Seemacht, Seeherrschaft und die Antike 9783515114318, 3515114319

"Seemacht", "Seeherrschaft", "Thalassokratie" diese Phänomene gehören zu den wie selbstver

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German Pages 348 [350] Year 2016

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Table of contents :
VORWORT DER HERAUSGEBER
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
Teil I: Der Zugriff auf das Meer
Hans Kopp: Thalassokratie: Zur historischen Semantik und Wirkungsgeschichte eines Hilfsbegriffs
Michael Rathmann: Das Meer bei den antiken Geographen
Christian Wendt: Piraterie als definitorisches Moment von Seeherrschaft
Barry Strauss: Thucydides, Polybius and Mahan on Sea Power
Teil II: Operative Konzeptionen
Kurt A. Raaflaub: ‚Archē‘, ‚Reich‘ oder ‚athenischer Groß-Staat‘? Zum Scheitern integrativer Staatsmodelle in der griechischen Poliswelt des 5. und frühen 4. Jahrhunderts v. Chr.
Julia Wilker: “That All Your Security Depends on the Sea”: The Concept of Hegemony at Sea in Fourth-Century Athens
Raimund Schulz: Das Meer im strategischen Denken der Römischen Republik
Bernhard Linke: Die Republik und das Meer.
Seerüstung und römische Innenpolitik zur Zeit der Punischen Kriege
Teil III: Grenzen des Kanons
Martin Dreher:
Die Seemacht Sparta
Monika Schuol: Jüdische Seemacht?
Teil IV: Selbstwahrnehmung und Repräsentation
Sabine Müller: Die Perser und das Meer: Eine Analyse der Inschriften
der frühen Perserkönige
Monika Trümper:
Delos as Center of Athenian “Sea Power” – An Archaeological Perspective ...
Daniel Kah:
Rhodos als Seemacht
Virginia Fabrizi:
Space, Vision and the Friendly Sea: Scipio’s Crossing to Africa
in Livy’s Book 29
Ernst Baltrusch:
„Hier war doch eben noch Land“ – Naumachien in Rom
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Seemacht, Seeherrschaft und die Antike
 9783515114318, 3515114319

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Seemacht, Seeherrschaft und die Antike Herausgegeben von Ernst Baltrusch, Hans Kopp und Christian Wendt

historia

Zeitschrift für Alte Geschichte | Revue d’histoire ancienne |

Journal of Ancient History | Rivista di storia antica

einzelschriften

Herausgegeben von Kai Brodersen, Erfurt |

Mortimer Chambers, Los Angeles | Mischa Meier, Tübingen | Bernhard Linke, Bochum | Walter Scheidel, Stanford Band 244

Seemacht, Seeherrschaft und die Antike Herausgegeben von Ernst Baltrusch, Hans Kopp und Christian Wendt

Franz Steiner Verlag

Umschlagabbildung: Römisches Relief eines Kriegsschiffs vom Tempel der Fortuna Primigenia in Praeneste, 1. Jahrhundert v. Chr. Vatikan, Museo Pio-Clementino. © 2016. Photo Scala, Florence.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016 Satz: DTP +TEXT, Eva Burri, Stuttgart Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11431-8 (Print) ISBN 978-3-515-11436-3 (E-Book)

VORWORT DER HERAUSGEBER Dieser Band ist das Resultat einer internationalen Konferenz, die im Rahmen des Exzellenzclusters TOPOI im Dezember 2013 an der Freien Universität Berlin stattfand. Die Intensität der Diskussionen und die Vielzahl der eingenommenen Perspektiven bezeugten das rege Interesse, das an der grundsätzlichen Befassung mit Seemacht und Seeherrschaft in der Antike besteht. Ebenso ließen teils kontroverse Positionen erkennen, welches Potential auch weiterhin in der Auseinandersetzung mit dem Themengebiet steckt. Einen Beitrag dazu zu leisten und die Diskussion weiter anzuregen ist daher Anliegen dieses Bandes. Wir danken dem Exzellenzcluster TOPOI für die großzügige Finanzierung der Veranstaltung sowie den Herausgebern der Historia Einzelschriften für die Aufnahme in diese Reihe. Zudem sei Daniel Kah für seine Unterstützung bei der Fahnenkorrektur und Katharina Stüdemann vom Franz Steiner Verlag für die kompetente und hilfsbereite Betreuung der Publikation herzlich gedankt. Ernst Baltrusch Hans Kopp Christian Wendt

Berlin, März 2016

INHALTSVERZEICHNIS Ernst Baltrusch / Hans Kopp / Christian Wendt Einleitung ..........................................................................................................

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Teil I: Der Zugriff auf das Meer Hans Kopp Thalassokratie: Zur historischen Semantik und Wirkungsgeschichte eines Hilfsbegriffs .............................................................................................

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Michael Rathmann Das Meer bei den antiken Geographen .............................................................

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Christian Wendt Piraterie als definitorisches Moment von Seeherrschaft ...................................

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Barry Strauss Thucydides, Polybius and Mahan on Sea Power ..............................................

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Teil II: Operative Konzeptionen Kurt A. Raaflaub ‚Archē‘, ‚Reich‘ oder ‚athenischer Groß-Staat‘? Zum Scheitern integrativer Staatsmodelle in der griechischen Poliswelt des 5. und frühen 4. Jahrhunderts v. Chr. .......................................................... 103 Julia Wilker “That All Your Security Depends on the Sea”: The Concept of Hegemony at Sea in Fourth-Century Athens .......................... 133 Raimund Schulz Das Meer im strategischen Denken der Römischen Republik.......................... 151 Bernhard Linke Die Republik und das Meer. Seerüstung und römische Innenpolitik zur Zeit der Punischen Kriege............. 163

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Inhaltsverzeichnis

Teil III: Grenzen des Kanons Martin Dreher Die Seemacht Sparta ......................................................................................... 189 Monika Schuol Jüdische Seemacht? .......................................................................................... 205 Teil IV: Selbstwahrnehmung und Repräsentation Sabine Müller Die Perser und das Meer: Eine Analyse der Inschriften der frühen Perserkönige .................................................................................... 219 Monika Trümper Delos as Center of Athenian “Sea Power” – An Archaeological Perspective... 233 Daniel Kah Rhodos als Seemacht ........................................................................................ 253 Virginia Fabrizi Space, Vision and the Friendly Sea: Scipio’s Crossing to Africa in Livy’s Book 29.............................................................................................. 279 Ernst Baltrusch „Hier war doch eben noch Land“ – Naumachien in Rom ................................ 291 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 305 Register ............................................................................................................. 333 Verzeichnis der Beiträgerinnen und Beiträger .................................................. 345

EINLEITUNG Ernst Baltrusch / Hans Kopp / Christian Wendt 1. DER GEGENSTAND UND DAS PROBLEM Seemacht und Seeherrschaft gehören zu denjenigen Kernbestandteilen der Antike, die als Begriffe und Kategorien so selbstverständlich wirken, dass sie kaum als problematisierungs- oder reflexionsbedürftig erscheinen. Das verwundert zunächst kaum: In politischen Gebilden wie dem Attisch-Delischen Seebund oder dem ,Handelsimperium‘ der Karthager, der ,Seepolizei‘ Rhodos oder auch der römischen Idee des mare nostrum bietet gerade die Geschichte der Antike gleich etliche, klassisch und paradigmatisch gewordene Exempla jener Form von Machtpolitik zur See. Auch der Mythos (oder die Frühgeschichte, je nach Interpretation) trägt sein Teil dazu bei, denkt man etwa an die vielbehandelte und vieldiskutierte Seeherrschaft des kretischen Königs Minos. Gerade im Vergleich mit anderen Epochen, zumal dem in der allgemeinen Vorstellung oft immer noch (und fälschlich) als völlig landzentriert gedachten Mittelalter,1 erscheint die Antike als maritimes Weltzeitalter par excellence, mit einer grundsätzlichen Hinwendung zum Meer, die sich machtpolitisch in der Herausbildung und konzeptionellen Durchdringung der Phänomene Seemacht und Seeherrschaft manifestiert habe. Erst in der Neuzeit sei dann eine vergleichbare Intensität der politisch-militärischen Beziehung des Menschen zum Meer wieder zu beobachten. Und daran, dass die altertumswissenschaftliche Forschung den Gegenstand ,Seeherrschaft in der Antike‘ schon längst und letztlich umfassend gewürdigt habe, besteht dann auch, zumal in der Außenwahrnehmung, kaum ein Zweifel.2 Dabei ist ‚Seeherrschaft‘, um mit dem problematischeren der beiden Begriffe zu beginnen, ein keineswegs einheitlich verwendetes Konzept. Grundsätzlich, dies lässt ein Blick sowohl in die Quellentexte wie in moderne Darstellungen vermuten, kann fast jedwede Form der Überlegenheit zur See mit diesem Terminus bezeichnet werden, von der ganz situativen Möglichkeit eines Gemeinwesens, seinen Hafen nutzen zu können,3 bis hin zur vertraglich sanktionierten Abriegelung ganzer Meeresteile4 mit dem Anspruch auf Dauerhaftigkeit der Ordnung oder gar der Etablierung einer Struktur, die als ein „in sich geschlossenes Meerbeherrschungssystem“ 1 2 3 4

Vgl. übergreifend nun Borgolte – Jaspert (2016a) zur Neubewertung des Mittelalters aus maritimer Perspektive. S. etwa Kolditz (2012) 80. Ewa bei Pol. 8,34,8 über die Versuche Hannibals, den Tarentinern die ‚Seeherrschaft‘ an ihrer Küste im Kampf gegen die römischen Besatzer in der Stadt zu verschaffen. So eine gängige Interpretation der bei Polybios (3,22–25) überlieferten römisch-karthagischen Verträge der Zeit vor dem Ersten Punischen Krieg.

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Ernst Baltrusch / Hans Kopp / Christian Wendt

begriffen werden könne.5 All das, samt der vielen Zwischenstufen, kann scheinbar problemlos als ‚Seeherrschaft‘ tituliert werden, und dieses Moment des Diffusen bzw. diese Breite des Spektrums spiegelt wenig überraschend auch der Gebrauch des Ausdrucks in den verschiedenen Formen der Literatur, seien es Lexika und Handbücher, historische Darstellungen oder Übersetzungen der Quellentexte. Als selbstverständliches Element der Politik eines antiken, dem Meer nicht fern gelegenen und imperial ambitionierten Gemeinwesens erklärt ein Lexikon der Historischen Geographie Seeherrschaft;6 als das Ergebnis eines politischen Wachstums und Anspruchs, in diesem Fall der römischen Republik, empfand sie schon Theodor Mommsen;7 als ein bloß kurzfristiges strategisches Moment wirkt sie etwa in Georg Peter Landmanns Wortwahl in seiner berühmten Thukydides-Übersetzung, wenn es um die 14 Tage geht, die die Samier zu „Herren ihres Meeres“ wurden, nachdem sie die athenische Seeblockade ihres Hafens kurzfristig durchbrochen hatten (1,117,1), und als „Schlüsselmoment aller historischen Entwicklung“, also als Motor stärker denn als Ergebnis allen Strebens, zeigten Burkhardt Wolf zufolge bereits Herodot und Thukydides die Seeherrschaft.8 Seit der Frühen Neuzeit konnte ,Seeherrschaft‘, als deutsche Ausprägung der juristischen Vorstellung des domi­ nium maris, auch den Anspruch auf Eigentumsrechte an der See bezeichnen,9 und die Flexibilität des deutschen Wortes machte es sogar möglich, es auf den (Süßwasser-)See zu beziehen, um Eigentums- und Nutzungsrechte der dortigen „Seeherrschaften“ zu legitimieren.10 Das vorgeblich antike Pendant des Begriffs, die sogenannte ‚Thalassokratie‘, erfreut sich weiterer, mindestens ebenso uneinheitlicher Verwendungen,11 wozu wohl auch der allgemeinere, ein breiteres Verwendungsspektrum abdeckende englische Gebrauch von thalassocracy beiträgt.12 Wenn also ‚Seeherrschaft‘, ‚Herrschaft zur See‘ oder auch ‚Thalassokratie‘ ein derartiges Spektrum an maritimer Einflussnahme abbilden können, wohl nicht zu5 6 7 8 9 10

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Nesselhauf (1933) 51. Sonnabend (1999) 460 Mommsen (1881) 549–550. Wolf (2009) 42. S. dazu den Überblick bei Grewe (1984) 300–322. Vgl. dazu am Beispiel der Auseinandersetzungen des 18. Jahrhunderts um das imperium maris am Bodensee Kahn (2004) 257–258. Als „Seeherrschaften“ wurden die mit Eigentumsrechten versehenen ‚Herren‘ des Federsees im Württembergischen bezeichnet, wie aus zeitgenössischen Beschreibungen zu ersehen ist: „Das Eigenthumsrecht der Markung war vormals zwischen der Stadt Buchau, dem Kloster Marchthal und den Grafen von Stadion-Warthausen in gleiche Theile getheilt. An die Stelle des Klosters ist der Fürst von Thurn und Taxis und an die von Warthausen neuerlich der Staat getreten. Die erwähnten Eigenthumsherren wurden die 3 Seeherrschaften genannt. Zur Ausübung ihrer Herrschaft, welche sich hauptsächlich auf die Benutzung der Seemarkung bezog, waren 12 Bottmeister, je 1 Ober- und 3 Unterbottmeister aufgestellt. Kraft des Vertrags von 1760 wechselte das Direktorium unter den Herrschaften ab, und der Oberbottmeister der dirigirenden Seeherrschaft war der Direktorial-Oberbottmeister“ (von Memminger 1827, 42). Wie jüngst etwa vom Mediävisten Olaf Mörke (in einem Interview) betont wurde: „Meines Erachtens ist das Risiko ziemlich groß, den Begriff zu überdehnen und alle diejenigen Mächte als Thalassokratie zu markieren, die als Seefahrtsmächte in Erscheinung getreten sind. Das stiftet dann mehr Verwirrung als Klarheit“ (Mörke 2015). Dazu der Beitrag von H. Kopp im vorliegenden Band.

Einleitung

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letzt auch im eher umgangssprachlichen Gebrauch, drängt sich unweigerlich die Frage auf, welchen heuristischen Sinn all diese Kategorien erfüllen. Welche Frage drückt sich tatsächlich in der jeweiligen Begriffsverwendung aus? Welche Vorannahmen, Prädeterminationen oder gar Hoffnungen werden transportiert, spricht jemand von ,Seeherrschaft‘? Und wie korreliert eine derartige Terminologie mit antiker Begrifflichkeit und Vorstellungswelt? Es scheint zuweilen, als existiere eine akzeptierte, dabei aber nicht immer auch reflektierte Kategorie der ‚Seeherrschaft‘, was doppelt verwundert, bedenkt man die grundlegenden Auseinandersetzungen zum Begriff der Herrschaft an und für sich und dessen Einbringung in den Kontext staatlicher Machtorganisation. Eine Definition von ‚Seeherrschaft‘ existiert jedoch nicht, oder immerhin keine kanonisierungsfähige, die über konkrete Kontexte hinaus Geltung beanspruchen könnte. Im militärischen Bereich etwa, wo eine solche am ehesten zu finden (und vorzugeben) ist, findet der Terminus meist allein für die Herstellung bzw. den Zustand der ungestörten eigenen Nutzung der Verbindungswege zur See (bzw. der Möglichkeit, diese der Gegenseite zu verwehren) Verwendung, beschreibt also eine als bloß logistisch verstandene Setzung, die zudem grundsätzlich eigentlich nur für den Kriegsfall gedacht ist; Seeherrschaft im Frieden kann in diesem Verständnis letztlich gar nicht existieren.13 Diesem Verständnis steht z. B. eine spezifische historische Perspektive, die sich der Untersuchung längerfristiger, ‚strukturell‘ gedachter ‚Herrschaftsgebilde‘ verschrieben hat und oft gerade die Konstanz erfolgreicher ‚Seeherrschaft‘ akzentuiert, daher auch von ‚Seeherrschaft‘ als „Herrschaftsformen […], die sich spezifisch auf die Beherrschung der See gründeten“, von „Meerbeherrschungsystem[en]“ und von „Seeherrschaftssysteme[n]“ spricht,14 zwangsläufig entgegen – allerdings werden derartige Widersprüche nicht thematisiert. Auch aus diesem Grund ist eine an Max Webers Typenbildung orientierte Unterscheidung zwischen See-‚Macht‘ und See-‚Herrschaft‘ nur bedingt weiterführend: Sie mag zwar mitunter innerhalb einzelner Untersuchungszusammenhänge sinnvoll zur Anwendung gebracht werden (sofern sie in diesen klar definiert wird), doch gerät gerade eine solche (zumindest landläufig darauf eingeengte) Differenzierung zwischen institutionalisierter, auf Regelmäßigkeit und Akzeptanz angelegter ‚Herrschaft‘ und situativer, auf konkreter Durchsetzung (zumeist mittels Gewalt) beruhender ‚Macht‘ leicht in Widerspruch zu all denjenigen Konzepten von Seeherrschaft, die darin nur einen Augenblickszustand des Seekrieges und gerade kein politisch-strukturelles Phänomen begreifen wollen. Vieles, was oftmals mit ‚Seeherrschaft‘ bezeichnet wird, hat mit legitimierter Durchsetzung von Befehlen, Akzeptanz durch die Beherrschten, der Tradierung und Verfestigung von Herrschaft schlicht nichts zu tun. Dementsprechend müsste, folgte man diesem Ansatz, für all diese Fälle entweder ein anderer Terminus gefunden oder aber akzeptiert werden, dass es sich dabei um einen zuerst bildhaften und nur annähernd präzisen Sprachgebrauch handelt, mit all den Begleiterscheinungen, die dieses Eingeständnis für die Forschung unweigerlich mit sich führt.15 So bleibt 13 14 15

S. etwa Düppler (1999) 18. Die Zitate von Kolditz (2012) 84; Nesselhauf (1933) 51; Meißner (2012) 21. Zur begrifflichen Problematik grundsätzlich Imbusch (2012), der einleitend konstatiert (9): „‚Macht‘ und ‚Herrschaft‘ zählen zu den zentralen Kategorien der Sozialwissenschaften. In der

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Ernst Baltrusch / Hans Kopp / Christian Wendt

bei allen Versuchen größerer terminologischer Schärfung anhand bereits etablierter Modelle und Kategorien stets die Frage zu beantworten, welchen grundsätzlichen Wert eine derart exklusive Verengung des Vokabulars überhaupt besitzen kann, wenn dabei doch ein Großteil des (auch historisch gewachsenen und vielschichtigen) Begriffsgebrauchs unberücksichtigt bleiben muss. Demzufolge ist zumindest aus historischer Perspektive die Kategorie ‚Seeherrschaft‘ in der Art, wie sie zumeist angewendet wird, heuristisch nur wenig geeignet, denn ohne Explizitmachung und Reflexion ihrer Begriffsunschärfen16 ordnet und differenziert sie nichts genau und trägt kaum zur wirklichen Klärung historischer Gegenstände bei (insofern ist die Problematik durchaus der ganz ähnlichen Frage vergleichbar, ob man etwa den Athenischen Seebund als ‚Reich‘ bezeichnen will oder sich in die Zuflucht eines scheinbar den Quellen immanenten Vokabulars begibt).17 Dabei kann die Relevanz der so bezeichneten Phänomene selbst kaum bestritten werden. Für die mediterrane Welt der Antike stellen sie, wie wieder und wieder betont wurde, ein entscheidendes Merkmal von Dynamik und Entwicklung, von Entgrenzung und Wachsen, von Entdeckung und „Könnens-Bewußtsein“18 dar. Die ganz reale „historische Erfahrung“ von Seeherrschaft habe, so konstatierte etwa Dieter Timpe, wie keine andere „das Verhältnis zum Mittelmeer theoretisch und praktisch grundlegend verändert“, indem die „hegemonialen Thalassokratien […] den Zusammenhang der Mittelmeerwelt entscheidend gefördert“ und ein Moment zuvor ungekannter Dynamik in die historische Entwicklung eingebracht hätten.19 Daher soll, allen terminologischen Hürden zum Trotz, hier ein neuer Anlauf unternommen werden, die uns greifbaren Manifestationen von Machtbildungen oder -behauptungen mit maritimem Hintergrund zu verstehen. Ist also davon auszugehen, durch die Wahl eines weniger spezifischen Begriffsinstrumentariums komme man der Sache selbst genauer und treffender auf den

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Hierarchie unverzichtbarer Grundbegriffe rangieren sie ganz weit oben. Diesen Begriffen eignet dabei wie wenigen anderen – etwa Konflikt, Gesellschaft, Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit – ein hohes Maß an Charme zu, der daraus resultiert, dass jedermann sie benutzt und offensichtlich eine genaue Vorstellung davon hat, was mit ihnen gemeint ist oder bezeichnet wird, somit eine Verständigung über ihre inhaltlichen Aspekte voraussetzungslos möglich zu sein scheint […] Bei etwas genauerer Betrachtung offenbart sich nicht nur eine unendliche Vieldeutigkeit der mit Macht und Herrschaft bezeichneten Phänomene (etwa Autorität, Einfluss, Zwang, Gewalt, etc.) und ein teils synonymer, wenig voneinander geschiedener Wortgebrauch, sondern auch unterschiedliche, teils sogar konträre Einschätzungen und Bewertungen ihrer inhaltlichen Ausprägungen. Zudem scheinen Alltagsverständnis und Wissenschaftsverständnis in Bezug auf Macht und Herrschaft in besonderem Maße auseinander zu fallen“. Zum Begriff der ‚Herrschaft‘ ebd. 21–26, zu Max Weber 24–25. Kaum anders verhält es sich auch mit der begrifflichen Breite von ‚Seemacht‘, die durch eine an Weber angelehnte Definition von ‚Macht‘ zur See ebenfalls nicht gebührend erfasst werden könnte. Vgl. Lambert (2012) 195–197 zur Ausdifferenzierung des ‚Seemacht‘-Begriffs und zu den Schwierigkeiten, ihn zur Klassifizierung und Analyse historischer Phänomene heranzuziehen. Der Versuch wird nun unternommen (vor allem im Diskussionsteil des Beitrages) bei Rüdiger (2016) 53–55. Unter anderem dieser Frage widmet sich der Beitrag von K. A. Raaflaub im vorliegenden Band. Der Ausdruck von Meier (1980a). Timpe (2004) 13–14.

Einleitung

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Grund? Weniger anfechtbare Bildungen wie ,Seemacht‘ oder sea power könnten getreuere Abbilder der uns zugänglichen Informationen sein als eine herrschaftsorientierte Terminologie. Jedoch wohnt ihnen die Gefahr der Beliebigkeit inne, des Rückzugs etwa auf „probably the most obscure [term] in the whole lexicon of maritime strategy“20 – sie wären also nur dort in letzter Konsequenz treffend, wo aus dem antiken Material nicht mehr als eine derartig vage Vorstellung von ,Macht zur See‘ zu extrahieren wäre. Ebenfalls umgeht eine solche Vorsicht manche problematische Fragen, etwa nach der identitätsstiftenden Funktion der Seeorientierung, die doch z. B. in der Selbst- und auch der Fremdwahrnehmung eines Gemeinwesens als einer ‚Seeherrschaft‘ oder gar ‚Thalassokratie‘ häufig genug mitschwingt.21 In diesem Spannungsfeld also bewegt sich der hier vertretene Ansatz. Neu zu hinterfragen, was eigentlich in den antiken Quellen steht, neu zu interpretieren, in welchen Zusammenhang die dort zu findenden Angaben und Bezeichnungen zu stellen sind (und in welchen eben nicht), neu dafür zu sensibilisieren, auf welche Weise der Transfer von Seeherrschaftsvorstellungen in die Neuzeit vonstatten ging und inwiefern womöglich die Neuzeit stärker als die Antike selbst unser grundsätzliches Verständnis von antiker Seeherrschaft prägt – all dies soll mit diesem Band im Idealfall bereits geleistet, im Mindesten aber als erkenntnisträchtiges Forschungsfeld diagnostiziert und dementsprechend als Forschungsansatz etabliert werden. 2. FORSCHUNGSSTAND UND PERSPEKTIVEN Es existiert, von vereinzelten Anläufen abgesehen,22 streng genommen kein Forschungsstand, der sich mit den Kategorien antiker Seemacht oder Seeherrschaft als solchen auseinandersetzt. Dies ist im Besonderen überraschend, bedenkt man, dass einige Untersuchungen durchaus mit Begriffen wie ‚Seemacht‘, ‚Seeherrschaft‘, ‚Thalassokratie‘ bzw. deren Pendants in allen Wissenschaftssprachen arbeiten, zu20

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Till (1982) 12 (zu sea power); vgl. dazu auch Lambert (2012) 195; 209. Wiederholt wurde zudem darauf verwiesen, wie zeitgebunden und letztlich vor allem vor dem Hintergrund der nautischen und technologischen Bedingungen des 18. und 19. Jahrhunderts verständlich das von Alfred T. Mahan geprägte Konzept sea power und dessen Komponenten im Kern doch sind; vgl. dazu etwa Coutau-Bégarie (2000) 31 sowie speziell am Beispiel der Seekriege des 17. Jahrhunderts Symcox (1974) 228, der die Unvereinbarkeit der Seemachts-‚Theorie‘ Mahans mit den Bedingungen vor dem 19. Jahrhundert pointiert hervorhebt: „But his strategic dogma, far from forming part of the unchanging order of things, was the product of a particular time, place and social ethos, and like them, mutable. Mahan’s ideas, formulated from the experience of the nineteenth century and the age of Nelson, were out of place in the age of Tourville. Seventeenth-century fleets could not win and hold control of the sea, as his doctrine required.“ Zum Vergleich der Modelle und Konzepte Mahans mit der Antike s. auch B. Strauss im vorliegenden Band. Dieser Aspekt, der auch im vorliegenden Band nur in Ausschnitten untersucht werden kann, bedarf – besonders hinsichtlich der Antike – noch einer gesonderten Befassung. Wie zu erwarten, ist er für die neuzeitliche europäische Geschichte besser erforscht. Vgl. hierzu etwa die Dissertation von Reimer (2006), die sich mit der „Konstruktion einer maritimen Nation“ am Beispiel Englands befasst. Etwa Starr (1989).

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Ernst Baltrusch / Hans Kopp / Christian Wendt

meist, um sich den Konstellationen zu nähern, die die Verstrickung der antiken Geschichte mit dem Maritimen zeigen. Seltener finden sich dort jedoch Reflexionen über den Gehalt oder die Relevanz eben dieser Konzepte für die historische Überlegung. Daher ist eine neue und multiperspektivische Befassung, wie wir sie mit diesem Band vorlegen wollen, durchaus ein Novum, das bisherige Ansätze komplementieren soll, um sich derart immerhin an die Problematik des Umgangs mit Konzepten wie Seemacht oder Seeherrschaft anzunähern. Über die Intensität der (alt-)historischen Auseinandersetzung mit dem Meer und dessen Bedeutung kann dabei durchaus kontrovers geurteilt werden. Noch 2010 konstatierte etwa Barry Strauss, einer der Autoren des vorliegenden Bandes, hinsichtlich der Prominenz des Themas: „When it comes to ancient history, naval history is always a bridesmaid, never a bride. This is as true in scholarly circles as among general readers.“23 Dennoch sahen gerade die Jahre kurz vor und nach der Jahrtausendwende – im deutschen akademischen Rahmen zumal – eine Art ‚Boom‘ der allgemeineren, nicht allein auf Fragen maritimer Macht und deren Bedeutung beschränkten Beschäftigung mit der Bedeutung des Meeres für die Antike in vielen Facetten. Dieser Trend ordnet sich ein in die grundsätzlich stärkere Akzentuierung des Meeres als „Geschichtsraum“, die etwa die Herausgeber eines so betitelten Bandes unter der programmatischen Frage „Warum eine historische Erweiterung der Meeresforschung unabdingbar ist“ erst vor kurzem erneut einforderten.24 Das erste deutschsprachige Handbuch der Mediterranistik aus dem Jahr 2015 ist ein weiterer Indikator dieser ungebrochen florierenden akademischen Neujustierung.25 Was speziell die Antike betrifft, so hat Raimund Schulz, der ebenfalls als Autor für den vorliegenden Band gewonnen werden konnte, dem Thema mit einer ganzen Reihe teils spezialisierter, teils übergreifender und auch breitenwirksamerer Untersuchungen schon vor längerem zu einer Präsenz und Aufmerksamkeit verhelfen können, die es zuvor wohl lange Zeit nicht besessen hat, und die Frage nach der Rolle des Meeres in der und für die Antike zu einem Forschungsgegenstand sui iuris erklärt.26 Eine derartige Akzentuierung, die fast zwangsläufig mit einer starken Betonung auch der Bedeutung des Meeres für politische und militärische Ambitionen antiker Gesellschaften einhergehen musste, stieß durchaus auf Widerspruch. So hat erst jüngst Bernhard Linke, ebenfalls Beiträger zu diesem Band, die Mahnung geäußert, moderne, neuzeitliche Erfahrungen und Konzepte könnten leicht zu einer Überbewertung des Maritimen in der Alten Geschichte führen, dann nämlich, wenn modern geprägte Konzepte und Vorannahmen hinsichtlich der Bedeutung des mili23 24

25 26

Strauss (2010) 15. Holbach – von Reeken (2014). Zur ‚historischen Meeresforschung‘ als Aufgabe der Geschichtswissenschaft nun auch Borgolte – Jaspert (2016b) 22–33. Das unverändert anhaltende Interesse an einer historischen Betrachtung des Meeres dokumentiert auch eine geplante große Ausstellung über „Europa und das Meer“, die ab Juni 2018 im Deutschen Historischen Museum Berlin zu sehen sein wird (https://www.dhm.de/ausstellungen/vorschau/europa-und-dasmeer.html, 2. Mai 2016); selbstverständlich wird dabei auch die Antike in ihrem Verhältnis zum Meer thematisiert werden. Dabag et al. (2015). Schulz (1998); (2000a); (2003); (2005a); (2005b); (2011); (2014).

Einleitung

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tärisch-politischen Engagements zur See die Interpretation des antiken Befundes leiten und prädeterminieren.27 So präsent die politische, ökonomische und auch kulturelle Bedeutung des Meeres in der altertumswissenschaftlichen Forschung somit mittlerweile auch sein mag (der vorliegende Band und die ihm zugrundeliegende Berliner Tagung des Jahres 2013 sind ja selbst Ausweis dieses Interesses), so müssen gleichsam ‚blinde Flecken‘ in der bisherigen Forschung konstatiert werden, die die Notwendigkeit einer neuerlichen Befassung offenbar werden lassen. Es scheint im Besonderen angebracht, neue Ansätze und Fragen zu entwickeln, um der Erforschung und Darstellung der Antike in ihrem Verhältnis zum Meer neue Perspektiven eröffnen und damit möglichst viele Potentiale des Themas abrufen zu können. Es kann und soll an dieser Stelle freilich nicht zu allen Detailfragen und Einzelaspekten die Breite bisheriger Forschungen abgebildet werden, sondern es sollen einzig anhand einiger Schlaglichter diejenigen Punkte verdeutlicht werden, die den Stand der Forschung, deren Erträge und vor allem auch deren Defizite ausmachen. Die bisher vorliegenden Befassungen mit antiker ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ sind dabei aufs Ganze gesehen vor allem durch drei Faktoren zu charakterisieren: zum einen die Vereinzelung der heuristischen und thematischen Ansätze, die nur selten die Synthese wagen und übergeordnete Aspekte behandeln; sodann eine oftmals einseitige Konzentration auf die politisch-militärischen sowie infrastrukturellen Aspekte des Themas; schließlich eine oft diffuse Verwendung moderner und (teils nur vermeintlich) antiker Kategorien und Konzepte. Es gehört zu den diesem Band zugrundeliegenden Prämissen, dass die gebräuchlichen Begriffe von ‚Seemacht‘, ‚Seeherrschaft‘ oder gar ‚Thalassokratie‘ selbst bereits das Ergebnis eines historischen und d. h. zeitbedingten Prozesses der Konzeptualisierung von maritimer Macht sind.28 Sie können daher womöglich als heuristische Instrumentarien für die Antike als tauglich erwiesen werden, keinesfalls jedoch als unhinterfragt voraussetzbar gelten. Dies gilt sowohl für die offensichtlich kontextgebundenden Begriffe und Konzepte wie für die mit vermeintlich überzeitlicherem Anspruch formulierten Entwürfe moderner ‚Seemachtstheoretiker‘, denn auch diese erweisen sich letztlich doch – um den Marinehistoriker Andrew Lambert zu zitieren – als „das Produkt einmaliger, unvorhergesehener Umstände“, als „kulturelle Kunstprodukte, wobei jedes so einmalig, zufallsbedingt und spezifisch ist wie ein Gemälde, die Architektur oder die Poesie“.29 Bernhard Linke zeigt die Gefahr, die in einer die Antike in den Kategorien neuzeitlicher Erfahrungs- und Interpretationshorizonte bewertenden und analysierenden Perspektive liegt, in seiner bereits angesprochenen Kritik auf. Die wenigen (dabei nicht zwangsläufig altertumswissen27 28

29

Linke (2013) 273–274. Diesem Aspekt, der bisher kaum gesondert und eingehender untersucht wurde, war eine Tagung gewidmet, die unter dem Titel „Thalassokratographie: Rezeption und Transformation antiker Seeherrschaft“ vom 29. bis 30. Mai 2015 an der Freien Universität Berlin stattfand. Bis zur Publikation der Tagungsergebnisse, die sich als eine Art Fortsetzung des vorliegenden Bandes unter anderer Perspektive verstehen lässt, sei auf das Programm verwiesen: https://www. topoi.org/event/29492/ (3. Juni 2015). Lambert (2012) 195.

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schaftlichen) Stimmen, die die Problematik solcher Konzepte thematisieren, die etwa die Frage stellten, wie, ja ob man überhaupt zur See ‚herrschen‘ könne und was das bedeuten mag,30 blieben Einzelfälle, ebenso wie diejenigen, die die Existenzberechtigung derartiger Konzepte und Kategorien – ob für die Antike oder ganz grundsätzlich – bestritten oder zumindest in ihrer gängigen Verwendung in Frage stellten.31 Es wird daher hier versucht werden, diese Problematik gebührend in den Blick zu nehmen und nicht nur anhand von Fallstudien, sondern auch durch übergreifende Überlegungen terminologische und konzeptionelle Fragen zu behandeln. Dabei haben die Herausgeber den Autorinnen und Autoren kein terminologisches Korsett angelegt, weshalb in den Beiträgen durchaus von ‚Seeherrschaft‘ oder ‚Thalassokratie‘ die Rede sein wird; die Zusammenschau aller Beiträge aber dient letztlich der Reflexion über die mittels dieser Begrifflichkeit transportierten Konzepte. Eine von den Erkenntnisinteressen der neuzeitlichen Marinegeschichte und deren Fixierung auf Verbindungslinien, Kommunikationswege und Flottengeschwader geprägte Geschichtsschreibung hat die Beachtung anderer Aspekte lange Zeit vermissen lassen.32 Dass ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ nicht allein in der traditionellen Perspektive von Politik- und Militärgeschichte untersucht werden sollten, sondern ebenso in ihren vielfältigen Reflexen und Bedingungen in Kultur, Mythos, politischem Denken und mentalen Strukturen erfasst werden müssen, ist eine Forderung, die erst in den letzten Jahren zunehmend Beachtung fand. In diese Richtung weist etwa das ursprünglich in Frankfurt angebundene mediävistische Forschungsvorhaben zu „mittelalterlichen Thalassokratien“, dessen Initiatoren versuchten, neue Sichtweisen auf das Phänomen von Macht und Herrschaft zur See zu finden. Als weiterführende Forschungsperspektiven werden in diesem Kontext etwa die „Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Seemacht und naturräumlichen Bedingungen“, die Rolle von Konnektivität und Kommunikation, drittens „die Frage nach der Wahrnehmung von Seeherrschaft, die auch in die Kulturgeschichte des Politischen einmünde“ sowie die Untersuchung der diversen Bedingungen von seeund landbasierter Herrschaft, etwa hinsichtlich der unterschiedlichen Bedeutung des Faktors Ökonomie, benannt;33 damit ist bereits ein möglicher Weg vorgezeichnet, den die Analyse dieser Phänomene künftig beschreiten kann. Die Spezifika althistorischer Perspektive, etwa die Charakteristika des Quellenmaterials und die weitaus größere Bedeutung, die maritimen Meistererzählungen, also bereits interpretierend geformten Narrativen von ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ zukommt, bedingen allerdings eine Anpassung des heuristischen Instrumentariums. 30 31 32 33

Explizit etwa bei Rüdiger (2012); (2016); vgl. auch Abulafia (2014) 139, der die Frage stellt: „What is mastery over the sea? How can one establish real control over watery spaces that at certain times of the year are too dangerous to traverse, at least in light sailing vessels?“ Schaefer (1932); Figueira (1985); Coutau-Bégarie (2000); (2001); Gabrielsen (2001b). S. Strauss (2010). Kolditz (2012) 84–85. Die Ergebnisse finden sich jetzt gesammelt in Borgolte – Jaspert (2016a). Zur hier untersuchten Frage nach ‚Macht‘ und insbesondere ‚Herrschaft‘ zur See darin v. a. Rüdiger (2016), der abschließend (55) drei Untersuchungsfelder eröffnet, innerhalb derer Seeherrschaft (bei ihm als ‚Thalassokratie‘ benannt) erforscht werden könne: als bloße Machtausübung, als politische Kultur zur See und als Objekt von „Vorstellungen und Konzeptualisierungen“.

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Die mediävistische Beschäftigung geht von der Prämisse aus, für die Antike (wie auch die Neuzeit) sei die Beschäftigung mit ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ längst Usus; dies ist eine Einschätzung, die, wie bereits ausgeführt, nur bedingt geteilt werden kann. Die konstatierte Vereinzelung der Forschungspositionen hat ihre Ursache unter anderem darin, dass eine auch nur annähernde Einigkeit über den genauen Charakter der Phänomene ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ weder erreicht noch auch nur angestrebt wurde, da die Reflexion nicht einer solchen Klärung zuarbeitete. Auch wenn einzuräumen ist, dass eine kanonische Definition unerreichbar bleiben wird, verdankt sich die Heterogenität, ja die vereinzelte Beliebigkeit moderner Konzeptualisierungen und Verwendungen der Begriffe von ‚Seemacht‘ und vor allem ‚Seeherrschaft‘ der Annahme, dass die Kategorisierung der zu betrachtenden Phänomene für völlig unterschiedliche, je andere Aspekte in den Mittelpunkt stellende Perspektiven gleichermaßen tragfähig sein könne. Seemacht und Seeherrschaft wurden und werden daher zumeist aus diversen Blickpunkten untersucht, unter politik- und militärgeschichtlichen, sozialhistorischen, wirtschafts- und ideengeschichtlichen Perspektiven ebenso wie unter strategie- oder mentalitätsgeschichtlichen, kultur- oder literaturwissenschaftlichen Fragestellungen.34 Eine besondere Bedeutung hat innerhalb dieser verschiedenen Zugänge gerade in den letzten Jahren die Erforschung antiker Seeherrschaft im Rahmen einer imperialen Perspektive erhalten, die sie mit Tendenzen zur Reichsbildung und maritimem Imperialismus gleichsetzt und nach den Spezifika dieser Machtakkumulation fragt,35 ein seinerseits wiederum hochgradig modern beeinflusstes und geprägtes Konzept.36 Es mangelt somit keineswegs an altertumswissenschaftlichen Befassungen mit den Phänomenen von Seemacht und Seeherrschaft (insofern trifft die mediävistische Einschätzung zu), wohl aber mangelt es an Synthesen und übergreifenden, die Detailuntersuchung in eine Reflexion (und womöglich sogar Infragestellung) des Konzepts überführenden Untersuchungen. Die Fragmentierung des Forschungsstandes betrifft darüber hinaus auch die Auswahl der konkreten Untersuchungsobjekte. Wie kaum anders zu erwarten, stehen die kanonisierten ‚Klassiker‘ antiker Seemacht zumeist im Vordergrund: das klassische Athen des 5. Jahrhunderts v. Chr., Karthago zumindest bis zum Ersten Punischen Krieg, in geringerem Maße dann seemächtige Mittelmächte wie Rhodos. Dass dabei eingefahrene Deutungsmuster eine Rolle spielen bzw. die Frage, wer zum Kanon gehört, selbst Schwankungen unterworfen ist, lässt sich besonders gut am Beispiel des römischen Reiches ablesen: Galt und gilt Rom in mancher Darstel34

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Exemplarisch für die verschiedenen Ansätze und ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien genannt: für die militärgeschichtliche Sicht Thiel (1946); (1954); Steinby (2007); für einen strategiegeschichtlichen Fokus Laspe – Schubert (2012); für die politische Perspektive Berve (1966); Schulz (1998); für die sozial- bzw. gesellschaftsgeschichtliche Sicht Ceccarelli (1993); für einen ökonomischen Schwerpunkt Kallet-Marx (1993); für eine u. a. kultur- und mentalitätsgeschichtliche Perspektive Ladewig (2014) Kap. 6; für eine ideengeschichtliche Perspektive Momigliano (1944); für einen historisch-geographischen Blickwinkel Lätsch (2005); Fantasia (2009); für eine literaturgeschichtlich-philologische Herangehensweise Leigh (2010). Besonders in politikwissenschaftlicher Forschung; s. etwa Münkler (2006) bes. 19–20 und allgemeiner Kap. 3. Starr (1989) 12. S. zur modernen Prägung dieser Verbindung auch Linke (2013) 273–274.

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lung primär als Landmacht, so wurde doch die Bedeutung des maritimen Engagements für die römische Politik und Kultur vielfach so stark gemacht, dass es wohl unbestritten zum Kanon der Seemächte gezählt werden darf37 – so man sich denn dieser Kategorie überhaupt bedienen will. Ähnliches gilt in gewissem, jedoch weit geringerem Maße, auch für Sparta und Persien, zwei weitere Mächte an den Grenzen des Kanons.38 Auch der vorliegende Band wird in gewisser Hinsicht diese Unterteilung widerspiegeln, sie zum Teil jedoch auch bewusst problematisieren und gerade die Grenzen des Kanons hinterfragen. Es lässt sich insgesamt somit konstatieren, dass es im Bereich der Altertumswissenschaft bislang an großen, thematisch und konzeptionell breit angelegten Untersuchungen mangelt, die jenseits der traditionellen Konzentration auf einzelne Mächte und politische Strukturen maritime Macht und Seeherrschaft in all ihren Facetten im gesamtantiken und gesamtmediterranen Rahmen behandeln, also den Fokus weniger auf Spezifika einzelner Mächte legen, sondern vielmehr die Entwicklungen selbst übergreifend in den Blick zu nehmen versuchen. Das ist zwar bisweilen in knapperem Umfang und mit unterschiedlichem Erfolg geschehen,39 doch ist das Potential dieses Themas damit bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Der vorliegende Band versteht sich als ein erster Beitrag dazu, diesem Desiderat zu begegnen. 3. ANSATZ UND KONZEPTION DES BANDES Der Band versucht, den im Vorhergehenden offensichtlich gewordenen Desideraten, Problemen und Ambiguitäten zu begegnen, sowohl in der Auswahl der Beiträgerinnen und Beiträger und Themen als auch hinsichtlich seiner grundsätzlichen Anlage. Er versteht sich dabei ausdrücklich nicht als Lösung und Beantwortung aller Probleme und Fragen, sondern will zuallererst ein Beitrag zu einer neuen, klareren und bewusster entwickelten Heuristik sein, die künftig einen hoffentlich genaueren und angemesseneren Blick auf das vielfältige Phänomen antiker Seemacht und Seeherrschaft ermöglicht. Dabei sind Konzeption und Gliederung des Bandes von vier leitenden Prinzipien bzw. Zielsetzungen bestimmt: 1. wird versucht, der bereits angesprochenen terminologischen Problematik gerecht zu werden, d. h. die Terminologie von ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ selbst wird zum Untersuchungsgegenstand gemacht; 2. wird besonderer Wert darauf gelegt, verschiedene (altertumswissenschaftliche) Disziplinen und Perspektiven in ihrem jeweiligen Blick auf die Phänomene zu vereinen, also nicht nur die althistorische Perspektive abzubilden, sondern auch Archäologie und Philologie zu Wort kommen zu lassen und auch epochenübergreifende Aspekte einzubeziehen; 3. soll Offenheit ohne Beliebigkeit die Auswahl der Themen, Bezüge und Blickwinkel prägen, d. h. es soll versucht werden, möglichst 37 38 39

Berve (1966); Reddé (1997); Eckstein (2009); Ladewig (2014). Sparta: Strauss (2009); Persien: Gilbert (2009). Etwa Starr (1989); Schulz (2005a).

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etablierte Schranken und Kanonisierungen der Thematik zu überwinden, um so jenseits gängiger Pfade zu neuen Fragen und Antworten zu gelangen; dies spiegelt sich im Besonderen in der Einbeziehung oft unterrepräsentierter Forschungsobjekte wie Sparta, Persien oder des antiken Judäa; und 4. schließlich wird bewusst darauf verzichtet, die nautischen Aspekte der maritimen Geschichte der Antike gesondert zu behandeln – ohne damit jedoch deren historische Relevanz für die Gegenstände ‚Seemacht‘ und ‚Seeherrschaft‘ im Geringsten leugnen zu wollen. Es wird also im Folgenden nicht um Schiffe, Schiffbau, Navigationstechnik und Seekriegstaktik um ihrer selbst willen gehen, sondern diese werden nur dort und in solchem Umfang behandelt werden, wie sie für die übergeordneten Fragen und Reflexionen der einzelnen Beiträge von Belang sind. Diese Prinzipien und Prämissen spiegeln sich in den einzelnen Sektionen des Bandes wieder. Im ersten Teil („Der Zugriff auf das Meer“) sollen verschiedene grundlegende Modi der ‚Erfassung‘ und ‚Begreifung‘ des Meeres in der Antike als essentielle Vorbedingungen jedweder Idee von Macht und Herrschaft zu Wasser problematisiert werden – nur was überhaupt ‚erfasst‘ werden kann, kann auch ‚beherrscht‘ werden. Eröffnet wird dieser Teil durch den Beitrag von Hans Kopp („Thalassokratie: Zur historischen Semantik und Wirkungsgeschichte eines Hilfsbegriffs“), der nicht nur darlegen kann, dass dieser – oftmals als Synonym oder Etikett antiker ‚Seeherrschaft‘ schlechthin gebrauchte – Ausdruck der Antike fast gänzlich fremd war, sondern auch die Begriffsbildung hin zur ‚Thalassokratie‘ als eine vom antiken Sprachgebrauch weitgehend unabhängige Konstruktion der Neuzeit erweisen kann, die in der Rückprojektion erst die ‚Thalassokratie‘ in die Nähe zu anderen ‚kratistischen‘ Ordnungen rückte und damit zum Bestandteil antiker Selbstreflexion und Herrschaftsanalyse machte. Ist somit bereits anzuzweifeln, inwieweit die Antike tatsächlich in der Herausbildung eines spezifischen Terminus ihre ‚Herrschaft‘ und ‚Macht‘ zur See reflektierte, so richtet Michael Rathmann („Das Meer bei den antiken Geographen“) den Blick auf die naheliegende Frage, wie sich die antike wissenschaftliche Weltbeschreibung und -erfassung des Meeres annahm. Dabei muss Rathmann konstatieren, dass sich die antiken Geographen, für deren Welt doch das Mittelmeer als Zentrum von entscheidender Bedeutung hätte sein müssen, in keinerlei bemerkenswerter Weise dieses Raumes als ihres Untersuchungsobjekts annahmen, die antike Geographie eben genau dies blieb: Erd-Beschreibung, und nie eine eigenständige Befassung mit dem Meer entwickelte. Der Frage, wie sich spezifische Deutungs- und Narrationsmuster auf die Herausbildung der Idee von maritimer ‚Herrschaft‘ auswirken konnten und wie sich die Genese solcher Herrschaft in der antiken Literatur als Produkt von Abgrenzung und Selbstwahrnehmung erkennen lässt, geht Christian Wendt in seinem Beitrag nach („Piraterie als definitorisches Moment von Seeherrschaft“). Anhand einer Analyse ausgewählter Passagen bei Thukydides, Polybios und Cicero kann er darlegen, wie zentral das Motiv der Seeräuberbekämpfung in der Antike für die Autodefinition von Seemächten, insbesondere der Darstellung ihres Aufstiegs zu maritimer Macht war. So kann Wendt demonstrieren, wie hoch der Grad an Konstruktion der untersuchten Zuschreibungen ist und dass die Narrative des Werdens von Seeherrschaft oder Seemacht kaum schlicht als historisch valente Darstellungen übernommen werden

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können, hingegen viel über die antike Reflexion des Umgangs mit dem Meer verraten. Barry Strauss („Thucydides, Polybius and Mahan on Sea Power“) schließt die Sektion mit seiner Reflexion über die mögliche Verwandtschaft antiker und moderner navalists. Unter der leitenden Frage, wie sich die Schriften moderner Marinetheoretiker wie Alfred T. Mahan zu ihren vermeintlichen antiken Vorbildern verhalten, gelangt er zu der Erkenntnis, dass selbst die gern als ‚Marineenthusiasten‘ gelesenen Autoren der Antike kaum als solche verstanden werden können, sondern einen höchstens nüchternen, stets aber zwiespältigen Umgang mit dem Thema maritimer Macht erkennen lassen. Zwei ‚Klassiker‘ des Kanons, Athen und Rom, stehen im Mittelpunkt der folgenden Sektion „Operative Konzeptionen“, die anhand von vier ausgesuchten Fallstudien untersucht, wie sich maritime Ausrichtung, ‚Seemacht‘ und ‚Herrschaft‘ zur See in konkreten operativen Modellen und diesen zugrundeliegenden Konzepten der großen Mächte manifestierte. Damit soll sich aus dieser Perspektive an die Frage angenähert werden, welcher Gehalt diesen Begriffen oder Schlagwörtern überhaupt beigemessen werden kann. Kurt A. Raaflaub („‚Archē‘, ‚Reich‘ oder ‚athenischer Groß-Staat‘? Zum Scheitern integrativer Staatsmodelle in der griechischen Poliswelt des 5. und frühen 4. Jahrhunderts v. Chr.“) eröffnet mit dem ersten von zwei Beiträgen zu Athen diese Sektion, indem er die Herausbildung und Ausgestaltung, aber auch die Grenzen und das Scheitern des Attisch-Delischen Seebundes des 5. Jahrhunderts v. Chr. als das organisatorische und strukturelle Gerüst dieser paradigmatischen ‚Seeherrschaft‘ in den Blick nimmt; seine Auseinandersetzung auch mit aktuellen Bemühungen, das Wesen der athenischen archē weiter zu fassen als in ihrem engen Verständnis als bloße Herrschaft über die Bündner, zeigt dabei, wie vielgestaltig und ambivalent die athenische Ausrichtung verstanden werden kann, und hinterfragt damit auch, wie zentral das Motiv der ‚Seeherrschaft‘ überhaupt zu verorten ist. Der zweite athenische Versuch der seezentrierten Machtakkumulation, der zweite Seebund des 4. Jahrhunderts v. Chr., steht im Zentrum der Überlegungen von Julia Wilker („‚That All Your Security Depends on the Sea‘: The Concept of Hegemony at Sea in Fourth-Century Athens“). Dabei kann sie herausarbeiten, inwieweit zum einen der Nachhall der Seebundpolitik des 5. Jahrhunderts und der früheren imperialen Politik den insbesondere in der Rhetorik geführten Diskurs über ‚Seeherrschaft‘ im 4. Jahrhundert prägte, wie zum anderen aber auch die drastisch veränderten ‚zwischenstaatlichen‘ Verhältnisse in der griechischen Welt zu einer Neujustierung und Neubesetzung der eigenen Idee maritimer ‚Herrschaft‘ und deren Zwecken in Athen führten. Insbesondere die Vorstellung eines zum gemeinsamen Wohlergehen aller agierenden Hegemons zur See unterscheide demnach die ideelle Zielsetzung des zweiten Seebundes von seiner Vorläuferinstitution – ein einheitliches Verständnis von ‚Seeherrschaft‘ jedenfalls lässt sich aus den beiden Fallbeispielen nicht entwickeln. Im ersten der beiden Beiträge zur römischen Republik befasst sich Raimund Schulz („Das Meer im strategischen Denken der Römischen Republik“) mit der römischen Politik und Strategie vor, während und nach dem Ersten Punischen Krieg und attestiert den Römern ein zwar von Rückschlägen nicht verschontes, gleichwohl jedoch zielstrebiges und planvolles Engagement zu Wasser, das nicht

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allein das Produkt reinen äußeren Zwanges war, sondern auch ein Bewusstsein für die Wichtigkeit einer dahingehenden planerischen Perspektiverweiterung offenbare. Durchaus im Gegensatz dazu verweist Bernhard Linke („Die Republik und das Meer. Seerüstung und römische Innenpolitik zur Zeit der Punischen Kriege“) in seinem Beitrag, der sich ebenfalls mit der Zeit des Ersten Punischen Krieges und der Frage nach der römischen Seerüstung als ‚staatlicher‘ Organisationsform befasst, auf die unausweichliche Komplexität der die Entscheidungen der res publica beeinflussenden Faktoren (Beuteerwartung, soziale Spannungen, Gefolgschaftsproblematik, Strategie und Reichsverwaltung), die es kaum erlaube, von einer einheitlich verfolgten Konzeption im Hinblick auf römische Seemacht oder gar ‚Seeherrschaft‘ zu sprechen. Die Sektion schließt damit mit einem gewissen Widerspruch zweier Beiträge – die Herausgeber verstehen dies als Ausdruck der Komplexität der Fragestellung, die kontrovers zu erörtern die Konzeption des Bandes durchaus widerspiegelt. Die folgende Sektion „Grenzen des Kanons“ stellt den Versuch dar, anhand zweier nur selten als Seemächte oder maritim orientierte Staaten gedeuteter antiker Mächte die Relevanz und Angemessenheit derartiger Kategorisierungen und Kanonisierungen konkret zu überprüfen. Martin Dreher („Die Seemacht Sparta“) untersucht dabei, inwieweit das Sparta des 5. Jahrhunderts v. Chr., das in dieser Hinsicht zumeist im Schatten seines Zeitgenossen Athen steht, als Seemacht begriffen werden kann. Indem Dreher zeigen kann, wie sehr auch in Sparta üblicher Kategorisierung zum Trotz eine maritime Ausrichtung vorhanden war bzw. bei Bedarf aktiviert werden konnte, kann er die Problematik und Gefahr solcher Scheidungen und Einordnungen deutlich machen. Noch expliziter stellt der folgende Beitrag den Versuch dar, anhand eines in der Forschung völlig unterrepräsentierten Beispiels die Frage nach der Relevanz der Kategorien zu stellen: Monika Schuol („Jüdische Seemacht?“) untersucht anhand der Geschichte des antiken Judäa, inwieweit sich auch für das Judentum der Antike eine Hinwendung zum Meer und insofern vielleicht auch so etwas wie ‚Seemacht‘ nachweisen lässt. Freilich lässt sich für keine Periode jüdischer Geschichte ein besonders intensives eigenständiges Engagement zu Wasser nachweisen – das Bemühen einzelner Herrscher, dennoch einen maritimen Bezug in ihre Repräsentation zu integrieren, zeugt von der Schwierigkeit, Seemacht als ein gegebenes und fest gefügtes heuristisches Konzept zu übernehmen, ohne zu berücksichtigen, wie definitionsabhängig eine derartige Identifikation zwangsläufig sein muss. Die abschließende Sektion widmet sich der Frage, in welcher Weise die Selbstwahrnehmung und Repräsentation für die Bewertung antiker Mächte als ‚Seemacht‘ oder ‚Seeherrschaft‘ ausschlaggebend sein kann, eröffnet also einen wiederum neuen und spezifischen Blick auf das Phänomen, der zu eigenen und neuen Fragen führen kann. Das persische Achaimenidenreich steht dabei im Zentrum der Überlegungen von Sabine Müller („Die Perser und das Meer: Eine Analyse der Inschriften der frühen Perserkönige“). Statt dessen häufig anzutreffende Wahrnehmung als eines landzentrierten Antagonisten zum seebegeisterten Griechentum zu übernehmen, kann Müller anhand der Analyse persischer Inschriften darlegen, wie stark die konzeptionelle Bedeutung des Meeres als einer zu meisternden Herausfor-

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derung in der Selbstdarstellung der achaimenidischen Großkönige zu sehen ist, auch wenn sich in persischen Quellen kaum Hinweise auf eine in Richtung von ‚Beherrschung‘ zielende ideologische Aufladung des Motivs finden lassen. Haben zuvor Kurt A. Raaflaub und Julia Wilker in ihren Beiträgen untersucht, welchen konzeptionellen und ideologischen Hintergrund die jeweilige athenische Seebundpolitik im 5. bzw. 4. Jahrhundert hatte, so erweitert Monika Trümper („Delos as Center of Athenian ‚Sea Power‘ – An Archaeological Perspective“) nun diesen Themenbereich um eine archäologische Perspektive, indem sie nach den materiell fassbaren Hinterlassenschaften Athens im zeitweiligen Zentrum seines Einflussbereichs, der Insel Delos, fragt, dies sowohl zur ersten Blütezeit der athenischen Macht im 5. Jahrhundert als auch in den Jahren erneuerter athenischer Präsenz unter römischer Schirmherrschaft nach 167/166 v. Chr. Dabei kann sie feststellen, dass sich gerade für die Zeit besonderer Bedeutung der Insel als politischen und kultischen Zentrums des athenischen Seebundes die ‚Seeherrschaft‘ kaum merklich visuell manifestierte, wohingegen die spätere Phase erheblich ergiebiger dokumentiert ist. Die Frage nach der Visualisierung und Repräsentation einer ‚Seeherrschaft‘ im öffentlichen Raum bzw. nach den Konsequenzen, die aus dem Fehlen derartiger Befunde zu ziehen sind, stellt sich daher mit besonderer Eindringlichkeit. Eine wiederum andere Thematik steht im Fokus von Daniel Kah („Rhodos als Seemacht“). Anhand primär inschriftlicher Zeugnisse behandelt Kah die Bedeutung von Seemacht im hellenistischen Rhodos, indem er detailliert den Reflexen einer rhodischen Ideologie ‚navaler Leistungsfähigkeit‘ in den verschiedenen inschriftlichen Hinterlassenschaften nachgeht und zudem die berühmte rhodische Selbststilisierung als ‚Seepolizei‘ in der Ägäis hinterfragt, die sich als – den Rhodiern wohl auch selbst bewusste – propagandistische Übertreibung einordnen lässt. Dass Rhodos eine der fähigsten Flotten der Zeit besaß, ist zwar unbestritten, doch gerade die ‚Macht‘ der See-‚Macht‘ Rhodos und die Reichweite ihrer darauf basierenden ‚Herrschaft‘ zur See erscheinen aus der Perspektive ihrer Selbstwahrnehmung zweifelhaft. Die letzen beiden Beiträge behandeln unter dem Aspekt der Selbstwahrnehmung und Repräsentation erneut das römische Reich der späten Republik und des frühen Prinzipats. Das Motiv des Meeres im Geschichtswerk des Titus Livius steht dabei im Zentrum der Überlegungen von Virginia Fabrizi („Space, Vision and the Friendly Sea: Scipio’s Crossing to Africa in Livy’s Book 29“). Insbesondere am Beispiel der Figur Scipios untersucht Fabrizi, wie die See in ein literarisches Narrativ eingewoben wird und welche Rolle sie für den Protagonisten spielt, ja wie die Charakterisierung der Figur Scipio auch über ihr Verhältnis zum Göttlichen und zur See vorgenommen wird. Somit handelt es sich um eine konstruierte Wahrnehmung eines der großen republikanischen Heroen, die das Meer als charakteristisches Motiv berücksichtigt, es auf diesem Weg als ein wesentliches Merkmal der römischen Geschichte und Reichsbildung konstituiert. In diesem Zusammenhang lässt sich fragen, inwiefern die livianische Darstellung bereits von der maritimen Ideologie des Prinzipats beeinflusst ist. Letztere wird von Ernst Baltrusch („‚Hier war doch eben noch Land‘ – Naumachien in Rom“) behandelt. Er beschließt den Band mit seinem Beitrag zu den römischen Naumachien und fragt nach der Genese wie auch

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nach der Bedeutung dieser spektakulären nachgestellten Seeschlachten vor Publikum in der Zeit der späten Republik und insbesondere im frühen Prinzipat. Baltrusch betont dabei, dass sich in diesen spectacula der Versuch der römischen Machthaber manifestierte, einen vollständigen Kontroll- und Herrschaftsanspruch nicht allein über Wasserräume, sondern letztlich über das Element selbst zu propagieren, indem die römischen Kaiser ihre völlige Überordnung über die Natur demonstrierten und ihren Untertanen die Welt als tatsächlich unterworfen präsentierten. Er konfrontiert uns somit zum Abschluss mit einer in der Repräsentation manifesten Idee der Kontrolle des Elements Wasser, die – so Baltrusch – letztlich weit über konventionelle Vorstellungen von ‚Seeherrschaft‘ hinausgeht. Damit stellt sich erneut die Frage nach der grundsätzlichen Tauglichkeit dieser Kategorie. Die hier präsentierte Zusammenschau versteht sich also nicht als ein Kaleidoskop diverser Aspekte des Umgangs mit dem Meer in der Antike. Auch wenn einzelne Bezüge en détail verhandelt werden und einzelne Beiträge für sich stehen können, spiegelt der Band die gemeinsame Fragestellung, die auch die zugrundeliegende Tagung im Dezember 2013 kennzeichnete. Ist die See zu beherrschen? Kann Macht zur See entwickelt werden? Wie drückt sich diese Grundfrage in der antiken Überlieferung aus? Wie auch in konkreten Konsequenzen für politische Institutionen oder Gemeinwesen? Kann unser Kenntnisstand für moderne Konzepte urbar gemacht werden und sind demzufolge moderne Modellbildungen auf die Antike anwendbar? Mittels der Untersuchung etwa der verwendeten Terminologie (Kopp), narrativer und rhetorischer Muster (Wilker, Wendt, Fabrizi), archäologischer bzw. epigraphischer Hinterlassenschaft (Kah, Müller, Trümper) oder eben des (beredten?) Fehlens einzelner dieser Aspekte (Rathmann, Schuol) soll eine Annäherung an eine komplexere Beantwortung der übergreifenden Fragestellung nach Seemacht und Seeherrschaft versucht werden. Der verbindende Anspruch ist es, eine neue Etappe auf dem Weg zur Weiterentwicklung des heuristischen Instrumentariums zu bewältigen, und dies aus der Andeutung sowohl bisheriger Defizite als auch möglicher Perspektiverweiterungen. Insofern kann diese Sammlung nicht mehr sein als eine erste, wiewohl notwendige Anregung für weitergehende, die verschiedenen Stränge intensiver verfolgende Forschungen. Wenn nach der Lektüre dieses Bandes etwa der Begriff der ‚Seeherrschaft‘ keine a priori gesetzte und unbedenklich genutzte Kategorie für Forschung und Darstellung mehr sein sollte, ist das Etappenziel erreicht. Die See dennoch als einen Herrschaftsraum zu begreifen bzw. diese Vorstellung für die Antike zu hinterfragen, ist Ansatz der Herausgeber, und dies auch in ihren Projekten innerhalb des Berliner Exzellenzclusters TOPOI, dessen Verantwortlichen für die großzügige Unterstützung auch an dieser Stelle gedankt sein soll.

TEIL I DER ZUGRIFF AUF DAS MEER

THALASSOKRATIE: ZUR HISTORISCHEN SEMANTIK UND WIRKUNGSGESCHICHTE EINES HILFSBEGRIFFS Hans Kopp Denn eben wo Begriffe fehlen, Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich trefflich streiten, Mit Worten ein System bereiten, An Worte läßt sich trefflich glauben, Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben. (Goethe, Faust I, 1995–2000)

Die Worte von Goethes Mephisto werden hier an den Anfang gestellt, weil sie auf etwas im Folgenden Zentrales verweisen, nämlich, um Reinhart Koselleck zu zitieren, die „Eigenkraft der Worte, ohne deren Gebrauch unser menschliches Tun und Leiden kaum erfahrbar, sicher nicht mitteilbar“ ist.1 Was Goethe seinen Mephisto ansprechen lässt, das betrifft ganz grundlegende Probleme des Umgangs mit Sprache, mit der suggestiven ‚Eigenkraft‘ von Worten, wie Koselleck es nennt, und den durch diese Worte bezeichneten Ideen und Konzepten, zumal im akademischen Gebrauch. Gerade am Beispiel des dem Griechischen entnommenen Ausdrucks ‚Thalassokratie‘ wird dies nur allzu deutlich, denn dessen Geschichte ist letztlich nichts anderes als ein Paradoxon. Sie ist ein Paradoxon, weil der äußerst geringen und kaum nennenswerten Verbreitung des zugrundeliegenden Substantivs θαλασσοκρατία in den Quellen eine geradezu ubiquitäre moderne Verwendung in der Wissenschaft (und darüber hinaus) entgegensteht, sowohl des griechischen Wortes selbst als auch in mannigfachen Übertragungen der modernen Sprachen. Dem Wort ist eine derartige Erfolgsgeschichte beschieden, dass es in den Rang eines „historischen Hilfsbegriffs, den als Leitmotiv der ägäischen Welt anzuwenden, ein gar nicht so übler Gedanke war“,2 aufsteigen konnte und zum unverzichtbaren Bestandteil althistorischen Basiswissens wurde, der scheinbar erwähnt werden muss, wenn die Grundlagen der eigenen Disziplin erörtert werden.3 Spricht man etwa von „Athens Thalassokratie“, so habe man es doch „mit einem Gegenstand zu tun, der uns vertraut, ja geradezu selbstverständlich erscheint“.4 Dem Folgenden ist vor diesem Hintergrund ein dreifaches Ziel gesteckt: Zunächst soll die moderne Verbreitung und Wirkung des Ausdrucks in ihrer Breite 1 2 3 4

Koselleck (1978) 19. Aly (1911) 597. Stratenwerth (2000) 25: „und in einer Geschichte der Antike ist es notwendig, Begriffe wie Thalassokratie, Zwölftafeln, princeps oder Tetrarchie zu erwähnen“. Krischer (1994–1995) 245.

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präsentiert werden, und das durch alle Schichten seiner Anwendung hindurch, nicht allein aus puristisch althistorischer Perspektive (I). Sodann werde ich auf die nur drei Stellen der antiken Überlieferung näher eingehen, an denen das Substantiv θαλασσοκρατία tatsächlich vorkommt (II), sowie nach den sprachgeschichtlichen Umständen der Herausbildung dieses Wortes fragen (III). Abschließend werde ich der Frage nachgehen, welche weiteren Auswirkungen die Annahme eines etablierten Terminus ‚Thalassokratie‘ unter den Vorzeichen einer modernen, sich vornehmlich auf einzelne Begriffs-Wörter stützenden historischen Analyse zeitigt (IV). I Das Vorkommen eines antiken Ausdrucks in Online-Foren zu Computerspielen mag nicht gerade ein üblicher Indikator für dessen Verbreitung und Relevanz sein. Doch kann ein Blick auf die Anwendung und Funktionsweise von Antikereferenzen in diesem Kontext sowohl die Bedeutung als auch die besondere Problematik des Ausdrucks ‚Thalassokratie‘ geradezu exemplarisch verdeutlichen, nicht obwohl, sondern gerade weil sich die Auseinandersetzung mit dem antiken Terminus weitab von Fußnotenapparaten und Quelleneditionen in der weltweiten digitalen Kommunikation des 21. Jahrhunderts abspielt. So findet sich etwa in einem Forum zum Spiel Europa Universalis IV eine umfangreiche Diskussion über eine neu in das Spiel zu integrierende Option namens „Thalassocracy“.5 Was sich dahinter verbirgt bzw. idealerweise verbergen sollte und was eigentlich eine „Thalassocracy“ sein soll, darüber herrschte unter den Teilnehmern keineswegs Einigkeit: Es wurde gestritten, ob für „Thalassocracy“ denn irgendwelche „naval ideas“ notwendig seien, ob man „die See beherrschen“ könne ohne diese „naval ideas“, eine Lexikonbedeutung von thalassocracy wurde bemüht („the government of a nation having dominion over large expanses of the seas“) und schließlich auch, weil das manchen nicht genügte, eine eigene Definition angeführt, die den Begriff viel weiter zu fassen versucht („Thalassocracy contains the idea that the sea is the main element of the country, that a non coastal area is less important than one with a sea“). In einem anderen derartigen Forum entbrannte eine wiederum ganz ähnliche Diskussion, dieses Mal ausgehend von der Frage: „have you achieved ,thalassokratia‘?“.6 Darin wusste ein Teilnehmer mit „thalassokratia“ wiederum gar nichts anzufangen und erkundigte sich lieber, was das denn bedeute: „Pray tell, what is Thalassokratia?“„Greek for ‚ruling over the sea‘“ ist eine Antwort, die er – wenig überraschend – erhielt. Es ist nicht allein der Reiz des (aus althistorischer Sicht gesehen) Kuriosen, der die Aufnahme dieser Fundstücke hier rechtfertigt, sondern vielmehr der Umstand, dass sich genau in diesen weitab wissenschaftlicher Diskussionen geführten Debatten die gesamte Problematik des Ausdrucks ‚Thalassokratie‘ und seiner modernen 5 6

http://forum.paradoxplaza.com/forum/showthread.php?724352-Thalassocracy&s=c414e17a7 7234edd5d6f70ba9fb5442c (24. Februar 2016). http://forums.totalwar.org/vb/showthread.php?99990-have-you-achieved-thalassokratia (24. Februar 2016).

Thalassokratie: Zur historischen Semantik und Wirkungsgeschichte eines Hilfsbegriffs

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Aneignung paradigmatisch aufzeigen lässt. In einem mit maritimer Stärke befassten Umfeld drängt er sich geradezu auf, er ist die erste Wahl für ein griffiges Label, für ein vermeintlich etabliertes Etikett (weshalb die Optionen in den Spielen nicht etwa sea power oder ähnlich heißen, sondern eben thalassocracy). Er hat, das weiß man auch in den Internetforen, eine passende und irgendwie zugrundeliegende griechische Bedeutung, „ruling over the sea“, doch ist diese wiederum selbst so vage, dass damit kaum geholfen ist, wenn die Diskussion über die genaue Tragweite und Bedeutung des Ausdrucks erst einmal im Gange ist. Den Forumsteilnehmern ist deshalb aber noch lange kein Vorwurf zu machen, zumal es nicht im Entferntesten ihre Aufgabe ist, gültige Definitionen antiker Begrifflichkeiten zu liefern. In der Wissenschaft selbst verhält es sich kaum anders. Ein Blick in die einschlägigen Lexika und Wörterbücher hilft kaum weiter, eine genauere Erklärung des Ausdrucks ‚Thalassokratie‘ zu finden, sondern fördert eine Vielzahl verschiedenster, teils gegenläufiger Definitionsbemühungen zutage. So begegnet man etwa noch im Liddell-Scott des Jahres 1845 für θαλασσοκρατία der Erklärung „mastery of the sea“,7 wohingegen in neueren Ausgaben des LiddellScott-Jones „empire of the sea“ angegeben wird,8 zwei doch unterschiedliche Erläuterungen, das eine nach gängigem Verständnis eher ein momentaner Zustand im Kriegsfall zur See, das andere ein Reich, eine imperiale Struktur als Ganzes. David Abulafia, der wohl profilierteste Mittelmeerhistoriker unserer Tage, befindet: „Simply translated, the Greek term ‚thalassocracy‘ (thalassokratia) means sea-power or rule of the sea“, und fügt hinzu: „More specifically, it is understood to mean an empire that not merely crosses the sea but uses the sea to tie together scattered dominions, exercising some degree of control over the sea“.9 Ist das nun ‚Thalassokratie‘? Maritime Reichsbildung also? Oder lassen sich damit doch nur die Verteidigungsmittel einer Insel bezeichnen, die diese vor Übergriffen vom Festland schützen sollen, wie man auch lesen kann?10 In dem zum besseren Verständnis der verwendeten Termini angefügten Glossar der Cambridge History of Greek and Roman Warfare wird thalassokratia definiert als „a form of hegemony based on naval power“,11 und in der aktuellen Blackwell Encyclopedia of Ancient History ist tha­ lassokratia schlicht „the phonetic adaption of a Greek noun meaning sea power“;12 genauso erläutert auch Simon Hornblower das Wort in den jüngsten Ausgaben des Oxford Classical Dictionary.13 Andere Erklärungsversuche wollen ‚Thalassokratie‘ gar im noch weitaus umfassenderen Sinn als spezifische Kultur- und Gesellschaftsform verstehen, die sich in ganz wesentlichen Punkten von landbasierter Macht unterscheide. Dass der Ausdruck dabei antiken Kontexten entnommen und an andere Epochen ‚ausgeborgt‘ werden konnte, trug zusätzlich zu seiner Popularität bei. Geradezu als Kulmination 7 8 9 10 11 12 13

LS2 s. v. θαλασσοκρατíα. LSJ9 s. v. θαλασσοκρατíα. Abulafia (2014) 139. Buck (1962) 137. Sabin – van Wees – Whitby (2007) 543. Constantakopoulou (2012) 6639. Hornblower (2012) 1336: „The Greek for sea power is θαλασσοκρατία, thalassocracy“.

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jedweden Versuchs, das „so schwer beredbar“ anmutende Phämomen der ‚Herrschaft‘ zur See in Worte zu fassen,14 es auf den Begriff zu bringen, erscheint die ‚Thalassokratie‘ in einem jüngst publizierten Anlauf, die Frage zu klären, „ob es und welche Möglichkeiten es gibt, auf See zu herrschen; – Macht auszuüben; – die Chance auf Gehorsam zu steigern; – wie auch immer wir es nennen: es geht um Macht zur See: Thalassokratie.“15 Im selben Beitrag wird ‚Thalassokratie‘ dann anschließend definiert (auf das Mittelalter bezogen, aber doch mit allgemeineren Überlegungen versehen) als ein Terminus zur Beschreibung von Macht, die sich durch den Umstand, dass sie maritim ist, wesentlich von landbasierter Herrschaft unterscheidet – seien dies ökonomische Gründe wie agrarische Ressourcen oder Bodenschätze, militärische wie Burgen und Stützpunkte oder auch andere, stärker kulturell vermittelte Formen von Territorialität, einschließlich kartographischem Denken.16

Ganz ähnlich macht auch eine ebenfalls erst vor kurzem erschienene Untersuchung römischer ‚Thalassokratie‘ die Darlegung dessen, was die antike ‚Thalassokratie‘ allgemein sei, zum erklärten Darstellungsziel, um abschließend zu konstatieren: „Unter Thalassokratie ist eine auf das Meer bezogene politische sowie militärische und ökonomische Dominanz eines an die See anrainenden Gemeinwesens zu verstehen“, bei dem „das Meer zu einem untrennbaren Bestandteil seiner Kultur wird“; die Auflistung der Definitionsmerkmale gerät jedoch so umfassend, dass damit letztlich auch kaum heuristischer Mehrwert erzielt und ‚Thalassokratie‘ wiederum nicht als brauchbare Kategorie historischer Analyse erwiesen wird.17 Mehr, als dass mit dem Ausdruck fast jedwede Form der ‚Stärke‘ zur See bezeichnet werden kann, ist dem verbreiteten Gebrauch von ‚Thalassokratie‘ nicht zu entnehmen. Es ist leicht zu sehen: Für begriffliche oder terminologische Schärfung sorgt derartiges nicht.18 Die Auseinandersetzung mit dem vermeintlichen Konzept ‚Thalassokratie‘ und dessen Anwendung als Kategorie der historischen Analyse ist schließlich auch kein Phänomen der Alten Geschichte allein. Neuzeit-Historiker etwa bezeichnen Großbritannien im 19. Jahrhundert als einzige echte „global thalassocracy“19 oder sehen in den USA eine „globale Thalassokratie vom klassischen Typ Athens oder 14 15 16 17

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Das Zitat von Rüdiger (2016) 36. Rüdiger (2016) 38. Rüdiger (2016) 39–40. Vgl. auch Rüdiger (2012) 97 („une culture politique spécifiquement maritime“) und 102–103 („un pouvoir politique qui non seulement s’étend sur les espaces maritimes, mais qui s’y concentre et s’en contente“). Ladewig (2014) 349–350. Zur ambitionierten Zielsetzung 19 („Hier nun will die vorliegende Arbeit anknüpfen und am Beispiel der römischen Republik versuchen, das Wesen der antiken Thalassokratie in ihren Facetten zu beleuchten“) und 22 („um abschließend den Versuch einer systematischen Darstellung einschließlich einer Definition der antiken Thalassokratie zu wagen“). Vgl. dazu die Rezension von Kopp (2014). Vgl. etwa die jüngst (in einem Interview) geäußerten Bedenken des Mediävisten Olaf Mörke: „Meines Erachtens ist das Risiko ziemlich groß, den Begriff zu überdehnen und alle diejenigen Mächte als Thalassokratie zu markieren, die als Seefahrtsmächte in Erscheinung getreten sind. Das stiftet dann mehr Verwirrung als Klarheit“ (Mörke 2015). Headrick (1981) 174–175.

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Venedigs“.20 ‚Selbstverständlich‘, ist man fast versucht zu sagen, sind auch das spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Venedig, das portugiesische Handelsimperium des 16. Jahrhunderts oder die Niederlande des 17. als ‚Thalassokratien‘ verstanden und interpretiert worden.21 Manche Vertreter der prähistorischen Archäologie beschäftigten sich ausführlich mit der Suche nach bzw. mit der Widerlegung einer angeblichen minoischen ‚Thalassokratie‘, die schon früh als eigentümliche Mixtur aus antiker literarischer Überlieferung, archäologisch uneindeutigen Befunden und moderner Prägung durch das Vorbild neuzeitlicher ‚Thalassokratien‘ gesehen wurde.22 Teile der deutschen Mediävistik schließlich haben unter dem explizit der Antike bzw. altertumswissenschaftlicher Forschung entlehnten Schlagwort ‚Thalassokratie‘ gerade in den letzten Jahren den Versuch unternommen, die maritime Seite des Mittelalters stärker als zuvor in den Blick zu nehmen, wobei ihnen der Ausdruck vieles ist, ein gut klingendes Etikett, Anziehungspunkt, Analysekategorie: „unter dem analytischen Begriff Thalassokratie soll erstmals ein systematischer Zugriff auf Formen und Eigenarten wesentlich seegestützter Macht im Mittelalter unternommen werden.“23 Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass in wissenschaftlicher geologischer Literatur ‚Thalattokratie‘ auch als Bezeichnung für Erdzeitalter gebraucht werden kann, die von einem sehr hohen Meeresspiegel geprägt waren;24 scheinbar ganz wörtlich wird dort also ‚Thalattokratie‘ als eine ‚Herrschaft des Meeres‘ begriffen, auch wenn dieses wörtliche Verständnis der Geologie den geläufigen historischen Interpretationen der ‚Thalassokratie‘ völlig zuwiderlaufen muss. All diese Erklärungsversuche, was eine ‚Thalassokratie‘ letztlich bezeichnen soll (und überhaupt kann), führen somit in eine konzeptionelle Aporie, die – überraschend genug – nur selten als solche diagnostiziert und noch seltener aufzulösen versucht wird.25 Ihr zu begegnen, muss bedeuten, sich zum einen genauer mit den sprachgeschichtlichen Umständen der Entstehung der griechischen Terminologie und Sprache von ‚Seeherrschaft‘ auseinanderzusetzen, zum anderen, danach zu fragen, welchen Prozessen, Motivationen und Hintergründen sich die weitere Fortentwicklung von ‚Thalassokratie‘ hin zu jenem Standardbegriff verdankte und wie

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Geiss (1998) 227. Vgl. dazu Rüdiger (2016) 40. Vgl. Starr (1951); Cadogan (1984). http://www.geschichte.uni-frankfurt.de/44881343/Thalassokratie (24. Februar 2016) Vgl. auch den Bericht zur korrespondierenden Berliner Historikertag-Sektion 2010 von Kolditz (2012), der einleitend bemerkt (80): „Für antike griechische Historiker und Geographen bildete der Begriff Thalassokratie einen geläufigen Terminus für ein Herrschaftsgebilde, das auf der Kontrolle von Seeräumen basiert und Seewege für seine Interessen sichert.“ Zu den Ergebnissen dieses Vorhabens jetzt Borgolte – Jaspert (2016a), darin insbesondere Rüdiger (2016). S. den Eintrag bei Murawski – Meyer (2010) 169: „Thalattokratie, f., Adj. thalattokrat (gr 141/175), (n. H. STILLE, 1924, ein v. A. PAVLOW (1903) geprägter Begriff), Zeit, in der durch transgressive (→ Transgression) Tendenzen des Meeres große Teile der Kontinentalräume überflutet werden. – s. a. Epirogenese, Geokratie.“ So in Ansätzen bei Coutau-Bégarie (2001); Delattre (2002); Rüdiger (2016) 38–40; 53–54.

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durch diese Prozesse vielleicht erst das kaum belegte griechische Wort θαλασσοκρατία zum modernen Begriff der ‚Thalassokratie‘ werden konnte.26 II Das Wort θαλασσοκρατία als substantivisches Abstraktum begegnet überhaupt nur an drei Stellen in der gesamten antiken Überlieferung, nämlich einmal beim Geographen Strabon um die Zeitenwende (dort mit Doppel-Tau), zweimal in Scholien zu Thukydides. Bei Strabon ist dies im ersten Buch der Fall (1,3,2), im Rahmen der dort geübten Kritik an Eratosthenes. Dieser habe, so Strabon, die maritimen Leistungen früherer Zeiten sträflich unterschlagen (1,3,1), und gegen die Interpretation seines Geographen-Kollegen führt Strabon einige prominente Gegenbeispiele an, mythische Figuren und historische Gesellschaften gleichermaßen. Er verweist auf die Fahrten des Herakles und des Odysseus, auf Iason, Theseus, die Dioskuren, die Phönizier und schließlich auf König Minos von Kreta. Bei Strabon heißt es in diesem Zusammenhang von Minos: ἥ τε Μίνω θαλαττοκρατία θρυλεῖται, „und auch von der thalattokratia des Minos ist viel die Rede“. Dass Strabon angibt, die θαλαττοκρατία des Minos sei ‚in aller Munde‘, vielleicht auch (leicht despektierlich) etwas wie ein diffuses Gerücht, Straßengespräch, genügt wohl kaum, um darin einen Beweis für eine weite Verbreitung des Wortes außerhalb der Überlieferung zu sehen. Zum einen ist dieser Hinweis auf die Geläufigkeit des Themas im Kontext der Einleitung des Werkes funktional zu sehen; Strabon ist ja gerade daran gelegen, die Erläuterungen des Eratosthenes über die Geringfügigkeit der Seefahrt früherer Zeiten zu widerlegen, weshalb es aus seiner Perspektive notwendig ist, die Bekanntheit des Themas zu betonen, vielleicht zu überbetonen. Zum anderen heißt dies letztlich auch nur, dass das von Strabon als θαλαττοκρατία des Minos bezeichnete Phänomen, also die schon bei Herodot und Thukydides angedeutete mythische Überlieferung über die maritime Stärke des Minos und dessen ‚Reichsbildung‘ in der südlichen Ägäis um Kreta (Hdt. 3,122,2; Thuk. 1,4),27 als solches weite Verbreitung hatte, nicht jedoch zwingend auch, dass es das von Strabon gebrauchte Substantiv θαλαττοκρατία war, von dem ‚viel die Rede‘ war. Dass ein Ausdruck, der angeblich ‚in aller Munde‘ war, nirgendwo sonst einen Niederschlag in der Überlieferung fand, scheint mir jedenfalls kaum denkbar und eher ein Indiz dafür, dass – wie teils bereits vermutet wurde – das Wort selbst eine Neuschöpfung Strabons in römisch-augusteischer Zeit war.28 Zur Beantwortung der Frage, was unter einer θαλαττοκρατία genau zu verstehen sei und welche historischen Phänomene genau darunter subsumiert werden können, ist die Strabon-Stelle jedenfalls nicht hilfreich, da er auch ansonsten, sobald er auf Minos zu sprechen kommt, nur kurz gefasste Paraphrasen der früheren, 26 27 28

Bei allen Unterschieden im Einzelnen ergeben sich hierbei doch bezeichnende Parallelen zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des modernen Begriffs ‚Polis‘, wie sie Gawantka (1985) in allen Einzelheiten rekonstruiert und problematisiert hat. Zur Darstellung der minoischen ‚Thalassokratie‘ bei Herodot und Thukydides Irwin (2007). Diese Vermutung äußert etwa Pagès (2001) 17.

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sowohl dichterischen als auch historiographischen Überlieferung zum kretischen König bietet. „Berichtet wird“ (ἱστόρηται), so Strabon, von der Nomothesie des Minos, von der Aufteilung Kretas in Verwaltungsbezirke, die er veranlasste, auch, dass er erster ‚Seeherrscher‘ überhaupt gewesen sei (θαλαττοκρατῆσαι πρῶτος), schließlich auch, von Ephoros übernommen, dass er ganz allgemein zivilisatorisch auf Kreta gewirkt habe (10,4,8). Annäherungen an den Gehalt einer postulierten θαλαττοκρατία sind dies nicht. Auch über die Verwendung des verwandten Verbs θαλαττοκρατεῖν führt bei Strabon kein Weg zur Klärung der Wortbedeutung von θαλαττοκρατία, kann er damit doch so disparate Erscheinungen wie die Seeräuber des Schwarzmeergebietes (11,2,12) oder Lykiens (14,3,2), die maritime Rivalität Aiginas mit Athen vor den Perserkriegen (8,6,16) oder die wiederum der Überlieferung entnommene Machtposition des Polykrates (14,1,16) bezeichnen, Phänomene also, die außer allgemein begriffener ‚Stärke zur See‘ wiederum nichts vereint. Auch die beiden Thukydides-Scholien lassen sich nur schwer zur Klärung des Begriffsgehalts heranziehen.29 Angesichts der hochkomplexen Überlieferungsgeschichte der in den mittelalterlichen Handschriften konservierten, in Teilen wohl bis in hellenistische Zeit zurückreichenden Scholien-Sammlungen lassen sich Aussagen zu einer Abfassungszeit der kommentierenden Erklärungen nur schwerlich bis gar nicht treffen.30 Infolge des verworrenen Überlieferungsganges ist kaum noch zu sagen, wer eine bestimmte Erläuterung wann verfasste und unter welchen historischen Umständen. Die Scholien sind zudem, um Otto Luschnat zu zitieren, nur „die letzten Verästelungen“ am „großen Stamm der Thukydideserklärung“,31 mithin nur das uns zeitlich nächste Glied einer langen Kette der Erklärung und Ausdeutung, der Übertragung auch von einem Schriftsystem ins andere, die etliche Jahrhunderte umfasste und deren Stufen sich im Einzelnen kaum noch rekonstruieren lassen. Ein Kommentar wie der zu den beiden hier genannten Thukydides-Stellen könnte letztlich ebenso gut auf die philologische Tätigkeit des Aristarchos aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. zurückgehen wie auf die teils in ähnlichem Duktus vorgenommenen Auslegungen des Verfassers von P.Oxy. 853 (ein Kommentar zum zweiten Buch des Thukydides aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., nur fragmentarisch erhalten; Entstehungszeit wohl frühes 1. Jahrhundert n. Chr.) oder auf die Beschäftigung eines namentlich unbekannten Exegeten des 4. oder 5. Jahrhunderts n. Chr.32 29

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Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Aufsatzes lag die neue maßgebliche Edition der Thukydides-Scholien, die Klaus Alpers aus dem Nachlass Alexander Kleinlogels für de Gruyter erstellte, noch nicht im Druck vor. Prof. Alpers war jedoch so zuvorkommend, mir die im hier untersuchten Kontext relevanten Stellen schon vorab zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Im Vergleich zur älteren Ausgabe der Scholien von Karl Hude (Leipzig 1927) ergaben sich für die beiden Scholia zu 1,93,4 und 2,62,3 keine in diesem Kontext bemerkenswerten Veränderungen oder Neubewertungen. Zur Überlieferungsgeschichte der Thukydides-Scholien immer noch grundlegend der Aufsatz von Luschnat (1954). Luschnat (1954) bes. 22–25 vermutet einen alexandrinischen Kommentar als Grundlage eines Großteils der weiteren Überlieferung. Luschnat (1954) 30. Einen Kommentar des Aristarchos als Grundlage der Thukydidesexegese vermutet Pfeiffer (1968) 225. Maehler (2007) nimmt einen ursprünglichen umfassenden (und wohl alexandrini-

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Der erste der beiden Kommentare in den Scholien (G ABFMC3 PlUdPe3) erläutert eine Stelle in Buch 1, und zwar des Historikers auktorialen Kommentar zu Themistokles in 1,93,4, dieser habe durch seine intensiven Bemühungen um den Ausbau des Peiraieus τὴν ἀρχὴν εὐθὺς ξυγκατεσκεύαζεν. Die Stelle an sich ist in ihrem Sinn bis heute umstritten: Manche, etwa Gomme und Hornblower, wollen ἀρχή hier eher im Sinne von ‚Reich‘ verstanden wissen, das Themistokles durch seine Initiative errichten half;33 andere, so etwa Karl-Ernst Petzold, verstanden ἀρχή hier als den ‚Beginn‘, nämlich als den Beginn des Ausbaus von Mauern und Hafen.34 Der Scholiast deutete die Stelle jedenfalls in ersterem Sinn und kommentierte: εὐθύς, φησίν, ἅμα τῷ συμβουλεῦσαι ἤρξατο τὴν θαλασσοκρατίαν κατασκευάζειν („Zugleich mit diesem Ratschlag, so heißt es, begann er auch sofort, die tha­ lassokratia aufzubauen“). Für den Scholiasten scheint θαλασσοκρατία also weitestgehend synonym mit der ἀρχή Athens gewesen zu sein. Nun ist es aber keineswegs eindeutig, was genau ἀρχή hier und anderswo eigentlich meint, und ohne auf die Semantik des Wortes bei Thukydides (und auch bei Herodot) an dieser Stelle näher eingehen zu können,35 sei angemerkt, dass es keineswegs einfach mit dem deutschen ‚Reich‘ und dessen Implikationen gleichgesetzt werden kann, wie dies besonders im Falle des Thukydides und der von ihm beschriebenen athenischen ἀρχή ja oft geschieht. Zunächst bezeichnet ἀρχή ja vor allem die relationale Vorrangstellung gegenüber anderen, das ‚Voranstehen‘, das nicht zwingend ‚imperiale‘ Strukturen beinhalten muss. Festhalten lässt sich jedenfalls, dass der Scholiast die Position Athens im späteren 5. Jahrhundert im Sinn gehabt hatte, also dessen Vormachtstellung im Seebund, basierend auf seinem durch die Macht seiner Flotte erzwungenen und durch Verträge sanktionierten System der abhängigen Bündner, als er den Ausdruck θαλασσοκρατία zu unbestimmbarer Zeit verwendete. Das zweite Scholion (G ABFMC3 PlUd) bezieht sich auf die dritte Rede des Perikles bei Thukydides. Perikles hatte den Athenern gerade zuvor dargelegt, dass sie ob ihrer gegenwärtigen Flottenstärke ungehindert segeln könnten, wohin immer sie wollten, und dabei weder den persischen Großkönig noch irgendein ethnos auf Erden zu fürchten bräuchten (2,62,2). Er vergleicht diese Stärke dann mit dem geringen Verlust an materiellem Besitz, den sie bei der jährlichen Verwüstung Attikas durch die Spartaner zu erleiden hätten, ein Motiv, das schon früh im thukydideischen Werk zentrale Bedeutung gewonnen hatte, vor allem in Perikles’ erster Rede (1,143,4). Hier nun lässt ihn der Historiker diesen Gedanken wiederholen (2,62,3): ὥστε οὐ κατὰ τὴν τῶν οἰκιῶν καὶ τῆς γῆς χρείαν, ὧν μεγάλων νομίζετε ἐστερῆσθαι, αὕτη ἡ δύναμις φαίνεται („So daß diese Macht, wie ihr seht, in gar keinem Verhältnis zum Nutzwert der Häuser und Felder steht, deren Verlust euch jetzt so schwer fällt“, Übers. Landmann). Dieses letzte αὕτη ἡ δύναμις kommentiert der Scholiast,

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schen) Kommentar an, auf dessen Ausführungen dann die deutlich selektivere spätere Überlieferung beruhte. Zum Kommentar von P.Oxy. 853s. auch Luschnat (1954) 25–29. Gomme – Andrewes – Dover (1945–1981) I, 262–263; Hornblower (1991) 140. Petzold (1994) 21. Moles (2010) 25 versucht das Problem zu umgehen und konstatiert: „But both [‚beginning‘ und ‚empire‘] are meant: the ἀρχή of the building eventually produces, but also proleptically describes, the foundation of empire“. S. dazu nun ausführlich Spahn (2016).

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weil ihm im recht komplexen Satz des Thukydides offenbar nicht deutlich erschien, was damit gemeint ist: τῆς πόλεως, ἡ θαλασσοκρατία, „(die Stärke) der Stadt, die thalassokratia“. Mehr, als dass θαλασσοκρατία in seiner Deutung die Fähigkeit Athens zur maritimen Machtentfaltung bezeichnen konnte, die Evokation maritimer Größe, die Perikles zuvor bemüht hatte, ist auch dieser Stelle kaum zu entnehmen. Die entsprechenden Passagen des Kommentars P.Oxy. 853 zum zweiten Buch sind nicht erhalten, so dass sich die Möglichkeit leider nicht bietet, die Scholia der Handschriften an dieser Stelle mit der Papyrusüberlieferung zu vergleichen. Dies sind also die drei einzigen Stellen, an denen in antiken Texten θαλασσοκρατία überhaupt belegt ist. Es lässt sich somit bereits an dieser Stelle festhalten, dass sich für das 5. vorchristliche Jahrhundert, das zumeist (und größtenteils ja auch zu Recht) als Geburtsstunde der griechischen Reflexion über ‚Seeherrschaft‘ gesehen wird, somit keine Spur des Wortes θαλασσοκρατία ausmachen lässt, und dass diejenigen späteren Texte, in denen das Wort auftaucht, keinerlei weiterführende und über recht vage Beschreibungen hinausgehende Informationen darüber liefern können, was mit θαλασσοκρατία denn bezeichnet und begriffen worden sein könnte. Strabon bietet nur vage Paraphrasen der Überlieferung zu Minos, und die Information, dass zu irgendeiner späteren Zeit das Wort θαλασσοκρατία sehr vereinzelt zur Paraphrasierung und ‚Erklärung‘ thukydideischer Passagen herangezogen werden konnte, mag zwar von gewissem philologischen Interesse sein, hilft bei der hier ja primär relevanten Frage nach der historischen Verortung und Erklärung des Ausdrucks aber kaum weiter. III Auch wenn θαλασσοκρατία somit vor dem späten 1. Jahrhundert v. Chr. nicht belegt ist, so betrifft diese Feststellung nur das Substantiv selbst. Der Gedanke, ‚Meer‘ und ‚Macht‘ oder ‚Herrschaft‘ auch sprachlich zu kombinieren, ist hingegen weitaus älter als die ersten Belege für θαλασσοκρατία als Substantiv. So kennen etwa schon Herodot, Thukydides, Xenophon und auch Polybios das verbale Kompositum θαλασσοκρατεῖν (bzw. θαλαττοκρατεῖν),36 das auch bei Strabon selbst weitaus häufiger auftaucht als das auch bei ihm singuläre Substantiv.37 Bei Herodot (5,83), Thukydides (8,63,1), Pseudo-Xenophon (2,2,6; 2,14,2) und Xenophon (Hell. 1,6,2) begegnet auch das Substantiv θαλασσοκράτωρ, sowie in der ersten Rede des Perikles und zweimal im achten Buch bei Thukydides die berühmte Verbindung τὸ τῆς θαλάσσης κράτος (1,143,4; 8,46,1; 8,76,4). Bei fast allen antiken (griechischen) 36

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Hdt. 3,122,2 zu Polykrates von Samos; Thuk. 7,48,2; 8,30,2; 8,41,2; Xen. Hell. 1,6,3; 4,8,10; Pol. 1,7,6; 1,16,7; 10,8,9. Die unterschiedlichen Schreibweisen mit Doppel-Tau und DoppelSigma etwa bei Pseudo-Xenophon gaben Anlass zu Spekulationen über einen möglichen ionischen Ursprung der Ausdrücke, zumal viele der griechischen Wendungen, die θάλασσα und κρατ- kombinieren, zuerst bei Herodot belegt sind (wenn man Pseudo-Xenophon nicht früher datiert). S. dazu Bianco (2011) 102–106. Strab. 1,3,16; 5,1,7 (hier mit Sigma, sonst mit Tau); 8,6,16; 10,4,8; 11,2,12; 14,1,16; 14,2,5; 14,3,2.

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Autoren schließlich, die über irgendeine Form maritimer Machtausübung berichten, unabhängig davon, welches der konkrete Gegenstand ist, findet sich schließlich die Wortverbindung τῆς θαλάσσης (ἐπι)κρατεῖν.38 Lässt sich aus diesem Befund eine erste Annäherung an die Bedeutung dieser Ausdrücke gewinnen? Wenn überhaupt, so kann dies nur über eine nähere Bestimmung der Semantik von κράτος und κρατεῖν geschehen, denn die griechische ‚Seeherrschafts‘-Terminologie war letztlich nur eine Fortsetzung und Erweiterung der ‚normalen‘ Sprache von Macht und Herrschaft, ergänzt um eine nähere Konkretisierung des Aktionsraumes dieser Kräfte.39 Die Semantik der griechischen Herrschafts-Terminologie ist notorisch schwierig zu erfassen und veranlasste etwa Christian Meier einmal, dem Griechischen letztlich jede konsistente Systematik für diesen Bereich abzusprechen.40 Doch scheint mir aufs Ganze gesehen, wie etwa Josiah Ober erst unlängst am Beispiel des Wortes δημοκρατία herausgearbeitet und auch Meier selbst schon früher konstatiert hat,41 eine ganz grundlegende Differenzierung zumindest zwischen κράτος und ἀρχή bzw. den korrespondierenden Verben angebracht: Während ἀρχή und die verwandten verbalen Ausdrücke meist in der Tendenz eher etwas Statisches bezeichnen, den Zustand des ‚Voranstehens‘, des ‚Der-Erste-Seins‘ und des ‚Vorrang-Habens‘, so haben κράτος und κρατεῖν doch zumeist eine deutlicher aktiv und eher situativ begriffene Komponente. Wer das κράτος über etwas oder jemanden besitzt, der wird weniger durch seinen Rang oder seine Position gekennzeichnet, sondern hat die Möglichkeit, aktiv in einer Situation einzugreifen, Einfluss zu nehmen, auch ganz konkret Gewalt anzuwenden und so Macht auszuüben.42 Bei Thukydides etwa, auf den hier nur paradigmatisch verwiesen sei, kann κρατεῖν – das lässt sich an vielen Passagen erkennen – fast alles bedeuten, was den aus eigener Überlegenheit resultierenden ganz faktischen Zugriff auf etwas darstellt,43 von Nahrungsmitteln bis hin zum Zugriff auf natürliche Räume, sei es zu Lande oder zu Wasser;44 im militärischen Kontext kann es auch oftmals ‚siegreich sein‘ bedeuten bzw. in Erweiterung die durch einen militärischen Sieg in einem begrenzten Raum sich dar-

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Zur Vielfalt der Ausdrücke s. am Beispiel Pseudo-Xenophons Bianco (2011), ferner auch Gardiner (1969) für Thukydides. Vgl. Timpe (2004) 5 Anm. 5. Meier (1982) 820. Ober (2008). Schon Meier (1970) 45–47 differenziert zwischen κράτος und ἀρχή in der beschriebenen Weise. Vgl. Meier (1970) 45. Eine aufschlussreiche Parallele bietet der Gebrauch von κρατεῖν in attischen Dekreten des 5. Jahrhunderts; vgl. dazu Low (2005) bes. 95–99. Vgl. Gardiner (1969) 22 Anm. 26: „The range of meanings is wide, and in some instances quite colorless.“ Als Beispiel nur Thuk. 1,111,1: τῆς μὲν γῆς ἐκράτουν ὅσα μὴ προϊόντες πολὺ ἐκ τῶν ὅπλων, mit dem Kommentar von Gomme in Gomme – Andrewes – Dover (1945–1981) I, 324: „that is to say, their hoplite force was superior, and had it been in any country but Thessaly […] could have marched where it would or have settled down to a regular siege; but in Thessaly, the enemy cavalry were able to confine it more or less to camp, and therefore to prevent it getting supplies.“

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bietenden Aktionsmöglichkeiten bzw. deren konkrete Umsetzung.45 In Analogie bezeichnen auch sämtliche der genannten Ausdrücke für ‚Seeherrschaft‘, so sie denn auf κράτος gebildet sind, vor allem die rein situative Kontrolle begrenzter Meeresteile in einem militärischen Konflikt, in erster Linie das momentane Kräfteverhältnis zweier (oder mehrerer) Flotten betreffend, nicht jedoch Umfassenderes und auf keinen Fall etwas im Sinne von ‚Herrschaftsgebiet‘ oder gar ein ‚Seereich‘. Das lässt sich nicht nur aus der Semantik von κράτος erschließen, sondern wird auch bei einer Untersuchung der Stellen in ihrem Kontext ersichtlich. Eine gleichsam ‚strukturalistische‘ Bedeutung, die das Ganze athenischer ‚Herrschaft‘ im Blick hat, lässt sich, wenn überhaupt, erst für das seit dem 4. Jahrhundert gebräuchlichere τῆς θαλάττης ἀρχή (bzw. κατὰ θάλατταν) ausmachen,46 entsprechend der ‚statischeren‘ Konnotation von ἀρχή als Zustand und Funktion, weniger als momentane Aktivität. Um zusammenzufassen: Die Verbindung τῆς θαλάσσης κρατεῖν oder auch das Kompositum θαλασσοκρατεῖν bedeuten also zunächst nichts anderes als eine situ­ ative, lokal wie in der Dauer begrenzte und primär relational verstandene Überlegenheit im zumeist militärischen Konflikt, die vor allem das Moment möglichst ungehinderter eigener Aktion und Bewegung umfasst. Von ‚herrschaftlichen‘ Strukturen, ja selbst von ‚politischer‘ Macht im weiteren Sinne ist darin nichts per se enthalten.47 Solche Konnotationen können die Ausdrücke zwar in ihrer jeweiligen Verwendung durch den Kontext durchaus gewinnen, sie sind aber ihrer Primärsemantik nicht eingeschrieben. Wie lässt sich vor diesem Hintergrund θαλασσοκρατία sprachgeschichtlich erklären? Eine detaillierte sprachhistorische Untersuchung der Bildungen auf -κρατία kann und muss hier unterbleiben.48 Nur so viel sei dazu vermerkt: Das Griechische kennt eine Vielzahl an Wortbildungen auf -κρατία, insgesamt siebzehn an der Zahl, von den drei Klassikern der Verfassungstypologie des 5. Jahrhunderts, δημοκρατία, ἀριστοκρατία und ἰσοκρατία, über Neuformungen der Literatur des 4. Jahrhunderts wie θεατροκρατία (Plat. leg. 701a3) oder γυναικοκρατία (Aristot. pol. 1313b33)49 bis hin zu späten Bildungen wie der θεοκρατία des Flavius Josephus (c. Ap. 2,165) aus römischer Zeit. Wie konnte es also zur Bildung von θαλασσοκρατία kommen, das sich ja rein formal zunächst problemlos in diese Reihe einzugliedern scheint,

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Nur einige Beispiele für die Verwendung bei Thukydides: 1,104,2; 1,108,2; 1,108,5; 1,116,2; 3,6,2; 6,88,1; 7,42,6; 7,61,1; 7,63,2; 7,78,3. Vgl. zur Bedeutung von κράτος in diesem Sinne auch Loraux (1997) 65–66. Dazu Ober (1987) 27. Vgl. Aly (1911) 509 („ohne politischen Hintergrund“); Figueira (1985) 64; Jannot (1995) 778; Delattre (2002) 103; Fantasia (2009) 25 Anm. 25. Dazu sei nur auf die beiden grundlegenden Untersuchungen von Debrunner (1947) und Kinzl (1978) verwiesen, die die in diesem Zusammenhang relevanten linguistischen und sprachhistorischen Probleme am Beispiel von δημοκρατία durchexerzieren. Zu den Abstrakta auf -ια und speziell deren Verhältnis zu den verwandten Verben und Adjektiven vgl. Scheller (1951) 34– 44. Für das 4. Jahrhundert ist Gynaikokratia auch als Titel von Komödien des Amphis (PCG II fr. 8) und des Alexis (PCG II frr. 42–43) bezeugt.

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auch wenn es der Bedeutung nach eigentlich abwegig anmutet, eine ‚Herrschaft des Meeres‘ nach dem Muster der ‚Herrschaft des Volkes‘ darin zu vermuten? Dazu ist wohl ein Dreischritt der Wortbildung anzunehmen, der hier nur in seinen Grundzügen und recht schematisch skizziert sei. Am Anfang stand die verbale Wortverbindung τῆς θαλάσσης κρατεῖν, die vielleicht schon für Hekataios (FGrH 1 T 5 = Hdt. 5,36), spätestens jedenfalls für Herodot belegt ist. Der Genitiv θαλάσσης gibt dabei entweder (als partitiver Genitiv) den Bereich an, in dem das κράτος wirksam ist (‚auf dem Meer Macht ausüben‘, ‚überlegen sein‘), oder, was davon kaum scharf zu trennen ist, in üblicher Verwendung von κρατεῖν mit Genitiv das Objekt, über das Macht ausgeübt wird, wobei im Falle von τῆς θαλάσσης κρατεῖν das Objekt nicht wie ein direktes Gegenüber begriffen wird (sei es Sache oder Lebewesen), sondern vielmehr den Raum bezeichnet, über den man κράτος ausübt und auf den man somit Zugriff erhält, was im militärischen Kontext meist ungehindertes eigenes Operieren meint. Schon früh, nämlich ebenfalls bereits bei Herodot, verstärkt dann bei Thukydides und Pseudo-Xenophon, setzte dann ein Wortbildungsprozess ein, der sich im 5. Jahrhundert analog auch bei anderen Ausdrücken beobachten lässt, nämlich die Zusammenfassung der beiden Komponenten der Wortverbindung durch Univerbierung zum Kompositum, unter Beibehaltung der durch den Kasus vorgegebenen Bedeutung des nominalen Wortgliedes. Aus dem ursprünglichen τῆς θαλάσσης κρατεῖν wurden unter Abtrennung der Kasusendung das Substantiv θαλασσοκράτωρ sowie das verbale Kompositum θαλασσοκρατεῖν abgeleitet, so wie ganz analog nach dem Vorbild der historiographisch sehr häufigen Wortverbindung ταῖς ναυσὶ κρατεῖν (etwa bei Thuk. 1,81,4; 4,9,3; 7,23,2; 7,47,4; 7,55,2; 7,61,1: je nach Kontext ‚mit Schiffen siegen‘ oder ‚durch Schiffe Macht ausüben‘) sowohl das einmalig belegte Adjektiv ναυκράτης (Hdt. 5,36,2, vielleicht schon bei Hekataios), das Substantiv ναυκράτωρ (Hdt. 6,9,1; Thuk. 5,97; 5,109; 6,18,5) sowie schließlich das Verb ναυκρατεῖν gebildet wurden (Thuk. 7,60,2; Xen. Hell. 6,2,8 [passivisch]).50 Dabei wurden die Kasusbedeutungen in ihrer Tendenz ins neu gebildete Kompositum transferiert: Der θαλασσοκράτωρ übt im Genitiv (lokal) ‚auf dem Meer‘ oder ‚über den Aktionsraum Meer‘ Macht aus (das ist dann θαλασσοκρατεῖν), der ναυκράτωρ ‚mit Schiffen‘ im instrumentalen Dativ.51 Angesichts der sonst zu beobachtenden Kreativität des 5. Jahrhunderts in der Bildung von Komposita ist das bis dahin keineswegs ungewöhnlich.52 Dennoch kann die Herausbildung und das – verglichen mit anderen, ähnlichen Bildungen – recht häufige Vorkommen vor allem der Komposita θαλασσοκρατεῖν und θαλασσοκράτωρ als Indiz für eine gewisse Akzentuierung des Gedankens der Machtausübung zur See seitens der Autoren gelten, da dieser Schritt bei prinzipiell gleichartigen Verbindungen nicht gemacht wurde, und diese Ausdrücke nicht nur 50 51 52

Beide Wortverbindungen kombiniert bei Plat. Men. 239e–240a: ναυσὶ δὲ τῆς τε θαλάττης ἐκράτει καὶ τῶν νήσων (von Dareios). Vgl. schon Hdt. 5,36,2: ναυκρατέες τῆς θαλάσσης. Dagegen jedoch einmalig Soph. Phil. 1072: ναυκράτωρ als Schiffskommandant, offensichtlich genitivisch als ‚Herr des Schiffs‘. Zu den Wortbildungen mit -κρατ- vgl. Debrunner (1947) 11–15. Scheller (1951) 36–37 zur Wortbildung durch Auswechslung von Vorder- oder Hinterglied von Komposita.

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auf die Historiographie und deren Sprache beschränkt waren, sondern auch Teil der Bühnensprache wurden, wie etwa ein Fragment des Komikers Demetrios aus dem ganz frühen 4. Jahrhundert belegt.53 Von der ‚Übermacht‘ oder ‚Machtausübung‘ zu Lande sprachen die Autoren ja auch als τῆς γῆς κρατεῖν, ganz analog also (nicht nur formal, sondern auch semantisch) zu τῆς θαλάσσης κρατεῖν, doch sind keine Bildungen aus dem Vorderglied γεω-/γη- und κρατεῖν bzw. κράτος belegt,54 obwohl ansonsten Komposita mit diesem Vorderglied schon im 5. und 4. Jahrhundert gang und gäbe waren. Die lexikalische Entwicklung der Ausdrücke für ‚Seeherrschaft‘ und vor allem deren Häufigkeit in den Quellen scheinen also durchaus für eine begriffliche Erfassung der Charakteristika einer Macht, die auf dem Meer wirksam wird, im 5. Jahrhundert zu sprechen, was angesichts der realhistorischen Bedeutung der athenischen Flotten kaum verwundert (eher das Gegenteil wäre bemerkenswert).55 Bleibt noch der dritte und entscheidende Schritt, der hin zur Substantivierung und Abstrahierung, und hier stößt θαλασσοκρατία somit nun weniger auf sprachliche, sondern vielmehr auf historisch-konzeptionelle Hürden. Eine Bildung des Substantivs in Fortsetzung von τῆς θαλάσσης κρατεῖν, θαλασσοκράτωρ und θαλασσοκρατεῖν wäre bei Beibehaltung der Kasusbedeutung durchaus möglich gewesen, so wie es ja offensichtlich auch bei zwei anderen aus dem Bereich des Militärischen entnommenen Termini geschah, nämlich bei ἱπποκρατία (Xen. Kyr. 1,4,24) und bei ναυκρατία (And. fr. 3 [?]; Cass. Dio 49,7,6; 51,21,7; 53,27,1); die Möglichkeit, nach Verben auf -έω in direkter Ableitung substantivische Abstrakta auf -ία zu bilden, wurde im 5. Jahrhundert ja generell durchaus genutzt.56 Nur: Sowohl ἱπποκρατία als auch ναυκρατία bezeichnen ihrem Kontext nach ganz unmissverständlich einen Sieg, der Kavallerie bzw. der Flotte, so wie κράτος selbst der Tendenz nach durchaus auch den ‚Sieg‘ bedeuten kann.57 Die drei Belegstellen für θαλασσοκρατία lassen diese Bedeutung jedoch ihrem Kontext nach (zumal im Falle der beiden Scholien) unmöglich erscheinen. Eine θαλασσοκρατία, wie Strabon und die Scholien das Wort offenbar verstanden, muss somit als bewusste Anlehnung nicht an die militärisch, sondern vielmehr an die verfassungstypologisch gedachten -κρατία-Termini in der Nachfolge von δημοκρατία interpretiert werden, und darf nicht, wie es ja die frühen und einem ähnlichen Bedeutungsfeld zuzuordnenden Ausdrücke ἱπποκρατία und ναυκρατία suggerieren, als ‚Sieg auf dem Meer‘ begriffen werden, obwohl gerade diese Bedeutung die formal und semantisch nächstliegende wäre, da die Wortfamilie θαλασσοκρατ- ähnlichen, teils sogar den gleichen Verwendungskontexten entstammt wie ἱπποκρατ- und ναυκρατ-. 53 54

55 56 57

Dort findet sich θαλαττοκρατεῖν im Passiv (PCG V fr. 2,2–3): ὅπως / μηκέτι θαλαττοκρατοῖντο Πελοποννήσιοι. Die moderne Geologie kennt jedoch den Ausdruck ‚Geokratie‘ und versteht darunter – analog zu ihrer Verwendung von ‚Thalattokratie‘ für Erdzeitalter mit hohem Meeresspiegel (s. o. Anm. 24) – eine „Zeit, in der durch regressive (s. d.) Tendenzen des Meeres die Größe der Festlandskomplexe erheblich wächst“ (Murawski – Meyer 2010, 58). Aly (1911) 599 nennt θαλασσοκρατεῖν ein „Modewort des 5. Jahrhunderts“ und nimmt an, θαλασσοκράτωρ sei in Anlehnung an die Sprache der Tragödie, „die dieses Suffix liebt“, gebildet worden (597). Vgl. Scheller (1951) 36. Vgl. LSJ9 s. v. κράτος (III.).

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Damit bleiben zwei Fragen: Warum wurde θαλασσοκρατία vor Strabon nicht gebildet, und warum verstanden bzw. verwendeten, als das Wort schließlich vorhanden war, sowohl er als auch die Scholien θαλασσοκρατία in der Nachfolge der Verfassungsbegriffe und gerade nicht als ‚Seesieg‘, wie es die formale Verwandtschaft mit ἱπποκρατία und ναυκρατία nahelegt? Der Beantwortung der ersten Frage nähert man sich am besten über eine Betrachtung der Entstehungsbedingungen des prototypischen -κρατία-Begriffs schlechthin, δημοκρατία. Über dessen Herkunft und Entstehung ist schon viel geschrieben worden. Trotz teils unterschiedlicher Interpretationen im Detail sind sich wohl die meisten Kommentatoren darin einig, dass das Wort nicht ‚gewachsen‘ und mehr oder minder zufällig entstanden ist, sondern als Kunstwort und politischer Slogan in einer konkreten historischen Situation bewusst neu geschaffen wurde, nicht in politischer Theorie, sondern in Reaktion auf Ereignisse der politischen Lebenswirklichkeit.58 Begreift man den verfassungstypologischen Strang der -κρατία-Begriffe (von ἀριστοκρατία bis θεοκρατία) als zum einen bewusste Imitation von δημοκρατία, zum anderen als durchaus zugespitzte Parolen und vielleicht gar als politische Kampfbegriffe, als satirische Spitzen auch, so ist doch klar, dass der Schaffung der -κρατία-Begriffe immer ein in der Wirklichkeit liegender Stimulus vorausgehen muss, sodass im neuen Wort eine neue Situation erfasst und akzentuiert, positiv oder negativ charakterisiert wird. Erst die Erfahrung (und positive oder auch negative Bewertung) der Möglichkeit einer grundlegenden Veränderung politischer Machtverteilung initiierte die Entstehung von δημοκρατία, und auch ἀριστοκρατία entstand wohl erst in Reaktion, als Gegenentwurf zum älteren und wohl schrittweise als verächtlich und negativ gebrauchten ὀλιγαρχία. Für die späteren, philosophischen oder gar satirischen Entwürfe gilt dies erst recht. Man muss sich somit fragen, warum der Schritt hin zur Bildung von θαλασσοκρατία im 5. oder 4. Jahrhundert nicht getan wurde, und das, obwohl alles zur Verfügung stand, was dafür notwendig war: eine Flottenmacht, deren Wert und Bedeutung für die Position Athens klar erkannt wurde, Komposita aus θάλασσα und κρατεῖν, die die Besonderheit der eigenen maritimen Ambitionen widerspiegelten, ja selbst eine gewisse Kreativität im Umgang mit der eigenen Sprache, für die etwa Aristophanes beredtes Zeugnis ist,59 und die sich gerade auch im Bereich politischer Sprache und Terminologie niederschlug.60 Dennoch begegnet θαλασσοκρατία in den Quellen des 5. und 4. Jahrhunderts nicht. Selbst derjenige Autor, der als wohl explizitester Vordenker einer ‚Thalassokratie‘ verstanden wird, Pseudo-Xenophon, bleibt wie selbstverständlich beim rein von den Akteuren her gedachten θαλασσοκράτωρ für die Athener stehen, spricht jedoch wiederholt von der ἀρχή Athens zu Wasser, und das, wo es doch der vorherrschenden Interpretation seiner Schrift zufolge absolut nahegelegen hätte, in seinem Kontext von ἡ τῶν Ἀθηναίων θαλασσοκρατία zu schreiben. Überlieferungslücken dürften angesichts des verfügbaren Materials aus der Hochphase des Seebundes als Argument entfallen. Selbst dort, wo es der Kontext scheinbar nahelegen würde, 58 59 60

Vgl. dazu Meier (1970); Kinzl (1978); Asheri (2002). Vgl. Willi (2005). Ober (2008) 4–5 nennt es „the Greek penchant for creative neologism, not least in the realm of politics“.

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erscheint θαλασσοκρατία somit nicht, auch nicht bei den Rednern des 4. Jahrhunderts, die vielfach aus der Retrospektive über Athens Vorrangstellung im Seebund des 5. Jahrhundert sprechen, wenn sie dies jedoch tun, fast immer τῆς θαλάττης ἀρχή (bzw. κατὰ θάλατταν) verwenden, nie jedoch θαλασσοκρατία, so wie überhaupt im 4. Jahrhundert, besonders bei den Rednern, deutlich häufiger von ἀρχή und ἄρχειν als von κράτος und κρατεῖν die Rede ist, wenn es um die ‚Seeherrschaft‘ Athens im 5. Jahrhundert geht. Es bleibt wohl nur, folgenden Schluss zu ziehen: Selbst wenn Athener im 5. Jahrhundert etwas erleben und begreifen konnten, was vielleicht wir heute als ‚Thalassokratie‘ oder einfach (und doch nicht weniger problematisch) als ‚Seeherrschaft‘ bezeichnen würden, sie also angesichts der faktischen Dominanz Athens im Ägäisraum vielleicht einen Begriff dieser maritimen Stärke entwickelten, der sich in der Fülle der oben erwähnten Komposita und Verbindungen aus θάλασσα und κρατεῖν widerspiegelte, so gab es für sie doch keinerlei Impuls, in ähnlicher Weise wie bei δημοκρατία oder ἀριστοκρατία von ihrer Position, ihrer machtpolitischen ‚Struktur‘, als ihrer θαλασσοκρατία zu sprechen und den Schritt vom aktiven, konkrete Konstellationen bezeichnenden Verb hin zum statischen Abstraktum zu vollziehen. Erst Strabons Polemik gegen Eratosthenes war – so hat es den Anschein – Anlass genug, dem Katalog der -κρατία-Termini diesen weiteren hinzuzufügen. Entscheidend ist somit, um ein weiteres Fazit zu ziehen, dass das Wort θαλασσοκρατία als solches überhaupt nichts mit dem Kontext zu tun hat, der es hervorgebracht haben soll und zu dessen Beschreibung es oft gebraucht wird – Athen im 5. Jahrhundert und seine maritime Vorrangstellung in der Ägäis.61 Selbst wenn die beiden genannten Scholien-Stellen vorchristlich sein sollten, so reicht ihre Abfassungszeit gewiss nicht vor das frühe 2. Jahrhundert zurück, und sie besitzen keine originäre Verbindung zu dem, was sie irgendwann einmal erklären helfen sollten. Es ist somit auch nicht zulässig, die Annahme einer antiken Idee von ‚Seeherrschaft‘ als einer Struktur und eines Systems, als einer spezifischen Herrschaftsform, die erkannt und reflektiert worden sei, mit dem Verweis auf die Existenz des Ausdrucks θαλασσοκρατία zu belegen. Die Antwort auf die zweite Frage nach dem Grund der Akzentuierung von θαλασσοκρατία als einer Art ‚Ordnungsbegriff‘ durch Strabon muss notgedrungen knapper ausfallen, weil sich hier letztlich nur spekulieren lässt: Es scheint, als wäre die Bildung von θαλασσοκρατία eine kreative ‚Spielerei‘ mit verschiedenen semantischen Ebenen. Ohnehin zeigt die Häufung und Kreativität von Neubildungen mit dem -κρατία-Bestandteil, je weiter man sich vom 5. Jahrhundert entfernt, dass sich aufbauend auf den Klassikern dieser Wortbildung mit einer gewissen Originalität verfahren ließ; das fängt ja schon im 4. Jahrhundert an, wo es vornehmlich Komödiendichter und Philosophen waren, die in ihren Werken zu satirischen oder kritischen Zwecken mit -κρατία ‚experimentierten‘,62 und führt weiter bis hin zu den Neubildungen hellenistischer und schließlich römischer Zeit. Flavius Josephus etwa bezeichnet selbst seine Neuschöpfung θεοκρατία ausdrücklich als eine „Ver61 62

So jedoch etwa bei Starr (1951) 290; Horden – Purcell (2006) 724; de Souza (2013) 376. Vgl. Ober (2008) 4.

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gewaltigung des logos“ (c. Ap. 2,165), ist sich also der Sonderbarkeit des Ausdrucks durchaus bewusst. Vielleicht ist – das muss jedoch Vermutung bleiben – die Schöpfung des Wortes kaum eigentlich ‚ernst‘ zu nehmen, sondern war gerade in der Vermengung der semantischen Ebenen ein ‚Witz‘ Strabons, eine aus dem Augenblick geborene philologisch-historische Spielerei, die ihm zur Akzentuierung und Hervorhebung minoischer ‚Seeherrschaft‘ im Kontext seines Werkes diente, vielleicht auch – sollte in θρυλεῖται tatsächlich etwas von ‚Gossengespräch‘ mitschwingen – zur leichten Diskreditierung solchen Geredes. Von Strabon aus fand – so denn diese Interpretation zutreffen sollte – die Neuschöpfung dann auch über Wege, die wir nicht rekonstruieren können, vereinzelten Eingang in die exegetische Kommentarliteratur der Zeit, wovon die Scholien noch heute Zeugnis ablegen. IV Doch was bedeutet dieser Befund für das analytische Potential des Ausdrucks ‚Thalassokratie‘? Es ließe sich zu seiner ‚Ehrenrettung‘ durchaus argumentieren, dass er auch ohne eindeutigen antiken Kontext als reflektierter und moderner Terminus der Analyse (samt neuem, modernem Gehalt) verwendet werden könnte. Es müsste dazu jedoch eine grundlegende Dissoziierung zwischen dem Wort und dem durch das Wort vermeintlich gekennzeichneten Begriff und Erfahrungsraum konstatiert werden, die als solche meines Wissens noch nicht versucht wurde. Denn entscheidend ist, dass das Wort θαλασσοκρατία gerade nicht Bestandteil jenes Prozesses war, den Christian Meier einmal ganz grundsätzlich für den „Begriffsweltwandel“ des 5. Jahrhunderts konstatierte, nämlich die ganz enge Interdependenz zwischen (vornehmlich politischer) Lebenserfahrung und sich in neuen Schlagworten manifestierender Begriffsbildung.63 Gerade ein solcher Zusammenhang wird jedoch im Falle von ‚Thalassokratie‘ häufig genug explizit behauptet und noch häufiger stillschweigend vorausgesetzt,64 wobei es mir an dieser Stelle einzig darauf ankommt, die dieser Gleichsetzung inhärente Suggestionskraft zu problematisieren. Dass ein Begriff maritim orientierter Machtpolitik vielleicht auch ohne das Wort θαλασσοκρατία hätte existieren können, wurde ja bereits erwähnt, und es spricht prinzipiell ja nichts dagegen, ein begriffliches Erfassen auch dort zu vermuten, wo der nur scheinbar korrespondierende Terminus noch nicht existierte. Das Problem liegt dabei jedoch auf einer anderen Ebene, die ans Selbstverständliche grenzt, aber dennoch erwähnt werden muss. Die Wahl der Begriffe, mit deren Hilfe historische Erkenntnis gewonnen werden soll, hat nicht nur rein äußerliche Auswirkungen, sondern ist elementarer Teil jeder Analyse selbst – daher wollen gerade die ‚Schlagwort-Begriffe‘ umso sorgfältiger gewählt und reflektiert werden. Dies gilt auch, wenn ein schon gewonnenes historisches Ergebnis abschließend ‚etikettiert‘ wird, es also unter Umständen durch die Einbettung in andere Zusammenhänge und die damit verbundenen Erkenntnisziele eine Umwertung erfährt, ohne dass dies 63 64

Meier (1980e) bes. 311–312. Etwa Horden – Purcell (2006) 724; de Souza (2013) 376.

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bewusst und reflektiert geschieht.65 Die Feststellung etwa, ein in der Analyse gewonnenes Ergebnis a könne als Phänomen einer schon zuvor bekannten Kategorie b zugeordnet werden, ist erkenntnistheoretisch keine sekundäre Selbstverständlichkeit, sondern ein dringend reflexions- und problematisierungsbedürftiger Schritt, der keinesfalls allein aufgrund etwaiger Übereinstimmungen im Wortgebrauch getan werden darf.66 Da sich jedoch in der Praxis fast jedwede Form von Begriffsgeschichte – ob sie sich nun explizit so bezeichnet oder dies nur implizit betreibt – hauptsächlich am Vorkommen von „einzelnen isolierbaren Begriffs-Wörtern, die sprachlich all die Leistungen erbringen sollen, die für die Konstitution von Wirklichkeitserfahrung wesentlich sind“,67 orientiert, sie also die Systematisierung historischer Erfahrungsprozesse hauptsächlich an „Leitbegriffen, Schlüssel- oder Schlagwörtern“ selbst festmacht,68 muss die Problematik eines nur vermeintlich historisch problemlosen Terminus ‚Thalassokratie‘ diskutiert werden. Verben eignen sich dabei kaum als lemmatisierungsfähige Anknüpfungspunkte begriffsgeschichtlicher Interpretationen, Substantive hingegen schon, vor allem Abstrakta. An dieser Stelle kommt ‚Thalassokratie‘ ins Spiel, denn die Annahme einer absoluten Äquivalenz zwischen den in den Quellen zumeist gebrauchten verbalen Ausdrücken und dem Substantiv (mitsamt darauf aufbauender Interpretation) ist in der Forschung gang und gäbe,69 ungeachtet möglicher semantischer Differenzen. Eine Wortbildung auf -κρατία im Substantiv suggeriert dabei jedoch aufgrund der nicht ausblendbaren Geschichte dieser Verbindung unweigerlich Ideen von – modern gesprochen – ‚Staatlichkeit‘ und verfasster ‚Ordnung‘, von verankerten und intendierten Strukturen im größeren Maßstab, und beruft sich auf den bis δημοκρατία zurückreichenden Stammbaum des verfassungs- bzw. ordnungstypologischen Verständnisses dieser Ausdrücke. Um ein besonders prägnantes Beispiel zu zitieren: Das Wort („le mot“) ‚Thalassokratie‘ selbst, so der Mediävist und Mittelmeerhistoriker Michel Mollat du Jourdin, „désigne étymologiquement un système politique fondé sur la domination de la mer“,70 und es sind eben jene Assoziationen, die die verbalen oder adjektivischen Verbindungen, die die antiken Autoren fast

65

66 67 68 69 70

Vgl. Roth (2011) 23–24 zur Problematik: „Deshalb bleibt von entscheidender Bedeutung, welche Begriffe wir als Allgemeinbegriffe verwenden. Diese Wahl ist der Beliebigkeit und unserer Willkür entzogen, sie hat weitreichende Konsequenzen für den Verstehens- und Erkennensprozeß. Je nachdem, mit welchem begrifflichen Instrumentarium wir die Wirklichkeit zu erfassen bzw. zu konstruieren, d. h. zu begreifen versuchen, erscheint diese in einer ganz spezifischen Gestalt.“ Vgl. Busse – Teubert (1994) 19. Busse (1987) 81. Vgl. ferner Bödeker (2002) zur Problematik des Verhältnisses von Wort und Begriff. So Koselleck (1972) XIII. So etwa explizit bei Hauben (2013) 62: „the fact that nothing less than the thalassokratia (the corresponding verb is used) was at stake“. Mollat du Jourdin (1993) 47. Barceló (1991) 30 warnt in seinem Kontext vor einer unangemessenen Übertragung der in ‚Thalassokratie‘ impliziten Bedeutungskomponenten („dominio, poderío, señorió, monopolio, etc.“), geht dann aber dennoch von einem ‚klassischen‘, weil ursprünglich griechischen Begriffsgehalt aus (27).

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ausschließlich gebrauchten, nur sehr bedingt bedienen.71 Dennoch werden diese, eben weil die Existenz des Konzeptes ‚Thalassokratie‘ a priori als so selbstverständlich gilt, oftmals als absolute Äquivalenztermini zum Substantiv begriffen, als gebe es keine kognitiv-konzeptionelle Differenz in der Bildung und im Gebrauch der verschiedenen Wortarten. Schreibt man dann noch thalassokratia, so suggeriert man durch die Umschrift des griechischen Wortes in lateinischen Buchstaben, dass man sich eines in der Zeit selbst belegten Quellenwortes zur Verfeinerung und Präzisierung der eigenen Analyse und Darstellung bedient. Gleichzeitig wird dieses Quellenwort dadurch zu einer Art Fachausdruck erhoben, der dann nicht mehr nur Konkretes, in spezifischen Zusammenhängen Greifbares bezeichnen soll, sondern erklären und ganze Sachverhalte in sich bündeln will.72 Dadurch setzt man schließlich an die Stelle eines offensichtlich modernen Ausdrucks wie etwa ‚Seeherrschaft‘ und dessen womöglich unpassender Konnotationen die bloße Illusion eines ‚reinen‘, dem Gegenstand selbst entnommenen und daher vor semantischer Verfälschung gefeiten Begriffs, der gerade das, nämlich historisch eindeutig und direkt am Gegenstand haftend, jedoch nicht ist.73 Man imitiert damit letztlich, um eine Formulierung Uwe Walters aufzugreifen, einen „Purismus der Quellensprache“,74 der letztlich mehr vorgibt, als tatsächlich in ihm steckt. Die weitere Geschichte – und damit auch die erstaunliche Erfolgsgeschichte – des Terminus ‚Thalassokratie‘ kann hier nicht näher verfolgt werden. In byzantinischer Zeit findet sich von ihm keine Spur, auch wenn das übrige griechische Vokabular der ‚Seeherrschaft‘ dort, mit teils anderer Semantik freilich, überdauerte.75 Erst im späten 16. Jahrhundert wurde das Wort dann unter neuen Bedingungen wiederentdeckt, in gewissem Sinne auch überhaupt erst ‚entdeckt‘ und mit neuem Sinn versehen, als spezifisches Produkt einer ihre eigenen politischen Ambitionen mit dem legitimierenden und Autorität verleihenden Etikett ‚(griechische) Antike‘ versehenden maritim orientierten Neuzeit.76 Ohne hier auf Details eingehen zu können, sei in aller Kürze die Vermutung geäußert, dass es eine grundlegende Enthistorisierung von ‚Thalassokratie‘ war, die den griechischen Ausdruck zum neuzeitli71 72 73 74 75 76

Vgl. Jannot (1995) 778; Delattre (2002) 103. Zu dieser grundsätzlichen Thematik ausführlich und exemplarisch (am Beispiel von polis) Gawantka (1985) 35–42. S. zu dieser Problematik die generellen Überlegungen von Walter (1998) 9–10. Erhellend ist hier generell der Vergleich mit ‚Polis‘ im Gebrauch der modernen Wissenschaft, wie ihn Gawantka (1985) herausgearbeitet hat. Walter (1998) 10. Vgl. Koder (1999) 103–105. Eine von Christian Wendt und mir veranstaltete Konferenz vom Mai 2015 an der FU Berlin unter dem Titel „Thalassokratographie: Rezeption und Transformation antiker Seeherrschaft“ war den vielfältigen Wegen gewidmet, auf denen in der Neuzeit von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert hinein antike ‚Seeherrschaft‘ rezipiert und dadurch ‚allelopoietisch‘ transformiert wurde. Die im Anschluss daran geplante Publikation der Tagungsbeiträge wird einen umfassenden Einblick darin ermöglichen, wie sich eine entwickelte Idee maritimer ‚Herrschaft‘ und ‚Thalassokratie‘ erst durch den Einfluss primär neuzeitlicher Vorstellungen und Erfahrungen herausbilden konnte, und wie gleichzeitig das antike Vorbild den neuzeitlichen Diskurs über maritime ‚Herrschaft‘ beeinflusste. Bis dahin sei auf das Tagungsprogramm (https://www.topoi.org/event/29492/) verwiesen.

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chen Erfolgsmodell werden ließ und dafür erst die Voraussetzungen schuf. Die weiteren Wege des Ausdrucks sind verschlungen, doch am Ende steht eine Ubiquität, die so weit geht, dass auf der englischen Version der Internetpräsenz der taiwanesischen Marineakademie das anglisierte thalassocracy als Leitbegriff eines machtpolitischen Zukunfts- und Erfolgsmodells öfter vorkommt als das griechische θαλασσοκρατία in der gesamten antiken Überlieferung.77 Die Bedingungen und Funktionsmechanismen der Anwendung des vermeintlichen Konzeptes ‚Thalassokratie‘ sind dabei über die Jahrhunderte letztlich dieselben geblieben: Ein zwar historisch völlig unbedeutendes, jedoch semantisch schillerndes und weitreichende Assoziationen weckendes antikes Wort wird zur Unterstützung von Argumenten und Positionen herangezogen, die im Kern neuzeitlicher Provenienz sind – völkerrechtliche Debatten um die Möglichkeit staatlicher Souveränität auch auf dem Wasser, verbunden mit der Sorge um die Sicherung eigener, nationaler ökonomischer Interessen –,78 und mit dem, was in den antiken Quellen mit ähnlicher Terminologie verhandelt wird, kaum etwas gemein haben. Doch genau jene Aneignung von ‚Thalassokratie‘ durch die Neuzeit bescherte dem philologisch-historischen ‚Witz‘ Strabons einen Erfolg, wie ihn sich sein Schöpfer wohl nie hätte erträumen lassen.

77 78

http://www.cna.edu.tw/en/About.php?progId=ABO001 (24. Februar 2016). Vgl. dazu Grewe (1984) 300–322; Muldoon (2002); Bederman (2012).

DAS MEER BEI DEN ANTIKEN GEOGRAPHEN* Michael Rathmann 1. EINLEITUNG1 In den großen Kriegen der letzten 100 Jahre hat das Meer in den geostrategischen Überlegungen der Protagonisten oft eine wichtige Rolle gespielt, denken wir nur an den deutschen U-Boot-Einsatz oder die Flottenoperationen der USA im 2. Weltkrieg. Aktuell sichert beispielsweise eine multinationale Flottille unter dem Titel ATALANTA die Seewege am Horn von Afrika und im westlichen Indischen Ozean gegen Übergriffe durch Piraten. Hierbei werden Assoziationen an die Piratenbekämpfung eines Pompeius wach. Schon in der Antike wurden Kriege mit erheblichem maritimem Einsatz ausgefochten. Exemplarisch seien hier die Perserkriege mit den Seeschlachten am Kap Artemision, bei Salamis und Mykale, die Bekämpfung der kilikischen Piraten im östlichen Mittelmeer unter Pompeius, die Seeschlacht bei Actium 31 v. Chr. oder die des Crispus bei Kallipolis gegen die Flotte des Licinius 324 erwähnt. Bemerkenswert ist in diesen Zusammenhang, dass wir aus der Antike keine Hochseeschlachten kennen, die hunderte Seemeilen vor der Küste ausgetragen wurden.2 Losgelöst hiervon, haben die zahlreichen Seekriege oder -gefechte nicht nur in der Historiographie von Herodot bis Prokop Spuren hinterlassen, sondern auch in der geographischen Fachliteratur.3 Schauen wir zunächst auf die Behandlung des Themas ‚Meer‘ bei den Geschichtsschreibern und beginnen mit einer Passage aus dem ersten Buch des Thukydides: Themistokles bewog sie, auch die noch fehlenden Bollwerke des Piräus auszubauen; begonnen hatte man dort schon früher in seinem Archontat, welches er Jahr für Jahr in Athen ausübte; denn er war der Meinung, dieser Platz sei vortrefflich, da er drei natürliche Häfen hatte, und

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Für Alfred Stückelberger zum 80. Geburtstag. Nach Fertigstellung des Beitrags erschien noch: P. Janni, „The Sea of the Greeks and Romans“, in: S. Bianchetti – M. R. Cataudella – H.-J. Gehrke (Hgg.) Brill’s Companion to Ancient Geo­ graphy. The Inhabited World in Greek and Roman Tradition, Leiden – Boston 2016, 21–42. Meines Wissens sind alle Seeschlachten in der Antike in relativer Küstennähe ausgetragen worden. Dies sollte sich bis in die Neuzeit nicht ändern. Exemplarisch sei an die Seeschlacht am Kap Trafalgar (21.10.1805) erinnert. Das Novum der Hochseeschlacht bescherte der 1. Weltkrieg mit den Seegefechten auf der Doggerbank (24.1.1915) oder am Skagerrak (31.5/1.6.1916). Bereits die Ilias definiert die Streitmacht der Achaier nicht über die Hopliten, sondern im berühmten Schiffskatalog über die aus allen Landesteilen gestellten Schiffe (2,494–759). Erst aus den Besatzungen kann sich der Rezipient die Infanteriekontingente vor Troia errechnen.

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Michael Rathmann werde ihnen, da sie Seefahrer geworden seien, bei der Machtgewinnung sehr zustatten kommen. Dass man sich der See bemächtigen müsse, wagte er nämlich als Erster zu behaupten.4

Größe und Macht kann also Athen nach Ansicht des Themistokles nur erreichen, wenn es das Meer beherrscht. Noch an einer zweiten Stelle weist Thukydides explizit auf die politisch-strategische Relevanz der See hin. Das folgende Zitat stammt aus der ersten Periklesrede: Es ist nämlich etwas Großes um die Beherrschung des Meeres.5

Beide Zeugnisse erwecken den Eindruck, dass man nicht zu Unrecht vom attischen Seereich6 spricht und dass man das Meer als eigenständige Größe in den Quellen finden sollte. Ebenso sollten die zahlreichen Seekriege oder -gefechte nicht nur in der Historiographie von Herodot bis Prokop Spuren hinterlassen haben, sondern auch in der geographischen Fachliteratur. Wir Heutigen sind mit der Bedeutung des Meeres als Kriegsschauplatz, Klimaregulator, Nahrungslieferant oder Verkehrsweg bestens vertraut. Nicht zuletzt zeigt ein flüchtiger Blick auf einen Globus allein durch die Übermacht der blauen Farbe die ungeheure Wasserfläche, die natürlich heute genauestens vermessen ist. Doch dürfen wir uns davon den Blick nicht verstellen lassen und die überlieferten antiken Zeugnisse zum Themenfeld ‚Meer‘ allzu leichtfertig von unserer Warte aus begreifen. Es ist der Mühe wert, die einschlägige Materialbasis nochmals zu betrachten und eine Reihe von Fragen an sie zu stellen. Noch ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Soweit wir sehen, haben antike Literaten annähernd alle menschlichen Handlungsfelder geistig durchdrungen und diese Gedanken verschriftlicht. Dazu gehörte zweifellos das Meer. Denn es war neben den erwähnten maritimen Auseinandersetzungen in der großen Kolonisation, als Handelsstraße oder für den Fischfang von Relevanz, um nur einige Gesichtspunkte zu nennen. Daraus leitet sich die Frage ab: Inwieweit ist das Meer als eigenständige Größe in den antiken Geographika thematisiert worden? Dabei richtet sich der Blick beispielsweise auf Artemidor, Poseidonios, Strabon, Plinius, Hipparchos oder Ptolemaios. Nicht vergessen werden darf hinsichtlich der Quellenbasis, dass die Geschichtsschreibung ebenfalls geographische Themen behandelte, weshalb Auto4

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Thuk. 1,93,3–4: ἔπεισε δὲ καὶ τοῦ Πειραιῶς τὰ λοιπὰ ὁ Θεμιστοκλῆς οἰκοδομεῖν (ὑπῆρκτο δ’ αὐτοῦ πρότερον ἐπὶ τῆς ἐκείνου ἀρχῆς ἧς κατ’ ἐνιαυτὸν Ἀθηναίοις ἦρξε) νομίζων τό τε χωρίον καλὸν εἶναι, λιμένας ἔχον τρεῖς αὐτοφυεῖς, καὶ αὐτοὺς ναυτικοὺς γεγενημένους μέγα προφέρειν ἐς τὸ κτήσασθαι δύναμιν (τῆς γὰρ δὴ θαλάσσης πρῶτος ἐτόλμησεν εἰπεῖν ὡς ἀνθεκτέα ἐστί), καὶ τὴν ἀρχὴν εὐθὺς ξυγκατεσκεύαζεν. Übersetzung H. Vretska – W. Rinner. Ähnlich Thuk. 2,62,2: ἐγὼ δὲ ἀποφαίνω δύο μερῶν τῶν ἐς χρῆσιν φανερῶν, γῆς καὶ θαλάσσης, τοῦ ἑτέρου ὑμᾶς παντὸς κυριωτάτους ὄντας, ἐφ’ ὅσον τε νῦν νέμεσθε καὶ ἢν ἐπὶ πλέον βουληθῆτε· καὶ οὐκ ἔστιν ὅστις τῇ ὑπαρχούσῃ παρασκευῇ τοῦ ναυτικοῦ πλέοντας ὑμᾶς οὔτε βασιλεὺς οὔτε ἄλλο οὐδὲν ἔθνος τῶν ἐν τῷ παρόντι κωλύσει. „Von den zwei Bereichen, die dem Mensch zur Nutzung offen stehen, dem Land und dem Meer, seid ihr alleiniger Herr des einen, so weit ihr jetzt darüber verfügt, und sogar noch weiter, wenn ihr wollt; und weit und breit ist niemand, der euch, wenn ihr mit gesamter Seemacht die Meere befahrt, zur Zeit entgegentreten könnte, weder Großkönig noch irgendein anderes Volk.“ Übersetzung H. Vretska – W. Rinner. Thuk. 1,143,4: μέγα γὰρ τὸ τῆς θαλάσσης κράτος (Übersetzung G. P. Landmann). Schulz (2005a) 90–113.

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ren wie Thukydides, Herodot oder Polybios in die Untersuchung eingebunden werden müssen.7 Auf der Ebene der physikalischen Raumerfassung machten die ionischen Naturphilosophen den Anfang, die die Kontinente erstmals definierten und benannten.8 Seit Dikaiarchos von Messene und Eratosthenes von Kyrene wurde die Erde zudem mit Längen- und Breitengraden in abstrakte geodätische Räume eingeteilt und die Größe der Erdkugel mit mathematischen Finessen eruiert. Damit war die Erdkugel samt darauf befindlicher Oikumene, also der bekannten und bewohnten Welt, geographisch erfasst: Aber war auch die Größe der Meere bekannt? Neben den geographischen Werken ist hinsichtlich der See speziell seit dem Frühhellenismus das literarische Genre des Periplus zur Entfaltung gelangt.9 Der Periplus – gelegentlich auch Paraplus genannt – war die neue Ausdrucksform von Kapitänen, Steuermännern oder Schiffseignern, in der sie ihre praktischen Erfahrungen über Seewege, Häfen und andere maritime Besonderheiten sowie über lukrative Handelsplätze schriftlich niederlegten.10 Als Motor dieser Entwicklung dürfte der expandierende Seehandel, die vollständige mentale Erfassung des Mittelmeeres, weiter Teile des Atlantiks vor der Iberischen Halbinsel und vor Westafrika sowie des Nordwestens des Indischen Ozeans gewirkt haben, zudem der allgemeine Trend hin zu Schriftlichkeit im Hellenismus. In der Forschung genießen Periploi einen guten Ruf und werden parallel zu Werken eines Strabon oder Plinius als Meeresbeschreibungen aufgefasst und als Hilfsmittel der Schifffahrt verstanden.11 Zu fragen ist hier: Wie genau haben die Periploi das Meer beschrieben? Wie ist der Informationsgehalt der Periploi zu bewerten? 7

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Um Missverständnissen vorzubeugen sei darauf hingewiesen, dass eine Fülle von antiken Schiffwracks und bildlichen Darstellungen Auskünfte über das Seewesen geben – z. B. in der griechischen Vasenmalerei oder in römischen Wandgemälden –, hier jedoch nicht berücksichtig werden sollen. Zum weiten Feld der Schiffswracks vgl. Parker (1992). Seit wann Griechen Kultur- bzw. Politikräume wie Attika, Boiotien oder Ionien definierten und so benannten, ist wegen fehlender Quellen nicht zu beantworten. Mit dem Schiffskatalog in der Ilias liegt zumindest ein Anhaltspunkt vor, der auf eine Ausprägung und Benennung derartiger räumlicher Einheiten spätestens mit dem Aufkommen der Poliskultur hinweist. Unklar ist hingegen, seit wann die Benennung von Meeren üblich war. Wie das Beispiel der Ägäis zeigt (Aisch. Ag. 664; Hdt. 2,97,1), ist der Name erst überraschend spät belegt. Hier sind sicherlich weitere Forschungen erforderlich. Zum Genre Olshausen (2013). M. E. ist Pytheas von Massilia als Archeget der hellenistischen Periplus-Literatur zu betrachten. In der vorhellenistischen Zeit war die orale Wissensvermittlung entscheidend, wie die große Kolonisation zeigt. Als Beispiel hierzu kann die Besiedlung der Kyrenaika dienen (Hdt. 4,151; 4,157): Das Orakel in Delphi fungierte allem Anschein nach in dieser Phase der griechischen Geschichte als universeller Wissensspeicher auch in maritimen Fragen. Gisinger (1937) 841: „Damit [sc. mit dem Aufkommen der Periploi] trat das literarische Hilfsmittel neben die in der Nautik vorherrschende Empirie.“ In die gleiche Richtung weist Olshausen (2013) 38–39: „Periploi konnten verschiedene Zwecke erfüllen – konnten dem Rechenschaftsbericht für einen Auftraggeber die Farbe verleihen, die ein literaturbeflissenes Publikum ansprach, konnte den Großhandelskaufmann über die üblichen Handelsrouten informieren oder dem Heerführer bei der Planung eines Feldzuges helfen.“ Es ist jedoch fraglich, ob ein Periplus tatsächlich die Empirie ersetzen und dies alles leisten konnte.

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Auch in der lateinischen Geschichtsschreibung finden sich Aussagen über die Bedeutung des Meeres. Den vermutlich frühesten Beleg einer gezielten, den Raum erfassenden römischen Strategie zur See bietet Livius zum Jahr 182 v. Chr.12 Darin geht es um die Bekämpfung von Piraten, diesmal im Ligurischen und Tyrrhenischen Meer: Man ließ es auch an Aufmerksamkeit für die Vorgänge auf dem Meer nicht fehlen. Die Konsuln erhielten den Auftrag, dafür zwei Flottenbefehlshaber einzusetzen. Diese sollten 20 Schiffe zu Wasser lassen und mit römischen Bürgern, die früher Sklaven gewesen waren, als Seesoldaten bemannen, nur dass Freigeborene das Kommando über sie haben sollten. Zwischen den beiden Flottenbefehlshabern wurde der Schutz der Küste mit je 10 Schiffen so aufgeteilt, dass das Kap der Minerva sozusagen der Angelpunkt war, der eine sollte von da den rechten Teil bis Massilia, der andere den linken Teil bis Barium schützen.13

Ganz offensichtlich hat Livius oder seine Vorlage die Terminologie der Agrimensoren (cardo in medio esset) auf das Meer übertragen. Haben wir es hier mit einer geodätischen Erfassung des maritimen Raumes durch Rom zu tun? Die betreffende See wird zumindest in zwei Zonen aufgeteilt, wobei festzuhalten ist, dass hier keine Meeresnamen genannt werden. Die Einteilung orientiert sich allem Anschein nach an Küstenpunkten (Kap der Minerva = Punta Campanella, Massilia, Barium) und das Ziel des Unternehmens ist der Schutz der Küste. Wie ist also das Verhältnis von Meer und Küste in der antiken Literatur, wenn sich der Blick auf die See richtet? Besondere Berühmtheit hat die Passage aus der Pompeius-Vita des Plutarch erlangt, in der der Kampf des Pompeius gegen die kilikischen Piraten geschildert wird: Es wurden nämlich 500 Schiffe für ihn [= Pompeius] bemannt und 120000 Mann schweres Fußvolk und 5000 Reiter aufgeboten. Aus dem Senat wurden 24 Männer, die als Truppenführer und Feldherren tätig gewesen waren, von ihm ausgewählt […] Er teilte nun den ganzen Raum des Mittelmeeres mit seinen Teilen in 13 Bezirke und bestimmte für jeden eine gewisse Anzahl Schiffe unter einem besonderen Befehlshaber, so dass er mit seiner gleichzeitig überall verstreuten Macht die ganze Masse der dort befindlichen Piratenschiffe einkreiste, machte Jagd auf sie und brachte sie auf. Diejenigen, denen es gelang, sich rechtzeitig zu zerstreuen und durchzubrechen, schlüpften von allen Seiten eilends wie in einen Bienenstock nach Kilikien. Gegen sie gedachte er mit den 60 besten Schiffen vorzugehen, trat diese Fahrt aber nicht eher 12

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Was die römischen Ambitionen zur See anbelangt, so kann man wohl von einer ‚verspäteten Nation‘ sprechen. Die frühesten Quellen, hier vor allem die ersten Verträge mit Karthago, zeugen von einer gewissen Zurückhaltung, was die Nutzung des Meeres angeht (Pol. 3,22,4–13 = StV II2 121; Pol. 3,24,3–13 = StV II2 326; Pol. 3,26,1–5 = FGrH 174 F 1 = StV III 438). Im Jahre 218 v. Chr. wird die politische Elite mit der lex Claudia de nave Senatorum (Liv. 21,63,3–4) geradezu vom Meer abgeschnitten. Die Affinität des Senats für die geopolitische Größe Meer wird diese lex nicht unbedingt stimuliert haben. Vgl. Bringmann (2003); ferner Ladewig (2014) 13–22. Liv. 40,18,7–8: Nec rei navalis cura omissa. Duumviros in eam rem consules creare iussi, per quos naves viginti deductae navalibus sociis civibus Romanis, qui servitutem servissent, com­ plerentur, ingenui tantum ut iis praeessent. Inter duumviros ita divisa tuenda denis navibus maritima ora, ut promunturium iis Minervae velut cardo in medio esset; alter in dextram parte usque ad Massiliam, laevam alter usque ad Barium tueretur. Übersetzung H. J. Hillen. Wie aus Liv. 40,42,1 zu schließen ist, wurde vor allem in der Adria bis ins Jahr 180 gegen die illyrischen Piraten gekämpft.

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an, als er das Tyrrhenische, das Afrikanische und die Meere um Sardinien, Korsika und Sizilien gänzlich von den dort kreuzenden Seeräubern gesäubert hatte, und zwar nicht mehr als insgesamt 40 Tage, wobei er sich selbst nicht schonte und die Soldaten unermüdlichen Eifer bewiesen.14

Diese Textstelle vermittelt den Eindruck, dass Pompeius mit einer gewissen Selbstverständlichkeit das Mittelmeer unterteilt habe. Die bereits angesprochene mentale Erfassung des Seeraumes im Hellenismus hat also auch das Raumwissen der römischen Eliten erweitert. Existierte eine Vorstellung vom Meer als geographischer Größe? Raimund Schulz, der sich ausführlich mit dem Themenkomplex ‚Meer‘15 auseinandergesetzt hat, bemerkt zur Piratenbekämpfung des Pompeius: […] nun verlängerte Pompeius territoriale Einteilungslinien von der Küste auf und über das Meer und schuf dadurch zumindest ansatzweise ein zweidimensionales, das heißt maritime Flächen umgrenzendes Raster, das das gesamte Mittelmeer umfasste. Die Ausführungen dieses Planes ging zweifellos auf M. Terentius Varro zurück, der mit hellenistischer Geographie und römischer Feldmesskunst wohl gleichermaßen vertraut war und u. a. eine Küstenbeschreibung des Mittelmeeres sowie ein dem Pompeius gewidmetes Segelhandbuch verfasste.16 14

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Plut. Pompeius 26,2–4: πεντακόσιαι μὲν γὰρ αὐτῷ νῆες ἐπληρώθησαν, ὁπλιτῶν δὲ μυριάδες δώδεκα καὶ πεντακισχίλιοι ἱππεῖς ἠθροίσθησαν. ἡγεμονικοὶ δὲ καὶ στρατηγικοὶ κατελέγησαν ἀπὸ βουλῆς ἄνδρες εἰκοσιτέσσαρες ὑπ’ αὐτοῦ … διελὼν τὰ πελάγη καὶ τὸ διάστημα τῆς ἐντὸς θαλάσσης εἰς μέρη τρισκαίδεκα, καὶ νεῶν ἀριθμὸν ἐφ’ ἑκάστῳ καὶ ἄρχοντα τάξας, ἅμα πανταχοῦ τῇ δυνάμει σκεδασθείσῃ τὰ μὲν ἐμπίπτοντα τῶν πειρατικῶν ἀθρόα περιλαμβάνων εὐθὺς ἐξεθηρᾶτο καὶ κατῆγεν· οἱ δὲ φθάσαντες διαλυθῆναι καὶ διεκπεσόντες ὥσπερ εἰς σμῆνος ἐδύοντο πανταχόθεν καταφερόμενοι τὴν Κιλικίαν, ἐφ’ οὓς αὐτὸς ἐστέλλετο ναῦς ἔχων ἑξήκοντα τὰς ἀρίστας. οὐ μὴν πρότερον ἐπ’ ἐκείνους ἐξέπλευσεν ἢ παντάπασι καθῆραι τῶν αὐτόθι λῃστηρίων τὸ Τυρρηνικὸν πέλαγος, τὸ Λιβυκόν, τὸ περὶ Σαρδόνα καὶ Κύρνον καὶ Σικελίαν, ἡμέραις τεσσαράκοντα ταῖς πάσαις, αὑτῷ τε χρώμενος ἀτρύτῳ καὶ τοῖς στρατηγοῖς προθύμοις. Übersetzung K. Ziegler. Interessant ist, dass Plutarch oder seine Vorlage für das westliche Mittelmeer die einzelnen Teilgewässer nennt – ein selten anzutreffendes Phänomen. Die Forschung hat sich intensiv mit der antiken Schifffahrt beschäftigt. Ein Schwerpunkt ist die Archäologie (Hafenanlagen, Schiffsbau, Wrackfunde, Rekonstruktion von Schiffen usw.). Auch wirtschaftsgeschichtliche Aspekte (Handelswege, Ladekapazität usw.) erfreuen sich in unserer ökonomisch orientierten Gegenwart starken Interesses. Gerade das Mittelmeer wird in Geschichtskarten (vgl. DNP Suppl. III, Historischer Atlas, 203) unter sozusagen neuzeitlichen Vorgaben als problemlos zu befahrendes Gewässer präsentiert, besonders hinsichtlich der Überseeschifffahrt. Interessant ist, dass das Meer selbst nirgends als eigenständiger Faktor diskutiert wird, auch wenn dies im Titel angekündigt wird (vgl. Parker 2001; Kowalski 2012). Lediglich die Arbeiten von R. Schulz stellen hier eine Ausnahme dar. Ansonsten ist die See durchgängig die Folie für andere Themenkomplexe, meist klassische Politik- oder Militärgeschichte. Jüngstes Beispiel hierfür ist die Dissertation von Ladewig (2014), die eher eine weitschweifige Geschichte der späten Republik ist. Schulz (2005a) 180. Hinter seiner These, Varro habe Pompeius eine Anleitung für die Schifffahrt geschrieben, steckt offensichtlich der Versuch, den Universalgelehrten als einen Vermittler der griechischen Geographiekenntnisse zu entwerfen, um entsprechendes Wissen als in Rom bekannt vorauszusetzen. Dies hält jedoch einer Überprüfung nicht stand. Aus den Quellen lässt sich lediglich herauslesen, dass Varro Flottenkommandant im Piratenkrieg des Pompeius war; Varr. rust. 2 praef. 6: Tum cum piratico bello inter Delum et Siciliam Graeciae classibus praeessem. Vgl. Plin. nat. 3,101; 7,115; 16,7 (von Pompeius aufgrund seinen Tapferkeit ausgezeichnet); Flor. 1,41,9. Sallmann (1971) 163–164 Anm. 103.

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Schulz geht also ganz selbstverständlich davon aus, dass in der griechisch-römischen Historiographie das Meer als geographische Größe erscheint. Oder spitzer formuliert: Offenbar ist Schulz dem oft anzutreffenden Irrtum aufgesessen, modernes Vorwissen auf antike Verhältnisse zu übertragen. Dies gibt mir den Anlass zu untersuchen, ob und wie die antiken Geographen die See thematisiert haben und welche Antworten sich auf die oben gestellten Fragen ableiten lassen.17 Damit ist mein Thema in seinen zentralen Zügen umrissen: Das Meer als geographische Größe in den antiken Geographika und der thematisch angrenzenden Historiographie. Über die bloße Erwähnung von maritimen Flächen hinaus geht es um folgende Gesichtspunkte: Entfernungsangaben; Namen für bestimmte Regionen eines Meeres; Brauchbarkeit von Häfen oder Landungsplätzen; Strömungsverhältnisse, Untiefen, Klippen; Möglichkeiten der Trinkwasserversorgung oder Proviantierung; gleichmäßige Winde, Windrichtungen; schließlich Piraten und sonstige Gefahren von Menschenhand. Die folgende Untersuchung wird an ausgewählten Textstellen zu zeigen versuchen, dass entgegen der in der Fachliteratur anzutreffenden und von den eingangs zitierten Quellen scheinbar belegten Ansicht das Meer bei den antiken Geographen fast keine oder bestenfalls eine marginale Rolle spielt.18 Das heißt, dass für die Vorstellung von einer die Hochsee befahrenden und das Meer als geographische Größe beherrschenden Antike trotz aller Behauptungen keine aussagekräftigen literarischen Quellenzeugnisse beizubringen sind. Es lässt sich vielmehr plausibel machen, wie scheinbar fremd das offene Meer den antiken Menschen war, wie wenig sich selbst Seefahrer offenbar damit schriftlich auseinandergesetzt haben und wie spärliche Informationen zu den oben genannten Suchparametern in den Geographika zu finden sind. Anhand von sechs Rubriken wird untersucht werden, was die Antike nach Aussage der überlieferten literarischen Zeugnisse über das Meer wusste oder, genauer gesagt, welche Informationen verschriftlicht wurden. Dabei wird sich nachweisen lassen, dass bei allen Beschäftigungen mit maritimen Details der Fokus der Quellen unmissverständlich auf das Land gerichtet ist.

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Widersprechen möchte ich Schulz zugleich, da er die geographische Einteilung von maritimen Räumen erst den Römern zuschreibt. Grundsätzlich müssen bereits die Griechen das Meer als strukturierbare Einheit aufgefasst haben. Exemplarisch sei auf die bereits angeführten Thukydides-Zitate oder auf den Delisch-Attischen Seebund mit den Abgabenbezirken für die Bündner verwiesen. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass bei der Vielzahl konsultierter Quellen nicht für jede Aussage ein vollständiges Register aller Quellenbelege erwartet werden kann. Oft kann schon aus Platzgründen nur auf eine Auswahl verwiesen werden. Zur Quellenbasis Kowalski (2012) 13–54.

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2. GRUNDSÄTZLICHE AUSSAGEN ZUM MEER19 Das Meer hat die vom dem Balkan eingewanderten Griechen schon früh fasziniert. Offenkundig, wie uns Ilias und Odyssee zeigen, wurde die See als lohnenswerte Herausforderung betrachtet, als Lebensgrundlage oder als Verkehrsweg, der auch neue Räume erschließen hilft. Diese Perspektive hat sich über die Jahrhunderte gehalten. So berichtet beispielsweise Plutarch über Alexander den Großen, als dieser den östlichen Ozean erreicht hatte: Hierauf nahm Alexander sich vor, noch das äußere Meer kennenzulernen.20

Der hier gemeinte Indische Ozean wird als abstrakte unbekannte Größe präsentiert, als Metapher für all das, was der Makedonenkönig im Osten noch zu entdecken hat. Diese Auffassung, wonach die offene See eine fremde, zu ergründende Größe ist, findet sich in zahllosen antiken Quellen. Dabei schwingt auf einer Subtextebene oft die Vorstellung mit, dass das, was unbekannt oder noch zu erforschen ist, mit Gefahren verbunden oder bedrohlich sein kann. Homerischen Heroen oder eben Alexander gelingt es, diese zu überwinden. Das Risikopotential des offenen Meeres und die Chance, sich auf diesem Feld zu beweisen, kommt auch in folgender Cicerostelle zum Ausdruck: Das endlose Meer, dessen Brausen nicht nur die Küstenstraßen, sondern sogar schon Städte und Militärstraßen bedrohte, wird infolge der Glanzleistung des Cn. Pompeius vom Römischen Volke schon längst vom Ozean bis in den äußersten Winkel des Pontus wie ein einziger, geschlossener Hafen beherrscht.21 19

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Zwei Punkte sollen in diesem Abschnitt bewusst ausgelassen werden: Der erste lässt sich wohl am besten mit ‚theoriebezogene Meeresmodelle‘ umschreiben. Exemplarisch sei hier auf das Oikumene-Modell des Eratosthenes mit seinen vier großen, vom äußeren Ozean gebildeten Meerbusen: Kaspisches, Persisches, Arabisches und Mittelmeer (Strab. 10,1,7 C 492) verwiesen. Obwohl die ältesten ionischen Kartenmodelle, die die Oikumene noch ganz im Geist der Geometrie symmetrisch darstellten, spätestens durch Dikaiarchos und Eratosthenes strukturell überwunden waren, hat sich der Kerngedanke einer für die Kartographie/Geographie relevanten ‚Harmonie‘ der Landmassen die ganze Antike hindurch gehalten. Bei Eratosthenes artikuliert sich diese Vorstellung in eben jenen vier Meerbusen des Okeanos. Letztlich bildet diese auch die Basis für die mittelalterlichen TP-Karten. Ein zweiter Punkt passt ebenso wenig in diese Untersuchung; hierzu zunächst Strab. 16,3,5 C 766: Ἀπὸ δὲ τῆς Καρμανίας εἰρήκασι καὶ Νέαρχος [FGrH 133 F 27] καὶ Ὀρθαγόρας [FGrH 713 F 5] νῆσον Ὤγυριν κεῖσθαι πρὸς νότον πελαγίαν ἐν δισχιλίοις σταδίοις, ἐν ᾗ τάφος Ἐρύθρα δείκνυται, χῶμα μέγα ἀγρίοις φοίνιξι κατάφυτον. „Von Karmanien aus, so berichten sowohl Nearchos als Orthagoras, liege 2000 Stadien südwärts im offenen Meer die Insel Tyrine, auf der man das Grab des Erythras zeigt, einen großen, mit wilden Dattelpalmen bepflanzten aufgeworfenen Hügel.“ Übersetzung S. Radt. Zwar hat der Indische Ozean die Antike fasziniert und ist in zahlreichen Geographika thematisiert worden. Er ist aber eben auch Schauplatz zahlreicher Utopien, wie Strabon (s. o.) oder Diodor (5,41–42) zeigen. Die oftmals objektiv anmutenden Angaben (Inselnamen, Distanzangaben usw.) gehören einfach zum Genre und sollen dem phantastischen Text eine authentische Note verleihen. Plut. Alexander 63,1: Ἐντεῦθεν ὁρμήσας Ἀλέξανδρος τὴν ἔξω θάλασσαν ἐπιδεῖν. Übersetzung K. Ziegler. Cic. prov. 31: Iam diu mare videmus illud immensum, cuius fervore non solum maritimi cursus sed urbes etiam et viae militares iam tenebantur, virtute Cn. Pompei sic a populo Romano ab

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Wir bekommen Pompeius als sotēr präsentiert, der das unbegrenzte, gefährliche und sogar die Küsten bedrohende Meer auf eine begrenzte, kalkulierbare Größe herunterbricht. Pompeius nutzt sein außerordentliches Imperium zum Wohle der res publica und lässt laut Cicero das Mittelmeer von Gibraltar bis zur Krim als ruhiges, überschaubares Hafenbecken erscheinen. Er macht den unbekannten zu einem bekannten Raum. Betrachtet man beide Quellen gemeinsam, so ist das Meer groß, fremd und bisweilen bedrohlich, kann aber von mächtigen Persönlichkeiten oder Großreichen gebändigt werden. Mit anderen Worten: Die Größe eines Alexander, Pompeius oder des Imperium Romanum zeigt sich gerade darin, dass sie die offene See erkunden, Gefahren überwinden und das bisweilen raue Meer beherrschen können. Dieses Bild, dass der maritime Raum ein erforschbarer und durchdringbarer sein kann, zeigt sich auch in weiteren Stellen. In all diesen Fällen geht es bestenfalls vordergründig um die geographische Einheit Meer. Die Beherrschung der offenen See ist vielmehr eine Metapher im politischen Leistungskanon. Als Materialbasis für unsere Fragestellung sind Texte dieser Art folglich nicht zu verwenden. Eine für die Zielsetzung dieses Beitrags brauchbare Notiz findet sich hingegen bei Klaudios Ptolemaios, womit wir zugleich bei den Fachschriftstellern angelangt wären. In den Beschreibungen seiner Weltkarten22 werden einige Meere nicht nur als eigenständige Größen vorgestellt, sondern auch benannt (7,5,2 ff.) und teilweise quantifiziert: Desgleichen ist von den genannten Meeren, die von Land umgeben sind, das Indische Meer das größte, das Mittelmeer das zweitgrößte, das Hyrkanische bzw. Kaspische Meer das drittgrößte.23

Explizit betont Ptolemaios die Größenunterschiede der Meere. Dieser Umgang mit maritimen Größen ist keineswegs verwunderlich, da alle Gewässer in den überlieferten Ptolemaios-Karten, anders als bei der noch zu behandelnden Tabula Peutin­ geriana, kartographisch korrekt, das heißt als vollständig visualisierte Fläche geboten werden. Als Beispiel sei hier auf die wunderschöne Weltkarte im Codex Seragliensis (fol. 73v/74r, um 1300) verwiesen, auf der die Meere nicht nur vollflächig dargestellt, sondern auch mit Namen versehen sind.24 Ptolemaios kann als Vertreter

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Oceano usque ad ultimum Pontum tamquam unum aliquem portum tutum et clausum teneri. Übersetzung H. Kasten. Bei Cass. Dio 37,21,2 wird der Sieg des Pompeius als ein Sieg über die „gesamte bekannte Welt“ beschrieben; hier stehen also erneut die Landmassen und nicht das Meer im Mittelpunkt der Betrachtung. Ptol. 7,5 (einfache und modifizierte Kegelprojektion). Ptol. 7,5,9: Ὁμοίως δὲ καὶ τῶν εἰρημένων ἐμπεριέχεσθαι τῇ γῇ θαλασσῶν, πρώτη μέν ἐστι μεγέθει πάλιν ἡ κατὰ τὸ Ἰνδικὸν πέλαγος, δευτέρα δὲ ἡ καθ’ ἡμᾶς, τρίτη δὲ ἡ Ὑρκανία ἡ καὶ Κασπία. Übersetzung A. Stückelberger. Ptolemaios war der Überzeugung, dass der Indische Ozean ein Binnenmeer sei (7,5,4), und widersprach so der geläufigen antiken Ansicht (Aristot. cael. 2,14 p. 298a9 ff.; Poseidonios FGrH 87 F 28 = fr. 49 Edelstein–Kidd = Strab. 2,3,6 C 102; Strab. 1,4,6 C 64; Sen. nat. 1 praef. 13), dass Indien mit dem Schiff von Iberien aus erreichbar sei. Eine sehr gute Abbildung findet sich in Stückelberger (1994) Tf. 11. – Die mittelalterlichen Kopien der Ptolemaioskarten in diversen Handschriften gehen sicher auf spätantike Kopien, mit großer Wahrscheinlichkeit sogar auf Ptolemaios selbst zurück; hierzu Mittenhuber (2009).

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der mathematisch-physikalischen Kartographie nicht umhin, in seiner maßstäblichen Oikumene-Karte in modifizierter Kegelprojektion ausreichend große Meeresflächen einzuzeichnen.25 Doch trügt dieses Bild, wenn man sich den gesamten Ptolemaiostext anschaut, der ja ein reiner Ortskatalog samt Längen- und Breitenangaben ist. Im Grunde ist nur das Festland bekannt und wird als weitgehend bekannt thematisiert. Im folgenden Kapitel wird auch ein Zitat zum Indischen Ozean (Ptol. 1,13,1) dieses nochmals aufgreifen. Die offene See ist in letzter Konsequenz mare incognitum, die blau eingetragene Meeresfläche nur der Füllraum zwischen den Landmassen. Zum Gesichtspunkt der allgemeinen Wahrnehmung des Meeres gehört auch die Benennung. Zwar kennen wir für alle möglichen Teile des heute Mittelmeer genannten Areals antike Bezeichnungen, jedoch hat weder die vollständige mentale Erfassung dieses Raumes im Hellenismus noch die vollständige politische in der ausgehenden Republik zu einem Gesamtnamen geführt. Für die mentale Erfassung kann auf Aristoteles verwiesen werden, der ein ‚inneres Meer‘ als eigene Größe kennt.26 Bei genauer Betrachtung der Stelle wird jedoch deutlich, dass es hier primär um die Abtrennung dieses ‚inneren‘ Meeres von dem großen, die Oikumene umströmenden Okeanos geht. Auf der angesprochenen zweiten, politischen Ebene hilft uns Plinius. Er spricht vom mare internum oder mare nostrum und macht so die Sicht der Römer auf das von ihnen beherrschte Meer klar.27 Das heißt, dass das Mittelmeer als Ganzes vor allem eine politische Größe ist, bestimmt durch das von Rom beherrschte, es umgebende Land. Erst in diesem Zusammenhang erhält es auch einen Namen. Der uns heute geläufige Namen Mittelmeer (mare mediterraneum), um dies noch zu erwähnen, ist erst bei Solinus und Isidor von Sevilla belegt, also nicht vor der Mitte des 4. Jahrhunderts.28 Anders verhält es sich mit dem Atlantik und Indischen Ozean. Ein Gesamtbild, vergleichbar den Aussagen zum Mittelmeer, findet man in der antiken Literatur nicht. Die wenigen Andeutungen erzeugen von diesen beiden maritimen Räumen ein unklares Bild. Der Atlantik ist dabei vor allem das Meer jenseits von Gibraltar, das sich im Westen und Norden verliert und somit bei den Geographen keine eigene geographische Größe darstellte.29 Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Meer jenseits der Mittelmeeroikumene, dem Indischen Ozean. Ihm wurde speziell wegen des wirtschaftlich höchst interessanten Indiens von den Geographen deutlich mehr 25 26 27 28

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Zur Wirkung dieser Karten vgl. Cassiod. inst. var. 1,25,2. Aristot. meteor. 354a11: „das ganze Meer innerhalb der Säulen“. Plin. nat. 2,173; 3,4; 5,18; 12,107. Vgl. Strab. 1,2,29 C 35: „dem Meer bei uns“ (= das Meer ‚bei‘ Kleinasien). Solin. 23,13; Isid. orig. 13,16. Dieser Umstand ist insofern überraschend, als die Antike bereits in der griechischen Archaik die Oikumene in Kontinente einteilte und benannte, also geographische Großeinheiten generierte, bei den Wasserflächen hingegen eine vergleichbare Entwicklung ausblieb. Bezeichnend ist, dass wir nach den Expeditionen der Karthager Hanno und Hamilko sowie des Massilioten Pytheas von keiner weiteren Erkundungsfahrt in den Atlantik erfahren. Vgl. zum Nordmeer Tac. Agr. 10,4–6; Germ. 45,1; Plin. nat. 2,217 = Pytheas fr. 7c Bianchetti; Plin. nat. 4,102–104; Strab. 1,4,2 C 63 = Pytheas fr. 8a Bianchetti.

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Aufmerksamkeit entgegengebracht.30 Wie die weiteren Ausführungen noch zeigen werden, wurde aber auch hier primär der relevante Nordwesten des Indischen Ozeans näher in den Blick genommen.31 3. ENTFERNUNGSANGABEN UND STRECKENMESSUNGEN ÜBER OFFENE SEE Bei den Geographen spielt das Meer unter vermessungstechnischen Aspekten durchaus eine Rolle. Der folgende Abschnitt untersucht nun Quellen aus diesem Themensegment, wobei die angegebenen Distanzen über See in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen erscheinen. Die erste Abteilung bietet Passagen mit Entfernungsangaben im Kontext von Überlegungen zum Erdumfang oder zur Ausdehnung der Oikumene. Dabei verweist das Textumfeld die Entfernungsangaben auf eine eher theoretisch-philosophisch anmutende Ebene. So erfahren wir durch Strabon aus dem verlorenen Werk des Poseidonios: Und er [= Poseidonios] nimmt an, dass die Länge der bewohnten Welt, die etwa siebzigtausend Stadien [≈ 12950 km] beträgt, die Hälfte des ganzen Kreises ist, auf dem sie genommen ist, ‚so dass man‘, sagt er, ‚vom Westen mit Ostwind segelnd nach ebenso vielen Tausenden nach Indien gelangen würde.‘32

Poseidonios ist nicht der einzige Autor, der sich Gedanken um den Okeanos auf der ‚Rückseite‘ der Erde macht. Dass solche Aussagen zur Distanz zwischen Iberien und Indien – man beachte auch die gerundete Zahl von 70000 Stadien – nicht auf einer geodätischen Messung beruhen, kann man einem äquivalenten Zeugnis bei Seneca entnehmen: Wie klein ist doch der Raum zwischen den Küsten Spaniens und den Indern! Nur wenige Tagesreisen weit, wenn der richtige Wind das Schiff treibt.33 30

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Auch der Indische Ozean wird – bis auf Ptolemaios – in den Quellen nicht als feste Größe präsentiert. Dies ist naheliegend, da seine Enden in der Antike unbekannt waren. Nähere Angaben werden lediglich zu Teilgewässern geboten, die zumeist auch benannt werden; vgl. Strab. 16,3,2 C 765: „das Meer bei den Persern“. Zweifellos war der Indienhandel Motor des geographischen Interesses am Roten Meer, den Gewässern rund um die Arabische Halbinsel und der Strecke bis zum indischen Subkontinent. Wie diffus das Bild des Indischen Ozeans jenseits der interessanten Seeroute war, zeigt exemplarisch Plin. nat. 6,52: Adicit idem Pompei ductu exploratum, in Bactros septem diebus es India perveniri ad Bactrum flumen quod in Oxum influat, et ex eo per Caspium in Cyrum sub­ vectos, et V non amplius dierum terreno itinere ad Phasim in Pontum Indicas posse devehi merces. „Letzterer [= M. Varro] fügte noch hinzu, man habe bei jenem Feldzug des Pompeius [sc. gegen Mithridates] entdeckt, dass man zu den Baktrern aus Indien in 7 Tagen zum Baktrosfluss gelange, der in den Oxos einfließe. Aus diesem könne man durch das Kaspische Meer in den Kyros gelangen und von da binnen höchstens 5 Tagen auf dem Landweg zum Phasis in den Pontos indische Waren bringen.“ Übersetzung K. Brodersen. Strab. 2,3,6 C 102 = FGrH 87 F 28 = fr. 49 Edelstein–Kidd. Sen. nat. 1 praef. 13: Quantum est enim, quod ab ultimis litoribus Hispaniae usque ad Indos? Paucissimorum dierum spatium, si navem suus ferat ventus. Übersetzung O. u. E. Schönberger. Diese Stelle hat (mit anderen zusammen) für Kolumbus eine entscheidende Bedeutung gehabt.

Das Meer bei den antiken Geographen

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Wie wir durch Strabon wissen, war Eratosthenes bei der Berechnung des Erdumfangs zu einem gänzlich anderen Ergebnis gelangt und hatte, anders als Poseidonios oder Ptolemaios, seine Überlegungen zur Verteilung von Landmassen (= Oikumene) und Okeanos (= ‚Rückseite‘ der Erde) vor allem nicht mit einer unsinnigen 50:50-Quote präjudiziert.34 Interessant an der Seneca- und Poseidoniosstelle ist besonders, dass das Meer ‚jenseits der Säulen‘, wie Aristoteles sagte, schlicht als riesiges Meer bis Indien erscheint – keine Insel, keine weitere Angabe, einfach nur Wasser. Wir haben somit wie bei Poseidonios letztlich nur Füllraum zwischen den Landmassen, denen das eigentliche Interesse gilt. Ferner ist bemerkenswert, dass die alte ionische Vorstellung aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert von einer gewissen in der Geographie zugrundeliegenden Symmetrie trotz allen wissenschaftlichen Fortschritts immer weiterlebte. Da die Ausdehnung des unbekannten Okeanos von Iberien bis Indien und der bekannten Oikumene nach Poseidonios jeweils 70000 Stadien betragen habe, stellt sich die Frage, wie lang und breit das Meer innerhalb der Oikumene laut den antiken Geographika eigentlich war. Plinius bemerkt in diesem Zusammenhang, unter anderem mit Berufung auf Artemidor, Folgendes: Der von uns bewohnte Teil der Erde, von dem ich jetzt spreche und der, wie gesagt, auf dem ihn umfließenden Ozean gleichsam schwimmt, hat seine größte Ausdehnung von Ost nach West, das heißt von Indien bis zu den Säulen des Herakles, die diesem zu Gades geweiht sind. Diese Entfernung beträgt nach Artemidoros [fr. 1 Stiehle] 8578 Meilen, nach Isidoros [FGrH 781 F 6] aber 9818 Meilen […] Die gesamte Entfernung vom östlichen Meere an (sc. bis Gades) beträgt somit 8578 Meilen. Ein anderer Weg, der sicherer ist und größtenteils zu Lande möglich, ergibt folgende Entfernungen: Vom Ganges bis zum Euphrat 5169 Meilen, […] von Ephesos durch das Ägäische Meer bis Delos 200 Meilen, bis zum Isthmos 212,5 Meilen […]. Durch Gallien bis Illiberis [= Elne] an den Pyrenäen 468 Meilen, bis zum Ozean und zur Küste Spaniens 831 Meilen, mit der Überfahrt nach Gades 7,5 Meilen […]35

Der Texte stehen exemplarisch für das, was sich generell in der antiken Fachliteratur finden lässt: Wenn Entfernungen genannt werden, dann sind es meist solche über Land. Nur selten werden echte Wasserstrecken angeführt. Wenn aber derartige Abstände Erwähnung finden, dann sind es zumeist Entfernungsangaben vom Festland zu nächsten vorgelagerten Insel – so auch oben im Zitat „Ephesos durch das

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Er ist in der Schrift Imago mundi des Petrus Alliacus, die er sorgfältig studiert und mit zahlreichen Randnotizen versehen hat, auf folgende Stelle gestoßen: „Insuper Seneca libro quinto [falsch statt primo] naturalium dicit: ‚mare est navigabile in paucis diebus, si ventus sit conve­ niens‘ [ed. princ. p. 13]“. Zum Kontext Stückelberger (1987) 331–340. Strab. 1,4,6 C 64. Plin. nat. 2,242–244: Pars nostra terrarum, de qua memoro, ambienti, ut dictum est, Oceano velut innatans longissime ab ortu ad occasum patet, hoc est ab India ad Herculis columnas Gadibus sacratas ǀLXXXV ǀ ∙ ǀLXXVIII ǀ p., ut Artemidoro auctori placet, ut vero Isidoro, ǀXCVIII ǀ ∙ ǀXVIII ǀ … quae mensura universa ab Eoo mari efficit ǀLXXXV ǀ ∙ LXXVII . alia via, quae certior itinere terreno maxime potest, a Gange ad Euphraten amnem ǀLI ǀ ∙ LXIX , … ab Epheso per Aegaeum pelagus Delum CC, Isthmum CCXII ∙ D, … per Galliam ad Pyrenaeos montes Illiberim CCCCLXVIII , ad Oceanum et Hispaniae oram DCCCXXXI traiectu Gadis VII ∙ D. Übersetzung G. Winkler – R. König.

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Ägäische Meer bis Delos“.36 Gerade dieser Umstand, dass Distanzangaben über Wasser bei den historiographischen wie fachwissenschaftlichen Autoren fast vollständig fehlen, verwundert schon. Derartiges würde man doch bei Geschichtsschreibern oder speziell bei Militärschriftstellern erwarten, beispielsweise im Zuge von Aufmarschrouten diverser Flottenverbände oder Distanzen vom Ausgangshafen zum Ort der Seeschlacht. Vor allem aber würden wir solche Daten bei den Fachautoren wie Eratosthenes oder Ptolemaios vermuten. Denn gerade hier geht die Forschung davon aus, dass sie für ihre Erd- und Oikumenemodelle, geodätischen Berechnungen, Ortskataloge usw. auf die Distanzangaben von Überseerouten angewiesen waren und daher Seeleute entsprechend befragten oder Periploi daraufhin konsultierten. Aber nichts von all dem ist in den Quellen zu finden. Somit ist an die zweite Quellengruppe die Frage zu stellen, wie denn nun die wenigen uns bekannten Distanzen über das offene Meer eruiert wurden. Strabon bietet einen einschlägigen Text, in dem es sich um die Frage dreht, wie lang das Diaphragma37 eigentlich ist: So sagt er [= Polybios] jedenfalls anlässlich von Dikaiarchos’ [= fr. 124 Keyser] Angaben, vom Peloponnes zu den Säulen seien es 10000 (Stadien), bis zum inneren Winkel der Adria mehr als dies, und von der Entfernung zu den Säulen messe das Stück bis zum Sund [= Straße von Messina] 3000, so dass für den Rest vom Sund bis zu den Säulen 7000 übrig blieben: die 3000 lasse er durchgehen, gleichviel ob sie richtig angesetzt seien oder nicht, die 7000 aber in keiner Weise, weder wenn man die Küste noch wenn man die Strecke mitten durchs Meer messe. Denn die Küste sei am ehesten einem stumpfen Winkel ähnlich, der auf dem Sund und den Säulen steht und als Spitze Narbo hat, so dass ein Dreieck gebildet wird mit als Grundlinie der durch das Meer gezogenen Geraden und als Seiten den Schenkeln die besagten Winkel bilden und von denen der vom Sund bis Narbo über 11200, der andere etwas weniger als 8000 misst. Nun sei man sich allgemein darüber einig, dass die größte Entfernung von Europa nach Libyen durch das Tyrrhenische Meer nicht mehr als 3000 Stadien betrage und durch das Sardonische kürzer sei; ‚doch soll‘ sagt er, ‚auch diese Entfernung auf 3000 angesetzt und unter diesen Voraussetzungen auch noch angenommen werden, dass die Tiefe der Bucht bei Narbo, als eine von der Spitze auf die Grundlinie des stumpfwinkligen Dreiecks gefällte Senkrechte, 2000 Stadien beträgt. Die Schulknabenmessung‘, sagt er, ‚zeigt also, dass die gesamte Küste vom Sund zu den Säulen die durch das Meer gezogene Gerade um annähernd 5000 Stadien übertrifft. Und

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So bietet Plin. nat. 4,60 eine Entfernung von beachtlichen 125 mp über See zwischen Kreta und der nordafrikanischen Küste. Jedoch dient diese Angabe nur zur wechselseitigen Verortung von Landmassen; um das Meer als eigenständigen Faktor geht es dabei nicht. Auch der Hintergrund ist ziemlich klar: Plinius will seinen Lesern die Distanz zwischen den beiden Bestandteilen der etwas ungewöhnlichen Doppelprovinz Kreta und Kyrenaika bieten. Hierzu Arnaud (2005) 187 Nr. 56. Wie das Beispiel der Südägäis zeigt, kann ein Teilmeer über die Summe an Distanzangaben zwischen den darin liegenden Inseln auch in seiner Länge und Breite erfasst werden. So liefert uns Strab. 2,5,21 C 124 gegen die sonstige Gewohnheit antiker Quellen für die Ägäis Länge und Breite. Das Diaphragma geht wohl auf Dikaiarchos zurück und stellt als geographische Trennungslinie den gedanklichen Vorläufer des heutigen Äquators dar. Vgl. Aristot. meteor. 2,362b21; zum Diaphragma Aujac (1987) 152 mit Abb. 9.2; Berger (1903) 418.

Das Meer bei den antiken Geographen

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zählt man die 3000 vom Peloponnes zum Sund hinzu, dann wird die gesamte Stadienzahl alleine schon in gerader Linie mehr als das Doppelte dessen sein, was Dikaiarchos angibt […]‘38

Mit der von Polybios Schulknabenmessung genannten Rechnung ist der Satz des Pythagoras gemeint. Als Zeichnung stellt sich die Berechnung wie folgt dar:

Abb. 1: Schulknabenmessung nach Polybios 34,6,1–10. Zeichnung: Michael Herchenbach.

Betrachtet man nun den Passus samt der dort vorgestellten Mathematik, dann werden die Distanzangaben von Gibraltar bis Messina nicht über Wasser gemessen, sondern durch Triangulation errechnet.39 Eine Messung des Abstands zwischen beiden Hafenstädten hätte nach der in der Antike gängigen Methode darin bestanden, ein Schiff diese Strecke mehrmals fahren zu lassen, um dann aus der gemittelten Fahrtzeit eine Entfernung in Stadien zu generieren. Die Grundlage dieser Kalkulation wäre entsprechend nautischen Erfahrungswerten die Normstrecke des Schiffes pro Stunde gewesen.40 Zeit wäre also in Entfernung umgewandelt worden.41 Aber genau das wird hier von Polybios via Strabon nicht präsentiert. Vielmehr hat er zunächst Distanzen über Land oder küstennaher Strecken zwischen bekannten Or38

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Strab. 2,4,2 C 105 = Polyb. 34,6,1–10: τοῦ γοῦν Δικαιάρχου μυρίους μὲν εἰπόντος τοὺς ἐπὶ στήλας ἀπὸ τῆς Πελοποννήσου σταδίους, πλείους δὲ τούτων τοὺς ἐπὶ τὸν Ἀδρίαν μέχρι τοῦ μυχοῦ, τοῦ δ’ ἐπὶ στήλας τὸ μέχρι τοῦ πορθμοῦ τρισχιλίους ἀποδόντος, ὡς γίνεσθαι τὸ λοιπὸν ἑπτακισχιλίους τὸ ἀπὸ πορθμοῦ μέχρι στηλῶν· τοὺς μὲν τρισχιλίους ἐᾶν φησιν εἴτ’ εὖ λαμβάνονται εἴτε μή, τοὺς δ’ ἑπτακισχιλίους οὐδετέρως, οὔτε τὴν παραλίαν ἐκμετροῦντι οὔτε τὴν διὰ μέσου τοῦ πελάγους. τὴν μὲν γὰρ παραλίαν ἐοικέναι μάλιστ’ ἀμβλείᾳ γωνίᾳ, βεβηκυίᾳ ἐπί τε τοῦ πορθμοῦ καὶ τῶν στηλῶν, κορυφὴν δ’ ἐχούσῃ Νάρβωνα, ὥστε συνίστασθαι τρίγωνον βάσιν ἔχον τὴν διὰ τοῦ πελάγους εὐθεῖαν, πλευρὰς δὲ τὰς τὴν γωνίαν ποιούσας τὴν λεχθεῖσαν, ὧν ἡ μὲν ἀπὸ τοῦ πορθμοῦ μέχρι Νάρβωνος μυρίων ἐστὶ καὶ πλειόνων ἢ διακοσίων ἐπὶ τοῖς χιλίοις, ἡ δὲ λοιπὴ μικρῷ ἐλαττόνων ἢ ὀκτακισχιλίων· καὶ μὴν πλεῖστον μὲν διάστημα ἀπὸ τῆς Εὐρώπης ἐπὶ τὴν Λιβύην ὁμολογεῖσθαι κατὰ τὸ Τυρρηνικὸν πέλαγος σταδίων οὐ πλειόνων ἢ τρισχιλίων, κατὰ τὸ Σαρδόνιον δὲ λαμβάνειν συναγωγήν. ἀλλ’ ἔστω, φησί, καὶ ἐκεῖνο τρισχιλίων, προειλήφθω δ’ ἐπὶ τούτοις δισχιλίων σταδίων τὸ τοῦ κόλπου βάθος τοῦ κατὰ Νάρβωνα, ὡς ἂν κάθετος ἀπὸ τῆς κορυφῆς ἐπὶ τὴν βάσιν τοῦ ἀμβλυγωνίου· δῆλον οὖν, φησίν, ἐκ τῆς παιδικῆς μετρήσεως, ὅτι ἡ σύμπασα παραλία ἡ ἀπὸ τοῦ πορθμοῦ ἐπὶ στήλας ἔγγιστα ὑπερέχει τῆς διὰ τοῦ πελάγους εὐθείας πεντακοσίοις σταδίοις. προστεθέντων δὲ τῶν ἀπὸ τῆς Πελοποννήσου ἐπὶ τὸν πορθμὸν τρισχιλίων, οἱ σύμπαντες ἔσονται στάδιοι, αὐτοὶ οἱ ἐπ’ εὐθείας, πλείους ἢ διπλάσιοι ὧν Δικαίαρχος εἶπε. Übersetzung S. Radt. Dieses Verfahren scheint geläufig gewesen zu sein, wie Strab. 17,3,20 C 835 (zur Großen Syrte) vermuten lässt. Hierzu Arnaud (2005) 184. Marinos und Ptolemaios (1,17,10) setzten für eine Tages- und Nachtfahrt per Schiff, also für eine 24stündige Fahrt, 1000 Stadien an. Eine reine Tagesfahrt oder eine reine Nachtfahrt war dementsprechend nur halb so lang. Der gesamte Themenkomplex wird ausführlich bei Kowalski (2012) 202 diskutiert.

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ten, z. B. zwischen der Straße von Messina und Massilia, einschlägig bekannten Verzeichnissen (Itineraren bzw. Periploi) entnommen und mit nautischen Erfahrungswerten auf eine Seedistanz ‚übertragen‘, um diese in einem zweiten Schritt mittels der Schulknabenrechnung zu verwenden. Polybios misst also nicht über Wasser, sondern rechnet über Land.42 Wie verbreitet diese Methode war, zeigen noch einige weitere Quellen, die das ganze System ausleuchten. Der folgende Passus entstammt, wie so oft bei Ptolemaios, einer kritischen Auseinandersetzung mit seinem Vorgänger Marinos von Tyros: Ein solcher Wert der Längenausdehnung ließe sich auch aus den Distanzen erschließen, die Marinos für die Seereise von Indien bis zum Golf der Sinen/Golf von Tonkin und Kattigara anführt, sofern jedenfalls die durch die zahlreichen Einbuchtungen, die Unregelmäßigkeiten der täglichen Fahrstrecke und die unterschiedliche Breitenlage der Orte bedingten Überschüsse nach dem Annäherungsverfahren berücksichtigt werden […] Ferner, sagt er [= Marinos], beträgt die Fahrt von der Stadt Kurula bis Palura 9450 Stadien in Richtung Südosten. Zieht man von dieser, wieder unter Berücksichtigung der Unregelmäßigkeiten der täglichen Fahrtstrecken, ein Drittel ab, erhalten wir die zusammenhängende Strecke von etwa 6300 Stadien in Richtung Euros/Südosten.43

Auf den Indischen Ozean bei Ptolemaios sind wir oben bereits zu sprechen gekommen. Nun interessiert uns die Frage, wie maritime Distanzen ermittelt werden konnten. Auch wenn hier nicht der Ort ist, die Problembeschreibungen und -lösungsstrategien des Ptolemaios rund um die Frage, wie Fahrtzeiten zur See in Distanzen umgerechnet werden können, darzulegen, so macht sein Handbuch der Geographie zwei grundsätzliche Probleme deutlich: Zum einen waren die Geographen, chorographisch wie mathematisch-physikalisch, bei Angaben zum Meer auf Periploi oder mündliche Angaben von Kapitänen angewiesen. Zum anderen zeigt gerade Ptolemaios, wie problematisch es für die antiken Geographen war, aus küstennahen Messungen von Fahrtzeiten auf Distanzen und in einem zweiten Schritt auf die Größe des Gesamtmeeres zu schließen. Einen Großteil seiner Argumentation verwendet Ptolemaios denn auch darauf, einen mathematischen Berechnungsweg für

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Wie stark die Fixierung auf die Küstenlinie war, zeigt auch Polyb. 4,39: Ὁ δὴ καλούμενος Πόντος ἔχει τὴν μὲν περίμετρον ἔγγιστα τῶν δισμυρίων καὶ δισχιλίων σταδίων, στόματα δὲ διττὰ κατὰ διάμετρον ἀλλήλοις κείμενα, τὸ μὲν ἐκ τῆς Προποντίδος, τὸ δ’ ἐκ τῆς Μαιώτιδος λίμνης, ἥτις αὐτὴ καθ’ αὑτὴν ὀκτακισχιλίων ἔχει σταδίων τὴν περιγραφήν. „Der sogenannte Pontos hat einen Umfang von nahezu 22000 Stadien und zwei einander diametral gegenüberliegende Einmündungen, die eine von der Propontis, die andere aus der Maeotischen See, der seinerseits einen Umfang von 8000 Stadien hat.“ Übersetzung H. Drexler. Hier sehen wir wieder den Periplus-Charakter der Passage. Es gibt auch hier keine Angaben zu Länge und Breite des Schwarzen Meeres, wohl aber zum Umfang, d. h. der Küste. Ptol. 1,13,1 u. 5: Στοχάσαιτο δ’ ἄν τις τηλικοῦτον εἶναι τὸ μῆκος καὶ δι’ ὧν ἐκτίθεται διαστημάτων κατὰ τὸν πλοῦν τὸν ἀπὸ τῆς Ἰνδικῆς μέχρι τοῦ τῶν Σινῶν κόλπου καὶ Καττιγάρων, ἐὰν τὸ παρὰ τὰς κολπώσεις καὶ τὰς ἀνωμαλίας τῶν πλῶν καὶ ἔτι τὰς θέσεις ἐπιλογίζηται κατὰ συνεγγισμὸν τῶν ἐπιβολῶν … Πάλιν ἀπὸ Κούρουλα πόλεως ὁ πλοῦς, φησὶν, ἐστὶ πρὸς χειμερινὰς ἀνατολὰς ἕως Παλούρων σταδίων ἐννακισχιλίων τετρακοσίων πεντήκοντα. Ὧν καὶ αὐτῶν τὸ τρίτον ὁμοίως ἀφελόντες ὑπὲρ τῆς ἀνωμαλίας τῶν δρόμων ἕξομεν τὴν ἐκ τῆς συνεχείας ἐσομένην διάστασιν τὴν ὡς πρὸς εὖρον σταδίων ἑξακισχιλίων τριακοσίων ἔγγιστα. Übersetzung A. Stückelberger.

Das Meer bei den antiken Geographen

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die Umrechnung diverser Seereisen von Zeit in Distanzen vorzustellen und zu begründen. Aber nicht nur die Umrechnung von Fahrtzeiten in Periploi in Stadien oder Meilen war heikel. Wie folgendes Zitat aus Strabon offenbart, musste ein antiker Geograph erst einmal an die entsprechenden Informationen gelangen: Auch Hipparchos selber hat ja die Linie von den Säulen bis Kilikien, von der zu beweisen war, dass sie gerade und genau nach Osten verläuft, nicht in ihrer ganzen Länge mit Instrumenten und geometrisch bestimmt, sondern sich für das ganze Stück von den Säulen bis zum Sund auf die Angaben der Seefahrer verlassen.44

Diese Textstelle, die inhaltlich ausgezeichnet an die oben bereits diskutierte Polybiospassage anschließt, thematisiert die Ost-West-Ausdehnung des Diaphragmas. Dessen genaue Bestimmung hat die Geographen und Kartographen seit Dikaiarchos intensiv beschäftigt, da das Diaphragma gemeinsam mit einer Art Null-Meridian durch Rhodos oder Alexandria das Grundgerüst aller weiteren geodätischen Berechnungen der Mittelmeeroikumene darstellte. Hipparchos nun, der in seinem Werk immer wieder mathematische Präzision einforderte, wird hier von Strabon mit erkennbarer Freude gerade dafür kritisiert, dass er bei seinen Ausführungen zum Diaphragma dem eigenen Anspruch nicht gerecht wird und auf die mündlichen Angaben von Seeleuten vertrauen musste (τοῖς πλέουσιν ἐπίστευσεν). Der fachwissenschaftliche Laie Strabon kritisiert am Fachmann Hipparchos, dass sich dieser gegen seine propagierte Methode ganz trivial, wie alle anderen Geographen zuvor, auf die bisweilen vagen mündlichen Aussagen von Seeleuten verlassen hat. Wir sehen hier, dass einerseits der Wunsch nach einer vermessungstechnisch sicheren Geodäsie durchaus vorhanden war und dass auf der methodischen Ebene die zentralen Vermessungsprobleme bereits im Hellenismus erfasst waren. Andererseits standen die dafür notwendigen Vermessungsinstrumente und -techniken eben nicht zur Verfügung.45 Aber nicht nur die erforderliche Technik fehlte. Selbst die Periploi, die notwendig gewesen wären, um es besser zu machen, waren nicht in gewünschter Menge vorhanden, so dass sich auch Wissenschaftler wie Hipparchos mit mündlichen Angaben zufriedengeben mussten. Die Materialheuristik war also für die Geographen und Kartographen ein äußerst mühsames Geschäft. Wie vermutlich ein Großteil der Distanzangaben über die offene See aussah, mag folgender Pliniustext verdeutlichen: Was gibt für ein größeres Wunder als eine Pflanze [= Leinen], die Ägypten so nahe an Italien heranrückt, dass Galerius von der Sizilischen Meerenge in sieben Tagen, Balbillus, ebenfalls ein Statthalter, in sechs Tagen nach Alexandria gelangte, im anschließenden Sommer aber Valerius Marianus […] die Strecke von Puteoli aus trotz äußerst schwachen Windes in neun Tagen schaffte. Dass es eine Pflanze gibt, die Gades von den Säuen des Herakles auf eine Distanz von sieben Tagen nach Ostia heranrückt, das diesseitige Spanien auf einen von vier Tagen, die

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Strab. 2,1,11 C 71: ἐπεὶ καὶ αὐτὸς ὁ Ἵππαρχος τὴν ἀπὸ στηλῶν μέχρι τῆς Κιλικίας γραμμήν, ὅτι ἐστὶν ἐπ’ εὐθείας καὶ ὅτι ἐπὶ ἰσημερινὴν ἀνατολήν, οὐ πᾶσαν ὀργανικῶς καὶ γεωμετρικῶς ἔλαβεν, ἀλλ’ ὅλην τὴν ἀπὸ στηλῶν μέχρι πορθμοῦ τοῖς πλέουσιν ἐπίστευσεν. Übersetzung S. Radt. Das zentrale Problem bei der Erfassung geographischer Längen war das Fehlen synchron laufender Uhren.

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Michael Rathmann narbonensische Provinz auf drei und Afrika auf zwei Tage, wie es C. Flavius, dem Legaten des Proconsuls Vibius Crispus, sogar bei schwächsten Wind gelang?46

Allem Anschein nach existierten selbst für häufig benutzte Seewege wie beispielsweise Alexandria–Puteoli oder Gades–Ostia nur unpräzise Angaben. Es ist schon sehr überraschend, dass dieser Text für derartig wichtige Seerouten die einzige halbwegs konkrete Distanzangabe ist, die wir der gesamten antiken Literatur entnehmen können! Man würde doch vor dem Hintergrund der für Rom so bedeutenden Getreidelieferungen von einem ganzen Bündel an einschlägigen Daten ausgehen. Das gleiche gilt auch für den nicht unwichtigen Handel zwischen der Baetica und Rom, von der militärischen Relevanz der bedeutenden Routen für die römische Mittelmeerflotte einmal ganz zu schweigen. Innerhalb dieses Teilkapitels soll nun noch eine letzte Gruppe an nautischen Distanzangaben vorgestellt werden, die sich von den oben bereits diskutierten großen Überseestrecken unverkennbar unterscheidet. Es handelt sich hierbei um geringe Entfernungen zwischen Küste und vorgelagerter Insel: Inseln enthält dieses Meer [= Libysches Meer] nicht eben viele. Die berühmteste ist Meninx [= Djerba[mit einer Länge von 25 Meilen und einer Breite von 22 Meilen, von Eratosthenes Lotophagitis genannt. Sie hat zwei Städte […], sie selbst liegt vom rechten Vorgebirge der Kleinen Syrte 1500 Schritt entfernt.47

Diese Gruppe von Distanzangaben ist bei weitem die größte; gerade die Periploi sind voll davon. Zwei Erklärungen bieten sich hier an: Zum einen scheinen hier die Inseln dem unbekannten Seeraum entzogen und mittels Distanzangabe zum nahgelegenen Festland mental an dieses angegliedert zu werden. Zum anderen sehen wir, in Kombination mit den bereits vorgestellten Zeugnissen, dass offenbar die küstennahe Schifffahrt die alles entscheidende war. Und für diese waren jene Inseln wichtig – beispielsweise zur Orientierung, als mögliche Gefahrenquelle (Klippen, Untiefen) oder zum Schutz (Häfen). Gestützt wird diese Feststellung durch die Untersuchungsergebnisse von Pascal Arnaud. In seiner Studie Les routes de la navigation antique hat er insgesamt 128 literarisch belegte Seerouten im Mittelmeer zusammengetragen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind keine langen Strecken über die offene See verzeichnet.48

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Plin. nat. 19,3–4: quodve miraculum maius, herbam esse quae admoveat Aegyptum Italiae in tantum, ut Galerius a freto Siciliae Alexandriam septimo die pervenerit, Balbillus sexto, ambo praefecti, aestate vero proxima Valerius Marianus … a Puteolis nono die lenissimo flatu? herbam esse quae Gadis ab Herculis columnis septimo die Ostiam adferat et citeriorem Hispa­ niam quarto, provinciam Narbonensem tertio, Africam altero, quod etiam mollissimo flatu con­ tigt C. Flavio legato Vibi Crispi procos.? Übersetzung R. König. Arnaud (2005) 217 Nr. 101; Kolb (2000) 318. Plin. nat. 5,41 = Eratosthenes fr. p. 308 Berger: Insulas non ita multas complectuntur haec maria. clarissima est Meninx, longitudine XXV, latitudine XXII, ab Eratosthenes Lotophagitis appellata; opida habet duo …, ipsa a dextro Syrtis minoris promunturio passibus MD sita. Übersetzung G. Winkler. Arnaud (2005) 153–230; vgl. Kowalski (2012) 100 Abb. 27.

Das Meer bei den antiken Geographen

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Die erdrückende Mehrzahl sind küstennahe Routen. Visualisiert man diese Materialbasis,49 erscheint folgendes Bild:

Abb. 2: Vermutlich gemiedene Seeräume im Mittelmeer dunkel hervorgehoben. Zeichnung: Michael Herchenbach.

Eine einzige wirklich lange Seereise übers Mittelmeer ist uns mit reichlichen Einzelheiten überliefert; es handelt sich um diejenige des Apostels Paulus von Caesarea nach Rom.50 Die ganze Fahrt verlief – für den modernen Betrachter etwas überraschend – keineswegs auf direktem Wege über das offene Meer. Vielmehr reisten Paulus, seine Mitgefangenen und die römische Wachmannschaft küstennah und liefen diverse Häfen an. Obwohl dieser Gefangenentransport ein offizielles Unternehmen war, hatte er eher den Charakter eines Trampings zur See. Im kleinasiatischen Myra stieg die Gruppe sogar auf ein alexandrinisches Getreideschiff um. Da diese Information ohne weiteren Zusatz geboten wird, scheint ein solches Getreideschiff in Myra, also abseits der direkten Route nach Rom, keineswegs ungewöhnlich gewesen zu sein. Daher sollte das neuzeitliche Bild einer Getreideflotte, die die Strecke Alexandria–Ostia bzw. Alexandria–Puteoli nonstop zurücklegte, in der weiteren Forschung zumindest einer erneuten Prüfung unterzogen werden.

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Vgl. Arnaud (2005) 30–31. Apg 27,1–28.

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4. DAS MEER UND SEINE EIGENSCHAFTEN51 Unter rein praktischen Gesichtspunkten finden sich gerade in den Periploi einige hilfreiche Mitteilungen für die Seefahrt; sie werden uns daher im sechsten Abschnitt nochmals näher beschäftigen.52 Zunächst wollen wir einen Blick auf den Periplus maris Erythraei werfen, dessen Autor uns nicht bekannt ist, der jedoch sicher in das erste Jahrhundert datiert werden kann.53 Dieser sticht aufgrund seines Informationsreichtums aus der Gruppe der Periploi heraus. So finden sich hier gelegentlich Angaben zu Himmelsrichtungen und Winden.54 Auch Ankerplätze55 oder Untiefen56 werden hier und in weiteren Geographika genannt, letztere allerdings deutlich seltener. Dies alles erweckt zunächst den Eindruck, dass hier endlich jene detaillierten Informationen zum Meer erscheinen, die bislang in den Geographika und bei Historiographen vergeblich gesucht wurden. Doch sind diese Daten bei näherer Betrachtung keineswegs so genau, dass sie sich tatsächlich für die Schifffahrt geeignet hätten, und sei es nur für eine küstennahe. Die einschlägigen Texte können bestenfalls als erste Orientierung aufgefasst werden oder grob auf Gefahren im Umfeld von Handelsplätzen hinweisen; hierzu folgendes Beispiel: Nach diesen Gegenden befindet sich in dem allerletzten Busen an der linken Küste dieses Meeres der gesetzlich bestimmte, am Meer gelegene Handelsplatz Muza, im Ganzen von Berenike, wenn man eben nach Süden segelt, etwa 12000 Stadien entfernt. Dieser ist gänzlich mit arabischen Reedern und Schiffern angefüllt […] Der Handelsplatz Muza ist zwar hafenlos, aber wegen der an ihn stoßenden sandigen Ankerplätze gut geeignet zum Stationieren der Schiffe und zum Landen.57

Hier wird der letzte Handelsort im Roten Meer auf der arabischen Seite vorgestellt, auf seine guten Ankerplätze verwiesen und sogar die Distanz vom ägyptischen Hafenort Berenike angegeben. Dies suggeriert Genauigkeit. Wie wir jedoch bereits gesehen haben, handelt es sich hierbei um eine jener aus Fahrtzeiten errechneten Distanzen, sogar zu einer glatten Zahl von 12000 Stadien gerundet. Auf deren Genauigkeit hätte vermutlich kein antiker Steuermann ernsthaft gebaut. Entscheidend 51 52 53 54 55

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Der Aspekt Meerestemperatur in der antiken Literatur wird von Forbiger (1842) 579 kurz besprochen. Singulär scheint die Bemerkung zum Salzgehalt in Aristot. meteor. 2,3,37 p. 359a5 zu sein. GGM I 257–305, neue Literatur bei Olshausen (2013) 53 Anm. 89. Peripl. m. r. 4; 7; 12; 20; 32; 40; 66; starke oder ungünstige Winde erscheinen in der Historiographie häufig, z. B. Hdt. 9,114,1; Liv. 37,37,4. Wetterregeln scheinen im Peripatos gesammelt worden zu sein, wie Diog. Laert. 5,26 vermuten lässt. Peripl. m. r. bietet beispielsweise Ankerplätze in fast jedem Kapitel. In Kap. 20 wird z. B. ausdrücklich darauf verwiesen, dass hier ein Küstenabschnitt keinen Ankerplatz bietet. Timosthenes aus Rhodos, Flottenkommandant Ptolemaios’ II., hat sogar ein zehnbändiges Werk Über Häfen verfasst, das entgegen seinem Titel offenbar über ein nautisches Handbuch weit hinausgegangen sein muss. Hierzu FGrH V 2051 T 2; 3; 4; 7; F 9; 12–15; Meyer (1998). Peripl. m. r. 9; 20; 40; 43; 55; ferner Strab. 2,3,4 C 99; 17,3,20 C 835; Plin. nat. 3,4; Arr. Ind. 22,2. Peripl. m. r. 21–22: Καὶ μετὰ ταύτας ἐν κόλπῳ τῷ τελευταιοτάτῳ τῶν εὐωνύμων τούτου τοῦ πελάγους ἐμπόριόν ἐστι νόμιμον παραθαλάσσιον Μούζα, σταδίους ἀπέχον τοὺς πάντας, ἀπὸ Βερενίκης παρ’ αὐτὸν τὸν νότον πλεόντων, ὡς εἰς μυρίους δισχιλίους. Τὸ μὲν ὅλον Ἀράβων, ναυκληρικῶν ἀνθρώπων καὶ ναυτικῶν πλεονάζει … [24] Τὸ δ’ἐμπόριον ἡ Μούζα ἀλίμενον μὲν εὔσαλον δὲ καὶ εὔορμον διὰ τὰ περὶ αὐτὴν ἀμμόγεια ἀγκυροβόλια. Übersetzung B. Fabricius.

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ist, und das zeichnet wohl die Mehrzahl der Periploi aus, dass die Informationen für Händler oder Schiffseigner geboten wurden, die sich grob orientieren wollten. Aber mehr ist diesen Schriften bei Lichte betrachtet nicht zu entnehmen. Während meiner Quellenrecherche konnte ich keine Textstelle finden, in der konkret vor Klippen in Hafennähe, riskanten Untiefen oder dergleichen gewarnt worden wäre.58 Auch ein weiterer wichtiger Punkt für die Schifffahrt, der Tidenhub, wird in den Geographika nur vereinzelt behandelt: Über Ebbe und Flut haben Poseidonios [fr. 215 Edelstein–Kidd] und Athenodoros [FGrH 764 F 6] hinreichend gehandelt.59

Sogleich fragt man sich bei einem geographischen Autor wie Strabon, was die beiden zitierten Vorgänger nun genau geschrieben haben. Doch hier wird man mit Blick auf die Schifffahrt enttäuscht. Dass Ebbe und Flut in der auf das Mittelmeer konzentrierten Literatur geringe Beachtung gefunden haben, darf nicht verwundern.60 Schließlich zeichnet sich dieses Meer durch einen geringen Tidenhub aus. Ebenso wenig überrascht es, dass der Periplus maris Erythraei entsprechende Informationen bietet, war doch die Tide im Indischen Ozean sehr wohl ein Thema.61 Spätestens seit dem Desaster des Nearchos an der Indusmündung, bei dem die Makedonen aufgrund der Unkenntnis der deutlich größeren Tide spürbare Schäden an der Flotte hatten hinnehmen müssen, kannte die lesende Oberschicht in Hellas und Rom dieses Problem.62 Dennoch erstaunt in der Gesamtschau die Tatsache, dass der Tidenhub bei keinem Ankerplatz, keiner küstennahen Seeroute als potentielle Gefahrenquelle irgendwie Erwähnung findet. Mit Ebbe und Flut haben wir den ebenfalls für die Schifffahrt bedeutenden Aspekt der Meerestiefe erreicht. Auch dies scheint die Antike auf den ersten Blick interessiert zu haben, wie Aristoteles und Strabon, bzw. seine Vorlage Poseidonios, dokumentieren. Betrachten wir zunächst den jüngeren Strabonauszug, der sich mit dem Wellengang im Mittelmeer beschäftig: Das würde aber auch geschehen, wenn wir annehmen, das Schwarze Meer sei tiefer als die Sardonische See, die doch ungefähr das tiefste der vermessenen Meere sein soll, 1000 Klafter tief, wie Poseidonios sagt.63

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Plin. nat. 6,99 warnt zwar vor Untiefen und den Gefahren für die Schifffahrt. Jedoch geht es hier allgemein um Fluss-Schifffahrt und im konkreten Fall um den Mündungsbereich des ansonsten unbekannten Flusses Zariotis. Strab. 1,3,12 C 55: Περὶ μὲν οὖν τῶν πλημμυρίδων καὶ τῶν ἀμπώτεων εἰρήκασιν ἱκανῶς Ποσειδώνιός τε καὶ Ἀθηνόδωρος. Übersetzung S. Radt. Zum Thema Berger (1903) 289–291. Strabon lässt sich in Kap. 1,3 mit durchaus interessanten Ideen allgemein über die Frage aus, ob im Mittelmeer schon immer Wasser gewesen sei oder erst nach dem Durchbruch der Straße von Gibraltar. Die wenigen literarischen Belege zum Thema Gezeiten hat Capelle (1940) zusammengetragen. Peripl. m. r. 45; 46; 66. Die Schäden an der Flotte werden in Arr. an. 6,19,1–2 sicherlich etwas verharmlost. Strab. 1,3,9 C 53 f. = fr. 221 Edelstein–Kidd = FGrH 87 F 91: τοῦτο δ’ ἂν συμβαίη, κἂν τοῦ Σαρδονίου πελάγους βαθύτερον ὑποθώμεθα τὸν Πόντον, ὅπερ λέγεται τῶν ἀναμετρηθέντων βαθύτατον χιλίων που ὀργυιῶν, ὡς Ποσειδώνιός φησι. Übersetzung S. Radt. Vgl. Strab. 1,3,4 C 50; Plin. nat. 18,359.

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Etwas Ähnliches finden wir bei Aristoteles: Denn dem Augenschein nach wird das Meer immer tiefer, von der Maiotis zum Schwarzen Meer, von diesem zu Ägäischen, von diesem zum Sizilischen; Sardisches und Tyrrhenisches Meer sind die tiefsten. Außerhalb der Säulen ist das Wasser seicht, des Schlammes wegen, andererseits windstill, weil das Meer in einer Höhlung liegt.64

Dass diese Daten zur Meerestiefe, man beachte erneut die schöne runde Zahl von 1000 Klaftern, nicht Resultate geodätischer Messungen sind, braucht wohl nicht eigens ausgeführt werden.65 Beide Passagen basieren vielmehr auf der antiken Theorie einer stufenweisen Absenkung des Meeresbodens von der Maiotis bis zum Atlantik.66 Wir haben also erneut vordergründig solide Informationen, die aber in Wirklichkeit doch eher in literarische oder philosophische Kategorien passen. Für die reale Fahrt zur See sind sie unbrauchbar, vor allem, weil keine Angaben über Meerestiefen an Schifffahrtswegen genannt werden. Das zeigt sich besonders bei der Erwähnung von Untiefen oder Klippen: Wenn wir in unseren Quellen Aussagen hierzu erhalten, dann erscheinen sie eben nicht bei den Geographen. Vielmehr erwähnt Plutarch in Caesars Leistungskatalog ausdrücklich die Beseitigung von Untiefen an der Küste von Ostia.67 5. EXPEDITIONEN ZUR SEE Wie bereits eingangs erwähnt, war die offene See auch der zu erkundende, der fremde Raum, der Risiken und Chancen gleichermaßen bot. Die wahrscheinlich berühmteste Entdeckungsfahrt der Antike war die des Eudoxos aus Kyzikos, auch wenn sie letztlich ein Zufallsprodukt war.68 In der Hauptquelle Strabon, offenbar aus Poseidonios geschöpft, lautet die entsprechende Passage:

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Aristot. meteor. 2,1,14 p. 354a21–22: ἀεὶ γὰρ ἔτι βαθυτέρα φαίνεται οὖσα ἡ θάλαττα, καὶ τῆς μὲν Μαιώτιδος ὁ Πόντος, τούτου δ’ ὁ Αἰγαῖος, τοῦ δ’ Αἰγαίου ὁ Σικελικός· ὁ δὲ Σαρδονικὸς καὶ Τυρρηνικὸς βαθύτατοι πάντων. τὰ δ’ ἔξω στηλῶν βραχέα μὲν διὰ τὸν πηλόν, ἄπνοα δ’ ἐστὶν ὡς ἐν κοίλῳ τῆς θαλάττης οὔσης. Übersetzung H. Strohm. Vgl. Aristot. cael. 2,4,11 p. 287b18. Vgl. Kleom. 1,7 [102]: „Denn man findet keinen Berg, der senkrecht gemessen höher ist als fünfzehn Stadien, und auch kein Meer, das tiefer wäre.“ οὔτε γὰρ ὄρος ὑψηλότερον πεντεκαίδεκα σταδίων κατὰ τὴν κάθετον εὑρίσκεται οὔτε θαλάσσης βάθος. Dieses Konstrukt, wohl ebenfalls den Geist der Symmetrie verhaftet, geht auf die ionischen Naturphilosophen zurück. Berger (1903) 287. Plut. Caesar 58,10. Berger (1903) 569–574; Wiesehöfer (1998); Bianchetti (2002). Der Eudoxos-Fahrt wird man in ihrer Bedeutung vor der Afrikaumsegelung durch Phöniker im Auftrag von Pharao Necho II. den Vorrang geben müssen. Zwar war diese um 600 v. Chr. durchgeführte und drei Jahre währende Seereise exzeptioneller, riskanter und länger. Jedoch haben wir abgesehen von der Notiz bei Hdt. 4,42 noch nicht einmal den Namen des Kapitäns dieser Entdeckungsreise, nähere Angaben zur Reise oder gar andere literarische Reflexe. Zudem ist die Afrikaumsegelung in der Antike auch niemals wiederholt worden. Zur Afrikaumsegelung durch Phönizier Zimmermann (2007) 42–45.

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Der König [= Ptolemaios VIII.] habe ihn [= einen schiffbrüchigen Inder] Leuten übergeben, die ihm Griechisch beibringen sollten, und als er das gelernt hatte, habe er erzählt, er sei auf der Fahrt aus Indien in die Irre geraten und habe sich hierher gerettet; seine Mitfahrenden habe er durch Verhungern verloren. Als er freundliche Aufnahme fand, habe er versprochen, den von dem König dazu Angewiesenen den Schiffsweg nach Indien zu zeigen; zu diesen habe auch Eudoxos gehört. So sei er denn mit Geschenken dorthin gefahren und zurückgekehrt mit einer Rückfracht von Spezereien und kostbaren Steinen.69

Die Fahrt auf den Subkontinent wurde also wegen eines gestrandeten Inders unternommen, der nach ausreichendem Sprachunterricht seine Herkunft und seine Route darlegen konnte. Auf der Grundlage der vermutlich von Eudoxos dann erstmals vorsätzlich genutzten Monsunwinde wurde um 115 v. Chr. der Seeweg durch das Rote Meer bis nach Indien eröffnet.70 Der Leser erfährt in dem Strabontext jedoch nichts über Strömungsverhältnisse, Gezeiten, Klima, Proviantierung oder Fische, um nur einige mögliche Motive anzusprechen. Sogar die äußerst interessante Fahrtzeit fehlt, ein leicht zu ermittelndes und sonst gerne angeführtes Detail, um gegebenenfalls vermittels der langen Dauer indirekt die Bedeutung des Unternehmens anzuzeigen.71 Lediglich zu den weiteren Seeunternehmungen des Eudoxos gibt es einige dürre Informationen. So erfahren wir an anderer Stelle, Eudoxos sei bei seiner gescheiterten zweiten Indienfahrt bei konstantem Westwind gesegelt.72 Derartige Angaben sind in der antiken Literatur zwar generell selten, bei der Beschreibung einer Seereise nach Indien aber eher trivial: Wer nach Osten will, braucht Wind aus westlicher Richtung. Es ist denkbar, dass die Rezipienten der Mittelmeeroikumene kein Interesse an den großen Entdeckungsfahrten eines Hanno, Pytheas oder Eudoxos hatten, so dass ihre vielleicht ausgeschmückten Texte gar nicht in die Literaturtradition aufgenommen wurden. Schließlich sind zahlreiche Pytheas-Fragmente auch nur wegen der daran festgemachten Kritik am Verfasser überliefert.73 Oder sie waren im Gegenteil so langweilig und detailarm, dass sie gerade deshalb nicht überliefert sind. Abschließend darf noch vermutet werden, dass gerade die Daten der Eudoxos-Fahrt von den Ptolemäer-Königen als Herrschaftswissen möglichst lange unter Ver-

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Strab. 2,3,4 C 98: ἐκμαθόντα δὲ διηγήσασθαι διότι ἐκ τῆς Ἰνδικῆς πλέων περιπέσοι πλάνῃ καὶ σωθείη δεῦρο τοὺς σύμπλους ἀποβαλὼν λιμῷ· ὑποληφθέντα δὲ ὑποσχέσθαι τὸν εἰς Ἰνδοὺς πλοῦν ἡγήσασθαι τοῖς ὑπὸ τοῦ βασιλέως προχειρισθεῖσι· τούτων δὲ γενέσθαι τὸν Εὔδοξον. πλεύσαντα δὴ μετὰ δώρων ἐπανελθεῖν ἀντιφορτισάμενον ἀρώματα καὶ λίθους πολυτελεῖς. Übersetzung S. Radt. Zum Kontext Wiesehöfer (1998) 9–13. Strab. 2,3,4–3,5 p. 98–102. In Peripl. m. r. 57 wird die Entdeckung der Monsunwinde einem ansonsten unbekannten Steuermann Hippalos zugeschrieben. Plinius (nat. 6,100; 6,104) nennt den Monsun jedenfalls Hippalos-Wind. In welchem Verhältnis beide Seeleute zu einander standen, ist m. E. heute nicht mehr zu klären. Selbst die bereits erwähnte und von Herodot (4,42) überlieferte Afrikaumsegelung durch Phöniker gibt die Fahrtdauer an und hat mit dem zwischenzeitlich angebauten Getreide zur Proviantierung der Seeleute noch ein ungewöhnliches Detail zu bieten. Strab. 2,3,4 C 99. Vgl. vor allem die Kritik Strabons (2,3,5 C 101) an dem gesamten Bericht über die Indienfahrt des Eudoxos. Zur antiken Kritik an Fahrtenberichten und ihren Beglaubigungsstrategien Bichler (2006).

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schluss gehalten worden sind und ein Autor wie Poseidonios womöglich nur auf die mündliche Tradition zurückgreifen konnte. In der Summe bedeutet dies, dass wir selbst bei großen Entdeckungsfahrten zur See – und der im Späthellenismus einsetzende Indienhandel sollte für Ägypten und vor allem für das Imperium Romanum wirtschaftlich sehr bedeutend werden – so gut wie keine harte Fakten über das jeweilige Meer erhalten. Betrachtet man die von Marinos via Ptolemaios oben bereits präsentierten Informationen zum Indischen Ozean erneut, so fällt auf, dass es auch hier um eine küstennahe Schifffahrt geht. Natürlich ist es denkbar, dass Schiffsleute wie Eudoxos zwar nonstop nach Indien gesegelt sein könnten, ihre einmaligen Informationen aus Gründen des Wettbewerbsvorteils aber lieber für sich behielten. Weniger plausibel ist wohl, dass sie während der Fahrt primär mit dem nackten Überleben beschäftigt waren, so dass sie Messungen über Fahrtzeiten, Beobachtungen der Gestirne oder Windrichtungen gar nicht notierten. Aber auch in diesem Falle ist die einleuchtendste Erklärung, dass sie gar nicht über das offene Meer, sondern traditionell entlang der südarabischen und iranisch-pakistanischen Küsten Richtung Indien gesegelt sind. 6. PERIPLUS UND KÜSTE Aus der Abteilung der literarischen Zeugnisse soll abschließend der Blick nochmals auf die wiederholt genannten Periploi gerichtet werden.74 Einer der frühesten Belege für einen Periplus finden sich bei Herodot im Zuge der persischen Operationen gegen Hellas: Sie [= Phönizier unter dem Kommando des Demokedes] hielten sich nahe der Küste, betrachteten sie und zeichneten sie auf, bis sie so den größten Teil Griechenlands und alles Nennenswerte gesehen hatten und nach Tarent in Italien gekommen waren.75

Dareios hatte drei phönizische Schiffe gegen Westen geschickt, deren Kapitäne unzweifelhaft einen Periplus verfasst haben dürften. Dieser sollte offenbar Teile der Ägäis und des Ionischen Meeres im Zuge des Invasionsvorhabens erfassen, genauer gesagt, sollten die entsprechenden Küsten rund um Griechenland erkundet werden. Das offene Meer hingegen scheint laut Herodot von der Erkundung ausgeschlossen gewesen zu sein. Ein Teil der Forschung betrachtet diesen Bericht zu Demokedes als unhistorisch, meines Erachtens zu Unrecht.76 Unabhängig hiervon ist für unsere Diskussion entscheidend, dass Herodot seinen Rezipienten eine solche Erkundungsfahrt nebst Periplus als grundsätzlich plausibel präsentieren konnte. Das Genre war also an der Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert v. Chr. bekannt.77 74 75 76 77

Grundsätzlich Gisinger (1937); Prontera (1992); Olshausen (2013). Hdt. 3,136: Προσίσχοντες δὲ αὐτῆς τὰ παραθαλάσσια ἐθηεῦντο καὶ ἀπεγράφοντο, ἐς ὃ τὰ πολλὰ αὐτῆς καὶ ὀνομαστὰ θεησάμενοι ἀπίκοντο τῆς Ἰταλίης ἐς Τάραντα. Übersetzung J. Feix. Bichler (2006). Vgl. Charon von Lampsakos FGrH 262 T 1; Damastes von Sigeion FGrH 5 T 4; Euthymenes von Massilia FGrH V 2207 (GGM I 565, 31–32); Skylax von Karyanda FGrH 709 F 1–7.

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Mag man die Passage in der Interpretation etwas pressen, so zeigt die Satzkonstruktion mit dem bewusst parallel konstruierten ‚betrachten und aufzeichnen‘, dass das Sehen und das Aufschreiben als unterschiedliche Vorgänge aufgefasst wurden, offenbar also manches nur in Augenschein genommen und nicht aufgeschrieben wurde. Die Verschriftlichung von nautischen Informationen war demgegenüber ein zweites, eventuell seinerzeit sogar modernes, durch den persischen Großkönig befohlenes Verfahren. Mit der bereits erwähnten stärkeren Verbreitung der Schriftlichkeit im Hellenismus hat auch der Periplus als Literaturgattung an Bedeutung gewonnen. Namen wie Pytheas von Massilia oder Nearchos wären hier als Archegeten zu nennen. Zu den Periploi bemerkt Eckart Olshausen, dass sie „den Großhandelskaufmann über die üblichen Handelsrouten informieren oder dem Heerführer bei der Planung eines Feldzugs helfen“ konnten.78 Nach genauer Betrachtung der bereits vorgestellten Quellen muss diese Aussage allerdings Skepsis erwecken, da in den Periploi zu viele systemrelevante Details fehlen. Durchsuchen wir also diese Literaturgattung unter der Prämisse von Olshauses Aussage nach einschlägigen Angaben. Erneut können wir exemplarisch auf ein Zitat aus dem Periplus maris Erythraei verweisen: Nunmehr erstreckt sich der Arabische Busen nach Osten und in der Gegend des Aualitischen [sc. Busens] ist er am meisten eng. Nach ungefähr 4000 Stadien, wenn man neben eben diesem Festland nach Osten hinfährt, befinden sich andere barbarische Handelsplätze, die Jenseitigen genannt, die der Reihe nach liegen, zwar hafenlos sind, aber für das Ankerauswerfen und Stationieren der Schiffe im Meer zur rechten Zeit geeignete Landungsplätze haben.79

Obwohl dieser Periplus sicherlich der qualitätvollste unter den überlieferten Periploi ist, haben wir auch hier wieder nur einen eher allgemein gehaltenen Text, eine Distanzangabe in Stadien, die aus einer Fahrtzeit errechnet wurde und deren allzu glatter Wert auf großzügige Rundung schließen lässt, sowie eher vage Auskünfte zu diversen Ankerplätzen. Exakte nautische Daten sehen anders aus. Zudem ist der Blick eindeutig auf das Land, nicht auf das Meer gerichtet. Mit Blick auf das ganze Genre hat Prontera nun deutlich gemacht, dass nur ein einziger Text, der anonyme Stadiasmus maris magni, der aus dem vermutlich 3. oder 4. Jahrhundert stammt, inhaltlich der Vorstellung einer praxisorientierten Küstenbeschreibung entspricht.80 Dieser ist jedoch nur in Bruchstücken überliefert. Doch was sollte dieser Literaturtypus nach antiker Vorstellung für die Seefahrt eigentlich leisten, was über das Meer berichten? Hierzu eine Art Funktionsbeschreibung, die uns Arrian überliefert hat:

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Güngerich (1975) 7 vermutet sogar, der Dichter der Odyssee habe „Küstenbeschreibungen in ihrer inhaltlichen und formalen Ausprägung schon gekannt“. Olshausen (2013) 39. Peripl. m. r. 7: Ἤδη ἐπ’ ἀνατολὴν ὁ Ἀραβικὸς κόλπος διατείνει καὶ κατὰ τὸν Αὐαλίτην μάλιστα στενοῦται. Μετὰ δὲ σταδίους ὡσεὶ τετρακισχιλίους, κατὰ τὴν αὐτὴν ἤπειρον εἰς ἀνατολὴν πλεόντων, ἐστὶν ἄλλα ἐμπόρια Βαρβαρικά, τὰ πέραν λεγόμενα, κείμενα μὲν κατὰ τὸ ἑξῆς, ἀγκυροβολίοις δὲ καὶ σάλοις ἔχοντα τοὺς ὅρμους κατὰ καιροὺς ἐπιτηδείους. Übersetzung B. Fabricius. GGM I 427–514; Prontera (1992) 39.

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Michael Rathmann Er [= Alexander] habe die Schiffe vielmehr ausgeschickt, weil er sie die Küsten, an denen sie vorbeiführen, erkunden lassen wollte zusammen mit den Ankerplätzen und kleinen Inseln und weil er die Buchten, die sich landeinwärts ausdehnen, ausfahren und alle die Städte am Meer erkunden lassen wollte, auch ob ein Land fruchtbar sei oder unwirtlich.81

Liest man diesen Text, verwundern die allgemein gehaltenen Angaben in den überlieferten Periploi erst recht. Lediglich die Fokussierung auf das Land ist uns aus den Periploi vertraut. Es kann nur vermutet werden – hierzu sei nochmals auf die oben genannte Expedition des Demokedes im Auftrag des Perserkönigs verwiesen –, dass es möglicherweise noch eine zweite, eine bessere Sorte Periploi gab, die uns nicht überliefert wurde. Diese Klasse könnte, um an eine oben bereits formulierte These anzuschließen, womöglich einer militärischen Nutzung vorbehalten und als Herrschaftswissen nicht für den öffentlichen Literaturmarkt bestimmt gewesen sein. Dieser Periplus-Typus hätte auch der römischen Mittelmeerflotte, der wir die Abfassung derartiger militärischer Mittelmeerperiploi noch am ehesten zutrauen dürfen, sicherlich gute Dienste geleistet. Bedauerlich ist allerdings, dass wir keinerlei Indiz hierfür haben und auch die Militärschriftsteller von Polyainos über Frontin bis hin zu Vegetius hierzu schweigen. Da hilft der Hinweis, dass diese ihren Schwerpunkt auf der Landkriegsführung hatten, wenig. Was bleibt also? Die überlieferte Periplus-Literatur stellt zwar innerhalb des Segments Geographika eine bedeutende Rubrik dar. Ihr Fokus liegt aber unzweifelhaft nicht auf dem Meer, sondern auf der jeweiligen Küste, wofür abschließend ein kurzes Pliniuszitat angeführt werden soll: Von Gades und den Säulen des Herakles aus wird heute das ganze westliche Meer längs der Küste von Spanien und Gallien befahren. Das Nordmeer aber ist zu seinem größten Teil befahren worden, als im Auftrag des divus Augustus eine Flotte um Germanien herum bis zum Vorgebirge der Kimbern fuhr, von wo aus man ein unermessliches Meer vor sich liegen sah oder durch Gerüchte von ihm hörte, bis zum skythischen Lande und zu wasserreichen, von Eis starrenden Gegenden.82

Das Meer wird grundsätzlich „längs der Küste […] befahren“ und folglich richtet sich auch die einschlägige Literatur der Antike auf die Beschreibung von küstennahen Seewegen aus. Doch müssen hinsichtlich des Genres noch weitere Einschränkungen vorgenommen werden. So bemerkt Doris Meyer völlig zutreffend: „Ein grundsätzliches Problem bei der Rekonstruktion der Entstehung geographischer Gattungen aus der Reisepraxis besteht jedoch darin, dass der Begriff Περίπλους von den antiken Autoren keineswegs mehr für praktische Berichte, son-

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Arr. Ind. 32,11: ἐπὶ τῷδε ἄρα ἐκπέμψαι τὰς νέας, ἀλλὰ ἐθέλοντα αἰγιαλούς τε τοὺς κατὰ τὸν παράπλουν κατασκέψασθαι καὶ ὅρμους καὶ νησῖδας, καὶ ὅστις κόλπος ἐσέχοι ἐκπεριπλῶσαι τοῦτον, καὶ πόλιας ὅσαι ἐπιθαλάσσιαι, καὶ εἴ τις ἔγκαρπος γῆ καὶ εἴ τις ἐρήμη. Übersetzung O. v. Hinüber. Plin. nat. 2,167: A Gadibus columnisque Herculis Hispaniae et Galliarum circuitu totus hodie navigatur occidens. septentrionalis vero Oceanus maiore ex parte navigatus est, auspiciis divi Augusti Germaniam classe circumvecta ad Cimbrorum promunturium et inde inmenso mari prospecto aut fama cognito Scythicam ad plagam et umore nimio rigentia. Übersetzung G. Winkler – R. König.

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dern stets allgemein für geographische Beschreibungen verwendet wird.“83 Diese Feststellung ließe sich zunächst um eine Frage ergänzen: Warum war der Periplus kein Bericht für die Praxis? Die Antwort hierauf ist in den bisherigen Ausführungen rund um diesen Literaturtypus bereits wiederholt angedeutet worden. Fassen wir zusammen: Ein Periplus soll allgemein Taten zu See publizieren, Leser möglichst spannend unterhalten, fremden Händlern die Kenntnis eigener lukrativer Handelsplätze vor Augen führen und vieles andere mehr. Aber er soll auf keinen Fall Handelskonkurrenten den Weg zu eben jenen Honigtöpfen weisen und vor möglichen Gefahren wie Klippen, ungünstigen Strömung oder gefahrvollen Windverhältnissen warnen. Der Autor eines Periplus will eben nicht, wie Olshausen meint, Großhandelskaufleute über die üblichen Handelsrouten informieren oder Heerführern bei der Planung helfen. Anders kann meines Erachtens der Informationsgehalt der Periploi nicht gedeutet werden. Sie dürfen eben nicht als maritimes Äquivalent zur Chorographie verstanden werden. Hierzu passt auch, dass Periploi auf dem Sektor der nautischen Genauigkeit nur wenig Handfestes bieten. So wechselt beispielsweise sogar der wiederholt angeführte Periplus des Roten Meeres zwischen Distanzangaben in Stadien oder Aussagen wie „nach zwei oder drei Tagesfahrten“.84 Günstigstenfalls kann man derartigen Zeugnissen attestieren, dass sie Schiffsleuten einen ersten Anhaltspunkt geben konnten – mehr aber auch nicht.85 Alles Weitere hätten antike Kapitäne, wenn sie denn tatsächlich ein ihnen unbekanntes Gewässer hätten ansteuern wollen, sicherlich nicht irgendwelchen Periploi entnommen. Sie hätten sich Steuerleute mit den notwendigen Ortkenntnissen besorgt, den modernen Lotsen vergleichbar.86 Das alltägliche Seewesen war ganz offensichtlich frei von ‚Seehandbüchern‘, wie bereits am Beispiel der Fahrt des Apostels Paulus von Caesarea nach Rom skizziert wurde: Falls nötig, wechselte man in einem Hafen auf ein anderes Schiff, dessen Steuermann die vor einem liegende See aus eigener Ansicht kannte. 7. DAS MEER AUF DER TABULA PEUTINGERIANA Nach den literarischen kommen wir nun zu den bildlichen Quellen und müssen sogleich mit einer weiteren negativen Feststellung einsetzen: Die Antike kannte weder Seekarten noch Portolane.87 Aus dem Fundus der antiken Karten sind zwei in Form von mittelalterlichen Kopien auf uns gekommen, die sich für unsere Dis83 84 85

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Meyer (1998) 200. Zitat Peripl. m. r. 9. Bedauerlicherweise ist uns das Werk des Menippos von Pergamon, eines Zeitgenossen Strabons, nicht erhalten. Er war Verfasser eines Periplus des inneren Meeres in drei Büchern. Wie die Epitome (GGM I 566 § 3) nahelegt, scheint diese Schrift ein verstärktes nautisches Interesse gehabt zu haben. Peripl. m. r. 16 verweist ausdrücklich auf Steuermänner, die Ortskenntnisse besitzen. Der so genannte Schild von Dura-Europos, ein Kartenfragment mit Etappenzielen entlang der westlichen Schwarzmeerküste, geht ansatzweise in diese Richtung, ist aber doch eigentlich nichts anderes als ein gezeichneter Periplus. Als neues Artefakt wäre noch die 2003 gefundene Karte von Soleto zu nennen. Auf diesem Ostrakon (5,9 × 2,9 cm) ist in Form einer Ritzzeich-

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kussion eignen. Dies sind zunächst die als Kartenfamilie zu betrachtenden Exemplare im Codex Seragliensis und Vaticanus Urbinas Graecus 82 aus dem 13. Jahrhundert.88 Das vermutlich schönste Exemplar aus dieser Gruppe wurde oben bereits vorgestellt. Bei aller neuzeitlichen Wertschätzung muss man sich vergegenwärtigen, dass Ptolemaios wie alle weiteren mathematisch-astronomischen Geographen außerhalb einer extrem kleinen Wissenschaftler-Community in der Antike nicht rezipiert wurde, mithin also auch ihre Karten in den entsprechenden Werken keine öffentliche Resonanz hatten.89 Mit Karten nach Art des Ptolemaios ist in der Antike also kein Schiff in See gestochen, keine Seeschlacht geplant worden. Deutlich besser scheint die Verbreitungsquote bei den sogenannten chorographischen Karten gewesen zu sein, wozu die überlieferte Tabula Peutingeriana (TP) zählt.90 Die Ur-TP stammt vermutlich aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert und wurde bis ins 5. Jahrhundert im Kopierprozess mit neuen Binneninformationen angereichert, während hier und da ältere wegfielen. Die gezeichneten Landmassen blieben demgegenüber jedoch konstant. Zunächst fällt bei der TP nicht nur ihre charakteristische gestreckte Form auf, die auf das Beschreibmaterial zurückzuführen ist, eine Pergamentrolle, sondern auch das Fehlen großflächiger Meere. Um die bekannte Welt des dritten vorchristlichen Jahrhunderts auf einen Rotulus bannen zu können, haben die chorographischen Kartenmacher einerseits die Kontinente massiv gestaucht oder gestreckt. Andererseits mussten aus Platzgründen die Meere als eigenständige Fläche weichen. Dass der Kartenzeichner bei allen Unzulänglichkeiten dieses Verfahrens gar nicht ungeschickt agierte, sieht man daran, dass die seit Eratosthenes gebräuchliche genordete Perspektive in der Geographie und Kartographie weitgehend eingehalten werden konnte. Nach den bisher vorgestellten Quellentexten kann dieses bewusste Auslassen von Seeflächen nicht wirklich überraschen. Denn vom Meer wird primär der küstennahe Teil wahrgenommen und nur dieser in geographischen und historiographischen Texten behandelt, die offene See im Grunde literarisch wie realiter gemieden. Wenn man also auf einer Pergamentrolle ohnehin mit Platzproblemen zu ringen hat, dann war folgerichtig die unstrukturierte Meeresfläche zuerst entbehrlich. Dabei bedeutet diese Einsparung von Seefläche auf der TP noch nicht einmal einen Informationsverlust für ihre Nutzung, da Küsten wie Inseln durchaus charakteristische Eigenheiten bewahrt haben. Das Nildelta (Abb. 3) mit seinen zahlreichen Mündungsarmen ist ebenso zu finden wie das dreieckige Sizilien, der markante Peloponnes oder Istrien sowie das nördlich von Sardinien positionierte Korsika – um nur einige Beispiele zu nennen.91 Wie ferner einige Details verraten, muss die hel-

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nung das heutige Südapulien schematisch mit einigen Ortsangaben abgebildet. Hier wird man die weitere Forschung abwarten müssen. Mittenhuber (2009). Ptolemaios ist, wie die wenigen Erwähnungen bei späteren Autoren zeigen (Amm. 22,8,10; Marcian. peripl. 1,1; 2,2; Cassiod. inst. var. 1,25), nur spärlich rezipiert worden. Zur Neudatierung und den weiteren Ausführungen zur TP Rathmann (2013). Die TP ist kostenfrei und in brillanter Qualität abrufbar: http://aleph.onb.ac.at/F/?func=findb&find_code=IDN&request=AL00161171&local_base=ONB06&adjacent=N (1.10.2014).

Abb. 3: Auszug aus der TP; abgebildet ist unten Ägypten mit dem Nildelta und in der Bildmitte Kleinasien mit dem darüber liegenden Schwarzen Meer. Ausschnitt aus: K. Miller, Weltkarte des Castorius, genannt die Peutingersche Tafel, 2. Aufl., Ravensburg 1888.

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lenistische Ur-TP gerade im Küstenbereich deutlich mehr Information geboten haben, die aber allem Anschein nach im Kopierprozess über die Jahrhunderte als weniger wichtig angesehen und daher nicht weiter kopiert wurden. So finden sich am Bosporus wie in Alexandria noch Leuchttürme, an der Südspitze des Peloponnes hat sich noch der Rest einer periplusartigen Distanzangabe zwischen Boiai und der gegenüberliegenden Insel Kythera gehalten und im Süden Indiens wird vor Piraten gewarnt.92 Lediglich die zum Teil verunstalteten Inseln, vor allem in der Ägäis, passen nicht recht ins Bild. Hier kann nur vermutet werden, dass die mittelalterlichen Kopisten in den Klöstern für derartige maritime Details keine Auge oder zusätzlich auch kein zeichnerisches Talent hatten. Letzteres zeigt sich ohnehin sehr häufig. Und dennoch finden sich an zahlreichen Stellen noch Namen für Teilbereiche des Mittelmeers. Das heißt, dass auch in der ‚entkernten‘ TP Meeresflächen sehr wohl benannt sind. Damit ist dieses Artefakt im eigentlichen Wortsinn die visualisierte Version antiker Geographika von Autoren wie z. B. Artemidor, Strabon oder Plinius bis hin zu den Periploi. Wie diese übergeht die TP das offene Meer als zu vernachlässigende geographische Größe und konzentriert sich auf die Küsten. 8. FAZIT Fasst man abschließend die Teilergebnisse zusammen und blickt auf die eingangs formulierten Fragen, so ist eine Neubewertung der angeblich so Meer-affinen Antike notwendig.93 Natürlich stehen alle Aussagen unter dem Vorbehalt, dass wir von schmerzlichen Materialverlusten auszugehen haben, und vielleicht hätten die Werke des Timosthenes von Rhodos (FGrH V 2051) Über die Häfen oder Über den Oke­ 92

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Leuchtturm von Alexandria (s. Abb. 3): TP Seg. VIII C 3 (Alexandria); Leuchtturm am Bosporus bei Chrisoppolis [sic; = Chalcedon]: TP Seg. VIII A 1; Periplus an der Peloponnes: TP Seg. V B 1 (Traiectvs Stadior(vm) CC); Piraten an der Südspitze Indiens: TP Seg. XI C 5. Miller (1916) 394 vermutet, dass die seinerzeit noch lesbaren (?) Buchstaben über Sardinien Asice Sardinia als a Sic{i}(lia) Sardinia(m) bei ausgefallener Distanzangabe verstanden werden sollten. Damit hätten wir einen zweiten periplusartigen Eintrag auf der TP. Jedoch ist die Stelle heute fast unkenntlich und Talbert (http://www.atlantides.org/tprev/prm/TPPlace2930.html; 1.10.2014) bemerkt zu Recht kritisch: „Miller’s reading ‚Asice‘ is attractive, but I am very uncertain of the ‚A‘, while his ‚e‘ seems out of proportion to the other letters. He is surely too bold in suggesting that the distance from Sicily or Corsica to Sardinia is being recorded here.“ Schließlich könnte die beschädigte bzw. schwer zu lesende Notiz links von Korsika (TP Seg. II C 4: Port(vs) LVI G­ III naxo / ango portus. insula) der Rest eines möglichen dritten periplusartigen Eintrags sein. Die Feststellung von Schulz (2005a) 137–138 ist zumindest in einem zentralen Punkt zu korrigieren: „Denn eigentlich hätten gerade die Athener mit ihren raumgreifenden maritimen Strategien ein besonderes Bedürfnis nach einer verbesserten geographischen Erfassung der Welt entwickeln müssen, doch erneut bestätigt sich der Verdacht, dass Militärs [138] und Strategen auf die kartographischen Produkte der Intellektuellen weitgehend verzichteten, weil sie für die Praxis wenig hergaben.“ Griechen wie Römer haben sehr wohl eine verbesserte geographische Erfassung der Welt entwickelt und dies nicht nur unter militärischen Gesichtspunkten. Griechen wie Römer haben aber keine geographische Vorstellung des Meeres entwickelt, obwohl beide ‚Nationen‘ aktive Seefahrer waren.

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anos und seine Probleme des Poseidonios noch für Modifikationen in Details gesorgt. Aber in der Summe zeigen die überlieferten Zeugnisse ein klares Bild: Den Menschen der Antike ist das offene Meer fremd geblieben. Auch die neuzeitliche Bewertung, wonach das Mittelmeer der große, verbindende Faktor eben jener Mittelmeeroikumene gewesen sei, ist bestenfalls mit Abstrichen zu akzeptieren. Die See als geographische Größe existiert weder bei Strabon, Plinius oder Ptolemaios und erst recht nicht in den Periploi. Gerade letztere verraten mehr über den Landstreifen entlang der Küste als über die vorgelagerte See. Noch ein weiterer Gedanke kommt hinzu, den man in der Forschung vielleicht nicht ausreichend gewürdigt hat: die Bewertung des terminus technicus Periplus an sich. Denn er – und dies gilt auch für das Synonym Paraplus – richtet sich schon im Wortsinn auf das Land aus.94 Eine literarische Gattung, die reziprok zum Periplus vom Land aus konsequent das Meer mit seinen Untiefen, Klippen, Windverhältnissen oder Strömungen in den Blick genommen hätte, gab es in der Antike nicht. Es gab keine nautische Expertenliteratur peri kybernētikēs.95 Betrachtet man den Raumfaktor Meer, so ist das Fehlen von Distanzmessungen über das offene Meer in unseren Quellen symptomatisch. Die von Schulz vermutete Symbiose von römischen Agrimensorentechniken und griechischen Geographika hat es nicht gegeben. Sie bildet sich in den Quellen nicht ab. Der von Schulz zum Bindeglied in dieser Symbiose ausgerufene M. Terentius Varro scheidet ebenfalls aus. Was hätte Varro, schaut man sich die Inhalte der Periploi an, auch kombinieren können? Selbst wenn wir Varro die Funktion unterstellen, die Schulz ihm zuschreibt, so liefern die Periploi mit ihren Küstenbeschreibungen nicht die notwendigen Inhalte, auf die man die Techniken der Agrimensoren hätte anwenden können. Zudem entsteht auch keine literarische Gattung als Resultat jener Symbiose. Es gibt keine agrimensorischen Periploi. Wenn Livius also zum Jahr 182 v. Chr. den Agrimensorenterminus cardo auf die offene See überträgt, so muss erneut betont werden, dass der Text sich inhaltlich eindeutig auf die Küste ausrichtet und die Landmarken die entscheidenden Koordinaten bilden. Und wenn Plutarch im Zuge der Piratenbekämpfung des Pompeius davon berichtet, dass dieser das Meer in 13 Bezirke aufgeteilt habe, so wird er vor allem die Parzellierung der Küstenabschnitte mit ihren Häfen und Schlupfwinkeln gemeint haben. Denn genau hierzu haben wir mit den Periploi den entsprechenden Informationslieferanten. Dass das Meer in den Geographika nicht erscheint, wird von Strabon lapidar wie treffend kommentiert: Dies [= das Meer auf der Südhalbkugel] zu untersuchen liegt außerhalb des Bereichs der Geographie und ist vielleicht dem zu überlassen, der sich die Behandlung des Ozeans zur Aufgabe gemacht hat.96

94 95 96

Güngerich, (1975); Olshausen (2013) 40. Vgl. Meyer (1998) 194. Strab. 2,3,3 C 98: ὅπως δέ ποτε τοῦτ’ ἔχει, τῆς γεωγραφικῆς μερίδος ἔξω πίπτει· δοτέον δ’ ἴσως τῷ προθεμένῳ τὴν περὶ ὠκεανοῦ πραγματείαν ταῦτ’ ἐξετάζειν. Übersetzung S. Radt.

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Michael Rathmann

Überspitzt kann man also formulieren, dass die antiken Geographen sich für das Meer nicht zuständig fühlten.97 Diese Perspektive ist dennoch etwas verwunderlich, weil sich die Geographen seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. und erst recht ab Eratosthenes um kartographische Weltbilder erfolgreich bemühten und die offene See hierzu gehört. Das Fehlen von konkreten nautischen Informationen in den Periploi kann vermutlich nur damit erklärt werden, dass Händler ihren Konkurrenten zwar die eigenen Errungenschaften und die entdeckten, wirtschaftlich lukrativen Handelsplätze vorführen, diesen aber auf keinen Fall zu viel Informationen (Entfernungen, Ankerplätze, Wasserstellen, Untiefen usw.) verraten wollten. Damit wird das Genre in der Bewertung letztlich von einem Informationsmedium zu einem Erzählformat. Wer sich auf dem Meer orientieren wollte, suchte sich einen Steuermann, der das entsprechende Gewässer kannte, und wechselte auch bei Bedarf das Schiff. Denn bereits Polybios bemerkte in ähnlichem Zusammenhang, dass man das Steuern von Schiffen nicht aus Büchern lernen könne.98 Das Fahren zur See war ein praktisches Gewerbe, bei dem tradierte Erfahrungen und mündliche Wissensvermittlung entscheidend waren. Auch auf der politischen Ebene, hier sei nochmals an die Eingangszitate aus Thukydides erinnert, ist das Meer letztendlich keine wirkliche Größe. Mit der See, die es nach Thukydides für Athen zu beherrschen galt, ist nämlich nicht das offene Meer gemeint, sondern die Küsten, Inseln und Häfen. Etwas sarkastisch kann daher auch Dionysios von Halikarnassos zur Athener Seeherrschaft bemerken: Die Athener jedenfalls herrschten bloß 68 Jahre lang gerade einmal über die Küstengebiete.99

Die von Athen im Seebund beherrschte Wasserfläche, von der bei Thukydides die Rede ist, löst sich mit zeitlichem Abstand für einen Dionysios in ein Nichts auf. Es blieben auch hier nur die beherrschten Küsten. Die mentale Grundstimmung antiker Menschen, die zur See fuhren, scheint eine Sentenz bei Plautus gut wiederzugeben: Nichts Schöneres gibt’s für Seefahrer doch, Messenio, nach meiner Meinung, als wenn sie von hoher See das Land erblicken.100

Was jedoch verwundert, bereits kurz angesprochen wurde und gerade mit Blick auf die eingangs erwähnten maritim ausgetragenen Konflikte in der Antike unbeantwortet bleiben muss, ist das Fehlen von einschlägigen Informationen bei den Militärschriftstellern von Polyainos über Frontinus bis zu Vegetius.101 Dies mag daran 97 Ob Strabon in seiner Kritik auf die Schrift des Poseidonios Über den Okeanos und seine Pro­ bleme abzielt, ist nicht zu beantworten. Über dieses Werk liegen letztlich zu wenige Informationen vor, um es in diese Untersuchung zum Meer einzubinden. 98 Pol. 12,25d5–6. 99 Dion. Hal. ant. 1,3,2: Ἀθηναῖοι μέν γε αὐτῆς μόνον ἦρξαν τῆς παραλίου δυεῖν δέοντα ἑβδομήκοντα ἔτη καὶ οὐδὲ ταύτης ἁπάσης. Übersetzung N. Wiater. 100 Plaut. Men. 2,1: Voluptas nullast navitis, Messenio, maior meo animo, quam quom ex altro procul terram conspiciunt. Übersetzung P. Rau. 101 Vgl. z. B. Veg. mil. 4,31–46 ‚Regeln zum Seekrieg‘; hier geht es um allgemeine Dinge wie Schiffsbau. Lediglich einige Bemerkungen zum Wind (4,38) beziehen sich auf das Meer selbst; ebenso 4,39: „in welchem Monaten man sicher zur See fährt“; 4,40–41: „Anzeichen von Un-

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liegen, dass die besagten Autoren im Grunde weder richtige Militärtheoretiker noch Strategen waren, sondern Literaten, und die von mir unterstellten Informationen der römischen Mittelmeerarmada sicherlich als vertrauliches Dokument nicht in die Öffentlichkeit gespielt wurden. Doch damit verlassen wir den Bereich der fundierten Quellenarbeit.102

wetter“; 4,42: „Gezeiten“. Aber alle Ausführungen sind im Grunde recht banal. Bessere Auskünfte hätte ein Admiral in jedem Hafen von einem halbwegs erfahrenen Kapitän erhalten. 102 Für ihre konstruktive Kritik und Anregungen danke ich Irmgard Meyer-Eppler, Michael Herchenbach für die Karten.

PIRATERIE ALS DEFINITORISCHES MOMENT VON SEEHERRSCHAFT Christian Wendt WAS IST EIN PIRAT? Noah Chomsky legte seiner intellektuellen Polemik von 1986 mit dem Titel Pirates and Emperors. International Terrorism in the Real World die Frage nach der Differenzierung zwischen dem Handeln sogenannter Piraten oder Terroristen und dem von staatlichen Akteuren zugrunde und nutzte diesen heuristischen Ansatz zur Dekonstruktion vorgeblich legitimierten staatlichen Handelns.1 Dies tat er unter explizitem Rückgriff auf folgende von Augustinus berichtete berühmte Episode (civ. 4,4):2 Eleganter enim et veraciter Alexandro illi Magno quidam comprehensus pirata respondit. Nam cum idem rex hominem interrogaret, quid ei videtur, ut mare haberet infestum, ille libera con­ tumacia: Quod tibi, inquit, ut orbem terrarum; sed quia /id/ ego exiguo navigio facio, latro vocor; quia tu magna classe, imperator. Fürwahr wahr und fein war die Antwort, die ein aufgegriffener Pirat dem großen Alexander gab: Denn als der König den Mann befragte, ob es denn wahr sei, daß er das Meer unsicher gemacht habe, sagte dieser in freiem Stolz: „Was tust du mit dem Erdkreis anderes? Nur werde ich, weil ich mit einem winzigen Schiff unterwegs bin, Räuber genannt, du hingegen, weil du mit einer großen Flotte operierst, Herrscher (imperator).“

Daß die Bewertung eines Herrschers oder eines ganzen Staates unter Rückgriff auf eine Piratenemblematik vorgenommen werden kann, ist dabei kein Novum der spätantiken Literatur. Die Invektiven des Demosthenes gegen Philipp II. von Makedonien etwa zeigen, wie die Herabwürdigung eines Gegners auf diesem rhetorischen Pfad gelingen kann.3 Jedoch steht dabei keinesfalls zwingend die See als 1 2 3

Chomsky (1986), pointiert etwa 8: „attention is restricted to the terrorism of the thief, not the Emperor and his clients; on Them, not Us. I will, however, not observe these decencies.“ S. Chomsky (1986) 1. Demosth. or. 10,34 nennt Philipp II. von Makedonien einen λῃστὴς τῶν Ἑλλήνων; allerdings auch eine eigene Taktik bezeichnend: Demosth. or. 4,23: λῃστεύειν ἀνάγκη: „zunächst müssen wir wie Piraten/Diebe kämpfen“; als wiederkehrendes Motiv bei Cic. Verr. 1,1,2: Adduxi … praedonem iuris urbani; 2,4,23: Verum haec civitas isti praedoni ac piratae Siciliensi Phaselis fuit; oder auch 2,5,59: Exigere te oportuit navem quae contra praedones, non quae cum praeda navigaret; R. Gest. div. Aug. 25 als Charakterisierung von Sextus Pompeius ohne direkte Nennung: Mare pacavi a praedonibus; weitere Beispiele historiographischer Natur: Diod. 20,82– 83 für – eventuell reguläre – Truppenteile des Demetrios, dazu z. B. Wiemer (2002a) 122; ähnlich Pol. 4,68; s. auch die Charakterisierung ganzer Völkerschaften, etwa Pol. 4,3 zu den Aitolern (s. dazu etwa de Souza 1999, 73–76).

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Bezugsrahmen im Mittelpunkt, sondern die Belegung eines anderen bzw. einer anderen Partei mit Attributen von Kriminalität und Gefährdung.4 Dies liegt unter anderem in der mangelnden Trennschärfe der Begrifflichkeit begründet, die etwa unter Verwendung des Lexems λῃστ- sämtliche Handlungen von Brigandage bis Seeraub belegen kann, unerheblich, welchen Aggregatzustand der Untergrund der jeweiligen Aktion auch aufweist, sei es Wasser, sei es Scholle.5 Die (vorwiegend) negativ besetzte Handlung wird demnach stärker in den Vordergrund gestellt als die Spezifika des Seeraubs. Tacitus läßt den wohl fiktiven britannischen Anführer Calgacus die Römer in seiner Schmährede6 noch expliziter als Piraten charakterisieren, als es der pontische König Mithridates VI. in einem von Sallust überlieferten oder konstruierten Brief tat.7 Bezeichnet der sallustische Mithridates die Römer als latrones gentium, also als „Räuber der Völker“, die an ihren Beutezügen, ob nah, ob fern, kaum gehindert werden könnten, spricht der Britannier im taciteischen Agricola von raptores orbis („Räubern des Erdkreises“), die nach Ermangelung weiterer terrestrischer Ziele nun das Meer durchkämmten (30,4): Raptores orbis, postquam cuncta vastantibus defuere terrae, mare scrutantur

Deutlich wird hier die Gleichsetzung der Politik Roms mit Seeräuberei betrieben – wobei auch aufscheint, daß die ursprünglich terrestrisch orientierte Kriminalität nun auf die See ausgedehnt wird, dementsprechend keine grundlegend wertende Differenzierung zwischen Räuberei und Seeraub vorgenommen wird –, und was zunächst wie eine Perspektivumkehr wirkt, die einen erwünschten rhetorischen Effekt erzielen soll, wird im folgenden zu einem Bild fälschlich angenommener Herrschaft entwickelt (30,4): Auferre trucidare rapere falsis nominibus imperium … appellant. Plündern, morden und rauben nennen sie mit falschem Namen Herrschaft.

Tacitus läßt Calgacus also nicht allein die Perspektive der Romgegner aus der Reichsperipherie einnehmen, sondern er präsentiert auch eine zunächst noch negativ gehaltene Definition von imperium; die beklagte Begriffsverwirrung – ein berühmtes Motiv seit Thukydides8 – unterstreicht den grundsätzlich mitverstandenen wahren Kern dieser Art von Gewalt: Ein Inhaber von imperium und auch ein sich auf diesem begrifflichen Fundament bewegendes Reich ist a priori verpflichtet, das Gegenteil derer zu verkörpern, die sich plündernd, mordend und raubend betätigen – das imperium also steht im weitesten Sinne für Ordnung, wohingegen der raptor 4

5 6 7 8

Die spezifische Zuschreibung, die mit dem Wasser verbunden ist, existiert in allgemeinerer Form etwa bei Homer: Formel der Begrüßung bei Nestor (Od. 3,69–74) und Polyphem (Od. 9,261–264), Laodamas über das Meer als Übel (Od. 8,138–139); bei Plato: leg. 705a u. 823b, das Meer als verderblich für die Seele. Ormerod (1967) 59–60; de Souza (1999) 9–12; Heller-Roazen (2010) 42. Tac. Agr. 30–32; zur Calgacus-Rede s. z. B. Martin (1981) 43–44; Syme (1958) 528–530; den realen Gehalt kontextualisierend Mosley (1991). Sall. hist. 4,69 M. Thuk. 3,82,4.

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der eindeutig belegte Ordnungsstörer ist.9 Bei Augustinus mutiert dieser Anspruch im oben erwähnten Zusammenhang zu einer moralischen Maxime, wenn es heißt (civ. 4,4): Remota itaque iustitia quid sunt regna nisi magna latrocinia? Quia et latrocinia sunt nisis parva regna? Was sind schließlich Reiche ohne Gerechtigkeit andres als große Räuberbanden, da doch Räuberbanden nichts sind als kleine Reiche?

Auf die Piraterie bezogen, finden sich also wiederholt Bezüge im antiken Schrifttum, die das Verhältnis zwischen legitimer staatlicher Gewalt und illegitimer, in diesem Fall piratischer Handlung thematisieren.10 Eine moderne literarische Referenz in der Verarbeitung dieses Verhältnisses ist Bertolt Brecht, der in den Geschäf­ ten des Herrn Julius Caesar eben die sogenannten Piraten als Händler, dagegen die vorgeblichen Opfer und Gegner der Piraterie als deren bloße merkantile Konkurrenz agieren läßt11 – „pirates and emperors“ wären demnach, ähnlich wie bei Chomsky, erneut ein- und dasselbe. Ist diese These nun eine Perspektivverdrehung oder eher eine -erweiterung? Sind Piraterie und Seemacht letztlich aus dem gleichen „faulen Keime“ (wie Jago im Verdi-Boitoschen Otello es formuliert) geboren? Diese eigentümliche Verbindung soll hier anhand dreier Beispiele überprüft werden, die exemplarisch für diese Fragestellung herangezogen werden können, auch wenn sie womöglich keine theoretischen oder theoriefähigen Befassungen mit dem Verhältnis zwischen Piraterie und Seemacht enthalten. Es handelt sich dabei um die sogenannte ‚Archäologie‘ Griechenlands aus dem Werk des Thukydides, den Konflikt Roms mit der illyrischen Königin Teuta, wie ihn uns Polybios überliefert, sowie die Rede Ciceros De provinciis consularibus aus dem Jahre 56 v. Chr., in der auch das Ergebnis von Pompeius’ Kampf gegen die Seeräuber thematisiert wird. Alle drei Exempla bezeugen neben der spezifischen thematischen Befassung die Einbettung des Phänomens in eine größere Reflexion, die sich mit der Bildung und dem Zustand von Reichen bzw. Machtballungen auseinandersetzt. Somit sind sie besonders geeignet, um nicht allein die Einstellung der Autoren gegenüber der Piraterie (oder deren Nutzung des Bezugs) zu eruieren, sondern auch den spezifischen systemischen Rahmen dieser Darlegungen aufzuzeigen, d. h. mit welchen grundlegenden Annahmen und Positionen die Behandlung der Piraterie verwoben ist. 9 10

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S. zum Verhältnis von Ordnung und Piraterie Heller-Roazen (2010) 45; Lundgreen (2014b) 43; Meißner (2012) 29. Jüngst ebenfalls diese definitorische Basis betonend Lundgreen (2014b), der Piraterie als Antagonismus zum Verständnis von Staatlichkeit konzeptualisiert (43); de Souza (1999) mit dem Ansatz, das sukzessive Sich-Herausbilden eines überhaupt negativen Piratenbildes zu zeigen, anstatt es von Beginn an zu setzen (12). In seiner Konstruktion werden von Brecht die Interessen von Handel, kapitalstarker „City“ und einzelnen nobiles, die am Profit beteiligt werden wollten, als gleichrangige Antriebe für politisches Handeln gegenübergestellt; die berühmte Piratenepisode in den Caesarviten von Plutarch und Sueton wird in dieser Werkkonzeption so kurzerhand wie köstlich umgedeutet und Caesar selbst als Sklaven schmuggelnder Konkurrent dargestellt, der seinem Profit verpflichtet ist, nicht der Wiederherstellung seiner Ehre: Buch 1: „Karriere eines vornehmen jungen Mannes“.

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THUKYDIDES Seinem Bericht vom Peloponnesischen Krieg schickt Thukydides einen Abriß der Entwicklung der griechischen Situation voraus, der in vielem als motivische Vorwegnahme seiner Behandlung der Kriegsgeschehnisse gelten kann.12 Der Aufstieg Griechenlands bzw. das Erreichen des zivilisatorischen Status vor dem Krieg ist in der thukydideischen Darstellung untrennbar mit der Entwicklung von Seefahrt und maritimer Politik verbunden.13 Dabei fällt insbesondere auf, daß die Ausbildung größerer Machtgefüge zur See nicht als voraussetzungslos oder naturgegeben geschildert wird. Die Kunde der häufig so genannten ‚minoischen Thalassokratie‘14 in 1,4 gibt Thukydides keinesfalls als mythische Großtat wieder, sondern als kühl berechnete Politik zur Kontrolle relevanter Gebiete. Zum Bild dieser Kontrolle nun zählt, beinahe wie selbstverständlich, die plausible (ὡς εἰκός) Annahme, Minos habe den Seeraub (τò λῃστικόν) nach Kräften und mit gutem Erfolg bekämpft, mit der Intention, seine Einkünfte zu verbessern.15 Tatsächlich wird auch der Erfolg dieser Strategie in 1,8 festgehalten, da der Wohlstand der Siedlungen und seiner eigenen Kolonien anwuchs, während den Übeltätern (κακοῦργοι) auf den Inseln Einhalt geboten werden konnte, dementsprechend eine stärkere Konzentration von Gütern erreicht wurde. Daß hierin ebenfalls ein Motor des Fortschritts lag, ist unübersehbar, so wie Thukydides den Seeraub an und für sich als ein Relikt der alten, schwächeren Zeiten kennzeichnet – inwiefern er diese als tatsächlich überwunden erachtet, fällt in einen anderen Bereich, der hier unerörtert bleiben muß. Der zivilisatorische Akt aber, der in dem ursprünglich am eigenen Profit – und damit der gleichen Intention wie der Piraterie betreibenden Hellenen (1,5) – orientierten Vorgehen gegen die Seeräuber liegt, wird unterstrichen, die Rückständigkeit, das Entwicklungshemmnis, das die Piraterie darstellt, betont. Im Umkehrschluß bedeutet das, daß Fortschritt für Thukydides grundlegend mit der Schaffung geordneter Zustände einhergeht, Ordnung allerdings erst aus dem Chaos heraus entstehen muß, 12 13

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S. etwa Jaeger (1973) 483: „die Kriterien dessen, was ihm an der eigenen Zeit bedeutend vorkommt“. Diese grundsätzliche Auffassung wird von vielen Stimmen der Forschung geteilt (etwa Schulz 2011), von manchen gar massiv überbewertet, s. stellvertretend Hornblower (1991) 3, der die Funktion der einleitenden ‚Archäologie‘ wie folgt zusammenfaßt: „His second aim is to demonstrate the importance of sea power“, und Saïd (2011) 74–76, die zu selbstverständlich von einem eindeutigen Bild der maritimen Potenz Athens bei Thukydides ausgeht, das dieser angeblich in die Vorzeit rückprojiziert und so die Seemacht als zivilisatorischen Faktor besonders unterstrichen hätte; so auch Schulz (2011) 71; ähnlich schon fälschlich Jaeger (1973) 484: „Thukydides stellt sich vor, daß die Flotte des Minos eine straffe Seepolizei wie zu seiner Zeit die attische Marine ausgeübt hätte“ – nichts davon findet sich im Text, sondern setzt nachgerade eine vorgebildete Phantasie voraus, die die Problematik der Anwendung moderner Kategorien greifbar macht. Ebenfalls verfehlt Meißner (2012) 28, der unter Bezug auf nicht im mindesten seine Aussage stützende Passagen folgende grundsätzliche Interpretation vertritt: „Thukydides […] entwarf eine solche Perspektive entwicklungsgeschichtlich und als Bild einander ablösender Seeherrschaftssysteme (Thalassokratien)“, und 29 ähnlich wie Hornblower und Saïd. Zur Problematik des Begriffs ‚Thalassokratie‘ grundlegend H. Kopp in diesem Band. Thuk. 1,4: τοῦ τὰς προσόδους μᾶλλον ἰέναι αὐτῷ.

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um die alte, erfolglose Zeit zu überwinden.16 Das Piratische also erscheint hier als das Grundproblem der Anarchie, die die Genese von Ordnung bedingt: Die Reichsbildung baut auf der Piraterie auf, und das einzige, das Minos von den Seeräubern unterscheidet, ist sein Streben nach einer großräumigen Kontrolle, mithin sein imperialer Anspruch – Burkhard Meißners Begriff der „Monopolpiraterie“ trifft hier voll zu.17 Damit geht die Analyse des Thukydides noch deutlich weiter, als die Piraten allein als Störer der Ordnung zu zeichnen:18 Das Spannungsverhältnis, die Friktion zwischen zwecks Machterwerb und -festigung an Ordnung orientierten Akteuren und den Gegnern, die ihre Potentiale eben dem Fehlen organisierter Ordnung verdanken, ist Leitmotiv der Darstellung, mithin das freie Spiel der Kräfte. Thukydides wertet in diesem Konflikt höchstens implizit, sofern ihm unterstellt werden darf, dem ordnenden Fortschritt einen grundsätzlich positiven Effekt zuzuweisen: Das Erfolg versprechende bzw. das stärkere machtpolitische Potential bergende Modell legitimiert sich faktisch, keinesfalls moralisch oder a priori – allein die Effizienz macht die seemachtgestützte Reichsbildung zum dem Seeraub historisch überlegenen Entwurf. Ebenso wird das Wachstum Korinths in 1,13 gezeichnet: Und als dann die Hellenen Seefahrer wurden, legte es [Korinth] sich die Schiffe zu und unterdrückte den Seeraub; und indem es einen Markt bot auf Land- und Seeweg, wurde es durch das zuströmende Geld eine mächtige Stadt.

Die gleichen Parameter wie für Minos kommen hier zum Tragen, wenn es um die Abbildung des maritimen Aufstiegs geht: Den technischen Fortschritt nutzend, begreift Korinth wie ehemals Minos seine Chance darin, den Seeraub (τò λῃστικόν) zu bekämpfen und über den zur See gesicherten Zufluß von Geldmitteln (χρημάτων προσόδῳ) seinen Machtausbau zu betreiben. Erneut wirkt die aufstrebende Macht als der Motor einer Entwicklung, und sie legitimiert sich über die Ordnung, die sie über ein Gebiet legt. In jedem Fall entsteht auch hier ein größeres Gebilde auf Kosten derer, die als Seeräuber charakterisiert werden – die Kanalisierung der Geldund Warenströme sorgt für die Aufrechterhaltung des einmal erhobenen Anspruchs, so daß der Impuls zur Piratenbekämpfung als die Begründung des Zugriffs auf das Meer als zu kontrollierender Infrastruktur zu bewerten ist. Erneut ist die Verknüpfung von politischem und ökonomischem Kalkül entscheidend, das Niederhalten der Piraterie somit Teil eines komplexeren Modells, als es die bloße Abwertung der Seeräuber als Ordnungsstörer nach sich ziehen könnte – erneut wird Ordnung ja erst aus dem Chaos heraus geboren. Die Scheidung also zwischen Seemacht und Piraterie ist hier bedingt durch den Willen zur Kontrolle, die Dimension der Rüstung, die mittel- bis langfristige Organisation. Legitimierend wirkt zunächst nichts außer dem Umstand, daß eine erfolgreiche, fortschrittssichernde Macht ihre eigenen Vorstellungen einem bis zu diesem 16 17 18

Ähnlich Foster (2010) 16; s. Fosters gesamtes Kapitel zur ‚Archäologie‘ (Kap. 1) als in der Tendenz überzeugende Interpretation ihrer narrativen Funktion, bes. 42: „The story of Greece’s long progress to the catastrophe of the Peloponnesian War“. Meißner (2012) 29; ebenso Saïd (2011) 69: „regulated piracy on a grand scale“. So aber deutet Lundgreen (2014b) 43 die thukydideische Intention.

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Zeitpunkt ungeordnet wirkenden Gebiet aufzwingt – dies ein Prozeß, der durchaus auf die Akzeptanz anderer stoßen kann.19 Daß in dieser Darlegung mitschwingt, von wie kurzer Dauer der Zustand der Kontrolle teils war, ist für die definitorische Funktion der Piraterie zweitrangig, denn die Rollenverteilung ist eindeutig:20 Seeräuber sind die durch ihre rückständige Unordnung gesetzten Antipoden eines jeglichen Reichs- oder Machtgedankens, der dementsprechend nur durch die Schaffung oder Existenz von Seemacht durchzusetzen ist. Piraten sind daher für Thukydides ein entscheidender Faktor in der Entstehung von Seemächten – allerdings ist ihm damit noch nicht zu unterstellen, er favorisiere die eine oder andere Seite oder gar, er halte ein Plädoyer für die Notwendigkeit der Ausbildung einer Seemacht.21 POLYBIOS Für Polybios verhält es sich etwas anders. Die in seine Aufstiegsgeschichte des römischen Imperium integrierte Darstellung des Umgangs mit Piraterie ist nicht gleichzusetzen mit dem ersten Keim von See- und Großmachtsgenese, der bei Thukydides erörtert wird. Denn der entscheidende Schritt auf das Wasser wird von Rom bereits im 1. Punischen Krieg gewagt, der in die Gewinnung der Vorherrschaft zur See und in die – vorübergehende – Schaffung einer Seemacht mündet.22 Gewiß sind die überlieferten und in ihrer Historizität jeweils zweifelhaften Verträge mit Karthago (3,22 ff.) ein Ausweis, daß Piraterie schon früh ein politischer Topos war, der Erwähnung in Abkommen dergestalt finden konnte, daß deren Einhegung zu Aufgaben von Partnern gehörte.23 Die Entstehung einer Macht zur See wird hierin jedoch nicht bewußt gespiegelt.24 Indes scheint der Konflikt Roms mit der illyrischen Königin Teuta – häufig als ‚Piratenkönigin‘ apostrophiert – besonders erhellend für die hier aufgeworfene 19 20

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Thuk. 1,8: „mit Aussicht auf Gewinn begaben sich die Schwächeren unter das Joch der Stärkeren“ (ἐφιέμενοι γὰρ τῶν κερδῶν οἵ τε ἥσσους ὑπέμενον τὴν τῶν κρεισσόνων δουλείαν). Allerdings ist es bemerkenswert, daß Thukydides die großen Seemächte offenbar als vergängliche Phänomene ansieht und ihnen keinesfalls einen besonderen Rang einräumt – dies gilt insbesondere, wenn der grundsätzlich negative Duktus des Autors gegenüber der schwächlichen Vorzeit und den eher gering zu veranschlagenden Leistungen der Hellenen einbezogen wird, s. 1,18 u. 1,3,1. Insbesondere vor dem Hintergrund, daß Thukydides den zivilisatorischen Fortschritt, der auch durch die Seemächte erreicht wurde, nicht allzu hoch veranschlagt, s. Anm. 20. Ihr baldiger Verlust (s. Pol. 1,64; Liv. 26,35–36 u. 44,20,6) steht der Betonung der Ausbildung einer derartigen Stellung nicht entgegen, ist allerdings ein Indiz für die Dynamik des Phänomens selbst. Zu den Verträgen s. etwa Zimmermann (2013) 4–18, insbesondere zum sogenannten Ersten römisch-karthagischen Vertrag und dessen Klauseln zur Piraterie 6–8. Insofern sind überzeichnete Interpretationen wie die von Toynbee (1965) I, 32 („The Carthaginian navy constituted a ‚wooden curtain‘ behind which Carthage screened off the southern half of the western basin of the Mediterranean until the Romans wrested her naval supremacy out of her hands in the First Romano-Carthaginian War“) mit Hinweis auf die Teilung des Mittelmeers durch die bei Polybios überlieferten Verträge wohl eher frühneuzeitlichen Vorbildern geschuldet (Vertrag von Tordesillas), als daß sie antike Zustände abbilden könnten.

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Frage. Im Jahr 230 v. Chr. sah sich Rom zum Handeln gezwungen, als illyrische Angriffe auf italische Händler bei Phoinike zu großen Verlusten geführt hatten – und dies, obwohl lange nicht gegen illyrische Übergriffe eingeschritten worden war. Römische Gesandte brachten die Forderung vor Teuta, dafür zu sorgen, daß solche Vorfälle unterblieben, und am Ende einer als konfliktreich geschilderten Auseinandersetzung, die zum Resultat den Mord an einem der Gesandten hatte, stand der Kriegsbeschluß Roms gegen Illyrien (2,8). Teuta hingegen weitete die piratischen Handlungen aus und unterstützte derlei Initiativen nach Kräften. Es kam, wie es nach Polybios kommen mußte: Teutas Frevel wurde bestraft und ihr Ehrgeiz beschnitten, Illyrien und die umliegenden Gebiete im Sinne Roms geordnet, die Expedition an die östliche Küste war ein Erfolg.25 Wesentlicher als diese im einzelnen nicht mit Gewinn zu rekonstruierenden Vorfälle ist die dem Bericht vorangestellte Einbettung in einen größeren politischen Kontext durch Polybios (2,2): Um dieselbe Zeit gingen die Römer zum ersten Mal nach Illyrien und in die dortigen Teile Europas mit Heeresmacht hinüber, ein Ereignis, das diejenigen nicht beiläufig, sondern mit Aufmerksamkeit betrachten müssen, die unserer Absicht gemäß das Wachstum und die Befestigung der Herrschaft Roms – das große Thema meines Werkes – wahrhaft begreifen wollen.

Die von der Tyche gewünschte und unterstützte Ausdehnung Roms26 steht also im direkten Zusammenhang mit der Piraterie Teutas, deren erfolgreiche Bekämpfung als Wachstum und Befestigung der römischen Herrschaft (αὔξησιν καὶ κατασκευὴν τῆς Ῥωμαίων δυναστείας) verstanden wird. Erneut ist hier die Dichotomie von Ordnungsmacht und Chaos grundlegend: Das Imperium, das lange mit anderen Herausforderungen zu kämpfen hatte, erhebt im Moment der Übernahme der Vorherrschaft den Anspruch auf geordnete, sichere Zustände auch in Gebieten, die bislang nicht direkt kontrolliert wurden – und dies gilt ebenso zur See. Die polybianische Erzählung ist beredter Ausweis für das Bedürfnis Roms, als der legitime Patron des Mittelmeerraums zu erscheinen,27 selbst wenn es noch keine offiziellen Beziehungen zu Völkern, Poleis und Stämmen an der dalmatischen Küste unterhielt – hier unterrichtet uns der Autor darüber, daß der Abschluß von amicitia- bzw. φιλία-Verträgen und die Aufnahme in fidem respektive εἰς τὴν πίστιν erst nach der Überfahrt stattfanden (mehrfach in 2,11), Rom sich dementsprechend zunächst ohne eindeutige Rechtsgrundlage in die örtlichen Händel eingemischt hatte. In diesem Zusammenhang definiert sich die Seemacht demnach als eine solche, indem sie in der Lage ist, Ordnung auch zur See einzufordern und durchzusetzen – die Piraterie dient dementsprechend als Legitimationsgrundlage für Expansion und imperialen Anspruch. Dies gilt vor allem, weil sich eine zur See aktive Macht von Piraten absetzt und aus dieser Unterscheidung Handlungsmaximen wie -möglichkeiten ableitet. Es wirkt hier geradezu wie die immanente Aufgabe, wie der Wesenskern der vorherrschenden Seemacht, gegen die Piraten vorzugehen.28 Und 25 26 27 28

Zur Darstellung in den Quellen s. etwa de Souza (1999) 76–80. Pol. 1,4,1. S. Heller-Roazen (2010) 60–61. Dieses Motiv ist keinesfalls neu, s. Plut. Kimon 8; Nep. Them. 2,3.

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wenn, wie es Theodor Mommsen in der Römischen Geschichte formulierte, Roms „Seeherrschaft“ im illyrischen Konflikt „zur vollen Anerkennung gebracht“ worden war,29 so erhellt aus dieser Episode auch das Bedürfnis des Imperium nach einem gegnerischen Moment, das zur Selbstdefinition, fast zur Selbstvergewisserung dient30 – die piratischen Illyrer, gar noch unter der Ägide einer irrational handelnden Frau,31 bieten diese Folie der Unordnung, die die Zwangsläufigkeit des Prozesses, wie sie bei Polybios angelegt ist, wie natürlich (oder: gemäß dem Plan der Tyche) erscheinen läßt. In diesem Fall wird der Leser also nicht wie bei Thukydides mit dem zivilisatorischen Moment der Entstehung von Seemacht durch Loslösung von der Piraterie konfrontiert, die Abgrenzung des Reichs von den Piraten aber gewinnt den gleichen definitorischen Stellenwert. Für Rom erweitert sich die Definition sogar um einen entscheidenden Aspekt: Erst durch Seemacht, und zwar die als eindeutig nichtpiratisch gezeigte, ist der Anspruch auf ein Großreich zu erheben. Was von Polybios als der Tyche gefälliger expansiver Akt interpretiert wird, ist allein ermöglicht durch die dem Leser plausibel gemachte Vorstellung, Rom ordne auch maritime Räume wie die adriatische Küste und sei dazu aufgrund seiner Sendung wie seiner Macht legitimiert. So gewinnt der Pirat (oder hier: die Piratin) einen wichtigen Rang in der Entstehung und der Begründung des Weltreichs Rom.32 CICERO Ciceros im Jahr 56 v. Chr. gegebene suggestive Zustandsbeschreibung des römisch beherrschten Mittelmeers nach den Erfolgen des Pompeius fügt sich in diese Vorstellung ein (prov. 31): tamquam unum aliquem portum tutum et clausum teneri

Die Metapher des Wasserraums, der als einem einzigen sicheren und abgeschirmten Hafen vergleichbar bezeichnet wird, evoziert die Dienstbarkeit, die eindeutig ungestörte Nutzung, die Kontrolle als grundlegendes Verhältnis zwischen Rom und ‚seinem‘ Meer.33 Daß dieser Zustand erreicht ist, nachdem endlich der Piraterie Einhalt geboten worden war, ist mehr als eine Randnotiz, sondern zeigt, wie entscheidend die Vorstellung der Überwindung des Ungeordneten, dem Imperium Gegenläufigen war und wie eng der Nexus zwischen Seeraub und – postulierter – Meeresbeherrschung gedacht wurde. Die Unterdrückung der Piraterie wird somit rhetorisch zum letzten Glied in der Kette, die zum Zustand der kontrollierten See führt, zur letzten 29 30

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Mommsen (1881) 549–550. Insofern ist das Vorhandensein von Piraterie nicht allein Ausweis mangelnder bzw. schwacher Staatlichkeit (so Lundgreen 2014b, 43), sondern es bettet sich in das Narrativ der Selbstzuschreibung von (staatlicher?) Legitimität ein, da das Moment der Gegnerschaft entscheidender ist als das Phänomen selbst. Pol. 2,8,12: „nach Weiberart“ (γυναικοθύμως). Zur Parallele mit dem britischen Weltreich s. Bohn (2013) 38. S. auch Cic. nat. 2,150–153 zur Möglichkeit der Kontrolle der See.

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Hürde, deren Überwindung Roms legitimen Anspruch auf absolute Herrschaft erstmals verwirklicht. Längere Zeit war die römische Großmacht, bedingt durch innere politische Entwicklungen, die Destabilisierung des römischen Ostens sowie auch eigene Interessen an der Aufrechterhaltung reizvoller Handelsbeziehungen zu den Kilikiern,34 nicht in der Lage gewesen, der grassierenden Gefahr, die von der Seeräuberei ausging, Herrin zu werden.35 Je nach Überlieferungsstrang mehr oder minder gewaltige Geschwader36 der unter dem Sammelbegriff der kilikischen Piraten zusammengefaßten Akteure machten daher das Mittelmeer zu ihrem Operationsgebiet und brachten Rom durchaus in massive Bedrängnis, über Entführungen hochrangiger Persönlichkeiten, Plünderung von Heiligtümern, Attacken selbst auf nahe Häfen bis hin zur Kappung der Getreidezufuhr und daraus angeblich resultierenden Versorgungsengpässen in der urbs Roma selbst.37 Erst die neuartige Strategie des mit quasi unerschöpflichen Mitteln ausgestatteten Feldherrn Pompeius im Umgang mit dem Rom herausfordernden Wasserraum hatte es ermöglicht, das gesamte Mittelmeer einer Landmasse gleich zu betrachten und zu behandeln,38 und die auf Planquadrate verteilten Patrouillen waren tatsächlich immerhin für einen gewissen Zeitraum in der Lage, das Gefühl von Sicherheit und Beherrschung zu erzeugen. Daß der Kampf gegen die kilikischen Piratenverbände mit durchschlagendem Erfolg geführt wurde,39 war der Auslöser für einen Perspektivwechsel auf die See als direkt zu kontrollierendes Element40 – der Anspruch Roms wuchs parallel mit der Problematik, die durch ein, modern gesprochen, asymmetrisches Kriegsszenario verdeutlicht worden war, und umfaßte nun mehr als nur die Vorherrschaft zu Wasser samt der bloßen Sicherung der ungestörten Schiffbarkeit. Man hatte gelernt, hatte lernen müssen, daß eine Macht mit Ambitionen auf die Beherrschung der Oikumene die Wasserräume nicht vernachlässigen durfte, ohne damit auch ihren Anspruch auf unanfechtbare Suprematie aufzu34 35

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Strab. 14,5,2. Die in Details divergierenden Darstellungen bei Plutarch (Pompeius 24–25), Appian (Mithr. 92–93) und Cassius Dio (36,20–23) entwickeln alle das Bild einer zu lange inaktiven Großmacht, auch wenn Initiativen wie die des Antonius oder des Servilius dabei in teils unzulässiger Manier ausgeblendet werden (s. neuerlich nun Day 2017); narrativ wichtig scheint den Autoren insbesondere die Zuspitzung auf den von Pompeius geführten Konflikt zu sein. Die Divergenz bzw. mangelnde Logik in den einzelnen Überlieferungen (s. etwa App. Mithr. 92,417 zu den gewaltigen Geschwadern, die 93,425 stets unbemerkt entfliehen konnten und dem Krieg so etwas Unsichtbares, Unfaßliches verliehen, 93,426: οὐδὲ βέβαιον οὐδὲ φανερόν) lassen Zweifel am Wert der einzelnen Information aufkommen – für den hier verfolgten Gedanken indes ist die Frage nach der realen Bedrohung nicht entscheidend. App. Mithr. 93,424 zum Hunger in Rom; zu den Details der kilikischen Aktionen in der Überlieferung s. die bereits angegebenen Stellen bei Plutarch, Appian und Dio. Dazu besonders Schulz (1998) 131. S. jedoch M. Rathmann im vorliegenden Band. De Souza (1999) mit massiven Zweifeln an dieser Darstellung, z. B. 179. In verfehlter Deutung der von Bleckmann (2002) – etwa 116 („provincia der Seekriegführung“) – zutreffend benannten Aufgabe des Duilius im 1. Punischen Krieg nimmt nun Ladewig (2014) an, schon früh habe eine Übertragung einer das Meer als Raum umfassenden provincia stattgefunden – zumindest erschließt sich dieses Verständnis aus den Ausführungen etwa 93, 100 und passim.

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geben. Damit gehört die See und ihre wie auch immer genau zu fassende Beherrschung nun zum definitorischen Kanon einer Weltmacht.41 Piraterie ist auch in diesem Prozeß das auslösende Moment. Damit wird auch sie Bestandteil der Autodefinition des Großreichs, denn sie repräsentiert die negative, ja geradezu die inverse Definition von Welt- und damit nun auch Seemacht.42 Wenn daher Kathryn Welch in ihrer 2012 erschienenen Monographie über Sextus Pompeius wie selbstverständlich äußert: „‚Freeing the sea of pirates‘ […] was a claim to legitimate hegemony and patronage over the Mediterranean“,43 so finden sich sicher genügend Beispiele für eine derartige Wahrnehmung. Die Frage allerdings, aus welchen Quellen sich ein derartiger Anspruch speist, ist damit nicht beantwortet. Denn die Bekämpfung von Piraterie ist nicht allein Legitimationsgrundlage von Handlungen oder Machtstellungen, sondern darüber hinaus ein entscheidender Faktor in der Genese bzw. im genetischen Narrativ von Seemächten. Die werdende Staatlichkeit,44 die Herausbildung monopolisierter Ordnungen und Herrschaftsansprüche, die damit verbundene Idee von Prosperität – dies sind Parameter, die sich besonders eingängig am Gegenpol der als illegitim und entwicklungshemmend gezeichneten Seeräuber verdeutlichen und auch verinnerlichen lassen. Insofern ordnen sie sich leicht in ein teleologisches Geschichtsbild ein. Neben diesem grundsätzlichen Mechanismus wird die Idee im Zusammenhang mit der Bildung von Großreichen gesondert zugespitzt: Sobald ein Weltreich nicht mehr ohne die Beherrschung oder Kontrolle der See vorstellbar ist,45 gewinnen die Piraten einen virtuellen Stellenwert, der über die ursprüngliche Vorstellung der Sicherung von Einkünften einer Macht, die sich den Anspruch auf Ordnung und Einflußkonzentration schafft, weit hinausgeht. Denn nun sind Piraten eine zu überwindende Etappe auf dem Weg zur Herrschaft, zur Weltherrschaft,46 und sie gestalten so passiv das Narrativ des Werdens großer Mächte. Damit wird eine weitere Folgerung verbunden, die definitorischen Charakter besitzt: Letztlich stellen Weltreiche tatsächlich übergreifender Prägung (nach Polybios) in der Abstraktion die Loslösung aus der Piraterie, die Abgrenzung vom Chaos, die Repräsentation von Ordnung dar – keinesfalls handelt es sich also im polybianischen Narrativ um eine 41 42

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Schulz (2003) 32: das Mittelmeer wurde zu einem „integralen Teil des Imperiums“; dagegen Heller-Roazens etwas lapidare Feststellung, die Alten hätten „zugestanden, dass das Meer keinem Herrn eigen sein kann“, Heller-Roazen (2010) 73. Jedoch ist festzuhalten, daß der Piraterie durchaus Attribute von Seemacht zugeschrieben werden; dies geschieht jedoch vornehmlich, um das Irreguläre der Situation zu kennzeichnen, den illegitimen status quo: Strab. 14,3,2: die Kilikier wie ein schlechtes Beispiel zur „Seeherrschaft“ (θαλαττοκρατησάντων) gelangt. Besonders sichtbar wird dies anhand der vorwurfsvollen Feststellung, den Piraten sei die Vorherrschaft zur See regelrecht überlassen worden, explizit Strab. 14,5,2 über die Römer: „das Meer überließen sie den Kilikern“ (τὴν δὲ θάλατταν τοῖς Κίλιξι παρέδωκαν); ebenso App. Mithr. 93,422. Welch (2012) 24. Zu diesem Begriff neuerlich problematisierend Lundgreen (2014b). Wie lückenhaft oder unzureichend eine derartige Kontrolle fast zwangsläufig sein mußte, ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich; es ist entscheidend, ob der Anspruch zur Autodefinition gehört. Zur Parallelität von Piraterie und Weltreichsbildung bereits Schulz (2000b).

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bloße Eroberungserzählung oder die verbundene Kette nacheinander überwundener großer Rivalen: Auch anhand weniger gewaltig scheinender Bezüge zeigt sich die Berufung zur die Oikumene beherrschenden Macht. Daher ist auch die Zuschreibung von Seeräuberei an gegnerische Akteure als Gegenpol zur legitimen Macht für die Selbstdefinition von Großreichen besonders hilfreich:47 Imperien sind, kurz gefaßt, die Nicht-Piraten. Ciceros völkerrechtlich nachwirkende Einschätzung, Piraten seien die „Feinde des Menschengeschlechts“,48 spiegelt daher die Vorstellung von Rom als Ordnungs- und damit auch Seemacht stärker, als sie eine Klassifizierung der piratischen Tätigkeit vornimmt. Das imperium maris – das Pompeius für das römische Volk wiederhergestellt zu haben reklamierte49 – wird damit zum festen Bestandteil der Selbstdefinition der Großmacht Rom, wie es formelhaft bereits Teil der Selbstdarstellung etwa hellenistischer Herrscher war.50 Der Pirat liefert so letztlich den Anstoß zur Abgrenzung von ohnmächtigen Vorzeiten,51 seine Überwindung ist eine Etappe des positiv besetzten Fortschritts. Damit steht der eingangs bemühte taciteische Calgacus wiederum in einer wie bewußten Opposition zur offenbar vorherrschenden Auffassung, und Tacitus weiß exakt, wo er die römische Vormacht durch seinen ätzenden Protagonisten verwunden lassen kann – indem dieser den Vorwurf erheben kann, die Römer seien an ihrem eigenen Anspruch, eine wahre Großmacht, ja Weltbeherrscherin zu sein, gescheitert:52 Sie verharren für ihn im zivilisatorischen Status des primitiven und piratischen Chaos. Mit welchem Anwurf hätte die Selbstgewißheit des prinzipalen Rom schmerzhafter getroffen werden können? FAZIT: ORDNUNG ZUR SEE? Abschließend stellt sich die Frage, weshalb der Blick auf antike Piraterie tatsächlich hilfreich für die übergreifende Frage dieses Bandes nach Seemacht oder gar Seeherrschaft sein kann. Zunächst ist festzuhalten, daß Piraterie selbst Seemacht sein kann, teils gar von Autoren mit dem gleichen oder sehr ähnlichem Vokabular etikettiert wird wie sonst nur das Handeln ‚staatlicher‘ Akteure.53 Die Trennung 47

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Zur Idee der legitimierenden Fremdzuschreibung (zur „Rechtfertigung imperialer Ambitionen“) und der politischen Rhetorik s. Pohl (1993) 56–57; ebenso de Souza (2012) 72–73, in Verbindung mit dem römischen „imperialism“; zum reklamierten Status des Piratengegners für Rhodos äußerst kritisch Wiemer (2002a) 137–142. Dazu auch D. Kah im vorliegenden Band. So immerhin die mittelalterliche Deutung, Cic. off. 3,107 spricht von communis hostis omnium, eine Wendung, die wir bereits bei Polybios finden, wenn die Illyrer als κοινοὶ ἐχθροί bezeichnet werden, 2,12,6; zur Entwicklung des Gedankens grundlegend Heller-Roazen (2010) u. Ziegler (1981). Plin. nat. 7,98: imperium maris populo Romano restituisset. Momigliano (1942); die Hinweise auf frühere, etwa ägyptische Ansprüche auf das Meer knapp bei Heller-Roazen (2010) 72–73; zu Persien vgl. S. Müller in diesem Band. Thuk. 1,3,1: τῶν παλαιῶν ἀσθένειαν. Als klassische Referenz zum imperium amissum s. Cic. off. 2,28. S. o. Anm. 42.

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fällt also bereits im Ansatz schwer. Wenn aber zutrifft, wie hier vertreten, daß Piraterieberichte häufig eine besondere Funktion im Narrativ erhalten, nämlich als Bestandteil der Verhandlung von Legitimität einer Seemacht, indem über ihre Bekämpfung das Motiv der Ordnung bzw. der Ordnungsmacht etabliert werden kann, wird eine herkömmliche Bestimmung weiter verkompliziert. Wenn also Piraten für die Legitimität von maritim beeinflußten Reichsbildungen essentiell sind, da ohne sie kein Ordnungsbedürfnis verdeutlicht werden könnte, das der jeweilige Mächtige bedient, wird deutlich, daß legitime Seemacht keine Kategorie ist, die a priori existieren kann – zumindest nicht für die historische Rekonstruktion auf der Basis der hier untersuchten Texte. Piraterie ist demnach ein wesentlicher Bestandteil der Konzeption einer Seemacht, da Ordnung nur definiert werden kann, indem (rückständige oder frevelhafte) Zustände der Unordnung oder der Herausforderung von Ordnung überwunden werden müssen. Daher lohnt der Blick auf die Piraterie für die Schärfung der heuristischen Kategorie der Seemacht – Seemacht wird, anstatt eine gegebene Größe zu sein, zur gleichen Zuschreibung wie Piraterie selbst, und es hängt im Einzelfall davon ab, von wem wir welche Perspektive geboten bekommen. Dies wird anhand der Perspektivverkehrung besonders deutlich: Daß antike Autoren in der Lage sind, mittels des Anwurfs der Piraterie oder des Raubes die Konzeption eines in eigener Darstellung ordnenden Großreichs argumentativ in Frage zu stellen (wie bei Tacitus oder Augustinus), erhellt die Austauschbarkeit der Attribute, da diese letztlich nicht auf einer die Realität abbildenden Zustandsbeschreibung, sondern einer Interpretation beruhen. Wer ‚echte‘ Seemacht ist, setzt derjenige fest, der über sie schreibt. Die Piraterie als Argument innerhalb einer derartigen Interpretation ist demnach ein Indiz, um die Intention des jeweiligen Textes im Hinblick auf die bekämpfende Großmacht zu prüfen und demzufolge den literarischen Entwurf der Genese von Reichen in einzelnen Facetten neu zu beleuchten. So wird auch in diesem Zusammenhang deutlich, wie fluide die häufig als gesetzt erachteten heuristischen Kategorien von Seemacht/Seeherrschaft und Piraterie sind. Sie auf antike Quellen zu projizieren ist nur ertragreich, wenn im Vorfeld eruiert wird oder überhaupt werden kann, welcher Vorstellung die jeweilige Darstellung folgt;54 letztlich dienen sie also eher der Problematisierung denn der Rekonstruktion historischer Konstellationen. Wenn also deutlich geworden ist, daß die antike Darstellung von Piraterie und von maritimer Macht häufig zusammenhängen, beide dabei in tendenziöse Narrative eingewoben sind, die nicht primär der abgewogenen und detaillierten Bestandsaufnahme zuarbeiten, sondern einen größeren Zusammenhang herzustellen trachten, so wird die bereits häufig erkannte Problematik offenbar, wie schwer in 54

Zumeist geschieht dies unter der Prämisse, die Verhältnisse seien früh trennscharf zu klären gewesen, s. z. B. Heller-Roazen (2010) 57–59, der zwischen „Souveränen“ und „Räubern“ als Antipoden differenziert; ähnlich die Überlegungen bei Ziegler (1981), aus der Perspektive der juristischen Behandlung der Piraterie, mit weiterführenden Quellenbezügen; de Souza (1999) 12 mit dem Plädoyer für eine vorsichtigere Annäherung; s. nun auch Modler (2013) mit aktuellen Bezügen.

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den Quellen zwischen Information und Zuschreibung zu trennen ist. Damit rührt das Thema an den Grundfesten unserer Versuche, Seemacht oder gar Seeherrschaft als Phänomen zu erfassen. Mithin scheint es nur bedingt sinnvoll, eine selektive Perspektive entweder auf Piraterie oder auf antike Seemacht einzunehmen, wenn an den gezeigten Beispielen klar wird, wie eng sich beide Faktoren bedingen. Die Komplexität der Frage, wie mit der See umzugehen sei, wird somit in der Verschränkung der hier behandelten Motive ersichtlich. Somit bleibt schließlich offen, wie überhaupt ein legitimer Anspruch auf das Meer als Herrschaftsraum erhoben werden kann, wenn dieser sich in manchen Fällen vornehmlich über das logische Vehikel der Piraterie herleiten läßt. Die Errichtung einer eigenen Ordnung zu Wasser als einzige Rechtfertigung anzuführen hieße auf bloße zivilisatorische Legitimation zu setzen, die den eigenen Status als dem überwundenen überlegen, ja als gerechter postuliert; wie leicht angreifbar eine derartige Argumentation ist, führt Tacitus fast genüßlich vor. Das Urbild des Ordnenden zur See ist allerdings nicht allein im politischen Raum präsent, sondern ein auch mythologisch verankertes Motiv: Die von Homer, bei Apollodor und Ovid überlieferte Geschichte von Dionysos,55 der auf seiner Überfahrt nach Naxos der Bedrohung durch Piraten so kurzerhand wie nachhaltig begegnet, indem er die unerwünschten Gesellen in Delphine verwandelt (die berühmteste Darstellung der Szene auf der sogenannten Dionysos-Schale des Exekias aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., s. Abb. 1), kann wie ein Vorbild für die menschlichen Ordner dienen – daß sie nicht wie Dionysos Schützlinge der See sind,56 tut der Wirkungsmacht des Bezugs keinen Abbruch. So könnte denn zugespitzt formuliert werden, daß die Piratenbekämpfung in ihrer Stilisierung wie ein Ausdruck göttlicher und natürlicher Ordnung gelten kann, die neu entstehenden Seemächte sich quasi in eine göttliche Nachfolge stellen. Der thukydideische Minos müßte dieser Erzählung gemäß nicht als erste genealogische Referenz für die Unterdrückung des Phänomens Seeraub gelten, sondern die Konstruktion reicht bis in den Mythos – eine Macht zur See aufzubauen war somit für den Menschen die einzige Möglichkeit, den Göttern gemäß oder gar ähnlich den Göttern ordnend tätig zu werden.

55 56

Hom. h. 7; Apollod. 3,5,2; Ov. met. 3,582–691; weiterführend z. B. Stupperich (1999). Immerhin soll Dionysos von Thetis im Meer Zuflucht gewährt worden sein, Hom. Il. 6,135 ff.; zur Vertrautheit mit dem Meer und möglichen Kulten s. Kern (1903) z. B. 1039 u. 1041.

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Abb. 1: Sog. Dionysos­Schale des Exekias, um 530 v. Chr. © Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München (Foto: Renate Kühling).

THUCYDIDES, POLYBIUS AND MAHAN ON SEA POWER1 Barry Strauss In 1890 Alfred Thayer Mahan, an American career naval officer, published his book, The Influence of Sea Power upon History, 1660–1783, shortly to be followed by a second volume, The Influence of Sea Power upon the French Revolution and Empire, 1793–1812 (1892).2 Mahan’s writings would prove enormously influential in both naval theory and practice.3 Mahan argued that sea power was uniquely important. The “use and control of the sea is and has been a great factor in the history of the world,” he affirmed.4 “The history of Sea Power,” he stated, “is largely, though by no means solely, a narrative of contests between nations, of mutual rivalries, of violence frequently culminating in war […].”5 In war, he wrote, navies were more effective than armies because they were more mobile and responsive to the political leadership. But Mahan didn’t restrict himself to war: by “sea power” he meant both command of the sea through naval superiority and something broader: In these three things – production, with the necessity of exchanging products, shipping, whereby the exchange is carried on and colonies, which facilitate and enlarge the operations of shipping and tend to protect it by multiplying points of safety – is to be found the key to much of the history, as well as of the policy of nations bordering upon the sea […].6

Mahan focused on the history of Great Britain, the world’s greatest naval and maritime power in his day, but he believed that he was offering a lesson for all time. The lesson was as true of Rome and Carthage, at whose wars he offered a glance backwards, as it would be for the United States, whose naval buildup he urged and perhaps even inspired. Indeed, Mahan’s theory of history has been aptly called “thalassocratic determinism.”7 It certainly amounted to naval expansion in the heyday of Western imperialism. Mahan was lionized at home and abroad. He was called a prophet and “the new Copernicus.”8 He won the admiration of Germany’s Kaiser Wilhelm II and Japan’s navalists. He was elected president of the American Historical Association, which seems ironic, given that organization’s current antiwar bent. In 1899 he was ap1 2 3 4 5 6 7 8

The author would like to express his gratitude to Christian Wendt and Hans Kopp. Mahan (1890); (1892). For introductions to Mahan’s life and thought see Crowl (1986), Puleston (1939), Robert Seager (1977) and Sumida (1997). Mahan (1890) iv. Mahan (1890) 1. Mahan (1890) 28. Reynolds (1989) 66. Crowl (1986) 447.

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pointed advisor to the American delegation at Hague Peace Conference. The delegation’s chairman disagreed with Mahan’s hard line but praised him for his principles. “When he speaks,” wrote the chairman, “the millennium fades and this stern, severe, actual world appears.”9 That chairman was none other than Andrew Dickson White, the first president and co-founder of Cornell University, where the author teaches. Not everyone, however, was convinced of Mahan’s originality. Admiral Sir Cyprian Bridge of the Royal Navy, for example, praised Mahan’s brilliant elucidation but argued that Thucydides had made much the same point about sea power – two millennia earlier.10 Bridge writes: There is something more than mere literary interest in the fact that the term in another language was used more than two thousand years ago. Before Mahan no historian not even one of those who specially devoted themselves to the narration of naval occurrences had evinced a more correct appreciation of the general principles of naval warfare than Thucydides. He alludes several times to the importance of getting command of the sea.11

To the casual reader of Thucydides, Bridge might appear to be right. After all, Thucydides’ Peloponnesian War is a classic text in naval history. Like Mahan Thucydides had exercised military command. Maritime moments are among his book’s most unforgettable scenes, among them the naval battle of Sybota (433 B. C.), the victories of the Athenian admiral Phormio against a numerically far superior Peloponnesian fleet (428 B. C.), the departure from Piraeus harbor of the Athenian expedition to Sicily (415 B. C.), the final battle in the Great Harbor at Syracuse (413 B. C.), and the Athenian victory against the odds over a Spartan fleet at Cynossema in the Hellespont (411 B. C.).12 In his battle descriptions Thucydides shows himself a worthy successor, indeed, a more knowledgeable one, to Herodotus and his stirring accounts of such naval battles as Artemisium and Salamis.13 Thucydides emphasizes sea power both in his analyses of early Greek history and of the Persian invasion of Greece in 480 B. C.14 He concludes that navies furnished no small power to the Greek states that had them, power both in revenue and rule over others.15 He stresses the economic and financial advantages of naval empire to Athens.16 Thucydides emphasizes the dynamism of sea power and the technical skill required of a country in order to succeed at sea.17 Both Themistocles and Pericles, as described by Thucydides, were navalists, that is, advocates of naval power. Thucydides says that Themistocles was the first person who dared to tell the Athenians to stick close to the sea and become a nauti-

9 10 11 12 13 14 15 16 17

White (1905) 347. Bridge (1910). I am indebted to H. Kopp for this reference. Bridge (1910) 4–5. Thuc. 1.45–55; 2.83–92; 6.31–32; 7.56–72; 8.104–106. Hdt. 7.175–176; 7.194–195; 8.1–21; 8.40–99. Thuc. 1.2–19; 1.73–74; 1.93; cf. Momigliano (1944) 3; Starr (1978) 345. Thuc. 1.15. Thuc. 1.80–81; 1.120–121; 1.141; 2.13; 6.91; 7.76; Starr (1978) 348. Dynamism: Thuc. 1.70. Technical skill: Thuc. 1.80–81; 1.121; 1.141–142; Starr (1978) 347.

Thucydides, Polybius and Mahan on Sea Power

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cal people – and he helped them establish power and empire.18 As Bridge points out, Thucydides has the Athenian leader Pericles say, in a public speech, mega gar to tēs thalassēs kratos, “control of the sea is a great thing.”19 Various other leaders in Thucydides acknowledge the significance of sea power.20 And yet, Thucydides is not to be identified with any of the characters in his book. The historian was hardly an advocate of sea power along the lines of Mahan – far from it. When it comes to sea power, Thucydides sounds an uncertain trumpet. By no means does he dismiss land power, which plays an important role in his book, from the Peloponnesian attacks on Plataea (beginning in 431 B. C.) to their invasions of Attica (beginning in 431 B. C.), to the battles of Delium (424 B. C.) and Mantinea (418 B. C.), and from the siege and counter-siege at Syracuse (415–413 B. C.) to the Peloponnesian fort at Decelea in Attica (413–404 B. C.). As Thucydides has Alcibiades point out, power in Greece was divided between the ruler of the land – Sparta – and the ruler of the sea – Athens.21 In his appreciation of land power Thucydides was only recognizing the technological and strategic limitations of ancient sea power. In antiquity land power was generally more important than sea power. As Starr puts it, Instead of viewing sea power as an important element in the course of ancient history we must expect it to be a spasmodic factor, though at points it does indeed become a critical force.22

In three great ancient wars between a land power and a sea power, sea power made the difference – but only when wielded by a land power that was able to turn itself successfully into a sea power. Sea power provided what Gray calls the “leverage for victory.”23 The cases are the Peloponnesian War (431–404 B. C.), when land power Sparta took to the sea and defeated sea power Athens; the First Punic War (264–241 B. C.), when land power Rome built up a navy and defeated sea power Carthage; and Persia’s invasion of Greece in 480–479 B. C., when the land power-turned-sea power Persia failed to achieve superiority at sea, while the Greek coalition boasted superior sea power under the leadership of Athens and superior land power under the leadership of Sparta. It was only six years before the invasion that Athens began to turn itself into a major sea power.24 Generally speaking ancient navies could accomplish far less than their modern counterparts. In the age of the galley, naval warfare was “landlocked” in narrow seas and fragile, short-range warships depended on the land. Modern navies are infinitely more mobile and thus more dangerous; they range freely over the entire world and project power across great distances. Modern sea power is oceanic; ancient sea power was largely limited to the Mediterranean. Land power was funda18 19 20 21 22 23 24

Thuc. 1.93.3–4. Thuc 1.143; Bridge (1910) 5. E. g. the Spartan Archidamus (Thuc. 1.143); an unnamed Corcyrean ambassador (1.33.2); the Athenian Euphemus (6.82.3; 6.83.1); the Syracusan Hermocrates (6.34.4–7); the Athenian Alcibiades (8.46). Thuc. 8.46. Starr (1989) 6. Gray (1992) 278. For a discussion and analysis of Greece’s naval victory against Persia see Strauss (2004).

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mental. It’s no wonder that, in the ancient world, wars were more often won by a land power that turned to the sea than by a sea power that turned to the land.25 In his discussion of sea power Thucydides is less than systematic, as several scholars have noted.26 Yet Thucydides was not a systematic thinker. As Thomas Hobbes, who translated Thucydides, wrote, Thucydides was “the most politic historiographer who ever writ” and one from whose work a reader “may from the narrations draw out lessons to himself.”27 What lessons about sea power might a careful reader draw from Thucydides? In spite of surface impressions, he or she would conclude that Thucydides was not a thoroughgoing advocate of sea power. For example, although Thucydides does not discuss the point in an analytical manner, he makes clear how much he disapproves of the effect of naval service on the masses. He refers to Athens’ rowers and sailors as “the naval crowd,” using a term, nautikos okhlos, that has a pejorative sense in Aristotle.28 He also reports the following revealing incident: a group of rowers from the western Greek cities of Syracuse and Thurii, most of them free men, insolently approached their commander and demanded the pay they were owed. When he responded coldly and then even threatened them with his baton, they snapped and rushed him in an attack – “as is the way with sailors,” Thucydides remarks.29 In other words, Thucydides considers sailors to be unrestrained and violent. Nor does Thucydides approve of the radical democracy that sea power and empire brought to Athens. Although he says that Athens was at the height of its power under Pericles he doesn’t say it had the best regime then; he reserves that distinction for the Five Thousand, a moderate oligarchy that took power in Athens after a coup d’état in 411 B. C.30 Unlike democracy under Pericles the Five Thousand denied full political rights to many of the men who served as rowers in the Athenian fleet. Thucydides’ points are penetrating but often subtle and hardly methodical. Compare this to the less deft but clearer discussion of sea power and radical democracy in an author active during Thucydides’ lifetime, the “Old Oligarch” or Pseudo-Xenophon, author of a pamphlet, the Constitution of the Athenians. The author argues that Athens was a radical democracy dominated by sailors because Athens’ imperial power depends on the sea. He states that naval power gives Athens strategic mobility and flexibility. He states that sea power makes Athens wealthy and cosmopolitan. “Wealth they alone of the Greeks and non-Greeks are capable of possessing,” he states.31 He doesn’t treat Athenian sea power as some sort of abstract thing; rather, he delights in the details of a naval crew, down to the subboatswains, the look-out officers, and the shipbuilders; he revels in the various 25 26 27 28 29 30 31

In this paragraph I follow the arguments of Starr (1989) and Gray (1992) 92–117. Gomme – Andrewes – Dover (1945–1981) I, 19; Starr (1978) 346; 349. Hobbes (1843) viii. Thuc. 8.72.2; Arist. Pol. 1304a22; 1327b7–8; cf. Pl. Leg. 707a–b; Isoc. 12.116. On hostility to sailors by Athenian aristocrats, see Strauss (1996). Thuc. 8.84.2. Height of its power: Thuc. 2.65.5; best regime: 8.97.2. [Xen.] Ath. pol. 2.11, trans. E. C. Marchant.

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delicacies that Athens’ sea power brings to its harbor; he glories in the mix of speeches heard in its multiethnic port; he dwells on the various festivals and spectacles that were made possible by Athens’ maritime wealth. He concedes that Athens’ only weakness is that it is not an island and so can be attacked by land. Yet in spite of all this the Old Oligarch knows that Athenian sailors are poor, base and unworthy. He states that democracy is unjust and ignoble: “everywhere on earth the best element is opposed to democracy” and so sea power delights him not.32 Criticism of radical democracy as a regime that gives power to men lacking in virtue is implicit in Thucydides but it needs to be teased out of the text. One way to approach these implicit lessons is to gauge the difference between Thucydides and his speakers. Foster argues persuasively, for example, that Thucydides distances himself in important ways from Pericles. She argues against a common tendency to think of Pericles as a mouthpiece for Thucydides. If one weighs Thucydides carefully, as Hobbes advised, the conclusion is that he offers a balanced, complex assessment of the Athenian statesman. Thucydides admires Pericles as a politician, speaker, and paragon of incorruptibility but he criticizes Pericles for his materialism, arrogance, indifference to human suffering and impiety. In particular, Thucydides is skeptical of the sea power that Pericles advocates. Foster concludes: A review of Thucydides’ assessment of Pericles at 2.65 does not therefore provide any evidence that Thucydides was an exponent either of Periclean imperialism or of the view that the Athenian navy and empire were glorious and eternal. Thucydides praises Pericles’ leadership because he thought it was genuinely praiseworthy, but does not justify the empire or mourn its fate; nor does he ever cease portraying Pericles’ overconfidence.33

Foster writes in the vein of many studies of Thucydides written since Connor’s 1984 book underlined the historian’s complexity.34 Part of Thucydides’ greatness is his tragic vision. He knows human frailty. He lived to see Pericles dead and his war plans in tatters, Athens in defeat, its soldiers and sailors decimated, its navy gone, its walls torn down, its empire lost. On an even longer time scale Thucydides imagines both Athens and Sparta, many years hence, lying in ruins and presenting deceptive impressions to future generations.35 Although Thucydides is rich in lessons for strategists they are balanced by his understanding of the vanity of human wishes. It is a far cry from Mahan’s optimism, his practicality, his advocacy of naval power or his interest in the art of command. Thucydides, we might conclude, was less a navalist than a magician. What seems at first to be a naval theory turns out, on closer inspection, to be an illusion. He allows Pericles to describe an Athens so beautiful that its citizens should approach her like lovers (2.43.1); he lets us share the cheers and elation of Athens’ sailors at a sudden and unexpected victory earned by pluck and daring (2.92.1); he describes a fleet at its departure as noteworthy, beyond belief, and most majestic 32 33 34 35

[Xen.] Ath. pol. 1.5, trans. E. C. Marchant; Momigliano (1944) 2; Starr (1978) 344. Foster (2010) 218. Connor (1984). Indeed, Thucydides never even calls himself a historian. Thuc. 1.10.

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(6.31.1–2); he takes us inside the panic of Athens’ soldiers and sailors as their fleet is crushed in battle in Syracuse harbor.36 Thucydides would have had to have a heart of stone if he didn’t feel something of the excitement of the Athenian sea power that he chronicled. Yet the same man turns his critical eye on his subject and ends up sounding what would become a common theme in ancient writers: rowers and sailors are deficient in virtue and so is the regime based on their power. Isocrates, Plato, Aristotle, Polybius, and Cicero would all write in a similar vein.37 Polybius, for example, states that he dwells on the First Punic War because, among other reasons, he wanted his readers to know how, when and why the Romans first went to sea.38 He sketches descriptions of the naval battles of the war that nearly match the power and vividness of Thucydides’ narration. Polybius offers an assessment of the two sides’ strengths and weaknesses in regard to sea power. He acknowledges that Carthage was generally better trained and prepared for naval expeditions than Rome because the navy was Carthage’s ancestral specialty; indeed no other nation had more experience at sea. Yet when it came to the infantry, not only did the Romans train harder and with fuller hearts than the Carthaginians, they were more obstinate and more resolute. Ultimately, furthermore, this proved to be a transferable skill and so decisive even in naval warfare. While the Romans could not match the Carthaginians’ experience at sea they outdid them when it came to the physical strength and sheer audacity of their marines – when it came, in a word, to aretē (prowess). Young Roman men would do virtually anything to gain glory for brave deeds. In the First Punic War, says Polybius, both sides were equally highminded and ambitious and the Carthaginians had the most judicious and daring general (Hamilcar Barca) yet individual Romans were in every way nobler in their manhood than individual Carthaginians. The Romans, unsurprisingly, made a greater effort in the last and decisive naval battle of the war. While the Roman commander worked his crews like athletes in training, the Carthaginians neglected their discipline. Their rowers were utterly untrained and their marines were new recruits facing their first experience of stress or crisis. The result was victory for Rome and defeat for Carthage. In short, the prowess of the infantryman bested the experience of the sailor even in the latter’s area of expertise.39 These were not just practical judgments but expressions of aristocratic contempt for mere craftsmanship (tekhnē); virtue (aretē) would always win out in the end, even if it underwent occasional and temporary defeat – as Spartan virtue did in the face of Athenian craftsmanship and experience at the battle of Cynossema, as Diodorus of Sicily tells the story. For Diodorus it came down to a test of courageous Spartan marines against technically proficient Athenian helmsmen. The marines struggled heroically but a strong current and the arrival of Athenian reinforcements kept them from winning.40

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Thuc. 2.43.1; 2.92.1; 6.31.1–2; 7.71. Momigliano (1944). Polyb. 1.20.8. Polyb. 1.59.12; 1.61.4; 1.64.6; 6.52; 6.54.3. Diod. Sic. 13.39–40.

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As Momigliano argues, ancient Greco-Roman elite opinion was capable of seeing the positive side of sea power but in the end it came down with a negative judgment. The reasons for its antipathy were “its anti-banausic and anti-democratic bias and largely show the influence of the epic conception of an individual virtue which only land-fighting can show.”41 Neither Thucydides nor ancient Greek thought more generally was an advocate of sea power as Mahan was. The best that one can find in these works is an ambivalent attitude toward sea power.42 The ancients give with one hand what they take with the other. They appreciate the importance of sea power while deprecating it as dangerous, destabilizing and corrupt. By the same token, the material conditions of ancient ships and seafaring limited the efficacy of naval warfare. It was not merely class prejudice on their part that made ancient historians and philosophers emphasize land warfare; it was reality. The ancients would not have agreed with Mahan that sea power is the most important form of military power. Ancient wars were rarely if ever simply fought at sea. They were more typically land wars with, perhaps, a naval dimension. Nor would the ancients agree with Mahan about the essentially commercial purpose of navies. They would have said, rather, that the purpose of navies was defense, the support of the army by transporting troops, the enabling of empire and exploitation of others’ resources. And yet, for all the suspicion of and hostility to ships and sailors in the ancient writers, they offer thrilling descriptions of naval battles, display intimate knowledge of sailing and seamanship, and offer shrewd and balanced assessments of the importance of sea power. In short, like the Old Oligarch, they don’t allow their class bias entirely to overcome the sheer thrill of the dynamism, virtuosity and spectacle of ancient sea power.

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Momigliano (1944) 7. Momigliano (1944); Ober (1987).

TEIL II OPERATIVE KONZEPTIONEN

‚ARCHĒ‘, ‚REICH‘ ODER ‚ATHENISCHER GROSS-STAAT‘? Zum Scheitern integrativer Staatsmodelle in der griechischen Poliswelt des 5. und frühen 4. Jahrhunderts v. Chr. Kurt A. Raaflaub EINLEITUNG: MODELLE ZUR INTEGRATION EINER GROSSPOLIS Als kurz nach Kyros’ Eroberung Lydiens in der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. eine persische Armee daran war, die griechischen Poleis in Kleinasien zu unterwerfen, machte der als Philosoph und Mathematiker bekannte Thales von Milet den Ioniern einen, wie Herodot sagt, „nützlichen Vorschlag“ (gnōmē chrēstē): Sie sollten eine gemeinsame Ratstätte (bouleutērion) auf der zentral gelegenen Insel Teos einrichten; die übrigen Poleis würden zwar weiterbestehen, aber fortan die Stellung von ‚untergeordneten Gemeinden‘ (dēmoi) einnehmen. Man hat das, was Thales vorschlug, als ‚Synoikismos‘ interpretiert und dafür die Einigung Attikas im 7. und 6. Jahrhundert als Modell vorgeschlagen. Ich selber würde eher von einer ‚Superpolis‘ sprechen, die es den Ioniern durch Einigung und Zentralisierung ermöglicht hätte, ihre Ressourcen unter einer gemeinsamen Regierungs- und Kommandostruktur zu maximieren. Die zentrale boulē im gemeinsamen Regierungssitz muss man sich gewiss als repräsentativen Rat mit Delegierten aller Poleis vorstellen.1 Rund vierzig Jahre später schufen die Kleisthenes zugeschriebenen Reformen in Athen eine ähnlich geeinigte grosse Polis, deren zentrale Regierungsorgane (Rat und Volksversammlung) auf einer aus zahlreichen lokalen (ebenfalls dēmoi genannten) Gemeinden oder Distrikten bestehenden Grundstruktur aufruhten. Diese wurden mittels einer komplexen doppelten Verteilung in zehn grosse Einheiten (Phylen) gegliedert, die dazu bestimmt waren, Vertrautheit und Zusammenarbeit (an Festen, im Heer und im Rat) unter den über das grosse attische Territorium 1

Thales’ Vorschlag an die Ionier: Hdt. 1,170,3. Zur Diskussion: Moggi (1976) 95–100; Marinoni (1976); Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 191. Zu Herodots Charakterisierung als „nützlich“ wie zu ‚Synoikismos‘ s. u. zu Anm. 57 ff. – Ich danke der Leitung des Exzellenzclusters TOPOI in Berlin sowie meinen Kollegen im Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität (Ernst Baltrusch, Hans Kopp und Christian Wendt) für die Einladungen zur Seemachtstagung und zu einem dreimonatigen Aufenthalt als Gastwissenschaftler; erste Fassungen von Teilen des vorliegenden Kapitels wurden im Dezember 2013 und April 2014 dort vorgetragen. Den Teilnehmern an diesen Anlässen danke ich für wertvolle Anregungen, Christoph Lundgreen für ein Gespräch über terminologische Probleme, Christian Wendt für grosszügige Gastfreundschaft und Unterstützung sowie Sarah Walter für geduldige Hilfe mit logistischen Problemen. Eine anders orientierte Vorarbeit (Raaflaub 2011b) war ebenfalls im Zusammenhang BaltruschWendt’scher Forschungsinitiativen entstanden (Baltrusch – Wendt 2011).

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verstreuten Bürgern zu fördern. Diese Bürger waren im Rat in Proportion zur Bevölkerungszahl der Demen vertreten. Die jährlich wechselnden Ratsmitglieder gewannen reiche politische Erfahrung und sicherten die Kommunikation zwischen Zentrum und Peripherie.2 Das Resultat dieser strukturellen Reform war eine wohlintegrierte Polis mit einer geeinigten Bürgerschaft, die bald darauf auch grosse Herausforderungen (wie die Perser-Invasion von 490) zu bestehen vermochte. Kleisthenes’ Modell war vielleicht besonders komplex und raffiniert, aber keineswegs einzigartig.3 Jeder der athenischen Demen hatte seine eigenen Institutionen und führte ausserdem die Bürger- und Hoplitenlisten, übernahm somit für die Gesamtpolis wichtige Verantwortungen. Die auf Teos tagende boulē hätte vermutlich sowohl beratende wie beschlussfassende Funktion gehabt. Die ursprünglich selbständigen, aber zu Demen herabgestuften Poleis hätten ebenfalls wichtige Rollen auf der lokalen wie übergeordneten Ebene gespielt. Die Analogien zwischen Kleisthenes’ und Thales’ Modellen sind bestechend, auch wenn Herodot für letzteres keine organisatorischen Details vorgibt. Die Forschung hat Thales’ Vorschlag entweder als historisch authentisch oder aber als politische Utopie interpretiert, die ihren Ursprung in intellektuellen Kreisen Milets zwischen der persischen Eroberung und dem grossen Aufstand von 499 haben mochte.4 Ich werde später eine andere Möglichkeit zur Diskussion stellen,5 aber hier kommt es mir zunächst auf anderes an. Beide Konzepte, das der integrierten Grosspolis Athens und das der polisübergreifenden Superpolis der Ionier, bedingten hochentwickeltes politisches Denken; beide beruhten auf einer Theorie der Polisintegration und -maximierung. Ein halbes Jahrhundert nach Kleisthenes entwarf der berühmte Städteplaner Hippodamos von Milet eine ideale, theoretisch fundierte Polisverfassung auf dem Reissbrett – übrigens nicht als einziger.6 Und fast ein Jahrhundert vor Kleisthenes hatte der Athener Solon, in einer tiefen Krise seiner Polis zum ‚Geraderichter‘ berufen, nicht nur eine auf umfassender Gesetzgebung beruhende Reform durchgeführt, sondern diese auch auf einer ‚Theorie der Krisenüberwindung‘ basiert. Er konstruierte einen ganz auf der sozio-politischen Ebene und nur im menschlichen Bereich ablaufenden und mit Naturgesetzen (wie der Folge von Blitz und Donner) vergleichbaren Prozess, der einen zwingenden Zusammenhang zwischen von Bürgern (besonders der Aristokratie) begangenem Unrecht und die Gemeinde erschütternden Katastrophen

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Zu Kleisthenes’ Reformen s. z. B. Meier (1980d); Ostwald (1988); Ober (1996); Anderson (2003). Zum Modus der Verteilung der Demen auf Trittyen (‚Drittel‘) und Phylen s. bes. Traill (1975); (1986). Zu den Demen: Whitehead (1986). Robinson (1997) gibt einen Überblick über die egalitären (‚isonomen‘) Verfassungen, die im 6. Jahrhundert mancherorts aufkamen. So Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 191; s. auch Moggi (1976) 99 Anm. 16. Dazu u. im Text zu Anm. 57 ff., 106. Aristot. pol. 1266a39 ff.; 1267b24 ff. über Hippodamos und Phaleas von Chalkedon. Zu Hippodamos s. Szidat (1980); Triebel-Schubert – Muss (1983); Gehrke (1989) sowie Hoepfner – Schwandner (1994). Wenig später wurde Protagoras mit dem Entwurf der Verfassung der panhellenischen Neugründung Thurioi in Süditalien beauftragt (Diog. Laert. 9,50).

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(wie Bürgerzwist, Bürgerkrieg und Tyrannis) herstellte.7 Dies befähigte Solon, in die Logik dieses Prozessablaufs einzugreifen und durch gezielte Massnahmen die Ursachen zu beseitigen und die Folgen zu verhindern.8 Ich erwähne dies alles, weil es zwei wichtige Tatsachen verdeutlicht. Einerseits hatte das griechische politische Denken in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts eine Stufe erreicht, die es erlaubte, politische Probleme konzeptionell zu erfassen, abstrakt zu formulieren und mittels theoretischer Erwägungen zu bewältigen. Andrerseits bestanden zu dieser Zeit Modelle für die Schaffung grosser zentralisierter Gemeinwesen, die eine Vielzahl kleinerer Einheiten politisch zu integrieren und mittels repräsentativer Vertretung im politischen Zentrum präsent zu machen vermochten, wobei diesen Untereinheiten nicht nur die lokale Selbstverwaltung, sondern auch für die Gesamtheit wichtige Funktionen zufielen.9 Solche theoretischen Ansätze und Konzeptionen standen natürlich nicht nur den Ioniern zur Verfügung, die sie trotz ihrer Notlage verwarfen, sondern einige Jahrzehnte später auch den Gründern des grossen Bündnis-Systems, das wir den Attisch-Delischen Seebund nennen. Die Frage, die ich mir hier stelle, ist zunächst, ob Theorien dieser Art einen Einfluss auf deren Denken und Handeln ausübten und von welch andern Konzeptionen diese Politiker (und ihre Nachfolger, die den Seebund weitergestalteten) allenfalls geleitet wurden. Es geht mir also um die ideellen Grundlagen der athenischen Herrschaftsbildung: um die Ziele, Vorstellungen und Erwartungen, von denen die Athener sich leiten liessen, den Handlungsrahmen, in dem sie sich bewegten. Insbesondere interessiert mich, von welchen Vorbildern sie inspiriert waren, inwiefern sie von diesen Vorbildern abwichen, ob sie in traditionellen Denk- und Handlungsformen befangen blieben oder umfassende Neuerungen vornahmen. Dabei wird auch das Problem nicht zu vermeiden sein, worum es sich bei dem, was die Athener je nach Zusammenhang ‚Bund‘ oder ‚Herrschaft‘ (symmachia, archē) nannten, wirklich handelte und wie wir es nennen sollen. Im weiteren geht es mir um die Frage, ob überhaupt die Bildung integrativer polisübergreifender Gemeinwesen im Griechenland des 5. und frühen 4. Jahrhunderts erörtert und versucht wurde, welche Voraussetzungen dafür nötig waren und weshalb solche Experimente Erfolg hatten oder scheiterten.10 Gelegentlich wird ein Blick über den griechischen Horizont hinaus, besonders nach Rom und Italien, nützlich sein.

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Solon fr. 4 West. Naturgesetze: fr. 9 West; vgl. 11; 13,17–32 West. Zu den ‚Geraderichtern‘ (katartistēres), ‚Vermittlern‘ (aisymnētai) oder Gesetzgebern: Meier (1980c) 70–90; Hölkeskamp (1999); Faraguna (2005); Wallace (2009). Zu Solons politischem Denken: Jaeger (1960); Raaflaub (2000) 39–42; Lewis (2006); Meier (2009) Kap. 21. Zu Solons Reformen: Andrewes (1982); Raaflaub (1996b). Dies gilt dank Kleisthenes, auch wenn Thales’ Vorschlag (o. Anm. 1) nicht authentisch, sondern eine Rückprojektion aus späterer Zeit sein sollte (u. zu Anm. 57 ff.). Dazu jetzt der Band Beck – Funke (2015), der in einigen Kapiteln auch für die hier behandelte Problematik wesentliche Themen aufgreift.

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ENTWICKLUNG, STRUKTUREN UND TERMINOLOGIE Ich kann hier auf einen historischen Überblick zur Geschichte des Seebundes verzichten,11 hebe aber folgende Punkte hervor: Seemacht war im Xerxeskrieg entscheidend gewesen und würde es weiterhin sein. Im Gegensatz zu einer Hoplitenarmee, die in wenigen Tagen aufgeboten werden und einsatzfähig sein konnte, waren für eine Flotte ein komplexes und teures logistisches Unterhaltssystem und eine lange Vorlaufzeit unerlässlich.12 Offenbar bestand deshalb Einigkeit darin, dass der Seebund als eine langfristige Organisation konzipiert sein musste, wenn er jederzeit fähig sein sollte, einen persischen Versuch der Rückgewinnung der ägäischen Ostküste zu unterbinden. Daraus erklären sich Massnahmen wie das Permanenz symbolisierende Ritual der Versenkung von Gewichten im Meer, die Verpflichtung der Bündner zur regelmässigen Geldzahlung oder Flottenstellung, die Einsetzung von speziellen Beamten zur Verwaltung der Bundesfinanzen (hellēnotamiai) und die Bestellung eines von allen Verbündeten beschickten Rates (synodos), der mit einer gewissen Regelmässigkeit zusammentreten musste. All dies wurde offenbar als fair, mit der Freiheit und Gleichheit der Bündner vereinbar und für die Bedürfnisse des Bundes notwendig empfunden.13 Aus dem gleichen Grund konnte, wenn der Bund funktionsfähig bleiben sollte, der beliebige Austritt beitragsmüder Bündner nicht toleriert werden; dies erklärt wohl zumindest teilweise, weshalb die Bündner die gewaltsame Unterdrückung von Austrittsversuchen wenigstens anfänglich nicht nur tolerierten, sondern zum Teil auch unterstützten.14 Der Seebund verfolgte auch andere Ziele: die Befreiung der noch unter persischer Herrschaft stehenden Poleis und Beute als Kompensation für die Verwüstungen der Perserkriege.15 In all diesen Hinsichten war der Seebund äusserst erfolgreich, vielleicht – zumal angesichts von Kimons Persersiegen am Eurymedon Mitte der 60er Jahre – gar zu erfolgreich: verschiedene Bündner versuchten auszutreten, wurden bekriegt, besiegt, verloren Flotte und Mauern und hatten fortan Tribut zu zahlen. Andere änderten ihren Beitragsmodus freiwillig. Athen benützte den Tribut zur Finanzierung seiner Flotte und wurde immer mächtiger, die Bündner schwächer. Dieser Prozess war einseitig und nicht reversibel. 11 12 13

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Zur historischen Entwicklung s. bes. Meiggs (1972); Fornara – Samons (1991) Kap. 3; Rhodes (1992). Für viele der im folgenden angesprochenen Probleme ist Schuller (1974) nach wie vor massgebend. Dazu unten mehr (im Text zu Anm. 30). Da Dokumente aus dieser frühen Periode fehlen, sind wir auf Thukydides’ Bericht angewiesen (1,95–97; 3,10; synodos: 1,96,2–97,1), der freilich aus einer viel späteren Sicht (nicht zuletzt der Niederlage der Athener) geschrieben und knapp an Einzelheiten ist sowie den Interpretationsabsichten des Autors unterliegt. Zu letzteren s. etwa de Romilly (1963); Hunter (1973); Connor (1984); Hornblower (1987); Rood (1998); Rengakos – Tsakmakis (2006). Zur anfänglichen Willigkeit der Bündner, die Bundesbedingungen zu akzeptieren, s. Raaflaub (2004) 118–128. Schuller (1974) 54–56 diskutiert die Motive der grossen und privilegierten Bündner, Athen gegen andere Bundesgenossen zu unterstützen. Zu den Zielen des Seebundes s. z. B. Rawlings (1977); Raaflaub (1979); s. auch Giovannini – Gottlieb (1980); Robertson (1980).

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Athen nützte die Ressourcen des Seebunds schon bald und zunehmend für seine eigenen Zwecke aus. Eine grosse (und letztlich erfolglose) Flottenexpedition zur Unterstützung eines ägyptischen Aufstands gegen die Perser liess sich allenfalls mit dem Zweck des Seebunds vereinbaren, den Kimon Ende der 50er Jahre mit einer Expedition nach Zypern nochmals unterstrich – aber damit endeten die Perserkampagnen. Die gegen Griechen geführten Kriege in den 50er und frühen 40er Jahren dienten nur Athens Interessen, und die Verlagerung des Bundesschatzes nach Athen bedeutete das Ende der alten Bundesstruktur und wohl auch der Synode. Die Athener entwickelten in der Folge eine Reihe von (zum Teil den Persern abgeschauten) ‚Herrschaftsinstrumenten‘ (von Beamten in den Poleis über vereinheitlichende Gesetze bis zur Privilegierung des Gerichtsorts Athen und Gaben für die grossen athenischen Feste). Das Resultat war ein zunehmend zentralisiertes, von der athenischen Versammlung beherrschtes und überwachtes Gebilde, das von der übermächtigen Flotte und steter athenischer Kriegsbereitschaft kontrolliert wurde.16 Was genau dieses Gebilde war und wie wir es nennen sollen, ist ein vieldiskutiertes Thema. Bevor wir darauf eingehen, müssen wir Klarheit über die konzeptionellen und ideellen Aspekte gewinnen. NEUERUNG UND NACHAHMUNG: DIE ABSICHTEN DER ATHENER Herodot legt dem Marathonhelden Miltiades Worte in den Mund, die Athens Aufstieg zur „ersten Polis in Griechenland“ als direkte Konsequenz eines Sieges über die Perser voraussagen. Hier wird gewiss ein Gedanke in diese frühe Zeit zurückprojiziert, der erst viel später aufkam.17 Aber wann, und weshalb, kamen solche Ideen auf? Zunächst erneut etwas Hintergrundinformation. Besonders gegen Ende des 6. Jahrhunderts begann Athen, als eine der grössten griechischen Poleis, in Kriegen gegen seine Nachbarn und in der Besetzung von Stationen auf der Schwarzmeerroute sein Machtpotential auszuspielen.18 Die bereits bei Solon fassbare Tradition, die Athen als Mutterstadt mit den ionischen Poleis verband, beeinflusste Entscheidungen zugunsten der Ostgriechen zu Beginn des Ionischen Aufstands, am Ende des Xerxeskrieges und bei der Übernahme der Hegemonie; diese Beziehung wurde später auch als Herrschaftsmittel ausgenützt.19 Schliesslich häuften sich seit dem Sturz der athenischen Tyrannis Spannungen und Konflikte zwischen Athen und 16 17 18 19

S. bes. Meiggs (1972); Schuller (1974); zum persischen Hintergrund der Herrschaftsinstrumente: Raaflaub (2009). Miltiades: Hdt. 6,109,3; 6,109,6. Reprojektion: z. B. Scott (2005) 383–384. Frühe athenische Expansion: z. B. Figueira (1991) Kap. 5. Anderson (2000) betont, dass die territoriale Einigung Attikas erst im späten 6. Jahrhundert zum Abschluss kam und durch Kleisthenes’ territoriale Reformen besiegelt wurde. Koloniestatus der Ionier: Anspielung bei Solon fr. 4a West (s. Fantuzzi-Noussia 2010, 270– 271); Unterstützung der Ionier: Hdt. 5,97; 9,106. S. Schuller (1974) 112–117; Smarczyk (1990) 318–618.

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Sparta. Obschon Herodot diese Ereignisse aus der Perspektive seiner eigenen Zeit überinterpretiert, wurde doch das Potential einer Rivalität zwischen den zwei grossen Poleis hier erstmals sichtbar. Im frühen fünften Jahrhundert blieb diese Rivalität aktuell, aber aus verschiedenen Gründen eher unterschwellig, bis sie in den 460er Jahren im Zusammenhang eines umfassenden athenischen renversement des allian­ ces massiv aufbrach.20 Zwischen etwa 510 und 480 tauchten somit Selbstvertrauen und Selbstbehauptung Athens in der Rivalität mit Sparta als wichtiger neuer Faktor in der zwischenstaatlichen Politik Griechenlands auf. Der Anspruch auf eine Teilhabe am Kommando gegen die Perser und der gierige Griff nach der Hegemonie nach dem Krieg scheinen logische Folgen dieser Entwicklung, die durch den Marathonsieg und die enormen Anstrengungen und Opfer Athens im Xerxeskrieg zusätzlich genährt wurden. Das Bestreben, mit Sparta gleichzuziehen, zeigte sich auch in der Wahl des Bundessitzes: Als Apollo-Heiligtum und gleichzeitig altes Kultzentrum der Ionier bildete Delos ein Gegengewicht zu Spartas enger Beziehung zum delphischen Apollo.21 Insgesamt hatten die Athener im Winter 478/477 kaum mehr im Sinn als die Hegemonie in einem eigenen Bündnissystem und damit eine gewisse Parität mit Sparta. Gefühle der Überlegenheit oder Verachtung den ‚unterwürfigen‘ oder ‚verweichlichten‘ Ostgriechen gegenüber, wie wir sie bei Herodot und Thukydides fassen, kamen viel später auf.22 Die Struktur des Seebundes und die Prozeduren der Beschlussfassung entsprachen, trotz deren zuvor erwähnter Anpassung an die Bedürfnisse eines Seebundes, weitgehend denen des Peloponnesischen Bundes. Obschon die Athener, im Gegensatz zu Sparta, in ihrer Bundesversammlung mitstimmten,23 konnten weder die Versammlung noch der Hegemon ihren Willen einseitig durchsetzen. Auch die Quellen bestätigen, dass Athen ursprünglich ein Bündnis freier und gleicher Mitglieder anführte, in dem seine hegemoniale Macht durch den kollektiven Willen der Bündner begrenzt wurde.24 Weshalb, wann und wie genau sich dies änderte, wissen wir nicht. Ich erwähnte bereits die Verschiebung in den Machtverhältnissen, die eine Veränderung in der Einstellung der Athener bewirkte und deren Bereitschaft erhöhte, Macht und Gewinne zu ihrem eigenen Vorteil auszunützen. Sie fanden schnell heraus, dass Interessenvielfalt, Bedürfnisse und Abhängigkeiten unter den Bündnern ihnen halfen, die Stimmen in der Bundessynode zu kontrollieren, dass geeinter Widerstand unter 20

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Spannungen zwischen Athen und Sparta im Zusammenhang mit dem Tyrannensturz: Hdt. 5,62–65; 5,69–76; 5,90–93. Die Rivalität um das Flottenkommando im Xerxeskrieg endete, als Athen seinen Anspruch zurückzog (7,161; 8,3), diejenige um die Hegemonie gegen Persien durch den Rückzug Spartas (Thuk. 1,95–96); s. auch Hdt. 9,106. Athens Beziehungen zu Sparta nach den Perserkriegen: z. B. Fornara – Samons (1991) Kap. 4. Zur Bedeutung des Apollo-Heiligtums für Athens Propaganda: Shapiro (1996). S. auch M. Trümpers Beitrag im vorliegenden Band. S. etwa Hdt. 6,11–12; Thuk. 6,82–83. Spartas ‚Zweikammersystem‘: Thuk. 1,67–68; 1,118–125. Athens ‚Einkammersystem‘: 3,10,4 (polypsēphia); dazu Schulller (1974) 146 Anm. 46; Culham (1978). Was Thukydides’ Perikles zur Problematik der Meinungsbildung im spartanischen Bund sagt (1,141,6–7), gilt auch für die Anfänge des Seebunds. Bund freier und gleicher Mitglieder: Thuk. 1,97,1; 3,10,4.

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den verstreuten und durch die See getrennten Poleis kaum zustandekommen konnte, und dass sie die mächtigsten Bündner durch Spezialbehandlung auf ihrer Seite zu halten vermochten.25 Erfolge steigerten Selbstvertrauen und Überlegenheitsgefühl. Das Wissen, was die Perser und die sizilischen Tyrannen getan hatten, um ihre Macht zu sichern und zu steigern, mochte dann auch mitspielen. Jedenfalls hatte Athen zur Zeit der ersten Revolten die Verhältnisse fest im Griff. Trotz einiger Rückschläge intensivierte sich dieser Prozess, angetrieben auch von Optimismus und einem ungeheuren Bewusstsein des eigenen Potenzials, einem „Könnens-Bewußtsein“, wie Christian Meier es nennt, aufgrund dessen Perikles glaubte, sogar den Erfolg in einem grossen Krieg mit Gewissheit programmieren zu können.26 Es scheint jedenfalls, dass die Athener mit einem Seebund anfingen und zunächst auch kaum weiterdachten, diesen dann aber in einem langen, sich beschleunigenden Prozess in eine Archē, einen Herrschaftsbereich, umgestalteten. Diese Archē wurde also nicht gegründet oder erobert, sie ergab sich und wurde dann bewusst und systematisch ausgebaut und gefestigt. Aber Ende der 50er Jahre gab es als Folge der ägyptischen Katastrophe, des ‚Ersten Peloponnesischen Krieges‘ und der Einstellung der Perserkampagnen im Seebund eine Krise (oder zumindest ungewöhnliche Umstände), die tiefergreifende Massnahmen nötig machten und jene Beschleunigung in der Umwandlung einleiteten.27 Dies bot nochmals eine Chance – vielleicht die letzte –, eine Kursänderung vorzunehmen. Hier wäre eine Neukonstituierung möglich gewesen. Die Athener nutzten diese Chance nicht. Es fragt sich wieder, warum nicht. Um zu erklären, weshalb dies keine rein akademische Frage ist, muss ich nochmals zurückgreifen. Wie schon angedeutet, bestanden zwischen einem auf Landstreitkräften basierenden Bündnis und einem Seebund grundlegende Unterschiede.28 Eine Flotte benötigte einen komplexen logistischen und administrativen Apparat, der sich nicht aus dem Boden stampfen liess: Lieferung von Holz und anderen Rohstoffen, Werften, Häfen mit Schuppen, in denen jede Triere im Trockenen gelagert werden konnte, ein System von Stützpunkten entlang der Küsten zur Verproviantierung der Flotte, eine enorme Zahl von wohltrainierten Ruderern, Offizieren und Decksoldaten und riesige Geldreserven. Bis zu 20,000 Mann wurden für 100 Trieren benötigt und etwa gleich viele Arbeiter in den Werften und Häfen. Soweit es sich nicht um Söldner handelte, mussten alle diese Männer, ob mit oder ohne Familien, untergebracht, verpflegt und unterhalten werden. Im Piraeus entstand eine grosse geplante Stadt, die durch die Langen Mauern mit Athen verbunden wurde.29 Der Bau eines 25 26 27 28 29

Mangel an Einigkeit unter den Bündnern, Privilegierung der Flottenpartner: Thuk. 3,10,4–5; Schuller (1974) 54–56. „Könnens-Bewußtsein“: Meier (1980a). Vgl. Thukydides’ (allerdings viel spätere) Betonung von Athens polypragmosynē (1,70), erōs (6,24) und pleonexia (z. B. 4,21,2; 4,41,3). Perikles: 1,141–144; 2,13. Krise im Seebund: s. die entsprechenden Abschnitte in Meiggs (1972); Fornara – Samons (1991); Rhodes (1992). Dies ist dem thukydideischen Perikles wohl bewusst: 1,141–143. Zu Athens militärischem und administrativem Apparat: Blackman (1968); Garland (1987) (Werften und Kriegshäfen im Piraeus; s. aber Bissa 2009, Kap. 5); Hoepfner – Schwandner (1994); Schuller – Hoepfner – Schwandner (1989) (zur Planstadt Piraeus); Cook (1990);

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Schiffs und ein Monatssold pro Schiff verschlangen je ungefähr ein Talent; dazu kamen besondere Steuerleistungen für die Ausstattung. Ein Vergleich mag die Bedeutung dieser Kosten verdeutlichen: Der Bau des Parthenon samt der mit Gold und Elfenbein bedeckten Statue der Athena kostete 1200–1300 Talente, die neunmonatige Belagerung des aufständischen Samos 1400.30 Die logistischen Herausforderungen, einschliesslich einer Finanzverwaltung, die mit einem Etat arbeiten und vorausplanen musste, waren enorm. Sie wurden in kürzester Zeit bewältigt. All dies benötigte professionelle Kompetenz, Geschick und Erfahrung, Vorstellungskraft und eine grosse Bereitschaft, Neues zu versuchen und zu schaffen. Keine griechische Polis hatte je so etwas unternommen und vollbracht. Allerdings musste dieser Apparat auch in Gang gehalten werden. Man konnte ihn nicht einfach brachliegen lassen oder einmotten und dann auf einen Schlag reaktivieren. Ich frage mich deshalb, ob nicht zuletzt dieser Umstand die Athener geradezu nötigte, ‚Aktivisten‘ („Vieltuer“, polypragmones) zu werden, wie die thukydideischen Korinther sie nennen.31 Wie Goethes Zauberlehrling und die Römer mit ihrem hocheffizienten italischen Bundesgenossensystem wurden auch die Athener sozusagen Sklaven ihrer eigenen Errungenschaften. Jedenfalls beweist dies, dass die Athener alles andere als konservative Neuerungsfeinde waren: Das Potenzial für Neuerung war in ihrer Polis geradezu enorm.32 Aber in den Strukturen ihres Bundes neuerten sie zunächst, abgesehen von den erwähnten und durch die Flotte bedingten Anpassungen, sehr wenig, obschon, wie ich eingangs sagte, bestehende Modelle und Theorien einen Weg wiesen, wie aus zahlreichen politischen Einheiten eine zentralisierte und integrierte Superpolis geschaffen werden konnte. Gewiss, an Vereinheitlichungen und Neuerungen fehlte es nicht, aber diese waren durchweg auf der Ebene der Herrschaft über die Bundesgenossen angesiedelt. Die Athener kamen dahin, die See nicht nur als einen Kommunikations-, sondern auch als einen Herrschaftsraum zu sehen;33 sie bewirkten zum Beispiel durch ihre wirtschaftliche Vormacht, die eine Zentralisierung des ägäischen Handels im Piraeus zur Folge hatte, und durch bestimmte Massnahmen (wie die Vereinheitlichung von Massen, Gewichten und Währung) auch eine gewisse wirtschaftliche Integration;34 und sie führten im Lauf der Zeit zur Festigung und Zentralisierung ihrer Herrschaft eine ganze Reihe von im griechischen Raum präzedenzlosen ‚Herrschaftsinstrumenten‘ ein.35

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Gabrielsen (1994); (2007b); Pritchard (2012); (2015) (finanzieller und logistischer Aufwand); Jordan (1975); Samons (2000) (Finanzverwaltung). Für Belege und Lit. s. Raaflaub (1998) 348 Anm. 17 sowie Gabrielsen (1994); (2007b); Pritchard (2012); (2015); Kallet (1998). Polypragmones: Thuk. 1,70; vgl. Raaflaub (1994). Der thukydideische Perikles spielt zumindest auf die Notwendigkeit ständigen Trainings an: 1,142. Der thukydideische Kleon spielt darauf an, wenngleich primär aus der Perspektive der Rhetorik (3,38,4–5). Erinnerungen an Herrschaftsbildungen durch Polykrates von Samos (Hdt. 3,39) und den legendären Minos von Kreta (Thuk. 1,4) deuteten in diese Richtung. S. dazu Raaflaub (1998) 22–26; Morris (2009) 144–149 betont dies stark, aber s. u. zu Anm. 86. Meiggs (1972) Kap. 11; Schuller (1974); Raaflaub (2009).

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Auf der Ebene der politischen Integration fand all dies jedoch keine Entsprechung: die Athener taten nichts, um die verbündeten Poleis und ihre Bürger zu kooptieren oder den Seebund möglicherweise sogar in einen einheitlichen Groß-Staat umzuformen. Gerade im Hinblick auf die Grossmachtpolitik, die sie betrieben, hätte dies, so scheint es, grosse Vorteile gehabt. Dies ist es auch, was die Römer taten, wenngleich zögernd und schrittweise: Sie schufen eine komplexe und zentral kontrollierte Struktur mit differenzierten Zugehörigkeiten, die von voller Autonomie bis zu voller Einbürgerung reichten – eine Struktur, die lange erfolgreich blieb und Rom die Loyalität seiner Bündner und den Nachwuchs für seine Heere sicherte.36 Weshalb entwickelten die Athener kein eigenes Modell, das in eine ähnliche Richtung zielte? DAS GRIECHISCHE NICHT-INTEGRATIVE MODELL VON HERRSCHAFT UND AUSBEUTUNG Verschiedene, sich ergänzende Antworten bieten sich an. Wieder müssen Stichworte genügen. Im Gegensatz zu Rom kannten die griechischen Poleis keine Offenheit und keine Institutionen, die die Einbürgerung erleichtert hätten. Das Bürgerrecht galt als exklusives und behütetes Privileg, auf das man nur aus Not verzichtete und das man höchst ungern mit andern teilte, zumal wenn es, wie in Athen, mit grossen Vorteilen und Privilegien verbunden war. Einbürgerungen waren deshalb selten und schwierig – zumal in grossem Umfang.37 Der Weg, den die Römer beschritten, mit den wachsenden Herausforderungen durch die Vergrösserung der gemeinde-eigenen Ressourcen Schritt zu halten, war Athen damit verwehrt. Bei den zwei bekannten Fällen, in denen die Bürger ganzer Poleis eingebürgert wurden (Plataiai und Samos), handelte es sich offenkundig um Ausnahmen, die nur gemacht wurden, weil die betreffenden Poleis ungewöhnlich loyal gewesen waren.38 Trotzdem gab es, wie wir sehen werden, auch Möglichkeiten der Integration ohne Einbürgerung. Der Bund der Spartaner, das einzige – und zudem mächtige und erfolgreiche – Beispiel einer grossen hegemonialen Symmachie, war alles andere als integrativ. Innerhalb ihrer Polis demonstrierten die Spartaner, wie eine ihrer Gemeinde vollkommen verpflichtete und militärisch hochtrainierte Bürgerschaft zahlenmässig weit überlegene Massen von Nichtbürgern (Heloten und Periöken) zu beherrschen und sogar im Krieg einzusetzen vermochte. Auch in ihrem Bündnissystem hielten 36 37 38

Roms Bundesgenossenpolitik: Galsterer (1976); Humbert (1978); Salmon (1982); Hantos (1983); Lomas (2004); vgl. auch Harris (1984). Dazu ferner u. zu Anm. 95 ff. Zum Bürgerrecht in Rom: Sherwin-White (1973); in Griechenland: Whitehead (1991); zur Einbürgerung in Athen: Osborne (1981–1983). Vergleich zwischen griechischem und römischem Bürgerrecht: Gauthier (1981); Meier (1996). Für den Fall von Plataiai, wo die Informationen widersprüchlich sind, s. Gawantka (1975) 174–178; Osborne (1981–1983) I, 28; II, 11–16; Hornblower (1991) ad Thuk. 3,55,3 (mit Lit.); Hammond (1992) 146–147; für Samos ML 94; Gawantka (1975) 178–197; Osborne (1981– 1983) I, 33–37; II, 25–26; Cargill (1983); Shipley (1987) 130–131.

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die Spartaner, trotz der Mitsprache der Bündner im casus belli, eine dominante Position. Auch sie tolerierten keinen Austritt aus dem Bund, und vielleicht schon seit dem Ende des 6. Jahrhunderts waren die Verbündeten vertraglich verpflichtet, die gleichen Freunde und Feinde zu haben wie die Spartaner und ihnen zu folgen, wohin auch immer sie führten.39 Obwohl die Athener stolz ihre Eigenart betonten, waren sie offenbar dennoch in einem Wettbewerb mit der älteren Hegemonialmacht befangen, als ob sie ständig beweisen müssten, dass sie dasselbe zu tun vermochten, aber besser!40 In den hier wesentlichen Hinsichten neigten sie dazu, dem Modell der Spartaner zu folgen, nicht sich davon abzusetzen. Deren Modell aber basierte auf zwei Prinzipien: ihre Machtsphäre mit ihrer überlegenen Armee zu sichern und die Ressourcen der Verbündeten wenn nötig auch zur Förderung der eigenen Ziele einzusetzen. Diese bestanden freilich in der Erhaltung des Status quo, wenn immer möglich unter Vermeidung von Kriegen, nicht in der aggressiven Ausdehnung der eigenen Machtsphäre. Darin deckten sie sich mit den Interessen der Bündner. Aber sobald ein Interessenkonflikt mit den Bündnern aufbrach, konnte über die Priorität der Eigeninteressen Spartas kein Zweifel bestehen.41 Die Athener müssen über die Ziele und Prinzipien ihrer Bundespolitik diskutiert haben, aber wir fassen solche Debatten nur spät, im Zusammenhang je bestimmter Pläne und in der Brechung historischer Interpretation.42 Dennoch gab es offenbar keine klar definierte Doktrin, an der man sich jeweils orientierte, nur einzelne Entscheidungen, die auf spezifische Herausforderungen reagierten, und dann eine Tendenz, die sich aus der Eigendynamik der Expansions- und Herrschaftsbildung ergab und auf immer weitere Expansion drängte. Für beides liessen sich in der römischen Expansion in Italien Parallelen finden, wobei dort jedoch die die Aussenpolitik bestimmende Rolle des Senats ein beträchtliches Mass an Kontinuität vorgab.43 Insgesamt waren die Athener offenbar der Meinung, dass die Gewinne, die ihnen ihre Grossmachtpolitik einbrachte, grösser waren als die (beträchtlichen) Verluste: „the balance sheet of empire“ war positiv.44 Das nicht-integrative Modell von Herrschaft und Ausbeutung, das die Ressourcen der Verbündeten dazu benützte, den zu ihrer Unterdrückung notwendigen Machtapparat zu finanzieren, war somit erfolgreich; es zu ändern, bestand keine Notwendigkeit. Die Athener hätten vermutlich erklärt, dass ihre Macht ihnen ohnehin alle notwendigen Ressourcen 39

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Zu Spartas System generell: Thommen (1996); (2003); Cartledge (1987); (2000b); (2002); Welwei (2004). Zu Spartas Armee: Lazenby (1985); Hodkinson – Powell (2006). Zum Peloponnesischen Bund und Eid der Bündner Baltrusch (1994) 19–30; Yates (2005) mit Diskussion der Daten und Bibliographie. Für den bewussten Gegensatz zu Sparta ist Thukydides’ Grabrede des Perikles nur ein Beispiel; vgl. künftig Millender (in Vorb.). Interessenkonflikte mit den Bündnern wurden vor allem im Peloponnesischen Krieg sichtbar: Raaflaub (2004) Kap. 5.3; vgl. auch Raaflaub (2011b). Grundsatzdebatten: etwa bei Plutarch in der Auseinandersetzung über die Verwendung von Bundesgeldern für das perikleische Bauprogramm (Perikles 12 mit Stadter 1989, 144 ff.) und bei Thukydides in der grossen Debatte über die Sizilienexpedition (6,8–18). Vgl. für die in einer etwas späteren Epoche aufkommenden Spannungen zwischen Senat und Generälen Eckstein (1987); ferner u. zu Anm. 96. „Balance sheet of empire“: Finley (1978).

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sichere und eine tiefere Integration des Reiches kaum mehr brächte.45 Man mag dies bezweifeln, zumal sich die Frage der Ressourcen in der Endphase des Krieges als entscheidend erwies. Dazu kam jedoch, dass die Ressentiments vieler Untertanen gegen die ‚Tyrannenstadt‘ so stark wurden, dass jede Kursänderung hätte verheerende Folgen haben können; die Athener waren sich dieses Umstands wohl bewusst, und zumal in der Endphase des Krieges, als sich Misserfolge häuften und Änderungen sich aufgedrängt hätten, war dies gewiss ein entscheidendes Hindernis.46 Auch aus dieser Sicht hätte vielleicht die Krise der späten 50er Jahre eine letzte Chance für einen Kurswechsel geboten. Aber damals war ein weiterer Faktor fest etabliert, der dies verhinderte: die Demokratie. Deren Durchbruch zwischen 462 und 450 erfolgte in engstem Zusammenhang mit Krieg und Herrschaftsbildung, und die für Athens Sicherheit und Macht jetzt dauernd wichtige Rolle der zuvor nicht wehrfähigen Bürgerklasse der Theten als Ruderer in der Flotte bildete dafür eine entscheidende Voraussetzung.47 Diese Theten stellten auch einen Grossteil der Arbeiter in den Werften und Kriegshäfen des Piraeus. Dort siedelten sie sich an. Ihre Ansprüche waren im nahegelegenen politischen Zentrum Athens vernehmbar, und sie bildeten ein massives Stimmenpotenzial. Was Herodot von Kleisthenes sagt, dass er den Demos zu seiner hetaireia (Gefolgschaft) machte, wurde vielleicht zuerst Ephialtes und Perikles zugeschrieben.48 Dadurch muss sich die Zusammensetzung der Volksversammlung je nach Agenda geändert haben, und die Einführung des Soldes für zeitraubende Ämter befähigte die Theten, sich in den Gerichten und bald auch im Rat zu engagieren. Diese präzedenzlose Massnahme wurde von Demokratiegegnern als ‚populistisch‘ verschrien, dazu bestimmt, das Volk zu korrumpieren. Dies ist Polemik, aber vielleicht nicht völlig verfehlt. Jedenfalls förderten diese Veränderungen potenziell eine Tendenz, die ‚Interessen des Volkes‘, denen die Politik dienen sollte, eng und materialistisch zu interpretieren. Es fehlt dafür nicht an Indizien.49 Gewiss, innerhalb der Polis propagierte die Demokratie Gleichheit und Inklusivität, aber in aussenpolitischen Belangen dachte der Demos exklusiv, nicht integrativ, und war kaum geneigt, die aus der Archē erwachsenden Gewinne mit anderen zu teilen. Ehrgeizige Politiker mussten solche Tendenzen berücksichtigen. Ausserdem hatten in der von ausgeprägten Rivalitäten geprägten Atmosphäre der Versammlung Vorschläge, die eine aggressive und angeblich gewinnbringende Politik befürworteten, gute Chancen: Mit Frieden liess sich üblicherweise keine Politik machen. Gemäss 45 46 47 48 49

Perikles’ Argument in seiner ersten Rede bei Thukydides (1,143,1–2) und das Schlagwort von Athen als „vollkommen autarker Polis“ (polis autarkestatē, Thuk. 2,36,3 mit Raaflaub 2004, 184–187) deuten in diese Richtung. S. Perikles bei Thuk. 2,63,2 (zit. u. im Text zu Anm. 63); auch 1,75–76. S. dafür im Einzelnen Raaflaub (2007). Hdt. 5,66,2: ton dēmon proshetairizetai. Das Bürgerrechtsgesetz von 551/550 sollte Söhne gemischter Ehen ausschliessen; zur Diskussion: Patterson (1981); Rhodes (1981) 331–335. Angeblich provozierte 446 eine Getreideverteilung eine Überprüfung der Bürgerlisten (diapsēphismos: Philochoros FrGH 328 F 119; vgl. Plut. Perikles 37,4 mit Stadter 1989, 336–339). Unter veränderten Umständen brach im Verlauf des Krieges mit Sparta diese Tendenz voll durch: Thuk. 6,24.

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Thukydides galt dies besonders für die Zeit nach Perikles. Gewiss war es vorher genau so der Fall: Es lag in der Natur des Systems. In Kombination mit den anderen Faktoren, die ich erwähnte, machte dies eine Kursänderung und die Befürwortung einer mehr integrativen Politik fast unmöglich.50 Die letzte Phase des vollen Durchbruchs der Demokratie fiel mit der zuvor erwähnten ‚Krise des Seebundes‘ in den späten 450er Jahren zusammen. Nicht zuletzt deshalb lief die Entwicklung genau in der Zeit, als sich Änderungen im Verhältnis zu den Bundesgenossen aufgedrängt hätten, in die entgegengesetzte Richtung: Die Bundeskasse wurde von Delos nach Athen verbracht, andere Reformen wurden eingeführt und die gemeinsame Synode durch die athenische Ekklesia ersetzt. Die Herausbildung von Athens Herrschaft beschleunigte und verschärfte sich. Dies bringt mich zu einem weiteren Punkt. DAS SCHEITERN DES NICHT-INTEGRATIVEN MODELLS Das spartanische nicht-integrative Modell diente dem Zweck, den Status quo zu bewahren. Nur deshalb war es erfolgreich und von den Bündnern akzeptiert. Die spartanische Armee trainierte ständig und war in permanentem Alarmzustand, aber mehr zur Abschreckung als zum tatsächlichen Einsatz. Sobald die Spartaner gezwungen waren, häufige Kriege und eine aggressivere Politik zu führen, wurden die Schwächen dieses Modells entblösst. Trotz massiver persischer Unterstützung (die unter anderm die Preisgabe der Ostgriechen erforderte), brach es in nur einer Generation nach 404 zusammen.51 Im Gegensatz dazu befolgten die Athener fast von Anfang an eine aggressive und expansionistische Politik, die der Ausdehnung und Festigung ihres Machtbereichts diente. Sie wurden rasch auf Krieg und Herrschaft konditioniert, getrieben vom Bewusstsein ihrer Macht und vom Vertrauen auf ihr fast unbegrenztes Potenzial.52 Wie jedoch dachten die Athener ihre Gewinne zu halten und zu konsolidieren? Weshalb, zum Beispiel, akzeptierten sie bereits Anfang der 450er Jahre das Hilfegesuch eines gegen Persien rebellierenden Ägypters? Was hofften sie davon zu gewinnen? Wie hätte ein Erfolg sich auf ihre Macht- und Perserpolitik ausgewirkt? Antworten sind hier schwierig.53 Jedenfalls scheiterte dieses Unternehmen völlig 50

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Thuk. 2,65,10–11. Im Nachruf auf Perikles ist der Kontrast zwischen ihm und seinen Nachfolgern stark übertrieben, die Aggressivität der athenischen Politik während der Zeit seiner Dominanz unzureichend gewürdigt (auch wenn es richtig ist, dass Perikles im Gegensatz zu seinen Nachfolgern während des Krieges mit Sparta Zurückhaltung an andern Fronten empfahl). Die Verbannung von Perikles’ Gegner, Thukydides Melesiou, durch Ostrakismos bestätigte dies, auch wenn er offenbar nur einen Aspekt der Ausbeutung der Bündner und nicht die Herrschaft der Athener als solche ablehnte (s. o. Anm. 42). Abschreckung: Robinson (2011). Sparta und Persien: Lewis (1977). Krise und Niedergang Spartas: Cartledge (1987); Hamilton (1997). S. o. Anm. 27. Zur Konditionierung der Athener auf Krieg und Expansion: Raaflaub (2001). S. auch Meier (1990); Hanson (2001). Thuk. 1,104; 1,109–110. Dazu Fornara – Samons (1991) 88–89; Hornblower (1991) ad loc. (mit Lit.); Rhodes (1992) 50–53; Robinson (1999).

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und war enorm verlustreich. Die Expansion nach Böotien ein Jahrzehnt später zeigt ein klareres Bild: Die Herrschaft über dieses Gebiet hätte mehr Tribut, Nahrungsmittel und vermutlich Soldaten für künftige Kriege gebracht und Sparta eines wichtigen Bündners beraubt, aber dies nur um den Preis dauernder militärischer Kontrolle, und diese scheiterte schon bei der ersten Herausforderung.54 Diese Erfahrungen hätten den Athenern eine Lehre sein sollen, und Perikles war offenbar bereit, diese zu befolgen – wenigstens während des Krieges mit Sparta. Seine Nachfolger dachten anders: Sie vergeudeten Friedensangebote und hofften auf die Eroberung Siziliens, offenbar im Vertrauen auf Athens Überlegenheit zur See. Aber selbst wenn sie Syrakus besiegt und ein Eingreifen Spartas verhindert hätten, wie wollten sie dieses weit entfernte, grosse, feindliche Territorium mit seiner ethnischen Vielfalt und seinen machtpolitischen Spannungen kontrollieren? Die Methoden, auf denen ihre Herrschaft in der Ägäis beruhte, hätten dafür nicht ausgereicht; eine konstante und massive militärische Präsenz wäre unerlässlich gewesen. Offenbar dachten die Befürworter nicht über das unmittelbare Ziel von Sieg und Eroberung hinaus; allenfalls vertrauten sie darauf, dass militärische Gewinne weitere militärische Aufwendungen finanzieren würden und dies einfach so weitergehen würde.55 Es ging aber nicht ewig weiter. Abgesehen von persischer Hilfe für Sparta und den ungeheuren Verlusten an Menschen und Material brach Athen zusammen, weil sich unter dem Eindruck seiner Niederlagen und spartanischer Freiheitspropaganda die Herrschaft im Seebund auflöste.56 Das Prinzip der Herrschaft durch Ausbeutung vermochte Söldner, aber nicht Loyalität zu kaufen. In dieser Hinsicht, vielleicht mehr noch als in der der Ressourcen, hätte die Umgestaltung des Seebunds in eine integrierte ‚Superpolis‘ oder einen geeinigten ‚Großstaat‘ einen sehr grossen Unterschied ausmachen können – Rom bietet hier wieder ein Beispiel. Hier stellen sich weitere Fragen. Vor allem: Lag die Schaffung eines wirklich integrierten polis-übergreifenden Gemeinwesens nicht jenseits des griechischen Horizonts? Für die Athener kam die nächste Gelegenheit, ja ein Zwang zum Umdenken, erst nach ihrer Niederlage und besonders, als nach dem ‚Königsfrieden‘ im Jahre 387 die Unzufriedenheit mit Sparta solche Ausmasse angenommen hatte, dass man um 380 an die Schaffung eines neuen Bündnis-Systems denken konnte. Auf die Frage, ob und in welcher Weise man jetzt bereit war, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und neue, integrative Strukturen zu schaffen, und ob dies unter den veränderten Bedingungen jener Zeit überhaupt möglich war, werden wir zum Schluss dieser Untersuchung zurückkommen. Antworten auf diese Fragen 54 55

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Thuk. 1,108; 1,113; Verwendung böotischer Truppen: 1,111,1. Vgl. Buck (1979) 144–153; Fornara – Samons (1991) 89–90; Hornblower (1991) 172; Lewis (1992a) 113–116; (1992b) 133 (mit weiteren Quellen). Thukydides’ Darstellung der Pläne der athenischen ‚Gross-Imperialisten‘: 6,15,2 (in Thukydides’ eigenen Worten!); 6,90 (Alkibades’ Rede in Sparta); dazu Gomme – Andrewes – Dover (1945–1981) IV, 241. Nichts deutet jedoch auf eine über die erwartete Eroberung von Syrakus hinausgreifende sorgfältige Planung und Argumentation, wie Perikles sie 432/431 vorgelegt hatte. Dazu im Einzelnen Bleckmann (1998).

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werden uns besonders deutlich zeigen, wo die grundlegenden Hindernisse für solche integrativen Zielsetzungen lagen. Dafür wird auch ein Vergleich mit dem fast gleichzeitigen römischen Modell der Hegemonie- und Herrschaftsbildung aufschlussreich sein. Doch zuvor bleiben drei Fragen zu besprechen. Die eine dreht sich darum, ob wir überhaupt in den Quellen des späten 5. Jahrhunderts Hinweise auf eine Diskussion dieser Problematik finden können. Eine negative Antwort würde allenfalls implizieren, dass die hier aufgeworfene Frage zwar aus moderner Sicht interessant oder gar wichtig sein mag, aber weit über den zeitgenössischen Denkhorizont hinausging. Die zweite Frage ergibt sich daraus, dass Ian Morris vor kurzem vorgeschlagen hat, die seines Erachtens völlig unpassende Kategorisierung des athenischen Phänomens als eines ‚Reichs‘ (empire) durch die als ‚athenischen Großstaat‘ zu ersetzen. Dies zwingt uns dazu, die alte Frage nochmals aufzugreifen, worum es sich bei dem Gebilde, das die Athener archē nannten, wirklich handelte. Und die dritte Frage richtet sich darauf, ob wir im betreffenden Zeitraum in Griechenland allenfalls ausserhalb der athenischen und spartanischen Machtbereiche Beispiele integrativer Staatsmodelle finden können. DEBATTEN ÜBER INTEGRATIVE STAATSMODELLE Ich suche also nach Indizien für eine zeitgenössische Debatte über integrative Modelle und Strukturen, die sich allenfalls auf Athens Verhältnis zu seinen Bundesgenossen oder Untertanen anwenden liessen. Hier greife ich zunächst nochmals auf den eingangs erwähnten Vorschlag des Thales zurück. Herodot bezeichnet diesen Vorschlag, die Ionier sollten sich in ihrem Kampf gegen die Perser zu einer Gross-Polis vereinigen, ausdrücklich als „nützlich“. Ob er damit lediglich seinen eigenen Eindruck wiedergibt oder eine von breiteren Kreisen geteilte Meinung, und welches diese Kreise gewesen sein könnten, lässt sich nicht feststellen. Wie früher gesagt, hält die Forschung den ThalesVorschlag für authentisch oder für eine politische Utopie der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts.57 Freilich könnte man diesen Vorschlag historisch auch ganz anders verorten. Er ist nur aus dieser Herodot-Stelle bekannt. Herodot oder seine Quelle könnten ihn dem ionischen Philosophen, der ja für sein praktisches Denken bekannt war, lediglich ‚untergeschoben‘ haben. In diesem Fall müsste man den Vorschlag als ein Produkt des Denkens und der Diskussionen viel späterer Jahrzehnte betrachten, als das Thema aus anderen Gründen wieder aktuell wurde. Herodot schreibt auch dem Bias von Priene im gleichen Zusammenhang (allerdings nach der Niederlage der Ionier) einen ähnlichen Vorschlag zu – die Ionier sollten gemeinsam nach Sardinien auswandern und dort zusammen eine neue (und notwendigerweise grosse und mächtige) Polis gründen; so würden sie der Knechtschaft entkommen und ein gutes Leben haben, im Besitz der grössten aller Inseln

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S. o. Anm. 4.

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und Herren (archontas) über andere Leute.58 Dieser Vorschlag ist nun offensichtlich utopisch, denn Sardinien war damals fest in karthagischer Hand und griechischer Masseneinwanderung verschlossen. Ausserdem lässt Herodot Bias die Vorteile der ‚Insularität‘ Sardiniens betonen, was spätestens in perikleischer Zeit im Hinblick auf die durch die Befestigung des Piraeus und die Langen Mauern entstandene ‚Festung Athen-Piraeus‘ ein intensiv diskutiertes Thema war.59 Auch wenn Herodot solche Auswanderungs- und Umsiedlungspläne auch anderweitig erwähnt,60 sind wir nicht gezwungen, sie ins 6. Jahrhundert zu datieren, zumal der Historiker ja auch sonst zeitgenössische Gedanken in die Vergangenheit zurückprojiziert. Ich erwähne hier nur die berühmte Verfassungsdebatte, die ohne Zweifel ins Griechenland des späten fünften Jahrhunderts und nicht ins Persien der Verschwörer gegen den falschen Smerdis ein Jahrhundert früher gehört,61 oder den Versuch des Samiers Maiandrios, des Erben des berühmten Polykrates, von der Tyrannis zurückzutreten, was er angesichts der feindseligen Reaktion seiner Landsleute gleich wieder aufgibt;62 dies steht im Zusammenhang einer meines Erachtens nachweisbaren historisierenden Fiktion, und in den Begründungen, die Herodot hier anführt, bestehen eindeutige Parallelen zur Problematik der athenischen Archē, wie sie der thukydideische Perikles in seiner letzten Rede formuliert: „Die Herrschaft, die ihr übt, ist jetzt schon wie eine Tyrannis: sie aufzurichten, mag ungerecht gewesen sein, aber sie aufzugeben, ist gefährlich.“63 Es spricht also manches dafür, die Vorschläge, die Herodot Thales und Bias zuschreibt, als Produkte einer viel späteren Zeit zu betrachten. Sollte diese Vermutung über den Thales-Vorschlag richtig sein, so gäbe sie uns einen Hinweis auf Diskussionen in der Zeit Herodots, die sich allenfalls auch als alternative Möglichkeit auf die Beziehung Athens zu seinen Bundesgenossen anwenden liessen. Ein zweiter Hinweis darauf, dass das Verhältnis Athens zu seinen Bündnern im späteren 5. Jahrhundert zur Debatte stand, stammt aus einer ganz anderen und auf den ersten Blick ebenso unwahrscheinlichen Ecke: Aristophanes’ Komödie Lysi­ strata, die ja mehrfach tief eingesessene Meinungen der athenischen Bürgerschaft in Frage stellt und deshalb als Dokument zeitgenössischen politischen Denkens ernstzunehmen ist.64 Die Heldin, Lysistrata, braucht dort ein Gleichnis, um zu erklären, weshalb die Frauen Athens fähig sind und den Anspruch erheben dürfen, die durch die Kriegssucht der Männer scheinbar hoffnungslos verfahrene Situation in Griechenland wieder in Ordnung zu bringen. Dieses Gleichnis bezieht sich auf eine typische Frauenarbeit: die frischgeschorene Wolle zu reinigen, zu spinnen und dar-

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Hdt. 1,170,1–2. Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 191 zu Hdt. 1,170,2. Vorteile der ‚Insularität‘: Thuk. 1,143,5; [Xen.] Ath. pol. 2,14–16. Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 191. Hdt. 3,80–82. Eine Zusammenfassung der Forschungsdebatte bei Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 471–473 mit Lit. Hdt. 3,142–143. Thuk. 2,63,2. Historisierende Fiktion: Raaflaub (2004) 110–111. Henderson (1980).

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aus einen Mantel zu weben. Ich fasse hier das Wesentliche nur kurz zusammen:65 In das grosse Garnknäuel, das die Frauen aus der von allen Schurken, Klüngeln und allem Filz gereinigten Wolle „in einen Korb der Eintracht und des guten Willens“ spinnen, sollen nicht nur Bürger, sondern auch Metöken, Fremde und die wegen Schulden Verurteilten und insbesondere auch die Poleis, die Kolonien (apoikiai) Athens, hineingemischt werden, und aus diesem Garn weben die Frauen dann vereint einen grossen neuen Mantel fürs Volk. Dass hier auch die Poleis der Archē genannt werden, scheint mir höchst bemerkenswert. Das ist in der Krise nach der Vernichtung des sizilischen Expeditionskorps gesagt, als man wohl manches grundsätzlich neu zu überdenken hatte. Aristophanes versuchte ja auch bei andern Gelegenheiten, einen konzilianteren Kurs zu befürworten, als er gemeinhin populär war.66 Das ist alles, was mir auf eine zeitgenössische Debatte über eine integrativere Struktur des athenischen Herrschaftssystems hinzuweisen scheint. Viel ist es gewiss nicht, und es ist sehr vage. Müssen wir daraus folgern, dass die Stimmen, die dieses Problem aufwarfen, selten und vereinzelt blieben? Man mag dies mit der in der Forschung geläufigen Ansicht verbinden, dass auch in den 440er Jahren der Widerstand des Thukydides Melesiou und seiner Gesinnungsgenossen gegen die Verwendung von Bundesgeldern für das Bauprogramm auf der Akropolis sich nur gegen diesen als ‚Missbrauch‘ aufgefassten Plan, nicht aber gegen die finanzielle Belastung der Bündner, geschweige denn gegen die Archē als solche richtete.67 Und zweifellos ist es bedeutsam, dass, wie bereits angedeutet, Thukydides uns nirgends einen expliziten Hinweis auf eine Grundsatzdebatte über die Archē gibt. Athenische Gesandte rechtfertigen sie in Sparta und auf Sizilien; Kleon kritisiert die Athener für mangelnde Konsistenz, die sich eine herrschende Macht nicht leisten kann, und wie er diskutiert auch sein Gegner, Diodotos, Athens Verhältnis zu den Beherrschten nur aus der Perspektive des für Athen Nützlichen. Auch in der Siziliendebatte gründet sich Nikias’ Widerspruch auf die Überzeugung, dass dieses gewaltige Unternehmen zu diesem Zeitpunkt (und überhaupt) viel zu riskant ist; um 65

66 67

Aristoph. Lys. 567–586 (in einer leicht modifizierten Version der Übersetzung Ludwig Seegers): „Wie wir beim Spinnen die verworrenen Fäden eines Knäuels von Schafwolle sacht auseinanderziehen und mit der Spindel ordnen, so gedenken wir durch Gesandtschaften die verflochtenen Fäden des Krieges zu entwirren und in Ordnung zu bringen. Wie man die Wolle in der Wäsche von Kot und Schmutz säubert, so müsst ihr das Fell des Staats von Schurken reinklopfen und die Dornen ablesen: Was sich zusammenklumpt und zum Filz verstrickt – wie die Clubs, die sich miteinander verschwören, um Ämter zu besetzen – kämmt sie heraus und zupft ihnen die Spitzen ab. Dann spinnt die Wolle hinein in einen Korb der Eintracht und des guten Willens, und mischt grossherzig alle dazu, die Metöken und Fremden, die eure Freunde sind; auch die, die dem Staat Geld schulden, verschmäht sie nicht und vermengt auch sie mit dem Ganzen! Und auch die Poleis, bei Gott, die Kolonien dieses Landes, überseht sie nicht: stellt euch vor, dass sie herumliegen wie zerstreute, vereinzelte Flocken [meine Hervorhebung]. Lest all diese Flocken zusammen von nah und fern, bringt sie hier zusammen, veflechtet sie, wickelt ein Ganzes daraus und verspinnt es zu einem gewaltigen Garnknäuel! Aus diesem dann webt vereint für das Volk einen neuen wollenen Mantel.“ So bes. Ran. 718–737. S. o. Anm. 42.

‚Archē‘, ‚Reich‘ oder ‚athenischer Groß-Staat‘?

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Grundsätzlicheres geht es nicht und kann es im aktuellen politischen Zusammenhang auch gar nicht gehen.68 Am nächsten kommt man einer Grundsatzdebatte vielleicht in Perikles’ letzter Rede, aber auch dort geht es nur ums Festhalten am bisherigen Kurs; eine Alternative wird radikal ausgeschlossen.69 Es fragt sich deshalb erneut, ob die Archē und ihre Erhaltung oder Erweiterung durch immer neue Kriege überhaupt auf einer prinzipiellen Ebene problematisiert wurden und werden konnten.70 Von seiten der politischen Philosophen geschah dies zweifellos im 4. Jahrhundert;71 ob auch von seiten der Politiker und anderer Intellektueller und schon im 5. Jahrhundert, müsste gründlicher überprüft werden. Immerhin ist unter Tragikern, Komikern, Historikern und Sophisten intensive Kritik an den endlosen und brutalen innergriechischen Kriegen des späten 5. Jahrhunderts verbreitet.72 Ausserdem finden sich Indizien für eine Debatte über eine verwandte Frage: ob und unter welchen Bedingungen ein auf Krieg und Eroberung konditioniertes – also der polypragmosynē verfallenes – Gemeinwesen sich auf eine Politik des Friedens umstellen könne. In einem berühmten Kapitel beschreibt Thukydides die Symptome und Auswirkungen dieses für die Athener typischen Charakterzuges, der ihre Politik während des ganzen Krieges prägt. Nikias stellt ihn in der Siziliendebatte in Rechnung und drängt das Volk, dieses eine Mal im Allgemeininteresse gegen seinen Charakter zu handeln, während Alkibiades es auffordert, gerade in seiner Erfüllung den Erfolg zu suchen; überdies könne es die Umstellung auf eine Politik der Mässigung und des Friedens nicht vollziehen, wenn es nicht die ganzen Prinzipien, die seine Handlungen bestimmten (epitēdeuma), grundlegend ändere. Anspielungen auf diese Diskussion finden sich auch bei Herodot, und Isokrates formuliert das Problem in der Friedensrede sehr prägnant: Die Athener können einen dauerhaften Frieden nur gewinnen, wenn sie sich davon überzeugen lassen, „dass Ruhe und Frieden vorteilhafter und gewinnbringender sind als hyperaktiver Interventionismus (polypragmosynē), Recht als Unrecht, und Konzentration auf die eigenen Angelegenheiten als die Begierde nach dem Besitz von anderen“.73 Alle hier genannten Autoren sind sich also darin einig, dass eine dauerhafte Friedenspolitik eine grundsätzliche Änderung von Denken, Einstellung und Verhaltensweisen voraussetzt. Wiederum: Die intellektuellen Voraussetzungen für eine prinzipielle Debatte über die Archē waren offensichtlich gegeben. Ob die nötigen Voraussetzungen auch auf der praktischen und politischen Ebene bestanden, bleibt zumindest fraglich.

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Athenische Gesandte: Thuk. 1,75–77; 6,82–83. Kleon und Diodotos: 3,37–48. Nikias: 6,9–14. Thuk. 2,61–64. Vgl. dazu auch, eine ähnliche Problematik in Rom betreffend, Pfeilschifter (2014). S. etwa Ostwald (1996). Raaflaub (2010) 598–603 mit Lit. Thuk. 1,70; 6,9,3 (Nikias); 6,18,3 (Alkibiades); Hdt. 1,154–156; Isokr. or. 8,26. S. Raaflaub (2010) 617–619. Auf epitēdeusis, nebst politeia (Institutionen, Verfassung) und tropoi (Sitten, Lebensweise), konzentriert sich auch Perikles in der Grabrede (2,36,4), um zu erklären, auf welchen Voraussetzungen Athens Macht und Grösse beruhen.

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‚ARCHĒ‘, ‚REICH‘ ODER ‚GROSSSTAAT‘? Was aber war diese Archē, und wie sollen wir sie definieren und nennen? Dies ist eine alte und vieldiskutierte Frage. In der angelsächsischen Welt spricht man gemeinhin von ‚the Athenian empire‘, in der deutschsprachigen von Reich, Seereich, Thalassokratie – wie Hans Kopp anderweitig im vorliegenden Band betont, sind dies freilich auch von den Quellen her problematische Termini – oder Herrschaft, oder man benützt einfach das von Thukydides bevorzugte Wort archē.74 Das Problem hat mindestens zwei Ebenen. Auf einer, die eben durch die Verwendung von Archē angedeutet wird, trifft es sich mit verwandten Diskussionen über staatsrechtliche Begriffe wie ‚Staat‘, ‚Stadtstaat‘, ‚Bürger‘ oder auch ‚das Politische‘: Solche Begriffe sind, wie wir zumal seit der Erforschung der tiefen und schnellen Veränderung politischer Begrifflichkeit während der ‚Sattelzeit‘ (ca. 1750–1850) wissen, mit modernen Bedeutungsinhalten gefüllt und deshalb nicht ohne weiteres auf die Antike anwendbar.75 Gleichzeitig aber fehlt uns ein allgemein akzeptiertes alternatives Vokabular zur Bezeichnung der antiken Phänomene. Deshalb behilft man sich damit, die Problematik in einer Anmerkung anzudeuten und verwendet die Begriffe eben doch, oder man umgeht die begriffliche Problematik, indem man die antike Terminologie übernimmt: so oft mit ‚Polis‘ oder eben ‚Archē‘. Auf einer zweiten Ebene engagiert man sich mit der Problematik, versucht sich mit Definitionen und theoretischen Differenzierungen und steht am Ende dennoch vor der Schwierigkeit, eine passende Terminologie zu finden.76 Dies gilt besonders für das Problem von Staat und Staatlichkeit in der archaischen Antike – waren die archaischen griechischen Poleis oder das frühe Rom ‚Staaten‘? Wilfried Gawantka hat diesem Problem vor langem ein Buch gewidmet, Walter Eder einen Sammelband, und Uwe Walter, besonders Christian Meier und andere haben sich eingehend dazu geäussert. Ein weiterer Sammelband (mit einer eingehenden Einführung des Herausgebers, Christoph Lundgreen, und einer Grundsatzdiskussion von Aloys Winterling) ist unlängst erschienen; Lundgreen plant auch ein Forschungsprojekt zu Staatlichkeit in der griechischen Archaik.77 Dies ist also ein ‚heisses Thema‘, das sich natürlich eng mit der Frage nach Athen und dem Charakter seiner Herrschaftsbildung im 5. Jahrhundert berührt. Die Schwierigkeit, die hier zu bewältigen ist, besteht nicht nur darin, dass durch solche Begriffe moderne Konnotationen unreflektiert in die Antike hineingetragen werden, sondern auch, dass dadurch das Verständnis des für die Antike Spezifischen verbaut wird. Man denkt hier etwa und insbesondere an die mangelnde Trennung von Gesellschaft und Politik, also die Tatsache, dass sehr vieles, was wir selbstverständlich dem politisch-administrati74

75 76 77

Zu moderner Terminologie und antiker Realität s. Schuller (1974) 197–210. Zur zeitgenössischen polemischen Herrschafts- und Knechtschaftsterminologie: Raaflaub (2004) Kap. 4.2. Zu archē s. die sorgfältige Begriffsuntersuchung von Spahn (2016) mit Quellen und Lit. S. auch Schuller (1978); Low (2005); Ma (2009). Koselleck (1972) XIV–XIX. Vgl. etwa Schuller (1974); Finley (1978). Gawantka (1985); Eder (1990); Walter (1998); Lundgreen (2014a) (mit Einleitung und Lit., inkl. Hinweise auf Meier) und (in Vorb.); Winterling (2014); s. etwa auch Davies (1997).

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ven, also eben ‚staatlichen‘ Bereich zuweisen, in antiken Gemeinwesen im gesellschaftlichen Rahmen ausgehandelt und bewältigt wurde. Dieser Notwendigkeit, das für die Antike Spezifische zu erkennen und herauszuarbeiten, geht auch Ian Morris aus dem Weg, wenn er in einer kürzlichen Untersuchung aufgrund moderner politikwissenschaftlicher und komparatistischer Diskussionen von Reichs- und Staatsbildungen dem Phänomen, das die Athener selbst eben archē nannten, den Charakter eines ‚Reiches‘ (empire) grundsätzlich abspricht, es stattdessen in den Prozess antiker Staatsbildungen einordnet und als Anfangsphase der Formierung eines athenischen Großstaates (Greater Athenian State) bestimmt.78 Ich kann hier nur kurz andeuten, weshalb ich dem so nicht zustimmen kann. Morris hat zweifellos recht, dass die athenische Archē unter den Reichen der Weltgeschichte wie auch der Antike ungewöhnlich war und die Forschung in der Regel vor der oben angesprochenen Schwierigkeit kneift und sich damit der Herausforderung einer kritischen Analyse entzieht.79 Wie so oft, geht es freilich auch hier zunächst um eine Frage der Definition, und mit Definitionen kann man bekanntlich vieles aus- oder einschliessen und manipulieren. Die Vorstellung eines ‚Athenian empire‘ wird in diesem Fall vor allem aus drei Gründen disqualifiziert: Es war sehr klein, kurzlebig und homogen. Man könnte entgegnen, es sei dann eben ein kleines, kurzlebiges und homogenes Reich gewesen, aber gemäss Morris sind nach einhelliger Meinung moderner Komparatisten ‚Reiche‘ durch ein hohes Mass an ‚Fremdheit‘ (foreignness) im Verhältnis zwischen Herrschern und Beherrschten charakterisiert. Um genau zu sein, so definiert Morris ein empire „as a territorially extensive, hierarchical, multiethnic, political organization with a strong sense of foreignness between ruler and ruled“.80 Hätten die Athener nach Ausdehnung ihrer Macht über die im wesentlichen (trotz gewisser Unterschiede) ethnisch, sprachlich, kulturell und religiös homogene Hellenenwelt der Ägäis den Peloponnesischen Krieg gewonnen und dann nicht nur Sizilien, sondern auch Italien und Karthago erobert, wie es angeblich Alkibiades vorhatte, dann wäre aus dem zentralisierten Großstaat in der Tat ein Reich geworden. Eine Parallele dazu – die Morris freilich durch den Hinweis auf diese gute Vergleichsmöglichkeit nur andeutet – könnte man wohl in der römischen Herrschaftsbildung in Italien und Reichsbildung im Mittelmeergebiet finden. Dass die meisten Reiche in der Weltgeschichte gross, hierarchisch und multiethnisch waren und länger als siebzig Jahre dauerten, sei gar nicht bestritten (einige dauerten freilich auch viel kürzer). Morris’ Kategorisierung beruht zwar auf einer Phänomenologie von Reichen, die in der Antike eine Rolle spielten (von Assyrien und Persien bis Rom und Byzanz), privilegiert aber Kriterien, die nicht zwingend relevant erscheinen. Das gewiss grosse, hierarchisch strukturierte und langlebige Chinesische Reich war in seinen antiken Frühphasen wohl auch ethnisch weitgehend homogen; wäre es deshalb ebenfalls als ‚Reich‘ disqualifiziert? 78 79 80

Morris (2009). Morris (2009) 128–129. Die Diskussion über Reich oder Großstaat: 128–154. Morris (2009) 141.

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Wichtiger scheint mir anderes, das über die Willkür von Kriterien hinausgeht. Morris verlässt sich auf Definitionen moderner Politologen. Ich greife eine heraus, von Michael Doyle: Empire […] is a relationship, formal or informal, in which one state controls the effective political sovereignty of another political society. It can be achieved by force, by political collaboration, by economic, social, or cultural dependence […] Imperialism is simply the process of establishing or maintaining an empire. These definitions […] distinguish empires from the rest of world politics by the actual foreign control of who rules and what rules a subordinate polity.81

Dies trifft, wie Morris selber sagt, ziemlich genau auf die athenische archē zu, hat aber vieles mit Definitionen des ‚Staates‘ gemein, wie sie etwa Michael Mann oder Charles Tilly vorgelegt haben.82 Diese Definitionen, die zum Teil auch mit denen Max Webers verwandt sind, konzentrieren sich auf Institutionen und Personal, die Zentralität der Kontrolle über ein klar begrenztes Territorium und das Entscheidungs- und Gewaltmonopol der Herrschenden. Solche Überschneidungen zwischen ‚Staat‘ und ‚Reich‘ nimmt Morris eben zum Anlass, Athens archē in der Ägäis nicht als Reich, sondern als Staat zu kategorisieren. Damit aber treibt er gleichsam den Teufel mit dem Beelzebub aus, denn der Begriff des Staates ist ja, wie eben gesagt, in seiner Anwendung auf die Antike nicht weniger problematisch – allerdings offenbar vor allem in der deutschen Forschung, die Morris in diesem Zusammenhang kaum zur Kenntnis nimmt. Dennoch könnte man sich mit seiner Begriffswahl allenfalls abfinden, zumal auch in der neueren Forschung die Begriffe von ‚Staat‘ und ‚Staatlichkeit‘ nicht als statisch fixiert, sondern als dynamisch und veränderbar betrachtet werden. Staaten entwickeln und verändern sich, und so verändert sich auch, was ein Staat ist und was seine Staatlichkeit ausmacht.83 Eine sinnvolle Frage ist deshalb, welche Elemente von Staatlichkeit sich in einem gegebenen Zusammenhang beobachten lassen, und wie sich diese mit andern vergleichen. Wenn man also Morris’ Definition der Archē als eines athenischen Großstaats wenigstens provisorisch akzeptiert, so stellt sich die Frage, wie die Athener diesen Staat organisierten und integrierten, wie sie also die Zentralität der Kontrolle über ihr Territorium etablierten und ihr Entscheidungs- und Gewaltmonopol ausübten. Morris versucht denn auch, seine Konzeption mittels einer Diskusson der Institutionen und Massnahmen zu untermauern, die die Athener zur Festigung der staatlichen Kontrolle über ihre Bündner einführten.84 Dabei lässt er jedoch den eigentlichen Zweck dieser Massnahmen und den Charakter der Beziehung zwischen Herrschern und Beherrschten zwar nicht völlig, aber doch weitgehend ausser Acht. Er gibt freilich zu, dass diese Archē auch als ‚Staat‘ eine „ungewöhnliche Formation“ war. Ich zitiere in Übersetzung:

81 82 83 84

Doyle (1986) 45, zitiert von Morris (2009) 129. Mann (1986) 112; Tilly (1992) 1–2; zit. von Morris (2009) 129–130. S. etwa Winterling (2014). Morris (2009) 141–154.

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Sie kombinierte eine Demokratie der Männer in der Metropolis mit den auf Eigennutz ausgerichteten Zielen der Sicherheit, des Zugriffs auf Rohmaterialien, Arbeitskräfte, und finanzielle Einkünfte (Mieten, Gebühren und Steuern), während als allen zugängliche Güter Frieden und Handel angeboten wurden. Sie herrschte mittels einer Kombination von Bürokratie und Übertragung von Verantwortung an lokale Eliten und integrierte die Poleis wirtschaftlich durch Handelsaustausch. Wahrscheinlich profitierten die meisten freien Männer bis zu einem gewissen Grad von diesem athenischen Großstaat, obwohl die athenischen Bürger (und, gemäss Thukydides, vor allem die reichen athenischen Bürger) gewiss am meisten profitierten. Sozial gesehen handelte es sich um eine Hierarchie, in der die Athener zuoberst standen.85

Daran ist natürlich manches richtig, einiges auch weniger (etwa die Übertragung von Verantwortung an lokale Eliten, was eher römisch scheint), aber ich würde vor allem betonen, dass athenischer Eigennutz gegenüber jeder Integration (sei sie nun wirtschaftlich oder politisch) weit dominierte, beziehungsweise dass jede Integration von Eigennutz motiviert war. Auch administrative Vereinheitlichungen dienten primär Athens Vorteil und wurden nur deswegen realisiert. Die ‚wirtschaftliche Integration durch Handelsaustausch‘, die sich auf die zentrale Stellung des Piraeus konzentrierte, kam vor allem den Athenern zugut und war Folge, nicht Absicht der Herrschaftsbildung. Wichtiger noch: Praktisch alle ‚Herrschaftsinstrumente‘, die Athen im Lauf der Zeit einführte, waren von persischen Vorbildern inspiriert (es gab ja dafür keine Vorbilder in der griechischen Welt). Sie waren also einer Reichsherrschaft abgeguckt und dienten dem Zweck, Athens Herrschaft in der Archē zu festigen und zentralisieren. Man sollte meines Erachtens die Möglichkeit nicht unterschätzen, dass es überhaupt das persische Vorbild war, das die Bereitschaft führender Athener entscheidend beeinflusste, in einer imitatio imperii Persici die Hegemonie ihrer Stadt im Seebund in eine Herrschaft umzuwandeln.86 Gewiss profitierten auch die Beherrschten vom Frieden, der Sicherheit vor den Persern und Tyrannen und der Handelsfreiheit und -sicherheit, die Athen innerhalb der Archē garantierte (nicht nur das vom athenischen Handelsembargo schwer getroffene Megara mag dies freilich anders gesehen haben), und viele kleine Poleis waren auf Athens Schutz gegen mächtigere Nachbarn angewiesen. Nach Morris erkauften sich die Bündner diese Vorteile zudem mit relativ geringen Kosten – jedenfalls weit geringeren, als sie im römischen Reich üblich waren.87 Solche Vorteile wurden zum Teil von Thukydides erwähnt, rückblickend von Isokrates und den Rednern des 4. Jahrhunderts hervorgehoben und in einer vor vielen Jahren intensiv geführten modernen Debatte über die ‚Popularität der athenischen Herrschaft‘ im Seebund gebührend gewürdigt.88 Aber darüber hinaus taten die Athener, so weit ich sehe, kaum etwas, um durch positive Massnahmen die Loyalität der Bündner zu fördern. Ein Vergleich mit Rhodos, wo offenbar die Aristokratie durch eine reiche Palette an Ehrungen eingebunden wurde, wäre hier aufschlussreich,89 85 86 87 88 89

Morris (2009) 139. Zu alledem s. Raaflaub (2009). Morris (2009) 143. Zur Diskussion s. Raaflaub (2004) 160–165. Vgl. das Kapitel von Daniel Kah im vorliegenden Band und künftig bes. Kahs in Druckvorbereitung befindliche Monographie über die hellenistischen Kriegsflotten von Rhodos (Kah 2016).

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aber diesen Weg verbarrikadierten sich die demokratischen Athener durch die Bevorzugung von Demokratien selber – und gerade diese Massnahme erwies sich letztlich als unwirksam.90 Athens Herrschaft wurde, etwas extrem gesagt, insgesamt und im Zweifelsfall als negativ, drückend und mit dem Charakter einer freien Polis unvereinbar empfunden – wie es die athenischen Oligarchen von 411 zu ihrer Überraschung konstatieren mussten.91 Der in der Polemik gegen Athen verwendete Terminus der polis tyrannos, das Aufkommen des Autonomiebegriffs im Zusammenhang des Widerstands gegen Athens Herrschaftspraktiken, die häufig dokumentierte Aufstandsbereitschaft gerade mächtiger Verbündeter, das überwältigend positive Echo, das Spartas Deklaration der ‚Befreiung der Hellenen‘ im Jahre 432 erzielte, und das schnelle Abbröckeln der Loyalität vieler Bündner im Ionischen Krieg, als sie erstmals wirklich eine Alternative zu haben glaubten – all dies spricht hier ja Bände.92 Viel mehr könnte man hier noch anführen. Ich erwähne nur den auf Delos begonnenen, aber nie vollendeten Bau eines Apollotempels; man hatte also anfänglich Interesse an der Errichtung eines monumentalen Bundesheiligtums, liess diesen Plan aber fallen, als Apollo durch die athenische Athena ersetzt wurde: Es war dann der Parthenon, der Athens Persersiege und Herrschaft im Seebund monumental feierte.93 Vor diesem Hintergrund wurde am ersten Tag der Grossen Dionysien dem Publikum, einschliesslich der Delegationen der Bundesgenossen, im Theater der Tribut Talent für Talent vorgeführt.94 Man muss sich dies konkret vorstellen: hunderte von Körben mit je 6000 Drachmen! Morris hat hier vieles nicht genügend bedacht. Er würde vermutlich entgegnen, dass gerade die Metapher der polis tyrannos beweise, dass die Zeitgenossen ebenfalls im Rahmen eines Großstaats dachten. Dies besagt wiederum nichts, da es ja für griechisches Denken typisch war, Phänomene und Beziehungen auf drei Ebenen in Analogie zu stellen: innerhalb einer Person, im Mikrokosmos einer Polis und im Makrokosmos der Beziehungen zwischen den Poleis. Für die Zeitgenossen stand ohne Zweifel der Aspekt der Herrschaft Athens im Vordergrund; ja er war der einzige Aspekt, an den sie dachten, wenn sie eine Wahl hatten, zumal eben die Athener jenseits des ihren Zwecken dienenden administrativen Bereichs kaum etwas anboten, das die Bündner hätte in ein grösseres Gebilde integrieren oder an Athens Vorteilen beteiligen können. Ich würde also die Frage, die ich zu Beginn dieses Teils meiner Erörterungen aufwarf, dahingehend beantworten, dass es durchaus gute Gründe gibt, modern allzu sehr belastete politische Termini wie ‚Staat‘ und ‚Reich‘ zu vermeiden und durch offenere und besser auf die spezifischen Gegebenheiten der Antike passende 90 91 92 93 94

Schuller (1974) 82–98. Thuk. 8,64. Polis tyrannos: Raaflaub (2004) 141–143. Autonomia: Raaflaub (2004) 147–160. Spartas Freiheitsdeklaration: Thuk. 2,8,4–5. Zum delischen Apollotempel: o. Anm. 21. Zu den angesprochenen Aspekten des Parthenon s. etwa Meiggs (1972) Kap. 15; Smarczyk (1990) 31–57; Osborne (1994). Isokr. or. 8,82 (mit starker Betonung des provokativen Charakters dieser Zeremonie); Sch. Aristoph. Ach. 504; Goldhill (1990) 101–104.

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zu ersetzen, dass dies aber nicht unbedingt nötig ist, wenn man die diesen Termini inhärente Flexibilität und Veränderbarkeit jeweils mit reflektiert und explizit macht. Ich selber ziehe es vor, auf neutralerem Terrain zu bleiben und, so problematisch auch dies ist, mit entsprechender Begründung an ‚Archē‘ festzuhalten (dasselbe würde für Gemeinde, Gemeinwesen, polis oder res publica anstelle von ‚Staat‘ gelten). Wenn man aber ‚Staat‘ vorzieht, würde ich gegen Morris entschieden darauf bestehen, dass dieser Staat nicht nur hierarchisch aufgebaut war, sondern auf der Beherrschung und Ausbeutung der Bündner beruhte und diese auch bezweckte. Wolfgang Schuller scheint mir mit seinem Titel Die Herrschaft der Athener im Ersten Attischen Seebund nach wie vor das Richtige getroffen zu haben. Ob innerhalb eines Großstaats oder nicht, die athenische Archē war ein Herrschaftssystem. ZUM VERGLEICH: DIE RÖMISCHE HERRSCHAFTSBILDUNG Für das Problem der Integration auf der über der Einzelpolis liegenden Ebene ist nun ein kurzer und grober Vergleich mit Roms Verhältnis zu seinen Bundesgenossen instruktiv.95 Dieses Verhältnis beruhte auf einer kriegerischen Unterwerfung; das Bündnis folgte der Niederlage und Kapitulation. Nach antiken Gepflogenheiten stand Rom als dem Sieger das Verfügungsrecht über den Besiegten zu, was durch die Kapitulationsformel der deditio auch unmissverständlich ausgedrückt wurde.96 Wenn sich Rom dann mit einem Bündnis und der bedingungslosen Anerkennung seines Monopols in Aussen- und Kriegspolitik begnügte und von den Bündnern nichts verlangte ausser der regelmässigen Stellung von Truppen (deren Zahl im Vertrag festgelegt war) und allenfalls der Abtretung gewisser Territorien für die Ansiedlung von Kolonien, so war dies unendlich viel besser als was die Besiegten erwarten konnten. Es gab also keinen Tribut und keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bündner; in griechischer Terminologie war deren Autonomie voll gewährleistet. Dies blieb auch lange so, und als römische Magistrate sich im 2. Jahrhundert zunehmend Verletzungen zuschulden kommen liessen, führte dies sofort zu grossen Komplikationen. Ausserdem erlaubte die für Rom und Italien typische offenere Sozialstruktur samt dem Patronats- und Klientelwesen den Römern die Einbürgerung Aussenstehender, auch in grossem Mass, und dies wurde seit der Mitte des 4. Jahrhunderts in differenzierten Abstufungen auch auf ganze Gemeinden angewandt. Die engen Beziehungen der römischen Aristokratie zu den Eliten italischer Gemeinden hatten zudem die Folge, dass gerade diese privilegiert eingebürgert werden konnten, sich die Römer somit die Unterstützung der führenden Schichten sicherten und sie auf diese Weise auch an den Gewinnen der Expansion und an den wachsenden Karrieremöglichkeiten beteiligten. Durch Beute und Kolonisation wurde jedoch auch das Volk der eingebürgerten Gemeinden an den Gewinnen beteiligt. Und schliesslich bot die politikbestimmende Führung durch den Se95 96

Lit. dazu o. Anm. 36. Vgl. ferner Cornell (1989a); (1989b); (1995) Kap. 12, 14; Oakley (1993); Rich (1993). Zur deditio s. z. B. Badian (1997) mit Lit.

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nat ganz andere Voraussetzungen für langfristige Kontinuität in der Aussenpolitik, als dies in der unberechenbaren athenischen Versammlungsdemokratie je möglich war. In Rom war Integration also möglich und wurde in zunehmendem Ausmass und systematisch praktiziert – mit grossen Vorteilen für alle Beteiligten. Natürlich gab es auch dort Schwierigkeiten und Widerstände, zumal unter den veränderten Bedingungen des späten 2. und 1. Jahrhunderts, aber das ändert nichts am Prinzip, und die Loyalität einer grossen Zahl von Bündnern selbst in den dunkelsten Stunden des Hannibalkrieges beweist den Erfolg. In Griechenland war dieses System nicht – oder doch nur sehr beschränkt – anwendbar, mit grossen Nachteilen für alle Beteiligten. Die Gründe, weshalb die Athener im 5. Jahrhundert diesen Weg nicht beschritten, habe ich zuvor kurz zusammengefasst. Ihr Scheitern war deshalb eigentlich vorprogrammiert, zumal sie sich übernahmen und, im Gegensatz zu den Römern, mit ihren letztlich eben doch beschränkten Ressourcen Rückschläge auf die Dauer nicht zu kompensieren vermochten. Wir sollten jedoch nicht übersehen, dass die von Rom – und in Griechenland bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts auch von Sparta und auch danach noch gelegentlich von andern grossen Poleis – praktizierte Methode der ‚Machtbildung durch Absorption‘ von Besiegten oder Bündnern nicht die einzige Möglichkeit der Integration darstellte.97 Es gab gerade in Griechenland auch andere Modelle der Integration, durch die verschiedene Gemeinden in einem grösseren Gemeinwesen zusammengefasst werden und mit gegenseitigem Gewinn über längere Zeit oder gar permanent zusammenwirken konnten. DER BÖOTISCHE BUND Im Anschluss an eine antike Bezeichnung für die Vereinigung eines grösseren Territoriums zu einer Polis (wie etwa die Attikas im 7. und 6. Jahrhundert)98 braucht man in der Forschung für den Zusammenschluss mehrerer Poleis zu einer einzigen den Terminus ‚Synoikismos‘, obschon nicht immer eine echte ‚Zusammensiedlung‘ stattfand. Wenn die Bürger der zusammengeschlossenen Poleis ein einziges gemeinsames Bürgerrecht erhielten, spricht man auch von ‚Sympolitie‘.99 Beispiele betreffen Elis (471), Rhodos (408) und Argos mit Korinth (390).100 Ein weiteres und besonders erfolgreiches Beispiel will ich hier kurz besprechen. Nach einer langen und schwierigen Vorgeschichte gelang um die Mitte des 5. Jahrhunderts in der mittelgriechischen Landschaft Böotien die Bildung eines ‚Bundesstaates‘ – oder, um eben ‚Staat‘ zu vermeiden, einer ‚Superpolis‘ oder, in griechischer Terminologie, eines koinon, das ungewöhnlich lange dauerte (ungefähr ein halbes Jahrhundert) und in bemerkenswerter Weise die Bedürfnisse der beteiligten 97 98 99 100

Raaflaub (1990). Thuk. 2,15,2. Giovannini (2007) 244–245. Elis: Diod. 11,54,1; Strab. 8,3,2; Rhodos: Diod. 13,75,1. Zu Argos und Korinth, s. Xen. Hell. 4,4,6; 4,5,1; 4,8,15; 5,1,34; Diod. 14,92; Griffith (1950); Cartledge (1987) 255–257.

‚Archē‘, ‚Reich‘ oder ‚athenischer Groß-Staat‘?

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Poleis und ihre Zusammengehörigkeit in einem ethnischen Verband (ethnos) ausbalancierte und sowohl dem lokalen Unabhängigkeitswillen wie der Notwendigkeit des politischen Zusammenwirkens Rechnung trug.101 Die Einzelheiten sind uns aus den Fragmenten eines anonymen Historikers des 4. Jahrhunderts bekannt (den Hel­ lenica Oxyrhynchia).102 Grundlegend war die proportionale Repräsentation der Bundesmitglieder in der zentralen Regierung. Dafür wurde die gesamte Region in künstlich geschaffene ‚Teile‘ (merē) aufgeteilt, die zwar territoriale ‚Distrikte‘ darstellten, deren Grösse aber dadurch bestimmt wurde, dass sie alle ungefähr die gleiche Bürgerzahl umfassen sollten. Die Bürger einer Polis befanden sich alle im selben meros (oder, im Falle besonders grosser Poleis wie Theben oder Orchomenos, in zweien) oder sie bildeten mit denen anderer Gemeinden ein gemeinsames meros. Im Jahre 395 gab es elf solche merē, anfänglich vielleicht nur neun; ihre Zahl, Zusammensetzung und Verteilung änderten sich im Lauf der Zeit aufgrund wechselnder Umstände. Jedes meros delegierte 60 Mitglieder in den zentralen Rat und einen Boiotarchen in die Bundesexekutive, eine gewisse Zahl von Richtern, ein Regiment Hopliten und eine Schwadron Reiter für die Bundesarmee, und zahlte bestimmte Beiträge und Steuern in die Bundeskasse. Die politischen Entscheidungsprozesse auf der lokalen wie der Bundesebene wurden in genauer Entsprechung organisiert. Die Polisbürger (wie auch die in den zentralen Rat delegierten Ratsherren) wurden in je vier Räte (boulai) aufgeteilt, die unabhängig von einander berieten und entschieden. Einer der vier diente im Turnus als probuleutisches (vorberatendes) Gremium und legte seine Empfehlung den andern drei vor. Nur von allen vier Räten gebilligte Entscheidungen waren rechtsgültig.103 In den vier zentralen Räten waren die je 165 Mitglieder offenbar aus allen merē zusammengemischt, vermutlich durch Losung. Manches spricht dafür, dass auch die Auswahl der in den Zentralrat delegierten Mitglieder in den merē durchs 101 S. neuerdings Beck (1997) 83–106, bes. 90–94 mit Lit. in 90 Anm. 38; Corsten (1999) 27–60; Rzepka (2002); Beck – Ganter (2015) (auf die ich mich hier vor allem stütze). Superpolis: vgl. Cartledge (2000a): „Boiotian Superstate“. 102 Hell. Oxyrh. 19,2–4: „[2] […] Es gab damals in jeder der Städte vier Ratskollegien, an denen nicht alle Bürger sich beteiligen durften, sondern nur jene, die über eine gewisse Menge an Besitz verfügten. Abwechselnd hatte je eines dieser Ratskollegien den Vorsitz und beriet in vorbereitender Sitzung über öffentliche Angelegenheiten, trug ihr Ergebnis den drei anderen vor, und was alle Gremien beschlossen, das bekam Gültigkeit. ([3] Über die Aufteilung des Landes in Kreise (merē) und die Ernennung der Boiotarchen [je einer pro meros].) [4] […] Sie stellten aber auch je Boiotarch sechzig Ratsmänner und ersetzten ihnen die täglichen Unkosten. Jedem Kreis war ferner die Stellung eines Kontingents von ungefähr tausend Hopliten und hundert Reitern aufgegeben. Allgemein gesagt: Entsprechend der Anzahl der Boiotarchen hatten sie am Bundesschatz teil, zahlten ihre Beiträge, entsandten ihre Richter und nahmen gleicherweise teil an Schlechtem wie Gutem […] [D]ie Versammlungen und die Bundeseinrichtungen der Boioter waren auf der Kadmeia angesiedelt.“ (Übers. Behrwald 2005). 103 S. auch Thuk. 5,38,2. Eine Verfassung, die offenbar 411 in Athen beraten, aber nie realisiert wurde, weist gewisse Parallelen auf; da es sich hier um eine einzige Polis, nicht einen übergeordneten Polisverband handelt, lasse ich diese Vorschläge hier ausser Acht; vgl. dazu [Aristot.] Ath. pol. 30 mit Rhodes (1981) 362 ff. (generell zu den Oligarchien von 411/410) und bes. 385–399.

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Los erfolgte. Der Zugang zur zentralen Regierung stand somit allen Bürgern der einzelnen Poleis offen, wobei diese die Kontrolle über die Qualifikation zum Bürgerrecht und die Bürgerlisten behielten. Jeder Bürger besass somit sowohl das lokale wie auch das Bundesbürgerrecht; die Integration war voll durchgezogen. Da offenbar eine Vermögensqualifikation bestand und gewisse Bevölkerungskategorien wie Handwerker oder Händler vom aktiven Bürgerrecht ausgeschlossen waren,104 war das böotische Koinon keine Demokratie, sondern, wenn man eine Bemerkung der Thebaner bei Thukydides so interpretieren darf, eine ‚auf partizipatorischer Gleichheit basierende Oligarchie‘ (oligarchia isonomos).105 Dass dieses System nahe Analogien mit der sechzig Jahre früher von Kleisthenes in Athen verwirklichten Ordnung aufwies, ist offenkundig, aber es ging besonders durch die exakte Parallelisierung der viel komplexeren Entscheidungsprozesse auf lokaler und Bundesebene noch über dieses hinaus. Strukturell, meine ich, entsprach es dennoch der Einigung einer ethnisch homogenen Landschaft in einer Superpolis und damit dem Prozess, der sich in Attika über rund zwei Jahrhunderte erstreckt und mit der von Kleisthenes vollzogenen Reorganisation und Integration seinen Abschluss gefunden hatte. Dadurch war eben ‚die Polis der Athener‘ als eine geeinigte und wohlintegrierte Polis entstanden. In Böotien war die Einigung das Resultat einer einmaligen Entscheidung und Reform. Sie kam zudem als Reaktion auf intensiven äusseren Druck zustande – die Befreiung von zeitweiliger athenischer Fremdherrschaft, die andauernde Bedrohung durch den mächtigen Nachbarn Athen und die Ungewissheiten des Peloponnesischen Krieges. Schliesslich fand diese Einigung – im Gegensatz zu der Attikas – in einer Zeit statt, in der sich die Unterabteilungen längst zu vollen Poleis entwickelt hatten, die seit langem unabhängig gewesen waren und ihre Unabhängigkeit oft – und nicht immer erfolgreich – gegen die Herrschaftsbestrebungen besonders Thebens hatten verteidigen müssen. Dies macht den erfolgreichen Einigungsvorgang umso bemerkenswerter – und erklärt gleichzeitig das schlussendliche Scheitern des Koinons. Denn Theben gab seinen Dominationswillen nicht auf, ganz im Gegenteil. Dieser wurde zwar im Innern durch die Bundesstrukturen und von aussen durch den athenischen Druck und dann den Gemeinsamkeit erzwingenden Peloponnesischen Krieg lange neutralisiert, aber Theben war bevölkerungsmässig und wirtschaftlich bei weitem das mächtigste und dynamischste Mitglied. Der zentrale Rat tagte natürlich in Theben, der Bundesschatz wurde in Theben aufbewahrt und die Emission von Bundesmünzen war das Monopol Thebens. Schon in den 420er Jahren brachte es Plataiai und Thespiai unter seine Kontrolle, setzte eine Vermehrung und Reorganisation der Distrikte durch und hatte seither einen überproportionalen Einfluss im Koinon. Nach dem Krieg brachen Unzufriedenheit und Spannungen denn auch voll durch, Orchomenos löste sich 395, zu Beginn des korinthischen Krieges, aus dem Bund, und 386 wurde dieser als Folge des Königsfriedens ganz aufgelöst. 104 Hell. Oxyrh. 19,2; Xen. Hell. 5,4,9; Aristot. pol. 1278a25. 105 Thuk. 3,62,3. Hornblowers Übersetzung (1991, ad loc.: „an oligarchy which granted equal justice to all“) legt den Schwerpunkt in isonomia auf ‚Gleichheit vor dem Recht‘, während mir in diesen Zusammenhängen ‚Anteilsgleichheit, Gleichheit der Beteiligung‘ wichtiger scheint: Raaflaub (1996a).

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Auch dieses zunächst ausnehmend vielversprechende Experiment der Schaffung einer ‚Superpolis‘ durch die Einigung und Integration einer Reihe zuvor unabhängiger Poleis scheiterte also, und es wäre wahrscheinlich schon viel früher gescheitert, wenn nicht äussere Umstände den Zusammenhalt erzwungen hätten. Die Faktoren, die das Scheitern verursachten, lagen in entgegengesetzten Kräften: dem Herrschaftsstreben der mächtigsten Polis und dem Unabhängigkeitswillen der andern. Beide mussten gebändigt werden, wenn die Einigung Dauer gewinnen sollte, und dies gelang hier eben nicht. Die Gründe dafür wird man in traditionellen Denkund Verhaltensformen, in tief eingewurzelten Rivalitäten und in einer dynamischen, von ständig wechselnden Spannungen und Möglichkeiten erfüllten Umwelt finden, die einem solchen Experiment kaum die notwendige Zeit zur Konsolidierung liess. Aber man müsste erwarten, dass es zeitgenössische Beobachter, politische Denker oder eben Historiker wie Herodot nicht unbeeinflusst liess – vielleicht liegt hier der Usprung des Vorschlags, den Thales angeblich viel früher den Ioniern machte.106 DER ZWEITE ATHENISCHE SEEBUND Kehren wir zum Schluss zu den Athenern zurück. Bekanntlich brachte ihre Niederlage im Jahre 404 nicht das Ende ihrer Grossmacht-Träume. Die Frage, die wir noch zu beantworten haben, ist, ob sie aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen vermochten und ob sich dies allenfalls auf eine Bundespolitik auswirkte, die auf bessere Integration abzielte. Hier steht uns mit dem ‚Aristoteles-Dekret‘ von 377 ein aufschlussreiches Dokument zur Verfügung. Es stellt den Aufruf zum Beitritt zu einem neuen Bund dar (den wir den ‚Zweiten Athenischen Seebund‘ nennen)107 und stipuliert gleich zu Beginn als (gegen Sparta gerichtetes) Ziel die Garantie von Freiheit, Autonomie, Frieden und territorialer Integrität (9–12). Danach wird im Einzelnen festgelegt, dass alle Bündner frei und autonom sein, Verfassungsfreiheit geniessen und von Besatzungen, auswärtigen Beamten (archontes) und Tribut frei bleiben sollen (15– 24); ferner garantiert Athen den Verzicht auf allen (bereits bestehenden) öffentlichen und privaten athenischen Besitz in ihren Territorien, die Zerstörung von Stelen mit für die Bündner nachteiligen Bestimmungen (stēlai anepitēdeioi) und, unter Androhung schwerster Strafen, das Verbot des Erwerbs von Haus und Land im Territorium der Bündner (25–44); die Entscheidung über Verletzungen kommt dem Rat des Bundes, dem Synhedrion zu. Mehr wird in diesem Dokument über die Organisation des Bundes und die Modalitäten der Beschlussfassung nicht gesagt. Manches ist unklar und wird auch in der Forschung kontrovers diskutiert. Aufgrund von inschriftlichen Dokumenten ist es wahrscheinlich, dass es sich um ein multilaterales System handelte, in dem die Bündner nicht nur mit Athen, sondern auch miteinander verbündet waren, und 106 Vgl. o. Anm. 1. 107 IG II2 43; Rhodes – Osborne (2003) 22 (mit Komm.); dazu bes. Cawkwell (1973); (1981b); Cargill (1981); Schmitz (1988) bes. 256 ff.; Badian (1995); Dreher (1995). Zur Rechtfertigung des Namens (Athenisch statt Attisch) s. Dreher (1995) 6–7.

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dass ein Zweikammersystem eingeführt wurde, in dem die Bündner unabhängig von Athen berieten und beschlossen und Beschlüsse nur gültig waren, wenn sie die Zustimmung des Synhedrions und Athens fanden. Dokumentiert ist zumindest, dass das Synhedrion über Mitgliedschaft wie über finanzielle Beiträge bestimmte. Eine wichtige Inschrift mit einem Getreidegesetz deutet zudem darauf hin, dass die Bündner nicht nur an den Kosten, sondern auch an den Gewinnen beteiligt wurden. Klar ist somit, dass die Athener sich scharf von den Praktiken der Archē des 5. Jahrhunderts distanzierten. Wie Ernst Badian betont, bezog sich diese Abgrenzung freilich auch auf die Praktiken einer noch jüngeren Vergangenheit, nämlich Athens Versuch am Ende des korinthischen Krieges, seine Archē wiederherzustellen. Anspielungen darauf sind in den Quellen deutlich zu fassen.108 Solchen Versuchen wurde im ‚Königsfrieden‘ von 387, der unter Androhung kriegerischer Sanktionen die Autonomie aller Poleis garantierte, endgültig ein Riegel vorgeschoben.109 Erst jetzt begann man in Athen wirklich umzudenken. Das Resultat war zehn Jahre später eine neue Grundlage für ein neues Bündnissystem, in dem die Macht des Hegemons wesentlich eingeschränkt und die Voraussetzungen für mehr Gleichheit und Integration gegeben waren. Ich brauche dies nicht weiter auszuführen, zumal auch diesem Versuch zeitlich enge Grenzen gesetzt waren, denn mit Spartas Niederlage bei Leuktra im Jahre 371 und seinem Verlust der Vormachtstellung wurde der Zweck des Bündnisses hinfällig. Mit seiner Weigerung, dies anzuerkennen und seinen verzweifelten Bemühungen, austrittswillige Bündner gewaltsam zum Verbleib zu zwingen, stolperte Athen dann doch wieder in die ‚imperialistische Falle‘, die es schlussendlich in einem neuen Krieg scheitern liess. Aber die Zeit für grossangelegte integrative Experimente auf der Ebene von umfangreichen Bündnissystemen war ohnehin abgelaufen. Als Folge der athenischen Herrschaftsausübung war um die Mitte des 5. Jahrhunderts die Forderung nach Autonomie aufgekommen, um den Innenraum der Bündner vor Athens Eingriffen zu schützen – einfach gesagt: Wenn man schon nicht frei sein konnte, wollte man wenigstens Herr im eigenen Haus – eben autonom – sein.110 Im weiteren und auch in der Reaktion auf die spartanische Vorherrschaft verselbständigte sich ‚Autonomie‘ zu einem zentralen Wertbegriff, der in Verbindung mit ‚Freiheit‘ bald zu einer Bedingung sine qua non für alle polisübergreifenden Vertragswerke wurde. Dies kam den Persern und den als Beschützern der pax Persica waltenden Spartanern gelegen, und im Königsfrieden und darauffolgenden Versuchen, durch umfassende Verträge einen dauerhaften ‚gemeinsamen Frieden‘ (koinē eirēnē) zu schaffen, wurde die Autonomie aller Mitglieder festgeschrieben.111 Julia Wilker hat kürzlich stärker betont, als man dies gemeinhin tut, dass diese Verträge wichtige

108 Badian (1995) 83–89 mit Hinweis auf Xen. Hell. 3,5,2; And. 3,15 und 36 und mehrere Inschriftenfragmente. 109 Xen. Hell. 5,1,31; dazu Ryder (1965) Kap. 2; Robin Seager (1974); Cawkwell (1981a); Badian (1991); Urban (1991); Jehne (1994) 31–47. 110 Ostwald (1982); Raaflaub (2004) 147–160; s. auch Hansen (1995). 111 Zu den koinē-eirēnē-Verträgen s. Ryder (1965); Jehne (1994). Zu autonomia in diesem Zusammenhang etwa Bosworth (1992).

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und wegweisende Neuerungen enthielten.112 Aber sie verbauten gleichzeitig, jedenfalls zeitweilig, einen andern Weg, den erst etwas später die bisher marginalen Achäer und Ätoler in ihren Koina wieder aufgriffen und weiterentwickelten.113 Denn das neue Beharren auf der Autonomie hinderte zwar auch Sparta an einer Herrschaftsausübung, die über seinen Peloponnesischen Bund hinausgriff – der ja wenigstens dem Anspruch nach die Autonomie der Bündner immer respektiert hatte. Aber dies galt auch für alle andern und erlaubte es Sparta, unbequeme Machtbildungen anderer zu zerschlagen oder zu verhindern, wie es Argos, Korinth, Mantineia, Theben und Olynth bald genug erfuhren.114 Der Zusammenschluss zahlreicher Poleis in einem auf Gleichheit, Autonomie und Freiheit beruhenden Bündnis war dadurch nicht ausgeschlossen, aber eine weitergehende Integration sehr wohl. Modern gesprochen, war ein ‚Staatenbund‘ mit weitgehender Autonomie der Mitglieder weiterhin möglich, nicht aber ein ‚Bundesstaat‘: in griechischer Terminologie eine symmachia, aber nicht ein koinon.115 SCHLUSS In den koinē-eirēnē-Verträgen wurden Prinzipien – wie besonders eben autonomia und eleutheria – explizit gemacht und vertraglich festgeschrieben, die seit langem für das Selbstverständnis der griechischen Poleis charakteristisch gewesen waren, auch wenn sie sich erst in ausgeprägten Ausnahmesituationen in terminologischen Neuschöpfungen niedergeschlagen hatten: eleutheria in den Perserkriegen, autono­ mia eben in Reaktion auf Athens Herrschaftsbildung. Dieses Unabhängigkeitsbewusstsein und -streben erwies sich als grösstes Hindernis für die Integration von Organisationsformen, die der Polis übergeordnet waren. Darüber hinaus ist jedoch festzuhalten, dass in den allermeisten Fällen Bündnisse oder grössere Bündnissysteme überhaupt nur zustandekamen, weil eine dringende Notwendigkeit dafür bestand. Diese ergab sich einerseits aus der Bedrohung durch Gegner (sei es eine mächtige Nachbarpolis oder das Perserreich), gegen die die einzelnen Poleis allein zu schwach waren, andrerseits aus der Gefahr äusserer Interventionen in die inneren Angelegenheiten der Poleis. Für die erste Möglichkeit liefern zahlreiche archaische Bündnisse zwischen Poleis oder auch der gegen die persische Invasion gerichtete Hellenenbund von 481 und der Attisch-Delische Seebund gute Belege, für die zweite das von Sparta zum Schutz gegen auswärtige Unterstützung der Heloten aufgebaute Bündnissystem in der Peloponnes, das auch dem Bedürfnis der Partner entsprach, ihre aristokratische Ordnung zu schützen.116 112 113 114 115

Wilker (2012). Dazu jetzt Beck – Funke (2015). S. Cartledge (1987) Kap. 13–14 und 19. Etwas anders Baltrusch (2008) 52–53: „Die völkerrechtliche Entwicklung führte also weg vom hegemonial als autonomiegefährdend missbrauchbaren Staatenbund des 5. Jh. hin zu einem gleichberechtigten Nebeneinander völkerrechtlich unabhängiger Staaten.“ 116 Vgl. dazu die wichtigen Beobachtungen von Baltrusch (1994) Teil I (zu den Symmachieverträgen).

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In jedem Fall spielten Druck oder Zwang eine entscheidende Rolle. Wenn diese wegfielen, schwand auch die Motivation, an dem Bündnis mit seinen allenfalls lästigen Verpflichtungen festzuhalten, und das nur zeitweilig und aus Notwendigkeit unterdrückte Unabhängigkeitsstreben der Bündner brach wieder voll durch. Diesem Streben stand freilich ein anderes gegenüber, das sich auf Macht und Herrschaft richtete – allerdings mit wenigen Ausnahmen erst nach den Perserkriegen. In der archaischen Poliswelt Griechenlands standen nur zwei Methoden der Machtbildung zur Verfügung: die Vergrösserung des eigenen Territoriums durch Absorption eroberter Territorien (was nach dem Erliegen des spartanischen Expansionsdrangs Mitte des 6. Jahrhunderts nur noch in sehr begrenztem Masse geschah) und die Hegemonialsymmachie. Herrschaft über andere war praktisch unbekannt; dafür fehlten auch die institutionellen Voraussetzungen – wenn man von Tyrannen absieht, die gelegentlich andere Poleis durch Verwandte beherrschen liessen. Ausserdem konnte das Machtstreben grosser Poleis auch durch Bündnisse unter den potenziellen Opfern neutralisiert werden.117 Der Peloponnesische Bund erwies sich über lange Zeit hinweg als stabil, weil Sparta primär auf die Erhaltung des Status quo erpicht war und keine eigenen Herrschaftsambitionen entwickelte. Als Folge der Perserkriege und von Athens fortan präzedenzlos aktiver und aggressiver Politik entfaltete sich in der Poliswelt eine ganz neue Dynamik. Athens Beispiel der Machtbildung durch Herrschaft über eine grosse Zahl von Poleis stiess auf dezidierte und anhaltende Ablehnung – und reizte gleichzeitig zur Nachahmung: Sparta, wieder Athen und Theben verfielen in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts nacheinander dieser Versuchung – alle ohne langfristigen Erfolg. Es gibt zu denken, dass bereits in Herodots Darstellung Bias von Priene den Ioniern die Auswanderung und Gründung einer Grosspolis in Sardinien mit der Aussicht nicht nur auf Freiheit und Sicherheit, sondern auch auf Herrschaft über andere schmackhaft zu machen suchte.118 Schon für die ersten Historiker war der Konflikt zwischen Herrschafts- und Freiheitsstreben der wichtigste Faktor, der geschichtliche Veränderungen vorantrieb. Dieser universelle und auch der Poliswelt offenbar inhärente Konflikt verhinderte im 5. und 4. Jahrhundert die Herausbildung dauerhafter und integrativer Formen von Gemeinwesen, die mehrere Poleis aufgrund ihrer eigenen Entscheidung in einem festen Verband hätten vereinigen können. Der Anstoss zu erfolgreicheren Versuchen bundesstaatlicher Organisation kam bezeichnenderweise von ausserhalb der Poliswelt und entfaltete seine grösste Wirkung zu einer Zeit, als diese ihre Unabhängigkeit weitgehend verloren hatte.119

117 S. zu dem allem Raaflaub (1990); (1994). 118 S. o. Anm. 58. 119 Corsten (1999); Beck – Funke (2015).

“THAT ALL YOUR SECURITY DEPENDS ON THE SEA”:1 THE CONCEPT OF HEGEMONY AT SEA IN FOURTH-CENTURY ATHENS Julia Wilker In 355/354 BCE, the Athenian Androtion, a member of the previous year’s boulē, had to stand trial, accused of having proposed an illegal decree in the assembly (graphē paranomon). Androtion had asked the ekklēsia to honor the council of 356/355 BCE (which included himself) with a crown, customarily awarded for successful service to the city. According to the accusers, this motion was illegal since the last boulē had failed to see to the growth of the Athenian fleet.2 The prosecution speech, written by Demosthenes and delivered by Diodorus, explains the case as follows: It is certainly worth examining the following question too: why is it utterly impossible to request an award if the Council has performed all its other duties well, and no one has any charges to bring against it, yet has not had triremes built? You will find that this rule has been established as a safeguard to protect the people. I think that no one would answer by denying the advantages the city has received in the past or now possess from having triremes – and the disadvantages (so that I may avoid mentioning something unpleasant) it has incurred from not having them. For instance, anyone could give many examples, both from the past and from recent events, but among those that are familiar to everyone from hearing about them, if you wish, here are the men who built the Propylaea and the Parthenon and decorated the rest of the temples with the spoils taken from the barbarians, achievements that rightly give us all a sense of pride. You certainly know this from hearing about it that after leaving the city and being shut off on Salamis, they saved all of their own possessions and the city by winning the victory at sea because they had triremes. They were also responsible for bringing the rest of the Greeks many benefits, the memory of which not even time can erase. Very good, but these events are ancient and long past. As for events that you have all seen, you know that recently you went to help the Euboeans in just three days and sent the Thebans away under a truce. Would you have done this so quickly if you did not have new ships in which you sailed to help them? No, you could not have. Anyone could list many other benefits that have accrued to the city for keeping the fleet well equipped. Good enough – and how many disasters from having them poorly equipped? I will omit many examples, but during the Decelean War […], although the city suffered many terrible defeats, they did not surrender in the war until their fleet was lost. Yet why do I need to discuss ancient history? During the last war against the Spartans, you know what state the city was in when you thought you would not be able to send the fleet out. You remember that even vetches were for sale. But when you did send the fleet out you obtained the kind of peace you wanted. Because triremes had such a great impact in both cases, you were therefore right, men of Athens, to impose this requirement on the Council as a way of determining whether it should receive an award or not. If the Council has conducted all the rest of its business well, but has

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Xen. Hell. 7.1.6 (ὅτι ἐκ τῆς θαλάττης ἅπασα ὑμῖν ἤρτηται σωτηρία). Cf. MacDowell (2009) 167–181.

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Julia Wilker not had those things built that enabled us to acquire our possessions in the first place and now to keep them safe, I mean the triremes, they gain no advantage of the former.3

Diodorus and his fellow accuser, Euctemon, had a personal feud to settle with Androtion,4 but the arguments put forward in the passage quoted here offer important insights regarding the Athenian self-perception as a sea power in the mid-fourth century. The proper maintenance of the fleet and even the increase of the number of ships were regarded as so central that the failure to carry out such responsibilities was considered a legitimate reason to deny the previous boulē its customary reward. Demosthenes justifies this striking regulation by reminding his fellow Athenians of the fleet’s importance for their city’s wellbeing. Drawing on examples ranging from the Battle of Salamis to the recent conflict with Thebes about Euboea in 357 BCE, the orator stresses the point that the polis had always fared well when its fleet was strong enough to establish and maintain its hegemony at sea. Whenever its naval superiority was at stake due to military defeat or political neglect, the welfare of Athens was endangered or even lost.5 For Demosthenes, Athens’ dependence on its naval supremacy thus did not change between the first half of the fifth century and his own times, and he was hardly the only one with this notion. Instead, the idea that naval power and dominance of the Aegean Sea had been a necessity and matter of course for Athens in the past and continued to be so in the present is so widespread and prevalent in fourth-century primary sources that it is tempting to assume an unchanged tradition maintained since the fifth century BCE. A closer 3

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Dem. 22.12–16: ἄξιον τοίνυν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, κἀκεῖνο ἐξετάσαι, τί δήποτε, ἂν τἄλλα πάνθ’ ἡ βουλὴ καλῶς βουλεύσῃ καὶ μηδεὶς ἔχῃ μηδὲν ἐγκαλέσαι, τὰς δὲ τριήρεις μὴ ποιήσηται, τὴν δωρειὰν οὐκ ἔξεστιν αἰτῆσαι. εὑρήσετε γὰρ τοῦτο τὸ ἰσχυρὸν ὑπὲρ τοῦ δήμου κείμενον. οἶμαι γὰρ ἂν μηδέν’ ἀντειπεῖν ὡς οὐχ, ὅσα πώποτε τῇ πόλει γέγον’ ἢ νῦν ἔστ’ ἀγάθ’ ἢ θάτερα, ἵνα μηδὲν εἴπω φλαῦρον, ἐκ τῆς τῶν τριήρων τὰ μὲν κτήσεως, τὰ δ’ ἀπουσίας γέγονεν. οἷον πολλὰ μὲν ἄν τις ἔχοι λέγειν καὶ παλαιὰ καὶ καινά· ἃ δ’ οὖν πᾶσι μάλιστ’ ἀκοῦσαι γνώριμα, τοῦτο μέν, εἰ βούλεσθε, οἱ τὰ προπύλαια καὶ τὸν παρθενῶν’ οἰκοδομήσαντες ἐκεῖνοι καὶ τἄλλ’ ἀπὸ τῶν βαρβάρων ἱερὰ κοσμήσαντες, ἐφ’ οἷς φιλοτιμούμεθα πάντες εἰκότως, ἴστε δήπου τοῦτ’ ἀκοῇ, ὅτι τὴν πόλιν ἐκλιπόντες καὶ κατακλεισθέντες εἰς Σαλαμῖνα, ἐκ τοῦ τριήρεις ἔχειν πάντα μὲν τὰ σφέτερ’ αὐτῶν καὶ τὴν πόλιν τῇ ναυμαχίᾳ νικήσαντες ἔσωσαν, πολλῶν δὲ καὶ μεγάλων ἀγαθῶν τοῖς ἄλλοις Ἕλλησι κατέστησαν αἴτιοι, ὧν οὐδ’ ὁ χρόνος τὴν μνήμην ἀφελέσθαι δύναται. εἶεν· ἀλλ’ ἐκεῖνα μὲν ἀρχαῖα καὶ παλαιά. ἀλλ’ ἃ πάντες ἑοράκατε, ἴσθ’ ὅτι πρώην Εὐβοεῦσιν ἡμερῶν τριῶν ἐβοηθήσατε καὶ Θηβαίους ὑποσπόνδους ἀπεπέμψατε. ἆρ’ οὖν ταῦτ’ ἐπράξατ’ ἂν οὕτως ὀξέως, εἰ μὴ ναῦς εἴχετε καινὰς ἐν αἷς ἐβοηθήσατε; ἀλλ’ οὐκ ἂν ἐδύνασθε. ἄλλα πόλλ’ ἔχοι τις ἂν εἰπεῖν ἃ τῇ πόλει γέγον’ ἐκ τοῦ ταύτας κατεσκευάσθαι καλῶς ἀγαθά. εἶεν· ἐκ δὲ τοῦ κακῶς πόσα δεινά; τὰ μὲν πόλλ’ ἐάσω· ἀλλ’ ἐπὶ τοῦ Δεκελεικοῦ πολέμου … πολλῶν καὶ δεινῶν ἀτυχημάτων συμβάντων τῇ πόλει οὐ πρότερον τῷ πολέμῳ παρέστησαν πρὶν τὸ ναυτικὸν αὐτῶν ἀπώλετο. καὶ τί δεῖ τὰ παλαιὰ λέγειν; τὸν τελευταῖον γὰρ ἴστε τὸν πρὸς Λακεδαιμονίους πόλεμον, ὅτε μὲν ναῦς οὐκ ἐδοκεῖτ’ ἀποστεῖλαι δυνήσεσθαι, πῶς διέκειθ’ ἡ πόλις· ἴστ’ ὀρόβους ὄντας ὠνίους. ἐπειδὴ δ’ ἀπεστείλατε, εἰρήνης ἐτύχεθ’ ὁποίας τινὸς ἐβούλεσθε. ὥστε δικαίως, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, τηλικαύτην ἐχουσῶν ῥοπὴν ἐφ’ ἑκάτερα τῶν τριήρων, τοῦτον ὅρον τεθήκατε τῇ βουλῇ, πότερ’ αὐτὴν δεῖ λαβεῖν τὴν δωρειὰν ἢ οὔ. εἰ γὰρ πάντα τἄλλα διοικήσειε καλῶς, δι’ ὧν δὲ τό τ’ ἐξ ἀρχῆς ταῦτ’ ἐκτησάμεθα καὶ νῦν σῴζομεν, ταύτας μὴ ποιήσαιτο, τὰς τριήρεις λέγω, οὐδὲν ἐκείνων ὄφελος. Translation E. Harris. Cf. Dem. 22.1–3; 22.48–50; Harris (2008) 168; MacDowell (2009) 169–170. Cf. Ober (1978) 123.

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look at the arguments brought forward to legitimize Athens’ claim for hegemony at sea, however, reveals striking differences between the idea and practice of sea power as developed in the context of the Delian League and the goals and concepts of naval hegemony discussed in Athens in the fourth century.6 For Athens, the defeat by Sparta in 404 BCE meant, first and foremost, the dissolution of the hegemonic structure of the Delian League, the drastic reduction of its fleet to only 12 ships, and the razing of the Long Walls, famously described by Xenophon as celebrated by the rest of Greece as the beginning of a new era of freedom.7 What the loss of the fleet and the fortified corridor between the city and its harbor meant for Athens becomes evident a decade later in the boost of pride and self-confidence when the Long Walls were rebuilt and new ships were manufactured. Conon, the former Athenian general now in command of the Persian fleet against Sparta, was not only given a triumphant entry into the Piraeus,8 but was increasingly perceived as acting on behalf of Athens, and not in the service of the Persian Great King. He was honored with a statue,9 and the contemporary Cratippus accordingly praised him as the one who had led the Athenians back on the sea.10 Hence Andocides, who tried to convince his fellow citizens to accept a negotiated peace with Sparta in 392 BCE, stressed the fact that the proposed treaty would confirm Athens’ right to keep its fleet and the Long Walls and thus the main objectives underlying why they had joined the anti-Spartan coalition in the first place.11 The orientation of Athenian power politics toward the sea was confirmed in the years after the King’s Peace. The new alliances concluded with Chios, Methymna, Byzantium, and Mytilene carefully averted any possible violation of the Peace, yet revived the notion that the Aegean was Athens’ primary sphere of interest and influence.12 The Second Athenian League, founded in 377 BCE, provided the formal structure for Athens’ renewed naval supremacy. Despite the growing disappointment of its allies, the crisis of the Social War, and the eventual decay of the Second Athenian League, Athens remained the dominant naval force in the Aegean until the Macedonian conquest, and even beyond.13 Over the course of this period, Athens’ 6 7 8 9 10 11 12 13

For the concept of naval supremacy in the fourth century BCE, see especially Momigliano (1944) 3–5; Ober (1978); (1987); for the state of the Athenian navy and Athenian naval power in the fourth century see especially Cawkwell (1984). Xen. Hell. 2.2.20–23. For Conon in Athens, the rebuilding of the fleet, and the Long Walls see Rhodes – Osborne (2003) n. 9; IG II2 1658–1664; SEG 19.145; 32.165; 45.150; Philochorus FGrH 328 F 40a; 40b; 146; Xen. Hell. 4.8.9–10; Diod. 14.85.2–3; Paus. 1.2.2. In addition to other honors, the sources mention two statues of Conon, one in the Agora and one on the Acropolis, cf. Isoc. 9.55–57; Dem. 20.68–70; Paus. 1.3.2; 1.24.3; Nep. Tim. 2.3; cf. Fornis (2009) 216–217. Cratippus FGrH 64 T 2. For the later Athenian reception of Conon, see, for instance, Dem. 20.68–69; Isoc. 5.62–64; 7.12; 7.65; 9.55–57; 9.68; Din. 1.14. Andoc. 3.37: ἦν γάρ ποτε χρόνος, ὦ Ἀθηναῖοι, ὅτε τείχη καὶ ναῦς οὐκ ἐκεκτήμεθα· γενομένων δὲ τούτων τὴν ἀρχὴν ἐποιησάμεθα τῶν ἀγαθῶν. For the preoccupation of the ekklēsia with the fleet and possible restoration of the former empire, see also Ar. Eccl. 197–198. Chios: Rhodes – Osborne (2003) n. 20; Methymna: Rhodes – Osborne (2003) n. 23; Mytilene: IG II2 40; Byzantium: IG II2 41. Cf. [Dem.] 17.25. Cawkwell (1981b); (1984) 354.

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need, dependence on, and self-proclaimed entitlement and destiny to control the Aegean was hardly ever questioned in the Athenian discourse. In the debates in the assembly, in the law courts, and in other political treatises, this widespread consensus was based on and legitimized with an array of arguments that allow us to reconstruct the underlying concept of sea power in the fourth century BCE.14 THE NECESSITY OF SEA POWER: HOMELAND SECURITY AND ECONOMY Military aspects are the most obvious topic related to sea power, and it is not surprising that issues of defense and the security of Athens are prevalent in almost all debates on Athenian policy in the Aegean and the strength of its fleet.15 The Peloponnesian War had proved that a sea power such as Athens could only be defeated at sea.16 On the other hand, every serious naval defeat posed a fatal threat to the city itself. Ever since the Battle of Aegospotamoi in 405 BCE, when the loss of its fleet had rendered Athens defenseless at the mercy of Lysander’s forces, the Athenians were well aware of this risk.17 Demosthenes, in his speech against Androtion quoted above, thus had to refer to the catastrophe of 404 only briefly, but still could count on the fact that the audience would understand the implied conclusion: neglecting the fleet meant nothing less than putting the city’s safety at risk. In consequence, military defeat at sea, regardless of the actual location, equaled a foreign invasion of Attica on land.18 Aristotle confirms the view that a strong navy was necessary for any state to defend itself (and, in the case of more ambitious states, to defend its

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For the methodological approach to reconstruct the Athenian political discourse based on the extant speeches see esp. Hunt (2010) 7–10. The following thoughts are only concerned with the idea and concept of sea power as discussed in Athens between the end of the Peloponnesian War and the defeat at Chaeronea. Neither the Realpolitik of this period nor Athenian imperial policy at large can be discussed here. The same applies to the contemporary discussion of the impact of sea power on the domestic society and the connection between sea power and democracy. For the latter, see, for instance, Momigliano (1944) 3–5; Ceccarelli (1993); Morgan (1998) 114–118. Cf. Lys. 26.23; Isoc. 7.1; see also Dem. 9.40; 14.9; 22.15 (quoted verbatim above); 24.91. Cf. Ober (1987) 30: “The orators’ obvious interest in the military and defensive role of the fleet is a direct reflection of the fourth-century citizens’ concern with state defense, a concern that was a major determinant of Athenian policy in the years 404–322 B. C.” Cf. Xen. Hell. 7.1.6; Ober (1987) 26. Cf., for instance, Andoc. 1.73; Lys. 13.46; Isoc. 18.59; Ath. pol. 34.2; Xen. Hell. 2.2.10. According to Xen. Hell. 5.1.29, the Athenians finally consented to the King’s Peace because they feared that the enemy’s fleet would be superior after Sparta and Persia had renewed their alliance (ὁρῶντες μὲν πολλὰς τὰς πολεμίας ναῦς). Cf. Figueira (1990) 44–45. Ober (1987, esp. 27 and 30) ranks the defensive aspect of sea power among the most important reasons for the Athenians to seek dominance at sea in the fourth century. Cf. [Demad.] Twelve Years fr. 45 Burtt; see also Din. 3.9–10 on the charge against Philocles in the context of the Harpalus affair.

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neighbors as well) successfully against foreign enemies.19 However, the Athenian interpretation of this concept went even further. Despite its striking simplicity, the axiom that the loss of the fleet equaled the loss of freedom had major consequences. Following this line of argument, the boundaries between self-defense and hegemony at sea were blurred; that is to say, the dominance of the Aegean became a matter of self-protection and homeland security. This fusion between defensive needs and control of an area as vast as the Aegean (and even beyond) also becomes evident in Demosthenes’ proposals for an appropriate Athenian reaction to the Macedonian expansion under Philip II. In his First Oration against Philip (351 BCE), Demosthenes proposed to dispatch 50 triremes to the northern Aegean. The mere presence of this fleet, the orator claimed, would not only hinder Philip from advancing further against Olynthus and/or the Chersones, but would also effectively contain the king to the territory of Macedonia proper. Control of the sea and a continuous demonstration of Athenian naval power would thus not only help against the eminent threat, but would also prevent an otherwise daunting confrontation between the Athenian and Macedonian forces on land.20 At least in the framework of the Athenian discourse, hegemony at sea was the only way to protect Attica reliably and permanently.21 Beyond the protection of the city against any military attacks, the control of the grain routes – especially, but not exclusively, from the Black Sea – continued to be of major importance for Athens.22 It is surprising that the issue does not feature more prominently in the preserved speeches,23 but the Athenaion Politeia confirms that grain supply was a common topic on the assembly’s agenda,24 and the protection of supply lines was one of the main tasks assigned to the navy ships on patrol in the Aegean.25 While escorting one’s own grain ships and merchant vessels hardly 19 20 21 22 23 24

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Arist. Pol. 7.1327a–b. Dem. 4.16–23. See also Dem. 18.145–146; 19.123; 19.153. The same thought underlies Isocrates’ argument in 12.114, when he describes the sea power of the fifth century as necessary for Athens in order to defend itself against Sparta and its Peloponnesian allies. Cawkwell (1984) 335; Schmitz (1988) 314–315; Figueira (1990) 51; Braund (2007). So rightly observed first by Ober (1978) 121. However, Demosthenes, in his speech Against Leptines (20.31–32), stresses the Athenian reliance on grain import, especially from the Black Sea, as a commonly known fact. See also Isoc. 18.61 for Lysander’s blockade of Athens. Ath. Pol. 43.4: προγράφουσι δὲ καὶ τὰς ἐκκλησίας οὗτοι· μίαν μὲν κυρίαν, ἐν ᾗ δεῖ τὰς ἀρχὰς ἐπιχειροτονεῖν εἰ δοκοῦσι καλῶς ἄρχειν, καὶ περὶ σίτου καὶ περὶ φυλακῆς τῆς χώρας χρηματίζειν. Cf. also Arist. Rh. 1.1359b who lists περὶ φυλακῆς τῆς χώρας, καὶ εἰσαγομένων καὶ ἐξαγομένων among the frequently discussed topics. See, for instance, Dem. 21.167; [Dem.] 50.6; 50.22; 50.58; Ober (1978) 122; (1987) 26. Xen. Hell. 5.1.28–29 mentions Antalcidas’ control of grain routes from the Black Sea as one of the reasons for Athens to agree to the peace in 386 BCE. Dem. 22.15, Xen. Hell. 5.4.60–61, and Diod. 15.34.3 refer to Sparta’s attempted blockade of Athenian grain imports in 376 BCE; see also Dem. 18.73, 18.87, 18.241 and Philochorus FGrH 328 F 162 for the threat that Philip II posed for Athenian grain vessels, cf. Schmitz (1988) 312–314. For the discussion of Athens’ reliance on grain imports, see Ober (1985) 19–28; Garnsey (1988) 89–164; Harding (1988) 67–69; (1995) 108 with n. 20; Garnsey (1998) 183–200; Moreno (2003); (2012) 3–32 and 169–206; Braund (2007) esp. 41–42 and 57–62; Hunt (2010) esp. 36–39.

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constitutes hegemony, the Athenian ambitions went much further than protecting its own economic interests alone. Instead, the general safety of the Aegean as an area of trade became an integral part of the Athenian concept of hegemony. The presence of the fleet and the explicit warning that Athenian forces would hunt down any perpetrator guaranteed safe sea fare for persons and goods.26 The benefactors of their tight control of the Aegean, at least according to the Athenian view, were thus not only their own ships, merchants, and citizens, but everybody who sailed the sea. In his oration On the Chersones from 342 BCE, Demosthenes hence justifies the payments that the allies owed to the Second Athenian League as a minor contribution in return for the general protection they enjoyed for their naval trade.27 Based on the same argumentative framework, the orator also justified Diopeithes’ aggressive actions against the settlements along the Thracian coast as necessary and even legitimate measures to protect the sea in the shared interest and on behalf of all Aegean states.28 As in the case of the defense of Attica discussed above, hegemony thus became a measure of protection; furthermore, since it was Athens that guaranteed the safety of the Aegean, it was up to the Athenians to determine how this safety was defined and what contributions the others had to pay. Demosthenes developed this argument especially as an attempt to justify Diopeithes’ aggressions and to blame Philip instead, yet the notion of Athens as a peacekeeping power for the common benefit was widely shared. The perception that travelers and merchants around the Aegean benefitted from the (relative) safety imposed by Athenian triremes on patrol is, for instance, confirmed by Lycurgus in his speech against Leocrates, who had fled from Athens after the Battle of Chaeronea and was thus charged with high treason. According to Lycurgus, upon his arrival in Rhodes, the culprit falsely reported that the Macedonian army had seized Athens and blocked Piraeus harbor. The Rhodians reacted swiftly by sending off their own triremes to escort all Rhodian merchant ships as well as other traders safely to their own harbor.29 The Rhodians thus took advantage of the situation by diverting foreign cargoes destined for Athens to their island.30 However, the main implication is that before the Athenian defeat at Chaeronea, the islanders relied securely on the general safety at sea provided by the Athenian fleet.31 For the Rhodians as well as most other merchants, the (assumed) end of the Athenian presence at sea had made the Aegean a far more dangerous place. 26 27 28

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Cf. Dem. 23.166–168; 58.55. Dem. 8.25–26. Dem. 8.25–27; cf. also the justification of the fifth-century phoros in Isoc. 12.67–71; Badian (1995) 103–104. Aeschines (2.71–72) criticizes Athenian generals for violently collecting money and seizing ships. This criticism is, however, based on the same idea that sea power means to ensure safety at sea, as Aeschines continues that these despicable actions had harmed Athens’ reputation and claim to hegemony (ἀντὶ δὲ ἀξιώματος καὶ τῆς τῶν Ἑλλήνων ἡγεμονίας, ἡ πόλις ἡμῶν τῆς Μυοννήσου καὶ τῆς τῶν λῃστῶν δόξης ἀνεπίμπλατο, 2.72). Lycurg. Leoc. 18. For the economic downside of Athens’ control of the Aegean for any state perceived as an enemy, see, for instance, Dem. 19.123; [Dem.] 59.36; cf. Ober (1978) esp. 121–122. Cf. Berthold (1980) 45. Cf. Ober (1978) 121 n. 12.

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The protection of the Aegean as a safe passageway for people and goods was, of course, especially for the benefit of Athenian merchants and Athenian economic interests. On the other hand, the control of the sea also provided Athens with the power to harm actual and potential enemies economically by cutting off their own grain supply or restricting their trade. Economic interests and military confrontation hence could go hand in hand, as demonstrated by Demosthenes’ argument that Philip would have to give up his control of Thermopylae and his advance against the Phocians if the Athenians were to block the Macedonian grain supply.32 However, the control of the Aegean came at a high cost for Athens. In striking contrast to the Athenian archē of the fifth century, the maintenance of the fleet and Athens’ effort to establish and retain its dominance in the Aegean proved to be a losing game throughout the late classical period. The requisition of the allies’ syntaxeis, and even their enforced collection during the crisis of the Second Athenian League, helped some of the generals to maintain their ships, but hardly solved the problem.33 Instead of the vast material gains that the archē had brought to Athens in the fifth century, hegemony in the fourth century entailed significant financial responsibilities for the state and its wealthier citizens, who increasingly had to pay for the building and maintenance of the much-needed ships.34 In the context of the Social War, and in his attempt to convince the Athenians of the benefits of a negotiated peace and a new foreign policy in general, Isocrates reckoned that even a military victory could never allocate the costs for maintaining a fleet of its present size.35 Economic arguments and interests thus played an important role for Athens’ struggle for sea power but were hardly sufficient to justify the claim. Instead, economic interests contributed to the underlying concept of hegemony at sea as Athens’ right, destiny, and liability.

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Dem. 18.145–146; 19.123; 19.153. Xenophon, for instance, lists the growing financial problems as one of the primary causes for Athens to agree to the peace of 375 BCE (Xen. Hell. 5.4.66; 6.2.1; cf. also [Arist.] Oec. 2.1350a–b; Philochorus FGrH 328 F 151); similar problems eventually led to the peace of 371 BCE (cf. [Dem.] 49.6–21; 49.48–50; Xen. Hell. 6.2.37; Polyaenus, Strat. 3.9.30). [Dem.] 10.37 recounts that even in the past heyday of the Athenian hegemony at sea the revenue did not exceed 130 talents, stressing that, despite the smallness of this sum, the richer citizens did not refrain from fulfilling their financial duties as trierarchs and paying the eisphora. Cf. Jehne (1994) 57–58 and 65; Harding (1995) 110–111. For the syntaxeis in general, as well as the allied involvement in the military campaigns of the League, see Cargill (1981) 124–127; Schmitz (1988) 276–287; Dreher (1995) 11–40; 41–89; 278–281. Cf., for instance, Xen. Oec. 2.6; Dem. 1.19–20; 3.4–5; 3.19; 4.7; 4.28–29; 4.36–37; 9.40; 10.36–46; 14 passim; 18.301; 21.203; 49.11; Ex. 21.2; [Dem.] 50.11; 50.23; see also Theophr. Char. 26.6. Cf. in general Schmitz (1988) 249–250; Hunt (2010) esp. 31–34 and 42; Gabrielsen (1994). For the problem of tax evasion by the richer citizens, see Christ (2006) esp. 165–170. Isoc. 8.20–23; cf. 8.29. See also Isoc. 14.40 for the costs for Sparta to build their fleet; Isoc. 7.54 laments about the costs of mercenary rowers; Isoc. 15.108–113 praises Timotheus for his successes without overstraining the Athenian resources.

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THE IDEOLOGY OF SEA POWER The financial burdens that the maintenance of the fleet imposed on Athens constituted one of the main differences between hegemony at sea in the fourth century and the equally sea-oriented archē of the fifth century.36 Demosthenes and his contemporaries were well aware of this difference and enviously referred to what was perceived literally and figuratively as the golden age of their forefathers’ hegemony.37 On the other hand, the experiences of the Athenian archē posed a major obstacle to all later Athenian ambitions as the city had to prove that the continued mistrust and fear among old, new, and potential allies was unsubstantiated. The fourthcentury reception of the archē has been fruitfully studied in detail in recent years and decades.38 However, less attention has been paid to the fact that these depictions mainly reflect contemporary ideas and expectations of hegemony, both positive and negative. As is evident in the discussion of the economic benefits of sea power above, the fourth-century notion of hegemony at sea was based on the idea of the hegemon as a peacekeeping power, providing safety for its own population and interests, as well as for all others. The growing importance of the concept that hegemony should, first and foremost, ensure stability and security can already be found in the 380s, in Isocrates’ depiction of the Athenian archē in his Panegyricus. In the following passage, Isocrates vividly refutes allegations against the Athenians and their ἀρχὴ τῆς θαλάττης39 that were widespread in his own days: But from this point on, some accuse us of being responsible for many troubles for the Greeks after we took our naval empire. They bring up the enslavement of the Melians and the destruction of the Scionians in these charges. But in my opinion, first, it is no sign that we rule badly if some of those who fought against us clearly were severely punished; this is more a sign that we manage the affairs of our allies well because none of the cities under our control ever fell into these sorts of troubles. Next, anyone else who managed the same situations more leniently could reasonably be able to fault us. As it is, however, this has never happened, and it is impossible to have power over so many cities if one does not punish those who commit crimes. How then is it not right to praise us, since we were harsh less often and were able to maintain our empire for the longest time? I think all agree that the strongest leaders of the Greeks will be those under whom obedient subjects happen to fare best. In that case, we will find that under our leadership, private households achieved the greatest prosperity and cities grew largest. We 36

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For the absence of the argument of direct financial gain in the fourth century-discourse, see Ober (1978) 120 and 122; cf. Ober (1985) 14–15. For the economic importance of the empire and the phoros paid by the allies for fifth-century Athens see, for example, Thuc. 2.62.1–3; [Xen.] Ath. pol. 1.14. Cf., for instance, Dem. 23.209; Din. 1.37. Arist. Rh. 3.1412b refers to the pun that the archē was not the beginning of misfortunes for Athens (Ἀθηναίοις τὴν τῆς θαλάττης ἀρχὴν μὴ ἀρχὴν εἶναι τῶν κακῶν) and thus reflects the generally positive reception of the fifth-century empire in Athens, cf. Chambers (1973) 106. Aristotle points out that the pun works equally in saying that the archē was, in fact, the beginning of misfortunes, but attributes this reference explicitly to Isocrates (referring to Isoc. 5.61 and 8.101) and his account of Sparta’s imperialistic ambitions and its subsequent fall. See, for instance, Chambers (1973); Bianco (1994); Hunt (2010) esp. 123–133. Isoc. 4.100.

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did not envy our allied cities when they grew, and we did not cause instability by promoting opposing forms of government so they might fight against one another and each try to curry our favor […] Because we had these complaints against oligarchies, and in fact even more than these, we established the same government in other cities that we had ourselves […] For this, anyone with good sense should be very grateful to us much more than fault us for our cleruchies, which we sent into states that were depopulated to guard the land, not out of greed.40

Isocrates’ praise of Athens’ former conduct as hegemon is not surprising, given the central aim of the Panegyricus to justify the city’s claim for leadership among the Greeks in his own days.41 As the realities of Athenian rule were still vividly remembered among his contemporaries, he probably felt compelled to address the most prevalent allegations directly.42 Of greater interest in this context, however, is how Isocrates refutes these key accusations. Not only does he justify the actions taken against Melos and Scione, the establishment of cleruchies, and the violent imposition of democratic regimes, but he reinterprets them as actions taken for the benefit of Athens’ allies. In the end, Isocrates’ attempt to rewrite the history of the archē did not prove successful. Yet although the notion that Athens should not only be acquitted but rather ought to be thanked for the altruistic care it provided for its allies probably sounded ridiculous from a non-Athenian perspective, it reflects well the concept of hegemony prevalent in the 380s. The key idea that hegemony is supposed to work for the common good becomes fully evident in Isocrates’ vivid description of the miserable situation after the King’s Peace: 40

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Isoc. 4.100–107: μετὰ δὲ ταῦτ’ ἤδη τινὲς ἡμῶν κατηγοροῦσιν, ὡς ἐπειδὴ τὴν ἀρχὴν τῆς θαλάττης παρελάβομεν, πολλῶν κακῶν αἴτιοι τοῖς Ἕλλησι κατέστημεν, καὶ τόν τε Μηλίων ἀνδραποδισμὸν καὶ τὸν Σκιωναίων ὄλεθρον ἐν τούτοις τοῖς λόγοις ἡμῖν προφέρουσιν. ἐγὼ δ’ ἡγοῦμαι πρῶτον μὲν οὐδὲν εἶναι τοῦτο σημεῖον ὡς κακῶς ἤρχομεν, εἴ τινες τῶν πολεμησάντων ἡμῖν σφόδρα φαίνονται κολασθέντες, ἀλλὰ πολὺ τόδε μεῖζον τεκμήριον ὡς καλῶς διῳκοῦμεν τὰ τῶν συμμάχων, ὅτι τῶν πόλεων τῶν ὑφ’ ἡμῖν οὐσῶν οὐδεμία ταύταις ταῖς συμφοραῖς περιέπεσεν. ἔπειτ’ εἰ μὲν ἄλλοι τινὲς τῶν αὐτῶν πραγμάτων πραότερον ἐπεμελήθησαν, εἰκότως ἂν ἡμῖν ἐπιτιμῷεν· εἰ δὲ μήτε τοῦτο γέγονε μήθ’ οἷόν τ’ ἐστὶ τοσούτων πόλεων τὸ πλῆθος κρατεῖν, ἤν μή τις κολάζῃ τοὺς ἐξαμαρτάνοντας, πῶς οὐκ ἤδη δίκαιόν ἐστιν ἡμᾶς ἐπαινεῖν, οἵ τινες ἐλαχίστοις χαλεπήναντες πλεῖστον χρόνον τὴν ἀρχὴν κατασχεῖν ἠδυνήθημεν; οἶμαι δὲ πᾶσι δοκεῖν τούτους κρατίστους προστάτας γενήσεσθαι τῶν Ἑλλήνων, ἐφ’ ὧν οἱ πειθαρχήσαντες ἄριστα τυγχάνουσι πράξαντες. ἐπὶ τοίνυν τῆς ἡμετέρας ἡγεμονίας εὑρήσομεν καὶ τοὺς οἴκους τοὺς ἰδίους πρὸς εὐδαιμονίαν πλεῖστον ἐπιδόντας καὶ τὰς πόλεις μεγίστας γενομένας. οὐ γὰρ ἐφθονοῦμεν ταῖς αὐξανομέναις αὐτῶν, οὐδὲ ταραχὰς ἐνεποιοῦμεν πολιτείας ἐναντίας παρακαθιστάντες, ἵν’ ἀλλήλοις μὲν στασιάζοιεν, ἡμᾶς δ᾽ἀμφότεροι θεραπεύοιεν … τοιαῦτ’ ἔχοντες ταῖς ὀλιγαρχίαις ἐπιτιμᾶν καὶ πλείω τούτων, τὴν αὐτὴν πολιτείαν ἥνπερ παρ’ ἡμῖν αὐτοῖς καὶ παρὰ τοῖς ἄλλοις κατεστήσαμεν … ὑπὲρ ὧν προσήκει τοὺς εὖ φρονοῦντας μεγάλην χάριν ἔχειν πολὺ μᾶλλον ἢ τὰς κληρουχίας ἡμῖν ὀνειδίζειν, ἃς ἡμεῖς εἰς τὰς ἐρημουμένας τῶν πόλεων φυλακῆς ἕνεκα τῶν χωρίων, ἀλλ’ οὐ διὰ πλεονεξίαν ἐξεπέμπομεν. Translation T. Papillon, slightly altered. A similar depiction is found in Lys. 2.55–57. Lysias, like Isocrates, ends this thought with the conclusion that because of the previous benefits of Athenian hegemony for its allies, Athens should become the leader of Greece again. That the Panegyricus advocates a shared leadership with Sparta is primarily a concession to the political realities of the 380s. Momigiliano (1944) 3–4; Buchner (1958) esp. 109–121 and 136–138; Chambers (1973) 113– 116; Schmitz (1988) 252–254; Bianco (1994) 38–39; Grieser-Schmitz (1999) 126–133.

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Julia Wilker Now, neither the present peace nor the autonomy that is inscribed in the treaty, even if it is not found in our constitutions, deserves to be preferred to our rule; for who would want a situation where pirates control the seas and second-rank mercenaries take control of the cities? Instead of making wars against other people to defend their territory, citizens fight against each other within their own walls, and more cities have been taken captive than before we made the peace; because of the frequency of revolutions, those living in the cities are more disheartened than those who were punished with exile. The former fear the future, while the latter always hope to return.43

Isocrates here criticizes the destabilizing effects that the King’s Peace had on Greece. However, it is important to note that, despite his derogative stance against the treaty, Isocrates does not criticize its main stipulations and goals: to create a lasting and stable order based on a general autonomy for all Greek poleis (except, of course, those under Persian authority).44 Instead, it is rather the ineffectiveness of the Peace and the failure to implement its terms that lies at the core of his invective. This criticism is primarily directed against Sparta as the only Greek superpower left. For Isocrates, not only Sparta’s misdeeds and blatant abuse of its military superiority – which became evident in the actions taken against Mantineia, Phlius, Olynthus, and Thebes – ought to be criticized. Even more important is yet another failure of Sparta: the failure to provide (and to care for) stability and security. Taking the two passages quoted above together, Isocrates’ argument hence comes to full circle: the present deplorable state of affairs calls for a strong hegemon to warrant general stability, and Athens has shown in the past that it is willing and capable of providing for this need. In the context of sea power, Isocrates’ reference to pirates who (allegedly) now rule the sea in absence of any law-and-order-imposing power is of special interest.45 In Isocrates’ list of calamities, this problem figures so prominently mostly because of Athens’ own preoccupations with the sea as its primary sphere of interest. However, it also resonated with general Greek interests. If the sea, with its vital importance for connecting people and states and transporting goods and information, was rendered insecure due to the threat posed by pirates, all of Greece would be affected.46 The open space of the sea thus had to be safeguarded; yet, according to Iso43

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Isoc. 4.115–116: καὶ μὴν οὐδὲ τὴν παροῦσαν εἰρήνην, οὐδὲ τὴν αὐτονομίαν τὴν ἐν ταῖς πολιτείαις μὲν οὐκ ἐνοῦσαν ἐν δὲ ταῖς συνθήκαις ἀναγεγραμμένην, ἄξιον ἑλέσθαι μᾶλλον ἢ τὴν ἀρχὴν τὴν ἡμετέραν. τίς γὰρ ἂν τοιαύτης καταστάσεως ἐπιθυμήσειεν, ἐν ᾗ καταποντισταὶ μὲν τὴν θάλατταν κατέχουσι, πελτασταὶ δὲ τὰς πόλεις καταλαμβάνουσιν, ἀντὶ δὲ τοῦ πρὸς ἑτέρους περὶ τῆς χώρας πολεμεῖν ἐντὸς τείχους οἱ πολῖται πρὸς ἀλλήλους μάχονται, πλείους δὲ πόλεις αἰχμάλωτοι γεγόνασιν ἢ πρὶν τὴν εἰρήνην ἡμᾶς ποιήσασθαι, διὰ δὲ τὴν πυκνότητα τῶν μεταβολῶν ἀθυμοτέρως διάγουσιν οἱ τὰς πόλεις οἰκοῦντες τῶν ταῖς φυγαῖς ἐζημιωμένων· οἱ μὲν γὰρ τὸ μέλλον δεδίασιν, οἱ δ᾽ ἀεὶ κατιέναι προσδοκῶσιν. Translation T. Papillon. Cf. Buchner (1958) 129; Schmitz (1988) 252. Isocrates’ main objection against the King’s Peace was, of course, the involvement of the Persian Great King and the acceptance of Persian suzerainty over the Greek cities in Asia Minor. Grieser-Schmitz (1999) 101–102 interprets this passage instead as a general condemnation of the King’s Peace, including, if not especially, of the autonomy clause. Isoc. 4.115. See already Isocrates’ complaints in the Trapeziticus (written between 393 and 391 BCE): νομίζων μεγάλα κερδαίνειν, εἰ κατὰ πλοῦν μὴ κινδυνεύοι τὰ χρήματα, ἄλλως τε καὶ

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crates, it needed a hegemonic, if not imperial, power to fulfill this protecting task.47 Since Athens, so it is implied, was the only power that could guarantee this safety and had already proved its capability to do so, Athens should assume the role of hegemon. The line of argument employed here and the underlying concept that hegemony was supposed to work for the common benefit is far from unique.48 However, the Panegyricus is of special importance in this context because it dates to the crucial years after the King’s Peace and thus coincides with the first attempts to rebuild Athenian naval supremacy. Isocrates’ description of the state of Greek affairs after the King’s Peace intended to legitimize and support Athens’ claim for hegemony, but the feeling that the Peace had rather created a power vacuum and insecurity rather than lasting stability was shared by others, and especially by smaller and weaker poleis. In 384 BCE, Athens was approached by a delegation from Chios to enter a new, defensive alliance, and the following treaty integrated the new alliance explicitly into the framework set by the King’s Peace.49 However, the very fact that the Chians had found it necessary to formally secure Athenian assistance in the case of an attack only two years after the King’s Peace demonstrates their feeling of insecurity, and they were not the only ones. Shortly afterwards, Athens entered similar alliances with Mytilene, Methymna, and Byzantium, respectively.50 It is hard to believe that it was Sparta’s Machtpolitik that primarily motivated these states to join Athens’ newly emerging network of alliances, as Sparta showed no interest at all in the eastern Aegean and was hardly expected to do so in the nearer future. It is more likely that the reorganization of Persian rule at the Ionian coast and the assembling of Persian forces against Euagoras of Cyprus caused more concern among the independent poleis in the region.51 In general, however, these minor and middle-sized poleis felt increasingly uneasy about the power vacuum created by the King’s Peace – and Athens proved more than willing to fill the void. The dynamic created by Athens’ new alliances in the eastern Aegean and the looming conflict with Sparta led to the foundation of the Second Athenian League in 377 BCE. The initial success of the League to attract new members was the result of the need for a powerful partner capable of lending protection felt by many of the new allies on the one hand, and Athens’ ambition to regain its influence, if not he-

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51

Δακεδαιμονίων ἀρχόντων κατ’ ἐκεῖνον τὸν χρόνον τῆς θαλάττης (17.36). Andoc. 1.138 also refers to the insecurity of the Aegean due to pirates in the last years of the Peloponnesian War. For Athenian hegemony and the Second Athenian League and the common threat of piracy see also Dreher (1995) 277 with further references. For the connection between piracy and sea power cf. C. Wendt in this volume. See, for instance, Dem. 13.7–8 and the more general discussion in Arist. Pol. 7.1333b–1334a; Perlman (1991). Rhodes – Osborne (2003) n. 20. Methymna: Rhodes – Osborne (2003) n. 23; Mytilene: IG II2 40; Byzantium: IG II2 41. Since Rhodes is also listed among the founding members of the Second Athenian League (Rhodes – Osborne 2003, n. 22, l. 82; Diod. 15.28.2–4) it might have been among the first allies of Athens as well, cf. Accame (1941) 15–16 and 32–33; Berthold (1980) 41. Cf. Diod. 15.2.2–3; Isoc. 4.135–137; Berthold (1980) 41; Bruce (1980) 283; Badian (1995) 87 no. 30.

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gemony, over the Aegean as soon as possible on the other.52 The character of this new league and its development in the following decades is not the subject here; however, it has to be stressed again that even though the syntaxeis paid by the members supported the Athenian fleet and its personnel, Athens had no direct financial gain from the League and the maritime hegemony it reestablished with its help.53 Instead, Athens’ main objective and motivation for establishing and maintaining its control especially over (although not limited to) the Aegean was, first and foremost, prestige.54 SEA POWER AND ATHENIAN IDENTITY That it was primarily honor and status, self-perception, and reputation among the other Greeks that motivated the Athenians to reestablish, maintain, and increase its dominance at sea becomes particularly evident in the conflict with Philip II. In the pseudo-Demosthenic speech On Halonnesus, presumably delivered in 343/342 BCE by Hegesippus,55 the orator first addresses Philip’s offer to give the island of Halonnesus back to Athens. However, the Macedonian king maintained that the island belonged legitimately to him, since he had seized it from pirates, but that he was willing to give it to Athens to prove his good intentions. Hegesippus refutes this offer as mortifying and urges his fellow Athenians to insist that Halonnesus is and always has been rightfully theirs. To accept Philip’s version, Hegesippus claims, would bring the island back under Athenian control, but would still mean a victory for Philip. So, what difference would it make to him not to ‘return’ it to you (to use the right word) but to ‘give’ it as a gift (to use the wrong word)? He insists on this term not to gain credit for doing you a favor, since it would be a ridiculous favor, but to demonstrate to all of Greece that the Athenians are happy to receive places off the coast from the hands of a Macedonian. This, men of Athens, you must not do.56

For Hegesippus, as for his audience, the issue goes far beyond the question of the possession of an insignificant island. Firstly, the case serves as a precedent for present and future disputes over territorial claims.57 Moreover, it is Athens’ reputation and self-perception as the leading sea power and guardian of the Aegean that is at stake as it becomes evident in the orator’s refusal of Philip’s second proposal: 52 53 54 55 56

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Cf. Diod. 15.28.2–5; 15.29.7–30.2. Perlman (1991) 276. Cf. Schmitz (1988) esp. 249. Trevett (2011) 113–116 with a summary of the background of the speech and its author. [Dem.] 7.6: τί οὖν αὐτῷ διαφέρει, μὴ τῷ δικαίῳ ὀνόματι χρησάμενον ἀποδοῦναι ὑμῖν, ἀλλὰ δωρεὰν δεδωκέναι, τῷ ἀδίκῳ; οὐχ ἵν’ εὐεργέτημά τι καταλογίσηται πρὸς ὑμᾶς (γελοῖον γὰρ ἂν εἴη τοῦτο τὸ εὐεργέτημα), ἀλλ’ ἵν’ ἐνδείξηται ἅπασι τοῖς Ἕλλησιν ὅτι Ἀθηναῖοι τὰ ἐν τῇ θαλάττῃ χωρία ἀγαπῶσι παρὰ τοῦ Μακεδόνος λαμβάνοντες. τοῦτο δ’ ὑμῖν οὐ ποιητέον ἐστίν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι. Translation J. Trevett. For the importance of this argument, see Aeschin. 3.83, blaming Demosthenes for the breakdown of the peace between Athens and Philip.

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As for the pirates, he says that it is right for you and him to share in guarding against criminals at sea, but his sole purpose is for you to set him up as a sea power and to admit that without Philip, you are unable even to police the sea; and, further, that he is free to sail around and launch attacks on the islands, on the pretext of guarding against pirates, and to destroy the islanders and detach them from you, and not only to have used your generals to convey the exiles to Thasos but also to win over the other islands, sending men to accompany your generals on their voyages, in the ground that he is sharing in the policing of the sea.58

The king thus proposed that both states should work together in a joint effort against the pirates in the Aegean. As they were equally harmed by the problem, a concerted action would be an appropriate and feasible solution. Hegesippus denounces Philip’s proposal as part of an anti-Athenian master plan. The orator claimed that the king only wanted to gain access to the islands to stir up revolts and might even try to infiltrate Athenian ships under the pretext of a joint military enterprise. The real background of Philip’s proposal is unknown, and the Athenians were probably right to be suspicious.59 However, Hegesippus is not mainly concerned with Philip’s potential trickery, but rather with Athens’ reputation and self-perception as the one and only Greek power in charge of the sea. Any joint action with Philip would harm Athens’ position as the law-and-order-imposing power in the Aegean. Despite the continued decay of its league and the financial strains that the maintenance of the fleet meant for Athens, Hegesippus insisted that “policing the sea” was the responsibility of Athens, and nobody else’s.60 A decree implementing a reinforced and more systematic military program to persecute pirates and to restore safety on the sea, mentioned in passing by Demothenes in his speech Against Theocrines from 341/340 BCE, might be interpreted against the background of Philip’s proposal.61 That sea power, according to the contemporary understanding, included the obligation to provide for general security and safe passageways has already been discussed above. Hegesippus’ invective, the Athenian rejection of Philip’s proposal, and the following enforced actions

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[Dem.] 7.14–15: περὶ δὲ τῶν λῃστῶν δίκαιόν φησιν εἶναι κοινῇ φυλάττειν τοὺς ἐν τῇ θαλάττῃ κακουργοῦντας ὑμᾶς τε καὶ αὑτόν, οὐδὲν ἀλλ’ ἢ τοῦτ’ ἀξιῶν, ὑφ’ ὑμῶν εἰς τὴν θάλατταν κατασταθῆναι, καὶ ὁμολογῆσαι ὑμᾶς ὡς ἄνευ Φιλίππου οὐδὲ τὴν ἐν τῇ θαλάττῃ φυλακὴν δυνατοί ἐστε φυλάττειν, ἔτι δὲ καὶ δοθῆναι αὐτῷ ταύτην τὴν ἄδειαν, περιπλέοντι καὶ ὁρμιζομένῳ εἰς τὰς νήσους ἐπὶ προφάσει τῇ τῶν λῃστῶν φυλακῇ διαφθείρειν τοὺς νησιώτας καὶ ἀφιστάναι ὑμῶν, καὶ μὴ μόνον τοὺς φυγάδας τοὺς παρ’ ἑαυτοῦ εἰς Θάσον κεκομικέναι διὰ τῶν ὑμετέρων στρατηγῶν, ἀλλὰ καὶ τὰς ἄλλας νήσους οἰκειώσασθαι, συμπέμπων τοὺς συμπλευσομένους μετὰ τῶν στρατηγῶν τῶν ὑμετέρων ὡς κοινωνήσοντας τῆς κατὰ θάλατταν φυλακῆς. Translation J. Trevett. Cf. Worthington (2008) 118–119, who discusses Hegesippus’ rejection of Philip’s offer together with the case against Antiphon, who was accused of having aimed to set fire to the dockyards at Piraeus harbor at the instigation of Philip, Dem. 18.132–133; Din. 1.63; Plut. Dem. 14.4. Cf. Ober (1978) 121 and 124. Dem. 58.53–55. Josiah Ober (1978, 121; 1989, 28) stresses that this reference was made in a private speech. However, this underlines even more that one of the main tasks associated with dominance at sea was to provide for general safety was considered a commonplace that did not need to be explained at length even in a lawcourt setting.

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against the pirates show that in the Athenian perception, safeguarding the sea was more than just a responsibility. It was, first and foremost, an Athenian monopoly.62 As it has been shown, a whole variety of arguments were raised and discussed among the Athenians about the purpose, necessity, outcome, and relevance of their dominance over the Aegean, including self-defense and protection of the land of Attica, economic reasons, e. g., providing safe conditions for trade and the much needed grain imports, and safeguarding of the sea for the common good. However, while the individual arguments differed in their scope and relevance, it has become evident that one aspect was never up for discussion: that naval supremacy was Athens’ right and destiny. Athens’ reliance on and need for a strong navy to protect its borders and uphold its present economic and social structures can hardly be denied, but the Athenian discourse shows something far beyond this necessity. In fact, it appears that for the Athenians of the late classical period, Athens without its dominance of the sea was nothing less than unimaginable. That sea power had become an integral part of Athenian identity is shown by the outrage that Philip’s proposal to share the task of securing the Aegean Sea against pirates provoked in Hegesippus, and it appears that the majority of his fellow Athenians shared this view. Based on this worldview, any doubt or even the slightest infringement of Athens’ control over the Aegean could be (and was) interpreted as a humiliation and attack on Athenian identity. Against this background, the notion that hegemony at sea was needed for Athenian self-defense can be read from yet another angle: if naval supremacy was regarded as an integral part of Athenian identity, then any attack on that supremacy was an attack on Athens, regardless of whether the adversarial party planned on actually invading Attica or not. SEA POWER REDUX: THE BURDENS OF IDENTITY That sea power had become such an integral part of late classical Athenian identity was, of course, an inheritance from the classical archē, although the actual naval supremacy of the late classical period differed significantly from its fifth-century predecessor. Yet this inherited notion had to be redefined and reinterpreted under the changing circumstances of the period. The fourth century was a challenging period for all poleis striving for hegemony, at sea as on land, as anything even slightly resembling the example set by the fifth-century archē was not an option anymore. The King’s Peace of 386 BCE had established the universal and generally accepted right of every Greek polis (except those under Persian authority) to be “autonomous”. Regardless of day-to-day power politics, general autonomy now constituted the basic ideological framework that all interstate relations and hegemonic ambitions had to meet, although the very definition of what autonomia entailed remained to be the subject of discussion. Furthermore, the ongoing competition 62

See also Dem. 58.55: ἐγὼ δ’ οἶμαι τῶν μὲν κατὰ πλοῦν γιγνομένων οὐχ ὑμᾶς, ἀλλὰ τοὺς στρατηγοὺς καὶ τοὺς ἐπὶ τοῖς μακροῖς πλοίοις αἰτίους εἶναι. Isocrates (12.53) maintains that whoever holds naval supremacy is in command of the most cities in Greece.

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among numerous poleis striving for hegemony curbed any temptations to exploit and treat the weaker allies too harshly. These changes are reflected on many levels, ranging from the different structures of hegemonic alliances to the rhetoric and ideology of hegemony for the benefit of the allies or even the common good.63 Hegesippus’ insistence that the safety of the Aegean was nobody’s task or domain but Athens’ underlines the importance attributed to the dominance of the Aegean as such, but also shows that the definition of dominance now did not entail direct rule, financial extortion, and/or exploitation. As discussed above, the flipside of this changed concept (at least from the Athenian point of view) was the excessive financial burdens that sea power in the fourth century entailed. However, given the enormous costs of maintaining and manning a fleet of this size, it is hardly surprising that with growing financial strains on the one hand and the revitalization of Athenian self-esteem, confidence, and hegemonic pride eventually led to actions that reminded both allies and enemies alike of Athenian behavior during the time of the archē. This is not the place to discuss the violent actions taken by Athenian generals, such as Chares, to provide for their ships and men, and for both their own and Athens’ financial gain, nor the growing discontent of the allies, eventually resulting in the defection of Chios, Rhodes, and Cos and the Social War (357–355 BCE). In Athens, however, the primary sources indicate that these events were accompanied by a renewed discussion about the purpose, goals, and overall character of sea power. Voices that openly advocated a return to a more “imperialistic” rule modeled after the Delian League of the fifth century have not survived, but Xenophon in the Poroi and Isocrates in the On the Peace refer to arguments along these lines.64 As both authors take an explicit stand against any renewed imperial behavior,65 they might exaggerate to strengthen their own position, but it is hard to believe that these arguments were nothing but the product of their imagination. While the two treatises thus provide evidence for a renewed discussion about sea power and dominance, Xenophon and Isocrates gave voice only to the opinion of a tiny minority, and their proposals were not adopted by Athens.66 Given the longstanding traditions and the importance that naval supremacy had gained for Athenian identity in general, it is not surprising that neither the ongoing financial burdens nor the eventual decline of the Second Athenian League caused a change in the Athenian self-perception and ambitions. The persistence of this claim is still evident after the Athenian defeat at Chaeronea. The orator in the pseudoDemosthenic speech On the Treaty with Alexander, presumably dated to around 63 64 65 66

Cf. Ryder (1965) 120–121; Perlman (1991) 276; Hunt (2010) 105–107. See esp. Isoc. 8.6–8; 8.12; 8.17; 8.36; 8.124–125; Xen. Por. 3.6–8; 5.5; 5.11–12. Cf. the cautious remarks by Ober (1989) 28. See esp. Isoc. 8.20–23; 8.29–30; 8.42–43; Xen. Por. 4.40–41; 5.1–12; 6.1. Cf. Morgan (1998) 115–117; Davidson (1990); Dillery (1993); Demont (2003); Walter (2003) esp. 78 and 84; Hunt (2010) esp. 30. In addition, we should not mistake either of the treatises as an entirely anti-hegemonic work. Isocrates, for instance, argues in the Antidosis (353 BCE) that he had constantly urged his fellow-citizens “to be nobler and juster leaders of the Hellenes” (πρὸς τὸ βέλτιον καὶ δικαιότερον προστῆναι τῶν Ἑλλήνων), and not, notably, to give up their hegemony, Isocr. 15.86; see also 122–129; cf. Walter (2003) 85. The same idea is already implied in Isocr. 8.21–24; 8.29–30.

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331 BCE,67 thus presents the case of one Macedonian trireme sailing into the Piraeus as a severe threat to Athens.68 While the incident of one Macedonian ship entering the Athenian harbor might appear as a rather trivial case,69 the speaker nevertheless maintains the importance of Athenian naval supremacy: […] for as long as we are able even on our own to have undisputed naval superiority, we will be able to find ourselves other stronger defenses on land in addition to our existing forces.70

Even in the aftermath of Chaeronea, naval supremacy was thus still perceived as an essential, indispensable element of Athenian identity, as it is presented by Demosthenes in the accusation against Androtion quoted at the beginning of this paper.71 The same is noted by the Phlian Procles in Xenophon’s Hellenica who advocated in the negotiations of 369 BCE to give the military command at land to Sparta while Athens should get the command of the joint naval forces.72 In this speech, Procles lists most of the arguments familiar from the Athenian discourse, including Athens’ dependence on the sea because of its geographic location, the skills of its naval personnel, and the sheer superiority of the Athenian fleet as proven in past and present.73 First and foremost, however, he stresses as follows: And in my opinion this division of responsibility seems to be not merely a human expedient but something ordained by providence and by the way things are.74

Procles addressed only the question of military command, but the fact that the Athenians at least at first were compelled by his arguments shows that his insistence on Athens’ dominance at sea struck a chord with the audience.75 The analysis of the fourth-century Athenian discourse on sea power thus shows how persistently the memory of the Delian League and the benefits that it had brought for the city continued to influence the Athenian self-perception and the Athenian claim to remain the dominant naval power among the Greeks. On the other hand, interstate relations in the Greek world had significantly changed since the end of the Peloponnesian War. The ongoing competition between several poleis striving for hegemony and the general acceptance of the right to autonomia as first 67 68 69 70 71 72

73 74 75

MacDowell (2009) 381. [Dem.] 17.26–27. Cawkell (1961) 75–76. [Dem.] 17.25: ἕως γὰρ ἂν ἐξῇ τῶν κατὰ θάλατταν καὶ μόνοις ἀναμφισβητήτως εἶναι κυρίοις, τοῖς γε κατὰ γῆν πρὸς τῇ ὑπαρχούσῃ δυνάμει ἔστι προβολὰς ἑτέρας ἰσχυροτέρας εὑρέσθαι. Translation J. Trevett. In 17.24, the speaker calls Athens invincible (ἀνυπόστατος). Cf. Ober (1989) 30. Xen. Hell. 7.1.2–11. While Procles is only concerned with the military command, not with hegemony in the sense of control, his arguments mostly apply to sea power in the sense discussed here as well. For this speech by Procles in general, see Luppino-Manes (2000) 161–192; Baragwanath (2012) 330–339. See esp. Xen. Hell. 7.1.3–5. Xen. Hell. 7.1.2: ἐμοὶ δὲ καὶ αὐτῷ δοκεῖ ταῦτα οὐκ ἀνθρωπίνῃ μᾶλλον [γνώμη] ἢ θείᾳ φύσει τε καὶ τύχῃ διωρίσθαι. Translation R. Warner. The Athenians are first compelled by Procles’ arguments, but then vote for the counterproposal of Cephisodotus, who proposed a change in command every fifth day instead. Xen. Hell. 7.1.12–14.

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established in the King’s Peace rendered a remake of the archē impossible. These two aspects seem to contradict each other only at first glance. In fact, the Athenian persistence regarding their dominance of the Aegean and the changed political circumstances led to a redefinition of how sea power should be defined, organized, and maintained. Demosthenes and his contemporaries were all too well aware that sea power in their own time differed significantly from the empire of their forefathers. However, naval supremacy had become too significant for Athenian identity to be abandoned; it was now an end in itself, regardless of its costs and benefits. It is against this background that Isocrates sarcastically, if not fatalistically, criticizes the poor judgment of his fellow citizens. After all, according to the orator, all it took to convince them to go to war was to tell them the following: We should not allow ourselves to be mocked or allow people to sail the sea if they refuse to pay us their contribution.76

76

Isoc. 8.36: μὴ περιορᾶν ἡμᾶς αὐτοὺς καταγελωμένους μηδὲ τὴν θάλατταν πλέοντας τοὺς μὴ τὰς συντάξεις ἐθέλοντας ἡμῖν ὑποτελεῖν. Translation T. Papillon.

DAS MEER IM STRATEGISCHEN DENKEN DER RÖMISCHEN REPUBLIK Raimund Schulz 1. EINLEITUNG: ROM UND DIE ALLGEMEINEN VORAUSSETZUNGEN MARITIMER POLITIK Rom war in Bezug auf den organisierten Seekrieg ein Spätstarter. In einer Zeit, als sich die Poleis des Ägäisraumes mit mächtigen Trierenflotten bekämpften, Karthago und Syrakus mit immer neuen Schlachtschiffen um die Vorherrschaft in den sizilischen Gewässern rangen, verfügte Rom nicht einmal über einen ausgebauten Kriegshafen, geschweige denn eine eigene Marine, obwohl es integraler Bestandteil des westmediterranen Seehandels und der mit ihm verbundenen Entwicklungen war: Ihre Eliten beteiligten sich in etruskischer Tradition so intensiv am Seehandel und Seeraub, dass das mächtige Karthago glaubte, ihnen Fahrtgrenzen auferlegen zu müssen.1 Dennoch war die junge Republik zunächst weder willens noch fähig, diese Unternehmungen in eine staatlich kontrollierte und geplante Seekriegspolitik zu überführen. Der Grund hierfür lag nicht in einer generellen Abneigung des „römischen Bauernvolkes“ gegenüber dem Meer,2 sondern in strukturellen und machtpolitischmilitärischen Konstellationen. Die Entwicklung einer der Gesamtgemeinde unterstellten Flotte ist in der Antike dem Landkrieg zeitlich immer nachgeordnet gewesen; sie ergab sich aus außenpolitischen Zwängen und setzte wegen der enormen finanziellen und organisatorischen Herausforderungen eine bestimmte innenpolitische Integrationsdichte sowie die faktische Selbstverpflichtung zu einem langfristigen Planen und Verhalten voraus, ferner den Willen, die Bürgerschaft für den Aufbau einer Seemacht in die Pflicht zu nehmen sowie sämtliche Hilfen in die maritime Politik mit einfließen zu lassen.

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Vgl. Berve (1966) 355. Zu den Aktivitäten der Etrusker auf dem Meer vgl. Gras (1977) und Ientile (1983). Zu den Karthagerverträgen und ihren Fahrtgrenzen jüngst zusammenfassend Zimmermann (2013) 4–16 und Gnoli (2012) 27–73. Zu den Privatunternehmungen der römischen Adligen: Ladewig (2014) 95 f. Einen neuen und erschöpfenden Gesamtüberblick über die Entwicklung der römischen Seemacht der Republik gibt Ladewig (2014). Berve (1966) 355.

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2. ROM UND DAS MEER BIS ZU DEN PUNISCHEN KRIEGEN In Rom waren diese Voraussetzungen sehr spät gegeben: Abgesehen davon, dass der Privatkrieg adliger Warlords in Italien eine lange Tradition besaß,3 musste sich die junge Republik über fast 150 Jahre gegen mächtige Gegner zu Lande erwehren; deshalb hat man der Sicherstellung des militärischen Potentials zu Lande den Vorzug gegeben gegenüber allen Anstrengungen zum Aufbau einer Marine und den Landhunger der Bürger nicht durch außeritalische Kolonisation, sondern durch territoriale Expansion befriedigt: Das strategische Denken war nicht maritim, sondern territorial geprägt. Ein Umdenken setzte im zweiten Krieg gegen die Latiner 340–338 v. Chr. ein. Hatte die Republik anfangs noch auf eine Kooperation mit den Karthagern gesetzt, um widerspenstige Küstenstädte in ihren Herrschaftsbereich zu integrieren, so deutet die Anlage von coloniae maritimae auf den Willen hin, das neugewonnene Territorium gegen Piraten zu schützen und von den neuen Basen aus gegen die letzten Gegner mit eigenen Schiffen vorzugehen.4 Nach der Eroberung von Antium 334 v. Chr. brachte der siegreiche Konsul Gaius Maenius die Schnäbel der zerstörten Schiffe auf der Rednerbühne des Forums an. Die übriggebliebenen, nicht zerstörten Einheiten kamen in die Schiffshäuser Roms und bildeten den Kern der ersten staatlichen Küstenflottille von mindestens 20 Schiffen. Ihre Ausstattung, Bemannung und Führung oblag zwei Sonderbeamten, den duumviri navales. Nicht von ungefähr fällt diese Entwicklung in die Zeit, in der mit der Entstehung der Nobilität auch innenpolitisch ein neuer stabilisierender Faktor entstanden war, der die Einzelaktionen ihrer Mitglieder zwar nicht aufzuheben, aber besser als zuvor in eine konsistente maritime Außenpolitik der Gesamtgemeinde und deren Interessen einzubinden in der Lage war. Zugleich eröffnete die maritime Kriegführung zumindest potentiell ein weiteres Feld für Konkurrenz und Exzellenz in der Aristokratie.5 Die Aufgabe der Küstenflotte bestand neben dem Truppentransport wohl vor allem darin, den steigenden Bedarf nach Getreideimporten abzusichern. Die Bevölkerungszahl Roms lag gegen Ende des 4. Jahrhunderts kaum unter der des klassischen Athen. So war man zumindest in Krisenzeiten auf Getreidelieferungen aus Sizilien angewiesen.6 Eine wichtige Rolle als Zwischenhändler spielten die Kampaner, von denen viele spätestens nach dem Sieg über die Samniten in die Klientel römischer Familien eingetreten waren. Ihre Erfahrungen machte sich der Senat zu nutze, wenn er z. B. die Flotte auf Plünderungsfahrten gegen Pompeji und Nuceria 3 4 5

6

Rawlings (1999); Raaflaub (1990) 533–535. Vgl. Salmon (1963), Steinby (2007) 53 und jüngst Ladewig (2014) 28 zur Rolle der coloniae maritimae. Dennoch wird bis heute immer wieder litaneihaft das alte polybianische Diktum heruntergebetet, Rom habe „erst in den Punischen Kriegen […] besonders im Hinblick auf Sizilien und das westliche Mittelmeer“, maritime Fähigkeiten entwickelt (Zitat von Graf Vitzthum 2003, 1046), obwohl umfangreichere jüngere Arbeiten wie die von Gnoli (2012), Steinby (2007) und Schulz (2005a) längst das Gegenteil bewiesen haben. Vgl. die kritische Diskussion der Quellen und Belege bei Kolb (1995) 137 f.; weniger skeptisch Garnsey (1988) 167–169; 178–180.

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schickte. Seit geraumer Zeit waren kampanische Adlige aber auch als Söldner und Kaperer in und um Sizilien aktiv. Unter den kampanischen Söldnern in Entella findet sich ein gewisser Tiberius Claudius aus Antium, der vermutlich als Söldneroffizier im 4. Jahrhundert auf Sizilien kämpfte. 339 bot der kampanische Korsar Postumius mit 12 Schiffen seine Dienste dem Timoleon in Syrakus an. Wenige Jahrzehnte später nahm der syrakusanische Tyrann Agathokles kampanische Söldner in Lohn.7 Sie nahmen (als sogenannte Mamertiner) nach seinem Tod die wichtige Hafenstadt Messana in Besitz und kontrollierten von hier aus die Meerenge.8 Rom wahrte seine Interessen durch die Abkommandierung einer Kampanertruppe zum gegenüberliegenden Rhegion. Im gleichen Jahr (282) drangen römische Kriegsschiffe vertragswidrig in den Hafen Tarents ein – was einmal mehr zeigt, dass Rom bereits vor den Kriegen gegen Karthago auf dem Meer militärisch aktiv war9 – und provozierten einen Krieg, für den die Kampaner aus Messana und Rhegion wertvolle Schützenhilfe leisteten, indem sie den für Tarent so wichtigen Seehandel sowie den Nachschub des Pyrrhus störten.10 Erst nach dem Abzug des Pyrrhus und der Eroberung Tarents übernahmen die Römer selbst in Rhegion das Kommando und besaßen fortan einen der bedeutendsten Hafenplätze Süditaliens. Vier Jahre später hatte Rom ganz Süditalien durch Kolonien und Straßen gesichert und verfügte mit den Schiffen der griechischen Bündner und dem Holz des Silawaldes über die Mittel, erstmals auf den Spuren der Kampaner den Schritt über die Meerengen zu wagen. Die Entscheidungsträger im Senat verfolgten dabei sicherlich keinen langfristigen Plan und wurden auch nicht durch das unbedingte (‚imperiale‘) Streben nach Erweiterung des territorialen Einflussgebietes getrieben. Sie steckten jedoch einen außenpolitischen Rahmen ab, innerhalb dessen sich der aristokratische Ehrgeiz der führenden Familien bewegte und sich mit den Sicherheitsinteressen des Gesamtstaates soweit wie möglich decken sollte. Und diese Sicherheitsinteressen mussten nach der Ausdehnung der römischen Herrschaft bis nach Süditalien auch die Meerenge von Messana sowie das gegenüberliegende Sizilien mit einbeziehen, zumal die Abhängigkeit der Tiberstadt von sizilischem Getreide gestiegen war und die Karthager ihrerseits ihr Einflussgebiet bis nach Ostsizilien ausgeweitet hatten. In diesem außenpolitischen Gesamtkontext der Zeit nach dem Pyrrhuskrieg bewegten sich der Ehrgeiz und das Leistungsstreben auch der höchsten Beamten und ihrer Familien, deren Blick nicht zuletzt durch das alte Engagement ihrer kampanischen Klienten auf der Insel über die Meerenge nach Sizilien gelenkt wurde. Als die von Hieron II. von Syrakus bedrängten Mamertiner zunächst die Karthager und danach den Senat um Hilfe baten, erkannten die Konsuln die Chance, Ruhm und reiche Beute auf Sizilien zu gewinnen und die Kontrolle der für den Getreideimport so wichtigen Meerenge von der Ostseite abzurunden. 7 8 9 10

Diod. 21,4; 16,82 mit weiterer Literatur bei Schulz (2000) 429 Anm. 14. Vgl. Zimmermann (2013) 15 f. Das z. B. gegen Urban (1984) 14. Zum Ausbruch des Krieges mit Tarent und dem Pyrrhoskrieg vgl. Heftner (1997) 24 f. („Erscheinen einer römischen Flotte im Hafen der Stadt“), Rosenstein (2012) 36–53 sowie Schulz (2013) 189–194.

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3. DIE PUNISCHEN KRIEGE Das Übergreifen Roms nach Sizilien war demnach kein Bruch, sondern eine folgerichtige Fortsetzung der italischen Expansion, die mindestens 50 Jahre zuvor die Meerenge ins Visier genommen hatte. Auch in der Folgezeit profitierte die Republik von dem maritimen know how seiner unteritalischen socii und besonders des ab 262 verbündeten Hieron von Syrakus. Keine Seemacht besaß längere Erfahrungen im Seekrieg mit Karthago als die Syrakusaner, und es waren denn auch Ingenieure aus Syrakus, die den Bau und den Einsatz einer römischen Kriegsflotte von zunächst 100 Fünfruderern und 20 Trieren ermöglichten. Sie erkannten schnell, dass diese Flotte nur eine Chance gegen die überlegene Manövrierkunst der Karthager haben würde, wenn sie fehlende individuelle Ruderkunst und mangelnde taktische Erfahrung durch Quantität und konsequente Entertaktik ausglich. Tatsächlich haben die Römer von Beginn an versucht, die Karthager durch die größere Zahl und Masse ihrer Schiffe regelrecht zu erdrücken und wie einst Alexander im Osten dem Gegner die Küstenbasen zu nehmen. Die Unterstützung der socii navales, die neben den coloniae maritimae den Großteil der Ruderer stellten,11 die materiellen Ressourcen Italiens und die finanzielle Einsatzbereitschaft der reichen Familien (zumindest in Notzeiten) haben Rückschläge wie den der Regulusexpedition 256/255 v. Chr. aufgefangen, den Einsatz immer neuer Flotten ermöglicht und den entscheidenden Vorsprung gegenüber der karthagischen Seemacht ausgemacht.12 Der Erfolg gegen Karthago weitete noch einmal die geopolitischen Perspektiven der Republik: Die Römer haben während des Ersten Punischen Krieges genau diejenigen Meere, die ihnen in den frühen Karthagerverträgen verwehrt waren, als einen militärisch und strategisch nutzbaren Raum begriffen. Nach Ende des Krieges begann man, den Einfluss auf die für die Kontrolle des westlichen Mittelmeeres wichtigen Inseln und Küstenzonen auszudehnen. Die 237 annektierten Inseln Sardinien und Korsika bildeten mit Sizilien ein vorgelagertes Glacis, das Italien und seine Kaufleute vor den Plünderungsfahrten karthagischer Piraten schützen sollte und gleichzeitig als Basis für Seeoperationen gen Westen genutzt werden konnte; die Wälder Korsikas boten zudem gutes Schiffsbauholz.13 Das Bündnis mit Massilia und die Freundschaft mit Sagunt sicherten Rom zusätzliches Marinepotential und die Handelsrouten nach Spanien;14 die Eroberung einer Landbasis in Illyrien erleichterte den Schutz der italischen Adriaküsten.15 Diese Bemühungen verschafften den Römern im Hannibalkrieg zunächst den Vorteil der inneren Linie auf dem Meer gegenüber den Landwegen zwischen Nordspanien und Italien. Auf dieser Linie konnten römische Schiffe den Krieg nach Spanien verlagern und Hannibals 11 12 13 14 15

Vgl. de Souza (2013) 388; zu den maritimen Aufgaben der coloniae maritimae auch jüngst Ladewig (2014) 28 f. Vgl. de Souza (2013) 383 und (2007) 363: „They [sc. the Romans] won their naval encounters because they had more ships, or if the fleets were roughly equal in size, then the Romans deployed more marines.“ Theopr. h. plant. 5,8,2; Plin. nat. 16,197; Ladewig (2014) 69. Zur Flotte Massilias vgl. Berve (1966) 362. Vgl. jüngst Ladewig (2014) 61 f. mit Quellen und Literatur.

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Versorgung aus Sizilien, Afrika und Spanien blockieren, obwohl die Karthager immerhin über eine Flotte von rund 130 neugebauten Kriegsschiffen verfügten.16 Die illyrische Basis verhinderte zudem die Vereinigung der makedonischen und karthagischen Kräfte.17 Zum ersten Mal beeinflusste nicht nur die Schlagkraft der Flotte, sondern auch die Kontrolle strategisch wichtiger Gewässer die Verteilung militärischer Macht zu Land. Der endgültigen Niederlage Karthagos zu Land bei Zama 201 v. Chr. ging also eine Kette maritimer Militäraktionen voraus. 4. DIE KRIEGE IM OSTEN Nur ein Jahr nach Kriegsende setzte Rom erneut seine Legionen in Bewegung und begann einen Krieg mit Philipp V. von Makedonien. Vorausgegangen war eine fundamentale Störung des machtpolitischen Systems im östlichen Mittelmeerraum:18 Das durch Thronwirren geschwächte Ptolemäerreich, dessen Getreideexporte die halbe Mittelmeerwelt versorgten, stand kurz davor, von den Seleukiden und Makedonen aufgeteilt zu werden. Gleichzeitig besetzte Philipp die Meerengen am Bosporus. Betroffen waren viele griechische Städte und besonders die für den Zwischenhandel mit Getreide und den Schutz der Getreidetransporter so wichtige Inselrepublik Rhodos.19 Aber auch Rom konnte diese Entwicklung nicht ignorieren. Nach dem Hannibalkrieg mussten weiterhin große Truppenverbände von bis zu 100.000 Mann versorgt werden.20 Die Ernährung der bis auf 300.000 Seelen angewachsenen hauptstädtischen Bevölkerung erforderte an die 800 Schiffsladungen Getreide pro Jahr.21 Lieferungen aus den tyrrhenischen Inseln reichten für beide Aufgaben jetzt kaum noch aus.22 Vorausschauende Politiker blickten deshalb nach Osten, von wo man schon während des Hannibalkrieges Getreide aus Ägypten hatte importieren müssen.23 Hätten die Senatoren nun der Entwicklung in der Ägäis tatenlos zugesehen, so wäre der gesamte ostmediterrane Getreidehandel unter die Kontrolle potentiell feindlicher Großmächte geraten – Grund genug, zu den Waffen zu greifen. Nicht wenig mag an dieser Entscheidung auch die Tatsache mitgespielt haben, dass viele Senatoren als Anteilseigner und über Mittelsmänner am lukrati16 17 18 19 20 21

22 23

Vgl. Hoyos (2013) 691. Zum Engagement der Römer in Illyrien nach dem 1. Karthagerkrieg vgl. de Souza (1999) 76– 80. Eckstein (2006) 105; zum Ausbruch des Makedonischen Krieges jetzt auch wieder Rosenstein (2012) 179 ff. Meine Deutung, die auch die Abhängigkeit Roms von östlichen Getreideimporten mit berücksichtigt, habe ich in Schulz (2014) breiter dargelegt. Vgl. Rickman (1980) 119; Ladewig (2014) 76 f. zu Rhodos. Vgl. Sekunda (2007) 336. Vgl. Kolb (1995) 210–211; Rickman (1980) 17; 44: Nach Livius (33,4,28) waren im Jahre 196 die jährlichen Getreidetribute aus Sizilien und Sardinien selbst im Falle einer außerordentlichen Sendung von 1.000.000 modii nicht mehr ausreichend für die Versorgung der Hauptstadt und der Armeen. Vgl. Rickman (1980) 12–13. Getreideimporte aus dem Ptolemäerreich nach Rom während des Hannibalkrieges: Kolb (1995) 186.

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ven Getreidehandel partizipierten. Weitreichende Finanz- und Sicherheitsinteressen waren schwer von einander zu trennen, auch wenn die lex Claudia von 218 dem eigentlich einen Riegel vorschieben wollte. Der Krieg im Osten kehrte die Vorzeichen, unter denen man gegen Hannibal gekämpft hatte, um: Nun musste Rom seine Truppen im Feindesland ernähren sowie maritime Operationen in weit entfernten und zum Teil unbekannten Gewässern durchführen. Als erstes galt es demnach, dem Getreide- und Truppentransport über die Straße von Otranto und um die Peloponnes herum (gegen die makedonischen Kaperer) sichere Transfertrassen zu schaffen. Von Kerkyra und Kephallenia aus griffen römische Flotten von nicht mehr als 60 Einheiten in die Ägäis ein, um die Operationen mit den seekriegserfahrenen Bündnern Rhodos und Pergamon zu koordinieren und die Gegner zu offenen Seeschlachten zu zwingen; hierbei erwiesen sich die Alliierten als taktisch und nautisch besser geschult – sogar die römischen Einheiten beherrschten inzwischen das kunstvolle Manöver des diekplous und pe­ riplous genauso gut wie den Enterkampf. Kriegsentscheidend war aber erneut die materielle Überlegenheit Roms, das im Gegensatz zu den hellenistischen Königen mehrere Seeschlachten führen konnte, während diese bereits nach einer Niederlage das Meer räumten.24 5. DIE PIRATERIE ALS NEUER MACHTFAKTOR Nachdem die Römer die Seestreitkräfte der östlichen Könige fast vollständig ausgeschaltet hatten, gingen sie seit 168 v. Chr. dazu über, auch die Seemacht ihrer Verbündeten, z. B. durch das Verbot des Holzexports aus Makedonien und die Eröffnung des Freihafens Delos, zu schwächen. Seit der Zerstörung des maritim wieder erstarkten Karthago25 in der Mitte des 2. Jahrhunderts gab es unter den etablierten Mächten keinen ernsthaften Gegner mehr, der die Ressourcen und den Willen besaß, Rom auf dem Meer Paroli zu bieten. Die Erweiterung des Provinzialbesitzes machte zudem Truppentransporte über weite Meeresstrecken unnötig. Deshalb – nicht wegen einer Abneigung gegen das Meer26 – glaubte die außenpolitisch und militärisch bis dahin so erfolgreiche Republik, auf den Unterhalt einer kostspieligen Kriegsmarine fast völlig verzichten zu können, eine in der Geschichte des Mittelmeerraums einmalige Konstellation. Auch die das maritime Machtvakuum allmählich füllende Piraterie hat Rom zunächst nicht zum Umdenken veranlasst. Das Seeräuberwesen war dem Mittelmeerraum viel zu vertraut, als dass es allein die Außenpolitik einer imperialen Macht hätte bestimmen können. Ganz im Gegenteil waren die Piraten den römischen Interessen insofern dienlich, als sie das Wiedererstarken ehemaliger Seemächte wie Pergamon oder Rhodos zusätzlich erschwerten. Ferner gilt es zu beden24 25 26

Vgl. Steinby (2007) 190 f. Die Bündner dürften insgesamt größere Kontingente zur alliierten Flotte gestellt haben als die Römer: Berve (1966) 363. Dazu Ladewig (2014) 115, der zu recht darauf verweist, dass der große Kriegshafen Karthagos mit Schiffshäusern für maximal 220 Einheiten erst nach dem Hannibalkrieg errichtet wurde. So prononciert Berve (1966) 364.

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ken, dass die wachsende Präsenz der ostmediterranen Piraterie auch ein Spiegel des aufblühenden Seehandels war, von dem die Römer profitierten.27 Und schließlich war seit der Provinzialisierung Nordafrikas die Abhängigkeit von pontischen und ägyptischen Getreidezufuhren gesunken; eine mögliche Störung der Handelsrouten aus dem Osten wurde kaum als Bedrohung empfunden, kurzum: Es fehlten die wirtschaftlichen, militärischen und außenpolitischen Zwänge sowie entsprechende Zielperspektiven, welche die hohen Kosten für den Neuaufbau und den Unterhalt einer Kriegsmarine aufgewogen hätten. Die Situation änderte sich, als C. Gracchus 123/122 den Steuerpächtern die reichen Pfründe der neu eingerichteten Provinz Asia zusicherte. Das rücksichtslose Vorgehen der Steuerpächter bewog nun auch viele städtische Honoratioren und Küstenpoleis, die vorher den Römern Schiffe gestellt hatten, mit den Piraten zusammen zu arbeiten. Nicht zuletzt mit ihrer Hilfe konnten sich die Seeräuber im rauen Kilikien ein unabhängiges Gemeinwesen aufbauen, das über glänzend organisierte Werften, Arsenale und Waffenfabriken verfügte und zu der am besten ausgerüsteten Seemacht des Mittelmeeres aufstieg.28 Als Ende des zweiten Jahrhunderts Mithridates von Pontos den Steuereinzug auch vom Lande bedrohte und in den Piraten Verbündete fand,29 trug der Einfluss der in Asia engagierten Ritter erheblich dazu bei, dass man sich in Rom zu einem Gegenschlag aufraffte. In der richtigen Erkenntnis, dass die Piraterie nur von Land und See aus wirkungsvoll zu bekämpfen war, sicherten zwei Kampagnen unter M. Antonius und T. Didius strategisch wichtige Landbasen in Kilikien und am Bosporus.30 Sie bildeten die Voraussetzung für ein im Jahre 100 geplantes Großunternehmen (sogenannte lex de piratis persequendis), das unter Führung eines Konsuls See- und Landoperationen der Statthalter von Asia bzw. Lykaonien bzw. von der neuen Provinz Kilikien auf die Piratenstützpunkte des rauen Kilikien vorsah. Der makedonische Statthalter sollte die Nordflanke der Operationen gegen Interventionen des Mithridates sichern. Den Königen von Zypern, Ägypten, Kyrene und Syrien wurde untersagt, den Piraten Rückzugsgebiete im Südosten zu gewähren.31 Die sogenannte lex de piratis bezeugt ein großräumiges strategisches Denken, das neu, aber seiner Zeit voraus war. Noch war der Senat nicht bereit, die innenpolitischen Risiken eines solchen Großkommandos zu tragen. Die Situation änderte sich erst, als die kilikischen Piraten im Schatten des Bundesgenossenkrieges ihre Unternehmungen auf das westliche Mittelmeer ausdehnten und mit den Seeräubern Nordafrikas, Siziliens und der spanischen Mittelmeerküsten zu koordinieren began27 28 29 30 31

Vgl. u.a. Morel (2007) 503 ff. und Harris (2007). Unterstützung ‚begabter Männer‘: Berve (1966) 366; zu den Einzelheiten und dem Kontext: Schulz (2006) 78 sowie zur ‚Seemacht‘ der Piraten Ladewig (2014) 54. Tramonti (1994) 39–42. Zu den militärischen und maritimen Aspekten der Mithridateskriege und der Piraterie vgl. Matyszak (2007). Zu Antonius Ladewig (2014) 145, der die lex de piratis aber nicht bespricht. SEG 1,161; vgl. Tramonti (1994) 35–37; Schulz (2000) 435; (2005a) 177. Zum Verhältnis der späten Ptolemäer zur Piraterie vgl. jetzt Criscuolo (2013) bes. 170 f., der zu recht die entsprechenden Warnungen der lex de piratis (lex de provinciis praetoriis) damit erklärt, dass die Könige selbst Raubfahrten unternehmen und zulassen mussten, um ihre Söldnerheere zu bezahlen.

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nen. Aus Einzelelementen lokaler Piraterie wurde eine globale Strategie – mit fatalen Folgen: Der Getreideexport aus Nordafrika und Sizilien kam fast zum Erliegen. „Gänzlich von der Getreidezufuhr abgeschnitten“, so Cassius Dio, „brachen in den 70er Jahren in der Hauptstadt des Weltreiches Hungersnöte aus“.32 Erstmals seit dem Hannibalkrieg gewann mit der mediterranen Piraterie und deren Bündnern die Schreckensvision eines Gegners Realität, der den Widerstand der Küstenprovinzen koordinieren und Italien über See bedrohen konnte. Die Bedrohung zehrte umso mehr an den Nerven der Römer, weil sie unerwartet kam und schwer zu lokalisieren war: Anstelle von Schlachten gegen einen klar zu identifizierenden Gegner musste Rom gegen Feinde antreten, die überall und nirgends auftraten, genauso blitzschnell zuschlugen wie sie wieder verschwanden. Dieser asymmetrische Krieg „kannte kein Gesetz, besaß nichts Greif- oder Sichtbares und verursachte dadurch zugleich Hilflosigkeit und Furcht“.33 6. DAS MARITIME DENKEN DES POMPEIUS Erneut bewies jedoch die Republik eine erstaunliche Reaktionsfähigkeit. Seit den 80er Jahren begann sie eine entscheidende Schwäche jeder Seemacht, nämlich die ungünstige geographische Position, dadurch zu beheben, indem sie sämtliche Küstenregionen des Mittelmeeres entweder provinzialisierte oder unter indirekte Kontrolle brachte, d. h. nicht die territoriale Expansion erforderte die Herrschaft über das Meer, sondern die Sicherung des Meeres erzwang die Arrondierung des Landbesitzes. Der Senat und die führenden Familien verfolgten dabei sicherlich keinen Masterplan in dem Sinne, dass sie gewissermaßen generalstabsmäßig das Mittelmeer von den Küsten aus territorial zu umschließen gedachten: Die Provinzialisierung war vielmehr den jeweiligen aktuellen Erfordernissen geschuldet und reagierte auf die militärischen und außenpolitischen Zwänge, die sich aus der wachsenden Gefahr der Piraterie für den Seehandel, die Getreideversorgung und die Sicherheit des Steuereinzuges durch die publicani sowie im Zusammenhang mit den Mithridateskriegen ergaben. Dennoch nutzten die römischen Entscheidungsträger und bald auch einzelne Feldherren wie Pompeius insgesamt – das ist unverkennbar – die sich bietenden oder bereits früher angebahnten Möglichkeiten der Einrichtung von direkten Herrschaftsgebieten nun konsequenter als zuvor, wobei der Schwerpunkt nicht ohne Grund im östlichen Mittelmeerraum lag. Im Verlauf und am Ende dieses Prozesses ergab sich jedenfalls eine weitaus bessere Möglichkeit auch der prospektiven Reaktion auf die Unternehmungen der Piraten als zuvor: Von Bithynien und der Kyrenaika aus konnte man die Handelsrouten zum Schwarzen Meer und südwärts nach Ägypten wieder überwachen und Seeräubern den Fluchtweg in südliche und nördliche Küstengewässer abschneiden. Die Provinzialisierung Kretas, eines weiteren Hauptstützpunktes der Piraterie, schuf wie Sizilien im Westen eine Operationsbasis, welche die Kyrenaika und den 32 33

Cass. Dio 36,23,1. Bezogen von Garnsey (1988) auf die Situation der späten 60er Jahre. App. Mithr. 426. Vgl. Schulz (2006) 80.

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Ägäisraum miteinander verband. Danach fügte das weitreichende Engagement des Pompeius Syrien und Zypern hinzu, so dass in den frühen 60er Jahren bis auf Ägypten alle küstennahen Rückzugsgebiete der Piraten unter direkter römischer Kontrolle standen. Parallel wurden die Kommandostrukturen den Erfordernissen des Piratenkrieges im gesamten Mittelmeer angepasst. Bislang war man daran gescheitert, dass eine Verfolgung der Piraten nur von Provinz zu Provinz möglich war bzw. sich auf mehrere Provinzen beschränken musste. Man benötigte demnach eine den Provinzen übergeordnete Kommandoebene. 67 v. Chr. erhielt Pompeius für drei Jahre den Oberbefehl über den gesamten Mittelmeerraum und seine Küsten mit einem Startkapital von 6000 Talenten für den Bau von bis zu 500 Kriegsschiffen und unbegrenzte Zugriffsrechte auf die provinzialen Einnahmen.34 Ferner wurden in Analogie zur lex de piratis die Klientelkönige und Dynasten zur Unterstützung verpflichtet. Pompeius hat daraufhin – und das war ebenfalls neu – das gesamte Mittelmeer wie eine Landmasse vermessen und in Stationierungsgebiete für eigenständig operierende Seestreitkräfte eingeteilt. Das bedeutete den Höhepunkt strategischer Raumerfassung im Mittelmeer. Denn erst wer Grenz- und Territorialkonzepte auf das Meer überträgt, also in einem Raum anzuwenden sucht, der für solche Konzepte wenig geeignet scheint, hat das Meer als Herrschaftsraum begriffen und die Voraussetzungen für die Bildung einer globalen Seemacht geschaffen. In einem Punkt hielt freilich auch Pompeius an altbewährten Prinzipien fest. Anstatt den Flottenbau im Reichszentrum voranzutreiben, stützte er sich auf die Schiffe der Provinzgemeinden, Verbündeten sowie der in seine Klientel eingetretenen Piraten. Die entscheidende Erklärung hierfür liegt darin, dass sich die Unterstützung der Bundesgenossen als effizient erwiesen hatte und es kurzfristig auch keine Alternative gab: Eine Macht wie Rom, deren Erfolge wesentlich auf den unvergleichlichen Rekrutierungsressourcen der Landarmee basierten, konnte einen so riesigen Raum wie das Mittelmeer nur dann kontrollieren, wenn es wie seinerzeit die Perser den Seekrieg auf die Bündner abwälzte. Das richtige Verständnis von den Problemen des zu beherrschenden Raumes sowie die Abwägung der eigenen Möglichkeiten und innenpolitischen Risiken, die mit dem Aufbau einer Kriegsflotte verbunden waren, haben die Römer daran gehindert, kontinuierlich Geld und Mühen in den Unterhalt eigener Seestreitkräfte zu investieren. 7. DIE BÜRGERKRIEGE UND DAS ENDE DER REPUBLIK Vor diesem Hintergrund war es nur folgerichtig, wenn Pompeius die zur Kooperation bereiten Piraten in die Schar seiner Klienten einreihte und an strategisch günstigen Orten nahe der Küste ansiedelte. Zu welchen Leistungen sie und die übrigen Bündner imstande waren, zeigte sich nach Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahre 49 v. Chr, als Pompeius mit den Flotten seiner östlichen Klienten das Meer beherrschte, wie seinerzeit die Piraten das von Caesar besetzte Italien von der Getreidezufuhr 34

Vgl. Rickman (1980) 51; Ladewig (2014) 148 ausführlich zur lex Gabinia.

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abzuschneiden drohte und von zwei Seiten, nämlich Spanien, Nordafrika und Griechenland, über See wiederzugewinnen suchte.35 Die überragende Rolle, die die Beherrschung des Meeres und die Kontrolle der maritimen Versorgungslinien im strategischen Denken des Pompeius spielten, ging auf seine Erfahrungen im Kampf gegen Mithridates und die Piraten im Osten sowie auf die Zeit seiner cura annonae von 57 zurück, die ihm die Kontrolle sämtlicher Mittelmeerhäfen und der Getreide produzierenden Provinzen zugesichert hatte.36 Er scheiterte gleichwohl nicht nur an seinem Gegner Caesar, der in vergleichbaren Dimensionen zu denken gelernt hatte und ihm mit Spanien und den Inseln des tyrrhenischen Meeres wichtige Basen entzog,37 sondern vor allem an dem Unverständnis der alten Aristokraten, die die strategischen Vorteile (und Erfordernisse) des großräumigen Seekrieges noch gar nicht begriffen hatten.38 Erst Sextus Pompeius nahm die Erfahrungen seines Vaters auf.39 Er schuf sich in Sizilien, Sardinien und Korsika mit Hilfe der in die Klientel seines Vaters eingetretenen Piratenkapitäne ein Seeimperium, das ihn zu einem der mächtigsten Männer des Mittelmeeres machte.40 Wie seinerzeit die Piraten und sein Vater (und vor ihnen auch Marius) setzte er auf eine großräumige Strategie, die darauf abzielte, 35

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Dingmann (2005) bes. 34–45 hat Zweifel und Kritik an der Rolle der in die Klientel des Pompeius eingetretenen Piraten im Bürgerkrieg geäußert. Sein erstes Argument – auch nach 67 hätte es noch Seeräuberaktivitäten im Mittelmeer gegeben und dementsprechend hätten sie sich dem Pompeius keineswegs verpflichtet gefühlt (39) – verkennt, dass das Seeräuberwesen des Mittelmeerraums ein soziologisch, siedlungsgeographisch und maritim bedingter Dauerfaktor war, den natürlich auch nicht Pompeius vollständig beseitigen konnte (oder wollte). Dass die Propaganda etwas anderes behauptete, ist selbstverständlich. Bedenkenswerter ist sein zweites Argument, wonach es keine eindeutigen Quellenhinweise auf Aktivitäten von Piraten unter Pompeius im Bürgerkrieg gibt, außer der zugegeben etwas mysteriösen Rolle des Tarcondimotus (40). Hierin hat Dingmann zweifellos recht, doch bricht seine Argumentation leider mit dem Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius ab. Unbestritten und quellenmäßig gut belegt ist nun aber, dass Sextus Pompeius Piraten aus der Klientel seines Vaters in führender Position als Kapitäne und Strategen übernahm. Auch wenn es somit keinen Quellenbeweis für deren Tätigkeit bereits unter Pompeius Magnus gibt (‚Beweise‘ gibt es ohnehin für weniges in der Alten Geschichte), so sprechen die historische Plausibilität sowie die im Text angesprochenen auffälligen Ähnlichkeiten der von Pompeius Magnus und seinem Sohn verfolgten Strategie stark dafür, dass Piratenkapitäne auch schon im Bürgerkrieg gegen Caesar unter ihrem damaligen Patron aktiv waren. Vgl. Rickman (1980) 58. Zu Caesars maritimen Aktivitäten während des Bürgerkrieges jetzt ausführlich Ladewig (2014) 190–210. Vgl. Rickman (1980) 58. Wie sehr Sextus in den Bahnen und Traditionen seines Vaters dachte und an seine Erfahrungen auch auf militärstrategischem Gebiet anknüpfte, betont zu recht Powell (2002) bes. 109 ff. Zu Sextus Pompeius und seinem Verhältnis zum Meer fehlt eine gründliche Arbeit auf Deutsch. Vgl. solange die jüngere Aufsatzsammlung von Powell – Welch (2002) (die aber stark auf die kaiserzeitliche Rezeptionsgeschichte konzentriert ist) und die Monographie von Welch (2012), ferner die Studie zur literarischen Verarbeitung des Krieges mit Oktavian von Pensabene (1991). Ein Dissertationsprojekt zu Sextus, das sich seinen politischen, strategischen und militärischen Zielen annimmt und einmal gründlich seine Klientelbasis auch in den Provinzen herausarbeitet, ist ein Desiderat.

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Italien von der überseeischen Kornzufuhr abzuschneiden: Und wieder war sie erfolgreich: „Die Einwohner Roms“ – so bilanzierte Appian – „aber litten unter Hungersnot; denn die Kauffahrer des Ostens wagten sich aus Angst vor Pompeius und dem (von ihm besetzten) Sizilien nicht auf See und ebenso auch nicht die Händler des Westens, die Sardinien und Korsika fürchteten. Beide Inseln befanden sich ja in den Händen von Anhängern des Pompeius, und auch von dem gegenüberliegenden Afrika aus war nicht an Italien heranzukommen, da die nämlichen Flotten von zwei Seiten das Meer beherrschten.“41 Und erneut reagierte der Gegner mit dem einzigen Mittel, das es ihm erlaubte, sich aus der Umklammerung zu befreien: Allein Oktavian brachte in den Jahren 42–36 v. Chr. durch Neubauten seinen Schiffsbestand auf rund 600 Einheiten, Sextus konnte über 300 Schiffe disponieren. Zum zweiten Mal in der Geschichte der Republik war es somit der Kampf um Sizilien und die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer, der diesmal die innenpolitischen Kontrahenten zwang, ihre militärischen Kräfte in einem bisher nicht gekannten Ausmaß auf die See zu verlagern. Nimmt man die östlichen Verbände des Antonius hinzu, so beherrschten jetzt bis zu 1000 römische Einheiten den Raum, den Rom zuvor mit den Schiffen der Bündner erobert hatte. Der Anstoß für diese in der römischen Geschichte einmalige Verlagerung des Krieges auf das Meer waren die Seekriegspolitik des Sextus und seine Blockade Italiens von auswärtiger Getreidezufuhr gewesen. Sie ergab sich aber auch aus davon unabhängigen militärischen Erwägungen und Zwängen: Die Verelendung der in den Bürgerkriegen ausgemergelten Kriegsgebiete erhöhte die Bedeutung der Nachschubwege über See, ohne Begleitschutz für Transporter waren Truppenverschiebungen, die Versorgung der Legionen und die Ernährung der Menschen in Italien nicht möglich.42 Und sie war wie immer auch Spiegelbild der politischen Veränderungen in Rom selbst. Denn es waren nicht mehr optimatisch gesinnte Aristokraten, sondern ehrgeizige Einzelgänger, die das Meer als Kampfplatz um die Alleinherrschaft wählten. Die enormen materiellen Ressourcen, über die Rom auch auf dem Gebiet des Schiffbaues verfügte, wurden nun gegeneinander eingesetzt, wobei die technischen Frontlinien weitgehend unverändert blieben, die hellenistischen Traditionen aber noch einmal in monumentalen Dimensionen eine letzte Blüte erlebten: So lieferten die hochbordig gepanzerten und mit versenkbaren Geschütztürmen besetzten Großkampfschiffe Agrippas in einer der größten Seeschlachten der Antike, bei Naulochos, gegen die Trieren des Pompeius ein Artilleriegefecht, bevor sie in einer zweiten Phase mit neuen, von Katapulten geschleuderten Enterhaken die gegnerischen Schiffe an sich zogen. Am Ende entschied – wie im Ersten Punischen Krieg – der ‚Infanteriekampf‘ zugunsten Agrippas. Während der illyrischen Feldzüge Oktavians ersetzte Agrippa dann seine Schiffe weitgehend durch leichte Liburnen. Mit diesen, für die Seeblockade und die Kontrolle von Versorgungslinien geeigneten Einheiten konnte er im Jahre 31 die an der Westküste Griechenlands postierte Flotte des Antonius und der Kleopatra von 41 42

App. civ. 5,67 (280). Übers. O. Veh. Vgl. Dahlheim (2010) 83 f.

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der Versorgung abschneiden und bei Actium einkesseln. Gleichzeitig verfügte er über die notwendigen Landbasen in Illyrien und in Griechenland. Agrippa hatte die Lektionen der von den Piraten entwickelten und von Pompeius übernommenen Strategie des weiträumigen Seekrieges bestens gelernt. Die schweren Linienschiffe des Antonius konnten nur unvollständig und mit ausgehungerten Matrosen bemannt werden, und ihren Kapitänen fehlte die Erfahrung, die ihre Gegner gegen Sex. Pompeius gewonnen hatten.43 Der Sieg Agrippas wurde nicht nur zum Wegbereiter einer neuen monarchischen Weltordnung; er bedeutete auch den Triumph römischer Lernbereitschaft, die über fünf Jahrhunderte die Bedingungen des mediterranen Seekrieges an die territoriale Expansion angepasst hatte und am Ende etwas erreichte, was keiner imperialen Macht zuvor gelang: die mediterrane Oikumene zu Lande und zu Wasser gleichermaßen zu beherrschen.

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Zu den Einzelheiten vgl. Murray (2012) 232–244 und Schulz (2013) 271–273.

DIE REPUBLIK UND DAS MEER. Seerüstung und römische Innenpolitik zur Zeit der Punischen Kriege Bernhard Linke 1. ROM ALS ‚ERUPTIVE SEEMACHT‘ IM 3. JAHRHUNDERT V. CHR. In der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde die römische Republik für mehrere Jahrzehnte zu einer der führenden Seemächte im Mittelmeerraum. Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung war sie allen anderen zeitgenössischen Seemächten überlegen. Zwar wurde danach die Seerüstung von den Römern nicht vollständig eingestellt, aber sie besaß im 2. Jahrhundert v. Chr. bei weitem nicht mehr die Bedeutung, die sie zuvor besessen hatte.1 Man könnte Rom in der Hochzeit der Flottenrüstung daher als ‚eruptive Seemacht‘ bezeichnen.2 Dieses Phänomen, dass eine Großmacht bzw. ein Imperium für einen begrenzten Zeitraum eine klare Seeorientierung bei der Machtentfaltung entwickelt, ist in der Vormoderne nicht selten anzutreffen, wie die Beispiele des chinesischen Kaiserreiches im 15. Jahrhundert und des osmanischen Reiches im 16. Jahrhundert zeigen.3 In beiden Fällen wurde die Seerüstung nach einer intensiven Phase wieder stark zurückgefahren und die Priorität auf die Landkriegführung gelegt. Auch das Perserreich zur Zeit der Kriege gegen die griechischen Poleis zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. ließe sich als Beispiel anführen. Offensichtlich bereitete die Seekriegsführung unter vormodernen Bedingungen aufgrund der Kombination extremer Personalintensität und hoher materieller Kosten große Probleme, die eine langfristige Stabilisierung dieser Form militärischer Machtentfaltung verhinderte und so das Phänomen der ‚eruptiven Seemächte‘ hervorbrachte. Die materiellen Anforderungen der Seerüstung für die römische Gesellschaft sind in dieser Hinsicht gut erforscht und intensiv reflektiert worden.4 Schon die antiken Quellen brachten die hohen Kosten des Flottenbaus dabei direkt mit der materiellen Überforderung des Staates am Ende des Krieges in Zusammenhang und sahen die Privatisierung der Rüstungsanstrengungen als Folge dieser Entwicklung.5

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Zur Seekriegsführung in der römischen Republik s. Ladewig (2014), der allerdings die Fluktuationen in der römischen Seepolitik zu wenig beachtet; differenzierter sehen diese Entwicklung Steinby (2007) und Schulz (2005a) 149–178. Linke (2013) 270. Levathes (1994); Yamashita (2006); Hess (1970). Vgl. Ladewig (2014) 155–164. Pol. 1,59,1–9; s. a. App. Sik. 1,1.

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Während also die materielle Seite der Flottenrüstung in den Analysen sehr präsent ist, wird die Frage nach den personellen Ressourcen und Anforderungen für den Seekrieg kaum gestellt. Dies erstaunt, denn die Frage, wie es den Römern in der ersten Phase der großen Konfrontation mit Karthago möglich war, die Schiffe zu bemannen und dies über einen längeren Zeitraum hinweg, ist für die historischen Abläufe von zentraler Bedeutung. Für Rom scheint sich diese Frage nicht aufzudrängen, da das enorme Reservoir an Wehrpflichtigen auf den ersten Blick einen plausiblen Erklärungshorizont bietet. Angesichts der Zahlen, die pro Flotte in die Zehntausende gehen konnten, erscheint dieses knappe Resümee der Problematik aber zu kurz zu greifen. Für die in der schweren Infanterie der Legionen dienende Mittelschicht war der Ruderdienst nicht attraktiv, zumal in beiden Punischen Kriegen das Landheer dringend gebraucht wurde. Die Rudermannschaften mussten also zusätzlich rekrutiert werden, und dies aus Schichten, die aufgrund ihres geringen Vermögens üblicherweise nur selten Wehrdienst leisten mussten.6 Vor dem Hintergrund dieser Erklärungsdefizite wird daher die Frage, warum es den Römern gerade um 260 v. Chr. möglich war, die personelle Grundlage für die maritimen Rüstungen bereitzustellen, im Zentrum der folgenden Ausführungen stehen. Dass diese maritimen Rüstungen mit ihren materiellen und personellen Implikationen dann weitreichende und oft unterschätzte Rückwirkungen auf die römische Gesellschaft hatten, wird eine Kernthese der Darstellung sein. 2. OPTIONEN FÜR DIE REKRUTIERUNG VON SEEMANNSCHAFTEN IN DER VORMODERNE Theoretisch gibt es in der Vormoderne drei Möglichkeiten zur Rekrutierung von Rudermannschaften: 1. Die Repression: also Menschen unter Gewaltandrohung zum Ruderdienst zu zwingen, z. B. Sklaven, Kriegsgefangene oder Verurteilte. Die negativen Folgen dieser Rekrutierungsform für die Motivation der Rudermannschaften sind evident. Da man keine eigenmotivierten Mannschaften hat, besteht die Notwendigkeit, auf See starke Gewaltmittel in Form von Bewachungspersonal mitzuführen, um die Erfüllung des Ruderdienstes zu gewährleisten.7 2. Die Kompensation: also den Ruderdienst durch reguläre Entlohnung oder Beuteanteile zu vergelten. Die reguläre Entlohnung ist eher selten, da die Kosten aufgrund des hohen Personalbedarfs die Kriegsführung extrem verteuern. Sinnvoller ist die Kompensation durch Beute, da sich hierdurch eine höhere Motivation im Kampf ergibt und die Zahl der Empfänger zumeist auf die Überlebenden beschränkt ist. Ein gewichtiger Nachteil besteht darin, dass nicht selten die Taktik und sogar die Strategie an dem Ziel des Beuteerwerbs ausgerichtet 6 7

Zur Rekrutierungsbasis in der Republik s. de Ligt (2007) 114–131. Diese Form der Zwangsrekrutierung wurde insbesondere bei den spanischen, arabischen und osmanischen Galeerenflotten des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit im Mittelmeer eingesetzt, s. Guilmartin (2003); Eich – Henriot – Langendorff (1973); Gardiner (2004).

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werden, da diese unerlässlich für die Seekriegsführung ist. Es entsteht also hierbei eine Tendenz zur Piratisierung der Kriegsführung.8 3. Die partizipatorische Option: In diesem Fall wird der Ruderdienst durch konkrete politische Rechte ausgeglichen. Damit entsteht mittel- und langfristig eine stärkere Eigenmotivation, für das Gemeinwesen einzutreten und für seinen Erfolg zu kämpfen. Man könnte diese Rekrutierungsform aufgrund der historischen Entwicklung im 5. Jahrhundert v. Chr. als die ‚athenische Variante‘ bezeichnen.9 3. DIE ANFANGSPHASE DER RÖMISCHEN SEERÜSTUNG IM ERSTEN PUNISCHEN KRIEG Erstaunlicherweise geben uns die Quellen einen klaren Hinweis darauf, dass die Römer zu Beginn des Seekrieges auf die repressive Variante setzten. Für das Jahr 259 v. Chr. berichtet Zonaras, dass Samniten, die in großer Zahl in der Stadt zusammengezogen worden waren, gemeinsam mit anderen Gefangenen eine Verschwörung anzettelten.10 Diese Revolte sei so gefährlich gewesen, dass man sie nur mit Mühe niederwerfen konnte. Der Kommandeur der Hilfstruppen, Herius Potilius, soll die Revoltierenden auf das Forum gelockt und so getan haben, als ob er sie unterstütze, während er in einer Senatssitzung die Hintergründe enthüllte. Erst nachts nahmen die Sklaven der Oberschicht Rädelsführer fest und der Aufruhr brach zusammen. Hierbei fällt besonders die Ausführlichkeit der Darstellung bei Zonaras auf. Verbindet man diese Episode mit den Nachrichten darüber, dass die römischen Schiffe bei Mylae 260 v. Chr. größer und schwerfälliger als die karthagischen waren,11 und dass sich im Kampf vor allem die römischen Marinesoldaten hervortaten, deren Kühnheit die überlegene Erfahrung der karthagischen Schiffsbesatzungen ausglich,12 erscheint folgendes Szenario plausibel: Den Römern stand zu Beginn des Krieges eine große Zahl von Ruderern aus den jüngst unterworfenen Völkern Mittelitaliens zur Verfügung, die nicht unbedingt freiwillig dienten.13 Eine Überlegung könnte dabei gewesen sein, dass die jüngst besiegten Gegner in dieser Form zwar zum Wehrdienst herangezogen werden konnten, aber als Ruderer keine gefährliche Bewaffnung besaßen. Angesichts der Tatsache, dass die Loyalitätsdisposition dieser nach harten Kriegen in den römischen Herrschaftsbereich integrierten Völker immer noch prekär war, dürfte es den Römern sehr gelegen gekommen 8 9 10

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Zum Mittelmeerraum vgl. z. B. die Beiträge in Jaspert – Kolditz (2013). Zur Interaktion von Seerüstung und Politik s. den Beitrag von Kurt Raaflaub in diesem Band; s. a. Morris (2009); Meier (1990); Meiggs (1972); Amit (1965). Zon. 8,11,8: Ἐν δὲ τῷ τότε χρόνῳ ἄλλοι τε τῶν ἁλόντων καὶ ἐν τᾦ ἄστει δουλευόντων, καὶ οἱ Σαμνῖται, συχνοὶ γὰρ πρὸς τὴν τοῦ ναυτικοῦ παρασκευὴν ἀφίκοντο, συνέθεντο τῇ Ῥώμῃ ἐπιβουλεῦσαι. („Damals zettelten verschiedene in der Stadt dienende Gefangene zusammen mit den Samniten, die in großer Zahl zur Bemannung der Flotte gekommen waren, eine Verschwörung gegen Rom an“, Übers. O. Veh). Zon. 8,11,1–2. Cass. Dio. 43,17. Zur Expansion Roms in Mittelitalien s. Cornell (1995); Heurgon (1980).

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sein, dass die betroffenen Männer nicht mehr im Hinterland Roms als potentielle Bedrohung präsent waren.14 Die repressive Rekrutierung bot sich in dieser Situation als sehr vorteilhaft an. Jedoch ergab sich aus dieser Entscheidung die Notwendigkeit, Bewachungspersonal in erheblicher Zahl an Bord zu nehmen. Die Schiffe mussten dementsprechend ausgestattet und konstruiert werden und waren daher größer und schwerfälliger als die karthagischen. Aus dieser Konstellation könnte die berühmteste Entscheidung der Römer im frühen Seekrieg entstanden sein: Die Anbringung von Enterbrücken, den sog. Raben auf den Schiffen.15 Christa Steinby sieht darin zu Recht keine langfristige Überlegung, sondern eine kurzfristige Intuition, die sich erst beim Bau der Flotte ergeben hatte und nur bis zur Seeschlacht von Eknomos 256 v. Chr. nachweisbar ist.16 Die Präsenz der Soldaten an Bord konnte auf diese Weise sinnvoll genutzt werden und das Risiko, dass die Ruderer im Chaos der Schlacht einen Aufstand versuchten, war eher gering. So ergaben sich aus dem repressiven Rekrutierungssystem – möglicherweise gar nicht direkt geplant – die ersten großen Erfolge der Römer durch die überlegene Präsenz von Fußsoldaten während des Seegefechts.17 Am Anfang der römischen Seemacht stand also vielleicht eher die Überlegung, dass man zu dieser Zeit Rudermannschaften in erheblicher Zahl zur Verfügung hatte, die durch den Dienst aus ihren Gemeinwesen entfernt wurden und damit das Bedrohungspotential in Italien verringerten. Sollten sie im Krieg sterben, wäre dies für die Römer verkraftbar gewesen. Die Römer konnten also in dieser Situation die Seerüstung in einem Umfang betreiben, der hinsichtlich der eingesetzten personellen Ressourcen nur bedingt durch die möglichen Erfolge ausgeglichen werden musste. Das erklärt den überlegenen Umfang der römischen Seerüstung.18 Die Kar14

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Samniten, Lukaner und Messapier hatten noch wenige Jahre zuvor durch ihr Bündnis mit Pyrrhos eine enorme Bedrohung dargestellt und erbitterten Widerstand geleistet, s. Franke (1989). Wie groß das Unruhe- und Gefahrenpotential durch unzufriedene Bundesgenossen weiterhin war, zeigte sich sogar noch nach dem Ersten Punischen Krieg, als die Römer sich 238 v. Chr. genötigt sahen, einen aufwendigen Feldzug unter konsularischer Führung gegen aufbegehrende Falisker zu führen, die im unmittelbaren Hinterland der Stadt Rom lebten. Dabei sollen die Falisker in einer ersten Schlacht die römische Infanterie unter dem Konsul Manlius Torquatus geschlagen haben, während die römische Reiterei siegte. Erst in einer zweiten Schlacht konnten die Falisker endgültig besiegt werden; s. Zon, 8,18,1–3 u. Liv. per. 20. Die zentrale Schilderung dieser technischen Neuerung bietet Pol. 1,22,1–3; s. a. Steinby (2000), wieder in: Steinby (2007) 87–104. Zur Imitation eines Schiffswracks durch die Römer s. Viereck (1975) 170 und Wallinga (1957) 50–51, der die Schilderung bei Polybios für glaubwürdig hält. Steinby (2007) 90–91 und zur Diskussion über das Ende der Verwendung der Enterbrücken ebd. 101, die sich anders als Thiel (1954) 304–305 und Wallinga (1957) 89–90 skeptisch gegenüber großen Neuerungen am Ende des Ersten Punischen Krieges ausspricht. Ein weiterer Vorteil war vielleicht, dass die feindlichen Schiffe durch das Entern als Beute erhalten blieben, da sie erobert und nicht versenkt wurden. Deshalb konnte man mehr Gefangene und damit mehr materielle Beute machen. Diese wurde im repressiven System wohl nicht gleichmäßig verteilt, aber es könnte auch bei den Rudermannschaften zu pazifizierenden Effekten geführt haben. Schon Tarn (1907) 50–51 warnte davor, die karthagische Flottenrüstung schlicht durch die Unterstellung einer großen Seemacht zu überschätzen.

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thager zogen später zwar notgedrungen nach, erreichten aber nicht den Stand der Römer, da sie nicht über derart enorme Personalreserven verfügten.19 Karthago blieb gewissermaßen eine ‚rationale Seemacht‘. Aus einer besonderen historischen Konstellation heraus hatten die Römer also ungewöhnliche Erfolge mit der Seerüstung erreicht. Diese beachtlichen Anfangserfolge waren ohne Zweifel eine wesentliche Ursache für die Durchführung des groß angelegten und kühnen Landungsunternehmens in Afrika unter Atilius Regulus 256 v. Chr.20 Der Seekrieg entfaltete nun eine starke Eigendynamik. Unterstützend kam hinzu, dass die großen Beuteaussichten, die sich aus dem Landungsunternehmen und der Plünderung des feindlichen Gebietes ergaben, den repressiven Charakter der Rekrutierung abgemildert haben werden und den Ruderdienst für neue Gruppen attraktiv machten. Hier deutet sich ein Übergang von der repressiven zur kompensatorischen Logik der Rekrutierung an, indem ein materieller Ausgleich für den Ruderdienst geleistet wird. Der Erfolg der römischen Flotte im Vorfeld der Landung in der Seeschlacht von Eknomos 256 v. Chr. unter dem Kommando von Atilius Regulus und Manlius Vulso wird diese Tendenzen zweifellos verstärkt haben. Bekanntlich ist das Landungsunternehmen in das Kerngebiet Karthagos nach großen Anfangserfolgen schließlich katastrophal gescheitert.21 Daraufhin bauten die Römer 255 v. Chr. erneut eine große Flotte, um die Reste des römischen Heeres in Sicherheit zu bringen.22 Auf der Fahrt nach Afrika kam es zunächst zu einigen Piratenaktionen23 und dann wurde die karthagische Flotte, die den Weg versperren wollte, bei Kap Hermaion entscheidend geschlagen.24 In Afrika gelang die Einschiffung der Resttruppen des Regulus, nicht ohne vorher Plünderungen im Umland betrieben zu haben.25 Für die Rückfahrt wählten die Konsuln gegen den vehementen Widerstand der Seeleute die Route auf der Südseite von Sizilien, wo es bei Kamarina durch einen heftigen Seesturm zur fast vollständigen Vernichtung der Flotte kam.26 Trotz dieses durchaus provozierten Unglücks, das hätte vermieden werden können, bekamen die Konsuln M. Aemilius Paullus und Ser. Fulvius Nobilior wegen des Erfolges bei 19

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Mit guten Argumenten plädiert Ameling (1993) 265–274 vehement gegen eine intensive staatliche Seepolitik Karthagos in seiner Geschichte vor dem Ersten Punischen Krieg. Dies sei unter den damaligen Bedingungen nicht zu finanzieren gewesen. Getragen wurden die Seeunternehmungen primär von Angehörigen der Oberschicht, die die Kosten über Handel und Piraterie amortisierten. Vgl. Cass. Dio. fr. 43,19 mit Zon. 8,12,8. Zur Regulus-Expedition und ihrem Scheitern s. Pol. 1,25–34; Zon. 8,12–14; Cass. Dio fr. 43,22; s. a. Beck (2005) 229–243; Fantar (1989); Lazenby (1996) 97–110; Rankov (2011) 155– 159; für Bleckmann (2002) 163 ist das für die Römer durchaus attraktive Friedensangebot der Karthager daran gescheitert, dass Regulus – durchaus in Einklang mit der aristokratischen Konkurrenzlogik – unbedingt einen schnellen Friedensschluss durch den Senat und das römische Volk erreichen wollte und daher den Karthagern besonders harte Bedingungen stellte. Pol. 1,36,10; Oros. 4,9,5; Eutr. 2,22,1; s. a. Huß (1985) 237 u. Bleckmann (2002) 169–171. Zon. 8,14,2. Pol. 1,36,11. Zur Beute s. a. Oros. 4,9,8 und Eutr. 2,22,2. Pol. 1,37,4.

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Kap Hermaion einen Triumph zugesprochen, der allerdings erst im Januar 253 v. Chr. durchgeführt wurde. Diese Verzögerung dürfte sich aus den langen politischen Diskussionen über den Triumph ergeben haben.27 Die Tatsache, dass trotz der katastrophalen Heimfahrt und des Verlustes einer enormen Zahl von Schiffsbesatzungen schließlich ein Triumph gewährt wurde, ist ein weiterer Hinweis auf den Stellenwert der Ruderer in der Sicht der römischen Oberschicht. Aemilius Paullus erhielt sogar wie Duilius eine columna rostrata als Ehrung zugesprochen.28 Auch für das Jahr 254 v. Chr. und 253 v. Chr. konnten die Konsuln wieder den Bau und Einsatz großer Flotten durchsetzen. 254 v. Chr. waren A. Atilius Calatinus und Cn. Cornelius Asina Konsuln. Die Flotte wurde in wenigen Wochen in herausragender Qualität gebaut und mit hervorragenden Mannschaften besetzt.29 253 v. Chr. führten die Konsuln C. Sempronius Blaesus und Cn. Servilius Caepio eine ausgiebige Plünderungsfahrt nach Afrika mit wiederholten Landungen durch.30 Dabei stießen sie jedoch auf starken Widerstand der Karthager und wurden nach Osten abgedrängt. In den Untiefen der Kleinen Syrte fuhren sich die schwer beladenen Schiffe fest und die Römer sahen sich gezwungen, Ballast – vermutlich Teile der Beute – über Bord zu werfen. Auf der Rückkehr trafen die Konsuln dann die fatale Entscheidung, von Sizilien (Panormos) direkt nach Italien zu fahren. Auf hoher See gingen mehr als 150 Schiffe verloren.31 Blaesus triumphierte aber dennoch.32 Die Katastrophe von 253 v. Chr. wurde jedoch zu einem Einschnitt: Unter dem Eindruck der Erfolge von 254 v. Chr. hatte das Volk noch dem Triumph der Konsuln von 255 v. Chr. zugestimmt, der im Januar 253 v. Chr. stattfand. Nach dem Triumph des Blaesus fasste das Volk allerdings den Beschluss, den Seekrieg einzustellen.33 Ob dies ein grundsätzlicher oder ein situativer Beschluss war, ist den Quellen nicht ganz eindeutig zu entnehmen. Allerdings wurde bereits 249 v. Chr. unter nicht leicht zu deutenden Umständen erneut eine Flotte ausgerüstet.34 Nachdem der Landkrieg 251–250 v. Chr. vor Panormos unter dem Konsul L. Caecilius Metellus große Erfolge gegen die Karthager gebracht hatte, zeitigte die Belagerung von Lilybaeum eine Serie von Misserfolgen. Die Initiative zur Flottenausrüstung ging daher wahrscheinlich primär vom ehrgeizigen Konsul P. Claudius Pulcher aus, der vor Ort Mannschaften durch große Beuteversprechen zum Ruderdienst motivierte.35 Doch die Seeschlacht im Hafen von Drepana, die Claudius Pulcher trotz negativer auspicia und damit gegen den Willen 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Dies vermutet plausiblerweise Bleckmann (2002) 171 Anm. 5. Liv. 42,20,1, der die Säule erwähnt, weil sie 172 v. Chr. vom Blitz getroffen wurde; s. a. Ladewig (2014) 271–272; Sehlmeyer (1999) 119–120. Pol. 1,38,6, der 3 Monate als Bauzeit angibt; Zon. 8,14,4. Pol. 1,39,2–4; Oros. 4,9,10–11; Eutr. 2,23. Zon. 8,14,6; Oros. 4,9,11. Vgl. Bleckmann (2002) 176–177. Da nur Blaesus triumphierte, vermutet Rilinger (1978) 307, dass Caepio allein die Katastrophe angelastet wurde. Pol. 1,39,7–8; Zon. 8,14,6. Pol. 1,49,1–5; Diod. 24,1,5; Zon. 8,15,13 (ohne Erwähnung der Seeschlacht); zu den schwer zu rekonstruierenden Abläufen und der modernen Forschungsdiskussion s. Bleckmann (2002) 186–189. Pol. 1,49,5.

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der Götter begann, wurde zur Katastrophe.36 Die ungeordnet manövrierenden Schiffe der Römer behinderten sich gegenseitig und wurden größtenteils vernichtet. Kurze Zeit später wurde die Flotte des Konsuls Iunius Pullus durch einen Sturm vollkommen vernichtet, wobei die Quellen die Unfähigkeit des römischen Kommandeurs betonen, der trotz der massiven Warnungen seiner Seeleute an einer felsigen Küste ohne Hafen ankerte.37 Zudem soll er wie Claudius Pulcher negative Vorzeichen missachtet haben.38 4. DAS VERBOT STAATLICHER SEERÜSTUNG UND DIE PRIVATISIERUNG DER FLOTTENKAPAZITÄTEN Nach diesen verheerenden Ergebnissen des Seekrieges setzte offensichtlich ein längerer Diskussionsprozess in der römischen Öffentlichkeit hinsichtlich der Kriegsstrategie ein. Nachdem 248 v. Chr. keine größeren Flotteneinsätze durchgeführt worden waren, wurde 247 v. Chr. dann per Volksbeschluss die Entscheidung getroffen, den Seekrieg einzustellen.39 Wie aufgeheizt die Atmosphäre war, zeigt die Bemerkung bei Zonaras, dass bei den Beratungen im Senat ein Senator, der zum Frieden mit Karthago riet, gelyncht worden sein soll.40 Der Seekrieg führte offensichtlich auch in der Oberschicht zu Spaltungen. Die befehlshabenden Magistrate nutzten die Ressourcen des Staates materiell und personell radikal für sich aus und suchten ohne Rücksicht auf Verluste den eigenen Erfolg. Viele Senatoren und reiche Nicht-Nobiles werden über dieses Vorgehen verärgert gewesen sein. In dieser konfliktgeladenen Situation agierte der Volkstribun Fundanius Fundulus sehr erfolgreich gegen Claudius Pulcher.41 Dass die Schwester des Claudius später, 246 v. Chr., dann auch noch die Geschmacklosigkeit besaß, angesichts des Gedränges in den Straßen Roms laut zu rufen, dass ihr verstorbener Bruder wieder auferstehen möge, um durch das Versenken einer weiteren Flotte Rom von den Menschenmassen zu befreien, heizte die Atmosphäre weiter an.42 Claudia wurde von Fundanius zusammen mit seinem Amtskollegen Tib. Sempronius Gracchus während seiner plebeischen Ädilität angeklagt und schließlich zu einer schweren

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Zu den ungünstigen auspicia s. Cic. nat. 2,7; div. 1,29 u. 2,71; Suet. Tib. 2,2; Flor. 1,18,29; Eutr. 2,26. Pol. 1,53,8–54,8 u. Diod. 24,1,7–9; zur genauen Rekonstruktion der Ereignisse und der Identifikation der Örtlichkeiten s. Uggeri (1968) 120–131. Cic. nat. 2,7; div. 1,29; 2,20 u. 71; Val. Max. 1,4,3; Min. Felix 7,4; 26,2. Pol. 1,55,2. Zon. 8,15,14. Schol. Bob. p 90 Stangl; s. auch Pol. 1,52,3; Cic. nat. 2,7; div. 1,29; Liv. per. 19; Val. Max. 8,1,4; Gell. 10,6,3; Bauman (1967) 27–29; Hölkeskamp (1990) bes. 437–448, der für den Prozess allerdings von einer Kooperation zwischen Senat und Volkstribunen ausgeht. Liv. per. 19 (u. 24,16,19); Val. Max. 8,1,4; Gell. 10,6,2–4 mit Bezug auf Ateius Capito; Suet. Tib. 2,3.

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Geldstrafe verurteilt.43 243 v. Chr. wurde Fundanius sogar zum Konsul gewählt. Es war eine erfolgreiche Karriere in vehementer Konfrontation mit großen Teilen des Senates.44 Der Kontrast zur Stellung und Stärkung des Volkes durch die Seekriegsführung in Athen ist überaus deutlich. Offensichtlich entstand in Rom nie der Eindruck, dass der Seekrieg ein wirkliches Gemeinschaftsunternehmen sei. Der Einfluss und das persönliche Interesse der ehrgeizigen Magistrate überwogen bei weitem, während die Ruderer im Zweifel als entbehrlich angesehen wurden. Diese Konstellation wurde von den politisch privilegierten Schichten lange geduldet. Angesichts der hauptsächlichen Rekrutierung von Armen als Ruderer wurde auch in der Mittelschicht eine hohe Risikobereitschaft der Magistrate bei der Seekriegsführung toleriert, zumal viele dieser Armen durch die Aussicht auf materielle Kompensation freiwillig teilgenommen haben dürften. Nachdem lange Zeit in Italien keine Kolonien mehr gegründet worden waren, nahm auch die Präsenz der armen Bevölkerung in der Stadt Rom zu. Eine Entlastung des politischen Zentrums von dieser Bevölkerungsgruppe war wahrscheinlich auch für breite Schichten der besitzenden Römer willkommen.45 Die skandalöse Äußerung der Schwester des Claudius Pulcher dürfte ein – wenn auch später – Reflex dieser Stimmung gewesen sein. Erst als die Verluste durch zu hohe Risikobereitschaft der Befehlshaber extrem zunahmen, wendete sich das Blatt. Man konnte nun – wie das Beispiel des Fundanius Fundulus eindrücklich zeigt – mit der Ablehnung des Seekrieges Karriere machen. Der Seekrieg führte also auch in Rom – wie in Athen – zur Politisierung der Kriegsstrategie und damit zur Partizipation breiterer Bevölkerungsschichten an der Diskussion. Doch ergab sich in Rom daraus eine ablehnende Haltung des Volkes. 247 v. Chr. wurde dann vom Volk eine endgültige Beendigung der staatlichen Seerüstung beschlossen.46 In Folge dieser grundsätzlichen Ablehnung kam es 247 v. Chr. zu einer Privatisierung der Seerüstung. So sollen nach dem Beschluss – wie Zonaras berichtet – reiche Privatpersonen darum ersucht haben, die existierenden staatlichen Schiffe privat für Beutezüge nutzen zu dürfen, unter der Voraussetzung, dass sie die Schiffe später wieder wohlbehalten ablieferten.47 Auf See wurde also die staatliche Kriegsführung eingestellt und durch privat unterhaltene Flottillen abgelöst. Die Rekrutierung von Mannschaften konnte auf dieser Grundlage nicht mehr durch die Wehr43 44 45

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Dies könnte die erste Verurteilung aufgrund eines crimen maiestatis gegen das römische Volk gewesen sein, s. Bauman (1967) 27–29 u. von Ungern-Sternberg (1986) 321. Bleckmann (2002) 200 sieht in ihm daher einen wichtigen Vertreter popularer Politik, der totgeschwiegen wurde. Die letzten Koloniegründungen lagen knapp 20 Jahre zurück. 247 und 245 v. Chr. werden dann Alsium und Fregenae gegründet, vielleicht auch Pyrgi. 244 v. Chr. folgt Brundisium (s. Salmon 1970, 63–65). Diese Wiederaufnahme von Koloniegründungen könnte auch ein Reflex auf Probleme in der Stadt Rom gewesen sein. Zon. 8,16,3; Pol. 1,59,1; App. Sic. 1,1. Zon. 8,16,8, der dann auch gleich erfolgreiche, aber auch sehr gewagte Plünderungsaktionen von Römern in Nordafrika beschreibt, die auf der Rückfahrt zudem karthagische Schiffe bei Panormos besiegten. Bleckmann (2002) 211–214 sieht hierin pointiert das Wiederaufleben des alten Privat- und Bandenkrieges mit Clienten, wie er früher in Rom üblich war.

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pflicht erfolgen, sondern nur noch durch die Anwerbung von Freiwilligen bzw. Clienten, deren Seedienst nicht mehr der staatlichen Kontrolle unterlag.48 Für die Frage nach der Herkunft dieser Rudermannschaften und den Problemen, die sich aus dieser ‚Teilprivatisierung‘ der Rüstung ergaben, könnte sich in der institutionellen Entwicklung der römischen Republik ein interessanter Hinweis erhalten haben. In den späten vierziger Jahren nach dem Verbot der staatlichen Seerüstung – wahrscheinlich 242 v. Chr. – ordneten die Römer das Oberamt der Republik grundlegend neu. Zum bestehenden Amt des Prätors, der über 125 Jahre keinen Kollegen im Amt besaß, sondern mit dem Konsulat zusammen ein gemeinsames Oberamt bildete, fügten die Römer nun eine zweite Prätur hinzu, deren Amtsbereich die Rechtsprechung zwischen Römern und Fremden bzw. unter Fremden wurde.49 Die Einführung des Praetor Peregrinus hatte langfristig gravierende Folgen für das Oberamt, da nun zum ersten Mal der Weg zur Vermehrung der Prätorenstellen beschritten wurde, der zur Grundlage für die spätere Einrichtung von Provinzen werden sollte. Aber auch die Gewichte zwischen Konsulat und Prätur verschoben sich nun deutlich zugunsten des ersteren.50 Leichtfertig werden die Römer diese Neuerung nicht eingeführt haben. Die Frage ist nun, woraus mitten im Krieg der Bedarf entstand, ein spezielles Amt mit imperium für die Rechtsprechung für die Fälle einzusetzen, in denen zumindest eine Prozesspartei nicht das römische Bürgerrecht besaß.51 Eine plausible Erklärung bietet die Überlegung, dass es in den davorliegenden Jahren zunehmend zu Problemen mit den in ganz Italien für die Beutezüge angeworbenen Rudermannschaften gekommen war, die in Rom und Umgebung zentral zusammengezogen worden waren. So weist Pomponius ausdrücklich darauf hin, dass es zur Zeit der Einführung des neuen Amtes eine große Menge an Fremden in der Stadt gegeben habe.52 Dass die privat ausgerüsteten Schiffe primär mit Nicht-Römern bemannt wurden, ist schon deshalb plausibel, weil es im Falle von Verlusten, aber auch bei 48 49 50

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Dies stellte möglicherweise eine Rückkehr zu früheren Formen der sekundären bzw. privaten Seekriegsführung dar, wie für eine frühe Periode Bispham (2012) 227–246 rekonstruiert hat. Liv. per. 19; Lyd. mag. 1,38 u. 1,45; Pomp. Dig. 1,2,2,28; zur komplizierten Quellen- und Forschungslage s. Brennan (2000) 85–89. Zu den Folgen dieser Neuerung für das politische System und die Karrierewege der Aristokraten s. Beck (2005) bes. 63–70, der darauf hinweist, dass bis 244 v. Chr. die Prätur in der Regel erst nach dem Konsulat bekleidet wurde (123); zu den strukturellen Entwicklungen des Oberamtes und seiner Inhaber in der mittleren Republik s. Jehne (2011). Ob der Praetor Peregrinus nur bei Prozessen zwischen Nicht-Römern, wie sein offizieller Titel (Praetor qui inter peregrinos ius dicit) zu signalisieren scheint, oder auch zwischen Römern und Nicht-Römern zuständig war, wird in der Forschung diskutiert. Während Mitchell (1990) 185–186 an eine Beschränkung auf die Rechtsprechung zwischen Nicht-Römern glaubt, sieht die Mehrheit der Forschung auch eine Zuständigkeit bei Prozessen zwischen Bürgern und Fremden; s. Brennan (2000) I, 86; Gilbert (1939) bes. 58; Wieacker (1988) 440–441; Kunkel (1995) 202; Richardson (1990) bes. 154–155. Pomp. Dig. 1,2,2,28: quod multa turba etiam peregrinorum in civitatem veniret, creatus est et alius praetor, qui peregrinus appellatus est ab eo, quod plerumque inter peregrines ius dicebat; für plausibel halten diese Erklärung De Martino (1973) 230–231; Watson (1974) 82; Daube (1951) 66–70. Skeptisch äußert sich Brennan (2000) 86, der dies nur für eine Vermutung hält, ohne aber auf den historischen Kontext einzugehen.

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Streitigkeiten über Beute in diesem Fall eine Asymmetrie bei der Durchsetzung von Interessen in den römischen Institutionen zugunsten der römischen Schiffseigner bzw. Schiffsnutzer gab.53 Bei römischen Rudermannschaften wäre dies anders gewesen. Die Entstaatlichung der Kriegsführung eröffnete hier weite Spielräume. Diese Logik musste aber auch zu großen Spannungen im Zentrum führen. Nach den Katastrophen von 249 v. Chr. hatte sich das römische Volk ausdrücklich gegen die Seekriegsführung entschieden. Die Umgehung dieses Beschlusses durch Teile der senatorischen Oberschicht wird für viel Unmut gesorgt haben. Vielleicht sahen sich auch arme Römer, die trotz des Volksbeschlusses zur Teilnahme an Beutezügen motiviert waren, ausgerechnet als römische Bürger ausgegrenzt, zumal ihre Konkurrenten aus Italien in der Stadt präsent waren. Wenn eine Plünderungsaktion erfolgreich abgeschlossen wurde, stieg das Frustrationspotential und die Gefahren traten im Bewusstsein in den Hintergrund. Für die Fremden, die man nach Rom und Umgebung geholt hatte, war es ihrerseits frustrierend zu sehen, dass sie bei Streitigkeiten mit Römern, sei es im Alltag in der Stadt oder sei es bei der Beuteaufteilung, kaum Durchsetzungschancen im römischen Rechtssystem hatten. Diese Situation dürfte ihre Gewaltbereitschaft erhöht haben, zumal sie den Vorteil einer paramilitärischen Organisation in Vorbereitung bzw. bei der Durchführung der Beutezüge besaßen. Nach dem saisonalen Abschluss der Beutezüge ist es fraglich, ob alle nach Hause zurückkehrten oder ob nicht viele bis zum nächsten Frühjahr in Rom bzw. in den römischen Hafenstädten blieben, um bei der neuen Zusammenstellung von Mannschaften im nächsten Frühjahr rechtzeitig vor Ort zu sein. Vor allem in der Stadt Rom war die Versorgungsinfrastruktur zwar besser, aber diese Konstellation wird zu Konflikten im Alltag geführt haben. Aber auch in den römischen Hafenstädten, die zumeist als kleine Bürgerkolonien gegründet worden waren, können vermehrt Probleme zwischen Bürgern und Nicht-Bürgern aufgetreten sein. All diese Faktoren zusammen bildeten ein sehr plausibles Szenario für eine explosive Konstellation in der Stadt, die den nötigen Handlungsbedarf erzeugte, die rechtlichen Beziehungen zwischen Römern und Nicht-Römern im Zentrum besser zu ordnen und wieder stärker der Kontrolle staatlicher Instanzen, dem neu geschaffenen Praetor Peregrinus, zu unterwerfen. 242 v. Chr. kam es dann auch zum Bau einer großen Flotte, die zwar wieder aus privaten Mitteln finanziert wurde, nun aber aus Schiffen bestand, die besonders für den Kampf ausgelegt waren und vor allem wieder dem Kommando der Obermagistrate unterstanden. In der antiken Literatur – vor allem bei Polybios – wird die patriotische Dimension dieses Vorgehens hervorgehoben, auch wenn die Initiatoren sich ausdrücklich Entschädigungszahlungen für Verluste vom Staat garantieren ließen.54 Die Ursache für diese erneute Zentralisierung des Kommandos – bei gleich53

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Richardson (1990) passim sieht ebenfalls einen Zusammenhang zwischen der Seerüstung und der Einführung des Praetor Peregrinus, doch glaubt er an die Notwendigkeit, nicht-römische Geschäftsleute, die Material für die Flotte lieferten, im römischen Rechtssystem abzusichern. Warum dies plötzlich nach den jahrelangen Rüstungen im Krieg ohne diese Absicherung dringend geboten war, erklärt er nicht. So betont Polybios (1,59,6), dass die Ersten im Staate die Flotte zum Allgemeinwohl ausgerüstet hätten.

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zeitiger Beibehaltung der privaten Finanzierung – war neben dem Bestreben, die sichtbar werdenden Auswüchse der dezentralisierten Seekriegsführung einzudämmen, auch das Bemühen, eine breitere Zugangschance zu den großen Profiten zu ermöglichen.55 Durch die Dimensionen der neuen Flotte bot sich auch den Römern, die freiwillig dienen wollten, die Aussicht auf Beute. Ein Hinweis auf die Heterogenität der Rudermannschaften könnte in den antiken Berichten liegen, dass der kommandierende Konsul die Rudermannschaften besonders intensiv trainieren ließ.56 Der Flottenkrieg nahm also eine eigenartig hybride Form an, die Staatlichkeit und private Finanzierung in sich vereinte. Diese Flotte brachte dann der karthagischen Versorgungsflotte für Sizilien eine so schwere Niederlage bei,57 dass die Karthager 241 v. Chr. schließlich auf weitere Seerüstungen verzichteten und Rom den Frieden anboten. 5. PRIVATER SEEKRIEG UND STAATLICHE ENTWICKLUNG NACH DEM ERSTEN PUNISCHEN KRIEG Nach dem gewonnenen Krieg, der nach 23 Jahren endete, kehrte in Rom keineswegs Ruhe ein. Hierfür sind zwei Entwicklungen von besonderer Bedeutung. Einerseits nötigten die Römer die Karthager, die durch den Söldneraufstand geschwächt waren, auch noch Sardinien abzutreten, und unternahmen große Anstrengungen zur Unterwerfung von Korsika. Andererseits kam es in Rom offensichtlich zu einer großen Unzufriedenheit mit der senatorischen Führungsschicht, die der erfolgreiche Politiker Gaius Flaminius aufgriff. Direkt nach dem Kriegsende werfen zunächst einmal die geringen Verluste bei der letzten Flottenaktion des Krieges die Frage auf, was mit den Ruderern passierte, die sich freiwillig gemeldet hatten. Wahrscheinlich wurden sie 241 v. Chr. nach der Rückkehr in Rom aus dem Wehrdienst entlassen. Dies könnte die Unzufriedenheit über mangelnde Kompensation im Rahmen des schnellen Sieges gesteigert haben. So erklärt sich auch der Unwille im Volk über die milden Friedensbedingungen für Karthago. Nachdem die Karthager zunächst eine relativ geringe Summe zahlen sollten, griff das Volk ein und erzwang eine deutliche Erhöhung der Reparationszahlung.58 Die ursprüngliche Summe hätte wahrscheinlich nur die Kosten des Flot55

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Zon. 8,16,10: Τούτοις οὖν ἐπαιρόμενοι, καὶ ὅτι οἱ τὰς ναῦς ἔχοντες ἰδιῶται τὴν Λιβύην ἐπόρθησαν, οὐκέτι ἀμελεῖν τῆς θαλάσσης ἤθελον, ἀλλὰ καἱ αὖθις ναυτικὸν συνεστήσαντο („Ermutigt durch diesen Zugang und auch durch Plünderungszüge, welche die privaten Schiffsinhaber gegen Afrika ausführten, wollten die Römer nicht mehr länger auf die See verzichten und stellten wieder eine Flotte zusammen“, Übers. O. Veh). Pol. 1,59,2. Die karthagischen Schiffe waren schwer beladen und dadurch benachteiligt, s. Naev. fr. 48 (Blänsdorf); Pol. 1,60,1–3; Zon. 8,17,2; so handelte es sich wahrscheinlich um eine Nachschubflotte. Diese günstige Konstellation führte dazu, dass die römischen Konsuln das Risiko eingingen, trotz ungünstigem Wetter den Kampf zu beginnen, und dies trotz der schlechten Erfahrungen der Römer mit dem Untergang ganzer Flotten. Zu den Abläufen im Rahmen des Friedensschlusses s. Pol. 1,62,3–63,1; Zon. 8,17,3–5; Diod. 24,13; Oros. 4,11,1.

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tenbaus kompensiert. Das Volk – wahrscheinlich beeinflusst durch die noch in Rom anwesenden Teile der Rudermannschaften – wollte auch einen Beuteanteil, nachdem der Krieg so schnell zu Ende gegangen war: Das Gefühl, dass die Vorteile zwischen Volk und senatorischer Oberschicht zu einseitig verteilt waren, war offensichtlich deutlich präsent. Für die Oberschicht stellte die Flotte auch nach dem Krieg eine reizvolle Option dar, um Beute zu machen. In diesem Zusammenhang gilt es zu bedenken, dass die römische Flotte nach dem letzten Seesieg weitgehend erhalten blieb. In der modernen Forschung wird kaum die Frage gestellt, was aus den bestehenden Schiffen wurde. Da in den Quellen dezidiert die private Finanzierung hervorgehoben wird, sind die Schiffe entweder nach dem Krieg in der Verfügungsgewalt der Schiffseigner geblieben oder aber der Staat hat sie nach der Entschädigung der Privatleute übernommen und sie unter dem Kommando von Beamten eingesetzt. Bedenkt man die Entwicklung nach dem gesetzlichen Verbot der staatlichen Seerüstung, das nicht aufgehoben wurde, scheint die private Nutzung der Schiffe durch die Schiffseigner wesentlich wahrscheinlicher. Diese Schiffe konnten aber kaum von Sizilien aus für Plünderungsfahrten genutzt werden, da das Umfeld der Insel, vor allem Nordafrika, nach dem Frieden mit Karthago nicht mehr für Militäraktionen zur Verfügung stand. Deshalb erfolgten wohl auch die nachträgliche Abpressung von Sardinien von Karthago und vor allem die Eroberung von Korsika.59 Diese Entwicklung eröffnete die Optionen für – auch privat organisierte – Raubzüge nach Südfrankreich, Norditalien, Nordspanien. Dafür ist Korsika aber geeigneter, und so sind die Römer dort in den dreißiger Jahren mindestens genauso militärisch aktiv wie auf Sardinien.60 Wer Beute machen wollte – sei es mit Staatsschiffen, sei es als Privatunternehmen –, brauchte in der Region aber in jedem Fall die Erlaubnis der Magistrate. Dies war ein weiterer klarer Vorteil für die Senatoren. Ein Indiz für die komplizierten Verhältnisse bei der Eroberung von Korsika und die unterschiedlichen Interessengruppen könnte der Hinweis von Zonaras bieten, dass die erste militärische Aktion von einem ansonsten unbekannten M. Claudius

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Zur Annexion von Sardinien durch die Römer, die wahrscheinlich im Sommer 237 v. Chr. stattfand s. Pol. 1,88,8–10; Zon. 8,18,3; s. a. Liv. 21,1,5; Vell. 2,38,2; zur Rekonstruktion s. Hoyos (1998) 132–143; Schwarte (1993) 107–146; Gerold (2002) 70–72; Brennan (2000) 89–91, der zu Recht nachdrücklich darauf hinweist, dass zwischen der Abtretung Sardiniens durch die Karthager und der Annexion Korsikas unterschieden werden muss. Auf Korsika besaßen die Karthager höchstens wenige Stützpunkte, die sie nach dem formalen Verlust Sardiniens aufgaben, da sie letztlich unhaltbar waren. Zur schwierigen Quellenlage über die möglichen frühen Expansionsversuche Roms nach Korsika s. Harris (1990) 500–501. Von 236 bis 231 v. Chr. fanden jährlich Kampagnen auf den Inseln statt. Im Gegensatz zum Kriegsschauplatz in Sardinien gab es bezeichnenderweise keinen Triumph über die Korsen; allerdings wurde 231 v. Chr. anlässlich eines Feldzuges auf Korsika zum ersten Mal seit langer Zeit ein Triumphritual auf dem Albaner Berg durchgeführt, s. Brennan (1996) 315–337. Dies könnte ein Indiz für die eher schwache Legitimation der Feldzüge auf Korsika sein, die primär auf Vorteile für die Senatoren zielten.

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Clineas durchgeführt wurde.61 Dieser war bezeichnenderweise vom Konsul C. Licinius Varus mit einer Streitmacht nach Korsika geschickt worden, weil dem Konsul selbst die Schiffe dazu fehlten. Die Vermutung liegt nahe, dass Claudius Clineas seine privaten Schiffe dazu einsetzte, die ansonsten für Plünderungsfahrten genutzt wurden. Er schloss aber ohne Autorisierung einen Friedensvertrag ab, der später annulliert wurde. Dafür musste er ins Exil gehen. Die Grenzen zwischen den Handlungsfeldern der Magistrate und denjenigen von Akteuren, die eigene Interessen verfolgten, waren in dieser Zeit im westlichen Mittelmeer fließend geworden. In diesem Kontext sind auch die ersten Einrichtungen von ‚Provinzen‘ im westlichen Mittelmeer zu sehen.62 Die Schaffung neuer Prätorenstellen und die dauerhafte, kriegsunabhängige Stationierung von Soldaten außerhalb von Italien schufen ganz neue staatliche Rahmenbedingungen für magistratisches Handeln. Erste Konturen einer organisatorischen Durchdringung des außeritalischen Herrschaftsraumes zeichneten sich ab. Grundlegend für diesen Prozess der institutionellen Dynamik dürfte der Wille der senatorischen Oberschicht gewesen sein, die Vorteile der Seerüstung zu verstetigen und organisatorisch abzusichern. Vor allem durch die Expansion auf Sardinien und Korsika, die in den dreißiger Jahren intensiv betrieben wurde, wurden Flottenbasen bereitgestellt und der Seeraum dem römischen Zugriff unterworfen. Dies alles geschah eher zur Wahrung standesspezifischer als gesamtgesellschaftlicher Interessen. Die Vermehrung der Magistraturen mit imperium, die wahrscheinlich maßgeblich durch die Einrichtung der zweiten Prätorenstelle in Rom beeinflusst und vorbereitet worden war, zeigte neue Karriereoptionen auf, diente aber auch der besseren Kontrolle der Aktivitäten in den Regionen. Insgesamt etablierten die Senatoren im westlichen Mittelmeer ein Herrschaftssystem, das sich der öffentlichen Kontrolle in Rom weitgehend entzog und der politischen Führungsschicht auch außerhalb der offiziellen Kriegsführung ungewöhnliche Chancen zur persönlichen Bereicherung bot. Parallel zu diesen römischen Unternehmungen expandierten jedoch auch die Karthager im iberischen Raum, wo Hamilkar Barkas und seine Familie eine dynastisch organisierte Herrschaft errichteten, die eher monarchische als republikanische 61

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Zon. 8,18,7: Οὔαρος δὲ ἐπὶ Κύρνον ὁρμήσας, καὶ μὴ δυνηθεὶς ἀπορίᾳ πλοίων περαιωθῆναι, Κλαύδιόν τινα Κλινέαν σὺν δυνάμει προέπεμψε. κἀκεῖνος τοὺς Κυρνίους καταπλήξας ἐς λόγους ἦλθε, καὶ ὡς αὐτοκράτωρ τυγχάνων ἐσπείσατο. Οὔαρος δὲ τῶν συνθηκῶν μὴ φροντίσας ἐπολέμησε τοῖς Κυρνίοις, ἕως αὐτοὺς ἐχειρώσατο. οἱ δὲ Ῥωμαῖοι τὸ παρασπόνδημα ἀποπροσποιούμενοι ἔπεμψαν αὐτοῖς ἐκδιδόντες τὸν Κλαύδιον· ὡς δ’οὐκ ἐδέχθη, ἐξήλασαν αὐτόν („Varus begann aber inzwischen mit einer Unternehmung gegen Korsika, doch da ihm die nötigen Transportschiffe zur Überfahrt fehlten, schickte er einen gewissen Claudius Clineas mit einer Streitmacht voraus. Dieser schüchterte die Korsen ein, trat mit ihnen in Unterhandlungen und schloss einen Vertrag, als besäße er hierzu Vollmacht. Varus erkannte aber das Abkommen nicht an und setzte den Kampf mit den Korsen fort, bis er sie überwältigt hatte. Die Römer wollten aber die Schande des Vertragsbruches von sich wälzen, sie schickten daher Claudius zu ihnen und boten seine Auslieferung an. Doch die Korsen verweigerten die Annahme, worauf er in die Verbannung gehen musste“, Übers. in Anlehnung an O. Veh); Cass. Dio fr. 12,45; Val. Max. 6,3,3, der angibt, dass Claudius Clineas hingerichtet wurde; Amm. 14,11,32. Zur Problematik der Einrichtung der ersten Provinzen s. Brennan (2000) 91–95.

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Züge besaß.63 Diese Entwicklung wird aber in der Forschung zumeist getrennt von den innovativen Neuerungen im römischen Herrschaftsbereich gesehen.64 Diese Einschätzung ist erstaunlich. Beide Mächte werden das Verhalten des alten Kriegsgegners genau beobachtet haben, um mögliche Veränderungen in der Politik und im gegenseitigen Kräfteverhältnis einschätzen zu können. Dass Römer und Karthager vollkommen neue Wege bei der Erweiterung ihrer Herrschaftsbasis beschritten, ohne davon gegenseitig Notiz zu nehmen, erscheint unglaubwürdig. Der Aufstieg der Barkiden von einer führenden Familie im Rahmen einer republikanischen Ordnung zur Herrscherdynastie in Spanien muss den römischen nobi­ les als eine erstaunliche Karriere erschienen sein. Diese Machterweiterung einer Familie sprengte alle Möglichkeiten, die die politische Profilierung in Rom bot.65 In Spanien baute eine Familie eine Machtposition auf, die zu einem parallelen Kräftezentrum gegenüber der republikanisch organisierten Heimatstadt wurde. Entscheidend dabei war, dass ihr Herrschaftsgebiet räumlich klar vom ursprünglichen Zentrum getrennt war und kaum mehr durch die republikanischen Mechanismen zu kontrollieren war. Eine simple Übernahme dieses Modells kam für die römischen Aristokraten selbstverständlich nicht in Frage. Eine einzige Familie konnte sich nicht so radikal aus dem politischen Zentrum lösen, um an der Peripherie eine eigene Herrschaft aufzubauen. Doch weisen die Provinzgründungen zu Beginn der zwanziger Jahre durchaus parallele Elemente auf. Die neu geschaffenen Magistrate agierten während ihrer regulären Amtszeit regulär und dauerhaft außerhalb des politischen Raumes im Zentrum. Dies war ein Novum in der römischen Ordnung, die vorher nur die räumliche Trennung situativer militärischer Aufgaben kannte. Die Amtsführung der neuen Magistrate selbst war kaum zu kontrollieren und bildete eine innovative Mischung aus militärischen und administrativen Komponenten, die gleichzeitig wahrgenommen wurden. Für ein Jahr bekamen nun römische Aristokraten auf Sizilien und Sardinien eine Stellung, die derjenigen der Barkiden in Spanien nicht unähnlich war. Waren diese Parallelentwicklungen wirklich nur ein Zufall? Plausibler erscheint es, dass zumindest Teile der römischen Nobilität in den dreißiger Jahren

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Zu den Barkiden in Spanien s. Hoyos (2003) 55–97; Barceló (1996); (1989); Scullard (1989); Schwarte (1983), der nachdrücklich die Eigenständigkeit des neuen Herrschaftsgebietes betont. Vgl. z. B. Scullard (1989) 44–45; s. a. Hoyos (1998) 153–154; Bender (1997) 96–97 und Seibert (1993b) 44 sehen zwar Auswirkungen auf das römische Handeln, betonen aber die zentrale staatliche Reaktion, indem sie die Provinzen als Abwehrmaßnahme gegen die karthagische Gefahr zur See interpretieren. Warum die Inseln, insbesondere Sizilien, durch die Entwicklung in Spanien stärker bedroht gewesen sein sollen, wird von ihnen aber nicht erklärt. Im Zweiten Punischen Krieg werden von Carthago Nova aus keine Flottenaktivitäten gegen die Inseln durchgeführt. Insgesamt bleibt die Seerüstung der Karthager in Spanien erstaunlich gering (s. u.). Interessanterweise hat ausgerechnet der zeitgenössische römische Aristokrat Fabius Pictor nachdrücklich die ungewöhnliche Stellung Hasdrubals betont (Pol. 3,8,1–8 = fr. 31 FRH Beck– Walter = fr. 25 Peter). Dies zeigt eindrücklich, dass die römische Oberschicht sehr wohl die Entfaltung der barkidischen Macht in Spanien genau beobachtete.

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einer ‚Barkidisierung‘ ihres politischen Denkens unterlagen.66 Immerhin brauchten die Römer ca. 15 Jahre, um die Entscheidung zur Einrichtung neuer Prätorenstellen für Sizilien und Sardinien zu treffen. Zwangsläufig scheint diese Entwicklung nicht gewesen zu sein. Die strukturelle Tiefe von Erwerbschancen an der Peripherie ohne klaren politischen Auftrag und ohne effiziente Rechenschaftspflicht nahm sprunghaft zu. Die Provinzgründungen ermöglichten also eine Fortsetzung privater Kriegs- und Beutezüge unter dem Schutz staatlicher Rahmung. Die Rückbindung von Krieg, Sieg und Beute an die politische Ordnung lockerte sich und es wurden ganze neue Dimensionen peripherer Statussicherung deutlich, die komplexe Rückwirkungen auf die römische Gesellschaft und ihr internes Kräfteverhältnis hatten. 6. AUSSENPOLITISCHE KONSOLIDIERUNG UND INNENPOLITISCHE SPANNUNGEN IN DEN ZWANZIGER JAHREN Diese zunehmende Institutionalisierung peripherer Herrschaftsausübung im westlichen Mittelmeer und ihr Ausgreifen zur See näherten den militärischen Aktionsradius der Römer gefährlich den Gebieten der Barkiden in Spanien an. Unmittelbar nach der Gründung der ersten Provinzen schlossen die Römer einen Vertrag mit Hasdrubal.67 Dieser sog. Ebrovertrag regelte die Abgrenzung der jeweiligen Interessensphären. Über den genauen Inhalt des Vertrages und die dort festgelegten geographischen Demarkationslinien ist in der Forschung vor allem mit Blick auf die Kriegsschuldfrage für den Zweiten Punischen Krieg intensiv diskutiert worden. Diese Blickrichtung führte aber dazu, dass der Vertrag primär als Vorphase eines neuen Konfliktes in den Fokus moderner Analysen geriet. Diese Orientierung auf den Bruch der Vereinbarungen hin kann schwerlich die zeitgenössische Sichtweise gewesen sein.68 Warum man ausgerechnet den Ebro, der sehr weit nördlich der karthagischen Kerngebiete in Spanien lag, als Grenze der Einflusssphären wählte, ist ausführlich in der Forschung untersucht worden.69 Dabei überwiegen Überlegungen zu den geostrategischen Zielen von Karthago und Rom als Großmächte im westlichen Mittelmeer: Die Römer hätten Angst vor einem möglichen Einfluss der Karthager auf die unruhigen Gallier in Norditalien gehabt. Die Karthager ihrerseits hätten ein Ausgreifen der Römer nach Spanien gefürchtet. Doch wollen die machtpolitischen Realitäten in der Mitte der zwanziger Jahre des 3. Jahrhunderts v.Chr. nicht so recht zu diesen Erwägungen passen. Zu weit lagen die Machtzentren der beiden Mächte

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Zuvor hatte vielleicht die Privatisierung der Flottenrüstung in Rom ihrerseits Einfluss auf die neuen Pläne von Hamilkar Barkas an der karthagischen Peripherie. Unsere Hauptquellen sind Pol. 2,13,7; Liv. 21,2,7; App. Ib. 7,25; ein detaillierter Überblick zu der vielfältigen, aber auch komplizierten Quellenlage findet sich bei Seibert (1993b) 44–46; s. a. Hoyos (1998) 150–173; Gerhold (2002) 73–91; Loreto (2011). Dies hebt Barceló (1989) 182 hervor. Vgl. Seibert (1993a) 121–135, der die älteren Forschungsansätze ausführlich darlegt; Hoyos (1998) 154–173.

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noch voneinander getrennt. Ein möglicher Konflikt durch Reibungen zu Lande erscheint kaum bedrohlich. Betrachtet man die Konstellation im westlichen Mittelmeer um 227 v. Chr., so ist eine andere Deutung wahrscheinlicher. Die Etablierung der Römer auf Sardinien und dann auch auf Korsika führte zu einer Intensivierung der römischen Plünderungszüge von Norditalien bis Nordspanien. Die Festlegung von Grenzen für diese Plünderungszüge durch den Ebro-Vertrag hatte für beide Seiten Vorteile. Die karthagischen Gebiete und Siedlungen südlich des Ebros waren danach halbwegs sicher und bedurften keines aufwendigen Schutzes mehr. Die Römer ihrerseits sahen sich bei ihren Aktivitäten nicht mit der Gefahr einer größeren karthagischen Flottenpräsenz in den Gewässern nördlich und westlich von Korsika konfrontiert. Für beide Seiten war das Abkommen also lohnenswert. Es stand zudem in der langen Tradition römisch-karthagischer Abkommen, in denen es vor dem Ersten Punischen Krieg immer primär um die Sicherung vor Plünderungen und das Abstecken von Einflusssphären für den Handel gegangen war. Der Hauptpartner Roms beim Abschluss des Vertrages war nicht die Republik Karthago, sondern der barkidische Regent Hasdrubal.70 Der Schwiegersohn Hamilkars agierte seit der Übernahme der Herrschaft in Spanien vorsichtig und behutsam gegenüber Rom. Das Zustandekommen der Vereinbarung über den Ebro als Grenze der Einflusssphären kann in diesem Kontext wohl kaum als Vorstufe späterer Konflikte gesehen werden, sondern stellte offensichtlich das ernsthafte Bemühen einer Entflechtung konfliktreicher Überschneidungen in den Aktivitäten beider Mächte dar.71 Diese Machtteilung hatte beim Abschluss des Vertrages durchaus eine längerfristige Perspektive, da niemand den Tod Hasdrubals 221 v. Chr. vorhersehen konnte, genauso wenig wie die Tatsache, dass sein Schwager Hannibal danach eine wesentlich aggressivere Politik betreiben würde. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die römischen Senatoren zu Beginn der zwanziger Jahre mit der Verstetigung ihrer neuen Position im westlichen Mittelmeer zufrieden waren. Die Initiative zu den Provinzgründungen und der Abschluss des Ebro-Vertrages waren zwei Schritte zur Konsolidierung einer Positionierung der römischen Nobilität im Gemeinwesen, die hybride Züge trug. Einerseits wurzelte ihre Macht fest im republikanischen Gemeinwesen, das ihnen wesentliche Ressourcen für ihre Machtansprüche bereitstellte. Andererseits nahm ein Herrschaftsraum außerhalb Italiens im Umfeld der großen Inseln zunehmend klare Konturen an, der primär der Vorteilsgenerierung für die Senatoren diente und durch die privaten Aktivitäten zur See eher halbstaatlichen Charakter besaß. Die Interessen der Barkiden und der Senatoren an der Sicherung ihrer jeweiligen, persönlichen Machtbasen erwiesen sich in der Mitte der zwanziger Jahre als durchaus kompatibel. Diese neuen Machtbasen durch einen zweiten großen Krieg zu gefährden, war zumindest in dieser Phase kein zwangsläufiges Ziel der Politik.

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Dies betont zu Recht Schwarte (1983) 58–60, der von zwei weitgehend getrennten punischen Herrschaftsgebilden ausgeht; s. a. Scullard (1989) 28–29. Barceló (1989) 182.

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Die sich aus diesen Entwicklungen ergebenden Belastungen wurden auf den wehrpflichtigen Bevölkerungsteil abgewälzt, der ohne größere Verdienstaussichten die dauerhafte militärische Sicherung der Gebiete in den neuen Provinzen gewährleisten musste, was auf wenig Verständnis stieß. Zudem erwies sich die Konzentration der politischen und militärischen Aktivitäten auf das westliche Mittelmeer als ein Hindernis für andere Optionen, die der einfachen Bevölkerung am Herzen lagen. Vor allem die nordöstliche Ausweitung des römischen Siedlungsgebietes in die fruchtbaren Regionen an der Adria, dem ager Gallicus, stieß auf den Widerstand des Senats.72 Dieses für die ärmeren Schichten wichtige Projekt zur Stärkung ihrer wirtschaftlichen Grundlage wurde wahrscheinlich deshalb so vehement von den Senatoren abgelehnt, weil dadurch nicht nur Konflikte mit den gallischen Stämmen Norditaliens vorprogrammiert waren, sondern auch Auseinandersetzungen mit den in der Adria als ‚Seeräuber‘ aktiven Stämmen in Illyrien.73 Eine Ausrichtung der militärischen und vor allem der maritimen Kapazitäten auf diese Region erschien den Senatoren wenig attraktiv. Sie wollten sich lieber auf die neu gewonnenen Gebiete im westlichen Mittelmeer konzentrieren. Die Interessenlagen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen drifteten zunehmend auseinander: Die Senatoren nutzten im hohem Maße die neu geschaffene Infrastruktur im Westen für die eigenen Vorteile, wodurch die reichen Nicht-Senatoren sich im wachsenden Maße benachteiligt sahen, zumal dabei in großem Umfang auf gesamtgesellschaftliche Ressourcen zurückgegriffen wurde. So entfremdeten sich diese Kreise der römischen Oberschicht. Die einfache Bevölkerung sah sich in weiten Teilen von den Senatoren in der Wahrung ihrer elementaren Interessen nach der Absicherung ihrer ökonomischen Subsistenz im Stich gelassen. Aus dieser Konstellation begann eine an Schärfe zunehmende Konfrontation zwischen den Senatoren und großen Teilen der restlichen Bevölkerung, die über die neue strategische Ausrichtung der staatlichen Ressourcen für die exklusiven Interessen der Senatoren auf Sizilien sowie im westlichen Mittelmeer erbost waren. In dieser konfliktgeladenen Konstellation setzte der Volkstribun C. Flaminius gegen starken Widerstand der Oberschicht durch, dass arme Bürger im nördlichen Mittelitalien angesiedelt wurden. Zu Beginn des Zweiten Punischen Krieges trat er dann demonstrativ für eine andere Strategie als die Mehrheit des Senates ein. Seine eindrucksvolle Karriere, vom Volkstribun, zweimaligen Konsul, Triumphator zum Censor zeigt, dass mit dieser Haltung große schichtenübergreifende Sympathien sowohl bei armen wie auch wohlhabenden Nicht-Senatoren gewonnen wurden.74 Nach dem Ersten Punischen Krieg machen sich also zunehmend gesellschaftliche Gräben in Rom bemerkbar. Die Konsequenzen der Seerüstung führten zu immer stärkeren politischen Konflikten. 72 73 74

Zur Ansiedlung von 232 v. Chr. s. als Hauptquellen Pol. 2,21,7–9; Cic. inv. 2,52; Brut. 57; Cato 11; Val. Max. 5,4,5; zur schwierigen Quellenlage s. Wild (1994) bes. 14–16. Zu den maritimen Aktivitäten der Römer in der Adria in den zwanziger Jahren des 3. Jahrhunderts v. Chr. s. Ladewig (2014) 108–109, dessen Deutungen aber zu stark von einer zentral gelenkten Seepolitik bestimmt sind. Zur politischen Karriere von Flaminius s. Wild (1994) passim; Beck (2005) 244–268; Meißner (2000); von Ungern-Sternberg (1986) 353–377.

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7. DIE GESPALTENE GESELLSCHAFT: ROMS WEG IN DEN ZWEITEN PUNISCHEN KRIEG Diese inneren Konflikte setzten sich bis in die Anfangsphase des Zweiten Punischen Krieges fort und die Seerüstung blieb dabei der entscheidende Kristallisationspunkt. In den modernen Darstellungen des Zweiten Punischen Krieges findet die Seekriegsführung allerdings nur begrenzt Beachtung. Angesichts des furiosen Marsches von Hannibal nach Italien und den dort stattfindenden spektakulären Landschlachten zu Beginn des Zweiten Punischen Krieges erscheint die Seekriegsführung als wenig bedeutend. Doch diese Einschätzung droht deren Stellenwert gerade im Vorfeld und zu Beginn des Krieges deutlich unterzubewerten. Kaum ein Konflikt ist in Rom so lange geplant worden wie der zweite Krieg gegen Karthago.75 Die Verhandlungen mit Hannibal und dem karthagischen Senat zogen sich hin und schließlich verzögerte die lange Belagerung von Sagunt den entscheidenden Zusammenprall. Die Römer hatten also genug Zeit, über Vor- und Nachteile von Strategien zu diskutieren. Sie entschieden sich für eine Strategie, in der die maritime Logistik von großer Bedeutung sein sollte. Truppen sollten nach Spanien und Afrika gebracht werden, um dort vor Ort weit weg von Rom zu kämpfen. Für die Landung in Afrika war eine Kriegsflotte bereitgestellt worden. Der Seeweg zu den karthagischen Besitzungen in Spanien erschien den Römern jedoch so unproblematisch, dass sie nur eine bescheidene Flottille von lediglich 35 Kriegsschiffen bereitstellten. Diese kleine Flottille reichte 217 v. Chr. tatsächlich aus, um die 40 karthagischen Schiffe in der Schlacht am Ebro mit Leichtigkeit zu besiegen. Die karthagischen Schiffe waren offensichtlich mit unkundigen Besatzungen bemannt, wahrscheinlich Spaniern. Viele von ihnen flohen gleich nach Eröffnung der Kampfhandlungen chaotisch an Land.76 Danach konnten die Römer ungehindert plündern und machten große Beute.77 Dies war das einzige ernstzunehmende Seegefecht in dieser Region. Christa Steinby betont zu Recht, dass die Römer genau wussten, dass kaum Widerstand zu erwarten war und es erhebliche Beute in Spanien geben würde.78 Auch diese Entwicklung zeigt, wie sehr die Römer in den zurückliegenden Jahren den Seeraum in dieser Region beherrschten. Die großräumige Strategie im westlichen Mittelmeer mit zwei getrennten Landungsunternehmen setzte schon im Vorfeld des eigentlichen Kriegsausbruchs in Rom die Frage nach der Organisation der maritimen Logistik auf die Agenda: Trup75 76 77 78

Zur Planungsphase und zum Kriegsbeginn s. Hoyos (1998) 174–259 u. Loreto (2011) 197–201. Pol. 3,95–96; Liv. 22,19–20; zu Recht vermuten Thiel (1946) 51 und Steinby (2007) 109–112, dass die karthagische Niederlage durch das chaotische Verhalten spanischer Besatzungen und Kapitäne zustande kam, die Karthager also keine eigenen Besatzungen vor Ort hatten. Liv. 22,20,3–9, der von praeda gravis spricht (22,20,6). Auch später waren die Transporte nach Spanien vollkommen unproblematisch; s. Steinby (2007) 118, die betont, dass nach der Seeschlacht am Ebro keine Kriegsschiffe mehr nötig waren; die Römer konnten in Ruhe Schiffe in Italien beladen und in Tarraco entladen. Diese Situation war so geläufig, dass sie in den Quellen kaum erwähnt wird und deshalb auch in der Fachliteratur wenig beachtet wird; Rankov (1996) 52–56.

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pen mussten auf dem Seeweg mit der gesamten Ausrüstung transportiert werden, die man vor Ort nicht bekommen konnte; sie mussten versorgt werden, wobei das Getreide entweder über längere Strecken dorthin gebracht werden musste, wo Krieg geführt wurde oder aber man Transportkapazitäten für Fourage vor Ort brauchte. Diese Problematik der maritimen Logistik im Rahmen der Seerüstung im Zweiten Punischen Krieg gehört allerdings – so wichtig sie war – zur unheroischen Dimension des Krieges und findet deshalb kaum Eingang in die antike Literatur. Auch in den modernen Rekonstruktionen wird sie eher beiläufig eingearbeitet, obwohl sie für die Kriegsführung von elementarer Bedeutung war. Gerade die römische Oberschicht und die politische Öffentlichkeit in Rom hatten dies genau im Blick. Die Entscheidung für eine Strategie, die eine enorme Transportlogistik erforderte, kam ja nicht spontan und überraschend, sondern die Planung zog sich über zwei Jahre hin. Alle, die von den ungeheuren Kosten, die diese Strategie verlangte, zu profitieren hofften, hatten demnach intensiv die Möglichkeit, ihre persönlichen Interessen im Kriegsszenario durchzuspielen. Dasselbe galt natürlich für die Aussichten auf enorme Gewinne, die durch die Beute in den Kriegsgebieten anfallen würden. Noch bevor der Krieg in seine heiße Phase trat, fällte die römische Volksversammlung dann eine bemerkenswerte Entscheidung: Durch die Annahme der lex Claudia verbot sie den Senatoren Anfang 218 v. Chr. den Besitz größerer Transportschiffe.79 Dieses eigenartige Gesetz wurde in der älteren Forschung häufig auf die moralische Bedenklichkeit von Handelsaktivitäten zurückgeführt und in späteren Arbeiten oft mit der Ausdehnung von großen Gütern und dem Transport von Getreide in Verbindung gebracht.80 So wurde darin auch eine Schutzmaßnahme für die Mittelschicht vor zu günstigem Getreide der senatorischen Güter gesehen. Doch ein Zusammenhang mit dem Ausbruch des Krieges erscheint wesentlich plausibler. Ziel des Gesetzes, das Gaius Flaminius als einziger Senator unterstützte, war offensichtlich ein Ausschluss der Senatoren von den großen Kontrakten während des Krieges. Einflussreiche Nicht-Senatoren wollten sich dieses Geschäft exklusiv sichern.81 Ein anderer Aspekt, der im späteren Ablauf des Seekrieges eine große Bedeutung besaß, ist das Aufkaufen und der Transport der in Spanien und Afrika geraubten Beute: Von Anfang an plünderten die römischen Verbände im großen Stil an den Küsten und setzten dies vor allem in den ersten zehn Jahren des Krieges intensiv fort.82 Nach der Überwindung des Schocks, den die verheerenden Niederlagen zu Land gegen Hannibal erzeugten, wandten die Römer sich zur See ab 211 v. Chr.

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Die entscheidende Quelle zu dem Gesetz ist Liv. 21,63,3–4; s. a. Bringmann (2003); Yavetz (1962); Shatzman (1975) 100–101; Harris (1979) 66–67; Baltrusch (1989) 30–40. Zur älteren Forschungsdiskussion s. Ladewig (2014) 314–319. Feig Vishna (1996) 34–43; s. a. schon Toynbee (1965) II, 350–351; Bringmann (2003) 312–321 kommt zu analogen Ergebnissen, ohne allerdings auf Toynbee zu verweisen. Resümierend stellt Liv. 29,26,1 fest, dass vor dem Landungsunternehmen von Scipio in Afrika 204 v. Chr. die meisten römischen Flotten nur zum Plündern ausgefahren seien (praedatum enim tantummodo pleraeque classes ierant).

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wieder intensiv den Raubzügen nach Nordafrika zu.83 Zu größeren Kampfhandlungen kam es selten.84 Die Seeschlacht bei Clupea 208 v. Chr. war eher eine Ausnahme.85 Wer sich als Besitzer von Transportschiffen in der Nähe der plündernden Kampfverbände aufhielt, konnte durch das direkte Aufkaufen der Beute enorme Gewinne machen. Da die Beute die Kampfkraft der Schiffe stark negativ beeinflusste, war es nur sinnvoll, die Beute schnell zu veräußern und dann den monetären Gewinn zu teilen. Für die senatorischen Kommandeure, die selber keine Transportschiffe besitzen durften, dürfte der Geleitschutz der privaten Transportflottillen durch die Kampfverbände eine einträgliche Sache gewesen sein. Diese materielle Dimension des Zweiten Punischen Krieges muss für viele wohlhabende Bürger schon im Vorfeld des Konfliktes sehr verlockend und die Angst daher groß gewesen sein, dass die Senatoren die möglichen Gewinne wie nach dem Ersten Punischen Krieg zu monopolisieren trachteten. Dem sollte die lex Claudia entgegenwirken. Doch auch mit der lex Claudia waren die Probleme und Konflikte um die Seerüstung nicht langfristig gelöst, wie die weiteren Ereignisse zeigen.86 Diese dauerhaften Schwierigkeiten dürften eine wesentliche Ursache dafür gewesen sein, dass die Römer nach dem Zweiten Punischen Krieg ihre maritimen Aktivitäten – zumindest von staatlicher Seite aus – deutlich reduzierten.87 Die großdimensionierte Seerüstung war mit dem Gleichgewicht der gesellschaftlichen Kräfte in der Republik nicht kompatibel. 8. FAZIT Fassen wir die Entwicklung zur römischen Seerüstung im 3. Jahrhundert v. Chr. zusammen: Am Anfang setzten die Römer auf ein repressives Rekrutierungssystem. Dies war ihnen möglich, weil aus den langen Konflikten in Mittelitalien ein hohes Potential an Menschen resultierte, die die Römer unter Zwang in die Flotte 83 84 85

86

87

Vgl. Steinby (2007) 124. Die Bedeutung der Beutezüge zeigen eindrücklich Bragg (2010) und Steinby (2007) 115–128. Liv. 27,29,7–9; zur Seeschlacht bei Clupea kam es, als die Römer gerade plünderten und die Karthager daraufhin mit ihrer Flotte anrückten. Im folgenden Jahr plünderten die Römer unter dem Proconsul M. Valerius Laevinus das Gebiet um Utica und Karthago. Bei ihrer Rückkehr nach Sizilien erfolgte ein Angriff der Karthager. Die Römer errangen einen Sieg und kehrten mit großer Beute nach Lilybaeum zurück, s. Liv. 28,3,5–7; Steinby (2007) 126–127. Wie kompliziert die Probleme blieben, zeigt eine Episode von 215 v. Chr.: Der Senat brauchte dringend Transportkapazitäten für den spanischen Kriegsschauplatz. Reiche Privatleute boten sie ihm an, allerdings unter der Bedingung, dass sie selbst vom Militärdienst befreit wurden und alle Risiken beim Transport für die Schiffe und die Ladung beim Staat lagen. Dann beluden sie baufällige Schiffe mit minderwertiger Ware und versenkten sie gezielt auf der Route nach Spanien. Angesichts der angespannten Lage traute sich der Senat nicht, gegen die einflussreichen Betrüger vorzugehen (Liv. 23,48–49). Hintergrund dieser Episode war offensichtlich die Tatsache, dass die nach Cannae in den Senat aufgestiegenen reichen Römer ihre Transportschiffe verkaufen mussten und neue Schichten nun ihrerseits schnell von der Transportlogistik profitieren wollten. Vgl. Linke (2013) 274–277.

Die Republik und das Meer

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eingliedern konnten. Diese Verwendung entlastete sie von drohenden Konflikten im Hinterland.88 Zu Beginn der Seerüstung war der Blick der Römer also möglicherweise gar nicht so sehr aufs Meer, sondern auf die Gebirgsregionen Mittelitaliens gerichtet. Nach Jahrzehnten der aggressiven Expansion hatten sich die Außengrenzen der römischen Siedlungsgebiete weit in das italische Hinterland verschoben. Dort schwelte weiterhin eine Vielzahl von Konflikten, die wieder in kriegerische Handlungen umzuschlagen drohten. Die Reduktion des militärischen Potentials in diesen Regionen musste eine willkommene Perspektive aus römischer Sicht sein. Vielleicht war dieser Effekt ursprünglich sogar einer der wesentlichen Gründe für den Einstieg in die maritime Großrüstung. Dass die Römer in dieser frühen Phase schon mit umfassenden Erfolgen gegen Karthago zur See gerechnet haben, ist eher unwahrscheinlich. Die umfangreiche Seerüstung rechnete sich eben schon allein durch die entlastenden Effekte in Mittelitalien. Die Nebeneffekte zu Lande erlaubten dabei eine Seerüstung, die in ihrer Dimensionierung von der unmittelbaren maritimen Kompensationslogik losgelöst war. Diese Konstellation ermöglichte es den Römern, zu Beginn des Krieges Flottenkapazitäten aufzubauen, die den vorhandenen Kapazitäten der ‚rationalen Seemacht‘ Karthago an Kampfkraft überlegen waren. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Flottenorganisation könnte mit dieser Ausgangskonstellation im engen Zusammenhang stehen: Es ist bemerkenswert, dass die Römer im maritimen Bereich keine Strukturen analog zur Organisation der Bundesgenossen im Landkrieg schufen. Es hätte gerade am Beginn des Seekrieges zunächst nahe gelegen, dezentral bereitgestellte Kontingente maritim erfahrener Bündner zusammenzuführen und lediglich die militärische Oberaufsicht zu übernehmen. Auch wenn die Bundesgenossen am Bau der Flotten beteiligt gewesen sein dürften, lassen die Quellen keine Zweifel daran, dass die Flottenunternehmungen als genuin römische Angelegenheit angesehen wurden und nicht als ein Auftrag an die Bundesgenossen. Die intensiven Debatten über das Verbot der Seerüstung nach schweren Verlusten sind in dieser Hinsicht ganz eindeutige Belege. Die Zwangsrekrutierungen in Mittelitalien waren aber nur bei einer zentral von den Römern selbst organisierten Seerüstung möglich. Der Nutzen einer Pazifizierung im Hinterland, gepaart mit der Aussicht auf erhebliche materielle Chancen, die sich ohne allzu großes eigenes Risiko ergaben, bildeten eine Kombination, die sehr verlockend gewesen sein muss. So entstand gleich zu Beginn der Seerüstung eine Zentralisierung dieser neuen militärischen Ausrichtung.89 Als dann aufgrund der Überlegenheit die ersten Erfolge im Seekrieg einsetzten, kam es zu einer Verstetigung der maritimen Rüstung, wobei man nun – wenigstens zum Teil – von einem repressiven zu einem eher kompensatorischen System bei der Rekrutierung überging. Die erheblichen Beuteaussichten machten den Flottendienst auch für arme Römer attraktiv, bei gleichzeitiger Pazifizierung der überle88 89

Der Unterschied zu Athen ist deutlich: Dort stand am Anfang nach den Reformen von Kleisthenes ein hohes partizipatorisches Potential; die repressiven Aspekte gegenüber den Mitgliedern im Seebund kamen erst später, als die Großrüstung schon bestand. Diese Zentralisierung stand im klaren Gegensatz zu der bis dahin üblichen subsidiären und flexiblen Rüstungsorganisation zu Land, s. dazu Erdkamp (2007b) und de Ligt (2007) passim.

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benden Bundesgenossen durch Beutebeteiligung. In diesem Umfeld der materiellen Eigenmotivation der Ruderer stieß eine hohe Risikobereitschaft der kommandierenden Magistrate im Seekrieg auf die Akzeptanz anderer, politisch relevanter Bevölkerungsgruppen aus der Ober- und Mittelschicht. Die erste Hälfte der fünfziger Jahre war also durch eine Verstetigung der maritimen Großrüstung gekennzeichnet. Nach den extremen Verlusten in den fünfziger Jahren, die zum großen Teil auch den Fehlentscheidungen der kommandierenden Magistrate geschuldet waren, entfaltete zwischen 253 und 247 v. Chr. eine wesentliche Begleiterscheinung der Zentralisierung der Seerüstung ihre Wirkung: die Politisierung der Flottenstrategie. Der Hintergrund dürfte gewesen sein, dass für die ärmeren Römer die Ertragsaussichten nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zu ihrem Risiko standen. Angeheizt wurde diese Diskussion durch die provozierenden Ehrungen von Magistraten im Rahmen von Triumphen, die durch ihr Verhalten große Verluste in Kauf genommen hatten. Höhepunkt war die katastrophale Niederlage des Claudius Pulcher, die durch seine Provokation der Götter und das Verhalten seiner Schwester noch weiter skandalisiert wurde. Daraus resultierte die intensive Agitation des Fundanius Fundulus, der es mit dieser abgrenzenden Strategie immerhin bis zum Konsulat 243 v. Chr. brachte. Die Politisierung der Diskussion über den Seekrieg führte also in Rom zur Ablehnung einer staatlich organisierten Seerüstung. Man könnte dies als negative Partizipation bezeichnen, die im klaren Kontrast zu der athenischen Entwicklung stand. Die Ablehnung des Seekrieges durch das Volk schuf nach 247 v. Chr. einen erheblichen Freiraum für die Privatisierung der Seerüstung mit allen Chancen und Risiken. Nach dem Ende des Krieges nahmen die Risiken der Beutezüge allerdings dramatisch ab. Durch die zusätzliche Besetzung von Sardinien und vor allem Korsikas wurden neue Basen erschlossen, die einen erweiterten Operationsradius für weitere Beutezüge boten. Die private Fortführung der zentral begonnenen Seerüstung führte vor allem in der Phase zwischen den Punischen Kriegen dazu, dass die Flottenoperationen einen hybriden Charakter bekamen, bei dem staatliche Rahmung und private Initiative interaktiv blieben. Die zunehmende Verstaatlichung der organisatorischen Rahmenbedingungen im westlichen Mittelmeer durch Provinzgründungen nutzten die Senatoren zum Ausbau einer nebenstaatlichen Flottenrüstung. Die Lasten der Machtsicherung dieser Basen trug die Gemeinschaft, die Vorteile hatten die Senatoren. Für Wehrpflichtige war die Eroberung Sardiniens und Korsikas sowie die Verwaltung der neuen Provinzen wenig lukrativ, während die Senatoren mit Hilfe der weitgehenden Exklusivität der Besetzung der Magistrate ihre Vermögen vergrößerten und dabei staatliche und private Aktivitäten in immer stärkerem Maße vermischten. Diese einseitige Nutzung der Gemeinschaftsressourcen durch Senatoren führte zu großen Unmut in den anderen Bevölkerungsgruppen. Gerade die Politisierung der Seerüstung im Ersten Punischen Krieg dürfte erheblich zur aktiven Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Probleme beigetragen haben. Die Nicht-Senatoren bekamen das Gefühl, dass die politische Führungsschicht ihre Macht einseitig missbrauchte. Der Aufbau staatlicher Strukturen auf der Basis der Beteiligung aller Bürger schien zunehmend im Dienste der ökonomischen Interessen einer kleinen

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Führungsgruppe zu stehen. Diese Konstellation war der Ausgangspunkt für einen dramatischen Prozess der Erosion der Akzeptanz und Legitimität der senatorischen Vorherrschaft. So kam es in der politischen Öffentlichkeit, die zunehmend alarmiert und skandalisiert war, zu einem ‚Bündnis‘ von armen Römern und reichen NichtSenatoren, das für die politische Führungsschicht sehr gefährlich wurde, zumal mit Gaius Flaminius in den dreißiger Jahren eine charismatische Führungsperson auftrat, die diese heterogenen Interessen bündelte. Diese Gegenfront zur Nobilität war weniger ein letzter Ausläufer der Ständekämpfe, wie Jürgen von Ungern-Sternberg meinte. Vielmehr war sie eine innenpolitische Rückwirkung der materiellen, personellen und organisatorischen Zwänge und Folgen des Seekrieges. So verwundert es auch nicht, dass diese Konfrontation schließlich in einem Gesetz gipfelte, das den Senatoren den Besitz von größeren Transportschiffen untersagte und damit ihre Möglichkeiten zur privaten Ausbeutung des neuen Herrschaftsraumes weitgehend beschränkte. Die Geschichte des beginnenden Krieges gegen Hannibal zeigt in drastischer Weise die tiefe Spaltung der römischen Gesellschaft. Gerettet wurde das zerstrittene Gemeinwesen – überspitzt formuliert – letztlich durch die katastrophalen Niederlagen im Landkrieg gegen Hannibal. Die enormen Verluste in der Oberschicht, die 216 v. Chr. durch eine ungewöhnliche Senatsergänzung ausgeglichen werden mussten, führten zu einer neuen Durchmischung der Führungsschicht und zum Zugang weiterer Kreise zu den materiellen Ressourcen des Krieges. Für die Gesamtbevölkerung bewirkte der Krieg einen kollektiven Solidarisierungsschub. So lässt sich konstatieren, dass die römische Republik im 3. Jahrhundert v. Chr. ein gutes Beispiel für die Spannungen und Dehnungseffekte ist, die die Erfordernisse eines zentralisiert geführten Seekrieges auf ein vormodernes Gemeinwesen ausübten. Angesichts der sehr hohen Herrschafts- bzw. Kompensationskosten für das Personal einer großdimensionierten Seekriegsführung in der Vormoderne war dies eine Rüstungsvariante, die sich in den seltensten Fällen selbst refinanzierte. Deshalb erscheint sie in vormodernen Großreichen und Imperien nur in Ausnahmefällen, wenn sie von besonderen Umständen getragen wird. In Rom führten diese Rahmenbedingungen der Seerüstung zu vielfältigen Begleitimpulsen der staatlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, die ihre Tiefenwirkung in Teilen erst im 2. Jahrhundert v. Chr. entfalteten, als die Republik die Konzentration auf die maritime Rüstung wieder aufgegeben hatte.

TEIL III GRENZEN DES KANONS

DIE SEEMACHT SPARTA Martin Dreher Der Titel dieses Beitrags ist natürlich provokant, denn Sparta ist dafür bekannt, genau das Gegenteil einer Seemacht, also eine ausgesprochene Landmacht zu sein. Als solche steht es der Seemacht par excellence, Athen, diametral gegenüber.1 Dieser Aspekt des athenisch – spartanischen Dualismus ist insbesondere von Thukydides geprägt worden, der den großen Konflikt der beiden griechischen ‚Großmächte‘ (in antiken Relationen gedacht) in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. beschrieben hat. Die der genannten Charakterisierung zugrundeliegenden militärischen Strategien der beiden Kriegsgegner kennen wir erstens aus den Reden, die Thukydides seinem athenischen Helden Perikles in den Mund legt, und zweitens aus dem im selben Werk beschriebenen tatsächlichen Verlauf des Krieges, also aus den jährlichen Unternehmungen von Athen und Sparta. Perikles riet seinen Mitbürgern, auf ihre Flotte zu vertrauen, mit der sie den Peloponnesiern schweren Schaden zufügen könnten, wenn sie deren Städte direkt angriffen. Bei einem Einfall eines gegnerischen Heeres in Attika könnten sie das flache Land verlassen und sich hinter ihre langen Mauern zurückziehen. Der athenische stratēgos schätzt in diesem Zusammenhang die Fähigkeiten der Gegner zur Seekriegsführung sehr gering: Von ihrer eigenen Hände Arbeit leben die Peloponnesier,2 weder persönlich noch im Staat verfügen sie über Geldmittel […] Solche Leute können weder Schiffe bemannen noch Landheere häufig aussenden […] Auch der Bau von Befestigungsanlagen und ihre Flotte sind nicht wert, gefürchtet zu werden […] Denn wir haben im Landkrieg dank unserer Seetüchtigkeit mehr Erfahrung als jene infolge ihrer Beschränkung auf das Binnenland im Seekrieg. Erfahrung im Seewesen zu erlangen wird ihnen nicht leicht gelingen. Sogar ihr, die ihr euch darin übt seit der Zeit unmittelbar nach den Perserkriegen, seid noch nicht am Ziel. Wie sollen denn da Bauern – keine Seeleute! –, die überdies nicht Gelegenheit haben werden, sich zu üben, weil sie von uns durch viele Schiffe bedrängt werden, etwas Rechtes zustande bringen?3

1 2

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Allerdings wird Athen eher zugestanden, auf beiden Gebieten, zu Wasser und zu Land, stark gewesen zu sein, als Sparta, das noch einseitiger als Landmacht gesehen wird als Athen als Seemacht. Die Aussagen können höchstens summarisch für Sparta als Ganzes Geltung beanspruchen, insofern diese Polis weitgehend von der landwirtschaftlichen Produktion des eigenen Territoriums lebte. Schon für die spartanischen Vollbürger, die Spartiaten, trifft sie nur eingeschränkt zu, da sie ihre Anbauflächen überwiegend durch Heloten bewirtschafteten. Ebensowenig gilt die Aussage für alle spartanischen Verbündeten auf der Peloponnes: Die Erfahrung und Stärke der korinthischen Flotte verschweigt Perikles hier tunlichst. Thuk. 1,141,3–4; 1,142,2; 1,142,5–8.

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Nicht mehr ganz so extrem, aber grundsätzlich gleich stellt sich das Verhältnis der beiden griechischen Führungsmächte im 4. Jahrhundert v. Chr. dar, jedenfalls in der Zeit des Zweiten Athenischen Seebunds: Es gibt keine Stadt, die eine größere Anzahl von Trieren geschlossen auslaufen lassen könnte als ihr [sc. Athener] […] Da sich diese Verhältnisse also aus der Natur ergeben haben, wie könnte es da wohl gut für euch [sc. Athener] sein, den Lakedaimoniern den Oberbefehl zur See zu übertragen, wo sie erstens schon selbst zugeben, dass sie in diesem Handwerk weniger erfahren sind als ihr.4

Die militärische Rollenverteilung zwischen Athen und Sparta scheint somit eindeutig zu sein. Die Einstufung Spartas als Landmacht ist aber nicht nur eine interessegeleitete Sichtweise des athenischen Kriegsgegners, sondern beruht auch auf folgenden objektiven Gegebenheiten. Die Lage Spartas im Inneren der Peloponnes, 46 km vom Meer entfernt, hatte zweierlei Konsequenzen. Erstens ernährte die äußerst fruchtbare Landschaft Lakoniens, in Verbindung mit den Landgütern im unterworfenen Messenien, die spartanischen Vollbürger im großen und ganzen zufriedenstellend. Es bestand daher, zumindest bei der landwirtschaftlichen Produktion, eine weitgehende Autarkie, und es war wenig Anreiz für die Spartiaten gegeben, sich dem Seehandel zuzuwenden, durch den sie Erfahrungen im Umgang mit Schiffen hätten sammeln können.5 Soweit Fernhandel betrieben wurde, z. B. zur Einfuhr von Metallen, lag er in der Hand der Periöken, die im übrigen auch den lokalen und regionalen Handel betrieben und dafür keiner nennenswerten Handelsflotte bedurften. Zweitens konnte die Stadt Sparta aufgrund ihrer Lage nur sehr schwer Ziel eines militärischen Angriffs werden, den per Schiff herbeigebrachte Landungstruppen hätten durchführen müssen, und sie wurde in der Tat auch nie auf diese Weise angegriffen.6 Außerdem war die frühe spartanische Expansion ausschließlich auf Ziele auf der Peloponnes gerichtet, die durch militärische Operationen zu Lande verfolgt wurden. Dies gilt schon für die Kriege gegen Messenien, durch die Sparta im 7. Jahrhundert v. Chr. sein Territorium (grob gesprochen) verdoppelte, sowie dann im folgenden Jahrhundert für die Auseinandersetzungen mit den Rivalen Tegea und Argos um den Besitz von Territorien in den Grenzgebieten. Schließlich baute Sparta ab etwa der Mitte des sechsten Jahrhunderts den Peloponnesischen Bund auf, und es ist gut vorstellbar, wenngleich nicht bezeugt, daß schon sehr früh eine Art von Arbeitsteilung stattfand, indem Korinth, der am stärksten dem Seehandel zugewandte Verbündete, es übernahm, auch für den Krieg geeignete Schiffe bereitzustellen. Es sind also kaum Gründe dafür zu erkennen, warum Sparta Aktivitäten zur See hätte entwickeln sollen. Dementsprechend hat auch die moderne Forschung die zivilen und militärischen Aktivitäten Spartas zur See wenig bis gar nicht beachtet. 4 5 6

Xen. Hell. 7,1,4; 7,1,7 zum Jahr 369 v. Chr. Thukydides nennt die Spartaner im zitierten Passus Bauern, ohne zu berücksichtigen, dass die den Peloponnesiern gegenübergestellten Athener in ihrer großen Mehrheit ebenfalls Bauern waren. Bis zum Angriff eines thebanischen Heeres im Jahr 371 wurde Sparta auch zu Land nie angegriffen; es hatte auch keine Stadtmauern errichtet.

Die Seemacht Sparta

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Demgegenüber soll im folgenden die These vertreten werden, daß Sparta so abstinent vom Seewesen, wie es auf den ersten Blick scheint und wie Thukydides seine Leser glauben machen möchte, letztlich nicht war. In diese Richtung hat schon Julius Beloch 1879 gewiesen, hat es aber bei einigen sehr grundsätzlichen Bemerkungen belassen, die er seiner Untersuchung der spartanischen Nauarchie vorangestellt hat.7 Die Institution der Nauarchie fand dann auch weiterhin, da sie in den Quellen am deutlichsten faßbar ist, am ehesten das Interesse der modernen Historiker. Die folgenden Ausführungen wollen das Thema hingegen breiter angehen. Um die Bedeutung des spartanischen Seewesens genauer zu untersuchen, werden die maritimen Aktivitäten der Stadt zwischen dem sechsten und dem vierten Jahrhundert v. Chr. in fünf Abschnitten zusammengestellt. Dabei will ich auch, gerade zu Beginn, die Bedeutung der zivilen Schiffahrt für die Polis der Lakedaimonier einbeziehen, denn ohne grundsätzliche nautische Erfahrungen und Kenntnisse aus diesem Bereich entwickelt sich im allgemeinen auch kein militärisches Seewesen. Der Begriff der ‚Seemacht‘ soll hier also zunächst etwas breiter gefaßt und nicht nur auf das Militärwesen bezogen werden, während den beiden deutschen Obertiteln des vorliegenden Bandes, ebenso wie dem englischen, wohl eher die militärische Bedeutung des Begriffs zugrundeliegt. Sofern ‚Seemacht‘ nicht das Subjekt der Machtausübung bezeichnet, sondern als Abstraktum auf einer Ebene mit der ‚Seeherrschaft‘ steht, die man beide innehaben kann, übernehme ich im übrigen die bekannte Differenzierung Max Webers von ‚Macht‘ als informeller Position der Stärke gegenüber ‚Herrschaft‘ als daraus erwachsener institutionalisierter Machtausübung.8 1. In der ersten Phase, die wir bis zum Beginn der Perserkriege, also bis zum Jahr 490 v. Chr., währen lassen, besteht die erste und weithin allein sichtbare Seeaktion Spartas in der Gründung der Kolonie Taras gegen Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. Auch wenn die Erzählungen über die Gründungsumstände überwiegend legendenhaft sind,9 ist doch die Gründung selbst ein auch archäologisch bezeugter Vorgang und erforderte auf jeden Fall eine größere Zahl von Schiffen. Von hier aus müssen wir einen großen Zeitsprung ins Jahr 547 v. Chr. machen, als der lydische König Kroisos seine spartanischen Verbündeten um Hilfe gegen den Perserkönig Kyros bat (Hdt. 1,82). Schon die Verbindung nach Lydien an sich bezeugt Seeaktivitäten der Spartaner, und deren Zusage militärischer Hilfe an Kroisos setzt konkret voraus, dass sie in der Lage waren, ihre Truppen nach Kleinasien überzusetzen, wenngleich dafür keine ausgesprochenen Kriegsschiffe, sondern nur Transportschiffe nötig gewesen wären.10 Ausdrücklich sagt das auch unsere Quelle selbst: „Als aber alles bereit war und die Schiffe (νεῶν ἐουσέων) abfahren wollten“ (Hdt. 1,83), sei die Nachricht gekommen, dass Kroisos in die Hände des Feindes 7 8 9 10

Beloch (1879) 117. Diese begriffliche Präzisierung, die hier nur angedeutet werden kann, ist in der Tagungsdiskussion nicht aufgegriffen worden. Aristot. pol. 1306b27–31; vgl. zusammenfassend zur weiteren Quellenlage z. B. Welwei (2004) 58 f. Vgl. Sealey (1976) 339: „Die Anfänge der spartanischen Seemacht reichen bis ins sechste Jahrhundert zurück“.

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gefallen sei. Das Unternehmen fand daher nicht statt. Kurz danach, nach dem Ende des Lyderreiches, baten äolische und ionische Städte Kleinasiens Sparta um Unterstützung gegen Kyros. Sparta lehnte zwar einen unmittelbaren Eingriff ab, schickte aber einen Fünfzigruderer, also ein Kriegsschiff, zur Beobachtung und warnte Kyros davor, eine griechische Stadt zu zerstören (Hdt. 1,152). Es sei hier als weitere Parallele gleich die spätere Episode erwähnt, dass nach dem Jahr 500 v. Chr. der Führer des Ionischen Aufstands, Aristagoras aus Milet, die Hilfe Spartas gegen den Perserkönig erbat, welcher die Griechenstädte bis dahin beherrscht hatte (Hdt. 5,49–51). Die kleinasiatischen Griechen hielten die Spartaner offenbar einer aufwendigen Militäroperation zur See für durchaus fähig. Zeitlich wieder ein wenig zurückgehend stoßen wir, um das Jahr 525 v. Chr., auf eine spartanische Unternehmung gegen Polykrates, den Tyrannen von Samos, zu der samische Flüchtlinge die Spartaner aufgefordert hatten. Nach Herodot (3,46 ff.) hatten die Spartaner ihre Zusage schon gegeben und rüsteten sich, als sich ihnen die Korinther aus eigenem Antrieb anschlossen; ich kann daher die Meinung nicht teilen, dass Sparta seine Truppen ohne die korinthischen Schiffe nicht nach Samos hätte transportieren können.11 Auch wenn das Unternehmen scheiterte und das peloponnesische Heer sich nach einer zwei Wochen dauernden Belagerung wieder zurückzog, hat Sparta doch seine Fähigkeit zum Truppentransport über das Meer unter Beweis gestellt. Offenbar ließen sich die Spartaner von dem Mißerfolg gegen Polykrates nicht entmutigen, sondern wetzten die Scharte bald danach wieder aus, indem sie in einer weiteren Seeunternehmung den Tyrannen Lygdamis von Naxos stürzten (Plut. mor. 859d; vgl. 236c). Als etwa zehn Jahre später, um 516 v. Chr., der Nachfolger des Polykrates, Maiandrios, aus Samos vertrieben wurde, suchte er vergeblich den spartanischen Basileus Kleomenes dazu zu bewegen, ihn wieder in seine Heimat zurückzuführen (Hdt. 3,148). Sparta setzte seine anti-tyrannische Politik fort und schickte im Jahr 511 per Schiff ein Kontingent von Soldaten zum athenischen Hafen Phaleron, um den Tyrannen Hippias zu stürzen. Das spartanische Heer unter dem Kommando des Spartiaten Anchimolios wurde jedoch mit Hilfe thessalischer Reiter von den Peisistratiden geschlagen und auf die Schiffe zurückgedrängt (Hdt. 5,63).12 Einen anderen Charakter hatte hingegen die zivile Unternehmung des Dorieus, des Halbbruders von Kleomenes I., der, weil er in der Königsnachfolge unberücksichtigt blieb, Sparta den Rücken kehrte, um zunächst an die libysche Küste und zwei Jahre später nach Sizilien zu segeln, wo er die Stadt Herakleia am Berg Eryx gründete (Hdt. 5,42 ff.). Schließlich sei noch die spartanische Intervention im Jahr 490/491 auf der Insel Ägina erwähnt, mit der die Könige Kleomenes und Leotychidas die Stellung von Geiseln erzwangen, die sie dann nach Athen brachten (Hdt. 6,73). 11 12

Z. B. Welwei (2004) 101. Kennell (2010) sieht Hdt. 3,54,1 im Gegenteil als Beleg für eine „Spartan navy“ im 6. Jahrhundert an, was ebenfalls übertrieben ist. Das im Anschluß daran ausgesandte größere Heer unter Kleomenes rückte auf dem Landweg nach Attika ein (Hdt. 5,64).

Die Seemacht Sparta

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Für die erste Phase unseres Zeitraums können wir nunmehr zusammenfassen, dass Spartas militärische Stärke ohne Zweifel zuvörderst in seinem Hoplitenheer und in dessen Landoperationen bestand. Da Sparta jedoch ‚international‘ sehr aktiv war und seine Interessen bis ins ferne Kleinasien hinein reichten, mußte es seine Truppen immer wieder zur See über größere Entfernungen hinweg transportieren, und dafür besaß es offenbar die entsprechenden Kapazitäten. Wir müssen wohl annehmen, dass zu diesen Truppenbewegungen private Transportschiffe herangezogen wurden.13 Diese werden aus den Periökenstädten rekrutiert worden sein, aber schon um die Schiffe zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zusammenzuziehen, bedurfte es einer gewissen Organisation und einiger Personen, die mit dieser Aufgabe betraut wurden.14 Die so zusammengestellte Transportflotte versammelte sich höchstwahrscheinlich in Gytheion, dem geeignetsten Hafen im spartanischen Gebiet und von der Stadt Sparta aus gut zu erreichen.15 Zusätzlich zu dieser mehr oder weniger improvisierten Transportflotte begann Sparta am Ende dieser Phase vielleicht allmählich schon mit dem Bau eines kleinen Kontingents von Kriegsschiffen, spätestens in Erwartung des persischen Angriffs gegen das Jahr 490 und danach. Aber eine wirkliche Flotte von Kriegsschiffen besaß Sparta im Gegensatz zu Athen vor dem Perserzug von 481/480 nicht. 2. Die zweite Phase bilden die Zeit des Krieges gegen den Perserkönig Xerxes und die Folgezeit, also die Jahre 481–477 v. Chr. Im Hellenischen Bund, der sich 481 gegen die drohende persische Invasion formte, stand von vornherein fest, daß Sparta als Hegemon den Oberbefehl über die Landtruppen des Bundes haben würde. Das Kommando über die Flotte beanspruchten jedoch zunächst die Athener, da sie von allen griechischen Verbündeten die größte Flotte, nämlich 170 Kriegsschiffe, stellten. Die Verbündeten wehrten sich aber gegen einen athenischen Oberbefehl und setzten durch, daß auch das Kommando zur See an Sparta fiel. Oberbefehlshaber wurde der Kommandant des gesamten spartanischen Kontingents, der Spartiate Eurybiades, der keinem königlichen Haus angehörte (Hdt. 8,1–3; 8,42). Eurybiades war damit Oberbefehlshaber zu Wasser und zu Lande. Herodot und Diodor nennen ihn nauarchos (Hdt. 8,42; Diod. 11,12), der erstere nennt auch seinen Nachfolger als Kommandanten der Flotte, den König Leotychidas, so (8,131). Es erscheint allerdings fraglich, ob der Terminus tatsächlich bereits hier als technische Bezeichnung des spartanischen Amtes zu verstehen ist,16 das dann regelmäßig im Peloponnesischen Krieg besetzt wurde (s. u.), oder ob es nicht anachronistisch verwendet ist und einfach den Kommandanten der Flotte bezeichnet. Herodot berichtet uns (8,1), daß an der Schlacht bei Artemision, die unentschieden ausging, zehn lakedaimonische Schiffe teilnahmen. Für die nächste und ent13 14 15 16

Das nimmt man für die Poleis der archaischen Zeit generell an, vgl. de Souza (1998) 272. In Athen, das bekanntlich ganz andere Verwaltungsstrukturen als Sparta entwickelte, oblag diese Aufgabe den Naukrarien. Dazu vgl. zuletzt Schubert (2008). Zu den Häfen im Periökengebiet und zu ihrer Eignung für den Seehandel vgl. jetzt Thommen (2014) 24–27. So Beloch (1879) 120. Falkner (1994) 496 zieht neben Gytheion auch Las in Erwägung.

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scheidende Seeschlacht bei Salamis stockte Sparta die Zahl seiner Trieren auf 16 auf (8,43). Auch das ist noch ein bescheidenes Kontingent, aber nach den ‚außer Konkurrenz‘ zählenden athenischen und den 40 korinthischen Schiffen lagen die Spartaner damit noch in der Gruppe der mittelgroßen Verbände, zu denen wir z. B. Megara mit 20 oder Sikyon mit 15 Schiffen zählen können. Nach dem Bericht Herodots (8,57 ff.) bestimmte letztlich der athenische Kommandant Themistokles das Verhalten der Griechen bei Salamis. Eurybiades wird teils durch die Drohungen des Atheners, ihr Kontingent abzuziehen, teils durch dessen List, die Perser zum Angriff zu verleiten, wenig Entscheidungsspielraum zugestanden. Hier mag auch die athenische Tradition, die Lorbeeren für den Sieg bei Salamis weitgehend für sich zu beanspruchen, eine Rolle spielen.17 Nach dem Rückzug der persischen Flotte jedoch, als keine unmittelbare Zwangslage mehr bestand, stellte Eurybiades sehr wohl unter Beweis, dass er eigene strategische Vorstellungen besaß. Als Themistokles bei der Beratung in Andros dazu riet, zum Hellespont zu segeln und die persische Schiffsbrücke über den Hellespont zu zerstören, war es der spartanische Kommandant, der als erster widersprach und es vorzog, die persische Flotte nach Kleinasien zurückkehren zu lassen. Seine Position fand die Zustimmung der anderen Verbündeten (Hdt. 8,108). Im Frühjahr 479 versammelte sich die griechische Flotte vor der Insel Ägina. Der damalige Kommandant, der spartanische König Leotychidas, empfing eine Gesandtschaft der kleinasiatischen Griechen, die vorher schon in Sparta bei den Ephoren gewesen war, um eine Befreiung ihrer Städte von der persischen Herrschaft zu erreichen. Im Gegensatz zu früheren ähnlichen Szenarien (s. o.) fanden die Kleinasiaten dieses Mal, in der Folge des griechischen Sieges über die Perser, mehr Gehör. Zunächst beschränkte sich Leotychidas darauf, die Basis seiner Flotte auf die Insel Delos zu verlegen und damit näher an Kleinasien heranzurücken (Hdt. 8,131 f.). Erst einige Zeit später und nach einer erneuten Bitte der Polis Samos führte Leotychidas die Flotte nach Kleinasien; die Griechen hatten sich zu einer Seeschlacht gerüstet; da die gegnerischen Schiffe jedoch aus Furcht eben davor bei Mykale an Land gezogen und dort geschützt wurden, mußten sie sich auf eine Landschlacht einlassen, in der sie einen eindeutigen Sieg errangen (Hdt. 9,90 ff.). Herodot vermittelt den Eindruck, daß Leotychidas die Entscheidungen weitgehend allein getroffen habe, so daß man ihm, ebenso wie seinem Vorgänger Eurybiades, Kompetenzen in der Flottenführung zuschreiben muß. Im Herbst des Jahres 479 entschied Leotychidas, die peloponnesischen Kontingente in die Heimathäfen zurückzuführen. Die unmittelbar folgenden Unternehmungen wurden daher von den Athenern angeführt. Aber im folgenden Jahr entsandte Sparta wieder einen Kommandanten zur griechischen Flotte, nämlich den Regenten Pausanias. An seinen Operationen gegen Zypern und Byzantion nahmen nur 20 peloponnesische Trieren teil, zu denen 30 athenische und weitere der Verbündeten kamen. Unsere Hauptquelle für diese Ereignisse ist jetzt Thukydides (hier 1,94 f.). 17

Nicht zufällig werden noch zwei weitere Athener in das Geschehen einbezogen, nämlich Mnesiphilos als Ratgeber des Themistokles (Hdt. 8,57) und Aristeides als Bote (Hdt. 8,79 ff.), der die Einheit der Athener symbolisiert.

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Schon Pausanias und noch mehr sein Nachfolger Dorkis verspielten aufgrund ihres herrischen Auftretens schnell ihr Ansehen bei den anderen Griechen. Das mag ihnen auch in ihrer Heimat geschadet haben, aber stärker wog wohl die Differenz in den politischen Zielen. Während einzelne Führungspersönlichkeiten wie insbesondere Pausanias expansive Unternehmungen zur See favorisierten,18 scheinen sie dafür in Sparta wenig Unterstützung gefunden zu haben. Thukydides vermerkt, dass in dieser Phase Spartas Interesse an einer Fortsetzung des Krieges gegen Persien nachließ, so daß Dorkis mit dem kleinen peloponnesischen Geschwader in die Heimat zurückkehrte. Zugleich strebten die Athener energisch danach, die Führungsrolle der Spartaner zu übernehmen, und in der Tat schickte Sparta im Jahr 477 keinen Oberbefehlshaber mehr, so daß Athen einen neuen, eigenen Seebund gründete. In der zweiten Phase also verfügte Sparta über ein – wenn auch bescheidenes – Geschwader von Kriegsschiffen, das es in den wichtigen Schlachten auch zum Einsatz brachte. Dafür war es mindestens notwendig, dass die spartanischen Befehlshaber ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten besaßen, Seeoperationen durchzuführen. Ungeeigneten Kommandeuren – beschränkten Bauern, um mit Thukydides zu sprechen – hätten die anderen Griechen den Oberbefehl über die gesamtgriechische Flotte sicherlich nicht anvertraut. Wir können vielleicht annehmen, auch wenn unsere Quellen nichts dergleichen erwähnen, daß die spartanischen Führer die Hilfe erfahrener Schiffsführer aus den Reihen ihrer Alliierten, besonders natürlich der Korinther, in Anspruch nahmen. Auf der anderen Seite ist es kaum vorstellbar, dass sie selbst reine Marionetten in den Händen unbekannter Hintermänner gewesen wären. So etwas hätten die mehr als selbstbewußten Kommandanten wie der König Leotychidas oder der Regent Pausanias niemals akzeptiert. Schon daß sie selbst das Flottenkommando übernahmen, zeigt, daß dieses auch in Sparta eine hochangesehene militärische Aufgabe gewesen ist. Damit widerspreche ich ausdrücklich der Auffassung, die z. B. Kennell vertritt: „That only a small handful of Spartan royals ever deigned to command the fleet is a sign of low esteem in which naval operations were held“.19 3. Die dritte Phase umfaßt den zunehmenden Gegensatz zwischen Athen und Sparta ab 477 v. Chr. und den größten Teil des Peloponnesischen Krieges bis zur Wende im Jahr 412 v. Chr. Nach dem Rückzug der Peloponnesier vom persischen Kriegsschauplatz spielten die spartanischen Schiffe im internationalen Zusammenhang eine untergeordnete Rolle.20 Und doch fällt es gerade in diese Zeit, in den manchmal so genannten Ersten Peloponnesischen Krieg, dass Thukydides die spartanischen Werften in der Stadt Gytheion erwähnt. Er beschreibt nämlich, wie der athenische Stratege Tolmides im Jahr 455 vom Meer aus peloponnesische Orte angriff und dabei auch „die Werft der Spartaner verbrannte“ (1,108,5: καὶ τὸ νεώριον τῶν Λακεδαιμονίων 18 19 20

Nach Forrest (1968) 99 wollte Pausanias die spartanische Seeherrschaft ausbauen. Kennell (2010) 152. Bei der Niederlage der Athener 460 bei Halieis zur See gegen Korinth, Epidamnos und Sikyon werden keine spartanischen Schiffe erwähnt, ebensowenig in der Schlacht bei Kekryphalaia, die von Athen gewonnen wurde.

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ἐνέπρησαν). Da Diodor (11,84,6) die zerstörte Werft in Gytheion lokalisiert, wird ersichtlich, daß das Zentrum der spartanischen Flotte, der Ort, an dem ihre Kriegsschiffe lagerten, gewartet und repariert wurden, die Periökenstadt Gytheion am Ufer des Lakonischen Golfes war.21 Daß Sparta also auch in dieser Zeit über Kriegsschiffe verfügte, ergibt sich auch schon daraus, daß die Spartaner, beginnend im zweiten Kriegsjahr, 430 v. Chr., einen Amtsträger einsetzten, der speziell für die Flotte zuständig war: einen nauarchos, also wörtlich einen Archonten für die Schiffe. Schon die Einrichtung des Amtes zeigt, daß die Spartaner den Seestreitkräften nunmehr eine größere Bedeutung beimaßen. Da es ein Einzelamt ohne die bei den meisten spartanischen Ämtern gegebene Kollegialität war, verlieh es eine beträchtliche Machtfülle.22 Im Lauf seiner Schilderung der Kriegsereignisse erwähnt Thukydides eine Reihe dieser Nauarchen namentlich, und es waren in der Folgezeit nicht immer, aber häufig diese Amtsträger, welche die Seeoperationen nicht nur der Spartaner, sondern des gesamten Peloponnesischen Bundes leiteten. Offenbar haben die peloponnesischen Verbündeten, sogar die Korinther, Spartaner in der Funktion des Oberbefehlshabers der Seestreitkräfte akzeptiert, ähnlich wie es in den Perserkriegen gewesen war. Allerdings muß man feststellen, daß die peloponnesische Flotte in den beiden ersten Jahrzehnten des Krieges keine bedeutenden Erfolge gegen die athenische Überlegenheit erringen konnte. Nachdem Sparta im Sommer 429 erstmals eine Flotte seiner Verbündeten bei Leukas zusammengezogen hatte, gelang es einem athenischen Verbund unter Phormion, das unvorbereitete korinthische Geschwader zu schlagen. Während dieser Schlacht weilte der spartanische Nauarch Knemon, der auch die komplementären Landoperationen leitete, mit einem anderen Teil der Flotte in Leukas (Thuk. 2,80–84). Von den Spartanern wurde er dennoch für den Verlust der korinthischen Schiffe verantwortlich gemacht, denn man schickte ihm drei „Berater für die Flotte“ (ξυμβούλους ἐπὶ τὰς ναῦς), Timokrates, Brasidas (der in den Folgejahren bedeutende Kommandos innehaben sollte) und Lykophron (Thuk. 2,85,1), und verlangte eine Revanche für die ungerechtfertigte Niederlage, sprich eine erneute Seeschlacht. Auch später hören wir von solchen Beratern, im Jahr 412/411 sollen sogar 11 Männer als solche fungiert haben (Thuk. 8,39,2).23 Dies zeigt wiederum, dass eine gewisse Anzahl führender Spartiaten Kenntnisse in 21

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Zur Zeit des Angriffs von Tolmides scheinen keine spartanischen Kriegsschiffe in der Werft gelegen zu haben. Von Thukydides wird jedenfalls keine Zerstörung von Schiffen erwähnt. Falkner (1994) 495; 501 hält die Information Diodors für anachronistisch, da nach ihrer Ansicht Gytheion erst ab 409 v. Chr. zu einer Flottenbasis ausgebaut wurde. Vgl. Beloch (1879) 118, 128 mit Verweis auf die Unabhängigkeit der Amtsträger von Befehlen der Könige. Er übertreibt allerdings, wenn er die Nauarchie als wichtigste Magistratur im Staat einstuft, denn Aristoteles, auf den er verweist, bezeichnet sie auch nur als „beinahe ein zweites Königtum“ (pol. 1271a40). Vgl. zur Stelle auch Sealey (1976) 337 ff., der gegen Beloch argumentiert, daß die Nauarchie erst nach der Schlacht bei Kyzikos als jährliches Amt etabliert worden sei, während die Amtszeit sich bis dahin auf die Dauer des vorgesehenen Unternehmens erstreckt habe. Vgl. dazu auch Piérart (1995) 274 f., der die Unsicherheit aller Aussagen über die Amtszeit der Nauarchen unterstreicht. Diese hatten sogar die Befugnis, den Nauarchen Astyochos abzusetzen, auch wenn sie davon keinen Gebrauch machten, vgl. Beloch (1879) 128; Sealey (1976) 352.

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der Flottenführung besitzen mußte. Dennoch und trotz zahlenmäßiger Überlegenheit agierte die peloponnesische Flotte höchst vorsichtig und hatte größten Respekt vor der athenischen Erfahrung zur See, wie Thukydides mehrfach betont (2,85–89). Zu Beginn der folgenden Kämpfe konnten die spartanischen Kommandanten tatsächlich einige athenische Schiffe erbeuten. Nachdem jedoch bei der Verfolgung der übrigen unerwartet ein leukadisches Schiff versenkt wurde, auf dem auch der Spartaner Timokrates fuhr, geriet die Flotte wieder in Unordnung und wurde in die Flucht geschlagen (Thuk. 2,90–92). Auch die Seeunternehmungen im Jahr 427 brachten nur geringe Erfolge für Sparta. Eine Flotte von 40 Schiffen unter dem Kommando des Nauarchen Alkidas wurde zwar nach Mytilene geschickt (Thuk. 3,16,3; 3,26,1), kam aber zu spät, um die Kapitulation der Insel gegen die Athener zu verhindern (Thuk. 3,27,1) und mußte sich schließlich wieder aus der Ägäis zurückziehen (3,29–33). Bei einem anschließenden Unternehmen gegen Kerkyra erbeutete die ansehnliche peloponnesische Flotte von 53 Einheiten einige feindliche Schiffe, wich aber bei Ankunft eines größeren athenischen Geschwaders ganz aus den Gewässern zurück (Thuk. 3,69–81). Brasidas hatte dem Alkidas zwar zu einem Angriff auf Kerkyra geraten, was für Thukydides selbst offenbar erfolgversprechend gewesen wäre, konnte aber seinen Nauarchen, dem er eben nicht gleichstand (ἰσοψήφου δὲ οὐκ ὄντος: 3,79,3) nicht davon überzeugen. Wiederum zwei Jahre später, im Jahr 425, ereilte Sparta die bekannte Katastrophe bei Pylos: Die peloponnesische Flotte, bestehend aus 43 spartanischen und alliierten Schiffen, versuchte unter dem Kommando des Nauarchen Thrasymelidas vergeblich, die auf der Insel Sphakteria vom Feind gefangengesetzten Spartiaten zu befreien (Thuk. 4,11–14). Hier begegnen wir wiederum dem Brasidas, der ein Schiff befehligte und bei einem Landemanöver schwer verletzt wurde; seine dabei bewiesene Tapferkeit wird von Thukydides rühmend hervorgehoben (4,11,4–12,1). Um einen Waffenstillstand zu erhalten, lieferten die Spartaner schließlich sämtliche Trieren aus, die vor Pylos und der lakonischen Küste lagen, nach Thukydides (4,16) etwa 60 Schiffe. Wie schon bei früheren Aktionen die peloponnesische Flotte überwiegend von den Verbündeten gestellt worden war,24 so wird zwar auch vor Pylos auf die Schiffe der Verbündeten verwiesen, und Brasidas soll von diesen sogar die Opferung ihrer Schiffe verlangt haben, um die Landung zu erzwingen, aber das von Brasidas selbst kommandierte und dabei zerstörte Schiff dürfte ein spartanisches gewesen sein (Thuk. 4,11,4), und die Schiffe, die aufgrund des bald darauf vereinbarten Waffenstillstands an Athen übergeben wurden, wurden zum Teil aus anderen Orten Lakoniens herbeigeholt.25 Dennoch bekräftigt Thukydides gerade anläßlich des Kampfes um Pylos und Sphakteria seine hier eingangs referierte Position und hält fest: „Denn damals standen die einen noch in dem Ruf, eine Landmacht zu sein

24 25

429 überwiegend von Korinth; 427 ist die Zahl der Schiffe aus Leukas und Ambrakia genannt, die natürlich auch ein direktes Interesse an der Unternehmung hatten. Timokrates fuhr auf einem leukadischem Schiff, s. o. Das ergibt sich schon aus den Zahlen: Etwa 60 Schiffe wurden den Athenern übergeben (4,16,3), während die spartanische Flotte beim Angriff auf Pylos nur 43 Schiffe gezählt hatte (4,11,2). Eine ausdrückliche Bestätigung gibt dann aber auch Thuk. 4,16,1.

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und das stärkste Heer zu haben, die anderen, daß sie ein Seefahrervolk und auf ihren Schiffen ganz überlegen seien“ (4,12,3). Die den Athenern übergebenen Schiffe waren für Sparta dauerhaft verloren, denn obwohl die Rückgabe vertraglich vereinbart war, haben die Athener sich nicht daran gehalten unter dem Vorwand, der Vertrag sei zuvor von Sparta gebrochen worden. Da die auf Sphakteria Gefangenen ausschließlich Spartaner waren und der Waffenstillstand daher vorrangig spartanischen Interessen diente, stimmt dazu, daß die ausgelieferten Schiffe zu einem gewissen Teil den Spartanern und nicht nur den Verbündeten gehörten, die wohl kaum viele Schiffe widerstandslos für das Eigeninteresse Spartas geopfert hätten. Daher scheint Sparta in der Anfangszeit des Peloponnesischen Krieges ein deutlich stärkeres Flottengeschwader als noch im Perserkrieg gehabt zu haben. Nach der schmachvollen Niederlage bei Pylos hatten die Spartaner tatsächlich kaum noch Schiffe zu ihrer Verfügung, so daß Athen 424 die der Peloponnes südlich vorgelagerte Insel Kythera relativ leicht gewinnen konnte (Thuk. 4,53). Im darauffolgenden Winter wollte Brasidas, nunmehr Oberkommandeur eines spartanischen Heeres, während seines Zuges an der Nordküste der Ägäis Kriegsschiffe bauen lassen, um gegen athenische Stützpunkte in dieser Gegend vorzugehen, aber wegen anderer Vorhaben kam der Flottenbau nicht zur Ausführung (Thuk. 4,108,6). Zehn Jahre später, im Sommer 414, waren es gerade einmal zwei spartanische Schiffe, die, zusammen mit zweien aus Korinth, den Spartiaten Gylippos als Befehlshaber nach Syrakus brachten, das Sparta um Hilfe gegen den großen athenischen Angriff gebeten hatte. Das kleine Geschwader, das nachkommen sollte, bestand aus 10 Schiffen aus Korinth, zwei aus Leukas und drei aus Ambrakia. Die Hilfe Spartas fiel wohl weniger deshalb so bescheiden aus, weil es dem Verbündeten mit gleicher Münze zurückzahlen wollte (s. o.), als vielmehr deshalb, weil es in diesem Fall die Last ganz besonders Korinth als der Mutterstadt von Syrakus auferlegen konnte, und weil es selbst kaum mehr über nennenswerte Seestreitkräfte verfügte. Im Jahr darauf wurden denn auch 600 Hopliten, und zwar ausgewählte Heloten und Neodamoden unter Führung des Spartiaten Ekkritos, auf Transportschiffen zur Verstärkung nach Syrakus geschickt (Thuk. 7,19,3; 7,58, 3). Zu der Expedition 413/412 nach Chios wollte Sparta eine Flotte von 40 Schiffen des Peloponnesischen Bundes aufbieten, davon zunächst zehn eigene Schiffe unter dem Kommando des Nauarchen Melanchridas; wegen eines Erdbebens wurde dann der Spartiate Chalkideus mit nur fünf Trieren abgesandt (Thuk. 8,6–8).26 Bemerkenswert ist, was Thukydides über die Leitung des Unternehmens mitteilt. Bei einer Beratung des Peloponnesischen Bundes in Korinth beschlossen die Verbündeten, zuerst unter dem Kommando des Chalkideus nach Chios zu fahren, dann nach Lesbos unter Alkamenes, den der Basileus Agis ausgewählt hatte, und schließlich zum Hellespont, wo Klearchos das Kommando übernehmen sollte (8,8). Tatsächlich lief die Flotte dann – offensichtlich hatte sich Agis über den früheren Beschluß hinweggesetzt – unter Alkamenes aus, der aber bald nach der Abfahrt im Kampf mit den 26

Die Angaben des Thukydides über die Zahl der Schiffe im Verlauf der Operation sind nicht konsistent, vgl. die detaillierte Untersuchung von Lapini (2006).

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Athenern fiel (8,10). Bei der erneuten Ausfahrt hatte nun Chalkideus, unterstützt von Alkibiades, das Kommando inne (8,12–14). Ein anderer Teil der peloponnesischen Flotte, die 412 sogar einen kleinen Erfolg verbuchen konnte, wurde nach der Rückkehr nach Korinth vom Nauarchen Astyochos übernommen (8,20). Auch für das folgende Jahr 411 werden mehrere Spartaner als Flottenführer genannt (Thuk. 8,87,6; 8,107,2). Offenbar war also das Kommando über die Flotte bzw. über Teile der Flotte unter den Spartiaten ebenso begehrt wie umstritten, und es mangelte unter ihnen nicht an Männern, die für diese Aufgabe geeignet erschienen. Die dritte Phase zeigt also die Bemühungen Spartas, zur See zumindest zu kleineren Operationen fähig zu sein. Durchschlagende Erfolge wurden aber nicht erzielt, und die spartanischen Kontingente traten besonders zwischen 425 und 413 kaum in Erscheinung, so daß das eingangs zitierte apodiktische Urteil des Thukydides vor allem mit den Verhältnissen in dieser Kriegsphase übereinstimmt. 4. Unsere vierte Phase lassen wir im Jahr 412 v. Chr. beginnen, weil Sparta dann zu der Erkenntnis gelangte, daß es mit der bis dahin praktizierten Strategie den Krieg nie gewinnen würde und daher seine Pläne grundsätzlich änderte. Um einen endgültigen Sieg über Athen zu erringen, setzte Sparta auf die Konstruktion einer größeren Flotte. Ein solches Unterfangen erforderte jedoch erhebliche Geldmittel und war daher nur mit der finanziellen Hilfe Persiens möglich. Einen ersten Vertrag mit dem persischen Satrapen Tissaphernes schloß der Befehlshaber Chalkideus im Namen Spartas ab.27 Mit dem von Tissaphernes gezahlten Geld konnten die Peloponnesier und Sizilier 50 oder 55 Schiffe ausrüsten und unter dem Kommando des Therimenes nach Ionien zu Astyochos schicken, um Milet zu halten (Thuk. 8,26; 8,29).28 Ein neuer Vertrag mit Tissaphernes im Jahr 411 brachte keine entscheidenden Fortschritte. Die Unterstützung durch die phönikische Flotte blieb aus, und die Subsidien des Satrapen flossen unregelmäßig und nicht in der zugesagten Höhe. Athen blieb in der Lage, wichtige Seeschlachten wie die von Kyzikos 410 für sich zu entscheiden. In der folgenden Zeit könnte die Inschrift entstanden sein, in der Sparta freiwillige Beiträge zur Kriegsführung von Privatleuten und fremden Poleis auflistet. In der siebten Zeile dieses fragmentarischen Textes steht das Wort τριερε, dessen verlorener Zusammenhang in den modernen Interpretationen als Zahlung von Sold für Schiffsmannschaften wiederhergestellt wird.29 27 28 29

Thuk. 8,17 ff. Chalkideus hielt sich zusammen mit Alkibiades im gerade gewonnenen Milet auf, von wo er leicht Kontakte zu Tissaphernes knüpfen konnte. 20 von diesen Schiffen kamen aus Syrakus, 2 aus Selinus. Vgl. zu den Zahlen und zur Crux bei Thuk. 8,29,2 Lapini (2006), der für eine Zahl von 50 Schiffen plädiert.. IG V,1 1 + SEG 39,370 (= ML 67). Die Datierung in die Zeit von 410–408 ist von Piérart (1995) und anderen vertreten worden. Ein zusätzliches Argument für diese Datierung könnte sein, daß der in Z. 6–7 verzeichnete Beitrag wohl direkt an die im Einsatz befindliche spartanische Flotte geflossen ist, denn ein solcher konkreter Verwendungszweck wird nur an dieser Stelle genannt, während für die anderen Beiträge, die nach Sparta gebracht worden sein dürften, die allgemeine Formulierung ποττὸν πόλεμον verwendet wird. Auch wenn die Inschrift mit anderen Historikern in eine frühere Phase des Peloponnesischen Krieges oder in den Korinthischen Krieg datiert werden müßte, bestätigt sie, daß Sparta selbst den Einsatz und die Finanzierung von Kriegsschiffen organisierte.

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Erst ab 407, mit der erheblich massiveren Unterstützung des Perserprinzen Kyros, gelang es dem Nauarchen Lysandros, die spartanische Flotte entscheidend zu vergrößern. Doch unter seinem Nachfolger Kallikratidas wurden 406 selbst die 140 spartanischen Trieren in der Schlacht bei den Arginusen von der immer noch starken und sehr erfahrenen Flotte der Athener geschlagen und erheblich dezimiert. Es sollte jedoch der letzte athenische Sieg bleiben. Mit dem Geld des Kyros ließ Sparta neue Schiffe im kleinasiatischen Ephesos bauen und brachte die Zahl seiner Schiffe auf 200. 405 gewann es, geführt von dem Epistoleus,30 eigentlich dem Unterbefehlshaber, Lysander anstelle des in Sparta zurückgehaltenen Nauarchen Arakos, die Schlacht bei Aigospotamoi, die allerdings nicht als wirkliche Seeschlacht geführt wurde, weil die athenische Flotte überraschend angegriffen wurde, als die Athener an Land waren.31 Da jedoch die athenische Seemacht damit gebrochen war, war auch der gesamte Peloponnesische Krieg zugunsten Spartas entschieden. In dieser Phase wurde Sparta also tatsächlich nicht nur eine bedeutende Seemacht, sondern ersetzte die Seeherrschaft Athens durch seine eigene, auch wenn die peloponnesische Flotte nach dem Ende des Krieges zweifellos wieder erheblich verkleinert wurde. Durch seinen Sieg zur See machte sich Sparta zum alleinigen Hegemon der griechischen Welt und hatte nun sowohl zu Land als auch zu Wasser die absolute Überlegenheit über alle anderen griechischen Staaten inne.32 5. In der fünften Phase jedoch begann die spartanische Führungsposition schon bald wieder zu bröckeln. Für diesen Vorgang waren zwei Faktoren verantwortlich: Einerseits schlossen sich die anderen großen griechischen Poleis gegen Sparta zusammen, und andererseits distanzierte sich Persien von Sparta und unterstützte die antispartanische Koalition. 397 ließ der persische Großkönig eine eigene Flotte bauen, statt sich nur der Schiffe der phönikischen Untertanenstädte zu bedienen. (Nach Meinung moderner Historiker setzte der als traditionell geltende, auf die Landstreitkräfte fixierte König Agesilaos dieser Initiative zuwenig Widerstand zur See entgegen.33) Unter dem Kommando des Atheners Konon, der vom Großkönig für diese Aufgabe angeworben worden war, gewann diese Flotte 396 Rhodos und besiegte die Spartaner 394 in der Schlacht bei Knidos (Xen. Hell. 4,3,10–12). Damit endete die spartanische Überlegenheit im ägäischen Meer zugunsten eines Gleichgewichts, das allerdings zunächst noch recht fragil blieb. Im ionischen Meer hingegen konnte Sparta seine Dominanz länger aufrechterhalten. Es blieb 391 gegen Korinth (Xen. Hell. 4,4,19; Plut. Agesilaos 21,2) und 388 gegen Athen (am Kap Zoster, Xen. Hell. 5,1,9) siegreich und verteidigte 387 unter Teleutias sogar seine Herrschaft über die Insel Ägina (Xen. Hell. 5,1,20–24). Erst nach der Gründung des Zweiten Athenischen Seebunds 377 veränderte sich die Lage. Sparta versuchte 376, die erfolgreiche Strategie von 405 zu wiederholen und blockierte unter dem Kommando des Nauarchen Pollis mit 65 Schiffen die Getrei30 31 32 33

Zu diesem Amt vgl. Beloch (1879) 126; 129 f.; Bloedow (2000) passim. Xen. Hell. 2,1,7; 2,1,27 ff. Im Jahr 400 wurde ein Heer unter Thibron nach Kleinasien entsandt (Xen. Hell. 3,1,3). Xenophon sagt nicht, wie es nach Kleinasien kam, wahrscheinlich mit Lastschiffen. Vgl. etwa Kennell (2010) 136.

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dezufuhr Athens. Aber dieses Mal konnte Athen sich befreien, indem der Stratege Chabrias, mit Hilfe der Verbündeten, die spartanische Flotte bei der Insel Naxos besiegte (Xen. Hell. 5,4,61; Diod. 15,34,3–35,1). Und ein Jahr später errang ein anderer Stratege, Timotheos, einen weiteren bedeutenden Sieg gegen die spartanische Flotte von 55 plus 6 ambrakiotischen Schiffen unter dem Nauarchen Nikolochos bei Alyzeia im Ionischen Meer (Xen. Hell. 5,4,65–66; Diod. 15,36,5–6). Mit diesen Niederlagen endete die Bedeutung von Sparta als Seemacht für lange Zeit. Zwar gab Sparta seine Position noch nicht gleich verloren und schickte 374/373 sowohl 25 Schiffe unter dem Kommando des Aristokrates nach Zakynthos, als auch 22 Schiffe unter dem Befehl des Alkidas nach Kerkyra.34 Kurz danach lief sogar ein erheblich größeres Geschwader von etwa 60 Trieren unter Mnasippos aus, um Kerkyra wiederzugewinnen; der athenische Stratege Timotheos hielt das spartanische Kontingent, so Xenophon, für gut trainiert (Xen. Hell. 6,2,12). Aber der Kampf um Kerkyra wurde dann doch zu Land entschieden, und die peloponnesische Flotte zog sich aus Furcht vor den anrückenden athenischen Schiffen unter Iphikrates zurück. Danach hören wir von ihr nichts mehr, und Athens Überlegenheit zur See blieb ungefährdet.35 Wenige Jahre später, 371, erlitt auch das glorreiche spartanische Hoplitenheer seine erste Niederlage in einer offenen Feldschlacht durch die Streitmacht Thebens. In der Folgezeit konnte Sparta, das dann bald ganz Messenien und viele wichtige Verbündete verlor, die Mittel nicht mehr aufbringen, um eine größere Flotte zu finanzieren. Ziehen wir nun einige Schlußfolgerungen aus den fünf soeben betrachteten Phasen der spartanischen Geschichte. Natürlich bleibt unverändert wahr, daß sich die militärische Stärke Spartas in erster Linie auf sein Hoplitenheer gründete. Und insofern war die Stadt tatsächlich die griechische Landmacht. Es kommt mir aber hier darauf an zu betonen, daß Sparta eben nicht ausschließlich Landmacht war. Denn ergänzend dazu wußte die Stadt je nach den Umständen immer wieder auch mit Unternehmungen zur See zu agieren oder zu reagieren. Die Polis im Zentrum von Lakonien war aus vielen Gründen weniger auf das zivile und militärische Seewesen angewiesen als andere griechische Poleis, namentlich natürlich die auf den Inseln. Aufgrund seiner Lakonien weit übergreifenden Interessen kümmerte sich Sparta jedoch schon früh mehr um die Verbindungswege auf dem Meer als andere Städte im Landesinneren wie z. B. Argos oder Theben. Und schon die Größe des Territoriums, das nach der Eroberung von Messenien fast die halbe Peloponnes umfaßte und lange Küstenlinien aufwies, erforderte, auch wenn einige Küstenbereiche vom Meer aus nicht zugänglich waren, einen gewissen Umfang an Schiffahrt zu ökonomischen Zwecken. Auch die Verwaltung der Insel

34 35

Diod. 15,45–47. Diese Expeditionen werden von Xenophon nicht erwähnt. Xen. Hell. 6,2; Diod. 15,45–47. Die Berichte Xenophons und Diodors weichen beträchtlich voneinander ab. Z. B. verfügte Mnasippos nach Diodor über 65 Schiffe, nach Xenophon über 60 Schiffe, und Xenophon zählt auch die Verbündeten Spartas auf, die zur Ausrüstung der Flotte beitrugen. Zur machtpolitischen Lage in dieser Phase vgl. auch Dreher (1995) 124 f.

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Kythera, die Sparta Mitte des 6. Jahrhunderts den Argivern gewaltsam abgenommen hatte, erforderte regelmäßigen Seeverkehr.36 Um jedoch eine ständige Flotte von Kriegsschiffen zu unterhalten, fehlten Sparta, wie Perikles bei Thukydides feststellt, die finanziellen Mittel. Aber darüber hinaus fehlten auch die geeigneten Mannschaften, denn in der spartanischen Sozialstruktur existierte die Schicht von armen Bürgern nicht, die in Athen von den Theten gebildet wurde, und die sich auch in Korinth oder in Syrakus fand. Die Heloten hatten das Land der Spartiaten in Lakonien und Messenien zu bewirtschaften, und die in separaten Orten verstreut siedelnden Periöken besaßen ihre eigene gesellschaftliche und ökonomische Struktur, über die wir jedoch wenig wissen. Über weite Strecken der spartanischen Geschichte war eine eigene Flotte auch gar nicht notwendig. Häufig reichte es aus, die Hopliten mit Handelsschiffen zu ihrem Einsatzort zu bringen. Diese Schiffe waren in den Händen der Periöken, die man offenbar zu solchen Einsätzen heranzog. Und mehrere Periökenstädte verfügten auch über Hafenanlagen. Das gilt allen voran für die beiden Orte im lakonischen Golf, nämlich Gytheion und Asine.37 Da sie die größten Häfen Lakoniens besaßen und von Sparta aus relativ schnell und gut erreichbar waren, lagen hier auch die spartanischen Trieren vor Anker, und außerdem wurde hier die nötige Infrastruktur errichtet und vorgehalten, namentlich die Werften zur Instandhaltung und Reparatur der Schiffe. Eine kleine Einheit von spartanischen Trieren war offenbar im Hafen von Gytheion ständig bereit, innerhalb von kurzer Zeit auszulaufen. In Kriegszeiten wurde sie entsprechend verstärkt. Die Schiffsmannschaften bestanden in der ersten Zeit sicherlich aus Periöken, die man vielleicht mit einigen Heloten verstärkte, und mußten ein entsprechendes Training absolvieren, ohne das die nötigen Manöver auf dem Wasser nicht ausgeführt werden konnten.38 Ab der Mitte des fünften Jahrhunderts v. Chr. dienten, analog zu den Landstreitkräften, zunehmend Heloten und Söldner als Ruderer auf der Flotte.39 Aber die Befehlshaber der Flotte und der einzelnen Schiffe, die Trierarchen, waren Spartiaten, darunter Mitglieder der obersten Schicht. Thukydides teilt uns eine ganze Reihe von Namen mit, deren Träger als Befehlshaber eingesetzt wurden, und zwar noch zusätzlich zu den jeweils amtierenden Nauarchen.40 Da man wohl niemandem, der von der Seefahrt und vom Seekampf keinerlei Kenntnisse hat, solche Kommandos anvertraut hätte, müssen wir annehmen, daß zumindest ein Teil, wenn nicht alle Spartiaten während ihrer militärischen Ausbildung, der agogē, auch 36

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Thuk. 4,53 betont die Bedeutung der Insel für Sparta und berichtet über den regelmäßigen Einsatz eines Amtsträgers und einer Garnison; außerdem sei die Insel Anlegeplatz für Frachtschiffe aus Nordafrika gewesen. Daß er sie auch als Schutz gegen Überfälle vom Meer her bezeichnet, deutet darauf hin, daß dort auch spartanische Kriegsschiffe stationiert waren. Zu Gytheion s. o. Zu Asine vgl. Thuk. 4,13,1; 6,93; 6,104. Thuk. 8,22,1 erwähnt den Periöken Deiniadas als Kommandeur eines Flottenkontingents – sicherlich eine Ausnahme, aber ein Beleg für die See-Erfahrung von Periöken. Vgl. Hodkinson (1993) 152 f. mit Verweis auf Xen. Hell. 7,1,12 und Myron FGrH 106 F 1. Vgl. die Zusammenstellung bei Hodkinson (1993) 153 ff. für die Zeit von 429 bis 370 v. Chr. Hodkinson schätzt die Zahl der auswärts zu Wasser und zu Land eingesetzten Spartiaten in dieser Zeit auf bis zu 100 pro Jahrzehnt. Zu ihrer hohen sozialen Stellung vgl. Hodkinson (1993) 157 ff.

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auf diese Aufgaben vorbereitet wurden. Damit dürfte man unmittelbar nach den Perserkriegen begonnen haben, als die Bedeutung militärischer Einsätze zur See sich für die griechische Welt sprunghaft vergrößert hat. Die Ausbildungseinheiten könnten in den genannten Häfen von Gytheion und Asine durchgeführt worden sein; eine gewisse Kooperation mit Korinth, der wichtigsten Seemacht des Peloponnesischen Bundes, wäre denkbar. Auch wenn die spartanische Flotte die längste Zeit auf eine bescheidene Zahl von Schiffen beschränkt blieb, und auch wenn die Vormacht des Peloponnesischen Bundes sich über längere Zeit stärker auf die Schiffe ihrer Verbündeten stützte, so vergrößerte Sparta doch in wichtigen Phasen der Kriegsführung sein eigenes Engagement zur See. Dieses Engagement begann in den Perserkriegen und wiederholte sich auf niedriger Stufenleiter in der ersten Zeit des Peloponnesischen Krieges. In der Geschichte der spartanischen Seestreitkräfte gab es jedoch eine herausragende Phase, die vierte in unserer Einteilung, als sich die Spartaner nach einer langen Zeit des unentschiedenen Kampfes gegen Athen entschlossen, persische Finanzmittel zum Bau einer großen Flotte in Anspruch zu nehmen. Nachdem sie mit dieser Flotte den Peloponnesischen Krieg für sich entschieden hatten, konnten sie die damit gewonnene Überlegenheit zur See für mehrere Jahrzehnte aufrechterhalten. Bis 394 hatte Sparta die Seeherrschaft in der Ägäis inne, bis 375 im ionischen Meer, und muß daher in dieser Zeit tatsächlich als eine bedeutende Seemacht angesehen werden. Man könnte also sogar von einer kurzfristigen Thalassokratie Spartas sprechen.41 Bei einigen antiken Autoren war es beliebt, eine Art Stammbaum der Monarchen und Staaten zu erstellen, die sich in der Beherrschung des Meeres ablösten, das in der antiken Perspektive natürlich immer das Mittelmeer war.42 Herodot etwa (3,122) und Thukydides (1,4) nennen zuerst Minos, den legendären König von Knossos, Herodot fährt dann fort mit Polykrates, dem Tyrannen von Samos. Eusebios von Cäsarea im 4. Jahrhundert n. Chr. bezieht sich auf Diodor und zählt nicht weniger als 17 Völker auf, die die Thalassokratie innegehabt hätten. In dieser Reihe nennt er auch Sparta, welches für zwei Jahre, wohl von 517 bis 515 v. Chr. das Meer beherrscht habe,43 eine Angabe, die für uns schwer nachvollziehbar ist, da wir aus dieser Zeit nur die Unternehmungen des Dorieus (s. o.) kennen, die nun wirklich nicht auf die Errichtung einer Seeherrschaft zielten. Obwohl ich mich im vorstehenden auf die archaische und klassische Zeit beschränkt habe, soll darüber hinausgehend zum Schluß noch erwähnt werden, daß der spartanische König und Tyrann Nabis in den letzten Jahren des 3. Jahrhunderts v. Chr. noch einmal eine Flotte bauen ließ, die er jedoch 194 seinen Gegnern Rom, Rhodos und Pergamon bis auf zwei Transportschiffe ausliefern mußte. Auch in die-

41 42 43

Zu diesem Begriff, auf den hier nicht eingegangen wird, vgl. H. Kopp im vorliegenden Band. Vgl. de Souza (1998) 277 ff. Chronikon I p. 225 Schoene. Vgl. de Souza (1998) 287 f.: die Liste „is more of an intellectual fantasy than a serious piece of historiography“.

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Martin Dreher

ser Zeit war Gytheion der Standort der spartanischen Flotte, das hart umkämpft war und von den Kriegsparteien mehrmals erobert wurde.44

44

Pol. 13,8,1 f.: Liv. 34,32,18; 34,35,9; 34,36–39; 35,13,1 ff.; 35,27,14 ff. Vgl. Kennell (2010) 183: „Sparta’s main port was always Gytheum (Strabo 8.3.12, 5.2)“.

JÜDISCHE SEEMACHT? Monika Schuol Im späten ersten nachchristlichen Jahrhundert konstatiert Flavius Josephus in seiner Schrift Contra Apionem (1,12 [60]): ἡμεῖς τοίνυν οὔτε χώραν οἰκοῦμεν παράλιον οὔτ᾽ ἐμπορίαις χαίρομεν οὐδὲ ταῖς πρὸς ἄλλους διὰ τούτων ἐπιμιξίαις, ἀλλ᾽ εἰσὶ μὲν ἡμῶν αἱ πόλεις μακρὰν ἀπὸ θαλάσσης ἀνῳκισμέναι, χώραν δὲ ἀγαθὲν νεμόμενοι ταύτην ἐκπονοῦμεν … Wir bewohnen nämlich weder ein Land am Meer noch haben wir Freude am Handel und dem dadurch entstehenden regen Verkehr mit anderen. Vielmehr sind unsere Städte landeinwärts gelegen, fern vom Meer; und wir besitzen ertragreiches Land und bebauen dieses […].

In dieser apologetischen Schrift, gerichtet an ein stadtrömisches nicht-jüdisches Publikum aus der gebildeten Oberschicht, will Josephus das Judentum gegen die in der Antike kursierenden böswilligen Unterstellungen und Verleumdungen verteidigen und seine für derartige judenfeindliche Vorurteile empfänglichen Zeitgenossen durch Sachinformationen und Argumente eines Besseren belehren. Um das Judentum in ein günstigeres Licht zu rücken, streicht er z. B. das hohe Alter des jüdischen Volkes heraus (c. Ap. 1,12‒21 [60‒160]), datiert den Jerusalemer Tempel möglichst hoch hinauf und grenzt seine Landsleute gegen die geldgierigen Phönizier ab;1 möglicherweise wendet sich Josephus in der zitierten Passage auch gegen das in der antijudaischen Polemik der Antike omnipräsente Bild des faulen Juden, der schon als Kind von seiner Mutter das Betteln gelernt habe (Mart. 12,57) und am Sabbat alle Arbeiten (Seneca, De superstitione [Aug. civ. 6,11]), selbst die notwendigsten Tätigkeiten im Krieg (Agatharchides von Knidos [Ios. c. Ap. 1,208‒212 [22]) oder in der Seefahrt (Syn. epist. 4), einstelle ‒ und vor allem: Er benennt, wie auch an anderen Stellen seines Werkes (Ios. c. Ap. 2,31 [229]; 2,41 [294]), die Landwirtschaft als ökonomische Basis der Juden, parallelisiert also die jüdische mit der römischen Lebensweise und rückt auf diese Weise das jüdische Normen- und Wertesystem ganz nah an das römische heran. Im Folgenden liegt der Fokus jedoch nicht auf Josephus’ Strategie, einen gemeinsamen jüdisch-römischen Normen- und Wertekodex nachzuweisen, um Roms Wohlwollen auf seine zu Iudaei togati2 stilisierten Glaubensgenossen zu lenken. Vielmehr geht es um Josephus’ Charakterisierung Palästinas als eine ins Landesinnere orientierte und dem seegestützten Fernhandel abgeneigte Region. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob sich Josephus’ Statement „Wir bewohnen kein Land

1 2

Feldman – Levison (1996); Gerber (1997); Barclay (2000) 231‒245; Labow (2005) 44‒160; Siegert (2008) 11‒63; Tilly (2011) 77‒101. Barclay (2000) 232.

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am Meer“ tatsächlich so uneingeschränkt auf die jüdische Machtpolitik und Herrschaftspraxis übertragen lässt. Ist eine Orientierung zum Meer, vielleicht sogar die Ausübung von Seemacht, für die Juden wirklich so undenkbar, wie es der apodiktische Duktus in Contra Apionem vermuten lassen könnte? Die Skepsis an der von Josephus konstatierten jüdischen Abneigung gegen das Meer und den Seehandel stützt sich auf Philo, der in Legatio ad Gaium eine völlig andere Perspektive auf die jüdische Lebensweise eröffnet (7,47 [552 f.]): … πᾶσα δὲ θάλαττα φορτηγοῖς ὁλκάσιν ἀκινδύνως διαπλεῖται κατὰ τὰς ἀντιδόσεις ὧν ἀλλήλαις ἀγαθῶν ἀντεκτίνουσιν αἱ χῶραι κοινωνίας ἱμέρῳ, τὰ μὲν ἐνδέοντα λαμβάνουσαι, ὧν δ᾽ ἄγουσι περιουσίαν ἀντιπέμπουσαι … […] jedes Meer wird ohne jedes Risiko von vollbeladenen Handelsschiffen befahren, um mit allen Ländern die nützlichen Güter zu tauschen, die sie einander anbieten in ihrem natürlichen Bedürfnis nach gemeinsamem Verkehr, so dass jedes Land bekommt, was es benötigt und im Gegenzug die überschüssigen guten Waren in die Fremde liefert […].

Dem Blick des Jerusalemers Josephus konträr entgegen steht also die Sichtweise des Alexandriners Philo.3 Um der Frage nach einer jüdischen Seemacht nachzugehen, werde ich den Betrachtungszeitraum ausdehnen vom alttestamentlichen Königtum bis in die römische Kaiserzeit, um ausgehend von den ältesten geopolitischen Gegebenheiten die Entwicklung jüdischer Seemachtsbestrebungen nachzuzeichnen. Auf dieser Grundlage sollen längere Kontinuitätslinien jüdischer Seemachtsbestrebungen ausfindig gemacht und ihre Realisierbarkeit angesichts der Mächtekonstellationen im vorderasiatisch-ägäischen Raum diskutiert werden. Dabei richtet sich der Blick vor allem auf die an der östlichen Mittelmeerküste gelegenen Hafenplätze und ihre Funktion: Lässt ihre Nutzung tatsächlich und automatisch auf Seemachtsambitionen der Juden schließen oder sind ihnen vielleicht ganz andere Funktionen zugedacht? 1. DIE ALTTESTAMENTLICHE KÖNIGSZEIT: DIE REICHE ISRAEL UND JUDA Die jüdischen Staatenbildungen, wie sie unter David und Salomo und dann in der Zeit der getrennten Königreiche Juda und Israel bestanden, sind tatsächlich ‒ ganz im Sinne des Josephus-Textes ‒ Binnenmächte: Der politische und kultische Mittelpunkt ist Jerusalem als der Ort, an dem sich die Identität Israels in besonderer Weise festmacht. Dort haben die Könige ihre Residenz, dort erbaut Salomo den Tempel. Mit der Reichsteilung nach dem Tod Salomos (926 v. Chr.) waren beide, sowohl das Südreich Juda als auch das Nordreich Israel mit der Residenz Samaria zentral regierte Territorialstaaten, die in erster Linie Bergregionen, z. T. aber auch Ebenen (die Jesreel- und Jordan-Ebene) einschlossen. Die Küstenebenen im Südwesten weisen schon in der Zeit der israelitischen Staatenbildung eine hohe Siedlungsdichte auf, vor allem: Sie waren in der Hand der Philister. Die weiter nördlich gele3

Hezser (2011) 161.

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genen Küstenstädte Sidon und Tyros waren die großen phönizischen Hafenstädte.4 Dorthin pflegten David und Salomo intensive Kontakte; und israelitische Handelsunternehmungen führten über das Mittelmeer weit nach Westen (1 Kön 10,11; 10,22: Salomos Tarschisch-Expedition). Die östliche Mittelmeerküste zwischen den Einflussgebieten der Phönizier und Philister wurde in Davids Reich inkorporiert, in dieser Zeit aber nicht als Ausgangspunkt für überseeische Handelsaktivitäten genutzt; Salomo hatte über Edom, eine der Provinzen seines Reiches, Zugang zum Golf von ‘Aqaba und unternahm von dem dortigen neugegründeten Handelshafen Ezeon-Geber aus gewinnbringende Fahrten über das Rote Meer bis zum Horn von Afrika (1 Kön 9,26‒28: „Ophir-Fahrten“). Alle diese Unternehmungen waren aber joint ventures mit den Phöniziern.5 Die fast ‚weltweite‘ Außen- und Handelspolitik eines Salomo ließ sein Reich noch lange nicht zu einer Seemacht avancieren ‒ weder in politischer noch im wirtschaftlicher Hinsicht. 2. PALÄSTINA ALS TEIL DER ALTORIENTALISCHEN UND HELLENISTISCHEN REICHE Auch im nächsten halben Jahrtausend figurierten die beiden jüdischen Reiche als Binnenmächte: Im Zuge der Westexpansion der altorientalischen Reiche, der Assyrer, der Neubabylonier und der Achämeniden in deren Territorium eingegliedert, blieb ihnen keinerlei Spielraum für eine eigenständige, meerwärts orientierte Gestaltung ihrer Außenbeziehungen.6 So kompliziert sich die Geschichte Palästinas unter Alexander und in der Diadochenzeit darstellt (zwischen 323 und 198 v. Chr. wechselte Palästina in den Syrischen Kriegen zwischen den Ptolemäern und Seleukiden sechsmal den Besitzer), so deutlich sind gerade in dieser Zeitspanne mit der fortschreitenden (Selbst-)Hellenisierung des Judentums wegweisende Neuerungen für die weitere jüdische Geschichte.7 Ein Indiz für das wachsende jüdische Interesse an maritimen Aktivitäten ist die Ansiedlung von ersten jüdischen Siedlern in den Küstenstädten Joppe, Jamnia und Akko/Ptolemais im späten 4. und frühen 3. Jahrhundert v. Chr.8 Gerade in der frühen Diadochenzeit erfolgte freilich eine feste 4 5

6 7 8

Zur Entstehung staatlicher Strukturen in der frühen Königszeit als Voraussetzung für die Etablierung von Handelsbeziehungen mit weiter entfernten Regionen vgl. Dietrich (1997) 104‒201, bes. 156‒179. Zu Salomos Fernhandelsbeziehungen vgl. Dietrich (1997) 187‒189; Schipper (1999) 60‒84 (hier auch Diskussion der Beteiligung der Phönizier am Rotmeerhandel bereits im 10. Jahrhundert v. Chr.); Finkelstein – Silberman (2006) 136‒159, bes. 146‒153; Zenger (2008) 635. ‒ Allgemein zur Schifffahrt in alttestamentlicher Zeit vgl. Göttlicher (1997) 151‒158; Patai (1998) bes. 3‒21. ‒ Zu Tarschisch und Ophir vgl. Lipiński (2004) 189‒265. Zu den Reichen Israel und Juda in assyrischer Zeit vgl. Schoors (1998) 92‒98; Oeming (2007); Donner (2008) 261‒413; Kratz (2013) 15‒39. ‒ Zu Israel in achämenidischer Zeit vgl. Gerstenberger (2005) 21‒115. Feldman (1993) 6‒25; Haag (2003) 33‒111; Grabbe (2008) 151‒192; 205‒219; Zenger (2008) 690‒698; Schäfer (2010) 1‒76. Kasher (1990) 28 f.; Hölbl (1994) 17‒25; 121 f.; Donner (2008) 476‒482. ‒ Zu Ptolemais vgl. Kashtan (1988) 37‒53.

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Einbindung dieser bedeutenden Orte in die ptolemäische Wirtschaftsadministration, wobei die ökonomischen Kapazitäten Palästinas (wie auch der anderen ptolemäischen Außenbesitzungen) mit dem Ziel möglichst hoher Steuereinnahmen auch durch gezielte Kolonisationsmaßnahmen, Förderung von lokalem Warenaustausch und Fernhandel einschließlich der Bemühungen um eine entsprechende Infrastruktur erhöht wurden.9 Wirtschaftlich, militärisch und politisch gewann das Meer in ptolemäischer und seleukidischer Zeit, insbesondere im Makkabäeraufstand gegen Antiochos IV. Epiphanes (175‒164 v. Chr.) und seine Nachfolger, für die Juden an Bedeutung.10 3. MAKKABÄER UND HASMONÄER (168‒167 V. CHR.) Insbesondere während des Makkabäeraufstandes und in den darauffolgenden Jahrzehnten wurde das Mittelmeer in politisch-militärische Zielsetzungen einbezogen: Jonathan (160‒142 v. Chr.) betrieb eine gegen das Seleukidenreich gerichtete Expansionspolitik. Im Jahr 145 v. Chr. sagte er sich von Demetrios II. los, ohne dass der Seleukidenherrscher die Unabhängigkeit Judäas formell bestätigte: Ebenso lassen sich Eroberungen an der Mittelmeerküste bis in die Zeit der Makkabäer Judas (165–160 v. Chr.), Jonathan (160–142 v. Chr.) und Simeon (142–134 v. Chr.) zurückverfolgen. Insbesondere der Hafenort Joppe, seit 143/142 v. Chr. in makkabäischer Hand, war Anlass langandauernder Auseinandersetzungen mit den Seleukiden. Die Judäer ließen sich in diesem Kontext wiederholt vertraglich die (moralische) Unterstützung Roms zusichern: In insgesamt fünf jüdisch-römischen Kontrakten, abgeschlossen zwischen 144 und 104 v. Chr., erkannte Rom den jüdischen Staat an, bot Judäa nach dem Makkabäeraufstand politische Stärkung auf dem internationalen Parkett und trug bei zur innenpolitischen Konsolidierung des Hasmonäerstaates.11 Nach der Lossagung Judäas vom Seleukidenreich 140 v. Chr. stützte Rom zumindest ideell die makkabäisch-hasmonäische Unabhängigkeitspolitik mit einer vom Senat 140/139 v. Chr. abgegebenen Schutzgarantie für das jüdische Territorium (Ios. ant. Iud. 13,9,2 [259–266]; 14,8,5 [145–148]; 14,10,22 [247–255]; 1 Makk 14,24; 15,15–28).12 Diese diplomatischen Beziehungen der Makkabäer und Hasmonäer waren sicherlich nicht bedeutungslos für ihre auch nach Westen orientierte Expansion mit Eroberungen an der Mittelmeerküste. Simeons Sohn Hyrkan I. (135‒104 v. Chr.) hatte auf Kosten der Seleukiden sein Territorium auch so weit in 9 10 11

12

Bagnall (1976) 11‒24, 219; Gehrke (2003) 58‒61; Bringmann (2005) 72‒77; Schäfer (2010) 15‒22; 31‒37. Vgl. zusammenfassend Kashtan (2001) 16‒28. Zum Makkabäeraufstand vgl. Bringmann (1983) bes. 15‒28; Bar-Kochva (1989); Haag (2003) 62‒87; Mittag (2006) 230‒281; Zenger (2008) 697‒709. ‒ Zum hellenistischen Priestertum (Oniaden, Makkabäer, Hasmonäer) vgl. Gussmann (2008) 45‒49; 56‒59. ‒ Zum Hasmonäerstaat vgl. Goldstein (1989) 292‒351; Baltrusch (2001) 163‒179; Haag (2003) 87‒95. Zu den jüdisch-römischen Verträgen der Makkabäer- und Hasmonäerzeit vgl. Baltrusch (2002) 83‒113; Bringmann (2005) 126‒137. ‒ Zum historischen Kontext der makkabäischen Kontaktaufnahme mit Rom vgl. auch Kókai Nagy (2010) 107‒115.

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die Küstenregion ausgedehnt, dass am Ende seiner Herrschaft nur noch Ptolemais im Norden und Gaza im Süden jüdischer Kontrolle entzogen waren; dass die Juden tatsächlich an der Nutzung der Hafenplätze interessiert waren, lässt sich dem „Dekret der Pergamener“ (ψήφισμα Περγαμηνῶν) zu Gunsten Hyrkans entnehmen, das zugleich einen entsprechenden Senatsbeschluss aus Rom widerspiegelt (Ios. ant. Iud. 14,10,22 [249 f.]):13 … ἐδογμάτισεν ἡ σύγκλητος, περὶ ὧν ἐποιήσαντο τοὺς λόγους, ὅπως μηδὲν ἀδικῇ Ἀντίοχος ὁ βασιλεὺς Ἀντίοχου υἱὸς Ἰουδαίους συμμάχους ‘Ρωμαίων, ὅπως τε φρούσια καὶ λιμένας καὶ χώραν καὶ ἔι τι ἄλλο ἀφείλετο αὐτῶν ἀποδοθῇ καὶ ἐξῇ αὐτοῖς ἐκ τῶν λιμένων ἐξάγειν, ἵνα τε μηδεὶς ἀτελὴς ᾖ ἐκ τῆς Ἰουδαίων χώρας ἢ τῶν λιμένων αὐτῶν ἐξάγων βασιλεὺς ἢ δῆμος ἢ μόνος Πτολεμαῖος ὁ Ἀλεξανδρέων βασιλεὺς διὰ τὸ εἶναι σύμμαχος ἡμέτερος καὶ φίλος, καὶ τὴν ἐν Ἰόππῃ φρουρὰν ἐκβαλεῖν, καθὼς ἐδεήθησαν … Daraufhin fasste der Senat einen Beschluss bezüglich der Angelegenheiten, die sie [die Gesandten] vortrugen, dass König Antiochos, der Sohn des Antiochos, den Juden, den Bundesgenossen der Römer, kein Unrecht tun solle, dass er die festen Plätze, die Häfen und das Land, und wenn er ihnen sonst etwas weggenommen hatte, zurückerstatte, und dass es ihnen erlaubt sei, Güter aus ihren Häfen auszuführen und kein König und kein Volk zollfrei Waren aus dem Land der Juden und ihren Häfen ausführen dürfe außer Ptolemaios [X. Alexander], König der Alexandriner, weil er unser Freund und Bundesgenosse ist, und dass die Besatzung [des Antiochos] aus Joppe auszuweisen ist.

Diese Eroberungen setzte insbesondere Alexander Jannaios (103‒76 v. Chr.) mit seiner eigenwilligen, risikofreudigen Politik fort: Er nahm alle Städte der südlichen Küstenebene ein, zuerst Raphia und Anthedon, zum Schluss nach langer Belagerung dann das befestigte Gaza, dessen Besitz die Kontrolle der nabatäischen Handelsbeziehungen mit dem Westen ermöglichte. Askalon konnte seine Unabhängigkeit bewahren und übernahm die Funktion von Gaza als Drehscheibe des nabatäischen Fernhandels. Möglicherweise schreckte er auch vor Piraterie nicht zurück, um seine expansionistischen Vorhaben zu realisieren (vgl. Ios. c. Ap. 1,62 [12]), wobei Josephus entsprechende Vorwürfe vehement abstreitet. Unter Alexander Jannaios erreichte das Hasmonäerreich seine größte Ausdehnung. Es erstreckte sich an der Mittelmeerküste vom Berg Karmel bis nach Raphia an der ägyptischen Grenze, im Osten vom Meromsee am oberen Jordan über Gerasa bis zum Land der Moabiter am Toten Meer und schloss im Süden Idumäa bis an den Rand der Negev-Wüste ein.14 Ziehen wir ein Zwischenfazit: Die unter Jannaios Alexander vorangetriebene hasmonäische Expansion schuf die Voraussetzungen für den Aufbau von Fernhandelsbeziehungen und die Kontrolle bereits bestehender Kommunikationslinien zu Land und zur See. Dabei knüpfte er zwar an die administrativen und wirtschaftspolitischen Neuerungen der ptolemäischen und seleukidischen Oberherrn Israels an;15 aber erst in seiner Regierungszeit avancierte der in die eigenen Häfen gelenkte Wa13 14 15

Vgl. zur Stelle Giovannini – Müller (1971) 156‒171; Trebilco (1991) 7 f.; Bringmann (2005) 133 f. Kasher (1990) 139‒143; Haag (2003) 95; vgl. auch Baltrusch – Schuol (2001) 111 f. Gehrke (2003) 53‒61; Haag (2003) 95‒104; Bringmann (2005) 72‒77; Grabbe (2008) 185‒191; 214‒219.

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renverkehr mit den anfallenden Zöllen und Abgaben neben der Landwirtschaft und dem Handwerk zu einer der wichtigsten Wirtschaftsressourcen im Hasmonäerreich, das nun im Seehandel durchaus in Konkurrenz zu Tyros und Sidon treten konnte und seinen Zugang zum Mittelmeer zunehmend auch zur Realisierung politischmilitärischer Ziele zu nutzen verstand. Einen Hinweis auf die Bestrebungen, die Küstenstädte zu erobern und über sie dem Hasmonäerreich die Beteiligung am Seehandel zu sichern, bieten möglicherweise die Münzen des Jannaios Alexander, die nicht nur das schon auf den Prägungen Hyrkans I. und Aristobulos’ I. bezeugte Füllhorn, sondern auch einen Schiffsanker zeigen.16 Allerdings findet der Anker bereits in der seleukidischen Münzprägung als Hoheitszeichen der Dynastie Verwendung, was besonders deutlich zum Ausdruck kommt in den Gegenstempeln Antiochos’ IV. mit dem Schiffsanker, um die ptolemäischen Münzen als gleichwertig und umlauffähig zu kennzeichnen.17 Der Anker als Motiv auf den Münzen der Hasmonäer verweist also nicht nur auf deren maritime Aktivitäten, sondern dient mit dem Verweis auf die Einreihung in seleukidische Tradition zugleich als Herrscherlegitimation.18 Die Schiffsdarstellungen im Jason-Grab, einem Grabmonument mit prachtvoller Fassade in griechisch-römischem Stil, im Kidrontal in Jerusalem weisen wahrscheinlich auf einen erfolgreichen Handelsherrn oder Kapitän in der Zeit des Jannaios Alexander, als sich Joppe zu einem berüchtigten Seeräubernest entwickelt hatte (Strab. 16,2,28 [759]; 16,2,37 [761]; Ios. ant. Iud. 14,3,2 [43]; Diod. 40,2).19 Das Meer, bereits im Alten Testament (z. B. Jes 23,1; Ez 27,6; Dan 11,30) in enger Verbindung mit dem Westen gedacht, ist also nicht länger Inbegriff der Macht, Gewalt und Bedrohung aus dem Ägäisraum durch die sogenannten Kittäer (Phönizier, Griechen, Römer), sondern verhilft zu wirtschaftlicher Prosperität und Wohlstand.20

16 17

18

19 20

Applebaum (1976) 679; Bringmann (2005) 132‒137. ‒ Zum numismatischen Befund vgl. Meshorer (1982) I, 60‒68; 118‒134 und pl. 4‒24; Meshorer (2001) Typ K‒N; Ostermann (2005). ‒ Zu den Symbolen jüdischer Aktivitäten zur See vgl. Goodenough (1958) 157‒165. Skeptisch gegenüber der Deutung des Ankers als Hinweis auf maritime Aktivitäten der Hasmonäer: Eckhardt (2013) 194 f. mit Anm. 178; zum Anker als Ausdruck der Einreihung der Hasmonäer in hellenistisch-seleukidische Tradition vgl. z. B. auch Gruen (2002) 36 f.; Ostermann (2005) 27 (Erläuterung zu Abb. 10). ‒ Zu den Anker-Gegenstempeln vgl. Mittag (2006) 124‒126 mit den Anm. 136‒139. Goldstein (1989) 334‒336; Ariel – Fontanille (2012) 133 f. (Anker als Symbol sowohl der Verbindung zur hasmonäischen Dynastie als auch der maritimen Aktivitäten); Eyal (2013) 214‒218. ‒ Ausführlicher zur hasmonäischen Münzprägung und ihrer Beziehung zur seleukidischen Münzprägung vgl. Hübner (2005) 177‒184; Eyal (2013) 175‒223. Hengel (1996) 291 f. ‒ Zum Jason-Grab vgl. Rahmani (1967) 61‒100 und Figs. 5a‒b (Schiffsdarstellungen); Foerster (1978) 152‒156; Hachlili (1988) 109; 118; (2005) 34‒36; 148‒150; 163‒166 (zu den Inschriften) und Pl. II-5, Figs. II-5; IV-10‒11; V-1–2. Vgl. zusammenfassend Baltrusch – Schuol (2001) 120‒122.

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4. POMPEIUS (67‒63 V. CHR.) Der Orientierung Judäas zum Mittelmeer und der von Joppe aus betriebenen Piraterie bereitete Pompeius ein Ende: Im Kontext seiner Neuordnung des gesamten östlichen Mittelmeerraumes verkleinerte er den nominell autonom bleibenden hasmonäischen Staat auf die von Juden bewohnten Gebiete (Judäa, Galiläa, Peräa). Die Küstenstädte vom Karmel bis zur ägyptischen Grenze ‒ Dora, Joppe, Jamnia, Asdod, Askalon, Gaza und Raphia ‒ wurden in die Autonomie entlassen und dem syrischen Statthalter unterstellt (Ios. ant. Iud. 14,4,4 [74‒76]; bell. Iud. 1,7,7 [155‒157]); damit war dem jüdischen Reststaat, nun mit dem Hohepriester Johannes Hyrkan II. als Ethnarch an der Spitze und tributpflichtig gegenüber dem Statthalter der Provinz Syria, der Zugang zum Meer versperrt.21 5. HERODES (40/37 V. CHR.‒4 V. CHR.) Erst in der Regierungszeit des Herodes kamen viele dieser einst von Alexander Jannaios dem Hasmonäerreich einverleibten Hafenplätze, dann zeitweilig im Besitz Kleopatras VII., wieder unter judäische Herrschaft, z. B. Gaza, Anthedon, Azotus, Jamnia, Joppe und Stratonsturm. Diese Orte hatte Octavian nach der Schlacht bei Actium (31 v. Chr.) Herodes’ Territorium zugeschlagen. Das Ziel des Princeps war es, das judäische Königreich politisch und wirtschaftlich zu stärken, denn Herodes’ Territorium, gesichert durch ein System von Grenzbefestigungen gegen Nabatäer, Ituräer und Parther, sollte für das Römische Reich die Funktion einer Pufferzone übernehmen.22 Nicht zum Machtbereich des Herodes gehörten Dora im Norden und Raphia und Rhinocoloura im Süden. Neugegründet wurden Agrippias (Anthedon) und Antipatris (Ios. ant. Iud. 13,13,3 [357]; 16,5,2 [142 f.]; bell. Iud. 1,21,8 [415 f.]). Der Hafenplatz Stratonsturm wurde von Herodes als Caesarea Palaestinae neu angelegt, das diesen Namen zu Ehren des Augustus erhielt. In 12-jähriger Bauzeit (22–10 v. Chr.) zu einer hellenistisch-römischen Stadt mit Amphitheater, Palast, Roma- und Augustustempel usw. ausgebaut (Ios. ant. Iud. 15,9,6 [331‒341]; bell. Iud. 1,21,5‒8 [408‒415]), stattete der judäische König diesen Platz mit einem gewaltigen Hafen aus. Gesichert wurde diese Hafenanlage durch Molen von ca. 60 m Breite, Wellenbrecher und zwei die Hafeneinfahrt flankierende Leuchttürme.23 Münzen des Herodes Agrippa I. aus den Jahren 43 und 44 n. Chr. sowie aus der Zeit 21 22 23

Kasher (1990) 176‒179; Baltrusch (2002) 41; 135‒141; Bringmann (2005) 161, 165; Schäfer (2010) 93‒96. ‒ Zur hasmonäischen Piraterie vgl. Isaac (1984) 175; de Souza (1999) 169‒172; Schulz (2000) 436 mit Anm. 44; Baltrusch – Schuol (2001) 110 f. Baltrusch – Schuol (2001) 113; Baltrusch (2012) 122‒126; 134 f. Levine (1975) 11‒14; Braund (1984) 108‒113; Kasher (1990) 198‒206; (2007) 196‒208; Roller (1998) 133‒144; Lichtenberger (1999) 116‒130; Baltrusch (2012) 150‒157. ‒ Zum archäologischen Befund vgl. z. B. Vann (1992); Raban – Holum (1996); Holum – Patrich – Raban (1999); Netzer (2006) 94‒118; Patrich (2011). ‒ Zu den epigraphischen Zeugnissen vgl. Lehmann – Holum (1999); Ameling et al. (2011) 17‒798. ‒ Zu den Münzen vgl. DeRose Evans (2006).

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des ersten jüdisch-römischen Krieges (66–70/74 n. Chr.) stammende Prägungen Neros (66 und 67 n. Chr.) bezeugen für Caesarea den Titel Καισαρία ἡ πρὸς τῷ σεβαστῷ λιμένι.24 In Caesarea residierten die römischen Statthalter: Der Ort war die Hauptstadt der im Jahr 6 n. Chr. konstituierten prokuratorischen Provincia Iudaea bzw. Syria Palaestina (ab 135 n. Chr.) und Palaestina Prima (ab ca. 400 n. Chr.). Deshalb symbolisierte Caesarea in ganz besonderer Weise für die Juden die Abhängigkeit ihres Landes von Rom.25 Caesarea, im 1. Jahrhundert n. Chr. die Stadt mit dem höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil nach Jerusalem, Alexandria/Ägypten, Rom und Antiochia/Orontes, besaß eine Synagoge und war seit dem dritten nachchristlichen Jahrhundert als bedeutendes talmudisches Zentrum Sitz der Rabbanan de­Qesarin („Rabbinen von Caesarea“) mit intensiven Beziehungen nach Babylonien; möglicherweise wurde dort ein Teil des Jerusalemer Talmud redigiert.26 Josephus bezeugt den wirtschaftlichen Erfolg und den infolgedessen erlangten Wohlstand einiger Juden in Caesarea, wo es wegen der von den Juden beanspruchten Bürgerrechte wiederholt zu Konflikten mit der heidnischen Mehrheit kam (Ios. ant. Iud. 20,8,7 [175–177]; bell. Iud. 2,13,7 [266–268]; 2,14,4 [285–288]). In welchem Ausmaß Caesarea von Herodes als Flottenstützpunkt genutzt wurde, muss offen bleiben; dass er Kriegsschiffe besaß und diese auch einsetzte, um seinen Pflichten als Klientelkönig entsprechend die Römer zu unterstützen, bezeugt Josephus (ant. Iud. 16,2,2 [17‒23]; bell. Iud. 1,14,2 [279 f.]). Es ist naheliegend, dass judäische Kriegsschiffe im Hafen von Caesarea vor Anker lagen:27 Sicherlich nicht unbegründet zeigen von Herodes anlässlich der Neugründung Caesareas geprägte Münzen eine Galeere mit Heckverzierung (ἄφλαστον) und Rudern;28 und der Anker im Avers seiner Prägungen verweist in mehrfacher Hinsicht auf Herodes’ Einreihung in hasmonäische Tradition, nämlich die Legitimation seiner Herrschaft durch die Heirat der Hasmonäerin Mariamme und seinen Anspruch auf die beherrschende Position an der östlichen Mittelmeerküste nach hasmonäischem Vorbild;29 last but not least demonstriert die Übernahme dieses seleukidischen Münzsymbols (wie schon bei Alexander Jannaios) sein Selbstverständnis als hellenistischer, weltoffener König, der sich (freilich auch aus machtpolitischem Kalkül) gegenüber nicht-jüdischen Zivilisationen im Mittelmeerraum aufgeschlossen zeigt. 24 25 26 27 28 29

BMC Palestine, 13‒15 (Nr. 5‒35) und Pl. II 11‒15; Kadman (1957) 1‒19; 29; 98‒100; Meshorer (1982) II, 248 f. und pl. 1, no. 5; pl. 2, no. 17‒22; pl 4, pl. 5, no. 1‒5; pl. 13, no. 18; Raban (1992) 68‒74; Barag (1996) 609‒614; Kasher (2007) 197‒199. Levine (1975) 18‒22; Haensch (1997) 227‒237; Patai (1998) 153 f.; Cotton (1999) 75‒81; vgl. auch Eck (2007) 53‒103. ‒ Zum archäologischen Befund vgl. Burrell (1996) 228‒247; Gleason (1996) 208‒227; Netzer (1996) 193‒207. Levine (1975) 22 f., 44‒54, 61‒106 (zu den Rabbinen von Caesarea 95‒98); Stemberger (1992) 176 f.; Murray (2000) 127‒152; zusammenfassend Rosenfeld (2010) 203‒217; Ameling et al. (2011) 28‒30. Rocca (2008) 190‒195, bes. 191‒193; Baltrusch (2012) 165. Meshorer (2001) 65‒72 mit pl. 45, nos. 59‒59i und pl. 46, nos 65‒65b; Baltrusch (2012) 156 und 155 Abb. 7. Rocca (2008) 34 f.; 191; Baltrusch (2012) 279.

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Besser dokumentiert ist, dass Caesarea unter Herodes zum wichtigsten Hafen seines Reiches für den Warenumschlag im Güteraustausch zwischen Ägypten und Rom wurde; auch die Anbindung Palästinas an die Überlandrouten nach Zentralund Ostasien (Seidenstraße) sowie nach Südarabien erfolgte über diese neue Hafenanlage. In Caesarea wurde – wie in früherer Zeit in Joppe (vgl. Ios. ant. Iud. 14,10,6 [205 f.]) – eine Zollstation eingerichtet und einem Pächter übergeben (Ios. bell. Iud. 2,14,4 [287]). Die Hafenzölle und auch die Ankergebühren zählten zu den bedeutendsten Einnahmequellen des Reiches.30 Zudem erfolgte die Erwähnung der großen Hafenorte häufig im Zusammenhang mit dem palästinischen Binnenhandel: Die Waren wurden von ihren Herkunftsgebieten z. B. nach Caesarea oder Joppe gebracht, um durch die Nutzung des Seeweges zeitaufwendige Überlandtransporte zu reduzieren. Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass sich Herodes mit der Gründung und dem Wiederaufbau von Städten demonstrativ in hellenistische Tradition stellte und sich auf diese Weise Raum schuf für repräsentative Bauprojekte an prominenten Plätzen in seinem Reich. Insbesondere Caesarea war für eine derartige Selbstdarstellung des judäischen Königs geeignet: Dem auswärtigen Besucher gewissermaßen als Eingangstor Judäas dienend, war Caesarea geradezu prädestiniert für die Errichtung von Kaiserkultstätten und sonstige Formen der Loyalitätsbekundung gegenüber Augustus. 6. DIE BEIDEN JÜDISCHEN AUFSTÄNDE Caesarea war offensichtlich nicht nur das administrative Zentrum römischer Machtausübung in Palästina. Vielmehr fungierte der Ort wohl auch als Stützpunkt der römischen Truppen und als Ausgangsbasis für militärische Operationen. Diese Bedeutung erlangte Caesarea auf Grund seiner intensiven Einbeziehung in das römische Straßennetz, auf der Tabula Peutingeriana als caput viae der Provinz herausgehoben:31 Nicht nur die Anbindung des prosperierenden Hafenplatzes an den Überlandhandel war auf diese Weise gewährleistet; vielmehr fungierten die neuen Kommunikationswege auch als viae militares und ermöglichten schnelle Truppenbewegungen in alle Teile der Provinz. Titus benutzte 66 n. Chr. die als eine der wichtigsten Verkehrsadern der Antike bekannte via maris, um seine Truppen von Alexandria über Pelusium, Rhinocoloura, Raphia, Gaza, Askalon, Jamnia und Joppe ins aufständische Judäa zu verlegen (Ios. bell. Iud. 4,9,5 [658‒663]). Im ersten jüdisch-römischen Krieg konzentrierten Vespasian und Titus in Caesarea ihre Truppen (Ios. bell. Iud. 3,8,9 [409–411]; 4,9,5 [663]; 5,1,1 [1]), die zuvor aus Ägypten auf der via maris herangeführt worden waren. Von dort aus erfolgten die 30

31

Gabba (1990) 160‒168; Pastor (1997) 98‒115; Roller (1998) 119‒121; Gabba (2001) 118‒125; Schwartz (2006) 38‒43; Rocca (2008) 203‒210; Baltrusch (2012) 156‒158; 198 f.; Arens (2014) 23‒72. ‒ Zu den Einnahmen aus dem Handel und den Hafenzöllen, Ankergebühren etc. in Caesarea vgl. Patrich (2011) 76 f.; 120 f.; Arens (2014) 73‒98. Isaac (1978) 47‒60; Isaac – Roll (1982); Roll (1983) 136‒161; Fischer – Isaac – Roll (1996); Schwartz (2006) 29; Hezser (2011) 70‒72.

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Planung und Durchführung militärischer Operationen ins Binnenland: So wurden z. B. im Frühjahr 70 n. Chr. vier Legionen von Caesarea nach Jerusalem entsandt (Ios. bell. Iud. 4,491 [9,2]; 4,588 [10,2]; 5,1,6 [40]). In den Jahren 66–68 n. Chr., während der Feldzüge von Cestius Gallus, Vespasian und Titus nach Judäa, wurden die römischen Truppen aus Antiochia/Orontes, Alexandria und Caesarea in Akko/ Ptolemais zusammengezogen (Ios. bell. Iud. 2,18,9 [502–506]; 3,4,2 [64–69]; 3,6,2 [115]; 3,9,1 [409]).32 Auch während des Bar Kochba-Aufstandes nutzte der römische Feldherr Julius Severus Caesarea als Truppenstützpunkt.33 Ebenfalls in dieser ersten Phase der direkten Herrschaft Roms über Judäa lässt Josephus den judäischen König Agrippa II. die Aufständischen fragen (bell. Iud. 2,16,4 [361]): ποῦ μὲν ὁ στόλος ὑμῖν διαληψόμενος τὰς ‘Ρωμαίων θαλάσσας; Wo ist bei euch die Flotte, die die römischen Meere in Besitz nehmen könnte?

Agrippa, Roms loyaler Klientelkönig, führt in dieser Passage seiner Jerusalemer Rede (Ios. bell. Iud. 2,16,4 f. [345‒404]) seinen Landsleuten offenbar das Fehlen einer Flotte von nennenswerter Stärke vor Augen, um sie mit dem Hinweis auf ihre deutliche militärische Unterlegenheit von der Aussichtslosigkeit eines Aufstands gegen die Römer zu überzeugen.34 Wohl aber sammelten sich während des ersten jüdisch-römischen Krieges, insbesondere nach der Eroberung Jerusalems (70 n. Chr.), mehr als 4.000 überlebende Juden in Joppe. Sie entschlossen sich, Schiffe zu bauen und vor der phönizischen und syrischen Küste sowie auf den Seewegen nach Ägypten Seeräuberei zu betreiben (Ios. bell. Iud. 3,9,2 [414–417], hier 3,9,2 [416]): πηξάμενοί τε πειρατικὰ σκάφη πλεῖστα τόν τε Συρίας καὶ Φοινίκης καὶ τὸν ἐπ᾽ Αἰγύπτου πόρον ἐλῄστευον, ἄπλωτά τε πᾶσιν ἐποίουν τὰ τῇδε πελάγη. Sie zimmerten eine große Zahl von Piratenschiffen und führten damit Raubzüge von Syrien über Phönizien bis nach Ägypten, so dass sie den Seeverkehr in dieser Gegend völlig blockierten.

Vespasian entsandte Truppen nach Joppe, die die unbewachte Stadt bei Nacht einnahmen; die auf ihre Schiffe geflohenen Piraten kamen größtenteils ums Leben, als ein Sturm die Schiffe zerstörte (Ios. bell. Iud. 3,9,2–3 [417–427]).35 Die Überlebenden wurden von den Römern niedergemacht und in die eroberte Stadt eine Garnison gelegt; auch das Hinterland kam unter römische Kontrolle und wurde weitgehend verwüstet (Ios. bell. Iud. 3,9,4 [428–431]). Dennoch blieb Caesarea, abgesehen von massiver Truppenpräsenz, vom ersten Jüdischen Krieg längerfristig vergleichsweise wenig berührt. In gewisser Weise dürfte es sogar von der Schädigungen anderer Landstriche durch Kriegshandlungen profitiert haben: Für die Prosperität der Stadt sprechen im letzten Viertel des 1. Jahrhunderts n. Chr. begonnene Baumaßnahmen (Pflasterung des Platzes vor der Tempelplattform, Errichtung eines 32 33 34 35

Levine (1975) 31‒33; Smallwood (2001) 293‒333, bes. 308 f. Smallwood (2001) 428‒466; Chancey (2005) 43‒70; Cotton (2007) 397‒399. Wilker (2007) 392‒397. Hezser (2011) 171.

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Nymphäums).36 Die Anzahl der in Caesarea lebenden Juden verringerte sich nach dem ersten jüdisch-römischen Krieg; nach der Niederschlagung des Bar KochbaAufstandes (135 n. Chr.) war die Stadt jedoch Ziel erneuter jüdischer Zuwanderung.37 7. FAZIT Palästinische Hafenstädte wie z. B. Caesarea zeigen, dass die in Küstennähe lebenden Juden durchaus die sich dort bietenden Möglichkeiten zur Beteiligung am Lokal- und Fernhandel nutzten und auf Grund dieser erfolgreichen Aktivitäten zu Reichtum gelangten. Von einer expansiven jüdischen Seemacht kann jedoch allenfalls in hasmonäischer Zeit unter Alexander Jannaios die Rede sein: Die Eroberung, die Gründung oder der Wiederaufbau von Hafenplätzen ermöglichte die Kontrolle von Seeverbindungslinien und wichtiger Umschlagplätze für den Überlandhandel. Immer wieder wurde Piraterie betrieben, um mit Konkurrenten macht- und handelspolitische Rivalitäten auszufechten. Es gelang den Juden aber nicht, einmal errungene Vorrangpositionen zur See dauerhaft zu behaupten, denn es fehlte ihnen das technische und nautische know how für den Bau, die Ausrüstung und den Einsatz von Schiffen. Insbesondere das Beispiel des Herodes veranschaulicht, dass die Eroberung und Anlage neuer Hafenplätze nicht der Aufrichtung einer über jüdisches bzw. judäisches Territorium hinausreichenden Seemacht dienen konnte und sollte, denn die Mächtekonstellationen im Mittelmeerraum boten jüdischen Unternehmungen nur geringe Spielräume. Selbst für die Zeit des Herodes, in der Judäa über mehrere wichtige Hafenplätze verfügte, möchte ich nicht von einer jüdischen Seemacht im Sinn einer Ausdehnung der eigenen Einflusssphäre sprechen, denn das hätte sich nicht vereinbaren lassen mit seinen Status als rex socius et amicus populi Romani. Zudem waren die Hafenplätze territoriale Schenkungen Roms an Herodes und verdeutlichten ihm, dass die Gebietshoheit über sein Reich letztendlich bei Octavian lag. Es kann allenfalls und sehr eingeschränkt von einer jüdischen Seemacht mit wirtschaftlichen Zielsetzungen die Rede sein. Allerdings ist der über Caesarea Maritima abgewickelte Fernhandel als ökonomische Grundlage für Herodes’ Selbstinszenierung und seine mit hohem finanziellen Aufwand verbundene Unterstützung Roms kaum zu überschätzen. Die jüdischen Handelsaktivitäten und die Hafenanlagen selbst hatten also immer Roms Herrschaftsinteressen zu bedienen.

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Levine (1975) 31‒33; 44 f.; Smallwood (2001) 343. Levine (1975) 22 f.; 28‒33; 44 f.; 67; Rosenfeld (2010) 33.

TEIL IV SELBSTWAHRNEHMUNG UND REPRÄSENTATION

DIE PERSER UND DAS MEER: EINE ANALYSE DER INSCHRIFTEN DER FRÜHEN PERSERKÖNIGE Sabine Müller Das Perserreich hatte seinen Ausgangspunkt in Anšan, einem kleinen Dynastentum im Westen der Persis, im einstmals elamischen Gebiet.1 Von Haus aus eine Landmacht, wurden die Anfänge des Perserreichs in der griechischen Literatur mit dem Motiv der Ursprünglichkeit eines kargen, kriegstüchtigen Nomadentums in Verbindung gebracht.2 Auf die kriegerische, einst nomadisch geprägte Kultur der Landmacht verwiesen auch die Waffen, die für die Perser in eigener bildsprachlicher Codierung und in griechischer Fremdsicht charakteristisch waren: der Bogen und der akinakēs, das persische Reiterschwert. Es wurde meist entweder in Kombination mit dem persischen Fältelgewand mittig in den Gürtel gesteckt oder mit einer Hosentracht am rechten Schenkel mit zwei Gurten befestigt getragen.3 Der akinakēs war ein Rangabzeichen des persischen Adels und wurde in goldener, veredelter Form als großkönigliches Geschenk an verdiente Satrapen, Verwandte oder Verbündete vergeben.4 Neben der Funktion als Statussymbol stellte der akinakēs vermutlich auch einen Erinnerungstribut an die nomadischen Ursprünge der persischen Ethnie dar. Vom Kernland Anšan aus begann die Expansion um circa 559 v. Chr. unter Reichsgründer Kyros II.5 Laut dem Zeugnis des Kyroszylinders war er bereits in der dritten Generation der Dynast von Anšan und trug den Titel „König von Anšan“, šar Anšan.6 Kyros gelang es, die Kontrolle über die elamische Umgegend mit dem Zentrum Susa und über die medischen Einflussgebiete um Ekbatana zu gewinnen. Nach der Sicherung Westirans folgte in den 540er Jahren die Eroberung des Lyderreichs mit dem lydisch beherrschten Westkleinasien bis Lykien und den griechischen Küstenstädten sowie die Einnahme des babylonischen Reichs, besiegelt mit dem Einmarsch in Babylon 539 v. Chr.7 Durch die Expansion hatte sich Kyros vom

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Mein herzlicher Dank gilt den Veranstaltern der Tagung, Ernst Baltrusch, Hans Kopp und Christian Wendt, zudem für die Möglichkeit der Diskussion und hilfreiche Anregungen Reinhold Bichler, Martin Dreher, Johannes Heinrichs, Kurt Raaflaub, Robert Rollinger und Josef Wiesehöfer. Vgl. van de Mieroop (2007) 287; Wiesehöfer (1999) 22. Hdt. 1,71,2–3; Xen. Kyr. 1,3,2–7. Vgl. Rehm (2006) 208. Zum akinakēs: Hdt. 3,128,5; 7,61,1; Xen. an. 1,2,27; Curt. 3,3,18. Hdt. 7,54,2; 7,116; 9,80,2; Xen. an. 1,2,27. Vgl. Heinrichs – Müller (2008) 292–293. Vgl. Wiesehöfer (1999) 22–24. Kyroszylinder, Z. 22. Vgl. Rollinger (2014a) 156–157; Jacobs (2006) 116. Auf fünf Fortification Tablets wurde der Abdruck eines Siegels seines Großvaters Kyros’ I. gefunden (PFT 692– 695; 2033), mit der elamischen Legende: „Kyros, der Anšanit, Sohn des Teispes“. Vgl. van de Mieroop (2007) 286–287; Wiesehöfer (2006) 21.

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Dynasten über eine kleine, wenig bedeutende Landmacht zum Herrscher über ein Großreich entwickelt, das in der Folge mit der Inbesitznahme von Küstengebieten ein eigenes Konzept für Seepolitik zu entwickeln, eine Flotte zu unterhalten, maritime Räume zu kontrollieren und sich entsprechend zu exponieren hatte. Im Folgenden steht die Bedeutung von Flotte, Flottenpolitik und der Kontrolle über maritime Räume in der Ideologie und Herrschaftsrepräsentation im frühen Perserreich zur Untersuchung. Es soll analysiert werden, inwieweit sich dieser Aspekt in der persischen Eigensicht widerspiegelt. Da eine persische Historiographie fehlt, erfolgt die Untersuchung anhand der Inschriften, die im Auftrage der persischen Großkönige entstanden, somit ihre offizielle Repräsentation und Legitimation widerspiegeln. Sie werfen ein Schlaglicht darauf, wie die reichsweite Sprachregelung zu Großkönig, Reich und Meer aussah und inwiefern sich die Perserkönige in die vorderasiatische Tradition stellten, in der die See seit ausgehender frühdynastischer Zeit als Grenzmarker im Kontext von Herrschaftsrepräsentation relevant war.8 Der Fokus liegt auf der Zeit der persischen Expansion zur Großmacht unter den Teispiden, welche die Tür zur See aufstießen, und der Regierung Dareios’ I. als des maßgeblichen Gestalters der Formensprache der großköniglichen Repräsentation und politischen Ikonographie des Achaimenidenreichs, die seine Nachfolger übernahmen. Es wird zu zeigen sein, dass sich mehrere symbolische Codierungen des Meers im Kontext der persischen Herrschaftsrepräsentation fassen lassen: – – – – – – –

das Meer als Symbol geographischer Grenzen das Meer als Symbol ideologischer Grenzen das Meer als Symbol von (theoretischer) Weltherrschaft das Meer als Bindeglied zwischen Reichsteilen die Kontrolle des Meeres als Signum der göttlich legitimierten Herrschaft die Überschreitung des Meers als Marker von Expansion die Überwindung der Meeresgrenzen als Zeichen des (ultimativen) Übertreffens der Vorgänger.

Dabei ist stets zwischen dem rein ideologischen Anspruch auf Universalherrschaft in Berufung auf eine Tradition, etwa mittels einer traditionellen Titulatur, und dem Reflex einer faktischen Expansionsleistung zu differenzieren. Die Expansion unter Reichsgründer Kyros II. eröffnete den Persern den Weg zur See. Von Kyros ist nur eine Inschrift bekannt, die in seinem Auftrag oder zumindest mit seiner Billigung und unter seiner Redaktion (sicherlich beim genealogischen Teil) entstand: der Text des Kyroszylinders aus Babylon.9 Wohl kurz nach der persischen Eroberung Babylons im Herbst 539 v. Chr. wurde er von der Priester-

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Vgl. Lang – Rollinger (2010) 207. Die Inschriften unter seinem Namen aus Pasargadai, die ihn als Achaimeniden bezeichnen, wurden von Dareios I. zu Legitimationszwecken nach dem Motto inventing traditions initiiert. Vgl. Kuhrt (2010) 177 Anm. 1; Schaudig (2006) 36; Wiesehöfer (1978) 15.

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schaft des Hauptgottes Marduk, die mit Kyros kooperierte, verfasst.10 Dieses programmatische Zeugnis für Kyros’ imperiale Selbstdarstellung in Babylon in Form einer traditionellen Bauinschrift, die von ihm finanzierte Restaurationstätigkeit belegt,11 rechtfertigt seine Eroberung als göttliche Sendung: Er sei aufgrund seines gerechten Herzens durch Marduk berufen worden.12 Der abgesetzte König Nabonid, letzter der Chaldäerdynastie, wird entsprechend zur Negativfolie stilisiert: Er habe den Gott erzürnt, indem er die Bevölkerung unterjocht und den Marduk-Kult vernachlässigt habe.13 Der bewusst an vergangene mesopotamische Vorbilder angelehnte Stil des Texts verknüpft Kyros’ Eroberung mit der ruhmreichen Vergangenheit. Insbesondere der Rekurs auf Assurbanipal, den letzten bedeutenden Herrscher Assyriens aus dem 7. Jahrhundert v. Chr.,14 lässt die Illusion einer politischen Kontinuität entstehen und stilisiert Kyros zum Bewahrer von Herrschaftstraditionen. Dieser Agenda entspricht auch die Adaption des traditionellen mesopotamischen Titels „Herrscher über die vier Weltsektoren“, wie ihn die Könige von Akkad als Rollenmodelle für Weltherrscher getragen hatten.15 Dies war eine in östlichen Reichen übliche theoretische Darstellung von Universalherrschaft. In der Ideologie vergab der höchste Gott den Auftrag zur Bewahrung der göttlichen Ordnung universal, nicht nur partiell. In der Praxis waren sich die theoretisch unbegrenzten Herrscher der Grenzen bewusst. Seit assyrischer Zeit war das Meer bei der Inszenierung von Universalherrschaft integraler Bestandteil: Der königliche Einfluss bestand nach einer gängigen Formel vom oberen bis zum unteren Meer,16 „an age-old way of visualising ‚world rule‘ in Mesopotamia“.17 Ebenso wie Berge dienten Meere als ideologisch aufgeladene Sinnbilder von göttlich gesetzten geographischen Grenzen, die ein Herr-

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Vgl. Schaudig (2006) 32. Der ungefähr 23 cm lange Tonzylinder mit fragmentiertem akkadischem Text wurde im Tempelareal gefunden. Vgl. Kuhrt (2010) 70–72. Kyroszylinder, Z. 38–42. Es handelt sich um Mauerreparaturen. Vgl. Schaudig (2006) 32. Kyroszylinder, Z. 9–12. „Der-das-Herz-kennt-unter-den-Göttern“ war im Enuma eliš der achtzehnte von Marduks fünfzig heiligen Namen. Vgl. Höpflinger (2010) 288; Schaudig (2006) 35; Hutter (1996) 45; 54–55. Zur Programmatik der Inschrift vgl. Rollinger (2014b) 189–192; Müller (2012) 135–139; Schaudig (2006) 34–35; Fried (2004) 24–30; Briant (1996) 55. Kyroszylinder, Z. 3–8. Vgl. Rollinger (2014b) 189–190; Müller (2012) 139. Kennzeichen des Unheilherrschers ist sein Agieren konträr zur göttlich initiierten Weltordnung, die in mythischer Vorzeit das Urchaos beendet hatte. Er beschwört die Elemente des Chaos erneut herauf. Der legitime Herrscher dagegen bewahrt als irdischer Auserwählter der Götter ihre Ordnung. Vgl. Müller (2009a) 31–34. Zu Nabonids Regierung vgl. Jursa (2014) 125–126. Berossos (FGrH 680 F 9a) zufolge schickte Kyros den betagten Nabonid gnädig ins Exil, vgl. Schaudig (2006) 31. Zu seiner positiven Darstellung des Kyros als Sieger über Babylon vgl. Lanfranchi (2013) 71. Kyroszylinder, Z. 43. Vgl. Rollinger (2014b) 192. Vgl. Rollinger (2014a) 160; Kuhrt (2010) 73 Anm. 14; Schaudig (2001) 555. Vgl. Rollinger (2014a) 99; (2014b) 198. Ursprünglich galten das Mittelmeer und der Persische Golf als Grenzmarkierungen, doch aufgrund der Ausdehnung des Assyrerreichs wurde das Meer von Nairi zur östlichen Grenze. Kuhrt (2010) 73 Anm. 19. Vgl. Rollinger (2014b) 191.

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schaftsgebiet final arrondierten.18 In diesem Sinn erscheint auch das Meer als ultimativer Grenzmarker im Text des Kyroszylinders.19 Kyros berichtet von Marduks Auserwählung: [Auf seinen] erhabenen [Befehl] brachte mir die Gesamtheit der Könige, die auf Thronen sitzen, der ganzen Welt, vom oberen Meer bis zum unteren Meer, die in [fernen] Be[zirken] wohnen, (und) die Könige des Landes der Amoriter, die in Zelten wohnen, allesamt ihren schweren Tribut, und in Babil küssten sie meine Füße.20

Bezüglich der ideologischen Weltherrschaft stellten Marduks Taten das Handlungsparadigma für die babylonischen Könige dar.21 Im babylonischen Schöpfungsepos Enuma eliš war Marduk der Erschaffer der Welt, der die Götter vor dem Chaos rettete, den Kosmos ordnete und den Menschen schuf. Zum Dank erhoben ihn die Götter zu ihrem Herrscher.22 Kyros’ Übernahme der babylonischen Herrschaft ist als Abbild der mythischen Vorgabe Marduks dargestellt. Das Meer respektive die Weltmeere dienen als Formeln und Grenzmarker einer theoretischen Universalherrschaft in einer traditionellen mesopotamischen Formen- und Symbolsprache, die Kyros in legitimierender Weise mit babylonischer Ideologie und Herrschaftstradition verband. Kyros’ Eroberung des babylonischen Reichs bescherte dem Perserreich eine gemeinsame Grenze mit Ägypten, dem letzten verbliebenen Großreich in Vorderasien, und die Aussicht auf einen Konflikt: Der alarmierte Pharao Amasis rüstete auf.23 Da Kyros sich jedoch in seiner letzten Herrschaftsphase der Sicherung Ostirans, zuletzt der Nordostgrenze, widmete und dabei starb,24 fiel es seinem Sohn und Nachfolger Kambyses II. zu, die ägyptische Frage zu klären. Nach traditioneller Datierung 525 v. Chr., seit der Neudatierung durch Quack auf 526 v. Chr. vorgezogen,25 erfolgte die Eroberung. Die Erfordernisse des Ägyptenfeldzugs hinterließen erstmals Spuren einer persischen Flottenpolitik. Kambyses musste eine eigene Flotte schaffen, baute Häfen aus und eroberte das ägyptisch besetzte, als Flottenbasis relevante Zypern.26 Streng genommen ‚persisch‘ war die Flotte vor allem im Sinne der Herkunft des Großkönigs aus der Persis, der an der Spitze des Reichs stand, das sie repräsentierte, und als oberster Flottenkommandeur figurierte. Zudem waren die höchsten

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Vgl. Lang – Rollinger (2010). Zu Bergen als Grenzmarkern in altöstlichen Weltherrschaftsinszenierungen vgl. Rollinger (2010). Vgl. Rollinger (2014a) 162–163. Kyroszylinder, Z. 29–30. Übers. H. Schaudig. Vgl. Schaudig (2001) 553. Vgl. Höpflinger (2010) 284–288. Vgl. Ruzicka (2012) 11; 14; Wiesehöfer (2006) 22; (1999) 27. Hdt. 1,201–214. Vgl. Quack (2011). Demnach habe Amasis nicht 569 v. Chr., sondern ein Jahr früher den Thron bestiegen und 44 statt 45 Jahre regiert. Da bei Kambyses’ Eintreffen schon Psammetichos III. herrschte, müsse die Eroberung in 526 v. Chr. gefallen sein. Vgl. Rollinger (2014a) 159–160; Wiesehöfer (2006) 22; (1999) 27.

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Flottenämter mit persischen Offizieren besetzt, wobei die wichtigsten Posten offenbar Angehörigen des Königshauses zukamen.27 Kontingente der seeerfahrenen Reichsteile bildeten die Flotte: Ionien, Karien, die ägäischen Inseln unter persischer Hoheit und Phönikien.28 Die phönikischen Küstenstädte, die unter babylonischem Einfluss gestanden hatten und mit Kyros’ Übernahme Babyloniens unter persische Hoheit gekommen waren, hatten eine zentrale Rolle.29 Nach der Eroberung Zyperns und Ägyptens stellten auch diese Gebiete Flottenabteilungen.30 Diese Gestalt der persischen Flotte, wie sie auch Herodot für Xerxes’ Zeit beschreibt,31 bewahrte sie wohl bis zum Ende des Reichs. Die beiden Faktoren der strategischen Relevanz und der Dominanz der seeerfahrenen Vertreter bei der Besetzung zeigen sich noch in der letzten Phase des Achaimenidenreichs. Zur Abwehr der makedonischen Invasion war geplant gewesen, mit Hilfe der Flotte einen Krieg in Hellas zu schüren, die Kampfhandlungen aus Asien hinauszutragen und die Eindringlinge zum Rückzug zu zwingen. Es scheiterte am frühen Tod des griechischen Flottenkommandeurs, Memnon von Rhodos, der im Frühjahr 333 v. Chr. mitten in den Planungen verstarb.32 Kambyses’ sorgfältige Aufrüstung für den Ägyptenzug wird kostenintensiv gewesen sein. Herodot wirft ein Schlaglicht darauf, dass die daraus resultierende Steuerlast und Rekrutierungswelle für Missstimmung in einigen Teilen der Reichsbevölkerung sorgte, die den Putsch des Bardiya – bei ihm der falsche Smerdis, in Dareios’ Sprachregelung der Magos Gaumata – erleichterte: Er errang mit einem Steuererlass und Rekrutierungsstopp weite Akzeptanz.33 Ein persisches Echo auf Kambyses’ Eroberungsleistung und Seesieg bei Pelusion ist nicht greifbar; von ihm sind keine Inschriften bekannt. Dareios, der Kambyses im hohen Amt des königlichen Lanzenträgers nach Ägypten begleitete,34 erwähnt in der Behistun-Inschrift, die seinen Herrschaftsantritt als göttliche Mission rechtfertigt, den Zug nur en passant.35 Er wird auch kein besonderes Interesse daran gehabt haben, Kambyses’ Expansionserfolg hervorzuheben, da er sich selbst die Meriten für die Angliederung Ägyptens ans Perserreich zuschrieb. Herodots Bericht über Kambyses’ Eroberung ist durchzogen von Negativtraditionen ägyptischer Priester,36 mit deren Amtsvorgängern es sich Kambyses beson27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Vgl. Tarn (1908) 204; 207: Sie seien weniger Schiffskommandeure als Befehlshaber der Landtruppen zu Schiff gewesen. Hdt. 3,19,3. Vgl. Rollinger (2014a) 159–160; Kuhrt (2010) 106; 232; van de Mieroop (2007) 289; Schneider (1996) 215; Tarn (1908) 204–207. Vgl. Kuhrt (2010) 112; Vittmann (2003) 122; Jacobs (1994) 91; Hirsch (1986) 228 Anm. 19. Vgl. Rollinger (2014a) 160; Kuhrt (2010) 120 Anm. 9; van de Mieroop (2007) 289; Schneider (1996) 215; Tarn (1908) 209. Vgl. Raaflaub (2011a) 8–9. Arr. an. 2,1,1–3; Diod. 17,29,3–4; Curt. 3,2,1; Plut. Alexander 18,3. Hdt. 3,67. Vgl. Wiesehöfer (2005) 28; (1978) 103–122. Hdt. 3,193,2. DB § 10. Hdt. 2,3,1 (ägyptische Quellen); 3,10,3 (bei Kambyses’ Ankunft deutet erstmaliger Regen in Theben Unheil an); 3,28–29. 37 (Freveltaten).

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ders durch die Kürzung von Tempelfinanzen verdorben hatte.37 In der Folge wurde er zum Inbegriff des Unheilherrschers ägyptischer Couleur stilisiert.38 Herodots Betrachtung der Eroberung Ägyptens erfolgt auf philosophisch-theologisch-teleologischer Ebene und gibt keinen Aufschluss über das Konzept von Flotte und Meer in Kambyses’ Politik. Ein ägyptisches zeitgenössisches Zeugnis, die Inschrift der naophoren Statue des Neith-Priesters Udjahorresnet aus Sais, in der er seine Kooperation mit dem persischen Eroberer rechtfertigt,39 wirft zumindest mittelbar ein Schlaglicht auf einen Aspekt von Kambyses‘ Flottenpolitik. Udjahorresnet war gemäß seiner Selbstvorstellung unter Amasis und Psammetichos III., der bei Pelusion von Kambyses besiegt wurde, „Vorsteher der königlichen Schiffe“ gewesen.40 Es ist umstritten, ob es sich um eine militärische Funktion – ein Flottenkommando –41 oder, wie aktuell eher vermutet, um eine organisatorische Funktion im Rahmen der Kontrolle des Seehandels handelte.42 In jedem Fall behielt Udjahorresnet dieses Amt unter Kambyses und Dareios I. nicht. Die Kooperation erfolgte insofern, als er unter ihnen Leibarzt war und Kambyses auch als Ratgeber bezüglich der pharaonischen Traditionen zur Seite stand.43 Udjahorresnets ausgebliebene Bestätigung in seinem navalen Posten könnte damit zusammenhängen, dass die hochrangigen Ämter mit Persern besetzt wurden.44 Unter der Herrschaft des Achaimeniden Dareios’ I., der dem Reich seine maßgebliche strukturelle, ideologische und kulturelle Prägung verlieh und dessen größte Ausdehnung bewirkte, ist eine verstärkte Bemühung um die Kontrolle von Seehandel, Seewegen, seestrategischen Positionen und maritimen Räumen zu erkennen.45 37 38 39 40 41 42

43 44 45

Vgl. Fried (2004) 68–69; 74–75; Vittmann (2006) 145; (2003) 128–130; Briant (1996) 71; Schneider (1996) 217. Vgl. Müller (2009b) 305–316; Bichler (2000) 270–277; Schneider (1996) 216. Vgl. Roeder (1959) 75–86. Seine Statue trägt ein persisches Gewand, vgl. Vittmann (2003) 131. Vgl. Kuhrt (2010) 120 Anm. 7. Vgl. Roeder (1959) 75. Vgl. Vittmann (2011) 378. Befürworter der ersten These vermuten sogar, er sei vor oder während der Schlacht von Pelusion übergelaufen und habe den persischen Sieg begünstigt. Vgl. Posener (1936) 165. Andeutungsweise auch Fried (2004) 63; Huß (1997) 135; Baines (1996) 90; Briant (1996) 65. Dies ist allerdings ungewiss. So erstellte er Kambyses’ Pharaonentitulatur. Vgl. Vittmann (2011) 378; (2003) 123; Grätz (2004) 223; 226–227; Posener (1936) 7. Vgl. Vittmann (2003) 123. Vgl. Schulz (2005a) 80; 85. Allerdings ist Schulz’ These, Dareios habe de facto den okeanos erreichen und mit Hellas als Zwischenstation die ganze Welt maritim erobern wollen, zu relativieren. Der achaimenidische Weltherrschaftsanspruch war ideologisch-repräsentativer Natur. Die griechische Sprachregelung konstruierte in Verarbeitung des Perserkriegserlebnisses in pejorativer Weise das Bild des von Hybris getriebenen Großkönigs, der eine faktische Welteroberung anstrebte. Dareios und Xerxes ging es indes um die Bestrafung Athens, das durch die Unterstützung der Ionischen Revolte selbst zum Rebellen geworden war. Athens Bündnispolitik bewirkte die Ausweitung des Konflikts; die Sprachregelung des hellenischen Siegers führte, verstärkt durch das Fehlen historiographischer Berichte von persischer Seite, zum Klischee der achaimenidischen Weltunterjochungspläne mit Hellas als einer Station. Zur Dekonstruktion vgl. van de Mieroop (2007) 289; Wiesehöfer (2005) 30–31; (2002) 223–226.

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In seine Zeit fällt auch die Erkundungsfahrt des Skylax von Karyanda nach Indien,46 vom Punjab aus den Indus abwärts.47 Der Ionische Aufstand und der Beginn der Perserkriege sind in punkto persische Flotte unter Dareios’ Regierung besonders relevant, doch eröffnet sich das Problem der tendenziösen Sprachregelung der griechischen Sieger, welche die literarischen Quellen formt. So verzerren die aus den Kriegen resultierenden griechischen Herrschaftsdiskurse, Propaganda-Elemente und Ideologien vielfach die Sicht. Ein bekanntes Problem ist etwa die Glaubwürdigkeit der Zahlangaben zu den persischen Schiffen in der griechischen Überlieferung.48 Kurt Raaflaub hat zudem darauf hingewiesen, wie diszipliniert und geschlossen die griechische Flotte im Gegensatz zu den tapferen, aber weniger disziplinierten und geübten persischen Gegnern bei Herodot agiert.49 Steven Hirsch zufolge komme in den Historien zudem heraus, dass die Perser noch immer keine Seemacht seien: „the nomos of the Persians confines them to the land“.50 Betrachtet man Dareios’ Inschriften, ist festzustellen, dass nur die BehistunInschrift ein faktisches politisches Ereignis behandelt, während die anderen epigraphischen Zeugnisse, ebenso wie die achaimenidischen Münzbilder und Reliefs, reichsideologische und herrschaftssymbolische Vorstellungen thematisieren.51 Das von Dareios kreierte Themenprogramm, das seine Nachfolger übernahmen, zeigt symbolische Visualisierungen der Idealqualitäten von Großkönig und Reich als „Ausdruck einer zeitlosen Idee von weltlicher und kosmischer Ordnung, die sich göttlichem Beistand und der gegenseitigen Loyalität von König und Untertanen verdankte“:52 den opfernden König in Ausübung seiner kultischen Pflicht, den gegen Verkörperungen des Chaos kämpfenden respektive gerüsteten König als Landesschützer oder den von allen Reichsteilen getragenen, gestützten Herrscher, welcher der Bevölkerung Frieden und Wohlstand bringt.53 Das Meer, altpersisch drayah,54 erscheint in Dareios’ Inschriften als geographische Unterscheidungskategorie bei der Aufzählung unterworfener Ethnien: Es gibt Länder und Ethnien, die am Meer (drayahyā) oder jenseits des Meeres (para draya) beziehungsweise im Meer wohnen.55 In den Länderlisten als „imperial charta“56 sind diese Bezeichnungen gebräuchliche Formeln, die das Bemühen reflektieren, 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56

Hdt. 4,44,1–3. Vgl. Tuplin (2001) 270–271; Delbrück (1955–1956) 20. Vgl. Schulz (2005a) 80. Vgl. Blösel (2007) 54; Tarn (1908) 203–204. Vgl. Raaflaub (2011a) 17. Zur oral tradition in Herodots Bericht über die Schlacht bei Salamis vgl. Tritle (2006) 216–218. Hirsch (1986) 229. Deshalb betone Artemisia, dass die Griechen den Persern zur See überlegen seien (Hdt. 8,68,1). Daher würde auch erwähnt, dass persische Flottenangehörige nicht schwimmen können (Hdt. 8,89). Vgl. Rollinger (2014a) 162; Jacobs (2006) 121. Wiesehöfer (2005) 49. Vgl. Jacobs (2006) 122. Siehe auch Müller (2009a) 40–41. Vgl. Kent (1953) 192. Vgl. Schmitt (2009) 125; Rollinger (2007) 261 mit Anm. 7; Kent (1953) 192; 195. Die konkrete geographische Zuweisung ist in vielen Fällen umstritten. Rollinger (2014a) 161.

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„die sich hinter diesem Begriff verbergende Heterogenität zu ordnen und damit eine größere Distinktivität zu erreichen“.57 Beispielweise heißt es in Dareios’ Grabinschrift in Naqš-i Rustam, er habe „die Saken jenseits des Meeres“ (Saka tayai para­ draya) unterworfen.58 Das Meer ist dabei zugleich Grenzmarker und Symbol der Grenzerweiterung und Überschreitung einer Grenze, somit Zeichen für einen expansiven Veränderungsprozess.59 Dies wird verdeutlicht, da in der Grabinschrift auch die Ferne, in die Dareios seine Herrschaft getragen hat, ein wichtiges Thema ist.60 Zugleich hallt die Idee vom Kampf gegen das Chaos als Pflicht des Herrschers nach. Implizit ist zudem die Vorstellung, den Vorgänger übertroffen zu haben, ein Standardelement im royalen östlichen Repräsentationsreservoir:61 „He has not only inherited a huge empire but also launched campaigns to regions no king before him has ever approached“.62 Die Unterscheidungskategorien für die Ethnien am und im Meer oder jenseits der See erweisen sich als Ordnungsbegriffe in einem doppelten Sinn: Sie dienen erstens der geographischen Verortung von Reichsteilen. Zweitens verweisen sie auf ideologischer Ebene auf den Großkönig, der als Auserwählter Ahuramazdahs den ordnenden Faktor und die ordnende Hand darstellt und die Welt gegen das Chaos verteidigt. Die kombinierte Funktion des Meers als Unterscheidungskategorie zwischen den als tributpflichtig bezeichneten Gebieten sowie als legitimierendes Expansions-, Herrschafts- und Ordnungssymbol zeigt sich auch in einer Inschrift des Dareios aus Persepolis: […] dies (sind) die Länder, die ich in Besitz genommen habe zusammen mit diesem persischen Volk, […] die Ioner des Festlandes und (die), die im Meer (wohnen), und die Länder, die jenseits des Meeres [paradraya] (sind) […].63

Das Meer in seiner Bedeutung als überwundene Grenze in Dareios’ Herrschaftsrepräsentation versinnbildlicht die Expansionsleistung des Großkönigs. Er allein vermochte es, durch das Meer getrennte Länder zu verbinden. Robert Rollinger hat herausgestellt, dass Dareios damit die traditionellen Repräsentationsvorgaben vom oberen und unteren Meer als Weltherrschaftsgrenzen gesprengt habe: Er sei über sie hinausgegangen und habe in der Konsequenz das Ende jeglicher denkbarer Expansion angezeigt.64 57 58 59 60 61 62 63 64

Rollinger (2007) 261. Vgl. DNa § 3. Vgl. Rollinger (2007) 297. Vgl. DNa § 4. Zur Ideologie in der Grabinschrift vgl. Müller (2009a) 38–40. Vgl. Tuplin (2001) 255. Rollinger (2014b) 199. DPe § 2 C–M. Übers. R. Schmitt. Vgl. DSe §§ 2; 4. Vgl. Kent (1953) 195. Vgl. Rollinger (2014a) 163. Eventuell ist eine Reflektion auf diese Selbstdarstellung bei Herodot zu erkennen, wenn er, wie Reinhold Bichler herausgestellt hat (2000, 287), Dareios als Zwingherrn über Gewässer erscheinen lässt.

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Diese Symbolik prägt insbesondere die Inschriften, die mit Dareios’ Herrschaft über Ägypten verknüpft sind. Zum einen handelt es sich um die Texte der Stelen, die entlang des Nilkanals aufgestellt waren, den Dareios erbauen ließ. Der Kanal lief oberhalb von Bubastis durch das Wadi Tumilat bis ins Rote Meer.65 Mit diesem Prestigeunternehmen stand Dareios in der Tradition östlicher Herrschaftsrepräsentation: Monumentale Bauprojekte inklusive technischer, möglichst spektakulärer Innovationen und Erschließungen neuer Wege waren ein Medium der Demonstration königlicher Größe und Gestaltungsmacht, royalen Einflusses und Könnens.66 Bei dem Kanal soll es sich um die Reaktivierung eines Bauprojekts gehandelt haben, das mit Pharao Necho II. (610–595 v. Chr.) assoziiert wird.67 In hellenistischer Zeit wurde der versandete Wasserweg von Ptolemaios II. wiederbelebt, der ihn unter anderem zum Transport von Kriegselefanten nutzte.68 Die Aufstellung von Dareios’ Stelen stand ebenfalls in der östlichen Tradition ritualisierter Tätigkeiten der Herrschaftsdemonstration: Sie „signalisieren die Präsenz des Königs und damit dessen weitreichenden Herrschaftsanspruch […] Mit ihnen wurde ein imperialer Raum geschaffen […], stellen sie doch in hohem Maße ideologisch aufgeladene Objekte dar“.69 Die ursprüngliche Anzahl der über drei Meter hohen Granitstelen ist ungewiss.70 Es ist davon auszugehen, dass sie von den Kanalschiffen aus sichtbar waren. Ägyptisch sozialisierte Rezipienten sollen zumindest die Illustrationen anhand ihrer Typologie erkannt haben:71 die Vereinigung von Ober- und Unterägypten durch zwei Nilgottheiten und die Repräsentanten der Satrapien des Reichs, dargestellt im Stil ägyptischer untertäniger Ethnien.72 Zudem trugen die Stelen Texte von unterschiedlicher Gestalt und Länge in Akkadisch, Elamisch, Altpersisch und Hieroglyphen.73 Anhand der am besten erhaltenen Stele von Chalouf, die nördlich von Suez gefunden wurde, ist zu rekonstruieren, dass die Hieroglyphenversion – die wesentlich ausführlicher ist als die Keilschriftentexte – berichtet, Dareios habe die Kana-

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Vgl. Ruzicka (2012) 24–25; Schulz (2005a) 81; Vittmann (2003) 135–136; Hinz (1975); Posener (1938). Die Stelen bestätigen Herodots Bericht von Dareios’ Vollendung des Kanals (2,158,1–159,1–2; 4,42,2), bestritten von Diod. 1,33,9–11. Vgl. Redmount (1995) 133. Vgl. Rollinger (2006–2007); Schmitt (2006) 238. Hdt. 2,158,1–159,1–2; 4,42,2. Vgl. Diod. 1,33,9. Dagegen nennen Plin. nat. 6,165 und Aristot. meteor. 352b Sesostris als Erbauer. Vgl. Strab. 17,1,25. Vgl. Vittmann (2003) 135; Schörner (2000) 31; Schneider (1996) 260; Tuplin (2001) 239; Lloyd (1977); Delbrück (1955–1956) 11. Nechos Motive sind umstritten. Optionen sind militärische Aspekte (Reaktion auf die Niederlage gegen Babylonien), Handelsinteressen beziehungsweise Absicherung des Handels gegen Piraten im Roten Meer. Zur Kombination der Motive vgl. Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 358. Vgl. Müller (2009b) 318–320; Roeder (1959) 108–128 (Pithomstele als Zeugnis). Rollinger (2014b) 98. Zu einem möglichen Widerhall dieser altöstlichen Tradition des Aufstellens von Memorialmonumenten an strategischen Punkten bei Herodot vgl. Rollinger (2014b) 98–99 (bezogen auf die Stelen am Bosporos). Vgl. Cameron (1943) 308. Vgl. Vittmann (2011) 383. Vgl. Vittmann (2011) 382–383. Vgl. Schmitt (2006) 240.

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leröffnung gefeiert und 24 oder 32 Schiffe mit Tributen aus Ägypten nach Persien geschickt, wo sie wohlbehalten eingetroffen seien.74 In der altpersischen Fassung wird die Siegesdemonstration deutlicher und ist anders akzentuiert: Es kündet Dareios, der König: Ich bin Perser; von Persien aus habe ich Ägypten in Besitz genommen; ich habe angeordnet diesen Kanal zu graben von – Pirāva [Nil]75 mit Namen ist ein Fluß, der in Ägypten fließt, zu dem Meer, das von Persien her kommt; darnach wurde dieser Kanal gegraben, so wie ich (es) angeordnet hatte, und es fuhren Schiffe von Ägypten durch diesen Kanal nach Persien, so wie es mein Wunsch war.76

Der Großkönig hatte seine Expansionsleistung durch die Schaffung eines neuen Wegs in die Landschaft eingeschrieben. Da er Ägypten mit dem Perserreich nach seinem Wunsch verbunden hatte, stellte das Meer für ihn keine Grenze mehr dar. Unter Dareios’ formender Macht als Auserwählter Auramazdas wurde es vielmehr zum Bindeglied zwischen den Reichsteilen. Die Datierung der Vollendung des Kanals, sein exakter Verlauf und Zweck sowie die Frage von Dareios’ Anwesenheit bei der Einweihung sind Streitpunkte. Aktuell wird überwiegend eine Fertigstellung Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. angenommen, bei der Dareios’ Präsenz nicht zwingend notwendig gewesen sei.77 Bezüglich des Zwecks steht die These, es sei vorrangig um Machtdemonstration und Repräsentation gegangen,78 gegen die Vermutung, Dareios habe handelsökonomische oder militärische Motive gehabt und Ägypten zudem besser an das Verkehrsnetz des Reichs anbinden wollen.79 74 75 76 77 78 79

Vgl. Kuhrt (2010) 485; Schmitt (2006) 238; 240; Tuplin (2001) 245–248; 255. Vgl. Lecoq (1997) 248 Anm. 3. Er vermutet, das Wort Pirāva sei vielleicht „déformé par étymologie populaire sous l’influence de piru, ‚ivoire‘“. DZc § 3. Übers. R. Schmitt. Vgl. Ruzicka (2012) 25; Tuplin (2001) 255; 266: Anlässlich der Vollendung sei es aber zumindest denkbar gewesen. Vgl. Tuplin (2001) 278–281. Siehe auch Kuhrt (2010) 486 Anm. 5; Wiesehöfer (2005) 51: „Nachahmung pharaonischer Großtaten und Unterbeweisstellung der besonderen Qualität der persischen Herrschaft“. Zur Anbindung an das Verkehrsnetz vgl. Ruzicka (2012) 25; Asheri – Lloyd – Corcella (2007) 358 („an elaborate communication network designed to tie the Persian empire together“); Vittmann (2003) 136; Schörner (2000) 33. Zum Handel mit Arabien und Indien – mit Waren wie Elfenbein, Gewürzen (Hdt. 3,107,1; vgl. Bichler 2000, 26), Perlen, Edelmetall und Edelhölzern – vgl. Müller (2009b) 318–319; Hirsch (1986) 224 Anm. 8; van de Mieroop (2007) 299: „Trade

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Dazu ist zu sagen, dass sich Handelsinteressen, Vernetzung und Selbstdarstellung nicht ausschließen.80 Über die politische Kontrolle konnte die Handelskontrolle implementiert werden; durch den Bau des Kanals mit Tributlieferung an eine politische Zentrale wurde Herrschaft klar demonstriert. In der persischen Ideologie, wie sie sich in den Steleninschriften darstellt, fließen diese Aspekte ineinander: Tribut, Abtransport und Kontrolle der Transportwege symbolisieren Herrschaft. Der Kanalbau ist somit ebenso im Kontext von Dareios’ Ausbau der Infrastruktur, Handels- und Kommunikationswege des gesamten Reichs zu sehen wie in seiner Ausgestaltung der Reichsideologie und language of empire, welcher er den prägenden Stempel verlieh.81 Eventuell reflektiert Herodot diese Facette von Dareios’ Selbstdarstellung, wenn er ihn als einen Krämer (κάπηλος) bezeichnet.82 Über den Kanal wurde vielleicht die um die 3 Meter hohe, rundplastische Monumentalstatue Dareios’ I. nach Susa transportiert, wo sie 1972 im Palastareal am ‚Tor des Dareios‘ gefunden wurde, beschädigt und kopflos.83 Ausgehend von ästhetisch-symmetrischen Überlegungen wird vermutet, dass es ein zweites Pendant gegeben habe.84 Da die Statue, wie die Inschriften offenbaren, für den Atum-Tempel in Heliopolis bestimmt gewesen war, ist umstritten, ob es sich bei dem Fund von Susa um eine Kopie des in Ägypten verbliebenen Originals oder um das aus Ägypten transferierte Original handelt.85 Das Bildwerk kombiniert entsprechend der achaimenidischen Reichsideologie mit der Betonung des multikulturellen Miteinanders persische und ägyptische Stilelemente: Der Dargestellte trägt ein persisches Fältelgewand, einen verzierten akinakēs mittig im Gürtel, einen persischen Armreif, persische königliche Schuhe – nahtlose, ungeschnürte Sandalen –86 und eventuell die persische zeremonielle Lotosblüte in einer Hand.87 Der Rückenpfeiler und die Haltung sind ägyptischen

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in this period must have flourished, as the world from the Nile to the Indus was under one political regime“. Zu militärischen Motiven (bessere Kontrolle durch die Alternative der Flottenstationierung zur phönikischen Küste): Schörner (2000) 33. Die Gründungsurkunde des Apadana von Susa mit der Auflistung, was die einzelnen Reichsteile zum Bau des Palasts beitrugen, mag erahnen lassen, was etwa über den Nilkanal kam: Ägypten gab Silber und Ebenholz, Kuš und Indien sandten Elfenbein (DSf § 11–12). Vgl. Vittmann (2006) 138–140. Das Silber verwundert; Ägypten besaß keine eigenen Silbervorkommen. Eventuell ging auch Luxusware aus dem Sudan über den Kanal (Elfenbein, Ebenholz, Straußenfedern, Tierhäute, Edelmetall). Zu den Hauptorganisationsprinzipien der achaimenidischen Verwaltung („commodity, time, and location“) vgl. Henkelman (2013) 535. Hdt. 3,89,3. Vgl. Razmjou (2002) 83; 103 Anm. 18. Zu den Beschädigungen siehe Razmjou (2002) 92–96. Die Makedonen werden verdächtigt, die Statue als Zielscheibe für Pfeile missbraucht zu haben. Vgl. Kuhrt (2010) 479 Anm. 3; Wiesehöfer (2005) 51; Vittmann (2003) 136; Razmjou (2002) 87–88; Briant (1996) 984; Schneider (1996) 161. Boardman (2003) 137 geht sogar von drei weiteren Exemplaren aus. Vgl. Jacobs (2006) 115; Boardman (2003) 137; Razmjou (2002) 86. Einer These zufolge habe Xerxes sie wegen der ägyptischen Revolte 486 v. Chr. in die Sicherheit des heimischen Palasts bringen lassen. Vgl. Schneider (1996) 162; Rüterswörden (1993) 119; Hinz (1975). Vgl. Boardman (2003) 125. Vgl. Fried (2004) 65–67; Razmjou (2002) 83–85. S. auch Finn (2011) 240–242.

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Stils. Der Sockel ist gemäß der Vorstellung, dass der Pharao die Länder unter seinen Sohlen hat,88 mit den Namen der Gebiete im Festungsring und darüber gesetzten Abbildungen ihrer Repräsentanten in der spezifischen Tracht versehen.89 Die ägyptische Unterwerfungssymbolik – am Rücken gefesselte Hände der Landesvertreter – ist jedoch durch ein Stilelement des Bildprogramms der pax Achaemenidica ersetzt: Die Figuren heben stützend die Hände wie auf den persischen Thronträgerreliefs.90 Den Sockel zieren des Weiteren Personifikationen von Ober- und Unterägypten: „binding together the lotus and papyrus in a symbolic display of unification under the rule of Darius“.91 Auf den Gewandfalten befinden sich Inschriften in Hieroglyphen, Elamisch, Altpersisch und Akkadisch.92 Die altpersische Inschrift lautet: Dies (ist) das steinerne Abbild, das Dareios, der König, angeordnet hat in Ägypten herzustellen; aus diesem Grund (wird dem), der es künftig betrachtet, dem wird bekannt/bewußt, dass der persische Mann Ägypten in Besitz hatte.93

Die Analogie zur Herrschaftssymbolik im altpersischen Text der Kanalstelen scheint deutlich. In beiden Fällen dienten sie Dareios’ Repräsentation in der speziellen Facette „to establish in Egypt the Persian aspect of his persona as ruler of Egypt.“94 FAZIT Durch die persische Expansion, die das Tor zum Meer öffnete, wurden Flotte, Flottenpolitik und die Kontrolle über maritime Räume Teil der Regierungsgeschäfte der Großkönige. Die Sicherung der Küsten- und Inselgebiete des Reichs, die politischen Beziehungen zu Hellas inklusive der Frage nach der Kontrolle über die ionischen Städte, der oft problematische Erhalt der Herrschaft über Ägypten sind einige Faktoren, welche für die persische Beziehung zur See relevant waren. In den persischen Zeugnissen figuriert das Meer jedoch in symbolisch-ideologischer Hinsicht. So erscheint die altöstliche Formel vom oberen und unteren Meer im Text des Ky-

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Vgl. Razmjou (2002) 83–84; Rüterswörden (1993) 123 (wie auch in der hieroglyphischen Version angesprochen). Vgl. Boardman (2003) 137; Rüterswörden (1993) 119. Vgl. Vittmann (2011) 383–384; (2003) 136 (eine persische Idee im ägyptischen Gewand); Razmjou (2002) 83–85. Razmjou (2002) 83. Vgl. Kuhrt (2010) 477–479; Schmitt (2006) 238; Wiesehöfer (2005) 51; Rüterswörden (1993) 118–119. DSab § 2. Übers. R. Schmitt. Vgl. Lecoq (1997) 246–247. Razmjou (2002) 85. Vgl. Grätz (2004) 233.

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roszylinders traditionell als Grenzsymbol einer als universal imaginierten Herrschaft. Die Meere stehen synonym für die Weltenden. In den Inschriften Dareios’ I. erscheint das Meer als Unterscheidungs- und Ordnungskategorie im Kontext von Länderlisten, damit zugleich ein Symbol für Expansion und das Übertreffen der Vorgänger. Untrennbar mit diesen Inhalten verbunden ist die Konnotation des Meers als eines Bindeglieds zwischen Reichsteilen, das erst der Großkönig zu einem solchen gestaltet hat. Die Kontrolle des Meeres wird in der Konsequenz zum Signum der göttlich legitimierten Herrschaft. Daran schließt sich die Überschreitung des Meers und Überwindung der Meeresgrenzen als Zeichen des (ultimativen) Übertreffens der Vorgänger. Stets ist indes einzurechnen, dass zwischen einem theoretischen, ideologischtitularen Anspruch auf Weltherrschaft und Kriegsplänen und einer faktischer Eroberung (in einem begrenzten Rahmen) differenziert werden muss. Das Bild des von Hybris getriebenen Perserkönigs, der nach der tatsächlichen Unterwerfung der ganzen Welt strebt und willkürlich die göttlich gesetzten Meeresgrenzen überschreitet, ist ein Konstrukt aus kultureller Fremdsicht und politischen Diskursen.

DELOS AS CENTER OF ATHENIAN “SEA POWER” – AN ARCHAEOLOGICAL PERSPECTIVE Monika Trümper Delos in the Archaic period is commonly recognized as subjected to a “succession des thalassocraties” which had chosen “Délos comme lieu d’expression du pouvoir en Égée”, as “vitrine prestigieuse de leur pouvoir.” When Athens founded the Delian league in 478/477 BC, according to Chankowski, “à l’image des thalassocraties militaires en Égée vient s’ajouter en effet l’exploitation par Athènes de l’identité ionienne des Cyclades” and Athens claimed authority over Delos with its renowned sanctuary of Apollo.1 While this is not the place to discuss the much debated term and concept of thalassocracy,2 the aim of this paper is to critically assess the impact of Athens on the urban landscape of Delos in the two periods of its domination, notably 478 to 314 BC, and again after 167/166 BC, when the Romans conquered the island, declared it a free port, and gave control to the Athenians who established a cleruchy. The key question is, whether Athenian “sea power” manifested itself visibly in Delos, and how. Both periods of Athenian domination of Delos have been extensively studied in masterful monographs by Pierre Roussel, published in 1916, and Véronique Chankowski, published in 2008.3 These books are based on the rich epigraphic records and archaeological remains that have been revealed by the French School of Athens since 1873.4 While Chankowski’s focus is on the administration of Apollo’s sanctuary in the Classical period, she also investigates monuments as potential expression of Athenian propaganda.5 It is uncontested that Athens had major impact on developing Apollo’s sanctuary, but the extent of its involvement, particularly beyond the sanctuary, remains debated even after the appearance of Chankowski’s study. Similarly, discussion about Athenian influence and interests after 167/166 BC recently has been revived, challenging Roussel’s widely accepted arguments about the gradual dissolution of the Athenian cleruchy towards the end of the 2nd century BC and

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I would like to thank the conference organizers for inviting me to this very stimulating conference, and Jean-Charles Moretti for generous discussion and information. All errors remain my own. Chankowski (2008) 15. H. Kopp in this volume. The argument here is about archaeologically visible Athenian influence on Delos, largely independent of whether Athens is identified as a “sea power” or not. Roussel (1987); Chankowski (2008). About 24–25 ha have been excavated, equaling about 25 % of the city, whose maximum extension is reconstructed with 95 ha for about 100 BC; Bruneau et al. (1996) 38. In the following, monuments in Delos are referred to with the number of the Guide de Délos and with anglicized names (GD; Bruneau – Ducat 2005). Chankowski (2008) 72–77; 258–273.

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about an overall weak Athenian role in the administration and urban development of the free port. A comprehensive synthetic reassessment of Athenian interests, strategies and initiatives after 167/166 BC is, indeed, overdue after about 100 years since the publication of Roussel’s study, but the state of publication and ongoing research still make this difficult.6 Furthermore, reassessment of the relationship between Athens and Delos should include a theoretical approach to debated key concepts and notions such as Athenian propaganda and imperialism and the question of active Athenian involvement and influences vs. the voluntary adoption by Delians or others of Athenian cultural achievements and hallmarks; and the central problem of how either can safely be identified in the first place.7 While the following argumentation certainly cannot fill any of these major gaps, it intends to synthetically reassess recent groundbreaking published fieldwork and research, mainly of the last 10 years and carried out mostly by French scholars, and to highlight some crucial open questions. Because of restricted space, focus here is on the building policy, thus on permanent structures that potentially served to symbolize and commemorate Athenian power and interests.8 After a brief overview of the Athenian prelude in Delos in the Archaic period, whose nature and importance for the later, much more formal relationship between the two cities are debated, buildings and infrastructure measures ascribed to Athenian initiative will be discussed. The two periods require different approaches and questions, however, because the states of preservation and publication as well as the nature of Athenian involvement differed significantly. It must clearly be emphasized that extension and appearance of Apollo’s sanctuary and the city of Delos cannot be reliably reconstructed at all for any period before 90 BC. Whatever is known of the Classical period, is the result of a centuries-long selection process (and of necessarily fragmentary modern research). Thus, any attempt to assess Athenian (as well as non-Athenian) building policy in the 5th and 4th centuries BC is restricted to compile, what was kept, maintained, and restored later, during Delian independence, when several royal dynasties made their presence felt on the island, and during the second Athenian domination, but such an attempt can never claim to reconstruct urban reality. 6

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Important ongoing research has been published in preliminary reports and articles, but detailed studies (volumes in the EAD series) of central monuments are still missing, among them, e. g. the Bouleuterion (GD 21), Prytaneion (GD 22), the Bull Monument/Neorion (GD 24), the Pythion (GD 42), and the Ekklesiasterion (GD 47); the Agorai of the Competaliasts and Hermaists (GD 2), of Theophrastos (GD 49), and the Delians (GD 84); the warehouses on the coast (GD 122) and the constructions between them; and the harbor facilities (cf. the critical review by Hesnard 2005 of Duchêne et al. 2001). See the critical remarks in Chankowski (2008) 75, who still uses the terms imperialism and propaganda, however. A systematic discussion, similar to the particularly vivid debate about cultural influences and exchange in the Roman world (“Romanization,” “Self-Romanization,” resistance, cultural exchange etc.) is missing for Delos. This includes infrastructure, such as the construction of roads, quays, harbor facilities, and water management facilities. Many other areas and aspects of Athenian influence, including, e. g., iconography and styles of sculpture, coinage, financial administration, or religious festivals and calendars must be omitted. Furthermore, only selected building and infrastructure measures can be discussed in the following.

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1. FIRST ATHENIAN DOMINANCE Athenian interests in Delos began well before 478 BC, in the Archaic period, but the nature of the engagement is debated. While the purification of the island by Peisistratos between 540 and 528 BC has long been seen as a prelude to Athenian imperialist ambitions, his involvement recently was reevaluated and set in the context of aristocratic competition and self-representation.9 Furthermore, presumed Athenian predominance in Apollo’s sanctuary toward the end of the 6th century BC has been challenged because Naxos was still recognized as one of the central players around 500 BC.10 Construction of the first safely identifiable temple, the so-called Porinos Naos (GD 11), commonly is ascribed to Athens for historical reasons and because of the unusual building material, notably poros (Fig 1). Its precise date, patron, and purpose remain, however, debated. More crucially, in later inventories of the 4th century BC, this temple was referred to as Naos of the Delians, as opposed to the newly built one of the Athenians; thus, even if Athenian in origin, the “old” temple was not visibly claimed and advertised as an Athenian monument although it possibly housed Apollo’s cult statue until about 280 BC.11 According to Chankowski’s convincing assessment, Athens selected Delos as center of its alliance in 478 BC because of its geographically and symbolically central position in the Cyclades; the small size of its city, which would hardly venture any opposition; and the Ionian character and tradition of the sanctuary, which could be exploited for league recruiting purposes and Athenian religious ideology. Athenian presence in Delos continued far beyond the debated date (most likely 454 BC), however, when the treasury of the league was transferred to Athens, and the Athenians gradually manifested and consolidated their authority in Delos, exploiting the sanctuary’s radiance and influence for their benefit until 314 BC when Delos became independent for about 150 years. While building policy has always been recognized as central to Athenian self-representation in Delos, its extent both within the sanctuary and beyond remain contested. The largest temple (GD 13), begun immediately after 478 BC, is not an Athenian building, but a monument of the league; this is obvious from its architecture, which betrays distinctly non-Athenian traits,12 and particularly the fact that the temple was left unfinished in the mid-5th century BC, most likely when the treasury was trans9 10 11

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Chankowski (2008) 10–15. For an intriguing general assessment of Delian sacred topography and its development, Scott (2013) 45–76; since his focus is not on recent research and the bibliography is not always up-to-date, he will not be systematically cited here. Barlou (2014) dates the famous Terrace of the Lions (GD 55), a Naxian monument, to around 500 or even the first quarter of the 5th century BC. The temple is variously dated to around 540 BC (Peisistratos) or after 525 BC (his sons); the provenance of the poros from Athens is not proven; and it is debated whether the temple replaced a predecessor that already housed the famous cult image of Tektaios and Angelion or whether temple and cult image were made at the same time; Courby (1931) 217–232; Bruneau (1970) 52–62; Gruben (1997) 372–374 n. 305; GD pp. 11–13. Fraisse – Llinas (1995) 513–522; Chankowski (2008) 73–74: “Le Grand Temple, élevé jusqu’à la frise entre 475 et le milieu du Ve s., n’appartient pas à proprement parler à un ensemble architectural athénien.”

Abb. 1: Delos, center of the city with sanctuary of Apollo, Agorai, and warehouses. Drawing: M. Trümper after Bruneau – Ducat (2005) dépliant III; Moretti et al. (2015) plan 7. With kind permission of the École française d’Athènes.

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ferred. As a symbol of non-Athenian, Cycladic identity, it was quickly completed by the Delians after 314 BC who transferred the cult image to this temple in about 280 BC. While this temple is not referred to at all in the 5th and 4th century BC inventories, the independent Delians named it the Temple of Apollo and filled it with numerous important offerings. Athens, however, clearly left its mark in the sanctuary between 454 and 314 BC with two major buildings: First, they built the Temple of the Athenians (GD 12) quickly after 425 BC. An elegant, sophisticated building made of Pentelic marble, it eclipsed the other two temples in quality and building material. There is no agreement, however, whether this temple ever housed the probably colossal time-honored cult image of Tektaios and Angelion. It certainly included seven statues set up on a large base, among them Leto, Artemis, Apollo, and was proudly advertised as Temple of the Athenians in inventories of the Classical period. After 314 BC, the temple was referred to much more neutrally as Naos of Seven Statues and was robbed of precious offerings, but the Athenians did not reverse the degrading denomination after 167/166 BC, obviously having lost interest in this kind of demonstration of power.13 Second, in a central position close to Apollo’s altar (GD 39), the Athenians constructed a monumental building (GD 42) that resembles in technique and material the Temple of the Athenians; this building is commonly identified with the Pythion, an edifice honoring the Delphian Apollo that inscriptions mention in the mid4th century BC. According to Chankowski, the Athenians had early on during their dominance favored connections with the Delphian sanctuary. While the Pythion constitutes a visual, if late manifestation of these endeavors, it also served to reaffirm Athenian sovereignty of the sanctuary after violent incidents with the Delians in 376/375 BC.14 That the Athenians also defined and embellished the sanctuary with a propylon, as often claimed,15 is seriously challenged by recent fieldwork. While the currently visible Propylon (GD 5) was dedicated by the Athenians in the mid-2nd century BC (I.Delos 1611), the only safely identifiable in situ structures of a predecessor could go back to the independent Delians who substantially repaired a partially collapsed structure in 279 BC, reusing building material of one or several Archaic buildings.16 A statue of Hermes Propylaios dedicated by the Amphictyons in 341/340 BC (I.De­ los 42) suggests the existence of some kind of gate, but gives no evidence of its date and design.17 13 14

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Cult image of Tektaios and Angelion set up in this temple: contra: Gruben (1997) 376; Bruneau (1970) 62–64; pro: Courby (1931); GD p. 184 n. 27. Chankowski (2008) 73; 258–263; the building is currently under study by A. Febvey and J.-J. Malmary; Febvey (2011); in her unpublished dissertation (http://www.iraa.mom.fr/recherche-activites/theses-en-cours/apollon-pythien-a-delos), Febvey discusses the use of this building as temple or treasury and concludes: “Le Pythion apparaît comme une sorte de trait d’union entre les deux grands sanctuaires apolliniens, Delphes et Délos, à l’initiative d’Athènes.” E. g. by Chankowski (2008) 73. Étienne – Wurch-Koželj (2002) 529–539. Chankowski (2008) 75: the Hermes would have been dedicated as copy of a famous statue, to substantiate an overall Athenian label of the sanctuary, but not in order to deliberately create a link between the Delian Propylon and that of the Athenian Acropolis.

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While the Athenians clearly marked their presence and significance in Apollo’s sanctuary, if not so much in quantity as in quality, it remains to be discussed to what extent they also modeled and transformed urban space outside the sanctuary proper. Three buildings located close to Apollo’s temples were identified with a Bouleuterion (GD 21), a Prytaneion (GD 22), and an Ekklesiasterion (GD 47). This is not the place to discuss the history, design, reconstruction, function and identification of these buildings, none of which is fully published; instead, focus is here on their date and possible patrons. The Bouleuterion, a long rectangular building with a surface area of about 150 m2, is dated to the end of the 6th century BC and probably was used without significant changes well into the 1st century BC.18 Construction of the Ekklesiasterion, a small rectangular building of about 82 m2 surface area, is dated to the first half of the 5th century BC; this building was remodeled and enlarged at least four times and used continuously into the Imperial period.19 The Prytaneion, safely identified by inscriptions found in situ, was built in 450–425 BC with a surface area of about 390 m2 and continuously used without significant changes into the 1st century BC.20 Thus, Delos would have been provided with a set of purpose-built political structures within a span of about 75 years, which, however, differed vastly in size.21 According to Roland Étienne, construction of the Bouleuterion occurred already under Athenian influence, more precisely as part of a “programme développé sous le signé d’Athènes.” This would concern even much more clearly the Prytaneion, whose design, in some elements, would resemble that of the Old Bouleuterion in Athens. In material and technique, however, both buildings would have followed Cycladic traditions.22 While Étienne does not specify whether the political edifices would have been conceived for Delian institutions or institutions controlled or even partially occupied by Athenians, Chankowski argues that the polis of Delos continuously coexisted with the Athenian administration of the sanctuary and was, among others, responsible for erecting the three political buildings for use by Delian institutions, even if it followed Athenian models.23 In addition to the local material and 18 19

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Braun – Étienne (2007) 116–117; Étienne (2007) 319–326, based on stratigraphy, and not on palaeographical dating of a dedication to Athena Polias (I.Delos 15) on the adjacent column. Hellmann (1992) 69–70 for much later inscriptions mentioning a bouleutērion. Vallois (1929) 278–302; the building has not been restudied since then, for a summary Hansen – Fischer-Hansen (1994) 61–62; Hellmann (1992) 122–121 for the inscriptions, which do not mention an ekklesiastērion before 231 BC. Even the enlarged building could never have housed more than 500 persons, but according to Vial (1984) 17–19, during the Independence, the polis of Delos had 1200 citizens. Miller (1978) 67–78; Hellmann (1992) 357–358; Étienne (2007) 327–330 for the date derived from stratigraphic soundings. One would have expected the Ekklesiasterion to have been larger than the Bouleuterion and Prytaneion. Étienne (2007) 332–333 (citation 333); he does not mention the Ekklesiasterion. Note, however, that the design and very existence of an Old Bouleuterion in Athens remains contested; for a summary Emme (2013b) 105–106. Chankowski (2008) 72–73 with outdated dates for the Bouleuterion and Prytaneion; 246–248: the polis Delos continued to issue decrees independently, even for the sanctuary.

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technique, it must be emphasized that none of the Delian buildings resembles their known equivalents in Athens.24 Since Athens was by no means the only polis that had political institutions and respective buildings in the Late Archaic and Classical period, Athenian influence on Delian politics in this period remains to be ascertained and defined much more precisely in its extent and purpose.25 This also regards other building measures, notably the public water management which was significantly improved in the Classical period. Since Delos does not have any springs, water supply always had to be provided by ground water and rainwater, collected in and accessible via wells, reservoirs, and cisterns. The main watercourse was the Inopos that ran from the foot of the Kynthos hill to the north and then turned west to join the sea at the Agora of the Competaliasts (GD 2). Runoff water from hills was collected in a large reservoir (GD 97) that, according to recent research by Miriam Fincker and Jean-Charles Moretti, was closed with a dam already around 400 BC, thus making it accessible as public water supply with a maximum capacity of about 1700 m3. Construction of the dam is ascribed to the Athenians because of the material and sophisticated building technique.26 Since Apollo’s sanctuary was supplied by wells and not by the Inopos, Athenian interests in and profits from this dam that probably benefitted mainly or exclusively the settlement remain to be determined: did the Delians pay for the construction or use of the reservoir? During the Independence, certain rules regulated the use of the public water reservoir; violators had to pay 5 drachmas to Apollo, namely to the funds of his sanctuary.27 Would similar fines sufficiently have reimbursed the Athenians for their investment in the first dam? 24

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Cf. the Athenian Pnyx I (c. 500 BC) with the Delian Ekklesiasterion; the Athenian Tholos (c. 470 BC) with the Delian Prytaneion, the design of the Athenian Prytaneion located close to the Aglaureion being unknown; the Athenian Old Bouleuterion (if it ever existed, see previous note) with the Delian Bouleuterion. See survey in Hansen – Fischer-Hansen (1994). Scott (2013) 53 argues for growing strength of Athenian influence over arenas of local political activity and religious worship in Archaic Delos, based on inscriptions by Athenians to Zeus Polieus and Athena Polias (I.Delos 2607–2608). These inscriptions, which commemorate the recruitment of pompostoloi (all young Athenians) by the priest of Zeus Polieus and Soter and Athena Polias and Soteira, were only added to the Archaic altar GD 23E (c. 500 BC) in the early 1st century BC, however; see GD 23E with earlier literature; Ohnesorg (2005) 62–66; Étienne (2007) 334; Braun – Étienne (2007) 114– 115. This evidence does not automatically suggest that the Delians introduced the cults of Zeus Polieus and Athena Polias in the Archaic period at the instigation of or as a reference to Athens. Moretti – Fincker (2007) esp. 228: “Quelle fut dans la réalisation de ces constructions la part d’Athènes, dont les amphictyons gérèrent presque continûment la fortune sacrée d’Apollon de 478 à 314? La documentation ne permet pas de s’en faire une idée claire. On peut cependant noter que l’équipement public de Délos au Ve et au IVe s. est, mutatis mutandis, assez comparable à celui d’Athènes. La mégapole a sans doute joue, ici comme ailleurs, un rôle de modèle. À Délos, elle a aussi été commanditaire et réalisatrice de certains monuments. Le barrage, par ses matériaux: et par ses techniques, pourrait être un ouvrage attique. On serait en droit de l’affirmer si l’on était sûr que son règlement remonte à l’époque classique et qu’il stipulait dès sa rédaction qu’une amende devait être payée par les contrevenants au profit du sanctuaire. La construction du barrage serait alors à mettre au crédit d’une Athènes dont l’administration n’eut pas pour les Déliens que des aspects négatifs.” Siard (2006) 333.

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The settlement of the Classical period is barely visible in the archaeological evidence. Inscriptions testify to the existence of numerous non-sacred and non-political buildings. Thus, Apollo’s rentable assets included terrain on Delos and Rheneia, residential structures, workshops, and other commercial buildings. Furthermore, there was a palaistra, a pandokeion, and a balaneion in possession of a certain Ariston.28 Such publicly accessible bath buildings were not yet standard in cities of the Classical period,29 suggesting that the polis of Delos was quite well endowed and that it included citizens who were wealthy enough to invest in such businesses. In conclusion, existence, concept, and extent of a specific Athenian “building program” in 5th/4th century BC Delos currently cannot be fully assessed, particularly with view to areas outside the sanctuary. Difficulties in defining Athenian involvement and interests are exemplarily manifested in the debate about the patrons of the famous Neorion (GD 24), the prominently located ship monument in the sanctuary of Apollo. Commonly, this ambitious monument is attributed to the socio-historical, economic, and cultural sphere of royal donations, self-representation and competition, and is identified as a symbol and result of an Antigonid naval victory, or Antigonid sea power more generally. It must have been dedicated before 272/271 BC when it first appears in the Delian inventories. In contrast, Chankowski recently identified this building as Athens’ last glorious contribution to the endowment of the sanctuary that would have been financed after 330 BC with surplus money generated from the sophisticated administration of sacred funds. The monument would have housed the triacontore that was used in the annual ceremonies in honor of Theseus until the period of Demetrios of Phaleron. The ostentatious spacious buildings visibly would have emphasized Athenian supremacy, especially after certain resistances and violent conflicts with the local population in 376/375 and 346–343 BC.30 This is not the place to fully discuss this intriguing theory, which has not yet been widely accepted in scholarship and indeed seems problematic. With view to the history and urban development of Delos after 314 BC when Apollo’s sanctuary became a popular target for generous royal donations by various dynasties, the traditional dating and attribution of the Neorion seems overall more convincing. Only the final outstanding publication of this monument, however, including material from stratigraphic soundings, can finally solve the vexed issue of patronage.31 28 29 30 31

Chankowski (2008) 279–307; 360–362. Trümper (2013). Chankowski (2008) 263–273. Others before her had suggested Athenian patronage, as listed in Wescoat (2005) 168 n. 59. Preliminary reports of the soundings mention only “un certain nombre d’objets ont été recueillis (e. g. fragment d’oenochoé du style libre);” (Daux 1964, 905) and “les nouveaux fragments de lampes paraissent, à première vue, confirmer le témoignage de ceux recueillis en 1963: la ‘limite chronologique inférieure’ serait donnée par le type Agora 25Β: deuxième moitié du IVe siècle-premier quart du IIIe.” (Daux 1965, 996). A major problem of Chankowski’s theory is that Theseus’s triacontore had a length of only 25 m, whereas the basin for the ship is 45.65 m long. Wescoat (2005) (not cited by Chankowski 2008, 548) compellingly argues that Demetrios Poliorketes would have dedicated here one of the “fives” that he had captured from Ptolemy I

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2. SECOND ATHENIAN DOMINANCE When Athens regained control of Delos in 167/166 BC, a period of ambiguous domination began. While this time, Athens seemingly had full political control, sending colonists and magistrates to Delos, it is much debated how efficient this control actually was: the Athenians clearly depended upon Rome who continued to intervene in Delian affairs. Furthermore, after about 130 BC Athenians had to include others, especially Romans, in the management of local affairs, even if they officially maintained control of the island well into the Imperial period.32 Administration and financial management of Apollo’s sanctuary changed also, because in the globalized Late Hellenistic world, temple funds were no longer invested, but just kept on deposit. This, together with the implications of the tax free port, notably a significant loss of income from various commercial taxes, may have had severe impact on Athenian investment in constructions. From recent research, two central questions emerge: 1. What significance did Delos ever have as a trade port, in terms of quality (easy accessibility, infrastructure) and quantity or size: could the island ever have accommodated the international large-scale wholesale trade suggested in literary sources?33 Have capacities of infrastructure and commercial structures been dramatically overestimated, as argued by Hervé Duchêne,34 or is the high number of commercial facilities alone conclusive evidence of a flourishing trade center, as suggested by recent research.35 2. Which role did Athens play in controlling and regulating trade in the free port and in developing commercial infrastructure: a marginal role, with significant decrease after 130 BC (“dissolution of the cleruchy”), as argued compellingly by Roussel; or a consistently central role until 88 or even 69 BC, when Delos was sacked by troops of Mithradates and pirates, respectively, as recently claimed by Claire Hasenohr.36 In his study of 1916, Johannes Paris had reconstructed the Late Hellenistic harbor in correspondence with Strabo’s famous assessment of the capacity of the Delian em­ porion, notably with five basins where 200–250 small ships could dock at continuous quays and be discharged and loaded. To the south of the Sacred Harbor (GD 1), the quays were bordered by numerous commercial structures, built side by side.37 Recent research proved Paris’ reconstruction untenable, however, because the level

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in the battle of Salamis in 306 BC; the “five” was about 45 m long. She is followed by Vlachou (2010), who assigns the donation to both Demetrios Poliorketes and Antigonos Gonatas. Roussel (1987); Habicht (1995) 247–264; 335–339; (1994) 264–286. Strab. 10.5.4; 14.5.2. Duchêne et al. (2001). Karvonis (2008); Hasenohr (2012a); (2012b); Chankowski – Fincker – Moretti (2012). Roussel (1987); cf. also Habicht (1995) 247–264; Hasenohr (2012b). Paris (1916) esp. 16–17 and 33: main basin (I) with a length of 230–250 m, accommodating about 100 ships with a width of 6–7 m and moored perpendicularly to the quay; basins II–V with a perimeter of 700–800 m and a surface area of 1.5 ha, for 100–150 ships; Strab. 10.5.4; 14.5.2; Jardé (1905); (1906). While five large warehouses were fully excavated, flanking Paris’ second and fourth basins, the structures between these were only partially explored and never fully published.

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of the sea has risen for about 2.15–2.50 m since the Hellenistic period; thus, at the period of the trade port, the sea was quite far away from the structures that are currently visible close to or even inundated by the sea. Based on a variety of sophisticated scientific methods, several interdisciplinary projects attempted to reconstruct the appearance of the Delian harbor and shoreline in the Hellenistic period (Fig. 2). Thus, a French team discovered in test trenches on the Agora of the Competaliasts (GD 2) that around 300 BC the shoreline was about 60 m further west than on maps from 1896 and that the terrain of the Agora was actually a coastal swamp, crossed by the Inopos river. Only in about 130–120 BC, the terrain would have been substantially filled up, stabilized and partially paved, obviously in order to make it usable year-round. While the western extension of the pavement cannot safely be reconstructed, no remains of jetties or quays were found. The partially paved esplanade to the west of the Sanctuary of Apollo would not have bordered on a navigable basin of the Sacred Harbor, but instead on a shallow beach, on which small boats could be drawn. Similarly, the entire commercial coast to the south of the Sacred Harbor would have been delimited by a paved pathway, which even included bollards for mooring boats; to the west of this path, however, again a wide, gently sloping beach would have extended. Some east-west oriented jetties may have existed that did not serve for the docking of boats, however, but to facilitate transportation of goods. To the north of the Sacred Harbor, houses would have been built up to the very edge of steep cliffs that were not protected by any jetties or dikes.38 In his palaeographic reconstruction of the seafront of ancient Delos, Nikos Mourtzas draws even more radical conclusions: in the Hellenistic period the sandy beach would have been 18–72 m wider than today in the commercial zone to the south of the Agora of the Competaliasts, up to 165 m wider to the west of the Stoa of Philip (GD 3), and 16–29 m wider to the north of the Sacred Harbor. His reconstructions show a rather jagged coastline, which would have been protected by a complex system of protective structures, such as breakwaters and seawalls. In the area of the Sacred Harbor, the sea is reconstructed with a depth of 0.15 to 0.75 m right next to the ancient shoreline, excluding the existence of a deep basin-like area for the disembarking of larger boats.39 While this is not the place to comparatively assess the results of these studies, both equally require a fundamental revision of commercial traffic and infrastructure in the Late Hellenistic free port. Large, deep-going ships could only anchor in a significant distance of the west coast, in the channel between Rheneia and Delos or in front of the east and south coast of Rheneia, and they had to be unloaded and loaded by small boats. The consequences of the new Delian “beach-harbor” have not yet been fully assessed, let alone systematically quantified. Naval archaeology has not been integrated into research on the Delian maritime landscape, and calculations like those recently provided by G. Boetto for the capacity and function of the 38 39

Desruelles et al. (2007). Mourtzas (2012); this is based on an underwater survey, which served to systematically map the depth of beachrock formations. The corresponding widths in the study of Desruelles et al. (2007) are: ca. 30 m width of the beach in the south; up to 110 m in the Sacred Harbor; 12.5–20 m in the north; overall, the shoreline is reconstructed as a much more harmonious, straight line.

Abb. 2: Delos, reconstructed profiles (west – east, looking north) of the western coastline, around 200 BC. Drawing: M. Trümper after Desruelles et al. (2007) 236 fig. 5; 238 fig. 7b. With kind permission of S. Desruelles.

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Claudian and Trajanic harbors at Portus have not yet been employed for Delos.40 Systematic naval archaeological research should examine which categories of ships could navigate and anchor in which areas around Delos and in which seasons, taking strong seasonal winds and storms into account; what is the maximum size of boats that could serve the sandy beach coast of Delos; and which tonnages of merchandise realistically could be unloaded and loaded in which period of time. This also regards the recently favored model of Delos as the site of a stock exchange where goods would have been negotiated virtually rather than physically. Even if large amounts of merchandise were transferred directly from one ship to another, without ever physically entering Delian soil, appropriate anchorages would have been required.41 Since this essential naval investigation cannot be provided here, discussion must be restricted to some considerations that somewhat challenge the current predominating minimalist view of the Delian harbor. Already the independent Delians and then again the Athenians had repeatedly made significant financial investments for chōmata, which are commonly identified as earth filling and embankment works in the harbor area. These efforts suggest at least some concept of a clearly defined harbor area, which was even partially paved after about 130 BC.42 Several bollards were found in the area of the Sacred Harbor, one or two of which obviously served for the mooring of boats, whereas a third inscribed example must have marked a segregated part of the harbor that was reserved for warships (Fig. 1, bollard k).43 A series of in situ bollards for mooring boats was also discovered along the southwestern coast in front of the warehouses, which were even set up as part of a unified building program (Fig. 2, below). It remains to be discussed how these bollards 40

41 42

43

Boetto (2010); see esp. the table p. 118 with an overview of measurements of differently sized ships; and p. 122 fig. 11 with a plan showing the distribution of differently sized ships in Trajan’s harbor; both harbors had depths of 5 to 7 m and thus could accommodate even the largest known ancient ships with a deadweight tonnage of 1200 tons, a length of 53 m, a width of 14 m, and a draft of 4.50 m. Cf. also Heinzelmann (2010) 5 for the river harbor of Ostia: the Tiber river was 5–6 m deep, and water would never have dropped below 3–4 m, allowing most of the Roman ships with cargos of 200–400 tons to enter the mouth of the Tiber year-round; quays along the settlement could have accommodated 20 ships at a time, whose unloading (250 tons) would have required 6–8 days. Capacities were significantly improved under Claudius with the construction of a large harbor basin inside the Tiber mouth (100 × 80 m), with monumental navalia. Van Berchem (1991); resumed, for example, in Duchêne et al. (2001) 161–164; Geraci (2012) 353 n. 31. A chōma sporadically is mentioned in inscriptions from the mid-4th century BC onwards, but significance increased only in 217 BC with the appearance of epimelētai tou chōmatous; financial transactions are recorded for 192 and 179 BC; in 126/125 BC, the epimelētēs Thephrastos was honored with a statue for his concerns about chōmata along the harbor (I.Delos 1645). Hellmann (1992) 437–439; Moretti (1998) 259–262; Trümper (2008) 379; Meier (2012) 257– 262 (“Errichtung einer Kaianlage oder Hafenmole”). Duchêne et al. (2001) 153–154 pl. XXXI,2 mentions two uninscribed mooring bitts in situ in front of the Stoa of Philip, but Vallois (1923) 144 pl. I, no. k shows only one. The inscribed bollard, I.Delos 2556, was not found in situ, but is generally ascribed to the great basin of the Sacred Harbor. I owe this reference to D. Kah.

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could have been used if they were at least 20 m up to about 90 m away from the sea and if (why and how) a section for warships would have been marked in a “harbor setting” where those boats could only have moored far away from the shoreline.44 The problem of quantification is also crucial for an assessment of the various commercial structures in Delos, as a brief discussion of shops45 may show. In his comprehensive research on commercial structures in Delos, Pavlos Karvonis argues that Delos was a “ville commerciale par excellence” because of its high number and variety of commercial buildings, which would include more than 300 installations as opposed to about 100 houses. While these are intriguing numbers, they remain somewhat abstract without any contextualizing comparisons and without relating them to the appearance and capacity of the Delian harbor.46 In my research on tabernae in Delos, I have identified over 500 examples, analyzed their distribution in the city, and compared the records with that in Pompeii and Ostia. Despite the significant geographical, chronological and cultural differences of the three sites, which are unavoidable for comparative approaches due to the scarcity of sufficiently known ancient cities, such a comparison is still revealing.47 In terms of numbers, in relation to the size of the city, and distribution, Delos differs significantly from Pompeii and seems much closer to Ostia where tabernae were omnipresent within the urban landscape. According to Michael Heinzelmann, the high density of tabernae and commercial space in general in Ostia appeared only in the short-lived building boom of the 2nd century AD as the result of solely private business interests and investments; this phenomenon could not be satisfyingly explained with local demand at Ostia or with Ostia’s role as supplier of Rome, because bulky annona goods were traded in nearby Portus. Instead, Ostia would 44

45 46

47

Duchêne et al. (2001) 111–112 pls. XLIX–LII; the photo of the modern dock at the Ghourna bay, pl. LII,3, demonstrates the reasonable use of such bitts: located close to the edge of a built quay, they serve to anchor boats that are lying in sufficiently deep water – there is no sandy beach at all! Cf., in contrast, the reconstructed section in Desruelles et al. (2007) 238 fig. 7, where the mooring bitt is about 20 m away from the (at this point shallow!) sea, at the top of a sloping sandy beach, which would not have been convenient at all for drawing up and storing boats. Cf. the different reconstructions of the Sacred Harbor, with a basin, albeit small, in which boats are moored at the quay, in Duchêne et al. (2001) documents XXXV,1 vs. Moretti – Fincker – Chankowski (2012) 245 fig. 15, where three boats are drawn upon the beach of the Agora of Theophrastos (GD 49). Also called tabernae, Trümper (2003); or “pièces polyvalentes”, Karvonis (2008). Karvonis (2008) esp. 218–219: while the number of houses is generally known (90–100, see Trümper 1998), Karvonis does not provide any evidence for the number of over 300 commercial installations; cf. in contrast Trümper (2003). Karvonis – Malmary (2012) 274 conclude, without comparisons, that “les locaux de vente présentent une densité qu’on ne retrouve pas ailleurs dans l’état actuel de nos connaissances.” Similarly, Hasenohr (2012b) 100: “la surface dédiée aux activités marchandes est immense,” without referring to any benchmark, however. Trümper (2003); (2008) 285–288, comparing numbers of tabernae in relation to estimated overall and excavated surface area of the cities. Similarly, Karvonis – Malmary (2012) 275 conclude that, since the largest contemporary commercial city, Rhodes, could not be excavated large-scale, one should maybe turn to the commercial centers of Italy for parallels and for better assessing the importance of commerce in Delos. They do, however, not carry out such a comparison. For recent research on tabernae in Miletus, Emme (2013a).

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have served as place for intermediate trade of luxury goods between East and West that took place all over the city.48 The high density of tabernae in Delos may be explained similarly; while there was certainly a concentration of commercial structures along the southwestern coast, tabernae of different sizes were spread out all over the city and suggest a close intermingling of local retail trade and international commerce (of luxury goods?) in the entire city.49 Given the presumably “dire” state of harbor facilities, however, future research must critically discuss what kind of merchandise was physically traded in the many shops, taking the restrictions and costs of transportation in the densely built city into account. To this strangely ambiguous picture of a thriving commercial center without appropriate harbor facilities recent French research added another crucial reassessment, notably of the role of Athens in the development of the free port. The warehouses to the south of the Agora of the Competaliasts have always been identified as location of transit trade, thus representing Strabo’s emporion (Fig. 1, GD 122α– γ). The discovery of a sēkōma in warehouse γ in 2005 induced C. Hasenohr to significantly reexamining the historical importance and patronage of these buildings. This sēkōma had been donated by the epimelētēs emporiou Ariarathes and provided capacities for wholesale trade. Similar sēkōmata had been found much earlier in the adjacent warehouses α and β, and all of these sēkōmata would have been used for measuring wine or oil. This would suggest that not only had trade been centrally regulated and probably fundamentally revised by this epimelētēs, but that the three warehouses had been contemporarily constructed by the Athenian government and rented to foreign merchants. While Italian olearii, according to an inscription, probably had their seat as a group in warehouse α, the various rooms of warehouses β and γ would have been rented off to individual merchants. Ariarathes otherwise is not known in Delos, but his office could be dated to the early 1st century BC. A sēkōma donated by C. Iulius Caesar during his proconsulate in Asia 99–89 BC would have been identical in size and shape to the newly discovered example donated by Ariarathes. Furthermore, Athens would have issued a decree ordering the modification of measures and weights at the end of the 2nd century BC that would have been implemented most faithfully in Delos by Ariarathes.50 The epimelētai emporiou could have resided in a room that had been attached to the northern façade 48 49

50

Heinzelmann (2002); (2010) 6: over 800 tabernae in the excavated city-center; this figure should be doubled in the unexcavated areas. For the Quarter of the Theater, Karvonis – Malmary (2012) 273 fig. 7, link the different sizes of shops to different types of trade: the largest shops, built close to the coast, would have served for transit commerce, whereas the smaller ones, located farther away from the shore, would have accommodated local retail trade. While this may have applied to the Quarter of the Theater, in other quarters of Delos, large shops were built in considerable distance to the coast and without any obvious distribution patterns (cf., for example, the Agora of the Italians [GD 52], the Granite Monument [GD 54], or the various edifices in the Quarter of Skardhana). Cautiously Hasenohr (2012a) 262, and much more emphatically Hasenohr (2012b) 105. For the decree, IG II2 1013; Habicht (1995) 291–292 n. 51: Rome has been proposed as major initiator of this decree, however. – Terminology of these buildings differs: magasins in older French literature (GD 122); édifices commerciaux in Karvonis (2008) 198–209; warehouses in Trümper (2011) 63–65.

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of the Stoa of Philip (GD 3) because several inscriptions linked to them were found in this region. While the sphere of influence of the epimelētai emporiou thus is located on and to the south of the Agora of the Competaliasts, that of the agoranomoi recently was identified with the Agora of Theophrastos (GD 49) to the north of the Sacred Harbor (Fig. 1). Seven of 10 inscriptions related with the agoranomoi after 167/6 BC were found in the region of this agora, which obviously had been created by massive filling works at the initiative of the Athenian epimelētēs Theophrastos around 130– 125 BC. The agoranomoi could have had their office in a small building in front of the Salle Hypostyle (GD 50). In addition, a round building on the Agora of Theophrastos was identified as a kyklos, which had been donated by the agoranomos Sokrates after the termination of his office in the early 1st century BC. The uncovered structure included two circular walls, marking a central space and surrounding corridor, and was probably accessible by a single entrance. According to literary sources, such kykloi served for auctioning various goods, among them slaves, fish, land, houses, and taxes. The corridor would have accommodated about 70 persons who could have observed activities performed in the center, notably the presentation and sale of merchandise.51 This intriguing new research suggests a clear spatial differentiation of different types of commerce that would have required a central regulating authority, namely Athens. Consequently, while P. Roussel in his masterful study of late Hellenistic Delos had still argued that “le programme des travaux exécutés par Athènes pour mettre ‘l’île à la hauteur de ses nouvelles destinées’ se réduit singulièrement à l’analyse” and had identified foreign merchants as major patrons of constructions after 167/166 BC,52 Hasenohr draws crucially different conclusions: […] le rôle d’Athènes dans le développement des lieux d’échange et l’organisation du commerce à Délos apparaît primordial au moins jusqu’au début du Ier siècle, et ce y compris après la “dissolution de la clérouchie”. Certes, le poids de Rome dans les affaires déliennes ne peut être négligé et les différentes communautés de marchands étrangers installés à demeure sur l’île jouèrent un rôle certain, mais les magistrats athéniens conservèrent les rênes et surent sans doute, dans un intérêt mutuel et bien compris, collaborer efficacement avec tous les acteurs de la réussite du commerce délien.53

The two different types of commerce are specified as follows: the Agora of Theophrastos would have served for temporary commerce of traveling merchants and auctions that took place close to boats, in the simple kyklos or temporary stalls, in an unpaved space and under the open sky. In contrast, the important warehouses along the southwestern coast with their central courtyards and many multifunctional rooms and shops would have accommodated commerce with fixed prices and centrally regulated weights and measures.54

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Moretti – Fincker – Chankowski (2012).

Roussel (1987) 301–302.

Hasenohr (2012b) 107. Moretti – Fincker – Chankowski (2012) 245.

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While this fundament reassessment of the long-neglected commercial structures and the role of Athens after 167/166 BC is highly intriguing, several questions remain.55 1. The distinction (and its importance) between the different types of commerce is not entirely clear because it does not necessarily regard local vs. transit trade, residing vs. itinerant merchants (differentiated as katoikountes vs. parepidēmoun­ tes in many Delian inscriptions), or even visibly a difference in scale or types of goods. At best, it involved a more spontaneous, improvised trade with a probably fast turnover of merchandise vs. a more organized trade that required storage of goods. As argued above, the high number of tabernae suggests far less clear-cut spatial divisions between different forms of trade than commonly argued,56 or at least a distribution of the planned, more long-term trade all over city. 2. While the development of the area to the north of the Sacred Harbor can be reconstructed in its general lines,57 it has yet to be determined when the Athenians would have started to develop the southwestern coast and how far their interest and influence would have extended. It is assumed that constructions along the coast did not begin before the pavement of the Agora of the Competaliasts between 130 and 120 BC, but precise dates are not yet available for any of the buildings. If building really started only at the end of the 2nd century, as suggested by Hasenohr, the immense urban development of the southwestern coast would have happened in a decade, from about 100–88 BC – which is even more astonishing, because many remodeling measures with up to at least three different phases can be determined.58 3. If similarity in design suggests similarity in function, all warehouses (warehouses α–γ, and the warehouses of the bathtub and of the columns much further 55 56

57

58

Not all of them can be addressed here, let alone in due detail. Roussel (1987) 300–301; also, the decree mentioned above (n. 50) was specifically set up for local trade in Athens, in the agora, see Hasenohr (2012a) 260. Thus, one wonders why in Delos this should only have been applied to the emporion/international trade, and not to the agora/ local trade. Salle Hypostyle (GD 50) built by Delians around 200 BC, rededicated at an unknown point after 167/166 BC by the Athenians; fill and development of the agora square by the Athenian epimelētēs Theophrastos around 130–125 BC; erection of most of the honorary monuments at the northern and eastern border after 125 BC; kyklos by former agoranomos Sokrates in early 1st century BC. No special publication has yet been dedicated to the Agora of Theophrastos, see only the brief synthetic assessment by Mercuri (2008). Hasenohr (2012a) 250: “Bien qu’on manque d’indices de datation absolue, tout porte à croire que ces bâtiments furent construits à la fin du IIe voire au début du Ier siècle a. C.” – but on p. 261, this development is linked to the phase of the development of public squares and quays in 130–120 BC. For three phases of remodeling in the southwestern commercial structures, Duchêne et al. (2001) 111–112. The sole stratigraphic soundings ever performed in this zone (at the Pointe of Pilasters) yielded only a rather vague date for the first phase of these constructions, notably “IIe siècle, au grand moment de l’emporia délienne;” see Duchêne et al. (2001) 101–106, citation 105; strictly speaking, one of two conclusive coins, showing Ptolemy VII (145–116 BC), offers only a late safe terminus post quem of 116 BC.

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south, GD 122) should be ascribed to similar initiative, such as the presumed coordinated official Athenian program, but the overall piecemeal character of constructions along the coast defies the notion of a centrally planned and executed master plan.59 Also, it needs to be determined more precisely what profit Athens would have gained from constructing and managing 3–4 (or more?) warehouses: these rather mundane buildings hardly would have efficiently conveyed Athenian power and dominance;60 and Athenians could not have controlled trade carried out there for tax purposes, since Delos was a free port.61 Thus, the Athenians at best would have benefitted from renting the warehouses, which seems, overall, like a somewhat inconsequential business. Finally, the use of officially sanctioned sēkōmata – signed by an Athenian or Roman magistrate – must have been important to all international traders; it is questionable, however, whether these measures can safely testify to Athenian patronage of the warehouses; instead, any “private” group or individuals may have employed them in order to advertise honest business practices.62 Approaches and results of recent research show that the Athenian impact on the urban landscape of Delos after 167/166 BC requires a comprehensive reassessment. While focus here (and in recent research) was on the development of commercial infrastructure after about 130 BC, other important aspects need discussion: what did the Athenians do between 167/166 BC and ca. 130 BC when a combination of historical events may have forced them to react to an immense influx of Italian and Roman merchants?63 Why did they wait another 20–30 years before presumably constructing the warehouses and the kyklos after about 100 BC and thus at a time when the agoranomoi had (possibly long) been reduced from three to two and the epimelētai emporiou from three to one?64 What building measures did the Athenians undertake outside the harbor region, namely in the sacred and civic area? A prominent Delian building, notably the so-called Gymnasium (GD 76), illustrates how significantly the reevaluation of 100 years of research after the appearance of Roussel’s study may reshape the debate and notion of an Athenian engagement or even “building program”. While the erection of this building has long been dated to before 167/166 BC, Jean-Charles Moretti recently proposed a construction 59 60 61

62 63 64

Duchêne et al. (2001) 111–112; cf. also the shops added later to the eastern façade of warehouses α–γ; located on a higher level and built in a haphazard piecemeal manner. A comparison of sizes of warehouses α–γ (with an average surface area of 560 m2) or the kyklos (292.25 m2) vs. the Agora of the Italians (8148 m2) clearly reveals the allocation of economic (and political?) powers in late Hellenistic Delos. Similar for example to the medieval city of Venice that constructed multifunctional commercial buildings (fondachi) and forced foreign merchants to stay and do business exclusively in the fondaco of their own nation, in order to ease problems of control and taxation; Trümper (2011) 64 n. 52. Trümper (2011) 64–65 n. 54 advocates private ownership, by commercial associations such as the olearii or individuals. Strab. 10.5.2; Habicht (1995) 258–259: destruction of Corinth and Carthage in 146 BC, creation of the province Asia in 129 BC. Hasenohr (2012b) 120–121 n. 64: between 151/150 and 147/146 BC agoranomoi were reduced from three two; between 145/144 and 103/102 BC epimelētai emporiou from three to one.

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date around 100 BC.65 As a consequence, scholars mainly debated whether the famous inventory of Kallistratos from 156/155 BC (I.Delos 1417 A I, l. 118–154) that lists in considerable detail rooms and furnishings of a gymnasion can be related to the building GD 76, which is, among the three palaistra buildings recognized in the archaeological record of Delos, the largest, the best endowed, and indeed the only safely identified palaistra/gymnasion.66 The serious consequences for the patronage of this building remain unnoticed, however: if the independent Delians did not build this palaistra/gymnasion – after all, a key symbol of Greek culture and polis identity – who would have initiated it as late as 100 BC: the Athenian government or one of its wealthy and generous representatives, much in line with the recent reevaluation of Athenian impact in this period, or some other group or non-Athenian individual?67 3. CONCLUSION Sea power without a harbor – this seems to be a central problem that has to be faced for any period of Delian history (Fig. 1, 2). This emphatically supports Chankowski’s argument that in the Classical period, control of the sacred island entailed primarily prestige and political advantages for Athens, but no significant economicfinancial profit. In contrast, Athenian benefits after 167/166 BC remain more elusive even if Athens sent an unknown number of cleruchs and magistrates, and the latter annually well into the Imperial period. Currently, a systematically planned Athenian building program cannot be identified for any period. Instead, in the Classical period Athens seems to have reacted to events and changes in political constellations and adapted its building policy accordingly.68 In 314 BC, Athenian buildings visually may have dominated the sanctuary, at least around the central altar (GD 39), but they were soon matched, if not eclipsed by monumental royal donations (Neorion and Stoai, GD 3; 4; 24; 29). Athenian contributions to the improvement of commercial infrastructure after 167/166 or rather 130 BC may, the debated extent notwithstanding, have been commendable, but could hardly be advertised prominently. This may be one of the reasons why Athenians usurped the multifunctional Salle Hypostyle (GD 50), the only monumental prestigious building at the harbor front, replacing the name of the (in65 66 67

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Moretti (1996); critical Ferruti (1998–2000); von den Hoff (2004); Emme (2013b) 142–147; 322–323. Emme (2013b) 321–323. The few, mostly very fragmentary inscriptions that may have belonged to architectural elements of the building (e. g., the architrave of the peristyle, the lintels of various doors, and the frame of an honorary niche) mention Athenian magistrates as donors and the Athenian dēmos, but also a citizen from Naples as the recipients of dedications; furthermore, they are all dated to the late 2nd/1st century BC; Moretti (1996) 624–625. See, most significantly, the sequence of the Great Temple (GD 13, 475–450 BC), Temple of the Athenians (GD 11, after 425 BC), and Pythion (GD 42, mid-4th century BC), in a minimalist perspective, omitting the contested buildings such as the Propylon (GD 5), Neorion (GD 24), and Inopos reservoir (GD 97).

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dependent) Delians with their own in the dedicatory inscription (IG XI,4 1071) sometime after 167/166 BC. Symbolically at least, this inscription could have alluded to the massive embankment works that Athens and Theophrastos had financed in the area of the Salle Hypostyle.69 To what extent dedicatory inscriptions of other buildings were changed after 314 and again after 167/166 BC, remains unknown, but the case of the Salle Hypostyle suggests at least that this was a possibility and intriguing pragmatic practice of appropriation. In any case, from the perspective of buildings, power transitions seem to have been rather smooth: after 314 BC, the Delians degraded and partially despoiled the Temple of the Athenians (GD 12), but they did not destroy it (nor the Pytheon, GD 42). Similarly, the Athenians may have expulsed the Delians in 167/166 BC, but they continued to use at least some of their buildings, among them the Great Temple/Temple of Apollo (GD 13), the theater (GD 114), and the stadium (GD 78). Competition certainly was a key issue in the development of Apollo’s sanctuary from the Archaic period onwards, and the Athenians played a vital part in this. Athenian (sea) power may have been manifested and reflected in the appearance, administration and cultic life of Apollo’s sanctuary until 314 BC, but currently, it is still difficult to assess what kind of power Athens had over the free port and how this would have been visible in the urban landscape.

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For the partition of costs between both the city and Theophrastos, Hasenohr (2012b) 102.

RHODOS ALS SEEMACHT* Daniel Kah Als exemplarische Seemacht der hellenistischen Zeit gilt nicht eines der Großreiche, sondern die Inselpolis Rhodos. Schon für ihre Zeitgenossen waren die Rhodier geradezu die Verkörperung navaler Leistungsfähigkeit,1 und über die Kriegsflotte keines anderen hellenistischen Staates haben wir mehr Informationen. Das liegt zum Teil in der Sache, zum Teil in der Überlieferungsgeschichte begründet: Von den hellenistischen Großreichen war keines speziell auf die See ausgerichtet. Antigoniden, Seleukiden und Ptolemäer versuchten zwar immer wieder, ihre jeweiligen Herrschaftsräume auch über die Küstenregionen und Inseln des östlichen Mittelmeeres auszudehnen, aber eine dauerhafte Seeherrschaft konnte keines der drei Reiche erringen.2 Und seit dem Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. scheiterten die wenigen Versuche in diese Richtung am Widerstand der Römer. Auch die Überlieferungslage für die Kriegsflotten der Königreiche ist im Vergleich zu den Landhee*

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Der vorliegende Aufsatz beruht auf Ergebnissen meiner Marburger Dissertation, die gegenwärtig unter dem Titel Die Kriegsflotten der hellenistischen Städte im römischen Herrschaftsbe­ reich für die Reihe Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte in Druckvorbereitung ist (Kah 2016). Für Details und insbesondere für Stellen, an denen ich hier aus Platzgründen eine Argumentation nicht weiter ausführen oder eine veränderte Lesung oder Datierung einer Inschrift nicht näher begründen konnte, verweise ich auf die anstehende Publikation und bitte den Leser um Geduld. Ich danke den Herausgebern für die Möglichkeit, einen Teil meiner Ergebnisse hier vorzustellen, und den Teilnehmern der Tagung für die anregenden Diskussionsbeiträge. Außerdem gilt Christian Fron mein Dank für Kritik am Manuskript. Sigla für Papyrus- und Inschriftencorpora folgen (mit kleinen Änderungen) der Checklist of Editions of Greek, Latin, Demotic, and Coptic Papyri, Ostraca, and Tablets (http://www.papyri. info/docs/checklist) bzw. den Vorschlägen von G. H. R. Horsley – J. A. L. Lee, „A Preliminary Checklist of Abbreviations of Greek Epigraphic Volumes“, Epigraphica 56 (1994) 129–169. Dort nicht aufgeführt sind: Agora XVIII: D. J. Geagan, The Athenian Agora. Results of Excavations Conducted by the American School of Classical Studies at Athens XVIII. Inscriptions. The Dedicatory Monu­ ments, Princeton, NJ 2011. I.Priene2: R. Merkelbach – W. Blümel – F. Rumscheid (Hgg.) Die Inschriften von Priene, 2 Bde., Bonn 2014. I.Rhod.Per. Bresson: A. Bresson, Recueil des inscriptions de la Pérée rhodienne (Pérée in­ tégrée), Paris 1991. I.Samothr.theor.: N. M. Dimitrova, Theoroi and Initiates in Samothrace. The Epigraphical Evi­ dence, Princeton, NJ 2008. RS: M. H. Crawford (Hg.) Roman Statutes, 2 Bde., London 1996. S. dazu u. S. 253 mit Anm. 9. Für die Auseinandersetzungen um die navale Vormacht im östlichen Mittelmeer im späten 4. und im 3. Jahrhundert ist noch immer die unpublizierte Dissertation von Merker (1958) die neueste Überblicksdarstellung.

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ren mager: Sporadischen Erwähnungen in der Historiographie stehen noch seltenere epigraphische Zeugnisse gegenüber, und auch die Papyri des hellenistischen Ägypten beinhalten nur wenige Informationen über die Hochseeflotte des Königreichs.3 Demgegenüber ist die Flotte des hellenistischen Rhodos ungewöhnlich gut überliefert:4 Weil Polybios für sein Geschichtswerk auch rhodische Lokalhistoriker als Quellen heranzog, nehmen die Insel und ihre Kriegsflotte bei ihm – und mittelbar auch bei Livius – eine prominente Stellung ein.5 Und aufgrund einer besonderen Ausprägung des epigraphic habit auf Rhodos liegen uns auch viele inschriftliche Zeugnisse vor: In Laufbahninschriften, die in dieser Form fast nur aus Rhodos bekannt sind, ist eine Vielzahl von Tätigkeiten in der Flotte dokumentiert. Ich gebe in Appendix I zwei Beispiele: die ausführlichste bekannte Laufbahn dieser Art, diejenige eines Mannes namens Polykles, dessen Karriere ihren Höhepunkt zur Zeit des Ersten Mithradatischen Krieges erreichte, und einen etwas kürzeren Text, der ans Ende des Hellenismus oder in die frühe Kaiserzeit gehört. Diese Texte, von denen bisher ca. 40 publiziert sind, listen in der Regel im Partizip Aorist Laufbahnstationen von Honoranden oder Weihenden auf. Hierbei handelt es sich um öffentliche Ämter, Priestertümer, Siege in Agonen, militärische Funktionen sowie jeweils damit verbundene Ehrungen durch Gremien der Polis, Amtskollegien oder Vereine. Daneben sind andere Quellengattungen wie Weihungen von Schiffsmannschaften, die z. T. mit einer Auflistung der Decksbesatzung verbunden sind, in Rhodos besonders häufig.6 3

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Keine der neueren Monographien zu den Streitkräften der hellenistischen Königreiche beschäftigt sich eingehender mit deren Kriegsflotten: Für die Antigoniden s. Hatzopoulos (2001) mit knappen Verweisen auf die Flotte (27 f.); ausführlicher dazu Walbank (1983); vgl. jetzt auch Sekunda (2014), der auf die Flotte gar nicht eingeht. Für die seleukidische Armee s. BarKochva (1976), für die Flotte ist immer noch grundlegend Bikerman (1938) 98–100. Die attalidische Flotte behandelt jetzt kurz Ma (2013a) 61 f. (unter den 77–82 aufgeführten 74 epigraphischen Zeugnissen für das attalidische Militär erwähnt keines die Flotte). Für die lagidische Kriegsflotte s. im Überblick Van ’t Dack (1977) 95–103 und Erskine (2013) 82–96, vgl. Fischer-Bovet (2014) 71 f.; für die ptolemäische Vorrangstellung in der Ägäis im 3. Jahrhundert v. Chr. s. jetzt Pébarthe (2014) und Petrochilos (2014) 101–107. Die Entwicklung der größeren Kriegsschiffe in hellenistischer Zeit behandelt jetzt Murray (2012). Zur rhodischen Flotte s. zuletzt ausführlich Gabrielsen (1997). Vgl. auch E. E. Rice (1991) (gekürzte Fassung: Rice 1996). Die unpublizierte Dissertation von R. S. Rice (1994) beruht weitestgehend nur auf den literarischen Quellen. Pagès (2001) (mit dem umfangreichen Kapitel „Rhodes. Une thalassocratie exemplaire“, 143–198) ist eine marinewissenschaftliche Darstellung, welche in erster Linie die narrativen Quellen nacherzählt und moderne geschichtswissenschaftliche Literatur nur lückenhaft heranzieht. Zu rhodischen Lokalhistorikern als Quelle für Polybios s. Wiemer (2001) und (2013). Außerhalb von Rhodos finden sich vor griechischen Adaptionen lateinischer Cursusinschriften nur vereinzelt Texte, die Laufbahnen in ähnlicher Weise aufzeichnen (vgl. z. B. SEG 33,1053 aus Kyzikos). Sie werden auf Rhodos in der frühen Kaiserzeit weitgehend von Katalogen abgelöst, die nur noch Ehrungen, aber keine öffentlichen Funktionen mehr auflisten. Der Typus ist bisher quellenkundlich noch nicht näher untersucht worden. Vgl. zuletzt Ma (2013b), der mehrfach auf „‚CV inscriptions‘ from Rhodes“ o. ä. verweist (159; 161; 216; 218; 225). Für die Weihungen vgl. den Katalog in Appendix II mit Anm. 69 für die Besatzungslisten.

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Dieser Befund ist nicht bloß ein Zufall der Überlieferung. Selbst wenn vieles von der eingangs genannten Reputation der Rhodier auf eine geschickte Selbstdarstellung zurückgehen dürfte,7 war dieses Bild doch offenkundig weithin akzeptiert.8 Wäre die Realität deutlich dahinter zurückgeblieben, hätte das sicher Niederschlag in den Quellen gefunden. Und der Typus der Laufbahninschriften hängt auch mit dem besonderen Stellenwert der Flotte für die rhodische Gesellschaft zusammen.9 7 8

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Konkret zur Quellenkritik einzelner Schilderungen rhodischer Leistungen im Seekrieg bei Polybios und Livius s. Wiemer (2001) bes. 95–97; 121 f.; 126–128; vgl. (2002a) 249. Vgl. Pol. 4,47,1: πάντες ἐνεκάλουν οἱ πλοϊζόμενοι τοῖς Ῥοδίοις διὰ τὸ δοκεῖν τούτους προεστάναι τῶν κατὰ θάλατταν. Liv. 37,24,1: sed momento temporis et navium virtus et usus maritimae rei terrorem omnem Rhodiis dempsi. Liv. 37,30,2: robore navium et virtute militum Romani longe praestabant, Rhodiae naves agilitate et arte gubernatorum et scientia remigum. App. Syr. 27 (133): περιπλεύσας ὀξέως ἅτε κούφαις ναυσὶ καὶ ἐρέταις ἐμπείροις θαλάσσης. App. Mithr. 25 (99) Ῥοδίων δ᾽ αὐτοῦ τὰ σκάφη σὺν ἐμπειρίᾳ περιπλεόντων τε καὶ ἀνατιτρώντων. App. civ. 4,71 (301): εἰρεσίᾳ δὲ ἐς ἐπίδειξιν χρώμενοι. Diod. 37,28 (Poseidonios fr. 246 Theiler): ὅτι καθόλου κατὰ τὴν ναυμαχίαν παρὰ τοῖς Ῥοδίοις πλὴν τοῦ πλήθους τὰ λοιπὰ πάντα μεγάλας εἶχεν ὑπεροχάς, τέχνη κυβερνητῶν, τάξις τῶν νηῶν, ἐρετῶν ἐμπειρία, δυνάμεις ἡγεμόνων, ἐπιβατῶν ἀρεταί. Memnon FGrH 434 F 1,34,6: Ῥόδιοι … ἐδόκουν ἐμπειρίᾳ τε καὶ ἀνδρείᾳ τῶν ἄλλων προέχειν. Cic. Manil. 18 (54): civitas … Rhodiorum, quorum usque ad nostram memoriam disciplina navalis et gloria permansit. Auf die Spitze getrieben ist die Reputation der rhodischen Flotte im bei Diogenian als Beispiel für Aufschneiderei überlieferten Sprichwort ἡμεῖς δέκα Ῥόδιοι, δέκα νῆες (paroem. 5,18). Auch der Umstand, dass die Rhodier für die mythische Zeit in Diodors Liste der Thalassokratien erscheinen (Diod. 7,11; Euseb. chron. Karst p. 106 f.; vgl. Synkell. chron. p. 212 Mosshammer), dürfte hierauf zurückgehen. Aly (1911) 584–586 schließt aus Strab. 14,2,10 (C 654), dass die Erwähnung auf eine passende Fiktion rhodischer Lokalhistoriker zurückgeht, und vermutet als Urheber des Katalogs den in der Suda (K 469; FGrH 250 T 1) als Verfasser einer derartigen Liste genannten Kastor, weil dieser den Beinamen ‚der Rhodier‘ trägt. Beides ist durchaus plausibel, aber man sollte zumindest erwägen, dass die Variante Ῥόδιος für Kastors Ethnikon, das laut dem Eintrag in der Suda in der Antike umstritten war (Κάστωρ, Ῥόδιος, ἢ ὥς τινες Γαλάτης, ὡς δὲ ἄλλοι ἐπλανήθησαν Μασσαλιώτης), auch aufgrund dieser in der Rückschau bizarren Entscheidung erschlossen worden sein könnte. Vgl. auch Reinach (1895) 404, der Kastor mit dem gleichnamigen Stadtkommandanten von Phanagoreia identifiziert, der gegen Mithradates VI. revoltierte (App. Mithr. 108 [511] und 114 [560]; Oros. 6,5); siehe dagegen jetzt aber Coşkun (2014), der aus dem Suda-Eintrag drei verschiedene Individuen mit dem Namen Kastor und den genannten Ethnika erschließt. Wenn Strabon ausführt, Rhodos hätte lange Zeit die Seeherrschaft innegehabt (14,2,5 [C 652]: ἐθαλαττοκράτησε πολὺν χρόνον), darf man den Begriff nicht zu wörtlich nehmen. Denn die Rhodier waren, wie im folgenden ausgeführt, aufgrund ihrer stets beschränkten Machtmittel strukturell gar nicht dazu in der Lage, eine echte Thalassokratie zu erringen. Wenn man Strabons Aussage nicht als Fehlinterpretation verwerfen will, kann daher mit θαλαττοκρατεῖν hier nur so etwas wie ‚Seegeltung‘ oder eine eingeschränkte, in ihrem Umfang nicht näher bestimmte maritime Vorrangstellung gemeint sein. In diesem Zusammenhang ist bezeichnend, dass auch Kastor die rhodische Thalassokratie nicht mit der historischen Hochphase der Insel im ersten Viertel des 2. Jahrhunderts v. Chr. verbunden hat, sondern in der mythischen Vorzeit verortete. S. dazu den von Gabrielsen (1997) geprägten, treffenden Begriff der „naval aristocracy“ – allerdings mit der Einschränkung, dass sich eine auch merkantile seemännische Ausrichtung der rhodischen Oberschicht oder des rhodischen Staates in den Quellen nicht nachweisen lässt (dazu zusammenfassend Wiemer 2002b).

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Methodisch ist allerdings zu beachten, dass aus anderen Poleis oft schlicht keine Quellen überliefert sind, die sich zum Vergleich heranziehen ließen. So wissen wir aus vereinzelten Nachrichten, dass auch Städte wie Kyzikos, Herakleia Pontike oder im Westen Massalia bis in den späten Hellenismus beachtliche Kriegsflotten aufbieten konnten.10 Aber hier fehlt der epigraphische Befund, mit dem wir das unterfüttern könnten. Im Folgenden möchte ich kurz darlegen, wie die rhodische Flotte im Hellenismus organisiert war und wie sich ihre Stärke im Laufe der Zeit entwickelte. Das Ergebnis werde ich dann mit dem rhodischen Anspruch auf eine Rolle als navale Vormacht und Seepolizei verknüpfen, und hier vor allem die chronologische Entwicklung der rhodischen Seemacht und ihre Grenzen untersuchen. Hierbei wird sich zeigen, dass die Rhodier in der hellenistischen Ägäis zwar eine unter den anderen Poleis herausragende Position zur See einnahmen, ihre Machtmittel aber denen einer der hellenistischen Großmächte keinesfalls entsprachen und dass insbesondere eine effektive Kontrolle der Piraterie stets außerhalb ihrer Möglichkeiten lag. Für die Geschichte des hellenistischen Rhodos führt die oben geschilderte Überlieferungslage zu einer chronologischen Verengung: Die historische Erzählung des Polybios setzt erst im späten 3. Jahrhundert v. Chr. ein, und die epigraphischen Quellen erlangen erst ab der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. ihre besondere Aussagekraft und Dichte.11 Das führt dazu, dass wir für die Zeit vor ca. 200 v. Chr. deutlich weniger Informationen haben als für die Zeit danach. Und wenn es in einigen Fällen durchaus zulässig sein kann, Erkenntnisse auf die frühere Zeit zu extrapolieren, so sollte man doch stets darauf achten, hierbei nicht mögliche historische Veränderungen zu überdecken. Dass Rhodos überhaupt erst mit dem Synoikismos seiner drei Teilgemeinden im Jahr 408/407 v. Chr. dazu in der Lage war, als regionale Seemacht aufzutreten, liegt auf der Hand.12 In der Überlieferung für das 4. Jahrhundert wird die rhodische 10

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Strab. 12,8,11 (C 575) zu Kyzikos: ὥσπερ ἡ τῶν Ῥοδίων καὶ Μασσαλιωτῶν καὶ Καρχηδονίων τῶν πάλαι und zu Rhodos 4,2,5 (C 652): ὥσπερ ἐν Μασσαλίᾳ καὶ Κυζίκῳ. Kyzikos beteiligte sich z. B. in der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. mit 20 Kriegsschiffen an einer attalidischen Expedition an den Hellespont (Pol. 33,13,1–2). Herakleia Pontike: 40 Schiffe im Krieg zwischen Byzantion und Antiochos II. (Memnon FGrH 434 F 1,15), 30 Schiffe bei der Abwehr der Belagerung durch C. Valerius Triarius im Jahr 72 v. Chr. (Memnon FGrH 434 F 1,34,6). Für Massalia siehe Sosylos FGrH 176 F 1, Pol. 3,95,6–7, Liv. 22,19,5 und 13 zum Zweiten Punischen Krieg, Caes. civ. 1,34–36, 1,56–58 und 2,3–7 zur Belagerung durch Caesar und Strab. 4,1,5 (C 180) zur navalen Infrastruktur (zu den archäologischen Resten siehe McKenzie 2013, 376–388); vgl. auch Bats (1986). Die älteste einigermaßen sicher zu datierenden Laufbahninschrift findet sich auf einer Statuenbasis aus Kedreai, die ins erste Viertel des 2. Jahrhunderts v. Chr. gesetzt wird: SEG 4,178; 14,719; I.Rhod.Per. Bresson 3; I.Rhod.Per. Blümel 55. Selbstverständlich verfügten die Rhodier schon vorher über Schiffe – und dass darunter auch Kriegsschiffe waren, wäre auch ohne einschlägige Quellenzeugnisse vorauszusetzen. Den Umstand, dass der homerische Schiffskatalog je drei Schiffen aus Lindos, Ialysos und Kamiros erwähnt (Il. 2,653–656), kann man als Beleg für rhodische Kriegsschiffe in archaischer Zeit werten, ohne dass diese Information zeitlich oder qualitativ näher zu bestimmen wäre. Nach Paus. 6,7,4 unterstützte im Jahr 412 v. Chr. ein Rhodier die Spartaner im Kampf gegen Athen

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Flotte dann zwar mehrfach erwähnt, aber die Insel erscheint hier meist neben Byzantion, Kos und Chios als Teil einer Gruppe von Mittelmächten, die versuchten, sich in den Konflikten der Großmächte in der Ägäis zu behaupten, und tritt hierbei nicht als Führungsmacht in Erscheinung.13 Für den Umfang der rhodischen Flotte finden sich nur wenige Indizien. Dass der spartanische Nauarch Ekdikos im Jahr 390 v. Chr. einen Angriff mit acht Schiffen auf die Insel abbrach, nachdem er erfahren hatte, dass die Rhodier mehr als doppelt so viele Kriegsschiffe hatten, weist auf eine Zahl von um die 20.14 Dagegen lässt eine Passage in der Rede des Lykurg gegen Leokrates, die Rhodier hätten aufgrund des Gerüchts, Athen sei nach der Schlacht von Chaironeia von makedonischen Truppen besetzt worden, Trieren entsandt, um Handelsschiffe auf ihre Inseln umzuleiten, zwar Rückschlüsse auf die Einsatzbereitschaft der rhodischen Flotte zu, sagt aber nichts über deren Stärke.15 Für eine nur mäßige navale Bedeutung von Rhodos zumindest in der ersten Hälfe des 4. Jahrhunderts spricht auch die knappe Erwähnung im Skylax von Karyanda zugewiesenen Periplous, der für die Insel nur die drei Teilstädte nennt. Der Zentralort der neuen Polis muss an der Stelle gegen das Manuskript erst ergänzt werden, und im Gegensatz zu anderen Poleis der Region fehlt jeder Hinweis auf einen in die Stadtbefestigung einbezogenen Kriegshafen (λιμὴν κλειστός), der später zu den prominentesten Monumenten von Rhodos gehörte.16 Dieses Bild ändert sich im frühen Hellenismus nicht wesentlich: Als sich die Rhodier 332 v. Chr. Alexander dem Großen anschlossen, entsandten sie ein Kontingent von zehn Schiffen nach Tyros.17 Ein Fragment aus der Diadochengeschichte des Arrian überliefert den Sieg einer rhodische Flotte über Attalos, einen Anhänger des Perdikkas, der im Frühjahr 321 oder im Herbst 320 v. Chr. von Tyros aus zu einem Feldzug gegen Knidos, Kaunos und Rhodos aufgebrochen war. Attalos hatte 10.000 Fußsoldaten und 8000 Reiter, die er über See in die Kampfregion verlegen musste, verfügte also über entsprechende Transportkapazitäten. Über die Anzahl seiner Kriegsschiffe sagt die Stelle aber nichts aus, und es ist durchaus möglich, dass der Sieg der Rhodier weniger auf ihrer navalen Stärke als auf der Schwäche

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mit „privaten Schiffen“ (νῆες οἰκεῖαι). Das passt zum Fehlen einer starken Zentralgewalt auf der Insel. Zur rhodischen Geschichte zwischen dem Synoikismos und dem Tod Alexanders des Großen s. Berthold (1984) 19–35 und Wiemer (2002a) 53–66. Xen. Hell. 4,8,20–22; vgl. abweichend Diod. 14,97,3–4. Zur Kritik der beiden Versionen s. zuletzt Wiemer (2002a) 56–58. Lykurg. 5 (18). [Skyl.] 99,3: κατὰ τοῦτο νῆσος τρίπολις ἀρχαία ἐν αὐτῇ, πόλεις αἵδε· Ἰάλυσος, Λίνδος, Κάμειρος. Shipley (2011) 6–8 datiert den Text jetzt auf 338/337 v. Chr. Einen λιμὴν κλειστός erwähnt der Text u. a. für Kos, Paros, Samos, Priene, Kaunos und Halikarnassos. Eine Übersicht über die Belegstellen gibt Lehmann-Hartleben (1923) 70–72; zum Begriff s. jetzt auch Baika (2013a) 212–214. Für den rhodischen Kriegshafen in späterer Zeit s. Gabrielsen (1997) 37–41 mit Tf. I 2, Baika (2013b) 200–202 und (2013a) 216 f., für die Schiffshäuser Blackman – Knobloch – Yiannikouri (1996) und Gerding (2013). Arr. an. 2,20,2. Vgl. auch Curt. 4,5,9 und 4,8,12 sowie Iust. 11,11,1.

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der Flotte des Attalos beruhte.18 Später bauten die Rhodier dann Schiffe für Antigonos Monophthalmos und unterstützten ihn 312 v. Chr. mit zehn Schiffen in einem Krieg gegen Kassandros.19 Als Rhodos danach Antigonos die Gefolgschaft verweigerte und deshalb 305/304 v. Chr. von Demetrios Poliorketes belagert wurde, konnte die rhodische Flotte zwar zur erfolgreichen Verteidigung beitragen, aber die Anlandung des Gegners auf der Insel nicht verhindern. Dass die Rhodier während der Belagerung nur einmal neun leichte Schiffe gleichzeitig einsetzten, dürfte sich dadurch erklären, dass der Großteil der wehrfähigen Bevölkerung durch die Stadtverteidigung gebunden war.20 Der für die Rhodier glückliche Ausgang mag eine Art Initialzündung für ihr Hegemonialstreben gewesen sein, aber die Quellen für das 3. Jahrhundert sind so spärlich, dass sich über die weitere Entwicklung der rhodischen Seemacht kaum Aussagen treffen lassen: Einzelne Gefallenenehrungen und Beuteweihungen belegen Aktivitäten in der Ägäis und Gefechte u. a. gegen ‚Tyrrhener‘ und ‚Räuber‘, und in den 250er Jahren beteiligten sich die Rhodier an einem Seekrieg Antiochos’ II. gegen Ptolemaios II. Philadelphos.21 Dass die Insel zu dieser Zeit schon eine dominierende Stellung in der Ägäis innegehabt hätte, lässt sich nicht erkennen.22 18

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Phot. 92 (72a30); Arrian FGrH 156 F 11; Arr. succ. fr. 1,39 Roos – Wirth. Für das Ereignis und seine Datierung s. ausführlich Wiemer (2002a) 68–71. Vgl. auch Hauben (1975) 19–24 Nr. 7 und 26 f. Nr. 9 (mit S. 155 f.); (1977) 317 f.; Berthold (1984) 60; Waterfield (2011) 69. Die Rekonstruktion und Bewertung der Ereignisse ist meist rein konjektural: „His navy, however, proved no match for its small but experienced Rhodian counterpart“ (Hauben 1977, 317 f.), oder „Attalus was defeated at sea by the experienced Rhodian navy“ (Waterfield 2011, 69). Dass Attalos zur See besiegt wurde, liegt zwar wegen der Erwähnung des rhodischen Nauarchen Damaratos nahe, wird an der Stelle aber nicht ausdrücklich gesagt. Und von einer überlegenen Qualität der rhodischen Flotte ist ebenso wenig die Rede wie von einer quantitativen Übermacht des Attalos. Dass als dessen Kriegsziele neben Kaunos und Knidos die Rhodier genannt sind und nicht entsprechend die Polis Rhodos, ließe sich dahingehend deuten, dass er nicht beabsichtigte, die Insel anzugreifen, sondern nur die zwischen Kaunos und Knidos liegende rhodische Peraia. Schiffbau für Antigonos: Diod. 19,58,5; vgl. 19,57,4. Die Schiffe werden später mehrfach erwähnt (19,61,5 und 19,62,7). Die zweite Stelle nennt 80 Schiffe aus Rhodos und vom Hellespont, bei denen aber weder klar ist, wieviele von diesen auf Rhodos gebaut worden waren, noch wie viele hiervon wiederum auch rhodische Besatzungen hatten. Ausdrücklich mit Karern bemannt waren die rhodischen Schiffe im Verband des Nauarchen Theodotos (Diod. 19,64,5; vgl. 19,64,7). Bündnis und Krieg gegen Kassandros: Diod. 19,77,3. Vgl. Wiemer (2002a) 72–77. Neun Schiffe: Diod. 29,93,2–5. Diese Schiffe dürften eine Besatzung von insgesamt mindestens 1500–2000 Mann erfordert haben. Zur Belagerung s. Berthold (1984) 67–80; Wiemer (2002a) 84–94; Pimouguet-Pedarros (2003) 371–392; (2011); Bresson (2010) 103–133. Zur Überlieferung vgl. jetzt auch Durvye (2010) 39–55 und Wiemer (2013) 298–303. Gefallenenehrungen: SEG 59,881 (Feldzug nach Aigila) und SIG3 III 1225 (SEG 59,886: ποτὶ Τυρρανούς und ποτὶ τοὺς λαϊστάς). Auf Delos finden sich Weihungen rhodischer Nauarchen: eine Beuteweihung (IG XI,4 1135) und ein Stück, bei dem der Anlass nicht angeführt wird (IG XI,4 1133). Krieg gegen Ptolemaios: I.Lindos I 2 § 37 (C 98–102); Polyain. 5,1; Frontin. strat. 3,9,16. Wiemer (2011) konstatiert, dass im späten 4. und der ersten Hälfte des 3. Jahrhundert eine rhodische Hegemonialstellung deutlich mehr Wunsch als Wirklichkeit war. Eine frühere rhodi-

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Immerhin fällt auf, dass mit dem Einsetzen des polybianischen Berichts über Ereignisse im östlichen Mittelmeer auch sofort die rhodische Flotte in der Überlieferung hervortritt: 220 v. Chr. entsandten die Rhodier eine Flottenexpediton gegen Byzantion, das einen Durchgangszoll am Bosporos erhoben hatte. Polybios schreibt in diesem Zusammenhang, die von diesem Zoll Betroffenen hätten sich zuvor an die Rhodier gewandt, weil sie glaubten, dass diese zur See eine Vorrangstellung einnähmen. Aber die Begründung mag aus der Perspektive der Mitte des 2. Jahrhunderts gedacht sein. Und wenn Polybios hier, was wahrscheinlich ist, eine rhodische Quelle benutzte, dann wundert bei dieser weder, dass sie das rhodische Vorgehen gegen eine eigentlich befreundete Stadt durch die gemeinsamen Interessen der Betroffenen rechtfertigt, noch dass sie diesen eine positive Einschätzung der rhodischen Macht zuschreibt. Zudem manifestiert sich in der Schilderung der Ereignisse gar keine massive rhodische Seemacht: Die entsandte Flotte bestand gerade einmal aus sechs eigenen und vier von Verbündeten gestellten Kriegsschiffen und blockierte die Byzantier lediglich in ihrem Hafen. Entschieden wurde der Konflikt durch den rhodischen Bündnispartner Prusias II. von Bithynien zu Lande.23 Dass die Rhodier im selben Jahr einer Flotte des Demetrios von Pharos den Zugang zur Ägäis verwehrten, zeigt ihr Selbstbewusstsein und ihren Hegemonialanspruch in der Region, aber ihre tatsächlichen Machtmittel lassen sich aus der knappen Schilderung des Vorgangs bei Polybios nicht erschließen.24 Ein rhodisches Eingreifen in Kreta führte dann wenige Jahre später zum Konflikt mit Philipp V., der wiederum den Zweiten Makedonischen Krieg und das Ausgreifen der Römer auf den östlichen Mittelmeerraum nach sich zog. In der Anfangsphase des Krieges zeigte sich, dass die Rhodier auch im Bündnis mit den Attaliden nicht in der Lage waren, einer hellenistischen Großmacht erfolgreich entgegenzutreten. In der Seeschlacht von Chios vermochte es die alliierte Flotte mit insgesamt 77 Schiffen nicht, mehr als ein Unentschieden zu erreichen.25 Nach dem Eingreifen der Römer vermied Philipp dann ein Kräftemessen zur See, und die Rhodier unterstützten die amphibischen Operationen ihrer Verbündeten in beiden Kriegsjahren mit Kontingenten von 20 Schiffen.26 In der Folgezeit ist ein rhodischer Flottenverband von 18 Schiffen an der Seite der Römer im Krieg gegen Nabis bezeugt.27 Im Krieg gegen Antiochos III. stieß die rhodische Flotte dann auf ihre größte Herausforderung: Nachdem sie 191 v. Chr. mit einem Verband von 25 Schiffen erst nach der Seeschlacht von Korykos zur alliierten Flotte gestoßen waren, setzten sie im

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sche Dominanz vermuten dagegen z. B. noch Berthold (1984) 58, Muñiz Coello (2009) 11 und Blackman (2010) 379, der sogar die hohen Schiffszahlen für rhodische Flotten bei Dion Chrys. 31,103 (vgl. Anm. 44) auf diese Zeit beziehen will, weil sie später nicht mehr belegt sind. Pol. 4,47,1: πάντες ἐνεκάλουν οἱ πλοϊζόμενοι τοῖς Ῥοδίοις διὰ τὸ δοκεῖν τούτους προεστάναι τῶν κατὰ θάλατταν. Zum rhodischen Geschwader s. Pol. 4,50,5–7. Zum Krieg allgemein: Wiemer (2001) 39–45 mit der älteren Literatur; vgl. Wiemer (2002a) 103 und zu den Hintergründen Gabrielsen (2007a). Pol. 4,19,7–8. Berthold (1984) 95 Anm. 43 vermutet, dass das rhodische Geschwader seine Operation vor Byzantion abbrach, um dieser Bedrohung zu begegnen. Pol. 16,2–7. Für den Konflikt ist noch immer grundlegend Holleaux (1952) 210–335. Liv. 31,46,6 und 32,16,6. Liv. 34,26,11.

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Sommer des Jahres 190 v. Chr. in den Seeschlachten von Panhormos, Side und Myonnesos insgesamt mindestens 60–75 Schiffe ein.28 Ihren Höhepunkt fand – zumindest nach den literarischen Zeugnissen – die rhodische Flottenmacht in der Zeit zwischen den römischen Kriegen gegen Antiochos III. und Perseus: Die Rhodier hielten ein großes Manöver in der Ägäis ab und stellen den militärischen Geleitschutz für Laodike, die Braut des Perseus. Vor dem Krieg gegen Perseus versprachen sie den Römern die Stellung von 40 Schiffen, von denen dann aber nur sechs entsandt wurden, die wie der Rest der alliierten Kontingente nicht zum Einsatz kamen. Die unklare Haltung der Rhodier im Perseuskrieg führte zu einer drastischen Verschlechterung ihres Verhältnisses zu Rom, das empfindliche Sanktionen gegen die Insel verhängte. Trotz eines Bündnisvertrags, der ab 164 v. Chr. ihre außenpolitische Autonomie einschränkte, führten die Rhodier aber weiterhin eigenständig Kriege gegen Kreter und zur Konsolidierung des ihnen verbliebenen Herrschaftsgebiets auf dem kleinasiatischen Festland. Ein Niedergang der rhodischen Flotte, der in der Literatur häufig aus bei Polybios und Diodor nur fragmentarisch überlieferten militärischen Problemen im Zweiten Kretischen Krieg erschlossen und mit den römischen Sanktionen erklärt wird, lässt sich in den Quellen nicht erkennen. Die epigraphischen Belege für die rhodische Flotte nehmen ab der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. sogar deutlich zu.29 Im 1. Jahrhundert v. Chr. stellten sich die Rhodier gegen Mithradates VI. und widersetzten sich erfolgreich einer Belagerung durch den König. Wie gegen Demetrios konnte ihre Flotte zwar den überlegenen Gegner nicht von einer Landung abhalten, ihm aber später immer wieder empfindlich zusetzen. Im Dritten Mithradatischen Krieg beteiligte sich ein rhodisches Kontingent von 20 Schiffen an der Belagerung von Herakleia Pontike.30 Später nahmen die Rhodier an mehreren römi28

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Korykos: Liv. 36,45,5 (vgl. App. Syr. 22 [107] mit 25 Schiffen). 190 v. Chr. entsandten die Rhodier zunächst 36 Schiffe (Liv. 37,9,5), von denen sie 20 bei Panhormos verloren (App. Syr. 24 [120]). Für die Auseinandersetzung mit Hannibal bei Side konnten sie ihre Flotte wieder auf 36 Einheiten aufstocken (Liv. 37,23,4). Und bei Myonnesos stellten sie ein Kontingent von 22–25 Schiffen (Liv. 37,30,1; App. Syr. 27 [132]). S. dazu Berthold (1984) 43 (mit tabellarischer Darstellung, 238 f.), der eine Gesamtzahl von 75 Schiffe errechnet, gegen 60 bei Thiel (1946) 270 f. Manöver und Eskorte: Pol. 25,4,8–10; vgl. App. Mac. 11,2. Mobilmachung von 40 Schiffen vor dem Krieg gegen Perseus: Pol. 27,3,3; Liv. 42,45,3; Entsendung von sechs Schiffen: Pol. 27,7,14; deren Entlassung durch den römischen Praetor: Liv. 42,56,6. Unterstützung von Kalynda im Krieg gegen Kaunos (163 v. Chr.): Polyb. 31,16,4–5. Zweiter Kretischer Krieg (ca. 155–153 v. Chr.): Pol. 33,4; 33,13,2; Diod. 31,38 (vgl. zuletzt Wiemer 2002a, 341–351). Die These vom Niedergang der rhodischen Flotte findet sich vor allem in Untersuchungen aus römischer Perspektive: z. B. Schmitt (1957) 178; Pohl (1993) 244 f.; Ladewig (2014) 78 f. Dagegen s. aber schon Berthold (1984) 223 f. Zur komplexen Frage nach den Einnahmeverlusten und zur weiteren Entwicklung der rhodischen Staatsfinanzen s. Wiemer (2002a) 335–339. Der Verlust von Karien und Lykien dürfte die Rhodier deutlich schwerer getroffen haben als der neue Freihafen in Delos, der zu keiner Zeit über eine konkurrenzfähige Infrastruktur verfügte (vgl. Casson 1954, 175 f.). Nach Pol. 31,31,3 befand sich der rhodische Haushalt schon 161/160 v. Chr. wieder in gutem Zustand. Für die Belagerung durch Mithradates s. zuletzt Peyras (2010). Herakleia: Memnon FGrH 434 F 1,34,6.

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schen Piratenkriegen teil und unterstützten verschiedene römische Bürgerkriegsparteien, u. a. Pompeius mit 20 Schiffen im Krieg gegen Caesar.31 Das Ende der rhodischen Autonomie besiegelten die Eroberung der Insel durch Cassius im Jahr 42 v. Chr., bei der die Rhodier noch einmal eine Flotte von 33 Schiffen aufbieten konnten, und die Neuordnung der römischen Herrschaft durch Augustus.32 Allerdings zeigen vielfältige epigraphische Zeugnisse, dass ihre Flotte bis in flavische Zeit weiter existierte. In diesen sind vor allem Ehrungen durch Vereine von Soldaten dokumentiert, die auf Kriegsschiffen dienten. Daneben finden sich vereinzelt noch Laufbahninschriften, in denen Funktionsstellen der Flotte angegeben sind, und Weihungen von Schiffsbesatzungen.33 Betrachtet man die epigraphische Überlieferung für die rhodische Flotte näher, so stellt man fest, dass die Inschriften militärische Funktionen, die im Krieg ausgeübt wurden, mit dem Zusatz κατὰ πόλεμον hervorheben: Als Beispiel verweise ich auf die Laufbahn des Polykles (Appendix I 1), der mindestens fünf reguläre Laufbahnstationen in der Flotte ausgeübt hatte:34 Genannt sind der allgemeine Flottendienst mit der in Rhodos sehr häufigen Formel στρατευσάμενος ἔν τε τοῖς ἀφράκτοις 31 32

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Zum Einsatz der rhodischen Flotte im 1. Jahrhundert v. Chr. s. Kontorini (1983) 53–58, Berthold (1984) 224–228 und Bresson (1997) 19–25. Bürgerkrieg gegen Caesar: 20 rhodische Schiffe (App. civ. 2,59 [243]), von denen 16 in einem Sturm sanken (Caes. civ. 3,27,2). 33 Schiffe in der Seeschlacht von Myndos: App. civ. 4,66 (279). Im selben Jahr konfiszierte C. Cassius Parmensis bei Abzug der Garnison der Caesarmörder aus Rhodos 30 Schiffe und zerstörte den Rest: App. civ. 5,2 (4). Zur Belagerung s. jetzt Delrieux – Ferriès (2010). Für einen raschen Wiederaufbau der rhodischen Flotte spricht eine umfangreiche Spende von Schiffsbaumaterial durch Herodes: Ios. ant. Iud. 16,5,3 (147). Ehrungen durch στρατευόμενοι ἐν τριημιολίᾳ, ᾇ ὄνομα (e. g.) Εἰρήνα Σεβαστά o. ä.: Chaviaras (1913) 9 f. Nr. 9, Z. 5–12; Maiuri (1916) 142 f. Nr. 11, Z. 11–13 (beide 2. Hälfte des 1. Jh. v. Chr. bis frühes 1. Jh. n. Chr.); I.Lindos II 392b, Z. 6–7 (10 n. Chr.); I.Lindos II 420a, Z. 10–14 (23 n. Chr.); Z. 8–10; Pugliese Carratelli (1952–1954b) 292 f. Nr. 66a, Z. 24 (1. Jh. n. Chr.). Ehrungen durch ἐνπλέοντες ἐν τοῖς ἀφράκτοις: Hiller von Gaertringen – Saridakis (1900) 107 f. Nr. 106, Z. 6–7 (Ende des 1. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr.). Vgl. dazu Hiller von Gaertringen – Krispis (1923), Blinkenberg (1938) 47–50 und Casson (1995) 131 f. Anm. 122. Ehrungen durch ἐνπλέοντες ἐν τοῖς ἀμφοτέροις πληρώμασι o. ä.: Konstantinopoulos (1963) 7 Nr. 11, Z. 4–6 (zu ergänzen ist ὑπὸ Παναθη̣[ναϊστᾶν στρατευο|μένων] ἐν τοῖς ἀφ[οτέροις πληρώμασι); Pugliese Carratelli (1955–1956) 175 f. Nr. 29, Z. 20–22 (zu ergänzen ist ὑπὸ] | Παναθην̣[αϊστᾶν στρατευομένων τῶν ἐνπλεόν]|τ[ω]ν ἐν ἀφο[τέροις τοῖς πληρώμασι); I.Lindos II 421a, Z. 8–10; SEG 58,819, Z. 8–10 (alle 1. Jh. n. Chr.); Konstantinopoulos (1963) 1–3 Nr. 1, Z. 13– 15 (mit Wahlgren 1966, 149 f.; 60/61 n. Chr.?); Segre – Pugliese Carratelli (1949–1951) 225 f. Nr. 89, Z. 4–5; IG XII,1 58, Z. 20–22 (zu ergänzen ist ὑπὸ ἀμφοτέρων [τ]ῶ̣[ν πληρωμάτων]; beide flavierzeitlich). Laufbahninschriften mit στρατευσάμενος ἐν τριημιολίᾳ, ᾇ ὄνομα κτλ.: IG XII,3 104, Z. 3–4; Maiuri (1916) 146 Nr. 18, Z. 3–5 (beide 1. Jh. n. Chr.); Pugliese Carratelli (1952–1954a) 216 Nr. 101d (nach 69 n. Chr.); mit der Trierarchie: Pugliese Carratelli (1939– 1940) 153 Nr. 13 (1. Jh. n. Chr.); I.Lindos II 449, Z. 5 (um 100 n. Chr.). Für drei kaiserzeitliche Weihungen von Schiffsbesatzungen siehe Appendix II 11–13. Neben den im Folgenden diskutierten Funktionsstellen war Polykles auch Prytane „in dem Krieg“ und Berater des Nauarchen Damagoras. Letzterer ist in dieser Funktion für den Ersten Mithradatischen Krieg bezeugt (App. Mithr. 24 [100]; Plut. Lucullus 3,8–9; IG XII,1 41, Z. 4–5), und auch die singuläre Wendung ἐν τῶι πολέμωι anstelle des geläufigen κατὰ πόλεμον weist mit dem Artikel auf diese herausragende Krisensituation. Damit ist diese Laufbahnstation absolut datiert und die übrigen sind nach dem offenkundig chronologisch aufsteigend geordne-

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καὶ ἐν ταῖς καταφράκτοις ναυσί (Z. 3–4),35 das Kommando über ein Geschwader von ungedeckten Schiffen (ἄρχων ἀφράκτων, Z. 7),36 der Befehl über ein Penterengeschwader und damit verbundene Tätigkeiten (ἁγεμὼν πεντηρέων, Z. 8–9)37 und zwei Trierarchien von Penteren (Z. 15–16 und 17). Von diesen Tätigkeiten hatte er drei κατὰ πόλεμον ausgeübt (Z. 3–4, 8–9 und 17) und zwei nicht (Z. 7 und 15–16).38 In den rhodischen Inschriften beträgt der Anteil der mit κατὰ πόλεμον ausgezeichneten Laufbahnstationen in der Flotte für den Hellenismus ca. 45 %.39 Besonders sinnfällig wird der Unterschied bei den beiden Trierarchien in der oben besprochenen Basis des Polykles, von denen nur die zweite mit κατὰ πόλεμον bezeichnet wird, während der ersten ein Sieg bei der Präsentation des Schiffes zugeordnet ist.40 Aktivitäten, die nicht mit κατὰ πόλεμον bezeichnet wurden, sollten daher in der Regel Friedenszeiten zuzuweisen sein – rhodische Kriegsschiffe waren demnach auch im Frieden aktiv. Außerdem differenzieren die rhodischen Inschriften die Flotte in leichte Schiffe (ἄφρακτα) und Schlachtschiffe (κατάφρακτοι νᾶες).41 Hierbei sind letztere in der Regel mit Aktivitäten im Krieg verbunden, die ἄφρακτα nie.42 Die Rhodier benutzten demnach unterschiedliche Schiffsklassen, die für verschiedene Einsatzzwecke optimiert waren.

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ten cursus davor oder danach anzusetzen. Da Polykles ἄρχων ἀφράκτων war, ist anzunehmen, dass er zuvor auch Trierarch eines Schiffes dieser Klasse gewesen war. Vgl. Anm. 41. Die Funktionsstelle ist neben der Trierarchie die am besten belegte der rhodischen Flotte. Vgl. Berthold (1984) 44; Gabrielsen (1997) 98 mit 193 Anm. 77 und u. Appendix II mit Anm. 67. Der Begriff ἁγεμών bezeichnet in rhodischen Inschriften verschiedene Arten von Offizieren, auch im Landheer, findet sich aber mehrfach für den Kommandanten einer Gruppe von Schiffen (mit Ausnahme der ἄφρακτα, deren Geschwaderkommandeure immer ἄρχοντες heißen). Die beiden anschließenden Wendungen ἀποδειχθέντα ὑπὸ τοῦ δάμου ἁγεμόνα τῶν ἁγεμόνων und ναυμαχήσαντα sind singulär; sie dürften mit dem Geschwaderkommando zusammenhängen. Demnach war Polykles, der diese Funktion während des Piratenkriegs des M. Antonius Orator (102 v. Chr.) ausgeübt haben dürfte, wahrscheinlich zusätzlich mit dem Befehl über weitere Geschwader ausgestattet worden und hatte diese in einer Seeschlacht geführt. Vgl. Anm. 42. 19 von 43 Belegen. Eine ausführliche Darstellung der Belege ist hier aus Platzgründen nicht möglich; ich verweise hierfür auf Kah (2016). Z. 16: καὶ νικάσαντα τᾶι ἀποδείξει τᾶς ναός. Für diese ἀπόδειξις vgl. jetzt auch SEG 58,817 B 8–10: τριηραρχήσαντα δὶς | [καὶ νικάσαντα τᾶ]ι ἀποδείξει τᾶν ναῶν | [καὶ τῶν] σκευῶν. Der Kriegsdienst in der Flotte wird stets als στρατευσάμενος ἐν (oder ἔν τε) τοῖς ἀφράκτοις καὶ ταῖς καταφράκτοις ναυσί bezeichnet; manchmal wird anstelle von ἐν τοῖς ἀφράκτοις auch ἐν ταῖς τριημιολίαις verwendet und ein einzelnen Fällen ist nur einer der Teilbereiche genannt. Das Begriffspaar ‚gepanzert‘ und ‚ungepanzert‘ kennzeichnet Unterschiede in der Konstruktion, auf die ich hier nicht näher eingehen kann (s. dazu ausführlicher Casson 1995, 87 f. und Morrison 1996, 255–257). Allgemein waren ἄφρακτα kleiner, leichter gebaut und mit weniger Geschützen ausgerüstet als κατάφρακτοι νῆες. Eine grundsätzliche Differenz hat auch die Begrifflichkeit mit dem vielleicht auf ein impliziertes πλοῖον bezogenen Neutrum ἄφρακτον (vgl. I.Lindos II Sp. 1015 f.) und der femininen κατάφρακτος ναῦς. Der sonst auch in hellenistischen Inschriften geläufige Begriff ναῦς μακρά für ‚Kriegsschiff‘ (ähnlich lateinisch navis longa; vgl. Morrison 1996, 255) ist dagegen auf Rhodos nicht belegt. Vgl. auch hierzu Appendix I: In 1 stehen ἁγησάμενος πεντηρέων und τριηραρχήσας τετρήρευς mit κατὰ πόλεμον, ohne ἄρξας ἀφράκτων und die andere Penteren-Trierarchie. Die Wendung στρατευσάμενος ἔν τε τοῖς ἀφράκτοις καὶ ἐν ταῖς καταφράκτοις ναυσί bezeichnet summarisch

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Im Kriegsfall konnten die Rhodier, wie oben ausgeführt, bedeutende Flottenverbände aufstellen. In der Regel setzten sie hierbei Verbände in einer Stärke von 20–40 Kriegsschiffen ein, konnten in Notfällen aber mehr Schiffe mobilisieren. Wenn man für die Mannschaftszahlen einen Durchschnittswert von 200 ansetzt, müssen die Rhodier im Antiochoskrieg selbst bei der niedrigen Schätzung von 60 eingesetzten Schiffen über 12.000 Seeleute aufgeboten haben.43 Dennoch waren sie damit nicht in der Lage, einer Großmacht zur See Paroli zu bieten. Weder Demetrios noch Mithradates konnten sie daran hindern, auf ihrer Insel zu landen und die Stadt zu belagern. Gegen Philipp V. erreichten sie zusammen mit der ähnlich starken attalidischen Flotte zur See eine Pattsituation, waren aber für die weiteren Auseinandersetzungen auf römische Hilfe angewiesen. Ihren größten Triumph – über Antiochos III. in der Seeschlacht von Side – errangen sie lediglich gegen ein Verstärkungsgeschwader mittlerer Größe, das Hannibal aus Syrien heranführte. Und gegen die Flotte des Cassius waren sie schließlich chancenlos. Darüber, wie die rhodische Flotte im Frieden agierte, gibt es nur wenige Zeugnisse. Aus den literarischen Quellen geht vor allem hervor, dass die Rhodier ihren Einsatz gegen ‚Piraten‘ gern propagandistisch herausstellten.44 Wie die dem zugrundeliegende Realität aussah, lässt sich aber kaum feststellen. Für die in den literarischen Zeugnissen überlieferten Kriege der Rhodier mag ‚Piraterie‘ der Gegner jeweils ein Grund gewesen sein. Sie lassen sich aber stets auch aus machtpolitischen Interessen erklären. Im epigraphischen Bereich umreißt eine Reihe von Weihungen, die von Schiffsbesatzungen errichtet wurden, den Aktivitätsradius rhodischer Kriegsschiffe in der Ägäis; aber hier ist in der Regel der Grund für den Aufenthalt der Schiffe nicht genannt (Appendix II 1–13). Einige Zeugnisse zeigen zudem, dass die Rhodier Geleitschutzdienste anboten: So eskortierten rhodische Kriegsschiffe im Jahr 179/178 v. Chr. die syrische Prinzessin Laodike zu ihrer Hochzeit mit Perseus von Makedonien und 51/50 v. Chr. Cicero auf seiner Hin- und Rückfahrt nach Kilikien, und Aelius Aristides beschreibt in seinem Rhodiakos die Rhodier in der Rückschau als „gute Führer und Beschützer der Reisenden“, die hierin noch die homerischen Phaiaken übertroffen hätten.45 Und dass sich die

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den Flottendienst unterhalb der Trierarchie, weshalb der Zusatz κατὰ πόλεμον hier meinen muss, dass der Honorand einen Teil (und nicht unbedingt alle) dieser Aktivitäten im Krieg ausgeübt hatte. In 2 finden sich alle drei Flottenfunktionen (στρατευσάμενος ἔν τε κτλ., τριηραρχήσας δικρότου und τριηραρχήσας ἀφράκτου) ohne den Zusatz. Die Zahl von mehr als hundert Schiffen, welche die Rhodier nach dem Rhodiakos des Dion Chrysostomos zu ihren Glanzzeiten eingesetzt hätten (31,103), dürfte erfunden sein – was sicher auf die von ihm ebenfalls aufgestellte Behauptung zutrifft, die Rhodier hätten diese Schiffe für drei bis vier Jahre ununterbrochen im Einsatz halten können. Andererseits wäre eine Gesamtzahl von über hundert Schiffen verschiedener Größenordnung und unterschiedlicher Einsatzbereitschaft auf Basis der für den Antiochoskrieg überlieferten Zahlen auch nicht undenkbar. Auszuschließen ist aber, dass die Rhodier jemals einen so großen Einsatzverband hätten aufstellen können. Vgl. Anm. 61. Laodike: Pol. 25,4,7–10; App. Mac. 11,2. Cicero: Att. 5,11,4 und 5,13,1. Rhodiakos: Aristeid. 25,40 Keil: ἀγαθοὶ μὲν ἡγεμόνες καὶ προπομποὶ τῶν παραπλεόντων (zur Autorenschaft siehe zuletzt Franco 2008).

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Rhodier gegenüber Cassius rechtfertigten, sie hätten in den Wirren nach Caesars Ermordung Dolabella Kriegsschiffe nur als Geleitschutz und nicht wissentlich als Bündnisleistung zur Verfügung gestellt,46 weist ebenfalls darauf hin, dass solche Aktivitäten für sie Routine waren. Die Belege sind aber nicht zahlreich und detailliert genug, um das Ausmaß dieser Geleitschutzdienste bestimmen zu können. Den Rhodiern wird in der Forschung auch eine besondere Vorliebe für einen bestimmten Schiffstypus zugesprochen, die τριημιολία, von dem man annimmt, dass er für die Bekämpfung von Piraten besonders geeignet gewesen sei.47 Gegen den engen Bezug des Schiffstyps zu Rhodos hat schon Louis Robert Einspruch erhoben. Denn τριημιολίαι sind nicht nur außerhalb von Rhodos häufiger belegt, z. B. in athenischen Inschriften des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr.48 Betrachtet man die rhodischen Zeugnisse genauer, erkennt man, dass die meisten epigraphischen Belege für τριημιολίαι aus der Kaiserzeit stammen. In hellenistischen rhodischen Inschriften sind sie dagegen nicht häufiger belegt als andere Schiffstypen wie Trieren, 49 Tetreren und Penteren. Und die literarischen Zeugnisse sind wenig aussagekräftig: Zwar findet sich der früheste Beleg für den Begriff in Diodors Schilderung der Belagerung von Rhodos durch Demetrios Poliorketes. Aber Diodor verwendet den Begriff nur einmal neben anderen und nennt im Zusammenhang als typisch rhodi50 sche Bezeichnung den Begriff φυλακίδες. Und schon kurze Zeit später sind 51 τριημιολίαι auch in der ptolemäischen Marine belegt. Unter den wenigen weiteren literarischen Zeugnissen verwendet Polybios den Begriff insgesamt fünfmal, allerdings nur im Zusammenhang mit der Seeschlacht von Chios und ohne einmal aus52 drücklich rhodische Schiffe so zu bezeichnen. Grundsätzlich ist aber mit Hans-Ulrich Wiemer das Bild der friedlichen und militärisch nur an der Piratenbekämpfung interessierten Handelsgemeinde als his-

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App. civ. 4,61 (264): ἐπεὶ καὶ Δολοβέλλᾳ δοῦναι ναῦς προπομπούς, καὶ οὐκ εἰδέναι συμμαχούσας. Basierend auf Blinkenberg (1938) z. B.: Casson (1958); (1995) 129; Morrison (1996) 266; Gabrielsen (1997) 86; (2013) 152; Blackman – Rankov (2013) 83. Robert (1944) und (1948). Für die kaiserzeitlichen Belege s. o. Anm. 33, für die Auswertung der hellenistischen Zeugnisse (sechs Belege für τριημιολίαι, vier für Trieren, sieben für Tetreren und fünf für Penteren) s. Kah (2016). Diod. 20,93,2–5: ἐξέπεμψαν δὲ καὶ τῶν νεῶν ἐννέα … ἐκπλευσάντων δὲ τούτων καὶ τριχῇ διαιρεθέντων Δαμόφιλος μὲν ἔχων ναῦς τὰς καλουμένας παρὰ Ῥοδίοις φυλακίδας … Μενέδημος δὲ τριῶν ἀφηγούμενος τριημιολιῶν πλεύσας τῆς Λυκίας … τῶν δ᾽ ὑπολοίπων νεῶν τριῶν Ἀμύντας ἡγούμενος ἔπλευσεν ἐπὶ νήσων. Die unterschiedliche Bezeichnung der Schiffe dürfte sich aus dem Bedürfnis nach stilistischer Variation erklären und nicht auf verschiedene Typen verweisen. Athen. 5,36 (203d) belegt wahrscheinlich Schiffe dieses Typs in der Flotte Ptolemaios’ II. Philadelphos (283–246 v. Chr.), der früheste Beleg in Papyri stammt aus dem Jahr 259 v. Chr.: UPZ II 151, Z. 2–4. Für weitere Erwähnungen in Papyri des 2. Jahrhunderts v. Chr. vgl. Kramer (2001) 333 und P.Phrur.Diosk. 4 (Komm. S. 38). Pol. 16,2,10 (neun τριημιολίαι neben drei Trieren in der verbündeten Flotte der Rhodier und Attalos’ I.); 16,3,4; 16,3,14; 16,7,3 (jeweils eine τριημιολία der Flotte Attalos’ I.); 16,7,1 (drei versenkte τριημιολίαι Philipps V.).

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toriographische Fiktion zu identifizieren.53 Die Rhodier verfolgten mit wechselndem Erfolg gewöhnliche machtpolitische Ziele in Form einer Hegemonialstellung in der Ägäis und einer Territorialherrschaft in Karien und Lykien. Hiermit verbinden lässt sich eine Reihe von Flottenbasen, von denen einige auch außerhalb des rhodischen Staatsgebiets lagen, bei denen aber jeweils schlecht festzustellen ist, wie lange sie betrieben wurden. So belegen rhodische Staatsverträge mit den kretischen Poleis Hierapytna und Olous aus dem späten 3. Jahrhundert v. Chr., dass diese den Rhodiern Stadt, Hafen und Landeplätze (ὁρματήρια) öffnen sollten. Und dass die Rhodier diese Möglichkeit auch nutzten, zeigt ein auf kurze Zeit später datiertes Dekret von Olous, das einen rhodischen ἐπιστάτας anlässlich der Ablösung der rhodischen Garnison ehrt.54 Allerdings bleibt auch hier unklar, wie lange die rhodische Präsenz nach dem Ende des Konflikts mit Philipp V. andauerte. Auch andere epigraphische Zeugnisse sind in dieser Hinsicht unbestimmt, und das gilt auch für die in Appendix II angeführten Weihungen von Schiffsbesatzungen.55 Diese ließen sich zwar grundsätzlich als Ausdruck einer hegemonialen Politik deuten, bieten aber in der Regel keine Hinweise auf ihre konkreten Entstehungsgründe. Und dass neben den rhodischen Weihungen eine ungefähr gleichgroße Anzahl von Schiffen aus anderen Poleis errichtet wurde, darunter einige Stücke auch von im Hellenismus hegemonialer Bestrebungen ganz unverdächtiger Gemeinden wie Kos, Smyrna oder Milet auch außerhalb ihres eigenen Territoriums, spricht ebenfalls gegen diese Deutung. Vielmehr dürfte es sich bei den Weihungen um Zeugnisse dafür handeln, dass kleine Geschwader von zwei oder drei Kriegsschiffen in vielen hellenistischen Poleis üblich waren und in einem regen internationalen Verkehr in der ganzen Ägäis operierten.56 53 54

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Wiemer (2002a) 111–141 und (2002b). Vgl. auch Koehn (2007) 155–159. Zur rhodischen Hegemonie über die Kykladen s. zuletzt Badoud (2014). StV III 551 (Hierapytna), Z. 9–12 und StV III 552 (Olous) a 25–27. Dekret aus Olous: SEG 23,548 mit Wiemer (2002a) 163–166. Zwar erwähnt der Text die rhodische Flotte nicht direkt, aber eine rhodische Garnison auf dem Territorium von Olous wäre ohne Bezug zur Flotte nicht sinnvoll gewesen. Eine Zusammenstellung bekannter rhodischer Häfen für Kriegsschiffe innerhalb des rhodischen Territoriums findet sich bei Blackman (2010) (vgl. Gabrielsen 1997, 41 f.). Ähnliche Dokumente sind eine auf um 200 v. Chr. datierte Weihung eines rhodischen Kommandanten ‚lagernder Truppen‘ (ἁγεμὼν τῶν ὑπ[αίθ]ρων̣) und seiner Soldaten aus Astypalaia (I.Dor.Ins. 90) sowie eine wahrscheinlich aus derselben Zeit stammende Weihung eines Rhodiers und seiner ‚Zeltgenossen‘ (σύνσκανοι) aus Tenedos (IG XII,2 640). Auch bei im Dritten Makedonischen Krieg auf Tenedos belegten rhodischen Kriegsschiffen (Liv. 44,28,3; vgl. Pol. 27,7,14–15) ist nicht klar, ob sie dort in einer permanenten Flottenbasis stationiert waren. Hinweise auf ihren konkreten historischen Hintergrund bieten lediglich die Inschriften, die auf römische Flottenbefehlshaber verweisen: Appendix II 18, 22 und 25–26 (vgl. Anm. 72). Auf Besuche von kleinen Geschwadern in fremden Städten dürften auch weitere Inschriften verweisen: So kann der im Ehrendekret I.Priene2 47 als ὑφιστάμενος τὸν ἐ[κ Ῥ]όδου στό̣λ̣ο̣ν beschriebene Honorand (Z. 11, Lesung am Ende am Original geprüft) schon aus logistischen Gründen nur einen solchen kleinen Verband bewirtet haben (womit der von Hiller in I.Priene 66 vertretene Bezug auf einen der großen Kriege des frühen 2. Jahrhunderts v. Chr. seine Basis verliert). In diesen Kontext dürfte auch eine Ehrentafel aus Athen gehören, die verschiedene Kranzehrungen eines unbekannten athenischen Nauarchen dokumentiert, welche diesem u. a.

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Mit diesen Schiffsbewegungen mag durchaus beabsichtigt gewesen sein, ‚Piraten‘ zu bekämpfen oder zumindest abzuschrecken. Die Erfolgsaussichten hierbei waren aber nicht nur bei den kleineren Poleis, sondern auch der rhodischen Flotte begrenzt.57 Wie andere Seemächte der Antike hatten auch die Rhodier auf taktischer Ebene offenbar erhebliche Schwierigkeiten damit, Gegner zu besiegen, die von der ‚regulären‘ Seekriegführung abwichen und eine Vielzahl kleinerer Schiffe einsetzten. Und strategisch war die Piraterie langfristig nur zu überwinden, wenn es gelang, die Basen der Seeräuber zu besetzen. Hierzu waren aber selbst die Römer nur mit einer ganz außergewöhnlichen Kraftanstrengung in Form des Piratenkriegs des Pompeius in der Lage. Dem entspricht der Umstand, dass nur ein einziges epigraphisches Zeugnis belegt, dass ‚Piraten‘ in Friedenszeiten durch Kriegsschiffe erfolgreich bekämpft werden konnten – und das allerdings gerade nicht durch Rhodier: Ein Ehrendekret der Stadt Ephesos für die kleine Inselpolis Astypalaia aus dem späten 2. oder frühen 1. Jahrhundert v. Chr. führt aus, dass Kriegsschiffe aus Astypalaia Piraten, die zuvor die chōra von Ephesos überfallen und Bürger der Stadt entführt hatten, angegriffen und die Ephesier befreit hatten.58 Als weiterer Faktor kommt schließlich hinzu, dass im späten Hellenismus ein Wandel der Piraterie zu beobachten ist. Im 3. Jahrhundert v. Chr. und in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. waren in der Ägäis vor allem Aitoler und Kreter als Piraten aktiv. Mit diesen Akteuren konnten die griechischen Poleis auch auf diplomatischer Ebene interagieren, z. B. in Form von Bündnissen und Asylieverträgen. Bei der in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts auftretenden kilikischen Piraterie scheint so etwas nicht mehr möglich gewesen zu sein.59 Damit verblieben allein die, wie erwähnt sehr begrenzten, militärischen Optionen. Dass die Rhodier hier zumindest um Lösungen bemüht waren, zeigt der Umstand, dass die in zwei

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von den Besatzungen von (athenischen) τριημιολίαι und Gemeinden aus Lykien, Pamphylien und Kilikien verliehen worden waren (IG II/III2 3218). Der Hintergrund hierfür dürfte weniger in dem bisher angenommenen römischen Piratenfeldzug (zuletzt Habicht 1995, 286) bestanden haben, da der Text weder Seeräuber noch Kampfhandlungen erwähnt. Wahrscheinlicher ist die Reise eines kleinen athenischen Geschwaders, das vielleicht einen römischen Statthalter nach Kilikien oder Syrien eskortierte. Für eine Liste der Mängel der rhodische ‚Seepolizei‘ (auch schon vor 167 v. Chr.) s. Wiemer (2002a) 137–142. IG XII,3 171; I.Eph. I a 5. Die Inschrift ist leider im oberen Teil so stark beschädigt, dass der Ereignisverlauf nicht mehr klar auszumachen ist. In Z. 20–24 sollte man ergänzen: [οἱ Ἀστ] υπαλαιεῖς ΣΤΓ̣[̣ – – –]|τες τοῖς [ὑπὸ (?)4–5 ]ων προπα[ρηγγελμ]ένοις (?) ἐπέπλ[ευσαν] | ἐπ᾽ αὐτοὺς καὶ παραβαλόμ[ενοι τῶ]ι ίωι οὔτε σ[ώματος] | οὔτε [ψ]υχῆς ἐφείσαντο. Gegen die von Wilhelm (1903) für Z. 20–21 vorgeschlagene und in die späteren Editionen übernommene Ergänzung στ[οιχοῦν]|τες sprechen die von ihm selbst angegebenen und am Berliner Abklatsch gut nachzuvollziehenden Reste vor der Lücke. Und in der folgenden Lücke ist [ὑπὸ τῶν Ἐφεσί]ων nicht nur zu lang, sondern widerspricht auch der Logik des im Text geschilderten Hergangs. Denn die Astypalaier bemerkten die entführten Ephesier erst, nachdem sie die Piraten aufgebracht hatten. Das wäre verwunderlich, wenn sie auf eine ephesische Warnung hin aktiv geworden wären. Und sprachlich können die Ephesier in dieser Weise kaum auf sich selbst Bezug genommen haben. Für die Flotte von Astypalaia in dieser Zeit vgl. auch die Weihungen in Appendix II 14 und 15. Zur kilikischen Piraterie s. im Überblick de Souza (1999) 97–148.

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Inschriften aus Delphi und Knidos überlieferte lex de provinciis praetoriis ihnen erlaubte, Piraten auch auf das Territorium anderer, mit Rom verbündeter Staaten zu verfolgen. Dass die Römer hierbei die Rhodier mit der Verbreitung dieser Regelung betrauten, dürfte die regionale Autorität der Rhodier gestärkt und sie nicht zu Laufburschen degradiert haben, wie das in der Forschung zum Teil angenommen wird.60 Allerdings scheinen die Rhodier sich ihrer begrenzten Möglichkeiten bewusst gewesen zu sein. Denn auch wenn ihr in den literarischen Quellen mehrfach bezeugter Anspruch, eine Art ‚Seepolizei‘ zu stellen, sicher auf eigene Propaganda zurückgeht, so fehlt in den rhodischen Inschriften fast jeder Verweis hierauf.61 Die von Vincent Gabrielsen als zentrale Schlagwörter herausgestellten Begriff φυλακή und ἀσφάλεια erscheinen in rhodischen Inschriften nirgends.62 Und auch wenn die Rhodier laut Diodor eine Gruppe ihrer Kriegsschiffe als φυλακίδες bezeichneten, ist dieser Begriff epigraphisch nur ganz selten bezeugt: In den rhodischen Laufbahninschriften und Besatzungsweihungen erscheint er nicht, sondern diese verwenden die Kategorien ἄφρακτα und κατάφρακτοι νᾶες oder Schiffstypen wie τριημιολία, Triere, Tetrere und Pentere. Dagegen bezeichneten andere Poleis ihre Schiffe als φυλακίδες oder λῃστοφυλακικὰ πλοῖα.63 Verweise auf Piraten erscheinen lediglich vereinzelt in rhodischen Inschriften aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. 60

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RS 12. Der in griechischen Übersetzungen überlieferte Text hat nicht, wie in der älteren Literatur angenommen, als lex de piratis die Piratenbekämpfung zum wesentlichen Inhalt, sondern regelte allgemein die Organisation der östlichen Provinzen und die Aufgaben und Zuständigkeiten ihrer Statthalter: Ferrary (1977) 620–645; RS 12 Komm. S. 234–237; Giovannini (2008) 101–107. Die Piraterie erscheint hierbei nur nachgeordnet und randständig. Denn die in der Einleitung genannte Sicherheit der Seefahrer ist kaum mehr als Floskel (RS 12 Knidos II 6–11), während die konkreten ‚Maßnahmen‘ gegen Piraten in einem einzigen Paragraphen darauf beschränkt sind, die verbündeten Könige dazu aufzufordern, auf ihren Territorien keine piratischen Aktivitäten mehr zu dulden (Delphi B 5–12; Knidos III 25–41). Die rhodische Gesandtschaft, welche die Weisung überbringen sollte (Delphi B 12–13), dürfte kaum zufällig gerade in Rom gewesen sein, sondern auf dieses Ergebnis hingearbeitet haben. Ihre Rolle ging damit sicher über die eines „politischen Briefträgers“ (z. B. Schmitt 1957, 181; Pohl 1993, 243 Anm. 142; Wiemer 2002a, 329) hinaus. Belegt ist der Anspruch bei Strab. 14,2,5 (C 652: ἐθαλαττοκράτησε πολὺν χρόνον καὶ τὰ λῃστήρια καθεῖλε) und Diod. 20,81,3 (ἰδίᾳ τὸν πρὸς τοὺς πειρατὰς πόλεμον ἐπαναιρεῖσθαι καὶ καθαρὰν παρέχεσθαι τῶν κακούργων τὴν θάλατταν). Vgl. auch Aristeid. 24,53 und 25,4 Keil, wo Kämpfe gegen Tyrrhener und Piraten erwähnt sind. Dafür, dass es sich hierbei und bei weiteren literarischen Zeugnissen um einen Reflex rhodischer Propaganda handeln muss, s. Wiemer (2002a) 117–130 mit Verweis auf die ältere Literatur, die diesen Quellen inhaltlich stärker folgt. Als Garanten von φυλακή und ἀσφάλεια erscheinen Rhodier auch in Ehrungen aus Delos: IG XI,4 596 (spätes 3. Jh. v. Chr.) für einen Nauarchen ἐπὶ τῆς φυλακῆς τ[ῶν νήσων καὶ] | ἐπὶ σωτηρίαι τῶν Ἑλλήνων) und IG XI,4 751 (frühes 2. Jh. v. Chr.) für einen Geschwaderkommandanten (ἐφρό[ν|τι]σ̣εν τῆς τε τῶν πλεόντων ἀσ|[φαλ]είας καὶ τῆς τῶν νήσων φυλα|κῆς). Zu den Schlagwörtern s. Gabrielsen (1997) 43 f.; vgl. (2001a) 230 f. Diod. 20,93,2 (vgl. Anm. 50). Inschriften aus Rhodos: SEG 59,881 (spätes 4. oder frühes 3. Jh. v. Chr.), Z. 12–13: ἐπιβά|τας ἐπὶ τᾶν φυλακίδων (in SEG 59,886, Z. 6–7 ist mit SIG3 III 1225 eher ἐν τᾶι | [ναυαρχίδ]ι als [φυλακίδ]ι zu ergänzen). Der Beleg im Fragment IG XII,1 45 (1. Jh. v. Chr.), Z. 1–2 (κ̣αὶ ἁγεμόνος τετρηρέων [– – – | – – –] φυλακίδων τετρηρέων [– – –]) ist ganz unklar. Andere Städte: Appendix II 29 (Athen) sowie 16 und 17 (Chios).

268

Daniel Kah

und finden sich später nicht mehr. Wie oben ausgeführt, heben die Laufbahninschriften den Einsatz im Krieg (κατὰ πόλεμον) hervor, verweisen aber nirgends auf die Bekämpfung von Piraten.64 Zumindest gegenüber ihren Mitbürgern stellten sich die rhodischen Aristokraten also gern als tapfere und erfolgreiche Seekrieger dar, aber nicht als Piratenjäger. Auch wenn eine ganze Reihe hellenistischer Poleis bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. über eigene Seestreitkräfte verfügte, nahmen die Rhodier doch hinsichtlich der Qualität und Quantität ihrer Schiffe und Seeleute eine Sonderstellung ein. Die Gründe hierfür dürften vielfältiger Natur gewesen sein. Zunächst verfügte Rhodos offensichtlich über das wirtschaftliche Potential, nicht nur eine große Zahl von Kriegsschiffen zu unterhalten, sondern diese auch stets mit fähigem Personal bemannen zu können. Die Insel ist für die Ägäis vergleichsweise groß und auch landwirtschaftlich ertragreich. Zudem lag sie offenbar verkehrstechnisch günstig, so dass die Rhodier Gewinne aus Warenumschlag und Hafenzöllen erzielen konnten. Und schließlich verfügte die Polis mit ihrer Peraia über einen umfangreichen Landbesitz auf dem kleinasiatischen Festland, den sie wirtschaftlich ausbeutete – und um dessen Konsolidierung und Erweiterung sie stets bemüht war.65 Bei der praktischen Umsetzung dürfte den Rhodiern geholfen haben, dass ihre Polis im Hellenismus über eine stabile und offenbar gut funktionierende Staats- und Gesellschaftsordnung verfügte. In dieser hatte die Kriegsflotte eine besondere Stellung. Viele Männer, deren öffentliche Funktionen in Laufbahninschriften dokumentiert sind, waren im Laufe ihres Lebens auch in der Flotte aktiv. Und häufig beginnt der Lebenslauf mit dem einfachen Flottendienst (στρατευσάμενος ἐν τοῖς ἀφράκτοις καὶ ταῖς καταφράκτοις ναυσί). Zusammen damit, dass sich die in den Quellen mehrfach betonte außergewöhnliche Qualität rhodischer Schiffsbesatzungen nur mit stetigem Üben erklären lässt, weist das auf einen weit verbreiteten, wahrscheinlich kompulsiven Kriegsdienst der rhodischen Bürger hin. Hierfür spricht auch, dass die Rhodier als einzige größere hellenistische Polis keine Ephebie hatten, bei der es sich formal um einen mit der Flotte konkurrierenden Wehrdienst gehandelt hätte.66 Zugleich zeigen die epigraphischen Zeugnisse, dass die rhodische Oberschicht gut in die Flotte eingebunden war und in der abgestuften Kommandohierarchie vielfältige Möglichkeiten des Distinktionsgewinns fand. Eine echte ‚Thalassokratie‘ konnten die Rhodier aufgrund der beschränkten Größe ihres Gemeinwesens zu keinem Zeitpunkt erlangen. Aber in ihren Inschrif64

65 66

Für die Belege aus dem 3. Jahrhundert vgl. Anm. 21. Für die spätere Zeit wiederum die Laufbahn des Polykles (Appendix I 1) bezeichnend: Wenn die in Anm. 37 vorgeschlagene Verbindung seines Kommandos als ἁγεμὼν πεντηρέων κατὰ πόλεμον und ἁγεμὼν τῶν ἁγεμόνων mit dem Piratenkrieg des M. Antonius Orator zutrifft, hatte er hierbei sogar – wahrscheinlich erfolgreich – eine Seeschlacht geschlagen (ναυμαχήσας). Piraten als Gegner werden hier aber gerade nicht erwähnt, sondern die Betonung liegt auch hier darauf, dass es sich um einen regulären Kriegseinsatz gehandelt hatte. Zur rhodischen Wirtschaft und den Einkünften der Polis s. zusammenfassend Wiemer (2002b) 580–585; zur Weinproduktion in der Peraia Held – Şenol (2010), zur politischen Organisation Wiemer (2010). Für das Fehlen der Ephebie in den rhodischen Inschriften s. Chankowski (2010) 198–206, der das Phänomen aber nicht erklärt.

Rhodos als Seemacht

269

ten präsentieren sie sich nicht als Handelsnation, sondern vielmehr als die letzte griechische Polis, in der sich die Bürgerschaft noch glaubhaft als Kriegergemeinschaft realisieren konnte. Dies war ihnen möglich, weil sich fast den ganzen Hellenismus über in der Ägäis keine größere Macht fest etablieren konnte. Nach dem Niedergang der athenischen Seeherrschaft war keine Großmacht mehr daran interessiert oder dazu in der Lage, eine Rolle als ‚Seepolizei‘ auszuüben. Und die Römer verschärften die Situation noch, indem sie die Großreiche in der Region zerschlugen oder aus ihr zurückdrängten, selbst aber nicht willens oder in der Lage waren, dort als Ordnungsmacht präsent zu sein. So mussten selbst römische Statthalter für die Überfahrt in die asiatischen Provinzen auf rhodische Kriegsschiffe zurückgreifen. Die Rhodier konnten daher vom späten 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende der römischen Republik in der Ägäis die verwaiste Position des Seepolizisten besetzen, ohne dabei auf nennenswerte Konkurrenz zu stoßen. Sie auszufüllen lag aber nie im Bereich ihrer militärischen Mittel und wahrscheinlich auch nicht in ihrer politischen Absicht.

270

Daniel Kah

APPENDIX I: BEISPIELE FÜR RHODISCHE LAUFBAHNINSCHRIFTEN 1

Statuenbasis des Polykles, Sohn des Polykles und Enkel des Polykles, errichtet von seinen Enkeln (um 70 v. Chr.), gefunden im Stadtgebiet von Rhodos: Maiuri (1925) 19–29 Nr. 18.

4

8

12

16

20

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28

32

36

Σῶσος καὶ Πολυκλῆς [κ]αὶ Καλλιαρίστα Σώσου, Πολυκλῆς Πολυκλεῦς τοῦ Πολυκλεῦς τὸν πάππον [σ]τρατευσά[μ]ενον ἔν τε τοῖς ἀφράκτοις καὶ ἐν ταῖς καταφράκτοις [να]υσὶ κατὰ πόλεμον v καὶ γενόμενον ἁγεμόνα ἄμισθον ἐπὶ τᾶς [χώ]ρας τᾶς Λινδίας v καὶ γυμνασιαρχήσαντα φυλᾶ[ς] καὶ νικάσαντα [Π]οσειδάνια καὶ Ῥωμαῖα καὶ Ἁλίεια v καὶ γυμνασιαρχήσαντα νεώτερον [καὶ κ]λαρωτὰν δικαστᾶν γενόμενον v καὶ ἄρξαντα ἀφράκτων v καὶ [ἁγ]ησάμενον πεντηρέων κατὰ πόλεμον καὶ ἀποδειχθέντα ὑπὸ τοῦ δάμου ἁγεμόνα τῶν ἁγεμόνων v καὶ ναυμαχήσαντα καὶ στραταγήσαντα ἐν τῶι πέραν καὶ ἐπιχειροτονηθέντα τὸ δεύτερον καὶ ἐπιχειροτονηθέντα τὸ τρίτον v καὶ γυμνασιαρχήσαντα πρεσβύτερον καὶ γραμματῆ βουλᾶς γενόμενον καὶ στεφανωθέντα ὑπὸ τῶν συναρχόντων καὶ πρυτανεύσαντα ἐν τῶι πολέμωι καὶ στεφανωθέντα ὑπὸ τῶν συναρχόντων καὶ γενόμενον σύμβουλον ναυάρχωι Δαμαγόραι v καὶ φυλαρχήσαντα καὶ νικάσαντα ἐπιτάφια v καὶ τριηραρχήσαντα τετρήρευς καὶ νικάσαντα τᾶι ἀποδείξει τᾶς ναὸς v καὶ χ[ορ]αγήσαντα πυρρίχαι καὶ τριηραρχήσαντα τετρήρευς κατὰ πόλεμον καὶ χοραγήσαντα τραγωιδοῖς καὶ νικάσαντα Ἀλεξάνδρεια καὶ Διονύσια καὶ τιμαθέντα καὶ στεφανωθέντα χρυσέοις στεφάνοις δυσὶ ὑπὸ Παναθηναϊστᾶν στρατευομένων κοινοῦ v καὶ ὑπὸ Ἁλιαταδᾶν πατριωτᾶν Ἀριστοκλείων καὶ Κυδαγορείων διαγονιᾶν κοινοῦ v καὶ ὑπὸ Ἐπεκτοριδᾶν πατριωτᾶν κοινοῦ v καὶ ὑπὸ Εὐθαλιδᾶν πατριωτᾶν τῶν ἐν Οἴαις κοινοῦ v καὶ ὑπὸ Ἀφροδισιαστᾶν ἁλικιωτᾶν Πολυκλείων κοινοῦ v καὶ ὑπὸ Ἰερομβροτείων Κλυσιμείων Πολυχαρμείων κοινοῦ v καὶ ὑπὸ τῶν ἰεροθυτησάντων ἐν Ἐρεθίμοις κοινοῦ καὶ τιμαθέντα ὑπὸ Ἀπολλωνιαστᾶν Ἀντιοχείων συσστρατευσαμέ[ν]ων κοινοῦ v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ Πολυκλείων Βοαρσᾶν κοινοῦ χρυσέωι στεφάνωι καὶ ἀνδριάντι v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ Βοαρσᾶν [Τ]εισαγορείων κοινοῦ v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ τῶν συμμάχων πάντων τῶν τασσομένων ὑπὸ τὸν δᾶμον δὶς v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ τᾶς πόλιος τῶν Ἀστυπαλαιέων προξενίαι πολιτείαι χρυσέωι στεφάνωι εἰκόνι χαλκέαι v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ τᾶς πόλιος τῶν Μιλησίων προξενίαι πολιτείαι ἐπαίνωι χρυσέωι στεφάνωι εἰκόνι χαλκέαι v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ τᾶς πόλιος τᾶς Ὑλλαριμέων προξενίαι πολιτείαι χρυσέωι στεφάνωι εἰκόνι χαλκέαι v καὶ τιμαθέντα ὑπὸ τᾶς πόλιος τᾶς Κυιτᾶν προξενίαι [π]ολιτείαι χρυσέωι στεφάνωι εἰκόνι χαλκέαι. v θεοῖς.

271

Rhodos als Seemacht Funktion

Zeile

Militärdienst auf aphrakta und kataphraktoi naes (auch) im Kriegseinsatz

3–4

unbesoldeter Kommandant über das lindische Territorium

4–5

Phylengymnasiarch und Sieger bei den Poseidania, Rhomaia und Halieia

5–6

‚Jüngerer Gymnasiarch‘

6

Beauftragter für die Richterlosung

7

Geschwaderkommandant der aphrakta

7

Geschwaderkommandant von Penteren im Kriegseinsatz

8

vom Volk bestimmt zum Kommandanten der Kommandanten

8–9

Teilnehmer an einer Seeschlacht

9

Stratege in der Peraia und zweimal im Amt bestätigt

9–11

‚Älterer Gymnasiarch‘

11

Sekretär des Rates (und bekränzt von seinen Amtskollegen)

12

Prytane ‚in dem Krieg‘ (und bekränzt von seinen Amtskollegen)

12–13

Berater des Nauarchen Damagoras

13

Phylarch und Sieger bei den Epitaphia

14–15

Trierarch einer Tetrere und Sieger bei der Vorführung des Schiffes

15–16

Chorege beim Waffentanz

16

Trierarch einer Tetrere im Kriegseinsatz

17

Chorege bei den Tragödien und Sieger bei den Alexandreia und Dionysia

17–18

Ehrungen durch Vereine und Gemeinwesen

18–36

Datum

Alter 20–25

25–30

30–35

102 v. Chr.

35–40

40–50

88–85 v. Chr.

50–55

55–60

78 v. Chr.? 60–65

272

2

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Statuenbasis des Pausanias, Sohn des Leon, errichtet vom Rat des Winterhalbjahres im Eponymenjahr des Haliospriesters Astymedes (kurz vor 40 v. Chr. oder frühe Kaiserzeit), gefunden im Stadtgebiet von Rhodos: I.Lindos II 707.

4

8

Παυσανίαν Λέοντος [νι]κάσαντα Ἁλίεια παῖδας πάλαν καὶ τριηραρχήσαντα [δι]κρότου καὶ φυλαρχήσαντα φυλᾶς Λινδίας καὶ νικάσαντα [ἐ]πιτάφια καὶ στρατευσάμενον ἔν τε τοῖς ἀφράκτοις καὶ [τ]αῖς καταφράκτοις ναυσὶ καὶ στεφανωθέντα ὑπὸ τῶν [σ]υστρατευσαμένων καὶ τριηραρχήσαντα ἀφράκτου καὶ [γ]υμνασιαρχήσαντα νεωτέρων καὶ στεφανωθέντα ὑπὸ τᾶν [σ]υναρ[χιᾶν] ἁ βουλὰ ἁ βουλεύσασα τὰν χειμερινὰν ἑξάμηνον [ἐπ᾽ ἰε]ρέως Ἀστυ[μή]δευς θεοῖς. Laufbahnstation

Zeile

Sieger bei den Halieia im Ringkampf der Knaben

2

Trierarch einer dikrotos

2–3

Phylarch der Phyle Lindia und Sieger bei den Epitaphia

3–4

Militärdienst auf aphrakta und kataphraktoi naes und geehrt von den Kameraden

4–6

Trierarch eines aphrakton

6

Gymnasiarch der Neoi

7

geehrt von seinen Amtskollegen

7–8

Rhodos als Seemacht

273

APPENDIX II: INSCHRIFTLICH DOKUMENTIERTE GESCHWADER- UND BESATZUNGSWEIHUNGEN Aus hellenistischer Zeit sind für die Ägäis insgesamt 29 Monumente überliefert, die inschriftlich als Weihungen von Besatzungen von Schiffen oder kleinen Geschwadern ausgewiesen sind. Die Weihenden erscheinen in der Regel ohne persönliche Nennung nach dem Muster Ῥοδίων (e. g.) οἱ στρατευσάμενοι μετὰ ἄρχοντος (ἀφράκτων) τοῦ δεῖνος καὶ τριηράρχων τοῦ δεῖνος καὶ τοῦ δεῖνος. Genannt sind bei Geschwadern meist der Geschwaderkommandant und zwei Trierarchen, bei einzelnen Schiffsbesatzungen auch manchmal ein Deckoffizier (πρῳρεύς).67 Abhängig von der aus dem Material nicht mit Sicherheit zu klärenden Frage, ob der Geschwaderführer ein eigenes Kriegsschiff kommandierte oder nicht, können hier im Einzelfall die Besatzungen von einem, zwei oder drei Kriegsschiffen beteiligt gewesen sein.68 Nach einem ähnlichen Formular sind auch einzelne Statuenbasen, Mysteninschriften aus Samothrake und Bauinschriften von der Mauer des Triarius in Delos aufgebaut.69 Von den insgesamt 13 publizierten rhodischen Exemplaren wurden acht außerhalb des Staatsgebiets errichtet (Abb. 1).70 Drei der Texte (11–13) sind sicher kaiserzeitlich und können deshalb kaum Ausdruck einer rhodische Hegemonialstellung sein. Für die anderen Poleis sind 16 Beispiele bekannt, von denen ebenfalls mehr als die Hälfte auf fremdem Territorium aufgestellt war (Abb. 2).71 Mehrfach, auch für Rhodos, ist belegt, dass die betreffenden Flotten unter römischem Kommando standen.72 In der Gesamtschau ist daher wenig wahrscheinlich, dass derartige Weihungen primär dazu gedacht waren, eine Vormachtstellung der weihenden 67

68

69

70 71 72

Der Geschwaderkommandeur wird in Rhodos in der Regel als ἄρχων (τῶν) ἀφράκτων bezeichnet. Die Bezeichnung findet sich auch in anderen Inselpoleis: Chios, Astypalaia: ἄρχων τᾶν ἡμιολιᾶν, Kos: ἄρχων (τῶν) ἀφράκτων und ἄρχων ὑπηρετικοῦ. Andernorts finden sich an dieser Position Nauarchen, was auf eine geringe Größe der jeweiligen Flotte weist: Kos, Paros, Kyzikos, Milet, Halikarnassos. Bei einem Geschwaderführer und zwei Trierarchen waren drei Schiffe beteiligt, wenn auch der erstgenannte ein eigenes Schiff hatte, andernfalls waren es nur zwei. Ein Geschwaderführer und ein Trierarch dürften wahrscheinlich auf ein einzelnes Schiff verweisen, dessen Besatzung auch das übergeordnete Kommando mit aufführte. Für weitere Details und eine ausführliche Diskussion der mit diesem Dokumenttyp verbundenen Interpretationsprobleme siehe Kah (2016). Statuenbasen: 9 und 25. Mystenlisten: 10, 16, 17 und 27 (formal ähnlich, aber ohne Bezug zu Mysten ist 11). Bauinschriften: 22, 25 und 26. Vgl. zudem die nur fragmentarisch erhaltenen Listen rhodischer Schiffsbesatzungen, die zu Basen wie 9 oder Weihungen wie 8 gehört haben dürften: Maiuri (1925) 8 f. Nr. 5; Jacopi (1932) 176 f. Nr. 5; Pugliese Carratelli (1952–1954a) 286 f. Nr. 62; Pugliese Carratelli (1955–1956) 159 f. Nr. 4; Maiuri (1916) 136 Nr. 2; SEG 41,659. Eines auf Kreta (2), zwei auf Kos (3 und 6), drei auf Tenos (4, 5, 7), eines auf Paros (11) und eines auf Samothrake (10). Auffällig ist, dass alle vier für Milet bekannten Beispiele extraterritorial sind und auf Kos bzw. Delos aufgestellt wurden (23–27). 10 (Rhodier unter einem unbekannten proconsul); 20 (Koer unter A. Terentius Varro); 22, 25 und 26 (Smyrnaier und Milesier unter C. Triarius).

274

Daniel Kah

Abb. 1: Rhodische Geschwader­ und Besatzungsweihungen. Grundkarte © d­maps.com (http://d­maps.com/carte.php?num_car=25139&lang=de).

Polis zu demonstrieren. Vielmehr drückt sich ihn ihnen zunächst ein religiöses Bedürfnis der Stifter nach Dank an die Götter aus, das durch die generellen Gefahren einer Seereise und die besonderen Risiken des Einsatzes auf einem Kriegsschiff bedingt gewesen sein dürfte. Zudem mag in einigen Fällen auch der Stolz der Besatzungen, an einem weit von der Vaterstadt entfernten Einsatz teilgenommen zu haben, motivierend gewesen sein. Ein Einsatz der Schiffe gegen Piraten wird in den Weihungen für Rhodos gar nicht und für die übrigen Poleis nur ganz selten erwähnt und erscheint auch dann nur indirekt in der Bezeichnung der Schiffe.73

73

16 und 17 (Chios): λῃστοφυλακικὰ πλοῖα; 26 (Athen): φυλακίδες τριημιολίαι. Blinkenbergs Ergänzung von Tyrrhenern als Kriegsgegnern in 1 (I.Lindos I 88) ist nicht gerechtfertigt.

Rhodos als Seemacht

275

Abb. 2: Geschwader­ und Besatzungsweihungen anderer Städte (nach Häufigkeit): 1 Milet 2 Astypalaia 3 Chios 4 Smyrna 5 Kos 6 Athen 7 Paros 8 Knidos 9 Halikarnassos bk Samos bl Kyzikos 1 auf dem Territorium der Polis 1 exterritorial. Grundkarte © d­maps.com (http://d­maps.com/carte.php?num_car=25139&lang=de).

Rhodos 1 2 3 4 5 6 7

I.Lindos I 88 (Mitte des 3. oder frühes 2. Jh. v. Chr.): Basis in Form eines Schiffsbugs, geweiht durch ein Geschwader als ἀπαρχή an Athana Lindia mit langer Namensliste. Zur Inschrift vgl. jetzt auch Badoud (2014) 126–129. I.Kreta I xvi 35 (Lato auf Kreta, Wende vom 3. zum 2. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von Trieren an Athana Lindia. IG XII,4 565 (Kos, zweites Viertel des 2. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von ἄφρακτα an Poseidan (Poseidon) Hippios. IG XII,5 913 (Tenos, erste Hälfte des 2. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von ἄφρακτα an Zeus Soter und neun weitere Gottheiten. IG XII,5 914 (Tenos, erste Hälfte des 2. Jh. v. Chr.): Weihung einer Besatzung an Sarapis und Isis. IG XII,4 562 (Kos, 2.–1. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von ἄφρακτα. IG XII Suppl. 317 (Tenos, erstes Viertel des 1. Jh. v. Chr.?): Weihung eines Geschwaders von ἄφρακτα und eines Geschwaders von ἡμιολίαι an die Dioskuren und Helena.

276 8 9 10 11 12 13

Daniel Kah SEG 33,640 (Rhodos, 2. oder 1. Jh. v. Chr.): Weihung einer Besatzung an Naulochos mit Liste der Decksmannschaft. Segre (1936); Nouveau choix 29 (Rhodos, Ende des 2. oder Mitte des 1. Jh. v. Chr.): Statuenbasis eines Deckoffiziers (πρῳρεύς), geweiht von einem Geschwader. IG XII,8 189b 11–32; I.Samothr.theor. 57 B ii (Samothrake, erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr.): Mystenliste von Angehörigen der Besatzung eines Kriegsschiffes.74 IG XII Suppl. 210; SEG 33,683 (Paros, 1. Jh. n. Chr.): Liste von fünf Angehörigen der Besatzung einer τριημιολία. I.Lindos II 431 (Lindos, drittes Viertel des 1. Jh. n. Chr.): Weihung eines χαριστήριον an Athana Lindia und Zeus Polieus durch die Besatzung einer τριημιολία.75 I.Lindos II 445 (Lindos, um 80 n. Chr.): Weihung der Besatzung einer τριημιολία an Athana Lindia. Astypalaia

14 15

IG XII,3 201 (Astypalaia, 2.–1. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von ἡμιολίαι. I.Dor.Ins. 91 (Astypalaia, 2.–1. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von ἡμιολίαι. Chios

16 17

SEG 41,717 B; I.Samothr.theor. 49 iii (Samothrake, erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr.): Liste von Mysten aus einem Geschwader von λῃστοφυλακικὰ πλοῖα. SEG 41,717 C; I.Samothr.theor. 49 ii: wie 16. Kos

18

IG XII,8 260 (Hieron am Bosporos, nach dem Ersten Mithradatischen Krieg): Weihung der Besatzung einer Tetrere; genannt ist auch ein römischer Flottenkommandeur. Paros

19

SEG 33,684 (Paros, 1. Jh. v. Chr.?): Weihung der Besatzung einer δίκροτος an Demeter Paria. Samos

20

IG XII,6 462 (Samos, 2. Jh. v. Chr.?): Weihung der Besatzung einer κατάφρακτος ναῦς an Hera. Kyzikos

21

Schwertheim (1979) (Miletoupolis, 2.–1. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von κατάφρακτοι an Poseidon oder Apollon Kaseos.

74

Dass es sich bei den genannten Mysten um Rhodier und nicht, wie vorher angenommen, um Kyzikener handelt, hat Nora Dimitrova erkannt (I.Samothr.theor. 57). [ἄρχων (e. g.) | τριημιολίας, ᾇ ὄνομα | – – – Σ]εβασ̣[τά, Μοιραγένης Τιμοδίκου | Λαδάρ]μιος καὶ τοὶ σ[υστρα|τευ]σάμενοι Ἀθάν[ᾳ | Λιν]δίᾳ καὶ Διὶ Π[ολιεῖ] | χαριστήρ̣[ιον]. Blinkenberg ergänzte in den ersten beiden erhaltenen Zeilen [ἀποσταλέντες | ποτὶ τοὺς Σ]εβασ[τούς], aber die Bezeichnung der Mitglieder einer Gesandtschaft als συστρατευσάμενοι wäre ebenso ungewöhnlich wie der Umstand, dass diese an mehrere Kaiser gegangen wäre. Dagegen sprechen die Parallelen dafür, den Text als Besatzungsweihung zu ergänzen: vgl. vor allem hier 13 (Z. 1–9: ἄρχων τριημιολίας, | ᾇ ὄνομα Εὐανδρία Σε|βαστά, Θαρσύλος Ἰά|σονος, τριήραρχος Κλαύ|διος Μνασαγόρας καὶ | οἱ ἐνπλέοντες Ἀθάνᾳ | Λινδίᾳ χαριστήριον); für weitere rhodische Schiffe mit Namen wie Εἰρήνα Σεβαστά oder Εὐανδρία Σεβαστά vgl. Blinkenberg (1938) 18 f. und Casson (1995) 131 f. mit Anm. 122.

75

Rhodos als Seemacht

277

Smyrna 22

I.Delos 1857 (Delos, 69 v. Chr.): Bauinschrift der Besatzung einer δίκροτος von der Mauer des Triarius. Milet

23 24 25 26

IG XII,4 567 (Kos, zweite Hälfte des 2. bis erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von ἄφρακτα an den Apollon von Didyma. IG XII,4 566 (Kos, zweite Hälfte des 2. bis erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr.): Weihung der Besatzung eines ἄφρακτον an den Apollon von Didyma. I.Delos 1855 (Delos, 69 v. Chr.): Statuenbasis des C. Triarius, errichtet von der Besatzung einer δίκροτος. I.Delos 1856 (Delos, 69 v. Chr.): Bauinschrift der Besatzung einer δίκροτος von der Mauer des Triarius. Knidos

27

I.Samothr.theor. 61 (Samothrake, 2.–1. Jh. v. Chr.?): Liste von Mysten aus einem Geschwader. Halikarnassos

28

LBW 504; Segre (1936) 242 f. (Halikarnassos, 2.–1. Jh. v. Chr.): Weihung der Besatzung einer Tetrere an Apollon Archegetes und Asklepios. Athen

29

Agora XVIII C 161 (Athen, um 200 v. Chr.): Weihung eines Geschwaders von φυλακίδες τριημιολίαι.

SPACE, VISION AND THE FRIENDLY SEA: SCIPIO’S CROSSING TO AFRICA IN LIVY’S BOOK 291 Virginia Fabrizi The Second Punic War of 218–201 BC constitutes a major turning point in Livy’s Ab urbe condita libri: its account, taking up the whole Third Decade of the work (Books 21–30), provides one of the most engaging and carefully structured narratives within Livy’s preserved books.2 The historian represents the clash between Rome and Carthage as a fight over world domination;3 and, as scholars have not failed to recognize,4 the conflict marks the beginning of a new historical phase, that of Roman Mediterranean hegemony. In particular, there is one event that Livy charges with special meaning in defining the course of Roman history: namely, the launch of the African expedition5 led in 204 BC by the proconsul P. Cornelius Scipio,6 who would later come to be known as Africanus after his final victory over Carthage. The Roman attack on Africa marks a dramatic reversal in the dynamics of the events, in that it signals the start of an aggressive strategy on the part of Rome and the displacement of the logical centre of the war from Italy to Africa. In a way, this anticipates the momentous shift from Italian to Mediterranean power undergone by the res publica. The symbolic and cultural significance that Livy attributes to the event is signalled by the way in which it is embedded in the narrative of the Ab urbe condita. First, the historian anticipates it through the account of a long and dramatic debate in the Senate between the young Scipio and the old Quintus Fabius Maximus (28.40–44): while the former argues for the need to take the offensive, the latter defends an idea of Roman policy as centred on Italy, and attacks the expansionistic 1

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This paper was written in the course of my DRS COFUND Post-Doctoral Fellowship, co-financed by the Freie Universität Berlin and the Marie Curie Action COFUND (PCOFUNDGA-2010-267228). I wish to thank the organizers of the conference from which this paper derives for offering me the opportunity to present my work on that occasion. Quotations of the Ab urbe condita are taken from Walsh (1986); the English translation by J. C. Yardley is quoted from Yardley – Hoyos (2006). For analyses of structural patterns and literary features in the Third Decade cf. Burck (1962); Levene (2010). Cf. e.g. Liv. 27.39.9; 29.17.6; 30.32.2. Cf. in particular Mineo (2006) 255–336. The significance of this episode in the overall structure of the Ab urbe condita is stressed by Mineo (2006) 303–308. Scipio had been consul the previous year (cf. Liv. 28.38.6); he had been allotted Sicily as a province, with permission to cross to Africa if he judged it to be in the public interest (28.45.8). He had spent most of his consular year in Sicily, making preparations for the African expedition. His imperium was then extended for one further year (29.13.3).

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ambitions of generals aiming more for personal glory than for the interest of the State.7 As pointed out by recent scholarship, the two characters embody two different views of Roman history: Fabius is the man of the past, Scipio the man of the future.8 Fabius is the most authoritative exponent of the traditional res publica and its values. Scipio, on the other hand, plays a role as a pivotal character in Livy’s work, inaugurating the historical phase of Rome’s great overseas expansion; more to the point, thanks to his exceptional qualities as a commander and his charismatic, individualistic nature, Scipio prefigures the main ambiguities of Roman politics and imperial growth in the centuries to come.9 In the second place, Livy narrates the departure of Scipio’s army from the Sicilian port of Lilybaeum and its crossing to Africa (29.24.10–27.15) through such a richness of detail and such vivid language as to single out the episode as particularly important. Further, some interpreters of the Ab urbe condita have seen a parallel between the narrative of Scipio’s crossing to Africa in Book 29 and two passages from Book 30 reporting Hannibal’s return to his own homeland in 203 BC (30.20.7– 8; 30.25.11–12).10 While Scipio’s behaviour is characterized by a particular attention to religious duties and is rewarded through signs of divine goodwill, Hannibal’s crossing is preceded by a sacrilegious act and marked by an unfavourable omen. In this way Livy, very probably following a Roman source,11 anticipated the final outcome of the clash between Rome and Carthage. In this paper, I shall argue that one further strategy through which Livy conveys his ideas about historical development is his literary use of the spatial setting provided by the sea and of the visual aspects of seafaring in the narrative of Scipio’s 7

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Several scholars have observed that the debate between Fabius and Scipio seems to be modelled on the Thucydidean debate between Nicias and Alcibiades over the Athenian expedition against Sicily in 415 BC (Thuc. 6.9–23; cf. Rodgers 1986; Tedeschi 1998, 90–91; Mineo 2006, 305–307; Polleichtner 2010a). Levene (2010) 111–117 has argued that Livy was probably referring to multiple models containing the debate over the Sicilian expedition, among which Thucydides played a conspicuous role, as well as to other sources concerning different events. Although the outcome of Scipio’s attack on Africa was, of course, very different from that of the Sicilian expedition, the intertextual reference to Thucydides could have warned Livy’s readers of the implicit dangers in any expansionistic policy (Mineo 2006, 307). For the role of intertextuality in Livy cf. Polleichtner (2010b); Levene (2010) 82–163. Chaplin (2000) 93–97; Mineo (2006) 306–308. The role of the opposition between old age and youth as a political factor, i. e. as emblematic of an opposition between old and new politics and strategy, is further stressed by Tedeschi (1998) 28–39. Bernard (2000) 325–330 and 338–357, rightly stresses the double nature of Scipio’s character, i. e. his role as a representative of the populus Romanus, on the one hand, and his individual, “Hellenistic”, heroism, on the other; Bernard connects this ambiguous status with Scipio’s exceptional stature as “héro providentiel”, incarnation of a new era for Rome. Along the same lines Mineo (2006) 296–314, underlines Scipio’s pivotal role as the initiator and embodiment of a new historical phase of territorial expansion and moral decadence. For Scipio as a pivot of Roman history cf. also Chaplin (2000) 97. Zieliński (1985) 23–25 and 111; Burck (1962) 153–154; and especially Tränkle (1977) 24–26 (the correspondence between the two passages was also briefly pointed out in Weissenborn-Müller 1899, 60 on 29.27.12, and 132 on 30.25.12). Claudius Quadrigarius according to Zieliński (1985) 107–112; Valerius Antias according to Klotz (1940) 193 and Tränkle (1977) 26.

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departure and crossing. In doing so, I shall expand on some of the observations made in the research discussed above by integrating them with a close reading of this narrative section. This will, I hope, allow me, in turn, to make some observations about the connection between the sea and Roman power which is implicit in the narrative of the Ab urbe condita. The departure of Scipio’s fleet from Lilybaeum and its crossing to Africa in 204 BC are narrated in Ab urbe condita 29.24.10–27.15. The fact that Livy was drawing on an annalistic source should not lead us to underestimate his own part in the representation of these events. Firstly, as observed by E. Burck,12 the attention that Livy devotes to the departure of the fleet is hardly paralleled in the Ab urbe condita, where episodes of this sort are usually described more cursorily. This means that the historian made a conscious – and, by his standards, unusual – choice to underline the significance of Scipio’s departure. Secondly, anyone familiar with Livy’s working methods will be aware of the variety of procedures through which the historian was able to innovate and elaborate upon the account of his sources.13 In other words, even if the facts he told were taken from previous accounts, the way in which they are organized into a coherent whole, as well as their stylistic and linguistic arrangement, are in all likelihood Livy’s personal contribution. The account of the actual departure of Scipio’s fleet is prepared by a series of details about the gathering of soldiers and ships, which, far from providing neutral information, play a dramatic function in setting the scene, and the tone, for what follows.14 The arrival of the troops at Lilybaeum is so described at 29.24.10–11: Quicquid militum nauiumque in Sicilia erat cum Lilybaeum conuenisset, et nec urbs multitudi­ nem hominum neque portus naues caperet, tantus omnibus ardor erat in Africam traiciendi ut non ad bellum duci uiderentur, sed ad certa uictoriae praemia. When all the troops and ships in Sicily had mustered in Lilybaeum, the city could not hold all the men nor the harbour all the ships, and such was the general enthusiasm for crossing to Africa that they felt they were being led not to war but to prizes of victory that were already assured.

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Burck (1962) 144. The comparison of sections from the Ab urbe condita with the only source that we still possess at least in part, namely Polybius’ Histories, has proved fruitful in this respect. Based on an extensive and detailed comparison between passages from the Fourth and Fifth Decade and their Polybian sources, Tränkle (1977) has shown that Livy modified the Greek account in several ways. For Livy’s working methods in general see Luce (1977) esp. 185–229; further observations on Livy’s adaptation methods can be found in Levene (2010) 129–130. Although we cannot study Livy’s reworking of his Latin sources due to their fragmentary state of survival, it is likely that his method was not substantially different from the one followed in adapting the Polybian account. Indeed, Luce (1977) 221–227 has argued that Livy may have shown a higher degree of freedom in adapting his Roman material. Cf. Burck (1962) 144–145 for the narrative function of these preparations.

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The mention of the size of the fleet and the army is here combined with a stress placed on the feelings of the men;15 their eagerness to cross to Africa assimilates the situation not to a war with its uncertainties, but to a certain victory.16 After discussing the numbers of Scipio’s soldiers and reporting the different estimates offered by various sources (29.25.1–4), Livy describes in great detail the boarding of the men and the preparations for the crossing. Scipio takes personal responsibility for the orderly boarding of soldiers (29.25.5–6); later, when all the men are on board, the consul summons the helmsmen and captains, together with two soldiers from each ship, to the forum, so that they can receive instructions. Scipio makes sure that they have enough water supplies on their ships, then urges the fighting men “to remain calm and obey their orders, providing the seamen with the silence they needed to go about their duties without interruption” (29.25.7–9). He also gives assurances that he will protect the freighters on the right wing with twenty warships, while Laelius and the quaestor M. Porcius Cato will do the same on the left (29.25.10). Finally, he gives instructions about the lights to have on the ships and the course to follow (29.25.11–12).17 Scipio then sends the men away to their ships, exhorting them to be ready for departure on the following day (29.25.13). This detailed account has the effect of creating expectation and suspense in the reader; moreover, with its enumeration of instructions given and received, and with the insistence on obedience and silence (29.25.5 and 9), it creates an atmosphere of order and discipline for the departure. The latter begins in chapter 26, which is entirely devoted to describing the unparalleled importance of the event. At 26.1 Livy explains: Multae classes Romanae e Sicilia atque ipso illo portu profectae erant; ceterum non eo bello solum – nec id mirum; praedatum enim tantummodo pleraeque classes ierant – sed ne priore quidem ulla profectio tanti spectaculi fuit.

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Based on the intertextual relationship between Livy and Thucydides that I have mentioned above (n. 7), some scholars have seen a further parallel between the departure of Scipio’s fleet and the departure of the Athenian fleet for Sicily in Thuc. 6.30.1–32.2; cf. Burck (1962) 144 n. 51; Rodgers (1986) 350–352; Mineo (2006) 307. The focus on the feelings of the crowd, for example, appears reminiscent of Thuc. 6.30.1–2, where the people’s emotions are described immediately after the mention of the troops’ arrival at the port. However, while Thucydides reports that the families and friends of the departing soldiers wavered between hope and fear of the dangers of war, Livy underlines the Romans’ self-confident willingness to cross to Africa (cf. Rodgers 1986, 350). Other points of similarity between Thucydides and Livy will be mentioned in following notes. Burck (1962) 145. Scipio, according to Livy, orders the helmsmen to steer a course for the African region called Emporia, south of Carthage and on the coast of the Lesser Syrtis (29.25.12). This detail is problematic, because the fleet will not, in fact, land there (cf. below, pp. 283–284 and n. 30). Most scholars agree that Emporia could hardly have been Scipio’s intended destination and think either that Livy was mistaken, or that Scipio’s announcement was meant to deceive the enemy: cf. e.g. Smith (1993) 58; François (1994) 137 n. 3, with further bibliography. Others have thought it possible that Scipio altered his original plan: cf. e.g. Lazenby (1978) 204–205.

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Numerous Roman fleets had set out from Sicily, and indeed from that very harbour, but no departure had provided such a spectacle as this, either in that war (which was not surprising, since most of the fleets leaving had only been on raiding expeditions) or even in the First Punic War.

We know of several previous departures of Roman fleets from Lilybaeum during the Second Punic War; 18 the aim of those expeditions had been, as Livy here recalls, to raid the African coast, or the islands between Sicily and Africa. The historian also mentions departures from Sicily during the First Punic War, although these had not taken place at Lilybaeum, which was at that time under Carthaginian control. With respect to all of these occasions, Scipio’s departure stands out in that it constitutes a spectaculum like none before.19 The exceptionality of such a spectaculum, however, does not have to do, as one might expect, with the material size and splendour of the Roman expeditionary force.20 In the following lines (29.26.2–6), Livy states that Scipio’s was not the largest fleet ever to depart from Sicily: in some cases, in the past, a pair of consuls had left together with their ships,21 and the whole of their fleet had been much larger than Scipio’s. The reasons that make this departure a greater spectaculum than any other are to be found, instead, in the historical meaning of the event, as explained at 29.26.4–6: Sed et bellum bello secundum priore ut atrocius Romanis uideretur, cum quod in Italia bella­ batur tum ingentes strages tot exercituum simul caesis ducibus effecerant, et Scipio dux partim factis fortibus, partim suapte fortuna quadam ingenii ad incrementa gloriae celebratus conuerterat animos, simul et mens ipsa traiciendi, nulli ante eo bello duci temptata, quod ad Hannibalem detrahendum ex Italia transferendumque et finiendum in Africa bellum se transire uolgauerat. But the second war seemed to the Romans more serious than the earlier one because the hostilities were taking place in Italy, and also because of the terrible losses of so many armies, with their leaders also being killed. In addition, the commander Scipio had a great talent for boosting his own reputation, and he had now become the talk of the town and focused men’s attention on him, both by his brave deeds and his own personal good fortune. And then there was the very idea of the crossing, attempted by no other commander before him in that war, for Scipio had made it known that the purpose of his voyage was to draw Hannibal away from Italy, carry the war over to Africa, and finish it there.

To put it in other words: this is an especially significant moment in Roman history; that moment finds its embodiment in a pivotal and charismatic character, Scipio;

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Cf. Liv. 21.51.1–3 (218 BC); 22.31.1–6 (217 BC); 23.21.2 (216 BC); 23.41.8–9 (215 BC); 25.31.12–14 (212 BC); 27.5.8–10 (210 BC); 27.29.7–8 (208 BC); 28.4.5–7 (207 BC). Cf. also Lazenby (1978) 197; François (1994) 134–135. One might see here yet another allusion to Thucydides’ account of the Athenian departure for Sicily. Cf. Thuc. 6.31.1: ὅμως δὲ τῇ παρούσῃ ῥώμῃ, διὰ τὸ πλῆθος ἑκάστων ὧν ἑώρων, τῇ ὄψει ἀνεθάρσουν. Oἱ δὲ ξένοι καὶ ὁ ἄλλος ὄχλος κατὰ θέαν ἧκεν ὡς ἐπ᾽ ἀξιόχρεων καὶ ἄπιστον διάνοιαν. Παρασκευὴ γὰρ αὕτη πρώτη ἐκπλεύσασα μιᾶς πόλεως δυνάμει Ἑλληνικῇ πολυτελεστάτη δὴ καὶ εὐπρεπεστάτη τῶν ἐς ἐκεῖνον τὸν χρόνον ἐγένετο. As is the case in the Thucydidean passage quoted in the previous note; cf. also Thuc. 6.31.6. This apparently happened at least twice during the First Punic War: in 256 BC (cf. Polyb. 1.25.7; Liv. 29.28.5) and 255 BC (cf. Polyb. 1.36.10–12).

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and the symbol for the historical changes at work is the very fact of crossing the sea (mens ipsa traiciendi), which anticipates Rome’s overseas expansion. These observations about the nature of Scipio’s spectaculum can be connected to some studies of the concept of spectaculum, and more generally of the function of visual representation, in Livy. In particular, A. Feldherr has shown that one of the strategies the historian used to enhance the authority of his own account was to present events in a decidedly visual way.22 This is to be understood, Feldherr argues, as an adaptation of the Greek idea of ἐνάργεια in historical writing to Roman culture, in which authority was something to be publicly enacted. The term spec­ taculum is often used by Livy with reference to public acts involving a visual display; through the latter the representation of the past is located “within the set of spectacles and performances through which the actual civic life of the state was conducted”.23 That Scipio’s departure is a spectaculum is reaffirmed twice more at the end of chapter 26 (7–8): Concurrerat ad spectaculum in portum omnis turba non habitantium modo Lilybaei, sed lega­ tionum omnium ex Sicilia, quae et ad prosequendum Scipionem officii causa conuenerant et praetorem prouinciae M. Pomponium secutae fuerant. Ad hoc legiones quae in Sicilia relinque­ bantur ad prosequendos commilitones processerant. Nec classis modo prospectantibus e terra, sed terra etiam omnis circa referta turba spectaculo nauigantibus erat. Not only had all the inhabitants of Lilybaeum come running in droves to the Harbour to witness the event, but so too had legations from all over Sicily. The latter had assembled to pay their respects, and see Scipio off on his journey, or had travelled there with Marcus Pomponius, the praetor of the province. In addition, the legions that were being left behind in Sicily had come to see their comrades off. But it was not just a case of the fleet providing a sight for the onlookers on shore – those on board also had the spectacle of the entire shoreline covered with milling crowds.

The people have come from all of Sicily ad spectaculum; but, interestingly enough, it is not only the people on the shore who “look at” (prospectantibus) the fleet, but also the men on the ships who “look at” the crowd on the shore; the latter is in turn a spectaculum to the ones who are looking from the sea. Through this insistence on the visual dimension of the scene, the reader gains the impression of a public event of great importance taking place under his or her eyes. Moreover, vision is confirmed as a central theme in the Romans’ crossing to Africa – and, as I will try to show, it is central also to the account of the fleet’s navigation. After setting the scene, Livy lets his most prominent character, Scipio, hold the stage. After calling for silence, he utters a long and solemn prayer to invoke the gods’ good will with regard to the African campaign (29.27.1–4).24 The prayer, which is quoted in full, increases the gravity of the scene and casts an air of divine 22 23 24

Feldherr (1998). Feldherr (1998) 13. Thucydides also mentions the prayer uttered by the Athenians before the departure of their fleet from the Piraeus (6.32.1–2). The Greek historian, however, does not report the wording of the prayer; Livy, by quoting Scipio’s prayer in full, stresses the divine element in a much stronger way.

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favour on the crossing – a motif that, as we shall soon see, is a key one in the following narrative.25 After the killing of the sacrificial victims (29.27.5), the fleet can finally depart. At 29.27.6–13, we find the account of the navigation: [6] Vento secundo uehementi satis prouecti celeriter e conspectu terrae ablati sunt. Et a meri­ die nebula occepit ita uix ut concursus nauium inter se uitarent; lenior uentus in alto factus. [7] Noctem insequentem eadem caligo obtinuit; sole orto est discussa, et addita uis uento. Iam terram cernebant. [8] Haud ita multo post gubernator Scipioni ait non plus quinque milia passuum Africam abesse; Mercuri promunturium se cernere. Si iubeat eo dirigi, iam in portu fore omnem classem. [9] Scipio, ut in conspectu terra fuit, precatus deos uti bono rei publicae suoque Africam uiderit, dare uela et alium infra nauibus accessum petere iubet. [10] Vento eodem ferebantur; ceterum nebula sub idem ferme tempus quo pridie exorta conspectum ter­ rae ademit, et uentus premente nebula cecidit. [11] Nox deinde incertiora omnia fecit; itaque ancoras, ne aut inter se concurrerent naves aut terrae inferrentur, iecere. [12] Ubi inluxit, uentus idem coortus nebula disiecta aperuit omnia Africae litora. Scipio quod esset proximum promunturium percontatus, cum Pulchri promunturium id uocari audisset, ‘Placet omen’ inquit ‘hoc dirigite naues’. [13] Eo classis decurrit, copiaeque omnes in terram expositae sunt. [6] Surging forward before a wind of some force, they were quickly swept out of sight of land. After midday a mist began to rise, so thick that the ships could barely avoid colliding with each other, and the wind became calmer on the open sea. [7] The fog remained just as dense during the oncoming night, but with sunrise it dissipated and the wind picked up. Now they began to sight land. [8] Shortly afterwards the helmsman told Scipio that Africa lay no more than five miles away, and that he could see the promontory of Mercury. If Scipio gave him the order to steer in that direction, he said, the entire fleet would be in port in no time. [9] When he had land in view, Scipio prayed to the gods, asking them to make his sighting of Africa bode well for the republic and for himself, and he then gave the order to unfurl the sails, and head for another landing spot further along. [10] They were now scudding before the same wind, but at about the same time as the previous day the mist arose to cut off all sight of land, and with the onset of the mist the wind fell. [11] Night then increased the disorientation everywhere, and they dropped anchor to stop the ships from colliding with each other or running around. [12] With the break of day the same wind arose once more unveiling a panorama of the coastline of Arica. Scipio asked the name of the closest headland and, when he was told it was called ‘The headland of the Beautiful One’, he said: ‘The omen pleases me. Head the ships toward it’. [13] The fleet put in there and all the troops were set ashore.

The crossing is described in detail, and articulated through a succession of temporal markers (6: a meridie; 7: noctem insequentem … sole orto; 10: sub idem ferme tempus quo pridie; 11: nox deinde; 12: ubi inluxit). The setting of the journey, the sea between Lilybaeum and the African coast, is described through the repeated reference to a few natural elements: the wind (6: uento secundo uehementi, an almost onomatopoeic alliteration; lenior uentus in alto factus; 7: addita uis uento; again with alliteration; 10: uento eodem ferebantur; uentus … cecidit; 12: uentus idem coortus); the fog (6: a meridie nebula occepit; 7: noctem insequentem eadem caligo obtinuit; 10: nebula … exorta; premente nebula; 12 nebula disiecta); the sun (7: sole orto; 12: ubi inluxit). Moreover, one can once again recognize a particular insistence on elements pertaining to the sense of sight. The crossing can be reduced to an alternation be25

For the importance of this motif, cf. again Tränkle (1977) 24–26, esp. 25.

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tween moments in which the Romans see and others in which they do not see, and their arrival in Africa is described through their gaining an extended view of the new land. Once more, then, we can recognize a “spectacular” representation of the events, and one in which places shape the narrative with their physical presence (or non-presence). The counterpoise of sight and blindness is a recurring theme in Livy’s history, where it is often linked to success or failure in war. One need only think of Livy’s famous narratives of the battles of Trasimene and, to a lesser extent, Cannae in Book 22, where fog and dust, respectively, prevent the Romans from seeing properly.26 It has been observed that sight and blindness are also strongly connected to the idea of divine favour or disapproval, and that this fact, in turn, is linked to political and military authority. The commander who does not pay heed to divine warnings becomes blind to the gods’ will and meets with failure, while control of the visual dimension of events is often a symbol for success.27 Natural elements are frequently the cause of sight or blindness and play their part in success or failure.28 In the account of the crossing, the dynamics of sight and blindness are more complex. The Roman ships seem to be led by the natural elements to their final destination, through alternating moments of sight and blindness. After the first sighting of the shore, in proximity to a headland called Mercuri promunturium (“Promontory of Mercury”),29 sight is taken away by the fog and then restored the following morning; it is then that the Romans can see omnia Africae litora and, in particular, a place called Pulchri promunturium. We can leave the identification of the latter aside,30 because what concerns us here, and what Livy stresses, is the significance of the name itself as an omen. Pulcher seems to have been a technical word in Latin augural language, where it meant not simply “beautiful”, but “favourable”.31 The arrival at the Pulchri promunturium is accordingly read by Scipio as an omen of divine approval for the campaign to come.

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Liv. 22.4.6–5,8 and 22.6.8–9 (Trasimene); 22.46.9 (Cannae). Cf. Levene (2010) 269–270. Levene (2010) 289–291; Feldherr (1998) 51–81. For natural elements, in general, as active participants in the outcome of events in Livy’s history, cf. Doblhofer (1983) 139–150. Usually identified with modern Cap Bon, on the north-eastern extremity of the Gulf of Tunis (cf. Smith 1993, 59; François 1994, 62); this promontory was called Ἑρμαία ἄκρα by the Greeks (cf. Strab. 17.3.13 and 16). Most scholars think of the “Promontory of Apollo” (cf. Strab. 17.3.13; Plin. HN 5.24), modern Cap Farina or Ras Sidi Ali el Mekki, at the north-western end of the Gulf of Tunis; cf. Lazenby (1978) 204; Smith (1993) 59; François (1994) 136–137. Cf. TLL 10.2.2566. Occurrences of the adjective in this specific meaning are e. g. Enn. Ann. 86 and 89 Sk.; Acc. Praet. 37–38 R.3; Macer Hist. 6 Peter2; Sil. 5.119–120; Tac. Ann. 2.17; Flor. 1.7.9; August. De civ. D. 4.29 p. 181.31 Dombart-Kalb. More generally, outside the augural context pulcher can be used to convey an idea of (divine) favour, or godliness: cf. e.g. Naev. poet. fr. 3.3 Morel; Enn. Ann. 38, 75 and 457 Sk. (interestingly, in the last instance the word refers to the port of Brundisium, and probably renders the idea of a safe and propitious navigation, as argued by Uggeri 1988, 52; this force of the adjective could perhaps find confirmation if the reading pulchris, in Ann. 128–129 Sk., were to be preferred to celsis, as applied to ships); Stat. Theb. 4.446; CIL VI 32323 and 32329.7.

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During the whole of the crossing, Scipio plays an active role in interpreting both divine will and the visual dimension of the landscape. This coheres with Livy’s overall presentation of this character; as is well known, Scipio’s exceptional status is conveyed by the historian through, among other things, an insistence on his particular connection with the divine world. In his description of Scipio’s personality in Book 26, Livy explicitly interprets such a connection in a rationalistic way. Scipio, according to the historian, had a particular ability to construct his self-image: “In public speaking he would represent most of his actions as prompted by dreams at night, or divine inspiration. Perhaps he genuinely had a superstitious bent, or perhaps he sought unhesitating acceptance of orders and plans by vesting them with some oracular authority” (26.19.3–4). This ability of Scipio’s comes once again to the fore in the account of the conquest of the Spanish town of New Carthage, later in Book 26. In that circumstance, Scipio gets information about a coming ebb tide in the lagoon surrounding one side of the city and consequently orders an attack on the city walls (26.45.7–9). In speaking to his soldiers, he turns the natural phenomenon into a divine sign: “The gods, he said, were turning back the sea to make a way over for the Romans; they were draining the lagoon and bringing into view paths on which man had never set foot. And he bode them follow the lead of Neptune, who would guide them in their journey”.32 Livy’s rationalistic interpretation33 by no means diminishes the status of the character; to the contrary, Scipio’s self-fashioning is explained as an element of his special aura.34 The latter is closely linked with a feature that Scipio shares, as pointed out by J.-E. Bernard, with another pivotal character in Roman history, M. Furius Camillus, namely his peculiar visibility: Scipio attracts gazes, and his personal appearance plays an important role in the glamour he holds for others.35 Scipio, in other words, has a strong control over appearances, which, as shown by Feldherr, is a key element in an imperator’s success.36 Thus, when he moves the war to Africa, the marine elements seem to be sympathetic to him. Through the alternation of sight and blindness, they lead his fleet through an untroubled navigation up to its final destination; and the full sight of the African coast, which comes, in the end, to be dominated by the Romans’ gaze, is the sign of divine favour and of military and political authority. If one reads the representation of Scipio’s crossing against the episode that has been interpreted as its pendant in Livy’s history, namely Hannibal’s crossing to Africa, the significance of vision, and of the sea as a spatial setting, will become even more evident.

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Liv. 26.45.9. The rationalistic stance exhibited by Livy is already present in Polybius: cf. Polyb. 10.2 (presentation of Scipio’s character) and 10.10–15 (conquest of New Carthage). For Livy’s treatment of Scipio’s attitude to the gods, and the links between this attitude and the exercise of imperium, cf. Feldherr (1998) 73–75. For this element of Scipio’s figure cf. Bernard (2000) 340–343; and, for Scipio’s character in general and his relationship with the divine world, 325–330 and 338–358. Feldherr (1998) 51–78.

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The parallel between the two crossings is just one among several instances in which events and characters recall each other in the Ab urbe condita. Not only does Livy use structural symmetry as a patterning device for books, pentads or decades; he also – in some cases – represents apparently unrelated facts in similar ways, so that the reader is invited to see analogies between them. By highlighting common processes or patterns at work in different historical events, such internal references show their deeper historical meaning.37 Scipio and Hannibal are set into an especially complex net of correspondences and oppositions, so much so that A. Rossi has spoken of “parallel lives”.38 According to this interpretation, the two generals show similar traits in their personal histories and in their personalities, while being very different in other respects – first of all, in their relationship with the gods and, of course, their ultimate success. In the last years of the Second Punic War, their situations could not have been more different: while Scipio, after his dashing victories in Spain, had launched his attack against Africa, Hannibal was recalled back from Bruttium to Carthage against his own will in 203 BC. In Livy’s account, his departure is preceded by a sacrilegious act: namely, the massacre of his Italian soldiers, who refuse to cross to Africa with him, in the temple of Iuno Lacinia near Croton (30.20.5–6). This episode, as has been observed,39 creates a striking contrast with the religious atmosphere of Scipio’s departure and crossing, in particular with the prayer that precedes it. Another opposition is produced by the different use of visual elements in what immediately follows (30.20.7–8): Raro quemquam alium patriam exsilii causa relinquentem tam maestum abisse ferunt quam Hannibalem hostium terra excedentem: respexisse saepe Italiae litora, et deos hominesque accusantem in se quoque ac suum ipsius caput exsecratum, quod non cruentum ab Cannensi uictoria militem Romam duxisset. Rarely, they say, has anyone departing into exile from his own country displayed such distress as Hannibal did as he left the country of the enemy. It is said that he often looked back at the coast of Italy, levelling accusations against gods and men and even invoking curses on himself and on his head for not having led his men straight to Rome when they were covered with blood from the victory at Cannae.

It is interesting to note that Hannibal, just like the Romans, directs his gaze at the shore of the enemies’ land; but he looks back, not forth, at the Italian shore, and he does so in a downcast mood (maestum), cursing the gods and himself. The spatial and visual dynamics of the two crossings thus act as an effective symbol for the historical process involved in the outcome of the war. While the Romans are beginning a new phase of their military history, “crossing the sea” to launch their Mediterranean expansion (“looking forth” to Africa), the Carthaginians are abandoning

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A good example of Livy’s use of parallelism is provided by the structure of the Third Decade, which is carefully arranged through correspondences and opposition among books or book sections: on this topic cf. e.g. Burck (1962) 11–26 and (1971) 22–26; Kraus (1997) 59–61; Levene (2010) 5–33. On structural patterns in the First Pentad cf. Vasaly (2002). Rossi (2004). Cf. above, n. 10.

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their expansionist policy (embodied by the sight of Italy, “the land of the enemies”, that Hannibal leaves behind). The sense of divine disapproval surrounding the Punic defeat is reinforced some chapters later, at 30.25.11–12, where we learn of Hannibal’s approach to land: Hannibali iam terrae appropinquanti iussus e nauticis unus escendere in malum ut specular­ etur quam tenerent regionem, cum dixisset sepulcrum dirutum proram spectare, abominatus praeteruehi iusso gubernatore, ad Leptim adpulit classem atque ibi copias exposuit. As Hannibal was approaching land, he ordered one of his crew to climb the mast to get a look at the area they were heading for. The man told him that the prow was set towards a ruined sepulchre, and Hannibal, with a prayer to avert the omen, told the helmsman to sail past it. He put in with the fleet at Leptis, and there disembarked his troops.

The ill-omened sighting of a “ruined sepulchre” is to be read in contrast with the good omen received by the Romans through the arrival at the Pulchri promuntu­ rium. At this point of the narrative, it will be more than clear to any reader of the Ab urbe condita whose side the gods are on. For our purposes, it is interesting to note that the mention of the omen implies once more the theme of vision; this time, the theme affects the way in which the Carthaginians see their own land. The comparison between the two episodes will have made the significance of Scipio’s crossing, and of some motifs pertaining to its literary reconfiguration in the Ab urbe condita, even clearer. The reason why Livy chose to make it an especially marked episode within his work, staging it as a well-arranged spectaculum before his readers through his careful handling of suspense and narrative progression, is that the crossing was not just a specific historical event. On the contrary, it condensed important ideas about historical development. The major change in Roman history represented by Rome’s rise to Mediterranean power is symbolically embodied in the crossing of the sea: after all, leaving behind a policy focused on Italy and its surroundings (as invoked by Fabius Maximus) involved the idea of overseas expansion. Both space and vision play a major role in the literary arrangement of the episode. The sight of places acts as a metaphor for power: the full visual control of the enemies’ land anticipates its future conquest. In this respect, the sea participates in Scipio’s crossing through the friendly and mysterious action of the natural elements involved in navigation: by giving and taking away sight, the elements lead the Romans towards the full view of the African land. Vision also helps shape the spatial dynamics of the account, as the Romans’ forward gaze creates a contrast with Hannibal’s backward view of Italy in Book 30. The gaze thus provides a spatial direction, which is also a direction in power dynamics. The sea, then, plays a key role in defining vision and space in Livy’s account of Scipio’s attack on Africa. The sea itself – it is true – is hardly described in its physical features. What Livy was really interested in, however, was the movement of peoples and characters through space from one land to another, and the conflict over power that was related to it. Hence, the sea appears not as a physical setting in its own right, but as a communication route connecting different lands. More to the point, it is the route via which, in a metaphorical sense, Roman history lands in its new global dimension.

„HIER WAR DOCH EBEN NOCH LAND“1 – NAUMACHIEN IN ROM Ernst Baltrusch I EINLEITUNG Politik muß immer (auch) Show sein, ohne die eine moderne Demokratie offenkundig nicht auskommen kann. Diese wird deshalb gelegentlich als „Inszenierungsgesellschaft“ charakterisiert, wie es bereits im Titel eines Handbuchs von Herbert Willems und Martin Jurga aus dem Jahre 1998 heißt.2 Eine Inszenierungsgesellschaft ist jedoch alles andere als eine neue Erscheinung, wahrscheinlich handelt sich sogar um eine anthropologische Grundkonstante, denn welche Gesellschaft hätte je auf theatrale Inszenierung verzichtet oder verzichten können? Inszenieren kann man in der Tat alles: Wissen, Kompetenz, Dynamik,3 Macht, Erfolg, Mitgefühl und paradoxerweise sogar Authentizität.4 Inszenierung ist, wie könnte es anders sein, ein Begriff, der eine antike Grundlage hat. Er bedeutet wörtlich ‚auf die Bühne (skēnē) bringen‘, zur Schau stellen, sich schauspielerisch ‚in Szene setzen‘. Eine Inszenierung bringt demnach durchaus einen Sachverhalt für die Öffentlichkeit im Wortsinne ‚auf die Bühne‘, darf also nicht von vornherein mit Kategorien wie Illusion oder gar Täuschung gleichgesetzt werden, wie es häufig geschieht. Gleichwohl überformt die Inszenierung in der Politik Wirklichkeit, verändert sie oder verstärkt gewisse Aspekte, gibt ihr eine spezifische, bisweilen entstellte und aufs Publikum, die Öffentlichkeit, ausgerichtete Deutung, aber sie konstruiert nichts Neues. Die Tatsache an sich läßt sich von der Antike an bis heute verfolgen. Was sich dagegen im Laufe der Geschichte änderte, sind nicht nur die Medien, sondern auch die Inhalte der Inszenierung. Denn diese sind abhängig von den wandelbaren Wertvorstellungen einer Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die sich zukunftsorientiert, aufgeklärt und dynamisch gibt, wird sich kaum von religiösen, moralischen oder vergangenheitsbezogenen Inszenierungen von Traditionsbindungen angesprochen fühlen, und ebenso wenig wird sich ein Politiker als Kriegsheld, als Soldat und als Feldherr in einer friedensbewegten Gesellschaft inszenieren. In der Antike war das nicht anders: Politiker der athenischen Demokratie wie Perikles inszenierten sich vor der Volksversammlung anders als die Politiker der klassischen römischen Republik wie Cato der Ältere. Daß auch der erste römische Princeps 1 2 3 4

Hic modo terra fuit – Mart. spect. 24,4, in seinem Gedicht zu der Naumachie des Kaisers Titus im Jahre 80. Willems – Jurga (1998). Amerikanische Politiker pflegen gerne Treppen federnd und im Laufschritt herauf- oder herunter zu tänzeln, um Jugend und Dynamik zu demonstrieren. Fischer-Lichte – Pflug (2000).

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Augustus ein Meister der Inszenierung war, wissen wir spätestens seit dem richtungsweisenden Buch von Paul Zanker über Augustus und die Macht der Bilder5 und der Berliner Ausstellung von 1988 „Kaiser Augustus und die verlorene Republik“.6 Seine Inszenierungen thematisierten die ‚wiederhergestellte Republik‘, pietas, Tradition und mos maiorum, Macht und Größe des Imperiums, die pax Au­ gusta, die patronale Fürsorge, Kinderreichtum als Zukunftsperspektive und vieles andere mehr. Der Erfolg des politischen Systems des Prinzipats, einer eigentümlichen Mischung aus Tradition, Neuerungen und „Akzeptanzsystem“ (Egon Flaig),7 hing davon ab, daß dieses System der breiten Öffentlichkeit in Rom, aber auch im Imperium Romanum verständlich gemacht, erfolgreich ‚kommuniziert‘ wurde. Medien solcher Politikvermittlung waren die damaligen ‚Massenmedien‘ Münzen, Inschriften, Theateraufführungen und Spielveranstaltungen. Gerade letztere spielten als „Orte intensiver Begegnung zwischen Plebs und Princeps“8 eine herausragende Rolle, weshalb Augustus sie sehr ernst nahm. Sein kaiserzeitlicher Biograph Sueton bestätigt dies: „Alle seine Vorgänger übertraf er durch Anzahl, Vielfalt und Glanz der Spiele“.9 Dabei ging es auch, aber nicht nur um reine Unterhaltung, und so stellt sich die Frage, was in diesem Zusammenhang augusteischer Selbstdarstellung eine Naumachie, eine inszenierte Seeschlacht auf künstlichem Gewässer, leisten sollte und tatsächlich geleistet hat. Beide Julier, Gaius Julius Caesar und Imperator Caesar Augustus, ließen eine Naumachie austragen. Diese inszenierten Seeschlachten wurden in Rom veranstaltet, das heißt, sie sollten die römische Plebs als ihren Hauptadressaten einbeziehen. Die moderne Theaterwissenschaft sieht die ‚Wahrnehmung‘ auf der Seite des Publikums als ein wichtiges Indiz für Erfolg oder Nichterfolg einer Inszenierung an – wie also wirkten Naumachien auf das stadtrömische Publikum? Im folgenden geht es zunächst um die Genese der inszenierten Seeschlachten: Welchen Ursprung hatten sie? Handelt es sich um eine spezifisch römische Gattung von Spielen? Was sollte mit ihnen – abgesehen von ihrem Unterhaltungswert – ausgedrückt werden: Sollten Naumachien detailgetreu historische Seeschlachten nachbilden? Oder sollten sie darüber hinausgehend die umfassende Herrschaft über alle Elemente, die Weltherrschaft symbolisieren? Oder ging es nur um den einen Teil der Weltherrschaft, sollte also spezifisch die Herrschaft zur See demonstriert werden? Sollte gar nur die römische Flotte verherrlicht werden? Oder ging es, ganz anders, schlicht um die Präsentation der technischen Meisterleistung einer solchen Inszenierung – nach dem Grundsatz: Dem Kaiser ist nichts unmöglich? Doch wenden wir uns zunächst dem Begriff und dem Ursprung der Naumachie zu.

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Zanker (1987). Hofter (1988). Entwickelt hat Egon Flaig dieses Akzeptanzsystem in seiner Freiburger Habilitationsschrift (1992). Kolb (1995) 366. Suet. Aug. 43: Spectaculorum et assiduitate et varietate et magnificentia omnes antecessit.

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II DIE NAUMACHIE IN DER RÖMISCHEN KAISERZEIT 1. Begriff und Ursprung Naumachia ist die lateinische Ableitung des griechischen Begriffs ναυμαχία. Das Wort wird in den überlieferten Texten mit ganz unterschiedlicher Bedeutung verwendet: Es kann eine tatsächliche Seeschlacht oder auch nur ein Flottenmanöver zur See bedeuten, ein Schauspiel, eine Lokalität und sogar ein ‚Brettspiel‘. Es taucht zum ersten Mal bei Herodot für die Rüstung zu einer „Seeschlacht bei Salamis“ auf.10 Im Lateinischen benutzt ihn Lucilius,11 der Begründer der Satire im 2. Jahrhundert v. Chr., zum ersten Mal – naumachia ist hier ein Spiel, das sich bei der römischen Jugend einer so großen Beliebtheit erfreute, daß Lucilius es aufs Korn nahm:12 naumachiam licet haec, inquam, alveolumque putare, et calces. De­ lectes te, hilo non rectius vivas. Immer wieder karikierte der Satirendichter Lucilius das Einströmen griechischer Sitten und Begriffe in die römische Welt. So dürfte auch die Naumachia als ein Spiel mit Spielfiguren, mit dem Knaben Seeschlachten nachspielen konnten, aus dem griechischen Osten im 2. Jahrhundert v. Chr. nach Rom gelangt sein, höchstwahrscheinlich aus einer ehemaligen Seemacht.13 Dieses griechische Spiel also, das in der Phase des römischen Aufstiegs zur Weltmacht von römischen Graeculi möglicherweise als pädagogisch wertvoll propagiert wurde, hält Lucilius offenkundig für überflüssig. Zudem waren Manöver, in denen Flotten zum Training gegeneinander kämpften, bereits in den Kriegen gegen Karthago ein römisches Mittel gewesen, um die Defizite zur See auszugleichen. Der 5. Gesang der Aeneis etwa berichtet ausführlich von Regatten zur See im Wettbewerb (certa­ mina navium), und Servius bestätigt in seinem Kommentar zur Stelle, daß Punico bello primum naumachiam ad exercitium instituere Romani coeperunt.14 Schaukämpfe zur See (simulacrum proelii navalis15) dienten seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. offenbar mehreren Zwecken: Dem Training für den Ernstfall, der Demonstration von Macht vor fremdem Publikum, der eigenen Selbstvergewisserung vor einer Seeschlacht, aber auch der ritualisierten Erinnerung an große Seesiege16 und der Wettkampfpraxis.17 Naumachien zu Spiel- oder Trainingszwecken waren also 10 11 12 13 14 15 16 17

Hdt. 7,142. Lucil. 14,8: „Diese Dinge kann man, so sage ich, gewiß als eine Naumachie betrachten und einen kleinen Spielteich (als Spielgrundlage) mit Spielfiguren (für calculi). Du magst dich daran erfreuen, aber du wirst um keinen Deut richtiger leben.“ Auch nach Pol. 7,206 gibt es offenbar ein Spiel namens ναυμαχία; vielleicht auch eine kretische Inschrift, in der ebenfalls der Begriff auftaucht: Berlan-Bajard (2006) 281. Berlan-Bajard (2006) 280 vermutet Kreta als Ursprung. Verg. Aen. 5,114–285 und Serv. Aen. (ad 114) zu prima certamina. Liv. 29,22,1–4: Scipio läßt bei Syracus die Flotte Aufstellung nehmen und classem in portu simulacrum et ipsam edentem naualis pugnae ostendit („und hieß die Flotte selbst im Hafen einen Schaukampf zur See abhalten“). Liv. 10,9,15 zum Jahr 302 für Padua: Monumentum navalis pugnae eo die quo pugnatum est quotannis sollemni certamine navium in oppidi medio exercetur. So Platon comicus bei Plut. Themistokles 32,5, wo das Grabmal des Themistokles zusehen kann, χὠπόταν ἅμιλλ’ ᾖ τῶν νεῶν („immer wenn es einen Schiffskampf gab“).

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bekannt. Damit ist der Grund gelegt bzw. das Becken gefüllt, aus dem die Kaiser auch für ihre Inszenierungen schöpfen konnten.18 Das Mittel, das sie am liebsten verwendeten, waren munera und ludi. 2. Spiele Spiele und Wettkämpfe, sportliche und militärische, gehörten von Beginn an zum Selbstverständnis sowohl der Republik wie des Prinzipats. Ihre Veranstaltung war seit der klassischen Republik das Sprungbrett für politische Karrieren der Nobiles. Diese hatten drei Gelegenheiten, um durch glanzvolle Spielveranstaltungen auf sich aufmerksam zu machen: 1. Als Ädilen, deren Aufgabe die Ausrichtung der regulären Spiele war (ludi publici); 2. als Veranstalter der ludi votivi (im Kriege gelobter Spiele) und 3. als private Veranstalter von munera (Gladiatorenspielen) im Rahmen von Leichenbegängnissen.19 Naumachien hätten Bestandteil der ludi votivi oder der munera sein können. Im ersten Fall hätten sie von siegreichen Admirälen vor Seeschlachten gelobt und durch Kriegsbeute finanziert, im zweiten von reichen Nobiles bei einer Beerdigung auf eigene Kosten aufgeführt werden können. Sie hätten einerseits eine besondere Nähe der Veranstalter zu den Göttern durch die Erfüllung von Gelübden und andererseits militärische Sieghaftigkeit symbolisiert. Seit dem Ersten Punischen Krieg gehörten zwar Seeschlachten zum imperialen Instrumentarium, doch in der Republik (vor Caesar) wurden Naumachien als bloße Demonstrationen nicht veranstaltet, obwohl sie zweifellos ihren Veranstaltern unsterblichen Ruhm und Wahlerfolge beschert hätten. Gewiß, Aemilius Scaurus hatte bereits 58 v. Chr. als Ädil wilde Seetiere (Krokodile, Nilpferde) Römern gezeigt in einem temporarius euripus.20 Warum aber fehlten Naumachien in der klassischen und späten Republik? Die Geschichte der kaiserzeitlichen Naumachien erklärt diesen Tatbestand. 3. Die überlieferten Naumachien Naumachien waren nämlich, wenn sie nicht den pragmatischen Hintergrund eines Manövers hatten, sehr aufwendig, deshalb gab es im Ganzen relativ wenige Aufführungen und schon gar keine ständigen. Den Anfang machte Caesar, als er 46 nach Rom zurückgekehrt war und seinen vierfachen (gallischen, alexandrinischen, pontischen und afrikanischen) Triumph feierte; unter anderem zierte eine Naumachie (proelium navale) die Vielfalt von Spielen und Verköstigungen. Sueton berichtet: „Caesar veranstaltete Schauspiele verschiedener Art: ein Gladiatorenspiel, Theateraufführungen in jedem Stadtviertel, und zwar durch Schauspieler aller Sprachen, 18 19 20

Wenn Berlan-Bajard (2006) 286 schlußfolgert: „Il n’existe donc aucun modèle étranger direct aux naumachies romaine“, so mag das Wörtchen „direct“ stimmen, aber die Kaiser bauten auf einem bereits gelegten Grund. Dazu Baltrusch (1989) 106–113; 159–162. Plin. nat. 8,95 f.

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desgleichen Zirkusvorstellungen, Athletenkämpfe und eine Naumachie […] In der Naumachie, zu der man auf dem kleineren Codetafeld einen See gegraben hatte, führten Zwei-, Drei- und Vierdecker vom Typ der tyrischen und ägyptischen Flotte mit starker Bemannung ein Treffen auf.“21 Die Naumachie wurde – wie das munus – zur Erinnerung an den Tod Julias in die Siegesfeierlichkeiten integriert,22 paßte aber auch wegen der Anbindung an eine Seeschlacht auf dem Nil gut zum Triumph.23 Der Ort der Naumachie (der Text hat: Codeta minor) lag sicher in der Nähe des Tiber, entweder rechts oder links davon auf dem Marsfeld, ist aber nicht genau lokalisierbar.24 Die kämpfenden Flotten ließ Caesar unter ägyptischer und tyrischer Flagge auslaufen. Auf den Zwei-, Drei- und Vierruderern taten 4000 Ruderer und 1000 Kämpfer ihren Dienst,25 allesamt Kriegsgefangene und zum Tode Verurteilte.26 Die Begeisterung des Volkes und der in die Stadt strömenden Fremden war so groß, daß in dem Gedränge viele Besucher erdrückt und niedergetreten wurden.27 Umrahmt waren die Wettkämpfe und Spiele mit Massenspeisungen auf 22000 Tischen mit den erlesensten Speisen. Diese rauschenden Festtage holten die Welt buchstäblich in die Hauptstadt, ja, sie machten aus der Stadt Rom den ganzen Erdkreis, kreierten für alle sichtbar eine Identität von orbis terrarum und imperium Romanum: Das Publikum sah die wildesten Tiere der Welt als dem Römer untertan, hörte alle Sprachen der Welt (histriones omnium linguarum wurden dafür engagiert), und es spürte damit hautnah die Herrschaft über alle Völker und Elemente; ihm wurde die Beherrschung der beiden Räume und Aggregatzustände der Welt, des Landes und des Meeres, des Trockenen und des Nassen, vor Augen geführt, und nicht nur das, sondern es wurden auch die Methoden mitgeliefert, mittels derer das gelungen war: Krieg und Erfindungsreichtum. Natürlich wurde auch nichts anderes erwartet, als daß Caesar dem Publikum das Universum bot, um seine eigene Rolle sichtbar zu machen: Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen, Senatoren und Ritter also traten in verschiedenen Rollen, als Gladiatoren, als Seekämpfer, als Wagenlenker auf, obwohl das gegen jedes Herkommen der Vorfahren verstieß. Die Pracht der Ausstattung, die Massenvorführungen, die Luxusverköstigungen für die Hauptstadt, die in diesen Tagen vor Publikum überquoll, die Geschenke, die adhoc-Neubauten – sie erschienen als eine direkte Folge von Caesars Leistungen für

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Suet. Iul. 37–39; hier: 39: Edidit spectacula varii generis: munus gladiatorium, ludos etiam regionatim urbe tota et quidem per omnium linguarum histriones, item circenses athletas nau­ machiam … Navali proelio in minore Codeta defosso lacu biremes ac triremes quadriremesque Tyriae et Aegyptiae classis magno pugnatorum numero conflixerunt. Plut. Caesar 55,4. Appian civ. 2,101. Suet. Iul. 39,6 heißt es: navali proelio in minore Codeta (corr.) defosso lacu biremes ac triremes quadriremesque Tyriae et Aegyptiae classis magno pugnatorum numero conflixerunt. Da der Text gerade an der entscheidenden Stelle korrupt ist, ist die Diskussion umfänglich: vgl. Cariou (2009) 29–39; Berlan-Bajard (2006) 153–162. Nach Cass. Dio 43,23,3–6 fand die Schlacht auf dem Marsfeld statt. Appian civ. 2,101 f. Cass. Dio 43,23,3–6. Suet. Iul. 39.

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Rom: Eine nie dagewesene Finanzkraft war also mit der Weltherrschaft verbunden, die Caesar und kein anderer errungen hatte. In dieses Szenarium fügte sich die Naumachie blendend ein. Sie war eine wirkliche Neuerung (für Caesar war das kein Problem),28 sie wurde notdürftig als ein munus für die verstorbene Julia sakralisiert, sie wurde auf einem kurzfristig nur dafür angelegten See abgehalten, und sie war ausgestattet mit Schiffen von durch Caesar römisch gewordenen Seefahrervölkern, mit einer nie dagewesenen Statistenschar, bei der es nicht darauf ankam, ob und wie sie umkam.29 Caesar hatte bewirkt – und konnte das auch zeigen –, daß Rom nichts unmöglich war, weder räumlich noch finanziell noch herrschaftlich. So gedeutet, läßt die von Caesar veranstaltete Naumachie keinen Zweifel daran, daß es um die Demonstration von ‚Seeherrschaft‘ als einem Aspekt imperialer Allmacht (im Zusammenspiel mit anderen Aspekten) ging, die bei Caesar als dem Machtpragmatiker nur militärisch daherkommt. Auf dem Meer kämpften natürlich keine Römer, es wird kein römischer Schlachtenerfolg dargestellt (das wäre wohl auch zu riskant gewesen, wie Francesca Garello zu Recht betont),30 sondern traditionelle Seevölker treten mit ungewissem Ausgange gegeneinander an. Aber Caesar inszenierte auf diese Weise seine Überlegenheit gegenüber dem großen Rivalen Pompeius: Diesem war nur die Herrschaft über das Mittelmeer, Caesar dagegen „demonstrierte die Bezwingbarkeit des Okeanos“: Er führte im Triumphzug ein goldenes Standbild des gefesselten Okeanos mit sich – ein deutlicheres Bild der Herrschaft über den gesamten Erdkreis läßt sich nicht denken.31 Damit hatte Caesar Maßstäbe gesetzt, die seine Nachfolger aufgreifen und überbieten mußten, wenn sie ihre Stellung legitimieren wollten. Sextus Pompeius, der Sohn des großen Pompeius und zweite Veranstalter einer Naumachie, war dazu nicht in der Lage, schon deshalb nicht, weil er Rom nicht hatte. Aber er veranstaltete wenige Jahre nach Caesar nach einem eher bescheidenen Erfolg gegen den Legaten Octavians Salvidienus Rufus eine triumphartige Nachstellung des Seesieges in der Meerenge von Messina zwischen Italien und Sizilien, mit Kriegsgefangenen und mit dem Gegner als Augenzeuge. Was bezweckte er damit? Sextus inszenierte sich bekanntlich als Seebeherrscher in der Tradition seines Vaters. Zweifellos war ihm das wichtig, nicht nur, um den Gegner zu reizen oder zu verspotten, wie Cassius Dio und die moderne Forschung meinen.32 Es ging ihm vielmehr um die 28 29 30 31 32

Daß Caesar sich keines Vorbildes bedient hat, wird auch durch die Ausführungen von BerlanBajard (2006) 285 bestätigt. Diese Verbindung übersieht Wiedemann (1992) 89 f.: Er möchte die Naumachien von den mu­ nera trennen und sie eher als „mass executions of rebellious enemies rather than gladiatorial contests“ sehen. Doch sollte man beides nicht trennen. Garello (2004) 122: „it being unthinkable that a historical Roman victory might become a defeat“. Schulz (2005a) 188. Vgl. Flor. 2,13: hic erat Rhenus et Rhodanus et ex auro captivus Oceanus. Cass. Dio 48,19: θέας τε ἐπινικίους ἤγαγε, καὶ ναυμαχίαν τῶν αἰχμαλώτων ἐν τῷ πορθμῷ παρ’ αὐτὸ τὸ Ῥήγιον, ὥστε καὶ τοὺς ἐναντίους ὁρᾶν, ἐποίησε, πλοιάριά τινα ξύλινα πρὸς ἕτερα βύρσινα ἐς τὸν τοῦ Ῥούφου κατάγελων συμβαλών („er führte Triumphspiele auf, und gab eine Naumachie mit Kriegsgefangenen in der Meerenge direkt bei Rhegion, so daß es auch die Kriegsgegner sehen konnten; dabei ließ er hölzerne Schiffe gegen lederne kämpfen, zur Ver-

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Deutungshoheit zur See: Caesar hatte wenige Jahre zuvor dem großen Pompeius den Ruf als ‚Sohn des Neptun‘ streitig gemacht, Sextus wollte durch die Demonstration die mit dem Namen und der Familie des Pompeius verbundene Autorität zurückgewinnen. Seine Veranstaltung schloß sich entsprechend genau an das Vorbild Caesars an: eine Triumphalfeier nach einer gewonnenen Seeschlacht bildete den Rahmen, in dessen Mitte nun aber die Naumachie mit Kriegsgefangenen die Hauptattraktion darstellte. Seine Nachstellung der Seeschlacht ging über diejenige Caesars hinaus, weil Sextus eine konkrete Schlacht, nämlich seinen Sieg, präsentierte. Diese Naumachie in Verbindung mit der gleichzeitigen Stilisierung als Sohn des Neptun und mit der Einbettung in die Nachfolge des großen Pompeius sollte die Stellung des Sextus gegen die Caesarianer legitimieren. Ihre Deutung ist hier also eine ganz andere als bei Caesar: Sie sollte verlorengegangenes Terrain in der innenpolitischen Auseinandersetzung zurückgewinnen.33 Was machte nun der wirkliche Nachfolger und Adoptivsohn Caesars, Augustus, mit diesem Erbe? Er mußte es genauso annehmen wie die Adoption selbst, und er machte aus seiner Naumachie geradezu den Inbegriff einer Inszenierung von Macht und Autorität, indem er Altes mit Neuem verband: Auch hier zeigte sich, daß es keinen größeren Meister der Selbstdarstellung und Inszenierung seiner Kompetenz, seiner Stellung, seiner Volksnähe gab, und er hatte seit Actium alle Macht dazu. Wie immer bediente er sich der Tradition in einer Systematik und Überformung, daß auch der Typos Naumachie eine ganz neue Dimension erhielt.34 Zuerst die Fakten: Anläßlich der Einweihung des Mars-Ultor-Tempels im Jahre 2 v. Chr.35 ließ Augustus auf der rechten Tiberseite einen künstlichen See anlegen, der nach eigenen Angaben 1800 Fuß lang (536 m) und 1200 Fuß breit (357 m) war.36 Dieser See wurde durch eine eigens dafür gebaute Wasserleitung, die Aqua Alsietina oder Augusta gespeist, und in seiner Mitte war ein kleines Inselchen.37 Diese ganze Anlage, einschließlich des Sees und eines umgebenden Garten- und Vergnügungsparks, hieß naumachia,38 die dauerhaft angelegt war und z. B. Nero für opulente Volksbelustigungen,39 Titus und vielleicht auch Domitian für weitere Seeschlachten nutzten.40 Sie verfiel im Laufe der Zeit, aber Reste waren noch Anfang des 3. Jahrhunderts sichtbar.41 Im 2. und 3. Jahrhundert war freilich die Zeit auch

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spottung des Rufus“); dazu Berlan-Bajard (2006) 332, die von „parodie“ spricht; richtiger Cariou (2009) 188 f. Darauf geht die jüngste Biographie des Sextus Pompeius von Welch (2012) kaum ein. Die literarischen Quellen sind R. Gest. div. Aug. 23 (hier im lateinischen Text als navalis proeli spectaculum übersetzt); Ov. ars 171–176; Suet. Aug. 43; Vell. 2,100,2; Cass. Dio 55,10,6–8; zu den vor allem archäologischen Dimensionen der augusteischen Naumachie vgl. die ausführlichen Analysen bei Berlan-Bajard (2006) 162–178; Cariou (2009) 230–277; Taylor (1997). So nach Vell. 2,100,2. R. Gest. div. Aug. 23. Zur Lokalisierung der Naumachie Berlan-Bajard (2006); archäologische Karten des Areals bei Cariou (2009) 105 Abb. 29; 107 Abb. 30; 180 Abb. 54. Frontin. aqu. 11,1 f. Das Inselchen erwähnt Cass. Dio 56,25,4. Suet. Tib. 72. Suet. Nero 27; Tac. ann. 15,37. Suet. Tit. 7,7; Dom. 4. Vgl. Stat. silv. 4,4,7; Cass. Dio 55,10,7.

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über die kostspieligen Naumachien hinweggegangen. Augustus nun brachte an diesem Ort eine Seeschlacht zur Aufführung, die noch viel berühmter als die caesarische war, nämlich die Schlacht von Salamis zwischen Athenern und Persern, wobei die Athener auch diese gewannen,42 ein Ergebnis, das grundsätzlich ja auch anders hätte ausfallen können. Veranstaltet wurden auch venationes mit Wassertieren, etwa Krokodilen, von denen 36 abgeschlachtet wurden. Diese Naumachie, diese Wasserspiele waren eingebettet in ein umfassendes Spieleprogramm, so daß Sueton dazu bemerkte: spectaculorum et assiduitate et varietate et magnificentia omnes anteces­ sit.43 Diese knappe und trockene Auflistung der überlieferten Daten allein macht deutlich, wie Augustus 2 v. Chr. im Vergleich zu seinem ‚Vorbild‘ Caesar die Naumachie in seine res publica restituta integriert hat. Die Inszenierung ist bei dem ‚Sohn‘ nicht mehr ‚neu‘ wie beim ‚Vater‘, sondern greift auf Vorläufer zurück; sie ist auch nicht mehr nur einmalig, sondern sie schafft dauerhaft für die plebs Ro­ mana (mit dieser leitet Augustus ja das Kapitel 15 über die impensae in den Res gestae ein) einen eigenen Raum für die Unterhaltung und die Liebesanbandelung;44 ferner bezieht Augustus in die Schaukämpfe zwar Ritter ein, aber nicht wie sein ‚Vater‘ auch Senatoren.45 Vielfalt und Glanz hatte auch Caesar zu bieten, doch die assiduitas, die Bedeutung der Seeschlacht (Salamis), die Zahl der Kämpfer (jetzt allein 3000 Kämpfer), die Größe der Anlage – darin übertraf der ‚Sohn‘ den ‚Vater‘. Noch größer ist jetzt die Kontrolle der Elemente (die richtigen siegen!), noch stärker wird Rom zum Brennpunkt der ganzen Welt, zu der das Meer gehört, das nun „jenseits des Tiber“ (so ausdrücklich die Res gestae) gleichsam vor den Toren Roms liegt und damit einen lebendigen Widerschein der Wirklichkeit repräsentiert. Die militärische Dimension, die Caesar in seiner Naumachie hauptsächlich zum Vorschein gebracht hatte, erweiterte Augustus um die Dimension einer Welt im Wasser, der exotischen Wassertiere nämlich, die aber ebenfalls römischer Herrschaft ausgeliefert sind und jederzeit abgeschlachtet werden können. Die Wasserleitung, die eigens erbaut wurde, um dieses künstliche Meer zu speisen, um es nach Belieben in der Wasserhöhe zu verändern, mal klein, mal groß zu machen – kann man sich eine größere Symbolkraft vorstellen? Das Meer konnte also nicht nur nach Rom verpflanzt werden, um darauf ‚richtige‘ Schlachten abzuhalten, sondern es ist römischer Herrschaft unterworfen in seinem ureigensten Bereich. Man kannte das Wirken der Gezeiten, Caesar hatte sie in Britannien zu seinem Leidwesen erfahren müssen. Augustus aber stand über ihnen, er gestaltete sie selbst – ein vollkommenes Symbol der augusteischen Leistungsfähigkeit; der Nachwelt bleibt nicht mehr viel – höchstens die Umgestaltung der Wüste in ein Meer, und auch das erfand Nero noch. Und Augustus verpflanzt die Gezeiten nach Rom, er schenkt sie dem Volk, integriert sie in das Stadtbild und macht sie zu einer wahrhaftigen allen Römern gehörenden, einer ‚öffentlichen Sache‘, einer res publica im Wortsinne. Dabei 42 43 44 45

Cass. Dio 55,10,6–8. Suet. Aug. 43,1. Ov. ars 1,171–176. Suet. Aug. 43,8: ad sacaenicas quoque et gladiatorias operas et equitibus Romanis aliquando usus est, verum prius quam senatus consulto interdiceretur.

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bleibt Rom, wie es ist, aber es erhält die Zeit, die Welt und das Meer zum Geschenk – das ist die Botschaft dieser Veranstaltung durch Augustus, die die Dimensionen der Geschichte (symbolisiert durch den Perserkrieg), des Raumes (durch die Anlage selbst) und des Wassers kontrollieren und beherrschen kann. Wie weit aber verstanden überhaupt die Zeitgenossen, was beabsichtigt und gemeint war? Offenbar hatten die Bewohner der Hauptstadt kein Problem mit dem Spagat zwischen Fiktion und Realität: Natürlich entgeht es keinem Publikum, daß der Kaiser solche Veranstaltungen für alle bloß konstruiert, und dennoch ist die gefühlte Realitätsnähe derartiger Aufführungen bezeugt: Man wußte, was die Realität war (denn die wurde ja durch die Triumphzüge auch kommuniziert), und so stimmte dann auch die Aufführung der Naumachie – man holt das Meer nach Rom – mit der Wirklichkeit überein; ‚belegt‘ wurde das durch den kompletten Umbau mit vielsprachigen Schauspielern, mit wilden, sonst unbekannten Tieren, mit Zeichen einer umfassenden Kenntnis der Natur und der Gezeiten. Die Trennung zwischen Medium und Wirklichkeit wurde auf diese Weise aufgehoben: Das Meer wird in allen seinen Elementen dargestellt, also unterliegt es römischer Kontrolle. Martial etwa beschreibt in seinem Buch der Spiele aus dem Jahre 80 n. Chr. die Vorführungen so, als seien sie nicht gespielt, sondern wirklich. Was man früher für Fabeln hielt, so schreibt er (V), erhält durch die Aufführung fides. Wenn die Besucher aus aller Welt in ihren vielen Sprachen in Rom zu sehen sind, dann wird die Einheit dieser Welt im Römischen Imperium physisch spürbar (III), Mars, der Kriegsgott, aber auch sein Gegenbild Venus dienen real dem Kaiser (VI), die Tierkämpfe oder die Leiden der alten Fabeln – sie werden durch die Vorführungen als wahr erwiesen, anders als man es früher glaubte (VIb; VII), der Kaiser als Beherrscher auch von Flora und Fauna (X), und natürlich die explizite und noch erweiterte Herrschaft über das Meer (XXVIII). Wie sollte das auch anders sein? Es passierte ja wirklich vor aller Augen, und verantwortlich dafür war der Kaiser. Aelius Aristides schrieb 143 n. Chr.: „Wenn jemand das alles sehen will, so muß er entweder den gesamten Erdkreis bereisen, oder in diese Stadt kommen“.46 4. Weitere Naumachien Augustus hatte sicherlich die ‚perfekte‘ Inszenierung einer Naumachie geboten, aber er fand auch immer wieder Nachahmer. In diesem Zusammenhang gehe ich nur auf die Formen der Inszenierung ein, während ich für die Details und die Quellenproblematik erneut auf die grundlegenden Arbeiten von Anne Berlan-Bajard und Gérald Cariou verweise. Daß es für Tiberius keine Nachrichten zu Naumachien gibt, ist nicht verwunderlich. Abgesehen davon, daß er wohl persönlich keinen Gefallen an derartigen Schauspielen fand, dürfte ihm auch die Gattung selbst zu kostspielig und zu unrepublikanisch gewesen sein. Aber der ‚Augusteer‘ Claudius ließ die Naumachie wieder aufleben, größer als je und niemals wieder erreicht. Claudius hatte die Scherben der Caligula-Zeit zu beseitigen, litt aber auch selbst als Kaiser 46

Aristeid. 26,11 Keil.

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immer unter Akzeptanz-Schwierigkeiten. Seine Politik ist stark auf Augustus bezogen, und ihr war durch den Britannienfeldzug ab 43 auch einiger Erfolg beschieden. Sein großer Widersacher Caratacus, um den sich der Widerstand gegen die römische Okkupation geschart hatte, war 51 besiegt worden,47 und so lag es für Claudius nahe, in der Nachfolge des Augustus ein Ensemble von Spielen zur Feier des Erfolges zu kombinieren, als deren Höhepunkt eine Naumachie auf dem Fuciner See vorgesehen war.48 Als Symbol für die endgültige Eroberung dieser vermeintlich größten aller Inseln, die Roms Imperium bis an die Grenze des Okeanos führte, war eine Naumachie gerade recht.49 Der Kaiser wohnte ihr im militärischen paludamen­ tum bei, eine Demonstration seiner Rolle als Feldherr und Weltherrscher. Das Schauspiel war gigantisch: Auf dem See kämpften 19000 Kämpfer (Kriegsgefangene und zum Tode Verurteilte) auf je 50 Drei- und Vierruderern50, der Schlachtbeginn wurde von der Trompete eines silbernen Tritons, der in der Mitte des Sees auftauchte, signalisiert. Der See wurde zudem abgeriegelt von Holzflößen, die mit Prätorianern besetzt waren, um Fluchtbewegungen zu unterbinden. Das Symbol der römischen Macht, Prätorianer, umgibt mit hochmodernen Waffenkonstruktionen das Meer – das zu Tausenden heranströmende Publikum wurde mit dieser Demonstration römischer Herrschaft über das Meer ungeheuer beeindruckt, und bestaunte die weithin sichtbaren Claudius und Agrippina, beide im Feldherrnmantel. Die kämpfenden Flotten waren als sizilische und rhodische gekennzeichnet. Doch scheint das Spektakel einen Schönheitsfehler gehabt zu haben: Die Kämpfer wollten, wohl aufgrund eines Mißverständnisses,51 nicht wirklich kämpfen: Have impe­ rator, morituri te salutant riefen die naumachiarii, und Claudius antwortete Aut non! Diese Antwort scheinen die Besatzungen als venia, als Begnadigung aufgefaßt zu haben. Sie verweigerten also den Kampf, und damit den Höhepunkt des Schauspiels. Claudius konnte sie schließlich noch zum Kämpfen bewegen,52 aber möglicherweise hat dieser „Zwischenfall“53 dem Gesamteindruck geschadet. Auch diese Inszenierung war ausgeklügelt und konnte für sich betrachtet jeden Vergleich bestehen, ja sie war die größte Veranstaltung einer Naumachie überhaupt. Claudius hatte die politische Konzeption des Augustus klar durchschaut. Er holte wieder das Meer nach Italien (dieses Mal nicht in die Hauptstadt) und konnte erwarten, daß das Publikum nicht nur vor der nie dagewesenen Größe der Naumachie erstarrte, sondern die Vorführung auch mit der Realität der römischen Weltbeherr47 48 49 50 51 52 53

Gewöhnlich datiert man diese Spektakel in das Jahr 52, doch Cariou (2009) 448 und 470–472 hält 51 für wahrscheinlicher. Suet. Claud. 21 berichtet von diesen Spielen in augusteischer Tradition und fügt als Höhepunkt (quin) die Naumachie an: quin et emissurus Fucinam lacum naumachiam ante commisit. Die Quellen sind neben Suet. Claud. 21 noch Tac. ann. 12,56; Cass. Dio 60,33,3–4. Die Beschreibung des Lokalität (der Fuciner See war ca. 110 km von Rom entfernt) bei Cariou (2009) 190–194. So Cass. Dio 60,33,4; anders bei Suet. Claud. 21,14, wo von 12 Dreiruderern die Rede ist. Vgl. Suet. Claud. 21,13 und Cass. Dio 60,33,4. Tac. ann. 12,56,7: pugnatum quamquam inter sontis fortium virorum animo, ac post multum vulnerum occidioni exempti sunt; Cass. Dio 60,33,4 spricht von heftigem Druck des Kaisers: ἀνάγκη. So Bernert (1933) 1972.

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schung verband – denn es wußte ja über den Erfolg in Britannien Bescheid, die Beseitigung des (vermeintlich) letzten Widersachers Caratacus war zeitnah erfolgt. Allerdings kam die Show nur gleichsam ‚stotternd‘ in Gang, und das dürfte vielleicht nicht dem Spektakel an sich, wohl aber der intendierten Botschaft einer perfekten Kontrolle des Universums einigen Abbruch getan haben. Auch der Nachfolger des Claudius verzichtete nicht auf die Veranstaltung von Naumachien. Nero ließ sie sogar zweimal aufführen – 57 und ein weiteres Mal, vielleicht 64.54 Wie konnte er das claudische Vorbild noch steigern? Von der Größenordnung (mehr als 100 Schiffe, 19000 Kämpfer) war das kaum möglich, aber die Demonstration der Allmacht des Kaisers war noch zu steigern: Wenn die Elemente dem Kaiser gehorchen, wenn Land und Wasser nicht mehr getrennt, sondern im Wortsinne austauschbar sind – dann inszeniert sich der Kaiser als göttlich und damit auch als Herrscher des Himmels. Nero ließ also ein Amphitheater aus Holz auf dem Marsfeld errichten, veranstaltete ein Gladiatorenspiel und verwandelte dieses Theater durch das Einlassen von Meerwasser55 mit Meerestieren „unvermittelt“ (ἐξαίφνης) in ein wirkliches Meer, auf dem er dann eine Naumachie veranstaltete, bei der wie bei Augustus Perser gegen Griechen kämpften. Als die Schlacht vorüber war, ließ der Kaiser das Wasser ebenso „spontan“ (εὐθύς) wieder ‚verschwinden“ und ließ wieder Fußsoldaten in großer Zahl gegeneinander kämpfen.56 Daß er das ganze wenige Jahre später noch ein zweites Mal veranstaltete,57 zeigt den Erfolg beim Publikum an. Das Konzept war ähnlich, nur noch größer und bestaunenswerter: Er veranstaltete nacheinander eine venatio (Tierhetze) – eine naumachia – ein munus (Gladiatorenkampf) – (nach erneuter Umwandlung in ein Meer) eine Speisung: Tierwelt – Meer – Menschen, ob Krieg oder Frieden: Der Kaiser beherrscht buchstäblich alles, und kann, da er natürlich auch die technischen Fähigkeiten dazu besitzt, diese Kontrolle des Universums, wie und wann er es will, in die Wirklichkeit holen.58 Die Realität kann, von einem Moment auf den anderen, vom Kaiser verändert werden, dieser ist damit den Göttern gleich und holt das Universum, wenn er es will, nach Rom zur Schau des Publikums. Dieses Universum ist nicht nur ‚zweidimensional‘, bestehend aus Land und Wasser, sondern ‚mehrdimensional‘ – alles kann jederzeit, nacheinander oder sogar gleichzeitig, in welcher Mischung auch immer, gleichgeordnet (in eigens errichteten Naumachien) oder untergeordnet (in Amphitheatern) abgerufen werden, und Rom war die einzige Stadt der Welt, in der das möglich war, denn dort hatte der Kaiser Nero seinen ‚olympischen‘ Sitz. Natürlich ging es in diesen Vorführungen nicht mehr um eineTraditionsbin54 55 56

57 58

Suet. Nero 12; Cass. Dio 61,9,5; und zum zweiten Mal Cass. Dio 62,15,1; Sen. epist. 8,26. Berlan-Bajard (2006) 357 betont zu Recht, daß Nero ausdrücklich Meerwasser dazu benötigte, um noch enger Realität und Symbol anzunähern. Die lebendige Schilderung Cassius Dios (61,9,5) gibt den erstaunten Eindruck wider, den das Schauspiel auch auf die Zeitgenossen gemacht haben muß. Die Darstellung Suetons (Nero 12,4) ist betont sachlich, da er ja auch nicht den intendierten Symbolcharakter und damit den Erfolg dieser Inszenierung zugunsten Neros auslegen will. Cass. Dio 62,15,1. Wenn man diese Intention Neros berücksichtigt, muß Cass. Dio 62,15 keine Dublette zu der ersten Naumachie sein, wie Bernert (1933) 1972 vermutet.

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dung oder republikanische Einbettung, sondern ausschließlich um den Kaiser selbst als Herrscher des Universums in seiner Vielfalt. Damit versuchte Nero, seine Stellung im Imperium Romanum zu rechtfertigen und Zustimmung dafür von der plebs Romana, dem Senat, den Rittern und den Soldaten zu erhalten. Dieser Gedanke wurde auch von den flavischen Nachfolgern Neros, soweit sie Naumachien veranstalteten, aufgegriffen. Vespasian nicht, aber seine Söhne Titus und Domitian veranstalteten auch Naumachien. Sie griffen auf die Formensprache der früheren Veranstaltungen zurück und orientierten sich dabei auch an den Neuerungen des verhaßten Vorgängers Nero. Titus stand, so Sueton,59 keinem Vorgänger an Glanz bei den Aufführungen nach. Er veranstaltete im Jahre 80 anläßlich der Einweihung des Amphitheaters eine Naumachie, und zwar ließ er wie Nero Wasser ins Theater, so daß, wo eben noch Land war, nun sich das Meer breit machte.60 Martial, der Sänger dieser Naumachien, bringt in seinen Gedichten die Realität, ja die Göttlichkeit des Kaisers zum Ausdruck: Titus überragt seine Vorgänger alle – Augustus, in dessen Naumachia Titus ebenfalls eine Seeschlacht inszenierte, Claudius (mit der Auffühung auf dem lacus Fucinus) und Nero.61 So wie Martial es formuliert, wollte Titus gesehen werden. Die Schlachten, die Titus zur Aufführung brachte, waren solche der Athener gegen die Syrakusaner und der Korinther gegen die Korkyräer.62 Es ging aber auch hier nicht um realitätsgetreue Rekonstruktion konkreter Schlachten, sondern um die Anbindung der Naumachien an allseits bekannte, aber längst durch Rom verdrängte Seemächte. Das steigerte noch den Symbolgehalt – solche Kämpfe sind jetzt, da Rom die Weltherrschaft innehat, gar nicht mehr möglich – die Realität ist die Weltherrschaft, nicht die konkret aufgeführte Seeschlacht. Auch Domitian holte das Meer ‚heim nach Rom‘. Er gab wohl zweimal eine Naumachie, eine wie Nero im Amphitheater im Jahre 85,63 eine weitere wie Augustus im Jahre 89 in einem eigens dafür gegrabenen und mit Sitzreihen umgebenen See jenseits des Tibers.64 Es begann heftig zu regnen, doch Domitian ließ die Schlacht stattfinden. Es kamen nach Dio fast alle Kämpfer und viele Zuschauer um. Die Anlage war nicht lange in Betrieb; ihre Steine wurden für die Restaurierung des Circus Maximus wiederverwendet. Domitian wollte gewiß seine Vorgänger übertreffen, sei es Nero, sei es Augustus, und so konnte er es nicht zulassen, daß Naturgewalten ihn einschränkten; vielmehr konnte der Regen und der reale Tod vieler den Realitätsbezug der Aufführung noch vergrößern. Das gehörte sicher zum Bild eines allmächtigen Kaisers. Es gab noch weitere Naumachien, aber der Höhepunkt war mit Domitians Vorführungen erreicht. Zwar ließ auch Trajan noch eine Naumachie anlegen und wohl 59 60 61 62 63 64

Suet. Tit. 7,7. Die weiteren Zeugnisse für Naumachien bei Cass. Dio 66,25,1–4; Mart. spect. 24; 28. Wie im Titel dieses Aufsatzes: Mart. spect. 24,1–6. Mart. spect. 28,1–12, bes. 11 f.: Fucinus et diri taceantur stagna Neronis: hanc norint unam saecula naumachiam. Cass. Dio 66,25,1–4. Suet. Dom. 4,1. Suet. Dom. 4,6; Cass. Dio 67,7,8.

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auch zur Einweihung eine Vorführung veranstalten,65 aber im 2. und 3. Jahrhundert verschwinden die literarischen Zeugnisse über derartige Veranstaltungen.66 Die Bezeichnung wird weiter verwendet, z. B. für bestimmte Komplexe in Villen, auch für kleinere Vorführungen,67 aber die großen und aufwendigen Veranstaltungen, wie sie Caesar begonnen hatte, hören im 2. Jahrhundert auf. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. Ein Faktor waren sicher die immensen Kosten, aber es mag auch kein Zufall sein, daß der letzte Kaiser, der zumindest eine Naumachie intendiert hatte, Trajan war. An der Idee der Weltherrschaft, der Identität von orbis terrarum und imperium Romanum, wurde zwar von den Kaisern nie gerüttelt, aber die Realität war eine andere, und das Publikum, die plebs Romana, dürfte nicht mehr an die Wirklichkeit derartiger Demonstrationen geglaubt haben. Die Demonstration einer Göttlichkeit des Kaisers und universaler Herrschaft, wie sie von Augustus bis Domitian dem staunenden und gläubigen Publikum vorgeführt wurde, wäre angesichts wachsender Probleme im Reich seit dem 2. Jahrhundert unglaubwürdig gewesen. Deshalb konzentrierten sich die Kaiser wohl auf andere Inszenierungen, um ihre exzeptionelle Stellung nach außen zu repräsentieren. III. FAZIT Selbstdarstellung und Inszenierung von Legitimität und Allmacht gehörten zum römischen Prinzipat essentiell dazu, seit Augustus seiner neuen Ordnung zwei Stützpfeiler errichtet hat: die ‚wiederhergestellte Republik‘ als Verfassungsordnung und das Akzeptanzsystem der maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen, dem die jeweiligen Principes unterworfen waren. Inszenierungen waren deshalb für die Kaiser von höchster Bedeutung, weil sie es ihnen erlaubten, ihr ‚Regierungsprogramm‘ und die Ergebnisse der Politik dem stadtrömischen Publikum und (durch Medien wie Münzen, Medaillen, Inschriften) auch dem Reichspublikum darzustellen. Hatte Caesar sich noch ganz auf die militärische Dimension seiner Politik beschränkt, so holte niemand kompletter die Welt nach Rom als Augustus. Inszenierungen von Naumachien trugen dazu bei, den Eindruck universaler Herrschaft über alle Elemente zu visualisieren. Was Berichte und Reden nicht konnten, das erreichten die Veranstaltungen: Das römische Volk beherrscht das Wasser, das Meer. So erhält die Junktur res publica durch Augustus eine ganz neue Dimension. Die Naumachie stellt in der Kaiserzeit die umfassende Kontrolle des Elements Wasser dar, mehr als nur militärische Erfolge mit der Flotte, mehr als Macht zur See, ja mehr auch als Herrschaft über das Meer. Diese Kontrolle des Elements Wasser haben spätere Kaiser noch gigantischer (Claudius) und pittoresker (Nero) in Szene ge65 66 67

Berlan-Bajard (2006) 41. Vgl. Cariou (2009) 159–161 zu einer Kontorniatmedaille mit der Legende Naumachia SPQR Optimo Principi. SC, verbunden mit einem Poträt Trajans, sowie ferner einer epigraphischen Bezeugung in den Fasti Ostienses. Aurelian kann sich noch in die Liste der Veranstalter eintragen: SHA Aurel. 34,6: Sequentibus diebus datae sund populo voluptates ludorum scaenicorum, ludorum circensium, venationum, gladiatorum, naumachiae. Vgl. etwa umschreibend Auson. Mos. 200–222.

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setzt. Sie war nicht nur räumlich, militärisch und menschlich, sondern mehrdimensional, im Frieden und im Krieg und über alle Lebewesen und Naturerscheinungen konzipiert.

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REGISTER (Römische Namen werden einheitlich unter dem nomen gentile aufgeführt, mit Ausnahme der Kaisernamen.) Abgaben s. syntaxeis Achaier 131 Adria 154; 179 Aelius Aristides 263; 299 M. Aemilius Paullus (cos. 255 v. Chr.) 167– 168 Afrika 154–155; 157–158; 160; 167; 168; 174; 182; 202 Anm. 36; 280; 281; 287; 288 Agathokles von Syrakus 153 ager Gallicus 179 Agesilaos II. 200 Agis II. 198 agoranomoi s. Delos Agrimensoren 50; 75 Ägypten 68; 72; 114; 155; 157; 213; 223; 227; 228; 229 Anm. 80; 230 Aigina 33; 194; 201 Aitolien, Aitoler 79 Anm. 3; 131; 266 Akkad 221 Akko/Ptolemais 207; 209; 214 „Akzeptanzsystem“ (Egon Flaig) 292 Alexander d. Große 53; 54; 257 Alexander Jannaios 209; 210; 215 Alexandria 61; 62; 63; 74; 212; 213; 214 Alkamenes (Sparta) 198 Alkibiades 95 mit Anm. 20; 119; 199; 280 Anm. 7 Alkidas (Nauarch) 197; 201 Alsium 170 Anm. 45 ‚Alter Oligarch‘ s. Pseudo-Xenophon Amasis II. 222 Anm. 25; 224 Ambrakia 197 Anm. 24; 198 amicitia (Völkerrecht) 85 Anchimolios 192 Andokides 135 Andros 194 Androtion 133 Ankerplätze 64–65 L. Annaeus Seneca 56–57 Anšan 219 Anthedon 209; 211 Antigonos I. Monopthalmos 258 Antiochia/Orontes 212; 214

Antiochos II. Theos 258 Antiochos III. d. Große 259–260; 263 Antiochos IV. Epiphanes 208; 210 Antium 152 M. Antonius (cos. 44 v. Chr.) 161–162 M. Antonius Orator (cos. 99 v. Chr.) 87 Anm. 35; 157; 262 Anm. 37; 268 Anm. 64 Arabien 228 Anm. 79 Arabisches Meer 53 Anm. 19 archē – Begriffsverständnis 34; 116; 120–125 – Entwicklung des Attisch-Delischen Seebundes zur 109 – und Thalassokratie 34 Archidamos 95 Anm. 20 Argos 126; 131; 190; 201 Ariarathes (epimelētēs emporiou, Delos) 246 Aristagoras von Milet 192 Aristobulos I. (Hasmonäer) 210 Aristokrates (Nauarch) 201 Aristophanes 117–118 Aristoteles 55; 57; 65; 96; 136; 196 Anm. 22 Artemidor 48; 57; 74 Artemisia 225 Anm. 50 Asdod/Azotus 211 Asia (Provinz) 157 Asine 202 Askalon 209; 211; 213 Assurbanipal 221 Astyochos (Nauarch) 196 Anm. 23; 199 Astypalaia 265 Anm. 55; 266; 273 Anm. 67 Athen, Athener – Angewiesenheit auf Getreidelieferungen zur See 137–138 – Bürgerrechtsgesetz (Perikles) 113 Anm. 49 – Demokratie in 113–114 – Expedition nach Ägypten 107; 114–115 – Expedition nach Sizilien 94; 95; 96; 98; 115; 198 – Expedition nach Zypern 107 – Lange Mauern 117; 135 – Niederlage im Pelop. Krieg 115; 135

334 – – – – – –

Register

Politisches Denken in 105 polypragmosynē 110 Reformen des Kleisthenes 103–104; 114 Reformen Solons 104–105 Rivalität mit Sparta 107–108; 190 Seebund, Erster – Abfall von Chios 198–199 – Abfall von Mytilene 197 – Abgabebezirke als Strukturierung des Raumes 52 Anm. 17 – Debatten über Bundespolitik 112; 117–119 – und Delos 235–240 – Entwicklung und Struktur 106–107; 108–111 – Herrschaftsinstrumente 107; 110; 123 – ‚Krise‘ der 450er Jahre 114 – als Nachahmung des Pelop. Bundes 112 – als Nachahmung des Perserreiches 123 – als ‚Reich‘ 120–125 – als Seeherrschaft 9; 120 – bei Thukydides 34 – Transfer der Bundeskasse nach Athen 114 – als Tyrannis 113; 124 – Vorteile der Bündner 123 – wirtschaftliche Zentralisierung 110 – Seebund, Zweiter – und ‚Aristoteles-Dekret‘ 129 – Bundesgenossenkrieg 147 – Bundesziele 129–130; 147 – als Friedensgarant 140–144 – Gründung 135; 143 – Prestigedenken als Hauptmotivation Athens 144 – und Sicherheit Athens 136–139 – Struktur 129–30 – Vergleich mit der archē des 5. Jh. 140–141; 146; 148 – Seemachts-Ideologie 140–144 – Selbstwahrnehmung als Seemacht 133– 149 – Strategie im Pelop. Krieg 189–190 – Synoikismos 104 A. Atilius Calatinus (cos. I 258 v. Chr.) 168 M. Atilius Regulus (cos. I 267 v. Chr.) 167 Atlantik 49; 55; 66 Attalos 257–258 Attika 49 Anm. 8; 95; 103; 107 Anm. 18; 126; 128; 136; 138; 189 Augustinus 79; 81 Augustus s. Octavian/Augustus

Augustus und die Macht der Bilder (Paul Zanker) 292 Aurelian (röm. Kaiser) 303 Anm. 66 Autonomie/autonomia 130–131; 142; 146; 148 Babylon 219; 220 „Balance Sheet of Empire“ (Moses Finley) 112 Barium 50 Barkiden (Karthago) s. Karthago, Karthager Begriffsgeschichte 43 Beloch, Julius 191 Berenike (Ägypten) 64 Bias von Priene 116–117; 132 Bodensee 10 Anm. 10 Boiai 74 Boiotischer Bund 126–129 Boito, Arrigo 81 Bosporos 74; 155; 157; 259 Brasidas 196; 197; 198 Brecht, Berthold 81 mit Anm. 11 Bridge, Cyprian 94 Bundesgenossenkrieg (357–355 v. Chr.) 147 Bürgerrechtsgesetz (Perikles) 113 Anm. 49 Byzantion 135; 143; 194; 257; 259 L. Caecilius Metellus (cos. I 251 v. Chr.) 168 Caesar s. Iulius Caesarea Maritima (Stratonsturm) 211–212; 214–215 Calgacus 80; 89 Caratacus 300; 301 Carthago Nova 176 Anm. 64; 287 C. Cassius Longinus (pr. 44 v. Chr.) 261; 263; 264 C. Cassius Parmensis (qu. 43 v. Chr.) 261 Anm. 32 Cato s. Porcius C. Cestius Gallus (cos. suff. 42 n. Chr.) 214 Chabrias (Stratege) 201 Chaironeia, Schlacht von 138; 147; 148 Chalkideus 198; 199 Chalouf 227 Chankowski, Véronique 233 Chares (Feldherr) 147 China (Kaiserreich) 163 Chios 135; 143; 147; 198; 257; 273 Anm. 67 Chomsky, Noah 79; 81 Cicero s. Tullius Claudia (Schw. d. P. Claudius Pulcher, cos. 249 v. Chr.) 169–170; 184 Claudius (röm. Kaiser) 299–301

Register M. Claudius Clineas (leg. 236 v. Chr.) 174– 175 P. Claudius Pulcher (cos. 249 v. Chr.) 168; 169; 184 Ti. Claudius (Antium) 153 coloniae maritimae 152; 153; 165–166; Connor, W. Robert 97 Cn. Cornelius Scipio Asina (cos. I 260 v. Chr.) 168 P. Cornelius Dolabella (cos. 44 v. Chr.) 264 P. Cornelius Scipio Africanus (cos. I 205 v. Chr.) 181 Anm. 82; 279–289 P. Cornelius Tacitus 80 corvus 166 cura annonae (Pompeius) 160 Damagoras (Nauarch) 261 Anm. 34 Damarotos (Nauarch) 258 Anm. 18 Dareios I. 68; 220; 223; 224 mit Anm. 45; 225–230; 231 deditio (in fidem) 85; 125 Deiniadas (Sparta) 202 Anm. 38 Delos – Agora der Kompetaliasten 239; 242; 248 – Agora des Theophrastos 247 – agoranomoi 247; 249 – Apollon-Heiligtum 124; 235–237; 240; 241; 251 – athenisches ‚Bauprogramm‘ 240 – Bouleuterion 238 – Ekklesiasterion 238 – epimelētai emporiou 246–247; 249 – Eröffnung des Freihafens 156; 260 Anm. 29 – Gymnasion 249–250 – Hafenanlagen 241–250 – Neorion 240 – Prytaneion 238 – unter römischer Herrschaft 241 – Salle Hypostyle 247; 250–251 – Stoa Philipps 242 – Warenhäuser 245–247 – Weihungen rhodischer Nauarchen auf 258 Anm. 21 – als Zentrum des Attisch-Delischen Seebundes 108; 114; 235–240 Delphi 49 Anm. 10; 267 Demetrios I. Poliorketes 79 Anm. 3; 258; 264 Demetrios II. Nikator 208 Demetrios von Phaleron 240 Demetrios von Pharos 259 Demokedes 68; 70

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Demosthenes – über Athen im 5. Jh. 140; 149 – über die Bedeutung von Seemacht 133– 135; 136–137 – Erste Rede gegen Philipp 137 – Gegen Androtion 133–134; 137; 139; 136 – Gegen Theokrines 145 – über Philipp II. 79 – Über die Angelegenheiten in der Chersones 138 Diaphragma (Geographie) 58–61 Dickinson, Andrew 94 T. Didius (cos. 98 v. Chr.) 157 diekplous (Manöver) 156 Dikaiarchos von Messene 49; 53 Anm. 19; 58 Anm. 37; 61 Diodor 53 Anm. 19; 98; 255 Anm. 8; 264 Diodotos 118 Dionysios von Halikarnassos 76 Dionysos 91 Diopeithes 138 Dioskuren 33 Domitian (röm. Kaiser) 297; 302 Dora 211 Dorieus (Sparta) 192; 203 Dorkis (Sparta) 195 C. Duilius (cos. 260 v. Chr.) 87 Anm. 40; 168 duumviri navales 152 Ebro-Vertrag 177–178 – s. a. Zweiter Punischer Krieg Eder, Walter 120 Edom 207 Ekdikos (Nauarch) 257 Ekkritos (Sparta) 198 Elis 126 eleutheria 130–132; 137 Entella 153 Enterbrücken 166 Enterkampf 156 Ephesos 266 Ephialtes (Athen) 113 Ephoros von Kyme 33 epimelētai emporiou s. Delos Eratosthenes von Kyrene 33; 49; 53 Anm. 19; 57; 58; 76 Erdumfang 57 Erster Illyrischer Krieg 84–86; 154; 179 Erster Peloponnesischer Krieg 109 Erster Punischer Krieg – Belagerung von Lilybaeum 168 – Diskussion in Rom über Kriegsstrategie 169–170

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Register

– – – – – – –

Rom wird Seemacht 84; 154 Seerüstung Roms 165–173 Seeschlacht bei Drepana 168 Seeschlacht bei Kap Eknomos 166; 167 Seeschlacht bei Kap Hermaion 167; 168 Seeschlacht bei Mylae 165 Verbot staatlicher Seerüstung in Rom 169–170; 171; 183 Etrusker 151 Anm. 1 Euagoras I. (Zypern) 143 Eudoxos aus Kyzikos 66–67 Euphemos (Athen) 95 Anm. 20 Eurybiades (Flottenkommandant) 193; 194 Eurymedon (Siege Kimons) 106 Eusebios von Caesarea 203 Expeditionen zur See – Ergebnisse als Herrschaftswissen 67–68 – des Demokedes 68–69; 70 – des Eudoxos aus Kyzikos 66–67 – des Hanno 67 – des Pytheas von Massalia 67 – des Skylax von Karyanda 225 – s. a. Meer (allg.) Ezeon-Geber 207 Q. Fabius Maximus Verrucosus (cos. I 233 v. Chr.) 279–280; 289 Q. Fabius Pictor 176 Anm. 65 Falisker 166 Anm. 14 Federsee (Württemberg) 10 Anm. 10 Feldherr, Andrew 284 Flaig, Egon 292 G. Flaminius (cos. I 223 v. Chr.) 179 ; 181 Flavius Josephus 41–42; 205 P. Flavius Vegetius 70; 76 Foster, Edith 97 Fregenae 170 Anm. 45 Freundschaft s. amicitia; philia C. Fundanius Fundulus (cos. 243 v. Chr.) 169–170; 184 M. Furius Camillus (cos. tr. I 401 v. Chr.) 287 Ser. Fulvius Paetinus Nobilior (cos. 255 v. Chr.) 167 Gades 62 Gaumata („falscher Smerdis“) 117; 223 Gawantka, Wilfried 120 Gaza 209; 211; 213 Geodäsie 49–50; 56; 58; 61; 66 Gerasa 209 Gibraltar 54; 59; 65 Anm. 59 Goethe, Johann Wolfgang 27 Golf von ‘Aqaba 207

„Greater Athenian State“ (Ian Morris) 116; 121 Großbritannien (19. Jh.) 30; 93 Gylippos 198 Gytheion 193; 195–196 mit Anm. 21; 202; 204 Halikarnassos 273 Anm. 67 Halonnesos 144 Hamilkar Barkas 98; 175; 178 Hamilko d. Seefahrer 55 Anm. 29 Hannibal 9 Anm. 3; 178; 180; 185; 260 Anm. 28; 263; 280; 287–288; 289 Hanno d. Seefahrer 55 Anm. 29; 67 Hasdrubal (Schwager. d. Hannibal) 178 Hasenohr, Claire 241; 246 Hasmonäer 208–210 Hegesippos (Redner) 144–146; 147 Heinzelmann, Michael 245 Hekataios von Milet 38 Hellespont 194; 198 Herakleia (Sizilien) 192 Herakleia Pontike 256; 260 Herakles 33 Herius Potilius (Samnite) 165 Hermokrates 95 Anm. 20 Herodes Agrippa I. (Tetrarch) 211 Herodes Agrippa II. 214 Herodes d. Große 211–213; 215 Herodot – über Bias von Priene 116–117; 132 – über Dareios I. 229 – über Kleisthenes 113 – über das Meer 47; 48; 49 – über Miltiades 107 – über einen Periplus der Phönizier 68 – über die Perserkriege 94; 194 – über die Seeherrschaft des Minos 32; 203 – Seeherrschafts-Terminologie bei 35 – Semantik von archē bei 34 – über Thales von Milet 103; 129 Herrschaft – griechisches Vokabular für 36–39 – nach Max Weber 11–12 mit Anm. 15; 191 Die Herrschaft der Athener im Ersten Attischen Seebund (Wolfgang Schuller) 125 Hierapytna (Kreta) 265 Hieron II. (Syrakus) 153; 154 Hippalos (Steuermann) 67 Anm. 70 Hipparchos (Astronom) 48; 61 Hippias 192 Hippodamos von Milet 104

Register Historische Meeresforschung Hobbes, Thomas 96 Homer 256 Anm. 12 Horn von Afrika 207 Hyrkanos I. 208–209; 210

14

Iason 33 Iberische Halbinsel 49; 56; 57; 154–155; 160; 174; 178; 288 Idumäa 209 Indien 56; 57; 67; 68; 74; 228 Anm. 79; 229 Anm. 80 Indischer Ozean 49; 55–56; 60; 65; 68 Indus 225 Insularität 117 „Inszenierungsgesellschaft“ (Herbert Willems – Martin Jurga) 291 Ionien, Ionier 49 Anm. 8; 103–105; 132; 223 Ionischer Aufstand 225 – s. a. Perserkriege Iphikrates (Stratege) 201 Isidor von Sevilla 55 Isokrates 123; 140–142; 147 Israel (Königreich) 206–207 Istrien 72 Italien – Bedeutung im Ersten Punischen Krieg 154 – bedroht durch Piraten 158 – als Gefahrenherd für Rom 166; 182–183 – römische Raubzüge im Norden 174; 178 – unter römischer Herrschaft 125 C. Iulius Caesar (cos. 59 v. Chr.) 160; 246; 261; 264; 292; 294–297; 303 Sex. Iulius Frontinus 70; 76 Sex. Iulius Severus (cos. suff. 127 n. Chr.) 214 L. Iunius Pullus (cos. 249 v. Chr.) 169 Jamnia 207; 211; 2132 Jerusalem 210; 212; 214 Johannes Hyrkanos I. 208–209; 210 Johannes Hyrkanos II. 211 Jonathan (Hasmonäer) 208 Joppe 207; 208; 210; 211; 213 Juda (Königreich) 206–207 Judäa, Judäer 205–215 – Ansiedlung an der Küste 207–208 – Bautätigkeit des Herodes 211–213 – Expansion der Hasmonäer an der Küste 208–210 – während der Jüdischen Aufstände 213– 215

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– Neuordnung durch Pompeius 211 – Römisch-jüdische Verträge 208 – Seehandel in alttestament. Zeit 206–207 – als Seemacht 215 Judas (Hasmonäer) 208 Julia (Tochter Caesars) 295; 296 Jurga, Martina 291 Kallikratidas (Nauarch) 200 Kambyses II. 222; 223–224 Karien 223; 260 Anm. 29; 265 Karten, antike 71–72 Karthago, Karthager – im Ersten Punischen Krieg 165–173 – Expansion auf der Iberischen Halbinsel 175–176 – staatliche Seepolitik 167 Anm. 19 – Verhältnis zu Rom in den 220er Jahren 177–179 – im Zweiten Punischen Krieg 180–182 Kaspisches Meer 53 Anm. 19; 54; 56 Anm. 31 Kassandros 258 Kastor von Rhodos 255 Anm. 8–9 Kaunos 257; 258 Anm. 18 Kennell, Nigel M. 195 Kepallenia 156 Kephisodotos (Stratege) 148 Anm. 75 Kerkyra 156; 197; 201 Kilikien, Kiliker 87; 157; 266 Kimon 106; 107 Klearchos (Nauarch) 198 Kleinasien 191; 194 Kleine Syrte (Golf von Gabès) 168; 282 Anm. 17 Kleisthenes (Athen) 103–104; 113; 128; 183 Anm. 88 Kleomenes I. 192 Kleon 110 Anm. 32; 118 Klientelwesen 125; 152 Knemon (Nauarch) 196 Knidos 257; 258 Anm. 18; 267 koinē eirēnē (4. Jh. v. Chr.) 131 Kolumbus, Christoph 56 Anm. 33 Königsfrieden (387 v. Chr.) 115; 128; 130; 135; 141–143; 146 „Könnens-Bewußtsein“ (Christian Meier) 13; 109 Konon 135 mit Anm. 8–10; 201 Kopp, Hans 120 Korinth, Korinther – Bekämpfung der Seeräuberei 83 – Gegnerschaft mit Sparta 131

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Register

– Flottenkontingente im Pelop. Krieg 197 Anm. 24; 198 – Schiffsbesatzungen 202 – Sympolitie mit Argos 126 Korsika 72; 154; 160; 173–175; 178; 184 Kos 147; 257; 265; 273 Anm. 67 Kratia-Begriffe 37–38 Kratippos 135 Kreta, Kreter 33; 58 Anm. 36; 259; 266 Krim 54 Kroisos 191 Kroton 288 Kuš 229 Anm. 80 Kyrene, Kyrenaika 49 Anm. 10; 58 Anm. 36; 157 Kyros d. Jüngere 200 Kyros II. 103; 191–192; 219; 220–221; 222 Kyroszylinder 220–223 Kythera 74; 198 Kyzikos 256; 273 Anm. 67 C. Laelius (cos. 190 v. Chr.) 282 Laodike (Gattin d. Perseus) 260; 263 Las 193 Anm. 16 Latiner 152 Leotychidas II. 192; 193; 194; 195 Lesbos 198 Leukas 196; 197 Anm. 24; 198 Leuktra, Schlacht bei (371 v. Chr.) 130 lex Claudia de nave senatorum (218 v. Chr.) 181–182; 185 lex de provinciis praetoris (100 v. Chr.) 157; 266–267 mit Anm. 60 C. Licinius Varus (cos. 236 v. Chr.) 175 Lilybaeum 168; 280; 281; 283 Liste der Thalassokratien (Eusebios) 203; 255 Anm. 8 – s. a. Thalassokratie, thalassokratia T. Livius 50; 75; 254; 279–289 C. Lucilius (Satiriker) 293 Lukaner 166 Anm. 14 Lundgreen, Christoph 120 Lydien 103; 191 Lygdamis von Naxos 192 Lykien 33; 219; 260 Anm. 29; 265 Lykophron (Sparta) 196 Lykurg (Redner) 138; 257 Lysandros (Nauarch) 200 T. Maccius Plautus 76 Macht – griechisches Vokabular für 36–39 – nach Max Weber 11–12 mit Anm. 15; 191

C. Maenius (cos. 338 v. Chr.) 152 Magistraturen, römische 125; 171–172; 176 Mahan, Alfred T. 13 Anm. 20; 20; 93–94; 97; 99 Maiandros (Samos) 117; 192 Maiotis 66 Makedonien, Makedonen 137; 155; 156; 229 Anm. 83 A. Manlius Torquatus Atticus (cos. I 244 v. Chr.) 166 Anm. 14 L. Manlius Vulso Longus (cos. I 256 v. Chr.) 167 Marinos von Tyros 60; 68 C. Marius (cos. I 107 v. Chr.) 160 Martial s. Valerius Massilia 50; 60; 154; 256 Meer (allg.) – Bedeutung in der Antike 48 – Entfernungsmessung und Streckenangaben 56–63; 75 – Entdeckungsfahrten 66–68 – Fehlen von Seekarten in der Antike 71 – geographische Erfassung in der Antike 47–77 – als göttliche Grenze 221–222 – in griech. Geschichtsschreibung 47–48; 48–49 – als Handelsweg 49; 62–63 – als Herausforderung in antiker Literatur 53–54 – als Herrschaftsraum 23; 76; 91; 110; 159; 162; 231 – auf den Inschriften Dareios’ I. 227–230 – in ionischer Naturphilosophie 49 – in der Kartographie 54–55 – in latein. Geschichtsschreibung 50 – in moderner Forschung 51 Anm. 15 – Namensgebung des 55 – als Seekriegsschauplatz 47–48 – in den Periploi 68–71 – physische Eigenschaften des 64–66 – Symbolik bei Livius 281–289 – auf der Tabula Peutingeriana 71–74 – als Unterscheidungskategorie 226; 231 – s. a. Adria; Arabisches Meer; Atlantik; Indischer Ozean; Kaspisches Meer; Persisches Meer; Rotes Meer; Schwarzes Meer; Thyrrhenisches Meer Megara 194 Meier, Christian 120 Melandrias (Nauarch) 198 Melos 141 Meromsee 209

Register Messana 153 Messapier 166 Anm. 14 Messenien 190; 201; 202 Messina 59 Methymna 135; 143 Milet 199; 265; 273 Anm. 67 Miltiades 107 Minos von Kreta 32–33; 35; 82–83; 91; 110 Anm. 33; 203 Mithridates VI. (Pontos) 80; 157; 160; 260 Mnasippos (Nauarch) 201 Mnemon von Rhodos 223 Morris, Ian 121–125 Myra (Lykien) 63 Mytilene 135; 143; 197 Nabis 203 Nabonid 221 Naqš-i Rustam 226 Naturphilosophie, ionische 49 Nauarchie, nauarchos (Sparta) 191; 196 Naumachien (Rom) 293–304 „Naval Aristocracy“ (Vincent Gabrielsen) 255 Anm. 9 Naxos 201; 235 Neapel 250 Anm. 67 Nearchos 69 Necho II. 227 Negev-Wüste 209 Nero (röm. Kaiser) 212; 297; 301–302 Niederlande (17. Jh.) 31 Nikias 118–119; 280 Anm. 7 Nikolochos (Nauarch) 201 Nobilität s. Oberschicht, römische Nuceria 152 Null-Meridian 61 Oberschicht, römische 152; 174; 176–181; 185 Octavian/Augustus 161; 211; 215; 261; 291–292; 297–299; 303 Odysseus 33 olearii 246 Olous (Kreta) 265 Olynth 131; 137; 142 Orchomenos 128 Osmanisches Reich 163 Ostia 62; 63; 66; 245 Palästina 205 Paros 273 Anm. 67 Paulus von Caesarea 63; 71 Pausanias (Sparta) 194–195

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pax Achaemenidica 239 Peiraieus (Athen) 34; 94; 109; 113; 117; 123; 135; 138; 148; 284 Anm. 24 Peloponnesischer Krieg – Eingreifen der Perser 199 – Befestigung von Dekeleia 95 – Kämpfe bei Pylos/Sphakteria 197–198 – Niederlage Athens 115; 200 – Revolte von Chios 198–199 – Revolte von Mytilene 197 – Schlacht von Delion 95 – Schlacht bei Mantineia 95 – Seeschlacht bei Aigospotamoi 200 – Seeschlacht bei den Arginusen 200 – Seeschlacht bei Kyzikos 199 – Seeschlachten bei Naupaktos 196–197 – Seeunternehmungen Spartas 195–200 – Sizilienexpedition 94; 95; 96; 98; 115; 198 – Strategie Athens 189–190 Pelusium 213 Pergamon 156; 203 Perikles – Inszenierung vor der Volksversammlung 291 – Kriegsplan des 115 Anm. 55 – Thukydides über 34–35; 48; 94–95; 96; 97; 110 Anm. 31; 117; 119; 189; 202 – volksfreundliche Politik des 113 Periploi – Allgemeinheit der Aussagen 70–71 – Begriffsproblematik 75 – Küstenbeschreibungen 68–71; 75 – militärische Nutzung unwahrscheinlich 70 – als neues Medium 49 – Periplus maris Erythraei 64–65; 69; 71 – Stadiasmus maris magni 69 periplous (Manöver) 156 Periplus maris Erythraei 64–65; 69; 71 Perserkriege 95; 108; 193–195; 225 Perseus (Makedonien) 260; 263 Persien, Perser 219–231 – Expansion unter Dareios I. 224–230 – Expansion unter Kambyses 223–224 – Expansion unter Kyros II. 220–223 – Nilkanal Dareios’ I. 227–230 – Seeherrschaftsanspruch 224 mit Anm. 45 – Unterstützung Spartas im Pelop. Krieg 199 – als Vorbild des Attisch-Delischen Seebundes 123 Persisches Meer 53 Anm. 19; 221 Anm. 16

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Register

Petrus Alliacus 56–57 Anm. 33 Phaleas von Chalkedon 104 Anm. 6 Phaleron (Athen) 192 philia (Völkerrecht) 85 Philipp II. (Makedonien) 79 mit Anm. 3; 136; 137 Anm. 25; 138; 139; 144–146 Philipp V. (Makedonien) 155; 259; 263; 265 Philon von Alexandria 206 Phoinike (Epirus) 85 Phokis, Phoker 139 Phönizien, Phönizier 33; 68; 205; 207; 223 Phormion 94; 196 Piraten, Piraterie – und Athen im 4. Jh. v. Chr. 142–143 – Begriffsproblematik 79–81; 88–91 – Bekämpfung durch Rhodos 9; 263; 264–268 – Bekämpfung durch Rom 86–89; 157–159 – Bekämpfung führt zu Ordnung 81; 82–83 – und Entstehung von Seemächten 88 – als Klienten des Pompeius 159; 160 Anm. 35 – gebraucht als politische Invektive 79–81 – und Seemacht 83–84; 89–90 – und Terroristen 79 – völkerrechtliche Einordnung durch Cicero 89 Plataiai 95; 111; 128 Plautus s. Maccius plebs Romana 292; 298; 302–302 C. Plinius Secundus Maior 48; 55; 57; 58 Anm. 36; 74; 75 Plutarch 50; 53; 75 Politisches Denken (Athen) 105 Pollis (Nauarch) 201 Polyainos 70; 76 Polybios – über den Aufstieg Roms zur Weltherrschaft 88–89 – über das Erlernen der Seefahrt 76 – über den Ersten Illyrischen Krieg 84–86 – Nutzung durch Livius 281 Anm. 13 – Nutzung rhodischer Lokalhistoriker durch 254; 259 – über Roms Seemacht im Ersten Punischen Krieg 98; 172 – „Schulknabenmessung“ (Satz des Pythagoras) 59–60 – Seeherrschafts-Terminologie bei 35 Polykrates von Samos 33; 110 Anm. 33; 192; 203 Cn. Pompeius Magnus (cos. I 70 v. Chr.) – und Caesar 297

– cura annonae des 160 – Cicero über 54; 86–88 – Neuordnung des östl. Mittelmeerraumes durch 211 – Piratenkrieg des 50–51; 75; 86–88 – Plutarch über 75; 86–88 – strategisches Denken des 158–160 Sex. Pompeius Magnus Pius 79 Anm. 3; 88; 160–161; 296; 297 Pompeji 152 M. Porcius Cato Censorius (cos. 195 v. Chr.) 282; 291 Portugal (16. Jh.) 31 Portus 245 Poseidonios 48; 56; 57; 66; 75 Postumius (Korsar) 153 Praetor Peregrinus 171–172 Prokles 148 Prokop 47, 48 Prusias II. 259 Prygi 170 Anm. 45 Psammetichos III. 222 Anm. 25; 224 Pseudo-Xenophon 35; 38; 40; 96–97; 99 Ptolemaios (Geograph) – Distanzangaben zur See bei 58; 59 Anm. 40; 60–61 – Rezeption in der Antike 72 mit Anm. 89 – über die Größe der Meere 54–55 – über den Indischen Ozean 54, 68 Ptolemaios II. Philadelphos 227; 258; 264 Anm. 51 Puetoli (Pozzuoli) 62; 63 Punische Kriege s. Erster Punischer Krieg; Zweiter Punischer Krieg Punjab 224 Punta Campanella 50 Pylos, Schlacht von 197–198 Pyrrhos 153 Pythagoras 59 Pytheas von Massalia 49 Anm. 9; 55 Anm. 29; 67; 69 Raphia 209; 211; 213 Reich, Reichsbildung – Attisch-Delischer Seebund als 120–125 – Definition 122–123 – und Piraterie 88 – und Seemacht 86 Rekrutierung (Rudermannschaften) 164–165; 167; 170–173; 182–183 Rhegion 153 Rheneia 242 Rhinocoloura 211; 213

Register Rhodos, Rhodier – Abfall vom Zweiten Attischen Seebund 147 – Bedeutung für Getreidetransport 155 – Belagerung durch Demetrios Poliorketes 258 – Bündnerloyalität im Vergleich mit Athen 123–124 – Bündnis mit Rom 260 – im Dritten Mithridatischen Krieg 260 – epigraphic habit 254 – Expedition gegen Byzantion 259 – Flotte 254–258; 263–264 – Geschwader- und Besatzungsweihungen 263; 265; 267; 273–277 – Gesellschaftsordnung 268 – Laufbahninschriften 261–262; 270–272 – im römischen Bürgerkrieg 261 – als Seeherrschaft bei Strabon 255 Anm. 8 – als ‚Seepolizei‘ 9; 89 Anm. 47; 263; 264–268; 269 – Synoikismos 256 – im Syrisch-Römischen Krieg 259–260 – triēmioliai 264 – Verhältnis zu Rom 259–261 – im Zweiten Makedonischen Krieg 259 Rom, Römer – Angewiesenheit auf Getreidelieferungen über See 62; 152; 156; 158; 159–160 – annektiert Sardinien und Korsika 154; 174–175 – Bürgerkriege 159–161 – als „eruptive Seemacht“ 163 – und Delos 241 – im Ersten Punischen Krieg 154; 165–173 – Expansion im östlichen Mittelmeerraum 155–156 – frühe Ambitionen zur See 50 Anm. 12; 152–153 – Flotte im Krieg gegen die Latiner 152– 153 – Gleichsetzung mit Seeräubern 80–81 – und Illyrien 84–86; 154; 179 – innere Spaltung während des Ersten Punischen Krieges 169–172 – Klientelwesen 125 – Modelle zur Eingliederung unterworfener Gebiete 111; 125–126 – Naumachien in 293–304 – als Patron des Mittelmeerraumes 85 – und Piratenkriege 86–89 – politische Kommunikation in 291–292 – und Rhodos 259–261

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– wird Seemacht im Ersten Punischen Krieg 84 – Verträge mit Karthago 84 – Wahrnehmung als Seemacht 17–18 – und Weltherrschaft 88; 292; 303–304 – im Zweiten Punischen Krieg 154–155; 180–182; 279–289 Rotes Meer 64; 67; 207; 227 Roussel, Pierre 233–234 Sagunt 180 C. Sallustius Crispus 80 Salomon 206–207 Q. Salvidienus Rufus Salvius (cos. desig. 39 v. Chr.) 296 Samaria 206 Samniten 152; 165; 166 Anm. 14 Samos 110; 111; 194 Sardinien 72; 116–117; 154; 155 Anm. 21; 160; 173; 175; 176–177; 184 „Sattelzeit“ (Reinhard Koselleck) 120 Satz des Pythagoras 59–60 Schriftlichkeit 49; 69 Schuller, Wolfgang 125 Schulz, Raimund 51–52; 75; 224 Anm. 45 Schwarzes Meer 137 mit Anm. 23 Scipio s. Cornelius Seebünde, Attische s. Athen Seehandel 49; 157; 205–204; 207 Seeherrschaft – Begriffsproblematik 9–12; 15–18; 90–91; 120; 255 Anm. 8 – griechisches Vokabular für 35–36 – im Hellenismus 253 – und Piraterie 85–86; 89–91; 142 – Relevanz für die Antike 12 – symbolisiert durch Naumachien 303–304 – s. a. Seemacht; Thalassokratie, thalassokratia sēkoma 246 Seemacht – Alfred T. Mahan über 93–94 – Auffassungen der Antike zu 99 – Begriffsproblematik 13; 15–18; 90–91; 191 – und Friedenswahrung 140–144 – Polybios über 98 – Pseudo-Xenophon über 96–97 – und Reichsbildung 86 – Unterschied zu Seeräuberei 83–84 – Selbstwahrnehmung Athens als 144–149 – und Sicherheit 136–139 – Sparta als 189–204 – Thukydides über 94–98

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Register

– s. a. Seeherrschaft; Thalassokratie, thalassokratia Seeschlacht(en) – bei Actium (31 v. Chr.) 47; 162 – bei Aigospotamoi (405 v. Chr.) 136; 200 – bei Alyzeia (375 v. Chr.) 201 – bei den Arginusen (406 v. Chr.) 200 – bei Kap Artmesion (480 v. Chr.) 47 – bei Clupea (208 v. Chr.) 182 – (Gefecht) auf der Doggerbank (1915) 47 Anm. 2 – bei Drepana (249 v. Chr.) 168 – an der Ebro-Mündung (217 v. Chr.) 180 – bei Kap Eknomos (256 v. Chr.) 166; 167 – bei Kap Hermaion (255 v. Chr.) 167; 168 – bei Kallipolis (324 v. Chr.) 47 – bei Knidos (394 v. Chr.) 200 – bei Kynossema 94; 98 – bei Kyzikos (410 v. Chr.) 199 – bei Mykale (479 v. Chr.) 47 – bei Mylae (260 v. Chr.) 165 – bei Naulochos (36 v. Chr.) 161 – bei Naupaktos (429 v. Chr.) 196–197 – bei Naxos (376 v. Chr.) 201 – bei Salamis (480 v. Chr.) 47 – vor dem Skagerrak (1916) 47 Anm. 2 – bei den Sybota-Inseln (433 v. Chr.) 94 – bei Kap Trafalgar (1815) 47 Anm. 2 – bei Kap Zoster (388 v. Chr.) 200 Seestreitkräfte – finanzielle Anforderungen 110; 13 – logistische Anforderungen 109–110; 163–185 – s. a. Rekrutierung (Rudermannschaften) Seewege 49; 62–63; 137–139; 152; 180–181 Selinus 199 Anm. 28 C. Sempronius Blaesus (cos. I 253 v. Chr.) 168 C. Sempronius Gracchus (tr. pl. 123 v. Chr.) 157 Ti. Sempronius Gracchus (tr. pl. 133 v. Chr.) 169 Senatoren s. Oberschicht, römische Seneca s. Annaeus Cn. Servilius Caepio (cos. 253 v. Chr.) 168 P. Servilius Vatia (cos. 79 v. Chr.) 87 Anm. 35 Sidon 207; 210 Simon (Hasmonäer) 208 Sizilien 72; 115; 153–155 mit Anm. 21; 158; 160; 161; 167; 176–177; 283 – s. a. Erster Punischer Krieg; Peloponnesischer Krieg

Skione 141 Skylax von Karyanda 225; 257 Smyrna 265 socii (navales) 154; 165–166 Sokrates (agoranomos, Delos) 247; 248 Anm. 57 Söldner 153 Solinus 55 Solon 104–105; 107 Sparta, Spartaner – Aktionen des Nauarchen Alkidas 197 – Belagerung von Samos 192 – erzwingt Geiseln von Aigina 192 – Flottenkommando während der Perserkriege 193–195 – frühe Aktionen zur See 191–193; 201 – Hegemonie in der Ägäis 200–201 – Interessen in der Ägäis im 4. Jh. 143 – Kommandostruktur der Flotte 202–203 – letzter Flottenbau unter Nabis 203–204 – natürliche Bedingungen für Seemacht 202 – Nauarchie in 191 – Niedergang als Seemacht 201 – Niederlage bei Leuktra 130 – Peloponnesischer Bund 108; 111–112; 114; 190 – und persische Unterstützung 199 – Rivalität mit Athen 107–108; 190 – Seeherrschaft von 203 – als Seemacht 189–204 – Unternehmen gegen Hippias von Athen 192 – Zusammensetzung der Schiffsmannschaften 202 spectaculum (Livius) 284; 289 Sphakteria, Schlacht von 197–198 Staatlichkeit 81; 120 Stadiasmus maris magni 69 Steinby, Christa 166; 180 Strabon – über die Länge des Diaphragma 58–59; 61 – über das Meer als geographische Größe 75 – über den Okeanos 56 – über die Seeherrschaft des Minos 32–33; 35 – über die Seeherrschaft der Rhodier 255 Anm. 9 – Terminus thalattokratia bei 32; 39–40; 41; 42; 45 – über den Wellengang im Mittelmeer 65 Straße von Messina 60; 296

Register Straße von Otranto 156 Stratonsturm (Caesarea Maritima) 211–212; 214–215 Sympolitie 126 Synoikismos 104; 116; 256 syntaxeis 139; 144 Syrien 157; 211; 263 tabernae 245–246 Tabula Peutingeriana 71–74 Tacitus s. Cornelius Taiwan 45 Taras 191 Tarent 9 Anm. 3; 153 Tarraco 180 Anm. 78 Tegea 190 Teleutias (Nauarch) 201 Tenedos 265 Anm. 55 M. Terentius Varro 50 Anm. 16; 75 Teuta 81; 84–85 – s. a. Erster Illyrischer Krieg Thalassokratie, thalassokratia – analytisches Potenzial des Begriffs 42–44 – Anwendung des Begriffs auf nachantike Epochen 30–31 – Begriffsproblematik 9; 13; 27–45; 120 – Definitionsschwierigkeit 29–30 – Fehlen des Wortes im 5. und 4. Jh. v. Chr. 40–41 – Fehlen des Wortes in byzantinischer Zeit 44 – Gebrauch des Wortes im Internet 28–29 – Liste der T. (Eusebios) 203; 255 Anm. 8 – des Minos von Kreta 32–33; 35 – Rezeption in der Neuzeit 44–45 – bei Strabon 32–33 – in Thukydides-Scholien 33–35 – Wort als Erfindung Strabons 41–42; 45 – Wortbildung 37–39 – s. a. Seeherrschaft; Seemacht Thales von Milet 103–104; 116; 117; 129 The Influence of Sea Power upon History (Alfred T. Mahan) 93–94 Theben 128; 131; 134; 142; 201 Themistokles 34; 48; 94; 194 Theodotos (Nauarch) 258 Anm. 19 Theophrastos (epimelētēs emporiou, Delos) 247; 248 Anm. 57; 251 Thermopylai, Schlacht bei 139 Theseus 33 Thespiai 128 Thimosthenes von Rhodos 64 Anm. 55; 74 Thrakien 138

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Thrasymelidas (Nauarch) 197 Thukydides – über Athens polypragmosynē 119 – über das Meer als Herrschaftsraum 47– 48; 76 – über das Meer als strukturierbare Einheit 52 Anm. 17 – über Piraterie 82–84 – über Samos 10 – Scholien zu 33–34; 35 – über die Seeherrschaft des Minos 32; 82–84 – Seeherrschafts-Terminologie bei 36; 38 – über Seemacht 94–99 – über Sparta 190–191; 195–203 – als Vorbild für Livius 280 Anm. 7; 282 Anm. 15; 283 Anm. 19 Thukydides, Sohn d. Melesios 114 Anm. 50; 118 Thurioi 96 Tidenhub 65 Timokrates (Sparta) 196; 197 Timoleon (Syrakus) 153 Timotheos (Stratege) 201 Tissaphernes 199 Titus (röm. Kaiser) 213; 214; 297; 302 Tolmides (Stratege) 195; 196 Anm. 21 Trajan (röm. Kaiser) 302–303 triēmioliai (Schiffstyp, Rhodos) 264 Triumph 167–168; 184; 294; 296–297 Troja 47 Anm. 3 M. Tullius Cicero (cos. 63 v. Chr.) 19; 53–54; 81; 86–89; 263 Tyros 207; 210; 257 Tyrrhenisches Meer 160 Über den Okeanos und seine Probleme (Poseidonios) 75 Über die Häfen (Timosthenes von Rhodos) 74 Udjahorresnet (ägypt. Priester) 224 von Ungern-Sternberg, Jürgen 185 Utica 182 Anm. 85 M. Valerius Laevinus (cos. 210 v. Chr.) 182 Anm. 85 M. Valerius Martialis 299 Vegetius s. Flavius Venedig (14./15. Jh.) 30–31 Verdi, Guiseppe 81 Vereinigte Staaten von Amerika 30; 47; 93 Verträge – Römisch-jüdische (144–104 v. Chr.) 208

344 – Römisch-karthagische 84 Vespasian (röm. Kaiser) 214; 302 M. Vipsanius Agrippa (cos. I 37 v. Chr.) 162 Walter, Uwe 120 Weber, Max 11 mit Anm. 15; 122 Welch, Kathryn 88 Wiemer, Hans-Ulrich 264 Wilhelm II. (Deutsches Reich) 93 Wilker, Julia 130–131 Willems, Herbert 291 Winterling, Aloys 120 Xenophon 35; 135; 147; 148 Xerxes I. 192; 223; 224 Anm. 45; 229 Anm. 85

Register

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Zakynthos 201 Zama 155 Zanker, Paul 292 Zariotis (Fluss) 65 Anm. 58 Zweiter Punischer Krieg – Bedeutung des Seekrieges 180–181 – Ebro-Vertrag 177–178 – Kriegsschuldfrage 177 – Livius über 279–289 – Plünderungen 181–182 – Seerüstung Roms 180–182 – Seeschlacht bei Clupea 182 – Seeschlacht an der Ebro-Mündung 180 – und Scipio 282–287 – strategischer Vorteil Roms 154–155 Zypern 107; 157; 194; 223

VERZEICHNIS DER BEITRÄGERINNEN UND BEITRÄGER Ernst Baltrusch ist Professor für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das antike Völkerrecht in griechischer und römischer Zeit, die Geschichte der ausgehenden Römischen Republik und der frühen Kaiserzeit sowie die Geschichte Spartas und des antiken Judentums. Er ist der Autor von Symmachie und Spondai. Untersuchungen zum griechischen Völkerrecht der archaischen und klassischen Zeit (1994), Sparta. Geschichte, Ge­ sellschaft, Kultur (5. Aufl. 2016), Außenpolitik, Bünde und Reichsbildung in der Antike (2008) sowie Herodes. König im Heiligen Land (2014). Martin Dreher ist Professor für Alte Geschichte an der Otto-von-Guericke-Universität Madgeburg. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen insbesondere die griechische Rechtsgeschichte, das Asylwesen von der griechischen Frühzeit bis zur christlichen Spätantike, die Geschichte Siziliens in der Antike sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen im antiken Griechenland. Er ist der Autor von Sophistik und Polisentwicklung (1983), Hegemon und Symmachoi. Untersuchungen zum Zweiten Athenischen Seebund (1994), Athen und Sparta (2. Aufl. 2012) und Sizilien in der Antike (2008). Virginia Fabrizi ist Postdoctoral Fellow der Graduiertenschule „Distant Worlds“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In diesem Rahmen forscht sie v. a. zu Raumstrukturen in der römischen Geschichtsschreibung der frühen und mittleren Kaiserzeit. Sie ist die Autorin von Mores veteresque novosque: rappre­ sentazioni del passato e del presente di Roma negli Annales di Ennio (2012) und von mehreren Aufsätzen zur römischen Dichtung und Geschichtsschreibung. Daniel Kah ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Alte Geschichte des Historischen Instituts der Universität Stuttgart. Seine Forschungsschwerpunkte sind die griechische Epigraphik, die Polis im Hellenismus, die Geschichte von Rhodos sowie die antike Militärgeschichte. Er ist der Autor von Die Kriegsflotten der griechischen Städte im römischen Herrschaftsbereich (2016), Mitherausgeber von Das hellenistische Gymnasion (2. Aufl. 2007) und hat mehrere Aufsätze zu griechischen Poliswelt des Hellenismus verfasst. Hans Kopp ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Bewegung als Prinzip – Dynamik und Transformation als politische Impulse im 5. Jh. v. Chr.“ (Einstein Stiftung) an der Freien Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die antike Geschichtsschreibung, insbesondere Thukydides, die attische Komödie und Tragödie als Zeugnis des politischen Denkens in Athen sowie die Rezeption und Transformation der Antike in der Neuzeit. Seine Dissertation über das

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Motiv der Seeherrschaft bei Thukydides wird 2017 unter dem Titel Das Meer als Versprechen erscheinen; zudem hat er Aufsätze zu Aristophanes, Thukydides und zu Polybios publiziert. Bernhard Linke ist Professor für Alte Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen die religiösen Weltbilder der griechisch-römischen Antike, der Zusammenhang zwischen Religion und Herrschaft sowie die Sozial- und Institutionengeschichte der mittleren und späten Römischen Republik. Er ist der Autor von Von der Verwandtschaft zum Staat. Die Entstehung politischer Organisationsformen in der frührömischen Geschichte (1995), Die römische Repu­ blik von den Gracchen bis Sulla (3. Aufl. 2015) sowie von Antike Religion (2014). Sabine Müller ist Professorin für Alte Geschichte an der Philipps-Universität Marburg. Ihre Forschungsschwerpunkte bilden u. a. das antike Persien, die Kulturkontakte zwischen dem Nahen Osten und Griechenland in der Antike, die politische Ikonographie sowie die Antikenrezeption in Kunst und Film, insbesondere die ‚Orient‘-Rezeption. Zu ihren Publikationen zählen Maßnahmen der Herrschaftssi­ cherung gegenüber der makedonischen Opposition bei Alexander dem Großen (2003), Das hellenistische Königspaar in der medialen Repräsentation (2009), Ale­ xander, Makedonien und Persien (2014) und Die Argeaden. Geschichte Makedoni­ ens bis in die Zeit Alexanders des Großen (2016). Kurt A. Raaflaub ist emeritierter Professor of Classics and History an der Brown University in Providence, Rhode Island, und war Co-Direktor des Center for Hellenic Studies in Washington, DC. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte des archaischen und klassischen Griechenlands, insbesondere die Entwicklung des politischen Denkens und der athenischen Demokratie, die Geschichte der Römischen Republik sowie die Geschichte antiker Imperien aus vergleichender Perspektive. Er ist der Autor von Dignitatis Contentio. Studien zur Motivation und politischen Taktik im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius (1974), The Dis­ covery of Freedom in Ancient Greece (2004) sowie Mit-Autor von Origins of De­ mocracy in Ancient Greece (2007) und (Mit-)Herausgeber etlicher Aufsatzbände zur griechischen und römischen Geschichte, darunter Democracy, Empire and the Arts in Fifth­Century Athens (1998), War and Peace in the Ancient World (2007), Thinking, Recording, and Writing History in the Ancient World (2014) und Peace in the Ancient World: Concepts and Theories (2016). Michael Rathmann ist Professor für Alte Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Historische Geographie des antiken Mittelmeerraumes, Raumerfassung und Kartographie der Antike, insbesondere die Tabula Peutingeriana, Diodor sowie das Straßensystem des Römischen Reiches. Zu seinen Publikationen zählen Untersuchungen zu den Reichsstraßen in den westlichen Provinzen des Imperium Romanum (2003), Per­ dikkas zwischen 323 und 320. Nachlassverwalter des Alexanderreiches oder Auto­ krat? (2005) sowie Diodor und seine Bibliotheke. Weltgeschichte aus der Provinz (2016).

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Raimund Schulz ist Professor für Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Alten Geschichte an der Universität Bielefeld. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen u. a. Seefahrt, Exploration und Krieg in der Antike, das antike Völkerrecht, die römische Provinzialverwaltung sowie die antike ‚Globalgeschichte‘. Er ist der Autor von Die Entwicklung des Römischen Völkerrechts im vierten und fünften Jahrhundert n.Chr. (1993), Herrschaft und Regierung. Roms Regiment in den Provinzen in der Zeit der Republik (1997), Athen und Sparta (4. Aufl. 2011), Die Antike und das Meer (2005) sowie Feldherren, Krieger und Stra­ tegen. Krieg in der Antike von Achill bis Attila (2. Aufl. 2013). Monika Schuol ist außerplanmäßige Professorin für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören das antike Judentum, das Papsttum in der Antike, das antike Partherreich, die altorientalische und antike Musikgeschichte sowie Fernhandel und Kulturtransfer im Mittelmeerraum. Zu ihren Publikationen zählen Die Charakene. Ein mesopotamisches Königreich in hellenistisch­parthischer Zeit (2000), Hethitische Kultmusik. Eine Untersuchung der Instrumental­ und Vokalmusik anhand der hethitischen Ritualtexte und der ar­ chäologischen Zeugnisse (2004) und Augustus und die Juden. Rechtsstellung und Interessenpolitik der kleinasiatischen Diaspora (2007). Barry Strauss ist Professor of History and Classics an der Cornell University in Ithaca, NY. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden die Militärgeschichte der griechischrömischen Antike, insbesondere das antike Seekriegswesen, sowie der Zusammenhang zwischen Kriegswesen und Demokratieentstehung im klassischen Athen. Er ist der Autor von Fathers and Sons in Athens. Ideology and Society in the Era of the Peloponnesian War (1993), The Battle of Salamis. The Naval Encounter That Saved Greece – and Western Civilization (2004), The Trojan War. A New History (2007), The Spartacus War (2009), Masters of Command. Alexander, Hannibal, Caesar, and the Genius of Leadership (2012) und The Death of Caesar. The Story of History’s Most Famous Assassination (2015). Monika Trümper ist Professorin für Klassische Archäologie an der Freien Universität Berlin. Zu Ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Bade- und Wohnkultur sowie die Stadtplanung und -entwicklung in der Antike, die Bedeutung und das Management von Wasser in antiken Heiligtümern, die Kontextualisierung und Rezeption von Objekten und Monumenten sowie Visualisierungs- und Rekonstruktionstechnologien. Sie ist die Autorin von Wohnen in Delos. Eine baugeschichtliche Untersuchung zum Wandel der Wohnkultur in hellenistischer Zeit (1998), Die ‚Agora des Italiens‘ in Delos. Baugeschichte, Architektur, Ausstattung und Funk­ tion einer späthellenistischen Porticus­Anlage (2008) und Graeco­Roman Slave Markets. Fact or Fiction? (2009). Christian Wendt ist Juniorprofessor für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin und Leiter des Berlin Thucydides Center. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen die griechische Geschichte des 5. Jahrhunderts v. Chr., insbesondere Thuky-

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Verzeichnis der Beiträgerinnen und Beiträger

dides, das antike Völkerrecht, die späte Römische Republik und der frühe Prinzipat sowie die moderne Rezeptionsgeschichte der Antike, vor allem in der politischen Theorie und Wissenschaft. Er ist der Autor von Sine fine? Die Entwicklung der rö­ mischen Außenpolitik von der späten Republik bis in den frühen Prinzipat (2008) sowie (Mit-)Herausgeber mehrerer Sammelbände, u. a. Ein Besitz für immer? Ge­ schichte, Polis und Völkerrecht bei Thukydides (2011) und Thucydides and Politi­ cal Order (2 Bde., 2016). Julia Wilker ist Assistant Professor of Classical Studies an der University of Pennsylvania, Philadelphia. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören der hellenistische und römische Nahe Osten, das antike Judentum in griechisch-römischer Zeit, das spätklassische Griechenland sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen in der Antike. Sie ist die Autorin von Für Rom und Jerusalem. Die herodianische Dynas­ tie im 1. Jahrhundert n.Chr. (2007) sowie (Mit-)Herausgeberin von Maintaining Peace and Interstate Stability in Archaic and Classical Greece (2013) und Amici – Socii – Clientes? Abhängige Herrschaft im Imperium Romanum (2015).

„Seemacht“, „Seeherrschaft“, „Thalasso­ kratie“ – diese Phänomene gehören zu den wie selbstverständlich gebrauchten Kate­ gorien althistorischer Darstellungen. Mächte wie Athen, Karthago oder Rhodos, ja selbst das vermeintlich landzentrierte Rom geben der Idee antiker „Meeresbe­ herrschung“ Gestalt und Kontur. Zudem haben die Autoren der Antike, beginnend bereits mit Herodot und Thukydides im 5. Jahrhundert v. Chr., diese Macht in ihren Werken nicht nur thematisiert, sondern auch reflektiert – eine besondere Qualität, die die Antike von anderen Epochen zusätzlich unterscheidet.

Die Autoren dieses Bandes diskutieren jene vermeintlichen Selbstverständlich­ keiten und eröffnen in ihren Beiträgen neue Perspektiven auf die Phänomene antiker „Macht“ und „Herrschaft“ zur See. Denn was unter „Seemacht“ und „Seeherr­ schaft“ konkret verstanden werden kann, ist durchaus strittig, zumal unklar ist, ob derartige Etiketten überhaupt historischer Analyse zuträglich sind. Zudem verlangt die große Diversität der antiken Bemü­ hungen, politisch­militärische Macht auch zur See zur Anwendung zu bringen, einen differenzierten Blick, was sich in der diszi­ plinären, thematischen und methodischen Vielfalt der versammelten Beiträge wider­ spiegelt.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag

isbn 978-3-515-11431-8

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7835 1 5 1 1 43 18