Social Media im Tourismusmarketing: Wie Urlaubsanbieter in sozialen Medien Sichtbarkeit und Direktbuchungen steigern [1. Aufl.] 9783658310776, 9783658310783

Dieses Buch erklärt, wie Hotels, Regionen, Airlines und weitere touristische Anbieter mithilfe von Social Media höhere S

325 23 7MB

German Pages XIX, 219 [230] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIX
Warum überhaupt Social Media? (André Gebel)....Pages 1-6
Social Media zur Steigerung der Direktbuchungen (André Gebel)....Pages 7-10
Die Bedeutung von Empfehlungsmarketing (André Gebel)....Pages 11-19
Empfehlungen durch individuelle Erlebnisse (André Gebel)....Pages 21-55
Mitarbeiter als Markenbotschafter (André Gebel)....Pages 57-68
Influencer Marketing (André Gebel)....Pages 69-93
Mehr Sichtbarkeit in Social Media (André Gebel)....Pages 95-196
Messenger Marketing (André Gebel)....Pages 197-203
Fazit und Ausblick (André Gebel)....Pages 205-213
Auswirkungen der Corona-Krise (André Gebel)....Pages 215-219
Recommend Papers

Social Media im Tourismusmarketing: Wie Urlaubsanbieter in sozialen Medien Sichtbarkeit und Direktbuchungen steigern [1. Aufl.]
 9783658310776, 9783658310783

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André Gebel

Social Media im Tourismusmarketing Wie Urlaubsanbieter in sozialen Medien Sichtbarkeit und Direktbuchungen steigern

Social Media im Tourismusmarketing

André Gebel

Social Media im Tourismusmarketing Wie Urlaubsanbieter in sozialen Medien Sichtbarkeit und ­Direktbuchungen steigern

André Gebel München, Deutschland

ISBN 978-3-658-31077-6 ISBN 978-3-658-31078-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Imke Sander Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Wenn eine Branche wie geschaffen ist für die Daseinsberechtigung von Social-Media-Kanälen, dann ist es der Tourismus. Keine andere Industrie lebt so sehr von ereignisreichen Geschichten, fotogenen Landschaften und außergewöhnlichen Unterkünften wie die Reiseindustrie. Hier werden Träume verkauft, Sehnsüchte geschürt und manchmal auch Kulissen aufgebaut, hinter denen sich mehr Schein als Sein befindet. Genau wie auf Facebook oder Instagram möchte man meinen. Von daher passen die Sozialen Medien vielleicht besser zum Tourismus als Printanzeigen, Broschüren oder Fernseh-Spots. Zumindest sind sie der perfekte Katalysator, um Angebot und Nachfrage zusammenzubringen und Geschichten in Form von Texten, Bildern und Videos zu verbreiten. Kein anderer Marketingkanal schafft eine direktere Rückkopplung, kein Medium ist viraler in der Distribution, keine Plattform fördert die Kreativität der Menschen so sehr, wie das Social Media tut. Und doch hat man den Eindruck, dass es eine Liebe auf den zweiten Blick ist und viele Hotelbetriebe und Ferienregionen ihre Zeit brauchten, um die einst ungeliebten Sozialen Netzwerke mit Professionalität zu bespielen. Mittlerweile mehren sich jedoch die positiven Fallbeispiele und wir sehen im Tourismus zunehmend V

VI      Vorwort

Marken, die im Einsatz der Social-Media-Klaviatur ihre große Chance erkennen. Insbesondere in Krisenzeiten, wie der Corona-Pandemie, zeigt es sich, wie wichtig ein direkter Draht zu den Stammgästen oder potenziellen Urlaubern ist. Mit regelmäßigen Beiträgen lässt sich Empathie aufbauen und die eine oder andere Vorab-Reservierung ins Buchungssystem eintragen. In meinem Buch möchte ich primär über die Arbeit in der Praxis sprechen. Wie kann ich mit Social-Media-Marketing langfristig Gäste für mein Angebot begeistern? Welche Kanäle sind wichtig, welche „nice to have“ und was für Netzwerke machen aktuell noch keinen Sinn? Wie gehe ich mit dem Trendthema Influencer Marketing um? Alles nur „Übernachtungsschmarotzer“ oder wichtiger Bestandteil der Content- und Reichweitenstrategie? Welche Rolle spielen Events und Veranstaltungen und wie lassen sich diese gezielt über Social Media verbreiten? Wie erfahre ich, wohin User als nächstes reisen möchten und welche Aktivitäten sie planen? Und wie verpacke ich das eigene Angebot in Geschichten, die auf Facebook und Co funktionieren? All das und noch vieles mehr, möchte ich mit zahlreichen Beispielen vorstellen und dabei bewusst Detailtiefe und den wissenschaftlichen Aspekt etwas hintenanstellen. Vielmehr geht es mir darum, zu inspirieren und Gedankenketten in Gang zu setzen. Ich selbst habe in meiner langjährigen Arbeit als Digitalstratege, namhafte Unternehmen und Agenturen beraten und ins Social Web geführt. Auf der anderen Seite unterhalte ich seit über 4 Jahren zwei Reiseblogs und arbeite direkt mit Hotels und Destinationen zusammen, um involvierende Inhalte zu schaffen. Dabei sind es oft die kleinen Ideen, die einen besonderen Moment kreieren und individuelle Erlebnisse erzeugen. Man bezeichnet derlei Häppchen auch gerne als „Micro-Moments“, weil sich insbesondere junge Zielgruppen nicht mehr mit der klassischen Pauschalreise im Sommer begnügen, sondern zunehmend auf viele kleine Erlebnisse setzen. Genau wie es die Berichterstattung auf Facebook oder Instagram verlangt. Wie man sich auf dieses neue Konsumverhalten, welches durch die Mechanik der Sozialen Medien geprägt wird,

Vorwort     VII

am besten einstellt, davon handelt dieses Buch. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und freue mich auf Ihr Feedback, welches Sie mir gerne unter der E-Mail-Adresse: [email protected] zusenden können. André Gebel

Inhaltsverzeichnis

1

Warum überhaupt Social Media? 1 Literatur 6

2

Social Media zur Steigerung der Direktbuchungen 7 2.1 Direktbuchungen und ihre Bedeutung 7 2.2 Das Relevant Set des Verbrauchers 9 Literatur 10

3

Die Bedeutung von Empfehlungsmarketing 11 3.1 Techniken des Empfehlungsmarketings 14 3.1.1 Selbst Empfehlungen aussprechen 14 3.1.2 Die Verabschiedung mit einer Empfehlung verbinden 15 3.1.3 Storytelling betreiben 15 3.1.4 Freunde und Bekannte in das Angebot integrieren 15 3.1.5 Gäste zu Werbeträgern machen 16 3.1.6 Gäste zum Testimonial machen 16 3.1.7 Netzwerke aufbauen und nutzen 17 IX

X      Inhaltsverzeichnis

3.1.8 Dankbarkeit zeigen 17 3.1.9 Empfehler markieren 18 3.1.10 Gäste in Expertenrolle versetzen 18 Literatur 19 4

Empfehlungen durch individuelle Erlebnisse 21 4.1 Individualisierung für Hotels 23 4.1.1 Individualisierung durch exzellenten Service 23 4.1.2 Individualisierung durch die Architektur 26 4.1.3 Individualisierung durch Erlebnisse 31 4.1.4 Individualisierung im Marketing 34 4.1.5 Individualisierung im Angebot 39 4.1.6 Individualisierung durch Abgrenzung 41 4.1.7 Individualisierung durch die Verschmelzung mit Geschäftsreisen 42 4.2 Individualisierung für Regionen 42 4.2.1 Individualisierung durch ökologisches Bewusstsein 44 4.2.2 Individualisierung durch eine klare Positionierung 47 4.2.3 Individualisierung durch authentische Erlebnisse 50 4.2.4 Individualisierung durch Digital Detox 51 4.2.5 Individualisierung durch Gamification 52 Literatur 55

5

Mitarbeiter als Markenbotschafter 57 5.1 Mitarbeiter befähigen 58 5.2 Mitarbeiter motivieren 60 5.3 Den richtigen Content anbieten 61 5.4 Mitarbeiter inszenieren 63 5.5 Mitarbeiter informieren 65 5.6 Die Unternehmenskultur ausrichten 66 Literatur 68

Inhaltsverzeichnis     XI

6

Influencer Marketing 69 6.1 Die Zielsetzung 71 6.2 Die Influencerauswahl 72 6.2.1 Markenpassung des Influencers 73 6.2.2 Zielsetzung der Kooperation 74 6.2.3 Kanalauswahl 74 6.2.4 Qualität der Inhalte 75 6.2.5 Nutzung der Inhalte 75 6.2.6 Quantitative Leistungswerte 76 6.2.7 Gesetzliche Vorgaben 80 6.2.8 Exklusivität 80 6.3 Der Influencervertrag 80 6.3.1 Die Projektbeschreibung 81 6.3.2 Leistungen 81 6.3.3 Leistungswerte 81 6.3.4 Garantie der Rechteinhaberschaft 82 6.3.5 Werbekennzeichnungspflicht 82 6.3.6 Die Vergütung 83 6.3.7 Abtretung der Bildrechte 83 6.3.8 Vertraulichkeit und Geheimhaltung 83 6.3.9 Leistungsverhinderung 83 6.4 Das Leistungspaket 84 6.5 Events mit Influencern 86 6.6 Strategische Kooperationen mit Influencern 91 Literatur 93

7

Mehr Sichtbarkeit in Social Media 95 7.1 Facebook 98 7.1.1 Facebook Content Strategie 99 7.1.2 Facebook Content: Videos 106 7.1.3 Facebook Content: Bild- und Linkposts 108 7.1.4 Facebook Content: Veranstaltungen und Ankündigungen 111 7.1.5 Facebook Content: Der Redaktionsplan 117 7.1.6 Facebook Ad-Strategie 118 7.1.7 Facebook Gruppen 124

XII      Inhaltsverzeichnis

7.2 Instagram 130 7.2.1 Storytelling auf Instagram 132 7.2.2 Instagram Posts 133 7.2.3 Instagram Stories 137 7.2.4 Instagram TV 148 7.2.5 Instagram Shopping 150 7.2.6 Werbung auf Instagram 151 7.3 Pinterest 158 7.3.1 Pinterest richtig aufsetzen 160 7.3.2 Pinterest richtig nutzen 162 7.3.3 Pinterest professionalisieren 164 7.3.4 Werbung auf Pinterest schalten 165 7.4 Tripadvisor 168 7.5 LinkedIn 171 7.5.1 LinkedIn als Markenplattform 172 7.5.2 LinkedIn im Employer Branding 172 7.5.3 LinkedIn als Arbeitsmarktbörse 173 7.5.4 Werbung auf LinkedIn 173 7.5.5 LinkedIn Showcase Seiten 174 7.6 TikTok 175 7.7 Podcasts 177 7.8 YouTube 181 7.8.1 Zielsetzung festlegen 182 7.8.2 Profil richtig anlegen 184 7.8.3 Video-Beschreibungen optimieren 184 7.8.4 Untertitel und Abspann hinzufügen 185 7.8.5 Den richtigen Video-Content anbieten 186 7.8.6 Den YouTube-Kanal vermarkten 186 7.9 Twitter 188 7.10 Reddit, Snapchat & Co 189 Literatur 193

Inhaltsverzeichnis     XIII

8

Messenger Marketing 197 8.1 Warum sollte man auf Messenger Marketing setzen? 199 8.2 Rechtliche Rahmenbedingungen 200 8.3 Werbung in Messenger-Diensten 201 Literatur 203

9

Fazit und Ausblick 205 Literatur 213

10 Auswirkungen der Corona-Krise 215

Über den Autor

André Gebel Der diplomierte Betriebskaufmann André Gebel studierte Marketing an der Universität zu Köln und war neben seinen beruflichen Stationen in Industrie und Agentur, schon immer der Tourismusbranche verschrieben. Über acht Jahre lang entwickelte er zuletzt strategische Marketingkonzepte und Kampagnen für die Kunden einer Münchner Digitalagentur. Dabei sind die Sozialen Medien sein Spezialgebiet. Um den Markt der Influencer besser verstehen und analysieren zu können, gründete Gebel im Jahr 2016 mit Turnagain seinen ersten Reiseblog. Heute berät er als selbständiger Experte Hotels, Destinationen und Konsumgüter-Brands, schreibt Reiseberichte und hält Vorträge auf Fachkongressen. XV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 3.1 Abb. 4.1 Abb. 4.2 Abb. 4.3 Abb. 4.4 Abb. 4.5 Abb. 4.6 Abb. 4.7 Abb. 4.8 Abb. 4.9 Abb. 4.10 Abb. 4.11 Abb. 4.12 Abb. 4.13

Produktkauf durch Influencer Marketing 12 Bourbon als Eigenmarke im Hotel The Omnia in Zermatt 25 Parfum als After-Sales-Präsent im Hotel The Omnia, Zermatt 25 Instagram Hotspot Bar im Hotel Das EDELWEISS, Großarltal 28 Instagram Hotspot Spa-Bereich im Hotel Das EDELWEISS, Großarltal 28 Eine Ikone in St. Moritz. Das Hotel Badrutt’s Palace 30 Zeitlose Raumgestaltung im Badrutt’s Palace in St. Moritz 30 Überraschung vom Hotel Hochschober, Turracher Höhe 33 Aufstieg zum Breithorn als individuelles Erlebnis, Zermatt 34 Das Breithorn im Wallis 35 Anzeige Check in, Hans Brinker Budget Hotel 36 Anzeige Free Key, Hans Brinker Budget Hotel 37 Anzeige Door, Hans Brinker Budget Hotel 38 GoPro zum Testen im Mama Thresl, Leogang 40 XVII

XVIII      Abbildungsverzeichnis

Abb. 4.14 Give a flake Kampagne der Tourismus-Organisation von Aspen/Snowmass 48 Abb. 4.15 Schaukäserei Clavedeleralp bei Davos 51 Abb. 4.16 Immersives Kunsterlebnis Meow Wolf in Santa Fe 53 Abb. 4.17 Immersives Kunsterlebnis Meow Wolf 54 Abb. 5.1 Mitarbeiter-Inszenierung im Hotel Mama Thresl, Leogang 62 Abb. 5.2 Mitarbeiter-Post für Hofbräu München 65 Abb. 6.1 Engagement-Rate von Instagram-Posts und deren Bewertung 76 Abb. 6.2 Einstufung der Influencer nach Follower auf Instagram 77 Abb. 6.3 Influencerin Marlene Vey alias Marlenes Leben 79 Abb. 6.4 Duell der Sterneküche im Grand Hotel Fasano, Gardasee 85 Abb. 6.5 Überraschung in Hotel Grand Fasano, Gardasee 86 Abb. 6.6 User-Generated-Content unter dem Kampagnen-Hashtag #ErkundedenHerbst von Globetrotter 88 Abb. 6.7 Einladung zum Online-Koch-Workshop vom Castel Fragsburg, Meran 89 Abb. 6.8 Küchenchef Egon Heiss, Castel Fragsburg, Meran 90 Abb. 7.1 Einfluss von Medium und Interaktionen auf den ­Facebook-Algorithmus 97 Abb. 7.2 Schablone zur Erstellung einer Persona im Tourismus 102 Abb. 7.3 Contentmarketing auf dem Blog von IDM Südtirol 112 Abb. 7.4 Contentmarketing mit Bergsteigerlegende Reinhold Messner 113 Abb. 7.5 Videos im 60-Sekunden-Format von 60seconds.travel 114 Abb. 7.6 Kreativer Content von 60seconds.travel 115 Abb. 7.7 Zu den Drehorten berühmter Filme und Serien auf der Website von Filmtourismus 116 Abb. 7.8 Am Drehort von Haus des Geldes mit Filmtourismus 116 Abb. 7.9 Exemplarischer Facebook-Ad-Funnel im Tourismus 121 Abb. 7.10 Lookalike-Places-Kampagne der Deutschen Bahn auf Instagram 123 Abb. 7.11 Programmatic Ads der Lookalike-Places Kampagne auf Facebook 124

Abbildungsverzeichnis     XIX

Abb. 7.12 Abb. 7.13 Abb. 7.14 Abb. 7.15 Abb. 7.16 Abb. 7.17 Abb. 7.18 Abb. 7.19 Abb. 7.20 Abb. 7.21 Abb. 7.22 Abb. 7.23 Abb. 7.24 Abb. 7.25 Abb. 8.1

Gestaltetes Instagram-Profil bei Premium Escapes Instagram-Storytelling von Schweiz Tourismus Instagram-Storytelling von Schweiz Tourismus Instagram Storytelling von Schweiz Tourismus Instagram Storytelling vom Limelight Hotel in Aspen Instagram Storytelling vom Limelight Hotel in Aspen Instagram Storytelling vom Limelight Hotel in Aspen GoBackPack-Camp von Jack Wolfskin GoBackPack-Camp von Jack Wolfskin Pinterest-Profil von Austria Travel Pinterest-Boards von Austria Travel YouTube-Kanal mit Playlists von Schweiz Tourismus YouTube-Kanal Playlist von Schweiz Tourismus Die Top 5 Social Media Networks für den Tourismus im Vergleich Messenger-Chat zwischen Gast und Hotel am Beispiel Castel Fragsburg, Meran

138 141 142 143 145 146 147 157 158 167 167 183 183 192 199

1 Warum überhaupt Social Media?

Zusammenfassung   Die Sozialen Medien sind aus der heutigen Berichterstattung nicht mehr wegzudenken und bilden mehr Meinung als TV-Sender, Rundfunkstationen oder die Fachpresse zusammen. Nicht immer gefällt uns, was wir sehen und lesen, nicht immer entspricht es der Wahrheit, doch Social Media ist einfach mehr als purer Beitragskonsum. Es ist Entertainment, Konversation, Spaß, Diskussion und jede Menge Imagebildung und auch Kommerz. In Kap. 1 möchte ich auf die Bedeutung der Sozialen Netzwerke eingehen. Fast 2,5 Mrd. Menschen auf der Welt nutzen Facebook, 1 Milliarde ist bei Instagram registriert und 1,6 Mrd. User tauschen sich über WhatsApp aus [1]. Allein diese drei Zahlen demonstrieren die Medienmacht von Social Media, dabei beleuchten sie doch nur das Mark-Zuckerberg-Imperium, zu dem man noch den hauseigenen ­ Facebook Messenger mit 1,3 Mrd. Usern zählen muss. Social Media ist zu einem weltumgreifenden Medienphänomen geworden, das von ein paar großen (meist) amerikanischen Playern dominiert wird. Trotz aller Kritik bezüglich Dominanz, Meinungsbildung, Hetze und Manipulation geht der Siegeszug weiter und holt auch sukzessive die ein, die sich bisher noch verweigert haben. Der Paradigmenwechsel von © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_1

1

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der Dominanz der klassischen hin zu den mobilen, sozialen Medien, hat auch einen entscheidenden Einfluss auf die Menschen selbst. Ein Starkult vergangener Tage hat sich in die Fläche ausgerollt. Mittlerweile kann jeder Mensch ein Superstar sein, sofern er ein paar gute Ideen hat und den Mut aufbringt, sich in Social Media zu präsentieren. TV-Auftritte, Klatschblätter und Radio-Promotion sind Schnee von gestern. Likes, Kommentare und Klicks sind die neue Währung für Sponsorenverträge. Wunderbar zu sehen am Weltfußballer Christiano Ronaldo, der mit seinen Instagram-Postings im Jahr 2018 43 Mio. Euro eingenommen hat. Bei Juventus Turin musste er sich dagegen mit einem Jahresgehalt von 30,5 Mio. Euro zufriedengeben [2]. Von daher sollte man sich über die Allüren mancher Influencer nicht gleich wundern, sondern mit den Forderungen von TV-Stationen oder Tageszeitungen vergleichen. Doch Social Media hat nicht nur den Menschen neue Möglichkeiten der Selbstdarstellung und Verwirklichung offeriert, sondern auch den Unternehmen ein ganzes Potpourri an neuen Werkzeugen an die Hand gegeben. Einige Marktakteure fühlen sich dabei schon sichtlich wohl und spielen die Klaviatur des Social-MediaMarketings auf Facebook und Instagram. Andere zögern noch und sehen wenig Bedeutung in Beiträgen, die nach wenigen Minuten schon wieder Geschichte sind. Und die Profis sind immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Netzwerken, um First-Mover-Vorteile auszunutzen. Grundsätzlich lässt sich die Bedeutung der Sozialen Medien für den Tourismus nicht wegdiskutieren, liegen die Chancen und Potenziale doch auf der Hand. Markenbekanntheit steigern Jedes Hotel und jede Destination ist gleichzeitig auch eine Marke, die geführt und repräsentiert werden sollte wie BMW, Coca-Cola oder Lufthansa. Dank der Sozialen Medien ist die budgetäre Lücke zwischen den Giganten und Zwergen deutlich geschrumpft. Kreative Redaktion ist zwar nicht umsonst zu haben, aber doch bezahlbar. Wirksame Kampagnen gibt es nicht für lau, doch immerhin im ­„Do-it-yourself“-Verfahren für ein paar Hundert Euro. Und direkter Austausch zwischen Absender und Empfänger ist zwar zeitintensiv, aber die eindeutige Kernkompetenz der Tourismusindustrie. Im Social Web

1  Warum überhaupt Social Media?     3

lässt sich eine Marke konsequent strategisch, aber auch impulsiv und kreativ auf- und ausbauen. Schnell wird man merken, dass man mit dem bisherigen Budget deutlich mehr Menschen erreicht und Interaktionen erzielt, als mit den bisherigen Broschüren und Werbeanzeigen. Und zwar weltweit, mit ein paar Klicks. Imagepflege betreiben Den aktuellen Urlaub bis zum nächsten Besuch verlängern. So in etwa lautet die Zielsetzung im After-Sales-Marketing für den Touristiker. Schließlich gilt es, den Einmalbesucher zum Stammgast zu konvertieren. Über Soziale Netzwerke schafft man Erinnerungen und hält Verbindungen aufrecht. Persönlich und nah, von Mensch zu Mensch und nicht anonym als inhaltsleere Institution. Durch die Individualität der Inhalte und Botschaften zeigt man zudem, wie wichtig einem der Gast ist. Man pflegt das eigene Image und bringt dem User eine Wertschätzung entgegen, um den größten Zauber des ­Social-Media-Marketings zu entfachen: die Empfehlung. Marktforschung Wer sind meine Gäste, wo kommen sie her, wer interessiert sich für mein Angebot und welche Dinge lassen sich verbessern? All diese Fragen ließen sich früher durch teure Marktforschungen herausarbeiten. Dafür braucht es heute nur einen Facebook-Markenauftritt, denn Angaben zur Demografie und User-Aktivität lassen sich in Echtzeit und ohne Mehrkosten in den Facebook Insights ablesen. Ob ein Angebot gefällt oder ein Werbemotiv erfolgreich sein kann, lässt sich im ­Live-Test anhand der Interaktionen unter einem Posting beurteilen. Kommt etwas nicht gut an, erfährt man das in der Regel auch. Doch das ist immer noch besser, als wenn Kritik anonym im Netz geäußert wird und man keine direkte Chance auf eine gebührende Response hat. Dialog Social Media ist keine Einbahnstraße, sondern ein immerwährender Dialog. Ein Posting sollte auch nicht einfach nur eingestellt werden, sondern immer eine Aufforderung zur Reaktion beinhalten. Ob das ein „Gefällt mir“ oder ein persönlicher Kommentar ist. Gleichfalls bieten

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Messenger-Dienste wie WhatsApp, Instagram Messenger oder der Facebook Messenger ideale Plattformen an, um direkt mit Gästen in Kontakt zu treten. Damit wandert das stationäre Verkaufsgespräch allmählich in die digitale Welt. Lernen von der Konkurrenz Benchmarks ist das große Thema in Social Media, denn natürlich muss man das Rad nicht immer neu erfinden, wenn es um den Einsatz erfolgreicher Mechanismen geht, die bereits Mitbewerber ausprobiert haben. Dabei geht es weniger um Plagiatismus, als vielmehr darum, von den Besten der Branche zu lernen und es anschließend auf die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Wettbewerbsbeobachtung oder auch Benchmarking geht zudem schnell und einfach, da die redaktionellen Inhalte nur einen Klick vom eigenen Auftritt entfernt sind. In der Regel sieht man recht transparent, wie Inhalte bei Usern ankommen, wobei man nicht immer zwischen organisch getriebener und bezahlter Interaktion unterscheiden kann. Mitarbeiter finden Imagepflege funktioniert nicht nur in Richtung Gäste, sondern hat immer auch Abstrahlungseffekte auf eigene und potenzielle Mitarbeiter. Mittlerweile ist der gesamte Arbeitsmarkt in die digitalen Medien gewandert und Anzeigen in klassischen Zeitungen haben nahezu ausgedient. Doch es sind weniger die Plattformen, die dazugewinnen, als vielmehr Business-Netzwerke wie XING und LinkedIn. Hier wird nach qualifiziertem Personal geschaut, hier wird mächtig Werbung für die Attraktivität des eigenen Unternehmens gemacht. Und hier werden Empfehlungen ausgesprochen und weitergegeben. Doch auch „Klassiker“ wie Facebook oder Instagram runden das Gesamtbild für einen potenziellen Kandidaten ab, der heute die Qual der Wahl zwischen unzähligen Angeboten in Feriendestinationen hat. Mobile stattfinden Social Media ist mobile und mobile ist unsere Welt. Dieser Kreislauf des Medienkonsums ist nicht zu unterschätzen, denn während klassische Medien an Werbewirkung verlieren, gewinnen Kampagnen,

1  Warum überhaupt Social Media?     5

die auf den mobilen Endgeräten ihrer Zielgruppen stattfinden. Nur im endlosen Feed der Social Networks hat man heute noch Chancen wahrgenommen zu werden, denn der Free-TV-Konsum ist längst im Sinkflug, um den Zeitungen und Zeitschriften zu folgen. Immer mehr Werbekampagnen werden sogar Social-First entwickelt, um anschließend in klassische Kanäle oder den Point-of-Sale übertragen zu werden. Während noch vor wenigen Jahren Social Media als unwichtiges Bonus-Material ergänzt wurde, ist die Disziplin heute der wegweisende Gradmesser, der über Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne entscheiden kann. Abschlüsse machen Der Aspekt, der beim Social-Media-Marketing im Tourismus am meisten unterschätzt wird, ist die Generierung von Direktbuchungen. Vielmehr wird Facebook & Co immer noch als Imageplattform betrachtet, die für Entertainment beim User sorgen soll. Dabei ist die eigene Buchungsstrecke nur einen Klick entfernt und sowohl in redaktionelle Inhalte wie auch in Anzeigen integrierbar. Zudem gibt es Netzwerke wie Pinterest, die als Suchmaschine künftiger Reiseplanungen ideal für Website-Traffic und damit auch Buchungen fungieren. Surfen und E-Commerce werden spätestens mit der Corona-Krise zur Selbstverständlichkeit und dem stationären Handel den Rang ablaufen. Auch werden Beruf und Freizeit und damit auch die Freizeitplanung stärker ineinander übergehen. Alles kann zur gleichen Zeit passieren. Das Arbeiten und das private Surfen. Das Inspirieren und das Buchen. Gerade die Hotellerie sollte ihr Augenmerk viel stärker auf die steigende Abschlussbereitschaft via Social Media richten, denn letztlich schrumpft der eigene Profit, wenn die Buchung über Expedia & Co verläuft. Dabei ist der Prozess einer Buchung über die Sozialen Medien kein reiner „Klick-Vorgang“, sondern deutlich vielschichtiger angelegt. Es geht schließlich um Empfehlungen und deren Verbreitung. Durch Gäste, Mitarbeiter, Influencer, den eigenen Content und den direkten Dialog. Die folgenden Kapitel dieses Buches beleuchten die Facetten von Empfehlungsmarketing über Soziale Netzwerke. Sie zeigen auf, wie man die einzelnen Multiplikatoren motiviert, Inhalte zu teilen oder selbst zu produzieren. Sie beleuchten die wichtigsten Netzwerke mit

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ihren Stärken, Schwächen und Möglichkeiten und verschaffen einen Überblick über die aktuelle Social-Media-Landschaft. Immer mit dem Ziel zu inspirieren und den einen oder anderen Tipp zu geben, mehr aus den aktuellen Aktivitäten herauszuholen. Kap. 1: Key Takeaways 1. Die Sozialen Medien sind für den Tourismus mittlerweile bedeutender und performanter als klassische Medien wie Printanzeigen, Kataloge oder Großflächen-Plakate. 2. Werbekampagnen werden heutzutage Social First gedacht und müssen für mobile Endgeräte optimiert sein. 3. Social Media dient nicht nur dem Image-Aufbau, sondern wird immer bedeutender für den Abverkauf.

Literatur 1. Rabe, L. (2020): Ranking der größten Sozialen Netzwerke und Messenger nach der Anzahl der monatlich aktiven Nutzer im Januar 2020 (24.02.2020). Statista. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/181086/ umfrage/die-weltweit-groessten-social-networks-nach-anzahl-der-user/ Zugegriffen: 12.05.2020 2. Sport1.de (2019): Ronaldo Kohle-König bei Instagram (19.10.2019). Sport1. https://www.sport1.de/internationaler-fussball/serie-a/2019/10/seriea-cristiano-ronaldo-verdient-mit-instagram-mehr-als-bei-juve Zugegriffen am 12.05.2020

2 Social Media zur Steigerung der Direktbuchungen

Zusammenfassung  Die Abhängigkeit von Buchungsmaschinen wie Expedia, HRS oder Booking.com wird immer größer. Was für kleine, unbekannte Hotels am Anfang ein Segen ist, wird schnell zum Profitfresser und setzt einen Kreislauf in Gang, der kaum noch zu stoppen ist. Direktbuchungen sind der Schlüssel zum Erfolg, die im Kopf und „Surfverhalten“ des Internetnutzers entschieden werden. Denn bei der Urlaubsplanung stellt sich jeder Gast seine individuelle ­„Best-of-Playlist“ zusammen und kürt am Ende sein favorisiertes Reiseziel. Wie und warum touristische Anbieter auf diese Playlist des Users gelangen sollten, davon handelt Kap. 2.

2.1 Direktbuchungen und ihre Bedeutung Ein Online-Duopol aus Expedia und Booking.com dominiert aktuell den Reisemarkt, bestimmt die Konditionen für Hotels und steuert das Buchungsverhalten der Gäste. Fast jede zweite Hotelzimmerbuchung geschieht mittlerweile über eine der großen Online-Plattformen [1]. Dabei ist der Deal ein wahrer Teufelskreislauf, da nicht © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_2

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nur das margenschwache Übernachtungsbusiness um weitere 15–25 % geschmälert wird, sondern durch die Provisionen zusätzlich ein dickes Marketingbudget für die Buchungsplattformen entsteht. Die Folge: Alle ­Top-Platzierungen bei Suchmaschinen wie Google werden unter Booking.com, Expedia, HRS und Tripadvisor aufgeteilt, so dass für ambitionierte Hotels meist nur die zweite Seite bleibt. Doch da ist der unentschlossene User meist schon weg und bekommt vermeintlich „neutrale“ Angebote in vordiktierter Reihenfolge ausgespielt. Bei seiner nächsten Reise braucht er übrigens nicht mal mehr die Suchmaschine aufrufen, da der tägliche Newsletter- und Retargeting-Kreislauf aus Displayanzeigen längst in Kraft gesetzt wurde. Mag sein, dass es für manch kleines, unbekanntes Hotel ein Segen ist, in der gigantischen Hotelsuchmaschine von booking.com aufzutauchen. Jedoch führt eine allzu große Abhängigkeit schnell auch in den Ruin. Denn fehlende Marge heißt auch fehlendes Investment in Manpower und Renovierungsarbeiten. Der Schlüssel zum Erfolg heißt also lapidar: Der Anteil an Direktbuchungen muss erhöht werden. In der Tat wird dieser Fakt von so manchem Hotelier erkannt und stolz darüber berichtet, wie wichtig doch die Stammgäste für das eigene Haus sind. Wie gerne sie ganz altmodisch die Buchung telefonisch durchführen oder ganz bizarr, sogar ein Fax versenden. Das ist großartig, denke ich mir. Dann nutzt dieses Potenzial an „Super-Fans“ oder eben Super-Gästen und macht sie zu euren Botschaftern. Pflegt eure treuen Kontakte, macht den Aufenthalt so einmalig wie möglich, bleibt mit ihnen in Verbindung, sendet die richtigen Grußbotschaften und Impulse und gebt ihnen die Möglichkeit, Inhalte zu teilen. Und das geht über Fax und Mail nun mal bedingt, aber über Social Media ohne Aufwand und Geschick. Macht es ihnen so einfach wie möglich, über einen grandiosen Aufenthalt zu berichten. Bietet Content an, der begeistert und „teilbar“ ist und belohnt sie für ihr Teilen, Liken und Kommentieren, denn sie bringen vielleicht die nächste Direktbuchung. Ob sich dadurch die Online-Reisebüros ganz abschalten lassen, bleibt zu verneinen. Es wird immer wieder Zeiten geben, wo es Sinn macht, Kontingente über Expedia & Co anzubieten. Auch sollte man die Bewertungen in diesen Portalen (allem voran Tripadvisor) ernstnehmen und aktiv daran

2  Social Media zur Steigerung der Direktbuchungen     9

t­eilnehmen bzw. diese kommentieren. Aber man sollte sich allmählich von der Abhängigkeit lösen und selbst Medium, Gestalter und Hüter der Inhalte werden.

2.2 Das Relevant Set des Verbrauchers Die Entscheidungssituation für eine Reise ist durchaus vergleichbar mit einem mittelgroßen Agentur-Pitch in der Werbebranche, wie ich ihn oft genug erlebt habe. Ein werbetreibendes Unternehmen erstellt eine „Shortlist“ an Agenturen, die entweder säuberlich im Netz recherchiert wurden oder bereits im Kopf des Marketing-Entscheiders vorhanden sind. Das Ziel für eine Agentur ist es nun, auf diese Liste von 4–5 ernsthaften Kandidaten zu gelangen, um am Ende das Rennen um den Werbe-Etat zu gewinnen. Dafür macht man das ganze Jahr über harte Pressearbeit und Networking, hält Vorträge und organisiert Workshops. Nur um ins Relevant Set des Entscheiders zu gelangen, da man ansonsten perspektivisch von der Agenturlandkarte verschwinden wird. Ähnlich ist es bei der Urlaubsplanung, denn mehr als 4–5 mögliche Destinationen kommen für den Reisenden nicht infrage, da die meisten Gäste bereits eine Vorauswahl getroffen haben, die sich über einen längeren Zeitraum sukzessive aufbaut. Man liest einen Artikel, hört Geschichten von Bekannten, sammelt Bilder in kleinen Alben und sucht nach Inspirationen. Und zwar digital, über Blogs, Soziale Netzwerke und Suchmaschinen. Wenn man in diesem Prozess bisher nicht stattgefunden hat, wird man es als Außenseiter schwer haben, gegen dieses Manifest an gebildeter Entscheidungsmatrix anzukommen. Folglich braucht es eine konstant herausragende Arbeit, Visibilität und Begehrlichkeit, um im entscheidenden Moment die Nachbarregion auszustechen. Etwas komplexer erscheint die Situation bei den Unterkünften, da hier i. d. R. zunächst der Pitch um die Destination entschieden werden muss. Danach folgt eine Art Zwischenspiel um Art und Form der Unterbringung (z. B. Hotel, Ferienwohnung, Airbnb, Camper, Zelt), bevor dann Preisstufe, Sternekategorie und Erlebnisfaktor überhaupt eine Rolle spielen. Am Ende dieses Prozesses befinden wir uns auch im Hotelsegment wieder in unserem beliebten

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„­Club-of-Five“, in den man unbedingt rein muss, um überhaupt gewinnen zu können. Doch die Tür ist hart, da der Wettbewerb groß und der Auftritt oft austauschbar ist. Vor allem wenn man in einer langen Liste von Wettbewerbern bei Booking.com erscheint und auf den besten Plätzen bereits das Handtuch der zahlenden Kundschaft ausliegt. Genau diese Beliebigkeit und Listenansicht gilt es zu bekämpfen. Mit allen Mitteln, denn in so einen Pitch kann man sich durch überzeugende Arbeit hineinzwingen. Und mit noch mehr Herzblut und originellen Ideen kann man ihn sogar gewinnen bzw. erst gar nicht stattfinden lassen. Die besten Kunden, Gäste und Partnerschaften sind stets jene, die man ohne Konkurrenzkampf bereits im Vorfeld für sich entscheiden konnte. Die folgenden Kapitel und Fallbeispiele sollen Anregungen und Impulse geben, wie man über Empfehlungen und mehr Sichtbarkeit in Social Media ins Relevant Set der Gäste kommt. Kap. 2: Key Takeaways 1. Hotels und Destinationen sollten sich von der Abhängigkeit der Onlinebuchungsplattformen lösen. 2. Direktbuchungen sind der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg. 3. Durch außergewöhnliche Inhalte, die „like-bar“, teilbar und „pin-bar“ sind, schafft man es in die Köpfe der Verbraucher.

Literatur 1. Paulsen, N., Kinne, L. 2020: Digitaler Tourismus (02.03.2020): Bitkom: https://bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitaler-Tourismus-2020-Sosmart-reisen-die-Deutschen Zugegriffen: 27.04.2020

3 Die Bedeutung von Empfehlungsmarketing

Zusammenfassung  Kein Medium ist in seiner Außenwirkung stärker einzuschätzen, als die persönliche Empfehlung durch einen Freund oder Bekannten. Genau hier bildet Social Media ein breites Spektrum an Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch an. Kap. 3 appelliert an die Bedeutung des Empfehlungsmarketings und zeigt Möglichkeiten auf, mehr Empfehlungen für die eigene Marke zu erhalten. Empfehlungen sind das höchste Gut in der Geschäftswelt, und zwar branchenübergreifend. Man kann noch so viele Werbe-Euros in klassische wie digitale Werbung stecken, nichts ersetzt ein weitergegebenes persönliches Erlebnis. Dabei steht und fällt der Wirkungsgrad mit der Glaubwürdigkeit des Absenders. Ist man selbst Verfasser der Botschaft, dann ist eine gewisse Interessengebundenheit nicht zu leugnen, auch wenn es löblich ist, vom eigenen Angebot überzeugt zu sein. Dennoch wird die Botschaft schnell als Werbung eingestuft und man ist als User zunächst skeptisch und vergleicht. Um emotional direkt zu punkten, braucht man einen vermeintlich neutralen Botschafter. Das sind im Idealfall die eigenen Gäste, die ihre positiven Eindrücke und Erlebnisse in ihre jeweiligen Wirkungskreise hineintragen. Es können aber auch die Mitarbeiter sein, die © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_3

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über das berichten, was sie jeden Tag bewegt und motiviert. Oder aber Influencer, Blogger und Fotografen, die es gewohnt sind, Landschaften, Unterkünfte und Erlebnisse perfekt in Szene zu setzen, um ein großes Publikum zu begeistern. Insbesondere der Einfluss von sogenannten Influencern wird für die Reisebranche immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt des Empfehlungsmarketings. Laut einer BVDW-Studie [1] von 2019 in der 1000 Deutsche zwischen 16 und 64 Jahren befragt wurden, hat fast jeder Zweite (43 %) angegeben, schon einmal ein Produkt durch Influencer-Werbung gekauft zu haben. 2017 lag der Wert noch bei 16 %. (Siehe Abb. 3.1). Der Einfluss wächst also enorm, was zu einer erheblichen Marktspreizung geführt hat. Das Angebot an Instagram-Bloggern scheint sich jedes Jahr zu verzehnfachen und reicht von großen Macro- bis hin zu kleinen Nano-Influencern, die sich anhand ihrer Followerzahlen unterscheiden. Instagram scheint dabei zum einzigen Gradmesser eines ganzen Industriezweiges geworden zu sein, was aus meiner Sicht viel zu kurzsichtig betrachtet ist. Noch höher als die Meinung von halb- oder vollprofessionellen Meinungsbildnern ist die Empfehlung eines persönlichen Bekannten einzustufen, wo nach einer Studie von Nielsen Global Survey [2] aus dem Jahr 2015 immerhin 78 % der

Abb. 3.1  Produktkauf durch Influencer Marketing. (Quelle: BVDW 2019)

3  Die Bedeutung von Empfehlungsmarketing     13

Befragten angaben, dass dies die Werbeform ist, der sie am meisten Vertrauen schenken. Das ist auch nachvollziehbar, denn Freunde und Bekannte haben in der Regel kein persönliches Interesse, Werbung für ein Hotel oder eine Destination zu machen, außer es gefällt ihnen wirklich gut. Genau dieses Erlebnis gilt es dem Gast zu verschaffen, samt den Möglichkeiten, es auf den eigenen Social-Media-Kanälen zu verbreiten. Mir hat mal ein Hotelier erzählt, dass er den besten Beruf der Welt hat. Einfach aus dem Grund, weil seine Kunden (Gäste) stets mit einem Lächeln der Vorfreude zu ihm kommen. In dem Moment, wo sie im Internet auf „Buchen“ geklickt haben, beginnt bereits die Reise und man braucht als Gastgeber den Urlauber „einfach“ nur an die Hand nehmen und ihm eine tolle Zeit bescheren. „In welcher Branche gibt es das sonst noch?“ war seine Frage und ich musste lange nachdenken, bis ich zu dem Schluss kam, dass Hoteliers wohl kleine Rockstars sind. Natürlich ist der Job eines Hotel-Managers und seines Teams nicht so trivial, doch lässt sich relativ schnell erkennen, wer sein Handwerk mit Leib, Seele und ganz viel Herzblut ausübt. Denn Gäste haben nun mal enorme Ansprüche an die „schönsten“ Wochen des Jahres und wenn schon mal das Wetter nicht mitspielt, dann kommt der Unterkunft bzw. Vielfalt der Region eine enorme Bedeutung zu. Schließlich können negative Empfehlungen auf Bewertungsportalen schnell zum Bumerang werden und Gäste fernhalten. Eine Tripadvisor-Studie [3] von 2019 zeigt, dass Online-Bewertungen für Verbraucher weiterhin vertrauenswürdige Informationsquellen bei der Reisebuchung sind. 85 % vertrauen ihrer Buchung mehr, wenn sie vorher Rezensionen gelesen haben. 79 % tendieren dazu, das Hotel mit der höheren Anzahl an Bewertungspunkten zu buchen, wenn sie zwischen zwei qualitativ identischen Betrieben wählen können. Und 85 % der 23.000 befragten Tripadvisor User gaben sogar an, dass die Bewertungen, die sie zu Hotels, Restaurants und Attraktionen auf Tripadvisor lesen, ihre eigenen Erfahrungen sehr genau widerspiegeln würden. Das ist ein enormer Wert, der entweder dafürspricht, dass die meisten Reviews authentisch sind oder aber, dass man sich gerne von den Meinungen anderer beeinflussen lässt und am Ende mit einem Nicken quittiert,

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bzw. gar nicht erst zur Buchung schreitet. Eine enorme Macht, die die Plattform Tripadvisor für sich okkupiert, zumal sie selbst Reisen, Hotels und A ­ usflüge vermittelt. Einzig der großangekündigte Schritt zum Social Network ist Stand 2020 noch ein kleiner Rohrkrepierer, den man dennoch nicht unterschätzen sollte. Für die Hotellerie ist die Bewertungsplattform jedenfalls ein Marktteilnehmer, den man ernst nehmen muss, der nicht verschwinden wird, sondern sogar enormes Potenzial zur Selbstdarstellung bietet. Bei meinen Interviews mit Hotelmanagern wird bei der Erwähnung von Plattformen wie Tripadvisor schnell die Nase gerümpft und auf sich beschwerende Gäste verwiesen, die bei fehlendem Upgrade mit schlechter Bewertung drohen. Man mag sich so gar nicht daran gewöhnen, dass dank Social Media der Kunde bzw. Gast plötzlich eine relevante Stimme bekommen hat. Und zwar eine die lauter ist, als so mancher Werbespot. Natürlich gibt es schwarze Schafe, die ihre neue Macht des Volkes gerne ausnutzen, um sich Vorteile zu verschaffen. Wenn man jedoch einen guten Job macht, sein Publikum kennt und ein individuelles Erlebnis bietet, dann wird es auch positive Empfehlungen geben.

3.1 Techniken des Empfehlungsmarketings 3.1.1 Selbst Empfehlungen aussprechen Wer weiterempfohlen werden möchte, sollte mit gutem Beispiel vorangehen und selbst gute Tipps an Gäste weitergeben. Mich hat es jedenfalls immer beeindruckt, wenn ein Hotelier mit eigenem Restaurant, auch Wettbewerber in der unmittelbaren Umgebung empfohlen hat. Das zeugt von Souveränität und zeigt Expertenwissen. Zudem löst man dadurch im besten Fall sogar eine Rückempfehlung des Empfohlenen aus. Man bekommt ein Gespür dafür, wie Ratschläge angenommen werden und kann Gäste in einem zweiten Schritt subtil um die eigene Empfehlung bitten.

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3.1.2 Die Verabschiedung mit einer Empfehlung verbinden Das Abschlussgespräch ist im Hotel meist mit dem Check-out und Bezahlvorgang verbunden, was nicht zwangsläufig das Highlight des gesamten Urlaubes darstellt. Hier gilt es für das Hotelpersonal nochmals emotional das Erlebnis Revue passieren zu lassen und ggf. mit einem Abschiedsgeschenk zu versüßen. Beste Gelegenheit für einen Hinweis der Weiterempfehlung im Freundes- und Bekanntenkreis bzw. einem Beitrag auf Social Media. Mit dem Hinweis auf den eigenen Hashtag und der Verlinkung via @-Symbol, könnte man daraus auch ein Gewinnspiel machen, mit der Chance auf Vergünstigungen und Extras beim nächsten Besuch. So kann man am Ende einer Reise bereits Vorfreude auf den nächsten Urlaub erzeugen.

3.1.3 Storytelling betreiben In jeder Region und in jedem Hotel passieren außergewöhnliche Dinge und Geschichten. Ob es der Filmdreh für einen Hollywood-Blockbuster ist oder die Familiendynastie, die schon seit 5 Generationen im immer gleichen Zimmer residiert. Das ist exakt der Stoff aus dem Geschichten sind, die man den Gästen erzählen sollte. So etwas bleibt im Gedächtnis haften, auch wenn man es selbst nicht miterlebt hat. Aber man war da, genau an diesem Ort und hat selbst wieder eine spannende Story, die man im Bekanntenkreis zum Besten geben kann.

3.1.4 Freunde und Bekannte in das Angebot integrieren Schriftverkehr per E-Mail oder Messenger findet sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang einer Reise statt. In der Regel werden hier „nur“ die Parameter des Aufenthalts zusammengefasst und als Voucher oder Rechnung versendet. Dabei besteht hier eine ideale Chance, das Angebot für Freunde oder Verwandte des Gastes zu erweitern. Unter

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dem Motto: Das zweite Zimmer gibt es für X % günstiger. Durch derlei Angebote lassen sich neue Zielgruppen für das Hotel gewinnen. Übrigens ein Mechanismus, der auch für Regionen anzuwenden ist.

3.1.5 Gäste zu Werbeträgern machen Viele Unterkünfte, Eventanbieter oder Regionen verkaufen mittlerweile fleißig Merchandising-Artikel, die als Werbeträger in die Wirkungskreise der Gäste und Kunden hineingetragen werden. Wer noch kein Geld für Fanartikel nehmen kann, der sollte trotzdem überlegen, ob es nicht ein Abschiedsgeschenk mit dem Aufdruck des Hotels gibt, das über eine höhere Halbwertzeit verfügt, als eine Dose Pfefferminzbonbons. Denn solch ein Werbeartikel erinnert nicht nur den Gast an seine mögliche Wiederkehr, sondern inspiriert im Zweifel auch Freunde und Bekannte, die mit dem Produkt in Verbindung kommen. Zudem bieten Werbeartikel immer eine gute Möglichkeit für einen Schnappschuss, den man anschließend auf Facebook und Instagram hochladen kann. So kann eine Badeente schon mal zum Social-Media-Star werden.

3.1.6 Gäste zum Testimonial machen Unter dem Hashtag der Ferienregion oder des Hotels finden sich in der Regel jede Menge Posts, die ohne jegliche Aufforderung entstanden sind. Genau hier kann man ansetzen und den begeisterten Gast anfragen, ob er oder sie nicht Lust hätte, einen Erfahrungsbericht auf Facebook, Tripadvisor oder gar dem eigenen Blog zu schreiben. Das kann man sogar mit einem Angebot für einen weiteren Aufenthalt verknüpfen und eine „Win-win-Situation“ kreieren. Der Gast fühlt sich geehrt und erhält ggf. eine Vergünstigung. Das Hotel oder die Destination freut sich über einen wiederkehrenden Gast und bekommt kostenlosen, authentischen Content.

3  Die Bedeutung von Empfehlungsmarketing     17

3.1.7 Netzwerke aufbauen und nutzen Empfehlungen beziehen sich nicht nur auf den direkten Kontakt zwischen dem Hotel oder der Destination und dem Gast, sondern können auch innerhalb von Netzwerken fließen. Dazu zählen sowohl klassische Vereinigungen wie Marketing- oder City-Clubs aber auch digitale Business-Netzwerke wie XING oder LinkedIn. In der Regel findet hier ein Austausch auf Augenhöhe mit Partnern, aber auch Wettbewerbern statt, die durchaus Multiplikatoren für das eigene Angebot sein können. Man hilft und empfiehlt sich gegenseitig, um gemeinsam mehr Umsatz bzw. Gäste zu generieren. Zudem lernt man auf derlei Veranstaltungen bzw. Austauschplattformen viel über die Anforderungen der anderen Marktteilnehmer kennen. Eine Hotelmanagerin erzählte mir mal, dass sie immer auf Modenschauen in der Region fahre, mit dem Ziel in entspannter Atmosphäre Werbung für ihr Luxushotel zu machen. Netzwerken muss also nicht in thematisch starren Veranstaltungsmustern ablaufen, sondern sollte bewusst über den eigenen Tellerrand hinausschauen.

3.1.8 Dankbarkeit zeigen Viele Empfehlungen werden auch ohne Aufforderung erteilt und geschrieben. Man liest eine positive Bewertung auf Tripadvisor oder Facebook. Man freut sich über ein schönes Bild unter dem eigenen Hashtag auf Instagram oder Pinterest. Diese Freude gilt es in Form eines Kommentars oder Likes zu zeigen. Noch besser: Man teilt gar diesen Beitrag (nach vorheriger Genehmigung) in das eigene Netzwerk, denn Gäste freuen sich in der Regel über Feedback und sind stolz, wenn ihr Beitrag positiv respondiert wird. Dadurch lässt sich ganz schnell eine Spirale des Empfehlungsmarketings lostreten.

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3.1.9 Empfehler markieren Wenn wir darüber philosophieren, wie wichtig doch Empfehlungen und die Personen sind, die sie aussprechen, dann sollte man sich auch Gedanken machen, wie man sich diese Multiplikatoren merkt. Dazu reicht zunächst eine Notiz in der Datenbank, um ggf. besondere Werbeaktivitäten auf diese Person auszurichten. Vielleicht gibt es aber auch beim nächsten Besuch ein kleines Goodie auf dem Zimmer. Oder man nutzt diese Empfehler gezielt als Marketing-Persona, um gleichgesinnte Zielgruppen zu formen und anzusprechen. Denn genau diesen Gast gilt es im positiven Sinne zu klonen.

3.1.10 Gäste in Expertenrolle versetzen Nicht nur der Gastgeber kann die Expertenrolle einnehmen. Man kann sie auch ganz galant dem Gast zuspielen, indem man seine Vorlieben, Vorschläge und Aktivitäten als wegweisend quittiert und ihm eine Kennerschaft attestiert. So etwas passiert in der Regel in Restaurants oder Boutiquen, wenn der geschulte Verkäufer dem Kunden eine exzellente Auswahl bestätigt. Unter dem Motto: „Da haben Sie aber wirklich das beste Menü der Speisekarte gewählt“, fühlt man sich als Gast direkt gehoben und gibt den eigenen Geschmack gern als Empfehlung weiter. Kap. 3: Key Takeaways 1. Persönliche Empfehlungen haben die höchste Bedeutung für Buchungsabschlüsse. 2. Nur wer selbst die Klaviatur des Empfehlungsmarketings beherrscht, wird entsprechende Empfehlungen erhalten. 3. Tripadvisor fungiert aktuell als wichtigstes Sammelbecken für Empfehlungsmarketing im Tourismus.

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Literatur 1. BVDW (2019): Digitale Trends Umfrage zum Umgang mit Influencern: Umfrage zum Umgang mit Influencern 04.04.2019. Bundesverband Digitale Wirtschaft https://www.bvdw.org/fileadmin/user_ upload/190404_IM_Studie_BVDW_2019.pdf Zugegriffen: 27.04.2020 2. Nielsen (2015): Die beste Werbung machen Freunde und Bekannte (05.10.2015). Nielsen. https://www.nielsen.com/de/de/insights/ report/2015/trust-in-advertising/ Zugegriffen am 27.04.2020 3. Tripadvisor (2019): The Power of Reviews (2019). Tripadvisor. https:// www.Tripadvisor.de/ExperiencesInsights/e35840 Zugegriffen: 27.04.2020

4 Empfehlungen durch individuelle Erlebnisse

Zusammenfassung   Individualisierung ist der Megatrend mit dem größten Einfluss auf touristische Dienstleistungen. Jeder Gast möchte etwas Besonderes erleben und weitergeben können, denn nur Einmaliges bleibt in unserer Medienflut noch im Gedächtnis haften. Der Pauschaltourismus wird es hingegen zunehmend schwerhaben im Kampf um eine zahlungskräftige junge Zielgruppe. Wie Hotels und Regionen diesen Trend für sich okkupieren können, davon handelt das Kap. 4. Individualisierung ist ein Megatrend, der vor allem in Wohlstandsnationen seinen Höhepunkt erreicht hat und perfekt auf die Zielgruppe der Millennials zugeschnitten scheint. So wird die Generation benannt, die im Zeitraum der frühen 1980er bis zu den späten 1990er Jahren geboren wurde und für den Tourismus eine lukrative Zielgruppe geworden ist [1]. Hier sind die neuen „Reichen“, die nicht nur vom Wirtschaftsaufschwung ihrer Eltern profitieren, sondern selbst „krisenfrei“ ihre Gehälter hochverhandelt haben und großen Wert auf Freizeit und Work-Life-Balance legen. Sie sind die erste Generation, die den Faktor Arbeit nicht mehr mit der höchsten Priorität bewertet, sondern ihn eher als Mittel zum Zweck betrachtet, der im Einklang mit der Freizeitgestaltung stehen muss. Folglich stehen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_4

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Erlebnisse im Zusammenhang mit Reisen und Urlauben im Fokus. Dabei spielt der Pauschaltourismus mittlerweile eine untergeordnete Rolle und wird als „Elternurlaub“ abgetan. Man möchte schließlich eigene Erlebnisse kreieren und vor allem inszenieren. Auf Instagram, Facebook und Co. lässt sich die austauschbare Clubanlage schlecht in einen vierzehntägigen Spannungsbogen pressen. Soziale Vergleichsprozesse führen nun mal auch zu Abgrenzung und Individualität, die sich im Anspruch an Urlaubsaktivitäten widerspiegelt. Ob Canyoning, Paragliding oder Trekking. Man möchte seine alltägliche Komfortzone verlassen und möglichst unterhaltsamen Content für Freunde und Follower anbieten. Das zeigt sich auch bei der Wahl der Unterkünfte. Mittelklassehotels und Bettenburgen werden es im Wettbewerb um gutbetuchte Reisende schwer haben. Die Zeiten von „Hauptsache Urlaub“, der günstig und beliebig sein darf, sind grundlegend vorbei. Perspektivisch übrigens auch die Zeit der Billigflüge. Dafür werden nicht nur die Regierungen mit Steuererhebungen und Mindestpreisen sorgen, sondern die Reisenden gleich selbst. Begriffe wie Flugscham sind keine Erfindung der Medien, sondern spiegeln ein verändertes Bewusstsein bei Reisenden wider. Die Bereitschaft, sein schlechtes Gewissen mit einem höheren Preis zu erleichtern, wird steigen. Wenn dafür auf der anderen Seite erneuerbare Energien subventioniert oder Bäume gepflanzt werden. Über diesen Trend werden wir noch später sprechen, bietet er doch ein enormes Differenzierungspotenzial für Hotels und Regionen. Das Ende des austauschbaren Pauschaltourismus war übrigens auch einer der Haupttreiber für den Niedergang des zweitgrößten Reisekonzerns der Welt, Thomas Cook. Unsere heutige Zeit ist auf Veränderungen ausgerichtet, die sich in den letzten 20 Jahren exponentiell beschleunigt haben. Wer zu lange auf bestehende Geschäftsmodelle setzt und hofft, dass es schon wieder wird, den überrollt die Zeit. Ohne Rücksicht auf Verluste. Die Corona-Krise wird den Druck auf Fluggesellschaften und Unterkünfte nicht mindern, denn die Menschen werden ihr Urlaubsdefizit zwar nachholen wollen, aber gezielt und bewusst. Das Thema „Masse“ bezogen auf die Überfüllung von Touristenattraktionen oder auf die Ausrichtung von Hotelburgen, wird an Anziehungskraft deutlich verlieren und Distanz und Gesundheit werden zur neuen Leitwährung.

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4.1 Individualisierung für Hotels Die Klassifizierung in Budget, Mittelklasse und Premium reicht nicht mehr aus, um Gäste in vorgefertigte Schubladen zu stecken. Denn während sich der einstige Low-Budget-Urlauber noch anspruchslos über ein Dach über dem Kopf gefreut hat, checkt er mittlerweile deutlich feudaler bei Airbnb in vermeintlich privater Atmosphäre ein. „Na gut“, könnte man sagen, „dann haben halt die Hostels und Jugendherbergen ein Problem“. Doch das wäre zu kurz gegriffen, denn auch der Mittelklasse-Urlauber residiert lieber in einer 80 m2 großen ­Penthouse-Wohnung als zusammengepresst im Standardzimmer. Und selbst im Premium-Segment gewinnt Airbnb an Bedeutung, denn wer hätte nicht gerne eine eigene Villa mit Pool und Meerblick. Was bleibt da noch an Gegenargumenten für die Hotellerie? Einigen scheint dazu in der Tat nicht viel einzufallen. Andere machen bereits ihr Festgeldkonto locker, um in gigantische Wellness-Oasen zu investieren und ein paar Clevere denken über neue Marketingstrategien nach. Dabei gilt es, sich zunächst auf die eigenen Tugenden zu besinnen und zu überlegen, was denn den Charme eines guten Hotels ausmacht.

4.1.1 Individualisierung durch exzellenten Service In kaum einem echten Airbnb gibt es Frühstück, geschweige denn Halb- oder Vollpension. Niemand bügelt die Garderobe, kümmert sich um Konzertkarten, knetet mal den Rücken durch, faltet die Bettdecke zusammen und mixt noch den berühmten Absacker an der Bar. Und niemand Fremdes schenkt einem dieses Lächeln am Morgen, ist höflich und fragt wie der gestrige Tag war. Niemand hat persönliche Tipps, faltet eine Karte aus und zeigt auf die Attraktionen, die es zu besichtigen gilt. Niemand kennt die Öffnungszeiten des Museums und weiß welche Straßen gesperrt sind. Niemand sagt am Ende, dass es schön war, dass man da war und niemand freut sich, wenn man wiederkommt. Dabei ist das vielleicht das höchste Gut in unserer digitalen, entmenschlichten Welt aus Smartphones, Alexas und

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S­ ocial-Media-Kontakten. Leider wird dieser große Vorteil eines Hotelbetriebs zu selten ausgespielt. Meist findet man derlei Persönlichkeit nur in feinen Boutique Hotels, die individuellen Service zu einer Art Kunstform erklärt haben. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist das Hotel The Omnia in Zermatt. Allein die Ankunft ist ein kleines Spektakel, da man mit dem Elektromobil in eine Art „Batman-Höhle“ gefahren wird und in einem schummrigen Gewölbe erwartungsvoll aussteigt. Anschließend geht es mit dem gläsernen Lift zur Rezeption, wo man vom Hoteldirektor Christian Eckert persönlich begrüßt wird. Es wird bei einem Glas Champagner entspannt über die geplanten Aktivitäten gesprochen, während die Gepäcklogistik und Restaurant-Reservierungen bereits diskret erledigt sind. Der Chef bringt den Gast schließlich persönlich aufs Zimmer und präsentiert sein Hotel, als wäre es sein eigenes Zuhause. Standard für ein Luxushotel? Sicherlich nicht, genauso wie der eigens fürs Haus produzierte Bourbon, der einen echten „Money can´t buy“-Moment kreiert und perfekt in den Facebook-Feed passt. Auch in Sachen individuelles „After-Sales-Erlebnis“ weiß das The Omnia zu begeistern. Jedenfalls werde ich das Paket, mit dem eigens produzierten Parfum-Duft nicht vergessen. Das sind Erinnerungen, die nicht nur im Kopf haften bleiben, sondern auch für Weiterempfehlung und Verbreitung in Sozialen Medien sorgen. (Siehe Abb. 4.1 und 4.2). Ist es leichter im Luxussegment auf individuellen Service zu setzen? Nein. Nur weil ein Gast aufs Portemonnaie schaut, bedeutet es nicht, dass man ihm ein lieblos gestaltetes Zimmer mit muffigem Service anbieten muss. Ein Lächeln am Empfang kostet schließlich nichts, gutes Personal anscheinend schon, wie viele Hotelchefs immer wieder beklagen. Doch sie tun meist zu wenig, um gute Mitarbeiter langfristig an sich zu binden. Wie man ein Team bis in die Haarspitzen motiviert, wie man es über Jahre zusammenhält, wie man es schafft, diese Begeisterung für die Gäste spürbar zu machen, das kann man jeden Tag im Hotel Mama Thresl in Leogang erleben. Die Mitarbeiter nennen sich Brothers und Sistas und sind die ersten Markenbotschafter für ihr Haus, setzen sie doch die Stimmungsmesslatte für ihre Gäste fest. Mit einem gepflegten „Du“ wird man begrüßt und fühlt sich sofort als Teil der Familie, die gemeinsam zu Lounge-Musik im übergreifenden Lobby-, Restaurant- und Barbereich tagtäglich zusammenkommt. Man

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Abb. 4.1  Bourbon als Eigenmarke im Hotel The Omnia in Zermatt. (Quelle: André Gebel)

Abb. 4.2  Parfum als After-Sales-Präsent im Hotel The Omnia, Zermatt. (Quelle: André Gebel)

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spürt, dass sich die eingeschworene Truppe bestens versteht und dieses „Miteinander“ auf die Gäste übertragen wird. Man ist mit den Brothers und Sistas vernetzt über Social Media, im Zimmer liegt ein Jahreskalender mit Fotos der Teammitglieder aus und selbst Sponsoren und Partner wie GoPro oder Fatboy werden wie selbstverständlich ohne aufdringliches Product-Placement integriert. Am Ende des Aufenthaltes bleibt ein seliges Gefühl zurück, eine sorgenfreie Zeit erlebt und viele neue Freunde dazugewonnen zu haben. Nicht die Zweisamkeit auf der Trauminsel, aber sicherlich ein individuelles Erlebnis, das man gerne in die eigenen Netzwerke teilt.

4.1.2 Individualisierung durch die Architektur „Instagrammable Places“, also Orte, die perfekt auf die Anforderungen des Sozialen Netzwerks Instagram zugeschnitten sind, bestimmen die neuesten Ranglisten für Reiseziele auf der ganzen Welt. Das trifft nicht nur auf Länder, Regionen und Plätze zu, sondern immer mehr auch auf Unterkünfte und Hotels. Ist „Glamping“ wirklich cool oder sieht es einfach nur spektakulär auf Instagram aus? Ist Airbnb wirklich komfortabler als ein Hotel oder macht sich das Apartment mit Dachterrasse einfach besser im Facebook-Feed. Schwer zu sagen, doch eins ist sicher: Ohne Ecken und Kanten, die Potenzial für einen Instagramoder Facebook-Post bieten, wird sich kein Reisender die Mühe machen, seinen Aufenthaltsort kostenfrei zu verbreiten. Das scheint vielen Hoteliers bisher egal zu sein, doch das ändert sich schnell, wenn man bedenkt, dass jeder Facebook-Nutzer durchschnittlich 338 Freunde [2] hat. Noch mehr geht auf Instagram, gerade was das Thema Engagement mit Marken angeht, welches auf Instagram zehnmal höher ist als auf Facebook [3]. Posts mit einer Standortangabe erzielen 79 % mehr Engagement als Beiträge ohne. Travel ist dabei die wichtigste Kategorie und inspiriert Nutzer auf der ganzen Welt. Wer nicht auf Social Media stattfindet, der befindet sich perspektivisch im Niemandsland. Das mag für Naturkulissen entspannend klingen, für Hotels ist es jedoch der sichere Tod. Denn Stammkunden-Pools sterben schneller ab, als neue Zielgruppenpotenziale erschlossen werden. Von daher

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wird in wirtschaftlich potenten Regionen wie Südtirol oder im Salzburger Land ordentlich in Wellness-Anlagen investiert. Schnell hat man begriffen, dass der moderne Tourist nicht nur einmal im Jahr verreist und finanziell alles auf eine Karte setzt, sondern gezielt Micro-Moments über das verlängerte Wochenende sucht. Abschalten vom Arbeitsalltag, sich verwöhnen lassen, mental regenerieren, exquisit essen und kreativ auftanken. Das sind Motive, die wichtiger werden und die Ausgabenbereitschaft lockern. Eintausend Euro für ein entspanntes Wochenende? Kein Problem, wenn es sich dabei um ein außergewöhnliches Erlebnis handelt. Natürlich ist es in der Preisklasse nicht mit einer geschlossenen Holzsauna und einem Hallenbad getan. Jacuzzi und Dampfbad sind Trumpf. Dazu gibt es Massagen mit Lotionen aus Biokräutern der Region. Und das Ganze nicht in der Einzahl gedacht, denn gute Unterkünfte haben mittlerweile einen Familien- und Adultbereich wie zum Beispiel das EDELWEISS Salzburg Mountain Resort im Großarltal in Österreich. Bei meinem ersten Besuch im Winter 2019 war das Haus noch im Umbruch zwischen traditioneller Vergangenheit (gehobene Klasse für Familienurlauber) hin zu einem entspannten Luxus-Hotel für Paare und Genießer. Es war interessant zu sehen, wie selbst die Architektur für Widersprüche sorgte. So war die alpenländische Außenfassade kaum für Instagram geeignet, die cool-beleuchtete Bar oder die Ambient-Lights in der Lobby aber schon. Seit dem Sommer 2019 gibt es zudem einen neuen Spa-Bereich, der insgesamt 7 Ebenen abdeckt und aktuell das Nonplusultra der Entspannungsarchitektur darstellt (Siehe Abb. 4.3 und 4.4). Wer also auf der Suche nach Content für seinen Instagram-Account ist, wird im EDELWEISS fündig. Doch derlei Investitionen als platte Machtdemonstration abzutun, wäre in diesem Beispiel falsch. Die Inhaber-Familie Hettegger lebt mit 4 Generationen selbst im Hotel und lädt noch heute zum traditionellen Familienumtrunk in die Lobby. Urgroßeltern, Kinder und Enkelkinder stellen sich in einer persönlichen Ansprache vor, um sich anschließend zum Smalltalk mit alten und neuen Gästen zu vereinen. Ganz persönlich, nah und bereit alles dafür zu tun, eine gemeinsame Vision für das EDELWEISS zu entwickeln. Denn das Haus soll nicht nur den Gästen, sondern auch der Familie gefallen und umgekehrt. Und das ist das Besondere an diesem

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Abb. 4.3  Instagram Hotspot Bar im Hotel Das EDELWEISS, Großarltal. (Quelle: André Gebel)

Abb. 4.4  Instagram Hotspot Spa-Bereich im Hotel Das EDELWEISS, Großarltal. (Quelle: André Gebel)

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­ allbeispiel. Hier entsteht nicht einfach ein weiteres seelenloses LuxusF hotel mit eingebauten Instagram-Hotspots. Hier wird eine Geschichte fortgeschrieben, die auf Tradition und Werten fußt und eine Verbindung zwischen Gast und Familie herstellt. Ganz nebenbei bietet der persönliche Austausch den idealen Nährboden für ein Storytelling, das sich wunderbar in Postings oder Blogbeiträge gießen lässt. So wird dem Gast visueller und inhaltlicher Content geboten, den er durch seine Augen und Ohren erleben und wiedergeben darf. Ein gänzlich anderes Beispiel ist das Hotel The Collectionist im fernen Sydney, Australien. Hier spielt die Familie keine Rolle, denn eingecheckt wird anonym per Smartphone. Und das Zimmer sucht man sich entsprechend der gebuchten Kategorie vor Ort einfach selbst aus. Denn jedes der 39 Zimmer ist individuell von einem australischen Künstler oder Designer gestaltet worden. Von daher hat man die Qual der Wahl zwischen Batman-Höhle, Asia-Tempel oder Graffiti-Walls und ist entsprechend neugierig, wie wohl die anderen Zimmer aussehen, die leider schon belegt waren. „Wähle dein eigenes Abenteuer“ heißt es auf der kunterbunten Website mit dem Hinweis, als Direktbucher Vorteile wie „Late-Check-out“ oder Upgrades zu erhalten. Doch auch der Gegenpol zu „immer anders“ kann als individuelles Erlebnis inszeniert werden. Bestes Beispiel ist das Luxushotel Badrutt´s Palace in St. Moritz, wo Stammgäste ihre Zimmer und Suiten exakt so vorfinden, wie sie sie beim letzten Besuch verlassen haben. Wie das geht? Indem Fotos von der Einrichtung gemacht werden, die die exakte Anordnung der Möbel und Sonderausstattungen dokumentieren. Getreu dem Motto: Willkommen Zuhause, wird dem Gast ein bewusst gelerntes Erlebnis geboten, um die Zeit der Eingewöhnung so kurz wie möglich zu halten. Schließlich zählt jede Urlaubsminute. Allerdings muss man dazusagen, dass das Badrutt´s Palace durch seine ­Palast-Architektur so etwas wie das Wahrzeichen von St. Moritz ist und damit alle Voraussetzungen für einen „Instagrammable-Place“ erfüllt (Siehe Abb. 4.5 und 4.6).

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Abb. 4.5  Eine Ikone in St. Moritz. Das Hotel Badrutt’s Palace. (Quelle: André Gebel)

Abb. 4.6  Zeitlose Raumgestaltung im Badrutt’s Palace in St. Moritz. (Quelle: André Gebel)

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4.1.3 Individualisierung durch Erlebnisse Lässt man den Reisegast lieber seinen Urlaub genießen oder bietet man ein Rahmenprogramm, das keine Wünsche übriglässt. Die Wahrheit liegt zukünftig eindeutig dazwischen, denn Anonymität wird selbst in der pragmatischen Business-Welt keine Wiederholungsbuchung auslösen und Dauerfeuer am Swimmingpool dem Erholungsbedarf unserer lauten Medienwelt nicht mehr gerecht. Vielmehr geht es um die Kreation von außergewöhnlichen Momenten, von Überraschungen, bei denen Destinationen und Hotels perfekt zusammenarbeiten können. Unser ganzes Leben ist durchgetaktet und verplant. Das Internet mit den Sozialen Medien begleitet uns überall und gefühlt ist jede Information immer verfügbar, so dass Überraschungen kaum noch stattfinden. Doch davon sollte man sich als Gastgeber lösen, blockiert es doch den Kreativprozess. Vielmehr ist es der Pol zwischen Micro-Moments und Abenteuern außerhalb der Komfortzone, die uns in ein emotionales Gefühlsbad stürzen. Fangen wir doch mit den kleinen Freuden im Leben an, die manche Hotels als Betthupferl auf dem Kopfkissen interpretieren. Leider ist auch diese Geste schon wieder zum Standard mutiert, so dass man als Gast fast schon mit den Augen rollt, wenn nur eine Gummibärchentüte auf dem Nachttisch liegt. Schließlich hat man an gleicher Stelle schon selbstgemachte Pralinen oder Spekulatius vom Weihnachtsmarkt genossen. Überraschungsfaktor gleich Null, Individualisierungsgrad nicht vorhanden, Social-Media-Tauglichkeit eher gering. Trotzdem machen? Wahrscheinlich ja, um nicht negativ aufzufallen. Etwas origineller, mittlerweile aber auch schon gelernt, ist der Abschiedsgruß in Form eines „Give-aways“ (z. B. Wasserflaschen, Obst) an der Rezeption. Das ist nett, könnte aber durch regionale Produkte, die es zum morgendlichen Frühstück gab (Marmeladen, Honig, Salami) deutlich mehr Erinnerungen hervorrufen. Vielleicht ist es aber auch der Jahreskalender oder ein Fotobuch zum Hotel. Etwas, das Bestand hat, und man immer wieder gerne in die Hand nimmt. Doch vielleicht muss man gar nicht so kompliziert denken, um die Gäste zu überraschen. So geschehen im Hotel Hochschober am Turrachsee in Österreich. Auf die Frage nach

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einer schönen Wanderung, bekam ich die Empfehlung für eine dreistündige Tour, die beim Abstieg „zufällig“ an einer Einkehr mit Namen Vastlhütte vorbeiführte. Die Hütte war unbewirtschaftet, verfügte aber über einige Sitzbänke und Tische, so dass ich wenigstens kurz rasten wollte. Beim Blick über die schöne Anlage, erspähte ich dann eine Schatztruhe wie aus einem Piratenfilm, die mitten auf der Alm stand. Nur zu öffnen mit der Zimmerkarte des Hotel Hochschober. Der Effekt ist durchaus mit einem Überraschungsei vergleichbar, mit dem Unterschied, dass man erst gar nicht damit rechnen konnte, überhaupt eins zu bekommen. Und was war in der Kiste? Erfrischungen in Form von Limo, Bier oder Wasser. Alles Dinge in einem überschaubaren Budgetrahmen. Die Idee dahinter – unbezahlbar. Natürlich hätte ich, wie die meisten Gäste, an der Alm und Kiste vorbeigehen können, doch genau diese Souveränität macht noch heute den unglaublichen Erinnerungswert aus, der direkt in meinem Facebook-Feed gelandet ist (Siehe Abb. 4.7). Es geht auch eine Nummer größer und da denke ich an Erlebnisse, die den Gast ein kleines bisschen aus der Komfortzone heraustreiben. Mein Beispiel hier ist die exklusive Besteigung eines Viertausender Gipfels, ausgehend vom Riffelalp Resort in Zermatt. Das Hotel hat nicht nur eine exponierte Lage auf 2222 m Höhe, sondern leistet sich einen eigenen Bergführer, der Gäste an einem Vormittag auf den Gipfel des Breithorns bringt. Vorbei geht es an Gletscherspalten und Eisfeldern, bis man schließlich auf einem Gipfelgrat steht, von dem es nach vorne und hinten ordentlich in die Tiefe geht. Für echte Alpinisten keine Herausforderung, für den standard-normal begabten Wanderer ein einmaliges Erlebnis. Verbunden mit dem Hotel und der Region und seinen Menschen (Siehe Abb. 4.8 und 4.9). Natürlich wächst insbesondere in den hochpreisigen Hotels das Angebot an Yoga-Sessions und E-Bike-Touren. Doch allein das Angebot schafft noch keinen Mehrwert, der im Gedächtnis des Reisenden lang genug gespeichert wird. Denn ganz ehrlich, im Nachbarort oder dem Konkurrenzhotel gibt es das gleiche Programm letztendlich auch. Von daher braucht es das Überraschungsmoment, um eine emotionale

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Abb. 4.7  Überraschung vom Hotel Hochschober, Turracher Höhe. (Quelle: André Gebel)

Bindung zu erzielen. Womit kann ich die Erwartungen meines Gastes übertreffen, womit kann ich ihn kurz aus seinem Alltag herausziehen? Was macht ihn stolz? Was ist neu für ihn und wird immer mit mir und meinem Hotel in Erinnerung bleiben? Was ist so besonders, dass er es mit seinen virtuellen Freunden teilen wird? Auf diese Fragen gibt es keine Universalweisheiten. Denn jedes Haus und jede Destination ist anders und für alle austauschbar erscheinenden Gegebenheiten gibt es kreative Lösungen, wie uns das nächste Kapitel zeigen wird.

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Abb. 4.8  Aufstieg zum Breithorn als individuelles Erlebnis, Zermatt. (Quelle: André Gebel)

4.1.4 Individualisierung im Marketing Was tun, wenn man eine 08/15-Absteige in einem kreativen Hotspot wie Amsterdam ist und kein Geld für teure Investitionen hat? Das Hans Brinker Hostel ist einfach in die kommunikative Offensive gegangen und hat sich als „schlechtestes Hotel der Welt“ betitelt. Was zunächst nach Eigentor mit eingeleiteter Insolvenz klingt, entpuppte sich als profitabler Marketing-Gag. Denn wer möchte nicht im schlechtesten

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Abb. 4.9  Das Breithorn im Wallis. (Quelle: André Gebel)

Hotel der Welt übernachten und davon berichten? Kunterbunte Anzeigen mit Slogans wie: „Jetzt auch mit Türen in jedem Zimmer“, „Jetzt mit noch weniger Service“ und „Free Wifi mit dem Passwort des Nachbarn“, sorgen nicht nur für Lacher, sondern machen neugierig und versprechen ein kleines Abenteuer. Die ganze Kampagne kam so gut an, dass es jetzt in Lissabon ein weiteres Hans Brinker Hostel gibt. Werbeslogan: „Gleiches Hotel – Jede Menge neuer Beschwerden“. Und das ohne kreative Architektur-Highlights, aber mit jeder Menge Marketing-Power. Allein die Website ist unterhaltsamer, als so manche Netflix-Serie. Natürlich birgt aggressives

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Marketing auch immer eine große Gefahr. Nichts ist schlimmer, als wenn Werbeversprechen und Wirklichkeit nicht zusammenpassen. Davon gibt es tausende Beispiele, die jeder Reisende schon einmal erleben durfte. „Instagrammable Places“ entstehen schließlich nicht durch versierte Fotografen, die schummrige Stimmungsbilder erzeugen. Wenn spektakuläre Ansichten für den Pauschal-Knipser nicht reproduzierbar sind, führt das am Ende eher zu Frust als zu Zufriedenheit. (Siehe Abb. 4.10, 4.11 und 4.12). Dennoch kann eine einzigartige Marketingstrategie den entscheidenden Buchungskick auslösen, wie zum Beispiel beim Trivial Pursuit Hotel in der Nähe von Moskau. Das Motto: Je mehr Fragen ein Gast beantworten kann, desto luxuriöser der Aufenthalt. Wer also schon immer ein Meister bei Trivial Pursuit war, kann hier locker ein zweistöckiges Country Haus mit drei Schlafzimmern, Sauna und offenem Kamin erspielen. Liegt man eher mal daneben, heißt es Feldbett und Tütensuppe statt Boxspring und Hummer. Der spielerische Ansatz geht

Abb. 4.10  Anzeige Check in, Hans Brinker Budget Hotel. (Quelle: Erik Kessels, KesselsKramer)

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Abb. 4.11  Anzeige Free Key, Hans Brinker Budget Hotel. (Quelle: Erik Kessels, KesselsKramer)

übrigens schon bei der Website los, wo man die ersten Fragen richtig beantworten muss, um überhaupt die Homepage zu erreichen. Leider scheint der Marketing-Gag vom Spielehersteller Hasbro nur eine temporäre Installation gewesen zu sein, denn angeblich ist das Trivial Pursuit immer ausgebucht. In die gleiche Aktionskerbe schlägt die „Room 301 Experience“ von Kimpton Hotels in Los Angeles. Für drei Monate konnten Gäste in eben jenem Zimmer 301 einchecken und dem jeweiligen Nachfolger

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Abb. 4.12  Anzeige Door, Hans Brinker Budget Hotel. (Quelle: Erik Kessels, KesselsKramer)

Botschaften in einem Log-Buch hinterlassen oder via iPad die MusicPlaylist des Vorgängers abspielen. Mit einer Polaroid-Kamera konnte man haptische Fotos schießen und hinterlassen, ein überdimensionierter Flügel über dem Bett lud zum „Posen“ für Instagram, Facebook und Co ein und der Aktions-Hashtag #room301 lieferte die perfekte Verbindung zwischen scheinbar fremden Gästen, die nacheinander ein gemeinsames Zimmer teilen. In dieser kleinen Aktion steckt enormes Potenzial, um standardisierte Zimmer zu personalisieren und eine Verbindung

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zwischen Gästen und Geschichten herzustellen. Wichtig bleibt bei jeder Marketingaktion die Authentizität des Absenders. Es nützt nichts, wenn kreative Funken nach außen schlagen, aber im Innenverhältnis nach Schema F weitergearbeitet wird. Denn schließlich sind wir immer noch beim Thema Empfehlungen. Und die gibt es nur, wenn ein einzigartiges Erlebnis dahintersteckt.

4.1.5 Individualisierung im Angebot Die größte Gefahr im Tourismus ist die Austauschbarkeit des Angebots und damit einhergehend die komplette Abhängigkeit vom Preis. Komplexe Software-Pakete berechnen mittlerweile den Zimmerpreis der Konkurrenz auf Tagesbasis und passen in Echtzeit das eigene Angebot an. Schließlich muss man bei der Webrecherche auf Trivago oder Booking.com günstiger sein, als die Pension Mustermann von gegenüber. Die Krux daran ist, dass bei den Online-Reiseportalen die qualitative Komponente zumeist untergeht. Übrigens auch eine Analogie aus dem Agenturgeschäft, wo man in der Regel dazu aufgefordert wird, ein Angebot in definierten Excellisten abzugeben. Sinn und Zweck ist die direkte Vergleichbarkeit, von nahezu nicht vergleichbaren Leistungen. Denn dazwischen liegen Faktoren wie Kreativität, Kompetenz, Sympathie oder auch inhaltliche Extras, die in keine Liste passen. Von daher ist der direkte Draht zum Gast entscheidend, um ihm oder ihr ein Angebot zu machen, das er oder sie weder ablehnen noch vergleichen kann. Idealerweise kommen derlei Extras aus dem Produkt heraus und sind nicht als Bulletpoints unter den Inklusivleistungen aufgezählt. Hier gilt es zu inszenieren und persönlichen Charme spielen zu lassen. Vielleicht ist es ja die exklusive ­Member-Club-Mitgliedschaft, die zu Zimmerupgrades und Gratisdrinks führt. Vielleicht ist es eine Massage im Wellnessbereich oder aber ein Überraschungspaket, das auf jedem Zimmer liegt. Überhaupt sind Überraschungen beim Angebot unglaublich selten und damit umso nachhaltiger. Wenn nicht im Vorfeld geschehen, steht am Ende des Urlaubs immer der unliebsame Moment des Zahlvorgangs. Und der fällt in der Regel üppig aus, so dass bei manchem Gast

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die Laune schon jetzt wieder auf Alltagsniveau sinkt. Warum nicht im Nachhinein einen Drink aufs Haus nehmen? Damit rechnet Niemand. Mit der zehnprozentigen Reduktion beim nächsten Besuch wahrscheinlich schon, vor allem wenn dies auf die oft teureren Website-Raten angerechnet wird. Nicht alle Extras müssen übrigens aus der eigenen Kasse finanziert werden. So gibt es beispielsweise für die Gäste im Mama Thresl in Leogang die neuesten Kameras vom Partner GoPro kostenlos zum Test und im bereits erwähnten Hotel Das EDELWEISS ein Mercedes Cabrio kostenlos zur Spritztour durch die Berglandschaft (Siehe Abb. 4.13).

Abb. 4.13  GoPro zum Testen im Mama Thresl, Leogang. (Quelle: Mama Thresl)

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Und genau hier setzt die Differenzierung ein. Urlauber wollen in der Regel etwas erleben und würden sich ggf. ein Mietauto oder E-Bike ausleihen. Weitergedacht passt so ein Modell auch in den Winter, um die neuesten Skier zu testen oder neue Sportarten wie Airboarding oder Schneeschuhwandern auszuprobieren. Am Ende entsteht eine „Win-win-Situation“ für alle Beteiligten. Das Hotel bietet ein differenzierendes Angebot, der Gast spart Geld, nutzt eine zusätzliche Inklusivleistung und postet ein Foto in seine sozialen Netzwerke. Und vielleicht verkauft der Sponsor am Ende sogar noch ein Neuprodukt.

4.1.6 Individualisierung durch Abgrenzung Vor einem Jahr hätte man es für unwahrscheinlich gehalten, dass Menschen Berührungsängste in Restaurants, Spa-Einrichtungen oder Aufenthaltsräumen haben. Doch die Corona-Krise hat nicht nur zum Lockdown des Tourismus geführt, sondern auch zu einem neuen Verbraucherverhalten. Plötzlich ist die Sehnsucht nach Stadionkonzerten, Einkaufsbummeln und neuen Bekanntschaften gebremst. Man hat gelernt im eigenen Dunstkreis zu agieren und schätzt die Sicherheit und Gesundheit von vertrauten Umgebungen und Personen. All das wird Abstrahlungseffekte auf touristische Einrichtungen haben. Doch was wie ein Fluch klingt, kann auch ein Segen in der Differenzierung sein. Die ersten Krisengewinner werden jedenfalls jene Hotels sein, die ihren Gästen ein Gefühl der positiven Abgrenzung geben können. Sprich: Man hat wieder genügend Abstand im Restaurant, man genießt einen privaten Spa-Bereich und hat vielleicht ein Zimmer mit Kochnische für ein gänzlich individuelles Erlebnis. Dass Hygienevorkehrungen und Sauberkeit noch wichtiger werden, versteht sich dabei fast von selbst. Kein Gast hat Lust, die schönsten Wochen im Jahr mit Gesundheitsund Infektionssorgen zu verbringen. Das größer, weiter und höher in der Architektur wird einem Investment in kleine, individuelle Einrichtungen weichen, wie man es zum Beispiel in Chalet-Dörfern erlebt.

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4.1.7 Individualisierung durch die Verschmelzung mit Geschäftsreisen Freizeit und Beruf sind nicht mehr streng getrennt, sondern wachsen in Zeiten von Home-Office immer stärker zusammen. Warum also nicht noch den nächsten Schritt gehen und Urlaub und Beruf in eine perfekte Symbiose bringen? Hotels müssen dafür eine professionelle, digitale Infrastruktur anbieten, genauso wie die Möglichkeit, in Ruhe arbeiten zu können. Doch dazu passen ebenfalls ein perfektes Business-Lunch, die Yoga-Session in der Mittagspause sowie die Wanderung am frühen Abend. So lassen sich für den gestressten Manager aus 30 Urlaubstagen gefühlte 40 machen und die Business-Hotels bekommen plötzlich eine neue Konkurrenz aus den Bergen oder von der Küste. Vielleicht lassen sich von einem derartigen Angebot auch Arbeitgeber überzeugen, die nicht nur heimische Mietkosten sparen, sondern für ihre Mitarbeiter auch gleichzeitig ein Incentive anbieten können. Zudem verfügen viele Hotels sowieso schon über einen Tagungs- und Kongressbereich, der nun durch individuelle Hotel-Office-Pakete ergänzt wird. Und niemand nutzt Netzwerke wie LinkedIn oder Facebook lieber zum ­„neidisch-machen“ als Marketingmanager im beruflichen Außeneinsatz.

4.2 Individualisierung für Regionen Jede Region hat ihre landschaftlichen, kulturellen, städtebaulichen oder auch architektonischen Einzigartigkeiten. Diese Tatsache klingt eigentlich einleuchtend, ist subjektiv gesehen jedoch ein Trugbild. Natürlich hat jeder Urlauber direkt ein Bild vor Augen, wenn man Regionen wie Kalifornien, Mallorca oder Bayern erwähnt. Doch im Detail lässt sich das Gesamtbild nur schwer auflösen und so kämpfen beispielsweise die Alpen-Regionen Österreich, Südtirol, Bayern und die Schweiz um den Wander- und Skiurlauber gleichermaßen. Für den unerfahrenen Gast, für den die eine Region wie die andere ist, entscheidet am Ende der Preis. Ungerecht? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht, denn wenn ich aus verschiedenen Destinationen die gleichen Stock-Bilder

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in meinem Facebook-Feed sehe, dann fällt mir auch kein Unterschied mehr auf. Es gilt, die Besonderheiten herauszuarbeiten und das am besten aus der Sicht des potenziellen Gastes. Mein Paradebeispiel für solch eine Inszenierung, ist immer noch die Marketingkampagne „Feel again Project“ des Tourismusverbandes von Ecuador, der im Jahr 2015 18 Künstler und Influencer aus vier Ländern in die vier bekannten Regionen des Landes schickte. Dabei waren die Landschaften komplett divers und reichten vom Amazonas bis hin zu Vulkanen und Küstenstrecken. Ziel war es, Ecuador für andere Reisende zu entdecken. Natürlich blieb es nicht beim persönlichen Erlebnis, sondern es wurde reichlich Content produziert, um die grandiosen Eindrücke in Sozialen Medien und Blogs festzuhalten. Ist ja auch ein spannendes Land, könnte man sagen. Doch es ist auch auf der touristischen Reisekarte ein gänzlich unberührter Flecken Erde, den ich ein Jahr später selbst erkunden durfte. Inspiriert übrigens durch den beeindruckenden Content des „Feel Again Projects“. Die Idee dahinter ist so simpel wie mutig, denn in der Regel werden Inhalte ja von Einheimischen, Kennern und Menschen aus der Region produziert. Und genau aus diesem Grund, zielen sie oft auch an den Bedürfnissen, Wünschen und Interessen des Reisenden aus dem fernen Ausland vorbei. Deshalb lautet mein Aufruf: Macht es wie Ecuador und ladet Gäste aus euren Zielmärkten ein, um die Einzigartigkeit der Region entdecken zu lassen. Dass sich dafür Fotografen und Blogger besonders eignen, versteht sich fast von selbst, verfügen sie nicht nur über das Talent, Leser und Betrachter mit Worten und Bildern zu fesseln. In der Regel haben sie zusätzlich eine enorme Reichweite über ihre Social-Media-Kanäle, die so manches Reisemagazin blass aussehen lässt. Doch man sollte diese Markenbotschafter nicht einfach kommen und machen lassen, sondern ein klares Briefing aufsetzen. Und idealerweise selbst ein Projekt daraus generieren, welches Lust macht, genau diese Urlaubsregion zu besuchen. Wenn man jetzt an die Trends Individualismus und besondere Erlebnisse denkt, ist es eigentlich die Zeit für die „Hidden Champions“ unter den Ländern und Regionen. Vielleicht ist ja dann bald Ecuador das neue Peru, Tasmanien das neue Neuseeland oder Uganda das neue Kenia. Alles eine Frage der Inszenierung auf Social Media.

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4.2.1 Individualisierung durch ökologisches Bewusstsein Die International Ecotourism Society bezeichnet Ökotourismus als eine verantwortungsvolle Form des Reisens in naturnahe Gebiete, die die Umwelt schützen und zum Wohlergehen der ansässigen Bevölkerung beitragen [4]. Meist geht es also nicht um die An- oder Abreise zum Urlaubsort, sondern um ein umweltfreundliches Verhalten im Zielgebiet. Damit können Airlines und Mietwagenfirmen erst einmal aufatmen, obwohl hier der größere Hebel anzusetzen wäre. Dennoch verspricht die Ausrichtung auf das Thema ökologisches Reisen vielleicht die wegweisende Form der Differenzierung und damit auch Individualisierung für Ferienregionen. Denn eines ist sicher: Die Zielgruppe der Ökotouristen wird in den nächsten Jahren stark wachsen und Reisende werden darauf achten, in welchem Zustand die Natur ist, wie diese erhalten wird und wie die Partner (z. B. Hotels, Eventprovider) mit dem Thema umgehen und die CO2-Bilanz im Auge behalten. Es ist also ein Schulterschluss zwischen den Parteien erforderlich, denn keine Region kann authentisch „auf Öko machen“, wenn die Mitglieder der Wertschöpfungskette nicht mitziehen. Doch man sollte dies nicht als logistisches Problem betrachten, sondern vielmehr als seltene Chance, den Pioniergeist voranzutreiben. Übrigens ist dies nicht nur eine Gelegenheit für Regionen mit unbesiedelten Naturkulissen, sondern auch für Städte oder Vergnügungsparks ein Weg nach vorn. Denn CO2-Reduktion muss überall stattfinden und kann sogar die Gäste involvieren, die am Ende nicht nur schöne Tage erleben, sondern auch etwas für ihre persönliche ­CO2-Bilanz tun. Bestes Beispiel sind übrigens Urlaubsorte wie Saas Fee oder Zermatt, in denen schlichtweg Autoverbot herrscht und Gäste mit Elektro-Taxis von A nach B transportiert werden. E-Mobility ist das eine Thema, die Stromerzeugung über alternative Energiesysteme wie Photovoltaik das andere. Hier gehen bereits einige Hotels ins Investment, wie zum Beispiel die Luxuslodge in Annaberg, die den gesamten Stromverbrauch der Gäste über Solarenergie erzeugt. So leistet nicht nur der Gastbetrieb seinen Beitrag, sondern auch der Gast selbst. Hier gilt

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es für die Ferienregion, Lösungen aufzuzeigen und ggf. Finanzierungen in Infrastrukturen zu unterstützen und Best Cases zu promoten. Zum Beispiel auf den eigenen Social-Media-Kanälen. Das hilft nicht nur dem Partner, sondern auch dem Image der ganzen Region. Es werden insbesondere die jüngeren Gäste sein, denen die Umwelt am Herzen liegt, was Bewegungen wie „Fridays for Future“ verdeutlichen. Der Tourismus wird dabei zunehmend in die Schusslinie geraten, ist er doch Luxus und direkter Draht zur schützenswerten Natur zugleich. Sprich: Er ist substituierbar. Großer Bonus ist aktuell immer noch die Reisefreudigkeit der jungen Zielgruppen, so dass eine Doppelmoral verbleiben dürfte. Dennoch wird in der Zukunft die Motivation zur CO2-Reduktion steigen, auch wenn die Corona-Krise das Thema zeitweise in den Medien verdrängt hat. Aktuell bieten Airlines wie die Lufthansa bereits CO2-neutrales Fliegen an, welches über die Schweizer Non-Profit Organisation Myclimate abgewickelt wird. Durch eine Spende, die sich nach der zurückgelegten Flugstrecke berechnet, kann sich der Gast quasi von seiner „Verschmutzung“ freikaufen und etwas Gutes für die Umwelt tun. Myclimate investiert das Geld in hochwertige Klimaschutzprojekte, die auf erneuerbare Energien und energieeffiziente Technologien setzen. Noch wird das Angebot kaum angenommen, da es freiwillig vom Reisenden zu zahlen ist. Besser wäre die direkte Integration in den Flug- bzw. Reisepreis, doch da frisst die Sorge vor dem Wettbewerb die Pionierbereitschaft auf, zumal die Luftfahrtbranche im Jahr 2020 ein wahres Desaster erleben durfte. Ein weiterer Ansatz, wenn auch aus einem anderen Segment, ist die App des chinesischen Alibaba-Ablegers Alipay, der über seine Plattform nicht nur Kunden und Unternehmen finanziell zusammenbringt, sondern zusätzlich den User mit der Anwendung „Ant Forest“ für jede „papierfreie“ Transaktion belohnt. Wer keine ausgedruckte Rechnung benötigt, sammelt fleißig Punkte und Zertifikate, um Bäume in einer unfruchtbaren Wüste anpflanzen zu lassen. Das Resultat kann sich wirklich sehen lassen: 400 Mio. Chinesen sind bereits registriert und haben ihr soziales Gewissen mit über 55 Mio. neuer Stecklinge erleichtert. Diese Idee wäre perfekt adaptierbar für Regionen, die gemeinsam mit ihren Hotelpartnern eine ähnliche Applikation initiieren könnten. Darin wären nicht nur Sightseeing-Tipps und Hotelangebote verankert,

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sondern Gäste könnten durch rechnungsfreies Zahlen oder den Besuch von ökologisch engagierten Sehenswürdigkeiten Punkte sammeln und anschließend entscheiden, wofür das Geld eingesetzt wird. Dieses könnte Partnern aus der Region zugute kommen, die Wälder aufforsten oder Strom durch regenerative Energien produzieren. Alles transparent in der App abbildbar und für den User motivational genug, um den nächsten Urlaub gleich festzumachen. Denn schließlich sammelt der Gast ja fleißig Punkte, um das nächste Projekt zu unterstützen und sein plagendes CO2-Gewissen zu erleichtern. Die einzelnen Events wie Punktestände oder Punktespenden können anschließend direkt via Facebook geteilt werden, um Freunde und Follower positiv zu infizieren. Einen interessanten, weil wegweisenden Ansatz, fährt die Buchungsplattform bookdifferent.com [5], die nur nachhaltige Hotels auf ihrer Plattform aufführt und dem User damit die mühevolle Arbeit erspart, nach ökologisch vorbildlichen Unterkünften Ausschau zu halten. Unabhängige Experten von Öko-Labels beurteilen dabei die jeweiligen Partner, denn natürlich wird das Umweltthema auch gern als simple Marketingstrategie verkauft. Dabei stehen vier Kriterien im Fokus der Untersuchung. 1. Das Management: Hier wird darauf geachtet, dass die Führungsriege es ernst meint, die Nachhaltigkeitsstrategie umsetzt und entsprechend der Gesetze des Landes handelt. 2. Fairer Umgang mit Mitarbeitern in der Region: Bei diesem Kriterium wird insbesondere die Situation der Angestellten und ihrer Familien beleuchtet. Aber auch, wie mit den Einheimischen in der Region umgegangen wird bzw. wie sie in den Tourismus-Kontext integriert sind. 3. Kulturfreundlichkeit: Der Umgang mit der Kultur des Landes bzw. der Region steht im Fokus und ist essenziell für die Aufnahme auf der Plattform. 4. Naturverbundenheit: Der Schutz der Natur ist natürlich der Kern beim nachhaltigen Tourismus. Hier spielen Aspekte wie der Umgang mit Plastik oder nachhaltiger Stromversorgung eine Rolle. Welche Initiativen werden in der Region gestartet, um die Natur zu schützen, zu erhalten oder wiederaufzubauen?

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Auch wenn es nur die Kriterien einer Buchungsplattform sind, bilden sie eine gute Checkliste für die Initiative einer Region und ihrer Partner. Wie bereits erwähnt, ist hier ist ein Schulterschluss zwischen allen Parteien notwendig, da es wenig Sinn macht, wenn nur einzelne Hotels auf das Thema Nachhaltigkeit setzen, während andere weiterhin Plastikberge produzieren. Machen ist dabei das eine, kommunizieren sicherlich das andere. Von daher sollte man sich zeitgleich mit der richtigen Kommunikationsstrategie auseinandersetzen und überlegen, wie man die User bzw. Gäste von Anfang an auf die Reise mitnimmt und im besten Fall sogar zum Bestandteil der Kampagne macht. Mut gehört natürlich auch dazu, wie die Kampagne „Give a flake“ der Skidestination Aspen/ Snowmass beweist, die ganz besonders unter dem Klimawandel leidet. Die Region, die sich seit Jahren vehement für das Thema Klimaschutz einsetzt, ruft im Netz dazu auf, Politiker mit ambitionierten Klimaschutzzielen zu unterstützen. Das wird durch einen „Tweet-o-Mat“ erledigt, der automatisch einen Tweet über das eigene Profil auslöst (Siehe Abb. 4.14). Es gibt aber auch das Gegenteil für Politgrößen, die immer noch nicht an die Brisanz des Themas glauben. Der Tweet lautet dann „doesn´t give a flake“, was so viel heißt wie, dieser Kandidat interessiert sich überhaupt nicht für die Natur. So wird Wahlkampf für den guten Zweck gemacht, der zeigt, dass nicht alle Amerikaner den Klimawandel für eine Erfindung der Chinesen halten. Eine weitere interessante Kampagne hat unlängst die niederländische Fluggesellschaft KLM gestartet, die ihre Kunden für alternative Transportwege sensibilisiert. In der „Fly Responsibility Kampagne“ fordert die Airline dazu auf, verantwortungsbewusst zu fliegen und nicht jedes Meeting persönlich stattfinden zu lassen oder auch mal den Zug zu nehmen. Das versteht man also bei der ältesten kommerziellen Fluggesellschaft unter dem Begriff geteilte Verantwortung und setzt dabei bewusst auf Souveränität.

4.2.2 Individualisierung durch eine klare Positionierung Eigentlich klingt es trivial, wenn man von klarer Positionierung für Städte und Regionen spricht, gehört dies doch zur Basisarbeit einer jeden Marketingstrategie. Dennoch klafft immer noch eine große

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Abb. 4.14  Give a flake Kampagne der Tourismus-Organisation von Aspen/ Snowmass. (Quelle: Aspen Skiing Company)

Lücke zwischen perfekt entwickelten Werbebotschaften aus dem Marketinglabor und dem subjektiven Empfinden des Empfängers. Zudem gibt es Regionen, die sich objektiv kaum unterscheiden und eine überschneidende Zielgruppe ansprechen. Es gehört also immer auch eine gehörige Portion Mut dazu, sich mit klaren Botschaften von der Konkurrenz abzusetzen. Ein gutes Beispiel ist die Ferienregion Ischgl [6], die laut ihrem Tourismusverband-Geschäftsführer Andreas Steibl, nicht austauschbar ist und mit dem Thema Ski, Party und Konzerte ein ganz spezielles Publikum anspricht. Dabei wird

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bewusst in Kauf genommen, dass Familien oder „Ruhesuchende“ außen vor bleiben. Wer nach Ischgl kommt, erlebt den Wintersport, wie in keinem anderen Ort auf der Welt. So lautete jedenfalls das Markenversprechen. Was bis zum Februar 2020 noch als beeindruckende Positionierungsstory galt, wurde nur einen Monat später zu einem bösen Bumerang. Die Corona-Krise hat ausgerechnet den Party-Hot-Spot Ischgl und dessen „angeblich“ verantwortungsloses „Weiterfeiern“, als Ausgangspunkt der Infektionskette in Europa ausgemacht. Der Weg vom Feierbiest zur Virenschleuder ist ein kurzer in diesem denkwürdigen Jahr 2020. Es bleibt also spannend, wie sich die Region in der Zukunft aufstellen wird. Eine herausfordernde Aufgabe hat auch Public Relations Managerin Tucker Vest Burton, die für die Vermarktung der Region Aspen/Snowmass in Europa verantwortlich ist. Ich treffe mich in regelmäßigen Abständen mit Tucker, um über die Marketingstrategie und Positionierung der Marke Aspen zu sprechen. Großer Benefit ist sicherlich der „Bucket-List“ Status, da jeder Skifanatiker davon träumt, einmal in Colorado Skifahren zu gehen. Doch aus Träumen werden noch keine Buchungen und so positioniert sich Aspen als Destination mit dem besten Schnee der Welt, dem sogenannten Champagne Powder und dem Versprechen von Einsamkeit auf Pisten und an Liftanlagen. Über die Social-Media-Kanäle Facebook, Instagram und YouTube werden die insgesamt 500.000 Follower vor, während und nach dem Aufenthalt begleitet und durch einzigartigen Content geradezu euphorisiert. Zudem bietet ein Blog die Chance auch längere Inhalte zu platzieren und Hotel- und Gastropartner aus der Region vorzustellen. Gezielt werden Blogger eingesetzt, die in Europa strategisch wichtige Zielgruppen abdecken und das Gefühl „Skifahren in Aspen“ entsprechend transportieren. Über allem steht die Formel: Die ­Content-Qualität muss Premium sein und damit zur Destination passen. Klar und deutlich heißt im Umkehrschluss auch immer: Wir wollen nicht jeden haben. Und genau damit, haben so manche Ferienregionen ihre Probleme. In dem man es allen recht machen möchte, schafft man am Ende kein klares Profil. Der Gast fragt sich im Vorfeld, ob die Region wirklich das richtige Angebot bereithält. Und da wird es auch das einzige Wellnesshotel inmitten einer Partyhochburg schwer haben, die eigentliche Zielgruppe zu erreichen. Es gilt stets zu

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überlegen, wofür eine Region inhaltlich steht bzw. wie man diese ggf. in einzelne Teilsegmente differenzieren und Partner wie Hotels oder Eventanbieter sinnvoll integrieren kann. Wichtig ist jedoch, dass die Authentizität dabei nicht verloren geht. Es macht wenig Sinn, auf einer Matrix nach Positionierungslücken zu suchen, wenn Geschichte, Kultur und Infrastruktur nicht zur möglichen Differenzierung passen. Vielmehr gilt es Innovationen zu schaffen und mit Nachdruck und vor allem Nachhaltigkeit ein konkretes Image aufzubauen und zu schärfen.

4.2.3 Individualisierung durch authentische Erlebnisse Die Art und Weise wie Menschen ihren Urlaub konsumieren wird sich verändern. Die Zeiten einfacher Erholung bzw. die Gewinnung von oberflächlichen Eindrücken weichen dem Anspruch an Komplexität und Bedeutung. Dabei ist die Erholung immer noch ein Antrieb, um sich vom hektischen Arbeitsalltag auszuklinken. Doch die Erwartungen an Einrichtungen der Entspannungskultur werden steigen. Nicht umsonst wird in den Feriendestinationen mächtig in Wellness-Einrichtungen investiert. Und wenn man eine Sauna aus Lappland anbietet, dann kommen die Materialien und Saunameister auch bitteschön aus dem Norden von Schweden, um ein authentisches Erlebnis zu garantieren. Nicht zwangsläufig hat Authentizität etwas mit Investment zu tun, schließlich fahren Gäste in eine Region, um die wenigen „nicht austauschbaren“ Erlebnisse zu konsumieren, die es eben nur an diesem Ort zu erleben gibt. Der Nachteil unserer globalen Welt ist nun mal, dass vieles überall verfügbar ist und es kaum noch Abenteuer gibt, die an einen bestimmten Ort gebunden sind. Diese gilt es zu schärfen, dem Reisenden aktiv anzubieten und schmackhaft zu machen. So ist plötzlich der Besuch einer Berg-Käserei ein spannendes und vor allem authentisches Erlebnis, fernab der „Made in ­China“-Kultur, die sich in allen Wirtschaftszweigen eingenistet hat (Siehe Abb. 4.15).

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Abb. 4.15  Schaukäserei Clavedeleralp bei Davos. (Quelle: André Gebel)

4.2.4 Individualisierung durch Digital Detox Kein Empfang. Kein Wifi. Kein Social Media. Was in erster Instanz wie die Umkehrung der Empfehlungen in diesem Fachbuch klingt, ist für einige kleine Regionen vielleicht der Schlüssel zur Individualisierung. Denn viele Reisende suchen genau diesen digitalen Lockdown vom Alltagsstress der mobilen „Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit“. Einfach mal alle Geräte abschalten und wie in den 80er-Jahren die Natur genießen und mit Menschen kommunizieren, ohne ständig auf den Second Screen zu schielen. Ich habe diese Erfahrung unlängst zweimal am eigenen Leib erfahren dürfen und habe es, welch Wunder, sogar genossen. Bei meiner sechstägigen Kilimandscharo-Besteigung sowie bei einem Aufenthalt im ecuadorianischen Amazonas, war an Wifi nicht zu denken und ein Posting mit Geo-Tagging nicht zu realisieren. Dennoch zählen die Erlebnisse zu den nachhaltigsten Abenteuern

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meiner ­Blogger-Karriere und haben die Sinne für die Dinge geschärft, die sich tatsächlich vor Ort abspielen. Natürlich werden Gäste diesen Nachrichtenstau anschließend gebührend nachholen, sodass sich Destinationen, die auf Digital Detox setzen, keine Sorge machen müssen, dass man auf der Social-Media-Landkarte verschwinden wird. Also einfach mal alles anders machen und auf die Errungenschaften unserer allzeit verfügbaren Welt verzichten. Genau das kann für kleine Destinationsinseln ein Profilierungsmerkmal sein, um sich inhaltlich abzugrenzen.

4.2.5 Individualisierung durch Gamification Der Zenith für Escape-Games scheint längst noch nicht überschritten und bildet die ideale Bühne für eine Schnitzeljagd durch eine Ferienregion. Was als Teambuilding für Firmen hervorragend funktioniert, eignet sich auch für Familien, Paare und Freunde, um auf spielerische Art und Weise eine Stadt oder ein Gebiet kennenzulernen. Dabei löst man nicht nur kleine Rätsel und sammelt Informationen, sondern man lernt etwas über die Geschichte und wird zu den Stationen der teilnehmenden Partner (z.  B. Museen, Restaurants, Kirchen, Hotels, Eventanbieter) geschickt. Daraus kann ein unterhaltsames ­Edutainment-Format entstehen, das einen Ferienspaß für einen ganzen Tag verspricht. Analog der findigen Escape-Room-Anbieter lassen sich so mehrere Touren entwickeln, die sich wunderbar nach Zielgruppen auffächern lassen. Der Trend zum spielerischen Erkunden von neuen oder auch bekannten Dingen und Regionen, könnte ein klarer Differenzierungspunkt für den Tourismus sein. Zudem hat er das Potenzial, aus Einmalurlaubern geschätzte Stammgäste zu machen. Überhaupt ist das Thema immersive Erlebnisse ein Trend, der dem Tourismus einen zusätzlichen Schub geben könnte. Zuletzt hatte ich die Gelegenheit, mir die Kunstinstallation Meow Wolf in Santa Fe anzuschauen, wo lokale Künstler ein völlig verrücktes Paralleluniversum aus Räumen, Kunst und digitalen Erlebnissen geschaffen haben. Hier hat

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man die Gelegenheit durch eine überdimensionale Waschtrommel zu spazieren, um in einer Fantasiewelt aus verwunschenen Bäumen und Neonschildern wieder aufzutauchen. Zwischendurch löst man ein paar unheimliche Rätsel oder lässt sich in dreidimensionale Welten hinfort tragen. Fotos dürfen jederzeit gemacht werden und landen voller Begeisterung im Social Web. Weitere Meow-Wolf-Installationen sind bereits in Denver und Las Vegas geplant und werden dort sicherlich auch die Menschen aus aller Welt begeistern (Siehe Abb. 4.16 und 4.17).

Abb. 4.16  Immersives Kunsterlebnis Meow Wolf in Santa Fe. (Quelle: André Gebel)

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Abb. 4.17  Immersives Kunsterlebnis Meow Wolf. (Quelle: André Gebel)

Kap. 4: Key Takeaways 1. Individualisierung ist der Megatrend im Tourismus, der das austauschbare Pauschalreise-Erlebnis ablösen wird. 2. Individualisierung hat viele Facetten und Ausprägungen. Dabei werden Umwelt- und Gesundheitsthemen zum treibenden Faktor. 3. Die Verschmelzung von Arbeit, Freizeit und Homeoffice wird neue Angebote im Tourismus schaffen. Dazu gehört auch der Trend zur totalen Auszeit, von Sabbatical bis Digital Detox.

4  Empfehlungen durch individuelle Erlebnisse     55

Literatur 1. Onlinemarketing.de: Lexikon Millenial (unbekannt). Onlinemarketing. de https://onlinemarketing.de/lexikon/definition-millennial Zugegriffen: 29.04.2020 2. Smith, K. (2019): Facebook in Zahlen: 53 interessante Statistiken (12.02.2019). Brandwatch. https://www.brandwatch.com/de/blog/facebookstatistiken/ Zugegriffen (29.04.2020) 3. Smith, K. (2019): 49 interessante Instagram Statistiken (28.05.2019). Brandwatch. https://www.brandwatch.com/de/blog/instagram-statistiken/ Zugegriffen (29.04.2020) 4. Ecotourism.org (2015): What is Ecotourism (2015). The International Ecotourism Society.: https://ecotourism.org/what-is-ecotourism/ Zugegriffen (29.04.2020) 5. Bookdifferent.com (2020): Green indicators (2020). Bookdifferent. https:// www.bookdifferent.com/en/green-indicators/ Zugegriffen (20.04.2020) 6. Leiter, J. (2019). Im Gespräch mit Andreas Steibl, Tourismusverband Paznaun-Ischgl (September 2019). Additive  +  . https://www.additive.eu/ beitraege/im-gespraech-mit-andreas-steibl-tourismusverband-paznaun-ischgl. html?utm_medium=interview&utm_source=facebook-organic&utm_ campaign=steibl Zugegriffen: 29.04.2020

5 Mitarbeiter als Markenbotschafter

Zusammenfassung   Beim Thema Markenbotschafter wird zuallererst an Influencer und Blogger gedacht. Dabei lassen sich Botschaften auch gezielt über Mitarbeiter verbreiten, mit Abstrahlungseffekten auf Gästebuchungen und Mitarbeiterakquise. Doch wie groß ist das Potenzial wirklich, wie lassen sich Mitarbeiter für eine Botschafterrolle gewinnen und was muss das Unternehmen dafür tun, damit ­Social-Employer-Branding ein Erfolg wird? Die Antworten gibt es in Kap. 5. Wir sind immer noch bei der Frage, wie es Regionen und Hotels schaffen können, mehr Empfehlungen für das eigene Angebot zu erhalten. Im vorigen Kapitel wurde beschrieben, wie wichtig ein individuelles Erlebnis für den Gast ist, damit er ein entsprechend klares Bild in seine Community teilen kann, um eine Empfehlung auszusprechen. Genauso wichtig wie der Gast selbst, ist der Mitarbeiter eines Hotels oder einer Tourismusregion. Hier schlummert ein enormes Potenzial, welches oft nur unzureichend genutzt wird. In großen Hotels arbeiten über hunderte von Angestellten, die eine wichtige Rolle im täglichen Räderwerk eines Beherbergungsbetriebs erfüllen. Dabei sind sie nicht zwangsläufig die unsichtbare Armee, die im Hintergrund das Erlebnis Urlaub für den Gast © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_5

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so sorgenfrei wie möglich gestaltet. Sie sind keine Heinzelmännchen, die nachts arbeiten und im Morgengrauen wieder verschwinden. Sie sind stattdessen das Gesicht zum Urlauber. Identifikationsfigur, Problemlöser, „Feelgood-Manager“ und auch Held oder Idol. Sie sind fester Bestandteil der schönsten Wochen eines Jahres und bleiben für viele Gäste unvergessen. Von daher ist ihr Verhalten, Benehmen und Können von entscheidender Bedeutung. Doch wir wollen hier nicht über die Qualität und Relevanz von gutem Personal sprechen. Vielmehr ist ihre Bedeutung als Markenbotschafter oder auch neudeutsch „Corporate Influencer“ unersetzlich. Gerade in Zeiten von sinkenden organischen Reichweiten in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram, zählt jeder ehrliche Like, Kommentar und vor allem Share. Das Teilen von Botschaften in interne Netzwerke schafft Viralität, vor allem wenn es von authentischen Botschaftern wie den eigenen Mitarbeitern kommt. Der DurchschnittsUser hat etwa 350 Freunde auf Facebook. Hinzu kommen die Kontakte auf Instagram, LinkedIn oder XING. Schnell ist eine interne Reichweite von 1000 Personen erreicht, die man nun mit der Anzahl der Mitarbeiter multiplizieren kann [1]. Das hat enormes Potenzial und kostet keinen Extra-Euro an Mediaspendings. Dafür gibt es aber jede Menge Motivation, Befähigung und Anreiz. Hinzu benötigt es Inhalte, die den Mitarbeiter stolz machen und ermutigen, diese Botschaften an seinen inneren Zirkel weiterzugeben.

5.1 Mitarbeiter befähigen Nicht jeder Mensch ist ein geborenes Social-Media-Talent. Auch wenn in Deutschland 32 Millionen Menschen aktiv Facebook nutzen [2] (Österreich: 3,9 Mio., Schweiz: 3,8 Mio.) bedeutet es nicht, dass sie auch aktiv Content produzieren bzw. teilen. Vielfach wird Social Media einfach als Unterhaltungs- oder „Spionage“-Kanal betrachtet. Man möchte auf dem Laufenden bleiben, sehen was die Freunde und Kollegen so treiben, ohne selbst aktiv zu werden. Dafür eignen sich dann eher die MessengerDienste WhatsApp (60,1 Mio. Nutzer in Deutschland 2019) oder der Facebook Messenger (31 Mio. Nutzer in Deutschland 2019), wo der Dialog in kleinen Kreisen mit wenigen Rezipienten stattfinden kann.

5  Mitarbeiter als Markenbotschafter     59

Zurück zu den Mitarbeitern, die über einen Facebook und/oder Instagram-Account verfügen. Als erstes geht es darum, die Belegschaft abzuholen und aufzuzeigen, wie wichtig die Kommunikation über Social Media im Tourismussektor geworden ist. Wie sehr Kanäle wie Instagram oder Pinterest Interesse für eine Region oder ein Hotel schaffen und wie unmittelbar davon auch (die eigenen) Arbeitsplätze abhängen. Denn diese Kanäle sind nicht nur wichtig, um Gästebuchungen auszulösen, sondern dienen immer mehr der Mitarbeiterakquise. Wer möchte nicht mit sympathischen, kompetenten und motivierten Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten? Es ist wichtig, bei den Grundlagen der Social-Media-Nutzung anzufangen, da ansonsten schnell der Eindruck entsteht, mein Arbeitgeber möchte, dass ich seine Inhalte teile oder like, weil er sich Geld für Werbung sparen will. Das führt oft zu Reaktanz, mit dem Effekt, dass nicht mal den eigenen Kanälen gefolgt wird. Dem Mitarbeiter muss also die unmittelbare, persönliche Bedeutung bewusst gemacht werden. Nur so kann intrinsische Motivation zur aktiven Teilnahme entstehen. Für diesen Auftakt eignet sich in der Regel ein Mitarbeiter-Workshop, wobei ich die Beobachtung gemacht habe, dass Veranstaltungen mit internen Referenten oft als Manipulation wahrgenommen werden. Es bietet sich an mit externen Experten zusammenzuarbeiten, die alle relevanten Kanäle beleuchten und die Teilnehmer befähigen, anschließend Content zu distribuieren bzw. selbst zu erzeugen. Wichtiger Bestandteil der Befähigungsphase sind die Dos and Don´ts, denn es gibt kaum etwas Schlimmeres, als motivierte Mitarbeiter, denen man einen übermotivierten Kommentar am Ende streichen muss. Von daher sollte man vorab genau über den Handlungsspielraum sprechen. Was ist erwünscht, wo gibt es inhaltliche und visuelle Grenzen? Zur Demonstration eignen sich in der Regel eigene Fallbeispiele oder Best und Worst Cases von Wettbewerbern. Wichtig: Nicht demotivieren und zu viele Normen aufstellen, sondern ein gemeinsames Verständnis für die Regeln im Social Web entwickeln, die jedem Mitarbeiter vollkommen klar sind. Zur Befähigung gehört auch der Einblick in die Social-Media-Strategie des Arbeitgebers. Welche Kanäle werden aktiv genutzt, welche sind in der Zukunft von Bedeutung? Mit welcher Tonalität und Bildsprache kommuniziert man? In welcher Frequenz

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und mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten wird gearbeitet und wo wünscht man sich vielleicht sogar inhaltlichen Input der Kollegen. Solch ein Workshop ist eine ideale Gelegenheit etwas über die Innensicht ihrer Mitarbeiter zu erfahren und gute Ideen für die kommende Redaktionsplanung einzusammeln. Mitmachen und Mitgestalten motiviert deutlich mehr, als nur ausführendes Organ einer bereits verabschiedeten Strategie zu sein. Und vor allem gilt eine Regel: Überschätzen sie ihre Kollegen und Kolleginnen nicht. Nur weil sie sich jeden Tag mit dem Thema Social Media auseinandersetzen, tun das ihre Mitmenschen nicht automatisch. Von daher ist es sinnvoll, die Auftaktveranstaltung in kleineren Gruppen durchzuführen, damit aktives Nachfragen oder gar praktische Übungen möglich sind. Zudem lässt sich so eine heterogene Belegschaft in Teilsegmente gliedern, die sich in Erfahrung, Alter und Motivationsbereitschaft unterscheiden. Eines noch zum Schluss: Erzwingen sie nichts, denn es wird ihnen nicht gelingen, jeden Kollegen auf die Reise mitzunehmen. Dennoch wird der eine oder andere Bedeutung darin sehen, künftig die Beiträge seines Arbeitgebers zu teilen oder selbst ein Content-Produzent zu werden.

5.2 Mitarbeiter motivieren Ich habe in meiner Agenturzeit einige Interviews mit Mitarbeitern zum Thema Social Sharing von Arbeitgeber-Content durchgeführt. Die Frage war dabei ganz banal: Was würde dich motivieren, damit du Posts deines Arbeitgebers in deinem Freundeskreis verbreitest? Die Antworten waren recht eindeutig und lassen sich in zwei Teilmotive gliedern. Zum einen ist die Content-Qualität wichtig, denn belanglose Inhalte teilt man nur ungern mit Menschen, die einem wichtig sind. Zum Zweiten ging es den Befragten um eine Form der Incentivierung, was nicht zwangsläufig monetäre Ausmaße haben muss. Vielmehr spielt Anerkennung eine große Rolle für die Motivation, schließlich hat „Social Sharing“ etwas mit Identifikation zu tun, was mittlerweile ein hohes Gut im Employer-Branding-Prozess geworden ist. Wie könnte man Anreize setzen und entsprechend messen? Das geht zum Beispiel mit einem recht einfachen Punkte-System, wo jeder Share, Like oder Kommentar

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gemessen wird und in entsprechende Prämien konvertiert werden kann. Dabei gibt es Software-Tools, die dem S­ ocial-Media-Manager die Arbeit des Auszählens erleichtern und das Mitmachen transparent gestalten. Doch es gibt auch kreativere Lösungen, die ganz ohne komplizierte Konvertierungstabellen auskommen. Ein Faktor ist zumeist das Urlaubstagekonto. Warum nicht den Mitarbeitern für ihre Social-Media-Aktivität einen zusätzlichen Urlaubstag verschaffen, den sie entspannt im hoteleigenen Wellnessbereich nutzen können oder abenteuerlich beim Wildwasser-Rafting, E-Biken oder Schneetourengehen in der eigenen Umgebung. Dabei wird nicht nur die Identifikation gestärkt, sondern auch eigener, authentischer Content produziert. Ein schönes Beispiel ist einmal mehr das Mama Thresl in Leogang. Mit dem Kamera-Hersteller GoPro hat man nicht nur einen perfekten Kooperationspartner für das Hotel gefunden. Vielmehr stellt man eine Verbindung zwischen Sponsor und Mitarbeiter her, indem die Angestellten jeweils neue Kameramodelle selbst ausprobieren dürfen, um ihre privaten Aktivitäten sportlich in Szene zu setzen. Dieser Content wird anschließend nicht nur privat geteilt, sondern auch vom Hotel auf den zentralen Social-MediaKanälen präsentiert. Einmal im Jahr werden die besten Aufnahmen ausgezeichnet und mit einer Gratis-Kamera belohnt. Das Modell funktioniert übrigens so gut, dass man es gleich auch für die Gäste umgesetzt hat. Diese können ebenfalls mit den aktuellen Kameras auf ihren privaten ­Action-Video-Dreh gehen, um ihre Social-Media-Kanäle zu befüllen. Bei allen ­ Mitarbeiter-Motivations-Praktiken gilt jedoch, dass die Geschäftsführung stets der wichtigste Werbebotschafter für das eigene Haus ist. Man kann als Social-Media-Verantwortlicher noch so viel predigen und motivieren. Wenn die zentralen Repräsentanten eines Arbeitgebers derlei Engagement nicht vorleben, dann wird sich auch beim Mitarbeiter kein Klick-Finger rühren.

5.3 Den richtigen Content anbieten Wie müssen Inhalte aufgebaut sein, damit sie von Mitarbeitern positiv bewertet und geteilt werden? Sollten die Botschaften nicht zuerst dem Fan und Follower schmecken bzw. den Zielsetzungen des

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Absenders gerecht werden? Ja, natürlich. Beiträge mit Angeboten werden es schwerer haben bei Mitarbeitern, als ein Hochglanzfoto vom ­Drei-Gänge-Menü. Das ist auch nicht schlimm und muss so akzeptiert werden, denn es geht schließlich auch nicht darum, dass jeder Inhalt in die privaten Netzwerke distribuiert wird. Dennoch sollte man sich gut überlegen, welche Inhalte bei Mitarbeitern ankommen und Potenzial zur Verbreitung haben. Ein Paradebeispiel sind hier die oft zitierten Mitarbeiterportraits. Dabei spielt es fast keine Rolle, ob man selbst abgelichtet wird oder ein Kollege der Star des jeweiligen Postings ist. Mitarbeiter-Stories bieten sich perfekt an, um beispielsweise die einzelnen Bereiche eines Hotels vorzustellen. Für den neuen Gast ist das ideal, weil er schon vor Urlaubsantritt die zentralen Ansprechpartner kennenlernt. Stammgäste freuen sich über bekannte Gesichter in ihren Social-Media-Kanälen und Mitarbeiter sind stolz, Teil der medialen Inszenierung zu sein. Damit kann man quasi nicht viel falsch machen, weil es einfach Nähe und Sympathie schafft und ideal für einen Kanal wie Facebook oder LinkedIn ist (Siehe Abb. 5.1).

Abb. 5.1  Mitarbeiter-Inszenierung im Hotel Mama Thresl, Leogang. (Quelle: Günter Standl)

5  Mitarbeiter als Markenbotschafter     63

5.4 Mitarbeiter inszenieren Ein Paradebeispiel wie man Mitarbeiter motiviert und inszeniert, ist die finnische Molkereigenossenschaft Valio [3], die eine konsequente „Employee Advocacy“-Strategie verfolgt. Schon vor 4 Jahren hat man erkannt, das Social Media perfekt ist, um Botschaften in die Zielgruppen zu tragen. Die Idee dahinter ist es, dem Kunden authentische Geschichten zu erzählen. So erstellen die Eigentümer und Mitarbeiter des Unternehmens den Content für die Social-Media-Kanäle von Valio größtenteils selbst. Unter dem Instagram-Hashtag #valiomaitoa befinden sich mittlerweile über 30.000 Beiträge von Milchbauern und Eigentümern, die ihr Arbeitsumfeld präsentieren und sich als wichtigen Bestandteil der Unternehmensstrategie verstehen. Die Bauern haben das Gefühl, dass ihre Arbeit für das Unternehmen wichtig ist, denn sie können dem Konsumenten selbst zeigen, wie sie ihre Milch produzieren. Dafür muss man als Unternehmen natürlich den entsprechenden Rahmen schaffen. Das verantwortliche ­ Employee-Advocacy-Team hat im Intranet eine eigene „Champions Redaktion“ gegründet, wo relevante Themen, Studien und Artikel kuratiert und anschließend zum Teilen bereitgestellt werden. Zudem sind alle Teilnehmer stets aufgefordert, eigenen Content einzubringen, der dann, nach entsprechender Kontrolle durch die Redaktion, wieder allen zur Verfügung gestellt wird. Es gibt jede Menge Tipps und Hinweise, wie man Inhalte perfekt umsetzt bzw. wer als Partner oder Agentur helfen könnte. Was Valio hier gelungen ist, fußt auf einem zentralen Grundgedanken: Die digitalen Kanäle wurden so ausgerichtet, dass Mitarbeiter-Content stattfinden kann. Denn nur, wenn die eigens ­ produzierten Inhalte vom Arbeitgeber getragen werden, entsteht die Motivation teilzunehmen und weiterzumachen. Idealerweise führt man vor der Implementierung eines solchen Programms ein sogenanntes Audit durch, wo man sich die zentralen Schlüsselfiguren des Hotels oder einer Destination anschaut und auf Social-Media-Tauglichkeit abklopft. Welche Positionen im Unternehmen sind besonders relevant in der Außendarstellung? Bei einem Hotel sollten das im Prinzip alle Leitungspositionen sein, allem voran der General Manager und das Marketing. Grundsätzlich kann aber jeder Mitarbeiter ein Gesicht

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nach Außen werden, der eine gewisse Konstanz im Unternehmen hat und mit Gästen in Berührung kommt. Dabei bieten auch langjährige Servicekräfte exzellentes Potenzial, um Markenbotschafter zu werden und entsprechend Unterstützung zu erlangen. Als nächstes gilt es, mit den potenziellen Kandidaten Gespräche zu führen und zu beleuchten, inwiefern diese bereit sind, ihr soziales Profil mit Botschaften aus ihrem Arbeitsumfeld zu verbinden. Oberstes Prinzip: Es muss auf Freiwilligkeit beruhen, da es für alle Seiten wertfrei ist, wenn der Mitarbeiter das Gefühl hat, er muss nun als offizielles Gesicht des Arbeitgebers auftreten. Vielmehr muss er selbst Lust darauf haben, seine Kanäle, wie zum Beispiel Instagram oder Facebook, zu stärken. Wenn diese Motivation vorhanden ist, sollte man sich gemeinsam überlegen, welche Rolle der Mitarbeiter spielen kann, welchen Content er platziert, wer diesen produziert (Arbeitgeber, Agentur oder Mitarbeiter selbst) und welche Regeln dabei gelten sollen. Danach erst macht es Sinn über die Entlohnung bzw. Belohnung zu sprechen. Dabei kann sich der Arbeitgeber selbst an der Distribution der Botschaften beteiligen. Sei es durch Werbeschaltungen oder das Teilen der Posts auf den eigenen Kanälen. Ein schönes Beispiel dazu habe ich unlängst für meinen Kunden Hofbräu München umsetzen dürfen. Vielfach sehen User in der staatlichen Münchner Brauerei immer noch den großen internationalen Konzern und weniger das mittelständische Unternehmen mit lokaler Bierkompetenz und echten Charakteren. Also haben wir einen der Braumeister auf Facebook und Instagram inszeniert, der im Beitrag über die Besonderheiten des Brauprozesses Auskunft geben konnte. Zudem entsprachen seine tätowierten Oberarme so gar nicht dem Klischee der Brauerei, was zu noch mehr Akzeptanz und vor allem Resonanz führte. Bis heute ist dies einer der erfolgreichsten Posts für Hofbräu München. Was war die Entlohnung für den Markenbotschafter? Na, das Teilen auf den unternehmenseigenen Social-Media-Kanälen mit der Verlinkung zum privaten Account. Es geht also um Wertschätzung und nicht zwangsläufig um Geld. Sollte man sogar mehrere dieser Markenbotschafter im Unternehmen haben, macht eine monatliche oder wöchentliche Abstimmung Sinn, um mögliche Themen und Postingfrequenzen abzuklären, damit ein einheitliches Bild nach außen getragen wird. Zudem ist es wichtig, einen Inputgeber in Sachen Content-Hoheit

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Abb. 5.2  Mitarbeiter-Post für Hofbräu München. (Quelle: Hofbräu München)

zu haben, was in der Regel der Marketingabteilung zufallen dürfte. Selbst wenn die kreative Umsetzung beim Mitarbeiter liegt, sollten thematische Vorgaben, kreative Ideen und Timings besser vorgegeben werden (Abb. 5.2).

5.5 Mitarbeiter informieren Man kann nicht erwarten, dass jeder Mitarbeiter die ­Social-Media-Aktivitäten seines Arbeitgebers verfolgt. Dagegen spricht allein schon die organische Reichweite von Posts, die längst nur noch maximal 6,9 % der Userschaft (im Jahr 2019) erreichen [4]. Selbst wenn also jeder Mitarbeiter Fan der Facebook- oder Instagram-Seite seines Arbeitgebers ist, wird das Posting nicht automatisch gesehen. Von daher ist es wichtig, die Belegschaft über die geplanten Aktivitäten auf den S­ ocial-Media-Kanälen zu informieren. Das kann dadurch

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geschehen, dass man den Redaktionsplan einmal im Monat an alle relevanten Mitarbeiter versendet oder durch ein persönliches „Meetup“ organisiert. Besondere Highlights, wie zum Beispiel ein gelungener Bloggerbeitrag können auch als Sonder-E-Mail an alle Mitarbeiter geteilt werden. Hier habe ich immer wieder eine gewisse Scheu festgestellt, dass derlei Mails intern als Spam wahrgenommen werden, da dies doch keine wichtige Mitteilung sei. Ganz im Gegenteil würde ich sagen, denn hier geht es um positive Werbung für den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes, was durchaus ein Grund sein müsste, diesen Beitrag zu teilen. Einmal im Jahr sollte zudem die Social-Media-Strategie den Mitarbeitern präsentiert werden, damit jeder ein Bild über zentrale Inhalte und Aktivitäten hat. Auch hier kommt schnell das Gegenargument, dass dies nicht jeden Mitarbeiter interessieren würde, da nicht alle die Sozialen Medien aktiv nutzen. Und eben genau darum sollte man mindestens einmal im Jahr mit dieser Thematik aufschlagen, um zu verdeutlichen, wie wichtig Social Media heutzutage ist und welche Erfolge damit im abgelaufenen Jahr erzielt wurden.

5.6 Die Unternehmenskultur ausrichten Man kann die Belegschaft nur zu mehr Social-Media-Aktivität motivieren, wenn eine entsprechende Kultur implementiert und auch vorgelebt wird. Die Liebe und Hingabe, mit der man das Thema immer wieder im eigenen Haus platziert, wird dabei entscheidend für den nachhaltigen Erfolg sein. Das gilt sowohl für die Aktivierung der Gäste als auch für die der Mitarbeiter. Denn schließlich sollte das eigene Personal den Besucher aktiv und mit Begeisterung auf den Austausch über Social Media hinweisen. Nur wer selbst überzeugt und motiviert ist, kann andere mitreißen. Wer Social Media nur als weiteren Marketingkanal betrachtet, wird ein entsprechendes „MitmachKlima“ niemals im Unternehmen erzeugen können. Was fatal wäre, denn es gibt kaum eine Branche, die so sehr vom Teamgeist lebt wie der Tourismus. Es gilt also diesen „Spirit“ und Zusammenhalt in die Sozialen Netzwerke zu tragen und gemeinsam für die Verbreitung der

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­ otschaften zu sorgen. Denn nur wenn möglichst viele im Team mitB ziehen, wird der Dialog via Facebook & Co in die DNA übergehen und zum gelebten Standard werden. Kap. 5: Key Takeaways 1. Mitarbeiter sind extrem wichtige Markenbotschafter und Multiplikatoren für ihren Arbeitgeber. 2. Sie sollten zur Verbreitung von relevanten Botschaften via Social Media befähigt und motiviert werden. 3. Das steigert die organische Reichweite von Postings, schafft mehr Gästebuchungen und erhöht die Anzahl an Bewerbungen auf offene Stellen.

Best Case: Mount Pearl, Neufundland Dass man nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die Einwohner einer ganzen Gemeinde als Markenbotschafter einsetzen kann, beweist die kanadische Kleinstadt Mount Pearl in Neufundland. Die 23.000-Einwohner-Ortschaft am Atlantik gönnte sich ein Rap-Video, in ­ dem die beliebtesten Sehenswürdigkeiten, Lokalitäten und Plätze von den Einwohnern selbst vorgestellt werden. Dazu muss man sagen, dass Mount Pearl keine Touristenattraktion ist, sondern eine unspektakuläre Durchreisegelegenheit, die auf diese Weise versucht, Aufmerksamkeit bei Reisenden und Investoren zu erlangen. Im Spot ist mit dem Immobilienmakler Jason Piercey nicht nur ein „Local Hero“ zu sehen, sondern mit den Einwohnern der Altersklassen 8 bis 88 das halbe Dorf unterwegs, vom Politiker bis zur Feuerwehr, vom Senioren-Schwimmer bis zur Dorfschönheit. Dabei werden Lieblingsplätze wie Peter´s Pizza oder die Landwash Brewery subtil in den Rap integriert. Mit dem Slogan „Everyday is the same pace as the 80s“ nehmen sich die Einwohner selbst nicht so ganz ernst, betonen aber die hohe Lebensqualität, Sicherheit und Freundlichkeit ihrer Gemeinde. Das YouTube-Video wurde in den Sozialen Medien gefeiert und über 78.000-Mal geklickt. Dabei ist die musikalische Umsetzung kein reiner „Marketing-Stunt“, denn die unkomplizierte, freundliche Art der Einwohner wird auch in der Praxis gelebt. Es gibt wenig Bürokratie, man gibt acht aufeinander und auf dem städtischen Facebook-Kanal wird vor miesem Wetter gewarnt, nach entlaufenen Hunden gesucht und in der Nachbarschaft nach Bewerbungen für Ferienjobs aufgerufen. Man fühlt sich auch als Gast-User direkt zu Hause in Mount Pearl. Und mehr wollte dieses Rap-Video nie erreichen [5].

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Best Case: Meliá Hotelgruppe: Mitarbeiter als Influencer Neben einem weltweit angelegten Influencer-Programm, welches Influencer-Beziehungen regelmäßig erkennt, verwaltet und analysiert, hat die Meliá-Hotelgruppe auch 300 ihrer eigenen Mitarbeiter zu Corporate-Influencern gemacht. Diese erhalten aktuelle und relevante ­ Inhalte, die sie über ihre Sozialen Profile teilen können. Erster Botschafter dieses Programms ist CEO Gabriel Escarrer, der Inhalte auf LinkedIn und Twitter teilt und Follower unter dem Hashtag #AskCEOMelia dazu auffordert, Fragen zu stellen, die er anschließend beantwortet. Das Resultat: 61.000 Posts von Firmenbotschaftern generierten im Jahr 2018 mehr als 142 Mio. Impressions [6].

Literatur 1. Smith, K. (2019): Facebook in Zahlen: 53 interessante Statistiken (12.02.2019). Brandwatch. https://www.brandwatch.com/de/blog/facebookstatistiken/ Zugegriffen (29.04.2020) 2. Roth, P. (2019). Offizielle Facebook Nutzerzahlen für Deutschland (19.03.2019). Allfacebook. https://allfacebook.de/zahlen_fakten/offiziellfacebook-nutzerzahlen-deutschland Zugegriffen (29.04.2020) 3. Waltz-Oppershäuser, I. (2016). Wie Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden (25.10.16). Flockler. https://flockler.com/de/unser-blog/wie-mitarbeiter-zu-markenbotschaftern-werden Zugegriffen (29.04.2020) 4. Rabe, L. (2020). Durchschnittliche organische Reichweite von Posts von Facebook Seiten in Deutschland 2019 (18.02.2020). Statista. https:// de.statista.com/statistik/daten/studie/810494/umfrage/organischefacebook-reichweite-in-ausgewaehlten-laendern/ Zugegriffen: (29.04.2020) 5. O´Brien, K. (2019). Ads we like: Mount Pearl, Newfoundland creates a rap about its quaint charms (25.06.2019). The Drum. https://www.thedrum. com/news/2019/06/25/ads-we-mount-pearl-newfoundland-creates-rapabout-its-quaint-charms Zugegriffen (02.05.2020) 6. Marketingboerse.de (2019): Social First: Drittgrößte Hotelkette implementiert Hootsuite (15.04.2019). Marketing Börse. https://www. marketing-boerse.de/news/details/1918-social-first-drittgroesste-hotelketteder-welt-implementiert-hootsuite/156465 Zugegriffen (02.05.2020)

6 Influencer Marketing

Zusammenfassung  Influencer sind die Medien unserer Zeit und für den Tourismus unverzichtbar. Doch nicht jede Kooperation führt zum Erfolg und lässt eine Partnerschaft entstehen. Kap. 6 befasst sich mit den Potenzialen und Kriterien einer Zusammenarbeit zwischen Tourismusunternehmen und Influencern bzw. Bloggern. Dabei wird insbesondere auf die Auswahl, Zielgruppenabdeckung und Vertragsgestaltung eingegangen. Allein über dieses Thema lässt sich ein ganzes Buch verfassen, denn Influencer sind mittlerweile nicht mehr wegzudenken aus der Tourismusindustrie. Dabei sind die Erfahrungen, die Hotels und Regionen bisher gesammelt haben, ganz unterschiedlich und reichen von total begeistert, nicht ausprobiert bis hin zu völlig enttäuschend. Schnell merkt man, dass die Spannbreite enorm ist und jede Kooperation bzw. bezahlte Partnerschaft zu einem anderen Ergebnis führt. Woran liegt das? Das liegt an mehreren Faktoren, die wir nachgehend beleuchten werden. Die Auswahl der Multiplikatoren ist dabei mindestens so entscheidend, wie die Erwartungshaltung an das Resultat. Doch so wichtig wie die Gegenleistung des Influencers, ist der eigene Anteil, den Hotels bzw. Destinationen leisten können oder wollen. Denn © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_6

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e­ infach mal machen lassen ist keine Strategie und hat selten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis geführt. Influencer sind die Medien der Neuzeit. Während früher große Tageszeitungen wie die Bild oder Süddeutsche über enorme Auflagen verfügten, werden sie heute von den großen Meinungsmachern auf Instagram locker in puncto Reichweite überholt. Da sind Followerzahlen von mehreren Millionen Usern keine Seltenheit. Doch man muss natürlich genau hinschauen, denn aufgrund sinkender organischer Reichweiten auf Instagram, werden längst nicht mehr alle Fans über einen Post erreicht. Das ist bei Bloggern nicht anders als bei Markenseiten. Zudem gibt es immer wieder Betrugsfälle, wo Influencer aktiv Fans eingekauft haben, um einen größeren Marktwert zu erzielen. Das ganze Thema Markenbotschafter hat sich zu einem veritablen Businessmodell entwickelt und man muss unumwunden feststellen, dass sich die Machtverhältnisse in der Medienlandschaft verändert haben. Vielleicht schauen aus diesem Grund klassische Print-Gazetten recht verächtlich auf die schrillen „Mini-Medien“ hinab, während sie die TV-Sender längst in ihr Angebot integriert haben. Bestes Beispiel ist RTL2 mit der SelfieSoap Mjunik, die zunächst ausschließlich auf dem RTL2 Jugendsender You zu sehen war. Dieser Kanal ist nur digital verfügbar und verfolgte das Leben von 5 Influencerinnen, denen der Sender eine eigene WG-Wohnung in München-Schwabing spendierte, um aus ihrem Alltagsleben zu berichten. Ein vorgegebenes Script gab es nicht, vielmehr sollten die Influencerinnen so natürlich wie nur möglich ihren Fitness, Beauty und Modethemen nachgehen. Eine klassische Win-win-Situation, denn sowohl RTL2 als auch die Protagonisten profitierten vom jeweiligen Reichweitentausch, da die „Mädels“ auf ihren Kanälen Fans für die Soap aktivierten und automatisch für „Behind-the-Scenes“-Material sorgten. Das Format wurde so erfolgreich, dass es über die RTL-Mediathek Now anschließend einem größeren Publikum zum „streamen“ angeboten wurde. Was zeigt uns das für den Tourismus? Die Medienlandschaft ist im Umbruch und Social Media bzw. das Influencer Marketing sind längst ein Teil davon geworden, bzw. sind Katalysator für neue Formate. In der Zukunft wird es nicht mehr darum gehen, nur den neuen Winterprospekt aufzulegen und ein paar Anzeigen zu schalten. Vielmehr sollte man sich

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gezielt überlegen, welche Multiplikatoren für das kommende Angebot die richtigen Markenbotschafter sind. Aus welcher Region sie kommen, welche Kanäle sie bespielen und welche Contentqualität sie anbieten. Vielleicht denkt man sogar darüber nach, ein eigenes Format oder einen eigenen Kanal mit einem Influencer aufzubauen. Warum schreibt dieser nicht zukünftig eine regelmäßig erscheinende Gastkolumne für den hauseigenen Blog? Influencer Marketing hat für den Tourismus ein unglaubliches Potenzial, auch wenn viele Hotels und Regionen gerade an Anfragen ersticken. Und exakt hier liegt das Problem. Es sind einfach zu viele Möchtegernblogger und Meinungsmacher unterwegs, die sich mit einem schnell gebauten Instagram-Profil ihre nächste Urlaubsreise finanzieren lassen. Von daher kann man die meisten Hotelbetriebe verstehen, die dem Thema erst einmal ablehnend gegenüberstehen. Denn alle Influencer kann man nicht umsonst beherbergen und auf jede gute Kooperation folgen meist auch zwei enttäuschende. Doch die Corona-Krise wird sowohl in der Tourismusindustrie als auch bei Meinungsbildnern das Thema Kooperation wieder bei null beginnen lassen. Hotels werden sich wieder offener zeigen für Werbung über Social-Media-Botschafter und Influencer werden wieder zu schätzen ­ wissen, was ein gutes Kooperationsangebot ist. In diesem Kapitel werden wir uns über Auswahlkriterien, Messgrößen und vertragliche Bestandteile unterhalten. Wir werden aber auch sehen, wie man mit kreativen Ansätzen, ein Maximum aus der Zusammenarbeit herausarbeiten kann.

6.1 Die Zielsetzung Am Anfang einer Zusammenarbeit sollten die Ziele klar definiert werden. Einfach den Influencer einladen und schauen was passiert, führt in 50 % der Fälle zur Enttäuschung. Und das noch nicht einmal aus dem Grund, dass schlechter Content abgeliefert wurde, sondern eher aus der Tatsache begründet, dass man sich am Ende das Resultat doch irgendwie anders vorgestellt hat. Von daher sollte man Influencer nach Zielgruppenpassung aussuchen. Sprich: Welche Kernmärkte möchte man als Hotel bzw. Destination bedienen und wie passt der

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potenzielle Meinungsbildner dazu? Danach erst legt man fest, welche Resultate erwartet werden. Sollen bestimmte Bereiche der Destination oder des Hotels vorgestellt werden, dann gehört das ins Briefing. Soll eine bestimmte Anzahl an Beiträgen produziert werden, dann muss auch das vorab besprochen werden. Konkrete Leistungswerte bei Engagement oder Reichweite einzufordern ist indes schwierig, da kein Influencer im Vorfeld eine Garantie für die Performance seines Beitrages abgeben wird. Dennoch gibt es immer wieder auch Modelle, wo über eine prozentuale Beteiligung des Influencers bei Direktbuchungen verhandelt wird. Das kann zum Beispiel über einen Aktionscode erfolgen, wo Fans und Follower des Influencers eine Vergünstigung bekommen. So kann man nachvollziehen, wie viele Buchungen über die Kooperation stattgefunden haben.

6.2 Die Influencerauswahl Die Auswahl bzw. Analyse von Influencern ist ein wichtiger Prozess, legt er doch den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dabei gilt es qualitative wie quantitative Parameter abzuklopfen. Am Anfang steht immer die Frage nach der Markenpassung zur eigenen Strategie. Passt dieser Blogger, Instagrammer, YouTuber wirklich zu den anvisierten Zielgruppen des Hotels oder der Ferienregion? In der Regel hat die Tourismusindustrie den Luxus, ausreichend Anfragen von Interessenten zu erhalten und steht vor der Qual der Wahl, die richtigen Akteure einzuladen. Manchmal macht es aber auch Sinn, gezielt nach Markenbotschaftern Ausschau zu halten, die ein bestimmtes Thema in neue Zielgruppen tragen. Anhand einer Checkliste kann man sehr gut beurteilen, ob die Anfrage aus Marketingsicht zielführend ist. Dabei sollte man folgende Fragestellungen beantworten: 1. Passt der Auftritt des Influencers zu meiner Marke? 2. Kann der Influencer die von mir gesteckten Ziele abdecken? 3. Bespielt der Influencer die für mich relevanten Kanäle? 4. Erfüllt die Qualität der Inhalte meinen Anspruch? 5. Kann ich den zu erwartenden Content für meine Kanäle nutzen?

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6. Entsprechen die quantitativen Leistungswerte meinen Erwartungen (Reichweite, Fan- und Follower-Anzahl, Engagement-Rate)? 7. Hält sich der Influencer bei bezahlten Partnerschaften an die gesetzlichen Vorgaben? 8. Wie exklusiv ist die Partnerschaft im Umfeld der sonstigen Beiträge des Influencers? In diesen acht Fragestellungen ist bereits eine Priorisierung enthalten, die eindeutig bei den qualitativen Parametern beginnt. Erst wenn diese positiv beantwortet wurden, macht es Sinn, sich um quantitative Leistungswerte oder Gebietsexklusivität Gedanken zu machen. Schauen wir uns die einzelnen Kriterien etwas genauer an.

6.2.1 Markenpassung des Influencers Anhand der Bildsprache, Professionalität und auch Tonalität lässt sich schnell erkennen, aus welchem Alterssegment bzw. Milieu der Influencer kommt und an wen sich seine Botschaften richten. Diese lassen sich zum Teil aus den Kommentaren der Fans zu Posts oder Artikeln ablesen. Besteht ein echtes Interesse der User am gezeigten Reiseziel oder kommen eher Bemerkungen, die sich auf die Person des Influencers beziehen. Dies ist meist ein Indiz für reinen Personenkult, der wenig Abstrahleffekte auf den Partner haben dürfte. Oft sieht man das bei Kooperationen mit jungen Influencern, die zwar perfekt dafür geeignet sind, Produkte aus dem Drogeriemarkt in der Zielgruppe zu verkaufen, aber völlig ungeeignet, um z. B. ein Luxusdomizil zu platzieren. Es kann in der Regel nicht funktionieren, wenn die Followerschaft des Testimonials aus der Altersgruppe 13+ kommt und einfach nicht über Mittel und Interesse verfügt, für ein romantisches Wochenende im 5-Sterne-Wellness-Resort einzuchecken. Wenn die Zielgruppe vermögend sein und demografisch die Altersgruppe 35–50 abbilden soll, dann braucht es auch einen Blogger, der für diesen Wunschgast steht und entsprechend Beiträge produziert, die in diesem Segment konsumiert werden. Anderenfalls werden wir schnell sehen, dass die Kommentarfrequenz und auch die Followerzahl nachlassen

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werden, denn Social-Media-Kanäle wie Instagram sind trotz aller Zielgruppendurchdringung, immer noch recht „jung“.

6.2.2 Zielsetzung der Kooperation Man sollte sich im Vorfeld immer überlegen, was man von einer Kooperation erwartet. Ist es nur ein flüchtiger Instagram-Post oder soll Content produziert werden, der auch den eigenen Kanälen anschließend zur Verfügung gestellt wird? Für mich liegt hier ein entscheidender Hebel der Zusammenarbeit, denn Inhalte, die von Influencern produziert werden, haben in der Regel den Vorteil, dass sie perfekt für Social Media aufbereitet sind. Zudem kostet guter Content einfach Geld, sei es in Form von Arbeitsleistung oder in Form von Auftragsarbeit durch Fotografen oder Agenturen. Dabei geht es am Ende um Rechte für Bild und Text, über die im Vorfeld der Zusammenarbeit mit dem Influencer verhandelt werden muss. Liegt die Zielsetzung der Kooperation in konkreten Buchungsabschlüssen, muss darüber gesprochen bzw. verhandelt werden, auch wenn solche Kooperationen im Tourismus noch unüblich sind. Das liegt daran, dass Reisevorhaben keine Impulskäufe sind, wie zum Beispiel Kleidung oder Kosmetik. Der potenzielle Gast wägt seine Entscheidung ab, muss ggf. mit dem Partner Rücksprache halten und pickt dann aus einem Relevant Set aus Alternativen seinen Favoriten heraus.

6.2.3 Kanalauswahl In der Regel haben Influencer ihren Fokus. Fotografen tummeln sich auf Instagram, Blogger legen Wert auf guten Text in ihrem Blog und Videoblogger nutzen meist YouTube oder Instagram TV als Plattform. Auch wenn mehrere Kanäle bespielt werden, gibt es doch Schwerpunkte, die zur eigenen Ausrichtung passen sollten. Möchte man Content produziert wissen, der über Suchmaschinen auch noch in 2 Jahren gefunden wird, dann sollte man gezielt nach Bloggern Ausschau halten. Geht es eher um kurzfristige Aktionen wie z. B. Winter-Specials oder Wellness-Angebote, macht es mehr Sinn mit Instagram-Profis

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zusammenzuarbeiten, die bei entsprechender Reichweite, kurzfristige Buchungsimpulse setzen können. Ist man interessiert an einem Imageclip, dann sollte die Wahl vielleicht auf einen YouTube-Blogger fallen, der auf diesem Weg das nächste Hotelvideo gleich mitproduziert. Jeder Kanal hat einen anderen Wirkungsgrad, der sich in der Regel nach Zeit und Intensität unterscheiden lässt. Während Instagram und Facebook quasi sofort performen, sind YouTube, Blogs und Pinterest eher langfristig ausgelegt. Hier findet die wahre Performance manchmal erst Monate später statt, wenn bei Instagram der Zauber längst verflogen ist.

6.2.4 Qualität der Inhalte Jetzt beginnt die Arbeit, denn ein flüchtiger Blick auf den ­Instagram-Account dürfte kaum mehr reichen, da Performance-Zahlen wie Likes und Kommentare perspektivisch nur noch für den Seitenbetreiber einzusehen sind. Dies geschieht im Rahmen der neuen Qualitätsoffensive von Instagram, mit der Zielsetzung, dass wieder mehr auf die Contentqualität geachtet wird und weniger auf nackte Like-Zahlen. Aus meiner Sicht ist dies die richtige Entscheidung von Instagram, da die Betrugsfälle angewachsen sind, bei teilweise dürftiger Qualität der Inhalte. Meine Empfehlung lautet daher, sich stets mit den Inhalten zu befassen und bei Blogs mindestens 2–3 Artikel komplett durchzulesen. Idealerweise jene, die eine ähnliche Kooperation beschreiben. Dadurch bekommt man nicht nur ein gutes oder schlechtes Gefühl, sondern kann direkt Benchmarks bzw. Referenzen angeben, um den Output der eigenen Zusammenarbeit möglichst klar zu definieren.

6.2.5 Nutzung der Inhalte Für mich fast der wichtigste Punkt, der in 90 % der Kooperationen vernachlässigt wird. In der Regel tun sich insbesondere Hotels schwer, kreativen Content in konstanter Frequenz zu produzieren. Dennoch wird bei Influencer-Kooperationen meist auf das Teilen und Verwenden der produzierten Inhalte verzichtet. Warum nur? Bei einer Kooperation

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wird dem Blogger ein kostenloses Arrangement zur Verfügung gestellt oder sogar ein Honorar gezahlt. Doch der produzierte Content erscheint nur auf den Kanälen des Influencers, aber nicht auf denen des Hotels. Meine Empfehlung lautet daher, dass man sich im Vorfeld der Zusammenarbeit hinsetzt und genau bespricht, was beim anstehenden Aufenthalt abgedeckt werden sollte, damit man es anschließend selbst über die Kanäle distribuieren kann. Das klingt vielleicht nach vorgegebenem Drehbuch, hilft aber dem Kooperationspartner, den richtigen Output abzuliefern.

6.2.6 Quantitative Leistungswerte Was bei mir an sechster Stelle priorisiert ist, scheint bei vielen Entscheidern im Tourismus der einzige Gradmesser für die Beurteilung einer Kooperation zu sein. Oft hat man sogar den Eindruck, dass ausschließlich auf die Anzahl der Follower bei Instagram geschielt wird, wohl wissentlich, dass hier in der Regel jede Menge heiße Luft enthalten sein kann. Deshalb wäre mein erster Blick auch die Engagement-Rate und weniger die reine Follower-Anzahl (Siehe ­ Abb. 6.1) [1]. Dabei sollte man beachten, dass sich Referenzgrößen, wie die Engagement-Rate, ständig verändern und tendenziell, bedingt durch

Abb. 6.1  Engagement-Rate von Instagram-Posts und deren Bewertung. (Quelle: André Gebel)

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den steigenden Wettbewerbsdruck und Algorithmus-Anpassungen seitens Instagram, niedriger werden. Da man diese Werte perspektivisch nicht mehr selbst errechnen kann, da Likes unter den Beiträgen für Dritte wahrscheinlich verschwinden werden, sollte man diese Leistungswerte direkt beim Influencer anfragen. Für Facebook kann man übrigens analog vorgehen, allerdings sind hier die Leistungsdaten meist deutlich niedriger. Viele Influencer haben mittlerweile Facebook gar den Rücken gekehrt und stellen ihren kreativen Content fast ausnahmslos auf Instagram zur Verfügung. Dennoch sollte man den „Mutterkanal“ nicht außer Acht lassen, da hier insbesondere ältere Zielgruppen (40+) noch recht aktiv unterwegs sind und nach Beiträgen zum Thema Reisen und Urlaub suchen. Kommen wir zur Follower-Anzahl der Influencer und deren Kategorisierung in Mega, Macro, Micro und Nano, die sich aktuell rein auf Followerzahlen des Netzwerks Instagram beziehen (Siehe Abb. 6.2). Bei der Kategorisierung muss man allerdings stark nach Zielgruppensegmenten und Themen differenzieren. In spezifischen Märkten können

Abb. 6.2  Einstufung der Influencer nach Follower auf Instagram. (Quelle: André Gebel)

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Multiplikatoren, die 50.000 Fans auf Instagram bespielen, schon zu den „Großen“ zählen. Best Case: Mammut: Eiger Extreme Kampagne Ein gutes Beispiel für die Relativierung solcher Zahlen ist die Eiger-Extreme-Kampagne, die ich im Rahmen meiner Agenturtätig­ keit für den Schweizer Outdoor-Ausstatter Mammut im Jahr 2017 umsetzen durfte. Unsere Aufgabe war es damals, Instagram-Influencer zu finden, die im aktiven Bergsport beheimatet sind und mit Produkten der neuen Eiger-Extreme-Kollektion (z. B. Jacken, Kletterhosen) eine alpine Herausforderung meistern sollten. Dabei war der Auswahlprozess extrem knifflig, galt es doch mit begrenztem Budget eine Gesamtreichweite von 1 Mio. Fans zu erreichen und dabei auf eine ausgewogene Influencer-Auswahl zu setzen. Problem: Die meisten Macro-Influencer ­ fielen schlichtweg durch unser Raster, da sie eher Wanderer als Alpinist waren und noch nie einen „echten“ Gipfel unter den Bergschuhen hatten. Auch beim Geschlechterverhältnis zeigte sich schnell, dass eine Bergsportlerin mit 10.000 Followern plötzlich als Macro-Influencerin mit ansehnlicher Gage zu Buche schlug, was eindeutig zeigt, dass Begriffe wie Macro und Micro am Ende relativ sind. Die Kampagne war übrigens außergewöhnlich erfolgreich, erzeugte am Ende sogar eine Reichweite von über 1,2 Mio. Kontakten, lieferte 240 erstklassige Beiträge, die Mammut auch für die eigenen Kanäle nutzen konnte und hatte eine durchschnittliche Engagement-Rate von astronomischen 20 %. Woran das lag? Zum einen an der abgestimmten Auswahl an Macro- und MicroInfluencern, die einerseits für kreativen Content sorgten (meist die „Kleinen“), aber auch die entsprechende Reichweite garantieren konnten (die „Großen“). Zudem haben wir den Bergsportlern eine Kampagnenidee mit auf den Weg gegeben. Es galt einen Berg mit der Eiger-ExtremeKollektion zu erklimmen, den sie bisher noch nicht bestiegen hatten. Dazu sollten Beiträge jeweils vor Antritt, während des Aufstiegs und nach Zielerreichung gepostet werden. So wurden die Fans und Follower der Influencer von Anfang an in das Vorhaben involviert, konnten mitfiebern und am Ende sogar eine eigene Challenge definieren, die in begrenzter Auswahl von Mammut in Form von Ausrüstung unterstützt wurde. Als Fazit kann man festhalten, dass der Mix aus kleinen und großen Influencern sowie ein kreativer Spannungsbogen maßgeblich den Erfolg einer Kooperation bestimmen (Siehe Abb. 6.3).

Und wenn wir schon über kleine Influencer reden, dann gehört der Gruppe der Nano-Influencer perspektivisch die Zukunft. Hier befinden

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Abb. 6.3  Influencerin Marlene Vey alias Marlenes Leben. (Quelle: Marlene Vey)

sich Multiplikatoren, die zum Teil gar nicht darauf aus sind, ihre Reichweite für Kooperationen zur Verfügung zu stellen. Vielmehr verfügen sie über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, sind gut vernetzt und bedienen interessante Nischenmärkte. Diese vermeintlich kleinen Influencer, haben in der Regel deutlich höhere E ­ngagement-Raten als die „Großen“ und spiegeln eine hohe Authentizität bei ihren Beiträgen wider. Das liegt einfach daran, dass nicht hinter jedem Post eine bezahlte Partnerschaft steckt und eine Empfehlung noch ehrlich und authentisch wirkt. Diese Nano-Influencer zu identifizieren ist nicht einfach, da sie selbst nicht aktiv auf eine Partnerschaft ausgerichtet sind. Wir haben das seinerzeit für den Kunden SportScheck umgesetzt und gemeinsam ein sogenanntes „Musen-Konzept“ aufgebaut. Dafür wurden die Instagram-Kanäle von SportScheck händisch nach Kommentaren gescannt, um zu sehen, wer mit der Marke positiv interagiert. Danach folgten der Abgleich mit der Zielgruppendefinition und die Qualitätsanalyse des Profils. Passte der Follower zur Marke und verfügte über ein eigenes Fanpotenzial von mindestens 1000 Followern, dann wurde er oder sie per Direktnachricht kontaktiert und auf Events eingeladen bzw. mit Produkten als Gegenleistung für Posts unterstützt. Ein sogenanntes aktives Influencermanagement verfolgt stets das Ziel, sich langfristig ein eigenes, treues Netzwerk aufzubauen, um gezielt Kampagnen zu platzieren.

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6.2.7 Gesetzliche Vorgaben Wir werden in einem späteren Kapitel nochmals dezidiert auf die Bestandteile von Influencer-Verträgen eingehen. In der Phase der Selektion geht es nur darum, darauf zu achten, ob der potenzielle Meinungsbildner in der Vergangenheit bereits Kooperationen eingegangen ist und ob diese entsprechend werblich gekennzeichnet wurden. Das sagt viel über die Professionalität aus und schützt im Zweifel vor rechtlichen Konsequenzen.

6.2.8 Exklusivität Exklusive Partnerschaften sind im Tourismus selten und tendenziell schwierig, da Reiseblogger von der Vielfalt ihrer Beiträge leben. Exakt das erwartet auch die Zielgruppe, welche nach Reisetipps und Übernachtungsempfehlungen sucht. Sollte man trotzdem eine langfristige Exklusivpartnerschaft (zum Beispiel für eine bestimmte Region bzw. ein Gebietsschutz bei Hotels) anstreben, dann sollte man sich 3–4 Aktionen pro Jahr mit dem Influencer überlegen. Hier ist ein kreatives Storytelling unumgänglich, um Abnutzungserscheinungen beim Leser zu vermeiden. Zudem wird man um eine finanzielle Zuwendung nicht herumkommen.

6.3 Der Influencervertrag Viele Influencerverträge werden, wenn überhaupt, per E-Mail abgeschlossen. Darin enthalten ist in der Regel nur die Buchungsbestätigung des Hotels. Der Rest lässt sich als Prinzip Hoffnung zusammenfassen. Natürlich bedarf es nicht zwangsläufig eines dezidierten Vertrags, doch zumindest sollte die Gegenleistung des Influencers klar definiert und bestätigt werden. Die wichtigsten Aspekte eines Influencervertrags sollen nachfolgend beschrieben werden und dienen ggf. als Vorlage für die Verwendung in einer Bestätigungsmail.

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6.3.1 Die Projektbeschreibung Die Präambel beschreibt die Art und Zielsetzung der Zusammenarbeit. Handelt es sich um eine Kampagne, die ein bestimmtes Ziel verfolgt oder um eine einmalige bzw. langfristige Zusammenarbeit? Was ist die Zielsetzung? Was wird grob als Output erwartet? Eine kurze, prägnante Projektbeschreibung sensibilisiert beide Parteien, für das Resultat der Kooperation einzustehen.

6.3.2 Leistungen Hier werden alle vom Influencer zu erbringenden Mindestleistungen aufgeführt und zwar so konkret wie möglich. Beispiel: Vom Blogger XY sind folgende Leistungen zu erbringen: 1 Instagram-Story mit mindestens 3 Sequenzen, 2 Instagram-Posts, ein Blogbeitrag auf der Website sowie 1 Facebook-Post. Möchte man es ganz genau machen, gibt man hier noch ein Timing vor, wann die Posts spätestens erscheinen sollen und macht die Auflage, dass der Influencer jeweils zu den Zeiten auf seinen Kanälen postet, in der die Performance am stärksten ist. Ein Hinweis, dass der Absender (Hotel oder Region) in den Beiträgen deutlich zu erkennen ist und das entsprechend positiv berichtet wird, kann auch nicht schaden. Allerdings sollte man den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten lassen und nur bei bezahlten Partnerschaften derart dezidierte Vorgaben machen. Natürlich gehören hier auch die Gegenleistungen des Auftraggebers aufgeführt.

6.3.3 Leistungswerte Da die tatsächlichen Leistungswerte der vereinbarten Beiträge nur vom Influencer selbst einzusehen sind, sollte man (zumindest bei bezahlten Partnerschaften) ein Reporting verlangen, um kontrollieren zu können, ob Zielsetzung und -erreichung übereinstimmen.

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6.3.4 Garantie der Rechteinhaberschaft Der Influencer garantiert, dass das sämtliche erstellte Material sein geistiges Eigentum ist und damit keinerlei Rechte Dritter verletzt werden. Falls also Personen abgebildet sind, dann müssen auch diese Rechte geklärt sein. Es sei denn, die Personen sind auf dem Foto nur Beiwerk. Gerade bei der Abbildung von Minderjährigen ist darauf zu achten, dass das Einverständnis der Eltern geklärt ist. Grundsätzlich findet dieser Passus in der Praxis kaum Anwendung, sensibilisiert den Influencer aber, nicht einfach wahllos Personen abzulichten und im Kooperations-Content zu platzieren. Dies ist insbesondere wichtig, wenn man den Content über die eigenen Kanäle anschließend distribuieren möchte. Zudem sollten andere Gäste geschützt und nicht wahllos von einem Kooperationspartner abgelichtet werden, der gleichzeitig als Medium fungiert.

6.3.5 Werbekennzeichnungspflicht Der Hinweis auf die Kennzeichnungspflicht ist der wichtigste Paragraf überhaupt. Denn ohne Kennzeichnung der Partnerschaft, kann es zu teuren Geldbußen und Gerichtsverhandlungen kommen. Da ist nicht nur der Influencer, sondern auch der Auftraggeber oder die betreuende Agentur in der Verantwortung. Von daher sollte man im Vertrag klarstellen, dass der Influencer für diese Kennzeichnungspflicht verantwortlich ist und das auf Instagram und Facebook zum Beispiel mit dem Zusatz „Bezahlte Partnerschaft“ löst, oder bei unbezahlter Kooperation durch Hashtags wie #Werbung, #Ad oder #Anzeige verdeutlicht. Auch wenn kein Geld fließt und nur mit kostenloser Übernachtung vergütet wird, sollte eine Werbekennzeichnung erfolgen [2]. Im Zweifel gilt: Lieber auf Nummer sicher gehen, denn die Rechtsprechung agiert immer noch recht uneinheitlich.

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6.3.6 Die Vergütung Sollte es sich bei der Zusammenarbeit um eine bezahlte Partnerschaft handeln, gehört die vereinbarte Summe in den Vertrag, um etwaige Missverständnisse zu vermeiden.

6.3.7 Abtretung der Bildrechte Möchte man den Content für die eigenen Kanäle nutzen bzw. aktiv sogar für Werbekampagnen einsetzen, dann sollte man sich mit einem Zusatzparagrafen die Rechte am Material sichern.

6.3.8 Vertraulichkeit und Geheimhaltung Das ist insbesondere wichtig, wenn man Kampagnen mit mehreren Influencern durchführt, die unterschiedliche Leistungspakete bzw. Vergütungen erhalten. Bekommt ein Influencer z. B. Geld und ein anderer nicht, führt das schnell zu Unmut und hat ggf. negative Abstrahlungseffekte auf den Auftraggeber.

6.3.9 Leistungsverhinderung Ein Hinweis, dass der Influencer zeitnah eine mögliche Verhinderung anzuzeigen hat, ist wichtig, um die Verbindlichkeit der Zusammenarbeit zu dokumentieren. Gerade bei unbezahlten Partnerschaften fehlt oft der Druck, auch wirklich erscheinen zu müssen. Vielleicht hat sich ja eine bessere Alternative ergeben. Bei bezahlten Partnerschaften ist der Paragraf der Leistungsverhinderung unumgänglich, um festzuhalten, wie mit bereits geleisteten Vorauszahlungen umzugehen ist. Erstaunlich wie aus einer E-Mail-Bestätigung plötzlich ein derartiges Vertragswerk entstehen kann. Auf der anderen Seite ist Influencer Marketing keine Spielwiese mehr, sondern eine ernstzunehmende Marketingdisziplin mit durchschlagendem Erfolg. Viele Branchen

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haben es nicht so einfach wie der Tourismus und sind durchgehend auf finanzielle Kooperationen angewiesen. Man sollte also immer gut abwägen, ob man den Kooperationspartner mit einem ausgefeilten Vertrag „erschlagen“ möchte oder ob es nicht reicht, die wichtigsten Aspekte in einer E-Mail zusammenzufassen und gegenzeichnen zu lassen.

6.4 Das Leistungspaket Das Wort Kooperation sagt es ja schon. Beide Seiten sollen von der Zusammenarbeit profitieren, was auch bedeutet, dass beide Seiten etwas dafür tun müssen. Viele Hotels und Destinationen begnügen sich in der Regel damit, dem Influencer ein Übernachtungs- und Verpflegungspaket zur Verfügung zu stellen. Manchmal scheint man sich sogar einen Spaß daraus zu machen, den Blogger in ein nicht zu vermietendes Standardzimmer einzuquartieren. Dass man über abgenutzte Möbel und ausgediente Teppichböden besser nicht berichtet, ist den Wenigsten dabei bewusst. Von daher lautet meine klare Empfehlung: Wenn man mit einem Influencer zusammenarbeitet, dann verschafft man ihm das Reiseerlebnis seines Lebens. Er oder sie wird es in außergewöhnlichen Content transportieren und weitere Reisende damit anlocken. Ein gutes Übernachtungspaket ist das eine, die persönliche Begrüßung oder ein Rahmenprogramm das andere. Mein Paradebeispiel ist hier immer das Grand Hotel Fasano am Gardasee. Es war einer der ersten Artikel für meinen Reiseblog Turnagain und ich hatte das Haus schon länger im Visier, da ich es aufgrund der Lage und Ausstattung perfekt hielt für meine Leserschaft. Ich bat also um eine Übernachtung und bekam ein sehr nettes E-Mail von Marketingdirektor Olliver Mayr, der aufrichtig meinte, dass eine Nacht in diesem Hotel viel zu wenig sei, ich dringend die Sterneküche in einem Kochevent ausprobieren müsse und er bereits sämtliche Aktivitäten auf dem Wasser für mich organisiert hat. Ich war einfach nur positiv überrascht und wurde vor Ort persönlich von Herrn Mayr, einer Flasche Sekt und einer Seeseiten-Suite begrüßt. Herausgekommen ist einer der besten Artikel, mit viel Atmosphäre, Persönlichkeit und großartigen Erlebnissen. Also genau das, was sich ein

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potenzieller Gast vom Besuch eines 5-Sterne-Hauses erwartet. (Siehe Abb. 6.4 und 6.5). Es muss nicht immer Schampus sein, doch eine persönliche Begrüßung durch einen Marketingverantwortlichen oder den General Manager ist wichtig, um auch Verbindlichkeit in die Zusammenarbeit zu bringen. Zudem bekommt man einen persönlichen Eindruck vom Kooperationspartner und kann nochmals auf bestimmte Details der Zusammenarbeit eingehen. Man minimiert das Risiko von Enttäuschungen, da man es dem Influencer durch eine persönliche Begrüßung deutlich schwerer macht, eine schwache Performance abzugeben. Begrüßen ist das eine, ein ausgearbeitetes Programm anzubieten das andere. Hier sollte man sich im Vorfeld der Zusammenarbeit eng mit dem Influencer abstimmen, denn es gibt Blogger, die selbst mit Ideen in eine Kooperation gehen und schon ein fertiges Programm

Abb. 6.4  Duell der Sterneküche im Grand Hotel Fasano, Gardasee. (Quelle: André Gebel)

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Abb. 6.5  Überraschung in Hotel Grand Fasano, Gardasee. (Quelle: André Gebel)

geplant haben. Es gibt aber auch solche, die sich vor Ort überraschen lassen und für die sollte man Programmpunkte anbieten, um den Nährboden für großartige Inhalte zu schaffen. Das können Anwendungen im eigenen Wellnessbereich sein, eine Verkostung im Weinkeller oder ein Wanderausflug mit dem Hotel-Guide.

6.5 Events mit Influencern Dass Veranstaltungen und Social Media gut zusammenpassen ist nicht neu und wird auch gern mit dem Begriff Experiential Marketing bezeichnet. Dabei geht es darum, Events so aufzubauen, dass sie sich ideal zur Verbreitung auf Social Media eignen. Ein sehr plakatives Beispiel gelang einst der Softdrink-Marke Sprite, die an einem brasilianischen Strand, gigantische Getränkebrausen zum Duschen nach dem Sonnenbad aufgestellt hat. Natürlich kam aus den Düsen keine klebrige Limonade, sondern ganz normales Wasser. Dennoch gingen die Bilder von in Sprite duschenden Strandurlaubern durch das World Wide Web. Im Sinne des Social-First-Gedankens macht es also d ­ urchaus Sinn, bei der Organisation von Events, über die anschließende Vermarktung

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nachzudenken. Denn jedes Foto auf Facebook, Instagram & Co erhöht die Reichweite der Veranstaltung, und zwar kostenlos. Influencer sind ein interessantes und unterschätztes Vehikel, um solche Social Events aufzubauen bzw. zu vermarkten. Bei einer Influencerkampagne, die ich in meiner Agenturzeit für die Marke Globetrotter umgesetzt habe, sollten wir an sieben Filialstandorten Influencer aus der Region finden, die ihren heimischen Lieblingsort vorstellen. Die Idee dahinter lautete vielversprechend: Erkunde den Herbst und damit Plätze in deiner unmittelbaren Umgebung, die du noch nicht kennst. Als besonderes Highlight hatten wir die Idee, dass der Influencer nicht nur die Plätze auf Instagram vorstellt, sondern mit einer Auswahl an Fans diesen Ort besucht und dabei wichtige Tipps zu Ausrüstung und Fototechniken geben kann. Zunächst einmal war ich sehr skeptisch, ob sich denn genügend Interessenten für das Event finden würden, denn schließlich sprechen wir hier von keinen Popstars, sondern in der Regel von Fotografen mit einem populären Instagramkanal. Doch die anfängliche Sorge verflog schnell, denn für jeden der sieben Standorte rieselten jeweils über 100 Bewerbungen ein und das, obwohl kein zusätzliches Incentive ausgelobt wurde. Für die Marke Globetrotter war dies die ideale Plattform, um direkten Kontakt zur Zielgruppe zu schaffen. So war bei jedem der Events auch ein Kundenberater vor Ort, der kompetent Auskunft zu Kleidung und Ausrüstung geben konnte. Neben den zahlreichen Postings der Influencer, wurden im Rahmen des Events unzählige Schnappschüsse durch die Gewinnspielteilnehmer generiert, die entsprechend auf Social Media geteilt wurden (Siehe Abb. 6.6). Insgesamt war die Kampagne so erfolgreich, dass sie sogar am Point of Sale in den Filialen Einzug hielt und als Video-Content über die Bildschirme lief. Genauso stellt man sich eine Social-First-Kampagne vor, die originär für die Sozialen Medien entwickelt wurde und ihre Strahlkraft bis in die Klassik leitet. Der Tourismus lebt von seinen Veranstaltungen, denn schließlich muss den Gästen während der Urlaubszeit etwas geboten werden. Einige Events, wie zum Beispiel Konzerte, können so attraktiv sein, dass die Menschen extra aus diesem Grund in die Region reisen. Umso wichtiger ist es, dass Zuschauer und Teilnehmer ordentlich Content für ihre Social-Media-Kanäle produzieren können. Das sollte man bei der Planung von Veranstaltungen ­berücksichtigen, denn

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Abb. 6.6  User-Generated-Content unter dem Kampagnen-Hashtag #Erkunde­ denHerbst von Globetrotter. (Quelle: André Gebel)

es muss zumindest ein visuelles Highlight geben, dass jeder Zuschauer fotografieren und teilen möchte. Im Zweifel reicht dafür eine aufmerksamkeitsstarke Fotowand. Influencer erfüllen bei der Eventplanung zwei wichtige Schlüsselkriterien. Sie schaffen bereits vor dem Event Aufmerksamkeit in ihrer Zielgruppe und sorgen für zusätzliche Teilnehmer. Zudem sind sie während der Veranstaltung ein Medium, das für die Distribution der Inhalte sorgt. Durch das „Vorab“ schafft man einen idealen Nährboden für das „Mittendrin“ und wird durch diesen zweistufigen Prozess deutlich mehr Engagement erzielen, als wenn man sie nur zum Event einlädt. Ein schönes Beispiel ist die Kooperation

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zwischen der Autostadt Wolfsburg, die für ihr Sommerfestival mit den beiden Influencern Maren und Tobias Wolf geworben hat. Die beiden zählen insgesamt auf ihren Kanälen über 3 Millionen Abonnenten und waren zur Veranstaltung selbst das größte Zugpferd, welches für Selfies und Autogramme zur Verfügung stand. Das G ­ et-together wurde entsprechend vorab angekündigt und durch die beiden in ihre Kanäle getragen, was zu einem enormen Andrang am Eventtag führte. Durch die Corona-Krise ist im Eventbereich zudem eine völlig neue Facette von Veranstaltungen entstanden, die durchaus eine Idee für den Tourismus sein kann. Es geht um digitale Events. Da reihenweise Veranstaltungen abgesagt wurden, blieb den Organisatoren oft nichts anderes übrig, als das Event online via Social Media zu inszenieren. Ein schönes Beispiel ist hier der Online-Koch-Workshop vom Castel Fragsburg in Meran. Hier konnten sich ehemalige Gäste des Hotels vorab zum Workshop anmelden und erhielten das Rezept für die Zutaten. In einer Live-Video-Session wurde das Menü dann von Küchenchef Egon Heiss zum mitkochen zubereitet (siehe Abb. 6.7 und 6.8).

Abb. 6.7  Einladung zum Online-Koch-Workshop vom Castel Fragsburg, Meran. (Quelle: Castel Fragsburg)

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Abb. 6.8  Küchenchef Egon Heiss, Castel Fragsburg, Meran. (Quelle: Castel Fragsburg}

Ähnlich könnte man sich eine Kooperation mit einem FitnessBlogger vorstellen, der im Hotel ein exklusives Programm entwickelt, welches Hotelgästen bzw. Interessenten anschließend gegen Gebühr zur Verfügung gestellt wird. Damit würde man quasi das Urlaubserlebnis für zu Hause erschaffen, dass nicht nur in Zeiten verordneter Quarantäne für Nachfrage sorgen dürfte.

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6.6 Strategische Kooperationen mit Influencern Der Tourismus lebt von seiner Vielfältigkeit, was langfristige Kooperationen mit Influencern meist ausschließt. Dabei lassen sich durchaus Kooperationen andenken, die über die pure Berichterstattung via Blog oder Instagram hinausgehen. Gerade für Destinationen bietet es sich förmlich an, neue Angebote gemeinsam mit Influencern zu entwickeln. Das können zum Beispiel Wanderungen oder Fahrradtouren sein, die vom Influencer erkundet, fotografiert und anschließend im Web verbreitet werden. Dabei werden dem Publikum dezidiert die besten Instagram-Spots vorgestellt und etwas zu Technik, Filtern und Blickwinkeln erklärt. Genauso können Hotels mit Influencern ein gemeinsames Tagebuch entwickeln, welches auf jedem Zimmer ausliegt und die besten Ausflüge der Umgebung beschreibt, die sich als Instagram-Hotspot lohnen. Altbekannte Wege und Sightseeing-Tipps bekommen somit einen modernen Anstrich und schaffen Interesse für jüngere Zielgruppen. Zudem hat man durch die Zusammenarbeit mit dem Influencer immer gleich ein Medium mit entsprechender Reichweite als Katalysator im Gepäck. Wenn man die Verbreitung auf die Spitze treiben möchte, könnte man sich sogar 12 Influencer-Touren als Jahreskalender vorstellen. Sprich, man verpflichtet jeden Kooperationspartner, der im Hotel übernachtet, zu einem Beitrag für das gemeinsame Projekt. Die Möglichkeiten sind unendlich, man muss sie nur entsprechend kreativ angehen und dabei den passenden Influencer auswählen. Abschließend zu sagen bleibt, dass Influencer Marketing perspektivisch immer noch viel Luft nach oben hat. Auch wenn das Angebot an Meinungsbildnern exponentiell gestiegen ist und sich viele schwarze Schafe im Markt tummeln, zeigt sich doch, dass die richtigen Influencer deutlich mehr Reichweite haben, als so manches Massenmedium. Gerade im Tourismus, der von Bildern und Geschichten lebt, werden Blogger und Instagrammer weiterhin im Media-Mix fest verankert bleiben.

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Kap. 6: Key Takeaways 1. Influencer sind, neben Gästen und Mitarbeitern, die wichtigsten Werbebotschafter für Hotels und Destinationen im Tourismus. 2. Influencer-Kooperationen sollten strategisch geplant und zentrale Parameter festgehalten werden. 3. Influencer produzieren Inhalte, die sich perfekt für den Auftraggeber zweitverwerten lassen. Diese Nutzungsrechte gilt es zu sichern, auch für Kampagnen.

Best Case: Lufthansa: #LifeChangingPlaces [3] Deutschlands größte Airline ist seit Jahren bekannt für ihre emotionale Werbung, die aktuell in der Life-Changing-Places-Kampagne ihren Höhepunkt findet. Neben klassischen TV-Spots, sind es vor allem ­Online-Aktivitäten mit Influencern, die für spektakulären Content sorgen. Im inhaltlichen Fokus steht das Entdecken von neuen Zielen, was ein Hauptantrieb des Reisens ist. Damit auch möglichst viele User von der Idee infiziert werden, stellen drei Protagonisten ihren „Place“ vor, der für immer ihr Leben geprägt hat. Wie zum Beispiel der Abenteuerfotograf Chris Burkard, der mit seinen Surf-Bildern von den Lofoten zu seiner Profession fand. Die Story gibt es exklusiv als bebilderten Artikel und Podcast auf dem Lufthansa-Blog. In einem zweiten Schritt durften die User nun in einen interaktiven Chat auf Instagram Stories eintauchen und direkt mit den Influencern kommunizieren und Fragen stellen. Zudem wurden auf der Kampagnenseite bewusst Urlaubsziele vorgeschlagen, die das bisherige Reiseverhalten der User auf den Kopf stellen sollten. Auf den Social-Media-Kanälen konnte man mit den Mitarbeitern der Lufthansa direkt über Angebote und Flugmöglichkeiten chatten. Allein der Kampagnen-Hashtag #LifeChangingPlaces war so inspirierend, dass hier mittlerweile über 12.500 Beiträge von Usern aufgeführt sind. Das Resultat der Kampagne kann sich sehen lassen: Es gab bisher 2,5 Mio. Page Views auf die Kampagnenseite und über 1 Mio. Interaktionen. Hinzu kommen 22.000 Leads von Usern, die für aktuelle und künftige Aktionen der Lufthansa interessant sein dürften.

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Literatur 1. Sehl, K. (2019): Alle 6 Methoden. So berechnen sie die Engagement Rate (16.07.2019). Hootsuite. https://blog.hootsuite.com/de/engagement-rate/ Zugriffen (02.05.2020) 2. Schnoor, P. Gründerszene (2018): Endlich Klarheit in Sachen Werbekennzeichnung auf Instagram? (22.11.18): https://www.gruenderszene.de/media/ werbekennzeichnung-auf-instagram Zugegriffen (03.05.2020) 3. DDB Germany (2020): Lufthansa #Life Changing Places. DDB Germany. https://www.de.ddb.com/work/all/clients/all/lifechangingplaces Zugegriffen (02.05.2020)

7 Mehr Sichtbarkeit in Social Media

Zusammenfassung  Mehr Sichtbarkeit in den Sozialen Medien ist der Schlüssel zum Erfolg, um die Direktbuchungen für die Reisebranche signifikant zu steigern. Das klingt trivial, ist es aber in Anbetracht von zig verschiedenen Netzwerken, Content- und Anzeigenformaten nicht. In Kap. 7 möchte ich die Spezifika der wichtigsten Netzwerke vorstellen und einen Überblick über die kreativen Möglichkeiten bei Inhalten und Anzeigen geben. Zudem gibt es praktische Tipps, wie man sich gegenüber Wettbewerbern differenzieren kann und dabei dem jeweiligen Algorithmus in die Karten spielt. Mehr Sichtbarkeit in Sozialen Medien klingt zunächst einmal wie eine Selbstverständlichkeit, denn aus diesem Grund eröffnet man doch Repräsentanzen auf Facebook, Instagram oder Pinterest. Und wenn man diese Kanäle regelmäßig mit Inhalten bespielt, dann ist man doch automatisch sichtbar oder etwa nicht? Die Zeiten, wonach jeder Post automatisch an alle Fans, Freunde und Follower ausgespielt wird, sind jedoch schon längst Geschichte. Facebook dreht fleißig an der Schraube, die sich organische Reichweite nennt (also eigene Fans, die den Beitrag im Facebook-Feed sehen) und gewährt den Bestperformern magere Werte von unter 10 %. Das heißt konkret, dass nur 1 Fan von © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_7

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10 den Inhalt auch wirklich ausgespielt bekommt. Der Aufschrei bei Seitenbetreibern ist riesig, denn bereits die Contentproduktion und -planung kostet immens viel Zeit und Geld. Jetzt soll also auch noch Budget in die werbliche Amplifizierung der Posts gesteckt werden. Nur damit User den Beitrag sehen, die zuvor die eigene Fanpage geliked haben. Zwei Argumente muss man Herrn Zuckerberg allerdings zugutehalten, denn erstens muss Facebook Geld verdienen und zweitens muss der User geschützt werden. Der Feed ist mittlerweile so unendlich groß wie das Universum und wir User werden mit abertausenden von Postings jeden Tag beschossen. Ohne einen ausgefeilten Algorithmus würden wir folglich die Nachrichten, die uns wirklich interessieren, gar nicht mehr wahrnehmen. Doch ganz so unfair geht es z. B. bei Facebook nicht zu, denn dieser Algorithmus kann im positiven Sinne beeinflusst werden. Dafür muss man sich die Entscheidungsmatrix etwas genauer ansehen. Der Facebook Newsfeed Algorithmus entscheidet dabei nach den drei Parametern Affinität, Gewichtung und Zeit [1]. • Affinität: Hier ist die „Beziehung“ zwischen dem Absender (Marke, Freund) und dem Empfänger entscheidend. Facebook bewertet die Qualität der Freundschaft. Also wann der Fan sich mit der Seite verbunden hat, wie oft er Beiträge konsumiert, wie regelmäßig er mit der Seite interagiert. Kurzum: Hier wird Markenrelevanz belohnt. • Gewichtung: Hier werden die Interaktionen gezählt. Wurde der Inhalt viel geliked, kommentiert oder geteilt? Was sind die Ursprungsinteraktionen, durch die der Inhalt entstanden ist? Haben Freunde mit dem Inhalt interagiert? Mittlerweile fließt auch die Verweildauer, die der User auf einem Post verbringt mit in die Bewertung ein. Sprich, je länger sich ein User Zeit nimmt, um den Inhalt zu konsumieren, desto besser für das Ranking [2]. Auch Links, die über den Facebook Messenger geteilt werden oder Reaktionen, die über ein einfaches Like hinausgehen (z. B. Love-Reaktion) bekommen eine höhere Gewichtung. Es geht also darum, mehr als ein Like vom Fan zu erhalten. Je mehr dieser zum Markenbotschafter wird, desto höher die organische Reichweite.

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• Zeit: Hier geht es um das Timing des Postings. Entscheidend ist der Zeitabstand zwischen der Veröffentlichung und dem letzten Login des Nutzers. Je kürzer, desto besser. Gut bewertete Inhalte schaffen es auch in den Newsfeed wenn sie „älter“ sind, dennoch wird Facebook i. d. R. keinen Post anzeigen, der eine Woche alt ist. Doch es gibt noch weitere Faktoren, die den Algorithmus beeinflussen, wie z.  B. negatives Feedback, Nutzerbewertungen, Contentqualität, Contentviralität oder zu starke Werblichkeit der Botschaft. Gerade beim letzten Punkt ist Facebook stets bestrebt, Inhalte von Anzeigen zu trennen. Die Zeiten von Clickbaiting sind vorbei und der künstlichen Aufforderung zu Kommentaren oder Markierungen soll Einhalt geboten werden. Man darf sich also nicht wundern, wenn allzu aktivierende bzw. reißerische Posts sowohl organisch als auch in der Performance als Post Promotion unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielen. Abschließend noch eine Übersicht zum Einfluss der Medienwahl und Interaktionsform auf den Facebook-Algorithmus (Siehe Abb. 7.1).

Abb. 7.1  Einfluss von Medium und Interaktionen auf den Facebook-Algorithmus. (Quelle: André Gebel)

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Es klingt also kompliziert und logisch zugleich und lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Relevanz. Wenn Content für den User relevant ist und eine Reaktion auslöst, wird es dieser Inhalt leichter haben, sein Publikum zu erreichen. Dieser Beitrag wird sogar den Weg ebnen, für die nächsten noch folgenden Postings. Doch Ruhm kommt und geht, was ein klares Argument für durchdachte Redaktionsplanung und reaktionsstarken Content ist. Das gilt übrigens nicht nur für Facebook, sondern auch für die anderen Sozialen Netzwerke, die im Folgenden behandelt werden. Ab einer kritischen Masse an Usern, muss ein Algorithmus einfach für Ordnung im persönlichen ­Interessen-Feed sorgen, sodass sich viele Learnings, die man mit einem Netzwerk sammelt, auch für die Strategie auf anderen Kanälen anwenden lassen. Bei aller Qualitätsdiskussion bezüglich Content, lassen sich in der heutigen Zeit kaum nennenswerte Zielgruppenpotenziale ohne strategisches Advertising erreichen. Sprich: Man sollte den gleichen Betrag, den man für gute Redaktion in die Hand nimmt (intern oder extern) auch für das Ad-Management (Schalten und Verwalten von Anzeigen auf Facebook & Co) einplanen. Das klingt aufwendig, strategisch und teuer, sodass man sich schnell fragen könnte, ob sich die Anstrengung überhaupt lohnt. Die Antwort ist eigentlich einfach, denn wer als Touristikunternehmen auf Social Media nicht gesehen wird, der wird perspektivisch unsichtbar werden bzw. ist allein den Konditionen der Buchungsmaschinen ausgesetzt. Auch wenn es viele Analogien gibt, muss man die einzelnen Netzwerke isoliert voneinander betrachten, da Wirkung, Zielgruppenerreichung, Aufwand und damit auch Kosten unterschiedlich sind. Zudem spielt die Aufbereitung der Inhalte eine große Rolle, da jede Plattform andere Spezifika hat. Der Traum eines Social-Media-Managers, alle Plattformen mit ein und dem gleichen Post zu bedienen, bleibt schlichtweg eine Illusion.

7.1 Facebook Facebook ist so etwas wie das Mutternetzwerk von Social Media und lebt mit dem Image des abgenutzten Massengeschmacks. Zu Unrecht, denn immer noch steigen die weltweiten Nutzerzahlen, sodass wir im

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1. Quartal 2020 immerhin von 2,6 Mrd. aktiven Nutzern ausgehen können [3]. Das ist beeindruckend, wenn auch Verschleißeffekte nicht zu leugnen sind. Die Inhaltsflut durch Unternehmen und Marken ist derart angestiegen, dass sich private User kaum mehr in der Rolle der Kreatoren sehen und aktives Posting eher auf Messenger-Dienste oder Instagram verlagern. Auch wird insgesamt weniger konsumiert und Facebook nicht mehr als Prio-1-App geöffnet. Für die junge Zielgruppe ist Facebook nur noch ein Account, bei dem man sich mal angemeldet hat. Austoben tut man sich längst auf TikTok oder Instagram. Das hat für Unternehmen aus dem Tourismus durchaus seine Vorteile, denn reifere Zielgruppen verfügen in der Regel über höhere Einkommen und die Entscheidungsgewalt, wo denn die Reise am Ende hingeht. Zudem ist Facebook der große Gemischtwarenladen, wo man mit vielen verschiedenen Formaten und Inhalten im Prinzip alles und jeden erreichen kann. Deshalb wundert es kaum, dass die meisten Unternehmen immer noch deutlich mehr Fans auf Facebook als beispielsweise auf Instagram haben. Gerade in Zeiten der Corona-Krise zahlt sich das aus, denn während Anzeigenpreise in den Keller gehen, steigt die Aktivität der Nutzer im Mutternetzwerk Facebook. Auch habe ich bei der Arbeit für diverse Marken festgestellt, dass insbesondere Aktionen wie Gewinnspiele auf Facebook eine deutlich bessere Performance erzielen, als auf Instagram. Gefühlt setzen sich die User intensiver mit den Beiträgen auseinander, während bei Instagram ein schneller „Like“ vergeben wird. Doch natürlich gibt es für alles immer auch Gegenbeispiele, so dass am Ende der „Trial-and-Error-Prozess“ entscheiden muss. Meiner Meinung nach sollte man Facebook jedenfalls nie anschreiben, sondern ins Zentrum der Social-Media-Strategie setzen, sodass viele Aspekte, die anschließend für Facebook in größerer Tiefe diskutiert werden, auch Abstrahlungseffekte auf die Arbeit in anderen Netzwerken haben.

7.1.1 Facebook Content Strategie Am Anfang steht die Strategie. Was vielleicht ein bisschen abgedroschen klingt, ist im Social-Media-Marketing essenziell. Gerade weil es so einfach ist, mit dem „sofort loslegen“, bedarf es der Zusammenführung

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von richtungsweisenden Parametern, um am Ende erfolgreich zu sein. Damit Wiederholungen in den folgenden Kapiteln vermieden werden, widme ich den Punkt der Facebook Content Strategie allen Sozialen Netzwerken, denn natürlich sollte man sich vorab auch mit Instagram, Pinterest oder LinkedIn strategisch auseinandersetzen. Social Media und in diesem Fall „Facebook-Marketing“ ist mittlerweile der zentrale Marketingkanal vieler Unternehmen. Von daher spielt das Aussehen der Marke in Content und Anzeigen eine gewichtige Rolle, auch wenn die Halbwertzeit einzelner Beiträge oft kürzer als ein Tag ist. Was durchaus seine Vorteile haben kann, denn nicht immer wird man von hoher Kreativität und viralem Zauber gesegnet sein, sodass man hin und wieder froh ist, dass der eine oder andere Beitrag nicht als TV-Spot oder Großfläche produziert wurde. Wichtig ist nur, dass man sich treu bleibt und der Strategie folgt, die auf den Markenwerten beruht und wie ein Zahnrad mit den anderen Disziplinen (z. B. klassisches Marketing, PR, Events, Human Ressources) ineinandergreift. Doch wie setzt man nun solch eine Strategie intern am besten auf? Sicherlich nicht, indem eine Person (z. B. der Social-Media-Manager) sich in einer Kammer einschließt, um die Eckpfeiler und Kanäle eigenverantwortlich festzulegen. Vielmehr gilt es die „Stakeholder“ eines Unternehmens in Form eines Workshops an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam über Ziele, Wirkungsgrad und Plattformen zu entscheiden. Nur wenn alle ein gleiches Verständnis für die Bedeutung von Social-Media-Marketing haben, kann die Umsetzung am Ende ein Erfolg werden. In diesem Workshop sollte über folgende Aspekte der künftigen Facebook-Redaktionsarbeit entschieden werden: Die Marke auf Facebook Jede Marke, jede Destination und jedes Hotel hat nicht nur äußere Markensignale, sondern auch innere Markenwerte, die es auf Social Media zu transportieren gilt. Von daher steht am Anfang die Frage, welchen Eindruck Fans, Follower und User bekommen sollen, wenn sie redaktionelle Inhalte der Absendermarke konsumieren. Ist man eher frech und mutig so wie Sixt oder lieber konservativ mit ­Premium-Anspruch wie Chanel? Hier gibt es weder ein richtig noch

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ein falsch, denn es geht darum, möglichst authentischen Content zu erzeugen. Nichts ist fataler, als wenn Werbung und User-Experience auseinanderklaffen. Das kann nur zu Enttäuschungen führen, die man sich bereits im Vorfeld ersparen sollte. Die Ausgestaltung einer Marke hat entscheidenden Einfluss auf Bildsprache, Tonalität und Themen. Sie erzeugt ein Gefühl beim User und gibt eine Haltung wieder, die sich durch alle digitalen wie physisch erlebbaren Kanäle und Aktivitäten zieht. Auch Personen können dazu gehören und Teil des „Brandbuildings“ auf Social Media sein. Die Zielgruppe Wen möchte man durch die redaktionelle Arbeit auf Facebook erreichen? Wer soll auf die Posts reagieren, diese teilen und sich danach am besten auf den Weg machen, um den Urlaub zu konsumieren? Diese Frage lässt sich sehr schön mit der Bildung sogenannter Personas visualisieren, die ein Abbild der verschiedenen Zielgruppen darstellen sollen. Die Bildung der Persona lässt sich aus vorhandenen Daten, Nutzerinterviews und Beobachtungen aus der Praxis bilden, denn in der Regel weiß man, wer regelmäßig als Gast eincheckt oder wen man gerne perspektivisch im Haus begrüßen möchte. Dieser Person schreibt man nun Affinitäten, demografische Merkmale, Hobbys, Konsum- und Reiseverhalten, Lebenssituation, Medien- und Techniknutzung zu, um ein fiktives Aussehen bzw. auch einen Namen zu vergeben. Diesen Prozess wiederholt man so lange, bis man alle relevanten Gasttypen als Einzelpersonen darstellen kann. In der Regel sollten das nicht mehr als vier oder maximal fünf sein, damit man die Marketingaktivitäten gezielt ausrichten kann. Dabei können natürlich auch potenzielle Personas gebildet werden, also Gäste, die aktuell noch nicht kommen, aber aufgrund neuer Leistungen zum Beispiel für die Zukunft angesprochen werden sollen. Eine gute Persona zeichnet sich dadurch aus, dass sie realistisch ist und man beim Durchlesen der Beschreibung, sofort ein Bild vor Augen hat. Dieses Mapping von Personen hilft extrem, um bei der Contenterstellung abklopfen zu können, ob der Inhalt überhaupt zur Zielgruppe passt. Personas eignen sich nicht nur zur besseren Visualisierung und Bündelung von heterogenen Zielgruppen, sondern sind essentiell, um Customer Journeys zu bauen. Dabei gilt es die

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medialen Berührungspunkte, die ein User mit Markeninhalten hat, zu eruieren und strategisch so zu verknüpfen, das am Ende ein Abschluss bzw. in unserem Fall die Buchung steht. Ein beispielhaftes Mapping zur Erstellung einer Persona zeigt uns Abb. 7.2.   Die Contentsäulen und ihre Formate Welche Inhalte möchte und kann man kommunizieren und wer soll diese produzieren? Eine entscheidende Frage, für die sich zunächst die Bildung sogenannter Themencluster empfiehlt, um einzelne Inhalte zu bündeln und daraus Kategorien oder Formate zu entwickeln, die sich monatlich z. B. als Serie wiederholen. Contentsäulen für einen Hotelbetrieb könnten beispielsweise sein: • Ausstattung (Zimmer, Wellness) • Food & Drinks (Restaurant, Bar) • Aktivitäten (Ausflüge) • Services (Massage, Fitness, Führungen) • Angebote • Sehenswürdigkeiten • Events

Abb. 7.2  Schablone zur Erstellung einer Persona im Tourismus. (Quelle: André Gebel)

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• Zitate/Sprüche • Menschen (Mitarbeiter, Partner, Lieferanten) • Aktuelles • Historie Hat man diese Säulen definiert fällt es leichter, daraus Redaktionsplan zu schreiben, wo jeden Monat x-Posts aus Kategorie produziert und publiziert werden können. Doch nur Themen bestimmen den monatlichen Plan, sondern ­Content-Formate, wie z. B.:

einen einer nicht auch

• Video • Bild • Link zum Blog-Artikel • Live-Session • Gewinnspiel • Umfrage Anhand dieser Listen kann man nun die anstehenden Themen für den jeweiligen Monat auswählen und das passende Format dazu finden bzw. produzieren. Die Bildsprache und Tonalität Wie kommuniziert die Marke auf Facebook und welche optischen Markensignale sendet sie aus? Diese Frage ist ganz entscheidend, bestimmt sie doch nicht nur die redaktionellen Inhalte, sondern im Fall der Tonalität auch das Community Management. Allein die Frage: „Duze oder sieze ich die User?“ muss beantwortet werden. Auch wenn das „Du“ in den Sozialen Medien weitverbreitet ist und im Tourismus üblich, gibt es immer noch Ausnahmen, die auf eine eher distanzierte Ansprache setzen. Dann muss das Thema Sprache geklärt werden, denn die Reiseindustrie lebt natürlich von der kulturellen Vielfalt ihrer Gäste. Sind die Postings in Landessprache zu verfassen oder besser gleich international auf Englisch? Eine Pauschalantwort ist kaum möglich, da jede Region und jedes Hotel einen anderen Gäste-Mix vorweisen kann und Schwerpunkte setzen muss. Grundsätzlich sollte man jedoch in der

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Sprache kommunizieren, die in der eigenen Region gesprochen und von mehr als 50 % der User verstanden wird. Ist der Gäste-Mix sehr ausgewogen, kann man eine duale Ansprache wie z. B. Deutsch und Englisch wählen oder auch einzelne Posts nur auf Englisch publizieren. Im Facebook Creator Studio lassen sich die Facebook-Posts mittlerweile mehrsprachig einplanen, so dass die Inhalte auch sprachspezifisch ausgespielt werden (sollten). Möchte man zu 100 % trennscharf mit seinen diversen Zielgruppen kommunizieren, dann hilft eine sogenannte Facebook Global Page. Das ist eine Länderweiche, die Facebook für Marken und Unternehmen einrichtet, um internationalen Usern jeweils eine Seitenversion in Landessprache zur Verfügung zu stellen. Im Tourismus gibt es hier nur wenige Beispiele, da dieser Service seitens Facebook in der Regel nur Unternehmen mit hohen Werbeausgaben bzw. Marken von strategischer Bedeutung (für Facebook) zur Verfügung gestellt wird. Ein gutes Beispiel ist hier die Facebook-Seite von „Urlaub in Österreich“, wo man als User die Region ändern kann, aus der man kommt, um danach sprachspezifischen Content z. B. auf Schwedisch zu erhalten. Auch die Bildsprache kann ein Stilmittel des Brandbuilding auf Facebook sein. Gibt es eine spezielle Foto-Optik oder lassen sich sogar Elemente aus dem Corporate Design entnehmen, um ein wiedererkennbares Erscheinungsbild zu erzielen. Ein Beispiel dafür ist die Biermarke Astra, die mittels Typographie, Bildsprache und Logo jeden Post eindeutig mit Markenelementen versieht. Im Grunde genommen könnte man das Produkt weglassen und User würden den Post immer noch als klassischen Astra-Beitrag erkennen. Messgrößen und Monitoring Wichtiger Punkt der Facebook Strategie ist es, sich über das „was“ und „wie“ der Messgrößen klarzuwerden. Welche Key-PerformanceIndikatoren, kurz KPIs, sind relevant und mit welchem System erfasse ich diese? Normalerweise kommt man mit den Facebook Insights (dem internen Analysetool von Facebook) schon recht weit und bekommt ein gutes Gefühl für Erfolg bzw. Misserfolg von Beiträgen. Zudem lassen sich soziodemografische Parameter zu den eigenen Fans bzw. zur Zielgruppe perfekt abrufen. Während der Blick auf das Fanwachstum mittlerweile zweitrangig geworden ist, stehen die Größen Reichweite

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und Interaktion immer mehr im Fokus. Dabei zeichnet sich guter Content zum einen durch Interaktionen aus, die Facebook in Form von Beitragsklicks, Reaktionen, Kommentaren und geteilten Inhalten misst. Zum anderen spielt die Anzahl an Personen, die den jeweiligen Beitrag mindestens einmal gesehen haben, kurz Reichweite (organisch wie bezahlt), eine große Rolle. Ihr Verhältnis zueinander wird auch als Interaktionsrate errechnet. Interaktionsrate = Alle Interaktionen des Posts/Reichweite des Posts x 100

Entsprechend lässt sich eine kumulierte Interaktionsrate auch für den Monat oder andere Zeiträume errechnen. Im Gegensatz dazu, stellt die Engagement Rate die Anzahl der interagierenden User in Relation zur Reichweite. Bei dieser qualitativen Betrachtung werden Doppelzählungen von Interaktionen bewusst herausgerechnet. So kann ein User durchaus mehrere Interaktionen mit einem Post haben, indem er ein Like vergibt, einen Kommentar schreibt und den Beitrag anschließend noch teilt. Engagement Rate = Engaged User/Reichweitex100

Informationen zu den Engaged Users einer Facebook-Seite erhält man z. B. durch den Datenexport in den Facebook-Insights. Doch nicht nur das „was“ ist wichtig, sondern auch wie man diese Zahlen ermittelt und dass man dies stets mit dem gleichen Instrumentarium tut. Es gibt viele Softwarelösungen, die bei der Ermittlung von Facebook-Parametern helfen. Nachteil ist oft, dass es im Vergleich zu den „hauseigenen“ Facebook-Insights zu Abweichungen kommen kann. Meine Empfehlung lautet daher, immer auf die gleiche Datenquelle zurückzugreifen, um Fort- oder Rückschritte auszumachen. Nachdem alle Fragen beantwortet sind, sollte man ein strategisches Papier ausarbeiten, welches die Grundlage der künftigen Redaktionsplanung ist. Dabei versteht sich eine digitale Strategie immer auch als organisches Konstrukt. Nichts ist für Ewigkeiten in Stein gemeißelt, sondern kann bei Bedarf und besserem Wissen angepasst werden. Ist die Strategie nun festgezurrt, steht dem ersten Redaktionsplan nichts mehr im Wege, der sich exemplarisch mit den folgenden Content-Formaten füllen lässt.

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7.1.2 Facebook Content: Videos Das Videoformat hat in den letzten Jahren seinen Siegeszug insbesondere auf Facebook fortgesetzt. Während YouTube eher als Video-Suchmaschine oder Video-Hosting-Plattform funktioniert, ­ werden Videos auf Facebook eher zu Entertainmentzwecken als sogenannter „Snack“ konsumiert, da die Clips in der Regel per AutoPlay automatisch starten. Das User Engagement ist dabei in der Regel höher, als bei herkömmlichen Bild- und Link-Posts. Obwohl Videos also oft bessere Leistungsdaten haben und sich User mehr Videos wünschen, wie eine Studie von Hubspot aus dem Jahr 2017 belegt [4], fällt der Anteil an Videocontent immer noch relativ gering aus. Der höhere Produktionsaufwand mag hier sicherlich ein hemmender Faktor sein, schließlich kann man nicht unzählige Imagevideos pro Monat bereitstellen. Doch es muss in Facebook nicht immer Hochglanz sein. Viele Videos lassen sich in erstaunlicher Qualität mit dem Smartphone filmen und sind für den Upload in Social Media absolut ausreichend. Es bedarf guter Ideen, damit der Inhalt nicht nur konsumiert, sondern entsprechend auch viral verbreitet wird. Im Folgenden möchte ich dem Leser ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wie sich Videos erfolgreich auf Facebook platzieren lassen. • Umkehrung des Spannungsbogens: Die geringe Aufmerksamkeitsspanne im Social Web führt zu einer Umkehr des gelernten Spannungsbogens. Im klassischen Filmgeschäft baut man eine Story langsam auf, um am Ende einen furiosen Showdown hinzulegen. Soviel Zeit gibt einem der User beim Surfen im ­ Facebook-Feed allerdings nicht, da der nächste Post nur 1 s entfernt ist. Ein gutes Beispiel liefern da bereits die James-Bond-Filme, die immer mit einer Action-Sequenz starten, die nicht zwangsläufig etwas mit der späteren Handlung zu tun haben muss. Es geht darum, sofort Interesse für den Film bzw. Clip zu erzeugen, auch wenn es am Ende um etwas völlig anderes geht. Und genauso sollte der Aufbau von Facebook-Videos aussehen. In den ersten 3–5 s muss etwas Ungewöhnliches bzw. Aufmerksamkeitsstarkes passieren, damit der

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User Interesse hat, den Clip weiter anzuschauen. Danach kann man die Geschichte in maximal 20 s erzählen und dem User am Ende einen „Call-to-Action“ anbieten, um weiterführende Informationen auf der Website abzurufen. Sprichwörtlich gilt also die Regel: Die Titanic muss am Anfang versenkt werden und den „Director‘s Cut“ gibt es nur per Klick-Aufforderung. • Untertitel nicht vergessen: Videos laufen auf Facebook zunächst einmal ohne Ton, so dass die Aufmerksamkeit des Users rein durch die Bildsprache erzielt werden muss. Danach kann er selbst entscheiden, ob er den Ton anmacht oder eben nicht. Viele User verzichten deshalb auf lauten Ton, da der Konsum in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf der Arbeit, in der Umgebung mit Freunden, sprich in keinem ungestörten Umfeld, stattfindet. Deshalb sollten Videos immer mit Untertiteln versehen sein, damit die Botschaften auch ohne störende Nebengeräusche konsumiert werden können und der Inhalt entsprechend verstanden wird. • Aufmerksamkeitsstarkes Vorschaubild wählen: Man hat bei Facebook stets die Möglichkeit ein eigenes Vorschaubild für das Video zu wählen. Also sollte man auch bewusst ein Foto einsetzen, das neugierig auf den späteren Clip macht. • Mobile First denken: Auch das Filmbusiness hat lange gebraucht um zu verstehen, dass Trailer im Netz nicht mehr im 16:9 Format ausgespielt werden sollten, denn die mobile Internetnutzung ist stetig angestiegen. So finden 69 % der Internetnutzung unter der Woche und 60 % am Wochenende bereits am Smartphone statt [5]. Tendenz steigend, was die Bedeutung von Tablets und Laptops klar zurückschraubt. Die Inhalte müssen ergo mobil funktionieren und der User sollte ohne Drehen des Smartphones, die größtmögliche User-Experience haben. Eine Studie von Social Bakers belegt, dass vertikale Videos von Markenseiten besser ankommen. So werden vertikale Videos, die nicht länger als 30 s sind, von 29,9 % der User bis zum Ende angeschaut. Bei horizontalen Videos sind das nur 22,2 % [6]. Trotzdem werden immer noch 70 % aller Videos auf Facebook horizontal eingestellt, weil im Vorfeld keine Überlegungen hinsichtlich mobiler Tauglichkeit angestellt wurden.

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Abschließend muss man sagen, dass Videos ein wichtiges Element sind, um mehr Aufmerksamkeit auf Facebook zu erzielen und vor allem eine große Reichweite an potenziellen Gästen anzusprechen. Sie beeinflussen einerseits den Algorithmus und sind andererseits ein ideales Vehikel für Anzeigenformate oder Ad-Funnel-Kampagnen. Immer wenn es darum geht Reichweiten-Ziele möglichst effizient zu erreichen, stehen Videos ganz oben auf der Speisekarte.

7.1.3 Facebook Content: Bild- und Linkposts Posts mit Bildern und einem dazugehörigen Text sind immer noch die beliebteste Beitragsform auf Facebook. Dass es ohne Bild in unserer visuell überfrachteten Welt nicht mehr geht, ist wohl mittlerweile jedem Social-Media-Manager klar geworden und gilt als selbstverständlich. Dennoch sollte man stets abwägen, ob man einen originären Bildpost schaltet oder einen Linkpost, der zum Beispiel auf einen Blogartikel oder die eigene Website verlinkt. Obwohl sich Facebook in der Regel das Titelbild des redaktionellen Beitrags zieht und auf den ersten Blick eine Bild-Text-Kombination erscheint, performen Link-Posts oft deutlich schlechter. Das mag daran liegen, dass Facebook interessiert ist, die User auf der Plattform zu halten, um sie nicht an externe Seiten zu verlieren. Dennoch sollte man Facebook hin und wieder nutzen, um Traffic auf das eigene Angebot zu bekommen. Ganz entscheidend für den Erfolg von Bildposts ist die richtige Pixelgröße des Beitragsbildes. Diese liegt, Stand Dezember 2019, bei 1200  × 1200 Pixeln für das Feedbild und 1080  × 1920 für das Story-Bild [7]. Zum anderen zählen Inhalt und Zeitpunkt der Verbreitung. Hier einige Tipps, die für mehr organische Reichweite bei Facebook Bild-Posts sorgen können: Markenpassung: Der Inhalt muss zur Marke passen und sollte nicht auf kurzfristige Internettrends setzen, nur um Interaktionen auszulösen. Natürlich lebt Social Media von seiner Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit. Oft zeigen die Beiträge eine hohe Performance, die schnell auf eine Neuigkeit von gesellschaftlichem Interesse reagieren. Der Autovermieter Sixt ist ein Beispiel dafür, sich durch

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schnelle Reaktion mit polarisierender Werbung auszuzeichnen. Doch darf man nicht verkennen, dass derlei Mut zur Marken-DNA von Sixt gehört und rechtliche Klagen im Zweifel bewusst kalkuliert sind. Von daher gilt bei Schnellschüssen, immer den Abgleich mit dem Brandprofil des Absenders zu machen. Storytelling: Der Tourismus lebt von seinen kleinen Geschichten und Abenteuern und diese lassen sich perfekt in einer Bild-Text-Kombination auf Facebook verewigen. Hier eignen ­ sich zum Beispiel die bereits erwähnten Mitarbeiterportraits, in denen man kurz Funktion und Motivation des Kollegen beschreibt und dazu ein Bild aus dem Arbeitsalltag anfügt. So lassen sich alle zentralen Bereiche eines Hotels in Form einer regelmäßig erscheinenden Serie vorstellen. Das kann aber auch die mehrteilige Dokumentation einer Renovierungsarbeit sein oder der Besuch eines Reise-Bloggers. Entscheidend ist es, relevanten Content zur Verfügung zu stellen, um die User für wenige Augenblicke zu unterhalten und vielleicht zu einer positiven Reaktion zu zwingen. Deshalb hat platte Werbung als Contentform auf Facebook auch nichts verloren. User wollen sich entspannen und in erster Instanz die Updates ihrer Freunde und Bekannten sehen, so dass Werbebotschaften z. T. als störend und deplatziert empfunden werden. Im Zweifel führt das sogar zu Reaktanz und der User blockiert künftig die redaktionellen Inhalte der Marke bzw. setzt seinen Haken auf „Nicht mehr abonnieren“. Dialog suchen: Arbeitet man redaktionell mit Aussagen, ist kaum mit Reaktionen seitens Fans und Follower zu rechnen. Von daher sollten sie ihrer Zielgruppe am Ende des Posts lieber eine Frage stellen, um Kommentare zu erhalten und die Chance zu haben, mit potenziellen Gästen in Kontakt zu treten. Dabei gilt: Je konkreter die Frage gestellt ist, desto höher die Antwort- bzw. Kommentarwahrscheinlichkeit. Doch damit ist die Redaktionsarbeit nicht getan, denn zentrale User-Kommentare sollten positiv quittiert bzw. mit einem Gegenkommentar beantwortet werden. Diese Form der positiven Verstärkung zeigt dem User, dass das Community Management ernst genommen wird und Kommentare entsprechend gelesen werden. Dadurch baut man eine Beziehung und Bindung zwischen Absender

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und Empfänger auf, die zu einer späteren Buchung bzw. Empfehlung führen können. 3-Sekunden-Regel: Nicht nur bei Videos, sondern auch bei B ­ ild-Posts sollte man die 3-Sekunden-Regel anwenden, die besagt, dass die Botschaft innerhalb von 3 s verstanden sein sollte. Braucht der User länger, um den Post zu verstehen, wird er oder sie sich damit nicht auseinandersetzen, sondern zum nächsten Inhalt scrollen. Man sollte nicht kompliziert denken, sondern eine Botschaft in den Post packen, bei der es sofort „Klick“ im Kopf des Betrachters macht. Deshalb sind die User nicht dumm, sondern sie sind vielbeschäftigt und durch unzählige Alternativen abgelenkt. Zeitpunkt und Frequenz: Wie oft sollte man posten und zu welchen Zeiten? Hier gibt es leider keine Universalweisheit, da jede Branche und Marke andere Idealwerte aufzeigt. Eines kann man zur Frequenz aber sagen: Sie sollte regelmäßig sein. Noch vor einigen Jahren war die Devise, dass tägliches „Posten“ als besonders erfolgsversprechend einzustufen ist. Heute gilt eher das Motto: Weniger ist manchmal mehr. Dafür sollten es aber qualitativ hochwertige Inhalte sein, die zu Interaktionen anregen und die Reichweite steigern. Von daher lautet meine Empfehlung: Etwa 2–3-mal pro Woche sollte man auf Facebook etwas von sich hören lassen. Dennoch geht Relevanz über strategische Vorgaben, sodass man in einer ereignisreichen Woche durchaus häufiger posten kann. Wer beim Erfolg von Postings auf Nummer sicher gehen möchte, der kann vorab jeden Post z. B. in einer eigenen Facebook-Gruppe testen und nur die Best-Performer anschließend auf dem offiziellen Account posten. Derlei Aufwand lohnt sich jedoch nur bei sehr großen Profilen bzw. Communities. Der richtige Zeitpunkt eines Postings hängt hingegen stark von den „Surfgewohnheiten“ der eigenen Zielgruppe ab und kann nur durch Trial-and-Error-Prozesse herausgefunden werden. Ist die Community überwiegend berufstätig und muss am Arbeitsplatz auf Social Media verzichten, sollte man entsprechend erst ab 18 Uhr posten. Nutzen die Fans und Follower Social Media auch während der Arbeitszeit, dann kann man mit einem Facebook-Post auch in der Mittagspause Erfolg haben. Anhand der Facebook Insights sieht man sehr schnell, wann die eigenen Nutzer den Inhalt konsumieren bzw. mit

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dem Content interagieren. Gleiches gilt übrigens auch für die Entscheidung, ob man lieber an einem Wochentag oder besser am Wochenende postet. Bei einer Befragung von Statista aus dem Jahr 2019 gaben 61,7 % der Befragten an, keinen bestimmten Tag in der Woche zu haben, wo sie besonders viel Social-Media-Content konsumieren [8]. Dennoch stechen die Wochenendtage mit Freitag (19,3 %), Samstag (25,9 %) und Sonntag (22,4 %) deutlich gegenüber einem Montag (13,4 %) hervor. Hinzu kommt, dass sich viele Marken am Wochenende mit Posts zurückhalten, sodass dies ein idealer Zeitpunkt für Tourismusunternehmen ist, ihre Botschaften via Facebook zu verbreiten.

7.1.4 Facebook Content: Veranstaltungen und Ankündigungen Für die Ankündigung von Events und Veranstaltungen ist Facebook der perfekte Kanal. Der User bekommt nicht nur das bevorstehende Ereignis in Form eines Posts ausgespielt, sondern kann unmittelbar Interesse signalisieren, indem er zur Veranstaltung zusagt und das Event anschließend sogar in den Freundeskreis teilt. Dadurch bekommt man als Organisator ein Vorabgefühl, wie groß das Interesse für das eingestellte Event ist und kann entsprechend darauf die Planung abstimmen. Veranstaltungen lassen sich zudem recht einfach bewerben und auf spezifische Zielgruppen aussteuern, um beispielsweise nur User in einem geografischen Radius von 40 km um das Event anzusprechen. Abschließend kann man sagen, dass sich mehr Sichtbarkeit auf Facebook primär durch außergewöhnliches Storytelling mit dem Aufruf zur Interaktion erzielen lässt. Wie kaum ein anderer Social-Media-Kanal ist Facebook eine Interaktionsplattform, auf der sich junge wie alte Zielgruppen austauschen. Dabei ist platte Werbung kein probates Mittel, denn Entertainment und Aktualität sind Trumpf. Von daher finden Veranstaltungshinweise eine perfekte Nische und bieten eine gute Möglichkeit, die einzelnen Termine direkt als Facebook-Event anzulegen.

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Best Case: Was uns bewegt – Storytelling von IDM Südtirol Dass man nicht nur in New York City interessante Charaktere findet, beweist die IDM Südtirol mit ihrem „Was uns bewegt“-Blog. In Filmen, Bildern, Reportagen und Interviews stellen Redakteure und Fotografen Menschen aus Südtirol in ihren Jobs und Lebensphasen vor. Dabei sind die Geschichten nicht nur spannend, vielmehr geben sie ein Lebensgefühl der ganzen Region wieder und verschaffen dem User einen Eindruck, was in Südtirol wirklich zählt und was die Menschen antreibt und bewegt. Bei der Gelegenheit kommt natürlich die prächtige Landschaftskulisse nicht zu kurz und man erhält wichtige Tipps für Sehenswürdigkeiten und Besichtigungen. So sehen gutes Storytelling und Content Marketing aus, die perfekt in die Redaktionsplanung für Netzwerke wie Facebook passen (Siehe Abb. 7.3 und 7.4).

Abb. 7.3  Contentmarketing auf dem Blog von IDM Südtirol. (Quelle: IDM Südtirol)

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Abb. 7.4  Contentmarketing mit Bergsteigerlegende Reinhold Messner. (Quelle: IDM Südtirol)

Best Case: 60seconds.travel Die beiden Blogger Arne Hörmann und Tim Wessling wollten ihre Freunde nicht länger mit endlosen Slideshows von Urlaubsbildern und Reisegeschichten langweilen. Also gibt es auf ihrem Blog und YouTube Kanal jetzt Videos von Ländern und Städten im 60-Sekunden-Format. Witzig in Szene gesetzt mit jeder Menge Humor. Zusätzlich gibt es einen Facebookund Instagram-Kanal, der Hintergrundmaterial und ein „Making-of“ der Clips anbietet. Das ist perfekt abgestimmtes Storytelling auf den ­Fastfood-Konsum von Inhalten unserer heutigen Zeit (Siehe Abb. 7.5 und 7.6).

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Abb. 7.5  Videos im 60-Sekunden-Format von 60seconds.travel. (Quelle: Julian Hartwig)

Best Case: Biohotel Daberer – Facebook Redaktion Wie das Biohotel Daberer die Corona-Krise meistert und für sich nutzt, ist aller Ehre und Erwähnung wert. Die Bildtexte sind dabei deutlich länger, als zu „normalen“ Zeiten, was sehr viel Persönlichkeit und Engagement in die besondere Situation hineinbringt. Da werden Lieferservices von Partnern aus der Region empfohlen, da gibt es ein Geheimrezept aus der Küche zum Nachkochen im Homeoffice und da werden Übungen zum Fitbleiben von der hauseigenen Yoga-Lehrerin empfohlen. Genauso kann man die Verbindung zu Stammgästen aufrechterhalten bzw. viel Werbung bei Neukunden für das eigene Haus machen.

Best Case: Filmtourismus – Social-Media-Idee Wer kennt das nicht: Man sieht seine Lieblingsserie im TV und fragt sich, wo die einzelnen Szenen gedreht wurden. Die Lösung für viele dieser Filmrätsel gibt es auf dem Blog Filmtourismus von Andrea David, die ihre freie Zeit dazu nutzt, Drehorte von bekannten Hollywood-Streifen wie Star Wars oder angesagten Serien wie Babylon Berlin zu besuchen. Dabei hat sie sich ein interessantes Schlüsselbild für ihre Beiträge auf Instagram

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Abb. 7.6  Kreativer Content von 60seconds.travel. (Quelle: Julian Hartwig)

und Facebook überlegt. Sie hält mit ihrer Hand einfach das Szenenfoto aus dem Film in den Original-Schauplatz. Der User erkennt den Film und kann nun miträtseln, wo denn diese Szene gedreht wurde. Die Auflösung gibt es dann im zugehörigen Text bzw. angereichert mit weiteren Fotos und Informationen im Blog. Mittlerweile wird Andrea zu allen wichtigen Filmpremieren geladen, trifft Stars und überlegt sich im Vorfeld, welche Produktion spannend für einen anschließenden Set-Besuch wäre (Siehe Abb. 7.7 und 7.8).

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Abb. 7.7  Zu den Drehorten berühmter Filme und Serien auf der Website von Filmtourismus. (Quelle: Andrea David)

Abb. 7.8  Am Drehort von Haus des Geldes mit Filmtourismus. (Quelle: Andrea David)

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Best Case: Motel One Facebook Redaktion Motel One geht als Paradebeispiel für einen rundum gelungenen Social-Media-Auftritt durch. Sowohl auf Facebook als auch Instagram ­ entsteht ein visuell einheitliches Bild aus Designelementen und interessanten Geschichten. Die Sahne auf der Kirsche ist dann allerdings das ­Community-Management, welches sich mit viel Engagement und Herz um die einzelnen Wünsche und Kommentare der Community kümmert. Hier steckt Liebe zum Detail im Service und Kreativität in den ContentFormaten, wie zum Beispiel einem Facebook-Live-Rundgang durch ein neues Motel One Hotel. Zudem nutzt die Motel-One-Redaktion die Gelegenheit, um Künstler vorzustellen, die maßgeblich das Design der Häuser prägen. Dazu gibt es Videoclips und Fotogalerien, die optisch ansprechend in Szene gesetzt sind. Man hat größtenteils das Gefühl, den Content eines 5 ­ -Sterne-Design-Hotels zu konsumieren, was damit wohl im Sinne des Absenders liegen dürfte.

7.1.5 Facebook Content: Der Redaktionsplan Nachdem wir die Contentstrategie verabschiedet und die einzelnen Formate für Facebook-Posts betrachtet haben, bedarf es einer strukturellen Vorgehensweise, die sich in der redaktionellen Planung niederschlägt. Ansonsten wird das monatliche Publizieren zu einer Aneinanderreihung von Schnellschüssen und man wird bereits nach einem Monat merken, dass für das restliche Jahr jede Menge Content fehlt. Dabei spielt die technische Form des Redaktionsplans eine untergeordnete Rolle. Neben professionellen Systemen von Anbietern wie Facelift, Falcon oder swat.io, wird in der Praxis oft eine offene Excel-Datei eingesetzt. Für die meisten Betriebe ist dies völlig aus­ reichend, vor allem, wenn der Plan von einer oder maximal zwei Personen gefüllt wird. Für jedes Netzwerk sollte man ein eigenes ExcelSheet (oder einen eigenen Tab) anlegen, welches die folgenden Spalten enthält: Kalendertag, Contentkategorie, textlicher Inhalt, visueller Inhalt, Freigabe. In dieser Form hat man einen schnellen Überblick, welcher Content an welchem Tag geplant ist und ob bereits eine Freigabe durch den Entscheidungsträger erfolgte. Diese Datei sollte idealerweise als webbasierte Liste, z. B. über Dropbox oder SharePoint vorliegen, damit mehrere Personen darauf zugreifen und Änderungen

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oder Freigaben durchführen können. Ansonsten läuft man immer wieder Gefahr, eine veraltete Liste per Mail zu versenden.

7.1.6 Facebook Ad-Strategie Ohne Werbung geht nichts mehr in den Sozialen Medien. Das klingt überzogen, trifft aber zu, wenn man die Entwicklung von organischer Reichweite und Sichtbarkeit betrachtet. Doch ohne Werbung lässt sich in der Regel auch kein Neugeschäft generieren, von daher sollte man das System nicht an dieser Stelle hinterfragen, sondern die Möglichkeiten nutzen. Mit Advertising auf Kanälen wie Facebook und Instagram, lässt sich oft eine deutlich höhere Performance erzielen, als mit Werbung in klassischen Medien. Und zwar zu geringen Kosten und Streuverlusten. Das Geheimnis für derlei Treffsicherheit ist das Wissen über die Vorlieben, Affinitäten und Hobbys der User. Facebook & Co sammeln Daten und sorgen dafür, dass die Mitglieder des Netzwerks zielgerichtete Angebote von Marken und Unternehmen erhalten, die zu ihnen passen. Das mag gespenstisch klingen, erspart dem User aber auch den Anblick von unpassenden Spots und Anzeigen. Für Werbetreibende hat es den Vorteil, Zielgruppen granular über demografische Merkmale und Affinitäten z. B. über den Facebook Ad-Manager anzusteuern und mit zielgerichteten Botschaften zu erreichen. Der Kunde wird gläsern, doch nur Facebook sieht es und spielt erfolgreich die Vermittlerrolle zwischen Sender und Empfänger. Daten sind das digitale Gold in Facebooks Schatzkammer, Service ist es sicherlich nicht. Es ist schon interessant zu beobachten, wie Facebook Werbetreibende und Agenturen dazu erzogen hat, in Eigenregie Werbung zu schalten und zu verwalten, während klassische Medienhäuser immer noch teure Vertriebsmannschaften benötigen, um Anzeigen und Spots platzieren zu können. Was nach „Null-Service-Strategie“ aussieht, hat den Charme, dass man als Werbetreibender selbst Expertise aufbaut und neue Ad-Formate und Zielgruppen in A/B-Tests gegeneinander anlaufen ­ lassen kann. Überhaupt ist Testen, Ausprobieren und Lernen das Wichtigste im Ad-Management, denn Social Media ist ein organisches Konstrukt, welches immer wieder neue Content- wie Anzeigenformate

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hervorbringt. Nicht alles davon wird funktionieren, doch wissen tut man das in der Regel erst, wenn man es ausprobiert hat. Zudem lassen sich im Ad-Manager Ausgabenlimits festsetzen, sodass einem kontrollierten Testing nichts im Wege steht und man stets das Budget im Auge behält. Grob kann man das Ad-Management bei Facebook in zwei Richtungen einordnen. Zum einen gibt es die klassische „Post-Promotion“, die den publizierten Facebook- bzw. Instagram­ Content einer größeren „Audience“ ausspielt. Zum anderen lassen sich Anzeigen planen, die frei gestaltet sind und nicht als Content auf der jeweiligen Seite publiziert werden müssen. Man legt zunächst eine Anzeigengruppe an, die man mit einem festen Zeitplan (Wann wird geschaltet?) und Budget (Limit) belegen kann. Danach lassen sich Kampagnen einstellen, die verschiedene Zielsetzungen als Output haben können. Dazu zählen klassische Brandingziele wie Markenbekanntheit und Reichweite, was bedeutet, dass diese Kampagne primär darauf ausgerichtet wird, möglichst viele Menschen in der definierten Zielgruppe zu erreichen. Hier geht es also nicht zwangsläufig darum, Likes und Kommentare zu erhalten, sondern um die Platzierung einer Marke und deren emotionale Aufladung. Alternativ dazu kann man die Kampagne aber auch abschlussorientiert ausrichten, mit Zielen wie Website-Traffic, App-Installationen, Video-Aufrufe, Leadgenerierung, Beitragsinteraktionen, Gefällt-mir-Angaben auf der Seite, Veranstaltungszusagen oder Nachrichten. Das heißt, dass die Anzeige dieser Kampagne primär Usern ausgespielt wird, die stärker auf eines dieser Kampagnenziele reagieren. Auch Conversions bzw. Store-Traffic lassen sich als Kampagnenziel auswählen. Nachdem man den Startzeitpunkt sowie das Budget der Kampagne festgelegt hat, bestimmt man die Zielgruppe. Hier liegt das wahre Herzstück von Facebook. Denn durch ein detailliertes Targeting lässt sich eine Zielgruppe nicht nur soziodemografisch perfekt aussteuern, sondern auch durch Affinitäten ergänzen. Man kann als Wanderhotel in Südtirol beispielsweise gezielt Personen angehen, die gerne wandern gehen, schon mal in Südtirol Urlaub verbracht haben, entsprechende Outdoor-Magazine lesen und ansonsten vielleicht in Wettbewerbsregionen wie Österreich oder Bayern unterwegs sind. Diese Anzeigen wird Facebook nun, falls

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keine andere Option ausgewählt wird, automatisch nach „Best Performance“ im eigenen Netzwerk platzieren, es sei denn, man möchte individuell nur User z. B. auf Instagram oder im Facebook Messenger ansprechen. Dann kann man auch das entsprechend individuell aussteuern. Grundsätzlich lässt sich so eine Zielgruppe nicht nur soziodemografisch aufbauen und mit Affinitäten anreichern, sondern es lassen sich auch die eigenen interagierenden Fans durch eine sogenannte Lookalike-Audience klonen. So erreicht man gleichgesinnte User, ­ die ähnliche Interessen haben, wie die Fans der eigenen Seite. Zum Abschluss der Planung wird jetzt noch die Werbeanzeige kreiert und man wählt zwischen einem bestehenden Posting (Bild oder Video) oder lädt entsprechend Content hoch, der nicht den eigenen Fans und Followern auf der Fanpage ausgespielt werden soll. Die Anzeige lässt sich abschließend noch mit einem Call-to-Action versehen, der zum Beispiel auf die eigene Website verlinkt und schon kann eine Anzeige im großen Facebook-Netzwerk platziert werden. Denkt man jetzt allerdings in größeren Kampagnen, empfiehlt sich der Aufbau mehrstufiger Ad-Funnel, die in der Praxis mindestens in drei Phasen (Awareness, Consideration, Sale) ablaufen. Die erste Phase des Anzeigentrichters richtet sich an ein möglichst großes Publikum, mit dem Ziel, Aufmerksamkeit (Awareness) für ein bestimmtes Thema (Hotel, Region) zu erzeugen. Als Anzeigenformat dient zum Beispiel ein schönes Imagevideo oder eine Slideshow. Es geht nicht ums Verkaufen, sondern lediglich darum, den User zum Weiterschauen zu bewegen. Denn in der 2. Phase werden jetzt nur noch die User angesprochen, die durch eine Interaktion mit dem Werbemittel, ein erstes Interesse bekundeten. Im konkreten Beispiel könnten das User sein, die mindestens 25 % des Videos angeschaut haben. In der zweiten Consideration-Phase, werden nun die Argumente zum Beispiel in Form von Carousel Ads dem User ausgespielt. Das könnten die einzelnen Leistungsfacetten eines Hotels sein oder die ­Top-Sehenswürdigkeiten einer Region. Ein konkretes Angebot ist weiterhin Tabu, denn der User ist in der Entscheidungsfindung und braucht schlagende Argumente, die er oder sie auf der Website des Absenders finden. Wer jetzt schon bucht, wunderbar. Für alle anderen gibt es nun den finalen Schlag in der Sale-Phase. Jetzt erhält der interessierte User ein konkretes Angebot

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und wird per Link- oder Carousel-Ad direkt in die Buchungsstrecke geschickt. Derlei strategisches Vorgehen hat den Vorteil, dass der User sukzessive mit mindestens 3 Kontakten an das Angebot herangeführt und nicht direkt am Anfang durch platte Angebotswerbung abgeschreckt wird. Dabei lässt sich das Arbeiten in dreistufigen „Funneln“ auch auf andere Bereiche, wie zum Beispiel das Influencer Marketing, übertragen. Schließlich geht es stets darum, die Zielgruppe erst emotional abzuholen, dann die stichhaltigen Argumente zu liefern, um abschließend mit einem unschlagbaren Angebot den „Deal“ zu machen (Siehe Abb. 7.9). Ein weiteres probates Mittel, um User, die erstes Interesse gezeigt haben, anzusprechen, ist das sogenannte Retargeting. Bei dieser Form der personalisierten Online-Werbung werden Nutzer angesprochen, die erstes Interesse z. B. durch einen Homepage-Besuch gezeigt haben. Diesen Usern wird anschließend, auf anderen Webseiten oder Sozialen Netzwerken, eine Anzeige ausgespielt, die auf den originären Besuch der Website Bezug nimmt und ein konkretes Angebot offeriert. Der User wird quasi nochmals an das Hotel oder die Destination erinnert, mit dem Ziel, nun den endgültigen Abschluss zu machen. In Perfektion

Abb. 7.9  Exemplarischer Facebook-Ad-Funnel im Tourismus. (Quelle: André Gebel)

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sehen wir derlei Retargeting-Kampagnen bei Unternehmen wie Zalando oder Amazon, die nicht nur Werbemittel auf externen Seiten ausspielen, sondern gleich den internen Newsletter personalisiert hinterhersenden. Ganz unter dem Motto: Lieber User, hast du nicht etwas vergessen? In Deutschland werden derlei Maßnahmen oft als „gespenstisch“ wahrgenommen. Der User fühlt sich ertappt und ausspioniert, so dass zu intensives Retargeting auch zu Reaktanz und Ablehnung führen kann. Deshalb sollte man derlei Kampagnen testen, um zu sehen, wie viele User sich durch die Ausspielung der Werbemittel zurückgewinnen lassen. Best Case: Deutsche Bahn – Lookalike Places mit Programmatic Ads Eine hoch komplexe aber ungemein erfolgreiche Kampagne war die Lookalike-Places-Kampagne der Deutschen Bahn, wobei ich hier nur auf die Ausspielung der Anzeigen auf Facebook eingehen möchte [9]. Der Grundgedanke war, dass es in Deutschland viele tolle Landschaften und Städte gibt, die große Ähnlichkeit mit noch berühmteren Destinationen im Ausland haben. Aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet, sieht dann eine Flussschleife an der Mosel genauso spektakulär aus, wie eine Schlucht in Arizona. Der Unterschied liegt aber im Reisepreis, so die Headline der Kampagne. Denn während der Flug in die USA über 1.000 € kosten würde, gibt es die Bahnfahrt zum innerdeutschen Ziel bereits zum Sparpreis von 19 €. Um die Idee „Spar dir den Flug“ in Form von Social-Media-Ads umzusetzen, wurden nun verschiedene Technologien genutzt, um die Ads in Echtzeit auf Basis von Affinitäten und regionaler Nähe zu konstruieren und auszuspielen. Ein Algorithmus kombinierte beispielsweise Bilder aus der Datenbank von Getty-Images zueinander, wo ein international bekanntes Reiseziel immer mit seinem deutschen Double „gematcht“ wurde. Die Affinitäten für Reiseziele lieferte dabei Facebook aus den persönlichen Interaktionen und Angaben des Users. Mithilfe von Geo-Daten konnte die Bahn anschließend den Aufenthaltsort und nächstgelegenen Flughafen ermitteln, um einen jeweils gültigen Tagespreis für einen Flug zu ermitteln. Diese Information wurde dann in das Werbemittel eingespielt und durch das Londoner Unternehmen Spirable miteinander verbunden und in eine Video-Ad gegossen, die dem User in Echtzeit ausgespielt wurde. Das Ergebnis war eine hoch relevante und sehr persönliche Anzeige, die ihre Wirkung nicht verfehlte. 50 verschiedene Zielgruppen sahen innerhalb von 13 Tagen etwa 750 verschiedene Anzeigengestaltungen, die allein vom Algorithmus zusammengestellt wurden. Gegenüber der Vorgängerkampagne, die ohne diese Echtzeit-Ads gearbeitet hatte, konnte die Click-Through-Rate um sagenhafte 849 % gesteigert werden, was zu einer Reduktion des ­Cost-per-Click um 60 % führte (Siehe Abb. 7.10 und 7.11).

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Abb. 7.10  Lookalike-Places-Kampagne der Deutschen Bahn auf Instagram. (Quelle: Deutsche Bahn)

Best Case: Drei Zinnen – Hochwertige Leads dank Facebook Dynamic Ads Das italienische Skigebiet konnte im Jahr 2018 seine Buchungsanfragen um das 4,6-fache gegenüber dem Vorjahr steigern. Wie das ging? Anscheinend mit individuellen Inhalten, die zielgruppenspezifisch in Form von Dynamic Ads auf Facebook und Instagram ausgespielt wurden. Im Visier: Personen, die bereits Interesse an einem möglichen Aufenthalt im Skigebiet Drei Zinnen gezeigt haben, in dem sie die Website des Tourismusamtes besucht haben. Aufgrund des integrierten F­ acebook-Pixels, konnten diese User einem Facebook-Account zugeordnet werden, der dann wieder Herkunft und Affinitäten bzw. Lebensphasen des Users hinzuaddiert hatte. Daraufhin war es möglich, Werbemittel auszuspielen, die individuell auf die Lebenssituation (z. B. Paar-, Single- oder Familienurlaub) abgestimmt waren und eine deutlich höhere Performance aufwiesen, als standardisierte Ads. Dabei wurde die ganze Klaviatur der Anzeigenformate eingesetzt, von Ads im Feed, bis hin zu Stories oder den opulenten Instant Experiences, die ein vollflächiges Videoerlebnis angeboten haben. Dadurch, dass im Vorfeld der Kampagne bereits viel mit unterschiedlichen Werbemitteln getestet wurde, konnte man sehr gut sehen, welche Themen und Motive funktionieren würden, um im Hauptkampagnenzeitraum möglichst wenige Streuverluste hinzunehmen. Insgesamt hat die Kampagne 1,7 Mio. Menschen erreicht, 4,6-mal mehr Leads als im Vorjahr geschafft und eine Conversion-Rate von 1,57 % erzielt [10].

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Abb. 7.11  Programmatic Ads der Lookalike-Places Kampagne auf Facebook. (Quelle: Deutsche Bahn)

7.1.7 Facebook Gruppen Schon seit Jahren versucht Facebook die Gruppenfunktion innerhalb des Netzwerks zu promoten, um mehr User in geschlossene Communities zu bringen. Das Resultat: Allein in Europa sind 40 Mio. User Mitglied in einer Gruppe [11]. Als Belohnung für G ­ ruppen-Gründer und Administratoren locken hohe Interaktionsraten und deutlich mehr

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organische Reichweite, da innerhalb der konsistenten Gemeinschaften über ein zentrales Thema diskutiert und gepostet wird, dass alle Mitglieder gleichermaßen interessiert. Strategisch machen Gruppen für Facebook natürlich Sinn, da die Interaktion im aktuellen Feed nachgelassen hat und Portale wie z. B. Gute Frage, nach wie vor beliebt sind. Für den Tourismus können Gruppen durchaus spannend sein, da man hier nicht nur Themen herauslösen, sondern ganz bestimmte Zielgruppen im kleineren Rahmen ansprechen kann. Zum Beispiel Gäste aus dem Ausland, die über die normale Facebook-Seite sprachlich nicht erreicht werden können. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Arten von Gruppen, die offenen und geschlossenen. Diese unterscheiden sich letztlich dadurch, ob die Beiträge öffentlich einsichtig sind oder ob der User erst eine Beitrittsanfrage stellen muss, um die Profile der anderen Gruppenmitglieder und deren Postings sehen zu können (geschlossene Gruppen). Vorteil der geschlossenen Gruppe für den Organisator ist die Einlasskontrolle, da der User sich um die Mitgliedschaft bewerben muss. Man kann also als Administrator entscheiden, ob man ein Mitglied aufnehmen möchte oder lieber nicht. Beide Gruppen tauchen übrigens in der Suche von Facebook auf. Im Folgenden möchte ich über die Vor- und Nachteile von Facebook Gruppen sprechen, damit jeder selbst überlegen kann, ob es Sinn macht, neben der reinen Facebook-Präsenz noch eine ­Special-Interest-Gruppe anzubieten bzw. selbst Mitglied einer Gruppe zu werden.

7.1.7.1 Vorteile von Facebook Gruppen • Nah an der Zielgruppe: Während eine Facebook Seite ein Sammelbecken aller Fans und Follower ist, die man im Laufe der Zeit gewollt oder ungewollt für sich gewinnen konnte, ist eine geschlossene Gruppe ein kleinerer Zirkel von Gleichgesinnten, die sich für ein besonderes Thema interessieren. Eine Urlaubsdestination in Österreich könnte zum Beispiel eine Facebook Gruppe zum Thema Skifahren gründen und damit nur Wintersport-Fans ansprechen und

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mit aktuellen Meldungen zu Konditionen, Preisen, Wetter etc. informieren. Damit langweilt man nicht die Fans der Seite, die ihren Fokus auf Sommerurlaub und Wandern gelegt haben, sondern schafft eine höhere Relevanz für ein Teilsegment der Zielgruppe. Zudem kann man als Gruppen-Administrator direkt mit den Mitgliedern in Diskussion treten und erfährt ggf. wo der Schuh drückt, ohne dass direkt ein Shitstorm auf der öffentlichen Seite losgetreten wird. Als Experte auftreten: Gruppen leben vom Charakter ihrer Administratoren, sodass man als Repräsentant aus Hotel oder Destination eine Reputation aufbauen kann. Denn Antworten, Kommentare bzw. der Austausch sind persönlich und man kann schnell aufzeigen, wer der Experte für den jeweiligen Bereich oder das Gebiet ist. All das, was man sonst vor Ort im Gespräch macht, kann in einer Gruppe perfekt geleistet werden. Inklusive Ton und Bild, denn Gruppen bieten sich perfekt an, um zum Beispiel eine Facebook Live Q&A-Session anzustoßen. Qualifiziertes Feedback bekommen: Gerade Mitglieder, die sich nicht trauen auf der Facebook-Seite einen Post zu kommentieren, können in einer kleineren Gruppe freier agieren. Hier ist man unter Gleichgesinnten und traut sich Fragen zu stellen oder auch über Sorgen bzw. Anregungen zu diskutieren. Dadurch erhält man als Administrator qualifiziertes Feedback von den treuesten Fans und klammert ggf. User aus, die eher durch unqualifizierte Kommentare auffallen. Hohe Interaktion erzielen: Facebook ist aktuell daran interessiert, die Gruppenfunktion auszubauen und belohnt Beiträge, die innerhalb der Gruppe gepostet werden, mit einer höheren Sichtbarkeit für die Gruppenmitglieder. Während also „normale“ Posts vom Algorithmus ausgesiebt werden, schaffen Gruppen-Posts meist den Weg in den Feed der Gruppe. Höhere Sichtbarkeit der Beiträge: Gruppenmitglieder erhalten eine Benachrichtigung in Facebook, dass etwas Neues gepostet wurde. Diese Funktion kann zwar vom User abgestellt werden, ist allerdings meist aktiv und führt dazu, dass sich User den neuen Beitrag zumindest anschauen.

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• Kursangebote erweitern: Viele Tourismusunternehmen bieten im Zielgebiet mittlerweile Sport-, Gesundheits- oder Meditationsbzw. Selbsthilfekurse an, die i. d. R. mit Urlaubsende abgeschlossen sind. Dennoch suchen User im Netz nach Kursangeboten und sind sogar bereit, Geld dafür auszugeben. Warum also nicht mit Gästen, die im Urlaub ein solches Angebot genutzt haben, mittels einer Gruppe in Kontakt bleiben und weiterhin virtuelle Tipps zu Sport, Fitness, Abnehmen etc. geben. Mit Facebook Live sind sogar Videoschaltungen in die aktuelle Übungseinheit möglich. • E-Mail-Verteiler ausbauen: Trotz sinkender Öffnungsraten, sind E-Mail-Newsletter immer noch ein Erfolgsfaktor im Tourismusmarketing. Facebook-Gruppen kann man subtil dafür nutzen, um E-Mail-Adressen einzusammeln. Eine E-Mail-Adresse lässt sich beispielsweise direkt beim Eintritt in die Gruppe abgreifen, indem man dies als Voraussetzung für die Gruppenzugehörigkeit macht. Charmanter geht das natürlich im Laufe der Zeit mit Aktionen oder Seminarangeboten.

7.1.7.2 Nachteile von Facebook Gruppen • Zeitlicher Aufwand: Wer schon Probleme hat, den monatlichen Redaktionsplan für seine Facebook Seite zu füllen, der sollte wahrscheinlich die Finger von Facebook Gruppen lassen oder die Aufgabe einem Dritten zuteilen. Gruppen fordern am Anfang mindestens den gleichen Aufwand wie eine Facebook Seite. Dabei ist die Festlegung von Strategie und Zielsetzung noch der kleinste Part, denn die monatliche Redaktionsplanung will genauso akribisch vorbereitet werden, wie die Contentbefüllung der Seite. Was aber auch bedeutet, dass man die Inhalte nicht einfach kopieren kann, da die Mitglieder exklusiven, auf sie zugeschnittenen Content erwarten. Zudem heißt Administrieren am Anfang auch Interaktion fördern, in Diskussion treten und Lösungen finden. Später laufen insbesondere größere Gruppen z. T. von allein, zu Beginn ist jedoch der Administrator gefragt. Das heißt natürlich auch, dass man nach dem Publizieren eines Beitrags die ersten Reaktionen und Kommentare abwarten

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sollte, um möglichst direkt den Kontakt aufzunehmen und einen Dialog entstehen zu lassen. Hinzu kommt der Zeitaufwand für die Beurteilung der Mitgliedsanfragen. Man möchte schließlich nicht jeden in der Gruppe haben und schaut sich entsprechend die Bewerberprofile genauestens an. Ansonsten hat man schnell das Problem, dass User ihre eigene Werbung unter Beiträge posten, was wiederum zu Reaktanz und Ablehnung bei Gruppenmitgliedern führen kann. Benefits ausarbeiten: Warum sollten User der Gruppe beitreten? Diese Frage muss man sich am Anfang stellen und mit drei bis vier exklusiven Leistungen beantworten, wenn die Gruppe funktionieren soll. Exklusiver Content ist dabei ein Schlüssel zum Erfolg. Spezielle Angebote, Live-Sessions, Serviceleistungen, Gewinnspiele oder auch Tipps und Hinweise zu Aktivitäten runden das Angebot ab, um User für eine weitere Aktivität im überfüllten Facebook-Feed zu begeistern. Werbung machen: Aktuell gibt es immer noch keine direkten Anzeigenformate, um Facebook-Gruppen zu bewerben. Dennoch sollte man redaktionell auf der eigenen Facebook-Fanpage, auf die Gruppe und ihren Nutzen hinweisen und diesen Post anschließend bewerben. Zudem kann man die Gruppe auf der Website oder dem eigenen Newsletter promoten. Abhängigkeit von Facebook: Auch wenn Facebook aktuell die Gruppenfunktion voranbringen möchte und ihre Betreiber mit überdurchschnittlichen organischen Reichweiten belohnt, kann man keine Prognose für die Bedeutung in der Zukunft ableiten. Sollten Gruppen strategisch irgendwann nicht mehr von Interesse für das Zuckerberg-Imperium sein, dann verschwinden sie vielleicht auch wieder und die ganze hineingeflossene Energie war umsonst. Immerhin hat Google einst sein ganzes Social Network mit Namen Google + abgeschrieben und gelöscht. Stress durch Werbung und Trolle: Auch wenn man bei einer geschlossenen Gruppe selbst entscheidet, welcher User beitreten darf, ist man natürlich nicht vor Querulanten geschützt, die die Gruppe als eigene Werbeplattform nutzen. Zudem können sich Wettbewerber im Kreis der Interessierten befinden, die versuchen,

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exklusive Informationen abzugraben bzw. Werbung für das eigene Angebot zu machen. Es ist also unerlässlich, von Anfang an klare Hauregeln aufzustellen, die aufzeigen, welche Verstöße mit einem Ausschluss aus der Gruppe geahndet werden. • Das private Profil veröffentlichen: Der Gruppen-Administrator kann als Destinations- oder Hotelmarke in Erscheinung treten, doch das Urlaubsgeschäft ist nun mal ein „People-Business“ und Social Media ist es auch. Wenn man Erfolg mit der Führung einer Gruppe haben möchte, dann sollte man besser mit seinem Klarnamen und der entsprechenden Funktion in Erscheinung treten und nicht als anonyme Einheit fungieren, hinter der der Manager, Social-Media-Praktikant aber auch das Zimmermädchen stecken ­ könnte. Best Case: Urlaub in Österreich – Facebook Gruppe für schwedische Gäste Ganz weit vorne im Social-Media-Universum liegt Österreich Werbung mit der Facebook Gruppe für schwedische Gäste. Mittlerweile hat die Gruppe Semester i Österrike über 4000 Mitglieder und wird von einem schwedischen Fan administriert und organisiert. Neben dem ständigen Austausch über touristische Themen, werden sogar Gruppenreisen nach Österreich organisiert, damit sich die virtuellen Freunde in der Offline-Welt an ihrem Traumziel treffen können. Genauso kann eine ­ Facebook Gruppe funktionieren, da hier keine platte Werbung stattfindet, sondern in einheimischer Sprache und mit den Augen eines Einheimischen eine Interessengemeinschaft bedient wird. Natürlich thematisch und organisatorisch unterstützt von Österreich Werbung. Wer die Gruppe jetzt nicht auf Anhieb findet, ändert einfach mal auf der Facebook-Seite von Urlaub in Österreich in den Einstellungen seine Region und wählt Schweden aus.

7.1.7.3 Facebook Community City Guides Ein neuer Bereich bei Facebook nennt sich City Guides. Hierbei handelt es sich um einen virtuellen Stadtführer, der von einer bzw. mehreren Facebook Gruppen erstellt werden kann. User erhalten hier

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wertvolle Tipps zu Sehenswürdigkeiten, Gastronomie und Unterkünften direkt aus der Community. Abseits der Mainstream-Angebote gilt es neue und unbekannte Ecken einer Stadt zu entdecken und die Lieblingsplätze der „Einheimischen“ kennenzulernen. Zudem kommen die Geschichten und Erlebnisberichte direkt von Usern und nicht von Veranstaltern. Die Aufmachung im Netz ähnelt der eines Blogs, auch wenn die Inhalte aktuell noch recht dünn daherkommen. Die Stadt Leipzig hat in Deutschland den ersten City Guide mit der Hilfe von fünf Facebook-Gruppen und der Leipziger Volkszeitung erstellt, der nicht nur im Netz einzusehen ist, sondern auch als gedrucktes Exemplar in der Touristeninformation ausliegt. In der Zukunft sollen noch weitere dieser City Guides entstehen, denn Facebook weiß, dass die Reisevorbereitung mittlerweile vom haptischen Reiseführer ins Social Web gewandert ist, wo aktuell Tripadvisor (mit 463 Mio. Unique Visitors pro Monat) [12] oder Pinterest die Nase vorn haben. Für Destinationen ist dies ein ideales Vehikel, um mit den ortsansässigen Gruppen ins Gespräch zu kommen und ein gemeinsames „Werbemittel“ zu erstellen.

7.2 Instagram Wenn es ein Soziales Netzwerk gibt, das perfekt auf die Belange und Bedürfnisse des Tourismusmarketing zugeschnitten ist, dann ist es Instagram. Gegründet wurde es im Oktober 2010 und seit April 2012 gehört es offiziell zur Facebook-Familie [13]. Fotos und visuelle Stories bilden den Kern der Applikation, die durch zahlreiche Filter- und Animationen der Kreativität des Users keine Grenzen setzt. Während bei Bildern Qualität und aufmerksamkeitsstarke Motive im Fokus stehen, sind Instagram Stories ein Abbild von Alltags- bzw. Urlaubserlebnissen. Mittlerweile hat Instagram die 1-Milliarde-User-Grenze erreicht, wovon sich 60 % täglich einloggen. Obwohl 90 % der Nutzer jünger als 35 Jahre alt sind, legen insbesondere ältere Zielgruppen stetig zu. Fazit: Es ist voll geworden auf Instagram, was auch an der

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zunehmenden Anzahl an Markenprofilen liegt, die mittlerweile die 25 Millionen-Accounts-Marke erreicht haben. Doch die Markendichte wirkt nicht etwa abstoßend wie z. T. auf Facebook, sondern User interagieren mit Brands, so dass 80 % einem Marken-Account folgen und immerhin 60 % angeben, neue Produkte und Angebote über Instagram zu entdecken. Das User Engagement liegt aktuell 10-mal höher als auf Facebook und 54-mal höher als auf Pinterest. Spannend auch, dass auf Instagram Fotos immer noch besser performen als Videos und z. B. Posts mit einer Standortangabe 79 % mehr Engagement erzielen als Posts ohne Lokation. Der Appetit nach Bildbeiträgen scheint nicht abzureißen, denn 10 % aller Fotos, die jemals geschossen wurden, entstanden in den letzten 12 Monaten. Das sind beeindruckende Zahlen, die insbesondere Hotels und Destinationen ermutigen sollten, auf Instagram aktiv zu werden und die Klaviatur des Netzwerks zu spielen. Der gesamte Influencermarkt hat sich bereits seit längerem auf dieser Plattform als „Point of Influence“ versammelt, denn nirgendwo ist die Verbindung zwischen Usern, Brands und Multiplikatoren enger als auf Instagram. Die Folge: Für die Beurteilung von Influencern werden meist nur noch die Followerzahlen von Instagram herangezogen. Das ist nicht nur auf Seiten der Werbetreibenden fahrlässig, sondern führt zwangsläufig dazu, dass sich Meinungsbildner nur noch Gedanken um Content auf Instagram machen und Facebook, Pinterest, YouTube oder dem eigenen Blog weniger Bedeutung beimessen. Eine ähnliche Entwicklung wie bei Facebook ist zu befürchten, wenn nur noch Marken und ihre Influencer aktiv sind und User das Gefühl bekommen, der eigene Content kann den Qualitätsansprüchen des Netzwerks nicht mehr standhalten. Aktuell zeigt die Entwicklungskurve jedoch immer noch steil nach oben, so dass eine Präsenz auf Instagram unersetzlich ist, zumal es Marken die Möglichkeit eines involvierenden Storytellings gibt, welches den User unmittelbar in die Geschichte miteinbezieht. Über das beliebte Storyformat kann man zudem direkt mit Usern in einen Messengerchat eintauchen, den Dialog aufnehmen und auf die Website bzw. die Buchungsstrecke verlinken.

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7.2.1 Storytelling auf Instagram Digitales Storytelling ist mehr als nur Geschichtenerzählen, denn der User darf nicht nur zuhören, lesen oder anschauen, sondern kann aktiv teilnehmen an der Geschichte. Von daher bezieht gutes Storytelling den Nutzer mit ein und überlegt sich vorab, welche Reaktionen und Beiträge Fans und Follower leisten können oder sollen. Natürlich kann man seine Geschichte in einem einzelnen Beitrag erzählen, was in den meisten Fällen auch so praktiziert wird. Ein schönes Foto, ein aufmunternder Spruch und die Aufforderung zum Kommentar machen 90 % der Instagram-Beiträge aus. Warum also nicht die Geschichte wie einen Fortsetzungsroman aufbauen, der den User zum „Dranbleiben“ motiviert? Strategisch betrachtet, lässt sich jede gute Story in drei Teile aufgliedern [14]. Zunächst wird die Ausgangssituation beschrieben, damit der Leser bzw. User in die Geschichte involviert wird. Bei einem Roman oder Film würde jetzt der Hauptdarsteller vorgestellt. Wir lernen ihn und seinen Alltag kennen und lieben. Danach erfolgt eine Komplikation, also der eigentliche Twist der Geschichte. Etwas Unvorhergesehenes passiert, etwas läuft schief oder unser Held steht vor einer großen Herausforderung. Danach folgt mit Schritt 3 das große Finale: Die Lösung wird präsentiert und unser Held hat die Challenge gemeistert. Wie man das auf den Tourismus adaptieren kann, habe ich in meinem Beitrag über die Besteigung des Kilimandscharo für meinen Blog Turnagain versucht. Bereits vor dem Start der Reise, habe ich via Instagram über mein Vorhaben berichtet und meine Community um Tipps und Tricks gebeten. Ich war damals ziemlich nervös, habe selbst viele Blogs gelesen und bin dann mit der wohl schlechtesten Ausrüstung nach Tansania geflogen, die man sich vorstellen kann. Schlaf- und Rucksack waren sogar nur geliehen, da es meine erste Trekkingtour mit Übernachtung war. Unser Held war also ziemlich leichtsinnig unterwegs und hat dann am Gipfeltag erhebliche Probleme mit der Höhe bekommen, da er unbedingt die kürzeste Route zur Gipfelbesteigung nehmen wollte. Am Ende habe ich es aber doch geschafft und die Story ging gut zu Ende und ist bis heute einer meiner erfolgreichsten Blogbeiträge. Natürlich kann man nicht jeden Monat ein Sonderformat erfinden oder ein Spektakel veranstalten, doch man

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kann sich überlegen, wie man eine Geschichte in mehreren Episoden erzählt. Und jedes Hotel und jede Region hat tausende von spannenden Geschichten, die sich wunderbar in Szene setzen lassen. Dabei gilt es zu beachten, dass der visuelle Content klar im Vordergrund steht und auch ohne einen erklärenden Text funktionieren sollte.

7.2.2 Instagram Posts Instagram schlägt in puncto Engagement bisher alle vergleichbaren Sozialen Netzwerke. Dennoch lässt sich auch hier eine gewisse Interaktionsmüdigkeit beim User feststellen und es wird für Marken immer schwieriger, Fans zu gewinnen und langfristig zu binden. Die Flut an Content zwingt den Algorithmus zum Aussieben von weniger beliebten Beiträgen. Den Rest erledigt der Nutzer meist selbst, in dem er Marken entfolgt, die nicht mehr in sein Relevant Set gehören. Zudem muss man die Qualität der Interaktion stärker beleuchten. Während ein „Herz“ schnell gesetzt ist, sind es doch gerade die Kommentare, Profiloder Website-Klicks und privaten Nachrichten, die für Unternehmen interessant sind und einen intensiveren Dialog darstellen. Wie man mehr qualitative Auseinandersetzung mit Posts erzielen kann, sollen die folgenden Tipps veranschaulichen. • Aktiv sein: Regelmäßig Beiträge einstellen, auf Kommentare reagieren und sich für den Content der anderen User, Fans und Influencer interessieren. All das gehört zu einem aktiven Instagram-Management, denn schließlich lebt das Netzwerk vom ­ Austausch, vom Entdecken und vom Kooperieren. Nur so lassen sich Followerzahlen steigern und eine Bindung zwischen Sender und Empfänger herstellen. Dahinter steckt jede Menge Arbeit, denn nur „händisches“ Interesse führt hier zum Ziel. In der Vergangenheit haben einige Unternehmen auf den Einsatz sogenannter Bots gesetzt, die recht schnell von Instagram entdeckt wurden, was zur Sperrung von Profilen führte. Von daher sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, Arbeit auszulagern, sondern selbst ein Gefühl für die eigenen Fans und Follower bekommen.

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• Hashtags verwenden: Ohne Hashtags lässt sich der eigene Dunstkreis nicht verlassen. Möchte man mit einem Post oder einer Story auch neue Fans ansprechen, dann sollte man sich vorab über die erfolgreichsten Hashtags zum gezeigten Kontext informieren. Hier empfiehlt sich ein Mix aus „großen“, also viel genutzten Hashtags und solchen, die thematisch perfekt passen, aber eher selten verwendet werden. Wer bewusst auf Nischen-Hashtags setzt, erhöht die Chance, auch nach ein paar Tagen noch von interessierten Usern gefunden zu werden. Das ist bei beliebten Hashtags wie #awesome oder #love kaum möglich, da in Sekundenschnelle neuer Content hinzuaddiert wird und den eigenen Beitrag im User-Feed nach unten drückt. Allein die Verwendung eines einzelnen Tags kann die Engagement-Rate um bis zu 12,6 % erhöhen, wobei das höchste Engagement angeblich bei der Verwendung von etwa 9 Hashtags erzielt wird [15]. Maximal lassen sich 30 Hashtags an einen Post andocken, wobei solch hohe Zahlen vom Algorithmus gerne als Spam eingestuft werden. Beliebte Hashtags nutzen ist das eine. Hashtags erfinden, um eine Kampagne aufzubauen das andere. Gerade im Tourismus ist die Kreation eines eigenen Hashtags wichtig, um die organische Verbreitung zu ermöglichen bzw. unter diesem Hashtag User-Beiträge zu sammeln. Dabei sollte man überlegen, ob der reine Destinations- bzw. Hotelname bereits ausreichend ist oder ob man mit einem weiteren kreativen Hashtag ergänzen möchte. Viele Destinationen kombinieren beispielsweise die reine Herkunft mit einem „Visit“ um klar zu zeigen, dass mit diesem Hashtag die Kampagne des offiziellen Tourismusamtes unterstützt wird. Das vereinfacht die Suche nach Nutzerbeiträgen und die Durchführung von Aktionen bzw. Gewinnspielen. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt bzw. diese wird sogar von den Usern positiv durch eigene Beiträge belohnt. Gutes Beispiel ist die „Happy Coosday“-Kampagne von Visit Scotland, die den gleichnamig kreierten Hashtag dafür genutzt hat, an jedem Dienstag ein Foto von einer schottischen Kuh samt eindrucksvoller Naturkulisse zu posten. Gestartet als gesteuerte Marketingkampagne, wurde der Hashtag schnell von Usern aufgegriffen, die ihre eigenen Kuh-Fotos hinzugefügt haben, was beweist, dass man mit einer kreativen Idee

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auch ohne großes Mediabudget einen viralen Treffer landen kann [16]. Emojis gezielt einsetzen: Das mag seltsam und vielleicht auch infantil klingen, doch wenn man die Performance von Instagram Posts steigern möchte, dann lohnt sich die Verwendung von Emojis im Text. So lassen sich bis zu 17 % mehr Interaktionen erzielen [17]. Allerdings sollte man jetzt nicht zwanghaft jede Botschaft mit lustigen Symbolen versehen. Es muss stets zum Kontext passen und die richtige Professionalität ausstrahlen, die dem Absender gerecht wird. Bei Unsicherheit gilt stets die Regel des Weglassens, denn man kann aus Unwissenheit schnell kontroverse Diskussionen lostreten oder bestimmte Nationalitäten ungewollt angreifen. Über Direct Messages austauschen: Instagram bietet, über den integrierten Messenger, die Möglichkeit, direkt mit Usern in Kontakt zu treten. Und zwar ohne das Netzwerk zu verlassen. Das schafft Bindung bzw. bringt User dazu, dem eigenen Account zu folgen. Fragen stellen: Nur wer fragt, erhält in der Regel eine Antwort. Ähnlich verhält es sich auf Instagram. Postet man lediglich Aussagen und Bilder, dann folgen i. d. R. Likes und hin und wieder ein „Bravo“ aus der Community. Stellt man hingegen eine Frage, fördert man den Dialog zum Absender und der User untereinander. Auf den Instagram-Kanal hinweisen: Ob offline oder online. User, Fans und Gäste sollten immer darauf aufmerksam gemacht werden, dass man auf Instagram aktiv ist. Nicht nur um mehr Follower zu generieren, sondern auch, um die richtigen Multiplikatoren anzuziehen. Denn Gäste, die bereits im Hotel genächtigt oder eine Region besucht haben, besitzen bereits eine persönliche Beziehung zur Marke und zeichnen sich in der Regel durch ein erhöhtes Interesse und damit auch Engagement aus. Zu den üblichen Medien zählen im digitalen Bereich Newsletter, Website, alternative ­Social-Media-Kanäle oder Blog-Beiträge, auf denen der InstagramHinweis erfolgen sollte. Im Offline-Bereich sind das z. B. Printmaterialien oder Großflächenplakate. Zudem kann man am PoS durch Flyer, Aufsteller oder Begrüßungsschreiben auf den InstagramAuftritt hinweisen.

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• Videos einsetzen: Auch wenn Videos, anders als auf Facebook, noch deutlich schwächer performen, als herkömmliche Bildbeiträge, macht ihr Einsatz durchaus Sinn. Sie erzeugen nicht nur mehr Kommentare als Bildposts, sondern erhöhen auch die Verweildauer auf dem Profil, was wieder positiv vom Instagram Algorithmus bewertet wird. Hat man guten Videocontent, sollte man über die direkte Publizierung auf Instagram TV nachdenken. Während im Feed maximal 60 s Spieldauer erlaubt sind, gehen auf IGTV bis zu 60 min, so dass man für den regulären Instagram-Feed automatisch einen Teaser auswählen kann, der die volle Fassung auf Instagram TV ankündigt. • User-Content einsetzen: Gerade im Tourismus ist der eigens kreierte Hashtag zum Hotel oder zur Region von immens wichtiger Bedeutung. Ist er doch stets das Sammelbecken für Inhalte, die von Gästen bzw. Usern generiert und unter diesem Hashtag gepostet werden. Das bezeichnet man im Fachjargon auch als „Earned Content“, da man sich diese Inhalte durch ein starkes Branding oder die Kreation eines eigenen Marken-Hashtags verdient hat. Mit entsprechender Erlaubnis des Users (z. B. über einen Kommentar unter dem Foto) lassen sich diese Inhalte nun perfekt für die eigene Redaktionsplanung nutzen. Das spart nicht nur die Eigenproduktion, sondern macht i. d. R. auch den User stolz, seinen Post einem größeren Publikum zu präsentieren. Von daher sollte man die eigenen Gäste im Vorfeld oder während des Aufenthalts auf die zugehörigen Hashtags aufmerksam machen. • Beste Posting-Zeiten berücksichtigen: Auch hier gilt das Trial-and-Error-Prinzip, um zum Erfolg zu kommen. Zu Beginn ­ sollte man unterschiedliche Postingzeiten austesten, um zu sehen, wann die eigenen Fans online sind und reagieren. Danach genügt ein Blick in die aussagekräftigen Instragram-Insights, um zu sehen, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten das Engagement am höchsten ist. Natürlich ist eine Reaktion auch vom gezeigten Inhalt abhängig, so dass es nicht nur auf den richtigen Zeitpunkt, sondern auch auf die Qualität der Inhalte ankommt. • Post mit Location Tag versehen: Bis zu 79 % mehr Engagement lässt sich mit einem Location Tag zum Post generieren, was einfach daran liegt, dass sich durch die Geocodierung des Bildes die Reichweite

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um ein Zigfaches erhöhen kann [13]. Man sollte also stets den Ort angeben, an dem das Foto gemacht wurde. Auch wenn das Bild aus dem Archiv kommt. • Authentisch bleiben: An hochwertig gestalteten Posts kommt heute kein Unternehmen mehr vorbei. Dennoch sollten die Inhalte nicht wie ein Werbeprospekt aussehen und eine falsche Realität vortäuschen. Instagram lebt von der Authentizität (insbesondere in Stories) und wenn es an dem Tag regnet, dann braucht es keinen Sonnenschein-Post. Ist der See vor der Haustür nur eine größere Pfütze, dann schützt auch der Fotografen-Winkel nicht vor der Enttäuschung beim ersten Besuch. • Regelmäßig posten: Meine Empfehlung lautet ein Mindestvolumen von 3–4 Posts und mindestens 2 Stories pro Woche. Ansonsten läuft man Gefahr, vom Algorithmus abgestraft oder vom User entfolgt zu werden. • Einheitlicher Instagram Feed: Anders als bei Facebook, spielt das Profil bzw. der Feed bei Instagram eine große Rolle. User, die bisher noch kein Follower oder Fan sind, besuchen zumindest am Anfang das Profil und analysieren genau, ob sich das „Folgen“ lohnen wird. Deshalb sollte man auf ein möglichst einheitliches Erscheinungsbild achten bzw. sogar künstlerische Highlights einsetzen, wie ein 3eroder 9er-Grid aus zusammenhängenden Bildposts, die gleichzeitig publiziert werden und eine durchgängige Geschichte erzählen (siehe Abb. 7.12).

7.2.3 Instagram Stories Gut geklaut ist besser als neu erfunden. In etwa so müssen die Gedankengänge der Instagram-Macher gewesen sein, als sie das ­Story-Format von Snapchat weitestgehend adaptiert haben. Am Anfang war der Aufschrei, insbesondere bei jüngeren Usern, groß und dem Konzern aus Menlo Park wurde plumper Ideenraub vorgeworfen. Doch die Einführung der Stories wurde für Instagram zum großen Erfolg, im Gegensatz übrigens zu Facebook. User lieben es, ihren Tag in Form von Bildern und Videos zu dokumentieren und mit ihren Freunden

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Abb. 7.12  Gestaltetes Instagram-Profil bei Premium Escapes. (Quelle: André Gebel)

zu teilen. Angereichert durch zahlreiche Filter, Emojis, Animationen mit interaktiven Elementen, haben die Stories ein völlig neues ­Entertainment-Format kreiert, welches es in dieser Form bisher nur beim „Teenie-Network“ Snapchat zu sehen gab. Schnell haben Stories gar Bildposts überholt, da sie weniger Anspruch und somit Druck auf die Qualität legen, denn schließlich wird nach 24 h die Story automatisch gelöscht. Zudem waren die Zugriffszahlen von Anfang an exklusiv nur für den Sender einzusehen, so dass „von außen“ keine Beurteilung über die Beliebtheit des Contents möglich ist. Der soziale Druck war

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also nicht gegeben und User konnten erst einmal ausprobieren, was ankommt und funktioniert. Durch die Einbindung von Videos und Gestaltungselementen aus Apps von Drittanbietern, werden Instagram Stories immer mehr zum prägenden Gestaltungswerkzeug unseres heutigen Medienkonsums. Die Folge ist, dass auch Marken vermehrt auf Stories setzen, da sie hier direkte Interaktion mit Usern durchführen und unmittelbar auf ihre Websites und Shops verlinken können. Das macht Instagram perspektivisch zu einem ernstzunehmenden Player im E-Commerce-Bereich. Und überhaupt: Ein Drittel der meistgesehenen Stories kommen von Marken, was ein zusätzliches Argument für den Einsatz der Kurzgeschichten ist [18]. Hier ein paar Tipps, wie man die Möglichkeiten von Instagram Stories besser ausschöpfen kann. • Story-Tools einsetzen: Stories kennen keinen Like-Button. Was auf der einen Seite den Performance-Druck schmälert, bedeutet auf der anderen Seite, dass man sich Gedanken über Interaktionsmöglichkeiten machen sollte. Da bietet Instagram diverse Möglichkeiten, wie zum Beispiel Umfragen, Bewertungen oder Fragen, die es den Usern ermöglichen, ein direktes Feedback zum gezeigten Content zu geben. So lässt sich ganz nebenbei noch die Marktforschung integrieren, denn man sollte derlei Werkzeuge nicht nur als reines Fun- oder Dekorationselement verstehen, sondern z. B. die Beliebtheit eines Angebots abfragen. In Zeiten der Corona-Pandemie waren z. B. Sticker wie „Wir bleiben Zuhause“, „Unterstütze kleine Unternehmen“ oder „Spende“ beliebte Elemente, um Haltung und Einsatzbereitschaft zu zeigen. • Nicht zu viele Sequenzen: Dadurch, dass Stories in 24 Stunden schon wieder Geschichte sind, tendiert man schnell dazu, jede Kleinigkeit in einem Unterhaltungsschnipsel festzuhalten. Doch der User sieht anhand der kleinen Balken im oberen Sichtfenster, wie viele Storyelemente auf ihn zukommen und da wirken Zahlen jenseits von 10 Elementen schnell abschreckend. Gerade als Marke und damit auch als Destination oder Hotel, sollte man die Storygröße nach Relevanz beurteilen. Hat man eine gute Geschichte zu erzählen, dann ist sie idealerweise in 5–7 „Häppchen“ durch. Die Fortsetzung hebt man sich lieber für den Folgetag auf, bevor man wieder wochenlang stumm bleibt. Zu beachten ist, dass im Schnitt

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70 % der Story-Elemente „weitergetappt“ werden, noch bevor sie komplett ausgestrahlt wurden. 8 % der User suchen bereits beim ersten Frame den Exit und entscheiden sich gegen das Weiterschauen. Danach sinkt dann allerdings der Wert der Absprungrate, so dass bis zum 5. Frame noch 80 % der User dabei bleiben [19]. Gerade am S­tory-Anfang empfiehlt sich der Einsatz von Videos, da Bilder eher weitergeklickt werden, was sich im Laufe der Story allerdings umkehrt. Von daher sollte man am Anfang die User mit einem kleinen Video emotional abholen, um danach die Fortführung bzw. Auflösung der Geschichte in Form von Bildern abzuschließen. Übrigens beobachtet man bei Instagram ein etwas anderes Verhalten wie bei Facebook, was den Ton von Videos angeht. Laut Instagram selbst werden 60 % aller Story-Videos mit Ton angeschaut [20]. Was zumindest bedeutet, dass bei organischem Content nicht zwangsläufig eine Untertitelung bereitgestellt werden muss. Bei Anzeigen würde ich hier allerdings eine andere Empfehlung aussprechen. • Swipe up einsetzen: Business Profile mit mehr als 10.000 Followern haben in Stories die Möglichkeit, einen sogenannten „swipe up“ einzusetzen, um User auf die Website oder direkt in den Shop zu lenken. Hat man noch keine 10.000 Fans erreicht, kann man sich mit einem kleinen „Hack“ helfen, indem man im Story-Element den eigenen Account mit dem @-Symbol integriert und im Profil die Website einträgt. Über die Applikation Linktree hätte man dann sogar die Möglichkeit, mehrere URLs zu hinterlegen, falls man nicht nur die Startseite der eigenen Präsenz angeben möchte, sondern zusätzlich eine Kampagnenseite, den Online-Shop oder die Teilnahmebedingungen für ein Gewinnspiel. • Story Highlights erstellen: Die besten Stories sollte man behalten und nicht nach 24 h Geschichte werden lassen. Von daher bietet Instagram die Möglichkeit, Story Highlights fest im Profil zu verankern, was Profilbesuchern die Möglichkeit bietet, auch ältere Stories anzuschauen bzw. ein besseres Bild über Hotel und Destination zu erhalten. Ein gutes Beispiel sind die Stories von Schweiz Tourismus, die einem kleinen Online-Reiseführer gleichen und Städte wie Regionen mit gestalteten Bildelementen und zentralen Informationen vorstellen (Siehe Abb. 7.13, 7.14 und 7.15).

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Abb. 7.13  Instagram-Storytelling von Schweiz Tourismus. (Quelle: Schweiz Tourismus)

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Abb. 7.14  Instagram-Storytelling von Schweiz Tourismus. (Quelle: Schweiz Tourismus)

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Abb. 7.15  Instagram Storytelling von Schweiz Tourismus. (Quelle: Schweiz Tourismus)

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• Auf die Frequenz achten: Postet man alle Story-Elemente auf einmal, dann taucht man nur einmal im vorderen Bereich der Storyleiste von Fans und Followern auf. Teilt man hingegen seine Geschichte in Häppchen auf, die Stück für Stück über den Tag verteilt erzählt werden, dann hat man mehrmals die Chance, ganz vorne in der Gunst des Users zu landen. • Auf populäre Formate setzen: Anleitungen funktionieren nicht nur auf Pinterest, sondern eignen sich perfekt für Instagram Stories. Gerade Hotels haben z. B. die Möglichkeit, Highlights aus der Speisekarte zum heimischen Nachkochen in mehreren Schritten als Instagram Story anzubieten. Damit zeigt man nicht nur kulinarische Kompetenz, sondern kann gleichzeitig sein Personal offensiv in Szene setzen. Zudem haben bestehende Gäste die Möglichkeit, sich besondere Geschmackserlebnisse nochmals in Erinnerung zu rufen. So hat zum Beispiel das Limelight Hotel in Aspen, Colorado während der Corona-Krise sein berühmtes Pizza-Rezept als Instagram-Story online gestellt, damit Fans es zuhause Schritt für Schritt nachkochen können (Siehe Abb. 7.16, 7.17 und 7.18). • Ein weiteres Content-Highlight für Stories ist der Blick hinter die Kulissen. Wie funktioniert ein Hotel, wie präpariert man ein Skigebiet vor dem morgendlichen Ansturm oder wie organisiert man einen städtischen Marathon? Alles Chancen, um dem User per Story exklusive Einblicke in den Alltag eines Destinations- oder Hotelmanagers zu geben. Ein weiteres funktionales Stilelement sind die sogenannten Listicles, also Stories, die wie eine Liste funktionieren. Eine Destination könnte zum Beispiel die 5 schönsten Seen in der Region als Story ihren Followern anbieten. • Einen Takeover veranstalten: Eine Partnerschaft, die für beide Seiten gewinnbringend sein kann, ist der sogenannte Takeover. Hier wird der eigene Instagram-Account z. B. für 24 h von einem Influencer bespielt. Dieser kündigt auf seinen Kanälen die Übernahme an, so dass die eigenen Fans zum festgelegten Zeitpunkt die Story auf dem Markenkanal verfolgen können. Viele Hotels teilen bereits jetzt den Content der Blogger und Influencer, die gerade ihren Aufenthalt dokumentieren und die Erlaubnis via @-Zeichen gesetzt haben. Der Takeover geht gezielt einen Schritt weiter und

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Abb. 7.16  Instagram Storytelling vom Limelight Hotel in Aspen. (Quelle: Limelight Hotel)

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Abb. 7.17  Instagram Storytelling vom Limelight Hotel in Aspen. (Quelle: Limelight Hotel)

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Abb. 7.18  Instagram Storytelling vom Limelight Hotel in Aspen. (Quelle: Limelight Hotel)

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gibt die Regie direkt dem Influencer in die Hand, was grundsätzlich positiv ist, da man die Zielgruppe bei der Nutzung von Produkten und Dienstleitungen abbildet. Das schafft meist mehr Authentizität als direkte Absenderwerbung und hat den Vorteil, neue Fans für die Seite zu gewinnen. Da man allerdings für 24 h auch die Kontrolle über die eigenen Inhalte abgibt, sollte man im Vorfeld exakt über die Dos and Don´ts mit dem Influencer sprechen. • Eine Live-Schaltung veranstalten: Live Videos funktionieren nicht nur auf Facebook gut, sondern eignen sich perfekt dazu, aus einer Instagram-Story ins Live-Format zu wechseln. Das schafft nicht nur Aktualität und Abwechslung, sondern sorgt auch dafür, dass man im Story-Feed der User wieder ganz vorne erscheint. • Hashtags und Geo-Tags setzen: Was für Bildposts gilt, ist auch für Instagram Stories relevant. Von daher sollte man immer den Ort des Geschehens hinterlegen und mindestens 1 Hashtag über das Werkzeug-Menü bei Instagram setzen. Weitere Hashtags kann man dadurch kreieren, dass man sie als Textfeld eingibt und ggf. so stark verkleinert, dass man sie mit einem anderen Element (z. B. Geo-Tag, Emoji, Umfrage) überdeckt. Dadurch werden die Hashtags für den User unsichtbar (was optisch besser aussieht), wirken aber trotzdem.

7.2.4 Instagram TV Etwa 5 Jahre hat es gedauert, bevor es möglich wurde, auch längere Videos auf Instagram hochzuladen und zu präsentieren. Damit nicht zu viel Langeweile im Feed oder in Stories entsteht, hat Instagram mit IGTV ein gänzlich neues Format erfunden. Es gibt eine eigene App und sogar ein eigenes Icon direkt auf dem Startscreen von Instagram. Bis zu 10 min können die Clips nun lang sein (bei verifizierten Kanälen sogar 60 min) und sind im klassischen Entertainment-Raster von Instagram angelegt. Eine Suche nach Inhalten gibt es aktuell noch nicht. Dem User werden lediglich passende Kanäle oder Videos angezeigt, die ihn inspirieren sollen. Bei aller anfänglichen Euphorie bekommt man den Eindruck, dass IGTV bisher nicht so richtig durchgestartet ist. Es mangelt an Content und das liegt primär daran, dass

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User aktuell lieber Stories schauen oder im Feed scrollen, als längere Videos zu konsumieren. Seit der Einführung der bis zu 60-sekündigen Video-Vorschau im Feed (Februar 2019), sind die View-Zahlen ­ allerdings drastisch nach oben gegangen (bis zu 1000 %) [21]. Es bleibt also abzuwarten, wie sich Instagram TV in den nächsten Jahren entwickeln wird. Bis dahin muss man sagen, dass der Videoableger von Instagram eine zusätzliche Möglichkeit bietet, sich in einem noch nicht übersättigten Social-Media-Kanal darzustellen. Grundsätzlich gibt es an die Produktion von IGTV-Videos keine technischen und qualitativen Ansprüche, so dass man über die App jedes Video in den eigenen Kanal speisen kann. Dennoch sollte man ein paar Grundsätze beachten, um auf IGTV erfolgreich zu sein. • Vertikal produzieren: Die vielleicht größte Herausforderung für den Erfolg von IGTV-Videos ist das Hoch-Format, um die volle Bildschirmgröße auszunutzen. Videos sollten in 9:16 produziert sein (auch wenn mittlerweile ein klassisches 16:9 Format möglich ist), was sie meist nutzlos macht für komplementäre Videoplattformen wie YouTube oder Vimeo. • Die richtigen Contentformate einsetzen: Neben dem aufwendig produzierten Imagefilm eignen sich insbesondere Interviews, Mitarbeitervorstellungen, Q&A-Sessions oder Anleitungen, um im Langzeit-Video-Format einen Mehrwert anzubieten. Auch wenn längere Spielzeiten möglich sind, sollte man berücksichtigen, dass kürzere Clips (2–5 min) eine bessere Chance haben, als Ganzes konsumiert zu werden. Lieber also einen großen Spot in thematisch kleinere Einheiten aufteilen und als zusammenhängende Serie einstellen. • Regelmäßig Videos einstellen: Leider ist es mit IGTV wie mit allen Sozialen Medien. Will man in einem neuen Kanal Erfolg haben, reicht es nicht, ein einsames Video einzustellen und das Beste zu hoffen. Für den Anfang sollte man 2–4 Videoclips pro Monat produzieren und hochladen, um sukzessive User an den neuen Kanal zu binden. • Exklusivität: Es macht wenig Sinn, ein bereits über andere Kanäle produziertes Video nun auch auf IGTV anzubieten. Wenn User

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auf diesen „neuen und für sie ungewohnten“ Kanal geleitet werden sollen, dann sollten sie auch ungesehene Inhalte konsumieren können. • Hashtags und interaktive Elemente: Instagram bietet auch für IGTV zahlreiche Tools, um User interaktiv am Clip teilhaben zu lassen. Zudem lassen sich in der Beschreibung Hashtags setzen, um das Video thematisch richtig zu platzieren. • Passendes Beitragsbild wählen: Beim Einstellen des Videos auf IGTV kann man ein Beitragsbild für das Video selbst auswählen und sollte entsprechend eines aussuchen, das aussagekräftig und aufmerksamkeitsstark ist. • Werbung für IGTV machen: IGTV Videos lassen sich ideal mit Stories verknüpfen, sodass man viel Werbung in eigener Sache bereits innerhalb des Netzwerks leisten kann. Gleiches gilt für die neue Preview-Funktion, wonach man einen sechzig Sekunden langen Teaser im allgemeinen Instagram Feed posten kann. Best Case: The Bucketlist Family Wer in 5 Jahren 83 Länder bereist und dabei 2 kleine Kinder im Gepäck hat, der erlebt sicherlich Einiges. Dass daraus exzellenter Content mit spektakulären IGTV-Videos entstehen kann, zeigt die Bucketlist Family regelmäßig auf ihrem Instagram-Account. Ob Tauchen mit Delfinen, ­Baby-Swim-Lessons oder der Besuch von Filmpremieren. Thematisch setzt sich die Familie keine Grenzen, bietet aber Video-Qualität jenseits von verwackelten Amateur-Drehs. Genauso kann IGTV professionell funktionieren und View-Zahlen zwischen 500.000 und 1. Mio. Abrufen schaffen.

7.2.5 Instagram Shopping Shopping auf Instagram soll der Trend der Zukunft werden, da kaum ein Kanal eine engere Bindung zwischen Marken und Usern schafft, wie Instagram. Momentan lässt sich bereits der Produktkatalog aus dem Facebook Businessmanager in Instagram importieren. Zudem kann man in einem Bild-Post bis zu 5 Produkte mit dem eigenen Shop verbinden. Der User sieht dann anhand eines Einkaufswagen-Symbols, dass es sich um einen Shoppingpost handelt und wird in den mobilen

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Onlineshop des Anbieters weitergeleitet. Dies soll zukünftig direkt in der Instagram-App erfolgen. In den USA wird daran schon fleißig getestet und man kann erwarten, dass diese Funktion demnächst flächendeckend ausgerollt wird. Für Hotels eine gute Möglichkeit, Angebote direkt über Instagram mit einem Preisschild zu versehen und buchbar zu machen.

7.2.6 Werbung auf Instagram Werbung auf Instagram lässt sich entweder direkt über Instagram schalten oder über den Facebook Business Manager verwalten. Von daher gelten die gleichen Mechanismen wie beim Mutternetzwerk Facebook mit ein paar Ausnahmen. So gibt es z. B. keine direkten ­Page-Like-Ads, um mehr Fans bzw. Follower für das Instagram-Profil zu gewinnen. Grundsätzlich gibt es fünf verschiedene Ad-Formate: Foto-, Story-, Video-, Karussel- und Collection-Ads, die ich im Folgenden kurz vorstellen möchte.

7.2.6.1 Foto Ads Wer spektakuläres Bildmaterial besitzt, sollte die Bestperformer seines organischen Feeds einem größeren Publikum mittels Anzeigen ausspielen. Dazu bietet Instagram „Call to Actions“ wie „mehr erfahren“ oder „jetzt buchen“ oder „jetzt anrufen“ an. Im Facebook Business Manager lässt sich die Zielgruppe nach Soziodemographie und Affinitäten perfekt aussteuern. Dabei sollte man insbesondere am Anfang die Zügel etwas lockerer lassen, um möglichst eine große Zielgruppe kontinuierlich anzusprechen. Das ist wichtig, um zu lernen, aus welchen Segmenten die meisten User auf die Werbung reagieren.

7.2.6.2 Story Ads Instagram Story Ads sind bildschirmfüllend und werden zwischen die Stories der User geschaltet, was eine hohe Aufmerksamkeit garantiert.

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Aus eigener Agenturerfahrung kann ich sagen, dass hier aktuell die beste Performance erzielt wird. Durch ein simples „nach-oben-wischen“ landet der User bereits auf der Website des Werbetreibenden und kann sich mit dem Angebot auseinandersetzen. Allerdings lässt sich die organische Story nicht einfach analog der Foto-Ad verlängern, sondern man muss extra eine Story-Anzeige kreieren.

7.2.6.3 Video Ads Kleine Videoschnipsel haben den Vorteil im Feed des Users besser aufzufallen. Hier helfen oft auch schon Animationen von Bildern, um den Bewegtbild-Charakter zu erzielen.

7.2.6.4 Karussel Ads Bei Karussel Ads hat der User die Gelegenheit mehrere Fotos und Videos nacheinander zu betrachten. Ähnlich wie bei Facebook erhält man durch diese Werbeform perfekte Einblicke, welches Motiv am besten performt und kann dieses anschließend auch für eine Foto-Ad nochmals verwenden. Großer Vorteil des Formates ist es, ­ dass man mehrere Produkte bzw. Features eines Hotels zeigen kann und der User immer wieder die Chance hat, durch den Klick auf den Call-to-Action-Button zur Website des Anbieters zu gelangen. Bis ­ zu 10 Bilder lassen sich in so ein Karussel integrieren, wobei meine Empfehlung eher bei der Hälfte liegt, um den User nicht zu verlieren.

7.2.6.5 Collection Ad Die Collection Ad ist eine Kombination aus einem Bild bzw. Video und einer Produktkollektion, die den User zum Direktkauf animiert. In den oberen 2/3 der Anzeige wird der User z. B. durch ein Video emotionalisiert, während er im unteren Drittel der Anzeige, bereits mehrere Produktvorschläge erhält, die durch Klick gekauft werden können. Von daher eignen sich Collection Ads perfekt für Unternehmen aus dem E-Commerce-Bereich, die dem User mehrere Optionen anbieten wollen.

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Abschließend muss man sagen, dass sich insbesondere bei Facebook und Instagram die Werbeformate ständig ändern. Neue, spannende Ads kommen dazu, während andere nicht mehr zur Verfügung stehen. Deshalb sollte diese Auswahl nur beispielhaft verstanden werden, um die kreativen Möglichkeiten aufzuzeigen. Man sollte sich jedoch stets mit den aktuellen Ad-Formaten auseinandersetzen, die auf diversen Facebook- bzw. Instagram-Tutorials perfekt erklärt werden. Wichtig ist nur, dass man diverse Formate testet, um die Performance sukzessive zu erhöhen. Dazu gehört allerdings auch, dass man ehemalige Erfolgsformate immer wieder auf den Prüfstand stellt, denn nichts ist sicherer als Abnutzungserscheinungen. Spätestens nach 1–2 Wochen sollte man der Zielgruppe neue Anzeigenmotive vorsetzen, um nicht aus Interesse Reaktanz werden zu lassen. Gutes Ad-Management ist keine Freizeitbeschäftigung für zwischendurch, sondern ein Fachgebiet für Profis. Denn nichts ist gerechter als Werbung auf Instagram und Facebook. Trifft man mit seiner Anzeige ins Schwarze und die Ad wird gut geklickt, dann wird sie zu geringeren Kosten ausgespielt oder erzielt eine höhere Reichweite. Hat man hingegen eine Anzeige kreiert, die von der Zielgruppe weder beachtet noch geklickt wird, erhöhen sich die Kosten bzw. verringert sich die Ausspielung seitens Facebook und Instagram. Best Case: Good Morning World von New Zealand Tourism Eine der aktuell besten Tourismus-Kampagnen, die voll auf die Verbreitung via Social Media setzt, ist die Good-Morning-World-Kampagne von New Zealand Tourism. Da die Neuseeländer als eines der ersten Länder den neuen Tag begrüßen, gibt es nun ein Jahr lang Video- und Bildbeiträge, in denen die Einwohner der restlichen Welt einen guten Morgen wünschen. Immer im Blickpunkt, die traumhafte Landschaftskulisse Neuseelands. Dabei stellen die Protagonisten ihren Arbeitsplatz vor, wie zum Beispiel die Auckland Harbour Bridge, von wo aus man Bungee-Sprünge oder sogenannte Bridge-Climbs erleben kann. Die kurzen Videos gibt es anschließend auf der Kampagnenseite und den ­ Social-Media-Kanälen wie Facebook, Instagram oder YouTube zu bewundern. So gelingt ein beeindruckendes Storytelling aus persönlichen Geschichten, die in touristische Attraktionen verpackt werden. Das Ganze garniert mit einer sympathischen Idee, die der Welt einfach einen guten Morgen wünschen möchte. Und das an 365 Tagen im Jahr.

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Best Case: SloCal Social Media Accounts von San Luis Obispo Weniger eine Kampagne als vielmehr eine Philosophie zieht sich durch den Facebook- und Instagram-Auftritt der kalifornischen Kleinstadt San Luis Obispo. Hier werden die Bildposts nicht von einer Redaktion aus dem Tourismusbüro vorgegeben, sondern aus einer großen Auswahl an ­User-Generated-Content kuratiert. Die Stadt lebt nun mal von ihren Besuchern, Urlaubern und Einheimischen. Warum sollte man diese also nicht zu Bild kommen lassen und so stammt nahezu jeder Post von einem anderen User. Als inhaltliche Klammer dient die Idee dahinter, San Luis Obispo durch die Augen ihrer Besucher sprechen zu lassen. Lediglich der Text entsteht durch gefühlvolle Redaktionsarbeit und schafft damit ein eigenständiges Erlebnis in einer austauschbaren Welt kalifornischer Sunshine-Accounts.

Best Case: Sheep with a view vom Norwegian Tourist Board Eine ungewöhnliche Kampagne wurde 2018 vom Norwegian Tourist Board initiiert. Um die Schönheiten der norwegischen Landschaft einzufangen, wurden 4 Schafe mit Namen Frida, Erik, Karl und Lars mit ­ GoPro-Kameras ausgestattet. Da sich in Norwegen jeder Bewohner und Besucher frei bewegen und über Landschaften und Gebiete querfeldein wandern kann, erschien ein Schaf als idealer Markenbotschafter, da es jeden Tag an den schönsten Plätzen des Landes verweilen darf. Die vier Testimonials bekamen sogar einen eigenen Instagram- und Facebook-Account, um ihre Erlebnisse mit den besten „Shots“ zu veröffentlichen. Knapp 12.000 Follower waren an den Abenteuern der vier Schafe interessiert. Über 6 Mio. Menschen wurden im zweimonatigen Kampagnenzeitraum alleine in UK erreicht. Dazu kamen über 800.000 Video-Views, jede Menge Presse-Berichte und der Support anderer „Schaf-Hochburgen“ (Schottland, Island, Frankreich), die einfach mit eigenem Content den ­Kampagnen-Hashtag #sheepwithaview genutzt haben.

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Best Case: Life in Hel Kampagne des Helsinki Airport Der Helsinki Airport ließ mit dem chinesischen Influencer Ryan Zhu den Tom Hanks Klassiker „The Terminal“ von 2004 nachempfinden, indem er 30 Tage auf dem Flughafen schlafen, essen, trinken und Dinge erleben musste, ohne jemals rauszukommen. Alles festgehalten auf den S­ocial-Media-Accounts des Meinungsbildners und Flughafens, der insbesondere asiatische Gäste von den Vorzügen des internationalen Drehkreuzes in Finnlands Hauptstadt überzeugen sollte. Jeden Tag gab es spannende Aufgaben für Ryan Zhu zu bestehen, die ihm zum Beispiel von Usern oder bekannten finnischen Sportgrößen gestellt wurden. Dabei herausgekommen ist eine Mischung aus Entertainment und Reality TV, welches über Social Media primär in asiatische Zielgruppen getragen wurde [22].

Best Case: Boleyn is back vom Tower of London Für Tourismus-Destinationen oder Hotels mit historischem Background kann die Kampagne des Tower of London durchaus inspirierend wirken. Der hat nämlich eine seiner bekanntesten Insassen, die damalige Königin von England, Anne Boleyn (1533–1536), wiederauferstehen lassen. Im Jahr 1536 wurde ihr wegen Ehebruchs das Haupt abgeschlagen, doch in Form einer Schauspielerin erlebt sie nun einen Tag in ihrer alten Umgebung und postet ihre Erlebnisse ganz neuzeitgemäß auf Instagram unter dem Aktionshashtag: #BoleynisBack. Dabei besucht sie beispielsweise die Straße, die nach ihr benannt wurde und kontert mit einem Selfie und dem Statement, dass sie sich sehr wohl in ihrer Gegend fühlt. Die Kampagne schafft es auf eine unwiderstehliche Art und Weise, historisches Storytelling in die Neuzeit zu transportieren. Andere Touristenattraktionen in London fanden die Idee so gut, dass sie der neuen, alten Anne Boleyn ihren Kanal glatt zu einem Takeover angeboten haben [23].

Best Case: GoBackPack-Kampagne von Jack Wolfskin Die Idee hinter dieser (mittlerweile) zweistufigen Kampagne war recht simpel. Käufer von Markenprodukten in einem Jack-Wolfskin-Store, bekamen beim Einkauf eine kleine Flagge mit dem ­ Aktions-Hashtag: GoBackPack geschenkt [24]. Aufgabe war es, ein Video ihrer Outdoor-Aktivität zu filmen, in dem die Flagge und die Produkte eine ­ zentrale Rolle spielen. Als Belohnung für die Mühe wurde den Käufern der Gegenwert für das teuerste Stück des jeweiligen Einkaufs erstattet. Insgesamt wurden 2.500 Videos über Social Media mit dem Kampagnen-

156     A. Gebel Hashtag hochgeladen und schafften eine mediale Reichweite, die man für das veranschlagte Budget niemals extern hätte einkaufen können. Beflügelt vom überwältigenden Erfolg der Einsendungen, wurde die Kampagne im Folgejahr mit der Idee eines #gobackpack-Camps fortgesetzt. Hier wurden User über diverse Gewinnspiele in den Sozialen Medien zu einem großen Outdoor-Workshop auf eine unbewohnte schwedische Insel geladen. Mit an Bord waren Influencer und Experten, die vor Ort wertvolle Tipps zu Ausrüstung und Reisen geben konnten. Diese Mixtur aus Live-Event, Social-Media-Ereignis und InfluencerKampagne zeigt eindrucksvoll, wie Kampagnen heutzutage eine MediaPower innerhalb der Zielgruppen erreichen, die früher Millionen von Werbespendings verschlungen hätte (Siehe Abb. 7.19 und 7.20)

Best Case: Bob the Bridge von Visit Omaha Eine Brücke, die bisher keinen Menschen interessierte, wird zu einem SocialMedia-Phänomen und damit zu einer eigenen Touristenattraktion. So in etwa lässt sich der Case von Visit Omaha beschreiben, die ihrer Brücke, welche die beiden US-Staaten Nebraska und Iowa verbindet, den Namen Bob gegeben haben. Doch mit dem Namen war es nicht getan, denn zusätzlich erhielt „Bob the Bridge“ einen eigenen Facebook- und InstagramAccount sowie einen Video-Blog, von dem er oder sie jeden Tag mit trockenem Humor Postings absetzt und die Einwohner und den einen oder anderen Touristen amüsiert. Hinzu kommt die Aufforderung an der Grenzmarkierung doch zu „bobben“, also eine Pose einzulegen, die demonstriert, dass man in zwei Staaten gleichzeitig stehen kann. Dazu der passende Hashtag und ab ins Netz. Die Kampagne war nicht nur erfolgreich, sondern hat einem „hässlichen“ Beton-Bauwerk eine Seele gegeben [25].

Best Case: Explore-Georgia-Pup-Kampagne vom Tourismusverband Georgia Wie man intelligentes Zielgruppenmarketing betreibt, zeigte unlängst der Tourismusverband des US-Bundesstaates Georgia. Da man festgestellt hatte, dass insbesondere Millenials gerne mit ihren Hunden verreisen, hat man einen entsprechenden Hashtag mit dem Namen #ExploreGeorgiaPup aufgesetzt und explizit Hunde gezeigt, die die Highlights im Bundessstaat entdecken. Dazu gab es spezielle Travel-Guides im Netz, die auf das besondere Angebot für Hundeliebhaber hingewiesen haben. Ähnlich wie bei „Bob the Bridge“ wurde die Aufmerksamkeit dadurch erreicht, dass der Blickwinkel aus Sicht von Protagonisten gezeigt wurde, die selbständig nicht „posten“ können [25].

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Abb. 7.19  GoBackPack-Camp von Jack Wolfskin. (Quelle: Jack Wolfskin)

Best Case: Sta-Travel-Instagram-Account Keine Kampagne, sondern einfach eine konsequente Idee. So in etwa lässt sich der Instagram Feed von Sta Travel beschreiben. Dabei setzt der Veranstalter für Jugend- und Studentenreisen insbesondere auf die Bildmotive der Anderen, denn die Aufforderung ist klar: Reisende sollen ihre besten Momente mit dem Hashtag #ReisenfuerWeltentdecker versehen und haben so die Chance, auf dem Sta-Travel-Instagram-Account berühmt zu werden. Bewusst werden keine eigenen Inhalte gepostet, sondern die Plattform den Kunden zur Verfügung gestellt. Dass dabei trotzdem spektakulärer Content entsteht, davon kann man sich jeden Tag live im Netz überzeugen.

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Abb. 7.20  GoBackPack-Camp von Jack Wolfskin. (Quelle: Jack Wolfskin)

7.3 Pinterest Pinterest ist so etwas wie der Mario Götze der Social Networks. Ein ewiges Talent, welches immer vor dem großen Durchbruch steht und am Ende doch eine Plattform für Liebhaber mit Sammelleidenschaft bleibt. Doch das wird sich radikal ändern. Ich bin mittlerweile ein großer Fan von Pinterest und plane, wie viele andere User wahrscheinlich auch, alle meine Reisen über die mobile Pinnwand und sammele Inspirationen von außergewöhnlichen Plätzen. Von daher ist Pinterest

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so etwas wie eine Suchmaschine in die Zukunft. Man bekommt einen Einblick in Themen, mit denen sich Menschen gerade beschäftigen. Sammelt ein User beispielsweise Bilder von Wohnaccessoires und Möbeln, dann steht wohl eine Veränderung in Haus oder Wohnung an. Wird nach Babykleidung und Spielzeug geschaut, scheint der Nachwuchs nicht mehr fern. Genauso verhält es sich mit den Pins von Urlaubszielen. Steht eine Reise bevor, erkundigt man sich im Vorfeld, welche Sehenswürdigkeiten es gibt oder welches die besten Hotels in der Region sind. Und damit man auch nichts vergisst, wird der gefundene Beitrag auf dem eigens angelegten Board gepinnt. Exakt hier muss man als Destination oder Hotelmarke stattfinden, um vom User „gepinnt“ oder besser noch geklickt zu werden. Denn schließlich kann man zu jedem hochgeladenen Pin auch die zugehörige Website hinterlegen. Zudem ist Pinterest im Vergleich zu Facebook und Instagram ein durchweg positiv belegtes Netzwerk, da es keine Hasskommentare gibt und kein sozialer Druck durch Freunde und Bekannte aufgebaut wird. Gerade in letzter Zeit gibt es viele positive Veränderungen im Netzwerk, die für zusätzliche Motivation bei Usern sorgen dürften. Die View-, Pin- und Klickzahlen sind direkt für den Administrator einsehbar und man kann Pins und deren Performance miteinander vergleichen. Endlich können Unternehmen Werbung auf Pinterest schalten, um die Reichweite der eigenen Beiträge zu erhöhen und gezielt User aus der ganzen Welt anzusprechen. Zudem sollte man sich das Potenzial einmal mit den aktuellen Zahlen vor Augen führen. Weltweit nutzen etwa 322 Mio. Menschen Pinterest, davon in Deutschland 7 Mio., die jeden Monat etwa 4 Mio. Inhalte speichern [26]. In Österreich und in der Schweiz kommen jeweils 1 Mio. Nutzer hinzu, sodass man in der DACH-Region insgesamt rund 9 Mio. Menschen auf Pinterest erreichen kann. Das ist immerhin ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 28 %, was belegt, dass Pinterest durchaus lebt und sogar wieder an Attraktivität gewinnt. Zudem ist Pinterest vornehmlich jung und weiblich, was ein Frauenanteil von 70 % belegt, der zu 72 % in der Zielgruppe der 18–44-Jährigen zu finden ist [26]. Dabei steht das Suchen und Entdecken ganz klar im Vordergrund, weshalb Pinterest nicht primär als Soziales Netzwerk zu verstehen ist, wo man sich mit Freunden und Followern vernetzt. 2  Mrd. Suchanfragen werden

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jeden Monat weltweit über Pinterest durchgeführt. 77 % der aktiven User entdecken dabei neue Produkte oder Marken, was ein enormes Potenzial ist, da Pinterest aktiv die Kaufentscheidung beeinflusst. In den USA ist das Netzwerk mittlerweile wichtiger ­Traffic-Treiber auf die Webshops der E-Commerce-Unternehmen. Und genau diese Konnektivität zwischen Sammeln und Klicken bzw. Buchen, sollte man sich im Tourismus zu Nutze machen. Selbst für meinen Reiseblog Turnagain ist Pinterest mittlerweile wichtigster Zugriffskanal (noch vor Google und Facebook). Mit ein paar strategischen und praktischen Handgriffen konnte ich zudem meine monatlichen Besucherzahlen innerhalb von 4 Monaten von 5000 auf über 300.000 Besucher steigern [27]. Hier ein paar Tipps, wie man Pinterest richtig aufsetzt, aktiv betreibt und mehr Aktivität und Follower generiert.

7.3.1 Pinterest richtig aufsetzen • Das Profil: Neben dem Profilbild bedarf es einer kurzen Beschreibung, welche relevante Keywords enthalten sollte, für die man künftig auf Pinterest gefunden werden möchte. Steht man für Wellness, Yoga oder Fitness, dann sollte das entweder direkt im Profilnamen oder aber spätestens in der Kurzbeschreibung stehen. Dann noch der direkte Link zur Website und schon kann man die ersten Boards anlegen. • Die Boards: Das Anlegen der Boards, auf denen die eigenen Pins hochgeladen bzw. inspirierende Inhalte gesammelt werden, ist eine kleine Wissenschaft für sich. Zunächst einmal sollte man die Sinnhaftigkeit von Inhalt und Namen klären, denn natürlich müssen sie zum Absender passen. Nur weil Häkeln ein performantes Thema auf Pinterest ist, macht es für ein Hotel i. d. R. noch lange keinen Sinn, ein Board danach zu benennen. Das braucht es auch nicht, denn im Bereich Food, Travel und Wellness gibt es genügend Inspiration, um erfolgreiche Boards anlegen zu können, dessen finalen Namen man perfekt über die Pinterest-Suche recherchieren kann. Gibt man zum Beispiel den Begriff Fitness ein, erscheint als erstes der Begriff Fitness Trainingsplan, so dass man danach z. B. ein Board benennen könnte.

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Vorteil: Im Bereich Fitness wird nach diesem Begriff am häufigsten gesucht, was die Chance erhöht, schneller gefunden zu werden. Doch natürlich ist man nicht allein auf diese Idee gekommen, denn in der Suche tauchen auch die Boards anderer User mit gleichem Namen auf, so dass man schnell sieht, wie hoch der Wettbewerbsruck ist. Zweiter wichtiger Punkt bei der Benennung von Boards ist die Spezifikation, da es Pinterest dann leichter hat, die Inhalte zielgerichtet an interessierte User auszuspielen. Da machen Fantasienamen wie „Andrés Bucketlist“ weniger Sinn als „Die besten Wellnesshotels“. Ist der Name für ein Board erst einmal gewählt, kann man endlich loslegen und es entsprechend beschriften bzw. eine Beschreibung über Inhalte und Ausrichtung angeben (immerhin 500 Zeichen, die mit Keywords gefüllt werden sollten). Danach die Boardkategorie und ein Coverfoto wählen und die neue Pinnwand mit mindestens 15–20 hochwertigen Pins befüllen, bevor man das Board öffentlich freischaltet. Final sollte ein Board mindestens 200 Pins haben, jedoch zählt immer die Qualität vor der Quantität. • Die Pins: Ähnlich wie bei Instagram, kommt es auf eine aufmerksamkeitsstarke Bildsprache an. Möchte man im Feed auffallen und von Usern auf deren Pinnwänden gespeichert werden, dann sollte man auf ein aufmerksamkeitsstarkes Motiv setzen (klarer Bildfokus) oder einen Pin mit hohem Nutzwert (z. B. eine DIY-Anwendung oder eine Kochanleitung) auswählen. Dabei darf die Marke oder das Produkt durchaus im Fokus stehen, denn der User sucht ja gezielt nach Reise- bzw. Shoppinginspirationen. Selbst ein Logo schreckt nicht ab und Text im Bild, der beispielsweise eine Liste an Tipps und Ausflugsmöglichkeiten verspricht, führt eher zur Performancesteigerung. Das Format ist für den Erfolg eines Pins ebenfalls entscheidend, denn der Pinterest Feed begünstigt das Hochformat im Seitenverhältnis von 2:3. Nach eigenen Erfahrungen kann man aber auch mit quadratischen Motiven durchaus eine solide Performance erzielen, so dass man nicht gleich verzweifeln sollte, wenn im gut gefüllten Archiv gerade keine hochformatigen Bilder zu finden sind. Für die Zukunft heißt es jedoch, dass man für Pinterest spezielle Hochformate einplanen sollte, was auch für Video-Pins gilt. Seit

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Kurzem lassen sich Videos auf Pinterest hochladen, die aus eigener Erfahrung sehr gute View-Zahlen und auch Repin-Quoten erzielen. • Wie bei allen Social Networks ist auch bei Pinterest die Regelmäßigkeit Trumpf. Gerade am Anfang muss man den Algorithmus auf sich aufmerksam machen und da sollten es schon 5 Pins pro Tag sein, um eine signifikante Performance zu erzielen. Das ist verdammt viel, wenn man nebenbei noch andere Netzwerke bedient.

7.3.2 Pinterest richtig nutzen • Keywords einsetzen: Pinterest ist eine Suchmaschine für Bilder und von daher kommt der Beschreibung bzw. Beschriftung der Pins eine entscheidende Rolle zu. Ansonsten werden die Inhalte schwer zu finden sein, denn User suchen selten nach einem bestimmten Profil, sondern eher nach Beiträgen wie z. B. Ferienregionen. Im Titel und der Beschreibung des Pins sollten folglich alle relevanten Keywords enthalten sein, nach denen der User suchen könnte. Über die Suche erhält man bereits ein wenig Inspiration, nach welchen verwandten Begriffen am häufigsten gesucht wird. Dabei kann man durchaus auch auf die Long-Tail-Strategie setzen und selten besetzte Begriffe verwenden, um in diesem Umfeld eine Exklusivstellung zu erarbeiten. Gleiches gilt, wenn man Hashtags verwendet. Auch hier öffnet sich das Vorschlagfeld innerhalb der App und zeigt an, wie viele Beiträge bereits unter diesem Hashtag gepostet wurden, bzw. welche Begriffe bisher noch überhaupt nicht als Hashtag mit relevanter Masse hinterlegt sind. Ob man nun primär englische oder deutsche Hashtags nutzt, hängt bei Pinterest vom angebotenen Inhalt ab, denn im Gegensatz zu Instagram möchte man hier den User auf einen Blogpost oder die Website lenken. Ist der hinterlegte Artikel auf Deutsch, sollte man entsprechend auch deutsche Keywords oder Hashtags verwenden. Durch die konsistente Benennung der Aktivitäten innerhalb eines Accounts (gleiche Keywords in Profil, Board und Pins), schafft man SEO-Effekte, die sich sogar auf die ­Google-Suche auswirken können.

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• Rich Pins einsetzen: Rich Pins bieten weiterführende Informationen direkt im Pin an. Zum Beispiel könnte ein Pin von einem ­Gourmet-Menü direkt das passende Rezept integrieren. Oder ein Hotelbild enthält bereits die Preisangabe für einen Aufenthalt. Dadurch braucht der User nicht zwangsläufig auf den Link klicken, da alle für ihn relevanten Informationen bereits im Pin enthalten sind. Pinterest prüft allerdings Rich Pins, die kostenlos von jedem Nutzer eingesetzt werden können und gibt diese dann frei. Angeblich werden Rich Pins vom Algorithmus höher bewertet, was daran liegen könnte, dass der User bei Interesse nicht zwangsläufig das Netzwerk verlassen muss. Um Rich Pins zu nutzen, bedarf es kleinerer Anpassungen auf der Website bzw. eines Plug-ins bei WordPressSeiten. • Bestperformer stärken: Das „repinnen“ von eigenen Beiträgen macht durchaus Sinn und erhöht die Chance, dass die Inhalte gesehen werden. So kann man einen Pin durchaus mehrfach in verschiedene Boards „repinnen“. Man sollte allerdings nicht auf die „Loser“ setzen, also Pins, die bisher wenig Interesse beim User hervorgerufen haben, sondern lieber die Bestperformer nochmals auf einem anderen Board platzieren. • Best of Website einsetzen: Pinterest ist so etwas wie der verlängerte Arm der eigenen Website. Vor allem, wenn man interessante Inhalte vorweisen kann, wie zum Beispiel eigene Blogartikel. Dabei wertet der Pinterest-Algorithmus aus, ob die verlinkten Webseiten vertrauenswürdig sind (wichtig) bzw. wie hoch der Traffic der hinterlegten Seite ist. Entsprechend wird der Pin einer größeren oder kleineren Zielgruppe im Feed ausgespielt. Es macht also Sinn, auf die performantesten Artikel der eigenen Website zu verlinken. Hier greifen Social Media Marketing und Content Marketing perfekt ineinander und zeigen wie wichtig es ist, die gesamte Digitalstrecke zu optimieren. • Pinterest Gruppen Boards: Das pinnen auf Gruppenboards ist ein probates Mittel, um den eigenen Account prominenter zu machen. Vor allem für Destinationen ist dies ideal, da sich Inhalte in einen größeren Kontext integrieren lassen. Auf der Gruppenseite ist meist hinterlegt, wie man sich zur Gruppe anmelden kann, um selbst Pins

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auf das Board laden zu dürfen. In der Regel geht das über eine Nachricht an den Gruppeninhaber, der immer der erste User ist, der einen Pin auf das Board gesetzt hat. Man kann auch selbst ein Gruppen Board anlegen und es für User bzw. Blogger öffnen, die dann ihre Inspirationen und Fundstücke auf das Board pinnen. Das hat den Vorteil, dass man aus externen Quellen regelmäßig Content auf die eigenen (Gruppen-) Boards bekommt und nicht immer selbst für Inhalte sorgen muss. Allerdings muss man derlei Aktivitäten kontrollieren, da man nach Freigabe eines Users zunächst keinen Einfluss auf den hochgeladenen Content hat.

7.3.3 Pinterest professionalisieren • Pinterest Tools einsetzen: Am Anfang ist es wichtig, viel und regelmäßig zu „pinnen“. Es kostet viel Zeit, jeden Tag 5, 10, 20 oder bis zu 60 Pins hochzuladen, so dass Software-Anwendungen wie beispielsweise „Tailwind“ helfen können, da sie den Postingprozess auf Pinterest automatisch durchführen und sogar die besten Zeitpunkte für den Upload auswählen. Tailwind ist offizieller Pinterest Partner und bietet die Möglichkeit, einem sogenannten „Tribe“ beizutreten bzw. andere User zu einem „Tribe“ einzuladen. Ein „Tribe“ ist eine Gruppe von gleichgesinnten „Pinnern“, die Inhalte in einer Gruppe teilen und dann entsprechend die Inhalte der anderen „repinnen“. So erhöht sich automatisch die Reichweite der eigenen Pins um die Abonnenten der anderen Gruppenteilnehmer. Gerade Blogger nutzen diese Methode gern, um neue User auf die eigenen Beiträge aufmerksam zu machen und Abonnenten zu gewinnen. • Analytics auswerten: Jeder Business-Account hat mittlerweile perfekte Einblicke in die Performance der Pins, Boards und geschalteten Kampagnen. Ein Blick in die Pinterest Analytics lohnt nicht nur, sondern ist zwingend erforderlich, um zu sehen, welche Pins am besten funktionieren und zu welcher Tageszeit die eigene Community aktiv ist. Dabei lässt sich einsehen, welche Inhalte gespeichert werden, bei welchen Pins die Website aufgerufen wird oder wie viele Impressionen ein einzelner Pin hat. Die Zahlen und

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Daten sind perfekt aufbereitet, wollen ausgewertet werden, um in neue Kampagnen einfließen zu können.

7.3.4 Werbung auf Pinterest schalten Seit Kurzem bietet Pinterest die Möglichkeit an, professionell Werbung auf dem Netzwerk zu schalten. Für viele Marken ist das sehr attraktiv, denn auf Pinterest befinden sich nun mal User, die aktiv nach neuen Produkten, Hotels oder Reisedestinationen suchen und bewusst Markencontent konsumieren. Bevor man allerdings mit Werbung auf Pinterest loslegt, sollte man unbedingt den Pinterest-Tag (Java Script Code) auf der eigenen Website hinterlegen. Nur so lassen sich alle relevanten Informationen nutzen und anschließend Zielgruppen definieren, die ihre Websitebesucher beinhalten. Im Folgenden möchte ich nun kurz auf die aktuell möglichen Anzeigenformate eingehen. • Promoted Pin: Der Promoted Pin ist ein hochgeladener organischer Pin, der mittels Werbung einer definierten Zielgruppe ausgespielt wird und dadurch mehr Reichweite oder Klicks auf der Website erzielen soll. Der Pin ist dabei als Werbung gekennzeichnet, wird aber zum organischen Pin, wenn ihn ein User auf dem eigenen Board teilt. Es macht insbesondere Sinn, die Bestperformer unter den eigenen organischen Pins mittels Promotion einer größeren Zielgruppe auszuspielen. • Promoted Video Pin: Auch Videos lassen sich auf Pinterest hochladen (Achtung: Freigabeprozess seitens Pinterest kann mehrere Tage dauern) und entsprechend mit Werbung einer größeren Zielgruppe ausspielen. Je nach Kampagnenziel (Traffic oder Conversion) wird beim Klicken auf das Video die hinterlegte Website geladen. Als Werbetreibender hat man zudem die Möglichkeit, zwischen einer Promoted Video Ad in Standardbreite (Größe analog eines normalen Pins) und maximaler Breite (legt sich über den gesamten PinterestFeed) zu wählen. Auch bei einem Promoted Video sollte man stets auf die Länge des Clips achten, die etwa zwischen 6 bis 15 s sein sollte, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Analog zu Instagram- und Facebook-Videos ist eine zusätzliche Untertitelung zu empfehlen.

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• Promoted App Pins: Hat man als Region eine eigene App, dann kann man mittels Promoted App Pins die Downloadzahlen steigern. Denn beim Klick auf den Pin öffnet sich nicht, wie üblich, die Website, sondern direkt die App im jeweiligen App Store von Android oder Apple. • Kataloge und Shopping Pins: Ganz neu im Sortiment sind seit Herbst 2019 auch Kataloge und Shopping Pins, wo insbesondere große Versandhändler wie Otto oder Home 24 ihren Produktkatalog hochladen und bewerben können. So findet man im Profil von Otto beispielsweise den Reiter „Shoppen“, in dem über 1 Mio. Produkte direkt mit dem Preis versehen sind und den Link in den Shop anbieten. Anders als bisher verlässt der User die Pinterest App nicht, sondern kann direkt auf der Plattform das Produkt in den Warenkorb legen und bezahlen. Bevor man sich nun als Hotel oder Destination aufgrund vermeintlicher Komplexität und Kosten abschrecken lässt, ist meine eindeutige Empfehlung den Start auf Pinterest zu wagen. Denn für ein touristisches Unternehmen ist organischer Traffic auf der Website enorm wichtig und da kann Pinterest als verlängerte Werkbank wertvolle Dienste liefern. Zumal Thema und Zielgruppe perfekt zueinander passen und die User aktiv nach Produkt- bzw. Reiseempfehlungen suchen. Best Case: Austria Travel Wenn man im Tourismus nach einem Fallbeispiel sucht, in dem vieles richtig gemacht wird, dann ist Austria Travel eine gute Adresse. Sagenhafte 970.000 monatliche Besucher (vor Corona) und immerhin noch beachtliche 170.000 Besucher nach Beendigung der Reisebeschränkungen (Stand: Juni 2020) sind ein deutliches Zeichen für harte Arbeit mit viel Herz und grafischem Geschick. 35 gut gefüllte Pinnwände bieten allerlei Inspiration. Dazu zählen Stadtportraits über Wien, Salzburg oder Innsbruck, aber auch Themen-Cluster wie Wein, Mode und Kunst. Die Profilbilder der Boards sind wie kleine Reiseführer gestaltet und bieten sofort Orientierung, während die Pins eine Mixtur aus eigenen Beiträgen, die auf die entsprechenden Artikel der Website verlinken und externen Pins von Partnern und Usern darstellen. Zudem gibt es Gruppenboards, die wiederum User und Gäste dazu einladen, ihre Beiträge zu platzieren (Siehe Abb. 7.21 und 7.22).

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Abb. 7.21  Pinterest-Profil von Austria Travel. (Quelle: Austria Travel)

Abb. 7.22  Pinterest-Boards von Austria Travel. (Quelle: Austria Travel)

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Best Case: Travel Oregon Travel Oregon hat nicht nur eine ansprechende Website samt Facebook und Instagram-Auftritt kreiert, sondern sich auch mit großer Leidenschaft dem Thema Pinterest geöffnet. Über 210.000 monatliche Besucher (Stand: Juni 2020) können sich an den 63 Pinnwänden ordentlich austoben und Inspirationen für den nächsten Urlaub sammeln. Dabei werden alle Facetten des amerikanischen Bundesstaates in Kategorien bzw. Boards gegliedert, wie zum Beispiel Regionen, Jahreszeiten, Restaurants, Familientipps, Fahrradtouren usw. Sogar aktuelle Content-Marketing-Kampagnen wie die mit den Comic-Figuren Yeti & ­ Squatch werden nach Episoden in einzelne Boards hochgeladen. Die Pins sind perfekt auf die Pinterest-Suche getextet und i. d. R. mit einem Link zum jeweiligen Artikel versehen. Besser kann man es nicht machen.

Best Case: Schweiz Tourismus Schweiz Tourismus nutzt die aktuelle Corona-Krise, um Reisende auf die Zeit für danach einzustimmen. Dabei kommt ihnen die Bilder-Suchmaschine Pinterest wie gelegen. So werden Motive von ­ Schweizer Traumstädten wie z. B. Zürich in Form von Standard-Pins ausgespielt, die den User auf eine Micro-Site dirigieren. Um an einem Gewinnspiel teilzunehmen, muss dieser anschließend drei Fragen zu seinen Reisevorlieben beantworten. Aus diesen Antworten erstellt sich automatisch ein inspirierendes Pinterest-Board mit allerlei Reisetipps, die den User auf den nächsten Schweiz-Urlaub vorbereiten. So schafft man nicht nur Inspiration, sondern sammelt ganz nebenbei noch wichtige ­E-Mail-Adressen oder kann User jederzeit wieder mit neuen Pins begeistern.

7.4 Tripadvisor Ein Aufschrei ging im November 2018 durch die Sozialen Medien, als das weltweit größte Reiseportal Tripadvisor bekannt gab, dass es nun auch das weltweit größte Social Network für Reisen werden möchte. Es wolle User mit Reisebloggern, Hotels und Destinationen verknüpfen und zum Austausch untereinander bewegen. Dafür wurde eigens eine Kopie des berühmten Facebook-Homefeeds entwickelt,

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über den User Bewertungen und Empfehlungen mit Bildern und Videos teilen konnten. Ausgewählte Reiseblogger sollten zudem ihre Erlebnisse in Form von kleinen digitalen Reiseführern vorstellen. Ganz nebenbei kann man über das neue „Mega-Netzwerk“ natürlich auch seine Reisen buchen, verwalten, weiterempfehlen oder auch Dampf ablassen. Eigentlich ein logischer Gedanke, der beim Praxistest ins kalte Wasser fiel. Den User schien es nicht sonderlich zu interessieren, waren doch seine sozialen Reiseaktivitäten mit Instagram und Pinterest ausreichend abgedeckt. Reisebloggern wurde nur zögerlich der Weg geebnet, eigene Beiträge zu promoten und zu verlinken und viele Hotels und Eventanbieter wissen heute noch nichts von den neuen Möglichkeiten. Nachdem ich etwa 6 Monate nach Start einen Beitrag für das Marketingfachmagazin W&V veröffentlicht hatte, um mich über den holprigen Start zu wundern, erhielt ich einen Anruf aus der deutschen Repräsentanz von Tripadvisor. Man wolle mich unbedingt vom Gegenteil überzeugen und aufzeigen, wo die ersten Erfolge spürbar sind und die Vorteile im neuen ­Social-Network-Gedanken stecken. Ich zeigte mich sofort interessiert und freute mich auf den Austausch, der bis heute nicht stattgefunden hat. Von daher macht es aktuell wenig Sinn auf den Network-Gedanken einzugehen und Tripadvisor bleibt zunächst, was es immer war: eine Bewertungsplattform für Reisen, Unterkünfte und Restaurants. Laut einer Studie von Tripadvisor aus dem Jahr 2019 gaben 72 % der Befragten an, im Vorfeld einer Reise Rezensionen über Hotels und Restaurants zu lesen [28]. 79 % der Tripadvisor-User entscheiden sich für das Hotel mit der höheren Bewertung, wenn zwei qualitativ gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen und rund 50 % der Befragten würden nie ein Hotel ohne Bewertungen buchen. 78 % der User gaben zudem an, dass sie sich auf die neuesten Bewertungen fokussieren und im Durchschnitt 9 Bewertungen für eine Entscheidung heranziehen. Von daher ist es auch unerlässlich, immer wieder neue Bewertungen zu erhalten, um dem Tripadvisor-Algorithmus Aktualität zu signalisieren. Ein weiterer interessanter Aspekt der Studie ist, dass 85 % der Studienteilnehmer gesagt haben, dass die Bewertungen, die sie auf Tripadvisor zu Hotels und Restaurants gelesen haben, ihr eigenes Erlebnis widerspiegeln, was die Glaubwürdigkeit von privaten Rezensionen

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grundsätzlich stärkt. Auch wenn die Zahlen und Untersuchungsergebnisse direkt von Tripadvisor stammen, zeigen sie doch eindeutig die Marktmacht des Reisenetzwerks. Und damit auch die neue Marktmacht des Reisenden an sich. Nicht selten verweisen Urlauber auf eine negative Bewertung, wenn kein Upgrade der Zimmerkategorie angeboten wird. Das ist übrigens eines der Hauptprobleme von Bewertungsplattformen wie Amazon, IMDb oder Tripadvisor. Aus eigener Motivation bewerten User oft nur, wenn die Erfahrung besonders schlecht oder extrem gut war. Grautöne gehen meist unter und müssen aktiv vom Beurteilten eingefordert werden. Denn eines ist klar. Tripadvisor ist die erste Anlaufstelle für Reisende in der ganzen Welt, wenn man sich nach den besten Unterkünften und Restaurants erkundigen möchte. Wer hat es nicht schon selbst erlebt, dass man vor einer Buchung noch schnell die Bewertung auf Tripadvisor nachschaut, um bloß keine Fehler zu machen. Und da wirken Begriffe wie „renovierungsbedürftig“ oder „schlechter Service“ eher buchungshemmend. Deshalb ist das wichtigste Marketingtool auf Tripadvisor auch die Antwortfrequenz auf positive wie negative Rezensionen durch das Management. Damit bedankt man sich nicht nur für eine gute Bewertung und schafft eine Bindung für den nächsten Besuch. Man demonstriert aktiv Interesse und Anteilnahme an einem schlechten Erlebnis und schreibt entweder eine Stellungnahme oder entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten. Auf jeden Fall zeigt man, dass es dem Management nicht egal ist und künftige Besucher eine bessere Erfahrung im Hotel machen werden. Neben der Reaktion ist die Aktion ein wichtiger Baustein im Tripadvisor Marketing. Hotelgäste sollten aktiv zu einer Bewertung auf Tripadvisor motiviert werden. Idealerweise persönlich vor Ort, da dann die (hoffentlich) positiven Erfahrungen noch frisch sind und eine Bindung zwischen dem Personal und dem Gast entstanden ist. Spätestens aber bei Rückkehr sollte der Reisende eine E-Mail des Hotels oder eine Nachricht über den Bewertungsexpress von Tripadvisor im digitalen Postkasten haben. Werbung auf Tripadvisor Wer meint, dass eine gute Bewertung ausreicht, um auf Tripadvisor wahrgenommen zu werden, dem macht das Netzwerk mit den

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gesponserten Platzierungen ggf. einen Strich durch die Rechnung, da diese vor den organischen Rankings aufgezählt sind und dem User zuerst ins Auge fallen. Ähnlich kennt man das von Vergleichsportalen wie Check 24 oder Verivox. Für Hotels mit einem eher durchschnittlichen Ranking bietet diese Form der Anzeigen eine ideale Möglichkeit, ihr Angebot stärker in den Fokus zu rücken und buchungsschwache Reisezeiten auszugleichen. Damit kann man angeblich bis zu 25 % mehr Direktbuchungen generieren, wie Tripadvisor selbst behauptet [29]. Eine ganz neue Werbeform für Destinationen ist der sogenannte Sponsored Content, wo man sich als Region mit Fotos, Videos und Texten prominent darstellen kann, um vielleicht den letzten Schub bei der Auswahl des Reiseziels zu geben. Abschließend muss man sagen, dass Tripadvisor nach wie vor extrem wichtig ist, um die Reiseentscheidung im Vorfeld einer Buchung positiv zu beeinflussen. Der Meinung von echten Gästen wird enorm an Glauben geschenkt, auch wenn Tripadvisor im Dezember 2017 mit dem Artikel und Kunststück des Vice-Redakteurs Oobah Butler sein Waterloo erlebte. Dieser hatte seine Gartenlaube innerhalb kürzester Zeit mit Fake-Rezensionen zum besten Lokal in ganz London gemacht, ohne jemals Gäste bedient zu haben. Die Story ist brillant geschrieben, zu 100 % wahr und eine Pflichtlektüre für alle Marketing-Enthusiasten aus der Tourismusbranche [30].

7.5 LinkedIn LinkedIn ist mit rund 14 Mio. Mitgliedern allein im DACH-Raum (in den USA sagenhafte 169 Mio. aktive Nutzer) so etwas wie der neue Star am Social-Media-Himmel und hat sich zu einem Facebook für die Businesswelt entwickelt [31]. Man hat sogar das Gefühl, dass all die Meinungsbildner und Selbstdarsteller, die täglich auf Facebook ihren Arbeitsalltag dokumentiert haben, nun mit der Karawane eine Station weiter nach LinkedIn gezogen sind. Der Fokus ist indes ein anderer, denn es geht primär nicht um Spaß und Vergnügen, auch nicht um Freundschaften und Check-ins, sondern ums Geschäft. Es werden Kontakte geknüpft und das eigene Profil bzw. das des Arbeitgebers

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geschärft und gepflegt. Zudem haben Unternehmen die Gelegenheit ein Profil anzulegen, Inhalte einzustellen und Arbeitskräfte zu rekrutieren. Neben XING ist LinkedIn damit eine der großen Arbeitsmarktbörsen im Internet und im Tourismus durchaus relevant, wenn es um Imagebildung geht oder qualifiziertes Personal in die Bewerbungsordner gespült werden soll.

7.5.1 LinkedIn als Markenplattform Grundsätzlich gelten für LinkedIn die gleichen Regeln wie für jedes Soziale Netzwerk. Ohne Regelmäßigkeit oder Arbeitseinsatz, wird sich kein Erfolg einstellen. Es zählt der regelmäßig erscheinende Content, der inhaltlich andere Facetten aufzeigen sollte, wie die Angebots- oder Inspirationsposts auf Facebook. Das können beispielsweise Einblicke in die Marketingstrategie sein, positive Jahresbilanzen, Awards, neue Services und Leistungen oder Geschichten von und über Mitarbeiter. Dabei muss man nicht alle Inhalte selbst produzieren. Manchmal reicht auch das Teilen eines relevanten Artikels oder Blogbeitrags. Nur platte Werbung funktioniert auf LinkedIn leider nicht, dafür trifft man aber auf eine zahlungskräftige Zielgruppe, die primär nach Business-Content sucht, gleichzeitig aber offen für Urlaubsinspirationen ist. Vielleicht sind es aber auch potenzielle Kooperationspartner, Lieferanten oder Mitarbeiter, die den angebotenen Content konsumieren und motivierend finden. Auf jeden Fall ist LinkedIn ein guter Grund, Präsenz zu zeigen, den Kontakt zu Interessenten aufzunehmen und sich zu vernetzen.

7.5.2 LinkedIn im Employer Branding Gutes Personal zu finden ist schwer. So zumindest die Aussage vieler Hoteliers, die händeringend nicht nur nach Servicekräften, sondern auch nach Experten im Management, Marketing oder Vertrieb suchen. Genau diese Zielgruppe ist auf LinkedIn unterwegs und möchte einen Eindruck über den potenziellen Arbeitgeber gewinnen. Einblicke jenseits von Sonnenuntergängen und Zimmerkategorien, denn der Job ist

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mehr als der Verkauf von Reiseerlebnissen. Dabei ist ein professionell ausgefülltes Profil hilfreich und regelmäßige Content-Strecken sind Pflicht. Die Kür ist es, die eigenen Mitarbeiter als Markenbotschafter auf LinkedIn sprechen zu lassen bzw. die eigenen Inhalte zu teilen oder sogar den einen oder anderen Artikel direkt auf LinkedIn zu veröffentlichen. Denn erstens verfügen Mitarbeiter über Kontakte, die potenzielle Kollegen oder Gäste sein könnten und zum zweiten ist keine Werbung authentischer, als die von zufriedenen und begeisterten Mitarbeitern. Dass dafür nicht jeder Mitarbeiter geeignet ist, versteht sich von selbst, doch zumindest die Geschäftsführung bzw. die Marketingleitung sollte auf LinkedIn aktiv vertreten sein, Inhalte teilen, Beiträge schreiben und Artikel wichtiger Multiplikatoren kommentieren. Die LinkedIn-Suche hilft übrigens dabei, nach relevanten Gruppen Ausschau zu halten (z. B. Deutschland Tourismus Marketing), denen man beitreten kann, um aktiv Beiträge einzubringen.

7.5.3 LinkedIn als Arbeitsmarktbörse Einst war XING der große Social-Business-Network-Player, der sich allerdings in den letzten Jahren zunehmend zur Arbeitsmarkt- und Eventprovider-Plattform entwickelt hat. Beiträge selbst werden nur noch von wenigen Akteuren veröffentlicht, Likes eher selten vergeben. Viele meiner eigenen Businesskontakte haben sich bereits aktiv verabschiedet, um zu LinkedIn überzusiedeln. Dennoch ist XING genauso spannend wie LinkedIn, wenn es um die Platzierung von Stellenanzeigen geht. Organisch wie entgeltlich. Denn in Businessnetzwerken erreicht man nicht nur die aktiv Suchenden, sondern auch diejenigen, die eher zufällig auf die Offerte stoßen und sich dann positiv inspiriert fühlen.

7.5.4 Werbung auf LinkedIn Ad-Management auf LinkedIn funktioniert mittlerweile ähnlich einfach und im „Do it yourself“- Verfahren wie auf Facebook bzw. Instagram. Es gibt Anzeigenformate wie Sponsored Content (eigene Inhalte werden

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einer größeren Zielgruppe ausgespielt), Text-Anzeigen oder Sponsored Inmail (personalisierte Nachrichten innerhalb des LinkedIn-Systems). Auch wenn Kampagnen insbesondere im B2B-Umfeld sehr erfolgreich sein können, ist die Werbeschaltung im Vergleich zu Facebook & Instagram deutlich teurer. Da wir uns im Rahmen dieses Fachbuches mit der Steigerung von Direktbuchungen befassen, kann ich Werbung auf LinkedIn aktuell nicht uneingeschränkt empfehlen, da man effizienter zum Erfolg durch Werbung auf anderen Plattformen kommt.

7.5.5 LinkedIn Showcase Seiten Möchte eine Marke auf LinkedIn mehrere Leistungen nach Zielgruppen differenziert anbieten, lohnt sich der Aufbau sogenannter Showcase Seiten. Das funktioniert in etwa wie eine Subdomain auf der Website, da man bestimmte Bereiche gesondert vorstellen kann, ohne eine völlig neue Profilseite anzulegen. Das macht zum Beispiel für ein Hotel Sinn, welches den Spa-Bereich als Eigenmarke im Businessumfeld platzieren möchte. Aktuell findet man einige schöne Beispiele zu Showcase Seiten bei Marken wie Adobe, die mehrere eigenständige Produkte auf diese Weise auf LinkedIn präsentieren. Abschließend lautet meine Empfehlung für LinkedIn: Profil einrichten, redaktionelle Inhalte im Wochenturnus publizieren und die Suche nach Management-Personal mit entgeltlichen Anzeigen verstärken. Best Case: Four Seasons Hotels and Resorts Die Four Seasons Hotelgruppe nutzt ihren LinkedIn-Kanal als Schaufenster für Businesskontakte und potenzielle Mitarbeiter bzw. Azubis. In regelmäßigen Abständen gibt es Hochglanz-Videos zu Themen wie Food, Mitarbeiterportraits oder Aktionen und Vorstellungen von neuen Häusern. Dazu wird das Lern- und Entwicklungsprogramm dezidiert vorgestellt, was vor allem für den Management-Nachwuchs interessant sein dürfte. Hin und wieder gar ein Dankeschön an die herausragende Arbeit der Bediensteten sowie die eine oder andere Auszeichnung. Man kann kritisch von amerikanischem Showbusiness sprechen, doch am Ende bleibt ein klares Bild beim neutralen Betrachter hängen. Four Seasons ist ein toller Arbeitgeber mit motivierten Mitarbeitern, die gerne ihren Job machen. Genauso sollte man sich auf LinkedIn präsentieren.

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Best Case: KLM Auch bei KLM wird im LinkedIn-Feed viel mit Videos und hochwertigem Bildmaterial gearbeitet. Was hier allerdings besonders heraussticht, ist die Krisenkommunikation während der Corona-Epidemie im Frühjahr 2020. Innerhalb weniger Tage wurde ein Video mit Call-Center-Agents gedreht, die erklären, wie der Kundenservice aktuell abläuft und woran Kunden und Fluggäste jetzt denken müssen. Während andere Airlines lange, gesetzeskonforme Texte verfassen, macht es die KLM den Kunden leicht. Zudem wird in regelmäßigen Abständen über Hilfstransporte von Schutzmasken oder lebenswichtigen Gütern gepostet. Das zeigt Engagement in Krisenzeiten und dokumentiert Partnern und Mitarbeitern, dass man ein wichtiger systemischer Partner ist, auch wenn vielleicht gerade viele Maschinen am Boden bleiben müssen.

7.6 TikTok Der Sprung vom Business Netzwerk zu einer Teenie-App könnte kaum größer sein, doch TikTok (ehemals musical.ly) ist innerhalb von 2 Jahren von 0 auf eine halbe Milliarde Nutzer angestiegen und gehört zu den am meisten heruntergeladenen Apps im IOS und Apple-Store [32]. Die Karaoke-App ist vor allem bei jungen Menschen sehr beliebt, da man mit raffinierten Filtern, Animationen und ­Videoschnitt-Techniken Musik- und Sprachvideos erstellen kann. Es geht dabei um reines Entertainment, da in den meisten Sequenzen Songs nachgesungen oder Filmsequenzen synchronisiert werden. Der Lohn dafür sind Views, Likes und natürlich Follower. Dass sich das durchaus lohnen kann, beweist das Influencer-Zwillingspaar Lisa und Lena aus Stuttgart, die zu ihrer Blütezeit 30 Mio. Follower auf TikTok regelmäßig mit ihren Videos begeistert haben. Mittlerweile fühlen sie sich aber mit 17 Jahren zu alt für die Plattform und fokussieren sich auf Instagram, wo ihnen „lediglich“ 15,3 Mio. Fans folgen (Stand: Juni 2020). Dieses kurze Intro beschreibt schon sehr gut die aktuelle Problematik für Werbetreibende mit einer Zielgruppe jenseits von 16 Jahren. Es sind kaum

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Erwachsene angemeldet, wenn man mal von besorgten Eltern und Social-Media-Managern absieht, die TikTok als Marktforschungstool ­ für junge Zielgruppen nutzen. Hinzu kommt, dass Werbung auf dem Portal sehr teuer ist und kreativ sein sollte, um als Content zwischen all den Karaoke-Darbietungen wahrgenommen zu werden. Dennoch muss man zugeben, dass die „real short Videos“ unserer Kids wirklich gut gemacht sind und die Applikation an sich ein völlig neues Nutzererlebnis bietet. Sowohl was die Instrumente und Filter angeht, ein Video aufzunehmen bzw. „aufzumotzen“, als auch die Art und Weise wie Videos konsumiert und virtuell weitergeblättert werden. Es geht alles schnell und ist darauf ausgerichtet, bloß nicht zu langweilen. Zudem setzt die App der Selbstinszenierung unserer jungen Generation ein kleines Denkmal und man kann sich sehr gut vorstellen, wie Casting-Agenturen Nachwuchskräfte über TikTok rekrutieren. Was bedeutet das nun für die Tourismusindustrie? Es ist natürlich schwierig eine Empfehlung abzugeben, doch aktuell würde ich nur Anbietern von Jugendreisen empfehlen, Energie und Geld in das Social Network zu investieren, um mit gut gemachten Clips zu starten und den „FirstMover-Advantage“ auszunutzen. Mittlerweile gibt es auch schon ernstzunehmende Content-Kreatoren wie den Fotografen Thomas Lotter, der mit seinem Account lotterlive in kürzester Zeit über 570.000 Follower und 11,8 Mio. Likes auf TikTok einheimste (Stand: Juni 2020). Zu sehen gibt es seriöse Reisevideos, die meist aus Drohnensequenzen im Musikteppich bestehen und augenscheinlich beim jungen Publikum gut ankommen. Wer früh dabei ist, kann sich zumindest eine große Followerzahl aufbauen, ähnlich wie es in den Anfangsjahren auf Facebook und Instagram der Fall war. Die Frage bleibt trotzdem, ob die Teenies der Plattform treu bleiben oder im Zuge ihrer Volljährigkeit zu Instagram wechseln. Wer zudem Mark Zuckerberg kennt, der weiß, dass in Menlo Park sicherlich schon an Video-Effekten im Stile von TikTok gearbeitet wird, um den nächsten Angriff eines aufstrebenden Netzwerks abzuwehren.

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Best Case: We travel the World Auch wenn es manchmal etwas bemüht wirkt, haben die beiden Reiseblogger Caro und Martin von We Travel the World, den Sprung aufs jugendliche TikTok gewagt und erreichen mit ihren kurzen Videoclips 28.000 User (auf Instagram „nur“ 17.000). Während die Videos am Anfang noch recht bieder daherkommen und auch auf Plattformen wie Instagram spielen könnten, setzen die beiden immer mehr auf die Stärken der Video-Schnitt-Technik und Filtermöglichkeiten von TikTok. Highlights sind zum Beispiel eine Rutschpartie in einem Wasserpark in Abu Dhabi oder das How-to-Video zum Schälen eines Granatapfels. Alles unterlegt mit fetziger Musik, um auch ja keine Langeweile bei den Teenies aufkommen zu lassen. Ob es die Jugend anschließend zu einem Besuch der gezeigten Locations inspiriert, wird sich zeigen.

7.7 Podcasts Podcasts lassen sich, von ihrer Bedeutung her, ein wenig mit dem Social Network Pinterest vergleichen. Jedes Jahr wartet man auf den großen Durchbruch und möchte live dabei sein. Als ich im März 2019 auf dem Digitalfestival SXSW in Austin, Texas, war, hatte man das Gefühl, an Podcasts nicht mehr vorbeizukommen. Fast jeder dritte Vortrag widmete sich der digitalen Version des Radios und prophezeite eine großartige Zukunft. Insbesondere für Pendler oder Business-Reisende ist der Podcast ein idealer Zeitvertreib im Auto, Zug oder Flugzeug. Knapp 8 Mio. junge, kaufkräftige und qualitätsbewusste Menschen gibt es angeblich in Deutschland, die bereits Podcasts mehr oder minder regelmäßig konsumieren [33]. Beim Musik-Netzwerk Spotify ist der Konsum von Podcasts im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 200 % gestiegen, was auf die wachsende Beliebtheit, aber auch das steigende Angebot an Content hinweist. Immerhin gibt es auf Spotify bereits über 700.000 Podcasts, die gehört werden wollen [34]. Für den Tourismus bietet sich mit Podcasts die einmalige Chance, dem Absender eine Stimme zu geben, da zentrale Personen aus dem Hotel oder Destinationsmarketing selbst zu Wort kommen können. So baut man einen Expertenstatus auf und schafft ein Testimonial, das

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von Gästen künftig live vor Ort erlebt werden kann. Zudem lassen sich die Vorzüge und Angebote in einer größeren Tiefe und Emotionalität beschreiben, um bereits vor der Buchung eine Nähe zum potenziellen Gast aufzubauen, der den Eindruck hat, sich bereits bestens auszukennen. Man trifft den Hörer in einer Phase erhöhter Aufmerksamkeit, da Podcasts meist in Situationen konsumiert werden, wo kein zweites Medium vom Inhalt ablenkt. Der Hörer konzentriert sich alleine auf die Stimme und speichert für ihn relevante Inhalte nachhaltiger ab, als beim flüchtigen Konsum von visuellen Social-Media-Inhalten. Doch Podcasts sind nicht nur ein zusätzliches Marketingtool, um die eigene Contentstrategie zu erweitern, sondern bieten auch die Chance, Partner in Form von Werbung zu integrieren, was insbesondere für Destinationen eine interessante Form der Quersubventionierung sein könnte. Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Für mich zählt der Podcast der Online Marketing Rockstars zu den besten Formaten im Marketingsegment und so verfolgte ich zuletzt eine Folge, wo der Co-Gründer der Schweizer Laufschuhmarke On, David Allemann, über sein Unternehmen referierte. Die Session endete damit, dass ich ins nächste Sportgeschäft lief, um mir sofort ein neues Paar Laufschuhe zuzulegen, von denen ich noch heute schwer begeistert bin. Podcast wirkt also selbst bei so alten Marketinghasen wie mir, was an der Tiefe der Content-Vermittlung liegt. Es war sogar so inspirierend, dass ich ­ mittlerweile meinen eigenen Podcast habe, um Menschen aus dem Tourismus im persönlichen Dialog vorzustellen. Der Aufwand ist dabei überschaubar, denn neben einem Mikrofon und dem handelsüblichen Smartphone, bedarf es „nur“ eines Blogs und der Nutzung des RSS Feeds, um die Folgen auch in Apps wie Spotify oder iTunes zu integrieren und einem Massenpublikum zugänglich zu machen. Wie so oft im ­Social-Media-Marketing kommt es auf ein unterhaltsames Konzept und den Mut an, es einfach auszuprobieren. Es wird am Anfang sicherlich nicht vor Professionalität strotzen, doch gerade das kann den Charme ausmachen. Hier fünf Tipps, wie der Podcast ein Erfolg werden kann.

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Möglichst viele Plattformen nutzen Den Podcast als Serie auf die eigene Website oder den eigenen Blog zu stellen, ist absolute Pflicht und reicht für eine erste Distribution. Dennoch suchen audioaffine User entsprechende Inhalte eher auf bekannten Applikationen wie iTunes, Google Play, Spotify oder Soundcloud, so dass man möglichst alle großen Streaminganbieter bedienen sollte, um die Reichweite sukzessive auf- und auszubauen. • Nicht am eigenen Perfektionsanspruch scheitern: Es wird immer Podcasts geben, die bessere Effekte oder professionellere Sprecher haben als das eigene Format. Doch das ist nicht zwangsläufig erfolgsentscheidend, solange der Content einen Mehrwert bietet und Nähe zum Absender schafft. Deshalb lautet meine Empfehlung einfach loszulegen, um mit solider Qualität ein erstes Testpublikum zu erreichen. Danach sollte man sich von Folge zu Folge verbessern und Feedback bzw. Learnings einfließen lassen. Zum Einstieg eignet sich als Mikrofon zum Beispiel der Rode Podcaster, der per ­ USB-Anschluss einfach an den Laptop angeschlossen werden kann. Dazu braucht es dann noch die passenden Software-Tools wie Audacity oder Garage Band und schon kann es losgehen. • Regelmäßigkeit ist Trumpf: Es bringt nichts, einen Podcast zu starten und zu hoffen, dass eine einzige Folge immer neue Zuhörer finden wird. Mindestens einmal pro Woche sollte man zu gewohnter Zeit mit einer Episode nachlegen, um den Hörer an das Format zu binden und eine entsprechende Erwartungshaltung für die Zukunft auszulösen. Die Menschen lieben Episoden oder Staffeln, wie man an TV-Streaminganbietern wie Netflix oder Amazon Prime sieht. Dabei lohnt sich der Einsatz von wiederkehrenden Elementen, wie zum Beispiel einem Musik-Jingle zu Beginn der Folge oder einem Cliffhanger am Ende, der bereits auf die nächste Folge verweist. • Gäste einladen: Ein Podcast lebt nun mal von seiner Vielfalt und selbst wenn man eine „gute“ Stimme als festen Moderator implementiert hat, ist der Podcast ein ideales Vehikel, um weitere interessante Gäste vorzustellen. Am besten man macht ein Interview mit einem Influencer, der gerade das Hotel oder die Region besucht.

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So hat man nicht nur zielgruppenrelevanten Content geschaffen, sondern nutzt direkt auch die Reichweite seines Gastes. • Werbung machen: Wie für jedes neue Produkt bzw. jeden neuen Auftritt in einem Social Network gilt auch für Podcasts, dass niemand auf einen weiteren Anbieter gewartet hat und jeden Tag danach Ausschau hält. Man muss also den Podcast über alle eigenen Kanäle bewerben und möglichst inszenieren. Dafür eignet sich beispielsweise ein „Behind the Scenes“-Video auf Facebook oder Instagram, um die Aufnahme der neuen Podcast-Folge anzukündigen. Best Case: Weltwach Podcast Zu reisen bedeutet auch, die eigene Komfortzone zu verlassen. Genau diesem Thema widmet sich Erik Lorenz, der in seinem berühmten Travel-Podcast nicht nur selbst gesprochene Beiträge zum Besten gibt, ­ sondern immer wieder Gäste zum Interview oder Reisebericht bittet. So waren schon Bergsteigerlegende Reinhold Messner, Jochen Schweizer, Laura Dekker (jüngste Person, die jemals solo die Welt umsegelt hat) oder der Naturfotograf Norbert Rosing zu Gast. Das schafft Abwechslung für den Hörer und bietet tiefe Einblicke in die Erlebnisse von interessanten Menschen. Das Ganze ist professionell produziert mit Musikeinspielungen und Werbung. Hinzu gibt es Live-Episoden, die direkt von Veranstaltungen wie der ITB in Berlin „gestreamt“ werden.

Best Case: Dein Potsdam Podcast Anekdoten und inspirierende Geschichten im 20-Minuten-Format präsentiert Potsdam Marketing mittlerweile in der 2. Staffel. Als Pilotprojekt gestartet, entwickelte sich der Podcast recht schnell zum Erfolg und lässt Gäste wie Einheimische über die brandenburgische Landeshauptstadt philosophieren. Dazu gibt es jede Menge Tipps, die sich auf Jahreszeiten, Lebensphasen oder Interessen (z. B. Fahrradfahren) fokussieren. Dabei bestechen die kurzweilige Gesamtlänge sowie der Mehrwert für Einheimische und Touristen. Die Folgen gibt es auf der Website sowie allen gängigen Streaming-Plattformen wie zum Beispiel Spotify.

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7.8 YouTube YouTube ist, nach dem Mutterkonzern Google, die zweitgrößte Suchmaschine der Welt und für den Tourismus die ideale Plattform, emotionale Botschaften in Bewegtbildern zu transportieren. Für die jüngere Generation ist YouTube mittlerweile deutlich wichtiger als lineares TV, da manche Genres, wie Musikvideos, völlig von der ­TV-Mattscheibe verschwunden sind. Was früher auf MTV und VIVA lief, findet heute auf YouTube statt. Und wenn von viralen Hits die Rede ist, dann handelt es sich meist um Videoclips, die ihren Erfolgsweg auf YouTube begonnen haben. Erfolg schafft aber auch Nachahmer, sodass Facebook und Instagram mittlerweile den Wert von Filmbeiträgen zu schätzen wissen und eigene Kanäle bzw. Formate anbieten, die Videos implementieren und abspielen lassen. Doch am Platzhirsch YouTube kommt nach wie vor keiner vorbei, auch wenn die klassischen Funktionen eines Social Networks fehlen bzw. eine untergeordnete Rolle spielen. Eine direkte Vernetzung der User untereinander findet nicht statt, dafür kann man Inhalte von Marken, Unternehmen, Bloggern oder Künstlern abonnieren, bewerten und auch teilen. Für ein touristisches Unternehmen ist es also extrem wichtig, Videoinhalte auf YouTube zur Verfügung zu stellen, denn User suchen gezielt nach Clips zu Regionen und Unterkünften. Insgesamt nutzen 1,9 Mrd. Menschen YouTube und machen die Video-Plattform damit relevanter als alle ­TV-Sender und Pay-TV-Betreiber [35]. Alleine auf mobilen Endgeräten erreicht YouTube mehr 18–49-Jährige als herkömmliche Fernsehstationen, was auch am steigenden Content-Volumen liegt. Über 400 h Videomaterial wird jede Minute hochgeladen und wartet auf seine Zuschauer. Jeden Tag werden 1 Mrd. h an YouTube-Videos geschaut und damit mehr als auf Netflix und Facebook zusammen. Doch natürlich bedeutet derlei Content-Vielfalt auch, dass neu eingestellte Inhalte nicht einfach von alleine funktionieren und gefunden werden. Vielmehr greifen die gleichen Mechanismen, die man aus dem Hause Google in Bezug auf Suchmaschinenmarketing kennt. Es gibt eine organische Komponente, die die Auffindbarkeit von Videoinhalten beeinflusst und es gibt die „Bezahlkomponente“ in Form von Werbeanzeigen. Wer

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also auf YouTube erfolgreich sein will und die Plattform nicht nur zum Hosting seiner Videoinhalte einsetzen möchte, sollte ein paar Grundsätze befolgen.

7.8.1 Zielsetzung festlegen Warum möchte man einen eigenen YouTube-Videokanal einrichten? Dient dieser nur dazu, hin und wieder ein Video hochzuladen, um es auf anderen Plattformen zu teilen oder möchte man gezielt Abonnenten gewinnen und diese dauerhaft mit Clips bespielen? Will man in den Suchmaschinen von Google und YouTube mit Video-Content gefunden werden und diesen gar via Anzeigen amplifizieren? Dann sollte man sich ein strategisches Video-Konzept überlegen, welches auf Regelmäßigkeit beruht. Also lieber keinen 90-Minuten-Clip produzieren, sondern viele kleine Episoden, die man in regelmäßigen Abständen auf YouTube hochladen kann. Zur besseren Orientierung für Nutzer und Abonnenten empfiehlt sich die Anordnung der Videoclips in Kategorien, den sogenannten Playlists. Diese haben zusätzlich den Vorteil, dass sie in den Suchergebnissen separat aufgeführt und Inhalte schneller gefunden werden. Wie man so eine Video-Bibliothek strategisch anhand von Playlists aufbaut, kann man sich wunderbar vom offiziellen Kanal von Schweiz Tourismus „MySwitzerland“ abschauen, der insgesamt 16 solcher Playlists zu Themen wie Swiss Cities, Summer Stories oder Winter Stories eingerichtet hat. In diesen Playlists befinden sich dann mehrere Videoclips, die thematisch geklammert sind und den User dazu anhalten, immer weitere Videos anzuschauen (Siehe Abb. 7.23 und 7.24). Durch diesen Blick auf die Benchmarks der Branche, bekommt man ein gutes Gefühl, wie sich der eigene Content gliedern lässt und Videos künftig gezielt produzieren lassen. Doch bevor man mit der Umsetzung des strategischen Videokonzeptes loslegen kann, gilt es ein paar Basisangaben zu machen.

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Abb. 7.23  YouTube-Kanal mit Playlists von Schweiz Tourismus. (Quelle: Schweiz Tourismus)

Abb. 7.24  YouTube-Kanal Playlist von Schweiz Tourismus. (Quelle: Schweiz Tourismus)

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7.8.2 Profil richtig anlegen YouTube Marketing ist Suchmaschinenmarketing. Deshalb kommt der Einrichtung des Brandprofils eine immense Bedeutung zu. Zudem ist es der erste Eindruck, den User erhalten, wenn sie auf das Profil des Absenders klicken. Für das YouTube Brand Konto braucht man zunächst ein Kanalsymbol (meist das Unternehmenslogo) und ein Kanalbild in Pixelgröße 2560 × 1440, welches Hotel oder Destination in Szene setzen und auf allen Endgeräten funktionieren muss. Das sollte man unbedingt testen, denn es gibt nichts Schlimmeres, wenn auf dem „Mobile-Screen“ vom eigentlichen Motiv nichts mehr zu sehen ist. Danach folgt die Kanalbeschreibung. Hier sollten die E-Mail-Adresse, Website-URL und Social-Media-Profile hinterlegt werden sowie eine entsprechende Beschreibung über das eigene Hotel oder die Destination samt den Ambitionen auf YouTube. Man muss schlichtweg die Frage beantworten, warum der User diesen Kanal abonnieren sollte. Textlich eher nüchtern, geht es darum, alle Keywords unterzubringen, die später für die Suchmaschinen relevant sind. YouTube bietet übrigens zwei verschiedene Ansichten des Profils an und differenziert nach Usern, die bereits den Kanal abonniert haben und solchen, die das erste Mal auf das Profil stoßen. Allen „Neuankömmlingen“ kann man zum Beispiel einen sogenannten Kanaltrailer (maximal 60 s) zeigen, indem man sich kurz visuell vorstellt und erklärt, worum es in diesem Videokanal geht und was den User zukünftig erwarten wird [36].

7.8.3 Video-Beschreibungen optimieren Natürlich kommt es bei YouTube auf die Qualität des publizierten Contents an. Beliebte Videos werden durch den Algorithmus höher bewertet und entsprechend öfter ausgespielt. Doch mindestens so entscheidend wie der Inhalt ist die richtige Beschreibung der Metadaten, die dem Nutzer zusätzliche Informationen zum Video anbieten. Dazu zählen z. B. der Videotitel, die Beschreibung, Markierungen, Kategorien, Thumbnails oder auch Untertitel. Aufgrund dieser Beschriftungen wird das Video innerhalb von YouTube indexiert und

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in den entsprechenden Suchergebnissen aufgeführt. Möchte beispielsweise ein Hotel, das in der Gardasee-Region liegt, bei Suchen nach dem Begriff „Gardasee“ gefunden werden, muss dieses „Keyword“ auch entsprechend in den Metadaten hinterlegt sein. Dabei gilt es, möglichst kurze prägnante Formulierungen zu finden, die tatsächlich zum gezeigten Inhalt passen. Bei der Beschreibung liegt der Fokus eindeutig auf den ersten 100 Zeichen, da der restliche Content für den User zunächst ausgeblendet wird. Er muss auf „Mehr anzeigen“ klicken, um die gesamte Beschreibung zum Video lesen zu können, was in der Regel selten passiert. Die wichtigsten Keywords lassen sich dann noch zusätzlich mit den sogenannten „Tags“ hervorheben, um sie mit anderen themengleichen Videos auf YouTube zu verlinken. Anschließend sollte man das Video einer Kategorie zuordnen, damit es im richtigen Kontext angeboten wird. Auf YouTube gibt es u. a. die Kategorie Reisen & Events, wo in der Regel Videos aus dem Tourismus platziert werden. Ein Aspekt, der vielfach vernachlässigt und unterschätzt wird, ist die Auswahl des Vorschaubildes oder auch Video-Thumbnails. Dieses hat die Funktion eines Filmplakats und soll neugierig auf das dahinterliegende Video machen.

7.8.4 Untertitel und Abspann hinzufügen Die Untertitel eines Videos richten sich nicht nur an User, die auf Ton verzichten wollen oder müssen. Sie sind gleichfalls suchmaschinenrelevant und können inklusive der Timecodes hochgeladen werden. Hier gilt es alle wichtigen Keywords, die den gezeigten Inhalt unterstützen, einzubringen. Doch YouTube kann mehr als einfach nur Videos abspielen. Denn mit Hilfe von Infokarten, das sind kleine rechteckige Hinweise, die rechts oben im Video angezeigt werden, kann man dem User noch ein weiteres Video anbieten oder ihn sogar auf die eigene Website lotsen. Gleiche Idee, anderer Mechanismus, ist der sogenannte Abspann, der den originären Video-Clip um 5–20 s verlängert und einen „Call-to-Action“ integriert, der auf Wunsch direkt in die Buchungsstrecke des Anbieters führen kann.

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7.8.5 Den richtigen Video-Content anbieten Wie wichtig Videoinhalte im Social-Media-Marketing sind, haben wir bereits in den vorangegangenen Kapiteln bei Netzwerken wie Facebook, Instagram oder auch Pinterest gesehen. Von daher lassen sich die meisten Contentformate perfekt für die Nutzung auf YouTube zweitverwerten, mit dem Unterschied, dass auch längere Videos durchaus funktionieren können, da gezielt nach Themen und Inhalten gesucht wird. Imagevideos stehen dabei ganz oben auf der Playlist für Hotels und Destinationen, die nun wieder im klassischen 16:9-Format eingestellt werden sollten. Doch auch Interviews, Tutorials, Erfahrungsberichte von Gästen, Video-Blogs oder Event-Videos erfreuen sich großer Beliebtheit. Genau wie auf Facebook oder Instagram, gibt es die Möglichkeit ein Live-Streaming von eigenen Veranstaltungen direkt via YouTube ins Netz zu übertragen. Gerade bei Top-Events ist dies eine ideale Möglichkeit, um Abonnenten für den eigenen Kanal zu generieren.

7.8.6 Den YouTube-Kanal vermarkten Werbung machen für eigene Videos bzw. den eigenen Videokanal funktioniert auch auf YouTube nach dem bewährten Muster: Werbeanzeigen schalten und kräftig Eigenwerbung auf anderen Netzwerken betreiben. Grundsätzlich lassen sich YouTube-Videos problemlos einbinden, ob auf Facebook oder der eigenen Website, sodass der Verbreitung von Inhalten keine Grenzen gesetzt sind. Auf der Website lässt sich, neben der reinen Einbindung der Videos, auch eine gesonderte Schaltfläche integrieren, wo der Nutzer mit einem Klick direkt auf dem YouTube-Kanal landet. Während man stets darauf bedacht sein sollte, die Existenz des YouTube-Kanals in eigenen Medien zu platzieren, sollte man zur Amplifizierung der Videos auch auf Werbeanzeigen setzen, zumal diese ähnlich performant und einfach einzustellen sind, wie auf Facebook. Dabei lassen sich in der YouTube-Hilfe stets die neuen Formate mit ihrem Wirkungsgrad finden, sodass hier nur die aktuell wichtigsten Anzeigen kurz erwähnt seien. Da gibt es

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zum einen TrueView Video Discovery Anzeigen, die auf der Startseite, in den Suchergebnissen und auf Wiedergabeseiten (in den Vorschlägen für ähnliche Videos) angezeigt werden. Klickt der User auf die Anzeige, wird das Video aufgerufen und abgespielt und der Klick dem Werbetreibenden in Rechnung gestellt. Zum anderen gibt es ­In-Stream-Videoanzeigen, die direkt in ein YouTube-Video eingebettet sind und zu Beginn, während oder nach dem Video ablaufen. Dabei gibt es zwei buchbare Varianten, die überspringbare und die nicht überspringbare Ad. Bei der ersten Variante hat der User die Möglichkeit, die Anzeige nach 5 s zu verlassen, bei der zweiten Variante muss er das Anzeigen-Video bis zum Ende anschauen. Vorteil dieser InStream-Ads ist, dass man in der Anzeige ein Text-Overlay bzw. einen CTA platzieren kann, der direkt auf ein eigenes Video oder die Website verlinken. Zusätzlich gibt es noch das „Kurzformat“ mit Namen „Bumper-Ad“, welches vor dem eigentlichen Video mit einer Länge von bis zu 6 s läuft und vom User nicht weggeklickt werden kann. Der wahre Wert von Video-Anzeigen auf YouTube ist aber die Vernetzung mit dem Mutterkonzern Google. So kann man beispielsweise Usern, die nach bestimmten Reiseregionen auf Google gesucht haben, bei ihrem nächsten ­YouTube-Besuch ein passendes Video dazu ausspielen [37]. Auch lassen sich Zielgruppen regional eingrenzen. Habe ich beispielsweise als Schweizer Hotelbetrieb den US-Markt im Visier, kann ich entsprechend mein Video als Anzeige nur in Amerika ausspielen lassen. So lassen sich Zielgruppen „bauen“, die gerade nach Reise-Inspirationen suchen und einen exakt definierten Zielmarkt abdecken. YouTube wird als Soziales Netzwerk oftmals vernachlässigt, da es eine gänzlich andere Mechanik abbildet, als es Facebook oder Instagram tun. In der Regel hinterlegen die Marken lediglich ihre 2–3 Videos, um sie in ihrer Website oder anderen Netzwerken einzuspeisen. Doch YouTube hat als Suchmaschine und Videoplattform eine enorme Bedeutung, zumal sie im Prinzip alle Zielgruppen flächendeckend abdeckt. So lassen sich gezielt User erreichen, die nach visuellen Inspirationen für ihren nächsten Urlaub suchen.

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Best Case: Lonely Planet Auch wenn der YouTube-Kanal von Lonely Planet den meisten Touristik-Betrieben überdimensioniert erscheinen wird, kann man ­ sich doch einige Aspekte abschauen. Die über 200.000 Abonnenten bekommen mehrmals im Monat professionell produzierte Reisevideos zu sehen, die in der Regel nicht länger als 2–3 min dauern. Teilweise sind die Clips sogar von einem Sponsor unterstützt (z. B. Ford). Untertitel mit den wichtigsten Keywords sind ebenso vorhanden, wie perfekte Beschreibungen mit allen Schlüsselwörtern und Hashtags. Zudem kann man wunderbar sehen, welche Kategorien sich beim Thema Reisen auftun, die sich von reinen Destination Guides bis hin zu Food, Kids, Wildlife und 360-Grad-Videos erschließen.

7.9 Twitter Der Mikroblogging-Dienst Twitter erlebt nicht erst durch Donald Trump eine gewisse Renaissance. So gab es auf der ganzen Welt etwa 166 Mio. aktive Nutzer im 1. Quartal 2020, was immerhin 24 % mehr sind als im Vorjahr [38]. Über 120 Mio. Nutzer befinden sich davon sogar außerhalb der USA, allerdings nur rund 1,4 Mio. täglich aktive Nutzer in Deutschland [39]. Die Relevanz für den Tourismus hält sich ergo in Grenzen, denn auf Twitter geht es um News und aktuelles Zeitgeschehen, was insbesondere in Zeiten von Corona gesucht wird. Auf Twitter werden Informationen in Sekundenschnelle geteilt und Meinungsbildner versuchen Einfluss zu nehmen und Meinung zu machen. Besonders bei Live-Ereignissen wie Sportveranstaltungen oder TV-Shows ist Twitter beliebt, da der Algorithmus eine aktuelle Wiedergabe ermöglicht. Nur wenige Unternehmen aus der Reisebranche tummeln sich im Feed der Kurznachrichten, sodass ein Auftritt in der Regel den PR-Abteilungen von Reiseveranstaltern vorbehalten bleibt. Doch auch internationale Hotels und Hotelketten wie Kempinski oder Le Méridien sind auf Twitter vertreten und nutzen insbesondere die aktuelle Phase der Pandemie, um auf Neuigkeiten, wie Restauranteröffnungen, hinzuweisen. Einen gänzlich anderen Ansatz fährt dagegen das Hotel Regent in Berlin, welches

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seinen Account als R ­ e-Tweet-Plattform nutzt und den Followern aufzeigt, welche kulturellen Aktivitäten in der Stadt gerade stattfinden. Dadurch verschafft man sich, in einer kleinen, feinen Zielgruppe, eine Expertenstellung für ein begrenztes Gebiet. Gerade Städtereisende, die nach aktuellen Veranstaltungstipps suchen, dürften sich über die gesammelten Empfehlungen freuen. Zudem lohnt es sich hin und wieder in die „Trending-Topics“ auf Twitter zu schauen, um zu überlegen, ob man zum einen oder anderen Thema etwas beisteuern kann, um im Feed eines aktuellen Nachrichten-Highlights wahrgenommen zu werden. Dennoch muss man attestieren, dass sowohl die Nutzungssituation als auch die Zielgruppendichte wenig Handlungsbedarf für Hotels bedeuten, da man mit Instagram, Facebook oder Pinterest eindeutig schneller zum Ziel einer Direktbuchung kommt. Für touristische Destinationen mag das schon wieder anders aussehen, da hier die Pflege zu Journalisten eine entscheidende Rolle für mediale Reichweite spielt. Wer also sein Relevant Set an Pressevertretern noch nicht exakt genug kennt, kann über Twitter erfolgreich Neuigkeiten und Botschaften distribuieren. So hat beispielsweise Österreich Werbung über 15.000 Follower, die z. T. mehrmals täglich aktuelle Tweets aus der Alpenrepublik erhalten. Die Reaktion ist allerdings verglichen mit dem Engagement auf Facebook & Co eher verhalten, sodass Twitter gut als inhaltliche Abdeckung des Social-Media-Spektrums verstanden werden kann.

7.10 Reddit, Snapchat & Co Kümmern wir uns in aller Kürze noch um den „Longtail“ der Sozialen Netzwerke, die entweder den Zenith überschritten haben, noch vor dem Durchbruch stehen oder für den Tourismus nicht den Fokus bilden. Reddit Die communitybasierte Content-Plattform hat weltweit immerhin respektable 430 Mio. User. Und obwohl in Deutschland angeblich 12 Mio. Menschen den Dienst monatlich nutzen, werden manche Leser

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sicherlich ein großes Fragezeichen auf der Stirn haben [40]. Reddit – nie gehört. Doch das kann sich ändern, denn hier wird interessanter Content nicht nur hoch- und abgeladen, sondern von den einzelnen Teil-Communities, den Subreddits, mit einem Upvote oder Downvote bewertet und geteilt. Je besser dieser Inhalt von der Community eingestuft wird, desto mehr Usern wird er ausgespielt. Oberstes Ziel ist es, auf der Startseite von Reddit zu landen, die auch gern vollmundig als Startseite des Internets bezeichnet wird, weil hier die beliebtesten und relevantesten Inhalte abgebildet werden. Allerdings spielt der Community-Gedanke auf Reddit eine große Rolle, sodass werbliche Inhalte schnell als Spam abgestraft werden. Das kann man umgehen, indem man richtige Anzeigen im Netzwerk schaltet und Inhalte platziert. Communities, die sich für das Thema „Travel“ interessieren, gehen in die Millionenhöhe, so dass eine Aktivität auf Reddit für Touristikunternehmen durchaus Sinn machen kann. Vorausgesetzt man hat bereits alle Hausaufgaben in den Pflicht-Netzwerken gemacht. Snapchat Nach dem großen „Story-Raub“, wurde es zunächst recht still um Snapchat und der Börsenkurs geriet ins Straucheln. Instagram hatte so etwas wie die Kronjuwelen kopiert und war aufgrund der schieren User-Größe einfach davon marschiert, um frustrierte Teenager und Marketeers zurückzulassen. Die Folge: 83 % der Snapchat-User nutzen auch Instagram, sodass eine hohe Zielgruppenabdeckung besteht. Mittlerweile hat sich Snapchat aber wieder etwas erholt und verfügt in Deutschland über 9 Mio. Nutzer. Weltweit sind es sogar beachtliche 229 Mio., Tendenz steigend [41]. Die Zielgruppe ist und bleibt sehr jung und dürfte nur marginal älter sein, als die des Netzwerks TikTok, so dass der Einsatz primär für Jugendreiseveranstalter und Jugendhotels Sinn machen dürfte. Immerhin sind 67 % der deutschen ­Snapchat-Nutzer maximal 24 Jahre alt. Vimeo Vimeo hat sich einst als Premium-Videoplattform gegen den Platzhirschen YouTube positioniert und steht insbesondere bei Künstlern und Kreativen hoch im Kurs. Zudem fallen bei Vimeo die lästigen

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Werbe-Videos weg, so dass der User exakt das ausgespielt bekommt, was er auch geklickt hat. Entsprechend gibt es qualitatives Feedback und keine Emojis für Videos in Top-Qualität. Für den Tourismus als Zweitverwertung (nach YouTube) für die besten Inhalte durchaus relevant. Tumblr Bloggen und Re-Bloggen ist der USP der Social Media Plattform Tumblr, die rund 500 Mio. Blogs auf ihrer Plattform vereint [42]. Anstatt die spannenden Geschichten auf der eigenen Website oder dem eigenen WordPress-Blog zu publizieren, nutzt man Tumblr um eine große Community anzusprechen. Immer mit dem Ziel, selbst geteilt zu werden, was aber auch voraussetzt, dass man anderen Blogs folgen und deren Inhalte teilen sollte. Vom Grundgedanken her erinnert Tumblr damit etwas an Pinterest. Grundsätzlich ist das Blogger-Netzwerk für den Tourismus interessant, wird jedoch in der DACH-Region wenig genutzt. Zudem würde meine Empfehlung immer auf dem eigenen Hotel- oder Destinations-Blog liegen, um die Zugriffe auf das eigene Angebot zu steigern. Flickr Flickr zählt zu den großen Bildernetzwerken und wird mittlerweile primär als Austausch-Plattform genutzt, um visuelle Inhalte (Bilder und kurze Videos) zu teilen. Für Hotels und Destinationen ganz praktisch, um offizielle Pressebilder schnell distribuieren zu können. Man spart dabei erheblichen Speicherplatz bzw. kann auf die Nutzung von E-Mails oder Diensten wie Dropbox verzichten. Zudem taucht Flickr in der Google Bildsuche auf, was für zusätzlichen organischen Traffic sorgt. Doch auch innerhalb von Flickr wird, ähnlich wie bei Pinterest, nach Inspirationen gesucht, so dass visuelle Inhalte entsprechend mit Tags zur besseren Auffindbarkeit versehen werden sollten. Da der ­Community-Faktor bei Flickr deutlich im Hintergrund steht, ist die Nutzung für den Tourismus eher praktischer Natur, mit dem Zweitnutzen etwas für die SEO-Bilanz zu tun. Diese Übersicht der aktuell relevanten Netzwerke im ­Social-Media-Marketing zeigt, wie vielfältig das Angebot an Möglichkeiten für Werbetreibende, Marken, Unternehmen, Hotels und

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Destinationen ist. Jedes einzelne Network könnte solch ein Buch füllen, sodass ich mir stets vorbehalten habe, bestimmte Bereiche anzureißen, um Inspiration für deren Nutzung zu geben. Die Ausführungen sollen als Entscheidungsgrundlage dienen, um sich mit Themen oder Werkzeugen intensiver auseinanderzusetzen und Dinge zu hinterfragen bzw. voranzutreiben. Zum Abschluss des Kapitels noch ein subjektiver Überblick zu den Stärken und Möglichkeiten, der Top-5-Netzwerke im ­Tourismus-Marketing (Siehe Abb. 7.25). Kap. 7: Key Takeaways 1. Die Social-Media-Landschaft im Tourismus besteht aus Pflicht- und Kür-Netzwerken, die es zu bespielen gilt. Dabei gelten Facebook, Instagram, Pinterest und YouTube als gesetzt. 2. Involvierendes Storytelling und authentischer Content, der exakt auf die Belange des jeweiligen Netzwerks zugeschnitten ist, bestimmen den Erfolg. Amplifiziert durch ein smartes Ad-Management. 3. Pionierbereitschaft rundet das Engagement in Sozialen Netzwerken ab. Podcasts, LinkedIn oder TikTok könnten solch neue Experimentierflächen für die Reisewirtschaft werden.

Abb. 7.25  Die Top 5 Social Media Networks für den Tourismus im Vergleich. (Quelle: André Gebel)

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8 Messenger Marketing

Zusammenfassung  Messenger Marketing steckt noch in den Kinderschuhen, obwohl Services wie WhatsApp oder der Facebook Messenger von mehr Menschen genutzt werden, als die Sozialen Netzwerke, die dahinterstehen. Dabei ist der digitale Messenger-Dialog so etwas wie das Verkaufsgespräch der Neuzeit, baut er doch eine persönliche Beziehung zwischen Marke und User bzw. potenziellem Gast auf. Einige Hotels nähern sich dem Thema bereits mit externen Softwarelösungen, obwohl die großen Netzwerke eine deutlich höhere Akzeptanz haben. Wenn man einige rechtliche Rahmenbedingungen beachtet, kann man bereits heute große Erfolge mit Messenger Marketing erzielen. Davon handelt Kap. 8 dieses Buches. Messenger Marketing wird die Social-Media-Landschaft nachhaltig revolutionieren. Zumindest hat der direkte Dialog im Chat-Format zwischen Marke und User ein enormes Potenzial, um Kauf- oder Buchungsempfehlungen zu leisten. Er wird den komplizierten E-Mail-Verkehr irgendwann ersetzen, da er schneller funktioniert ­ und wiederkehrende Formalien wie Anrede und Betreff obsolet macht. Zudem gibt es im Messenger keine Warteschleifen wie beim Telefon, sondern man wird automatisch benachrichtigt, wenn eine © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_8

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Antwort eingetroffen ist. Es lassen sich Bilder, Emojis, Videos und sogar Sprachnachrichten integrieren, die neben dem schriftlichen auch ein emotionales Erlebnis schaffen. Im Prinzip ist der Messenger die digitale Plattform des bekannten Verkaufsgesprächs aus dem Offline-Store. Leider wird diese Dialogform aktuell eher als zusätzlicher Beschwerdekanal genutzt, um die Anliegen unzufriedener User zu beantworten. Das hat den Vorteil, dass unangenehme Dialoge von Marketing-Posts ferngehalten und diskret im persönlichen Chat geklärt werden. Dabei kann Messenger Marketing so viel mehr, bietet es doch die Möglichkeit, aus einer Kontaktaufnahme ein Beratungsgespräch zu machen, das vielleicht mit einem Link in die Buchungsstrecke endet. Einzige Bedingung ist dabei, dass der Kontakt vom User ausgehen muss und zunächst nur dieses konkrete Anliegen beantwortet werden darf. Doch was spricht dagegen, den User auf einen persönlichen Benachrichtigungsservice hinzuweisen, der ihn auch künftig mit exklusiven Angeboten per Messenger kontaktiert? Mit der entsprechenden Genehmigung erhält man auf diesem Weg E-MailAdressen bzw. die Erlaubnis, weiterhin im direkten Austausch zu bleiben. Natürlich ist es aufwendig, User persönlich zu betreuen, doch die Abschlussquote von persönlichen Verkaufsgesprächen ist im Offline-Store auch entsprechend höher als im anonymen E-Commerce. Datenbanken helfen dabei, Informationen über User zu speichern, um künftig perfekt zugeschnittene Angebote auszuspielen. Damit wird das Messenger Marketing zu einem mächtigen CRM-Tool, welches in der künftigen digitalen Infrastruktur von Hotels oder Destinationen nicht fehlen darf. Bei der Auswahl des richtigen Messengers, sollte man sich möglichst auf den Einsatz der gängigen Services fokussieren. Die aktuell beliebtesten Dienste (Stand: Februar 2020) sind WhatsApp mit rund 2 Mrd. Nutzern weltweit, gefolgt vom Facebook Messenger mit 1,3 Mrd. Nutzern und WeChat aus China mit rund 1,1 Mrd. Nutzern [1]. Wobei WeChat im DACH-Raum keinerlei Bedeutung hat bzw. nicht vollumfänglich nutzbar ist. Einige Hotels setzen bereits eine Messenger-Software ein, um Buchungen abzuwickeln, wie zum Beispiel das Castel Fragsburg aus Meran, wo die gesamte Korrespondenz über ein Messenger-Tool abgewickelt wird, welches die getätigten Buchungen speichert und dem User zur Verfügung stellt (Siehe Abb. 8.1).

8  Messenger Marketing     199

Abb. 8.1  Messenger-Chat zwischen Gast und Hotel am Beispiel Castel Fragsburg, Meran. (Quelle: André Gebel)

8.1 Warum sollte man auf Messenger Marketing setzen? Messenger-Dienste werden über alle Altersgruppen hinweg genutzt und sind deutlich intensiver im Einsatz als die dazugehörigen Sozialen Netzwerke selbst. Rund 90 % der Internetnutzer in Deutschland

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v­erwenden Messenger-Dienste, 81 % davon WhatsApp. Jeder dritte dieser WhatsApp-Nutzer findet den Austausch mit Unternehmen über den Messenger als deutlich angenehmer, als die üblichen Kontaktwege via E-Mail oder einer Telefon-Hotline. Auch die Öffnungsquoten von Messenger-Nachrichten sind um einiges höher, als die von herkömmlichen E-Mails. Etwa 90 % der über Messenger verschickten Nachrichten eines Unternehmens werden innerhalb der ersten 15 min gelesen, während klassische Marketing-E-Mails durchschnittlich eine maximale Öffnungsrate von etwa 30 % aufweisen [2]. Das ist Kundendialog, wie er in unserer heutigen Zeit stattfinden muss. Ohne förmliche Zeitfresser und ohne starre Öffnungszeiten. Allerdings wäre es bei aller Euphorie jetzt falsch, plumpe Werbung in den Dialog zu integrieren. Der Empfänger erwartet eine persönliche Antwort, Empfehlung oder zumindest den passenden Textbaustein. Gerade diese schnelle, persönliche Interaktion zwischen Marke und User lässt viele Marketingentscheider schon heute glauben, dass sie zukünftig ihre Zielgruppen nur noch über Messenger-Dienste erreichen können.

8.2 Rechtliche Rahmenbedingungen Natürlich lassen sich nicht einfach Daten über Messenger-Dienste sammeln, speichern und verarbeiten, schon gar nicht mit dem Start der DSGVO. Als Lektüre empfiehlt sich hier insbesondere das Fachbuch Messenger Marketing von Matthias Mehner, der einen Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Carsten Ulbricht für den rechtlichen Hintergrund in seine Ausführungen integriert hat [2]. Demnach dürfen User-Daten nur verarbeitet werden, wenn • die konkreten Daten zur Erfüllung eines Vertrags oder einer vorvertraglichen Maßnahme benötigt werden • die Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Unternehmens oder eines Dritten erforderlich ist und die Interessen der betroffenen Person nicht überwiegen • der Betroffene in die Verarbeitung seiner Daten eingewilligt hat

8  Messenger Marketing     201

Eine Legitimation über Vertragszwecke und berechtige Interessen ist bei der Nutzung von externen Messengern wie WhatsApp oder Facebook Messenger grundsätzlich schwierig. Von daher ist die sauberste Methode die Einholung der aktiven Einwilligung des Betroffenen. Hier reicht die Einräumung einer bloßen Widerspruchsmöglichkeit (sogenanntes „Opt-Out“) nicht aus, sondern es muss aktiv auf die Speicherung und Verwendung der Daten eingegangen werden. Dabei kann man für tiefergehende Informationen auch auf die Datenschutzerklärung der Website hinweisen. Darin muss dann aber nach Art. 13 DSGVO dezidiert über die Verarbeitung personenbezogener Daten hingewiesen werden. Über ein aktives Ankreuzen kann der User dieser Verarbeitung und der weiteren Kommunikation über Messenger-Dienste zustimmen. Wer also jetzt mit Messenger Marketing aktiv starten möchte, sollte ein neues Smartphone dafür einsetzen, auf dem bisher keine Kontakte gespeichert sind, die nicht den Verwendungs- und Verarbeitungszwecken zugestimmt haben, da die Daten direkt in die USA zu WhatsApp gesendet werden. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, auf spezialisierte Dienstleister wie z. B. Messenger People zurückzugreifen. Für kleine Unternehmen bietet WhatsApp aber auch eine eigene Business App für Android-Smartphones an, bei der Firmen ein eigenes Profil erstellen können und auf Textbausteine in Form von Schnellantworten zurückgreifen können.

8.3 Werbung in Messenger-Diensten Wenn die Öffnungsraten von direkten Nachrichten in ­Messenger-Diensten angeblich so hoch sind, dann sollte man in diesen Umfeldern entsprechend Werbung schalten. Doch da ziert sich vor allem der Marktführer WhatsApp, der eigentlich schon 2019 Werbung in den WhatsApp-Stories einführen wollte. Jetzt ist dieser Start erneut verschoben, sodass der größte Messenger-Dienst weiterhin werbefrei bleibt. Ganz anders sieht es da bei der Nummer 2, dem Facebook Messenger aus. Hier lassen sich zum Beispiel Messenger Ads schalten, die im Chat Tab des Messengers auftauchen. Sie mogeln sich also unter die organischen Chats aller Absender und lassen sich mit einem Klick

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vergrößern (zusätzliche Informationen) bzw. mit einem ­Call-to-Action versehen. Dazu gibt es noch das Format „Sponsored Messages“, also Nachrichten, die im Posteingang des Nutzers als Direktnachricht erscheinen. Diese darf man als Unternehmen nur an User versenden, mit denen man im Vorfeld bereits über den Messenger im Kontakt gestanden hat. Wer einen Messenger-Dienst für seine Kunden anbietet, sollte jedoch nicht nur über Werbung im originären Umfeld des Mediums nachdenken, sondern den Service entsprechend crossmedial ankündigen – auf der Website, in Posts auf Sozialen Medien, im E-Mail-Verteiler oder auch in analogen Medien. Jede Kontaktaufnahme über einen Messenger Service, die sich mittels Genehmigung in einen langfristigen Austausch entwickelt, ist digitales Gold. Kap. 8: Key Takeaways 1. Messenger Marketing könnte die neue Revolution im ­Social-Media-Sektor werden 2. Dabei wird das persönliche Verkaufsgespräch aus der Offline-Welt in einen digitalen Chat übertragen 3. Persönlicher Dialog in WhatsApp statt Massenmailing via Newsletter – So werden künftig Reisen verkauft

Best Case: Cheapflights Chat Zwar nicht persönlich, doch höchst performant, startete die Buchungsplattform Cheapflights den ersten Facebook Messenger Bot, der Flug- und Hotelbuchungen für die Buchungsstrecke vorbereitet hat. Dabei geben User einfach ihre gewünschten Reisedaten und Budgetvorstellungen in den Messenger-Service ein und erhalten in Sekundenschnelle ein Angebot, dass sie dann annehmen oder wieder verwerfen können. Der Bot hilft auch mit Inspirationen, schlägt Reiseziele vor und gibt Tipps für Hotels und Unterkünfte. Insgesamt hat die Kampagne 20.000 Messenger Konversationen und 30.000 Flugsuchen generiert. Die Conversion Rate aus dem Traffic, der aus den Chats entstanden ist, lag bei 24 % und war damit 38-mal höher als Traffic, der durch einen normalen Facebook-Post generiert wird [3].

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9 Fazit und Ausblick

Zusammenfassung  Social Media ist eine organische Mediengattung, die sich in den kommenden Jahren weiter verändern wird. Auch wenn die großen Netzwerke etabliert erscheinen, schafft es doch immer wieder ein neuer „Player“ auf den Markt, der die Art und Weise, wie wir Menschen mit Inhalten interagieren auf den Kopf stellt. Welche Strömungen sich schon jetzt ableiten lassen, davon handelt Kap. 9. Kein anderes Medium hat die Art und Weise wie wir kommunizieren und Inhalte konsumieren so stark beeinflusst wie Social Media. Hinzu kommt, dass es Marken und Unternehmen erstmals möglich ist, direktes Feedback zu erhalten und mit dem Endkonsumenten in Kontakt zu treten. Social Media ist Marktforschung und Gradmesser für unterhaltsamen Content zugleich. Nirgendwo werden langweilige Inhalte, irrelevante Botschaften schneller abgestraft als auf Facebook & Co. Dagegen wird Mut, Entertainment und Mehrwert mit viraler Verbreitung belohnt. Zudem werden Kanäle wie Pinterest wegweisend sein, wenn es darum geht, User in die Buchungsstrecke oder den ­Online-Shop zu lotsen. Und wie wichtig der E-Commerce an sich geworden ist, hat uns nicht zuletzt die weltweite Corona-Krise gezeigt. Da gehen solche Unternehmen als Gewinner hervor, die es frühzeitig © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_9

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gelernt haben, ihr Geschäft auch online abzuwickeln. Dass das für den Tourismus nur bedingt ein Gral ist, scheint verständlich. Doch in diesem Buch stecken viele kleine Ideen, um auch ohne das Erlebnis „Urlaub vor Ort“, künftige Erlösquellen im Netz zu finden und dabei den Katalysator der Sozialen Medien zu nutzen. Der einzige Wehrmutstropfen ist, dass man vom Wohl, Wollen und der Geschäftstüchtigkeit weniger, großer, amerikanischer Konzerne abhängig ist. Das kann man schlecht finden oder als gegeben hinnehmen. Ignoriert man die Sozialen Medien und hofft, dass diese nur eine kurzzeitige Erscheinung bleiben, dann verpasst man eindeutig den Anschluss. Auch wenn Inhalte oft flüchtig erscheinen und eine Halbwertzeit von wenigen Stunden haben, stecken hinter den Erfolgsbeispielen jede Menge Kreativität und Arbeitseifer. Um in einem unendlichen Feed an Nachrichten, Updates und Statusmeldungen aufzufallen, braucht es eben mehr als ein selbstgeschossenes Handy-Foto. Für den Tourismus ist Social Media ein Geschenk, denn nirgendwo lassen sich Emotionen und Träume besser verkaufen als auf Netzwerken wie Instagram oder Pinterest. Nirgendwo lassen sich Nutzer auf der ganzen Welt schneller überzeugen, als durch gute Bewertungen auf Tripadvisor. Während einem die klassischen Medien in der Vergangenheit genug Zeit gelassen haben, um auf Veränderungen zu reagieren, hat man bei Sozialen Medien stets das Gefühl, etwas zu verpassen und längst wieder hinterher zu laufen. Auch wenn viele Formate etabliert erscheinen, gibt es immer wieder neue S­ torytelling-Ansätze, die ein Umdenken verlangen. Hin und wieder drängt sogar ein neues Netzwerk wie TikTok in den Markt und revolutioniert mal eben die Art und Weise, wie Jugendliche Videos konsumieren und gestalten. Oder es strömen Streaming-Plattformen wie Netflix und Amazon in unseren Alltag und beleben das Genre der TV-Serien aufs Neue. Nur ohne TV und jederzeit auf Abruf. Schon jetzt plant der ­Streaming-Video-Anbieter Quibi ein völlig neues Format, welches sich rein auf die mobile Nutzung von Medieninhalten fokussiert und Serien oder Shows im 5–10 min Format produziert. Genauso lange dauert ein Werbeblock im linearen TV, genauso lange dauert die U-Bahn-Fahrt zur Arbeit. Es geht also darum, dem User nicht noch mehr von seiner knappen Zeit zu stehlen, sondern ihm die wenigen freien Minuten mit hochwertigen Inhalten zu füllen. Das

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ist auch die Reise von Social Media, denn organische Reichweiten werden für schlechte Inhalte weiterhin sinken, während kreative Highlights und Liebe zum Medium auch zukünftig belohnt werden. Hotels und Destinationen werden in der Zukunft noch stärker in direktem Kontakt mit ihren Kunden stehen und statt zu E-Mail und Hörer zu greifen, lieber im Messenger-Chat Angebote machen und Buchungen abwickeln. Augmented Reality steht immer noch in den Startlöchern, wo sich die Virtual Reality fast schon wieder verabschiedet hat. Menschen wollen sich wohl doch nicht in einsamer Runde mit sich selbst verkabeln und durch eine geschlossene Brille in virtuelle Welten eintauchen. Dennoch arbeitet gerade Facebook immer noch an Anwendungen, die Inhalte perspektivisch künstlich erweitern sollen und werden. Da werden die „Face-Filter“ sicherlich keine Ausnahme bleiben, so dass sich Gäste perspektivisch bereits im F ­ acebook-Feed an den Urlaubsort „beamen“ können. Hier ein paar Trends, die Experten aus der ganzen Welt für die kommenden Jahre im Bereich Social Media erwarten: Stories bleiben Trumpf Kurz, knackig, authentisch und schnell vergänglich ist das Format, was zu unserer heutigen Zeit und jungen Generation am besten passt. Wiederholungen langweilen, alte Beiträge sind Schnee von gestern. Von daher wundert es kaum, dass der Kurznachrichtendienst Twitter mit einem eigenen Story-Format nachlegt, nachdem selbst Pinterest damit herumexperimentiert. Besser gut geklont, als den Trend verschlafen möchte man meinen, so dass Marken künftig noch mehr angehalten sind, in Storytelling-Formate zu investieren. Man muss der Generation Z immer das Gefühl geben, sie könnte etwas verpassen. Also lieber ein kurzer Moment der Aufmerksamkeit, als im Nirgendwo zu verschwinden. Video dominiert Bis zum Jahr 2022 werden sein [1]. Das wären noch Aussage über die Qualität Werbefilm-Charakter sind

angeblich 82 % aller Online-Inhalte Videos knapp 2 Jahre, wobei dies natürlich keine der Aufnahmen ist. Denn Hochglanz und zwar nicht unbedingt „out“, jedoch sind

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Handy-Aufnahmen deutlich auf dem Vormarsch, da sie schnell, einfach und in erstaunlicher Qualität dem Zeitgeist entsprechen. Man sollte sich also Gedanken über einfache Schnittprogramme, Moderatoren und kreative „Mini-Drehbücher“ machen, um den Redaktionsplan zukunftsreif zu gestalten. Influencer Marketing wird Nano Die Bedeutung von Influencer Marketing habe ich bereits ausführlich in diesem Buch beschrieben. Doch die Entwicklung zeigt klar in Richtung Nische. Kleine bis mittelgroße Blogger, Instagrammer, YouTuber oder auch TikToker, die spezielle Zielgruppen bedienen, werden den Marketingplan in den nächsten Jahren mit ihren kreativen Content-Formaten anreichern. Dabei spielt die Reichweite die eine Rolle, die Qualität und Nutzbarkeit der Inhalte die andere. Jedenfalls sollte man sich gezielt auf die Suche nach den Influencern machen, die die anvisierten Marktsegmente erreichen und mit ihnen langfristige Partnerschaften anstreben. Auch wenn im Tourismus das Litfaßsäulen-Prinzip herrscht, sollte man bestrebt sein, mit dem ­ Kooperationspartner mehrere kleine Episoden über einen längeren Zeitraum zu produzieren. Reisen gegen den Trend Städteklassiker wie Rom, Paris oder Barcelona kennt doch jeder. Der Südwesten der USA ist totfotografiert und bietet nichts Überraschendes mehr. Gerade junge Generationen wollen ihre Social-Media-Kanäle mit neuen, ungesehenen Destinationen und Ideen füttern. Deshalb stehen Second Cities perspektivisch hoch im Kurs. Nicht zwangsläufig bedeutet das aber das Aus für etablierte Reiseziele. Man muss sie nur neu denken und interpretieren. Nischen finden und auch zeigen. Neugierig machen und authentische Erlebnisse anbieten. Das kann ein Paella-Kochen mit einer spanischen Köchin sein oder ein Pferdeseminar beim Pferdeflüsterer im Wilden Westen. Das können aber auch neue Angebote sein, die sich an Trends wie Skip-Gen-Travel anlehnen, wo Kinder mit ihren Großeltern verreisen oder Ancestry-Travel, wo Menschen nach ihren Vorfahren suchen. Auch der Bereich Solo-Travel steht weiterhin hoch im Kurs, denn Freundschaften werden heute eher

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virtuell gepflegt, während wir im echten Leben tendenziell vereinsamen. Ein weiterer Aspekt gegen den Strom zu schwimmen, ist das Thema Leistungsreisen, wo Gäste nach neuen Herausforderungen suchen und ihren ersten Marathon bestreiten oder einmal den Kilimandscharo besteigen wollen. User Generated Content wird zur relevanten Contentsäule Die Inhalte der Fans, Follower und Gäste sind das höchste Gut einer jeden Destination oder eines jeden Hotelbetriebs. Das ist nicht nur kostenlose Werbung, sondern ein Bekenntnis zur Marke, zum Angebot und zur Dienstleistung. Künftig werden die Inhalte der Anderen noch stärker gefördert und forciert. Marken werden gezielt dazu aufrufen, dass User mit dem Angebot interagieren und ihre Beiträge unter einem Hashtag oder Kommentar verewigen. Immer mit dem Ziel verbunden, diese Posts für die eigenen Kanäle nutzbar zu machen, denn nichts wirkt authentischer, als die Begeisterung von echten Gästen. Von daher kommt dem aktiven Community-Management eine entscheidende Rolle zu, schließlich gilt es durch Kommentare und Re-Postings ein Klima für User Generated Content oder kurz UGC, zu schaffen. Der Weg wird zum Ziel Möglichst schnell am Urlaubsort ankommen und direkt in die Sonne legen, ist mächtig out. Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Vielmehr wird die Inszenierung des Ankommens immer bedeutender für das Storytelling in Sozialen Netzwerken. Schon auf dem Weg zur Urlaubsdestination sollte es etwas zu sehen und erleben geben. Auch spielt das Vehikel eine große Rolle. Flieger und Auto können gerne mal ersetzt werden durch E-Bike und Segelyacht. Schon jetzt gibt es Hotels, die erklettert (Peru) oder ertaucht (Fidschi-Inseln) werden wollen. Die Inszenierung der Anreise macht hier den Unterschied, um im Allerlei der Destinationen und Unterkünfte aufzufallen. Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes Handeln fließen in den Redaktionsplan ein Auch wenn die COVID 19 Pandemie die Klimadiskussion ein wenig in den Hintergrund gedrängt hat, wird sie doch bald wieder die Headlines

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unserer Medien füllen. Zudem sind die Zeiten reiner Profitorientierung für unsere jungen Generationen vorbei und nicht erstrebenswert. Arbeiten bis in die Nacht ist kein Ziel mehr – Erholung, Erlebnisse und Selbstfindung sind es schon. Wer diese Trends in den monatlichen Redaktionsplan einfließen lässt, wird Zugang zu neuen, interessanten Zielgruppen erlangen. Facebook klont die Konkurrenz Dass Facebook mehr ist als ein soziales Netzwerk, dürfte dem Leser spätestens mit dieser Lektüre klargeworden sein. Nachdem die Stories von Snapchat adaptiert wurden, machte man sich in Menlo Park bereits an eine erfolglose Kopie von TikTok mit Namen Lasso. Allerdings dümpelt die Anwendung ohne den rechten Schwung bisher in den amerikanischen App-Stores dahin, sodass in China erst einmal Entwarnung geflaggt werden dürfte. Doch das Projekt Hobbi ist bereits mit dem Ziel gelauncht, eine entsprechende Antwort für die Fans von Pinterest bereit zu halten. Wir werden sehen, wie durchschlagend dieser Versuch sein wird, hatte Facebook meist mehr Erfolg, wenn es gelang, neue Anwendungen direkt in die eigenen Netzwerke Facebook und Instagram zu integrieren. Wie vielleicht die neue Instagram-Funktion Guides, mit der man inspirierende Inhalte an einem Ort sammeln kann, um einen kleinen Führer aus Fotos, Videos und Kommentaren zu gestalten. Aktuell wird dieses neue Feature mit Content-Produzenten aus dem Wellness- und Fitness-Bereich getestet. Oder aber I­nstagram-Reels, ein neues Kurz-Video-Format, welches aktuell unter anderem in Deutschland getestet wird. Hier können User ihre Mini-Clips aufnehmen, mit AR-Filtern anreichern, das AbspielTempo verändern und mit einem flotten Beat unterlegen. Das kommt dem einen oder anderen bekannt vor? Ja, genau. TikTok lässt grüßen und Facebook scheint der ungenierte Plagiatismus nicht mal mehr peinlich. Social Shopping gelingt der Durchbruch Modelabels klonen ihre Onlineshops in Pinterest, und Instagram legt in den USA erfolgreich mit Social Selling los. Was bisher eher bei jungen Zielgruppen im kleinen Maße erfolgreich war, steht nun vor

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einem Durchbruch. Corona sei Dank, möchte man meinen, denn der stationäre Handel dürfte spätestens in Zeiten von „Social Distancing“ und Maskenpflicht weiter an Attraktivität einbüßen. Und während User früher zwischen Entertainment und Commerce in Sozialen Netzwerken unterschieden haben, wachsen jetzt „sehen“, „empfehlen“ und „kaufen“ zusammen. Kein Wunder also, dass Facebook unlängst den Start von Facebook Shops verkündete, womit man endgültig zur E-Commerce-Plattform aufsteigen möchte. Ab sofort können Unternehmen kostenlos ihre digitalen Shops direkt auf Facebook bzw. Instagram einrichten und Produkte verkaufen. Hat der User seine Kreditkarte bei Facebook hinterlegt, kann sogar direkt gekauft werden. Mit neuen Augmented-Reality-Anwendungen kann man bestimmte Produkte wie z. B. Sonnenbrillen, Make-up oder Möbelstücke direkt testen. Eine direkte Einbindung von populären Bonusprogrammen ist bereits angedacht, genauso wie die Kommunikation zwischen User und Marke via Messenger-Services. Mit diesem Vorstoß schließt Facebook auch noch die letzte Datenlücke zum Einkaufsverhalten der User, die ansonsten für den Commerce die Plattform wechseln mussten. Auch wenn die Einrichtung der Shops angeblich nichts kosten soll, dürften Anzeigenplätze, die zu direkten Online-Sales führen, begehrter denn je werden. Das bedeutet mehr Geld für Facebook, aber auch viele neue Möglichkeiten für Hotels und Destinationen, ihre Produktpalette zu erweitern und den Verkauf direkt in den Sozialen Medien abzuschließen. Überhaupt wird die Verbindung zwischen haptischen Produkten, mobilen Endgeräten und Sozialen Netzwerken noch stärker zusammenwachsen. Bereits jetzt zu sehen beim Schweizer OutdoorAusrüster Mammut, der viele seiner Produkte mit einem Connect-Code versieht, der mittels Smartphone-Kamera eingescannt wird und in die hauseigene Mammut-App fließt. Als Belohnung gibt es Erklär-Videos und Tipps zum gekauften Produkt, aber natürlich noch ergänzende Materialempfehlungen. Doch damit nicht genug, schließlich kann man jetzt noch eigene Touren anlegen, auf hochwertigen Content der ­Mammut-Botschafter zugreifen und mit der Community in Austausch gehen. Alle Tipps und eigenen Erlebnisse lassen sich anschließend problemlos in Soziale Netzwerke wie Facebook, LinkedIn oder Pinterest teilen.

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Social Bots am Scheideweg Bots sind ein Thema, welches uns die letzten Jahre stark beschäftigt hat. Die anfängliche Euphorie ist schnell einer Ablehnung aufseiten der User gewichen. Denn die angebliche künstliche Intelligenz war in den meisten Chatbot-Fällen, nur so gut, wie die menschliche Eingabe dahinter. Von daher war der User schnell frustriert, wenn Fragen und Anliegen nicht auf den Punkt beantwortet wurden. Doch Bots können in den Sozialen Medien so etwas wie die erste Weiche darstellen, die die Fragen der User in die richtigen Kanäle steuert und Zeit verschafft, bzw. standardisierte Informationen zur Verfügung stellt. Sprachassistenten übernehmen die Reiseplanung Neben Bots sind Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder Cortana in aller Munde. Auch hier scheint die erste Euphorie-Welle bereits verzogen. Doch im Tourismus helfen die intelligenten Technik-Flüsterer nicht nur bei der Übersetzung von Fremdsprachen, sondern auch bei der Urlaubsplanung selbst. Zudem lassen sich Skills entwickeln, die das Urlaubserlebnis in Ferienregionen durch Services wie Freizeittipps, Wettervorhersagen oder Buchungen und Reservierungen in Hotels und Restaurants ergänzen und erleichtern. Hotelketten wie Wynn oder Marriott experimentieren jedenfalls schon fleißig mit der neuen Hardware und lassen in ausgewählten Hotelzimmern mittels Alexa das Licht dimmen oder den Weckruf justieren. Vielleicht sind Sprachassistenten ja auch die neue Vision vom Social Distancing, denn die Ansteckungsgefahr bei Alexa und Siri liegt bei nahezu Null. Personalisierte Social Ads Wer seine Zielgruppen zum Abschluss bewegen will, der braucht nicht nur einen kreativen Grundteppich an redaktionellen Inhalten. Intelligente Anzeigen greifen heute das bereits erlernte Nutzerverhalten auf und spielen Inhalte aus, die maßgeschneidert sind und auf die individuelle Situation des Users eingehen. Dynamische Ads und Retargeting werden dabei zum Standard und bauen sukzessive die Skepsis gegenüber „Spionage- und Abhör-Advertising“ ab. Man wird sich daran gewöhnen und sich vielleicht sogar daran erfreuen, dass

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Anzeigen relevanter werden und nicht wie eine geballte Ladung Schrot angeschossen kommen. Für viele Touristiker erscheint die Welt der Sozialen Medien oft komplex, unübersichtlich und wenig abschlussrelevant. Doch Social Media wird perspektivisch die einzige echte Alternative zur Abhängigkeit von Buchungsmaschinen sein. Zudem spiegelt es die Tugenden der Serviceorientierung, Menschenliebe und 24/7-Einsatzbereitschaft wider, für die die Reiseindustrie gerühmt wird. Wenn man mit dem gleichen Ehrgeiz und Eifer die Klaviatur des Social-Media-Marketings bedient, wie man die Gäste im eigenen Haus empfängt, dann sollte einem erfolgreichen Output nichts im Wege stehen. Es gehört immer eine Portion Mut und Pioniergeist dazu, etwas zu verändern und neue Dinge auszuprobieren. Doch man kann dabei weniger verlieren als man denkt, denn Fehler werden schnell vergessen und Budgets lassen sich durch Tests wunderbar im Rahmen halten. Nur das Nichtstun könnte eine fatale Entscheidung sein. Deshalb lautet mein Appell an alle Entscheider im Tourismusmarketing, sich von den Ausführungen und Fallbeispielen dieses Fachbuches inspirieren zu lassen und mit eigener Kreativität zu würzen.

Literatur 1. Perry, E. (2019) 2020 Video Marketing and Statistics: What brands need to know (30.10.2019). Social Media Week. https://socialmediaweek.org/ blog/2019/10/2020-video-marketing-and-statistics-what-brands-need-toknow/ Zugegriffen 17. Mai 2020

10 Auswirkungen der Corona-Krise

Zusammenfassung   Die Auswirkungen der COVID19-Pandemie haben den Tourismus nachhaltig im Griff und werden das Reise- und Buchungsverhalten ganzer Generationen prägen. Für die Bedeutung der Sozialen Netzwerke haben sie sogar einen verstärkenden Hebel, denn nur mit Gästebindung und Storytelling lassen sich in Krisenzeiten Brücken bauen. Jene Brücken, die die wirtschaftlichen Adern der Zukunft sein werden. Kap. 10 widmet sich den potenziellen Veränderungen in unserer Gesellschaft. Eigentlich war dieses Fachbuch in seiner ersten Fassung im Februar 2020 mit dem Kap. 9 abgeschlossen. Doch was danach passierte, war und ist eine Pandemie epochalen Ausmaßes, die insbesondere den Tourismus in seinen Wurzeln schwer getroffen hat. Covid19 hat unser aller Leben beeinflusst, beeinträchtigt und so manche Existenz zerstört. Dabei sind die mittelfristigen und langfristigen Folgen nicht mal im Ansatz absehbar. Es wird noch viel passieren bis ein Impfstoff gefunden und distribuiert werden kann. Selbst dann ist nicht abzuschätzen, welche Entwicklungen uns nachhaltig prägen werden. Wie werden junge Generationen wie die reise- und konsumfreudigen Millennials und die Generation-Z-Geborenen mit ihrer ersten © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Gebel, Social Media im Tourismusmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31078-3_10

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wirtschaftlichen Krise umgehen? Einige Wissenschaftler mahnen schon vor einschneidenden psychischen Folgeschäden, die sich in Vorsichtsdenken und Kaufzurückhaltung zeigen werden. Während man früher unbedarft in jede noch so spekulative Gehaltsverhandlung beim Arbeitgeber gegangen ist, wird man den Wert eines festen Jobs wieder mehr zu schätzen wissen und die eine oder andere Investition verschieben. Vielleicht trifft das auch den Tourismus, denn Urlaub ist im weitesten Sinne substituierbar, auch wenn es Spaß macht und den Horizont erweitert. Neben Existenzängsten werden neue Hygieneregeln unseren Alltag begleiten und vielleicht auch verändern. Ist der Zenith von Großveranstaltungen überschritten? Hätte man statt einer großen Sauna lieber fünf Privatsaunen bauen sollen? Ist ein Buffet überhaupt noch zeitgemäß? Werden wir uns als Zeichen der Wertschätzung noch per Handschlag begrüßen? Hier einige Veränderungen, die auf uns zukommen werden: Weniger Kapazitäten Hotels und Restaurants sind angehalten, ihre Kapazitäten zu reduzieren, damit Gäste und Personal den Mindestabstand einhalten können. Das bedeutet nicht nur ordentliche Einbußen bei den Einnahmen, sondern in manchem Betrieb führt das auch zu Gespensterstimmung in der Hauptsaison. Hier muss sicherlich über Zimmerservice oder die Verlängerung der Restaurant-Öffnungszeiten nachgedacht werden. Große Buffets sind damit auch vom Tisch, bzw. das Gänge-Menü landet auf dem selbigen. Das bedeutet mehr geschultes Personal, was gut für den Arbeitsmarkt, aber schlecht für das Konto des Hotelbetriebs ist. Hygiene ist Trumpf Es gilt nicht nur die gesetzlichen Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten, sondern bei diesem Kernthema einer Pandemie voranzuschreiten. Wer sein Personal entsprechend schult und den Gästen ein gutes Gefühl geben kann, der wird als Sieger aus der Krise hervorgehen. Denn das „Gefühl einer möglichen Ansteckung durch andere Gäste“ wird auch mit einem Impfstoff nicht verschwinden. Zudem hat aktuell wohl jedes Hotel und jede Region Angst ein neuer Corona-Hotspot zu werden.

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Aktivitäten in kleinen Gruppen Alles wird kleiner und individueller, was so manchen Gast freuen dürfte. Denn große Gruppenwanderungen oder Kreuzfahrten auf Mega-Schiffen werden auf sich warten lassen müssen. Dafür wird das Angebot auf kleinere zeitliche und personelle Einheiten verteilt. Lieber ein kurzes, intensives und privates Erlebnis, als Angst und Sorge vor einer Infektion. Binnentourismus wird steigen Wohl dem, der auf seine Landsleute zählen kann. Destinationen in Deutschland dürfen sich wahrscheinlich über eine ordentliche Buchungslage freuen. Denn solange Grenzen geschlossen bleiben, bzw. Reisewarnungen ausgesprochen werden, wird keiner das Risiko von einer Buchungsstornierung eingehen. Länder wie die Schweiz, die stark auf Gäste aus Übersee und Asien angewiesen sind, werden da schon eher Probleme bekommen, denn der internationale Tourismus wird vorerst eine Auszeit nehmen. Man wird sich im westlichen Europa die Gäste hin und herschieben und zwangsläufig auf die Big Spender aus Übersee verzichten müssen. So haben einige Hotels die Sommersaison 2020 schnell abgeschrieben und wagen erst im Winter den Sprung aus ihrer Höhle. Wer mag es ihnen verdenken, ist es doch aktuell ein schmaler Grat zwischen Kosten und Umsätzen. Landschaft schlägt Städte Der City-Tourismus steht vor einer Herkulesaufgabe, denn enge, überfüllte Fußgängerzonen sind so etwas wie der Brandbeschleuniger von Pandemien. Doch auch menschenleere Geschäfte und Restaurants sowie Warteschlangen vor Attraktionen machen wenig Lust auf einen Kulturund Erlebnistrip in einer Metropole. Hier gilt es Konzepte zu finden und zu kommunizieren, die Erholung, Abstand und trotzdem Unterhaltung versprechen. Landschaftsregionen, Strände und Berge werden dagegen mindestens im Jahr 2020 deutlich vorne liegen. Aus Home- wird Holiday-Office In Zeiten der Corona-Krise erlebt das „Arbeiten von Zuhause“ seinen großen Durchbruch. Jetzt zeigt sich, wie digital unsere Gesellschaft und

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unsere Unternehmen wirklich organisiert und strukturiert sind. Bei einigen Vorzeige-Firmen, wie dem US-Kurznachrichtendienst Twitter, läuft es gar so gut, dass „Homeoffice forever“ als Lösung propagiert wird. Wenn mehr Menschen zuhause arbeiten, können sie das im Prinzip auch vom Hotel aus machen. Die entsprechende Infrastruktur vorausgesetzt. Während die Kinder und der Partner vielleicht schon die Ferien genießen, beantwortet die bessere Hälfte noch ein paar E-Mails oder arbeitet entspannt an einer Präsentation. Und statt Kantinenessen gibt es ein Fitnesslunch aus dem Hotelrestaurant. Schmeckt besser als im Office und fühlt sich entspannter an als zu Hause. Einiges wird davon verschwinden, anderes kommt zurück. Doch der Tourismus kann sich nicht darauf verlassen, dass es wieder wird wie früher, sondern er muss agieren. Jetzt. Und er muss lernen, mit weniger Einnahmen auszukommen. Doch jede Krise hat auch etwas Gutes, denn Not bringt die Menschen auf neue, innovative Ideen. Not schafft Mut zur Veränderung und vielleicht zählt dazu ja auch das Vertrauen ins Social-Media-Marketing. Denn eines hat die Krise auch gezeigt: Facebook & Co haben in puncto Reichweite nicht gelitten. Ganz im Gegenteil: Facebook legte im 1. Quartal 2020 sowohl bei Nutzerzahlen als auch bei Werbeerlösen zu und begeisterte die Aktionäre. Nirgendwo werden Solidaritäts- und Durchhalteaktionen schneller organisiert als in den Sozialen Medien. Und wenn die Menschen schon in häuslicher Quarantäne weilen und sich langweilen, dann freuen sie sich umso mehr über Nachrichten von ihren Sehnsuchtsdestinationen. Schön zu sehen, wie einige Hoteliers die Chance genutzt haben, um Zuversicht und Hoffnung zu verbreiten. Aber auch ihre Sorgen und Ängste zu teilen, denn nichts schweißt am Ende Gäste und Gastgeber mehr zusammen, als eine gemeinsam durchlebte Krise. Es gilt nun die große Tourismusmaschinerie wieder anzuwerfen, um die Gäste von einer Abwechslung aus der Krise zu überzeugen. Die Bereitschaft zum Verreisen ist ungebrochen, doch Ängste und finanzielle wie gesundheitliche Sorgen haben den Menschen die Leichtigkeit genommen. Das ist die

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große Herausforderung für den Tourismus: die richtigen Vorkehrungen zu treffen und die richtigen Botschaften auszusenden. Über die Sozialen Netzwerke, über Influencer und Blogger und über die eigenen Mitarbeiter und Gäste. Diese Krise lässt sich nur im Team gewinnen, also gehen wir sie an.