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German Pages 268 [272] Year 1996
Siegfried Kracauer - Erwin Panofsky Briefwechsel
Schriften des Warburg-Archivs im Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg Band 4
Siegfried Kracauer - Erwin Panofsky Briefwechsel
1941-1966 Mit einem Anhang: Siegfried Kracauer »under the spell of the living Warburg tradition« Herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Volker Breidecker
Akademie Verlag
Titelfoto: Abbildung aus »Everyday« (1929) von H a n s Richter, Deutsches Filmmuseum, Frankfurt a. M . , © H a n s Richter Nachlaß, Icking-Irschenhausen.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kracauer, Siegfried: Siegfried Kracauer - Erwin Panofsky, Briefwechsel 1 9 4 1 - 1 9 6 6 : mit einem Anhang: Siegfried Kracauer »under the spell of the living Warburg tradition« / hrsg., kommentiert u n d mit einem Nachw. vers, von Volker Breidecker. — Berlin : Akad. Verl., 1996 (Schriften des Warburg-Archivs im Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität H a m b u r g ; Bd. 4) ISBN 3 - 0 5 - 0 0 2 7 6 5 - 7 N E : Panofsky, Erwin:; Breidecker, Volker [Hrsg.]; Kracauer, Siegfried: [Sammlung]; Panofsky, Erwin: [Sammlung]; Warburg-Archiv : Schriften des Warburg-Archivs . . .
© Akademie Verlag G m b H , Berlin 1996 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der VCH-Verlagsgruppe. Für die Briefe u n d Nachlaßzitate Siegfried Kracauers: © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1996 Alle Rechte vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Das eingesetzte Papier entspricht der amerikanischen N o r m ANSI Z . 3 9 . 4 8 - 1984 bzw. der europäischen N o r m I S O T C 46. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form — durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren — reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Satz: Hans Herschelmann Repros u n d Belichtung: deutsch-türkischer fotosatz, Berlin Druck: G A M Media G m b H , Berlin Bindung: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe G m b H , Berlin Printed in the Federal Republic of G e r m a n y
Inhalt
Vorwort Siegfried Kracauer - Erwin Panofsky Briefwechsel Anhang I: Siegfried Kracauer: Tentative Outline of a Book on Film Aesthetics
VII
1
81
Anhang II: Siegfried Kracauer »under the spell of the living Warburg tradition«
93
Volker Breidecker: »Ferne Nähe«. Kracauer, Panofsky und »the Warburg tradition«
129
Abkürzungsverzeichnis
227
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
229
Briefeverzeichnis
241
Register
244
Vorwort
Die Edition des Briefwechsels Kracauer und Panofsky, ergänzt um einen Anhang Siegfried Kracauer »under the spell ofthe living Warburg tradition«, will einen materialen Beitrag zur Erschließung einiger vernachlässigter Zwischenräume von Exil- und Wissenschaftsgeschichte leisten. Pars pro toto ist dies auch gleichbedeutend mit einer historischen Vermessung von Anspruch, Ausstrahlung und Reichweite der mit dem Namen von Panofskys Hamburger Mentor Aby Warburg verbundenen »Kulturwissenschaft«, die dazu angetreten war, die künstlichen Grenzzäune zwischen den wissenschaftlichen Gebieten und Disziplinen vor allem dort zu überwinden, wo die zu erforschenden Phänomene selbst danach verlangten. Mit nur einer Ausnahme stammen die hier mitgeteilten Dokumente aus dem Nachlaß von Siegfried Kracauer im Schiller Nationalmuseum/Deutsches Literaturarchiv in Marbach am Neckar (nachfolgend abgekürzt: KN DLA). Kracauers Nachlaß bietet das Bild eines bereits vom Urheber angelegten, präzise geordneten und für die Zeit der amerikanischen Exiljahre beinahe lückenlosen Archivs seiner vielfältigen publizistischen, schriftstellerischen und wissenschaftlichen Aktivitäten. Was Kracauer, aufgrund einer über weite Lebensabschnitte fehlenden institutionellen Bindung, an akademischer »Rückendeckung« entbehrte, ersetzte er durch eine weitreichende und intensive Korrespondenz mit anderen Gelehrten der unterschiedlichsten Wissensgebiete. Somit spiegelt der Nachlaß insbesondere die dialogischen Voraussetzungen von Kracauers Schaffen, welche im veröffentlichten Œuvre wiederum ihr Echo finden. Auch hatte Kracauer noch wenige Jahre vor seinem Tod dem deutschen Verleger seiner Schriften die Veröffentlichung von »ein[em] Band Korrespondenz« vorgeschlagen (vgl. Nachwort, S. 183). Auf Seiten des nicht minder unermüdlichen Briefeschreibers Panofsky wird die von Dieter Wuttke vorbereitete mehrbändige Auswahledition von Korrespondenzen demnächst genauere Einblicke in eine vielleicht vergleichbare dialogische Werkanlage erlauben. Auch als Briefeschreiber sind Kracauer und Panofsky dennoch unverwechselbare Persönlichkeiten. Das Briefeschreiben war für Kracauer Bestandteil eines Alltags, der wenig Raum für eine Aufteilung in Arbeits- und Mußestunden zuließ, was für den über eine gesicherte institutionelle Position verfügenden Panofsky nicht im gleichen Maße galt. Panofsky eignete im übrigen eine elementare Bescheidenheit, die keine Attitüde, sondern die Substanz praktizierter humanitas war, was der Leser seiner manchmal telegrammhaft verschlüsselten Briefe im Auge haben sollte. In Panofskys schriftlichem Nachlaß in den Washingtoner Archives of American Art sind nur wenige Briefe Kracauers als Originale erhalten. Auch die von Kracauer seit der Nachkriegszeit regelmäßig zu Weihnachten und Neujahr an Panofsky gesandten handschriftlichen »Jahresberichte« sind bedauerlicherweise nicht überliefert. Von den letztgenannten Ausnahmen abgesehen, hat der routinierte Maschinenschreiber und penible »Sammler« Kracauer bereits beim Verfassen seiner Briefe ihre künftige Dokumentationsfähigkeit bis ins Detail mitbedacht — nicht aus Mangel an Bescheidenheit, sondern aus demselben prinzipiellen Takt gegenüber dem von der durchschlagenden
Vili
Vorwort
Wirkung der Schrift belebten Material, der auch in seinen ästhetischen, soziologischen und geschichtstheoretischen Schriften Methode und Programm geworden ist. Dem Editoren wurde die Aufgabe dadurch verhältnismäßig leicht gemacht. Nach Maßgabe einer optimalen Überlieferung und von den wenigen, aus den Antwortbriefen erkennbaren Ausnahmen abgesehen, kommt der Briefwechsel Kracauer und Panofsky hier vollständig und ungekürzt zum Abdruck. Die Druckvorlagen der Briefe Panofskys bilden die Originale (mit der Ausnahme eines als Abschrift vom Original überlieferten, Kracauer betreffenden Briefs an einen Dritten); diejenigen der Briefe Kracauers sind die vom Briefeschreiber selbst gefertigten und sorgfältig aufbewahrten Typoskript-Durchschläge. Soweit überliefert und bislang unveröffentlicht, finden auch sämtliche Briefbeilagen vollständigen Abdruck, desgleichen (als Anhang I) ein durch Panofsky auf Wunsch Dritter begutachtetes und zum Gegenstand brieflichen Meinungsaustauschs gewordenes Exposé Kracauers zum Projekt seiner »Theory o f Film«. Da die Briefe Dokumente auch der sprachlichen Ubergänge und Wandlungsfähigkeit beider Korrespondenten sind und ihre Diktion im Deutschen wie im Englischen unschwer das dem Mitteleuropäischen verwandte New Yorker Idiom zu erkennen gibt, fiel der Entschluß leicht, auf eine Ubersetzung englischsprachiger Briefe zu verzichten. Mit gleicher Entschiedenheit bleiben Interpunktion und orthographische Eigenheiten der Briefeschreiber erhalten. Die häufigen Anglizismen deutschsprachiger (z.B. »Films«) und Germanismen englischsprachiger Briefe (z.B. »last Juli«) sind deshalb in aller Regel und auch in Zweifelsfällen keine Setzfehler. Stillschweigend korrigiert hingegen, auch nur in äußerst seltenen Fällen, wurden ganz offenkundige Flüchtigkeitsfehler. Auch die Briefköpfe und Grußzeilen wurden im Rahmen des typographisch Möglichen getreu wiedergegeben. Aus der Benutzung wenigstens zweier unterschiedlicher Schreibmaschinen erklären sich bei Kracauer wie bei Panofsky - bei letzterem auch durch den Wechsel von Maschinen- und Handschrift sowie durch gelegentliches Briefdiktat bedingt - die typographischen Unregelmäßigkeiten, etwa bei Um- und Zischlauten sowie in der Interpunktion. Fehlende Briefdaten wurden anhand formaler, inhaltlicher oder anderer Hinweise bestimmt und - wie die übrigen, seltenen Eingriffe des Herausgebers, z. B. in Fällen unsicherer Lesbarkeit (durch [?] markiert) - in eckige Klammern gesetzt. Die Anmerkungen
dienen der notwendigen, dabei in einem ökonomischen Rahmen gehaltenen
Erläuterung von Personen, Orten, Ereignissen sowie des bibliographischen und literarischen Umfelds der Briefe. Um die Textgestalt der Briefe störende Bruchziffern auszuschließen, wiederholen die erläuternden Anmerkungen die zugehörigen Stichworte in Kursivschrifi.
Ihnen steht jeweils eine formale
Kurzbeschreibung eines jeden Briefs (Handschrift oder Maschinenschrift, Umfang, Druckvorlage, Textgestalt, Datierung und weitere Besonderheiten) voran. Briefterminologische Abkürzungen und Siglen lassen sich über das Abkürzungsverzeichnis,
andere, nach der Erstnennung abgekürzt zitierte
Quellen über das Register, Werkanthologien, posthume Editionen sowie durchgängig abgekürzt zitierte Sekundärliteratur über das Literaturverzeichnis
aufschlüsseln. Wiederholungen bleiben in der Regel
unkommentiert, und Namen werden gewöhnlich nur bei ihrer Erstnennung biographisch erläutert. Unkommentiert bleiben solche Stellen, deren literarische, historische oder zeitgeschichtliche Bedeutung vorausgesetzt werden kann (bei »Tommys 'Zauberberg'« z. B. bedarf nur das umgängliche »Tommy« einer Erklärung). Da eine detaillierte Erläuterung der Briefbeilagen den Charakter einer Briefwechsel-Edition sprengen würde, bleiben jene zwar an Ort und Stelle unkommentiert, als Schnittstellen von Briefen und Werken finden sie jedoch im Nachwort des Herausgebers Berücksichtigung. Der gleichfalls chronologisch aufgebaute Anhang II - Briefe Kracauers mit Richard Krautheimer, Ernst Kris, Gertrud Bing, Ernst H. Gombrich, Edgar Wind, Paul Oskar Kristeller sowie an Kracauer weitergereichte Briefe oder Briefkopien Bings, Gombrichs und der Bollingen Foundation - folgt prinzipiell denselben editorischen Regeln und Voraussetzungen wie der Abdruck des Briefkorpus
Vorwort
IX
Kracauer und Panofsky. Davon abweichende Besonderheiten sind den beigegebenen Formalbeschreibungen zu entnehmen. Das Nachwort des Herausgebers dient der Verschränkung der Briefe des Hauptteils samt Beilagen mit den in den beiden Anhängen mitgeteilten außerbrieflichen wie brieflichen Dokumenten und versucht, die geführten Dialoge in einem kontextualisierenden Sinn beim Wort zu nehmen. Dazu werden sowohl die veröffentlichten Œuvres von Kracauer, Panofsky und anderen als auch weitere unveröffentlichte Nachlaßdokumente Kracauers sowie andere Korrespondenzen herangezogen. Darüber hinaus werden nähere Einzelheiten zu den Hintergründen und zur institutionellen wie überinstitutionellen Vor- und Begleitgeschichte der Briefe gegeben. Abdruck- und Zitiergenehmigungen erteilten bereitwillig die nachfolgend genannten Personen und Institutionen: Gerda S. Panofsky (Princeton), Suhrkamp Verlag (Frankfurt), Deutsches Literaturarchiv (Marbach), Oxford University Press (New York), Hans Robert Jauß (Konstanz), Georg Imdahl (Bochum), Anna K. Wolfif (Cambridge, Mass.), Anton O. Kris (Brookline, Mass.), The Warburg Institute (London), Sir Ernst H. Gombrich (London), Anne Marie Meyer (London), Margaret Wind (Oxford), Paul Oskar Kristeller (New York), Marion von Hofacker (Icking-Irschenhausen), WarburgArchiv (Hamburg), Princeton University Press (Princeton) und Rudolf Arnheim (Ann Arbor). Den Genannten verdankt der Herausgeber darüber hinaus unzählige, freundlich wie geduldig gegebenen Auskünfte, Hinweise, Anregungen, Zuspruch und Kritik - doch nicht nur ihnen. In dieser Weise waren gleichfalls hilfreich und freigebig: Ingrid Belke (Marbach), Gottfried Boehm (Basel), Ernst Reinhard Brandes (Berlin), Rebecca D. Bushby (Princeton), Michael Diers (Jena), Helmut Färber (München/Paris), Philipp Fehl (Vatikanstadt), Winfried Feifei (Marbach), Gerd Giesler (Berlin), William McGuire (Princeton), Klaus Herding (Frankfurt a. M.), Peter Heyl (Berlin), Monika Hielscher (Hamburg), Claudia Krebs (Paris), Walter H. Lippincott (Princeton), Nicholas Mann (London), Susan Marcotte (Washington),Thomas Meder (Frankfurt a. M.), Jochen Meyer (Marbach) Sheldon Meyer (New York), Karen Michels (Hamburg), George L. Mosse (Madison/ Jerusalem), Marion G. Müller (Hamburg), Carola Muysers (Dresden), Anita C. Pollard (London), Friedrich Pfäfflin (Marbach), Henning Ritter (Frankfurt a. M.), Helene Ritzerfeld (Frankfurt a. M.), Heinz Schlaffer (Stuttgart), Walter Schobert (Frankfurt a. M.), Friederike von Schwerin-High (Amherst, Mass.), Maria Stadelmayer, geb. Wolff, und Peter Stadelmayer (Hamburg), Thomas Steinfeld (Frankfurt a. M.), Judy Thromm (Washington), Andreas Volk (Zürich), Monika Wagner (Hamburg), Matthias Winner (Rom) und Karsten Witte t (Berlin). Mein Dank gilt ferner dem Graduiertenkolleg Politische Ikonographie am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg, in dessen Rahmen die Vorarbeiten zu dieser Edition aufgenommen wurden, sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) fur die Förderung meiner Arbeit. Ganz besonderen Dank schulde ich Gerda S. Panofsky (Princeton), Martin Warnke (Hamburg) und Dieter Wuttke (Bamberg), die die Entstehung dieser Edition durch ihr Wort und ihr Vertrauen erst ermöglicht und mit offenem Ohr begleitet haben, nicht zuletzt auch der wundervollen Einrichtung des Deutschen Literaturarchivs in Marbach samt seinen Mitarbeitern und Mitbenutzern. »Soviel, so wenig« - sei dieses Buch dem Andenken von Karsten Witte gewidmet. V. B.
XI
Erwin Panofsky, Mitte der sechziger Jahre photographiert von Lotte Jacobi (Warburg-Archiv, Hamburg)
X
Siegfried Kracauer in Stamford bei New York, anonyme Aufnahme etwa um 1 9 5 0 (Deutsches Literaturarchiv Marbach)
Briefwechsel
1 Kracauer an Panofsky New York, 14. Mai 1941 4 8 West 6 8 t h Street/Trafalgar 4 - 9 4 2 2 and: FILM LIBRARY/MUSEUM O F M O D E R N ART N e w York C i t y M a y 14, 1941 Sehr geehrter H e r r Professor Panofsky, H e r r Dr. A r n h e i m war so f r e u n d l i c h , m i r ftir Sie ein paar E i n f ü h r u n g s w o r t e zu geben, die ich hier beifüge. Ich bin vor n o c h n i c h t drei W o c h e n aus Frankreich in N e w York eingetroffen u n d h o f f e hier u n t e r a n d e r e m ein B u c h ü b e r d e n Film schreiben zu k ö n n e n , das die F r u c h t jahrzehntelanger B e m ü h u n gen auf diesem G e b i e t sein wird. Besteht die M ö g l i c h k e i t , dass ich Sie bei e i n e m Ihrer N e w Yorker A u f e n t h a l t e e i n m a l sehen u n d sprechen dürfte? Ich wäre jedenfalls sehr glücklich darüber. M i t aufrichtiger H o c h a c h t u n g Ihr sehr ergebener Dr. Siegfried Kracauer
ms. Brief, 1 Bl. Dg. Absender: American Jewish Congress House, wo Kracauer und seine Frau nach ihrer Ankunft in New York vorläufig Unterkunft fanden; Kracauers Forschungsstelle als Special Research Assistant der Kuratorin der Filmabteilung des MoMA. Arnheim: Rudolf, geb. 1904 in Berlin, Studium der Philosophie und Psychologie bei Max Wertheimer, dessen Nachfolge er 1943 an der New School for Social Research in New York als langjähriger Gastdozent übernahm. Publizist (1928-33 Redakteur der »Weltbühne«), Filmtheoretiker (Film als Kunst, 1932) und Kunstpsychologe (Art and Visual Perception, 1954), emigrierte 1933 nach Italien, 1939 nach England, wo er im Nachrichtendienst des BBC arbeitete, und 1940 in die USA. 1941 war er Mitarbeiter des Office of Radio Research an der Columbia University; seit 1968 Professor für Kunstpsychologie an der University of Michigan in Ann Arbor. Vgl. Arnheim, in: Sitt (1990, Hrsg.), S. 201-218, sowie sein autobiographisches Gespräch mit Ingo Hermann in der Reihe »Zeugen des Jahrhunderts« (R. Arnheim, Zauber des Sehens, Göttingen 1993).
Briefwechsel Kracauer — Panofiky
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ein paar Einfiihrungsworte: nicht ermittelt. Arnheim, der mit Panofsky wie mit Kracauer bekannt war, kann sich an diesen Empfehlungsbrief nicht mehr erinnern (briefliche Mitteilungen an den Hrsg. vom 10. 12. 1994 und vom 18. 2. 1995). aus Frankreich in New York eingetroffen: nach achtjährigem Zwischenexil, am 25. April 1941, mit der zwischen Lissabon und New York verkehrenden Fähre »Nyassa«. ein Buch über den Film: Vgl. S. K., »From Caligari to Hitler. A Psychological History of the German Film«, Princeton 1947; dt., Schriften 2, übers, v. Ruth Baumgarten u. (Hrsg.) Karsten Witte, Ffm. 1979. New Yorker Aufenthalte: Panofsky war Visiting Professor of Fine Arts an der New York University. Unterschrift: auf Durchschlag maschinenschriftlich wiederholt.
2 Panofsky an Kracauer Princeton, 15. Mai 1941 T H E I N S T I T U T E FOR A D V A N C E D S T U D Y S C H O O L OF H U M A N I S T I C S T U D I E S P R I N C E T O N , N E W JERSEY May 15, 1941 Dr. Siegfried Kracauer The Film Library Museum of Modern Art 11 West 53rd St. New York, N.Y. Dear Dr. Kracauer: Thank you very much for your letter of May 14. Unfortunately I am not sure when I shall be in New York again during the summer because my lecturing term has just come to an end. If you think it worth your while, I shall be glad to see you here in Princeton - in which case I should advise you to write to me about a week ahead so that we can make a definite appointment. Very sincerely yours, Erwin Panofsky.
ms. Brief, 1 Bl. m. gedr. Briefkopf, Geschäftszeichen: »ep:c«. Absender: Panofsky war 1935 an das neugegründete Forschungsinstitut berufen worden; seit 1936 Inauguralprofessor der Historischen Abteilung.
Briefe
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3 Kracauer an Panofsky New York, 1. Oktober 1941 5 6 West 7 5 t h Street/Apt. 3-F, New York City/Tel: Endicott 2 - 1 3 9 4 October l s r , 1 9 4 1 Prof. Erwin Panofsky, Princeton, N.J. Institute of [for] Advanced Study Dear Professor Panofsky: May I remind you that, in the course of May, you invited me most kindly to come over to Princeton in order to meet you? I wished so much to come but things were not arranged yet and so I had to stay at New York. Only at the beginning of July I got - thanks also to the support of m y old friend Meyer Schapiro - the Rockefeller grant I mentioned as a possibility in my former letter to you. I have to analyse totalitarian film propaganda and I am working in the Film Library of the Museum of Modern Art. W h e n all was settled I heard from Prof. Friedlaender that you would go on vacation; hence I had got to wait. Now, that Universities have reopened, I suppose that you come over to New York each week again. If so, could you spare a little time and give me the opportunity to meet you? Let me add still that I really admire your essay »Style and Medium in the Moving Pictures«; I am so glad about the fact that my own thoughts on film which I hope to develop now finally in form of a book, take almost the same direction. Very sincerely Yours S. Kracauer
ms. Brief, 1 Bl. Dg. Absender: Zum 1. September 1941 hatten die Kracauers ein kleines Apartment in der Nähe des Central Park bezogen. Meyer Schapiro: geb. 1904 in Litauen, gest. 1996 in New York, 1906/07 Flucht der Familie vor antijüdischen Pogromen nach New York, lehrte seit 1928 am Department of Fine Arts der New Yorker Columbia University und verfaßte grundlegende Arbeiten zur romanischen und zur modernen Kunst. Mit Kracauer, dessen Flucht aus Frankreich er vorzubereiten half, korrespondierte Schapiro seit 1937. Vgl. Hofmann (1985), S. 211-221; Anderson (1991); Belke (1994a); Oxford Art Journal 17.1 (1994). the Rockefeller grant: Kracauers Forschungsstelle am MoMA wurde durch die Rockefeiler Foundation finanziert, die ihm zum 1. Juli 1941 ein zunächst auf ein Jahr befristetes Stipendium bewilligte. »References« erhielt Kracauer durch Iris Barry, Meyer Schapiro, Hans Speier, Ernst Kris, Donald Siesinger, Paul F. Lazarsfeld und Thomas Mann; vgl. Culbert (1993), S. 497. Prof. Friedlaender: Walter Friedländer, geb. 1873 in Glogau, gest. 1966 in New York, studierte Indologie und Kunstgeschichte in Berlin, lehrte bis 1933 Kunstgeschichte in Freiburg, Poussin- und Caravaggio-Forscher, war ein Mentor und enger Freund Panofskys, emigrierte 1935 in die USA und lehrte fortan am Institute of Fine Arts
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Briefivechsel Kracauer - Panofiky
der New York University. Kracauer lernte ihn über seine Freunde, die Kunsthistoriker Trude und Richard Krautheimer, in New York kennen. »Style and Medium in the Moving Pictures«: erschien in TRANSITION. A Quarterly Review (Paris/New York) 26 (1937), S. 121-133; vgl. Brief Nr. 37. Unterschrift: laut maschinenschriftlicher Wiederholung.
4 Panofsky an Kracauer Princeton, 3. Oktober 1941 97 BATTLE ROAD PRINCETON, N.J. October 3, 1941. Dear Dr. Kracauer, M a n y thanks for your kind letter of October 1. I am very glad to hear that you received the Rockefeller grant, and I shall be more than pleased to make the personal acquaintance of one whose ideas interest me very much and from w h o m I hope to learn a good deal about the film of which I really know nothing in a technical and »sociological« sense. The difficulty is that I shall not be regularly in New York this term because I have taken »time out« for one semester in order to do some fairly urgent work. I shall, however, be in town on Tuesday 28 on the evening of which I must go to Ann Arbor on a train which leaves Grand Central about eight o'clock. T h u s I should like to suggest that you meet me about 5.30 o'clock in the Princeton Club, 3 9 East 39th Street on that day. W e could then have a drink, some dinner and a good talk until my train leaves. This is a fairly long-range appointment, but I hope it will suit you. Looking forward to seeing you, Very sincerely yours, Erwin Panofsky.
ms. Brief, 1 Bl. m. gedr. Absenderfeld. Absender: Panofskys Princetoner Privatadresse bis zu seinem Tod im März 1968.
Briefe
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5 Kracauer an Panofsky New York, 4. Oktober 1941 5 6 East 75th Street, Apt. 3-F/Tel: Endicott 2 - 1 3 9 4 New York City October 4, 1941 Dear Professor Panofsky: I enjoyed so much your kind letter and I thank you sincerely for giving me the long desired opportunity to meet you. I hope you will not be too disappointed; for I am quite sure the trial to tell you any news about Cinema would be a desperate enterprise. I shall not fail in coming on Tuesday, October 2 8 , at 5 . 3 0 p.m. in the Pri[n]ceton Club (39 E 39). At present already, I look eagerly forward to this appointment. Very sincerely Yours [Siegfried Kracauer]
ms. Brief, 1 Bl. Dg.
6 Panofsky an Kracauer Princeton, 6. Oktober 1941 97 B A T T L E ROAD P R I N C E T O N , N.J. October 6, 1941. Dear Dr. Kracauer, many thanks for your nice letter. In the mean time I hear that my train leaves about 10,30 instead o f about eight o'clock. I therefore propose to meet in the Princeton Club a little later, say at 7 . 1 5 , which gives both o f us an opportunity o f utilizing the afternoon for our own purposes and does not curtail the amount o f time we can spend together. Since I know now that you are going to keep the evening open it is not necessary for you to answer me. Unless I hear from you to the contrary, which I hope will not happen, I shall be expecting you on Tuesday, October 28, at 7 . 1 5 in the Princeton Club. W i t h my best wishes, Sincerely yours, Erwin Panofsky.
ms. Brief, 1 Bl. m. gedr. Absenderfeld.
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Briefwechsel Kracauer -
Panofiky
7 Kracauer an Panofsky New York, 17. April 1942 M u s e u m of M o d e r n Art Film Library 11 West 5 3 t h Street, N e w York City (Private Address: 56 West 7 5 t h Street) April 17, 1942 Dear Professor Panofsky: Supposing your interest in m y report, I am sending you, here enclosed, the three last chapters containing t h e interpretation of the G e r m a n propaganda films. T h e whole will be m i m e o g r a p h e d and then you will have, of course, a copy including the first three analytical chapters, too. However, this process takes a certain time, a n d since I w a n t so m u c h to m a k e you acquainted with these chapters, I mail t h e m just now. W o u l d you be so kind to send m e back the manuscript as soon as possible? M a n y thanks in advance. W e are reminiscent of the wonderful evening we had with you and we hope you will come one Wednesday with our friends Friedlaenders to us. W i t h the kindest regards f r o m m y wife, very sincerely yours
[Siegfried Kracauer]
ms. Brief, 1 Bl. Dg. my report: »Preliminary Report of the Research on Totalitarian Film Propaganda« (Ts., KN DLA). Das Typoskript läßt den Mitte Februar 1942 erreichten Stand und die vorläufige Gliederung der Studie erkennen, deren Endfassung im August 1942 durch die Film Library des MoMA als lithographierte und mit dem Stempel »CONFIDENTIAL« versehene Broschüre unter dem Titel »Propaganda and the Nazi War Film« veröffentlicht wurde (KN DLA; vgl. Levin # VIII); mit geringfügigen Überarbeitungen 1947 wiederveröffentlicht als Anhang zu: From Caligari to Hitler, S. 273-331; dt„ S. 321-395. Vgl. Brief Nr. 9. the three last chapters / the interpretation of the German propaganda films: Der »Interpretation« betitelte Teil I des Vorberichts sah die drei Unterkapitel »The Swastica World«, »Hierarchy of Propagandistic Ideas« und »Conflict with Reality« vor; vgl. From Caligari to Hitler, S. 277-307; dt., S. 329-362. the first three analytical chapters: »Structural Units«, »Material Contents and Evaluations« und »Film Devices«. In der veröffentlichten Broschüre wurde das letztgenannte Kapitel dem Hauptteil eingegliedert, während die beiden erstgenannten einen eigenständigen methodologischen Anhang bildeten; vgl. From Caligari to Hitler, S. 277-280 u. S. 308-331; S. 325-329 u. S. 363-392. the wonderful evening: bezieht sich entweder auf das in den Briefen Nr. 4—6 verabredete oder auf ein anderes Treffen im gemeinsamen New Yorker Bekanntenkreis. Wednesday: Panofskys New Yorker Vorlesungstag. Im Frühjahr 1942 las er über »Gothic Style in France and Germany«. our friends Friedlaenders: Walter und Emma Friedländer, geb. Simon. my wife: Elisabeth, Lili genannt; geb. Ehrenreich, geb. 1893 in Straßburg, gest. 1971 in New York, war zunächst Lehrerin, danach Konservatoriumsschülerin, Studium der Kunstgeschichte und Philologie in Straßburg und Leipzig. Von 1924 bis 1930 war sie Bibliothekarin des Frankfurter Instituts für Sozialforschung.
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Briefe 7-9
8 Panofsky an Kracauer Princeton, 20. April 1942 T H E INSTITUTE FOR ADVANCED STUDY S C H O O L OF H U M A N I S T I C S T U D I E S PRINCETON, NEW JERSEY April 20, 1942 Dr. S. Kracauer 56 West 75th Street New York, N.Y. Dear Dr. Kracauer: It is very kind p f you to send me your report, but I am so pressed with some lectures I have to give early in May that it is impossible for me to read it now. Since you intimate that you want it back soon, I return it here and am looking forward to reading it after it has been mimeographed. With best wishes and kind remembrances, Sincerely yours, Erwin Panofsky.
ms. Brief, 1 Bl. m. gedr. Briefkopf.
9 Kracauer an Panofsky [New York,] 1. August 1942 August 1, 1942 Dear Professor Panofsky: I did not answer you earlier because the final edition of my pamphlet was somewhat delayed. All the more I am glad to tell you now that a copy has been sent you yesterday. The pamphlet bears the title »PROPAGANDA A N D T H E NAZI WAR FILM.« I hope so much that you will find soon some moments to take a look at it. Unnecessary to say how important it would be to me to have your opinion on this little work. Indeed, I should be most grateful for a word from you and for any suggestions you may care to make. Thanks to the wonderful efforts of Miss Barry, my existence at the Museum has been secured for another year. She will try, by the way, to get for the next year a grant from the Guggenheim Foundation for me; for the History of the German Film she wants me to write, is too big a theme as to be carried out in less than two years. Before starting with this new work, I am about to prepare a rather small paper on the German war newsreels - a kind of technical report that may help to improve the American Newsreels and shorts. Then I intend to write, as an introduction to the historical work, an essay considering the history of the film in general and attempting to feature its importance.
Briefwechsel Kracauer — Panofiky
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But I deeply feel how much I have to learn from you in these fields. And this is one more reason for me to look forward to any opportunity of meeting you again and discussing with you the various problems that now arise before me. My wife joins me in sending you kindest regards. Yours very sincerely Siegfried Kracauer
ms. Brief, 1. Bl. Dg. m. Unterschr. the pamphlet: Vgl. A n m . zum Brief Nr. 7. Miss Barry: Iris Barry, geb. 1895 in England, gest. 1969 in Fayence (Frankreich), verheiratete Abbott, 1922 in Paris an der Herstellung des »Ulysses« von James Joyce beteiligt, Filmkritikerin von »The Spectator« u n d der »Daily Mail«, Mitbegründerin der London Film Society, 1 9 3 2 - 1 9 3 5 Bibliothekarin am M o M A , 1935 Mitbegründerin, seither Kuratorin u n d von 1946 bis 1951 Direktor der Film Library am M o M A . Vgl. Bandy (1992). my existence has been secured for another year: Die Rockefeller Foundation hatte Kracauers Stipendium zum 1. Juli 1942 u m ein weiteres Jahr verlängert. she wants me to write: In einem internen Schreiben vom 29. Juli 1942, das Kracauer die Nachricht von der Verlängerung seines Stipendiums mitteilt, deutet Barry die Möglichkeit einer künftigen Förderung seiner Arbeit durch die Guggenheim Foundation an u n d rät ihm, der Darstellung die Anschaulichkeit seines Buchs über Offenbach (Jacques O f f e n b a c h und das Paris seiner Zeit, Amsterdam: Allert de Lange, 1937; amerik. u.d. T. Orpheus in Paris, N e w York: A.A. Knopf, 1938) zu geben. (KN DLA, o.D., Datierung von Kracauer auf zusätzlicher Abschrift ergänzt.) paper on the German war newsreels: »The Conquest of Europe on the Screen. T h e Nazi Newsreel 1939—1940«, Washington D . C . 1943 (= Experimental Division for the Study of War Time Communications, Harold D . Lasswell, Chief, D o c u m e n t Nr. 50; hektographierte, als »Confidential« gekennzeichnete Broschüre; K N DLA); auszugsweise veröffentlicht in der durch die Graduate Faculty der N e w School for Social Research herausgegebenen Zeitschrift Social Research 10.3 (1943), S. 3 3 7 - 3 5 7 (Levin # IX u. # 2020). Vgl Brief Nr. 11. introduction
to the historical work: Vgl. Brief Nr. 17.
10 Panofsky an Kracauer Princeton, 18. August 1942 THE INSTITUTE FOR ADVANCED SCHOOL OF HUMANISTIC
STUDY
STUDIES
P R I N C E T O N , N E W JERSEY
18. August 1942. Lieber Herr Dr. Kracauer, hoffentlich haben Sie mich nicht für undankbar gehalten als Sie auf Ihren freundlichen Brief und Ihre ausgezeichnete Schrift über die Nazi-Films so lange keine Antwort erhielten. Beides kam erst vor zwei Tagen in meinen Besitz, da wir für ein paar Wochen verreist waren, und zwar unter Umständen, d i e d a s N a c h s e n d e n v o n Post u n m ö g l i c h m a c h t e n . W i r w a r e n in d e r B r e a d L o a f S c h o o l o f E n g l i s h ,
Briefe
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wo ich einen Vortrag zu halten hatte, und wo wir es dann so entzückend fanden, dass wir unseren Aufenthalt von Woche zu Woche verlängerten (es war wirklich so etwas wie Tommys »Zauberberg«), und uns um Post nicht weiter bekümmerten. Also verzeihen Sie! Inzwischen habe ich Ihre Schrift mit der grössten Bewunderung gelesen und finde, dass Sie nicht nur das spezielle Problem glänzend gelöst haben, sondern auch einen höchst wichtigen allgemeinen Beitrag zur Struktur des »Documentary Film« geliefert haben. Ich glaube nämlich - sagen Sie das nicht weiter - daß es einen echten »Documentary Film« überhaupt nicht gibt, und dass unsere sogenannten Documentaries auch Propaganda-Filme sind, nur, Gott sei Dank, meistens für eine bessere Sache, und, leider Gottes, meistens nicht so geschickt gemacht. Ich hoffe zu Gott, dass wir von Ihren Erkenntnissen Nutzen ziehen werden und das Nazi-Pferd vor anstatt hinter unsern Wagen spannen. Sie zu sehen, wird nicht mehr so einfach sein, denn ich habe mich, wegen Geldknappheit der New York University, aus dem lecturing business in New York zurückgezogen. Ich konnte es nicht mehr recht verantworten, Leuten, die es nötiger haben, sozusagen das Brot vom Munde wegzudozieren, denn selbst wenn ich umsonst vortragen würde, wäre es eine Art Schmutzkonkurrenz. Ich komme also kaum mehr nach New York, zum mindesten nicht »in a predictable sequence;« dagegen würden wir uns natürlich sehr freuen, Sie und Ihre Frau einmal bei uns zu sehen, am besten im September oder October, wo Princeton sehr hübsch und nicht mehr so heiss ist. Ein guter Zug geht um 11 Uhr von Pennsylvania Station. Bitte schreiben Sie uns doch ein paar Tage im Voraus (damit wir uns »rückäussern« können, falls wir wider Erwarten verhindert sein sollten), sobald Sie Zeit, Lust, Geld und — da ich annehme, dass Sie noch nicht Bürger sind - eine Reiseerlaubnis haben. Bis dahin mit nochmaligem Dank und vielen Grüssen an Sie beide, Ihr sehr ergebener Erwin Panofsky.
ms. Brief, 1 Bl. m . gedr. Briefkopf, beidseitig beschr., m. hs. Anstreichungen des zweiten Absatzes durch den Empfänger. Bread Loaf School: Ende der zwanziger Jahre durch das Middlebury College in einer in der Berglandschaft von Vermont gelegenen viktorianischen Pension (Bread Loaf Inn) eingerichtete »Summer Graduate School« mit Schwerpunkt im »Creative Writing«. U m den dort lehrenden Dichter Robert Frost versammelte sich die »Bread Loaf Writer's Conference«. Tommy: T h o m a s M a n n lebte von Ende August 1938 bis Mitte März 1941 in Princeton. Panofsky war ihm bereits als Student begegnet, »als Urlaubsgast des gleichen Hotels am Lido von Venedig während der CholeraEpidemie von 1911« (schriftliche Mitteilung von Gerda S. Panofsky an den Hrsg., vom 30. 5. 1994). Vgl. T h o m a s Manns Tagebucheintragung vom 7. Januar 1940: »Mittags gegangen mit K[atja]. u n d Niko [d.i. der H a u s h u n d der Manns], der von Panowskys[sic] bösem Pudel angefallen wurde« (Tagebücher 1 9 4 0 - 1 9 4 3 , hrsg. v. Peter de Mendelssohn, F f m . 1982, S. 5). In einem Nachruf auf Panofsky schrieb die New York Times am 16. März 1968 über dessen erste Frau Dora: »About 25 years ago, she contracted an ailment, that was quite painful and quite baffling to physicians. She was unable to sleep, and her sole distraction was having someone to read her. A three-man shift was set u p to provide the reading. It consisted of Dr. Panofsky, Dr. Albert Einstein and T h o m a s Mann.« ( K N DLA; nach Kracauers Tod von Lili Kracauer gesammelt.) Leuten,
die es nötiger haben: Das Institute of Fine Arts der New York University hatte zahlreichen aus
Deutschland emigrierten Kunsthistorikern Zuflucht geboten. noch nicht Bürger / Reiseerlaubnis: Kracauer u n d seine Frau wurden erst 1946 amerikanische Staatsbürger; als staatenlose Flüchtlinge benötigten sie beim Verlassen von New York eine behördliche Reisegenehmigung.
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Briefivechsel Kracauer - Panofsky
11 Kracauer an Panofsky [New York,] 29. September 1942 September 29, 1942 Lieber Herr Professor Panofsky, ich muss mich zunaechst vielmals entschuldigen, dass ich nicht schon lange auf Ihren Brief geantwortet habe, der mich so sehr beglueckte. Aber die letzten Wochen waren in verschiedenster Hinsicht nicht ungetruebt gewesen, und dann wollte ich Ihnen auch gleich schreiben, wann etwa wir Ihrer freundlichen Einladung Folge leisten koennen. Und bisher hatte ich nicht vorauszudisponieren vermocht. Doch lassen Sie mich Ihnen zunaechst fuer Ihre Wuerdigung meiner Arbeit danken. Ich wuesste nicht welches Urteil mir mehr bedeuten koennte als das Ihre, und ich brauche Ihnen sicherlich nicht zu sagen, wie sehr mich Ihre Worte ermutigen. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass etwas von den Hoffnungen, die Sie an die Broschuere knuepfen, in Erfuellung geht. Jedenfalls sind verschiedene agencies in Washington damit befasst, und auch Harold Lasswell schrieb mir in zustimmendem Sinne. Inzwischen arbeite ich an einem paper ueber die deutsche Kriegswochenschau, von dem ich wuenschte, dass es die amerikanische newsreel beeinflusste. Und dann erst werde ich an die geplante Geschichte des deutschen Films gehen. Meine Frau und ich sind gluecklich im Gedanken daran, Sie in Princeton aufsuchen zu duerfen. Wir haben, was uns betrifft, die zweite Haelfte Oktober ins Auge gefasst und dachten an einen Sonntag oder auch Sonnabend nachmittag. Aber alles haengt natuerlich davon ab, ob unsere Idee mit Ihren und Ihrer Frau Gemahlin Dispositionen zusammengeht. Wenn Sie mir also einen Tag mitteilten, der Ihnen passt, so koennten wir uns danach einrichten und rechtzeitig die Reiseerlaubnis beschaffen, die mindestens acht Tage vorher eingeholt werden muss. Gestern erhielt ich einen Brief von Mr. Ransom von der »Kenyon Review«, der mich unter Berufung auf Sie zu einer Besprechung des Buches von Eisenstein aufforderte. Auch dafuer danke ich Ihnen sehr herzlich. Mir ist diese Verbindung sehr wertvoll. Bitte, empfehlen Sie uns Ihrer Frau Gemahlin. Mit freundlichsten Gruessen von meiner Frau und mir, Ihr sehr ergebener [Siegfried Kracauer]
ms. Brief m . hs. E i n f ü g u n g »also« anstelle des durchgestrichenen Wortes »bald«, 1 Bl. D g . nicht ungetruebt gewesen: »... Sorgen, die uns in d e r T i e f e b e a n s p r u c h t e n . U n s ging N a c h r i c h t aus der Schweiz zu, dass m e i n e M u t t e r u n d T a n t e n u n a u c h n a c h Polen (oder Theresienstadt?) deportiert w o r d e n sind. Dies geschah M i t t e August. D i e M u t t e r ist 7 6 , die T a n t e 80. Beide waren in einem Altersheim, dessen Insassen . . . alle abtransportiert zu sein scheinen. M e i n e Frau ging gleich z u m Red Cross, u n d m a n versprach ihr d o r t nach der Adresse zu recherchieren. Aber die A n t w o r t k a n n viele M o n a t e d a u e r n , u n d inzwischen ist nichts zu t u n . A u c h d a n n w o h l nichts. Es ist entsetzlich.« (Kracauer an H e r b e r t E. Levin, 15. O k t o b e r 1942, K N DLA.) verschiedene agencies in
Washington:
N e b e n U n t e r a b t e i l u n g e n des State D e p a r t m e n t h a t t e sich a u c h der
Abteilungsleiter der Psychology Division des O f f i c e of Strategie Services an Kracauer g e w a n d t u n d u m ein zusätzliches Exemplar der Studie »Propaganda a n d the Nazi W a r Film« gebeten, d a i h m das v o r h a n d e n e n u r leihweise d u r c h M a j o r Frank C a p r a (dem Filmregisseur, der m i t der Film Library des M o M A z u s a m m e n a r b e i t e te) überlassen w o r d e n sei. ( C a r l e t o n F. S c o f i e l d an Kracauer, 1. J u l i 1 9 4 2 , K N D L A . )
Briefe
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Lasswell schrieb mir: Harold D. Lasswell (1902-1978), Nestor der amerikanischen Politischen Wissenschaft (Propaganda Technique in the World War, 1927; Psychopathology and Politics, 1934), von 1939-1945 Leiter der Experimental Division for the Study of War Time Communications an der Library of Congress in Washington. Sein vor allem an der methodologischen Seite von Kracauers Studie interessierter Brief, dem weitere Korrespondenzen und persönliche Verabredungen folgten, datiert vom 16. September 1942 (KN DLA). paper: Vgl. Brief Nr. 9 und Anm. die amerikanische neewsreel beeinflusste: Kracauer hatte in seiner Studie die Wortlastigkeit der amerikanischen Wochenschauen kritisiert; vgl. »The Conquest of Europe on the Screen«, S. 345ff. Brief von Mr. Ransom von der »Kenyon Review«: nicht auffindbar. John Crowe Ransom (1888-1974), amerikanischer Dichter, Gründer und Herausgeber der Kultur- und Literaturzeitschrift »Kenyon Review«, dem Hauptorgan des New Criticism, lehrte am Kenyon College in Gambier, Ohio. Besprechung des Buches von Eisenstein: Kracauers Rezension von Sergeij M. Eisenstein, The Film Sense, hrsg. und übers, von Jay Leyda [= Schüler Eisensteins, Mitarbeiter der Film Library am MoMA und mit Kracauer befreundet; Briefwechsel KN DLA], New York 1942, erschien unter der Überschrift »In Eisensteins Workshop«, in: Kenyon Review 5.1 (1943), S. 151-153 (Levin # 2021). Ihrer Frau Gemahlin: Dorothea, Dora genannt, geb. Mosse, geb. 1885 in Berlin, gest. 1965 in Princeton, Nichte des Zeitungsverlegers Rudolf Mosse und Tochter des Verfassungsrechtlers Albert Mosse, studierte Kunstgeschichte in Adolph Goldschmidts Berliner Seminar, wo sie Panofsky kennenlernte. Sie heirateten im Jahr 1916. Neben gemeinsam mit ihrem Mann verfaßten Arbeiten veröffentlichte sie u.a. »Gilles or Pierrot? Iconographic Notes on Watteau«, in: Gazette des Beaux Arts 39 (1952), S. 319-340. Vgl. Krumme (1992).
12 Panofsky an Kracauer Princeton, 1. Oktober 1942 Princeton, N.J. 9 7 Battie Road. 1/X.42 Lieber H e r r Kracauer, vielen D a n k für Ihren Brief! W i r w ü r d e n uns sehr freuen, Sie beide a m S o n n a b e n d , d. 24. O c t . z u m Tee u n d einem einfachen kalten A b e n d b r o t bei uns zu sehen. Bitte lassen Sie uns wissen, mit welchem Z u g Sie k o m m e n (es gibt einen guten u m 3 15 p.m., aber die Fahrpläne sind seit gestern etwas geändert u n d noch nicht erhältlich, wenigstens hier nicht). U n d vergessen Sie nicht, in Princeton Junction in einen kleinen »Zubringerzug« umzusteigen. Also hoffentlich auf Wiedersehen a m 24! M i t besten G r ü ß e n Ihr Erwin Panofsky.
hs. Brief, kleines Doppeibl., zweiseitig beschr.
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Briefivechsel Kracauer - Panofsky
13 Kracauer an Panofsky [New York,] 2. Oktober 1942 Okt. 2, 1942 Lieber Herr Professor Panofsky, sehr herzlichen D a n k fuer Ihr Wort. Wir freuen uns schon heute darauf, am Sonnabend, den 24. Okt., zu Ihnen nach Princeton zu kommen und werden natuerlich den von Ihnen vorgeschlagenen Z u g benutzen, der 3.15 p.m. von Pennsylvania Station abgeht. Ich schreibe Ihnen noch rechtzeitig ob die Abfahrtszeit dieselbe geblieben ist oder sich etwas geaendert hat. Mit nochmaligem D a n k und freundlichen Grüssen Ihr sehr ergebener [Siegfried Kracauer]
ms. Brief, 1 Bl. Dg.
14 Kracauer an Panofsky [New York,] 16. Oktober 1942 October 16, 1942 Lieber Herr Professor Panofsky: wir haben gerade unsere Reiseerlaubnis erhalten, und so beeile ich mich Ihnen mitzuteilen, dass der Z u g u m 3.15 p.m. ab Pennsylvania Station werktags noch geht. Wie wuerden also am Sonnabend, den 24. Oktober, mit diesem Z u g kommen und um 4 . 1 2 in Princeton sein. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie sehr wir uns darauf freuen. D a s hier beigefuegte kleine Schriftstueck bedarf eines Worts der Erklaerung. Ich habe, auf Veranlassung von Iris Barry, eine Bewerbung fuer ein Stipendium der Guggenheim Foundation eingereicht; das Stipendium ist fuer das Jahr ab 1. Juli 1943 gedacht und soll die Ausarbeitung der geplanten Geschichte des deutschen Films ermoeglichen. Der Bewerbung war ein account on » P L A N S F O R W O R K « beizugeben - eben das hier befindliche Schriftstueck. N u n habe ich auf die »list of references« neben die N a m e n von Iris Barry, John Marshall, Dr. Alvin Johnson und Harold Lasswell (der mir ungemein positiv ueber meine Arbeit geschrieben hatte) auch den Ihren gesetzt. Infolge des kurzbefristeten Ablieferungstermins war es mir leider nicht moeglich gewesen Sie vorher um Erlaubnis zu bitten. Ich hoffe, dass Sie mir verzeihen. Zweifellos wird sich die Guggenheim Foundation in absehbarer Zeit an Sie wenden. Ich waere natuerlich gluecklich, wenn Sie dann Dr. M o e etwas ueber meine Qualification formulieren koennten. Die Kopie des accounts habe ich eigentlich nur beigelegt, weil ich darin ueber die Bedeutung des Studiums von Filmen fuer die »humanities« spreche, ein T h e m a , fuer das ich, wie ich weiss, Ihr
Briefe 13-14, Beilage zu Brief 14
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Interesse voraussetzen darf. Ich dachte mir, der eine oder andere Punkt der outline koenne vielleicht als Ausgang einer Diskussion dienen. Nochmals: wir freuen uns auf den 24. Inzwischen mit freundlichen Gruessen Ihr sehr ergebener [Siegfried Kracauer]
ms. Brief, 1 Bl. Dg. m. Beil. 8 Bl. Ts. (KN DLA, Konv. »Guggenheim Foundation«.) Bewerbungfuer ein Stipendium der Guggenheim Foundation: Kracauers Antrag datiert vom 14. Oktober 1942 (KN DLA, Konv. »Guggenheim Foundation«), einen Tag vor Ablauf der Bewerbungsfrist. »list of references«: Neben Panofsky, Johnson und Lasswell benannte Kracauer auch die Professoren Hans Speier (mit Ernst Kris Direktor des »Reseach Project on Totalitarian Communication« an der New School for Social Research), Horace M. Kallen (den Mitbegründer und Direktor der New School) und Meyer Schapiro. John Marshall: 1881-1966, Associate Director of the Humanities bei der Rockefeller Foundation, gehörte späterhin zu Kracauers engstem Freundeskreis (Briefwechsel, KN DLA). Dr. Alvin Johnson: 1874-1971, gründete 1919 in New York die New School for Social Research, die 1933/34 durch eine Graduate Faculty zur Aufnahme verfolgter europäischer Wissenschaftler erweitert wurde. Kracauer war mit ihm schon vor seinem Exil in Kontakt, als Beiträger für die von Johnson und Edwin R.A. Seligman seit 1930 herausgegebene »Encyclopaedia of the Social Sciences« (Levin # 1937, Briefwechsel Kracauer und Johnson, KN DLA). Dr. Moe: Henry Allan Moe (1894-1975), Direktor der John Simon Guggenheim Foundation.
Beilage Dr. Siegfried Kracauer Museum of Modern Art Film Library 11 West 53rd Street, New York City
PLANS FOR WORK
NOTES on the planned HISTORY OF THE GERMAN FILM I
My project is the History of the German Film in relation to the social, political, economic and aesthetic influences that shaped it. Covering the period from the last World War up to now, the research is designed to reveal, through an analysis and interpretation of the German motion pictures, characteristics of German life and mentality during this period - so that the background of an historic development rich in consequences may come to the fore. I should mention here that the idea for the project has been entertained for several years by Iris Barry, curator of the Museum of Modern Art Film Library. The origin of the plan already indicates its close connection with the existence of an institution which systematically collects films and encourages their study. Before the foundation of the Film Library the realization of such a proposal would
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Briejwechsel Kracauer - Panofsky
have been hardly conceivable. This means, too, that the project is of a comparative novelty as to its design and its methods. II T h e film reflects to an extent hitherto unknown the visible world - a world including not only human beings but also objects and nature and the innumerable incidents that result from their interrelationship. T h e whole dimension of everyday life with its infinitesimal movements and its multitude of transitory actions could be disclosed nowhere but on the screen. Not by chance do films of fact appear at the very beginning of the new art. 1 That documentaries and entertainment films alike cling so much to little things never consciously evaluated before, may be related to their descent: they originate in the sphere of popular art 2 , and there is no doubt that the plain people are always intimate neighbors to the many objects surrounding them. This inclination is furthered by technical possibilities inherent in the film. T h e ubiquitous camera can detail any subject or part of a subject, show it from various angles, and thereby approach its specific nature. These few hints sufficiently evidence the unique documentary value of an art able to encompass rushing crowds, physiognomies, small gestures, occasional complexes of things and human bodies and all the passing phenomena that constitute the surface of life. Films illuminate the realm of bagatelles, of little events. But only today is it beginning to be realized that precisely for this reason they may become a new source of knowledge. 3 III Both the farmer and the engineer know something about the importance of seemingly unimportant details. Many small factors, they know, must work together to ripen the corn or to make a complicated machine function. Their experience teaches them to distrust the pretensions of pure ideas, while at the same time they find in little things more than just little things. Such an outlook proves helpful, too, in the field of humanities, where any survey interested solely in the display of ideas runs the risk of missing the ideas' very significance. »The great events,« said Paul Valéry, »are perhaps great only to the little minds.« 4 To focus directly upon ideas is at any rate a sure means never to grasp them. But it may will happen that a close scrutiny of some minor event of the kind favored on the screen allows one secretly to watch history's moving forces in full action. Ideas manifest themselves rather in by-ways, in unobtrusive facts. And in examining these facts, it is often as though one looked through a narrow window at strange scenes that, outdoors, would be entirely invisible. IV Many a German film succeeded in influencing the American and French cinema, and on the whole the German contribution to the general history of the film can scarcely be overestimated. But it is certainly not for this reason alone that the project devotes itself to the German effort. Decisive rather is the fact that German films, more directly than the films of other nations, point to the
1
T h e first film ever shown was L U N C H H O U R AT T H E L U M I E R E FACTORY (1895).
2
See »Style and M e d i u m in the Moving Pictures« by Erwin Panofsky. » T R A N S I T I O N , « 1937, N u m b e r 26, pp. 1 2 1 - 1 3 3 .
3
4
T h e scientific use made until now of film material confines itself mainly to studies on the psychology of children and animal behaviour, and research in the field of anthropology now under way. Paul Valéry: »Regards sur le Monde actuel,« Paris, 1931.
Beilage zu Brief 14
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background from which they emerge. That they express and mirror in so immediate a manner the world in which they grow up, is chiefly the outcome of Germany's history since the last World War. It is as if the despair after the War and the violence of the interior struggles had removed some of the opaque layers which, in more normal times, separate the course of art from that of contemporary reality. German films are particularly transparent. Their interpretation is all the more important as it takes one behind the scenes of those events which made possible Hitler's ascent. Through these films access is had to situations, processes and attitudes that have a scope far beyond national boundaries; not only because of their historic significance but also for their symptomatic value. Many cases found in the German development are indeed typical cases in an extreme form - and from extremes much is to be learned. The conspicuous role assigned to the film by the Nazis themselves augments the interest in the German product. Outdoing even the Russians in that respect, the Nazis utilize films as a most effective instrument of propaganda; the share their documentaries have in the war of nerves is well known. This use of German films is, by the way, not at all an innovation, but can be traced back to their origin: during the last World War German industrialists and bankers founded, at the suggestion of the High Command, a native film industry for outspoken propagandistic purposes. V From the beginning the German film contained dynamite. It inherited another dowry, too, thanks to the fact that it was nursed in a period of revolutionary crises and social insecurity. Chaos spread in Germany from 1918 to about 1923, and as its consequence the panic-stricken German mind was released from all the conventions that usually limit life. Under such conditions, the unhappy, homeless soul not only drove straightway toward the fantastic region of horrors, but also moved like a stranger through the world of normal reality, embracing its conventional forms with a look that had the force to change them into weird, abnormal structures. Here was an incomparable chance for a young cinema which had not yet conquered all its spheres. That free-wandering soul imagined the madmen, somnambulists, vampires and murderers who were haunting the expressionistic settings of the CALIGARI-film and its like, and, on the other hand, inspired such directors as Karl Grune, Lupu Pick and G.W. Pabst to portray in their early pictures apparently familiar objects and make them seem new. These pictures feature the city street as the place where the »Man of the Crowd« perceives the kaleidoscopic configurations of everyday life; they are full of house facades, window-dressings, strangely lit rooms and physiognomic particulars. Thus the Germans widened the dominion of the cinema in two directions: they incorporated in it the terrific visions of a mind put out of joint, and at the same time introduced a truly cinematic realism. This was done with a perfect insight in the language of lights and shadows, and by means of a camera that became as movable as the unfettered mind directing it. It is understood that from such technical devices important conclusions can be drawn with regard to the psychic organization in which they originate. VI Another point is still to be mentioned. It concerns the selection of film material used for interpretation. Germany has produced a series of artistically valuable films; among them, in the preHitler period, such achievements as THE LAST LAUGH, NJU, VARIETY, METROPOLIS, BERLIN, THE BLUE ANGEL, KAMERADSCHAFT, WESTFRONT 1918, MAEDCHEN IN UNIFORM, LIEBELEI and KUHLE WAMPE. But instead of confining itself to an evaluation of the classics of the German cinema, the project intends to pay as much attention to the anonymous, average German film. For precisely because of its typical shape the average product may often prove more permeable to certain traits of contemporaneous life than those outstanding creations. Part-
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Briefwechsel Kracauer - Panofiky
icularly promising seems a study of the commercial films during the second half of the German Republic. Mostly U. F. A. productions, they included a limited number of standardized motives which obviously mirrored the ideology of a society in decomposition. All these pictures were animated by an instinctive desire to prevent the pauperized middle class from becoming aware of its plight and making common cause with the workers. Hence a clever mixture of love miracles, amusements and lucky careers spread over the screen to fan the wishful thinking of the white-collars, and whenever an individual tragedy proved desirable, it was arranged in such a way as to conceal the social one. Significantly, that average film withdrew more and more into a sphere of empty neutrality - a loss of content which reflected the waning substantiality of the German Democracy. VII This project will presumably contribute to knowledge in that it demonstrates to what extent the study of cultural history can profit by the analysis and interpretation of films. The research is supposed, indeed, to furnish an elaborate pattern in these hitherto almost unexplored fields. The projects special purpose is also of general importance: in following the development of the German film, it helps in the understanding of the events that led to Hitlers rise to power, and reveals the mentality behind the Nazi regime as well. Thus the research is, perhaps, in a position to prepare the ground for two post-war tasks. First, it concentrates upon those more or less hidden elements of German reality which will have to be considered by any educational project concerned with Germany's future. Second, it can hardly fail to draw attention to the rich possibilities that might be realized through a similar study of the American film. VIII As to materials needed, the Museum of Modern Art Film Library preserves many precious German films indispensable to my research. Other films are presumably available in Washington and Hollywood. A trip to Hollywood will be all the more advisable as it is the residence of film producers, film directors, cameramen and actors who helped determine the ways of the German cinema from 1918 to 1933- Their personal reminiscences may supplement my own experiences during those years. May I add that an important part of the Nazi period is already covered by my research on Nazi film propaganda. The Museum of Modern Art Film Library issued in August 1942 my confidential pamphlet »Propaganda and the Nazi War Film« that develops methods of approach for a content analysis and a full appraisal of films. This pamphlet will be completed by a paper on the German War Newsreel, now in preparation. Both studies are designed to make evident how the Nazis practice psychological warfare on the screen, and thus to contribute to an effective American war film production. Dr. Siegfried Kracauer
Beilage zu Brief 14, Brief 15
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15 Panofsky an Kracauer Princeton, 17. Oktober 1942 Princeton, 17. X . 1 9 4 2 , 9 7 Battle Road. Lieber Herr Dr. Kracauer, vielen D a n k für Ihren Brief. W i r freuen uns sehr auf Ihren Besuch am 2 4 . , und es ist mir natürlich durchaus recht, dass Sie mich als »reference« für eine Guggenheim Fellowship genannt haben. Ich werde tun, was in meinen Kräften steht, aber ich fürchte, dass das C o m m i t t e e mich - mit Recht nicht gerade als Autorität auf diesem Gebiet ansehen wird. Schliesslich habe ich ja nichts weiter vorzuzeigen als einen einzigen, jetzt lange überholten Artikel. Ich nehme aber an, dass ich mehr über Ihre allgemeine Qualifikation als über technische Einzelheiten gefragt werden werde - wenn es überhaupt dazu k o m m t . Also auf Wiedersehen am 2 4 ! M i t besten Grüssen an Sie beide, Stets Ihr ergebener Erwin Panofsky. Bitte empfehlen Sie mich auch Miss Barry und M a n n . Frau Angel ist ja, wie ich höre, in Washington, wohin sich auch meine Kollegen »unwiderstehlich gezogen« fühlen. Ich habe die Empfindung, dass ein »Perfesser«, wie mein Lehrer Vöge immer sagte, falls er nicht wirklich schiesst oder Japanisch kann, dem »war effort« am besten dient, wenn er sich von demselben fernhält. Das gilt von O e k o n o m i k e m , Soziologen und »military scientists« noch mehr als von Kunsthistorikern.
ms. Brief, 1 Bl. das Committee: Mitglied des fünfköpfigen Auswahlkomitees war, wie aus einem Prospekt der Guggenheim Foundation fur das Antragsjahr 1943 hervorgeht (KN DLA), auch Frank Aydelotte, der damalige Direktor des Institute for Advanced Study in Princeton. Miss Barry und Mann: Iris Barry war verheiratet mit John Abbott, dem damaligen geschäftsführenden Direktor der Film Library und stellvertretenden Geschäftsführer des MoMA. Frau Angel: Mitarbeiterin der Film Library. meine Kollegen: Richard Krautheimer beispielsweise, der seit April 1943 im Dienst des Office of Strategie Services arbeitete, wozu Kracauer ihm gratulierte: »We know exactly how happy you are, dear Richard, and we intensely hope that the new Washington job will satisfy to the full. When you meet there Mr. Scofield of the Office for Strategic services, please give him my regards. We are, of course, anxious to learn about the details« (KN DLA, Kracauer an Krautheimer, 31. März 1943). mein Lehrer Vöge: Wilhelm Vöge (1868-1952), Studienfreund Aby Warburgs, Erforscher vor allem der Kunst des französischen Mittelalters, war Panofskys Freiburger Lehrer. Vgl. Panofskys Einleitung in: Wilhelm Vöge, Bildhauer des Mittelalters, Berlin 1958, S. ix-xxxii.
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Briefivechsel Kracauer — Panofiky
16 Kracauer an Panofsky [New York,] 28. Oktober 1942 October 28, 1942 Lieber Herr Professor Panofsky: Dieses Wort nur, um Ihnen zu sagen, wie gluecklich wir ueber die Stunden waren, die wir bei Ihnen verbrachten. Wir denken mit viel Freude daran zurück. Bitte, empfehlen Sie uns beide Ihrer Gattin sehr angelegentlich. Darf ich wiederholen, dass wir Sie beide so gerne bei uns saehen, wenn es sich fuer Sie irgend einrichten laesst? Mit den freundlichsten Gruessen Ihr sehr ergebener [Siegfried Kracauer] N.B. Bitte, sagen Sie Ihrem Herrn Schwager unsere Gruesse. ms. Brief, 1 Bl. Dg. Ihrem Herrn Schwager: Vermutlich Erich (Eric) P. Mosse (Pseudonym: Peter Flamm), geb. 1891 in Berlin, gest. 1963 in N e w York, Psychologe u n d Schriftsteller, dessen literarisches Werk die Verschmelzung von Expressionismus und Psychoanalyse anstrebte, emigrierte 1933 nach Frankreich u n d 1 9 3 4 i n d i e USA, wo er fortan als Psychiater, außerdem als Bildhauer tätig war.
17 Kracauer an Panofsky [New York,] 25. März 1943 March 25, 1943 Lieber Herr Professor Panofsky: ich bin so froh, Ihnen mitteilen zu koennen, dass mir eine Guggenheim-Fellowship zugesprochen worden ist. Gestern erhielt ich von Mr. Moe die wunderbare Nachricht. Sie moegen sich vorstellen, wie gluecklich wir sind. Nun ist vieles leichter. Ich kann Ihnen davon nicht schreiben, ohne Ihnen von Herzen fuer die Unterstuetzung zu danken die sie mir freundlichst gewaehrten. Es scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen, dass das Gewicht Ihrer Empfehlung entscheidend zu meinen Gunsten sprach. Besteht irgendeine Moeglichkeit, dass Sie und Ihre Gattin bald einmal nach New York kommen? In diesem Falle waere es uns eine grosse Freude, wenn Sie einen Abend bei uns verbraechten. Wir rechnen damit, dass Sie uns wissen lassen, sobald sich bei Ihnen eine solche Moeglichkeit ergibt. Meine Frau hatte wochenlang mit einer schweren Erkaeltung zu tun und ist erst jetzt wieder soweit genesen. Ich habe das erste (mehr theoretische) Kapitel meines Buchs ueber den deutschen Film begonnen. Wir hoffen, dass bei Ihnen alles sehr gut geht. Mit den freundlichsten Gruessen, auch von meiner Frau, fuer Sie und Ihre Gattin, Ihr [Siegfried Kracauer]
Briefe
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16-18
ms. Brief, 1 Bl. Dg. die wunderbare Nachricht: Bescheid vom 23. März 1943 ( K N DLA, Moe an Kracauer). Eine im Nachlaßkonvolut »Guggenheim Foundation« vorhandene, hektographierte Liste der Stipendiaten für den Vergabezeitraum 1 9 4 3 - 1 9 4 4 n e n n t u.a. die Kunsthistoriker Walter Friedländer (vgl. Brief Nr. 18) u n d George Kubler (vgl. Briefe Nr. 61—62) sowie den Architekten Eric (Erich) Mendelsohn u n d den emigrierten russischen Schriftsteller Vladimir Nabokov. das erste (mehr theoretische Kapitel) meines Buchs: Vgl. K N - D L A , Konv. »Von Caligari zu Hitler«, M a p p e »Vorbericht u. Kap. 1 - 4 Frühfassung«, darin: »Chapter 1«, Ts., 31 Bl. m. hs. Notiz am oberen Rand der ersten Seite: »End 5/24/43«, das heißt am 24. Mai 1943 abgeschlossen. Darin enthaltene weitergehende theoretische Ausführungen gingen lediglich summarisch in die kurzgefaßte allgemeine »Introduction« zu »From Caligari to Hitler« (S. 3 - 1 1 ; dt., S. 9 - 1 8 ) ein, u m erst in der »Theory of Film« (New York 1960; dt., Ffm. 1964 [= Schriften 3]) systematisch ausgeführt zu werden.
18 Panofsky an Kracauer Princeton, 27. März 1943 THE INSTITUTE FOR ADVANCED
STUDY
P R I N C E T O N , N E W JERSEY
27 März 1943 Lieber Dr. Kracauer, Vielen Dank für Ihren freundlichen Brief und herzlichsten Glückwunsch - um so herzlicher als Ihr Erfolg nicht auf Kosten des guten Friedlaender gegangen ist, was Sie gewiss ebenso freuen wird wie mich. Es ist beinahe ein Wunder, daß die Anträge, die mir am meisten am Herzen lagen, beide durchgegangen sind. Es ist sehr reizend von Ihnen, mich in New York bei sich sehen zu wollen. Aber da N.Y.U. auf meine wertvollen Dienste verzichtet hat, komme ich nur selten »ins Dorf«; und wenn, meist »on the spur of the moment« und in ziemlicher Hetze. Wenn es sich mal gibt, werde ich Sie einfach auf gut Glück antelephonieren. Da ich jetzt garnicht mehr lehre und nur, supposedly, für mich arbeite, fühle ich mich etwas gestrandet. »Research« ist fein; aber wenn ein alter Professor plötzlich nur auf seinen Schreibtisch angewiesen ist, ist es einigermaßen so, als ob er ausschließlich von Fraises Cardinal leben sollte, die auch — als Dessert - eine feine Sache sind, aber nicht Brot und Schmorbraten ersetzen können. Ich hätte große Lust, »to get away from it all,« aber dann natürlich ganz weit, wozu eine kleine, aber, wegen meines Alters, wirklich nur ganz kleine, Aussicht besteht. Mit vielen Grüßen von Haus zu Haus, Ihr Erwin Panofsky.
hs. Brief m. gedr. Briefkopf, 1 Bl., beidseitig beschr. nicht auf Kosten des guten Friedländer: Vgl. A n m e r k u n g zum vorausgegangenen Brief sowie eine unter der Uberschrift »Guggenheim Fellowships in the Field of Art«, im Magazine of Art 36.4 (1943), S. 150, erschienene
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Briefwechsel Kracauer -
Panofsky
Notiz mit der Vorstellung der Stipendiaten: »In the writing field: Dr. Siegfried Kracauer, of the Museum of Modern Art Film Library, will do a history of the German film from the last World War to today; Dr. Walter Friedlaender of New York University's Institute of Fine Arts, a monograph on Caravaggio and his period« (erschienen als: Caravaggio Studies, Princeton 1955). Kracauer selbst schrieb am 29. März 1943 an Friedländer: »Lieber Freund, ist es nicht wunderbar, dass wir beide die Guggenheim fellowship bekommen haben ... Wir sind uebergluecklich mit diesem schoenen Doppelereignis. Und ausserdem empfinden wir das nahe Beieinander unserer beider Namen im Guggenheim-Bericht als Symbol, das in der nachdrücklichsten und freundlichsten Weise auf unsere Verbundenheit hinweist« (KN DLA). N.Y.U.: New York University. Panofsky las dort erst im Jahr 1945 wieder. kleine Aussicht: nicht ermittelt.
19 Kracauer an Panofsky New York, 17. Dezember 1943 56 West 7 5 t h Street N e w York City En 2 - 1 3 9 4 Dec. 17, 1943 Lieber H e r r Professor Panofsky: Von Freundesseite b e k a m ich vor kurzem endlich Ihren »Dürer« geliehen. Lassen Sie m i c h wenigstens m i t ein paar W o r t e n a n d e u t e n , welchen Genuss m i r die Lektüre verschaffte. Was ich darin so beglückend finde, ist jene Transparenz, die d u r c h die Vereinigung präziser Konjektur u n d echter Imagination entsteht. Dies Buch bestaetigt auf grossartige Weise, dass sich die wahre Interpretation von D o k u m e n t e n n u r aus der Analyse ihrer kleinsten Elemente ergibt. Es ist wunderbar, wie allmählich u n d unmerklich aus d e m N a c h e i n a n d e r Ihrer Interpolationen ein Gesamtbild herauswächst - dieses Ganze, von d e m viele glauben, es sei sozusagen auf A n h i e b hin greifbar. Ebenso gut k ö n n t e m a n den Schmetterlingsstaub greifen. Selbstverständlich ist die Versuchung gross, von irgendeinem weitgespannten G e d a n k e n auszugehen, der scheinbar das Ganze deckt, u n d d a n n deduktiv z u m Einzelnen vorzudringen. Aber m a n k o m m t nicht wirklich z u m Einzelnen auf diese Weise. D i e höchste Reife der Interpretation scheint mir d o r t erreicht, wo, wie bei I h n e n , das Ganze nicht a m A n f a n g einfach gesetzt wird, sondern a m E n d e als Ergebnis vieler E r f a h r u n g e n d u r c h schimmert, wo es nicht als aufdringliche B e h a u p t u n g , sondern als unaufdringliche Folge erscheint. So ist Ihre D e u t u n g der »Melancholie« aufgebaut; ich wüsste nicht, was ich ihr schon rein kompositorisch an die Seite setzen k ö n n t e , u m v o m Inhalt ganz zu schweigen. Es ist, als sei der Stich eine nahezu u n e i n n e h m b a r e Festung, die Sie von allen Seiten umzingeln u n d d a n n einer intensiven Belagerung aussetzen; bis die Festung den i m m e r neuen Wellen der D e u t u n g s m o t i v e nicht laenger standhalten k a n n u n d die weisse Fahne hisst. ( D u r c h d e n Gegenstand veranlasst, bin ich in die mittelalterliche Kriegstechnik zurückverschlagen worden.) N u r einer solchen Belagerung erschliesst sich das Innere des Bildes; n u r weil sie vorausgegangen ist, k a n n Ihre Schlussformulierung, dass die Melancholie »a spiritual self-portrait of Dürer« sei, eine solche Leuchtkraft erhalten. D a ich kein Kunsthistoriker von Profession, geschweige d e n n ein D ü r e r - K e n n e r bin, ist mir leider jeder K o m m e n t a r verwehrt, der Sie als spezifischer Beitrag interessieren k ö n n t e . Ich vermag n u r gerade im allgemeinen zu sagen, wie sehr m i c h viele Detail-Interpretationen entzückten u n d informierten; so der Nachweis, dass das Porträt von D ü r e r s Vater auch ein Selbstporträt ist; die Erklärung des
Briefe
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Selbstporträts »Imitatio Christi;« die Ableitung individueller Inhalte aus der Natur der Graphik; die Analyse der Diskrepanz zwischen den Perspektiven im »Ecce homo«-woodcut; der aus der Unübersetzbarkeit des Worts »Handzeichnung« gezogene Schluss, dass die Deutschen gerne das Besondere gegen das Allgemeine ausspielen. Es ist immer, als ob man durch ein in die Wand gebohrtes Löchelchen auf eine unermesslich weite Landschaft blickte. (Nach einer undeutlichen Erinnerung zu urteilen, scheint mir in Wölflflin's Buch die Wand nicht so sehr durchlöchert als mit Deskriptionen bedeckt gewesen zu sein.) Von uns ist nichts neues zu berichten. Mein Manuskript rückt langsam voran. Wir haben nicht die Hoffnung aufgegeben, dass Sie einmal die Zusage aus Ihrem letzten Brief wahrmachen und, wenn Sie in New York sind, »einfach auf gut Glück antelephonieren«, sodass wir uns einmal wiedersehen. Wir beide senden Ihnen und Ihrer lieben Frau Gemahlin viele gute Wünsche für Weihnachten und 1944. Mit den freundlichsten Grüssen Ihr [Siegfried Kracauer]
ms. Brief, 2 Bl. Dg. Ihren »Dürer«: Albrecht Dürer, Princeton 1943 (dt., übers, v. Liese Lotte Möller, M ü n c h e n 1977). Deutung der »Melancholie«: Dürers Kupferstich »Melencholia I«; vgl. ebd, S. 1 5 6 - 1 7 1 ; dt., S. 2 0 8 - 2 2 9 . Festung / Belagerung: Vielleicht eine Anspielung auch auf Dürers Stich »Belagerung einer Festung«; vgl. ebd., S. 217; dt., S. 289. mittellalterliche
Kriegstechnik: Im Vorwort hatte Panofsky sich dafür entschuldigt, »for not having discussed
D ü r e r s Treatise on the T h e o r y of Fortification, the object of which is plainly beyond his compass«. Ebd., S. ix; dt., S. viii. »a spiritual self-portrait of Dürer«: Vgl. ebd., S. 171 ; dt., S. 229. Nachweis / Selbstporträt: d.h. ein Selbstporträt Albrecht Dürers d.A. (Zeichnung, Wien, Albertina), in Gegenüberstellung zu Dürers frühem Selbstbildnis von 1484 (Wien, Albertina). Vgl. ebd., S. 16; dt., S. 20f. und Abb. 1 - 2 . Erklärung
des Selbstporträts
»Imitatio
Christi«:
Dürers Selbstbildnis von 1500 (Gemälde, M ü n c h e n , Alte
Pinakothek). Vgl. ebd., S. 4 3 ; dt., S. 57f. u n d Abb. 110. Ableitung
individueller
Inhalte aus der Natur der Graphik: Vgl. Panofskys Erklärung der Dürerschen »pre-
ference for the graphic media« als (unter den vorherrschenden Bedingungen des Auftragwesens, denen anders seine Malerei unterlag) »the most appropriate means of expression for a m i n d dominated by the idea of 'originality'«. Ebd., S. 44 u n d ff. ; dt., S. 59 u n d ff. Diskrepanz zwischen den Perspektiven im »Ecce homon-woodcut:
Panofsky hatte eine Verletzung der Regeln der
Zentralperspektive - die Verschiedenheit der Fluchtpunkte in Dürers Holzschnitt aus dem Zyklus der »Großen Passion« - als vom Künstler beabsichtigt erklärt, »als visuell symbolisch für den Gegensatz zwischen dem Heiland u n d der 'feindlichen' Menge«. Ebd., S. 60; dt., S. 81. Unübersetzbarkeit
des Worts Handzeichnung
/ das Besondere gegen das Allgemeine ausspielen: In der Schlußpassa-
ge des Buchs hatte Panofsky geschrieben: »It is illuminating that no European language has an equivalent for the German word 'Handriss' and 'Handzeichnung' ('hand drawing') which stress the fact that the hand of an individual person has rested o n this very piece of paper, imparting to it a sentimental value not unlike that of a personal souvenir or even a letter - a hand written letter, a hand-signed document, a hand-embroidered handkerchief.« Ebd., S. 284, dt., S. 377f.: undeutlichen Erinnerung / Wöljflin's Buch: Heinrich Wölfflin, Die Kunst Albrecht Dürers, M ü n c h e n 1905, ist in der Erstausgabe in Kracauers Bibliothek vorhanden (KN DLA), kam aber möglicherweise erst nach dem
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Briefwechsel Kracauer — Panofiky
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Zu Brief 19, Brief 20
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the Warburg tradition
the Warburg traditiow
Professor Klibansky: Raymond Klibansky, geboren 1905 in Paris, studierte klassische Philologie, Philosophie u n d Archäologie in Heidelberg (bei Rickert, Jaspers, G u n d o l f u n d E. R. Curtius), Kiel (bei Tönnies) und H a m b u r g (bei Cassirer), wo er in enge Verbindung zur Bibliothek Warburg trat, war von 1931 bis 1933 Privatdozent in Heidelberg u n d Herausgeber der Werke des Cusanus (Bd 1, Leipzig 1932) u n d des Meister Eckhart (mit Bd. 1, Leipzig 1934 abgebrochen), emigrierte 1933 nach England u n d lehrte u n d forschte seither in Oxford u n d London sowie seit 1946 an der McGill University in Montreal; Mitverfasser von »Saturn and Melancholy« (mit Panofsky u n d Saxl; vgl. A n m . zum Brief Nr. 69); vgl. Klibanskys »Vorwort zur deutschen Ausgabe«, Ffm. 1990, S. 1 1 - 3 0 , sowie das gemeinsam mit Panofsky verfaßte »Preface« von 1964; dt., S. 3 1 - 3 3 . Dr. Lotte Labowsky: geb. 1905 in H a m b u r g , gest. 1991 in Oxford, studierte klassische Philologie u n d Philosophie in M ü n c h e n u n d Heidelberg, war Mitarbeiterin der von der Bibliothek Warburg herausgegebenen »Kulturwissenschaftlichen Bibliographie z u m Nachleben der Antike« (Bd. 1, Leipzig/Berlin 1934; engl., London 1934, Bd. 2 u. d. T.: A Bibliography of the Survival of the Classics, London 1938), n a h m 1933 an der Rettungsaktion für die Bibliothek Warburg teil, emigrierte 1934 nach England u n d arbeitete seither am Warburg Institute, Mitherausgeberin der Bde. 1 u n d 3 des »Plato Latinus« (London 1940 u n d 1953) u n d der vom Warburg Institute herausgegebenen »Mediaeval and Renaissance Studies«. Census
of Antiquities
known
to the
Renaissance:
Census of Antique Works of Art Known to
Renaissance Artists, ein 1 9 4 7 - 4 9 gegründetes fortlaufendes, inzwischen computergestütztes Gemeinschaftsprojekt, heute mit der Bibliotheca Hertziana in Rom und der Getty Foundation in Malibu, Kalifornien. Phyllis Bober: Phyllis Pray Bober, geboren 1920, studierte Archäologie und Kunstgeschichte am Institute of Fine Arts der N e w York University, Mitbegründerin des Census-Projekts. Mrs. Frankfort:
Enriqueta Frankfort, geb. Harris, geb. 1910 in London, arbeitete seit 1947 am Warburg
Institute, von 1949 bis 1970 als Kuratorin der photographischen Sammlung. »llustrated
Bartsch«:
Johann Adam Ritter von Bartsch ( 1 7 5 7 - 1 8 2 1 ) , österreichischer Kupferstecher u n d
Kunstschriftsteller, Begründer der modernen Kupferstichwissenschaft, veröffentlichte seit 1794 eine Reihe kritisch beschreibender Katalogwerke; Le Peintre-Graveur (1821). T h e Illustrated Bartsch, Gesamtherausgeber Walter L. Strauss (seit 1988 John T. Spike), N e w York 1978ff (Bd. 164, 1992), erfaßt die vor 1800 produzierte Druckgraphik einschließlich der Buchillustration. Epistolario
of Lorenzo
de' Medici:
Lorenzo de' Medici, Lettere, unter der Gesamtherausgeberschaft
von Nicolai Rubinstein, Firenze 1977ff., bislang 6 Bde. erschienen. Annual Reports: T h e Warburg Institute, [seit 1944:] University of London, Annual Report, London 1935ff. the one Arnold Hauser wrote: A.H., T h e Social History of Art, N e w York/London 1951, dt. u.d. T.: Sozialgeschichte der Kunst u n d Literatur, Ffm. u.a. 1953. Arnold Hauser, geboren 1892 in Temesvar, gest. 1978 in Budapest, studierte in Budapest u n d verkehrte zusammen mit Friedrich (Frederick) Antal, Béla Balász, Lajos Fülep, Karl Mannheim, Karl (Charles de) Tolnay in Georg Lukäcs' Budapester »Sonntagskreis«, emigrierte 1919/20 nach Berlin, später nach W i e n u n d 1938 nach England, wo er seit 1951 Kunstgeschichte an der Universität Leeds lehrte. Vgl. Karádi/Vezér (1985). I slaughtered in the Art
Bulletin:
Gombrichs Rezension von Hausers Buch; vgl. T h e Art Bulletin 35
(1953), S. 7 9 - 8 4 ; wieder in: Gombrich, Meditations on a H o b b y Horse; dt., Ffm. 1978, S. 1 5 4 - 1 6 7 . Burckhardt's marvellous essays: Vgl. Jacob Burckhardt, Beiträge zur Kunstgeschichte in Italien. Das Altarbild — das Porträt in der Malerei - die Sammler, Basel 1898; ders., Die Kunst der Betrachtung. Aufsätze und Vorträge zur bildenden Kunst, hrsg. v. H e n n i n g Ritter, Köln 1984. visual images as representation, illustration and emblems: Vgl. Gombrich, Symbolic Images, L o n d o n / N e w York 1972; d t „ Stuttgart 1986. My book: »Art and Illusion«, vgl. A n h a n g II, Anm. zum Brief Nr. 4 u n d Brief Nr. 8. theory of pattern and ornament: Vgl. Gombrich, T h e Sense of Order, Oxford 1979; dt. u.d.T.: O r n a m e n t u n d Kunst, Stuttgart 1982. the concept of style: Das Buch wurde nicht geschrieben; vgl. jedoch Gombrichs Artikel »Style«, in: T h e International Encyclopedia of the Social Sciences, Bd.15, N e w York 1968, S. 3 5 2 - 3 6 1 . time: Gombrichs damalige Überzeugung zu diesem Punkt habe sich »inzwischen noch verstärkt« (briefl. Mitteilung an den Hrsg. vom 22. April 1995).
Brief 10, Dokument 11
107
Anschrift des Briefempfängers: Kracauer verbrachte den August in der Schweiz, bevor er nach Paris und Athen weiterreiste.
11 Auszug aus Kracauers Ts. »Conversations in Europe. July-October I960« THE WARBURG INSTITUTE
Gombrich
Re: Warburg Institute-, (see his letter) Collective projects under way there: 1. The Corpus Platonicum Medii Aevi, documenting the continuity of the Platonic tradition through the Middle Ages in the Latin and Arabic world. (Most of it done by Lotte Labowsky) 2. Census of Antiquities known to the Renaissance — a collection of Renaissance drawings after classical monuments, (with NYU Institute) 3. Preparation of the Epistolario of Lorenzo de' Medici (with an Institute in Florence and the Renaissance Society of America)
As Director of the Warburg Inst., Gombrich favors continuation of strictly orthodox historical studies of individual artists and works. An institution like the Warburg should see to it that all the traditional methods and skills are passed on to the younger generation. Gertrude Bing
Re: Warburg Institute: Bing emphatically against absorption in iconography as an end in itself. Warburg Inst, should not be identified with this trend (so strongly favored by Panofsky). Abe Warburg himself thought of iconography only as a means to an end. Bing palpably worried about Gombrichs emphasis on psychology.
Gertrude Bing
Re: Warburg Institute: Bing wants the Warburg Inst, to get away from its naive concern with the »History of Ideas.« She is now doing a little piece expressing her doubts about the tacit assumption of the coherence of stylistic periods and sequences of ideas.
Ts. 1 Bl., am oberen linken Seitenrand hs. signiert »Dr. Siegfried Kracauer« und am oberen rechten Seitenrand hs. datiert »October, 1960«, von Kracauer auf der Grundlage hs. Gesprächsnotizen vom 11. Juli (Gespräch mit Bing) und vom 17. Juli 1960 (mit Gombrich) für die Bollingen Foundation zusammengestellt. (KN DLA.)
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Anhang II - Kracauer und >the Warburg tradition
the Warburg trad.ition
the Warburg traditiom
Hamburg to come to a decision. In spite, however, of much good will in some quarters the tentative proposals to pay some sort of homage to Warburg's memory have been so half-hearted that I now feel, for the sake of my own and the Institute's dignity, they should not be pursued. As you will see, I should in any case much prefer some assistance from an international body in the English-speaking world. This, of course, is all for your ears alone. The case, I think, speaks for itself, and I know that you will certainly be sympathetic to it. I hope you do not feel that I am putting an undue burden on you, and that if it comes your way you can support my letter to Miss Gillmor with a good conscience. Hoping, to see you and your wife again this summer, and with kindest regards to both of you, Yours sincerely, G. Bing Dr. S. Kracauer 498, Westend Avenue, New York 24, N.Y. U.S.A. ms. Brief, 1 Bl. m. gedr. Briefkopf u. Beilage, 2 Bl. m. ms. Aufdruck »COPY« u. ms. Einfügung im Unterschriftfeld »(signed) G. Bing«. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Warburg Institute und von Miss Anne Marie Meyer. Miss Gillmor: Vaun Gillmor (1911-1976), Assistentin und Sekretärin des Leiters der Bollingen Foundation in- New York. the Hamburg authorities: Uber einige Begleitumstände der Verhandlungen mit den Hamburger Behörden vgl. von Stockhausen (1992), S. 203, Anm. 19; Grolle (1994), S. 156ff.
Beilage: Gertrud Bing an Vaun Gillmor, Bollingen Foundation [London,] 21 März 1962 21st March, 1962. Dear Miss Gillmor, This letter is in the nature of a personal enquiry from me to you and I should be glad if you would answer it on that understanding. This is not meant however to preclude your making use of it in the relevant quarters if you consider it useful. It concerns, simply, the question whether an application from me for a grant from the Bollingen Foundation would, in your opinion, have a chance of success. I am at present engaged on two undertakings. One is an obligation of long standing, namely the writing of a biography of our Institute's founder Aby M. Warburg. In my own, and in a number of other people's opinion this is a worthwhile project because Warburg was a representative of much that was characteristic and has remained valid of 19th and early 20th century scholarship; a pioneer in many fields, including the study of astrology and magic as factors in European cultural history, and besides, a very attractive and interesting personality. It is a long-term job because it involves a t h o r o u g h study of t h e e n o r m o u s a m o u n t s of Warburg's c o r r e s p o n d e n c e w i t h scholars all over t h e
Brief 16, Beilage zu Brief 16
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world and of his scholarly notes consisting of begun and discarded research projects, formulations of results which went through many stages of development, and his life long attempts to arrive at some basic concepts of a philosophy of culture. All these materials are preserved at the Warburg Institute. The other work on which I am engaged is of a smaller scope, and will, I hope, go to the press within this year. On the face of it it is an analysis ofWarburg's language. This is a type of examination which has, as far as I know, not been carried out in the case of any historian because historians are generally expected to write »as it comes«, that is to say to state their results factually without much regard to verbal niceties. Warburg does not conform to this pattern. Not only is his language unusually concise and stimulating: he has also coined a number of terms and phrases which have gone into modern art-historical terminology and influenced historical thinking. And I hope to be able to show that this so-called »method« is to a large extent the outcome of his gift for creative formulation, which led him to discover connections in cultural phenomena up till then considered as belonging to different fields of study and amenable only to separate treatment. As you see, m y two preoccupations belong together. They even help one another insofar as the smaller study of Warburg's language, by going through Warburg's writings one by one in their chronological order, will give a sort of intellectual framework for his life and relieve the biography of matters which would drag out the narrative by lengthy explanations. M y retirement pension is sufficient for my personal needs. But it does not leave me completely free to devote myself exclusively to the job in hand and allows nothing for the secretarial assistance needed to organize the vast legacy of papers. I had hoped to receive some financial help from Warburg's native city Hamburg, but this seems to have met with difficulties. Moreover, a grant from that side would, not unnaturally, carry with it the obligation to write the biography in German. I am reluctant to comply with this condition in view of the present-day position of scholarship and of the fact that the Warburg Institute now belongs to the English-speaking world. Warburg's ideas have found an international audience and much of the work following his lead is carried out in England and the United States. It is in my opinion desirable that a personality from whom so much modern research in the humanities has sprung should come alive to a generation of English-speaking students who know him only from the influence which he exercised. If you think my case is good enough I should like to ask for a grant of $ 4,500 annually, over a period of five years. This amount would relieve me of personal worries and cover my requirements of assistance. At the end of that period I should hope to have a book ready consisting of two parts: a biography supported by Warburg's letters, and an analysis of his thought on the lines of the paper I am trying to write now. The reason for putting this in a personal letter to you is my reluctance to involve Professor Gombrich sooner than necessary. I can of course count on his support if your answer is encouraging and I know that he would even now gladly answer any question you might wish to ask him. With kind regards, Yours sincerely, [G. Bing] Miss Vaun Gillmor, Bollingen Foundation, Inc., 140 East 62nd Street, New York City 21, N.Y. U.S.A.
Anhang II- Kracauer und >the Warburg tradition
the Warburg tradition
the Warburg tradition
the Warburg tradition
eholder. All these intentions are conveved to us simultaneonslv and are
r. der Above: Rogar » Weyden, Miroflore» Altcrpieee: Holy Family, lamenlaHon. ReturreOed CM*» Appearing to »ho Virgin, t. 1437, 28 high, Kalier-friedtich Museum, Berlin. FEBRUARY, 19 5 1
5* Photo: Deutsches Literaturarchiv Marbach
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Volker Breidecker,
»Ferne
Nähe«
hatte. 6 Diese Information ist schon deshalb bemerkenswert, weil sie einer verbreiteten Kritik an Panofskys Selbstverständnis und seinem Werk widerspricht. Panofsky wird häufig eine rein »geistesgeschichtliche«, »gesellschaftsferne«, wenn nicht »modernitätsfeindliche« Grundhaltung attestiert; 7 und während seine noch in Deutschland entwickelte M e t h o d i k Impulse auch aus anderen Wissensgebieten wie der Soziologie, der Psychologie und der Phänomenologie aufgenommen hatte, habe er die Ikonologie im amerikanischen Exil disziplinär, wenn nicht esoterisch eingeengt. Demhingegen war die New School for Social Research, seitdem sie 1 9 3 3 um eine ausschließlich aus europäischen Flüchtlingen zusammengesetzte Graduate Faculty namens »University in Exile« erweitert wurde, eine der zentralen Relaisstationen für die Verbreitung humanwissenschaftlicher Neuansätze europäischer Provenienz. 8 Hier konzentrierten sich deutschsprachige, französische und italienische Vertreter zahlreicher neuer wissenschaftlicher Gebiete und Forschungsrichtungen wie der Phänomenologie und der Gestaltpsychologie, der Psychoanalyse und der Politischen Soziologie, der Kulturanthropologie und des Strukturalismus. Gleichzeitig begegneten sie hier den originären geistigen und wissenschaftlichen Impulsen des Exillandes, wie sie vor allem der Pragmatismus in der Nachfolge von Charles S. Peirce, William James und J o h n Dewey vermittelte. Jene dauerhaft eingerichtete, interdisziplinäre und von dem Sozialphilosophen Horace M . Kallen, dem langjährigen Direktor der New School, geleitete Methodenkonferenz, bei der Panofsky vortrug, zählte auch den aus Deutschland vertriebenen Soziologen Siegfried Kracauer zu ihren Mitgliedern. 9 Es war dies nicht die einzige Bindung Kracauers an die New School, die ihn während seines Pariser Zwischenexils aus einem Selbstbesteuerungsfonds ihrer Fakultätsmitglieder wiederholt unterstützt hatte und an der Organisation seiner Flucht aus Frankreich mitwirkte. 1 0 Seine nach der Ankunft in New York am M o M A aufgenommenen Propagandastudien betrieb Kracauer in enger Zusammenarbeit mit einem verwandten Projekt an der New School: dem »Research Project on Totalitarian Communication« unter der gemeinsamen Leitung des W i e n e r Kunsthistorikers und Psychoanalytikers Ernst Kris, der während seines Londoner Zwischenexils eng mit dem
Warburg Institute
verbunden war, und des vor seiner Emigration an der Berliner Hochschule für Politik lehrenden Soziologen Hans Speier. 1 1 Unter der Rubrik »Forthcoming« kündigte das »Magazine o f Art« vom Februar 1 9 5 1 , auf derselben Seite, die Panofskys Vortrag an der New School nachwies, für die folgende Ausgabe, neben Artikeln von Hellmut L e h m a n n - H a u p t (»German Art Behind the Iron Curtain«), Horst W. Janson (»Beckmann in America«) und Kurt Seligmann (»Simplicity in Art«), auch einen Aufsatz Siegfried Kracau-
6 7
MoA 44.2 (1951), S. 74. Vgl. Landauer (1994); Prange (1994); Wyss (1994); Levin (1995).
8 Vgl. Coser (1984), S. 102-109; Krohn (1987); Rutkoff/Scott (1988). 9 Unter der Rubrik »Affiliations« ist Kracauers Zugehörigkeit auf einem amtlichen Erhebungsbogen (datiert »Nov. 8, 1950«) festgehalten (KN DLA, Konv. »Biographische und Bibliographische Angaben«). Aus einem
Brief von Alfred Schütz an Aron Gurwitch geht hervor, daß die »Conference« bereits im Jahr 1941 existierte (Schütz/Gurwitsch, Briefwechsel 1939-1959, hrsg. von Richard Grathoff, München 1985, S. 91). 10
Vgl. MM, S. 83; KN DLA, Trude Krautheimer an Kracauer, Brief vom 7. Februar 1936; Briefwechsel Kracauer und Emil Lederer; Schütz/Gurwitsch, Briefivechsel, S. 51 f., 55, 57f., 66, 78, 81 und S. 84; Grathoff (1985), S. 9ff. und S. 14. In der Zeitschrift der New School, Social Research 5.3 (1938), S. 3 5 0 - 3 6 0 , schrieb
11
Richard Krautheimer über »Art and Society«. Briefe Nr. 3 , 7 - 1 1 , sowie Anhang II, Briefe Nr. 3 (Anm.) und Nr. 8; KN DLA, Briefwechsel Kracauer/Speier; über die Koordination beider Projekte vgl. Culbert (1993).
»Americaner Schadchen«
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ers über Momentphotographie an. Bei dem im M ä r z 1951 unter der Überschrift »The Photographic Approach« erschienenen, mit Photographien von Talbot, Porter, Weston, Moholy-Nagy, CartierBresson, Atget und anderen illustrierten Artikel handelte es sich u m den gekürzten Vorabdruck eines gleichnamigen Abschnitts aus der Einführung von Kracauers neun Jahre später erschienener »Theory of Film«. 1 2 Offenbar hatte Kracauer seinen Aufsatz Panofsky separat zugesandt, worauf dieser sich mit dem eigenen, nur wenige Wochen zuvor erschienenen Artikel und mit der eingangs zitierten W i d m u n g bedankte. Mehr Interpretationsspielraum läßt der bloße Wortlaut der W i d m u n g nicht zu. Es sind auch keine zugehörigen Briefe vorhanden, die einen näheren Aufschluß geben könnten, zumal die Sendung einem Zeitraum angehört, in dem die in New York und im unweit gelegenen Princeton lebenden Korrespondenten vermutlich keine Briefe, sondern lediglich Weihnachtsgrüße austauschten. 1 3 Es sei denn, beide verkehrten in dieser Zeit telephonisch oder persönlich miteinander oder über gemeinsame Freunde und Bekannte, von denen es eine ganze Reihe gab, was alles sehr gut möglich, indessen nicht mehr nachprüfbar ist. Ziemlich unwahrscheinlich ist jedoch, daß es sich bei dem Widmungswort »adversity«, einem Ausdruck, der im Singular von feststehender Bedeutung (zu deutsch: »Not«, »Notlage«) ist - einer bestimmteren auch als das Shakespearesche »misery« (»Elend«) - , u m mehr oder minder alltägliche Widrigkeiten handeln sollte. Mehr Plausibilität hätte da schon eine Anspielung auf Kracauers professionelle und publizistische Nöte, in welchen Fällen Panofsky des öfteren hilfreich war. 1 4 Damit wäre von den direkten und indirekten Folgen des fiir Kracauer auch nach 1945 fortdauernden Exils die Rede. Von 1933, seit seiner Flucht nach Frankreich, bis Anfang der fünfziger Jahre lebte der institutionell ungebundene, an Lehrtätigkeiten ohnehin durch einen Sprachfehler gehinderte Kracauer beinahe ausschließlich von Autorenhonoraren, Zuwendungen durch Emigrantenorganisationen, Stipendien und kurzfristigen Forschungsaufträgen. In der Nachkriegszeit verschlechterte sich Kracauers persönliche Situation von neuem, denn jetzt hatten heimkehrende amerikanische Soldaten auch t e i der Vergabe von Forschungsmitteln Priorität. 1 5 W i e schon bei seinen ersten Versuchen, sich in Amerika eine neue Existenz als Forscher und Schriftsteller aufzubauen, fand Kracauer Unterstützung bei Panofsky, der ihm mit Referenzen, Empfehlungen und Gutachten zur Seite sprang. In einem früheren Falle, bei Kracauers geistigem Weggefährten Walter Benjamin, für den Hugo von Hofmannsthal Ende der zwanziger Jahre bei Panofsky geworben hatte, verhielt dieser sich abweisend. 1 6 Noch Anfang 1938 lehnte er es offenbar auch ab, sich für Kracauer zu verwenden. »Herrn Professor Panofsky kenne ich nicht persönlich. Ich habe auch keine Ahnung, wie er zu mir steht«, hatte Kracauer aus Paris den Plan seiner Freunde Richard und Trude Krautheimer kommentiert, für die Finanzierung eines Forschungsstipendiums Panofskys Empfehlung einzuholen. 1 7 Zusammen mit dem amerikanischen Kunsthistoriker Meyer Schapiro und dem Soziologen Leo Löwenthal waren die Krautheimers, Kunsthistoriker beide, jahrelang u m die Überwindung sämtlicher Hindernisse bemüht, die einer amerikanischen Einwanderung Kracauers im Wege standen. 1 8
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MoA 44.3 (1951), S. 107-113; Theory of Film, S. 13-23; dt., S 38-50. Briefe Nr. 4 7 ^ 9 . Briefe Nr. 11, 14-15, 1 7 - 1 8 , 2 1 - 3 1 , 3 8 , 4 1 - 4 6 . Vgl. Anm. zum Brief Nr. 35. Vgl. Kemp (1975), S. 6; Brodersen (1991), S. 88ff.; Breidecker (1994a), S. 127f. KN DLA, Kracauer an Richard und Trude Krautheimer, Brief vom 27. Februar 1938. MM, S. 91 ff.; KN DLA, Briefwechsel Kracauer/Löwenthal und Kracauer/Krautheimer; vgl. Anhang II,
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Volker Breidecker, »Ferne Nähe«
Trude Krautheimer zufolge war Panofskys »Absage« damit begründet, daß er »prinzipiell nie jemanden empfehlen« würde, »den er nicht kenne«. 1 9 Panofsky gehörte zu den wenigen Wissenschaftsemigranten, die in den USA beinahe von Anfang an über eine gesicherte Position und erheblichen Einfluß verfügten. Im halbjährlichen Wechsel mit seinen Hamburger Verpflichtungen lehrte er bereits seit 1931 in New York. Ein Jahr nach seiner 1934 endgültig vollzogenen Emigration wurde er an das Princetoner Institute for Advanced Study berufen, dem er auf Lebenszeit angehören sollte. Durch Hilfeersuchen von Emigranten und Fluchtorganisationen stark beansprucht, lag es ihm vermutlich näher, sich um das Schicksal seiner eigenen Freunde, persönlichen Bekannten und Fachkollegen zu k ü m m e r n . Wenn, nach den Briefen zu urteilen, Kracauers existentielles wie intellektuelles Uberleben im amerikanischen Exil dennoch zu einem gutenTeil Panofsky zu verdanken ist, so m u ß dem ein Einstellungswandel vorausgegangen sein, für den andere Gründe als die bloße Emigrantensolidarität maßgeblich gewesen sein dürften. Panofsky scheute alsdann nicht einmal die für einen Gutachter prekäre Situation, neben der Bewerbung seines älteren Freundes Walter Friedländer um ein rares Guggenheim-Stipendien das parallele Ersuchen Kracauers zu unterstützen. Beim Erstantrag waren beide Kandidaten erfolgreich, im Verlängerungsfall wurde Friedländers Antrag jedoch abgelehnt, während Kracauers Stipendium entgegen der Vergabepraxis sogar nochmals über die Zweijahresfrist hinaus ausgedehnt wurde. 2 0 Von »Patronage« ist in den Briefen jedoch nichts zu spüren. Bei aller, sich auch nur langsam anbahnenden, ungezwungenen Herzlichkeit der Verkehrsformen dringt dennoch kein übermäßig vertrauter Umgangston in die Korrespondenz ein. Takt und Distanz bleiben auch dort gewahrt, w o die zwischen einem mit deutschen Idiomen verwobenen Englisch und einem amerikanisierten Deutsch alternierende Diktion der Briefe gleichsam spielerische Akzente von Einmütigkeit setzt, deren manchmal kauzige und schrullige Kunstsprache die mitteleuropäisch geprägte Mundart des New Yorker Einzugsgebiets zu erkennen gibt. Doch selbst Momente oder Phasen, in denen sich eine vorübergehend vertrautere Nähe einstellt, werden im Wechselspiel wieder von sprachlichen Gesten abgelöst, die bei ungebrochener gegenseitiger Aufmerksamkeit neuerliche Entfernung ausdrücken. Symptomatisch dafür gerät die häufig verwandte Grußformel »von Haus zu Haus« in einem der letzten Briefe Panofskys zum augenzwinkernden Selbst- und Fremdzitat - »'from house to house'« 21 —, auch zum Erinnerungszeichen daran, daß man vor der Freundschaft miteinander haltgemacht hatte. Panofsky und Kracauer waren, vermutlich durch Dritte, meist gut über ihre jeweiligen Lebensumstände unterrichtet, so daß nicht jede individuelle Initiative ihren brieflich dokumentierten Niederschlag gefunden haben dürfte. Im Briefverkehr fließt die Anteilnahme am persönlichen Geschick des anderen stets ineinander mit dem Interesse am gerade in Arbeit befindlichen oder soeben fertiggestellten Werk und führt im geglückten Falle zur Entdeckung alter und neuer Übereinstimmungen. W i e oft und wie intensiv der briefliche Gedankenaustausch seine mündliche Fortsetzung gefunden hat, wissen wir nicht. Kracauer war zumindest in den vierziger Jahren wiederholt in der Princetoner Battie Road zu Gast, 2 2 und Panofsky pendelte häufig zu gerne übernommenen
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Briefe Nr. 1-2. Zu Kracauer und Schapiro vgl. Anderson (1991); Belke (1994a); Brief Nr. 3 und Anm. zum Brief Nr. 14; Anhang II, Briefe Nr. 8 und Nr. 12. KN DLA, Trude Krautheimer an Kracauer, Brief vom 7. März 1938. MM, S. 105; Briefe Nr. 17-18, 21-23. »... Pan told us about Friedlaenders not getting it. We are very much worried about him and had long discussions with Pan about it.« (KN DLA, Trude Krautheimer an Kracauer, undatiert von 1944.) Brief Nr. 68. Briefe Nr. 12-16, 21, 30, 39.
»Americaner Schadchen«
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Lehrverpflichtungen »'ins Dorf'«. 2 3 Für die Intensität des mündlichen Austauschs spricht Kracauers melancholische Reminiszenz an »conversations in the Old Continental style - if style I may still say«. 24 Kracauers persönliche Misere änderte sich erst, als die Bollingen Foundation, die auf Panofskys Empfehlung hin die Entstehung der »Theory of Film« mit einem mehrjährigen Stipendium gefördert hatte, ihn in den fünfziger Jahren zum Hauptgutachter und professionellen Advisor ihres im internationalen Maßstab auf die Integration von Philologie und Philosophie, von Kunstgeschichte und Religionswissenschaft, von Psychologie und Sozialanthropologie angelegten Forschungsprogramms verpflichtete. 25 Daneben war Kracauer auch für die Rockefeiler Foundation, die bereits seine Forschungsstelle am M o M A finanziert hatte, und gelegentlich noch für die Guggenheim Foundation tätig, deren Leiter Henry Allan Moe außerdem einer der Trustees des M o M A und desgleichen von Panofskys Princetoner Heimatinstitution war. 26 Fortan unternahm Kracauer beinahe alljährliche Europareisen und kam dabei auch mit dem Londoner Warburg Institute in Berührung. 2 7 Unter den Antragstellern, deren Projekte Kracauer begutachtete, waren deutschsprachige Emigranten - sowie deren amerikanische oder englische Schüler - besonders stark vertreten: Bruno Adler, Gertrud Bing (für eine Biographie Aby Warburgs), Arnold Hauser (»Mannerism«), Jakob Rosenberg, Gershom Scholem (»Sabbatai Zwi«), René Wellek, Edward Elias Lowinsky, Rudolf Carnap, Paul Friedländer, Hermann Frankel, Karl Ludwig Selig, Frederick P Bargebuhr, Paul Oskar Kristeller (»Iter Italicum«), Richard Krautheimer, Alfred Neumeyer, Joseph Peter Stern, Raymond Klibansky und viele andere. 28 O b Kracauer seine Position bei der Bollingen Foundation wiederum Panofsky, der die Stiftung gelegentlich selbst beriet (und dessen gemeinsam mit Dora Panofsky verfaßtes Buch »Pandora's Box« in den von Kurt Wolfis New Yorker Exilverlag Pantheon verlegten »Bollingen Series« erschienen war), oder seinem Freund Meyer Schapiro zu verdanken hatte, ist nicht zu beantworten. 29 Als entscheidenderes Moment bleibt festzuhalten, daß Kracauers vorwiegend anonymes Wirken einen erheblichen Anteil an der Geschichte des Wissenschaftsexils und des interkulturellen Wissens- und Methodentransfers nahm. In diesem Umfeld, das die Verschmelzung von geisteswissenschaftlichen Neuanstößen europäischer Provenienz mit den amerikanischen »humanities« bewirkte - die von Kracauer an Panofsky bewunderte »Vereinigung von scholarship und humanistic approach« 30 - , war die 1940 unter Beteiligung von Panofskys Hamburger Schüler und Aby Warburgs engem Mitarbeiter Edgar Wind gegründete Bollingen Foundation 31 nur eine von mehreren ineinanderwirkenden institutionellen
23
Brief Nr. 18.
24
Brief Nr. 62.
25
K N DLA, Konv. »Bollingen Foundation«; vgl. McGuire (1982), S. 123, 173, 214, 276, 286 und S. 319; MM, S. 107ff.; Briefe Nr. 4 1 - 4 4 ; Anhang II, Briefe Nr. 5, 8 - 1 2 , 15-24, 28.
26
K N D L A , Briefwechsel Kracauer/John Marshall und Kracauer/Moe; über Moes Mehrfachfunktionen vgl.
Bulletin MoMA 11.4 (1944), S. 11; Lynes (1973), S. 225. 27 28
Anhang II, Briefe und Dokumente Nr. 5 - 2 3 . K N DLA, Konv. »Bollingen Foundation«; vgl. auch die Liste der »Bollingen Fellows« bei McGuire (1982), S. 3 1 1 - 3 2 8 .
29
Vgl. McGuire (1982), S. 47, 146, 171f. u. 242; Briefe Nr. 5 1 - 5 3 ; Anderson (1991), S. 21.
30 Brief Nr. 53. 31
Vgl. Anhang II, Anm. zum Brief Nr. 24. Zur Selbstdarstellung der Bollingen Series hieß es regelmäßig im Klappentext der erschienenen Werke: »The Series is concerned especially with comparative religion, symbo-
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Volker Breidecker, »Ferne Nähe«
»Drehscheiben«. N a c h u n d nach wird sich hier zeigen, inwiefern dasselbe Umfeld, das neue, die künstlichen Grenzen der humanwissenschaftlichen Diziplinen ü b e r w i n d e n d e Fragestellungen begünstigte u n d auch akademischen Außenseitern C h a n c e n bot, die im Deutschland der Weimarer Republik k a u m d e n k b a r gewesen wären, bereits Kracauers Rencontre m i t Panofsky befördert hatte. U b e r Panofsky hatte Trude Krautheimer 1938 an Kracauer nach Paris geschrieben: »Er wird b e s t i m m t kein ungünstiges Urteil abgeben, w e n n er offiziell gefragt wird - ob er m e h r tut - ist eine andere Sache.« 3 2 Dieses f ü r Kracauer überlebensnotwendige ' M e h r ' war Panofsky späterhin zu erbringen bereit. In den Briefen brachte er seine Rolle einmal m i t d e m jiddischen W o r t »Schadchen« auf d e n Begriff des »Heiratsvermittlers«. 3 3 Besonderen Wert auf die Publizität solchen W i r k e n s legte er jedoch nicht. Z u seinem nach »Ausschluß der Person« 3 4 trachtenden gelehrten Ethos gehörte es auch hier, d a ß Panofsky, wie er einmal schrieb, sich gerne, »als Reservebatterie, sorgfältig im G e b ü s c h verstecken« 3 5 wollte. H a t t e Panofskys W i d m u n g s t e x t von 1951 also letztlich das »Sturm«, »Schiffbruch« u n d »rettende Insel« zugleich b e d e u t e n d e Exil als solches und als äußere Voraussetzung für das Z u s a m m e n f i n d e n jenes »sonderbaren Gespanns« im Auge? W i r wissen es nicht, u n d wir sollen es wohl auch nicht wissen. Vom Wissen u m d e n literarischen Vorwurf unterstützt, d ü r f e n wir es jedoch mit einigem Recht v e r m u t e n , auch w e n n Panofsky es lieber m i t einem seiner Lieblingsdichter, m i t Morgenstern u n d dessen der A n o n y m i t ä t verpflichteten Kunstfigur Palma Kunkel gehalten hätte: »Schon d a ß hier ihr N a m e lautbar ward, / widerspricht v o l l k o m m e n ihrer Art.« 3 6
»Les extremes se touchent« Das geflügelte W o r t von d e n »stränge bedfellows«, ergänzt u m die Bemerkung »but les extremes se touchent«, findet sich auch in Kracauers p o s t h u m erschienenen Buch »History«. 3 7 D e m Zufall, d e m m a n hier sein Vorrecht einräumen m ö c h t e , steht indessen manches entgegen. Kracauer selbst wollte sein Buch, das in klarer u n d entspannter, m i t Panofskys angelsächsischem Stil vergleichbarer Prosa verfaßt ist, als »Meditationen« 3 8 verstanden wissen u n d rückte es d a m i t nicht n u r in eine b e s t i m m t e Tradition der philosophischen Autobiographie, sondern auch in einen »mittleren«, der Briefgattung benachbarten Genus. D e m Leser, der auf die dialogische Anlage des Geschichtsbuchs achtet, erschließt es sich als das geistige Vermächtnis des Verfassers, das neben einer versteckten intellektuellen Autobiographie auch die Essenz von Kracauers - im doppelten W o r t s i n n e - »Korrespondenzen« mit anderen Gelehrten enthält.
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lism, mythology, philosophy, psychology, social anthropology, archaeology, cultural history, literary criticism, and aesthetics.« KN DLA, Brief vom 13. Januar 1938. Brief Nr. 36. Warnke (1994), S. 53. Brief Nr. 38. Christian Morgenstern, »Muhme Kunkel«, in Palma Kunkel, 4. Aufl., Berlin 1916, Motto (aus »Palmström«); vgl. Briefe Nr. 20, 58 und 65. History, S. 77; dt., S. 79; vgl. Briefe Nr. 60-62 und Nr. 73; Anhang II, Briefe Nr. 17 und Nr. 30. Ebd., S. 60; dt., S. 64; vgl. Kristellers Vorwort, S. xiii; dt., S. 9. Uber »Panofskys Sprache« vgl. Michels (1994).
»Les extrêmes se touchent«
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Die besagte Stelle spielt auf eine Kracauers Verwunderung erweckende Übereinstimmung zweier philosophischer Antipoden an: Von dem Engländer R.G. Collingwood und dem Amerikaner John Dewey ist in Abgrenzung gegenüber historiographischen Positionen die Rede, welche die »Geistesgegenwart« (present-mindedness) mit dem »Gegenwartsinteresse« (present interest) als einem methodologischen Apriori verwechselten. 39 Dem hält Kracauer die Idealtypen des »disengaged research« und »detached scholarship« entgegen, 40 denen unter seinen Zeitgenossen kaum ein anderer Gelehrter verbindlicheren Nachdruck verliehen haben dürfte als Panofsky. Bei der Niederschrift seiner Argumente mag Kracauer an Panofsky, mit dem er sich an dieser Stelle besonders einig wissen konnte, nicht nur aus interessegeleiteter, aber detachierter Ferne, sondern auch im Bewußtsein persönlicher und geistiger Nähe »gedacht« und sich Panofskys Widmung, die beider Verhältnis einmal auf eine humorige Formel brachte, erinnert haben, um sich dieser zur Charakterisierung einer ganz anderen geistigen Konstellation zu bedienen. Von exemplarischer Bedeutung ist an diesem Punkte noch etwas anderes: Auch Werke des Wissens und der Wissenschaft schöpfen zu einem gewissen Grade aus persönlicher und mitunter poetischer Intuition. Als Bedingung und Gefährdung des Erkenntnis- und Interpretationsakts, der deshalb rationaler und überindividueller Kontrollinstanzen bedarf, hat dieses hermeneutische Problem Panofsky wie Kracauer durchgängig beschäftigt. 41 Uns liefert es außerdem Sensoren für die Engführung zweier verschiedener und dennoch miteinander kommunizierender Gattungen von Texten: einerseits brieflichen Dokumenten mit einem entsprechend hohen, aber keineswegs unkontrollierten Anteil an Kundgebungen der jeweiligen Persönlichkeit und andererseits gelehrten Prosatexten, in denen der Persönlichkeitsanteil durch Objektivierung reduziert und durch Rationalisierung kontrolliert ist. Das Experiment, beide Sorten von Texten und Dokumenten einer parallelen Lektüre zu unterziehen, erhält einen zusätzlichen Anreiz aus der Tatsache, daß sie aus der Feder zweier gelehrter Autoren stammen, die man gewöhnlich nicht ohne weiteres zusammensehen würde und die bislang auch kaum nebeneinander oder zusammen gelesen wurden. Beider Werk für sich genommen, blieben die mehr oder minder verhüllten autobiographischen Tiefenschichten hingegen keineswegs unbemerkt. 42 Zwei Texte, in denen dergleichen besonders deutlich hervortritt, harmonieren sogar ihrem Titel und den behandelten Orten nach: »Orpheus in Paris« lautet der Titel der amerikanischen Ausgabe von Kracauers im Pariser Zwischenexil entstandenem Buch über Jacques Offenbach, 43 den deutsch-jüdischen Emigranten des 19. Jahrhunderts, und »Abbot Suger of St-Denis« heißt Panofskys Abhandlung über einen mittelalterlichen Gewährsmann, in dessen Leben und Werk der exilierte Kunsthistoriker auch sein eigenes intellektuelles Profil und die Ängste und Wirren seiner Zeit beim Ausgang des Zweiten Weltkriegs kraft historischer Spiegelung zum impliziten Thema machte. 44 Beide Male handelt es sich um mit Bedacht und mit Takt 39 History, S. 76; dt., S. 78, vgl. das gleichnamige Kapitel, S. 62-79; dt., S. 6 6 - 8 1 . Ebd., S. 77, 81 u. 73 f; dt., S. 79, 83, 76. 41 Vgl. unten, S. 155f. und S. 162ff., sowie bereits Kracauer, Über die Freundschaft, S. 43ff., wo »Kunst«, »Weltanschauung«, »Geschichtsauffassung«, »Gesellschaft« und »Politik« zu »Gebiete(n) des Erkennens« erklärt wurden, in denen, anders als in den »exakten Wissenschaften«, »die ganze Seele zu Recht kommt«; vgl. Anhang II, Brief Nr. 26.
40
42
Für Panofsky vgl. Heckscher (1993), S. 100 u. Il4f.; Moxey (1993); Bätschmann (1994); Reudenbach (1994); für Kracauer: vgl. Schröter (1980), S. 38f.; Mülder (1985), S. 125ff.; Mülder-Bach (1991); Belke (1994b).
43
Vgl. Anm. zum Brief Nr. 9, sowie Brief Nr. 31. Unter diesem Titel wieder in Meaningin the VisualArts (1955), S. 108-145; dt., S. 125-166; vgl. Heckscher (1993), S. 115; Reudenbach (1994); sowie Briefe Nr. 23, 26, 30 und Nr. 36.
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Volker Breidecker, »Ferne Nähe«
gewählte Ausdrucksformen einer present-mindedness und einer historischen Positionsbestimmung vis-à-vis der Gegenwart, die aus einer beinahe ostentativen, »interesselosen« Abgewandtheit dieser gegenüber hervorgeht. Auf solche Durchlässigkeit der Texte für Mehrfachhorizonte und die Vielschichtigkeit der Bedeutungsebenen läßt sich eine Probe machen, deren Resultat die Schlüsselstellung und ideale Scharnierfunktion des brieflichen Mediums unterstreicht, das wie kein anderes dazu befähigt ist, Nähe und Distanz gleichermaßen auszudrücken: Nähe und Distanz zum Adressaten und zum Verfasser des Mitgeteilten ebenso wie zum Gegenstand der Mitteilung selbst. Sucht man nämlich auf bereits beschriebenen Blättern nach einer Präzedenz, einem déjà vu beinahe, für den Rencontre von Kracauer und Panofsky, so wird man zumindest bei ersterem gleich mehrfach fündig: Da existiert zunächst die 1917/18 in der Zeitschrift »Logos« erschienene Abhandlung »Uber die Freundschaft«, an die noch Edgar Wind sich bei Jahrzehnte später gemachter brieflicher Bekanntschaft mit Kracauer prompt erinnerte. 45 Anknüpfend an ein klassisches humanistisches, zwischen Essay, Dialog und Kunstbrief angesiedeltes Genre sowie an die formale Soziologie seines Lehrers Georg Simmel, suchte Kracauer darin, um der Bestimmung des strengen Begriffs der Freundschaft willen, sämtliche diesseits wie jenseits derselben befindlichen Vor-, Misch- und Ubergangsformen herauszuarbeiten. Die aus dem Zusammenwirken von »Zufall« und »Seele« hervorgehende und die bloß kollegiale »Ziel- oder Sachverbindung« überschreitende »Bekanntschaft« hatte Kracauer dort auf den Begriff der »fernen Nähe« gebracht und den daraus hervorgehenden, auf »Austausch« gegründeten Verkehr als »ein Pendeln um den gefundenen Schwerpunkt« bestimmt. 4 6 Neben den dialogischen sind auch die autobiographischen Tiefenschichten des Kracauerschen Exilwerks schon im Frühwerk antizipiert, insbesondere in dem Ende der zwanziger Jahre anonym erschienenen Roman »Ginster«. 4 7 Der Untertitel »Von ihm selbst geschrieben« erneuert ein Stammbuch des aufgeklärten deutschen Judentums, Salomon Maimons »Lebensgeschichte. Von ihm selbst geschrieben«, das 1792 von Karl Philipp Moritz, dem Autor des autobiographischen, »psychologischen« Entwicklungsromans »Anton Reiser« herausgegeben wurde — Bezüge zu Kracauers Werk, die einer gesonderten Untersuchung wert wären. Hier soll nur die einigermaßen verblüffende Probe auf das bislang an eher unscheinbaren Textdetails Freigelegte folgen: Im vierten Kapitel des »Ginster« lernt der Antiheld des Romans einen neuen Freund kennen, Otto, einen Altphilologiestudenten »hinter Brillengläsern«, der im Gespräch stets zu »langen Perioden« ausholte. Von Ginster heißt es: »Ganz von vorne wollte er im Verkehr mit Otto anfangen, ohne Vergangenheit. Bei Begegnungen mit fremden Menschen hatte er bereits öfters diesen Vorsatz gefaßt.« 48 Bis hierhin verkörpert Otto noch einen verbreiteten akademisch-intellektuellen Typus, so sehr die Charakterisierung seines sprachlichen Stils zumal auf die frühen Schriften eines Panofsky zuträfe. 49 Doch im Gespräch, das ausgerechnet über die platonischen Dialoge entbrennt, gibt er sich als Vertreter eines methodischen Paradigmas zu erkennen, das insbesondere die Kunsthistorie, aber auch die Tiefenpsychologie, verändert hatte und das vor allem den Lesern der Detektivromane des Conan Doyle vertraut war - die Morellische Methode des Indizienbeweises: 50
45
Anhang II, Brief Nr. 26.
46
Über die Freundschaft, S. 19, 21 und S. 23.
47
Berlin 1928; Neuausgabe Ffm. 1963 [sowie Schriften 7, S. 7 - 2 4 2 ] ; vgl. Mülder (1985), S. 125ff.
48
Ginster, S. 35.
49
Vgl. Michels (1994), S. 61ff.
50
Vgl. dazu Wind, Art and Anarchy-, dt., S. 40ff., 53ff.; Ginzburg (1983). Zu Kracauers Beschäftigung mit D e t e k t i v l i t e r a t u r vgl. Schriften
5 . 2 , S . 4 4 f f . u. 2 0 2 f . , s o w i e sein T r a k t a t Der
Detektiv-Roman
( 1 9 2 2 — 2 5 ) , in
'Les extrêmes se touchent«
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»'Wenn ich es recht bedenke', sagte Otto, 'übt von allen Methoden zur Bestimmung des Alters der Dialoge jene die größte Anziehungskraft auf mich aus, die nicht von dem Sinn der Werke ausgeht, sondern die belanglosen, unbetonten Worte heranzieht - Worte also, die gewissermaßen im Schatten liegen - und nun nachforscht, ob in datierten Schriften die gleichen Worte mit dem gleichen Inhalt sich finden.'«51 Zwischen Ginster und Otto entwickelt sich daraufhin ein Disput darüber, was eigentlich zu ermitteln wäre, und von Ginster wird gesagt: »Er lobte die Methode, weil sie das Gewicht auf Nebensachen lege und Schleichwege benutze. Sie sei für Detektive geschaffen. 'Nur eben', fügte er hinzu, 'glaube ich nicht, daß es darauf ankommt, die ursprüngliche Wirklichkeit zu ermitteln.' 'Sondern ...?' Otto wischte die Brille ab. 'Kolumbus mußte nach seiner Theorie in Indien landen; er entdeckte Amerika. Nicht anders, meine ich, hätte sich jede Hypothese zu bewähren. Eine Hypothese ist nur unter der Bedingung tauglich, daß sie das beabsichtigte Ziel verfehlt, um ein anderes, unbekanntes zu erreichen.'« 52 »He will find what he did not seek, preciseley for turning his back on it«, heißt es, als Argument gegen Collingwoods (und Benedetto Croces) Theorie des Gegenwartsinteresses vorgebracht, wieder in Kracauers »History« über den detachierten Historiker. 53 Collingwood, der sich auf die durch Agatha Christies Helden Hercule Poirot praktizierte Methode des umweglosen, von der hypothetischen Vorwegnahme des gesuchten Resultats geleiteten Befragens von Quellen und Fakten berief, erhält die Rüge, er habe die falschen Detektivromane gelesen.54 Eine Stelle aus einem Brief Kracauers an Panofsky über seine Arbeit am Caligaribuch liest sich nunmehr als ein beinahe wörtliches Selbstzitat aus dem Dialog zwischen Ginster und Otto: »Manche Ergebnisse überraschen mich, und ich bin gespannt, wie das Ganze ausschauen wird, und was es bedeuten mag. Man fängt so etwas an, mit der Absicht nach Indien zu kommen, und landet unversehens in Amerika.« 55 Als ein »seltsames Gespann« könnten Kracauer und Panofsky schon aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen »Teilkulturen« der vormaligen Weimarer Republik erscheinen, der »intellektuellen« und der »akademischen« Milieus. Mit diesem groben Raster sind die individuellen Biographien aber keinesfalls zur Deckung zu bringen: Kracauer, 1889 in Frankfurt am Main geboren, aus eher bescheidenen Verhältnissen stammend, jedoch im Geiste des assimilierten lokalen Reformjudentums erzogen, gehörte zweifellos zu der von Karl Mannheim so bezeichneten »freischwebenden Intelligenz«. Der Absolvent einer Oberrealschule und ehemalige Schüler des Frankfurter Philantropins, eines bedeutenden, durch die jüdische Gemeinde unterhaltenen gemischten Real- und Reformgymnasiums, war als Student der Technischen Hochschulen von Darmstadt und Berlin hingegen zum Ingenieur, genauer für den Beruf des Architekten bestimmt. Wenn Kracauer ferner in den Fächern
Schriften 1, S. 103-204; vgl. Mülder (1985), S. 35-48; Frisby (1989), S. 134ft und ders. (1990); zu Panofsky vgl. Heckscher (1993), S. 119; Michels (1994), S. 66. 51 52 53 54 55
Ginster, S. 36. Ebd., S. 37. History, S. 77; dt., S. 79. »The moral is that Collingwood should have read more detective novels.« (Ebd., S. 71; dt., S. 74.) Brief Nr. 32.
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Volker Breidecker,
»Ferne
Nähe«
Philosophie und Kunstgeschichte hörte und M a x Scheler und Georg Simmel zu seinen Lehrern zählte, so stand dies weit mehr für geistige als für akademische Prägungen im strengen Sinne. U b e r die neue wissenschaftliche Disziplin der Soziologie, die auch Panofsky noch in reservierte Anführungszeichen setzte 5 6 und die von den etablierten akademischen »Mandarinen« mit Argwohn betrachtet wurde, weil sie den historisch-philologischen Kerndisziplinen die Hegemonie über die Universitäten streitig zu machen suchte, 5 7 verfaßte Kracauer die 1 9 2 2 erschienene Abhandlung »Soziologie als Wissenschaft«. 5 8 W ä h r e n d Simmel ihm die Habilitation nahegelegt haben soll, war Kracauer indessen, im Jahr 1 9 2 0 , in die Feuilleton-Redaktion der liberalen »Frankfurter Zeitung« eingetreten und professionalisierte sich dort zu einem der angesehensten Publizisten der Weimarer Republik und zum streitbaren Kritiker ihrer kulturellen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Äußerungen. Politisch dem linken Spektrum zuzurechnen, wenngleich a u f Unabhängigkeit bedacht und den Traditionen des kritischen Materialismus der westeuropäischen Aufklärung verpflichtet, wurde Kracauer, der unmittelbar nach dem Reichstagsbrand aus Berlin (wohin er 1 9 3 0 versetzt worden war) nach Paris geflohen war, noch im Verlauf des Jahres 1 9 3 3 aus dem Redaktions- und Mitarbeiterstab seiner Zeitung entlassen. Panofsky, der 1 8 9 2 in Hannover geborene Fabrikantensohn aus gleichfalls assimiliertem jüdischen Elternhaus, besuchte im preußischen Berlin das renommierte Joachimsthalsche humanistische Gymnasium und absolvierte anschließend in Freiburg, M ü n c h e n und Berlin eine solide akademische Ausbildung zum Kunsthistoriker. Diesen Hintergrund - großbürgerliche Herkunft, humanistische Erziehung und Kunstgeschichtsstudium - teilte er mit nicht wenigen Generationsgenossen beiderlei Geschlechts aus dem assimilierten deutschen Judentum, dem die universale Humanitätsund Bildungsidee im Geiste Mendelssohns, Lessings, Goethes und der R o m a n t i k zum zentralen Vehikel seiner gesellschaftlichen Emanzipation geworden war. 59 D i e Attraktivität des »Orchideenfachs« Kunstgeschichte war jedoch, außer Bestandteil eines Aufbegehrens gegen die kommerzielle Gebundenheit der Väter, auch symptomatisch dafür, daß einige gehobene akademische wie außerakademische Berufswege den Angehörigen der jüdischen Intelligenz noch immer versperrt waren. Panofskys Karrieresprung vom Privatdozenten zum Ordinarius für Kunstgeschichte verdankte sich einer besonders günstigen, aber ungewöhnlichen Konstellation: dem von einer außeruniversitären institutionellen Position in das akademische Leben ausstrahlenden
Wirken der privatrechtlich
getragenen »Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg« und der lokalen Neugründung der Universität Hamburg, die sich, ähnlich wie die in denselben Jahren neu eingerichtete Frankfurter Universität, insbesondere auch jüdischen
Wissenschaftlern öffnete. 6 0 Insofern war nicht allein
Panofskys persönliche Laufbahn, sondern auch die Begründung des neuen kunstgeschichtlichen Zweigs der Ikonologie - vergleichbar etwa mit der Berufung Karl M a n n h e i m s nach Frankfurt und der Etablierung der Wissenssoziologie — das Ergebnis mehr einer Randlage als einer Zentrallage im System einer sich auch akademisch zunehmend regionalisierenden Weimarer Republik. Ahnlich wie im Falle der Soziologie, erfolgte der künftige, internationale und nach dem Zweiten Weltkrieg auf Deutschland zurückwirkende Aufstieg der mit Panofskys Namen verbundenen Ikonologie folglich
56 57
Brief Nr. 4. Vgl. Ringer (1983); Hoeges (1994).
58
Wieder in Schriften 1, S. 7 - 1 0 1 ; vgl. Mülder (1985), S. 2 4 - 3 5 .
59
Vgl. Mosse (1992), der ferner exemplarisch über Warburg schreibt: »... für ihn und für andere Intellektuelle war das Judentum im Grunde identisch mit der Bildungsidee« (ebd., S. 86).
60
Vgl. Buchthal ( 1 9 9 1 ) ; Dilly ( 1 9 9 4 ) ; Wendland ( 1 9 9 4 ) ; Bredekamp ( 1 9 9 4 ) .
»Les extrêmes se touchent«
143
nicht trotz, sondern gerade aufgrund des Wissenschaftsexils, von dem die Vertreter innovativer und kreativer Forschungsrichtungen auch am unmittelbarsten betroffen waren. Kracauer und Panofsky gelten beide als Protagonisten neuer und schulemachenden Forschungstraditionen: der »Kritischen Theorie« und der »Ikonologie«. Die Problematik solcher Zuordnungen einmal dahingestellt, steht beider Ruf in enger Verbindung mit dem nachhaltigen Wirken zweier prominenter Geistestraditionen deutscher Provenienz: der »Hamburger Schule« des Kreises um Aby Warburg und die »Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg« hier und der »Frankfurter Schule« um das 1924 gegründete »Institut für Sozialforschung« dort. Die damit berührten rezeptions- und wissenschaftsgeschichtlichen Horizonte mußten den beteiligten Akteuren selbst weitgehend verborgen bleiben. Panofskys Erfolgsgeschichte als Kunsthistoriker war seit 1933, trotz allen fortdauernden persönlichen und geistigen Bindungen an den ehemals Hamburger Kreis und dessen Begründer, nicht mehr unmittelbar mit dem Schicksal der nach London emigrierten Warburg-Bibliothek verknüpft. Ungleich komplizierter aber war das Verhältnis Kracauers zu seinen Freunden und Bekannten vom Frankfurter Institut für Sozialforschung, das 1933 über Genf und Paris an die New Yorker Columbia University emigrierte. Schon frühzeitig war es durch persönliche Rivalitäten und Querelen belastet: Adorno begleitete die publizistische Professionalisierung seines älteren Freundes und einstigen Mentors nicht ohne intellektuelle Ressentiments; Horkheimer sah die Forschungen des Instituts durch den geistigen Verbündeten publizistisch nicht genügend gewürdigt; und der hochempfindliche Kracauer reagierte stets äußerst gereizt auf Ubergriffe in sein Metier und Eingriffe in seine Arbeit. 61 Hinzu kamen gravierende sachliche und methodische Differenzen, die im Exil an Bedeutung eher zu- als abnahmen. Und auf besonders schmerzliche Weise überlagert war dieses schon an sich recht problematische Verhältnis noch durch eine jahrzehntelange Verkettung von Reibungen, Verletzungen und Zerwürfnissen zwischen den beiden engen Freunden Adorno und Kracauer. 62 Zusammengenommen, hatte dies zur Folge, daß Kracauer, so sehr es als der frühzeitige Inspirator und Wegweiser der »Kritischen Theorie« gelten kann, 63 dem »Institut für Sozialforschung« auch im Exil niemals angehörte. Adorno, als er Kracauer im Herbst 1936 für den - gleichzeitig Horkheimer unterbreiteten 64 - Plan einer »Kollektivuntersuchung« über Reklame und Propaganda zu gewinnen suchte, erhielt zur Antwort: »Nach den verschiedenen Abweisungen, die mir vom Institut zuteil geworden sind, ist eine von mir ausgehende Anknüpfung unmöglich. Völlig unmöglich. So unmöglich, daß ich jede andere Verbindung suchen würde und werde, nur eben nicht diese.«65
61
K N DLA, Briefwechsel Kracauers mit Adorno, Horkheimer u n d Leo Löwenthal.
62
Vgl. Horkheimer, Briefwechsel 1913-1936,
1937-1940,
hrsg. von Gunzelin Schmid Noerr, Ffm. 1995 [= GS
15, 16], passim; Adorno/Benjamin, Briefwechsel 1928-1940,
hrsg. von Henri Lonitz, Ffm. 1994, passim; Jay
(1985), S. 2 1 6 - 2 3 6 ; Witte (1987); Wiggershaus (1990). »... als D u ja von uns zuerst die Probleme der Aufklärung neu in Angriff g e n o m m e n hast«, schreibt A d o r n o an Kracauer mit der Aufforderung verbunden, Ernst Cassirers im Vorjahr erschienenes Werk Die der Aufklärung
Philosophie
kritisch zu besprechen ( K N DLA, Brief vom 12. Januar 1933; zit. nach Mülder-Bach 1990a,
S. 372). Vgl. Schlüpmann (1990), S. 269. 64
Briefe Adornos an Horkheimer vom 25. Juni, vom 30. Oktober u n d vom 23. November 1936, in: Horkheimer GS 15, S. 571, 709 u. S. 737ff.
ß
5 K N DLA, Brief vom 24. O k t o b e r 1936, zit. nach MM, S. 84.
144
Volker Breidecker, »Ferne Nähe«
Dennoch kam es hier und auch späterhin zur punktuellen, obgleich nur selten geglückten Kooperation. Durch Adornos Vermittlung wurde Kracauer mit der individuellen Erarbeitung einer Studie über »Masse und Propaganda« beauftragt. Aufgrund gravierender Eingriffe in das unter dem Titel »Die totalitäre Propaganda« im Jahr 1938 fertiggestellte und zur Veröffentlichung in der »Zeitschrift fiir Sozialforschung« vorgesehene Manuskript, verweigerte der Verfasser jedoch die Druckgenehmigung. 6 6 Als weitere Erschwernis kommt hinzu, daß der skizzierte wissenschaftsgeschichtliche Horizont von den wechselnden Rezeptionsbedürfnissen der Nachgeborenen überlagert ist, die nicht zuletzt nach einem missing link zwischen den beiden »Schulen« suchten. 6 7 Affinitäten und Affiliationen, Ressentiments und Reserven dürften sich den Akteuren jedoch mehr über andere und vielschichtigere Charaktere als über institutionsspezifische Merkmale mitgeteilt haben: über die jeweilige Persönlichkeit, ihr Schicksal und ihr Werk und nicht zuletzt über die pure Neugierde an der fremden Person und ihren Ideen - oder deren Abwehr. Die Bedeutung der allgemeineren wissenschafts- und ideengeschichtlichen Fragestellung soll damit nicht bestritten, sondern konkretisiert und mit ihrem historischen Ort verwoben werden. Diese und verwandte Fragen müßten dazu jedoch vom Kopfe der Ideengeschichte oder »intellectual history« auf die Füße einer materialen Wissenschaftsgeschichte gestellt werden. Sie sollte handeln von Ideen, Begriffen und ihren personellen wie institutionellen Trägern, nicht wie sie allesamt scheinbar außerhalb und gleichsam autochthon, sondern wie sie innerhalb ihrer historischen, von einer Vielzahl anderer als wissenschaftlichen Einwirkungen geprägten Zeit agieren. Neben Institutionen, Projekten und Publikationsmedien, die - wie die bereits genannten - über den engeren Wissenschaftsbetrieb und über dessen Fachgrenzen hinaus als innovative Drehscheiben mit Relaisfunktionen wirken, hätte eine solche Wissenschaftsgeschichte es insbesondere mit der Materialisierung von Ideen und Erkenntnissen zu Texten zu tun: zu Texten, die wiederum mit einer virtuell unbegrenzten Vielzahl anderer Texte auch aus anderen Wissenzweigen in einen Dialog treten. Erst die Rekonstruktion solcher Dialoge und das Auffinden der Drehscheiben, worin die Dialoge sich verzahnen, dürfte im konkreten Fall auch die Antwort auf die Frage ermöglichen, inwiefern Kracauers Liaison ausgerechnet mit Panofsky und das in seinen letzten drei Lebensjahrzehnten immer deutlicher werdende Einschwenken auf Postulate und Inhalte von Gelehrsamkeit, wie sie durch Panofsky und die Warburg-Tradition verkörpert wurden, eine oder jene »andere« und anderswo gesuchte »Verbindung« darstellte, die es Kracauer auch ermöglichte, das, was ihn mit seinen Freunden und Bekannten von der »Frankfurter Schule« verband, mit dem auszugleichen, was ihn andererseits von diesen trennte. Als idealer Vermittler bislang unvermittelter Positionen und als deren beider Korrektiv bliebe Kracauer noch zu entdecken.
66
Näheres dazu unten, S. 153f. und S. 184f.
67
Vgl. die Akten des Symposions »Frankfurter Schule und Kunstgeschichte«, in denen der Name Kracauer allerdings nicht vorkommt: Berndt et. al. (1992, Hrsg.); ferner bereits Kemp (1975); Jesinghausen-Lauster (1985), S. 2 7 8 - 2 8 8 ; Kany (1987); Brodersen (1991); Diers (1992); Warnke (1993), S. 31; Breidecker (1994a), S. 125-128.
Vom Brief zum Buch
145
Vom Brief zum Buch Das »dialogische« Prinzip, so naheliegend es für die Erörterung brieflicher Korrespondenzen erscheint, ist selbst ein theoriebeladenes Konstrukt und in seinem Kern ein über die Humanisten auf die Antike zurückgehender Idealtypus jeder kultivierten Kommunikation, ganz gleich ob ihr Inhalt ein literarischer oder ein außerliterarischer ist. 6 8 Als Ideal nährt es sich gleichwohl von einer »Fiktion«. 6 9 Wer einem anderen brieflich etwas mitteilt, kann von diesem dabei nicht einmal unterbrochen werden. Umgekehrt kann aber auch der M o n o l o g , wie er beispielsweise das monographische Ideal der gelehrten Abhandlung prägt, nicht o h n e den Dialog mit anderen Gelehrten und ihren Schriften auskommen, was gewöhnlich der Anmerkungsapparat und die Bibliographie bezeugen. Auch er beruht also zum guten Teil a u f einer Fiktion. Hier wie dort erfüllt solche Fiktion freilich ihren Sinn. D e r gelehrte M o n o l o g fügt der S u m m e seiner Vorgänger etwas Neues hinzu, er besetzt gewissermaßen eine »Leerstelle«. Zugleich ist er jedoch den Regelwerken und Traditionen seines Fachs sowie der Aufsicht seiner Fachgenossen unterworfen. Demhingegen findet der Dialog zweier Gelehrter, wo er nicht die akademische Form des Disputs a n n i m m t , gewöhnlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt und ist frei von jedwedem außersprachlichen Reglement. Die ideale Form und semiliterarische Gattung solcher K o m m u nikation ist von alters her der Brief. Neben der Freiheit des Ausdrucks, der Vielseitigkeit der Inhalte und der Offenheit für Kundgebungen der jeweiligen Persönlichkeit läßt der Brief all diejenigen Spielräume zu, welche Institutionen und ihre Regelsysteme hingegen, weil sie sinnvollerweise von überpersönlichen und versachlichten Interessen geleitet werden, ihren Teilhabern gewöhnlich beschneiden. Deshalb ist es nur scheinbar paradox, wenn der disziplinar und institutionell gebundene Panofsky von den Freiheiten des brieflichen Ausdrucks im allgemeinen einen viel großzügigeren Gebrauch macht als der in beider Hinsicht ungebundene, dafür aber um so mehr auf Formen der Selbstkontrolle angewiesene Kracauer. D e r Ubergänge vom M o n o l o g zum Dialog und umgekehrt gibt es viele, und ihre Formen sind fließend.
Bereits die humanistische Traktatliteratur pflegte die Form des ungezwungenen persönli-
chen oder brieflichen Dialogs. Umgekehrt waren die Privatbriefe der Humanisten zugleich »Kunstbriefe« und hatten nicht nur »von vornherein einen literarischen Anstrich«, sondern waren »mit dem Gedanken an ein Lesepublikum« geschrieben. 7 0 In Deutschland überlebte der gelehrte Briefwechsel aus humanistischer Tradition im R a h m e n einer bürgerlichen Briefkultur, die nach 1 9 3 3 verstummte. Die Vertreibung und Vernichtung der in Mitteleuropa lebenden Juden, denen das humanistische Bildungsideal und die Kultivierung der gehobenen sprachlichen Ausdrucksformen entscheidende Vehikel ihrer Emanzipation inmitten einer mehr oder minder feindseligen Umgebung waren, bedeutete auch das Ende der bürgerlich-humanistischen Bildungswelt. Allerdings hatte die Versprengung deutsch-jüdischer Intellektueller, Gelehrter und Wissenschaftler ins Exil mit seinen neuen sozialen und geographischen Infrastrukturen auch gesteigerte Mitteilungsbedürfnisse zur Folge, die, selbst wenn sie von den Nöten des alltäglichen Lebens und berufli-
68
Vgl. Bachtin (1979); Stierle/Warning (1984, Hrsg.); sowie Kracauer, »Das zeugende Gespräch« (1923), wieder in Über die Freundschaft, S. 83-95, sowie Schriften 5.1, S. 2 2 2 - 2 2 8 .
® Mattenklott/Schlaffer/Schlaffer (1988), S. 15. Kristeller, Humanismus und Renaissance, hrsg. von Eckhard Keßler, München 1974-76, Bd. II, S. 223; zur Renaissance als einem »dialogischen« Zeitalter par excellence vgl. Batkin (1981), S. 265ff.; Stierle (1984), S. 306ff.
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Volker Breidecker, »Ferne Nähe
• New York, Columbia University Zellschan, Ruth 70 Zelter, Carl Friedrich 62 Zohlen, Gerwin 149, 201 Zürich 105
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