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German Pages 248 [252] Year 1826
C. W . C o n t e s s a ' s
S
ch r
i
f t
e tt.
Herausgegeben von
E. v o n
Houwald.
Si ebenter
Band.
Lei pzig, bei G e o r g
Joachim
G ö s c h e n r 8 r 6.
I n h a l t .
We r zul et zt l acht ,
l acht am b e s t e n .
Dramatisirtes Sprichwort. 1317»
S.
D er L i e b h a b e r nach dem Tod e . in drei Aufzügen. 1317» Di e
Schat zgräber. 1 819 »
.
1
Oper .
— 29
Eine E r z ä h l u n g . 1 57
W er zuletzt lacht, lacht am besten. Dr a ma t i s i r t e s Sprichwort . i 8 i 7-
eoiiKlf. Schrift.
7 . 4)0.
I
P e r s o n e n .
K ilia n , ein Schulmeister. Schwengel, ein Schuhmacher, «ose, dessen Frau.
Die Scene ist das Zimmer des Schuhmachers.
Erst e
S c e n e .
S c h w e n g e l. R o se. ( Schwengel sitzt auf seinem Stuhle ohne zu arbeiten, die Hände über die Brust gekreuzt und schaut sinnend in die Höhe. Rose tritt ein und sieht ihm eine Weile zu. S o wie sie anfangt zu sprechen, greift er nach seiner Arbeit.)
R ose. W ie er da wieder sitzt au f seinem faulen Schemmel, D er Meister Sorgenfrei, und nach dem Himmel g afft! D o rt oben backen sie für Faule keine Sem m el; H ier unten rühre dich, so wird etwas geschafft! Sc h we n g e l .
Ich rühr' mich ja! Rose. O ja , weil seine Frau gekommen,
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W e r z u l e t z t l a c h t , l a c h t a m b e ste n .
S o hat er schnell zum Schein den Pfriem zur Hand genommen. W ir kennen uns! J a , hielt euch M ännern nicht Die Furcht vor euern Fraun ein wenig noch im Iügel, Derstutzten wir euch nicht manchmal die stolzen Flügel, S o kam die ganze W elt bald aus dem Gleichgewicht. Schwengel. J a , ja , sie wackelt schon. Rose. W as sollt' aus euch wohl werden, W enn's keine Weiber gab' auf dieser armen E rd en ! W ir sind der feste K itt, der sie zusammen hatt, W ir sind das wahre S alz in eurer faden W elt! (Schwengel holt eine Flasche unter dem Stuhl hervor und trinkt.) N u n , seh' ein M ensch! da trinkt er schon am frühen M orgen! S c h we n g e l .
D as S alz macht durstig. Rose. Ach, was hat man nicht für Sorgen
W e r z u le t z t l a c h t , la c h t am b e ste n .
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M it einem solchen M ann, in dieser schlechten Zeit! E s sprach von schlechter Zeit zwar schon die sel'ge M utter, Doch lebte fie jetzt noch! — Acht Groschen gilt die B u tte r! W as B u tte r? kaum erschwingt man sich das trockne B rod. Doch Meister Schwengeln macht das alles keine N oth. D er hat genug zu th u n , den W eltlauf zu beschicken, Und bessert S taaten a u s , statt Nachbars Schuh zu flicken. Schwengel. Schweig! das verstehst du nicht. Ich sage d ir, mein Schatz, Kommt ein gewisser M ann erst an den rechten Platz, Und bringt dann seinen großen P lan zu Stande, Adieu dann, schlechte Zeit, im deutschen D aterlande! D as ist ein großer M an n , zwar jetzt verkannt und klein, Doch bald, das glaube m ir, schafft er sich. Raum zu Thaten.
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W er zule tzt la cht, lacht am besten. Rose.
S o, so! doch wie man sagt — du wirst mich nicht verrathen, — Die Leute sagen-, und ich selbst gesteh' es ein, — Es sott der große Mann ein großer Narr auch seyn. Sc h we n g e l , (hastig aufstehend.) Frau Meisterin! — Rose, (ihm entgegen tretend.) Nun, was? Schwengel (setzt sich schnell wieder hin.) Ich meinte nur — von wegen — Die Weiber soll'n sich nicht in solche Dinge legen. Ih r habt Verstand, o ja, oft mehr als nöthig war, Allein die Politik, die bleibt euch doch zu schwer. Rose. Du meinst die Politik da unten aus der Flasche; J a , schwer ist die, denn oft wirft sie dich selber um.
W e r z u l e t z t l a c h t , l a c h t a m be s t en.
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Schwengel. Schweig, sag' ich — R o se , (au f ihn zu tretend.) W as? du willst mich Schwengel, (sehr freundlich.) Kleine Plaudertasche! B a ld , bald kommt eine J e it, und reift mein großer P la n — Dann schaut mich alle W elt, du selbst mit Ehrfurcht an ; D ann heißt'ö: das ist er dort, das ist der große Schwengel, D as ist ein großer M a n n , das i s t -----R o s e , ( hustend.) Ein wahrer — Engel! S ch w e n g e t , (hastig aufstehend.) Frau ! —
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We r zul etzt l acht, l ac ht am besten. Rose. M ann! Was giebt's? Schwengel, ( sich schnell setzend.
Ich meinte nur — von wegen — Die Fliegen stechen so. Rose. Wir kriegen heut wohl Regen.
Z w e i t e Vorige.
Scene. Kilian.
Kilian, ( ohne die Frau zu sehn.) He, werft den Pfriemen weg, macht einen Degen daraus! Schuhleder klopft nicht mehr, dem Feind klopft's Leder aus!
W e r z u l e t z t U c h t , l a c h t a m b e st e n.
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S ieg oder Tod! Nehmt eüern alten Karabiner! E s schmettern schon — ( Indem er plötzlich die Frau bemerkt.) Ach Frau G evatterin, I h r D iener! Rose. W as schreit und tobt er denn so türkisch hier herein? Kilian. E i, wohlgesprochen! Türkisch wird bald alles seyn. Schon kommt von Osten her, wie wilde Meereswogen, Ein zahllos Türkenheer auf uns herangezogen. — Rose. W as? Türken? Ki l i an.
T ürken! J a . Ich hab's von sichrer Hand. I n heller Flamme steht bereits das Ungertand, S ie wirbelt schon heran, sie faßt uns im Genicke. — R 0 se. Hier wirbelt's, guter Freund, hier unter der Perücke! Wenn ich ihm rathen sott, so geht er schnell nach Haus,
io
W e r zuletzt lacht/ lacht am besten.
Legt sich zu Bett und schläft die Türken ruhig aus. Frau Marthe wird sich freu'n. Adieu! Ich will nur gehn, Und droben auf den Berg nach den Kartoffeln sehn. (Zu ihrem Mann.) Komm' ich zurück, daß mir die Schuhe fertig sind.— Adieu, Herr Türkenbrand! Schwengel . Adieu, du süßes Kind! (Sie geht ab.)
D r i t t e Schwengel.
S c e n e . Kilian.
Kilian. Kind — Glaubt wohl,
daß der Gott des Weines aus mir spricht! Ach leider nein! so gut ward mir's schon lange nicht.
W e r z u l e t z t l a c h t / l a c h t a m best en,
u
Schwengel. Nun aber sagt, das sprecht ihr doch wohl nur zum Scherze, Das von den Türken — wie? Kilian. W ie? nein, Gevatterherze J Es ist der bittre Ernst. Schwengel. Ki l i an. W as? ich sag' euch, ja! Die Türken und Napoleon find da. Schwengel. N a ----Kilian. N a! — Napoleon. Es leidet keinen Zweifel: Nicht auf der Insel sitzt er mehr — er ist zum Teufel. Schwengel. Zum Teufet — —
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W e r z u l e t z t l a c h t , la c h t a m b e s t e n .
Kilian. Teufel! J a ! hört mich nur a n ! Napoleon — doch h a l t , eh ich erzählen kann, Mich durstet — habt ihr nicht ein Tröpfchen, mich zu letzen? Wer spinnt und wer erzählt, muß seinen Faden netzen. Schwengel (reicht ihm die Flasche.) D a — trinkt! Kilian. Trinkt. — B ie r? Gevatter, keinen Wein? Schwengel.
Ach nein! den schließt Frau Rose weislich ein. Kilian. E in ? Ach, Frau Marthe auch. Von allen guten Lehren Hör' ich am öftersten: K ind, selig, die entbehren! S c h we n g e l .
Potz! E i! Pst! Fischchen! W ie? Is t es denn wirk lich? J a !
W e r z u l e t z t l a c h t , l a c h t a m bes t en.
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Vergessen hat sie ihn. S ie ließ den Schlüssel da. Den Schlüssel zu dem Schrank. Kilian. Schrank. Is t denn Wein im Schranke?
Schwengel. Ach, wohl! und schlechter nicht. Kilian. Nicht! seliger Gedanke! W ein, gute Seele, Wein! bringt her den Himmelsthau, Erquickt mein dürres F eld ! Schwengel.
Gevatter, meine F r a u ! — Wo denkt ihr hin? die wird uns schon bethauen! Ki l i an.
Bethau'n. Nicht Seele, laß dir vor der Zukunft grauen! Genieß, was Gegenwart dir dargeboten hat. Was hinter drein geschieht, das kommt auf's andere Blatt.
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W e r z u l e t z t l a c h t , l a c h t a m be s t en.
Jetzt haben w ir den Wein. Beati possitlente*. D a , Glaser — nun den Wein. (E r holt erst Glaser, dann geht er auf den Schrank zu. Schwengel hält ihn auf.) S c h we n g e l .
G evatter, halt! da brennt es. Kilian. E s brennt, drum löschen wir. Schwengel. Seyd doch gescheidt! H alt ein! Kilian. H alt ein. Ich bin gescheidt, b'rurn hol' ich uns den Wein. Schwengel. I h r stehlt ja grade zu. Kilian. Zu. Laßt euch corrigiren, G evatter, jetzt ist K rieg, da nennt man's fouragiren. Schwengel. N a , wenn sie kom m t------
W e r z u le tz t la c h t, la c h t am besten.
iS
K ilia n . Kommt. Was! Sie macht sich gar nichts d'raus, Denn trinken wir ihn nicht, trinkt ihn der Türke aus. Stellt euch nur vor, hier läg' das türksche Lager. Die Türken sind vor Durst und Hunger schon ganz mager, Und brennen vor Begier, und schwören Stein und Bein, Sie müssen heute noch dort in der Festung seyn. Trompeter reitet hin! — Schnettredeng: soll sich er geben ! — ( Er galloppirt zum Schrank hin und bläßt auf der Hand die Trompete.) Sie will nicht.
Run gehts los, daß Erd' und Him mel beben.
B um , bum, puff, puff, krick, krack! Die Festung halt sich gut. I n Strömen fließt das schwarze Türkenblut. Da laßt Napoleon -um Sturme commandiren, Er selbst ist Willens, die Freiwilligen zu führen. Marsch! vorwärts! drauf! Hurrah! Rasch auf, den Wall hinauf. (E r setzt einen Stuhl vor den Schrank und steigt hinauf.)
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W er zul etzt lacht, lacht am besten.
Halt ein! die Festung steckt die weiße Fahne auf. Was? freien Abzug will die Garnison verlangen? Nichts! abgeschlagen! Garnison ist kriegsgefangen. Ha, sie ergiebt sich. Wohl! Wir werden gnädig seyn. Die Thore öffnen sich, (E r macht den Schrank auf.) wir ziehen siegreich ein. Die Garnison zieht ab. (E r bringt ein Paar Flaschen heraus.) W ir nehmen die Soldaten (E r schenkt ein.) Und senden sie voll Huld (E r trinkt) ins Innre unsrer Staaten. Nun schießt Viktoria. Das war ein heißer R itt! (E r reicht ihm ein Glas.) Schwengel. Nun, wenns nicht anders ist, so schieß' ich freilich mit. Viktoria! (Sie setzen sich an den Tisch und trinken. Jetzt aber frisch erzählt, wie ist's mit Boneparten?
W e r zuletzt lacht, lacht am besten.
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K j lia n . M it Boneparten.
Wie? Nun seht, der muß noch warten, Denn in der Festung liegt noch etwas Proviant, Den send' ich auch noch mit hinein ins Lnn're Land. (Indem er einen Teller heraus holt.) Dahin, dahin sollt ihr nun miteinander ziehn! Schwengel. Nun, Boneparte, nun? K i l i a n , (essend.) Nun, es ist Boneparte Beim Türken. Ware dort nur gleichfalls meine Marthe! Schwengel. Wie aber? — Kilian. Aber Ja, wer hatte das gedacht? Sie haben ihn geholt, zum Großsultan gemacht, Und werden jetzo ganz Europa überschwemmen. Schwengel .
O weh, mein großer Plan! Contess. Schrift.
7* B d .
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W e r zuletzt l a c h t , lacht am besten.
Kilian. P ia n . S t i l l ! W ir Deutsche dämmen Und hemmen diesen S tro m . V erlaßt euch au f mein W ort, Und euer großer P la n kommt desto besser fort. F ürs erste sorgen w ir , uns altdeutsch zu bekleiden. S c h we n g e l .
Recht! Morgen laß ich mir den langen Zopf ver schneiden, Auch das gehört in meinen großen P la n . Ki l i an. P l a n ! Kluge S taatsrefo rm fangt mit der Klei dung an. Tracht ist mit Tugenden, so wie mit Lastern trächtig, Und alle Tapferkeit nimmt doch nur übernächtig Und nüchtern sich in der modernen aus. Schwengel .
Ganz recht! Und darum fehlt auch der Respekt im Haus. T ra g ' ich erst langes H aa r und Zwickelbart daneben,
W e r z u le t z t la c h t , la c h t am b e s te n .
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S o rührt bei mir sich ohn' Erlaubniß keine M aus, Und W etter! wie soll denn Frau Rose vor mir beben. (Rose erscheint hinten unbemerkt in der Thür, und schlägt leise die Hände zusammen.) Kil ian. M ir beben. Bon! S to ß t an. Frau Rose, sie soll leben, D ie wider Willen uns so köstlich heut trak tirt; Indeß sie draußen die Kartoffelhacke führt! Schwengel. V iv a t, die gute F rau! ( S ie stoßen an und lachen.) G evatter, ihr könnt glauben, Ich bin so göttlich froh bei diesem S a ft der Trauben, S o kindlich rein vergnügt, der Himmel hangt so blau Und heiter über mir —- als hatt' ich keine Frau. Kilian. Srau ? J a , so ist mir auch! S chw engel. Frau Rose ist gestorben,
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W e r z u l e t z t la c h t , la c h t am b e ste m
J a , sie ist tob t, sie hat den Himmel schon erworben, Und ihn , so hoff ich, auch voraus für mich bestellt. Zwar hat sie sattsam mir das Erdenthal vergällt, Doch leben soll sie hoch — in jener bessern W ett!
Kilian. Frau Marthe gleichenfalls. D ie Sel'gen sollen leben! ( S ie stoßen an und lachen.) Fürwahr, mir ist schon selbst, als fühlt' ich hoch mich schweben, Hoch über Erd' und Zeit, vom Aether sanft gewiegt — La, la — Schwengel. La — ta — ich bin recht himmlisch schon vergnügt. Kilian. Vergnügt. Jetzt singt mir eins. Laßt jetzt ein Lied erschallen, M ir ist, als sollt' ich mit Gesang zum Himmel wallen. Schwengel .
Aum Himmel, werthes Lamm, wer weiß, giebt's dort auch W ein! Und giebt es keinen dort, so mag ich dort nicht seyn.
W e r z u l e t z t l ac ht , l acht am besten.
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( S r fingt.) V or Atters einst zum Sterben D ie W ett danieder lag, Rings um war N o th , Verderben, And Nacht den ganzen T a g ; Dom Wasser kam das Uebel, S o steht es in der Bibel, D aß man's wohl glauben mag. D ie Menschen tranken Wasser, Drum brach die Sündfiuth ein: S o trinkt, des Wassers Hasser, Jetzt lieber lauter W ein! Vom Wasser kommt das Uebel, S o steht es Ln der Bibel. D ru m , B rü d er, trinket W ein! (Kilian fingt erst m it, dann fängt er an einzuschlafen. Gegen das Ende fängt auch Schwengel an zu nicken, und ist mit dem letzten Worte des Aedes gleichfalls ein geschlummert. ) Rose ( tritt hervor — betrachtet sie eine Weile.) N un seh' mir einer nur die theuern B ilder an. —
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W er z u le tz t lacht, lacht am besten.
Das habt ihr wahrlich mir doch nicht umsonst gethan. Wart, türkische Armee, ich will dich lehren plündern. Frau Rose ist noch nicht in jener bessern Welt. Sie steht als Richter jetzt hier vor den armen Sün dern. (Sie holt Stricke herbei und bindet den Schulmeister auf seinem Stuhle fest.) S o ! dieser wäre fertig und bestellt! Run, süßes Eh'gemal, vergieb, daß ich geschwinde M it diesen Rosenketten dich umwinde. (Sie bindet ihn gleichfalls fest.) So, meine Türken, so! Nun blasen wir Allarm. — Ach, Hülfe! rettet! Weh! Wacht auf! daß Gott erbarm f He! rettet! Feuer! Auf! ( Sie schlägt auf den Lisch. Die beiden fahren in die Höh'.) Habt ihr denn keine Ohren Y Es brennt ! K ilia n . Wo brennt's?
He, Feuer l
Rose. Ach Gott, wir find verloren.
W e r z u l e t z t l a c h t , l a c h t a m b e s t en.
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Schwengel. Feuer! W o? Rose.
Ach, hier in unserm Haus, Die helle Flamme schlägt ja schon zum Dach hinaus. S o helft doch! Schwengel .
Helft! O G ott! Kilian. Ich kann nicht in die Höhe. Mich hat der Schlag gerührt. O Himmel, ich ver gehe — Ich kann nicht aufstehn — Schwengel.
Ach, gebunden sind wir ja — H e, Röschen, was ist d a s? Rose.
Mein G o tt, was sitzt ihr d a ? S o helft doch retten, schnell!
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W e r z u l e t z t l a c h t , l a c h t a m be s t e n.
Schwengel. W ir können un- nicht rühren! B ind' unS doch loß! Kilian. Bind' lo s ! Rose. Könnt ihr den Rauch wohl spüren? Riecht ihr den Rauch? Schwengel. O G o tt, ich riech ihn , Herzens - K in d ! M ein Zuckerchen, bind' los! Rose (nach der Thür laufend und wieder zurückkommend.) O H im m el, macht geschwind! D a draußen vor der Thür steht alles schon in Flammen, W ie's knüstert! Horch! das Dach bricht über uns zusammen. Macht nur geschwind und springt zum Fenster da hinaus.
W e r zul etzt l a cht , l a c h t a m besten.
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Schwengel .
Bind' uns doch los! Kilian. Bind' lo s ! da kracht's, m it uns ist's a u s ? Schwengel. Wir find verloren! Springt! Kilian. Springt! ( S ie rennen mit den angebundenen S tühlen in großer Angst hin und her, und versuchen vergebens zum Fenster hinaus zu klettern.) Schwengel .
Bind' los!
Röschen, hab' Erbarmen! Kilian. Erbarmen! bindet l o s ! Erbarmen!
(Rose läuft in der S tube hin und her, jene folgen ihr überall nach. Endlich bleibt sie stehn und bricht in Ge lächter aus. Beide stutzen, sehen starr sie a n .)
Rose. N u n , wohl bekomm' euch denn die kleine M otion!
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W er zu letzt la c h t, la ch ta m besten.
So wie die Arbeit, so ist auch der Lohn. O, könnt' ich doch der Nachwelt -um Ergötzen, So wie ihr jetzt da steht, in Spiritus euch setzen! Soll denn dieß Schauspiel ganz der Welt verloren seyn? Die Kinder seh' ich da just in die Schule gehen, Die kommen eben recht, die ru f ich jetzt herein, Das giebt ein herrlich Fest: so sollen sie euch sehen. Kilian. Frau Rose! Schwengel. Röschen! Schatz! K ilian. Verehrtes Engelherz! Schwengel . Bind' los! Rose. Ich bin ja todt. Frau Rose ist gestorben. Sie hat sich längst das Himmelreich erworben.
W e r z u l e t z t l a c h t , la c h t am b e s te n .
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S ch w e n g e l. N ein, Juckerlammchen, ach, das war ja nur ein Scherz! R ose. S o ! Auch wohl nur zum Scherz stahlt ihr mir mei nen W ein? Seyd ihr nicht S ü n d er? Bei de.
Ja! R ose. Wollt ihr's nicht mehr th u n ?
Beide. N e in ! R ose. N un wohl, so will ich euch für diesmal noch ver zeihen. Nie wieder fall's euch e in , uns Weiber zu betrügen. I n solchem S treit muß selbst der Türke unterliegen.
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Wer zuletzt lacht/ lacht am besten.'
Denn klar, ihr habt'- gesehn, steht un- der Hin«» mel bei. Nicht allen Menschen gleich vertheilt er seine Taben. Das Weib muß immer Recht, der Mann stet- Un* recht haben, Und so ist in der Welt denn gute Poliiey.
D e r Liebhaber nach dem Tode. Oper in dre i A u fj ü g e n .
Rach dem
Galtit fmcaeme
18
1 8
.
des Talderane.
Personen. D er H e r z o g . Don Enrique. L a u r a , seine Tochter. Asto l s o , sein S ohn. Jul i a. Don Carlos. D o n n a L e o n e l l a , Oberhofmeisterin. C a n d j l , Astolfs Diener.
Er st er Er s t e
Auf zug. Scene.
M t Bäumen besetzter Platz vor Ju lias Garten. Gar tenmauer mit einer Thüre. J u l i a , L a u r a , dann A s t o l f o und C a n d i l . J u l i a und L a u r a treten auf in Mantel und Schleier gehüllt, eine Person herbeiwinkend, die noch hinter der Scene. J u l i a .
S i e h , er folgt un s. Laura. H ier am G arten Laß uns w eiten, ihn erwarten.
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D e r L i e bh a be r nach dem Tode. Julia. H alt, er zögert — er steht stille. Laura. Ja, er schwankt, — er ist verlegen — Und scheint zweifelnd zu erwägen, Was sich hier vor ihm verhülle. — Julia. Ha, da kommt er! Astolfo. Welch Geheimniß Mag der Schleier mir bewahren! — Wollt ihr nun euch mit Vertrauen, Euerm Diener offenbaren? Denn dem Dienste edler Frauen, I s t stets dieser Arm geweiht. C andi l (im Hintergründe lauschend.) E i, hier giebt es was zu schauen! E i, hier giebt's was zu berichten! Winke, Schleier, Mantel, Frauen —
Er s t er
Auf z ug.
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E in Geheimniß — Liebesgeschichten — Reiche Aernte, goldne Zeit! (Julia und Laura entschleiern sich.) A sto lfo . J u l i a ! — L a u ra ! — O meine theure J u l i a , ist es mir nicht, als ob nach einer langen bangen Nacht mich plötzlich heitrer T ag umfinge! S e h ich euch end lich wieder! Julia. Ach, Astolfo! Vielleicht zum letztenmal! I h r müßt fo rt, ihr müßt entfliehen? Ast ol f o. I c h , entfliehen? Julia. I h r seyd von V errath umgeben, und hier keinen Augenblick mehr sicher. O ich bitte euch, wenn ihr mich liebt, so eilt, entflieht. D er Herzog stellt eurem Leben nach. Astolfo. D er H erzog? Contefi". Schrift. 7 * Dd.
3
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D e r L i e b h a b e r nach dem T o d e .
Laura. Der Herzog liebt Julien mit der heißesten Glut. Er sieht in dir seinen Nebenbuhler und seine ungezahmte Leidenschaft macht ihn zu Allem fähig.
Doch
halte ich die Gefahr noch nicht für so dringend, und Flucht ist für den Wüthigen das letzte M itte l, sich vor ihr zu schützen.
Julia. Nein,
Astolfo,
die Gefahr ist auf jedem eurer
Schritte — vielleicht in diesem Augenblick schon sind die Mördev gedungen — nur Flucht kann euch retten! Q ich beschwöre euch, entflieht? As t ol f o. Ich entfliehen? Von dir gehen? Leben ohne dich zu sehen? N ein, das wäre Leben nicht!
Julia. Willst du meine Angst- nicht sehen? H at mein Bitten, hat mein Flehen Nichts, was dir zum Herzen spricht?
L au r a Mannes Schild ist Widerstehen,
Erster
Aufzug.
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Der Gefahr entgegen gehen, Muth der Liebe leitend Licht! C a n d i l. Warte nur! die Lust zum sehen Laßt der Herzog dir vergehen, Wenn Candil ein Wörtchen spricht! Astokfo. Du gebietest: wohl! es sey! Bis zum Tode Lieb' und Treu'!
Julia. Lebe wohl! Ich muß! — es sey! Bis zum Tode Lieb' und Treu'! Laur a. Muth und Hoffnung, wie es sey! Glück ist wahrer Liebe treu. C § n d i t. F ort! ist uns der Platz erst frei, Ach, dann giebt sich's mit der Treu! (Julia und Laura gehen durch die Gartenthür ab.)
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D e r L i e b h a H e r n a cs; d e m T o d e .
Z w e i t e A sto lfo .
Scene. C a n d il.
2t fl c ( s o . W a r das ein T r a u m , von dem ich jetzt erwache? W ie ein B l i t z , der plötzlich durch die N acht bricht, g ing J u l i a s kurze Erscheinung an m ir-vo rü b er, m it Hellem G lan ze mich um strahlend, und dunkler a ls vorher ist's jetzt um mich. D e r Herzog liebt sie? Und das erfahr' ich jetzt erst? E r laßt meinem Leben nachstellen — J u li a sucht mich zu entfernen — W i e ? und schien meiner Schw ester nicht daran gelegen, daß ich bliebe? — H e , ich ließ sie so schnell e n t schlüpfen! N e i n , ich muß Licht hab en, sie sollen mir Rede stehen. ( E r geht schnell nach der Gartenthür und sucht sie zu öffnen.) Verschlossen! — Vielleicht find' ich die andere T hü r noch offen. ( E r geht schnell ab; Candil schleicht hervor, und macht ein spöttisches Kompliment hinter ihm drein.) Candil.
Gehorsamer D ie n e r !
W erde gleich
folgen.
—
Er s t er
Auf zug.
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Denn ich darf ihn nicht lange aus den Augen lassen« Und wenn er nun auch einmal entdeckt, daß ich ihm überall nachschleiche— pah! was folgt d a ra u f? Höch stens etwa eine vierstreifige Visitenkarte, die seine H and au f meine Backe abgiebt, oder ein blaugedruckter D ialog zwischen meinem Rücken und dem I n s t r u m ent, welches eigentlich die ganze W elt regiert. Kann das eine Schande seyn? N e in , sage ich, für feinen Aufgestörten! S o wenig, als einen Orden zu trag e n , den man nicht verdient hat. — Und weiß ich nicht meinen M a n n , der mir auf jeden Streich ein goldnes Pflaster legt? Und bietet nichteine solche Liaison mit dem Herzoge die allergrünste Hoffnung, mich zu poußiren? E s giebt mancherlei Wege ein großer M a n n zu. werden, und a uf dem meinigen treffe ich wahrlich gute Gesellschaft an. W er weiß, wer weiß, muß sich mein stolzer Herr nicht noch ein mal in Demuth vor mir bücken! H a , und wenn er dann kommt und ich stehe so da — Geschmückt mit Ordensbändern I n seidenen G ew ä n d ern ;
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De r Li ebhaber nach dem Tode.
Von meinem Hute wehen Drei Federn hoch und schwank. So will ich vor ihm stehen, Gestützt auf meinen Degen, Recht unzufrieden sehen; Dann wird er sich verlegen Bis an die Erde bücken. Dann will ich so mich drehen, Ihn mit dem Blicke wagen, Und meine Federn nicken Bloß seinem Gruße Dank! — O weh, o weh, da kommt er wieder! Wie soll ich mich nun drehn? M ir zittern alle Glieder, Wie werd' ich ihm entgehn? ( Er hüllt sich in den Mantel und versucht davon zu schleichen. Astolfo tritt ihm entgegen.) Ast ol f o. Halt! Steh still! Wer bist du? Halt! C a n d i l. Ach, es überlauft mich kalt!
Er s t er
Au f z u g .
39
A sto lfo . R e d e ! W irst du A ntw ort geben? ( E r zieht den Degen.) Candil, ( ihm zu Füßen fallend.) Ach, verschont mein blasies Leben! Euer Diener ja bin ich. As t o l f o . W ie , du bist's? Hier treff' ich dich? Diese Angst und dieses Beben Könnte leicht Verdacht mir geben. Sprich! was willst d u ? eilig sprich! C a n d i l , (stammelnd.) Ach, ich sah das Abendroth, D a s mir guten Abend bot, Und das Lied der Nachtigallen Schien mich rufend, zu erschallen, Und der Grillen Zirpelei, Schien zu sagen: komm herbei — Und da konnte mein empfindsames Gemüth nicht tanger w idersteh n ; und setzte sich den H u t au f —
40
D e r L i e b h a b e r na ch d e m T o d e .
oder vielmehr ich setzte m ir den H u t auf — und nahm den M antel u m , und ging hin au s, und wie ich so ging, wie man denn so geht, wenn man einen Fuß immer vor den a n d e rn 'setzt, so kam ich hieher, und da kamen S ie, und da -----
Dr i t t e Carlos.
Scene. Astolfo.
Carlos, (schnell auftretend.) Astolfo! G o tt sey D a nk, daß ich dich finde. A sto ( s o , ( zu Candil.) Entferne dich! Candil .
Ich bin schon au f dem Wege. ( A b .) Carlos. Ich war in großer S o rg e um dich, mein Freund.
Er s t er
Auf zug.
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Don meinem Diener erfuhr ich, daß zwei verschleierte Frauen dir gewinkt, daß du ihnen gefolgt, ich ahn dete eine Falle, und eilte zu deinem B eistand; denn es ist nur zu gewiß, Astolfo: man stellt dir nach. As t o l f o » Auch du warnst mich? N un wohl, von dir werde ich erfahren — der Herzog stellt mir nach? der Her zog liebt J u lie n ? Carlos. S o ist's. D u w eißt, wie er lange Zeit deine Schwester Laura mit seiner Liebe verfolgte, und wie geschickt sie seiner Leidenschaft m it Iro n ie und V er spottung seines fantastischen Wesens zu begegnen, und ihn so von sich entfernt zu halten w ußte; doch das hat sich plötzlich gewendet. S e it dem letzten M as kenball bei Hofe, wo er sich so lange m it Julien un terhielt, ist er ganz von ihr gefesselt, und hat sich zur Verwunderung aller Hofleute jetzt dieses einsam gelegene Schloß zum Aufenthalt erw ählt, blos weil es an Juliens Landhaus grenzt. Die sanfte, schwär merische Ju lia scheint, w ar' es auch nur um deS
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D e r L i e b h a b e r nach dein T o d e .
Contrasts willen, einen tiefern Eindruck au f ihn ge macht zu haben, als je ein Weib vor ih r; er liebt sie mit allem Ungestüm seines wildbewegten Ge müthes , ja seine Leidenschaft ist bis zu dem G rade entflam m t, daß ihm der Entschluß wohl zuzutrauen ist, dich, den er als das einzige Hinderniß ihrer B e friedigung ansieht, a u f irgend eine Art aus dem Wege zu raumen. Astolfo. Und du auch räthst mir zu entfliehen? Carl os.
Entfliehen? n e i n -----Astolfo. S o verlangte es J u l i a eben jetzt. Denn sie und meine Schwester waren die Verschleierten. Carlos. E ntfliehen? Nein, das sollst du nicht. D a s ja fast deine Liebe aufgeben, und eine rechte giebt ein rechter M ann ja selbst mit seinem noch nicht auf. Allein a uf deiner H uth seyn
hieße Liebe Leben sollst
Er s t er
Auf zug.
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d u , dich eine Zeit lang scheinbar von Ju lien zurückziehn, und wenigstens versprechen sollst du m ir , bei dem Fest, welches der Herzog heut Julien zu Ehren giebt, nicht zu erscheinen, und seine Eifersucht nicht noch mehr zu reizen. A ft o ( s o . D u verlangst viel! Car l os .
E s steht in meiner H a n d , dich reichlich dafür zu entschädigen. A s to l f o . W ie meinst d u ? — Carlos. Sprich, würde es t>ich nicht glücklich machen, ganz unbemerkt, verborgen vor fremden Blicken, stets J u lien nahe seyn zu können? A sto l f o . D u spottest meiner. Oder hast du etwa den R ing des Giges für mich in Bereitschaft, der die Leute unsichtbar macht?
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D e r Li ebhaber nach dem Tode.
Car los. Ich scherze nicht. Höre mich an. Du weißt, daß dieses, jetzt herzogliche Schloß, noch vor fünfzig Jahren der Familie meiner Mutter zugehörte. Don Diego, einer meiner Vorfahren von dieser Seite, und Besitzer dieses Schlosses, lebte in bittrer Feindschaft mit seinem nächsten Nachbar, Juliens Großvater, dem Besitzer dieses Landhauses, und als sie beide einst unvermuthet sich bei Hofe trafen, loderte der im Stillen lang genährte Haß plötzlich in helle Flammen auf: in der Hitze des Wortwechsels schlug jener, des .Ort's und seiner selbst vergessend, Don Diego'n, in Gegenwart des ganzen Hofes, ins Gesicht. Der Herzog verbannte ihn auf mehrere Jahre aus seiner Nahe, wies ihm, um einen Zweikampf zu verhindern, dieses Landhaus zu seinem Aufenthalte an, und ließ ihn streng bewachen. Hier lebte nun Juliens Groß vater lange Zeit ganz unzugänglich, blos von einigen treuen Dienern umgeben, eingeschlossen in seinem Hause, wie in einer belagerten Festung. Umsonst waren alle Bemühungen Don Diegos, sich Genug thuung zu verschaffen von seinem Gegner, eben so vergeblich mehrere Versuche, wenigstens Rache an ihm
Er st er
Auf zug.
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zu nehmen. Don dem Gefühl des erlittenen Schimpfs, von der Qual unbefriedigter Rachgier, wie von Fu rien umhergetrieben, fast bis zum Wahnsinn gebracht, zieht er sich endlich von einem abenteuerlichen Ent schluß begleitet in dieses Schloß zurück. Don frem den Arbeitern, die aus weiter Ferne herbeigeholt und heimlich bei Nacht in das Schloß geführt worden sind, wird unter der Leitung eines sachkundigen Freundes von einem Pavillon des Gartens aus, ein unterirdischer Gang begonnen, der Don Diego grade hinüber nach dem Landhaus seines Feindes, und end lich zu der Rache führen soll, nach welcher seine Seele durstet. Unermüdet, ohne Rast wird die Ar beit fortgetrieben; keine Schwierigkeit schreckt zurück; Don Diego setzt sein halbes Vermögen d'ran; doch als sie endlich ihrer Vollendung nahe, als schon die Nacht bestimmt ist, wo sich der unterirdische Gang wie ein Thor der Hölle, mitten in der Wohnung des Friedens Verderben bringend öffnen soll, da plötzlich stirbt Juliens Großvater; Verzweiflung und Gram über die Vernichtung dieser letzten Hoffnung, stürzen wenige Tage nachher auch Don Diego in das Grab. Das Geheimniß aber blieb durch einen Lid in der
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D e r Li ebhaber nach dem Tode.
Brust der Mitwiffenden gefeffelt; niemand hat je etwas davon erfahren, bis vor wenigen Tagen ein alter Diener meines Vaters mir es auf seinem Ster, bebette anvertraute. Astolfo. Und nun, Carlos, nun? du kennst den Eingang ? du weißt den Pavillon^ der ihn verbirgt? Carlos. Es ist derselbe, den ich jetzt bewohne. Der Ein gang ist gefunden, der unterirdische Bau noch wohl erhalten, allem Anschein nach nur noch geringe Ar beit nöthig, um den Ausgang sich irgendwo mitten in Juliens Besitzung zu öffnen, und nur an dir liegt es jetzt, ihn zu benutzen. Astolfo. O Carlos, o mein theurer Freund, wie glücklich machst du mich! Wie soll ich dir danken d Carlos. Ich zeige dir die Gelegenheit, Astolfo: ich bin eigennützig. Sieh, ich liebe deine Schwester, ich
Er s t e r Au f z u g .
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darf hoffen, ihr nicht ganz gleichgültig zu seyn; kann ich a u f deinen Beistand rechnen? A sto lfo . Von ganzem Herzen! D u erfreust mich. Könnte mir etwas erwünschter begegnen, als diese V erbin dung mit d ir ? Carl os.
Ich fürchte deines V aters Bedenklichkeiten. A sto lfo . Laß mich sorgen, und vertraue meinem S te rn . D u siehst, das Glück will mir w o h l; ja der Himmel selbst scheint sich für mich zu erklären und meine Liebe zu begünstigen. D ru m M u t h , mein Freund, und H offnung! W ir werden beide glücklich seyn!
Beide. Nimmer z ag e n ! Rasch h in a n ! M uthig wagen Ziemt dem M a n n !
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d Astolfo. E s treibt ein Schiffer A u f wilder S e e ; E r blickt vertrauend Nach H im m els-H ö h ' — Carl os. D o r t winkt ihm leitend D e r Liebe S te rn . A uf! nah' ist Morgen, D a s Land nicht f e r n ! Beide.
Nimmer zagen! D em Glück v e r tr a u 'n ! Nach Osten schau'n! D o rt wird's tagen Trotz Nacht und G ra u n! (Beide ab Hand in Hand
Er s t e r Au f z u g .
Vi ert e
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Scene.
Don Enriques Zimmer. Don Enrique.
Laura.
Hernach C a r l o s .
Enrique. W as ist d a s , L aura? W a s sott ich davon den ken? S i e h , schon wieder eine W arn u n g ! Dieser B rie f von unbekannter H a n d , spricht gleichfalls von der G efahr meines S o h n e s, ja er deutet mir ganz klar einen Anschlag des Herzogs a u f sein Leben an. W är' es möglich, Laura? Sollte sich der Herzog so weit vergessen können? O G o t t , ich -ittre! Laura. Ich fürchte es nicht, mein V ater. Beruhigen S ie sich. Die Leidenschaft eines solchen Gemüths ist nichts als ein S tro h fe u er, das zwar in wilder G luth auf flammend selbst dem Himmel zu drohen scheint, im nächsten Augenblick aber schon erlöschend in sich zusam men sinkt, wenn man es nicht absichtlich nährt. Centess. Schrifr.
7 . D d.
4
so
D e r L i e b h a b e r na c h d e m T o d e . ( Carlos tritt ein.)
Enrique. H a , Don C arlo s! Kommen S i e , S ie sind der Freund meines Sohnes. Lesen S ie diesen B rief. Carlos, (nachdem er gelesen.) E r enthalt nichts mehr, als was ich schon weiß. Enri que.
Also ist es wirklich w a h r? O G o tt! Carlos. Doch halte ich die Gefahr nicht für so dringend, und auf keinen Fall für lange dauernd. Astolfo darf sich nur eine Zeitlang scheinbar von Julien zurückziehn, um der Eifersucht des Herzogs keine N ahrung zu geben. B ei dem Feste heut Abend wenigstens nicht zu erscheinen, darum habe ich ihn schon ge beten. Enrique. Ich danke Ih n e n , Don C arlos, S ie haben Recht.
Er s t e r
Auf zug.
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Ich eile ihn aufzusuchen, und mit der B itte des Freundes auch die B itte des V aters zu vereinigen. ( E r geht ab.) Laura. Ich wüßte wohl ein M itte l, den Herzog a u f a n dere Gedanken zu bringen, und alle Gefahr von mei nem B ru d e r abzuwenden. Carl os.
W ie ? L au ra , S i e ? O so nennen S i e es mir ge schwind ! W as zögern ©ve ? Nichts ist mir zu schwer für meinen F re u n d , und für den B ruder meiner ge liebten Laura. Laura. O j a , S i e sind großm üthig, D on C a rlo s , das weiß ich. S i e werden das M ittel gewiß billigen; besonders da es S ie w enig, ja vielleicht wohl gar nichts kostet. Carl os.
W as meinen S i e ? Laura. Ich meine, man muß den wilden S tro m in das
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D e r Liebhaber nach dem Tode.
Bett zurückteiten, das er eben verlassen hat. Es be darf nur ein freundliches Wort, und einen-Blick von. m ir, so kehrt der Herzog in meine Fesseln zurück, und mein Bruder ist gerettet. Carl os. Ha, Laura! Selbst dieser Scherz ist grausam. Laura. E i, wer sagt Ihnen denn, daß ich scherze? Carlos. Schon der Gedanke verwundet mich im tiefsten Innern. O Laura, wenn Sie wirklich — ich ertrug' es nicht! Des Bruders Sicherheit erkauften Sie da durch vielleicht — allein mein Leben war der Preis. Laura. Wie, Don Carlos — das soll ich Ihnen glauben? Carlos. Doch freilich, ja, Sie hatten Recht, das Mittel würde mich wenig , ja wohl gar nichts kosten; denn n ic h ts gilt Ihnen ja mein Glück, mein Leben selbst!
Erst er
Aufzug.
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Nichts g ilt es gegen diesen Triumph weiblicher Eitel keit, wenn ein W ort, ein Blick von Ihnen den Her zog wieder zu Ihren Füßen zurück führte! Allein bauen Sie nicht zu viel auf die unwiderstehliche Macht Ihrer Reize; die Rechnung könnte Ihnen diesmal den noch fehlschlagen. M it solcher Leidenschaft hat der Herzog noch nie geliebt.
Laura. Hm! meinen Sie? der Herzog ist ein Mann, Don Carlos; darauf ist meine Rechnung gebaut; mit Ihrer Erlaubniß. Als ich neulich mich ergangen I n des Abends kühlem D uft, Sah ich fern auf Bergen prangen Hoch ein Schloß in heitrer Luft. Golden strebten seine Zinnen Nach des Himmels fernem Blau, Und der macht'gen Zeit Beginnen, Kühn verspottend stand der Bau. Hinwärts trieb mich das Verlangen, Glück und Frieden hofft1 ich dort,
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D e r Li eb ha be r nach dem Tode. Ach, da kam der Wind gegangen, Wehte Schloß und Glück mir fort. Luft in Luft war es verflogen, Und noch sann ich mirs nicht klar, Ob's erbaut aus Wolkenwogen, Oder Männerliebe war! C a r l o s ( einfallend.) Oder Weiberliebe war! Weiber nur, die mit ihr scherzen, Kennen wahre Liebe nicht! Ach, die Lieb' in meinem Herzen Bricht nur, wenn es selber bricht! (Indem er sich ihr zu Füßen wirst.) Willst du, Laura, willst du's brechen, Das so treu für dich nur schlägt? .
Laura, (lächelnd ihm die Hand reichend.)
Nun, es laßt sich davon sprechen, .Wenn ich's erst mir überlegt!
Er s t e r Auf z ug. Enrique, (der indeß eingetreten ist und jetzt hervor tritt.) Liebst du sie, dann rett' uns beiden, I h r den B ru d er, mir den Sohn, Und ich gebe dann mit Freuden D ir der Tochter Hand zum Lohn! Carlos. J a , ich rett' ih n , rett' euch beiden, D ir den B ruder, dir den S o h n ! Ach, mein Leben selbst m it Freuden G ab' ich hin um solchen Lohn! N un M ir Und W as
Laura. so eile, rett' uns beiden, den B ru d er, ihm den Sohn, mein V ater mag entscheiden, dafür dir wird zum Lohn. (S ie gehen ab.)
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tode.
Fünfte
Sc ene.
Großer Prunksaal im Lustschloß des Herzogs zu einem Feste eingerichtet. Ca n d i l (schleicht herein, nimmt dann einen stolzen Gang an, je weiter er vorwärts geht.) Immer dreist, meine Seele, dreist herein! Kopf in die Höhe, Brust heraus! Jedem keck in die Augen gesehn! M it solchen Nachrichten in der Tasche ist man bei Herzogen und Kaisern willkommen. Und wenn du wieder hinaus gehst, dann nur um Him mels willen recht grade und aufrecht, wie ein latei nisches I ! Und mit einer gewissen geheinmißvvllen Würde zur Rechten und Linken: Guten Abend ! Guten Abend! Dann denken sie alle: Ha, der hat die fürst liche Gnade im Rückgrad stecken, sonst könnte er nicht so aufrecht gehn! — und es ist keiner, der mir nicht auf der Stelle hundert Piaster darauf leiht. — H a, der Herzog! —
Er s t er Au f z u g .
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(Musik. Dcr H e r z o g tritt auf mit Dienerschaft, die er entfernt, alö er den Candil erblickt.) Herzog.
N u n , C a n d il, was bringst du N e u e s ? Candit. H oheit, das N e u e, was ich unterthanigst bringe, ist immer noch das Alte. Ich meine, S c n n o r Astolfo, mein H e r r , hat seine Absichten auf D on na J u l i a noch keineswcges aufgegeben; er setzt seine B ew er bungen tut Stillen fort, wie sonst. E s scheint sogar, als ob bereits ein Verständniß zwischen beiden ob w a lte , wie ich heute erlauscht; j a , ich habe von einem Besuch munkeln h ö re n , den er ihr diese Nacht in ihrem G arten abstatten will. Herzog. W ie ? Diese N acht? in ihrem G a rte n ? Candi l .
Hoheit in U ntertänigkeit aufzuw arten, ja ! Doch wenn Hoheit die herzoglichen Glieder einer kleinen Verkleidung unterwerfen wollten —
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tod e. He r z o g . Wie meinst du?
Candi l. Donna Julias Kammermädchen ist gewonnen, und bereit, Ew. Hoheit diese Nacht in den Garten ein zulassen. Ueber das Weitere dann lege ich in Unterthanigkeit den Finger auf den Mund. (D e r Herzog scheint über einen Entschluß zu brüten. Indem läßt sich ein Marsch hören.)
Chor . Sey uns willkommen, freundlicher Abend! Kühlend und labend, Wie Thau -um Schooße Der schmachtenden Rose, Sinkst du dem glühenden Tag an die Brust, Rufst uns zur Freude, rufst uns zur Lust! (Leonella wird auf einem Armsessel hereingetragen und begrüßt den Herzog mit lächerlichem Ceremonie!. Dann zahlreiche Herren und Damen, Tänzer und Tänzerinnen, Enrique mit Laura, Carlos, zuletzt Julja mit weiblicher und männlicher Dienerschaft. Der Herzog eilt auf sie zu und führt sie zum Sessel. Der Tanz beginnt. Vom Herzoge aufgefordert nimmt Laura eine Guitarre und fingt.)
Erst er
Aufzug.
1. Laura. Wenn nach des Tags Ermatten, In kerzenheller Nacht Gesang und Tanz sich galten, Ist Leben neu erwacht. Chor. I n kerzenheller Nacht Ist Leben neu erwacht. 2. J u l i a . Doch draußen auf den Matten I n sternenheller Nacht, Ist in den stillen Schatten Die Sehnsucht mit erwacht. Chor. In sternenheller Nacht Ist Sehnsucht leip erwacht. 3. Leonella. Wo Sang und Tanz sich gatten I n goldner Hallen Pracht,
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Co
D er L i e b h a b e r nach d e m T o d e .
D a weicht des Lebens Schatten Und Lust blüht aus der Nacht. Chor.
I n goldner Hallen Pracht Entblühet Lust der Nacht. 4. C a r l o s . Doch wo auf stillen Matten, Wie in des Saales Pracht, Sich Nacht und Sehnsucht gatten, Keimt Liebe aus der Nacht. Chor.
Is t Sehnsucht erst erwacht, Keimt Liebe aus der Nackt. 5. E n r i q u e. Wenn S an g und Tanz sich gatten I n kerzenheller Nacht, Is t in des Atters Schatten Selbst junge Lust erwacht. Chor. Selbst in des Alters Nacht Is t jung die Lust erwacht.
Erster
A u f z u g .
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(Wahrend dessen sind Masken eingetreten, unter ihnen Astolfo, dem es glückt sich Julien zu nähern, und sich ihr zu erkennen zu geben. Der Herzog wird aufmerksam und bemerkt Juliens Bewegung.)
Herzog. Fremde Masken seh' ich schleichen! — Sie erschrickt! — Was kann das seyn? — Hin und her fliegt Wink und Zeichen — S ie h ! Erröthen und Erbleichen! Ein Geheimniß hüllt das ein! C h o r. I n kerzenheller Nacht Is t Lust und Lieb' erwacht. ( Der Herzog sucht sich während des Chors dem verklei deten Astolfo zu nahen; Laura und Carlos vertreten ihm jedesmal geschickt den Weg. Er wird ungeduldig und wie plötzlich von wüthender Leidenschaft ergriffen, faßt er Julien.)
Jul ia . Astolfo! Astolfo, (sich selbst vergessend.) J u lia ! meine Julia!
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e .
tD e r Herzog außer sich, zieht den Degen und rennt gegen den O rt hin, wo Astolfo stand, der indessen ent schlüpft ist.)
Herzog. H a , D erräth er! — F o rt, ihm nach! I h n zu fassen und zu hatten, D er m it frech verwegnem Schatten, M ir zum H ohne, m ir zur Schmach, M eines Festes Frieden brach! Chor. F o rt von hinnen! Welch B eginnen! I n des Festes froh G etüm m el F a llt aus wolkenlosem Himmel Schnell zerstörend Blitzes S c h la g ! (Alles eilt in Verwirrung ad .) L e o n e l t a. F o rt von h in n en ! Welch B e g in n e n ! M ir das Fest so zu zerstören I W eder Jucht noch Anstand eh re n ! O per D io s, welcher T a g ! ( S i e wird gleichfalls eiligst fortgetragen.)
Er s t e r Au f z u g .
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Herzog. S o tt ich noch langer tragen, W as nur ein Feiger tra g t? N ein.' nicht mehr soll's ihm tagen! B a ld , H erz, bald sollst du ruhig schlagen, Wenn seines nicht mehr schlagt! S oll-ich, J u l ia , dich nicht lieben? Kann ich's? Kann ich widerstehn? M ü s s e n Sterne fortgetrieben Nicht nach ihrer Sonne gehn? Und ich sott nie mein hich nennend, Ewig in Begier verbrennend Einen andern glücklich sehn? N ein , nicht langer w ill ich's tragen, M i r soll neue Hoffnung tagen, E r die Sonne nicht mehr sehn! Er winkt einen Diener herbei, dem er etwas austrägt, rs werden ihm Kleider gebracht, die er über die seinigen zieht — Mantel — Hut — Dolch — Schwert.) S o schleich' ich unerkannt mich Ln den G arten, Und stelle zur Zusammenkunft mich ein. S o will ich dort verborgen beii' erwarten, Und unerwartet dann der dritte seyn.
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D e r L i e b h a b e r nach de m T o d e .
Sechs t e Scene. Gegend vor J u lia s G arten mit der M au er, wie in der ersten Scene. Astolfo.
Carlos.
Carl os. Aber A stolfo , Astolfo, w a s hast du g e th a n ? W a r das dein V ersprechen? Astolfo. Ic h hatte dir nichts versprochen; doch du hattest Recht —
CarloS. Ic h hatte Recht, daß ich dich w a r n te , daß ich d a r a u f bestand, n u r heute dieses Fest zu meiden. O m ir a h n ete, w as geschehen w ürde. N u n hast du ohne Zweck des Herzogs Eifersucht zur W u th gereizt, und jetzt ist in der T h a t d as Schlimmste zu be fürchten. Astolfo. K onnt' ich denn anders, C arlos, to n n t' ich a n d e rs ?
Er s t er
Auf zug.
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Und halte der Tod selbst als Schildwacht an d m S a a t gestanden, worin ich sie w ußte, ich wäre nicht zurückgeblieben. Heiße die Pflanze Luft und Licht zu m eiden: du heißest sie sterben! Nein, mag daraus erfolgen, w as es sey, ich weiche nicht aus Ju liens Nahe. Car l os .
H a , sieh, was ist d a s ? D o rt — siehst du nicht dort die dunkle G estalt, die sich an der G arten mauer herschleicht? A sto lfo . W o h l, wohl! ich sehe sie. W er kann das seyn? zu dieser S t u n d e ? — Es ist ein M a n n — ich seh' es deutlich. Carlos. Laß uns auf der Huth seyn! — ich fürchte — Astol fo. S t i l l , still! W ir wollen ein wenig au f die S e ite treten. E s kommt grade hieher. ( Der H erzog schleicht an der G a r te n m a u e r herbei und klopft leffe an die T h ü r e . E in Frauenzim m er öffnet sie und laßt ihn e i n . ) Coritess. Schrift. 7 * 2)0. 5
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tod e. Siehst du wohl? — Auf leises Klopfen, Auf das Zeichen, wohlbekannt, Oeffnet sich geschwind die Pforte, Aufgethan von Frauenhand, Und hinein schlüpft ohne Worte S till der Freund, der draußen stand! Weh, ich bin, ich bin verrathen — Grenzenlos bin ich betrogen! Ach, der Thor, der seine Saaten S a 't in wilde Meereswogen, Wenn der Sturm gepflügt das Feld, E r ist schlimmer kaum betrogen, Als wer, leicht vom Schein belogen, Auf ein Weib sein Hoffen stellt! D ort mich auf die Mauer schwingen W ill ich — komm, mir beizustehn. Mag sie auch den Tod mir bringen, Die Gewißheit w ill ich sehn! Carlos. M it der Ungewißheit ringen, Schlimmer, als das Schlimmste sehn!
Er s t e r Au f z u g .
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Eile dich hinaufzuschwingen! — Ich will unten Wache stehn. (S ie gehen ab.)
Siebente
Scene.
Julias Garten. Jul i a.
Noch bebt mein H e r-! — Noch schwanken M ir S in n e und Gedanken, Und zweifelnd weiß ich kaum. O b's nicht ein T ra u m ! (D e r Herzog tritt auf. Julia halt ihn für Astolfo.) Astolfo! — S ie h , gebrochen Hast d u , was du versprochen, Verwegen selbst dein Leben D er Rache preisgegeben, — Und — stirbst du denn allein? Herzog.
Nicht Astolfo, süßes Leben,
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D e r L i e b h a b e r na c h d e m T o d e . S t e llt erwartet hier sich ein. Doch ein andrer, der m it Freuden Thron und Krone möchte meiden, D er bereit war' selbst sein Leben D einem W illen hinzugeben, D ü rft' er der Geliebte seyn! J u l i a. O Entsetzen! Welche S tim m e ! H im m el! — Ach im tiefsten Leben Fühl' ich meine S e e le beben! — N u r der Herzog kann das seyn!
(Astolfo springt von der Mauer mit Geräusch in den Gatten herab.)
Herzog. H a ! W er w a g t's! — T od dem V erw egnen! H a lt ! W er bist d u ? S te h und sprich! Astolfo. W ohl m it gleichem Recht begegnen H ier die gleichen Fragen sich! H a lt, wer bist du Y frag' ich dich.
Erster
Aufzug.
cg
Her zog. Hier die Antwort! — Fahr' zur Hölle! (E r dringt mit gezognem Degen auf ihn ein, und zwingt ihn sich zu vertheidigen. Gefecht.) J ulia.
Weh! Astolfo! — Zu Hülfe! Zu Hülfe! Trennt si e! Rettet ihn! Hülfe! herbei! (Astolfo fällt im Gefecht. Carlos, Laura, Enrique, Eandil, männliche und weibliche Dienerschaft stürzen von verschiedenen Seiten herein. Fackeln.)
Chor, (außerhalb der Scene.) Schwertergeklirr und Hütfegeschrei! Eilet zu Hülfe, zur Rettung herbei! Julia. O Himmel! — Astolfo! Chor (der von verschiedenen Seiten herbei eilenden.)
Was ist geschehn? W ir eilen, wir kommen, D ir beizustehn!
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e . Julia.
E s ist geschehn! I u spat seyd ihr gekommen! (In d em sie Enrique's Hand saßt und ihn zu Astolfo führt.) D a , V a t e r , steh, was dir genommen! Schau hin: — es ist dein S o h n .
Enrique. M ein S o h n ! Chor. W e h ! — W e h ! — Erschlagen! Erschlagen liegt sein S o h n ! Carlos. W er ist der M ö rd e r? W er hat ihn erschlagen? Enri que.
Renne den^Mörder! W er hat ihn erschlagen? Chor. Renne den M örder! W er hat ihn erschlagen? Eile, den blutigen R am en zu sagen, D a ß ihn ereile der blutige L ohn!
Er s t e r
Aufzug.
(J u lia schweigt und verhüllt ihr Gesicht. Pause.) Herzog. S o wisset den n : Ich hab' ihn erschlagen! — W er will m it m ir zu rechten w ag en? — W ürden tausend Leben W ieder ihm gegeben, Tausendm al erschlug' ich ih n ! ( E r geht ab .) Chor. W eh ! — W eh ! — W as ist geschehen? W ir beben und stehen D on dunkeln W ettern M it Schrecken umzogen, E s rollet der D onner, E s rauschen die W ogen, Entsetzen und G rausen M it S tu rm es S ausen Kom m t heulend geflogen, D ie S te rn e erbeben, E s schwanket der G ru n d !
7i
72
D e r L i e b h a b e r nach d e m To d e . Julia.
Astolfo! Ach, mein Leben H ast du m it dir genom m en! B a ld werd' ich nach dir kommen, Und wieder bei dir seyn! Chor. E s rollet der D onner, E s rauschen die Wogen, Entsetzen und G rausen A uf S tu rm es S ausen K om m t heulend geflogen, — H inunter gezogen Liegt Freude und Leben I m nächtlichen S c h lu n d ! ( De r V or ha ng fdltt.)
Zwe i t e r Au f z u g .
Er s t e
Scene.
J u lia s G a rten , wie beim Schluß deö ersten Aufzugö. Julia
schwarz gekleidet m it einigen F r a u e n zwei D i e n e r n , welche Fackeln tragen.
und
Julia, (sie w in k t; ein Armleuchter m it brennenden Kerzen wird in die Laube gestellt.)
H ie r will ich weilen Allnächtlich einsam , und ihm ungestört D a s Zupfer meiner T hränen bringen. H ier ivo er fiel, da liegt auch jede Freude Und jrd es Glück des Lebens m ir begraben; Aus diesem B oden sprossen keine B lu m en ;
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tode.
Nur stille Trauer blüht hier unverwelklich, Und leise Hoffnung, bald mit ihm vereint zu seyn! ( Ih r Gefolge entfernt sich in den Hintergrund. Sie setzt sich in die Laube. Pause, von Musik passend aus gefüllt. ) Was willst du, süßer Blüthendust, M ir von dem Frühling sagen? Was willst du, linde Frühlingslust, Mich um mein Lieben fragen? Ach, laßt mich ruhn, mein Herz ist leer, Und nie blüht ihm ein Frühling mehr. Mein Frühling liegt tief unten dort I n dunkler G ruft gefangen; Mein Lieben ist weit von hier fort Dem Himmel zu gegangen; Das Herz ist todt, die Welt ist leer; Ich weiß von keinem Frühling mehr. (S ie steht schnell auf.) D'rum nimm mich hinunter, Auch mich nimm hinunter, O Erde, zu d ir! Du hast ja schon Alles,
Zweiter
Aufzug.
M ir alles genommen, Den Frühling, die Liebe, Die freundliche Sonne, Die sonst mir gelacht. Die Seele des Lebens, Ach, hast du genommen! Ich strecke vergebens, Verlangend Und bangend, Verschmachtend die Arme Hinaus in die Nacht! Ach, hör' und erbarme Des rufenden Kindes Dich liebend, o Mutter, Und nimm mich zu dir!
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D e r Li eb h a b e r nach dem Tode.
Zweite Laura.
Scene. Julia.
Laura. Hier find' ich dich endlich, meine Julia! Der Fackelglanz hat mir den Weg zu dir gezeigt. Cr leuchtete mir recht schauerlich entgegen durch die Nacht, und, ach Julia, die Strahlen, die zitternd durch das dunkle Laub der Bäume hin und wieder liefen, sie schienen mir ängstlich etwas Verlorenes -u suchen. Julia, (sich an Lauras Brust werfend.) Verloren, Laura, ach, verloren! Sie werden es nicht wiederfinden! Laur a. Sieh, meine Julia, ich bringe dir von ihm noch ein theures Andenken. Diese Romanze fand ich auf seinem Zimmer, und sie ist ohne Zweifel den letzten Tag vor seinem Tode entstanden, denn du siehst, die Musik ist noch nicht ganz vollendet.
Zwei t er
Au f z u g .
77
(J u lia nimmt das Papier aus ihrer Hand und ent faltet es.) S ie gehört d ir, denn an dich hat er dabei ge« dacht und an seine Liebe. Ach, seine ganze S eele w ar ja immer nur bei d ir! — Ich w ill sie dir vor singen, wenn du willst. Doch laß uns lieber hinein gehn, J u li a ! E s ist hier so bang, so schauerlich, zu dieser S tu n d e , h ier, grade hier an diesem O rte — — Julia. N e in , liebe L au ra, ich bitte dich, laß unS hier bleiben. H ier nur bin ich g ern , hier ist m ir wohl, und wie eine B lum e möcht ich fest an diesem O rt gebunden leben, und vergehn. L au ra. N u n , wie du willst. W ir sind ja nicht allein. ( S i e setzen sich in die Laube. Lauraö D iener, welcher sie begleitet h a t, bringt ihr eine G uitarre.) Hoch vom Schlöffe V illaverde S ch au et B lanca nach dem Thale, S ch au t im letzten Abendstrahle Nach dem treuen R itter aus. » Ach, hier sitz' ich schon vom M orgen,
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D e r L i ebha ber nach dem Tode. Hier die langen, langen Tage, I n die Lust verhallt die Klage, Und du bleibst noch immer aus!*
(Es lassen sich unter der Erde dumpfe Hammerschläge hören. Die Frauen und Diener, die im Hintergründe stehen, treten horchend etwas näher.)
Chor (leise.) Horch! Was wird da unten rege? Klang' es nicht wie Hammerschlage Aus der Tiefe dort heraus? Laura, (die nichts gehört hat, fährt fort.)
Blanca, hoch von Dillaverde, Sende nicht nach jener Seite Deine Blicke fort ins Weite: Nah' ist dir dein Ritter ja, Ach, dein Bruder halt gefangen Ihn im Kerker dir zu Füßen, Laßt ihn seine Treue büßen Fern von dir und doch so nah ! Chor.
Immer näher scheint's zu dringen,
Z w e i t e r Au f z u g .
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Im m er Heller wird das Klingen, Jetzo dort und jetzo d a ! Laura. H a , was ist was giebt's — (Unterirdisches Getös.) W as w ar daS? ! J u l ia , hast du nichts vernommen? Aus der Erde schient zu kommen D um pf und hohl, bald hier, bald da!
Julia. S till und ruhig, meine Laura, S till und ruhig ist es ja ! N u r ganz leise und beklommen S eu fzt im Laub der Abendwind. Singe weiter! O geschwind. Laura, (da es in dem Augenblick ganz still bleibt, fahrt sie fort.) Doch im Schlöffe Dillaverde H arrt um M itternacht noch immer B lanca bei der Lampe Schimmer I n dem einsamen Gemach.
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e . Horch, da regt sich's in der Erde — Ferne, dumpfe Hammerschlage, — Im m e r n a h e r---------
(D as unterirdische Getöse hat während der Strophe wieder begonnen, und ist immer lauter geworden. Laura, die schon während der letzten Verse ihre immer steigende Unruhe gezeigt hat, springt endlich voll Entsetzen auf.) Werden hier denn G räber rege ‘i 1 Werden denn die Todten wach? ! Chor. S e h t d o rt, beginnt nicht die Erde -u beben? H a , sie beginnt sich zu heben, zu heben — S ie thut sich a u f — Es steigt herauf! Sch aut! — o Entsetzen! W eh uns! entflieht!
(D ie Erde öffnet sich, Astolfo, bleich, mit Erde be deckt, steigt langsam aus der Oeffnung. Die Frauen und Diener entfliehen; auch Laura entflieht; J u lia , die gleichfalls aufgesprungen war, sinkt ohnmächtig auf die Rasenbank zurück. Astolfo eilt auf Julien zu, da sich aber von neuem Fackelglanz in der Nähe zeigt, und er den Herzog kommen sieht, verbirgt er sich in einen nahen Pavillon.
Zweiter
Dritte
Aufzug.
8t
Sc e n e .
Der H e r z o g mit G e f o l g e tritt auf. Herzog. H ie r, hier an dieser Stelle hab' ich den Fackel glanz gesehen, hier hab' ich verworrene Stimmen ge hört —
fast war's als Hort' ich um -Hülfe rufen —
und als ich die Gartenthüre offne, stürzt Laura todtenbleich an mir vorüber! — Was ist hier vorgegan gen? — W ie? ist das nicht Ju lia dort in der Laube? ( E r winkt seinem Gefolge, sich zu entfernen.) J u lia ! — meine theure J u lia ! —~ Julia, (sich erholend und aufrichtend.) Wer ruft mich? —
Ach,
Astolfo! Kommst du,
mich abzuholen? — Ach, ich folge dir — ich bebe nicht — ich folge dir ins G r a b ! Nicht Astolfo ?! — Ach, wo bin ich ? Hab' ich geträumt? — Nein ! nein ! es war kein Traum, Ich hab' ihn gesehn! Er ist mir erschienen! CoMess. Schrift.
7- Bd.
6
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tode.
Astolfo! Geliebter! Du hast mich gerufen! Du hast die verwaisete Seele gerufen. Im Tode nur find' ich mein Leben wieder: Ich komme, Geliebter, ich folge dir nach! Herzog. So sehen deine Augen Noch immer nichts als ihn? So muß dein Herz sich Leben Aus leeren Lüften weben, Um noch für ihn zu glüh'n? So stellt sich der Verhaßte M ir immer noch verwegen Im Tode selbst entgegen, Und du liebst doch nur ih n ! Julia. Wie dürst' in meinem Herzen Sich andre Liebe regen si Ach, mit den letzten Schlägen Glüht es ja noch für ih n !
Herzog. H a, so brecht denn alle Schranken,
Zwei t er
Auf z ug.
D ie mich noch zurück gehalten, Brecht nun endlich e in ! Frei soll Zorn iyib Liebe walten, W ill dich fassen, will dich halten, Halten dich in diesen Armen, M agst du lieben oder hassen, M ein doch bist d u , mein!
Julia. W as beginnt ih r? habt E rbarm en! Weh m i r ! schutzlos und verlassen S te h ' ich hier a llein ! Herzog. Nicht a llein! I n meinen A rm en! Jul i a. Weh m i r ! Laßt mich! H a b t Erbarmen ! Herzog. O so rufe doch den Freund, D er dir eben erst erschienen, Ob er willig, dir zu dienen, Nicht zur Hülfe dir erscheint
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e . Julia.
Ach, Astolfo! — (Astolfo tritt aus dem Pavillon mit gezücktem Schwerte — und stürzt den Leuchter mit den Kerzen um. Herzog.
H a ! Entsetzen! W e h , er ist es, der erscheint! — (D e r Herzog und Julia entfliehen beide nach verschiede nen Seiten. Wolf» kehrt in den Pavillon zurück.)
Vierte Carlos.
Laura.
Scene,
Ein D i e n e r trägt i(>m eine Fackel vor. Laura.
Ach, Carlos, C a rlo s, ist es möglich? E r lebt! Mein theurer B ruder lebt! Kaum wag' ich es zu glauben — E r , den wir als todt beweint! — W ie w ar e§ möglich ? Wie ist es zugegangen? Wie konnte hier vor unsern Augen aus der Erde steigen?
Zwei t er
Auf z ug.
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Car l os , (nachdem er die Kerzen auf dem Armleuchter wieder an gezündet und der Diener sich entfernt h a t.) D u w eißt, meine theure L aura, daß dein B r u der nach seinem unglücklichen Zusammentreffen mit dem Herzoge gestern N acht, für todt in meine W o h nung getragen wurde, weit sie die nächste war. D er herbeigerufene Arzt erklärte indeß die Wunde bald für nichts weniger als gefährlich, mnd seinen Z u stand vielmehr bloß für die Folge einer vorhergegan genen heftigen Gemüthsbewegung. Denke dir deines V aters und meine F re u d e ! I n der T h at erwachte Astolfo auch bald nachher aus seiner O hn m a ch t, und w ir wurden eins, diese Gelegenheit zu benutzen, um ihn allen ferneren Nachstellungen des Herzogs zu ent ziehen, und ihn für wirklich todt auszugeben. D a s Stillschweigen des Arztes ward e rk au ft, ich entfernte unter verschiedenen D orw anden alle meine Leute, bis a u f einen einzigen vertrauten D ie n e r , und wir verbreiteten die Nachricht von Astolfos Tode. D u warst hier bei deiner Freundin geblieben, und dein V ater bestand darauf, auch euch im I r r th u m zu las sen, weil er euch beiden nicht so viel G ew alt über
86
D e r L i e b h a b e r nach dem Tode.
Blick und Mienen zutraute, um die Freude eures Herzens den Kundschaftern des Herzogs zu verhehlen, von denen Julia gewiß umgeben ist. Doch als diese Nacht anbrach, war Astolfo nicht langer zu halten. Er kannte das Geheimniß des unterirdischen Ganges, den Don Diego, mein Oheim, einst bis mitten in die Besitzung seines Feindes geführt hatte, und ob gleich von starkem Blutverlust noch entkräftet, stieg er ganz allein hinab. Wo dieser Gang wieder zu Tage kommen würde, das wußten wir beide nicht, und eben so wenig konnte Astolfo ahnen, daß er zu dieser Stunde grade dich und Julien hier finden und euch mit seiner Erscheinung erschrecken würde. Laura. Aber wo ist er jetzt? wo ist er geblieben? Carlos. Ich hoffe, hier in der Nahe, und wenn ich nicht ir r e ------(Die Thüre des Pavillons öffnet sich, und Astolfo tritt heraus.) H a, da ist er! Willkonunen, mein Freund, über der Erde!
Z w e i t e r
Aufzug.
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Laur a, (auf Astolfo zueilend und ihn umarmend.) Astolfo! ach, mein Bruder! Ast ol f o. Meine theure, geliebte Schwester! Ca r l o s . O , Laura, eile jetzt, auch Julien die frohe Kunde zu bringen, und ihren Schmerz zu enden, führe sie hieher!
Laura. Ja , du hast Recht! Jeder Augenblick Verzögerung Ware Grausemkcit. Ich eile! Carl os. Ich begleite dich bis an das Haus. (Beide ab.) Ast ol f o (allein.) Durch Tod Zum Leben Euch grüß' Dich grüß'
und Grab gegangen, neu erwacht, ich, eiv'ge Sterne ich, stille Nacht!
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D e r L i e b h a b e r nach dem T o d e . Dich grüß' ich, holder Frühling, I n deiner Blüthenlust! D es Lebens schönste B lüthe Legst du an meine B ru st!
O N acht, hüll' unsre Liebe I n deinen Schleier ein, Und i h r , o ew'ge S tern e, S o llt unsre Wachter seyn! (L iu ra und Carlos kehren zurück mit Julien. und Julia eilen einander entgegen.) Ju l i a .
Astotfo! Astolfo. Ju lia! Beide. Neuerstanden, neugeboren, I n des Wiederfindens Glück, S e l i g , trunken und verloren, Kehrt das Leben mir zurück. L a u r a. I n der Freunde Lust verloren,
Astolso
Zweiter
Aufzug.
S elig Ln der Freunde Glück, Kehrt die Freude neu geboren, Kehrt das Leben mir zurück. Carlos. Ungewitter ist beschworen, Heiter kehrt der T ag zurück, Und' ich fühle neugeboren Doppelt nun der Liebe Glück. Laura. Doch nun laßt uns hier nicht weilen! Leicht ist Argwohn aufgewacht. C a r l o s , (zu Asiolfo.) I n des V aters H aus enteilen Laß uns sicher jetzt bei Nacht! Astolfo. A c h , Geliebte, ohne Weiten, Laß uns fliehn noch diese Nacht! Julia. N e in , nicht jetzo! denn ereilen W ürd' uns dennoch der Verdacht.
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D e r L i e b h ab er nach dem Tode. Nein, ein Blumenbeet verhülle Künstlich diese Oeffnung hier: Sicher dann bei nächt'gev Stille Führt die Liebe dich -u mir. Astolfo.
Laura.
Carl oS.
Wohl, so sey es! Schnell von hinnen! Nacht bringt unsern Tag zurück; Blumen, stiller Liebe Kinder, Bergen still der Mutter Glück» (Indem sie abgehen wollen, tritt ihnen Leonella, gelei tet von einem Eskudero, zwei Pagen voran, zwei Pa gen hinterher entgegen. Astolfo s;-fingt zurück und in den Abgrund. Leonella hat ihn erkannt und schreit laut auf bei seinem Verschwinden.)
Julia.
Laura.
CarloS.
Wir find verrathen! Sie hat ihn gesehn \
Leonel l a. Weh mir! Was war das? Carl oS. Was ist euch geschehn?
Zweit er
Au f z u g .
Leonella. W a r das sein Geist, der dort verschwunden? Laura. Wovon sprecht ih r ? W er ist verschwunden? L eo n e l l a . E r ! Astolfo! Ich hab' ihn gesehn. Chor der Pagen. W ahrlich, wir haben ihn alle gesehn! Julia.
Laura.
Carlos.
Weh uns! S i e haben ihn alle gesehn! Laura. Ach, ich wollte, ihr spracht w ahr! L e o n e l t a. W a s ich sah, das weiß ich klar. Hier vor mir sah ich ihn stehn. Chor. Hier vor uns sahn wir ihn stehn!
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e .
Julia. Wenn ihr wirklich ihn geseh n
!
Laura.
H a , mir grauset! Laßt uns gehn! Leo n e l l a . Hier Und W ie Don
vor mir sah ich ihn stehn. dann war plötzlich fort, ein Tropfen aufgesogen der Erde dort, ja dort! Chor.
D o r t, ja dort, ist er verschwunden? Noch stehn wir von Schrecken gebunden. S ein Geist w ar's, den wir gesehn! Car l os .
Wenn euch nicht der Schein betrogen, Wenn ihr wirklich ihn gesehn-----Chor. 2 a , wir haben ihn gesehn!
Z w e i t e r
Aufz
u g.
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Carlos. Schauer fühl' ich mich u m w ehn! Julia. O , ich bitt' euch, laßt uns gehn! Laura. W ißt ihr denn nicht wo wir stehn? An der S t e lle , die die Wogen S e in e s B lu tes au fg eso g e n -----Chor.
An der S t e lle , die die Wogen S e in e s B lu te s aufgesogen, W o kaum erst der Mord geschehn! L e o n e l l a. F o r t, so kommt denn, laßt uns gehn! Doch ich weiß, was ich gesehn. Chor. D o n der S t e lle , die die Wogen S e in e s B lu te s aufgesogen, Laßt uns eilen, laßt uns g e h n ! (Si-e gehen ab mit Carlos und Laura; Julia eilt von der andern Seitss ad.)
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D e r L i e b h a b e r na c h d e m T o d e .
Sechste Scene. Zimmer im Pallaste des Herzogs. C a n d i l.
Hernach der H e r z o g .
Candil (tritt schnell herein und läßt die Thür offen, und wird dieß, indem er sich wendet, gewahr.) Wer macht die T hür auf ? W ie? E s hat sie je mand hinter mir aufgemacht! — Oder hatt' ich sie etwa selber offen gelassen? — H m ! — Ich kann solche offenstehende Thüren nicht leiden; besonders bei Nachtzeit. E s ist immer, als ob nun eben jemand hereintreten w ollte, und G ott weiß dann, was das für ein Jem and seyn wird. Es ist wie ein Eingang in die andre W elt; wer weiß denn, was jenseits ist? — Ich bin nicht grade furchtsam, aber es ist nun einmal meine Antipathie, eine solche offne Thüre bei N acht, so gut, wie manchen Leuten die Spinnen. E s liegt in der N atur. (E r hat sich indeß der Thüre von der Seite her ge nähert, und wirst sie nun schnell zu.) Unser Schulmeister bewieß uns im mer, daß alles
Zwei t er
Au f z ug.
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w as da sey, lediglich zum Nutzen und Besten des Menschen erschaffen w orden, und ich kriegte einmal an einem warmen Som m ertage eine tüchtige Ohrfeige von ihm , weil ich ihn fragte: wozu denn der liebe G o tt die Mücken erschaffen h a tte? — Jetzt frag' ich weiter: wozu hat denn der liebe G o tt die Gespenster erschaffen? W ie ? Zum Henker, wenn man sich das arme bischen Leben auch noch von den Todten ver kümmern lassen soll, als ob man nicht schon genug mit den Lebendigen zu schaffen hatte —-! — Mein sel'ger H err könnte auch etwas besseres th u n , als so wie ein Maikäfer im Frühling aus der Erde zu krie chen, und die Leute mit seiner Erscheinung zu er schrecken ! Beim H im m e l, wenn ich nicht jetzt bei der D o n n a Leonella in Diensten stände, vor der, glaub' ich , selbst die Geister Respekt haben, er wäre mir auch schon längst erschienen, um sich für meine guten Dienste zu bedanken. Wie ? ( E r sieht sich furchtsam um.) Aber ist es denn auch wirklich sein Geist gewesen? — Dum m e F r a g e ! W a s kann es anders seyn, a ls der Geist, wenn der Leib todtgestochen ist? — Aber wenn er nun nicht todtgestochen w ä re? — W ie ? — W enn er noch lebte? — W a s ? — C a n d il! E s ist
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tode.
ohnehin gegen alle Aufklärung. Ein starker Geist und Geisterglauben! Pöbetvorurtheile! Pöbelwahn! — Aber was geht baun draußen? Langsame, schwere Schritte — es kommt naher— die Thüre öffnet (ich. — Alle guten Geister — ! — H a, der Herzog! — H u ! wie fleht er so bleich und verstört aus! — fast selber wie ein Geist. (Der H e r z o g tritt ein.) Laß ab von m ir, Entsetzen! Hinweg, unmännlich Zittern! Laßt ab von mir — ich bin ein M ann! — Ha, wende, wende deine Augen! S oll denn mein B lu t zu Eis erstarren? Wohin ich gehe, Wohin ich sehe, Da steht sein B ild und steht mich an! C a n d i l. L weh, wenn ich ihn recht verstehe, Hat's ihm der Geist auch angethan! H e r z o g (zu Candil.) Ich hab' ihn gesehn. Er ist mir erschienen. Ich seh' ihn noch immer vor mir stehn —
Zweiter
Aufzug.
,
C a n d il. Wo ist er? Wo sieht er ihn denn stehn? Herzog. Ich seh' sein Auge, seine Mienen. — Candil. Ich seh' sein Auge, seine Mienen — Herzog. Die bleiche Gestalt, mit Blut bedeckt — C a n d i l. Die bleiche Gestalt mit Blut bedeckt — Herzog. Die Hand mit demSchwerte nach mir gestreckt — Candil.
Die Hand mit dem Schwerte nach mir gestreckt — Herzog.
Und wie ein gräßlich Leichenfeld, Auf dem Gewitterwolken liegen, Von rother Blitze Schein erhellt, Contess. Schrift. 7 < Bd.
7
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D e r L i e b h a b e r na c h d e m T o d e . S te h t das Gesicht mit wohlbekannten Zügen, D a s dunkle Locken wild umfliegen. Bleich, drohend, blutig und entstellt? C a n d i l. Bleich, drohend, blutig und entstellt! Hu h u ! M ir graust! — Doch — wohl erwogen — 'Gesetzt den F a ll— daß doch der Schein gelogen, D aß dieser Geist nun doch nicht Geist, D aß er Astolfo selber heißt — ? Herzog. Wie meinst d u , daß der Schein gelogen, D aß dieser Geist nun doch nicht Geist, l.Daß er Astolfo selber heißt ?
^
Candil. Ich meine, wenn Astolfo lebte! — Herzog. H a , wenn er lebte! Wenn Astolfo lebte! Und die Erscheinung w ar' nur Schern, M it dem mich der Verwegne frech betrogen, — Selbst Ju liens Schreck und Ohnmacht nur er logen —
Z w e i t e r
A u f z u g .
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jp a , wenn — ! — Doch nein, C andit, es kann nicht seyn! Zu gut hat ihn mein Schwert getroffen. W eit sah ich ja die Wunde offen, D ie meine Hand ihm schlug. C a n d i l. E r sah, er sah die W unde offen, D ie seine Hand ihm schlug! Herzog. D as starre A ug', — die bleichen Mienen — C a n d i l. D as starre A u g ', die bleichen Mienen —* Herzog. D ie noch mit dem G rab zu streiten schienen, Aus dem sie eben aufgetaucht, Von der Verwesung schon angehaucht! — C a n d it. Von der Verwesung schon angehaucht — ! —
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e . He r zog.
N e in , nein, so kann kein Schein betrügen, S o kann das Leben Tod nicht lügen! H inw eg! Noch immer seh' ich ihn vor mir stehn! C a n d i t. E r sieht — wo sieht er ihn denn stehn? Herzog. Noch immer ein gräßlich Leichenfeld, Auf dem Gewitterwolken liegen, ' Vo n rother Blitze Schein erhellt, S te h t das Gesicht mit den bekannten Zügen, D as dunkle Locken wild umfliegen, Bleich, drohend y blutig und entstellt! C a nd lL Von rother Blitze Schein erhellt, S te h t das Gesicht m it den bekannten Zügen, D as dunkle Locken wild umfliegen, .B leich, drohend, blutig und entstellt!
Beide. N ein , nein, so kann kein Schein betrügen!
Z w e i t e r
A u f z u g .
i oi
S o kann das Leben Tod nicht lüg en ! Ein B e te war's der Geisterwelt.
Siebente Scene. E n r i q u e , L a u r a , beide in Trauer. Die V o r i g e n .
Herzog. H a , Don Enrique! Schon euer Anblick spricht die T rau er eures Herzens a u s , obgleich der M u n d sie mir verschweigt, und m ahnt nur um so ernster mich an meine schwere Schuld. Enrique. Nicht so, mein Herzog! D es Schicksals Schuld, nicht E u r e !
Herzog. I h r habt Recht. W er mag- denn eine T h at ganz sein nenn en ? W er mag die unsichtbaren Faden alle zählen, an denen das Schicksal unsern A rm , wie unsern Willen gängelt? Doch in jener W elt wird nicht so gerechnet, Don E nrique! N e in , nein! —
io2
D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e.
Es ist mir lieb, daß ihr gekommen bekannt? — Wißt ihr um das, was gen ist? Enrique. W as meint ihr, gnädigster H err? Ich zittre! Herzog. Es tragen sich hier seltsame Dinge nichts davon? G ar nichts?
— Ist's euch hier vorgegan
— (F ü r sich.)
zu. I h r wißt
E n r i q u e , (für sich.) W as sann er meinen? Sollt' er wohl gar wis sen? ----Herzog. I h r wißt nicht, daß euer S ohn Astolfo — Enri que. Mein gnädigster Herr! — (Zu Laura.) Wir sind verrathen ! — (Laut.) Mem Sohrr ist todt. Rul/n in Frieden alle Todten! Herzog.
Euer Sohn ist todt — todt und n ic h t to d t! E r kann nicht ruhn im Grabe!
Z w e i t e r
Aufzug.
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E n r i q u e für sich.) O Him mel! E r weiß alles! E r weiß daß er lebt. (Laut.) Mein H erzo g ! V erzeihung, Vergebung für meinen S o h n ! Um seines V aters willen, der eurem Hause 50 Ja h re treu gedient, vergebt ihm , bekämpft den Groll in eurer B ru st, verzeiht. H erzog. G e rn , gern, D on E nrique! Verziehen sey ihm alles, vergeben und vergessen, und jeder Groll ver tilgt aus meiner B r u s t, wenn dies den blutigen S ch atten, der immer noch vor meinen Augen steht, versöhnen, wenn es ihn zurückbannen kann in das G r a b , dem er entstiegen! E n r i q u e , (für sich.) W ie ? S o weiß er doch nicht, daß er lebt! Ich athme wieder auf. Herzog. I h r w ißt, daß mir sein Geist erschienen ist? Enrique. J a , S ir e — man sagte mir, — ich h ö r t e ------
io 4
D e r L ie b h a b e r nach dem T o d e.
Herzog. N u n , D o n E n r iq u e , ich bitte euch, sprecht, w as m eint i h r ? W ie g laub t i h r , daß dieser Geist zu versöhnen; daß thut die R uhe tut G rabe zu erwer ben sey? S p rech t!
Enri que. O mein Herzog, wiederholt m ir noch einm al das V ersprech en, das ihr m ir g a b t, ihm zu verzeihen! W enn etw as m ir und ihm die R uhe wieder geben k a n n ------
Herzog. N u n w o h l, so gelob' ich euch noch einmal lau t und feierlich, daß ich ihm verzeihe, und keinen G ro ll noch H a ß förder hege gegen i h n ; ich nehme euch zu Zeugen alle, die ihr gegenw ärtig seyd, und auch dich, du blut'ges B ild vor meiner S e e le , und bekräftige dies mein fürstliches W o rt durch meinen Handschlag. Enri que. M ein gnädigster H e r r !
Z w e i t e r Au f z u g .
Acht e
to s
S c e n e .
L e e ne l l a , von dem Eskudero und den Pagen be gleitet. D ie V o r i g e n .
Herzog. W ard euer S o h n schon begraben? Enri que.
J a , gnädigster Herr. Leonella. Wirklich begraben? Enrique. Als es Nacht geworden w a r, trugen sie den S a r g aus meiner W oh nun g, und mein S o h n ging ein in sein unterirdisches H a u s. L e o n e l l a. W o er jedoch keine Ruhe gefunden zu haben scheint.
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tode. Her zog. Wie, Donna Leonella, auch ihr wißt schon? —
Leonella. J a , mein gnädigster H e rr! auch ich habe diesen Geist gesehn, der den ganzen Hof in Schrecken setzt, und ihr seht, ich lebe noch. Herzog. Wo habt ihr ihn gesehn? Und wenn? L e o n e l l a. I n Donna Julias Garten, eben jetzt. Wenn ich nicht irre, mein Fräulein, wart I h r auch zugegen.
Laura. J a , ich war dorL. Doch ohne Zweifel, Donna Leonella, habt ihr euch getauscht; denn ich und Julia, wir haben nichts gesehn. L e o n e l t a. Meine Augen sind von eigensinniger N a tu r, mein Fraulein; sie taffen sich so leicht nicht abstreiten, was sie gesehn. Ih r seyd nur zu bescheiden; ihr wollt nur dem Lobe eurer Herzhaftigkeit ausweichen.
Z w e i t e r
A uf zu g.
107
H erzog. Was heißt das? Was meint ihr? Sprecht! Le 0 nelta. N u n , heißt das nicht Herzhaftigkeit, mein Her zog, mit einem Geiste Hand in Hand zu wandeln, Arm in Arm?
Herzog. W as sagt ihr? Hand in Hand? Wer ging — Le o n e-tla. Wie ich euch sage, Arm in Arm ging Donna Julia mit dem Geiste, He r z o g .
W ie, Julia ! M it ih m !
Leonella. Und plötzlich war der Geist verschwunden. Auf welche Art, kann ich nicht sagen. D as Fräulein und Don Carlos — denn auch der war zugegen — sie wußten, freundschaftlich um mich besorgt, von jeder Untersuchung mich zurückzuhalten.
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D e r L i e b h a b e r n a c h d e m T o d e.
Herzog. H a , mich sott nichts langer h a lte n ! I n des S p ie l s geheimste F alten D r in g ' ich spähend endlich e i n ! Und ich will m it kecken H and en D ieses Herzens Q u alen e n d e n : M e i n doch soll sie, muß sie seyn! ( E r winkt Bertraute herbei, mit denen er heimlich spricht.) E n r i q u e und L a u r a. Ach, wohin will das sich w en d en ? W ird das S p i e l sich glücklich enden, D em der S p ä h e r Blicke d r ä u 'n ?
Leonel l a. Freches S p ie l muß schnell sich enden, Toller W a h n kann nicht mehr blenden, D rin g e n M u th und Scharfsinn e i n ! Candil . Jetzo wird sich's anders wenden, D a s verwegne S p i e l sich enden, Und der Geist wird Fleisch und B e i n !
Z we i t e r Auf z ug. Herzog, (zu den herbeigerufenen Höflingen.) N un seyd bereit im S tille n ! Zum G arten schleichen w ir. M ag uns die Nacht verhüllen, Uns Julien finden lassen! D rum eilt ih r, sie zu fassen, Und bringt ins Schloß sie m it. Chor der V e rtr auten. W ir sind bereit im S tillen, Dein W ort rasch zu vollenden, B ald soll das S piel sich wenden, D ie Lieb' am Ziele seyn! Herzog. ' Und so m it kecken Handen W ill Lch's auf einmal enden: M e i n soll sie, muß sie seyn! E n r i q u e und L a u r a . Wohin will er sie senden? Wie soll das S piel sich enden? (Laß auf der Huth uns seyn!
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D e r L i e b h a b e r nach d e m T o d e . Leonella. S o muß das S piel sich wenden. S o toller W ahn sich enden, Und das Verdienst ist m ein! Candil. S o wird sich's anders wenden, M uß dort das S piel sich enden, .T ritt hier ein neues ein!
Dritter
Auf zug.
Zimmer in Enriques Hause.
Erste Scene. C a r l o s und L a u r a .
Dann E n r i q u e .
Carlos. H a b ' ich endlich dich gefunden! Laß an deinem Anblick mich V on dem treibenden Verlangen, D u , Geliebte, mich gesunden, D a s mir alle Ruhe nim m t! Laura. Ach, du findest mich voll B angen, D a s mir alle Ruhe nimmt. Finstre Wolken seh' ich hangen
im
D e r L i ebha ber nach dem Tode. Darin liegt der Blitz gebunden Meines Bruders Haupt bestimmt. Car l os . Kann die Lieb' ihn nicht beschützen, Wird ihn retten dieser Arm.
Laura. Könnte Lieb' ihn doch beschützen! Könnt' ihn retten doch dein Arm! Enrique, (der indeß hereingetreten.) Rein, nicht Liebe wird ihn schützen! Richt ihn retten wird dein Artn! Ach, mein Sohn, er ist verloren! Anabwendlich ist sein Tod M ir vom Schicksal zugeschworen! Weißt du denn, was ihn bedroht? Anbedachtsam und verwegen Zeigt Astolfo jede Nacht Sich als Geist in Julias Garten *Doch des Herzogs Argwohn wacht. And schon schleichen seine Späher,
Dritter
Auf zug.
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Und schon schleichen seine Mörder — Für Astolfo blüht kein Morgen Schon vielleicht aus di eser Nacht! Laura.
(Recitativ.)
O mein Vater! — Carlos ! — Ach, mein Bruder! Von Mörderhand soll ich dich fallen sehn, Und klagend hier und zitternd stehn, Und soll nicht helfen, schützen, nicht dich retten ?! Arie. Nein, nicht zögern, nein, nicht klagen! Laßt uns helfen, retten, wagen, Unser Leben setzen ein! Nicht unmännlich harrend beben, Laßt uns dem geliebten Leben Unsre Brust zum Schilde leihn, Und ist uns versagt zu retten, Ha! dann, sprengend feige Ketten, Sterbend seine Rächer seyn! E n r i q u e (sie umarmend.) Meine geliebte Tochter! — Des Vaters Leben für des Sohnes Leben! M it Freuden! eonteff. Schrift. 7. Bd. 8
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D e r L i e b h a b e r nach dem Tode«
Carlos. D e s F reundes Leben fü r des F reundes Leben! Und wenn w ir ihn nicht retten können, dann wenigstens rächend m it ihm u n te rg e h n ! Enrique, (ihm die Hand reichend.) A u f Leben und T o d ! E s komme wie es komme! C a r l o s (einschlagend.) A u f Leben und T o d !
Laura, (ihre Hand auf die beiden verbundenen legend.) Laßt mich Ote d ritte s e y n ! A uf Leben und T o d !
Enrique. Doch laßt uns auch durch unzeitige V erw egenheit nichts übereilen und verschlimmern. Noch ein M itte l bleibt uns zu versuchen, ehe w ir an das Aeußerste kommen. Carlos. Und welches, mein V a t e r ?
Dritter
Auf z ug .
115
E n r i q u e. D ie Flucht! Astolfo muß fliehn. Und da es ver gebens seyn wurde, ihn ohne Julien dazu bewegen zu w o llen , so eile du zu deiner Freundin, meine Toch ter, und überrede sie, aufs schleunigste mit ihm zu entfliehen. Carlos. Thue d a s , meine geliebte Laura?
Laura. W o h la n , ich gehe! Zu D reien . A u f Leben oder Tod Vereinen wir die Hände. W a s auch das Schicksal sende: A uf Leben oder T o d ! (Alle Dreie ab.)
iictt glaubte M a thilde den bekannten grünen Wagen mit den Roth schimmeln in der Ferne vorüber eilen zu sehen. Waring schien an der Seite eines Frauenzimmers darin zu sitzen. Eine ihr bis jetzt unbekannt gebliebene schmerz liche Empfindung regte sich in ihrem Busen, und trieb eine zornige Nöthe auf ihre Mangen.
D i e S c h at z g r äb er .
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Als sie endlich in den sogenannten Zelten ange kommen waren, flogen ihre Blicke spähend nach allen Seiten. Waring ließ sich nirgends sehen. Der Ge heimerath , der Gewohnheit der Berliner entgegen, die anmuthige Aussicht dem Staube und Gedränge vorziehend, führte seine Gesellschaft nach dem Platze hinten am Waffer. Da nahte sich ein junger Mann Mathilden, derselbe, der ihr schon heut den B rie f von Waring gebracht, und steckte ihr verstohlen ein Billet zu. Sie erkannte Warings Hand; doch da eben ihre Mutter sich nach ihr umsah, schob sie es schnell in den Busen. Der Geheimerath war indeß an das Geländer an der Spree getreten und zeigte seiner Begleitung links Bellevue und rechts das prächtige Gebäude der Charite. Diese Gelegenheit benutzte Mathilde, um schnell das B illet zu öffnen und zu lesen. Es enthielt bloß mit einigen flüchtigen Worten eine kahle Entschuldigung seines Nichtkommens, da er in diesem Augenblicke zu ihrer Beiden Glück und Heit an einem andern Orte beschäftigt sey. »Beschäftigt!« flüsterte Mathilde »und wohl an genehmer!« und legte die kleine Hand unter die
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D i e Schat zgräber.
linke Brust, wo sie eben einen recht stechenden Schmerz fühlte, und zwei große Thränen perlten ihr in den schönen Augen. Doch ihr Herz konnte den Glauben an Warings Treue nicht so geschwind aufgeben, und das alte Vertrauen, nur auf einen Augenblick aus seiner Wohnung verdrängt, machte bald wieder sein Recht auf dasselbe geltend, und so fing es allmählich an wieder gelassener zu schlagen, und als darauf der Thee kam, konnte sie mit einer gewissen behaglichen Sorgfalt die Handschuhe auf dem Tische zusammen legen, * ) ja, als ihrem ungeschickten Bruder das allzugroße Stück Kuchen von dein Löffel abglitschend in die Taffe zurückfiel, und ihm der Thee ins Ge sicht sprützte, vermochte sie recht herzlich darüber zu lachen. Allein auf dem Heimwege ging ihrem Herzen alle erkämpfte Ruhe und Heiterkeit mit einem Male wieder verloren. Der grüne Wagen mit den Roth schimmeln jagte unter den Linden ganz nahe vorbei. Waring saß neben einem jungen Frauenzimmer, hin ter deren großen Hute er sein Gesicht zu verbergen * ) Wie S ie , verehrter Freund, -er S ie Alle- sehen, da mals bemerkten!
D ie S chatzgräber.
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suchte. — „W ar das nicht Waring?* rief Elisa beth. — „ Nein, nein! e erwiederte der Geheimerath mit einem besondern Lächeln , Sie irren sich! Waring ist jetzt nicht in Berlin. * Mathilde aber senkte die thränenschweren Blicke zur Erde und sprach leise, doch mit einer Empfindung, die sie für muthige Entschlossenheit hielt: ,Zu meinem Glück und Heil! Fahr h in ! Noch zu rechter Zeit entlarvt sich der Nem thcr! * Indem erreichten sie das Schauspiel haus ; doch Mathilde sah und hörte wenig von der Schuld, sondern dachte wider Witten nur immer an den Schuldigen.
S. Herr Wolfgang und Heimken waren indeß auf ihrer Fahrt nicht glücklicher gewesen, als am Vor mittage; der Abend dämmerte bereits in den Straßen und Beide stolperten müde und mißmuthig, Heim ken allezeit einen halben Devotion 6schritt hinter sei nem Herrn, nebeneinander hin. Da faßte jener plötzlich den Letztem beim Arm, zeigte mit dem Fin ger vorwärts und sprach hastig; »Halten zu Gnaden,*
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D ie S chatzgräb er.
und zugleich, »wenn ich nicht behext bin, so geht dort unser Satan!« Herr Wolfgang sah in der Entfernung von etwa fünfzig Schritten einen Mann im grünen Rock vor sich gehen, der allerdings mit dem Gesuchten die größte Ähnlichkeit zu haben schien. Sie beschleunig ten ihre Schritte. Doch, als hatte jener Kunde von seinen Verfolgern, fing er gleichfalls an, starker aus zuschreiten, und wie sehr diese sich auch anstrengten, die Entfernung zwischen ihnen ward nicht kleiner, sondern nahm vielmehr mit jedem Schritte zu. So gings durch mehrere Straßen. »Soll mich Gott holen« rief Heimken keuchend »wenn der Be lial sich nicht die Beine mit Armesünderfett einge schmiert hat, und dies und das! Zwanzig Meilen in einem Tage ist solchem Kerl ein Spaß.« Herr Wolf gang fing an sich in Trab zu setzen. Heimken folgte. Schon waren sie jetzt nur noch wenige Schritte von dem Grünen. Heimken streckte schon die Hand aus, ihn fest zu halten, da bog er plötzlich Ln eine schmale Gaffe ein, und als sie sich gleichfalls um die Ecke wandten, sahen sie ihn bereits am andern Ende der selben in ein Haus schlüpfen. Herr Wolfgang folgte
D ie
S c h a tz g rä b e r.
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ihm auch hier ohne Bedenken. Sein Entschluß stand fest, keinen Winkel dieses Hauses undurchforscht zu lasten; er sandte daher seinen Begleiter nach dein Hofe, von wo ihnen aus einem Hintergebäude laute Musik entgegen schallte und trat selbst Ln die nächste Thür, die er vor sich sah. Aus den Wolken von Tabacksrauch, die ihn sogleich einhüllten, und aus den mit Biertrinkern wohl besetzten Tischen nahm er bald ab, wo er sich befand. Er ließ sich ebenfalls ein Glas Bier geben und begann seine Wanderung durch die Zimmer. Vor einer verschloßnen Thür ward er endlich genöthiget H alt zu machen; doch indem trat Einer herbei, pochte dreimal auf eine be sondere Weise an, und sprach dann laut ein unbe kanntes Wort aus; die Thür öffnete sich, und Herr Wolfgang ging dem Vortretenden, wie befremdet ihn auch dieser von der Seite ansah, ohne Umstände noch. Die Stube war voll Menschen, die sich um einen großen grünbeschlagenen Tisch in der M itte drängten, auf welchem die Würfel lustig hin und wieder liefen. Sein erster Blick fiel auf den Grü nen ihm gegenüber an der andern Seite des Tisches. Sogleich machte er sich Bahn durch das Gewühl. Contkss. Schrift. 7. Dd.
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Jener hatte sich indeß in einen Winkel zurückgezo gen und kehrte ihm den Rücken zu.
Schnell trat er
ihn an, klopfte ihm höchsterfreut auf die Schulter und sprach: »Auf ein W ort, mein Freund!" Doch als schlüge der Blitz vor seinen Füßen ein, prallte er zu rück, als jetzt der Grüne sich wandte, und ihm ein gänzlich unbekanntes Gesicht entgegen starrte.
M it
Mühe stotterte er eine Entschuldigung hervor und sah sich nun um, wo der achte Grünrock geblieben. Allein dieser war nirgends zu sehen. Mißmuthig zog sich Herr Wolfgang nach der Thür zurück; indem er aber hier sich nochmals, das Jimmer über blickend, umkehrte, siehe! da stand ihm gegenüber an der andern Seite des Tisches der Geisterbanner wieder, wie er vorhin gestanden. M it kochendem Grimm in der Brust stürzte er sich von neuem in das Gedränge, doch ehe er noch die andere Seite er reicht hatte, sah er dort eine zweite Thür sich öffnen, und da der Grüne verschwunden w ar, zweifelte er nicht, daß er dort hinausgegangen, und folgte ihm auf der Stelle. Er befand sich im Hofe, ihm gegen über aber trat jener eben in den hellerleuchteten Tanzsaal; Herr Wolfgang schnell hinterdrein.
Doch
Die Schatzgräber.
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welches Schauspiel stellte sich hier vor seine Blicke! Heimken in den Armen eines Frauenzimm ers, deren hochgeschminkte Wangen und freie Bewegungen gleich keinen Zweifel über sie ließen, wirbelte nach dem Takt einer rauschenden Musik im raschesten Walzer durch den S a a l. D er Schweiß floß über sein Ge sicht, und bei dem vergeblichen Bestreben, sich los-zmvLnden, möchte er die allerseltsamsten Kapriolen. S o wie die Tänzerin müde zu werden begann, tr a t sogleich eine Andere an ihre S te lle , und von neuem rasete der Wirbel Ln die Runde unter dem wiehern den Gelächter der Umstehenden. M itten unter dem Haufen aber ward H err Wolfgang seinen Grünrock gew ahr, der die Mädchen noch immer zu tollerer Lust aufzuregen schien. S ein erster Gedanke indefl war jetzt nur, den treuen Diener aus den Händen der M änaden zu retten, und so sprang er in den K reis, faßte die Tänzerin beim Arm und donnerte ihr den Befehl zu, den Menschen los zu lasten. D as Mädchen trat vor der hohen Gestalt und dem ge bietenden Wesen scheu zurück, und H err Wolfgang faßte den taumelnden Heimken beim Kragen und steuerte mit ihm dem Grünen nach, der so eben den
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D i e Sch at z g r äb er .
Saal verließ und schnell über den Hof schreitend im Dorderhause die Treppe hinaufstieg. »Aber Heimsen“ rief Herr Wolfgang voll Ingrim m , „plagt ihn der Teufel!“ »Muß wohl !“ erwiederte jener. »Ich weiß sonst nicht, wie mir auf einmal die bestialische Lust in die Beine gefahren ist, als mich der geschminkte Balg zum Tanze aufforderte. Einmal herum! dachte ich, aber die Hexen ließen mich nicht wieder los, und triebens immer to lle r!“ Unter diesen Worten* waren sie auf dem Flur des zweiten Stockwerks angekom men. Hier blieb Herr Wolfgang zurück, da er nicht wußte, ob jener weiter gestiegen, und sandte Heim sen die zweite Treppe hinauf mit dem Befehl, zu rufen, sobald er auf der Spur sey. Allein eine lange Zeit verging und Heimken rüste nicht und kam auch nicht wieder. Endlich ließ sich von oben herab ein heftiges Pochen und Larmen vernehmen, und Herr Wolfgang glaubte deutlich Heimkens Stimme zu un terscheiden, die um Hülfe rief. Rasch flog er die Treppe hinan dem Klopfen nach, das ihn vor eine Thür führte, die von Außen verriegelt war. Er öffnete, und Heimken trat heraus.
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»Aber um Gotteswillen! “ rief jener, »wo hat ihn der Satan hingeführt? “ »In die Commodität!« versetzte Heimken. »Ich hatte ihn schon beim Rockschovß, nämlich jben Satan, da wandte er sich und freuete sich ungemein mich zu sehen, und dies und das, und bat mich nur hier in das Zimmer zu treten, machte die Thur auf, schob mich hinein und riegelte von Außen zu. Der strenge Geruch hier brachte mir Verdacht in die Nase; ich griff um mich herum, und begriff nun bald, wo ich war. Und zugleich ist der Satan ohne Zweifel in dieser Stube. Ich habe ihn da hinein gehen gehört.« Herr Wolfgang machte sich sogleich an die bezeich nete Flügelthür und klopfte an. Alles blieb still. Er wiederholte das Klopfen und versuchte endlich zu öffnen. Die Thür war verschlossen. Er aber, der jetzt nichts weniger als in der Laune war, sich durch irgend etwas zurückhalten zu lassen, stemmte sich mit Macht dagegen, sie flog auf, und er wollte in das Zimmer treten, hielt jedoch plötzlich den Fuß zu rück und blieb überrascht auf der Schwelle stehen, denn ihm gegenüber stand im Halbkreis, nur von einer Kerze matt erhellt, eine Gesellschaft der üben*
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Die Schatzgräber.
teuerltchffen Menschengestalten m it auserlesenen G a l genphysiognomien und schien jeden Augenblick bereit, sich m it geschwungenen S ab eln und Dolchen a u f ihn zu w erfen; an ihrer Spitze der G rünrock, der ein gespanntes P istol ihm gerade entgegen hielt. N u r einen Augenblick indeß stutzte H err W olfgang, dann zog e r , a u f alle Falle versehen, gleichfalls ein P isto l schnell au s der Tasche, spannte den H ahn und jenem dam it nach der B ru st zielend rief e r: » E le n d er, wer du auch seyst, deine D rohung schreckt mich nicht! B ist du ein ehrlicher M ann, so halte dein W ort und komm m it m ir! Ich verlasse diesen Platz nicht lebend ohne dich!« E r hatte kaum diese W orte gesprochen, so wurden in den angranzenden Zimmern verschiedene S tim m en lau t, und hastig herbei eilende T ritte ließen sich vernehm en; Heimken aber, hinter seinem H errn versteckt, glaubte nicht an d e rs, als daß die gegen überstehende R otte bereits au f sie los stürze, riß daher in der Angst das andere P is to l, welches er bei sich tru g , hervor, streckte den Arm aus, drückte ab — und wohlgetroffen stürzte der G rüne m it dumpfem Falle zu B oden. Lautes Geschrei erhob sich von allen S e ite n . Heimken aber faßte seinen H errn beim Arm,
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der den Herbeieilenden Rede stehen zu wollen schien, und zog ihn mit sich fort trotz allem Sträuben die Treppen hinab, auf die Straße, und dort in blinder Hast ohne sich umzusehen immer weiter und weiter, bis endlich Beide athemlos gezwungen waren, lang sam zu gehen. » Heimsen! Mordbrand! (< rief Herr von Schar neck; »wie ist ihm zu Muthe? Er hat einen Men schen todtgeschossen! “ Heimken bat ihn um Gotteswillen, doch nicht so laut zu sprechen und trieb von neuem zur Eile. »Aber was soll nun daraus werden?« fragte Jener nach einer Weile wieder. »Nur fort! nur fort!* entgegnete Heimken. »Fort aus der Stadt! Aus dem Lande, wenn's seyn muß! « Herr Wolfgang meinte, aus dem Lande nicht allein, sondern auch aus der Welt dazu, wurde man ihn schon befördern ohne sein Zuthun. Seine eigent liche Absicht aber war gleichfalls, die Stadt noch diese Nacht zu verlassen, denn er hatte selbst größere Angst als er sich merken ließ. „Heimken!« sprach er, indem sie vor dem Hause
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Di e Schatzgräber.
des Geheimeraths anlangten — »Heimken! so ist dem Kain nicht zu M uthe gewesen, als er seinen B ruder erschlagen hatte, und doch bin ich unschuldig an dem vergoßnen B lu te ! Und ach! was soll nun aus mei nem Schatze werden? c< M i t diesen Worten stieg er die Treppe hinauf nach der W ohnung des Geheime r a th s , wo man mit dem Abendessen a u f ihn wartete und schon anfing besorgt zu werden. E r zog seinen W irth sogleich bei S e ite , entdeckte ihm den V orfall und zeigte ihm seinen Entschluß a n , noch in dieser Nacht abzureisen. Die Vorstellungen des Geheime r a th s , daß er durch diese übereilte Flucht sich nur noch verdächtiger machen würde, daß die saubere G e sellschaft der Galgenkandidaten wohl gar nicht ein mal rathsam finden möchte, laut zu werden, blieben ohne alte Wirkung. » N e i n “ rief er »ich halte diese quälende Unruhe, diese teuflische Angst nicht a u s ! Und bin ich es denn nicht meinem Heimken schuldig, ihn zu retten? I s t denn der arme Schelm nicht eigentlich um meinet willen zum Mörder geworden? Auch kommt man uns wohl gar nicht au f die S p u r ? Bleiben wir aber
D ie S c h a t z g r ä b e r .
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hier, wie leicht werden w ir dann unsre eigenen V errather! ” D er Geheimerath mußte sich zum Ziele legen und erhielt nur noch einen Aufschub bis zum Morgen. Der lebhafteste Kampf aber stand Herrn Wolfgang mit Frau Gertrud und ihren Töchtern noch bevor, die ihn mit Einwendungen, Klagen und Bitten be stürmten und beschossen.
Doch als er ihnen vertraute
was vorgefallen, überfiel sie Schrecken und Angst vor der Berliner Polkzei,
von welcher
sie
entsetzliche
Dinge gehört hatten, so heftig, daß sie jetzt selbst auf die Beschleunigung der Abreise trieben. Und der
goldne Knopf des Marienthurms
fing
kaum an im Frühlicht zu schimmern, da sagte Herr Wolfgang dem Geheimerath Lebewohl, und die alte Familienkutsche
klapperte
durch
die
dämmernden
Straßen dem Thore zu. Ä G ott
sey Da n k !
Athem holend,
rief Herr W olfgang,
tief
als er sich endlich im Freien sah.
Heimken aber draußen auf dem Bock, hub an und sang mit heller Stim m e: » O Ewigkeit, du Donnerw o rt!^
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D i e Schatzgräber.
9
.
Am zweiten Abend nach ihrer Rückkehr auf Schloß Scharneck saß die Familie wieder in der großen Wohnstube beisammen, und Fraulein Ma thilde, um ihren Vater zu zerstreuen und sich mit, hatte eben angefangen den Götz von Berlichingen vorzulesen, als es mit leisem Finger dreimal an die Thür klopfte. Heimken nahm zögernd ein Licht vom Tische und ging hin um nachzusehen. Doch indem er die Thür öffnete, prellte er voll Entsetzen zurück, der Leuchter entfiel seiner Hand, und er schrie mit bebender Stimme: — »Alle guten Geister und dies und das! “ — Herr Wolfgang sprang vom Stuhl auf, und starrte nach der offnen Thür. »Nur herein mit Gott!“ rief er endlich. Da trat langsam und feierlich der Grünrock auf die Schwelle, sah im Jimmer umher und sprach: » Da bin ich!" — Es entstand eine lange Pause. M it Verwunderung, welcher sich allmählich eine etwas unheimlichere Empfindung beimischte, betrachteten die Frauenzim mer den Fremden, der regungslos wie ein Steinbild in der Thüre stand. Herrn Wolfgang aber über-
D i e Schatzgräber.
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mannte das Grausen, welches ihm die Haare zu lüpfen anfing, und ging mit festem Schritte auf ihn zu. »Wer du auch bist “ sprach er „ magst du noch am Leben seyn, oder aus dem Grabe zurück kehren, so gieb Rede und Antwort auf meine Frage: was begehrest du?« Doch jener winkte ihm schweigend mit der Hand nach der Thüre. Herr Wolfgang be fahl dem zitternden Heimsen, Licht nach seinem Zim mer zu bringen, und führte den Grünen dorthin. Hier ergab sich nun bald, daß dieser von dem ganzen Abenteuer in Berlin und von dem Schusse, den Heimken auf ihn gethan, kein Wort wußte oder wissen wollte; vielmehr behauptete er, daß ihm die Anwesenheit des Herrn von Scharneck gänzlich un bekannt geblieben sey; er habe aber sein Geschäft dort vollbracht und kehre nun zurück, seiji Wort zu lösen. So unerklärlich jetzt auch der ganze Vorfall für Herrn Wolfgang wurde, so höchst erfreut war er doch über die wieder eröffnete Aussicht auf dieHebung des Schatzes, und er bat den Grünen, nur sogleich eine Zeit dazu anzuberaumen. Dieser bestimmte die folgende Nacht. Ungern willigte Herr von Scharneck
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D i e Sc h at z gr äb e r .
ein, ihn wieder aus seinen Handen zu laffen, doch er versicherte sehr ernst, daß er unter diesem Dache nicht ruhen könne und dürfe, und versprach morgen vor Mitternacht zur Stelle zu seyn. »Du mein Schöpfer« rief Heimken »das ist alles gut und dies und das, aber wen habe ich denn nun eigentlich todtgeschoffen? • , Das kann dir gleich seyn!“ erwiederte jener. » Du hast einen Menschen getödtet, und die Strafe folgt dir auf dem Fuße. * Der folgende Tag aber brachte schon auf Heimkens Frage eine befriedigende Antwort. Es langte nämlich ein B rie f von dem Geheimerath Asling an, worin dieser seinen Freund vor allen Dingen ersuchte, wegen Heimkens Mordthat nicht langer in Sorge zu seyn, indem der angestrichene Artikel in dem beilie genden Zeitungsblatte eine zwar sehr lustige, aber auch zugleich vollkommen beruhigende Erklärung der selben enthalte. Der angestrichene Artikel aber lau tete folgendermaßen. »Nachdem am verwichenen Donnerstag, den gten »September, in den ersten Abendstunden, sich zwei »Unbekannte erfrecht haben, nach gewaltsamer Er-
D i e Schat zgr äber.
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» brechung der Thür in die Wohnung des Unterzeich„ neten Fr anz Li on einzudringen, und daselbst die „künstliche Figur des berüchtigten Räubers, genannt «Fr a D i a v o l o , welche nicht nur wegen der täu„ sehenden Aehnlichkeit, sondern auch wegen der be. »sondern Sorgfalt und ausnehmenden Geschicklichkeit, „womit sie nach den Regeln der Kunst verfertigt, von »den Kennern aller erlauchten Höfe und berühmten „Hauptstädte von ganz Europa als ein Meisterwerk „ einzig in seiner Art bewundert worden, mittelst eines „Pistolenschusses gänzlich zu zerschmettern und mir „ dadurch einen unersetzlichen Verlust zu verursachen, „so verspreche ich hiermit Jedem, der mir die Thäter „ namhaft machen kann, unter Verschweigung seines „ Namens eine angemessene Belohnung. * Franz
Lion,
Eigenthümer eines künstlichen WachsfigurenKabinett.
Am Schluffe des Briefes fügte der Geheimerath hin zu, daß er die Sache bereits vollkommen ausgeglichen, und den Herrn Franz Lion entschädiget habe. Schweigend, denn er schämte sich doch ein wenig, reichte Herr Wolfgang seinem Diener das Zeitungs-
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D ie Schatzgräber.
btatt. Heimken ab er, indem er la s , schrie m ehrmals lau t jubelnd a u f, tanzte a u f einem B eine umher und ließ es sich nicht nehm en, seinem H errn in der Freude seines Herzens einigemal den Rockschooß zu küssen. Diesem w ar denn auch eine allzugroße Last vom H er zen gehoben, als daß nicht die Freude darüber den kleinen Aerger über seine Beschämung hatte über winden sollen. E r fing an, die Geschichte bei allem Unerklärlichen, das ihr noch immer blieb, am Ende selber doch lächerlich zu finden, ging lachend hinüber, sie F rau G ertruden zu erzählen, und sah nun m it frohem M uthe der M itternacht entgegen. io . D er G rüne hielt diesm al W ort. Um halb zw ölf bereits tra t er in H errn W olfgangs Z im m er, dieser aber hatte schon seit einer S tu n d e seinen treuen Knappen verm ißt und ihn überall vergeblich gesucht, und da jetzt keine Zeit mehr zu verlieren w ar, mußten B eide sich entschließen, den W eg nach dem linken Schtoßflügel allein anzutreten. D er S tu rm trieb sein S p ie l m it der W etterfahne, heulte durch die Lücken des alten T h u rm s, und die E u le n , die darin-
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nen nisteten, schrieen ihr Huhu in die schwarze Nacht hinaus, den Dreiklang vollendend. Ein leises Frö steln schlich Herrn Wolfgang doch am Rücken hinab, als er die Thür der sogenannten Marterkammer auf schloß. Wie er es vermuthet hatte, wandte sich der Grüne sogleich zu dem Bilde der heldenmüthigen Burgfrau, knieete schwer seufzend davor nieder und schien zu beten. Dann bedeutete er seinem Begleiter, daß vor Allem erst das steinerne Bild aus der Mauer gebrochen werden müsse, empfahl ihm aber von nun an das strengste Stillschweigen. Die Steinplatte wich bald der vereinten Kraft ihrer Brechstangen. Es zeigte sich hinter derselben eine Oeffnung, die in die Tiefe hinab ging; noch waren Ueberreste einer steiner nen Treppe zu sehen, die allem Anschein nach erst vor kurzer Jeit hinunter gestürzt seyn mußte. Herr Wolfgang dachte an das unterirdische Getöse, als er neulich von Außen gegen die Steinplatte gestoßen. Eine Leiter ward herbei geschafft und hinabgelassen; der Grüne stieg voran und jener folgte. Sie befanden sich in einem geräumigen und hohen Keller, dessen Gewölbe auf mehreren starken Pfeilern ruhete. Gegen über in der Wand öffnete
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sich ein schmaler Gang, aus welchem zu Herrn W olf gangs Verwunderung ein starker Luftzug strömte. Der Grüne zündete ein paar mitgebrachte geweihte Lichter an und setzte sie an die Erde; dann zog er aus der Tasche eine kleine Rauchpfanne, brachte die darin liegenden Kohlen in Brand und streute ein Pulver darauf, von welchem alsbald ein dicker Qualm empor wirbelte, der das ganze Gewölbe erfüllte und die Eigenschaft zu haben schien, alle Gegenstände dem Auge zu vergrößern; wenigstens zeigte sich der Grüne, wie er durch die Lichter von unten herauf beleuchtet hin und wieder schritt, in einer wahrhaft riesigen und furchtbaren Gestalt. Indem ließ sich ein Geräusch vernehmen, welches beinahe wie ein leises Niesen klang. Der Geisterbanner horchte; doch alles blieb ruhig und er nahm den Hut ab und sprach: So laßt uns denn ein stilles Gebet thun für den ermordeten Burgvogt, auf daß seine Seele bald möge erlöset werden!« Herr Wolfgang zog gleichfalls den Hut und Beide beteten leise. Hierauf brachte jener ein Gefäß hervor, welches eine rothe Flüssigkeit zu enthalten schien und be sprengte damit den Boden. Dann begann er mit
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dumpfer Stimme, die allmählich immer lauter ward und endlich wie ein Sturm durch die Gewölbe brauste: »Mitternacht, ich rufe dich 5 Mitternacht, erhöre mich! Sieh, ich saug' an deinen Lippen: An den bleichen stummen Lippen: Oeffne deinen Mund und sprich! Und dich fassen meine Hände, Roth vom Blute grauer Sünder, Roth vom Blut erwürgter Kinder Mitternacht, ich fasse dich! Schleuß den Schooß der Erde auf. Rufe sie herauf, herauf. Die bis zu dem Tag der Strafen Dort im Leichenhemde schlafen. Ohne Hoffen der Erbarmung; Ruf fie auch, die du gezeugt. M it der Erde du gezeugt In verstohlener Umarmung! Eurer Mutter Schooß entsteigt, Steigt herauf ihr Luftgestalten, Der Gespenster bleiche Schaar! Contess. Schrift.
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D ie S c h a tz g rä b e r. A u f! den Schooß, der euch gebar, Hat die Mitternacht gespalten Und mit dieser blut'gen Faust Greif' ich in ihr Eingeweide, Wo ihr an den Leichen schmaust: Auf! Herauf! herauf! herauf! Rasch herauf----------------
Ein lauter Schrei unterbrach ihn in diesem Augen blicke. Hinter einem Pfeiler hervor wurden zwei weiße Gestalten sichtbar und eilten herbei. M it dem höchsten Erstaunen erkannte Herr Wotfgang seine beiden Töchter. Doch ehe er noch Jeit hatte, zu (Ich selbst zu kommen, ließ sich von der aridem Seite ein noch gellenderes Angstgekreisch vernehmen; eine männliche dunkle Gestalt zeigte sich und stürzte aus sie zu. Indem aber stolperte sie über einen Stein, fiel und kroch nun aufKnieen und Händen mit großer Schnelligkeit vollends bis vor ihre Füße hin, und schrie voll Entsetzen: »der schwarze W olf! der schwarze Wolf!« Es war Heimken; und in der That verfolgte ihn ein schwarzes, vierfüßiges Thier, welches der dicke Rauch, der sie umgab, bis zum Ungeheuer ver-
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größerte. Heimken warf sich mit dem Gesichte an die Erde; das Ungeheuer sprang ihm bald auf den Rücken, bald auf diese, bald auf jene Seite, und versuchte ihn ins Gesicht zu lecken. Da sah Herr Wolfgang, der eben seinen Hirschfänger gezogen hatte, daß es He'rmkens schwarzer Pudel war. Heimfcn aber brüllte gräßlich und schrie: »Ich will ja Alles bekennen! Ich bin ein Schurke, ich bin ein Schuft, der seinen Herrn betrügen wollte! Rettet mich nur von dem Ungethüm! rettet mich von meinem verfluch-ten Ahnherrn und Verwandten! “ Der Geisterpanner packte ihn am Kragen, stellte ihn mit einem gewalti gen Ruck auf die Beine, und indem seine drohende Geberde ihm Stillschweigen gebot, befahl er ihm durch Zeichen, einen Spaten zu nehmen und zu graben. Dasselbe Geheiß erhielt Herr Wolfgang. Sir fingen an zu graben. Zu drs Letzter« unaussprech licher Freude stießen sie bald auf etwas Hartes, und es zeigte sich, daß es ein eiserner Kasten war> M it Mühe brachten sie die bedeutend schwere Last herauf. Der Grüne rief: Gott Lob! Herr Wolfgang faltetedie Hände vor der Brust und sendete einen freudig dankenden Blick zum Himmel. — Der Kasten war
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D i e
v ersch lo ssen .
S c h a t z g r ä b e r .
V o ll U n g ed u ld
k rä ftig e n
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sie w u r d e n
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sich j e t z t e r s t b e s i n n e n d , » w i e
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H ergehen sey;
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S ta m m
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D ie S c h a tz g r ä b e r .
24.1
Neugier sie Beide nun dahin gelockt, wie sie in dem verfallenen Gemäuer einen unterirdischen Gang ent deckt, ihn verfolgt, und so hierher gekommen, wo sie sich bei des V aters Ankunft versteckt gehalten, bis endlich des Beschwörers grausenvolle W orte und die darauf erfolgte Erscheinung des schwarzen Pudels sie mit Entsetzen ans Licht getrieben. Die wahre Ur sache ihres Hierseyns aber war der Umstand, daß man in den letzten Nachten einen M ann in Begleitung eines Frauenzimmers bemerkt hatte, der W aringen vollkommen ähnlich gesehen haben sollte. Doch dies verschwieg Elisabeth wohlweislich. » M ath ild e!* rief der G eisterbanner, als jene ihren Bericht geendigt, und tra t auf sie zu. Die beiden Mädchen sahen ihm mit Verwunde rung in die Augen, dann sich untereinander a n , und schüttelten die Köpfe. H err W olfgang aber hatte von dem Ausrufe nichts vernommen, denn seine Blicke und Gedanken waren schon wieder bei dem Schatze. » G eh t, lau ft" sprach er, »holt mir die M utter her! S ie muß sich mit mir freuen, sonst ist meine Freude nur halb!* ,U n d er* wendete er sich zu Heimken, »M eerret-
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tiggesicht, abscheulicher Wurm! Ich w ill ihn gar nicht fragen, warum er hier ist. Ich vergeb' ihm Alles und schenk' ihm obendrein noch hundert Thaler." Heimken warf sich vor ihm auf die Knie; doch Herr Wolfgang ließ ihn liegen/ und sah sich nach dem Geisterbanner um. »Kommt her" rief er »mein Freund! Es bleibt bei meinem Worte. Kommt und nehmt euch euer Fünftel!" Allein der Geisterbanner war verschwunden, und kam auch nicht wieder. »Schau her, Gertrud!" sprach Herr Wolfgang, indem er seiner Frau entgegen ging und sie umarmte. »Von heut geht ein neues Leben für uns an, und wir sind wieder Bräutigam und Braut wie vor zwanzig Jahren. Hier ist Gold genug um unserer Kinder Glück zu gründen, und nach mehrerem strebe ich nicht weiter. Verdammt der Schmelztiegel, den meine Hand je wieder berührt! Der wahre Stein der Weisen ist Arbeitsamkeit und Genügsamkeit." M it diesen Worten faßte er und Heimken den gesegneten Kasten an, Frau Gertrud ging leuchtend voraus, und die Töchter folgten hinterdrein und hat ten über die Geschichte ihre ganz besonderen Gedanken. Am andern Morgen bei guter Zeit fuhr die grüne
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Kutsche mit den Rothschimmeln vor. Waring hob eine junge Dame heraus, die er als seine Schwester vorstellte, und welche Mathilde mit schnell beruhigtem Herzen für die nämliche erkannte, die sie in Berlin an seiner Seite gesehen. Er ging mit ernstem An stand auf Herrn von Scharneck zu, und warb feierlich um die Hand seiner ältesten Tochter. »Wenn das Mädchen will, mit lausend Freuden!* rief Herr Wolfgang, »und fünfzig tausend Thaler zur M itgift obendrein! Meine Tochter durfte nicht als eint Bettlerin in Ih r Haus kommen. ” Elisabeth legte mit komischer Gravität die Hand Mathildens in Warings Hand, und sprach: »Meine Kinder, mit hat diese Nacht von rothen Halstüchern und von Häringen geträumt, das bedeutet eine Braut und einen Schelm, aber einen von den feinen, f, f!« » Ein rothes Halstuch Ä lachte Waring, „ bedeutet ein rothes Halstuch, und da ich, wie Sie wissen, mehr kann, als Brod essen, so wußte ich auch Ihren Traum voraus, und habe gleich die Erfüllung von Dresden mitgebracht. Damit zog er einen prächtigen türkischen Shawl aus der Tasche und hing ihn um Elisabeths Schultern. Sie drohte ihm mit dem
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D i e Schatzgräber.
Finger. »Wenn ich und die Steine reden dürsten! c< sprach sie lächelnd. Waring aber verschloß ihr schnell den Mund, führte sie vor den Spiegel und sprach: * M ir hat diese Nacht von einer Rosenknospe geträumt; das bedeutet einen Rosenmund, der zu schweigen weiß. Sehen Sie, wie schön steht der rothe Shawl zu der rothen Purpurknospe, solange sie noch geschloffen ist!" ,, Schatz um Schatz! “ brummte Heimken. Und zugleich heut übers Jahr vielleicht schon möcht' er noch gern eben so sprechen, aber es umgekehrt m e inen und dies und das!