Schnecken und Muscheln Europas: Land- und Süsswasserarten 3440052613


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Schnecken und Muscheln Europas: Land- und Süsswasserarten
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Schnecken und Muscheln Europas

V. Pfleger

Schnecken und Muscheln Europas Landund Süßwasserarten

Kosmos Gesellschaft der Naturfreunde Franckh'sche Verlags handlung Stuttgart

Text von Dr. Vaclav Pfleger Aus dem Tschechischen übertragen vonJürgen Ostmeyer Mit 158 Farbfotos von Vaclav Pfleger,JiH Polacek,Julius Slabecius und Dusan Simanek. 34 Federzeichnungen von Eva Smrcinova Graphische Gestaltung von Stanislav Seifert Umschlaggestaltung von Edgar Dambacher unter Verwendung einer Aufnahme von Burkard Kahl. Das Bild zeigt Schnirkelschnecken.

Das Vorsatz-Foto zeigt eine Schnirkelschnecken-Paarung, Aufnahme PfletschingerlAngermeyer Abb. S. 2: Cepaea hf)rtensis forma fuscolabiata - Text s. S. 160.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Pfleger, Väclav: Schnecken und Muscheln Europas: Land- u. Süsswasserarten 1 V. Pfleger. [Ins Dt. übertr. von Jürgen OstmeyerJ. - Stuttgart: Franckh, 1984 . . (Kosmos-Naturführer) Aus d. Ms. übers. ISBN 3-440-05261-3

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Sencl"i)nberglsch3 ~jbHothek Frankfurt a. Main

Franckh'sche Verlagshandlung, W. Keller & Co., Stuttgartl1984 Sämtliche Rechte, einschließlich der Wiedergabe durch Film, Funk, Fernsehen, fotomechanische und andere Mittel, auch in Form von Auszügen, sind dem Artia-Verlag vorbehalten. © 1984, Artia, Prag Für die deutschsprachige Ausgabe: © 1984, Franckh'sche Verlagshandlung, W. Keller & Co., Stuttgart Printed in CzechoslovakialImprime en Tchecoslovaquie LH 14 Os/ISBN 3-440-05261-3 Gesamtherstellung: Svoboda, Prag 3/07/14/52-01

Schnecken und Muscheln Europas

Enleitung . . . . . • • . . . . . . • • . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . • • • • • • . . . • • • • • • . .. 6 Charakteristik der Weichtiere . • . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • • . . . . . • • • . • • . . . . • . . .. 6 Allgemeine Charakteristik, Einteilung, Schalentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 6 Bau und Färbung der Schalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 7 Schneckenmorphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 8 Das Gehäuse ..........................•........................... 8 Der Körper ...................................................... 15 Muschelmorphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 Die Schalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 Der Körper ...................................................... 22 Biologie und Ökologie. . • • • • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . • • • • . • • . . . . . . . . . • • •• Biologie und Ökologie der Landschnecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Der Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Lebensweise und Nahrung .......................................... Biotope .......................................................... Ökologie der Süßwasserweichtiere ................................. '.' . .. Schnecken als Parasitenzwischenwirte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

23 23 23 24 25 26 28

Systemübersicht der europäischen Familien • • • • . . . . . • . . • . . . . . . . . . . . . . . . . .• 29 Zoogeographie der europäischen Weichtiere ................••••••••..•••• 30 Der Einfluß des Menschen auf die Weichtierfauna und ihr Schutz .•••••••...•••••••....•..•..•... ; . . • . . . . . . . • • • • • •• 32 Weichtiere sammeln, konservieren und bestimmen ........••••••••••.•••••• Sammeln .......................................................... Konservieren und Präparieren ......................................... Weichtiere bestimmen ................................................

34 34 36 37

Bestimmungsteil ..........•.•••••.•••••..•.......................... 39 Bestimmungsschlüssel der europäischen Weichtierfamilien

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Literaturhinweise . • . . . . . . . . . . . . . • • . . . . . . . . . . . . . . . . • • . • • . . . . . . . . • • • .. 187 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • • . . . . . • • • • • • • • . . . . . . . . . . . . . . . . .• Hlfl

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Einleitung Die rund 1500 in Europa lebenden Arten der Land- und Süßwasserschnecken und Muscheln stellen nur einen winzigen Teil der Weichtierfauna dar. Unser Naturführer bringt nur etwa ein Zehntel dieses Teils, ist folglich kein Bestimmungsbuch für die gesamte europäische Weichtierfauna, sondern ist in erster Linie für Naturfreunde gedacht. Das Buch soll zeigen, daß es auch unter den europäischen Weichtieren viele Arten gibt, die den Betrachter durch ihre Farbenfreude, Gehäuseform bzw. -oberflächenstruktur faszinieren, auch wenn sie begreiflicherweise nicht mit den exotischen oder im Meer lebenden Arten konkurrieren können. Im Gegensatz zur Meeresfauna, über die recht viel Populärliteratur zur Verfügung steht, ist die Bestimmung der landbewohnenden Arten viel schwieriger: einmal wegen der winzigen Größe der meisten Gehäuse, zum andern wegen des Fehlens einer der breiten Öffentlichkeit zugänglichen Literatur. Nicht zuletzt ist es das Ziel dieses Buches, tieferes Interesse am Studium· dieser gewissermaßen wenig beachteten Tiergruppe zu wecken. In unserem Buch sind Arten aller 45 europäischen Familien aus den verschiedensten Gebieten des Kontinents vertreten. Repräsentanten solcher Familien, die kleine Arten aufweisen ~(bis 6 mm), wurden in Federzeichnungen dargestellt. Die Fotografien zeigen vorwiegend solche Arten, die für diesen Zweck hinreichem:! groß, nach Möglichkeit kräftig gerarbt und entweder in ihrer Form oder in ihrer Oberflächenstruktur interessant sind. Bei jeder abgebildeten Art wird die zoo geographische Zugehörigkeit angegeben, es folgen eine Gesamtbeschreibung der Schale bzw. des Tieres, Färbung, Größe, Biotop und genaue Verbreitung. Im Hinblick darauf, daß die meisten Arten zu den landbewohnenden Schnecken gehören, wird dieser Gruppe auch im allgemeinen Teil größere Aufmerksamkeit gewidmet.

Charakteristik der Weichtiere Allgemeine Charakteristik, Einteilung, Schalentypen Die charakteristische Eigenschaft der Weichtiere - des zweitgrößten Tierstamms überhaupt - ist der weiche, schleimige Körper und der drüsige Mantel. Der Mantel erzeugt eine Schale, in die sich die Weichtiere ganz oder teilweise zuriickziehen können. Im Hinblick auf die unterschiedliche Mantelform bringen die Weichtiere auch unterschiedliche Schalentypen hervor. Die primitivste Klasse der Weichtiere sind die Urschnecken (Monoplacophora) mit nur einigen wenigen Arten, die eine breit kegelförmige Schale ausbilden. Eine Schale aus acht Querplatten bedeckt die Käferschnecken (Amphineura). Eine vollkommene, gewundene Körperhülle, Gehäuse genannt, bringen die Schnekken (Gastropoda) hervor. Eine interessante röhrenförmige, an beiden Enden geöffnete Schale haben die Grabfüßer (Scaphopoda). Zwei an der Spitze miteinander verbundene Schalen charakterisieren die Muscheln (Bivalvia), ihre Schalen werden auch als Lasturen bezeichnet. Die am höchsten entwickelten Weichtiere, die Kopffüßer (Cephalopoda), bilden bis auf wenige Ausnahmen keine Außenhülle aus. Die Weichtiere sind eine sehr alte Tiergruppe. Der Anfang ihrer Entwicklung reicht bis ins Paläozoikum (Kambrium - vor etwa 500 Millionen Jahren). Die damaligen

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Meere waren voll von Weichtieren, daher wurden einige ausgestorbene (fossile) Arten zu wichtigen Hilfsmitteln bei der Altersbestimmung von geologischen Schichten. Den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichten die Weichtiere im Tertiär. Auch heute gehören sie zu einer sehr zahlreichen Tiergruppe. Die angeführten Artenzahlen gehen in den verschiedenen Publikationen stark auseinander. Manche Autoren geben bis zu 120 000 Arten an, doch verstehen sie darunter offenbar auch ausgestorbene Arten und eine Vielzahl von Synonymen. Die neuesten Veröffentlichungen sprechen von rund 80 000 Arten, deren überwiegender Teil die Meere bewohnt. Die in diesem Buch behandelten Landbewohner gehören zu den Schnecken, die aufgeführten Süßwasserarten teilen sich in Schnecken und Muscheln. Die umfangreiche Klasse der Schnecken (ca. 50 000 Arten) wird je nach Lage der Atemorgane in Vorderkiemer, Hinterkiemer und Lungenschnecken eingeteilt. Für unsere Zwecke haben die Vorderkiemer nur eine geringe Bedeutung, das Schwergewicht liegt auf den Lungenschnecken. Zu den Vorderkiemern (Unterklasse Prosobranchia) zählen Süßwasserarten, bei denen die einzige Kieme in der Mantelhöhle vor der Herzkammer liegt. Sie haben gleichzeitig auch nur einen Herzvorhof und eine Niere. Die Lungenschnecken (Unterklasse Pulmonata) atmen, wie schon der Name andeutet, mit Lungen. Die Lunge wird vom stark durchbluteten Deckteil der Mantelhöhle gebildet, in dem sich die Blutgefäße zu einem Kapillarnetz verzweigen. Die ganze Höhle ist geschlossen und mündet außen in einer kleinen AtemölTnung an der rechten Körperseite. Das Gehäuse ist entweder normal oder verkümmert, gelegentlich fehlt es. Lungenschnecken sind vorwiegend Landbewohner, doch brauchen sie meist eine beträchtlich feuchte Umgebung. Einige Arten sind zur Lebensweise im Wasser zurückgekehrt; die Luft in die Lunge nehmen' sie entweder an der Wasseroberfläche auf oder sie sind so weit angepaßt, daß sie eine Ersatzkieme ausgebildet haben und den im Wasser enthaltenen Sauerstoff atmen. Die Klasse der Muscheln (Bivalvia oder Pelecypoda) umfaßt rund 10000 Arten, von denen nur etwa ein Drittel im Süßwasser lebt, die übrigen im Meer. Als Atemorgane haben sie Kiemen.

Bau und Färbung der Schalen Die Weichtierhülle besteht aus zwei völlig verschiedenen Schichten. Die hauchdünne Oberschicht wird von einem Conchyolin genannten organischen Stoff gebildet, dessen chemische Zusammensetzung dem Chitin der Insekten ähnelt. Unter dem Conchyolin sitzt eine wesentlich stärkere anorganische Schicht, die wiederum aus drei Lagen kristallinem, kohlensaurem Kalk besteht. Die Innenschicht - Perlmutt - ist nur bei großen Muscheln vollkommen entwickelt (Perl- oder Flußmuscheln); bei den übrigen Weichtieren ist sie nur schwach angedeutet. Auf der Schale ist eine Reihe von Merkmalen zu sehen, mit deren Studien sich die Conchyliologie, ein gesonderter Zweig der Malakozoologie (Weichtierkunde), befaßt. Der ausschlaggebende Faktor bei der systematischen Klassifizierung der einzelnen Arten ist zwar die Anatomie des weichen Körpers, doch stellt die Schale eigentlich einen Körperteil dar, der in den meisten Fällen hinreichende Unterscheidungsmerkmale aufweist, die eine Bestimmung der europäischen Weichtiere zulassen. In der Beschreibung der abgebildeten Arten wird daher das Hauptaugenmerk der Gehäuse- und Schalenmorphologie gewidmet, d. h. den conchyliologischen Merkmalen. Härte und Mikrostruktur der Schalen hängen von der Kristallisierungsweise ab. Der

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Mantel der Weichtiere konzentriert das im Blut enthaltene Calcium in bestimmten Bereichen des Mantelsaums, wo es Kristalle bildet und den Schalenrand wachsen läßt. Die gebildete Schalenmaterie wird von mehreren Faktoren z. B. Geschlechtshormonen, Ernährung, pH-Wert des Wassers und Temperatur beeinflußt. Die Färbung der Schalen rührt von organischen Pigmenten her, die das Tier aus der Nahrung gewinnt. Die verschiedenen Farben kommen durch Kombination der vier Pigmentgrundtypen zustande - gelbe Karotinoide, schwarze Melanine, grüne Porphyrine und blaue oder rote Indigoide. Grundfarbung und Zeichnung sind genetisch bei jeder Art festgelegt (werden vererbt), auch wenn bei vielen Formen eine beträchtliche farbliche Veränderlichkeit (Variabilität) auftritt, die von der Umwelt und weitgehend auch von der Nahrung abhängt. Eine große pigmentproduzierende Zellgruppe ist längs des Mantelsaums an den Stel" len angebracht, wo sich die Schale vergrößert. Bei den Schnecken ist das der Rand der Gehäusemündung, bei den Muscheln der freie Schalenrand. Bunte Farben erscheinen aber nicht nur an Schalen und Gehäusen, sondern auch in einigen anderen Organen - in Fuß, Kopf oder Mantel (bei Nacktschnecken).

Schneckenmorphologie Das Gehäuse Der Anschaulichkeit halber stellen wir uns das Gehäuse als eine Röhre vor, die um eine als Achse bezeichnete Gerade gewunden ist. Bei jeder Umdrehung von 360· um die Achse entsteht ein Umgang. Der schmalste, kleinste und älteste Gehäuseteil ist der in der Spitze endende Oberteil. Von dort verbreitert sich das Gehäuse allmählich bis zur Öffnung (Mündung), aus der die Schnecke hervorkommt. Beim Messen und Beschreiben der Merkmale gehen wir von drei Gehäusepositionen aus. In der Grundstellung verläuft die Gehäuseachse parallel zur Unterlage, die Spitze zeigt nach oben, die Mündung nach unten und dem Betrachter zugewandt, so daß die ganze Vorderseite zu sehen ist. In Spitzenlage steht die Achse senkrecht zur Unterlage, die Gehäusespitze zeigt zum Betrachter, die Oberseite ist zu sehen. In der Nabellage ist der Nabel dem Betrachter zugewandt, sichtbar wird die Unterseite. Die Abmessungen des Gehäuses stellt man in den Grundpositionen fest. Die Höhe ist dann die größte Entfernung zwischen Spitze und tiefstem Punkt an der Mündung, parallel zur Achse gemes-

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b

Bild I. Hauptpositionen des Schneckengehäuses. a Grundlage, b Spitzenlage, c Nabellage, 1 Zuwachslinie, 2 Embryonalgehäuse.

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c

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A

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B Bild 2. Hauptmerkmale am Gehäuse. A Höhe, B Breite, a letzter Umgang, bAchse, c Spitzenteil, d Naht, e Umgang, f Gewinde, g Spindel, h Mündung, i Mundsaum, j Nabel, k - 1 Mündungsaußenteil (Palatalis), l-m Spindeiteil der Mündung (Columellaris), m-k Mündungswandteil (Parietalis).

sen. Die Breite ist die Entfernung zwischen den am weitesten gebauchten Gehäusepunkten, senkrecht zur Achse (Höhe) gemessen. Bei den einzelnen Artbeschreibungen tauchen noch weitere Fachausdrücke auf. Die Linie, die den Gehäuseumriß in der Grundposition beschreibt, ist die Konturlinie. Sie kann gerade, ausgebeult (konvex) oder nach innen gekrümmt (konkav) sein. Die Linie, die die am weitesten gebauchten Stellen des Gehäuses beschreibt, ist die Peripherielinie. Die Stelle, an die die Umgänge in einer Vertiefung aneinander anschließen, heißt Naht. Die Umgangsinnenwände legen sich entweder dicht aneinander, so daß sie die sog. Spindel bilden, oder es bleibt zwischen ihnen ein unterschiedlich breiter Raum von der Form eines Hohlkegels, Nabel genannt, der oft in einer Öffnung an

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der Gehäuseunterseite mündet. Bei den Arten mit weit offenem Nabel (z. B. Gattung Helicella) sieht man die Umgänge auch von der Unterseite. Der die Mündung bildende letzte Umgang übertrifft an Größe oft die übrigen, die gemeinsam als Gewinde bezeichnet werden. Ein wichtiges Merkmal ist die Windung der Umgänge. Die meisten Gehäuse sind rechts gewunden, nur bei der Familie Clausiliidae und einigen wenigen Arten der Gattungen Vertigo und Jaminia sind die Gehäuse normalerweise links gewunden. Ob man ein rechts- oder linksgewundenes Gehäuse vor sich hat, erkennt man, wenn man es mit der Mündung zum Betrachter stellt. Steigt die Spirale nach rechts, ist das Gehäuse rechtsgewunden, im umgekehrten Fall ist es linksgewunden. Die Spindel ist durchaus nicht immer gerade, sondern verschieden stark spiralig um eine ideale Gehäuseachse gewunden. Manchmal ist diese Windung so extrem, daß die Spindelwindungen einen Axialdurchblick von der Basis bis in die Spitze gestatten; ein solches Gehäuse wird strophostyl genannt (z. B. bei der Gattung Eucobresia). Gehäuse mit schwach gewundenen Spindeln, die keinen solchen Durchblick gestatten, werden als orthostyl bezeichnet (die meisten Schnecken). Gehäuse mit sichtbarem Nabel sind stets orthostyl. Der Nabel ist sehr verschieden, von sehr engen, pfriemförmigen (Trichia unidentata) bis zu breit schüsselartigen Formen (bei der Gattung Discus). Ein enger Nabel ist bei ausgewachsenen Exemplaren an der Unterseite oft durch den verbreiterten Spindelrand des Mundsaums verschlossen. Die Unterseite mit dem Nabel in der Mitte ist oft eingesenkt oder trichterartig gestaltet und heißt Nabelgegend. Die das Gehäuse bildenden Umgänge oder Windungen werden im Lauf des Schnekkenlebens entweder gleichmäßig breiter, jeder Umgang ist in einem bestimmten Verhältnis zum vorigen breiter - dann wächst das Gehäuse regelmäßig (Gattung Discus), oder die Umgänge verbreitern sich ungleichmäßig, das Gehäuse wächst unregelmäßig. Überdies unterscheidet man schnell wachsende Gehäuse (locker gewunden, z. B. Helix pomatia) und langsamwüchsige (dicht gewunden, z. B. Discus rotundatus). Auch die Wölbung ist ein wichtiges Merkmal. Im Querschnitt fast kreisrunde Umgänge bezeichnet man als sehr stark gewölbt oder aufgebläht. Bei den meisten Gehäusen liegen die Umgänge fester aneinander, so daß ihr Querschnitt von der Wandwölbung des vorigen U1pgangs beeinflußt wird und breit halbmond- bis schmal sichelförmig ist. Manchmal entsteht an der Peripherie ein Kiel, der einfach sein (Gattung Anisus) oder die Form einer niedrigen Leiste haben kann und dann Spiralleiste genannt wird (Gattung Planorbis). Eine Reihe von Arten hat auf der Peripherie eine unterschiedlich stark gerundete Kante (z. B. Discus rotundatus), die oft nur schwach angedeutet ist (Trichia

Bild 3.

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Bestimmung der Umgangszahl.

Bild 4. Hauptmerkmale der Gehäusemündung (Chondrula mdens). a Mündungswand, b Spindelteil der Mündung, c Gaumen, d Kallus, e Mündungsoberwinkel. Bezahnung: Angularlamelle (Lamella angularis), g Parietallamelle, h Subcolumellarlamelle (Lamella subcolumellaris), i Palatallamelle (Plica palatalis).

e /~,----,~---f

d

9 b

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a unidentata). Der scharfe Kiel ist bei manchen Arten nur in der Jugend entwickelt, geht allmählich in eine immer stärker gerundete Kante über, um an der Mündung völlig zu verschwinden (Aegopis verticillus). Die Naht kann unterschiedlich tief sein - man unterscheidet untiefe und leicht bis tief eingeschnittene Nähte. Bei platten, gekielten Gehäusen verläuft die Naht meist direkt am Kiel entlang oder dicht darunter, so daß das Gehäuse eine Linsenform erhält (Helicigona lapicida). Die Mündungsform entspricht in etwa dem Querschnitt des letzten Umgangs. Die Mündung bilden drei Wände: Die Wandpartie des vorletzten Umgangs, die an der Mündungsbildung beteiligt ist, heißt Mündungswand, der an der Spindel liegende Teil Spindelrand und die freie Außenwand des Umgangs bildet die Gaumenwand. Die Gesamtform der Mündung ist meist elliptisch oder eirund, doch ist die Kontur meist durch die Mündungswand unterbrochen, so daß die Mündung entweder gekappt, abgeschnitten oder ausgeschnitten erscheint. Außer den hier erwähnten Formen kann die Mündung auch rundlich, halbmondförmig, dreibuchtig oder gegensinnig ohrförmig sein. An der Berührungsstelle von Gaumen- und Mündungswand entsteht die sog. Oberecke. Der eigentliche Mündungsrand heißt Mundsaum und hat ganz verschiedene Formen. Endet die Wand des letzten Umgangs in einem scharfen Rand, der weder verbreitert noch umgestülpt oder verdickt ist, bezeichnet man den Mundsaum als einfach, scharf, gerade (Familie Zonitidae). Das Gegenteil ist ein verbreiterter Mundsaum, wobei der Rand unterschiedlich stark nach außen gebogen ist (Gattung Helicigona). Ist der Rand seitlich weggebogen und noch dazu rückwärts umgestülpt, entsteht ein umgestülpter Mundsaum (Gattung Granaria). Oft ist der Mundsaum durch einen als Lippe bezeichneten Wulst verstärkt. Ein umgestülpter und verstärkter Mundsaum, meist auch die Ausbildung der Lippe signalisieren das Ende des Gehäusewachstums und damit auch das Erwachsenenstadium der Schnecke. Bei den meisten Arten ist der Mundsaum nur an Spindel- und Gaumenwand entwickelt, während er auf der Mündungswand unterbrochen ist; solche Mündungen werden unzusammenhängend genannt. Auf der Mündungswand ist eine dünne, scharf von der übrigen Gehäuseoberfläche abgesetzte

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m e

Bild 5. Gehäusemündung bei der Familie Chondrinidae (Zahnbezeichnungen). Mündungswand: a Spiralis, b Subangu!aris, c Angularis, d Parietalis, e Infraparietalis, Spindel: f Columellaris, g InfracolumelIaris, Gaumen: h Basalis, i Infrapa!atalis, j Palatalis inferior, k Palatalis superior, 1 Suprapalatalis, m Suturalis.

k f

h

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Schicht ausgebildet, die sich von der Umgebung durch Farbe, Glanz und vor allem Körnung unterscheidet. Sie heißt Kallus. Manchmal ist dieser Kallus schwellenartig erhoben und stellt so die Verbindung der Mundsaumteile über die Mündungswand her; dann spricht man von einem sog. zusammenhängenden Mundsaum. Bei manchen Familien, Gattungen oder Arten ist die Mündung durch zahn- oder wulstartige Gebilde verengt, die Zähne oder Lamellen genannt werden. Sie haben meist die Form von unterschiedlich langen, senkrecht zu den Mündungsrändern stehenden Leisten, die oft tief ins Innere gehen (Gattung Orcula), in anderen Fällen sind sie zurückgebildet und erscheinen nur als kleine Höcker entweder dicht am Mund-

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c a d

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h 12

Bild 6. Gehäusemündung bei Arten der Familie Clausiliidae. a Oberlamelle (Lamella superior), bUnterlamelIe (Lamella inferior), c InterlamellarfaIten, d Ausläufer der Unterlamelle auf dem Mundsaum, e Falten auf dem Spinde!abschnitt, f Sinulus, g lAppe, h Gaumenschwiele, i Basalrinne.

Bild 7. Blick in die Mündung bei der Familie Clausiliidae (Gaumenwand entfernt). a Spirallamelle (Lamella spiralis), bOberlamelle (L. superior), c Unterlamelle (L. inferior), d SpindellamelIe (L. subcolumellaris), e Verschlußplatte (Clausilium), f Mondfalte (Lunella), g Gaumenfalten (plica palatalis).

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c

saum oder tiefer im Mündungsinneren (Gattung Pupilla). Manche Familien haben eine sehr komplizierte Bezahnung (Clausiliidae, Pupillidae, Chondrinidae). Neben der echten Bezahnung oder Armatur findet man in der Mündung auch unechte Zähne, vor allem Gebilde im Gaumenabschnitt des Mundsaums, die aus der Lippe entstanden sind (bei einigen Arten der Familie Helicidae). Ein weiteres Merkmal der Mündung ist eine als Basalrinne bezeichnete rinnenförmige Furche, die im untersten Mündungsteil senkrecht zum Rand steht (Familie Clausiliidae); auf der Außenseite bildet sie hinter dem Saum den Nackenkamm. Außer der Lippe erscheint auf der Gaumenwand noch eine zweite, tiefer im Inneren liegende Verdickung von verschiedener Form, Farbe und Stärke, die Gaumenschwiele genannt wird und manchmal mit der Lippe zusammenfallt. Auf der Gehäuseaußenseite sitzt dicht hinter dem Mundsaum manchmal eine wulstige Verdickung, genannt Nackenwulst, die sich oft farblich vom übrigen Gehäuse abhebt. Bei den wasserbewohnenden Vorderkiemern (z. B. der Gattung Fagotia) sitzt in der Regel an der Grenze zwischen Spindel und Gaumenwand ein tiefer, den Mundsaum durchtrennender Einschnitt, der Siphonkanal. Bei der Schneckenbestimmung ist die Oberflächenstruktur des Gehäuses sehr wichtig. Nur selten ist die Oberfläche völlig glatt (Gattung Cochlicopa), meist ist sie quer (senkrecht zur Naht) oder längs (parallel zur Naht) gerillt. Im Fall von querverlaufenden Rillen, die weitaus häufiger vorkommen, spricht man gewöhnlich nur von Rillen. Sind die einzelnen Rillen oder Rippen in etwa gleich stark und stehen in regelmäßigen Abständen, ist die Furchung oder Rillung regelmäßig (z. B. bei Granariajrumentum); befinden sich auf der Oberfläche unregelmäßige Rillen von unterschiedlicher Größe, ist die Rillung unregelmäßig. Die Rillung kann sehr schwach, kaum erkennbar oder aber kräftiger sein. Bei Rillen mit stärker erhabenen Zwischenräumen spricht man von Ri,Ppung (Gattung Granaria). Das Gehäuse kann auch grob gerippt sein, wenn sich auf ihm auffällige Furchen und Leisten zeigen. (Helicopsis striata). Die Längsrillung wird meist von sehr feinen Rillen gebildet, so daß Längslinien enstehen. Sind Längs- und Querrillen annähernd gleich stark und dicht, ist die Oberfläche gleichmäßig -gegittert (Gattung Aegopis). Bei gerippten Gehäusen erscheint die Längsrillung meist als Querfältchen in den Furchen zwischen den einzelnen Rippen. Ist ein Gehäuse sehr fein quer- und längsgerillt, kommt eine mikroskopische Gitterstruktur zustande, die nur in der Vergrößerung zu sehen ist (Gattung Aegopinella). Andere Gehäuse haben auf der Oberfläche zahlreiche quadratische oder rechteckige Eindriicke, die durch mehr oder

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weniger regelmäßige erhabene Partien voneinander getrennt sind, wodurch ein grobes Gitter entsteht - eine Hammerschlagstruktur zur Festigung der Gehäusewand. Die Oberfläche kann auch gekörnt und aus vielen dicht beieinander stehenden Hökkern zusammengesetzt sein (Helicigona lapicida). Diese Strukturen sind bereits in der anorganischen kohlensauren Kalkschicht angelegt. An der Entstehung einiger Strukturen ist auch das Conchin beteiligt (Periostrakum). Bei alten Gehäusen, die ihre Oberschicht verloren haben, verschwinden sie aber. Das gängigste Conchingebilde ist die Behaarung, die aus verschieden langen und unterschiedlich gekrümmten Härchen besteht. Diese Haare können konstant sein oder abfallen, meist hinterlassen sie bei ausgewachsenen Exemplaren grubenartige Narben (Gattung Trichia). Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Gehäusewandstärke. Man unterscheidet sehr dünnwandige, wenig verkalkte Gehäuse von beträchtlicher Elastizität (Familie Vitrinidae), dünnwandige (Familie Zonitidae), starkwandige (Gattungen Zebrina, Helix) und sehr starkwandige, massive (Gattung Lithoglyphus). Leicht brechende Gehäuse werden als spröde bezeichnet (Familie Zonitidae), das Gegenstück dazu sind feste Gehäuse (Gattung Helicella). Auch wenn die Festigkeit meist direkt proportional zur Wandstärke ist, existieren doch einige dünnwandige Gehäuse, die sehr fest sind (Gattung Chondrina). Die Gehäusewände sind manchmal durch Ätzung oder Korrosion beschädigt, vor allem bei Schnecken, die in einem sauren Humusmilieu leben (Bergwälder, saure Gewässer). Am stärksten sind in der Regel die Spitzenteile der Gehäuse betroffen. Ein nicht minder wichtiges Merkmal der Gehäuseoberfläche ist der Glanz. Wir unterscheiden hochglänzende Gehäuse, schwachglänzende (die Mehrzahl) und glanzlose (matte). Der Glanz ist normalerweise umgekehrt proportional zur Rillenstärke. Die Gehäusefärbung ist meist an die Kalkschicht der Windungen gebunden. Bei den meisten europäischen Weichtieren überwiegen die verschiedensten Brauntöne, manchmal zeigt sich auch eine weißiiche, milchig-trübe, gelbliche' oder orange bis rote Färbung, Häufig treten auch buntere Farben auf, die aus dunklen, unregelmäßigen Flecken auf heUern Grund gebildet werden, kleine, scharf begrenzte Sprenkel, Längsoder seltener Querbänder. Manchmal sind auch bestimmte Gehäuseteile farblich abgesetzt - Mundsaum, Lippe, KaUus u, a. Mit der Färbung hängt auch die Transparenz weitgehend zusammen. Farblose Gehäuse mit vollkommen transparenten Wänden und oft grünlichem Ton bezeichnet man als durchsichtig, glasig-farblos (z. B. Familie Vitrinidae). Man unterscheidet sehr stark transparente bis fast durchsichtige Gehäuse, schwach transparente und nicht transparente. Die Gehäusegesamtform ist in etwa durch das gegenseitige Verhältnis von Höhe und Breite bestimmt. Danach teilt man die Gehäuse in flache (Breite wesentlich größer als Höhe), hohe (die Höhe dominiert) und kugelige ein (beide Abmessungen sind in etwa gleich). Bei den hohen Gehäusen unterscheidet man pfriem-, kegel-, spindel-, eifOrmige und zylindrische, Oft kommt es zu Formkombinationen (z. B. eiförmig-zylindrisch - Pupilla muscorum). Bei Gehäusen mit annähernd gleicher Höhe und Breite überwiegen Kugelformen (z. B. Gattung Helix), doch ist das Gewinde meist kegelförmig, so daß sie als kugelig mit kegeligem Gewinde angesprochen werden (Gattung Arianta). Bei einigen Wasserschneckenarten der Gattung Lymnaea dominiert der letzte Umgang mit der großen Mündung stark, diese Gehäuseform wird ohrfOrmig-aufgebläht genannt. Zu den flachen Gehäusen zählen auch gedrückt kugelige Formen mit relativ kegeligem Gewinde (Perforatella incamata) und breitnabelige Formen mit flach kegeligem oder nur leicht gebeultem Gewinde, die gedrückt rundlich genannt werden (Gattung Helicella). Flache Gehäuse mit recht breitem Nabel nennt man scheibenförmig, ihr Gewinde ist eingeebnet oder teilweise schalen- bis trichterförmig eingesenkt.

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Fast bei jeder Art erscheinen hin und wieder mehr oder weniger stark abweichende bis mißgebildete Gehäuseformen, die dann bei der Bestimmung Schwierigkeiten bereiten. Unter einer großen Anzahl normal entwickelter Gehäuse findet man in seltenen Fällen auch ein entgegengesetzt gewundenes. So kommt bei den rechtsgewundenen Gehäusen der Weinbergschnecke (Helix pomatia) gelegentlich ein linksgewundenes vor und umgekehrt - bei den linksgewundenen Gehäusen der Art Laciniaria biplicata kann ein rechtsgewundenes auftauchen. Nicht selten kommt es vor, daß sich die Umgänge nicht genügend fest aneinander legen und sich nur auf einem schmalen Streifen berühren, so daß sie stärker gewölbt und mehr entwickelt aussehen. In einem solchen Fall spricht man von einer Skalaridmißbildung. Ziemlich häufig sind nur teilweise skalaride Gehäuse anzutreffen, deren Umgänge sich normal winden und erst von einer bestimmten Stelle an skalarid werden. Am bizarrsten wirken solche Abweichungen bei den scheibenförmigen Gehäusen der Arten aus der Familie Planorbidae; dabei kommen turmförmige Gehäuse zustande, die völlig anders als die ursprüngliche Form aussehen. Weitere zufallsbedingte Abweichungen entstehen für gewöhnlich durch eine Gehäuseverletzung und führen zu allen möglichen Gestaltdeformationen. Ein ungewöhnlicher Fall ist die sog. Dekollation, bei der sich das Eingeweid