Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung [1 ed.] 9783428540860, 9783428140862

Investorenvereinbarungen kommen bei Übernahmen in Deutschland zunehmend zur Anwendung. Rechtsfragen in diesem Kontext si

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German Pages 261 Year 2013

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Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung [1 ed.]
 9783428540860, 9783428140862

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 64

Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung Von

Tilman L. P. Steinert

Duncker & Humblot · Berlin

TILMAN L. P. STEINERT

Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 64

Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung Von

Tilman L. P. Steinert

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14086-2 (Print) ISBN 978-3-428-54086-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-84086-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Treu und Glauben

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Jahr 2012 unter dem Titel „Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung“ beim Dekan der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München eingereicht. Tag der mündlichen Prüfung war der 17. Dezember 2012. Ausgewählte Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum Dezember 2012 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Lorenz Fastrich für die Betreuung dieser Arbeit. Ebenso möchte ich Herrn Professor Dr. Lars Klöhn, LL.M., für die Erstellung des Zweitgutachtens danken. Berlin, im Januar 2013

Tilman L. P. Steinert

Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme . . . . . . . . . . . . . . I. Verhinderungsverbot gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG . . . . . . . . . . . II. Mögliche Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gegenangebot auf Aktien des Bieters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schaffung kartellrechtlicher Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gewinnung eines befreundeten Investors. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kapitalmarktrechtliche Hindernisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Begründung des Finanzausschusses als Argument für die Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Unzulässigkeit der Ausnutzung allgemeiner Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aktienrechtliche Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Grundsätzliche Problematik einer Anerkennung eines Gesellschaftsinteresses zur Übernahmeabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Unzulässigkeit einer Ermächtigung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Andere Bewertung aufgrund Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen gemäß § 33 WpÜG? . . . . . . . (dd) Ermittlung am konkreten Einzelfall . . . . . . . . . . . . (c) Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss. . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Suche nach einem konkurrierenden Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme mittels einer Investorenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Zulässigkeit und typische Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gründe für den Abschluss einer Investorenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . III. Regelungen zur Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stimmbindungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unvereinbarkeit mit § 136 Absatz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wortlaut des § 136 Absatz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abgrenzung offene und konkretisierte Stimmbindung . . . . . (4) Einflussnahme auch bei konkretisierter Stimmbindung möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Schutz der aktienrechtlichen Kompetenzordnung durch § 136 Absatz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Ausgestaltung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Schutz der Autonomie der Hauptversammlung gegenüber der Verwaltung durch § 136 Absatz 2 AktG . . . . . (c) Kompetenzüberschneidungen kein Argument für Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beispiele unzulässiger Stimmbindungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stimmbindungen hinsichtlich Verwaltungskontrolle und -überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Beispiel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Beispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Beispiel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Keine Unwirksamkeit aufgrund bestehender Interessenskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stimmbindungen hinsichtlich Grundlagenentscheidungen . . c) Erfassung von Stimmverzichten von § 136 Absatz 2 AktG . . . . d) Korrektur aufgrund Verwaltungsvollmacht?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulässigkeit einer Verwaltungsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Folgerungen für die Stimmbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Keine Rechtfertigung durch Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veräußerungsbeschränkungen und Vereinbarungen über die Beteiligungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine allgemeine Neutralitätspflicht hinsichtlich Aktionärskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unzulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen (1) Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (2) Zielgerichtete Eingriffe in die Aktionärsstruktur nur bei Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unvereinbarkeit mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Veräußerung von Aktien durch Aktionäre keine Maßnahme der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Analogie zu § 136 Absatz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Keine Zuständigkeit der Hauptversammlung hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen. . . . . . . . . . . (5) Quasi-dingliche Wirkung durch Verweigerung der Eintragung ins Aktienregister? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Keine Rechtfertigung durch Vorteile einer Veräußerungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorschlagsrecht zugunsten der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsverbindliches Benennungsrecht der Zielgesellschaft. (2) Unverbindliches Vorschlagsrecht der Zielgesellschaft . . . . . (a) Unverbindliches Vorschlagsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vorkaufsrecht zugunsten der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vereinbarung über eine Höchstbeteiligungsquote . . . . . . . . . . . . . (1) Aktienrechtliche Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übernahmerechtliche Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vereinbarung über eine Mindestbeteiligungsquote . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . a) Benennungsrechte zugunsten des Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wahlzusage zugunsten des Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Benennungsrechte des Bieters gegenüber der Gesellschaft . (3) Benennungsrechte des Bieters gegenüber dem Aufsichtsrat (4) Vereinbarung von Bemühensklauseln ohne Erfüllungsanspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Rechtliche Schranken von Bemühensklauseln . . . . . . . . (b) Ausgestaltung von Bemühensklauseln . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gerichtliche Bestellung gemäß § 104 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schaffung einer Vakanz im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ausgestaltung einer Vereinbarung über die gerichtliche Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis c) Absprachen hinsichtlich besonderer Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unterstützung des Geschäftsmodells der Zielgesellschaft und Vertrauen in bestehendes Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusagen hinsichtlich Geschäftsmodell und Geschäftsstrategie . . b) Zusagen hinsichtlich bestehenden Managements . . . . . . . . . . . . . . c) Bindungswirkung der Investorenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätzliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unmittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . (3) Mittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . (a) Rechtsverbindliche Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Faktische Einflussnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusicherungen des Bieters hinsichtlich Arbeitnehmern und Betriebsstandorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung. . . . . . . . . 1. Deal-Protection Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Empfehlung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Break-Up-Fee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exklusivvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) No-Shop Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) No-Talk Vereinbarungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angebotspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Laufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Abschlusszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Besonderheiten in einer Übernahmesituation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Durchsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemein zur Person des Garanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsstellung des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Treuhänder zugunsten der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderungen an die Person des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechte des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationsansprüche aus eigenem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Informationsansprüche gegenüber der Zielgesellschaft . . . . . . . . (1) Ausgestaltung der Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unternehmensinteresse als Schranke des Informationsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verschwiegenheitspflicht des Vorstands gemäß § 93 Absatz 1 Satz 3 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Erfordernis einer Vertraulichkeitsvereinbarung. . . . . . . . (c) Begrenzung der Informationsweitergabe durch Aufgabenbereich des Garanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Rechtsfolgen ohne Abwägung im Einzelfall. . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Informationsansprüche gegenüber dem Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine umfassenden Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Garant auch zur Sicherung der Interessen des Bieters (b) Entgegenstehendes Unternehmensinteresse im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recht zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmbindungen zugunsten des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Zulässigkeit von Stimmbindungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen das Verbot von Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erforderlichkeit des Ausschlusses des Weisungsrechts gegenüber dem Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erfassung von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 3 AktG. . . . . . . . (3) Erfassung von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG. . . . . . . . (a) Bestimmung des Inhalts der Stimmbindung durch die Zielgesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bestimmung des Inhalts der Stimmbindung durch den Garanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Vereinbarungen unmittelbar gegenüber dem Garanten . . . . Ermächtigung zur Durchsetzung der Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchsetzung von gegenüber der Zielgesellschaft bestehenden Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unübertragbarkeit der Leitungsmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übertragung nur von vorbereitenden und ausführenden Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Rechtfertigung durch besondere Aufgabe des Garanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 199 200 201 201 203 204 205 205 206 207 207 209 211 211 212 213 214 216 217 218 220 220 221 223 224 227 228 228 229 232 232

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Inhaltsverzeichnis

III.

IV.

V.

b) Durchsetzung von unmittelbar gegenüber dem Garanten bestehenden Verpflichtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten und Verantwortlichkeit des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflicht zum Tätigwerden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verantwortlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausscheiden des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beendigung der Tätigkeit des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Folgen eines Ausscheidens des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschließende Bewertung des Einsetzens eines Garanten . . . . . . . . . . . .

233 234 235 235 236 237 237 237 239

E. Resümee in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Abkürzungsverzeichnis §/§§ a. A. Abs. a. D. a. F. AktG Alt. Anm. arg. Az. BaFin BB Begr. BGB BGBl. BGH BGHZ BT-Drucks. bzw. CFL DB DCGK ders. d.h. DStR e. A. Einf Einl f. ff. Fn. FS GbR ggf. GmbH GmbHG

Paragraf/Paragrafen andere Auffassung Absatz außer Dienst alte Fassung Aktiengesetz (Rechtsform und Zeitschrift) Alternative Anmerkung Argumentum Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater Begründer Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Drucksache des Deutschen Bundestages beziehungsweise Corporate Finance Law Der Betrieb Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe das heißt Deutsches Steuerrecht eine Ansicht Einführung Einleitung folgend fortfolgend Fußnote Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

16 GroßKomm h. M. Hrsg. Hs. JuS JZ KölnKomm KStG LG M&A MontanMitbestG MünchKomm m. w. N. NaStraG n. F. NJW Nr. NZG Rn. S. str. Var. vgl. Vorb. WM WpHG WpÜG z. B. ZGR ZHR ZIP

Abkürzungsverzeichnis Großkommentar herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz Juristische Schulung Juristenzeitung Kölner Kommentar Körperschaftsteuergesetz Landgericht Mergers and Acquisitions Montan-Mitbestimmungsgesetz Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Randnummer Seite streitig Variante vergleiche Vorbemerkung Wertpapiermitteilungen – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Gesetz für Wertpapierhandel Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

A. Einführung Rechtsfragen im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmen waren schon Gegenstand einer Vielzahl wissenschaftlicher Beiträge und Arbeiten.1 Öffentliche Übernahmen werfen aber immer wieder neue Rechtsfragen auf. So auch die der Arbeit zugrunde liegende Übernahme der Continental AG durch die Schaeffler KG im Jahr 2008, welche Anstoß zum Verfassen der vorliegenden Untersuchung gab.2 Stark verkürzt und vereinfacht spielte sich die Übernahme wie folgt ab3: In einem Gespräch unter Führungskräften der beiden Gesellschaften am 11.07.2008 eröffnete Schaeffler Continental, Zugriff auf 36% der Aktien der Continental zu haben und erklärte in einem weiteren Gespräch am 14.07.2011, den Zugriff voll ausüben und ein öffentliches Übernahmeangebot auf die Aktien der Continental abgeben zu wollen. Neben Aktien und auf Grundlage von Finanzinstrumenten in Höhe von zusammen 7,92% der Aktien der Continental, hat Schaeffler in Geld auszugleichende Swap Geschäfte abgeschlossen, durch welche ihr weitere 28% der Aktien angedient werden konnten.4 Aufgrund der Swap Geschäfte war es Schaeffler möglich, den Zugriff auf die 28% der Aktien im Verborgenen zu erlangen, ohne dass hierdurch Mitteilungspflichten ausgelöst wurden.5 Somit überraschte diese Information Continental. Continental formierte daraufhin ein Abwehrteam, welches sich insbesondere darauf konzentrierte, zum einen einen befreundeten Investor zu finden und zum anderen die Swap Geschäfte Schaefflers auszuhebeln. Am 15.07.2008 veröffentlichte Schaeffler sodann die Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots auf die Aktien der Continental. In seiner Stellungnahme vom 16.07.2008 1 Vgl. nur zu den Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft gemäß § 33 WpÜG Nachweise bei Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33. 2 Von der genauen Firmierung von Gesellschaften wird im Laufe der Arbeit abgesehen. 3 Eine anschauliche Darstellung des Sachverhalts bietet der Bericht der FTD-online „Der Conti-Deal“, Teil 1–4, abrufbar unter www.ftd.de. 4 Bei den Swap Geschäften handelte es sich um sogenannte cash settled total return equity swaps; vgl. zur rechtlichen Bewertung Cascante/Topf, AG 2009, 53, 60 ff.; Krause, AG 2011, 469 ff.; Schiessl, Der Konzern 2009, 291 ff. 5 Cash settled total return equity swap Geschäfte lösten nach umstrittener Auffassung bislang die Mitteilungspflichten nach § 25 WpHG nicht aus, da diese kein Recht, sondern allein die Möglichkeit zum Erwerb von Aktien begründen. Durch die Einführung des § 25a WpHG werden reine Erwerbsmöglichkeiten aber nunmehr den Mitteilungspflichten unterworfen, siehe hierzu unten unter B.II.5.

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A. Einführung

lehnte der Vorstand der Continental das Übernahmeangebot mit deutlichen Worten ab.6 Eine weitere Ablehung erfolgte durch die gemeinsame Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Continental vom 13.08.2008.7 Im Hintergrund versuchte Continental die Übernahme abzuwehren, zugleich aber auch eine Einigung mit Schaeffler zu erreichen. Bei dem Versuch der Übernahmeabwehr scheiterte Continental sowohl damit, einen Investor zu finden, der bereit wäre, ein Gegenangebot auf die Aktien der Continental abzugeben oder zumindest eine Beteiligung an der Continental einzugehen, welche das Übernahmeangebot für Schaeffler uninteressant machen würde, als auch damit, die Ausübung der umstrittenen Swap Geschäfte durch die BaFin untersagen zu lassen.8 Die Angebotsunterlage von Schaeffler an die Aktionäre der Continental wurde am 30.07.2008 veröffentlicht. Nachdem Continental feststellen musste, sich nicht wirksam gegen den Übernahmeversuch wehren zu können, versuchte Continental in Verhandlungen mit Schaeffler, letzteren möglichst weitgehende Zugeständnisse zur Sicherung der Interessen Continentals abzusprechen. So verhandelten Continental und Schaeffler eine Investorenvereinbarung aus, durch welche die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien beigelegt werden sollten. Der Abschluss der Investorenvereinbarung erfolgte am 21.08.2008.9 Darin verpflichtete sich Schaeffler unter anderem, den Angebotspreis für das Übernahmeangebot zu erhöhen und machte weitreichende Zusagen zur Sicherung der Interessen der Continental. Ferner wurde als Garant Herr Bundeskanzler a. D. Dr. Gerhard Schröder gewonnen. Der Garant ist nach der Investorenvereinbarung insbesondere mit der Aufgabe betraut, die Interessen der Continental, ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen Stakeholder aus der Investorenvereinbarung gegenüber Schaeffler jederzeit gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Continental verpflichtete sich in der Investorenvereinbarung im Gegenzug, keine Maßnahmen vorzunehmen, durch welche der Erfolg der Übernahme gefährdet werden könnte.10 Etwaige weitere Verpflichtungen seitens Continentals wurden nicht veröffentlicht. In der Folge erhöhte Schaeffler entsprechend der Investorenvereinbarung den Angebotspreis. Das Übernahmeangebot wurde von 6 Vgl. Investor News Continental vom 16.07.2008, abrufbar unter www.contionline.com. 7 Abrufbar unter www.conti-online.com. 8 Zur Darlegung der Rechtswidrigkeit des Vorgehens Schaefflers mittels der Swap Geschäfte wurden unter anderem Prof. Dr. Mathias Habersack und Prof. Dr. Christoph Seibt beauftragt, vgl. Investor News Continental vom 30.07.2008, abrufbar unter www.conti-online.com. 9 Vgl. Ad-hoc Mitteilung Continental vom 21.08.2008, abrufbar unter www. conti-online.com. 10 Vgl. Wertpapierprospekt der Continental vom 11.01.2010, S. 184 f., abrufbar unter www.conti-online.com.

A. Einführung

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der großen Mehrheit der Aktionäre angenommen. Aufgrund der Investorenvereinbarung ist Schaeffler allerdings für einen Zeitraum von vier Jahren verpflichtet, ihre Beteiligung an der Continental auf 49,99% der Stimmrechte zu begrenzen, so dass sich Schaeffler anschließend von einem entsprechenden Anteil der Aktien trennte. Das Übernahmeverfahren wurde Anfang 2009 abgeschlossen.11 Der Übernahmekampf zwischen Continental und Schaeffler zeigt exemplarisch auf, dass sich die Zielgesellschaft häufig nicht wirksam gegen einen feindlichen Übernahmeversuch verteidigen kann. Andererseits wird deutlich, dass die Durchführung einer bis zum Ende nicht von der Verwaltung der Zielgesellschaft unterstützten Übernahme ebensowenig im Interesse des Bieters liegen kann. In diesem Fall bietet sich der Abschluss einer Investorenvereinbarung an, in welcher die Parteien ihre Interessen so aushandeln, dass die Übernahme letztendlich doch einvernehmlich erfolgt. Bislang einmalig in der Übernahmepraxis ist die Einschaltung eines Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft. An diesen drei Komplexen orientiert sich auch der Aufbau der vorliegenden Untersuchung. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind Investorenvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmen. Als Investorenvereinbarung wird eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und einem Investor anlässlich eines Beteiligungserwerbs bezeichnet.12 Dabei liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Frage, ob und inwieweit die Zielgesellschaft ihre Interessen und Unabhängigkeit gegenüber dem Bieter mittels einer Investorenvereinbarung wirksam sichern kann. In einem ersten Schritt werden die wichtigsten Möglichkeiten zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs dargestellt, wobei sich herausstellen wird, dass einer wirkungsvollen Übernahmeabwehr enge Grenzen gezogen sind.13 Im zweiten Schritt widmet sich die Arbeit sodann der Frage, ob und inwieweit die Zielgesellschaft ihre Interessen und Unabhängigkeit gegenüber dem Bieter mittels einer Investorenvereinbarung sichern kann.14 Die Zulässigkeit einer Investorenvereinbarung bei öffentlichen Übernahmen hat bislang nur vereinzelt Beachtung in Rechtsprechung und Literatur gefunden.15 Dies gibt Anlass, sich mit der Zulässigkeit und möglichen Regelungsgehalten einer Investorenvereinbarung näher auseinander11 Vgl. nur manager magazin online vom 08.01.2009 „Schaeffler bei Conti am Ziel“, abrufbar unter www.managermagazin.de. 12 Kiem, AG 2009, 301; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 196; siehe hierzu unten unter C.I. 13 Siehe hierzu sogleich unter B. 14 Siehe hierzu unten unter C.

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A. Einführung

zusetzen, zumal sich Investorenvereinbarungen in der Praxis einer zunehmenden Beliebtheit erfreuen.16 Die Arbeit wird dabei aufzeigen, dass der rechtlichen Zulässigkeit von Vereinbarungen zwischen Aktionär einerseits und Aktiengesellschaft andererseits insbesondere die abschließende aktienrechtliche Kompetenzordnung sowie die Grundkonzeption der Aktiengesellschaft als offene Publikumsgesellschaft entgegenstehen können. Schließlich wird das Instrument eines Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft aus der Investorenvereinbarung näher untersucht und bewertet.17 Eine rechtliche Würdigung des Garanten hat bislang kaum stattgefunden.18 Dabei wird der Frage nachgegangen, ob und inwieweit das Einschalten eines Garanten geeignet ist, die Interessen der Zielgesellschaft aus der Investorenvereinbarung zu sichern. Hier wird sich zeigen, dass das Einschalten eines Garanten ein sinnvolles Instrument zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter darstellen kann.

15 So in der Entscheidung des LG Hannover, ZIP 2009, 761, 763 f., wobei die Entscheidung die Zulässigkeit einer Investorenvereinbarung unterstellt, ohne hierauf näher einzugehen; aus der Literatur Kiem, AG 2009, 301 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195 ff.; zu Teilbereichen einer Investorenvereinbarung Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397 ff.; zum Business Combination Agreement OLG München, Az. 7 AktG 2/12; OLG München, Az. 7 AktG 3/11 (= NZG 2012, 261 ff.); LG München, NZG 2012, 1152 ff.; Decher, FS Hüffer, 2010, 145 ff.; ein Business Combination Agreement ist einer Investorenvereinbarung ähnlich, siehe hierzu unten unter C.I. 16 Kiem, AG 2009, 301; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195; als Beispiele aus der Praxis, auf welche die Arbeit an verschiedenen Stellen rekurriert, sind zu nennen: Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler; Vereinbarung über die Zusammenführung von Unternehmen (Business Combination Agreement) zwischen Demag Cranes und Terex; Investorenvereinbarung zwischen D+S europe und Pyramus (Investment Vehikel des Private Equity Fonds Apax); Business Combination Agreement zwischen W.E.T. Automotive Systems und Amerigon. 17 Siehe hierzu unten unter D. 18 In der Rechtsprechung wird der Garant in der Entscheidung des LG Hannover, ZIP 2009, 761, 764 genannt; in der Literatur beschäftigt sich bislang allein der Beitrag von Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200 f. mit dem Instrument eines Garanten.

B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Frage, welche Mittel dem Vorstand der Zielgesellschaft zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs zur Verfügung stehen. Dabei konzentrieren sich die Ausführungen auf die wichtigsten zur Übernahmeabwehr in Betracht kommenden Maßnahmen.

I. Verhinderungsverbot gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG Bevor auf die einzelnen Abwehrmaßnahmen eingegangen wird, soll zunächst ein kurzer Überblick über die Vorschrift des § 33 Absatz 1 WpÜG gegeben werden, da die Vorschrift die zentrale Verhaltensnorm des Vorstands der Zielgesellschaft während eines Angebotsverfahrens bildet.1 Gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG darf der Vorstand der Zielgesellschaft ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots gemäß § 10 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 WpÜG keine Handlungen mehr vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Den Vorstand der Zielgesellschaft trifft ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich ein Verhinderungsverbot für den Zeitraum des Angebotsverfahrens, welches seinen Handlungsspielraum in Übernahmesituationen einschränkt.2 Das Verhinderungsverbot dient insbesondere 1

Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 1. Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 26; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 53; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 10, je m. w. N. Das Verhinderungsverbot wird auch als „Neutralitätspflicht“ oder „Neutralitätsgebot“ des Vorstands bezeichnet, was jedoch irreführend ist. Die Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, dass vor Einführung des WpÜG zum 01. Januar 2002 und insbesondere der Vorschrift des § 33 WpÜG keine Regelung bestand, welche die Verhaltenspflichten des Vorstands in einer Übernahmesituation bestimmte. Daher wurde versucht, die Verhaltenspflichten des Vorstands aus allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätzen herzuleiten. Hieraus ergab sich die Auffassung in unterschiedlichen Ausprägungen, der Vorstand habe sich neutral gegenüber dem Übernahmeangebot zu verhalten. Die Auffassung einer strikten Neutralitätspflicht des Vorstands in einer Übernahmesituation ist zumindest seit Einführung der Vorschriften der §§ 27 Absatz 1, 33 Absatz 1 Satz 2 WpÜG überholt. Nach der neuen gesetzlichen Lage kann nicht mehr davon ausgegangen werden, der Vorstand dürfe 2

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

dazu, dass den Aktionären durch die Verwaltung nicht die Möglichkeit genommen werden soll, selbst über das Übernahmeangebot zu entscheiden. „Diese Entscheidungsfreiheit würde eingeschränkt, wenn Vorstand oder Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ohne weiteres durch eigenständige Entscheidungen den Erfolg eines Übernahmeangebots verhindern können.“3 Das Verhinderungsverbot wird allerdings durch die in § 33 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 WpÜG genannten zulässigen Handlungen wiederum durchbrochen. Ferner sind Abwehrmaßnahmen zulässig, die von einer Ad-hoc Hauptversammlung, welche der Vorstand unter den erleichterten Bedingungen des § 16 Absatz 4 WpÜG einberufen kann, während des Angebotsverfahrens beschlossen wurden.4 Bei der Beurteilung der Frage, ob Handlungen des Vorstands verhinderungseignende Wirkung im Sinne von § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG zukommt, ist darauf abzustellen, ob die Handlungen objektiv geeignet sind, den Erfolg des Angebotes zu verhindern.5 Dies ist dann der Fall, wenn die erfolgreiche Durchführung der fraglichen Maßnahme den Aktionären die Möglichkeit nimmt oder diese einschränkt, selbst über die Annahme oder Ablehnung des Angebots zu entscheiden und die Verwaltung der Zielgesellschaft damit die Entscheidung der Aktionäre durch ihre eigene ersetzen würde.6 § 33 WpÜG schafft so einen sachgerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen, an einer Übernahme beteiligten Interessen.7 Zum einen soll das Interesse der Aktionäre geschützt werden, durch Maßnahmen der Verwaltung nicht verhindert oder beeinträchtigt zu werden, über die Annahme eines Übernahmeangebots frei zu entscheiden, sofern entsprechende Maßnahmen keine Maßnahmen zur Abwehr eines Übernahmeversuchs vornehmen. Vielmehr trifft den Vorstand ein Verhinderungsverbot, welches ihn aber nicht zur Neutralität gegenüber dem Übernahmeangebot zwingt; siehe zum Meinungsstand vor Einführung des WpÜG insbesondere Hopt, ZGR 1993, 534, 546 ff.; ders., FS Lutter, 2000, 1361, 1375 ff.; ders., in: GroßKomm AktG, § 93 Rn. 122 ff.; Kort, FS Lutter, 2000, 1421, 1432 ff.; Martens, FS Beusch, 1993, 529, 542 ff.; Mülbert, IStR 1999, 83, 87 ff. Von einer Neutralität des Vorstands gegenüber einem Übernahmeangebot ist die Frage einer Neutralität des Vorstands gegenüber der Zusammensetzung des Aktionärskreises zu unterscheiden, siehe hierzu unten unter C.III.2.a). 3 BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 4 Bayer, ZGR 2002, 588, 606; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 89; siehe hierzu unten unter B.II.5.a)(1)(b). 5 BT-Drucks. 14/7034, S. 57; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 19 m. w. N. 6 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 58; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 19. 7 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 6; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 1.

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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der Verwaltung nicht sachlich gerechtfertigt sind oder von den Aktionären autorisiert wurden.8 Zum anderen soll dem potentiellen Interessenskonflikt entgegengewirkt werden, in welchem sich die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats in einer Übernahmesituation typischerweise befinden, da sie nach einer erfolgreichen Übernahme mit dem Verlust oder zumindest der Schwächung ihrer Position rechnen müssen.9 Dabei soll die Zielgesellschaft aber nicht unangemessen in ihrer normalen Geschäftstätigkeit durch das Übernahmeangebot gestört werden, so dass gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 1 WpÜG das Tagesgeschäft und bereits eingeschlagene Unternehmensstrategien weiterverfolgt werden dürfen, vgl. auch § 3 Absatz 4 WpÜG.10

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen Die Maßnahmen, die der Vorstand der Zielgesellschaft ab dem in § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG genannten Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots gemäß § 10 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 WpÜG zur Abwehr des Übernahmeversuchs wirkungsvoll einsetzen kann, sind aufgrund rechtlicher und praktischer Hürden sehr begrenzt. Als mögliche Abwehrmaßnahmen werden in der Literatur insbesondere die Ausgabe von Aktien der Zielgesellschaft, der Erwerb eigener Aktien, die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen, die Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile, ein Gegenangebot auf Aktien des Bieters sowie die Schaffung kartellrechtlicher Hindernisse genannt.11 Daneben kann der Vorstand präventive Maßnahmen zur Abwehr einer Übernahme schaffen. Da im Vorfeld des in § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG genannten Zeitpunkts aufgrund fehlender Vorwirkung das Verhinderungsverbot keine Anwendung findet, richtet sich die Zulässigkeit präventiver Abwehrmaßnahmen nach den allgemeinen aktienrechtlichen Bestimmungen.12 Hinsichtlich der Zulässigkeit einzelner präventiver Abwehrmaßnahmen wird auf die entsprechende Literatur verwiesen.13 8

Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 3. BT-Drucks. 14/7034 S. 57; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 6 f.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 1. 10 BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 11 Vgl. anstatt vieler je mit weiteren Nachweisen Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 82 ff.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 20 ff.; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 82 ff.; Krause, AG 2002, 133 ff.; Überblick bei Arnold/Wenninger, CFL 2010, 79, 87 ff. 12 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 255; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 69. 13 Vgl. anstatt vieler je mit weiteren Nachweisen: Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 169 ff.; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 254 ff.; 9

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Auf die verschiedenen Maßnahmen, die zur Übernahmeabwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs durch den Vorstand der Zielgesellschaft in Betracht kommen, wird im Folgenden kurz eingegangen. Lediglich die Gewinnung eines befreundeten Investors mittels der Ausgabe von Aktien der Zielgesellschaft als Maßnahme der Übernahmeabwehr14 wird ausführlich dargestellt, da die hieraus gefundenen Ergebnisse für den weiteren Verlauf der Arbeit von Bedeutung sind. 1. Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen Als Abwehrmaßnahme kommt die Ausgabe von Schuldverschreibungen mit Wandlungs- oder Bezugsrecht gemäß § 221 AktG in Betracht. Wandelschuldverschreibungen gewähren dem Inhaber das Recht, die Anleihen innerhalb einer bestimmten Frist in Aktien der Gesellschaft umzutauschen (Wandelanleihen) oder gegen Zahlung des Emissionsbetrags zusätzlich Aktien zu beziehen (Optionsanleihen).15 Durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen mit Wandlungs- oder Bezugsrecht kann zwar eine künftig eintretende Stimmrechtsverwässerung der Aktien der Zielgesellschaft aufgrund der Ausübung des Umtauschs- bzw. Bezugsrechts die Kontrollerlangung durch den Bieter erschwert werden.16 Die Effektivität der Ausgabe von Anleihen zur Übernahmeabwehr ist allerdings sehr begrenzt. Zum einen müssen die Anleihen bei befreundeten Aktionären oder Dritten platziert werden, welche Gewähr dafür bieten, weder die Wandlungs- bzw. Bezugsrechte noch die bezogenen Aktien an den Bieter zu veräußern.17 Zum anderen setzt eine gezielte Platzierung bei den entsprechenden Aktionären oder Dritten einen Bezugsrechtsausschluss der übrigen Aktionäre voraus.18 Ein Bezugsrechtsausschluss ist aus kapitalmarktrechtlicher Sicht aber nur unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG oder aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation19 zulässig.20 Zudem wird aus aktienrechtlicher Perspektive die sachliche Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 61 ff.; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 69 ff.; Überblick bei Arnold/Wenninger, CFL 2010, 79, 84 ff.; siehe hierzu auch unten unter B.III. 14 Siehe hierzu unten unter B.II.5. 15 Raiser/Veil, § 17 Rn. 13. 16 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 26. 17 Assmann/Bozenhardt, S. 130. 18 Assmann/Bozenhardt, S. 130. 19 Wird die Hauptversammlung aus Anlass des Übernahmeangebots in der Übernahmesituation einberufen, so wird diese auch als Ad-hoc Hauptversammlung bezeichnet. 20 Siehe hierzu unten unter B.II.5.a)(1).

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses21 allein zur Übernahmeabwehr nur schwer gelingen.22 Aufgrund dieser Hürden stellt die Ausgabe von Wandlungs- oder Optionsanleihen kein wirkungsvolles Instrument zur Übernahmeabwehr dar. 2. Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile Auch die Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile („crown jewels defense“) wird sich in der Praxis in den seltensten Fällen wirkungsvoll als Abwehrinstrument einsetzen lassen.23 Durch die Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile kann die Zielgesellschaft dem Bieter die Grundlage für seine Übernahmeentscheidung entziehen, etwa weil nach der Veräußerung bestimmter Unternehmensteile die Übernahme für den Bieter nicht mehr interessant ist bzw. an Attraktivität verliert.24 Hierbei ist zum einen zu bedenken, dass nur ein Aktiventausch stattfindet, da die Gesellschaft für den Verkauf liquide Mittel erhält. Insoweit ist fraglich, ob die Gesellschaft an Attraktivität einbüßt.25 Zum anderen ist ein solcher Verkauf aktienrechtlichen und praktischen Hindernissen ausgesetzt. Die Veräußerung muss im Unternehmensinteresse liegen, damit der Vorstand nicht seine Pflichten aus §§ 76, 93 AktG verletzt. Erfolgt die Veräußerung ohne strategischen Hintergrund und allein zur Übernahmeabwehr, wird die Veräußerung in der Regel nicht durch das Unternehmensinteresse gerechtfertigt sein. Weiter kann die Veräußerung gegebenenfalls eine Zustimmung der Hauptversammlung nach den Holzmüller-Grundsätzen26 erforderlich machen, welche in der Kürze der Zeit nur schwer einzuholen und in einer Übernahmesituation dazu einem hohen Anfechtungsrisiko ausgesetzt ist. Schließlich muss sich auch ein Käufer finden, der wiederum in der Regel ohne Durchführung einer zeitintensiven Due Diligence der Transaktion nicht zustimmen wird.

21

Vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 221 Rn. 38 ff., insb. Rn. 42. Assmann/Bozenhardt, S. 130 f.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 26; siehe hierzu unten unter B.II.5.a)(2). 23 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 97 ff. 24 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 29. 25 Assmann/Bozenhardt, S. 140 f.; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 97. 26 BGH NJW 1982, 1073 (Holzmüller); konkretisiert durch die BGH NJW 2004, 1860 (Gelatine); vgl. hierzu statt vieler Hüffer AktG, § 119 Rn. 16 ff. 22

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

3. Gegenangebot auf Aktien des Bieters Als weitere Abwehrmaßnahme kommt ein Gegenangebot auf Aktien des Bieters („pac man defense“) in Betracht. Gelingt es der Zielgesellschaft zuerst, 25% des Grundkapitals der Bietergesellschaft zu erwerben (§ 19 Absatz 1 Satz 1 AktG), kann der Einfluss des Bieters aufgrund der Vorschrift des § 328 AktG beschränkt werden.27 Je nach erreichter Beteiligungshöhe kann die Zielgesellschaft auch von den Beschränkungen der §§ 71d, 71 AktG profitieren.28 Damit beginnt ein Wettlauf zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft um die erste Mitteilung der Beteiligungsverhältnisse gemäß §§ 21 f. AktG zur Vermeidung des Stimmrechtsverlusts an der jeweils anderen Gesellschaft.29 Aufgrund praktischer Schwierigkeiten wird ein Gegenangebot in der Praxis aber keine große Bedeutung gewinnen. Grundvoraussetzung eines Gegenangebots ist nämlich, dass es sich bei dem Bieter um eine Gesellschaft mit übernahmefähigem Anteilsbesitz handelt und die Zielgesellschaft überhaupt die Finanzierung leisten kann.30 Zudem wird es kaum möglich sein, innerhalb der kurzen Zeitspanne ein Gegenangebot umzusetzen.31 4. Schaffung kartellrechtlicher Hindernisse Die Schaffung kartellrechtlicher Hindernisse durch den Erwerb eines Unternehmens, das mit dem Bieter im Wettbewerb steht („anti trust defense“), ist ebenfalls regelmäßig keine taugliche Maßnahme zur Übernahmeabwehr. Zwar kann die Übernahme für den Bieter auf diesem Wege erschwert oder unattraktiv gemacht werden, insbesondere wenn die Akquisition weitgehend fremdfinanziert oder ein hoher Liquiditätsbestand abgebaut wird.32 Doch besteht die Möglichkeit, dass sich der Bieter gegenüber dem Bundeskartellamt verpflichtet, den fraglichen Unternehmensteil nach der Übernahme wieder zu veräußern, so dass die Abwehrmaßnahme unterlaufen werden kann.33 Zudem muss die Akquisition im Unternehmensinte27

Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 106 ff. Schanz, NZG 2007, 927, 932; ders., NZG 2000, 337, 344. 29 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 109. 30 Schanz, NZG 2007, 927, 932; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 96. 31 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 109; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger WpÜG, § 33 Rn. 96. 32 Schanz, NZG 2007, 927, 932; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 101. 33 Schanz, NZG 2007, 927, 932; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 32. Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 84 m. w. N. 28

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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resse liegen und auch in der zur Verfügung stehenden Zeit durchgeführt werden können.34 5. Gewinnung eines befreundeten Investors Als wohl wirkungsvollste Abwehrmaßnahme gegen ein feindliches Übernahmeangebot zählt die Ausgabe von Aktien der Zielgesellschaft unter (teilweisem) Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre.35 Diese Abwehrmaßnahme ist besonders wirkungsvoll, wenn die Aktien an einen „befreundeten“ Aktionär oder bislang nicht beteiligten Dritten als befreundeten Investor ausgegeben werden, der bereit ist, eine langfristige Beteiligung an der Zielgesellschaft einzugehen („white squire“).36 Der Höhe nach ist eine Kapitalerhöhung besonders wirkungsvoll, nach deren Durchführung der befreundete Investor eine Sperrminorität an der Zielgesellschaft erlangt, da der Bieter dann ohne Mitwirkung des Investors keine Strukturmaßnahmen in der Zielgesellschaft vornehmen kann.37 Zudem wird eine bereits bestehende Beteiligung des Bieters „verwässert“.38 Damit wird die Übernahme für den Bieter deutlich unattraktiver. Sollte der Investor nicht willens sein, ein eigenes Übernahmeangebot abzugeben39, wird eine Beteiligungsquote unter der übernahmerechtlichen Kontrollschwelle von 30% der Stimmrechte der Zielgesellschaft angestrebt, damit der Investor nicht die Schwelle zur Abgabe eines Pflichtangebots gemäß §§ 35 Absatz 1 Satz 1, 29 Absatz 2 WpÜG überschreitet. Neben einer Kapitalerhöhung kommen zum Beteiligungsaufbau noch verschiedene andere Möglichkeiten in Betracht. Der Beteiligungsaufbau kann natürlich durch einen Erwerb von Aktien über die Börse erfolgen. Allerdings wird der Beteiligungsaufbau bzw. die Aufstockung einer etwaigen bestehenden Beteiligung über die Börse aufgrund der Mitteilungspflichten gemäß §§ 21 ff. WpHG in der Regel nur in geringem Umfang in Frage kommen, da das Auslösen einer Mitteilungspflicht aufgrund Überschreitens einer Meldeschwelle Spekulationen am Markt aufkommen lassen und somit ein kursschonender Kauf nicht mehr möglich sein wird. Gleiches gilt für den Beteiligungsaufbau mittels Finanzinstrumenten gemäß § 25 Absatz 1 34

Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 102. Schanz, NZG 2007, 927, 930; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 23 m. w. N. 36 Krause, BB 2002, 1053, 1055. 37 Wagner, S. 207, 229. 38 Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 91. 39 Beabsichtigt der befreundete Investor seinerseits ein Übernahmeangebot abzugeben, spricht man von einem „weißen Ritter“ bzw. „white knight“, siehe hierzu unten unter B.II.6. 35

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Satz 1, § 2 Absatz 2b WpHG. Ein Beteiligungsaufbau „im Verborgenen“ konnte bislang etwa mit Hilfe sogenannter Swap Geschäfte vorgenommen werden.40 Die Möglichkeit eines stillen Beteiligungsaufbaus soll nach den durch das AnsFuG41 eingeführten Änderungen des WpHG nunmehr ausgeschlossen werden. Aufgrund der Erweiterung des § 25 Absatz 1 Satz 1 WpHG n. F. auf sonstige Instrumente, welche insbesondere die bislang nach der Verwaltungspraxis der BaFin von den Mitteilungspflichten nicht erfassten Rückforderungsansprüche aus Wertpapierleihe und Rückerwerbsansprüche aus Wertpapierpensionsgeschäften umfassen42, sowie der Einführung des § 25a WpHG n. F., welcher auch Instrumente mit einer reinen Erwerbsmöglichkeit erfasst, was insbesondere Swap-Geschäfte betrifft, werden die Möglichkeiten zum stillen Beteiligungsaufbau den kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten unterworfen.43 Außerbörslich kommt der Erwerb von Aktienpaketen von veräußerungswilligen Aktionären der Zielgesellschaft in Betracht. Die vorgenannten Möglichkeiten zum Beteiligungsaufbau seien hier nur angesprochen.44 Von Interesse im vorliegenden Zusammenhang sind die Ausgabe eigener Aktien der Zielgesellschaft im Wege einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital sowie die Veräußerung eigener Aktien der Zielgesellschaft, jeweils unter Ausschluss des Bezugs- bzw. Erwerbsrechts der übrigen Aktionäre. Auf diesem Wege können die Aktien vergleichbar schnell und ohne (erneute) Beteiligung der Hauptversammlung gezielt en bloc beim Investor platziert werden. Eine reguläre Kapitalerhöhung wird trotz des vereinfachten Verfahrens gemäß § 16 Absatz 4 WpÜG in der Regel aus zeitlichen Gründen nicht in Betracht kommen.45 Eine Platzierung der neuen Aktien bei dem befreundeten Investor ist nur unter Ausschluss des Bezugsrechts der (übrigen) Altaktionäre möglich. Ein Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital kann gemäß § 203 Absatz 1 AktG durch die Hauptversammlung in der entsprechenden Ermächtigung selbst erfolgen (Direktausschluss) oder die Hauptversammlung ermächtigt den Vorstand gemäß § 203 40 Bekannte Fälle aus der jüngeren Praxis sind die Übernahmeversuche von Schaeffler/Continental und Porsche/Volkswagen; vgl. hierzu Cascante/Topf, AG 2009, 53, 60 ff.; Krause, AG 2011, 469 ff. m. w. N.; Schiessl, Der Konzern 2009, 291 ff.; ders., AG 2009, 385, 388; siehe hierzu auch schon oben unter A. 41 Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz), BGBl. 2011 Teil I Nr. 14, S. 538 ff., Inkrafttreten der Änderung des § 25 und Einführung des § 25a WpHG zum 01.02.2012. 42 Krause, AG 2011, 469, 474 ff. 43 Krause, AG 2011, 469, 477 ff. 44 Vgl. hierzu Schiessl, AG 2009, 385, 387 f. m. w. N. 45 Siehe hierzu unten unter B.II.5.a)(1)(b).

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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Absatz 2 AktG zum Bezugsrechtsausschluss (Ausschlussermächtigung), wobei letzteres in der Praxis am verbreitetsten ist.46 a) Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss Ob der Vorstand während eines laufenden Übernahmeverfahrens ein genehmigtes Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre ausnutzen darf, wirft sowohl aus kapitalmarktrechtlicher als auch aktienrechtlicher Hinsicht Fragen auf. Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht stellt sich insbesondere die Frage, ob der Vorstand ein bestehendes genehmigtes Kapital auch dann ausnutzen darf, wenn dieses nicht unter den besonderen Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG beschlossen wurde (hierzu sogleich). Aus aktienrechtlicher Hinsicht ist die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses zum Zwecke einer Übernahmeabwehr besonders fraglich.47 (1) Kapitalmarktrechtliche Hindernisse Einer Kapitalerhöhung kommt verhinderungseignende Wirkung im Sinne von § 33 Absatz 1 Satt 1 WpÜG zu, so dass der Vorstand eine solche in einer Übernahmesituation grundsätzlich nicht vornehmen darf.48 Dies gilt erst recht für einen Bezugsrechtsausschluss. Von diesem Verbot kann die Hauptversammlung den Vorstand gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG dispensieren, indem sie ihm eine Ermächtigung erteilt, ein genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluss zur Übernahmeabwehr auszunutzen. Gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG kann die Hauptversammlung den Vorstand zur Vornahme von Handlungen ermächtigen, die grundsätzlich in ihre Zuständigkeit fallen, aber auf die Verwaltung delegiert werden können49, um den 46

Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 84. Siehe hierzu unten unter B.II.5.a)(2). 48 Allgmeine Meinung, vgl. nur Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 21. Beabsichtigt der Vorstand der Zielgesellschaft (zusätzlich) Aktienpakete von veräußerungswilligen Aktionären zu vermitteln, so bedarf er hierzu der Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG, da schon die Vermittlung als verhinderungsgeeignete Maßnahme im Sinne von § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG einzustufen ist. Auch die Suche nach einem befreundeten Investor und die Aufnahme von Gesprächen mit einem solchen sollte nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden, da auch schon dem verhinderungseignende Wirkung zugemessen werden könnte. 49 Die gesellschaftsrechtliche Zuständigkeitsordnung wird durch § 33 WpÜG nicht geändert. Daher können Maßnahmen, die zwar in die Zuständigkeit der Haupt47

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Erfolg von Übernahmeangeboten zu verhindern. Die Zweckbestimmung der Ermächtigung zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen gegen ein feindliches Übernahmeangebot muss sich dabei ausdrücklich aus dem Ermächtigungsbeschluss ergeben.50 In der Praxis haben Vorratsbeschlüsse bislang allerdings kaum eine Bedeutung erlangt.51 Dies ist unter anderem auf die Signale zurückzuführen, die eine solche Vorratsermächtigung an den Kapitalmarkt senden würde. Damit würde impliziert, dass sich die Gesellschaft als potentieller Übernahmekandidat sieht.52 Zudem besteht ein erhöhtes Anfechtungsrisiko solcher Beschlüsse.53 Von wichtiger praktischer Bedeutung ist daher die Frage, ob der Vorstand in einer Übernahmesituation ein genehmigtes Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts als Abwehrinstrument auch dann einsetzen darf, wenn keine Vorratsermächtigung gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG besteht. Dies umso mehr, als Aktiengesellschaften in der Regel über genehmigtes Kapital verfügen. Ob der Vorstand in einer Übernahmesituation auch von allgemeinen Ermächtigungen, d.h. Ermächtigungen der Hauptversammlung ohne ausdrückliche Zwecksetzung zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeangebots Gebrauch machen darf oder nur von solchen, die unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG speziell für eine Übernahmesituation von der Hauptversammlung erteilt wurden, ist umstritten.54 Einer Ausnutzung einer allgemeinen Ermächtigung der Hauptversammlung zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss steht zwar grundsätzlich das Verhinderungsverbot nach § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG entgegen. Doch könnte die Ausnutzung einer allgemeinen Ermächtigung unter Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG zuversammlung fallen, aber nicht delegierbar sind, auch nicht nach § 33 WpÜG auf ein anderes Organ übertragen werden, vgl. Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 96 f. 50 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 76 f. 51 Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 12; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 201 m. w. N. 52 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 201 m. w. N. 53 Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 13; Hirte, in: KölnKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 140. 54 Bejahend Krause, BB 2002, 1053 ff.; ders., AG 2002, 133, 136 f.; Heinrich, S. 214 ff.; Schanz, NJW 2007, 927, 928; Habersack, in: Emmerich/Habersack KonzernR, Vor § 311 Rn. 19 f.; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 139 ff., 169; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 51, 75; im Grundsatz bejahend Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 27, 52 f.; ablehnend Bayer, ZGR 2002, 588, 612 f.; ders., in: MünchKomm, AktG, §§ 202 Rn. 75, 203 Rn. 133; Hirte, ZGR 2002, 623, 641 f., 647 f.; ders., in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 80, 92; kritisch Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 8 f., 12.

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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lässig sein. Denn danach gilt das Verhinderungsverbot nicht für Handlungen, denen der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zugestimmt hat. (a) Begründung des Finanzausschusses als Argument für die Zulässigkeit Für die Zulässigkeit der Ausnutzung bestehender allgemeiner Ermächtigungen der Hauptversammlung spricht die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses. Danach soll die Vorschrift des § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG den Vorstand ausdrücklich zur Durchführung von Abwehrmaßnahmen innerhalb seiner Geschäftsführungskompetenz ermächtigen, wenn der Aufsichtsrat diesen zustimmt.55 Auch schränke die Möglichkeit zur Ermächtigung von Abwehrmaßnahmen durch die Hauptversammlung nach § 33 Absatz 2 WpÜG den Vorstand nicht in der Vornahme von Maßnahmen nach § 33 Absatz 1 Satz 2 WpÜG ein. „Maßnahmen des Vorstands, die auf Ermächtigungen nach anderen Rechtsvorschriften beruhen – wie zum Beispiel die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals nach § 202 AktG [. . .] – können daher vom Vorstand auch während eines Angebots durchgeführt werden, sofern die Anforderungen von § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG eingehalten werden.“56 Die Begründung des Finanzausschusses scheint daher von der Zulässigkeit der Ausnutzung allgemeiner Ermächtigungen des Vorstands zur Übernahmeabwehr unter Zustimmung des Aufsichtsrats auszugehen.57 (b) Unzulässigkeit der Ausnutzung allgemeiner Ermächtigungen Andererseits legt die Vorschrift des § 33 Absatz 2 WpÜG den Schluss nahe, dass auf eine allgemeine Ermächtigung des Vorstands während des in § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG genannten Zeitraums zur Übernahmeabwehr gerade nicht zurückgegriffen werden darf.58 Auch die Ausnutzung einer Vorratsermächtigung im Sinne von § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG bedarf nach § 33 Absatz 2 Satz 4 WpÜG der Zustimmung des Aufsichtsrats. Dies spricht gegen die Zulässigkeit einer gezielten Übernahmeabwehr auf Grundlage einer bestehenden Ermächtigung der Hauptversammlung allein mit Zustimmung des Aufsichtsrats nach Absatz 1 Satz 2 Var. 3.59 Andernfalls würde dies zu einem Wahlrecht des 55

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104. 57 So auch die h. M., vgl. Nachweise Fn. 54, S. 30. 58 So Bayer, ZGR 2002, 588, 612 ff.; Hirte, ZGR 2002, 623, 647 f. 59 Bayer, ZGR 2002, 588, 613; Hirte, ZGR 2002, 623, 648; a. A. Krause, BB 2002, 1053, 1054; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 140. 56

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Vorstands führen, ob er Abwehrmaßnahmen auf Grundlage allgemeiner Ermächtigungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats nach § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG vornimmt oder von der Möglichkeit einer Vorratsermächtigung gemäß Absatz 2 Gebrauch macht.60 Ließe man die Ausnutzung einer bestehenden Ermächtigung mit Zustimmung des Aufsichtsrats nach Absatz 1 Satz 2 Var. 3 zu, wäre die Regelung des Absatz 2 somit im Ergebnis überflüssig.61 Der Vorstand könnte dann alle Abwehrmaßnahmen allein mit Zustimmung des Aufsichtsrats vornehmen.62 Hierfür spricht auch, dass für die Vorratsermächtigung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG besondere Voraussetzungen zum Schutz der Aktionäre bestehen. So darf keine „Blankettermächtigung“ erteilt werden63 Zudem ist eine Vorratsermächtigung gemäß Satz 2 auf einen Zeitraum von 18 Monaten beschränkt und bedarf zu ihrer Ausnutzung einer Zustimmung des Aufsichtsrats. Wäre es dem Vorstand gestattet, auf allgemeine Ermächtigungen der Hauptversammlung zurückzugreifen, bestünde die Gefahr eines Unterlaufens der besonderen Schutzvorschriften zu Gunsten der Aktionäre. Dass dies dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung des § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG trotz der ausdrücklichen Ermächtigung zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen entsprach, erscheint äußert zweifelhaft. Zwar wurde die ursprüngliche Gesetzesfassung, nach welcher erfolgsverhindernde Maßnahmen allein mit Zustimmung der Hauptversammlung möglich sein sollten, zugunsten der Einführung von Absatz 1 Satz 2 Var. 3 geändert.64 Doch hat der Gesetzgeber die Vorschrift des Absatz 2 bewusst nicht gestrichen.65 Schließlich ist zu beachten, dass das Verhinderungsverbot gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG der Grundsatz ist und die Befreiung hiervon gemäß Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 die Ausnahme. Die Aktionäre sollen frei über die Annahme des Angebots entscheiden können.66 Hierzu steht es im Widerspruch, wenn der Vorstand allein mit Zustimmung des Aufsichtsrats jede Art allgemeiner Ermächtigungen der Hauptversammlung, die gerade nicht zum Zweck der Übernahmeabwehr erteilt wurden, ausnutzen dürfte. Aus diesen Gründen kann es dem Vorstand nicht gestattet sein, jede Art allgemeiner Ermächtigung der Hauptversammlung zur Übernahmeabwehr einzusetzen. Zwar spricht die Beschlussempfehlung für die Zulässigkeit der 60

Bayer, ZGR 2002, 588, 613; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 80. Bayer, ZGR 2002, 588, 613; Hirte, ZGR 2002, 623, 641, 648; ders., in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 80. 62 Hirte, ZGR 2002, 623, 641, 648; ders., in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 80. 63 BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 64 Vgl. hierzu Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 2 f. 65 Hirte, ZGR 2002, 623, 641 f. 66 BT-Drucks. 14/7034, S. 57; siehe hierzu oben unter B.I. 61

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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Ausnutzung eines gewöhnlichen genehmigten Kapitals zur Übernahmeabwehr aufgrund einer allgemeinen Ermächtigung der Hauptversammlung. Nicht erwähnt ist jedoch die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses. Vielmehr ist es Voraussetzung für eine Ermächtigung des Vorstands durch den Aufsichtsrat, dass die Maßnahme in die Geschäftsführungskompetenz des Vorstands fällt. Maßnahmen, die nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen, verbleiben weiterhin in ihrer Zuständigkeit.67 Das heißt im Umkehrschluss, dass sich die Zustimmungsmöglichkeit des Aufsichtsrats nur auf Maßnahmen bezieht, die nicht dem Kompetenzvorrang der Hauptversammlung unterliegen.68 Ein Bezugsrechtsausschluss unterliegt aber einem Kompetenzvorrang der Hauptversammlung. Ein Bezugsrechtsausschluss bewirkt einen zielgerichteten und unmittelbaren Eingriff des Vorstands in die Aktionärsstruktur. Ein solcher Eingriff liegt nicht in der originären Kompetenz des Vorstands, sondern ist nur unter Ausnutzung einer Ermächtigung durch die Satzung oder eines qualitativ gleichwertigen Hauptversammlungsbeschlusses zulässig.69 Somit ist zumindest für einen Bezugsrechtsausschluss eine Ermächtigung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG erforderlich.70 Bei einer solchen Auslegung verbleibt auch ein sinnvoller Anwendungsbereich für die Ermächtigung der Hauptversammlung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG. Zudem ist eine Kapitalerhöhung (aus genehmigten Kapital) unter Bezugsrechtsausschluss die wohl wirkungsvollste Abwehrmaßnahme.71 Der Grundsatz der Entscheidung der Aktionäre über das Angebot sowie die Vorschrift des § 33 Absatz 2 WpÜG würden weitgehend entleert, dürfte der Vorstand in einer Übernahmesituation ohne eine ausdrückliche Ermächtigung durch die Hauptversammlung einen Bezugsrechtsausschluss vornehmen. Schließlich wird so ein angemessener Ausgleich geschaffen zwischen der Möglichkeit des Vorstands zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen und der Entscheidung der Aktionäre über das Übernahmeangebot. Auch soweit die Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Verfolgung einer bereits eingeschlagenen Geschäftsstrategie dient, ist diese nicht gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 1 WpÜG zulässig, sondern bedarf einer speziellen Ermächtigung der Hauptversammlung gemäß Absatz 2.72 67

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104. Bayer, ZGR 2002, 588, 614; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 80. 69 Bayer, ZGR 2002, 588, 599, 614; ders., in: MünchKomm, AktG, § 202 Rn. 75; siehe hierzu noch unten unter C.III.2.b). 70 Bayer, ZGR 2002, 588, 614; weitergehend Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 92, 117, wonach § 33 Absatz 2 WpÜG Sperrwirkung gegenüber jeder Art allgemeiner Ermächtigungen der Hauptversammlung entfaltet. 71 Siehe hierzu oben unter B.II.5. 68

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

§ 33 Absatz 2 WpÜG regelt nur Ermächtigungen der Hauptversammlung, die vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots erteilt wurden.73 Nach diesem Zeitpunkt besteht die Möglichkeit, eine Ad-hoc Hauptversammlung einzuberufen.74 Die Zulässigkeit einer Adhoc Hauptversammlung nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots gemäß § 10 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 WpÜG ist allgemein anerkannt.75 Die Ad-hoc Hauptversammlung kann inhaltlich zu allen aus ihrer Sicht zur Übernahmeabwehr geeigneten Maßnahmen ermächtigen, wobei aber die Abwehrmaßnahmen konkret bezeichnet werden müssen.76 Es könnte also insbesondere auch eine reguläre Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts beschlossen werden.77 Die Schaffung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss würde wenig Sinn ergeben. Jedenfalls wäre Voraussetzung für den Bezugsrechtsausschluss, dass dieser nur für diese konkrete Übernahmeabwehr gilt. Der Wirksamkeit einer Ad-hoc Hauptversammlung zur Übernahmeabwehr sind allerdings enge Grenzen gesetzt. Zum einen ist es schwierig, trotz der verkürzten Fristen einen Abwehrbeschluss umzusetzen.78 Zum anderen besteht für solche Beschlüsse ein hohes Anfechtungsrisiko, insbesondere durch den Bieter und ihm nahestehende Personen.79 Daher dürfte die praktische Bedeutung solcher Ad-hoc Hauptversammlungsbeschlüsse sehr gering sein.80 (c) Zwischenergebnis Der Vorstand darf in einer Übernahmesituation eine allgemeine Ermächtigung der Hauptversammlung zu einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts aus kapitalmarktrechtlicher Sicht 72

Bayer, ZGR 2002, 588, 614 ff., insbesondere da Maßnahme in der Regel Dringlichkeit fehlen wird und Gefahr eines Unterlaufens des Verhinderungsverbots besteht. Daher sind nach Satz 2 Var. 1 nur Maßnahmen im originären Zuständigkeitsbereich des Vorstands zulässig; Hirte, ZGR 2002, 623, 635; ders., in: KölnKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 67; a. A. Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 139 ff. 73 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 189. 74 Für eine solche gilt ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 16 Abs. 3, 4 WpÜG. 75 Vgl. nur Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 189 m. w. N. 76 Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 90; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 193; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 58. 77 Siehe hierzu aber noch unten unter B.II.5.a)(2). 78 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 191. 79 Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 89. 80 Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 13.

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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nicht ausnutzen. Die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss unterliegt einem Kompetenzvorrang der Hauptversammlung. Erforderlich ist daher eine Vorratsermächtigung unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG oder ein Beschluss der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation. Die Gewinnung eines befreundeten Investors als Maßnahme der Übernahmeabwehr ist somit aus kapitalmarktrechtlicher Sicht stark eingeschränkt. Die Ausnutzung einer bestehenden Ermächtigung führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Kapitalerhöhung.81 Wird die Kapitalerhöhung zum Handelsregister eingetragen, ist diese im Außenverhältnis wirksam, vgl. § 189 (i. V. m. § 203 Absatz 1) AktG. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Vorstandsentscheidung über die Ausnutzung der Ermächtigung hat. Eine Anfechtung der Vorstandsentscheidung in Analogie zu den Vorschriften über die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen gemäß §§ 241 ff. AktG scheidet aus, da eine solche der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft widerspräche.82 Die Überwachung des Vorstandshandelns obliegt allein dem Aufsichtsrat und nicht der Hauptversammlung.83 Vor der Vornahme der Kapitalerhöhung oder der Eintragung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister kommt eine Unterlassungsklage gegen den Vorstand gerichtet auf das Unterlassen der Durchführung der Kapitalerhöhung bzw. der Eintragung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister in Betracht.84 Nach Vollzug oder anstatt einer Unterlassungsklage kann auch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vorstandsentscheidung geklagt werden.85 (2) Aktienrechtliche Hindernisse Die Vorschrift des § 33 WpÜG lässt die aktienrechtlichen Grundsätze unberührt.86 Die Hauptversammlung bzw. im Falle von § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG der Aufsichtsrat kann daher den Vorstand nicht zu Maßnahmen ermächtigen, die nicht schon nach geltendem Aktienrecht zulässig sind.87 Da81 Siehe zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 33 Absatz 2 WpÜG ausführlich Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 138 ff. 82 BGH NJW 2006, 374 (Mangusta/Commerzbank II); differenzierend Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 145. 83 BGH NJW 2006, 374. 84 BGH NJW 2006, 374. 85 BGH NJW 1982, 1073 (Holzmüller); BGH NJW 1997, 2815 (Siemens/Nold); BGH NJW 2006, 374 (Mangusta/Commerzbank II). 86 BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 87 Krause, BB 2002, 1053, 1055.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

her stellt sich aus aktienrechtlicher Sicht die Frage, ob eine Kapitalerhöhung unter Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss zur Übernahmeabwehr überhaupt aktienrechtlich zulässig ist. Entscheidend ist dabei die Frage, ob ein Bezugsrechtsausschluss zur Übernahmeabwehr sachlich gerechtfertigt sein kann.88 (a) Allgemeine Voraussetzungen Nach der Siemens/Nold Entscheidung des BGH89 kann die Hauptversammlung das Bezugsrecht der Aktionäre im Rahmen der Schaffung eines genehmigten Kapitals dann ausschließen oder den Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigen, wenn die Maßnahme, zu deren Vornahme der Vorstand ermächtigt werden soll, im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt.90 Wie die Rechtsprechungsänderung des BGH zu den Anforderungen des Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital zu deuten ist, wird unterschiedlich beurteilt.91 Nach richtiger Ansicht bedarf der Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital nach wie vor einer sachlichen Rechtfertigung im Sinne der Kali+Salz Formel92.93 Hieran hat die Siemens/Nold Entscheidung nichts geändert, lediglich der für die sachliche Rechtfertigung maßgebliche Zeitpunkt wurde vom Zeitpunkt der Entscheidung der Hauptversammlung auf den der Vorstandsentscheidung über die Ausübung des genehmigten Kapitals verlagert.94 Schließt danach die Hauptversammlung das Bezugsrecht selbst aus, so muss die Entscheidung des Vorstands über die Ausübung des genehmigten Kapitals sachlich gerechtfertigt sein.95 Wird der Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt, muss die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt sein.96 Auf diesem Wege lässt 88

Ein Ausschluss des Bezugsrechts muss in materieller Hinsicht als unbeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 186 Absatz 3, 4 AktG grundsätzlich sachlich gerechtfertigt sein, grundlegend BGH NJW 1978, 1316 (Kali+Salz). Dieses Erfordernis stößt zwar teilweise auf Kritik (s. hierzu Darstellung bei Bayer in MünchKomm AktG, § 203 Rn. 64 ff.), folgt aber aus der Schwere des Eingriffs des Bezugsrechtsausschlusses in die Mitgliedschaft, vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 25. 89 BGH NJW 1997, 2815. 90 BGH NJW 1997, 2815 (Leitsatz). 91 Vgl. Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 110 ff. und Krause, BB 2002, 1053, 1056, je m. w. N. 92 BGH NJW 1978, 1316; vgl. hierzu statt vieler Hüffer, AktG, § 186 Rn. 25 ff. 93 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 110 m. w. N. 94 Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 74; Hirte, in: GroßKomm, AktG, § 203 Rn. 74, 78 f.; Hüffer, AktG, § 203 Rn. 35. 95 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 89, 95 ff. 96 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 94, 95 ff.

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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sich die Flexibilität des genehmigten Kapitals sicherstellen, ohne dass es zu einer Absenkung des Schutzes der Aktionäre kommt. Es ist auch kein überzeugender Grund ersichtlich, beim genehmigten Kapital geringere Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss zu stellen als bei der regulären Kapitalerhöhung.97 Insbesondere ist zu bedenken, dass die Kontrollmöglichkeiten der Aktionäre beim genehmigten Kapital ohnehin schon geringer sind als bei der regulären Kapitalerhöhung.98 Das ungeschriebene Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung folgt aus der Schwere des Eingriffs des Bezugsrechtsausschlusses in die Mitgliedschaft der Aktionäre.99 Dieser Eingriff stellt sich beim genehmigten Kapital nicht anders dar als bei der regulären Kapitalerhöhung. Vielmehr ist beim genehmigten Kapital zusätzlich zu bedenken, dass die Aktionäre im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nur abstrakt über die Zwecksetzung der Kapitalerhöhung beschließen. Dies gilt für eine Ermächtigung im Rahmen von § 33 Absatz 2 WpÜG allerdings nur in abgeschwächter Form, da die Maßnahmen gemäß Satz 1 zumindest ihrer Art nach in der Ermächtigung zu bestimmen sind. Das Schutzbedürfnis der Aktionäre stellt sich daher beim genehmigten Kapital nicht anders dar als bei der regulären Kapitalerhöhung. Entschiede man anders, müsste eine Absenkung des Prüfungsmaßstabs an die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital konsequenterweise auch zu einer entsprechenden Anpassung bei der regulären Kapitalerhöhung führen. Dies kann aber nicht gewollt sein. Insbesondere hat der BGH in der Mangusta/Commerzbank II Entscheidung100 betont, dass mit dem Absenken der Anforderungen an den Ermächtigungsbeschluss gemäß der Siemens/Nold Entscheidung keinesfalls der beabsichtigte Schutz der Aktionäre herabgesetzt werden solle.101 Auch der Einwand, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sei in der Kürze der zur Übernahmeabwehr zur Verfügung stehenden Zeit kaum zu leisten102, vermag ein Absenken des Prüfungsmaßstabs nicht zu rechtfertigen. Dieser Einwand mag zwar zutreffend sein, doch kann nicht aufgrund praktischer Umsetzungsschwierigkeiten auf die rechtliche Zulässigkeit einer Maßnahme geschlossen werden. Daher muss der Ausschluss des Bezugsrechts beim genehmigten Kapital bzw. die Durchführung der Kapitalmaßnahme im Falle eines Direktaus97 Hirtek, in: GroßKomm, AktG, § 203 Rn. 89; Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 116. 98 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 116. 99 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 2, 25 m. w. N. 100 BGHZ 164, 249 = NJW 2006, 374. 101 BGH NJW 2006, 374, 375. 102 Krause, BB 2002, 1053, 1058 f.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

schlusses im Sinne der Kali+Salz Formel sachlich gerechtfertigt sein, d.h. im Gesellschaftinteresse liegen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.103 Nachdem festgestellt wurde, dass die Vorstandsentscheidung über den Bezugsrechtsausschluss bzw. die Ausübung des genehmigten Kapitals durch den Vorstand beim Direktausschluss nach wie vor einer sachlichen Rechtfertigung bedarf, gilt es nun zu prüfen, ob die Abwehr einer feindlichen Übernahme im Sinne der Kali+Salz Formel sachlich gerechtfertigt sein kann. Dies ist der Fall, wenn die Abwehr im Gesellschaftsinteresse liegt, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. (b) Gesellschaftsinteresse Der Bezugsrechtsausschluss liegt im Gesellschaftsinteresse104, wenn sein Ziel im Rahmen des Unternehmensgegenstands dazu dient, den Gesellschaftszweck zu fördern.105 In Betracht kommt dabei jedes Interesse der Gesellschaft, das geeignet erscheint, den Gesellschaftszweck zu fördern, d.h. es müssen keine überragenden Interessen der Gesellschaft betroffen sein.106 Zweck des Bezugsrechtsausschlusses zur Übernahmeabwehr ist die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur zur Wahrung der Unabhängigkeit der Gesellschaft, indem eine feindliche Übernahme verhindert werden soll. Ob die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur bzw. die Wahrung der Unabhängigkeit der Gesellschaft als Abwehrmaßnahme im Rahmen eines Bezugsrechtsausschlusses im Gesellschaftsinteresse liegen kann, wird unterschiedlich beurteilt.107 Nach verbreiteter Auffassung wird ein Bezugsrechts103

Vgl. Nachweise Fn. 92, S. 36. Gesellschaftsinteresse = Unternehmensinteresse, vgl. Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 61; teilweise abweichend Hirte, S. 44; umstritten ist bekanntermaßen, wie das Unternehmensinteresse zu bestimmen ist, d.h. aus welchen relevanten Interessen sich das Unternehmensinteresse zusammensetzt. Hier ist mit der überwiegenden Meinung davon auszugehen, dass der Vorstand bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses die verschiedenen im Unternehmen zusammenlaufenden Interessen der Aktionäre, Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit seinen Entscheidungen zugrunde zu legen und diese in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu berücksichtigen hat, vgl. statt vieler Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12 ff.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 15 ff.; siehe für einen Shareholder-Value Ansatz Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 29 ff.; vorrangig ist aber stets die Pflicht des Vorstands, für die dauerhafte Rentabilität der Gesellschaft zu sorgen, Hüffer, AktG, § 76 Rn. 13; Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 52; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 21. 105 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 26; Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 75; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 44. 106 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 26; Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 61. 104

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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ausschluss in den Fällen als zulässig angesehen, in welchen dieser als Mittel zur Abwehr feindlichen unternehmerischen Verhaltens, wie etwa der drohenden Abhängigkeit, Konzernierung oder Vernichtung der Gesellschaft dienen soll.108 Als nicht ausreichend wird es aber erachtet, wenn der Bezugsrechtsausschluss allein einer drohenden Überfremdung der Gesellschaft entgegenwirken soll.109 (aa) Grundsätzliche Problematik einer Anerkennung eines Gesellschaftsinteresses zur Übernahmeabwehr Die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses, der allein der Übernahmeabwehr bzw. der Verhinderung der Abhängigkeit der Gesellschaft dient, ist vor dem Hintergrund bedenklich, dass die Aktiengesellschaft von ihrer Mitgliederstruktur unabhängig ist und grundsätzlich kein rechtlich geschütztes Interesse der Gesellschaft am Erhalt ihrer Unabhängigkeit und ihrer Aktionärsstruktur besteht.110 Ein Bezugsrechtsausschluss, der allein auf die Wahrung der Unabhängigkeit und damit auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur der Gesellschaft abzielt, könnte daher in Widerspruch zu dem rechtlich nicht bestehenden Interesse der Gesellschaft hieran stehen. Insofern erscheint es fraglich, ob ein Bezugsrechtsausschluss mit einer dahingehenden Zielsetzung sachlich gerechtfertigt sein kann. Das rechtlich nicht bestehende Interesse der Aktiengesellschaft am Erhalt ihrer Unabhängigkeit und ihrer Aktionärsstruktur spiegelt sich etwa in der konzernoffenen Konzeption des Aktienrechts wieder, welches gerade keinen Konzerneingangsschutz kennt.111 Die juristische Person Aktiengesellschaft ist nur eine Zweckschöpfung des Gesetzgebers, die zwar rechtlich verselbstständigt ist und Träger von Rechten und Pflichten sein kann, sie hat jedoch kein von den in ihr zusammengefassten und zusammenlaufenden Interessen losgelöstes Eigeninteresse.112 107 Für die reguläre Kapitalerhöhung grundsätzlich bejahend Bayer, ZGR 2002, 588, 601; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 32; Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 98; Wiedemann, in: GroßKomm, AktG, § 186 Rn. 161 ff.; enger Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 71; ablehnend Hirte, S. 40; Mestmäcker, BB 1961, 945, 946 f. 108 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 32; Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 98; Wiedemann, in: GroßKomm, AktG, § 186 Rn. 161 ff.; nur für Abhängigkeit und Konzernierung Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 71. 109 Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 98 m. w. N. 110 Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1078; ders., in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 57; Hirte, S. 31 ff., 43 ff.; ders., ZIP 1989, 1233, 1237 f.; ders., in: GroßKomm, AktG, § 203 Rn. 95; Kort, FS Lutter 2000, 1421, 1430. 111 Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 33 ff. m. w. N.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Besonders deutlich wird das nicht bestehende Eigeninteresse der Gesellschaft daran, dass die Gesellschaft jederzeit durch Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 262 Absatz 1 Nr. 2 AktG aufgelöst werden kann, ohne dass dieser Beschluss einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte.113 Auch lässt sich nach der Linotype-Entscheidung des BGH114 eine sachliche Rechtfertigung des Liquidationsbeschlusses nicht begründen. Zur Legitimation der Auflösung genügt der Beschluss mit qualifizierter Mehrheit, da der Beschluss seine Rechtfertigung in sich selbst trägt.115 Hätte die Gesellschaft nun ein anerkennenswertes Eigeninteresse, bedürfte der Auflösungsbeschluss hingegen einer Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse, da diese ja durch die Auflösung betroffen wäre. Aus diesen Gründen ist es zweifelhaft, ob ein Bezugsrechtsausschluss allein zur Übernahmeabwehr im Gesellschaftsinteresse liegen kann. Andererseits ist für die sachliche Rechtfertigung nicht erforderlich, dass der Bezugsrechtsausschluss rechtlich geschützten Interessen der Gesellschaft dient. So mögen der Fortbestand der Gesellschaft und ihre Unabhängigkeit rechtlich nicht geschützt sein. Es besteht aber zweifelsfrei ein Interesse der Gesellschaft für die Dauer ihres aktiven Bestands an der Verfolgung ihres Gesellschaftszwecks.116 Um den Gesellschaftszweck zur Gewinnerzielung und Rentabilität zu verfolgen, kann der unabhängige Fortbestand der Gesellschaft dienlich sein, etwa weil der Verlust der Unabhängigkeit aufgrund steuerlicher Nachteile zu einer Schmälerung der Rendite der Gesellschaft führen würde.117 In diesem Zusammenhang ist die Pflicht des Vorstands zu sehen, für den dauerhaften Bestand und damit für die Rentabilität der Gesellschaft zu sorgen und die Gesellschaft vor einer Bestandsgefährdung zu bewahren.118 Hieraus ergibt sich wiederum ein wirtschaft112 Str., siehe hierzu Überblick bei Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 6 ff.; zum Begriff der juristischen Person Überblick bei Ellenberger, in: Palandt, BGB, Einf v § 21 Rn. 1. 113 Spindler spricht treffend insoweit von einem unauflöslichen Spannungsverhältnis zwischen einem angenommenen Bestandsinteresse der juristischen Person einerseits und der Liquidationsfreiheit der Aktionäre andererseits, vgl. Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 70. 114 BGH NJW 1988, 1579. 115 BGH NJW 1988, 1579, 1580. 116 Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 52; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 73 f. 117 Der Verlust der Unabhängigkeit kann z. B. zum (teilweisen) Untergang von anerkannten Verlustvorträgen führen, siehe hierzu noch unten unter C.III.2.d). 118 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 13; Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 52; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 24; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 74; die Aufgabe des Vorstands zur Sorge um einen dauerhaften Bestand der Gesellschaft endet aber dort, wo ein entgegenstehender Wille der Aktionäre in

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liches Interesse der Gesellschaft daran, wer ihre Aktionäre sind.119 So ermöglichen beispielsweise Aktionäre mit einem langfristigen Anlegerhorizont der Gesellschaft Planungssicherheit und eine vorausschauende Geschäftspolitik, was Voraussetzung für den dauerhaften Bestand der Gesellschaft ist. Wird nun der dauerhafte Bestand der Gesellschaft aufgrund des zu erwartenden feindlichen unternehmerischen Verhaltens des künftigen Mehrheitsaktionärs nach der Übernahme gefährdet, könnte hieraus geschlossenen werden, die Abwehr einer Übernahme bzw. die Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft liege im Gesellschaftsinteresse. Auf das spezifische Gesellschafterinteresse ist im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses hingegen nicht abzustellen.120 Das Gesellschaftsinteresse kann aufgrund des nicht bestehenden Eigeninteresses der Gesellschaft zwar nicht losgelöst vom Gesellschafterinteresse betrachtet werden. Der Bezugsrechtsausschluss beruht jedoch auf dem Gedanken, dass das Gesellschaftsinteresse dem spezifischen Gesellschafterinteresse vorgeht.121 Andernfalls wäre die Folge, dass der Bezugsrechtsausschluss schon aufgrund des Beschlusses mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit im Gesellschaftsinteresse sachlich gerechtfertigt sein könnte, was wiederum der materiellen Inhaltskontrolle des Beschlusses ihren Sinn und Zweck nehmen würde. Maßgebend ist vielmehr das objektive Interesse der Aktionärsgesamtheit, welches in der Verfolgung des Gesellschaftszwecks liegt.122 Kann die Wahrung der Unabhängigkeit der Gesellschaft somit im Gesellschaftsinteresse liegen, fragt sich dennoch, ob dies schon für die sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses genügen kann. Die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses im Gesellschaftsinteresse ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine Kapitalerhöhung dazu dient, der Gesellschaft neues Eigenkapital zuzuführen. Hat die Gesellschaft ein besonderes Interesse daran, die Kapitalerhöhung nur mit bestimmten Zeichnern durchzuführen, kann das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen werden.123 Dieser Ausschluss darf aufgrund des tiefgehenden Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Altaktionäre nicht ohne weiteres erfolgen. Das Bezugsrecht ist die Regel, der Ausschluss die Ausnahme. einem entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss seinen Ausdruck findet, Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 88; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 24; siehe hierzu noch unten unter C.III.2.e). 119 Siehe hierzu noch unten unter C.III.2.a). 120 Hirte, S. 44; Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 61. 121 Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 55. 122 Wiedemann, in: GroßKomm, AktG, § 186 Rn. 139. 123 BGH NJW 1978, 1316.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Daraus folgt gerade das Erfordernis einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Da die Kapitalerhöhung ein Mittel zur Finanzierung der Gesellschaft darstellt, kann ein Bezugsrechtsausschluss nur durch ein Finanzierungsinteresse der Gesellschaft sachlich gerechtfertigt werden.124 Der Bezugsrechtsausschluss lässt sich aufgrund seines Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der ausgeschlossenen Aktionäre nicht für andere Zwecke als der Finanzierung der Gesellschaft instrumentalisieren. Daher ist nicht jedes Gesellschaftsinteresse zur Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses geeignet. Der Verlust der Abhängigkeit der Gesellschaft und der damit einhergehende Einfluss des herrschenden Unternehmens können etwaige Nachteile auf die Ertragslage oder damit auf den Gesellschaftszweck haben. Hierbei geht es aber nicht um die Finanzierung der Gesellschaft, sondern um die Abwehr von Veränderungen in der Gesellschaft. Allein die Abwehr feindlichen unternehmerischen Handelns dient daher nicht der Finanzierung der Gesellschaft. Das Garantiekapital der Gesellschaft wird zwar durch die Kapitalerhöhung angehoben, dies ist aber bei jeder Kapitalerhöhung der Fall. Stellte man allein hierauf ab, würde der Filter des Gesellschaftsinteresses obsolet. Es ist nicht Aufgabe der Aktionäre, ein als feindlich empfundenes Verhalten mittels eines Bezugsrechtsausschlusses abzuwehren.125 Die Hauptversammlung hat nicht die Kompetenz, die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft entsprechend der abstimmenden Mehrheit zu beeinflussen.126 Ein Bezugsrechtausschluss beeinflusst zwar zwangsläufig immer die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft, doch darf seine Zwecksetzung eben nicht hierauf gerichtet sein. Dies ist aber gerade der Fall, wenn ein als unerwünscht empfundener (künftiger) Aktionär von einem Beteiligungserwerb abgewehrt werden soll. Denn die als unerwünscht empfundenen Veränderungen folgen erst aus der Änderung der Beteiligungsverhältnisse. Zu beachten bleibt auch, dass der Verlust der Selbständigkeit, die Hinwirkung auf eine Änderung der Geschäftspolitik oder die Vornahme von Strukturmaßnahmen zulässige Vorgänge sind.127 Dies ergibt sich nicht zuletzt schon aus § 71 Absatz 1 Nr. 1 AktG, wonach entsprechende Veränderungen kein Schaden im Sinne dieser Vorschrift sind.128 Spricht man nun der Hauptver124

Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 55, 75. Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 57. 126 Hirte, S. 43 ff.; ders., ZIP 1989, 1233, 1237 f.; ders., in: GroßKomm, AktG, § 203 Rn. 95. 127 Mestmäcker, BB 1961, 945, 946; Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 57. 128 Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 54; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 118. 125

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sammlung die Kompetenz zu, dies mittels eines Bezugsrechtsausschlusses zu verhindern, wird eine Möglichkeit geschaffen, die Gesellschaft abzuschirmen. Wollen die Aktionäre die Beteiligungsstruktur an der Gesellschaft kontrollieren, können sie auf Ebene der Gesellschaft allein auf die Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG zurückgreifen, nicht hingegen auf einen Bezugsrechtsausschluss.129 Es ist der Aktiengesellschaft als offene Publikumsgesellschaft immanent, dass es zu Anteilseignerwechseln aufgrund der freien Übertragbarkeit der Aktien kommt.130 Sollen Anteilseignerwechsel außerhalb der Vinkulierung verhindert werden, ist dies nicht mit der Grundkonzeption der Aktiengesellschaft als offene Publikumsgesellschaft bzw. der Wahl dieses Rechtsträgers vereinbar.131 Eine Abschirmung der Gesellschaft läuft dem Geist der Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft entgegen.132 Denn wird der Bezugsrechtsausschluss als Maßnahme der Abwehr eines unerwünschten Aktionärs instrumentalisiert, wird eine Form des Konzerneingangsschutzes geschaffen. Die Zusammensetzung des Aktionärskreises und damit die Unabhängigkeit bzw. Abhängigkeit der Gesellschaft ergibt sich jedoch allein aus den Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen der einzelnen Aktionäre.133 Die Unzulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses allein zur Übernahmeabwehr gilt erst recht, wenn die Person, seitens derer die Abhängigkeit der Gesellschaft droht, schon Aktionär der Gesellschaft ist. Ein Bezugsrechtsausschluss, der dazu dient, einzelne Aktionäre aus der Gesellschaft zu verdrängen oder ihre Beteiligungsquote herabzusetzen, ist sachlich nicht gerechtfertigt.134 Zudem würde in diesem Fall der Bezugsrechtsausschluss dafür genutzt, um einen Teilausschluss des betroffenen Aktionärs aus der Gesellschaft zu erreichen, was in Widerspruch zu anderen aktienrechtlichen Bestimmungen über den Aktionärsausschluss stünde.135 Daher scheidet ein Bezugsrechtsausschluss mit der alleinigen Zwecksetzung zur Beeinflussung der Beteiligungsstruktur immer dann aus, wenn der Bieter bereits Aktionär der Zielgesellschaft ist. Von einer Aktionärsstellung des Bieters ist in der Regel auszugehen, da der Bieter im Vorfeld der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots bereits versuchen wird, sich unmittelbar und mittelbar eine möglichst hohe Beteiligungsquote an 129

Hirte, S. 31 ff.; siehe zur Vinkulierung unten unter C.III.2.b). Raiser/Veil, § 4 Rn. 12. 131 In diese Richtung auch Hirte, S. 55 f. 132 Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 59; a. A. Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 186 Rn. 161, der in einem Bezugsrechtsausschluss die Möglichkeit zieht, gerade den nicht bestehenden Konzerneingangsschutz auszugleichen. 133 Hirte, S. 53 f.; Kort, FS Lutter, 2000, 1421, 1430. 134 Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 186 Rn. 143. 135 s. hierzu Hirte, S. 31 ff. 130

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

der Zielgesellschaft zu sichern. Folglich wird in den meisten Fällen ein Bezugsrechtsausschluss allein zur Übernahmeabwehr schon hieran scheitern. Zu berücksichtigen bleibt schließlich folgender Gesichtspunkt: Für einen Bezugsrechtsausschluss ist eine Entscheidung der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit erforderlich, § 186 Absatz 3 Satz 2 AktG. Findet sich die entsprechende Mehrheit, so fragt sich, wie der Gesellschaft überhaupt die Abhängigkeit drohen soll.136 Denn ohne die veräußerungswilligen Aktionäre kann die Gesellschaft nicht in die Abhängigkeit eines Aktionärs fallen.137 Dieser Umstand führt dazu, dass der Bezugsrechtsausschluss zumindest nicht erforderlich ist.138 Denn der Verlust der Unabhängigkeit kann weniger einschneidend erreicht werden, indem die Aktionäre einfach ihre Anteile nicht veräußern. Aus den vorgenannten Gründen folgt, dass die Hauptversammlung das Bezugsrecht nicht allein zur Abwehr eines Übernahmeversuchs ausschließen darf.139 Die Annahme, ein Bezugsrechtsausschluss sei zur Abwehr feindlichen unternehmerischen Verhaltens zulässig, kann keinen Bestand haben. Die Begründung der Abhängigkeit, die Vornahme von Grundlagenentscheidungen oder gar die Auflösung der Gesellschaft mögen zwar nicht wünschenswert erscheinen, können jedoch nicht mittels eines Bezugsrechtsausschlusses versucht werden zu verhindern, wenn dieser allein auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur zielt.140 Der Bezugsrechtsausschluss setzt daher ein über die Abwehr feindlichen unternehmerischen Verhaltens hinausgehendes Interesse der Gesellschaft voraus, welches der Finanzierung der Gesellschaft dienen muss.141 (bb) Unzulässigkeit einer Ermächtigung des Vorstands Die Problematik spitzt sich bei einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss zu, welche als Maßnahme gegen den drohenden Verlust der Selbstständigkeit der Gesellschaft nutzbar gemacht werden soll. 136

Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 58. Daher handelt es sich in diesem Fall um eine rein theoretische Frage, vgl. Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 58. 138 Siehe hierzu noch unten unter B.II.5.a)(2)(b)(aa). 139 A. A. Hopt, ZGR 1993, 534, 562; differenzierend zwischen regulärer Kapitalerhöhung und genehmigtem Kapital Bayer, ZGR 2002, 588, 601 f., wobei Bezugsrechtsausschluss zur Beeinflussung der Beteiligungsstruktur nur bei einer regulären Kapitalerhöhung zulässig sein soll, vgl. auch Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 133; Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 71. 140 Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 57. 141 Siehe hierzu noch unten unter B.II.5.a)(2)(b)(dd). 137

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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Selbst wenn man die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses durch die Hauptversammlung zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit entgegen der hier vertretenen Auffassung annähme, so ist aber zumindest die Übertragung der Entscheidung auf den Vorstand durch die Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss aus genehmigtem Kapital unzulässig. In diesem Fall würde die Hauptversammlung nur abstrakt über die Abwehr der Abhängigkeit der Gesellschaft durch die Ermächtigung des Vorstands zur Nutzung des genehmigten Kapitals als Maßnahme zur Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft entscheiden. Die eigentliche Entscheidung hierüber träfe der Vorstand. Dadurch würde der Vorstand über die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft und deren Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit entscheiden. Die Ermächtigung würde es dem Vorstand sogar ermöglichen, eine Entscheidung gegen das wirtschaftliche Interesse der Aktionäre zu treffen. Denn die Ausnutzung des genehmigten Kapitals wird erst aktuell, wenn eine Mehrheit von Aktionären beabsichtigt, ihre Anteile zu veräußern. Eine so weit reichende Kompetenz des Vorstands ist aber im Gesetz nicht angelegt und lässt sich auch sonst nicht begründen.142 Vielmehr haben allein die Aktionäre darüber zu entscheiden, wer die Gesellschaft künftig beherrschen soll.143 Die Ermächtigung des Vorstands ist zwar auf einen Beschluss der Hauptversammlung zurückzuführen. Doch haben die Aktionäre die Entscheidung über die Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit der Gesellschaft nicht mittels eines Bezugsrechtsausschlusses, sondern aufgrund ihrer Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidung zu treffen. Eine Kompetenz des Vorstands zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts zur Wahrung der Unabhängigkeit der Gesellschaft kann daher nicht durch eine Ermächtigung der Hauptversammlung begründet werden.144 Weiterhin sind Sinn und Zweck eines genehmigten Kapitals zu berücksichtigen. Das genehmigte Kapital dient dazu, der Gesellschaft eine Möglichkeit zu geben, schnell und flexibel neues Eigenkapital zu beschaffen, sei es zum Beispiel um ein günstiges Börsenumfeld zur Kapitalaufnahme zu nutzen, Finanzierungsengpässe zu überwinden oder eigene Anteile als Akquisitionswährung zu schaffen.145 Die Ausnutzung steht daher nicht im Belieben des Vorstands. Nicht von der Leitungsaufgabe des Vorstands gedeckt ist die Ausnutzung einer allgemeinen Ermächtigung, veräußerungswillige Aktionäre und den Bieter zu behindern, damit die Zusammensetzung 142 Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 57 f.; siehe hierzu noch unten unter C.III.1.e) und C.III.2.b)(2). 143 Bayer, ZGR 2002, 588, 601; Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 71; nach hier vertretener Auffassung aber nicht mittels eines Bezugsrechtsausschlusses. 144 Dies gilt für Ermächtigungen außerhalb von § 33 Absatz 2 WpÜG. 145 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 202 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 202 Rn. 2.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

der Anteilseigner erhalten bleibt.146 Dies würde gegen die Zwecksetzung des genehmigten Kapitals und den Grundsatz der Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft verstoßen.147 Das genehmigte Kapital soll gerade nicht zu einer Kompetenzerweiterung des Vorstands zulasten der Hauptversammlung dienen.148 Die Unzulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses bei einem genehmigten Kapital folgt demnach aus der mangelnden Kompetenz des Vorstands, über die Unabhängigkeit der Gesellschaft mittels eines Bezugsrechtsausschlusses zu entscheiden. Daher wird die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital als Abwehrmaßnahme gegen eine drohende Abhängigkeit der Gesellschaft auch von Vertretern abgelehnt, welche die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses zur Abwehr feindlichen unternehmerischen Verhaltens annehmen.149 Nach hier vertretener Auffassung haben somit weder die Hauptversammlung noch der Vorstand die Kompetenz, einen Bezugsrechtsausschluss mit dem alleinigen Ziel zu nutzen, die Beteiligungsverhältnisse in ihrem Sinne zu beeinflussen. Die Beteiligungsverhältnisse und der unabhängige Fortbestand der Gesellschaft können zwar im Gesellschaftsinteresse liegen, insbesondere weil langfristig orientierte Aktionäre für eine dauerhafte Rentabilität der Gesellschaft und damit der Verfolgung des Gesellschaftszwecks dienlich sein können. Der Umstand, dass diese Interessen rechtlich nicht geschützt sind, schließt deren Bestehen nicht aus. Auch erfordert die sachliche Rechtfertigung nicht, dass der Bezugsrechtsausschluss rechtlich geschützten Interessen dienen muss. Das Interesse der Gesellschaft an ihrem unabhängigen Fortbestand und ihrer Aktionärsstruktur rechtfertigt allerdings keine zielgerichteten Eingriffe in die Beteiligungsstruktur, soweit dies alleiniges Ziel einer Maßnahme ist, da weder die Aktionäre noch der Vorstand die entsprechende Kompetenz hierzu haben. Die Aktiengesellschaft ist eine (konzern-)offene Publikumsgesellschaft. Hierzu stünde der Versuch, den 146

Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1077. Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 59. 148 BGH NJW 2006, 374, 375. 149 Bayer, ZGR 2002, 588, 601 f.; ders., in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 133; Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 71. Nach Bayer ist dies auf den Umstand zurückzuführen, dass zielgerichtete Eingriffe in die Aktionärsstruktur einer Strukturmaßnahme gleichzusetzen seien. Eine abstrakte Ermächtigung zu einer noch nicht näher bestimmten Strukturmaßnahme sei aber nicht möglich. Daher könne der Vorstand nicht ermächtigt werden, irgendeine Übernahme durch eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss abzuwehren. Nach Lutter könne nur die Hauptversammlung über einen Bezugsrechtsausschluss zur Wahrung der Unabhängigkeit der Gesellschaft entscheiden, nicht hingegen die Verwaltung im Rahmen eines genehmigten Kapitals. 147

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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Gesellschafterkreis gegen den Willen einzelner Aktionäre und außerhalb der Vinkulierung zu kontrollieren, in Widerspruch. (cc) Andere Bewertung aufgrund Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen gemäß § 33 WpÜG? Von diesen Grundsätzen scheint nun allerdings der Gesetzgeber mit der Anerkennung der Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 2, 3 und Absatz 2 Satz 1 WpÜG abgerückt zu sein.150 So könnte man geneigt sein, zumindest für die Abwehr von feindlichen Übernahmeversuchen im Anwendungsbereich des § 33 WpÜG ein schützenswertes Interesse der Gesellschaft an der Zusammensetzung des Aktionärskreises zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit anzuerkennen, welches zielgerichtete Eingriffe in die Beteiligungsstruktur erlaubt.151 Denn jede Abwehrmaßnahme ist auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur gerichtet. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die Vornahme von Abwehrmaßnahmen untersagen und die Entscheidung über eine künftige Abhängigkeit der Gesellschaft allein den Aktionären überlassen müssen, indem sie über die Unabhängigkeit oder Abhängigkeit der Gesellschaft durch die Ablehnung bzw. Annahme des Übernahmeangebots entscheiden. Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es eines genaueren Blickes auf die zulässigen Abwehrmaßnahmen nach § 33 WpÜG. Zunächst lassen sich aus dem Tatbestand des § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 2 WpÜG keine Rückschlüsse darauf gewinnen, dass Maßnahmen, die allein auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur der Gesellschaft abzielen, um ihre Unabhängigkeit zu wahren, zulässig sind. Die Suche nach einem konkurrierenden Angebot zielt zwar auf die Abwehr des nicht gewünschten Angebots ab, führt im Falle ihres Erfolges aber ebenso zu einem Verlust der Unabhängigkeit der Gesellschaft. Die Vorschrift bringt vielmehr zum Ausdruck, dass das Interesse der Aktionäre an der Veräußerung ihrer Anteile dem Interesse der Gesellschaft an ihrer Beteiligungsstruktur und der 150 § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG ermächtigt den Vorstand der Zielgesellschaft gemäß der Gesetzesbegründung ausdrücklich zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen, wenn diesen der Aufsichtsrat zugestimmt hat, Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104; bei der Fortführung der laufenden Geschäfte der Gesellschaft gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 1 WpÜG handelt es sich um keine Abwehrmaßnahme, sondern um die Klarstellung, dass das Übernahmeangebot die Gesellschaft nicht daran hindert, ihr normales Geschäft weiter zu betreiben, vgl. Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 66. 151 Krause, BB 2002, 1053, 1056; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 46 f., 94; ders., in: GroßKomm, AktG, § 203 Rn. 95; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 143.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Wahrung ihrer Unabhängigkeit vorgeht. Denn die Suche nach einem konkurrierenden Angebot erweitert die Entscheidungsmöglichkeiten der Aktionäre in einer Übernahmesituation, ohne einen Schutz der Unabhängigkeit der Gesellschaft zu begründen. Dies stützt die hier vertretene Auffassung, dass Maßnahmen, die allein auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur abzielen, grundsätzlich unzulässig sind. Auch aus dem Tatbestand des § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG, wonach das Verhinderungsverbot des § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG nicht für Maßnahmen unter Zustimmung des Aufsichtsrats gilt, lassen sich keine Schlüsse ziehen, die auf die Zulässigkeit einer zielgerichteten Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur zur Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft hindeuten. Die gesetzliche Ermächtigung des Vorstands zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen mit Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG führt nicht zu einer Erweiterung der Geschäftsführungskompetenzen des Vorstands aus § 76 Absatz 1 AktG.152 Die Zustimmung des Aufsichtsrats bedeutet somit keinen Freifahrtsschein für den Vorstand zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen. Die Vornahme von Abwehrmaßnahmen muss stets im Unternehmens- bzw. Gesellschaftsinteresse liegen, vgl. auch § 3 Absatz 3 WpÜG. Hiervon befreit die Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG nicht. Der Vorstand darf daher in einer Übernahmesituation zumindest nicht mehr, als er außerhalb einer Übernahmesituation dürfte. Zielt die Maßnahme allein auf die Übernahmeabwehr ab, ohne dass diese im Gesellschaftsinteresse liegt, ist deren Vornahme daher im Rahmen von § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG unzulässig.153 Aus der Vorschrift lässt sich somit nicht auf die Zulässigkeit einer Maßnahme allein zur Beeinflussung der Beteiligungsstruktur schließen, da die Vornahme von Abwehrmaßnahmen durch den Vorstand gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG vielmehr ein Interesse der Gesellschaft an der Übernahmeabwehr voraussetzt, ohne ein solches zu begründen. Allein die Abwehr eines Übernahmeversuchs liegt aber nicht im Gesellschaftsinteresse. Ebenfalls aus der Vorschrift des § 33 Absatz 2 WpÜG ergibt sich kein entsprechendes Interesse der Gesellschaft, welches einen Bezugsrechtsausschluss allein zur Beeinflussung der Beteiligungsverhältnisse bzw. der Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft rechtfertigen könnte. Wie sich schon aus § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG ergibt, unterliegt die Hauptversammlung, anders als die Verwaltung, keinem Neutralitätsgebot 152

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104. Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 169; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 49. 153

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oder Verhinderungsverbot im Hinblick auf das Übernahmeangebot.154 Daher kann die Hauptversammlung den Vorstand gerade zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen ermächtigen. Aus dem Wortlaut des § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG, wonach die Hauptversammlung den Vorstand zu Handlungen ermächtigen kann, um den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern, könnte daher auf die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses allein zur Übernahmeabwehr geschlossen werden. Die Ermächtigung zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG befreit aber nicht von der Beachtung zwingenden Aktienrechts.155 Daraus folgt, dass auch eine Ermächtigung der Hauptversammlung unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 Satz 1 AktG zu einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss im Gesellschaftsinteresse sachlich gerechtfertigt sein muss. Dies ist aber wie festgestellt nicht der Fall, wenn die Maßnahme allein auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur zielt, ohne ein Finanzierungsinteresse der Gesellschaft zu verfolgen.156 Aus dem Umstand, dass die Hauptversammlung keinem Verhinderungsverbot im Hinblick auf das Übernahmeangebot unterliegt, kann daher nicht auf die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses allein zum Zwecke der Beeinflussung der Beteiligungsstruktur geschlossen werden. Anderes gilt für Maßnahmen, die nicht der materiellen Schranke der Vereinbarkeit mit dem Gesellschaftsinteresse unterliegen, sondern allein gemäß dem Gesellschafterinteresse beschlossen werden können.157 So erfordert etwa der Beschluss über ein genehmigtes Kapital nicht, dass dieser im Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt sein muss. Ebenso die Ausübung der Ermächtigung durch den Vorstand muss nicht im Gesellschaftsinteresse, sondern allein innerhalb der Ermächtigung und Zwecksetzung durch die Hauptversammlung und damit im Gesellschafterinteresse liegen. Denn ein tiefgehender Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte erfolgt bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht nicht. Maßnahmen der Hauptversammlung, die nicht der materiellen Schranke des Gesellschaftsinteresses unterliegen, können daher auch allein zur Abwehr eines Übernahmeangebots eingesetzt werden. Somit kann die Hauptversammlung unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG den Vorstand ermächtigen, ein genehmigtes Kapital 154 Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 46; siehe zum Neutralitätsgebot des Vorstands oben unter B.I. 155 BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 156 A. A. Bayer, ZGR 2002, 588, 610; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 47, 94; ders., in: GroßKomm, AktG, § 203 Rn. 95; Krause, BB 2002, 1053, 1056. 157 Zur Unterscheidung zwischen Gesellschaftsinteresse und Gesellschafterinteresse siehe oben unter (aa).

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

(unter Wahrung des Bezugsrechts der Altaktionäre) zur Übernahmeabwehr auszuüben.158 Zwar sollen die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft mittels der Kapitalerhöhung ebenfalls beeinflusst werden, ein zielgerichteter Eingriff in die Aktionärsstruktur ist hiermit aber nicht möglich. Der entscheidende Unterschied zum Bezugsrechtsausschluss liegt darin, dass zum einen bei bestehendem Bezugsrecht jeder Aktionär an der Kapitalerhöhung teilnehmen kann und damit sich die Beteiligungsverhältnisse nicht gezielt steuern lassen, zum anderen kein tiefgehender Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre erfolgt, welcher eine besondere Rechtfertigung erforderlich machen würde. Die gesetzliche Ermächtigung zur Vornahme einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss als Abwehrmaßnahme gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG ist folglich einschränkend so zu lesen, dass diese nur aus Anlass eines Übernahmeangebots, nicht hingegen allein zur Abwehr eines solchen zulässig ist. Von der gesetzlichen Anerkennung der Vornahme von Abwehrmaßnahmen gegen einen (feindlichen) Übernahmeversuch auf die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses allein zur Wahrung der Unabhängigkeit der Gesellschaft zu schließen, stellt sich somit als Zirkelschluss dar.159 Denn die Vornahme von Abwehrmaßnahmen befreit nicht von der Beachtung der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erfordernisse.160 Für eine Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG zur Vornahme einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschlusses als Abwehrmaßnahme folgt hieraus, dass eine solche Ermächtigung unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG nur möglich ist, wenn der Bezugsrechtsausschluss einem Finanzierungsinteresse der Gesellschaft dient. Damit ist trotz dieser Einschränkung hierin dennoch eine Erweiterung der Abwehrmöglichkeiten gegen einen Übernahmeversuch zu sehen. Denn ohne die Vorschrift des § 33 Absatz 2 WpÜG dürfte der Vorstand in einer Übernahmesituation keine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss durchführen, da hierin ein Verstoß gegen das Verhinderungsverbot des § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG liegen würde.161 158 Der Vorstand könnte aber auch eine allgemeine Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital (unter Wahrung des Bezugsrechts) mit Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG ausnutzen, siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(1). 159 In diese Richtung auch Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 57. 160 BT-Drucks. 14/7034, S. 58; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104.

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Die Anerkennung der (teilweisen) Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen nach § 33 WpÜG führt folglich nicht zu einer anderen Bewertung der oben gefundenen Ergebnisse. Ein Bezugsrechtsausschluss mit der alleinigen Zwecksetzung zur Übernahmeabwehr ist nicht sachlich im Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt. Ein Rückschluss aus dieser Vorschrift auf eine allgemeine Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses, der allein auf die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur abzielt, ist auch aus dem Grund nicht möglich, als dass § 33 Absatz 2 WpÜG besondere Schutzvorschriften enthält, die bei einem Hauptversammlungsbeschluss außerhalb einer Übernahmesituation nicht greifen. Eine Ermächtigung des Vorstands zur Vornahme einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss als Maßnahme der Übernahmeabwehr durch die Hauptversammlung gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 WpÜG ist mithin nur aus Anlass eines Übernahmeangebots möglich, nicht hingegen allein zur Abwehr eines solchen. (dd) Ermittlung am konkreten Einzelfall Ob die Gewinnung eines befreundeten Investors mittels einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss und unter Beachtung der zuvor herausgearbeiteten Voraussetzungen tatsächlich im Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls und lässt sich nicht abstrakt beantworten. Problematisch ist insbesondere der Fall, in welchem die Kapitalerhöhung gegen Bareinlage erfolgen soll. Aus Sicht der Gesellschaft ist es grundsätzlich unerheblich, wer die liquiden Mittel aufbringt, so dass die Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses nur selten in Betracht kommt.162 Neben das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft muss ein besonderes Interesse der Gesellschaft daran bestehen, das Bezugsrecht zugunsten des Investors auszuschließen, wobei allein die Abwehr des Übernahmeversuchs wie aufgezeigt hierzu nicht ausreichen kann. Erfolgt die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, wird die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ungleich einfacher gelingen. Der Wirksamkeit einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage als Abwehrmaßnahme sind jedoch praktische Hürden dadurch bereitet, dass es sich als schwierig erweisen kann, die 161 Zur Unzulässigkeit der Ausnutzung bestehender Ermächtigungen siehe oben unter B.II.5.a)(1). 162 Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 91; ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Barkapitalerhöhung kommt etwa zur Vermeidung freier Spitzen oder Bedienung von Wandlungs- und Optionsrechten in Betracht, aber auch, wenn ein besonderes Finanzierungsinteresse der Gesellschaft besteht, vgl. nur Beispiel bei Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 91 ff.

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

Sacheinlage innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit zu bewerten. Dies kann insbesondere dann gelten, wenn Gesellschaftsanteile oder Immobilien eingebracht werden. Wurde dem Vorstand eine Vorratsermächtigung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG erteilt, kann sich ferner im Einzelfall bei der Entscheidung des Vorstands über die Ausnutzung der Ermächtigung der Umstand als schwierig erweisen, dass in der Regel erst gegen Ende der Übernahmefrist mit einer Entscheidung der Aktionäre über die Annahme oder Ablehnung des Übernahmeangebots zu rechnen ist.163 Allein aus dem Umstand, dass die gemäß § 23 WpÜG zu veröffentlichenden „Wasserstandanzeigen“ zunächst darauf hindeuten, dass das Angebot bisher auf keine große Akzeptanz bei den Aktionären gestoßen ist, lässt sich nicht auf eine ablehnende Haltung der Aktionäre gegenüber dem Angebot schließen. Hierfür sind noch weitere Anhaltspunkte erforderlich. Zeichnet sich ab, dass die Mehrheit der Aktionäre das Übernahmeangebot annehmen will, erscheint ein auf die Übernahmeabwehr gerichtetes Interesse der Aktionäre als fraglich. Dieses Risiko ist indes die Folge der Erteilung einer Vorratsermächtigung. Der Schutz der Aktionäre wird durch die speziellen Regelungen des § 33 Absatz 2 WpÜG gewährleistet. Zudem deutet schon die Erteilung einer Vorratsermächtigung darauf hin, dass es den Aktionären nicht primär um ihre (kurzfristigen) wirtschaftlichen Interessen geht. Denn hierzu steht die Ermächtigung des Vorstands zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen in Widerspruch, da die Hauptversammlung ihre Entscheidung über ein Übernahmeangebot mit der Erteilung einer Vorratsermächtigung (teilweise) auf den Vorstand überträgt. Eine Vorratsermächtigung mag zwar rechtspolitisch nicht unbedenklich sein, doch beruht die Erteilung auf einer Entscheidung der Hauptversammlung, die dem Vorstand gerade ein Instrument zur Übernahmeabwehr an die Hand geben wollte. Damit haben die Aktionäre die Beeinträchtigung ihrer Entscheidung über das Übernahmeangebot freiwillig in Kauf genommen. Bestehen dennoch Unsicherheiten und möchte der Vorstand einer Haftung entgehen (vgl. § 93 Absatz 4 Satz 1 AktG), besteht die Möglichkeit – sofern zeitlich durchführbar – eine Ad-hoc Hauptversammlung einzuberufen164 und ihr freiwillig den Beschluss zur Abstimmung vorzulegen.165 Eine andere Möglichkeit, etwaigen Unsicherheiten entgegenzuwirken, stellt ein Feststellungsbeschluss mit dem Inhalt dar, dass das Angebot nicht im Interesse der Aktionäre liegt und mit Hilfe der Aufnahme des befreundeten Investors – sofern im Unternehmensinteresse liegend – abgewehrt werden soll.166 163

Thun, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 23 Rn. 22 m. w. N. Siehe zu den praktischen Schwierigkeiten einer Ad-hoc Hauptversammlung oben unter B.II.5.a)(1). 165 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 190. 164

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(c) Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit Der Bezugsrechtsausschluss muss ferner geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. Fragen wirft die Erforderlichkeit des Bezugsrechtsausschlusses auf. Die Erforderlichkeit setzt voraus, dass keine Entscheidungsalternative besteht oder der Bezugsrechtsausschluss unter mehreren Mitteln den Zweck am besten fördert.167 Eine Entscheidungsalternative zum Bezugsrechtsausschluss stellt das Abwarten des Ablaufs der Annahmefrist dar.168 Denn ist das Übernahmeangebot nicht erfolgreich, wird im Ergebnis die Übernahme ebenfalls abgewehrt. Hiergegen lässt sich einwenden, dass der Ausgang der Entscheidung der Aktionäre über die Annahme oder Ablehnung des Übernahmeangebots ungewiss und damit das Abwarten des Ablaufs der Annahmefrist nicht gleich geeignet ist, die Übernahmeabwehr zu erreichen. Das hieße, man schließt aus dem Umstand, dass das Übernahmeangebot erfolgreich sein könnte, weil dieses von den Aktionären angenommen wird, auf die Erforderlichkeit der Übernahmeabwehr durch einen Bezugsrechtsausschluss. Dieses Ergebnis erscheint zu Recht nicht bedenkenlos. Doch wird man das Abwarten der Entscheidung der Aktionäre nicht als gleich geeignetes Mittel der Übernahmeabwehr ansehen müssen, da es sich hierbei nicht um eine Abwehrmaßnahme, sondern um das Ergebnis des Entscheidungsprozesses der Aktionäre handelt. Erfolgt die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen, ist grundsätzlich zu beachten, dass es aus Sicht der Gesellschaft gleichgültig ist, von wem das neue Kapital aufgebracht wird.169 Besteht daher kein über das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft hinausgehendes Interesse an der Aufnahme des Investors, ist ein Ausschluss des Bezugsrechts bei einer Barkapitalerhöhung regelmäßig nicht erforderlich, wenn auch die Aktionäre den Finanzbedarf decken könnten.170 Die Verhältnismäßigkeit des Bezugsrechtsausschlusses setzt voraus, dass das Interesse der Gesellschaft am Bezugsrechtsausschluss höher zu bewerten ist als das der Aktionäre am Erhalt ihrer Rechtsposition.171 Die Verhältnismäßigkeit hängt wiederum von den konkreten Umständen ab.

166

Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 190. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 27. 168 So im Ergebnis wohl auch schon Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 186 Rn. 71. 169 Vgl. Nachweise Fn. 162, S. 51. 170 Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 76; Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 136. 171 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 26 ff. 167

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

(d) Zwischenergebnis Ein Bezugsrechtsausschluss allein zum Zweck der Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs ist sachlich nicht gerechtfertigt. Der Verlust der Selbstständigkeit der Gesellschaft, eine drohende Änderung der Geschäftspolitik oder die Vornahme von Strukturmaßnahmen mögen als feindliches unternehmerisches Verhalten empfunden werden, lassen sich aber nicht mittels einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss als Abwehrmaßnahme verhindern, wenn dies alleiniger Zweck des Bezugsrechtsausschlusses ist. Ferner setzt ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung stets ein Finanzierungsinteresse der Gesellschaft voraus. Hieraus folgt zugleich, dass immer wenn eine Maßnahme im Gesellschaftsinteresse sachlich gerechtfertigt sein muss, hierzu allein die Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft nicht ausreicht. (e) Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss Es kann (ergänzend) erwogen werden, die angestrebte Beteiligungsquote des befreundeten Investors mittels einer Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss gemäß § 186 Absatz 3 Satz 4 AktG zu erreichen, wobei eine Mehrfachausnutzung allerdings unzulässig ist.172 Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss ist auch beim genehmigten Kapital anwendbar, § 203 Absatz 1 Satz 1 AktG.173 Vorteil dieses Verfahrens ist die (widerlegliche174) Vermutung der Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 Absatz 3 Satz 4 vorliegen, d.h. eine sachliche Rechtfertigung ist grundsätzlich nicht erforderlich.175 Ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung mit erleichtertem Bezugsrechtsausschluss kann allerdings nicht ohne Weiteres dafür genutzt werden, allein die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft zu beeinflussen. Die Vorschrift soll die Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital erleichtern.176 Grundgedanke der Vorschrift ist, dass das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft höher zu bewerten ist als das Aktionärsinteresse an der Erhaltung ihrer Position.177 Daher kann der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nicht ohne die Verfolgung von Finanzierungszwecken da172 173 174 175 176 177

Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 162 ff. Hüffer, AktG, § 203 Rn. 10a. Vgl. hierzu Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 88 m. w. N. Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 77. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39a; ausführlich Seibt, CFL 2011, 74 f. Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 84.

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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für genutzt werden, die Machtverhältnisse in der Gesellschaft zu verändern.178 Ohne ein entsprechendes Finanzierungsinteresse der Gesellschaft greift der gesetzliche Grundgedanke der Vorschrift daher nicht, so dass in diesem Fall eine sachliche Rechtfertigung erforderlich ist. Gleiches soll für den Fall einer Pakettransaktion gelten.179 Dies steht im Einklang mit den oben gefundenen Ergebnissen. Die Vorteile des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses gemäß § 186 Absatz 3 Satz 4 (i. V. m. § 203 Absatz 1 Satz 1) AktG können daher nicht für die Vermittlung einer Beteiligung an einen befreundeten Investor nützlich gemacht werden, wenn hiermit kein Finanzierungsinteresse der Gesellschaft verfolgt wird. Mangels Greifens der gesetzlichen Vermutung ist dann eine sachliche Rechtfertigung erforderlich, welche indes nicht gelingen wird, wenn alleininger Grund für den Bezugsrechtsausschluss die Übernahmeabwehr ist. In einer Übernahmesituation ist ferner zu beachten, dass auch einer Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss verhinderungseignende Wirkung zukommt und daher grundsätzlich gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG unzulässig ist. Zur Vornahme einer Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss bedarf der Vorstand daher ebenfalls einer Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 33 Absatz 2 WpÜG.180 (3) Zwischenergebnis Der Aufnahme eines befreundeten Investors als Abwehrmaßnahme gegen einen feindlichen Übernahmeversuch im Wege einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss sind enge Grenzen gezogen. Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht darf ein genehmigtes Kapital unter Bezugsrechtsausschluss in einer Übernahmesituation nur ausgenutzt werden, wenn dieses unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG geschaffen wurde oder die Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation über den Bezugsrechtsausschluss beschließt. Die Ausnutzung einer bestehenden Ermächtigung ist nicht zulässig. Die Möglichkeit zur Erteilung von Vorratsermächtigungen gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG ist jedoch praktischen Schwierigkeiten aufgrund ihrer Signalwirkung an den Kapitalmarkt sowie einem erhöhten Anfechtungsrisiko solcher Beschlüsse ausgesetzt. Für einen Beschluss der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesitua178 179 180

Seibt, CFL 2011, 74, 82. Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 203 Rn. 79, 137. Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(1).

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

tion besteht ebenfalls ein erhöhtes Anfechtungsrisiko. Zudem ist es praktisch schwierig, die Kapitalmaßnahme innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit umzusetzen. Aktienrechtlich ist ein Bezugsrechtsausschluss allein zur Abwehr eines Übernahmeversuchs sachlich nicht gerechtfertigt und damit unzulässig, da ein Bezugsrechtsausschluss ein Finanzierungsinteresse der Gesellschaft voraussetzt. Weder die Hauptversammlung noch der Vorstand haben die Kompetenz, einen Bezugsrechtsausschluss dafür zu instrumentalisieren, allein die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft zu beeinflussen. Ein Bezugsrechtsausschluss ist daher auch nach der Einführung des § 33 Absatz 2 WpÜG zur Übernahmeabwehr nur aus Anlass, nicht hingegen allein zum Zweck der Abwehr eines Übernahmeversuchs zulässig. Aus den kapitalmarkt- und aktienrechtlichen Grenzen ergibt sich danach, dass die Gewinnung eines befreundeten Investors im Wege einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss zum einen nur unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG oder eines Beschlusses der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation, zum anderen nur aus Anlass der Übernahmeabwehr, nicht aber allein zu deren Zweck möglich ist. Neben den Voraussetzungen von § 33 Absatz 2 WpÜG sind noch die allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätze zu beachten. Eine Vorratsermächtigung entbindet nicht von der Beachtung der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erfordernisse.181 Insbesondere darf der Vorstand eine Vorratsermächtigung nicht mit dem Ziel ausnutzen, die Beteiligungsverhältnisse in seinem Sinne zu beeinflussen.182 Die Gewinnung eines befreundeten Investors als Abwehrmaßnahme im Wege einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss (aus genehmigtem Kapital) ist somit stark eingeschränkt, aber grundsätzlich denkbar. b) Veräußerung eigener Aktien Zum Beteiligungsaufbau des befreundeten Investors kommt noch (begleitend) die Veräußerung eigener Aktien der Zielgesellschaft in Betracht. Die Veräußerung eigener Aktien kann aufgrund § 71 Absatz 2 Satz 1 AktG nur bis zu einer Höhe von 10% des Grundkapitals der Zielgesellschaft erfolgen. Eine Rolle spielt dabei insbesondere die Veräußerung von gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG erworbenen eigenen Aktien der Zielgesellschaft. 181 BT-Drucks. 14/7034, S. 58; vgl. auch Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, ZIP 2001, 2102, 2104. 182 Hirte, ZGR 2002, 623, 648.

II. Mögliche Abwehrmaßnahmen

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Sollen die eigenen Aktien en bloc an den befreundeten Investor veräußert werden, ist ein Ausschluss des Erwerbsrechts der Altaktionäre erforderlich, § 71 Absatz 1 Nr. 8 Satz 5 AktG.183 Da dem verhinderungseignende Wirkung im Sinne von § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG zukommt184, muss einer der Ausnahmetatbestände des § 33 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 WpÜG erfüllt sein. EineVeräußerung der eigenen Aktien unter Erwerbsrechtsausschluss gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 8 Satz 5 AktG bewirkt einen unmittelbaren und zielgerichteten Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises und unterliegt damit einem Kompetenzvorrang der Hauptversammlung, so dass kapitalmarktrechtlich eine Vorratsermächtigung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG oder ein Beschluss der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation erforderlich ist.185 Aus aktienrechtlicher Perspektive gelten für den Erwerbsrechtsausschluss im Rahmen einer Veräußerung eigener Aktien die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Kapitalerhöhung.186 Da die Aktien ebenso gut allen Aktionären (pro rata) angeboten werden könnten, muss ein besonderes Interesse der Gesellschaft daran bestehen, die Aktien nur an eine bestimmte Person zu veräußern. Hierzu reicht wie herausgearbeitet allein die Abwehr eines Übernahmeangebots nicht aus.187 Die Veräußerung eigener Aktien an einen befreundeten Investor ist damit nur innerhalb der gleichen engen Grenzen wie eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss möglich. Sollen die eigenen Aktien zuvor noch von der Gesellschaft erworben werden, ist dies in aller Regel allein aufgrund einer Ermächtigung der Hauptversammlung gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 8 Satz 1 AktG zulässig.188 Anders als im Falle des Ausschlusses des Bezugs- bzw. Erwerbsrechts kann der Vorstand hier auf eine allgemeine Ermächtigung der Hauptversammlung zurückgreifen, wenn und soweit der Aufsichtsrat seine Zustimmung gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG erteilt. Der Erwerb eigener Aktien bewirkt zwar auch eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse. Diese kann der Vorstand aber nicht zielgerichtet steuern. Ein Kompetenzvorrang der Hauptversammlung besteht daher nicht. 183

Bayer, ZGR 2002, 588, 593. Schlitt/Ries, in: MünchKomm: AktG, § 33 WpÜG Rn. 88 m. w. N. 185 Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(1). 186 Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71 Rn. 284. 187 Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(b). 188 Diskutiert wird der Erwerb eigener Aktien auf Grundlage des § 71 Absatz 1 Nr. 1 AktG. Eine Übernahme ist jedoch nicht als Schaden zu qualifizieren, auch nicht wenn der Bieter eine Zerschlagung oder Auflösung der Gesellschaft beabsichtigt, siehe oben unter B.II.5.a.(2)(b) (grundsätzliche Problematik) sowie Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 54 ff. m. w. N.; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 116 ff. 184

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

c) Zwischenergebnis Die Gewinnung eines befreundeten Investors als Abwehrmaßnahme gegen ein feindliches Übernahmeangebot erscheint zunächst als wirkungsvolles Instrument der Übernahmeabwehr. Allerdings sind die Möglichkeiten der Zielgesellschaft zur Unterstützung des Investors bei seinem Beteiligungsaufbau hohen Hürden ausgesetzt. Insbesondere die Ausgabe von Aktien der Zielgesellschaft ist nur im begrenzten Umfang möglich, da ein Rückgriff auf allgemeine Ermächtigungen zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals oder zur Veräußerung eigener Aktien, jeweils unter Ausschluss des Bezugs- bzw. Erwerbsrechts der (übrigen) Altaktionäre, nicht zulässig ist. Erforderlich hierfür ist eine Vorratsermächtigung der Hauptversammlung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG oder ein entsprechender (Ad-hoc) Beschluss der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation. Diese beiden Möglichkeiten sind jedoch aufgrund rechtlicher Risiken und zeitlicher Umsetzungsschwierigkeiten häufig nicht praktikabel. Zudem genügt allein die Abwehr eines Übernahmeversuchs nicht, um einen Bezugsrechtsausschluss sachlich zu rechtfertigen. Die Gesellschaft muss ein über die Übernahmeabwehr hinausgehendes Interesse an dem Bezugsrechtsausschluss zugunsten des Investors haben, welches der Finanzierung der Gesellschaft zu dienen hat. Die Abwehr einer feindlichen Übernahme mit Hilfe eines befreundeten Investors wird daher in der Regel an den rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen scheitern. 6. Suche nach einem konkurrierenden Angebot Die Abwehr einer feindlichen Übernahme kann schließlich durch die Suche nach einem konkurrierenden Angebot („white knight“) erfolgen. Diese Maßnahme ist gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 2 WpÜG ausdrücklich zulässig, da ein konkurrierendes Angebot zu einer Verbesserung der Angebotskonditionen für die Aktionäre und ihrer Entscheidungsmöglichkeiten führt.189 Ein Konkurrenzangebot verstößt nicht gegen das Verhinderungsverbot des Satz 1, da den Aktionären nicht die Entscheidung über die Annahme des Angebots genommen, sondern ihre Entscheidungsfreiheit durch das zusätzliche Angebot vielmehr erweitert wird.190 Ein Bieterwettbewerb wirkt sich zudem typischerweise vorteilhaft auf die Angebotskonditionen aus.191 Die Suche nach einem konkurrierenden Bieter ist zwar nicht geeignet, die Unabhängigkeit der Zielgesellschaft zu sichern. Doch kann sich das 189 190 191

BT-Drucks. 14/7034, S. 58. Hopt, ZGR 1993, 534, 557; Hirte, in: KölnKomm, AktG, § 33 Rn. 75. Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 149.

III. Ergebnis

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Konkurrenzangebot als vorteilhafter für die Zielgesellschaft und deren Verwaltung darstellen, da ein Konkurrenzangebot üblicherweise in Absprache mit der Verwaltung der Zielgesellschaft erfolgt. Erschwert wird die Suche nach einem Konkurrenzangebot indes durch den engen zeitlichen Rahmen. Für die Vorlage eines Konkurrenzangebots stehen in der Regel nicht mehr als 14 Wochen zur Verfügung (vgl. §§ 14 Absatz 1 Satz 1, 16 Absatz 1 Satz 1 WpÜG).192 Innerhalb dieser kurzen Frist wird eine Einigung mit dem konkurrierenden Bieter häufig nicht gelingen.193 Die erfolgreiche Suche nach einem konkurrierenden Bieter wird daher wohl nur dann erfolgsversprechend sein, wenn die Zielgesellschaft bereits vor der Bekanntgabe der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Übernahmeangebots zu dem white knight Kontakt hatte.194

III. Ergebnis Die Maßnahmen, die der Vorstand der Zielgesellschaft zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs einsetzen kann, sind im Ergebnis sehr begrenzt. Dies folgt zum einen aus kapitalmarkt- und aktienrechtlichen Beschränkungen, zum anderen aus praktischen Schwierigkeiten, wie der kurzen Reaktionszeit auf ein Übernahmeangebot aufgrund der Fristen des WpÜG. Häufig wird der Verwaltung nur das Medium der Stellungnahme zum Angebot des Bieters gemäß § 27 Absatz 1 WpÜG sowie von Werbemaßnahmen195 (vgl. § 28 WpÜG) als Abwehrmaßnahme gegen das Übernahmeangebot verbleiben. Präventiv kann ein Schutz der Gesellschaft vor feindlichen Übernahmen zunächst durch eine „Analyse der Verwundbarkeit“ erfolgen, in welcher Indikatoren ausgewertet werden, aus welchen sich die Attraktivität der Gesellschaft als potentieller Übernahmekandidat ergibt.196 Anschließend sollten die gesellschaftsrechtlichen und vermögensbezogenen Möglichkeiten zur Senkung der Attraktivität der Gesellschaft als Übernahmeziel erwogen werden.197 Besteht eine nähere Gefahr, Ziel einer Übernahme zu werden, ist 192

Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 4 f. Hirte, ZGR 2002, 623, 639; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 155; der Übernahmeversuch von Schering durch Merck im Jahr 2006 konnte allerdings durch Bayer als weißer Ritter erfolgreich abgewendet werden. 194 Hirte, ZGR 2002, 623, 639; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 5; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 155. 195 Vgl. hierzu Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 120 f. 196 Krause, AG 2002, 133, 134 f.; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 180. 197 Vgl. hierzu Krause, AG 2002, 133, 134 ff. sowie die Nachweise oben in Fn. 11, S. 23. 193

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B. Möglichkeiten zur Abwehr einer feindlichen Übernahme

die Einräumung einer Vorratsermächtigung gemäß § 33 Absatz 2 WpÜG in Betracht zu ziehen, insbesondere um in einer etwaigen Übernahmesituation eine sichere Rechtsgrundlage zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen zur Verfügung zu haben. Vorratsermächtigungen sind allerdings aufgrund des erhöhten Anfechtungsrisikos und der Signale an den Kapitalmarkt häufig nicht praktikabel. Auch der Schutz vor Übernahmen aufgrund präventiver Maßnahmen ist regelmäßig nicht geeignet, feindliche Übernahmeangebote zu verhindern, insbesondere dann, wenn sich ein Großteil der Aktien im Streubesitz befindet. Ein Dritter wird eine Übernahme aus ökonomischer Sicht aber regelmäßig nur dann versuchen, wenn die Gesellschaft unterbewertet ist.198 Andernfalls wird sich eine Übernahme für den Bieter kaum rentieren. Ein wirksames Mittel zur Abwehr einer Übernahme ist daher ein möglichst hoher Börsenkurs, da die Gesellschaft dann als Übernahmekandidat uninteressant ist. Eine Übernahme kann somit durch die Verwaltung der Zielgesellschaft regelmäßig nicht verhindert werden, selbst wenn der Bieter nach erfolgreicher Übernahme tiefgreifende Umstrukturierungen, eine Zerschlagung oder gar eine Auflösung der Zielgesellschaft beabsichtigt. Dieses Ergebnis ist eine Folge der Wahl des Rechtsträgers einer Aktiengesellschaft und der Listung der Aktien an einer Börse, da sich die Gesellschaft hierdurch dem Publikum öffnet. Das Risiko des Verlustes der Unabhängigkeit stellt sich somit als Kehrseite der Vorteile des Rechtsträgers Aktiengesellschaft und der vereinfachten Kapitalaufnahme über den Kapitalmarkt dar.

198 Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 24, 121; dies ist Ausfluss des Marktes der Unternehmenskontrolle (Market for Corporate Governance Control), wonach der Markt über die Allokation der im Unternehmen gebundenen Ressourcen entscheidet, grundlegend Henry Manne, Mergers and the Market for Corporate Governance Control, 73 Journal of Political Economy 110 (1965); Hopt, ZGR 1993, 534, 543 ff.; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 121.

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme mittels einer Investorenvereinbarung I. Rechtliche Zulässigkeit und typische Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen Eine Investorenvereinbarung ist eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und einem Investor anlässlich eines Beteiligungserwerbs.1 Investorenvereinbarungen enthalten typische Regelungsgegenstände, auch wenn die Gründe zum Abschluss einer Investorenvereinbarung sehr vielfältig sind.2 Üblicherweise enthält eine Investorenvereinbarung Regelungen über die konkreten Angebotsbedingungen, Unterstützungshandlungen der Zielgesellschaft im Hinblick auf das Übernahmeangebot sowie Deal-Protection Vereinbarungen3, die strategischen Unternehmensziele sowie die Sicherung bestimmter Unternehmensinteressen der Zielgesellschaft, Vereinbarungen zur Beteiligungshöhe des Bieters und die künftige Gremienbesetzung in der Zielgesellschaft.4 Einer Investorenvereinbarung ähnlich ist ein Vertrag über die Zusammenführung von Gesellschaften (Business Combination Agreement).5 Ein Business Combination Agreement wird zur Zusammenführung zweier Unternehmen abgeschlossen, wohingegen durch eine 1 Kiem, AG 2009, 301; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 196. 2 Kiem, AG 2009, 301, 302. 3 Als Deal-Protection Vereinbarungen lassen sich Bestimmungen zur Schaffung von Transaktionssicherheit zugunsten des Bieters bezeichnen, siehe hierzu unten unter C.IV.1. 4 Vgl. hierzu Kiem, AG 2009, 301, 302 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201 ff.; Zusammenfassung der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler in der Ad-hoc Mitteilung von Continental vom 21.08.2008 und dem Wertpapierprospekt der Continental AG vom 11.01.2010, S. 184 f., abrufbar unter www.conti-online.de; ferner das Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes und Terex; siehe auch die Ausführungen zu der Investorenvereinbarung zwischen D+S europe und Pyramus (Apax) in der Angebotsunterlage der Pyramus an die Aktionäre der D+S europe, S. 32 ff.; Ausführungen zum Business Combination Agreement zwischen W.E.T. Automotive Systems und Amerigon in der Angebotsunterlage der Amerigon an die Aktionäre der W.E.T., S. 24 ff.; jeweils abrufbar unter www.bafin.de. 5 Siehe hierzu Decher, FS Hüffer, 2010, 145 ff.; siehe auch Formulierungsbeispiel bei Seibt in Formularbuch M&A, L. II. 2.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Investorenvereinbarung der selbstständige Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden soll.6 Beide Vertragstypen enthalten aber Überschneidungen in ihren Regelungsgegenständen, etwa im Hinblick auf Fragen zur künftigen Unternehmensstrategie, die Gremienbesetzung oder Unterstützungshandlungen der Zielgesellschaft beim Beteiligungserwerb und der Übernahme durch den Bieter. Die Frage, ob eine Investorenvereinbarung zwischen einem (zukünftigen) Aktionär und der Gesellschaft zulässig ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt beantworten. Für Vereinbarungen zwischen einem Aktionär und der Gesellschaft besteht kein allgemeines rechtliches Verbot.7 Dies ergibt sich schon aus einem Umkehrschluss aus dem Verbot gebundener Aktien gemäß § 136 Absatz 2 Satz 1 AktG, wonach Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Aktionär nur unter bestimmen Voraussetzungen als nichtig anzusehen sind.8 Es kommt vielmehr auf die einzelnen Regelungsgegenstände der Investorenvereinbarung an, welche sich insbesondere an den aktien- und kapitalmarktrechtlichen Vorgaben zu messen haben.9 Zudem spielt der Zeitpunkt des Abschlusses der Investorenvereinbarung eine Rolle, d.h. ob die Investorenvereinbarung in oder außerhalb einer Übernahmesituation abgeschlossen wird. So sind in einer Übernahmesituation im Anwendungsbereich des Verhinderungsverbots des § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG die zusätzlichen Beschränkungen der Vorschrift des § 33 WpÜG zu berücksichtigen.10 Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der üblichen Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung liegt aufgrund des vorliegenden Zusammenhangs auf solchen Regelungen, die der Sicherung der Interessen und der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft dienen sollen. Daneben werden noch weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung wie insbesondere Deal-Protection Abreden aus Gründen der Vollständigkeit kurz dargestellt.11

6 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 196; vgl. z. B. Präambel Ziffer E. des Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes/Terex: „Diese Vereinbarung über die Zusammenführung von Unternehmen [. . .] beschreibt die Rahmenbedingungen und das gegenseitige Verständnis der Parteien hinsichtlich der Transaktion sowie bestimmter Absichten, Zusagen und Verpflichtungen der Bieterin und der Demag Cranes vor und nach Vollzug der Transaktion und der Geschäftstätigkeit von Demag Cranes vor und nach Vollzug der Transaktion.“ 7 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199. 8 Dittert, S. 26. 9 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15d. 10 Siehe hierzu unten unter C.VI. 11 Siehe hierzu unten unter C.IV.

II. Gründe für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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II. Gründe für den Abschluss einer Investorenvereinbarung Für den Abschluss einer Investorenvereinbarung sprechen aus Sicht der Zielgesellschaft und aus Sicht des Bieters verschiedene Gründe. In dem vorstehenden Teil über mögliche Abwehrmaßnahmen wurde herausgearbeitet, dass Maßnahmen zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs engen Grenzen unterzogen sind und daher die Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs regelmäßig nicht gelingen wird. Dieses Ergebnis erscheint aus Sicht der Zielgesellschaft als unbefriedigend, insbesondere dann, wenn nach einer Übernahme Umstrukturierungen oder andere Maßnahmen drohen, die mit Stellenabbau, Standort- und Betriebsstilllegungen, der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland oder gar der Zerschlagung der Gesellschaft verbunden sind. Daher sprechen aus Sicht der Zielgesellschaft vornehmlich die Verständigung mit dem Bieter auf bestimmte strategische Unternehmensziele und die Sicherung bestimmter Unternehmensinteressen für den Abschluss einer Investorenvereinbarung.12 So kann die Investorenvereinbarung aus Sicht der Zielgesellschaft als Mittel zum Versuch der Sicherung ihrer Unabhängigkeit eingesetzt werden. Diesbezügliche Regelungen werden im weiteren Verlauf der Arbeit näher dargestellt. Die Durchführung einer Übernahme ohne Abstimmung mit der Verwaltung der Zielgesellschaft liegt in der Regel auch nicht im Interesse des Bieters. Die Abgabe des Übernahmeangebots mag zunächst ohne Absprache mit der Verwaltung der Zielgesellschaft erfolgen und nicht deren Unterstützung finden. Doch erweisen sich Verhandlungen mit der Zielgesellschaft früher oder später als sinnvoll und erstrebenswert. Der Bieter ist regelmäßig an einer Übernahme nur unter der Bedingung der Erlangung einer (faktischen) Kontrollmehrheit an der Zielgesellschaft interessiert. Nur auf diesem Wege hat er die Sicherheit, den Aufsichtsrat in seinem Sinne zu besetzen und so seine Vorhaben durchzusetzen, damit sich die Übernahme für ihn aufgrund der hohen Kosten überhaupt rechnet.13 Ein Übernahmeverfahren ist sehr kostenintensiv und kann in einem längeren „Übernahmekampf“ dazu führen, dass sich die Übernahme am Ende überhaupt nicht mehr rentiert, da zum Beispiel aufgrund von Spekulationen am Kapitalmarkt der Aktienkurs der Zielgesellschaft immer weiter in die Höhe getrieben wird. Zudem kann sich ein Übernahmeversuch auch als sehr zeitintensiv darstellen, so dass die Gefahr einer Vernachlässigung des bestehenden Geschäftsbetriebs besteht. Der Bieter hat daher ein erhebliches Interesse an der 12 13

Kiem, AG 2009, 301, 303; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198. Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 243.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

schnellen und reibungslosen Durchführung der Übernahme. Je länger der Prozess andauert, desto höher werden die Kosten der Übernahme, insbesondere für Berater14 und Werbung. Darüberhinaus können eine ablehnende Haltung der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit gegenüber dem Übernahmeangebot und der Akzeptanz des Bieters die Umsetzung der strategischen Vorhaben und Maßnahmen des Bieters mit der Zielgesellschaft erschweren oder gar verhindern15 und zu einem Imageverlust führen, der nur schwer zu kompensieren sein wird. Unterstützt hingegen die Verwaltung der Zielgesellschaft das Übernahmeangebot, besteht für den Bieter eine gewisse Transaktionssicherheit, so dass sich die vorgenannten Probleme vermeiden lassen. Gelingt es dem Bieter trotz einer ablehnenden Haltung der Zielgesellschaft gegenüber dem Übernahmeangebot und etwaigen Abwehrmaßnahmen eine Kontrollmehrheit zu erwerben, kann er zwar den Aufsichtsrat mit ihm genehmen Personen und so letztlich auch den Vorstand in seinem Sinne besetzen. Jedoch kann der Bieter nicht ohne weiteres die mittleren und unteren Management-Ebenen der Zielgesellschaft austauschen. Zum einen wird der Bieter nicht über die erforderlichen personellen Ressourcen verfügen. Zum anderen können die lokalen und regionalen Kenntnisse, die Beziehungen und Erfahrungen mit den Lieferanten und Kunden sowie der Kontakt zu den Arbeitnehmern nicht einfach ersetzt werden. Eine ablehnende Haltung der mittleren und unteren Managementebenen wird sich dann auch bei den Arbeitnehmern widerspiegeln, was zu Protesten und Lähmungen des Betriebs führen kann. Daher ist die Unterstützung der Übernahme und die Akzeptanz gegenüber dem Bieter seitens der mittleren und unteren Management Ebene der Zielgesellschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung für den nachhaltigen Erfolg der Übernahme und die Implementierung der Vorhaben und Maßnahmen des Bieters. Aus diesen Gründen ist die Durchführung einer bis zum Ende feindlichen Übernahme somit regelmäßig nicht im Interesse des Bieters.16 Danach spricht aus Sicht des Bieters für den Abschluss einer Investorenvereinbarung im Zusammenhang mit einer Übernahme vornehmlich die 14 Als Berater an einer Übernahme beteiligt sind unter anderem Investmentbanken, Rechtsberater, Kommunikationsberater und Fusionsberater. 15 Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 243. 16 In der Übernahme von Hochtief durch den spanischen Konzern ACS ist es hingegen zu keiner Einigung der Parteien gekommen. ACS hat gegen den Widerstand seitens Hochtiefs die Übernahme forciert und sich auf keine Einigungsversuche eingelassen, vgl. beispielhaft n-tv online vom 03.02.2011 „ACS bei Hochtief (fast) am Ziel“, abrufbar unter www.n-tv.de; WiWo online vom 11.05.2011 „Hochtief vor der Zerreißprobe“, abrufbar unter www.wiwo.de; FTD-online vom 12.05.2011 „Wie ACS bei Hochtief durchmarschiert“, abrufbar unter www.ftd.de.

II. Gründe für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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Schaffung von Transaktionssicherheit.17 Diese wird durch sogenannte DealProtection Abreden gewonnen.18 Aufgrund der hohen Kosten einer Übernahme und zur Verhinderung eines möglichen kostenintensiven und dazu erfolglosen Übernahmekampfes ist die Aufnahme von Deal-Protection Vereinbarungen für den Bieter eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluss einer Investorenvereinbarung. Wichtige Vereinbarungen zur Schaffung von Transaktionssicherheit sind Zusagen der Zielgesellschaft über die Unterstützung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft.19 Vereinbarungen über Unterstützungshandlungen der Verwaltung der Zielgesellschaft beinhalten typischerweise eine Verpflichtung der Zielgesellschaft zur Empfehlung des Übernahmeangebots in ihrer Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG.20 Auch kann eine Unterstützung durch die Vermittlung von Aktienpaketen von Großaktionären an den Bieter oder der Herstellung des Kontakts zwischen Bieter und Großaktionär erfolgen.21 Weitere geläufige Deal-Protection Vereinbarungen sind insbesondere No-Shop Klauseln, die der Zielgesellschaft die aktive Suche nach einem konkurrierenden Angebot untersagen22 sowie Break-Up-Fee Vereinbarungen, welche Kostentragungsverpflichtungen für den Fall des Scheiterns der Übernahme regeln.23 Erkennt die Zielgesellschaft, dass sie eine Übernahme nicht verhindern können wird, liegt eine Beendigung des Übernahmekampfes aufgrund der hohen Kosten und der Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs auch in ihrem Interesse. Mit einem längeren Übernahmekampf ist damit weder den Interessen des Bieters noch denen der Zielgesellschaft gedient. Beiden wird daran gelegen sein, sich möglichst schnell wieder auf ihr Tagesgeschäft zu konzentrieren. Daher bietet sich der Abschluss einer Investorenvereinbarung an, in welcher Zielgesellschaft und Bieter ihre jeweiligen Interessen verhan17

Zu weiteren Gründen vgl. Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 196 ff. Siehe hierzu unten unter C.IV.1. 19 Vgl. z. B. die Zusagen zur Unterstützung des Angebots der Amerigon Europe an die Aktionäre der W.E.T. Automotive Systems durch den Vorstand der W.E.T. gemäß dem Business Combination Agreement zwischen den Parteien in der Angebotsunterlage Ziffer 7.2.2, sowie gemäß dem Investmentagreement zwischen D+S europe und Pyramus in der Angebotsunterlage der Pyramus an die Aktionäre der D+S europe Ziffer 7.2.2, jeweils abrufbar unter www.bafin.de; siehe hierzu unten unter C.IV.1. 20 Kiem, AG 2009, 301, 304, 311 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202 f.; siehe hierzu unten unter C.IV.1.a). 21 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 197. 22 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203; siehe hierzu unten unter C.IV.1.c). 23 Kuhn, S. 249 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203 f.; siehe hierzu unten unter C.IV.1.b). 18

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

deln, koordinieren und aufeinander abstimmen, so dass am Ende eine Lösung gefunden wird, die in ihrer beider Interesse liegt. Damit kann entweder ein feindliches Übernahmeangebot von vorherein verhindert oder ein zunächst feindlicher Übernahmeversuch letztendlich zu einer Übernahme in Absprache mit der Zielgesellschaft gewandelt werden.24

III. Regelungen zur Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft Die Zielgesellschaft wird bestrebt sein, die Investorenvereinbarung zur Sicherung ihrer Interessen und ihres selbständigen Fortbestands zu nutzen. Dies ist sinnvollerweise mit dem Versuch einer Begrenzung des Einflusses des Bieters auf die Zielgesellschaft verbunden. Denn es besteht regelmäßig zumindest die latente Gefahr, dass der Bieter aufgrund seiner Stimmrechtsmacht versuchen wird, die Geschäftspolitik in der Zielgesellschaft in seinem Interesse zu beeinflussen oder zu lenken. Zur Begrenzung des Einflusses des Bieters dienen Regelungen in der Investorenvereinbarung, nach welchen die Zielgesellschaft als selbstständige Gesellschaft mit ihrem bisherigen Markt- und Markenauftritt auch nach der Übernahme fortbestehen soll, Gesellschaftssitz, Rechtsform, Börsennotierung und Finanzpolitik (insbesondere im Hinblick auf Verschuldensgrad und Dividendenzahlungen) nicht geändert werden sollen, der Bieter sich verpflichtet, die bisherige Strategie und Geschäftspolitik des Vorstands der Zielgesellschaft zu unterstützen, von der Vornahme wesentlicher Strukturmaßnahmen und der Zerschlagung der Zielgesellschaft abzusehen und nach welchen der Bieter keine Maßnahmen vornehmen darf, die auf eine Änderung von betriebs- oder tarifvertraglichen Vereinbarungen oder der Mitbestimmung abzielen.25 Ferner spielen Vereinbarungen im Hinblick auf die 24 So wurde der Übernahmekampf um Demag Cranes durch den Abschluss eines Business Combination Agreement mit Terex beendet, vgl. Ad-hoc Mitteilung von Demag Cranes vom 16.06.2011; der Übernahmekampf zwischen Continental und Schaeffler wurde ebenfalls durch den Abschluss einer Investorenvereinbarung beendet, vgl. Ad-hoc Mitteilung von Continental vom 21.08.2008; siehe hierzu auch schon oben unter A; Hochtief hat ACS Gespräche zur Beendigung des Übernahmekampfes (erfolglos) angeboten und über den Abschluss einer Investorenvereinbarung verhandelt, vgl. beispielhaft Handelsblatt online vom 03.02.2011 „Hochtief-Chef gibt sich kämpferisch“, abrufbar unter www.handelsblatt.com; FAZ online vom 23.03.2011 „Hochtief bereitet sich auf Machtübernahme durch ACS vor“, abrufbar unter www.faz.net. 25 So exemplarisch die Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler, vgl. Ad-hoc Mitteilung der Continental vom 21.08.2008 und den Wertpapierprospekt der Continental vom 11.01.2010, S. 184 f., sowie Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Beteiligungshöhe des Bieters, die Gremienbesetzung in der Zielgesellschaft sowie Veräußerungsbeschränkungen hinsichtlich vom Bieter gehaltener Aktien der Zielgesellschaft eine wichtige Rolle zur Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft.26 Klargestellt sei nochmals, dass die Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft im Interesse der betroffenen Gesellschaft liegen kann.27 Der Vorstand darf deshalb Maßnahmen zur Sicherung der Unabhängigkeit der Gesellschaft vornehmen, wenn denn die Gesellschaft ein Interesse an der Sicherung ihres unabhängigen oder selbstständigen Fortbestands hat. Das Unternehmensinteresse am Bestand oder der Unabhängigkeit der Gesellschaft wird nur nicht rechtlich davor geschützt, dass Aktionäre die Abhängigkeit der Gesellschaft begründen oder ihren Bestand ändern. Es kommt hier entscheidend auf die Mittel an, die zur Sicherung der Unabhängigkeit eingesetzt werden. Eine Investorenvereinbarung zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft kann somit abstrakt betrachtet grundsätzlich in ihrem Interesse liegen. Ob und inwieweit Vereinbarungen zur Sicherung der Unabhängigkeit und anderer Interessen der Zielgesellschaft zwischen dem Bieter als (künftigem) Aktionär einerseits und der Zielgesellschaft andererseits wirksam getroffen werden können, wird im Folgenden näher beleuchtet. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf die hierzu am wirkungsvollsten erscheinenden Vereinbarungen. Dies betrifft Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Stimmverhalten des Bieters in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft (hierzu sogleich), Vereinbarungen betreffend den Anteilsbesitz des Bieters28, Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft29, Vereinbarungen hinsichtlich der Geschäftspolitk der Zielgesellschaft30 sowie Zusicherungen des Bieters bezüglich den Arbeitnehmern der Zielgesellschaft sowie ihren Betriebsstandorten31. 1. Stimmbindungsvereinbarungen Bestimmungen der Investorenvereinbarung, die im Zusammenhang mit dem Stimmverhalten des Bieters in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft stehen, sind bedenklich im Hinblick auf das Verbot gebundener Aktien aus § 136 Absatz 2 AktG. Stimmbindungsverträge, nach welchen sich 26 27 28 29 30 31

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199. Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(b). Siehe hierzu unten unter C.III.2. Siehe hierzu unten unter C.III.3. Siehe hierzu unten unter C.III.4. Siehe hierzu unten unter C.III.5.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

ein Aktionär entgegen § 136 Absatz 2 AktG verpflichtet, nach Weisung oder Vorschlägen der Gesellschaft zu stimmen, sind nichtig. In Konflikt zum Verbot des § 136 Absatz 2 AktG stehen daher etwaige Verpflichtungen des Bieters, keine Strukturmaßnahmen und kein Delisting vorzunehmen, nicht auf die Ausschüttung einer „Superdividende“ hinzuwirken sowie die Verpflichtung, die Firma, den Sitz oder den Unternehmensgegenstand der Gesellschaft nicht zu verändern, da über solche Maßnahmen die Hauptversammlung zu entscheiden hat. Gleiches gilt für Vereinbarungen hinsichtlich der Besetzung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft.32 • Beispiel: Die Investorenvereinbarung enthält folgende Bestimmungen33: – Der Bieter verpflichtet sich, gegen den Willen der Zielgesellschaft keine Veränderungen in Bezug auf die Unternehmensform, den Sitz, den Unternehmensgegenstand und die Börsennotierung der Zielgesellschaft vorzunehmen, zu veranlassen oder zu unterstützen. – Der Bieter verpflichtet sich, gegen den Willen der Zielgesellschaft keine Strukturmaßnahmen, keine Änderung der Börsennotierung oder der Dividendenpolitik vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken. Verpflichtungen des Bieters, die bei der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft aktuell werden, können je nach deren Ausgestaltung zugleich als Stimmbindung oder Stimmverzicht34 des Bieters im Hinblick auf den entsprechenden Beschlussgegenstand verstanden werden. So sind auch die Verpflichtungen des Bieters wie im vorstehenden Beispiel bei verständiger Würdigung zu sehen. Danach hat der Bieter alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die genannten Vereinbarungen betreffen. Enthielte die Verpflichtung nicht zugleich eine dahingehende Stimmbindung oder einen dahingehenden Stimmverzicht, würde die Vereinbarung weitgehend ins Leere laufen. Der Bieter übernähme andernfalls die Verpflichtung, außerhalb seiner Stimmrechtsausübung nicht auf eine entsprechende Maßnahme hinzuwirken, dürfte aber in der Hauptversammlung sein Stimmrecht unabhängig von der Vereinbarung ausüben. Es geht aber gerade darum, bestimmte Maßnahmen zu verhindern, was bei Gegenständen, die im Zusammenhang mit einer Entscheidung der Hauptversammlung stehen, eine Anknüpfung an das Stimmrecht erforderlich macht. 32

Siehe hierzu unten unter C.III.1.b)(1). Vgl. auch die Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler, Zusammenfassung in Ad-hoc Mitteilung von Continental vom 21.08.2008 und im Wertpapierprospekt der Continental vom 11.01.2010, S. 184; siehe auch Formulierungsbeispiel bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. § 8 Ziffer 8.3. 34 Siehe zur Erfassung von Stimmverzichten von § 136 Absatz 2 AktG unten unter C.III.1.c). 33

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Liegt eine Stimmbindung oder ein Stimmverzicht vor oder ergibt sich dies aus der Auslegung einer entsprechenden Vereinbarung, ist die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung sehr fraglich. Ob und inwiefern Stimmbindungen oder Stimmverzichte zwischen Zielgesellschaft und Bieter wirksam vereinbart werden können, wird im Folgenden untersucht. a) Unvereinbarkeit mit § 136 Absatz 2 AktG Stimmbindungsvereinbarungen zwischen Gesellschaft und Aktionär stehen immer im Konflikt zum Verbot gebundener Aktien aus § 136 Absatz 2 AktG. Das Verbot gebundener Aktien aus § 136 Absatz 2 AktG soll verhindern, dass die Verwaltung der Gesellschaft ihr genehme Hauptversammlungsbeschlüsse herbeiführen kann.35 Daher ist von dem Verbot nicht nur der Fall erfasst, dass die Stimmbindung gegenüber der Gesellschaft bzw. ihrer Verwaltung erfolgt. Ausreichend ist bereits die Verpflichtung des Aktionärs gegenüber einem Dritten, den Weisungen der Gesellschaft bzw. ihrer Verwaltung zu folgen.36 Nicht eindeutig geht aus der Vorschrift allerdings die Reichweite des Verbots gebundener Aktien hervor. Umstritten ist, ob die Vorschrift jede Art von Stimmbindung zwischen Aktionär einerseits und Gesellschaft bzw. ihrer Verwaltung andererseits untersagt. Beziehen sich Stimmbindungsvereinbarungen zwischen der Gesellschaft und einem Aktionär nicht auf konkrete Beschlussgegenstände und sind damit offen formuliert, sind solche Absprachen unstreitig gemäß §§ 136 Absatz 2 AktG, 134 BGB nichtig, da in diesem Fall die Verwaltung Weisungen im Hinblick auf die konkrete Stimmrechtsausübung durch den betreffenden Aktionär erteilen und damit die Willensbildung in der Hauptversammlung beeinflussen kann. Ob und inwieweit aber auch Absprachen hinsichtlich näher konkretisierter bzw. bestimmter Beschlussgegenstände vom Verbot des § 136 Absatz 2 AktG erfasst sind, hängt davon ab, wie man den Begriff „Weisungen“ im Sinne der Norm versteht. Da eine Beeinflussung der Willensbildung der Hauptversammlung auch möglich erscheint, wenn die Gesellschaft oder die Verwaltung mit einem Aktionär das Abstimmungsverhalten hinsichtlich eines bestimmten Beschlussgegenstandes miteinander festlegt, fragt sich, ob § 136 Absatz 2 AktG nur inhaltlich offene Stimmbindungsverträge oder auch konkrete Absprachen über näher bestimmte Stimmrechtsausübungen untersagen will. 35

Regierungsbegründung zu § 136 bei Kropff, Aktiengesetz, S. 201; Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 75 f.; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 71. 36 Regierungsbegründung zu § 136 bei Kropff, Aktiengesetz, S. 201; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168,183; Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 77; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 27; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 71.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

(1) Meinungsstand Nach einer Ansicht sollen nur inhaltlich offene Vereinbarungen vom Tatbestand des § 136 Absatz 2 AktG erfasst sein.37 Dies folge zum einen aus dem Wortlaut der Norm.38 Zum anderen sei ein Stimmbindungsvertrag im Hinblick auf einen konkreten Beschlussgegenstand nicht vom Normzweck erfasst, da sich der Aktionär nicht dem Willen der Verwaltung unterwerfe, sondern seine freie Abstimmungsentscheidung auf den Zeitpunkt der Stimmbindung vorverlege.39 Ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung erfolge durch eine konkretisierte Stimmbindung nicht, da die Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft kein starres Prinzip darstelle und nicht jegliche Einflussnahme der Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung untersage.40 Nach § 136 Absatz 2 AktG seien daher nur Stimmbindungsverträge nichtig, bei welchen die Stimmabgabe inhaltlich nicht konkretisiert und die Konkretisierung der Gesellschaft oder einem ihrer Organe überlassen ist.41 Nach anderer Ansicht fallen auch Vereinbarungen hinsichtlich einzelner konkretisierter Beschlussgegenstände unter das Verbot des § 136 Absatz 2 AktG.42 Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, nach welcher alle Möglichkeiten der Verwaltung das Abstimmungsverhalten der Aktionäre zu beeinflussen, vom Tatbestand der Norm erfasst sein sollen.43 Jegliche Einflussnahme der Verwaltung mittels Stimmbindungen auf das Abstimmungsverhalten der Hauptversammlung sei mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung nicht vereinbar.44 In § 136 Absatz 2 AktG komme ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck, nach welchem die Verwaltung keinen Einfluss auf die Willensbildung in der Hauptversammlung nehmen dürfe.45 Für 37 Herrmann, S. 135; Overrath, S. 21 f.; Rodemann, S. 42 f.; ausführlich Kniehase, S. 39 ff. 38 Kniehase, S. 42 ff.; Rodemann, S. 42 f. 39 Herrmann, S. 135; Kniehase, S. 45; Overrath, S. 21 f.; Rodemann, S. 42 f. 40 Kniehase, S. 51 ff. 41 So das Ergebnis von Kniehase, S. 42 ff.; Kniehase beruft sich dabei fälschlicherweise auf Zöllner, ZHR 155 (1991), 168,183. Zöllner wirft diesen Gedanken aber allein auf, ohne sich diesem anzuschließen, vgl. klarstellend Zöllner, FS Pelzer, 2001, 661, 666. 42 Dittert, S. 171 f.; Immenga, AG 1992, 79, 81; Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 322; Otto, AG 1991, 369, 376 ff.; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 407 f.; Wagner, S. 213 f.; ohne nähere Begründung: Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 51; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 77. 43 Otto, AG 1991, 369, 376 ff.; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 77. 44 Dittert, S. 171 f., 174 f.; Otto, AG 1991, 369, 376 ff.; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 77. 45 Otto, AG 1991, 369, 377 f.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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eine enge Auslegung der Vorschrift, nach welcher bei einer konkretisierten Stimmbindung keine Weisungsbefugnis des Vorstands gegenüber dem gebundenen Aktionär begründet werde, sei daher kein Raum.46 Weiterhin führe eine Differenzierung zwischen einerseits offenen und andererseits konkreten Stimmbindungen zu Abgrenzungsschwierigkeiten und damit zu Rechtsunsicherheiten.47 (2) Wortlaut des § 136 Absatz 2 AktG Aus dem Wortlaut der Norm lässt sich nicht entnehmen, ob jede Art von Stimmbindung zwischen Aktionär und Gesellschaft bzw. ihrer Verwaltung verboten ist. Nach ihrem Wortsinn setzt eine Weisung voraus, dass sich eine Person dem Willen einer anderen unterwirft. Das ist bei einem gemeinsam abgestimmten Verhalten gerade nicht der Fall. In diesem Fall kann der Aktionär frei über den konkreten Inhalt seiner Stimmrechtsbindung entscheiden. Bei einem konkretisierten Abstimmungsverhalten erscheint es nicht möglich zu sein, dass die Verwaltung ihr genehme Hauptversammlungsbeschlüsse herbeiführen kann. Auch aus der Regierungsbegründung zu § 136 Absatz 2 AktG lässt sich nicht zwingend ableiten, dass jedwede Art von Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär verboten sei.48 Nach der Regierungsbegründung soll die Vorschrift verhindern, „daß die Verwaltung der Gesellschaft ein ihr genehmes Abstimmungsverhalten dadurch herbeiführen kann, daß sie Weisungen oder Vorschläge für die Ausübung des Stimmrechts gibt, die für den Aktionär auf Grund vertraglicher Abmachungen bindend sind. [. . .] Entscheidend ist allein, daß der Aktionär auf Grund der Vereinbarung verpflichtet sein soll, die Weisung der Verwaltung zu befolgen. Mit dieser Vorschrift werden noch nicht alle Möglichkeiten der Verwaltung, das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen, getroffen. Sie kann auch dadurch auf das Abstimmungsergebnis einwirken, daß sich ein Aktionär verpflichtet, sein Stimmrecht für die jeweiligen Vorschläge des Vorstands oder des Aufsichtsrats auszuüben. Da auch ein solcher Vertrag der Verwaltung einen unerwünschten Einfluß auf die Willensbildung der Hauptversammlung gibt, wird er durch Absatz 3 Satz 2 ebenfalls für nichtig erklärt.“49 Hieraus lässt sich nicht entnehmen, dass auch konkrete Stimmbindungen erfasst sein sollen. Vielmehr stellt die Regierungsbegründung allein auf ein gesteuertes 46

Dittert, S. 171; Otto, AG 1991, 369, 378. Dittert, S. 171 f. 48 Kniehase, S. 42 f.; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 183; a. A. Otto, AG 1991, 369, 376 ff. 49 Regierungsbegründung bei Kropff, Aktiengesetz, S. 201. 47

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Verhalten des Aktionärs durch die Verwaltung der Gesellschaft ab. Die Regierungsbegründung spricht zwar davon, dass mit der Vorschrift noch nicht alle Möglichkeiten der Verwaltung erfasst werden, das Abstimmungsverhalten der Aktionäre zu beeinflussen. Diese Passage bezieht sich allerdings allein darauf, dass von dem Verbot auch eine Verpflichtung des Aktionärs gemäß § 136 Absatz 2 Satz 2 AktG erfasst ist, nach den jeweiligen Vorschlägen der Verwaltung abzustimmen. Nicht gemeint ist, dass jede Möglichkeit, das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen, verboten sein soll.50 Auf das Verbot eines einvernehmlichem, gemeinsam abgestimmten Verhaltens lässt sich aus der Begründung damit nicht unmittelbar schließen. Offen bleibt, wann eine unerwünschte Einflussnahme der Verwaltung auf das Abstimmungsergebnis im Sinne der Vorschrift vorliegt. Wortlaut und Regierungsbegründung sprechen somit für die Ansicht, die Vorschrift des § 136 Absatz 2 AktG erfasse nur offene Stimmbindungsvereinbarungen. (3) Abgrenzung offene und konkretisierte Stimmbindung Allein aus Wortlaut und Gesetzesbegründung lässt sich nicht eindeutig darauf schließen, ob von dem Verbot des § 136 Absatz 2 AktG auch konkretisierte Stimmbindungen erfasst sind. Um beantworten zu können, ob auch eine konkretisierte Stimmbindung eine unerwünschte Einflussnahme der Verwaltung auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre einzuwirken im Sinne der Vorschrift bedeutet, ist zunächst zu fragen, wann in Abgrenzung zu einer offenen eine konkretisierte Stimmbindung vorliegt. Eine konkretisierte Stimmbindung liegt vor, wenn sie sich auf einen bestimmten Beschlussgegenstand bezieht.51 Nur dann kann die Rede davon sein, dass der gebundene Aktionär seine freie Abstimmungsentscheidung vorverlegt und die Gesellschaft keinen Einfluss auf seine Stimmrechtsausübung nimmt. Bei nicht konkret bestimmten Beschlussgegenständen kann sich der Bieter hingegen kein eigenes Bild von seiner Abstimmungsentscheidung machen. Enthält die Stimmbindung zwar keinen Weisungsvorbehalt zugunsten der Zielgesellschaft, ist aber unbestimmt gefasst, so liegt keine konkretisierte Stimmbindung mehr vor. Dies ist etwa der Fall, wenn der Bieter sich allgemein verpflichtet, keinerlei Strukturmaßnahmen vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken. Hier bezieht sich die Stimmbindung zwar auf einen bestimmten Beschlussgegenstand. Der konkrete Inhalt der 50 A. A. Otto, AG 1991, 369, 376 ff.; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 77. 51 Overrath, S. 21 f.; Rodemann, S. 42 f.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Stimmrechtsausübung hinsichtlich des Beschlussgegenstands ist jedoch unbestimmt, da die Stimmbindung dahingehende Beschlussgegenstände im Allgemeinen erfasst. Hierdurch erwirkt die Gesellschaft faktisch eine Unterwerfung des Bieters unter ihren Willen, da sich der Aktionär hinsichtlich der Ausübung seines Stimmrechts gegenüber der Gesellschaft bindet, ohne zu wissen, worauf sich die Bindung im Konkreten bezieht. Dies entspricht in seiner Wirkung einer Weisung, da sich der Bieter im Ergebnis dem Willen der Zielgesellschaft unterordnet, indem er seine Stimmrechtsmacht im Sinne der Zielgesellschaft „neutralisiert“. Daher ist eine Stimmbindung ohne einen Weisungsvorbehalt auch schon dann nichtig, wenn sie allgemein gefasst ist. Eine Vereinbarung wie im obigen Beispiel ist daher schon unabhängig von der Formulierung „gegen den Willen“ nichtig, da eine solche Stimmbindung nicht hinreichend konkret ist. Die Formulierung „gegen den Willen“ beinhaltet darüber hinaus, dass im konkreten Einzelfall die Verwaltung der Zielgesellschaft über das Abstimmungsverhalten entscheiden und damit eine Weisung im Sinne von § 136 Absatz 2 AktG erteilen kann. Eine so formulierte Stimmbindung enthält eine Bedingung, deren Eintritt vom Willen der Verwaltung der Gesellschaft abhängt. Damit ordnet sich der Aktionär dem Willen der Verwaltung unter. Dies will die Vorschrift des § 136 Absatz 2 AktG gerade verhindern. Eine offene Stimmbindung liegt folglich dann vor, wenn die Stimmbindung einen Weisungsvorbehalt zugunsten der Gesellschaft bzw. der Verwaltung enthält oder der konkrete Inhalt der Vereinbarung unbestimmt ist. (4) Einflussnahme auch bei konkretisierter Stimmbindung möglich Für die Zulässigkeit einer konkretisierten Stimmrechtsbindung wird angeführt, der Aktionär lege sein Abstimmungsverhalten lediglich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Stimmbindungsvertrags vor. Der Aktionär könne grundsätzlich frei über den Abschluss des Stimmbindungsvertrags entscheiden.52 Es ließe sich daher für die Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen argumentieren, dem Aktionär werde der Wille der Gesellschaft nicht einseitig vorgegeben, so dass es der Verwaltung nicht möglich sei, einseitig ein ihr genehmes Stimmverhalten in ihrer Hauptversammlung herbeizuführen. Dies sei nach der Regierungsbegründung aber gerade der Schutzzweck der Norm.53 Zu bedenken ist indes, dass durch die Stimmbindung das Abstimmungsverhalten des Aktionärs vertraglich fixiert wird. Damit verliert der gebundene Aktionär seine Abstimmungsfreiheit. Auch wenn ein Stimmbindungsvertrag über einen bestimmten Beschlussgegenstand gemeinsam be52 53

Vgl. Fn. 39, S. 70. Ebenda.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

schlossen und keine unmittelbare Weisungsbefugnis der Verwaltung gegenüber dem Aktionär begründet wird, greift die Verwaltung durch die Festlegung des Abstimmungsverhaltens des gebundenen Aktionärs in die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung ein. Die Bindung mag zwar auf der autonomen Entscheidung des entsprechenden Aktionärs beruhen, ändert an dem Eingriff aber nichts. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, warum ein Aktionär überhaupt eine Stimmbindung gegenüber der Gesellschaft eingeht. Anders als bei Stimmbindungen unter Aktionären, die auf die Bündelung der Stimmrechtsmacht zielen, hat der Aktionär bei einer Stimmbindung gegenüber der Gesellschaft kein unmittelbares Eigeninteresse an der Festlegung seines Abstimmungsverhaltens. Die Festlegung seines Abstimmungsverhaltens gegenüber der Gesellschaft hat für ihn keinen unmittelbaren Gewinn, da er das von ihm angestrebte Abstimmungsergebnis aufgrund der Bindung gegenüber der Gesellschaft nicht leichter erreichen kann. Bei der Bindung geht es unmittelbar allein darum, dass die Gesellschaft bzw. ihre Verwaltung die Abstimmungsentscheidung des Aktionärs in eine ihr genehme Richtung festlegt. Hierhinter können zwar berechtigte Interessen der Gesellschaft stehen, wie dies bei einer Investorenvereinbarung zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft sein kann.54 Die hinter der Stimmbindung stehenden Gründe lassen die Einflussnahme der Gesellschaft auf das Abstimmungsverhalten aber nicht entfallen. Gegen die Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen spricht somit, dass trotz einer Vorverlegung der Abstimmungsentscheidung des gebundenen Aktionärs eine Einflussnahme der Gesellschaft bzw. ihrer Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung erfolgt. Hieraus lässt sich aber nicht zwingend auf die Unzulässigkeit jeder Art von Stimmbindung zwischen Aktionär und Gesellschaft schließen. Nicht klar ist nämlich, ob diese Einflussnahme auch unerwünscht im Sinne der Vorschrift ist. Dies wäre aber gerade Voraussetzung für diesen Schluss.55 Ferner ergeben sich Bedenken gegen die Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen aus der Klagbarkeit von Stimmbindungen. Nach heute herrschender Meinung begründen wirksame Stimmbindungsverträge einen klagbaren Erfüllungsanspruch, welcher auch vollstreckt werden kann.56 Damit könnte die Gesellschaft die Stimmabgabe entsprechend der Stimmbindung auch zwangsweise durchsetzen mit der Folge, dass sich der Aktionär im Ergebnis doch dem Willen der Gesellschaft unterordnen würde. Entscheidet der Aktionär sein Stimmrecht entgegen der Bindung gegenüber der Gesellschaft auszuüben und versucht die Gesellschaft den Aktionär hieran zu hin54 55 56

Siehe hierzu auch noch unten unter C.III.1.e). Siehe hierzu aber unten unter C.III.1.a)(5). Vgl. nur Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 85 m. w. N.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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dern oder wirkt auf sie die Stimmrechtsausübung gemäß der Vereinbarung hin, greift sie bzw. der Vorstand in den Willensbildungsprozess des Aktionärs und damit in die Kompetenzen der Hauptversammlung ein. Die Vorschrift des § 136 Absatz 2 AktG will gerade verhindern, dass die Verwaltung ihr genehme Abstimmungsergebnisse herbeiführen kann. Ob die Verwaltung das ihr genehme Abstimmungsergebnis nun dadurch herbeiführt, dass sie einen Aktionär an ihre Weisungen oder Vorschläge bindet oder dadurch, dass sie eine Unterordnung des Aktionärs erst durch eine zwangsweise Durchsetzung der Stimmbindung erreicht, kann nicht entscheidend sein. In beiden Fällen bewirkt sie eine Unterordnung. Hiergegen ließe sich einwenden, dass eine zwangsweise Durchsetzung auch gegen den Willen des betreffenden Aktionärs sich allein als Folge seines abredewidrigen Verhaltens darstelle und somit die zwangsweise Unterordnung des Aktionärs unter den Willen der Gesellschaft nicht unmittelbar aus der Stimmbindung als solcher folge. Eine solche Sichtweise erscheint allerdings zu formalistisch. Weiterhin ist problematisch, dass Stimmbindungsvereinbarungen regelmäßig mit Vertragsstrafen versehen werden, da im Falle eines Zuwiderhandelns ein tatsächlicher Schaden nur schwer feststellbar sein wird. Dittert führt dazu aus, dass dem Aktionär seitens der Gesellschaft damit „Daumenschrauben“ angelegt werden, was ebenfalls eine unerwünschte Einflussnahme im Einzelfall begründen kann.57 Richtig ist, dass die Verbindung einer Stimmbindung mit einer Vertragsstrafe den Druck auf den gebundenen Aktionär erhöht, gemäß der Vereinbarung abzustimmen. Dies ist aber kein Argument gegen die Zulässigkeit der Stimmbindung, sondern allein gegen eine Stimmbindung in Verbindung mit einer Vertragsstrafe. Der Druck folgt nicht aus der Stimmbindung, sondern allein aus der Vertragsstrafe. Dem Argument der Schaffung von Abgrenzungsschwierigkeiten und damit der Schaffung von Rechtsunsicherheit58 gegen die Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen kann nicht gefolgt werden. Bezieht sich die Stimmbindung auf einen bestimmten Beschlussgegenstand und ist damit konkretisiert und sind keine Weisungsbefugnisse der Gesellschaft bzw. der Verwaltung vorgesehen und ergeben sich solche auch nicht aus der Auslegung der Vereinbarung, ist eine klare Abgrenzung möglich. Der Schaffung von Rechtsunsicherheit steht zudem entgegen, dass Stimmbindungen keinerlei korporative, sondern allein schuldrechtliche Wirkung zukommt. Eine unwirksame Stimmbindung hat gerade keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der abgegebenen Stimme.59 57

Dittert, S. 171. Vgl. Nachweis Fn. 47, S. 71. 59 Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 85; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 29; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 82. 58

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Entscheidend hängt die Bestimmung, welche Einflussnahme der Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung unerwünscht im Sinne der Norm ist, davon ab, was man als Bezugspunkt des Schutzes durch § 136 Absatz 2 AktG sieht. Zielt die Norm auf einen Schutz der freien Abstimmungsentscheidung der Aktionäre ab, könnte dies für die Zulässigkeit einer konkretisierten Stimmbindung sprechen. Wie ausgeführt träfe der Aktionär eine freie Abstimmungsentscheidung, die lediglich auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Stimmbindung vorverlagert wird. Eine Vorverlagerung der Abstimmungsentscheidung ist zulässig, da das Gesetz nicht verlangt, dass die Aktionäre ihre Abstimmungsentscheidung erst in der Hauptversammlung treffen. Dies folgt aus der grundsätzlichen Zulässigkeit von Stimmbindungsvereinbarungen.60 Zielt § 136 Absatz 2 AktG aber auf den Schutz der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und will die Willensbildung der Hauptversammlung allgemein vor bindenden Einflussnahmen der Verwaltung schützen, stellt auch eine konkretisierte Stimmbindung einen Verstoß gegen die Vorschrift dar. Denn jede Art von Stimmbindung bedeutet eine Einflussnahme der Verwaltung auf die Kompetenz der Hauptversammlung, soweit ihr Gegenstände zur Beschlussfassung zugewiesen sind. Dem wird nachfolgend nachgegangen. (5) Schutz der aktienrechtlichen Kompetenzordnung durch § 136 Absatz 2 AktG Als Hauptargument gegen die Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen wird die aktienrechtliche Kompetenzordnung angeführt, gegen welche eine Stimmbindung zwischen Aktionär und Gesellschaft verstoße.61 Durch die Stimmbindung greife die Verwaltung in die Kompetenz der Hauptversammlung ein, frei und unabhängig von der Verwaltung in den ihr zugewiesenen Beschlussgegenständen zu entscheiden.62 Die Hauptversammlung habe die Kontrollzuständigkeit gegenüber der Verwaltung und nicht umgekehrt.63 Hierdurch werde das wohl abgestimmte innergesellschaftliche Kompetenzgefüge beeinträchtigt.64 Aus Gründen der Gewalteinteilung müsse jede Stimmbindung gegenüber der Verwaltung verhindert werden.65 Schutzobjekt sei nicht der sich bindende Aktionär, sondern die Autonomie der Hauptversammlung gegenüber der Verwaltung.66 Die Vorschrift des § 136 Absatz 2 60 61 62 63 64 65 66

Siehe hierzu noch unten unter D.II.3.a). Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(1). Dittert, S. 170; Otto, AG 1991, 369, 376 ff. Dittert, S. 170; Otto, AG 1991, 369, 376, 373. Ebenda. Dittert, S. 172. Otto, AG 1991, 369, 378.

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AktG sei daher weit auszulegen.67 Die eine enge Auslegung des § 136 Absatz 2 AktG befürwortende Ansicht setzt dem entgegen, dass dem Aktiengesetz kein striktes Gewaltenteilungsprinzip zu entnehmen sei, aus welchem sich ergebe, dass es der Verwaltung untersagt sei, auf die Willensbildung der Hauptversammlung mittels konkretisierter Stimmbindungen einzuwirken.68 Das Gesetz enthalte kein dahingehendes übergeordnetes Prinzip.69 Im Folgenden ist nun zu prüfen, ob Stimmbindungen zwischen Aktionär und Gesellschaft bzw. Verwaltung einen Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung darstellen. Voraussetzung für die Unzulässigkeit von Stimmbindungsverträgen gemäß § 136 Absatz 2 AktG aufgrund eines Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung ist, dass die Willensbildung der Hauptversammlung vor bindenden Einflussnahmen der Verwaltung durch die Vorschrift allgemein geschützt wird. Wie festgestellt besteht eine Einflussnahme der Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung auch bei einer konkretisierten Stimmbindung.70 Allein aus Wortlaut und Gesetzesbegründung lässt sich aber nicht zwingend drauf schließen, dass diese Einflussnahme auch untersagt sein soll.71 Um einen etwaigen Verstoß einer (konkretisierten) Stimmbindung gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung feststellen zu können, ist zunächst der Ausgestaltung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung nachzugehen. (a) Ausgestaltung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung Die aktienrechtliche Kompetenzordnung folgt aus den den Organen vom Gesetz zugewiesenen Zuständigkeiten, Aufgaben und Funktionen. Zwischen den drei Organen der Aktiengesellschaft – Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand – besteht eine Gewaltenteilung. Die Gewaltenteilung innerhalb der Aktiengesellschaft ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz normiert, liegt der innergesellschaftlichen Kompetenzaufteilung zwischen den Organen aber implizit zugrunde und ist in den gesetzlichen Regelungen angelegt.72 Danach ergibt sich aus der gesetzlichen Organstruktur und den Kompetenzzuweisungen eine horizontale Gewaltenteilung zwischen den drei Organen der Aktiengesellschaft.73 Wesensmerkmale einer horizontalen Ge67

Vgl. Fn. 46, S. 71. Kniehase, S. 51 ff. 69 Ebenda. 70 Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(4). 71 Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(2). 72 Möhring, FS Geßler, 1970, 127, 135; v. Randow, ZIP 1998, 1564, 1566; Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 606. 73 Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 324. 68

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

waltenteilung sind die funktionale Trennung der Organe und die Unabhängigkeit von Einflüssen und Übergriffen anderer Organe im eigenen Kompetenzbereich.74 Die Organstruktur und die Kompetenzordnung in der Aktiengesellschaft bilden zwar keine starren Grenzen und sind nicht im klassischen Sinne zu verstehen, da das Aktienrecht zahlreiche Überschneidungen kennt.75 Aus den Überschneidungen ergibt sich aber ein wohl abgestimmtes System der Gewaltenverzahnung und -kontrolle zwischen den Organen.76 Dieses System wird dadurch geschützt, dass die Organstruktur und die gesetzlichen Kompetenzzuweisungen zwingendes Organisationrecht und somit der vertraglichen Disposition der Beteiligten entzogen sind, § 23 Absatz 5 AktG.77 Überschneidungen ergeben sich etwa aus den Vorschriften der §§ 68 Absatz 2 Satz 2, 3 und 119 Absatz 2 AktG. Weitere Überschneidungen der Kompetenzen sind in den §§ 111 Absatz 4 Satz 3, 172 Satz 1, 173, 58 Absatz 2 und 202 Absatz 1, 203 Absatz 1 AktG enthalten.78 Diese Vorschriften zeigen, dass dem Aktienrecht kein striktes Gewaltentrennungsprinzip zugrunde liegt, da hiernach die Kompetenzen in gewissem Umfang zwischen den Organen funktional austauschbar sind.79 Zudem ist der Vorstand in die Vorbereitung und Umsetzung von Hauptversammlungsbeschlüssen mit einbezogen, vgl. z. B. §§ 83, 121 Absatz 2, 124 Absatz 3 Satz 1 AktG und ist befugt, Hauptversammlungsbeschlüsse anzufechten, vgl. § 245 Nr. 4, 5 AktG. Dass das Aktiengesetz keiner strikten Gewaltenteilung unterliegt, zeigt sich ferner daran, dass Aktionäre Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied sein und sich selbst in den Aufsichtsrat wählen (lassen) können.80 Eine Inkompatibilität besteht grundsätzlich nur zwischen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat und der im Vorstand gemäß § 105 Absatz 1 AktG. Den Überschneidungen in den Kompetenzen der Organe setzt das Gesetz klare Grenzen. Für das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ergeben sich die Grenzen besonders deutlich aus der Vorschrift des § 111 Absatz 4 Satz 1 AktG, wonach dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Ge74

Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 325. Martens, FS Beusch, 1993, 529, 544; Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 606. 76 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 V.; Otto, AG 1991, 369, 373. 77 Hüffer, AktG, § 23 Rn. 36; Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 324; Mestmäcker, Medienkonzentration, S. 64; Otto, AG 1991, 369, 373; Pentz, in: MünchKomm, AktG, § 23 Rn. 159. 78 Mülbert, ZGR 1997, 129, 146. 79 Mülbert, ZGR 1997, 129, 146; Kniehase, S. 51 f. 80 Schilling, FS Möhring, 1975, 257, 263; Schilling schließt aus der Möglichkeit dieser Personalunion, dass im Verhältnis zwischen Hauptversammlung und Verwaltung keine Gewaltenteilung bestehe, S. 263 f. 75

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schäftsführung nicht übertragen werden dürfen. Zudem muss der Zustimmungsvorbehalt gemäß § 111 Absatz 4 Satz 2 AktG auf bestimmte Arten von Geschäften begrenzt sein, damit die eigenverantwortliche Leitungsaufgabe des Vorstands gemäß § 76 Absatz 1 AktG nicht ausgehöhlt wird.81 Die klare Trennung zwischen den beiden Organen ergibt sich ferner aus dem Inkompatibilitätsgebot zwischen Geschäftsleitung und ihrer Kontrolle gemäß § 105 AktG82 und dem Verbot des Vorstands zur Abgabe von Vorschlägen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG. Grenzen der Kompetenzüberschneidungen zwischen Vorstand oder Verwaltung einerseits und Hauptversammlung andererseits ergeben sich etwa aus der Vorschrift des § 119 Absatz 1 AktG. Gemäß § 119 Absatz 1 Nr. 1, 3 AktG übt die Hauptversammlung eine Kontroll- und Überwachungsfunktion gegenüber Aufsichtsrat und Vorstand aus. Hinsichtlich einer Einflussnahme der Verwaltung auf die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung setzt § 136 Absatz 2 AktG insoweit eine klare Grenze, als dass die Verwaltung Aktionäre nicht ihren Weisungen oder Vorschlägen unterziehen darf. Ob darüber hinaus die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung allgemein vor einer bindenden Einflussnahme der Verwaltung durch die Vorschrift des § 136 Absatz 2 AktG geschützt wird, ist gerade Gegenstand der in diesem Zusammenhang zu untersuchenden Frage. In die Richtung von der Hauptversammlung auf den Vorstand steckt § 119 Absatz 2 AktG klare Grenzen ab. Somit besteht in der Aktiengesellschaft eine horizontale Gewaltenteilung zwischen den Organen, die aufgrund der teilweisen funktionalen Austauschbarkeit der Kompetenzen nicht strikt durchgeführt ist. Aus den Kompetenzzuweisungen und den Überschneidungen ergibt sich aber ein System der Gewaltenkontrolle und -verzahnung (System der checks and balances). (b) Schutz der Autonomie der Hauptversammlung gegenüber der Verwaltung durch § 136 Absatz 2 AktG Eine Stimmbindung zwischen Aktionär und Gesellschaft bzw. Verwaltung beeinträchtigt unabhängig von dem Grad ihrer Konkretisierung das System der Gewaltenkontrolle- und verzahnung in der Aktiengesellschaft und verstößt damit gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Zu folgen ist daher der jede Art von Stimmbindung zwischen Aktionär und Gesellschaft ablehnenden Ansicht. Der Schutz der Willensbildung der Hauptversammlung 81 Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111 Rn. 70, 73; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 18. 82 Simons, in: Hölters, AktG, § 105 Rn. 1.

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vor Eingriffen durch die Verwaltung erfordert es vor dem Hintergrund der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, dass jede Art rechtlich bindenden Einflusses der Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung untersagt wird. Andernfalls wird das wohl abgestimmte System der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft gestört. Die Vorschrift des § 136 Absatz 2 ist insoweit Teil des übergeordneten Prinzips der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft, welches Einflussnahmen eines Organs zulasten der Kompetenzen eines anderen untersagt, soweit diese gesetzlich nicht vorgesehen sind. Schutzobjekt des § 136 Absatz 2 AktG ist nicht der sich bindende Aktionär, sondern die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Für eine enge Auslegung der Vorschrift ist daher kein Raum. Dies folgt daraus, dass Stimmbindungsverträge, auch konkretisierte, eine Verschiebung der Machtverhältnisse von der Hauptversammlung hin zur Verwaltung der Gesellschaft begründen. Die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung bildet neben dem Teilnahmerecht den Kernbereich der Mitverwaltungsrechte der Aktionäre. Eingriffe in den Kernbereich der Rechte eines Organs durch ein anderes widersprechen der horizontalen Organstruktur in der Aktiengesellschaft. Hierdurch werden die Grenzen der funktionalen Trennung der Kompetenzbereiche der Organe aufgeweicht. Eine horizontale Gewaltenteilung erfordert es, dass jeder Entscheidungsträger in dem ihm zugedachten Kompetenzbereich die wesentlichen Funktionen selbst und unabhängig wahrnimmt. Wesensmäßige Voraussetzung ist, dass die Willensbildung im eigenen Zuständigkeitsbereich ohne bindende Einflussnahmen durch ein anderes Organ erfolgt.83 Die den Aktionären zugewiesenen Kompetenzen würden durch die Verwaltung bei einer konkretisierten Stimmbindung zwar nicht in dem Maße usurpiert wie bei einer offenen Stimmbindung, da sie immerhin noch eine freie Abstimmungsentscheidung treffen könnten. Doch vermittelt auch eine konkretisierte Stimmbindung Einfluss auf das Abstimmungsergebnis der Hauptversammlung.84 Aufgrund dieses Einflusses gewinnt die Verwaltung eine stärkere Position innerhalb der Gesellschaft, als ihr gesetzlich zugedacht ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Hauptversammlung gegenüber der Verwaltung eines Kontroll- und Überwachungsfunktion einnimmt. Nimmt der Vorstand Einfluss auf die Willensbildung der Hauptversammlung, kann er auch Einfluss auf den Aufsichtsrat als sein Bestellungs- und Überwachungsorgan gewinnen.85 Auf der anderen Seite werden durch Stimmbindungsvereinbarungen die Entscheidungsfreiheit und somit die Mitgliedsrechte der Aktionäre verschmälert. 83 84 85

Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 324 f. Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(4). Siehe hierzu noch unten unter C.III.1.b)(1).

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Dies gilt für die Hauptversammlung umso mehr, als sie im aktienrechtlichen Machtgefüge ohnehin schon eine schwache Stellung einnimmt. Wäre nun eine Einflussnahme auf das Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung durch Stimmbindungsverträge zwischen Aktionär und Verwaltung zulässig, würden die Machtverhältnisse in der Aktiengesellschaft zu weit Richtung Verwaltung verschoben und die Stellung der Hauptversammlung weitgehend ausgehöhlt.86 Die Einbeziehung der Verwaltung in die Zuständigkeiten der Aktionäre würde zu einer Nivellierung der innergesellschaftlichen Zuständigkeiten führen.87 Von einer horizontalen Gewaltenteilung kann dann keine Rede mehr sein, ließe man eine rechtlich bindende Einflussnahme eines Organs in den Entscheidungsprozess eines anderen Organs zu. Untermauert wird dies durch die Vorschriften der §§ 71, 71b AktG. So liegt ein Schutzweck der §§ 71, 71b AktG darin, die Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft und zwischen ihren Organen zu sichern und eine unangemessen starke Stellung der Verwaltung zu verhindern.88 Denn die Rechte aus eigenen Aktien würden durch den Vorstand ausgeübt, wodurch die Balance zwischen der Verwaltung und der Hauptversammlung erheblich gestört würde.89 Mit der Vorschrift des § 71b AktG soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass sich die Verwaltung der Kontrolle der Aktionäre entzieht. Andernfalls könnte der Vorstand insbesondere über die Bestellung des Aufsichtsrats und seine eigene Entlastung (mit-)entscheiden.90 (c) Kompetenzüberschneidungen kein Argument für Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungsvereinbarungen Die gesetzlich angelegten Überschneidungen in den Kompetenzen der Organe können damit nicht als Argument für die Vereinbarkeit konkretisierter Stimmbindungsvereinbarungen mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung herangezogen werden. Es besteht im Aktienrecht zwar kein allgemeines Verbot, welches der Verwaltung untersagen würde, auf die Stimmrechtsausübung und Meinungsbildung in der eigenen Hauptversammlung Einfluss zu nehmen.91 Dies zeigt 86

Dittert, S. 171, 174 f.; Immenga, AG 1992, 79, 81; Otto, AG 1991, 369, 376. Möhring, FS Geßler, 1970, 127, 136. 88 Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 19, 54; Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71b Rn. 2, 5. 89 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 21. 90 Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71b Rn. 5. 91 Bachmann, WM 1999, 2100, 2104. 87

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sich insbesondere an der Vorschrift des § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG, welche die Verwaltung zur Abgabe von Vorschlägen zur Stimmrechtsausübung der Aktionäre hinsichtlich der einzelnen Tagesordnungspunkte der Hauptversammlung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, sogar zu ihrer eigenen Entlastung und Wiederwahl (wobei Letzteres nur für den Aufsichtsrat gilt).92 Die Verwaltungsvorschläge sollen der Meinungsbildung der Aktionäre und als Grundlage dienen, Stimmrechtsvertretern sachgemäße Weisungen für die Stimmrechtsausübung zu erteilen.93 Zudem kann der Vorstand durch die Gestaltung der Tagesordnung Einfluss auf die Beschlussfassung nehmen.94 Besonders deutlich geht eine Überschneidung der Kompetenzen aus der Zulässigkeit einer Stimmrechtsvertretung gemäß § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG durch die Verwaltung hervor.95 Dies zeigt, dass die Aktionäre nicht vor einer Beeinflussung in der Meinungsbildung durch die Verwaltung abgeschirmt, sondern Überschneidungen gesetzlich vorgesehen und gewollt sind. In diesem Sinne ließe sich anführen, ein unzulässiger Eingriff in die Kompetenzen der Hauptversammlung – und damit ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung – liege nicht vor, da Überschneidungen in der Meinungsbildung der Hauptversammlung zwischen den Kompetenzen der Verwaltung einerseits und den Aktionären andererseits schon gesetzlich angelegt seien. Zu berücksichtigen sind aber die Grenzen der Kompetenzüberschneidungen.96 Die Grenzen der Kompetenzüberschneidungen folgen aus der horizontalen Gewaltenteilung innerhalb der Aktiengesellschaft. Die horizontale Organstruktur und die gesetzlichen Kompetenzzuweisungen sind zwingendes Organisationsrecht und stehen nicht zur Disposition der Beteiligten.97 D.h. es gibt in der Aktiengesellschaft funktionale Überschneidungen in den Kompetenzen der Organe. Diese sind aber nur zulässig, wenn und weil diese gesetzlich geregelt sind. Der grundsätzlichen Abstimmungsfreiheit der Aktionäre, welche auch die Freiheit zur Eingehung von Stimmbindungen erfasst98, sind damit aufgrund zwingenden Organisationsrechts Grenzen gesetzt. Die gesetzlich geregelte Kompetenzordnung erschöpft sich dabei nicht in der Zuweisung der verschiedenen Kompetenzen an die Organe der Gesellschaft.99 Die Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft erfordert es 92

Bachmann, WM 1999, 2100, 2104. Regierungsbegründung zu § 124 AktG bei Kropff, Aktiengesetz S. 174. 94 Bachmann WM 1999, 2100, 2104. 95 Siehe hierzu unten unter C.III.1.d)(1). 96 Siehe hierzu schon oben unter C.III.1.a)(5)(a). 97 Hüffer, AktG, § 23 Rn. 36; Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 324; Immenga, AG 1992, 79, 81; Mestmäcker, Medienkonzentration, S. 64; Otto, AG 1991, 369, 373; Pentz, in: MünchKomm, AktG, § 23 Rn. 159. 98 Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 71. 93

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gerade, dass das gesetzliche System der Zuständigkeiten, Verantwortung und gegenseitigen Kontrolle nicht ausgehebelt werden darf.100 Bei einer Einflussnahme auf die Zuständigkeiten eines Organs durch ein anderes Organ – soweit dies nicht gesetzlich vorgesehen ist – besteht aber die Gefahr, dass dieses gesetzlich ausgewogene System aus seiner Balance gebracht wird.101 b) Beispiele unzulässiger Stimmbindungen (1) Stimmbindungen hinsichtlich Verwaltungskontrolle und -überwachung Entscheidungskompetenzen der Hauptversammlung, die der Verwaltungskontrolle und -überwachung dienen und zum Gegenstand einer Stimmbindung zwischen Gesellschaft und Aktionär gemacht werden, zeigen besonders deutlich die Unvereinbarkeit von Stimmbindungen mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung auf. Auch sind damit nicht unerhebliche Interessenskollisionen verbunden. Die Kontrolle und Überwachung der Verwaltung durch die Hauptversammlung erfolgen im Wesentlichen im Wege der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder gemäß §§ 101 Absatz 1 Satz 1, 119 Absatz 1 Nr. 1 AktG und der Entlastung der Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 119 Absatz 1 Nr. 3, 120 AktG. Eine Stimmbindung bezüglich der Entlastung der Verwaltungsmitglieder durch die Hauptversammlung gemäß § 120 AktG wäre schon aufgrund einer Umgehung des Stimmverbots aus § 136 Absatz 1 AktG unwirksam.102 Allerdings spielt eine Stimmbindung hinsichtlich der Entlastung der Verwaltung keine Rolle in Investorenvereinbarungen und wird daher so auch nicht vorkommen. Betroffen sind vielmehr Vereinbarungen über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft. Eine wichtige Rolle in Investorenvereinbarungen nehmen hingegen Absprachen im Hinblick auf die (künftige) Besetzung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft ein.103 Diesbezügliche Absprachen dienen aus Sicht des Bieters unter anderem dazu, eine angemessene Repräsentanz im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu erreichen. Aus Sicht der 99

Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 327; a. A. wohl Kniehase, S. 52. Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 606. 101 Dittert, S. 171 f.; Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 327 f. 102 Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 80 m. w. N. 103 Kiem, AG 2009, 301, 309; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204. 100

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Zielgesellschaft können die Absprachen dazu gewonnen werden, die Einflussnahme des Bieters auf die Geschicke der Gesellschaft zu begrenzen.104 In Investorenvereinbarungen können sich Stimmbindungen bei Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft insbesondere aus Fällen ergeben, in welchen Absprachen im Hinblick auf die konkrete personelle Besetzung des Aufsichtsrats oder auf eine zahlenmäßige Zuweisung von Aufsichtsratsmandanten an den Bieter getroffen werden. Auch ist eine Verpflichtung des Bieters denkbar, die Größe des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft nicht zu verändern oder hierauf hinzuwirken.105 • Beispiele106: – Beispiel 1: Der Bieter verpflichtet sich, die Personen (x) und (y) bei ihrer Wahl in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu unterstützen. Der Bieter übernimmt die gleiche Verpflichtung hinsichtlich der Person (z), die noch von der Zielgesellschaft genauer bestimmt wird. – Beispiel 2: Der Bieter verpflichtet sich, nicht mehr als 4 Personen, die Gesellschafter, Mitglied der Verwaltung oder Angestellte des Bieters und mit ihm verbundener Unternehmen im Sinne von § 15 AktG sind, in den Aufsichtsrat der Gesellschaft zu wählen oder auf eine Wahl hinzuwirken.107 – Beispiel 3: Der Bieter verpflichtet sich, keine Veränderungen hinsichtlich der Größe des Aufsichtsrats vorzunehmen oder auf eine Veränderung hinzuwirken.108 Der Bieter bekundet sein volles Vertrauen in die amtierenden Aufsichtsratsmitglieder und wird ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes keine Veränderungen hinsichtlich der personellen Besetzung des Aufsichtsrats vornehmen oder veranlassen, insbesondere keine Aufsichtsratsmitglieder abberufen. 104

Siehe hierzu noch unten unter C.III.3. So im Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes und Terex, § 6.1 der Vereinbarung: „Der Aufsichtsrat besteht aus zwölf (12) Mitgliedern. Terex verpflichtet sich, keine Veränderungen der Größe des Aufsichtsrats einzuleiten.“ 106 Siehe auch Formulierungsbeispiel bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. § 9. 107 So in der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler, vgl. Wertpapierprospekt der Continental vom 11.01.2010, S. 184: „With regard to the composition of the Supervisory Board, Schaeffler undertook not [. . .] to elect more than four persons being shareholders, board members or employees of Schaeffler or of its affiliates [. . .].“; vgl. dazu auch Kiem, AG 2009, 301, 309. 108 Vgl. Nachweise Fn. 4, S. 61. 105

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Vereinbarungen über die Besetzung, Zusammensetzung oder Größe des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zwischen Bieter und Zielgesellschaft sind erheblichen Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit solcher Absprachen mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung ausgesetzt.109 Im Folgenden wird herausgearbeitet, weshalb dahingehende Vereinbarungen Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär nicht zugänglich sind. (a) Beispiel 1 Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder erfolgt gemäß § 101 Absatz 1 Satz 1 AktG – vorbehaltlich der mittbestimmungsrechtlichen Regelungen, etwaigen Entsendungsrechten nach § 101 Absatz 2 AktG und der gerichtlichen Bestellung nach § 104 AktG – durch die Hauptversammlung. Die Hauptversammlung ist bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder mit Ausnahme der §§ 6 und 8 Montan-Mitbestimmungsgesetz gemäß § 101 Absatz 1 Satz 2 AktG an Wahlvorschläge nicht gebunden. Es gilt bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder durch die Hauptversammlung der Grundsatz der Wahlfreiheit.110 Die Wahlfreiheit dient der Sicherung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung. Die freie Wahl der Aufsichtsratsmitglieder durch die Hauptversammlung soll eine effektive Kontrolle der Geschäftsführung der Gesellschaft gewährleisten und ist wesentlicher Bestandteil der horizontalen Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft. Der effektive Kontrollmechanismus innerhalb der Aktiengesellschaft wäre nicht mehr gewährleistet, hätte der Vorstand Einfluss auf den ihn kontrollierenden Aufsichtsrat (vgl. § 111 Absatz 1 AktG). Damit könnte der Vorstand sogar die Personalkompetenz des Aufsichtsrats über den Vorstand und somit seine eigene Bestellung und Abberufung beeinflussen. Hierdurch würde sich die Stellung des Vorstands innerhalb des aktienrechtlichen Machtgefüges in gewissem Umfang verselbständigen, was zu einer Art „Feudalisierung“ des Vorstands gegenüber den anderen Organen der Gesellschaft führte.111 Bei einer zu starken Stellung eines Organs innerhalb der Gesellschaft kann nicht mehr die Rede von einer horizontalen Gewaltenteilung sein. Nichtig ist daher eine Vereinbarung wie im obigen Beispiel 1, in welcher der Bieter sich verpflichtet, bestimmte Personen oder Aufsichtsratsmitglieder nach Bestimmung der Zielgesellschaft zu wählen. Stimmbindungen im 109 Vgl. zu Absprachen über die Gremienbesetzung auch Kiem, AG 2009, 301, 309 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204 ff. 110 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 101 Rn. 7; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 101 Rn. 20. 111 Im Zusammenhang mit dem Verwaltungsstimmrecht Noack, FS Lutter, 2000, 1463, 1477.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Hinblick auf die konkrete personelle Besetzung des Aufsichtsrats bzw. die Wahl bestimmter Personen in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft verstoßen gegen zwingendes aktienrechtliches Organisationsrecht, da die Mitglieder des Aufsichtsrats gemäß § 101 Absatz 1 Satz 1 AktG grundsätzlich von der Hauptversammlung gewählt werden.112 Eine Vereinbarung in der Investorenvereinbarung, welche der Zielgesellschaft Einfluss auf die personelle Besetzung ihres Aufsichtsrats verleiht, wäre daher gemäß § 101 Absatz 1 Satz 2 (§ 136 Absatz 2 Satz 2) AktG, § 134 BGB als unwirksam zu erachten. Wird der Zielgesellschaft ein Bestimmungsrecht wie im Beispiel 1 eingeräumt, folgt die Unzulässigkeit schon aus § 136 Absatz 2 Satz 2 AktG, wonach ein Vertrag nichtig ist, durch den sich ein Aktionär verpflichtet, für die jeweiligen Vorschläge des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Gesellschaft zu stimmen. Eine so formulierte Vereinbarung erscheint aber ohnehin nicht als relevant im Zusammenhang mit Investorenvereinbarungen.113 Die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft ist für den Bieter eine entscheidende Schaltstelle, um seine Interessen und Vorstellungen in die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft einfließen zu lassen und sie auf diesem Wege zu implementieren. Daher ist es kaum denkbar, dass sich der Bieter auf eine Vereinbarung mit der Zielgesellschaft einlässt, die ihm bei der Wahl oder Bestimmung der Kandidaten für den Aufsichtsrat das Heft aus der Hand nehmen würde. Zudem verstößt eine solche Vereinbarung offensichtlich gegen geltendes Recht. Sofern Absprachen über die konkrete personelle Besetzung des Aufsichtsrats getroffen werden, erfolgt die Benennung der Kandidaten für den Aufsichtsrat vielmehr durch den Bieter und nicht durch die Zielgesellschaft.114 Die Frage, ob und inwieweit in umgekehrter Richtung die Zielgesellschaft sich in der Investorenvereinbarung verpflichten kann, etwaige Wunschkandidaten des Bieters in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu verhelfen oder dabei zu unterstützen, wird an noch anderer Stelle behandelt.115 (b) Beispiel 2 Übernimmt der Bieter wie in dem obigen Beispiel 2 in der Investorenvereinbarung die Verpflichtung, nur eine bestimmte Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern aus den eigenen Reihen in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu wählen oder sieht die Vereinbarung eine ausdrückliche zahlenmäßige Be112

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204. Sie sei aber hier zur Verdeutlichung der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft angesprochen. 114 Kiem, AG 2009, 301, 309. 115 Siehe hierzu unten unter C.III.3. 113

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grenzung der Aufsichtsratsmandate des Bieters vor116, so ist eine solche Verpflichtung zugleich als eine dahingehende Stimmbindung oder je nach Fall als ein entsprechender Stimmverzicht zu verstehen. Die Stimmbindung oder ggf. der Stimmrechtsverzicht ist bei verständiger Würdigung einer solchen Verpflichtung darin zu sehen, dass der Bieter seine Stimmrechte in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder entsprechend der Vereinbarung der Investorenvereinbarung ausübt bzw. seine Stimmrechtsmacht nicht entgegen der Vereinbarung ausübt.117 Denn eine solche Vereinbarung würde wenig Sinn ergeben, wenn der Bieter trotz der Abrede eine beliebig höhere Anzahl von Aufsichtsratsposten besetzen dürfte.118 Der Grund zum Abschluss einer Vereinbarung über eine begrenzte Zuweisung von Aufsichtsratsmandaten an den Bieter liegt aus Sicht der Zielgesellschaft auf der Hand, da sich hierdurch der Einfluss des Bieters auf die Geschäftspolitik beschränken lässt. Für den Bieter wird es sich bei der Einlassung auf eine solche Verpflichtung um ein Zugeständnis gegenüber der Zielgesellschaft handeln. Die die Zuweisung einer bestimmten Anzahl von Aufsichtsratsmandaten an den Bieter ist insofern problematisch, als dass der Vorstand der Zielgesellschaft hierdurch Einfluss auf den ihn kontrollierenden Aufsichtsrat gewinnen würde.119 Die Besetzungsabrede vermittelt dem Vorstand zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf die konkrete personelle Besetzung des Aufsichtsrats, da die Auswahl der Kandidaten danach durch den Bieter erfolgen soll.120 Mit der zahlenmäßigen Begrenzung der Aufsichtsratsmandate aufgrund der Besetzungsabrede nimmt der Vorstand aber dennoch unmittelbaren Einfluss auf sein Kontrollorgan, indem er zwar nicht die konkrete personelle Besetzung beeinflusst, wohl aber die konkrete Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Die Unzulässigkeit einer solchen Einflussnahme auf die konkrete Zusammensetzung des Aufsichtsrats durch den Vorstand folgt aus der Funktionstrennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Andernfalls würde eine Selbstkontrolle der Verwaltung begünstigt und letztlich das aktienrechtliche System der checks and balances ausgehebelt, was einen Verstoß gegen die gesetzliche Zuständigkeitsordnung in der Aktiengesellschaft begründen würde.121 Dies ergibt sich etwa aus der grundsätzlichen Inkompatibilität der 116 117 118 119 120

Vgl. auch Nachweise Fn. 4, S. 61. Kiem, AG 2009, 301, 310. Kiem, AG 2009, 301, 310. Vgl. auch vorangehende Ziffer (a). Kiem, AG 2009, 301, 309 f.

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Mitgliedschaft im Aufsichtsrat mit der im Vorstand gemäß § 105 Absatz 1 AktG sowie der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand gemäß § 111 AktG.122 Der Schutz der Kompetenzordnung und die Verhinderung einer zu starken Stellung des Vorstands ist auch ein Schutzzweck des § 71b.123 Die Unzulässigkeit derartiger Vereinbarungen wird weiterhin durch die Vorschrift des § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG unterstrichen, wonach es dem Vorstand verboten ist, für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Prüfern Vorschläge zu machen. Die Vorschrift soll verhindern, dass der Vorstand Einfluss auf die Auswahl der Personen nimmt, deren Aufgabe in erster Linie in seiner Überwachung und Prüfung liegt.124 Die zahlenmäßige Beschränkung der Aufsichtsratsmandate ist zudem nicht mit dem Grundsatz der Wahlfreiheit der Aktionäre aus § 101 Absatz 1 Satz 2 AktG vereinbar. Aus dem Grundsatz, dass die Aktionäre bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder frei sind, ist auf der anderen Seite zu folgern, dass sie bei der Wahlentscheidung ausschließlich ihre eigenen Interessen verfolgen dürfen und daher ein Aktionär – sofern er über die entsprechende Stimmrechtsmacht verfügt – die Aufsichtsratssitze der Aktionärsvertreter ausschließlich mit Personen seiner Wahl besetzen kann.125 Eben in diese Wahlfreiheit greift eine solche Vereinbarung ein, da sie gerade den Einfluss des Bieters aufgrund seiner Stimmrechtsmacht begrenzen soll. (c) Beispiel 3 Sieht eine Bestimmung in der Investorenvereinbarung wie im obigen Beispiel 3 vor, dass der Bieter keine Veränderungen im Hinblick auf die Größe des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft vornehmen darf, ist dies ebenfalls bei verständiger Würdigung als eine dahingehende Stimmbindung oder als ein entsprechender Stimmverzicht auszulegen. Dies folgt aus § 95 Satz 2 AktG, wonach eine Änderung der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder nur durch die Satzung erfolgen kann126, hierfür also ein Hauptversammlungsbeschluss notwendig ist, vgl. auch §§ 119 Absatz 1 Nr. 5, 179 Absatz 1 Satz 1 AktG. Gleiches gilt hinsichtlich einer Verpflichtung, keine Maßnahmen zu ergreifen, die auf eine Veränderung der personellen Besetzung des Aufsichts121 Dittert, S. 174 f.; Möhring, FS Geßler 1970, 127, 134, im Zusammenhang mit Verwaltungsvollmacht; siehe auch oben unter C.III.1.a)(5). 122 Möhring, FS Geßler 1970, 127, 134. Kniehase, S. 60 ff. 123 Siehe hierzu oben C.III.1.a)(5)(b). 124 Regierungsbegründung zu § 124 AktG bei Kropff, Aktiengesetz S. 174. 125 Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 101 Rn. 23; Mertens, in: KölnKomm, AktG, § 101 Rn. 18. 126 Vgl. zu den Voraussetzungen Hüffer, AktG, § 95 Rn. 5 m. w. N.

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rats abzielen, insbesondere keine Aufsichtsratsmitglieder abzuberufen. Letzteres betrifft die Abberufung gewählter Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite gemäß § 103 Absatz 1 Satz 1 AktG. Der Grund für eine solche Verpflichtung kann in der Begrenzung des Einflusses des Bieters oder der (teilweisen) Wahrung der Machtverhältnisse im Aufsichtsrat liegen. Da die Abberufung einen Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 103 Absatz 1 Satz 2 AktG voraussetzt, beinhaltet die Vereinbarung zugleich eine dahingehende Stimmbindung oder einen Stimmverzicht. Anders als bei einer Vereinbarung über die Zuweisung einer bestimmten Anzahl von Aufsichtsratsmandaten an den Bieter wie im Beispiel 2, erschließt sich der Grund zur Aufnahme einer Verpflichtung des Bieters in die Investorenvereinbarung, keine Veränderungen im Hinblick auf die Größe des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft vorzunehmen, nicht gleich. Zunächst liegt die Annahme nahe, es solle der Gefahr vorgebeugt werden, dass der Bieter durch eine Verringerung der Mitgliederzahl missliebige Mitglieder aus dem Aufsichtsrat der Zielgesellschaft verdrängt. Allerdings ist die Verringerung der Mitgliederzahl des Aufsichtsrats nicht ohne weiteres möglich, insbesondere nicht in der mitbestimmten Aktiengesellschaft.127 In mitbestimmten Aktiengesellschaften wirkt sich die Satzungsänderung bezüglich der Verringerung der Mitgliederzahl bis zur nächsten regulären Neuwahl nicht aus.128 Dann aber könnte der Bieter seinen Einfluss auf die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder ohnehin nutzen, um die Wahl ihm unliebsamer Mitglieder in den Aufsichtsrat zu verhindern. Der Grund für eine dahingehende Vereinbarung liegt vielmehr darin, eine Vergrößerung der Mitgliederzahl des Aufsichtsrats zu verhindern. Eine Vergrößerung der Mitgliederzahl hat Ergänzungswahlen zur Folge, unabhängig davon, ob die Gesellschaft mitbestimmt ist oder nicht.129 Die neuen zusätzlichen Mitglieder können bereits in der Hauptversammlung gewählt werden, in welcher auch die Satzungsänderung hinsichtlich der Vergrößerung des Aufsichtsrats beschlossen wird, wobei die Erhöhung der Mitgliederzahl allerdings erst mit der Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister gemäß § 181 Absatz 3 AktG wirksam wird.130 Auf diesem Wege könnte der Bieter mit seiner Stimmrechtsmacht eine Satzungsänderung bezüglich einer 127 Vgl. hierzu Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 95 Rn. 18 f.; Hüffer, AktG, § 95 Rn. 5 f. 128 Str., vgl. hierzu Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 95 Rn. 19; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 95 Rn. 91 ff.; Hüffer, AktG, § 95 Rn. 5. 129 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 95 Rn. 17. 130 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 95 Rn. 17; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 95 Rn. 89; selbstverständlich muss bei mitbestimmten Gesellschaften der entsprechende Proporz gewahrt bleiben.

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Vergrößerung des Aufsichtsrats (in den Grenzen der gesetzlichen Höchstzahlen gemäß § 95 Satz 4 AktG und den entsprechenden mitbestimmungsrechtlichen Regelungen, vgl. insbesondere § 7 MitbestG) beschließen und die neu geschaffenen Sitze der Anteilseignerseite mit ihm gesonnenen Personen besetzen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass der Bieter so nicht an das Auslaufen der Amtszeiten der bestehenden Aufsichtsratsmitglieder oder auf die Verwaltung der Zielgesellschaft angewiesen ist, indem dort sondiert wird, ob Aufsichtsratsmitglieder zur Amtsniederlegung bereit sind, um dann wiederum die Vakanz durch eine gerichtliche Bestellung gemäß § 104 AktG zu beseitigen, wobei die frei gewordenen Sitze mit dem Bieter gesonnenen Personen besetzt werden sollen.131 Ferner kann eine Vereinbarung, die eine Vergrößerung des Aufsichtsrats verhindern soll, dazu dienen, die Effizienz des Aufsichtsrats zu sichern und Kosten der Gesellschaft zu sparen. Je höher die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats (im Rahmen der gesetzlichen Höchstzahlen) ist, desto schwerfälliger werden Entscheidungen des Gremiums. Im Interesse der Effektivität der Aufsichtsratstätigkeit kann daher eine Begrenzung, etwa auf die gesetzliche Mindestzahl, geboten sein. Weiterhin steigen die Kosten der Gesellschaft mit der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder für deren Vergütung und den Ersatz ihrer Auslagen. Verfügt der Bieter über die erforderliche Stimmrechtsmacht, um den Aufsichtsrat zu vergrößern, könnte er regelmäßig amtierende Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 103 Absatz 1 Satz 1 AktG abberufen und seine Wunschkandidaten in den Aufsichtsrat neu berufen. Dieser Weg wäre einfacher als der über eine Vergrößerung des Aufsichtsrats. Dies zu verhindern kann daher Zweck eines Verbots bezüglich der Veränderung der personellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats wie in Beispiel 3 sein. Aus dem Zusammenspiel der Verpflichtungen des Bieters, keine Veränderungen hinsichtlich der Größe und der personellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats vorzunehmen, ließe sich ein weitgehender Schutz der aktuellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft erreichen. Allerdings ist auch einer Vereinbarung wie im Beispiel 3 die Wirksamkeit aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung zu versagen. Dies folgt zum einen daraus, dass eine Verpflichtung des Bieters, keine Veränderungen hinsichtlich der Größe des Aufsichtsrats eine Stimmbindung darstellt. Zum anderen daraus, dass der Vorstand hierdurch Einfluss auf sein Kontrollorgan gewinnen kann. Der Zweck der Vorschrift über die Größe des Aufsichtsrats gemäß § 95 AktG liegt zwar nicht in der Sicherung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, sondern dient dem Schutz des Aufsichtsrats, insbesondere der Auf131

Siehe hierzu noch unter C.III.3.b).

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sichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite.132 Doch ist die Vorschrift Teil der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, indem der Gesetzgeber die Entscheidung über die Größe des Aufsichtsrats bzw. der Zusammensetzung (teilweise) der Hauptversammlung zugewiesen hat. Eine gesetzlich nicht vorgesehene und daher unerwünschte Einflussnahme des Vorstands auf den Aufsichtsrat als sein Kontrollorgan kann auch über die Größe des Aufsichtsrats erfolgen. Die Größe des Aufsichtsrats wirkt sich auf die Zusammensetzung und personelle Besetzung des Gremiums aus, so dass der Vorstand durch eine diesbezügliche Vereinbarung die Willensbildung des Aufsichtsrats beeinflussen kann und somit in das ihn kontrollierende Organ eingreift. Die Unwirksamkeit einer Vereinbarung wie in Beispiel 3 gilt erst Recht für eine Verpflichtung des Bieters, keine Veränderungen hinsichtlich der konkreten personellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats vorzunehmen. Andernfalls könnte der Vorstand für ein ihm genehmes Kontrollorgan sorgen, was in Widerspruch zur aktienrechtlichen Gewaltenteilung stünde.133 (d) Keine Unwirksamkeit aufgrund bestehender Interessenskonflikte Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Besetzung, Zusammensetzung oder Größe des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft sind ferner erheblichen Interessenskonflikten seitens der Verwaltung der Zielgesellschaft ausgesetzt.134 Es besteht die Gefahr, dass sich Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder beim Abschluss derartiger Abreden von persönlichen Interessen zur Sicherung ihrer eigenen Stellung und nicht allein vom Unternehmensinteresse leiten lassen. Diese Interessenskollisionen könnten zur Unwirksamkeit dahingehender Vereinbarungen führen. Hier wäre an eine Unwirksamkeit entsprechend § 136 Absatz 1 Satz 1 AktG zu denken, da die Vorschrift in den dort aufgeführten Fällen einen Stimmrechtsausschluss aufgrund dabei zwingend bestehender Interessenskonflikte anordnet. Unmittelbar sind Absprachen über Besetzung, Zusammensetzung oder Größe des Aufsichtsrats von der Vorschrift nicht erfasst. Eine analoge Anwendung scheidet allerdings mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke aus. Der Vorschrift kommt ein abschließender Charakter zu, so dass eine generelle Erweiterung des Verbots auf andere Interessenskollisionen nicht möglich ist.135 Insbesondere scheidet eine Analo132 Vgl. hierzu Regierungsbegründung zu § 95 AktG bei Kropff, Aktiengesetz S. 125; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 95 Rn. 31 f. 133 Siehe hierzu auch schon die vorstehenden Ausführungen zum Beispiel 2. 134 Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 605. 135 Hüffer, AktG, § 136 Rn. 18 m. w. N.

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gie für Stimmverbote in Anlehnung an den allgemeinen Rechtsgedanken des § 181 BGB oder an den Rechtsgedanken des Richtens in eigenen Sachen aus.136 Zulässig soll nur eine Analogie in eng gelagerten Einzelfällen sein, in welchen ein quantitativ und qualitativ vergleichbarer Interessenskonflikt vorliegt.137 So wird eine Analogie des § 136 Absatz 1 Satz 1 Var. 1 AktG für die Stimmrechtsausübung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds in seiner Eigenschaft als Aktionär bei seiner Abberufung als Aufsichtsratsmitglied aus wichtigem Grund gemäß § 103 Absatz 1 AktG diskutiert, im Ergebnis unter Hinweis auf den abschließenden Charakter der Vorschrift aber abgelehnt.138 In einer solchen Fallgestaltung ist ein Interessenskonflikt noch evidenter als bei Absprachen über die Besetzung des Aufsichtsrats zwischen Gesellschaft und Aktionär. Hieraus und aus dem Umstand, dass § 136 Absatz 1 AktG keinen allgemeinen Rechtsgedanken enthält, ist zu schließen, dass Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft nicht gemäß § 136 Absatz 1 AktG unwirksam sind. Die Unwirksamkeit konkretisierter Stimmbindungsvereinbarungen bezüglich der Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft lässt sich auch außerhalb von § 136 Absatz 1 Satz 1 AktG nicht mit den daraus folgenden Interessenskollisionen begründen. Das Aktiengesetz nimmt an verschiedenen Stellen Interessenskollisionen bewusst in Kauf und enthält nur wenige Regelungen, die der Vermeidung von Interessenskollisionen dienen, wie z. B. §§ 105, 124 Absatz 3 Satz 1, § 135 Absatz 3 Satz 3 oder 136 AktG. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dem Aktienrecht liege ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde, aus welchem sich die Unwirksamkeit einer Vereinbarung aufgrund von erheblichen Interessenskollisionen der hieran beteiligten Organe ableiten ließe. (2) Stimmbindungen hinsichtlich Grundlagenentscheidungen Der Zulässigkeit von Stimmbindungsvereinbarungen, die sich auf Grundlagenentscheidungen beziehen, steht entgegen, dass das Gesetz Entscheidungen über die Grundlagen der Gesellschaft in die Hand der Aktionäre als Anteilseigner der Gesellschaft gelegt hat. Bei den für Investorenvereinbarungen relevanten Stimmbindungen geht es insbesondere um satzungsrelevante Fragen, wie zum Beispiel Verein136 Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 40; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 18. 137 Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 19. 138 Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 19; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 21.

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barungen im Hinblick auf strukturändernde Maßnahmen durch den Bieter oder hinsichtlich Firma oder Sitz der Zielgesellschaft.139 Billigte man dem Vorstand hier ein Mitspracherecht zu, auch wenn keine Weisungsbefugnisse bestehen, so könnte dieser über die Verfassung der Gesellschaft mitbestimmen. Zwar bestehen bei satzungsrelevanten Fragen in der Regel keine erheblichen Interessenskollisionen seitens der Verwaltung.140 Doch lässt sich ohnehin aus bestehenden Interessenskollisionen im Aktienrecht grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit einer Maßnahme ableiten (siehe vorstehend). Die Unzulässigkeit ist aus dem im Aktienrecht angelegten Prinzip der Gewaltenteilung zu folgern.141 Maßgeblicher Gesichtspunkt ist, dass Entscheidungen über die Grundlagen der Gesellschaft von der Hauptversammlung zu treffen sind. Gerade bei einer Einflussnahme des Vorstands auf die Entscheidung der Aktionäre über die Grundlagen der Gesellschaft wird ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung und eine Verschiebung der Machtverhältnisse in der Gesellschaft besonders deutlich. Die Entscheidung über die Grundlagen der Gesellschaft ist von den Aktionären als Eigentümer der Gesellschaft zu treffen. Die Entscheidung hierüber bildet die Kernkompetenz der Hauptversammlung.142 Der Vorstand steht in mittelbarer Abhängigkeit zu den Aktionären. Der Vorstand hat sein Handeln – im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen – gemäß den ihm durch die Satzung gesetzten Grenzen auszurichten. Würde nun der Vorstand selbst den Rahmen der satzungsmäßigen Grenzen (mit-)bestimmen, führte dies zu einer Verselbstständigung des Vorstands gegenüber den Aktionären. Dadurch würde das dem Aktienrecht zugrunde liegende System der Kompetenzverteilung und gegenseitigen Kontrolle weitgehend aufgeweicht. Eine Einflussnahme des Vorstands auf Entscheidungen über die Grundlagen der Gesellschaft widerspricht dem in den aktienrechtlichen Vorschriften angelegten System der checks and balances und ist daher unzulässig.143 c) Erfassung von Stimmverzichten von § 136 Absatz 2 AktG Sieht die Investorenvereinbarung vor, dass der Bieter bei bestimmten Beschlussgegenständen von seinen Stimmrechten keinen Gebrauch machen darf oder ergibt sich das aus der Auslegung einer Vereinbarung, so fragt sich, ob solche Vereinbarungen zwischen Aktionär und Gesellschaft vom 139

Vgl. Beispiel oben unter C.III.1. Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 605 f. 141 So zur Verwaltungsvollmacht auch Möhring, FS Geßler, 1970, 127, 134 f.; Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 606. 142 BGH NJW 2004, 1860. 143 Immenga, AG 1992, 79, 81. 140

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Anwendungsbereich des § 136 Absatz 2 AktG erfasst sind. Eine derartige Verpflichtung stellt eine Vereinbarung über die Nichtausübung von Stimmrechten dar. Das Verbot des § 136 Absatz 2 AktG bezieht sich nach seinem Wortlaut allein auf die aktive Stimmausübung, wie sich aus dem Wort „auszuüben“ in Satz 1 der Vorschrift ergibt. Ein Stimmverzicht, d.h. eine Vereinbarung über die Nichtausübung des Stimmrechts, scheint daher von der Norm nicht erfasst zu sein. Hier bietet sich eine Parallele zu der Frage über die Zulässigkeit von Entherrschungsverträgen im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit § 136 Absatz 2 AktG an.144 Entherrschungsverträge dienen der Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung aus § 17 Absatz 2 AktG. Um eine Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung zu erwirken, verpflichtet sich ein mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen gegenüber der abhängigen Aktiengesellschaft zu einem Stimmrechtsverzicht zumindest bezüglich eines Teils ihrer Stimmrechte. Der Stimmrechtsverzicht im Entherrschungsvertrag muss sich dabei auf konkrete Beschlussgegenstände beziehen. Andernfalls lässt sich die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Absatz 2 AktG nicht widerlegen.145 Entherrschungsverträge werden nach herrschender Meinung als grundsätzlich zulässig anerkannt.146 Zu der Vereinbarkeit einer Verpflichtung zum Stimmrechtsverzicht gegenüber der Gesellschaft mit § 136 Absatz 2 AktG wird vertreten, dass durch die Verpflichtung des Aktionärs, von seinen Stimmrechten bei bestimmten Entscheidungen (teilweise) keinen Gebrauch zu machen, dem Aktionär keine Weisung erteilt bzw. der Aktionär nicht verpflichtet werde, für die jeweiligen Verwaltungsvorschläge zu stimmen.147 Die Verwaltung erlange durch die Verpflichtung des Aktionärs, von seinen Stimmrechten (teilweise) keinen Gebrauch zu machen, keinen Einfluss auf die Ausübung der Stimmrechte in ihrer Hauptversammlung, weil ihr keinerlei direkte oder indirekte Entscheidung über den Einsatz der Stimmrechte zustehe.148 Vielmehr greife der Entherrschungsvertrag eine Stufe vor einer 144 So auch Kniehase, S. 70 f.; vgl. zu Entherrschungsverträgen insbesondere Barz, FS Bärmann, 1975, 185, 195 f.; Götz, Der Entherrschungsvertrag im Aktienrecht; Hentzen, ZHR 157 (1993), 65, 66 ff.; Hüttemann ZHR 156 (1992), 314, 321 ff. 145 Nach e. A. genügt der Stimmrechtsverzicht hinsichtlich der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder, vgl. Koppensteiner in KölnKomm, § 17 Rn. 111; Götz S. 46 ff.; nach a. A. hinsichtlich solcher Beschlüsse, die grundlegende Angelegenheiten der Geschäftsführung betreffen, vgl. Jäger, DStR 1995, 1113, 1116 m. w. N. 146 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 17 Rn. 99; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 17 Rn. 42; jeweils m. w. N. 147 Barz, FS Bärmann, 1975, 185, 195; Kniehase, S. 70 f.; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 454. 148 Barz, FS Bärmann, 1975, 185, 195 f.; Jäger, DStR 1995, 1113, 1115.

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Weisung durch den Vorstand ein, da der Aktionär von der Entscheidungsfindung in der Hauptversammlung im Hinblick auf einen bestimmten Beschlussgegenstand von vornherein ausgeschlossen werde.149 Verpflichtungen im Sinne von § 136 Absatz 2 AktG werden gerade nicht übernommen.150 Eine analoge Anwendung scheide auch aus, da § 136 Absatz 2 AktG nur Fälle einer aktiven Stimmausübung erfasse, bei einem Stimmrechtsverzicht das Stimmrecht hingegen gerade nicht ausgeübt werden soll.151 Der Verzicht auf die Ausübung von Stimmrechten stelle zudem keinen Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung dar.152 Als minus zum Entherrschungsvertrag wird ein Vertrag über einen bloßen Stimmrechtsverzicht als zulässig erachtet.153 Die übrigen Voraussetzungen für einen Entherrschungsvertrag154 seien auf einen Stimmrechtsverzicht nicht anzuwenden, da es eben nicht um die Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung des § 17 Absatz 2 AktG gehe, sondern der Vertrag sich allein auf einen Stimmrechtsverzicht beziehe.155 Die Annahme, Vereinbarungen über einen Stimmrechtsverzicht zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär fielen nicht in den Anwendungsbereich des § 136 Absatz 2 AktG, da die Norm nur eine aktive Stimmausübung erfasse156, ist nicht überzeugend. Es macht keinen entscheidenden Unterschied, ob die Verwaltung Einfluss auf die Willensbildung in ihrer Hauptversammlung durch Weisungen gegenüber Aktionären hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte gewinnt oder dadurch, dass sie Weisungen hinsichtlich der Nichtausübung der Stimmrechte erteilt.157 In beiden Fällen wird die Willensbildung der Hauptversammlung beeinflusst. Auch aufgrund eines Stimmverzichts kann die Verwaltung ihr genehme Entscheidungen herbeiführen, insbesondere auch deswegen, weil durch einen Stimmverzicht 149

Hentzen, ZHR 157 (1993), 65, 66; Jäger, DStR 1995, 1113, 1115. Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, § 17 Rn. 109; Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 322 ff., der zwar keinen Verstoß gegen § 136 Abs. 2 AktG hierin sieht, die Zulässigkeit des Entherrschungsvertrag allerdings aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung verneint. 151 Hüttemann ZHR 156 (1992), 314, 323; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 454. 152 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 17 Rn. 99; Hentzen, ZHR 157 (1993), 65, 67 f.; Jäger, DStR 1995, 1113, 1115; a. A. Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314, 324 ff.; Mestmäcker, Medienkonzentration, S. 64. 153 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 454; Hüffer AktG, § 133 Rn. 25. 154 Vgl. hierzu Nachweise in Fn. 145, S. 94. 155 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 454 f. 156 Vgl. Fn. 151, S. 95. 157 So auch Kiem, AG 2009, 301, 308 im Hinblick auf Stimmverzichte in Investorenvereinbarungen; Wagner, S. 215 f. 150

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

das einzelne Stimmgewicht in der Hauptversammlung verschoben wird. Eine Steuerung der Willensbildung der Hauptversammlung will § 136 Absatz 2 AktG gerade verhindern.158 Aber auch dann, wenn der Stimmverzicht konkretisiert ist, liegt hierin ein Verstoß gegen § 136 Absatz 2 AktG. Wie oben herausgearbeitet, ist die Vorschrift des § 136 Absatz 2 AktG weit auszulegen. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Willensautonomie der Hauptversammlung. Eingriffe eines anderen Organs in die Willensautonomie der Hauptversammlung sind nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Ein solcher Eingriff erfolgt auch bei einem Stimmverzicht zwischen Aktionär und Verwaltung. Übernimmt ein Aktionär die Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, sich seines Stimmrechts hinsichtlich eines bestimmten Beschlussgegenstands zu enthalten, so wird das Stimmergebnis der Hauptversammlung insoweit beeinflusst, als die Stimmrechtsmacht des gebundenen Aktionärs aus der Entscheidungsfindung der Hauptversammlung ausgenommen wird. Daher ist auch ein Stimmverzicht zwischen Gesellschaft und Aktionär vom Anwendungsbereich des § 136 Absatz 2 AktG erfasst. Eine Ausnahme gilt aber für Stimmverzichte als Teil eines Entherrschungsvertrags. Als Folge des Entherrschungsvertrags wird zwar auch durch die Verschiebung des Stimmrechtsgewichts die Willensbildung in der Hauptversammlung beeinflusst. Doch zielt der Entherrschungsvertrag allein auf die Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung des § 17 Absatz 2 AktG ab.159 Es soll allein der Konzernkonflikt beseitigt werden, ohne dass in die Mitgliedschaftsrechte der Anteilsinhaber eingegriffen wird.160 So wird angeführt, der Entherrschungsvertrag sei im Zusammenhang mit den konzernrechtlichen Regelungen zu sehen, hinsichtlich derer die aktienrechtliche Kompetenzordnung nicht absolut sei.161 Auch deutet schon die Widerlegbarkeit der Vermutung des § 17 Absatz 2 AktG auf die Zulässigkeit eines Entherrschungsvertrags hin. Aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung eines Entherrschungsvertrags und eines einfachen Stimmverzichts sind die beiden Fälle daher nicht gleich zu behandeln. Die grundsätzlich bestehende aktienrechtliche Unwirksamkeit eines Stimmverzichts entfällt somit, wenn dieser Teil eines Entherrschungsvertrags ist und allein auf die Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung des § 17 Absatz 2 AktG zielt.

158 159 160 161

Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(5). Barz, FS Bärmann, 1975, 186, 189. Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 17 Rn. 108. Hentzen, ZHR 157 (1993), 65, 68.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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d) Korrektur aufgrund Verwaltungsvollmacht? Zu überlegen wäre noch, ob sich das gefundene Ergebnis des Verstoßes einer konkretisierten Stimmbindung gegen die aktienrechtliche Gewaltenteilung aus den Erkenntnissen über die Diskussion zur Verwaltungsvollmacht korrigieren lässt. Denn sowohl bei der Verwaltungsvollmacht als auch bei der konkretisierten Stimmbindung beruht die Stimmrechtsausübung auf dem Willen des Aktionärs. In beiden Konstellationen geht es im Ergebnis um die Frage, ob und inwieweit die Verwaltung in den Willensbildungsprozess in der Hauptversammlung einbezogen werden darf. (1) Zulässigkeit einer Verwaltungsvollmacht Gemäß § 134 Absatz 3 Satz 1 AktG kann das Stimmrecht durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden. Die Zulässigkeit einer Bevollmächtigung der Gesellschaft, insbesondere ihrer Verwaltung bzw. Verwaltungsmitglieder, oder von der Gesellschaft benannter Personen durch einen Aktionär war lange Zeit aufgrund des Verwaltungseinflusses auf die Willensbildung ihrer Hauptversammlung, drohender Interessenskonflikte und eines Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung umstritten.162 Seit der Einführung des § 134 Absatz 3 Satz 3 AktG a. F. durch das NaStraG, jetzt § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG, ist jedoch die Zulässigkeit der Benennung von Stimmrechtsvertretern durch die Gesellschaft grundsätzlich anzuerkennen.163 Umstritten ist aber der Kreis der möglichen Stimmrechtsvertreter, da § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG keine dahingehenden Beschränkungen zu entnehmen sind. Gegen die Zulässigkeit einer Bevollmächtigung der Verwaltung bzw. einzelner Verwaltungsmitglieder wird aufgrund des damit verbundenen Interessenskonflikts insbesondere die Vorschrift des § 136 Absatz 2 AktG angeführt.164 Auch das nach wohl herrschender Meinung geltende Erfordernis einer ausdrücklichen Weisung (entsprechend § 135 Absatz 3 Satz 3 AktG) des Aktionärs zur Stimmrechtsausübung165 ändere an der Unzulässigkeit der Stimmrechtsausübung durch die Verwaltung der Gesell162 Grundlegend Möhring, FS Geßler, 1970. 127, 133 ff.; Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 605 ff.; Schilling, FS Möhring, 1975, 257, 258 ff. 163 Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 187; Hüffer, AktG, § 134 Rn. 26a f. 164 Hüffer, AktG, § 134 Rn. 26b; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 124 Rn. 63. 165 Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 188; Hüffer, AktG, § 134 Rn. 26b; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 124 Rn. 63; differenzierend: Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 134 Rn. 124; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 134 Rn. 55 ff.; Weisung nicht erforderlich: Riegger, ZHR 165 (2001), 204, 214; Volhard, in: MünchKomm, AktG, § 134 Rn. 39 f.; Wiebe, ZHR 166 (2002), 182, 191.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

schaft nichts.166 Zu beachten ist dabei auch, dass es als ausdrückliche Weisung genügen soll, das Stimmrecht im Sinne der Verwaltungsvorschläge auszuüben167 und üblicherweise nicht von den Verwaltungsvorschlägen in der Erteilung der Stimmrechtsvollmacht abgewichen wird.168 Allerdings droht ein Interessenskonflikt in der Person des Vertreters im Ergebnis in sämtlichen möglichen Varianten eines von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreters.169 Ein unerwünschter Machtzuwachs der Verwaltung kann auch bei einem von der Gesellschaft benannten unabhängigen Dritten erfolgen, da die Gefahr besteht, dass dieser die Stimmrechte im Interesse der Verwaltung ausüben wird, um nicht sein Mandat zu verlieren.170 Weiterhin ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber Einschränkungen hinsichtlich gesellschaftsangehöriger und der Gesellschaft nahestehender Personen hätte vornehmen können, insbesondere, da schon vor der Einführung des § 134 Absatz 3 Satz 3 AktG a. F. die Stimmrechtsvertretung durch gesellschaftsangehörige Personen teilweise in der Praxis verbreitet war.171 Die Vorschrift wurde aber bewusst rudimentär gehalten, um zunächst Erfahrungen mit dem neu eingeführten Institut der Stimmrechtsausübung durch von der Gesellschaft benannter Vertreter zu sammeln und später noch angemessen hierauf reagieren zu können.172 Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Vorschrift des § 134 Absatz 3 AktG seit der Einführung der Stimmrechtsvertretung nochmals geändert wurde, ohne dass entsprechende Einschränkungen der Stimmrechtsvertretung durch die Gesellschaft vorgenommen wurden.173 Dem Gesetzgeber kann daher nicht vorgehalten werden, er habe die Gesellschaft derart in den Willensbildungsprozess in ihrer eigenen Hauptversammlung durch die Einführung der Stimmrechtsvertretung durch von der Gesellschaft benannter Stimmrechtsvertreter einbezogen, ohne die damit einhergehenden Probleme zu erkennen.174 Vielmehr ist hieraus zu schließen, dass keine Einschränkungen hinsichtlich der möglichen Stimmrechtsvertreter getroffen werden sollten und damit eine Stimmrechtsvertretung durch 166 Hüffer, AktG, § 134 Rn. 26b; Kindler, NJW 2001, 1678, 1687; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 124 Rn. 63. 167 Hüffer, AktG, § 134 Rn. 26b. 168 Bunke, AG 2002, 57, 60; Hüther, AG 2001, 68, 73; Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 612; ders., FS Pelzer, 2001, 661, 666 f. 169 Bunke, AG 2002, 57, 60; Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 188 f.; Hüther, AG 2001, 68, 72 f.; Noack, FS Lutter, 2000, 1463, 1477. 170 Bunke, AG 2002, 57, 60; Zöllner, FS Pelzer, 2001, 661, 669. 171 Bunke, AG 2002, 57, 59 f.; Riegger, ZHR 165 (2001), 204, 213; Wiebe, ZHR 166 (2002), 182, 190; Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 134 Rn. 122. 172 Seibert, Übersicht und Auszüge NaStraG, AG 2001, 53, 55 f. 173 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.07.2009 (BGBl. I S. 2479). 174 So bereits zu § 134 Absatz 3 Satz 3 AktG a. F. Hüther, AG 2001, 68, 72.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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die Gesellschaft selbst möglich ist. Die Vorschrift ist auch vor dem Hintergrund der Umstellung vieler Aktiengesellschaften von Inhaber- auf Namensaktien und Verlagerung der Mitteilungspflichten auf die Gesellschaft unmittelbar gegenüber den Namensaktionären gemäß § 125 Absatz 2 AktG zu sehen. Die Rolle der Stimmrechtsvertretung durch die Depotbanken wird aufgrund der steigenden Zahl von Namensaktien zunehmend von den Gesellschaften selbst wahrgenommen. Die Namensaktien verdrängen die Depotbanken aus ihrer Position als notwendiges Bindeglied zwischen den anonymen Inhaberaktionären und der Gesellschaft.175 Daher ist eine entsprechende Anwendung des § 135 Absatz 3 Satz 3 AktG auf die Stimmrechtsvertretung durch von der Gesellschaft benannter Stimmrechtsvertreter konsequent.176 Aufgrund der bewusst offenen Regelung des § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG und der Regelung des § 135 Absatz 3 Satz 3 AktG sind trotz der erhobenen Bedenken zunächst keine Beschränkungen hinsichtlich der Person des Stimmrechtsvertreters vorzunehmen, so dass auch die Verwaltung bzw. – mangels Rechtsfähigkeit der Organe – Verwaltungsmitglieder bevollmächtigt werden dürfen.177 (2) Folgerungen für die Stimmbindung Die vorstehenden Erkenntnisse könnten für die Frage der Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen zwischen Aktionär und Gesellschaft herangezogen werden. Ein Rückschluss aus der Zulässigkeit der Verwaltungsvollmacht auf die konkretisierter Stimmbindungsvereinbarungen kann aus dem Umstand gewonnen werden, dass das Gesetz in § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG die Möglichkeit einer Einbeziehung der Verwaltung in den Willensbildungsprozess der Hauptversammlung vorsieht.178 Beiden Sachverhalten ist gemein, dass der Aktionär frei über die Ausübung seines Stimmrechts entscheiden kann und eine einseitige Einflussnahme der Verwaltung auf den Inhalt der Stimmrechtsausübung nicht möglich ist.179 In beiden Fällen trifft der Aktionär eine eigenständige Entscheidung über den Inhalt seiner Stimmrechtsausübung.180 Da es für eine Bevollmächtigung im Rahmen von § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG schon ausreicht, eine Weisung zur Abstimmung im Sinne der 175

Noack, FS Lutter, 2000, 1463, 1466. Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 188. 177 Bunke, AG 2002, 57, 60; Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 189; Hüther, AG 2001, 68, 72. 178 So auch Kniehase, S. 57. 179 Kniehase, S. 57. 180 Kniehase, S. 57. 176

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Verwaltungsvorschläge zu erteilen, kann die Einflussnahme der Gesellschaft bei der Verwaltungsvollmacht auf die Willensbildung ihrer Hauptversammlung sogar höher sein als bei einer konkretisierten Stimmbindung, sofern der betreffende Aktionär – was aber in der Regel nicht vorkommt (siehe oben) – keine von den Verwaltungsvorschlägen abweichende Weisung erteilt. Denn in diesem Fall bestimmt letztlich die Verwaltung den Inhalt der Stimmrechtsausübung, wohingegen bei einer konkretisierten Stimmbindung gemeinsam eine Einigung auf das konkrete Abstimmungsverhalten erfolgt.181 Dies könnte für die Zulässigkeit konkretisierter Stimmbindungen aufgrund eines Vergleichs zur Verwaltungsvollmacht sprechen. Allerdings stellt § 134 Absatz 3 Satz 5 AktG (und § 135 Absatz 3 Satz 3 AktG) eine gesetzlich normierte Ausnahmeregelung dar. Gegen die Vorschrift werden erhebliche Bedenken erhoben. Diese werden überwiegend darauf gestützt, dass das Verwaltungsstimmrecht dem Prinzip der Gewaltenteilung und Funktionstrennung in der Aktiengesellschaft widerspreche.182 Insbesondere im Hinblick auf die Kontroll- und Überwachungsfunktionen der Hauptversammlung würden die innergesellschaftliche Zuständigkeitsordnung unterlaufen und erhebliche Interessenkollisionen hervorgerufen.183 Den erhobenen Bedenken könne auch nicht mit dem Erfordernis einer ausdrücklichen Weisung wirksam begegnet werden.184 Nach der gesetzlichen Anerkennung der Verwaltungsvollmacht sind die Bedenken zwar zunächst hinzunehmen. Doch kann aus der Norm nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Vorschrift grundsätzlich eine Durchbrechung der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung anerkannt, sofern zumindest die Gesellschaft nicht allein über die Willensbildung in ihrer Hauptversammlung entscheiden könne. Vielmehr ist aus dem Ausnahmecharakter der Norm und Diskussion über die Zulässigkeit einer Bevollmächtigung der Gesellschaft zur Stimmrechtsausübung in ihrer eigenen Hauptversammlung zu folgern, dass eine unmittelbare Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung der Aktionäre durch die Verwal181 Die Initiative zum Abschluss einer Stimmbindung wird aber in aller Regel von der Gesellschaft ausgehen, da der Aktionär aus der Stimmbindung gegenüber der Gesellschaft keinen unmittelbaren Gewinn hat, siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(4). 182 Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71 b Rn. 12; Möhring, FS Geßler, 1970, 127, 134 ff.; v. Randow, ZIP 1998, 1564, 1566; Zöllner, FS Westermann 1974, 603, 606; ders., FS Pelzer, 2001, 661, 664.; siehe auch die Darstellungen bei Noack, FS Lutter, 2000, 1463, 1475 ff. 183 Möhring, FS Geßler, 1970, 127, 134 f.; kritisch auch Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 189; Hüther, AG 2001, 68, 72. 184 v. Randow, ZIP 1998, 1564, 1567; Zöllner, FS Westermann, 1974, 603, 612; ders., FS Pelzer, 2001, 661, 666 f.; a. A. Noack, FS Lutter, 2000, 1463, 148 f.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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tung in ihrer eigenen Hauptversammlung grundsätzlich unzulässig ist. Die Zulässigkeit der Verwaltungsvollmacht kann daher nicht für die konkretisierter Stimmbindungsverträge gewonnen werden.185 e) Keine Rechtfertigung durch Unternehmensinteresse Hinter den hier in Frage stehenden Stimmbindungen steht die Absicht des Vorstands, den Bestand der Gesellschaft gegenüber dem Bieter zu sichern. Fraglich ist, ob sich hieraus eine Rechtfertigung der Stimmbindung im Unternehmensinteresse ableiten lässt, da der Vorstand die Gesellschaft auch gegenüber einer Bestandsgefährdung durch die Aktionäre zu verteidigen und für den dauerhaften Bestand der Gesellschaft zu sorgen hat.186 Dies ist aber abzulehnen, da dem Vorstand die Kompetenz zum Abschluss von Stimmbindungen mit Aktionären fehlt. Die Leitungsaufgabe des Vorstands endet dort, wo Entscheidungen der Kompetenz der Hauptversammlung zugewiesen sind bzw. die Hauptversammlung ihr zugewiesene Entscheidungen trifft.187 Dem Unternehmensinteresse und damit den Kompetenzen des Vorstands sind diejenigen Entscheidungen übergeordnet, die nach dem Gesetz in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen.188 Weist das Gesetz die Entscheidung über bestimmte Maßnahmen der Hauptversammlung zu oder verlangt es deren Zustimmung oder bestehen ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten, so hat darüber allein die Hauptversammlung zu befinden. Die Kompetenz des Vorstands beschränkt sich dabei auf eine passive Rolle, indem er die Aktionäre über die Bedeutung und Tragweite der von ihnen zu treffenden Entscheidungen zu informieren hat.189 Nicht zur Leitungsaufgabe des Vorstands gehören hingegen Maßnahmen, die darauf abzielen, eine gesetzlich ermächtigte Hauptversammlung daran zu hindern, von der ihr zugewiesenen Kompetenz zur Vornahme von Strukturmaßnahmen Gebrauch zu machen oder diesen Entscheidungen vorzugreifen.190 Dies folgt nicht zuletzt schon aus der Vorschrift des § 82 Absatz 2 AktG, wonach der Vorstand die 185

A. A. Kniehase, S. 57. Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 24; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 74; siehe hierzu schon oben unter B.II.5.a)(2)(b). 187 Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 146; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 24; ähnlich Hopt, ZGR 1993, 534, 550; siehe hierzu noch unten unter C.III.2.b)(2). 188 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 23. 189 Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1076. 190 Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1076; Hopt, ZGR 1993, 534, 550 f.; Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 146. 186

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

aktienrechtliche Kompetenzordnung zu beachten hat.191 Dem würde eine Stimmbindung zwischen Gesellschaft und Aktionär gerade widersprechen. Für die mangelnde Kompetenz des Vorstands zum Abschluss von Stimmbindungsvereinbarungen mit den Aktionären spricht ferner, dass es den Aktionären als Eigentümer der Gesellschaft freistehen muss, von den ihnen zugewiesenen Kompetenzen ohne Beschränkungen durch die Verwaltung Gebrauch zu machen. Der Vorstand ist nicht Unternehmer aus eigenem Recht.192 Er hat vielmehr eine treuhänderische Stellung in der Gesellschaft inne, nach welcher er die verschiedenen im Unternehmen zusammenlaufenden Interessen in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu berücksichtigen und zum Ausgleich zu bringen hat.193 Seiner Stellung als Wahrer fremder Interessen und fremden Vermögens würde es widersprechen, hätte der Vorstand die Befugnis, die zu einer Entscheidung legitimierten Aktionäre in der freien Ausübung ihrer Kompetenzen zu beschränken.194 Beabsichtigt eine hierzu ermächtigte Mehrheit die Vornahme einer bestimmten Maßnahme bzw. beschließt hierüber, kann der Vorstand diese nicht unter Verweis auf ein vermeintlich entgegenstehendes Unternehmensinteresse daran hindern. Trifft die Hauptversammlung einen rechtmäßigen Beschluss, ist dieser bindend und kann nicht aufgrund eines aus Sicht des Vorstands entgegenstehenden Unternehmensinteresses zurückgewiesen werden. Vielmehr hat der Vorstand den Beschluss grundsätzlich gemäß § 83 Absatz 2 AktG auszuführen bzw. umzusetzen und kann dem nicht seine eigenverantwortliche Leitungsmacht entgegensetzen.195 Die Aufgabe des Vorstands zur Wahrung der Gesellschaft gegenüber einer Bestandsgefährdung gegenüber den Aktionären kann daher nur so weit reichen wie seine Leitungskompetenz. Diese endet aber dort, wo Entscheidungen von der Hauptversammlung getroffen werden. Die Hinderung der Aktionäre an der freien Ausübung ihrer Eigentumsrechte mittels einer Stimmbindung ist mithin nicht mit der treuhänderischen Stellung des Vorstands vereinbar. Festzuhalten bleibt damit, dass eine Kompetenz des Vorstands zum Abschluss einer Stimmbindung mit einem Aktionär auch nicht durch die Verfolgung unternehmerischer Zwecke begründet werden kann. Die Verfolgung unternehmerischer Zwecke rechtfertigt keine Eingriffe in die bestehende Kompetenzordnung.196 191 192 193 194 195

Weber, in: Hölters AktG, § 82 Rn. 15. Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 147. Siehe hierzu schon Fn. 104, S. 38. Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 146. Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 83 Rn. 10.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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f) Ergebnis § 136 Absatz 2 AktG schützt die Willensbildung der Hauptversammlung vor rechtlich bindenden Einflussnahmen durch die Gesellschaft. Daher ist jede Art rechtlich bindender Einflussnahme der Gesellschaft durch ihre Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung gemäß §§ 136 Absatz 2, 134 BGB nichtig. Eine rechtlich bindende Einflussnahme der Gesellschaft auf die Willensbildung der Hauptversammlung ist nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Hierdurch würde die Verwaltung in einer gesetzlich nicht vorgesehenen und gewollten Weise in die Willensbildung der Hauptversammlung eingreifen. Die Einbeziehung der Verwaltung in die Zuständigkeiten der Aktionäre würde zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse in der Gesellschaft und damit zu einer Nivellierung der innergesellschaftlichen Zuständigkeiten führen. Die Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft ist zwar nicht starr, da das Gesetz Überschneidungen in den Kompetenzen vorsieht. Diesen Überschneidungen sind aber klare Grenzen gesetzt. Unerheblich ist es daher, ob der Aktionär wie bei einer konkretisierten Stimmbindung eine eigene Abstimmungsentscheidung trifft. Geschützt wird nicht die freie Abstimmungsentscheidung des sich bindenden Aktionärs, sondern die Hauptversammlungsautonomie gegenüber rechtlich bindenden Einflussnahmen der Verwaltung auf ihre Willensbildung. Das gleiche Ergebnis gilt für die Vereinbarung von Stimmrechtsverzichten. Auch ein Stimmrechtsverzicht vermittelt der Verwaltung eine Einflussnahme auf die Willensbildung der Hauptversammlung. Eine Ausnahme gilt hingegen für Entherrschungsverträge. § 136 Absatz 2 AktG ist somit eine unzureichende Vorschrift des übergeordneten Prinzips der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft, so dass die Vorschrift weit auszulegen ist. Bestimmungen einer Investorenvereinbarung, welche an das Stimmrecht des Bieters in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft anknüpfen, sind somit unwirksam, wenn und soweit sie eine Stimmbindung oder einen Stimmverzicht des Bieters gegenüber der Gesellschaft enthalten oder sich dies aus der Auslegung entsprechender Bestimmungen ergibt. 2. Veräußerungsbeschränkungen und Vereinbarungen über die Beteiligungshöhe Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft liegt die Aufnahme von Abreden in die Investorenvereinbarung nahe, welche die Verfügung über den Aktienbesitz des Bieters sowie seine Beteiligungshöhe an 196

Immenga, AG 1992, 79, 81 f.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

der Zielgesellschaft betreffen. Auf diesem Wege lässt sich der Anteilseignerkreis in gewissem Umfang zum Schutz der Zielgesellschaft kontrollieren. Beabsichtigt der Bieter seine Beteiligung an der Zielgesellschaft oder Teile davon zu veräußern, besteht die Gefahr, dass ein möglicher Erwerber wiederum strategische Ziele verfolgt, die dem Interesse der Zielgesellschaft nicht entsprechen. Somit droht das Ziel der Investorenvereinbarung im Hinblick auf die Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft unterlaufen zu werden. Um dies zu verhindern, bieten sich schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen hinsichtlich der vom Bieter gehaltenen Aktien gegenüber der Zielgesellschaft oder eine Verpflichtung des Bieters an, die Zielgesellschaft über eine geplante Veräußerung von Aktien, sofern diese nicht unerheblich ist, zu informieren und die betreffenden Aktien an eine von der Zielgesellschaft benannte Person zu veräußern.197 Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft eignet sich ferner eine Vereinbarung, nach welcher der Bieter die Verpflichtung übernimmt, seine Beteiligung an der Zielgesellschaft nicht über eine bestimmte Schwelle hinaus zu erhöhen (Standstill Vereinbarung).198 Auch kann die Vereinbarung einer solchen Höchstbeteiligungsquote die Zielgesellschaft vor dem Auslösen von Change of Control Ereignissen oder steuerschädlichen Wirkungen, etwa aufgrund des Untergangs von Verlustvorträgen, schützen.199 Zur Sicherstellung der in der Investorenvereinbarung niedergelegten Ziele kann zudem eine Regelung dienen, nach welcher sich der Bieter verpflichtet, über einen bestimmten Zeitraum an der Zielgesellschaft mit einer bestimmten Quote beteiligt zu sein (Lock-Up Verpflichtung).200 So lässt sich verhindern, dass ein Dritter eine (faktische) Hauptversammlungsmehrheit erlangt und auf diesem Wege die Ziele der Investorenvereinbarung gefährdet.201 Eine solche Vereinbarung wird eher im Fall einer von Anfang an von der 197 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208; so haben sich auch die Amerigon Inc. und die Amerigon Europe im Business Combination Agreement mit der W.E.T. Automotive Systems verpflichtet, für einen Zeitraum von zwölf Monaten keine von ihnen gehaltenen Aktien an der W.E.T. an einen einzelnen Dritten zu veräußern (ausgenommen ist die Veräußerung an mehrere Dritte oder über die Börse), vgl. Angebotsunterlage Amerigon, Ziffer 7.2.4 (i); siehe hierzu unten unter C.III.2.b) und C.III.2.c). 198 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172; Kniehase, S. 81; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208; siehe hierzu unten unter C.III.2.d). 199 Kiem, AG 2009, 301, 304; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208 f. 200 Siehe hierzu unten unter C.III.2.e). Die Terminologie für Standstill- und Lock-Up Vereinbarung ist nicht einheitlich. Hier werden die Begriffe wie im beschriebenen Zusammenhang verwendet. 201 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 207.

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Verwaltung der Zielgesellschaft unterstützten Übernahme relevant als in dem Fall, in welchem die Investorenvereinbarung der Abwendung einer feindlichen Übernahme dient. Denn im letzteren Fall geht es der Zielgesellschaft darum, mittels der Investorenvereinbarung so weit wie möglich ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Bieter zu sichern.202 Auch bietet es sich an, die Vereinbarungen betreffend die Beteiligungshöhe mit Veräußerungsbeschränkungen zu kombinieren, um einen umfassenderen Schutz der Zielgesellschaft und ihrer Interessen zu erreichen. Veräußerungsbeschränkungen und Vereinbarungen über die Beteiligungshöhe zwischen Aktionär und Gesellschaft werfen allerdings erhebliche Bedenken auf, welchen nun näher nachgegangen werden soll. a) Keine allgemeine Neutralitätspflicht hinsichtlich Aktionärskreis Durch die vorgenannten Vereinbarungen nimmt der Vorstand Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises, da sie die Beteiligung des Bieters an der Zielgesellschaft betreffen. Dies wirft die Frage auf, ob und inwieweit der Vorstand Einfluss auf die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft nehmen darf.203 Unabhängig von der Zulässigkeit einzelner Maßnahmen des Vorstands, welche einen Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises bewirken, unterliegt der Vorstand zumindest keiner allgemeinen Neutralitätspflicht hinsichtlich der Zusammensetzung des Aktionärskreises, welche ihm Eingriffe in die Beteiligungsstruktur gänzlich untersagen würde.204 Das Gesetz zeigt an verschiedenen Stellen, dass sich der Vorstand nicht neutral gegenüber der Zusammensetzung des Aktionärskreises zu verhalten hat.205 So ist die Auswahl der Zeichner bei einer Kapitalerhöhung aus ge202

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 207; siehe hierzu unten unter C.III.2.e). 203 Siehe hierzu insbesondere Bayer, ZGR 2002, 588, 598 ff.; Hopt, ZGR 1993, 534, 545 ff.; Immenga, AG 1991, 79, 81; Kort, FS Lutter, 2000, 1421, 1426 ff.; ders., in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 100; Martens, FS Beusch, 1993, 529 ff.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 25 f.; Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 139 ff.; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15d; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 15; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199. 204 Hingewiesen sei darauf, dass im vorliegenden Zusammenhang nicht eine vermeintliche Neutralitätspflicht des Vorstands hinsichtlich eines Übernahmeangebots, sondern allein eine etwaige Neutralität des Vorstands hinsichtlich der Zusammensetzung des Aktionärskreises gemeint ist. Siehe zu einer vermeintlichen Neutralitätspflicht des Vorstands hinsichtlich eines Übernahmeangebots oben unter B.I. 205 Bayer, ZGR 2002, 588, 598 f.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

nehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre ebenso wie die Wiederveräußerung eigener Aktien unter Ausschluss des Erwerbsrechts der Aktionäre gemäß § 71 Absatz 1 Nr.8 Satz 5 AktG eine Geschäftsführungsmaßnahme, durch welche der Vorstand zielgerichteten Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nehmen kann.206 Bei der Auswahl der Erwerber hat der Vorstand einen Ermessensspielraum, so dass er neben dem Interesse der Gesellschaft an einem möglichst hohen Ausgabepreis noch andere Interessen berücksichtigen darf, wie etwa die Gewinnung bestimmter Investoren für die Gesellschaft.207 Auch mittels der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen im Sinne von § 221 Absatz 1 Satz 1 AktG unter Bezugsrechtsausschluss kann der Vorstand den Aktionärskreis beeinflussen. Außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle, die eine Einflussnahme des Vorstands auf den Aktionärskreis ausdrücklich vorsehen, gehört es zu den Leitungsaufgaben des Vorstands, für einen optimalen Mitgliederbestand zu sorgen und sich um einen solchen zu bemühen.208 Das Bemühen um eine geeignete und förderliche Aktionärsstruktur sichert den langfristigen und nachhaltigen Erfolg der Gesellschaft.209 Hierzu zählen etwa der Dialog mit Aktionären und die Gewinnung geeigneter neuer Investoren, zum Beispiel auf Roadshows der Gesellschaft.210 Zudem nimmt der Vorstand durch eine Vielzahl von geschäftlichen Entscheidungen Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises, wie etwa einer aktionärsfreundlichen Dividendenpolitik. Daher wäre ein allgemeines Verbot des Vorstands zur Beeinflussung der Aktionärsstruktur uferlos und würde den Vorstand in seiner Leitungskompetenz über Gebühr einschränken.211 Auch die übernahmerechtliche Vorschrift des § 33 Absatz 1 Satz 2 WpÜG zeigt, dass ein allgemeines Neutralitätsgebot des Vorstands keinen Bestand haben kann, sondern ihm die Beeinflussung des Aktionärskreises mittels der Vornahme von Abwehrmaßnahmen gegen ein Übernahmeangebot in gewissem Umfang gestattet ist.212 206

Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 25. Drygala, ZIP 2001, 1861, 1866; Schiessl, AG 2009, 385, 387; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 49. 208 Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 243 f.; Hopt, ZGR 1993, 534, 560; Kiem, AG 2009, 301, 305; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 259; Martens, FS Beusch, 1993, 529, 543; Kiem, AG 2009, 301, 305; Schiessl, AG 2009, 385, 386 f.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 15; v. Riegen, CFL 2010, 1, 2; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 51. 209 Martens, FS Beusch, 1993, 529, 543. 210 Vgl. Nachweise Fn. 208, S. 106. 211 Drygala, ZIP 2001, 1861, 1866; Hopt, ZGR 1993, 534, 547, 559 f.; ders., FS Lutter, 2000, 1361, 1399 f. 212 Siehe zu den Einschränkungen oben unter B.II. 207

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Abwehrmaßnahmen bewirken stets eine Beeinflussung der Beteiligungsstruktur, da ein aus Sicht des Vorstands als unerwünscht empfundenes (drohendes) Verhalten einer Person verhindert und daher die Person von einem (weiteren) Beteiligungserwerb abgehalten werden soll. Unzulässig ist hingegen in jedem Fall eine Einflussnahme des Vorstands auf den Aktionärskreis mit dem Ziel, die eigene Position zu sichern.213 Es geht mithin nicht um die Frage, ob der Vorstand Einfluss auf die Aktionärsstruktur nehmen darf, sondern um die Art und Weise der Einflussnahme und die dafür eingesetzten Mittel.214 b) Unzulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen Veräußerungsbeschränkungen gegenüber der Gesellschaft dienen dazu, den Gesellschafterkreis zu kontrollieren und den Eintritt unerwünschter Aktionäre in die Gesellschaft zu verhindern. Hierdurch soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass ein möglicher Erwerber der Anteile des Bieters oder eines Teils hiervon Maßnahmen vornimmt, die nicht dem in der Investorenvereinbarung niedergelegten Unternehmensinteresse und den diesbezüglichen Vereinbarungen zum Schutze der Interessen der Zielgesellschaft entsprechen. Denn ein möglicher Erwerber wäre ohne freiwillige Beitrittserklärung an die Investorenvereinbarung nicht gebunden. Die Möglichkeit, Anteilseignerwechsel in der Aktiengesellschaft zu kontrollieren und damit die Veräußerung von Aktien der Gesellschaft zu beschränken, regelt das Gesetz in § 68 Absatz 2 AktG. Nach § 68 Absatz 2 Satz 1 AktG kann die Satzung die Übertragung von Namensaktien an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Vinkulierung von Aktien gemäß § 68 Absatz 2 Satz 1 AktG ist allerdings in einer Publikumsgesellschaft häufig nicht praktikabel. Soll eine Vinkulierung nachträglich in die Satzung aufgenommen werden, bedarf es hierzu gemäß § 180 Absatz 2 AktG der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre. Sind die Aktien zudem an einer Börse gelistet, ist eine effektive Kontrolle des Gesellschafterkreises mittels einer Anteilsvinkulierung aufgrund der Beschränkungen der Börsenzulassungsverordnung gemäß § 5 BörsZulV ohnehin kaum möglich. Aufgrund des Zulassungserfordernisses der freien Handelbarkeit zur Einbeziehung von Aktien in den Börsenhandel gemäß § 5 BörsZulV wird eine Zulassung vinkulierter Aktien zum Börsenhandel nur gelingen, wenn sichergestellt ist, 213

BGH AG 2008, 164, 165; Martens, FS Beusch, 1993, 529, 545; Schiessl, AG 2009, 385, 386. 214 Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 259; Martens, FS Beusch, 1993, 529, 545.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

dass die Vinkulierung die Handelbarkeit mit den Wertpapieren nicht beeinträchtigt. Um die Handelbarkeit nicht zu beschränken, ist ein computergestütztes Zustimmungssystem erforderlich.215 Eine Vinkulierung, die eine Kontrolle über den Aktionärskreis ermöglichen soll, ist dann nicht mehr möglich. Damit kommt für die hier in Frage stehenden Zwecke nur eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung in Betracht. Eine gesetzliche Regelung hierzu besteht nicht. Schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen betreffen nicht die statuarische Ebene und ließen sich daher allein zwischen der Zielgesellschaft und dem Bieter abschließen. Ob schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen zwischen Gesellschaft und Aktionär wirksam vereinbart werden können, ist allerdings umstritten.216 Problematisch ist hierbei insbesondere, dass die Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung der betroffenen Aktien durch den Vorstand erteilt würde. (1) Meinungsstand Nach herrschender Meinung sind schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen zwischen Aktionär und Gesellschaft grundsätzlich zulässig217, wobei eine Begründung hierfür nur teilweise zu finden ist.218 Für die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen führt die herrschende Meinung an, § 68 Absatz 2 AktG enthalte zwar eine abschließende Regelung für statuarische Veräußerungsbeschränkungen, schließe schuldrechtliche Abreden aber nicht aus. Dies sei zum einen daraus zu folgern, dass das Aktiengesetz schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Aktionär insbesondere in § 136 Absatz 2 AktG untersage, hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen ein solches Verbot aber nicht enthalte.219 Zum anderen sind bei einem Verstoß gegen schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft als auch die dingliche Verfügung wirksam, vgl. § 137 BGB.220 Daher unterscheide sich die schuldrechtliche Veräußerungs215

Heidelbach, in: Schwark, KapitalmarktR, § 5 BörsZulV Rn. 3. Veräußerungsbeschränkungen unter Aktionären sind hingegen unstreitig grundsätzlich zulässig, Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 68 Rn. 41. 217 BayObLG, AG 1989, 173, 176; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 259; Bungeroth, in: MünchKomm, AktG, § 54 Rn. 33; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 68 Rn. 39; Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 54 Rn. 22, § 68 Rn. 23; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 68 Rn. 57; Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 68 Rn. 520 ff.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 14. 218 So bei Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172 ff.; Dittert, S. 153 ff.; Kniehase, S. 80 ff. 219 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 174; Dittert, S. 154 f. 220 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 174. 216

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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beschränkung grundlegend von der Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG, welche abweichend von § 137 Satz 1 BGB dingliche Wirkung entfaltet. Auch eine Analogie zu § 136 Absatz 2 AktG scheide aus, da aufgrund der Vorschrift des § 137 Absatz 2 BGB keine Gesetzeslücke bestehe.221 Zudem fehle es an der Vergleichbarkeit der beiden Fälle.222 Durch eine Verfügungsbeschränkung werde zwar auch die Willensbildung in der Hauptversammlung beeinflusst, jedoch nur mittelbar und in abgeschwächter Intensität.223 Zudem werde die mittelbare Beeinflussung der Willensbildung durch die der Gesellschaft aus einer Veräußerungsbeschränkung erwachsenden Vorteile aufgewogen.224 Weiterhin begründe eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung keine unzulässige Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises, da es dem Vorstand nicht generell untersagt sei, auf die Aktionärsstruktur Einfluss zu nehmen.225 Schließlich liege auch kein Verstoß gegen die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung vor, da eine nur schuldrechtlich wirkende Veräußerungsbeschränkung keine Zuständigkeit der Hauptversammlung diesbezüglich begründe, aufgrund geringer Intensität einer solchen Vereinbarung auch keine ungeschriebene.226 Nach der Gegenansicht ist eine Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises ausschließlich mittels einer Vinkulierung von Namensaktien gemäß § 68 Absatz 2 AktG zulässig.227 Schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen durchbrächen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung.228 Hierdurch werde das Machtgefüge in der Gesellschaft verschoben, da sie dem Vorstand die Möglichkeit geben, Einfluss auf den Kreis derer zu nehmen, die ihm gegenüber Kontrollbefugnisse ausüben.229 Die Möglichkeiten der Einflussnahme eines Organs auf die personelle Zusammensetzung eines anderen seien im Gesetz abschließend geregelt.230 Daneben bestehende schuldrechtliche Vereinbarungen seien auf221

Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 176; Dittert, S. 154 f. Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 176; Dittert, S. 155 f.; Kniehase, S. 98. 223 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 176; Dittert, S. 155 f. 224 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 176; Dittert, S. 156. 225 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 175 f.; Dittert, S. 156 f.; Zetzsche, NZG 2002, 942, 943. 226 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 177; Dittert, S. 158 f. 227 Immenga, AG 1992, 79, 81 f.; Otto, AG 1991, 369, 373. 228 Immenga, AG 1992, 79, 81; Otto, AG 1991, 369, 373 f.; zustimmend Wagner, S. 196 f. 229 Immenga, AG 1992, 79, 81; Otto, AG 1991, 369, 374. 230 Otto, AG 1991, 369, 374. 222

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

grund Verstoßes gegen die korporationsrechtlich zwingend voneinander abgegrenzten Organkompetenzen unwirksam.231 Die Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises sei nicht von seiner Geschäftsführungsbefugnis gedeckt.232 Zudem betreffe ein Vertrag, der auf die Zusammensetzung des Anteilseignerkreises einwirke, die Struktur der Gesellschaft, so dass hierüber allein die Hauptversammlung zu entscheiden hätte.233 Zu bemerken ist vorab, dass eine schuldrechtliche Vinkulierung nicht als Umgehung der Vinkulierungsvorschriften gemäß § 68 Absatz 2 AktG zu sehen ist, wenn und soweit eine Vinkulierung nicht in der Satzung festgesetzt ist. Denn eine Umgehung setzt voraus, dass überhaupt eine Vinkulierung besteht.234 (2) Zielgerichtete Eingriffe in die Aktionärsstruktur nur bei Ermächtigungsgrundlage Der herrschenden Meinung ist insoweit beizupflichten, als der Vorstand keinem generellen Verbot unterliegt, auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises Einfluss zu nehmen. Es kommt vielmehr auf die Art und Weise der Einflussnahme und die dafür eingesetzten Mittel an. Hierzu sei auf die obigen Ausführungen verwiesen.235 Allerdings folgt aus der Art und Weise der Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises mittels einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung gerade deren Unzulässigkeit. Eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung bewirkt einen unmittelbaren und zielgerichteten Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises, da eine Veräußerung der betroffenen Aktien von seiner Zustimmung in Vertretung der Gesellschaft abhängen soll. Dies gibt dem Vorstand die Möglichkeit, die Zusammensetzung des Aktionärskreises in dem Umfang der betroffenen Anteile zu steuern, wenn der Gebundene eine Veräußerung beabsichtigt. Ein unmittelbarer und zielgerichteter Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises ist aktienrechtlich aber nur dann zulässig, wenn dieser auf einer wirksamen Satzungsgrundlage oder einer qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruht. Ohne eine solche Ermächtigung hat der Vorstand nicht die 231

Ebenda. Immenga, AG 1992, 79, 81; so wohl auch Otto, AG 1991, 369, 373 f. 233 Immenga, AG 1992, 79, 81. 234 Dittert, S. 151 f.; zu den Umgehungsvoraussetzungen Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 68 Rn. 113. 235 Siehe hierzu oben unter C.III.2.a). 232

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Kompetenz, unmittelbar und zielgerichtet in die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft einzugreifen. § 68 Absatz 2 AktG stellt daher entgegen der herrschenden Meinung eine abschließende Regelung hinsichtlich Veräußerungsbeschränkungen zwischen Aktionär und Gesellschaft über die statuarische Ebene hinaus dar. Aus dem Umstand, dass das Gesetz keine Regelung enthält, welche schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen zwischen Gesellschaft und Aktionär ausdrücklich untersagt, kann daher nicht auf die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen geschlossen werden. Grundsätzlich gebietet es zwar die Privatautonomie, im Falle eines nicht bestehenden Verbots zunächst von der Wirksamkeit einer Vereinbarung auszugehen.236 Doch enthält das Aktiengesetz eine abschließende Regelung hinsichtlich zielgerichteter und unmittelbarer Eingriffe des Vorstands in die Aktionärsstruktur. Unerheblich ist dabei, dass sich eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung in ihrer Wirkung aufgrund der Regelung des § 137 BGB von einer Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG unterscheidet. Direkten und zielgerichteten Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises kann der Vorstand durch die Zustimmungsentscheidung über die Übertragung vinkulierter Namensaktien gemäß § 68 Absatz 2 AktG, die Veräußerung rückerworbener eigener Aktien gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG und eine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital gemäß § 202 AktG, jeweils unter Ausschluss des Bezugs- bzw. Erwerbsrechts und ohne dass die Hauptversammlung über die Person des Erwerbers konkret entscheidet, nehmen.237 Hier kann der Vorstand im Rahmen des ihm bei der Vornahme dieser Maßnahmen zustehenden Ermessens die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft durch die Entscheidung über die Vornahme der Maßnahme und hinsichtlich der Person des Erwerbers unmittelbar und zielgerichtet steuern. Weiterhin kann ein zielgerichteter Eingriff des Vorstands in die Beteiligungsverhältnisse durch die Auswahl der Zeichner im Falle einer überzeichneten Kapitalerhöhung erfolgen.238 Direkten und zielgerichteten Einfluss auf den Aktionärskreis nimmt der Vorstand schließlich bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen gemäß § 221 Absatz 1 AktG unter Bezugsrechtsausschluss.239 Zwar hängt die Erlangung der Aktionärsstellung des Anleiheninhabers von der Ausübung des Wandlungs- bzw. Bezugsrechts ab, welche dem unmittelbaren Einfluss des Vorstands entzogen ist. Doch erfolgt die Ausübung, hat der Vorstand unmittelbaren und zielgerichteten Einfluss auf die Zusammensetzung der Beteiligungsverhältnisse genommen. 236 237 238 239

Dittert, S. 94 ff., 154. Siehe hierzu schon oben unter C.III.2.a). Hüffer, AktG, § 185 Rn. 25; Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 185 Rn. 31. Bayer, ZGR 2002, 588, 599.

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Gemeinsam ist diesen Eingriffen, dass sie auf einer Satzungsermächtigung oder einem qualitativ gleichwertigen, d.h. mit qualifizierter Mehrheit gefasstem Hauptversammlungsbeschluss beruhen.240 Auch die Zustimmungsentscheidung im Rahmen von § 68 Absatz 2 AktG ist eine vom Satzungsgeber abgeleitete Kompetenz des Vorstands, wie die Gegenansicht zu Recht anführt.241 Dies ist aus § 68 Absatz 2 Satz 3 und 4 AktG zu schließen, wonach die Satzung die Entscheidung über die Zustimmung zur Übertragung der Aktien dem Aufsichtsrat oder sich selbst zuweisen und die Gründe bestimmen kann, aus denen die Zustimmung verweigert werden darf.242 Damit liegt die Entscheidung, wer unter welchen Voraussetzungen für die Zustimmung zuständig sein soll, in den Händen der Hauptversammlung. Die gesetzlich zunächst an den Vorstand vorgesehene Zuweisung dient dazu, die Praktikabilität der Zustimmungsentscheidung sicherzustellen.243 Andere Maßnahmen, durch welche der Vorstand unmittelbar und zielgerichtet die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft beeinflussen könnte, bestehen nicht. Insbesondere liegt in dem Bemühen des Vorstands um einen für die nachhaltige Verfolgung des Gesellschaftszwecks förderlichen Mitgliederbestand244 kein zielgerichteter Eingriff in die Aktionärsstruktur, da etwaige Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft unabhängig vom Willen des Vorstands herbeigeführt werden. Der Vorstand hat keine unmittelbare Einwirkungsmacht auf die Investitionsentscheidung. Gleiches gilt für die Vornahme von Abwehrmaßnahmen gegen einen feindlichen Übernahmeversuch, soweit dies nicht durch eine Ausgabe bzw. Veräußerung von Aktien der Gesellschaft unter Bezugsrechts- bzw. Erwerbsrechtsausschluss erfolgt. Die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur stellt sich hierbei allein als Folge der Abwehrmaßnahme dar. Soweit das Gesetz einen unmittelbaren und zielgerichteten Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises vorsieht, ist dieser daher nur dann zulässig, wenn er auf einer wirksamen Satzungsgrundlage oder einer qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruht.245 Allein hieraus kann indes noch nicht der Schluss gezogen werden, das Gesetz enthalte insoweit eine abgeschlossene Regelung. Die Abgeschlossenheit der gesetzlichen Regelung folgt erst aus der aktienrechtlichen Kompetenzord240

Bayer, ZGR 2002, 588, 599; Immenga, AG 1992, 79, 81. Immenga, AG 1992, 79, 81. 242 Die Erteilung der Zustimmung im Außenverhältnis erfolgt stets durch den Vorstand, allein die interne Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung kann auf den Vorstand, Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung übertragen werden, Hüffer, AktG, § 68 Rn. 15. 243 K. Schmidt, FS Beusch, 1993, 759, 767; Hüffer, AktG, § 68 Rn. 15. 244 Siehe hierzu oben unter C.III.2.a). 245 Bayer, ZGR 2002, 588, 599. 241

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nung und der damit einhergehenden fehlenden Kompetenz des Vorstands zum Abschluss schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen mit einem Aktionär. (a) Unvereinbarkeit mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung Eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung gegenüber der Gesellschaft verleiht dem Vorstand die Möglichkeit, den Aktionärskreis im Umfang der eingegangenen Verpflichtung zu kontrollieren. Hierdurch wird das Machtgefüge in der Gesellschaft verschoben. Aus der Verschiebung der Machtverhältnisse folgt ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Dies führt die Mindermeinung zu Recht gegen die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen an.246 Dabei stellt eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung keinen Eingriff in die Kompetenzen der Hauptversammlung dar. Eine Kompetenz der Hauptversammlung über die eigene Zusammensetzung besteht nur, sofern eine Vinkulierung in der Satzung geschaffen wurde. Der Kompetenzverstoß folgt vielmehr aus der Unvereinbarkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung mit der aktienrechtlichen Gewaltenteilung, welche Teil der aktienrechtlichen Kompetenzordnung ist. Aus der aktienrechtlichen Kompetenzordnung folgt eine horizontale Gewaltenteilung zwischen den Organen, die zwar nicht starr ist, da das Gesetz funktionale Überschneidungen in den Kompetenzen der Organe enthält. Diesen Überschneidungen sind aber klare Grenzen gesetzt. Aus den Kompetenzzuweisungen und -überschneidungen ergibt sich ein wohl abgestimmtes System der Gewaltenkontrolle und -verzahnung.247 Zielgerichtete und unmittelbare Eingriffe des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle bringen nun dieses wohl abgestimmte System aus seiner Balance. Otto führt hierzu zutreffend aus, dass Kontrollbefugnisse hinsichtlich der personellen Zusammensetzung eines Organs in der Aktiengesellschaft nur in der Richtung von der Hauptversammlung über den Aufsichtsrat hin zum Vorstand bestünden. Eine Abweichung hiervon bildete allein die Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG.248 Es besteht demnach eine Abhängigkeit der Verwaltung gegenüber den Aktionären und nicht umgekehrt. Die Abhängigkeit der Verwaltung von den Aktionären liegt der Grundkonzeption der Aktiengesellschaft zugrunde und ist Teil des zwingenden Organisations246 247 248

Siehe hierzu oben unter C.III.2.b)(1). Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(5). Otto, AG 1991, 369, 373.

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rechts, welches nicht durch vertragliche Vereinbarungen der Beteiligten unterlaufen werden darf.249 Könnte der Vorstand Kontrolle über die Zusammensetzung der Hauptversammlung ausüben, gewönne er in diesem Umfang auch Kontrolle über den Aufsichtsrat und schließlich über sich selbst. Hierdurch würde ein Machtzuwachs des Vorstands zu Lasten der anderen Organe begründet.250 Dieser Machtzuwachs würde zu einer Verselbstständigung des Vorstands und damit einhergehend zu einem Unterlaufen der Kontrollmechanismen in der Aktiengesellschaft führen. Die weitreichende Kompetenz des Vorstands zur eigenverantwortlichen Unternehmensleitung gebietet es, dass diese auf der anderen Seite einer wirksamen Kontrolle unterliegt. Der Vorstand ist nicht Herr des Unternehmens, sondern legitimiert sich und seine Geschäftspolitik über die Aktionäre. Er ist Fremdinteressenwahrer. Droht diese Legitimation wegzubrechen und versucht der Vorstand dies zu verhindern, schwingt er sich zum Unternehmer aus eigenem Recht auf. Aufgrund seiner Stellung als Fremdinteressenwahrer darf der Vorstand daher keinen unmittelbaren und zielgerichteten Einfluss auf seine Kontrollinstanzen in der Aktiengesellschaft nehmen. Der Vorstand entscheidet zwar eigenverantwortlich über die Richtlinien der Geschäftspolitik, hat sich aber dabei an dem Interesse der Aktionäre auszurichten. Er bestimmt nicht das Unternehmensinteresse. Dieses bildet vielmehr den Rahmen seiner eigenverantwortlichen Leitungsmacht. Könnte der Vorstand nun auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises zielgerichtet und unmittelbar einwirken, hätte er es in der Hand, das Unternehmensinteresse zu steuern. Er könnte seine Geschäftspolitik vom Willen einer gegenwärtigen oder künftigen Kapitalmehrheit unabhängig machen.251 Dies verstößt gegen das zwingende Organisationsrecht in der Aktiengesellschaft. Der Einwand der herrschenden Meinung, ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung werde durch eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung nicht begründet, da eine Kompetenz der Hauptversammlung zum Abschluss solcher Vereinbarungen nicht bestehe252, geht daher an der eigentlichen Problematik vorbei.253 Erst recht unwirksam ist eine Veräußerungsbeschränkung, die mit einer Vertragsstrafe verbunden ist. Im Unterschied zur Vinkulierung hat ein Verstoß gegen eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung zwar keine 249 Mestmäcker, Medienkonzentration, S. 64; ders., Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 146. 250 Immenga, AG 1992, 79, 81; Otto, AG 1991, 369, 374. 251 Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 146. 252 Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 177; Dittert, S. 158 f. 253 Siehe zur Kompetenz der Hauptversammlung hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen unten unter C.III.2.b)(4).

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Auswirkung auf die Wirksamkeit der Übertragung (§ 137 Satz 1 BGB). Allerdings kann ein Verstoß einen Schadensersatzanspruch auslösen (§ 137 Satz 2 BGB). Da ein Schaden der Gesellschaft nur schwer feststellbar sein wird, wird in der Praxis empfohlen, einen Verstoß gegen die Vereinbarung mit einer Vertragsstrafe zu versehen.254 Dies bewirkt zumindest einen tatsächlichen Druck auf den Gebundenen, seine Anteile nicht unter Verstoß gegen die Vereinbarung zu veräußern. Damit wird im Ergebnis die Wirkung einer Vinkulierung geschaffen. Ferner stehen Veräußerungsbeschränkungen auf der Ebene zwischen Aktionär und Gesellschaft in Konflikt dazu, dass die Aktiengesellschaft eine offene Publikumsgesellschaft ist. Das Aktienrecht ist nach dem Willen des Gesetzgebers gerade konzernoffen ausgestaltet.255 Das Rechtsinstitut der Aktiengesellschaft beruht auf der Grundkonzeption der freien und ungehinderten Möglichkeit der Anteilsübertragung.256 Sieht die Satzung keine Vinkulierung vor, wird der Grundsatz der freien und ungehinderten Übertragbarkeit der Anteile von der Gesellschaft akzeptiert.257 Vereinbarungen auf der Ebene zwischen Gesellschaft und Aktionär stehen dazu in Widerspruch. (b) Veräußerung von Aktien durch Aktionäre keine Maßnahme der Gesellschaft Aus der aktienrechtlichen Kompetenzordnung folgt die fehlende Kompetenz des Vorstands zum Abschluss schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen. Für die Bewertung der Zulässigkeit einer unmittelbaren und zielgerichteten Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises ist zwischen der Ausgabe von Aktien durch die Gesellschaft selbst und der Veräußerung von Aktien durch die Aktionäre zu differenzieren.258 Betrifft eine Maßnahme des Vorstands die Veräußerung von Aktien durch die Aktionäre, unterliegt er einer Neutralitätspflicht, welche es ihm bei Fehlen einer Vinkulierung untersagt, unmittelbar und zielgerichtet in die Veräußerung einzugreifen.259 Zu begründen ist dies damit, dass die Veräußerung von Aktien durch die Aktionäre keine Maßnahme der Gesellschaft 254

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208. Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 33; siehe hierzu schon oben unter B.II.5.a)(2)(b). 256 Altmeppen, in: MünchKomm, AktG, Vor § 311 Rn. 45; Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, Anh. § 318 Rn. 10. 257 Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, Anh. § 318 Rn. 7. 258 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 25. 259 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 26. 255

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ist.260 Hierdurch hindert der Vorstand die Aktionäre an der Ausübung ihrer Eigentümerrechte.261 Die Kompetenzen des Vorstands erstrecken sich allein auf das von der Gesellschaft geführte Unternehmen.262 Die Desinvestitionsentscheidung der Aktionäre wird nur dann zu einer Maßnahme der Gesellschaft erhoben, wenn abweichend vom Grundsatz der Satzungsstrenge eine Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG in die Satzung aufgenommen wurde. Hierdurch schränken die Aktionäre ihre Eigentümerbefugnisse zugunsten der Gesellschaft ein. Sieht die Satzung keine Vinkulierung vor, ist die Änderung der Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft ein normaler Marktvorgang. Ein Eingriff hierein ist der Kompetenz des Vorstands entzogen.263 Zielgerichtete Eingriffe in die Aktionärsstruktur fallen demnach nicht in die originäre Kompetenz des Vorstands.264 Bestätigt wird die grundsätzliche Unzulässigkeit zielgerichteter Eingriffe des Vorstands in die Zusammensetzung des Anteilseignerkreises durch die Regelungen über den Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft gemäß §§ 71 ff. AktG. Die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien sollen verhindern, dass der Vorstand gezielt auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises einwirkt und ihm genehme Beteiligungsverhältnisse schafft.265 Es soll dem Einfluss der Geschäftsführung auf die Kontrolle der Gesellschaft entgegen gewirkt werden.266 Zudem lässt sich die fehlende Kompetenz des Vorstands zur Kontrolle des Aktionärskreises, um den Eintritt unliebsamer Aktionäre zu verhindern, durch die Frage untermauern, ob eine Überfremdung der Gesellschaft einen Schaden im Sinne von § 71 Absatz 1 Nr. 1 AktG darstellt.267 Richtigerweise ist dies abzulehnen, da andernfalls die Verwaltung (außerhalb von § 68 Absatz 2 AktG) darüber entscheiden könnte, wer Aktionär der Gesellschaft sein soll, wodurch sie ihren Zuständigkeitsbereich überschreiten würde.268 Zutreffend wird hervorgebracht, 260

Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 26. Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 26. 262 Immenga, AG 1992, 79, 81. 263 Hopt, ZGR 1993, 534, 548. 264 Kort, FS Lutter, 2000, 1421, 1430; ders., in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 100. 265 Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 19; Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71 Rn. 183; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 22, 117; siehe hierzu auch schon oben unter C.III.1.a)(5)(b). 266 Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71b Rn. 2. 267 Überblick über den Meinungsstand bei Hüffer, AktG, § 71 Rn. 9 m. w. N.; dies wird für die sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses ebenfalls abgelehnt, Peifer, in: MünchKomm, AktG, § 186 Rn. 98 m. w. N. 268 Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71 n. 183; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 54; die Autoren bejahen dennoch die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen, vgl. Lutter, in: KölnKomm, AktG, § 54 Rn. 22; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 68 Rn. 57. 261

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dass eine Übertragung von Aktien nur dann an eine Zustimmung der Gesellschaft geknüpft ist, wenn die Satzung eine Vinkulierung vorsieht. Dem Gesetz ist daher im Umkehrschluss zu entnehmen, dass dann, wenn keine Vinkulierung besteht, der Verwaltung kein Mitspracherecht zusteht, wer Aktionär der Gesellschaft wird.269 Die Vorbeugung gegen eine künftige Änderung der Geschäftspolitik richtet sich gegen ein gesetzmäßiges Verhalten einer Kapitalmehrheit.270 Weder die Veränderung der Geschäftspolitik, noch der Verlust der Unabhängigkeit der Gesellschaft stellen einen Schaden im Sinne von § 71 Absatz 1 Satz 1 AktG dar.271 Zudem ist zu berücksichtigen, dass im Falle eines sich abzeichnenden Zuwiderhandelns des gebundenen Aktionärs der Vorstand einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem gebundenen Aktionär anstrengen könnte, um den Aktionär etwa durch ein gerichtliches Veräußerungsverbot (aufgrund einstweiliger Verfügung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes) an der Veräußerung zu hindern.272 Es erschiene befremdlich und widerspräche der Grundkonzeption der Aktiengesellschaft als offene Publikumsgesellschaft, versuchte der Vorstand zwangsweise den Verbleib eines Aktionärs in der Gesellschaft durchzusetzen.273 Hierdurch würde eine Abhängigkeit des Aktionärs vom Willen des Vorstands geschaffen, was die aktienrechtliche Kompetenzordnung auf den Kopf stellte. Dies macht einen gesetzlich nicht vorgesehenen Eingriff des Vorstands in die Eigentumsrechte des betreffenden Aktionärs besonders deutlich. Die Durchsetzbarkeit einer Veräußerungsbeschränkung spricht im Hinblick auf die Regelung des § 68 Absatz 2 AktG daher ebenfalls gegen die Zulässigkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung. (3) Keine Analogie zu § 136 Absatz 2 AktG Mit der durch eine Veräußerungsbeschränkung einhergehenden Kontrollmöglichkeit des Vorstands über den Aktionärskreis ist stets – wenn auch nur mittelbar – eine Beeinflussung der Willensbildung der Hauptversammlung verbunden.274 Denn die Willensbildung der Hauptversammlung ergibt sich aus ihrer jeweiligen Zusammensetzung. Es ist gerade auch ein Ziel einer Veräußerungsbeschränkung, die Willensbildung der Hauptversammlung zu 269

Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71 Rn. 183. Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 54. 271 Hopt, ZGR 1993, 534, 563; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71 Rn. 54 f.; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71 Rn. 118. 272 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 68 Rn. 42. 273 In diese Richtung auch Otto, AG 1991, 369, 374. 274 Otto, AG 1991, 369, 374. 270

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beeinflussen. Die Veräußerungsbeschränkung soll (auch) verhindern, dass ein als unliebsam empfundener Aktionär die Geschäftspolitik in einer vom Vorstand nicht gewollten Weise beeinflusst oder ändert. Über Geschäftsführungsmaßnahmen entscheiden die Aktionäre nur, wenn der Vorstand diese gemäß § 119 Absatz 2 AktG der Hauptversammlung vorlegt. Auch durch einen entsprechenden Beschluss kann die Hauptversammlung keine eigene Zuständigkeit für Geschäftsführungsmaßnahmen begründen.275 Eigenen Einfluss auf die Geschäftspolitik können die Aktionäre daher nur (mittelbar) aufgrund der der Hauptversammlung zugewiesenen Grundlagen- und Strukturentscheidungen sowie die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder nehmen. Will der Vorstand nun dahingehende Entscheidungen der Aktionäre antizipieren, greift er – wenn auch nur mittelbar – in die Kompetenzen der Hauptversammlung ein. Dies wirft die Frage nach der Vereinbarkeit einer Veräußerungsbeschränkung mit dem Verbot des § 136 Absatz 2 AktG auf. Die herrschende Meinung verneint die Anwendung des § 136 Absatz 2 AktG auf schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen, da es an der Vergleichbarkeit der Fälle fehle.276 Aufgrund des schwächeren Eingriffspotenzials einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung in die Willensbildung der Hauptversammlung und der Vorteile für die Gesellschaft aus einer solchen Vereinbarung scheitere eine analoge Anwendung des § 136 Absatz 2 AktG oder die Heranziehung eines entsprechenden Rechtsgedankens schon an der Vergleichbarkeit der beiden Fälle. Der herrschenden Meinung ist insoweit zuzustimmen, als dass eine Anwendung des § 136 Absatz 2 AktG oder des sich daraus ergebenden Rechtsgedankens auf eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der beiden Fälle ausscheidet. Genaugenommen handelt es sich hierbei allerdings nicht um einen Gegeneinwand gegen die Mindermeinung, da diese die Unzulässigkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung nicht auf eine Anwendung des § 136 Absatz 2 AktG oder eines sich daraus ergebenden Rechtsgedankens stützt, sondern allgemein auf einen Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Dies wird von Autoren der herrschenden Meinung wohl unzutreffend bewertet.277 Eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung schränkt nicht die Willensfreiheit der Hauptversammlung, sondern allein die Veräußerungsfreiheit des sich verpflichtenden Aktionärs ein.278 Es erfolgt zwar eine mittelbare 275 276 277 278

Hüffer, AktG, § 119 Rn. 11. Siehe oben unter C.III.2.b)(1). So bei Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 176; Dittert, S. 155. Kniehase, S. 98.

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Beeinflussung der Willensbildung der Hauptversammlung. Diese unterscheidet sich aber von der aus einer Stimmbindung fließenden Einflussnahme auf die Willensbildung der Hauptversammlung. Es soll zwar einem als unerwünscht empfundenen Stimmverhalten vorgebeugt werden. Das tatsächliche Stimmverhalten bleibt aber von einer Veräußerungsbeschränkung unberührt. Rechtlich unverbindliche Einflussnahmen des Vorstands auf die Willensbildung der Hauptversammlung sind nicht untersagt.279 Die Beeinflussung der Willensbildung der Hauptversammlung mittels einer Veräußerungsbeschränkung ist ebenso so mittelbar wie die mittels einer Gewinnung von Investoren oder der Abgabe von Vorschlägen zur Stimmrechtsausübung der Aktionäre in der Hauptversammlung zu den einzelnen Tagesordnungspunkten. Letzteres ist aber von der Kompetenz des Vorstands gedeckt. Gebunden wird nicht das Stimmverhalten, sondern die Veräußerungsfreiheit. Hierbei handelt es sich um zwei verschiedene Anknüpfungspunkte. (4) Keine Zuständigkeit der Hauptversammlung hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen Wie festgestellt wurde, ist ein unmittelbarer und zielgerichteter Eingriff des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nur zulässig, wenn dieser auf einer Satzungsermächtigung oder einer qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruht. Es stellt sich damit die Frage, ob die Hauptversammlung den Vorstand zum Abschluss einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung ermächtigen kann. Die Zuständigkeiten der Hauptversammlung sind gemäß § 119 Absatz 1 AktG auf die in Gesetz und Satzung ausdrücklich bestimmten Fälle begrenzt. Eine eng umgrenzte Ausnahme hiervon bilden die ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten.280 Da eine Ermächtigung der Hauptversammlung zum Abschluss schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen gesetzlich nicht vorgesehen ist, könnte eine Zuständigkeit allein aus den Grundsätzen über die ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen hergeleitet werden.281 Dies kommt aufgrund des Ausnahmecharakters ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen von Anfang an nur in Betracht, wenn die Veräußerungsbeschränkung den Mehrheitsaktionär – wie dies bei einer Investorenvereinbarung im vorliegenden Zusammenhang der Fall wäre – betrifft. 279

Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(5). Grundlegend BGH NJW 1982, 1703 (Holzmüller). 281 Bejahend bei einer Veräußerungsbeschränkung über 25% des Grundkapitals Zetzsche, NZG 2002, 942, 943; offen gelassen Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172, 177. 280

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Hier bietet sich ein Vergleich zu der Frage an, ob im Rahmen der Zustimmungsentscheidung bei der Übertragung vinkulierter Namensaktien eine zusätzliche Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich ist, wenn durch die Übertragung der vinkulierten Aktien eine Abhängigkeit der Gesellschaft begründet wird. Nach überwiegender Auffassung ist eine Zustimmung der Hauptversammlung zur Übertragung der Aktien gemäß den Holzmüller-Grundsätzen282 erforderlich, wenn die Gesellschaft durch die Übertragung der Aktien an den Erwerber diesem gegenüber abhängig wird.283 Begründet wird dies damit, dass einer solchen Übertragung strukturändernde Qualität zukomme und die Vinkulierung gerade vor wesentlichen strukturändernden Maßnahmen schützen solle.284 Zwar steht ein Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung grundsätzlich in Konflikt zur Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft.285 Doch ließe sich bei einer bestehenden Vinkulierung ausnahmsweise ein Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung damit begründen, dass die Vinkulierung den Aktionären als Ausnahme die Möglichkeit gibt, den Aktionärskreis zu kontrollieren und eine Konzernierung zu verhindern.286 Zweifelhaft ist indes, ob der Verlust der Abhängigkeit genügt, die qualitativen und quantitativen Voraussetzungen gemäß den Holzmüller-Grundsätzen zu erfüllen.287 Ein solches Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung lässt sich auf eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung allerdings nicht übertragen. Denn der Unterschied zwischen den beiden Konstellationen besteht darin, dass bei der Frage eines zusätzlichen Zustimmungserfordernisses der Hauptversammlung bei der Übertragung vinkulierter Namensaktien eine Vinkulierung schon in der Satzung vorgesehen ist und es nur um die Frage geht, ob die Übertragungsentscheidung einer zusätzlichen Zustimmung der Hauptversammlung bedarf. Bei der Begründung einer Hauptversammlungskompetenz im Falle einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung geht es hingegen erst um die Schaffung des Veräußerungshindernisses. 282 Vgl. Nachweise Fn. 26, S. 25; LG Frankfurt 3–5 O 208/09, BeckRS 2010, 02351. 283 K. Schmidt, FS Beusch, 1993, 759, 769; Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 68 Rn. 64; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 68 Rn. 68; Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 68 Rn. 367 ff.; a. A. Immenga, BB 1992, 2446, 2447; Hüffer, AktG, § 68 Rn. 15. 284 K. Schmidt, FS Beusch, 1993, 759, 769; Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 68 Rn. 64; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 68 Rn. 68; Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 68 Rn. 368. 285 So Hüffer, AktG, § 68 Rn. 15. 286 In diese Richtung Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 68 Rn. 68. 287 Siehe hierzu nur Hüffer, AktG, § 186 Rn. 18a f.

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Gegen die Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz spricht zudem, dass es an einem tiefgreifenden Eingriff in die Mitgliedsrechte der Aktionäre als zwingende Voraussetzung einer jeden ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz fehlt.288 Die Übertragung von Aktien an einen Erwerber als solche, auch wenn die Gesellschaft in die Abhängigkeit diesem gegenüber fällt, berührt die mitgliedschaftlichen Rechte der übrigen Aktionäre nicht. Vor etwaigen hieraus folgenden Nachteilen wird die Gesellschaft durch die Regelungen des Konzernrechts geschützt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit bei Konzernbildungssachverhalten auf der Ebene der abhängigen Gesellschaft aufgrund der aktienrechtlichen Konzernoffenheit abzulehnen ist.289 Hiermit wäre es nicht vereinbar, nähme man eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz bei schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkungen an. Das Aktienrecht ist konzernoffen konzipiert und es besteht grundsätzlich kein schützenswertes Interesse der Gesellschaft daran, wer ihre Aktionäre sind.290 Allein die Vinkulierung gibt der Gesellschaft die Möglichkeit, ihren Mitgliederbestand zu kontrollieren. Wurde von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, kann nicht auf anderem Wege versucht werden, Kontrolle über den Aktionärskreis zu gewinnen. Insofern stellt die Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG eine abschließende Regelung hinsichtlich der Beschränkung der freien Veräußerung der Aktien auf der Ebene zwischen Gesellschaft und Aktionär dar und zwar nicht nur auf statuarischer Ebene, sondern allgemein.291 Eine Hauptversammlungszuständigkeit zum Schutz vor der Abhängigkeit der Gesellschaft existiert nicht (arg. §§ 291 ff., §§ 311 ff. AktG).292 Weiterhin ist für die Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz erforderlich, dass der Abschluss einer Veräußerungsbeschränkung überhaupt in die Kompetenz des Vorstands fällt. Denn Voraussetzung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz ist ferner das Vorliegen einer Geschäftsführungsmaßnahme.293 Dies ist aber gerade nicht der Fall. 288

Vgl. Nachweise Fn. 26, S. 25. Vgl. Nachweise Fn. 287, S. 120. 290 Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(b). 291 So auch Immenga, AG 1992, 79, 81 f.; Otto, AG 1991, 369, 373 f.; Merkt, in: GroßKomm, AktG, § 71 Rn. 183, wobei der Autor die Frage um die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen an anderer Stelle offen lässt, vgl. § 68 Rn. 522. 292 Habersack, in: Emmerich/Habersack, KonzernR, Vor § 311 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 119 Rn. 18a; Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, Anh. § 318 Rn. 15. 293 Gemäß BGH NJW 1982, 1703, 1705 (Holzmüller) ist Voraussetzung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz unter anderem, dass der Vorstand ver289

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Es bliebe zuletzt die Frage, ob die Hauptversammlung eine Zuständigkeit hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen in der Satzung etablieren kann. § 119 Absatz 1 AktG sieht ausdrücklich die Möglichkeit der Hauptversammlung zur Begründung weiterer Beschlusszuständigkeiten in der Satzung vor.294 Eine Zuweisung von Kompetenzen durch die Satzung muss entweder gesetzlich vorgesehen sein, wie dies in § 68 Absatz 2 Satz 3 AktG der Fall ist, oder das Gesetz ergänzen.295 Allerdings ist die Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG als abschließende Regelung zu sehen, so dass eine Ergänzung dieser Vorschrift um schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen aus diesem Grund unzulässig wäre. Dies würde gegen den Grundsatz der Satzungsstrenge gemäß § 23 Absatz 5 AktG verstoßen.296 Der Hauptversammlung fehlt die Befugnis, nicht gesetzlich geregelte Kompetenzen und Beschlussgegenstände einfach neu zu schaffen. Auch eine Erweiterung der ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen verstößt gegen § 23 Absatz 5 AktG.297 Eine Zuständigkeit der Hauptversammlung hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen lässt sich demnach nicht begründen. Die Hauptversammlung kann den Vorstand somit nicht zum Abschluss dahingehender Vereinbarungen ermächtigen. (5) Quasi-dingliche Wirkung durch Verweigerung der Eintragung ins Aktienregister? Gegen die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen könnte noch folgender Gedanke in Erwägung gezogen werden: Sind von der Veräußerungsbeschränkung Namensaktien betroffen, besteht die Besonderheit, dass der Erwerber gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 AktG erst mit Eintragung in das Aktienregister gegenüber der Gesellschaft als Aktionär gilt. Daher könnte erwogen werden, ob hierdurch eine quasi-dingliche Wirnünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe die Geschäftsführungsmaßnahme ohne Zustimmung der Hauptversammlung vornehmen; gemäß BGH NJW 2004, 1860 (Gelatine) ist unter anderdem erforderlich, dass die Geschäftsführungsmaßnahme in die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen, eingreift. 294 Hüffer, AktG, § 119 Rn. 10. 295 Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rn. 48; Mülbert, in: GroßKomm, AktG, § 119 Rn. 61. 296 Müller, in: Spindler/Stilz, AktG, Vor § 311 Rn. 39. 297 Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rn. 50; Mülbert, in: GroßKomm, AktG, § 119 Rn. 62.

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kung der Veräußerungsbeschränkung begründet werden kann, indem der Vorstand unter Hinweis auf den Verstoß gegen die Veräußerungsbeschränkung die Eintragung in das Aktienregister verweigert. Zwar vollzieht sich die Veräußerung bzw. der Erwerb unabhängig von einer Eintragung in das Aktienregister.298 Doch bewirkt die Eintragung die Legitimation des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft.299 Diese Annahme ist jedoch abzulehnen. Es besteht eine Eintragungspflicht des Vorstands, sofern die Voraussetzungen der Eintragung vorliegen. Der Vorstand hat zwar eine Prüfung vorzunehmen, ob ein wirksamer Rechtsübergang stattgefunden hat.300 Doch haben sowohl Veräußerer als auch Erwerber einen klagbaren Rechtsanspruch auf eine unverzügliche Eintragung im Aktienregister, wenn der Rechtsübergang gegenüber der Gesellschaft ordnungsgemäß nachgewiesen ist.301 Dem Vorstand steht daher kein Ermessen hinsichtlich der Eintragung in das Aktienregister zu. Somit kann eine quasi-dingliche Wirkung einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung bei Namensaktien nicht durch eine Verweigerung der Eintragung in das Aktienregister bei einem Verstoß gegen die Vereinbarung begründet werden. (6) Keine Rechtfertigung durch Vorteile einer Veräußerungsbeschränkung Die Zulässigkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung lässt sich auch nicht mittels etwaiger daraus folgender Vorteile für die Gesellschaft begründen. Dies nimmt die herrschende Meinung zumindest für die mittelbare Beeinflussung der Willensbildung der Hauptversammlung durch den Vorstand aufgrund einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung an.302 Die Vorteile, die der Gesellschaft aus einem langfristigen Engagement von Aktionären zufließen, sind von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Aktionäre mit einem langfristigen Anlegerhorizont ermöglichen der Gesellschaft Planungssicherheit, Kontinuität und eine vorausschauende Geschäftspolitik, was Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg eines Unternehmens ist. Die Gewinnung von Investoren und der Erhalt von Aktionären als In298

Hüffer, AktG, § 67 Rn. 11. Genauer gesagt bewirkt die Eintragung in das Aktienregister eine unwiderlegbare Vermutung der Mitgliedschaft, vgl. Hüffer, AktG, § 67 Rn. 12 ff. 300 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 67 Rn. 89. 301 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 67 Rn. 91. 302 Siehe hierzu oben unter C.III.2.b)(1). 299

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vestoren für die Gesellschaft zählen zu einer wichtigen Leitungsaufgabe des Vorstands, da hierdurch unter anderem die Finanzierung der Gesellschaft gesichert wird.303 Eine Veräußerungsbeschränkung zielt aber darauf ab, den Aktionärskreis zu kontrollieren und den Eintritt unerwünschter Aktionäre in die Gesellschaft zu verhindern. Es geht also nicht um die Gewinnung oder den Erhalt von Investoren. Ob in einer zielgerichteten und unmittelbaren Kontrolle des Aktionärskreises durch den Vorstand ein Vorteil für die Gesellschaft gesehen werden kann, erscheint mehr als zweifelhaft. Denn hierdurch kann sich der Vorstand einer wirksamen Kontrolle entziehen und die Stellung der Aktionäre als Herr des Gesellschaft untergraben. Bei der Bestimmung etwaiger Vorteile der Gesellschaft aus einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung muss zudem berücksichtigt werden, dass kein vom Mitgliederbestand losgelöstes Eigeninteresse der Gesellschaft besteht. Beschließt die Mehrheit, den Gesellschaftszweck zu ändern oder die Gesellschaft zu liquidieren, ist dies ein Mehrheitsbeschluss, der hingenommen werden muss.304 Gleiches gilt aus Sicht des Vorstands für die Vornahme von Strukturmaßnahmen.305 Auch rechtfertigen der Schutz bestimmter Gruppeninteressen wie die der Arbeitnehmer oder Aktionärsgruppen keine zielgerichteten Eingriffe in die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft.306 Dies gilt sogar dann, wenn der Erwerber beabsichtigt oder gar ankündigt, die bestehende Mitbestimmung zu ändern oder zu unterlaufen.307 Darüber hinaus rechfertigen die Verfolgung unternehmerischer Zwecke keine Eingriffe in die Organisationsordnung der Aktiengesellschaft.308 Aus einem vermeintlich dem Unternehmensinteresse zuwiderlaufenden oder gar schädlichen Verhalten eines möglichen Erwerbers lassen sich daher keine Argumente für die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen gewinnen. (7) Rechtsfolgen Aus der Unvereinbarkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung zwischen Aktionär und Gesellschaft mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und der damit einhergehenden fehlenden Kompetenz des Vorstands zum Abschluss einer solchen Vereinbarung folgt deren Unzulässigkeit. 303 304 305 306 307 308

Siehe hierzu auch schon oben unter C.III.2.a). BGH NJW 1988, 1579 (Linotype); siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(b)(aa). Siehe hierzu oben unter C.III.1.e). Hopt, ZGR 1993, 534, 551 f. Hopt, ZGR 1993, 534, 552. Immenga, AG 1992, 79, 81 f.; siehe auch schon oben unter C.III.1.e).

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Schließt der Vorstand trotz deren Unzulässigkeit eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung mit einem Aktionär ab, verletzt er im Innenverhältnis seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft aus § 93 Absatz 1 AktG. Die Unzulässigkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung wirkt sich aber auch auf das Außenverhältnis aus. Aufgrund des Grundsatzes der unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsbefugnis des Vorstands aus § 82 Absatz 1 AktG ist eine Maßnahme trotz ihrer Unzulässigkeit im Innenverhältnis im Außenverhältnis grundsätzlich wirksam. Eine fehlende Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands hat daher grundsätzliche keine Auswirkungen auf seine Vertretungsmacht. Eine ultra vires Doktrin besteht im deutschen Aktienrecht nicht.309 Auch das rechtsgeschäftsliche Handeln gegenüber einem Aktionär, welches sich aus mitgliedschaftliche Rechten und Pflichten des Aktionärs bezieht, zählt zur Vertretung der Gesellschaft.310 Die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis gilt aber nicht schrankenlos. Nicht von der Vertretungsbefugnis erfasst sind Rechtsgeschäfte des Vorstands, die gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Ausnahme zum Grundsatz des § 82 Absatz 1 AktG. Zum zwingenden Gesetzesrecht zählt auch die gesetzliche Kompetenzordnung.311 Aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung für die Aktiengesellschaft und ihres abschließenden Charakters sind die Bestimmungen, welche die Organstruktur der Gesellschaft und die den Organen zwingend zugewiesenen Kompetenzen betreffen, als gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB anzusehen.312 Da ein unmittelbarer und zielgerichteter Eingriff des Vorstands in die Aktionärsstruktur gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung verstößt, begründet der Abschluss einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung zwischen Gesellschaft und Aktionär einen Verstoß gegen zwingendes Gesetzesrecht. Der Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung durch eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung unterscheidet sich auch von Maßnahmen des Vorstands, welche er ohne die erforderliche Zustimmung eines anderen Organs vornimmt, die im Außenverhältnis aber dennoch wirksam sind. Dies betrifft etwa Fälle der ungeschriebenen Hauptversammlungskompeten309

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 78 Rn. 9; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 82 Rn. 2. 310 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 78 Rn. 6. 311 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 78 Rn. 9. 312 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 46; § 82 Rn. 8; Immenga, AG 1992, 79, 83; im Zusammenhang mit dem Business Combination Agreement zwischen W.E.T. Automotive Systems und Amerigon hinsichtlich Begrenzungen des Leitungsermessenes des Vorstands OLG München, Az. 7 AktG 2/12, Ziffer II. 1. b) bb) (2) sowie LG München, NZG 2012, 1152, 1153 f.

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zen.313 Es erfolgt dann zwar genau genommen auch ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung, da der Vorstand die Mitwirkung oder Zustimmung des anderen Organs übergeht. Allerdings besteht zumindest eine Kompetenz des Vorstands zur Vornahme der Maßnahme, was bei einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung hingegen gerade nicht der Fall ist. Allein aus dem Charakter einer Vorschrift als Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB folgt nicht zwingend die Nichtigkeit einer Maßnahme unter Verstoß gegen das Verbot, wie sich schon aus der Formulierung „wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“ in § 134 BGB ergibt. Die aktienrechtliche Kompetenzordnung ist aber zwingend und abweichenden Regelungen nicht zugänglich. Daher ist es gerade erforderlich, dass ein Verstoß hiergegen zur Nichtigkeit der entsprechenden Maßnahme führt. Die Nichtigkeitsfolge einer Vereinbarung unter Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung findet ihre Stütze in den §§ 136 Absatz 2, 71 Absatz 4 AktG. Diese Vorschriften sind Ausdruck der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und der darin verwirklichten Gewaltenteilung. Auch nach diesen Vorschriften führt ein Rechtsgeschäft unter Verstoß gegen die Verbote zu dessen Nichtigkeit. Ausgenommen von der Nichtigkeitsfolge sind zum Schutz der Aktionäre nur die Stimmrechtsausübung bzw. der Erwerb der Aktien. Der Abschluss einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung zwischen Bieter und Zielgesellschaft ist somit nichtig. (8) Zwischenergebnis Schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen lassen sich nicht wirksam zwischen Zielgesellschaft und Bieter vereinbaren. Es besteht zwar kein ausdrückliches Verbot zum Abschluss einer solchen Vereinbarung. Doch ist die Privatautonomie hinsichtlich Vereinbarungen zwischen Aktionär und Gesellschaft im Aktienrecht aufgrund des weitgehend zwingenden Organisationsrechts der Aktiengesellschaft stark eingeschränkt. Diese Einschränkung gilt dabei nicht nur für die statuarische Ebene. Aus dem Verstoß gegen zwingendes Organisationsrecht folgt die Nichtigkeit einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung zwischen Bieter und Zielgesellschaft. Eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung bewirkt einen unmittelbaren und zielgerichteten Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises, da eine Veräußerung der betroffenen Aktien von seiner Zustimmung in Vertretung der Gesellschaft abhängen soll. Ein unmittelbarer 313 Ganz h. M., BGH NJW 1982, 1703 (Holzmüller); vgl. nur Hüffer, AktG, § 82 Rn. 4.

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und zielgerichteter Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises ist aktienrechtlich aber nur dann zulässig, wenn dieser auf einer wirksamen Satzungsgrundlage oder einer qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruht. Ein solcher Eingriff des Vorstands liegt nicht in seinem unternehmerischen Ermessen, sondern erfolgt unter Ausnutzung einer entsprechenden Ermächtigung. Ohne eine solche Ermächtigung hat der Vorstand daher nicht die Kompetenz, unmittelbar und zielgerichtet in die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft einzugreifen. Ein solcher Eingriff ist nicht mit der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft als Teil der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Das Gesetz sieht mit der Vinkulierung von Namensaktien gemäß § 68 Absatz 2 AktG eine abschließende Regelung hinsichtlich einer Kontrolle des Aktionärskreises vor. Mit der Mindermeinung ist daher die Zulässigkeit schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränken zwischen Aktionär und Gesellschaft abzulehnen. c) Vorschlagsrecht zugunsten der Zielgesellschaft Ist eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung aufgrund Verstoßes gegen zwingendes Organisationsrecht nicht wirksam möglich, fragt sich, ob zum Schutz der Zielgesellschaft und der in der Investorenvereinbarung niedergelegten Ziele nicht zumindest ein Benennungsrecht der Zielgesellschaft möglich ist, nach welchem ihr das Recht eingeräumt wird, dass die Aktien des Bieters im Falle einer beabsichtigten Veräußerung an einen von ihr benannten Dritten übertragen werden.314 Zu differenzieren ist dabei zwischen einem rechtsverbindlichen und einem unverbindlichen Vorschlagsrecht zugunsten der Zielgesellschaft. (1) Rechtsverbindliches Benennungsrecht der Zielgesellschaft Ist das Benennungsrecht so ausgestaltet, dass die Aktien nur an einen von der Gesellschaft benannten Dritten veräußert werden dürfen, entspricht dies im Ergebnis einer schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkung. Ob die Veräußerung nur mit Zustimmung der Zielgesellschaft oder nur an einen von der Zielgesellschaft benannten Dritten erfolgen darf, macht keinen relevanten Unterschied. In beiden Fällen hängt die Veräußerung vom Willen des Vorstands der Zielgesellschaft ab, wodurch er zielgerichteten Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nimmt. Daher ist ein solches Benennungsrecht aus den oben genannten Gründen unzulässig.315 314

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208; Wagner, S. 202 ff. Gemäß der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler ist Schaeffler verpflichtet, Continental bei einem beabsichtigten Verkauf von mehr als 315

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(2) Unverbindliches Vorschlagsrecht der Zielgesellschaft Fraglich ist aber, ob eine Vereinbarung zulässig ist, nach welcher der Bieter verpflichtet ist, im Falle eines beabsichtigten Verkaufs (eines Teils) seiner Aktien zuvor die Zielgesellschaft zu informieren und die Zielgesellschaft dann das Recht hat, Vorschläge für mögliche Erwerber zu unterbreiten, ohne dass diese rechtsverbindlich sind. (a) Unverbindliches Vorschlagsrecht Wie festgestellt, zählen das Bemühen und die Sorge um eine „optimale“ Aktionärsstruktur zu den Leitungsaufgaben des Vorstands. Der Vorstand unterliegt keiner allgemeinen Neutralitätspflicht, die Zulässigkeit einer Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises richtet sich vielmehr nach der Art und Weise der Einflussnahme und den dazu eingesetzten Mitteln.316 Ein unverbindliches Vorschlagsrecht beschränkt weder den betroffenen Aktionär in seiner Veräußerungsfreiheit, noch räumt ein solches dem Vorstand die Möglichkeit ein, zielgerichtet in die Zusammensetzung des Aktionärskreises einzugreifen. Daher ist ein rechtlich unverbindliches Vorschlagsrecht der Zielgesellschaft zulässig. Die Gesellschaft hat zwar kein schützenswertes Interesse daran, wer ihre Aktionäre sind.317 Ein Interesse der Gesellschaft an der Gewinnung bestimmter Aktionäre besteht aber dennoch, insbesondere wenn die Gewinnung eines Investors der Gesellschaft eine langfristige Planungssicherheit verschafft. Beabsichtigt der Bieter, seine Aktien (teilweise) zu veräußern, kann es daher im Interesse der Gesellschaft liegen, dass der Bieter diese en bloc (außerbörslich) an einen langfristigen Investor veräußert, der die bisherige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft unterstützt. Demnach kann der Vorstand dem Interesse der Gesellschaft an der Gewinnung bestimmter Investoren grundsätzlich durch Vereinbarungen nachkommen, wenn und solange diese aktienrechtlich zulässig sind, d.h. insbesondere nicht gegen die zwingende Organisationsstruktur der AG verstoßen. Dies ist bei einem unverbindlichen Vorschlagsrecht nicht der Fall. Ein unverbindliches Recht entfaltet zum einen keinerlei rechtliche Bindungswir5% der Anteile an Continental hierüber und über den potentiellen Erwerber zu informieren. Continental hat dabei ein Zurückweisungsrecht hinsichtlich des Erwerbers, wenn der Erwerber die Interessen von Continental zu gefährden droht. Für den Fall eines Verstoßes ist eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 10 Millionen vereinbart, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184. 316 Siehe hierzu oben unter C.III.2.a). 317 Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(b)(aa).

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kung, welche einen Verstoß gegen aktienrechtliche Grundsätze oder Vorschriften begründen könnte. Zum anderen und entscheidend verleiht ein unverbindliches Vorschlagsrecht dem Vorstand nicht die Möglichkeit, zielgerichtet in den Aktionärskreis einzugreifen. Die Entscheidung über die Veräußerung und die Person des Erwerbers liegen nach wie vor allein beim Bieter. Folgt er dem Vorschlag des Vorstands der Zielgesellschaft, stellt sich die Einflussnahme des Vorstands daher als eine nur mittelbare dar. Veräußert der Bieter die Aktien entgegen dem Vorschlag der Zielgesellschaft, so hat dies keinerlei Konsequenzen für ihn. Gegen die Zulässigkeit könnte noch eingewandt werden, der Vorstand könne auf diesem Wege dennoch seine Position in der Gesellschaft stärken, da er nur ihm genehme Investoren vorschlagen wird, bei welchen die Vorstandsmitglieder nicht befürchten müssen, aus ihren Ämtern gedrängt zu werden. Hierbei handelt es sich aber um ein allgemeines Problem, welchem nur durch eine allgemeine Neutralitätspflicht entgegengewirkt werden könnte. Eine solche besteht aber gerade nicht, so dass Interessenskonflikte hingenommen werden müssen. Ein unverbindliches Vorschlagsrecht, nach welchem der Vorstand der Zielgesellschaft dem Bieter mögliche Erwerber im Falle einer beabsichtigten Veräußerung von Aktien der Zielgesellschaft vorschlagen darf, kann somit in der Investorenvereinbarung wirksam zwischen Zielgesellschaft und Bieter vereinbart werden. Ein solches Vorschlagsrecht ist als Teil der Leitungsaufgabe des Vorstands zur Gewinnung von Investoren für die Zielgesellschaft zu sehen. Bei einem Vorschlag eines Erwerbers durch die Zielgesellschaft müssen aber die Grenzen aus § 71d AktG beachtet werden.318 (b) Informationspflicht Zulässig ist auch die Vereinbarung einer Informationsandienungspflicht des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft. Eine Informationszusage könnte etwa so ausgestaltet werden, dass der Bieter zusagt, im Falle einer beabsichtigten Veräußerung (eines Teils) seiner Aktien hierüber und über die Person des potentiellen Erwerbers die Zielgesellschaft zu informieren. Eine Informationspflicht begründet keinen zielgerichteten Eingriff in die Aktionärsstruktur, da allein die Pflicht zur Information über eine beabsichtigte Veräußerung keinerlei Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Anteilseignerkreises hat. Auch schränkt eine Informationspflicht den verpflichteten Aktionär grundsätzlich nicht in seiner Veräußerungsfreiheit ein. Eine Veräußerung unter Verstoß gegen die Informationspflicht hat keinerlei Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Veräußerung. Die Veräußerung von 318

Kniehase, S. 108.

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Aktien durch die Aktionäre ist zwar keine Maßnahme der Gesellschaft, doch besteht ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft daran, wer ihre Aktionäre sind.319 Dem dient die Vereinbarung einer Informationsandienungspflicht im genannten Sinne. So wird der Gesellschaft die Möglichkeit gegeben, geeigneten Investoren ein Aktienpaket zu vermitteln. Hierdurch wird weder in die Rechte des sich verpflichteten Aktionärs eingegriffen, noch erwächst dem Vorstand hieraus die Möglichkleitkeit, zielgerichtet und unmittelbar in den Aktionärskreis einzugreifen. Zulässig ist erst Recht eine rechtlich unverbindliche Informationszusage des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft. Ein anderes gilt allerdings dann, wenn ein Verstoß gegen die Informationspflicht mit einer Vertragsstrafe verbunden wird.320 In diesem Fall wird ein Druck auf den verpflichteten Aktionär ausgeübt, welcher geeignet ist, ihn in seiner Veräußerungsfreiheit einzuschränken. Dies kommt in seiner Wirkung einer Veräußerungsbeschränkung gleich, so dass in diesem Fall die Informationspflicht aufgrund Verstoßes gegen zwingendes Organisationsrecht nichtig wäre. Angenommen werden könnte auch nur eine Nichtigkeit des Vertragsstrafeversprechens, sofern die Parteien die Informationspflicht auch ohne die Vertragsstrafe vereinbart hätten, § 139 BGB. (3) Vorkaufsrecht zugunsten der Zielgesellschaft Ein rechtlich unverbindliches Vorschlagsrecht der Zielgesellschaft im vorgenannten Sinne lässt sich um ein Vorkaufsrecht zugunsten der Zielgesellschaft hinsichtlich der vom Bieter gehaltenen Aktien ergänzen. So kann die Gesellschaft im Falle einer beabsichtigten Veräußerung von Aktien durch den Bieter ihren Gesellschafterkreis zumindest im begrenzten Umfang beeinflussen. Die Begrenzung ergibt sich zum einen daraus, dass einer der Ausnahmetatbestände vom grundsätzlich bestehenden Verbot des Erwerbs eigener Aktien gemäß § 71 Absatz 1 AktG erfüllt sein muss. In der Regel wird hierzu allein eine Ermächtigung der Hauptversammlung gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG in Betracht kommen. Zum anderen ist ein mögliches Vorkaufsrecht der Höhe nach aufgrund der Regelung des § 71 Absatz 2 Satz 1 AktG begrenzt, wonach die Gesellschaft insgesamt nicht mehr als 10% ihrer Aktien erwerben und besitzen darf. Ferner muss die Gesellschaft überhaupt über die Mittel zum Erwerb der eigenen Anteile verfügen, § 71 Absatz 2 Satz 2 AktG. Das Vorkaufsrecht der Zielgesellschaft wird überwiegend dazu dienen, die erworbenen Anteile anschließend an einen genehmen Dritten wieder zu 319

Siehe hierzu schon oben unter B.II.5.a)(2)(b)(aa). So in der Investorenvereinbarung zwischen Schaeffler und Continental, vgl. Fn. 315, S. 127. 320

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veräußern. Hierbei sind die Beschränkungen des § 71 Absatz 1 Nr. 8 Satz 3–5 AktG zu beachten. Eine gezielte Wiederveräußerung setzt einen Ausschluss des Erwerbsrechts der Altaktionäre voraus. Ein solcher wird nur dann zulässig sein, wenn die Gesellschaft an der Gewinnung des möglichen Erwerbers ein Interesse hat, welches über die Beeinflussung der Beteiligungsstruktur hinausgeht.321 (4) Zwischenergebnis Vorschlagsrechte der Zielgesellschaft im Falle einer beabsichtigten Veräußerung von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter hinsichtlich der Person eines möglichen Erwerbers sind nur begrenzt möglich. Unzulässig sind Vereinbarungen, welche die Veräußerungsfreiheit des Bieters einschränken. Dies ist der Fall bei einem rechtsverbindlichem Benennungsrecht zugunsten der Zielgesellschaft sowie einer Informationspflicht des Bieters, die mit einer Vertragsstrafe verbunden ist. Ein unverbindliches Vorschlagsrecht der Zielgesellschaft hinsichtlich der Person eines möglichen Erwerbers kann hingegen wirksam vereinbart werden, ebenso wie eine Informationszusage seitens des Bieters über eine geplante Veräußerung von Aktien der Zielgesellschaft sowie hinsichtlich eines möglichen Erwerbers. Zudem kann sich die Zielgesellschaft ein Vorkaufsrecht hinsichtlich der vom Bieter gehaltenen Anteile einräumen lassen, welches allerdings aufgrund der Bestimmungen über den Erwerb eigener Anteile recht begrenzt ist. d) Vereinbarung über eine Höchstbeteiligungsquote Zur Sicherung des selbstständigen Fortbestands der Zielgesellschaft über einen bestimmten Zeitraum und in gewissem Umfang bietet sich der Abschluss einer Standstill Vereinbarung an, nach welcher dem Bieter eine Höchstbeteiligungsquote an der Zielgesellschaft auferlegt wird und der Bieter auch sonst keine Maßnahmen vornehmen darf, die auf einen unmittelbaren oder mittelbaren Erwerb von Anteilen der Zielgesellschaft abzielen.322 Hierdurch lässt sich der Einfluss des Bieters auf die Zielgesellschaft begrenzen.323 Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft ist 321

Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(e) und B.II.5.b). Vgl. Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler (Begrenzung auf bis zu 49,99%), Wertpapierprospekt Continental S. 184; Backstop Arrangement zwischen Infineon und Admiral Participations, Investmentvehikel des Private Equity Fonds Apollo (Begrenzung auf 30% minus einer Aktie), Wertpapierverkaufsprospekt Infineon vom 16.7.2009, S. 76, abrufbar unter www.bafin.de; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208; vgl. auch Formulierungsbeispiel bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. § 11. 322

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eine Beteiligungsquote sinnvoll, die nach Möglichkeit eine (faktische) qualifizierte Hauptversammlungsmehrheit des Bieters verhindert, um zu vermeiden, dass der Bieter von den Zielen der Investorenvereinbarung abweichende Strukturmaßnahmen vornehmen kann.324 Verfügt die Zielgesellschaft über anerkannte Verlustvorträge, kann für die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote insbesondere auch der Umstand sprechen, dass die Verlustvorträge gemäß § 8c Absatz Satz 2 KStG vollständig verloren gehen, wenn dem Bieter innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar 50% oder mehr der Anteile an der Zielgesellschaft übertragen werden.325 Die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote kann daher dazu dienen, steuerschädliche Wirkungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb zu vermeiden.326 Hierbei ist indes zu beachten, dass die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote das Angebot selbst nicht beschränken kann.327 Werden dem Bieter daher 50% oder mehr der Anteile der Gesellschaft aufgrund des Übernahmeangebots übertragen, gehen die Verlustvorträge unter und können auch nicht mehr nachträglich durch eine Herabsetzung der Beteiligungsquote wiederhergestellt werden. Zudem kann eine Höchstbeteiligungsquote dazu dienen, das Auslösen von Change of Control Ereignissen zu vermeiden. Schlüsselverträge sind häufig mit einer Change of Control Klausel versehen, nach welcher einer Vertragspartei ein Sonderkündigungsrecht für den Fall zusteht, dass bei der anderen Partei ein Kontrollwechsel stattfindet.328 So kann beispielsweise ein Neuverhandeln von Finanzierungsverträgen zu einer Verschlechterung der Finanzierungssituation der Zielgesellschaft führen.329 Zudem können 323

Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172; Kiem, AG 2009, 301, 303. Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208. 325 Ein anteiliger Verlust der Verlustvorträge kann gemäß § 8c Satz 1 KStG schon bei einem Beteiligungserwerb von 25% der Anteile eintreten; gemäß der gemeinsamen Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Continental gemäß § 27 WpÜG vom 13.08.2008 droht der Continental ein Nachteil in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags durch den Wegfall steuerlicher Verlustvorträge aufgrund des Übernahmeangebots von Schaeffler, S. 31 f. der Stellungnahme, abrufbar unter www.conti-online.com. 326 Kiem, AG 2009, 301, 302; in der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler wurde daher eine Höchstbeteiligungsquote von Schaeffler in Höhe von 49,99% für einen Zeitraum von 4 Jahren festgesetzt. Für den Fall eines Verstoßes wurde vereinbart, dass Schaeffler den Verlust der Verlustvorträge auszugleichen habe, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184. 327 Siehe hierzu unten unter C.III.2.d)(2). 328 Kiem, AG 2009, 301, 302; siehe auch die gemeinsame Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Continental gemäß § 27 WpÜG, nach welcher im Falle eines Kontrollwechsels die Möglichkeit zur Kündigung wichtiger Kreditverträge droht, S. 31 der Stellungnahme. 324

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sich durch die Übernahme die Finanzierungskosten der Zielgesellschaft insgesamt erhöhen, wenn die Übernahme zu einer Verschlechterung des Credit Ratings der Gesellschaft führt, etwa weil der Bieter selbst eine sehr hohe Fremdfinanzierungsquote hat, welche sich dann negativ auf die Zielgesellschaft auswirkt.330 Die Höchstbeteiligungsquote kann dann als Grundlage für ein Nachverhandeln von Finanzierungs- oder anderen Verträgen dienen oder ein Nachverhandeln gar verhindern. In Ansehung der finanziellen Nachteile, die der Gesellschaft durch die Übernahme drohen können, ist der Vorstand als verpflichtet anzusehen, die Nachteile soweit wie möglich von der Gesellschaft abzuwenden.331 Dies folgt aus der Verpflichtung des Vorstands, die Gesellschaft auch gegenüber einer Bestandsgefährdung durch die Aktionäre zu verteidigen und für den dauerhaften Bestand der Gesellschaft zu sorgen.332 Hierzu kann eine Bestimmung in der Investorenvereinbarung dienen, nach welcher der Bieter sich verpflichtet, die finanziellen Nachteile, die der Zielgesellschaft aufgrund der Übernahme drohen, (teilweise) auszugleichen.333 Rechtlichen Bedenken ist eine Verpflichtung des Bieters zum Nachteilsausgleich nicht ausgesetzt. Insbesondere wird hierdurch nicht in die Mitgliedschaftsrechte des Bieters in seiner Stellung als Aktionär eingegriffen. Problematisch könnte dabei allerdings sein, den Bieter überhaupt zur Eingehung einer solchen Verpflichtung zu bewegen. Für die Aufnahme einer Höchstbeteiligungsquote in eine Investorenvereinbarung sprechen somit gute Gründe. Die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung wirft jedoch aktienrechtliche und übernahmerechtliche Probleme auf, die im Folgenden näher beleuchtet werden. (1) Aktienrechtliche Hindernisse Die Aufnahme einer Höchstbeteiligungsquote in die Investorenvereinbarung wirft ebenso wie die Vereinbarung einer schuldrechtlichen Veräuße329

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198. Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 209. 331 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 209; eine solche Verpflichtung kann selbstverständlich nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Möglichen Bestand haben. 332 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 24; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 74; siehe hierzu auch oben unter C.III.1.e). 333 So hat sich Schaeffler gegenüber Continental in der Investorenvereinbarung zwischen den beiden Parteien verpflichtet, etwaige finanzielle Nachteile der Continental aufgrund von Change of Control Ereignissen und steuerschädlichen Nachteilen in Höhe bis zu EUR 522 Mio. auszugleichen, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184; vgl. auch Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 209. 330

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rungsbeschränkung die Frage nach der Vereinbarkeit einer solchen Abrede mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung auf. Für die Zulässigkeit einer Begrenzung der Beteiligungshöhe wird angeführt, dass hiervon nicht die bestehende, sondern nur eine künftige Beteiligung an der Gesellschaft erfasst sei und daher die aktienrechtlichen Schutzvorschriften betreffend die Mitgliedschaft noch nicht greifen.334 Auch ein außenstehender Dritter könnte sich gegenüber der Gesellschaft verpflichten, keine Anteile an der Gesellschaft zu erwerben, so dass die Vereinbarung, anders als eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung, nicht an die Mitgliedschaft anknüpfe oder diese beschränke.335 Richtig daran ist, dass ein Eingriff in die bestehende Mitgliedschaft des gebundenen Aktionärs nicht vorliegt, da eine Begrenzung der Beteiligungshöhe für sich genommen keinerlei Beschränkungen hinsichtlich der Mitgliedschaft bedeutet. Eine Höchstbeteiligungsquote zielt allein auf eine mögliche künftige Beteiligung ab. Anders stellt sich die Lage aber dar, wenn eine Höchstbeteiligungsquote zugleich zu einer Verpflichtung der Veräußerung von Anteilen der Gesellschaft führt (hierzu sogleich). Aus diesem Umstand auf die Zulässigkeit einer Höchstbeteiligungsquote zu schließen, greift allerdings zu kurz. Die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote bewirkt zwar keinen unzulässigen Eingriff des Vorstands in die Eigentümerrechte des gebundenen Aktionärs. Es erfolgt aber ebenso wie eine Veräußerungsbeschränkung ein zielgerichteter Eingriff in die Aktionärsstruktur der Gesellschaft.336 Mittels der Höchstbeteiligungsquote soll verhindert werden, dass der Bieter über die vereinbarte Schwelle hinaus seine Beteiligung an der Gesellschaft ausbaut. Ob ein unliebsamer Erwerb einer Beteiligung an der Gesellschaft aufgrund einer Veräußerungsbeschränkung oder im Wege einer Höchstbeteiligungsquote verhindert werden soll, macht keinen relevanten Unterschied. In beiden Fällen wird der Aktionärskreis im Umfang der eingegangenen Vereinbarung zielgerichtet beeinflusst. Zielgerichtete Eingriffe des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises sind aber mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung unvereinbar, da hierdurch das wohl abgestimmte System der Gewaltenteilung und -kontrolle aus einer Balance gebracht wird.337 Die Nichtigkeit der Vereinbarung folgt dabei aus dem Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Hierzu wird auf die vorangegangenen Ausführungen hinsichtlich schuldrechtlicher Veräußerungsbeschränkungen verwiesen.338 334 335 336 337

Kniehase, S. 109; Werner, S. 197. Kniehase, S. 109; Werner, S. 197. Otto, AG 1991, 369, 374. Siehe hierzu oben unter C.III.2.b)(2).

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Bezweckt die Höchstbeteiligungsquote die Verhinderung steuerschädlicher Wirkungen, lässt sich ein erhebliches Interesse der Gesellschaft am Eintritt solcher Folgen aufgrund des Beteiligungserwerbs des Bieters nicht bestreiten. Gleiches gilt für die Vermeidung eines Auslösens von Change of Control Ereignissen. Wie aber bereits festgestellt, kann die Verfolgung unternehmerischer Zwecke gesetzlich nicht vorgesehene Eingriffe in die Organisationsstruktur der Gesellschaft nicht rechtfertigen.339 Auch der Versuch der Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft mittels einer Höchstbeteiligungsquote vermag den Eingriff in die Beteiligungsstruktur aufgrund der Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft nicht zu rechtfertigen.340 Besonders deutlich wird ein Eingriff in die Zusammensetzung des Aktionärskreises dann, wenn der Bieter aufgrund der Vereinbarung der Höchstbeteiligungsquote verpflichtet wird, nachträglich seine Beteiligung an der Zielgesellschaft zu reduzieren. Zudem knüpft die Höchstbeteiligungsquote in diesem Fall auch an die bestehende Mitgliedschaft an. Die Beteiligungsquote hat dann nicht nur eine mögliche künftige Beteiligung des Bieters an der Zielgesellschaft zum Gegenstand, sondern greift zugleich die bestehende Mitgliedschaft ein. Hierdurch würde der Vorstand in die Eigentumsrechte des Bieters aus seiner Aktionärsstellung eingreifen, was aber keine Maßnahme der Gesellschaft und damit seiner Kompetenz entzogen ist.341 Allerdings bewirkt der Eingriff in die Eigentumsrechte des Bieters aus seiner Aktionärsstellung nicht die Nichtigkeit der Vereinbarung. Denn auch bei ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen erfolgt ein Eingriff in die Eigentümerrechte der Aktionäre. Die Vornahme der Maßnahme ohne Beteiligung der Hauptversammlung hat aber nach allgemeiner Meinung nicht deren Nichtigkeit zur Folge.342 Zu einer Verständigung über eine nachträgliche Veräußerung von Aktien der Zielgesellschaft könnte es kommen, wenn die Annahmequote des Übernahmeangebots die Quote der Höchstbeteiligung übersteigt oder wenn die Höchstbeteiligungsvereinbarung erst nach Ablauf des Übernahmeangebots abgeschlossen wird. Der letztere Fall wird bei einer Investorenvereinbarung, die der Abwendung einer feindlichen Übernahme dient, weniger eine Rolle spielen. Die Investorenvereinbarung soll gerade dazu dienen, dass das Übernahmeangebot im Einvernehmen mit der Verwaltung der Zielgesellschaft erfolgt. Daher wird der Abschluss der Investorenvereinbarung und damit der einer etwaigen Höchstbeteiligungsgrenze vor der Veröffentlichung der 338 339 340 341 342

Siehe hierzu oben unter C.III.2.b)(7). Siehe hierzu schon oben unter C.III.1.e) und C.III.2.b)(6). Siehe hierzu oben unter B.II.5.a)(2)(b). Siehe hierzu oben unter C.III.2.b)(2). Vgl. nur Hüffer, AktG, § 119 Rn. 16.

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Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Übernahmeangebots (§ 10 Absatz 1 Satz 1 WpÜG) oder während der Übernahmephase erfolgen. Ein Zweck einer nachträglichen Herabsetzung der Beteiligungsquote kann neben der Beschränkung des Einflusses des Bieters auf die Zielgesellschaft darin liegen, diese für das Auslösen von Change of Control Ereignissen nutzbar zu machen, indem unter Hinweis auf die Höchstbeteiligungsquote versucht wird, die Kündigung einer entsprechenden Vereinbarung abzuwenden. Der Untergang von Verlustvorträgen lässt sich jedoch nicht verhindern, da dieser mit Erreichung der Beteiligungsschwelle durch die Übertragung der Aktien auf den Bieter ex legem eintritt. Eine nachträgliche Reduzierung der Beteiligungsquote lässt die Verlustvorträge nicht wieder aufleben. (2) Übernahmerechtliche Hindernisse Knüpft die Vereinbarung über die Begrenzung der Beteiligungshöhe an das Übernahmeangebot des Bieters an, besteht das Problem, dass selbst der Bieter sein Angebot an die Aktionäre der Zielgesellschaft nicht auf eine bestimmte Beteiligungshöhe beschränken kann. Denn eine Begrenzung des Angebots auf eine bestimmte Beteiligungsschwelle ist nur bei Teilangeboten möglich, nicht jedoch bei Übernahmeangeboten, vgl. § 32 WpÜG.343 Übersteigt die Annahmequote des Übernahmeangebots demnach die Quote der vereinbarten Höchstbeteiligung, müsste der Bieter seine Anteile anschließend wieder veräußern, um auf diesem Wege die festgesetzte Quote zu erreichen. Eine Verpflichtung hierzu gegenüber der Zielgesellschaft ist aktienrechtlich wie vorstehend aufgezeigt nicht wirksam möglich. Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Wertungen der Untersagung von Teilangeboten ist in der Vereinbarung einer Höchstbeteiligung nicht zu sehen. Der Schutzzweck der Vorschrift liegt darin, dass bei einem auf die Erlangung der Kontrolle gerichteten Übernahmeangebot grundsätzlich kein Aktionär von dem Angebot ausgenommen werden darf.344 Da das Angebot als solches durch die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote außerhalb des an die Aktionäre der Zielgesellschaft gerichteten Übernahmeangebots nicht beschränkt würde, wäre kein Aktionär von dem Angebot ausgenommen. Denn eine Höchstbeteiligungsquote kann aufgrund des Verbots der Beschränkung des Übernahmeangebots auf eine bestimmte Beteiligungshöhe das Übernahmeangebot als solches gar nicht beschränken. Daher ist es den Aktionären nach wie vor offen, das Übernahmeangebot im vollen Umfang anzunehmen. Die Höchstbeteiligungsquote kann nur die Beteiligungs343 344

Geibel, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 18 Rn. 32. Thun, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 32 Rn. 1.

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verhältnisse des Bieters nach Abschluss des Übernahmeverfahrens betreffen. Somit würde durch die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote außerhalb des Übernahmeangebots der Gesetzeszweck des Verbots von Teilangeboten nicht unterlaufen. Aus dem Vorhergesagten folgt zudem, dass der Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsvereinbarung mit dem Bieter keine verhindernde Wirkung im Sinne von § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG zukommt.345 Die Vereinbarung einer Beteiligungsquote könnte zwar die Frage einer verhinderungsgeeigneten Wirkung aufwerfen. Zum einen kann die Vereinbarung aber nur im Einvernehmen mit dem Bieter erfolgen, so dass in dem Abschluss keine verhindernde Vereinbarung gegen den Willen des Bieters gesehen werden kann.346 Zum anderen und entscheidend hindert die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote die Aktionäre nicht an der Annahme des Übernahmeangebots. Im Übrigen dient das Verhinderungsverbot nicht primär dem Schutz des Bieters. Vielmehr dient es dem Schutz der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre über die Annahme des Übernahmeangebots.347 Ein etwaiger Verzicht des Bieters auf den Schutz des Verhinderungsverbots, welcher in dem Abschluss der Beteiligungsquote gesehen werden könnte, ist daher nicht möglich. Der Abschluss einer Höchstbeteiligungsquote in einer Übernahmesituation verstößt folglich nicht gegen das Verhinderungsverbot gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG. (3) Zwischenergebnis Die Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote ist nicht wirksam möglich. Dem steht aus aktienrechtlicher Perspektive die aktienrechtliche Kompetenzordnung entgegen. Zielgerichtete Eingriffe des Vorstands in die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft sind nur dann zulässig, wenn sie auf einer Satzungsgrundlage oder einer qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruhen. Außerhalb dieser Fälle ist ein zielgerichteter und unmittelbarer Eingriff des Vorstands in die Aktionärsstruktur nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Hieraus folgt die Nichtigkeit einer dahingehenden Vereinbarung. Aus übernahmerechtlicher Perspektive stehen der Vereinbarung einer Höchstbeteiligungsquote hingegen keine rechtlichen Hindernisse entgegen. 345 So auch Kiem, AG 2009, 301, 311; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199; a. A. Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 35; Hirte, in: KölnKomm, WpÜG, § 33 Rn. 59; Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG, Rn. 114. 346 Kiem, AG 2009, 301, 311. 347 Schlitt/Ries, in: MünchKomm, AktG, § 33 WpÜG Rn. 9.

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e) Vereinbarung über eine Mindestbeteiligungsquote Dient die Investorenvereinbarung aus Sicht der Zielgesellschaft nicht primär der Sicherung ihrer Unabhängigkeit, sondern vornehmlich der Sicherung anderer Unternehmensinteressen, kann hierzu die Vereinbarung einer Mindestbeteiligungsquote gewonnen werden.348 Somit ließe sich verhindern, dass ein Dritter eine (faktische) Hauptversammlungsmehrheit an der Zielgesellschaft erwirbt und von der Investorenvereinbarung abweichende Ziele verfolgt. Eine Mindestbeteiligungsquote ist aber ebenso wie eine Höchstbeteiligungsquote unwirksam. Hiermit greift der Vorstand zielgerichtet in die Aktionärsstruktur ein, indem ein Aktionär verpflichtet wird, mit einer bestimmten Quote an der Gesellschaft (über einen bestimmten Zeitraum) beteiligt zu sein. Dies ist aber nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Zudem enthält eine solche Vereinbarung zugleich ein Veräußerungsverbot zumindest hinsichtlich der Anteile, die zur Aufrechterhaltung der Quote erforderlich sind. Andernfalls liefe die Regelung ins Leere. Die Veräußerung von Aktien durch die Aktionäre ist jedoch außer im Falle einer Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG keine Maßnahme der Gesellschaft. Der Vorstand hat nicht die Kompetenz, in diesen Vorgang einzugreifen.349 Auch greift ein Veräußerungsverbot in die Mitgliedschaftsrechte des gebundenen Aktionärs ein, was nicht in der Kompetenz des Vorstands liegt und damit unzulässig ist. Der Abschluss einer Mindestbeteiligungsquote zwischen dem Bieter einerseits und der Zielgesellschaft andererseits ist folglich ebenfalls wegen Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung nicht wirksam möglich. f) Ergebnis Die Möglichkeiten der Zielgesellschaft zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit mittels einer Beeinflussung der Beteiligungsstruktur sind sehr begrenzt. Der Vorstand unterliegt zwar keinem strikten Neutralitätsgebot, welches ihm Eingriffe in die Zusammensetzung des Aktionärskreises allgemein untersagen würde. Ein unmittelbarer und zielgerichteter Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises ist aktienrechtlich aber nur dann zulässig, wenn dieser auf einer wirksamen Satzungsgrundlage oder einer 348 Vgl. Investment Agreement zwischen D+S europe und Pyramus (Apax) (Mindestbeteiligungsschwelle von 50%, Ziffer 7.2.4 der Angebotsunterlage. 349 C.III.2.b)(2)(b).

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qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruht. Zielgerichtete Eingriffe des Vorstands in die Aktionärsstruktur liegen daher nicht in seiner originären Kompetenz, sondern erfolgen unter Ausnutzung einer entsprechenden Ermächtigung. Ohne eine entsprechende Ermächtigung ist ein solcher Eingriff nicht mit der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft als Teil der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Das Gesetz sieht mit der Vinkulierung von Namensaktien gemäß § 68 Absatz 2 AktG eine abschließende Regelung hinsichtlich einer Kontrolle des Aktionärskreises vor. Der Erwerb oder die Veräußerung von Aktien durch die Aktionäre ist daher grundsätzlich keine Maßnahme der Gesellschaft. Deshalb sind Vereinbarungen zwischen Bieter und Zielgesellschaft, welche die Investitions- oder Desinvestitionsfreiheit des Bieters an der Zielgesellschaft einschränken, unzulässig. Eine Beschränkung dieser Freiheit bewirkt einen unmittelbaren und zielgerichteten Eingriff des Vorstands in die Aktionärsstruktur. Aus der Unvereinbarkeit eines zielgerichteten und unmittelbaren Eingriffs des Vorstands in die Aktionärsstruktur mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung folgt die Nichtigkeit einer Vereinbarung mit dieser Wirkung. Dies betrifft insbesondere schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen, rechtsverbindliche Benennungsrechte zugunsten der Zielgesellschaft hinsichtlich der Person des Erwerbers für den Fall einer beabsichtigten Veräußerung von Anteilen an der Zielgesellschaft durch den Bieter sowie die Vereinbarung einer Höchst- oder Mindestbeteiligungsquote des Bieters an der Zielgesellschaft. Zulässig sind allein ein unverbindliches Vorschlagsrecht zugunsten der Zielgesellschaft hinsichtlich der Person eines möglichen Erwerbers sowie eine Informationszusage seitens des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft über eine geplante Veräußerung von Aktien der Zielgesellschaft sowie hinsichtlich eines möglichen Erwerbers. 3. Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats Absprachen über die Besetzung des Aufsichtsrats zwischen der Gesellschaft und einem Großaktionär bzw. Investor sind in der Praxis üblich und regelmäßiger Bestandteil von Investorenvereinbarungen.350 Die Besetzung des Aufsichtsrats bildet eine wesentliche Schaltstelle für die künftige Geschäftspolitik und strategische Ausrichtung der Gesellschaft, insbesondere aufgrund der Personalkompetenz des Aufsichtsrats über den Vorstand sowie der Überwachungsfunktion gegenüber dem Vorstandshandeln.351 Daher ist 350

Kiem, AG 2009, 301, 309; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204; v. Riegen, CFL 2010, 1, 9; siehe auch Formulierungsbeispiel bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. § 9; siehe hierzu auch schon oben unter C.III.1.b)(1). 351 Dittert, S. 164.

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es einem strategischen Investor in der Regel von wesentlicher Bedeutung, eigene Repräsentanten im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu wissen. Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit wird es der Zielgesellschaft hingegen daran gelegen sein, die Präsenz des Bieters im eigenen Aufsichtsrat zu begrenzen. Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft dienen somit in der Regel dazu, einerseits dem Bieter eine angemessene Repräsentanz im Aufsichtsrat zu verschaffen, diese aber andererseits aus Sicht der Zielgesellschaft nach Möglichkeit zu begrenzen.352 Während bei Minderheitsbeteiligungen, etwa im Rahmen einer PIPETransaktion353, die Sicherung einer angemessenen Repräsentanz des Investors im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft im Vordergrund steht354, sind Absprachen über die Besetzung des Aufsichtsrats aus Sicht des Bieters bei einer auf den Erwerb einer Mehrheit zielenden Übernahme von Bedeutung, um seinen Wunschkandidaten alsbald in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu verhelfen.355 Mit seiner Mehrheitsbeteiligung könnte der Bieter seine Kandidaten bei der nächsten Hauptversammlung in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft wählen. Wichtig wird es dem Bieter aber sein, schon zuvor eine Repräsentanz im Aufsichtsrat zu haben, um so zeitnah nach Abschluss der Investorenvereinbarung Einfluss auf die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft oder – etwa über den Nominierungsausschuss356 – auf die Vorschläge an die Hauptversammlung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder zu nehmen. Der Bieter könnte auf der nächsten Hauptversammlung auch eigene Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 127 AktG machen und die von ihm benannten Personen dann mit seiner Stimmrechtsmacht in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft wählen. Um den „nötigen Platz“ zu schaffen, könnte der Bieter amtierende Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 103 Absatz 1 Satz 1 AktG abberufen, sofern er über die nötige Stimmrechtsmacht von drei Viertel der abgegebenen Stimmen verfügt (vgl. § 103 Absatz 1 Satz 2 AktG). Die Abberufung bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung.357 352 Decher, FS Hüffer, 2010, 145, 152; zu den Schranken von Vereinbarungen über die Aufsichtsratsbesetzung aufgrund von Stimmbindungsvereinbarungen siehe oben unter C.III.1.b)(1). 353 PIPE = Private Investments in Public Entities. Hierunter versteht man eine langfristige Beteiligung eines Investors an einer Gesellschaft mit einer maßgeblichen Beteiligung unterhalb der Kontrollschwelle, vgl. hierzu Schiessl, AG 2009, 385 ff.; v. Riegen, CFL 2010, 1 ff.; Formulierungsbeispiel einer Investorenvereinbarung im Zusammenhang mit einer PIPE Transaktion bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. 354 v. Riegen, CFL 2010, 1, 9. 355 Kiem, AG 2009, 301, 309. 356 Vgl. Ziffer 5.3.3 DCGK. 357 Hüffer, AktG, § 103 Rn. 3.

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Doch widerspräche dies dem geschlossenen Miteinander zwischen Zielgesellschaft und Bieter, welches in der Investorenvereinbarung seinen Ausdruck finden und dieses nach außen tragen soll. Daher ist es für beide Parteien vorteilhafter, ihr geschlossenes Verständnis über die Zukunft der Zielgesellschaft auch im Hinblick auf die Besetzung des Aufsichtsrats in der Investorenvereinbarung festzusetzen. Da der Aufsichtsrat eine wesentliche Schaltstelle innerhalb der Gesellschaft bildet, kann eine fehlende Verständigung hierüber später leicht zu Konflikten zwischen den Parteien führen. Aufgrund der oben beschriebenen rechtlichen Grenzen358 bleibt für eine Verständigung über die Besetzung oder Zusammensetzung des Aufsichtsrats in der Investorenvereinbarung allerdings nur ein enger Rahmen des rechtlich Möglichen.359 Anknüpfungspunkte für Zusagen der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter über die Besetzung des Aufsichtsrats bilden zum einen Benennungsabreden hinsichtlich der Wahlvorschläge des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG (hierzu sogleich), zum anderen die gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 104 AktG.360 a) Benennungsrechte zugunsten des Bieters (1) Wahlzusage zugunsten des Bieters Eine Vereinbarung in der Investorenvereinbarung, nach welcher die Zielgesellschaft die Verpflichtung übernimmt bzw. dem Bieter zusichert, bestimmte Personen in den Aufsichtsrat zu wählen, ist wegen Verstoßes gegen § 101 Absatz 1 Satz 2 AktG gemäß § 134 BGB nichtig.361 Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder (der Anteilseignerseite) kann nur durch die Hauptversammlung erfolgen, die aber gerade an Wahlvorschläge nicht gebunden werden kann (vgl. auch § 136 Absatz 2 Satz 2 AktG).362 Zudem käme eine dahingehende Verpflichtung einem Entsendungsrecht des Bieters gleich, welches aber gemäß § 101 Absatz 2 Satz 1 AktG nur durch eine entsprechende Satzungsregelung begründet werden kann.363 Anders als bei einem 358

Vgl. oben unter C.III.1.b)(1). Siehe hierzu auch Kiem, AG 2009, 301, 309 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204 ff. 360 v. Riegen, CFL 2010, 1, 9; siehe hierzu unten unter C.III.3.b). 361 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 101 Rn. 12; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 101 Rn. 22, 25; Mertens, in: KölnKomm, AktG, § 101 Rn. 22. 362 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204. 363 Vgl. auch Kiem, AG 2009, 301, 309. 359

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Entsendungsrecht gemäß § 101 Absatz 2 AktG wäre die Entsendung in den Aufsichtsrat zwar nach wie vor von einer Wahl durch die Hauptversammlung abhängig. Doch wird die Wahl ja gerade zugesichert, so dass einer solchen Vereinbarung im Ergebnis die Wirkung eines Entsendungsrechts zukommen soll. Aufgrund der Umgehung der Vorschrift des § 101 Absatz 2 Satz 1 AktG wäre ein schuldrechtliches Entsendungsrecht bzw. ein Recht, welches wie ein Entsendungsrecht wirkt, daher unwirksam. (2) Benennungsrechte des Bieters gegenüber der Gesellschaft Ebenfalls unwirksam ist eine Vereinbarung, nach welcher die Zielgesellschaft sich verpflichtet, vom Bieter benannte Personen bei den (nächsten anstehenden) Aufsichtsratswahlen in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG zu berücksichtigen. Eine solche Verpflichtung begründet zwar kein (schuldrechtliches) Entsendungsrecht des Bieters, da die Wahl dem Bieter nicht zugesichert wird. Doch folgt die Unwirksamkeit eines Benennungsrechts des Bieters gegenüber der Gesellschaft aus einem Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung und die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats. Die Investorenvereinbarung schließt der Vorstand (in Vertretung der Zielgesellschaft) mit dem Bieter ab. Einem Organ dürfen ohne seine Zustimmung aber keine Verpflichtungen auferlegt werden.364 Daher kann der Vorstand den Aufsichtsrat nicht zu einem bestimmten Verhalten verpflichten.365 Dies würde gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung verstoßen, da die Auferlegung einer Verpflichtung eine entsprechende Beschneidung der betroffenen Kompetenz bedeutet. Zudem wird hierdurch in die Organisationsautonomie und Beschlussfreiheit des betroffenen Organs eingegriffen.366 Ein Verstoß gegen die gesetzliche Kompetenzordnung folgt im Konkreten daraus, dass über die Wahlvorschläge an die Hauptversammlung allein der Aufsichtsrat durch die Nominierung der entsprechenden Kandidaten zu entscheiden hat und nach den gesetzlichen Wertungen nicht der Vorstand, vgl. § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG.367 Der Vorstand würde bei einem Benennungsrecht des Bieters zwar keine eigenen Wahlvorschläge in der Investorenvereinbarung abgeben, könnte jedoch auf diese durch den Abschluss der 364 OLG München, NZG 2012, 261, 263; Kiem, AG 2009, 301, 307 f.; Mertens/ Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59. 365 Kiem, AG 2009, 301, 309; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59. 366 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59. 367 Hüffer, AktG, § 124 Rn. 13; s. auch Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204.

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Vereinbarung Einfluss nehmen.368 Diese Probleme lassen sich auch nicht durch eine Einbeziehung des Aufsichtsrats in den Abschluss einer solchen Vereinbarung vermeiden, da der Abschluss nach wie vor durch den Vorstand erfolgen würde und der Aufsichtsrat dem nur zustimmen könnte, vgl. schon § 111 Absatz 4 Satz 1 AktG. Ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung wäre nach wie vor gegeben.369 (3) Benennungsrechte des Bieters gegenüber dem Aufsichtsrat Fraglich ist aber, ob eine wirksame Vereinbarung eines Benennungsrechts zugunsten des Bieters hinsichtlich der Wahlvorschläge des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG möglich ist, wenn dieses allein zwischen dem Bieter und dem Aufsichtsrat vereinbart wird. Da das Organ Aufsichtsrat als solches nicht rechtsfähig ist, müsste die Vereinbarung zwischen dem Bieter und den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern getroffen werden. Hierin könnten die Aufsichtsratsmitglieder dem Bieter zusagen, seine Wunschkandidaten in die Wahlvorschläge an die Hauptversammlung aufzunehmen. Sofern ein Nominierungsausschuss eingerichtet ist, dem die Auswahl und Nominierung geeigneter Kandidaten übertragen wurde, könnte in Erwägung gezogen werden, ob nicht schon eine Vereinbarung allein gegenüber den Mitgliedern des Ausschusses als ausreichend erachtet wird.370 Allerdings wirft ein verbindliches Benennungsrecht des Bieters Bedenken im Hinblick auf die Organisationsautonomie und Souveränität des Aufsichtsrats auf. Bindungen des Aufsichtsrats bzw. seiner Mitglieder stehen immer in Konflikt zu dem Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Amtsführung der Aufsichtsratsmitglieder, welcher das freie und allein am Unternehmensinteresse ausgerichtete Entschließungsermessen des Aufsichtsrats schützen will.371 Hierdurch wird die Autonomie des Aufsichtsrats sichergestellt. Der Grundsatz der Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit ist im 368

Kiem, AG 2009, 301, 309. Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59; offen gelassen (im Zusammenhang mit unzulässigen Sondervorteilen zugunsten des Vorstands) OLG München, Az. 7 AktG 2/12, Ziffer II. 1. b. bb) (1) sowie OLG München, NZG 2012, 261, 263. 370 Die Entscheidung über die Wahlvorschläge des Aufsichtsrats kann auch auf einen Nominierungsausschuss übertragen werden, ganz h. M. vgl. nur Hüffer, AktG, § 124 Rn. 13 sowie schon die Empfehlung des DCGK, Ziffer 5.3.3. Zu unterscheiden davon ist wiederum die Unterbreitung der Wahlvorschläge an die Hauptversammlung, die dem Ausschuss aber ebenfalls übertragen werden kann, Hüffer, AktG, § 124 Rn. 13a. 371 Siehe hierzu auch noch unten unter C.III.4.c)(3). 369

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Aktiengesetz nicht unmittelbar enthalten, ist aber allgemein anerkannt und wird überwiegend aus der höchstpersönlichen Amtsführung gemäß § 111 Absatz 5 AktG abgeleitet.372 Eine Vorschrift wie die des § 4 Absatz 3 MontanMitbestG, wonach die Aufsichtsratsmitglieder an Aufträge und Weisungen nicht gebunden sind, enthält das Aktiengesetz zwar nicht.373 Dies steht der Anerkennung des Grundsatzes aber nicht entgegen.374 Nach ganz herrschender Meinung sind Weisungsbindungen von Aufsichtsratsmitgliedern aufgrund der Unvereinbarkeit mit diesem Grundsatz unzulässig und unwirksam.375 Ein Verstoß hiergegen begründet zum einen eine Pflichtverletzung des entsprechenden Aufsichtsratsmitglieds gemäß §§ 116 Satz 1, 93 AktG. Zum anderen ist eine Vereinbarung unter Verstoß gegen diesen Grundsatz gemäß §§ 134, 138 Absatz 1 BGB nichtig.376 Ein Benennungsrecht des Bieters, welches ihm erlauben soll, dem Aufsichtsrat Weisungen hinsichtlich der Wahlvorschläge an die Hauptversammlung zu erteilen, ist daher unwirksam und entfaltet keinerlei Bindungswirkung. Ist das Benennungsrecht indes insoweit konkretisiert, als dass die entsprechenden Kandidaten des Bieters bereits hinreichend bestimmt sind und das Benennungsrecht nicht in dem Sinne offen formuliert ist, dass eine Bestimmung der entsprechenden Personen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll, könnte angenommen werden, es liege kein Verstoß gegen den Grundsatz der Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats vor. Der Abschluss der Vereinbarung mit dem Bieter könnte als Vorverlagerung des Aufsichtsratsbeschlusses über die Wahlvorschläge an die Hauptversammlung gesehen werden. Dies ließe sich mit dem Argument stützen, der Aufsichtsrat könne so frei über die Nominierung der entsprechenden Kandidaten entscheiden und würde die Entscheidung nicht aus seinem Einflussbereich geben, sondern diese nur auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vorverlegen.377 Indem die Auf372

Vgl. Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 111 Rn. 136 m. w. N. Säcker, DB 1977, 1791, 1793. Der Grundsatz gilt als selbstverständlich und wurde daher aus dem Referentenentwurf zum Mitbestimmungsgesetz vom 28.01. 1974 gestrichen. 374 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 111 Rn. 136. 375 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 111 Rn. 136 f.; ders., FS Ulmer, 2003, 151, 161; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 111 Rn. 745; Hüffer, AktG, § 101 Rn. 10; Mertens, in: KölnKomm, AktG, § 111 Rn. 90; Raiser, ZGR 1978, 391, 399 ff.; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 111 Rn. 83; differenzierend Kropff, FS Huber, 2006, 841, 844 ff. 376 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 400. 377 So auch die Argumentation hinsichtlich einer Weisung der Gesellschaft gegenüber einem Aktionär im Zusammenhang mit Stimmbindungsvereinbarungen, siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(1). 373

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sichtsratsmitglieder der Vereinbarung zustimmen, würden sie ihr Entschließungsermessen frei ausüben. Unter diesen Umständen könnte eine unzulässige Weisungsbindung in der Tat abgelehnt werden. Doch haben die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt nicht nur weisungsfrei, sondern auch unabhänbgig wahrzunehmen. Die Unabhängigkeit der Ausübung des Aufsichtsratsmandats erfordert es, dass sich der Aufsichtsrat hinsichtlich künftiger Entscheidungen nicht rechtsverbindlich festlegen darf. Der Aufsichtsrat fungiert als unabhängiges Überwachungs- und Beratungsorgan der Gesellschaft. Die Aufsichtsratsmitglieder haben zwar die Interessen ihrer Wähler zu berücksichtigen und dürfen Empfehlungen in ihre Entscheidungen mit einfließen lassen, sie dürfen sich jedoch diesen gegenüber nicht rechtsgeschäftlich binden.378 Entscheidungen hat der Aufsichtsrat in seiner aktuellen Zusammensetzung unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Beschlusslage zu fassen.379 Andernfalls wäre eine wirksame Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht möglich.380 In der konkreten Entscheidungssituation wäre das gebundene Aufsichtsratsmitglied nicht mehr frei, sondern müsste entsprechend der Vorwegbindung im Aufsichtsrat entscheiden. Somit besteht die Gefahr, dass das entsprechende Aufsichtsratsmitglied nicht mehr allein am Unternehmensinteresse orientiert entscheidet.381 Daher lässt sich das Entschließungsermessen des Aufsichtsrats durch rechtsgeschäftliche Bindungen nicht einschränken, dahingehende Vereinbarungen sind nichtig.382 Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmandats erfordert es, dass der Aufsichtsrat sich nicht hinsichtlich seiner Entschließungsfreiheit binden darf, so dass Vorwegbindungen der Aufsichtsratsmitglieder unzulässig sind. Aus dem Vorgesagten folgt, dass eine Vorverlagerung eines Aufsichtsratsbeschlusses nicht möglich ist. Für die Zulässigkeit einer Vorverlagerung könnte zwar wie oben angeführt sprechen, die Aufsichtsratsmitglieder könnten frei über den Abschluss der Vereinbarung entscheiden und somit ihr Stimmrecht ungebunden ausüben. Doch erfordert die ordnungsgemäße und allein am Unternehmensinteresse ausgerichtete Beschlussfassung, dass diese im maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt, damit alle für die Entscheidung relevan378

Habersack, FS Ulmer, 2003, 151, 161 f. Raiser, ZGR 1978, 391, 394 ff.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59; siehe hierzu noch unten unter C.III.4.c)(3)(a). 380 Raiser, ZGR 1978, 391, 394 ff.; Säcker, DB 1977, 1791, 1793; Mertens/ Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59. 381 Habersack, FS Ulmer, 2003, 151, 161 f. 382 Im Zusammenhang mit der Bestellung der Vorstandsmitglieder Hüffer, AktG, § 84 Rn. 5; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 84 Rn. 8; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 14. 379

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ten Gesichtspunkte mit einbezogen werden können. Das ist bei einer Vorverlagerung der Beschlussfassung indes nicht möglich. Die Vorverlagerung einer Beschlussfassung entspricht deshalb im Ergebnis einer Vorwegbindung sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder. Für die Unzulässigkeit eines Benennungsrechts spricht zudem, dass die Hauptversammlung in der Regel den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats folgt, dies umso mehr, da der Bieter nach einem erfolgreichen Übernahmeangebot über die erforderliche Stimmrechtsmacht verfügen wird, um die Kandidaten entsprechend der von ihm beeinflussten Wahlvorschläge in den Aufsichtsrat zu wählen. Das Gesetz hat mit § 127 AktG eine Vorschrift vorgesehen, mittels derer Aktionäre eigene Wahlvorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern unterbreiten können. Ein Benennungsrecht zugunsten eines Aktionärs widerspricht vor dem Hintergrund der Vorschriften der §§ 101 Absatz 2, 127 AktG dem gesetzlichen Leitbild zur Einflussnahme auf die Wahl und Zusammensetzung des Aufsichtsrats durch die Aktionäre. Eine verbindliche Verpflichtung des Aufsichtsrats bzw. der Aufsichtsratsmitglieder zur Berücksichtigung der Kandidatenvorschläge des Bieters in den Wahlvorschlägen an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG kann mithin nicht wirksam in der Investorenvereinbarung vereinbart werden.383 (4) Vereinbarung von Bemühensklauseln ohne Erfüllungsanspruch Zur Vermeidung der vorgenannten Probleme bieten sich Formulierungen der entsprechenden Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats an, die als Bemühensklausel ausgestaltet sind und kein rechtlich durchsetzbares Forderungsrecht des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft begründen. Solche Bemühensklauseln sind in der Praxis bei Regelungen über die Vertretung des Bieters im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft verbreitet.384 Die Formulierung von Abreden über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft und dahingehenden Benennungsrechten des Bieters als Bemühensklausel genügt allein aber nicht, um den Abreden zur Wirksamkeit zu verhelfen. Diese sind insbesondere unzulässig, wenn sie einen unzulässigen Entscheidungsdruck auf die Zielgesellschaft ausüben oder gegen zwingendes Aktienrecht verstoßen.

383 384

A. A. wohl Kiem, AG 2009, 301, 309. Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204.

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(a) Rechtliche Schranken von Bemühensklauseln Die Gefahr von Bemühensklauseln besteht darin, dass sich die Verwaltung der Zielgesellschaft hieran gebunden fühlt und daher entsprechend handelt, auch wenn dem Bemühen gerade kein Erfüllungsanspruch des Bieters gegenüberstehen soll. Dies wird in der Regel der Rechtstatsächlichkeit entsprechen, um keine Konflikte heraufzubeschwören, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Investorenvereinbarung gerade zur Vermeidung oder Beilegung von Konflikten geschlossen wird. Daher könnte in Erwägung erzogen werden, ob Bemühensklauseln einen unzulässigen Entscheidungsdruck auf den Aufsichtsrat ausüben und somit ebenfalls unwirksam sind. Ist das Bemühen der Bestellung der vom Bieter benannten Personen in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft mit Sanktionen wie Vertragsstrafen für den Fall des Nichteintritts unterlegt oder mit Bedingungen verknüpft, so kann dies einen unzulässigen Entscheidungsdruck auf die Zielgesellschaft begründen.385 Ist dies aber nicht der Fall, sind Bemühensklauseln grundsätzlich als wirksam anzusehen. Aufsichtsratsmitglieder dürfen unverbindliche Richtlinien oder Empfehlungen ihrer Wähler berücksichtigen.386 Dem entspricht eine unverbindliche Bemühenszusage. Begründet eine Bemühensklausel keinen unzulässigen Entscheidungsdruck aufgrund daran anknüpfender Sanktionen oder Bedingungen, kann allein das tatsächliche Verhalten der Betroffenen nicht zur Unzulässigkeit der Vereinbarung führen. Hier stellt sich dann vielmehr auf der Rechtsfolgenseite des Handelns der Betroffenen die Frage, ob sie ihre Pflichten verletzt haben. Es könnte zum Beispiel eine Pflichtverletzung der Aufsichtsratsmitglieder durch die Berücksichtigung der Wahlvorschläge des Bieters auf Grundlage der Bemühens385 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204; Sickinger, in: Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshandbuch AktR, § 11 Rn. 30. Als unzulässig ist wohl die Bedingung in der Angebotsunterlage D+S Europe/Pyramus (Apax), Ziffer 7.2.4 (a) anzusehen, wonach die Lock-up-Verpflichtung der Pyramus erlischt, sofern nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums zwei vom Bieter vorgeschlagene Personen in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bestellt worden sind. Unabhängig von der Wirksamkeit einer Lock-up Verpflichtung (siehe hierzu oben unter C.IV.2.d)) wird durch die Bedingung der Vereinbarung an die Bestellung der vom Bieter benannten Personen in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ein unzulässiger Entscheidungsdruck auf den Aufsichtsrat ausgeübt, wodurch diesem eine unbefangene Entscheidung nicht mehr möglich ist. Einen unzulässigen Entscheidungsdruck übt wohl auch die Vereinbarung im Backstop Arrangement zwischen Infineon und Admiral Participations (Apollo) aus, nach welcher der Beteiligungserwerb unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung von Vertretern des Bieters in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft steht, vgl. Wertpapierprospekt Infineon vom 16.7.2009, S. 76. 386 Lutter/Krieger, § 12 Rn. 822; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 111 Rn. 745; a. A. Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 84 Rn. 9.

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klausel gemäß §§ 116 Satz 1, 93 AktG vorliegen, indem die Mitglieder ohne eine erforderliche Abwägung den Vorschlägen des Bieters blind gefolgt sind. Zudem müssen Bemühensklauseln die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung wahren. Unzulässig ist daher eine Vereinbarung, nach welcher der Vorstand sein Bemühen zusagt, dass die vom Bieter benannten Personen in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung berücksichtigt werden. Der Vorstand darf und soll zwar Gespräche mit dem Aufsichtsrat führen (vgl. auch Ziffer 3.5 DCGK) und an dessen Sitzungen teilnehmen (vgl. § 109 Absatz 1 Satz 1 AktG, Ziffer 3.6 DCGK).387 Auf Verlangen des Aufsichtsrats kann auch eine Teilnahmepflicht des Vorstands an den Sitzungen begründet werden.388 Denn das Verhältnis von Vorstand und Aufsichtsrat sollte nicht durch ein Gegeneinander, sondern durch ein konstruktives Miteinander geprägt sein. Doch darf der Vorstand nach den gesetzlichen Wertungen keinen Einfluss auf die Vorschläge zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder nehmen, vgl. nur § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG. Dass dies häufig nicht der Rechtstatsächlichkeit entspricht, ändert an der Unzulässigkeit einer solchen Bemühenszusage nichts. Ein Verbot zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen oder Sitzungen des Nominierungsausschusses, in welchen über die Wahlvorschläge der Kandidaten für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder beraten oder beschlossen wird, empfiehlt sich zwar389, ist gesetzlich aber nicht ausdrücklich normiert. Wenn es dem Vorstand untersagt ist, der Hauptversammlung Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern zu unterbreiten mit der Begründung, der Vorstand dürfe keinen Einfluss auf die Auswahl der ihn überwachenden und prüfenden Personen nehmen390 und ein Verstoß hiergegen zur Anfechtbarkeit des entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses führen kann391, dann kann es dem Vorstand nicht gestattet sein, ein Bemühen zur Einwirkung auf den Aufsichtsrat bei der Auswahl der Wahlvorschläge an die Hauptversammlung zuzusagen. Dies steht in Widerspruch zur horizontalen Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft. Vor diesem Hintergrund müsste es dem Vorstand konsequenterweise sogar untersagt sein, überhaupt an einer Sitzung des Aufsichtsrats oder des Nominierungsausschusses teilzunehmen, in welcher Beschluss über die Kandidatenvorschläge für die Aufsichtsratswahl gefasst wird. 387

Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 109 Rn. 13 ff. Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 109 Rn. 14. 389 Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 109 Rn. 94. 390 Regierungsbegründung zu § 124 AktG bei Kropff, Aktiengesetz S. 174; siehe auch schon oben unter C.III.1.b)(1)(b). 391 Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rn. 28, 47 m. w. N. 388

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(b) Ausgestaltung von Bemühensklauseln Sinnvoll ist es daher, das Bemühen auf eine gesetzlich zulässige und zumutbare Unterstützungshandlung zu beschränken und klarzustellen, dass dieses keinen durchsetzbaren Anspruch begründen soll, um etwaigen Unsicherheiten, insbesondere im Hinblick auf die gesetzliche Kompetenzordnung und einen unzulässigen Entscheidungsdruck, vorzubeugen.392 Eine Bemühenszusage des Vorstands, die sich auf rechtlich zulässige und zumutbare Unterstützungshandlungen begrenzt, ist aufgrund dieser Einschränkung nicht unzulässig, läuft aber weitgehend ins Leere, da der Vorstand ja gerade keinen Einfluss auf die Auswahl des ihn kontrollierenden Aufsichtsrat nehmen darf. Der sicherste Weg besteht daher darin, die Bemühensklausel zwischen dem Bieter und dem Aufsichtsrat bzw. seinen aktuellen Mitgliedern oder denen des Nominierungsausschusses zu vereinbaren. So könnten die Aufsichtsratsmitglieder darin zusagen, sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Zumutbaren darum zu bemühen, dass die vom Bieter benannten Personen in den Wahlvorschlägen an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG berücksichtigt werden. Da eine Bemühenszusage keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet, liegt hierin auch keine unzulässige Vorwegbindung der Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats.393 Stehen auf der nächsten Hauptversammlung keine Aufsichtsratswahlen an, ist dem Bieter mit dem Bemühensversprechen allerdings wenig gedient, um eine Repräsentanz im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft alsbald zu erreichen, ohne den nicht angestrebten Weg der Abberufung gemäß § 103 Absatz 1 Satz 1 AktG bestreiten zu müssen.394 Daher bietet es sich an, das Bemühensversprechen mit einer Vereinbarung zu verknüpfen, nach welcher sich die Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Zumutbaren darum bemühen zu sondieren, ob derzeitig amtierende Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite bereit sind, ihr Amt mit Wirkung 392 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204 f.; vgl. auch die Vereinbarung in der Angebotsunterlage D+S Europe/Pyramus (Apax), Ziffer 7.2.2: „Darüber hinaus hat der Vorstand dem Bieter zugesagt, nach Abschluss dieses Angebots – soweit gesetzlich zulässig und zumutbar – sich nach besten Kräften zu bemühen, den Bieter dabei zu unterstützen, dass zwei vom Bieter vorgeschlagene, den Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex entsprechende Personen als Anteilseignervertreter in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gewählt oder – soweit gegenwärtige amtierende Anteilseignervertreter ihr Amt niederlegen – gerichtlich zu Mitgliedern des Aufsichtsrats bestellt werden.“; siehe auch Formulierungsbeispiele bei Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 205 f. 393 Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(3). 394 Siehe hierzu oben unter C.III.3.

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zur nächsten Hauptversammlung niederzulegen.395 Für die dann frei werdenden Sitze würde somit eine Neuwahl durch die Hauptversammlung geschaffen. In den entsprechenden Wahlvorschlägen könnten die Kandidaten des Bieters Berücksichtigung finden, so dass auf diesem Wege der Einzug der Wunschkandidaten des Bieters in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft erleichtert bzw. ermöglicht würde. Die Ausgestaltung der Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats als Bemühenszusage mag den Anschein einer Umgehung der gesetzlichen Beschränkungen erwecken. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zielgesellschaft trotz der Unverbindlichkeit der Vereinbarungen ihr Handeln hieran ausrichten wird, um im Hinblick auf die Investorenvereinbarung und die Abhängigkeit (im untechnischen Sinne) gegenüber dem Bieter aufgrund seines Einflusses auf die Zielgesellschaft keine Konflikte mit diesem hervorzurufen. Dies bewirkt aber keine Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarungen, da diese für sich genommen im Einklang mit dem Gesetz stehen. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob in der Befolgung der Bemühenszusage eine Pflichtverletzung der entsprechenden Verwaltungsmitglieder liegt, etwa weil sie keine Abwägung der verschiedenen Belange vornehmen, sondern allein der Bemühenszusage folgen. (5) Zwischenergebnis Die Zielgesellschaft kann sich nicht wirksam verpflichten oder dem Bieter zusichern, bestimmte Personen in den Aufsichtsrat zu wählen. Eine solche Verpflichtung verstößt gegen § 101 Absatz 1 Satz 2 AktG und käme im Ergebnis einem schuldrechtlichen Entsendungsrecht gleich. Entsendungsrechte können gemäß § 101 Absatz 2 Satz 1 AktG nur in der Satzung festgesetzt werden. Ebenfalls unwirksam ist eine Vereinbarung, nach welcher die Zielgesellschaft sich verpflichtet, vom Bieter benannte Personen in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG zu berücksichtigen. Ein solches Benennungsrecht des Bieters ist mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats unvereinbar. Weiterhin ist ein verpflichtendes Benennungsrecht des Bieters unmittelbar gegenüber dem Aufsichtsrat oder dem Nominierungsausschuss unwirksam, 395 Die Amtsniederlegung ist nach heute ganz h. M. jederzeit und ohne Grund zulässig, sofern sie nicht zur Unzeit erfolgt, vgl. Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 103 Rn. 83 m. w. N.; näher hierzu sogleich.

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da sich der Aufsichtsrat nicht hinsichtlich künftiger Entscheidungen binden darf. Möglich sind allein Bemühenszusagen der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter, seine Kandidatenwünsche in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung zu berücksichtigen, ohne dass dem ein Erfüllungsanspruch gegenübersteht. Die Bemühenszusage sollte dabei klarstellend auf rechtlich zulässige und zumutbare Handlungen begrenzt werden. Da eine Zusage seitens der Zielgesellschaft ins Leere läuft, sollte diese gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrats oder des Nominierungsausschusses abgeschlossen werden. In einer solchen Bemühensklausel kann seitens des Aufsichtsrats auch zugesagt werden, sich um den Rücktritt amtierender Aufsichtsratsmitglieder zu bemühen, um Platz für die Kandidaten des Bieters zu schaffen. b) Gerichtliche Bestellung gemäß § 104 AktG (1) Schaffung einer Vakanz im Aufsichtsrat Dem Bieter wird es wichtig sein, alsbald im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft angemessen repräsentiert zu sein. Die Zusage der Zielgesellschaft (bzw. je nach Ausgestaltung der Vereinbarung die des Aufsichtsrats), sich um eine Berücksichtigung der Kandidatenwünsche des Bieters in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG oder die Amtsniederlegung amtierender Aufsichtsratsmitglieder zu bemühen, kann je nach Zeitraum bis zur nächsten Hauptversammlung allein nicht genügen, um dem Wunsch des Bieters nach einer alsbaldigen Vertretung im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft nachzukommen. Dann bietet es sich an, im Wege der gerichtlichen Bestellung gemäß § 104 AktG eine zuvor geschaffene Vakanz im Aufsichtsrat für die Repräsentanten des Bieters nützlich zu machen. Zur Erreichung dieses Ziels sind in der Praxis Vereinbarungen verbreitet, nach welchen die Zielgesellschaft zusagt, in ihrem Aufsichtsrat zu sondieren, ob gewählte Mitglieder der Anteilseigner zum Rücktritt von ihrem Amt bereit sind und die entsprechenden Ersatzmitglieder nicht in den Aufsichtsrat eintreten, um so Platz für die gerichtliche Bestellung der Kandidaten des Bieters zu schaffen.396 Ist nicht vor der nächsten Aufsichtsrats396 So in der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler, vgl. LG Hannover, 21 T 2709, ZIP 2009, 761, 763: „In Ziff. III 3.1.1 der Investorenvereinbarung ist geregelt, dass die Schaeffler Gruppe angemessen im Aufsichtsrat der Continental AG repräsentiert sein soll. Im Weiteren heißt es: „Falls . . . ein oder mehrere Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der Continental AG ihr Amt niederlegen, wird der Vorstand im Rahmen des rechtlich Zulässigen . . . die gerichtliche

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sitzung mit einer Ergänzung des Aufsichtsrats zu rechnen, d.h. für eine Vakanz auf der Anteilseignerseite grundsätzlich mit einer Neuwahl durch die Hauptversammlung (Ausnahme betroffenes Entsendungsrecht), hat der Vorstand unverzüglich einen Ergänzungsantrag beim zuständigen Gericht gemäß § 104 Absatz 1 Satz 2 AktG zu stellen.397 Da das Gericht in aller Regel den Vorschlägen des Antragstellers folgt398, bildet die gerichtliche Bestellung ein probates Mittel, um einen Einzug des Bieters in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums zu ermöglichen. Für die nächste Hauptversammlung können die gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieder dann in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats berücksichtigt und so leicht mit der Stimmrechtsmacht des Bieters in den Aufsichtsrat gewählt werden.399 (2) Rechtliche Zulässigkeit Die Ausnutzung einer gezielt geschaffenen Vakanz erscheint auf den ersten Blick bedenklich, da die Vorschrift eigentlich der Schließung unvorhergesehener Lücken im Aufsichtsrat dienen soll.400 Doch besteht kein grundsätzliches Verbot, dieses Verfahren bei einer gezielt geschaffenen Vakanz zu nutzen. Die Voraussetzungen richten sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften und Grundsätzen. Als problematisch könnte es in diesem Zusammenhang angesehen werden, dass der Vorstand hierdurch unmittelbaren Einfluss auf die Zusammensetzung seines Kontrollorgans nimmt. Dies ist aber eine gesetzlich normierte Ausnahme, die dem Vorstand gemäß § 104 Absatz 1 Satz 2 AktG sogar die Pflicht zur unmittelbaren Antragsstellung gegenüber dem Gericht zur Ergänzung des Aufsichtsrats auferlegt. Zudem entscheidet das Gericht Bestellung von Schaeffler benannter Personen als Anteilseignervertreter beantragen . . .“; LG Hannover, 23 O 124/09, BeckRS 2010, 10616, D II. 1.: „Danach [Anm.: Nach der Investorenvereinbarung] konnte die neu aufgetretene Hauptaktionärin der Beklagten [Anm.: Continental], die [Anm.: Schaeffler, in der Veröffentlichung ausgelassen] KG, [. . .] für den Fall des Rücktrittes von Aufsichtsratsmitgliedern, bis zu vier neue Aufsichtsratsmitglieder ihres besonderen Vertrauens für den Aufsichtsrat der Beklagten benennen.“; vgl. auch die Vereinbarung in der Angebotsunterlage Pyramus (Apax)/D+S Europe, Ziffer 7.2.2 und Backstop Arrangement zwischen Infineon und Admiral Participations S.à.r.l. (Apollo) S. 76; siehe auch Kiem, AG 2009, 305, 309; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 104 Rn. 81. 397 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 104 Rn. 17. 398 Kiem, AG 2009, 305, 309. 399 Siehe zur Amtsdauer der gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieder (§ 104 Absatz 5) Hüffer, AktG, § 104 Rn. 12 f. 400 Kritik andeutend LG Hannover, 23 O 124/09, BeckRS 2010, 10616, D II. 1. und 2.

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über die Person des zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieds nach pflichtgemäßem Ermessen und ist an die Wahlvorschläge des Vorstands nicht gebunden.401 So besteht ein hinreichendes Kontrollinstrument, einem etwaigen Rechtsmissbrauch entgegen zu wirken. Die Amtsniederlegung von Aufsichtsratsmitgliedern ist zudem grundsätzlich jederzeit und ohne sachlichen Grund zulässig.402 Bedenken werfen Absprachen hinsichtlich der gerichtlichen Bestellung einer vom Bieter benannten Person in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gemäß § 104 AktG aber im Hinblick auf die aktienrechtliche Kompetenzstruktur und die Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft auf. Sondiert der Vorstand im Aufsichtsrat, ob Mitglieder zur Niederlegung ihres Amtes bereit sind und deren Ersatzmitglieder nicht zur Verfügung stehen, um die vakanten Stellen durch die Kandidaten des Bieters zu besetzen, nimmt der Vorstand unmittelbaren Einfluss auf die Besetzung seines Kontrollorgans. Dies ist jedoch, wie zuvor aufgezeigt, nicht zulässig, so dass ein gezieltes Hinwirken des Vorstands auf den Rücktritt amtierender Aufsichtsratsmitglieder aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Gewaltenteilung unzulässig ist.403 Daher ist auch eine dahingehende Bemühenszusage des Vorstands gegenüber dem Bieter unwirksam. Vielmehr sollte die Vereinbarung zwischen dem Bieter und den aktuellen Aufsichtsratsmitgliedern zur Vermeidung dieser Rechtsprobleme geschlossen werden. Eine durchsetzbare Verpflichtung zum Rücktritt von Aufsichtsratsmitgliedern ist allerdings wiederum mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats nicht vereinbar.404 Ferner wäre eine verbindliche Verpflichtung wegen Umgehung der Vorschrift des § 103 Absatz 1 Satz 1 AktG unwirksam, wonach eine vorzeitige Abberufung der gewählten Aufsichtsratsmitglieder nur durch ihr Bestellorgan Hauptversammlung möglich ist. Empfehlenswert ist es daher auch hier, die Vereinbarung als Bemühensklausel auszugestalten, die sich auf rechtliche zumutbare und zulässige Handlungen beschränkt. Um die Vereinbarung nicht unübersichtlich zu machen, könnte diese nur mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden geschlossen werden, etwa dergestalt, dass dieser in der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats sondiert, ob gewählte Mitglieder der Anteilseignerseite zur Amtsniederlegung bereit sind, ohne dass hierauf ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch des Bieters besteht.

401 402 403 404

Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 104 Rn. 21 m. w. N. Vgl. Fn. 395, S. 150. Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(2). Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(3).

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C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

(3) Ausgestaltung einer Vereinbarung über die gerichtliche Bestellung Die Schaffung einer Vakanz bildet nur einen Teil einer Vereinbarung über die gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern. Der andere Teil betrifft die Antragsstellung zur gerichtlichen Ergänzung des Aufsichtsrats gemäß § 104 Absatz 1 AktG. Zur Antragsstellung ist der Vorstand (und zwar nicht in Vertretung der Gesellschaft) gemäß § 104 Absatz 1 Satz 2 AktG grundsätzlich verpflichtet, die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder (nicht der Aufsichtsrat als Organ) sind aber ebenfalls antragsberechtigt, vgl. § 104 Absatz 1 Satz 1 AktG.405 Die Gesellschaft selbst ist hingegen nicht antragsberechtigt.406 Damit die Vereinbarung über die Kandidatenvorschläge nicht ins Leere läuft, sollte sie daher nicht gegenüber der Zielgesellschaft, sondern ausdrücklich gegenüber dem Antragssteller abgeschlossen werden. Hinsichtlich der Vorschläge des Antragstellers an das Gericht gilt das oben Gesagte. Eine rechtlich verbindliche Vereinbarung zum Vorschlag einer bestimmten Person an das Gericht ist daher nicht wirksam möglich. Da aufgrund der Antragspflicht des Vorstands und der an eine Säumnis knüpfenden Konsequenzen407 der Antrag üblicherweise durch den Vorstand erfolgt, sollte zur Sicherung der Interessen des Bieters und aus Gründen der Vereinfachung eine Vereinbarung genügen, nach welcher sich die Vorstandsmitglieder im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Zumutbaren bemühen werden, in ihrem Beschluss über die Kandidatenvorschläge an das Gericht die vom Bieter benannten Personen zu berücksichtigen.408 Eine zusätzliche Vereinbarung gegenüber den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern ist daneben zulässig, wiederum unter der Voraussetzung, dass diese keine rechtliche durchsetzbare Bindung bewirkt. Dies kann unter Umständen trotz Unübersichtlichkeit empfehlenswert sein, um einerseits gegenläufige Kandidatenvorschläge zu vermeiden und andererseits einen Interessensgleichlauf zu demonstrieren.409 (4) Zwischenergebnis Die gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern bietet ein Mittel, Kandidaten des Bieters in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zeitnah 405

Simons, in: Hölters, AktG, § 104 Rn. 21 f. Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 104 Rn. 12. 407 Ggf. Schadensersatzpflicht gemäß § 93 und Abberufung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Absatz 3, vgl. Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 104 Rn. 32. 408 Über die Kandidatenvorschläge an das Gericht entscheidet der Vorstand durch Beschluss, Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 104 Rn. 16. 409 Simons, in: Hölters, AktG, § 104 Rn. 22. 406

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nach Abschluss der Investorenvereinbarung zu verhelfen. Verkompliziert wird eine dahingehende Vereinbarung allerdings dadurch, dass diese nicht wirksam einheitlich gegenüber der Zielgesellschaft getroffen werden kann. Erforderlich wäre zunächst eine Vereinbarung gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern oder dem Aufsichtsratsvorsitzenden über die Amtsniederlegung gewählter Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite, um die vakanten Stellen dann in einem zweiten Schritt durch die gerichtliche Ergänzung mit Kandidaten des Bieters zu füllen. Hierzu müsste eine Vereinbarung mit den Vorstandsmitgliedern, ggf. auch mit denen des Aufsichtsrats, über die Berücksichtigung der Kandidatenvorschläge des Bieters getroffen werden. Weiterhin darf die Vereinbarung keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch des Bieters begründen, sondern kann nur als Bemühenszusage ausgestaltet werden. Zur Vermeidung von Wirksamkeitsproblemen sollte daher in der Vereinbarung ausdrücklich klargestellt werden, dass diese keinen durchsetzbaren Anspruch begründen und zudem nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Zumutbaren bestehen soll. c) Absprachen hinsichtlich besonderer Funktionen Teilweise wird vom Bieter nicht nur eine angemessene Repräsentanz im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft, sondern auch eine bestimmte Funktion im Aufsichtsrat, etwa die Mitgliedschaft im Nominierungsausschuss, gefordert.410 Abreden, nach welchen ein Kandidat besondere Funktionen im Aufsichtsrat erhalten soll, zum Beispiel den Aufsichtsratsvorsitz oder die Mitgliedschaft in einem Ausschuss, begegnen ebenfalls rechtlichen Bedenken. Über die Bildung, Größe und Zusammensetzung von Ausschüssen hat allein der Aufsichtsrat zu befinden; dies ist Ausdruck seiner Organisationsautonomie.411 Die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden ist innerstes Organisationsrecht des Aufsichtsrats.412 Einschränkungen der Wahlfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder sind nicht zulässig.413 Gleiches gilt für die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden.414 Ein Verzicht auf die Autonomie durch den Aufsichtsrat selbst ist nicht möglich.415 410

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204. Habersack, in: MünchKomm, AktG, Vor § 95, Rn. 16, § 107 Rn. 93; Hopt/ Roth, in: GroßKomm, AktG, § 107 Rn. 242 f. 412 Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 107 Rn. 27. 413 Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 107 Rn. 18. 414 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 107 Rn. 16; Spindler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 107 Rn. 18. 415 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 107 Rn. 16. 411

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Eine Vereinbarung, in welcher die Zielgesellschaft dem Bieter bestimmte Funktionen im Aufsichtsrat zusichert oder dahingehende Verpflichtungen übernimmt, ist daher wegen Verstoßes gegen die Organisationsautonomie des Aufsichtsrats nicht zulässig, auch nicht unter Beteiligung des Aufsichtsrats.416 Unwirksam ist weiterhin eine Vereinbarung, in welcher die Mitgliedschaft in einem Ausschuss oder der Vorsitz im Aufsichtsrat zur Bedingung für andere Vereinbarungen gemacht wird, da dies einen unzulässigen Entscheidungsdruck auf den Aufsichtsrat ausübt.417 Diskutiert werden kann wiederum, die Absprachen als Bemühensklausel zu formulieren, die keine durchsetzbaren Verpflichtungen begründen. Eine Zusage, sich um eine Berücksichtigung der Repräsentanten des Bieters bei der Wahl der Ausschussmitglieder zu bemühen, ist aus Sicht des Bieters aber wenig zielführend. Sind die Wunschkandidaten des Bieters noch nicht in den Aufsichtsrat bestellt, können sie an keiner Wahl teilhaben. Sind sie in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bestellt, nehmen sie ohnehin an der entsprechenden Wahl teil. Über die Auswahl der Ausschussmitglieder entscheidet dann der Gesamtaufsichtsrat durch einfachen Beschluss.418 Wahlzusagen sind wie festgestellt nicht möglich. Einer Bemühensklausel könnte in diesem Zusammenhang daher nur klarstellende Bedeutung zukommen. Absprachen in der Investorenvereinbarung hinsichtlich der Zuweisung besonderer Funktionen im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft an den Bieter sind somit unwirksam. Es könnte allein klargestellt werden, dass Repräsentanten des Bieters, sofern sie Mitglied des Aufsichtsrats sind, an den entsprechenden Wahlen teilnehmen und in die jeweilige Funktion gewählt werden können. d) Ergebnis Vereinbarungen in Investorenvereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft sind enge Grenzen gezogen. Rechtlich durchsetzbare Ansprüche des Bieters hinsichtlich einer Repräsentation im Aufsichtsrat können nicht wirksam vereinbart werden. Dies ist nicht mit der 416 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 101 Rn. 13 (im Zusammenhang mit Wahlabreden von Aktionären); Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 107 Rn. 243; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 59. 417 Dem entgegen wurde in dem Backstop Arrangement zwischen Infineon und Admiral Participations (Apollo) als aufschiebende Bedingung des Beteiligungserwerbs vereinbart, dass ein Vertreter des Investors als Vorsitzender des Aufsichtsrats von Infineon ernannt wird, vgl. Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16.7.2009, S. 76). 418 Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 107 Rn. 117.

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aktienrechtlichen Kompetenzordnung und der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats vereinbar. Vereinbarungen über die Zuweisung besonderer Funktionen im Aufsichtsrat an den Bieter sind ebenfalls unwirksam. Hier sind die Beteiligten auf die Vereinbarung von Bemühensklauseln angewiesen, die insbesondere keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch begründen und keinen unzulässigen Entscheidungsdruck ausüben dürfen sowie die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung zu wahren haben. Im Rahmen einer solchen Klausel ist es zulässig, Absprachen über die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats gemäß § 104 AktG zu treffen, in welchen die Kandidaten des Bieters berücksichtigt werden. Bei Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft sind weiterhin die Grenzen zu beachten, die aufgrund der Unzulässigkeit von Stimmbindungsvereinbarungen gezogen sind.419 Im Ergebnis bleibt somit für die Investorenvereinbarung kein Raum, verbindliche Vereinbarung hinsichtlich der Zusammensetzung und Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zu treffen. Dieser Befund kann sich aus Sicht der Zielgesellschaft als sehr nachteilig erweisen, da es ihr somit nicht möglich ist, rechtlich verbindlich den Einfluss des Bieters auf die Zielgesellschaft über den Aufsichtsrat einzuschränken. Sie ist damit auf ein wohlwollendes Verhalten des Bieters angewiesen und dass dieser die Investorenvereinbarung ihrem Geiste nach lebt.420 Aus Sicht des Bieters ergeben sich hieraus in der Regel keine großen Nachteile, da der Bieter mit seiner Stimmrechtsmacht seine Repräsentanz im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ohnehin aus eigener Kraft sicherstellen kann. 4. Unterstützung des Geschäftsmodells der Zielgesellschaft und Vertrauen in bestehendes Management Regelmäßiger Bestandteil einer Investorenvereinbarung sind Bestimmungen, in welchen der Bieter der Zielgesellschaft zusichert, nach erfolgreicher Übernahme das bestehende Geschäftsmodell und die Geschäftsstrategie der Zielgesellschaft zu unterstützen und zu fördern und von einer Zerschlagung der Gesellschaft abzusehen.421 Die diesbezüglichen Vereinbarungen können 419

Siehe hierzu oben unter C.III.1.b)(1). Kiem, AG 2009, 301, 309. 421 Kiem, AG 2009, 301, 303; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198, 204; v. Riegen, CFL 2010, 1, 9; vgl. auch die Zusagen von Terex an Demag Cranes im Business Combination Agreement zwischen den Gesellschaften, § 1; Schaeffler an Continental gemäß dem Wertpapierprospekt der Continental, S. 184; Amerigon an W.E.T. gemäß dem Business Combination Agreement zwischen den Parteien in der Angebotsunterlage der Amerigon Europe an die Aktionäre der W.E.T. Automotive 420

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sich in einer abstrakten Zusage des Bieters zur Unterstützung der strategischen Unternehmensziele der Zielgesellschaft erschöpfen oder sich auch auf konkrete Ziele, Projekte oder Maßnahmen beziehen.422 Weiterhin sind Zusagen hinsichtlich des bestehenden Managements der Zielgesellschaft anzutreffen, in welchen der Bieter sein Vertrauen in den bestehenden Vorstand bekundet und sich verpflichtet, keine Änderungen seiner Zusammensetzung vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken.423 a) Zusagen hinsichtlich Geschäftsmodell und Geschäftsstrategie Zusicherungen des Bieters an die Zielgesellschaft hinsichtlich ihres Geschäftsmodells und ihrer Geschäftsstrategie begegnen keinen grundsätzlichen Bedenken. Insbesondere wird die Leitungsautonomie des Vorstands der Zielgesellschaft nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil eher erweitert. Andererseits liegt auch kein Eingriff in die Kompetenzen der Hauptversammlung vor, da die Leitung der Gesellschaft dem Vorstand zugewiesen ist, § 76 Absatz 1 AktG.424 Zudem können sich Aktionäre grundsätzlich wie Dritte zu Leistungen beliebigen Inhalts gegenüber der Gesellschaft verpflichten.425 Verständigen sich Zielgesellschaft und Bieter auf bestimmte Unternehmensziele und die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft und macht der Vorstand diesbezügliche Zusagen in der Investorenvereinbarung, muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Zusagen eine unzulässige Bindung des Leitungsermessens des Vorstands begründen.426 Systems, Ziffer 7.2.3; Gleiches in der Angebotsunterlage Pyramus (Apax)/D+S Europe, Ziffer 7.2.3; siehe auch Formulierungsbeispielt bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. § 8 Ziffer 8.3. 422 Kiem, AG 2009, 301, 303; vgl. z. B. die Zusagen von Terex an Demag Cranes im Business Combination Agreement, § 1 Ziffer 1.2. 423 Vgl. § 6.2 des Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes und Terex und die Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler, S. 184 des Wertpapierprospekts der Continental („Schaeffler promises not to undertake or support actions resulting in a change in the composition of the Executive Board [. . .].“); ebenso Ziffer III. 3. des Business Combination Agreement W.E.T. Automotive Systems und Amerigon, vgl. LG München, Az. 5 HK O 20488/11 (= NZG 2012, 1152) sowie OLG München, Az. 7 AktG 3/11 (= NZG 2012, 261); Reichert/ Ott, FS Goette, 2011, 397 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204. 424 Anderes gilt für Entscheidungen im Kompetenzbereich der Hauptversammlung, wo dann ggf. das Vorliegen einer unzulässigen Stimmbindung zu prüfen ist, siehe hierzu oben unter C.III.1. 425 Ganz h. M., vgl. nur Hüffer, AktG, § 54 Rn. 7. 426 Hinsichtlich Zusagen des Vorstands bezüglich Kapitalmaßnahmen der Gesellschaft OLG München, Az. 7 AktG 2/12, Ziffer II. 1. b) bb) (2) sowie LG München, NZG 2012, 1152, 1153 f.; v. Riegen, CFL 2010, 1, 9; vgl. zur Bindung des Leitungsermessens des Vorstands insbesondere Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76

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Die Zulässigkeit der Zusage, von einer Zerschlagung der Gesellschaft abzusehen (siehe oben), hängt von der Ausgestaltung der Vereinbarung ab. Sagt der Bieter zu, auf die Veräußerung einzelner oder bestimmter Unternehmensteile nicht hinzuwirken oder diese zu unterstützen, liegt grundsätzlich kein unzulässiger Eingriff in die Kompetenzen der Hauptversammlung vor. Über die Veräußerung von Unternehmensteilen hat der Vorstand, ggf. mit Zustimmung des Aufsichtsrats, zu entscheiden. Nur soweit es um eine Veräußerung des Unternehmens als Ganzes gemäß § 179a AktG geht oder die Holzmüller-Schwelle erreicht wird, kann die Verpflichtung als unzulässige Stimmrechtsbindung ausgelegt werden. Dieses Problem kann vermieden werden, indem aus der Verpflichtung ausdrücklich die Sachverhalte ausgenommen werden, die einer Entscheidung oder Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen. Danach könnte der Bieter etwa zusagen, von einer Zerschlagung der Gesellschaft oder der Veräußerung einzelner oder bestimmter Betriebsteile abzusehen und hierauf nicht hinzuwirken, wobei diese Verpflichtung den Bieter als Aktionär der Gesellschaft nicht binden soll, wenn und soweit die Hauptversammlung über die entsprechende Maßnahme zu entscheiden hat. b) Zusagen hinsichtlich bestehenden Managements Bestandteil einer Investorenvereinbarung sind regelmäßig auch Zusagen des Bieters im Hinblick auf den bestehenden Vorstand der Zielgesellschaft. So wird der Bieter etwa sein Vertrauen in das bestehende Management zusagen und sich verpflichten, keine Änderungen im Vorstand vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken, soweit kein wichtiger Grund hierzu vorliegt.427 Zusagen hinsichtlich des bestehenden Managements sind im Zusammenhang mit Zusagen hinsichtlich der künftigen Geschäftspolitik zu sehen, da der Vorstand die Geschäftspolitik bestimmt und sich somit eine Veränderung im Vorstand auf die Geschäftspolitik auswirkt. Eine Zusicherung des Bieters im Hinblick auf das bestehende Management ist daher von wichtiger Bedeutung zur Sicherung der bisherigen Geschäftspolitik der Zielgesellschaft und damit der Sicherung ihrer Interessen. Eine Zusage des Bieters hinsichtlich des bestehenden Managements ist insoweit unproblematisch, als der Bieter allein sein Vertrauen in das bestehende Management bekundet. Eine solche Zusage enthält nichts anderes als die darin enthaltene Bekundung. Unzulässig ist hingegen eine Zusage des Bieters, keine Änderungen im Vorstand vorzunehmen oder hierauf hinRn. 68 ff.; ders., FS Schwark, 2009, 137, 149 ff.; ders., ZIP 2003, 1, 10 f.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 47, 48 ff. 427 Vgl. Nachweise Fn. 423, S. 158.

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zuwirken. Hierin ist eine unzulässige Vereinbarung des Vorstands zur Sicherung seiner eigenen Position zu sehen. Zunächst scheint zwar eine dahingehende Vereinbarung es dem Vorstand aufgrund der fehlenden Personalkompetenz der Hauptversammlung über den Vorstand für sich genommen nicht zu ermöglichen, Maßnahmen zur Sicherung seiner eigenen Position entgegen der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vorzunehmen. Die Vereinbarung bindet nur den Bieter als Aktionär der Zielgesellschaft, und die Hauptversammlung hat keine Personalkompetenz über den Vorstand. Allerdings hat die Hauptversammlung eine Überwachungsfunktion gegenüber dem Vorstand, indem sie über die Entlastung des Vorstands entscheidet, § 119 Absatz 1 Nr. 3 AktG. Zudem kann die Hauptversammlung dem Vorstand das Vertrauen entziehen, was einen wichtigen Grund zur Abberufung des Vorstands begründet, § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG. Vorallem aber kann der Bieter auf eine Veränderung im Vorstand über den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft hinwirken. Dies ist der wirkungsvollste Weg, Veränderungen im Vorstand herbeizuführen. Daher ist die Verpflichtung des Bieters auch dahingehend auszulegen, dass er es zu unterlassen hat, über den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft auf eine Veränderung im Vorstand hinzuwirken. Eine solche Zusage gegenüber der Zielgesellschaft ist aber unzulässig. Die effektive Kontrolle des Vorstands würde gefährdet, ließe man eine Vereinbarung zu, durch welche der Vorstand Einfluss auf den Aufsichtsrat zu gewinnen versucht. Auch die Verpflichtung des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft zu einer faktischen Einflussnahme auf den Aufsichtsrat ist schon unzulässig. Hierdurch werden die Kontrollmechanismen in der Aktiengesellschaft unterlaufen, was aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung nicht nur zur Unzulässigkeit, sondern auch zur Nichtigkeit dahingehender Vereinbarungen führt (siehe zum Ganzen nachfolgend). Die Unzulässigkeit einer solchen Verpflichtung des Bieters lässt sich auch durch den Zusatz, dass diese nicht gelten soll, sofern ein wichtiger Grund vorliegt, nicht beseitigen.428 Eine Abberufung des Vorstands ist zum einen ohnehin nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG. Zum anderen und entscheidend ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes eine Ermessensentscheidung, die nur schwer nachprüfbar ist. Daher ist dieser Zusatz nicht geeignet, eine unerwünschte Einflussnahme auszuschließen. Die Unzulässigkeit einer Verpflichtung des Bieters, keine Veränderungen im Vorstand vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken, steht zudem im Einklang damit, dass der Vorstand von den Aktionären abhängig ist und nicht umgekehrt.429

428 429

A. A. Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 406 f. Siehe hierzu oben unter C.III.2.b)(2).

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c) Bindungswirkung der Investorenvereinbarung Allgemein werfen Zusagen des Bieters hinsichtlich der künftigen Geschäftspolitik der Zielgesellschaft die Frage auf, wie eine effektive Bindung des Bieters an die diesbezüglichen Zusagen geschaffen werden kann. Diese Problematik besteht weniger bei konkreten Zusagen des Bieters im Hinblick auf bestimmte Projekte und Maßnahmen, da in einem solchen Fall ein Austauschvertrag zwischen Gesellschaft und Bieter vorliegen wird, aus welchem sich konkrete und durchsetzbare Verpflichtungen ergeben.430 Vielmehr besteht die Frage der Schaffung einer effektiven Bindungswirkung bei abstrakten Zusagen des Bieters hinsichtlich der Geschäftspolitik und -strategie der Zielgesellschaft oder bei einer Zusage, von einer Zerschlagung der Gesellschaft abzusehen. Im Folgenden wird daher der Frage nachgegangen, wie die Zielgesellschaft eine möglichst weitgehende Bindung des Bieters an seine Zusagen erreichen kann. (1) Grundsätzliche Problematik Parteien der Investorenvereinbarung sind grundsätzlich der Bieter und die Zielgesellschaft.431 Die Vereinbarungen binden daher nur den Bieter als solchen. Einfluss auf die Zielgesellschaft kann der Bieter im besonderen Maße über den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gewinnen.432 Die Einflussnahme über den Aufsichtsrat ist je nach Regelungsgegenstand auch wirksamer als etwa der Versuch, die Geschäftspolitik über die Stellung als Aktionär zu beeinflussen. Der Aufsichtsrat ist zwar von der Geschäftsführung ausgeschlossen, § 111 Absatz 4 Satz 1 AktG. Doch kommt ihm neben der Überwachungs- auch eine Beratungsfunktion gegenüber dem Vorstand zu. Zudem kann der Aufsichtsrat die Geschäftspolitik insbesondere durch seine Personalkompetenz über den Vorstand beeinflussen. Direkten Einfluss auf die Geschäftspolitik der Gesellschaft hat der Bieter daher nur über den Aufsichtsrat. Eine Bindung des Bieters durch die Investorenvereinbarung beinhaltet allerdings nicht zugleich auch eine Bindung des Bieters bzw. seiner Repräsentanten im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft. Die Annahme, der Bieter werde nicht versuchen, Einfluss auf die Zielgesellschaft über den Aufsichtsrat zu 430

Kiem, AG 2009, 301, 303. Als weitere Partei kommt ein Garant als neutrale dritte Partei in Betracht, um die Einhaltung der Investorenvereinbarung zu überwachen, siehe hierzu unten unter D. 432 Zu Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats siehe oben unter C.III.3. 431

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nehmen, geht in jedem Fall an der Rechtstatsächlichkeit vorbei.433 Andernfalls wäre eine angemessene Repräsentanz im Aufsichtsrat auch nicht von so wichtiger Bedeutung für Investoren. Damit besteht aus Sicht der Zielgesellschaft die Gefahr eines Unterlaufens der Ziele der Investorenvereinbarung durch den Bieter über den Weg des Aufsichtsrats, so dass sich die Zusagen des Bieters nach der Übernahme als leeres Versprechen herausstellen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass andere aus Sicht der Zielgesellschaft wünschenswerte Abreden zur Sicherung ihrer Geschäftspolitik und -strategie nicht wirksam vereinbart werden können. Betroffen sind hiervon insbesondere Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Stimmrechtsausübung des Bieters in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft stehen.434 Die möglichen Regelungsgegenstände der Investorenvereinbarung zur Sicherung der Geschäftspolitik und -strategie sind daher ohnehin begrenzt. Es wäre aus Sicht der Zielgesellschaft somit von wichtigem Interesse, eine Bindung des Aufsichtsrats bzw. des Bieters im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft an die Investorenvereinbarung zu erreichen. Die Aufsichtsratsmitglieder sind kraft ihres Amtes und der Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse an die Ziele der Investorenvereinbarung gebunden, indem sie diese in ihren Entscheidungen als ermessensleitende Gesichtspunkte mit einzubeziehen und zu berücksichtigen haben. Eine Ermessensentscheidung lässt sich allerdings nur schwer überprüfen. Zudem besteht aufgrund der Nähe zum Bieter die Gefahr, dass sich die Aufsichtsratsmitglieder aus seinen Reihen gerade (auch) von den spezifischen Interessen des Bieters leiten lassen. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit die Zielgesellschaft die Aufsichtsratsmitglieder aus den Reihen des Bieters ebenfalls an die Vereinbarungen hinsichtlich der Geschäftspolitik in der Investorenvereinbarung binden kann.435 Hierzu kommt zum einen eine unmittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder in Betracht, indem sie Partei der Investorenvereinbarung und damit an die darin niedergelegten Ziele gebunden werden. Zum anderen stellt sich die Frage, ob eine mittelbare Bindung möglich ist, indem der Bieter sich verpflichtet, für die Einhaltung der ihm obliegenden Verpflichtungen durch die Aufsichtsratsmitglieder aus seinen Reihen Sorge zu tragen.

433 Siehe etwa Interview im Handelsblatt online vom 10.03.2010 „Investoren wollen Aufsichtsräte bestimmen“, abrufbar unter www.handelsblatt.com. 434 Siehe hierzu oben unter C.III.1. 435 Hierzu auch Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 399 ff.

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(2) Unmittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder Zunächst könnte erwogen werden, den Aufsichtsrat bzw. wegen mangelnder Rechtsfähigkeit die Mitglieder selbst zur Partei der Investorenvereinbarung zu machen, um eine Bindung hinsichtlich der Absprachen über die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft zu erwirken. Eine unmittelbare Bindung des Aufsichtsrats an die Investorenvereinbarung wirft dabei verschiedene Probleme auf. Bindungen des Aufsichtsrats bzw. seiner Mitglieder stehen immer in Konflikt zu dem Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Amtsführung der Aufsichtsratsmitglieder.436 Weisungsbindungen von Aufsichtsratsmitgliedern sind grundsätzlich unzulässig und unwirksam. Hier besteht nun die Besonderheit, dass die Aufsichtsratsmitglieder durch den Beitritt zur Investorenvereinbarung nicht an Sonderinteressen Dritter, sondern an das in der Investorenvereinbarung zuvor definierte Unternehmensinteresse bzw. an die Geschäftspolitik der Gesellschaft gebunden werden sollen. D.h. die Bindung soll der Sicherung des Unternehmensinteresses aus Sicht der Zielgesellschaft dienen.437 Insofern könnte angenommen werden, den Aufsichtsratsmitgliedern würden durch die Bindung an die Investorenvereinbarung keine Verpflichtungen auferlegt, da sie schon kraft ihres Amtes auf das Unternehmensinteresse verpflichtet sind. Dieser Gedanke greift indes zu kurz. Eine Bindung des Aufsichtsrats an Vereinbarungen der Investorenvereinbarung über die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft würde bedeuten, dass sich der Aufsichtsrat verpflichtet, die vom Vorstand in der Investorenvereinbarung näher bestimmte Geschäftspolitik mit zu tragen. Es ist aber gerade Aufgabe des Aufsichtsrats, die Geschäftspolitik des Vorstands zu überwachen. Eine Bindung an die Geschäftspolitik wäre damit völlig gegenläufig zu den gesetzlichen Pflichten des Aufsichtsrats. Dies würde zu einer Kontrolle des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat führen und würde eine effektive Überwachung der Geschäftsführung aus den Angeln heben. Eine Bindung der Aufsichtsratsmitglieder aus dem Lager des Bieters hat aufgrund der drohenden Beeinflussung dieser durch den Bieter oder ihrer Orientierung allein an den Interessen des Bieters gewiss ihre Berechtigung. Es ist aber nicht Aufgabe des Vorstands, mittels einer Investorenvereinbarung für die ordnungsgemäße, d.h. allein am Unternehmensinteresse ausgerichtete Amtsführung des Aufsichtsrats Sorge zu tragen. Die ordnungs436 437

Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(3) und noch sogleich unter C.III.4.c)(3). Hierzu auch noch sogleich unter C.IV.4.c)(3)(a).

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gemäße Amtswahrnehmung des Aufsichtsrats sicherzustellen, ist vielmehr Aufgabe des Gesetzes. Es sprechen zwar keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit von Vereinbarungen zwischen der Zielgesellschaft und dem Bieter hinsichtlich der künftigen Geschäftspolitik der Zielgesellschaft.438 Doch würde die effektive Kontrolle der Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat gefährdet werden, ließe man Vereinbarungen zu, durch welche der Vorstand Einfluss auf den Aufsichtsrat zu gewinnen versucht. Eine Einflussnahme oder der Versuch einer Einflussnahme des Vorstands auf die Entscheidungen des Aufsichtsrats verbietet die gesetzliche Kompetenzordnung. Ein Beitritt von Aufsichtsratsmitgliedern zur Investorenvereinbarung, um die Geschäftspolitik gegenüber Beeinflussungen durch den Bieter zu schützen, ist folglich wegen Verstoßes gegen zwingendes Organisationsrecht gemäß § 134 BGB nichtig.439 Dem ließe sich noch entgegensetzen, dass es durch die Bindung an die Ziele der Investorenvereinbarung gerade darum geht, eine sachgerechte, unbeeinflusste und am Unternehmensinteresse ausgerichtete Entscheidung des Aufsichtsrats sicherzustellen und Einflussnahmen des Bieters auf den Aufsichtsrat zu begrenzen. Der Aufsichtsrat hat jedoch selbst und unabhängig in der konkreten Situation darüber zu entscheiden, was er als im Unternehmensinteresse liegend erachtet, vgl. §§ 116, 93 AktG. Aus dem Umstand, dass die betreffenden Aufsichtsratsmitglieder an das in der Investorenvereinbarung definierte Unternehmensinteresse gebunden werden sollen, ergeben sich damit keine Besonderheiten. Erst Recht unwirksam ist eine Bindung des Aufsichtsrats an eine Verpflichtung des Bieters, das bestehende Management nicht auszutauschen.440 Die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder gemäß § 84 AktG und die vertraglichen Regelungen des Anstellungsvertrages sind wesentliche Aufgabe des Aufsichtsrats.441 Es obliegt dem Vorstand nicht, Vereinbarungen zur Sicherung seiner Position zu treffen, die zugleich in die Personalhoheit des Aufsichtsrats eingreifen. Dies steht in Widerspruch zur ausschließlichen Personalkompetenz des Aufsichtsrats sowie zu seiner Überwachungsfunktion gegenüber dem Vorstand.442 Zulässig sind allein unverbindliche Vorschläge des Vorstands an den Aufsichtsrat, da der Vorstand ggf. über die Fähigkeiten und Eignung potenzieller Kandidaten besser informiert ist.443 Eine Vereinbarung, die der Vorstand über die Besetzung des 438

Siehe hierzu oben unter C.III.4.a). Siehe zur Nichtigkeitsfolge eines Verstoßes gegen zwingendes Organisationsrecht oben unter C.III.2.b)(7). 440 Siehe hierzu oben unter C.III.4.b). 441 Habersack, in: MünchKomm, AktG, Vor § 95 Rn. 2. 442 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 408 f. 439

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eigenen Organs trifft, ist daher wegen Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung gemäß § 134 BGB nichtig. Hierdurch würde die effektive Überwachung und Kontrolle des Vorstands gefährdet.444 Zudem ist das Entschließungsermessen des Aufsichtsrats rechtlich uneinschränkbar (hierzu sogleich), so dass Vereinbarungen, die den Aufsichtsrat in seiner Personalhoheit beschränken, gemäß § 134 BGB nichtig sind.445 Auch kann der Vorstand den Aufsichtsrat nicht zu einem bestimmten Verhalten verpflichten, da dies der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats zuwiderläuft.446 Die Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Investorenvereinbarung bedeutet zudem eine unzulässige Vorverlagerung der Ausübung ihres Entschließungsermessens.447 Aufsichtsratsmitglieder können sich nicht wirksam hinsichtlich künftiger Sachverhalte binden. Der Aufsichtsrat hat seine Entscheidungen in seiner jeweiligen Zusammensetzung frei von jeglichen Bindungen – ausgenommen der an das Unternehmensinteresse – zu treffen. Dieser Vorgang wird gestört, wenn schon im Voraus Entscheidungen vorgenommen werden oder eine Festlegung in eine bestimmte Richtung beschlossen wird. Damit ist eine freie Ermessensentscheidung im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Eine Vorverlagerung der Ausübung des Entschließungsermessens ist daher nicht zulässig. Eine Bindung von Aufsichtsratsmitgliedern an die Investorenvereinbarung scheidet auch dann aus, wenn den Aufsichtsratsmitgliedern der erforderliche Ermessensspielraum hinsichtlich ihrer Entscheidungen belassen wird.448 So könnte in die entsprechenden Vereinbarungen aufgenommen werden, dass eine Bindung der jeweiligen Aufsichtsratsmitglieder an die Regelungen über die Geschäftspolitik der Gesellschaft nur im Rahmen des den Aufsichtsratsmitgliedern zustehenden Ermessens besteht. Allerdings ändert dies 443 Lutter/Krieger, § 7 Rn. 336; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 84 Rn. 9; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 14; vgl. auch Ziffer 5.1.2 DGCK. 444 Teilweise a. A. Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 409. 445 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 84 Rn. 8; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 14. 446 Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(2). 447 Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(3). 448 Diesen Gedanken wirft Habersack gegenüber dem Handelsblatt auf: „Sollten an der Investorenvereinbarung amtierende Aufsichtsratsmitglieder beteiligt sein, so erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, dass diese sich hinsichtlich der Ausübung ihres Stimmrechts im Aufsichtsrat binden, soweit sich dies innerhalb eines Beurteilungs- und Ermessensspielraums des Aufsichtsrats bewegt.“, vgl. Handelsblatt online vom 07.08.2009, „Investorenvereinbarung als Rettungsanker“, abrufbar unter www.handelsblatt.com; siehe hierzu auch noch sogleich unter C.III.4.c)(3)(a).

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nichts an der Einflussnahme des Vorstands auf die Amtsführung des Aufsichtsrats. Zudem bedeutet die Bindung nach wie vor eine unzulässige Vorverlagerung der Entscheidung, auch wenn dem Aufsichtsratsmitglied ein Ermessensspielraum hinsichtlich künftiger Entscheidungen belassen wird. Eine Bindung durch die Festlegung des Entschließungsermessenes in eine bestimmte Richtung wird nach wie vor begründet, wenn auch nur mit abgeschwächter Wirkung. Eine unmittelbare Bindung von Aufsichtsratsmitgliedern an die Investorenvereinbarung, indem sie Partei dieser werden, ist folglich nicht möglich. Dem stehen der Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats sowie das Verbot der Vorwegbindung entgegen. Eine Bindung des Aufsichtsrats an die Investorenvereinbarung würde sein freies Entschließungsermessen in unzulässiger Weise einschränken. Zudem verstößt eine Bindung des Aufsichtsrats an die Investorenvereinbarung gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. (3) Mittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder Da eine unmittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Investorenvereinbarung nicht wirksam möglich ist, fragt sich, ob sich zumindest eine mittelbare Bindung vereinbaren lässt. Eine mittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Investorenvereinbarung könnte erreicht werden, indem der Bieter sich gegenüber der Zielgesellschaft verpflichtet, die Aufsichtsratsmitglieder, die auf seine Veranlassung hin in den Aufsichtsrat bestellt wurden oder ihn sonst repräsentieren, ebenfalls zur Einhaltung der entsprechenden Vereinbarungen anzuhalten. Eine solche Vereinbarung wirft allerdings ebenso wie eine unmittelbare Bindung Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder sowie der aktienrechtlichen Kompetenzordnung auf. Für die Frage der Zulässigkeit sind dabei Verpflichtungen des Bieters zur rechtsverbindlichen Einflussnahme auf den Aufsichtsrat und Vereinbarungen, die eine bloß tatsächliche Einflussnahme begründen sollen, zu unterscheiden. (a) Rechtsverbindliche Einflussnahme Eine rechtsgeschäftliche Weisungsbindung von Aufsichtsratsmitgliedern ist nach herrschender Meinung nicht möglich, da dies dem Grundsatz der Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit der Amtsführung zuwiderläuft.449 449

Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(3).

III. Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft

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Teilweise wird eine Ausnahme für entsandte Aufsichtsratsmitglieder von diesem Grundsatz anerkannt.450 Diese Unterscheidung ist indes unzutreffend. Eine Differenzierung zwischen gewählten und entsandten Aufsichtsratsmitgliedern lässt sich weder dem Gesetz entnehmen, noch ist sie anderweitig gerechtfertigt. Alle Aufsichtsratsmitglieder treffen die gleichen Rechte und Pflichten.451 Es ließe sich anzweifeln, ob das Verbot einer Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder uneingeschränkte Geltung beanspruchen kann. Für eine begrenzte Zulässigkeit einer Weisungsbindung könnte folgender Gedanke angeführt werden: Was dem Unternehmensinteresse entspricht, bestimmt sich aus einer Vielzahl verschiedener Belange. Verpflichtet sich nun ein Aufsichtsratsmitglied gegenüber einer Person, ihre Interessen in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen, ohne dass hierdurch eine Verpflichtung des Aufsichtsratsmitglieds zur Abstimmung im Sinne dieser Interessen begründet wird, so stellt diese Vereinbarung die Erfüllung der ohnehin gesetzlich vorgegebenen Verpflichtung dar.452 Die Vereinbarung würde allein sicherstellen, dass die Interessen der entsprechenden Person in der Entscheidung berücksichtigt werden. Der Entscheidungsprozess im Aufsichtsrat wäre damit nach wie vor offen, da der Entscheidungsspielraum der Aufsichtsratsmitglieder nicht eingeschränkt wird. Die Bindung würde das freie Entschließungsermessen des gebundenen Aufsichtsratsmitglieds nicht einschränken. Das Recht muss erst dann schützend eingreifen, wenn dieser Prozess gestört wird.453 Denn Sinn und Zweck des Verbots einer Weisungsbindung ist es sicherzustellen, dass die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt frei von bindenden Fremdeinflüssen allein am Unternehmensinteresse ausgerichtet wahrnehmen können. Die Gefahr, dass sich das betreffende Aufsichtsratsmitglied allein an den Interessen eines Dritten orientiert, besteht auch unabhängig von einer Weisungsbindung. Handelt das Aufsichtsratsmitglied nicht im Interesse des Weisungsgebers, können ihm auch keine etwaigen Sanktionen aus dem Innenverhältnis drohen. Solche wären unwirksam, da sie einen unzulässigen Entscheidungsdruck auf das Aufsichtsratsmitglied ausübten.454 Das Innenverhältnis würde daher keinen besonderen Entschei450 Roth/Hopt, in: GroßKomm, AktG, §§ 101 Rn. 147 f., 111 Rn. 745; einschränkend Mertens, in: KölnKomm, AktG, § 101 Rn. 55; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 101 Rn. 22. 451 BGH NJW 1962, 864, 866; Säcker, DB 1977, 1791, 1793; Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 101 Rn. 51; Hüffer, AktG, § 101 Rn. 10. 452 Kropff, FS Huber, 2006, 841, 844. 453 Raiser, ZGR 1978, 391, 397; nach Ansicht Raisers sind Weisungen dennoch unwirksam (S. 399 ff.), wobei zu beachten ist, dass der Autor nicht eine Weisung mit Ermessensspielraum problematisiert. 454 Raiser, ZGR 1978, 391, 400.

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dungsdruck auf das Aufsichtsratsmitglied dergestalt ausüben, dass man eine Weisungsbindung untersagen müsste. Dem Aufsichtsratsmitglied droht ggf. eine Abberufung, mit welcher es aber unabhängig von einer Weisungsbindung immer rechnen muss, wenn es nicht im Interesse der Wähler oder des Entsenders handelt.455 Somit könnte angenommen werden, eine Weisungsbindung sei zulässig, wenn und soweit dem Aufsichtsratsmitglied der ihm zustehende Ermessensspielraum bei der Beurteilung dessen, was im Unternehmensinteresse liegt, zugesichert wird.456 Es fragt sich nur, wozu eine Weisungsbindung dienen soll, wenn dem Aufsichtsratsmitglied der ihm ohnehin zustehende Ermessensspielraum belassen wird.457 Zeichnet sich aber beispielsweise ab, dass das gebundene Aufsichtsratsmitglied bestimmte Interessen zu vernachlässigen droht, kann es so zur Einhaltung der Vereinbarungen angehalten werden, indem der Bieter dem Aufsichtsratsmitglied eine Weisung erteilt, die entsprechenden Interessen in der Entscheidung zu berücksichtigen. Zwar würde es im Falle einer Vernachlässigung seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzten. Droht aber kein messbarer Schaden, ist mit einer Ersatzpflicht nicht zu rechnen. Dieser Gedanke vermag eine so ausgestaltete Bindung jedoch nicht zu rechtfertigen. Bei der Frage, was im Unternehmensinteresse liegt, handelt es sich um eine sehr weite und unbestimmte Ermessensentscheidung, welche im Nachhinein nur schwer überprüfbar ist. Es könnte kaum nachvollzogen werden, ob das gebundene Aufsichtsratsmitglied nun eine eigene Entscheidung getroffen hat, alle relevanten ermessensleitenden Gesichtspunkte in seine Entscheidung hat einfließen lassen oder sich nur von den Weisungen des Weisungsberechtigten hat leiten lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das gebundene Aufsichtsratsmitglied zur Berücksichtigung der Interessen des Weisungsgebers angehalten wird. Damit droht die Gefahr eines Aushöhlens des Grundsatzes der höchstpersönlichen und weisungsfreien Amtsführung, ließe man Weisungen zu, auch wenn diese im Unternehmensinteresse liegen mögen.458 Man darf den Aufsichtsratsmitgliedern zwar kein pflichtwidriges Verhalten unterstellen, sondern muss von einer ordnungsgemäßen Amtsführung ausgehen. Die Entscheidung darüber, was dem Unternehmensinteresse entspricht, hat aber jedes Aufsichtsratsmitglied selbst und nicht ein Dritter für das Aufsichtsratsmitglied zu treffen. Eine wirksame Amtswahrnehmung der Aufsichtsratsmitglieder ist nur möglich, wenn 455

Raiser, ZGR 1978, 391, 396. So Kropff, FS Huber, 2006, 841, 844 ff, 848 f. 457 Kropff, FS Huber, 2006, 841, 844 ff. 458 So hinsichtlich entsandter Aufsichtsratsmitglieder Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 101 Rn. 51. 456

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diese sich an Dritte nicht gebunden fühlen. Der Umstand, dass in der Rechtstatsächlichkeit die Gefahr droht, dass Aufsichtsratsmitglieder ihre Entscheidungen an den Interessen ihres Wahlkörpers oder ihrer Repräsentanten orientieren, ist kein Argument für eine so beschriebene Weisungsbindung. Ganz im Gegenteil. Da das Aktienrecht Interessenskonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern in Kauf nimmt und faktische Beeinflussungen in gewissen Grenzen zulässt (hierzu sogleich), müssen alle anderen Möglichkeiten, welche geeignet sind, die unabhängige und weisungsfreie Amtsführung zu gefährden, unterbunden werden. Andernfalls droht der Grundsatz der höchstpersönlichen und freien Amtsführung zur Farce zu werden. Eine mittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder verstößt zudem gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Auch bei einer mittelbaren Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Investorenvereinbarung nimmt der Vorstand Einfluss auf sein Kontrollorgan. Es läuft auf das gleiche Ergebnis hinaus, wenn der Vorstand einen Dritten verpflichtet, Einfluss auf den Aufsichtsrat zu nehmen, anstatt diesen Einfluss unmittelbar selbst auszuüben. Die Weisung des Dritten stellt sich als Weisung des Vorstands dar, wenn der Dritte wiederum gegenüber der Gesellschaft verpflichtet ist. Dies gilt auch für den Fall, dass dem Aufsichtsratsmitglied bei der Bestimmung dessen, was im Unternehmensinteresse liegt, der erforderliche Ermessensspielraum im oben beschriebenen Sinne zugestanden wird. Eine Einflussnahme des Vorstands besteht nach wie vor, da der Bieter nur dazwischengeschaltet wäre. Daher ist eine Vereinbarung zwischen Zielgesellschaft und Bieter unzulässig, nach welcher der Bieter sich verpflichtet, den Aufsichtsrat bzw. einen Teil seiner Mitglieder seinen Weisungen zu unterziehen. (b) Faktische Einflussnahme Als zulässig werden Vereinbarungen zwischen Aktionären anerkannt, nach welchen sie sich verpflichten, ihre faktischen Einflussmöglichkeiten auf Aufsichtsratsmitglieder auszuüben, um diese zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen.459 Unwirksam sollen dahingehende Abreden erst dann sein, wenn diese auf eine Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats abzielen.460 Dies sei etwa der Fall, wenn ein Verstoß gegen die entsprechenden Verpflichtungen sanktioniert ist, da eine Sanktionierung geeignet sei, den gebundenen Aktionär zu Maßnahmen zu bewe459

Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 84 Rn. 9; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 15; siehe auch Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 401 ff. 460 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 401; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 15.

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gen, welche die Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats beeinträchtigen können.461 Dem ist im Grundsatz zuzustimmen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtung zur tatsächlichen Einflussnahme auf den Aufsichtsrat ergibt sich aus dem Umstand, dass rein faktische Einwirkungen auf den Aufsichtsrat nicht verboten, sondern im Gegenteil vom Gesetz förmlich vorausgesetzt sind.462 Dies lässt sich aus den Vorschriften der §§ 17, 117, 311, 317 AktG folgern.463 Ferner zu nennen ist das Entsendungsrecht gemäß § 101 Absatz 2 AktG. Zudem zeigt das Gesetz durch die Einteilung in Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter in § 96 AktG, dass eine bestimmte Voreingenommenheit der Aufsichtsratsmitglieder schon vorweggeben ist. Der Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit stellt daher nicht ein Handeln des Aufsichtsrats völlig frei von äußeren Beeinflussungen sicher. Anregungen, Empfehlungen oder Vorschläge können die Aufsichtsratsmitglieder mit in ihre Entscheidungen einbeziehen.464 Dies kann unter Umständen auch zu einer Bereicherung des Abwägungsprozesses führen, wenn so gegebenenfalls nicht bedachte Aspekte in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden. Da der Aufsichtsrat nicht gegen jegliche Einflussnahme abgeschirmt wird, ist es konsequent, Abreden zwischen Aktionären über eine tatsächliche Einflussnahme auf den Aufsichtsrat zuzulassen. Hieraus kann aber nicht auf die Zulässigkeit solcher Abreden im Verhältnis zwischen Aktionär und Gesellschaft geschlossen werden.465 Für die Zulässigkeit könnte zwar sprechen, dass dem Vorstand nicht jegliche Einflussnahme auf den Aufsichtsrat untersagt ist und der Vorstand auch mit dem Aufsichtsrat kooperieren soll.466 Die Annahme der Zulässigkeit würde indes bedeuten, dass der Vorstand in gewissem Umfang eine Kontrolle über sein Überwachungsorgan gewinnt. Eine Verpflichtung des Bieters zur Einwirkung auf den Aufsichtsrat geht daher über eine bloße Kooperation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat hinaus. Die Wirkungsweise ist bei einer faktischen Einflussnahme aufgrund ihrer mangelnden Durchsetzbarkeit abgeschwächt, öffnet aber dennoch die Möglichkeit einer ungewünschten Beeinflussung des Aufsichtsrats durch den Vorstand. Dies ist wie aufgezeigt nicht 461

Lutter/Krieger, § 7 Rn. 335; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 15. Lutter/Krieger, § 7 Rn. 335; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 84 Rn. 15. 463 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 401 f.; Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 111 Rn. 138; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 84 Rn. 9. 464 Raiser, ZGR 1978, 391, 397; Habersack, FS Ulmer, 2003, 151, 161; ders., in: MünchKomm, AktG, § 111 Rn. 136, 138. 465 In gewissem Umfang aber bejahend Reichert/Ott, FS Goette, 2011, 397, 403 ff., 408 f. 466 Siehe hierzu schon oben unter C.III.3.a)(4)(a). 462

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mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar.467 Deutlich wird die Unzulässigkeit einer solchen Vereinbarung, wenn man sich den zur Beeinflussung verpflichteten Bieter wegdenkt. Versucht der Vorstand den Aufsichtsrat zu beeinflussen, keine Veränderungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Vorstands vorzunehmen, greift der Vorstand in unzulässiger Weise in die Personalhoheit des Aufsichtsrats ein. Die Personalentscheidungen hat der Aufsichtsrat frei von Beeinflussungen des Vorstands zu treffen.468 Bei anderen Entscheidungen über die Geschäftspolitik darf der Vorstand ebenfalls nicht versuchen, eine etwaige erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats herbeizuführen. Eine faktische Einflussnahme bedeutet zwar keinen Eingriff in die unabhängige Amtsführung des Aufsichtsrats, wohl aber in die aktienrechtliche Kompetenzordnung und insbesondere einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung. Eine Vereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und dem Bieter über eine faktische Einflussnahme auf den Aufsichtsrat, um eine mittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Ziele der Investorenvereinbarung zu erreichen, ist somit nicht wirksam möglich. (4) Zwischenergebnis Eine Beschränkung des Einflusses des Bieters auf die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft mittels einer entsprechenden Bindung seiner Repräsentanten im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ist nicht wirksam möglich. Dies würde gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Amtsführung der Aufsichtsratsmitglieder aus § 111 Absatz 5 AktG verstoßen. Zudem ist der Versuch einer Bindung des Aufsichtsrats durch die Gesellschaft mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung unvereinbar. Da der Vorstand die entsprechende Vereinbarung abschließen würde, griffe er dadurch in die Kompetenzen des Aufsichtsrats ein. Daher ist weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Investorenvereinbarung wirksam möglich. Aufgrund eines Eingriffs in die Kompetenzen des Aufsichtsrats ist jede Art der Weisungsbindung bzw. Verpflichtung hierzu gemäß §§ 134, 138 Absatz 1 BGB nichtig. Ein Verstoß seitens eines Aufsichtsratsmitglieds stellt zudem eine Pflichtverletzung gemäß §§ 116 Satz 1, 93 Absatz 1 AktG dar.

467 468

Siehe hierzu oben unter C.III.4.c)(2). Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(4)(a).

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d) Ergebnis Der Bieter kann sich wirksam gegenüber der Zielgesellschaft verpflichten, die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft mitzutragen und keine Veränderungen der Geschäftspolitik vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken. Wirksam möglich ist auch eine Vereinbarung, nach welcher der Bieter sein Vertrauen in das bestehende Management der Zielgesellschaft ausdrückt. Unwirksam ist hingegen eine Verpflichtung des Bieters, keine Veränderungen im Vorstand vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken. Zulässig ist auch eine Verpflichtung des Bieters, die Gesellschaft nicht zu zerschlagen, einzelne oder bestimmte Gesellschaftsteile zu veräußern oder hierauf hinzuwirken. Diese Verpflichtungen stehen unter dem Vorbehalt, dass hierdurch keine Stimmbindung des Bieters in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft begründet wird. Der Vorbehalt muss in den entsprechenden Verpflichtungen ausdrücklich formuliert werden, da diese andernfalls als unzulässige Stimmbindung ausgelegt werden können und damit unwirksam sind. Mit diesen Zusagen und Verpflichtungen kann die Zielgesellschaft in der Investorenvereinbarung Vereinbarungen zur Sicherung ihrer Interessen treffen. Allerdings ist deren Bindungswirkung erheblich dadurch geschwächt, dass der Bieter Einflussnahmen oder Veränderungen der Geschäftspolitik unmittelbar kaum herbeiführen kann. Unmittelbar ist dies überwiegend nur über den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft möglich. Eine Bindung von Aufsichtsratsmitgliedern an die Investorenvereinbarung lässt sich indes weder unmittelbar noch mittelbar wirksam begründen. Eine solche wäre aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung und der darin verwirklichten Gewaltenteilung gemäß § 134 BGB nichtig. Versucht der Bieter nun die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft über den Aufsichtsrat entgegen der getroffenen Vereinbarungen zu beeinflussen, kann der Vorstand der Zielgesellschaft den Bieter hieran faktisch nicht hindern. Eine Untersagung der Einflussnahme des Bieters auf den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft würde eine unzulässige Einflussnahme des Vorstands auf den Aufsichtsrat bedeuten. Denn ist der Vorstand mit seinem Verlangen erfolgreich, würde er im Ergebnis Einfluss auf die Entscheidungen des Aufsichtsrats nehmen. Auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes gegen Zusagen des Bieters, keine Veränderungen hinsichtlich der Geschäftspolitik der Zielgesellschaft vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken, ist unzulässig. Hierdurch wird ein faktischer Druck auf den Bieter ausgeübt, entsprechend seiner Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung auf den Aufsichtsrat einzuwirken oder hiervon abzusehen. Dies bewirkt ebenfalls eine unzulässige Einflussnahme des Vorstands auf den Aufsichtsrat. Die Entscheidung, welchen Empfehlungen der Aufsichtsrat folgt, obliegt allein seinen Mitgliedern. Beugen diese sich einem etwaigen Druck des Bieters, sind hieran ge-

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setzliche Sanktionen gebunden. Der Vorstand hat hingegen nicht in den Entscheidungsprozess des Aufsichtsrats einzugreifen und für die ordnungsgemäße Amtswahrnehmung der Aufsichtsratsmitglieder Sorge zu tragen. Somit kann der Bieter zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft zwar Zusagen hinsichtlich der künftigen Geschäftspolitik der Zielgesellschaft machen. Aufgrund der schwachen Bindungswirkung hängt die Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft aber weitgehend von einem wohlwollenden Verhalten des Bieters ab, insbesondere, dass der Bieter nicht versucht, aufgrund seines Einflusses über den Aufsichtsrat vom Geiste der Investorenvereinbarung abzuweichen. 5. Zusicherungen des Bieters hinsichtlich Arbeitnehmern und Betriebsstandorten Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit empfehlenswert und eng mit einer Verpflichtung des Bieters zur Unterstützung des Geschäftsmodells und der Strategie der Zielgesellschaft verknüpft sind Zusagen des Bieters, keine wesentlichen betriebsbedingten Kündigungen vorzunehmen, Betriebsstätten nicht zu verlagern oder zu schließen, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge nicht zu verändern und die bestehende Arbeitnehmervertretung und die Mittbestimmung der Gesellschaft nicht zu ändern oder auf dahingehende Maßnahmen hinzuwirken.469 Dahingehende Vereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Bieter werfen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken auf. Ein Eingriff in die Kompetenzen der Hauptversammlung ist hierin nicht zu sehen, da die Aktionäre nicht über Kündigungen, die Verlegung von Betriebsstätten etc. entscheiden. Aufgrund seiner Aufgabe zur Sicherung des dauerhaften Bestands der Gesellschaft und der Verpflichtung (auch) auf die Arbeitnehmerinteressen, sind Vereinbarungen über Betriebsstandortsicherungen etc. von der Leitungskompetenz des Vorstands erfasst. Diese Aufgabe des Vorstands kann sogar den Abschluss dahingehender Vereinbarungen im Einzelfall erforderlich machen. Die Bindungswirkung solcher Abreden ist ebenso wie die hinsichtlich der Geschäftspolitik der Zielgesellschaft erheblich dadurch eingeschränkt, dass eine Bindung des Bieters im Aufsichtsrat oder seiner Repräsentanten im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft hieran nicht wirksam möglich ist. Die Zielgesellschaft ist daher im Ergebnis auf ein wohlwollendes Verhalten des Bieters angewiesen. 469 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198; vgl. auch Zusagen von Schaeffler an Continental, Wertpapierprospekt S. 184; Terex an Demag Cranes im Business Combination Agreement, § 3 Ziffer 3.1, § 4 Ziffer 4.1 und 4.2.

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6. Ergebnis Den Möglichkeiten zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung sind enge Grenzen gezogen. Die Grenzen folgen insbesondere aus der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und der darin verwirklichten Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft. Weitere Beschränkungen folgen aus dem Grundsatz der Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit des Aufsichtsrats. Der Zulässigkeit von Vereinbarungen, die satzungsrelevante Fragen zum Gegenstand haben oder sonst mit der Stimmrechtsausübung der Hauptversammlung zusammenhängen, steht das Verbot des § 136 Absatz 2 AktG entgegen.470 Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft kommen ferner Vereinbarungen in Betracht, die an die (künftige) Beteiligung des Bieters anknüpfen oder der Beeinflussung der Aktionärsstruktur der Gesellschaft dienen. Die Zulässigkeit dahingehender Vereinbarungen ist weitgehend aufgrund der Unvereinbarkeit zielgerichteter Eingriffe des Vorstands in die Aktionärsstruktur mit der Gewaltenteilung als Teil der aktienrechtlichen Kompetenzordnung begrenzt.471 Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats sind jedenfalls nur dann zulässig, wenn diese nicht an die Kompetenz der Hauptversammlung über die Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder (der Anteilseignerseite) anknüpfen. Aufgrund der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats sind die Parteien auf rechtlich unverbindliche Bemühenszusagen beschränkt. Hier kann die Zielgesellschaft oder, damit die Absprache nicht ins Leere läuft, der Aufsichtsrat das Bemühen zusagen, die Wunschkandidaten des Bieters in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung zu berücksichtigen.472 Weiterhin kann der Aufsichtsrat sein Bemühen zusagen, eine Vakanz im Aufsichtsrat zu schaffen, damit diese in einem zweiten Schritt mit den Wunschkandidaten des Bieters beseitigt wird.473 Der Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft dienen auch Absprachen über die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft. Hier ist die Zielgesellschaft weitgehend auf das wohlwollende Verhalten des Bieters angewiesen, da der Bieter die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft überwiegend über den Aufsichtsrat beeinflussen kann, eine Bindung von 470 471 472 473

Siehe Siehe Siehe Siehe

hierzu hierzu hierzu hierzu

oben oben oben oben

unter unter unter unter

C.III.1. C.III.2. C.III.3.a). C.III.3.b).

IV. Weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

175

Aufsichtsratsmitgliedern an die Investorenvereinbarung aber nicht wirksam möglich ist.474 Aus Sicht der Zielgesellschaft sind die gefundenen Ergebnisse wenig befriedigend, da die Investorenvereinbarung entgegen dem ersten Eindruck ihr nicht Möglichkeit gibt, ihre Interessen gegenüber einer Einflussnahme des Bieters in gewünschtem Umfang wirksam abzusichern. Letztlich bleiben allein Absprachen über die künftige Geschäftspolitik, deren Bindungsintensität aber auch nicht den gewünschten Schutz zu vermitteln vermag.

IV. Weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung Nachdem im vorstehenden Teil mögliche Vereinbarungen zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter erörtert wurden, werden nun zur Vollständigkeit weitere wichtige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung dargestellt. 1. Deal-Protection Vereinbarungen Deal-Protection Vereinbarungen zur Sicherung der Interessen des Bieters bilden aus seiner Sicht den Kernbestandteil einer Investorenvereinbarung.475 Deal-Protection Vereinbarungen dienen der Schaffung von Transaktionssicherheit für den Bieter, indem die Zielgesellschaft zur Durchführung der Transaktion „motiviert“ wird.476 Im Folgenden wird kurz auf die als am wichtigsten erscheinenden Vereinbarungen zur Sicherung der Transaktionssicherheit aus Sicht des Bieters eingegangen. a) Empfehlung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft Zur Erhöhung der Erfolgschancen des Übernahmeangebots ist für den Bieter eine Empfehlung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft von wichtiger Bedeutung.477 Daher sind Regelungen über die 474

Siehe hierzu oben unter C.III.4. und C.III.5. Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 197. 476 Zu Deal-Protection Vereinbarungen Banerjea, DB 2003, 1489 ff.; Drygala, WM 2004, 1413 ff. und 1457 ff.; Fleischer, ZHR 172 (2008),538, 555 ff.; Heinrich, S. 61 ff.; Kuhn, S. 135 ff. 477 Kiem, AG 2009, 301, 304; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202. 475

176

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Empfehlung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft in ihrer Stellungnahme gemäß § 27 Absatz 1 WpÜG üblicherweise Bestandteil einer Investorenvereinbarung (Board-Recommendation Klausel).478 Eine Empfehlung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft ist nach Abschluss der Investorenvereinbarung zwar grundsätzlich zu erwarten, da die Investorenvereinbarung der Schaffung eines Konsenses zwischen den Parteien dient und die Zielgesellschaft in der Investorenvereinbarung die aus ihrer Sicht zur Empfehlung des Übernahmeangebots erforderlichen Vereinbarungen festsetzen wird.479 Doch kann eine Vereinbarung über die Empfehlung des Übernahmeangebots in der Investorenvereinbarung das gemeinsame Miteinander zwischen den Parteien unterstreichen und ermöglicht eine Koordination öffentlicher Äußerungen des Bieters und der Zielgesellschaft hinsichtlich des Übernahmeangebots. Zudem kann sie der psychologischen Unterstützung des Erfolges des Übernahmeangebots dienen. Eine Verpflichtung des Vorstands zur Empfehlung des Übernahmeangebots in seiner Stellungnahme gemäß § 27 Absatz 1 WpÜG kann indes nicht uneingeschränkt Bestand haben. Eine uneingeschränkte Verpflichtung stellt eine unzulässige Vorwegbindung des Vorstandsermessens dar.480 Hierdurch begibt sich der Vorstand bei einer für das Unternehmen und seiner Aktionäre wesentlichen Entscheidung der Möglichkeit, angemessen auf sich ändernde Marktgegebenheiten zu reagieren.481 Eine uneingeschränkte Verpflichtung wäre daher wegen Verstoßes gegen die zwingende Organisationsnorm des § 76 Absatz 1 AktG gemäß § 134 BGB nichtig.482 Die Verpflichtung muss mit einer auflösenden Bedingung versehen werden, nach welcher die Pflicht zur Empfehlung des Übernahmeangebots gemäß § 27 Absatz 1 WpÜG erlischt, wenn neue Umstände auftreten, die nach Ermessen des Vorstands eine andere Bewertung des Übernahmeangebots erforderlich machen, wie zum Beispiel die Abgabe eines konkurrierenden Übernahmeangebots, welches nach Einschätzung des Vorstands dem Unternehmensinteresse besser entspricht (Fiduciary-Out).483 Ferner ist zu beachten, 478 Vgl. Zusagen von Demag Cranes an Terex im Business Combination Agreement, § 7; D+S Europe an Pyramus (Apax), Ziffer 7.2.2; W.E.T. Automotive Systems an Amerigon, Ziffer 7.2.2. 479 Kiem, AG 2009, 301, 304. 480 H. M. Banerjea, DB 2003, 1489, 1494 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 80; Heinrich, S. 235 f.; Kuhn, S. 229 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202. 481 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 48. 482 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 46. 483 Banerjea, DB 2003, 1489, 1495; Fleischer, FS Schwark, 2009, 137,153 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202 f. mit Formulierungsvorschlag; so auch in den in Fn. 478, S. 176 genannten Investorenvereinbarungen.

IV. Weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

177

dass der Vorstand nicht zugleich den Aufsichtsrat binden darf.484 Der Aufsichtsrat hat gemäß § 27 Absatz 1 WpÜG eine eigene Stellungnahme abzugeben. Eine Vereinbarung der Gesellschaft, nach welcher der Vorstand dem Bieter die Empfehlung des Übernahmeangebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft zusagt, wäre nichtig. Der Aufsichtsrat kann hingegen keine Empfehlung des Übernahmeangebots zusagen, auch nicht unter der Voraussetzung eines Fiduciary-Out. Eine Bindung des Aufsichtsrats ist nicht mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats vereinbar.485 Eine Vereinbarung über die Empfehlung des Übernahmeangebots ist daher nur wirksam möglich, wenn sie sich auf den Vorstand beschränkt und mit einem Fiduciary-Out versehen ist. b) Break-Up-Fee Eine Break-Up-Fee dient im Falle eines von der Zielgesellschaft zu verantwortenden Scheiterns eines Übernahmeversuchs dem Ausgleich von Beratungskosten, die dem Bieter im Zusammenhang mit der Transaktion entstanden sind.486 Hierdurch soll das Kostenrisiko des Bieters aus dem Übernahmeversuch verringert werden. Zunächst erscheint es befremdlich, wenn die Zielgesellschaft sich verpflichtet, im Falle eines Scheiterns des Übernahmeangebots die mit der Übernahme verbundenen Beratungskosten des Bieters zu übernehmen. Hat die Gesellschaft aber ein besonderes Interesse an dem Erfolg der Übernahme, kann eine Break-Up-Fee im Gesellschaftsinteresse liegen.487 Die Zusicherung einer Break-Up-Fee stellt grundsätzlich keinen Verstoß gegen § 71a Absatz 1 AktG dar. Denn diese finanzielle Zusage wird gerade beim Scheitern des Erwerbs der Aktien aktuell, d.h. sie soll den Erwerb nicht unterstützen, sondern finanzielle Aufwendungen des Bieters aufgrund des ausgebliebenen Erwerbs ausgleichen.488 Gleiches gilt hinsichtlich der 484

Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(2). Siehe hierzu oben unter C.III.3.a)(3). 486 Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71a Rn. 29; siehe auch Formulierungsbeispiel bei Seibt, in: Formularbuch M&A, L. II. 2. § 13 Ziffer 13.5. 487 Kuhn, S. 256 ff.; Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 628. 488 Banerjea, DB 2003, 1489, 1493; Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 628 f.; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71a Rn. 34. Anderes kann gelten, wenn die Vereinbarung als Garantieleistung im Falle eines Scheiterns der Übernahme ausgestaltet ist und nicht an ein schuldhaftes Abbrechen der Vertragsverhandlungen anknüpft, vgl. Oechsler, in: MünchKomm, AktG, § 71a Rn. 29. 485

178

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Vorschrift des § 57 Absatz 1 AktG.489 Anderes kann indes gelten, wenn der Bieter während des Übernahmeversuchs Aktien der Zielgesellschaft erwirbt, die er auch nach Scheitern und Erhalt der Break-Up-Fee behält. In diesem Fall kann eine unzulässige Finanzierung im Sinne von § 71a Absatz 1 AktG vorliegen.490 Hinsichtlich der Höhe einer Break-Up-Fee gilt, dass diese angemessen sein und sich an den tatsächlich zu erwartenden Aufwendungen des Bieters orientieren muss, d.h. an seinem negativen Interesse.491 Je nach Höhe der Break-Up-Fee kann dieser auch verhinderungsgeeignete Wirkung im Sinne von § 33 Absatz 1 Satz 1 WpÜG zukommen, wofür aber eine signifikante Höhe erforderlich sein wird.492 In einem solchen Fall dürfte die Break-UpFee aber ohnehin unangemessen hoch bemessen sein und über die Transaktionskosten des Bieters hinausgehen. Dann wird die Vereinbarung auch nicht im Unternehmensinteresse liegen und somit eine Pflichtverletzung des Vorstands gemäß § 93 Absatz 1 AktG begründen. c) Exklusivvereinbarungen Zur Sicherung der Transaktionssicherheit wird es dem Bieter daran gelegen sein, nach Möglichkeit konkurrierende Angebote auszuschließen. Hierzu sind in der Übernahmepraxis sogenannte No-Shop und No-Talk Vereinbarungen zu finden. (1) No-Shop Vereinbarungen No-Shop Vereinbarungen verpflichten den Vorstand der Zielgesellschaft, nicht aktiv nach einem konkurrierenden Angebot zu suchen.493 Da der Zielgesellschaft lediglich die aktive Suche nach einem konkurrierenden Angebot untersagt wird, sind No-Shop Vereinbarungen nach herrschender Meinung keinen grundsätzlichen Bedenken ausgesetzt.494 Insbesondere sollen sie keinen Verstoß gegen das Verbot der Vorwegbindung des Vorstandsermessens darstellen, da die Vereinbarung sich auf ein noch nicht existentes Angebot bezieht. Auch sei eine solche Vereinbarung für die Zielgesellschaft 489

Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 629. Drygala, WM 2004, 1457, 1461; Lutter/Drygala, in: KölnKomm, AktG, § 71a Rn. 34. 491 Siehe hierzu Banerjea, DB 2003, 1489, 1491 f.; Kuhn, S. 263 ff. 492 Drygala, WM 2004, 1457, 1465. 493 Banerjea, DB 2003, 1489, 1490; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203. 494 Banerjea, DB 2003, 1489, 1494; Fleischer, FS Schwark, 2009, 137, 154; ders., ZHR 172 (2008), 538, 560; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203. 490

IV. Weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

179

wirtschaftlich vorteilhaft, da sie den Erfolg der Durchführung der Transaktion erhöhe.495 Zudem wird hervorgebracht, es bestehe keine Verpflichtung des Vorstands zur aktiven Suche nach einem „weißen Ritter“.496 Aufgrund der geringen Erfolgschancen der Suche nach einem konkurrierenden Angebot497 und der damit regelmäßig verbundenen hohen Kosten würde eine Verpflichtung des Vorstands hierzu wenig Sinn ergeben. Vielmehr hat der Vorstand vor Abschluss einer No-Shop Vereinbarung sorgfältig und umfassend zu prüfen, ob die realistische Möglichkeit besteht, einen konkurrierenden Bieter zu gewinnen, dessen Angebot dem Gesellschaftsinteresse besser entspricht. Sieht der Vorstand diese Möglichkeit nicht, sprechen keine grundlegenden Bedenken gegen den Abschluss einer No-Shop Vereinbarung, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass von der Vereinbarung nicht der Fall erfasst ist, dass ein Dritter an die Gesellschaft in der Absicht herantritt, ein konkurrierendes Angebot abzugeben. (2) No-Talk Vereinbarungen Eine No-Talk Vereinbarung geht über das Verbot einer aktiven Suche nach einem konkurrierenden Angebot hinaus. Danach soll der Vorstand der Zielgesellschaft verpflichtet werden, mit einem Dritten weder über ein Übernahmeangebot zu verhandeln, noch dem Dritten Informationen zukommen zu lassen oder ihm gar eine Due Diligence zu gewähren.498 Eine No-Talk Vereinbarung knüpft damit nicht an einer aktiven Suche der Zielgesellschaft nach einem konkurrierenden Angebot an, sondern will ein konkurrierendes Angebot auch dann verhindern, wenn ein Dritter auf die Zielgesellschaft zugeht.499 Hierdurch wird anders als bei einer No-Shop Klausel das Vorstandsermessen in unzulässiger Weise eingeengt.500 Zudem kann ein Verbot zur Informationsweitergabe im Einzelfall gegen den Grundsatz der Bietergleichbehandlung verstoßen, wenn die entsprechenden Informationen dem Bieter gewährt wurden.501 Zulässig soll eine No-Talk Vereinbarung aber sein, wenn sie mit einer auflösenden Bedingung verbunden wird, nach welcher das 495

Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 561 f. Kuhn, S. 234 mit Verweis auf Hopt, FS Lutter, 2000, 1361, 1383 f. 497 Siehe hierzu oben unter B.II.6. 498 Banerjea, DB 2003, 1489, 1490; Kuhn, S. 235. 499 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203. 500 Vgl. Nachweise Fn. 494, S. 178 sowie Kuhn, S. 235 ff. 501 Zum Grundsatz der Bietergleichbehandlung Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 3 Rn. 14 m. w. N. sowie im Zusammenhang mit No-Talk Klauseln Kuhn, S. 238 ff. 496

180

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

Verbot nicht greift, wenn ein Dritter der Zielgesellschaft ein Angebot vorlegt, welches im Gesellschaftsinteresse liegt und daher den Vorstand zu Verhandlungen verpflichten würde (Fiduciary-Out).502 Unter der Aufnahme eines Fiduciary-Out sollte die Zulässigkeit einer No-Talk Klausel bejaht werden. In diesem Fall beschreibt sie nur die bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen des Vorstands. Denn ohne dass ein ernsthaftes Angebot vorliegt, dürfte der Vorstand ohnehin keine öffentlich nicht zugänglichen Informationen über Unternehmensinterna, die gerade Gegenstand einer No-Talk Vereinbarung sind, an einen Dritten herausgeben. Ist eine No-Talk Vereinbarung danach mit der auflösenden Bedingung verbunden, dass die Verpflichtungen der Zielgesellschaft nicht für den Fall gelten sollen, dass ein begründeter Anlass aus Sicht der Zielgesellschaft zur Verhandlung oder Informationsweitergabe besteht, sprechen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung. Allerdings stellt der Abschluss der Vereinbarung dann keinen Gewinn für den Bieter dar. Für eine grenzüberschreitende Transaktion könnte sie aber dennoch Sinn machen, etwa in dem Fall, dass in dem Herkunftsstaat des Bieters solche Vereinbarungen üblich oder zulässig sind. Dies kann aus psychologischer Warte dem Bieter Sicherheit vermitteln. d) Ergebnis Es bestehen somit verschiedene Möglichkeiten, die Transaktionssicherheit aus Sicht des Bieters zu erhöhen. Zulässig sind insbesondere Board-Recommendation Vereinbarungen, wenn und soweit diese mit einem Fiduciary-Out verbunden sind. Ferner ist die Vereinbarung einer Break-Up-Fee zulässig, welche sich an den zu erwartenden Transaktionskosten des Bieters orientiert und im Falle eines von der Zielgesellschaft zu vertretenden Scheiterns des Übernahmeversuchs aktuell wird. Die Wahrscheinlichkeit eines konkurrierenden Angebots kann mittels No-Shop und No-Talk Klauseln vermindert werden, wobei No-Talk Klauseln nur unter der auflösenden Bedingung zulässig sind, dass die daraus folgenden Beschränkungen nicht gelten, wenn und soweit ein begründeter Anlass aus Sicht der Zielgesellschaft zur Verhandlung mit einem oder zur Informationsweitergabe an einen Dritten besteht. Zur Sicherung der Interessen des Bieters können Gegenstand einer Investorenvereinbarung auch Garantien der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter sein. Deren Wirksamkeit ist allerdings durch das Verbot des § 57 Absatz 1 AktG stark eingeschränkt, da die Inanspruchnahme der Garantie eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellen kann.503 502

Banerjea, DB 2003, 1489, 1495.

IV. Weitere Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

181

2. Angebotspreis Gegenstand einer Investorenvereinbarung wird nahezu immer eine Vereinbarung über den Angebotspreis sein.504 Eine Einigung über den Angebotspreis bildet aus Sicht der Zielgesellschaft eine wesentliche Grundlage für eine (etwaige Verpflichtung zur) Empfehlung des Übernahmeangebots und ist zugleich eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg des Übernahmeangebots.505 Im Falle des Abschlusses einer Investorenvereinbarung während eines laufenden Übernahmeverfahrens kann eine Einigung über den Angebotspreis zu einer Erhöhung dessen führen.506 Im Hinblick auf die Interessen der Aktionäre ist der Vorstand als verpflichtet anzusehen, für einen möglichst hohen Angebotspreis zu sorgen. 3. Laufzeit Eine feste Laufzeit für eine Investorenvereinbarung gibt es nicht.507 Aus den Grundsätzen über die Mindestlaufzeit von Entherrschungsverträgen lassen sich keine Schlüsse gewinnen, da die Mindestlaufzeit dort allein den Zweck hat, die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Absatz 2 AktG zu widerlegen.508 Im Hinblick auf die Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Unabhängigkeit macht eine mehrjährige Mindestlaufzeit aber Sinn, in deren Zeitraum das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist.509 Der Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Absichten der Parteien hinsichtlich des Inhalts der Investorenvereinbarung. Das Bestehen des Rechts zur ordentlichen Kündigung würde dem widersprechen.

503

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198. Vgl. etwa Ziffer 7.2.1 Business Combination Agreement W.E.T. Automotive Systems/Amerigon; Präambel Business Combination Agreement Demag Cranes/Terex; Ziffer 7.2.1 Investment Agreement D+S Europe/Pyramus; Investorenvereinbarung Continental/Schaeffler, Wertpapierprospekt Continental, S. 184. 505 Kiem, AG 2009, 301, 304 f. 506 So hat sich Schaeffler gegenüber Continental verpflichtet, den Angebotspreis von EUR 70,12 auf EUR 75 zu erhöhen, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184. 507 Kiem, AG 2009, 301, 211; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 209. 508 Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, § 17 Rn. 111 m. w. N. 509 Die Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler hat grundsätzlich eine Mindestlaufzeit von über 5 Jahren, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184. 504

182

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

V. Abschlusszuständigkeit Zuständig für den Abschluss einer Investorenvereinbarung ist der Vorstand in Vertretung der Gesellschaft, was sich nach den allgemeinen Regelungen bestimmt. Bei einer Investorenvereinbarung handelt es sich aufgrund ihrer Bedeutung und Tragweite um ein Geschäft von grundlegender Bedeutung (Ziffer 3.3 DCGK), so dass eine Zustimmung des Aufsichtsrats zum Abschluss einer Investorenvereinbarung erforderlich ist.510 Ferner kann sich ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats aus konkreten Abreden der Investorenvereinbarung ergeben, die als solche schon seine Zustimmung voraussetzen.511 Dies kann der Fall sein, wenn in der Investorenvereinbarung bestimmte Kapitalmaßnahmen, wie die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals beschlossen werden.512 Die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals spielt in Sachverhalten eine Rolle, in welchen die Investorenvereinbarung unter anderem dem Beteiligungsaufbau des Investors an der Zielgesellschaft dient.513 In dem hier interessierenden Zusammenhang einer Investorenvereinbarung zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft macht eine Unterstützung des Bieters bei seinem Beteiligungsaufbau an der Zielgesellschaft von ihrer Seite aus allerdings wenig Sinn. Dies betrifft vielmehr Investorenvereinbarungen im Zusammenhang mit PIPE-Transaktionen als Investorenvereinbarungen in Übernahmesachverhalten. Eine Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss einer Investorenvereinbarung, die der Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft dient, analog § 293 Absatz 2 AktG lässt sich nicht begründen. Hierzu fehlt es an der Vergleichbarkeit eines Unternehmensvertrags mit einer Investorenvereinbarung.514 Eine Investorenvereinbarung weist schon nicht die Min510

Kiem, AG 2009, 301, 307. OLG München, NZG 2012, 261, 263; Kiem, AG 2009, 301, 307; Seibt/ Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199 f.; Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. Anm. 3. 512 Kiem, AG 2009, 301, 307; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199 f.; Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. Anm. 3; wird die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals von der Zustimmung des Bieters abhängig gemacht, so ist diese Vereinbarung wegen Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung nichtig, vgl. OLG München, 7 AktG 2/12, Ziffer II. 1. b. bb) (2) sowie LG München, NZG 2012, 1152. 513 Siehe hierzu Schiessl, AG 2009, 385, 388 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 206 f.; v. Riegen, CFL 2010, 1, 3 ff.: siehe auch Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II § 1 Anm. 4. 514 Kiem, AG 2009, 301, 306; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200; bei einem Business Combination Agreement kann indes eine rechtliche Einheit mit einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag angenommen werden, wenn dieses Bezug auf den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nimmt, vgl. 511

VI. Besonderheiten in einer Übernahmesituation

183

destanforderungen an einen Beherrschungsvertrag gemäß § 291 Absatz 1 Satz 1 Hs. 1 AktG auf.515 Noch weniger lassen sich Parallelen zu einem Gewinnabführungsvertrag gemäß § 291 Absatz 1 Satz 1 Hs. 2 AktG finden. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass eine Investorenvereinbarung, mittels derer der Einfluss des Bieters auf die Zielgesellschaft beschränkt werden soll, eher einem Entherrschungsvertrag ähnelt, dessen Abschluss keiner Zustimmung der Hauptversammlung bedarf.516 Eine Mitwirkung der Hauptversammlung ist nur dann erforderlich, wenn bestimmte Abreden einer Beteiligung der Hauptversammlung bedürfen, was sich nach den allgemeinen Regelungen bestimmt. Für die in der vorliegenden Arbeit untersuchten möglichen Vereinbarungen einer Investorenvereinbarung ist eine Befassung der Hauptversammlung aber nicht erforderlich.517 Eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit ist ebenfalls nicht ersichtlich, da die Investorenvereinbarung keine tiefgreifenden Eingriffe in Mitgliedsrechte der Aktionäre begründet. Auch wenn eine Vielzahl von Vereinbarungen zum Schutz der Zielgesellschaft nicht wirksam möglich sind, folgt hieraus nicht die Unzulässigkeit einer Investorenvereinbarung als solcher oder die fehlende Abschlusskompetenz des Vorstands. Die Investorenvereinbarung bildet nur einen abstrakten Rahmen für eine Vereinbarung zwischen einer Zielgesellschaft und einem Investor anlässlich eines Beteiligungserwerbs. Dieser Rahmen kann mit einer Vielzahl unterschiedlicher Vereinbarungen gefüllt werden. Unzulässig können nur einzelne Vereinbarungen sein, mit welchen dieser Rahmen gefüllt werden soll, nicht hingegen der Rahmen als solcher. Hierbei handelt es sich nur um eine Bezeichnung für einen Vertrag anlässlich eines Beteiligungserwerbs.

VI. Besonderheiten in einer Übernahmesituation Je nach Zeitpunkt des Abschlusses der Investorenvereinbarung können sich hinsichtlich der Zulässigkeit einzelner Bestimmungen Besonderheiten aus den übernahmerechtlichen Vorschriften ergeben. Wird die Investorenhierzu OLG München, Az. 7 AktG 2/12, Ziffer II. 1. b) bb) (2); OLG München, Az. 7 AktG 3/11, Ziffer II. 1.; LG München, NZG 2012, 1152, 1154. 515 Vgl. Nachweise Fn. 514, S. 182; zu den Mindestanforderungen an einen Beherrschungsvertrag Hüffer, AktG, § 291 Rn. 9 ff. m. w. N. 516 Kiem, AG 2009, 301, 306; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200; zur Abschlusszuständigkeit eines Entherrschungsvertrags Götz, S. 106; Hentzen, ZHR 157 (1993), 65, 69 f.; Jäger, DStR 1995, 1113, 1117; Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 17 Rn. 107 ff.; Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, § 17 Rn. 114 f. 517 Siehe hierzu insbesondere oben unter C.III.2.b)(4).

184

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

vereinbarung während eines laufenden Übernahmeverfahrens, d.h. in einer Übernahmesituation abgeschlossen, sind insbesondere die Vorschriften der §§ 33, 33a WpÜG zu beachten. Der Versuch der Zielgesellschaft, mittels der Investorenvereinbarung den Einfluss des Bieters auf die Zielgesellschaft zu begrenzen und ihren unabhängigen Fortbestand zu sichern, könnte objektiv geeignet sein, den Erfolg des Übernahmeangebots im Sinne von §§ 33, 33a WpÜG zu verhindern. Hierbei bleibt zu berücksichtigen, dass die Investorenvereinbarung nicht als Mittel der Übernahmeabwehr dient, sondern im Gegenteil den Erfolg der Übernahme begründen soll. Entweder zielt der Abschluss einer Investorenvereinbarung von Anfang an auf die Abwendung eines feindlichen Übernahmeversuchs, indem die Investorenvereinbarung die Grundlage für eine befürwortende Haltung der Zielgesellschaft gegenüber der beabsichtigen Übernahme schaffen soll. Oder die Investorenvereinbarung soll eine anfänglich feindliche Übernahme in ein abgestimmtes Übernahmeverfahren wandeln, indem die Unterstützung des Übernahmeangebots seitens der Zielgesellschaft gewonnen wird.518 Es kommt zwar für die Verhinderungseignung einer Maßnahme auf deren objektive Wirkung an. Doch wird die Übernahme mittels der Investorenvereinbarung als solcher nicht verhindert. Die Investorenvereinbarung ebnet vielmehr den Weg für eine erfolgreiche Übernahme. Den Aktionären wird damit nicht die Möglichkeit zur freien Entscheidung über das Übernahmeangebot genommen. Gegen eine verhinderungsgeeignete Wirkung einer Investorenvereinbarung könnte zudem sprechen, dass ohne die Mitwirkung des Bieters und seiner Zustimmung die Vereinbarung überhaupt nicht zustande kommen kann.519 Hierbei ist allerdings nicht zu verkennen, dass der Bieter nicht auf den Schutz des Verhinderungsverbots verzichten kann, da das Verhinderungsverbot primär dem Schutz der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre über die Annahme des Übernahmeangebots dient.520 Die Frage, ob einer Investorenvereinbarung verhinderungseignende Wirkung zukommt, lässt sich indes nicht abstrakt beantworten. Der Abschluss einer Investorenvereinbarung als solcher mag zwar den Erfolg des Übernahmeangebots fördern, doch kommt es nicht auf eine subjektive Zwecksetzung, sondern auf die objektive Wirkung der Vereinbarung an. Letztendlich hängt daher die Beantwortung der Frage, ob die Investorenvereinbarung 518 So wurde die Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler während des Übernahmeverfahrens von Continental durch Schaeffler abgeschlossen, um den Übernahmekampf zwischen den Gesellschaften zu beenden. 519 So Kiem, AG 2009, 301, 311; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009. 195, 199. 520 Siehe hierzu oben unter C.III.2.d)(2).

VI. Besonderheiten in einer Übernahmesituation

185

den Aktionären die Möglichkeit nimmt, frei über die Annahme oder Ablehnung des Übernahmeangebots zu entscheiden, von den einzelnen Bestimmungen der Vereinbarung ab. Verhinderungseignende Wirkung können überhaupt nur solche Bestimmungen der Investorenvereinbarung haben, die an das Übernahmeangebot anknüpfen. Ganz überwiegend regeln die Bestimmungen einer Investorenvereinbarung Sachverhalte nach Abschluss des Übernahmeverfahrens und haben somit keinerlei Auswirkungen auf die Annahmeentscheidung der Aktionäre. Verhinderungseignende Wirkung kann etwa eine Break-Up-Fee521 haben, wenn diese so hoch angesetzt ist, dass sie geeignet ist, die Aktionäre zur Annahme des Angebots zu drängen, da bei Ausbleiben des Übernahmeerfolgs der Gesellschaft hohe Einbußen drohen.522 In einem solchen Fall wäre die Vereinbarung aber aktienrechtlich unzulässig, da sie sich nicht mehr an den tatsächlichen Aufwendungen des Bieters orientieren wird.523 Verhinderungseignende Wirkung könnte noch eine No-Shop Vereinbarung524 haben. Die Untersagung einer Suche nach einem konkurrierenden Angebot tangiert allerdings nicht das Übernahmeangebot des Bieters und somit nicht die Entscheidung der Aktionäre über dessen Annahme. Dies folgt nicht zuletzt schon aus der Tatsache, dass die Suche nach einem konkurrierenden Angebot keine verhindernde Wirkung hat, vgl. § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 2 WpÜG.525 Wie bereits an anderer Stelle festgestellt, verstößt auch die Vereinbarung einer bestimmten Beteiligungsquote nicht gegen das Verhinderungsverbot.526 Die in der vorliegenden Untersuchung behandelten möglichen Vereinbarungen einer Investorenvereinbarung haben demnach keine verhinderungseignende Wirkung. Um dem Risiko vorzubeugen, dass einzelnen Bestimmungen verhinderungseignende Wirkung beigemessen wird, sollte in jedem Fall die Zustimmung des Aufsichtsrats zum Abschluss der Investorenvereinbarung eingeholt werden, um so eine etwaige Befreiung vom Verhinderungsverbot nach §§ 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3, 33a Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 WpÜG zu erwirken.527 Verstößt eine Vorschrift dennoch gegen das Verhinderungsverbot, führt dies aber nicht zur Unwirksamkeit der entsprechenden Maßnahme.528 521

Siehe hierzu oben unter C.IV.1.b). Drygala, WM 2004, 1457, 1465. 523 Siehe hierzu oben unter C.IV.1.b). 524 Siehe hierzu oben unter C.IV.1.c)(1). 525 Siehe hierzu oben unter B.II.6. 526 Siehe hierzu oben unter C.III.2.d)(2). 527 Siehe zu den kapitalmarktrechtlichen Schranken aber oben unter B.II.5.a)(1). 528 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 81; zu Ansprüchen der Aktionäre und der Gesellschaft Rn. 82 ff. m. w. N. 522

186

C. Wandlung einer feindlichen in eine freundliche Übernahme

VII. Durchsetzbarkeit Hinsichtlich der Durchsetzbarkeit von Investorenvereinbarungen ergeben sich keine Besonderheiten. Die Investorenvereinbarung ist ein schuldrechtlicher Vertrag und kann daher gemäß den allgemeinen, für schuldrechtliche Verträge geltenden Regelungen durchgesetzt werden.529 Zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft ist hieraus allerdings wenig gewonnen. Da viele Regelungen, durch welche sich ein Schutz ihrer Interessen herbeiführen ließe, nicht wirksam vereinbart werden können, verliert die gerichtliche Durchsetzbarkeit der Investorenvereinbarung hinsichtlich solcher Regelungen für die Zielgesellschaft an Bedeutung. Faktische Bindungen und Bemühenszusagen lassen sich nicht wirksam durchsetzen. Die Durchsetzung von Ansprüchen aus der Investorenvereinbarung aus Sicht der Zielgesellschaft ist damit stark eingeschränkt.530 Häufig wird eine Investorenvereinbarung eine Schiedsklausel vorsehen, nach welcher ein von den Parteien bestimmtes Schiedsgericht für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung zuständig sein soll, vgl. auch § 1032 ZPO.531 Eine Schiedsklausel wird überwiegend dazu dienen, eine Entscheidung bei Streitigkeiten aus der Investorenvereinbarung durch fachkundige Personen sicherzustellen. Zudem können Streitigkeiten zwischen den Parteien ohne Aufsehen in der Öffentlichkeit und unter Ausschluss der Öffentlichkeit herbeigeführt werden.

VIII. Ergebnis Investorenvereinbarungen erlangen in der Übernahmepraxis eine immer wichtigere Rolle. Allerdings begegnen die typischen Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft einer Vielzahl rechtlicher Bedenken. Allein das bestehende praktische Bedürfnis nach Investorenvereinbarungen vermag diese Bedenken nicht zu überwinden.532 Das praktische Bedürfnis findet stets im geltenden Recht seine Schranken. Aus Sicht der Zielgesellschaft bietet eine Investorenvereinbarung auf den ersten Blick ein weitreichendes und geeignetes Mittel, ihre Selbstständigkeit im Rahmen einer Übernahme so weit wie möglich zu bewahren und be529

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 213. Kiem, AG 2009, 301, 312. 531 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 213; siehe auch Formulierungsbeispiel bei Seibt, in: Formularbuch M&A, E. II. § 17. 532 In diese Richtung teilweise scheinbar aber Kiem, AG 2009, 301, 305. 530

VIII. Ergebnis

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stimmte Unternehmensinteressen gegenüber dem Bieter zu sichern. Wie herausgearbeitet wurde, sind dem allerdings klare Grenzen gezogen. Diese ergeben sich insbesondere aus der aktienrechtlichen Kompetenzordnung und Gewaltenteilung und damit aus dem System der checks and balances in der Aktiengesellschaft. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Umstand, dass die Gesellschaft selbst kein rechtlich anerkennenswertes Bestandsinteresse hat, welches etwaige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung rechtfertigen könnte. Die Zielgesellschaft ist daher weitgehend auf ein wohlwollendes Verhalten des Bieters angewiesen und dass dieser die Investorenvereinbarung ihrem Geist nach lebt. Dennoch bietet der Abschluss einer Investorenvereinbarung ein sinnvolles Instrument zur Koordination und Abstimmung der Interessen der Zielgesellschaft und des Bieters. Auch wenn eine Vielzahl aus Sicht der Zielgesellschaft wünschenswerter Vereinbarungen nicht wirksam möglich ist, bietet die Investorenvereinbarung den Parteien ein vertragliches Regelungswerk, welchem sie ihr Verständnis von dem künftigen Verhältnis zueinander zugrundelegen können. Damit lässt sich ein feindliches Übernahmeangebot von vorneherein verhindern oder ein zunächst feindlicher Übernahmeversuch zu einer Übernahme in Absprache mit der Zielgesellschaft wandeln.

D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft Die gefundenen Ergebnisse befriedigen aus der Perspektive der Zielgesellschaft in vielerlei Hinsicht nicht. Zunächst sind der Vornahme von Abwehrmaßnahmen gegen einen feindlichen Übernahmeversuch aus rechtlichen und praktischen Gründen enge Grenzen gesteckt.1 Sodann ist auch der Abschluss einer Investorenvereinbarung nicht geeignet, der Zielgesellschaft in gewünschtem Umfang ihre Interessen und ihren selbstständigen Fortbestand gegenüber dem Bieter zu sichern. Da die Zielgesellschaft somit weitgehend auf ein wohlwollendes Verhalten des Bieters angewiesen ist, bietet sich als Lösung an, eine neutrale dritte Person zur Partei der Investorenvereinbarung zu machen, die als Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft, ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen Steakholder eingesetzt wird.2 Es besteht die Gefahr, dass der Bieter seinen Einfluss auf die Zielgesellschaft nach und nach gegen den Geist der Investorenvereinbarung ausübt. Eine Vielzahl von Vereinbarungen zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft können zwar nicht wirksam zwischen Zielgesellschaft und Bieter vereinbart werden.3 Doch kommt in der Investorenvereinbarung deutlich das Interesse der Zielgesellschaft zu einer Begrenzung des Einflusses des Bieters auf die Zielgesellschaft zum Ausdruck, allgemein aufgrund der Umstände, die überhaupt erst zum Abschluss der Investorenvereinbarung geführt haben, inhaltlich beispielsweise durch Zusagen des Bieters hinsichtlich der künftigen Geschäftspolitik der Zielgesellschaft, auch wenn deren Bindungswirkung gering ist.4 Hierin findet der Geist der Investorenvereinbarung seinen Ausdruck. Die Gefahr des Unterlaufens des Geistes der Investorenvereinbarung besteht vornehmlich dann, wenn der Bieter aufgrund 1

Siehe hierzu oben unter B. Die Einsetzung eines Garanten zur Sicherung der Einhaltung einer Investorenvereinbarung erfolgte erstmals bei der Übernahme Continental durch Schaeffler. So wurde Herr Bundeskanzler a. D. Dr. Gerhard Schröder als Garant zur Sicherung der Interessen der Continental, ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen Steakholder in der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler gewonnen und eingesetzt, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184 f.; siehe hierzu oben unter A.; siehe insbesondere auch Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200 f. 3 Siehe hierzu oben unter C. 4 Siehe hierzu oben unter C.III.4.a). 2

D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

189

seiner Stellung in der Zielgesellschaft über den Aufsichtsrat oder in anderer Weise Einfluss auf den Vorstand nimmt.5 Hat der Bieter eine gesicherte Stellung im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft, kann es auch leicht dazu kommen, dass er – entgegen einer etwaig bestehenden (aber ggf. unwirksamen) Verpflichtung – auf einen Wechsel im Vorstand hinwirkt.6 Die dann bestehenden Interessensüberschneidungen und -verquickungen und der Einfluss des Bieters können dazu führen, dass der Vorstand der Zielgesellschaft von der Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters aus der Investorenvereinbarung im Einzelfall absieht, diese nicht mit der nötigen Entschlossenheit verfolgt oder nicht versucht, drohende Verstöße vorzeitig abzuwenden. Je nach Stimmrechtsmacht des Bieters könnte es sogar dazu kommen, dass der Bieter seinen Einfluss zum Abschluss eines Beherrschungsvertrages gemäß §§ 291 ff. AktG ausnutzt oder gar einen übernahmerechtlichen (§§ 39a ff. WpÜG) oder aktienrechtlichen Squeeze-Out (§§ 327a ff. AktG) beschließt und so die eigentlich durch die Investorenvereinbarung angestrebte Unabhängigkeit der Zielgesellschaft vereitelt.7 Zur Durchsetzung seiner Verpflichtungen kann den Vorstand auch kein Organ der Gesellschaft anhalten, da der Vorstand gemäß § 76 Absatz 1 AktG die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten hat. Eingriffe in die eigenverantwortliche Leitungskompetenz sind nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar.8 Im Einklang mit der Eigenverantwortlichkeit der Leitungsmacht des Vorstands stehen die gesetzlichen Vorschriften zur Überwachung des Vorstandshandelns, welche grundsätzlich erst eine nachträgliche Sanktion für die Vornahme oder Nichtvornahme einer Maßnahme vorsehen.9 Der Aufsichtsrat kann allein Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands einem Zustimmungsvorbehalt gemäß § 111 Absatz 4 Satz 2 AktG unterwerfen oder den Vorstand abberufen. Die Verpflichtung zur Vornahme einer bestimmten Maßnahme ist aber keinesfalls möglich, was sich schon aus § 111 Absatz 4 Satz 1 AktG ergibt.10 Damit bestehen grundsätzlich keine Mög5

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200. Siehe hierzu oben unter C.III.4.b); so hat auch Schaeffler versucht, entgegen der Investorenvereinbarung Veränderungen im Vorstand der Continental vorzunehmen, vgl. etwa Welt online vom 10.08.2009 „Beim Autozulieferer Conti müssen alle Chefs gehen“, abrufbar unter www.welt.de. 7 Vgl. Nachweis Fn. 5, S. 189; eine Verpflichtung des Bieters in der Investorenvereinbarung von der Vornahme solcher Maßnahmen abzusehen, ist indes nicht wirksam möglich, da dies eine unzulässige Stimmbindung des Bieters als Aktionär gegenüber der Zielgesellschaft bedeuten würde. 8 Siehe hierzu noch unten unter D.II.5.a). 9 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, Vorb. § 76 Rn. 5. 10 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 11. 6

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

lichkeiten, eine Einhaltung der Investorenvereinbarung gegenüber dem Vorstand zu erzwingen, insbesondere auch nicht durch die (vom Bieter unabhängigen) Aufsichtsratsmitglieder. Ferner sind die Möglichkeiten der Minderheitsaktionäre zur Überwachung der Verwaltung sehr begrenzt. Diese könnten eine Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG anstrengen, um ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten der Verwaltung aufzuklären. Anschließend könnten sie den Weg eines Klageerzwingungsverfahrens gehen, um etwaige Ansprüche gegen die Verwaltungsmitglieder geltend zu machen. Dieser Weg ist indes sehr mühsam und zeitaufwendig. Ebenso wenig wie Aufsichtsratsmitglieder können Aktionäre den Vorstand aber zur Einhaltung oder Durchsetzung der Vereinbarungen anhalten. Sieht der Vorstand der Zielgesellschaft von der Verfolgung der Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters ab, obwohl eine Verfolgung im Unternehmenswohl läge, verletzt er zwar seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft aus § 93 Absatz 1 AktG. Wird der Aufsichtsrat vom Bieter dominiert, ist aber nicht mit einer Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche gegen den Vorstand zu rechnen. Zudem wird es kaum gelingen, einen Schaden der Gesellschaft oder gar ein Verschulden des Vorstands festzustellen. Einschränkend ist dazu zu bemerken, dass eine Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft hinsichtlich ihrer Geschäftspolitik und des bestehenden Managements ohnehin nicht wirksam möglich ist.11 Einfluss auf die Geschäftspolitik und den Vorstand kann der Bieter unmittelbar überwiegend über den Aufsichtsrat nehmen. Eine Bindung des Aufsichtsrats an die Investorenvereinbarung ist aber nicht möglich.12 Damit die Investorenvereinbarung nicht nach und nach zu einer leeren Hülse wird, erscheint es daher als sinnvoll, die Investorenvereinbarung durch einen Garanten als neutrale dritte Partei zu sichern, um so eine unabhängige Kontrollinstanz zur Einhaltung der in der Investorenvereinbarung niedergelegten Ziele zu schaffen. Der Garant dient somit auch dazu, Schwachstellen der innergesellschaftlichen Kontrollmechanismen in gewissem Umfang auszugleichen, welche leicht entstehen können, wenn ein Aktionär erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft hat.

11

Siehe hierzu oben unter C.III.4.; Verpflichtungen des Bieters hinsichtlich des bestehenden Managements sind zudem ohnehin nur sehr beschränkt wirksam möglich, siehe hierzu oben unter C.III.4.b). 12 Siehe hierzu oben unter C.III.4.c).

I. Allgemein zur Person des Garanten

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I. Allgemein zur Person des Garanten Wie zuvor beschrieben, liegen Sinn und Zweck der Einsetzung eines Garanten in der Sicherstellung der Einhaltung der Investorenvereinbarung. Hierbei nimmt der Garant die Stellung eines neutralen Sachwalters ein. Um die Einhaltung der Investorenvereinbarung durch die Einschaltung eines Garanten zu gewährleisten, spielt zunächst die Auswahl der Person des Garanten eine wichtige Rolle. Schon seine Persönlichkeit und Stellung in der Öffentlichkeit können geeignet sein, vor Vertragsverletzungen abzuschrecken.13 Zudem signalisieren die Zielgesellschaft und der Bieter durch die Einschaltung eines Garanten, dass sie selbst voll hinter der Investorenvereinbarung stehen. Diese Signalwirkung kann wichtig sein, um eine höhere Akzeptanz des Übernahmeangebots auf Seiten der Aktionäre, Arbeitnehmer und anderen Stakeholder der Zielgesellschaft oder in der Öffentlichkeit zu erreichen. Eine wesentliche Aufgabe des Garanten wird es sein, sachverhaltsaufklärend und zwischen den Parteien vermittelnd tätig zu werden, soweit gewisse Positionen zwischen Zielgesellschaft und Bieter im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung streitig sind.14 Der Garant kann auch eine beratende Funktion einnehmen, etwa wenn die Vereinbarkeit einer Maßnahme mit den Verpflichtungen des Bieters aus der Investorenvereinbarung unklar ist. Eine wichtige Aufgabe des Garanten kann ferner darin liegen, bestimmten Vereinbarungen, die der Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Unabhängigkeit dienen, zu ihrer Wirksamkeit oder rechtlichen Verbindlichkeit zu verhelfen, soweit solche Vereinbarungen unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter nicht rechtlich wirksam möglich sind.15 Steht eine Verletzung der Verpflichtungen des Bieters aus der Investorenvereinbarung im Raum, könnte der Garant dazu ermächtigt werden, diese durchzusetzen.16 Schließlich könnten noch Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Garanten vereinbart werden, um einer Änderung der Investorenvereinbarung entgegen ihrer Zielrichtung entgegenzuwirken.17 13

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201. Siehe hierzu unten unter D.II.1.; so hat auch Herr Bundeskanzler a. D. Dr. Gerhard Schröder als Garant der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler die Parteien wiederholt zur Einhaltung der Investorenvereinbarung gemahnt, vgl. etwa Handelsblatt online vom 18.12.2008 „Schlammschlacht um Continental“, abrufbar unter www.handelsblatt.com oder Welt online vom 31.07.2009 „Ex-Kanzler schaltet sich in Conti-Machtkampf ein“, abrufbar unter www.welt.de. 15 Siehe hierzu unten unter D.II.3. und D.II.4. 16 Siehe hierzu unten unter D.II.5. 17 Siehe hierzu unten unter D.II.6. 14

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

Im Folgenden soll die Stellung eines Garanten näher beleuchtet werden. Da der Garant die Einhaltung der Investorenvereinbarung gewährleisten soll, liegt der Schwerpunkt der Ausführungen auf der Frage, welche möglichen Aufgaben und Befugnisse dem Garanten verliehen werden können. 1. Rechtsstellung des Garanten Zunächst ist der Frage nachzugehen, wie der Garant rechtlich zu qualifizieren ist. Die rechtliche Qualifizierung kann im Hinblick auf die Rechte und Pflichten des Garanten bedeutsam sein. a) Treuhänder zugunsten der Zielgesellschaft Der Garant könnte Treuhänder zugunsten der Zielgesellschaft im Hinblick auf die in der Investorenvereinbarung niedergelegten Interessen der Zielgesellschaft sein, da der Garant zur Wahrung dieser berechtigt und ermächtigt werden soll. Für die Treuhand besteht keine allgemeine Begriffsbezeichnung.18 Typisch für die Treuhand ist aber, dass der Treugeber dem Treuhänder Rechte überträgt oder ihm Rechtsmacht einräumt und der Treuhänder hiervon nur gemäß der schuldrechtlichen Treuhandabrede Gebrauch machen darf.19 Charakteristisches Merkmal einer Treuhand ist dabei eine überschießende Rechtsmacht des Treuhänders dergestalt, dass der Treuhänder im Außenverhältnis mehr kann, als er nach dem Innenverhältnis darf.20 In Abgrenzung zu treuhandähnlichen Rechtsverhältnissen steht bei der Treuhand das Halten und Verwalten fremder Vermögensinteressen im Mittelpunkt, während bei treuhandähnlichen Rechtsverhältnissen jemand im fremden Interessensbereich handelt und fremde Interessen wahrnimmt.21 Da dem Garanten keine Rechte übertragen werden, sondern er allein zur Wahrung der Interessen der Zielgesellschaft ermächtigt werden soll, könnte allenfalls eine Ermächtigungstreuhand vorliegen. Bei der Ermächtigungstreuhand wird der Treuhänder gemäß § 185 BGB ermächtigt, im eigenen Namen nach Maßgabe der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit dem Treugeber über Rechte des Treugebers zu verfügen, ohne dass ihm das Vollrecht übertragen wird.22 Der Treuhänder kann den Treugeber aber weder berech18 19 20 21 22

Gernhuber, JuS 1988, 355; Schramm, in: MünchKomm, BGB, Vor § 164 Rn. 28. Schramm, in: MünchKomm, BGB, Vor § 164 Rn. 28. Gernhuber, JuS 1988, 355, 356. Coing, S. 2. Coing, S. 96; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34.

I. Allgemein zur Person des Garanten

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tigen noch verpflichten.23 Der Garant wird indes nicht ermächtigt, über Rechte der Zielgesellschaft zu verfügen. Er soll vielmehr allein im Interesse der Zielgesellschaft tätig werden. Es fehlt dem Garanten an dem für die Treuhand charakteristischen Merkmal der überschießenden Rechtsmacht. Der Garant kann nach außen nicht mehr als er nach innen darf. Der Garant ist daher nicht Treuhänder, sondern hat allein eine treuhandähnliche Stellung inne, indem er auf das Interesse der Zielgesellschaft verpflichtet ist. b) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Zwischen der Zielgesellschaft, dem Bieter und dem Garanten könnte ein Rechtsverhältnis bestehen, welches als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einzuordnen ist, so dass der Garant Gesellschafter einer GbR wäre. Die Annahme einer GbR liegt nicht auf der Hand, da keine Organisation und kein Gesamthandsvermögen vorhanden sind. Doch ist zu bedenken, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts stets vorliegt, wenn und soweit die für eine Gesellschaft konstitutiven Voraussetzungen des § 705 BGB erfüllt sind.24 Dies gilt unabhängig von Regelungen zur Organisation oder dem Vorhandensein von Gesamthandsvermögen, da es sich hierbei lediglich um Indizien und nicht um konstitutive Merkmale für eine GbR handelt.25 Wie sich aus § 705 BGB ergibt, sind konstitutive Merkmale einer jeden Gesellschaft allein ein Gesellschaftsvertrag, aufgrund dessen sich die Gesellschafter gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks durch Beiträge zu fördern. Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags kann konkludent erfolgen.26 Erforderlich ist aber, dass die Parteien einen Rechtsbindungswillen haben, wechselseitige Leistungspflichten zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks einzugehen, die über ein bloßes Zusammenwirken hinausgehen.27 Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags könnte durch die Einigung zwischen Zielgesellschaft, Bieter und Garanten darauf erfolgen, dass der Garant die Interessen der Zielgesellschaft und ihre Unabhängigkeit sichern soll. Fraglich ist dabei, auf die Verfolgung welches gemeinsamen Zwecks sich die Parteien vertraglich geeinigt haben sollen. Die Annahme eines gemein23

Schramm, in: MünchKomm, BGB, Vor § 164 Rn. 36. Ulmer, in: MünchKomm, BGB, Vor § 705, Rn. 104. 25 Vgl. nur Ulmer, in: MünchKomm, BGB, § 705 Rn. 152, 266 je m. w. N. 26 Schöne, in: Bamberger/Roth, BGB, § 705 Rn. 19; Sprau, in: Palandt, BGB, § 705 Rn. 11. 27 Sprau, in: Palandt, BGB, § 705 Rn. 11; Ulmer, in: MünchKomm, BGB, § 705 Rn. 17. 24

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

samen Zwecks setzt eine vertragliche Verschmelzung der Interessen der Beteiligten voraus.28 Die Interessensverschmelzung ist dadurch gekennzeichnet, dass jeder den Zweck des anderen auch als eigenen ansieht.29 Zweck des Zusammenschlusses ist jedenfalls das Erreichen eines bestimmten Erfolgs.30 In Abgrenzung zu Austauschverträgen ist für eine Gesellschaft kennzeichnend, dass die Parteien nicht nur ihre eigenen Interessen verfolgen und zwischen den Parteien daher nicht ein reiner Leistungsaustausch, sondern eine Kooperation besteht.31 Werden die Beziehungen zwischen den Beteiligten ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer beiderseitigen Interessen bestimmt, liegt kein Gesellschaftsvertrag vor.32 Der gemeinsame Zweck könnte in der Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft gemäß der entsprechenden Regelungen der Investorenvereinbarung gesehen werden. Zielgesellschaft, Bieter und Garant verfolgen allerdings ganz unterschiedliche Interessen. Der Bieter wird dahingehende Verpflichtungen in den entsprechenden Klauseln der Investorenvereinbarung gegenüber der Zielgesellschaft überwiegend als Zugeständnisse eingehen, um eine Einigung mit der Zielgesellschaft hinsichtlich der Übernahme zu erreichen. Von einem gemeinsamen Zweck dergestalt, dass der Bieter die Interessen der Zielgesellschaft als eigene anerkennt, kann nicht die Rede sein. Dies zeigt sich insbesondere an der Einschaltung des Garanten. Da die Zielgesellschaft ein Verhalten des Bieters gegen die getroffenen Vereinbarungen fürchtet, kommt es erst zu einer Beteiligung des Garanten. Daher lässt sich eine Interessensverschmelzung zwischen Zielgesellschaft und Bieter schwerlich annehmen. Es liegt vielmehr eine Akzeptanz der Interessen der Zielgesellschaft seitens des Bieters, nicht jedoch eine Kooperation zur Erreichung dieses Ziels vor. Auch seitens des Garanten liegt keine Interessensverschmelzung vor. Der Garant wird zwar zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft tätig, kommt damit aber allein seinen Verpflichtungen nach. Es liegt keine über den Leitungsaustausch hinausgehende Verbindung des Garanten gegenüber der Zielgesellschaft, geschweige denn dem Bieter vor, aus welcher auf eine Interessensverschmelzung geschlossen werden könnte. 28 Ulmer, in: MünchKomm, BGB, § 705 Rn. 148; Schöne, in: Bamberger/Roth, BGB, 705 Rn. 64. 29 Ballerstedt, JuS 1963, 253, 255; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 I. 2. a); im Einzelnen wird die Bestimmung des gemeinsamen Zwecks unterschiedlich vorgenommen, siehe hierzu Böhmer, JZ 1994, 982, 983 ff. 30 Böhmer, JZ 1994, 982, 984. 31 Geibel, S. 119; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 I. 2. a). 32 Geibel, S. 119.

I. Allgemein zur Person des Garanten

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Da Zielgesellschaft, Bieter und Garant unterschiedliche Interessen verfolgen, besteht zwischen ihnen allenfalls eine Kooperation, keinesfalls hingegen eine Interessensverschmelzung. Die Annahme einer Gesellschaft würde weiterhin an der fehlenden Förderpflicht der Zielgesellschaft scheitern. Denn eine Gesellschaft liegt nicht vor, wenn die Beteiligten keine Förderpflichten übernommen haben.33 Die Vereinbarungen zur Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft werden zu ihren Gunsten geschlossen, ohne dass die Zielgesellschaft ihrerseits dahingehende Verpflichtungen übernimmt. Dies wäre auch widersinnig, da weder der Bieter noch der Garant hieran ein Interesse hätten. Mangels Vorliegens einer Gesellschaft zwischen Zielgesellschaft, Bieter und Garanten ist der Garant daher nicht Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. c) Geschäftsbesorgungsvertrag Das Rechtsverhältnis des Garanten gegenüber der Zielgesellschaft und dem Bieter ist vielmehr ein auf Dienstleistung gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 611 ff., 675 Absatz 1 BGB. Eine Geschäftsbesorgung ist eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen.34 Der Garant ist zum selbstständigen Tätigwerden aufgerufen. Dies folgt schon aus der unabhängigen Stellung, die der Garant haben soll. Der Vermögensbezug der Tätigkeit des Garanten liegt in der Wahrung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft. Da der Garant keinen bestimmten Erfolg, sondern allein seine Tätigkeit schuldet, liegt ein Dienst- und kein Werkvertrag vor.35 Hier ist davon auszugehen, dass die Rechtsbeziehungen des Garanten nicht allein gegenüber der Zielgesellschaft, sondern auch gegenüber dem Bieter bestehen. Die Annahme, es bestehe allein eine Rechtsbeziehung zwischen Zielgesellschaft und Garant, liegt zunächst nahe, da der Garant ja den Interessen der Zielgesellschaft dienen soll. Für die Beauftragung des Garanten gemeinsam durch Zielgesellschaft und Bieter spricht aber zum einen, dass der Garant in ihrer beider Interesse tätig werden soll.36 Zum an33

Ulmer, in: MünchKomm, BGB, 705 Rn. 153. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 3; Sprau, in: Palandt, BGB, 675 Rn. 2. 35 Siehe zur Abgrenzung Dienst- vom Werkvertrag Busche, in: MünchKomm, BGB, § 631 Rn. 14 ff. m. w. N. 36 Siehe zum Interesse des Bieters an der Einschaltung des Garanten unten unter D.II.1.c)(1)(a). 34

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

deren sichert sich der Bieter bessere Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten gegenüber dem Garanten, als wenn die Beauftragung allein durch die Zielgesellschaft erfolgen würde. Diese Möglichkeiten können beispielsweise von Bedeutung sein, soweit eine Pflichtverletzung oder Kompetenzüberschreitung des Garanten fraglich ist. Andernfalls begibt sich der Bieter in eine gewisse Abhängigkeit gegenüber der Zielgesellschaft. Daher wird die Rechtsbeziehung des Garanten nicht allein gegenüber der Zielgesellschaft, sondern auch gegenüber dem Bieter bestehen. Die Vergütung des Garanten (§§ 611 Absatz 1, 612, 631, Absatz 1, 632 BGB) sowie die Erstattung seiner Auslagen (§ 670 BGB) sollten zu gleichen Teilen durch die Zielgesellschaft und den Bieter erfolgen, da der Garant beiden Parteien dient.37 Es sollte noch ausdrücklich geregelt werden, dass der Garant befugt ist, Berater zur Wahrnehmung seiner Aufgaben hinzuziehen, soweit dies erforderlich und angemessen ist. Hierzu ist er im Zweifel ohnehin befugt. Um aber etwa eine Rücksprache mit der Zielgesellschaft und dem Bieter zu vermeiden, was der unabhängigen Stellung des Garanten abträglich sein könnte, ist eine solche Klarstellung zur Vermeidung von Unsicherheiten empfehlenswert. Insbesondere Rechtsrat wird im Einzelfall erforderlich sein, sofern der Garant nicht über die erforderliche rechtliche Expertise verfügt, um in einem strittigen Fall einen etwaigen Verstoß gegen die Investorenvereinbarung abschließend beurteilen zu können. Von wichtiger Bedeutung ist noch der Umstand, dass der Garant als unabhängige Partei über die Einhaltung der Investorenvereinbarung wachen soll. Die unabhängige Wahrnehmung dieser Aufgabe erfordert es, dass das Weisungsrecht der Zielgesellschaft und des Bieters gegenüber dem Garanten aus §§ 675 Absatz 1, 665 BGB ausdrücklich ausgeschlossen wird. Der Garant verlöre seine Funktion und Glaubwürdigkeit als unabhängiger Sachwalter, könnten Zielgesellschaft und Bieter ihren Willen ihm gegenüber durchsetzen. Erfolgt eine Weisung gegenüber dem Garanten nicht zwischen Zielgesellschaft und Bieter koordiniert, kann es auch leicht zu Differenzen zwischen Zielgesellschaft und Bieter kommen, wenn etwa der Garant Maßnahmen vornimmt, hinsichtlich derer keine Einigkeit zwischen Zielgesellschaft und Bieter besteht. Auf diesem Wege könnte die Arbeit des Garanten blockiert werden. Liegt eine Aufgabe des Garanten darin, Vereinbarungen gegenüber dem Bieter abzuschließen, die unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter nicht wirksam vereinbart werden können, ergibt sich bei einem bestehenden Weisungsrecht das Problem, dass der Bieter dem Garanten Weisungen erteilen könnte, obwohl ja gerade der Bieter Verpflichtungen gegenüber dem Garanten eingehen soll. Auf der anderen Seite führt ein be37

Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201.

I. Allgemein zur Person des Garanten

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stehendes Weisungsrecht der Zielgesellschaft dazu, dass der Garant bestimmte Vereinbarungen mit dem Bieter nicht wirksam abschließen kann.38 Aus diesen Gründen sollte ein Ausschluss der Weisungsrechte gegenüber dem Garanten unbedingt berücksichtigt werden. 2. Anforderungen an die Person des Garanten Das Einsetzen des Garanten beruht auf einer freiwilligen Entscheidung des Bieters und der Zielgesellschaft auf schuldrechtlicher Basis. Daher ist ihnen die Wahl der Person des Garanten frei überlassen. Zwingende gesetzliche Kriterien, wie etwa die an den Sonderprüfer gemäß § 143 AktG, lassen sich auf den Garanten nicht übertragen. Um eine Haftung auf Seiten des Bestellers als auch des Garanten zu vermeiden, versteht es sich, bei der Auswahl des Garanten seine nötige fachliche Qualifikation und Sachkunde zu berücksichtigen. Ein hohes Ansehen des Garanten in der Öffentlichkeit allein genügt nicht. Drohende Interessenskonflikte, eine etwaige Parteilichkeit oder eine innere Abhängigkeit sollten ebenfalls bei der Wahl der Person des Garanten beachtet werden. Ferner bestehen keine Beschränkungen dergestalt, dass Garant nur eine natürliche Person sein kann. So könnte etwa eine Rechtsanwaltskanzlei als Garant eingeschaltet werden. Eine natürliche Person eignet sich jedoch besser für die Aufgabe des Garanten. Zum einen ist bei einer einzelnen Person die Gefahr von Interessenskollisionen beherrschbarer als bei einem Verband oder einer Vereinigung, hinter welchen eine Vielzahl von Personen stehen können. Mit der Anzahl der beteiligten Personen steigt naturgemäß die Gefahr von Interessenskollisionen. Ein Verband mag zwar in fachlicher Hinsicht vorteilhaft sein, da das Wissen mehrerer Personen gebündelt zur Anwendung kommen kann. Dieses Defizit lässt sich allerdings durch die Hinzuziehung von Beratern im Einzelfall ausgleichen. Zum anderen ist der Bekanntheitsgrad einer in der Öffentlichkeit stehenden Person üblicherweise höher als etwa der einer Anwaltskanzlei, die in Fachkreisen ein hohes Ansehen genießen mag, einer Vielzahl von Aktionären, Arbeitnehmern und anderen Steakholdern oder der Öffentlichkeit aber kein Begriff sein wird. Auf das Vertrauen und die Unterstützung dieser Interessensgruppen kommt es für den Erfolg der Übernahme mitentscheidend an. Die Wahl einer natürlichen Person als Garant erscheint daher vorteilhafter. Hinsichtlich der Auswahl der Person des Garanten sind somit keinerlei verpflichtende Beschränkungen zu beachten. 38

Siehe hierzu unten unter D.II.3. und D.II.4.

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

II. Rechte des Garanten Allein mit der Beauftragung des Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft ist wenig gewonnen. Damit der Garant seinen Aufgaben sinnvoll nachkommen kann, müssen ihm die hierzu erforderlichen Rechte verliehen werden. Ob und in welchem Umfang dem Garanten zur Wahrnehmung seiner Aufgaben die entsprechenden Rechte wirksam verliehen werden können, ist Gegenstand der folgenden Untersuchungen. 1. Informationsrechte Steht eine Verletzung der Investorenvereinbarung im Raum, so liegt die zentrale Aufgabe des Garanten darin, den streitigen Sachverhalt aufzuklären. Im besten Falle wird durch die unabhängige Aufarbeitung des streitigen Sachverhalts der fragliche Konflikt schnell befriedet, ohne dass es zu weiteren Auseinandersetzungen, sei es juristischer, sei es tatsächlicher Art, zwischen Zielgesellschaft und Bieter kommt. Die unabhängige Aufarbeitung des streitigen Sachverhalts durch den Garanten kann dazu führen, dass sich die Parteien wieder auf ihr Tagesgeschäft konzentrieren können und sich nicht in Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit einer bestimmten Maßnahme verlieren. Bei großen Übernahmen, die in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit finden, kann eine längere Auseinandersetzung für alle Beteiligten eine schlechte Publicity haben. Zudem kann die Übernahme durch die öffentliche Stimmung in eine nicht gewollte Richtung gelenkt werden bzw. die Beteiligten zu einem eigentlich nicht intendierten Verhalten bewegen. Eine Sachverhaltsaufklärung ist indes nur dann möglich, wenn der Garant die entsprechenden Informationen einfordern kann. Um seiner Überwachungsaufgabe möglichst wirkungsvoll nachkommen zu können, ist daher eine breite Informationsbasis des Garanten von wesentlicher Bedeutung. Ist der Garant auf die allgemein zugänglichen Informationen angewiesen, so wird es ihm kaum möglich sein, einem drohenden Verstoß gegen die Investorenvereinbarung vorzubeugen oder den streitigen Sachverhalt aufzuklären und zwischen der Zielgesellschaft und dem Bieter vermittelnd zu wirken, um so Unstimmigkeiten zu befrieden. Für eine sachgemäße Erfüllung seiner Aufgaben sind folglich Informationsrechte des Garanten unerlässlich. Das Instrument des Garanten als Wächter über die Investorenvereinbarung würde andernfalls seinen Sinn und Zweck verlieren. Der Garant sollte daher mit den Informationsrechten ausgestattet werden, die für seine Aufgabenwahrnehmung erforderlich sind. Dabei versteht es sich von selbst, dass der Garant seiner Überwachungsaufgabe desto besser nachkommen kann, je umfassender seine Informationsbasis ist. Die wichtigsten Informationsquel-

II. Rechte des Garanten

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len bilden dabei die Zielgesellschaft und der Bieter. Da der Bieter seinen Einfluss maßgeblich über die von ihm entsandten Mitglieder in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ausübt, wären Informationsrechte gegenüber den jeweiligen Personen ebenfalls wünschenswert. Wie die entsprechenden Informationsrechte des Garanten ausgestaltet werden können und welche Grenzen diesen gesetzt sind, wird im Folgenden geprüft. a) Informationsansprüche aus eigenem Recht Informationen sollte der Garant aus eigenem Recht und unabhängig von der Zielgesellschaft verlangen können.39 Andernfalls würde das Instrumentarium des Garanten in Situationen, in welchen eine Verstrickung der Zielgesellschaft und des Bieters besteht oder droht, an Wirksamkeit verlieren, wenn der Garant von der Zielgesellschaft abhängig wäre, ein Informationsverlangen gegenüber dem Bieter geltend zu machen. Mit einem eigenen Informationsrecht des Garanten könnte einem etwaigen nicht kooperativen Verhalten der Zielgesellschaft entgegengewirkt werden. Da der Garant gerade auch Verstrickungen zwischen Bieter und Zielgesellschaft und ein einseitiges Handeln zugunsten des Bieters verhindern soll, wäre es nicht sinnvoll, dem Garanten kein eigenes Recht zur Auskunft zu erteilen. Zudem werden so die Probleme vermieden, die entstehen, würde der Garant allein ermächtigt, Auskunftsansprüche der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter geltend zu machen.40 Werden dem Garanten sinnvollerweise Informationsrechte gegenüber der Zielgesellschaft eingeräumt, muss er zumindest gegenüber der Zielgesellschaft ein eigenes Informationsrecht haben. b) Informationsansprüche gegenüber der Zielgesellschaft Informationsrechte gegenüber der Zielgesellschaft dienen insbesondere der Feststellung, ob der Bieter gegenüber der Zielgesellschaft versucht, Interessen durchzusetzen, die dem Geist der Investorenvereinbarung widersprechen. Zum einen besteht die Gefahr, dass sich der Vorstand vom Einfluss des Bieters zu Maßnahmen leiten lässt, die den in der Investorenvereinbarung niedergelegten Regelungen zum Schutz der Interessen der 39

So wurde Herr Bundeskanzler a. D. Dr. Gerhard Schröder in seiner Stellung als Garant in der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler ermächtigt, von Schaeffler Auskunft über den Stand der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung zu verlangen, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184 f.; siehe auch Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201. 40 Siehe hierzu unten unter D.II.5.a).

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Zielgesellschaft widersprechen. Zum anderen können Verstöße durch den Aufsichtsrat erfolgen. Wäre der Garant allein auf eine freiwillige Informationsweitergabe der Zielgesellschaft angewiesen, würde dies den Informationsfluss sehr beschränken. Um die Interessen der Zielgesellschaft wahren zu können und damit der Garant möglichst frühzeitig auf einen etwaigen Verstoß gegen die entsprechenden Regelungen der Investorenvereinbarung hinweisen und dagegen vorgehen kann, ist daher eine möglichst umfassende Information des Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft wünschenswert. (1) Ausgestaltung der Informationsrechte Die Ausgestaltung der Informationsrechte könnte vorsehen, dass dem Garanten das Recht verliehen wird, von der Zielgesellschaft Auskunft über bestimmte Vorgänge und Maßnahmen zu verlangen. Dies könnte mit einem Prüfungs- und Einsichtsrecht des Garanten verbunden werden, über die Auskunft hinaus die Einsicht in Dokumente und Daten der Gesellschaft zu verlangen und diese zu prüfen. Mit der Verleihung von Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechten würde eine umfassende Information des Garanten sichergestellt. Die Informationsrechte sind dabei gegenüber der Zielgesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand, geltend zu machen. Dem Garanten kann nicht das Recht eingeräumt werden, unmittelbar die einzelnen Organe, Gremien oder auch Mitarbeiter zu befragen. Insbesondere kann dem Garanten kein Informationsrecht unmittelbar gegenüber dem Aufsichtsrat bzw. mangels Rechtsfähigkeit des Aufsichtsrats gegenüber seinen oder einzelnen Mitgliedern eingeräumt werden.41 Der Aufsichtsrat kann zwar über die Offenlegung von Vorgängen, die in seiner ausschließlichen Macht- und Verantwortlichkeitssphäre liegen, allein entscheiden, die Bekanntgabe als solche muss jedoch durch den Vorstand erfolgen.42 Die Informationsverantwortung gehört zu den unentziehbaren und unübertragbaren Leitungsaufgaben des Vorstands.43 Andernfalls würde der Aufsichtsrat in unzulässiger Weise geschäftsführend tätig werden.44 Die Tä41 Dem entgegen hat der Garant in der Übernahme Continental/Schaeffler Auskunft vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Continental über Vorgänge im Aufsichtsrat verlangt, vgl. Handelsblatt online vom 10.08.2009 „Heftiger Schlagabtausch bei Continental“, abrufbar unter www.handelsblatt.com. 42 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 440; Semler, in: MünchKomm, AktG, § 116 Rn. 377, 470. 43 Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 18; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 5.

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tigkeit des Garanten lässt sich auch nicht mit einer Hinzuziehung eines Beraters vergleichen, welchem gegenüber vertrauliche Angaben mitgeteilt werden können, sofern die Mitteilung erforderlich und dieser einer Verschwiegenheitspflicht unterworfen ist.45 Der Garant dient nicht der Beratung des Aufsichtsrats oder einzelner Mitglieder, sondern der Überwachung der Einhaltung der Investorenvereinbarung, auch wenn er im Einzelfall beratend tätig werden kann.46 Aufgrund Verstoßes gegen die gesetzliche Zuständigkeitsordnung wäre ein Informationsrecht gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern nichtig. Die Entscheidung über die Preisgabe hat der Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft zu fällen. Die Offenlegung von Informationen gehört dabei grundsätzlich zu der laufenden Geschäftsführung, so dass das jeweils zuständige Vorstandsmitglied hierüber zu entscheiden hat.47 Eine Entscheidung des Gesamtvorstands ist hingegen bei Entscheidungen von besonderer Bedeutung erforderlich.48 Es muss demnach im Einzelfall geprüft werden, ob der Inhalt der in Frage stehenden Information eine Entscheidung des Gesamtvorstands erfordert. (2) Unternehmensinteresse als Schranke des Informationsrechts Unproblematisch möglich sind die Verpflichtung der Zielgesellschaft zur Auskunftserteilung sowie die Ermöglichung der Einsicht und Prüfung, soweit es sich um Informationen handelt, die nicht dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft unterliegen. Fragen wirft hingegen die Zulässigkeit der Weitergabe von Informationen auf, die grundsätzlich der Geheimhaltung unterliegen. (a) Verschwiegenheitspflicht des Vorstands gemäß § 93 Absatz 1 Satz 3 AktG Der Gewährung von Rechten auf der einen Seite steht die Befugnis hierzu auf der anderen Seite gegenüber. Im Hinblick auf die Einräumung umfassender Informationsrechte des Garanten ist die Auskunftsbefugnis des Vorstands problematisch. Denn gemäß § 93 Absatz 1 Satz 3 AktG hat der 44 Linker/Zinger, NZG 2002, 497, 502; Semler, in: MünchKomm, AktG, § 116 Rn. 375 ff. 45 BGH NJW 1975, 1412, 1413; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 547 ff.; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 116 Rn. 34; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 116 Rn. 47. 46 Siehe hierzu unten unter D.II.6. 47 Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 93 Rn. 124. 48 Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 93 Rn. 124.

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Vorstand über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Dabei werden die Informationsrechte des Garanten gerade immer dann aktuell, wenn Vorgänge und Maßnahmen betroffen sind, über welche allgemein zugängliche Informationen nicht verfügbar sind. In diesem Fall handelt es sich aber um vertrauliche Angaben oder Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 93 Absatz 1 Satz 3 AktG.49 Grundsätzlich darf der Vorstand daher über solche Umstände keine Angaben machen. Damit die dem Garanten eingeräumten Informationsrechte nicht leer laufen, ist zu prüfen, inwiefern der Informationsgewährung die Verschwiegenheitspflicht des Vorstands entgegensteht. Sind Informationen als vertraulich oder als Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 93 Absatz 1 Satz 3 AktG einzustufen, bedeutet dies nicht zugleich, dass die entsprechenden Informationen einer absoluten Geheimhaltung unterliegen. Die Verschwiegenheitspflicht ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Schutz der Gesellschaft. Die Gesellschaft soll durch die Geheimhaltung sensibler Informationen vor materiellen oder immateriellen Schäden bewahrt werden, die ihr durch eine Offenlegung entstehen können.50 Daher bildet das Unternehmensinteresse die Grenze der Verschwiegenheitspflicht, so dass die Gewährung von Informationen nur zulässig ist, wenn und soweit sie im Unternehmensinteresse liegt.51 Über die Gewährung der fraglichen Informationen hat der Vorstand dabei nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, d.h. die Vor- und Nachteile der Informationsgewährung sind gegen das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft abzuwägen und in Ausgleich zu bringen.52 Die Entscheidung ist eine Frage des Einzelfalls.53 Daher genügt es nicht, wenn der Vorstand einmalig – zum Beispiel bei der Einräumung der Informationsrechte des Garanten – über die Informationsgewährung entscheidet. Folglich kann der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen Auskunft auch über Informationen erteilen bzw. Einsicht in Dokumente gewähren, welche grundsätzlich der Verschwiegenheit unterliegen, wenn es im Einzelfall dem Unternehmensinteresse entspricht.

49 Zum Begriff der vertraulichen Angaben und Geschäftsgeheimnisse vgl. Hopt, in: GroßKomm, AktG, § 93 Rn. 191 ff. 50 Körber, NZG 2002, 263, 269. 51 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 93 Rn. 120; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 8; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 93 Rn. 116, 120; Müller, NJW 2000, 3452, 3453; Hemeling, ZHR 169 (2005) 274, 278 ff.; im Grundsatz zustimmend, aber mit ganz engen Grenzen Lutter, ZIP 1997, 613, 617. 52 Lutter, ZIP 1997, 613, 617; v. Riegen, CFL 2010, 1, 3; Hopt, in: GroßKomm, AktG, § 93 Rn. 209. 53 Banerjea, ZIP 2003, 1730; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 279.

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(b) Erfordernis einer Vertraulichkeitsvereinbarung Das Unternehmensinteresse gebietet es, die Gefahren, die mit der Preisgabe vertraulicher Informationen verbunden sind, so gering wie möglich zu halten.54 Daher ist die Verpflichtung des Informationsempfängers zur Verschwiegenheit eine unabdingbare Voraussetzung zum Schutz des Unternehmensinteresses. Da der Garant – zumindest in dieser Eigenschaft – keiner beruflichen oder gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt und ihn auch keine über die üblichen vertraglichen Verpflichtungen hinausgehende Treuepflicht gegenüber der Zielgesellschaft trifft, aus welcher sich eine Verschwiegenheitspflicht ableiten ließe, erfordert das Unternehmensinteresse den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung.55 Die Vertraulichkeitsvereinbarung sollte mit einer Vertragsstrafe versehen werden, um eine Missbrauchsgefahr weiter einzudämmen.56 In der Vertraulichkeitsvereinbarung sind ferner zu regeln, wer Zugang zu den Informationen erhalten darf, in welcher Weise die Informationsgewährung zu erfolgen hat und wozu die Informationen verwendet werden dürfen.57 Zudem ist sicherzustellen, dass für den Fall der Hinzuziehung von Beratern – zum Beispiel Rechtsanwälten – auch diese der Vereinbarung unterworfen werden.58 Ohne diese Mindesterfordernisse liegt die Informationsweitergabe an den Garanten nicht im Unternehmensinteresse. Der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung führt allerdings nicht dazu, dass dem Garanten daraufhin sämtliche Informationen offenbart werden dürfen. Die Vertraulichkeitsvereinbarung ist nur zusätzliches Erfordernis einer Informationsweitergabe im Einklang mit dem Unternehmensinteresse und entbindet den Vorstand nicht von der Prüfung, ob eine Informationsgewährung im konkreten Fall dem Unternehmensinteresse entspricht. Hierbei ist insbesondere auch die Person des Informationsempfängers zu berücksichtigen. Denn der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung ist wenig zielführend, wenn vom Informationsempfänger eine Missbrauchsgefahr ausgeht. Die Vertraulichkeitsvereinbarung ist nur ein zusätzliches Sicherungsinstrument. Da der Garant über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen wird59, bestehen hier keine Besonderheiten. 54

K. Mertens, AG 1997, 541, 544, 547. Hüffer, AktG, § 93 Rn. 8; K. Mertens, AG 1997, 541, 544; Müller, NJW 2000, 3452, 3455; Linker/Zinger, NZG 2002, 497, 501; Rozijn, NZG 2001, 494, 499; Treeck, FS Fikentscher, 1998, 434, 444; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 281. 56 Linker/Zinger, NZG 2002, 497, 501; Rozijn, NZG 2001, 494, 499; Treeck, FS Fikentscher, 1998, 434, 445. 57 Treeck, FS Fikentscher, 1998, 434, 444 f. 58 Treeck, FS Fikentscher, 1998, 434, 445. 59 Siehe hierzu oben unter D.I.2. 55

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(c) Begrenzung der Informationsweitergabe durch Aufgabenbereich des Garanten Da die Zulässigkeit der Gewährung vertraulicher Informationen mit dem Unternehmensinteresse korreliert, könnte dies zu der Annahme führen, eine umfassende Informationsweitergabe an den Garanten sei zulässig, da die Schranke der Verschwiegenheitspflicht – das Unternehmensinteresse – nicht falle, weil der Garant ja gerade der Sicherung dieses dienen soll. Aus Sicht der Zielgesellschaft ist der Garant ein Instrumentarium zum Schutze ihres Unternehmensinteresses vor einer unerwünschten Einflussnahme durch den Bieter. Hinzu kommt, dass der Garant auf der Basis umfassender Informationen (drohende) Verstöße gegen die Investorenvereinbarung leichter aufdecken kann. Gewährleistet der Informationsempfänger zudem eine besondere Vertraulichkeit, so besteht an für sich auch kein Geheimhaltungsinteresse, da sich die Informationsweitergabe „neutral“ verhielte. Diese Umstände vermögen eine umfassende Informationsweitergabe an den Garanten jedoch nicht zu rechtfertigen. Zu beachten ist die Begrenzung der Aufgaben des Garanten durch die Investorenvereinbarung. Sein Nutzen im Hinblick auf das Unternehmensinteresse reicht auch nur so weit, wie das Unternehmensinteresse in der Investorenvereinbarung seinen Ausdruck findet. Die Investorenvereinbarung erfasst nur einen bestimmten Sachverhalt in einem begrenzten Zeitraum. Hierauf beschränken sich die Aufgaben des Garanten und damit das Interesse der Gesellschaft an einer Offenbarung von Unternehmensinterna gegenüber dem Garanten. Es liegt nicht im Unternehmensinteresse, dass der Garant mit vertraulichen oder geheimen Inhalten in Berührung kommt, die nicht inhaltlich im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung stehen. Besteht kein Zusammenhang zu der Tätigkeit des Garanten, ist eine Informationsweitergabe dem Unternehmensinteresse nicht förderlich und darf daher nicht erfolgen, auch wenn der Garant eine unabhängige oder neutrale Person ist, die eine besondere Vertraulichkeit gewährleistet. Aus diesen Gründen kann eine umfassende Informationsweitergabe an den Garanten keinen Bestand haben. Vielmehr hat der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob die entsprechenden Informationen im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung und den Aufgaben des Garanten stehen. Ist das der Fall, kann die Weitergabe von vertraulichen bzw. geheimen Informationen an den Garanten im Unternehmensinteresse liegen. Allein der Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung und den Aufgaben des Garanten entbindet den Vorstand aber nicht von der Pflicht, die Informationsgewährung auf die konkrete Vereinbarung mit dem Unternehmensinteresse hin zu prüfen. Die Investorenvereinbarung und der Auf-

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gabenkreis des Garanten bilden nur den Rahmen, innerhalb dessen eine Informationsweitergabe abstrakt dem Unternehmensinteresse entsprechen kann. Ob dies tatsächlich zutrifft, hängt vom konkreten Einzelfall ab. (d) Rechtsfolgen ohne Abwägung im Einzelfall Ohne die Prüfung, ob eine Informationsgewährung im Einzelfall im Unternehmensinteresse liegt, würde der Vorstand seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft aus § 93 Absatz 3 Satz 1 AktG verletzen, da das Gesetz eine Interessensabwägung verlangt. Zudem ist eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht gemäß § 404 AktG strafbewehrt. Ein umfassendes Informationsrecht des Garanten ohne konkrete Anhaltspunkte, nach welchen die Gewährung der Informationen im Unternehmensinteresse liegt, käme einer Freistellungsvereinbarung60 gleich, welche aufgrund der dann ausbleibenden, aber gemäß § 93 Absatz 1 Satz 3 AktG erforderlichen Interessensabwägung über die Weitergabe der Informationen als nichtig gemäß §§ 134, 138 BGB anzusehen ist.61 Die Nichtigkeit eines unbedingten Informationsrechts folgt nicht zuletzt schon aus der Strafbewährung der Weitergabe von Gesellschaftsgeheimnissen gemäß § 404 AktG. Ein unbeschränktes Informationsrecht des Garanten liefe daher leer, da es nichtig wäre. Um das zu verhindern, müssen die Vertragsklauseln über die Informationsrechte vorsehen, dass die Informationen dem Garanten nur gewährt werden dürfen, wenn und soweit die Gewährung nach pflichtgemäßem Ermessen des Vorstands im Unternehmensinteresse liegt. Die Informationsrechte stehen mithin unter dem Vorbehalt, dass die Informationsgewährung im jeweiligen Einzelfall mit dem Unternehmensinteresse der Gesellschaft vereinbar ist. (3) Zwischenergebnis Dem Garanten können Informationsrechte (Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechte) gegenüber der Zielgesellschaft eingeräumt werden. Anspruchsgegner ist die Zielgesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand. 60

Bei einer Freistellungsvereinbarung verpflichtet sich die Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter zur pauschalen Preisgabe von Unternehmensinterna. Im Gegenzug wird der Vorstand der Zielgesellschaft für alle sich hieraus ggf. ergebenden Ansprüche freigestellt, vgl. Linker/Zinger, NZG 2002, 497, 500. 61 Linker/Zinger, NZG 2002, 497, 500; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 93 Rn. 121.

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Die Informationsrechte stehen unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse. Dies schränkt die Durchsetzbarkeit der Abrede erheblich ein. Den abstrakten Rahmen hierzu bilden die Investorenvereinbarung und der Aufgabenkreis des Garanten. Hierüber hat der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen im konkreten Einzelfall zu befinden. Die Bestimmungen über die Informationsrechte des Garanten sollten diesen Vorbehalt enthalten, da unbeschränkte bzw. umfassende Informationsrechte gemäß § 134 BGB nichtig wären und somit leerliefen. c) Informationsansprüche gegenüber dem Bieter Die Erteilung von Informationsrechten gegenüber der Zielgesellschaft bildet die Basis für die Arbeit des Garanten. Zu bedenken bleibt dabei, dass etwaige Unvereinbarkeiten mit der Investorenvereinbarung meist ihren Ursprung beim Bieter haben werden, sei es durch unmittelbare Maßnahmen oder eine mittelbare Einflussnahme über den Weg des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft. Um einen Verstoß gegen die Investorenvereinbarung nach Möglichkeit zu verhindern oder diesem zumindest frühzeitig entgegenzuwirken, besteht daher ein besonderes Bedürfnis nach Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechten auch gegenüber dem Bieter. • Beispiel: Mit der Einladung zur nächsten Aufsichtsratssitzung wird der Tagesordnungspunkt „Entscheidung über die Abberufung des Vorstandsmitglieds X“ bekanntgegeben. In der Investorenvereinbarung verpflichtet sich der Bieter, keine Maßnahmen vorzunehmen oder zu unterstützen, die auf eine Veränderung des Vorstands zielen, wenn und soweit kein wichtiger Grund zur Abberufung im Sinne von § 84 Abs. 3 AktG vorliegt.62 Die Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft erfordert es nun, dass der Garant Nachforschungen betreibt, wer die Entscheidung veranlasst hat und ob diese einen Verstoß gegen die Investorenvereinbarung darstellt.63 62

Nach hier vertretener Auffassung ist eine solche Verpflichtung des Bieters unwirksam, siehe hierzu oben unter C.III.4.b); zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass eine Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Investorenvereinbarung nicht wirksam möglich ist, siehe hierzu oben unter C.III.4.c). 63 So ist es in der Übernahme Continental/Schaeffler zu Auseinandersetzungen über die Besetzung des Vorstands der Continental gekommen. Zeitungsberichten zufolge haben Vertreter von Schaeffler im Aufsichtsrat von Continental versucht, den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Continental, Karl-Thomas Neumann, abzusetzen, sind hierbei zunächst allerdings am Widerstand der Arbeitnehmervertretung gescheitert. In den Konflikt hat sich der Garant eingeschaltet, um diesen beizulegen, vgl. Welt online vom 31.07.2009 „Ex-Kanzler schaltet sich in Conti-Machtkampf ein“, abrufbar unter www.welt.de; Handelsblatt online vom 08.08.2009 „Schröder

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(1) Keine umfassenden Informationsrechte Die Einräumung umfassender Informationsrechte des Garanten ist – wie bereits vorstehend festgestellt – aufgrund der Unvereinbarkeit mit dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft nicht wirksam möglich. Die Gewährung von vertraulichen Informationen ist nur zulässig, wenn und soweit sie im Unternehmensinteresse liegt. Auf Seiten der Zielgesellschaft bilden die Investorenvereinbarung und der Aufgabenkreis des Garanten den abstrakten Rahmen der Zulässigkeit der Informationsrechte. Ist der Bieter ebenfalls eine Aktiengesellschaft, gilt grundsätzlich die gleiche Voraussetzung, nach welcher die Informationsgewährung nur vorbehaltlich der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse erfolgen darf. Die Rechtfertigung einer Informationsgewährung in diesem Rahmen auf Seiten des Bieters stellt sich allerdings als schwerer dar. Die Investorenvereinbarung sichert zwar auch Interessen des Bieters (hierzu sogleich), doch fungiert der Garant zur Wahrung der Interessen der Zielgesellschaft. Dies wirft die Frage auf, ob dem Garanten seitens des Bieters überhaupt Informationen, die dem Geheimhaltungsinteresse der Bietergesellschaft unterliegen, gewährt werden dürfen. Allein der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung hilft nicht über die Hürde des Geheimhaltungsinteresses der Gesellschaft hinweg, da die Vertraulichkeitsvereinbarung nur ein zusätzliches Erfordernis der Zulässigkeit einer Informationsgewährung, die nicht schon im Gesetz vorgezeichnet ist, darstellt.64 Es muss daher geprüft werden, ob und in welchen Grenzen Informationsrechte des Garanten gegenüber dem Bieter wirksam begründet werden können. (a) Garant auch zur Sicherung der Interessen des Bieters Zur Feststellung, ob eine Informationsgewährung gegenüber dem Garanten im Interesse der Bietergesellschaft liegen kann, bietet sich zunächst eine Parallele zur Diskussion über die Zulässigkeit der Gewährung einer Due Diligence aus Sicht der Zielgesellschaft an. Die Zulässigkeit der Gewährung einer Due Diligence Prüfung ist heute allgemein anerkannt, da das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft kein striktes Verbot darstellt, sondern das Unternehmensinteresse eine immanente stellt Contis Chefaufseher Ultimatum“, abrufbar unter www.handelsblatt.com; Handelsblatt online vom 10.08.2009 „Heftiger Schlagabtausch bei Conti“, abrufbar unter www.handelsblatt.com. 64 Siehe hierzu oben unter D.II.1.b)(2)(b).

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Schranke des Geheimhaltungsinteresses der Gesellschaft bildet.65 Kommt der Vorstand in der von ihm vorzunehmenden Abwägung zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Gesellschaft an der Offenlegung der Informationen das an der Geheimhaltung überwiegt66, so hat er die Due Diligence zu gewähren, wobei sich der Umfang der Gewährung nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens der Übernahme richtet.67 Die Gewährung einer Due Diligence Prüfung fördert den Erfolg einer Transaktion maßgeblich.68 Einen direkten Nutzen hat die Gesellschaft durch die Due Diligence allerdings nicht. Sie gibt Unternehmensinterna ohne die Gewährung einer unmittelbaren Gegenleistung preis. Die Due Diligence ist nur wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer Transaktion. So lässt sich begründen, dass die Gesellschaft überhaupt ein Interesse an der Preisgabe von Gesellschaftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen haben kann. Vergleichbar liegt es in der vorliegenden Konstellation. Der Abschluss der Investorenvereinbarung und die Einschaltung des Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft wenden eine feindliche Übernahme mit all ihren Hindernissen und Nachteilen ab. Dadurch wird die Übernahme der Zielgesellschaft erleichtert, gegebenenfalls sogar überhaupt erst ermöglicht. Der Bieter hat zunächst keinen unmittelbaren Nutzen durch die Informationsgewährung gegenüber dem Garanten. Erklärt sich aber die Zielgesellschaft nur unter der Prämisse der Einräumung von Informationsrechten des Garanten gegenüber dem Bieter zum Abschluss der Investorenvereinbarung bereit, so wird hierdurch der Erfolg der Transaktion ermöglicht oder gefördert. In der Regel ist von einer solchen Prämisse auszugehen, da eine gute Informationsbasis des Garanten von wesentlicher Bedeutung für seine Aufgabenwahrnehmung ist. Die Einräumung von Informationsrechten verlangt zunächst Zugeständnisse seitens des Bieters, doch kann es im Unternehmensinteresse liegen, dem Garanten Informationen zu gewähren, wenn und soweit hierdurch die Übernahme ermöglicht oder gefördert wird. Der Garant sichert zwar unmittelbar allein die Interessen der Zielgesellschaft. Mittelbar dient er aber auch den Interessen des Bieters, indem die Einschaltung des Garanten im All65 Hasselbach, in: KölnKomm, WpÜG, § 35 Rn. 235 m. w. N.; siehe hierzu auch oben unter D.II.1.b)(2). 66 Banerjea, ZIP 2003, 1730 ff.; Hasselbach, in: KölnKomm, WpÜG, § 35 Rn. 235; Hopt, in: GroßKomm, AktG, § 93 Rn. 213; Lutter, ZIP 1997, 613, 617; Treeck, FS Fikentscher, 1998, 434, 451 f. 67 Hemeling, ZHR 169 (2005) 274, 280. 68 Treeck, FS Fikentscher, 1998, 434, 435 f.; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 93 Rn. 120.

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gemeinen und die Einräumung von Informationsrechten im Besonderen den Erfolg der Übernahme fördern. Abstrakt betrachtet liegt daher die Informationsgewährung gegenüber dem Garanten im Unternehmensinteresse des Bieters. (b) Entgegenstehendes Unternehmensinteresse im Einzelfall Die Verpflichtung zur Gewährung von Informationsrechten gegenüber dem Garanten ist abstrakt dem Unternehmensinteresse förderlich und damit grundsätzlich zulässig, da hierdurch die Übernahme erleichtert oder erst ermöglicht wird. Dieser Umstand entbindet den Vorstand allerdings nicht von der sorgfältigen Prüfung, ob die Informationsgewährung im jeweiligen Einzelfall auch tatsächlich dem Unternehmensinteresse entspricht.69 Die Informationsrechte werden gerade immer dann aktuell, wenn Hinweise auf ein vertragswidriges Verhalten im Raum stehen. Hat der Vorstand der Bietergesellschaft einen etwaigen Verstoß gegen die Investorenvereinbarung verkannt oder nicht gesehen und möchte den Sachverhalt geklärt wissen, ist eine Informationsgewährung unproblematisch möglich, wenn und soweit der Vorstand eine Klärung als im Unternehmensinteresse liegend sieht. Veranlasst der Vorstand der Bietergesellschaft hingegen Maßnahmen, die zwar gegen die Investorenvereinbarung verstoßen, aber seiner Einschätzung nach dem Unternehmensinteresse der Bietergesellschaft besser entsprechen, fragt sich, welche Auswirkungen dies auf die Informationsrechte des Garanten hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein vertragswidriges Verhalten im Unternehmensinteresse liegen kann.70 Anders als bei Verstößen gegen Gesetz und Satzung71 unterliegt der Vorstand bei bloßen Vertragsverletzungen keiner strikten Legalitätspflicht.72 Auch ein vertragswidriges Verhalten kann eine unternehmerische Entscheidung im Sinne des § 93 Absatz 1 Satz 2 AktG sein.73 Folglich steht dem Vorstand bei der Abwägung zwischen ei69

Siehe hierzu oben unter D.II.1.b)(2). Habersack, FS Schneider, 2011, 429, 436; Fleischer, ZIP 2005, 141, 144, 150; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 33; U. Schneider, FS Hüffer, 2010, 905, 911 ff.; a. A. S. Schneider, DB 2005, 707, 711; 1259; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, § 43 Rn. 23a. 71 Fleischer, ZIP 2005, 141, 144,148 ff.; S. Schneider, DB 2005, 707, 710 f.; Hopt, in: GroßKomm, AktG, § 93 Rn. 100; U. Schneider, FS Hüffer, 2010, 905, 907 ff.; siehe zu einer de-minimis-Regel bei Gesetzesverstößen Habersack, FS Schneider, 2011, 429, 437 ff. 72 Vgl. Nachweise Fn. 70, S. 209. 73 U. Schneider, FS Hüffer, 2010, 905, 912. 70

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nem vertragskonformen und einem vertragswidrigen Verhalten ein Ermessen zu. Um festzustellen, ob ein vertragswidriges Verhalten im Unternehmensinteresse liegt, sind die Ebene der Gesellschaft zum Vertragspartner (Außenverhältnis) von der des Vorstands zur Gesellschaft (Innenverhältnis) zu unterscheiden, die nicht deckungsgleich sein müssen.74 Im Innenverhältnis ist Maßstab des Vorstandshandelns allein das Unternehmensinteresse.75 Ein vertragswidriges Verhalten kann im Innenverhältnis im Unternehmensinteresse gerechtfertigt sein, wenn die Folgen der Vertragsverletzung im Außenverhältnis durch den Nutzen der Gesellschaft an der Vertragsverletzung im Innenverhältnis aufgewogen werden. Ein Vertragsbruch kann daher im Unternehmensinteresse liegen, auch wenn der Gesellschaft im Außenverhältnis Sanktionen drohen, wobei die Entscheidung darüber, ob der Vorstand der jeweiligen vertraglichen Verpflichtung nachkommt, eine Ermessensentscheidung ist.76 Der Vorstand hat demnach eine sorgfältige Abwägung der Vorund Nachteile der Vertragsverletzung vorzunehmen.77 Liegt nach Abwägung des Vorstands ein Verstoß gegen die Investorenvereinbarung im Interesse der Bietergesellschaft, hat der Vorstand in seiner Entscheidung über die Informationsgewährung gegenüber dem Garanten zu berücksichtigen, dass von dem Versuch seitens des Garanten auszugehen ist, gegen die entsprechenden Maßnahmen vorzugehen. Durch eine Weitergabe von diesbezüglichen Informationen würde der Vorstand der Bietergesellschaft somit die Verhinderung der betroffenen Maßnahme oder die Aufdeckung des vertragswidrigen Verhaltens fördern. Kommt der Vorstand zu dem Ergebnis, dass eine Maßnahme trotz Verstoßes gegen die Investorenvereinbarung und den damit drohenden Sanktionen und Folgen im Unternehmensinteresse liegt, da die Vorteile der Vertragsverletzung deren Nachteile aufwiegen, darf der Vorstand etwaige Auskünfte gegenüber dem Garanten hierüber verweigern. Es ist widersprüchlich, wollte der Vorstand Maßnahmen unter Verstoß gegen die Investorenvereinbarung verfolgen, zugleich aber die Aufdeckung des Verstoßes durch die Informationsweitergabe an den Garanten unterstützen. Der Bieter würde sich somit förmlich ins eigene Fleisch schneiden. In einem so gelagerten Fall ist die Gewährung von diesbezüglichen Informationen dem Unternehmensinteresse abträglich und darf daher (aus Perspektive des Innenverhältnisses) nicht erfolgen. Für die Informationsansprüche des Garanten folgt daraus, dass der Bieter die Informationsgewährung verweigern und der Garant diese somit gegenüber dem Bieter nicht durchsetzen kann. 74 Hopt, in: GroßKomm, AktG, § 93 Rn. 100; Fleischer, ZIP 2005, 141, 142; U. Schneider, FS Hüffer, 2010, 905, 911 f. 75 U. Schneider, FS Hüffer, 2010, 905, 912. 76 Fleischer, ZIP 2005, 141, 144, 150; U. Schneider, FS Hüffer, 2010, 905, 912. 77 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 33.

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Ist der Bieter berechtigt, ein Informationsverlangen des Garanten unter Hinweis auf das Unternehmensinteresse der Bietergesellschaft zurückzuweisen, werden die Aufklärung des Sachverhalts und damit der Nachweis eines Verstoßes gegen die Investorenvereinbarung erschwert. (2) Zwischenergebnis Die Informationsrechte des Garanten gegenüber dem Bieter unterliegen der gleichen Beschränkung wie die gegenüber der Zielgesellschaft. Der Bieter darf eine Informationsgewährung gegenüber dem Garanten verweigern, wenn die Weitergabe der Informationen nicht im Unternehmensinteresse liegt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Bieter Maßnahmen unter Verstoß gegen die Investorenvereinbarung vorgenommen hat und dieser Verstoß im Unternehmensinteresse der Bietergesellschaft liegt. In einem solchen Fall entspricht die Informationsgewährung nicht dem Interesse des Bieters, da diese die Aufdeckung des Verstoßes und etwaiger hieran anknüpfender Sanktionen fördern würde. Hieraus folgt eine weitere Beschränkung der Informationsrechte des Garanten, welche die Wahrnehmung seiner Aufgaben erheblich beschränken kann, insbesondere da ein Tätigwerden des Garanten immer dann aktuell wird, wenn ein Verstoß gegen die Investorenvereinbarung seitens des Bieters im Raum steht. d) Ergebnis Informationsrechte des Garanten spielen eine wichtige Rolle zur sinnvollen Wahrnehmung seiner Aufgaben und damit zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft gemäß der Investorenvereinbarung. Denn ohne eine entsprechende Informationsbasis kann der Garant schwerlich einen streitigen Sachverhalt aufklären und zwischen den Parteien vermitteln, um Konflikte nach Möglichkeit beizulegen. Dem Garanten können Informationsrechte (Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechte) gegenüber der Zielgesellschaft und dem Bieter eingeräumt werden. Die Informationsrechte des Garanten stehen dabei unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse. Danach darf die Informationsgewährung verweigert werden, wenn sie nicht im Unternehmensinteresse liegt. Ein Informationsrecht ohne den Vorbehalt der Vereinbarkeit der Informationsweitergabe mit dem Unternehmensinteresse ist nichtig. Eine Informationsverweigerung seitens der Bietergesellschaft kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Bieter Maßnahmen unter Verstoß gegen die Investorenvereinbarung vornimmt, die aber in seinem Unternehmensinteresse liegen. Denn die Informationsgewährung gegenüber dem Ga-

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ranten kann eine nicht gewünschte Aufdeckung des Verstoßes fördern, die wiederum zu Konsequenzen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft führen kann. Verweigert der Bieter dem Garanten die Informationsgewährung unter Hinweis auf sein Unternehmensinteresse, kann die Zielgesellschaft zwar mit einem vertragswidrigen Verhalten des Bieters rechnen. Die Wahrnehmung der Aufgaben des Garanten zur Sachverhaltsaufklärung und Vermittlung zwischen Zielgesellschaft und Bieter wird aber aufgrund einer etwaigen schlechten Informationsbasis des Garanten erschwert. Im Ergebnis ist die Wirksamkeit des Instruments des Garanten aufgrund der Einschränkung der Informationsrechte durch die Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse erheblich geschwächt. Der Garant kann eine Informationsgewährung nicht wirksam gegen den Willen der Zielgesellschaft oder des Bieters erzwingen, da sie sich auf den Vorbehalt des Unternehmensinteresses berufen können. 2. Recht zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen Mit den Informationsrechten des Garanten verbunden und zur Wahrnehmung seiner Sachwalterrolle förderlich ist ein Recht des Garanten zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen der Zielgesellschaft. Ein eigenständiges Recht hierzu kann dem Garanten allerdings nicht eingeräumt werden, da Dritte kein Teilnahmerecht an Sitzung des Aufsichtsrats haben und ein solches ihnen auch nicht wirksam verliehen werden kann.78 Je nach Gegenstand der Aufsichtsratssitzung oder einzelner Tagesordnungspunkte lässt sich der Garant aber als Sachverständiger oder Auskunftsperson bezeichnen, so dass der Garant zu Sitzungen zugelassen werden kann. Die Begriffe des Sachverständigen und der Auskunftsperson sind weit auszulegen.79 Sachverständiger ist jeder, der über eine besondere Sachkunde hinsichtlich eines Gegenstandes der Tagesordnung verfügt.80 Auskunftsperson ist, von wem der Aufsichtsrat sich eine Information hinsichtlich eines Gegenstandes der Tagesordnung verspricht.81 Möchte der Aufsichtsrat beispielsweise die Vereinbarkeit einer Maßnahme mit der Investorenvereinbarung klären, kann hierzu die Einschätzung des Garanten hilfreich sein, so dass er diesbezüglich Sachverständiger wäre. Einschränkend gilt bei der Zulassung zu Aufsichtsratssitzungen, dass diese nur hinsichtlich des betreffenden Tagesordnungspunkts erfolgen darf.82 Die Entscheidung über die Zulassung hat 78 79 80 81 82

Hüffer, AktG, § 109 Rn. 4. Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 109 Rn. 17. Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 109 Rn. 17. Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 109 Rn. 18. Hüffer, AktG, § 109 Rn. 5.

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grundsätzlich der Aufsichtsratsvorsitzende zu treffen.83 Ein Teilnahmerecht des Garanten kann daher nicht wirksam vereinbart werden. Klarstellend könnte in die Investorenvereinbarung aufgenommen werden, dass der Garant zu einzelnen Beratungsgegenständen einer Aufsichtsratssitzung zugelassen werden darf, wenn und soweit seine Sachkunde oder Auskunft dienlich ist. 3. Stimmbindungen zugunsten des Garanten Wie oben herausgearbeitet, können Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär nicht wirksam vereinbart werden.84 Dies schränkt den Rahmen möglicher Vereinbarungen zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft erheblich ein. Sämtliche Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ausübung von Stimmrechten durch die Aktionäre stehen oder stehen könnten und somit in die Kompetenz der Hauptversammlung fallen, müssen daher darauf überprüft werden, ob hierdurch eine unzulässige Stimmbindung erzeugt wird. Gleiches gilt nach hier vertretener Auffassung für Stimmverzichte. Um eine Unwirksamkeit einer Stimmbindung zwischen Zielgesellschaft und Bieter zu vermeiden, bietet es sich an, die gewünschte Stimmbindung zwischen Garanten und Bieter zu vereinbaren, nach welcher allein der Garant Begünstigter der Stimmbindung sein soll.85 Dabei soll davon ausgegangen werden, dass der Garant in der Investorenvereinbarung ermächtigt wird, Stimmbindungen mit dem Bieter zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft abzuschließen. Eine Ermächtigung des Garanten hierzu ist an sich nicht erforderlich, da es Garanten und Bieter freisteht, Stimmbindungen einzugehen. Doch wird sich zum einen der Bieter nicht ohne weiteres auf eine Stimmbindung gegenüber dem Garanten einlassen. Zum anderen wird der Garant ohne eine Ermächtigung zur Vornahme entsprechender Maßnahmen nicht tätig werden. Um also ein klare Grundlage zu schaffen und etwaige Unstimmigkeiten zu verhindern, sollte eine Ermächtigung des Garanten zum Abschluss von Stimmbindungen zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft in der Investorenvereinbarung aufgenommen werden.

83

Habersack, in: MünchKomm, AktG, § 109 Rn. 20. Siehe hierzu oben unter C.III.1. 85 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 208 f.; diese Möglichkeit anzweifelnd Kiem, AG 2009, 301, 308 f. 84

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a) Allgemeine Zulässigkeit von Stimmbindungen Allgemein ist zunächst zu bemerken, dass Stimmbindungsverträge unter Aktionären grundsätzlich zulässig sind, was sich schon aus einem Umkehrschluss zu § 136 Absatz 2 AktG ergibt.86 Dies gilt auch für Stimmbindungsverträge, nach welchen sich ein Aktionär verpflichtet, nach Weisung eines anderen Aktionärs abzustimmen.87 Die Wirksamkeit von Stimmbindungsverträgen gegenüber Nichtaktionären ist hingegen umstritten, insbesondere aufgrund der mangelnden Bindung eines Dritten an die mitgliedschaftliche Treuepflicht und der Klagbarkeit und Vollstreckbarkeit von Stimmbindungen.88 So könnte ein Dritter unmittelbaren Einfluss auf die Willensbildung der Hauptversammlung hinsichtlich Satzungs- und Grundlagenentscheidungen gewinnen, was in Konflikt zur Satzungsautonomie der Gesellschaft stehen könnte.89 Für ein Verbot von Stimmbindungen gegenüber Dritten könnte daher die alleinige Satzungshoheit der Hauptversammlung sprechen. Die Satzungsautonomie der Hauptversammlung will die Gesellschaft vor unerwünschtem Außeneinfluss schützen.90 Der Schutz der Gesellschaft vor ungewünschtem Außeneinfluss soll bewirken, dass keine verbandsfremden Interessen in die Gesellschaft einfließen. Dieser Schutz wird vornehmlich auf der Ebene der Verwaltung der Gesellschaft gewährleistet. So darf der Vorstand Leitungsentscheidungen nicht aus der Hand geben und muss seine Entscheidungen stets allein am Unternehmensinteresse ausgerichtet treffen.91 Auf der Ebene des Aufsichtsrats dienen der Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit sowie die 86

Vgl. nur Hüffer, AktG, § 133 Rn. 27 m. w. N. Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 72; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 133 Rn. 36; Schröer in MünchKomm AktG, § 136 Rn. 64. 88 Zulässigkeit bejahend Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 180 ff.; Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 84; Hopt/Roth, in: GroßKomm, AktG, § 101 Rn. 26; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 50; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 67 ff., wobei kritisch gegenüber Stimmbindungen hinsichtlich Satzungsänderungen; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 37; ablehnend Habersack, ZHR 164 (2000), 1, 11 f.; ders., in: MünchKomm, AktG, § 101 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 133 Rn. 27; grundsätzlich ablehnend hinsichtlich Satzungsänderungen und Grundlagenentscheidungen Dittert, S. 121 ff.; Priester, FS Werner, 1984, 657, 671 ff.; Rodemann, S. 27 ff.; ausführliche Darstellung des Meinungsstreits bei Christoph Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss im Gesellschaftsrecht, S. 100 ff. 89 Priester, FS Werner, 1984, 657, 671 f. 90 Priester, FS Werner, 1984, 657, 663; Wiedemann, in: GroßKomm, AktG, § 179 Rn. 9. 91 Siehe zur Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht unten unter D.II.5.a)(1). 87

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alleinige Bindung an das Gesellschaftsinteresse der Verwirklichung des Schutzes der Gesellschaft vor unerwünschtem Außeneinfluss.92 Die Aktionäre stehen zur Gesellschaft hingegen in einer sehr lockeren Bindung und dienen überwiegend als Kapitalgeber. Daher dürfen sie im Rahmen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht grundsätzlich ihre eigenen Interessen verfolgen.93 Die Verbandsautonomie verlangt nicht, dass die Beschlüsse der Hauptversammlung dem selbstgebildeten Willen der Aktionäre entspringen.94 Aus welchen Beweggründen die inhaltliche Entscheidung der Stimmrechtsausübung getroffen wird, ist unerheblich.95 Der Schutz vor ungewünschtem Außeneinfluss der Gesellschaft bedeutet keine Abschirmung der Gesellschaft vor Einflüssen Dritter.96 Ausschlaggebend für ein Verbot einer Stimmbindung gegenüber einem Dritten kann folglich nicht sein, ob ein Aktionär seine eigenen Interessen in einer Abstimmung zum Ausdruck bringt oder die eines Dritten. Die grundsätzlich bestehende Abstimmungsfreiheit der Aktionäre findet erst in den allgemeinen gesetzlichen Zulässigkeitsschranken und den zwingenden Grundsätzen der Verbandsordnung ihre Grenzen, wozu die alleinige Satzungskompetenz der Hauptversammlung zählt.97 Die alleinige Satzungshoheit der Hauptversammlung wird durch eine Stimmbindung gegenüber einem Dritten aber nicht berührt. Anders als bei einem durch die Satzung festgeschriebenen Beteiligungsrecht eines Dritten hinsichtlich satzungsrelevanter Fragen98, übt bei einer Stimmbindung ein Aktionär das Stimmrecht aus. Es wird nicht die Gesellschaft, sondern allein der entsprechende Aktionär gebunden.99 Die Stimmabgabe steht nach wie vor unter der Bindung an die mitgliedschaftliche Treuepflicht. Ein Schutz der Gesellschaft vor unerwünschtem Außeneinfluss wird durch den Vorrang der mitgliedschaftlichen Treubindung vor der Bindung gegenüber dem Dritten gewährleistet.100 Der Filter der Treuebindung bleibt bestehen, auch wenn die Stimmrechtsbindung eingeklagt und vollstreckt wird. Ent92 Siehe zum Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats oben unter C.III.3.a)(3). 93 Raiser/Veil, § 11 Rn. 23. 94 Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 180. 95 Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 182. 96 Priester, FS Werner, 1984, 657, 664. 97 Priester, FS Werner, 1984, 657, 672. 98 Ein solches ist nach ganz h. M. unzulässig, vgl. nur Wiedemann, in: GroßKomm, AktG, § 179 Rn. 6 ff. 99 Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 180 f.; so auch Priester, FS Werner, 1984, 657, 667. 100 Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 182; nach a. A. genügen die Stimmrechtsschranken aber grundsätzlich nicht aus, um die Zulässigkeit offener Stimmbindungen bei satzungsrelevanten Entscheidungen zu begründen, Priester, FS Werner, 1984, 657, 670 f.

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scheidend kann auch nicht sein, dass ein Dritter Einwirkungsmacht erlangt, ohne Risikokapital aufzubringen.101 Auch bei einer Stimmbindung unter Aktionären wächst dem Begünstigten der Stimmrechtsbindung eine zu seiner Einlage disproportionale Einwirkungsmacht zu. Da eine Stimmrechtsbindung gegenüber einem Dritten nichts an der Bindung der Stimmrechtsausübung an die mitgliedschaftliche Treuepflicht ändert, wird ein hinreichender Schutz der Gesellschaft vor unerwünschtem Außeneinfluss gewährleistet. Zudem bleibt zu berücksichtigen, dass Aktionäre nur sehr locker an die Gesellschaft gebunden sind. Stimmbindungen unmittelbar zwischen Garanten und Bieter sind daher zulässig und zwar unabhängig davon, ob der Garant Aktionär der Zielgesellschaft ist oder nicht. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten ist es aber empfehlenswert, dass der Garant vor Abschluss der Investorenvereinbarung Aktionär der Zielgesellschaft wird, sofern er dies nicht ohnehin schon ist. Die Bedenken, die gegen eine Stimmbindung gegenüber Nichtaktionären im Hinblick auf die mangelnde mitgliedschaftliche Treubindung des Nichtaktionärs erhoben werden102, greifen beim Garanten ohnehin nicht. Der Garant ist vertraglich an das Gesellschaftsinteresse gebunden und soll gerade zur Wahrung dessen dienen.103 Der Garant handelt nie im eigenen, sondern allein im Interesse der Zielgesellschaft. Aktionäre sind hingegen in den Grenzen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht grundsätzlich frei, Entscheidungen allein zur Verfolgung ihrer eigenen Interessen zu treffen. Eine Fremdsteuerung der Gesellschaft durch den Garanten droht somit nicht. b) Verstoß gegen das Verbot von Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär? Jede Art von Stimmbindung zwischen Gesellschaft und Aktionär ist wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 136 Absatz 2 AktG unwirksam.104 Wird nun der Garant zum Abschluss von Stimmbindungen mit dem Bieter in der Investorenvereinbarung ermächtigt und schließt anstelle der Zielgesellschaft eine Stimmbindung mit dem Bieter ab, wird sogleich der Gedanke an einen Verstoß gegen das Verbot von Stimmbindungen zwischen 101

So aber Priester, FS Werner, 1984, 657, 663. Habersack, ZHR 164 (2000), 1, 11 f.; Hüffer, AktG, § 133 Rn. 27. 103 Ausnahme von der Unwirksamkeit insoweit auch Habersack, ZHR 164 (2000), 1, 11 f. für Dritte, die zumindest partiell die Stellung eines Gesellschafters innehaben und entsprechenden Bindungen unterliegen. 104 Siehe hierzu oben unter C.III.1. 102

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Gesellschaft und Aktionär oder eine unzulässige Umgehung des Verbots geweckt. Der Garant dient der Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft und ist an die Investorenvereinbarung gebunden. Somit liegt die Annahme nahe, hierin sei ebenfalls eine unzulässige Stimmbindung zu sehen, indem sich die Stimmbindung des Bieters gegenüber dem Garanten als eine Stimmbindung zwischen Zielgesellschaft und Bieter darstellt. Ein Verstoß gegen das Verbot von Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär drängt sich aus dem Umstand heraus auf, dass der Garant gerade die Stimmbindungen gegenüber dem Bieter eingehen soll, welche der Vorstand der Zielgesellschaft zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft gern unmittelbar gegenüber dem Bieter eingehen würde, aufgrund des Verbots einer Stimmbindung zwischen Gesellschaft und Aktionär aber nicht wirksam eingehen kann. Wie aufzuzeigen sein wird, kann ein Verstoß gegen das Verbot von Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär aber nicht allgemein für Stimmbindungen zwischen Garanten und Bieter gelten. (1) Erforderlichkeit des Ausschlusses des Weisungsrechts gegenüber dem Garanten Ein Verstoß gegen das Verbot gebundener Aktien aus § 136 Absatz 2 drängt sich zunächst in dem Fall auf, in welchem der Garant einem Weisungsrecht der Zielgesellschaft unterliegt.105 Aufgrund der Qualifizierung der Rechtsbeziehungen des Garanten zu Zielgesellschaft und Bieter als Geschäftsbesorgungsvertrag unterliegt der Garant grundsätzlich den Weisungen der Zielgesellschaft und des Bieters, vgl. §§ 675 Absatz 1, 665 BGB.106 Somit besteht die Möglichkeit, dass der Vorstand der Zielgesellschaft dem Garanten Weisungen hinsichtlich der Stimmrechtsbindung des Bieters gegenüber dem Garanten erteilen kann. In diesem Fall stellt sich die Stimmbindung des Bieters gegenüber dem Garanten im Ergebnis als eine solche gegenüber der Zielgesellschaft dar. Besteht ein Weisungsrecht des Garanten gegenüber dem Bieter, könnte die Zielgesellschaft dem Garanten Weisungen hinsichtlich der Stimmrechtsausübung des Bieters erteilen. Auch den konkreten Inhalt einer Stimmbindung des Bieters gegenüber dem Garanten könnte die Zielgesellschaft im Falle eines bestehenden Weisungsrechts steuern oder beeinflussen.107 Hierdurch wird die Sachlage geschaffen, die § 136 Absatz 2 AktG gerade zu 105 106 107

Siehe zum Ausschluss des Weisungsrechts oben unter D.I.1.c). Siehe hierzu oben unter D.I.1.c). Siehe hierzu noch unten unter D.II.3.b)(3)(a).

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verhindern sucht. Bei einem bestehenden Weisungsrecht könnte die Zielgesellschaft die Willensbildung ihrer Hauptversammlung in rechtlich verbindlicher Weise beeinflussen. Anstatt einer unzulässigen unmittelbaren Vereinbarung würde der Garant nur dazwischen geschaltet. Hierin liegt ein Verstoß gegen das Verbot aus § 136 Absatz 2 AktG. Für die Nichtigkeit eines Stimmbindungsvertrags ist es gleichgültig, mit wem dieser geschlossen wird. Entscheidend ist allein, dass sich ein Aktionär darin verpflichtet, sein Stimmrecht nach Weisung der Gesellschaft auszuüben.108 Da der Begriff der Weisung im Sinne von § 136 Absatz 2 AktG nach hier vertretener Auffassung weit auszulegen ist, kommt es allein darauf an, dass die Verwaltung in rechtlich verbindlicher Weise Einfluss auf die Willensbildung der Hauptversammlung nehmen kann.109 Diese Möglichkeit besteht, sofern der Garant den Weisungen der Zielgesellschaft unterliegt. Er ist dann nur verlängerter Arm der Zielgesellschaft. Ist daher das Weisungsrecht der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten nicht ausgeschlossen, liegt ein Verstoß gegen § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG vor. Zudem ist der Ausschluss des Weisungsrechts erforderlich, damit nicht die Funktion des Garanten als neutrale Dritte Partei, die unabhängig über die Einhaltung der Investorenvereinbarung wachen soll, verloren geht.110 Da der Ausschluss des Weisungsrechts aus verschiedenen Gründen erforderlich ist, wird im Folgenden unterstellt, dass Weisungsrechte gegenüber dem Garanten ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Dieser Ausschluss kann unproblematisch in der Investorenvereinbarung erfolgen. (2) Erfassung von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 3 AktG Ist das Weisungsrecht der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten ausgeschlossen, besteht dennoch eine Abhängigkeit des Garanten von der Zielgesellschaft. Der Ausschluss des Weisungsrechts ändert nichts an der Bindung des Garanten an die Interessen der Zielgesellschaft, wie sie der Vorstand der Zielgesellschaft der Investorenvereinbarung zugrunde legt oder sie in der Investorenvereinbarung definiert, da die Aufgabe des Garanten in der Sicherung dieser Interessen liegt. Daher könnte die Stimmbindung gegenüber dem Garanten mit einer Stimmbindung gegenüber einem von der Gesellschaft abhängigen Unternehmen gemäß § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 3 108 Vgl. Regierungsbegründung zu § 136 bei Kropff, Aktiengesetz S. 201; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168,183; Grundmann, in: GroßKomm, AktG, § 136 Rn. 77; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 27; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 71. 109 Siehe hierzu oben unter C.III.1.a). 110 Siehe hierzu oben unter D.I.1.c).

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AktG vergleichbar sein, so dass sich die Frage einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf die hier beschriebene Konstellation stellt. Durch die Tatbestandsvariante des § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 3 AktG soll eine Umgehung des Verbots einer unmittelbaren Bindung gegenüber der Gesellschaft verhindert werden, indem anstatt gegenüber der Gesellschaft die Stimmbindung des Aktionärs gegenüber einem Unternehmen eingegangen wird, bei welchem die Gesellschaft ihren Willen durchsetzen kann.111 Ist das Weisungsrecht der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten ausgeschlossen, kann die Zielgesellschaft ihren Willen gegenüber dem Garanten nicht unmittelbar durchsetzen. Eine Durchsetzung ihres Willens könnte aber in der Abhängigkeit des Garanten von den in der Investorenvereinbarung niedergelegten Interessen der Zielgesellschaft gesehen werden, auf deren Wahrung der Garant verpflichtet ist. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Sachverhalten liegt indes in der Qualität und Intensität der Abhängigkeit. Eine Abhängigkeit im Sinne von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 3 AktG meint eine Abhängigkeit gemäß § 17 AktG.112 Eine Abhängigkeit nach § 17 AktG setzt jedenfalls voraus, dass die Möglichkeit der Einflussnahme gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muss.113 Erforderlich ist eine innergesellschaftliche, interne Einflussmöglichkeit.114 Eine mit einer innergesellschaftlichen, internen Einflussmöglichkeit vergleichbare Möglichkeit der Einflussnahme der Zielgesellschaft auf den Garanten besteht nicht. Die Abhängigkeit des Garanten von der Zielgesellschaft gründet allein auf schuldrechtlicher Basis. Schon ein bloßer Interessenswahrungsvertrag, der bindende Vorschlagsrechte vermittelt, reicht zur Begründung einer Abhängigkeit nicht aus.115 Hinter einem solchen bleibt die Rechtsbeziehung des Garanten bei einem Ausschluss der Weisungsrechte zurück, da in diesem Fall bindende Vorschlagsrechte nicht bestehen. Der Begriff der Abhängigkeit im Sinne des Aktiengesetzes ist auch einheitlich zu bestimmen116, so dass im Rahmen von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 3 AktG eine abweichende Beurteilung nicht möglich ist. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf die vorliegende Konstellation scheidet mithin mangels Vergleichbarkeit der Fälle aus. Die Abhängigkeit des Garanten gegenüber der Zielgesellschaft ist nicht mit der eines Unternehmens im Sinne von § 17 AktG vergleichbar. 111

Hüffer, AktG, § 136 Rn. 28; Rodemann, S. 47. Hüffer, AktG, § 136 Rn. 28. 113 Hüffer, AktG, § 17 Rn. 8 m. w. N.; ausführlich Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, § 17 Rn. 33 ff. 114 Koppensteiner, in: KölnKomm, AktG, § 17 Rn. 59 ff. 115 Hüffer, AktG, § 17 Rn. 9. 116 Heute h. M. vgl. nur Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 17 Rn. 4 m. w. N. 112

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(3) Erfassung von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG In Betracht kommt noch eine Anwendung des § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG auf eine Stimmbindung des Bieters gegenüber dem Garanten. Eine unmittelbare Erfassung dieses Sachverhalts von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG ist nicht möglich, da der Garant nicht in Vertretung der Gesellschaft handelt und somit keine Zurechnung seines Handelns zur Zielgesellschaft begründet wird. Es könnte aber eine entsprechende Anwendung des § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG erwogen werden.117 Die entsprechende Anwendung des § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG könnte aus dem Umstand heraus begründet werden, dass der Garant als mittelbarer Stellvertreter der Zielgesellschaft handelt. Eine mittelbare Stellvertretung liegt vor, wenn jemand ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung eines anderen vornimmt.118 Die Stimmbindung schließt der Garant im eigenen Namen, aber im Interesse der Zielgesellschaft und im Zweifel auf Rechnung (zumindest auch) der Zielgesellschaft ab. Der Garant ist somit mittelbarer Stellvertreter der Zielgesellschaft. Fraglich erscheint allerdings, ob eine mittelbare Stellvertretung als unzulässige Umgehung des Verbots aus § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG gewertet werden kann. An anderer Stelle zeigt das Gesetz ausdrücklich, dass eine mittelbare Stellvertretung zur Umgehung eines gesetzlichen Verbots nicht geeignet ist, vgl. §§ 71a Absatz 2, 71d Satz 1 AktG.119 Daher könnte die Annahme zweifelhaft sein, der Gesetzgeber habe die Problematik nicht erkannt, so dass eine Planwidrigkeit der Gesetzeslücke verneint werden müsste. Entscheidend für die Frage, ob eine Stimmbindung des Bieters gegenüber dem Garanten gegen § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG verstößt, ist aber letztendlich nicht die Stellung des Garanten als mittelbarer Stellvertreter, sondern auf welche Weise der Stimmbindungsvertrag zustande kommt. (a) Bestimmung des Inhalts der Stimmbindung durch die Zielgesellschaft Gibt die Zielgesellschaft den Inhalt der Stimmbindung dem Garanten vor bzw. bestimmt oder formuliert den Inhalt und erfolgt nur der förmliche Ab117 Eine Anwendung von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 2 AktG könnte auch noch diskutiert werden, liegt allerdings nicht nahe, da der Garant im Interesse der Zielgesellschaft als solcher und nicht ihrer Verwaltung handeln soll. 118 Ellenberger, in: Palandt, BGB, Einf v § 164 Rn. 6. 119 Zu den nicht aufeinander abgestimmten Rechtsfolgen der beiden Vorschriften vgl. Hüffer, AktG, § 71d Rn. 8 ff. m. w. N.

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schluss der Stimmbindung zwischen Bieter und Garanten, liegt ein Verstoß gegen das Verbot aus § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG vor. Die Zielgesellschaft könnte dem Garanten zwar keine Weisungen hinsichtlich einer etwaigen Weisung des Garanten gegenüber dem Bieter zur Stimmrechtsausübung oder einer Stimmrechtsbindung des Garanten gegenüber dem Bieter erteilen, wenn das Weisungsrecht der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten ausgeschlossen ist. Wie festgestellt ist es aber unerheblich, mit wem die Stimmbindung abgeschlossen wird. Entscheidend ist, ob die Gesellschaft rechtlich verbindlichen Einfluss auf die Willensbildung der Hauptversammlung nimmt.120 Diesen Einfluss nimmt sie, wenn die den Inhalt der Stimmbindung bestimmt. Nur der förmliche Abschluss der Stimmbindung erfolgt durch den Garanten, so dass sich die Stimmbindung als eine solche gegenüber der Zielgesellschaft darstellt. In diesem Fall stellt sich auch nicht die Frage einer analogen Anwendung des § 136 Absatz 2 AktG, da diese Konstellation unmittelbar von der Vorschrift erfasst ist. Eine Stimmbindung zwischen Garanten und Bieter ist folglich nicht wirksam möglich, wenn die Zielgesellschaft den Inhalt der Stimmbindung bestimmt. (b) Bestimmung des Inhalts der Stimmbindung durch den Garanten Bestimmt der Garant den Inhalt der Stimmbindung hingegen selbst, ist eine unzulässige Umgehung von § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG nicht ohne weiteres anzunehmen. Für eine unzulässige Umgehung des Verbots gebundener Aktien spricht zunächst, dass der Garant bei Abschluss der Stimmbindung nicht frei, sondern durch seine Aufgabe zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft und die entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen gebunden ist. Die Investorenvereinbarung gibt den Handlungsrahmen des Garanten vor. Der Garant soll zwar die Stellung eines neutralen Dritten haben, der über die Einhaltung der Investorenvereinbarung wacht. Doch folgt aus seiner Bindung an die Investorenvereinbarung und die darin niedergelegten Interessen der Zielgesellschaft eine Beschränkung seiner Unabhängigkeit. Schließlich handelt der Garant im fremden und nicht im eigenen Interesse. Daher kann der Garant auch den Inhalt der Stimmbindung nicht ungebunden bestimmen. Somit liegt die Annahme nahe, die Abhängigkeit des Garanten von den in der Investorenvereinbarung näher bestimmten Interessen der Zielgesellschaft schlage auf die Stimmbindung mit dem Bieter durch. Vereinbart der 120

Siehe hierzu oben unter D.II.3.b)(1).

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

Garant eine allein an den in der Investorenvereinbarung niedergelegten Interessen der Zielgesellschaft orientierte Stimmbindung, so könnte die Stimmbindung im Ergebnis als eine Stimmbindung gegenüber der Zielgesellschaft zu werten sein. Allerdings rechtfertigt allein die Bindung des Garanten an das in der Investorenvereinbarung niedergelegte Interesse der Zielgesellschaft eine Anwendung des § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG nicht, wenn die Bestimmung des konkreten Inhalts der Stimmrechtsvereinbarung nach Ermessen des Garanten erfolgt. Verdeutlichen lässt sich dies an zwei Beispielen, wie eine Ermächtigung des Garanten zum Abschluss einer Stimmrechtsbindung gegenüber dem Bieter in der Investorenvereinbarung erfolgen könnte: • Beispiel 1: Der Garant ist berechtigt und ermächtigt, nach eigenem Ermessen Stimmbindungen mit dem Bieter zur Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft abzuschließen. • Beispiel 2: Der Garant ist berechtigt und ermächtigt, nach eigenem Ermessen Stimmbindungen mit dem Bieter zur Sicherung der Interessen und Unabhängigkeit der Zielgesellschaft abzuschließen. Dies betrifft insbesondere Stimmbindungen hinsichtlich der Vornahme von Strukturmaßnahmen, einer Änderung der Dividendenpolitik oder einer Veränderung in Bezug auf die Unternehmensform, den Sitz und den Unternehmensgegenstand der Zielgesellschaft. Erfolgt die Stimmbindung zwischen Garanten und Bieter wie im Beispiel 1, so kann die Zielgesellschaft den konkreten Inhalt der Vereinbarung weder unmittelbar noch mittelbar (mit-)bestimmen. Sie ist allein darauf angewiesen, dass der Garant sich bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Stimmbindung im Rahmen seiner vertraglichen Bindung an die Investorenvereinbarung und die Interessen der Zielgesellschaft hält. Der abstrakte Rahmen der Stimmbindung ist dann zwar von der Zielgesellschaft aufgrund der Bindung des Garanten an ihre Interessen mitbestimmt, die tatsächliche Formulierung erfolgt jedoch durch den Garanten nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Anders als vom Schutzzweck des § 136 Absatz 2 AktG erfasst121, ist die Willensbildung des gebundenen Aktionärs in diesem Falle nicht auf die Zielgesellschaft zurückzuführen. Bestimmt hingegen die Zielgesellschaft den konkreten Inhalt der Stimmbindung, verstößt dies wie aufgezeigt gegen § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG. Dies ist bei einer Vereinbarung wie im Beispiel 2 anzunehmen. Hier 121

Siehe hierzu oben unter C.III.1.a)(5).

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wird dem Garanten faktisch vorgegeben, hinsichtlich welcher Beschlussgegenstände eine Stimmbindung gegenüber dem Bieter erfolgen soll. In diesem Fall wird der Garant nur vorgeschoben, um das Verbot des § 136 Absatz 2 AktG zu umgehen. Dem Garanten bleibt kaum ein Ermessensspielraum, so dass von einer eigenen Entscheidung des Garanten nicht die Rede sein kann. Die Stimmbindung ist bei einer solchen Ausgestaltung der Zielgesellschaft zuzurechnen, so dass eine unzulässige Umgehung des § 136 Absatz 2 Satz 1 Fall 1 AktG anzunehmen ist. Erfolgt demnach die inhaltliche Bestimmung der Stimmbindung nach Ermessen des Garanten, ohne dass die Zielgesellschaft hierauf einwirkt und ohne dass der Garant einem Weisungsrecht der Zielgesellschaft unterliegt, ist ein Verstoß gegen das Verbot aus § 136 Absatz 2 AktG abzulehnen. Da dem Garanten bei der Bestimmung des Inhalts der Stimmbindung ein Ermessensspielraum gewährt werden muss, besteht nun für die Zielgesellschaft das Risiko, dass der Garant die Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels Stimmbindungen anders vornimmt, als es den Vorstellungen der Zielgesellschaft genau entspricht. Aus dem Erfordernis der Gewährung eines Ermessensspielraums folgt, dass in der Investorenvereinbarung nicht klar definiert werden kann, welche konkreten Interessen der Garant wahrnehmen und wahren soll.122 Denn ist dies zu konkretisiert, bleibt dem Garanten kaum ein Raum, innerhalb dessen er sein Ermessen ausüben könnte. Um das Risiko der Zielgesellschaft eines Handelns des Garanten entgegen ihrer Vorstellungen beherrschbar zu machen, spielt die Auswahl der Person des Garanten eine wichtige Rolle. So sollte der Garant befähigt sein, die Bedeutung, Tragweite und Auswirkungen seiner Entscheidungen im Hinblick auf die Interessen der Zielgesellschaft zu erkennen und richtig umzusetzen zu wissen. Eine Stimmbindung des Bieters gegenüber dem Garanten stellt mithin keine unzulässige Umgehung des Verbots aus § 136 Absatz 2 AktG dar, wenn und soweit der Garant weisungsunabhängig von der Zielgesellschaft ist und die Stimmbindung durch den Garanten selbst und nach seinem Ermessen erfolgt. c) Ergebnis Die Beschränkungen der möglichen Vereinbarungen zur Sicherung der Interessen und der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft aufgrund des Verbots von Stimmbindungen zwischen Gesellschaft und Aktionär können vermieden werden, indem anstelle der Zielgesellschaft der Garant Stimmrechtsver122

Dies empfehlend aber Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201.

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einbarungen mit dem Bieter eingeht. Stimmbindungen zwischen Garanten und Bieter sind innerhalb der allgemeinen Grenzen zulässig, wenn und soweit das Weisungsrecht der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag ausgeschlossen ist und die Bestimmung des Inhalts und die Entscheidung über den Abschluss der Stimmbindung nach eigenem Ermessen des Garanten erfolgen. Die Umsetzung einer Stimmbindung zwischen Garanten und Bieter kann so aussehen, dass in der Investorenvereinbarung der Garant zum Abschluss von Stimmrechtsvereinbarungen mit dem Bieter ermächtigt wird, welche der Sicherung der in der Investorenvereinbarung niedergelegten Interessen der Zielgesellschaft dienlich sind. Weisungsrechte aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Garanten werden ausdrücklich ausgeschlossen. Es sollte ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Abschluss und die Bestimmung des Inhalts der Stimmbindung nach Ermessen des Garanten erfolgen, wobei die Investorenvereinbarung nur den abstrakten Rahmen hierzu vorgibt. Die Stimmbindung selbst kann wiederum in die Investorenvereinbarung implementiert werden, wobei klarstellend darauf hingewiesen werden sollte, dass die Stimmrechtsvereinbarung ausschließlich den Garanten und den Bieter berechtigt und verpflichtet und keinerlei Rechte zugunsten der Zielgesellschaft begründet. Andernfalls könnte es dazu kommen, dass die Vereinbarung als Vertrag zugunsten der Zielgesellschaft gemäß § 328 Absatz 1 BGB ausgelegt wird. Hieraus könnte ein Anspruch der Zielgesellschaft zum Abschluss einer Stimmbindung hergeleitet werden. Allein diese Möglichkeit führt dazu, dass eine Entscheidung des Garanten über den Abschluss einer Stimmbindung mit dem Bieter allein nach seinem Ermessen und unabhängig von der Zielgesellschaft anzuzweifeln wäre. Dies würde wiederum zur Nichtigkeit einer etwaigen Stimmbindung des Garanten mit dem Bieter führen. 4. Weitere Vereinbarungen unmittelbar gegenüber dem Garanten Auch bei allen weiteren Vereinbarungen, welche unmittelbar zwischen Bieter und Zielgesellschaft nicht wirksam abgeschlossen werden können123 und die daher zwischen Bieter und Garanten getroffen werden sollen, gilt, dass dies nur unter den Voraussetzungen möglich ist, dass Weisungsrechte gegenüber dem Garanten ausgeschlossen sind und dem Garanten ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung über den Abschluss und der Bestim123 Dies betrifft insbesondere Vereinbarungen betreffend die Beteiligung an der Zielgesellschaft und Absprachen über die Gremienbesetzung, siehe hierzu oben unter C.III.2. bzw. C.III.3.

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mung des Inhalts der entsprechenden Vereinbarungen belassen wird. Gibt hingegen die Zielgesellschaft den Inhalt vor oder bestimmt diesen, gilt hier ebenso wie bei Stimmbindungsvereinbarungen, dass hierin eine unzulässige Umgehung des entsprechenden Verbots liegt. In diesem Fall entspricht die Vereinbarung gegenüber dem Garanten im Ergebnis einer Vereinbarung gegenüber der Zielgesellschaft. Bieter und Garant können daher Vereinbarungen betreffend die Beteiligung des Bieters an der Zielgesellschaft wirksam abschließen. Der Bieter kann somit eine schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung hinsichtlich seiner Anteile an der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten schließen, nach welcher die Veräußerung an die Zustimmung des Garanten geknüpft wird.124 Ein Verstoß gegen § 68 Absatz 2 AktG ist hierin nicht zu sehen, da die Vorschrift nur im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionär eine abschließende Regelung darstellt.125 Schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen zwischen Aktionären oder Aktionären und Dritten sind hingegen grundsätzlich zulässig.126 Dem Garanten können auch Bestimmungsund Vorschlagsrechte hinsichtlich der Person eines möglichen Erwerbers im Falle einer beabsichtigen Anteilsveräußerung des Bieters sowie ein Vorkaufsrecht an den Anteilen des Bieters eingeräumt werden.127 Ein Vorkaufsrecht des Garanten wird indes wenig Bedeutung erlangen, da ihm in der Regel die Mittel zum Erwerb der Anteile des Bieters fehlen werden. Stellt die Zielgesellschaft die Mittel zum Erwerb der Anteile, sind die Beschränkungen der §§ 71a Absatz 2, 71d Satz 1 AktG128 zu beachten, so dass durch ein Einschalten des Garanten aus Sicht der Zielgesellschaft nichts gewonnen wird. Ferner kann sich der Bieter gegenüber dem Garanten hinsichtlich seiner Beteiligungsquote an der Zielgesellschaft verpflichten.129 Der Bieter kann weiterhin Verpflichtungen hinsichtlich der Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten eingehen. So kann der Bieter sich verpflichten, nur eine bestimmte Anzahl von Personen aus seinen Reihen in den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu wählen oder 124

Siehe zu schuldrechtlichen Veräußerungsbeschränkungen oben unter C.III.2.b). Siehe hierzu oben unter C.III.2.b). 126 Bayer, in: MünchKomm, AktG, § 68 Rn. 41; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 68 Rn. 39. 127 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200 f.; siehe zu Bestimmungs- und Vorschlagsrechten oben unter C.III.2.c)(2). 128 Die Vorschriften erfassen beide die mittelbare Stellvertretung, sind allerdings in ihren Rechtsfolgen nicht aufeinander abgestimmt, wobei diese Unterschiede zugunsten der weitergehenden Rechtsfolgen des § 71a Absatz 2 AktG aufgelöst werden, vgl. Hüffer, AktG, § 71d Rn. 9 m. w. N. 129 Siehe zu Vereinbarungen über die Beteiligungsquote oben unter C.III.2.d) und C.III.2.e). 125

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auf die Wahl hinzuwirken oder keine Veränderungen im Hinblick auf die Größe des Aufsichtsrats vorzunehmen.130 Konkrete personelle Besetzungsabreden über die gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern und Abreden über besondere Funktionen im Aufsichtsrat131 machen gegenüber dem Garanten indes keinen Sinn, da der Garant hierauf keine Einwirkungsmöglichkeiten hat. Zulässig ist ebenfalls eine Vereinbarung, nach welcher sich der Bieter gegenüber dem Garanten verpflichtet, seine faktischen Einflussmöglichkeiten auf die Aufsichtsratsmitglieder aus seinen Reihen auszuüben, um diese zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen.132 Wird die Verpflichtung der Einflussnahme auf den Aufsichtsrat jedoch mit Verpflichtungen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft – dies betrifft insbesondere Vereinbarungen über die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft133 – verbunden, so ist eine Verpflichtung des Bieters gegenüber dem Garanten zur faktischen Einflussnahme auf den Aufsichtsrat allerdings unwirksam. Hierin liegt eine unzulässige Umgehung des Verbots zum Abschluss einer solchen Vereinbarung unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter, da Inhalt und Gegenstand der Einflussnahme durch die Zielgesellschaft und nicht nach Ermessen des Garanten bestimmt würden. Auch wenn unter den herausgearbeiteten Voraussetzungen, dass zum einen die Zielgesellschaft nicht über Abschluss und Inhalt der Vereinbarung bestimmt und zum anderen der Garant die Vereinbarung nach eigenem Ermessen abschließt, keine unzulässige Umgehung der entsprechenden Verbote einer Bindung des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft vorliegt, so besteht dennoch eine hohe Umgehungsgefahr. Die Umgehungsgefahr gründet auf der Aufgabe des Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft. Die Umgehungsgefahr wird weiterhin dadurch unterstrichen, dass der Bieter auf diesem Weg weitgehende Verpflichtungen gegenüber dem Garanten eingehen könnte, ohne auf der anderen Seite hierfür vom Garanten eine Gegenleistung zu erhalten. Insofern liegt eine große Diskrepanz zwischen Einsatz und Einwirkungsmacht seitens des Garanten vor. Die Annahme einer Umgehungsgefahr erscheint berechtigt, insbesondere da der Garant kein eigenes Interesse an dem Abschluss der Vereinbarungen gegenüber dem Bieter hat, ausgenommen der Verfolgung seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Zielgesellschaft. Allein dieser Umstand reicht aber nicht für eine unzulässige Umgehung aus. Solange dem Garanten der 130 Siehe zu diesen Vereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Bieter oben unter C.IV.1.b)(1). 131 Siehe hierzu oben unter C.III.3. 132 Siehe hierzu oben unter C.III.4.c)(3)(b). 133 Siehe hierzu oben unter C.III.4.a).

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erforderliche Ermessensspielraum beim Abschluss der Vereinbarungen gewährt, der Inhalt nicht von der Zielgesellschaft vorgegeben wird und der Garant nicht den Weisungen der Zielgesellschaft unterliegt, handelt es sich um die Ausnutzung der gesetzlichen Spielräume. Ein entsprechendes Verbot oder ein Verstoß gegen die in Frage stehenden gesetzlichen Vorschriften und Grundsätze besteht unter diesen Voraussetzungen nicht. Das Einschalten des Garanten zum Abschluss derartiger Vereinbarungen mag zwar bedenklich erscheinen. Zudem schwingt stets der Gedanke an eine Umgehung mit. Jedoch führt nicht die Gefahr einer Umgehung, sondern erst die tatsächliche Umgehung zur Anwendbarkeit des entsprechenden Verbots bzw. zu dem entsprechenden Gesetzesverstoß. Ein drohendes pflichtwidriges Verhalten der Parteien lässt sich nicht als Argument gegen die grundsätzliche bestehende Zulässigkeit einer Vereinbarung gewinnen. Es hängt vielmehr von den tatsächlichen Umständen ab, ob eine Umgehung vorliegt. Ein Schutz der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft und ihrer Interessen lässt sich mithin über den Garanten gewinnen, indem der Garant Vereinbarungen mit dem Bieter eingeht, die unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter nicht wirksam abgeschlossen werden können. 5. Ermächtigung zur Durchsetzung der Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung Stellt der Garant eine Verletzung des Bieters gegen die Investorenvereinbarung fest und weist die Zielgesellschaft hierauf hin, ist der Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft gemäß der Investorenvereinbarung wenig geholfen, wenn die Zielgesellschaft die Pflichtverletzung einfach hinnimmt. Die effektive Sicherstellung der Einhaltung und Erfüllung der Verpflichtungen und Zusagen des Bieters durch den Garanten wird gestärkt, würde der Garant berechtigt und ermächtigt, diese auch gerichtlich und außergerichtlich unabhängig von der Zielgesellschaft durchzusetzen.134 Auf diesem Wege könnte einem einvernehmlichen, aber gegen die Investorenvereinbarung verstoßenden Handeln des Bieters und der Zielgesellschaft entgegengewirkt werden.135 134 Hierzu wurde Herr Bundeskanzler a. D. Dr. Gerhard Schröder in seiner Stellung als Garant in der Investorenvereinbarung zwischen Continental und Schaeffler berechtigt und ermächtigt, vgl. Wertpapierprospekt Continental, S. 184 f.; siehe auch Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201. 135 Wie bereits oben unter C.VII. festgestellt, sind die Vereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Bieter zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft in der Investorenvereinbarung tatsächlich nur in geringem Umfang effektiv durchsetzbar. Eine Ermächtigung des Garanten zur Durchsetzung der Verpflichtungen wird aus diesem Umstand heraus erheblich eingeschränkt.

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

Hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit einer solchen Berechtigung und Ermächtigung des Garanten muss danach differenziert werden, ob die Verpflichtungen und Zusagen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft oder unmittelbar gegenüber dem Garanten bestehen. a) Durchsetzung von gegenüber der Zielgesellschaft bestehenden Verpflichtungen Bei einer Ermächtigung des Garanten, die Verpflichtungen des Bieters aus der Investorenvereinbarung gegenüber der Zielgesellschaft (im Aufgabenkreis des Garanten) selbstständig und unabhängig von der Zielgesellschaft gerichtlich und außergerichtlich durchzusetzen, ist problematisch, ob eine dahingehende Ermächtigung mit der eigenverantwortlichen Leitungskompetenz des Vorstands gemäß § 76 Absatz 1 AktG vereinbar ist. (1) Unübertragbarkeit der Leitungsmacht Gemäß § 76 Absatz 1 AktG hat der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft bedeutet nicht, dass der Vorstand Aufgaben nicht an Dritte übertragen dürfte.136 Leitungsentscheidungen hat aber allein der Vorstand zu treffen und zwar in seiner Gesamtheit.137 Seiner Leitungsmacht kann sich der Vorstand nicht wirksam entäußern und darf daher keine Entscheidungen delegieren, die den Leitungsaufgaben zuzuordnen sind.138 Welche Entscheidungen der Leitung zuzuordnen sind, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Überwiegend hat sich eine typologische Zuordnung herausgebildet, nach welcher die Unternehmensplanung-, -koordination, -kontrolle und Besetzung von Führungspositionen die Leitungsentscheidungen des Vorstands bilden.139 Neben dieser auf betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Zuordnung ist auf die Erheblichkeit der Entscheidung für die Gesellschaft abzustellen.140 Von der Unübertragbarkeit der Leitungs136

Fleischer, ZIP 2003, 1, 10; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 66. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 9; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 12. 138 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 9, 62 ff.; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 7: Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 19; differenzierend Mertens/ Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 45 ff., wonach die Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht nicht ausschließt, Dritten Einwirkungsrechte auf die Leitung der Gesellschaft einzuräumen. 139 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 15 ff.; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 8; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 4 f.; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 16, je m. w. N. 137

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macht bzw. Leitungsentscheidungen sind wiederum vorbereitende und ausführende Maßnahmen zu unterscheiden, welche auf Dritte übertragen oder mit welchen Dritte betraut werden können und zur Bewältigung des Aufgabenkreises des Vorstands sogar müssen.141 Maßgeblich ist dabei, dass die Entscheidungshoheit und Entscheidungsverantwortung beim Vorstand verbleiben.142 Daher erfährt die Ermächtigung eines Dritten zur Vornahme bestimmter Maßnahmen eine entscheidende Einschränkung daraus, dass Entscheidungen, die der Leitung der Gesellschaft zuzuordnen sind, nie übertragen werden dürfen, da diese den Kernbereich der Führungsaufgaben des Vorstands bilden.143 Dies gebieten zum einen die aktienrechtliche Kompetenzordnung, zum anderen der Schutz der Souveränität des Vorstands und der Gesellschaft.144 Somit können Aufgaben, nicht jedoch Entscheidungen übertragen werden, welche der Unternehmensleitung zuzuordnen sind.145 (2) Übertragung nur von vorbereitenden und ausführenden Maßnahmen Für die Frage der Zulässigkeit einer Ermächtigung des Garanten zur Durchsetzung der Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung kommt es somit entscheidend darauf an, ob die Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters aus der Investorenvereinbarung der Leitung der Gesellschaft zuzuordnen ist. Die Investorenvereinbarung stellt aus Sicht der Zielgesellschaft einen für die Gesellschaft wesentlichen Vertrag dar. In der Investorenvereinbarung wird das künftige Verhältnis des Bieters zur Zielgesellschaft geregelt. Zudem werden Absprachen über die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft getroffen. Auch wenn eine Vielzahl von Regelungen nach hier vertretener Auffassung nicht wirksam oder nur als „weiche“ Klauseln vereinbart werden können, hat die Investorenvereinbarung nach wie vor die mittelfristige Unternehmensplanung zum Gegenstand. Zudem ist der Bieter (künftiger) Großbzw. Mehrheitsaktionär der Zielgesellschaft und daher für die künftige Ausrichtung der Gesellschaft von wichtiger Bedeutung. Die Entscheidung über 140 Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 36; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 5. 141 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 20. 142 Fleischer, ZIP 2003, 1, 6. 143 Fleischer, ZIP 2003, 1, 2; ders., FS Schwark, 2009, 137, 149; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 4. 144 Fleischer, FS Schwark, 2009, 137, 149; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 47. 145 Fleischer, ZIP 2003, 1, 8; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 65; Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 34.

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Inhalt und Abschluss der Investorenvereinbarung ist daher den Leitungsaufgaben des Vorstands gemäß § 76 Absatz 1 AktG zuzuordnen. Ist die Entscheidung über Inhalt und Abschluss der Investorenvereinbarung den Leitungsaufgaben des Vorstands zuzuordnen, gilt gleiches für die Entscheidung über die Durchsetzung von Verpflichtungen und Zusagen des Bieters aus der Investorenvereinbarung. Denn die Verfolgung der Durchsetzung der Verpflichtungen oder das Absehen hiervon dient gerade der Verwirklichung der Abreden und Ziele der Investorenvereinbarung und wirkt sich aufgrund der Regelungsgegenstände der Investorenvereinbarung unmittelbar auf die Leitung der Gesellschaft aus. Der Abschluss einer Vereinbarung und deren Durchsetzung greifen ineinander. Folglich hat allein der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob und inwieweit er die Durchsetzung der entsprechenden Verpflichtungen des Bieters verfolgt, wenn der Bieter diesen nicht nachkommt. Hat der Vorstand hierüber eine Entscheidung getroffen, kann er den Garanten zu deren Ausführung ermächtigen. Auch kann der Garant im Vorfeld mit der Prüfung betraut werden, ob der Bieter seinen Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung nachkommt. Wird nun der Garant in der Investorenvereinbarung allgemein dazu ermächtigt, die Verpflichtungen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft durchzusetzen, sofern der Bieter diesen nicht nachkommt, kann schwerlich die Rede von einer eigenen Entscheidung des Vorstands sein. In diesem Fall liegt vielmehr eine unzulässige Delegierung der Entscheidung auf den Garanten vor. Bei einer allgemeinen Ermächtigung entscheidet der Garant auch über das „ob“ und „wie“ der Durchsetzung. Der Garant kann aber nach dem Vorgesagten allein zur Ausführung oder Vorbereitung der Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters gemäß einer vorangegangenen Entscheidung des Vorstands ermächtigt werden. Andernfalls begibt sich die Gesellschaft im Rahmen der Investorenvereinbarung in die Abhängigkeit von der Entscheidung des Garanten hinsichtlich ihrer Geschäftspolitik. Auch wenn man nicht jede Einwirkung Dritter auf die Leitung der Gesellschaft für unzulässig erachtet146, muss aber sichergestellt bleiben, dass die Letztentscheidungskompetenz beim Vorstand verbleibt. Dies gebietet seine Leitungsautonomie. Bei einer Ermächtigung des Garanten zur selbstständigen und von der Zielgesellschaft unabhängigen Durchsetzung der Investorenvereinbarung liegt die Letztentscheidungskompetenz nicht mehr beim Vorstand der Zielgesellschaft. Vergleichen lässt sich eine Ermächtigung des Garanten zur Durchsetzung der Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung mit einem konzern146

So Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 48.

II. Rechte des Garanten

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externen Betriebsführungsvertrag, bei welchem sich ein Dritter verpflichtet, das Unternehmen für Rechnung der Gesellschaft im eigenen Namen oder im Namen der Gesellschaft zu führen. Betriebsführungsverträge werden nach herrschender Meinung im Hinblick auf § 76 Absatz 1 AktG als zulässig erachtet, wenn dem Betriebsführer nur die laufende Geschäftsführung übertragen wird, während die grundsätzlichen Entscheidungen, welche der Leitung der Gesellschaft zuzuordnen sind, beim Vorstand verbleiben.147 Bei einer Übertragung der Kompetenz zur Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters auf den Garanten begibt sich der Vorstand aber gerade seiner Entscheidungskompetenz und überträgt nicht lediglich ausführende Maßnahmen auf den Garanten. Ebenso wie beim Betriebsführungsvertrag ist eine solche Übertragung wegen Verstoßes gegen § 76 Absatz 1 AktG gemäß § 134 BGB nichtig.148 Sofern Aufgaben an einen Dritten übertragen werden, bleibt ferner zu berücksichtigen, dass dabei sichergestellt werden muss, dass der Vorstand die übertragenen Aufgaben jederzeit wieder an sich ziehen kann sowie Informations-, Kontroll- und Prüfungsrechte gegenüber dem Dritten hat.149 Die Steuerungs- und Entscheidungshoheit muss beim Vorstand verbleiben. Dies ist durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Garanten sicherzustellen, wenn ihm Aufgaben übertragen werden. Hierbei ist zu beachten, dass der Garant dadurch in eine Abhängigkeit gegenüber der Zielgesellschaft fällt, welche mit der Aufgabe des Garanten zur Eingehung von Vereinbarungen mit dem Bieter, die nicht wirksam unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter abgeschlossen werden können, konfligieren kann. Dies folgt aus dem Umstand, dass der Garant beim Abschluss solcher Vereinbarungen nach eigenem Ermessen und unabhängig von der Zielgesellschaft handeln muss.150 Sollte der Garant also mit Vorbereitungs- oder Ausführungsmaßnahmen hinsichtlich der Durchsetzung der Investorenvereinbarung betraut werden, sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass die Steuerungsrechte der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten sich allein hierauf beziehen. Letztendlich ist dieser Aspekt indes unerheblich. Durch eine Ermächtigung des Garanten zur Durchsetzung der Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung wird nichts gewonnen, da die Entscheidungshoheit beim Vorstand der Zielgesellschaft verbleiben muss. Damit lässt sich der Garant hinsicht147

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 72 m. w. N. Die Vorschrift des § 76 AktG ist wie alle Vorschriften, welche die Organstruktur und Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft betreffen, als gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB zu verstehen, Mertens/Cahn, in: KölnKomm, AktG, § 76 Rn. 46. 149 Fleischer, ZIP 2003, 1, 10; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 66; Kort, in: GroßKomm, AktG, § 76 Rn. 49; Spindler, in: MünchKomm, AktG, § 76 Rn. 19. 150 Siehe hierzu oben unter D.II.3.b) und D.II.4. 148

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lich der Durchsetzung der Investorenvereinbarung nicht als unabhängige Instanz einsetzen, da er von den Entscheidungen der Zielgesellschaft abhinge. (3) Keine Rechtfertigung durch besondere Aufgabe des Garanten Hinter der Ermächtigung des Garanten zur selbstständigen Durchsetzung der Verpflichtungen aus der Investorenvereinbarung steht der Gedanke, ein Handeln des Vorstands im Sinne der Regelungen der Investorenvereinbarung sicherzustellen. Wie beschrieben besteht die Gefahr, dass sich der Vorstand von den Interessen des Bieters leiten lässt. Somit kann es zu einem einvernehmlichen, aber gegen die Investorenvereinbarung verstoßenden Handeln des Bieters und der Zielgesellschaft kommen. Die Ermächtigung des Garanten dient demnach der Verwirklichung des in der Investorenvereinbarung niedergelegten Unternehmensinteresses der Zielgesellschaft für den Fall, dass der Vorstand dieses nicht im Sinne der Investorenvereinbarung verfolgt. Es könnte daher angedacht werden, ob dieser Umstand eine Ermächtigung des Garanten zu rechtfertigen geeignet ist, auch wenn eine solche Ermächtigung grundsätzlich gegen die Leitungsautonomie des Vorstands verstößt. Eine solche Rechtfertigung ist allerdings nicht möglich. Kommt der Vorstand seinen Verpflichtungen nicht nach, liegt es in erster Linie beim Aufsichtsrat, hieraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Dass es hierzu kommt, ist erst recht wenig wahrscheinlich, wenn der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft vom Bieter dominiert wird. Auch erscheint ein Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung (vgl. § 84 Absatz 3 Satz 2 Var. 3 AktG) je nach Beteiligungshöhe des Bieters als unwahrscheinlich. Doch kann dieses in der Praxis vorkommende Defizit der gegenseitigen Kontrolle zwischen den Organen und ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung der Verwaltung aufgrund von Interessensüberschneidungen Maßnahmen nicht rechtfertigen, die in Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen stehen. Hier ist man allein auf die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Verwaltungskontrolle angewiesen, wie etwa eine Sonderprüfung, die auch von einer Aktionärsminderheit beantragt werden kann, vgl. § 142 Absatz 2 Satz 1 AktG. (4) Zwischenergebnis Demnach ist eine Ermächtigung des Garanten nicht wirksam möglich, nach welcher der Garant berechtigt und ermächtigt sein soll, unabhängig von der Zielgesellschaft die Verpflichtungen und Zusagen des Bieters ge-

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genüber der Zielgesellschaft durchzusetzen.151 Der Garant kann zu einer Durchsetzung nur dann wirksam ermächtigt werden, wenn dem eine Entscheidung des Vorstands vorangegangen ist und dem Garanten allein die Ausführung der Entscheidung des Vorstands übertragen wird, wobei eine jederzeitige Kontrolle dessen durch den Vorstand sichergestellt werden muss. In diesem Fall verliert eine Kontrolle durch den Garanten aber ihren Sinn. b) Durchsetzung von unmittelbar gegenüber dem Garanten bestehenden Verpflichtungen Bestehen Verpflichtungen des Bieters unmittelbar gegenüber dem Garanten, bedarf es keiner Ermächtigung des Garanten zur Durchsetzung dieser seitens der Zielgesellschaft. Die unmittelbar gegenüber dem Garanten bestehenden Verpflichtungen des Bieters kann der Garant aus eigenem Recht und unabhängig von der Zielgesellschaft durchsetzen. Ein Eingriff in das Leitungsermessen des Vorstands erfolgt dabei nicht. Verpflichtungen, die der Bieter gegenüber dem Garanten eingeht, betreffen zum einen Informationsansprüche des Garanten.152 Zum andern solche Vereinbarungen, die nicht wirksam unmittelbar gegenüber der Zielgesellschaft eingegangen werden können. Dies betrifft insbesondere Stimmbindungsvereinbarungen, Vereinbarungen über die Beteiligung des Bieters an der Zielgesellschaft sowie Abreden über die Gremienbesetzung.153 Die Wirksamkeit der Durchsetzung der gegenüber dem Garanten bestehenden Verpflichtungen wirft keine besonderen Probleme auf, die im Zusammenhang mit einer etwaigen Umgehung eines Verbots einer Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Aktionär stehen oder die einen Eingriff in die aktienrechtliche Kompetenz begründen könnten. Die Durchsetzung richtet sich vielmehr nach den jeweiligen Voraussetzungen der entsprechenden Vereinbarung. Da nach hier vertretener Auffassung Stimmbindungsvereinbarungen gegenüber dem Garanten auch dann wirksam eingegangen werden können, wenn der Garant nicht Aktionär der Zielgesellschaft ist154, ergibt sich hinsichtlich der (gerichtlichen) Durchsetzbarkeit der entsprechenden Verpflichtungen keine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Bewertung.155 151 A. A. wohl Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201; die Autoren verweisen zur Begründung auf die Entscheidung des LG Hannover, ZIP 2009, 761, 764 hin, welche zu der Zulässigkeit der entsprechen Ermächtigung des Garanten in der Übernahme Schaeffler/Continental allerdings keine Ausführungen enthält. 152 Siehe hierzu oben unter D.II.1.c). 153 Siehe hierzu oben unter D.II.3. und D.II.4. 154 Siehe hierzu oben unter D.II.3.a).

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

6. Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Garanten Um einem einvernehmlichen, aber von der Investorenvereinbarung abweichenden Verhalten von Zielgesellschaft und Bieter entgegenzuwirken, liegt es nahe, eine Änderung der Investorenvereinbarung oder einzelner Klauseln unter den Zustimmungsvorbehalt des Garanten zu stellen.156 So könnte gesichert werden, dass Bieter und Zielgesellschaft keine Maßnahmen beschließen, die von der ursprünglichen Zielrichtung der Investorenvereinbarung abweichen. Ein Zustimmungsvorbehalt des Garanten ist nur hinsichtlich solcher Abreden wirksam möglich, die den nicht Leitungsaufgaben des Vorstands zuzuordnen sind. Andernfalls liegt ein unzulässiger Eingriff in die Leitungsautonomie des Vorstands vor.157 Bei den hier interessierenden Fragen geht es allein um Gegenstände, welche den Leitungsentscheidungen zuzuordnen sind, wie etwa Vereinbarungen über die künftige Geschäftspolitik der Zielgesellschaft. Ein Zustimmungsvorbehalt hinsichtlich Änderungen der Investorenvereinbarung ist damit kein Gewinn zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft, da ein solcher Vorbehalt ins Leere liefe. Aus dem gleichen Grund unwirksam sind Zustimmungs- oder Zurückweisungsrechte des Garanten im Hinblick auf Maßnahmen der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung. Hierin läge ebenso ein unzulässiger Eingriff in die Leitungskompetenz des Vorstands. Zulässig ist hingegen eine beratende Tätigkeit des Garanten. So kann der Garant in der Investorenvereinbarung damit beauftragt werden, selbstständig und unabhängig zu beurteilen, ob und ggf. welche Maßnahmen die Interessen der Zielgesellschaft fördern oder hierzu erforderlich wären.158 Die Erkenntnisse des Garanten dürfen jedoch wiederum für den Vorstand der Zielgesellschaft nicht bindend sein, da andernfalls der Garant in die Entscheidungshoheit des Vorstands eingriffe.

155 Umstritten ist bei der gerichtlichen Durchsetzung von Stimmbindungsvereinbarungen, ob die Durchsetzung auch im Wege einer einstweiligen Verfügung zulässig ist, siehe hierzu Damm, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, ZHR 154 (1990), 413 ff.; v. Gerkan, Gesellschafterbeschlüsse, Ausübung des Stimmrechts und einstweiliger Rechtsschutz, ZGR 1985, 167 ff.; Zutt, Einstweiliger Rechtsschutz bei Stimmbindungen, ZHR 155 (1991), 190 ff.; Schröer, in: MünchKomm, AktG, § 136 Rn. 85 ff. 156 Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201. 157 Siehe zur Unübertragbarkeit der Leitungsautonomie oben unter D.II.5.a)(1). 158 Ähnlich Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201.

III. Pflichten und Verantwortlichkeit des Garanten

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III. Pflichten und Verantwortlichkeit des Garanten 1. Pflicht zum Tätigwerden Der Garant soll seine Tätigkeit selbstständig wahrnehmen. Daher besteht grundsätzlich keine Pflicht des Garanten zum Tätigwerden. In der Investorenvereinbarung sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass der Grant nach eigenem Ermessen handelt. Ansonsten bestimmt sich eine Pflicht des Garanten zum Tätigwerden nach den vertraglichen Regelungen. So kann eine Pflicht des Garanten zum Tätigwerden dahingehend konkretisiert werden, dass diese besteht, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür abzeichnen, dass der Bieter seinen Verpflichtungen gegenüber der Zielgesellschaft nicht nachkommt. Andererseits kann durch ein Recht der Zielgesellschaft, ein Tätigwerden des Garanten zu beanspruchen, die Unabhängigkeit des Garanten gefährdet werden. Dies kann Auswirkungen auf die Frage habe, ob Vereinbarungen zwischen Garanten und Bieter als unzulässige Umgehung eines Verbots von entsprechenden Vereinbarungen unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter zu sehen sind. Könnte somit die Zielgesellschaft vom Garanten verlangen, dass dieser eine bestimmte Stimmbindung gegenüber dem Bieter eingeht oder diesem Weisungen zur Stimmrechtsausübung erteilt, kann nicht mehr von einer unabhängigen Stellung des Garanten gesprochen werden. Um Wirksamkeitsprobleme hinsichtlich Vereinbarungen zwischen Garanten und Bieter zu vermeiden, sollte daher in der Investorenvereinbarung ausdrücklich klargestellt werden, dass der Garant seine Aufgaben unabhängig von der Zielgesellschaft wahrnimmt und ein Anspruch der Zielgesellschaft auf ein Tätigwerden des Garanten nicht besteht.159 Dritte, etwa Aktionäre, Mitarbeiter oder andere Steakholder der Gesellschaft können grundsätzlich kein Tätigwerden des Garanten beanspruchen. Der Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Garanten ist grundsätzlich nicht als Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Absatz 1 BGB zu sehen. Der Garant soll zwar die Interessen der (übrigen) Aktionäre, Mitarbeiter oder anderen Steakholder der Gesellschaft schützen, doch würde ein Forderungsrecht Dritter die Aufgaben des Garanten überspannen. In der Regel wird deshalb ein dahingehendes Forderungsrecht Dritter nicht gewollt sein. Zudem soll der Garant seine Aufgaben unabhängig und nach eigenem Ermessen wahrnehmen. Ein Forderungsrecht Dritter wird somit ausnahmsweise nur in Betracht kommen, wenn ein solches Recht ausdrücklich in der Investorenvereinbarung festgelegt wurde.160 Zur Vermeidung von Rechtsunsi159 160

Siehe hierzu schon oben unter D.II.3.c). Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201.

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

cherheiten sollte in der Investorenvereinbarung klargestellt werden, dass ein Forderungsrecht Dritter auf ein Tätigwerden des Garanten nicht besteht, vgl. § 328 Absatz 2 BGB. 2. Verantwortlichkeit Eine Pflichtverletzung des Garanten wird in der Praxis kaum eine Rolle spielen. Es ist zum einen vom Garanten nicht zu erwarten, dass dieser zum Schaden des Zielgesellschaft handeln wird. Zum anderen steht dem Garanten bei der Bestimmung dessen, was dem Interesse der Zielgesellschaft entspricht, ein Ermessensspielraum zu. Hier wird der Nachweis einer Pflichtverletzung nur schwer gelingen. Rechtsgrundlage für die Haftung aus Vertragsverletzungen des Garanten ist grundsätzlich § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB, wobei sich der Haftungsmaßstab nach § 276 BGB richtet. Handelt der Garant nach eigenem Ermessen, liegt es nahe, zur Festlegung seiner Verantwortlichkeit auf die Business Judgement Rule gemäß § 93 Absatz 1 Satz 2 AktG161 zurückzugreifen. Eine Pflichtverletzung des Garanten läge danach nicht vor, wenn der Garant bei Wahrnehmung seiner Aufgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Als problematisch kann hierbei im Einzelfall ein Handeln des Garanten auf angemessener Informationsgrundlage sein, da der Garant zur Informationsbeschaffung weitgehend auf die Zielgesellschaft und den Bieter angewiesen ist.162 Ein Handeln des Garanten auf einer gesicherten Informationsbasis ist deshalb nicht immer möglich. Daher ist es empfehlenswert, die Haftung des Garanten zumindest auf grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen. Ohne die Beschränkung wäre wohl ohnehin kaum eine Person bereit, die Aufgabe eines Garanten zu übernehmen.163 Treffen die Parteien keine besonderen Regelungen, bestimmt sich die Verantwortlichkeit des Garanten nach den gesetzlichen Bestimmungen. Hier ergeben sich keine Besonderheiten.

161

Vgl. hierzu nur Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4a ff. m. w. N. Siehe hierzu oben unter D.II.1. 163 Seibt/Wunsch empfehlen daher eine Begrenzung auf vorsätzliches Handeln, vgl. Der Konzern 2009, 195, 201. 162

IV. Ausscheiden des Garanten

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IV. Ausscheiden des Garanten 1. Beendigung der Tätigkeit des Garanten Die Tätigkeit des Garanten endet grundsätzlich mit dem Ablauf des für seine Tätigkeit bestimmten Zeitraums, vgl. § 620 Absatz 1 BGB. Dies kann etwa das Ende der Laufzeit der Investorenvereinbarung sein.164 Ist eine Dauer für die Tätigkeit des Garanten nicht bestimmt, sollte das Recht zur ordentlichen Kündigung gemäß § 621 BGB für Zielgesellschaft und Bieter als Geschäftsherrn zumindest für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgeschlossen werden. Ein Zeitraum von zwei Jahren lässt eine gewisse Beständigkeit der Aufgaben des Garanten zu. Andernfalls besteht die Gefahr, dass insbesondere der Bieter auf eine Kündigung des Garanten hinwirkt. Zudem wird durch den Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung die unabhängige Stellung des Garanten unterstrichen. Denn es stellt sich die Frage, wozu ein Recht zur ordentlichen Kündigung seitens der Zielgesellschaft und des Bieters dienen soll. Wollen die Parteien eine unabhängige Instanz zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft (für einen bestimmten Zeitraum) schaffen, besteht keine Notwendigkeit für ein ordentliches Kündigungsrecht. Verfehlt der Garant seine Aufgaben, bleibt ja immer noch das Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB, welches sich nicht ausschließen lässt.165 Der Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung würde daher die Ernsthaftigkeit des Einschaltens des Garanten zum Ausdruck bringen. Empfehlenswert ist es danach, das Recht der Zielgesellschaft und das des Bieters zur ordentlichen Kündigung für die Laufzeit der Investorenvereinbarung oder zumindest für einen Zeitraum von zwei Jahren auszuschließen. Für den Garanten hingegen sollte das Recht zur ordentlichen Kündigung bestehen bleiben, damit dieser seine Tätigkeit niederlegen kann. Es besteht kein Bedarf, den Garanten an seine Tätigkeit zu binden. Eine sinnvolle Wahrnehmung seiner Aufgaben ist ohnehin nur möglich, wenn der Garant hinter diesen steht. Ansonsten endet die Tätigkeit des Garanten noch durch seinen Tod, vgl. § 613 Satz 1 BGB. 2. Folgen eines Ausscheidens des Garanten Scheidet der Garant aus seinem Amt aus, fragt sich, welche Auswirkungen dies auf die Investorenvereinbarung hat. War die Einbeziehung des 164 165

Siehe hierzu oben unter C.IV.3. Vgl. nur Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 626 Rn. 2.

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

Garanten aus Sicht der Zielgesellschaft eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluss der Investorenvereinbarung, könnte in Erwägung gezogen werden, ob ein Ausscheiden des Garanten zum Scheitern der gesamten Investorenvereinbarung führt. Dies ist indes zu verneinen. Die Investorenvereinbarung ist für Zielgesellschaft und Bieter ein wesentlicher Vertrag, der das Verfahren der Übernahme und das Verhältnis zwischen Zielgesellschaft und Bieter nach der Übernahme in gewissem Umfang regelt und ordnet. Das Einschalten eines Garanten mag zwar wesentliche Voraussetzung für die Zielgesellschaft zum Abschluss der Investorenvereinbarung gewesen sein. Doch steht die Zielgesellschaft im Falle eines Ausscheidens des Garanten immer noch besser da, als sie ohne die Investorenvereinbarung stünde. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Investorenvereinbarung Absprachen über die künftige Geschäftspolitik enthält.166 Insofern würde es nicht den Interessen der Zielgesellschaft entsprechen, verlöre die Investorenvereinbarung im Gesamten ihre Wirksamkeit mit einem Ausscheiden des Garanten. Der Garant ist nur ein zusätzliches Instrumentarium, um eine unabhängige Kontrollinstanz zu schaffen und um Vereinbarungen zu ihrer Wirksamkeit zu verhelfen, die zwischen Zielgesellschaft und Bieter nicht wirksam vereinbart werden können. Aus Sicht des Bieters lässt sich ebenfalls ein Scheitern der Investorenvereinbarung aufgrund eines Ausscheidens des Garanten nicht begründen. Ist das Übernahmeverfahren erfolgreich abgeschlossen, verliert der Bieter einerseits teilweise das Interesse an der Investorenvereinbarung, da Exklusivvereinbarungen zu seinen Gunsten gegenstandslos werden. Andererseits wird die Investorenvereinbarung aber regelmäßig Absprachen über konkrete Projekte enthalten, die ebenfalls im Interesse des Bieters liegen.167 Zudem soll die Investorenvereinbarung insgesamt ein Miteinander der Zielgesellschaft und des Bieters demonstrieren. Letztendlich hatte der Bieter aber nie ein originäres Interesse an dem Einschalten des Garanten, da der Garant nur die Interessen der Zielgesellschaft sichern soll. Ein Interesse des Bieters an dem Garanten stellt sich nur als Reflex dar, wenn das Einschalten des Garanten aus Sicht der Zielgesellschaft wesentliche Voraussetzung zum Abschluss der Investorenvereinbarung war.168 Insofern ist es widersprüchlich, nähme man an, die Investorenvereinbarung verlöre ihren Sinn und Zweck aus Sicht des Bieters durch ein Ausscheiden des Garanten. Der Bestand der Investorenvereinbarung hängt damit nicht vom Garanten ab, so dass ein Ausscheiden des Garanten keine Auswirkungen auf 166 167 168

Siehe hierzu oben unter C.III.4.a). Siehe hierzu oben unter C.III.4.a). Siehe hierzu oben unter D.II.1.c)(1)(a).

V. Abschließende Bewertung des Einsetzens eines Garanten

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die Wirksamkeit der Investorenvereinbarung hat. Dies sollte zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten in die Investorenvereinbarung aufgenommen werden.

V. Abschließende Bewertung des Einsetzens eines Garanten Das Einschalten eines Garanten bietet aus Sicht der Zielgesellschaft ein sinnvolles Instrument zur Sicherung ihrer Interessen gegenüber dem Bieter. Der Abschluss einer Investorenvereinbarung mit dem Bieter ist bei genauerer Betrachtung entgegen dem ersten Anschein nur begrenzt geeignet, die Interessen und die Unabhängigkeit der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter wirkungsvoll zu sichern.169 Die Zielgesellschaft ist daher weitgehend auf ein wohlwollendes Verhalten des Bieters angewiesen und dass dieser die Investorenvereinbarung ihrem Geiste nach lebt. Der Garant bietet der Zielgesellschaft nun die Möglichkeit, ihre Interessen in gewissem Umfang gegenüber dem Bieter zu sichern. So kann der Garant dazu dienen, Vereinbarungen mit dem Bieter abzuschließen, welche sich unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter nicht wirksam treffen lassen. Hierdurch lassen sich wichtige Absprachen zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft vereinbaren, wie etwa die Verpflichtung des Bieters, keine Strukturmaßnahmen vorzunehmen oder nur eine bestimmte Anzahl von Aufsichtsratssitzen der Zielgesellschaft mit seinen Interessensvertretern zu besetzen. Das Einschalten eines Garanten ist weiterhin bedeutsam, um eine unabhängige Instanz zu schaffen, die im Streitfall den Sachverhalt aufbereitet und zwischen den Parteien vermittelt. Ein Zerwürfnis zwischen Bieter und Zielgesellschaft kann beide Parteien leicht von der Fokussierung auf ihren üblichen Geschäftsbetrieb ablenken und auf beiden Seiten zu hohen Kosten führen. Insbesondere aus Sicht des Bieters ist ein nachhaltiger Erfolg der Übernahme unbedingt erforderlich, um zumindest die Übernahmekosten zu amortisieren. Ein Scheitern der Übernahme kann gar die Existenz des Bieters ernsthaft gefährden. Die Zielgesellschaft ist wiederum auf ein gemeinschaftliches Handeln mit dem Bieter angewiesen, um ihre Interessen zu wahren. Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung sollten daher im Interesse beider Parteien möglichst schnell beigelegt werden. Da die Positionen schnell festgefahren sein können, ist es von großem Vorteil, eine unabhängige Partei zu haben, die dazu beiträgt, Konflikte zwischen Zielgesellschaft und Bieter im Zusammenhang mit der Investorenvereinbarung zu befrieden. 169

Siehe hierzu oben unter C.

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D. Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft

Weiterhin kann die Signalwirkung des Einschaltens eines Garanten positive Wirkungen entfalten. Zum einen kann das Einschalten eines Garanten schon davor abschrecken, Maßnahmen entgegen dem Geist der Investorenvereinbarung vorzunehmen. Zum anderen signalisieren die Zielgesellschaft und der Bieter durch die Einschaltung eines Garanten, dass sie selbst voll hinter den Vereinbarungen stehen. Diese Signalwirkung kann wichtig sein, um eine höhere Akzeptanz des Übernahmeangebots auf Seiten der Aktionäre, Arbeitnehmer und anderen Stakeholder der Zielgesellschaft oder in der Öffentlichkeit zu erreichen. Der Garant kann der Zielgesellschaft die Sicherung ihrer Interessen gegenüber dem Bieter zwar nicht garantieren, das Erreichen und den Schutz ihrer Interessen aber in weiterem Umfang sicherstellen, als die Zielgesellschaft es aus ihrer eigenen Position heraus könnte. Somit eignet sich das Einschalten eines Garanten, einer Investorenvereinbarung zur Sicherung der Intersessen der Zielgesellschaft gegenüber dem Bieter zu einem höheren Wirkungsgehalt zu verhelfen.

E. Resümee in Thesen 1. Eine wirkungsvolle Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs durch den Vorstand der Zielgesellschaft ist nur in begrenztem Umfang möglich. Dies folgt zum einen aus kapitalmarkt- und aktienrechtlichen Beschränkungen, zum anderen aus praktischen Schwierigkeiten, wie der kurzen Reaktionszeit auf ein Übernahmeangebot aufgrund der Fristen des WpÜG. Auch präventive Maßnahmen sind nur begrenzt geeignet, einen feindlichen Übernahmeversuch zu verhindern. Das Risiko Ziel eines Übernahmeversuchs zu werden, ist letztendlich eine Folge der Wahl des Rechtsträgers einer Aktiengesellschaft und der Listung der Aktien an einer Börse, da sich die Gesellschaft hierdurch dem Publikum öffnet. Das Risiko des Verlustes der Unabhängigkeit stellt sich somit als Kehrseite der Vorteile des Rechtsträgers Aktiengesellschaft und der vereinfachten Kapitalaufnahme über den Kapitalmarkt dar. 2. Der Vorstand darf in einer Übernahmesituation eine allgemeine Ermächtigung der Hauptversammlung, welche einen Ausschluss des Bezugsoder Erwerbsrechts vorsieht, aus kapitalmarktrechtlicher Sicht nicht ausnutzen. Erforderlich ist eine Vorratsermächtigung unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG oder ein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation. Aufgrund des zielgerichteten und unmittelbaren Eingriffs in die Aktionärsstruktur unterliegt die Entscheidung über den Bezugsrechts- oder Erwerbsrechtsausschluss einem Kompetenzvorrang der Hauptversammlung. Zudem liefe die Regelung des § 33 Absatz 2 WpÜG ins Leere, dürfte der Vorstand unter Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG jede Art allgemeiner Ermächtigungen der Hauptversammlung ausnutzen. Dies ist weiterhin nicht mit dem Grundsatz der Entscheidung der Aktionäre über das Übernahmeangebot vereinbar. Eine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital, die Veräußerung eigener Aktien (gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG) sowie die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen, jeweils unter Ausschluss des Bezugs- bzw. Erwerbsrechts der Aktionäre sind daher kapitalmarktrechtlich in einer Übernahmesituation nur zulässig, wenn dies unter Ausnutzung einer von der Hauptversammlung unter den Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 WpÜG erteilten Ermächtigung oder eines Beschlusses der Hauptversammlung in der konkreten Übernahmesituation erfolgt. Aus kapitalmarktrechtlicher Per-

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spektive folgt hieraus eine starke Einschränkung der Möglichkeiten des Vorstands zur Übernahmeabwehr. 3. Der Bezugsrechtsausschluss bei einem genehmigten Kapital erfordert auch nach der Siemens/Nold Entscheidung des BGH eine sachliche Rechtfertigung im Sinne der Kali+Salz Formel. Die Rechtsprechung des BGH hat nicht zu einer Absenkung des Prüfungsmaßstabs geführt. 4. Ein Bezugsrechtsausschluss allein zum Zweck der Übernahmeabwehr ist sachlich nicht gerechtfertigt. Eine Kapitalerhöhung dient dazu, der Gesellschaft neues Eigenkapital zuzuführen. Daher setzt ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung stets ein Finanzierungsinteresse der Gesellschaft voraus. Der Verlust der Selbstständigkeit, eine drohende Änderung der Geschäftspolitik, die Vornahme von Strukturmaßnahmen oder auch die drohende Zerschlagung und Auflösung der Gesellschaft genügen zur sachlichen Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses allein nicht aus. Zudem besitzen weder die Hauptversammlung noch der Vorstand die Kompetenz, einen Bezugsrechtsausschluss dafür zu instrumentalisieren, allein die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft zu beeinflussen. Es ist der Aktiengesellschaft als offene Publikumsgesellschaft immanent, dass es zu Anteilseignerwechseln aufgrund der freien Übertragbarkeit der Aktien kommt. Sollen Anteilseignerwechsel außerhalb der Vinkulierung verhindert werden, ist dies nicht mit dem Grundsatz der Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft vereinbar. Auch die Anerkennung der (teilweisen) Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen nach § 33 WpÜG führt nicht zu einer anderen Bewertung. Ein Bezugsrechtsausschluss ist daher nur aus Anlass, nicht hingegen allein zum Zweck der Abwehr eines Übernahmeversuchs zulässig. 5. Investorenvereinbarungen zwischen Gesellschaft und (künftigem) Aktionär sind grundsätzlich zulässig. Die rechtliche Zulässigkeit einer Investorenvereinbarung lässt sich aber nicht losgelöst von ihren konkreten Regelungsgehalten bewerten. Insbesondere die aktienrechtliche Kompetenzordnung und Gewaltenteilung schränken mögliche Regelungen zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft weitgehend ein. Die Zielgesellschaft ist daher auf ein wohlwollendes Verhalten des Bieters angewiesen und dass dieser die Investorenvereinbarung ihrem Geiste nach lebt. Aus der weitgehenden Einschränkung möglicher Regelungen zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft folgt aber nicht die Unzulässigkeit einer Investorenvereinbarung zwischen Gesellschaft und (künftigem) Aktionär, da diese nur einen abstrakten Rahmen für eine Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Investor anlässlich eines Beteiligungserwerbs bildet. 6. Die Durchführung einer Übernahme ohne Abstimmung mit der Verwaltung der Zielgesellschaft liegt in der Regel auch nicht im Interesse des

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Bieters. Die Abgabe des Übernahmeangebots mag zunächst ohne Absprache mit der Verwaltung der Zielgesellschaft erfolgen und nicht deren Unterstützung finden. Doch erweisen sich Verhandlungen mit der Zielgesellschaft früher oder später als sinnvoll und erstrebenswert. Hierzu bietet sich der Abschluss einer Investorenvereinbarung an, in welcher Zielgesellschaft und Bieter ihre jeweiligen Interessen verhandeln, koordinieren und aufeinander abstimmen, so dass am Ende eine Lösung gefunden wird, die in ihrer beider Interesse liegt. Aus Sicht des Bieters spricht für den Abschluss einer Investorenvereinbarung vornehmlich die Schaffung von Transaktionssicherheit, welche durch Deal-Protection Abreden gewonnen wird. Der Zielgesellschaft wird vornehmlich daran gelegen sein, sich mittels der Investorenvereinbarung mit dem Bieter auf bestimmte strategische Unternehmensziele sowie die Sicherung bestimmter Unternehmensinteressen zu verständigen und den Einfluss des Bieters auf die Zielgesellschaft zu begrenzen. Durch den Abschluss einer Investorenvereinbarung kann somit entweder ein feindliches Übernahmeangebot von vorherein verhindert oder ein zunächst feindlicher Übernahmeversuch letztendlich zu einer Übernahme in Absprache mit der Zielgesellschaft gewandelt werden. 7. Aus der innergesellschaftlichen Kompetenzaufteilung und Organstruktur ergibt sich eine horizontale Gewaltenteilung zwischen den Organen der Aktiengesellschaft. Die horizontale Gewaltenteilung ist dabei nicht starr zu verstehen. Vielmehr bestehen zwischen den Kompetenzen der einzelnen Organe zahlreiche Überschneidungen. Hieraus ergibt sich ein wohlabgestimmtes System der Gewaltenverzahnung und -kontrolle (System der checks and balances). Es gibt in der Aktiengesellschaft funktionale Überschneidungen in den Kompetenzen der Organe. Diese sind aber nur zulässig, wenn und weil diese gesetzlich geregelt sind. Die Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft erfordert es, dass das gesetzliche System der Zuständigkeiten, Verantwortung und gegenseitigen Kontrolle nicht ausgehebelt werden darf. Die Grenzen der Kompetenzüberschneidungen folgen daher wiederum aus der horizontalen Gewaltenteilung. Bei einer Einflussnahme auf die Zuständigkeiten eines Organs durch ein anderes Organ – soweit dies nicht gesetzlich vorgesehen – besteht die Gefahr, dass dieses gesetzlich ausgewogene System aus seiner Balance gebracht wird. Dies ist der Fall bei Eingriffen eines Organs in die Kompetenzen eines Organs, insbesondere in die Kernkompetenzen des betroffenen Organs. Hierdurch werden die innergesellschaftlichen Machtverhältnisse verschoben. Daher sind Eingriffe eines Organs in die Kompetenzen eines anderen nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. 8. Aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung für die Aktiengesellschaft und ihres abschließenden Charakters sind die Bestimmungen, welche die

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Organstruktur der Gesellschaft und die den Organen zwingend zugewiesenen Kompetenzen betreffen, als gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB anzusehen. Die horizontale Organstruktur und die gesetzlichen Kompetenzzuweisungen sind zwingendes Organisationsrecht und stehen nicht zur Disposition der Beteiligten. Eingriffe eines Organs in die Kompetenzen eines anderen unter Verstoß gegen die zwingende aktienrechtliche Kompetenzordnung und den darin zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Gewaltenteilung sind gemäß § 134 BGB nichtig. 9.

§ 136 Absatz 2 AktG ist als unzureichende Vorschrift des übergeordneten Prinzips der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft weit auszulegen. Schutzobjekt des § 136 Absatz 2 AktG ist nicht die freie Abstimmungsentscheidung des sich bindenden Aktionärs, sondern die Hauptversammlungsautonomie vor rechtlich bindenden Einflussnahmen durch die Gesellschaft und Verwaltung auf ihre Willensbildung. Daher ist jede Art rechtlich verbindlicher Einflussnahme der Gesellschaft auf die Willensbildung der Hauptversammlung gemäß §§ 136 Absatz 2 AktG, 134 BGB nichtig. Eine rechtlich bindende Einflussnahme der Gesellschaft durch ihre Verwaltung auf die Willensbildung der Hauptversammlung ist nicht mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Die Einbeziehung der Verwaltung in die Willensbildung der Hauptversammlung würde zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse in der Gesellschaft und damit zu einer Nivellierung der innergesellschaftlichen Zuständigkeiten führen. Vom Verbot des § 136 Absatz 2 AktG erfasst sind daher auch Stimmverzichte zwischen Aktionär und Gesellschaft. Eine Ausnahme gilt für Stimmverzichte als Teil eines Entherrschungsvertrags. Bestimmungen einer Investorenvereinbarung, welche an das Stimmrecht des Bieters in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft anknüpfen, sind somit unwirksam, wenn und soweit sie eine Stimmbindung oder einen Stimmverzicht des Bieters gegenüber der Gesellschaft enthalten oder sich dies aus der Auslegung entsprechender Bestimmungen ergibt.

10. Der Vorstand unterliegt keiner strikten Neutralitätspflicht, welche ihm Eingriffe in den Aktionärskreis der Gesellschaft allgemein untersagen würde. Das Gesetz zeigt an verschiedenen Stellen, dass sich der Vorstand nicht neutral gegenüber der Zusammensetzung des Aktionärskreises zu verhalten hat. Ein unmittelbarer und zielgerichteter Eingriff des Vorstands in die Zusammensetzung des Aktionärskreises ist aktienrechtlich aber nur dann zulässig, wenn dieser auf einer wirksamen Satzungsgrundlage oder einer qualitativ gleichwertigen Beschlussfassung der Hauptversammlung beruht. Zielgerichtete Eingriffe des Vorstands in die Aktionärsstruktur liegen nicht in seiner originären Kompetenz, son-

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dern erfolgen unter Ausnutzung einer entsprechenden Ermächtigung. Ohne eine entsprechende Ermächtigung ist ein solcher Eingriff nicht mit der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft als Teil der aktienrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Der Erwerb und die Veräußerung von Aktien durch die Aktionäre sind außerhalb der Vinkulierung gemäß § 68 Absatz 2 AktG keine Maßnahme der Gesellschaft. Vereinbarungen zwischen Bieter und Zielgesellschaft, welche die Investitionsoder Desinvestitionsfreiheit des Bieters an der Zielgesellschaft einschränken, sind daher unzulässig. Aus der Unvereinbarkeit eines zielgerichteten und unmittelbaren Eingriffs des Vorstands in die Aktionärsstruktur mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung folgt zudem die Nichtigkeit einer Vereinbarung mit dieser Wirkung. Dies betrifft insbesondere schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen, rechtsverbindliche Benennungsrechte zugunsten der Zielgesellschaft hinsichtlich der Person des Erwerbers für den Fall einer beabsichtigten Veräußerung von Anteilen an der Zielgesellschaft durch den Bieter sowie die Vereinbarung einer Höchst- oder Mindestbeteiligungsquote des Bieters an der Zielgesellschaft. Zulässig sind allein ein unverbindliches Vorschlagsrecht zugunsten der Zielgesellschaft hinsichtlich der Person eines möglichen Erwerbers sowie eine Informationszusage seitens des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft über eine geplante Veräußerung von Aktien der Zielgesellschaft sowie hinsichtlich eines möglichen Erwerbers. 11. Verbindliche Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Aktionär über die Besetzung des Aufsichtsrats sind nicht wirksam möglich. Eine Vereinbarung, nach welcher die Gesellschaft die Verpflichtung übernimmt, bestimmte Personen in den Aufsichtsrat zu wählen, ist wegen Verstoßes gegen § 101 Absatz 1 Satz 2 AktG gemäß § 134 BGB nichtig. Ebenfalls unwirksam ist eine Vereinbarung, nach welcher die Gesellschaft sich verpflichtet, bestimmte Personen bei den Aufsichtsratswahlen in den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG zu berücksichtigen. Hierin liegt ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Verbindliche Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats lassen sich auch nicht unmittelbar zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und einem Aktionär wirksam abschließen. Diese sind wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder unwirksam. Unwirksam ist auch eine Vereinbarung, in welcher die Gesellschaft einer Person bestimmte Funktionen im Aufsichtsrat der Gesellschaft zusichert oder dahingehende Verpflichtungen übernimmt. Hierin liegt ein unzulässiger Eingriff in die Organisationsautonomie des Aufsichtsrats. Stehen Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Stimmrechtsaus-

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übung der Aktionäre in der Hauptversammlung, sind diese wegen Verstoßes gegen das Verbot einer Stimmbindung zwischen Gesellschaft und Aktionär unwirksam. 12. Absprachen über die Besetzung des Aufsichtsrats können allein als Bemühensklauseln, welchen kein Erfüllungsanspruch gegenübersteht und welche keinen unzulässigen Entscheidungsdruck begründen, vereinbart werden. In einer Bemühensklausel gegenüber der Gesellschaft liegt allerdings ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Wirksam möglich ist allein die Vereinbarung einer Bemühensklausel gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern. In diesem beschränkten Umfang können Abreden über die Besetzung des Aufsichtsrats wirksamer Bestandteil einer Investorenvereinbarung werden. 13. Eine Absprache über die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats, nach welcher eine zuvor geschaffene Vakanz mit bestimmten Personen geschlossen werden soll, kann zulässig sein. Aufsichtsratsmitglieder dürfen im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Zumutbaren ihr Bemühen zusagen, im Aufsichtsrat zu sondieren, ob derzeitig amtierende Mitglieder der Anteilseignerseite bereit sind, ihr Amt niederzulegen. Die so geschaffene Vakanz kann dann in einem zweiten Schritt gemäß einer zuvor getroffenen Absprache im Wege der gerichtlichen Bestellung gezielt geschlossen werden. Eine Vereinbarung über die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats und eine damit verbundene Abrede über die Schaffung einer Vakanz darf aber keine rechtlich durchsetzbaren Ansprüche begründen, sondern muss als Bemühensklausel formuliert werden. Zudem ist eine dahingehende Vereinbarung gegenüber der Gesellschaft aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung unwirksam. Die Absprache über die Schaffung der Vakanz kann gegenüber einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrats getroffen werden, hinsichtlich des gerichtlichen Ergänzungsantrags auch gegenüber Vorstandsmitgliedern. Absprachen über die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats können daher unter Beachtung dieser Voraussetzungen wirksam in einer Investorenvereinbarung festgesetzt werden. 14. Zusagen eines Aktionärs gegenüber der Gesellschaft, die Geschäftspolitik der Gesellschaft zu unterstützen sowie Zusicherungen hinsichtlich der Arbeitnehmer, der Arbeitnehmervertretung sowie Betriebsstandorten der Gesellschaft sind grundsätzlich wirksam möglich. Der Bieter kann daher dahingehende Verpflichtungen in einer Investorenvereinbarung gegenüber der Zielgesellschaft wirksam eingehen. Unzulässig ist hingegen die Verpflichtung eines Aktionärs gegenüber der Gesellschaft, keine Veränderungen im Hinblick auf den bestehenden Vorstand vorzunehmen oder hierauf hinzuwirken. Hierin liegt eine unzulässige

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Vereinbarung des Vorstands zur Sicherung seiner eigenen Position, die aufgrund Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung zur Nichtigkeit einer entsprechenden Vereinbarung führt. Zulässig ist allein die Bekundung des Vertrauens in den bestehenden Vorstand. 15. Eine Bindung der Repräsentanten des Bieters im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft an die Investorenvereinbarung ist weder unmittelbar noch mittelbar wirksam möglich. Die Bindung von Aufsichtsratsmitgliedern an die Investorenvereinbarung verstößt gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Amtsführung der Aufsichtsratsmitglieder aus § 111 Absatz 5 AktG. Zudem ist der Versuch einer Bindung des Aufsichtsrats durch die Gesellschaft mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung unvereinbar. Dadurch ist die Bindungswirkung von Zusagen des Bieters in der Investorenvereinbarung im Hinblick auf die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft erheblich geschwächt. 16. Deal-Protection Vereinbarungen zugunsten des Bieters können wirksamer Bestandteil einer Investorenvereinbarung sein. Eine Verpflichtung des Vorstands zur Empfehlung des Übernahmeangebots ist wirksam möglich, wenn und soweit sie mit der auflösenden Bedingung versehen ist, nach welcher diese Verpflichtung erlischt, wenn neue Umstände auftreten, die nach Ermessen des Vorstands eine andere Bewertung des Übernahmeangebots rechtfertigen. Ferner können BreakUp-Fee, No-Shop und No-Talk Klauseln grundsätzlich zulässigerweise vereinbart werden, wobei No-Talk Klauseln nur unter der auflösenden Bedingung zulässig sind, dass die daraus folgenden Beschränkungen nicht gelten, wenn und soweit ein begründeter Anlass aus Sicht der Zielgesellschaft zur Verhandlung mit einem oder zur Informationsweitergabe an einen Dritten besteht. 17. Der Abschluss einer Investorenvereinbarung in einer Übernahmesituation hat grundsätzlich keine verhinderungseignende Wirkung. Die verhinderungseignende Wirkung einer Investorenvereinbarung lässt sich zwar nicht losgelöst von ihren Regelungsgehalten bewerten. Doch kommt den üblichen Regelungsgegenständen einer Investorenvereinbarung diese Wirkung nicht zu. 18. Zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft aus der Investorenvereinbarung kann eine neutrale dritte Person zur Partei der Investorenvereinbarung gemacht werden, die als Garant zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft, ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen Steakholder dient und Vereinbarungen zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft und zur Begrenzung des Einflusses des Bieters auf die Zielgesellschaft mit dem Bieter abschließt.

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19. Das Rechtsverhältnis des Garanten gegenüber der Zielgesellschaft und dem Bieter ist ein auf Dienstleistung gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag. 20. Es bestehen keine gesetzlichen Anforderungen an die Person des Garanten. Bei der Auswahl des Garanten ist es empfehlenswert, eine Person zu wählen, die schon aufgrund ihrer Persönlichkeit und Stellung in der Öffentlichkeit vor etwaigen Verletzungen der Investorenvereinbarung abschreckt. 21. Steht eine Verletzung der Investorenvereinbarung im Raum, so liegt die zentrale Aufgabe des Garanten darin, den streitigen Sachverhalt aufzuklären. Im besten Falle wird durch die unabhängige Aufarbeitung des streitigen Sachverhalts der fragliche Konflikt schnell befriedet, ohne dass es zu weiteren Auseinandersetzungen, sei es juristischer, sei es tatsächlicher Art, zwischen Zielgesellschaft und Bieter kommt. Zur wirkungsvollen Wahrnehmung dieser Aufgabe ist die Einräumung von Informationsrechten des Garanten gegenüber der Zielgesellschaft und dem Bieter erforderlich. 22. Dem Garanten können Informationsrechte (Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechte) gegenüber der Zielgesellschaft und dem Bieter eingeräumt werden. Die Informationsrechte des Garanten stehen dabei unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse. Danach darf die Informationsgewährung verweigert werden, wenn sie nicht im Unternehmensinteresse liegt. Den abstrakten Rahmen hierzu bilden die Investorenvereinbarung und der Aufgabenkreis des Garanten. Ein Informationsrecht ohne den Vorbehalt der Vereinbarkeit der Informationsweitergabe mit dem Unternehmensinteresse ist nichtig. Aufgrund dieses erforderlichen Vorbehalts wird das Instrument des Garanten zur Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft aus der Investorenvereinbarung erheblich geschwächt. 23. Der Garant kann mit dem Bieter Vereinbarungen zum Schutz der Interessen der Zielgesellschaft abschließen, welche nicht wirksam unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter vereinbart werden können. Dies betrifft Stimmrechtsbindungen, Vereinbarungen betreffend die Beteiligung des Bieters an der Zielgesellschaft, Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft sowie Vereinbarungen, nach welchen sich der Bieter gegenüber dem Garanten verpflichtet, seine faktischen Einflussmöglichkeiten auf die Aufsichtsratsmitglieder aus seinen Reihen auszuüben, um diese zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen. Vereinbarungen solchen Inhalts zwischen Garanten und Bieter sind innerhalb der allgemeinen Grenzen zulässig, wenn und soweit das Weisungsrecht der Zielgesellschaft gegenüber dem Garanten

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aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag ausgeschlossen ist und die Bestimmung des Inhalts und die Entscheidung über den Abschluss der Vereinbarung nach eigenem Ermessen des Garanten erfolgen. In diesem Fall liegt keine unzulässige Umgehung des Verbots einer Vereinbarung unmittelbar zwischen Zielgesellschaft und Bieter vor. 24. Eine Ermächtigung des Garanten, unabhängig von der Zielgesellschaft die Verpflichtungen und Zusagen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft durchzusetzen, ist unwirksam. Eine solche Ermächtigung ist nicht mit der eigenverantwortlichen Leitungskompetenz des Vorstands vereinbar. Der Garant kann zu einer Durchsetzung der Verpflichtungen und Zusagen des Bieters gegenüber der Zielgesellschaft nur dann wirksam ermächtigt werden, wenn dem eine Entscheidung des Vorstands vorangegangen ist und dem Bieter allein die Ausführung der Entscheidung des Vorstands übertragen wird. Die unmittelbar gegenüber dem Garanten bestehenden Verpflichtungen des Bieters kann der Garant hingegen aus eigenem Recht und unabhängig von der Zielgesellschaft durchsetzen. 25. Ein Zustimmungsvorbehalt des Garanten im Hinblick auf eine Änderung der Investorenvereinbarung ist nicht wirksam möglich. Ein Zustimmungsvorbehalt des Garanten begründet einen unzulässigen Eingriff in die Leitungsautonomie des Vorstands. Zulässig ist aber eine beratende Tätigkeit des Garanten. 26. Eine Pflicht des Garanten zum Tätigwerden bestimmt sich nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag gegenüber der Zielgesellschaft und des Bieters. Da der Garant seine Tätigkeit selbstständig wahrnehmen soll, sollte eine Pflicht zum Tätigwerden nur dann bestehen, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür abzeichnen, dass der Bieter seinen Verpflichtungen gegenüber der Zielgesellschaft nicht nachkommt. Eine Verpflichtung des Garanten zur Durchsetzung der Verpflichtungen des Bieters ihm gegenüber muss ausdrücklich ausgeschlossen werden, da andernfalls nicht mehr von einer unabhängigen Stellung des Garanten gesprochen werden kann. Dritte, etwa Aktionäre, Mitarbeiter oder andere Steakholder der Gesellschaft können grundsätzlich kein Tätigwerden des Garanten beanspruchen. 27. Die Verantwortlichkeit des Garanten bestimmt sich unter Vorbehalt abweichender vertraglicher Regelungen nach den allgemeinen für einen Geschäftsbesorgungsvertrag geltenden Bestimmungen. Eine Haftungsbegrenzung des Garanten ist empfehlenswert. 28. Die Tätigkeit des Garanten endet grundsätzlich mit dem Ablauf des für seine Tätigkeit bestimmten Zeitraums. Ist eine Dauer für die Tätigkeit

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des Garanten nicht bestimmt, sollte das Recht zur ordentlichen Kündigung für Zielgesellschaft und Bieter als Geschäftsherrn zumindest für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgeschlossen werden. 29. Ein Ausscheiden des Garanten hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Investorenvereinbarung im Übrigen.

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Stichwortverzeichnis Abwehrmaßnahmen 21 ff. Anti trust defense 26 f. Aufsichtsrat – Besetzungsabsprachen 139 ff., 225 f., 245 f. – Entsendungsrecht 85, 141 f., 170 – gerichtliche Bestellung 90, 151 ff., 226, 246 – Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit 139 ff., 163 ff., 166 ff., 214 f., 245 – Vakanz 90, 151 ff., 246 Bemühenszusage 146 ff., 153, 186, 246 Bezugsrechtsausschluss 24 f., 27 ff., 29 ff., 54 f., 57, 105 f., 111 f., 241 f. Board-Recommendation Klausel 175 f. Break-Up-Fee 177 f., 185 Business Combination Agreement 59 Commerzbank/Mangusta Urteil 35 ff. Crown jewels defense 25 Deal-Protection Vereinbarung 61, 64 f., 175 ff., 247 Due Diligience 207 f. Entherrschungsvertrag 94 ff., 181, 183, 244 Erwerb eigener Aktien 57, 116 Exklusivvereinbarung 178 ff., 238 Fiduciary-Out 176 f., 179 f. Garant – Aufgaben 18, 188 ff., 191 f., 247 f.

– Pflichten 235 ff., 249 – Rechte 198 ff., 248 f. – Rechtsstellung 192 ff., 248 Geschäftsbesorgungsvertrag 195, 217, 235 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 193 ff. Gesellschaftsinteresse 38 ff., 61, 63, 67, 101 f., 114, 124 f., 143 ff., 163 ff., 177, 179 f., 201 ff., 209 ff., 214 ff., 248 Hauptversammlung – Ad-hoc Hauptversammlung 22, 34, 52 – Allgemeine Ermächtigung 29 ff., 57, 241 – Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit 101, 121, 183 – Vorratsermächtigung 30 ff., 57 f., 241 – Willensautonomie 76 ff., 96, 214, 244 Holzmüller Urteil 25, 35, 119 ff., 159 Investorenvereinbarung – Begriff 19, 61 – Bindungswirkung 161 ff. – Durchsetzbarkeit 186 – Regelungsgegenstände 66 ff., 188 ff. Kali + Salz Urteil 36 ff. Kapitalerhöhung – genehmigtes Kapital 28, 29 ff., 105 f., 111, 241 f. – reguläre 28, 34

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Stichwortverzeichnis

Kompetenzordnung 71, 76 ff., 83 ff., 93, 95 f., 97, 100, 101 f., 103, 113 ff., 118, 124 ff., 133 f., 138, 142, 149, 160, 164 ff., 169, 170 f., 229, 242 ff. Konzerneingangsschutz 39, 43 Linotype Urteil 40, 127 Lock-Up Verpflichtung 103 f. Mitteilungspflicht 17, 27 f. Neutralitätspflicht siehe Verhinderungsverbot No-Shop Vereinbarung 178 f., 185 No-Talk Vereinbarung 179 f. Optionsanleihen 24 f., 106, 111 Pac man defense 26 Personalkompetenz 85, 139, 160, 161, 164 f., 171 Pflichtangebot 27 Privatautonomie 111 Schiedsklausel 186 Siemens/Nold Urteil 35 ff. Standstill Vereinbarung 104, 131 ff. Stimmbindungsvereinbarung 67 ff., 213 ff., 244, 248 Stimmrechtsausschluss 91 Stimmrechtsvertretung 82, 97 ff.

Stimmverzicht 93 ff., 244 Swap 17 f., 27 f. Treuhand 192 f. Übernahmeangebot 17 f., 22 f., 27, 30, 33 f., 43, 47 ff., 52, 53, 57, 59, 61 ff., 132, 135, 136 f., 175 ff., 181, 185 f., 191 Unternehmensinteresse siehe Gesellschaftsinteresse Vakanz siehe Aufsichtsrat Veräußerung eigener Aktien 56 f. Veräußerungsbeschränkung 103 ff., 225, 244 f. Verhinderungsverbot 21 ff., 48 ff., 58, 115, 128 f., 137, 184 f., 105 ff., 244 f. Vertragsfreiheit siehe Privatautonomie Vertraulichkeitsvereinbarung 203, 207 Verwaltungsvollmacht siehe Stimmrechtsvertretung Vinkulierung 43, 46 f., 107 ff., 138 f., 242, 245 Vorstand – Leitungsmacht 101 f., 114, 189, 158, 228 ff., 233, 234, 249 – Verschwiegenheitspflicht 201 ff. Wandelanleihen 24 f. White knight 58 f. White squire 27