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German Pages 237 [240] Year 1992
SERAPION VON THMUIS ECHTE UND UNECHTE SCHRIFTEN SOWIE DIE ZEUGNISSE DES ATHANASIUS UND ANDERER
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PATRISTISCHE TEXTE UND STUDIEN IM AUFTRAG DER PATRISTISCHEN
KOMMISSION
DER AKADEMIEN DER WISSENSCHAFTEN IN DER BUNDESREPUBLIK D E U T S C H L A N D
HERAUSGEGEBEN VON
K. A L A N D U N D E. M Ü H L E N B E R G
B A N D 37
WALTER D E GRUYTER • BERLIN • NEW YORK 1992
SERAPION VON THMUIS ECHTE UND UNECHTE SCHRIFTEN SOWIE DIE ZEUGNISSE DES ATHANASIUS UND ANDERER
VON KLAUS
FITSCHEN
W A L T E R DE G R U Y T E R • BERLIN • NEW Y O R K 1992
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
Die Deutsche Bibliothek —
CIP-Einheitsaufnahme
Fitschen, Klaus: Serapion von Thmuis, echte und unechte Schriften sowie die Zeugnisse des Athanasius und anderer / von Klaus Fitschen. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1992. (Patristische Texte und Studien ; Bd. 37) Zugl.: Kiel, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-11-012886-1 NE: GT
ISSN 0553-4003 © Copyright 1992 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin
VORWORT Die vorliegende Untersuchung ist im Jahre 1989 von der Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen worden. Meinem Doktorvater und Lehrer Prof. Reinhart Staats danke ich an dieser Stelle für die Beratung und Förderung, die schon lange Jahre vor meiner Beschäftigung mit Serapion von Thmuis ihren Anfang nahm und mich fast mein ganzes Studium über hier und dort begleitete. Zu Dank verpflichtet bin ich auch der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften für die Aufnahme der Arbeit in die Patristischen Texte und Studien, ebenso allen, die die Drucklegung finanziell unterstützten: meinen Eltern und Schwiegereltern, der Vereinigten Evang.-Luth. Kirche in Deutschland und der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern. Nürnberg, im Februar 1992
Klaus Fitschen
INHALT Vorwort
V
A. Einführung in das Thema
1
B. Echtes
3
I. Serapion adversus Manichaeos 1. Einleitung 2. Autorschaft und äußere Zeugnisse 3. Die Geschichte der Rekonstruktion des Textes 4. Der Manichäismus in Ägypten 5. Datierung 6. Inhalt und Aufbau des Manichäertraktates 7. Einführung in die bisherige Diskussion 8. Serapions Kenntnis der manichäischen Lehre A) Die manichäische Lehre vom Anfang der Dinge . . . . a) Zitate b) Anspielungen c) Potentielle Einwände: Die trennende Mauer B) Anthropologie a) Zitate b) Anspielungen c) Potentielle Einwände C) Christologie b) Anspielungen D) Beispiele für den Dualismus b) Anspielungen c) Potentielle Einwände E) Die manichäische Gesetzeskritik a) Zitate b) Anspielungen c) Potentielle Einwände 9. Serapions Darstellung und ihr Sachgehalt A) Die manichäische Lehre vom Anfang der Dinge . . . . a/b) Zitate und Anspielungen c) Potentielle Einwände
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Inhalt
VIII
B) Anthropologie a/b) Zitate und Anspielungen c) Potentielle Einwände C) Christologie D) Beispiele für den Dualismus b) Anspielungen c) Potentielle Einwände E) Die manichäische Gesetzeskritik a) Zitate b) Anspielungen c) Potentielle Einwände 10. Weitere Vorwürfe, Argumente und Themen Serapions 1. Der Manichäismus als die schlimmste Häresie 2. Das Wesen des Bösen 3. Gesetz und Evangelium: Die „Antithesen"; Kardinaltugenden und -laster 11. Schlußbemerkungen II. Der Brief an die Nachfolger des Antonius 1. Der Text 2. Autorschaft und Datierung 3. Die Adressaten 4. Zum Inhalt III. Der Brief an Bischof Eudoxius 1. Autor und Adressat 2. Inhalt und Datierung C. Fragmente I. Aus den Briefen 1. Aus Brief 23 2. Aus Brief 55 II. Aus einem syrischen Florilegium 1. Aus einer Rede über die Jungfrauenschaft 2. Aus einem Brief an Confessoren 3. Fragment ohne Herkunftsangabe
44 44 45 45 46 46 46 46 46 47 49 49 48 50 53 56 57 57 58 59 60 64 64 65 67 67 68 68 69 69 70 71
III. Katenenfragmente zur Genesis
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IV. Fragment bei Evagrius Ponticus
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V. Der Briefwechsel mit Apollinaris D. Unechtes I. Die Epistula ad Monachos 1. Die bisherige Beurteilung
75 79 79 79
Inhalt
2. Innere Kriterien gegen die Echtheit 3. Äußere Kriterien gegen die Echtheit II. Das Euchologium 1. Von der Entdeckung des Textes bis Bernard Botte . . 2. Bernard Botte und die folgende Kontroverse 3. Problemstand und Weiterführung 4. Die Theologie Serapions und das Euchologium . . . . III. Der Lehrbrief über Vater und Sohn 1. Forschungsgeschichte 2. Inhalt und Einordnung des Schreibens IV. Die Vita Macarii Scetensis 1. Der Text und seine Zuschreibung 2. Der Charakter des Werkes; die „Verfasser" 3. Inhaltliche Gründe gegen die Autorschaft Serapions V. Die Vita P§oi VI. Die Vita Iohannis Baptistae E. Serapion — Gewährsmann der Vita Antonii? 1. Einführung in den Problemstand 2. Das Zeugnis der Vita: Serapion und Antonius 3. Serapion und die Vita F. Äußere Zeugnisse I. Thmuis: Ortsgeschichte und monastisches Milieu II. „Serapion"
IX
80 83 84 85 87 89 91 95 95 96 98 98 99 101 103 105 106 106 107 111 117 117 119
III. Der Scholasticus Serapion
119
IV. Der Monachus Serapion
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V. Serapion und Antonius
122
VI. Das Begleitschreiben zu einem Osterfestbrief 1. Problemstand 2. Der äußere Befund: Die Bischofsliste 3. Inhaltliche Kriterien: Die Melitianer 4. Die Quadragesima 5. Ergebnis VII. Die Bischofsliste von Serdica VIII. Serapion und Flavius Philagrius
123 123 124 126 127 128 129 130
X
Inhalt
IX. Die Gesandtschaft nach Mailand X. Serapion und die Flucht des Athanasius 356 XI. Die Epistula de Morte Arii 1. Anlaß des Schreibens 2. Datierung; Serapions Bedeutung XII. Die pneumatologischen Lehrbriefe des Athanasius 1. Gliederung und Umfang des Textcorpus 2. Theologiegeschichtliche Einordnung: Brief I 3. Die Epitome: Brief II/III 4. Der Gegenangriff: Brief IV, 1—7 5. Die Abhandlung über Mt 12,32 (Brief IV, 8 - 2 3 ) . . . 6. Ergebnis: Die Datierung der Briefe
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XIII. Serapion Confessor. Ptolemaios Bischof von Thmuis
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XIV. Der Briefwechsel mit Apollinaris
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G. Irrwege und Hagiographisches I. Irrwege 1. Der junge Mann Serapion 2. Serapion, „Oberhaupt der Mönche" 3. Serapion, Leiter der Katechetenschule Alexandrias . . 4. Die Regula ad Monachos 5. Serapion und die Verurteilung des Arius II. Hagiographisches 1. Grundlagen 2. Wirkungen
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H. Serapions Lebenslauf und Dogmatik
156
I. Der Lebenslauf Serapions
156
II. Die Dogmatik Serapions in Grundzügen 1. Christologie 2. Pneumatologie 3. Anthropologie 4. Ekklesiologie 5. Wissen und Erkenntnis 6. Askese 7. Zorn und Gebet
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Inhalt
XI
Übersetzung: Serapion adversus Manichaeos
163
Literaturverzeichnis
205
I. Quellen und kommentierte Übersetzungen II. Hilfsmittel III. Sekundärliteratur Sachregister
205 211 212 215
A. EINFÜHRUNG IN DAS THEMA „Serapion, der Bischof von Thmuis, der sich wegen der Schärfe seines Verstandes den Beinamen Scholasticus verdient hat, ein Freund des Mönches Antonius, veröffentlichte ein herausragendes ,Buch gegen Mani' und ein anderes ,Über die Überschriften der Psalmen' und nützliche Briefe an verschiedene Personen; und er ist unter Kaiser Constantius auch im Bekenntnis berühmt gewesen." So prägnant spricht Hieronymus in De viris illustribus 99 1 über Serapion von Thmuis, und dieser erste Handbuchartikel ist in gewisser Weise bis heute prägend geblieben. Serapion hat seinen Platz in vielen Lexika und Handbüchern, er ist bekannt als Freund des Antonius, als Verfasser nennenswerter Werke, als Asket und als Bischof. Nun haben sich die Gelehrten, gerade in den letzten 100 Jahren, mit diesem Lehrbuchwissen natürlich nicht zufriedengegeben. Neue Quellen wurden entdeckt, herausgegeben und in die Diskussion um Serapion eingeführt. Kennzeichnend für die Serapion-Forschung ist, daß es dabei meist bei Einzelergebnissen blieb, die zwar immer wieder neu in den Artikeln über Serapion zusammengefaßt wurden, aber viele Lücken und Unwägbarkeiten ließen, wo man gern mehr über die Zusammenhänge der Quellen und Zeugnisse gewußt hätte. Dem editorischen Fleiß und der Grundlagenforschung Früherer verdankt diese Arbeit viel. Sie hat in erster Linie das Ziel, mehr über Serapion zu erfahren. Dazu ist eine weitere kritische Analyse der Quellen unerläßlich. Es zeigt sich bald, daß nicht alles, was bis heute Serapion von Thmuis zugeschrieben wird, auch einer Echtheitsprüfung standhält. Die Gliederung der Arbeit setzt die Ergebnisse meiner Echtheitsprüfungen voraus: Serapion soll zuerst in seinen echten Schriften zu Wort kommen (B). Viele seiner Werke, darunter auch das von Hieronymus bezeugte über die Psalmüberschriften, sind verloren. Das „Buch gegen Mani" ist aber erhalten und verdient nicht nur vom Umfang her unsere Beachtung. Seine Analyse wird das bisher gültige Serapionbild erweitern und ihm zu schärferen Konturen verhelfen. Um dem interessierten Leser den Zugang zu diesem Text zu erleichtern, habe ich im Anhang meine Übersetzung beigegeben. Ganz andere Themen behandelt Serapion dann in seinen beiden einzigen vollständig erhaltenen Briefen. Die unter Serapions Namen umlaufenden Fragmente (C) werden aus methodischen Gründen zusammen abgehandelt. Zwar können sie nicht 1
Ed. E. C. Richardson, TU 14,1, Leipzig 1896, S. 47.
2
Einführung in das Thema
alle vorbehaltlos für Serapion in Anspruch genommen werden — von den drei Katenenfragmenten erweisen sich zwei gar als unecht — doch lohnt sich auch bei ihnen eine Einführung in den Inhalt und seine Hintergründe. Von den unechten Quellen (D) sind einige schon durch die kenntnisreichen Arbeiten anderer ausgeschieden worden. Die Clavis Patrum Graecorum 2 bietet hierzu einen ersten Überblick. Auch das sogenannte Euchologium ist in den letzten Jahren einer intensiven Diskussion ausgesetzt gewesen. Es hat aber neben dem Werk und der Person Serapions immer eine Sonderstellung gehabt, so daß die Ablehnung einer genuinen Autorschaft Serapions das bisherige Serapionbild kaum verändert. Schwerer wiegt die Streichung der Epistula ad Monachos aus dem Werkregister: Die Vorstellung vom "Mönch" Serapion verblaßt dadurch etwas. Was der "Mönch" Serapion sein sollte — ein Anachoret? ein Koinobit? — ist im übrigen nie klar definiert worden. Dieses und andere Probleme versuchte Martin Tetz mit seinem Aufsatz über Serapions Bedeutung für die Abfassung der Vita Antonii zu erhellen (E) 3 . Seine Untersuchung ist eine entscheidende Anregung für die Entstehung der vorliegenden Arbeit gewesen. Die Uberprüfung seiner interessanten These an Serapions Werk und der Vita Antonii leitet über zur Bearbeitung der Sekundärquellen. Die äußeren Zeugnisse über Serapion (F) sind zu einem erheblichen Teil Werke des Athanasius. Sie erlauben Rückschlüsse auf Serapions Stellung in den dogmatischen Kontroversen seiner Zeit. Auch die äußeren Zeugnisse müssen auf ihre Datierung und ihren Inhalt hin untersucht werden. Dies dient — besonders bei den Athanasiusbriefen — immer dem Zweck, den kirchen- und theologiegeschichtlichen Hintergrund aufzuhellen, vor dem sich Serapion dann wenigstens in Umrissen abhebt. Neben den Zeugnissen, die zweifellos Serapion von Thmuis betreffen, haben sich im Laufe der Forschungsgeschichte und der Hagiographie noch einige angesammelt, die unserem Serapion zu Unrecht zugeordnet worden sind (G). Alle diese Überlegungen zu Fragen der Echtheit, der Datierung und des Inhalts haben, wie schon gesagt, das Ziel, mehr über Serapion zu erfahren. Hierin hat die spröde Kleinarbeit an den Quellen ihren Sinn. Abschließend sollen die Ergebnisse zu zwei Skizzen über den Lebenslauf und die Dogmatik Serapions zusammengesetzt werden (H). Beginnen wir nun mit der Untersuchung des Manichäertraktates, in dem wir viel über Serapions theologische Anliegen und seine Methode erfahren.
2 3
M. Geerard, CPG Bd. 2, Turnhout 1974, Nr. 2 4 8 5 - 2 5 0 4 . M.Tetz, Athanasius und die Vita Antonii. Literarische und theologische Relationen, ZNW 73, 1982, S. 1 - 3 0 .
B. ECHTES I. SERAPION ADVERSUS MANICHAEOS
1. Einleitung Der Serapion von Thmuis zugeschriebene Traktat gegen die Manichäer ist bisher wenig beachtet worden. Der Manichäismus ist vordergründig gesehen ein Spezialproblem, und was an Serapion theologisch interessierte, war die Frage seiner Einordnung in die christologischen und pneumatologischen Auseinandersetzungen seiner Zeit. Der Traktat gegen die Manichäer aber ist das Hauptwerk unter den erhaltenen Schriften Serapions und hat somit für die Nachzeichnung seines theologischen Profils erhebliche Bedeutung. Man wird angesichts der speziellen Intention dieses Werkes mit ihm den Theologen Serapion nicht vollständig beschreiben können; es geht aber auch nicht an, den Manichäertraktat als ein Spezialproblem zu übergehen und Serapion vorzuwerfen, er habe das — christologische — Thema seiner Zeit verfehlt 4 . Es ist deshalb angebracht, das Werk zuerst für sich sprechen zu lassen; es soll bei dieser einführenden Untersuchung immanent und im Kontext anderer antimanichäischer und manichäischer Quellen verstanden werden. Auch die Geschichte des Antimanichäismus wäre ein Beitrag zur Theologiegeschichte, insofern auch in ihr die recht verstandene christliche Lehre verteidigt und präzisiert wird. Der Theologe Serapion ist als Vertreter einer antihäretischen Front — und der Manichäismus gibt sich ja durchaus „häretisch" — zu respektieren, auch wenn seine Wirkung auf diesem Gebiet nicht die Augustins und anderer erreicht hat. Die folgenden Abschnitte sollen eine Einführung in Serapions Werk bieten, noch keinen vollständigen Kommentar 5 . Da die von Serapion behandelten Themen meist durch die Lehre der Manichäer vorgegeben sind, habe ich vor allem seine Angaben über die Lehre der Gegner anhand anderer Quellen zu
4
5
G. Bardy hat diesen Vorwurf angesichts der Lehrbriefe des Athanasius an Serapion in das Zugeständnis gekleidet, „qu'il était capable à l'occasion de s'intéresser aux vrais problèmes théologiques" (Art. Sérapion de Thmuis, DThC Bd. 14,1, Paris 1939, Sp. 1910). Ich lasse deshalb auch die im Anhang beigegebene Übersetzung unkommentiert. Hinweise zur Gliederung und zum Inhalt gebe ich in B. I. 6. Ich zitiere Serapions Werk nach der Edition von R. P. Casey, Serapion of Thmuis against the Manichees, HThS 15, 1931.
4
Echtes
verifizieren versucht und dabei seine Darstellung und Widerlegung nach thematischen Komplexen gegliedert. Vor dieser inhaltlichen Auseinandersetzung aber müssen einige äußere Fragen geklärt werden, die die Autorschaft, die Geschichte der Rekonstruktion des Textes und seine räumliche und zeitliche Einordnung betreffen.
2. Autorschaft und äußere Zeugnisse Die Autorschaft Serapions für ein antimanichäisches Werk ist gut bezeugt, wie auch in den Handschriften die Zuschreibung des vorliegenden Textes an ihn eindeutig ist. Daß Serapion von Thmuis den Manichäern literarisch entgegengetreten sei, findet noch im 4. Jhd. prominente Beglaubigung. Der erste Zeuge ist Epiphanius. In seinem Panarion nennt er unter den Bestreitern des Manichäismus auch Serapion von Thmuis 6 . Den zweiten Beleg liefert Hieronymus, der unter Serapions Werken ein „Adversus Manichaeum egregius über" aufzählt 7 . Zitate aus dem Werk bietet nur Facundus von Hermiane 8 im 6. Jhd. Er zitiert das Incipit „Dissolvit errorem veritas" und auch einen kurzen Abschnitt aus dem Inneren des Traktates 9 . Facundus überliefert den Text in einer Version, in der er ihn für seine christologischen Interessen adaptieren kann: Während Serapion allgemein von der Wandlungsfähigkeit menschlicher Verhaltensweisen bei gleichzeitiger Unveränderlichkeit des äußerlichen Wesens spricht („Wenn ich den Menschen betrachte, erkenne ich wieder, wie er beschaffen ist. Wenn ich aber sein Verhalten in Augenschein nehme, werde ich befremdet", XVII,1 f), bezieht Facundus diese Aussage auf Jesus: „Wenn ich den Menschen Jesus sehe, erkenne ich, wie beschaffen er ist". Zu diesem Textproblem kommt hinzu, daß Facundus den Traktat irrtümlich für ein Werk des Athanasius hält. Diese Zuschreibung hat sonst aber keinerlei Anhaltspunkte. Die letzten Belege bietet Photius. In seiner Bibliothek greift er auf Heraklian von Chalkedon zurück, der in seinen „Zwanzig Büchern gegen die Manichäer" diejenigen Autoren aufzählt, die vor ihm gegen die Gottlosigkeit Manis geschrieben hätten. Unter ihnen nennt er auch Serapion
6 7
Panarion 66,21,3, ed. K . Holl, G C S 37, Leipzig 1 9 3 1 , S. 49, Z. 2. De vir. ill. 99 (s. A n m . 1). Zu Hieronymus vgl. auch A n m . 1 5 4 und den zugehörigen Text.
8
A d Iustinianum XI,II,14, ed. I.-M. Clément, R. Vander Plaetse, CChr.SL 9 0 A , Turnhout
9
Dieser entspricht in Caseys Edition X V I I , 1 - X V I I I , 2 . In X V I I , 4 hat Facundus das
1974, S. 336 f. zweite cr&opa ausgelassen, in X V I I I , 1 TÎ oöv ÈpoOnEV. X V I I I , l f ist frei übersetzt.
5
Serapion adversus Manichaeos
von Thmuis 10 . Photius selbst führt in seinem Werk Contra Manichaeos Serapion neben anderen als Gegner der Manichäer auf 11 . Diese äußeren Zeugnisse weisen also Serapion als Autor eines antimanichäischen Werkes aus, und nichts spricht dagegen, daß es sich um den vorliegenden Text handelt. 3. Die Geschichte der Rekonstruktion
des Textes
Der Manichäertraktat Serapions ist bis vor etwa hundert Jahren nur sehr verkürzt bekannt gewesen: Unter Serapions Namen waren nur die ersten 25 und etwas mehr als das letzte Kapitel des Buches bekannt 12 , außerdem ein kurzes Fragment 13 . Die Geschichte der Rekonstruktion des vollständigen Textumfangs soll hier nur zusammenfassend wiedergegeben werden, da sie seit dem Erscheinen der von Robert Pierce Casey im Jahre 1931 erstellten Edition ein zwar interessantes, aber nunmehr abgeschlossenes Lehrstück editorischer Arbeit ist. Die Arbeiten von August Brinkmann und Casey 14 , auf die ich hier im wesentlichen zurückgreife, zeichnen diese Geschichte ausführlich nach; sie markieren neben der Edition des Manichäertraktates des Titus von Bostra durch Paul de Lagarde die wichtigsten Stationen der vollständigen Rekonstruktion des Textes. Möglich war diese Rekonstruktion, weil der uns heute bekannte restliche Text von Serapions Werk nicht verloren, sondern durch Quaternionenvertauschung in den Manichäertraktat des Titus eingegangen war. Beide Schriften wurden ab dem 17. Jhd. wiederholt aus einer Handschrift der ehemaligen Hamburger Stadtbibliothek ediert. Die letzte Edition des Titus-Textes durch De Lagarde stammt aus dieser Handschrift. De Lagarde 10
Bibliotheca Cod. 85, ed. R. Henry, Bd. 2, Paris 1960, S. 9, Z. 11. Nach Henry, Anm. 1, ist der terminus ante quem für Heraklian seine Erwähnung durch Sophronius von Jerusalem im 7. Jhd.
" 1,11, PG 102, 32 f. 12 Diese Fassung wurde zuletzt ediert in P G 40, 900—924 (nach der Edition Gallandis in Bibliotheca Veterum Patrum, Bd. 5, Venedig 1769). 900—921C (inc. ETTIÄUEI TT)V TrXavr|v; des. TT) dtpX'Ö TÜ>V) entspricht Casey 1,1 — X X V , 1 6 . 921C—924 (inc. Tps TTOvripias itrrcöv; des. nvricrTEUönEvoi) entspricht LIII,56 —LIV. 13 Aus Codex Coislinianus 279, fol. 139 (inc.