Soldatenerzählungen aus dem Feldzuge 1870 und 1871. Heldentaten und Erlebnisse eizelner Soldaten und Truppenteile nach den eigenen Mitteilungen und Briefen der Beteiligten


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German Pages 168 Year 1871

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Geschichtskalender des Krieges von 1870 und 1871
Musketiere vom 2 Niederschlesischen Regiment Nr. 47 bei Weißenburg
Das Brandenburgische Jägerbataillon Mr 3 bei Forbach
Kurmärkische Dragoner Nr. 14 bei Sedan am 1. September
Niederschlesische Pioniere Nr. 5 sprengen zwei Eisenbahn-
Westfälischen Infanterieregiment Nr. 15 bei Montmédy
Hessischen Infanterieregiment Nr. 82 bei Sedan
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Soldatenerzählungen aus dem Feldzuge 1870 und 1871. Heldentaten und Erlebnisse eizelner Soldaten und Truppenteile nach den eigenen Mitteilungen und Briefen der Beteiligten

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Gedenkbuch für das deutsche Volk in Waffen.

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II . Band.

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Neue Folge der

Soldatenerzählungen herausgegeben von Ernst Leistner.

Berlin , 1871 . Verlag von R. Lesser. Internationale Buchhandlung. Leipzigerstr. 27 u. 28.

Aus dem Feldzuge 1870 und 1871 . LONDON : Sampson Low, Son & Marston. - 188 Fleet Street.

Betheiligten Mittheilungen der. Briefen und eigenen Nach den

.Soldaten Truppentheile und einzelner Erlebniſſe Heldenthaten

694 ± (131

Eur .

Was unsere

heimkehrenden

Krieger

erzählen !

Soldatenerzählungen . aus dem

Feldzuge

von 1870 und

Heldenthaten und

1871.

Erlebniſſe

einzelner Soldaten und Truppentheile nach den eigenen Mittheilungen und Briefen der Betheiligten.

Nebst vollständigem Geſchichtskalender des Krieges. Herausgegeben von Ernst Leistner.

II. Band.

Berlin 1871. Verlag von R. Lesser. Internationale Buchhandlung.

Inhalt des 2. Bandes. Seite III Geſchichtskalender des Krieges von 1870 und 1871 Namenverzeichniß aller in den Erzählungen vorkommenden XII Personen . Musketiere vom 2. Niederschleßischen Regiment Nr. 47 bei Weißen1 burg am 4. Auguſt 1870 . Vom 2. Heſfiſchen Infanterieregiment Nr. 82 bei Weißenburg und Wörth am 4. und 6. Auguſt . Dom Brandenburgischen Sägerbataillon Mr. 3 bei Forbach und Mars - la - Tour am 6. und 16. August . • Vom 1. Naſſauischen Infanterieregiment Nr. 87 bei Sedan und bis nach Paris am 1. September 1870 und bis zum 1. März 1871. . • Kurmärkische Dragoner Nr. 14 bei Sedan am 1. September Das Füßilierbataillon des 1. Heſfiſchen Infanterieregiments Nr. 81 vor Mez und Diedenhofen vom 27. September bis 13. November • Niederschlesische Pioniere Nr. 5 sprengen zwei Eisenbahnbrücken vor Paris am 25. und 27. Oktober . . Dom Oldenburgischen Infanterieregiment Nr. 91 bei Ladon , Villeporcher , Le Mans und La Flèche am 24. November 1870, 5. , 12. und 24. - 26. Januar 1871

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Vom 2. Westfälischen Infanterieregiment Nr. 15 bei Montmédy und # Vorges am 29. November 1870 und 26. Januar 1871 101 Dom 1. Westfälischen Infanterieregiment Nr. 13 bei Busy am • 107 25. Januar 1871 . Dom Westfälischen Jägerbataillon Nr. 7 bei Quingey am 26. Januar 113 Dom 2. Hessischen Sufanterieregiment Nr. 82 bei Sedan am 122 1. September . Eine PaDom 8. Sächsischen Infanterieregiment Nr. 107. 131 trouille vor Paris am 13. Oktober 1870

Geschichtskalender

des Krieges

von 1870 und 1871 .

Juli. 4. Im auswärtigen Amte zu Berlin erklärt der französische Geschäftsträger , daß die Annahme der spanischen Thronkandidatur vonseiten des Erbprinzen Leopold von Hohenzollern in Paris einen peinlichen Eindruck gemacht habe. Der Staatssekretär antwortet, daß diese Angelegenheit für die preußische Regierung nicht existire. 6. Herzog v. Gramont beantwortet eine Interpellation des Abge= ordneten Cochery über die spanische Thronfrage im Gefeßgebenden Körper zu Paris in Preußen verlegender Weise. 9. Graf Benedetti dringt zu Ems in den König, den Erbprinzen zum Verzicht auf die Thronkandidatur zu veranlaſſen. Der König lehnt diese Zumuthung ab. 12. Der Erbprinz Leopold entfagt aus eigenem Antriebe der Kandidatur. Herzog v. Gramont verlangt von Frhrn. v. Werther, der König solle sich beim Kaiser schriftlich entschuldigen und der Entsagung des Erbprinzen anschließen. 13. Graf Benedetti stellt in Ems auf der Promenade an den König die Zumuthung, derselbe folle die Versicherung geben, daß er niemals wieder feine Einwilligung zu dieser Thronkandidatur geben werde. Der König weist dies entschieden zurück und verweigert dem Grafen Benedetti weitere Audienzen in dieser Angelegenheit. 15. Ollivier theilt im Geseßgebenden Körper nach falscher Darstellung der Thatsachen mit, daß Frankreich sich zum Kriege entschlossen habe. Rückreise des Königs von Ems nach Berlin. 16. Der norddeutsche Bundesrath billigt alle bisherigen Schritte des Bundespräsidiums. 19. Eröffnung des norddeutschen Reichstages durch den König. Die formelle Kriegserklärung Frankreichs wird in Berlin übergeben. Wiedereinsehung des Eisernen Kreuzes. 20. Vorpostengefechte bei Saarbrücken. Die bairischen , würtembergischen und badischen Truppen werden der deutschen Südarmee unter dem Oberbefehl´des Kronprinzen von Preußen zugetheilt. 22. Der Kehler Brückenbogen der Rheinbrücke nach Straßburg wird gesprengt. 24. Vorpostengefechte bei Werden, Gersweiler u. f. w.

IV 26. Vorpostengefecht an der Brücke von Rheinheim. Rekognozirungsritt des Grafen Zeppelin in der Gegend um Hagenau. 27. Vorpostengefecht bei Völklingen. 29. Napoleon übernimmt den Oberbefehl über die französische Armee in Meß. Eine französische Panzerflotte passirt Helsingör. 31. Proklamation des Königs von Preußen An mein Volk!" Amnestieerlaß für politische Vergehen und Verbrechen.

August. 2. Ankunft des Königs im Hauptquartier Mainz. Angriff der Franzosen unter General Frossard in Anwesenheit des Kaisers und Lulu's auf Saarbrücken , welches die deutsche Vorpostenbesaßung räumt. Eine französische Flotte läuft in die Ostsee ein. 4. Erftürmung von Weißenburg . Sieg der 3. deutschen Armee unter dem Kronprinzen gegen die französische Diviſion Douay vom Korps Mac-Mahon. 6. Schlacht bei Wörth . Die 3. deutsche Armee unter dem Kronprinzen von Preußen schlägt MacMahon vollständig. Schlacht bei Forbach. Die 1. deutsche Armee unter General v. Steinmeß und Theile der 2. Armee unter Prinz Friedrich Karl erstürmen die Höhen bei Speichern füdlich Saarbrücken und schlagen das Korps Frossard in die Flucht. 7. Die französische Armee tritt auf der ganzen Linie den Rückzug an. Gefecht bairischer Truppen bei Niederbronn und würtembergischer Kavallerie bei Reichshofen. - Beseßung von Hagenau. 9. Festung Lüzelstein (La petite Pierre) fapitulirt. Marschall Bazaine übernimmt den Oberbefehl über die französische Armee. Das Ministerium Ollivier - Gramont tritt zurück und Graf Palikao bildet ein neues. 11. Straßburg wird von der badischen Division zernirt. 12. Das Fort Lichtenberg nahe Hagenau kapitulirt. Ausweisung der Deutschen aus Frankreich. 14. Gefecht bei Pange östlich vor Mez. Das 7. und 1. Armeekorps werfen die Franzosen bis hinter die Forts zurück und halten den beabsichtigten Rückzug Bazaine's von Meß auf. Zum General- Gouverneur in Lothringen wird General v. Bonin , für das Elsaß Graf v. Bismarck - Bohlen ernannt. 15. Die kleine Festung Marsal an der Seille kapitulirt. 16. Schlacht bei Mars -la-Tour. Die 2. Armee unter Prinz Friedrich Karl schlägt die gesammte Armee Bazaine's auf Meß zurüd. 17. Gefecht der " Grille" und der Kanonenböte ,, Drache" , „ Bliz" und ,,Salamander" gegen französische Kriegsschiffe bei Hiddensoe westlich Rügen. 18. Schlacht bei Gravelotte. Bazaine's Armee, von den Rückzugs straßen vollständig abgeschnitten , wird von der 1. und 2. deutschen Armee unter v. Steinmez und Prinz Friedrich Karl unter Oberbefehl des Königs auf Meß geworfen und darin eingeschloffen. Die deutschen Nord- und Ostseehäfen werden von Admiral

V

20. 25. 27.་ 29. 30.

31.

Bouët Villaumez der französischen Flotte in Blokadezustand erklärt. Gefecht der Korvette ,,Nymphe" mit französischen Kriegsschiffen in der Danziger Bucht bei Orhöft. Die Festung Vitry le François an der Marne ergibt sich. Gefecht sächsischer Kavallerie gegen französische Jäger zu Pferde bei Buzancy. Zwei preußische Husaren-Schwadronen stürmen abgeſeſſen das Dorf Voncq (an der Aisne). Gefecht bei Nouart des 12. sächsischen Armeekorps gegen das Korps de Failly (Armee Mac-Mahon's). Schlacht bei Beaumont. Das 4., 12. (ſächſiſche), preußische Gardeund 1. bairische Korps schlagen die Mac - Mahon'sche Armee auf Sedan und nach dem rechten Maasufer zurück. Gefechte um Carignan zur Einschließung der Armee MacMahon's in Sedan. Ausfall der Armee Bazaine's aus Metz gegen das 1. Armeekorps und die Landwehrdiviſion Kummer nach Osten. (Schlacht bel Noisseville.) September.

1. Fortsetzung der Schlacht bei Noisseville vor Meß. Das 1. und 9. Armeekorps , die Division Kummer und die 28. Brigade werfen die Truppen Bazaine's vollständig zurück. Schlacht bei Sedan. Die Mac - Mahon'sche Armee wird von der 4. deutschen Armee unter dem Kronprinzen von Sachsen und der 3. unter dem Kronprinzen von Preußen geschlagen und vollständig in Sedan eingeschlossen. König Wilhelm führt den Oberbefehl. Am Abend wird Sedan bombardirt und es kapitulirt. Die ganze französische Armee nebst dem Kaiser Napoleón ist gefangen. 2. Abschluß der Kapitulation von Sedan. Unterredung Bismarc's mit Napoleon. Zusammenkunft König Wilhelms mit dem gefangenen Kaiser im Schloß Bellevue bei Frenois. 4. Sturz der kaiserlichen Regierung in Paris und Erklärung der Republik Frankreichs. Bildung der Regierung der nationalen Vertheidigung : Jules Favre, Aeußeres ; Gambetta , Inneres ; Leflo, Krieg; Trochu , Gouverneur von Paris. -Die Kaiserin Eugenie flieht nach der Küste und nach England. 5. Napoleon trifft abends in Wilhelmshöhe bei Kassel ein. Ausweis aller Deutschen aus Paris , Seine und Seine-Dise binnen 24 Stunden. 9. Die Festung Laon kapitulirt. Die Citadelle wird durch Verrath 1 in die Luft gesprengt. 11. Die lezten Schiffe des französischen Blokadegeschwaders verlaffen die Nordsee. 15. Kölmar wird befeßt; am 16. Mühlhausen . 18. Gefecht bei Bicètre südlich Paris. Bourg und Versailles werden beseßt. 19. Die Einschließung von Paris durch die Truppen der 3. und 4. deutschen Armee: ft vollendet.

VI 19. Gefechte bei Sceaux , Villejuif, Creteil u. s. w. gegen die Befazung von Paris. 20. ( und 19.) Waffenstillstands - Unterhandlungen zwischen Graf Bismard und Jules Favre im Schloß zu Ferrières ; ohne Erfolg. 22. und 23. Ausfall aus Mez nach Peltre (Süden) . 23. Die Festung Toul kapitulirt. -Ausweisung aller Deutschen auch aus dem südlichen Frankreich. 27. Ausfall aus Meß nach Mercy - le - Haut (Südosten). 28. Straßburg hat in der Nacht kapitulirt. 30. Ausfall aus Paris nach Süden und Südwesten gegen das 6. und 5. preußische Korps. Feierlicher Einzug des Generals v. Werder mit den Belagerungstruppen in Straßburg.

Oktober. 2. Ausfall aus Meß nach Norden auf St. Rémy gegen die Divifion Kummer. 4. Gefecht bei Champenay (Vogesen) badischer Truppen gegen Franctireursbanden. 5. Gefecht bei Raon l'Etape (Vogesen). 6. Gefecht bei Epinal und Nompatelize der badischen Division gegen die französische Ostarmee. 7. Ausfall aus Paris gegen Malmaison (Westen). Ausfall aus Meß nach Norden (Woippy und Tapes) gegen die Landwehrdivision. 9. Gefecht bei Etampes , preußische und bairische Truppen unter General v. d. Tann gegen Truppen der Loire - Armee. 10. Gefecht bei Artenay (vor Orleans) derselben Truppen. 11. Schlacht bei Orleans und Erſtürmung der Stadt unter v. d. Tann gegen die Loire - Armee unter General Aurelles de Paladine. 13. Ausfall aus Paris gegen das 2. bairische Korps. Die Franzosen schießen Schloß St. Cloud in Brand. 16. Soiffon kapitulirt. 18. Chateaudun wird von der 22. Division v. Wittich erstürmt. 20. Ausfall aus Paris vom Mont Valérien. 21. Die 22. Diviſion v. Wittich beseßt Chartres. Ausfall aus Paris auf La Malmaison. 22. Das 14. Armeekorps v. Werder schlägt die französische Ostarmee unter General Cambriels bei Rioz und Etuz auf Besançon zurück. Ausfall aus Paris auf Champigny (Often) . 24. Die Festung Schlettstadt kapitulirt. 27. Die Festung Mek kapitulirt . Die ganze Armee Bazaine's ist kriegsgefangen. 28. Ausfall aus Paris gegen Le Bourget. 29. Einzug der deutschen Truppen in Meg. 30. Dorf Le Bourget nördlich Paris wird von der 2. Gardediviſion wiedergenommen. Dijon wird von der badischen Diviſion erſtürmt. 31. Aufstand in Paris. Thiers unterhandelt in Versailles (bis zum 6. November) vergeblich um Waffenstillstand.

VII

November. 3. Die Festung Belfort wird zernirt . Eine Abstimmung in Paris gibt infolge des Aufſtands der provisorischen Regierung ein Vertrauensvotum. 6. Fort Mortier von Neu- Breisach kapitulirt. 8. Die Festung Verdun kapitulirt. 9. General v. d . Tann zieht sich von Orleans auf Toury zurück. Schlacht bei Coulmiers , 1. bairisches Korps gegen die LoireArmee unter General Chanzy. Montbéliard (südlich Belfort) wird besezt. 10. Die Festung Neu - Breisach kapitulirt. 12. Das deutsche Kanonenboot ,,Meteor“ besiegt den franzöſiſchen Aviso "1Bouvet" bei Havana. 15. Der Vertrag über die Gründung eines deutschen Bundes wird zwischen dem norddeutschen Bund und Baden und Hessen in Versailles unterzeichnet. 18. Gefecht bei Chateauneuf der 22. Division. 21. Die Zitadelle zu Ham übergibt sich der 1. Kavalleriedivision. 23. Der Vertrag mit Baiern über deſſen Eintritt in den deutschen Bund wird zu Versailles unterzeichnet. 24. Die Festung Diedenhofen kapitulirt. - Gefecht bei Beaune - la - Rolande des 10. Armeekorps gegen das 20. franzöfifche (Loire-Armee). 25. Der Vertrag über Würtembergs Eintritt in den deutschen Bund wird in Berlin unterzeichnet. 26. Gefecht bei Pasques (unweit Dijon) von Vorposten des 14. Armeekorps gegen Garibaldianer. 27. Schlacht bei Amiens, 1. deutsche Armee (8. und Theile des 1 . Korps) unter General v . Manteuffel gegen die französische Nordarmee. Die kleine Festung La Fère kapitulirt. 28. Gefecht bei Beaune - la - Rolande des 10. Armeekorps, der 5. Division und der 1. Kavalleriedivision unter Prinz Friedrich Karl gegen die französische Loire-Armee. 29. Ausfall aus Paris nach L'Hay ( Süden) gegen das 6. Armeekorps. 30. Großer Ausfall aus Paris nach Osten und Süden auf Bonneuil, Champigny, Villiers und auf Mesly gegen das 12. sächsische . Armeekorps, die würtembergische Division und Theile des 2. u. 6. Korps. Dezember. 1. Gefecht bei Nonneville und Villepion-Chateau (bei Orleans) des 1. bairischen Korps. 2. Ausfall aus Paris vom 30. November wird vollends zurückgeschlagen. Gefechte der Armee des Großherzogs von Mecklenburg gegen Vorstöße der Loire-Armee aus Orleans nach Loigny und über Artenay hinaus. 3. Brief des Königs von Baiern an König Wilhelm zu Verfailles wegen Annahme der deutschen Kaiserkrone. Gefechte der vereinigten Armeen des Prinzen Friedrich Karl und Großherzogs von Mecklenburg gegen die französische LoireArmee vor Orleans.

VIII 4. Wiedereroberung Orleans durch dieselben Truppen. Die LoireArmee flieht theils auf Blois und Tours unter General Chanzy theils auf Gien unter General Bourbaki. Gefecht vor Rouen durch Abtheilungen des 8. Korps v. Goeben. Rouen wird beseßt . 7. Gefecht bei Meung bei Verfolgung der Loire-Armee auf Beaugency- Tours durch die 17. Division und das 1. bairische Korps. 8. Gefecht bei Beaugency und Marchenoir der 17. und 22. Divifion und der 1. bairischen Division ' gegen 4 franzöſiſche Korps der Loire-Armee. 9. Hafenstadt Dieppe wird von Truppen der deutschen Nordarmee befeßt. Vierzon, Eisenbahnknotenpunkt füdlich Orleans, wird von Truppen der Armee des Prinzen Friedrich Karl befeßt. Gefecht bei Montlivault (unweit Blois) , Erſtürmung des Schloffes Chambord durch Abtheilungen des 9. Armeekorps. -- Der Reichstag des norddeutſchen Bundes nimmt die Verträge mit den süddeutschen Staaten an. 10. Gefechte des Großherzogs von Mecklenburg gegen starke Angriffe der Loire-Armee bei Beaugency. - Der Reichstag des norddeutschen Bundes nimmt die Vorlage des Bundesraths an , wonach der deutsche Bund fortan den Namen Deutsches Reich" und der Bundespräsident den Titel „ Deutscher Kaiser" führen soll. Die Delegation der französischen Regierung zu Tours flüchtet nach Bordeaux. 12. Die Festung Pfalzburg kapitulirt. 14. Die Festung Montmédy kapitulirt. 15. Die Loire-Armee unter General Chanzy wird von den Vortruppen. des Großherzogs von Mecklenburg vor Vendôme angegriffen. 16. Gefecht bei Longeau (Langres) von Abtheilungen des 14. Armeeforps gegen Truppen der französischen Ostarmee. Der König von Baiern theilt nach Versailles mit, daß sämmtliche deutschen Fürsten und freien Städte der Aufforderung an König Wilhelm zur Annahme der deutschen Kaiserkrone beigetreten find. Gefechte bei Epuisay , Poislay und La Fontenelle von Truppen der 2. Armee gegen die sich auf Le Mans zurückziehende französische Loire-Armee. 18. Eine Deputation des norddeutschen Reichstags überreicht dem Könige zu Versailles eine Adresse, die Bitte um Annahme der deutschen Kaiserkrone. Gefecht bei Nuits der 1. und 2. badischen Brigade unter General v. Glümer gegen ein französisches Korps. 21. Ausfall aus Paris nach Stains, Le Bourget, Sevran und Chelles gegen das Garde- und 12. (fächſiſche) Korps. Lours wird von der 19. Division genommen. 22. Ausfall aus Paris gegen das 12. (sächsische) Korps. 23. Schlacht an der Hallue oder bei Querrieur der 1. Armee unter General v. Manteuffel gegen die französische Nordarmee unter General Faidherbe. 27. Beginn des Bombardements gegen die Befestigungswerke von Paris zunächst gegen den Mont Avron.

IX 29. Mont Avron wird von Theilen des 12. (fächſiſchen) Armeekorps besetzt. 31. Gefecht auf dem linken Seineufer gegenüber Rouen von Truppen der 1. Division, Erstürmung des Schloffes Robert le Diable. Gefecht bei Vendôme der 20. Division gegen einen Angriff der bei Le Mans stehenden Korps des Generals Chanzy. Die Forts Nogent , Rosny und Noisy im Osten von Paris werden beschoffen.

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Januar 1871 . 2. Die Festung Mézières kapitulirt. Gefecht bei Sapiegnies (vor Bapaume) der 30. Brigade (1. Armee) gegen zwei feindliche Korps des Generals Faidherbe. 3. Schlacht bei Bapaume von Theilen der 1. Armee unter General v. Goeben gegen die französische Nordarmee. Gefecht einiger Truppen der 1. Armee unter General v. Bentheim auf dem linken Seineufer gegen die Franzosen unter General Roye. 4. Die Korvette ‫ וי‬Augusta" nimmt vor Bordeaux drei franzöſiſche Transportschiffe fort. 5. Die Südfront der Pariser Befestigungswerke wird beschoffen. Die Festung Rocroy wird durch einen Handstreich genommen von einer Abtheilung der 1. Aimee unter General Schuler v. Senden. 6. Die gegen Le Mans vorrückende Armee des Prinzen Friedrich Karl wirft zwei Armeekorps des Generals Chanzy über Montoire-Azai zurück. 8. Danjoutin , südlich von Belfort, wird gestürmt. Gefecht bei Montbard von Vortruppen des 2. und 7. Armeekorps gegen Garibaldianer. 9. Gefecht bei Ardenay vor Le Mans. - Paris wird stärker beschossen. Die französische Regierung proteftirt gegen das Bombardement. Gefecht bei Villerserel des 14. Armeekorps General v. Werder gegen das 18. und 20. französische Korps unter General Bourbati. 10. Ausfall aus Paris gegen die Vorposten bei Clamart. Die Festung Péronne kapitulirt. Gefechte der Armee des Prinzen Friedrich Karl gegen die bis auf 1 Meile vor Le Mans zurückgedrängten Truppen des Generals Chanzy. 11. Gefechte derselben Truppen bei Lombronne, La Chapelle 2c. dicht vor Le Mans. 12. Schlacht und Erstürmung von Le Mans . Die Armeen Prinz Friedrich Karls und des Großherzogs von Mecklenburg schlagen die französische Armee unter General Chanzy auf Alençon und Laval zurück. 13. Ausfall aus Paris gegen Clamart und Fleury. Vorpostengefechte vor Belfort (bei Ascey und St. Maviel) des 14. Korps v. Werder gegen Bourbaki's Armee. 14. Ausfälle aus Paris nach Le Bourget und Drancy gegen die Garde, nach Meudon gegen das 11. und nach Clamart gegen das 2. Lairische Korps.

X 14. Das Lager von Conlie wird beseßt. Bei der Verfolgung der Chanzy'schen Armee Gefecht bei Beaumont und Chaffillé. Gefecht bei Briare (Gien) einer Abtheilung der 2. Armee unter General v. Ranzau . 15. Ausfall aus Paris nach Le Bourget, Dugny und Avron gegen Garde- und 12. (sächsisches) Korps. Schlacht bei Héricourt vor Belfort des 14. Armeekorps General v. Werder gegen Bourbaki's Armee. 16. Ausfall aus Paris gegen Le Bourget. Alençon wird vom 13. Armeekorps Großherzog von Mecklenburg befest. Fortsetzung der Schlacht vor Belfort. 17. Bourbaki's Armée wird von General v. Werder vor Belfort zum Rückzuge gezwungen . 18. Feierliche Annahme König Wilhelms der deutſchen Kaiſerkrone im Schloffe zu Versailles . Proklamation an das deutsche Volk. Gefecht bei Beauvois von Vortruppen der deutschen und französischen Nordarmee. General v. Werder beginnt die Verfolgung der Bourbaki’schen Armee. 19. Lester großer Ausfall aus Paris vom Mont Valérien aus gegen . das 5. und 4. deutsche Korps. Schlacht bei St. Quentin. General v. Goeben mit der 1. deutschen (Nord-) Armee schlägt die französische Nordarmee unter Faidherbe. St. Quentin wird erstürmt. General v. Manteuffel beginnt die Armee Bourbaki's nach der Schweizer Grenze zu drängen. 21. St. Denis und Paris werden von Norden her beschossen. Es zeigen sich Feuersbrünste. Dorf Perouse vor Belfort wird erſtürmt. (und 23.) Gefecht bei Dijon einer Abtheilung des 2. Armeekorps unter General v. Kettler gegen die Garibaldi'sche Armee. 23. Beginn der Kapitulationsverhandlungen von Paris durch Jules Favre in Versailles . 24. Die Festung Longwy kapitulirt. ― Gefechte bei Glay und Roches sowie bei St. Vit gegen die von ihren Rückzugslinien abgeschnittene Bourbaki'sche Armee. 26. In der Nacht zum 27. um 12 Uhr wird infolge der zwischen Bismard und Jules Favre abgeschlossenen Vorverhandlungen das Feuer auf Paris eingestellt. 28. Abschluß eines dreiwöchentlichen Waffenstillstandes zu Waffer und zu Lande (mit Ausnahme des Terrains von Belfort und der Bourbaki'schen Armee). Paris kapitulirt. Es bleibt zernirt und darf sich verproviantiren, sobald die Waffen abgeliefert sind. Linien und Mobilen sind friegsgefangen. 29. Die Forts von Paris werden von deutschen Truppen befeßt. Gefecht der Avantgarde der Südarmee gegen Bourbaki's Armee (unter General Clinchant) vor Pontarlier. 31. Gefecht bei Vaur gegen dieselbe Armee.

ΧΙ

Februar. 1. Die französische Südarmee unter General Clinchant (Bourbaki), vollständig umstellt von dem 14. , 2. und 7. deutschen Armeekorps unter General v. Manteuffel und v. Werder, tritt über die Schweizer Grenze auf neutrales Gebiet über. - Die Arrièregarde derselben wird südlich Pontarlier noch von Abtheilungen des 2. Armeekorps geschlagen. 2. und 3. Gefechte gleichfalls mit den nach der Schweiz übertretenden Franzosen. 8. Die Forts Perches der Festung Belfort werden genommen. 12. Eröffnung der konstituirenden Deputirtenversammlung in Bordeaux. 16. Die Festung Belfort kapitulirt. Der Waffenstillstand wird bis zum 24. Februar verlängert, am 22. wiederum bis zum 26. 17. Thiers wird zum Chef der Erekutivgewalt der französischen Republik gewählt. 26. Abschluß der Friedenspräliminarien zwischen Bismarck und Thiers , vorbehaltlich der Zustimmung der Nationalversammlung in Bordeaux.

März bis Mai. 1. März. Truppentheile des 6. , 9. Armeekorps und 2. bairischen Korps rücken in Paris ein. Die Nationalversammlung in Bordeaux genehmigt mit 546 gegen 107 Stimmen die Friedenspräliminarien. 3. Paris wird infolge des Abschlusses der Friedenspråliminarien von den deutschen Truppen wieder geräumt. Die Truppen treten den Marsch hinter die Seinelinie an. 21. Eröffnung des ersten deutschen Reich stages zu Berlin durch den Kaiser. 14. April. Der deutsche Reichstag nimmt den Geseßentwurf be= treffend die Verfassung des deutschen Reiches an. Derselbe erlangt am 4. Mai Gefeßestraft. 10. Mai. Der Friede zwischen dem deutschen Reich und Frankreich wird von Fürst Bismarck und dem französischen Bevollmächtigten zu Frankfurt a. M. unterzeichnet.

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Namenverzeichniß aller in den Erzählungen vorkommenden Personen. Seite der Erzählung : 32 Adami, Leutn. (1. Naff. Inf. Nr. 87) . 113 v . Alvensleben , Leutn. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) 1 Armann, Musket. (2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) 101 Balke, Unteroff. (2. Westfäl. Inf. Nr. 15) 78 Baron, Hauptm. (Oldenburg. Inf. Nr. 91) . 46 v. d. Barswart , Leutn. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 7 Battenfeld, Gefr. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) 101 Beckhaus I , Premierleutn. (2. Westfäl. Inf. Nr. 15) 7 Beliz, Leutn. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 46 . v. Berden , Rittm. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 32 Bickel, Leutn. (1. Naſſ. Inf. Nr. 87) 74 Biermann, Leutn. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) 7 Bittner, Serg. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 107 Blanke , Leutn. (1. Weſtfäl. Inf. Nr. 13) 54 v. Blankenfee, Generalleutnant . 46 Bold, Vizewachtm. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 122 Billing, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . 7 v. Bories , Oberst (2. Heff. Inf. Nr. 82) . 122 v. Bose, General (11. Armeekorps) . 122 Boshold, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 1 Bourbiel, Vizefeldw. (2. Ndrschleſ. Inf. Nr. 47) 101 Bredu , Gefr. (2. Westfäl. Inf. Nr. 15) 7 Bröder, Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . 122 Brödker, Gefr. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 131 Brüder, Einj.-Freiw. (Sächf. 8. Inf. Nr. 107) 107 v. Bülow , Hauptm. (Hannov . Füsil. Nr. 73) 1 v. Burghoff, Oberst ( 2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) 1 Buske, Unteroff. (2. Ndrschleſ. Inf. Nr. 47) . 107 Cramer, Hauptm. (Weſtfäl. Jäg. Nr. 7) . 32 v. Crollmann , Oberst (Brigadekomm.) 32 Dahlmann , Lazarethgeh. (1. Naff. Inf. Nr. 87) 54 Damm, Unteroff. (1. Heff. Inf. Nr. 81) 122 Debray , Gefr. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) . 107 Dönnebrink, Feldw. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) 1 Drescher, Tambour (2. Ndrschlef. Inf. Nr. 47) . 113 Ebeling, Leutn. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) 78 Elsner, Leutn. (Oldenburg. Inf. Nr. 91) . 7 Engländer, Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 113 Erefeld, Oberjäg. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) . 7 Feege , Premierleutn. (2. Heff. Inf. Nr. 82)

XIII

32 3 སྶདྡྷསྶསྶསྶས © ཁྐྲམ ** ཧྨ  ་ོ ྶཙཙྪི

Seite der Erzählung: Feld, Fr., Füsil. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Fester, Leutn. (1. Naff. Inf. Nr. 87) v. Finch, Hauptm . (Oldenburg. Inf. Nr. 91) v. Fischer, Hauptm. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Fischer, Leutn. (1. Heff. Inf. Nr. 81 ) . Fischer, Unteroff. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Fischer, Daniel, Füſil. (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) Flender, Unteroff. (2. heff. Inf. Nr. 82) Floren, Gebrüder, Gefr. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Förster , Ernst, Musket. (2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) v. Fragstein , Leutn. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . Freitag, Serg. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Fuchs, Peter, Musket. (2. Hess. Inf. Nr. 82) v. Gersdorf, General (11. Armeekorps) Ginsberg , Füsil . (2. Heff. Inf. Nr. 82) . Glocke, Unteroff. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Goldammer II., Musket. (Sächf. 8. Inf. Nr. 107) Goldbed, Unteroff. (2. Westfäl . Inf. Nr. 15) v. Graeff, Hauptm. (Brandenbg. Jag. 3) . 74 Groß, Premierleutn. (Ndrschles. Pion. Nr. 6) 78 Großkopf, Leutn. (Oldenburg. Juf. Nr. 91) Großmann , Wilh., Serg. ( 2. Ndrſchleſ. Inf. Nr. 47 Günther , Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 46 Gutsche, Gefr. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Habelmann, Hauptm. v. Hachling, Leutn. (2. Westfäl. Inf. Nr. 15) Hahn , Karl, Unteroff. (2. Hess. Inf. Nr. 82) Hamm, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) • Hampel, Drag. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) v. Hanneken , Major (1. Heſſ. Inf. Nr. 81 ) Hartmann , Musket. ( 2. Heſſ. Inf. Nr. 82) . Hartung, Dr., Unterarzt (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) Haffe, Leutn. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Hauck, Dr., Arzt • Häuser, Lazarethgeh. (2. Heff. Inf. Nr. 82) v. Hausmann , General v. Har-Haussen, Leutn. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Heinzell, Leutn. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Henrichs, Gefr. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Heppelmann , Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Herzhoff, Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 7. Heffe , Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . 54 v. Heyniz , Hauptm. ( 1. Heſſ. Inf. Nr. 81) Hilmar, Gefr. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Hoff, Musket. (1. Heſſ. Inf. Nr. 82) v. Hoffmüller, Major (2. Westfäl. Inf. Nr. 15) Höhne, Leutn. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) 113 Holthaus , Jäg. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) 122 Holthaus , Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 46 v. Holwede , Leutn. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 122 Homburg, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 107 v. Hornhardt, Hauptm. (1. Weftfäl. Inf. Nr. 13)

XIV Hummel, Hauptm. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) Japes , Musket. (2. Hess. Inf. Nt. 82) v. Jena, Major (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) Jentsch, Feldw. (2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) Jeschke, Serg. (2. Heff. Inf. Nr. 82) John , Leutn. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) . Kämmerling, Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Karbach, Th., Füsil. (1. Naff. Inf. Nr. 87) . Kersting, Musket. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) Keßler, Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) • v. Keutner, Premierleutn. (Oldenburg. Artill.) Klappert, Serg. (2. Heff. Inf. Nr. 82) v. Klärr, Leutn. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Kloß , Pion. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) • Knauff, Leutn. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) Koch, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Koch, Joh., Füsil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Köpke , Jäg. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) Kotthoff, Musket. (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) Kretschmer, Serg. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Kröber, Musket. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) Kruse, Serg. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Kühn, Feldw. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) v . Kummer, General (3. Reservediviſion) Langer, Gefr. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) v. d. Lanken , Leutn. (1. Naff. Inf. Nr. 87) v. Lehmann , General (37. Brigade) Lemmer, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . Linke, Drag. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Lochte, Gefr. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Löfer, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Lucas, Oberjäg. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) v. Eukowiz , Hauptm. (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) Lüschen, Serg. (Oldenburg. Inf. Nr. 91 ) Lüttide, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) v. Manteuffel, General v. Massow, Rittm. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Matthes, Unteroff. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) . Mendel, Musket. (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) Merkel, Gefr. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) v. Meyer, Hauptm. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) Michels, Serg. (1. Naff. Inf. Nr. 87) v. Mittelstädt, Major (2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) Mohrherr, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Mönnich, Serg. (Oldenburg. Artill.) . Müller, Premierleutn. (2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) v. Müller, Leutn. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) . Müller, Gefr. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) . Müller' I. , Louis, Gefr. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Nägeler, Gefr. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) Nebe, Dr., in Düsseldorf • Neumann I., Pion. (Ndrschles. Pion. Nr. 5)

Seite der Erzählung: 74 122 21 1 7 107 7 32 107 7 78 122 46 74 74 122 7 21 122 122 131 7 7 54 131 32 78 7 46 46 7 21 122 78 122 54 46 74 122 74 107 32 1 122 78 1 21 46 32 107 1 74

XV Niederschuch , Unteroff. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) Nizke, Herm., Musket. (1. Naff. Inf. Nr. 87) Ohlhoff, Fr., Unteroff., (Oldenburg. Inf. Nr. 91) v. Oppell , Leutn. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) v. Oppen , Leutn. (2. Ndrſchleſ. Inf. Nr. 47 ) v. d. Often- Sacken , General Otto , Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Otto, Musket. (2. Ndrschles. Inf. Nr. 47) Pafchy, Musket. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) Patt , Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . Pazad, Guft., Feldw. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Paul, Unteroff. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) . Pehlad, Bernh., Jäg. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) Peister, Musket. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) Perseke , Gefr. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) . Perthes, Premierleutn. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) Pettke , Feldw. (1. Naff. Inf. Nr. 87) . Pieper, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Quinth, Feldw. (1. Naſſ. Inf. Nr. 87) Raab, Unteroff. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) Reichstein, Unteroff. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) v. Rekowski , Leutn. (1. Naff. Inf. Nr. 87) . Rezdorff, Serg. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) v. Rex, Leutn. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) Riechelmann, Vizefeldw. (Oldenburg . Inf. Nr. 91 ) Riepe, Jag. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) Röhling, Musket. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) Rübenstahl, Oberjäg. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) Rüdgisch, Premierleutn. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) Rudolph, Gefr. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Rüffer, Pion. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) Rust , Unteroff. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) v. Schachtmeyer, Generalmajor Schäfer, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Schild , Einj.- Freiw. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) Schirmer, Unteroff. (1. Heff. Inf. Nr. 81) v. Schmidt, General Schmiedl , Hauptm. (Westfäl. Jäg . Nr. 7) Schnakenburg , Hauptm. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Schönfeldt, Unteroff. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Schönherr, Drag. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Schreiber, Hauptm. (Westfäl. Artill.) röder, Feldw. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) Schulz, Generalmajor (Ingenieurchef des 5. Korps) lz , Leutn. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) . umacher, Leutn. (1. Heff. Inf. Nr. 81) chürmann , Füfil. (2. Heff. Inf. Nr. 82) Schüß, Unteroff. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) . Schwarz, Unteroff. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) Segnis, Einj. -Freiw. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) Seiffarth, Gefr. (2. Heff. Inf. Nr. 82) . v. Senden , Generalmajor •

Seite der Erzählung: 74 32 78 131 1 107 122 1 131 122 122 74 21 107 113 113 32 122 32 107 107 32 46 21 78 113 131 113 107 46 74 74 7 122 131 54 46. 78 113 122 46 46 113 74 74 7 54 122 122 46 131 122 54

XVI

Seite der Erzählung: 46 v. Senden , Leutn. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 122 Senger, Musket. (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) 7 Sommer, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 122 Spannuth, Unteroff. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 46 Springer, Wachtm . (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 107 Steinbider, Musket. ( 1. Westfäl. Inf. Nr. 13) 54 v. Stranz, Generalmajor 74 Strider, Dr., Arzt 122 Stuff, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 21 v. Stülpnagel , Generalleutn. (Diviſionskomm.) 54 Szukalski , Füſil. (1. Heſſ. Inf. Nr. 81 ) 78 Teerkorn , Einj. Freiw. (Oldenburg. Inf. Nr. 91). 122 Teske, Serg. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 7 v. Thiele , Generalmajor (42. Brigade) 21 Tieze , Leutn. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) 46 Tiege, Serg. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 113 Towesten, Jäg. (Westfäl. Jäg. Nr. 7) 131 Trautner, Gefr. ( Sächs. 8. Inf. Nr. 107) 74 Trenk, Leutn. (Ndrschlef. Pion. Nr. 5) 7 v. Tresckow , Premierleutn. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 7 v. Tschirsky , Major (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) • 107 Uebbing, Feldw. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) 78 v. Voigts = Rheeß, General 131 Walch, Einj. Freiw. (Sächf. 8. Inf. Nr. 107) 113 Wand, Oberjäg. (Westfäl. Jäg . Nr. 7) • 21 v. Wasmer, Leutn. (Brandenbg. Jäg. Nr. 3) 122 Wassermann, Lazarethgeh. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 1 Weber, Musket. (2. Ndrschleſ. Inf. Nr. 47) . 107 Weck, Leutn. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) • 74 Weiß, Karl, Serg. (Ndrschles. Pion. Nr. 5) 54 v. Werder, Hauptm. (1. Heff. Inf. Nr. 81) 32 Weyer, Gefr. (1. Naff. Inf. Nr. 87) 122 Wichardt, Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 107 Wiedau , Unteroff. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) 122 Wiethoff, Unteroff. (2. Heſſ. Inf. Nr. 82) 107 Winkels , Gefr. (1. Westfäl. Inf. Nr. 13) 122 Wolf, Wilh., Musket. (2. Heff. Inf. Nr. 82) 1 Wünsch, Lazarethgeh. (2. Ndrschleſ. Inf. Nr. 47) 1 v. Wyning, Premierleutn. (2. Norſchles. Inf. Nr. 47) 46 v. Zastrow , Gefr. (Kurmärk. Drag. Nr. 14) 131 Zehender, Einj. Freiw. (Sächs. 8. Jnf. Nr. 107) 122 Zimmerling , Feldw. ( 2. Heff. Inf. Nr. 82) 107 v. Zimmermann , Leutn. (1. Westfäl. Juf. Nr. 13) 32 v. Zschüschen , Leutn. (1. Naff. Jnf. Nr. 87) 131 3wider, Unteroff. (Sächs. 8. Inf. Nr. 107) . ·

Musketiere vom

2. Niederschlesischen Regiment

Nr. 47 bei Weißenburg

am 4. August 1870. Wir sehen unsere Sammlung : kehrenden Krieger erzählen " sode

aus

der

Schlacht

bei

" Was unsere heimmit einer kleinen Epi-

Weißenburg

fort ,

welche

besonders beweist, wie jeder einzelne Mann unseres deutschen Heeres mit freiwilliger muthiger Aufopferung seinerſelbſt mehr als seine Pflicht gethan, wo es galt, zum besten seiner Kameraden wie zum Siege der großen gerechten Sache unseres Vaterlandes einzustehen. Sergeant Wilhelm Großmann von der 5. Kompagnie des

2. Niederschlesischen

Infanterieregiments

Nr. 47 ( 18 .

Brigade, 5. Armeekorps) erzählt wie folgt : Unser 5. Armeekorps biwakirte am bei Billigheim.

2. und 3. Auguſt

Am 4. früh 3 Uhr marschierten wir,

anhaltenden Regen völlig durchnäßt, Knöchel, aber munter und

vom

im Schmuz bis an die

voll Verlangen,

auf den Feind

zu treffen, auf Weißenburg zu. Schon von fern hörten wir in dieser Richtung Kanonendonner und wußten, daß das Gefecht bei Weißenburg begonnen habe ; unsere wackeren Kameraden, die Baiern, waren bereits darin verwickelt.

Unser

Regiment unter Oberst v. Burghoff (unser 2. Bataillon II. 1

2 unter Major v. Mittelstädt)

111 Uhr ins

kam gegen

Gefecht; wir wurden freudig von den Baiern begrüßt, welche die Helme schwenkten

und Hurrah riefen.

Unsere Aufgabe

war, den Weißenburger Bahnhof zu nehmen.

Ich befand mich beim Schüßenzuge ,

welcher

ausge-

schwärmt war.

Wir mußten einigemal über tiefe Gräben, brachten aber dabei die Turkos, welche uns entgegenstanden,

gehörig auf die Beine und nahmen auch schon einige ge= fangen. In Schüßenlinie gingen wir auf den Bahnhof zu, durchsuchten die ersten Häuſer vor demselben, aus welchen wir Feuer bekamen, und machten die sie besezt haltenden Turkos zu Gefangenen . Als der Bahnhof genommen war, sammelte Premierleutnant Müller unseren Schüßenzug und wir marschierten auf die Stadt zu, konnten aber nicht lange auf der Straße bleiben, weil wir rechts von der Stadtmauer, welche mit Schießscharten versehen war, zu viel Feuer befamen. Wir deckten uns, so gut es das Terrain gestattete und schwärmten auf das Thor von Weißenburg zu, nach welchem eine Zugbrücke über den Mauergraben führte, die natürlich aufgezogen war. Die Zugbrücke hatte an der linken Seite nach der Erde zu eine kleine Deffnung.

Ich guckte hindurch und sah drin-

nen die Rothhosen umherlaufen. Kompagnieführer, gefolgt war, heran

Unterdessen kam unser

welcher mit den beiden anderen Zügen und fragte,

die Oeffnung bemerkend:

"„ Wer meldet sich freiwillig , dort hineinzugehen Thor zu öffnen ?" Unteroffizier Bourbiel ,

und das Gefreiter

Buske und ich sprangen sofort vor und wollten es unserer drei wagen. Wir rutschten einer nach dem andern, Bourbiel , Buske und ich,

auf dem rechten eisernen Geländer,

welches zwar zur Brücke gehörte, aber nicht daran befestigt,

3 also nicht mit aufgezogen war, sondern über den Wallgraben führte, hinüber bis

an die Mauer. Das Brückengeländer war etwa 25 bis 30 Fuß lang und wir waren dem feind-

lichen Feuer während des Hinüberrutſchens völlig bloßgeſtellt ; mindestens 6 Franzosen hatten sich an den Ecken und mehrere in den ersten Häusern poſtirt, merken.

mußten uns

also be-

Die Deffnung zwischen der Mauer und der Zugbrücke war so eng , daß wir uns nur mit Mühe hindurchdrängen konnten und dazu erst die beiden Patronentaschen auf die Seite schieben mußten ; das Gepäck hatten wir schon vorher abgelegt, um schneller vorwärts zu kommen. Als wir alle drei glücklich durchgekrochen waren, wobei uns die Franzosen, wenn die Kerle nicht so feige gewesen wären, leicht einen nach dem andern über den Haufen hätten stechen können, nahmen die zunächst postirten Rothhosen reißaus. Etliche stellten sich hinter die nächsten Ecken, andere liefen in die Häuser und schoffen auf uns, ohne aber zu treffen, obgleich die Kugeln dicht neben uns in die Mauer und Brücke einschlugen. als

Bourbiel und Buske gaben in dem Augenblick,

die Franzosen sich umdrehten, auch einige Schüffe ab

und mußten besser getroffen haben, wie die Blutspuren, welche wir später in der Straße fanden, bewiesen. In der Eile konnten wir nicht gleich finden, wodurch

eigentlich die Zugbrücke inwendig hochgehalten wurde ; während sich nun meine beiden Kameraden mit den Rothhosen beschäftigten, erblickte ich links einen großen eisernen Riegel; welcher zurückgeschoben werden

mußte,

wenn die Zugbrücke

herunterfallen sollte. Ich lehnte mein Gewehr an die Mauer und arbeitete mit beiden Händen an dem Riegel so angestrengt, daß mir der Schweiß über das Gesicht lief; 1*

es ge=

4

lang aber, langsam gab der Riegel nach und fiel die Zugbrücke herunter. Jest stürmte unser Schüßenzug sofort herüber,

drang

ein und besezte rechts und links die nächsten Häuser. Unser Kompagnieführer schickte nun zwei Patrouillen aus, um die Häuser genauer zu untersuchen, deren eine ich selbst führte. Wir hatte bereits

einige Häuser

abgesucht,

als

der Befehl

kam, das Bataillon solle sich sammeln. Wir mußten deshalb die Stadt im Stiche lassen und uns auf dem Bahnhofe sammeln. Dann rückten wir zum zweiten mal auf das Thor vor, dessen Zugbrücke die Rothhofen indessen wieder in die Höhe gezogen. doch nichts

Sie hatten aber gemerkt, daß ihnen dies

helfe, und sahen wol ein, daß sie sich nicht mehr

halten konnten, denn sie winkten mit weißen Tüchern und ließen selbst die Brücke herunter.

Unsere 5. und 8. Kom-

pagnie drang nun ein und machte über hundert Mann Franzosen vom 74. Regiment und Turkos untereinander zu Gefangenen.

Damit war, soweit

es

unser Regiment betraf,

das Gefecht von Weißenburg zu Ende. Wir drei Kameraden, welche das Wagestück, die Zugbrücke herabzulassen, freiwillig unternommen hatten, erhielten dafür das Eiserne Kreuz, nämlich : Unteroffizier (jezt Vize= feldwebel) Friedrich Bourbiel aus Komtille (?) bei Straßburg in Westpreußen ; derselbe wurde in der Schlacht bei Wörth durch einen Schuß in den Oberschenkel schwer verwundet, kam aber in Orleans wieder zum Regiment geheilt zurück - Gefreiter (jezt Unteroffizier) Alexander Buske aus Tilsit ― und ich, Sergeant Wilhelm Großmann aus Flinsberg, Kreis Löwenberg in Schlesien.

Ich wurde auch bei Wörth

verwundet und lag fünf Wochen im Lazareth zu Düſſeldorf. Meine Pflege war zwei Wochen in Privatquartier bei Herrn Dr. Nebe , sowie drei Wochen im Kloster zum heiligen

5

Kreuz eine sehr gute, wofür ich stets dankbarste Erinnerung bewahren werde.

Ich kam in Versailles wieder zum Regi-

ment und zog mit demselben am 27. September zum erſten mal auf Vorposten und habe also

in St. Cloud.

Ich diene seit

1863

auch den Feldzug 1866 bereits mitgemacht.

Unser wackerer Regimentskommandeur, Oberst v. Burghoff, fiel in der Schlacht von Wörth. Der Führer der • 8. Kompagnie, Premieurleutnant v. Wyning , wurde bei Wörth verwundet ; kaum genesen zurückgekehrt, wurde er beim Ausfall am Mont Valérien vor Paris am 19. Januar zum zweiten mal verwundet. Wir fügen hier noch nach der

amtlichen Anerkennung

an, wie sich einige andere Mannschaften desselben Regiments ausgezeichnet.

Feldwebel Jentsch führte, nachdem Leutnant

v. Oppen verwundet worden war,

den ausgeschwärmten

4. Zug beim Sturm auf den Geisberg mit großer Umsicht und feuerte seine Leute durch sein Beispiel, besonders beim Kampf um die Hopfengärten,

durch Wort und That an,

indem er selbst ein Gewehr ergriff und im vorgehen mitfeuerte.

Auch in der Schlacht bei Wörth zeigte er dieselbe

Unerschrockenheit ; selbst als er durch zwei Schüsse verwundet war, redete er ſeinen Leuten noch zu, tapfer vorzugehen. Musketiere Weber , Armann und Otto zeichneten sich bei Weißenburg, bald nachdem das Regiment in das Gefecht eingegriffen hatte, durch Muth und Entschloffenheit bei der Gefangennahme von 28 Turkos aus, die sich in einer Mühle festgesezt hatten, welche zu nehmen hauptsächlich durch das dreiste Vorgehen der drei Genannten gelang. Musketier Ernst Förster lag bei Wörth während eines verheerenden Gewehr- und Shrapnelfeuers hinter einem aufrecht stehenden französischen Tornister völlig gedeckt.

Als er

wahrnahm, daß dicht neben ihm sein Kompagnieführer ohne

6 jeglichen Schuß flach auf der Erde lag, schob er demselben ohne weiteres den deckenden Tornister zu, und es bedurfte einer ernſten Zurechtweisung , ehe Förster mit bitten , der Offizier möge dòch den Schuß annehmen , nachließ . Tambour Drescher schlug in derselben Schlacht in der Schüßenlinie fortwährend Sturmschritt und seßte dies auch, nachdem der eine Trommelstock zerschossen war,

mit dem

Reſt desselben fort. Gleichzeitig feuerte er die Mannschaften zum vorgehen an , indem er selbst stets unter den ersten war. Lazarethgehilfe Emanuel Wünsch hat sich während der Dauer des Feldzuges durch seinen unermüdlichen Fleiß und seine Thätigkeit auf den Märschen und während der Gefechte, troh seiner eigenen Schwäche und Kränklichkeit , so nüglich gemacht und brav bewiesen , daß derselbe eine besondere Anerkennung verdient. Erlebnisse des 2. Niederschlesischen Infanterieregiments Nr. 47 vor Paris Buches erzählen.

werden wir an späterer Stelle dieſes

Vom 2. Hessischen Infanterieregiment

Nr.

82

bei Weißenburg und Wörth

am 4. und 6. August. Wir lagen seit Mitternacht vom 2. zum 3. August im Biwak bei Winden, nahe der Eisenbahn, halbwegs zwischen der Festung Landau in der Bairischen Rheinpfalz und Weißenburg - so beginnt der Sergeant Karl Jeschke von der 9. Kompagnie des 2. Hessischen Infanterieregiments Nr. 82 (42. Brigade, 11. Armeekorps) die Erzählung seiner Erlebnisse und der seiner Kameraden , namentlich von der 9. und 11. Kompagnie Füsiliere. In der Nacht zum 4. Auguft wurden wir schon um 1 Uhr zum Kaffeekochen geweckt, und eine Stunde darauf standen wir bereits marschfertig , unsere Befehle erwartend. Um 4 Uhr erhielten wir Befehl abzurücken. Schon während unſeres Frühstücks regnete es langsam, kaum aber hatten wir das Biwak verlassen , als der Regen sich so heftig entlud , daß wir in weniger als einer halben Stunde vollständig durchnäßt waren. Troßdem ging es ununterbrochen vor= wärts, der französischen Grenze zu. Gegen 5 Uhr erreichten wir das legte bairische Dorf, den Grenzort Schaidt. Hier im Dorfe während des Marsches wurde kommandirt : „ mit Patronen geladen ! " Jenseits Schaidt erreichten wir den Mundatwald (Bienwald) , und

8 in demselben überschritten wir gegen 127 Uhr die französische Grenze, wobei es an den verschiedenartigsten Wünschen und gegenseitigen Glückwünſchen natürlich nicht fehlte, denn wir wußten, daß es wol in wenigen Stunden Gelegenheit geben würde, wo sich solche erfüllen oder , so Gott es wolle , auch Die Wege durch den Wald waren schlecht, der leichte , vom Regen tief durchnäßte Sand ernicht bewähren würden.

schwerte das Marschieren im höchsten Grade ; glücklicherweiſe hatte es inzwischen wenigstens aufgehört zu regnen. Unsere 9. und

11. Kompagnie des

Füsilierbataillons

bildeten ein Halbbataillon in Gefechtsformation unter Kommando unſeres Kompagniechefs, Hauptmanns v. Lukowiß ; wir waren die Avantgarde der 42. Infanteriebrigade. Im Walde trafen wir noch nichts feindliches .

Zwar fielen dicht

an der diesseitigen Grenze einige Schüsse , doch sahen wir noch nicht das mindeſte vom Feinde ; wir hörten , daß dieselben auf die uns beigegebenen Husarenpatrouillen abgegeben worden waren. Gegen 8 Uhr erreichten wir das erste französische Dorf, Schleithal, und rückten in südlicher Richtung hindurch.

In

der Nähe desselben auf einem etwas höher gelegenen Acker wurde halt gemacht.

Unsere Husaren ritten auf Rekognoßi-

rung aus, kamen aber meist ohne erhebliche Meldung zurück. Es wurden Feldwachen ausgestellt , die Tornister abgehängt und die Gewehre zusammengesezt , um etwas Raft zu ges nießen.

Wol eine Stunde mochten wir hier geruht haben,

als in westlicher Richtung, also nach Weißenburg zu, einige Kanonenschüsse fielen, die ersten dieses Feldzugs , welche wir vernahmen, die natürlich sofort unsere ganze Aufmerksamkeit erregten. Bald verdoppelten sich dieſelben ; das Gefecht hatte begonnen. Wir erstiegen kleine Anhöhen und konnten bereits von

da aus das Feuer genau beobachten; an einem uns in gera» der Richtung gegenüber liegenden Berge , rechts von Weißenburg, ließ sich bei jedesmaligem Aufbligen ein Geschüß sehen. Nach kurzer Zeit vernahmen wir auch Kleingewehrfeuer und zwischendurch ein Knattern und Geraffele , welches wir für verdorbene ,

unregelmäßige Infanteriesalven hielten. Dies war freilich ein Irrthum , denn wir lernten dieses uns neue Feuer später als das der Mitrailleusen kennen. Schon hier sollten wir die erste Bekanntschaft damit machen, wenn auch noch ohne sie uns näher betrachten zu können.

Während

wir noch über die schlechten Salven der Franzosen unsere Bemerkungen machten, fing das Gefecht an, sich weiter füdlich zu ziehen.

Da auf einmal tauchte auf einer links von

Weißenburg gelegenen Anhöhe eine schwarze Masse auf, und gleich darauf ging das Geknarre los, wir sahen den Pulverdampf und sagten uns :

„ das

ist

eine Mitrailleuse " , eins

. der Wundergeschüße , von deren ungeheuerlicher Wirkung ― nach dem Ausposaunen der Franzosen wir schon unter= wegs genug gesprochen hatten . Schon am 6. Auguſt bei Wörth konnten wir uns dieselben bei ihrer Eroberung, wovon ich später erzählen werde, ganz nahe besehen. Während dieser unserer Betrachtungen war eine ge= raume Zeit in Ruhe für uns verstrichen , jezt aber erscholl das Kommando „ aufgehängt ! Gewehr in die Hand ! " und wir wendeten uns nun dem Kampfplage zu . Durch unser Rekognoßiren waren wir weiter südlich gekommen als unsere übrigen Truppentheile , sodaß wir nicht mehr die Avantgarde bildeten, sondern mehr in der Mitte unserer Brigade und Diviſion ſtanden. zwei Stunden Weißenburg .

Nach einem Vormarsch von kaum

gelangten

wir

auf

das

Schlachtfeld von

Hier angekommen gab unser Bataillonsführer

das Kommando „Fahne entblößt ! "

Aber wiederum hatten

10

wir hier Raft und kamen nicht mehr ins Gefecht. Wir konnten den schnellen Rückzug der Franzosen genau beobachten, leider aber war es uns nicht vergönnt , dem Feinde unsere Grüße nachzusenden.

Einige feindliche Granaten waren über uns

im vorrücken hingeflogen, die ersten in diesem Feldzuge, zugleich die lezten Schlacht , konnten.

an

welcher wir

diesem Tage, nur

in

der

ersten siegreichen

Reserve unthätig zusehen

Jezt wurde Rendezvous gemacht , und einige Mannschaften erhielten Befehl Waffer zu holen . sich noch ein kleiner Strauß.

Dabei ereignete

Einige Franzosen, welche sich

verlaufen hatten , feuerten auf die Wasserholer in der Meinung, dieſe Unbewaffneten ungestraft angreifen zu können. Sie verwundeten keinen , wurden dafür aber von der dem Wasserkommando beigegebenen Bedeckung ohne Umstände zu Gefangenen gemacht. Später rückten wir nördlich vor und bezogen gegen 6 Uhr Biwaks. Die Wagenkolonnen waren herangekommen und lieferten Lebensmittel , die umliegenden Felder die nöthigen Kartoffeln als Gemüſe und die hier viel vorhandenen Hopfenfelder die Stangen als Brennholz, ſodaß es uns an nichts fehlte. Dazu spielten viele der Regimentsmusikkorps und die Mannschaften fielen oft mit donnernden Hurrahs ein.

In dieser Weise wurde der erste Siegestag

höchft angenehm beschlossen , bis die Nacht hereinbrach und wir uns zur Ruhe begaben. Die Nacht verlief völlig ruhig.

Mit aufgehender Sonne

wurden wir zum Kaffeekochen geweckt und hatten dann noch eine kurze Nast.

Nach 6

Uhr kam das Kommando zum

Aufbruch. Vom Biwak aus überschritten wir auf eine bedeutende Strecke das Schlachtfeld ; oberhalb westlich von Weißenburg kamen wir an dem Lager der Zuaven vorüber. Hier waren die Spuren von der ungeahnten Wendung der

11 Dinge zum Schaden der Franzosen überall deutlich zu sehen ; die Feinde hatten sicher geglaubt, noch länger gemüthlich zu lagern, statt dessen sie nun schon auf schleunigstem Rückzuge waren. Frisch geschlachtete Hühner und Gänse , theilweis gerupft , theilweis noch in den Federn, lagen umher, die im Stich gelassenen Zelte , viele Tornister, Kochgeschirre , meiſt noch angefüllt mit ungaren Speisen , alles in bunter Unordnung durcheinander. Unser Weitermarsch führte durch eine recht anmuthige Gegend des Elsaß bis nach Sulz, wo wir biwakiren sollten. Wir hatten unterwegs

nichts vom Feinde bemerkt, nur an

einigen neben der Chauffee umherliegenden Stiefeln, Kleidern, Tornistern u. dgl. gesehen , daß die fliehenden Franzosen theilweise auch diesen Weg eingeschlagen hatten.

Un-

sere heutige Verpflegung war gleich der gestrigen, Brennholz und Stroh fürs Lager wurde dazu requirirt, und so konnten wir es uns ziemlich gut einrichten.

Es war bereits abge=

kocht und jeder suchte sich's in der heut trop bedecktem Himmel angenehm scheinenden Sonne so bequem als möglich zu machen, als wir mitten in unserer Gemüthlichkeit noch einmal alarmirt wurden.

Wie der Blig war jeder beim Ge-

wehr, der Dinge harrend, die da kommen sollten. nach kurzer Zeit kam der Befehl

weggetreten ! "

uns wieder in unsere Behaglichkeit zurück. wurde nur durch den Anblick

Jedoch

und führte

Unsere Heiterkeit

einiger Verwundeten, welche

auf der Straße bei unserem Lager vorübergetragen wurden, etwas getrübt. Infolge des Befehls, daß wir am andern Morgen, als am 6. Auguſt, wieder früh geweckt werden würden , ſuchte jeder bald die Ruhe auf, um sich zu neuen und wol größeren Anstrengungen zu stärken, Zeit weit ringsum still.

und so war das Lager in kurzer

Wenn auch gegen Mitternacht ein

12

heftiger Regen losbrach, so suchte doch jeder auf seinem Lager wohl oder übel auszuharren, bis wir um 2 Uhr bereits durch den Ruf unseres Feldwebels Zimmerling geweckt wurden . Unser Lager hatte sich mittlerweile in ein wahres Bad_umgewandelt, so stromweis hatte es geregnet. Es wurde Kaffee gekocht und getrunken und die Zeit bis zum Aufbruch gegen 6 Uhr benugt, um unsere völlig durchweichten Kleider möglichst abzutrocknen ; glücklicherweise war Holz zu unsern Feuern reichlich vorhanden.

Vom Biwak bis auf die in der Richtung nach Straß= burg führende Chauffee hatten wir nur einige hundert Schritt, aber wir waren sehr froh, diese hinter uns zu haben, denn der Boden der Ackerfelder war durch den anhaltenden Regen derart tief aufgeweicht, daß er einem die Stiefel auszuziehen drohte, welche wir doch durchaus nicht gern stecken laſſen wollten. Kaum hatten wir unser Biwak verlassen, als wir in gar nicht großer Entfernung westlich erst einzelnes, bald aber sich in Salven wiederholendes Geschüßfeuer hörten. Nach

Stunden Marsch auf der Chauſſee

gelangten wir

auf eine hinter Sulz gelegene Anhöhe und

bogen nun in einen Feldweg ein, welcher uns an einen Wald führte. Vor demselben sammelte sich unser Armeekorps, und da unser Bataillon mit den ersten ankam, hatten wir Zeit, unser Frühſtück zu verzehren. Während dieses kleinen Aufenthalts wurde das Gefecht heftiger, wie wir aus dem Wiederhall des Feuers im Walde wahrnehmen konnten.

Das Kleingewehrfeuer wurde so stark,

daß man nicht ohne Mühe das Geknattere der Mitrailleusen dazwischen unterscheiden konnte.

Was

aber eigentlich auf

der anderen Seite des Waldes vorging, wie das Gefecht dort verlief, das entzog sich noch völlig unseren Blicken. Nach dem Sammeln erhielten wir gegen 10 Uhr

13

Befehl, durch den Wald vorzurücken.

Das Wetter hatte sich

inzwischen wenigstens so weit gebessert, daß es nicht mehr regnete, wenn auch die Sonne noch nicht schien. Der Wald, welchen wir quer durchschritten, war nur etwa eine Viertelſtunde breit und bildete einen sich von Süden nach Norden hinziehenden Streifen.

Er war mit vielem Vieh angefüllt,

welches die durch die französischen Zeitungen mit Angst vor den Prüffiens erfüllten Bauern der Umgegend hier in Sicher heit zu bringen gedacht hatten.

Wir erreichten jenseits des

Waldes ein großes, vielfach von Hügeln durchzogenes Ackerfeld, theilweise von Wald begrenzt, welches die Spuren der Geschüße und Munitionswagen zeigte, während sich das eigentliche Gefechtsfeld durch eine vor uns liegende Anhöhe noch immer unseren Augen entzog.

Immer weiter verfolgten wir

unsern jezt etwas bessern Feldweg ;

es war schon nahe um

Mittag, als wir vor einem kleinen Dorfe links abbogen und hier in einer Vertiefung halt machten.

Nachdem wir eine

Viertelstunde lang niedergekniet gelegen, kam der Befehl zum weiter vorrücken. Eine Schwenkung halbrechts , mit Genauigkeit wie auf dem Ererzierplaß ausgeführt, brachte uns auf eine ziemlich erhobene Stelle, und von hier aus konnten wir endlich das Gefechtsfeld in seinem ganzen Umfange übersehen, sodaß unsere seit früh morgens durch das Hören des Feuers gespannte Erwartung jezt etwas mehr Befriedigung fand . Auf dieser Höhe, welche nach den Spuren des Gefechts die Franzosen bereits geräumt hatten, rückten wir noch einige hundert Schritt vor und

konnten jezt

ein Thal vor uns

überschauen, welches einen romantischen Anblick geboten hätte, wenn uns der gleichzeitig nun genaue Ueberblick des Gefechtsfeldes und der Kämpfenden Sinn für friedliche Schönheiten gelassen hätte.

Wir wurden bald weiter vorgezogen, blieben

aber noch für längere Zeit in Reſerveſtellung zwischen zwei

14 uns deckenden Hügeln.

Bloß ein schmaler Thaleinschnitt ge-

stattete uns noch einige Aussicht

auf die im Pulverdampf

gehüllten Kämpfenden, doch konnten wir nur das fortwährende Vorrücken unserer Plänklerketten, aber nicht erkennen, ob auf Seiten des Feindes bereits ein Weichen stattfand. Dicht neben unserm Bataillon links auf dem uns deckenden Hügel hielt eine Batterie unserer Artillerie, neben derselben standen beobachtend unser Divisionskommandeur Generalmajor v. Schachtmeyer ,

Generalmajor v. Thiele

(42. Brigade), Oberst v. Boires (unser Regimentskommandeur) und Major v. Tschirsky (unser Bataillonskomman = deur) ;

rechts neben uns hielt ebenfalls

eine Batterie.

Es

mochte schon gegen 11 Uhr sein, als unser Bataillonsführer vom Hügel herabgeritten kam und an die Halbbataillone den Befehl zum vorrücken ertheilte ,

uns endlich aus der so auf-

regenden Lage, dem Gefecht zusehen und unthätig bleiben zu müssen, erlösend . Wir bogen in den erwähnten engen Thaleinschnitt ein und erreichten ein sich weit ausbreitendes Wiesenthal, welches rechts nach Wörth sowie nach dem Schlachtfelde hin in eine große Fläche auslief. Im Thale begrüßten uns die ersten Chassepotkugeln ,

wogegen wir aber bald

wieder

Deckung

durch eine Wassermühle fanden. Das kleine Waſſer, welches wir überschreiten mußten , war von dem Müller gestaut worden und dadurch sehr angeschwollen , sodaß die Offiziere mit ihren Pferden nur mit großer Mühe hinüber konnten, obgleich das Flußbett nur eng war. Uns wurde der Uebergang leichter , denn rasch wurden die Stangen eines dicht dabei gelegenen Hopfenfeldes über das Wasser geworfen und mußten als Brücke dienen. Kaum waren die legten über die Brücke, während die ersten „kurz treten " mußten, so fingen die feindlichen Kugeln

15

uns zu umschwärmen an , und ein Mann im ersten Gliede wurde verwundet. Nun wurde Laufschritt kommandirt, wodurch wir bald eine kleine Anhöhe erreichten, welche uns vor den übergehenden Kugeln wieder beschüßte.

Jezt befanden

wir uns rechts einer Maſſe Turkos gegenüber, nur der Hügel selbst , wo wir standen , war von unseren Schüßen bereits genommen.

Ein Zug wurde sofort in Plänkler aufgelöst,

das übrige blieb geschlossen ; so rückten wir vor, während wir das stärkste Geschüß- und Mitrailleusenfeuer vor uns vernahmen. Jezt standen wir auf freiem Felde und sahen in einer Entfernung von nur 400 Schritt die Mitrailleusen feuern, deren Kugeln aber zum Glück , wie so oft im Feldzuge , zu hoch gingen. Mit Hurrah ging es darauf los , nur zeitweilig anhaltend , um eine Salve abzugeben, das Laden geschah im vorrücken. Immer näher und näher kamen wir den französischen Geschüßen und Mitrailleusen, welche ihr Feuer auch möglichst zu beschleunigen suchten , während die feindliche Infanterie bereits flüchtete. Auf ungefähr 100 Schritt an die Mitrailleusen herangekommen , kommandirte unser Hauptmann v. Lukowiz

„ Sturmschritt ! “ Die Geschüße standen auf etwa 7 Fuß hoher , nach uns

senkrecht abfallender Erhöhung, die wir erklimmen mußten. Ich hatte den rechten Flügel der Kompagnie, Sekondeleutnant Höhne marschierte dicht neben mir. Mit großer Mühe erklommen wir den Abhang und nahmen sofort Besiz von einer Mitrailleuse.

Wir beide, Gefreiter Adam Batten-

feld und noch fünf Mann der Kompagnie waren die erſten an der Mitrailleuse. (Die drei Genannten empfingen dafür am 27. August das Eiserne Kreuz ; zwei von den fünf gedachten Kameraden, die Füsiliere Keßler und Ginsberg , erhielten es später. )

Als wir dicht dabei angekommen , feuerte

16

noch eine Mitrailleuse ab ; die ganze Ladung schlug zum Einige der Bedie-

Glück vor unseren Füßen in die Erde.

nungsmannschaften waren beim aufprogen, um das Geſchüß zu flüchten, ein Offizier hielt zu Pferde dicht daneben ; die Als der Pferde wurden sofort von uns niedergeschossen. Offizier fah, daß ein Entkommen nicht mehr möglich war, kam er mit hochgeschwungenem Säbel todesmuthig auf uns Losgesprengt ; ich drückte ab und gleichzeitig fielen noch mehrere Schüsse ― der tapfere französische Offizier sank vom Pferde. Die Geschüße waren in unserem Besiz .

In

Eile

aller

wurden Namen, Kompagnie und Regiment auf die eroberten und sofort sollte es

Geschüße eingefragt oder geschrieben , weiter vorwärts gehen.

Kaum waren wir einige Schritte darüber hinaus , als sich vor uns solche Maſſen von Franzosen erhoben, daß unser Vordringen unmöglich erscheinen mußte. Ohne Verstärkung vermochten wir mit unserm einen Bataillon , deffen Reihen schon sehr gelichtet waren

(auch

Premierleutnant Feege

meiner Kompagnie war verwundet ( Schuß im Oberschenkel) zurückgeblieben), gegen den vielfach zahlreicheren Feind nicht anzuſtürmen. Und so mußte unser Hauptmann v. Lukowiz ,,fehrt! " kommandiren. Die Mitrailleusen hatten wir vorgesichert, sämmtliche Spannpferde davor waren im Geschirr tødt; ein paar der Stangenpferde , welche mit den

läufig

Progfasten noch das

Weite suchen

unseren Kugeln erreicht. wir uns zurück , und Schritte wieder vor.

wollten , wurden von

Unter fortwährendem Feuern zogen die Franzosen rückten in schnellem

Da erhielten wir ein Bataillon Verstärkung, es wurde "1 avanziren "

Würtemberger

geblasen , und

zur

wieder

ging es mit Hurrah vorwärts, über die Mitrailleusen hinaus, um nicht wieder zurückzugehen.

Vor unserem

abermaligen

17

Hurrah mußten die Rothhosen wol einen heillosen Respekt bekommen , denn sie seßten sich ins laufen und blieben unaufhaltsam dabei ; Strecke.

wir

verfolgten sie noch

erhielten, uns zu sammeln. über.

eine

geraume

Es mochte gegen 17 Uhr sein , als wir Befehl Wir standen Spachbach gegen.

Das Gefecht war siegreich beendet. Es war bereits 8 Uhr geworden, wir waren also volle

14 Stunden unterwegs und in Thätigkeit , als wir zwischen Spachbach und Wörth Biwak bezogen. Es ist wol kein Wunder, daß wir so ermüdet waren, daß niemand mehr au eſſen dachte, sondern nur an ruhen und schlafen ; kurz nach 9 Uhr herrschte schon vollständige Ruhe im Lager. Nur die Krankenträger waren noch in Thätigkeit. Der heiße, blutige, aber ruhmreiche Tag bei Wörth war vollbracht.. Unser verehrter Regimentskommandeur, Oberst v. Boires , wurde in dieser Schlacht schwer verwundet und erlag seinen Wunden später im Februar zu Hanau. Auch der Bataillonskommandeur, Major Tschirsky , wurde verwundet, kehrte jedoch im Dezember geheilt zum Bataillon zurück.

Ebenso

Premierleutnant Feege ,

wehr, welcher bereits

im

von der Land,

September in Dienst zurückkam.

Derselbe erhielt das Eiserne Kreuz ,

ebenfalls,

außer den

schon genannten (Leutnant Höhne , Sergeant Jeschke , Gefreiter Battenfeld , Füsilier Keßler und Ginsberg) von der 9. Kompagnie noch für Wörth : unser Kompagniechef Hauptmann v. Lukowiz , Landwehr - Leutnant Haffe , Fähnrich ( jezt Leutnant) Heinzell , Feldwebel Zimmerling.

Von der 11. Kompagnie erhielten das Eiſerne Kreuz :

Premierleutnant v. Treskow (bei Wörth verwundet und ſeinen Wunden zu Homburg v. d . H. erlegen), Leutnant v. Fragstein (bei Wörth leicht verwundet, wurde er Kompagnieführer; bei Sedan schwer verwundet), Leutnants Beliz und Schulz. II.

18

Nach dem amtlichen Bericht zeichneten sich noch aus : Feldwebel Theodor Rudolf Kühn , Sergeant Robert Bittner ; dieselben waren

die vordersten bei Wegnahme einer

stark besezten Waldliſière , wurden.

wobei

50

Gefangene

gemacht

Sergeant Heinrich Kruse , Unteroffizier Karl Hahn, Heinrich Löser , Nikolaus Hamm , Hermann und

Wilhelm

Lemmer ,

Fusilier

Joseph

Sommer

Koch,

Lorenz

Engländer, Franz Heſſe , Karl Bröcker , Daniel Fischer, Wilhelm Herzhoff,

Anton Hesse II und Franz Käm-

merling zeichneten sich bei Eroberung Batterie von sechs Geschüßen aus.

einer

feindlichen

Musketier Peter Fuchs wurde während dieser Schlacht durch eine matte Kugel, welche ihn, nachdem sie den gerollten Mantel durchbohrt, in der Magengegend traf , in einen bewußtlosen Zustand versezt. Als er zu sich kam, ging er sogleich wieder vor und fand dabei einen verwundeten Offizier, der ihn um Hilfe anrief, da vier Turkos, aus einem Weinberge kommend , auf denselben zustürzten. Fuchs ſtreckte sogleich durch wohlgezielte Schüsse zwei der Turkos nieder, worauf die beiden andern die Flucht ergriffen. Er trug nun den verwundeten Offizier nach dem nächsten Verbandplag und schloß sich dann wieder einem vorgehenden Trupp an. Der erzählende Sergeant Karl

Jeschke

(zu Fürtsch,

Kreis Steinau in Schlesien gebürtig) ging, da ihm die Landwirthschaft, welche seine Eltern betreiben, nicht behagte, die Unteroffizierschule zu Potsdam, trat 1861

zum

Unteroffizier ein.

dann

auf.

nach Jülich und

3. Niederschlesischen Regiment Nr. 50

als

Mit diesem Regiment machte er 1863 die

Beseßung der russischen Grenze, 1864 den Feldzug gegen Dänemark mit ; in legterem hatte er bei dem fliegenden Korps auf Jütland keine Gelegenheit sich auszuzeichnen , sodaß er

19

nur die Denkmünze jenes Krieges trägt. Wol aber benußte er muthig eine Gelegenheit, einem Kameraden das Leben zu retten.

Ich ging ,

erzählt er,

mit zwei Kameraden ,

den

Unteroffizieren Zimmerling und König , an einem schönen Nachmittag auf der Insel Vensoefsel hinter Friedrichshafen spazieren, und wir kamen an einen dicht neben der See ge= legenen Teich. Trogdem ich vor dem Teich warnte, da ich ihn schon mehrmals durchschwommen, aber noch nie auf den Grund zu kommen erreicht, ging Unteroffizier König zum baden ins Wasser.

Meine

Augenblicke von ihm

Aufmerksamkeit wurde

abgelenkt,

bis

einige

ich wieder sah,

wie

König durch ein paar Schwimmstöße von dem Ufer fortzukommen strebte.

Kaum war er aber einige Schritte ent-

fernt, da schlugen die Wellen über ihm zusammen, dann kam er noch einmal, aber nur mit hochgestreckten Händen über das Wasser. Seine Gefahr erkennend, sprang ich ins Wasser, schwamm nach der Stelle, faßte ihn beim wiederemporkommen an den Haaren, zog den Kopf über das Wasser und versuchte, ſo mit ihm das Ufer zu

erreichen.

Das zu

kurze Haar entrutschte aber meiner Hand, König ſank wieder unter und faßte mich dabei am rechten Bein, sodaß ich mich trop aller Mühe

nicht mehr überm Wasser zu halten

vermochte und mit ihm unterging.

Unterm Wasser gelang

es mir, von ihm losgelassen zu werden, worauf ich ihn wieder an den Haaren faßte und glücklich mit ihm bis zum Ufer gelangte.

Dies war jedoch so steil,

daß

ich mit

der

Last nicht in die Höhe kommen konnte. Ich mußte ihn noch einmal loslassen, um erst selbst Stand zu faffen, dann gelang es mir endlich, König vollſtändig aus dem Waſſer zu holen. Ich erhielt dafür die Rettungsmedaille am Bande verliehen.

(Wir erzählen dies hier wieder als ein Beiſpiel

für viele, wie unsere tapferen Krieger auch außer ihrer Soldatenpflicht mit Todesverachtung und Thatkraft zur Hand 2* sind, wo es zu helfen gilt.)

20

Jeschke machte beim 50. Regiment auch den Feldzug gegen Desterreich 1866 ,

die Schlacht bei Königgräs ,

mit,

das Regiment wurde aber nur zur Bedeckung der Artillerie verwendet.

Im Herbst 1866 wurde er mit dem genannten

Zimmerling zu dem neugebildeten 2. Hessischen Infanterieregiment Nr. 82 versezt, beide wurden Sergeant, Zimmerling beim Beginn des

leßten Feldzuges Feldwebel ; beide

wackeren Soldaten nahmen, wie schon erwähnt, das Eiserne Kreuz in die Heimat mit. Die Erlebnisse des Nr. 82 in der Schlacht erzählen.

2. Heſſiſchen bei

Infanterieregiments

Sedan werden

wir später

Vom

Brandenburgiſchen

Jägerbataillon

Nr.

3

bei Forbach und Mars -la- Tour

am 6. und 16. Auguft. Bernhard Pehlack , des Kaufmann,

aus Guben gebürtig , ſeines Stan-

wurde bei der Mobilmachung des Jahres

1870 zur 4. Kompagnie des Brandenburgischen Jägerbataillons Nr. 3 , bei welcher er schon gedient hatte, wieder eingezogen. Derselbe erzählt uns seine und seines Bataillons Erlebnisse folgendermaßen : Am 24. Juli

verließen wir unsere

Garnison Lübben

und fuhren mit der Eisenbahn bis Kreuznach durch, wo wir am 26.

abends 10 Uhr ankamen und sofort noch weiter

marschierten bis nach dem 2 Meilen entfernten Dorse FierDamit sich unser 3. Armeekorps

feld. konnte,

machten

allmählich sammeln

wir täglich nur kurze Märsche bis zum

4. August, wo wir das Städtchen Neunkirchen, noch etwa 3 Meilen von Saarbrücken, erreichten. Hier erhielten wir das heilige Abendmahl. Am 6. August morgens marschierten wir nach Friedrichsthal , wurden hier aber mittags wieder alarmirt und rückten im Eilmarsch auf das etwa noch 2 Meilen entfernte Saarbrücken zu.

Schon von Friedrichsthal aus konnten wir an-

haltenden Kanonendonner hören ; je näher wir Saarbrücken kamen, desto heftiger wurde er,

desto schneller auch unser

Marſch, und mächtiger schlug unser Herz, denn viele von uns,

22

auch ich, sollten heute noch die erste Feuertaufe erhalten und an den Franzosen zeigen , was wir auf den Schießſtänden in Lübben gelernt hatten. Schweißtriefend langten wir gegen 1/24 Uhr in Saarbrücken an und wurden von den Bewohnern mit Freudenrufen und Erfrischungen empfangen . Schon wurden uns auch Verwundete entgegengebracht, besonders vom 2. Brandenburgischen Grenadierregiment Nr. 12, einige Bekannte und Freunde von mir darunter. " Kameraden", riefen uns dieselben zu ,

„ Ihr kommt noch zur rechten Zeit ;

es geht luftig da oben zu ! " Kaum hatten wir die Stadt im Rücken, so

befanden

wir uns auch schon auf dem Schlachtfelde. Wir bogen von der Chauffee, die von Saarbrücken nach Forbach führt, links ab und hatten in kurzer Entfernung die berühmt gewordenen Speicherer Höhen vor uns . Hinter einer kleinen Anhöhe wurde halt gemacht, das Gepäck abgehängt, die Gewehre geladen. Sodann hielt unser Kommandeur, Major v. Jena , eine kurze Ansprache an uns

mit etwa folgenden Worten :

„ Jäger, Ihr seid die Brandenburger Jäger ; zeigt jezt, was dieselben leisten können und bewahrt den alten Ruf des Bataillons !" Darauf wurden Kompagniekolonnen gebildet, und festen Schrittes ging es gegen die Speicherer Höhen vor. Die Anhöhen, eine höchst günstige Stellung , waren von den Franzosen gut befeßt und mit Geschüßen und Mitrailleuſen ſtark armirt.

Manchem von uns mag wol bei dieſem

Anblick sonderbar ums Herz geworden sein, doch hörte man keine derartige Aeußerung darüber, jeder war mit sich selbst beschäftigt und entschlossen, alles zu wagen. mann Köpke, eine sehr kaltblütige Natur, merkung :

Mein Nebenmachte die Be-

„ Da hinauf zu kommen ist's wol, nur dürfen ſie

uns vorher nicht wegblasen !"

Kaum hatten wir die kleine Anhöhe hinter uns, so

23 wurden wir mit Granaten begrüßt, welche vor uns einschlugen.

und neben

Die ersten Züge der Kompagnien schwärm-

ten jezt aus, und so ging es die Höhen hinauf, beſſer, als wir geglaubt hatten ; auch unser Verlust war nur gering, denn die Franzosen schoffen über uns hinweg, und die Mitrailleusenladungen sauften wie eine Schar von Staaren über unsere Köpfe hin. Oben angelangt nahmen die Tirailleure die eben vom Feinde verlassenen Stellungen ein, Rande des Berges stehen ;

das Soutien

nach und

blieb am

nach wurde das Ba=

taillon so ziemlich ganz in Schwärme aufgelöst.

Ein wei-

teres Vorgehen an dieser Stelle war unmöglich ; wir konnten nur unsere Position behaupten, da der Feind jezt einen hartnäckigen Widerstand leiſtete und uns mit einem wahren Hagel von

Granaten, Mitrailleusen-

schüttete.

und

Chassepotkugeln

über-

Bei dieser Gelegenheit fiel der Leutnant v. Rer

durch einen Schuß in den Kopf, unser Kommandeur, Major v. Jena , wurde durch einen Schuß durch die Bruft schwer verwundet (starb), ebenso verwundet Leutnant v. Müller; einige Jäger

wurden

tödtlich ,

eine bedeutende Zahl schwer

und leicht getroffen. Eine Kugel hatte sich auch mich oder Köpke ausgesucht ; dieselbe streifte meinen rechten Unterarm , schlug dann einen Rockknopf auf der Brust meines Kamera: den Köpke platt und ging in deſſen gerollten Mantel , wo sie stecken blieb.

Köpke steckte sie mit den Worten : „Hat

ihm schon, aber uns nich! "

als Erinnerung in die Tasche.

Ungefähr zwei Stunden mochten wir in dieſer gefährlichen

Stellung

ausgehalten haben,

da wurden

wir von

größeren Infanteriemaſſen abgelöſt und erhielten Befehl, dem Feinde in die linke Flanke zu fallen . Zu diesem Zweck zogen wir uns zuerst langsam zurück bis ging es in rasendem Laufe

an den Abhang,

die Berge hinunter,

dann

über

die

24

Chauffee hinweg, neben derselben über eine Wiese bis an ein Gehöft (à la Brême d'or), 1500-2000 Schritt von unserem vorigen Standpunkt entfernt. Auf diesem Wege wurden wir heftig von Mitrailleusen beschoffen, und mancher brave Kamerad blieb am Abhange und auf der Wiese liegen. Das Gehöft war noch vom Feinde besezt, welcher sich aber bei unserem Eindringen bis in den anderen Chauffeegraben zurückzog.

"„ Kinder ",

rief

unſer Hauptmann v. Graeff uns zu ,

„ das Gehöft müssen wir halten; mag es kommen , wie es will !" Unsere Lage hier war aber durchaus keine angenehme ; wir lagen im nördlichen, die Franzosen im südlichen Graben derselben Chauffee und sahen uns gegenseitig an. So konnte es natürlich nicht lange bleiben ; wir müſſen hinüber und die rothhofige Gesellschaft auf den Trab bringen, hieß es. Und im Nu, ehe die Franzmänner es sich versahen,

waren wir

mitten unter ihnen und machten einen großen Theil zu Gefangenen. Die übrigen suchten schleunigst das Weite. Die Gefangenen wurden vorläufig in dem Gehöft unter Bedeckung untergebracht. Mittlerweile war es dunkel geworden, doch hatten wir unsere Aufgabe noch nicht ganz erfüllt.

Wir mußten die

Berge, welche hier noch bedeutend höher und steiler waren, wieder hinauf. Der Feind leistete nur noch wenig Widerstand, schwieriger machte uns das Terrain selbst das Klettern , das dichte Unterholz , die Schluchten und hauptsächlich die schon hereingebrochene Finsterniß erschwerten uns das Steigen Endlich waren wir oben, meine Inspektion hielt stets

sehr.

wacker zusammen, ich mit meinem Freund Köpke waren mit die ersten. Das Bataillon sammelte sich in kurzer Zeit, und bald ging es auf der Hochebene weiter.

Der Feind zog sich in

25 Eile vor uns zurück, überließ

uns seine Verwundeten und

viel Gepäck, das hier abgelegt worden war ; wir verfolgten ihn noch eine Strecke und machten dann halt. Es war bereits 10 Uhr geworden und die Nacht völlig hereingebrochen. Todtmüde lagerten wir uns zwischen den Todten und Verwundeten des Feindes . Nach Mitternacht brachen wir wieder auf und marschierten durch einen Hohlweg, der mit Todten und Verwundeten derart angefüllt war, daß wir dieselben erst aus dem Wege räumen mußten, um stellenweise hindurchkommen zu können. Unten auf der Ebene in der Nähe von Saarbrücken Nacht.

biwakirten

wir den übrigen Theil der

Kaum graute der Morgen, so

machte ich mich mit

Kamerad Köpke auf den Weg, wir konnten vor Kälte nicht länger liegen ;

wir

gingen nach der Stadt,

um durch eine

Tasse heißen Kaffee wieder frisches Leben in den Körper zu bringen.

Unser Wunsch wurde bald erfüllt, denn die Bürger

von Saarbrücken waren schon darauf vorbereitet. Eben so wacker wie sie uns gestern als freiwillige Krankenträger unterſtügt hatten, so ließen sie es heut an Liebesgaben nicht fehlen.

Gegen 6 Uhr morgens verließen wir unser Biwak,

marschierten nach dem Plaze, wo gestern das Gepäck abge= legt worden war, kochten hier ab und bezogen am Mittag in Saarbrücken Quartier. Unsere Aufnahme und Verpflegung daselbst war sehr gut. Am 9. August verließen wir Saarbrücken wieder, überschritten mit donnerndem Hurrah zum zweiten mal die französische Grenze und

rückten

nun vorwärts in Feindesland

hinein in der Richtung auf Pont-à-Mousson.

Bis zum 13.

bezogen wir in verschiedenen Dörfern Lothringens Quartiere, vom nächsten Tag ab ging das Biwakiren an, am Buchy , am 15. bei Pagny.

14. bei

Hier verließen wir nachmittags

26

6 Uhr das Biwak und

marschierten der Mosel

zu,

welche

wir um 10 Uhr abends bei Corny überschritten, um dann wieder Biwak in der Nähe von Anch zu beziehen. Am 16. früh 6 Uhr, nach dem Frühstück von Kaffee und nur einem Stück Schiffszwieback, rückten wir wieder aus, darauf vorbereitet, daß es in den nächsten Tagen wieder etwas geben würde,

aber nicht ahnend ,

daß

wir schon heut mit dem

Feinde überaus blutig zusammenkommen sollten. Unser Marsch führte uns gegen 9 Uhr nach der Stadt Gorze, das 3. Jägerbataillon als Avantgarde an der Spize. Vorgeschickte Husarenpatrouillen brachten die Meldung, daß fie bereits auf den Feind gestoßen wären.

Nordöstlich von

Gorze an der Chauffee nach Mez erhebt sich das Terrain zu bedeutenden Hügeln. Diese ging's hinauf; kaum waren wir oben, da sauſten uns die Chassepotkugeln um die Ohren und einige Kameraden blieben getroffen liegen.

Marschall Bazaine stand uns mit seiner ganzen Macht gegenüber, und wir waren bisjezt nur eine, die 5. Diviſion. Hier half aber kein langes Bedenken. Die erſten drei Kompagnien unſeres Jägerbataillons zogen sich rechts die Höhen hinauf und

nahmen in einem dort gelegenen Walde Poſition ; meine (4.) Kompagnie besezte das vor uns liegende einzelne Gehöft ; eine Batterie fuhr rechts neben uns auf. Die denkwürdige Schlacht bei Mars-la-Tour war eröffnet. Meiner Kompagnie war besonders worden,

die

Aufgabe ge=

„ das Gehöft auf alle Fälle zu halten“ .

Wir wur-

den von Granaten und anderen Geschossen massenhaft überſchüttet, außerdem noch von Steinen , Mauerstücken und anderen von den getroffen.

Gebäuden

abgerissenen Trümmern vielfach

Der Feind vermuthete wahrscheinlich größere Ab-

theilungen und Soutiens in und hinter dem Gehöft, wes-

27 halb er uns mit einer solchen Maſſe ſauſender,

plagender

und krachender Geschosse bewarf, die um uns einen Höllenlärm machten, daß uns hören und sehen vergehen wollte. Bis 1 Uhr mittags mußten wir

äußerst gefähr=

in dieser

vorgehen

weiter

lichen Lage aushalten, bevor Befehl zum

Indessen mußte so mancher brave Jägersmann ſein Leben aushauchen ; unser Hauptmann v. Graeff wurde von kam.

unteren

einem Granatſplitter im

Theile

Rückens sehr

des

schwer getroffen, desgleichen schwer verwundet mein Zugführer Leutnant v. Wasmer. Es war eine Lage, in welcher der verstockteste Sünder beten lernt, und sich erinnert, daß nur noch Gott im Himmel ihn beschüßen kann. Auf den Befehl zum vorgehen sammelte

Leutnant

Tieße, der einzige Offizier, den wir noch hatten, die Kompagnie, und nun ging hinan.

es

in "1 Marschmarsch“ die Höhen

Zu gleicher Zeit machten unsere drei übrigen Kom-

pagnien, welche auch schon furchtbar gelitten hatten, Bewegung mit,

und

dieselbe

das ganze Bataillon nahm eine neue

Stellung an der äußersten Liſière

des

Gehölzes von St.

Arnould, wobei es ganz ausschwärmte, ein .

In kurzer Ent-

fernung hatten wir große feindliche Heeresmassen vor uns,

"I‚mächtige Rudel Rothwild " , wie wir Jäger die Rothhosen nannten. Die Franzosen wollten es nicht leiden, daß wir im Besize dieses Waldes waren,

dreimal gingen sie im Sturm-

angriff gegen uns vor, aber eben so oft mußten sie mit großen Verlusten wieder zurück. Wir schossen wahrhaft nach Herzensluft, die Büchsenläufe wurden so heiß,

daß man ſie

kaum noch anfaffen konnte ; viele hatten schon ihre Munition verschossen und mußten sich mit der von gefallenen und verwundeten Kameraden aushelfen. Das Getöse um uns war

grauenhaft,

durch

das Pfeifen,

Summen,

Brausen,

28 Schwirren und Plazen der Geschosse, durch das Jammern. und Stöhnen der Verwundeten und dazwischen das Hurrahgeschrei der Siegenden wurde man förmlich betäubt und finnverwirrt. Der Feind schonte nicht seinen ganzen Vorrath von Granaten, Shrapnels, Mitrailleusen- und Chaſſepotkugeln ; aber auch wir sparten unsere Munition nicht und sahen deren Resultate, denn die Ebene und Anhöhen vor uns

waren von todten und

verwundeten Rothhosen dicht

besäet. Der Feind führte immer frische Truppen

ins Feuer,

während wir allein aushalten mußten ; doch wir ließen uns das einmal gewonnene Terrain nicht wieder nehmen , und wären nicht gewichen, so lange noch ein Mann die Büchse Mein Kamerad Köpke war bisjezt gebrauchen konnte. noch immer rüftig an meiner Seite gewesen , plöglich bekommt er einen Schuß durch den Pfeifenkopf (die Pfeife ließ er nämlich als ächter Jägersmann während des ganzen Gefechts nicht ausgehen) ; um so mehr wurde er böse darüber und rief den Franzmännern zu : „Wartet, das sollt Ihr wieder büßen !" Zu mir aber sagte er : " Alter Junge, das ist

kein gutes Zeichen.

Paß auf,

die werden

mir noch ordentlich eins auswischen, das ahnt mir ſchon. “ Leider sollte seine Vorahnung zu bald in Erfüllung gehen ; eine Chaffepotkugel bein.

zerschmetterte ihm

das

rechte Schien-

Er wurde auf den Verbandplag getragen, dann nach

Gorze ins Lazareth gebracht.

Dort sollte er amputirt wer=

den, was er aber nicht zuließ ; mit großem Glück ist er auch ohnedies ausgeheilt worden.

Anfang Mai

erhielt er noch

nachträglich wohlverdient das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Einige Erwähnenswerth ist auch folgender Fall : Schritte links neben mir in einer kleinen Vertiefung hatten sechs Jäger von meiner Kompagnie Deckung gesucht. Plöglich

29

schlägt eine Granate mitten unter dieselben ein und krepirt, ohne jemand

erheblich zu

verlegen.

Eine kurz darauf fol-

gende zweite Granate war leider nicht so vernünftig , sondern riß dem Oberjäger Lucas den Kopf weg, daß Hirn und Mark in weitem Kreise umhersprigte, schrecklich für die Kameraden, ein schneller Tod für den Unglücklichen. Es mochte gegen 6 Uhr nachmittags sein, da versuchten die Franzosen nochmals in großen Massen unsere Stellung zu durchbrechen.

Der Kampf wüthete fürchterlich, das Feuer

von beiden Seiten war noch lebhafter als je vorher.

Oft-

mals sahen wir nach der Sonne und wünschten ſehnlichſt, daß es bald Abend werden möchte ; auch hofften wir fortwährend auf Unterſtüßung, denn unsere Stellung war nur sehr schwach besetzt.

Hätte der Feind

eine Ahnung davon

gehabt, so wäre es ihm ein leichtes gewesen, uns mit ſeiner Uebermacht zu erdrücken. Endlich

kam

die

langersehnte

Hilfe !

Die

Hessische

Division und Theile vom 7. und 9. Armeekorps fielen dem Feinde

in die linke Flanke und

andere Wendung.

gaben der Schlacht eine

Jest avanzirte das Ganze,

und es

war

ordentlich lustig anzusehen, wie die Rothhosen voller Elan („mit Glanz“ ſagt der Berliner) das Weite ſuchten.

Doch

konnten sie sich immer noch nicht zufrieden geben, sich wieder „rückwärts konzentriren “ zu müſſen, wonach wir die Schlacht auch bei Marsch retour" nennen, sondern versuchten hier und da an geeigneten Pläßen Posto zu fassen, einigen Widerstand zu leisten. unser.

Es war

um noch

Vergebens ! der Sieg war

ein glänzender Sieg von großartiger Be

deutung, aber auch ein sehr blutiger. braven Kameraden waren nicht

Gar zu viele unserer

mehr unter den Lebenden

oder zu elenden Krüppeln geschossen. Mittlerweile war es dunkel geworden, doch fielen noch

30

bis spät in die Nacht hinein Schüsse. Ein Theil unseres Bataillons sammelte sich an der Waldlisière, die wir einen halben Tag lang mit äußerster Ausdauer vertheidigt hatten, um zu lagern,

und seßte eine Feldwache aus .

sich ein furchtbarer Durst bei uns ein.

Jezt stellte

Ich hätte wer weiß

was für einen Trunk Wasser gegeben ; den lezten Rest aus meiner Feldflasche hatte ich einem schwer verwundeten Franzosen gereicht und dafür ein herzliches merci camerade ! erhalten.

Ich war

derart abgespannt,

am ganzen Körper

wie zerschlagen und

daß ich bald in tiefen Schlaf verſunken

war, aus dem mich am anderen Morgen in aller Frühe die französischen Signale weckten. Die Franzosen zogen sich jezt in der Richtung auf Verneville zurück. -- Wir machten uns indessen daran, unsere gefallenen Kameraden zu sammeln Ruhestätte zu übergeben.

und der lezten

Es war ein trübes und schweres

Stück Arbeit ; jeder fand so manchen werthen Freund unter der großen Menge, die wir in eine weite , in den felfigen Boden gehauene Grube legten. Jezt erst hatte ich so recht Gelegenheit , mir das Schlachtfeld anzusehen ;

es bot

einen grauenhaften Anblick, so weit das Auge reichte, nichts als Massen von Menschenleichen, todten Pferden, zerbrochenen Geschüßen, Gewehren , Tornistern , alles bunt durcheinander geworfen ; ein Bild so gräßlicher Verwüstung , wie es sich nicht mit Worten beschreiben läßt. Unser Bataillon hatte über die Hälfte an Todten und Verwundeten verloren . Am 17. August mittags bezogen wir in der Nähe von Verneville Biwak ; hier wurden wir von unserem Diviſionskommandeur ,

Generalleutnant v.

Stülpnagel ,

welcher uns im Namen unseres Königs seinen

begrüßt,

Dank für

unser Verhalten in der gestrigen Schlacht aussprach.

Am

31

Nachmittag

dieses Tages

und

am anderen Morgen mar-

schierten das Garde- und Sächsische Armeekorps bei unserem Biwak vorbei , welche bekanntlich den größten Antheil an Nachder Schlacht bei Gravelotte am 18. Auguft hatten. mittags 2 Uhr wurden auch wir wieder alarmirt, marſchierten bis nach dem Dorfe Verneville , blieben aber vorläufig als Reserve gedeckt stehen.

Gegen Abend rückten wir weiter

vor, doch kamen wir nicht

mehr zum

Artillerie nahm noch am Gefecht theil.

Schuß ;

nur unſere

Wir marschierten

bis spät in die Nacht immer hin und her, denn der Kampf schien gar kein Ende nehmen zu wollen.

Erst gegen Mitter-

nacht war endlich die Schlacht für uns zum dritten glänzenden Siege vor Meg entschieden. Wir bezogen dicht bei Verneville Biwak , wo wir auch ― Unser Leben während der am 20. Feldgottesdienst hatten. Belagerung von

Meg

sowie die

weiteren

Erlebnisse

des

Brandenburgischen Jägerbataillons Nr. 3 werde ich zu erzählen später fortfahren.

Vom

1. Naſſauiſchen Infanterieregiment Nr. 87

in der Schlacht bei Sedan und bis nach Paris am 1. September 1870 und bis zum 1. März 1871 . Füsilier Theodor Karbach von der 10. Kompagnie des 1. Naſſauiſchen

Infanterieregiments Nr. 87 ,

welcher uns

schon von der Theilnahme seines Regiments an den Schlach, ten bei Weißenburg und Wörth erzählte (Band I, S. 55) , ſchildert uns die weiteren

Erlebnisse

desselben , namentlich

dessen Antheil an der Schlacht bei Sedan , wie folgt : Nach der Schlacht bei Wörth rückten wir weiter in Feindesland hinein und kamen am 10. August durch die Stadt Zabern (Saverne), hinter welcher wir Biwak bezogen. Wir hatten schon ein paar Tage kein Brot mehr bekommen, hier aber wurde uns solches aus der Stadt geliefert ; wurde geschlachtet und

gekocht, ſodaß wir

dazu

uns sozusagen

wieder einmal gehörig satt essen konnten.

Auch Wein wurde herbeigeschafft ; da das Wetter noch dazu schön war, so fehlte uns augenblicklich nichts , und alles war heiter und fröhlich gestimmt. Doch sollte dies nicht lange dauern ! Um 3 Uhr

fing es schon wieder an zu regnen , und bald darauf kam der Befehl

bereithalten zum abmarschieren “ .

Vor uns im Was gaugebirge (Vogesen) lag die Bergfestung Pfalzburg , noch ungefähr zwei

Stunden entfernt ;

33

von dorther hörten wir zuweilen einen dumpfen Schall von Kanonenschüssen.

Unsere Vermuthung , daß die Berge von

den Franzosen stark besezt seien , der Befehl abzumarschieren und das immer stärker werdende Regenwetter ließen uns keiner angenehmen Nacht entgegensehen. wir auf,

eine Kavallerieabtheilung ,

Um 6 Uhr brachen einige

Batterien des

11. Feldartillerieregiments und Pioniere rückten uns vorauf. Nach etwa 12 Stunden hatten wir die Höhe nördlich von Pfalzburg erreicht und machten hier bei einem Zollhause auf einem Kartoffelacker halt, die Gewehre wurden zusammengesezt. Inzwischen war unsere Artillerie dabei, die Festung zu bombardiren .

schon

tüchtig

Die Nacht brach herein und zwar stockfinster , der Regen wurde immer ärger, durchnäßt waren wir längst , aber wir durften uns nicht von den Gewehren entfernen, sondern mußten an Ort und Stelle lagern. angezogen ,

Die Mäntel wurden

die hohen Kartoffelstauden umgelegt , und wir

legten uns , die Tornister unter dem Kopfe , auf das naſſe Kraut längs nieder. Doch war dies Liegen auch nicht lange auszuhalten, denn an schlafen war vor Kälte nicht zu denken, und zähneklappend stand

bald alles wieder auf , um beſſe=

ren Schuß gegen Frost und Unwetter zu suchen. Es blieb uns nichts anderes übrig , als Feuer anzu

machen und uns daran einigermaßen zu trocknen und zu Trocknes Holz konnten wir zum Glück aus wärinen. den Gebäuden holen, alles was brennbar war , Lattenzäune, wurde herbeigeschleppt , jeder arbeitete gern, um sich durch die Bewegung etwas zu er-

Fuhrgeräthe und dergleichen,

wärmen ; darauf wurden im Graben längs der Straße Feuer angemacht. Um dieſe ſtehend , die Mäntel über die Köpfe gezogen, auf der einen Seite erstarrt vor Frost und auf der andern Seite fast verbrannt, so brachten wir die Nacht zu. 3 II.

34 Am andern Morgen verließen wir mit ſtarren Gliedern und hungrigem Magen, froh, daß wir nur wieder in Bewegung kamen, dies gewiß allen als eins der schauderhafteſten unvergeßliche Biwak vor Pfalzburg. Denselben Tag kamen wir nach einem ziemlich langen Marsche nach dem Dorfe Hérange in Quartier und zwar die ganze 10. Kompagnie in eine Scheune, der Kompagnieführer, Leutnant Adami , das dazu gehörige Haus .

Feldwebel und Unteroffiziere in An tie völlig durchnäßten Kleider

dachten wir schon gar nicht mehr , unsere erste Sorge war hier, wo etwas zu essen herzubekommen sei.

Wir waren zu

dritt zuſammen beim kochen, der eine mußte nach Kartoffeln ins Feld, der andere machte im Garten Jagd auf ein Huhn , und ich schlich mich, troßdem der Kompagnieſtab im Hause lag, durch eine Hinterthür in die Küche , wo ich ein viertel Brot, ein Stück Butter und einige Eier

requirirte " .

Dies

war zwar streng verboten, aber wenn man einen ganzen Tag nichts gegessen hat und nicht weiß, wann man wieder etwas ordentliches zum satt effen bekommt ,

dann ist es wol nie-

mand zu verdenken, auf welche Art er den bösen Gaſt Hunger, der oft genug bei uns eingekehrt , einmal zu vertreiben. sucht. In dieser Weiſe marschierten und lebten wir längere Zeit fort und waren auf dem Wege nach Paris schon bis in die Nähe von Chalens gelangt , als sich unsere Richtung plöglich änderte und wir uns nach Norden wandten .

Unſer

Gepäck wurde gefahren, und in Eilmärschen von 10 bis 14 Stunden jeden Tag ging es der belgischen Grenze zu . Am 30. August marschierten wir durch die Stadt Mènehould und machten kurz dahinter Rendezvous. Hier hörten wir Bald darauf galop= schon in der Ferne Kanonendonner. pirten die 3. Kavalleriebrigade, mehrere Batterien und Sani-

35

tätsabtheilungen an uns vorüber. Wir folgten im Eilmarsch, kamen aber nicht mehr ins Gefecht (bei Beaumont), da ſich der Feind zurückzog. bei Vouziers Biwak.

Bei anbrechender Nacht bezogen wir Den folgenden Tag ging es ebenso ,

der Feind zog sich weiter auf die Festung

Sedan

zurück,

unsere Kavallerie und Artillerie ihn stets verfolgend . 4 Uhr gelangten wir nach Donchery , Marktplage die Nacht biwakirten.

Um

wo wir auf dem

Am 1. September morgens 3 Uhr wurden wir durch einen furchtbar erschütternden dumpfen Schlag geweckt und alarmirt ; bald kam die Meldung, Brücke

gesprengt worden sei.

daß

in

der Nähe

Um 1/25 Uhr

eine

verließen wir

Donchery, und eine Stunde später stand unsere Diviſion in Angriffkolonnen

auf

dem Felde

nördlich von der

Stadt.

Oberst Crollmann als Brigadekommandeur gab Befehl , das Füsilierbataillon Nr. 87 unter Hauptmann v. Fischer folle als Avantgarde vorgehen. In Kompagnien auseinandergezogen, der Schüßenzug ausgeschwärmt , so rückten wir dicht an der rechten Seite der Maas vor ; ziemlich dichter Nebel ließ uns höchstens 200 Schritt weit sehen.

Auf einer Straße links

von uns parallel mit dem Flusse gingen Huſarenpatrouillen in einiger Entfernung vor uns, welche auf einige französische Sanitätswagen ohne Bedeckung, wahrscheinlich verirrte, stießen und dieselben zurückbrachten. Bald darauf sahen wir vor uns einzelne Gebäude ; eine Abtheilung Husaren und eine Batterie , auf gleicher Höhe mit uns auf der Straße vorrückend , waren uns , während wir uns durch mehrere Hecken hindurcharbeiten mußten, etwas vorgekommen. Da fielen aus den Gebäuden mehrere Schüsse auf dieselben , worauf die Husaren mit dem Rufe „ Infanterie vor ! "

kehrt

machten .

Wir schafften uns so

schnell als möglich durch die in die Hecken gehauenen Lücken3*

36

und gingen im Laufschritt auf die Gebäude los , fanden aber niemand mehr darin. Einzelne immer entfernter schallende Gewehrschüſſe bewieſen uns , daß hier feindliche Vorposten gestanden, welche sich zurückzogen und unser Vorrücken meldeten. Wir waren dadurch zwar nun verrathen, doch war uns der dichte Nebel von großem Vortheil, da der Feind unser Anrücken und unsere fognoßiren konnte.

Stärke nicht

genau

re-

So marschierten wir , das Gewehr immer schußfertig, vorwärts .

Plöglich sahen wir links von uns mehrere Ge-

ſtalten, welche sich in derselben Richtung wie wir fortbewegten.

Wir gaben sofort Feuer darauf,

da wir

aber nicht

unterscheiden konnten , ob es Franzosen waren oder nicht, und einige von uns graue Mäntel gesehen haben wollten und deshalb riefen, nicht mehr.

es seien Würtemberger,

so schoſſen wir

Zwei Mann waren gefallen , und

wir fanden

dieselben todt, es waren Franzosen ; die übrigen waren im Nebel verschwunden . Wir erreichten nun eine kleine Anhöhe , von wo aus wir in nicht großer Entfernung vor uns mehrere kahle Jene Höhen Höhen und davor ein Dorf liegen sahen. waren schwarz von Franzosen , man sah deutlich die Bewegungen der Kolonnen, bei der Artillerie ging es bunt durcheinander; wir bemerkten auch, daß die Franzosen noch damit beschäftigt

waren ,

im

diesseitigen

Abhange

der

Höhen

Schüßengräben aufzuwerfen. Hier stieg unser Kompagnieführer, Leutnant v. Rekowski , vom Pferde und wollte gerade den Zügel dem Burschen übergeben , als eine Kugel das Pferd todt zu Boden streckte. Wir waren vom Feinde erDa fannt worden und erhielten einen starken Kugelregen. wir an dieser Stelle ohne Deckung standen, blieb uns nichts übrig , als die ersten Gartenmauern des Dorfes (Floing,

37

dicht nördlich von Sedan) mit Sturm

zu

nehmen.

Dies

gelang uns ohne viel Verluft , die Franzosen zogen sich das Dorf zurück.

in

8 Uhr sein.

Ein Zug unserer

8. Kompagnie kam hier noch zu uns .

Wir mußten uns

Es mochte jezt etwa

hinter diesen

Gartenmauern

hatten, selbst

gut

schießen ; wogegen

gedeckt ,

längere

Zeit

fortwährend

aufhalten

und

Gelegenheit

zum

wir zwar auch starkes Feuer erhielten,

welches uns jedoch keinen Schaden

zufügte.

Hauptmann

v. Fischer, welcher mit uns vorgegangen war , wollte hier unsere nachrückenden Truppen abwarten. Dies dauerte aber unſerem Kompagnieführer, Leutnant v. Rekowski , zu lange ; derselbe fragte deshalb , wer von uns

freiwillig

trouille bis an das zweite Haus machen wolle. webel Pettke,

ich und

bereit und marschierten dort hin.

eine Pa= Unser Feld-

noch zwei Kameraden waren dazu sofort mit schußfertigem

Gewehr

Kaum waren wir vor jenem Hause auf einem

kleinen Plage , wovon drei verschiedene Straßen abgingen, angekommen ,

als

wir

mit einer Menge von feindlichen

Kugeln aus allen Richtungen begrüßt wurden , worum wir uns aber wenig kümmerten.

Wir gingen in

das

Haus ,

eine Bierwirthschaft, hinein, tranken uns einmal gehörig satt und nahmen noch ein paar Kannen voll zu unseren Kame= raden mit zurück. Gutes gehabt.

Die Patrouille hatte alſo jedenfalls ihr

Gleich darauf rückte die ganze 10. Kompagnie in das Dorf Floing ein, Feldwebel Pettke marschierte mit dem 3. Zuge in die Straße rechts, Leutnant v. Rekowski mit den übrigen links .

Jezt kam es zum Straßenkampf , sogar die

Bauern und ihre Weiber standen mit Gewehren bewaffnet in den Thüren und schoffen auf uns , doch verloren sie bald

38

die Luft dazu ,

denn als wir ein

paar von ihnen

nieder-

geschoffen, liefen die übrigen davon. Mein Zug wurde in einem an der Straßenecke stehenden großen Hause aufgestellt, aus welchem wir durch die Fenster des 2. und 3. Stockes ein gutgezieltes Feuer auf den Feind geben konnten. Unmittelbar hinter der lezten Häuſerreihe befand sich eine steile, mit Gebüsch bewachsene Anhöhe, welche wol mit dem Kirchthurm des Dorfes gleich hoch war. Von meinem Stand aus sah ich, wie dieses Gebüsch von Franzosen wimmelte und daß die im Dorfe noch befindlichen sich ebenfalls dorthin zurückzogen ; auch wollte dort oben noch eine feindliche Batterie auffahren , die uns viel hätte schaden. können ,

unsere wohlgezielten Kugeln benahmen

aber

den

französischen Artilleriſten die Luft dazu. In dieser Stellung blieben wir längere Zeit.

Da be-

merkte ich, wie ein französischer Offizier mit einem Trupp näher schlich, jedenfalls mit der Absicht , des Dorfes wieder zu beseßen.

rade am Fenster und wollte schießen, Worten

Gehst du weg ,

die lezten Häuser

Mein Nebenmann stand geals

ich ihn mit den

der ist mein ! "

beiseite

drückte ;

aber kaum hatte ich dies gesagt und wollte ſelber zum Schuß anlegen, als eine Chassepotkugel kam und mir eine starke Streifwunde an der

linken

Seite des

Halfes

beibrachte.

Dieselbe war gut gemeint gewesen, besser noch für meinen Kameraden, dem sie, wie er stand , als

ich ihn

wegschob,

gerade durch den Kopf gegangen wäre, sodaß er meinem zufälligen Einfall wol das Leben verdankt.

Der augenblickliche

Schmerz hinderte mich am schießen, ich fuhr mit der Hand nach der getroffenen Stelle, wo schon das Blut herausſprigte. Gleich darauf legte ich aber an und schoß voller Wuth mit den Worten : „Nun sollst du aber genug haben" den franzöſischen Offizier richtig über den Haufen.

Ich ließ mir meine

39

Wunde von

einem Kameraden verbinden, blieb aber trog

ziemlichen Blutverlustes bei der Kompagnie. Es war unterdessen 11 Uhr geworden . unsere bisherige Stellung und rückten in

Wir verließen

die Straße vor,

welche sich quer vor der erwähnten Höhe hinzog ; hier sahen wir noch einzelne Rothhofen davonlaufen.

Auch fanden wir

hier mehrere französische Marketender- und Offizierswagen, von Leuten und Pferden verlassen.

Dieselben wurden na-

türlich als Kriegsbeute betrachtet und sofort nach ihrem Inhalte untersucht. Da fand sich denn noch verschiedenes zum vertheilen, wie Cigarren, Tabak, Brot, Zucker, Wein, Kognak und

andere höchst

willkommene Dinge;

die Offizierskoffer

gaben auch manch werthvollen Gegenstand her, besonders fanden die schönen neuen langschäftigen Stiefeln viele Liebhaber.

Dagegen sah es in den Häusern,

welche

wir

auf-

brechen mußten, anders aus ; da lag alles bunt durch- und übereinander, denn hier hatten die Franzosen selbst plündernd rücksichtslos gegen die eigenen Landsleute gehaust. Wir hatten das Dorf Floing genommen und so lange allein gehalten, erſt jezt erhielten wir Unterstügung ; einige Kompagnien des 3. Hessischen Infanterieregiments Nr. 83 , dann Hessische Jäger Nr. 11 und 1. Schlesische Jäger Nr. 5 rückten uns zur Hilfe vor. Dorf und

die Höhen

Dieſe wollten nun gleich durchs

stürmen.

Unser

Kompagnieführer,

Leutnant v. Rekowski , rief jezt alles von unserer 10. Kompagnie 87er zusammen, und mit den Worten : „ Wir haben das Dorf genommen , so lange gehalten , wir wollen nun auch die erſten auf dem Berge sein ! " ging er, den Degen in der linken, den Revolver in der rechten Hand , vorwärts die Höhe hinauf, wir natürlich mit ihm. nun 87er,

83er,

11er

und

So machten wir,

5er bunt durcheinander,

mit

40

festem Hurrah

den

mühsamen

Weg

die

steile

Anhöhe

hinauf. In dem Gebüsche an der Höhe sahen wir , daß unsere Kugeln gut gewirkt hatten, denn da lag Mann an Mann von Franzosen. Es kostete zwar während des Hinaufkletterns noch manchen von uns , aber der Berg wurde genommen und wir trieben

eine beträchtliche Zahl Gefangene,

welche

die Gewehre wegwarfen und um Pardon flehten, zusammen. Auf der Höhe angelangt, sahen wir, wie die Franzosen sich nun schleunigst zurückzogen und ungefähr 600 Schritt weiter Stellung nahmen . als Deckung.

Wir benußten hier eine kleine Böschung

Da hörten wir auf einmal hinter uns

im Dorfe

ein

starkes Gewehrfeuer und Galoppiren von Pferden ; wir wandten uns um und sahen, wie französische Ulanen durch

das

Dorf sprengten, aber von unseren nachrückenden Truppen vollständig zusammengeschoffen wurden. Ebenso wurde unser Feldwebel Pettke mit seinem Zuge

beim vorrücken

aus dem Dorfe von feindlichen Küraſſieren dasselbe Los traf wie die Ulanen.

attakirt,

Wir formirten wieder eine Schüßenlinie und

welche

wollten

eben weiter vorgehen, als wir den Ruf hörten : „ dort kommt Kavallerie! " Rechts von uns sah man auf ziemlich geringe Entfernung dicht geſchloſſene Haufen auf uns ansprengen.

Chaſſeurs

d'Afrique

Wir dachten nicht daran, erst Karrée

zu bilden, sondern schlugen die Attake durch unser schnelles und gutgezieltes Feuer in der Schüßenlinie

ab.

Die wild

aussehenden afrikanischen Reiter wurden durch unser vernichtendes Feuer so außer Fassung gebracht,

daß sie sich platt

auf die Pferde legten und diese laufen ließen, wohin ſie wollten. So sprengte der wirre Haufen auf ungefähr nur 15 Schritt vor unserer Fronte dahin ; nur diejenigen, welche

41 Besinnung genug hatten, vom Pferde zu springen und

um

Pardon zu bitten, kamen mit dem Leben und ohne verwundet zu werden davon, die übrigen wurden sammt den Pfer= den zusammengeschoffen. Unser tapferer Führer, Leutnant v. Rekowski , war in diesem Kampfe zu hißig,

er sprang,

mit seinem Revolver

rechts und links Schüsse abgebend, mitten in den Haufen der Feinde hinein, wobei ihm doch einer von der Bande einen Stich in die linke Seite, glücklicherweise nicht gefähr= lich, beibrachte.

Ohne die Wunde verbinden zu laſſen, ging er noch weiter mit uns vor, bis er noch einen Streifschuß an der rechten Schulter erhielt und nun genöthigt war, nach

dem Verbandplaß zurückzugehen. So trieben wir unter beständig starkem Feuern

den

Feind vor uns hin, wobei uns auch unsere Artillerie gute Hilfe leistete; die Granaten fuhren dicht über uns weg und schlugen dann in die gedeckt stehenden französischen Kolonnen auf ungefähr 300 Schritt vor uns ein . Wir konnten unaufhaltsam vorwärts gehen, denn die Franzosen hielten jezt nirgends mehr stand .

Wir waren bereits ziemlich nahe an

die Festung Sedan herangekommen , als wir in einem Walde Viele Gefangene wurden hier zusammenge= Der Geschüßdonner aus der Festung und von un-

halt machten. trieben.

ſeren Batterien, welche den Feind verfolgten, dauerte bis in die Nacht hinein fort. Es wurde bereits dunkel, als wir auf unserem Biwakplag ,

einer feuchten Wiese links

vom

Dorfe Floing, ankamen. Einzelne Mannschaften,

welche sich

im Verlaufe der

Schlacht am 1. September auszeichneten, sind noch folgende amtlich erwähnt : Musketier Hermann Nizke erbot sich freiwillig, eine wichtige Meldung zu überbringen , wobei er

42

eine von Granaten stark bestrichene Terrainſtrecke zurücklegen mußte, und dies auch glücklich ausführte. Gefreiter Peter Weyer zeichnete sich

auch in

dieser

Schlacht, wie schon in der ersten Erzählung von dieſem Regiment gerühmt, durch vorzügliches Verhalten aus . Füsilier Friedrich Feld wurde schon wegen seines braven Verhaltens bei Weißenburg und Wörth zur Dekoration in Vorschlag gebracht.

Bei Sedan war

Kompagnie ein Befehl

zu überbringen

einem Theil der über

ein Terrain

hinweg, welches außerordentlich stark vom feindlichen Geſchüßund Mitrailleusenfeuer bestrichen wurde. Der Kompagniechef wählte Feld zum Ueberbringer aus, welcher seine Aufgabe mit Ruhm und Unerschrockenheit löste. Im weiteren Verlaufe der Schlacht

wurde Feld

am Kopfe

verwundet;

kam , nachdem er verbunden war, zur Kompagnie zurück, bei welcher er durchaus verbleiben wollte. Erst am 2. Septem= ber begab er sich

auf ausdrücklichen Befehl des Arztes

ins

Pagaret . Feldwebel Daniel Quinth zeichnete sich auch in dieser Schlacht wiederum hervorragend

aus ;

in ersten Linie mit

dem Gewehr in der Hand, gab er seinen Leuten Beispiel durch Wort und

That.

das beſte

General Hausmann ,

welcher sich in seiner Nähe befand , war Zeuge seines tapferen Verhaltens Feuer.

und

energischen

Vorgehens

im heftigsten

Leider wurde der Brave durch eine feindliche Kugel

getödtet und

entging so

dem erhaltenen

der ferneren Anerkennung (außer

Eisernen Kreuz) ,

welche seine

musterhafte

Führung verdiente.

Unteroffizier

Gustav Traugott

Glocke ,

welchem

als

Bataillonsschreiber des Füsilierbataillons sein Plag bei der Bagage angewiesen war , ging bei Beginn der Schlacht mit den äußersten Schüßen seiner Kompagnie gegen Floing

43

vor, um, wie er geäußert, sich dienen.

das Eiserne Kreuz zu ver-

Nach der Einnahme des Dorfes beim Sturm auf

die dahinterliegende Terraſſe

endete

leider

eine feindliche

Kugel das Leben dieses nach jeder Nichtung hin braven und musterhaften Soldaten.

Gefreiter Louis Müller I hatte sich bei Weißenburg und Wörth schon sehr brav gezeigt ; bei Sedan stach er, als sein Gewehr versagte , einen ihn attakirenden Chasseur d'Afrique mit kräftigem Hurrahruf vom Pferde herunter. (Der Herausgeber des Buches wiederholt hier, daß er weitere Ergänzungen dieser Ehrenliste besonders tapferer Soldaten in den späteren Bänden nachzutragen mit Freuden bereit ist, und bittet Offiziere wie Mannschaften, derartige kurze Mittheilungen wie fernere ausführliche Erzählungen brieflich an ihn, Berlin, Kurfürftenſtr. Nr. 45, einzusenden.) Am anderen Morgen erfuhren wir erst, Sieg vom 1. September,

woran

wir

wie groß der

auch unseren

guten

Antheil gehabt, war : der Kaiser war mit dem ganzen Heere gefangen,

die Festung Sedan übergeben.

Ein

unendlicher,

immer wieder ausbrechender Jubel ging durch unſere Reihen. ― Die nächste Nacht, wieder eine sehr naſſe, brachten wir in demselben Biwak zu.

Am 3. sahen wir den Kaiser

Napoleon sammt seinem Stabe bei

uns

vorbeifahren,

um

in Gefangenschaft nach Deutschland zu gehen, das er zu demüthigen dachte und jezt selber auf das äußerste gedemüthigt betreten mußte. - Denselben Tag kamen wir nach Vrigneau - bois in Quartier, wo wir zur Bewachung der Gefange= nen während der Räumung 11. September blieben.

der Festung Sedan bis zum

Von hier aus traten wir am 11.

unsere Weiterreiſe-

nach Paris an und erreichten am 22. Boiffy St. Leger, 1½ Meile südöstlich der Weltstadt.

Hier bezogen wir Duartier,

44 die Einwohner waren

meistens

geflüchtet,

doch hatten sie manches

liebenswürdigerweise in den leerstehenden Häusern Faß guten Wein und sonstige nüßliche Sachen zu Verfügung zurückgelassen, womit wir Gäste dann auch selbst bewirtheten.

uns

unserer

ungeladene

als

Am 27. zogen wir bei Ferme de l'Hopital

auf Vor-

posten und hatten ein Gefecht mit den Pariſern, welche einen Ausfall versuchten.

Nach einstündigem Kampfe zog sich der

Feind vor uns nach Fort Ivry zurück, uns bei dem

6. Armeekorps

und fast den ganzen Tag dauerte. wir abgelöst.

während

links

von

das Gefecht bedeutender war Am 1. Oktober wurden

Am 12. kamen wir nach Viroflay, eine halbe

Stunde östlich von Versailles an der Straße nach Paris, wo wir fünf volle Monate während der ganzen Belagerung von Paris

unsere Heimat

aufschlugen mit Ausnahme eini-

ger sechzig Tage auf Vorposten , fünf Tage in Versailles und drei in Paris selbst. Bei den Ausfällen am 21. Oktober, 29. November 1870, 13. und 19. Januar 1871 waren wir betheiligt , auch war fast jeder Tag auf Vorposten für ein Gefecht

zu rechnen.

Am 21. Januar nachmittags 4 Uhr explodirte das Pulvermagazin der Mörserbatterie Nr. 23 bei Clamart , wobei zwei Kanoniere getödtet und drei verwundet wurden. Ich lag mit der Hälfte der 10. Kompagnie höchstens 25 Schritt von diesem Magazin entfernt, aber in einem bombenfesten Raume, sodaß wir mit dem bloßen Schreck, dem legten vor Paris und dieses Feldzugs , uns Schaden litt. Am 1. März zogen

davonkamen und

wir mit

ein

in

niemand von

die französische

Hauptstadt, in das durch deutsche Barbaren entheiligte heilige Paris, fanden dasselbe aber weder als Trümmerhaufen, noch die heldenmüthigen Pariser bis auf den lezten Mann

45 darunter begraben, was wir übrigens für das vernünftigste hielten, was die große Nation noch thun konnte.

Außer den Seite 78 (I. Band) bereits

genannten er-

hielten von meiner 10. Kompagnie noch das Eiserne Kreuz : die Leutnants v. Rekowski und v. Har - Hauſſen , die Sergeanten Freitag und Michels , Füsilier Theodor Karbach für die Schlacht bei Sedan ; für

unerschrockenen

Lazarethgehülfe Dahlmann

Muth und

schnelle Hilfeleistung den Verwundeten auf dem Schlachtfelde ; die Leutnants v. Zschü-

schen , v. d . Lanken , Bickel und Fester wegen Auszeichnung bei der Belagerung von Paris.

Kurmärkische

Dragoner Nr.

14. bei Sedan

am 1. September.

Unteroffizier Fischer (Johann Karl Gottlob, aus OberBielau ,

Kreis Hainau gebürtig) auf Avanzement dienend ,

machte bei der 3. Eskadron des 5. Küraſſierregiments schon den Feldzug 1866 mit und kam dann zu der 1. Eskadron des damals neugebildeten Kurmärkischen Dragonerregiments Nr. 14. Derselbe erzählt uns , wie er sich bei Sedan das Eiserne Kreuz 2. Klasse verdient , folgendermaßen : Am 30. August war die 9. Division , beziehentlich das am Gefecht bei Beaumont betheiligt. Ich

5. Armeekorps ,

wurde an dem Tage mit dem 3. Zuge unter Leutnant Klärr zu unserer 10. Diviſion kommandirt, um schnelle Meldungen zu überbringen , doch bekamen wir keinen Auftrag , sondern mußten auf Befehl des Generals v. Schmidt für die 10. Diviſion requiriren.

Nachdem

vor

allem für

Fütterung

unserer Pferde gesorgt war , was der Pflege der Mannſchaft vorgeht , denn ein Kavallerist ohne tüchtiges Pferd ist gar nicht zu gebrauchen , wurde Brot , Speck, Hafer und was sonst für Soldaten und Pferde eßbares zu bekommen war, zusammengeschafft. Ein Wagen und Pferde fanden sich auch und ein Fuhrmann in rothen Hosen , welcher sich auf dem Heuboden versteckt hatte und von den Dragonern in nicht geringe Angst versezt worden war. Nun marschierten wir auf gut Glück los ,

um unsere

47

10. Division aufzusuchen , kamen

aber statt zu dieser beim

5. Armeekorps zu dem 4. Armeekorps demselben.

Anderntags

und biwakirten

mit

übernahm mein Kamerad Unter-

offizier Schönfeldt die kleine Proviantkolonne (Leutnant Klärr war abkommandirt) , und ich wollte mit 6 Manu unsere Eskadron und das Regiment wieder aufsuchen .

Ich

kam indessen immer mehr in das 4. Armeekorps hinein , traf auch an der Maas mit dem bairiſchen 4. Regiment Chevauxlegers ( Schwulsche " schreibt unser Erzähler Aussprache) zusammen. mal

nach bairischer

Die Baiern hatten hier schon zwei

ein Dorf genommen und ſtanden im heftigsten Feuer,

sodaß uns ,

als

wir die Straße passirten , von den feind-

lichen Geschoffen, die vor und hinter uns einschlugen, ordentlich die Sandkörner um die Ohren ſprigten . Unseren Marsch mehr links wendend, kamen wir endlich zur 10. Division und trafen ,

wenn auch noch nicht unsere

Eskadron, so doch andere Theile unseres Regiments , welchen ich auf Befehl des Leutnants v . Holwede , bei dem ich mich meldete ,

1.

Sep-

tember biwakirten wir im Garten eines Bauernhofes .

meinen Zug

anschloß.

Die Nacht zum

Wir

wurden schon um 1 Uhr alarmirt und brachen auf; ich hielt mich wenigstens bei meinem Truppentheil, da ich meine Esfadron noch nicht zu finden wußte. Wir kamen wieder an die Maas , an einer Stelle , wo unsere Pioniere

bereits eine Brücke geschlagen

hatten

und

unsere Truppen über diese das jenseitige Ufer sicher erreichenkonnten. Während das 1. Schlesische Dragonerregiment Nr. 4 die Brücke passirte , unter welche " Gelben " wir "Schwarzen" uns doch nicht mischen konnten, ließ ich meine Leute absigen ,

die Mäntel rollen, währenddessen

auch von

dem Brot, welches die Pioniere auf großem Wagen mit sich führten, frühstücken. Waren wir gestern schon einmal durch

48

feindliches Infanteriefeuer geritten , so fing es heut schon früh, es war erst 5 Uhr , damit an ; unter Kanonendonner überschritten wir die Maas . Jenseits trafen wir

die 19. Kavalleriedivision ,

welche

sich aber schleunigst aus dieser Stellung fortmachen mußte, denn die französischen Granaten schlugen so vortrefflich ein, daß nicht lange viel von uns

übrig

geblieben

wäre.

Ich

zog mich mit meinen Dragonern sofort in den Wald zurück, schlug einen Fußweg ein und gelangte dann auf freies Feld, wo ein mir begegnender Stabsarzt vom 13. Huſarenregiment mir Bescheid sagen konnte , wo er unsere Dragoner gesehen. Infolge

dessen fand ich endlich

am

zweiten Tage

9 Uhr meine Eskadron wieder und erstattete

gegen

meinem Chef

Meldung, wofür er mir freundlichen Dank sagte. Seit drei Stunden bei bereits drückender Hize waren wir im Sattel , aber an absigen war nicht zu denken ; um 10 Uhr

rückte

unsere Eskadron weiter,

darauf bekamen wir ins Gefecht.

endlich „ Arbeit “ ,

und

eine Stunde

das heißt, es ging

Unser Regiment erhielt den Befehl, gegen den

Rückzug der Franzosen nach der belgischen Grenze zu agiren . Die 2. und 3. Eskadron hatte die Artillerie zu decken , die 4. unter Rittmeister v . Bercken und noch ein Zug der 2 . ritten weiter voraus. Im Trabe ging es auf der einzigen Straße durch einen Wald vorwärts. Unsere vordersten kamen bei einem Dorfe zu einer Attake gegen französische Kürassiere , welche nicht schnell genug das Weite suchen konnten. Auch das Landvolk schoß auf uns , wobei sogar Leutnant v. d . Bärswart einen Schuß durch den Hals bekam. Der Feind hatte sich in einer Viertelstunde bereits so weit nach der belgischen Grenze zurückgezogen ,

daß wir schon umkehren wollten , als

Ordonnanzen vom Rittmeister v. Bercken ,

der vordersten

49

Eskadron

unsern Rittmeister v. Massow der 1. Eskadron

veranlaßten ,

in ruhigem Trabe noch weiter

vorrücken zu

laſſen. Einzelne Dragoner zu Fuß kamen uns schon zurück entgegen , jeder zwei oder drei französische Gefangene mit sich führend. Jest theilte sich die Straße; links war die belgische Grenze ganz nahe, dahin gingen Leutnant v. Senden und Rittmeister v. Massow vor und nahmen dort einen ganzen Diviſionsſtab vom Korps Mac Mahon's gefangen. Leutnant Klärr ging mit dem 3. Zuge, bei welchem ich linker Flügelunteroffizier war, geradeaus. Wir trafen auf eine halbe Eskadron Chasseurs zu Pferde und attakirten dieselben ; die Hälfte der Franzosen wurde gefangen genommen, die übrigen geworfen und wieder ins Feuer zurückgetrieben. Bei dieser Attake mußten wir über unebenes,

theils

durch Gesträuch behindertes Terrain.

einen

Graben sehen wollte ,

stürzte

Als

ich

über

mein Pferd links vorn über ;

ich war meinem Schicksal überlaſſen, während meine Kameraden vorwärts sprengten. Plöglich kamen fünf versprengte Chasseurs auf mich los und glaubten mit dem einen Dragoner zu Fuß leicht fertig zu werden , hatten sich aber nicht Den nächſten der Feinde hieb ich vom Pferde

schlecht geirrt.

und brachte , während ich die Hiebe der übrigen Chasseurs, die ich nicht erreichen konnte, gut parirte , Pferden blutige Nasen bei.

wenigstens ihren

Inzwischen hatte ich das frei-

gewordene Pferd ergriffen , einen mit der Pritsche gesattelten Schwarzbraunen , und schwang mich leicht hinauf. Jezt glaubten sich die Franzosen mir wachsen, und ich mußte nun folgen.

nicht mehr ge=

meine früheren Angreifer ver-

Ich jagte ihnen auf dem französischen Gaule flott

nach, und es gelang mir , drei französische Kavalleriſten zu Gefangenen zu machen. Auf meinem Rückmarsche mit den4 II.

50

selben

begegnete

ich dem Rittmeister v. Bercken ,

nicht wenig lachte,

wie ich meine drei Gefangenen vor mir

her transportirte und Pferde ritt.

welcher

dabei selber auf einem französischen

Für dieses Stückchen bei Sedan erhielt ich das

Eiserne Kreuz.

(Dieser Fall ist amtlich bestätigt.)

An demselben Tage zeichneten sich nachfolgende Mannfchaften des Kurmärkischen Dragonerregiments Nr. 14 aus : Als der Zug, wie eben von Fischer erzählt , koupirten und

waldigen Terrain

auf dem sehr

auf die halbe Eskadron

Chasseurs stieß und mit lautem Hurrah in Karrière auf dieselben losstürzte , ritt Wachtmeister Springer an der Tête des Zuges

auf den Führer der feindlichen Reiter

ſtreckte ihn mit dem ersten Hieb vom Pferde.

zu

und

In demselben

Augenblick jagte ein Unteroffizier der Chaſſeurs, ſeinem Offizier zu Hilfe eilend , auf Wachtmeister Springer zu ;

dies

sah der dicht hinter ihm reitende Gefreite Gutsche , und ſofort fank der Chasseur , von dessen kräftigen Hieben getroffen, vom Pferde. Gefreiter v. 3astrom ritt als Spiße der Avantgarde, als er in weiter Entfernung drei feindliche Infanteristen bemerkte.

Sofort sprengt er in Karrière

Franzosen springen in den Wald

und

auf sie los ;

die

legen auf ihn an.

Mit gespanntem Karabiner reitet v. Zastrow kaltblütig bis auf drei Schritt an sie heran , da werfen die feindlichen Infanteristen, statt zu schießen, die Gewehre fort und bitten um Pardon. In einem Waldwege

an

der

belgischen Grenze

stieß

ein Zug Dragoner auf zwei größere Trupps feindlicher Infanterie.

Im Galopp ging

es auf sie los ,

die Franzosen

gaben bereits Zeichen , sich ergeben zu wollen , indem sie die Gewehre in die Höhe hielten , worauf die Dragoner in einer Entfernung von etwa 20 Schritt anhielten .

Statt aber sich

51

zu ergeben , springen nun die Franzosen in den Wald zu beiden Seiten der Straße und geben Schnellfeuer auf die Dragoner, welche sie jedoch muthig in den Wald verfolgen. Dabei erhält Dragoner Schönherr zwei Schüsse durch den Helm, derselbe fliegt ihm vom Kopfe, eine Kugel durchbohrt Schönherr die Hüfte ; troßdem verläßt er seine den Feind verfolgenden Kameraden nicht, bis endlich sein Pferd getroffen zusammenfinkt. Von mehrern Turkos umringt, wird er entwaffnet und ausgeplündert ; zu schwach , sich noch zur Wehre zu sehen , behagte

wird

er als Gefangener

abgeführt.

Diese Lage

aber unserem braven Kurmärker nicht.

Nachdem

er sich einige Tage erholt, suchte er troß seiner schmerzenden Wunde bei Nacht das Weite und gelangte glücklich zu den Unsrigen zurück, um Heilung im Lazareth zu finden. Sergeant Tieze kognoßirung

der

attakirte bei Gelegenheit

belgischen

Grenze

mit

12

einer ReMann

aus

einem Versteck eine feindliche Wagenkolonne und zwei Züge Kavalleriebedeckung.

Ein Theil der Feinde wurde von den

Pferden gehauen , ein Theil gefangen genommen , der Rest entfloh nach Belgien.

Hierauf legte sich Sergeant Tiege

mit denjenigen seiner Mannschaft, welche nicht mit den Gefangenen abgesandt waren , wiederum in Versteck und stürzte sich aus demselben auf einen Trupp französische Kürassiere, welche sich jedoch so früh zur eiligsten Flucht wandten , daß keine Gefangene davon gemacht werden

konnten.

Durch

diese Erfahrung belehrt , machte Tieße etwa eine Stunde später gegenüber dem Chef der 4. Eskadron , der eben im Begriff war , aus einer verdeckten Stellung gegen nahende feindliche

Kolonnen

hervorzubrechen ,

die

bemerkenswerthe

Aeußerung : „ Ums Himmels willen, Herr Rittmeister, warten Sie nur noch ein wenig , sonst laufen uns die Hallunken 4*

52

alle zu früh zum Teuf ! " Die dann folgende Attake el machte er natürlich in vorderster Linie mit. Unteroffizier Schwarz traf mit 5 Mann seiner Patrouille, er selbst den übrigen , auf etwa 300 Schritt voraus , auf einen Haufen versprengter Franzosen , 3 Offiziere und etwa 30 Mann, welche sich um einen Major gesammelt hatten. Ohne Unterstügung abzuwarten , sprengte Schwarz in Karrière auf die Feinde los , welche sofort die Waffen wegwarfen und sich ihm ergaben. Am Tage vor Sedan war die 3. Eskadron zur Rekognoßirung gegen Sedan vorgeſchickt.

Sergeant Reßdorff

hatte sich besonders ausgebeten , die Spiße der Avantgarde führen zu dürfen. Er und Gefreiter Müller besezten aus eignem Antriebe die über die Maas führende Eisenbahnbrücke ; sie saßen ab und zwangen, mit Karabinern bewaffnet, durch wohlgezieltes Feuer zuerst einen mit Truppen beſegten Zug tros des feindlichen Feuers zur Umkehr , ebenso eine Draisine, gung

auf der

der Brücke

anscheinend lagen ,

lichen Mann erschossen.

Pulverfässer

indem sie einen

zur

Spren-

darauf befind-

Durch ihre umsichtige und tapfere

Vertheidigung der Brücke wurde dieselbe erhalten , was für die darauf folgenden Operationen feit war.

von

größter

Wichtig=

Gefreiter Lochte attafirte am 1. September bei Sedan in waldig bergigem Terrain an der belgischen Grenze mit 10

Dragonern 20 feindliche Husaren, war

der

erste im

Handgemenge und brachte mit seinen Leuten die Feinde, 3 Offiziere und 14 Mann, als Gefangene zurück. Dragoner Linke attafirte zwei feindliche Chasseurs zu Pferde,

entwaffnete den einen ,

erhielt selbst hierbei einen

Hieb ins Ohr, hieb aber trozdem noch den vom Pferde.

anderen Feind

53-

Dragoner Hampel war bei der Attake des Premierleutnants v. Senden auf eine feindliche Wagen- und Munitionskolonne der erste in dieser ; er zwang feindliche Infanterietrupps

im

Walde

die Waffen

wegzuwerfen ;

derselbe

erschoß auch ohne Aufforderung hierzu ein Pferd in der Mitte der Kolonne , als diese Miene zum entfliehen machte. Am 19. September hatte Vize-Wachtmeister Bold den Auftrag, von Bougival aus über St. Germain nach Boissy die Verbindung mit dem 4. Armeekorps aufzusuchen. Trog des unbekannten Terrains , der eingebrochenen Dunkelheit und der feindlichen Haltung der Bewohner war er bis gegen Boissy vorgedrungen , als ihm Verhaue derartig die Chauffee versperrten , daß es unmöglich war , den gebotenen Weg zu Pferde fortzusehen.

Er stieg ab und drang , nur von dem

Gefreiten Rudolph begleitet, in die Stadt ein ; hier wurde er sofort

von

den Bewohnern

umzingelt

und

arretirt.

Durch sein kluges und umsichtiges Benehmen gelang es ihm jedoch, am anderen Tage wieder frei zu kommen und ausführliche Meldung zurückzubringen.

Das

Füſilierbataillon

des

1.

Heſſiſchen

Infanterieregiments Nr. 81 vor

Metz

und

Diedenhofen

vom 27. September bis 13. November 1870. August Szukalski (aus Berent bei Danzig gebürtig) , Füsilier der

12. Kompagnie des

1. Hessischen Infanterie-

regiments Nr. 81 (15. Diviſion , 8. Armeekorps), fährt in seiner Erzählung der Erlebnisse seines Bataillons (fiche Band I, Seite 28) folgendermaßen fort: Am 27. September wurde schon den ganzen Morgen von den Forts St. Quentin und St. Julien von Meg in der Richtung nach unserem 1. und 7. Armeekorps kanoniert, als gegen 2 Uhr die Meldung einlief, der Feind rücke aus der Festung in der Stärke von

vier Bataillonen nach der

Straße von Mez-Diedenhofen vor. (Wir nennen die deutsche Stadt Diedenhofen nicht mehr mit dem französischen Namen "Thionville".)

Unser Füsilierbataillon wurde alarmirt , und

zwar die 9. bis 11. Kompagnie in die Schüßengräben zu rücken, die 12. zur Beſegung des Dorfes Charly (nordöstlich von Meg, rechts von der Mosel) . Mehrere Granaten schlugen vor unsern Schügengräben ein, ohne jedoch Schaden anzurichten.

Die feindliche Infan-

terie zog sich unter unserm Schnellfeuer bald

zurück.

Der

Hauptstoß des Ausfalles war nach dieser Seite hin auf das

55

10. Armeekorps

gerichtet.

Der Feind sah

das

Erfolglose

seiner Bemühung ein und zog sich gegen 5 Uhr vollſtändig zurück. Alle derartigen Versuche scheiterten an unserer unermüdlichen Wachsamkeit und durch das schnelle Eingreifen jedes Truppentheils in die Gefechtsverhältnisse.

Der Feind

konnte uns durch seine wiederholten Scheinmanöver selten täuschen ; er mag damit wol gegen die Afrikaner Algiers Erfolge erzielt haben, aber unseren schlauen erprobten Offizieren nebst unseren unermüdlichen, ebenso gut geschulten wie ſelbſtdenkenden Soldaten gegenüber wird er wenig Glück finden.

Am 1. Oktober wurden wir in Charly abgelöst, unser Bataillon von einem des 7. westfälischen Infanterieregiments Nr. 56, und marschierten nach dem Biwak links vom Dorfe Maizières, an der Eisenbahn Mez - Diedenhofen.

Kaum hier

angekommen, unternahm der Feind einen Angriff auf mehrere Vorposten in Ladon- champs (an derselben Bahn, zwiſchen Maizières und Meg) , von welchen er aber zurückgeworfen wurde. Es war eigenthümlich, wir mochten unsere Stellung noch so oft und wo immerhin verändern, immer saßen uns die Franzosen auf dem Fell, als ob es ihnen, gerade uns zu kigeln, ganz besonderes Vergnügen machte, trozdem wir sie doch jedesmal recht unsanft abschüttelten. Die 3. Reservedivision Kummer mußte den Rothhosen ganz besonderen Kummer machen, denn überall,

wo

wir uns auch hinwen-

deten, waren wir ihnen im Wege und standen so fest, fie uns nicht wegdrängen konnten .

daß

Unser Biwak gehörte hier noch nicht zu den schlechteſten, sodaß wir sechs ganz angenehme Tage verlebten. Am 7. Oktober gegen 12 Uhr wurde unser Bataillon alarmirt und rückte in ſeine Stellung vorwärts Brieur. hatte

die

3. Landwehrdiviſion

zurückgedrängt ,

Der Feind derselben

nicht unbedeutende Verluste beigebracht und stand vor Ladon-

56

champs, St. Rémy, Bellevue. auf den

Kampfplag

2. Posenschen

und

Gegen

5 Uhr rückten

zwangen

Jufanterieregiment

wir

im Verein mit dem

Nr.

zum verlaffen der errungenen Stellung.

19

die Franzosen.

Ladon- champs sollte

noch diese Nacht von uns wieder genommen werden,

was

um so schwieriger war, da der bereits eingetretenen Dunkelheit wegen das Terrain durch das Vorrücken der Truppen nach rechts und links ziemlich unbeſtimmt wurde. Im weiteren Vormarsch bildete unsere 12. Kompagnie die Deckung der rechten Flanke, wir

das

Füsilierbataillon

Nr.

kam 19

durch Bellevue,

wo

ließ

die

trafen

und

10. Kompagnie über den Eisenbahndamm weg gegen Ladonchamps gehen, wo dieselbe bereits Theile des 19. Regiments im Kampf mit dem Feinde fand und deshalb nicht weiter vorgehen konnte.

Inzwischen waren die anderen Kompagnien

und unser Hauptmann v. Heynig erhielt nun den Auftrag, mit denselben gegen Ladon- champs vor-

nachgekommen ,

zugehen. An dem vor Ladon-champs liegenden Wäldchen,

das

sehr stark vom Feinde besegt war, kam es zu einem äußerst blutigen Kampfe, in welchem der Feind gezwungen wurde, eiligst seinen Rückzug auf Mez anzutreten. Man kann sich nichts schaurigeres denken als ein solches Nachtgefecht. Man hört

nichts

als

das halb ängstliche,

Wiehern der Pferde, Munitionskarren,

das

halb kampfesmuthige wüste Rollen der Geschüße und

das unheimliche Gefnattere der

Gewehre

und das schrillende Pfeifen der Gewehrkugeln, die bald rechts, bald links an uns vorbeifliegen oder in ihrem Fluge plöglich das Leben eines uns theuren Kameraden mit fortnehmen.

an unserer Seite Man sieht nichts als das bligartige Auf-

leuchten der abgefeuerten Gewehre und Geschüße, ihren hohlen feurigen Schlund,

ohne zu wissen ,

wohin der geschleuderte

57

Tod fallen wird.

Schweigt das verderbenbringende Gekrach

einen Augenblick, so wird derselbe durch das schaurige Stöhnen und Wimmern der Verwundeten um uns ausgefüllt ; vielleicht beleuchtet auch ein brennendes Gebäude das im Dunkeln angerichtete Bild der Verwüſtung und läßt uns Leichen und Sterbende, Freunde wie Feinde, erkennen. Der Feind zog sich jezt überall zurück , der Sieg war unser,

aber mit schweren Verlusten

errungen.

Unser Ba-

taillon allein verlor : Hauptmann v. Werder und Leutnant Fischer todt, 47 Mann todt oder verwundet. Major v. Hanneken erhielt einen Schuß durch den Helm und wurde leicht am Kopfe verlegt, sein Pferd war ihm unter dem Leibe erschossen worden. Wir umgingen nun das Wäldchen rechts auf St. Rémy, um auf feuchtem Wiesengrund und unter starkem Regen die Nacht zu biwakiren . Ein kleines Feuer wurde angefacht, um welches sich die Offiziere, darunter auch Generalleutnant v. Blankensee , Chef unserer Brigade, ſelbſt, ſezten. Um 4 Uhr morgens beseßten wir Petites und Grandes

Tapes. Der Feind schickte zwar aus der gegenüberliegenden Schanze St. Julien sehr viele „Karbonaden “, wie wir die Granaten hier scherzweise genannt, zu uns herüber, welche aber meist ihr Ziel verfehlten und von keiner Wirkung waren . Als wir in der Morgendämmerung

unsere Schüßengräben

beſeßen mußten, gewährten uns dieselben keinen angenehmen Anblick, da in denselben und umher todte und verwundete auf dem Hofe zu Petites Tapes wüst durcheinander Waffen und Ausrüstungsgegenstände verschiedener Art und hier und da verstümmelte Theile menschFranzosen lagen, ebenso

licher

Körper.

Ein französischer

Offizier ,

welchem ein

Granatstück den Kopf weggerissen, lag in einem Korbe, in dem er jedenfalls fortgeschafft werden sollte , aber bei un-

58

serem Heranrücken im Stich gelassen wurde ;

ein

anderer

mit völlig aufgeſchligtem Leibe unter seinem todten Pferde. Wir haben an dieser Stelle 20 Mann Franzosen begraben, wovon die meisten der Kaisergarde angehörten. --- Am Nachmittag hörten mehrere unſerer Leute über ihren Köpfen ein ungewöhnliches Geräuſch ;

eine

nähere Untersuchung brachte

ihnen einen im Stroh versteckten Franzosen in

die Hände,

der nichts weiter hervorbringen konnte als „ Pardon, Pardon !“ welcher ihm mit Vergnügen gewährt wurde. Der arme Kerl, welcher wahrscheinlich vorgezogen hatte, lieber in seinem Verfteck vielleicht zu verhungern,

als

in Meß, wie er wol

dachte, gewiß , und deshalb nicht dorthin mit zurückgegangen war, sah gräßlich abgezehrt aus und

mußte

dazu nicht ge=

ringe Angst vor den deutschen Barbaren ausgestanden haben. Am 10. Oktober wurden wir durch das Oldenburgische Infanterieregiment Nr. 91 abgelöst. Dasselbe war weniger glücklich als wir, denn die jezt gut gezielten feindlichen Granaten entzündeten das Haus und machten Todte und Verwundete.

Wir kamen in das Dorf Maizières, wo wir uns

auf alle vorkommenden Ereignisse bereit halten mußten. Schon der lezte, oben erzählte Ausfall des Feindes am 7. Oktober

auf Tapes

war nach Aussage der Gefangenen

ausschließlich durch Freiwillige

ins Werk

gesezt worden ;

die übrige Beſagung von Mez und die darin unfreiwillig eingeschlossenen Truppen waren muthlos und vor allem hungrig und entkräftet. seit diesem

Kein Wunder daher, daß man uns

Tage vollkommen in Ruhe

ließ .

Und

Ruhe

hatten wir auch gewiß äußerst nöthig, denn es war bisher selten ein Tag verlaufen, ohne daß wir alarmirt wurden. Wer sich einigermaßen

einen Begriff davon machen kann ,

was es heißt, Tag und Nacht in Schüßengräben zu liegen

59

oder auf Vorposten zu stehen,

der wird

die Berechtigung

unseres Wunsches nach einiger Ruhe anerkennen müſſen. Bei einem unserer Appelle in Maizières begegnete uns

unser Divisionsgeneral v. Kummer , welcher uns im Namen unseres Königlichen Kriegsherrn für unser tapferes Verhalten für die bis jezt bewiesene Ausdauer

am 7. Oktober und

dankte. Er sprach den Wunsch aus, wir sollten dabei verharren und fügte mit gehobener Stimme hinzu, daß wir sowol auf unsere bisherigen Thaten als auch überhaupt darauf stolz sein könnten, dem 81. Regiment anzugehören. Die Anerkennung in ergreifender Ansprache eines so hervorragenden Generals wirkte begeisternd auf uns, wie man kaum von dem flüchtigen Worte erwarten sollte , sodaß wir uns groß und mächtig fühlten, im Stande, die ganze französische Armee zu vernichten. Am 18. Oktober bezogen wir rechts

von Maizières,

zwischen diesem und dem Dorfe Sèmecourt (an der alten Römerstraße) das Biwak. Die vorgefundenen Hütten waren. sehr niedrig

und

klein und bestanden aus einem Gemisch

von Stroh und Strauchwerk.

Der fortwährende und starke

Regen hatte den lehmigen Boden vollständig

aufgeweicht

und die ganze Fläche , wo unsere Hütten ſtanden , Morast verwandelt.

in einen

Der koloffale Schmuz in wie außer den

Buden war unvertilgbar ,

und wir mußten darin beständig

faſt bis zu den Knieen hinauf waten.

An

eine Uebergabe

von Meg war damals noch nicht zu denken, ſondern vielmehr , daß wir hier Winterquartiere halten würden ; wir mußten also ernstlich darauf bedacht sein , uns wohnliche Hütten zu schaffen. Zu diesem Zweck schleppten wir von allen Enden große Holzstämme herbei , die aufeinandergeschichtet und durch festgerammte Pfähle zusammengehalten wurden.

Die oft sehr großen Fugen wurden in Ermange-

60

lung des nöthigen Cements oder Kalkes und um das Unangenehme zum Nüzlichen zu machen mit dem massenhaft vorZur Errichtung der Dächer Schmuz verklebt. mußten wir den Franzosen im wahren Sinne des Wortes

handenen

„aufs Dach steigen" , das heißt, in den umliegenden Dörfern Dachsteine requiriren, indem wir ihre Dächer abdeckten, um die unseren damit zu decken. Unser Biwak sah einem großen Werkplag ähnlich , welchem jeder Soldat Maurer

auf

oder Zimmermann spielte.

Unsere Bauarbeit ging nur langsam vonstatten , da wir die Hälfte unserer Zeit zur Errichtung von Feldschanzen hergeben mußten, doch rückte sie täglich rüftig ihrer Vollendung entgegen. Beim Anblick unserer Bauten wird man , die Umstände in Rechnung bringend , immerhin unsere Geschicklichkeit anerkennen müſſen. Den Franzosen mögen sie freilich komisch vorgekommen sein , sie haben sie vielleicht mit den Hütten der Wilden verglichen und damit ihre Ueberzeugung erhärtet: die Deutschen sind noch Barbaren, man sieht es ja an ihren

Häusern “ .

Wer übrigens Gelegenheit gehabt ,

in dieser Zeit unser

Leben vor Mez zu beobachten , der wird trop der Kenntniß

unserer Kultur

die

Fähigkeit ,

in

noch nicht verloren

doch

glauben ,

barbarischem gegangen ist.

daß

uns

Urzustande

wenigstens auszuhalten,

Wir lebten folgender-

maßen : Des Morgens in aller Frühe wurde Kaffee gekocht, wozu wir uns das Wasser

eine Viertelstunde weit ,

unter-

wegs durch einige Granaten zurechtgewiesen , herbeiholen mußten. Der Wind ließ kaum ein Feuer aufkommen, zumal trockenes Holz nicht zu haben war ; mit man das Wasser endlich zum kochen.

aller Noth brachte Die Kaffeemühle

wurde durch ein Beil oder einen Stein , womit die Kaffeebohnen zerschlagen wurden , erseßt , oft noch urzuständlicher,

61

indem der Kaffee mit dem Absag kleingestampft wurde. Dann lieferte ein Kochgeschirr für drei oder vier Mann ein köstliches Morgengetränk, welches bei unserem durchaus nicht verwöhnten Geschmack nur ein Uebel hatte, nämlich daß man nach jedem Schluck drei- bis viermal ausſpeien mußte, weil man die Stückchen Kaffee in den Mund bekam und dieselben zu groß zum verschlucken waren. Nach dem Kaffee, oder auch ohne welchen getrunken zu haben, wurden wir zum

errichten von Feldschanzen geführt.

Die Gewehre, die wir stets bei uns führen mußten, wurden. zusammengesezt und dafür der Spaten in die Hand ge= nommen. Ein Premierleutnant vertheilte die Arbeit ohne Rücksicht ,

ob man stark oder schwach, ob man an schwere

Handarbeit gewöhnt sei oder die Feder in der Hand geführt habe, das konnte hier keinen Unterschied machen. Jeder war gezwungen, gleich viel zu schaffen, und wer sein Theil nicht mit den anderen zugleich fertig brachte , der arbeitete länger nach. Bei dieser Erholungsarbeit hatte man nichts weiter zu essen , als etwa ein Stückchen Brot - mit Granatenstücken, welche die Franzosen uns dazu bereitwilligst sandten ! Um 12 Uhr wurden wir abgelöst und gingen zum abkochen.

Dazu wieder , wie zum Kaffee , das Wasser eine

Viertelstunde weit zu holen , kein Holz , viel Wind , starker Regen ; der Reis zähe, das Rindfleisch noch zäher, am zäheſten

aber das Feuer nicht brennen zu wollen .

Umstände einigermaßen günstig ,

Wenn die

wenn Feuer , Wind und

Wasser vom Himmel nicht zu sehr unserem menschlichen Treiben zuwider waren , dann war nach mindestens zweistündigem Kochen der Reis hart, das Rindfleisch noch härter , doch der Magen knurrte am härtesten , sodaß man sein Gericht mit großem Appetit und ebenso großer Anstrengung hinunterwürgte, wenn man Zeit dazu hatte. Denn

62

kaum war man in den Hütten nöthigen Anstalten

zum

angekommen und hatte die

kochen getroffen ,

schon wieder hinaus zum Hüttenbauen.

da mußte man

Wer sich nicht zu

„drücken “ verstand , der kochte nichts und aß natürlich auch nichts, wonach am wenigsten gefragt wurde. Um 3 Uhr war bereits Appell ,

man mußte sich

wenig reinigen , soweit man die Bemühung

ein

dazu eigentlich

„reinigen“ in dem Sinne wie in der Garniſon etwa neunen kann.

Dann wurde man auf Wache kommandirt, oder wen

das Glück nicht traf, der wachte „freiwillig “ , das heißt , in den Hütten ohne Stroh , lustigste Spiel trieben ,

worin Wind

und Regen das

war das Schlafen vollkommen un-

möglich. Zum Abend kochte man gewöhnlich wieder Kaffee, wenn man dieses seltsame Gemisch von heißem Wasser und Stücken Kaffeebohnen so nennen darf, was sich eben am leichtesten herstellen ließ.

Wer an das Kochen und Effen dieser Zeit, warmes Wasser getaucht, für

wo das Fleisch, oft nur in „gar“ galt, zurückdenkt,

der wird

Mensch den Lurus einer Küche

nicht zweifeln,

daß der

wie in Deutschland in der

schlechtesten Restauration oder gar wie "1 bei Muttern " entbehren lernen kann, wenn auch empfindsamern Naturen beim bloß sehen solcher Kost hinunterrieſeln mag.

ein Fieberfröstchen

das Rückgrat

Wir gingen, wenn es uns erlaubt war, recht früh „zu Bette", um doch wenigstens mit dieser Bezeichnung eine Erinnerung an alles das zu haben, was uns hier an einem Bett natürlich fehlte ; dann hatten wir doch Zeit genug, wenn wir sonst nicht alarmirt wurden, uns recht lange zu quälen, bis wir einschlafen konnten . Ein solcher Abend. machte jedoch selbst den wortärmsten unterhaltend , jeder wußte

etwas

zu

erzählen

und

fand

das

andächtigste

63

Publikum, oder man suchte wenigstens durch unerschöpfliches Raisonniren über die schlechten Zeiten " das Gefühl der Unbehaglichkeit auszuftrömen.

Dazwischen entdeckte einer oder

der andere, daß eigentlich ein Sänger an ihm verdorben sei , er stimmte an, und bald fiel alles mit der Kraft der Ueberzeugung oder wenigstens aus Leibeskräften ein : „ O welche Lust, Soldat zu sein ! " Die Macht des Gesanges verfehlte selbst in diesem einförmigen und unbehaglichen Leben nicht, ihren eigenthümlichen Reiz zu üben, und alles war an solchen Abenden zufrieden und heiter. So suchten wir uns durch Gesang und Humor unsere nichts weniger als angenehme Lage zu verfüßen und fügten uns mit der den Deutschen eigenthümlichen Willensstärke und Geduld in • die Leiden, welche unsere Pflichterfüllung uns obendrein auferlegte. Unsere lezte Arbeit vor Met war die Vollendung einer Feldschanze an der Mosel bei Olgy. Das Kommando führte Leutnant · · .. Bei kaltem regnerischen Wetter hatten wir eine Straße zu paffiren , welche fußhoch mit Koth angefüllt war ; eine Abtheilung Soldaten war eben beschäftigt, dieselbe wegsam zu machen. Der Leutnant ging uns voran und war plöglich verschwunden wir hatten Mühe, ihn aus einer Grube, in welche er mitten auf dem Wege eingefunken war, wieder herauszuziehen.

Zurückgehen konnte der-

selbe nicht gut, und so war er genöthigt, in dieſem Zustande wie er aussah, kann sich jeder leicht denken dieses ungemüthliche Kommando bis an seinen Bestimmungsort zu führen - ohne den Humor zu verlieren. Die Schanze mußte fertig werden , obgleich es eine abscheuliche Arbeit war , welche durch den herabströmenden Regen geradezu unerträglich wurde ; doch das half alles nichts , gearbeitet mußte werden, wenn es auch willenløs ge= schah, ohne viel vorwärts zu bringen .

Gegen Abend führte

64

man uns nach Hause, und wir glaubten einen besseren Weg zu wählen, wenn wir statt der Straße querfeldein auf unfer Dorf zugingen ; An

manchen

doch hatten wir uns

Stellen

war

es

nicht wenig geirrt.

rein unmöglich,

weiter zu

kommen, Schuh und Stiefel blieben in dem tiefen Schmuz stecken ; dann wieder hatten wir über mehrere Fuß breite, mit Kothwasser angefüllte Gräben zu springen, mancher ein kaltes ,

wobei sich

aber keineswegs erfrischendes Bad holte.

Nas bis auf die Haut, erreichten wir unsere Quartiere, wo unserer eine große Freude wartete, obgleich wir an die Wahrheit noch nicht glauben konnten ; das allgemeine Geſpräch im Lager war nämlich die Kapitulation von Mez . Zwei Tage darauf war unsere noch zweifelhafte Freude durch die Thatsache beſtätigt und unser Jubel nicht zu schreiben.

be=

Die jungfräuliche Festung, die nie eroberte und

unbezwingliche, wie die Franzosen geglaubt, und ſeit 328` Jahren mit Recht, la pucelle " (die Jungfrau) genannt : „Was keiner vermochte, wir haben's gewagt,

Und es ist uns mit Ehren gelungen : „ Die Meg, die dem Kaiſer (Karl V) den Tanz einſt verſagt“ Wir haben zum Tanz sie gezwungen ! " sie konnte

den

stürmischen Werbungen der

kräftigen

Germanen nicht widerstehen und ergab sich auf Gnade und Ungnade. Am 29. Oktober 112 Uhr stand unsere Diviſion feld-

marschmäßig

an der Chauffee vor Meg bei Ladon- champs ,

um

die Uebergabe des Armeekorps Canrobert zu erwarten. Das Wetter war trüb und kalt, trogdem unsere Stimmung

begreiflicherweise heiter und gehoben.

Der kolossale Zug der

kriegsgefangenen Franzosen bewegte sich nur langsam vorwärts und dauerte bis gegen 6 Uhr. Unser Regiment sollte

65

an der Tête den Einzug in Mez halten, doch war es bereits so spät geworden , daß man von einem feierlichen Einmarsch Abstand nahm. Die Artillerie und Kolonnen vor uns konnten erst nach Beseitigung manchen Hinderniſſes vorwärts kommen, da der Weg an vielen Stellen versperrt war. So mußten wir alle zehn Schritt beinahe halten und dann wieder eine ganze Strecke weit nachlaufen, um bei den anderen dicht genug aufzubleiben, sodaß wir sagen können , wir haben Meß doch noch mit Sturm genommen. An allen Gliedern erschöpft, kamen wir gegen 10 Uhr abends in der Festung an. Im

Théatre de Mez " nahmen wir Quartier, und das

war allerdings schade nur, das

das

eigenthümlichſte,

was

wir je gehabt ;

daß uns Kreuzer's reizende Musik fehlte, um

„Nachtlager" auch auf der Bühne aufzuführen .

Das

Gewehr zwischen den Beinen haltend, im schön mit Sammt gepolsterten Parquet und in den Logen sigend mit unſeren schmuzigen und nassen Kleidern , so mußten wir die Nacht zitternd vor Nässe und Kälte zubringen. und die Akustik (?) unter einem Dache!

Die Ventilation

man denke : ein Regiment Soldaten ließ

nichts zu wünschen übrig.

anderen Tage dasselbe Quartier,

Am

nur mit dem Unterschiede,

daß sich die einzelnen ihren Plaz etwas behaglicher einzurichten versuchten und dazu die Gegenstände der Garderoben und Ankleidezimmer der Bühne in oft höchst drolliger Weiſe verwendet wurden. Der Tempel der Musen mit allen seinen Illusionen, seiner Poesie und seinem " hinter den Kuliſſen “ war auf einmal in eine Kaserne verwandelt. traſt! Gewiß werden

uns

die Franzosen

Welcher Kon-

diese Barbarei nie

vergessen können , wir aber wollen es als einen hohen Gewinn für die Stätte der Musen betrachten , daß mit diesen 5 II.

66

Knalleffekt auch die französische Komödie in diesen Räumen ihren kläglichen Abschluß gefunden hat, daß fortan der Geiſt deutscher Kunst hier walten und zur Verbreitung deutſchen Sinnes und deutscher Bildung beitragen wird. Unser Zustand in diesen heiligen Hallen der Kunst war aber ein für die Dauer unerträglicher , deshalb brachte man uns tagsdarauf zu Bürgern in Quartiere, welche mit wenigen Ausnahmen gut, wie die Leute freundlich und entgegen= kommend waren . Bei dem großen Mangel an Lebensmitteln in der Stadt konnten wir natürlich von den Bürgern keine Verpflegung beanspruchen, im Gegentheil gaben wir oft von unſeren Lebensmitteln an die armen verhungerten Einwohner ab, was wir ja immer gern gethan, wenn man uns gut begegnete.

Wir wilden

Barbaren sind

nun

einmal beffere

Menschen als die zivilisirteste Nation der Welt. Ein Theil unseres Bataillons

kam

auf Wache , die

übrigen , wozu auch ich gehörte , konnten die angewiesenen Quartiere beziehen.

Dies war aber nicht so leicht, das heißt,

sich in der fremden Stadt zurecht zu finden, da wir meist der französischen Sprache nicht mächtig genug waren. Man schickte uns von Pontius zu Pilatus, wies uns oft auch wol böswillig falsch , da niemand Luft hat , zumal bei Zwangseinquartierung, Soldaten aufzunehmen. Noch spät am Abend sah ich einige Kameraden in den verschiedenen Stadttheilen umherirren, zu finden.

da

es ihnen nicht gelingen wollte , sich zurecht

Mein Quartier,

das

ich zum Glück auch ohne

langes Suchen fand , war den Umständen angemessen gut. Da zum anderen Tage ein Appell auf 9 Uhr angesagt war, legten wir uns recht früh zu Bett , zumal uns, zwar zum ersten mal in diesem Feldzuge, zu Gebote ſtanden.

und

wirkliche Betten.

Mit unsäglichem Behagen wälzten wir

uns auf unserem weichen langentbehrten Lager , welches Ge=

67

fühl noch dadurch bis

zur Seligkeit gesteigert wurde , daß

wir uns unter festem Dache wußten , während wir das Rauschen des draußen herabſtrömenden Regens hörten. Von den angenehmsten Träumen umgaukelt und ohne nur einmal zu erwachen, schliefen wir bis

7 Uhr

morgens ,

zu

welcher Zeit uns ein Kamerad , der auf Wache war, mit der höchst unliebſamen Nachricht aufschreckte, daß unser Bataillon schon vor einer Stunde aus Mez ausgerückt sei. Wir sprangen sofort von

unserem schönen Lager auf,

fuhren schnellstens in die Kleider und eilten auf die Straße. Schon glaubten wir „ angeführt “ zu sein,

da wir unseren

Leutnant Schumacher die Straße herunter kommen sahen. Aber er kam auf uns zu und fragte verwundert , was wir denn hier noch machten , reits ausgerückt sei ?

da das Bataillon um 6 Uhr be-

Ich antwortete, daß man uns bis auf

diesen Augenblick nichts davon gesagt, sondern wir nur von einem Appell um 9 Uhr etwas befahl uns, ihm zu folgen.

wüßten.

Es war gut ; er

Wir gingen dann von Quartier

zu Quartier, um die zurückgebliebenen , meist noch im Bett liegenden Mannschaften zu sammeln. In der Nacht war nämlich der Befehl gekommen , daß unsere kombinirte Infanteriebrigade aus dem Verbande der Division Kummer ausscheiden und zum 7. Armeekorps unter Kommando des Generalmajors v. Strang treten solle.

Gegen 9 Uhr stand die ansehnliche Zahl von 50 Mann — Langschläfern — auf dem Play vor dem Dome und marschierte bald darauf zum Thor von Diedenhofen, zu welchem wir drei Tage zuvor hereingekommen, wieder aus Meg hinaus. Mit der Kapitulation von Mez glaubten wir den Krieg beendet oder doch wenigstens unser Belagerungsleben , allein Wir sollten der Soldat denkt und Vater Moltke lenkt. die Zernirung von Diedenhofen ( Thionville) bilden. 5*

Wir

68

Nachzügler holten unser Bataillon auf halbem Wege nach dort ein und gelangten mit demselben am 2. November nach Imeldange, wo wir

etwa 2000

Schritt vor der Festung

Vorposten bezogen.

Unser Leben hier war bedeutend beſſer,

die Bewohner der Gegend sprachen viel deutsch und erfreu= ten sich im Vergleich zu

denen

noch eines gewiſſen Wohlstandes.

der Umgegend

von Mez

Obwol aus der Festung

nach jeder blizenden Pickelhaube mit Granaten geschossen wurde, welche aber immer ihr Ziel verfehlten , so war doch die Belagerung durchaus

mit keiner Gefahr für uns ver-

bunden. Französische Soldaten bekamen wir außer kleinen Patrouillen und einzelnen Posten gar nicht zu sehen, um so mehr aber Bauern , welche in aller Gemüthlichkeit ihre Feldarbeit besorgten.

Wir erhielten Befehl , vor der Vor-

postenkette jeden , ob Soldat oder Zivilist , niederzuschießen und namentlich die Arbeiten der Bauern zu hintertreiben . Infolgedessen kam es zu manchen heiteren denen eine hier Plaz finden mag.

Szenen ,

von

Ich kam mit Unteroffizier Damm und noch 5 Mann von der Feldwache 1 auf einen detachirten Unteroffizierposten, welcher an der Hauptstraße und etwa 1500 Schritt vor der Festung eingerichtet war. Es war ein herrlicher Nachmittag.

Ein Bauer hatte auf freiem Feld in unserer Schuß-

weite acht Sac Kartoffeln zu liegen , welche er ohne Gefahr seines Lebens nicht fortbringen konnte,

aber

Festung zu hübschem Preiſe verkaufen wollte.

doch

in der

Wahrscheinlich

hatte er der Kommandantur seine Noth geklagt und diese ihm Hilfe zugesagt, da die Leute da drinnen eine komische Wir saßen Ansicht von Kriegführung zu haben schienen. eben bei einem prächtigen

Gericht von Kartoffeln ,

Rüben

und Speck, als wir durch eine Granate, die in unserer unmittelbaren Nähe krepirte ,

aufgeschreckt wurden.

Anfangs

69

wußten wir nicht, wozu der Lärm , doch als wir uns nach wir ,

allen Seiten umsahen , bemerkten

wie soeben jener

Bauer mit einem Wagen an der Stelle , wo die Kartoffeln lagen, ankam und sich , wol mit klopfendem Herzen , daran machte, dieselben aufzuladen. Ein zweiter Schuß fiel auf uns , man wollte uns alſo von der Festung aus einschüchtern oder verjagen , damit der Bauer seine Kartoffeln in Sicherheit bringen könne. merkte diese schlaue Absicht gleich

und

Ich

bat unseren Unter-

offizier, dem Kerl die Frechheit zu verleiden , die Kartoffeln vor unseren Augen wegholen zu wollen.

Damm ließ sich

bewegen, dem Bauer den Spaß zu verſalzen, und schoß troz der feindlichen Granaten nach demselben.

Hei wie der Kerl

auf den ersten Knall ausriß und Wagen und Pferde

im

Stich ließ! Wir lachten aus vollem Halse über den Wig und des Bauern furchtbare Angst wegen einer Kugel, wäh rend man uns ſeinetwegen mehrere Granaten schickte. Noch mehr aber lachten wir, als nun gar die Pferde , des allein Wartens

überdrüssig und

auch wol scheu gemacht

durch

das Schießen aus der Festung, kehrt machten und statt dem Bauer nachzulaufen in aller Ruhe auf unsere Feldwache zu= kamen. Natürlich wurden sie als willkommene Gäſte aufgenommen und von uns annektirt. Die Kartoffeln kamen uns zugute, wenn wir auch nicht alle verzehren konnten ; die Franzosen aber hatten mit ihren Granaten uns einen Gefallen und sich den Schaden gethan.

Ein ander mal auf demselben Unteroffizierposten hatte ich folgendes Abenteuer zu beſtehen : Ungefähr 1000 Schritt vor den Wällen der Festung stand eine Schinderei , welche durch ihren maſſiven Bau den feindlichen Patrouillen nügenden Schuß bot ,

von

Posten beschießen zu können.

dort aus

ge=

unsere Wachen und

Es kam deshalb der Befehl,

70 das Gebäude niederzubrennen. Tagszuvor hatte man bereits den Versuch gemacht, der aber mißlungen war. Heut sollte ich eine Patrouille dahin führen und untersuchen , ob das Gebäude vom Feinde besezt und an welchen Stellen es am besten anzuzünden sei.

Ich schlich mich behutsam an

dasselbe heran , stellte einen Mann Poſten aus und versuchte mit dem anderen Kameraden das Thor zu öffnen. Die Riegel gaben knarrend nach, und wir betraten den Hof. Ein scheußlicher Anblick bot sich uns dar. Wir hatten gar nicht daran

gedacht,

bei unserer

an sich gefährlichen

Rekognoßirung , daß dies Gebäude eben eine Schinderei ſei, und so überraschte es uns ekelerregend , daß auf dem Hofe Pferdegerippe, todte Hunde und allerhand Theile thierischer Körper umherlagen , dazu betäubte uns ein pestilenzartiger Geruch.

Solch plöglichem Eindruck gegenüber erfaßt auch

den muthigsten

eine

eigenthümliche

Erregtheit,

ſodaß wir

ordentlich erschraken, als eine Taube geräuschvoll aus dem Innern des Hauses flog. Wir durchsuchten das ganze Gebäude, fanden aber nichts , als daß das Feuer vom vorigen Brande noch am Boden glimmte ; Stelle, wo wir es bei anzustecken gedachten.

wir merkten

eintretender Dunkelheit

uns

die

am besten

Mit dieser Meldung gelangten wir

zwar unbehindert , aber ziemlich unwohl zu unserer Wache zurück. Am Abend zwischen 7 und 8 Uhr machten wir uns 4 Mann auf, jeder ein Bund Stroh mit sich tragend , um den Brand ins Werk zu sehen.

Mit

Ruhe

und

Gelassenheit

vollbrachten wir die gefährliche Arbeit und hatten in einer Viertelstunde das Vergnügen, das Haus in hellen Flammen zu sehen. Es brannte prächtig , da wir alles auf dem Hofe befindliche Holz in das Haus geschleppt hatten , damit der Brand ein vollständiger werde.

Am anderen Tage vor-

71 mittags machte ich abermals eine Patrouille dorthin und war kaum noch 100 Schritt von der Mauer des Gebäudes als man uns mit Schüssen begrüßte. Wir antworteten zwar , zogen uns aber zurück , um verstärkt wieder entfernt ,

zu kommen.

Inzwischen hatten

deutschen „Brandstiftung " ,

aber die edeln Rächer der

wie die Franzosen wol gedacht,

das Weite gesucht. An dieser Stelle wurde jezt von uns eine stehende Patrouille postirt, von welcher leider ein Mann das Unglück hatte, gefährlich verwundet zu werden . Wie unbesonnen und mit welch blinder Besorgniß man in der Festung alle unsere Veränderungen

und Stellungen

verfolgte und beobachtete, und wie leicht der Feind wichtiges vermuthete , wo es von uns bloß auf einen Jur abgesehen war, mag folgendes Geschichtchen bekunden. Auf der Mosel lag nach unserer Seite ein verlaſſenes Dampfschiff mit einem gewaltig hohen Schornstein. Ein Kamerad kam auf die lustige Idee, diesen Koloß

als

81 -Pfünder,

als Extra-Re-

gimentsgeschüß , dem Feinde gegenüberzustellen. An einem schönen Abende wurde das Ungethüm mit nicht geringer Mühe ans Land geschafft und mit "faule Grethe"

getauft.

den Fluten der Mosel

Unteroffizier Schirmer gab un=

gefähr folgende Taufrede zum besten :

Es war von jeher dein Beruf, Wozu des Meisters Hand dich schuf, Nur Rauch zu paffen in die Luft, Wohlriechend wie Liebescigarrenduft. Jept sollst du zeigen deine Kunſt Dem Feind vormachen blauen Dunst u. s. w. Nachdem die höchst feierliche Taufe beendet , wurde die möglichst nahe der Festung eingegraben.

faule Grethe"

Am anderen Morgen mußte der Feind wol keinen geringen Schreck bekommen haben, das geheimnißvolle Ding vor seinen

72

Mauern zu sehen.

Wahrscheinlich vermuthete

liche Argliſt wie die der „ ollen Griechen “ Kriege mit dem hölzernen Pferde ,

denn

er eine ähn=

im Trojaniſchen sofort eröffnete er

sein Feuer gegen " Gretchen " , welche aber nicht von der Stelle wich und kein Ohr für seine Liebeserklärungen hatte. Obgleich

nichts Lebendes

daran dem Feinde Veran-

laffung geben konnte , danach zu schießen, so

ließ

er

doch

nicht ab, mit großer Hartnäckigkeit an die spröde Grethe ſeine Granaten zu verschwenden.

Warum denn aber ?

Wol nur

deshalb, weil er sah, daß wir uns niemals vor seinen Granaten fürchteten , er also wirklich glauben mochte,

daß ſidy

im Bauche des Dinges ein Poſten befinden möge oder sonst etwas Gefahrbringendes

darin stede.

Wir kamen darüber

von dort weg, erhielten aber später Nachricht, daß der Feind nicht eher mit schießen aufgehört, als bis die „faule Grethe" von seinen feurigen Liebkosungen

gerührt

wurde , nachgab

und infolgedessen jegt völlig darniederliegt. Auf diese und ähnliche Weise, meist fröhlich und heiter, vertrieben wir uns die Zeit bei der Belagerung von Diedenhofen , welche für uns ohne jedes bedeutende Ereigniß und ohne größeren Unfall verlief, bis wir am 13. November durch das 2. Hannoverische Infanterieregiment Nr. 77 abgelöst wurden.

Von der Feldwache kommend ,

mußten wir

den Marsch gleich antreten , doch wußte niemand , wohin es gehen sollte.

Einige meinten vor Lille ,

andere vor Paris.

Lepteres wäre natürlich am meisten nach unserem Geschmack gewesen ,

denn wir freuten uns im voraus

auf dieſes oder

jenes Abenteuer mit dem freiwilligen Amazonenkorps, welches , wie wir gehört, sich dort gebildet haben solle, denn Des Kriegers Handwerk ist zwar rauh, Doch alle Theorie iſt grau.

Wenn der Soldat auch schießt und sticht, Gefühllos ift er darum nicht - man denke !

73 Aus alledem wurde aber nichts. Befehl des Generalmajors

Wir

bildeten

v. Senden die Reserve

unter des 1 .

Armeekorps unter General v . Manteuffel und hatten vorläufig die Weisung, über Briey , Rethel St. Quentin zu gelangen.

u.

s.

w.

nachh

Wir dürfen aber in diesem Buche , welches von allen Truppentheilen

des gesammtdeutschen Heeres

erzählen will,

natürlich soweit dieselben dem Herausgeber Erzählungen einsenden , nicht zuviel Plaß für unser 1. Hessisches Infanterieregiment Nr. 81 auf einmal beanspruchen, und werden deshalb

mit

der

Erzählung

späterer Stelle fortfahren.

unserer weiteren

Erlebniſſe

an

Niederschlesische Pioniere Nr. 5 sprengen zwei Eiſenbahnbrücken vor Paris am 25. und 27. Oktober. Sergeant Karl Weiß , aus Breslau gebürtig, welcher schon den Feldzug 1866 als Pionier mitmachte,

erzählt uns

ſeine Erlebniſſe bei der 1. mobilen Sappeurkompagnie des 5. Armeekorps wie folgt : Wir machten die Schlachten bei Weißenburg, Wörth, Sedan und die Belagerung von Paris mit.

In der Schlacht

bei Wörth mußte unsere Kompagnie unter feindlichem Feuer Sauerbach schlagen. Das Material einer nicht weit davon gelegenen Wassermühle,

eine Brücke über den wurde aus

links von Wörth, entnommen. Fünf Balken wurden gestreckt und reichten von einem Ufer bis auf das andere ; ein Unterzug wurde angebracht und mit Brettern, Stangen, Strauchwerk und Boden eingedeckt. In Zeit von einer halben Stunde war die Brücke fertig. Während der Arbeit mußten zwei Halbzüge der Kompagnie unter den Leutnants Trenk und Biermann die in der Nähe liegenden Häuser und Gärten absuchen,

weil deren Bewohner auf uns schoffen.

Pionier Kloß erhielt dabei einen Schuß in die Hacke.

Als die Brücke vollendet war, passirte Generalmajor Schulz , zuerst. --

1. Ingenieur-Offizier des 5. Armeekorps , dieselbe Bei dem Bau konnten sich einzelne Pioniere nicht

75

auszeichnen, denn bei einer solchen Arbeit muß jeder gleich seine Pflicht thun.

Am 24. Oktober vor Paris erhielt ich und Unteroffizier Rust von unserem Hauptmann Hummell den Befehl, mit ihm nach Chatou (westlich von Paris und dem Mont Valérien) zu gehen, um die beiden dortigen, auf ſtarken maſſiven Pfeilern ruhenden Eisenbahnbrücken über die Seine zu sprengen. Arbeit.

Dort

angekommen ,

ging's

an

die

gefährliche

Wir brachten unsere Zündleitung an die französische an, welche schon vorher so weit abgeschnitten war, daß zur Noth Da aber die eine Verbindung zweier Drähte möglich war. konstruirt ist

französische Patrone anders oder diese hier verdorben Strom nicht.

war , ſo

zündete der

Es blieb uns daher nichts anderes übrig, nen

aufzuhauen

holen.

und

die

als

unsere,

elektrische

als die Mi-

die französischen Patronen herauszu

An dem Brückenpfeiler, in welchem die Minen sich

befanden, war keine Rüstung anzubringen ; wir mußten die Arbeit daher, weil die Sprengung so schnell wie möglich geschehen sollte, auf alten, wackligen Kähnen stehend vornehmen und die fest vermauerten Minen aufhauen.

Am 25.

tober wurde die 22 Fuß starke Vermauerung 2

Fuß

breit

und

2

Fuß

der Mine

hoch herausgestemmt.

krochen ich und Unteroffizier Ruſt mit

dem

Ok-

Dann

ganzen Leibe

durch diese Oeffnung in die Pulverkammer, zogen die französischen Zündungen heraus,

legten

hinein und brachten die Pulverkästen Stelle. (Der amtliche Bericht sagt:

neue preußische Zünder wieder

auf ihre alte

Die genannten Unter-

offiziere bewiesen hierbei einen um so größeren Muth,

als

nicht bekannt war, mit welchen Sprengstoffen die Minen geladen waren , ſodaß diese möglicherweise durch das

76

Herausnehmen fonnten.")

der

französischen

Zündungen

explodiren

Darauf wurde die Leitung gestreckt und dann die Minen wieder verdammt.

Da wir beim herausstemmen die

Steine ins Wasser werfen mußten, weil wir, wie gesagt, keine Rüstung hatten, so konnten wir bei der Wiedervermauerung nur die noch vorhandene Verriegelung benüßen ; die nöthigen Mauersteine mußten von den zu unserer Unterſtüßung anwesenden Pionieren aus den nahestehenden Häusern auf der feindlichen Seite geholt und auf kleinen Gondeln herangeschafft werden. Am 25.

nachmittags wurde die erste und am 27. die

zweite Brücke gesprengt. Als die Arbeit glücklich vollendet war, schenkte uns Hauptmann Hummell ein 5-Frankenstück. von

Bei der ganzen

gefährlichen Arbeit war nur

uns, der Pionier Rüffer ,

Unterschenkel verwundet worden. der Arbeit schossen,

aus

den

einer

durch ein Sprengstück am Wir wurden zwar während

naheliegenden Häusern von Rueil be=

weil die Patrouillen unseres 4. Jägerbataillons zu

weit vorgegangen waren, doch konnten uns die Gewehrkugeln nichts schaden, da wir durch die Brücke gedeckt waren. Mont Valérien

mußte zu der Zeit noch nicht

Der

ordentlich

armirt ſein oder die Rekruten der Mobilen konnten die Geschüge noch nicht recht bedienen, sonst hätten wir wol von dort

aus

ein paar Zuckerhüte erhalten,

die Rothhosen bei waren.

womit

doch später

der geringsten Gelegenheit sehr freigebig

Bis zum 8. Januar 1871 machte ich die Belagerung von Paris mit, an welchem Tage mich mein Schicksal ereilte. Ich wurde bei der Arbeit in der Batterie Nr. 1. im Park von St. Cloud schwer verwundet ; ein Granatſtück traf mich dicht unter dem rechten Schulterblatt, und die Kontu-

77

ston des Rückgrats und der linken Seite war so stark, daß ich bis jezt (im Mai geſchrieben)

noch nicht gerade gehen

kann ; den rechten Arm vermag ich nur zur Noth zu be= wegen, sodaß ich

mich mit großer Mühe

etwas schreiben kann ;

auch habe ich

linken Ohr verloren.

Ich

anziehen

und

das Gehör auf dem

wurde zuerst in Versailles von

den Doktoren Stricker und Hauk auf das sorgfältigste behandelt, dann am

5. Februar zurücktransportirt und kam

ins Lazareth zu Hamburg.

Am 20.

entlassen,

da meine

Wunden ziemlich geheilt waren, wurde ich der Ersagkompagnie des Niederschlesischen Pionierbataillons Nr. 5 zugetheilt und

im

Revier ärztlich weiter behandelt.

Als Ende

April die Ersagkompagnie nach Straßburg ging, wurde ich wieder in das Garnisonlazareth zu Glogau aufgenommen, da ich eine mehrtägige Eisenbahnfahrt ſizend

nicht hätte

aushalten können. Deshalb gehöre ich jest zum taillon des 1. Westpreußischen Landwehrregiments.

Von unserer

1.

2. Ba-

mobilen Sappeurkompagnie erhielten,

so lange ich in Dienst war, das Eiserne Kreuz 2. Klaſſe : Hauptmann Hummell , Premierleutnant Groß , Leutnants Trenk und Knauff, Feldwebel Schröder , ich, Sergeant Weiß, Unteroffiziere Paul , Niederschuch , Matthes und Rust, Gefreiter Merkel und Pionier Neumann I.

Vom Oldenburgiſchen Infanterieregiment Nr. 91 bei Ladon, Villeporcher, Le Mans und La Flèche am 24. Novbr. 1870 , 5. , 12. und 24–26. Januar 1871. Unteroffizier und Fourier Fr. Ohlhoff von der 3. Kompagnie

des

Oldenburgischen

Infanterieregiments Nr.

91

(37. Brigade, 10. Armeekorps) erzählt uns die Theilnahme seines Truppentheils an den Kämpfen gegen die französische Loire-Armee folgenderweise : Am Morgen des 24. November brachen wir wohlgemuth aus dem Dorfe St. Maurice , 6-8 Kilometer von Montargis, wo wir tagszuvor in Quartier gelegen , auf. Lustig fühlen Novembermorgen hineinschauend und dann

in den

und wann ein neues oder altes kerniges Soldatenlied, „vom alten Friz" nicht zu vergessen, fingend , waren wir schon ein paar Stunden marschiert, ohne das mindeste von der zur Rettung Frankreichs aus dem Boden gestampften LoireUnsere Offiziere wußten natürlich , wo der Hase im Pfeffer lag, denn die Feldwachen hatten am Armee zu ahnen.

Abend vorher bereits Befehl erhalten , samkeit zu

entwickeln ;

verdoppelte Aufmerk-

aber wir träumten bisjezt nur von

Franctireurs und ähnlichen einzelnen Banden. Plöglich sahen wir vor uns die Dragoner rechts von der Chauffee in eine Vertiefung hineinsprengen, und in demselben Augenblick zwitscherten auch unsere alten Freunde von

79

Meg her in Geſtalt von

Chaſſepotkugeln an uns vorbei.

„ Donnerwetter, jezt geht's los ! zum Teufel mit den Franctireurs ! " waren die Ausrufe der Unsrigen , und mancher mochte sich schon in Gedanken damit beschäftigen , wo wir alle Stricke herbekämen, um jene französischen Patrioten aufzuhängen, wie es meiſt Gebrauch mit den Gefangenen war, die sich nicht als ordentliche Soldaten erwiesen. „Füsilierbataillon 91 zum Gefecht vorgezogen ! " ertönte jezt der Ruf des Brigadekommandeurs , Generals Lehmann , und unsere braven Füsiliere gingen vor, geschlossen auf der Chauffee bleibend , bis ein kleiner Flecken , Ladon , in Sicht kam ; dann nahmen sie Gefechtsstellung und rückten so weiter vor, bis sie sich in lebhaftem Feuer, welches von Minute zu Minute zunahm, befanden.

Das 1. Bataillon , bei dem ich

mich befand, zog sich auf der Chauffee auseinander , die 1 . und 2. Kompagnie links , die 3. und 4. rechts in die Weinfelder hinein.

Der Schüßenzug der 3. Kompagnie unter

Vizefeldwebel Riechelmann erhielt Befehl , als Patrouille in die rechte Flanke soweit als möglich vorzugehen, um eine Umgehung vonseiten des Feindes zu verhüten. In weniger als zehn Minuten waren wir im heftigsten Feuer, aber zum Glück für

uns schienen

es

die Herren

Rothhosen ,

als

solche Reguläre hatten wir sie nun erkannt , mehr auf die Bäume des Waldes als auf uns abgesehen zu haben , denn sie schickten eine furchtbare Kugelsaat , ohne uns zu ſchaden, in den Wald , dessen Lisière uns verbarg. Nachdem unser Schüßenzug

etwa 500

Schritt rechts

ein Gehöft gefunden und sich dahinein gesezt hatte , jedes Loch als Schießscharte, jeden Baum als Schuß und Stüßder Zugführer mich und noch einen Unteroffizier mit 10 Mann als Patrouille in die Ver-

punkt benügend , entsendete

längerung des Schüßenzuges,

also

noch weiter

rechts vor,

80

um demselben die Flanke zu decken.

Ungefähr 400 Schritt

von demselben entfernt, stießen wir auf ein Gehöft , welches verschlossen war ; wir schlugen mit den Kolben an die Thür, worauf ein etwa 17jähriger Bursche zitternd öffnete.

Wir

zogen ein, und, nachdem wir uns durch ein paar Gläser Wein gestärkt hatten , ging es an die Arbeit , es wurden flugs Schießscharten geschlagen und dann wie toll darauf los gefeuert, da wir die Rothhosen nahe genug hatten. „Halt ! was ist das ? " rief plöglich einer der Unsrigen, welcher eine bessere Aussicht hatte, als wir , „ da rücken auf einmal die Franzosen im Bataillon mit Schüßen in den Intervallen zur Attake vor. " "Schnellfeuer! " kommandirte ich, und Schuß auf Schuß krachte in die Feinde, der Kommandeur des feindlichen Bataillons stürzte.

Eine inzwiſchen

angekommene Batterie der Unsrigen schickte ebenfalls Granate auf Granate in die Reihen des Feindes .

In diesem Augen-

blick kam auch noch unser 2. Bataillon mit Hurrah hinter uns

aus dem

Maſſe der

Walde und

Rothhoſen ,

Flucht wandten.

pfefferte unaufhörlich

ſodaß

diese sich

in

die

zur schleunigſten

Wir stürmten mit Hurrah hinterdrein, bis

an die ersten zerstreut liegenden Gehöfte, wo wir uns festsegten.

Unsere ganze Linie war avanzirt.

Im entscheidenden Augenblick des Gefechts kam ein Bataillon des Ostfriesischen Infanterieregiments Nr. 78 (das 78. und 91. Regiment und einige Schwadronen des 1 . Hannoverschen Dragonerregiments Nr. 9. bildeten unsere 37. Brigade unter General Lehmann ) dem Feinde in die linke Flanke, und unser Füsilier- und 1. Bataillon ſtürmten mit Hurrah und „Tambour battant " in den Flecken hinein. Unser braver Kompagniechef, Hauptmann Baron , den Degen in der Rechten hoch über dem Haupte schwingend, der Kompagnie voran, nachdem ihm schon sein Rappe

81

unter dem Leibe erschossen worden war.

Unser 2. Bataillon ,

welches in der Verlängerung der rechten Flanke folgte, hatte einen größeren Weg zurückzulegen

und

kam daher

etwas

später im Orte an . Nach einer halben Stunde war Ladon vom Feinde gesäubert. Wir ruhten aus , nur die 4. Kompagnie und die 78er verfolgten den Feind in den jenseits von Ladon gelegenen Wald auf der Straße von Bellegarde. Wir hatten

etwa

180

Gefangene

aus den Häusern und

auf dem Felde zusammengebracht und transportirten dieselben nach Beaune la Rolande, einem in der Nähe gelege= nen Städtchen und Eisenbahnstation der Linie Paris - Nevers -Lyon. Unsere 38. Brigade hatte während derselben Zeit das Dorf Mézières genommen . treffen

des

10.

Dies war das erste Zusammen-

Armeekorps

unter

General v. Voigts-

Rhez von der Armee des Prinzen Friedrich Karl mit der von den Franzosen mit so großer Zuversicht ausgerüſteten und entsendeten Loire-Armee, ein für dieselbe wenig versprechender Anfang. Eines sonderbaren Gefechts bei Ladon

Zufalls ,

ereignete,

sich während des

welcher

möchte

ich

noch erwähnen :

Ein Sergeant der 4. Kompagnie , Namens Lüschen , hatte in der Brusttasche seines Rockes eine Karte von Frankreich. Er erhielt einen Schuß ins Herz, der auch die Karte durchlöcherte und gerade die Gegend mit dem Ort Ladon spurlos mitfortriß.

Nachdem wir nach der Schlacht

bei Orleans, sowie

den späteren Gefechten bei Beaugency

und Vendôme auf

Blois marschiert waren

und

sorgt hatten, rückten wir Herbault II.

dort den Vorpostendienſt be-

am 5. Januar

nach St. Amand .

Ungefähr

über den Flecken eine halbe Stunde 6

84

und wir die Gangbarkeit der Schloßtheile nur durch häufiges Auf- und Zuschlagen der Kammer erhalten konnten. - Wir hatten in diesem Gefecht einen Verlust von nur 3 Todten und 4 Verwundeten , die Batterie nur einen Verwundeten. Als

wir wieder in unser Quartier ,

wenn ein

alter

durchlöcherter Holzſtall diesen Namen verdient, rückten, fanden wir es von der Regimentsmusik beseßt, welche sich darin breit gemacht hatte, natürlich aber hinausdisputirt wurde, weil wir der Ruhe bedürftiger waren. Auch der Hundeſtall war von seinem rechtmäßigen Befiger wieder eingenommen ; ein Ulan aber, von welchen ein Kommando bei uns lanzierte denselben hinaus

und

Für diesen Vandalismus gegen ſten Nation

wurde

kroch selber in

war,

die Hütte.

einen Hund der ziviliſirte-

der Ulan bitter bestraft ,

denn

wenn

er es auch mit deutscher Dickfelligkeit bis gegen 2 Uhr morgens in der Hütte ausgehalten, so mußte er doch da, und zwar unter fürchterlichen Flüchen gegen gewisse kleine schwarze „Huſaren “ , wieder herauskriechen und sich von den Franzosen in die Flucht geschlagen erklären. Auch uns in unserem Holzſtall wurde es zu kalt, ſodaß wir vorzogen, da das Wetter sich gebessert , draußen zu lagern und uns dazu ein tüchtiges Feuer anzumachen. Brennbare, was zu finden war, wurde

Alles

herbeigeschafft, wo-

durch freilich die Holzvorräthe der Bauern unliebſamen_be= deutenden Schaden erlitten, aber unsere erfrorenen Glieder zwangen uns, zuerst an uns zu denken, zumal im Feindeslande.

Doch waren wir Barbaren wieder

einige in

der

Nähe

so

ſizende alte Frauen ,

eine Kuh oder Ziege am

Stricke hielten

Frost zitterten, an unser Feuer einzuladen.

mitleidig,

welche

und

dabei

jede vor

Ich unterhielt

mich mit denselben, aber sie sprachen sehr wenig, denn ihre Angst vor den Prüfsiens war zu groß.

85

Am anderen Morgen begruben wir unsere Todten mit allen militärischen Ehren, nur die Salven übers Grab fehlten ; Hauptmann v. Finch hielt eine kurze, aber eindrucksvolle Grabrede.

Dann marschierten wir ab über St. Amand

nach Montoire, wo es an demselben Tage wieder ein kleines Scharmügel gab, welches aber für uns weniger von Bedeutung war als für die Artillerie.

Am 7. Januar ging es

wieder nach

St.

Gourgeon

zurück, weil der in Chateau-Renaud stehende Feind sich noch einmal hatte bemerklich machen wollen.

Er war

aber von

der 38. Infanterie- und der schweren Kavallerie-Brigade mit blutigem Schädel heimgeschickt worden. Wir konnten also am anderen Morgen unbelästigt unserer Brigade folgen und den Weg

nach Montoire zum

dritten mal machen ,

passirten dasselbe und blieben darauf in Sougé. Von hier brachen wir am 9. morgens 6 Uhr wieder auf. Links von uns

marschierte die 20. Division , welche über Vendôme und les Roches nach Montoire, ebenfalls unter fort-

währenden Kämpfen, gelangt war und ihren Weg bis Chartre sur Loir verfolgte. sem Tage

eigentlich

Unsere Marschrichtung ging an dieauf Vancay ,

wo

eine dort stehende

Kavalleriedivision gehörig mit dem Feinde scharmüßelt hatte, wie wir später erfuhren ; gegen Mittag vernahmen wir aber plöglich Kanonendonner von La Chartre her

und änderten

deshalb unsere Marschrichtung dorthin , um da zu helfen. Jezt trat ein starkes Schneegeſtöber ein , welches seinen Einfluß auch auf das Gefecht der 20. Diviſion übte , denn bald war alles stumm. Da unser Detachementskommandeur, General Lehmann , jedoch nicht wissen konnte, ob das ſtattgehabte Gefecht zu Gunsten

der Unſrigen

oder ob dieselben der Uebermacht

ausgefallen

war

weichen mußten , so ent=

84

und wir die Gangbarkeit der Schloßtheile nur durch häufiges Auf- und Zuschlagen der Kammer erhalten konnten. — Wir hatten in diesem Gefecht einen Verlust von nur 3 Todten und 4 Verwundeten , die Batterie nur einen Verwundeten. wir wieder in unser Quartier ,

Als

wenn

ein alter

durchlöcherter Holzſtall dieſen Namen verdient, rückten, fanden wir es von der Regimentsmusik besezt, welche sich darin breit gemacht hatte,

natürlich

aber hinausdisputirt wurde,

weil wir der Ruhe bedürftiger waren.

Auch der Hundeſtall

war von seinem rechtmäßigen Besißer wieder eingenommen ; ein Ulan aber, von welchen ein Kommando bei uns war, lanzierte denselben hinaus und

kroch selber in die Hütte.

Für diesen Vandalismus gegen

einen Hund der ziviliſirte-

ften Nation

wurde

der Ulan bitter bestraft ,

denn wenn

er es auch mit deutscher Dickfelligkeit bis gegen 2 Uhr morgens in der Hütte ausgehalten, so mußte er doch da, und zwar unter fürchterlichen Flüchen gegen gewisse kleine schwarze „Huſaren“ , wieder herauskriechen und sich von den Franzosen in die Flucht geschlagen erklären . Auch uns in unserem Holzstall wurde es zu kalt, sodaß wir vorzogen, da das Wetter sich gebessert , draußen zu lagern und uns dazu ein tüchtiges Feuer anzumachen .

Alles

Brennbare, was zu finden war, wurde herbeigeschafft, wodurch freilich die Holzvorräthe der Bauern unliebſamen bedeutenden Schaden erlitten, aber unsere erfrorenen Glieder zwangen uns, zuerst an uns zu denken, zumal im Feindeslande.

Doch waren wir Barbaren wieder

einige in

der

Nähe

sigende

alte

so

Frauen ,

eine Kuh oder Ziege am Stricke hielten und Frost zitterten, an unser Feuer einzuladen.

mitleidig,

welche dabei

jede vor

Ich unterhielt

mich mit denselben, aber sie sprachen sehr wenig, denn ihre Angst vor den Prüſſiens war zu groß.

85 Am anderen Morgen begruben wir unsere Todten mit allen militärischen Ehren, nur die Salven übers Grab fehlten ; Hauptmann v. Finch hielt eine kurze, aber eindrucksvolle Grabrede. Dann marschierten wir ab über St. Amand nach Montoire, wo es an demselben Tage wieder ein kleines Scharmügel gab, welches aber für uns weniger von Bedeutung war als für die Artillerie.

Am 7. Januar ging es

wieder nach

St.

Gourgeon

zurück, weil der in Chateau-Renaud stehende Feind sich noch einmal hatte bemerklich machen wollen.

Er war

aber von

der 38. Infanterie- und der schweren Kavallerie-Brigade mit blutigem Schädel heimgeschickt worden. Wir konnten also am anderen Morgen unbelästigt unserer Brigade folgen und den Weg

nach Montoire zum

dritten mal machen,

passirten dasselbe und blieben darauf in Sougé.

Von hier

brachen wir am 9. morgens 6 Uhr wieder auf.

Links von

uns

marschierte

die

20.

Division ,

welche

über

Ven-

dôme und les Roches nach Montoire, ebenfalls unter_fortwährenden Kämpfen, gelangt war und ihren Weg bis Chartre sur Loir verfolgte. fem Tage eigentlich

Unsere Marschrichtung ging an die auf Vancay ,

wo

eine dort stehende

Kavalleriedivision gehörig mit dem Feinde scharmügelt hatte, wie wir später erfuhren ; gegen Mittag vernahmen wir aber plöglich Kanonendonner von La Chartre her

und änderten

deshalb unsere Marschrichtung dorthin, um da zu helfen. Jezt trat ein starkes Schneegestöber ein, welches seinen Einfluß auch auf das Gefecht der 20. Diviſion übte , denn bald war alles stumm. Da unser Detachementskommandeur, General Lehmann , jedoch nicht wissen konnte, ob das ſtattgehabte Gefecht zu Gunsten

der Unsrigen

ausgefallen

war

oder ob dieselben der Uebermacht weichen mußten , so ent=

86

ſendete er eine Patrouille , um Nachricht einzuholen.

Wir

bogen indeß rechts ab , um auf unseren alten Weg zu kommen, wurden aber bald am Eingange trichterförmig sich zusammenziehender Höhenzüge von Chaſſepotkugeln empfangen. Es entspann sich ein Scharmügel von etwa einer Stunde, wobei mehrere Gehöfte erstürmt wurden. Daun zogen wir uns in aller Stille aus dem Gefecht zurück und warteten , ich weiß nicht zu welchem Zwecke ,

ungefähr

vier Stunden

lang in fußhohem Schnee. Um uns die Zeit auf kriegerische Weise zu vertreiben, wurde von uns unter den Kompagnien eine Schlacht mit Schneebällen veranstaltet ,

wobei natürlich niemand anders

als flüsternd sprechen durfte. Das Hin- und Herbalgen und die vorkommenden frei und unfreiwilligen Purzelbäume und dergleichen waren so lustig und harmlos, wie in unserer Schulzeit , wo wir uns demselben Vergnügen hingaben , welches uns Männer jegt dicht nach und vielleicht kurz vor neuer Todesgefahr zerstreute.

Faustgroße

Schneebälle

flogen

als

Gewehrkugeln hin und her, während unsere Artillerie, welche Bälle

voit

1 bis 1½ Fuß Durchmesser schleuderte ,

Beispiele des "/ wilden Mannes " folgen , nämlich

dem

vor den

Schüzenlinien abproßen mußte, weil die Tragweite der durch die Hände

dargestellten

Geschüge

der

von

Krupp

in

Effen oder in Spandau fabrizirter bei weitem nicht gleichkam.

Die Offiziere sahen unserem tollen Spiele lachend zu,

feuerten

auch wol noch die eine oder andere Partei · durch

Winke an. Natürlich war nur die eine Hälfte von uns in diesem Gefecht engagirt und wechselte dann mit der anderen ab, welche indessen auf dem Lugaus nach dem Feinde ſtand . Als endlich der Befehl an die Gewehre ! Gewehr in die Hand ! " ertönte , war in zwei Minuten alles fertig , ob uns nichts vom

als

ernsten Kriegshandwerk abgelenkt hätte.

87

Wir marschierten unseren alten Weg zurück und langten im Dunkeln in unserem Beſtimmungsorte an, woselbst wir auch die Kavallerie antrafen.

Ich hatte den westlichen Ausgang

des Dorfes mit einer Wache von 12 Mann zu besegen und vertrieb mir die Nacht mit gegenseitigen Mittheilungen mit der Reiterei ,

welche ungefähr

folgendes

erzählte :

„Wir

hielten uns schon seit ein paar Tagen hier in den Gebirgen auf und wurden vorgestern (also am 7. Januar) die Annäherung des Feindes gewahr ;

es waren Kürassiere und

Spahis , diese verschrienen Reiter Afrikas , Franzosen mir selbst einmal erzählten ,

von denen die

daß

sie

in

ihrem

wilden Eifer ebenso gut auf die Franzosen wie auf die Prüffiens feuerten. Unser Kommandeur befahl einer Abtheilung

Ulanen ,

die

feindliche Kavallerie heranzulocken,

während er die Husaren in Reserve stellte und die Dragoner zu Fuß die Hecken vor dem Dorfe besegen ließ, um als Infanterie zu dienen.

Die

zu der Division gehörigen Batte-

rien wurden auf einer das Ganze beherrschenden Höhe mit einer Bedeckung von Küraſſieren aufgestellt ; was an Ulanen und Küraſſieren Reserve.

übrig war ,

kam zu den Husaren

in die

‚ Die Ulanen rückten nun dem Feinde auf den Leib und hörten nicht eher auf ihn zu necken ,

als bis fast alles von

den Franzosen zu ihrer Verfolgung auffaß. Wunsch. Als die Kürassiere und Spahis

Alles ging nach weit genug für

die Karabiner unserer . Dragoner zu wirksamem Feuer heran waren , wurden sie mit einem Hagel von Kugeln begrüßt. Die Feinde stußten , machten kehrt und zogen sich zurück. Jezt aber begann unsere Artillerie ihr verheerendes Werk, Granate auf Granate schlug in die Reihen der französischen Kavallerie , die nun in wilder Flucht von dannen

stürzte,

wobei sie von unserer Reserve und den schnell aufgesessenen

88

Dragonern verfolgt wurde ,

welche

noch

einige Gefangene

machten. Als jezt aber der Feind Infanterie heranzog, mußte unsere Reiterei natürlich vom Kampfe , den sie zu großem Schaden des Feindes eingeleitet , abstehen ―

und

fich

defensiv verhalten. “

Am anderen Tage brachen wir früh auf, ohne jedoch , wie wir vermuthet hatten , auf feindliche Abtheilungen zu Wol aber sahen wir die von ihnen verlassenen stoßen. höchst

günstigen Stellungen und

weshalb sie dieselben so

Auch fanden wir am Wege und höften die , wie erzählt ,

konnten

ohne weiteres

von

den

in

nicht begreifen ,

aufgegeben hatten.

den

entfernteren Ge-

Granaten ,

Karabinern ,

Lanzen und Säbeln hingerafften französischen Reiter , herrliche kräftige Gestalten in den prächtigen Küraſſen und die Spahis in den langen weißen Mänteln.

Mancher braune

Sohn der Sahara Afrikas hatte hier seinen Tod gefunden. Nachmittags langten wir in Villaines-sous -Loucé, einem unmittelbar an das Städtchen Grand -Loucé stoßenden Orte, an und bezogen Maſſenquartiere, das heißt, eine ganze Kompagnie in zwei Häusern. Ein großer Theil der Kavallerie mußte während der Nacht ,

in welcher

es

erst Regen und

dann wieder Schnee gab , draußen biwakiren , da Ställe nicht vorhanden waren . In Grand-Loucé war die 20. Diviſion in Quartier , welche , wie wir nun hier erfuhren , La Chartre ebenfalls siegreich gewesen war. Während dieser Tage hatten wir fortwährend rechts

von uns

heftigen Kanonendonner

gehört.

gab es unmittelbar vor uns noch ein kleines

bei

entfernt Abends

angenehmes

Scharmüzel. Ein Theil des 79. Regiments , welches nicht ganz in Grand-Loucé Quartier genommen , war weiter ge= rückt und hatte auf der Straße einen französischen Bagagezug von etwa 70 Fuhrwerken getroffen, denselben natürlich nebst

89

der Bedeckungsmannschaft aufgehoben.

Die Pferde konnten

des Glatteises wegen die ziemlich steilen Höhen nicht schnell genug hinauf und die Schluchten nicht hinunter. Am anderen Tage rückten

wir durch einen Wald der

großen Straße von Le Mans nach Tours zu , welche wir bei dem Dorfe Mulsanne betraten ; und nun ging es auf Theile unsrer 20. Diviſion waren am Abend

Le Mans los.

vorher schon ins Gefecht gerückt, hatten es aber der Dunkelheit wegen abbrechen und Vorposten beziehen müſſen.

Das

78. Regiment bezog in Mulsanne Quartiere ; unser Regiment blieb dagegen als Bedeckung der Korps -Artillerie und zur 20. Division gehörigen bei derselben im Biwak 112 Fuß hohem Schnee.

Das

der bei

war freilich nichts weniger

als angenehm, aber doch noch auszuhalten.

Schon gewöhnt,

sich in alles zu fügen , weiß der Soldat sich stets

im Felde

die angenehmen Seiten aller üblen Lagen mit besonderem Scharfblick zu suchen ; so auch wir in diesem Falle. Das Dorf Mulsanne wurde freilich mager bei unseren

vielen Durchsuchungen in den Höfen , Kellern, Küchen und Böden , - aber wir mußten wieder einmal zuerst an uns selbst denken , und wenn wir nur volle Kochkessel und Feldflaschen hatten, womöglich noch einen guten Refervetrunk für den nächsten Tag , so kümmerte uns alles übrige für den Augenblick wenig. Wir waren so glücklich , alles , was wir brauchten, Wein und Gemüſe, Waffer, Holz, Stroh u. s. w. genügend heranzuschaffen , Kaffee wurde uns geliefert , also konnten wir die Nacht ganz gut aushalten. Der alte deutſche Soldatenwig

ging auch nicht aus ,

trunken, geraucht von

es

wurde erzählt ,

ge=

glücklich der ,

wer keine Liebes cigarre dazu der weltgeschichtlich gewordenen Sorte hatte !

auch einmal gesungen und schließlich geschlafen. hatte freilich den Schnee unter uns geschmolzen ,

Das Feuer aber

wer

76

Herausnehmen fonnten.")

der

französischen

Zündungen

explodiren

Darauf wurde die Leitung gestreckt und dann die Minen wieder verdammt.

Da wir beim herausstemmen die

Steine ins Wasser werfen mußten, weil wir, wie gesagt, keine Rüstung hatten, so konnten wir bei der Wiederver= mauerung nur die

noch vorhandene Verriegelung benüßen ;

die nöthigen Mauersteine mußten von den zu unserer Unterstüßung anwesenden Pionieren aus den nahestehenden Häuſern auf der feindlichen Seite geholt und auf kleinen Gondeln herangeschafft werden. Am 25. nachmittags wurde die erste und am 27. die zweite Brücke geſprengt. Als die Arbeit glücklich vollendet war, schenkte uns Hauptmann Hummell ein 5-Frankenstück. von

Bei der ganzen uns ,

gefährlichen Arbeit war nur

der Pionier Rüffer ,

Unterschenkel verwundet worden. der Arbeit ſchoſſen,

aus

den

einer

durch ein Sprengstück am Wir wurden zwar während

naheliegenden Häusern von Rueil be-

weil die Patrouillen unſeres 4. Jägerbataillons zu

weit vorgegangen waren, doch konnten uns die Gewehrkugeln nichts schaden, da wir durch die Brücke gedeckt waren. Der Mont Valérien

mußte zu

der Zeit noch nicht ordentlich

armirt sein oder die Rekruten der Mobilen konnten die Geſchüge noch nicht recht bedienen,

sonst hätten wir wol von

dort

aus ein paar Zuckerhüte erhalten, womit doch später die Rothhofen bei der geringsten Gelegenheit sehr freigebig waren. Bis zum 8. Januar 1871 machte ich die Belagerung

von Paris mit, an welchem Tage mich mein Schicksal ereilte. Ich wurde bei der Arbeit in der Batterie Nr. 1. im Park von St. Cloud schwer verwundet ; ein Granatſtück traf mich dicht unter dem rechten Schulterblatt,

und die Kontu-

77

sion des Rückgrats und der linken Seite war so stark, daß ich bis jest (im Mai geschrieben)

noch nicht gerade gehen

kann ; den rechten Arm vermag ich nur zur Noth zu be= wegen, sodaß ich mich mit großer Mühe etwas schreiben kann ;

auch habe ich

linken Ohr verloren.

Ich

wurde

anziehen

das Gehör

und

auf dem

zuerst in Versailles von

den Doktoren Stricker und Hauk auf das ſorgfältigſte be= handelt, dann am 5. Februar zurücktransportirt und kam ins Lazareth zu Hamburg.

Am

Wunden ziemlich geheilt waren,

20.

entlassen,

wurde ich der

da

Erfagkom-

pagnie des Niederschlesischen Pionierbataillons Nr. theilt und im

meine

Revier ärztlich weiter behandelt.

5 zuge= Als Ende

April die Erfagkompagnie nach Straßburg ging, wurde ich wieder in das Garnisonlazareth zu Glogau aufgenommen, da ich eine mehrtägige Eisenbahnfahrt ſizend

nicht hätte

aushalten können. Deshalb gehöre ich jezt zum taillon des 1. Westpreußischen Landwehrregiments. Von

unserer

2. Ba=

1. mobilen Sappeurkompagnie erhielten,

so lange ich in Dienst war,

das Eiserne Kreuz 2. Klasse :

Hauptmann Hummell, Premierleutnant Groß , Leutnants Trenk und Knauff , Feldwebel Schröder , ich, Sergeant Weiß, Unteroffiziere Paul , Niederschuch , Matthes und Rust, Gefreiter Merkel und Pionier Neumann I.

Vom Oldenburgiſchen Infanterieregiment Nr. 91 bei Ladon, Villeporcher, Le Mans und La Flèche am 24. Novbr. 1870 , 5. , 12. und 24–26. Januar 1871. Unteroffizier und Fourier Fr. Ohlhoff von der 3. Kompagnie

des

Oldenburgischen

Infanterieregiments Nr.

91

(37. Brigade, 10. Armeekorps) erzählt uns die Theilnahme seines Truppentheils an den Kämpfen gegen die französische Loire-Armee folgenderweise :

Am Morgen des 24. November brachen wir wohlgemuth aus dem Dorfe St. Maurice , 6-8 Kilometer von Montargis , wo wir tagszuvor in Quartier gelegen , auf. Lustig in den fühlen Novembermorgen hineinschauend und dann und wann ein neues oder altes kerniges Soldatenlied , „vom alten Friz " nicht zu vergessen, singend, waren wir schon ein paar Stunden marschiert, ohne das mindeste von der zur Rettung Frankreichs Armee zu ahnen.

aus

dem Boden

Unsere Offiziere

gestampften

wußten

Loire-

natürlich ,

wo der Hase im Pfeffer lag, denn die Feldwachen hatten am Abend vorher bereits Befehl erhalten , verdoppelte Aufmerksamkeit zu

entwickeln ; aber wir träumten bisjezt nur von Franctireurs und ähnlichen einzelnen Banden. Plöglich sahen wir vor uns die Dragoner rechts von der Chauffee in eine Vertiefung hineinsprengen, und in demselben Augenblick zwitscherten auch unsere alten Freunde von

79

Meg her in

Geſtalt von

Chaſſepotkugeln an uns vorbei.

„Donnerwetter, jezt geht's los ! zum Teufel mit den Franctireurs ! " waren die Ausrufe der Unsrigen , und mancher mochte sich schon in Gedanken damit beschäftigen , wo wir alle Stricke herbekämen, um jene franzöſiſchen Patrioten aufzuhängen, wie es meist Gebrauch mit den Gefangenen war, die sich nicht als ordentliche Soldaten erwiesen. „ Füsilierbataillon 91 zum Gefecht vorgezogen ! " ertönte jezt der Ruf des Brigadekommandeurs , Generals Lehmann , und unsere braven Füsiliere gingen vor, geschlossen auf der Chaussee bleibend , bis ein kleiner Flecken , Ladon , in Sicht kam ; dann nahmen ſie Gefechtsstellung und rückten so weiter vor, bis sie sich in lebhaftem Feuer, welches von Minute zu Das 1. Bataillon, bei dem ich

Minute zunahm, befanden.

mich befand, zog sich auf der Chauſſee auseinander , die 1 . und 2. Kompagnie links, die 3. und 4. rechts in die WeinDer Schüßenzug der 3. Kompagnie unter felder hinein. Vizefeldwebel Riechelmann erhielt Befehl , als Patrouille in die rechte Flanke soweit als möglich vorzugehen, um eine In weniger Umgehung vonſeiten des Feindes zu verhüten . als zehn Minuten waren wir im heftigsten Feuer, aber zum Glück für uns schienen

es

die Herren

Rothhosen ,

als

solche Reguläre hatten wir sie nun erkannt , mehr auf die Bäume des Waldes als auf uns abgesehen zu haben , denn sie schickten eine furchtbare Kugelsaat , ohne uns zu schaden, in den Wald , deſſen Lisière uns verbarg. Nachdem unser Schüßenzug etwa 500 Schritt rechts ein Gehöft gefunden und sich dahinein gesezt hatte , jedes Loch als Schießscharte, jeden Baum als Schuß und Stüßpunkt benügend, entsendete

der Zugführer

mich

und

noch

einen Unteroffizier mit 10 Mann als Patrouille in die Verlängerung des Schüßenzuges,

also

noch weiter rechts vor,

80

um demselben die Flanke zu decken.

Ungefähr 400 Schritt

von demselben entfernt, stießen wir auf ein Gehöft , welches verschlossen war; wir schlugen mit den Kolben an die Thür, Wir worauf ein etwa 17jähriger Bursche zitternd öffnete. zogen ein, und , nachdem wir uns durch ein paar Gläser Wein gestärkt hatten , ging es an die Arbeit, es wur= den flugs Schießscharten geschlagen und dann wie toll darauf los gefeuert, da wir die Rothhosen nahe genug hatten. „Halt! was ist das ? " rief plöglich einer der Unsrigen, welcher eine bessere Aussicht hatte, als wir ,

„ da rücken auf

einmal die Franzosen im Bataillon mit Schüßen in den Intervallen zur Attake vor. " Schnellfeuer! " kommandirte ich, und Schuß auf Schuß krachte in die Feinde, der Kommandeur des feindlichen Bataillons stürzte.

Eine inzwischen

angekommene Batterie der Unsrigen schickte ebenfalls Granate auf Granate in die Reihen des Feindes .. In dieſem Augenblick kam auch noch unser 2. Bataillon mit Hurrah hinter uns

aus dem Walde und

Masse der

Rothhoſen ,

Flucht wandten.

pfefferte unaufhörlich

ſodaß

in

die

diese sich zur schleunigsten

Wir stürmten mit Hurrah hinterdrein, bis

an die erſten zerstreut liegenden Gehöfte, wo wir uns feſt= segten.

Unsere ganze Linie war avanzirt.

Im entscheidenden Augenblick des Gefechts kam ein Ba= taillon des Ostfriesischen Infanterieregiments Nr. 78

(das 78. und 91. Regiment und einige Schwadronen des 1 . Hannoverschen Dragonerregiments Nr. 9. bildeten unsere 37. Brigade unter General Lehmann ) dem Feinde in die linke Flanke, und unser Füſilier- und 1. Bataillon ſtürmten mit Hurrah und "Tambour battant" in den Flecken hinein. Unser braver Kompagniechef, Hauptmann Baron , den Degen in der Rechten hoch über dem Haupte schwingend, der Kompagnie voran, nachdem ihm schon sein Rappe

81

unter dem Leibe erschossen worden war.

Unser 2. Bataillon,

welches in der Verlängerung der rechten Flanke folgte, hatte einen größeren Weg zurückzulegen später im Orte an .

und

kam daher

etwas

Nach einer halben Stunde war Ladon

vom Feinde gesäubert.

Wir ruhten aus , nur die 4. Kom-

pagnie und die 78er verfolgten den Feind in den jenseits von Ladon gelegenen Wald auf der Straße von Bellegarde. Wir hatten etwa

180

Gefangene

aus den Häusern und

auf dem Felde zuſammengebracht und transportirten dieselben nach Beaune la Rolande, einem in der Nähe gelege= nen Städtchen und Eisenbahnstation der Linie Paris - Nevers -Lyon. Unsere 38. Brigade hatte während derselben Zeit das Dorf Mézières genommen . treffen

des

10.

Dies war das erste Zuſammen-

Armeekorps

unter

General v. Voigts-

Rhez von der Armee des Prinzen Friedrich Karl mit der von den Franzosen mit so großer Zuversicht ausgerüſteten und entsendeten Loire-Armee, ein für dieselbe wenig versprechender Anfang. Eines sonderbaren Zufalls , Gefechts bei Ladon

ereignete,

sich während des

welcher

möchte ich

noch

erwähnen :

Ein Sergeant der 4. Kompagnie , Namens Lüschen , hatte in der Brusttasche seines Rockes eine Karte von Frankreich. Er erhielt einen Schuß ins Herz, der auch die Karte durchlöcherte und gerade die Gegend mit dem Ort Ladon ſpurlos mitfortriß. ―

Nachdem wir nach der Schlacht

bei Orleans,

sowie

den späteren Gefechten bei Beaugency und Vendôme auf Blois marschiert waren

und

sorgt hatten, rückten wir

dort den Vorpostendienſt be-

am 5. Januar

Herbault nach St. Amand. II.

Ungefähr

über den Flecken eine halbe Stunde 6

82

vor St. Amand bogen wir links ab, da das Füsilierbataillon dort Quartier bezog. Gourgeon,

in welchem

Wir zogen nach dem Flecken

St.

kleinen Neste zwei Bataillone,

eine

Eskadron der 9. Dragoner und noch eine leichte gische Batterie einquartiert wurden.

oldenbur=

Es begann schon zu

dunkeln, als wir unsere sogenannten „Quartiere“ aufsuchten. Mein Schüßenzug war so glücklich ,

einen hölzernen Stall

mit einer ziemlich großen Hundehütte angewiesen zu erhalten, welche lettere freilich erst hartnäckig von ihrem Insassen vertheidigt wurde.

Aber unsere Ruhe in dem hölzernen El-

dorado währte nicht lange. Schon den

ganzen Nachmittag

hatte sich links von

uns Gewehrfeuer hingezogen , bald stärker , bald schwächer zu hören.

Da dasselbe bis in die Nacht hinein fortdauerte und

jezt in unserer unmittelbaren Nähe war, ließ mentskommandeur anfragen ,

was

da los

unser Regi-

und

ob

Hilfe

nöthig sei. Auf die Antwort, daß Theile der 38. Brigade, 2 Kompagnien des 8. Westfälischen Infanterieregiments Nr. 57, welche die linke Flankendeckung der Division hätten, von

dem

in Chateau - Renaud stehenden,

10,000 Manu

starken Feinde fortwährend beunruhigt würden , sodaß sie nicht im Stande wären die Vorposten auszustellen, eilte unser 1. Bataillon denselben zur Hilfe.

Die Kompagnien

auseinandergezogen, rückten wir gegen das Dorf Villechauve, als wir plöglich vom Dorfe Villeporcher, welches in unserer linken Flanke lag, ein heftiges Feuer bekamen. Wir schwenkten deshalb links und gingen, die Schüßen voran, auf das Dorf los. In diesem Augenblick kam der Führer der leichten Batterie, erst mit nur zwei, dann mit allen sechs Gefchüßen angejagt. Als er bei uns vorbeifuhr, mit den Geſchüßen bis in unsere Tirailleurlinien vorgehend, rief er : Macht mir einmal Play , Kinder, ich will die Rothhosen das Gewehr

83

über nehmen lehren , ihnen mal mein Kaliber zeigen ! " fommandirte

Galopp ",

und

brannten schon die Granaten in

in

den

nächsten

Er

Minuten

das Dorf hinein.

Dieser

Batterieführer, Premierleutnant v . Keutner , ist ein prächtiger Offizier, welcher sich in diesem Kriege in jeder Hinſicht als äußerst muthig und gewandt erwiesen hat. Er ist natürlich auch Ritter des Eisernen Kreuzes.

Die Batterie gehörte

zu unserer Division und war fortwährend bei unserem Regimente, sodaß wir den „ Merikaner" , wie er bei der Artille rie, oder den „ wilden Mann “ , wie

er von

uns

genannt

wurde , weil er die Merikanische Expedition Napoleon's III. mitgemacht hat, sehr oft beobachten konnten . Wir avanzirten gegen das Dorf, während Mann" noch 12-14 Granaten einwarf.

der „ wilde

auf nur 800 Schritt hin-

Dann brachen wir von allen Seiten in das Dorf

hinein, machten einige Gefangene und gingen darauf wieder zurück, als die erwähnten zwei Kompagnien 57er

nun ein-

rückten, welche uns erzählten, daß sie sich während des ganzen Nachmittags mit 2 Bataillonen Franzosen, vierfachen

Zahl, herumgeschlagen hätten.

hatten die übrigen vier Geschüße

und

also der

Während dessen die rechte Flügel-

kompagnie noch ein heftiges Feuer aus dem bei Villechauve gelegenen Gehölz bekommen, welches jedoch sofort verſtummte, als beide ihr Feuer darauf eröffneten, die Batterie auf 150 Schritt mit Granaten.

Es war schade, daß es nicht

heller Tag war, sonst hätten wir

mehr

dem abziehenden Feinde

noch einen tüchtigen Denkzettel mit nach Chateau - Renaud geben können. Während

wir vorgingen, fiel ein

eisig

kalter, feiner

Regen oder vielmehr dicker Nebel, welcher sich auf Kleider, Gesicht und Hände, sowie auf die Gewehre legte, sodaß dieſelben bald mit einer

zölligen Eiskruste überzogen waren 6*

84

und wir die Gangbarkeit der Schloßtheile nur durch häufiges Auf- und Zuschlagen der Kammer erhalten konnten. — Wir hatten in diesem Gefecht einen Verlust von nur 3 Todten und 4 Verwundeten , die Batterie nur einen Verwundeten . Als wir wieder in unser Quartier, wenn ein alter durchlöcherter Holzstall diesen Namen verdient, rückten, fanden wir es von der Regimentsmusik besezt, welche sich darin breit gemacht hatte, natürlich aber hinausdisputirt wurde, weil wir der Ruhe bedürftiger waren. Auch der Hundeſtall war von seinem rechtmäßigen Besiger wieder eingenommen ; ein Ulan aber, von welchen ein Kommando bei uns war, lanzierte denselben hinaus und kroch selber in die Hütte. Für diesen Vandalismus gegen einen Hund der ziviliſirtewurde der Ulan bitter bestraft , denn wenn

ften Nation

er es auch mit deutscher Dickfelligkeit bis gegen 2 Uhr_morgens in der Hütte ausgehalten, so mußte er doch da, und zwar unter fürchterlichen Flüchen gegen gewisse kleine schwarze „Huſaren “, wieder herauskriechen und sich von den Franzosen in die Flucht geschlagen erklären . Auch uns in unserem Holzſtall wurde es zu kalt, sodaß wir vorzogen, da das Wetter sich gebessert , draußen zu lagern und uns dazu ein tüchtiges Feuer anzumachen .

Alles

Brennbare, was zu finden war, wurde herbeigeschafft, wodurch freilich die Holzvorräthe der Bauern unliebſamen bedeutenden Schaden erlitten, aber unsere erfrorenen Glieder zwangen uns, zuerst an uns zu denken, zumal im Feindeslande.

Doch waren wir Barbaren wieder

so

mitleidig,

einige in der Nähe figende alte Frauen , welche jede eine Kuh oder Ziege am Stricke hielten und dabei vor Frost zitterten, an unser Feuer einzuladen.

Ich unterhielt

mich mit denselben, aber sie sprachen sehr wenig, denn ihre Angst vor den Prüfsiens war zu groß.

85 Am anderen Morgen begruben wir unsere Todten mit allen militärischen Ehren, nur die Salven übers Grab fehl= ten ; Hauptmann v. Finch hielt eine kurze, aber eindrucksDann marschierten wir ab über St. Amand es an demselben Tage wieder ein kleines wo nach Montoire,

volle Grabrede.

Scharmügel gab, welches aber für uns weniger von Bedeutung war als für die Artillerie.

Am 7. Januar ging es

wieder nach

St.

Gourgeon

zurück, weil der in Chateau-Renaud stehende Feind sich noch einmal hatte bemerklich machen wollen.

Er war

aber von

der 38. Infanterie- und der schweren Kavallerie-Brigade mit blutigem Schädel heimgeschickt worden. Wir konnten also am anderen Morgen unbelästigt unserer Brigade folgen und den Weg

nach Montoire zum dritten mal machen,

passirten dasselbe und blieben darauf in Sougé. brachen wir am 9. morgens 6 Uhr wieder auf. uns

marschierte

die

20.

Division ,

welche

Von hier Links von über

Ven-

dôme und les Roches nach Montoire, ebenfalls unter fortwährenden Kämpfen, gelangt war und ihren Weg bis Chartre sur Loir verfolgte. sem Tage eigentlich

Unsere Marschrichtung ging an dies auf Vancay ,

wo

eine dort stehende

Kavalleriedivision gehörig mit dem Feinde scharmüßelt hatte, wie wir später erfuhren ; gegen Mittag vernahmen wir aber plöglich Kanonendonner von La Chartre her

und änderten

deshalb unsere Marschrichtung dorthin, um da zu helfen. Jezt trat ein starkes Schneegestöber ein, welches seinen Einfluß auch auf das Gefecht der 20. Diviſion übte , denn bald war alles stumm. Da unser Detachementskommandeur, General Lehmann , jedoch nicht wissen konnte, ob das stattgehabte Gefecht zu Gunsten

der Unſrigen

ausgefallen

oder ob dieselben der Uebermacht weichen mußten ,

so

war ent=

86 sendete er eine Patrouille , um Nachricht einzuholen.

Wir

bogen indeß rechts ab , um auf unseren alten Weg zu fømmen, wurden aber bald am Eingange trichterförmig sich zusammenziehender Höhenzüge von Chaſſepotkugeln empfangen . Es entspann sich ein Scharmügel von etwa einer Stunde, wobei mehrere Gehöfte erstürmt wurden. Daun zogen wir uns

in aller Stille aus dem Gefecht zurück und warteten ,

ich weiß nicht zu welchem Zwecke ,

ungefähr

vier Stunden

lang in fußhohem Schnee. Um uns die Zeit auf kriegerische Weise zu vertreiben, wurde von uns unter den Kompagnien eine Schlacht mit Schneebällen veranstaltet ,

wobei natürlich niemand anders

als flüsternd sprechen durfte. Das Hin- und Herbalgen und die vorkommenden frei und unfreiwilligen Purzelbäume und dergleichen waren so luſtig und harmlos, wie in unserer Schulzeit , wo wir uns demselben Vergnügen hingaben , welches uns Männer jegt dicht nach und vielleicht kurz Todesgefahr zerstreute.

Faustgroße

Schneebälle

vor

neuer

flogen

als

Gewehrkugeln hin und her, während unsere Artillerie, welche Bälle

von

1 bis 12 Fuß Durchmesser

schleuderte ,

dem

folgen , nämlich vor den Schüßenlinien abproßen mußte, weil die Tragweite der durch

Beispiele des „ wilden Mannes "

die

Hände

dargestellten

Geschüße

der

von

Krupp

in

Essen oder in Spandau fabrizirter bei weitem nicht gleichkam. Die Offiziere sahen unserem tollen Spiele lachend zu, feuerten

auch wol noch die eine oder andere Partei durch

Winke an. Natürlich war nur die eine Hälfte von uns in diesem Gefecht engagirt und wechselte dann mit der anderen ab, welche indessen auf dem Lugaus nach dem Feinde ſtand . Als endlich der Befehl „ an die Gewehre ! Gewehr in die Hand ! " ertönte , war in zwei Minuten alles fertig , als ob uns nichts vom

ernsten Kriegshandwerk abgelenkt hätte.

87

Wir marschierten unseren alten Weg zurück und langten im Dunkeln in unserem Bestimmungsorte an, woselbst wir auch die Kavallerie antrafen.

Ich hatte den westlichen Ausgang

des Dorfes mit einer Wache von 12 Mann zu beseßen und vertrieb mir die Nacht mit gegenseitigen Mittheilungen mit der Reiterei ,

welche ungefähr

folgendes

erzählte :

„Wir

hielten uns schon seit ein paar Tagen hier in den Gebirgen auf und wurden vorgestern (also am 7. Januar) die Annäherung des Feindes gewahr ; Spahis ,

es

waren Kürassiere und

diese verschrienen Reiter Afrikas ,

Franzosen mir selbst einmal erzählten ,

daß

von denen die sie

in

ihrem

wilden Eifer ebenso gut auf die Franzosen wie auf die Prüffiens feuerten. Unser Kommandeur befahl einer Abtheilung

Ulanen ,

die

feindliche

Kavallerie heranzulocken,

während er die Husaren in Reserve stellte und die Dragoner zu Fuß die Hecken vor dem Dorfe beseßen ließ, um als Infanterie zu dienen.

Die zu der Division gehörigen Batte-

rien wurden auf einer das Ganze beherrschenden Höhe mit einer Bedeckung von Kürassieren aufgestellt ; was an Ulanen und Küraſſieren Reserve.

übrig war ,

kam zu den Husaren

in die

„ Die Ulanen rückten nun dem Feinde auf den Leib und hörten nicht eher auf ihn zu necken ,

als bis fast alles von

den Franzosen zu ihrer Verfolgung aufsaß. Alles ging nach Wunsch. Als die Kürassiere und Spahis weit genug für die Karabiner unserer . Dragoner zu wirksamem Feuer heran waren ,

wurden sie mit einem Hagel von Kugeln begrüßt.

Die Feinde stuzten ,

machten kehrt und

zogen sich zurück.

Jezt aber begann unsere Artillerie ihr verheerendes Werk, Granate auf Granate schlug in die Reihen der französischen Kavallerie , die nun in wilder Flucht von dannen stürzte, wobei sie von unserer Reserve und den schnell aufgesessenen

88

Dragonern verfolgt wurde , machten.

Als

jezt

welche

noch

aber der Feind

einige Gefangene

Infanterie heranzog,

mußte unsere Reiterei natürlich vom Kampfe ,

den sie zu

großem Schaden des Feindes eingeleitet , abstehen und sich ---defenfio verhalten. " Am anderen Tage brachen wir früh auf, ohne jedoch, wie wir vermuthet hatten , auf feindliche Abtheilungen zu Wol aber sahen wir die von ihnen verlassenen stoßen. höchst günstigen Stellungen und konnten nicht begreifen , weshalb sie dieselben so ohne weiteres aufgegeben hatten. Auch fanden wir am Wege und in den entfernteren Gehöften die , wie erzählt , von

den

Granaten ,

Karabineru ,

Lanzen und Säbeln hingerafften franzöſiſchen Reiter , herrliche kräftige Gestalten in den prächtigen Kürassen und die Spahis in den langen weißen Mänteln. Mancher braune Sohn der Sahara Afrikas hatte hier seinen Tod gefunden. Nachmittags langten wir in Villaines -sous-Loucé, einem unmittelbar an das Städtchen Grand -Loucé stoßenden Orte, an und bezogen Maſſenquartiere, das heißt, eine ganze Kompagnie in zwei Häusern. Ein großer Theil der Kavallerie mußte während der Nacht , in welcher

es

erst Regen und

dann wieder Schnee gab , draußen biwakiren , da Ställe nicht vorhanden waren. In Grand-Loucé war die 20. Division in Quartier , welche , wie wir nun hier erfuhren ,

bei

La Chartre ebenfalls siegreich gewesen war. Während dieser Tage hatten wir fortwährend rechts gab es

von uns

heftigen Kanonendonner

unmittelbar vor uns

Scharmügel.

noch

gehört.

ein kleines

Ein Theil des 79. Regiments ,

entfernt Abends

angenehmes welches nicht

ganz in Grand-Loucé Quartier genommen , war weiter ge= rückt und hatte auf der Straße einen französischen Bagagezug von etwa 70 Fuhrwerken getroffen, denselben natürlich nebſt

89

der Bedeckungsmannschaft aufgehoben.

Die Pferde konnten

des Glatteises wegen die ziemlich steilen Höhen nicht schnell genug hinauf und die Schluchten nicht hinunter. Am anderen Tage rückten

wir durch einen Wald der

großen Straße von Le Mans nach Tours zu , welche wir bei dem Dorfe Mulsanne betraten ; und nun ging es auf Le Mans los.

Theile unsrer 20. Division waren am Abend

vorher schon ins Gefecht gerückt, hatten es aber der Dunkelheit wegen abbrechen und Vorposten beziehen müſſen .

Das

78. Regiment bezog in Mulsanne Quartiere ; unser Regiment blieb dagegen als Bedeckung der Korps - Artillerie und der zur 20. Division gehörigen bei derselben im Biwak — bei 11/2 Fuß hohem Schnee.

Das

war freilich nichts weniger

als angenehm , aber doch noch auszuhalten.

Schon gewöhnt,

sich in alles zu fügen , weiß der Soldat sich stets

im Felde

die angenehmen Seiten aller üblen Lagen mit besonderem Scharfblick zu suchen ; so auch wir in diesem Falle.

Das Dorf Mulsanne wurde freilich mager bei unseren vielen Durchsuchungen in den Höfen , Kellern, Küchen und Böden , - aber wir mußten wieder einmal zuerst an uns ſelbſt denken , und wenn wir nur volle Kochkessel und Feldflaschen hatten, womöglich noch einen guten Reſervetrunk für den nächsten Tag , so kümmerte uns alles übrige für den Augenblick wenig. Wir waren so glücklich , alles , was wir brauchten, Wein und Gemüse, Waſſer, Holz, Stroh u. s. w. genügend heranzuschaffen , Kaffee wurde uns geliefert , also konnten wir die Nacht ganz gut aushalten. Der alte deutsche Soldatenwig ging auch nicht aus , es wurde erzählt , ge= trunken, geraucht glücklich der , wer keine Liebes cigarre dazu von der weltgeschichtlich gewordenen Sorte hatte ! auch einmal gesungen und schließlich geschlafen. Das Feuer hatte freilich den Schnee unter uns geschmolzen ,

aber

wer

90

eine gute Strohhütte hat und einen dicken Mantel, der kann das bischen Schneewasser schon ertragen.

Am

anderen Morgen wurde früh Kaffee gekocht und

dann bald darauf abgerückt , jeder auf seinen Posten.

In

der Nacht hatten Hannoversche Jäger Nr. 10 und ein Theil Braunschweiger einen feindlichen Posten sammt dem Offizier ohne einen Schuß gefangen genommen. Die französische Wache hatte geschlafen und der Offizier mit den übrigen Leuten in einer Farm, theils in Betten, theils im Stroh gelegen. Freilich gemüthlicher als unser Vorpostenſtehen ! Wir hörten bald wieder unsere täglich gewöhnte Muſik der Kanonen , Mitrailleuſen und Gewehre, welcher wir wohlgemuth entgegenrückten, wenn auch mit dem Wunsche : wären wir nur erſt hinan ! Es dauerte nicht lange, so`trafen wir ein Bataillon Braunschweiger im heftigsten Feuer, auch kamen schon hin und wieder einige Chassepotkugeln auf uns zu, ohne aber bisjeßt, außer einem einzigen von uns, etwas zu schaden.

Gegen Mittag kamen die Braunschweiger , in deren Reserve wir bis dahin geblieben, mit Gefangenen bataillonsweise an und transportirten dieselben zu unserem 2 .

Bataillon , welches

in Mulsanne zur Bedeckung schon ge-

sammelter und zur Empfangnahme neuer Gefangenen zurückgeblieben war. Jezt lösten wir die Braunschweiger ab und rückten vor. Bald bekamen wir Feuer, was uns aber nicht vom vordringen abhielt, sondern im Gegentheil mit wahrer Wuth_vorwärts trieb. Unaufhaltsam drängten wir den Feind vor uns her, der jegt auf allen Punkten wich.

Unsere Artillerie,

welche bisjezt nur zuweilen und sehr vereinzelt hatte schießen . können, gab nun fürchterliches Feuer auf die in die Stadt Le Mans flüchtenden Franzosen.

Pontlieue ,

eine Vorſtadt

von Le Mans, welche durch eine Brücke gleichen Namens über

91

den Fluß l'Huisne mit der Hauptstadt verbunden ist , war bald von uns gesäubert und besezt. Was von den Franzosen nicht zeitig genug fliehen gekonnt, wurde niedergeschoffen oder gefangen genommen. Unsere 2. Kompagnie, welche auf der Hauptstraße vorgegangen war, hatte kaum die leßten Häuser vor der Brücke erreicht, als sie ein furchtbares Feuer aus den Häuſern jenseits des Flusses bekam. Gleichzeitig wurde die einige hundert Schritt links von dort über den Fluß führende Eisenbahnbrücke vom Feinde in die Luft gesprengt , um uns von der Verfolgung und dem Eindringen in die Stadt abzuAuch auf der Brücke Pontlieue waren bereits Vor-

halten.

richtungen zum sprengen gemacht und zugleich Barrikaden von gefüllten Haferfäcken erbaut , die dem dahinterliegenden Das mußte sofort anFeinde sichersten Schuß gewährten. ders werden. Der Führer unserer 2.

Kompagnie, Hauptmann

v.

Finch, ließ die Kompagnie schnell eine Sturmkolonne formiren , kommandirte : „ Gewehr zur Attake rechts ! Marschmarsch Hurrah ! " und drauf und dran ging es, unaufhaltsam über den Pontlieue , die Barrikade hinauf und darüber hinweg, die Franzosen wie Spreu vor dem Sturmwind vor sich hintreibend . Ein Häuflein vom 4. Weſtfälischen Infanterieregiment Nr. 17 folgte ihnen auf dem Fuße, dann unsere 4. Kompagnie, darauf die 3. , welche sich weiter rechts gezogen hatte und nun ,

durch den Fluß aufgehalten , ge-

zwungen war , einen Umweg unter fortwährendem Flankenfeuer zu machen. die Brücke.

Dann überschritt auch die 1. Kompagnie

Hauptmann v. Finch nahm selbst das Gewehr eines Gefallenen und erschoß auf 500 Schritt drei feindliche Marinesoldaten, welche aus der Hauptstraße her fortwährend auf

92

uns feuerten.

Dann dirigirte er seine Kompagnie nach dem

Bahnhofe zu, wo mehrere Kompagnien mit einsteigen

in

einen Zug beschäftigt waren, und ließ in den dichten Haufen der Feinde hineinfeuern, bekam jedoch auch Feuer von dort zurück.

Deshalb befahl Hauptmann v. Finckh den Sturm

auf den Bahnhof und ließ ein mörderisches Feuer auf den sich langsam in Bewegung seßenden Zug eröffnen ,

neben

welchem viele Franzosen einhersprangen , um noch in die Wagen zu gelangen und zu fliehen. Unsere anderen drei Kompagnien des 1. Bataillons suchten währenddessen den dem Bahnhofe zunächst gelegenen Theil der Stadt ab und machten bei geringem Verlust viele Gefangene. Unsere auf den Höhen vor der Stadt postirte Artillerie feuerte auf den leßten abfahrenden Zug Franzosen (mehreren war es vorher gelungen abzufahren ) und beschädigte die Lokomotive dermaßen, daß der Zug zum halten gezwungen war. Jezt sprangen die Inſaſſen eiligst hinaus und_ver= suchten die Flucht zu Fuß den Bahndamm entlang. Ein solch wildes Jagen ist nicht zu beschreiben ! - Die zweiten Kompagnien richteten ein verheerendes Feuer auf die Fliehenden, welches noch manches Opfer traf. Währenddessen war unser Füsilierbataillon bis auf den Marktplay in Le Mans vorgedrungen und erhielt hier aus allen Häusern Feuer. wilde Mann" , PremierAls der leutnant v. Keutner , Führer der leichten Oldenburgischen Batterie, davon Kunde erhielt, jagte er mit seiner Batterie herbei, propte mitten auf dem Marktplage ab und brannte nach allen Richtungen

Granaten

und Kartätschen in die

Häuser und Straßen hinein, worauf die Herren Ziviliſten, die sich hier wieder am Kampfe betheiligten, wie die Marinefoldaten und Mobilgarden ihr Feuer schleunigst einſtellten,

93

um die Flucht zu ergreifen , wobei sie aber dann größtentheils unseren hraven Füßilieren in die Hände fielen. Unsere 2. Kompagnie

hatte während

dieser Zeit den

Feind außer der Stadt verfolgt und war vor dem

Pont

Napoléon auf einen Bagagezug von etwa 500 Fuhrwerken, sämmtlich beladen, gestoßen , hatte die Bedeckungsmannſchaft nebst Offizieren zu Gefangenen gemacht und eine Wache bei dem Bagagezug ausgestellt, da jezt von dem andern SartheUfer aus allen Häusern geschossen wurde.

Als die vorderen

Fuhrwerke weiterzufahren versuchten , schoß unsere Wache die Pferde derselben nieder , sodaß das Ganze zum halten ge= zwungen war.

Der Pont Napoléon , welchen die Franzosen

noch vertheidigten, wurde indeß mit Hilfe der herbeieilenden 3. Kompagnie genommen . Nun wurden die unversehrt ge= bliebenen Bagagepferde abgespannt und bracht.

in Sicherheit ge=

Der Straßenkampf wogte auf der andern

Seite

der

Stadt, wo Theile unseres 3. Armeekorps eingedrungen waren, noch immer fort, bis es zu dunkeln begann. Dann bezogen wir Alarmquartiere am Bahnhofe , während unser Füsilierbataillon und das 78. Regiment, auch andere Theile des 10. ArmeeWir blieben die korps, sich mitten in die Stadt legten. Nacht über ungestört.

Der Verlust unserer beiden Bataillone

belief sich , wie sich am anderen Morgen herausstellte , auf nahezu 250 Mann. Unter mehreren anderen hatte sich der Einjährig-Freiwillige Teerkorn der 3. Kompagnie dadurch ausgezeichnet, daß er im Kugelregen ungefähr 500 Schritt vorging, um sich zu überzeugen , ob der Pontlieue gesprengt sei oder nicht. Am nächsten Tage hatten wir Ruhe und bezogen andere Quartiere. Die erbeutete Bagage wurde geborgen und der= gleichen .

Bei dieser Gelegenheit fand

der Sergeant und

94 Capitain d'armes der schweren

Oldenburgischen

Batterie,

Johann Mönnich , die Kriegskaffe des Feindes, welche noch nahezu 30,000 Franken enthielt. Er lieferte dieselbe natürlich ab und erhielt eine ansehnliche Dotation. Die Erstürmung von Le Mans hatte uns außer den 600 beladenen Bagagefuhrwerken noch 200 Eisenbahnwagen mit 6 Lokomotiven eingebracht und war auch dadurch ein bedeutender Sieg, daß Le Mans ein äußerst wichtiger Knotenpunkt der Eisenbahnen nach Paris , und Caën ist.

Angers ,

Nach der Schlacht bei Le Mans

Tours , Laval

und der Einnahme

der Stadt wie des Lagers von Conlie marschierten wir eine Strecke von etwa 80 Kilometer an der Fronte des Feindes entlang, der sich nach Laval und Angers

gewendet hatte.

Beim Städtchen Loué trennte sich unsere 3. Kompagnie von den übrigen , da wir Befehl erhielten , mit der Kavalleriebrigade unter General v. Schmidt nach La Flèche zu marschieren .

Wir marschierten am 22. Januar nach Noyen-ſur-

Sarthe , einem reizend am Fluffe gelegenen Städtchen , die rothen, Ziethenschen Husaren noch weiter bis Malicorne als Vorposten.

Am folgenden Tage hatten wir Ruhe daselbst

und verschiedentlich Gelegenheit, uns über die Stimmung der Einwohner zu unterrichten.

Dieselbe war im allgemeinen

ſehr friedlich, nur wollte niemand sich überreden laffen, daß Paris nahe vor der Kapitulation stehe . Am 24. rückten wir nach La Flèche , die Kavallerie wiederum uns voraus , da sie schneller halbem Wege noch Rendezvous machten.

ritt und wir auf Als wir auf den

Kamm der Höhe ankamen , .da , wo sie sich bei St. Ger= main-du-Val ziemlich steil nach La Flèche hinabneigt, sahen Das Magdeburger wir die Kavallerie schon im Gefecht.

95

Dragonerregiment Nr. 6 hatte schon Quartier in La Flèche gemacht und eine Abtheilung rother, Ziethenscher Husaren war nach dem etwa 14 Kilometer entfernten Bazouges-surLoir geritten ,

um

daselbst Vorposten auszustellen.

Dort

hatte es sich komischerweise getroffen , daß unsere Husaren. auf dem einen Ende Quartier machten , während feindliche Jäger zu Pferde auf dem anderen Ende dasselbe zu thun anfingen. Die zur Deckung der Fouriere vorgerittene Patrouille fand eine zu eben dem Zwecke abgesandte Chasseurpatrouille in der Mitte des Dorfes zurück.

und

trieb

die Feinde

Die französischen Fouriere, 1 Korporal und 1 Trom-

peter, welche nicht rasch genug zu Pferde waren , wurden gefangen genommen, die feindliche Bedeckung floh . Bald kamen dieselben aber mit Infanterie und einem paar Schwadronen Chasseurs zurück und vertrieben unsere Husaren, nachdem sich dieselben eine Zeit lang mit dem Karabiner gegen die Uebermacht vertheidigt hatten.

Raſch

zogen sich unsere Huſaren in die Stadt zurück und vertheidigten dieselbe mit den Dragonern , die theilweise mit Chaſſepots bewaffnet waren, so lange, bis die feindliche Infanterie zu überlegen

und

ungestüm

vordrang.

Da nahmen die

Unsrigen den französischen Maire mit und zogen sich lang= sam zurück. Einer Deputation der Stadt, welche ihres Maires halber gleich nachkam, wurde mit einem Bombardement der Stadt gedroht

(wir

hatten zwei

Geschüße

einer

reitenden Batterie bei uns) , wenn die Franzosen nicht ab= zögen. Natürlich wünschte man Schonung der Stadt und veranlaßte deshalb den Abzug des Feindes. dann von Sefondeleutnant

Großkopf

Derselbe wurde mit

einem Zuge

unserer Kompagnie noch bis zum Ausgange von Bazouges verfolgt und spät abends noch 6 Kilometer weiter zurückgedrängt.

96

Wir bezogen nun Quartiere in der Stadt, sowie auch die Artillerie und ein Theil der Reiterei , welche die nöthigen Vedetten ausstellte.

Wir blieben die Nacht über un-

behelligt. Am andern Morgen wurden die Quartiere erweitert. Wir lagen mit Verpflegung und hatten es sehr gut. Nachmittags kam von der südlich gegen Baugé

gelegenen

Kavallerie-Feldwache die Meldung , daß sich der Feind wiederum bis auf 3 Kilometer der Stadt genähert habe.

Wir

wurden alarmirt und legten am Ausgange der Stadt Gepäck und Helme ab.

Der Ausgang an der Brücke über den

Loir wurde gehörig besest ;

diejenigen ,

welche nicht hier

poſtirt oder am Morgen auf Feldwache in Bazouges gezo= gen waren, rückten, von der Reiterei unterstüßt , aus , etwa 120 Mann Infanterie.

Die Dragoner an der Spize, dann

wir, ſchließlich die beiden Geſchüße, so zogen wir getroſt auf der Chaussee nach Baugé dem wer weiß wie starken Feinde entgegen. Kaum 2 Kilometer von der Stadt hörten wir bereits vorn feuern, sogar einige Kugeln verirrten sich schon bis zu uns. Die Dragoner beschäftigten den Feind in der Fronte auf der Chaussee, und die Infanterie theilte sich jest in zwei einer unter Leutnant Großkopf links , der

Züge , deren

andere unter Leutnant Elsner rechts vorging.

Auf Befehl

unseres Kompagniechefs , Hauptmanns Baron , wurde kein Schuß gethan, Flanken waren,

bis

wir dem Feinde

dort gaben wir

feuer und stürmten dann

nahe genug in den

einige Augenblicke Schnell-

mit dem Bajonnet darauf los.

So wurden vier Schanzen genommen.

Die Dragoner avan-

zirten mit uns auf gleicher Höhe und machten vortrefflichen Gebrauch von ihren Chassepots gegen die Feinde. Wir stürmten vor bis an die ersten Häuser von dem zwischen La Flèche und Baugé gelegenen Dorfe Clefs , hin-

97

ter welchem das bisher sehr koupirte Terrain, was uns günftig

war , einer

freien

Ebene

wich,

welche

wir

unserer

Schwäche wegen nicht betreten durften , um den übermächtigen

Feind in Ungewißheit über unsere geringe Anzahl zu

erhalten.

Unsere Aufgabe war ja auch erfüllt , wir hatten

die Franzosen bis auf eine Stunde von der Stadt zurückgedrängt, also genug Terrain für unsere Vorposten gewonnen. Wir hatten mit etwa 500 Mann Mobilgarden gekämpft, welche größtentheils nur mit Vorderladern bewaffnet waren. 1 Offizier und 7 Mann waren vom Feinde geblieben , 1

Offizier

und

40

verwundete

wundeten Gefangenen waren

nebst

19

in unsere Hände

unver-

gerathen .

Als die ersten Gefangenen ankamen , wurden dieselben dazu verwendet, die Barrikaden soweit wegzuräumen , daß unsere Artillerie durchkommen konnte , welche dem Feinde noch ein Dugend Granaten nachsandte. Wohlgemuth singend zogen wir nun wieder nach La

Flèche hinein , wo die Einwohner uns mit banger Erwartung entgegensahen , zum größten Theil wünschend , wir möchten siegen, da sie sonst ein Bombardement der Stadt vonſeiten der Franzosen fürchteten.

Wir hatten ihnen näm-

lich erklärt, daß wir die Stadt nicht eher verlaſſen würden, als bis sie mindestens zur Hälfte brenne ; das war denn doch ihrem Patriotismus zuviel zugemuthet , sodaß sie lieber in den Händen der Prüffiens als von den eigenen LandsAbends meldeten noch leuten bombardirt sein wollten. Dragonerpatrouillen , daß zurückgewichen wäre.

der Feind bis

nahe vor Baugé

Wir ruhten indessen auf unseren Lorbern in La Flèche aus.

Nachmittags wurde eine Partie Billard gespielt, nach-

her eine Partie Schach mit meinem Quartierwirth, und dabei eine Flasche Wein nach der andern vorgeholt , wenn sich 7 II.

98

auch abends ein Kater und

anderen

Morgen

ein Kagen-

jammer einstellte.

So führten wir hier ein ganz vergnügliches Leben, wozu auch die gewöhnten täglichen kleinen Ge-

fechte gehörten . Am anderen Tage, den 26. Januar, gab es um 2 Uhr Alarm. Wieder waren die Mobilgarden in Baugé neugie rig geworden , um so mehr, da sie sich diesmal in einer Stärke von etwa 1500 Mann sehen lassen konnten . Einer solchen Anzahl waren wir nicht im Angriff gewachsen . Es gelang uns beim vorrücken ,

eine Chasseurpatrouille

abzu-

schneiden und gefangen zu nehmen , dann aber begnügten wir uns damit, in dem koupirten Terrain, über welches wir geſtern vorgestürmt waren , Stellung zu nehmen und den Als die Franzosen uns Angriff des Feindes zu erwarten. wir unser Feuer, , eröffneten nahe genug heraugekommen welches von unseren gut poſtirten beiden Geschüßen tüchtig Die Feinde stußten und wichen zurück, unterstüßt wurde. von unseren Dragonern bis durch das Dorf Clefs verfolgt. Dann war alles ruhig. Bei uns war nur ein Pferd verwundet, aber wir hatten 3 Gefangene gemacht. Am anderen Tage war dieselbe Geschichte wieder da , nur mit dem Unterschiede, daß der Feind schon abrückte, als er uns bloß sah. Bazouges Aufsehen.

Dagegen machten unsere Vorposten

in

Unsere Husarenpatrouillen ritten bis

auf hundert Schritt heran und neckten den Feind , der sich verschanzt und in den Lücken der Schanzen Kanonen und Mitrailleusen aufgefahren hatte.

Dann kamen

Chasseurs

zu Pferde hervorgebrochen und verfolgten unsere Huſaren bis nahe an die Vorpostenkette.

Unsere Vorposten gaben Feuer ,

dadurch wurde die Feldwache alarmirt und rückte dem Feinde entgegen, fand denselben aber gewöhnlich schon zurückgesprengt und außer dem Bereich ihrer Waffe.

Unsere Husaren gin-

99 gen nun mit der Infanterie vor , um noch einen oder den anderen vom Feinde abzuschneiden ; kamen sie den Schanzen zu nahe, so sauſte eine Mitrailleusenladung wirkungslos über ihre Köpfe weg , und damit war für

den Augenblick das

Spiel zu Ende, um sich in der nächsten Stunde zu wiederholen. haben.

Unsere Vorposten wollten doch auch ihr Vergnügen

Wir hatten den Feind von vier Punkten zu erwarten, nämlich von Baugé , Jarzé , Durtal am Loir und Sablé an der Sarthe, legteres ist ungefähr der Mittelpunkt der Bahnlinie Le Mans -Angers und mit La Flèche durch eine direkte große Chauffee in Verbindung. Die Lage der Kompagnie wurde infolge alles

deſſen für die Dauer

eine durchaus

unangenehme, zumal die Leute jede zweite Nacht auf Wache mußten und

der Rest täglich alarmirt

wurde

und

auf

den Beinen war , um den Mobilgarden in Baugé zu zeigen, daß sie „ der Uebermacht“ gegenüberſtänden , was dieselben gewiß als Grund ihres Nichtvorgehens gemeldet haben. Dazu kam noch, daß unser Schuhzeug`in einen jämmerlichen Zustand gerieth, während die sämmtliche Bagage der Handwerker im Kompagniekarren bei der Regimentsbagage in Le Mans lag , also nichts ausgebessert werden konnte. Diese Uebelſtände veranlaßten unseren Kompagniechef , um Ablösung zu bitten , als welche am 29. denn auch die 10. Kompagnie eintraf. Tagsvorher hatten wir auf telegraphischem Wege die Nachricht erhalten, daß Paris kapitulirt habe. Unser Jubel war natürlich groß.

Ich hatte nichts eiligeres zu thun, als

dieselbe meinem Nachbar

Apotheker ,

einem eingefleischten

Preußenhaffer , zu hinterbringen. Derselbe spielte natürlich lächelnd den ungläubigen Thomas . Als aber am anderen Tage die Jungen in der Stadt ein Extrablatt ausriefen mit *7 *

100

den Worten ,,la capitulation de Paris" oder „,la prise de Paris par les Prussiens" und ich mir eins für zwei Sous kaufte, um es ihm des Scherzes halber hinüberzutragen, da machte er gute Miene zum bösen Spiele, behauptete aber doch: ,,Les prussiens n'ont point de gloire dans cette guerre, la France est vendue et trahie."

Diesen Glauben , „daß

Preußen keinen Ruhm in diesem Kriege habe ,

weil Frank-

reich verkauft und verrathen ſei “, hätte ihm doch keine Macht der Erde nehmen können.

Deshalb machte ich keinen ver-

geblichen Versuch, ihn eines vernünftigeren zu überzeugen , sondern eilte nach Hause, um abzurücken, wozu es Zeit war. Am frohesten über den Wechsel der Dinge waren die 36 französischen Bauern ,

welche mit ebenso vielen Wagen

nebst Pferden an den vorgehenden Tagen von unserer Reiterei eingebracht worden waren , um im Fall eines nächtlichen Ueberfalls für unsere Infanterie zum schnelleren Transport zu dienen. Dieselben kehrten schleunigst leichten Herzens zu den Ihrigen zurück. ― Die uns ablösende 10 . Kompagnie folgte uns schon am anderen Tage wieder , da wir von Le Mans , wo unser Regiment sich sammelte, nach Tours marschieren mußten , um dort während des Waffenstillstands Kantonnementsquartiere zu beziehen. Wir haben noch nachzuholen , die Erlebnisse unseres Oldenburgischen Infanterieregiments Nr. 91 in dem vor dieser Erzählung liegenden Theile des Feldzuges mitzutheilen, und werden dies an späterer Stelle dieses Buches nicht verfäumen. Berichtigung: Folgende, wiederholt in dieser Erzählung vorkommenden Ortsnamen sind zu schreiben: Lucé (statt Loucé), Vancé (statt Vancay), Chateau - Renault (statt Renauld), Maizières (statt Mézières), Gourgon (statt Gourgeon).

Vom 2. Westfälischen Infanterieregiment Nr. 15 bei Montmédy und Vorges

am 29. November 1870 und 26. Januar 1871. Reserveunteroffizier Wilhelm Goldbeck ( aus Sandhagen, Kreis Bielefeld), als Landwehrmann, nachdem er schon 1864 und 1866 mitgemacht , zur 3. Kompagnie des 2. Westfälischen Infanterieregiments ( „ Prinz Friedrich der Niederlande " , 26. Brigade 7. Armeekorps) eingezogen, erzählt uns folgende zwei kleine Erlebniſſe : Am 24. November erhielt unser seit der Kapitulation in Mez garnisonirendes Bataillon (die Theilnahme unſeres Regiments an der Zernirung der Festung ist schon im I. Bande Seite 88 erzählt)

den Befehl ,

anderen Morgens

um 7 Uhr nach der belgischen Grenze zur Zernirung kleinen Festung Montmédy abzurücken.

der

In drei Tagemär-

schen langten wir in Marville an, von wo am 28. morgens 7 Uhr die 2. und 3. Kompagnie sofort auf Vorposten zogen. Unsere 3. Kompagnie quartierte sich in dem Dorfe Veslosne (dicht an der belgiſchen Grenze) ein, nachdem eine Feldwache von 1 Offizier, Leutnant v. Haehling , zwei Unteroffizieren, Balke und ich, und 30 Mann noch eine halbe Stunde weiter gegen Montmédy vorgeschoben worden war.

Unsere

Vorposten standen etwa 2000 Schritt vor der Stadt Montmédy , die Feldwache 300 Schritt zurück auf einem Waldwege. Während Unteroffizier Balke den Dienst des Ab=

102

lösens und Kontrollirens der fünf Doppelposten übernahm, bekam ich am rechten Flügel unserer Aufstellung ,

an

der

Chaussee, welche in etwa 10 Minuten Entfernung parallel mit der belgischen Grenze läuft , einen 6 Mann Stärke.

Eraminirtrupp von

Die eigentliche Festung Montmédy liegt hoch über der Stadt, einer Raubritterburg gleich, auf hohen, steilen Felſen. Wir hatten den rechten Flügel der Zernirungstruppen, links von uns unſere 2. Kompagnie, dann folgten Theile des 71 . und 41. Regiments (3. Thüringisches vom 4., und 5. Oftpreußisches vom 1. Armeekorps) und andere.

Dicht vor der

Vorpostenlinie schoß der Hügel, auf dem wir uns befanden, jäh hinab, und dort zu unseren Füßen lag ein Dorf (Villécloye). Gegen Abend erhielt ich Befehl, eine Patrouille mit vier Mann in das Dorf zu machen, um Stroh zum Nacht' lager zu requiriren. Im Dorfe angekommen , entnahm ich aus der ersten besten Scheune den Bedarf an Stroh, soviel wir auf unseren Bajonnetten tragen konnten , es an den Ausgang des Dorfes.

und schaffte

Da es sehr kalt war und

Schnee lag , dachte ich , wir müßten die Gelegenheit nicht vorübergehen laſſen, unseren Magen ein bischen zu erwärmen, und ging deshalb mit meinen Leuten in die Auberge (Wirthshaus).

Als ich 5 Kognak forderte , antwortete der Wirth:

,,Comprends pas ", verstand mich aber sehr gut, als ich nun sagte tout de suite ! (ſofort !) und mit dem Kolben drohte, mich deutsch verständlich zu machen. Nun schenkte er ein und wir tranken aus . Mittlerweile hatte sich die ganze Wirthsstube mit Einwohnern gefüllt ,

welche uns

keineswegs freundlich

ansahen ; wir zogen uns deshalb rückwärts gehend , mit ge= fälltem Bajonnet zurück, um ihre etwaige Lust, uns anzugreifen, im voraus zu unterdrücken.

Wir erreichten mit un-

serem Stroh glücklich die Feldwache wieder.

Die Nacht

103 war kalt , sodaß uns das Stroh wohlthat , verlief übrigens völlig ruhig. Am Morgen des 29. November sahen wir feindliche Infanteriemassen sich aus der Festung ins Thal bewegen. Währenddessen war Unteroffizier Balke mit einer Patrouille wieder nach dem Dorfe gegangen . Als derselbe bei den erſten Häusern desselben anlangte, fing die Kirchglocke an zu läuten, sämmtliche Einwohner liefen auf die Straße, und von der Festung her sprengten etwa 20 feindliche Reiter von der anderen Seite bereits ins Dorf. Auf mehrfaches heftiges Signalpfeifen unseres Leutnants zog sich Balke den Berg wieder hinauf zurück, er der legte von seinen Leuten, welche in Eile den Berg hinanliefen , da jezt plöglich Schüsse aus dem Dorfe auf die Patrouille fielen. Balke , bis auf einige hundert Schritt zurückbleibend , sprang von Abhang zu Ab = hang, gab häufig Schüffe ab und gelangte glücklich, nur mit Verlust seiner Müße, die ihm vom Kopfe geschossen worden, oben an. Hinter der ersten guten Deckung blieb er liegen und richtete mit seinen Leuten ein lebhaftes Feuer auf das Dorf.

die

Mittlerweile griff uns von der rechten Flanke her auch feindliche Infanterie an. Unsere ganze Feldwache

schwärmte gegen dieselbe aus , und unsere Schüſſe ſtreckten manchen Rothhofen nieder , während wir , hinter hohen Steinen liegend, keine Verluste erlitten. Nach halbstündigem Gewehrfeuer wurde das feindliche schwächer, plöglich aber schlugen aus der Festung vier unsere Shrapnels in Schüßenlinie ein, infolgedessen wir uns an die Lisière des mehr Schuß bietenden Waldes zurückzogen. Unter dem Schuße der Granaten, von denen ein Splitter mir einen Fezen aus der Hoſe riß, ohne mich selbst zu beschädigen, zog sich der Feind in die Festung zurück. Das Gefecht war

104

beendet, für uns glücklich und ohne Verluste. Der jeßt an = tommende Rest unserer Kompagnie kam zu spät . Leutnant v. Haehling Eiserne Kreuz 2. Klasse. -

erhielt für dies Gefecht das Leider konnten wir der später

erfolgten Kapitulation Montmédys nicht beiwohnen, da wir noch an demselben Tage durch 39 er (Niederrheinische Füſiliere), welche von Diedenhofen kamen, abgelöst wurden, um einem anderen Auftrage nachzukommen. Nach

einem

14tägigen

Ruhequartier

in

Troyes-ſur-

Seine erhielten wir Befehl, gegen Süden vorzurücken, marschierten nach Montbard, von dort nach Auxerre und bezogen eine

Stunde jenseits Vorposten

nische Truppen.

gegen

Garibaldia-

Unsere Husaren brachten in der Nacht

fünf Wagen mit feindlichen , für Franctireurs beſtimmten Ausrüstungsgegenständen als Beute ein. wir infolge anderen Befehls Chatillon zurück und

von

wieder

Tagsdarauf rückten

ab,

marschierten nach

da in gerader Richtung nach

Süden, stets den Franctireurs

auf den Fersen.

Fouriere

wurden nicht mehr vorgeschickt, da die betreffenden Ortschaften meist erst bei unserer Annäherung vom Feinde verlassen * wurden. So nahmen wir zum Beispiel in Bracy-le- chateau einen

Garibaldi'schen

Offizier nebst 20

Mann

gefangen,

welcher dort für 4000 Mann Quartier machen wollte, als wir einrückten und ihm höflichst Quartier bei uns gaben. Wir gelangten bis Selongey nahe vor Dijon , be. kamen hier wiederum andere Ordre, wurden vom 2. Armeekorps, mit dem wir bisjest marschiert, abgelöst und wandten uns nun direkt gen Weften, um die Vereinigung Bourbaki's mit Garibaldi zu verhindern.

Auf dem Marſche nach Süden

war ich zum Fahnenträger ernannt worden. Von Selongey ab kamen wir am 5. Tage durch Dampierre, stets in Gefechtsformation marschierend

und

den Feind

vor uns her-

105

treibend.

Jenseits

dieses

Ortes

paſſirten wir einen Wald ,

welcher voll von Verschanzungen und Verhauen war, kamen gegen Abend in

und

ein Dorf (der Name ist mir ent-

fallen), welches vom Feinde beſezt war, jedoch bei Annäherung unserer Ulanenspige (vom 5. Reserve-Ulanenregiment, welches uns auf diesem

Zuge begleitete) verlassen wurde .

Nur zwei von Lanzenstichen durchbohrte Rothhosen blieben darin liegen. Ein Proviantzug fiel in unsere Hände. Abends 11 Uhr am 23. Januar langten wir in

Abans-deſſus hohen,

mit

an

und bezogen sofort Feldwache auf einem

Schnee bedeckten Berge.

Die nächtlichen Patrouillen waren gefährlich, der Glätte und des Terrains wegen halsbrechend. Am 25. abends erhielt unser Ba=

taillon Befehl, am nächsten Morgen in der Richtung auf Besançon vorzugehen. ― Da das Gefecht am 26. Januar der Berge und des Gehölzes halber ein durchaus zerstreutes war , befahl unser Major , könne, wenn ich wolle,

die Fahne zurückzulassen ; ich

mit

einem Gewehr freiwillig mitwas ich natürlich auch that. Unsere 3. Kompagnie hatte besonders den Befehl, auf den Rücken des Berges vorgehen,

zugehen und so zugleich Verbindung mit den rechts von uns vorgehenden Bataillonen der 14. Diviſion zu halten. ich keinen bestimmten Plag in der Kompagnie hatte,

Da ging

ich mit der aus drei Mann bestehenden Spige vor. Es war noch Dämmerlicht , doch sahen wir im Schnee deutlich die frischen Spuren der sich vor uns zurückziehenden feindlichen Patrouillen. äußersten Vorsicht.

Unser Vorgehen bedurfte daher der

Schließlich waren wir so nahe heran,

daß wir die Franzosen sorglos parliren hören konnten, und ein weiteres Vorrücken für uns paar Mann nicht rathsam war ; des Dickichts wegen konnten wir aber noch nichts vom Feinde sehen.

Deshalb erklomm ich mit kurzem Entſchluß

106 einen in der Nähe stehenden Eichbaum und konnte nun den feindlichen Doppelposten 800 Schritt vor mir, sich gemüthlich laut über die Prüffiens unterhaltend , sehen . Ich rief meinen

Kameraden hinunter :

„ Reicht

mir

ein

Gewehr

herauf, ich werde den Rothhofen einen Morgengruß_senden, “ aber unser Kompagnieführer, Premierleutnant Beckhaus I, der inzwischen herangekommen,

verbot es mir zu meinem

Aerger auf das entſchiedenſte, weil die Kompagnie noch nicht nahe genug heran sei. Ich stieg nun wieder vom Baume hinunter und schlich mich mit dem Gefreiten Bredu im Dickicht weiter vor, bis wir

den

feindlichen

Doppelpoſten

genau

sehen

konnten .

Dann nahm jeder seinen Mann aufs Korn, unsere beiden Schüsse krachten und die beiden Rothhosen lagen getroffen am Boden. Natürlich war nun die feindliche Feldwache sofort auf den Beinen

und hätte

uns

leicht wegschnappen

können, wenn wir nicht in diesem Augenblick Verstärkung erhalten hätten.

Mein Freund Unteroffizier Balke , welcher

den Vortrupp führte, Laufschritt heran.

kam

auf unsere

Schüsse sofort im

Nun ergriff die feindliche Feldwache die

Flucht, so mancher kam aber nicht weit, da unsere Kugeln ihnen wohlgezielt nachsauften und jezt auch ein auf dem Bergrücken

ausgeschwärmter

Zug

fliehenden Franzosen Feuer gab. Gros unserer Kompagnie heran.

der

Unsrigen

auf

die

Inzwischen kam auch das

Das eigentliche Gefecht bei Vorges schildern Sie vielleicht lieber nach den Mittheilungen eines anderen Truppentheils, welches intereſſanteren Antheil daran genommen als wir.

Ich erwähne deshalb nur noch, daß unser Bataillons-

kommandeur, Major v. Hoffmüller , 1. Klasse,

mein Kompagnieführer,

das

Eiserne Kreuz

Premierleutnant Beck-

haus I, und u. a. ich 2. Klaſſe für dieſen Tag erhielt.

Vom

1.

Westfälischen Infanterieregiment Nr. 13

bei Busy am 25. Januar 1871. Unteroffizier Raab von der 5. Kompagnie des 1. Weſt= fälischen Infanterieregiments Nr. 13 ( 25. Brigade, 7. Armeekorps) erzählt uns folgendes : Am 23. Januar abends, nachdem das Gefecht bei Byans (unser Bataillon stand in Reserve der Avantgarde) beendet, famen wir nebst den übrigen Truppentheilen der Avantgarde General v. d. Often - Sacken nach Quingey und Chouzelot (Dep. Doubs , Arr. Besançon) in Quartier , in legterem unsere 1. und 4. Kompagnie und das 2. Bataillon. unter

Zwei Züge von der

5. und

6. Kompagnie mußten sofort

Feldwachen gegen Besançon beziehen. Nachdem unsere Kompagnie in sechs Häusern

unter=

gebracht war , und auch unsere Offiziere Quartier genommen, ging ich mit meinen Fourierschüßen und dem Feldwebel der Kompagnie in ein allem Anschein nach unbewohntes Haus, fand aber in demselben ein Ehepaar, von dem der Mann den ganzen Tag angetrunken war ,

wahrscheinlich nur um

die Schmach der grande nation , von den Prüfsiens besiegt zu sein, zu vergessen, während sich die Frau meist bei ihrer Tochter aufhielt, deren Mann sich als Mobilgardist in den Die Leute gaben übrigens Reihen unserer Feinde befand.

108 bereitwillig her, was sie hatten ,

Brot ,

Käse , Wein ,

und,

was wir schon lange entbehrt hatten , sogar Butter erschien auf unserem Tiſche, ſodaß wir gut , wie seit lange nicht, bewirthet waren . Wohlgesättigt legten wir uns zu Bette ", wie wir zufrieden erweise unsere Streu auf der Erde nannten. Auch der folgende Tag verlief noch ruhig

und

angenehm.

Mittags tafelten wir seit langer Zeit zum ersten male in Ruhe und gut : Hühner, Braten und Kartoffeln, dazu reichlich trefflichen Wein. von anderen Zügen

Unterdeffen wurden unsere Feldwachen derselben Kompagnien

abgelöst, ohne vom Feinde belästigt worden zu sein. Auch einige Patrouillen, welche in der Stärke von Kompagnien über unsere Vorpoſtenstellung hinausgeschickt worden , kehrten ohne beunruhigende Nachrichten zurück. Dagegen fing der

25.

Januar bereits

unruhig

an.

Alle Augenblicke hieß es, wir würden alarmirt , doch erwies es sich bis gegen Mittag 12 Uhr als blinder Lärm. Dann aber wurden wir wirklich alarmirt , um der 10. Kompagnie des Hannoverschen Füßilierregiments Nr. 73 zur Hilfe zu eilen. Dieselbe, unter Hauptmann v. Bülow , war nämlich vormittags zum rekognoßiren gegen Besançon vorgegangen, ſollte sich aber in kein Gefecht einlassen ; sie war in dem Wäldchen la Trille gegen 10 Uhr plöglich von vier feindlichen Bataillonen angegriffen worden und hatte sich fechtend langsam zurückgezogen. Jezt nahmen wir Aufstellung gegen den Feind : auf einem etwa 300 Schritt links von der Chaussee fich parallel hinziehenden , mit Buschwerk bedeckten Höhenzuge ein halber Zug der 5. Kompagnie unter Leutnant Blanke ;

ein an-

derer Halbzug derselben Kompagnie unter Feldwebel Dönnebrink auf einem ähnlichen Höhenzuge 700 Schritt rechts von der Chauffee.

Auf einem dritten, oft von Schluchten

109 durchbrochenen Höhenzuge, nahe an der Chauffee, nahm ich ebenfalls mit einem Halbzuge Stellung ; vor mir eine Schlucht und dann eine etwa 20 Fuß die meinige überragende Anhöhe. unsere 8.

Hinter mir in einer Schlucht nach rechts zu ſtand Kompagnie unter Premierleutnant Rüdgiſch ;

andere Punkte waren gleichfalls besezt von 7er Jägern unter Leutnant John , anderen Truppentheilen unter Hauptmann Habelmann , der 6. und 7. Kompagnie als Reserve u. s. w. Unser Bataillonskommandeur war Hauptmann v. Hornhardt. Als ich eben meine Stellung genommen , die Mannschaften zweckmäßig und soviel als möglich durch Buſchwerk und Felsstücke dem Feinde verborgen vertheilt hatte, rekog= noßirte der Bataillonsadjutant, Leutnant v. Zimmermann, die Aufstellung und gab mir Instruktion im Falle eines Gleich darauf langte der Rest der 10. Kom-

Zurückgehens .

pagnie 73er in der Schlucht vor mir an und machte dort halt. Indessen blieb von feindlicher Seite noch immer alles ruhig, sodaß Hauptmann v. Bülow die Meldung zurückschickte, er glaubte, der Feind wäre, statt angreifen zu wollen , im Abmarsche. Darauf fragte mich Hauptmann v. Bülow von den 73ern : „ Unteroffizier wollen Sie mit Ihren Leuten mich unterſtügen, so wollen wir den vorliegenden Bergrücken und ein dahinter liegendes Haus wieder besezen ; wenn Sie aber nicht wollen, so gehe ich mit meinen Leuten allein wiederum vor."

Ich antwortete : „Herr Hauptmann, ein 13er verläßt

seine Kameraden nicht" , stieg sofort mit meinem Halbzuge den Abhang hinunter und schloß mich den 73ern freiwillig zum vorgehen an. Jezt befahl Hauptmann v. Bülow seinen Füsilieren, das Seitengewehr als Bajonnet aufzupflanzen, und dann ging es mit Hurrah den Berg hinauf.

Un-

gefähr halbwegs ging uns die Kraft aus, ſodaß wir uns zu

110

Boden legen mußten, um etwas auszuruhen. Gleich darauf bekamen wir von rechts Flankenfeuer, von den Unsrigen, denen unser vorgehen unbekannt war , für Franzosen gehalten, doch hörte dasselbe, ohne uns geschadet zu haben, sofort auf, als wir zum Zeichen eine Pickelhaube auf einem Gewehr in die Höhe hielten. Unterdessen hatten wir wieder Kräfte gesammelt und rückten von neuem auf die Spige des Berges los ; doch noch nicht viel weiter gekommen, bekamen wir von dort Feuer, ein wohlgezielter Schuß ſtreckte einen 73er Füßilier zu Boden. Zugleich sahen wir jest starke aufgelöste Schwärme von Franzosen auf uns anrücken , ſodaß wir, nur ungefähr 35 Mann stark, denn die übrigen waren in ihrer Stellung geblieben, auf Befehl des Hauptmanns v. Bülow zurückgehen mußten. In meiner vorherigen Stellung angekommen, beseßte ich dieselbe wieder wie anfangs. Hauptmann v. Bülow wollte allein zurückgehen , um Meldung abzustatten , doch kam der Brave leider nicht weit, denn ein Schuß durch die Brust machte seinem Leben ein Ende.

Gleich darauf wurde meine

Stellung vom Feinde angegriffen ; den Signalschuß , traf und einen

ich gab meinen Leuten

der auf nur etwa 50 Schritt gleich gut Franzosen niederstreckte , und weitere sehr

wirksame Schüsse empfingen die Franzosen derart, daß ſie, nur bis auf 30 Schritt herangekommen , wieder zurückwichen. Einem zweiten Angriff mußte ich aber weichen , da der Feind, welcher jezt auf allen Punkten zahlreich vordrang, auf der Chauffee und in meiner rechten Flanke schon über meine Stellung hinaus war, mich mit meiner geringen Zahl Leute also abschneiden konnte. Als Führer des Halbzuges verließ ich natürlich als legter unsere Position . Ich hatte den Tod eines Kameraden, Unteroffiziers Wiedau ( 2 Schuß durch den Kopf), zu beklagen und mußte dem Feinde den

111

am Fuße verwundeten Musketier Steinbicker als Gefanges nen zurücklaffen, während wir einen anderen Verwundeten , Musketier Kersting , mit zurücknahmen . Dem schnellen Vorgehen des Feindes sollte jedoch ein noch schnelleres Zurückgehen folgen.

Sobald ich mit meinen.

übrigen Leuten die nächste Schlucht im Rücken hatte, machten wir wieder Fronte gegen die Franzosen, welche jezt auch von rechts und links und von unseren beiden FlankendetaZu gleicher chirungen ein wirksames Schnellfeuer bekamen. Zeit machte unsere aus der Reserve

herbeigeeilte

7. Kom-

pagnie, unterſtügt von den in den Intervallen mit vorSo wurde der gehenden Schüßen , eine Bajonnetattake. Feind auf allen Punkten zurückgeworfen.

Doch wir sollten

denselben nicht verfolgen , sondern erhielten Befehl uns zu sammeln. Unser Verlust war bei der 5. todt,

13 verwundet ;

der 7.

Kompagnie:

1. Mann

bei der 8 .: 8 Manu verwundet ;

Hauptmann v. Meyer verwundet ,

bei

Leutnant Weck

durch einen Schuß durch die Seite schwer verwundet, Unteroffizier Reichstein todt, etliche Mann verwundet, sämmtlich bei der Bajonnetattake. Wir rückten nach dem Sammeln in unsere alten Quartiere wieder ein und ließen uns ein von unserem Kapitän d'armes bereit gehaltenes Mittageſſen auch noch als Abendbrot sehr gut schmecken. Am 26. Januar wurde das Gefecht wieder aufgenom= men.

Unser 2. Bataillon und das Weſtfälische Jägerbataillon

Nr. 7 gingen vor, zur einen Hälfte unter unserem Hauptmann v. Hornhardt , zur anderen

unter dem

Jägerhauptmann

Cramer. Die Franzosen wurden aus einer Stellung in die andere getrieben und bis unter den Schuß der Kanonen ihrer Feldbatterien , welche Aufstellung genommen hatten,

112

zurückgeworfen. Das beim Gefecht vom 25. erwähnte Haus wurde von unserer 6. Kompagnie mit Sturm genommen und

dabei

einige

Gefangene

40

gemacht.

Ausführlicher

werden über diesen Tag Westfälische Jäger Nr. 7 in folgender Erzählung berichten. Der

erzählende

Unteroffizier

Raab

(Gustav

Eduard, aus Münſter gebürtig) machte schon gegen

Desterreich

mit.

1869 ließ er sich zu seinem

1866

beim 1.

Albert

den Feldzug

Garderegiment zu Fuß jeßigen Regiment nach

Hamm (wo seine Eltern wohnen) versezen . fecht bei Busy erhielt er das Eiserne Kreuz

Für das GeKlaſſe.

2.

Dasselbe erhielten von der 5. Kompagnie für dies Gefecht ebenfalls : Feldwebel Dönnebrink , Gefreite Winkels und Nägeler, sowie Musketier Pelster. Ferner zeichnete sich Feldwebel Uebbing

von

der

6.

Kompagnie am 26. Januar aus. Im heftigsten Schüßengefecht blieb er stets der ruhige , besonnene und kaltblütige Führer seines Zuges.

Als es zum Sturm gegen das erwähnte, vom

Feinde stark beseßte Haus ging, war er der zweite,

welcher

in dasselbe eindrang ; darauf zählte er

Klein-

im heftigen

gewehrfeuer, unbekümmert wie beim Appell, Hause herausgeholten Gefangenen, ließ

die

dieselben

aus

dem

ſich auf-

ſtellen und sie alsdann durch einige Mannschaften zurücktransportiren, während er selber mit seinem Zuge weiter dem Feinde entgegenging.

Schon in den Kämpfen vor Meß,

wo er zweimal verwundet wurde, hatte er sich durch seine hervorragende Tapferkeit das Eiserne Kreuz dient.

2.

Klasse

ver-

C

Vom Westfälischen Jägerbataillon No.

im

7

Gefecht bei Quingey 20. im Januar 1871.

Oberjäger Johannes Wand ( aus Weißenborn, Provinz Sachsen), Gefreiter Bernhard Perseke (aus Oberglogau in Oberschlesien) von der 1. Kompagnie und Reservist W. Niepe (Dekonom in Hücker, Kreis Herford, Westfalen) erzählten uns die Erlebnisse ihres Bataillons im Januar 1871 , welche wir wie folgt zusammenfassen : Im Januar bildeten wir die Spige des 7. Armeekorps, welches mit dem 2. zusammen unter dem Oberbefehl des Generals v. Manteuffel nach dem Süden rückte, um mit dem 14. Armeekorps v. Werder vereinigt gegen die Bourbaki'sche Armee zu operiren. Unterwegs hatten wir es wiederholt mit Franctireursbanden und Abtheilungen

der Gari-

baldi'schen Armee , sowie mit widerſtandleiſtenden

Städten .

zu thun. Dabei wurde unser Vormarsch sehr beeilt, obgleich der tiefe Schnee im Jura unsere Märsche über die Berge nicht wenig erschwerte.

Auch unser Vorpostendienst war ein

sehr anstrengender und fortwährender , trogdem erinnere ich mich solchen Vorpostenstehens mit vielem Vergnügen. Ein gehöriger Tagemarsch war vollendet , statt der er= sehnten Ruhe wurde aber unser Zug auf Feldwache kommandirt, und so zogen wir denn wohlgemuth auf unseren Posten. 8

114

Der reine weiße Schnee lag wie ein Teppich auf der Erde, sodaß man sich fast scheute , hineinzutreten , dabei so tief, daß er über unsere langen Stiefeln wegging ; dazu ging der Nordwind ebenso kalt hier im südlicheren Frankreich, wie bei uns im nördlichen Deutschland.

Unser Posten wurde eine

gute Strecke vom Weg ab ausgestellt , und dorthin bahnten wir , Kamerad Towesten und ich (Riepe) , uns denn so gut es ging unseren Weg durch den Schnee.

An der be=

stimmten Stelle angelangt, schoben wir uns mit den Füßen einen Kreisgang im Schnee zurecht , derart wie ein Rundel im Garten, dann wurde tüchtigen Schritts ringsherum marſchiert, um uns in der ſtrengen Kälte die Füße warm zu erhalten.

Der sternenklare Himmel und die Sichel des Neu-

monds warfen auf die blendende Schneefläche weithin ein genügendes Licht , sodaß wir trog unserer Beschäftigung die gewissenhafteste Aufmerksamkeit auf alles , was um uns vorging, ausüben konnten.

Der nächste Doppelposten hatte sich

noch einen Kreuzweg durch das Schneerundel gelegt , ſodaß sein Rund- und Kreuz- und Quermarschieren mehr einem munteren Kinderspiel im Schnee Postenstehen vor dem Feinde.

glich

als

dem

ernsten

Auf der Hauptstraße, nicht allzufern von unserem Posten, herrschte die ganze Nacht ein reges Leben , Reiterpatrouillen und Ordonnanzen kamen und jagten dahin ; auch die Meldung von einem in Versailles geschlossenen Waffenstillstand wurde gebracht, doch mußten wir leider erfahren, daß wir auf dem südöstlichen Kriegsschauplaß davon ausgeschlossen waren. Eine Menge von Geschüßen, Mitrailleusen und Wagen wurden diefelbe Straße vorübergeſchafft, welche die 14. Diviſion in den lezten Tagen abgenommen hatte.

der flüchtigen Bourbaki'schen Armee

So verging die Nachtwache mit einiger

Unterhaltung, und man dachte weniger an die strenge Kälte,

115

als wenn man so gar nichts um sich hört und sieht. Der Morgenwind wehte nicht weniger kalt , als wir von unserer Feldwache abgelöst wurden. Auf dem Marsche am 23. Januar (erzählt jezt Oberjäger Wand ) stieß die Avantgarde der 13. Division unter Generalmajor v. d. Often - Sacken , bestehend aus dem 73. Infanterieregiment und unserem Jägerbataillon , bei Parley gegen Mittag auf den Feind , welcher geschlagen wurde und sich über Quingey hinaus zurückzog . Unser Jägerbataillon , welches die Spize der Avantgarde hatte, erhielt Befehl, in Quingey Quartier zu beziehen. Wir traten unseren Marsch dorhin sofort an. Auf den Anhöhen vor dem Städtchen angekommen , erhielten wir aus der östlichen Lisière desselben sowie

aus

dem

öftlich davon liegenden,

Dorfe Chouzelot Feuer von feindlichen Tirailleurs, was unseren Einmarsch zunächst verhinderte, uns also durchaus nicht behagte.

Unser Bataillonsführer ließ deshalb einige der besten Schüßen der 1. und 3. Kompagnie vorziehen und befahl, vorzugehen und den Feind zu beschießen. Ich befand mich auch mit drei Mann als Patrouille unter den dazu Kommandirten. Wir nehmen die sich uns zunächst bietende Stellung und eröffnete

unser Feuer auf etwa 1000 Schritt.

Da bekanntlich auf solche Entfernung auf einzelne Leute zu schießen nur von geringem Erfolg sein kann, so gingen wir gegen die linke Flanke des Feindes bis auf etwa 300 Schritt vor. Indessen auch von hier konnten wir den gut gedeckten Franzosen noch nicht beikommen , sodaß dieselben ihre Stellung behaupteten. Ich ließ deshalb mit aufgepflanztem Hirschfänger auf die linke Flanke des Feindes losgehen ; dies geschah in Gemeinschaft mit dem Oberjäger Rübenstahl von der 3. Kompagnie, welcher ebenfalls mit seiner Patrouille so weit vorgerückt war.

Wir , im ganzen nun 8*

8 Mann,

116

stürmten im Laufschritt auf die linke Flanke der Franzosen los und erreichten glücklich ohne Verlust die Lisière der Stadt.

Vier Franzosen , die in ihrer Stellung verharrien,

nahmen wir gefangen , die übrigen retteten sich durch die Flucht nach dem Dorfe Chouzelot. Wir besezten nun die östliche Lisière von Quingey und gaben Schnellfeuer gegen die uns in Chouzelst gegenüberstehenden französischen Schüßen auf etwa 600 Schritt.

Nach

Verlauf von etwa 10 Minuten in dieser Stellung hatten sich noch Oberjäger Ersfeld von der 1. Kompagnie mit einer Patrouille sowie 12-14 Mann vom 73. Infanterieregiment hier eingefunden , die mit uns den Feind weiter beschossen.

Ich machte nun den Vorschlag, das Dorf anzu-

greifen , und da alle damit einverstanden waren , so trafen wir drei Oberjäger die nöthigen Vorbereitungen zur Attake. Darauf

ging

es

mit

aufgepflanztem

Hirschfänger

donnerudem Hurrah auf das Dorf los.

unter

Der Feind hielt

uns nicht stand, sondern verließ seine Stellung und zog sich südöstlich durch das Dorf nach einer unmittelbar dahinter liegenden Anhöhe zurück.

Auch hier vertrieben wir ihn auf

dieselbe Weise und eröffneten dann von den Höhen ein wirksames Feuer auf die abziehenden Franzosen, wodurch sie sich zu überstürzender Eile veranlaßt fanden , obgleich sie mehr als dreimal so zahlreich als wir waren. Etwa 15 Mann verblieben als Gefangene in unseren Händen.

Mit 2 Mann

verfolgte ich darauf den Feind noch etwa 20 Minuten weit, um über seine Stärke und seinen Verbleib näheres zu erfahren.

Da die Dämmerung indeß eintrat , so begab ich

mich zur Abtheilung zurück. Während dieser Zeit war ein Bataillon des 73. Regiments in Chouzelot eingerückt , um dort Quartier zu beziehen , und

ein Leutnant war damit

beschäftigt, seine Feldwache gerade in der von uns vorher

117

eingenommenen Position aufzustellen.

Wir fehrten nun zu

unſerem Bataillon nach Quingey zurück und meldeten den glücklichen Verlauf unseres kleinen Gefechts . Am 26. Januar gegen 5 Uhr morgens

(erzählt nun

der Gefreite Perseke weiter) sprengte eine Harenordonnanz an , wie es schien , mit einer wichtigen Meldung an den Brigadegeneral v. d. Often - Sacken.

Auf eine Alarmirung

waren wir auf alle Fälle vorbereitet , es dauerte denn auch keine halbe Stunde , so standen unsere Truppen schon an dem nordwestlichen Ausgange der Stadt gefechtsbereit, an der Tête unser Jägerbataillon , dahinter das 73. Regiment ; die Artillerie unter Hauptmann Schreiber hatte links die Höhe besezt, nachdem einige Infanterie vorgeschoben war, um das daselbst vorliegende Gehölz zu besehen. Es hieß, die Franzesen wären in beträchtlicher Stärke im Anmarsch. Nachdem die Gefechtsgruppen abgetheilt waren , rückte unsere Kompagnie als Avantgarde auf der Chaussee vor. Im vorgehen begegneten wir einigen Verwundeten und einem Zug Infanterie.

Dieselben waren tagszuvor im

Gefecht

gewesen und hatten die Nacht im Freien biwakirt ; es war der Rest einer Kompagnie , 56 Mann ohne Offizier. Ich hörte die Frage an die Leute richten , wo ihr Hauptmann sei , und die Antwort : Hauptmann Bülow ist todt. Ich kannte den Hauptmann , unter den Offizieren eine beliebte Persönlichkeit ; noch am Tage vor unserem Einrücken in Quingey bemerkte er beim Rendezvous , auf unsere weißen, mit Eiszapfen behangenen Bärte zeigend , scherzenderweise : „Wenn das alles Zucker wäre, so könnten wir daran lecken und brauchten den Kaffee nicht immer bitter zu trinken ", wir stimmten ihm lachend bei. Die Nachricht von seinem so schnellen Tode wurde allgemein schmerzlich aufgenommen. Wir rückten noch ein paar tausend Schritt auf der

118

Chauffee vor und

machten dann vor einer Biegung der Straße an einer kleinen Anhöhe halt ; eine Patrouille wurde zunächst weiter vorgeschickt. Wir stellten indeß die Büchsen zusammen und suchten uns durch schnelles Auf- und Abgehen zu erwärmen, denn der Morgen war ziemlich kalt. Ich fror wie ein Schneider , sodaß ich mir von einem Kameraden eine Drillichhose lieh und dieselbe schnell noch über die meinige zog. Uns sollte aber bald wärmer werden , denn jezt brachte eine Patrouille die Meldung , daß

eine feind-

liche Kavalleriepatrouille von 8 Mann , gefolgt von Infanteriekolonnen , im Anmarsch wäre. Gleich darauf hörten wir auch schon

einzelne Schüsse.

Der 1. Zug schwärmte

nun aus und beſeßte rechts die Höhe, dann folgte der 2. und 3. Zug links in die Verlängerung des ersten ; der 4. Zug poſtirte sich links von der Chauffee hinter einer 11, Fuß hohen Steinmauer. Die anderen Kompagnien nahmen rechts von uns Stellung, hinter uns die Kolonnen des 73. Regiments als Soutien. Alles ging so regelrecht vor sich wie bei einem friedlichen Manöver. Das Schießen hatte , immer näher kommend , merklich zugenommen. Der 3. Zug , bei dem ich mich befand , war auf einer mit niedrigem Geſtrüpp bewachsenen Anhöhe ausgeschwärmt; wir konnten indeß noch nichts besonderes vom Feinde sehen, obgleich schon hin und wieder ein Schuß von unſerer Seite fiel.

Plöglich eröffnete der 4. Zug Schnell-

feuer , und nun gewahrte ich endlich auch einige Rothhosen, welche quer über die Chaussee liefen, sodaß ich auf 350 Schritt Entfernung Gebrauch von

meiner Büchse

machen

konnte.

Einige hundert Schritt weiter hin sah man ganz deutlich eine feindliche Kolonne sich auf uns zu bewegen.

Dieselbe

rückte , obgleich von allen Seiten durch das heftigste Feuer bedroht, in solcher Ruhe und Ordnung vor, daß sie mir alle

119

Achtung einflößte. Schüsse

Während

unsererseits ein paar ruhige

abgegeben wurden , nahm auch das Pfeifen der

Chassepotkugeln um uns in unserer ungedeckten Stellung zu . Plöglich gab unser Zugführer, Leutnant v. Alvensleben , das Kommando zum aufpflanzen des Hirschfängers .

Dieser Offizier , um fast zwei Köpfe größer als ich , brachte meine Gefechtsgruppe, als er sich uns näherte, um uns zum ruhigen und sicheren Schießen zu animiren und uns die verschiedenen

Distanzen anzumerken , in einige Gefahr , denn jezt ſauſten die Chassepotkugeln zwischen dem Strauchwerk so maſſenhaft an uns vorüber , als hätte die große Figur denselben Zielpunkt gegeben. Leutnant v. Alvensleben hielt es endlich doch für zweckmäßig, sich etwas kleiner zu machen ; mit den Worten : „ Donnerwetter, hier muß man sich auch ein wenig decken ," duckte er sich an meiner Seite einen Augenblick nieder, um im nächsten bereits den Befehl zum Sturmangriff zu geben.

Ich muß an dieser Stelle auch eines meiner Kameraden Namens Holthaus besonders erwähnen , welcher sich unter allen gewiß wackern Jägern auszeichnete. Holthaus hatte den Feldzug von Anfang an bereits mitgemacht und iſt von allen seinen Kameraden geliebt und geachtet, namentlich seines biederen Benehmens im Umgange wegen.

Tapfer wie immer,

zeigte er an diesem Tage während des Gefechts ein so stürmisches Vorgehen , daß ich ihn besonders beobachtete. Im heftigsten Feuer ließ er es sich nicht nehmen , stets einige 20 Schritt der Tirailleurlinie voraus zu sein, uns zurufend, winkend und ermunternd.

Als ich ihn verweisend zurückrief,

entgegnete er fast gereizt , es wäre doch an uns , das vorliegende Haus zu stürmen , soeben hätten sich die Franzosen in dasselbe zurückgezogen . In diesem Augenblick erfolgte auch ,

wie gesagt ,

von

120

unserem Leutnant das Kommando zum Sturm:

Wir stellten

unser Feuer ein und stürmten mit aufgepflanztem Hirschfänger und mit Hurrah den Abhang hinunter, unſere Offiziere, ein leuchtendes Beispiel, voran. Die feindlichen Geschoffe fausten uns massenhaft entgegen. Wie wir rannten, stürzten , wieder aufsprangen und weiter stürmten , davon kann sich nur der einen rechten Begriff machen, der einmal einem französischen Chassepot- und Mitrailleufenfeuer gegenüberstand . Dennoch famen wir mit wenigen Ausnahmen glücklich hindurch ; mein Freund Holthaus erreichte zuerst das Haus , ich folgte ihm auf dem Fuße. Gleichzeitig war auch der 4. Zug der 1. Kompagnie von der andern Seite in das Gebäude eingedrungen.

Das Haus wurde erstürmt und darin ein fran-

zösischer Offizier nebst etwa 70 Mann zu Gefangenen ge= macht. Nachdem die Gefangenen abgeführt waren, suchten wir uns Deckung und gönnten uns einige Minuten Erholung. Das Gefecht wurde bald darauf abgebrochen , Feind auf schleunigstem Rückzuge befand.

da sich der

Als später das

erstürmte Haus noch einmal durchsucht wurde, wurden noch zwei Rothhosen, welche sich im Schweinestall verkrochen hatten, ans Tageslicht befördert und den übrigen Gefangenen nachgesandt.

Das Haus war übrigens noch bewohnt.

Während unsere 1. Kompagnie den Feind

in seiner

Hauptstellung auf einem Bergrücken mit kegelförmiger Anhöhe in der Mitte angriff, erhielten wir den Befehl , dem Feinde bei seinem Rückzuge unten einen gehörigen Empfang zu bereiten. (So erzählt W. Riepe von der 4. Kompagnie eine andere Episode des Gefechts . ) Der Feind wich jedoch nach einer anderen Seite zurück. Bei seiner Verfolgung gelangten. wir an ein Dorf und trafen darin eine vollständige feindliche Feldwache. Sofort wies unser von allen hochverehrter Haupt-

121

mann Schmiedl (der einzige Offizier, den unsere Kompagnie noch hatte) uns Stellungen an, und wir eröffneten ein lebhaftes Feuer auf den Feind . Auch hatten wir bereits 12 Gefangene aus den ersten Häusern geholt, als leider der Befehl zum Rückzug fam , da die übrigen Kompagnien auf der anderen Seite des Berges , wie wir geglaubt hatten , nicht so weit zur Verfol= gung des Feindes vorgegangen waren, als wir auf der einen • Seite.

Wir mußten deshalb dem übrigen Bataillon schleu-

nigst nachfolgen und machten unseren Rückmarsch im munteren Laufschritt, den die Gefangenen munter mittraßen mußten. Wir hatten keinen Mann vorloren, konnten also mit unserem kleinen Erfolg wol zufrieden sein. Bei unserem Rückmarsch nach Quingey wurden wir noch mit Granaten beschoffen , welche aber glücklicherweise keinen Schaden anrichteten.

Nachmittags um 2 Uhr rückten wir

wieder in unsere Quartiere ein.

Unsere Aufgabe, den Angriff

des Feindes zurückzuweisen, war ebenso vollständig wie glücklich gelöst ; unser Verlust war nur 1 Todter und einige Verwundete, darunter unser Feldwebel.

Vom 2. Heſſiſchen Infanterieregiment No. 82 in der Schlacht bei Sedan am 1. September. Feldwebel Gustav Pazak von der 3. Kompagnie des 2. Hessischen Infanterieregiments , welcher uns bereits früher einige heitere Erlebnisse im Biwak nach der

Schlacht bei

Sedan erzählte, theilt uns folgendes über den Antheil seines Truppentheils an der Schlacht selbst mit : Nachdem

wir

die anstrengendsten Märsche

gemacht,

welche die französische Armee unter Marschall Mac-Mahon schon strategisch in unsere Gewalt gebracht hatten, langten wir am 31. August in unserem legten Biwak , Stonne, Wir hatten prachtvolles Wetter südlich von Sedan, an . und konnten die Stadt und Festung Sedan und die weite Wir waren heiter und guter Umgegend gut übersehen . Dinge, obwol wir wußten, daß wir dicht vor einer großartigen Katastrophe ſtanden, welche über die französische Armee in Sedan hereinbrechen mußte. Die Franzosen hatten keine Hoffnung mehr, zu siegen, denn das Neg unserer Truppen und Artillerie war bereits zu eng um fie gezogen ; es blieb ihnen nur übrig, mit dem Muthe der Verzweiflung zu verschlimmstenfalls sich

suchen , unsere Linien zu durchbrechen ,

nach der belgischen Grenze durchzuschlagen.

Wir waren des-

halb auf einen verzweifelten Kampf gefaßt ,

und

manchem

123 jungen Soldaten mochte das Herz doch ein wenig schneller schlagen.

Andrerseits dachten wir auch schon bei einem für

uns günstigen Ausgange der Entscheidungsschlacht an einen baldigen Frieden, zumal das Gerücht ging, daß sich Kaiser Napoleon selbst bei der Armee befinde.

Auch ich und mein

wackerer Bursche Heppelmann (aus Warstein in Westfalen) beschäftigten uns abends beim Wachtfeuer schon mit dem Gedanken an eine baldige Heimkehr in unsere freundliche Garnison Hanau, die aber mein guter Kamerad (Sohn einer armen Witwe) nicht wiedersehen sollte, wie so mancher, der bei Sedan den Heldentod starb.

Ermüdet schlief bald

alles um unsere Biwakfeuer. Doch nicht lange sollte uns die Ruhe gegönnt sein, denn es war noch stocksinster und bitter kalt, als die Schläfer ohne Klang,

in

aller Stille geweckt wurden ;

der Befehl

zum Aufbruch , obgleich wir noch nicht wußten wohin , war bereits eingetroffen.

Alle Wachtfeuer wurden vergrößert und

mit gegenhaltender Nahrung

versehen ,

um den uns gegen-

über lagernden Feind zu täuschen , als lange nicht an einen Aufbruch dächten. wurde abgekocht,

ob wir noch In aller Stille

und dann ging es sofort vorwärts .

Wir

marschierten der Maas entlang, überschritten dieselbe unweit Donchery und kamen dann an das Dorf, in welchem unsere Korpsartillerie hielt. Hier erhielt unser 1. Bataillon Befehl, links von dem Dorfe in Kompagniekolonnen vorzugehen, die Richtung bezeichnete uns der Bataillonskommandeur, Hauptmann v. Lukowiz .

Wir

begrüßten freudig

den Zeit-

punkt , wo wir nun endlich in Thätigkeit kommen sollten. Ich erhielt den Auftrag , mit meinem Zuge gegen die vor uns liegenden Hecken und Gärten auszuschwärmen ; dies geschah, während wir uns bereits

im

ärgsten

Granatfeuer

befanden, ohne die feindlichen Batterien oder überhaupt den

124

Feind bis jest zu sehen zu bekommen. Pfeifen der Kugeln

Das unheimliche

erschüttert die Nerven viel mehr, so-

lange man den Feind nicht vor sich sieht, sodaß einige junge Soldaten sich nach Deckung umfahen ; dies hatte aber noch keinen Zweck, zumal in dem Gestrüpp, wo wir hindurch mußten.

Deshalb hieß es "1 weiter vorwärts ! was gehen euch

denn die paar Kugeln an ?! " • Unser tapferer Hauptmann v. Schnakenburg ging uns mit bestem Beispiel voran ; kein Hinderniß, deren das Terrain so viele bot , konnte ihn aufhalten ;

immer vorwärts, Kinder! heut gilt's , " war seine

Losung. Wir passirten nun

einen Park,

der noch nicht vom

Feinde beset war, und machten hinter der denselben einschließenden Mauer halt ,

um

weiterem Vorgehen zu sammeln.

ein

wenig neue Kräfte zu . Vor uns lag das Dorf

Floing, welches bereits von unsern 11. Jägern und 46 ern besezt war.

Auf den jenseitigen Höhen standen französische

Artillerie und Mitrailleusenbatterien, welche uns schon während unseres Vormarsches so furchtbar beschossen hatten.

Etwas

links , quer über die Straße , welche durch das Dorf führt, vor dem Walde von la Garenne hatten sich franzöſiſche Infanteriemaſſen · durch Aufwürfe und Schüßengräben verschanzt und drangen von dort aus zu wiederholten malen vor , um das Dorf Floing wiederzunehmen , wurden aber durch unser wohlgezieltes Feuer jedesmal wieder zurückgetrieben. Das Artillerie- und Mitrailleusenfeuer wüthete heftig gegen uns, doch ohne Erfolg , denn wir hatten uns fest eingenistet und waren durch die Mauer ziemlich gut gedeckt. Trozdem war unsere Stellung eine unbehagliche , und wir brannten vor Begierde, daraus erlöst zu werden, das heißt, auf die Franzosen losgehen zu können. Im Walde hinter uns hielt unser Korpskommandeur,

125

General v. Gersdorf, derselbe wurde tödtlich verwundet, der zweite Korpsführer ,

den wir verloren ;

unser . General

v. Bose war schen früher verwundet worden.

Adjutant

Leutnant v. Bönigk erhielt einen Schuß durch die Hand. Dem Serganten Klappert wurde von einem Granatsplitter der Helm vom Kopfe gerissen und zertrümmert, er selbst am Kepfe verwundet.

Troß seiner Verwundung blieb er, nach-

dem er sich selbst verbunden , im Gefecht und machte durch sein humoristisches Benehmen einen sehr günstigen Eindruck auf die Kameraden ; kaltblütig, als ob weiter nichts geschehen. wäre , suchte er sich die Bruchstücke seiner ehemaligen Kopfbedeckung zusammen und schimpfte dabei gehörig auf die Franzosen. Wir hatten von unserer Stellung aus einen prächtigen Ueberblick über die weithin tebende Schlacht. Wir konnten genau erkennen , wie auf dem jenseitigen Plateau drei französische Generäle, darunter , wie man sagte ,

Mac- Mahon

selbst, umherritten und alles aufboten, immer neue Bataillone sammelten und zum Angriff vorſandten, um an dieser Stelle, also nach Norden hin, durchzubrechen. Doch waren alle ihre Anstrengungen vergebens , jede neue vorrückende Kolonne wurde durch das vortreffliche Feuer unserer Artillerie, welche an diesem Tage wirklich Wunder that, auseinandergesprengt. Endlich erhielten wir Befehl, vorzugehen . Wir zogen uns

längs der Mauer

meinem Zuge schwärmen ,

dem Dorfe

zu;

ich

mußte

mit

welches meine braven Leute trop

des dichtesten Kugelregens kaltblütig wie auf dem ErerzierMeine wackeren Westfalen , sonst ein play ausführten . bischen phlegmatischer Natur , gingen ordentlich lustig vor ; wir nahmen im Verein mit den 11. Jägern im ersten Anlauf, ohne einen Schuß zu thun, den Kirchhof.

Es wurde

nur mit dem Bajonnet und dem Kolben gearbeitet, was die

126 Franzosen nicht gut vertragen können, sodaß sie bald Fersengeld gaben. Wir konnten ihnen leider nicht sofort folgen, denn unsere Kräfte waren zu erschöpft, die Zunge klebte uns am Gaumen, und längst war der lezte Schluck aus der Feldflasche geleert. Wir warfen uns deshelb zu Boden , so gut es ging, wenig genug gedeckt, um nur so lange zu rasten, bis die nöthige Kraft zum weiter Vorwärtsdringen gesammelt war, denn unsere Lage war an dieser Stelle eine äußerst gefährliche. Indessen feuerten wir tüchtig und offenbar mit gutem Erfolge, denn wir sahen infolge deſſen ſchon viele Franzosen sich nach dem schüßenden Wald flüchten. Die Zurückbleibenden wurden darauf nach kurzer Gegenwehr theils niedergemacht, theils gefangen genommen. nicht , uns.

Weiter nachdringen konnten wir

denn ein furchtbarer Hagel von Kugeln überschüttete Ich warf mich mit meinem Zuge in einem Kartoffel-

felde platt auf die Erde , weitere Deckung hatten wir nicht . Hier verlor ich denn auch einige meiner braven Kameraden. Gefreiter Hilmar

erhielt einen Schuß durch den Ober-

arm , mein guter Bursche Heppelmann durch die Bruſt, todt.

Durch Kaltblütigkeit und vortreffliches Schießen zeich-

neten sich aus : Gefreite Henrichs , Debray , lezterer wurde auch verwundet ; ferner Lütticke , Otto , Pieper , Japes, Hartmann ; Unteroffizier Schäfer , Mohrherr , Holthaus (verwundet), Boshold ( verwundet) , Mendel , Unteroffizier Schüß , Bölling ,

Senger , Wichardt , Hoff, Kott-

hoff, Stuff , Wolf, Gefreiter Seiffarth , die beiden Brüder Gefreite Floren , (der ältere als Krankenträger) , Gefreite Brödker ,

Lazarethgehilfe Häuser (von dem ich Es that wol jeder der Unsrigen seine

schon einmal erzählt) .

volle Schuldigkeit , sodaß es nur daran liegt , während

des Gefechts

daß man ja

nicht jede Einzelheit bemerken kann,

wenn so mancher nicht genannt oder dekorirt worden ist, der

127

sich ebenso brav gezeigt.

Wie manche tapfere That ist nicht

beobachtet oder nicht bekannt geworden , wenn die Offiziere oder nächsten Vorgesezten in demselben Gefecht fielen. Einige Leute , ängstlich gemacht durch unsere vorgescho= bene ungedeckte Stellung , wollten sich hinter einem etwas rückwärts gelegenen Hauſe beſſer decken ; sie standen auf, um sich dorthin zu begeben. Ich mußte dies aber verhindern, da ein solches theilweiſes Verlassen der Stellung die Lage aller leicht gefährden kann und die Zurückbleibenden auch etwas entmuthigt. Die größere Gefahr, stehend das Zusammenbleiben der Mannschaften zu überwachen , habe ich, Gott sei Dank, glücklich überſtanden. Währenddessen sammelte sich an der Lifière des Waldes

eine französische Tirailleurlinie und brach auf uns hervor. Aufstehen ! Fällt das Gewehr ! Ich kommandirte fofort : Hurrah! "

Ein gleiches that ein neben uns liegender Zug

11. Jäger , und wir stürzten

uns mit solcher Wuth und

Wucht auf den verhaßten Feind, daß derselbe nicht ſtandhielt, Wir stürmten natürlich nach, sondern in den Wald floh. und nun entſpann sich ein sondergleichen furchtbares Waldgefecht. Von allen Seiten drangen unsere Truppen in den Wald ein und immer vorwärts troß des furchtbaren Feuers von Chassepotkugeln, Granatſplittern und Shrapnels, die unaufhörlich um unsere Köpfe fausten.

Ohne Besinnung und

ruhige Ueberlegung , nur alles niederschlagend , was sich noch wehrte, wie die Teufel, möchte man sagen, räſten wir hinter den Rothhosen her , während der Tod vor und hinter uns seine grauenhafte Ernte hielt.

Niemals werde ich diesen

schrecklichen Kampf in jenem Wald vergessen. Unterwegs traf ich auch den Fahnenträger Sergeant Kretschmer ohne Bedeckung , welche natürlich wie alles , jeder auf sich selbst angewiesen , am Kampfe theilgenommen

128

hatte. Kretschmer diang, die Fahne hoch haltend, ebenfalls mit ver und wollte nicht zurückgehen; doch schien mir die Verantwortung für die Fahne doch zu groß , ſodaß ich ihn bestimmte, sich damit aus diesem wilden Gefecht zurückzubegeben ; er hat sich denn auch bei unserem

Kommandeur

Hauptmann v. Lukowih unterwegs gemeldet.

Endlich waren.

wir durch den Wald hindurch ; ich kam glücklich bis aus Ende, wenn auch blutbefleckt und mit zerbrochenem Degen. W Die heiße blutige Arbeit war gethan. Auf dem freien Felde wurden einige tausend gefangene Franzosen zusammengetrieben . Durch energisches Handeln zeichneten sich unter andern noch die Unteroffiziere Günther und Flender aus . Wir fügen hier nach dem amtlichen Bericht folgende Einzelheiten aus der Schlacht bei Sedan in betreff Mannschaften desselben Regiments ein : Unteroffizier Friedrich Patt holte drei Verwundete, welche auf dem freien Felde neben dem Park von Floing ,

der

von der Kompagnie besetzt war,

lagen, einen nach dem andern, troß des dichten Kugelregens hinter die schügende Mauer des Parks . Lazarethgehilfe Karl Wassermann zeichnete sich auch hier wie im ganzen Feldzuge durch unermüdliche Thätigkeit und durch seine Kaltblütigkeit , womit er im feindlichen Feuer den Verwundeten . die richtige Hilfe leistete, vortheilhaft aus . Als in dem heißen Kampfe um den Wald von Garenne in dem überaus heftigen Feuer viele Leute fielen, waren einzelne im Begriff zurückzugehen.

Sergeant Teske , welcher

durch zwei Schüsse schwer verwundet in einem Graben lag, rief diesen, seine heftigen Schmerzen nicht achtend, mit lauter Stimme zu: " Vorwärts , vorwärts ! die 82er gehen nicht zurück ! Hurrah! " Am nächsten Tage war der Brave seinen Wunden erlegen ; die Kompagnie verlor an ihm einen in jeder Weise musterhaften Soldaten.

129

Als die 2. Kompagnie die bewaldete Höhe von Floing erstürmt hatte und

an der Waldspige

einige Augenblicke

raftete , sahen die Unteroffiziere Wiethoff und Koch von dort aus in einiger Entfernung einen Jäger- Gefreiten , der, am Boden liegend, mit vier Franzosen um sein Leben rang. Ungeachtet der eigenen Erschöpfung und obgleich der Weg zu dem verwundeten Jäger durch den dichten Kugelregen fast unpaſſirbar war , scheuten die beiden tapferen Unteroffiziere

• keine Gefahr ,

um den bedrängten Kameraden aus seiner

entsezlichen Lage zu befreien.

Sie griffen mit aufopfernder

Kühnheit die vier Gegner an , tödteten einen und nahmen zwei gefangen , während ergriff.

der vierte schleunigst die Flucht

Unteroffizier Spannuth war beim ausſchwärmen eines Zuges den Leuten stets weit voraus , zum draufgehen auffordernd , und führte seine Gruppe mit besonderer Bravour . Bei der Gefangennahme einer bedeutend stärkeren feindlichen Kavallerieabtheilung bewies er große Kaltblütigkeit und wußte den geeigneten Moment im Vereine mit einer hinzugekommenen Verstärkung dazu gut zu benußen.

Musketier Homburg

avanzirte im dichtesten Kugel-

regen und erhielt dabei einen Schuß in eine Patronentasche, worauf sämmtliche Patronen erplodirten und ihm beide Hände, Rock , Bart und Augenbrauen verbrannten. Derselbe ließ beim ersten Schreck sein Gewehr fallen und rief dem neben ihm gehenden Feldwebel Rose zu : „ Ach , Herr Feldwebel, löschen Sie mich doch aus ! " Obgleich ihn lezterer hierauf aufforderte, zurückzugehen, so nahm Homburg doch trop der Schmerzen kaltblütig sein Gewehr wieder auf und ging weiter mit vor. Bei der Belagerung von Paris erwies er sich als energischer und tüchtiger Patrouillenführer. Füsilier Schürmann von der 12. Kompagnie schoß, 9 .

130

als sein Zug plöglich von feindlicher Kavallerie angegriffen wurde , einen französischen Chasseur vom Pferde , als dieser gerade im

Begriff stand ,

den Kameraden Herzberger

niederzuhauen. Er ging auch nicht eher zurück , als bis die feindliche Kavallerie abschwenkte und zurückjagte. Feldwebel Heinrich Zimmerling zeichnete sich sowol durch persönliche Bravour als

dadurch

aus ,

daß

er alle

Mannschaften um die Fahne sammelte und wirksam zum vorgehen anfeuerte. Feldwebel Pazak , der Erzähler , ist ebenfalls in dem amtlichen Berichte höchst rühmend erwähnt, doch sagt derselbe ebenso bescheiden , wie wahr : dies ehrende Zeugniß gebührt meiner ganzen Kompagnie.

Es hat jeder in seiner Weiſe

und wie sich ihm die Gelegenheit bot, ebenso wie ich, seine Schuldigkeit gethan.. Es wird mir stets als ein Unrecht leid thun, wenn man in der Heimat einen nicht dekorirten Soldaten auch nur im geringsten weniger achten wollte. Es ist nicht so leicht, in Reih und Glied unter lauter wackeren Kameraden sich besonders hervorzuthun und derart die Aufmerksamkeit des Vorgesezten auf sich zu ziehen , daß man dafür das Eiserne Kreuz erhält.

Werden aber der Kompagnie für

eine gemeinsame That eine Anzahl Kreuze verliehen und dieſe vertheilt, so trägt es jeder für alle, und wem es nicht gerade zufällt, der hat es doch ebenso wol verdient.

Eine besondere

That im einzelnen ausführen , kann meist nur der , welcher gerade dazu kommandirt wird .

Am meisten Ehre denen, die

in Ausübung ihrer Pflicht den Heldentod fanden ; die Ueberlebenden erben deren Verdienst mit und haben doch ihren größten Lohn darin , glücklich und gesund in den Kreis der Ihrigen zurückgekehrt zu sein !

Vom 8. Sächſiſchen Infanterieregiment Nr. 107 .

Eine Patrouille vor Paris am 13. Oktober 1870. Nach den brieflichen Mittheilungen mehrerer Betheiligten erzählen wir folgendes Patrouillengefecht wieder, welches seinerzeit viel in den leipziger Zeitungen besprochen wurde , weil der einzige deutsche Soldat, welcher dabei als Opfer fiel, ein in studentischen wie weiteren Kreisen Leipzigs allgemein ſehr beliebter junger Mann war, der Studiosus jur. et cameral. Paul Segnis , und weil bei dieser Gelegenheit den Franzosen der Vorwurf gemacht wurde , daß sie mit giftigen Kugeln auf die Unseren schöffen , sodaß selbst eine leichtere Verwundung durch Hinzutritt des Brandes tödtlich werde. Lepterer Vorwurf, obgleich die Franzosen völkerrechtswidriges in diesem Kriege genug gethan , hat sich indeß in diesem Falle wie im allgemeinen in keiner Weise als gerechtfertigt erwiesen , wie es der Vater des gefallenen jungen Mannes, der Advokat Segniß zu Leipzig , auf Grund der Zeugnisse der Aerzte und der Aussagen der Augenzeugen damals selbst veröffentlicht hat. Die 11. Kompagnie unseres

107. Infanterieregiments

hatte am 13. Oktober die Feldwache in Maison blanche besezt. Von hier aus sollte eine Patrouille nach dem Dorfe Villemomble (im Schußbereich des Forts Rosny) vorgehen, 9*

132

um sich Gewißheit zu verschaffen , ob dasselbe vom Feinde besezt sei ,

wie vermuthet wurde ,

oder nicht.

Nachmittags

gegen 123 Uhr brach die Patrouille unter Führung des damaligen Porteépéefähnrichs v. Oppell auf. Sie bestand aus den folgenden Mannschaften , welche sich freiwillig zum Patrouillendienst gemeldet hatten : Unteroffizier Zwicker , Gefreite Trautner, Langer , Einjährig-Freiwillige Brückner, Schild, Segniß , Walch, Zehender , Soldaten Goldammer II. , Kröber , Paschy , Röhling. v. Oppell theilte seine Mannschaften in drei kleinere Patrouillen, deren eine geradewegs in das Dorf eindringen, die beiden anderen indeſſen rechts und links durch die Gärten vordringen sollten. Als man indeß bis an die Einfassung des Dorfes gekommen war , stellte es sich heraus , daß die beiden Seitenpatrouillen nur mit großem Zeitverluste durch die Gärten würden vordringen können ,

weil dieselben

in

diesem Dorfe meist von hohen Mauern umschlossen waren. Der Patrouillenführer zog es deshalb vor, mit seiner ganzen Mannschaft zusammen auf der ins Dorf führenden Straße vorzugehen. Unteroffizier Zwicker ging mit dem Gefreiten Trautner, Einjährig- Freiwilligen Segniß und Soldaten Röhling einige hundert Schritt als Spiße dem Haupttrupp voraus, Segniß als Verbindungsmann mit letterem etwas mehr hinter den drei Kameraden zurückbleibend . Unsere Spize war mit aller nöthigen Vorsicht bis etwa zu dem Punkte vorgerückt , wo sich die von dem Bahnhofe Le Raincy herkommende Querstraße inmitten des Dorfes Villemomble mit der Längsstraße vereinigt ,

als sie plöglich einem Haufe der linken Seite 7 oder 8 französische Infanteristen, es schienen Mobilgarden zu sein, herauskommen sahen. Dieselben schlugen , ohne die Unsrigen zu bemerken, aus

welche halt gemacht hatten , die Richtung nach Rosny ein.

133

Da rief ihnen Gefreiter Trautner ein lautes „Halt“ nach. Die Franzosen stußten , sahen sich um , und einer derselben eilte, als sie die " Prüffiens " bemerkten, sofort wieder in das Haus, aus dem sie gekommen, zurück. Gleich darauf ſtrömten aus demselben eine große Anzahl hervor ; in kaum einer Minute hatten sich 40 bis 50 gesammelt, alle bewaffnet, wenige Rothhosen , die meisten

in blauen Blusen

oder beliebiger

Uniform . Als die Franzosen sahen ,

daß sie nur wenige Mann

Feinde sich gegenüber hatten, schienen sie sich von ihrem anfänglich augenscheinlichen Schrecken zu erholen und erhoben ein drohendes Geſchrei unter den lebhaftesten Bewegungen . Wir konnten zwar aus ihrem Durcheinanderſchreien kein Wort verstehen , doch schien man uns zu fragen , was wir hier wollten. Gefreiter Trautner rief ihnen dagegen zu , daß ſie die Waffen niederlegen sollten , und machte ihnen seine Forderung durch die bezeichnende Bewegung mit dem Gewehr verständlich.

Das schienen die Franzosen aber umgekehrt zu

verstehen, das heißt, als ob wir die Waffen strecken wollten, denn sie nickten zustimmend mit den Köpfen und winkten mit Tüchern und Fähnchen , kommen sollten.

daß

wir zu ihnen hinüber-

Inzwischen war unsere ganze Patrouille herangekommen, und wir verspürten natürlich nicht die geringste Lust , uns den Franzosen etwa zu ergeben, * wenn uns dieselben auch au Zahl vielfach überlegen waren.

Die Unterhandlung , die jezt

der Einjährig - Freiwillige Segnig in französischer Sprache führte , gerieth daher ins stocken , als plöglich vonſeiten der Franzosen ein Schuß auf uns fiel, dem gleich darauf mehrere folgten. Die Kugeln pfiffen uns um die Köpfe und schlugen an die Mauer des Hauses , bei dem sich unsere Patrouille gesammelt ,

da

dasselbe

auf der rechten Seite des Dorfes

134

etwas vortrat und uns nöthigenfalls einige Deckung gewähren fonnte.

Wir waren durch die feindlichen Schüsse im ersten

Augenblick

etwas

überrascht und wollten zunächst Deckung

nehmen , als Porteépéefähnrich v . Oppell uns befahl, doch ebenfalls zu feuern. Sofort gaben wir nun einige Schüffe in den dichten Haufen der Feinde

ab ,

davon zwei von

Segniß und

Trautner auch je einen Franzosen niederstreckten.

Die

Franzosen stoben jezt eiligst auseinander und flüchteten in die nächsten Häuser , drei Gefallene auf dem Plage liegen laffend.

Aus den Häusern eröffneten die Feinde ihr Feuer

wieder auf uns, ohne daß wir es weiter mit Erfolg erwidern konnten. Wir konnten ebenso wenig auf offener Straße den feindlichen Kugeln preisgegeben stehen bleiben , als uns in einem Hause festseßen , der Gefahr wegen , von den Feinden umgangen

und

abgeschnitten

zu

werden.

Unser Führer

v. Oppell befahl deshalb, im Trabe bis zur nächsten Quergaſſe in der Richtung auf Gagny zurückzugehen, um uns den Rückzug zu sichern. Dies geschah. Dabei ereilte aber unseren Kameraden Segniß eine feindliche Kugel ; dieſelbe drang ihm durch den Unterschenkel , ſodaß er mit dem Ruf : „ich habe etwas weg " an der Wand eines Hauses niederſank, vollkommen außer Stande, noch weiter zu gehen. Unteroffizier Zwicker, der sich gerade in seiner Nähe befand ,

gab das

Gewehr des Verwundeten dem Gefreiten Langer mit und schaffte Segnig

in eines der nächsten Häuser , ihm bedeutend, sich hier so lange still zu verhalten, bis sich Mittel

und Gelegenheit gefunden , ihn zurückzuschaffen , was augenblicklich unmöglich war. Dann eilte Zwicker der Patrouille nach, welche sich in der nächsten Querstraße gesammelt hatte. Porteépéefähnrich v. Oppell sah ein, daß ein längerer in dem ausgedehnten Dorfe für sein schwaches

Aufenthalt

135

Häuflein höchst gefährlich werden konnte , deshalb mußte er sich vor allem gegen eine Ueberraschung und Umgehung vonseiten

der Feinde sichern

und sandte zu

dem Zweck nach

rückwärts und nach beiden Seiten einige Patrouilleurs aus . Andrerseits aber wollte er auch auf keinen Fall den verwun deten Kameraden zurück und etwa in die Hände der Franzosen fallen lassen , die denselben gewiß in der unmenschlichen Art dieser undisziplinirten Banden behandelt hätten.

Wie aber

war es zu ermöglichen , den Verwundeten zurückzuschaffen ?! Da trat Gefreiter Trautner vor und erbot sich freiwillig , noch einmal zurückgehen , den Freiwilligen Segnig abholen und zurücktragen zu wollen.

Dieser Entschluß war

um so hochherziger, als Trautner Weib und Kind daheim hat , daran aber in diesem Augenblick nicht dachte , sondern nur daran ,

den unglücklichen Kameraden , wenn auch mit

Gefahr seines eigenen Lebens , aus den Händen des Feindes zu erretten. Gewiß gebührt dieser heldenmüthigen Aufopferung die höchste Anerkennung. Dem braven Gefreiten Trautner boten sich nun noch Gefreiter Langer und Soldat Röhling als Begleiter an ; diese drei machten sich dann sofort auf den gefährlichen Weg.

Mit Vorsicht schlichen sie sich dicht an

den Häusern entlang bis zu dem Hause , in welchem der Verwundete verborgen lag ; sie erreichten dasselbe glücklich unbemerkt vom Feinde, welcher kaum 100 Schritt davon in den Häusern steckte. der Hausthür ,

Langer und Röhling standen Wache in während Trautner sich den verwundeten

Segniß wie ein Kind auf den Rücken lud und ſein Gewehr am Riemen zwischen die Zähne nahm , um unterwegs jederzeit kampfbereit zu sein.

Der Himmel begünstigte das

edle Wagstück der wackeren Männer , ſodaß dieselben unbelästigt vom Feinde zu den Unsrigen zurückgelangten. Hier wurde Segniß von dem Unterarzt Dr. Hartung

136

vorläufig verbunden

und

dann

auf einer Leiter von den

Kameraden mit zurückgetragen , bis die Patrouille ohne weiteren Zwischenfall um 16 Uhr wieder bei ihrer Feldwache Gefreiter Trautner erhielt zur wohlverdienten eintraf. Anerkennung der opfermuthigen Rettung

eines Kameraden

vom Könige von Sachsen die goldene St. Heinrichsmedaille sowie das Eiserne Kreuz 2. Klaſſe. Der Einjährig - Freiwillige

Paul

Segniß ,

erst ain

29. September zum Regiment vor Paris gekommen , erlag leider der am 13. Oktober erhaltenen Wunde und wurde am 17. zu Chelles begraben. Die nothwendig gewordene Amputation des linken Beines konnte sein Leben nicht mehr retten.

Beliebt bei allen Kameraden (auch der Herausgeber

dieses Buches kannte den liebenswürdigen jungen Mann persönlich und bedauert seinen Tod von ganzem Herzen) , fand er zu bald , sich freiwillig zu jener Patrouille meldend , den Heldentod fürs

Vaterland.

Hoffnung seiner Familie. ruhen !

Er war der Stolz und die Möge er sanft in fremder Erde

Druck von W. Moeser in Berlin.