechts. Bei der Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Absatz 3 Nummer 4 ist § 78b Abs. 4 zu beachten. Zu Taten, welche vor dem 31.12.1992 im Beitrittsgebiet begangen wurden, s. § 78c Rdn. 38.
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9. Presseverjährung. Besonderheiten bestehen in mehrfacher Hinsicht für die Presseverjährung, die seit 1874 im Reichsgesetz über die Presse normiert war (zur Gesetzesgeschichte RGSt 61 19, 22) und nunmehr in den Pressegesetzen der Länder besonders geregelt ist (zur Problematik Vor § 78 Rdn. 4 ff; Zusammenstellung bei Löffler/Kühl § 24 LPG). Der landesrechtliche und verjährungsrechtlich bedeutsame Pressebegriff ist enger als der verfassungsrechtliche und von diesem streng zu unterscheiden.29 Die Presseverjährung greift – außer bei Presseordnungsdelikten 30 – ein, sobald die Verbreitung eines Druckwerkes allein wegen seines Inhaltes strafbar ist (Presseinhaltsdelikt).31 Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate, bei Verbrechen meist ein Jahr. In unterschiedlichem Umfang haben die Länder einzelne Delikte von der verjährungsrechtlichen Privilegierung ausgenommen und den allgemeinen Verjährungsfristen des § 78 unterstellt, dies insbesondere bei einzelnen Taten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats sowie bei Delikten gegen die öffentliche Ordung und die sexuelle Selbstbestimmung (Heinrich ZJS 2016 17, 20; Löffler/Kühl § 24 LPG). Mitunter werden bestimmte Druckwerke von der Privilegierung nicht erfasst (§ 17 Abs. 4 PresseG SH, § 12 Abs. 3 HPresseG, vgl. auch Art. 15 Abs. 2 BayPrG). Allein Sachsen verweist – mit Ausnahme des presserechtlichen Sonderdelikts nach § 12 Abs. 2 SächsPressG – vollständig auf die Verjährungsfristen des § 78. Fristbeginn ist nicht die Beendigung der Tat, sondern der erste Verbreitungsakt. Ruhen und Unterbrechung der Frist bestimmen sich nach dem StGB (Löffler/Kühl § 24 LPG Rdn. 40 ff). Grundsätzlich kann jedes Allgemeindelikt Presseinhaltsdelikt werden, wenn es mittels Verbreitens eines Druckwerkes begangen wird (BGHSt 18 63; 26 40, 46; OLG Oldenburg NJW 1960 303, 305). Täter kann mithin jedermann sein (BGHSt 44 209, 216 f; KG JR 1990 124), nicht nur Personen, die der Presse oder dem Rundfunk angehören (zu den Einschränkungen s. Rdn. 17 a.E.). Das gilt auch für Bußgeldtatbestände (BGHSt 28 53), kraft der Sondervorschrift des § 81 Abs. 8 GWB aber nicht für solche des Kartellrechts (BGH MDR 1986 868). Als Druckwerke definieren die Landespressegesetze uneinheitlich spezielle, zur Verbreitung bestimmte Verkörperungen eines geistigen Sinngehaltes, die mittels eines zur Massenherstellung geeigneten Verfahrens gefertigt wurden, z.B. Schriften, bespro-
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29 Heinrich FS Wolter S. 214. 30 Zum Begriff Löffler/Kühl § 21 LPG Rdn. 17 ff. 31 Zum Begriff KG JR 1990 124, 125; OLG Koblenz NStZ 1991 45; Löffler/Kühl § 20 LPG Rdn. 20 ff; Franke GA 1982 404; Gross NJW 1966 638; Rehbinder JA 1977 471.
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Verjährungsfrist | § 78
chene Tonträger,32 bildliche Darstellungen mit und ohne Schrift, Bildträger oder Musikalien mit Text oder Erläuterungen. 33 Rein optische Projektionen (Filmvorführungen) kommen als Druckwerke nicht in Betracht.34 Als Kombination von Bild- und Tonträger fallen jedoch sämtliche Trägermedien als Verkörperung eines Filminhaltes unter den Begriff des Druckwerkes, sofern sie in einem zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahren gefertigt wurden, etwa Videokassetten, CD-ROM, DVD oder andere digitale Datenträger.35 Kein zur Massenvervielfältigung geeignetes Verfahren ist ein Vervielfältigen, bei dem die nichtmechanische Handarbeit überwiegt. Demnach wurden durch Kopieren von Videofilmen mittels zweier handelsüblicher Videorekorder unabhängig von der Gesamtzahl erstellter Kopien keine Druckwerke erstellt.36 Dasselbe gilt nach dieser Maßgabe auch für die Einzelerstellung digitaler Kopien unabhängig vom Trägermedium, sofern vergleichbare händische Vorgänge für eine jede Kopie erforderlich sind.37 Darüber hinaus unterliegt das gesamte Korrespondenzmaterial, das die Presse von den presseredaktionellen Hilfsdiensten bezieht (z.B. Mitteilungen von Nachrichtenagenturen) dem presserechtlichen Druckwerksbegriff, und zwar ohne Rücksicht auf die technische Form der Übermittlung.38 Ausgenommen vom Anwendungsbereich der meisten Landespressegesetze 39 und damit vom Privileg der kurzen presserechtlichen Verjährung sind hingegen „amtliche“ und „harmlose“ Druckwerke.40 Zu letzteren gehören u.a. solche, die unmittelbar und ausschließlich gewerblichen Zwecken dienen, wie z.B. Werbedrucksachen oder Prospekte i.S.d. § 264a.41 Internetveröffentlichungen sind vorbehaltlich spezieller Regelungen nicht Gegenstand der Presseverjährung. Maßgebliches Element der Veröffentlichung und Verbreitung von Druckwerken ist seit jeher die körperliche Zugänglichmachung eines Gedankeninhalts (vgl. RGSt 16 245, 246; BGHSt 18 63; Löffler/Cornils Rdn. 114 ff, 122). Mithin greift die Presseverjährung grundsätzlich nur bei körperlicher Verbreitung eines Inhalts, der gegenständlich an ein Druckwerk gebunden ist (BGH 1996 2585; BayObLG NStZ 2004 702). Daran mangelt es, wenn strafbare Inhalte – etwa „online“ gestellte Artikel auf Internetseiten bekannter Periodika – nur auf Datenspeichern einliegen (BGH NJW 2001 624, 625; Heinrich ZJS 2016 17, 21). Demnach verjähren – vorbehaltlich entsprechender Gleichstellungsregelungen im Sinne des § 11 Abs. 3 – mittels digitaler Veröffentlichungen begangene Straftaten nach den allgemeinen Fristen (Heinrich aaO 21, 22). Eine solche Gleichstellungsvorschrift enthält das Pressegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (PresseG ST). Zwar privilegiert auch § 15 Abs. 1 PresseG ST dem althergebrachten Wortlaute nach verjährungsrechtlich nur solche Straftaten, die durch die Veröffentlichung und Verbreitung von Druckwerken begangen werden. Allerdings erstreckt § 6 Abs. 5 Satz 2
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32 BGH NJW 1995 893 (Schallplatten). 33 Zusammenstellung der landespresserechtlichen Begriffsbestimmungen bei Löffler/Lehr Presserecht 6. Aufl. (2015) § 7 LPG; zu den einzelnen Begriffsmerkmalen ebd. Rdn. 7 ff, 15 ff, 27 ff; Heinrich FS Wolter S. 614. 34 Löffler/Lehr § 7 LPG Rdn. 18, 32. 35 OLG Koblenz NStZ 1991 45; Löffler/Lehr § 7 LPG Rdn 36; Wolter SK Rdn. 12; für Bayern abweichend BayObLG MDR 1988 254, NStZ 2004 702, da Bild- und Tonträger von § 6 Abs. 1 BayPrG nicht erfasst werden; vgl. hierzu auch Löffler/Kühl Presserecht 6. Aufl. (2015) § 24 LPG Rdn. 28. 36 BGH NJW 1999 1979; Löffler/Lehr § 7 LPG Rdn. 25, 26. 37 Heinrich ZJS 2016 17, 22. 38 Ricker/Weberling S. 95 f Rdn 14. 39 Zu den Ausnahmen vgl. § 7 Abs. 2 und 3 BayLPG; § 15 Abs. 2 Satz 2 SächsPresseG. 40 Ricker/Weberling S. 97 ff Rdn. 19 ff; Löffler/Lehr § 7 LPG Rdn. 60 ff. 41 BGHSt 40 385; OLG Köln NJW 2000 598.
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§ 78 | 5. Abschnitt – Verjährung
PresseG ST den Anwendungsbereich des § 15 PresseG ST ausdrücklich auch auf „digitale Publikationen“, indem insoweit die entsprechende Geltung der Regelungen für Druckwerke angeordnet wird. Von der Legaldefinition des Publikationsbegriffs in § 6 Abs. 5 Satz 1 PresseG ST sind Internetveröffentlichungen umfasst. Danach handelt es sich bei digitalen Publikationen um solche Darstellungen in Schrift, Bild und Ton, die „in unkörperlicher Form in öffentlichen Netzen verbreitet werden“. Die dementsprechende Regelung des Landes Sachsen (SächsPressG), das auch im Verjährungsrecht den Publikationsbegriff ausdrücklich verwendet (§ 14 Abs. 3 SächsPressG) und darunter ebenfalls die unkörperliche Verbreitung von Darstellungen in Schrift, Bild und Ton in öffentlichen Netzen versteht (§ 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 SächsPressG), wirkt sich indes nur auf die Verjährung des Sonderdelikts nach § 12 Abs. 2 SächsPressG aus (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SächsPressG)42 sowie hinsichtlich des von § 78a abweichenden Verjährungsbeginns aus (§ 14 Abs. 3 Satz 1 SächsPressG), da das sächsische Landesrecht Presseinhaltsdelikte infolge der Generalverweisung des § 14 Abs. 1 Satz 2 SächsPressG auf § 78 verjährungsrechtlich nicht privilegiert. 15 Liegt ein Druckwerk i.S.d. Pressegesetze vor, so ist Voraussetzung für das Eingreifen der Presseverjährung, dass die Strafbarkeit der Verbreitung des Druckwerks allein in seinem Inhalt begründet liegt.43 Ist die Verbreitung erlaubt und nur beim Hinzutreten besonderer Umstände wie der Gefährdung Jugendlicher strafbar, wird also in erster Linie an inhaltsneutrale Umstände anknüpft, wie etwa an Zeit, Ort, Art der Verbreitung oder an die Verbreitung an einen bestimmten Abnehmerkreis, liegt ein Presseinhaltsdelikt nicht vor.44 Daher gilt die gewöhnliche Verjährungsfrist etwa für die durch eine Plakatklebeaktion begangene Zuwiderhandlung gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG (BGH NJW 1996 1905), für Tatbestände des § 27 JuSchG (BGHSt 26 40, 44), für § 89 (BGHSt 27 353) und für § 184 Abs. 1 mit Ausnahme von Nr. 5 2. Alt. (OLG Düsseldorf NStE StGB § 78 Nr. 2; Fischer Rdn. 9). Im Übrigen gilt im Grundsatz weiterhin die reichsgerichtliche Rechtsprechung (RGSt 66 145, 147), der zufolge das verbreitete Druckwerk zwar die für die Verwirklichung des Straftatbestands erforderliche Erklärung enthalten muss, weitere für die Strafbarkeit vorausgesetzte Umstände jedoch auch außerhalb der Erklärung gegeben sein können (Löffler/Kühl § 20 LPG Rdn. 26, 50 ff). Demnach gelten die allgemeinen Verjährungsfristen des § 78, wenn die Straftat nur teilweise durch Verbreiten eines Druckwerks verübt wird und entscheidende Handlungen noch hinzutreten müssen45 oder die strafbaren Erklärungen nicht den Kern des Handlungsunrechts ausmachen (BGHSt 40 385), etwa bei der Nutzung eines Einzelstücks eines bereits verbreiteten Druckwerks zu Betrugszwecken (RGSt 53 194, 196), bei unzulässiger Etikettierung (RGSt 42 87, 90) und wenn erst handschriftliche Zusätze den strafbaren Inhalt ausmachen (BGH bei Schmidt MDR 1984 183). Andererseits scheitert die Annahme eines Presseinhaltsdelikts nicht daran, dass die Strafbarkeit des Verbreitens an ergänzende Merkmale geknüpft ist, welche aus dem Druckwerk selbst nicht hervorgehen können, wie etwa bestimmte Tätereigenschaften, Kenntnis- oder Absichtsmerkmale, objektive Strafbarkeitsbedingungen oder unter Umständen der tatbestandliche Erfolg. 46 Wenn allerdings über Druckwerke Erklärungen
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42 Heinrich ZJS 2016 17, 20, 22 (Fn. 46, 62). 43 BGH NStZ 1996 492, BGHSt 26 40; 27 353, 44 209; RGSt 9 291, 292; 32 69, 70; 42 87, 89; 66 145; BayObLGSt 1962 171, 174; 1974 175, 178; 1979 44, 46; 1991 35; OLG Koblenz NStZ 1991 45, 46. 44 Heinrich ZJS 2016 17, 23 f; Saliger NK Rdn. 22; Mitsch MK Rdn. 18. 45 Löffler/Kühl § 20 LPG Rdn. 45. 46 BGHSt 26 40, 44 f; 44 209 215; RGSt 66 145; BayObLGSt 1953 168; Löffler/Kühl § 20 LPG Rdn. 51; Groß NJW 1966 638; ders. NStZ 1994 312, 313.
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Verjährungsfrist | § 78
verbreitet werden, deren Strafbarkeit gerade nicht offen zu Tage liegt, sondern gegebenenfalls erst lange nach Erfolgseintritt offenbar wird, führt dieses weite Verständnis vom Presseinhaltsdelikt zu Ergebnissen, die ersichtlich Sinn und Zweck der kurzen Presseverjährungsfrist verfehlen. Etwa in Fällen der Verbreitung pflichtwidrig unvollständiger Informationen zur manipulierenden Einwirkung auf den Börsenpreis oder unwahrer Tatsachen in betrügerischer Absicht liegt das Fehlen wesentlicher Rechtfertigungsmerkmale für kurze Verjährungsfristen bei Presseinhaltsdelikten – Offenkundigkeit der Straftat, geringe Nachhaltigkeit der Wirkmacht einer Presseveröffentlichung47 – in der Natur der Sache. Die Strafbegründetheit derartiger Erklärungen liegt typischerweise gerade nicht offen zu Tage, sondern im Verborgenen und wird regelmäßig erst mit erheblichem Zeitverzug erkannt, zumeist erst dann, wenn die typischerweise gerade nachhaltig wirkenden Taterfolge eingetreten sind. Auf derartige Bedenken an einer Verständnisweite des Presseinhaltsdelikts, die keinen Bezug zur Typologie der Straftatbestände aufweist, deuten Entscheidungen des 1. Strafsenats des BGH zu Fällen der Marktmanipulation nach WpHG (sog. Scalping) und des Betrugs hin (BGHSt 59 105, 106; BGH wistra 2004 339). In beiden Entscheidungen hat der Senat das Vorliegen eines Presseinhaltdelikts (auch) mit der Begründung abgelehnt, die Veröffentlichungen erfüllten nicht alle (Erfolgs-) Merkmale des objektiven Tatbestands. Mit dem tradierten Verständnis des Presseinhaltsdelikts nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen (Kramer WM 2016 1163, 1165 f; vgl. BGHSt 26 40 43 ff; RGSt 66 145, 146), ist dieser Ansatz Ausdruck berechtigter Zweifel an der verjährungsrechtlichen Privilegierung der Verbreitung von Erklärungsinhalten, deren Strafgrund gerade in ihrem manipulativen Gehalt liegt. Beide Entscheidungen liegen nicht fern der ursprünglichen Linie des RG, das der Verbreitung einer zu Erpressungszwecken dienenden Zeitungsanzeige wegen des erst später eintretenden Erpressungserfolgs die Anerkennung als Pressedelikt deshalb versagt hat, weil die Rechtfertigungsmerkmale für eine kurze Sonderverjährungsfrist gerade nicht vorlagen (RGSt 33 230, 231). Bei Tateinheit kann die eine Gesetzesverletzung ein Presseinhaltsdelikt sein, die andere nicht (BayObLG MDR 1975 419). Gleichgültig ist ferner, ob Ausnahmen von der allgemeinen Strafbarkeit des Verbreitens bestehen, sofern die Tat nicht unter eine Ausnahme fällt (BayObLGSt 1979 44, 47). Verbreiten heißt körperliche Übergabe des Druckwerks.48 Das Umherfahren mit ei- 16 nem Autoaufkleber strafbaren Inhalts genügt unter diesem Gesichtspunkt dazu nicht,49 auch nicht der Anschlag eines Plakats (OLG München MDR 1989 180), wohl aber der Verkauf. Die verbotswidrige Verbreitung von Inhalten im Internet ist mangels körperlicher Übergabe eines Inhaltsträgers grundsätzlich ebenfalls nicht als Verbreitung oder Veröffentlichung eines Druckwerks i.S.d. Presserechts anzusehen (Rdn. 14).50 Ist es zur Verbreitung eines Druckwerks gekommen, erfasst die Presseverjährung alle dasselbe Druckwerk betreffenden vorbereitenden Akte wie Herstellen und Vorrätighalten, auch wenn diese als selbständige Tatmodalitäten im Straftatbestand aufgeführt sind (BGH bei Schmidt MDR 1981 89; RGSt 24 269, 273; 38 71; 61 19, 21; RG Rspr. 1 373), einschließlich der Beihilfe (BGH NStZ 1982 25). Wenn keine Verbreitung stattfindet, greift auch die
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47 BVerfGE 7 29, 39; BGHSt 44 209, 216; Heinrich ZJS 2016 17. 48 BGHSt 18 63; BayObLG NJW 1979 2162; KG JR 1984 249; OLG Frankfurt/M. StV 1990 209; OLG München MDR 1989 180, 181. 49 OLG Hamburg JR 1983 298 m. Anm. Bottke und Anm. Franke NStZ 1984 126; OLG Frankfurt/M. NJW 1984 1128; OLG Hamm NStZ 1989 578; Saliger NK Rdn. 23; aA OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 86; differenzierend KG JR 1990 124; OLG Köln NStZ 1990 241. 50 BGH NJW 2001, 624; BayObLG NStZ 2004 702; Fischer Rdn. 9; vgl. aber Rdn. 14 zu § 6 Abs. 5, § 15 Abs. 1 PresseG ST.
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§ 78 | 5. Abschnitt – Verjährung
Presseverjährung nicht ein; für die Verjährung der selbständig strafbaren Vorbereitungshandlungen gelten ebenso wie für die verwirklichten sonstigen Delikte, z.B. Beleidigung (OLG Hamm NStZ 1989 578), die allgemeinen Verjährungsfristen.51 Unter Veröffentlichung ist die – von der Verbreitung zu unterscheidende 52 – körperliche Zugänglichmachung ohne Gewahrsamsübertragung zu verstehen,53 wobei nicht nur die erstmalige Veröffentlichung erfasst ist (vgl. BGH aaO).54 Vorlesen ist damit kein Veröffentlichen eines Druckwerks,55 wohl aber das nicht unter den Verbreitungstatbestand fallende Präsentieren verkörperter Gedankeninhalte zur öffentlichen Wahrnehmung durch Wandzeitungen, Plakate oder Aufkleber,56 sofern das Vorliegen eines Druckwerks landespresserechtlich bejaht werden kann (vgl. OLG Hamm NStZ 1989 578). Die Presseverjährung beginnt, anders als nach der früher geltenden strafrechtli17 chen Verjährung (RGSt 32 69, 72; BGHSt 14 258) und abweichend von § 78a, mit dem Abschluss des ersten Verbreitungsaktes.57 Wird lediglich ein Teil einer Auflage verbreitet, so erfasst die Presseverjährung sämtliche aus demselben Vervielfältigungsprozess stammenden Druckwerke derselben Art, die der Täter zum Zwecke der Verteilung vorrätig hält (BGHSt 33 271, 273 m. Anm. Bottke JR 1987 167; OLG Celle NStZ 1997 495; aA RG HRR 1930 Nr. 1581; 10. Auflage Rdn. 16). Demgegenüber ist die heimliche und verdeckte Ausgabe einzelner Exemplare zu dem Zweck, den Verjährungsbeginn auszulösen, als verjährungsmanipulierende Scheinmaßnahme überhaupt nicht als Verbreitungsakt zu werten (BGHSt 25 347 355; Laufhütte/Kuschel LK12 § 86 Rdn. 44). Die Verjährung beginnt für jeden an der Verbreitung Beteiligten hinsichtlich seiner eigenen Verbreitungstätigkeit gesondert; die erste Verbreitung löst nicht den Lauf der Verjährung für zeitlich erst nachfolgende Verbreitungshandlungen Dritter aus.58 Natürliche Handlungseinheiten (OLG Oldenburg NJW 1960 303, 305) bilden keine Ausnahme; auch bei ihnen ist der erste Verbreitungsakt maßgebend (BGHSt 27 18; OLG München MDR 1974 512). Doch erfährt jedes Druckwerk seine eigene Verbreitung, an die sich der Verjährungsbeginn anschließt (BGHSt 27 18; abw. BayObLGSt 1962 171, 177; 1974 175, 177). Daher können verschiedene Ausgaben desselben Werkes oder ein und dieselbe Anzeige in mehreren Tageszeitungen jeweils selbständige Verjährungsfristen auslösen (OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1978 191; H. Schröder FS Gallas, S. 329, 337). Hatte der Täter den Willen zu einmaliger oder sukzessiver Verbreitung endgültig aufgegeben, weil ihm der Vorrat entzogen war, und gelangt er erneut in den Besitz des Druckwerks, dann beginnt mit dem ersten weiteren Verbreitungsakt eine neue Verjährung zu laufen (BGHSt 33 271, 274 m. Anm. Bottke JR 1987 167).
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51 BGHSt 8 245, 246; BGH bei Holtz MDR 1977 809; BGH bei Schmidt MDR 1981 89; RGSt 61 19, 30; BayObLGSt 1974 175, 177. 52 OLG Frankfurt/M. NJW 1984 1128; OLG München MDR 1989 180, 181; aA OLG Hamburg JR 1983 298, 299 m. Anm. Bottke. 53 OLG Frankfurt/M. NJW 1984 1128; Heinrich ZJS 2016 17, 25. 54 KG StV 1990 208, 209; OLG Köln NStZ 1990 241, 242; aA OLG Frankfurt/M. NJW 1984 1128; Heinrich ZJS 2016 17, 26. 55 BGHSt 18 63; Heinrich ZJS 2016 17, 25. 56 KG StV 1990 208, 209; OLG Köln NStZ 1990 241, 242; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 9; aA OLG Frankfurt/M. NJW 1984 1128; Heinrich ZJS 2016 17, 26. 57 BGHSt 25 347; 33 271, 273 m. Anm. Bottke JR 1987 167; BayObLGSt 1962 171, 175; BayObLG NJW 1987 1711; OLG Celle NJW 1968 715; NdsRpfl. 1984 239; OLG Karlsruhe Justiz 1972 18; Fischer Rdn. 7a; H. Schröder FS Gallas, S. 329, 334. 58 BGHSt 25 347, 354; 33 271, 273 m. Anm. Bottke JR 1987 167; BGH NStZ 1982 25; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 86; RGSt 32 69, 72; BayObLGSt 1962 171, 176; 1974 175, 177; 1977 125; Zur Teilnahme BGH NStZ 1982 25; Ricker/Weberling S. 462. Rdn. 39; Fischer Rdn. 7a; aA Löffler/Kühl § 24 LPG Rdn. 68.
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Die Presseverjährung gilt in mehreren Bundesländern auch für von Rundfunk und Fernsehen begangene Inhaltsdelikte (Löffler/Burkhardt § 25 LPG).59 In diesen Fällen können Äußerungen strafbaren Inhalts von Privatpersonen im Rahmen einer FernsehTalk-Show der kurzen presserechtlichen Verjährung unterliegen, soweit sich diese nur an die unmittelbar betroffenen Personen richten (Moderator, Studiogäste, Zuschauer an den Bildschirmen). Kein Presse- oder Rundfunkinhaltsdelikt liegt hingegen vor, wenn der Täter nach Art und Inhalt seiner Äußerungen erkennbar darauf abzielt, über diesen Kreis hinaus weitere Adressaten zu erreichen und eine besondere Breitenwirkung seiner Äußerungen zu erzielen, etwa durch Sekundärberichterstattung. (BGHSt 44 209, 216; BGH NStZ 1996 492). 10. Ermittlung der anwendbaren Frist. Die Verjährungsfrist berechnet sich nach 18 der Strafdrohung des verwirklichten Tatbestandes ohne Rücksicht auf die im Einzelfall verwirkte Strafe (Absatz 4). Bei wahlweiser Androhung von Geld- und Freiheitsstrafe entscheidet die Freiheitsstrafdrohung (Fischer Rdn. 5a). Mit dem Tatbestand als Anknüpfungspunkt ist letztlich der Unrechtstypus gemeint (vgl. BGHSt 27 287, 289), den der einzelne Täter oder Teilnehmer verwirklicht hat (Rdn. 4, 13). Bei Vorliegen eines (Erlaubnis-) Tatbestandsirrtums kommt es daher auf die letztlich anzuwendende Strafvorschrift an (Wolter SK Rdn. 9). Beim Vollrausch (§ 323a) ist nach der Gesetzesbegründung die Frist für die Rauschtat maßgebend (BTDrucks. 7/550 S. 268; ebenso OLG Naumburg NJW 2001 312; Fischer § 323a Rdn. 21a), weil § 323a deren Verfolgbarkeit voraussetzt. Außerdem darf der schuldunfähige Rauschtäter nicht schlechter gestellt werden als der schuldfähige Normaltäter (OLG Naumburg aaO). Ist der Schuldspruch rechtskräftig, ist die darin ausgesprochene rechtliche Qualifikation der Tat maßgebend (OLG Bremen NJW 1956 1248). Regelbeispiele, die keinen neuen Straftatbestand schaffen, sondern nur eine Änderung des Strafrahmens bewirken (z.B. § 243), sind für die Einordnung ohne Bedeutung. Dasselbe gilt für alle anderen zwingenden oder fakultativen Strafänderungsgründe, mögen sie auch Aufnahme in eine besondere Vorschrift gefunden haben und an bestimmte tatsächliche Voraussetzungen geknüpft sein (BGHSt 32 293, 294), so etwa §§ 113 Abs. 4, 139, 157, 213, 241a Abs. 4, § 31 BtMG. Diese abstrakte Betrachtungsweise (vgl. § 12 Abs. 3) ändert sich ferner nicht bei besonders schweren und minder schweren Fällen und ebensowenig dort, wo dem Richter ein Absehen von Strafe gestattet ist.60 Eine Besonderheit schafft § 78 Abs. 4. Schärfungen und Milderungen des Strafrahmens, die der Allgemeine Teil des StGB vorschreibt oder zulässt, bleiben danach ebenfalls außer Betracht. Dass bei der Teilnahme für die Berechnung der Verjährungsfrist der Strafrahmen der Haupttat zugrunde zu legen ist, ist in Rdn. 6 ausgeführt. Für andere Strafrahmenänderungen (z.B. § 13 Abs. 2: Unterlassungstat; § 21 verminderte Schuldfähigkeit; § 23 Abs. 2: Versuch; § 28 Abs. 1: das Fehlen besonderer persönlicher Merkmale, § 35 Abs. 1, 2: entschuldigender Notstand) gilt dies in gleicher Weise. Ein spezieller Deliktstypus mit eigenständiger Verjährung ist indessen bei selbstständigen Qualifikations- oder Privilegierungstatbeständen gegeben (BGH NStZ 1998 36, 1996 275 mit Anm. Dölling NStZ 1997, 77; Fischer Rdn. 5a, § 12 Rdn. 8).
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59 Nicht zuzustimmen ist der seinerzeit von Löffler vertretenen Auffassung (Löffler Presserecht 3. Aufl. Bd. I [1983] § 25 LPG Rdn. 197), in den übrigen Bundesländern müsse dies trotz Fehlens einer gesetzlichen Grundlage „analog“ gelten. 60 So schon nach früherem Recht BGHSt 2 181; RGSt 59 23, 24; BayObLGSt 1952 83; abw. RGSt 77 187, 189.
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11. Recht des Einigungsvertrages. Zum Verjährungsrecht der DDR und den mit der Herstellung der deutschen Einheit zusammenhängenden Verjährungsproblemen s. Vorlauflage Schmid LK12 § 78c Rdn. 38 ff).
§ 78a Beginn 5. Abschnitt – Verjährung Beginn Greger/Weingarten § 78a https://doi.org/10.1515/9783110491302-036
Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt. Schrifttum Bachmann Zur Strafverfolgungsverjährung der Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a Abs. 1 StGB, Festschrift Samson (2010) 233; Bauer Fortsetzungstat und Strafklageverbrauch im Steuerstrafrecht, DStR 1976 18; Brenner Strafverfolgungsverjährung und ihre Unterbrechung bei Steuerdelikten, BB 1985 2041; Bruns Wann beginnt die Verfolgungsverjährung beim unbewußt fahrlässigen Erfolgsdelikt? NJW 1958 1257; Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) Aktuelle Fragen des materiellen Steuerstrafrechts (1959); Burkhard Verjährungsbeginn bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung, DStZ 2004 443; Dallmeyer Tatbeendigung und Verjährungsbeginn bei Steuerdelikten – Zugleich ein Beitrag zur Lehre vom nachtatbestandlichen Unrecht, ZStW 2012 711; Dannecker Die Verfolgungsverjährung bei Submissionsabsprachen und Aufsichtspflichtverletzungen in Betrieben und Unternehmen, NStZ 1985 49; Fischer Entwicklungslinien der fortgesetzten Handlung, NStZ 1992 415; Foth Fortgesetzte Handlung und Verjährung, Festschrift Nirk (1992) 293; Furtner Rechtliche Vollendung und tatsächliche Beendigung bei einer Straftat, JR 1966 169; Gallandi Verjährung bei langfristig geplanter Wirtschaftskriminalität, wistra 1993 255; Geppert Zur straf- und strafverfahrensrechtlichen Bewältigung von Serienstraftaten nach Wegfall der Rechtsfigur der „fortgesetzten Handlung“, NStZ 1996 57 ff, 118 ff; Gless Zeitliche Differenz zwischen Handlung und Erfolg – insbesondere als Herausforderung für das Verjährungsrecht, GA 2006 689; dies. „…hebt die Zeit sich selber auf“ – Strafverfolgung in Spätschadensfällen, Festschrift Puppe (2011) 467; Gribbohm/Utech Probleme des allgemeinen Steuerstrafrechts, NStZ 1990 209; Hau Die Beendigung der Straftat und ihre rechtlichen Wirkungen (1974); Helmrich Zum Beginn der Verfolgungsverjährung bei Bestechungsdelikten, wistra 2009 10; Hruschka Dogmatik der Dauerstraftaten und das Problem der Tatbeendigung, GA 1968 193; Hsueh Abschied vom Begriff der Tatbeendigung (2013); Jescheck Wesen und rechtliche Bedeutung der Beendigung der Straftat, Festschrift Welzel (1974) 683; Jung Fortgesetzte Handlung und Verjährung, Gedächtnisschrift D. Schulz (1987) S. 183; Kratzsch Die fortgesetzte Tat: eine Sonderform des Vorsatzdelikts, JR 1990 177; Krug/Skoupil Die faktische Unverjährbarkeit echter Unterlassungsdelikte im Wirtschaftsstrafrecht wistra 2016 137; Kühl Die Beendigung des vorsätzlichen Begehungsdelikts (1974); ders. Zum Verjährungsbeginn bei Anstellungs- und Rentenbetrug, JZ 1978 549; ders. Grundfälle zu Vorbereitung, Versuch, Vollendung und Beendigung, JuS 1982 189; Lohmeyer Die Bedeutung des Fortsetzungszusammenhangs im Steuerstrafrecht, GA 1974 271; Mezger Vollendung und Beendigung beim Betrug, JW 1938 493; Müller/ Arnold Umsatzsteuervoranmeldung und Jahreserklärung im Strafrecht, AO-Steuer-Berater 2004 371; dies. Die Verknüpfung der steuerlichen und strafrechtlichen Verjährung, AO – StB 2007 246; Müller, Jürgen Der Beginn der Strafverfolgungsverjährung bei Steuerhinterziehung, Die steuerliche Betriebsprüfung 2003 78; Nazarian Der Beginn der Stafverfolgungsverjährung – § 78a StGB, 2009; Oppe Verjährung bei Anstellungsund Rentenbetrug, NJW 1958 1909; Ostendorf Negative Folgen der Fortsetzungstat? DRiZ 1983 426; Otto Schadenseintritt und Verjährungsbeginn, Festschrift Lackner (1987) 715; Pelz Wann verjährt die Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wistra 2001 11; Rissing-van Saan Die Behandlung rechtlicher Handlungseinheiten in der Rechtsprechung nach Aufgabe der fortgesetzten Handlung unter besonderer Berücksichtigung des Staatsschutz-Strafrechts, Festschrift BGH 50 (2000) 475; Rüping Beendigung der Tat und Beginn der Verjährung, GA 1985 437; Satzger Die objektive Bedingung der Strafbarkeit, Jura 2006 108; L. Schmidt Beginn der Verjährung der Strafverfolgung bei unechten Unterlassungsdelikten im Steuerstrafrecht, JR 1966 127; Schmitz Die fortgesetzte Steuerhinterziehung in der Rechtsprechung des BGH, wistra 1993 127; ders. Der Beginn der Verjährungsfrist nach § 78a StGB bei der Hinterziehung von Einkommensteuer durch
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Unterlassen, wistra 1993 248; ders. Versuchsbeginn, Vollendung und Beginn der Verfolgungsverjährung bei ausgebliebener Steuerfestsetzung, Festschrift Kohlmann (2003) 517; ders. Unrecht und Zeit (2001); Schneider Straflose Nachtat trotz Verjährung der Haupttat im Falle wiederholter Steuerhinterziehung, wistra 2001 408; Schumann Fortgesetzte Tat, Verjährungsbeginn und Art. 103 Abs. 2 GG, StV 1992 392; Stree Probleme der fortgesetzten Tat, Festschrift Krause (1990) 393; Tondorf Zum Beginn der Strafverfolgungsverjährung beim unbewusst fahrlässigen Erfolgsdelikt durch Unterlassen, Festschrift Kohlmann (2003) 71; Volk Fortsetzungszusammenhang und Verjährungsbeginn im Steuerstrafrecht, DStR 1983 343; s. ferner die Schrifttumsangaben vor § 78; Wagner Die Verjährung des erfolgsqualifizierten Delikts bei spätem Entritt der schweren Folge, GA 2017 474.
Entstehungsgeschichte Die Vorschrift lautete bis 1974 als § 67 Abs. 4: „Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges.“
Jetzige Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG, Art. 18 Nr. 46 EGStGB.
I. II. III.
Übersicht Entstehung und Grundlagen | 1 Tatbeendigung und Erfolg | 3 Einzelne Deliktsarten 1. Erfolgsdelikte | 5 2. Tätigkeitsdelikte | 9 3. Zustandsdelikte | 10 4. Dauerdelikte | 11 5. Unterlassungsdelikte | 12 6. Handlungseinheiten | 13
7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.
Gefährdungsdelikte | 14 Objektive Strafbarkeitsbedingungen | 15 Erfolgsqualifizierte Delikte | 16 Versuch | 17 Mittäterschaft und Teilnahme | 18 Fahrlässigkeitstaten | 19 Einziehung und Verfall | 20 Recht des Einigungsvertrages | 21
I. Entstehung und Grundlagen Die Vorschrift bestimmt den Zeitpunkt des erstmaligen Beginns einer Verjährungs- 1 frist (vgl. aber auch § 78c Abs. 3 Satz 1 und zu den Folgen einer Rechtskraftdurchbrechung § 78 Rdn. 9). Ihr Wortlaut führt jedoch zu vermeidbaren Unklarheiten und gilt daher weithin als missglückt.1 Schwierigkeiten bereitet – ungeachtet der nicht hinreichend geklärten Konturierung des Beendigungsbegriffs (vgl. Hillenkamp LK12 Vor § 22 Rdn. 19 ff) –, dass Satz 1 nach seinem Wortlaut den Verjährungsbeginn an die Beendigung der „Tat“ knüpft, während Satz 2 einen der Tatbeendigung zeitlich nachfolgenden Erfolg für denkbar hält. Umstritten ist demnach, welches verjährungsrechtliche Verständnis von Tat, Erfolg und Beendigung die Norm ausdrückt. Die seit dem 1.1.1975 geltende Gesetzesfassung ist insofern ein sprachlicher Missgriff, als sie den Blick auf den Willen des Gesetzgebers trübt und bei wortgebundener Auslegung zu der Annahme führen könnte, dass Satz 2 überflüssig wäre.2 Denn zumindest nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 ist die Tatbestandsverwirklichung – und damit der Erfolg – bereits notwendiger Teil einer (vollendeten) Tat und könnte daher einer sogar schon beendeten Tat zeitlich eigentlich nicht nachfolgen. Teils wird Satz 2 unter diesen Voraussetzungen immerhin eine Bedeutung
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1 Asholt S. 419; Schmitz, Unrecht und Zeit, S. 217; Fischer Rdn. 2; Lackner/Kühl Rdn. 1; Mitsch MK Rdn. 1; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1; SSW/Rosenau Rdn. 1. 2 So noch die Vorauflage: Schmid LK12 Rdn. 1, 2; Blei AT § 111 I 1; Jescheck/Weigend § 86 I 2.
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für die erfolgsqualifizierten Delikte zugeschrieben.3 Richtigerweise ist die beendete Tat im Sinne von Satz 1 jedoch nur als beendetes Tatverhalten zu verstehen, so dass Satz 2 ohne Weiteres Sinn und Funktion verbleibt. Für das Normverständnis ist die Gesetzesgenese von grundlegender Bedeutung. Der bis 1974 geltende § 67 Abs. 4 bestimmte den Verjährungsbeginn auf den Tag, „an welchem die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolgs“. Nach dieser im Prinzip klaren Regelung konnte bei wortgetreuer Auslegung die Verjährung allerdings in Lauf gesetzt werden, obschon eine Straftat noch gar nicht begangen war. Insbesondere bei Fahrlässigkeitsdelikten und vorsätzlichen Vergehen ohne Versuchsstrafbarkeit war der Verjährungseintritt nach dem Wortlaut schon möglich, bevor die Handlung überhaupt das Stadium der Strafbarkeit erreicht hatte. Angesichts dessen hat die Rechtsprechung § 67 Abs. 4 a.F. seit jeher korrigierend dahin gedeutet, dass die strafbare Handlung im Rechtssinne erst mit Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale einschließlich des Erfolgs beendet – und auch erst damit „begangen“ – sei, mithin die Verjährung auch erst dann zu laufen beginne.4 Die h.L. hat dies weitgehend gebilligt.5 Schon nach reichsgerichtlicher Judikatur stellte aber selbst die förmliche Tatvollendung nicht stets das Ende der Tatbegehung dar, sondern bei mehraktigem Geschehen ggf. erst der Abschluss der auf die Erfolgsherbeiführung gerichteten Tätigkeit (RGSt 40 402, 405) oder der Eintritt des letzten Teilerfolgs (RGSt 62 418, 419). Der Bundesgerichtshof griff dieses auf: Setze der Täter seine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Tätigkeit über die (formale) Vollendung hinaus fort, so könne der Lauf der Verjährung erst mit Abschluss der auf demselben Vorsatz beruhenden Gesamttätigkeit beginnen (BGHSt 11 345, 347; 16 207, 209; 24 218, 219), im Übrigen beginne die Verjährung an dem Tag, an dem der Erfolg in vollem Umfange eingetreten sei, bei einem auf den Erhalt wiederkehrender Leistungen gerichteten Betrug also am Tage der letzten Leistung (BGH Urteil vom 12. Dezember 1956 – 2 StR 479/56). Die Verjährung konnte demnach entgegen des Wortlauts des 67 Abs. 4 bei Erfolgsdelikten nicht vor Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs beginnen, in Fällen einer nach Erfolgseintritt liegenden Verhaltensbeendigung oder bei mehraktigem Erfolgseintritt u.U. sogar erst deutlich nach Eintritt der förmlichen Erstvollendung des Delikts. Auf die materielle Beendigung der Tat kam es hingegen nicht an (Mösl LK9 Rdn. 3). Mit der Neuregelung des Verjährungsbeginns durch das auf § 128 des StGBReformentwurfs von 1962 (E 1962) basierenden 2. StRG und Art. 18 Nr. 46 EGStGB wollte der Gesetzgeber genau diese Auslegung kodifizieren (ausdrücklich: BTDrucks. IV/650 [E 1962], 259). Darüber hinausgehen wollte er jedoch nicht (aA noch Vorauflage Schmid LK12 Rdn. 1). Nach dem 2. StRG sollte die Verjährung beginnen, „sobald das strafbare Verhalten beendet ist“, nicht jedoch vor Erfolgseintritt (BTDrucks. V/4095, 44; E 1962, 33). Im Verhältnis von Erfolg und nachfolgender Verhaltensbeendigung sollte Letztere für den Verjährungsbeginn maßgebend sein (E 1962 aaO; Fischer Rdn. 2a). Art. 18 Nr. 46 EGStGB ersetzte sodann die in Satz 1 verwendete Formulierung „das strafbare Verhalten“ durch den Begriff „die Tat“, wobei es sich ausdrücklich nur um eine „redaktionelle Änderung“ zur Anpassung an den „allgemeinen Sprachgebrauch“ handeln sollte (BTDrucks. 7/550 11, 215). Der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers 2 ist hier maßgebend. Eine inhaltliche Modifizierung des E 1962 sowie des 2. StRG und damit eine (weitere) Verschiebung des Verjährungsbeginns auf die materielle Tatbeendi-
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Wolter SK Rdn. 5; Saliger NK Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1. RGSt 5 282, 283 ff; 26 261, 262; 40 402, 405; 62 418, 419; BGHSt 11 119, 121; 16 207, 209; 24 218, 220. Dreher34 § 67 Rdn. 1; Lackner8 § 67 Abs. 4, Mösl LK9 § 67 Rdn. 1; Welzel, 262.
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gung im Sinne einer Aufweichung des streng tatbestandsspezifischen Handlungs- und Erfolgsbezugs war durch das EGStGB nicht beabsichtigt. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzeshistorie gebieten eine insoweit überschießende Auslegung (Asholt, S. 519 f, 544; Schmitz, Unrecht und Zeit, S. 220, 221). Trotz der in Art. 18 Nr. 46 EGStGB vorgenommenen Ersetzung des Verhaltensbegriffs durch den der Tat sollte Bezugspunkt der Beendigung in Satz 1 weiterhin allein die vom Vorsatz getragene tatbestandsmäßige Gesamttätigkeit des Täters sein, nicht aber der materielle Rechtsgüterschutz. Dieses mit den Motiven übereinstimmende Normverständnis des Tatbegriffs ist auch systematisch schlüssig, da Satz 2 nur auf diese Weise sein voller Regelungsgehalt verbleibt (Nazarian S. 92, 98; vgl. zur Widerspruchsfreiheit dieses Ansatzes auch Dallmeyer S. 712). Zudem zeigt § 8 als ähnlich rechtsfolgenrelevante Regelung, dass der Gesetzgeber mit dem 2. StRG zwischen der Tatbegehung im Sinne eines Täterverhaltens und dem Eintritt des Taterfolgs zu unterscheiden vermochte, was ebenfalls deutlich auf den Handlungsbezug von Satz 1 und die eigenständige Bedeutung von Satz 2 hinweist (Wagner S. 484). Demnach beginnt der Lauf der Verjährung, wenn das strafbare Gesamtverhalten (Satz 1) oder – bei Erfolgsdelikten mit zeitlich nachfolgendem Erfolgseintritt – der tatbestandsmäßige Erfolg (Satz 2) endgültig abgeschlossen bzw. eingetreten ist.6 II. Tatbeendigung und Erfolg Einhellig gilt als Bezugspunkt des Tatbegriffs der einzelne Straftatbestand, nicht die 3 Tat im prozessualen Sinne (anders in § 78c). Dies ergibt sich aus § 78 Abs. 3, dessen Fristen sich auf die Strafandrohungen der einzelnen Tatbestände des Besonderen Teils beziehen. Daher ist der Beginn der Verjährung für jede Gesetzesverletzung gesondert zu bestimmen und kann bei mehreren tateinheitlich verwirklichten Delikten verschieden zu beurteilen sein (vgl. nur RGSt 26 261, 262; BGH NStZ-RR 2009 43; 2016 137; Mitsch MK Rdn. 3; Saliger NK, Rdn. 4; § 78 Rdn. 3 m.w.N.). Umstritten ist die zentrale Frage, wann „die Tat“ im Sinne des Satzes 1 „beendet“ ist, insbesondere ob und ggf. welches noch nach Erfolgseintritt vorgenommene Täterverhalten und welche ggf. danach noch eintretende Unrechtsvertiefung geeignet ist, den Beginn der Verjährung hinauszuschieben. Bei dieser am Beendigungsbegriff orientierten Auseinandersetzung geht es im Kern um das Verständnis des Tatgegenstands im verjährungsrechtlichen Sinne (Asholt S. 511). Praktische Bedeutung kommt dieser Frage insbesondere bei unrechtstypischer, aber gerade außertatbestandlicher Zielerreichung zu, etwa bei Delikten mit überschießender Innentendenz (sog. kupierten Erfolgsdelikten), wie z.B. Diebstahl, Betrug und Urkundenfälschung, oder bei Korruptionsdelikten. Nach wohl überwiegender Auffassung soll die materielle Beendigung der Tat als ver- 3a jährungsauslösendes Moment maßgeblich sein. Eine klare Trennung zwischen Verjährungsbeginn nach Satz 1 (Tatbeendigung) und Satz 2 (Erfolg) ist nach diesem Verständnis bei Erfolgsdelikten nicht erforderlich; Satz 2 wird eine eigenständige Bedeutung abgesprochen.7 Die Verjährung der Tat beginnt danach erst, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist (st. Rspr.: BGH NJW 2017 2565 m.w.N.; BGH NStZ 2012 511, 513; BGHSt 52 300, 303 m.w.N.). Die vollumfängliche Deliktsverwirklichung soll danach auch solche Umstände einschließen, die – etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeit-
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6 Fischer Rdn. 2a; Kühl, JZ 1978, 549, 551; ders. JuS 1982, 189, 193; Lackner/Kühl Rdn. 1; Mitsch MK Rdn. 5, Otto FS Lackner 715, 716; von Stackelberg FS Bockelmann 759, 766. 7 Vgl. nur Schmid LK12 Rdn. 1, 2.
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punkt gewählt hat – zwar nicht mehr vom objektiven Tatbestand erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff. auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder intensivieren (BGH aaO).8 Beendigung ist nach dieser Auffassung der Zeitpunkt, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet,9 und zwar in dem Sinne der Verwirklichung gerade desjenigen Unrechts, das der jeweiligen Straftat – und zwar auch über die tatbestandliche Erfassung hinaus – ihr Gepräge gibt (Dallmeyer S. 714). Besteht das strafbare Verhalten aus mehreren Teilakten, beginnt die Verjährung mit dem letzten Akt (RGSt 38 387; OGHSt 2 291, 311). Bei Absichtsdelikten kann ist dies nach der materiellen Beendigunglehre die Erreichung des erstrebten Ziels sein (BGH NStZ 1984 409), beim Betrug also die Erlangung des letzten vom Tatplan erfassten Vermögensvorteils (BGH NStZ-RR 2016 42, 43). Bei Bestechungsdelikten soll dies gar die Vornahme der Diensthandlung sein, weil diese – obschon nicht tatbestandsmäßig – den „materiellen Unrechtskern“ der §§ 332, 334 erfasse und damit den nachhaltigsten Angriff auf das Schutzgut der Strafnormen darstelle (BGH NJW 2017 2565 [zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr] mit Anm. Brand; BGHSt 52 300, 303), im Übrigen jede Maßnahme zur Festigung oder Vertiefung des deliktischen Erfolgs, nicht hingegen die bloße Erlangung einer nicht zwangsläufig rechtswidrigen Bereicherung (BGH NStZ 1993 538 zu § 203 Abs. 5 a.F.). Nimmt der Täter nach dem Erreichen des erstrebten Erfolges tatbestandsmäßige Verdeckungshandlungen vor, beginnt die Verjährung der materiellen Beendigungslehre zufolge mit der letzten dieser Handlungen (BGHSt 24 218, 221 m. Anm. Schröder JR 1972 118; RGSt 6 294 zu § 351 a.F.). Verdeckungshandlungen, die nicht die Merkmale des objektiven oder subjektiven Tatbestandes erfüllen, können nach dieser Auffassung den Verjährungsbeginn immerhin dann hinausschieben, wenn sie Teil des Tatplans sind und in zeitlichem Zusammenhang mit der Planverwirklichung stehen (Saliger NK Rdn. 10). Voraussetzung ist danach aber weiter, dass der Erfolg oder das aus der Tat Erlangte gesichert werden soll. Nicht tatbestandsmäßge Handlungen, die lediglich den Schutz vor Strafverfolgung bezwecken, zählen auch nach dieser Auffassung nicht dazu (Schmid LK12 Rdn. 4). Begründet wird diese verjährungsrestriktive Auslegung des § 78a im Kern mit der Erwägung, dass es der Erreichung des Verjährungszwecks nicht dienen könne, wenn durch Beginn des Fristenlaufs Verfolgungsverzicht bereits zu einem Zeitpunkt in Aussicht gestellt werde, in dem der Angriff. auf das tatbestandlich geschützte Rechtsgut noch nicht abgeschlossen sei, sondern vielmehr das materielle Unrecht noch vertieft werde (BGH NJW 2017 2565; BGHSt 52 300; Saliger NK Rdn. 7). 3b Demgegenüber steht die tatbestandliche Beendigungslehre. Diese geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass der Tatbegriff in Satz 1 nur auf das Tatverhalten, also das gerade tatbestandsmäßige Tun oder Unterlassen, und der Erfolgsbegriff in Satz 2 allein auf den tatbestandsmäßigen Erfolg im engeren Sinne abstellt.10 Dabei wird teilweise vertreten, dass die Tatvollendung im Sinne des erstmaligen Erfolgseintritts zugleich auch der letztmögliche Zeitpunkt der Verjährungsauslösung sei,11 mitunter wird bei länger andauernden oder wiederholten Tatbegehungen von der Möglichkeit eines sukzessiven Verjährungsbeginns ausgegangen (Asholt S. 564; Hsueh S. 124, 141). Da Satz 1 jedoch auf
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8 Jescheck FS Welzel 683, 685 ff; SSW/Rosenau Rdn. 2; Saliger NK Rdn. 7; Schmid LK12 Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1; vgl. zum Beendigungsbegriff.: Hillenkamp LK Vor § 22 Rdn. 19 ff. 9 BGH NJW 2017 2565 m.w.N.; Jescheck/Weigend § 49 III 3; Saliger NK Rdn. 6 f; Stratenwerth JZ 1961 95; Dreher MDR 1964 168. 10 Asholt 549, 564; Bitzilekis ZStW 99 (1987) 723, 741; Gless/Geth StV 2009 183, 184; Fischer Rdn. 3; Hsueh S. 121 ff; Lackner/Kühl Rdn. 1; Kühl JZ 1978 549, 551; Mitsch MK Rdn. 5; Nazarian 121; Otto FS Welzel 715, 716; Schmitz Unrecht und Zeit, S. 219, 221. 11 Asholt S. 549, 553 ff, 560 ff, 564; Bitzilekis ZStW 99 (1987) 723, 740 ff; Hüls/Reichling/Asholt § 376 AO Rdn. 32; Hsueh S. 124; Nazarian S. 35 ff, 120 f; im Grundsatz auch: Schmitz Unrecht und Zeit, S. 221 ff, 225.
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die tatsächliche Beendigung des tatbestandsmäßigen Verhaltens abstellt, ist auf Grundlage eines tatbestandsbezogenen Auslegungsansatzes davon auszugehen, dass ein den objektiven Tatbestand ausfüllendes Verhalten, das zeitlich über die formale Erstvollendung des Delikts hinaus geht, geeignet ist, den Verjährungsbeginn insgesamt bis zu seinem tatsächlichen Abschluss zu verzögern; ebenso bewirken dies (Teil-)Erfolge, die der formalen Vollendung noch nachfolgen.12 Die vom objektiven Tatbestand nicht umfasste Verwirklichung einer nur subjektiv vorausgesetzten Absicht oder die Verwirklichung anderer nicht tatbestandlich erfasster Umstände, etwa die vorbedachte Ausnutzung einer durch die Tat geschaffenen Lage, ist nach dieser Auffassung kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Auslösung des Verjährungsbeginns. Das Postulat der materiellen Beendigung droht den verjährungsrechtlichen Tatbe- 4 endigungsbegriff in eine nicht hinreichend definierte, weil tatbestandsmäßigen Anknüpfungspunkten weitgehend entzogene „Nachzone“13 des Tatbestands zu entgrenzen.14 Eine Normauslegung, die von zwei Sätzen einer Vorschrift einen aus dogmatischen Gründen für obsolet erklärt, ist ebenso wie das Abstellen auf einen „materiellen Unrechtskern“, der nur dem hintergründigen Zweck einer Strafnorm entnommenen werden kann, und die damit verbundene Verschiebung des Verjährungsbeginns auf ein Nachtatgeschehen, das nur durch Rechtsgüterschutzüberlegungen normativ begrenzt und gar durch außertatbestandliche Umstände gekennzeichnet sein soll, mit der Gesetzesfassung, der Gesetzesgenese und dem im Verjährungsrecht besonders gewichtigen Aspekt der Rechtssicherheit15 nur schwer vereinbar. Geboten ist vielmehr ein tatbestandsbezogenes Beendigungsverständnis (vgl. Hillenkamp LK12 Vor § 22 Rdn. 35, 37). Denn Gegenstand des in § 78a verwendeten Tatbegriffs ist das tatbestandsmäßige Verhalten und darauf bezieht sich demzufolge der in Satz 1 verwendete Beendigungsbegriff (Hsueh S. 124 ff, 139; Kühl FS Roxin S. 665; Mitsch MK Rdn. 5; Schmitz Unrecht und Zeit, S. 220; vgl. Rdn. 1, 2); Erfolg im Sinne von Satz 2 ist nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut allein der „zum Tatbestand gehörende“. Schon aus dem Wortsinn der Norm und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Satz 1 und 216 folgt damit, dass nur der tatsächliche Abschluss tatbestandsmäßigen Verhaltens oder der Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs zeitliche Ausgangspunkte der Verjährungsfrist sein können. Allerdings ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut, dass der formale Erfolgsein- 4a tritt nicht der denkbar letzte Zeitpunkt des Verjährungsbeginns ist. Dies folgt aus Satz 1, der gerade auf die Beendigung des Tatverhaltens – und damit auf den tatsächlichen Abschluss der tatbestandsmäßigen Gesamttätigkeit – abstellt, das bei gestreckten Tatverläufen und nicht nur bei Dauerdelikten weit über die formale Vollendung hinausreichen kann. Aus Sinn und Zweck der Verjährung ergibt sich unabhängig davon, dass der tatbestandsmäßige Erfolg im Sinne von Satz 2 erst mit seinem rechtlich vollständigen Abschluss eintritt, so dass bei sukzessiver Steigerung des Erfolgs der letzte tatbestandsmäßige – und als solcher abggrenzbare – Teilakt des Gesamterfolgs maßgeblich ist. Daraus folgt in Übereinstimmung mit den Absichten des Gesetzgebers (Rdn. 2), dass bei nicht erfolgsgebundenen Delikten die Verjährung mit dem tatsächlichen Abschluss des tatbestandsausfülllenden Verhaltens (Satz 1) und bei vollendeten Erfolgsdelikten mit
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12 Fischer Rdn. 3, 9; Lackner/Kühl Rdn. 2, 4; Mitsch MK Rdn. 5, 9; für den Renten- und Anstellungsbetrug Schmitz Unrecht und Zeit, S. 225, 232. 13 Wessels/Beulke, Strafrecht AT, 42. Aufl. 2012, Rdn. 591, 592. 14 Vgl. Hillenkamp LK12 Vor § 22 Rdn. 20 ff; Kühl JuS 2002 729, 731 f; ders. FS Roxin S. 669 f; Becker NStZ 2014 517; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, 48. Aufl. 2018, Rdn. 67; vgl. auch Dallmeyer S. 714 f. 15 Vgl. insoweit auch Saliger NK Rdn. 7. 16 Vgl. insoweit Asholt S. 564.
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dem rechtlichen Abschluss des tatbestandlichen (Qualifikations-)Erfolgs (Satz 2) beginnt. Wenn die tatbestandsmäßige Handlung nach der Tatvollendung fortdauert, ist wiederum deren Abschluss maßgeblich (Satz 1).17 Bei Täterverhalten, das der Verwirklichung des objektiven Tatbestands zeitlich 4b nachfolgt, ist demnach zu differenzieren: Ist das Verhalten lediglich auf die Festigung oder Sicherung des bereits endgültig abgeschlossenen Erfolgs oder auf die nicht mehr vom objektiven Tatbestand umfasste Nutzbarmachung der durch die Tatbestandsverwirklichung entstandenen Lage oder sonst auf die nicht vom objektiven Tatbestand erfasste Verwirklichung bestimmter Absichten gerichtet, so kommt ihm verjährungsrechtlich keine Bedeutung zu. Selbiges gilt für Handlungen, die nur der Verdeckung der Tat dienen, etwa um Strafverfolgung oder zivilrechtliche Ansprüche zu vereiteln. Dient das tatbestandsmäßige Verhalten hingegen der quantitativen oder qualitativen Intensivierung oder Steigerung gerade des tatbestandsmäßigen Erfolgs, so beginnt die Verjährung erst mit der Beendigung dieses Verhaltens (aA Asholt S. 564). Dies ist etwa von Bedeutung, wenn zwar der Betrug durch Eintritt einer schadensgleichen Vermögensgefährdung (vgl. etwa BGH NStZ 1992 233) oder durch einen schadensbegründenden Vertragsabschluss (vgl. etwa BGHSt 54 69, 120 ff) bereits vollendet ist, der endgültige Schadenseintritt jedoch erst noch durch Weiterhandeln des Täters bewirkt werden soll, letztlich aber ausbleibt. Beendet der Täter sein Verhalten vor oder mit dem ersten Erfolgseintritt, bleiben (sukzessiv) nachfolgende quantitative Steigerungen oder Intensivierungen des Erfolgs grundsätzlich auch dann verjährungsneutral, wenn diese vom Vorsatz umfasst waren (zutreffend für die Verursachung einer HIV-Infektion: BGH NStZ 2009 34, 35; darüber hinausgehend Mitsch MK Rdn. 9). Dies gilt jedoch nur, wenn die Erfolgssteigerung, etwa infolge einer selbstständig fortscheitenden Gesundheitsschädigung oder eines Zinsausfallschadens, gleichsam dem ursprünglichen Erfolg immanent ist (sog. anwachsender Schaden). In diesen Fällen würde das Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zum Eintritt eines „Erfolgsmaximums“ entgegen der Zweckbestimmung des § 78 Abs. 3 zu unverjährbaren Delikten führen können. Demgegenüber beginnt die Verjährung erst mit dem endgültigen oder letzten Erfolgseintritt, wenn der Erfolg durch wiederkehrende und selbstständig abgrenzbare Neuschäden gesteigert oder intensiviert wird, wie etwa beim Rentenbetrug (vgl. Schmitz, Unrecht und Zeit, S. 228 ff; aA Asholt S. 552 ff, 560 ff, 564; Nazarian S. 35 ff). Qualifikationserfolge lösen hingegen den Verjährungsbeginn stets erneut aus, nach Satz 2 selbst dann, wenn das Grunddelikt bereits verjährt ist.18 Insoweit ist der Gesetzesbefehl des Satzes 2 eindeutig; dahinter haben Vertrauensschutzerwägungen, die sich aus einer ggf. lang zurückliegenden Verhaltensbeendigung ergeben könnten, zurückzustehen (a.A. Wagner S. 474, 481, 486 f). III. Einzelne Deliktsarten 5
Bei Erfolgsdelikten ergibt sich daraus: Nach der materiellen Beendigungslehre ist der Betrug erst mit der tatsächlichen Erlangung des erstrebten Vorteils und Abschluss der Tat im Ganzen beendet (BGHSt 59 205, 217; BGH NStZ-RR 2016 42, 43; BGH NStZ 2014 516 mit Anm. Becker; BGH wistra 2004 228; BGHR StGB § 78a Satz 1 Betrug 2; BGHR StGB
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17 Fischer Rdn. 3; Lackner/Kühl Rdn. 2; Hellmuth Mayer Strafrecht Allgemeiner Teil 1953 S. 354; Mitsch MK Rdn. 5, 9. 18 BGH NStZ 2009 34, 35; Saliger NK Rdn. 14; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 4; Lackner/Kühl Rdn. 4; a.A. Asholt S. 562, 563; Wagner S. 474, 481, 486 f.
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§ 78c I Nr. 1 Bekanntgabe 1; § 78a Satz 1 Betrug 1; Dallmeyer S. 715; Saliger NK Rdn. 12). Soweit nach dieser Auffassung auch auf die tatsächliche Erlangung des erstrebten Vorteils abgestellt wird, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die bloße Verwirklichung der Bereicherungsabsicht als Ausdruck einer den objektiven Tatbestand überschießenden Innentendenz ist weder Teil des tatbestandsmäßigen Verhaltens noch Voraussetzung des Taterfolgs (Kühl JZ 1978 549, 552; Lackner/Kühl Rdn. 4; Mitsch MK Rdn. 5; Nazarian S. 123; Otto FS Lackner, S. 715, 722 f; Schmitz Unrecht und Zeit, S. 221; Sch/Schröder/ Bosch Rdn. 2; vgl. aber auch BGH NStE Nr. 4 zu 78a, BGHR StGB § 78a Satz 1 Untreue 1, der in beiden Entscheidungen ebenfalls nur auf den vollständigen Schadenseintritt abstellt). Maßgeblich für den Verjährungsbeginn nach Satz 2 ist daher allein der endgültige Schadenseintritt; die formale Erstvollendung, etwa durch Eintritt einer Vermögensgefährdung, ist demgegenüber nicht beachtlich. Mit Ausnahme eines zeitlich verzögerten Eintritts der erstrebten Bereicherung auf der Täterseite kommt es demnach in Fällen wiederkehrender Vermögensschäden zwischen der materiellen Beendigungslehre und der hier vertretenen Auffassung in der Regel nicht zu abweichenden Ergebnissen, da erst mit der letzten Zahlung der tatbestandsmäßige Schadenserfolg endgültig eingetreten ist (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3). Demnach beginnt beim Mietbetrug (OLG Koblenz MDR 1993 70) wie auch beim Rentenbetrug die Verjährung am Tag der letzten Zahlung.19 Für den Anstellungsbetrug kann nichts anderes gelten. Die gegenteilige Auffassung der Rechtsprechung, wonach die Verjährung mit der erschlichenen Anstellung beginnt,20 falls der Täter nicht von vornherein weitere Täuschungshandlungen geplant oder in Kauf genommen hat (BGH bei Dallinger MDR 1958 564; RGSt 64 33, 38), differenziert sachwidrig, da auch hier die Schadensvollendung erst mit der letzten Gehaltszahlung abgeschlossen wird.21 (Zum unberechtigten Bezug von Kindergeld vgl. Hüls/Reichling/Asholt § 376 AO Rdn. 41 m.w.N.) Täuschungen, die nur noch der Verdeckung eines objektiv abgeschlossenen Betrugs dienen sollen, bleiben hingegen verjährungsrechtlich unbeachtlich (aA BGHSt 24, 218, 219 ff für den Fall der schweren Amtsunterschlagung nach §§ 350, 351 a.F.). Damit sind rechtmäßige Handlungen oder Handlungen, welche jedenfalls nicht mehr vom Strafgesetz erfasst sind, verjährungsrechtlich irrelevant. Dazu zählt auch die Rechtsprechung bei der Begünstigung alle Maßnahmen, die nicht mehr den unmittelbaren Vorteil aus der Tat, sondern lediglich seine Surrogate sichern sollen (BGH wistra 1987 22). Wie der Betrug, so ist auch die Untreue erst mit dem endgültigen Eintritt des vom Vorsatz umfassten Nachteils beendet (aA für den Missbrauchstatbestand Cordes/Sartorius NJW 2013 2635 f). Entsteht oder vergrößert sich der Nachteil abgrenzbar sukzessive, so ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgebend.22 Zinsausfallschäden sind unbeachtlich (Rdn. 4). Als verjährungsauslösendes Moment beim GmbH-Gründungsschwindel kommt es auf die jeweiligen Vollendungszeitpunkte des § 82 GmbHG, im Falle des § 82 Abs. 1 Nr. 1 also auf den Zugang der unrichtigen Mitteilung beim Regis-
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19 BGHSt 27 342; BGH Urteil vom 12. Dezember 1956 – 2 StR 479/56; RGSt 62 418, 419 420, das zugleich in der Inempfangnahme der Leistung eine Fortsetzung des Täuschungsverhaltens sieht; OLG Köln MDR 1957 371; Fischer Rdn. 3, 9; Hau S. 144; Jescheck/Weigend § 86 I 2; Kühl Beendigung S. 166; JZ 1978 549, 553; Mitsch MK Rdn. 9; Nazarian S. 56; Otto FS Lackner, S. 715, 733; auch Schmitz Unrecht und Zeit 2001 233; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4; H. Schröder FS Gallas, S. 329, 334; vgl. aber bei Eintritt in rechtmäßigen Rentenbezug: OLG Stuttgart MDR 1970 64. 20 BGHSt 22 38 m. Anm. Schröder JR 1968 345; RGSt 64 33, 37; ebenso Oppe NJW 1958 1909; Otto FS Lackner, S. 715, 728; s. aber BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 67 Anm. 5. 21 Fischer Rdn. 9; Hau S. 144; Kühl Beendigung S. 167; JZ 1978 549, 553; Lackner/Kühl Rdn. 4; Tiedemann LK12 § 263 Rdn. 275; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4; H. Schröder FS Gallas, S. 329, 334; Wolter SK Rdn. 6. 22 BGH wistra 2003 379; 1989 97; BGHR StGB § 78a Satz 1 Untreue 2, 3; OLG Frankfurt NJW 2004 2028; Fischer Rdn. 9; aA Asholt S. 553 ff; Hsueh S. 124.
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tergericht23 an. Demgegenüber stellt BGH wistra 1987 212 auf die Eintragung im Handelsregister (Tatbeendigung) ab, die jedoch nur das erstrebte – außertatbestandliche – Tatziel darstellt. Der Bankrott durch Verheimlichen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1) ist im Falle der Insolvenz einer natürlichen Person nach BGH erst mit Erteilung der Restschuldbefreiung beendet (BGH NJW 2016 1525, 1526; mit Recht krit. zur Begründung Brand NJW 2016 1528). Bestechungsdelikte sind mit der vom Tatbestand erfassten Gewährung oder Annahme des letzten Vorteils abgeschlossen (BGH NJW 1998 2373; BGH wistra 2004 29; BayObLG NJW 1996 268). So beginnt die Verjährung bei der auf derselben Unrechtsvereinbarung beruhenden Gewährung und Annahme sukzessiver Zahlungen grundsätzlich erst mit der letzen Zuwendung. Anderes gilt – bei der Bestechlichkeit – nur, wenn der Beamte zuvor bereits aus dem Amt geschieden ist (BGHSt 11 345, 347; offen gelassen BGH NStZ 2012 511, 513). Die Bestechung hingegen ist auch bei vorhergehendem Amtsverlust des Bestochenen erst mit der letzten Zuwendung beendet (BGH aaO; aA Rübenstahl wistra 2012 117, 118). Anders als nach RGSt 64 296, 297 stellt die Ziehung von Früchten aus einem als Bestechungslohn überlassenen Acker keinen fortlaufend neuen Vorteil dar. Die jährliche Ernte ist vielmehr ein verjährungsrechtlich unbeachtlicher, weil der ursprünglichen Zuwendung innewohnender und aus sich heraus anwachsender Vorteil. Entsprechendes gilt bei fortlaufenden Zinsgewinnen aus zugewendeten Geldbeträgen. Zu Recht hat der BGH daher das zins- und tilgungsfreie bloße Behalten eines einmal gewährten Darlehens nicht als verjährungsverzögernd angesehen (BGHSt 16 207, 209). Wird ein Vorteil versprochen oder gefordert, aber nicht realisiert, so ist die Tat nicht erst beendet, wenn sich die Forderung oder das Versprechen endgültig als fehlgeschlagen erwiesen haben und der Täter mit einer Erfüllung nicht mehr rechnet (BGH NStZ 2004 41; krit. Kuhlen JR 2009 53 ff), sondern bereits mit formeller Vollendung (Helmrich wistra 2009 10, 13), es sei denn, der Täter verspricht oder fordert in tatbestandsmäßiger Weise über diesen Zeitpunkt hinaus (Rdn. 4 ff). Obschon die tatsächliche Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht unrechtsvertiefendes Merkmal des objektiven Tatbestands ist, soll nach inzwischen gefestigter Rspr.24 in den Fällen, in denen die Diensthandlung der Zuwendung nachfolgt, erst mit deren Vornahme die Tat beendet sein, weil dadurch der Angriff auf den materiellen Kern des geschützten Rechtsguts fortgesetzt werde (BGH NJW 2017 2565 [zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr] mit Anm. Brand; BGH NStZ 2012 511, 513; BGHSt 52 300, 303). Dies geht wegen der vollständigen Loslösung des Verjährungsbeginns von tatbestandsmäßigem Verhalten und Erfolg zu weit (Rdn. 4 ff).25 Die Strafvereitelung ist erst mit der Verjährung der Vortat beendet (BGH MDR 1990 887; OLG Düsseldorf NStE § 258 StGB Nr. 1), die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203) mit der Offenbarung, die mittelbare Falschbeurkundung (§ 271) mit der Bewirkung; auf nachfolgende, der Bereicherung dienende Maßnahmen (§ 203 Abs. 6, § 271 Abs. 3) kommt es nicht an (zutr. BGH NStZ 1993 538). Schwangerschaftsabbruch ist mit dem Tod der Leibesfrucht beendet (RG DR 1943 577). Beim Wucher ist dies mit dem Empfang der letzten Zahlung der Fall (RGSt 32 143, 146; 38 426, 429), bei der Brandstiftung mit dem Ende des Brandes (RG ZAkDR 1937 437 m. Anm. Gallas OLG Hamm JZ 1961 94 m. Anm. Stratenwerth). Zur Presseverjährung § 78 Rdn. 14 ff.
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23 Vgl. insoweit Scholz GmbHG, 12. Aufl., Rdn. 112. 24 Zur Entwicklung der Rspr. vgl. Zapf NZWiSt 2018 54. 25 Dann StV 2018 25 ff; ders. NJW 2008 3078 ff; Gless/Geth StV 2009 183 ff; Hsueh S. 134 ff, 141; Kuhlen JR 2009 53 ff; vgl. auch krit. Fischer Rdn. 8; § 331 Rdn. 30b; § 332 Rdn. 17a.; diff. Helmrich wistra 2009 10, 14.
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Die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) mittels Erschleichens ungerechtfertigter Steu- 6 ervorteile, welche für einen längeren Zeitraum gewährt werden, endet mit dem letzten Teilerfolg (RGSt 72 184, 186). Im Übrigen ist nach Steuerarten zu unterscheiden (dazu BGH MDR 1991 360; Dallmeyer S. 717 ff; Gribbohm/Utech NStZ 1990 209, 213; Otto FS Lackner, S. 715, 733). Die Hinterziehung von Veranlagungssteuern ist mit der Bekanntgabe des Steuer- 7 bescheids (BGH wistra 2001 309; BGHSt 37 145; BGH bei Holtz MDR 1984 796), bei einer Personenhandelsgesellschaft mit der Bekanntgabe des letzten von ihnen (BGH NJW 1991 1306, 1307), beendet.26 Im Fall einer Steuererstattung verschiebt sich der Tatbeendigungszeitpunkt bis zur vollständigen Auszahlung, sofern § 370 AO als Erfolgs- und nicht als Gefährdungsdelikt verstanden wird.27 Bei unterlassener Abgabe der Steuererklärung ist die Tat beendet, sobald das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten im Veranlagungsbezirk für die betreffende Steuerart und den betreffenden Zeitraum allgemein abgeschlossen hat (BGHSt 47 138, 144 ff; BGH wistra 2017 196, 197; vHH/Dallmeyer Rdn. 7.2). Der hypothetische Zeitpunkt, zu dem das Finanzamt einen Steuerbescheid bei fristgerechter Abgabe der Steuererklärung im konkreten Einzelfall erlassen hätte, ist für die Frage der Beendigung auch unter dem Gesichtspunkt des Zweifelsgrundsatzes zumindest bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte ohne Belang.28 Hingegen kommt es bei Hinterziehung von Schenkungs- und Erbschaftssteuer im Falle unterlassener Anzeige auf den hypothetisch frühesten Zeitpunkt der Bekanntgabe an.29 Bei Publikumsgesellschaften ist ebenfalls die Bekanntgabe des letzten unrichtigen Steuerbescheids an die steuerpflichtigen Gesellschafter durch das Wohnsitzfinanzamt maßgebend (BGH NStZ 1984 414 m. Anm. Streck; BGH wistra 1986 257; BGHSt 36 106, 113). Im Falle eines durch planmäßiges Zusammenwirken mehrerer Täter begangenen Versuchs kann es auf die Abgabe der letzten Steuererklärung beim Wohnsitzfinanzamt ankommen (BGHSt 36 105 m. Anm. Schlüchter NStZ 1990 180). Dass eine zu niedrige Veranlagung mittelbare Wirkungen, etwa auf die Höhe der Vorauszahlungen für das der Veranlagung nachfolgende Jahr hat, rechtfertigt keine Verschiebung des Zeitpunkts der Tatbeendigung (RGSt 76 334). Bei den Fälligkeitssteuern ist die Hinterziehung von Lohnsteuer im Falle unterlas- 8 sener Anmeldung durch den Arbeitgeber mit der Versäumung des Fälligkeitstermins beendet.30 Reicht der Arbeitgeber noch vor Fälligkeit eine unrichtige Lohnsteueranmeldung ein, beginnt die Verjährung mit deren Eingang beim Finanzamt.31 Für den Arbeitnehmer ist die Lohnsteuer dagegen eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer (§ 38 EStG). Er kann die Tat deshalb je nach seinen persönlichen Verhältnissen auch
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26 BGH wistra 1982 108; OLG Düsseldorf JR 1991 385, 389; 1993 77; RGSt 76 334; Ebner S. 194; HHS/Hellmann § 370 AO Rdn. 325 f; Hüls/Reichling/Asholt § 376 AO Rdn. 36 ff; Schmidt JR 1966 127, 128; Volk DStR 1983 343, 345; weitergehend Dallmeyer S. 720. 27 Vgl. Hüls/Reichling/Asholt § 376 AO Rdn. 38; Hüls/Reichling/Schott § 370 AO Rdn. 6. 28 BGHSt 36 106, 111; 37 340, 344; 47 138 m.w.N.; BGH wistra 2012 484 (wonach erwogen wird, in einfach gelagerten Fällen von einer Zeitspanne der Bearbeitung fristgerecht eingereichter Steuererklärungen von längstens einem Jahr auszugehen); BGH GA 1980 219; OLG München wistra 2002 34; Klein/Jäger AO § 376 Rdn. 28; Kühl Beendigung S. 166; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 543; Schmidt JR 1966 127, 128; krititisch und nach bekannten und unbekannten Steuerpflichtigen differenzierend: Joecks/Jäger/Randt Steuerstrafrecht § 376 AO Rdn. 41 ff, 50 m.w.N.; aA OLG Hamm wistra 2001 474; Bachmann S. 234 f; Heerspink in Kohlmann Steuerstrafrecht § 376 AO Rdn. 92; HHS/Bülte § 376 AO Rdn. 94; Schmitz wistra 1993 248; Suhr in Bundesministerium der Finanzen Aktuelle Probleme S. 225, 231. 29 BGHSt 56 298, 312; Esskandari/Bick ErbStB 2012 108, 112; Klein/Jäger AO § 376 Rdn. 23a. 30 BGH wistra 2012 484; BGH wistra 1983 70; Joecks/Jäger/Randt Steuerstrafrecht § 376 AO Rdn. 34; HHS/Hellmann § 370 AO Rdn. 309, 321; Schmidt JR 1966 127, 128. 31 BGH wistra 2000 219; Heerspink in Kohlmann Steuerstrafrecht § 376 AO Rdn. 83; aA HHS/Hellmann § 370 AO Rdn. 309.
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noch bis zum Ende der Veranlagungsarbeiten des Finanzamts begehen und beenden (Rdn. 7). Besonderheiten gibt es bei der Umsatzsteuer. Der Umsatzsteuerpflichtige hat zusätzlich zu den monatlichen Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben. Beiden Steuererklärungsarten kommt ein eigenständiger Erklärungswert und folglich bei pflichtwidriger Abgabe falscher Erklärungen auch ein eigenständiger Unrechtsgehalt zu.32 Die Rspr. ging bis zum Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3.5.1994 (BGHSt 40 138) zur fortgesetzten Handlung davon aus, dass wegen des regelmäßig bestehenden Fortsetzungszusammenhangs zwischen unrichtiger Voranmeldung und falscher Umsatzsteuerjahreserklärung die durch unrichtige Voranmeldung vollendete Steuerhinterziehung frühestens mit Eingang der entsprechenden Jahreserklärung beim Finanzamt beendet sei,33 bei unterlassener Abgabe der Jahreserklärung mit fruchtlosem Fristablauf (BGHR StGB § 78a Satz 1 USt-Hinterziehung 2). Obschon der BGH die fortgesetze Handlung ausdrücklich auch für den Bereich der Steuerhinterziehungsdelikte aufgegeben hat,34 sind die verjährungsrechtlichen Folgerungen dadurch im Ergebnis nicht überholt, da er an diesem Beendigungszeitpunkt ungeachtet einer abweichenden konkurrenzrechtlichen Einordnung dem Grunde nach festhält.35 Macht der Umsatzsteuerpflichtige eine Steuererstattung geltend, so ist die Tat erst mit der entsprechenden Zustimmung der Finanzbehörde (§ 168 Satz 2 AO) beendet.36 Bei der Hinterziehung von Zoll- und Einfuhrabgaben gilt hinsichtlich des klassischen Schmuggels über die grüne Grenze, der unter Verletzung des Zollstraßenzwangs und der Gestellungspflicht verwirklicht wird, dass die Tat vollendet ist, sobald das Schmuggelgut unter Verletzung der Gestellungspflicht über die Zollgrenze verbracht wird (BGHSt 24 178; 25 137); beendet soll sie allerdings erst dann sein, wenn die Ware am Bestimmungsort zur Ruhe gekommen ist (BGHSt 3 40, 44; BGH NStZ 2000 594, BGH NJW 2007 1294; BGH wistra 2014 486; OLG Karlsruhe wistra 2001 229; Bender Das Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht mit Verfahrensrecht C/IV TZ 79 ff, TZ 81 Rdn. 5c, d; HHS/Hellmann § 370 AO Rdn. 328). Ungeachtet der Frage, wann bei einem zum (ggf. sofortigen) Weiterverkauf bestimmten Schmuggelgut ein „Ruhen“ am Bestimmungsort eintreten soll (Ebner HFR 2015 409), ist das „Ruhen“ als tatbestandsfremder Umstand jedenfalls kein geeigneter Anknüpfungspunkt für das Auslösen des Fristenlaufs (Rdn. 4) und steht zudem in Widerspruch zum Tatbeendigungszeitpunkt bei sonstigen Nichterklärungsdelikten (Ebner, Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht, S. 308, 354 ff); entscheidend ist hier allein der Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs (Wulf MK § 376 AO Rdn. 46). Beim Reiseschmuggel hingegen können Tatvollendung und -beendigung wegen der vielfältigen Gestellungs- und Anmeldefiktionen im Reiseverkehr je nach Tatausführung erheblich differieren.37 Zur Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen Rdn. 12. 9
2. (Schlichte) Tätigkeitsdelikte, deren Tatbestand sich in einer Handlung erschöpft, ohne einen hiervon abtrennbaren Erfolg zu enthalten,38 sind mit dem vollstän-
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32 BGHSt 38 165; BGHR AO § 370 Abs. 1 Konkurrenzen 13. 33 BGHSt 38 165, 170; BGH NStZ 1983 559; BGH wistra 1983 70; 1989 188; OLG Hamburg MDR 1970 441. 34 BGHSt 40 195; BGH wistra 2005 145; BGHSt 49 359; abl.: Joecks/Jäger/Randt Steuerstrafrecht § 369 AO Rdn. 116, 117; Schnauf in Kohlmann Steuerstrafrecht § 370 Rdn. 1368. 35 BGHSt 53 221, 227 f. 36 BGH wistra 2000 219; Joecks/Jäger/Randt Steuerstrafrecht § 376 AO Rdn. 34. 37 BayOblG wistra 1997 111 mit krit. Anm. Bender ebd. S. 233; zur Kasuistik: Bender Das Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht mit Verfahrensrecht C/IV TZ 86 Rdn. 3d; Erbs/Kohlhaas/Senge § 370 AO Rdn. 75. 38 Roxin AT I §10 Rdn. 103.
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digen Abschluss der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung beendet.39 Bei der falschen uneidlichen Aussage (§ 153) beginnt die Verjährung mit dem Abschluss der Vernehmung. Dieser ist anzunehmen, sobald – erkennbar und endgültig – die Verfahrensbeteiligten ihre Befragung beendet haben und der Aussagende keine weiteren Angaben mehr zum Vernehmungsgegenstand machen will, im gerichtlichen Verfahren spätestens mit dem Schluss der Verhandlung im jeweiligen Rechtszug.40 Bei Meineid (§ 154) ist zu unterscheiden: Wird ein Voreid geleistet, beginnt die Verjährung, wie bei § 153, mit dem Abschluss der Vernehmung.41 Beim Nacheid hingegen beginnt die Verjährung nach dem vollständigen Ableisten der Eidesformel (§ 64 StPO).42 Eine Agententätigkeit (§§ 98, 99) ist nicht mit Abschluss jeweiliger Einzelakte oder durch Phasen des Innehaltens, sondern erst bei deren prognostisch endgültiger Einstellung insgesamt beendet (BGHSt 43 1, vgl. Rdn. 13). Zu weiteren Gefährdungsdelikten Rdn. 14. 3. Zustandsdelikte beginnen mit der Herbeiführung oder Vertiefung des rechtswid- 10 rigen Zustandes zu verjähren (BGHSt 32 293, 294; 36 255, 257), weil dessen bloße Aufrechterhaltung keine Willensentfaltung des Täters mehr voraussetzt und daher nicht mehr strafbar ist. So ist die Personenstandsfälschung (§ 169) in der ersten Variante bereits mit Gelingen der Täuschung, in der zweiten Variante mit dem Zugang der falschen Angabe und im Übrigen mit Verstreichenlassen der Erklärungsfrist beendet (Dippel LK12 § 169 Rdn. 33, 36), nicht erst mit der unrichtigen Registereintragung (RGSt 34 24, 25f; 36 137, 139; aA 40 402, 405); denkbar sind allerdings wiederholte Tatbegehungen (Dippel LK12 aaO Rdn. 3, 36). Die mittelbare Falschbeurkundung ist mit dem Beurkundungsvorgang abgeschlossen (RGSt 21 228, 229), ungenehmigtes Bauen mit der Errichtung des Gebäudes (RGSt 37 78, 79; BayObLGSt 1951 598; s. ferner RGSt 3 382; 22 435). 4. Dauerdelikte sind mit der Aufhebung des rechtswidrig geschaffenen und auf- 11 rechterhaltenen Zustandes beendet.43 Bei der Freiheitsberaubung ist dies die Freilassung des Opfers (BGHSt 20 227; OLG Stuttgart NJW 1962 2311) oder die Verhaftung des Täters, wenn damit sein schuldhaftes Verhalten ein Ende findet (RG HRR 1940 Nr. 1331); bei Zuhälterei und Ausbeutung von Prostituierten die letzte jeweils gegen eine Prostituierte begangene Handlung (BGH NStZ 1990 80). Vgl. auch RG HRR 1940 Nr. 461 (Beiseiteschaffen von Urkunden); RG Rspr. 3 117 (ordnungswidrige Feuerungsanlage); BayObLG wistra 1983 163 (Zweckentfremdung von Wohnraum); OLG Stuttgart NStZ 1992 597 (Wehrpflicht); BVerwG NZWehrr 2011 215, 216 (Wehrdisziplinarordnung). Bei der Geldwäsche durch Verwahrung (§ 261 Abs. 2 Nr. 2) dauert die Tat nach BGH solange an, wie auch die Verwahrung der mit den vom Vortäter erlangten Mitteln erworbenen Surrogate fortgesetzt wird (BGH, Beschluss vom 10.1.2019 – 1 StR 311/17; vgl. BGH NStZ 2017 167, 170). Ein Teil der Literatur lehnt die einheitliche Deliktsbeendigung bei Dauerdelikten ab und will bei derartigen Taten die Verjährungsfristen im Sinne einer Einzelaktbetrachtung sukzessive täglich beginnen lassen (Asholt S. 552 ff; 560 ff, 564; vgl. Hsueh S. 124).
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39 Wolter SK Rdn. 13; Lackner/Kühl Rdn. 3; Fischer Rdn. 11. 40 Ruß LK12 § 153 Rdn. 11; Müller MK § 153 Rdn. 36 ff; Sch/Schröder/Bosch/Schittenhelm § 153 Rdn. 8. 41 Müller MK § 154 Rdn. 36; Sch/Schröder/Bosch/Schittenhelm § 154 Rdn. 15; allein auf den Aussagenden abstellend: Mitsch MK Rdn. 6. 42 Müller MK § 154 Rdn. 36; Sch/Schröder/Bosch/Schittenhelm § 154 Rdn. 15. 43 BGHSt 36 255, 257; RGSt 37 78, 79; 62 212, 214; Hau S. 144; Jescheck/Weigend § 86 I 2; Kühl Beendigung S. 165; Lackner/Kühl Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 11.
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5. Unterlassungsdelikte. Unechte Unterlassungsdelikte sind mit Erfolgseintritt beendet; es gelten die allgemeinen Grundsätze für Erfolgsdelikte (vgl. Rdn. 4, 5).44 Echte Unterlassungsdelikte beginnen grundsätzlich mit dem Ende der Strafbarkeit des Täterverhaltens zu verjähren.45 Dies ergibt sich zwanglos aus Satz 1 (vgl. Rdn. 2 ff). Das Strafbarkeitsende tritt regelhaft mit dem Wegfall der Handlungspflicht ein, etwa dann, wenn diese erfüllt oder sonst gegenstandslos geworden ist.46 Wann die Handlungspflicht wegfällt, ist eine Frage der Auslegung des einzelnen Tatbestands.47 So macht das Ausscheiden des Täters aus seiner Pflichtenstellung (RGSt 44 424, 428; BGH wistra 2014 180, 182) oder der Ablauf der Geltungsdauer eines Zeitgesetzes (OLG Karlsruhe MDR 1981 519) die Handlungspflicht hinfällig. Ebenso beseitigt die Verjährung der Straftat die Pflicht des Strafverfolgungsbeamten zu ihrer Verfolgung, so dass mit diesem Zeitpunkt eine durch Unterlassen begangene Strafvereitelung im Amt zu verjähren beginnt (BGH bei Holtz MDR 1990 887). Fristgebundene Handlungspflichten enden jedoch nicht notwendig mit dem Ende der Frist. Der zum Insolvenzantrag nach dem GmbHG Verpflichtete muss diesen nur dann nicht mehr stellen, wenn die Überschuldung überwunden oder rechtskräftig über die Frage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden ist, die Gestellung eines Gläubigerantrags genügt hingegen nicht (BGHSt 53 24, 27; Mitsch NStZ 2018 87, 88). Als Fälligkeitsdelikt ist hingegen die Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a Abs. 1, 2) am Tage der Fälligkeit gemäß § 23 SGB IV beendet (Möhrenschlager LK12 § 266a Rdn. 114). Die Tat endet damit nicht erst z.B. durch spätere Beitragsentrichtung (§ 266a Abs. 1, 2), mit dem Wegfall des Beitragsschuldners etwa bei Auflösung einer sozialversicherungspflichtigen juristischen Person48 oder mit Ausscheiden aus einer Vertreterstellung im Sinne des § 1449 sowie bei nachträglicher rechtlicher Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Beitragsentrichtung.50 Die verbreitete Annahme, anderenfalls sei die Tat sogar erst mit Ablauf der 30-jährigen sozialrechtlichen Verjährung der Beitragsschuld (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) beendet,51 vermag im Ergebnis offensichtlich nicht zu überzeugen.52 Die aus der Annahme einer Verjährungsakzessorietät folgende faktische Unverjährbarkeit ist weder zwingend noch geboten (Bachmann S. 233, 237 ff; Möhrenschlager LK aaO). Zur Verjährung fahrlässigen Unterlassens vgl. Rdn. 19.
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6. Handlungseinheiten. Die Verjährung von Taten, bei denen Straftatbestände mehrfach und oder über längere Zeiträume verwirklicht werden, beginnt im Falle natürlicher53 oder tatbestandlicher54 Handlungseinheit mit dem Abschluss des letzten Einzel-
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44 OLG Köln VRS 65 73, 74; vHH/Dallmeyer Rdn. 5; Fischer Rdn. 16; Saliger NK Rdn. 15; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 543; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 6. 45 RGSt 9 353, 356; 31 370; 75 32, 34; BGHSt 28 371, 380; BGH wistra 1992 23; Fischer Rdn. 14; Mitsch MK Rdn. 6. 46 BGHSt 28 371, 380; RGSt 61 42, 45; 62 212, 214; 65 361; 68 45, 60; BayObLG NStZ 1989 483; OLG Hamburg MDR 1990 850; OLG Hamm GA 1968 376, 377; VRS 30 139, 143. 47 Vgl. RGSt 59 6, 7; RG JW 1939 480; BayObLG NJW 1958 111; OLG Düsseldorf VRS 74 204, 206; OLG Stuttgart VRS 33 273; OLG Zweibrücken MDR 1981 1042; krit. Krug/Skoupil wistra 2016 137 ff. 48 so aber BGH wistra 2012 235 m.w.N. 49 so aber BGH wistra 2014 180, 182; Fischer § 266a Rdn. 18a. 50 so aber OLG Dresden NStZ 2011 163. 51 BGH StraFO 2019 215, 216; BGH wistra 2018 206; BGH wistra 1992 23; OLG Jena NStZ-RR 2006 170; OLG Düsseldorf JZ 1985 48; Fischer § 266a Rdn. 18a; Saliger NK Rdn. 16. 52 vHH/Dallmeyer Rdn. 7; Hüls/Reichling StraFo 2011 305, 307; Krug/Skoupil wistra 2016 137, 139 f; Loose wistra 2018 207 f; Reichling/Winsel JR 2014 331, 341 f; Schmitz Unrecht und Zeit 2001, S. 224, 53 Rissing-van Saan LK12 Vor §§ 52 ff Rdn. 10 ff. 54 Rissing-van Saan LK12 Vor §§ 52 ff Rdn. 20 ff.
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aktes.55 Dasselbe gilt, zumindest theoretisch, für die fortgesetzte Handlung,56 soweit diese nach dem Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3. 5.1994 (BGHSt 40 138) noch in Betracht kommt.57 Da die natürliche Handlungseinheit nur Einzelakte erfasst, die in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, ist nach dem praktischen Wegfall der fortgesetzten Handlung die Rechtsfigur der tatbestandlichen Handlungseinheit bei der materiell-rechtlichen Beurteilung „zeitlich gestreckter Vorsatztaten“58 in den Vordergrund gerückt, ohne jedoch die fortgesetzte Handlung zu ersetzen.59 Auch insoweit kommt es auf es auf das zeitlich letzte tatbestandsmäßige Verhalten an. Dies betrifft namentlich die tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinne. Es sind dies die Fälle, in denen der Straftatbestand selbst mehrere natürliche Handlungen pauschalierend zusammenfasst bzw. zu einer sog. „Bewertungseinheit“ verbindet,60 so z.B. die Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a),61 sofern sich nicht aus der tateinheitlichen Begehung einer anderen Straftat anderes ergibt,62 durch das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 BtMG)63 oder aber das früher als Dauerdelikt angesehene Ausüben einer landesverräterischen oder geheimdienstlichen Agententätigkeit (§§ 98, 99).64 Letztere ist erst dann beendet, wenn der Agent seine Tätigkeit endgültig einstellt. Nur vorübergehende Unterbrechungen, die im normalen Lauf der Agententätigkeit liegen oder ihr wesenseigen sind, genügen hierfür nicht.65 Das kann im Einzelfall dazu führen, dass möglicherweise Jahrzehnte zurückliegende Einzelakte, die für sich betrachtet längst verjährt wären, durch ihre Einbeziehung in die tatbestandliche Handlungseinheit noch verfolgt werden können. Deshalb wird teilweise die Auffassung vertreten, dass, ungeachtet der Besonderheiten des speziellen Deliktstypus, auch bei wesenseigenen Unterbrechungen die Einbeziehung von Einzelakten dann nicht mehr in Betracht komme, wenn für diese zumindest das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist i.S.d. § 78c Abs. 3 Satz 2 verstrichen sei.66 Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Verjährungsvorschriften in §§ 78a, 78c Abs. 3 Satz 2 setzen den endgültigen Abschluss tatbestandsmäßigen Verhaltens oder den endgültigen Erfolgseintritt voraus, definieren diese Voraussetzungen jedoch nicht. Mithin entbehrt die (fiktive) Ingangsetzung der Verjährungsfrist ohne Vorliegen einer Tatbeendigung im Sinne des § 78a einer gesetzlichen Grundlage. Auch gemessen an Sinn und Zweck kann die Verjährung erst dann einsetzen, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun, soweit es tatbestandsmäßig ist, insgesamt abgeschlossen hat (Rdn. 4). Davor besteht kein Anlass, durch einen Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen,67 zumal Besonderheiten des Einzelfalles hinreichend durch Anwendung der Opportunitätsvorschriften
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55 Lackner/Kühl Rdn. 6; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 9/10. 56 Eingehend zur Verjährungsproblematik der fortgesetzten Handlung s. 11. Aufl. Rdn. 10. 57 Geppert NStZ 1996 58, Rissing-van Saan LK12 Vor §§ 52 ff Rdn. 57; Rissing-van Saan FS BGH 50 S. 475. 58 Geppert NStZ 1996 60. 59 Rissing-van Saan FS BGH 50 S. 475, 478; Fischer Vor § 52 Rdn. 12 ff, 47 ff. 60 Rissing-van Saan LK12 Vor §§ 52 ff Rdn. 23 m.w.N. 61 BGHSt 60 308, 314; BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 2. 62 Vgl. BGHSt 60 308 ff. 63 BGH NStZ-RR 2015 16; BGH GSSt. NJW 2005 3790, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 52; Körner/Patzak/Volkmer Betäubungsmittelgesetz § 29 Teil 4 Rdn. 293 ff, 357. 64 BGHSt 42 215 unter teilweiser Aufgabe von BGHSt 28 169 (Dauerstraftat); BGHSt 43 1; Schmidt LK12 § 98 Rdn. 6a, § 99 Rdn. 3; Lampe/Schneider GA 1999 105; Rissing-van Saan FS BGH 50 S. 483. 65 BGHSt 42 215; BGHSt 43 1; Schmidt LK12 § 98 Rdn. 6a; kritisch hierzu Lampe/Hegmann MK § 99 Rdn. 11. 66 Rudolphi NStZ 1997 489; Schlüchter/Duttke/Klumpe JZ 1997 995; Schlüchter/Duttke NStZ 1998 618; Wolter SK Rdn. 11. 67 BGHSt 43 321; Lackner/Kühl Rdn. 6; Lampe/Schneider GA 1999 105, 116; Schmidt LK12 § 98 Rdn. 6a; Rissing-van Saan FS BGH 50 S. 475, 487; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben § 99 Rdn. 2b.
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(§§ 153 ff StPO) oder im Rahmen der Strafzumessung Rechnung getragen werden kann.68 Zur tatbestandlichen Handlungseinheit bei sukzessiver oder iterativer Tatbestandsverwirklichung s. unter den einzelnen Deliktsarten sowie Rissing-van Saan LK12 Vor §§ 52 ff Rdn. 35 ff. Zu den Dauerdelikten s. Rdn. 11 sowie Rissing-van Saan LK12 Vor §§ 52 ff Rdn. 22, 53 ff. Zur fortgesetzten Begehung von Steuerhinterziehungsdelikten BGHSt 43 381 und Joecks/Jäger/Randt Steuerstrafrecht § 369 AO Rdn. 115 ff. 14
7. Gefährdungsdelikte. Bei den als Tätigkeitsdelikten konstruierten abstrakten Gefährdungsdelikten (vgl. Rdn. 9) beginnt die Verjährung entsprechend der Tatbestandsfassung mit der Beendigung der Ausführungshandlung (BGHSt 36 255, 256; OLG München NStZ 2006 631; OLG Köln NJW 2000, 598), bei den konkreten Gefährdungsdelikten spätestens mit Eintritt des Gefährdungserfolgs und nicht mit einer aus der Gefährdung erwachsenden Verletzung (BGHSt 32 293; SSW/Rosenau Rdn. 6). Damit beginnt die Verjährung bei unerlaubtem Umgang mit Abfall gemäß § 326 Abs. 1 mit dem Abschluss der Tathandlung (OLG Celle NStZ-RR 2012 75, 76), beim Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a (OLG Köln a.a.O.) und Subventionsbetrug gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 (OLG München aaO) bereits mit der Abgabe der (letzten) unrichtigen Tatsachenerklärung, da tatbestandsmäßig weder eine Bereicherungsabsicht noch der Eintritt eines Vermögensschadens vorausgesetzt ist. Soweit BGH wistra 2007 217, 218 demgegenüber unter ausdrücklichem Hinweis auf Satz 2 – aber entgegen seines unmissversändlichen Wortlauts – erst dem Eintritt des gerade nicht tatbestandsmäßigen Erfolgs fristauslösende Funktion zubilligt, ist dies nicht haltbar (a.A. OLG Rostock NJW-Spezial 2012 153, 154; Wohlers/Mühlbauer MK Rdn. 116; im Hinblick auf § 264 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 auch Fischer § 264 Rdn. 38). Zustandsdelikte, wie die politische Verdächtigung (§ 241a), sind mit dem Eintritt der Gefahr beendet. Nach BGHSt 32 293, 294 kommt es auf den Eintritt der tatbestandsmäßigen Gefährdung an, nicht aber auf deren Dauer oder daraus resultierende Verletzungserfolge. Insofern führt eine durch die Tat verursachter Dauergefahrenzustand oder eine Verletzung nicht zu einer Verzögerung des Verjährungsbeginns über das Ende der diesen Zustand herbeiführenden oder ihn vertiefenden Handlung hinaus (vgl. RGSt 37 78). Ebensolches gilt für § 330 (OLG Düsseldorf NJW 1989 537). Sind Gefährdungsdelikte als Dauerdelikt oder Unterlassungstat ausgestaltet, finden die für die jeweilige Deliktsgruppe geltenden Grundsätze Anwendung.
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8. Objektive Strafbarkeitsbedingungen, die nach dem tatbestandsmäßigen Tun des Täters eintreten, verschieben den Verjährungsbeginn, da eine noch straflose Tat nicht verjähren kann (RGSt 3 350, 351; 7 391, 392; Fischer Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 13/14; Mitsch MK Rdn. 10). Verwirklicht sich die objektive Strafbarkeitsbedingung ihrerseits in einem länger andauernden Vorgang, kommt es auf dessen Ende an (BGHSt 32 389; BGH wistra 1987 148; 1991 309; dazu Dannecker NStZ 1985 49, 55 f). Bei § 186 spielt die Wahrheit der behaupteten Tatsache allerdings für den Verjährungsbeginn keine Rolle, weil diese nicht ein der Tat nachfolgendes strafbegründendes Ereignis ist; vielmehr handelt es sich um Beweisfragen.69
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9. Bei erfolgsqualifizierten Delikten beginnt die Verjährung nach Satz 2 mit dem Eintritt der schweren Folge.70 Dass Fälle denkbar sind, in denen sich die Erfolgsqualifika-
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68 kritisch: Saliger NK Rdn. 33. 69 Saliger NK Rdn. 31; Stree JuS 1965 465, 473. 70 BGH NStZ 2009 34, 35; OLG Düsseldorf NJW 1989 537; Saliger NK Rdn. 14; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn.5; Lackner/Kühl Rdn. 4; a.A. Asholt S. 562 (Fn. 456); Wagner S. 474, 481, 486 f.
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tion erst nach Verjährung des Grunddelikts einstellt, ändert daran nichts, weil die Tat stets so zu beurteilen ist, wie sie sich dem zur Entscheidung berufenen Strafverfolgungsorgan darstellt (Vor § 78 Rdn. 13; Rdn. 4). 10. Beim Versuch ist die Tat mit dem letzten zur Tatbestandsverwirklichung be- 17 stimmten Verhalten des Täters oder eines Mittäters (BGHSt 36 105, 117) beendet; auf die Beendigung des Versuchs im Sinne des § 24 kommt es nicht an.71 Der versuchte Prozessbetrug beginnt daher mit dem Ende des Rechtsstreits, in dem die falschen Behauptungen aufgestellt wurden, zu verjähren (RGSt 72 150). Tritt der erstrebte Erfolg noch ein, nachdem die Versuchstat an sich bereits verjährt wäre, ist der Vollendungszeitpunkt maßgebend (RGSt 42 171, 174); dies folgt nach geltendem Recht aus Satz 2. 11. Beteiligung mehrerer. Mittäterschaft verjährt unabhängig von der Person des 18 zuletzt Handelnden insgesamt mit Abschluss der gemeinschaftlichen Tatbegehung oder mit dem endgültigen Erfolgseintritt (Rdn. 4), soweit der Mittäter nach allgemeinen Zurechnungsregeln dafür einzustehen hat.72 Bei mittelbarer Täterschaft ist handlungsbezogen auf die Person des Tatmittlers, im Übrigen auf den Taterfolg abzustellen.73 Teilnahmehandlungen verjähren nach dem Akzessorietätsprinzip (BGHSt 52 300, 306) mit der Haupttat, soweit der Teilnehmer für sie einzustehen hat (BGH wistra 1984 21; BGH wistra 1982 108; LG Bremen StV 2001 113; Schünemann LK12 § 26 Rdn. 105). Die Verjährung der Teilnahme beginnt deshalb grundsätzlich mit der Beendigung des Tatverhaltens des Haupttäters oder des Eintritts des Haupttaterfolgs.74 Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze (Rdn. 4). Beschränkt sich indes der Beteiligungswille des Mittäters oder Teilnehmers nur auf bestimmte Einzelakte einer tatbestandlichen Handlungseinheit oder auf einen begrenzten Zeitraum eines Dauerdelikts, so ist sein Tatbeitrag mit dem Ende des Teilakts oder des Zeitraums beendet, auf den der Vorsatz sich erstreckt. In diesem Zeitpunkt beginnt für ihn dann auch die Verjährungsfrist zu laufen.75 Hierbei handelt es sich letztlich nicht um eine Fragestellung der Verjährung, sondern der Erstreckung des Teilnahmevorsatzes, mithin der subjektiven Haupttatzurechnung. Bei Vorliegen einer Teilnahmehandlung zu mehreren Haupttaten verjähren die einzelnen Gesetzesverletzungen für sich (Joecks MK § 27 Rdn. 114 f). S. ferner § 78 Rdn. 4. 12. Für Fahrlässigkeitstaten ist der Erfolg strafbegründend. Erst mit seinem Eintritt 19 beginnt daher nach Satz 2 die Verjährung. Unter der Geltung des früheren Rechts unternommene Versuche, bei großem zeitlichem Abstand zwischen pflichtwidrigem Verhalten und Erfolg die Verjährungsfrist anders zu bestimmen, stehen mit dem geltenden Recht nicht in Einklang.76 Es kommt daher nicht darauf an, wie lange der Täter sein fahr-
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71 BGHSt 36 105; BGH NStZ 1988 322; OLG Stuttgart MDR 1970 64; LG Köln NStE StGB § 78a Nr. 1; Lackner/Kühl Rdn. 9; Saliger NK Rdn. 28; zwischen tauglichem und und untauglichem Versuch differenzierend Mitsch MK Rdn. 7. 72 BGHSt 36 105; vHH/Dallmeyer Rdn. 9; Fischer Rdn. 4; Saliger NK Rdn. 30; Mitsch MK Rdn. 6. 73 vHH/Dallmeyer Rdn. 9; Saliger NK Rdn. 30; Mitsch MK Rdn. 6; Satzger Jura 2012 439. 74 BGHSt 20 227, 228; BGH NJW 1951 727; BGH bei Holtz MDR 1978 803; BGH wistra 1990 146, 148; BGH wistra 2001 422; RGSt 5 282, 286; 30 300, 310; 41 17; RG DJ 1936 1125; OLG Stuttgart NJW 1962 2311; LG Bremen StV 2001 113; Fischer Rdn. 4; Lackner/Kühl Rdn. 10; Maurach/Gössel/Zipf AT 2 § 76 II Rdn. 23; Nazarian S. 128; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 8; Wolter SK Rdn. 16. 75 BGHSt 20 227, 229; BGH StV 1990 404, 405; BGH bei Holtz MDR 1978 803; RGSt 65 361, 362; LG Bremen StV 2001 113; Lackner/Kühl Rdn. 10; Pelz wistra 2001, 11 ff; Schünemann LK12 § 26 Rdn.105, § 27 Rdn. 62, 76; im Ergebnis zweifelhaft OLG Stuttgart NJW 1962 2311. 76 Fischer Rdn. 18; Hsueh S. 124; vgl. LG Traunstein – Urteil vom 18.11.2008 – 2 KLs 200 Js 865/06 – BeckRS 2009 86563.
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lässiges Tun im Gedächtnis haben oder wie lange er auf den geschaffenen Zustand noch einwirken konnte;77 ebenso ist nicht von Bedeutung, ob bewusste oder unbewusste Fahrlässigkeit, aktives Tun oder Unterlassen vorliegt. Ein Konzept, das bei fahrlässigen Unterlassungsdelikten die Verjährung beginnen lassen will, sobald den Täter infolge Zeitablaufs kein Verschulden mehr an der Säumnis trifft,78 kollidiert ungeachtet der Probleme im Tatsächlichen, etwa hinsichtlich der Beantwortung der Frage, wann schuldauflösender Pflichterinnerungsverlust79 eintritt, jedenfalls mit dem eindeutigen Regelungsgehalt des Satzes 2 (SSW/Rosenau Rdn. 9). Härten, die durch großen zeitlichen Abstand zwischen pflichtwidrigem Verhalten und Erfolgseintritt entstehen, können nur auf der Rechtsfolgenebene und ggf. durch Anwendung strafprozessualer Opportunitätsvorschriften ausgeglichen werden.80 20
13. Zur Verjährung der Einziehung vgl. nunmehr die durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 865 ff) mit Wirkung ab 1.7.2017 in Kraft getretene Neuregelung der Entkoppelung der Einziehungsverjährung von der Verjährung der Erwerbstat (§ 76a Abs. 2 Satz 1) sowie der 30jährigen Verjährungsfrist für erweiterte und selbstständige Vermögensabschöpfung gemäß § 76b. Hinsichtlich des Verjährungsbeginns ist nach § 76b Abs. 1 Satz 2 grundsätzlich auf die Beendigung der Erwerbstat abzustellen (BTDrucks. 18/11640, S. 83). Soweit diese im Fall der (selbstständigen) erweiterten Einziehung gemäß §§ 73a, 76a Abs. 4 gerade nicht konkretisierbar ist, muss lediglich feststehen, dass die Erwerbstat nicht länger als 30 Jahre zurückliegt (SSW/Heine § 76b Rdn. 3; BTDrucks. aaO). Nach Art. 316h EGStGB gilt die Verjährungsvorschrift des § 76b für die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages auch wegen solcher Taten, die vor dem Inkraftreten begangen worden sind, sofern diese nicht schon zu diesem Zeitpunkt verjährt waren (vgl. hierzu § 78 Rdn. 2).
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14. Das Recht des Einigungsvertrages ist in der Vorauflage im Anhang nach § 78c dargestellt (Schmid LK12 § 78c Rdn. 38 ff).
§ 78b Ruhen 5. Abschnitt – Verjährung Ruhen Greger/Weingarten § 78b https://doi.org/10.1515/9783110491302-037
(1) Die Verjährung ruht bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 180 Absatz 3, §§ 182, 225, 226a und 237, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, dass der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1.
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77 So aber seinerzeit RGSt 9 152, 158; LG Stade NJW 1958 1311; Bruns NJW 1958 1257; Kühl Beendigung S. 171; vgl. auch Welp Vorangegangenes Tun als Grundlage einer Handlungsäquivalenz der Unterlassung (1968) S. 337 ff; aA RGSt 26 261, 263; RG JW 1935 704 m. Anm. Richter; BayObLG NJW 1959 900; H. Schröder FS Gallas, S. 329, 330; s. ferner BGHSt 11 119, 124. 78 BayObLG NJW 1991 711; RGSt 75 32, 34; 75 296; Tondorf S. 71, 76 ff; Schmid LK12 Rdn. 12 79 vgl. BGHSt 11 119, 124; BayObLG NJW 1991 711. 80 LG Traunstein – Urteil vom 18.11.2008 – 2 KLs 200 Js 865/06 – BeckRS 2009 86563; anders de lege ferenda: Gless FS Puppe S. 472, 482.
Greger/Weingarten https://doi.org/10.1515/9783110491302-037
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1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht. (6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zur Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat. Schrifttum
Baumhöfener/Madauß Besondere Aspekte der Verjährung § 376 AO, NZWiSt 2017 27; Buchholz Die inneren Widersprüche des § 78b I Nr. 1 StGB in Teleologie und gesetzgeberischer Genese – Verjährung im Spannungsfeld von Legitimation und Dogmatik – GA 2018 634; Hans Die Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 GG und die Strafverfolgungsverjährung, MDR 1963 8; Kohlmann „Überlange Strafverfahren“ – bekannt, bedenklich, aber nicht zu vermeiden? FS Pfeiffer, S. 203; Lackner Zur Strafverfolgungsverjährung von vor dem 8. Mai 1945 begangenen Straftaten, NJW 1960 1046; Maier Zur Frage der Verjährung in den Fällen des Art. VII Abs. 3 des NATO-Truppenstatuts, NJW 1974 1935; ders. Das Deutsch-Französische Abkommen vom 2. Februar 1971 – Rechtsentwicklung und Anwendungsbereich –, NJW 1975 465; Reissfelder Bewirkt die Todeserklärung ein Ruhen der Verjährung nach § 69 Abs. 1 StGB? NJW 1964 1891; Rieß Das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege – ein Überblick, AnwBl. 1993 51; Siegismund/Wickern Das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege, wistra 1993 136; Schmid Die Aussagegenehmigung für Beamte im Strafprozeß, JR 1978 8; Schwenk Konkurrierende Gerichtsbarkeit in Strafsachen nach dem NATO-Trup-
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penstatut und Zusatzabkommen, NJW 1965 2242; ders. Strafprozessuale Probleme des NATO-Truppenstatuts, JZ 1976 581; s. ferner die Schrifttumsangaben Vor § 78.
Entstehungsgeschichte Bezeichnung bis 1974: § 69. Fassung der Absätze 1 bis 3 durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG. Absatz 4 angefügt durch Art. 6 Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl. I S. 50). Absatz 1 Nr. 1 eingefügt durch 30. StRÄndG vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1310). Redaktionelle Änderung von Absatz 1 Nr. 1 (Ersetzung der Angabe „§§ 176 bis 179“ durch „§§ 176, 177 und 179“) durch 33. StRÄndG vom 1.7.1997 ( BGBl. I S. 1607). Redaktionelle Korrektur dieser Änderung durch 6. StrRG vom 26.1.1998 (BGBl. I S. 164). Erweiterung von Absatz 1 Nr. 1 auf Taten nach §§ 174 bis 174c durch Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3007). Absatz 5 neu eingefügt durch 38. StRÄndG vom 4.8.2005 (BGBl. I S. 2272). Eine erneute Erweiterung des Absatzes 1 Nummer 1 erfolgte durch das 2. OpferrechtsreformG vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2280) auf Taten nach § 225 sowie nach den §§ 224 und 226, wenn mindestens ein Beteiligter durch dieselbe Tat § 225 verletzt. Das StORMG vom 26.6.2013 (BGBl. I S. 1805) erhöhte die Altersgrenze von 18 auf 21 Jahre in Absatz 1 Nummer 1. Die Verweisungen in Absatz 1 Nummer 1 auf § 224 und § 226 entfiel durch das 47. StrÄndG vom 24.9.2013, stattdessen wurde § 226a eingefügt (BGBl. I 3671). Mit dem 49. StrÄndG vom 21.1.2015 (BGBl. I 10) wurden die Altersgrenze in Absatz 1 Nummer 1 auf 30 Jahre erhöht sowie die Verweisungen auf § 180 Abs. 3, § 182 und § 237 erweitert. Neu eingefügt wurde Absatz 6 durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20.11.2015 (BGBl. I 2025). Das 50. StrÄndG vom 4.11.2016 (BGBl. I 2460) ersetzte in Absatz 1 Nummer 1 § 179 durch § 178.
I. II. III.
IV.
Übersicht Wesen des Ruhens | 1 Ruhen aus Gründen in der Person des Opfers (Abs. 1 Nr. 1) | 1a Ruhen wegen Verfahrenshemmnissen (Abs. 1 Nr. 2) | 2 1. Persönliche Ruhensgründe | 4 2. Verfahrensgründe | 7 Ablaufhemmung nach Erlass eines erst instanzlichen Urteils 1. Wesen der Hemmungsregelung | 13 2. Voraussetzung | 14
3.
Die Wirkung der Ablaufhemmung | 15 V. Ruhen nach Eröffnung des Hauptverfahrens (Abs. 4) | 17 VI. Ruhen nach Stellung eines Auslieferungsersuchens an einen ausländischen Staat (Abs. 5) | 21 VII. Ruhen bei Rechtshilfeersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs | 32 VIII. Recht des Einigungsvertrages | 33
I. Wesen des Ruhens 1
Solange nach dem Gesetz die Strafverfolgung nicht begonnen oder fortgesetzt werden darf, sind den Strafverfolgungsorganen die Hände gebunden. Liefe in dieser Zeit die Verjährung, bliebe die Tat häufig ungeahndet. Bis 1893 traf dies mangels einer gesetzlichen Regelung für Abgeordnete zu (RGSt 52 36, 37, vgl. RGSt 22 379, 385; 23 184, 190). Um einem solchen Ergebnis entgegenzuwirken, lässt § 78b die Verjährung in derartigen Fällen ruhen. Absatz 3 greift den Gedanken in anderer Form für die Zeit nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auf, weil im Rechtsmittelverfahren nur wenige Möglichkeiten bestehen würden, den Eintritt der Verjährung abzuwenden (E 1962 S. 259). Diesen systematischen Ausgangspunkt hat der Gesetzgeber zuletzt verlassen. In Absatz 1 Nummer 1, Absatz 4 und in Absatz 5 hat er ein Ruhen für Fallgruppen angeordnet, in Greger/Weingarten
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denen eine rechtzeitige Aburteilung des Täters aus tatsächlichen Gründen gefährdet erscheint. Das Ruhen der Verjährung bedeutet Stillstand der Frist. Solange die Ruhensvoraussetzungen gegeben sind, beginnt eine Verjährungsfrist nicht zu laufen; eine bereits in Gang gesetzte Frist hört zu laufen auf. Fällt der Grund des Ruhens weg, setzt sich die Verjährung mit dem noch nicht verbrauchten Teil der Frist fort (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1). Im Gegensatz zur Unterbrechung (§ 78c Abs. 3 Satz 1) beginnt also nach dem Ende des Ruhens nicht eine neue Verjährungsfrist; das Ruhen tritt ferner kraft Gesetzes ein, während zur Unterbrechung die Handlung eines Strafverfolgungsorgans erforderlich ist. Das Ruhen hindert auch den Verjährungseintritt nach Ablauf der Höchstgrenze des § 78c Abs. 3 Satz 2, wie aus Satz 3 dieser Vorschrift folgt (vHH/Dallmeyer Rdn. 1). Die Voraussetzungen des Ruhens können für jeden Tatbeteiligten verschieden zu beurteilen sein (RGSt 59 197, 200) und sind – abgesehen von Absatz 2 – nicht an die Kenntnis der Strafverfolgungsorgane gebunden (Wolter SK Rdn. 5). II. Ruhen aus Gründen in der Person des Opfers (Absatz 1 Nr. 1) Mit Wirkung vom 30.6.1994 hat das 30. StrÄndG Absatz 1 Nummer 1 eingefügt.1 Zwi- 1a schenzeitlich hat der Gesetzgeber den Anwendungbereich von Absatz 1 Nummer 1 auf Taten nach §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, § 180 Abs. 3, §§ 182, 225, 226a und 237 erstreckt und die Altersgrenze auf 30 Jahre angehoben.2 Über seinen Wortlaut hinaus erfasst Absatz 1 Nummer 1 auch Straftaten, deren Beurteilung sich nach dem StGB-DDR richtet, sofern diese inhaltlich den genannten Vorschriften entsprechen (z.B. § 176 und § 148 Abs. 1 StGB-DDR).3 Mit der deliktspezifischen Ruhensregelung in Nummer 1, die von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist,4 wollte das Gesetz ursprünglich Besonderheiten von Sexualdelikten an Kindern und Jugendlichen Rechnung tragen (BTDrucks. 15/350 S. 13; GSSt BGH 62 184, 197), wobei die Ruhensregelung – im Rahmen des straftatbestandlich Möglichen – nunmehr auch bei Tatbegehungen zum Nachteil Erwachsener greift. Der Gesetzgeber bezweckt insbesondere die Verhinderung eines Verjährungseintritts, der dem Umstand geschuldet ist, dass das Tatopfer – etwa entwicklungsbedingt oder infolge eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses (BTDrucks. aaO), einer unbewältigten Traumatisierung (BTDrucks. 12/7414, 17/8117, S. 17, 17/6261, S. 23 f) oder anderer psychisch anzeigehemmend wirkender Gründe (BTDrucks. 18/2601, S. 14, 23) – an einer unbeeinflussten Entscheidung über die Gestellung einer Strafanzeige gehindert war und deswegen eine solche unterlassen hat. Zweifel daran, ob die Ausdehnung der Altersgrenze vom 18. Lebensjahr im Jahr 1994 bis zum 30. Lebensjahr im Jahr 2015 rechtspolitisch geboten, systematisch stringent und inhaltlich gerechtfertigt ist und dem Vorstellungsbild eines tatverletzten, aber gleichwohl mündigen Bürgers entspricht, bestehen zu Recht. Angesichts der abweichenden zivilrechtlichen Verjährungsrelegung des § 208 Satz 1 BGB, der
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1 Materialien: Gesetzentwürfe BTDrucks. 12/2975; 12/3825; Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. 12/6980; Änderungsanträge BTDrucks. 12/7414; 12/7438. 2 Materialien: Gesetzentwurf BTDrucks. 15/350; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. 15/311; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. 16/13671; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. 17/12735; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. 18/3202; jeweils m.w.N.; s. auch Entstehungsgeschichte. 3 BGHSt 47 245; Lackner/Kühl Rdn. 1a; im Erg. zust. Ebert JR 2003 120 ff; aA LG Frankfurt/Oder NJW 2001 3064; Wolter SK Rdn. 4; für eine analoge Anwendung: Puls DtZ 1995 392. 4 BVerfG NStZ 2000 251 mit zust. Anm. Wollweber NStZ 2001 81.
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gesetzgeberischen Unterstellung letztlich bis in die Lebensmitte hinein wirkender altersbezogener Willensbildungs- und Willensentschließungshemmnisse, der Vermischung spezifisch delikts- und altersbezogener mit delikts- und altersübergreifenden konstellativen Anzeigehemmungen im sozialen Nahbereich und angesichts des Umstands, dass etwa Taten nach § 176a nunmehr frühestens mit Vollendung des 50. oder bei Unterbrechungshandlungen nach § 78c erst mit Vollendung des 70. Lebensjahrs des Opfers verjähren (BTDrucks. 18/2601, S. 23), erscheint die Regelung des Absatzes 1 Nummer 1 in mehrfacher Hinsicht konzeptionell nicht überzeugend.5 Hinsichtlich der von Nummer 1 erfassten §§ 174a bis 174c ist der vom Gesetzgeber offenbar ohne Weiteres angenommene Konnex zwischen möglicher Anzeigehemmung und Lebensalter des Opfers (vgl. BTDrucks 15/1311, S. 21) überhaupt nicht mehr nachvollziehbar (vgl. Fischer Rdn. 3c); zumindest insoweit hätte konsequenterweise auf die Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses zum Täter, nicht aber unbehelflich auf das Alter des Opfers abgestellt werden müssen (Buchholz S. 638 f). Die Verjährung ruht bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers; der 30. Geburtstag selbst gehört nicht mehr zur Ruhensphase (vgl. RGSt 35 37). Stirbt das Opfer vor diesem Datum, kann der Endzeitpunkt des Ruhens nach dem Gesetzeswortlaut nicht mehr eintreten. Nach dem Zweck des Absatzes 1 Nummer 1 ist in diesen Fällen nicht auf einen Tag abzustellen, den das Opfer nicht mehr erlebt hat; maßgebend ist vielmehr der Todeszeitpunkt.6 Das rechtfertigt sich auch dadurch, dass sich mit dem Versterben des Opfers die ohnehin schwierige Beweislage weiter verschlechtert. Wird die Tat den Strafverfolgungsbehörden vor Vollendung des 30. Lebensjahres bekannt, so endet die Ruhensphase gleichwohl nicht mit diesem Zeitpunkt.7 Die überwiegende Gegenmeinung8 ist der Auffassung, dass es mit Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden im Sinne eines auf Tatsachen beruhenden konkreten Anfangsverdachts (§ 152 Abs. 2 StPO) zur Erreichung des Normzwecks weiteren Ruhens nicht mehr bedarf. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn die Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden auf einer Strafanzeige des Opfers basiert. Erlangt die Behörde aber auf andere Weise Kenntnis und ist das Opfer aus den zur Ruhensrelegung des Absatzes 1 Nummer 1 führenden Gründen nicht zu (wahrheitsgemäßen) Angaben im Strafverfahren bereit, wird die Verwirklichung des staatlichen Strafanspruchs in diesen Fällen auch bei Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden weiterhin durch die vom Gesetzgeber zugrundelegte Gefahr der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Opfers gefährdet sein. Dessen ungeachtet steht die Gegenmeinung in Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut von Absatz 1 Nummer 1, der die Verjährung erst mit Erreichen der Altersgrenze beginnen (BGH NStZ-RR 2008, 208) und für Ausnahmen von der Ruhensregelung keinen Raum lässt (LG Arnsberg, Beschluss vom 13.2.2018 – 6 Qs 105/17). Erfasst sind von dem Stillstand der Verjährung nur die in Absatz 1 Nummer 1 genannten Gesetzesverletzungen oder deren Entsprechungen nach StGB-DDR (Rdn. 1a), nicht hingegen die prozessuale Tat insgesamt.9 Zeitlich findet die Ruhensregelung nach allgemeinen Grundsätzen (Vor § 78 Rdn. 11) rückwirkend auf alle Taten Anwendung, die beim Inkrafttreten des 49. StrÄndG vom 27.1.2015 bereits begangen, aber noch nicht ver-
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5 Buchholz S. 134 ff; vHH/Dallmeyer Rdn. 2; Fischer Rdn. 3c, 3d; Saliger NK Rdn. 6; Sch/Schröder/Bosch § 78 Rdn. 3; SSW/Rosenau Rdn.3; Wolters SK Rdn. 3. 6 Mitsch MK Rdn. 7; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 5. 7 Fischer Rdn. 3b. 8 Mitsch MK Rdn. 7; Saliger NK Rdn. 8; SSW/Rosenau Rdn. 3; Schmid LK12 Rdn. 1a; Sch/Schönke/Bosch Rdn. 3a. 9 Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3.
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jährt waren.10 Dies gilt auch dann, wenn das Opfer das 30. Lebensjahr bereits zuvor vollendet hatte.11 Einer ausdrücklichen gesetzlichen Übergangsregelung, wie sie der Gesetzgeber lediglich aus Gründen der Rechtsklarheit in Art. 2 des 30. StrÄndG (m.W.v. 30.11.2007 ersetzt durch Art. 316c EGStGB [BGBl. I S. 2614, 2621]) getroffen hatte, bedarf es hierfür nicht.12 Auch ein vor Inkrafttreten der beiden Änderungsgesetze bereits verstrichener Verjährungszeitraum bleibt unberücksichtigt.13 Zwar enthielt das 30. StrÄndG hierzu keine ausdrückliche Regelung, doch lässt sich den Gesetzesmaterialien eindeutig entnehmen, dass eine Anrechnung schon abgelaufener Zeiträume auf die ab dem 18. Geburtstag des Opfers laufende Verjährungsfrist nicht gewollt war.14 Der Gesetzgeber hat diese Rechtsauffassung mittelbar im Nachhinein dadurch bestätigt, dass er (in Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung) in den nachfolgenden StrÄndG keine abweichende Regelung getroffen hat. III. Ruhen wegen Verfahrenshemmnissen (Absatz 1 Nr. 2) Voraussetzung des Ruhens nach Absatz 1 Nummer 2 ist, dass nach deutschem Recht 2 (BGHSt 1 84, 90; RGSt 40 402, 403) die Strafverfolgung nicht begonnen oder fortgesetzt werden darf. Dem rechtlichen Stillstand des Verfahrens entspricht der Stillstand der Verjährung. Ausgenommen davon sind die Fälle, in denen Strafantrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. Diese Verfahrensvoraussetzungen sind auf den Lauf der Verjährungsfrist ohne Einfluss, weil sie Ermittlungen nicht verbieten (Vor § 77 Rdn. 11). Ruhensgründe sind solche Umstände, die von Rechts wegen jedes Tätigwerden des zuständigen Strafverfolgungsorgans ausschließen (BGHSt 19 300, 302; RGSt 52 36, 37; 66 376). Vorschriften, die nur bestimmte Maßnahmen unterbinden, sowie tatsächliche Hinderungsgründe bewirken kein Ruhen der Verjährung. Als „Ruhensprobe“ kann die Frage gelten, ob die rechtliche Möglichkeit einer Unterbrechung der Verjährung besteht. Nicht unter § 78b Abs. 1 Nr. 2 fallen hiernach die Abwesenheit des Angeklagten (Saliger NK Rdn. 10), seine Verhandlungsunfähigkeit (RGSt 52 36, 37), die Todeserklärung, die nur eine Vermutung schafft (Reissfelder NJW 1964 1891), oder das Fehlen von Kenntnis im Sinne des § 160 Abs. 1 oder gar von zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO (vHH/Dallmeyer Rdn. 4; Mitsch MK Rdn. 9). Die Abtrennung eines Anklagepunktes bringt die Verjährung der zugrunde liegenden Tat ebensowenig zum Ruhen (RGSt 40 88, 89) wie jedes andere Innehalten mit dem Verfahren (BGHSt 24 6, 10; RGSt 52 54, 56; OLG Köln NJW 1961 2269), etwa nach einer Richterablehnung wegen Befangenheitsbesorgnis (OLG Oldenburg bei Göhler NStZ 1982 12; Saliger NK Rdn. 11) oder die Aussetzung nach § 262 Abs. 2 StPO (RG GA 1892 328), weil die Maßnahmen lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit getroffen werden. Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, die denselben Sachverhalt wie der Strafprozess zum Gegenstand haben (etwa Besteuerungsverfahren/Steuerstrafverfahren) äußern allenfalls tatsächlich, nicht aber rechtlich vorgreifliche Wirkungen; sie sind auf den Lauf der Verjährung daher vorbehaltlich des § 396 AO (Rdn. 10) ohne Einfluss (RGSt 31 9, 13; 65 287, 291). Ebenso verhält es
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10 Vgl.BGH NStZ-RR 2012 143. 11 BVerfG NStZ 2000 251; BGHSt 47 245 m.w.N.; Saliger NK Rdn. 9; aA Wolter SK Rdn. 5. 12 BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 12; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3. 13 AA Jähnke LK11 Rdn. 1a. 14 BVerfG NStZ 2000 251 m. Anm. Wollweber NStZ 2001 81; BGH NStZ 2000 251; Saliger NK StGB Rdn. 9; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3.
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sich, wenn für einen Zeugen die Aussagegenehmigung eingeklagt wird (aA Schmid JR 1978 8, 10). Die Ruhensgründe des Absatzes 1 Nummer 2 knüpfen an rechtliche Verfolgungshin3 dernisse an, die in der Person des Täters begründet sind (Fehlen der Gerichtsunterworfenheit, Abgeordneteneigenschaft), sowie an Besonderheiten des Verfahrens (§ 153a Abs. 3, § 154e Abs. 3 StPO) und seines Gegenstandes. Zu der zweiten Gruppe gehören Fälle, in denen die Entscheidung des Strafrichters von einer Vorfrage abhängt, über die er nicht befinden darf (Art. 100 GG). Eine dritte Kategorie schließlich bildet der im Gesetz nicht erwähnte, aber anerkannte Fall des Stillstands der Rechtspflege ( Jescheck/Weigend § 86 I 6). 1. Persönliche Ruhensgründe ergeben sich etwa aus der Exterritorialität (§§ 18 bis 20 GVG), dem Spezialitätsgrundsatz im Auslieferungsverkehr, solange er bei beschränkter Auslieferungsbewilligung die Strafverfolgung wegen der nicht von der Bewilligung erfassten Gesetzesverletzungen verbietet (BGHSt 29 94, 96; RGSt 32 247, 250; s. aber BayObLGSt 1956 65), und aus dem sicheren Geleit, das Zeugen und Sachverständigen auf Grund der Abkommen über den zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr zusteht (vgl. dazu Greger KK § 295 Rdn. 12). Kein Ruhen bewirkt hingegen das dem Beschuldigten gewährte sichere Geleit, welches die Strafverfolgung gerade ermöglichen soll (vgl. Walter NJW 1977 983, 986 und § 295 StPO). Bei Taten von Abgeordneten des Bundestages (Art. 46 GG; zum Bundespräsidenten 5 s. Art. 60 Abs. 4 GG) oder eines Landtages (§ 152a StPO; zur Rechtslage in Brandenburg s. Mitsch MK Rdn. 11, Fn. 22) ruht die Verjährung, sobald ein Strafverfolgungsorgan Kenntnis von Tat und Täter erlangt hat und solange das Verfahrenshindernis der Immunität besteht. Vor Bekanntwerden unterscheidet sich die Sach- und Interessenlage nicht von sonstigen Fällen. Erst mit dem Bekanntwerden kann die Parlamentstätigkeit beeinträchtigt und damit die Immunität verjährungswirksam werden.15 Nicht bekannt sein muss hingegen die Abgeordneteneigenschaft des Tatverdächtigen (Fischer Rdn. 7). § 78b Abs. 2 kodifiziert damit – verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 50 42, 47) – die Grundsätze der Entscheidung BGHSt 20 248, welche in Abkehr von der Rechtsprechung des RG (RGSt 27 10; 33 410, 412) grobe Unbilligkeiten zum Nachteil der Abgeordneten ausgeräumt hatte. Zur Immunität von ehemaligen DDR-Volkskammerabgeordenten BGHSt 41 72; OLG Naumburg NJ 1996 208; zur Rechtslage bei Mitgliedern des Europäischen Parlaments RiStBV Nr. 192b; BGHSt 36 363, 372. Die Kenntnis des Strafverfolgungsorgans kann von Amts wegen (Absatz 2 Nummer 1) oder durch Strafanzeige oder Strafantrag (Absatz 2 Nummer 2) erlangt sein; es genügt die Kenntnis eines einzelnen Polizeibeamten, der zu Ermittlungen befugt ist oder sein Wissen der zuständigen Stelle weiterzugeben hat (vgl. zum Problem privater Kenntniserlangung: Erb LR § 160 StPO Rdn. 28, § 160 Rdn 23 ff). Die Kenntnis ist erlangt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte gewonnen sind, die im Falle uneingeschränkter Verfolgungsmöglichkeit zum Einschreiten verpflichten (BVerfGE 50 42, 47). Wird nur ein sachlich beschränkter Strafantrag angebracht, so ruht die Verjährung hinsichtlich der ganzen Tat im prozessualen Sinne (vgl. Absatz 2 Nummer 1). Keine Immunität besteht, wenn das Gesetzgebungsorgan, dem der Abgeordnete angehört, sie aufgehoben hat (dazu RiStBV Nr. 191 ff; Anlage 6 GO-BT, zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 15. 7.2002 [BGBl. I S. 3012];16 für die Länder: Grundsätze in Immu-
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Saliger NK Rdn. 17; Mitsch MK Rdn. 11. Übernommen für die 19. Wahlperiode laut Bekanntmachung vom 19.03.2018 (BGBl. 2018 I S. 409).
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nitätsangelegenheiten DRiZ 1964 163; zum Ganzen Achterberg Parlamentsrecht [1984] S. 242 ff). Ebenso verhält es sich im Falle der Festnahme des Abgeordneten bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages (Art. 46 Abs. 2 GG). An einer Festnahme fehlt es jedoch bei der bloßen Sistierung zum Zwecke der Blutentnahme (aA OLG Bremen NJW 1966 743; OLG Oldenburg NJW 1966 1764) oder zur Feststellung der Personalien (aA RGSt 59 113). Spätestens endet bei Abgeordneten das Ruhen der Verjährung mit dem Ende des Mandats (BGH NStZ 1992 94; Beulke LR § 152a StPO Rdn. 14). Die Verjährung ruht ferner bei Taten von Angehörigen der Stationierungsstreitkräf- 6 te oder eines zivilen Gefolges, solange die Bundesrepublik den Täter nicht verfolgen darf. Dieser Zeitraum endet stets mit dem Ausscheiden des Täters aus dem Militärdienst der Stationierungsmacht (BGHSt 28 96, 99). Im Übrigen beurteilt sich die Rechtslage nach den NATO-Abkommen, hinsichtlich der in Deutschland stationiert gewesenen Streitkräfte der vormaligen UdSSR nach dem Vertrag vom 12.10.1990 (BGBl. 1991 II S. 256). Begehen Mitglieder des Personenkreises, der von Art. VII NATO-Truppenstatut, Art. 19 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut erfasst ist, hier Straftaten, so kann die Gerichtsbarkeit sowohl dem Entsendestaat wie der Bundesrepublik zustehen. In diesen Fällen konkurrierender Zuständigkeit hat die Bundesrepublik meist ein verzichtbares Vorrecht auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit (Art. VII Abs. 3b) NTS). Soweit die Bundesrepublik auf ihr Vorrecht verzichtet hat, kann sie den Verzicht zurücknehmen (Art. 19 ZA-NTS; dazu BGHSt 30 377; BGH NJW 1966 2280). Bis zur Klärung der Zuständigkeit dürfen die deutschen Behörden vorläufige Maßnahmen wie die Entnahme einer 12 Blutprobe durchführen (näher Werle/Jeßberger LK vor § 3 Rdn. 395 ff, 405; Sch/Schröder/Eser/Weißler Vor §§ 3–7 Rdn. 69 f). Nach Art. 19 Abs. 5a ZA-NTS können einzelne Sachen ferner ungeachtet eines Verzichts auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit deutschen Behörden übertragen werden. Der nur aus praktischen Gründen gegebenen Zulässigkeit vorläufiger Maßnahmen gebührt kein entscheidendes Gewicht. Insgesamt gesehen ergibt die Regelung deshalb ein Verfolgungshindernis bis zur Rücknahme des Verzichts, ggf. bis zur Abgabe des Verfahrens an die deutschen Justizbehörden. Daran knüpft sich nach § 78b eine Hemmung der Verjährung. Dem lässt sich nicht entgegnen, die Vorrechte zur Ausübung der Gerichtsbarkeit seien nur interne Regeln, die gerade die Verfolgung des Täters ermöglichen sollen; maßgebend sei, dass sowohl der Entsendestaat wie der Aufnahmestaat die Gerichtsbarkeit habe (so Maier NJW 1974 1935; Schwenk NJW 1965 2242; JZ 1976 581, 582). Entscheidend ist vielmehr, dass bis zum Übergang der Verfolgungsbefugnis auf die deutsche Justiz diese nicht ohne Rechtsverstoß tätig werden darf (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 9). Solange ruht die Verjährung.17 2. Verfahrensgründe bewirken ein Ruhen nach § 153a Abs. 3 StPO während der 7 Frist, die dem Beschuldigten zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzt ist. Die Ruhensfrist beginnt mit dem Erlass der vorläufigen Einstellungsverfügung nach Absatz 1 oder des Beschlusses nach Absatz 2 (Meyer-Goßner/Schmitt § 153a StPO Rdn. 56). Kommt es mangels Zustimmung des Beschuldigten nicht zu einer wirksamen Fristsetzung, ist für ein Ruhen der Verjährung kein Raum (BayObLG MDR 1983 955). Ruht die Verjährung, ist damit die ganze prozessuale Tat erfasst, jedoch nur in ihrer Würdigung als Vergehen. Liegt in Wirklichkeit ein Verbrechen vor, ist das Erledigungsverfahren nach § 153a StPO gescheitert und entfaltet auch im Hinblick auf die Verjährung keine Rechtswirkungen.
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17 OLG Celle NJW 1965 1673; OLG Stuttgart MDR 1976 1043; LG Krefeld NJW 1965 310; Preisendanz Anm. 2b; wohl auch LG Duisburg NJW 1965 643.
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Mit einem Verfahren wegen falscher Verdächtigung oder Beleidigung (§ 164, §§ 185 bis 188) soll oder muss nach § 154e StPO innegehalten werden, solange wegen der angezeigten oder behaupteten Handlung ein Straf- oder Disziplinarverfahren schwebt. Die Staatsanwaltschaft handelt nach ihrem Ermessen, für das Gericht ist die Vorschrift zwingend (Diemer KK § 154e Rdn. 9). Demgemäß ruht die Verjährung nach § 154e Abs. 3 StPO im Ermittlungsverfahren von der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft an. Ist die Sache gerichtlich anhängig, tritt die Ruhensfolge dagegen von selbst ein, weil ein von Amts wegen zu beachtendes Verfolgungshindernis (BGH GA 1979 223, zum früheren Recht BGHSt 8 133, 136; 8 151, 154; RG HRR 1939 Nr. 190) vorliegt, der Gerichtsbeschluss also keine neue Rechtslage schafft (aA Meyer-Goßner/Schmitt § 154e StPO Rdn. 14; Beulke LR26 § 154e StPO Rdn. 21). Zu Beginn und Ende des anderen Verfahrens vgl. BGHSt 8 151, 152; 10 88; BGH GA 1979 223). Kraft der ausdrücklichen Vorschrift in § 154e Abs. 3 StPO, deren Wortlaut eine nicht zu überwindende Schranke bildet, erstreckt sich die Hemmungswirkung lediglich auf die 26 einzelne Gesetzesverletzung, nicht auf die Tat im prozessualen Sinn (aA Beulke LR § 154e StPO Rdn. 21). Ein Prozesshindernis schafft auch die Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59. 9 Sie schließt die Strafverfolgung in der Bewährungszeit bis zu einer Entscheidung nach § 59b aus, obwohl eine Ahndung noch nicht erfolgt, sondern nur vorbehalten ist. Darin liegt ein Fall des Ruhens der Verjährung (Fischer Rdn. 5; Preisendanz Anm. 2 f). Weil die Entscheidung von einer Vorfrage abhängt, über die der Strafrichter nicht 10 entscheiden darf (RGSt 66 376), ruht die Verjährung im Falle der Vorlagepflichten nach Art. 100 GG 18 sowie nach Art. 126 GG (OLG Hamm GA 1969 63). Vorlagen der Instanzgerichte nach Art. 267 AEUV bringen die Verjährung dagegen nicht zum Ruhen, weil diese Gerichte zur Vorlage nicht verpflichtet sind. Auch die bloße Zurückstellung der Sache mit Rücksicht auf eine beim BVerfG anhängige Vorlage (BGHSt 24 6, 10; OLG Köln NJW 1961 2269) oder die Verfassungsbeschwerde (OLG Düsseldorf NJW 1968 117) bewirken kein Ruhen der Verjährung. Nach § 396 Abs. 3 AO ruht ferner die Verjährung, solange das Steuerstrafverfahren mit Rücksicht auf das Besteuerungsverfahren des Steuerpflichtigen ausgesetzt ist. Dieser Stillstand des Laufs der Verjährung erstreckt sich nicht allein auf die Steuerstraftat, sondern zugleich auf die gesamte prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO, insbesondere hinsichtlich mit ihr in Tateinheit verwirklichten Allgemeindelikte (Joecks/Jäger/Randt § 396 AO Rdn. 59; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/Senge § 396 AO Rdn. 10), weil anders eine sachgemäße prozessuale Behandlung des Tatgeschehens nicht möglich ist. Das Strafverfolgungsorgan hat keine rechtliche Möglichkeit, die Aussetzung auf den steuerlichen Verfahrensteil zu begrenzen und das Verfahren im Übrigen fortzusetzen; der Strafklageverbrauch erfasst die ganze prozessuale Tat. Zur Frage, ob damit auch der Ablauf der absoluten Verjährung gehemmt ist (vgl. auch § 78c Rdn. 13). Ebenso begründet die in § 380 StPO normierte Zulässigkeitsvoraussetzung zur Erhebung der Privatklage – erfolgloser Sühneversuch – ein Ruhen der Verjährung (Mitsch MK Rdn. 16). 11
3. Der Stillstand der Rechtspflege ist im StGB nicht als Ruhensgrund aufgeführt. Die Rechtsprechung musste ihn im Zusammenhang mit den Ereignissen während der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus und danach aber anerkennen. Sie gelangte
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18 BVerfGE 7 29, 36; 23 208, 222; BGHSt 24 6, 10 m. Anm. Blei JA 1971 245; OLG Schleswig NJW 1962 1580; Hans MDR 1963 8; MSBG/Ulsamer § 80 BVerfGG Rdn. 222; aA AG Krefeld MDR 1962 839.
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dazu, indem sie formal an § 69 a.F. anknüpfte und darauf abstellte, ob der „gesetzesgleich erachtete Führerwille“ (BGHSt 18 367) die Verfolgung verhindert hatte oder ob die Besatzungsmächte die Gerichte rechtsverbindlich geschlossen hatten (BGHSt 1 84, 89; 2 54). In der Sache kam es darauf an, ob entgegen Recht und Gesetz jegliche Verfolgung einer Tat unterblieben war. Deshalb ruhte die Verjährung von NS-Gewalttaten bis zum 8. 5.1945.19 Die in einzelnen Gebieten der Bundesrepublik erlassenen Ahndungsgesetze trafen dazu auch ausdrückliche Regelungen (BVerfGE 1 418; BGHSt 4 379). Nach dem Zusammenbruch ruhte jegliche Verjährung bis zur Wiedereröffnung der deutschen Gerichte.20 Die Einzelheiten haben heute keine Bedeutung mehr. Auf ihre Darstellung kann da41 her verzichtet werden (näher Lackner NJW 1960 1046; Dreher/Tröndle Rdn. 6, 7; Mösl 9 LK § 69 Rdn. 5). In seiner Rechtsprechung zu DDR-Alttaten, die vormals aus rechtsstaatswidrigen Gründen nicht verfolgt wurden (Vorauflage § 78c Rdn. 47 ff), hat der Bundesgerichtshof seine Grundsätze zum Ruhen der Verjährung von NS-Gewalttaten fortentwickelt. Danach kommt ein Ruhen der Verjährung von NS-Verbrechen in der Zeit bis zum 8. 5.1945 nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass die einzelne Tat entsprechend dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen der nationalsozialistischen Staats- und Parteiführung aus politischen, rassischen oder sonst mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbaren Gründen mit Sicherheit nicht geahndet worden wäre. Bleiben diesbezüglich Zweifel, ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu entscheiden (Vor § 78 Rdn. 15; BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 1 mit Anm. Scholz JR 1996 121). Zur gesetzlichen Regelung der Verjährung für Mordtaten s. § 78 Rdn. 5. Eine Besonderheit ergibt sich für in Abwesenheit ergangene Urteile der französi- 12 schen Besatzungsmacht. Der Überleitungsvertrag hatte sie wie alle anderen Urteile der Drei Mächte anerkannt. Das Deutsch-Französische Abkommen vom 2. Februar 1971 (BGBl. 1975 II S. 431, in Kraft seit 15.4.1975) hat insoweit jedoch wieder die Verfolgungszuständigkeit der deutschen Justiz eröffnet. Daher stellt sich die Frage, ob die Verjährung wegen des durch den Überleitungsvertrag geschaffenen besonderen Verfolgungshindernisses bis zur Rückübertragung der Verfolgungsbefugnis gehemmt war. Der Gesetzgeber hat die Frage verneint, so dass das Abkommen nur auf Mordtaten und auf Taten anwendbar ist, in denen die Verjährung unterbrochen worden war (Entschließung des Bundesrates DRiZ 1975 156; BGH NStZ 1986 313; Maier NJW 1975 465, 470). IV. Ablaufhemmung nach Erlass eines erstinstanzlichen Urteils 1. Wesen der Hemmungsregelung. Nach dem verfassungsrechtlich unbedenkli- 13 chen (BVerfG NJW 1995 1145; BGHSt 46 159, 167; aA Lackner/Kühl Rdn. 7) Absatz 3 bewirkt der Erlass eines Urteils des ersten Rechtszuges, dass die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt abläuft, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist (kritisch Kohlmann FS Pfeiffer, S. 203, 213). Darin liegt nicht ein gewöhnliches Ruhen der Verjährung (Saliger NK Rdn. 20; aA Maurach/Gössel/Zipf § 76 II Rdn. 34; wohl auch Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 12). Wie die auffällig von den Absätzen 1 und 2 abweichende Fassung und die Materialien (E 1962 S. 259) ergeben, handelt es sich vielmehr um eine Ab-
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19 BGHSt 18 367; 23 137; BGH NJW 1962 2308; BGH NStZ 1986 313; BVerfGE 1 418, 425; OLG Dresden NJW 1947/48 311; OLG Gera NJW 1947/48 31 Nr. 34; dagegen im Zusammenhang mit der Behandlung der DDRAlttaten Pieroth/Kingreen NJ 1993 385, 389; Grünwald StV 1992 333, 335. 20 BGHSt 1 84, 89 m. Anm. v. Weber MDR 1951 499; BGHSt 2 54; aA BVerfGE 25 269, 282; Maier NJW 1975 465, 468.
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laufhemmung (OLG Düsseldorf wistra 1992 108; Fischer Rdn. 11; Jescheck AT 4. Aufl. [1988] § 86 I 6). Der Lauf der Verjährung steht also nicht still. Die Frist läuft weiter, nur ihr Ende wird, falls es vor dem Eintritt der Rechtskraft läge, bis zu diesem Zeitpunkt hinausgeschoben. Die Unterscheidung ist sachlich gerechtfertigt. In den Fällen der Absätze 1 und 2 ist eine Verfahrensförderung nicht möglich, weil das Verfahren aus Rechtsgründen stillsteht. Daher muss der Lauf der Verjährung angehalten werden. Der Erlass eines Urteils begründet eine solche Lage nicht. Die weitere Verfahrensförderung ist im Gegenteil ein prozessuales Gebot. Es bestände deshalb an sich kein Anlass, in den Lauf der Verjährung allgemein einzugreifen. Nur weil der Katalog der Unterbrechungsgründe nach § 78c auf das Rechtsmittelverfahren nicht zugeschnitten ist, also aus Gründen des Regelungszusammenhangs mit jener Vorschrift, bedarf es des Absatzes 3. Seinem Wesen nach ist dies kein Anwendungsfall des Ruhens der Verjährung. Das hat Bedeutung für die Fälle des die Strafklage nicht verbrauchenden Einstellungsurteils und der nachträglichen Beseitigung der Rechtskraft (Rdn. 16; § 78 Rdn. 11). 14
2. Voraussetzung der Ablaufhemmung ist der Erlass eines Urteils im formellen Sinn. Welchen Inhalt es hat und ob es sachlich richtig ist, ist ohne Bedeutung.21 Daher entfalten auch ein (ggf. fehlerhaft) auf Einstellung lautendes Urteil (BGHSt 46 159; BGH NStZ-RR 2001 328) und ein Urteil nach § 412 StPO (vgl. OLG Köln VRS 54 360) hemmende Wirkung (BGHSt 32 209). Nichtige Urteile lösen hingegen keine Ablaufhemmung aus (Fischer Rdn. 11). Selbiges gilt für den Strafbefehl, den Beschluss, der einen Einspruch gegen den Strafbefehl als unzulässig verwirft (vgl. BGHSt 34 79; Göhler NStZ 1984 63; unrichtig OLG Frankfurt/M. NStZ 1983 224), und eine Entscheidung nach § 206a StPO. Diese Entscheidungen unterbrechen die Verjährung (§ 78c Abs. 1 Nr. 9).
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3. Die Wirkung der Ablaufhemmung besteht darin, dass nach dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils, abgesehen von den Fällen der nachträglichen Beseitigung der Rechtskraft, keine Verjährung mehr eintreten kann. Das gilt auch, wenn das Urteil im Rechtsmittelzug aufgehoben wird. Die Hemmung hat ferner Vorrang vor der absoluten Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 3). Vor dem 1.1.1975 erlassene Urteile machen keine Ausnahme (BGHSt 26 288, 290). Einschränkungen der Ablaufhemmung bei einer infolge rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung eintretenden erheblichen Überschreitung der Grenze der absoluten Verjährung kommen nicht in Betracht (aA Lackner/Kühl Rdn. 7; SSW/Rosenau Rdn. 11; Wolter SK Rdn. 13). Die Gegenauffassung ist mit § 78c Abs. 3 Satz 3 unvereinbar. Eine Vermengung der aus rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung folgenden Konsequenzen mit dem davon konzeptionell unabhängigen Rechtsinstitut der Verjährung wäre darüber hinaus systematisch widersprüchlich (BGHSt 46 159, 167; krit. Kempf StV 2001 134, 137) und auch bei rein ergebnisorientierter Argumentation nicht geboten, weil in Extremfällen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung unbeschadet dessen ein verfahrensbeendendes Einstellungsurteil in Betracht kommt (BGHSt 46 159, 171; BGH wistra 2017 108, 109). Vgl. Vor § 78 Rdn. 18. Die Hemmung erfasst die den Gegenstand des Verfahrens bildende Tat auch dann, wenn das Gericht seiner Entscheidung irrig einen von der Anklage nicht oder nicht hinreichend erfassten Sachverhalt zugrunde gelegt hat.22
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21 BGHSt 32 209; 34 79, 81; 46 159, 167; BayObLG VRS 57 39, 41; OLG Düsseldorf VRS 58 43; OLG Hamm JMBlNRW 1979 179; OLG Köln VRS 54 360; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12. 22 BGH NStZ-RR 1997 167; BayObLG VRS 57 40; OLG Koblenz VRS 60 459, 461; Göhler/Gürtler § 32 OWiG Rdn. 7.
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Obwohl die Regelung dafür nicht passt, gilt sie grundsätzlich auch für Einstel- 16 lungsurteile, die die Strafklage nicht verbrauchen (OLG Frankfurt/M. NStZ 1983 224; OLG Karlsruhe VRS 52 197), sondern nur vorläufigen Charakter haben (BVerfG NJW 2017 2459, 2460; BGH NStZ 2012 225, 226 m.w.N). Da hier das Verfahren nach Behebung des Verfahrenshindernisses fortgeführt werden kann, war bis zur ersten diesbezüglichen Entscheidung des BGH höchstrichterlich ungeklärt, ob und in welcher Weise das einstellende Urteil in das neue Prozessstadium hineinwirkt. Nach BGH NJW 2018 1268 endet die Hemmungswirkung von Prozessurteilen mit Eintritt von deren Rechtskraft. Bei Fortführung des Verfahrens ist die Verjährung so zu berechnen, als wäre ihr Ablauf durch das Prozessurteil nicht gehemmt gewesen. Der Verfahrensabschluss im Sinne des Absatzes 3 ist nach BGH also nicht tatbezogen als Erledigung der Sache insgesamt, sondern nur verfahrensbezogen als Abschluss des konkreten gerichtlichen Verfahrens zu verstehen, in welchem das erstinstanzliche (Prozess-)Urteil ergeht.23 Für diese Auffassung streitet, dass eine restriktive Auslegung des Verfahrensbegriffs nicht zuletzt geboten ist, um den – mit Ausnahme des § 78 Abs. 2 – systemfremden Zustand ansonsten eintretender unbegrenzter „Verjährungslosigkeit“ zu vermeiden (BGH aaO; OLG Düsseldorf wistra 1992 S. 108, 110; Kohlmann S. 219). Als verjährungsimmanent hinzunehmen ist demgegenüber, dass in Einzelfällen mit Rechtskraft des Prozessurteils infolge rückwirkenden Wegfalls der Verjährungshemmung absolute Verjährung eintreten kann. V. Ruhen nach Eröffnung des Hauptverfahrens (Absatz 4) Mit Wirkung vom 1.3.1993 hat das Rechtspflegeentlastungsgesetz Absatz 4 eingefügt 17 (Begründung BTDrucks. 12/3832 S. 44). Danach ruht die Strafverfolgung ab der Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht fünf Jahre lang bei allen Gesetzesverletzungen, deren Höchststrafe zwischen einem und fünf Jahren beträgt, aber für besonders schwere Fälle darüber hinausreicht. Die Eröffnung des Hauptverfahrens unterbricht hier also die Verfolgungsverjährung (§ 78c Nr. 7) und hält zugleich ihren weiteren Lauf, auch den der absoluten Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 3), an. Mit dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils geht das Ruhen dann in die Ablaufhemmung nach Absatz 3 über. Die Vorschrift steht in Zusammenhang mit § 78c Abs. 3 Satz 2. Die absolute Verjährung hat sich insbesondere in Großverfahren der Wirtschaftskriminalität als problematisch erwiesen. Nach dem Scheitern mehrerer Änderungsbemühungen (vgl. etwa BTDrucks. 10/272) soll die nunmehr gefundene Lösung den Versuchen mancher Angeklagter, das Verfahren in die Länge zu ziehen, gesetzestechnisch – und verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NStZ 1994 480, 481) – durch eine Ruhensregelung entgegenwirken. Voraussetzung für den Stillstand der Verjährung ist zunächst, dass das Verfahren 18 vor dem Landgericht eröffnet ist. Welches Gericht die Eröffnung ausgesprochen hat, ist unerheblich. Es kann dies das OLG nach § 209 Abs. 1 StPO oder als Beschwerdegericht sein; ebenso gilt die Verweisung vom Amtsgericht an das Landgericht nach § 270 Abs. 3 StPO als Eröffnung des Hauptverfahrens vor diesem Gericht, wenn die Verweisung für das Landgericht als Eröffnungsbeschluss wirkt (BGH NStZ 1988 236; Greger KK § 270 Rdn. 23; aA Rieß AnwBl. 1993 51, 56). Die Vorlage des rangniederen Gerichts an das Landgericht zur Entscheidung gemäß § 209 Abs. 2 StPO hat diese Wirkung dagegen nicht; sie tritt erst mit dem Beschluss ein, durch den das Landgericht das Hauptverfah-
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23 So bereits: OLG Düsseldorf JR 1993 77; Sch/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch29 Rdn. 12; Saliger NK Rdn. 22; Stree JR 1993 79, 80; aA noch bis zur Vorauflage: Schmid LK12 Rdn. 16; Jähnke LK11 Rdn. 16; noch offen gelassen BGHSt 32 209, 120 .
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ren bei sich eröffnet. Erforderlich ist ein wirksamer Eröffnungsbeschluss (vgl. dazu § 78c Rdn. 31; Meyer-Goßner/Schmitt § 207 StPO Rdn. 11). Erhebt die Staatsanwaltschaft im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Anklage beim Landgericht in der Absicht, Schwierigkeiten in der Verjährungsfrage zuvorzukommen, oder ergeht ein entsprechender Eröffnungsbeschluss, so hindert dies den Eintritt der Ruhensfolge des Absatzes 4 nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (BGHSt 46 159, 168; aA Siegismund/Wickern wistra 1993 136, 141; s. auch näher § 78c Rdn. 9 ff, 11).24 Anders wird es nur bei Willkür liegen,25 wenn mithin das Rechtsmittelgericht das Urteil des Landgerichts mit der Begründung aufheben könnte, dieses Gericht sei offenkundig zu keiner Zeit zur Entscheidung berufen gewesen (BGHSt 38 212). Der Rechtsfehler liegt aber auch dann nicht im Verstoß gegen das Recht der Verjährung, sondern in der Entziehung des gesetzlichen Richters. Keine Anwendung findet Absatz 4 nach seinem eindeutigen Wortlaut auf erstinstanzliche Verfahren vor dem OLG (Rieß AnwBl. 1993 51, 56). Der Lauf der Verjährung ruht nur bei den in § 78 Abs. 3 Nr. 4 bezeichneten Tat19 beständen, sofern diese einen Sonderstrafrahmen für besonders schwere Fälle mit einer über fünf Jahre hinausreichenden Strafdrohung aufweisen. Die Anknüpfung an die einzelnen Strafdrohungen ergibt, dass sich die Ruhensfolge lediglich auf die einzelne Gesetzesverletzung, nicht auf die Tat im prozessualen Sinne erstreckt. Maßgeblich ist, ob der vom Gericht bei der Verurteilung zugrundegelegte Straftatbestand eine abstrakte Strafschärfung für besonders schwere Fälle vorsieht. Unerheblich ist hingegen, ob das Gericht im Urteil tatsächlich einen besonders schweren Fall annimmt, das Hauptverfahren wegen einer solchen Tat eröffnet oder ein besonders schwerer Fall angeklagt ist.26 Uneingeschränkt gilt Absatz 4 trotz der Regelung des § 376 AO auch für Fälle der einfachen Steuerhinterziehung.27 Streng zu unterscheiden von Änderungen der Verjährungsvorschriften sind Ände20 rungen materiell-rechtlicher Strafdrohungen der in § 78 bezeichneten Tatbestände. Bei Änderungen des sachlichen Rechts ergibt sich der zeitliche Anwendungsbereich des Strafgesetzes aus § 2 (BGHR StGB § 78b Abs. 4 Strafdrohung 2; Vor § 78 Rdn. 11). Absatz 4 erfasst daher nicht Strafschärfungen, die erst nach Tatbegehung wirksam geworden sind; anderes gilt bei Milderungen (§ 2 Abs. 3). Milderes Recht in diesem Sinne liegt nach § 78b Abs. 4 trotz gleichbleibender Strafandrohung vor, wenn ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall in einen Qualifikationstatbestand umgewandelt wird und nur die Verwirklichung des Grundtatbestands nachgewiesen ist (BGHSt 55 11, 16; s. auch Vor § 78 Rdn. 11).
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24 Saliger NK Rdn. 25; Fischer Rdn. 12a; wohl nicht weitergehend BGHSt 46 159, 168, denn der (nicht entscheidungstragende) Hinweis, „einzig“ dem Ziel der Verjährungshinderung dienende Maßnahmen seien grundsätzlich zulässig, dürfte sich allein auf die Wahl des Zeitpunktes der Unterbrechungsmaßnahme bezogen haben. Der insoweit in Rede stehende Eröffnungsbeschluss sollte in der Sache unzweifelhaft der Verfahrensförderung dienen und war daher keine Scheinmaßnahme. 25 Saliger NK Rdn. 25; vgl. zur Willkür § 78c Rdn. 11. 26 BGHSt 56 146; BGHR StGB § 78b Abs. 4 Strafdrohung 1; OLG Koblenz NStZ-RR 1996 229; Fischer Rdn. 12a; Saliger NK Rdn. 24; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 14; Siegismund/Wickern wistra 1993 141. 27 BGH wistra 2017 321; Joecks/Jäger/Randt § 376 AO Rdn. 98; aA Baumhöfener/Madauß S. 28; Ebner Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht 2015 S. 107, der bei Eingreifen des § 376 AO davon ausgeht, dass kein Fall des § 78 Abs. 3 Nr. 4, sondern des § 78 Abs. 3 Nr. 3 vorliegt.
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VI. Ruhen nach Stellung eines Auslieferungsersuchens an einen ausländischen Staat (Abs. 5) Mit Wirkung vom 11.8.2005 hat das 38. StRÄndG Absatz 5 neu eingefügt.28 Danach ruht 29 die Verjährung, solange sich der Beschuldigte im Ausland aufhält und die deutschen Strafverfolgungsbehörden seine Auslieferung betreiben. Dadurch soll verhindert werden, dass allein aufgrund der langen Dauer eines ausländischen Auslieferungsverfahrens Verfolgungsverjährung eintritt (§ 78c Abs. 3 Satz 2), bevor der Straftäter an deutsche Behörden überstellt werden kann und ohne dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden darauf Einfluss nehmen könnten.30 Im Hinblick auf die in Absatz 5 Satz 3 normierten Ausnahmetatbestände (Rdn. 30) dürfte indes die praktische Anwendung dieser Ruhensregelung auf wenige Einzelfälle beschränkt sein.31 Absatz 5 gilt als verfahrensrechtliche Regelung (Vor § 78 Rdn. 10 ff) für alle Strafverfahren, die bei seinem Inkrafttreten anhängig waren.32 Voraussetzung für ein Ruhen der Verjährung ist nach Satz 1 Halbsatz 1, dass die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland ein förmliches Auslieferungsersuchen an denjenigen ausländischen Staat stellt, in dem sich der Täter tatsächlich aufhält. Zuständige Behörde für die Stellung von Auslieferungsersuchen an ausländische Staaten ist nach § 74 Abs. 1 IRG grundsätzlich das Bundesministerium der Justiz. Nach § 74 Abs. 2 IRG kann die Bundesregierung die Ausübung der Befugnis, ausländische Staaten um Auslieferung zu ersuchen, im Wege einer Vereinbarung auf die Landesregierungen übertragen. Dies ist mit der sog. Zuständigkeitsvereinbarung vom 28. 4. 2004 geschehen.33 Die Anforderungen, die an ein förmliches Auslieferungsersuchen in puncto Form, Geschäftsweg etc. zu stellen sind, ergeben sich bei Auslieferungsersuchen aufgrund eines bilateralen Vertrages oder einer multilateralen Übereinkunft aus der jeweiligen völkerrechtlichen Vereinbarung. Im vertragslosen Auslieferungsverkehr ist von einem förmlichen Ersuchen auszugehen, wenn es entweder der international üblichen Praxis für die Stellung förmlicher Auslieferungsersuchen entspricht, wie sie auch in den RiVASt Niederschlag gefunden hat, oder das Ersuchen den besonderen, den deutschen Behörden bekannten oder zu erfragenden Anforderungen des ersuchten Staates entspricht.34 Kein förmliches Auslieferungsersuchen i.S.d. Absatzes 5 ist die Ausschreibung eines flüchtigen Straftäters im Schengener Informationssystem (SIS) auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls, obwohl eine solche Ausschreibung unter den Mitgliedstaaten der EU als Auslieferungsersuchen gilt.35 Insoweit erschien dem Gesetzgeber angesichts des geltenden Fristenregimes des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren eine besondere Ruhensregelung nicht erforderlich.36 Weitere Ruhensvoraussetzung ist, dass das Auslieferungsersuchen an den Staat gestellt wird, in dem sich der Täter tatsächlich aufhält. Gemeint ist damit die körperliche
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28 Materialien: Gesetzentwurf der Bundesregierung BTDrucks. 15/5653; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. 15/5856; Gesetzesbeschluss des BT: 184. Sitzung am 30.6.2005. 29 Kritisch hierzu Mitsch NJW 2005 3036. 30 BTDrucks. 15/5653 S. 1, 6. 31 Fischer Rdn. 13. 32 BTDrucks. 15/5653 S. 7 „Zu Artikel 2“; Fischer Rdn. 13. 33 Veröffentlicht in BAnz. Nr. 100 v. 29.5.2004, S. 11494 ff. 34 BTDrucks. 15/5856 S. 4; zu den staatenspezifischen Förmlichkeitsvoraussetzungen im Einzelnen siehe bei Grützne/Pötz. 35 BTDrucks.15/5653 S. 7. 36 BTDrucks. aaO.
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Anwesenheit des Täters in dem ersuchten Staat. Ohne Bedeutung ist der Grund der seiner dortigen Anwesenheit. Erfasst ist sowohl der freiwillige Aufenthalt als auch der Fall, dass der Täter dort freiheitsentziehenden Maßnahmen unterliegt, z.B. aufgrund internationaler Fahndung im ersuchten Staat oder aufgrund aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen festgenommen worden ist.37 Maßgeblicher Zeitpunkt für den tatsächlichen Aufenthalt des Täters ist der Tag des Zugangs des Auslieferungsersuchens bei dem ersuchten Staat. Ein späterer tatsächlicher Aufenthalt des Täters hat kein Ruhen der Verjährung zur Folge.38 Hierfür bedürfte es eines erneuten Auslieferungsersuchens. Bleiben Zweifel über den tatsächlichen Aufenthalt des Täters oder das Vorliegen der sonstigen tatsächlichen Voraussetzungen für ein Ruhen der Verjährung gilt der Grundsatz in dubio pro reo.39 Die Verjährung ruht nach Satz 1 2. Halbsatz grundsätzlich ab dem Tag des Zugangs des Auslieferungsersuchens beim ausländischen Staat.40 Erforderlich ist der Zugang bei einer Behörde oder sonstigen Stelle des ersuchten Staates, die für die Bearbeitung oder Weiterleitung des Ersuchens zuständig ist.41 Im Einzelfall kann die Ermittlung des tatsächlichen Zugangsdatums mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein. Zur Vermeidung von Anwendungsproblemen wurde deshalb in Satz 2 eine gesetzliche Zugangsfiktion geschaffen, um Zweifel über den Beginn des Ruhens der Verjährung auszuschließen. Danach gilt das Auslieferungsersuchen nach Ablauf von einem Monat seit Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, es sei denn, die ersuchende Behörde hat positive Kenntnis darüber, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im ersten Fall tritt das Ruhen der Verjährung nicht ein, im zweiten Fall ruht die Verjährung nach Satz 1 Halbsatz 2 erst ab dem (späteren) Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs. Die Dauer des Ruhens der Verjährung ist in Satz 1 Nummer 1 bis 4 geregelt. Nach Nummer 1 endet das Ruhen der Verjährungsfrist mit der Übergabe des Täters an die deutschen Behörden. Dies gilt auch dann, wenn der Täter nur vorübergehend an die deutschen Strafverfolgungsbehörden überstellt wird.42 Nicht erforderlich ist jedoch, dass die Übergabe gerade aufgrund der Bewilligung des deutschen Auslieferungsersuchens erfolgt. Der in Nummer 2 aufgeführte Beendigungstatbestand geht auf eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zurück. Danach endet das Ruhen, sobald der Täter den ersuchten Staat auf andere als in Nummer 1 genannte Weise endgültig verlassen hat. Hält sich der Täter hingegen nach seiner Ausreise nur vorübergehend in einem anderen Land auf und kehrt anschließend wieder in den ersuchten Staat zurück, so wird das Ruhen hierdurch nicht beendet.43 Unerheblich ist im Übrigen, aus welchem Grund die endgültige Beendigung des Aufenthalts im ersuchten Staat erfolgte.44 Nach Nummer 3 endet das Ruhen mit der endgültigen Ablehnung des Auslieferungsersuchens durch den ersuchten Staat. Durch die absolute Bindungswirkung seiner
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37 BTDrucks. 15/5856 S. 4; Fischer Rdn. 14. 38 BTDrucks. 15/5856 S. 4. 39 Vor § 78 Rdn. 15; BTDrucks. 15/5856 S. 4. 40 Diese Zugangsregelung geht auf eine entsprechende Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zurück BTDrucks. 15/5856 S. 4; anders noch der Regierungsentwurf, der für den Beginn des Ruhens auf die verbindliche und wirksame Entscheidung der deutschen Bewilligungsbehörde abstellte BTDrucks. 15/5653 S. 7, sowie konkretisierend die Stellungnahme des Bundesrates, der anregte, an den Zeitpunkt der Unterzeichnung des Auslieferungsersuchens durch den Leiter der deutschen Bewilligungsbehörde oder dessen Vertreter anzuknüpfen. 41 Fischer Rdn. 15. 42 BTDrucks. 15/5653 S. 7. 43 BTDrucks. 15/5856 S. 5. 44 BTDrucks. 15/5856 S. 4; Fischer Rdn. 16.
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ablehnenden Entscheidung wird die Souveränität des ausländischen Staates und dessen uneingeschränkte Entscheidungskompetenz respektiert.45 Schließlich endet das Ruhen nach Nummer 4 mit der Rücknahme des Auslieferungs- 29 ersuchens durch die deutschen Behörden. Eine solche Rücknahme kann im Einzelfall zur Vermeidung außenpolitischer Konflikte geboten sein oder wenn sich die gesuchte Person freiwillig den deutschen Behörden stellt.46 Fraglich ist, auf welchen Zeitpunkt hier für das Ende des Ruhens abzustellen ist. Grundsätzlich unterläge die Rücknahme als actus contrarius denselben Regelungen wie die in Satz 1 2. Halbsatz und Satz 2 geregelte Stellung des Auslieferungsersuchens. Maßgebend wäre somit der tatsächliche oder fingierte Zugang der Rücknahmeerklärung bei dem ersuchten Staat (Rdn. 23). Hiergegen spricht jedoch, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Verjährung nur ruhen soll, so lange der Täter aus einem Grund der Auslieferung entzogen ist, der nicht zur Disposition der deutschen Strafverfolgungsbehörden steht. Unter diesem Gesichtspunkt ist für das Ende des Ruhens nach Nummer 4 nicht auf den tatsächlichen oder fingierten Zugang der Rücknahmeerklärung abzustellen, sondern schon auf deren verbindliche und wirksame Unterzeichnung durch den Leiter der Bewilligungsbehörde oder dessen Vertreter (vgl. § 78c Abs. 2).47 Ausnahmetatbestände: Nach Satz 3 wird im Auslieferungsverkehr mit bestimmten 30 Staaten auf eine Anordnung des Ruhens der Verjährung verzichtet. Dies betrifft zum einen Auslieferungsersuchen an Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die aufgrund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. 6. 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) verpflichtet sind, Auslieferungsverfahren innerhalb kürzester Frist durchzuführen.48 Soweit im Einzelfall im Auslieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Fristenregelungen des Europäischen Haftbefehls keine Anwendung finden, ruht die Verjährung gem. Satz 1 und 2, es sei denn Satz 3 2. Alt. käme zur Anwendung (Rdn. 31). Keine Anwendung finden Satz 1 und 2 ferner im Auslieferungsverkehr mit Staaten, 31 mit denen aufgrund besonderer völkerrechtlicher Vereinbarung eine Fristenregelung getroffen wurde, die § 83c IRG 49 vergleichbar ist.50 VII. Ruhen bei Rechtshilfeersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs Der durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20.11.2015 (BGBl. I 2025) 32 neu eingefügte Absatz 6 entspricht der für den Bereich internationaler Rechtshilfe in Strafsachen in § 1 des am 1.7.2002 in Kraft und zum 26.11.2015 außer Kraft getretenen Gesetzes über das Ruhen der Verfolgungsverjährung und die Gleichstellung der Richter und Bediensteten des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH-GleichstG).51 Diese Vorschrift lautete: „Die Verfolgungsverjährung für der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegende Straftaten (§ 78 des Strafgesetzbuches) ruht in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches ab der Übergabe der
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45 BTDrucks. 15/5653 S. 7. 46 BTDrucks. 15/5653 S. 7. 47 § 78c Rdn. 16 ff; Stellungnahme des Bundesrates BTDrucks. 15/5653 S. 7 „Zu Artikel 1“. 48 BTDrucks. 15/5653 S. 7. 49 Eingeführt m.W.v. 2.8.2006 durch Neufassung des EuHbG v. 20.7.2006 (BGBl. I S. 1721), zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.08.2017 (BGBl. I S. 3295). Zur Nichtigkeit des 1. EuHbG vom 21.7.2004 vgl. BVerfG NJW 2005 2289. 50 BTDrucks. 15/5653 S. 7. 51 BGBl. I S. 2162.
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§ 78c | 5. Abschnitt – Verjährung
Person an den durch das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998 (BGBl. 2000 II S. 1393) errichteten Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zur ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder ihre Freilassung durch den Gerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.“
Die ursprüngliche Regelung resultierte aus den Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und sollte verhindern, dass Personen, gegen die in Deutschland wegen Taten mittelschwerer oder schwerer Kriminalität ein Strafverfahren geführt wird, durch die evtl. lange Dauer eines Strafverfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof unter Verjährungsgesichtspunkten ungerechtfertigt privilegiert werden.52 Die Überführung dieser Regelung in das StGB diente mit der zeitgleichen Übernahme der Regelung aus dem bisherigen § 2 IStGHGleichstellungsG in § 335a und der dadurch möglichen Aufhebung des IStGH-GleichstG der Rechtsbereinigung. Inhatliche Änderungen sind damit nicht verbunden. Die Vorschrift gilt sowohl für die (auch nur vorübergehende) Überstellung von Personen zum Zwecke der Strafverfolgung und Strafvollstreckung gem. §§ 2 ff Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGHG) vom 21.6.2002 53 als auch die Übergabe von Personen nach §§ 54, 65 und 66 Abs. 2 IStGHG.54 VIII. Recht des Einigungsvertrages 33
Zur Verjährungshemmung der sog. DDR-Alttaten s. Vorauflage Schmid LK12 § 78c Rdn. 38 ff.
§ 78c Unterbrechung 5. Abschnitt – Verjährung UnterbrechungGreger/Weingarten § 78c https://doi.org/10.1515/9783110491302-038
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, 2. jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, 3. jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, 4. jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, 5. den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, 6. die Erhebung der öffentlichen Klage, 7. die Eröffnung des Hauptverfahrens, 8. jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, 9. den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, 10. die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die 1.
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BTDrucks. 14/8527 S. 97 f. BGBl. I S. 2144. BTDrucks. 14/8527 S. 97.
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Unterbrechung | § 78c
nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen er geht, 11. die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht oder 12. jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen. Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen. (2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung unterzeichnet wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Unterzeichnung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist. (3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt. (4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. (5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre. Schrifttum Beulke Verjährungsunterbrechung trotz vorangegangener Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO? JR 1986 50; Faiß Verjährungsunterbrechung bei Stellung eines Antrags auf Erlass eines Strafbefehls, DStR 2007 163; Frenkel Fortbestand der Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung bei Zurücknahme des Strafbescheides, NJW 1961 1295; Geilen Missbräuchliche Unterbrechung der Verjährung, Festschrift Schreiber (2003) 89; Grezesch Hindert die Aussetzung nach § 396 AO den Eintritt der absoluten Verjährung? wistra 1990 289; Hees Zur persönlichen Reichweite der Verjährungsunterbrechung nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB, wistra 1994 81; Heuer Unterbricht ein Durchsuchungsbeschluß gegen die Verantwortlichen eines Unternehmens die Verjährung? wistra 1987 170; Kaiser Die Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung und ihre Problematik, NJW 1962 1420; ders. Zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung, insbesondere in Bußgeldsachen, NJW 1984 1738; Krekeler Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung und funktionelle Unzuständigkeit, NJW 1967 382; Meine Absolute Verfolgungsverjährung und Aussetzung nach § 396 AO, wistra 1986 58; Mittelbach Zur Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung, MDR 1954 138; Preisendanz Eröffnungsbeschluß eines örtlich unzuständigen Amtsgerichts und Strafverfolgungsverjährung, NJW 1961 1805; Reiche Verjährungsunterbrechende Wirkung finanzbehördlicher oder fahndungsdienstlicher Ermittlungsmaßnahmen hinsichtlich allgemeiner Strafdelikte, insbesondere bei tateinheitlichem Zusammentreffen mit Steuerstraftaten, wistra 1988 329; Schreiber Nochmals Eröffnungsbeschluß eines örtlich unzuständigen Amtsgerichts und Strafverfolgungsverjährung, NJW 1961 2344; Teske Die Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens (§ 371 Abs. 2 Nr. 1b AO) durch Durchsuchungsbeschlüsse, wistra 1988 287; Woesner Künstliche Unterbrechung der Verfolgungsverjährung, NJW 1957 1862; s. ferner die Schrifttumsangaben Vor § 78.
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§ 78c | 5. Abschnitt – Verjährung
Entstehungsgeschichte Die Vorschrift lautete bis 1974 als § 68: ,,(1) Jede Handlung des Richters, welche wegen der begangenen Tat gegen den Täter gerichtet ist, unterbricht die Verjährung. (2) Die Unterbrechung findet nur rücksichtlich desjenigen statt, auf welchen die Handlung sich bezieht. (3) Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung.“
Jetzige Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG, Art. 18 Nr. 47 EGStGB; Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 geändert, Satz 2 eingefügt durch Art. 1 Nr. 3 2. WiKG; zuletzt wurde durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 (BGBl. I S. 2208) in Absatz 2 Satz 2 das Wort Schriftstück durch Dokument ersetzt.
I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1 Anwendungsgrundsätze | 2 Allgemeine Beurteilungsmerkmale 1. Konkretisierung von Täter und Tat | 3 a) Täter | 4 b) Tat | 5 c) Ermittlungsrichtung | 6 2. Wirksamkeit, Aufhebung, Erfolg der Maßnahme | 9 3. Scheinmaßnahmen | 11
4. Verlautbarung | 12 Wirkungen der Unterbrechung 1. Fristenlauf. Absolute Verjährung | 13 2. Persönliche Reichweite | 14 3. Sachliche Reichweite | 15 V. Zeitpunkt der Unterbrechung | 16 VI. Die einzelnen Unterbrechungshandlungen | 19 VII. Übergangsvorschrift | 37 IV.
I. Allgemeines 1
Verjährungsunterbrechung ist die an bestimmte Verfahrensakte geknüpfte Ersetzung einer laufenden durch eine volle neue Verjährungsfrist. Während die Verjährung nach § 78b Abs. 1 Nr. 2, Absatz 2 ruht, wenn das Verfahren stillsteht, ist die Unterbrechung untrennbar mit seinem Fortgang verbunden. Nach altem Recht war der Zweck der Verfahrensförderung Tatbestandsmerkmal. Handlungen, die dieses Zweckes entbehrten, unterbrachen die Verjährung nicht (BGHSt 26 80, 82; RGSt 63 320). Die dazu entstandene, unbefriedigende Kasuistik (vgl. BGH bei Pfeiffer/Maul/ Schulte § 68 Anm. 8, 9) hat den Gesetzgeber bewogen, einen Katalog bestimmter Verfahrensakte zusammenzustellen, der die zur Unterbrechung geeigneten Maßnahmen nunmehr einzeln und abschließend aufzählt (E 1962 S. 258). Dieser Katalog ist in sich allerdings wenig ausgewogen (Hanack JZ 1971 705, 712: „geradezu ärgerlich“) – nicht einmal die Hauptverhandlung unterbricht – und hat zu (allerdings gescheiterten) Änderungsbestrebungen geführt (Gesetzentwurf des Bundesrates BTDrucks. 10/272). Der Katalog knüpft die Unterbrechungswirkung nicht mehr nur an richterliche Handlungen, sondern legt sie – verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 29 148, 153) – auch bestimmten Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden bei. Wichtige Neuerungen waren ferner die gesetzliche Fixierung des Zeitpunktes, in dem die Unterbrechung eintritt (Absatz 2), und die absolute Verjährung nach Absatz 3 Sätze 2, 3. Die absolute Verjährung setzt der beliebig oft wiederholbaren Verjährungsunterbrechung eine zeitliche Grenze.
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Unterbrechung | § 78c
II. Anwendungsgrundsätze Die Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung sind Ausnahmeregelungen 2 mit weit reichenden Folgen. Sie sind daher eng auszulegen und loyal zu handhaben (BGHSt 11; 335, 337; 12 335, 337; 15 234, 238; 16 193, 196; 26 80, 83; 28 381, 382; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2000 247; vgl. Nr. 22 RiStBV)). Eine Analogie ist unzulässig (BGH NStZ 2009 205, 207; Fischer Rdn. 7). Nur Maßnahmen eines deutschen Strafverfolgungsorgans können die Verjährung unterbrechen.1 Die Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte eines fremden Staates für dessen Verfahren erfüllt diese Voraussetzung auch dann nicht, wenn eine deutsche Vernehmungsperson zugegen ist. Denn die Handlung muss gerade auf dem Verfolgungswillen einer deutschen Behörde beruhen (BGH, Urteil vom 22.7.1980 – 1 StR 804/79). Daran fehlt es auch, wenn ein deutscher Richter lediglich im Wege der internationalen Rechtshilfe für ein ausländisches Strafverfolgungsorgan tätig wird (BayObLGSt 1993 26, 27). Zur möglichen Bedeutung ausländischer Unterbrechungsmaßnahmen im Auslieferungsrecht vgl. Vor § 78 Rdn. 3. Deutsche Behörden können nur verjährungsunterbrechende Handlungen vornehmen, wenn und soweit ihnen Strafverfolgungskompetenz zukommt (Wolter SK Rdn. 3 m.w.N.), Behörden mit beschränkter Strafverfolgungskompetenz wie die Finanzbehörden (§ 386 AO) daher nur im Rahmen ihrer Befugnisse (BGHSt 16 354, 357 ff). Deren Befugnis erstreckt sich auch auf die Verfolgung von Gesetzesverstößen, welche mit den in ihren Kompetenzbereich fallenden tateinheitlich zusammentreffen.2 Dasselbe gilt für tatmehrheitlich mit einem Steuerdelikt verübte Handlungen, welche sich noch im Rahmen derselben prozessualen Tat bewegen, denn § 78c ist nicht delikts-, sondern tatbezogen konstruiert, so dass Unterbrechungshandlungen grundsätzlich auf den Fristenlauf der im Rahmen der gesamten prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO verwirklichten Gesetzesverletzungen wirken (OLG Braunschweig NStZ-RR 1998 212; vgl. Rdn. 15). Es wäre ein wenig sachgerechter Ausweg, müsste die Finanzbehörde bei drohender TeilVerjährung jeweils an die Staatsanwaltschaft herantreten, damit diese (andere) Ermittlungspersonen einschalte, um den Vorgang sodann wieder der Finanzbehörde zurückzugeben (vgl. auch § 78b Rdn. 10). Anderes gilt nur, wenn die Finanzbehörde allgemein kriminelle Delikte von ihrem Verfolgungswillen ausdrücklich ausnimmt (BGHSt 16 354, 357 ff). Die Maßnahmen müssen in dem Verfahren getroffen sein, in dem über die Straftat zu befinden ist (BGH StV 1993 71; RGSt 40 88; 65 287, 290), nicht etwa in einem abgetrennten Verfahren. Es muss sich ferner um Maßnahmen gerade zur Strafverfolgung handeln, wie der Rückschluss aus dem Wortlaut des Absatzes 1 Satz 2 ergibt. Denn wenn dort von Handlungen „zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens“ die Rede ist, kann für das gewöhnliche Ermittlungs- und Erkenntnisverfahren nichts anderes gelten. Anordnungen, welche in irriger Annahme der Rechtskraft des Urteils und damit als Vollstreckungsmaßnahmen getroffen werden, unterbrechen die Verfolgungsverjährung daher nicht (BayObLG MDR 1987 166). Der Katalog der Unterbrechungshandlungen gilt nach Absatz 1 Satz 2 analog im Sicherungsverfahren (§ 413 StPO) und im selbständigen Verfahren (§ 435 StPO).
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1 BGHSt 1 325; BGH wistra 2006 421; Saliger NK Rdn. 9; vgl. auch BVerfG StV 2010 315. 2 BGHSt 36 283, 284; BGH wistra 1990 146, 148; Joecks/Jaeger/Randt Steuerstrafrecht § 386 AO Rdn. 27; Klein/Jäger § 386 AO Rdn. 7; aA OLG Frankfurt/M. wistra 1987 32; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/Senge § 386 AO Rdn. 4 ff; Fischer Rdn. 6a; HHS/Rüping § 385 AO Rdn. 23; Reiche wistra 1988 329.
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III. Allgemeine Beurteilungsmerkmale 3
1. Konkretisierung von Täter und Tat (Absatz 4). Zur Unterbrechung bedarf es nach Absatz 4 einer gegen einen formell Beschuldigten3 wegen einer bestimmten Tat gerichteten Handlung eines Strafverfolgungsorgans. Maßnahmen „gegen Unbekannt“, die erst der Ermittlung eines Tatverdächtigen oder der Sachverhaltsaufklärung im Übrigen dienen oder der Klärung, ob überhaupt eine Straftat begangen wurde, sind daher unbeachtlich.4 Ersteres gilt auch dann, wenn das Ermittlungsverfahren ursprünglich gegen einen namentlich bekannten Beschuldigten geführt wurde, (weitere) Maßnahmen nach Absatz 1 aber erst nach Einstellung des Verfahrens gegen diesen gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 StPO in dem nur noch gegen Unbekannt weiter geführten Verfahren vorgenommen werden (BGHSt 58 133 ff; krit. Kölbel NStZ 2014 145).
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a) Der Täter muss aber nicht mit (zutreffendem) Namen bekannt sein; gleichwohl muss wegen der Bedeutung der Verjährung und des Gebots der Rechtssicherheit im Hinblick auf deren Lauf zum Zeitpunkt der Unterbrechungsmaßnahme aktenkundig sein, dass sich das Verfahren gegen einen sicher individualisierten Verdächtigen richtet. Dabei reicht es einerseits aus, wenn sich aus den Akten Merkmale ergeben, die ihn individuell bestimmen und ihn von allen anderen, auf die diese Merkmale zutreffen, unterscheiden (BGH NZWiSt 2018 304, 305; BGH NJW 2007 2648, 2649; Saliger NK Rdn. 13), also etwa sich das Verfahren gegen eine durch vorläufige Festnahme oder Untersuchungshaftvollzug unverwechselbar bestimmte Person (Senge NStZ 1997 348) oder gegen den Alleinverantwortlichen einer Firma richtet (OLG Brandenburg JMBl BB 2007 67, 68), deren Personalien nur noch nicht feststehen. Auch die Wahrnehmung einer bestimmten Funktion kann zur Individualisierung ausreichen (BGH NJW 2007 2648, 2649). Andererseits genügt es nicht, wenn lediglich indivualisierungsgeeignete Tätermerkmale aktenkundig sind, die eine Identifizierung der verdächtigen Person erst ermöglichen sollen. Insofern reicht das Vorhandensein eines Fotos des Täters5 oder dessen aussagekräftige Beschreibung durch einen Zeugen ebensowenig aus wie gesichterte Finger- oder DNA-Spuren.6 Die Begrenzung des in Betracht kommenden Personenkreises genügt angesichts dessen ebenfalls nicht.7 Die Unterscheidungsmerkmale dürfen auch nicht gerade in der Tat liegen (OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1978 191; Saliger NK Rdn. 13; bedenklich OLG Celle JR 1966 470).
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b) Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Tat im prozessualen Sinne sind nicht hoch, da ihre Einzelheiten durch die Untersuchung erst ermittelt werden sollen (vgl. BGH wistra 2006 421). Ein Anfangsverdacht genügt (RGSt 30 301, 305; OLG Hamm MDR
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3 Mitsch MK Rdn. 5. 4 BGHSt 2 54, 55; RGSt 6 212, 215; OLG Hamburg OLGSt § 78c S. 1; OLG Stuttgart VRS 64 284; Fischer Rdn. 4; SSW/Rosenau Rdn. 5; Wolter SK Rdn. 6. 5 AA BayObLG NStZ 1996 194, 195; Senge NStZ 1997 348; Lackner/Kühl Rdn. 22; Schmid LK12 Rdn. 4; Wolter SK Rdn. 6. 6 BGHSt 42 283; 58 133, 134; 24 321, 323; Saliger NK Rdn. 14; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 24 7 BGHSt 24 321, 323; RG HRR 1933 Nr. 73; BayObLG VRS 67 132; DAR 1988 172; OLG Celle JR 1966 470; OLG Hamm DAR 1962 211; MDR 1990 746 (Kfz-Halter-Fahrer); OLG Stuttgart VRS 64 284; Heuer wistra 1987 170; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 549; Teske wistra 1988 287; für das OWi-Verfahren sehr eng (Ermittlung gegen Firma oder ihre Verantwortlichen unterbricht nicht gegen Geschäftsführer und umgekehrt) OLG Düsseldorf MDR 1988 801; OLG Frankfurt/M. NStZ 1992 193; OLG Karlsruhe JR 1987 434 m. Anm. Franzheim; OLG Köln VRS 75 118; zutreffend (Ermittlung gegen Firma unterbricht gegen namensgleichen Alleininhaber) BayObLG VRS 75 218.
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1981 70), doch muss dieser die Tat so individualisieren, dass sie von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Vorkommnissen zu unterscheiden ist (BGH NStZ 2009 205, 206; BGHSt 22 375, 385). Hinsichtlich seriell begangener Straftaten vgl. Rdn. 8. Ein Leichenfund reicht aus (BGH aaO), ferner die Bezeichnung als „bei der Gesellschaftsgründung“ begangen (RGSt 30 301, 306) oder „wegen Nichtbezahlung von Bauhandwerkern beim Bau des Wohnhauses“ (BGH bei Holtz MDR 1981 453). Ebenso unterbricht die wegen Verdachts der Mineralölsteuerhinterziehung vorgenommene Untersuchungshandlung zugleich die Verjährung der Umsatzsteuerhinterziehung (BGH NStZ 1983 559). Die Person des Geschädigten braucht nicht bekannt zu sein (BGH bei Pfeiffer/Maul/Schulte § 68 Anm. 6). c) Ermittlungsrichtung. Die Maßnahme muss verfahrensmäßig (BGH StV 1993 71; 6 RGSt 40 88; 65 287, 290) gegen eine bestimmte Person gerichtet sein. Die Zeugenvernehmung des späteren Beschuldigten erfüllt diese Voraussetzung nicht (BGH StV 2000 473; SSW/Rosenau Rdn. 8), auch wenn sich gerade aus ihr ein Tatverdacht gegen den Zeugen ergibt (RGSt 1 231; 8 362, 363; aA allerdings im Hinblick auf ein Beweisfoto BayObLG bei Göhler NStZ 1990 74 [vgl. insoweit Rdn. 4]). Hat die Verfolgungsbehörde ihre Maßnahme nicht gegen die richtige Person gerichtet, tritt eine Unterbrechungswirkung auch dann nicht ein, wenn der wahre Täter sie erfährt und reagiert, etwa zur gewünschten Vernehmung erscheint (BGHSt 24 321, 325; BayObLG JR 1971 299 m. Anm. Göhler; OLG Köln VRS 66 362). Eine offenbare Verwechslung der Tatbeiträge mehrerer Angeklagter ist allerdings unschädlich (OLG Hamm VRS 19 34). Andererseits braucht die Maßnahme aber nicht auf eine Verurteilung abzuzielen. Der Zweck, entlastende Umstände aufzuklären, genügt.8 Kommen mehrere Personen alternativ oder kumulativ als Beteiligte an einer Tat in 7 Betracht, muss das Strafverfolgungsorgan zur Herbeiführung einer Verjährungsunterbrechung gegen jeden vorgehen (BGH NStZ 2011 711, 712). Bestimmte Unterbrechungshandlungen haben ihrer Natur nach eine rein individualbezogene Zielrichtung. So kann über die Begrenzung der persönlichen Reichweite der Anklage kein Zweifel herrschen. Der Haftbefehl richtet sich in seiner rechtlichen Wirkung immer nur gegen den darin Genannten, auch wenn das Gericht mit seinem Erlass die gemeinsame Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte sicherstellen will. Ebenso bewirkt die erste oder richterliche Vernehmung des Beschuldigten als nur gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgungsmaßnahme auch nur ihm gegenüber die Unterbrechung der Verjährung, dies selbst dann, wenn die Vernehmung auch auf die Aufklärung der Tatbeiträge Mitbeschuldigter abzielt.9 Breiter wirkende Ermittlungshandlungen (Durchsuchungen, Zuziehung von Sachverständigen) dienen demgegenüber in der Regel der umfassenden Sachaufklärung und richten sich deshalb gegen jeden Tatverdächtigen, soweit dieser als solcher bekannt ist (BGH NZWiSt 2018 304, 305) und soweit sich nicht aus dem Zweck der Maßnahme oder ihrer ausdrücklichen Begrenzung etwas anderes ergibt.10 Im Zweifel ergeben der
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8 RGSt 56 380, 381; KG VRS 17 343; OLG Köln MDR 1955 435; Saliger NK Rdn. 15; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 25. 9 BGH NStZ 2011 711, 712; BGH StV 1993 71; BayObLG NJW 1979 1218; Lackner/Kühl Rdn. 4; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 550; SSW/Rosenau Rdn. 5; Saliger NK Rdn. 18; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 25; anders zum früheren Recht RGSt 13 57, 59; RG JW 1938 1584; RG Rspr. 6 768; OLG Hamm VRS 12 43; OLG Koblenz VRS 37 427; aA Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 53. 10 BGH NStZ 2011 711, 712; OLG Hamburg wistra 1993 272, 273; OLG Karlsruhe wistra 1987 228, 229; Saliger NK Rdn. 19; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 550; im Grundsatz zustimmend auch Wolter SK Rdn. 22; aA Hees wistra 1994 81.
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materielle Verfahrensstand im Zeitpunkt der Maßnahme, ihre Begründung oder auch ein etwaiger Antrag der Staatsanwaltschaft an das Gericht dafür wichtige Anhaltspunkte.11 Der Umstand, dass im Rubrum eines Durchsuchungsbeschlusses nur ein bestimmter Beschuldigter aufgeführt ist, besagt für sich genommen nichts (BGH GA 1961 239). Die Anordnung einer Durchsuchung beim unverdächtigen Dritten (§ 103 StPO) genügt.12 Sind mehrere prozessuale Taten Gegenstand des Verfahrens, erstreckt sich die Un8 terbrechungshandlung, wenn der Verfolgungswille nicht erkennbar sachlich begrenzt ist, auf alle verfahrens- und verfolgungsgegenständlichen, mithin die im Verfahren bekannten, nicht in einem getrennten Verfahren verfolgten oder von der Verfolgung anderweitig, etwa nach § 154 StPO, ausgenommenen Taten (BGH StraFO 2015 390; NStZ 2015 657, 658; NStZ 2009 205, 206; NJW 2000 2829; StV 1993 71, 72; wistra 1996 101; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 547; Lackner/Kühl Rdn. 21; vgl. aber zur Beschränkung auf einzelne Gesetzesverletzungen gemäß § 154a StPO BGHSt 22 105). Entscheidendes Kriterium für die Bestimmung des Verfolgungswillens ist der Zweck der Maßnahme. Ergibt sich dieser nicht bereits aus dem Wortlaut, so ist auf den Sach- und Verfahrenszusammenhang der Unterbrechungshandlung abzustellen (BGH wistra 2006 421). Dabei ist der gesamte Akteninhalt zur Auslegung heranzuziehen (BGH NStZ 2015 657, 658; NStZ 2000 427). An die Konkretisierung des Verfolgungswillens sind in frühem Verfahrensstadium nur geringe Anforderungen zu stellen.13 Von ihm sind diejenigen Taten erfasst, die verfahrensgegenständlich und von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Vorkommnissen unterscheidbar sind. Bei einer Vielzahl seriell begangener, im Einzelnen aber noch nicht konkretisierter Taten kommt es demnach darauf an, ob sich das Verfahren auf bestimmte Einzeltaten beschränkt oder sämtliche Einzelfälle aufgeklärt und verfolgt werden sollen, die durch bestimmte Umstände, etwa die Person des Verletzten oder eine bestimmte Vorgehensweise gekennzeichnet sind (BGH NJW 2000 2829, 2830). Bleiben Zweifel, ob sich der Verfolgungswille auf eine bestimmte Tat erstreckt, kommt der Maßnahme nach dem Grundsatz in dubio pro reo keine verjährungsunterbrechende Wirkung zu (BGH NStZ 2009 205, 206; BGHR § 78c Abs. 1 Handlung 4). 2. Wirksamkeit, Aufhebung, Erfolg der Maßnahme. Das angesichts der Bedeutung der Verjährung bestehende Bedürfnis nach Rechtssicherheit verlangt möglichst klare und transparente Regelungen der verjährungsunterbrechenden Maßnahmen.14 Nach Absatz 1 kommt es im Kern auf die tatsächliche Vornahme der Handlung an. Vertiefte Betrachtungen der sachlichen Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Gebotenheit der Strafverfolgungshandlungen sind daher nicht veranlasst (vgl. auch Rdn. 11 ff). Gänzlich verfehlt wäre etwa die Prüfung, ob die erste Vernehmung des Beschuldigten zum Zeitpunkt ihrer Anordnung oder Vornahme kriminaltaktisch schon geboten war (vgl. BGH NStZ 1985 545, 546). Wie aus dem Wortlaut des Absatzes 1 folgt, vermögen ablehnende Entscheidungen15 oder bloße Vorbereitungshandlungen16 die Unterbrechung der Verjährung bereits im Ansatz nicht auszulösen. Nur in Ausnahmefällen hindern Mängel von Unterbrechungshandlungen deren ver9a jährungsunterbrechende Wirkung. So unterbrechen unwirksame, also von vornherein 9
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11 BGH NZWiSt 2018 304, 305; BGH wistra 2018 78, 79; BGH NJW 2007 2648, 2649; BGH GA 1961 239; RG Rspr. 6 768; LG Köln StV 1990 553; Saliger NK Rdn. 19. 12 BGH NStZ 2011 711; BGH StV 1995 585. 13 vHH/Dallmeyer Rdn. 8. 14 BGH NZWiSt 2018 304, 305; BGHSt 28 381; Saliger NK Rdn. 26, 29. 15 Saliger NK Rdn. 32; Wolter SK Rdn. 8. 16 BGHSt 26 80, 82 ff.
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wirkungslose17 oder mit dem Makel evidenter und unerträglich schwerwiegender Fehlerhaftigkeit behaftete18 Akte die Verjährung nicht. Maßgeblich ist insoweit die sachliche Bedeutung im Einzelfall, also ob sich der Mangel im Hinblick auf die Verjährung funktionell auswirkt (BGHSt 29 351, 353 f). Da durch die Anklage der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens festgelegt werden soll, ist eine gemessen an § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO unzureichend konkretisierte Anklage (auch) verjährungsrechtlich unwirksam (BGH NStZ 2009 205, 207; OLG Bremen StV 1990 25), ebenso eine den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Konkretisierung des Tatvorwurfs nicht genügende Durchsuchungsanordnung (BGH NStZ 2018 45, 46). Unwirksam sind ein Eröffnungsbeschluss oder eine Vernehmung, welche gegen den auslieferungsrechtlichen Grundsatz der Spezialität verstoßen (BGHSt 29 94, 96; RGSt 32 247, 250), es sei denn, dass ein heilbarer Verstoß vorliegt oder aber die Maßnahme nach den maßgeblichen Regelungen zumindest zur Unterbrechung der Verjährung zulässig war (BGHSt 57 138, 148 ff). Nach RGSt 23 184, 194 soll auch die Nichtbeachtung der Abgeordnetenimmunität zur Unwirksamkeit von Unterbrechungsmaßnahmen führen. Verjährungsrechtlich unbeachtlich sind ferner – schon mangels Strafverfolgungskompetenz (Rdn. 2) – Handlungen eines offenkundig funktionell Unzuständigen,19 wie die eines Gerichts, das mit der Sache zweifelsfrei überhaupt nicht befasst ist,20 so im OWi-Verfahren die Vorlage der Akten an ein Gericht, an das die Staatsanwaltschaft sie gar nicht gelangen lassen wollte (OLG Frankfurt/M. NStZ 1986 561). Unwirksam ist daher auch die vorläufige gerichtliche Einstellung wegen Abwesenheit, wenn sich die Sache noch im Ermittlungsverfahren befindet (OLG Köln OLGSt StGB § 78c Nr. 2), ebenfalls die Einstellung wegen Abwesenheit, wenn das Gericht darüber nicht in der gesetzlich vorgesehenen Besetzung entscheidet (OLG Hamburg StraFo 2012 60, 62). Dasselbe gilt bei entsprechend zustande gekommenen Eröffnungsbeschlüssen (BGHSt 50 267, 268; BGH StraFo 2015 380, 381; LG Darmstadt StV 2005 123, 124). Verjährungsrechtlich wirksam sind hingegen Handlungen eines nicht offensichtlich gemäß § 22 ff StPO ausgeschlossenen Richters (BGHSt 29 351, 353 ff; krit. Beulke JR 1986 50, 54). Ist die Maßnahme zwar fehlerhaft, aber wirksam, unterbricht sie die Verjährung 9b (BGH NStZ 2018 45, 46; BGHSt 29 351, 358 m. Anm. Meyer-Goßner JR 1981 379). Unschädlich sind daher mangelnde örtliche oder sachliche Zuständigkeit,21 (schwere) Verfahrensfehler,22 soweit sie nicht darüber hinaus offenkundig und funktionell von durchschlagender Bedeutung sind (BGHSt 29 351, 353 f), Mängel im Zustandekommen eines Rechtshilfeersuchens, wenn die Handlung des ersuchten Richters ordnungsgemäß und zur Unterbrechung geeignet ist (RGSt 11 364; 14 134; 18 401, 405), ferner das irrtümlich
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17 Vgl. BVerfG NJW 1985 788, 789. 18 BGH NStZ 2018 45, 46; BGHR StGB § 78c Abs 1 Nr 7 Eröffnung 1; Ellbogen KK OWiG § 33 Rdn. 8 f; weitergehend Wolter SK Rdn. 10 (Rdn. 11). 19 BayObLGSt 1967 95, 96; OLG Hamm NJW 1979 844; Lackner/Kühl Rdn. 18; Saliger NK Rdn. 25; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 10; offen gelassen BGHR StGB § 78c Abs 1 Nr 7 Eröffnung 1; krit. Beulke JR 1986 50, 54. 20 BayObLG NJW 1953 1482; OLG Hamm DAR 1958 330; NJW 1979 884; zur Abgrenzung s. BayObLG NJW 1967 2218; zweifelhaft OLG Hamm DAR 1958 330. 21 BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 7 Eröffnung 1; BayObLG NJW 1967 2218; OLG Düsseldorf NJW 1979 884; OLG Hamburg MDR 1979 1046; OLG Hamm VRS 59 443; OLG Koblenz NJW 1968 2393; OLG Oldenburg DAR 1955 306; OLG Stuttgart NJW 1968 1340; Lackner/Kühl Rdn. 18; Saliger NK Rdn. 25; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Schreiber NJW 1961 2344; Wolter SK Rdn. 9; aA Krekeler NJW 1967 382; Preisendanz NJW 1961 1805. Zur Kompetenz der Finanzbehörden Rdn. 2. 22 BGH NStZ 2018 45, 46; BGHSt 29 351; OLG Celle NStZ 1985 218 m. Anm. Schoreit; Sch/Schönke/Bosch Rdn. 3, 15; abw. Beulke JR 1986 50, 55.
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unbeachtet gebliebene Fehlen der tatsächlichen Grundlage für die verfügte Maßnahme 23 und sonstige sachliche Mängel der Entscheidung.24 Unbeachtlich ist auch das Fehlen eines etwa erforderlichen Strafantrags (BGH NJW 1957 470; überholt RGSt 6 37, 41; 33 426, 428). Die spätere Aufhebung der Maßnahme ändert an der einmal eingetretenen Unter10 brechung nichts. Gleichgültig bleibt dabei, ob die Aufhebung wegen Fehlerhaftigkeit, wegen nachträglich erkannter Unzweckmäßigkeit oder wegen veränderter Sachlage geschieht und ob das handelnde Organ oder das Rechtsmittelgericht sie vornimmt.25 Noch weniger ist von Bedeutung, ob die Maßnahme sachlich den gewünschten Erfolg hat (BGHSt 7 202, 204; RGSt 41 17, 19). Ist die Vernehmung des Beschuldigten wegen Abwesenheit nicht möglich, kann die erste Anordnung ebenso unterbrechen wie der wiederholte Versuch (RG HRR 1940 Nr. 1420; OLG Hamburg MDR 1977 603; OLG Hamm VRS 52 43, 45). 3. Scheinmaßnahmen. Die im Katalog des Absatzes 1 aufgeführten Handlungen müssen wirksam sein (Rdn. 9 ff); unerheblich ist, ob sie notwendig oder zweckmäßig sind (BGHSt 7 202, 205; BGH NStZ 1985 545, 546; BayObLG NStZ 2000 40, 41; BayObLGSt 1976 28, 30; OLG Koblenz DAR 1980 250, 251; OLG Hamburg wistra 1993 272) und ob sie ergriffen werden, um die Unterbrechung der Verjährung herbeizuführen.26 Denn das Gesetz stellt den Maßnahmenkatalog gerade als Mittel zur Unterbrechung der Verjährung bereit. Erforderlich ist allerdings, dass die jeweilige Handlung in der Absicht erfolgt, die 11a Strafverfolgung zu befördern, was bei dem konkret und sachbezogen ausgestalteten Maßnahmenkatalog des Absatzes 1 als indiziert gelten kann. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist demnach, dass das Strafverfolgungsorgan die Maßnahme, an die die Unterbrechungswirkung geknüpft ist, wirklich ergreifen oder ihren Zweck erreichen will.27 Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Handlung an, deren spätere Aufhebung ist bedeutunglos (BGH NStZ 1985 545, 546; vgl. Rdn. 10). Abzustellen ist insoweit allein auf die Willensrichtung des handelnden Organs. Erlässt der Richter antragsgemäß eine Beschlagnahmeanordnung, die allerdings die Staatsanwaltschaft in Wahrheit nicht durchführen will, so ist die Maßnahme unzweckmäßig oder auch fehlerhaft, aber wirksam (BayObLGSt 1962 271; Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 3; aA Geilen S. 101). Erst recht verjährungswirksam ist die richterliche Durchsuchungsanordnung, die unmittelbar vor Ablauf der relativen Verjährung ergeht, deren Vollziehung die Staatsanwaltschaft aber aus Zweckmäßigkeitsgründen erst nach sechs Monaten28 beabsichtigt. Es ist also unschädlich, dass Maßnahmen in erster Linie zur Verjährungsunterbrechung getroffen werden oder die Wahl des Zeitpunktes ihrer Vornahme einzig der Herbeiführung dieses Zwecks dient. Entscheidend für die Unterbrechungswirksamkeit ist, dass der gesetzliche 11
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23 OLG Bamberg NStZ 2008 532, 533; OLG Hamm JMBlNRW 1979 273; OLG Köln VRS 51 214; 54 361; 57 361; BayObLG VRs 58 389; einschränkend mit der Maßgabe, der Irrtum müsse unverschuldet sein: OLG Hamm NStZ-RR 2008 85, 86; StraFo 2005 122; OLG Brandenburg NZV 2006 100, 101; OLG Karlsruhe NStZRR 2000 247. 24 BayObLGSt 1961 124 126; 1967, 95, 96; BayObLG MDR 1977 603; OLG Oldenburg VRS 55 138. 25 BGHSt 7 202, 205; BGH NStZ 1985 545; RGSt 30 300, 309; 59 6, 8; BayObLG VRS 53 46; OLG Bremen StV 1990 25; OLG Celle NStZ 1985 218 m. Anm. Schoreit; OLG Frankfurt/M. MDR 1979 605; OLG Hamm VRS 51 21; OLG Koblenz DAR 1980 250, 251; OLG Oldenburg VRS 55 138; OLG Stuttgart NJW 1968 1340; Fischer Rdn. 7; Frenkel NJW 1961 1295; Lackner/Kühl Rdn. 16; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3. 26 BGHSt 7 202, 205; 9 198, 203; 12 177, 180; RGSt 30 300, 308; OLG Düsseldorf NJW 1999 2055; OLG Köln NJW 1963 2284; Göhler/Gürtler § 33OWiG Rdn. 3; Mittelbach MDR 1954 138; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; abw. Jescheck/Weigend § 86 I 5; Wolter SK Rdn. 7. 27 Geilen S. 100; Saliger NK Rdn. 30; Satzger Jura 2012 433, 440 f. 28 Vgl. insoweit BVerfGE 96 44.
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Primärzweck der Maßnahme ernstlich erreicht werden und deren Vornahme sich aus Sicht des Handelnden nicht ausschließlich in der Verjährungsunterbrechung erschöpfen soll;29 ansonsten liegt eine missbräuchliche Scheinmaßnahme vor. BGHSt 46 159, 168 geht nicht darüber hinaus. Der darin enthaltene Hinweis, „einzig“ dem Ziel der Verjährungshinderung dienende Maßnahmen seien „auch im übrigen grundsätzlich zulässig“, war nicht entscheidungstragend und bezog sich allein auf die Wahl des Zeitpunktes einer Unterbrechungsmaßnahme. Mit dem entscheidungsgegenständlichen Eröffnungsbeschluss hatte das Tatgericht der Sache nach unzweifelhaft die Förderung des Verfahrens bezweckt, nur der Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens war allein von der Absicht rechtzeitiger Verjährungsunterbrechung bestimmt. Die Fallkonstellation einer einzig durch die Verjährungsunterbrechung motivierten Handlung, mithin eine Scheinmaßnahme, lag demnach nicht vor. Da Zweckmäßigkeitsprüfungen nicht geboten sind, hindert die objektive Ungeeignetheit einer Maßnahme für sich genommen die Unterbrechung nicht;30 sie kann allenfalls als Indiz für den fehlenden Förderungswillen des Strafverfolgungsorgans Bedeutung erlangen. Unstreitig kommt es nicht darauf an, ob eine Maßnahme sich letztlich als verfahrensförderlich erwiesen hat.31 Bloße Scheinmaßnahmen unterbrechen die Verjährung demnach nicht.32 Die Ab- 11b grenzung der ordnungsgemäßen von den bloß als Vorwand benutzten Verfahrenshandlungen bereitete nach früherem Recht beträchtliche Schwierigkeiten.33 Trotz der Sachbezogenheit des Maßnahmenkatalogs in Abs. 1 sind Scheinmaßnahmen aber auch weiterhin nicht ausgeschlossen.34 Besteht von vornherein die Absicht, die Maßnahme nicht durchzuführen oder sogleich wieder aufzuheben (BayObLGSt 1951 524), oder herrscht kein Zweifel über die Unerreichbarkeit des damit verfolgten Zwecks (BayObLG NStZ 2000 40, 41; BayObLGSt 1976 28, 33), so ist die Maßnahme zur Unterbrechung nicht geeignet. In Betracht kommen kann dies etwa bei der Anordnung der Vernehmung eines bekanntermaßen unerreichbaren Beschuldigten (OLG Koblenz MDR 1976 780; LG Freiburg StraFo 2008 156, 157), bei der Anberaumung einer undurchführbaren Hauptverhandlung35 oder der sachlich unbegründeten Verschiebung eines Hauptverhandlungstermins um fünf Minuten nur zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung.36 Auf derartige Ausnahmefälle ist der Kreis der unbeachtlichen Maßnahmen aber zu begrenzen. Jede Erweiterung liefe auf eine Zweckmäßigkeitsprüfung hinaus, die durch den Katalog des Absatzes 1 vermieden werden soll und im Interesse der Rechtssicherheit vermieden werden muss. Kein geeignetes Abgrenzungsmerkmal ist insbesondere die allgemeine Kategorie der Willkür (aA OLG Frankfurt/M. MDR 1979 605; Beulke JR 1986
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29 BayObLG NStZ 2000 40, 41; Ellbogen KK OWiG § 33 Rdn. 10; Lackner/Kühl Rdn. 16; Mitsch MK Rdn. 7; Satzger Jura 2012 433, 440 f. 30 BGH NStZ 1985 545, 546; OLG Bamberg NStZ 2008 532, 533; OLG Hamm NStZ 2008 533, 534; BayObLG NStZ 2000 40, 41; Ellbogen KK § 33 Rdn. 10; Fischer Rdn. 7; Mitsch MK Rdn. 7; Satzger Jura 2012 433, 440 f; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; aA Geilen S. 100; Saliger NK Rdn. 31, 32; Wolters SK Rdn. 7. 31 BGHSt 7 202, 204; Fischer Rdn. 7; Mitsch MK Rdn. 7; Saliger NK Rdn. 32; Satzger Jura 2012 433, 440 f; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3, SSW/Rosenau Rdn. 3. 32 BGHSt 37 145, 147; OLG Hamm NStZ 2008 533, 534; Fischer Rdn. 7. 33 Vgl. etwa BGHSt 4 135; 9 198; 11 335; 15 234; 16 193; BayObLGSt 1956 280 m. Anm. Dünnebier JR 1957 188; KG GA 1930 120; OLG Köln GA 1953 57; Mittelbach MDR 1954 138. 34 AA OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 195; im entschiedenen Fall zutreffend BayObLGSt 1979 91, 92; wie hier OLG Celle NStZ 1985 218 m. Anm. Schoreit; Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 3; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; zu weitgehend Jescheck/Weigend § 86 I 5; Lackner/Kühl Rdn. 16; Wolter SK Rdn. 7. 35 BayObLG NStZ 2000 40, 41; OLG Zweibrücken VRS 48, 293; s. aber OLG Celle bei Göhler NStZ 1982 12. 36 OLG Düsseldorf NJW 1999 2055.
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50, 55), sofern sie nicht gerade aus den genannten Gründen in der verjährungsrechtlichen Unwirksamkeit der Maßnahme ihren spezifischen Ausdruck findet. Daher sind unzulässige Maßnahmen, die Beweisverwertungsverbote auslösen, gleichwohl geeignet, die Verjährung zu unterbrechen (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3), denn deren Fehlerhaftigkeit steht regelmäßig in keinem funktionalen Bezug zur Verjährung (vgl. Rdn. 9). Daher erscheint auch die Einebnung der bereichsspezifischen Unterschiede zwischen der Verjährungsfrage und Beweisverwertungsfragen nicht angezeigt. Es ist systematisch und in der Sache nicht überzeugend, etwa die innerprozessualen und ggf. kompensierbaren Konsequenzen einer mangelhaften Beschuldigtenbelehrung nach § 136 StPO mit der materiell überlagerten Frage eines absoluten Verfolgungshindernisses zu vermengen (aA Wolter SK Rdn. 10). 12
4. Verlautbarung. Die Unterbrechung der Verjährung ist im Grundsatz formfrei; mündlich vorgenommene Maßnahmen oder schlüssige Handlungen genügen. Als wichtiger Verfahrensvorgang muss die Unterbrechungshandlung aber transparent, also ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt nach grundsätzlich aus sich heraus oder wenigstens aus dem Zusammenhang mit der Aktenlage erkennbar und in ihrer Wirkung auf das Verfahren für die Beteiligten abschätzbar sein (BGH wistra 2018 78, 79; BGHSt 28 381; LG Freiburg StraFo 2008 156, 157). Insofern ist also ein Mindestmaß an Dokumentation erforderlich (vHH/Dallmeyer Rdn. 6), gegebenenfalls auch durch einen später gefertigten Vermerk über eine mündliche Anordnung (BGH aaO). Nachforschungen darüber, ob, wann und mit welcher Zielrichtung die Verjährung unterbrochen wurde, sind deshalb im Allgemeinen unzulässig.37 Wenn die Akten jedoch genügend konkrete Anhaltspunke für das Vorliegen einer nach § 78c wirksamen Handlung ergeben, sind allerdings ergänzende Beweiserhebungen zur Ermittlung ihres genauen Inhalts statthaft (BGHSt 30 215, 219; Fischer Rdn. 7; Lackner/Kühl Rdn. 17; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 552 [einschränkend S. 558]; Wolter SK Rdn. 9). In Betracht kommen derartige Beweiserhebungen insbesondere bei formfreien Unterbrechungsmaßnahmen, deren notwendiger Inhalt sich nicht allgemein umreißen lässt, so etwa bei der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (weitergehend – hier zu Recht – Göhler NStZ 1992 75 gegen BayObLG bei Bär DAR 1991 372; s. Rdn. 21). Ist eine Verfügung undatiert und lässt sie sich auch sonst nicht zeitlich einordnen, kommt ihr keine Unterbrechungswirkung zu (BayObLGSt 1968 84). Schriftliche Unterbrechungsakte müssen den Urheber erkennen lassen (OLG Köln VRS 66 362). Doch genügt die Abzeichnung der Verfügung mit dem Handzeichen, einer Unterschrift bedarf es in den Akten nicht (OLG Koblenz JR 1981 42 m. Anm. Göhler; OLG Köln VRS 72 208; MDR 1992 1177; s. aber Rdn. 16). Eine im Wege der Datenverarbeitung vollautomatisch vorgenommene Maßnahme kommt, anders als im Bußgeldverfahren (OLG Hamburg MDR 1997 377, 378; OLG Celle MDR 1989 287; OLG Düsseldorf VRS 64 455; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 111), in Strafsachen nicht in Betracht. IV. Wirkungen der Unterbrechung
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1. Fristenlauf. Absolute Verjährung. Am Tage der Unterbrechungshandlung beginnt eine volle neue Verjährungsfrist zu laufen (§ 78 Rdn. 7). Die Unterbrechung ist mit derselben Rechtsfolge beliebig oft wiederholbar. Jedoch setzt Absatz 3 Satz 2 ein absolu-
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37 BGHSt 4 135, 137; 9 198, 201; 28 381, 382; BGH bei Holtz MDR 1978 986; BGH NStZ 1984 215; BayObLGSt 1958 268; 1968 84; OLG Bremen NJW 1956 1248; OLG Frankfurt/M. VRS 59 134; OLG Köln MDR 1992 1177; OLG Stuttgart Justiz 1974 23.
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tes Ende der Verjährung fest. Ist seit Beendigung der Tat (§ 78a) das Doppelte der gesetzlichen Frist, mindestens aber ein Zeitraum von drei Jahren verstrichen, ist ein weiteres Hinausschieben des Verjährungseintritts nicht möglich. In die Höchstfrist werden nach Absatz 3 Satz 3 die Zeitspannen nicht eingerechnet, in denen die Verjährung gemäß § 78b ruhte. Dasselbe gilt für den Zeitraum, in dem das Steuerstrafverfahren im Hinblick auf das zugleich anhängige Besteuerungsverfahren gemäß § 396 AO ausgesetzt war (zur Reichweite § 78b Rdn. 10). Dass die Ruhensvorschrift des § 396 Abs. 3 AO in § 78c Abs. 3 Satz 3 nicht ausdrücklich erwähnt ist, ist keine Besonderheit. Auch andere Ruhensgründe (§§ 153a, 154e StPO) sind hier nicht erwähnt, hindern aber die Einrechnung der Zeitspanne des Ruhens in die Höchstfrist. Maßgebend ist, dass eine Entscheidung vorliegt, welche der Fortsetzung der Strafverfolgung im Wege steht; das ist bei der Aussetzung nach § 396 AO der Fall.38 Vorrang vor der absoluten Verjährung hat auch die Ablaufhemmung nach § 78b Abs. 3; ist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, hat die Regelung des Absatzes 3 Satz 2 keine Bedeutung. Zu Prozessurteilen s. § 78b Rdn. 16; zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zur Wiederaufnahme des Verfahrens s. § 78 Rdn. 10, 11. 2. Persönliche Reichweite. Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, 14 auf den sich die Handlung bezieht (Absatz 4). Diese Wirkung entspricht dem für die Unterbrechungshandlung bestehenden Wirksamkeitserfordernis, wonach die Maßnahme gegen eine bestimmte Person gerichtet sein muss (Rdn. 4, 6 f). So wird die Verjährung gegen den Teilnehmer nicht etwa durch gegen den Haupttäter gerichtete Maßnahmen unterbrochen (RGSt 4 216; 41 17, 18; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 25), die individuell auf einen Mittäter bezogene Maßnahme nicht auf weitere Mittäter (BGH NStZ 2011 711, 712; BGH StV 1993 71, 72). Anderes gilt bei breiter angelegten Unterbrechungshandlungen (Rdn. 6). Die Maßnahme muss in dem Verfahren getroffen worden sein, in dem über die Tat zu befinden ist (BGH StraFo 2015 390; BGH NStZ 2015 657, 658; BGH StV 1993 71; RGSt 40 88; 65 287, 290). Offenbare Fehler bei der Kennzeichnung des Täters sind unschädlich (OLG Hamm VRS 19 34; 51 217). Besonderes gilt, wenn die Straftat einer natürlichen Person die Haftung einer juristischen Person nach § 30 OWiG auslöst. In diesem Fall finden im Verfahren gegen die juristische Person die für die Tat der natürlichen Person maßgeblichen Vorschriften über die Verjährung Anwendung (BGH NJW 2017 2565, 2567; BGHSt 46 207; BGH NStZ-RR 1996 147; Fischer Rdn. 4). 3. Sachliche Reichweite. Die Unterbrechung erstreckt sich sachlich auf die Tat im 15 prozessualen Sinne,39 nicht etwa nur auf die einzelne Gesetzesverletzung. Die Grenze der Unterbrechungswirkung ergibt sich aus dem objektiven Umfang der Tat, wie sie sich dem Gericht letztlich darstellt (RGSt 38 426, 427; BGHR StGB § 78 Abs. 3 Urteil 1). Dagegen ist ohne Bedeutung, wie das die Unterbrechungshandlung vornehmende Strafverfolgungsorgan die Tat beurteilt und ob sich der Sachverhalt oder seine rechtliche Einordnung nachträglich verändern, sofern nur die Identität der Tat gewahrt bleibt.40
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38 Ebenso BayObLGSt 1990 19; OLG Karlsruhe NStZ 1985 227, 228; wistra 1990 205; LG Köln NStE StGB § 78a Nr. 1; HHS/Hellmann § 396 AO Rdn. 82; Meine wistra 1986 58; Wolter SK § 78b Rdn. 11; Schlüchter JR 1985 360, 361; aA Franzen/Gast/Samson Steuerstrafrecht3 [1985] § 376 AO Rdn. 40. 39 BGHSt 22 105, 107; BGH bei Dallinger MDR 1956 395; BGH NStZ 1985 545; wistra 1988 23; 1990 146, 148; BGH NJW 2000 2829; RGSt 15 107, 109; 24 77, 79; 29 344; RG HRR 1940 Nr. 118; BayObLG NJW 1964 1813; KG VRS 34 433; OLG Hamm NJW 1972 1061; OLG Saarbrücken NJW 1973 2076; Fischer Rdn. 6a; Lackner/Kühl Rdn. 20; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 545; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 23; Wolter SK Rdn. 5; die abweichende Auffassung von OLG Schleswig VRS 25 332 ist aufgegeben (SchlHA 1966 140). 40 BGHSt 22 105, 107; RGSt 13 57; 24 77, 79; 30 300, 304; RG Rspr. 10 31; BayObLG VRS 29 110, 112.
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Hiernach erfasst die Unterbrechungshandlung stets sämtliche tateinheitlich begangenen Gesetzesverstöße, alle in rechtlicher Bewertungseinheit stehende Einzelakte 41 (dazu s. § 78a Rdn. 13) sowie die nach § 154a StPO vorläufig ausgeschiedenen Tatteile (BGHSt 22 105, 107; 29 315, 316; OLG Celle VRS 36 352; OLG Hamm NJW 1967 1433). Dass wegen derselben Tat zwei Aktenvorgänge bestanden, beeinträchtigt die Unterbrechungswirkung nicht, gleichgültig in welchem Vorgang die Maßnahme erfolgt ist (OLG Hamm JMBlNRW 1979 179). Befasst sich das Gericht nicht mit dem in der Anklage bezeichneten historischen Vorgang, sondern mit einem fälschlich als angeklagt betrachteten Geschehnis, tritt keine Unterbrechung ein (wohl aber die Hemmung nach § 78b Abs. 3; BayObLG VRS 57 40). Offenbare Unrichtigkeiten, die keine Zweifel am Verfolgungsgegenstand hervorrufen, sind aber auch hier ohne Bedeutung (KG VRS 57 435 – falscher Tatort). Bei mehreren Taten im prozessualen Sinne bestimmt sich die Wirkung der Unterbrechungshandlung nach der Ermittlungsrichtung (Rdn. 8). V. Zeitpunkt der Unterbrechung Schriftliche Unterbrechungshandlungen entfalten ihre Wirkung nach Absatz 2 regelmäßig im Zeitpunkt der Unterzeichnung (Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 44 ff). Bei Verfügungen genügt auch ein Handzeichen (OLG Koblenz JR 1981 42 m. Anm. Göhler; OLG Köln VRS 72 208; MDR 1992 1177), sofern nicht vom Verfügenden die volle Unterschrift vorgesehen ist (BayObLG JR 1969 64). Im zuletzt erwähnten Fall liegt bis zur Unterzeichnung nur ein Entwurf oder eine Anweisung an die Kanzlei zur Fertigung der Reinschrift vor. Derartige, den internen Dienstbetrieb betreffende oder nur vorbereitende Akte sind rechtlich ohne Bedeutung (BayObLGSt 1962 284; KG JR 1954 390). Auch der geschäftsmäßige Vollzug einer getroffenen Anordnung beeinflusst den Zeitpunkt der Unterbrechung nicht (BGHSt 21 25, 26; 25 6, 8; 27 76, 78; OLG Köln GA 1960 251; MDR 1981 166). Anders kann es liegen, wenn damit eine Änderung oder Ergänzung der getroffenen, die Verjährung unterbrechenden Anordnung einhergeht. So ist die Aktenübersendung an einen Sachverständigen kein bloßer Vollzugsakt, wenn dessen Person bisher nicht bestimmt war oder damit eine Erweiterung des Beweisthemas verbunden wird (BGHSt 27 76, 79; BayObLG GA 1976 116). Nur der Ausführung einer verjährungsunterbrechenden Anordnung dienen hingegen Nachforschungen, die die Polizei auf Ersuchen des Gerichts oder Staatsanwalts zur Aufenthaltsermittlung vornimmt (BayObLG VRS 42 305). Im Wege der Datenverarbeitung vollautomatisch vorgenommene Unterbrechungshandlungen kommen in Strafsachen – anders als im Bußgeldverfahren (BGHSt 51 72 m.w.N.; OLG Celle MDR 1989 287; OLG Düsseldorf VRS 64 455; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 111) – nicht in Betracht. Eine praktisch bedeutungslose, aber missverständliche Regelung bietet Absatz 2 17 Satz 2. Sie soll Fälle erfassen, in denen das zur Unterbrechung geeignete Schriftstück nach Unterzeichnung „wie ein Entwurf behandelt und als solcher z.B. zu den Handakten genommen, zerrissen oder weggeworfen wird“ (RegE des EGStGB, BTDrucks. 7/550 S. 216): Sofern sich der Handelnde nicht alsbald des Schriftstücks entäußert, verschiebt sich der Zeitpunkt der Unterbrechung, bis es tatsächlich in den Geschäftsgang gelangt. Geschäftsgang bezeichnet diejenigen Stationen innerhalb des Gerichts oder der Behörde, die das Schriftstück auf dem Weg zum behördeninternen Adressaten oder bis zur Absen-
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41 BGHSt 29 315; BGH bei Holtz MDR 1984 796; RGSt 59 282, 291; AG Tiergarten StV 1985 153; Wolter SK Rdn. 5; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 545; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 23.
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dung durchlaufen muss (OLG Stuttgart MDR 1976 1043). In den Geschäftsgang gelangt ist das Schriftstück, sobald es zum Abtrag bereitgelegt und damit auf den Weg gebracht ist (vgl. BGHSt 29 43, 47; OLG Köln DAR 1980 55 m. Anm. Herzig). Unter „alsbald“ wird eine Zeitspanne von höchstens einem Arbeitstag zu verstehen sein. Hält der Handelnde das Schriftstück länger zurück, erscheinen Zweifel an der Endgültigkeit seines Willensentschlusses begründet. Danach kommt es allein darauf an, wann der Handelnde das Schriftstück nach der Unterzeichnung auf den vorbestimmten Weg gelangen lässt. Die Zeiträume der geschäftsmäßigen Behandlung und der Beförderung zum Empfänger sind bedeutungslos (BayObLG bei Rüth DAR 1982 261; OLG Düsseldorf VRS 84 465, 466). Hier aber liegen gewöhnlich die Gründe für einen verzögerten Zugang. Daher ist es nicht gerechtfertigt, aus einer großen Zeitspanne zwischen Unterzeichnung und Zugang des Schriftstücks zu schließen, der Handelnde habe es nicht sogleich in den Geschäftsgang gegeben.42 Selbst Zweifel, die zugunsten des Angeklagten ausschlagen könnten, sind nicht begründet. Der Gesetzgeber hat deshalb in diesem Bereich die Geltung des Grundsatzes in dubio pro reo ausschließen wollen (Erster Bericht des Sonderausschusses zum Entwurf des EGStGB, BTDrucks. 7/1261 S. 10) und dies durch die vom Regierungsentwurf abweichende Fassung zum Ausdruck gebracht. Im Zweifel ist somit der Zeitpunkt der Unterzeichnung für den Eintritt der Unterbrechungswirkung entscheidend.43 Ist das Schriftstück hingegen überhaupt nicht in den Geschäftsgang gelangt oder 18 kann es sich so verhalten haben, bleibt die Maßnahme wirkungslos. Unterbrechungshandlungen, die nicht schriftlich ergehen müssen, wirken im Zeitpunkt der Vornahme. Zur Erhebung der öffentlichen Klage vgl. Rdn. 30. VI. Die einzelnen Unterbrechungshandlungen 1. Erste Ermittlungsmaßnahmen (Nummer 1). Die Nummer 1 umfasst die erste 19 Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens sowie die jeweilige Anordnung dazu. Die hier aufgeführten Maßnahmen sind insgesamt lediglich zu einer einmaligen Unterbrechung der Verjährung geeignet, sie stehen als Unterbrechungshandlung mithin nur alternativ zur Verfügung.44 Sämtliche Maßnahmen des Absatzes 1 Nummer 1 bilden also eine Einheit, so dass die Verjährung durch die Vornahme einer anderen Maßnahme dieses Katalogs nicht erneut unterbrochen werden kann. Es unterbricht jeweils die erste der vorgenommenen Maßnahmen (BGH NStZ 2005 33). Unberührt bleibt die Möglichkeit, zum Zwecke erneuter Verjährungsunterbrechung nach den Nummern 2 ff vorzugehen. Für Steuerstraftaten gilt ergänzend § 376 AO. Die in Nummer 1 aufgeführten Handlungen können auch Polizei und Staatsanwaltschaft vornehmen (BGH wistra 2018 78, 79; OLG Hamm NJW 1984 1471); sie sind formfrei, können also sowohl mündlich als auch durch schlüssiges Verhalten ergehen (BGH aaO; BGHR StGB § 78c I Nr. 1 Bekanntgabe 1). Häufig verwirklicht ein Ermittlungsakt mehrere Alternativen, so dass sich deren genaue begriffliche Abgrenzung erübrigt. Die durch Staatsanwaltschaft oder Polizei durchzuführende erste Vernehmung ist 20 die in § 163a StPO vorgesehene Ermittlungshandlung; sie schließt notwendig die Be-
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42 Vgl. OLG Düsseldorf VRS 84 465, 466; OLG Hamm NJW 1977 690; VRS 63 58; OLG Köln VRS 55 386; 58 145; OLG Stuttgart MDR 1976 1043 Nr. 97. 43 OLG Frankfurt/M. VRS 59 134; OLG Köln VRS 55 386; Fischer Rdn. 10; Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 47; Herzig DAR 1980 55; krit. Saliger NK Rdn. 34; aA Wolter SK Rdn. 11; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 21a. 44 BGH wistra 2018 78, 79; BGH NStZ-RR 2014 340, 341; NStZ 2005 33; BayObLG VRS 39 119; OLG Düsseldorf VRS 40 56; OLG Hamm DAR 1970 193; NStZ 1988 137; OLG Hamburg NJW 1978 434; Fischer Rdn. 11; Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 6a; Lackner/Kühl Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 14; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 555; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4.
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kanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens ein (BGHSt 25 6, 7). Die Wahrung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten (§§ 163a Abs. 4, 136 StPO) genügt als Vernehmung (OLG Bremen NJW 1970 720); ob der Beschuldigte sich äußert oder von seiner Befugnis zu schweigen Gebrauch macht, bleibt sich gleich. In einfachen Sachen kann die erste Vernehmung auch in der Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung bestehen (§ 163a Abs. 1 Satz 3 StPO), doch geht dem meist eine zeitlich vorhergehende – und damit für die Verjährungsunterbrechung maßgebliche (Rdn. 19) – Anordnung der Ermittlungsbehörde voraus (vgl. OLG Oldenburg NJW 1970 719). Keine Vernehmung ist aber die bloß informatorische Befragung durch den zum Tatort gerufenen Polizeibeamten, der sich damit die Grundlage für sein weiteres Vorgehen verschafft (BayObLG VRS 44 62; OLG Hamm VRS 41 384; vgl. auch BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 1 Bekanntgabe 1). Eine zeugenschaftliche Einvernahme des späteren Beschuldigten genügt ebenfalls nicht (BGH StV 2000 473, Rdn. 6). Die Vernehmung muss nicht in einem formgerechten Protokoll festgehalten werden; es genügt zur Wirksamkeit, dass sie aktenkundig gemacht ist (§ 168b Abs. 2 StPO; BGHSt 33 83, 88; Meyer-Goßner/Schmitt § 163a StPO Rdn. 25). Für die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens ist ebenfalls we21 der eine bestimmte Form noch ein bestimmter Inhalt vorgeschrieben. Sie kann deshalb formlos (BGH wistra 2018 78, 79; BGHR StGB § 78c I Nr. 1 Bekanntgabe 1), insbesondere fernmündlich (BayObLG bei Rüth DAR 1983 255) und auch dem bevollmächtigten Verteidiger gegenüber geschehen (BGH NStZ 2002 429; BGHR StGB § 78c I Nr. 1 Anordnung 1; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 555); davon, dass der Verteidiger den Beschuldigten pflichtgemäß unterrichtet, kann ohne weitere Nachprüfung ausgegangen werden.(BGH wistra 1992 253, 255). Inhaltlich muss der Beschuldigte eindeutig ersehen können, dass und weshalb gegen ihn als Tatverdächtigen ermittelt wird. Dies kann sich aus dem Inhalt von Vernehmungsniederschriften oder anderen Aktenauszügen oder im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der Beschuldigte durch eine Strafverfolgungsbehörde nachrichtlich von einem Zeugenvernehmungstermin in seinem Ermittlungsverfahren Kenntnis erlangt.45 Erforderlich ist aber stets, dass der Beschuldigte über den gegen ihn bestehenden Tatverdacht nicht nur formelhaft ins Bild gesetzt, sondern zumindest eine zusammenfassende tatsächliche Kennzeichnung erfährt.46 Eine nähere Konkretisierung kann auch später erfolgen (BGHSt 30 215, 217; BGH NStZ 1990 436). Die Bekanntgabe muss den Beschuldigten zwar erreichen (OLG Celle VRS 41 210), doch ist dieses Erfordernis für die Unterbrechung nach Nummer 1 (anders nach Nummer 3, vgl. BGHSt 30 215) praktisch bedeutungslos. Denn der Bekanntgabe geht regelmäßig eine entsprechende Anordnung voraus, die nicht zuzugehen braucht (Rdn. 22). Nach Erledigung des Ermittlungsverfahrens unterbricht auch die Bekanntgabe der Wiederaufnahme der Ermittlungen (OLG Koblenz OLGSt n.F. § 84 OWiG Nr. 1). Bei Steuerstraftaten s. ferner § 376 AO. Die Vorladung zu einer Vernehmung genügt als Bekanntgabe, wenn aus ihr hervorgeht, dass der Vorgeladene als Beschuldigter zu einem bestimmten Vorfall gehört werden soll (KG VRS 44 127). Wird der Beschuldigte auf frischer Tat betroffen oder sonst wegen eines Gesetzesverstoßes von der Polizei festgehalten – etwa zur Blutentnahme verbracht (BayObLG bei Rüth DAR 1982 261; Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 16) –, versteht sich die Bedeutung dieser Maßnahme von selbst. Einer zusätzlichen Bekanntma-
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45 BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 1 Bekanntgabe 4; BGH NStZ 2002 429; OLG Hamm StraFO 2002 61, 62; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 7. 46 BGH wistra 1992 253, 255; BayObLG wistra 1988 81, 82; OLG Hamburg wistra 1987 189 m. Anm. Marx S. 207 und Weyand S. 283; LG Hildesheim StV 1993 368; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 7.
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chung bedarf es dann nicht mehr.47 In diesen Fällen muss die in der selbsterklärenden Wirkung der Maßnahme liegende Bekanntmachung auch nicht gesondert in den Akten dokumentiert sein, um Unterbrechungswirkung zu entfalten (vgl. Göhler NStZ 1992 75 gegen BayObLG bei Bär DAR 1991 372). Ebenso verhält es sich bei der Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses, wenn dieser den Anforderungen der Nummer 1 inhaltlich genügt und eine Ausfertigung übergeben wird. In der Übersendung eines Anhörungsbogens kann außer einer Vernehmung nach § 163a Abs. 1 Satz 3 StPO auch die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens liegen (BayObLG VRS 39 119; OLG Düsseldorf VRS 40 56). Doch tritt die Unterbrechung nur gegenüber dem Adressaten ein, auch wenn dieser den Bogen dem wirklichen Täter weitergibt (BGHSt 24 321, 325 m. Anm. Kleinknecht JZ 1972 749; BayObLG JR 1971 299 m. Anm. Göhler). Zum Nachweis der Bekanntgabe s. BGHSt 30 215. Unzureichende Personalangaben sind, sofern die Identität des Adressaten zweifelsfrei ist, unschädlich (OLG Hamm VRS 74 121; OLG Braunschweig VRS 86 137). Die Anordnung der Vernehmung oder Bekanntgabe richtet sich an ein Ermittlungs- 22 organ oder äußert sich in der Verfügung einer terminierten Ladung zur staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Vernehmung; insoweit besteht kein Unterschied zur richterlichen Vernehmung nach Nummer 2 (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 10). Auch die Anordnung der Übersendung eines Anhörungsbogens kann genügen (vgl. BGHSt 25 6; 25 344; OLG Hamburg MDR 1979 1046; OLG Koblenz MDR 1976 780). Mündliche Anordnungen reichen aus, soweit sie aktenkundig sind (SSW/Rosenau Rdn. 9). Äußerungen gegenüber unbeteiligten Privatpersonen sind hingegen unbeachtlich (unzutr. OLG Hamm NStZ 1988 137). Die Anordnung braucht dem Beschuldigten nicht bekannt zu werden (BGH aaO). Ein allgemeiner Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft an die Polizei ist mangels hinreichender Konkretisierung zur Verjährungsunterbrechung ungeeignet, selbst wenn darin bereits ein möglicher Täter bezeichnet ist,48 es sei denn, die Vernehmung des bereits namentlich bekannten Beschuldigten wird zugleich unbedingt angeordnet (BGH NStZ 1985 545, 546; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.6.2018 – 1 Ws 116/18 –). Ob eine bedingte oder unbedingte Vernehmungsanordnung vorliegt, bestimmt sich nach deren objektiven Sinngehalt, wie er sich nach Auslegung unter Berücksichtigung sämtlicher aktenkundiger Umstände, insbesondere der mit der Anordnung verfolgten Absichten, darstellt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 3. April 2003 – 3 Ws 48/03 –). Gibt die Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsauftrag zufolge die Entscheidung über eine Vernehmung noch vor einem Rücklauf der Akten aus der Hand, liegt keine verjährungsunterbrechende Vernehmungsanordnung vor (OLG Zweibrücken aaO). Bei einem allgemeinen Ermittlungsauftrag kann in der im Laufe der Ermittlungen veranlassten polizeilichen Vorladung des Beschuldigten eine wirksame Unterbrechungshandlung liegen (OLG Hamburg NJW 1978 434; OLGSt § 78c StGB S. 1). 2. Richterliche Vernehmungen oder deren Anordnung (Nummer 2). Anders als 23 bei Nummer 1 kann die Verjährung durch Maßnahmen nach Nummer 2 grundsätzlich beliebig oft unterbrochen werden (s. aber Rdn. 11). Jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten – nicht des Mitbeschuldigten oder Zeugen – in einem deutschen Strafverfahren oder deren Anordnung unterbricht, sofern sie nicht schon unter Nummer 1 fällt (s. aber Rdn. 2). Anordnung und Durchführung der Vernehmung bilden grundsätzlich eine Einheit; es unterbricht daher schon die Anordnung und nur sie (BayObLG MDR 1976 779;
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47 BayObLG VRS 39 119; OLG Hamm DAR 1970 193; OLG Köln VRS 73 140, 141; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 194. 48 BGH StV 1997 634; BGH NStZ 1985 545; BayObLG VRS 67 132, 133; DAR 1988 172.
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1979 1046). Voraussetzung ist dabei aber, dass die Anordnung zu selbständiger verjährungsunterbrechender Wirkung gelangt. Daran fehlt es, wenn der Richter mit der Anordnung der Vernehmung zugleich eine Maßnahme trifft, die ihrerseits zur Unterbrechung führt, etwa die Anberaumung der Hauptverhandlung. In diesem Fall verbraucht sich die rechtliche Wirkung der in Nummer 2 aufgeführten Verfahrensakte nicht mit der Ladungsverfügung, sie verlagert sich vielmehr auf die Durchführung der Vernehmung.49 Dies ist häufig die einzige Handhabe, um nach Anberaumung der Hauptverhandlung die Verjährung abzuwenden. Der Hauptverhandlung selbst hat das Gesetz keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung beigelegt. Stattdessen unterbricht dann die Vernehmung des Angeklagten gemäß § 243 Abs. 5 StPO. Ist der Angeklagte in zulässiger Weise in der Hauptverhandlung vertreten, steht die in dessen Namen abgegebene Erklärung des Verteidigers seiner Einlassung gleich (BayObLG VRS 64 134; NStZ 1984 63 mit zust. Anm. Göhler; aA Lackner/Kühl Rdn. 3; SSW/Rosenau Rdn. 7; Saliger NK Rdn. 42; Wolter SK Rdn. 16). Keine Anordnung ist die Mitteilung einer Privatklage durch das Gericht gemäß § 382 StPO (BayObLGSt 1977 125, 127; aA Mitsch MK Rdn. 14) 24 Gelöst ist die Einheit von Anordnung und Durchführung der Vernehmung ferner bei dem Einsatz eines kommissarischen Richter. Sowohl das Ersuchen um Vernehmung des Beschuldigten wie dessen Ladung durch den ersuchten Richter sind Maßnahmen, die die Verjährung unterbrechen.50 Dasselbe muss für den beauftragten Richter gelten. Im Übrigen unterbricht jede richterliche Vernehmung ohne Rücksicht auf ihre Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit (BGHSt 7 202, 205; BGH NStZ 1985 545, 546, SSW/ Rosenau Rdn. 11; s. Rdn. 11). Kann eine Anordnung der Vernehmung nicht ausgeführt werden, unterbricht deren Wiederholung (OLG Hamburg MDR 1977 603; OLG Hamm VRS 52 43, 45). Unerheblich ist auch das Ergebnis der Vernehmung. Die Unterbrechungswirkung tritt ein gleichviel, ob der Beschuldigte sich äußert, nur zur Person aussagt (OLG Hamm MDR 1979 781) oder schweigt (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 9). Macht der Beschuldigte in seiner Vernehmung Angaben zu einer anderen von ihm begangenen Tat, die nicht Gegenstand des Verfahrens ist, in dem er richterlich vernommen wird, so entfaltet dies hinsichtlich der verfahrensfremden Tat keine verjährungsunterbrechende Wirkung nach § 78c Abs. 1 Nr. 2 (BayObLG NStZ 2001 320; Fischer Rdn. 12; Lackner/Kühl Rdn. 4; SSW/ Rosenau Rdn. 11; Wolter SK Rdn. 6). 25
3. Beauftragung eines Sachverständigen (Nummer 3). Ist der Beschuldigte bereits vernommen oder ist ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens ordnungsgemäß bekannt gegeben (Rdn. 21), unterbricht jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder den Staatsanwalt die Verjährung, dies aber nicht, wenn das Verfahren zuvor gegen den Beschuldigten eingestellt wurde und zum Zeitpunkt der Beauftragung nur noch gegen Unbekannt fortgeführt wird (BGHSt 58 133 ff; Saliger NK Rdn. 50; s. Rdn. 3). Die Unterbrechungswirkung ist beim Verdacht mehrerer Taten aber auf den bekannt gegebenen Umfang des Ermittlungsverfahrens begrenzt (BGH wistra 1996 260; G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 559); die Bekanntgabe muss den Beschuldigten ferner erreicht haben (BGHSt 30 215, 217). Die objektive Notwendigkeit und erst recht das Ergebnis des Gutachtens sind auch hier ohne Bedeutung. Die Beauftragung muss aber den Zweck der Förderung des Verfahrens verfolgen (vgl. Rdn. 11).
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49 BGHSt 27 144 m. Anm. Göhler JR 1978 126; OLG Düsseldorf VRS 51 215; OLG Hamm NJW 1977 690; MDR 1979 781. 50 BGHSt 27 110, 114; OLG Frankfurt/M. NJW 1976 1760; aA BayObLG NJW 1976 1760; OLG Frankfurt/M. NJW 1976 1759; OLG Hamm VRS 51 128; 52 43, 44.
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Sachverständiger ist, wer eigenverantwortlich und weisungsfrei ein Gutachten über 26 ein bestimmtes Beweisthema erstatten soll (BGHSt 28 381, 384). Diese Voraussetzungen erfüllt nicht ein sachkundiger Ermittlungsgehilfe der Polizei oder der Staatsanwaltschaft, der das Material sichten oder Hinweise für förderliche Ermittlungen geben soll (BGHSt 28 381; BGH NStZ 1984 215; OLG Zweibrücken NStZ-RR 2004 298). Der in die Behördenorganisation eingegliederte Wirtschaftsreferent einer Staatsanwaltschaft kann Sachverständiger sein (BGHSt 28 381, 384; BGH bei Holtz MDR 1986 976; OLG Zweibrücken NJW 1979 1995), nicht jedoch, sofern er wie ein Staatsanwalt den Tatverdacht umfassend aufzuklären hat (G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 557). Ebenso kann ein Angehöriger des Polizeidienstes Sachverständiger sein (BGHSt 18 214, 215 f; BGH NStZ 1984 215; Krause LR § 74 StPO Rdn. 8), sofern er nicht sonst in die Ermittlungen eingebunden war. Beauftragt ist der Sachverständige mit der Anordnung des Gerichts oder Staatsanwalts, wonach das Gutachten eines bestimmten Sachverständigen zu einem bestimmten Thema eingeholt werden soll (BGHSt 27 76, 78; BGH NStZ 1990 436). Die Anordnung ist formfrei (BGH NStZ 1984 215), muss aber – gerade auch im Hinblick auf die Sachverständigeneigenschaft des Beauftragten (BGH NStZ 2009 205, 206) – ausreichend verlautbart sein (BGHSt 30 215, 219 f). Ein nachträglicher Vermerk über die Beauftragung genügt nicht (BGHSt 28 381, 383), ebenso wenig ein informatorisches Gespräch (BGH bei Holtz MDR 1978 986). Ob der Auftrag den Sachverständigen erreicht, angenommen oder widerrufen wird, ist unerheblich (G. Schäfer FS Dünnebier, S. 541, 557). Da bereits die Anordnung der Gutachtenerstattung die Verjährung unterbricht, ist 27 die Übersendung der Akten an den Sachverständigen keine Unterbrechungshandlung mehr (BGHSt 27 76, 79; BayObLG GA 1976 116; OLG Köln MDR 1981 166), selbst wenn zuvor noch eine Entscheidung hierüber, z.B. wegen Ablehnung des Sachverständigen, zu treffen war (OLG Köln bei Göhler NStZ 1983 65). Die Aktenübersendung unterbricht als bloße Ausführungshandlung auch dann nicht, wenn die Staatsanwaltschaft dem von der Polizei – ohne Unterbrechungswirkung – zugezogenen Sachverständigen die Akten zuschickt (BayObLG VRS 60 127). Nicht um bloße geschäftsmäßige Durchführung der getroffenen Maßnahme, sondern um ihre Vervollständigung handelt es sich hingegen, falls die Person des Sachverständigen im Übersendungsschreiben erst bestimmt wird (BGHSt 27 76, 79) oder wenn zuvor noch Anknüpfungstatsachen ermittelt werden müssen (BayObLG VRS 86 306, 309). Alsdann unterbricht allein das Übersendungsschreiben. Eine zweite, voll wirksame Unterbrechungshandlung liegt jedoch vor, wenn nachträglich die Person des Sachverständigen ausgewechselt oder ein neues Beweisthema aufgegeben wird (BGHSt 27 76, 79; BayObLG GA 1976 116; MDR 1977 252); letzteres ist dann der Fall, wenn der Sachverständige zu einer Frage gutachterlich Stellung nehmen soll, die nicht bereits Gegenstand des ersten Auftrags war (BGH NStZ 2018 86 mit Anm. Mitsch). Anders wiederum liegt es bei bloßer Bitte um Erläuterung oder Ergänzung des erstatteten Gutachtens; sie entfaltet keine eigenen Wirkungen (BGH aaO; BayObLG MDR 1977 252; bei Rüth DAR 1986 250). Dasselbe gilt, wenn der Sachverständige im Wege der Rechtshilfe zu dem bereits erstatteten Gutachten gehört wird (BayObLG bei Rüth DAR 1980 271). 4. Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnungen (Nummer 4). Alle richter- 28 lichen Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnungen, egal ob diese unmittelbar den Beschuldigten oder einen Dritten betreffen (BGH wistra 2001 421; BGHR StGB § 78c Abs. 4 Bezug 1; Rdn. 7), unterbrechen die Verjährung. Ferner alle Entscheidungen, die Beschlagnahmen oder Durchsuchungen aufrechterhalten oder bestätigen. Dazu zählen auch die Bestätigung polizeilicher oder staatsanwaltschaftlicher Maßnahmen (Fischer Rdn. 14), Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren (OLG Hamburg wistra 1993 272) und die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO, die nach Absatz 3 dieser Vorschrift als 645
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Beschlagnahme des Führerscheins oder deren Bestätigung wirkt (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 12). Dagegen ist die Auflage, zwecks Abwendung einer Beschlagnahme Einblick in Unterlagen zu gewähren, kein zur Unterbrechung geeigneter Akt (LG Kaiserslautern NStZ 1981 438 m. Anm. Lilie). Anders verhält es sich, wenn die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme der Kontounterlagen des Beschuldigten erwirkt, auf die Durchführung der Maßnahme aber verzichtet, nachdem die Bank Fotokopien gefertigt und übergeben hat. Nicht in Betracht kommt eine analoge Anwendung von Nummer 4 auf die richterliche Anordnung der Überwachung des Fernmeldeverkehrs gem. § 100a StPO (BGH wistra 2005 27; Rdn. 2). Hingegen unterbricht die Anordnung einer Online-Durchsuchung nach § 100b StPO die Verjährung. Insoweit ist Nummer 4 jedenfalls angesichts der ausdrücklichen gesetzgeberischen Einordnung der Maßnahme als Durchsuchung, wie diese sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt (§ 100b Abs. 1 S. 1 StPO), unmittelbar anwendbar. Auf die Vergleichbarkeit dieser Maßnahme mit einer richterlich angeordneten Durchsuchung nach §§ 102, 103 StPO oder Beschlagnahme nach § 98 StPO oder auf die Heimlichkeit der OnlineDurchsuchung kommt es nicht mehr an (aA Wolter SK Rdn. 23). Die Durchsuchungsanordnung muss hinreichend bestimmt sein (Rdn. 3 ff, 9). Enthält sie keine tatsächlichen Angaben über den Tatvorwurf, obwohl dies nach dem Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich wäre und den Zwecken der Strafverfolgung auch nicht zuwiderliefe,51 so kommt ihr keine verjährungsunterbrechende Wirkung zu.52 Indes braucht die Anordnung den Beschuldigten, gegen den sie sich richtet, nicht namentlich zu erwähnen (BGH GA 1961 239). Auch Beurteilungsfehler machen sie nicht unwirksam (BGH MDR 1964 71; vgl. Rdn. 9). 29
5. Haftbefehl und sonstige Freiheitsbeschränkungen (Nummer 5). Die Verjährung wird weiter durch den Haftbefehl (§§ 114, 230 Abs. 2 StPO), den Unterbringungsbefehl (§ 126a StPO), den Vorführungsbefehl (§§ 134, 230 Abs. 2 StPO) sowie durch jede Entscheidung unterbrochen, welche eine dieser Maßnahmen aufrechterhält. Aufrechterhalten werden kann der Haftbefehl z.B. bei der Verkündung gemäß § 115 Abs. 4 StPO, bei jeder Haftprüfung (§§ 117, 122 StPO) und im Beschwerdeverfahren. Aufgrund der Vorschrift des § 120 Abs. 1 StPO wird inzidenter der Haftbefehl auch aufrechterhalten, wenn lediglich sein Vollzug ausgesetzt (§ 116 StPO) oder Meldeauflagen geändert werden.53 Auch der Widerruf einer Außervollzugsetzung (§ 116 Abs. 4 StPO) schließt stets die Prüfung der Haftgründe ein und stellt damit eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls dar.54 Zur Zusammenfassung zweier Haftbefehle in demselben Verfahren s. OLG Karlsruhe NJW 1974 510. Kein Haftbefehl i.S.d. Nummer 5 ist die Anordnung der der einstweiligen Unterbringung nach § 71 Abs. 2 Satz 1 JGG (Mitsch MK Rdn. 13).
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6. Anklage (Nummer 6). Die Verjährung wird ferner durch die Erhebung der öffentlichen Klage unterbrochen. Öffentliche Klage ist auch der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls (OLG Naumburg NJW 2001 312; BayObLG GA 1984 181; Meyer-Goßner/Schmitt § 170 StPO Rdn. 3; Lackner/Kühl Rdn. 8), die Nachtragsanklage (§ 266 StPO) und im beschleunigten Verfahren nach § 417 ff StPO die mündliche oder schriftliche Anklageerhe-
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51 So die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Konkretisierung des Tatvorwurfs bei richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen (st. Rspr., vgl. nur BVerfG NStZ 2002 372 m.w.N; wistra 2009 227 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt § 105 StPO Rdn. 5, 5a m.w.N.). 52 BGH NStZ 2018 45, 46; BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 4 Durchsuchung 1; BGH NStZ 2004 275. 53 BGH StraFo 2009 27; BGHSt 39 234; vHH/Dallmeyer Rdn. 17; Fischer Rdn. 15; Lackner/Kühl Rdn. 7; SSW/Rosenau Rdn. 14; aA Mitsch MK Rdn. 13; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 13; Wolter SK Rdn. 24. 54 Fischer Rdn. 15; SSW/Rosenau Rdn. 14; Saliger NK Rdn. 55; aA Mitsch MK Rdn. 13; Sch/Schröder/ Bosch Rdn. 13; Wolter SK Rdn. 24.
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bung gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 StPO. Der bloße Antrag auf Aburteilung im beschleunigten Verfahren stellt hingegen noch keine Klage dar (OLG Hamburg bei Göhler NStZ 1981 56). Keine öffentliche Klage ist ferner die Privatklage (BayObLGSt 1977 125, 126). Bei schriftlicher Erhebung der öffentlichen Klage tritt die Unterbrechung im Zeitpunkt ihres Eingangs bei Gericht ein (BGH StV 1993 71; BayObLG NJW 1971 854; GA 1984 181; OLG Karlsruhe VRS 57 114, 115). Voraussetzung ist, dass sie nicht mit Mängeln behaftet ist, welche ihr die Eignung als Verfahrensgrundlage nehmen (BGH NStZ 2009 205, 207; OLG Bremen StV 1990 25; Rdn. 9). 7. Eröffnung des Hauptverfahrens (Nummer 7). Der Eröffnungsbeschluss unter- 31 bricht die Verjährung, sofern er wirksam ist. Unwirksam ist ein Eröffnungsbeschluss, der gegen den auslieferungsrechtlichen Grundsatz der Spezialität verstößt (BGHSt 29 94, 96; RGSt 32 247, 250), es sei denn, dass ein heilbarer Verstoß vorliegt oder aber die Eröffnung nach den insoweit maßgeblichen Regelungen zumindest zur Unterbrechung der Verjährung zulässig war (BGHSt 57 138, 148 ff). Ebenso unwirksam ist der Eröffnungsbeschluss, wenn das Gericht darüber nicht in der gesetzlich vorgesehenen Besetzung entscheidet (BGHSt 50 267, 268; BGH StraFo 2015 380, 381; LG Darmstadt StV 2005 123, 124; vgl. Rdn. 9). Die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses ist hingegen nicht beeinträchtigt durch die Mitwirkung eines nicht offensichtlich gemäß § 22 ff StPO ausgeschlossenen Richters (BGHSt 29 351, 353 ff). Ebenso haben Zuständigkeitsmängel grundsätzlich nicht diese schwerwiegende Folge.55 Die Eröffnung vor dem Landgericht bewirkt in bestimmten Fällen ferner sogleich anschließend ein Ruhen der Verjährung (§ 78b Rdn. 17). 8. Anberaumung einer Hauptverhandlung (Nummer 8). Jede Anberaumung oder 32 Verlegung (OLG Köln VRS 69 451; Saliger NK Rdn. 58) einer Hauptverhandlung, dies auch im beschleunigten Verfahren nach § 418 StPO und nach ausgesetzter Hauptverhandlung, nicht aber die eines bloßen Fortsetzungstermins nach § 229 StPO,56 führt zur Verjährungsunterbrechung. Verfahrensfehler wie die Nichtbeachtung einer Einstellung nach § 154 StPO sind dabei ohne Bedeutung (OLG Celle NStZ 1985 218 m. Anm. Schoreit; abw. Beulke JR 1986 50, 55). Zu Scheinmaßnahmen s. Rdn. 11. Dass mit der Anberaumung des Hauptverhandlungstermins schon die zu seiner Durchführung erforderlichen Ladungen angeordnet werden, ist nicht notwendig (OLG Celle bei Göhler NStZ 1982 12; OLG Hamm bei Göhler NStZ 1988 65; BayObLG NStZ 2000 40, 41). Unzureichend ist aber die bloße Ankündigung „Neuer Termin von Amts wegen“ (OLG Koblenz VRS 67 52). Die Anbringung eines Ablehnungsgesuchs hindert den abgelehnten Richter nicht, wirksam einen neuen Termin anzuberaumen (OLG Köln VRS 59 428; OLG Koblenz VRS 53 45). Die Hauptverhandlung selbst hat keine verjährungsunterbrechende Wirkung, wohl aber nach Nummer 2 die Vernehmung des Angeklagten nach § 243 Abs. 5 StPO (BGHSt 27 144, 147 f). 9. Strafbefehl und urteilsvertretende Entscheidungen (Nummer 9). Weitere Un- 33 terbrechungsakte sind der Erlass des Strafbefehls (s. auch Rdn. 30) und die sonstigen Entscheidungen, die das Verfahren wie ein Urteil zum Abschluss bringen sollen. Dazu
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55 BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 7 Eröffnung 1; BGHSt 29 351, 357 m. Anm. Meyer-Goßner JR 1981 379; Fischer Rdn. 17; Lackner/Kühl Rdn. 18; Saliger NK Rdn. 25; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 9; aA OLG München MDR 1979 1045; Nelles Zur Revisibilität „fehlerhafter“ und „unwirksamer“ Eröffnungsbeschlüsse, NStZ 1982 96, 102. S. im Übrigen Rdn. 9 und Meyer-Goßner/Schmitt § 207 StPO Rdn. 11. 56 Sch/Schröder/Bosch Rdn. 16; Wolter SK Rdn. 27; aA Göhler/Gürtler § 33 OWiG Rdn. 38.
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zählen vor allem solche, die auch auf Grund einer Hauptverhandlung in Urteilsform ergehen könnten, so Beschlüsse nach § 206a StPO (BayObLG MDR 1977 603; OLG Stuttgart NStZ 1981 105) und Beschlüsse, durch die der Einspruch gegen einen Strafbefehl als unzulässig verworfen wird.57 Ob die Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren Bestand haben, ist ohne Bedeutung (OLG Hamm VRS 56 156). 34
10. Abwesenheit des Angeschuldigten (Nummer 10). Nach dieser Nummer kann die Verjährung nur unterbrochen werden, nachdem die öffentliche Klage erhoben ist, denn die Vorschrift betrifft den Angeschuldigten (§ 157 StPO). Auf staatsanwaltschaftliche Maßnahmen während des Ermittlungsverfahrens ist die Vorschrift deshalb nicht anwendbar (BGH StV 1996 207). Unterbrechungshandlungen sind die vorläufige Einstellung des Verfahrens durch den Richter wegen Abwesenheit des Angeschuldigten (§ 205 StPO) und danach jede Maßnahme des Richters oder Staatsanwalts zur Aufenthaltsermittlung oder Beweissicherung, ferner die entsprechenden Maßnahmen im Verfahren gegen Abwesende (§§ 276, 285 ff StPO). Verjährungsrechtlich unwirksam ist die vorläufige gerichtliche Einstellung wegen Abwesenheit, wenn sich die Sache noch im Ermittlungsverfahren befindet (OLG Köln OLGSt StGB § 78c Nr. 2), ebenfalls die Einstellung wegen Abwesenheit, wenn das Gericht darüber nicht in der gesetzlich vorgesehenen Besetzung entscheidet (OLG Hamburg StraFo 2012 60, 62). Wird ein Verfahren gegen mehrere Angeschuldigte wegen Abwesenheit eines Mitangeschuldigten in Gänze vorläufig eingestellt, so erstreckt sich die Unterbrechungswirkung nur auf den Abwesenden (BGH NStZ 2004 148). Zur Aufenthaltsermittlung dient eine Ausschreibung auch, wenn die ausländische Adresse des Angeschuldigten zwar bekannt ist, aber der Zugriff bei einer Rückkehr nach Deutschland sichergestellt werden soll (BGHSt 37 145 m. Anm. Temming NStZ 1990 584). Die vorläufige Einstellung muss förmlich erklärt sein; die bloße Vertagung auf unbestimmte Zeit genügt nicht (OLG Köln MDR 1979 958). Ist diese Voraussetzung erfüllt, tritt die Unterbrechungswirkung aber ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Entscheidung ein; die Grenze bildet auch hier die Scheinmaßnahme (BayObLG VRS 42 305; 58 389; OLG Hamm VRS 51 217; OLG Köln VRS 51 214; 54 361, s. Rdn. 11). Ob der Angeschuldigte also tatsächlich abwesend ist, bleibt grundsätzlich unbeachtlich, daher schadet auch ein Irrtum der Verfolgungsbehörde über den tatsächlichen Aufenthaltsort nicht.58 Auf ein gerichtliches oder behördliches Verschulden des Irrtums über die Abwesenheit kommt es nicht an.59 Die Prüfung der Voraussetzungen des Katalogs in Absatz 1 ist nach seinem Zweck von komplexen Verschuldensprüfungen, etwa wie sich insoweit ein (gegebenfalls erkennbarer) Irrtum einer anderen Behörde60 oder erkennbar unzureichende Aufenthaltsnachforschungen (einer anderen Behörde) auswirken, freizuhalten. Lediglich wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Fehlen der tatsächlichen Voraussetzungen einer vorläufigen Einstellung gemäß § 205 StPO vom Gericht bewusst ignoriert worden ist, kommt eine unwirksame Scheinmaßnahme in Betracht (s. Rdn. 11).
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57 Vgl. BGHSt 34 79, 81; OLG Frankfurt/M. NStZ 1983 224; OLG Hamm VRS 56 156; OLG Oldenburg VRS 55 138; aA OLG Stuttgart Justiz 1972 363. 58 OLG Bamberg NStZ 2008 532, 533; OLG Hamm JMBlNRW 1979 273; OLG Köln VRS 51 214; 54 361; 57 361; BayObLG VRS 58 389. 59 AA zum Irrtumsverschulden OLG Hamm NStZ 2008 533, 534; StraFo 2005 122; OLG Brandenburg NZV 2006 100, 101; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2000 247. 60 Vgl. hierzu OLG Hamm NStZ 2008 533, 534.
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Im Nachgang zu einer vorläufigen Einstellung sind Unterbrechungshandlungen nach Nummer 10 möglich, wenn die vorläufige Einstellung des Verfahrens förmlich fortdauert (BayObLG VRS 62 288). Verjährungsunterbrechend wirken dann aber lediglich die richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Akte selbst, nicht Maßnahmen von Behörden, welche um Nachforschungen nach dem Angeschuldigten ersucht wurden (BayObLG VRS 42 305). In Betracht kommen etwa Wohnsitzanfragen beim Einwohnermeldeamt (vgl. OLG Köln VRS 54 361) oder bei der Polizei (OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1989 98), Einsichtnahmen in andere Verfahrensakten (LG Osnabrück Beschluss vom 16.12.2014 – 10 Qs/150 Js 1239/94 – 79/14 –9) oder Anordnungen auf Ausschreibung zur Festnahme, Aufenthaltsermittlung oder Öffentlichkeitsfahndung sowie auf deren Verlängerung sowie das Ersuchen auf Speicherung eines Suchvermerks (§§ 27 ff BZRG) im Bundeszentralregister (vgl. BGHSt 37 145, 147 m. Anm. Temming NStZ 1990 584; OLG Köln JMBlNRW 1967 247). S. hierzu auch Nr. 39 bis 43 RiStBV. 11. Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten (Nummer 11). Die hier aufge- 35 führten Unterbrechungsgründe entsprechen in ihrer Struktur denen der vorhergehenden Nummer. Als Maßnahmen zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit kommen die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung sowie der Antrag auf Begutachtung nach § 81 StPO und die ihm entsprechende Entscheidung, aber auch jede andere entsprechend zweckveranlasste Ermittlungshandlung in Betracht. 12. Rechtshilfeersuchen in das Ausland (Nummer 12). Schließlich unterbrechen 36 richterliche Ersuchen um Rechtshilfe im Ausland. In welchem Stadium des Verfahrens das Ersuchen ergeht, ist unerheblich; denkbar ist ein solches Ersuchen auch im Ermittlungsverfahren. Gleichgültig ist ferner, an wen es sich richtet und welche Untersuchungshandlung erbeten wird. Es genügt daher ein an eine Behörde eines fremden Staates gerichtete Bitte um Überlassung von Akten oder Urkunden. Ebenso unterbricht die Einschaltung eines deutschen Konsulats im Ausland die Verjährung (BGH NStZ 1986 313). Die Vernehmung des Beschuldigten durch einen Konsul steht einer richterlichen Vernehmung nur gleich und ersetzt sie; sie ist aber keine richterliche Handlung (§ 15 Abs. 2, 4 KonsularG vom 11.9.1974 [BGBl. I S. 2317]). Eine Unterbrechung findet dadurch nicht statt. Ersuchen aus dem Ausland unterbrechen die Verjährung nicht (s. Rdn. 2). Zum Ruhen der Verjährung nach Stellung eines Auslieferungsersuchens s. § 78b Rdn. 21 ff. VII. Übergangsvorschrift Für Übergangsfälle zum 1.1.1975 gilt Art. 309 EGStGB.61 Demgegenüber hat Absatz 5 37 Übergangsrecht für alle künftigen Gesetzesänderungen geschaffen. Die Vorschrift erfasst jede Verkürzung einer Verjährungsfrist in § 78 Abs. 3 oder anderen Verjährungsbestimmungen, aber auch die Änderung einer Strafdrohung, welche erst als Folgewirkung eine Verkürzung der Verjährungsfrist nach sich zieht. Ihre Wirkung besteht darin, da sie nach altem Recht fristgerechte Unterbrechungshandlungen, die nach neuem Recht infolge der kürzeren Verjährungsfrist zu spät liegen würden, aufrechterhält. Der Sache nach handelt es sich mithin um eine Begrenzung der Rückwirkung verjährungsändernder Gesetze. Zu allgemeinen Grundsätzen in Übergangsfällen BGHSt 25 158, 161; BayObLG NJW 1970 620, 622.
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61 Dazu BGH NStZ 1986 313; OLG Hamburg MDR 1979 602; OLG München MDR 1979 1045; Brause NJW 1978 2104; Reißfelder NJW 1979 990.
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Zum Recht des Einigungsvertrags im Hinblick verjährungsrechtlichen Übergangsbestimmungen betreffend das Recht der DDR s. Vorauflage (Schmid LK12 Rdn. 38 ff).
ZWEITER TITEL Vollstreckungsverjährung § 79 Verjährungsfrist 5. Abschnitt – Verjährung Verjährungsfrist Greger/Weingarten § 79 https://doi.org/10.1515/9783110491302-039
(1) Eine rechtskräftig verhängte Strafe oder Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) darf nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr vollstreckt werden. (2) Die Vollstreckung von lebenslangen Freiheitsstrafen verjährt nicht. (3) Die Verjährungsfrist beträgt 1. fünfundzwanzig Jahre bei Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren, 2. zwanzig Jahre bei Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren, 3. zehn Jahre bei Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren, 4. fünf Jahre bei Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und bei Geldstrafe von mehr als dreißig Tagessätzen, 5. drei Jahre bei Geldstrafe bis zu dreißig Tagessätzen. (4) Die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung und der unbefristeten Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3) verjähren nicht. Die Verjährungsfrist beträgt 1. fünf Jahre in den sonstigen Fällen der Führungsaufsicht sowie bei der ersten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. 2. zehn Jahre bei den übrigen Maßnahmen. (5) Ist auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe zugleich oder ist neben einer Strafe auf eine freiheitsentziehende Maßregel, auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung erkannt, so verjährt die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßnahme nicht früher als die der anderen. Jedoch hindert eine zugleich angeordnete Sicherungsverwahrung die Verjährung der Vollstreckung von Strafen oder anderen Maßnahmen nicht. (6) Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung. Schrifttum Mainz Vollstreckungsverjährung bei Führungsaufsicht, NStZ 1989 61; Oppe Einige Fragen der Strafvollstreckungsverjährung, NJW 1959 1358; s. ferner Vor § 78.
Entstehungsgeschichte Bezeichnung bis 1974: §§ 66, 70. Fassung durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG, Art. 18 Nr. 48 EGStGB. Änderung des Absatzes 2 durch Art. 2 Nr. 4 Gesetz zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254). Neufassung des Abs. 4 m.W. v. 18.4.2007 durch Art. 1 Nr. 14 Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13.4.2007 (BGBl. I S. 513). Durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) erfolgte die redaktionell bedingte Streichung des Begriffs „Verfall“ in Absatz 5 Satz 1 (BTDrucks. 18/9525 S. 74). Greger/Weingarten https://doi.org/10.1515/9783110491302-039
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1. Rechtsnatur. Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung. Die Vollstreckungs- 1 verjährung schließt nach dem Ablauf bestimmter Fristen die Durchsetzung derjenigen rechtskräftig erkannten Strafen und Maßnahmen aus, welche der Verjährung unterliegen (Absatz 1). Wie die Vollstreckung selbst, so gehört auch die Vollstreckungsverjährung dem Verfahrensrecht an (Maurach/Gössel/Zipf § 76 III Rdn. 36; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 1; Jescheck/Weigend § 86 Fn. 1; s. dazu Vor § 78 Rdn. 7 ff). Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung schließen sich gegenseitig aus. Die 2 Vollstreckungsverjährung setzt stets unmittelbar nach dem Ende der Verfolgungsverjährung ein, so dass es eine verjährungsfreie Zeitspanne nicht gibt (§ 78 Rdn. 8). Doch kann bei Teilrechtskraft die Vollstreckungsverjährung bereits bezüglich der rechtskräftig verhängten Rechtsfolgen in Gang gesetzt sein, während im Übrigen noch die Verfolgungsverjährung läuft (aber im Ablauf evtl. gehemmt ist); vgl. § 78 Rdn. 3, 8. Wird die Rechtskraft des verurteilenden Erkenntnisses etwa durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigt, endet die Vollstreckungsverjährung; es beginnt alsdann eine neue Verfolgungsverjährung (§ 78 Rdn. 10 ff). 2. Keiner Vollstreckungsverjährung unterliegt die lebenslange Freiheitsstrafe 3 (Absatz 2). Trifft mit der lebenslangen eine zeitige Freiheitsstrafe zusammen, so kann die zeitige Strafe selbständig verjähren, falls nicht § 79a Nr. 3 eingreift. Nach Absatz 4 Satz 1 verjähren ferner die Sicherungsverwahrung und die unbefristete Führungsaufsicht nicht. Der in § 79 Abs. 2 in der Fassung vom 13.11.1998 bestimmte Ausschluss der Vollstreckungsverjährung für Strafen wegen Völkermords ist nunmehr spezialgesetzlich in § 5 VStGB geregelt. Dieser sieht vor, dass die Vollstreckung von Strafen wegen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch nicht verjährt (§ 78 Rdn. 6). Für die in §§ 14 und 15 VStGB pönalisierten Vergehen gelten hingegen nach § 2 VStGB die allgemeinen Verjährungsfristen (§ 79 Abs. 3). Rechtsfolgen der Tat, die ihrer Natur nach keiner Vollstreckung bedürfen, wie das Berufsverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis sind ebenfalls von der Verjährung ausgenommen. Für sie sieht das Gesetz häufig die Aufhebung, Abkürzung oder Aussetzung durch eine besondere gerichtliche oder behördliche Entscheidung vor (vgl. etwa §§ 45b, 70a StGB). 3. Beginn. Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung (Absatz 6). 4 Da es sich um Vollstreckungsverjährung handelt, kommt es auf den Eintritt der Vollstreckbarkeit des Erkenntnisses an. Mithin ist nicht die Rechtskraft des Schuldspruchs, sondern die des Strafausspruchs entscheidend (§ 78 Rdn. 8). Gesamtstrafen nach § 53 StGB beginnen mit Rechtskraft der Gesamtstrafe, nicht der zugrunde liegenden Einzelstrafen, zu verjähren (BGHSt 30 232; RGSt 60 206, 207). Ebenso verhält es sich, wenn eine nachträgliche Gesamtstrafe nach § 460 StPO gebildet ist oder wenn rechtskräftig erkannte Strafen gemäß § 55 StGB in einem neuen Urteil einbezogen sind. Auch hier beginnt die Vollstreckungsverjährung mit Rechtskraft der Entscheidung, welche die Gesamtstrafe gebildet hat (OLG Düsseldorf MDR 1993 169; OLG Zweibrücken NStZ 1991 454; Lackner/Kühl Rdn. 3; Saliger NK Rdn. 14; Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 3; Wolter SK Rdn. 3). Denn die endgültige Ahndung der begangenen Taten steht erst in diesem Zeitpunkt fest. Die für die rechtskräftigen Einzelstrafen verstrichenen Verjährungszeiträume verlieren, wie die Einzelstrafen selbst, damit ihre Bedeutung. Ebenso bestimmt sich die Dauer der nach Absatz 3 maßgebenden Verjährungsfrist allein nach der Höhe der Gesamtstrafe (BGHSt 30 232, 234; 34 304, 307; Wolter SK Rdn. 4).
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Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen im Einzelfall nichts anderes bestimmen (§ 1 Abs. 3 IRG), kommt es bei der Vollstreckung eines ausländischen Urteils nicht auf die Exequaturentscheidung des deutschen Gerichts nach § 55 Abs. 1 IRG, mit der ein ausländisches Urteil in Deutschland für vollstreckbar erklärt wird, sondern wegen des rechtshilferechtlichen Charakters der Vollstreckungsübernahme auf den Eintritt der Rechtskraft des ausländischen Rechtsfolgenausspruchs an (OLG Köln NStZ-RR 2011 249; Saliger NK Rdn. 5). Liegen gewichtige Indizien dafür vor, dass der ausländische Vollstreckungsanspruch infolge Vollstreckungsverjährung nach dortigem Recht – oder infolge anderer dauerhafter Vollstreckungshindernisse – entfallen sein könnte, ist angesichts der Bedeutung des Freiheitsgrundrechts auf eine entsprechende Klärung durch den Urteilsstaat hinzuwirken (BVerfG StV 2017 244, 245; vHH/Dallmeyer Rdn. 5). Führungsaufsicht nach § 68f Abs. 1 Satz 1 beginnt mit der Entlassung aus dem Strafvollzug zu verjähren (LG Bamberg BeckRS 2011 18125 m.w.N.). Zur Teilrechtskraft s. § 78 Rdn. 8. 5
4. Die Frist bemisst sich nicht nach der abstrakten Strafandrohung, sondern ausschließlich nach der im Einzelfall konkret verhängten Rechtsfolge. Ihre Berechnung geschieht in derselben Weise wie bei der Verfolgungsverjährung. Der Tag der Rechtskraft ist der erste Tag der Vollstreckungsverjährung; die Frist läuft mit dem Ende des Tages ab, dessen Datum dem Tag des Fristbeginns vorhergeht. Die Dauer der Verjährungsfrist ist für die Hauptstrafen fünffach gestaffelt. Anknüpfungspunkt ist allein die verhängte Strafe. Anrechnungsvorschriften (§ 51) und nachträgliche Gnadenerweise bleiben außer Betracht (Fischer Rdn. 4; Wolter SK Rdn. 4). Für verjährende Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) setzt das Gesetz in Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 eine einheitliche Verjährungsfrist von zehn Jahren fest, die nur im Falle der ersten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und für die (befristete) Führungsaufsicht auf fünf Jahre verkürzt ist (Absatz 4 Nummer 1). Dies gilt sowohl für die gerichtlich angeordnete als auch für die gesetzliche Führungsaufsicht (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 7; Wolter SK Rdn. 2; aA Fischer Rdn. 5).
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5. Absatz 5 entspricht § 71 StGB a.F. (s. schon KG GA 1909 341) und regelt die Fristenkonkurrenz. Ist in einem Urteil auf verschiedenartige Strafen oder auf Strafen und bestimmte Maßnahmen erkannt, läuft die Verjährungsfrist für alle Rechtsfolgen einheitlich im spätesten der in Betracht kommenden Zeitpunkte ab. Dabei sind Ruhen oder Verlängerung der Frist (§§ 79a, 79b) sowie ein unterschiedlicher Beginn zu berücksichtigen (vgl. Fischer Rdn. 6). Wegen der Unverjährbarkeit der Anordnung von Sicherungsverwahrung (Absatz 4 Satz 1) verjähren allerdings neben ihr verhängte Strafen und Maßnahmen gemäß Absatz 5 Satz 2 selbstständig. Dasselbe gilt für Einziehung und Unbrauchbarmachung neben einer Verwarnung mit Strafvorbehalt (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 8). Sofern in einem Urteil wegen mehrerer Taten ohne Gesamtstrafenbildung mehrere selbstständige Freiheitsstrafen oder Geldstrafen verhängt sind, greift Absatz 5 nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht ein; wenn eine der Freiheitsstrafen vollstreckt wird, gilt für die andere aber § 79a Nr. 3. Nicht anwendbar ist die Vorschrift, wenn und soweit eine der verhängten Sanktionen bereits vollständig vollstreckt ist. Die Fiktion der Fortexistenz einer bereits erledigten Strafe oder Maßnahme vermag als „leere Hülle“ die Verlängerung der Verjährung der noch nicht vollstreckten Sanktion nicht zu begründen (OLG Hamburg wistra 2011 152, 254; OLG Dresden BeckRS 2012 15505; Saliger NK Rdn. 11).
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6. Recht des Einigungsvertrages. Die Vollstreckungsverjährung und ihr Ruhen waren in der DDR in §§ 360, 361 StPO-DDR geregelt. Die Übergangsregelung enthält Greger/Weingarten
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Art. 315a EGStGB. Danach ist zunächst maßgebend, ob die Vollstreckungsverjährung am Tage des Beitritts noch nicht eingetreten war. Lief die nach dem Recht der DDR zu beurteilende Vollstreckungsverjährung an diesem Tag noch, ist von nun an § 79 ff StGB anzuwenden; insbesondere gelten die von der Rechtskraft des Urteils an zu berechnenden Fristen des StGB, ferner ist das Ruhen der Verjährung für die Zeit nach dem Beitritt nach § 79a zu beurteilen (näher s. Vorauflage Schmid LK12 § 78c Rdn. 38 ff).
§ 79a Ruhen 5. Abschnitt – Verjährung RuhenGreger/Weingarten § 79a https://doi.org/10.1515/9783110491302-040
1. 2.
3.
Die Verjährung ruht, solange nach dem Gesetz die Vollstreckung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann, solange dem Verurteilten a) Aufschub oder Unterbrechung der Vollstreckung, b) Aussetzung zur Bewährung durch richterliche Entscheidung oder im Gnadenwege oder c) Zahlungserleichterung bei Geldstrafe oder Einziehung bewilligt ist, solange der Verurteilte im In- oder Ausland auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Schrifttum s. Vor § 78 und zu § 78b.
Entstehungsgeschichte Nach altem Recht war ein Ruhen der Vollstreckungsverjährung nur in § 24 Abs. 3, § 26 Abs. 3 StGB a.F. (während der Strafaussetzung zur Bewährung) vorgesehen. Fassung der jetzigen Vorschrift durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG, Art. 18 Nr. 49 EGStGB. Durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) erfolgte die redaktionell bedingte Streichung des Begriffs „Verfall“ in Nummer 2 Buchstabe c (BTDrucks. 18/9525 S. 74). 1. Allgemeines. Die Vollstreckungsverjährung ruhte nach früherem Recht nur wäh- 1 rend der Strafaussetzung zur Bewährung und nach bedingter Entlassung (§ 24 Abs. 3, § 26 Abs. 3 StGB a.F.). Dies hatte zu Streitfragen über die Möglichkeiten analoger Anwendung der Ruhensvorschriften, insbesondere für den Fall der Vollstreckungsaussetzung im Gnadenwege, geführt (KG JR 1957 113; LG Wuppertal NJW 1958 878; Oppe NJW 1959 1358). Das geltende Recht, an dessen Verfassungsmäßigkeit keine Zweifel bestehen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 4.2007 – 2 BvR 1323/06), hat als Ersatz für die weggefallene Möglichkeit der Verjährungsunterbrechung (E 1962 S. 261) die Ruhensgründe wesentlich erweitert, aber auch abschließend aufgezählt. Die Wirkung des Ruhens besteht wie bei der Verfolgungsverjährung darin, dass die 2 Verjährungsfrist zu laufen aufhört, bis der Grund des Ruhens wegfällt. Danach setzt sich die alte Frist mit dem noch nicht verbrauchten Rest fort. Die Tage des Eintritts und des Wegfalls des Ruhensgrundes zählen noch zu dem Zeitraum, in dem die Verjährung ruht. Das Ruhen der Verjährung einer Strafe oder Maßnahme kann nach § 79 Abs. 5 zu einer Verschiebung der Fristen für die anderen verhängten Rechtsfolgen führen (§ 79 Rdn. 6). 653 https://doi.org/10.1515/9783110491302-040
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2. Mit dem Ruhensgrund der Nummer 1 knüpft das Gesetz an § 78b an (E 1962 S. 261). Rechtliche Hindernisse, die dem Beginn oder der Fortsetzung der Vollstreckung von Gesetzes wegen entgegenstehen, sind die Abgeordnetenimmunität (Fischer Rdn. 3) und die fehlende Bewilligung im Auslieferungsverkehr (vgl. BayObLGSt 1956 65). Nach h.M.1 soll hierzu auch der Strafausstand gemäß § 455 Abs. 1 und Abs. 2 StPO zählen, der jedoch einer – wenn auch gebundenen – Entscheidung bedarf und daher Nummer 2a) zuzuordnen ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 4.4.2007 – 2 BvR 1323/06; Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 2, 4). Unstreitig sind Umstände wie etwa Flucht oder Verborgenhalten, die die Vollstreckung nur tatsächlich verunmöglichen, keine Ruhensgründe (Sch/ Schröder/Bosch Rdn. 2). Die Nummer 2 sieht das Ruhen der Verjährung für die Zeiträume vor, in denen die 4 Vollstreckung auf Grund richterlicher oder behördlicher Entscheidung, gleich ob gebunden oder in Ermessenssausübung, nicht betrieben wird. Daraus folgt zugleich, dass allein auf die zu vollstreckende Sache abzuheben ist; unerheblich bleibt, ob dem Verurteilten in anderen Verfahren etwa Gnadenerweise zuteil geworden sind (Mainz NStZ 1989 61). Es ruhen zudem nur die Verjährungsfristen derjenigen Strafen und Maßnahmen, auf die sich die Vergünstigungen nach Nummer 2 beziehen (OLG Hamburg wistra 2011 152, 153 f; Lackner/Kühl Rdn. 2; aA LG Lübeck, Beschluss vom 5.2.2014 – 7 AR 3/14 –). Demnach wirkt sich das Ruhen der Vollstreckungsverjährung einer Freiheitsstrafe nicht auf die Einziehung von Taterträgen aus (OLG Hamburg aaO; aA LG Lübeck aaO). Andererseits aber wirkt die Aussetzung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe zugleich für die zugrunde liegende Geldstrafe (OLG Zweibrücken NStE StGB § 79a Nr. 1). Nach Buchstabe a fällt darunter jeder Aufschub und jede Unterbrechung der Vollstreckung (§ 360 Abs. 2, §§ 455 bis 456a, § 458 Abs. 3 StPO; §§ 19, 45, 46 StVollstrO), auch durch die Anstaltsleitung (Pohlmann/Jabel/Wolf Strafvollstreckungsordnung 9. Aufl. [2015] § 46a Rdn. 6) oder im Gnadenwege. Trotz des abweichenden Wortlauts stellt sich ein Absehen von der Vollstreckung gemäß § 456a StPO der Sache nach als Unterbrechung der Vollstreckung dar (OLG München NStZ-RR 2014 158, 159), so dass die Verjährungsunterbrechung auch in diesen Fällen ruht.2 Dies korrespondiert mit den präventiven Zwecken des § 456a StPO.3 Erfasst ist ferner die Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG.4 Ausführungen des Gefangenen, Hafturlaube, die vorzeitige Entlassung vor Wochenenden und Feiertagen und alle sonstigen Vollzugslockerungen, welche die Strafzeitberechnung nicht verändern (vgl. BGH NStZ 1982 396), bringen die Vollstreckungsverjährung hingegen nicht zum Ruhen.5 Die Verjährung einer Strafe oder Maßnahme ruht nach Buchstabe b ferner in der 5 Zeit, in der die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist. Gleichgültig ist, ob Gericht oder Gnadenbehörde die Aussetzung angeordnet haben. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob die Entscheidung zugleich mit dem Urteil ergangen ist (§§ 56, 67b) oder nachträglich getroffen wurde (§§ 57, 57a, 67 Abs. 5, 67c Abs. 1, 67d Abs. 2, 67e). Erfasst ist deshalb auch die Strafaussetzung zur Bewährung nach § 36 BtMG. Das Ruhen endet mit dem Ablauf der (ggf. verlängerten) Bewährungszeit (§ 56a, § 56f Abs. 2 Nr. 2).6 Widerruft das Ge-
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1 Fischer Rdn. 3; Lackner/Kühl Rdn. 2; SSW/Rosenau Rdn. 2; Saliger NK Rdn. 2; Wolter SK Rdn. 2. 2 Wolter SK Rdn. 2; aA Saliger NK Rdn. 4; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 4. 3 Hierzu: Groß jurisPR-StrafR 23/2008 Anm. 2 (Anm. zu OLG Stuttgart Beschluss vom 15. September 2008 – 2 Ws 252/08 –). 4 Vgl. LG Ellwangen NStZ-RR 1998 274, 275. 5 Saliger NK Rdn. 4; SSW/Rosenau Rdn. 7; Wolter SK Rdn. 2. 6 LG Münster NStE Nr. 2 zu § 79a StGB; Lackner/Kühl Rdn. 2; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 5.
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richt zuvor die Aussetzung zur Bewährung, endet das Ruhen mit Rechtskraft dieser Entscheidung (OLG Hamm NStZ 1984 237). Nach Buchstabe c ruht die Vollstreckungsverjährung schließlich, solange Zah- 6 lungserleichterungen bei Geldstrafe, Verfall oder Einziehung bewilligt sind. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die Zahlungserleichterung im Urteil oder später zugestanden wurde und ob das Gericht oder die Vollstreckungsbehörde sie bewilligt hat (vgl. § 42 StGB, § 459a StPO). Die Anordnung des Gerichts nach § 459d StPO, dass die Vollstreckung der Geldstrafe unterbleibe, stellt dagegen keine unter § 79a fallende Maßnahme dar. Sie dient der Wiedereingliederung des Täters und ist endgültig (Appel KK § 459d Rdn. 4); für ein Ruhen der Verjährung ist daher kein Raum. Die Nummer 3 ordnet das Ruhen der Vollstreckungsverjährung für die Zeit an, in 7 der der Verurteilte im In- oder Ausland auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Diese Voraussetzung ist bei jeder Art von Freiheitsentziehung erfüllt, weil in dem betreffenden Zeitraum die Strafvollstreckung nicht möglich ist. Daher genügt z.B. auch eine Unterbringung nach den Landesunterbringungsgesetzen (Sch/Schröder/Bosch Rdn. 7), wegen der Freiwilligkeit der Durchführung nicht jedoch die in einer stationären Therapie nach § 35 BtMG (vgl. insoweit aber Rdn. 4).7 Kein Ruhen bewirkt die Strafvollstreckung in derselben Sache.8 § 79a lässt die Verjährungsfrist stillstehen, soweit aus Rechtsgründen der Vollzug der Strafe oder Maßnahme nicht möglich ist. Das wird häufig infolge Strafvollstreckung in anderer Sache der Fall sein; hierauf ist die Nummer 3 zugeschnitten (E 1962 S. 261). Die Verjährung soll stillstehen, wenn das Verfahren nicht gefördert werden kann. Der Vollzug der Strafe in der anstehenden Sache verwirklicht jedoch gerade die im Straferkenntnis getroffene Anordnung; dies ist die stärkste Form einer Verfahrensförderung, nicht hingegen ein Fall, auf den das Institut des Ruhens seinem Grundgedanken nach zutrifft. Der Hinweis der h.M., dass nach § 79 Nr. 2 die im anstehenden Verfahren getroffenen Maßnahmen zum Ruhen der Verjährung führten und dies bei der Nummer 3 nicht anders sein könne, geht fehl. Er vergleicht Unvergleichbares und verkennt den Inhalt der jeweiligen Maßnahme. Denn im Falle der Nummer 2 ergeht eine Entscheidung, welche dazu führt, von der Vollstreckung Abstand zu nehmen. Diese hindert also die Verwirklichung der im Urteil angeordneten Rechtsfolgen und rechtfertigt dadurch Auswirkungen auf den Lauf der Verjährungsfrist. Für die Vollstreckung der anstehenden Sache trifft das alles nicht zu. Nur auf den ersten Blick von Gewicht erscheint ferner das Argument, dass kein Verurteilter wegen Vollstreckungsverjährung aus der Haft entlassen werden sollte, der sie möglicherweise gerade erst angetreten hat. Dass Verjährung während eines schwebenden Verfahrens eintreten kann, ist keine Besonderheit, vielmehr vom Gesetzgeber gesehen. Er hat diesen Umstand aber lediglich zum Anlass genommen, in bestimmten Fällen Missbräuchen einen Riegel vorzuschieben (§ 78b Abs. 4); am Prinzip hat er nichts geändert. Billigkeitsempfindungen, die in der Auffassung der h.M. durchscheinen, sind im Recht der Verjährung nicht angebracht und können durch geeignete Fallbeispiele im Übrigen leicht entkräftet werden. So lässt sich füglich fragen, welcher rechtlich sinnvolle Zweck verfolgt wird, wenn der nach knapp 25 Jahren gefasste Ausbrecher nach erhebli-
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7 Wolter SK Rdn. 2; aA LG Ellwangen NStZ-RR 1998 274; Körner/Patzak/Volkmer/Fabricius Betäubungsmittelgesetz § 35 Rdn. 16; offen Lackner/Kühl Rdn. 2; Sch/Schröder/Bosch Rdn. 7; Fischer Rdn. 5. 8 Lemke NK2 Rdn. 6; van Laak StV 2005 296; wohl auch Saliger NK Rdn. 8; aA KG JR 1987 31; OLG Hamm NStZ 1984 237; Beschluss vom 26.2.2008 – 3 Ws 65/08 –; OLG Stuttgart NStZ 2004 404; OLG Köln, Beschluss vom 13.8.2004 – 2 Ws 386/04 –; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.3.2012 – III-1 Ws 108/12 –; Fischer Rdn. 5; Wolter SK Rdn. 3; offen OLG Hamburg wistra 2011 152, 153.
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cher Teilverbüßung noch seine Restfreiheitsstrafe verbüßen muss, während etwa der zu keinem Zeitpunkt in Haft befindliche Verurteilte, der überhaupt nicht oder kurze Zeit später ergriffen werden konnte, auf den ungehinderten Ablauf der Verjährung zählen darf. Sind allerdings in einem Urteil mehrere Freiheitsstrafen verhängt (lebenslange und zeitige Freiheitsstrafe oder mehrere Gesamtfreiheitsstrafen), so ruht die Verjährung der einen Strafe während des Zeitraums, in dem die andere vollzogen wird. Da in einem solchen Fall rechtlich nur die Vollstreckung jeweils einer der erkannten Strafen möglich ist, schlägt der Regelungsgedanke der Nummer 3 durch.
§ 79b Verlängerung 5. Abschnitt – Verjährung Verlängerung Greger/Weingarten § 79b https://doi.org/10.1515/9783110491302-041
Das Gericht kann die Verjährungsfrist vor ihrem Ablauf auf Antrag der Vollstreckungsbehörde einmal um die Hälfte der gesetzlichen Verjährungsfrist verlängern, wenn der Verurteilte sich in einem Gebiet aufhält, aus dem seine Auslieferung oder Überstellung nicht erreicht werden kann. Schrifttum Spezialliteratur zu dieser Vorschrift ist nicht vorhanden.
Entstehungsgeschichte Die Bestimmung ist, ohne Vorbild im früheren Recht, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 2. StrRG. 1
1. Zweck. Die Vorschrift tritt für gewisse Fälle an die Stelle des früheren § 72, der die Unterbrechung der Vollstreckungsverjährung vorsah (dazu OLG Köln JMBlNRW 1967 247). Ihr Zweck besteht darin, flüchtigen Verurteilten die Ausnutzung der Besonderheiten des grenzüberschreitenden Rechtshilfeverkehrs zu erschweren (E 1962 S. 261). Dazu kann die Verjährungsfrist durch Gerichtsentscheidung einmal verlängert werden.
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2. Voraussetzung. Voraussetzung ist, dass sich der Verurteilte außerhalb des Bundesgebietes aufhält und sein Aufenthaltsort bekannt, eine Auslieferung oder Zulieferung aber nicht erreichbar ist. Die zuletzt bezeichnete Voraussetzung kann vorliegen, wenn mit dem Aufenthaltsstaat kein Rechtshilfeverkehr stattfindet, die Auslieferung nach dem Recht des fremden Staates unzulässig ist oder verweigert wird oder wenn die Regierung des anderen Staates bestehenden Verpflichtungen zuwiderhandelt. Ist ein Auslieferungsersuchen nach der bisherigen Regierungspraxis nicht von vornherein aussichtslos, muss es gestellt sein.1 Während eines laufenden Auslieferungsverfahrens kommt eine Verlängerung der Verjährungsfrist in Betracht, wenn eine Auslieferung zwar weder tatsächlich noch rechtlich ausgeschlossen, eine Entscheidung des ersuchten Staates über das laufende Auslieferungsersuchen aber innerhalb der Vollstreckungsverjährungsfrist nicht mehr zu erreichen ist.2
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Vgl. OLG Bremen StraFo 2017 36, 37; Fischer Rdn. 2. OLG Stuttgart NStZ 2004 404; Fischer Rdn. 2.
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Befindet sich der Verurteilte auf Grund einer in anderer Sache erteilten beschränkten Auslieferungsbewilligung in der Bundesrepublik, kann die Vollstreckungsbehörde zwar ohne Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz die Erweiterung der Bewilligung betreiben (BayObLGSt 1956 65). Für einen Antrag nach § 79b fehlt es aber an der räumlichen Abwesenheit des Verurteilten (aA wohl Pohlmann/Jabel/Wolf § 20 Rdn. 5). 3. Entscheidung. Es entscheidet auf Antrag der Vollstreckungsbehörde das Gericht 3 (§ 462 Abs. 1 Satz 2 StPO). Dies ist, sofern nicht die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer gegeben ist (s. § 462a Abs. 1 Satz 2; Abs. 4 StPO), das Gericht des ersten Rechtszuges (§ 462a Abs. 2). Es muss seine Entscheidung vor dem Ablauf der Verjährungsfrist treffen; der Eintritt der Rechtskraft innerhalb der Frist ist nicht erforderlich.3 Der Fristablauf ist unter Beachtung des § 79a zu ermitteln. Dass der Fristenlauf geruht hat oder noch ruht, steht der Entscheidung nicht entgegen. Die Entscheidung hat auf Verlängerung der Verjährungsfrist um einen bestimmten Zeitraum zu lauten; dieser muss die Hälfte der gesetzlichen Verjährungsfrist im konkreten Fall betragen. Die Verlängerung auf einen bestimmten, datumsmäßig festgelegten Tag zu begrenzen, wäre unrichtig, da auch die verlängerte Frist gemäß § 79a ruhen, ihr Endpunkt sich mithin verschieben kann. In der Sache hat das Gericht seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu 4 treffen. Nach dieser Ausnahmevorschrift – Ermessensentscheidungen sind dem Verjährungsrecht an sich fremd – ist maßgeblich auf vollstreckungsverfahrensrechtlich bedeutsame Umstände abzustellen. So kann eine Verlängerung der Vollstreckungsverjährung etwa dann ausscheiden, wenn die fristgerechte Strafvollstreckung an der Untätigkeit der zuständigen Behörde gescheitert ist (OLG Karlsruhe StraFo 2017 162, 163). Auch die Höhe der zu vollstreckenden Strafe, die seit Rechtskraft verstrichene Zeit sowie eine gezielte Flucht des Verurteilten sind berücksichtigtungsfähige Aspekte (OLG Bremen StraFo 2017 36, 37). Hingegen ist der Gesichtspunkt eines fortdauernden Strafbedürfnisses (OLG Bremen aaO), abgesehen von seiner Unbestimmtheit, nur auf der Grundlage der materiell-rechtlichen oder der gemischten Verjährungstheorie verwertbar (dazu Vor § 78 Rdn. 7 ff; § 79 Rdn. 1). Gewicht bei der Ermessensentscheidung sollen nach der Rechtsprechung aber gleichwohl der Bedeutung der Tat, dem Allgemeinverhalten des Verurteilten nach der Tat wie auch seinen derzeitigen Lebensumständen zukommen (OLG Bremen aaO; OLG Stuttgart NStZ 2004 404). Bei der Verhaltensbeurteilung soll danach insbesondere in die Erwägungen einzustellen sein, ob sich der Verurteilte gezielt der Vollstreckung entzogen hat, ob er Bemühungen zur Wiedergutmachung entfaltet hat (OLG Bremen aaO) oder ob das Verhalten des Verurteilten, seine Flucht und seine im Ausland entfaltete Aktivitäten im Inland friedensstörend wirken (dazu OLG Hamm NStZ 1991 186). Bei einem verurteilten Erpresser, der die Beute in das Ausland geschafft hat und von dort durch Interviews auf sich aufmerksam macht, ist das der Fall.
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Sachregister
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Sachregister Sachregister https://doi.org/10.1515/9783110491302-042 A Abgeordnete 78b 5 Abkürzung der Sperrfrist 69 28 Ablaufhemmung 78b 13 ff Einstellungsurteile 78b 16 Voraussetzung 78b 14 Wirkung 78b 15 Absehen von Strafe 76a 25 f Abtreibung 78a 5 Abtrennung Vor 73 54 Abweichungsverbot 69 21 Abwesenheit des Angeschuldigten Fahrerlaubnisentziehung 69 6 Verjährungsunterbrechung 78c 34 Achtungspflicht 69 30 Amnestie 71 12 Amtsträger 77a 13 Angehörige 70 28 Anklage 78c 30 Anknüpfungstat 73 12 ff Beteiligungsform 73 16 erweiterte Einziehung 73a 34 ff Irrtum 73 14 nachträgliche Gesamtstrafe 73 17 rechtswidrige Tat 73 12 Strafausschließungsgründe 73 15 Tatbestandsirrtum 73 14 Verbotsirrtum 73 14 Versuch 73 13 Vorbereitungshandlung 73 13 Vorsatz 73 12 Anlasstat 69 42 ff Ausnutzung des Besitzes 69 67 äußerlicher Zusammenhang 70 30 Begriff 69 42 bei Gelegenheit 69 66 Beifahrer 69 72 Berufsbezug 70 24 ff Berufsverbot 70 20 ff, 70 70 Bewährung 69 78 Führen eines Kraftfahrzeuges 69 50 ff, s.a. dort Gewerbebezug 70 24 ff grobe Pflichtverletzung 70 34 ff Jugendstrafverfahren 69 79 Konkretisierungen 69 44 ff Kraftfahrzeug 69 44 ff, s.a. dort Missbrauch des Berufs/Gewerbes 70 33 Nicht-Katalogtaten 69 162 ff, s.a. dort Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen 70 37 Nichtverurteilung des Täters 69 80 ff, 70 23 Personenidentität 69 70 ff
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Pflichtverletzungen 69 73 ff rechtswidrige Tat 69 43, 70 20 Schuldunfähigkeit 69 80 ff Tatentschluss nach der Fahrt 69 69 Tätigkeitszusammenhang 70 29 ff taugliche ~ 69 63 f Verkehrsstraftaten 69 63 Verurteilung des Täters 69 77 ff, 70 21 f Zusammenhang, funktionaler 69 61, 69 65 ff Zusammenhang, verkehrsspezifischer 69 62 Zusammenhangstat 69 64 Anschleppen 69 57 Anschlusssperre 69a 7 Anstaltsverwahrung 70 92 Antragsberechtigte 77 1 ff, 77 23 ff andere ~ 77 37 Antragsfrist 77b 10 Dienstvorgesetzte 77a 1 ff, s.a. dort Dienstvorgesetzte, mehrere 77a 7 f Mehrheit 77 59 Mehrheit von Personen 77 2 relative Antragsdelikte 77 3 Verfahren nach Antragstellung 77 5 Verletzte 77 23 ff, s.a. dort Antragsdelikte Strafantrag Vor 77 4 ff wechselseitig begangene Taten 77c 3 Antragsfrist 77b 1 ff Beginn 77b 5 ff Dauer 77b 3 Fristwahrung 77b 4 gesetzliche Vertretung 77b 13 Kenntnis 77b 7 Kenntnis des Antragsberechtigten 77b 10 Möglichkeit der Antragstellung 77b 12 Person des Täters 77b 9 Ruhen des Fristenlaufs 77b 16 Übergang des Antragsrechts 77b 15 Verschiebung 77c 5 wechselseitig begangene Taten 77c 5 Wirkung 77b 2 Zweck 77b 1 Antriebskräfte 69 58 Anwartschaftsrechte 74 43 Approbation 70 59 Ärzte 70 59 Aufbauseminare 69 154 Auflagen 69 31 Aufwendungsersatz 73d 6 ff Auslagen 69 292 ff Ausländer 77 45 ausländische Fahrerlaubnis Anrechnung 69b 34
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Entziehung 69b 29 Entziehungswirkung 69b 30 ff Entziehungswirkung im Ausland 69b 33 Fahreignungsregister 69b 41 Fahrerlaubnis 69b 22 ff Fahrerlaubnisentziehung 69b 1 ff, 69b 8 Fahrverbot 69b 34 Führerscheinbeschlagnahme 69b 38 f Inhaber inländischer Fahrerlaubnisse 69b 28 MiStra 69b 42 Mitteilungspflichten 69b 42 NATO-Streitkräfte 69b 25 ohne Fahrberechtigung 69b 26 f Registrierung 69b 41 Vermerk im ausländischen Führerschein 69b 36 f vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69b 40 Auslieferung 78b 4 Auslieferungsersuchen 78b 21 ff Auslieferungsrecht Vor 78 3 Ausnahmefall 69 135 ff Ausschlussfrist 73e 8 Aussetzung 70a 1 ff Anordnung 70a 11 ff Aussetzungswiderruf 70b 1 ff, s.a. dort Bewährungshilfe 70a 20 f Bewährungszeit 70a 17 ff Einrechnung 70a 9 Ermessen 70a 11 Folgen 70a 15 nachträgliche Umstände 70a 4 ff Prüfungsfristen 70a 12 Verfahren 70a 14 Voraussetzungen 70a 3 ff Voraussetzungen, zeitliche 70a 8 Wegfall der Gefahr 70a 4 ff Weisungen 70a 20 f Wirkung 70a 15 ff Zuständigkeit 70a 14 Aussetzungswiderruf 70b 1 ff Abänderung der Verbotsfrist 70b 20 Ablauf der Bewährungszeit 70b 3 Anordnung 70b 17 ff Begehung neuer Taten 70b 6 ff bekannt gewordene Versagungsgründe 70b 12 berufs-/gewerbebezogene Taten 70b 9 Bewährungshilfeverstoß 70b 11 erbrachte Leistungen 70b 23 Ermessen 70b 17 Folgen 70b 21 f Gefahrenprognose 70b 13 ff Unschuldsvermutung 70b 8 Verbotsfrist 70b 21 Verfahren 70b 28
Verhältnismäßigkeit 70b 18 Verlängerung der Bewährungszeit 70b 19 Voraussetzungen 70b 2 ff Weisungsverstoß 70b 10 weniger einschneidende Maßnahmen 70b 18 f Widerrufsgründe 70b 4 ff Wirkung 70b 21 ff Zuständigkeit 70b 28 B Bagatelltaten Einziehung von Taterträgen Vor 73 52 Regelbeispiele 69 139 Bankrott 78a 5 Beamte 70 18 f bedingter Vorsatz 74a 22 Bedingung der Strafbarkeit 78a 15 Beifahrer Anlasstat 69 72 Eigenverantwortlichkeit 69 54 Belehrungspflicht 69 263 Beleidigung 77 25 Bereicherungskette Erbschaftsfälle 73b 36 Verschiebungsfälle 73b 25 Bereicherungszusammenhang 73b 27 Berücksichtigungsverbot 69 16, 69 20 Beruf 70 25 Angehörige 70 28 Zulassung 70 27 Berufskriminalität 70 81 berufsrechtlicher Überhang 70 69 Berufsrichter 77a 11 Berufsverbot 70 1 ff Ablauf der Bewährungszeit 70b 24 f allgemeine Äußerungen 70 12 Anlasstat 70 20 ff, 70 70, s.a. dort Anordnung 70 3, 70 52 ff Anstaltsverwahrung 70 92 Approbation 70 59 Ärzte 70 59 Aufschiebung 70 90 außerstrafrechtliche Maßnahmen 70 57 ff Aussetzung 70a 1 ff, s.a. dort Aussetzungswiderruf 70b 1 ff, s.a. dort Beamte 70 18 f bedingte Aufhebung 70a 1 befristetes ~ 70 78 f Begründung 70 85 f Berufskriminalität 70 81 berufsrechtlicher Überhang 70 69 Bestimmtheit 70 73 ff Bewährung 70a 1 ff Bewährungszeit 70a 17 ff
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Dauer 70 78 ff ehrengerichtliche Ausschließung 70 58 Einrechnung 70 82 ff Erledigung 70b 24 ff Erledigungserklärung 70b 24 Ermessen 70 52 ff, 70 64 Folgen 70 87 ff Gefahr weiterer Taten 70 39 ff, s.a. dort gesonderte Anfechtung 70 95 Heranwachsende 70 9 Hinweispflicht 70 93 Jugendliche 70 9 juristische Personen 70 9 klarstellende Zusätze 70 76 Kriminalstatistik 70 6 lebenslanges ~ 70 80 Medienangehörige 70 10 ff Mindestdauer 70a 2 Mindestmaß 70 82 neutrale Delikte 70 11 Notare 70 18 notwendige Verteidigung 70 94 politische Delikte 70 13 ff, 70 16 Rechtsanwälte 70 60 Rechtskraft 70 89 Rechtsmittel 70 95 Schutz der Allgemeinheit 70 54 Sicherungsverwahrung 72 30 Spezialprävention 70 2 Strafzumessung 70 65 streitbare Demokratie 70 14 Strohmann 70 88 Tätigkeiten 70 8 Übermaßverbot 70 56 überragendes Gemeinschaftsgut 70 5 Umfang 70 70 ff Unabhängigkeit außerstrafgerichtlicher Instanzen 70 66 ff Unabhängigkeit der Strafgerichte 70 62 ff Verfassungsmäßigkeit 70 4 ff Verhältnismäßigkeit 70 17, 70 53, 70 71 Verhältnisse des Täters 70 55 vertragsärztliche Zulassung 70 59 vorläufiges ~ 70 82 ff Wirksamkeit 70 89 ff Wirkung 70 87 ff Beschlagnahme Verjährungsunterbrechung 78c 28 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 244 ff beschleunigtes Verfahren 69 8 Besitz 74d 13 Besserung 69 3 Bestechlichkeit 77 35
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Betäubungsmittel Einziehung von Taterträgen 73 39 verkehrsspezifischer Zusammenhang 69 106 Betroffener 75 7 Betrug Verjährungsbeginn 78a 5 Verletzte 77 25 Bewährung Anlasstat 69 78 Fahrerlaubnisentziehung 69 275 vorzeitige Aufhebung 69a 103 Bewährungshilfe 70a 20 f Blutalkoholkonzentration Sperrfrist 69a 51 vorzeitige Aufhebung 69a 107 Bruttoprinzip Einziehung von Taterträgen Vor 73 17, Vor 73 25, Vor 73 32, Vor 73 39, 73 19 ff Wertbestimmung 73d 3 Bundesgerichtshof Dritteinziehung 73b 3 erweiterte Einziehung 73a 26 Bundesverfassungsgericht 73a 27 Bundeszentralregister 69 211 C Computerstraftaten 77 25 D Dauerdelikte 78a 11 DDR-Alttaten Fahrerlaubnisentziehung 69 41 Ruhen der Verjährung 78b 33 Verjährung Vor 78 6 Dealgeld 73 39 Diebstahl 77 26 Dienstvorgesetzte 77a 1 ff Amtsträger ohne ~ 77a 13 Ausübung des Antragsrechts 77a 10 Beamtenrecht 77a 4 Berufsrichter 77a 11 Entstehung des Antragsrechts 77a 9 mehrere ~ 77a 7 f mittelbare ~ 77a 5 Nebentätigkeit 77a 5 Regierungsmitglieder 77a 14 Soldaten 77a 12 Doppelbestrafung 76a 11 Dritte 73 58 Dritteinziehung 73b 1 ff Bundesgerichtshof 73b 3 Einziehung von Taterträgen 73 8 Einziehung von Tatgegenständen 74 7 Entstehungsgeschichte 73b 2 Erbschaftsfälle 73b 35 ff
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Erfüllungsfälle 73b 6 RL 2014/42/EU 73b 7 Surrogate 73b 39 Verfahren 73b 41 Verschiebungsfälle 73b 5, 73b 21 ff, s.a. dort Vertretungsfälle 73b 4, 73b 11 ff, s.a. dort Wertersatz 73b 38 Druckwerk 78 15 Durchsuchungsanordnung 78c 28 E effektive Gewinnabschöpfung 73a 7 ehrengerichtliche Ausschließung 70 58 Eigentumsgarantie Einziehung von Taterträgen Vor 73 44 erweiterte Einziehung 73a 25, 74a 11 Sicherungseinziehung 74b 3 Eigenverantwortlichkeit Beifahrer 69 54 Fahrlehrer 69 55 Fahrschüler 69 56 Führen eines Kraftfahrzeuges 69 50, 69 52 ff mehrere Beteiligte 69 53 Einigungsvertrag Fahrerlaubnisentziehung 69 41 Verjährung 78 19, Vor 78 20 Vollstreckungsverjährung 79 7 Einrechnung Aussetzung 70a 9 Berufsverbot 70 82 ff Sperrfrist 69a 64 ff, 69a 69 ff Einstellung des Verfahrens Fahrerlaubnisentziehung 69 10 Verjährung Vor 78 16 Einstellungsurteile 78b 16 Einziehung Vor 73 1 ff Ausscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen 74f 17 Ausweitung Vor 73 5 Dritteinziehung 73b 1 ff, s.a. dort Einziehung von Schriften 74d 1 ff, s.a. dort Einziehung von Taterträgen 73 1 ff, s.a. dort Einziehung von Tatgegenständen 74 1 ff, s.a. dort Einziehungsausschluss 73e 1 ff, s.a. dort Einziehungsvorbehalt 74f 8 ff, s.a. dort Einziehungswirkung 75 1 ff, s.a. dort Entwicklung Vor 73 4 ff erweiterte Einziehung 73a 1 ff, s.a. dort EU-Recht Vor 73 60 ff Europarat Vor 73 66 Gefahrenabwehrrecht Vor 73 73 Generalbevollmächtigte 74e 12 Gesellschafter 74e 11 Handeln als Organ 74e 13
Handeln als Vertreter 74e 13 Höhe des Erlangten Vor 73 64 juristische Personen 74e 1 ff, 74e 4 Kriminalstatistik Vor 73 3 Nebenstrafe Vor 73 4 nicht rechtsfähige Vereine 74e 5 Ordnungswidrigkeitenrecht Vor 73 8, Vor 73 72 Organ 74e 7 8 Personengesellschaft 74e 6 Prokuristen 74e 12 Rechtsfolgen 75 1 Reformen Vor 73 7 ff RL 2014/42/EU Vor 73 61 ff Schadenswiedergutmachung Vor 73 59 selbstständige Einziehung 76a 1 ff, s.a. dort Teileinziehung 74f 15 ff Übergangsregelungen Vor 73 68 ff UN-Suchtstoffübereinkommen Vor 73 67 unterschiedslose ~ Vor 73 6 UNTOC Vor 73 67 Verhältnismäßigkeit 74f 3 ff Verjährungsbeginn 78a 20 Verständigung Vor 73 58 Vertretene 74e 4 ff Vertreter 74e 7 ff Verzicht Vor 73 57 VO 2018/1805/EU Vor 73 65, Vor 73 73 Völkerrecht Vor 73 67 Vorstand 74e 10 Wertersatzeinziehung 73c 1 ff, s.a. dort Zurechnung 74e 14 ff zwingend vorgeschriebene ~ 74f 2, 74f 6 f Einziehung von Rechten 74 40 ff Anwartschaftsrechte 74 43 Gesamthandseigentum 74 42 Miteigentum 74 41 Einziehung von Schriften 74d 1 ff Beispiele 74d 23 Besitz 74d 13 Besitzer 74d 12 Bestimmung zur Verbreitung 74d 9 Entschädigung 74d 25 Ermessen 74d 26 f Erstreckung der Einziehung 74d 11 ff Gegenstand 74d 4 Herstellungsvorrichtungen 74d 17 Inhalt 74d 5 f Internet-Dienstleister 74d 5 Kunstfreiheit 74d 28 öffentlich ausgelegte Stücke 74d 14 Ordnungswidrigkeitenrecht 74d 1a Personenkreis 74d 21 Rechtsnatur 74d 2 Unbrauchbarmachung 74d 16 ff
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Verbreiten 74d 8 Verbreitung, rechtswidrige 74d 10 Versendung 74d 15 Voraussetzungen 74d 3 ff weitere Tatumstände 74d 19 Einziehung von Taterträgen 73 1 ff Abtrennung Vor 73 54 Änderung der Begrifflichkeiten 73 2 Anknüpfungstat 73 12 ff, s.a. dort Anordnung 73 50 f Bagatelltaten Vor 73 52 Befreiung von Verbindlichkeit 73 25 Betäubungsmittel 73 39 Bindung der Gewinnabschöpfung Vor 73 23 Bruttoprinzip Vor 73 17, Vor 73 25, Vor 73 32, Vor 73 39, 73 19 ff Dealgeld 73 39 doppelte Inanspruchnahme Vor 73 41 Dritte 73 58 Dritteinziehung 73 8, 73b 1 ff, s.a. dort Eigentumsgarantie Vor 73 44 Einziehung von Tatgegenständen 73 11 Einziehungsbeteiligung Vor 73 51 Einziehungsbetroffene 73 52 ff EMRK Vor 73 42 Entwicklung Vor 73 12 ff Erlangung 73 28 ff Erlangung durch die Tat 73 35 ff Erlangung durch die Tat (Beispiele) 73 39 Erlangung für die Tat 73 41 f Ermessen Vor 73 52, 73 51 Ermittlungsverfahren Vor 73 53 Ersatzleistungen 73 48 ersparte Aufwendungen 73 27 erweiterte ~ Vor 73 22 erweiterte Einziehung 73 7, 73a 1 ff, s.a. dort Erwerbsgegenstände 73 47 Gegenstand 73 18 ff Gesetzesreform 2017 73 2 ff gesetzliche Architektur Vor 73 22 f Grundrechtecharta Vor 73 49 Handelsketten 73 34 Härteklausel Vor 73 24, Vor 73 40, 73 56 Hinweispflicht Vor 73 56, 73 66 isolierte Anfechtbarkeit 73 63 Jugendliche Vor 73 50 juristische Personen Vor 73 27 Kaufgeld 73 39 mehrere Beteiligte 73 33 Mitverfügungsmacht 73 33 Nettoprinzip Vor 73 15 Nutzungen 73 43 ff Opferentschädigung Vor 73 27, Vor 73 33 ff Ordnungswidrigkeitenrecht 73 40 praktische Umsetzung Vor 73 34
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Realisierung eines Rechts 73 49 Rechtscharakter Vor 73 37 ff Rechtskraft Vor 73 55 Reform Vor 73 20 ff Reformbewertung Vor 73 30 ff Revision 73 64 Sachherrschaft 73 32 selbständige ~ Vor 73 22 selbständige Einziehung 73 9 selbständige erweiterte Einziehung 73 10 selbstständige Einziehung 76a 14 Sicherstellungsverpflichtung Vor 73 26 Sicherungsmaßnahmen Vor 73 47, Vor 73 55 Strafe Vor 73 38 Stufenverhältnis Vor 73 22 Surrogate 73 46 ff Tatvorteile 73 22 ff Teilbeschränkung Vor 73 52 transistorischer Besitz 73 31 Verfassungsrecht Vor 73 43 ff Verfügungsgewalt 73 28 f Verhältnismäßigkeit Vor 73 45 Verjährung Vor 73 28, 73 61 Verkaufserlös 73 39 Verletzte Vor 73 27 Vermögensvorteil 73 28 Verschlechterungsverbot 73 65 Wertänderungen 73 59 f Wertersatzeinziehung 73 6, 73c 1 ff, 76 6, s.a. dort Einziehung von Tatgegenständen 74 1 ff Arten 74 4 ff Dritteinziehung 74 7 Einziehung von Rechten 74 40 ff, s.a. dort Einziehung von Taterträgen 73 11 Einziehungsbeteiligte 74 49 Einziehungsgegenstand des Täters 74 26 ff Einziehungsgegenstand zugleich Surrogat 74 47 Einziehungsobjekte 74 11 Ermessen 74 48 erweiterte Einziehung 74a 1 ff, s.a. dort formlose ~ 74 51 Gehören 74 30 Hinweispflicht 74 51 Identität des Einziehungsgegenstandes 74 44 f Rechte 74 11 Rechtsnatur 74 1 Rechtsverhältnisse 74 36 ff selbstständige Einziehung 76a 13 Sicherungseigentum 74 31 ff Sicherungseinziehung 74 8, 74b 1 ff, 74b 10, s.a. dort Sondervorschriften 74 23 ff
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Straftat 74 9 ff Strafzumessung 74 5 Tatmittel 74 15 ff Tatobjekte 74 21 f Tatprodukte 74 12 ff Teileinziehung 74 46 Voraussetzungen 74 9 ff Voraussetzungen, zusätzliche 74 26 ff Wertersatzeinziehung 74c 1 ff, 76 3, s.a. dort Einziehungsausschluss 73e 1 ff Abschluss eines Vergleichs 73e 5 Anspruch aus der Tat 73e 3 Ausschlussfrist 73e 8 Entreicherung des Drittbetroffenen 73e 12 Erlöschen des Anspruchs 73e 4 Verjährung 73e 6 Verletzte 73e 2 Verzicht 73e 5 Voraussetzungen 73e 13 ff Einziehungsvorbehalt Durchführung von Anweisungen 74f 11 Durchführung von Maßnahmen 74f 12 weniger einschneidende Maßnahmen 74 f 10 Wirkung 74 f 14 Einziehungswirkung bedingter Eigentums-/Rechtsübergang 75 11 Betroffener 75 7 gutgläubiger Erwerb 75 10 Insolvenz 75 21 Justizfiskus 75 6 kleiner Auffangrechtserwerb 75 2 Rechte Dritter 75 13 ff Veräußerungs-/Verfügungsverbot 75 19 f Wirkung rechtskräftiger Anordnung 75 6 Wirkungsstufen 75 5 Eltern 77 47 EMRK Vor 73 42 Entfernen vom Unfallort tätige Reue 69 161 Ungeeignetheit 69 123 ff Entschädigung Einziehung von Schriften 74d 25 Sicherungseinziehung 74b 13 ff, s.a. dort vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 253 ff Entziehungsverfahren 69 27 erbrachte Leistungen 70b 23 Erbschaftsfälle 73b 35 ff Bereicherungskette 73b 36 Erfolgsdelikte 78a 5 ff erfolgsqualifizierte Delikte 78a 16 Erforderlichkeit 69 97 Erfüllungsfälle 73b 6 Erledigungserklärung Ablauf 70b 27 Berufsverbot 70b 24
Ermächtigung 77e 1 ff Strafantrag Vor 77 15 Ermessen Aussetzungswiderruf 70b 17 Berufsverbot 70 52 ff, 70 64 Einziehung von Schriften 74d 26 f Einziehung von Taterträgen Vor 73 52, 73 51 Einziehung von Tatgegenständen 74 48 erweiterte Einziehung 74a 28 erweiterte selbstständige Einziehung 76a 48 Fahrerlaubnisentziehung 69 179 selbstständige Einziehung 76a 18 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 220 vorzeitige Aufhebung 69a 108 Wertersatz 74c 16 Ermittlungen selbstständige Einziehung 76a 24 Verjährungsunterbrechung 78c 19 ff vorzeitige Aufhebung 69a 118 Ermittlungsrichtung 78c 6 f Ermittlungsverfahren Vor 73 53 Eröffnung des Hauptverfahrens Ruhen der Verjährung 78b 17 ff Verjährungsunterbrechung 78c 31 Ersatzleistungen 73 48 ersparte Aufwendungen 73 27 erste Vernehmung 78c 20 erweiterte Einziehung 73a 1 ff, 74a 1 ff Anknüpfungstat 73a 34 ff Ausschluss 73a 50 Ausschluss der rechtmäßigen Herkunft 73a 47 bedingter Vorsatz 74a 22 Beweisanforderungen 73a 10, 73a 33 Bewertung 73a 29 ff Bundesgerichtshof 73a 26 Bundesverfassungsgericht 73a 27 effektive Gewinnabschöpfung 73a 7 Eigentumsgarantie 73a 25, 74a 11 Einziehung von Taterträgen 73 7 Einziehung von Tatgegenständen 74a 1 ff Entstehungsgeschichte 73a 1 ff Erlangung 73a 40 ff Ermessen 74a 28 Erwerb 74a 20 Erwerb in verwerflicher Weise 74a 23 Erwerbstat 73a 42 fehlende Beitragsschuld 74a 18 Gegenstand 73a 37 f Katalogtaten 73a 8 Kausalität 74a 17 Kausalzusammenhang 73a 9 Kenntnis der Umstände 74a 21 Konnex Anknüpfungs-/Erwerbstat 73a 31 f leichtfertiger Beitrag 74a 15
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Nutzungen 73a 42 Organisierte Kriminalität 73a 7 Rechtsnatur 73a 13 f RL 2014/42/EU 73a 3 Rückwirkungsverbot 73a 48 f Schuldprinzip 74a 12 Sicherungseinziehung 74a 26 f Strafausschließungsgründe 73a 36 Surrogate 73a 42 Systematik 73a 15 ff Tatmittel 74a 13 Tatobjekte 74a 14 Überzeugung des Gerichts 73a 44 Unschuldsvermutung 73a 24 Verfassungsrecht 73a 22 ff Verfügungsgewalt 73a 39 Verhältnismäßigkeit 73a 29 ff Verjährung 73a 51 f, 76b 1 ff Vermögen unklarer Herkunft 73a 19 Verzicht 73a 53 Voraussetzungen 74a 13 ff vorsätzlicher Beitrag 74a 16 Wertersatzeinziehung 73a 43 Zweck 73a 7 erweiterte selbstständige Einziehung 76a 27 ff Anlassverfahren 76a 33 Einschränkung 76a 36 Ermessen 76a 48 Gegenstand 76a 40 Herrühren 76a 37 Katalogtaten 76a 33 Rechtsfolge 76a 41 Rechtsnatur 76a 29 rechtswidrige Tat 76a 34 Rückwirkungsverbot 76a 42 Teilkontamination 76a 38 Verfahren 76a 44 ff Verfassungsrecht 76a 30 ff Verfügungsgewalt 76a 39 Voraussetzungen 76a 33 ff Zweck 76a 27 Erwerb 74a 20 Erwerbsgegenstände 73 47 Erwerbstat 73a 42 EU-Fahrerlaubnis Fahrerlaubnisentziehung 69b 9 ff Mindestvoraussetzungen 69b 18 Missbrauch 69b 18 Sperrfrist 69b 14 unbestreitbare Informationen 69b 19 Ungeeignetheit 69b 21 vor der inländischen Fahrerlaubnis 69b 17 EU-Führerscheineinziehung Fahreignungsregister 69b 41 Fahrerlaubnisentziehung 69b 2, 69b 35
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MiStra 69b 42 Mitteilungspflichten 69b 42 Registrierung 69b 41 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69b 40 EU-Recht Vor 73 60 ff Europäischer Haftbefehl 78b 30 Europarat Vor 73 66 F Fahreignungsregister ausländische Fahrerlaubnis 69b 41 EU-Führerscheineinziehung 69b 41 Fahrerlaubnisentziehung 69 209 Fahreignungsseminare 69 155 Fahren ohne Fahrerlaubnis Fahrerlaubnisentziehung 69 204 ff Nicht-Katalogtaten 69 167 Fahrerlaubnis ausländische ~ 69b 22 ff, s.a. dort Führerscheintourismus 69b 12 ff gegenseitige Anerkennung 69b 4 Sperrfrist 69a 1 ff, s.a. dort Fahrerlaubnisbehörde Fahrerlaubnisentziehung 69 29 Neuerteilung 69 30 Fahrerlaubnisentziehung 69 1 ff Abgrenzung 69 11 ff Abkürzung der Sperrfrist 69 28 Abweichungsverbot 69 21 Abwesenheit des Angeklagten 69 6 anhängiges Strafverfahren 69 16 f Anlasstat 69 42 ff, s.a. dort Anordnung 69 179 ff Auflagen 69 31 Auslagen 69 292 ff ausländische Fahrerlaubnis 69b 1 ff, 69b 8 Begründung 69 192 ff Belehrungspflicht 69 263 Berücksichtigungsverbot 69 16, 69 20 beschleunigtes Verfahren 69 8 beschränkte ~ 69 186 Besserung 69 3 Bewährung 69 275 Bundeszentralregister 69 211 DDR-Alttaten 69 41 Durchsetzung 69 199 Einigungsvertrag 69 41 Einstellung des Verfahrens 69 10 Entscheidungsgründe 69 24 Entziehungsverfahren 69 27 Erforderlichkeit 69 97 Erlöschen der Fahrerlaubnis 69 197 ff Ermessen 69 179 EU-Fahrerlaubnis 69b 9 ff EU-Führerscheineinziehung 69b 2, 69b 35
Sachregister
Fahreignungsregister 69 209 Fahren ohne Fahrerlaubnis 69 204 ff Fahrerlaubnisbehörde 69 29 Fahrverbot, strafgerichtliches 69 11 f Fahrverbot, verwaltungsbehördliches 69 13 Führerschein 69 181 Führerscheineinziehung 69 187 ff, 69 201 f, s.a. dort Führerscheinrichtlinie 69b 3, 69b 5 Führerscheintourismus 69b 6 Führungsaufsicht 69 32 Gefährdung der Allgemeinheit 69 96 Gegenstand der Urteilsfindung 69 26 große Lösung 69 37 Hinweispflicht 69 259 f isolierte Anfechtung 69 268 ff isolierte Sperre 69 282 kleine Lösung 69 38 Kosten 69 292 ff Kriminalstatistik 69 34 Maßregeln 69 1 MiStra 69 212 neue Fahrerlaubnis 69 208 Neuerteilung 69 28 Nichtbeachtung 69 204 ff notwendige Verteidigung 69 261 f Privatklage 69 9 Rechtsfolgenausspruch 69 266, 69 269 ff Rechtsmittel 69 265 ff Rechtsmittelbeschränkungen 69 265 ff Reformüberlegungen 69 36 ff Registrierung 69 209 ff Reichweite der Bindung 69 22 Revisonsrechtszug 69 288 Rückfallquote 69 35 Schuldspruch 69 268 Sicherheit des Straßenverkehrs 69 2 Sicherung 69 3 Sicherungsverfahren 69 7 Sicherungsverwahrung 72 31 Sonderfahrerlaubnisse 69 198 Sperrfrist 69 182, 69 208, 69a 1 ff, s.a. dort Sperrfristverlängerung 69 284 Spezialprävention 69 4 Strafbefehl 69 8 Strafe 69 5 Trennbarkeitsformel 69 265 Umfang 69 184 ff unbefristete ~ 69 185 Ungeeignetheit 69 83 ff, s.a. dort Urteilsformel 69 191 Verfahrenshindernis 69 20 Vermerk im ausländischen Führerschein 69b 2
Verschlechterungsverbot 69 276 ff verwaltungsbehördliche ~ 69 14 ff vorläufige ~ 69 206, 69 213 ff, s.a. dort Vorrang der strafgerichtlichen ~ 69 15 Weisungen 69 31 Weisungen, jugendrichterliche 69 33 Wiederaufleben 69 200 Wiederaufnahme 69 289 ff Wirkung 69 197 ff Fahrfertigkeiten 69 90 Fahrlässigkeit 69 132 Fahrlässigkeitsdelikte 78a 19 Fahrlehrer 69 55 Fahrschüler 69 56 Fahrverbot ausländische Fahrerlaubnis 69b 34 Fahrerlaubnisentziehung 69 11 ff Verschlechterungsverbot 69 287 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 252 Flucht 69 104 Fortbewegung 69 103 Freibeweis Vor 78 14 Freiheitsstrafe 69a 116 f Führen eines Kraftfahrzeuges 69 50 ff Anschleppen 69 57 Antriebskräfte 69 58 Beginn 69 59 Begriff 69 50 Bewegungsvorgänge 69 57 ff Eigenverantwortlichkeit 69 50, 69 52 ff, s.a. dort Ende 69 60 In-Bewegung-Setzen 69 50 öffentlicher Straßenverkehr 69 51 Personenidentität 69 70 ff Pflichtverletzungen 69 73 ff Rollen 69 57 Zusammenhang 69 61 ff Führerschein amtliche Verwahrung 69 207 Fahrerlaubnisentziehung 69 181 Führerscheinbeschlagnahme 69b 38 f Führerscheineinziehung Dienstführerschein 69 189 Durchsetzung 69 202 Fahrerlaubnisentziehung 69 187 ff Führerscheine einer deutschen Behörde 69 189 Führerscheine, ausländische 69 190 Verschlechterungsverbot 69 286 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 244 ff Wegnahme 69 203 Führerscheinrichtlinie 69b 3, 69b 5
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Sachregister
Führerscheintourismus Fahrerlaubnis 69b 12 ff Fahrerlaubnisentziehung 69b 6 Führungsaufsicht 69 32 G Gefahr weiterer Taten 70 39 ff Berufsbezug 70 42 erhebliche Taten 70 43 erstmalige Straffälligkeit 70 48 frühere Taten 70 47 Gefahr für die Allgemeinheit 70 41 Gesamtwürdigung 70 44 ff Gewerbebezug 70 42 Nachtatverhalten 70 47 Verteidigungsverhalten 70 47 Wahrscheinlichkeit 70 40 Zeitpunkt der Prognose 70 50 f Gefährdung der Allgemeinheit Fahrerlaubnisentziehung 69 96 Sicherungseinziehung 74b 4 f Gefährdung des Straßenverkehrs 69 120 Gefährdungsdelikte 78a 14 Gefahrenabwehrrecht Vor 73 73 Gegenstand 73a 37 f Generalbevollmächtigte 74e 12 Gericht 77 10 Gesamthandseigentum 74 42 Gesamtstrafenbildung erstmalige Anordnung 69a 77 frühere Anordnung 69a 78 mehrere Urteile 69a 89 nachträgliche ~ 69a 75 nachträgliche ~ durch Beschluss 69a 86 ff nachträgliche ~ durch Urteil 69a 77 ff Rechtskraft 69a 83 Gesellschafter 74e 11 Gewerbe 70 26 Angehörige 70 28 Zulassung 70 27 GmbH-Gründungsschwindel 78a 5 Grundrechtecharta Vor 73 49 gutgläubiger Erwerb 75 10 H Haftbefehl 78c 29 Handeln, vollmachtloses 77 54 Handelsketten 73 34 Handlungseinheit 78a 13 Härteklausel Vor 73 24, Vor 73 40, 73 56 Hauptverhandlung 78c 32 Hausfriedensbruch 77 29 Heranwachsende Berufsverbot 70 9 Sperrfrist 69a 44
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Herrühren 76a 37 Herstellungsvorrichtungen 74d 17 Hinweispflicht Berufsverbot 70 93 Einziehung von Taterträgen Vor 73 56, 73 66 Einziehung von Tatgegenständen 74 51 Fahrerlaubnisentziehung 69 259 f I in dubio pro reo Sperrfrist 69a 22 Strafantrag Vor 77 10 Ungeeignetheit 69 116 Verjährung Vor 78 15 In-Bewegung-Setzen 69 50 Insolvenz 75 21 Internet 78 14 Irrtum 73 14 isolierte Sperre Fahrerlaubnisentziehung 69 282 Maßregeln 69a 5 Sperrfrist 69a 4, 69a 37, 69a 68 IStGH 78b 32 J Jugendliche Berufsverbot 70 9 Einziehung von Taterträgen Vor 73 50 selbstständige Anordnung 71 13 Sperrfrist 69a 44 Jugendstrafverfahren Anlasstat 69 79 Ungeeignetheit 69 119 juristische Personen Berufsverbot 70 9 Einziehung 74e 1 ff, 74e 4 Einziehung von Taterträgen Vor 73 27 Justizfiskus 75 6 K Kaufgeld 73 39 Kausalität erweiterte Einziehung 74a 17 Vertretungsfälle 73b 13 kleiner Auffangrechtserwerb 75 2 Körperverletzung 77 30 Kosten 69 292 ff Kraftfahrzeug Anlasstat 69 44 ff betriebsunfähiges ~ 69 48 Führen eines Kraftfahrzeuges 69 50 ff, s.a. dort Landfahrzeuge 69 45 Legaldefinition 69 44
Sachregister
Maschinenkraft 69 47 Motorboot 69 46 Kraftfahrzeugarten Sperrfrist 69a 11 ff vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 225 ff vorzeitige Aufhebung 69a 112 Kraftfahrzeugrennen 69 121 Kriminalstatistik Berufsverbot 70 6 Einziehung Vor 73 3 Fahrerlaubnisentziehung 69 34 L Landesrecht Strafantrag Vor 77 16 Verjährung Vor 78 4 M Maßeinheiten 69a 58 Maßregeln alle freiheitsentziehenden ~ 72 26 Anordnung 71 1 Anordnung mehrerer ~ 72 33 ff Berufsverbot 70 1 ff, s.a. dort Beschwer 72 14 ff Bestimmung der Reihenfolge 72 38 f Fahrerlaubnisentziehung 69 1 ff, s.a. dort freiheitsentziehende ~ 72 16 Geeignetheit 72 10 ff Gesamtwürdigung mehrerer ~ 72 15 isolierte Sperre 69a 5 Konkurrenzen 72 1 ff Konsumtion 72 3, 72 7 ff Kumulation 72 4 Kumulationsprinzip 71 1 nachträgliche Gesamtmaßregelanordnung 72 8 nachträgliche Überweisung 72 35 nicht-freiheitsentziehende ~ 72 17, 72 27 psychiatrisches KrankenhausEntziehungsanstalt 72 18 ff Rangfolge 72 6 Rechtsmittel 72 44 Reihenfolge 72 38 f Richtlinien 72 16 Schuldunfähigkeit 71 1 selbstständige Anordnung 71 3 ff, s.a. dort Sicherungsverfahren 71 1 Sicherungsverwahrung-Entziehungsanstalt 72 21 f Sicherungsverwahrung-psychiatrisches Krankenhaus 72 23 ff Subsidiaritätsprinzip 72 14 Überprüfung der nächsten ~ 72 40 f Verschlechterungsverbot 72 42 f
Vollstreckung mehrerer ~ 72 36 ff Zusammentreffen 72 18 ff Zusammentreffen mehrerer ~ 72 7 ff Zusammentreffen verschiedener ~ 72 28 ff Medienangehörige 70 10 ff Minderjährige 77 46 Mindestfrist 69a 93 ff Mindestsperrfrist 69 148 MiStra ausländische Fahrerlaubnis 69b 42 EU-Führerscheineinziehung 69b 42 Fahrerlaubnisentziehung 69 212 Miteigentum 74 41 Mittäterschaft 78a 18 mittelbare Täterschaft 78a 18 Mitverfügungsmacht 73 33 MPU 69 150 N Nachschulungskurse Ablauf 69 151 Aufbauseminare 69 154 Eignungsprognose 69 157 Fahreignungsseminare 69 155 Gesamtwürdigung 69 158 Kritik 69 153 Regelbeispiele 69 160 Teilnahme 69 159 Ungeeignetheit 69 150 ff vorzeitige Aufhebung 69a 104 ff Wiederherstellung der Kraftfahreignung 69 156 Nachtatverhalten Gefahr weiterer Taten 70 47 Nicht-Katalogtaten 69 173 ff Sperrfrist 69a 56 Ungeeignetheit 69 144 ff nachträgliche Gesamtstrafe 73 17 NATO-Streitkräfte ausländische Fahrerlaubnis 69b 25 Ruhen der Verjährung 78b 6 Nebenstrafe Vor 73 4 Nettoprinzip Vor 73 15 Neuerteilung Achtungspflicht 69 30 Fahrerlaubnisbehörde 69 30 Fahrerlaubnisentziehung 69 28 neutrale Delikte 70 11 nicht rechtsfähige Vereine 74e 5 Nicht-Katalogtaten 69 162 ff Anlasstat 69 162 ff beanstandungsfreies Verkehrsverhalten 69 171 Fahren ohne Fahrerlaubnis 69 167 Gesamtwürdigung 69 162
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Sachregister
Nachtatverhalten 69 173 ff Umstände in der Persönlichkeit 69 169 ff Umstände in der Tat 69 165 ff Umstände nach der Tat 69 173 ff verkehrsfremde ~ 69 168 Verkehrsstraftaten 69 166 Nichtkönnen 69 90 Notare 70 18 notwendige Verteidigung Berufsverbot 70 94 Fahrerlaubnisentziehung 69 261 f Sicherungsverfahren 71 17 Nutzungen Einziehung von Taterträgen 73 43 ff erweiterte Einziehung 73a 42 O Online-Durchsuchung 78c 28 Opferentschädigung Vor 73 27, Vor 73 33 ff Ordnungswidrigkeitenrecht Einziehung Vor 73 8, Vor 73 72 Einziehung von Taterträgen 73 40 Verjährung Vor 78 3 Organ 74e 7 8 Organisierte Kriminalität 73a 7 P Personengesellschaft 74e 6 Personenidentität 69 70 ff Persönlichkeitsreife 69 91 Pfandkehr 77 31 Pfleger 77 50 politische Delikte 70 13 ff, 70 16 Polizei 77 7 Pressegesetze Vor 78 4 Presseverjährung 78 14 f Beginn 78 17 Druckwerk 78 15 Fernsehen 78 17 Internet 78 14 Marktmanipulation 78 15 Rundfunk 78 17 Verbreiten 78 16 Privatklage 69 9 Prokuristen 74e 12 Protokoll 77 12 Prozessverhalten 69 174 R Rechte 74 11 rechtliches Gehör 69 236 Rechtsanwälte 70 60 Rechtshilfeersuchen Ruhen der Verjährung 78b 32 Verjährungsunterbrechung 78c 36
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Rechtskraft Berufsverbot 70 89 Einziehung von Taterträgen Vor 73 55 Gesamtstrafenbildung 69a 83 Sperrfrist 69a 57, 69a 63 Verjährung 78 8 Wertersatzeinziehung 76 1 Rechtsmittel Berufsverbot 70 95 Fahrerlaubnisentziehung 69 265 ff Maßregeln 72 44 Rechtssicherheit 76a 14 rechtswidrige Tat Anknüpfungstat 73 12 Anlasstat 69 43, 70 20 erweiterte selbstständige Einziehung 76a 34 Regelbeispiele Ausnahmesituationen 69 141 Bagatelltaten 69 139 fahrlässige Begehung 69 140 Mindestsperrfrist 69 148 Nachschulungskurse 69 160 Umstände in der Persönlichkeit 69 142 f Umstände in der Tat 69 138 ff Ungeeignetheit 69 113, 69 117 ff, 69 120 ff Regierungsmitglieder 77a 14 Revision Einziehung von Taterträgen 73 64 Fahrerlaubnisentziehung 69 288 richterliche Vernehmungen 78c 23 f RL 2014/42/EU Dritteinziehung 73b 7 Einziehung Vor 73 61 ff erweiterte Einziehung 73a 3 Rollen eines Kraftfahrzeuges 69 57 Rückfallquote 69 35 Rücknahme des Strafantrags 77d 1 ff Rückwirkungsverbot erweiterte Einziehung 73a 48 f erweiterte selbstständige Einziehung 76a 42 Strafantrag Vor 77 13 Ruhen der Verjährung 78b 1 ff Abgeordnete 78b 5 Ablaufhemmung 78b 13 ff, s.a. dort Auslieferung 78b 4 Auslieferungsersuchen 78b 21 ff DDR-Alttaten 78b 33 Eröffnung des Hauptverfahrens 78b 17 ff Europäischer Haftbefehl 78b 30 IStGH 78b 32 NATO-Streitkräfte 78b 6 persönliche Ruhensgründe 78b 4 ff Rechtshilfeersuchen 78b 32 Stillstand der Rechtspflege 78b 11 Verfahrensgründe 78b 7 ff
Sachregister
Verfahrenshemmnis 78b 2 Verwarnung mit Strafvorbehalt 78b 9 Vollstreckungsverjährung 79a 1 ff Wesen 78b 1 S Sachbeschädigung 77 32 Sachherrschaft 73 32 Sachverständige Sicherungsverfahren 71 17 Verjährungsunterbrechung 78c 25 ff Scalping 78 16 Schadenswiedergutmachung Vor 73 59 Schätzung 73d 22 ff Bedeutung 73d 23 Gegenstand 73d 28 ff Kasuistik 73d 33 f Schätzungsgrundlagen 73d 27 Voraussetzungen 73d 25 ff Wertersatz 74c 18 Zweck 73d 22 Scheinmaßnahmen 78c 11 Schuldprinzip 74a 12 Schuldunfähigkeit Anlasstat 69 80 ff Maßregeln 71 1 selbstständige Anordnung 71 4 Sicherungsverfahren 71 15 ff, s.a. dort Schutz der Allgemeinheit Berufsverbot 70 54 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 213 Schwere der Tat 69a 50 selbständige Einziehung Einziehung von Taterträgen 73 9 Verjährung 76b 1 ff selbstständige Anordnung 71 3 ff Amnestie 71 12 Folgen 71 14 Jugendliche 71 13 Schuldunfähigkeit 71 4, 71 6 ff Strafantrag 71 12 Verhandlungsunfähigkeit 71 4, 71 9 ff Verjährung 71 12 Voraussetzungen 71 4 ff selbstständige Einziehung 76a 1 ff Absehen von Strafe 76a 25 f Alternativen 76a 6 Doppelbestrafung 76a 11 Einziehung von Taterträgen 76a 14 Einziehung von Tatgegenständen 76a 13 Entstehungsgeschichte 76a 1 Ermessen 76a 18 Ermittlungen 76a 24 erweiterte ~ 76a 27 ff, s.a. dort Rechtsnatur 76a 4
Rechtssicherheit 76a 14 Rückwirkung 76a 21 ff Strafantrag 76a 10 Tod des Beschuldigten 76a 16 Verfassungsrecht 76a 5 Verjährung 76a 19 ff Verschlechterungsverbot 76a 15 Voraussetzungen 76a 7 ff Sicherheit des Straßenverkehrs Fahrerlaubnisentziehung 69 2 verkehrsspezifischer Zusammenhang 69 100 Sicherheitsmomente 69a 18 ff Sicherstellungsverpflichtung Vor 73 26 Sicherung 69 3 Sicherungseigentum 74 31 ff Sicherungseinziehung 74b 1 ff Bedeutung 74b 1 Dritteigentümer 74b 12, 74b 15 ff Eigentumsgarantie 74b 3 Einziehung von Tatgegenständen 74 8, 74b 10 Entschädigung 74b 13 ff Entschädigungsausschluss 74b 18 f Entschädigungsberechtigte 74b 14 ff Entschädigungspflichtige 74b 21 erweiterte Einziehung 74a 26 f Erweiterung der Einziehungsmöglichkeiten 74b 11 Gefahr der Straftatbegehung 74b 6 ff Gefährdung der Allgemeinheit 74b 4 f Härteklausel 74b 20 schuldloses Handeln 74b 11 Tatobjekte 74b 2 Verhältnismäßigkeit 74f 5 Voraussetzungen 74b 1 ff Sicherungsmaßnahmen Vor 73 47, Vor 73 55 Sicherungsverfahren Antrag 71 16 Fahrerlaubnisentziehung 69 7 Maßregeln 71 1 notwendige Verteidigung 71 17 Sachverständige 71 17 Schuldunfähigkeit 71 15 ff Staatsanwaltschaft 71 16 Strafklageverbrauch 71 22 Überleitung 71 18 f Verhandlungsunfähigkeit 71 15 ff Sicherungsverwahrung Berufsverbot 72 30 Fahrerlaubnisentziehung 72 31 sofortige Beschwerde 69a 118 Soldaten 77a 12 Sonderfahrerlaubnisse 69 198 Sondervorschriften 74 23 ff
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Sachregister
Sperrfrist 69a 1 ff Alkohol-Interlocks 69a 12 Anordnung 69a 3 Anschlusssperre 69a 7 Ausmaß der Folgen 69a 50 Ausnahmen 69a 11 ff befristete ~ 69a 27 ff Beginn 69a 57, 69a 63 Begründung 69a 24, 69a 60 ff Bemessungsgrundsätze 69a 42 ff Bemessungskriterien 69a 46 ff berufliche Interessen 69a 21 Beschränkung 69a 11 ff Blutalkoholkonzentration 69a 51 charakterliche Eignungsmängel 69a 41 Dauer 69a 26 ff in dubio pro reo 69a 22 Einrechnung 69a 64 ff, 69a 69 ff Ende 69a 73 Entscheidung des Gerichts 69a 23, 69a 57 ff Erledigung 69a 80, 69a 82 Erlöschen der Fahrerlaubnis 69a 25 EU-Fahrerlaubnis 69b 14 Fahrerlaubnisentziehung 69 182 fehlende Gefährdung 69a 16 feste Taxen 69a 45 Gesamtstrafenbildung 69a 74 ff, s.a. dort Heranwachsende 69a 44 isolierte Sperre 69a 4, 69a 37, 69a 68 Jugendliche 69a 44 Kraftfahrzeugarten 69a 11 ff Kurs für alkoholauffällige Kraftfahrer 69a 55 Maßeinheiten 69a 58 Mindestmaß 69a 27 Mindestmaß, erhöhtes 69a 28 ff Mindestmaß, verkürztes 69a 32 ff Nachtatverhalten 69a 56 neue Fahrerlaubnis 69 208 Rechtskraft 69a 57, 69a 63 Rechtsnatur 69a 1 ff Regelfälle 69a 45 Schwere der Tat 69a 50 Schwere der Tatschuld 69a 48 Sicherheitsmomente 69a 18 ff Sperrfristverlängerung 69 284 Spezialprävention 69a 47 Strafe 69a 48 Umfang 69a 9 ff unbefristete Sperre 69a 38 ff, 69a 62 Ungeeignetheit 69a 40 Urteilsformel 69a 59 Verhältnismäßigkeit 69a 9 Voraussetzungen 69a 11 ff vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69a 54, 69a 67 ff
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vorläufige Führerscheinmaßnahmen 69a 64 Vorstrafen 69a 53 vorzeitige Aufhebung 69a 90 ff, s.a. dort Wirkung 69a 25, 69a 63 ff Zeitablauf 69a 80 Zweck 69a 2 Sperrfristverlängerung 69 284 Spezialprävention Fahrerlaubnisentziehung 69 4 Sperrfrist 69a 47 vorzeitige Aufhebung 69a 90 Staatsanwaltschaft Sicherungsverfahren 71 16 Strafantrag 77 9 Steuerhinterziehung 78a 6 ff Stillstand der Rechtspflege 78b 11 Strafantrag Vor 77 1 ff, 77 6 ff Antragsberechtigte 77 1 ff, 77 23 ff, s.a. dort Antragsdelikte Vor 77 4 ff Antragsfrist 77b 1 ff, s.a. dort Ausländer 77 45 ausländische Behörden 77 8 Ausübung 77 38 ff Bedingungen 77 14 Behörde Vor 77 8 in dubio pro reo Vor 77 10 Eltern 77 47 Entgegennahme 77 6 ff Entstehung des Antragsrechts 77 22 Erlöschen der Vollmacht 77 55 Ermächtigung Vor 77 15 Erwachsene 77 44 fehlender ~ Vor 77 11 ff Feststellung des Vorliegens Vor 77 9 Förmlichkeiten 77 11 ff Gericht 77 10 gewillkürte Stellvertretung 77 51 ff Inhalt 77 13 Landesrecht Vor 77 16 Minderjährige 77 46 Mißbrauch 77 56 Pfleger 77 50 Polizei 77 7 Protokoll 77 12 Rechtfertigung Vor 77 3 Rechtsnatur Vor 77 7 ff, Vor 77 14 Rechtspolitik Vor 77 1 Rechtstheoretie Vor 77 2 Rücknahme 77d 1 ff Rücknahmeberechtigte 77d 4 ff Rücknahmeerklärung 77d 2 f Rücknahmewirkung 77d 7a Rücknahmezeitpunkt 77d 7 Rückwirkungsverbot Vor 77 13
Sachregister
Schriftform 77 12 Selbstausübung 77 38 ff selbstständige Anordnung 71 12 selbstständige Einziehung 76a 10 Staatsanwaltschaft 77 9 Stellvertretung 77 43 ff Strafverlangen Vor 77 15 Tat 77 18 Übergang 77 57 f Übergang der Rücknahmebefugnis 77d 6 Untergang 77 60 Verfolgungswillen 77 16 ff Verzicht 77d 8 Vollmacht 77 53 vollmachtloses Handeln 77 54 Wechsel des Vertreters 77 49 wechselseitig begangene Taten 77c 1 ff, 77c 4 Willensmängel 77 15 Strafausschließungsgründe Anknüpfungstat 73 15 erweiterte Einziehung 73a 36 Strafbefehl Fahrerlaubnisentziehung 69 8 Verjährungsunterbrechung 78c 33 Strafe Einziehung von Taterträgen Vor 73 38 Fahrerlaubnisentziehung 69 5 Sperrfrist 69a 48 Strafvereitelung 78a 5 Strafverfolgung 78c 2 Strafverlangen 77e 1 ff Strafantrag Vor 77 15 Strafzumessung Berufsverbot 70 65 Einziehung von Tatgegenständen 74 5 Strohmann 70 88 Stufenverhältnis Vor 73 22 Subsidiaritätsprinzip 72 14 Surrogate Dritteinziehung 73b 39 Einziehung von Taterträgen 73 46 ff erweiterte Einziehung 73a 42 Wertersatzeinziehung 73c 9 T Tat Strafantrag 77 18 Verjährungsunterbrechung 78c 5 Tatbestandsirrtum 73 14 Täter 78c 4 Tatfolgenverjährung 78 3 tätige Reue 69 161 Tätigkeiten 70 8 Tätigkeitsdelikte 78a 9
Tatmittel 74 15 ff erweiterte Einziehung 74a 13 Tatobjekte 74 21 f erweiterte Einziehung 74a 14 Sicherungseinziehung 74b 2 Tatprodukte 74 12 ff Tatvorteile 73 22 ff Teileinziehung 74f 15 ff Teilkontamination 76a 38 Teilnahme Nachschulungskurse 69 159 Verjährungsbeginn 78a 18 transistorischer Besitz 73 31 Transportmittel 69 105 Trennbarkeitsformel 69 265 Trunkenheit 69 122 U überlange Verfahrensdauer Vor 78 18 Übermaßverbot Berufsverbot 70 56 vorzeitige Aufhebung 69a 90 UN-Suchtstoffübereinkommen Vor 73 67 unbestimmter Rechtsbegriff 69 84 Ungeeignetheit 69 83 ff Ausnahmefall 69 135 ff bedeutender Schaden 69 130 f Begriff 69 84 berufliche Nachteile 69 111 Beurteilungszeitpunkt 69 108 ff charakterliche Defizite 69 91 f in dubio pro reo 69 116 Eignungsmängel 69 85 ff Eignungsmängel (Anlage) 69 88 Eignungsmängel, geistige 69 87 Eignungsmängel, körperliche 69 86 Einfluss auf die Tat 69 93 ff Entfernen vom Unfallort 69 123 ff erstmaliger Verstoß 69 143 EU-Fahrerlaubnis 69b 21 Fahrfertigkeiten, fehlende 69 90 Fahrlässigkeit 69 132 Gefährdung des Straßenverkehrs 69 120 Gesamtwürdigung 69 112 ff hohes Alter 69 89 Jugendstrafverfahren 69 119 Kraftfahrzeugrennen 69 121 künftige Ereignisse 69 110 Legaldefinition 69 84 MPU 69 150 Nachschulungskurse 69 150 ff Nachtatverhalten 69 144 ff Nicht-Katalogtaten 69 162 ff, s.a. dort Nichtkönnen 69 90 Persönlichkeit des Täters 69 114
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Persönlichkeitsreife 69 91 Prozessverhalten 69 174 Regelbeispiele 69 113, 69 117 ff, 69 120 ff Regelvermutungswiderlegung 69 138 ff Schadenshöhe 69 126 Sperrfrist 69a 40 Trunkenheit 69 122 Umstände in der Tat 69 138 ff Umstände nach der Tat 69 144 ff unbestimmter Rechtsbegriff 69 84 Verfahrensverzögerung 69 176 Verhältnismäßigkeit 69 177 f verkehrsspezifischer Zusammenhang 69 98 ff, s.a. dort Vollrausch 69 134 vorläufige Führerscheinmaßnahmen 69 147 vorzeitige Aufhebung 69a 100 wirtschaftlicher Totalschaden 69 129 Unschuldsvermutung Aussetzungswiderruf 70b 8 erweiterte Einziehung 73a 24 Unterlassungsdelikte 78a 12 Unterschlagung 77 33 UNTOC Vor 73 67 Untreue Verjährungsbeginn 78a 5 Verletzte 77 33 Urteilstenor 73 62 V Veräußern 74c 9 Verbotsirrtum 73 14 Verbrauchen 74c 9 Verbreiten 74d 8 Presseverjährung 78 16 Vereiteln 74c 10 Vereitelung 74c 12 Verfahrenshemmnis 78b 2 Verfahrenshindernis 69 20 Verfall s. Einziehung von Taterträgen Verfassungsrecht Berufsverbot 70 4 ff Einziehung von Taterträgen Vor 73 43 ff erweiterte Einziehung 73a 22 ff erweiterte selbstständige Einziehung 76a 30 ff selbstständige Einziehung 76a 5 Verfolgung 69 104 Verfolgungsverjährung Vor 78 2, 78 1 ff Wirkung 78 2 Verfolgungsverzicht Vor 78 9 Verfügungsgewalt Einziehung von Taterträgen 73 28 f erweiterte Einziehung 73a 39 erweiterte selbstständige Einziehung 76a 39
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Verhältnismäßigkeit Aussetzungswiderruf 70b 18 Berufsverbot 70 17, 70 53, 70 71 Einziehung 74f 3 ff Einziehung von Taterträgen Vor 73 45 erweiterte Einziehung 73a 29 ff Sicherungseinziehung 74f 5 Sperrfrist 69a 9 Ungeeignetheit 69 177 f vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 225 Wertbestimmung 73d 4 Verhandlungsunfähigkeit Angeschuldigte 78c 35 selbstständige Anordnung 71 4, 71 9 ff Sicherungsverfahren 71 15 ff, s.a. dort Verjährung Vor 78 1 ff absolute ~ 78 10 Allgemeininteressen Vor 78 1c Auslieferungsrecht Vor 78 3 Begriff 78 2 DDR-Alttaten Vor 78 6 in dubio pro reo Vor 78 15 Einigungsvertrag 78 19, Vor 78 20 Einstellung des Verfahrens Vor 78 16 Einziehung von Taterträgen Vor 73 28, 73 61 Einziehungsausschluss 73e 6 Entscheidung Vor 78 16 Ermittlung der Frist 78 18 erweiterte Einziehung 73a 51 f, 76b 1 ff Freibeweis Vor 78 14 Fristen 78 13 Fristenlauf 78 7 Geltungsbereich Vor 78 10 ff Herleitungsansätze Vor 78 1 Konzept Vor 78 1a Landesrecht Vor 78 4 Ordnungswidrigkeitenrecht Vor 78 3 Pressegesetze Vor 78 4 Presseverjährung 78 14 f, s.a. dort Prüfungsgrundlage Vor 78 13 Prüfungsgrundsätze Vor 78 12 Rechtskraft 78 8 Rechtsnatur Vor 78 7 ff Ruhen der ~ 78b 1 ff, s.a. dort selbständige Einziehung 76b 1 ff selbstständige Anordnung 71 12 selbstständige Einziehung 76a 19 ff Tatfolgenverjährung 78 3 Tatverjährung 78 3 überlange Verfahrensdauer Vor 78 18 unverjährbare Taten 78 5 f Verfolgungsverjährung Vor 78 2 Verfolgungsverzicht Vor 78 9 Verjährungsbeginn 78a 1 ff, s.a. dort Verjährungsunterbrechung 78c 1 ff, s.a. dort
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Vollstreckungsverjährung Vor 78 2, 79 1 ff, s.a. dort Wiederaufnahme 78 11 Wiedereinsetzung 78 10 Verjährungsbeginn 78a 1 ff Abtreibung 78a 5 Bankrott 78a 5 Bedingung der Strafbarkeit 78a 15 Begünstigung 78a 5 Dauerdelikte 78a 11 Deliktsarten 78a 5 ff Einziehung 78a 20 Erfolgsdelikte 78a 5 ff erfolgsqualifizierte Delikte 78a 16 Fahrlässigkeitsdelikte 78a 19 Gefährdungsdelikte 78a 14 GmbH-Gründungsschwindel 78a 5 Handlungseinheit 78a 13 materielle Beendigung 78a 4 Mittäterschaft 78a 18 mittelbare Täterschaft 78a 18 Steuerhinterziehung 78a 6 ff Strafvereitelung 78a 5 Tatbestand 78a 3 Tätigkeitsdelikte 78a 9 Teilnahme 78a 18 Unterlassungsdelikte 78a 12 Untreue 78a 5 Versuch 78a 17 Zustandsdelikte 78a 10 Verjährungsunterbrechung 78c 1 ff Abwesenheit des Angeschuldigten 78c 34 Anberaumung einer Hauptverhandlung 78c 32 Anklage 78c 30 Anwendungsgrundsätze 78c 2 Aufhebung 78c 10 Beschlagnahmeanordnung 78c 28 Beurteilungsmerkmale 78c 3 ff Durchsuchungsanordnung 78c 28 Ermittlungsmaßnahmen 78c 19 ff Ermittlungsrichtung 78c 6 f Eröffnung des Hauptverfahrens 78c 31 erste Vernehmung 78c 20 Freiheitsbeschränkungen 78c 29 Fristenlauf 78c 13 Haftbefehl 78c 29 mehrere Taten 78c 8 Online-Durchsuchung 78c 28 Rechtshilfeersuchen 78c 36 Reichweite, persönliche 78c 14 Reichweite, sachliche 78c 15 richterliche Vernehmungen 78c 23 f Sachverständige 78c 25 ff Scheinmaßnahmen 78c 11
Strafbefehl 78c 33 Strafverfolgung 78c 2 Tat 78c 5 Täter 78c 4 Unterbrechungshandlungen 78c 19 ff Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten 78c 35 Verlautbarung 78c 12 Wirksamkeit 78c 9 Wirkungen 78c 13 ff Zeitpunkt 78c 16 ff Verkaufserlös 73 39 verkehrsspezifischer Zusammenhang 69 98 ff Anlasstat 69 62 Betäubungsmittel 69 106 Fallgestaltungen 69 103 ff Flucht 69 104 Fortbewegung 69 103 Großer Strafsenat 69 100 Grundsätze 69 98 ff Sicherheit des Straßenverkehrs 69 100 Transportmittel 69 105 Verbringung von Personen 69 107 Verfolgung 69 104 Verkehrsstraftaten Anlasstat 69 63 Nicht-Katalogtaten 69 166 Verkehrstherapie 69a 104 ff Verkehrswert 74c 15 Verlautbarung 78c 12 Verletzte 77 23 ff Beginn 77 36 Begriff 77 23 Beleidigung 77 25 Bestechlichkeit 77 35 Betrug 77 25 Computerstraftaten 77 25 Diebstahl 77 26 Einziehung von Taterträgen Vor 73 27 Einziehungsausschluss 73e 2 Ende 77 36 Hausfriedensbruch 77 29 Körperverletzung 77 30 Pfandkehr 77 31 Sachbeschädigung 77 32 Unterschlagung 77 33 Untreue 77 33 Wilderei 77 35 Verlust 74c 13 Verschiebungsfälle 73b 5, 73b 21 ff Bereicherungskette 73b 25 Bereicherungszusammenhang 73b 27 Bösgläubigkeit 73b 28 Erkennenmüssen 73b 30 Rechtsgeschäft 73b 23
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Überschneidungen 73b 29 Übertragen des Erlangten 73b 24 Umfang der Abschöpfung 73b 34 unentgeltliche Erlangung 73b 22 Vermischung mit Legalvermögen 73b 35 Verschleierungsabsicht 73b 26 Zeitpunkts des Wissens 73b 31 Verschlechterungsverbot Einziehung von Taterträgen 73 65 Fahrerlaubnisentziehung 69 276 ff Fahrverbot 69 287 Führerscheineinziehung 69 286 Maßregeln 72 42 f selbstständige Einziehung 76a 15 Verschleierungsabsicht 73b 26 Verständigung Vor 73 58 Versuch Anknüpfungstat 73 13 Verjährungsbeginn 78a 17 Verteidigungsverhalten 70 47 vertragsärztliche Zulassung 70 59 Vertreter 74e 7 ff Vertretungsfälle 73b 4, 73b 11 ff Adressat 73b 12 Erkennbarkeit 73b 18 Handelnder 73b 17 Handlung für einen anderen 73b 16 Kausalität 73b 13 unmittelbare Bereicherung 73b 14 f Zurechenbarkeitseinschränkungen 73b 19 f Verzicht Einziehung Vor 73 57 Einziehungsausschluss 73e 5 erweiterte Einziehung 73a 53 Strafantrag 77d 8 VO 2018/1805/EU Einziehung Vor 73 65 Text Vor 73 73 Völkerrecht Vor 73 67 Vollrausch 69 134 Vollstreckung 74c 22 Vollstreckungsverjährung Vor 78 2, 79 1 ff Beginn 79 4 Einigungsvertrag 79 7 Frist 79 5 Fristenkonkurrenz 79 6 lebenslange Freiheitsstrafe 79 3 Rechtsnatur 79 1 Ruhen der Verjährung 79a 1 ff Verlängerung 79b 1 ff Vorbereitungshandlung 73 13 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 213 ff Anordnung 69 216 ff Anrechnung vorläufiger Maßnahmen 69 252 Aufhebung der Anordnung 69 237 ff
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ausländische Fahrerlaubnis 69b 40 Begründung 69 229 Bekanntgabe 69 231 Beschlagnahme 69 244 ff Beschleunigungsgebot 69 240 f Beschlussformel 69 228 dringende Gründe 69 218 Einspruch gegen Strafbefehl 69 224 Entschädigung 69 253 ff Entscheidung des Gerichts 69 219 Ermessen 69 220 EU-Führerscheineinziehung 69b 40 Fahrerlaubnis 69 217 Fahrverbot 69 252 Führerscheineinziehung 69 244 ff Führerscheinrückgabe 69 249 ff Kraftfahrzeugarten 69 225 ff Nichtanordnung im Urteil 69 242 Präventivmaßnahme 69 214 rechtliches Gehör 69 236 Schutz der Allgemeinheit 69 213 Sofortmaßnahme 69 221 Sperrfrist 69a 54, 69a 67 ff Verfahren 69 232 ff Verhältnismäßigkeit 69 225 Voraussetzungen 69 216 ff Wegfall des Grundes 69 238 ff Wirkung 69 230 f, 69 244 ff Zeitablauf 69 222 Zuständigkeit 69 232 ff, 69 243 vorläufige Führerscheinmaßnahmen Sperrfrist 69a 64 Ungeeignetheit 69 147 Vorsatz 73 12 Vorstand 74e 10 Vorstrafen 69a 53 vorzeitige Aufhebung 69a 90 ff abweichende Beurteilung 69a 97 Anordnung 69a 108 ff Antrag 69a 110 Aufhebungsentscheidung 69a 111 berufliche Nachteile 69a 102 Beschluss 69a 118 Beschränkung 69a 112 Bewährung 69a 103 Blutalkoholkonzentration 69a 107 charakterliche Ungeeignetheit 69a 100 Ermessen 69a 108 Ermittlungen 69a 118 Fallgestaltungen 69a 100 ff Freiheitsstrafe 69a 116 f Gesamtwürdigung 69a 106 Grund zur Annahme 69a 96 ff hinreichende Wahrscheinlichkeit 69a 99 körperlich-geistige Eignungsmängel 69a 100
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Kraftfahrzeugarten 69a 112 Mindestfrist 69a 93 ff Nachschulungskurse 69a 104 ff neue Tatsachen 69a 96 Prüfungspflichten 69a 109 ff sofortige Beschwerde 69a 118 Spezialprävention 69a 90 Übermaßverbot 69a 90 Ungeeignetheit 69a 100 Verfahren 69a 118 Verkehrstherapie 69a 104 ff Voraussetzungen 69a 93 ff vorzeitige Verkürzung 69a 91 Wirkung 69a 113 f wirtschaftliche Nachteile 69a 102 Zuständigkeit 69a 115 ff W Wegnahme 69 203 Weisungen Aussetzung 70a 20 f Fahrerlaubnisentziehung 69 31 jugendrichterliche ~ 69 33 Wertbestimmung 73d 1 ff Aufwendungsersatz 73d 6 ff Aufwendungsersatz (Beispiele) 73d 20 f Bruttoprinzip 73d 3 Erfüllung einer Verbindlichkeit 73d 18 Leistungen an den Verletzten 73d 19 Rückausnahme 73d 17 Tataufwendungen 73d 12 ff Verhältnismäßigkeit 73d 4 Wertersatz 74c 14 ff Dritteinziehung 73b 38 Ermessen 74c 16 Höhe 74c 14 Schätzung 74c 18 tatbeteiligte Nichteigentümer 74c 17 Verkehrswert 74c 15 Wertersatzeinziehung 73c 1 ff Anordnung 73c 21 ff Arten 73c 6 ff Bedeutung 73c 5 Berechnungsweise 73c 14 Berechnungszeitpunkt 73c 15 Beschaffenheit des Erlangten 73c 6 dingliche Belastung 74c 19 f
Eigentümer 74c 5 Einziehung von Taterträgen 73 6, 76 6 Einziehung von Tatgegenständen 74c 1 ff, 76 3 erweiterte Einziehung 73a 43 Höhe des Erlangten 73c 13 ff nachträgliche Anordnung 76 1 ff Nichtausführbarkeit 76 2 nochmalige Inanspruchnahme 76 7 Rechtskraft 76 1 Rechtsnatur 73c 1, 74c 4 Schätzung 73d 22 ff, s.a. dort Surrogate 73c 9 Veräußern 74c 9 Verbrauchen 74c 9 Vereiteln 74c 10 Vereitelung 74c 12 Verlust 74c 13 Verlust des Erlangten 73c 7 Vollstreckung 73c 24, 74c 22 Voraussetzungen 74c 5 ff Vorwerfbarkeit am Untergang 73c 4 Wertänderungen 73c 15 ff Wertbestimmung 73d 1 ff, s.a. dort Wertersatz 74c 14 ff, s.a. dort Wertminderung 73c 11, 73c 20 Zahlungserleichterungen 74c 21 Zweck 73c 2 Wiederaufnahme Fahrerlaubnisentziehung 69 289 ff Verjährung 78 11 Wiedereinsetzung 78 10 Wilderei 77 35 Wirkung der Sperrfrist 69a 63 ff Wirkungsstufen 75 5 Z Zulassung Beruf 70 27 Gewerbe 70 27 Zusammenhangstat 69 64 Zuständigkeit Aussetzung 70a 14 Aussetzungswiderruf 70b 28 vorläufige Fahrerlaubnisentziehung 69 232 ff, 69 243 Zustandsdelikte 78a 10
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