Schmerztherapie bei Kindern (German Edition) 3540237283, 9783540237280

Gerade Kinder haben Anspruch auf eine angemessene Schmerztherapie! Lesen Sie aus erster Hand von anerkannten Experten au

149 13 14MB

English Pages 422 [428] Year 2005

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Schmerztherapie bei Kindern (German Edition)
 3540237283, 9783540237280

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

B. Zernikow (Hrsg.) Schmerztherapie bei Kindern

Die vordere Umschlagseite zeigt Lena und Sven. Beide Kinder nehmen an der Bauchschmerztherapiegruppe der Vestischen Kinder- und Jugendklinik »Bauchtänzer« teil. In acht wöchentlichen Sitzungen von 90 Minuten Dauer lernen die Kinder, wie ihre Bauchschmerzen entstanden sind. Sie trainieren Entspannungs- und Ablenkungstechniken und üben sich in Stressbewältigung sowie Selbstbeobachtung. Gegenseitig helfen sie sich bei der »kognitiven Umstrukturierung«: »schwarze« katastrophierende Gedanken werden durch »bunte« hilfreiche Gedanken ersetzt. Die Ergebnisse der Bauchschmerzgruppen sind verblüffend: Fast 50 % der Kinder haben nach Absolvieren der Gruppe keine Bauchschmerzen mehr.

B. Zernikow (Hrsg.)

Schmerztherapie bei Kindern 3., aktualisierte Auflage Mit 46 Abbildungen und 83 Tabellen

13

Priv.-Doz. Dr. med. Boris Zernikow Institut für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin (IKP) an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Universität Witten/Herdecke Dr.-Friedrich-Steiner-Straße 5 45711 Datteln E-Mail: [email protected]

ISBN 3-540-23728-3 3. Auflage 2005 Springer Medizin Verlag Heidelberg ISBN 978-3-540-23728-0 3. Auflage 2005 Springer Medizin Verlag Heidelberg ISBN 3-540-44136-0 2. Auflage 2003 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über (http://dnb.ddb.de) abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2003, 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Spezieller Hinweis: Obwohl die gegebenen Dosisempfehlungen von den Autoren sorgfältig geprüft wurden, können die Autoren keine Verantwortung für die Dosisangaben übernehmen. Es liegt in der Verantwortung des behandelnden Arztes, die Dosierungen anhand der Produktinformation bzw. unter Benutzung von Standardliteratur zu überprüfen. Aus der Tatsache, dass ein Medikament für eine bestimmte Indikation vorgeschlagen wird, kann nicht geschlossen werden, dass für diese Indikation eine Zulassung besteht. Zulassungsbeschränkungen hinsichtlich des Alters der Patienten und mögliche Kontraindikationen müssen vom behandelnden Arzt gewissenhaft geprüft und nicht zuletzt aus forensischen Gründen mit den Patienten und/oder Eltern besprochen werden. Planung: Ulrike Hartmann, Heidelberg Projektmanagement: Gisela Schmitt, Heidelberg Design: deblik Berlin Covermotiv: Jan Greune, Münsing SPIN 10961261 Satz und Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier 22/2122 – 5 4 3 2 1 0

Liebe Hannah Sophie! Voller Energie vorzeitig ins Leben gepurzelt, hast Du früh Schmerzerfahrungen machen müssen. In der Hoffnung, dass andere Frühgeborene und auch ältere Kinder eine so verantwortungsvolle Schmerztherapie erhalten wie Du, sei Dir dieses Buch gewidmet.

VII

Geleitwort Schmerz und Schmerztherapie werden immer noch vernachlässigt innerhalb der Medizin. Die Fortschritte der letzten Jahre, vor allem im Bewusstsein der Öffentlichkeit und auch der Politiker, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Problemfeld akuter und chronischer Schmerz noch weit von einer Lösung entfernt ist. Immer noch wird postoperativer Schmerz als »natürliche« Folge einer Operation missverstanden, und immer noch ist Schmerz im Bewusstsein vieler etwas, das z. B. zum Tumorleiden dazugehört. Meist handelt es sich bei den Betroffenen um Erwachsene, die sich ausdrücken können und ihre Bedürfnisse durchsetzen können. Besonders schlimm ist die Situation aber für Kleinkinder und Kinder. Zunächst stand da über viele Jahre die Behauptung im Raum, dass Kinder keine oder weniger Schmerzen verspüren würden. Eine lange Tradition, die z. B. in Beschneidungen und ähnlichen Riten, die sich bis heute noch erhalten haben, ihren Ausdruck findet. Kleinkindern fehlt die Möglichkeit, sich zu artikulieren, zumindest aber kann die Artikulation fehlgedeutet werden. Schmerz, Stress, Unwillen bilden dann fließende Grenzen, und die Interpretation bleibt Erwachsenen vorbehalten, die offensichtlich nicht immer das richtige Verständnis aufbringen. Auch die Interaktion von Eltern mit ihren Kindern ist oft nicht so ausgelegt, dass die wirklichen Wünsche und Bedürfnisse der Kinder ausreichend berücksichtigt werden. All dies macht Kinder, wenn sie Patient werden, wehrlos, verletzlich und teilweise zu Opfern. Ein anderer Aspekt ist, dass wir noch viel zu wenig von den Auswirkungen der akuten Schmerzen bei Kindern auf das spätere »Schmerzgedächtnis« und auf spätere Lebensweisen wissen. Die Literatur ist gefüllt von Arbeiten über Chronifizierung, aber leer an Arbeiten über die Chronifizierungseinflüsse kindlicher Schmerzen. Wir können nur vermuten, dass kindlicher Schmerz nicht nur biochemische Prozesse auslöst, nicht nur Genveränderungen induziert, sondern auch Verhalten, Reaktionen, Empfinden verändert. Ausreichende Schmerztherapie ist deshalb bei Kindern enorm wichtig, will man nicht völlig unbekannte und vielleicht weitreichende Folgen in der Entwicklung des Kindes riskieren. Das vorliegende Buch geht auf viele dieser Aspekte ein, gibt praktische Hinweise und Anleitungen, berücksichtigt die psycho-sozialen Auswirkungen chronischer Schmerzen und beschreibt unterschiedliche Krankheitsbilder. Es ist das Verdienst von Herrn Dr. Zernikow, hier das erste umfassende deutsche Lehrbuch für Schmerztherapie bei Kindern vorzulegen und damit ein großes Vakuum auszufüllen. Dieses Vakuum ist besonders bedeutsam geworden, seit der deutsche Ärztetag 1996 beschlossen hat, Schmerztherapie als Weiterbildungsinhalt in jedem klinischen Fach zu verankern, so auch in der Pädiatrie. Pädiater sind nach wie vor in der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) völlig unterrepräsentiert, auch in der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie (DIVS) fehlt eine pädiatrische Beteiligung. Man kann dem Buch und dem Bemühen der Autoren daher nur wünschen, dass notwendige Brücken geschlagen werden, dass Sensibilität und Bewusstsein wachsen, und dass schließlich das vernachlässigte Gebiet kindlicher Schmerzen aus dem Schatten hervorgeholt wird. Unbehandelter Schmerz bei Kindern trifft die wehrlosen Opfer. Dieses Buch bietet die Grundlage für qualifizierte Therapie und eine Beherrschung des Problems kindlicher Schmerzen. Michael Zenz, Bochum

IX

Vorwort zur dritten Auflage Dass nach nur zwei Jahren auch die zweite Auflage von Schmerztherapie bei Kindern bereits vergriffen ist, beweist das große Interesse am Thema und bedeutet einen wichtigen Schritt in Richtung Qualitätsverbesserung der pädiatrischen Schmerztherapie. Auch andere Indikatoren zeigen dies an: die Dattelner Kinderschmerztage – Kongress für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin fanden 2005 zum dritten Mal statt mit wachsender – auch internationaler – Beteiligung. Die interdisziplinäre Kinderschmerzambulanz des Instituts für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin (IKP) an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln – Univ. Witten/Herdecke bietet 2005 eine multimodale Kinderschmerztherapie für 1000 Patienten im Jahr an; stationär können 100 schmerzkranke Kinder auf der psychosomatischen Kinderschmerzstation »Leuchtturm« behandelt werden. Diese Fortschritte am IKP in Datteln waren nur möglich mit der großzügigen Unterstützung der Vodafone Stiftung Deutschland gGMBH und der Schweizer Peter und Ruth Wirts-Stiftung. Allerdings ist auch noch 2005 flächendeckende Qualitätsverbesserung dringend geboten. Weitere Kinderschmerzambulanzen wie in Hamburg und Nürnberg müssen folgen, die postoperative Kinderschmerztherapie bedarf dringend der Optimierung, und am Lebensende leiden noch immer viele Kinder völlig sinnlos an Schmerzen. Die 2. Auflage von Schmerztherapie bei Kindern wurde insbesondere auf Anregung von Gerhard Gaedicke um wichtige Kapitel ergänzt. Die 3. Auflage ist eine Aktualisierung unter Berücksichtigung wesentlicher Publikationen der letzten zwei Jahre. Viele persönliche Beziehungen haben Stil und Inhalt des Buches geprägt, nicht zuletzt die freundschaftlichen Kontakte zu den Autoren, insbesondere zu meinem langjährigen Freund und Mentor Erik Michel. Allen Autoren sowie unserer Lektorin beim Springer-Verlag, Frau Ulrike Hartmann, darf ich wieder einmal herzlich danken für ihre Phantasie, Arbeitsdisziplin und Diskussionskultur. Mit allen Autoren zusammen freue ich mich, zum Ausbau der pädiatrischen Schmerztherapie im deutschsprachigen Raum beitragen zu dürfen. Dieser kann allerdings nur gelingen, wenn Leser und Autoren in engem Kontakt stehen und Theorie und Praxis sich immer wieder gegenseitig befruchten. Datteln im Frühjahr 2005

Boris Zernikow

XI

Vorwort zur ersten Auflage Noch 1968 hieß es in einem amerikanischen Übersichtsartikel von Swafford u. Allen: »Pädiatrische Patienten benötigen nur selten Schmerzmedikamente. Im Allgemeinen tolerieren sie Schmerzen gut« [Swafford u. Allen (1968) Med Clin N Am 52: 131–136]. 1987 publizierte Anand im Lancet eine richtungweisende Arbeit, als er zeigen konnte, dass Frühgeborene bei der Ductusligatur von einer intraoperativen Fentanylanalgesie profitieren [Anand et al. (1987) Lancet I: 62–66]. Seine Literaturrecherche vor Studienbeginn hatte ergeben, dass damals 3/4 aller Operationen an Frühgeborenen ohne (ausreichende) Analgesie durchgeführt wurden. Nach herrschender Lehrmeinung hatten Frühgeborene keine Schmerzen – wozu sollte man sie dann analgesieren? Heute – nur 13 Jahre später – empfinden wir ein solches Vorgehen zu Recht als barbarisch. Die Lehrmeinungen haben sich grundlegend geändert: Frühgeborene empfinden Schmerzen nicht viel anders als Erwachsene! Physiologische Besonderheiten, die von Prof. Sandkühler u. Dr. Benrath in Kap. 1* sehr anschaulich dargestellt werden, lassen vermuten, dass sie vielleicht sogar mehr Schmerzen empfinden. »L’homme est un apprenti, la douleur est son maître« (»Der Mensch ist ein Lehrling, und Schmerz ist sein Meister«, Alfred de Musset, La Nuit d’Octobre, 1837) erlangt in der Neonatologie traurige Wahrheit. In der Neonatalzeit – bekanntlich die Zeit der größten zerebralen Plastizität – verändern starke Schmerzen das nozizeptive System so sehr, dass der Effekt nach Monaten, vielleicht sogar bis ins Erwachsenenalter hinein nachweisbar ist [Taddio et al. (1997) Lancet 349: 599–603]. Wir können heute hinsichtlich des Schmerzempfindens von Kindern auf deutlich mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen als vor 13 Jahren, und dennoch: In der täglichen Routine erhalten Kinder nach wie vor weniger Analgesie als Erwachsene [Petrack et al. (1997) Pediatrics 99: 711–714] und Neugeborene weniger als ältere Kinder [Bauchner et al. (1992) J Pediatr 121: 647–9]. Selbst während der Lebensendphase wird bei Kindern die Schmerztherapie sträflich vernachlässigt [Wolfe et al. (2000) N Engl J Med 342: 326–333]. Hierfür lassen sich 5 Gründe anführen: 1. Noch immer grassiert der Irrglaube, Kinder empfänden weniger Schmerz und könnten sich kaum an erlittene Schmerzen erinnern. Heutzutage vertritt kaum jemand diese Meinung explizit. Aber liegt sie nicht implizit dem beobachteten Unterschied im Analgetikaeinsatz zwischen Pädiatrischen und Neonatologischen Intensivstationen zugrunde? 2. Bei kleineren Kindern sind Schmerzen unzweifelhaft schwerer zu erkennen als bei Erwachsenen. Unter Umständen zeigen Neugeborene unter starkem Schmerz nach außen hin völlige Ruhe. 3. Kindern ist es verwehrt, sich schmerzhaften Eingriffen durch Noncompliance zu entziehen. 4. Gewisse Schmerzen – man denke an Kopf- oder Bauchschmerzen – werden bagatellisiert. 5. Es ist das gemeinsame Bestreben von Kinderärztinnen/ärzten und Krankenschwestern/-pflegern, zu helfen, und nicht zu schaden. Meist gelingt es, Kinder vollständig von ihrer Krankheit zu heilen. Bleibende analgesiebedingte Schäden sind demnach inakzeptabel. Bei Erwachsenen mit ihren chronischen Krankheiten steht eher die Schmerzlinderung im Vordergrund – auch um den Preis körperlicher Integrität.

* 2. Auflage: Kapitel 2

XII

Die Arbeiten in diesem Buch helfen, Schmerzen bei Kindern zu verstehen und zu bewerten. Zunächst möchten wir Leserinnen und Leser mit den Grundlagen der pädiatrischen Schmerztherapie vertraut machen durch die einleitenden Kapitel zu Schmerzphysiologie, Schmerzmessung, klinischer Pharmakologie, psychologischer Schmerzprävention bei akuten Schmerzen und der Rolle der Kinderkrankenpflege. Aktuelle, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse werden in den folgenden Kapiteln zu kochbuchartigen Rezepten verdichtet und geben Anleitung, wie in einer Vielzahl von Situationen Schmerzen bei Kindern risikoarm und gleichzeitig effektiv zu therapieren sind (Kap. 6–10; 12–14*). Ein Schwerpunkt wird auf die Prävention von Stress sowie die psychologische Vor- und Nachbereitung unvermeidbarer Schmerzen gelegt. Chronische Schmerzen bei Kindern bedürfen eines ausgeklügelten interdisziplinären Behandlungsplans. In ihrer Behandlung spielen neben Kinderärztinnen/Kinderärzten, Kinderkrankenschwestern/-pflegern sowie Krankengymnastinnen/Krankengymnasten auch Psychologinnen/Psychologen eine wichtige Rolle. Am Beispiel funktioneller Bauchschmerzen (Kap. 11*) und chronischer Kopfschmerzen (Kap. 12*) werden durch ein Team aus Ärztin/Arzt und Psychologin/Psychologe evaluierte interdisziplinäre Therapieansätze vorgestellt. In der postoperativen Phase oder bei schmerzhaften Eingriffen (Kap. 7 und 8*) sind sowohl Kinderärztinnen/ärzte als auch Kinderanästhesistinnen/anästhesisten gefragt. Wenn irgend möglich, sind Regime mit wissenschaftlichem Wirknachweis aufgelistet. Es ist leider ein Faktum, dass die Studien zu Schmerzen beim Kind in einigen Bereichen noch zu lückenhaft sind, um alle Aussagen wissenschaftlich absichern zu können; durch Sachverstand und langjährige Erfahrung der Spezialisten kommen die Autorinnen und Autoren durchweg zu tragfähigen Empfehlungen. Ausschließlich auf Erfahrung beruht das Abschlusskapitel dieses Buches über ergänzende, naturheilkundlich orientierte Pflege bei schmerzhaften Erkrankungen. Diese Vorschläge harren noch der dringend notwendigen wissenschaftlichen Verifizierung, um Teil der täglich praktizierten Medizin zu werden. Eine jede Leserin und ein jeder Leser ist eingeladen, daran mitzuarbeiten. Dieses Buch ist ein Beispiel für funktionierende interprofessionelle und interdisziplinäre Kooperation aller beteiligten Berufsgruppen, wie die Autorinnen/Autoren sie sich für jede Kinderklinik wünschen. Es konnte nur zustande kommen, weil E die Qualitätssicherungsgruppe der Gesellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie den Dres. Fengler, Grießinger und mir das Verfassen von Schmerztherapieempfehlungen anvertraute, deren Verwirklichung insbesondere von Frau Prof. Dr. U. Creutzig und Prof. Dr. G. Henze mit Rat und Tat unterstützt wurde, E die Deutsche Leukämieforschungshilfe und die Mundipharma GmbH das Projekt STOP (Schmerz-Therapie in der Onkologischen Pädiatrie) förderten, wodurch ich zeitliche Freiräume für die Forschung auf dem Gebiet pädiatrischer Schmerzen erhielt, E sich Prof. Dr. M. Zenz vor Jahren die Zeit nahm, einen »Frischling« an seinen schmerztherapeutischen Erfahrungen teilhaben zu lassen, E mein Freund und Mentor Dr. E. Michel sowie meine Frau Dipl.-Psych. Jutta Ossenbrügger viel Zeit, Energie und kritischen Sachverstand bei der »Geburt« dieses Werkes aufbrachten, E Prof. Dr. W. Andler und der leitende Oberarzt der Vestischen Kinderklinik, Guido Bürk, auf freundschaftliche Art und Weise die teilweise unkonventionellen Wege eines Assistenzarztes mittrugen.

XIII

Danken möchte ich allen Autoren für ihr großes Engagement, Frau Dr. Gabriele Lindena (Mundipharma GmbH) für wertvolle Kritik, den Mitarbeitern des Springer-Verlags für ihre professionelle Arbeit, den Hauptsponsoren für ihre Unterstützung sowie ihre konsequente inhaltliche Nichteinmischung und Wilma Henkel für ihre unermüdliche Arbeit mit den Manuskripten. Kann das Buch »Schmerztherapie bei Kindern« nur ein wenig dazu beitragen, die aktuellen Erkenntnisse zur Schmerztherapie bei Kindern in die klinische Praxis umzusetzen, hat sich die Mühe seiner Autoren gelohnt. Datteln, im Herbst 2000

Boris Zernikow

XV

Inhaltsverzeichnis 1

Pathophysiologie des Schmerzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

M. Schäfer

2

Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

J. Sandkühler und J. Benrath

3

Differenzialdiagnose der Schmerzursachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

E. Michel und B. Zernikow

4

Messen und Erfassen von Schmerz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

H. Denecke und C. Hünseler

5

Klinisch-pharmakologische Grundlagen der Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . .

69

B. Roth, C. Hünseler, E. Michel und B. Zernikow

6

Die Rolle der Kinderkrankenpflege in der Schmerztherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 B. Jung und S. Würdisch

7

Psychologische Interventionen bei akuten Schmerzen im Kindesalter . . . . . . . . 131 H. Labouvie, M. Kusch und U. Bode

8

Schmerztherapie in der Allgemeinpädiatrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 B. Zernikow, G. Bürk und E. Michel

9

Schmerzreduktion bei Blutabnahmen und Injektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 J. Berrang, P. Reinhold und B. Zernikow

10

Regional- und Lokalanästhesie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 A. Reich

11

Schmerzhafte interventionelle Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 P. Reinhold und P. Köster-Oehlmann

12

Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . 205 R. Sittl, N. Griessinger, K. Becke, C. Geiß und D. Märkert

13

Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 B. Zernikow

14

Schmerzen am Bewegungsapparat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 G. Bürk, M. Frosch und B. Zernikow unter Mitarbeit von W. Coenen

XVI

15

Rezidivierende Bauchschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 T. Berger und U. Damschen

16

Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 M. Überall, H. Denecke und B. Kröner-Herwig

17

Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation . . . . . . . . . . . . . . . . 291 E. Michel und B. Zernikow

18

Schmerz und Schmerztherapie bei behinderten Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 B. Zernikow, B. Dietz, U. Hafkemeier und G. Kluger

19

Schmerztherapie in der Zahnheilkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 P. Jöhren, O. Tarsaev und J. Dieckmann

20

Ergänzende, naturheilkundlich orientierte Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 G. Blaser und K.-H. Friese

Anhang A: Dattelner Schmerzfragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Anhang B: Schmerzbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Anhang C: Informationen zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

XVII

Verzeichnis der Erstautoren Berrang, J.

Denecke, H., Dr. rer. nat.

Universitätsklinikum des Saarlandes Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin Gebäude 9 66421 Homburg Email: [email protected] Assistenzarzt der Vestischen Kinder und Jugendklinik, Datteln – Universität Witten/Herdecke. Arbeitsschwerpunkte: Schmerztherapie, Gastroenterologie und Rheumatologie

Bischof-Friedrich-Weg 6 42781 Haan Email: [email protected] Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Vestische Kinder- und Jugendklinik, Universität Witten/Herdecke Forschungsschwerpunkte: Psychologische Schmerzforschung, -diagnostik und -therapie, Psychoendokrinologie und Aufmerksamkeitsprozesse. 1996–1998 Konzeption, Durchführung und Evaluation des Kopfschmerzprojektes »STOP den Kopfschmerz«. Mitautorin des dazugehörigen Buches und Manuals »Kopfschmerztherapie mit Kindern und Jugendlichen«. Mitglied der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) und der Deutschen Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -forschung (DGPSF).

Blaser, G., Krankenschwester Medizinische Universitätspoliklinik Wilhelmstr. 35–37 53111 Bonn Email: [email protected] Leitung der naturheilkundlichen Pflege-Ambulanz an der Medizinischen Universitäts-Poliklinik Bonn in Zusammenarbeit mit Priv.-Doz. Dr. K. Kraft. Arbeitsschwerpunkte: Einführen von naturheilkundlichen Pflegemethoden in Stationen der Universitäts- und Universitätskinderklinik. In Zusammenarbeit mit der schmerztherapeutischen Ambulanz Betreuung von Schmerzpatienten. Schulungen in naturheilkundlicher Pflege. Mitautorin der Checkliste Phytotherapie.

Friese, K.-H., Dr. med.

Universitätsklinik- und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Oststr. 21–25 04317 Leipzig Email: [email protected] Oberarzt Arbeitsschwerpunkte: Rheumatologie, Immunologie, Infektiologie und Gastroenterologie.

HNO-Praxis, Medizinische Informatik Marktplatz 3 71263 Weil der Stadt Email: [email protected] Web: www.dr-friese.de Niedergelassener HNO-Arzt mit Zusatzbezeichungen Allergologie, Homöopathie, Naturheilverfahren, Stimm- und Sprachstörungen, Umweltmedizin, Ärztliches Qualitätsmanagement, Medizinische Informatik. Studium der Medizin in Tübingen, Promotion in Nuklearmedizin. Durchführung von Studien zur homöopathischen Schmerztherapie bei Kindern in Zusammenarbeit mit der Universitätskinderklinik Tübingen. Autor, Mitautor und Herausgeber zahlreicher Bücher zur Homöopathie.

Berger, T., Dr. med.

Jöhren, P., Priv.-Doz. Dr.

Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke Dr.-Friedrich-Steiner-Str. 5 45711 Datteln Oberarzt Arbeitsschwerpunkt: Gastroenterologie. Ärztliche Leitung des Bauchschmerzprojektes »Bauchtänzer«.

Zahnklinik Bochum u. Therapiezentrum für Zahnbehandlungsangst Augusta-Kranken-Anstalt Bergstr. 26 44791 Bochum Email: [email protected] 1. Vorsitzender AK Psychologie und Psychosomatik in der DGZMK. Forschungsschwerpunkte: Zahnbehandlungsangst, Schmerztherapie und Implantologie.

Bürk, G.

XVIII

Jung, B.,

Michel, E., Dr. med.

Diplom-Gesundheitswissenschaftlerin, MPH, Fachkinderkrankenschwester Anästhesie und Intensivpflege, Pflegedienstleitung Universitätsklinikum Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin Email: [email protected] Diplom-Agraringenieurin. Langjährige Berufserfahrung in unterschiedlichsten Bereichen der Kinderkrankenpflege, Kinderanästhesie und -intensivpflege sowie im Pflegemanagement. Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gesundheitswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bielefeld in den Bereichen Gesundheitssystemforschung, schmerzbezogene Pflegeforschung und Qualitätsmanagement. Autorin des Buches: Patientenorientierte Schmerztherapie und Kinderintensivpflege, 1996, Mabuse-Verlag.

Klinik für Kinder und Jugendliche Mainaustr. 39–4/4 78464 Konstanz Email: [email protected] Oberarzt Berufliche Stationen: Universitätskinderkliniken Freiburg und Münster; Max-Planck-Institut Münster; Kinderklinik Neukölln, Oberarzt am Emma Kinderziekenhuis, Academisch Medisch Centrum, Universität Amsterdam, Niederlande. Zusatzqualifikation: Neonatologie; Spezielle Pädiatrische Intensivmedizin; Sozialmedizin. Mitglied der New York Academy of Sciences und des European Neonatal Brain Club. Ludolf-Krehl-Preis 2002.

Labouvie, H., Dipl.-Psych. Zentrum für Kinderheilkunde der Universität Bonn Abteilung für Hämatologie/Onkologie Adenauerallee 119 53113 Bonn Email: [email protected] Leitende Psychologin in der Abteilung für Hämatologie und Onkologie der Universitätskinderklinik Bonn. Langjährige Berufserfahrung mit der psychologischen Vorbereitung von Kindern und Jugendlichen auf schmerzhafte Maßnahmen innerhalb der stationären onkologischen Therapie. Seit 1999 Leitung und Koordination des Projektes: »Evaluation eines psychosozialen Versorgungskonzeptes für die pädiatrische Onkologie«. Das dazugehörige Manual enthält u.a. ein Patientenschulungsprogramm »Hilfe zur Selbsthilfe«, in dem für die Patienteneltern psychologische Schmerztherapie praktisch erlernbar gemacht wird. Wissenschaftliche Arbeiten u.a. auf den Gebieten psychologische Schmerztherapie sowie Versorgungs- und Qualitätsmanagement. Mitherausgeberin des Buches »Stationäre psychologische Betreuung in der Pädiatrie«.

Reich, A., Dr. med., DEAA Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer Str. 33 48129 Münster Email: [email protected] Kinderanästhesist an der Universität Münster. Studium der Medizin in Münster und Freiburg. Mehrere Auslandsaufenthalte in Kinderkliniken, u. a. im Hospital for Sick Children in Toronto, dem Kantonsspital in Luzern und der Universitätsklinik Clermont-Ferrand. Seit 1995 Beteiligung am Aufbau eines Akutschmerzdienstes und am Einsatz kontinuierlicher epiduraler Katheter bei Kindern. Forschungsschwerpunkte: Kinderregionalanästhesie und Anwendung zentraler Katheterverfahren im Kindesalter.

Reinhold, P., Prof. Dr. med. Klinik für Anästhesiologie, op. Intensivmedizin Schmerztherapie Klinikum Herford Schwarzenmoorstr. 70 52049 Herford Email: [email protected] Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie. Facharzt für Anästhesiologie/Spezielle Schmerztherapie. Arbeitsschwerpunkte liegen in der Kinderanästhesie, -intensivmedizin und -schmerztherapie. Veröffentlichungen insbesondere zu Lokalanästhetika (inklusive EMLA) und Propofol bei Kindern.

XIX

Roth, B., Prof. Dr. med. Universitäts-Kinderklinik Joseph-Stelzmann-Str. 9 50924 Köln Email: [email protected] Leitender Oberarzt der Universitätskinderklinik Köln, Leiter des Bereichs Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin. Mehrjährige Tätigkeit in der pharmakologischen und toxikologischen Forschung eines Pharmaunternehmens als Laborant. Klinische Forschungs- und Arbeitsgebiete der letzten 10 Jahre: klinische Pharmakologie in der Neonatologie und pädiatrischen Intensivmedizin (Koffein, Analgetika, Sedativa, Kinetikstudien, 1H-MR-Spektroskopie in vivo, Schmerzverhalten bei Frühgeborenen etc). Medizinische Habilitation über die klinische Pharmakologie synthetischer Glukokortikoide im Kindesalter.

Sandkühler, J., Univ.-Prof. Dr. med. Zentrum für Hirnforschung Abteilung für Neurophysiologie Medizinische Universität Wien Spitalgasse 4 A-1090 Wien, Österreich Email: [email protected] Web: www.j-sandkuehler.net Universitätsprofessor für Neurophysiologie am Institut für Hirnforschung. Studium der Medizin in Heidelberg, Freiburg und Iowa City (Iowa, U.S.A.). Promotion über die antinozizeptiven Wirkmechanismen von Morphin. Habilitation im Fach Physiologie über die körpereigene Schmerzabwehr. 1. Preisträger im Wettbewerb »Problem Schmerz« der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Sprecher des Forschungsschwerpunktes Multidimensionalität des chronifizierenden Schmerzes der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg.

Schäfer, M., Prof. Dr. med. Klinik für Anaesthesiologie und operative Intensivmedizin, Freie Universität Berlin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin Email: [email protected] Leitender Oberarzt und Leiter der Forschungsabteilung an der Klinik für Anästhesiologie, Uniklinikum Benjamin-Franklin. Studium der Medizin in Münster, Cardiff (U.K.) und München; Promotion an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster; Approbation an der Ludwig-Maximilians-Universität München; Facharzt für Anästhesiologie, Habilitation an der

Freien Universität Berlin; NIH-, DGAI-, IARS- und DGSSPreisträger; wissenschaftlicher Leiter der klinischen Forschergruppe »Molekulare Mechanismen der Opioidanalgesie bei Entzündungsschmerz« an der FU Berlin, wissenschaftliche Arbeiten zur Entstehung und körpereigenen Kontrolle chronischer Entzündungsschmerzen, Neuro-Immun-Interaktionen sowie peripher analgetischer Wirkungen von Opioiden.

Sittl, R., Dr. med. Dipl.-Soz. Klinik für Anästhesiologie, Schmerzambulanz Universität Erlangen-Nürnberg Krankenhausstraße 12 91054 Erlangen Email: [email protected]. uni-erlangen.de Leiter der anästhesiologischen Schmerzambulanz und des Akutschmerzdienstes für Kinder und Erwachsene der Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 2002 geschäftsführender Oberarzt am Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie. Sertürner Preis 1998, Deutscher Schmerzforschungspreis 1999, Deutscher Palliativpreis 2001. Palliativpreis Österreich 2002 und 2004, Herausgeber des Internationalen Schmerzkurses auf CD-Rom. Leiter mehrerer BMFT-Forschungsprojekte zur Optimierung der Schmerztherapie.

Überall, M.A., Priv.-Doz. Dr. med. Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP) Institut für Qualitätssicherung in Schmerztherapie und Palliativmedizin (IQUISP) Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) O.Meany-Medical Data & Project Management Theodorstraße 1 90489 Nürnberg Email: [email protected] Langjährige Tatigkeit im Bereich Neuropädiatrie mit Schwerpunkten auf den Gebieten der Behandlung kindlicher Kopfschmerzen und der pädiatrischen Epileptologie. Habilitation im Fach Pädiatrie über die Relevanz apparativer Untersuchungsverfahren bei kindlichen Kopfschmerzen. Durchführung mehrerer international beachteter Studien zum Einsatz von Triptanen bei kindlicher Migräne. Unter anderem Mitglied der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) und der International Headache Society (IHS). Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) Leiter des Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP), Leiter des Instituts für Qualitätssicherung in Schmerztherapie und Palliativmedizin (IQUISP)

XX

Zernikow, B., Priv.-Doz. Dr. med. Institut für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin (IKP). Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke Dr.-Friedrich-Steiner-Str. 5 45711 Datteln Email: [email protected], Web: www.Schmerzen-bei-Kindern.de Leitung des Klinikbereichs und des Instituts für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin inklusive interdisziplinärer Kinderschmerzambulanz an der Vestischen Kinder- und Jungendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke. 1998–2001 Projektleiter des Qualitätssicherungsprojektes STOP (Schmerz-Therapie in der onkologischen Pädiatrie), seit 2001 Projektleiter von PATE (Palliativmedizin und -Therapie sowie ihrer Evaluation in der Kinderhämatoonkologie) der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie – gefördert durch die Deutsche Kinderkrebsstiftung und die Mundipharma GmbH. Seit 2002 Projektleiter von TOPP (Telemedizin in der onkologischpädiatrischen Palliativmedizin) – Teilprojekt des Kompetenznetzwerkes Pädiatrische Onkologie mit Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Initiator von Eigenes Leben – Hilfen für Kinder mit Schmerzen oder lebensverkürzenden Erkrankungen e.V.. Wissenschaftliche Leitung der Dattelner Kinderschmerztage – Kongress für Kinderschmerztherapie und pädiatrische Palliativmedizin. Preisträger des Wissenschaftspreises der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin 1994, Finalist 2002 The Golden Helix Award, Finalist Deutscher Gesundheitspreis 2004, Förderpreis für Interdisziplinarität in der Medizin 2004 der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Klinische Medizin (DGIKM e.V.).

XXI

Verzeichnis der Mitautoren Becke, K., Dr. med.

Griessinger, N., Dr. med.

Klinik für Anästhesiologie Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen

Schmerzambulanz Klinik für Anästhesiologie Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen

Benrath, J., Dr. med. Institut für Hirnforschung Spitalgasse 4 A-1090 Wien

Bode, U., Prof. Dr. med. Zentrum für Kinderheilkunde der Universität Bonn Abteilung für Hämatologie/Onkologie Adenauerallee 119 53112 Bonn

Coenen, W., Dr. med. Facharzt für Orthopädie Waldstr. 35 78048 Villingen

Damschen, U., Dipl.-Psych. Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke Dr.-Friedrich-Steiner-Str. 5 45711 Datteln

Dieckmann, J., Prof. Dr. med. Dr. med. dent Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen Dorstenerstr. 151 45657 Recklinghausen

Dietz, B., Dr. med. Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke Dr.-Friedrich-Steiner-Str. 5 45711 Datteln

Frosch, M., Dr. med. Universitätskinderklinik Albert-Schweitzer-Str. 33 48129 Münster

Geiss, C. Schmerzambulanz Klinik für Anästhesiologie Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen

Hafkemeyer, U., Dr. med. Klinik und Poliklinik für Technische Orthopädie des UKM Robert-Koch-Str. 30 48149 Münster

Hünseler, Ch., Dr. med. Klinik und Poliklinik für allgemeine Kinderheilkunde, Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 50924 Köln

Kluger, G., Dr. med. Behandlungszentrum Vogtareuth Krankenhausstr. 20 83569 Vogtareuth

Köster-Oehlmann, P., Dr. med., Oberärztin Abteilung für Anästhesie und operative Intensivmedizin Evangelisches Krankenhaus Wiedenbrücker Str. 33 59555 Lippstadt

Kröner-Herwig, B., Prof. Dr. Georg-August-Universität Göttingen Klinische Psychologie und Psychiatrie Gosslerstr. 14 37073 Göttingen

Kusch, M., Priv.-Doz. Dr. phil., Dipl.-Psych. Klinikum Kreis Herford Schwarzenmoorstr. 70 32049 Herford

Märkert, D. Klinik für Anästhesiologie Universität Erlangen-Nürnberg Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen

XXII

Tarsaev, O., Dr. med. dent. Universität Witten-Herdecke Zahnärztliche Poliklinik Fakultät für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Alfred-Herrhausen-Str. 50 58448 Witten

Würdisch, S., Kinderkrankenschwester Käppelinstr. 25 CH-4600 Olten

1 Pathophysiologie des Schmerzes M. Schäfer 1.1

Einleitung – 2

1.1.1 Definition des Schmerzes – 2 1.1.2 Biologische Bedeutung des Schmerzes – 2

1.2

Periphere Mechanismen – 3

1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5

Sensorische Nervenfasern – 3 Nozizeptoren – 4 Erregung und Sensitivierung sensorischer Nervenendigungen – 5 Neurogene Entzündung – 6 Neuropathischer Schmerz – 6

1.3

Zentrale Mechanismen – 7

1.3.1 Spinale Übertragung von Schmerzimpulsen – 7 1.3.2 Synaptische Schmerzimpuls-Übertragung – 8 1.3.3 Zentrale Sensitivierung – 9

1.4

Höhere Zentren – 10

1.4.1 Subkortikale und kortikale Schmerzzentren – 10 1.4.2 Kortikale Schmerzrepräsentation – 12

1.5

Kontrollmechanismen des Schmerzes – 13

1.5.1 Zentrale Kontrollmechanismen – 13 1.5.2 Periphere Kontrollmechanismen – 14

1.6

Zusammenfassung – 14 Literatur – 15

2

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

))

1 1.1

Einleitung

1.1.1

Definition des Schmerzes

Schmerz ist die Wahrnehmung von schädlichen Reizen aus der Umwelt. Schmerz hat eine Warn- bzw. Schutzfunkion, die die Unversehrtheit des Körpers eines Individuums erhalten soll. Uns allen ist das Beispiel geläufig, dass wir beim Berühren einer heißen Herdplatte reflexartig die Hand zurückziehen. Die Wahrnehmung des Schmerzes ist ein Bewusstseinsvorgang (Perzeption), der von den physiologischen Vorgängen der schädlichen Reizung, Nervenerregung und -weiterleitung (Nozizeption) unterschieden wird, diese jedoch voraussetzt. Erst im Gehirn werden die aus der Peripherie eintreffenden nervalen Impulse schädigender Reize aufgrund vorheriger Erlebnisse zu einem Schmerzerlebnis verarbeitet. Das heißt, neben physiologischen Vorgängen umfasst der Schmerz auch emotionale und verhaltensbestimmte Aspekte. Dies hat in der Definition des Schmerzes nach Merskey (1976), die von der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) übernommen wurde (1979), Eingang gefunden: »Schmerz ist ein unangenehmes Sinnesund Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit den Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.« Eine neuere von Donald D. Price (1999) vorgeschlagene Definition ist unabhängig von dem Nachweis einer Gewebeverletzung und dessen zwingender Assoziation mit der eigentlichen Sinneswahrnehmung: »Schmerz ist eine Wahrnehmung des Körpers, die (1) eine Sinnesempfindung in der Qualität, die bei einer Gewebeverletzung beschrieben wird, (2) eine erlebte Bedrohung, die mit dieser Sinnesempfindung assoziiert ist, und (3) ein unangenehmes oder andersartig negatives Gefühl, das auf der erlebten Bedrohung basiert, umfasst.«

1.1.2

Biologische Bedeutung des Schmerzes

Schmerz hat eine wichtige biologische Schutzfunktion. Dies wird besonders deutlich an Kindern, die

aufgrund einer mangelnden Anlage von schmerzleitenden Nervenfasern Schmerz nicht empfinden können (CIPA: Congenital-insensitivity-to-painwith-anhydrosis-Syndrom). Die Folge sind vielfältige Gewebeverletzungen der Haut und Deformierungen der peripheren Gelenke. Während die Kinder eine normale Empfindlichkeit für Berührung und Vibration haben, mangelt es ihnen an der Wahrnehmung von Hitze- und anderen schädlichen Reizen. Diese angeborene Erkrankung beruht auf einem Gendefekt eines Rezeptors des für die schmerzleitenden Nervenfasern essenziellen Wachstumsfaktors. Im Gegensatz dazu kann Schmerz, v. a. wenn er über einen längeren Zeitraum anhält, für den Organismus nachteilig sein. Dies wird uns besonders im Rahmen einer notwendigen Operation deutlich. Schmerzen sollten vor, während und nach einer Operation wirksam bekämpft werden. Geschieht dies nicht, kommt es zu einem verzögerten Heilungsverlauf, vermehrten Komplikationen und damit zu erhöhter Morbidität und Mortalität (. Tabelle 1.1). Dies trifft in besonderem Maße auch für chronische Schmerzen (z. B. chronisch arthritischer Schmerz, Tumorschmerzen) zu, die einen erheblichen Leidensdruck ausüben und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich einschränken. Zahlreiche Veröffentlichungen belegen die nachteiligen Folgen un- oder unterbehandelter Schmerzen für verschiedene Organsysteme des Körpers [11]. Schmerzreize bewirken z. B. über segmentale Reflexbahnen einen erhöhten Muskeltonus der interkostalen, abdominellen und Zwerchfellmuskulatur. Daraus resultiert eine Einschränkung der Atmung und möglicherweise konsekutiv eine Atelektasenund Pneumonieentstehung (. Tabelle 1.1).

. Tabelle 1.1. Physiologische Konsequenzen unbehandelter Schmerzen 5 5 5 5 5 5 5 5

Eingeschränkte Atemfunktion Sympathische Kreislaufstimulation Eingeschränkte Magen- und Darmmotilität Erniedrigte Urinausscheidung Erhöhter Metabolismus Vermehrte Gerinnungsaktivität Immunsuppression Entstehung eines chronischen Schmerzsyndroms

3 1.2 · Periphere Mechanismen

Schmerzen führen zur Stimulation des sympathikoadrenergen Systems. Als Folge steigen Herzfrequenz, Herzarbeit und systolischer Blutdruck und dadurch letztlich der myokardiale O2-Verbrauch (. Tabelle 1.1). Durch eine adäquate Analgesie kann z. B. die Inzidenz postoperativer kardiovaskulärer Komplikationen reduziert werden. Schmerzen lösen eine neuroendokrine Stressantwort des Körpers aus [11]. Diese ist durch eine vermehrte Sekretion kataboler (ACTH, Kortisol, Glukagon, Katecholamine) und verminderte Sekretion anaboler (Insulin, Testosteron, Wachstumsfaktoren) Hormone gekennzeichnet (. Tabelle 1.1). Für die Psyche des Menschen bedeuten unzureichend behandelte Schmerzen Leiden, Angst und Schlaflosigkeit, die in einer Art Circulus vitiosus an der Aufrechterhaltung der Stressantwort sowie an der erhöhten Sensivität gegenüber Schmerzen beteiligt sind. Die genannten Folgen inadäquat behandelter Schmerzen sind nicht nur für das jeweilige Individum, sondern auch für die Gesellschaft von großem Nachteil. Sie führen zu verlängertem Krankenhausaufenthalt und verspäteter Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Langfristig kommt es zu vermehrter Arbeitsunfähigkeit und evtl. vorzeitigem Ruhestand. Dies hat ernsthafte sozioökonomische Konsequenzen, die von der Gesellschaft getragen werden müssen.

1.2

Periphere Mechanismen

1.2.1

Sensorische Nervenfasern

Unser Körper kommuniziert mit der Umwelt, indem er so verschiedenartige Reize wie Licht, Ton und Berührung in die Sprache des Nervensystems, die elektrischen Impulse (Aktionspotentiale), umwandelt und zum Gehirn fortleitet. Wir fragen uns jedoch, wie es möglich ist, dass unser Gehirn aufgrund der eintreffenden elektrischen Impulse unterscheiden kann, ob der Reiz aus dem Auge, dem Ohr oder der Haut herkommt. Dies liegt an der Art, wie der Reiz mit einem spezifischen Rezeptor auf bestimmten Nervenendigungen interagiert. Die Eigenschaft des Reizes und damit des erregten Rezeptors, die Intensität des Reizes, die Dauer und Lokalisation des Reizes auf der Körperoberfläche und ihre Kodierung in

1

elektrische Impulse bestimmen die Qualität der uns zu Bewusstsein kommenden Wahrnehmung. Durch die photosensorischen Rezeptoren der Netzhaut nehmen wir z.B. das Licht, durch die Haarzellen des Hörorgans den Ton und durch die Mechanorezeptoren der Haut Druck und Berührung wahr. Welche Nervenfasern sind nun im subkutanen Gewebe zur Wahrnehmung von Druck, Berührung, Temperatur und Schmerz vorhanden? Periphere Nervenfasern werden unterschieden entsprechend 1. der Morphologie ihres peripheren Nervenendes, 2. der Sensitivität gegenüber der Reizintensität (Reizschwelle), 3. dem Durchmesser von Axon und Zellkörper, 4. dem Vorhandensein oder Fehlen einer Myelinscheide und dadurch bedingt der Leitgeschwindigkeit eines elektrischen Impulses (. Tabelle 1.2). Die Wahrnehmung von Druck und Berührung wird hauptsächlich durch die Mechanorezeptoren (AβNervenfasern) der Haut vermittelt ([8]; . Abb. 1.1). Sie besitzen eine niedrige Reizschwelle und spezialisierte Nervenendigungen, die mechanische Einwirkungskräfte in elektrische Signale umwandeln (. Tabelle 1.2). Der genaue Mechanismus ist noch ungeklärt. Langsam adaptierende Mechanorezeptoren (Merkel- und Ruffini-Körperchen) reagieren bevorzugt auf persistierende Reize und informieren über die räumlichen Gegebenheiten (z.B. die Textur eines Objektes). Schnell adaptierende Mechanorezeptoren (Meissner- und Pacini-Körperchen) zeigen nur zu Beginn und Ende eines Reizes eine Antwort und informieren hauptsächlich über dessen zeitlichen Ablauf (z. B. das Streichen eines Fingers über eine Oberfläche). Meissner- und Merkel-Körperchen befinden sich gehäuft auf der Innenfläche von Handund Fuß. Sie versorgen kleine rezeptive Felder (das Hautareal, welches von einem Nervenende innerviert wird) und haben daher eine hohe räumliche Auflösung (hohe Zwei-Punkte-Diskrimination). Im Gegensatz dazu versorgen Ruffini- und PaciniKörperchen größere rezeptive Felder und haben eine eher grobe räumliche Auflösung (geringe ZweiPunkte-Diskrimination). Die Wahrnehmung von Wärme oder Kälte wird durch spezialisierte Thermorezeptoren (Aδ-/CNervenfasern) der Haut vermittelt ([8]; . Tabelle

4

1

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

. Tabelle 1.2. Klassifikation peripherer sensorischer Nervenfasern



Funktion

Wahrnehmungsqualität

Reizschwelle/ rezeptives Feld

Durchmesser (µm)

Leitgeschwindigkeit (m/s)

Myelin

Muskelspindelafferenzen

Propriozeption



12–20

70–120

+++

Sehnenorganafferenzen Aβ

MeissnerKörperchen, Pacini-Körperchen, Ruffini-Körperchen, Merkel-Körperchen

Berührung, Schwingungen, Vibration, Druck

niedrig/klein niedrig/groß niedrig/groß niedrig/klein

5–12

30–70

+++



Schmerzafferenzen, Temperaturafferenzen

scharf, stechende Schmerzen

hoch/klein

1–4

12–30

++



Muskelspindelefferenzen





5–12

30–70

++

B

Sympathischpräganglionäre Nervenfasern





1–3

15

+

C

Polymodale Schmerz-/ Temperaturafferenzen

langsame, brennende Schmerzen

hoch/klein

0,5–1

1



1.2). Auf der Hautoberfläche befinden sich distinkte

Kälte- und Wärmerezeptoren. Kälterezeptoren (AδNervenfasern) werden in einem Temperaturbereich von 1–20 °C unterhalb der normalen Hautemperatur (37 °C) aktiviert. Wärmerezeptoren (C-Nervenfasern) dagegen werden in einem Temperaturbereich von 32–45 °C Hauttemperatur aktiviert. Bei Temperaturreizen >45 °C Körpertemperatur bzw. mehr als 20 °C unterhalb der Körpertemperatur werden weder Wärme- noch Kälterezeptoren, sondern entsprechende Thermonozizeptoren aktiviert, die einen Hitze- bzw. Kälteschmerz verursachen. 1.2.2

Nozizeptoren

Spezifische Nervenendigungen der Haut, die eine drohende Gewebezerstörung durch noxische Reize anzeigen, werden Schmerzrezeptoren bzw. Nozizeptoren genannt ([8]; . Abb. 1.1; s. auch Tabelle 1.2). Sie besitzen üblicherweise eine hohe Reizschwelle. Funktionell werden 3 Arten von Nozizeptoren unterschieden: Mechanonozizeptoren, die durch

starke mechanische Reize aktiviert werden, Thermonozizeptoren, die durch Hitze oder Kälte erregt werden, und polymodale Nozizeptoren, die auf verschiedene Reize – mechanische, Hitze- oder chemische Reize – antworten. Morphologisch werden 2 Arten von Nozizeptoren, die schnell leitenden Aδ- und die langsam leitenden C-Nervenfasern unterschieden. Schnell leitende Aδ-Nervenfasern lösen unmittelbar nach ihrer Erregung (z. B. durch eine heiße Herdplatte) einen motorischen Fluchtreflex (z. B. Zurückziehen der Hand) aus. Charakteristisch ist eine scharfe, stechende Schmerzempfindung. Langsam leitende C-Nervenfasern sind durch eine allmählich zunehmende, dumpfe, brennende Schmerzempfindung gekennzeichnet, die über lange Zeit persistieren kann. Bei einer akuten Verletzung kommt es häufig zu einer zeitlichen Aufeinanderfolge dieser beiden Schmerzempfindungen: Unmittelbar nach dem Reiz (z. B. Nadelstich) wird ein kurzer, stechender Schmerz wahrgenommen (1. Schmerz), der nach einem freien Zeitintervall von

5 1.2 · Periphere Mechanismen

1

lation sowie entzündliche und hypoxische Stimuli bewirken die Sensibilisierung der unterschiedlichen Nozizeptorpopulationen und die Rekrutierung primär stummer Nozizeptoren. Die hieraus resultierende vermehrte afferente Aktivität hat dann eine gesteigerte Erregbarkeit zentraler Neurone zur Folge und begünstigt so die Entwicklung chronisch persistierender viszeraler Schmerzzustände. 1.2.3

. Abb. 1.1. Subkutanes Hautgewebe und dessen Innervation durch unterschiedliche sensorische Nervenendigungen. Spezielle Tastkörperchen leiten über myelinisierte Aβ-Nervenfasern die Wahrnehmung von Druck und Berührung. Freie Nervenendigungen leiten über nur gering bzw. unmyelinisierte C-/Aδ-Nervenfasern nozizeptive Reize. Periphere sympathische Nervenfasern innervieren die Hautgefäße sowie die Haartalg- und Schweißdrüsen

einem länger andauernden, brennenden Schmerz abgelöst wird (2. Schmerz). Dies ist dadurch erklärbar, dass Aδ-Nervenfasern schnell adaptieren, sodass ei wiederholter Reizung der stechende Schmerz allmählich abnimmt, während der durch C-Nervenfasern hervorgerufene brennende Schmerz nach wiederholter Reizung in seiner Intensität weiter zunimmt. Adaptationsmechanismen können bei Nozizeptoren durch die Einwirkung von freigesetzten Gewebemediatoren aufgehoben sein, was eine Senkung der Reizschwelle und damit Sensitivierung des peripheren Nevenendes bewirkt (periphere Sensitivierung). Ein geringer Anteil an Nozizeptoren wird nur unter diesen Entzündungsbedingungen, unter normalen Bedingungen jedoch gar nicht erregt (»schlafende Nozizeptoren«; [9]). Viszerale Nozizeptoren, die die Eingeweide innervieren, sind überwiegend vom Typ langsam leitender, afferenter C-Nervenfasern. Sie verlaufen zusammen mit sympathisch oder parasympathisch efferenten Nervenfasern zu den Hohlorganen wie Magen, Darm und Harnblase und befinden sich dort als freie Nervenendigungen in der Wand des Hohlorgans [8]. Sie reagieren mit zunehmender Aktivität auf Dehnungsreize der Hohlorgane in Abhängigkeit von der Stärke und Schnelligkeit des Dehnungsreizes. Länger dauernde Formen der viszeralen Stimu-

Erregung und Sensitivierung sensorischer Nervenendigungen

Nozizeptoren befinden sich als freie Nervenendigungen in der Haut. Sie sind in der Mehrzahl der Fälle polymodal, d. h. sie werden durch mechanische, thermische und chemische Reize erregt [8]. Der genaue Mechanismus der Umwandlung eines mechanischen Reizes in eine elektrische Erregung dieser Nervenendigungen (Transduktion) ist noch nicht vollständig geklärt. Höchstwahrscheinlich erfolgt sie über eine Aktivierung membranständiger Ionenkanäle ([5]; . Abb. 1.2). Eine thermische Reizung von Nozizeptoren führt höchstwahrscheinlich zu einem Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration. Neueste Untersuchungen haben einen Ca2+-Ionen-Kanal identifiziert, der durch Hitze aktiviert wird (VanilloidRezeptor, VR1; [5]). Dieser Vanilloid-Rezeptor wird auch chemisch durch H+-Ionen und Capscaicin, eine pflanzliche Substanz im roten Pfeffer (Capsicum annuum), erregt ([5]; . Abb. 1.2). Nozizeptive C-Nervenfasern werden daher als Capscaicin-sensitive Nervenfasern charakterisiert. Die chemische Reizung sensorischer Nervenendigungen erfolgt durch die bei einer Gewebezerstörung freigesetzten Substanzen. Protonen entstehen z. B. aus dem Zelluntergang, Bradykinin

. Abb. 1.2. Erregung sensorischer Nervenendigungen. Schädliche thermische, mechanische und chemische Reize aktivieren spezifische Ionenkanäle. Dies führt zur Exzitation der Zellmembran und damit zur Entstehung eines elektrischen Schmerzimpulses, der dann entlang des peripher sensorischen Neurons zentralwärts zum Hinterhorn des Rückenmarks fortgeleitet wird

6

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

1 . Abb. 1.3. Sensitivierung sensorischer Nervenendigungen. Durch eine Gewebeverletzung freigesetzte Mediatoren (z. B. Bradykinin) bewirken über eine Aktivierung spezifischer Rezeptoren die durch Kinasen hervorgerufene Phosphorylierung von Ionenkanälen. Dies resultiert in der Herabsetzung der Erregungsschwelle sensorischer Nervenendigungen und letztlich in dem klinischen Phänomen der vermehrten Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie). (Mod. nach [13])

aus der enzymatischen Umwandlung von Kininen der Blutstrombahn, Prostaglandine aus der überwiegend durch die Verletzung induzierten Aktivierung der Cyclooxygenase Typ II (COX II). Die freigesetzten Mediatoren bewirken eine Senkung der Reiz- bzw. Erregungsschwelle und dadurch eine erhöhte Empfindlichkeit von Nozizeptoren (periphere Sensitivierung) [5]. Dies geschieht vermutlich über eine durch Kinasen erzeugte Phosphorylierung z. B. des Vanilloid-Rezeptors, der jetzt nicht mehr ausschließlich bei noxischen Temperaturen, sondern schon bei physiologischen Temperaturen (um 37 °C) erregt wird (. Abb. 1.3). Es kommt zu dem klinisch wahrnehmbaren Phänomen der vermehrten Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie). Auch sog. »schlafende Nozizeptoren«, die auf noxische Reize normalerweise nicht reagieren, werden durch die beschriebenen Vorgänge sensitiviert [9]. 1.2.4

Neurogene Entzündung

Im Rahmen einer Gewebeverletzung tragen nicht nur Immunzellen, sondern auch sensorische Nervenfasern (C-Nervenfasern) zur Aufrechterhaltung eines lokalen Entzündungsschmerzes bei (neurogene Entzündung; [8]). Aus den sensorischen Nervenendigungen werden die Neuropeptide CGRP und Substanz P in das lokale Gewebe freigesetzt. Hier führen sie durch eine lokale Gefäßerweiterung und Permeabilitätssteigerung zu Schwellung und Ödembildung (. Abb. 1.4). Eine lokale Rötung (Flarereaktion) entsteht meist über einen neurogenen Axonreflex, der eine fortgeleitete Erregung auf kollaterale Nervenendigungen der C-Nervenfasern überträgt. Durch topische Applikation von Lokalanästhetika

. Abb. 1.4. Neurogene Entzündung. Die Erregung sensorischer Nervenendigungen durch einen Schmerzreiz bewirkt über kollaterale Nervenäste eine Freisetzung von Neuropeptiden (sP, CGRP; Axonreflex), die über eine Gefäßdilatation, Plasmaextravasation und Degranulation von Mastzellen zu Rötung, Ödem und Flarereaktion führen

kann der Axonreflex typischerweise aufgehoben werden ([8]; . Abb. 1.4). Eine neurogene Freisetzung der Neuropeptide Substanz P und CGRP wird z. B. durch die Einwirkung von Capscaicin auf sensorische Nervenendigungen (Vanilloidrezeptor VR-1) oder durch eine elektrische Reizung afferenter C-Nervenfasern (antidrome Nervenstimulation) hervorgerufen. Unter Entzündungsbedingungen kommt es zu einer vermehrten Synthese und peripheren Freisetzung dieser Neuropeptide, was zu einer Entzündungsverstärkung führt [8]. Diese Mechanismen sind z. B. an der Entstehung und Unterhaltung bestimmten Formen des Kopfschmerzes sowie der Arthritis beteiligt. 1.2.5

Neuropathischer Schmerz

Im Unterschied zum Entzündungsschmerz zeigt sich eine andere Qualität des Schmerzes, wenn periphere Nerven geschädigt bzw. durchtrennt werden [1]. Charakteristisch ist ein brennender, bohrender Spontanschmerz mit zusätzlich einschießenden Schmerzattacken, die durch nur leichtes Berühren der Haut ausgelöst werden (wie z. B. der Tic douloureux bei der Trigeminusneuralgie). Es liegt meist eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie) für mechanische und thermische Reize (Hitze und Kälte) und eine vermehrte Empfindlichkeit für Berührungen der Haut vor (Allodynie; [1]). Diese

7 1.3 · Zentrale Mechanismen

Eigenschaften charakterisieren den neuropathischen Schmerz. Periphere Nervenfasern können entweder durch neurotrope Viren (z. B. Herpes zoster), durch bestimmte Stoffwechselstörungen (z. B. diabetische bzw. Alkoholneuropathie), durch Medikamente (Vincristin) oder durch mechanische Einwirkung (z. B. chirurgische Amputation) geschädigt werden. Als Antwort auf den Nervenschaden stehen regenerative Prozesse – unterstützt durch Wachstumsfaktoren (z. B. »nerve growth factor«, NGF) – im Vordergrund. Es kommt zu einer erneuten Aussprossung von Nervenfasern, die jedoch in teilweise ungeordneter Form verlaufen kann (Neurome; . Abb. 1.5; [1]). Unter dem vermehrten Einfluss von Wachstumsfaktoren kommt es zu einer veränderten Genexpression und damit Synthese neuronaler Rezeptoren, Ionenkanälen und Neuropeptiden. Dies resultiert letztlich in einem veränderten Phänotyp (Identität) der Nervenzelle (. Abb. 1.5). An den Stellen erhöhter Ionenkanaldichte kommt es zu spontanen, ektopen Entladungen und nachfolgender Exzitation des Neurons, was sich klinisch als repetitiver, spontan einschießender Schmerz äußert (Schmerzattacken; [1]). Durch eine deutliche Zunahme sympathoadrenerger Rezeptoren auf der verletzten Nervenfaser sowie der Einsprossung von sympathischen Nervenfasern in die Umgebung des Zellkörpers der verletzten Nervenfaser (im Spinalganglion) können die Schmerzen dem

. Abb. 1.5. Periphere Nervenläsion. In der Folge kommt es im Rahmen von Regenerationsprozessen zu einer erneuten Aussprossung von Nervenfasern, einer eventuellen Neurombildung, einer gesteigerten Neusynthese von Na+-Ionenkanälen und α-adrenergen Rezeptoren sowie einer vermehrten sympathischen Innervation sensorischer Hinterwurzelganglien. Alle diese Veränderungen bewirken eine gesteigerte Erregbarkeit des geschädigten Nervenendes, die mit einer vermehrten Schmerzempfindlichkeit auch gegenüber normalen Reizen wie z. B. Berührung (Allodynie) und gelegentlich spontan einschießenden Schmerzen einhergehen

1

Einfluss des peripheren sympathischen Nervensystems unterliegen (»sympathetically maintained pain«, SMP; [1]). Eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems oder die lokale Gabe adrenerger Substanzen kann die Schmerzen aggravieren, während ein Sympathikusblock sie durch Gabe eines Lokalanästhetikums bzw. Guanethidins reduzieren kann. Dies trifft jedoch nur für solche Patienten zu, die an neuropathischen Schmerzen leiden. Es ist bisher noch ungeklärt, welche Bedingungen mit (SMP) oder ohne (»sympathetically independent pain«, SIP) eine Beteiligung des sympathischen Nervensystems einhergehen [1]. Neuropathischer Schmerz ist kein einheitliches Schmerzsyndrom, sondern es subsummieren sich unter diesem Begriff eine Vielzahl verschiedener und komplexer Schmerzformen unterschiedlicher Genese, z. B. Phantomschmerz, postherpetische Neuralgie, Trigeminusneuralgie, sympathische Reflexdystrophie, Kausalgie und andere. In einer Konsensuskonferenz wurde erst kürzlich zum Zwecke größerer Klarheit und Einheitlichkeit der Begriff »komplexes regionales Schmerzsyndrom« (CRPS) eingeführt [1]. Danach differenzieren wir zwischen CRPS Typ I, das nach einem traumatischen Ereignis auftritt (z. B. Reflexdystrophie, Sudeck-Atrophie), und CRPS Typ II, das nach Nervenläsionen entstehen kann (z. B. Kausalgie; [1]). Eine Beteiligung des sympathischen Nervensystems muss in jedem dieser Fälle individuell untersucht werden.

1.3

Zentrale Mechanismen

1.3.1

Spinale Übertragung von Schmerzimpulsen

Die aus der Peripherie kommenden sensorischen Nervenfasern enden zentral im Hinterhorn des Rückenmarks. Dort werden die eintreffenden elektrischen Impulse durch synaptische Übertragung auf ein 2. sensorisches Neuron übergeleitet (Transmission; [13]). Die Lokalisation der zentralen Nervenendigungen im Hinterhorn ist in Abhängigkeit von ihrer Funktion (z. B. nozizeptiv oder mechanosensitiv) und von dem jeweiligen rezeptiven Feld auf der Körperoberfläche bestimmten Zonen zugeordnet. Basierend

8

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

1

. Abb. 1.6. Spinale Übertragung von Schmerzimpulsen im Hinterhorn des Rückenmarks. Hereinkommende Aβ-Nervenfasern enden in den Rexed-Zonen IV und V. C- und Aδ-Nervenfasern enden in den Rexed-Zonen I, II und V. Hier werden die Schmerzimpulse synaptisch auf nachgeschaltete sensorische Hinterhornneurone (wie z. B. die „Wide-dynamic-range-Neurone“) umgeschaltet. (Mod. nach [8])

auf den Erkenntnissen des Neuroanatomen Rexed wird das Hinterhorn in 5 solcher Zonen (Rexed-Zonen) eingeteilt (. Abb. 1.6). Neurone, die die nozizeptive Information weiterleiten (C- und Aδ-Nervenfasern), enden hauptsächlich in den Zonen I, II und V. Neurone (Aβ-Nervenfasern), die Druck und Berührung weiterleiten, enden hauptsächlich in den Zonen IV und V (. Abb. 1.6). Zahlreiche Interneurone, die hauptsächlich die verschiedenen afferenten und efferenten Neurone zu einem Netzwerk verschalten, befinden sich in den Zonen II und III (. Abb. 1.6). Das nachgeschaltete Hinterhornneuron kann entweder ein »nozizeptiv-spezifisches«, ein »wide dynamic range« (WDR-Neuron) oder ein Interneuron sein. Während das erste hauptsächlich nozizeptive Schmerzimpulse weiterleitet, übermittelt das zweite Impulse sowohl von nozizeptiven (Aδ-, C-) als auch von nicht-nozizeptiven (Aβ-)Nervenfasern. Das dritte gibt Impulse entweder verstärkt als exzitatorisches oder abgeschwächt als inhibitorisches Interneuron weiter. Auffällig ist, dass die Anzahl nachgeschalteter Neurone deutlich geringer ist als die Anzahl der aus der Peripherie eintreffenden Afferenzen (Konvergenz; [13]). Daraus wird erkenntlich, dass eine wesentliche Funktion des 2. sensorischen Neurons die Extraktion und Integration sensorischer Informationen ist. Exemplarisch hierfür sind die »wide dynamic range« Neurone, bei denen Impulse sowohl von C- (Nozizeptoren) als auch von Aβ-Nervenfasern (Mechanorezeptoren) konvergieren [13]. Diese Konvergenz führt zu einer Zusammenlegung

von zahlreichen kleineren rezeptiven Feldern z. B. der Haut zu einem größeren rezeptiven Feld. Ein anschauliches Beispiel zeigt uns die Konvergenz von Reizen aus tieferen Körpergeweben (z. B. innere Organe) und der oberflächlichen Haut. Der bei einer Myokardischämie auftretende Schmerz (Angina pectoris) projiziert sich in die obere linke Körperhälfte und die Innenseite des linken Oberarms. Solche Projektionsfelder innerer Organe auf die Hautoberfläche werden auch »Head-Zonen« genannt. Zusätzlich zu den afferenten Nervenfasern aus der Peripherie treffen im Hinterhorn auch absteigende (deszendierende Nervenbahnen) Nervenfasern aus höheren Hirnregionen (Stammhirn) ein [6]. Sie bewirken über eine Modulation der synaptischen Übertragung hauptsächlich einen hemmenden Einfluss auf die Transmission schmerzhafter Impulse. Durch das komplexe Zusammenspiel all dieser verschiedenen Neurone ist das Hinterhorn des Rückenmarks eine wichtige Relaisstation, bei der die synaptische Übertragung eines schmerzhaften Impulses abhängig vom Kontext (d. h. gleichzeitige äußere Einflüsse) des jeweiligen Reizes moduliert wird (»gate control« nach Melzack u.Wall). Der Begriff des »gate control« wird heutzutage nicht mehr in seiner historischen Form, sondern als Veranschaulichung des Phänomens begriffen, dass im Rückenmark eintreffende Schmerzimpulse in vielfältiger Weise der Regulation (neuronale Plastizität) unterworfen sind. Aus der Summe aller dieser Regulationsmechanismen ergibt sich eine »zentrale Schmerzschwelle«, die überschritten werden muss, damit ein Schmerzimpuls fortgeleitet (gebahnt) wird. 1.3.2

Synaptische SchmerzimpulsÜbertragung

Die elektrochemische Übertragung des Schmerzimpulses vom 1. auf das 2. sensorische Neuron erfolgt am synaptischen Spalt zwischen beiden Neuronen (. Abb. 1.7a–c). Es kommt zu einer Freisetzung von Überträgerstoffen (Neurotransmittern) und Neuropeptiden, die korrespondierende, prä- und/oder postsynaptische Rezeptoren aktivieren [13]. Die Effektivität der synaptischen Übertragung hängt von der Art und Anzahl freigesetzter Neurotransmitter, der Dichte und Identität prä- und postsynaptischer Rezeptoren, der Kopplung dieser Rezeptoren an intrazelluläre Botenstoffe und dem Abbau bzw. Ab-

9 1.3 · Zentrale Mechanismen

1

. Abb. 1.7a–c. Mechanismen zentraler Sensitivierung. a Aus der Peripherie hereinkommende schmerzhafte Impulse werden über exzitatorische Neurotransmitter (wie z. B. Glutamat) synaptisch auf das nachgeschaltete sensorische Neuron übertragen. b Eine persistierende Stimulation kann auch zu einer Freisetzung von Neuropeptiden führen, die über intrazelluläre Phosphorylierung eine Herabsetzung der Erregungsschwelle bewirken. c Die chronische Stimulation des Rückenmarks – insbesondere in Verbindung mit aufgetretenen Nervenschäden – kann in einer veränderten Genexpression resultieren, sodass neue Gene exprimiert werden bzw. die Expression bekannter Gene moduliert wird. Letzlich mündet dies in einen phänotypischen Switch der Nervenzelle. (Mod. nach [13])

transport synaptischer Neurotransmitter ab. Wichtigste, infolge einer hereinkommenden Erregung freigesetzte Neurotransmitter sind die exzitatorischen Aminosäuren Aspartat und Glutamat (. Abb. 1.7; [13]). Für einen Bruchteil von Millisekunden bis Sekunden werden diese in den synaptischen Spalt sezerniert und aktivieren postsynaptische Ionenkanäle (z. B. AMPA- und NMDA-Rezeptoren; [13]). Besonders die wiederholte Stimulation sensorischer Hinterhornneurone aufgrund eines andauernden Reizes (z. B. Entzündungsschmerz) führt zur Aktivierung dieser Rezeptoren [13]. Neuropeptide (z. B. Substanz P, CGRP) werden für die Dauer von Sekunden aus den afferenten Neuronen freigesetzt und aktivieren korrespondierende Rezeptoren auf prä-, postsynaptischen oder auch entfernter gelegenen Zellmembranen (. Abb. 1.7; [13]). Dies führt zu einer lang anhaltenden Erregung der Hinterneurone. Während durch die exzita-

torischen Aminosäuren Informationen über Lokalisation, Intensität und Dauer (spezifische Schmerzqualitäten) übertragen werden, dienen freigesetzte Neuropeptide eher der räumlichen und zeitlichen Bahnung des schmerzhaften Impulses (Überwindung der zentralen Schmerzschwelle). Eine Stimulation der Hinterhornneurone bewirkt über einen Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration eine Phosphorylierung intrazellulärer Proteine und eine veränderte Genexpression (z. B. c-Fos-Gen). 1.3.3

Zentrale Sensitivierung

Befindet sich das Hinterhorn des Rückenmarks im Normalzustand, so führt ein Reiz niedriger Intensität (Druck, Berührung) über Aβ-Nervenfasern zu einer nicht schmerzhaften und ein Reiz hoher Intensität (Trauma) über Aδ- und C-Nervenfasern zu einer schmerzhaften Wahrnehmung [13]. Her-

10

1

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

einkommende Schmerzimpulse (C-Fasern) können jedoch in Folge einer gleichzeitigen Aktivierung von segmentalen Aβ- oder deszendierenden Nervenfasern unterdrückt werden. Dies wird v. a. in Situationen größten Stresses (z. B. Marathonläufer), recht anschaulich (»gate control« nach Melzack u. Wall). Segmentale und/oder deszendierende Inhibitionsmechanismen tragen wesentlich zu den analgetischen Wirkungen, die z. B. durch transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), Akupunktur u. a. verursacht werden, bei [6]. Befindet sich das Hinterhorn des Rückenmarks jedoch in einem Erregungszustand, z. B. aufgrund eines andauernden Entzündungsschmerzes, so bewirkt die repetitive Stimulation über hereinkommenden C-Nervenfasern eine verstärkte Erregung nachgeschalteter WDR-Neurone (. Abb. 1.7a; [13]). Diese gesteigerte Aktivität der WDRNeurone (»wind-up«) geht klinisch mit einer Zunahme der Schmerzen einher [13]. Das Auftreten des »Wind-up-Phänomens« hängt stark vom Erregungszustand des Hinterhorns ab. »Wind-up« ist durch die wiederholte synaptische Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter, die dadurch bewirkte andauernde Erregung der postsynaptischen Zellmembran und letztlich die Aktivierung von NMDA-Rezeptoren zu erklären [13]. Aktivierte NMDA-Rezeptoren führen über einen intrazellulären Einstrom von Ca2+-Ionen zu einer Phosphorylierung intrazellulärer Proteine und zu einer veränderten Genexpression. Als Folge wird die Funktion und die Synthese intrazellulärer Proteine moduliert. Alle diese »plastischen« Veränderungen (Neuroplastizität) nachgeschalteter sensorischer Neurone überführen das Hinterhorn von einem ruhenden in einen aktivierten Zustand (zentrale Sensitivierung; . Abb. 1.7b; [13]). Diese Sensitivierung des Hinterhorns wird durch in den synaptischen Spalt freigesetzte Neuropeptide (Substanz P, CGRP), Prostaglandine und andere Substanzen gefördert (. Abb. 1.7b). Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass eine Blockierung der NMDA oder Neuropeptid-Rezeptoren zu einer Aufhebung des »Wind-up-Phänomens« führt [13]. Trifft nun ein Reiz niedriger Intensität (Druck, Berührung) über Aβ-Nervenfasern auf das sensitivierte Hinterhorn, so löst er eine schmerzhafte Wahrnehmung aus (mechanische Allodynie),

während ein Reiz hoher Intensität (Trauma) eine verstärkte Schmerzwahrnehmung (Hyperalgesie) bewirkt. Nach erfolgter Sensitivierung kann es auch unabhängig von hereinkommenden Impulsen aus der Peripherie spontan zu Entladungen nachgeschalteter sensitivierter Neurone kommen. Man spricht von der Ausbildung eines »Schmerzgedächtnisses«, was einen drohenden Übergang vom akuten in den chronischen Schmerz andeutet [13]. Nach peripherer Nervenläsion (z. B. C-Nervenfasern) kommt es ähnlich wie am peripheren auch am zentralen Nervenende im Hinterhorn zu entsprechenden Veränderungen [1]. Durch den Zelluntergang nozizeptiver Neurone kommt es zunächst zu einem reduzierten Einfluss von exzitatorischen Neurotransmittern und Neuropeptiden am synaptischen Spalt [1]. Die Weiterleitung schmerzhafter Impulse kann also erschwert sein (Hypoalgesie). Gleichzeitig führen Neurone mit erhöhter Dichte an Na+-Ionenkanälen und adrenergen Rezeptoren zu einem gesteigerten sensorischen Input [1]. An dem Ort der untergegangenen Neurone kommt es zu trophischen Veränderungen (. Abb. 1.7c). Es sprossen unter dem Einfluss verschiedener Wachstumsfaktoren (NGF, BDNF u. a.) benachbarte Nervenfasern – v. a. Aβ- und sympathische Nervenfasern – in das entsprechende Gebiet ein [13]. Aβ-Nervenfasern, die normalerweise in den RexedZonen III–V enden, erhalten jetzt auch Kontakt zu Neuronen in den Rexed-Zonen I und II [13]. Dies führt zu zahlreichen neuen synaptischen Kontakten mit nachgeschalteten Neuronen und bewirkt sowohl eine Verstärkung des sensorischen Inputs (zeitliche und räumliche Bahnung) als auch einen verstärkten Einfluss des sympathischen Nervensystems. All dies resultiert in einer zentralen Sensitivierung des Hinterhorns (. Abb. 1.7c; [13]).

1.4

Höhere Zentren

1.4.1

Subkortikale und kortikale Schmerzzentren

Wir wissen heute, dass es nicht nur ein, sondern viele verschiedene Hirnzentren gibt, die für die bewusste Wahrnehmung des Schmerzes verantwortlich sind.

11 1.4 · Höhere Zentren

1 . Abb. 1.8. Schmerzbahnen zu subkortikalen und kortikalen Zentren. (Aus [3])

Die nozizeptiven Neurone des Hinterhorns kreuzen über die vordere Kommissur die Mittellinie des Rückenmarks und steigen im Vorderseitenstrang zu höheren schmerzverarbeitenden Zentren (z. B. Thalamus) auf (. Abb. 1.8). Grob unterscheiden wir ein laterales von einem medialen System schmerzleitender Nervenbahnen. Das laterale System besteht aus Nervenbahnen, die die Schmerzinformation zahlreicher Aδ- und z. T. auch C-Nervenfasern aus den Rexed-Zonen I, II

und V zum lateralen Thalamus führen und dann über synaptische Umschaltung auf ein 3. sensorisches Neuron zum somatosensorischen Kortex weiterleiten (. Abb. 1.8). Die strikte somatotopische Gliederung dieses Bahnsystems findet sich im Homunkulus (Zonen der Körperoberfläche sind in der sensorischen Großhirnrinde repräsentiert) des somatosensorischen Kortex wieder (Hirnregionen S I und S II). Interessanterweise sind Orte mit hoher Dichte an Nozizeptoren (Hände, Füße) wesentlich

12

1

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

größer im Homunkulus repräsentiert als Orte mit niedriger Dichte (Oberarm, Oberschenkel). Das laterale System dient also der Lokalisation und Differenzierung von Schmerzreizen. Das mediale System rekrutiert sich hauptsächlich aus den C-Nervenfasern der Rexed-Zonen I und II und zieht in den medialen Thalamusbereich sowie in die Formatio reticularis des Mittelhirns (. Abb. 1.8). Es ist nicht somatotopisch gegliedert und steht in Verbindung mit dem Hypothalamus und dem limbischen System. Diese Nervenbahnen dienen v. a. der emotionalen Verarbeitung von Schmerzreizen. Interessanterweise kommt es bei der Abbildung schmerzhafter Testreize durch verschiedene bildgebende Verfahren häufig zu einer Aktivierung dieser beiden Strukturen, des somatosensorischen Kortex und des limbischen Systems – neben anderen Hirnregionen. Alle wichtigen sensorischen Nervenbahnen enden im Thalamus oder werden dort synaptisch umgeschaltet. Der Thalamus wird daher auch als »Tor zum Bewusstsein« bezeichnet. Weitere Strukturen des ZNS, wie die Hypophyse, das limbische System und die Stammhirnkerne sowie der präfrontale Kortex, stehen mit dem Thalamus in enger Verbindung. Dies führt zu Verbindungen zwischen den somatosensorischen und emotional-affektiven Komponenten des Schmerzes. Jedoch erst nach Eintreffen der schmerzhaften Impulse im somatosensorischen Kortex (Hirnregionen S I und S II) werden sie in Verbindung mit zahlreichen assoziativen Bahnen aus dem präfrontalen Kortex als eigentliches Schmerzerlebnis wahrgenommen (Perzeption), d. h. die akute Schmerzempfindung wird bezüglich der Qualität und Differenzierung nach Zeit, Raum und Intensität im Vergleich zu früheren Schmerzerlebnissen beurteilt. In diesem Sinne gibt die IASP-Definition des Schmerzes nach Mersky das Schmerzerleben des Menschen als sensorische, aber auch emotionale und verhaltensbestimmte Wahrnehmung adäquat wieder. Entsprechend versucht ein in der Praxis vielfach angewandter Schmerzfragebogen, der McGill-PainQuestionnaire (MPQ), herauszufinden, welche der 3 Komponenten, die sensorische, die affektive oder die evaluative Komponente des Schmerzerlebnisses, in dem jeweiligen individuellen Fall des Patienten im Vordergrund steht.

1.4.2

Kortikale Schmerzrepräsentation

Neueste bildgebende Verfahren haben es in jüngster Zeit ermöglicht, ein genaueres Abbild schmerzhafter Wahrnehmungen in den subkortikalen und kortikalen Hirnregionen zu erhalten. Dabei werden entweder die elektrische Aktivität der Schmerzbahnen bzw. Hirnregionen (EEG, SEP), regionale Durchblutungsänderungen (PET-Scan) oder regional unterschiedliche O2-Konzentrationen (fMRI) als Ausdruck der Hirnaktivität evaluiert. Untersuchungsergebnisse unter Ruhebedingungen werden von denen unter bestimmten Reizsituationen (z. B. lokalisierter Hitzereiz) subtrahiert. Hierdurch werden Aktivitätsmuster bestimmter Hirnareale aufgezeichnet, die spezifisch für den jeweiligen Reiz sind. Im Wesentlichen konnten die weiter oben beschriebenen Veränderungen einer Aktivierung des somatosensorischen Kortex (Hirnregionen S I und S II) und des limbischen Systems als Folge bestimmter Schmerzreize bestätigt werden. Darüber hinaus haben diese Verfahren neue Erkenntnisse über neuroplastische Veränderungen im somatosensorischen Kortex infolge chronisch andauernder Schmerzen (z. B. Phantomschmerz) erbracht [7]. Ebenso wie in der Peripherie und im Hinterhorn des Rückenmarks kann es bei persistierendem Schmerz auch im Thalamus und im Kortex zu neuroplastischen Veränderungen kommen [7]. Dies wurde besonders gut an Patienten nach Amputation einer Gliedmaße untersucht (. Abb. 1.9). Mittels bildgebender Verfahren (z. B. fMRI, PET) konnte gezeigt werden, dass es infolge der Amputation und der typischen Veränderungen nach einer Durchtrennung peripherer Nerven (s. oben) zu Verschiebungen in der kortikalen Repräsentation bestimmter Areale der Körperoberfläche kommt [7]. Zum Beispiel befand sich bei Patienten nach Armamputation in der korrespondierenden Hirnhälfte die kortikale Repräsentation der Lippe in unmittelbarer Nähe des Kleinfingers, d. h. 2–4 cm entfernt von dem zu erwartenden Hirnareal (. Abb. 1.9). Schmerz führt also auch auf kortikaler Ebene zu anhaltenden neuroplastischen Veränderungen, die sich in einer Verschiebung der somatotopisch organisierten Repräsentation der Körperoberfläche

13 1.5 · Kontrollmechanismen des Schmerzes

im Gehirn äußert [7]. Die Bedeutung dieser Phänomene für den Verlauf und die Therapie chronisch Schmerzkranker beginnt man erst jetzt langsam zu verstehen.

1.5

Kontrollmechanismen des Schmerzes

1.5.1

Zentrale Kontrollmechanismen

Die Nozizeption und Fortleitung schmerzhafter Reize führt nicht unwiderruflich zur Schmerzperzeption, sondern sie sind auf kortikaler, subkortikaler, spinaler und peripherer Ebene in mannigfaltiger Weise der Modulation ausgesetzt. Im Unterschied zu den exzitatorischen Mechanismen, die eine Verstärkung der Schmerzwahrnehmung bewirken, gibt es auch inhibitorische Kontrollmechanismen, die zu einer Reduktion der Schmerzwahrnehmung führen. Eine der ersten Beschreibungen solcher Kontrollmechanismen untersuchte den hemmenden Einfluss von Aβ-Nervenfasern (Druck, Berührung), deren Erregung zur gleichen Zeit und im selben Segment wie die afferenter schmerzleitender C-Nervenfasern eintrifft. Dadurch, dass beide Nervenfasern auf ein und demsel-

1

ben WDR-Neuron konvergieren, können sie sich gegenseitig in ihrer Fortleitung hemmen. Dieses Phänomen der segmentalen Schmerzhemmung wurde erstmals von Melzack u. Wall als sog. »gate control« beschrieben. Das heißt, nur unter bestimmten Bedingungen wird der Schmerzreiz durch das »Tor« zu höheren Schmerzzentren durchgelassen. Dies wird therapeutisch bei der transkutanen Nervenstimulation (TENS) ausgenutzt. Aber auch andere segmentale Neurone, die Interneurone, üben mittels ihrer inhibitorischen Synapsen (GABA als inhibitorischer Neurotransmitter) einen hemmenden Einfluss aus. Ein weiteres inhibitorisches System sind die aus den Kerngebieten des Stammhirns (wie zentrales Höhlengrau, Nucleus raphe magnus und Locus coeruleus) kommenden deszendierenden Nervenbahnen [6]. Sie nehmen über zahlreiche synaptische Kontakte mit den Neuronen des Hinterhorns (RexedZonen I, IV und V) auf die Schmerzleitung des Rückenmarks Einfluss [6]. Serotonin und Noradrenalin werden als inhibitorische Neurotransmitter freigesetzt und wirken auf prä- und/oder postsynaptische Rezeptoren des afferenten Neurons ein. Im Rahmen physiologischer Vorgänge (z. B. Stress) sowie durch elektrische Stimulation der entsprechenden Kerngebiete des Stammhirns werden diese deszendierenden inhibitorischen Nervenbahnen aktiviert.

. Abb. 1.9. Verschiebungen der kortikalen Repräsentation sensorischer Wahrnehmungen bei Phantomschmerzpatienten. In der Hemisphäre der gesunden Seite (linke Seite der Abbildung) liegen die kortikalen Repräsentationen der Hand (Quadrat) und Lippe (Kreis) eng beieinander. Im somatosensorischen Kortex der mit dem amputierten Arm korrespondierenden Seite fällt das Repräsentationsareal des amputierten Unterarms weg und wird von dem der Lippe neu besetzt. Es kommt zu einer Verschiebung der Repräsentation der Lippe. Die Pfeile deuten auf die Stelle der ursprünglichen kortikalen Repräsentation. (Mod. nach [7])

14

1

Kapitel 1 · Pathophysiologie des Schmerzes

Das wirksamste schmerzhemmende System ist jedoch das körpereigene Opioidsystem. Dies wurde erst kürzlich in überzeugender Weise mittels PETScan-Analyse des Gehirns von Probanden demonstriert. Eine persistierende schmerzhafte Reizung bewirkte die durch freigesetzte körpereigene Opioide erzeugte Verdrängung einer vorher i.v.-injizierten, radioaktiv markierten Opioidsubstanz (14C-Carfentanil; [14]). Endogene Opioide werden also durch schmerzhafte Reize mobilisiert. Die Opioidrezeptoren befinden sich auf allen Ebenen schmerzleitender Nervenbahnen [6]. Sie sind im Bereich des Kortex, des Hypothalamus, des limbischen Systems, der Kerngebiete des Stammhirns sowie prä- und postsynaptisch im Hinterhorn des Rückenmarks und auf den peripheren sensorischen Nervenendigungen lokalisiert [6]. Drei verschiedene Opioidrezeptoren, μ-, δ- und κ-Opioidrezeptoren, werden unterschieden. Der μOpioidrezeptor hat für die Analgesie und viele der Nebenwirkungen einer Opioidtherapie (zentral: u. a. Sedierung, Atemstillstand, Euphorie; peripher: Obstipation) größte Bedeutung. Im Hinterhorn des Rückenmarks befinden sich endogene (körpereigene) Opioidpeptide, die unter pathologischen Bedingungen, wie z. B. einer lokalen Entzündung, in ihrer Konzentration hochreguliert werden. Durch ihre Einwirkung auf die prä- und postsynaptischen Opioidrezeptoren des Hinterhorns bewirken sie eine effektive Unterdrückung der Schmerzfortleitung ähnlich wie die intrathekale Opioidgabe z. B. im Rahmen einer Spinal- oder Epiduralanaesthesie. 1.5.2

Periphere Kontrollmechanismen

Opioidrezeptoren befinden sich nicht nur im zentralen Nervensystem, sondern auch an peripheren sensorischen Nervenendigungen [12]. Ihre Anzahl

wird unter schmerzhaften Entzündungsbedingungen hochreguliert [12]. In Übereinstimmung damit bewirkt die lokale Gabe von Morphin eine klinisch relevante Inhibition des Schmerzes am Ort seiner Entstehung [10]. Ähnlich wie Lokalanästhetika können also auch Opioide Schmerzen noch vor ihrem Eintreffen im Hinterhorn des Rückenmarks wirkungsvoll inhibieren. Im Unterschied zu den Lokalanästhetika scheint jedoch die Wirksamkeit peripherer Opioide von einer gesteigerten elektrischen

Spontanaktivität der Neurone (d. h. Nozizeption) abhängig zu sein. Körpereigene Opioidpeptide sind in unmittelbarer Nähe peripherer Opioidrezeptoren nachgewiesen worden [12]. Sie werden von Immunzellen, die nach einem lokalen Entzündungsreiz gezielt in das traumatisierte Gewebe einwandern, synthetisiert und unter definierten Bedingungen (wie z. B. Stress) in das umgebende Gewebe freigesetzt [12]. Die in unmittelbarer Nähe sich befindenden peripheren Opioidrezeptoren werden in gleicher Weise wie nach einer lokalen Morphingabe aktiviert und wirken dadurch der Entstehung und Unterhaltung eines persistierenden Schmerzreizes entgegen [12]. Interaktionen zwischen dem Immun- und dem Nervensystem können also sowohl zur Erzeugung als auch zur Kontrolle von Schmerzreizen beitragen.

1.6

Zusammenfassung

Schmerz ist als die individuelle sensorische und emotionale Wahrnehmung einer drohenden oder bereits eingetretenen Gewebeschädigung definiert. Ein schmerzhafter Reiz aktiviert die in der Körperperipherie vorhandenen Nozizeptoren, die den Reiz in einen elektrischen Impuls kodieren. Dieser Impuls wird zum Hinterhorn des Rückenmarks und nach synaptischer Übertragung zu höheren, subkortikalen Schmerzzentren und letztlich zum Kortex fortgeleitet. Erst hier wird der Reiz im Kontext seiner individuellen Situation und früherer Erfahrungen als Schmerzereignis wahrgenommen. Schmerz dient in seiner physiologischen Funktion der Prävention einer Gewebeschädigung. Ist eine solche Schädigung bereits eingetreten, so kommt es zu persistierenden Schmerzreizen, die sowohl in der Peripherie, im Rückenmark als auch im Gehirn zu zahlreichen neuroplastischen Veränderungen führen. Daraus resultiert auf allen genannten Ebenen eine gesteigerte Sensitivierung des Nervensystems gegenüber schädlichen wie auch nicht-schädlichen Reizen. Diese Vorgänge können sich u. U. verselbstständigen und zur Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses führen, bei dem der ursprünglich auslösende Reiz längst nicht mehr nachweisbar ist. Gleichzeitig versuchen endogene Kontrollmechanismen, bei denen das Opioidsystem, aber auch andere Systeme eine wichtige Rolle spie-

15 Literatur

len, in Peripherie, Rückenmark und Gehirn diesen pathologischen Veränderungen entgegenzuwirken. Sowohl die Entstehung als auch die Kontrolle von Schmerzen dienen dem Körper zur Verhinderung weiteren Gewebeschadens, zur Unterstützung der Wundheilung und zur Wiederherstellung einer normalen Funkionsfähigkeit. Der Übergang vom akuten in den chronischen Schmerz ist in besonderer Weise von Störungen des Gleichgewichts zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Mechanismen sowie vom Eintreten wirksamer therapeutischer Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt abhängig.

Literatur 1. Baron R, Jänig W (1998) Schmerzsyndrome mit kausaler Beteiligung des Sympathikus. Anästhesist 47: 4–23 2. Bonica JJ (1990) The management of pain. Lea & Fiebiger, Philadelphia (Wiliams & Wilkins) 3. Brune K, Beyer A, Schäfer M (Hrsg) (2001) Schmerz – Pathophysiologie, Pharmakologie, Therapie, 1. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio 4. Hinz B, Brune K (1999) COX-1 and COX-2: functions and pharmacological effects. Pharm Unserer Zeit 28/1: 21– 29 5. Caterina MJ, Julius D (1999) Sense and specificity: a molecular identity for nociceptors. Curr Opin Neurobiol 9/5: 525–530 6. Fields HL (2000) Pain modulation: expectation, opioid analgesia and virtual pain. Prog Brain Res 122: 245–253 7. Flor H, Elbert T, Knecht S et al. (1995) Phantom-limb pain as a perceptual correlate of cortical reorganization following arm amputation. Nature 375(6531): 482–484 8. Handwerker HO (1998) Einführung in die Pathophysiologie des Schmerzes. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio 9. Schaible HG, Grubb BD (1993) Afferent and spinal mechanisms of joint pain. Pain 55: 5–54 10. Schäfer M (1999) Peripheral opioid analgesia: from experimental to clinical studies. Curr Op Anesth 12: 603–607 11. Schäfer M, Stein C (1997) Schmerz in der postoperativen Phase – Medizinische und ökonomische Aspekte. Anästhesist 46 [Suppl 2]: S120–S123 12. Stein C (1995) Mechanisms of disease: The control of pain in peripheral tissue by opioids. N Engl J Med 332(25): 1685–1690 13. Woolf CJ, Salter MW (2000) Neuronal plasticity: Increasing the gain in pain. Science 288: 1765–1768 14. Zubieta J, Greenwald MK, Lombardi U et al. (2000). Buprenorphine-induced changes in μ-opioid receptor availability in male heroin-dependent volunteers: a preliminary study. Neuropsychopharmacology 23(3): 326–334

1

2 Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen J. Sandkühler und J. Benrath 2.1

Einleitung – 18

2.2

Entwicklung des Schmerzverhaltens – 18

2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

Entwicklung des peripheren sensiblen Nervensystems – 19 Entwicklung der spinalen Nozizeption – 19 Entwicklung der synaptischen Verbindungen im Rückenmark – 19 Entwicklung der supraspinalen Schmerzverarbeitung – 20

2.3

Segmentale und absteigende Schmerzhemmung bei Früh- und Neugeborenen – 20

2.4

Entwicklung der wichtigsten an der Schmerzverarbeitung beteiligten Neurotransmitter-systeme – 21

2.4.1 Exzitatorische Neurotransmitter – 21 2.4.2 Inhibitorische Neurotransmitter – 23

2.5

Entwicklung pathologischer Schmerzzustände – 24

2.5.1 Periphere Sensibilisierung – 24 2.5.2 Zentrale Sensibilisierung – 25 2.5.3 Sensibilisierungsmechanismen bei Früh- und Neugeborenen – 26

Literatur – 27

18

Kapitel 2 · Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen

))

geborenen oft nur grob abschätzen. Eine adäquate Schmerztherapie ist daher bei Neugeborenen allein aus diesem Grund schwierig und bedarf besonderer Aufmerksamkeit. In der folgenden Übersicht werden aktuelle Erkenntnisse über die Besonderheiten von Schmerz und Nozizeption beim menschlichen Früh- und Neugeborenen zusammenfassend dargestellt und durch Ergebnisse aus Tierversuchen ergänzt, die wesentlich zum Verständnis der neurobiologischen Vorgänge beigetragen haben.

Einleitung

2.1

2 Scheinbar harmlose Schmerzreize können bei Frühund Neugeborenen das nozizeptive System für Monate oder Jahre ungünstig beeinflussen [51]. So zeigen Neugeborene, bei denen eine Zirkumzision ohne ausreichende Schmerzbehandlung vorgenommen wurde, auch noch Monate später generell erniedrigte Schmerzschwellen [61]. Neuere Arbeiten bestätigen, dass bei Früh- und Neugeborenen Hyperalgesie und Allodynie nicht nur durch große Traumata, z. B. bei Operationen, sondern bereits durch kleinere schmerzhafte Eingriffe, z. B. solche zu diagnostischen Zwecken oder bei der intensivmedizinischen Behandlung, ausgelöst werden können [4, 51]. Andererseits können Frühgeborene, die während der Zeit der Intensivbehandlung einer Reihe von schmerzhaften Stimuli ausgesetzt sind, im späteren Leben auch unphysiologisch hohe Schmerzschwellen entwickeln [36, 42]. Bei Früh- und Neugeborenen gleicht das nozizeptive System noch nicht dem des Erwachsenen, sondern macht noch eine Reihe von z.T. erheblichen Entwicklungsschritten durch. Hier sind Grundlagenwissenschaften und klinische Forschung in den letzten Jahren zu Erkenntnissen gelangt, die den klinischen Alltag zu beeinflussen beginnen [3, 5, 14, 51]. Allerdings können Eltern, Anästhesisten und Pädiater die Schmerzintensität bei Früh- und Neu-

2.2

Entwicklung des Schmerzverhaltens

Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1000 g zeigen bereits in der 26. Woche einen unspezifischen, dennoch deutlichen und gut messbaren Wegziehreflex auf schmerzhafte Reize (. Tabelle 2.1). Man muss daher annehmen, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt nozizeptive Information das Rückenmark erreicht und dort verarbeitet wird. In diesem Entwicklungsabschnitt führen auch nichtschmerzhafte Stimuli zu unspezifischen Wegziehreaktionen [21]. Spezifische Reaktionen, wie gezieltes Wegziehen der stimulierten Extremität oder Grimassieren, treten dagegen erst auf, wenn nozizeptives und motorisches System weiter ausgereift sind. Spezifische Reflexe sind dann nur noch auf schmerzhafte Stimulation hin auslösbar [46].

. Tabelle 2.1. Übersicht über die Entwicklung des Schmerzsystems bei Feten von Mensch und Ratte. Die Ratte hat mit E20 (20. Tag der Embryonalentwicklung) Geburtsreife erlangt Mensch Woche p.c.

Ratte Tag p.c.

System

Literatur

7.–8.

E15

Reflektorische Bewegung auf Stimulation, Beginn von Spontanbewegungen

[10, 17, 47]

10.–11.

E16

Sensible Versorgung der Hand/Pfote

[24]

13.–14.

E17

Gesamte Körperoberfläche sensibel innerviert, rezeptive Felder vorhanden

[20, 26]

26.

E19

Wegziehreflex auf noxische Stimulation

[6, 30]

22.–34.

Ab E19

Ausbildung der Projektionsbahnen vom Thalamus zum primär sensorischen Kortex

[26]

26.–31.

Entfällt

Grimassieren auf noxische Stimulation

[15]

19 2.2 · Entwicklung des Schmerzverhaltens

Im Gegensatz zu früheren Annahmen liegen die Schmerzschwellen bei Früh- und Neugeborenen generell niedriger, und die Schmerzreaktionen sind stärker ausgeprägt als bei Jugendlichen oder Erwachsenen [6]. 2.2.1

Entwicklung des peripheren sensiblen Nervensystems

Die Innervation der Haut mit myelinisierten, schnell leitenden A-Fasern und nichtmyelinisierten, langsam leitenden C-Fasern beginnt bereits am 14. Tag der Embryonalentwicklung (E14) der Ratte [20]. Obwohl die Entwicklung der A-Fasern früher als die der C-Fasern beginnt, erfolgt die Innervation der Haut ausgehend vom Rumpf auf die Extremitäten für beide Fasertypen etwa gleichzeitig. Eine deutliche Zuordnung innervierter Hautareale zu einzelnen Nervenfasern (rezeptive Felder) ist bereits ab E17 nachweisbar [20, 27]. Sensorische Informationen aus diesen rezeptiven Feldern werden zunächst mit niedrigerer Frequenz und geringerer Geschwindigkeit als beim adulten Tier fortgeleitet. Erst von Geburt an entsprechen Reizschwelle und Entladungsfrequenz von polymodalen, d. h. auf Temperatur und Druck reagierenden Nozizeptoren denen im Erwachsenenalter. Dagegen erreichen hochschwellige Aδ-Mechanorezeptoren bei der Geburt noch nicht ihre spätere maximale Aktionspotentialfrequenz. Die niederschwelligen Mechanorezeptoren sind zum Geburtszeitpunkt ebenfalls funktionell noch nicht ausgereift [25]. 2.2.2

Entwicklung der spinalen Nozizeption

Zeitgleich zur Innervation der peripheren Gewebe sprossen die sensiblen Fasern in das Rückenmark ein. Die A-Fasern wachsen bei der Ratte ab E15 in das Hinterhorn ein, ab E19 folgen die C-Fasern [19]. Es wird vermutet, dass eine erfolgreiche Innervation der Haut das Einwachsen der Nervenfasern in das Rückenmark auslöst [22]. Damit ist gewährleistet, dass nur sensible Nervenfasern, denen ein rezeptives Feld zugeordnet ist, Synapsen zu Rückenmarksneuronen ausbilden. Synaptische Verbindungen mit den Motoneuronen sind eine Voraussetzung zum Auslösen von Reflexen und bestehen ab E17 [65].

2

Das Einwachsen von A- und C-Fasern in das Hinterhorn folgt der Somatotopie [18, 23], d. h. benachbarte Abschnitte der Körperoberfläche lassen sich benachbarten Neuronenpopulationen im Rückenmark und im Kortex zuordnen. Darüber hinaus entwickeln sich unterscheidbare histologische Schichten (Laminae) im Hinterhorn, deren Neurone unterschiedliche Funktionen ausüben. Beim Erwachsenen enden Aβ-Fasern ausschließlich in den Laminae III und IV des Hinterhorns. Beim Feten und Neugeborenen enden sie zusätzlich in den Laminae I und II und ziehen sich aus diesen innerhalb der ersten 3 Wochen postpartal wieder zurück [26]. Im Gegensatz dazu wachsen C-Fasern von Anfang an in die oberflächlichen Laminae I und II ein. Das Einwachsen von C-Fasern in die Laminae I und II scheint für das Zurückziehen der Aβ-Fasern aus diesen Laminae verantwortlich zu sein. Vermutlich sezernieren die C-Fasern Substanzen, die das Einsprossen von Aβ-Fasern in ihr Territorium verhindern oder wieder rückgängig machen. In einer Übergangszeit von einigen Tagen postpartal enden bei Ratten sowohl Aβ- als auch C-Fasern in den Laminae I und II des Hinterhorns [26]. Das starke Reagieren von Frühgeborenen auf leichte Berührungsreize könnte so erklärt werden. 2.2.3

Entwicklung der synaptischen Verbindungen im Rückenmark

Die Entwicklung des neuronalen Netzes im Rückenmark verläuft von ventral nach dorsal [2]. Zuerst entwickeln sich die Motoneurone im Vorderhorn. Dann folgen die Interneurone, die synaptische Verbindungen mit den Motoneuronen herstellen. Die Neurone der Laminae I und II entstehen zuletzt. Auch die Ausbildung der synaptischen Verbindungen verläuft entsprechend von ventral nach dorsal. Das führt dazu, dass bei Ratten im Hinterhorn der Höhepunkt der Synaptogenese zwischen primär afferenten Neuronen und Interneuronen erst innerhalb der 1. Woche postpartal liegt [30]. Daher sind bei neugeborenen Tieren die synaptischen Verbindungen zwischen primären Afferenzen und Hinterhornneuronen funktionell noch nicht vollständig ausgereift. So führt elektrische Stimulation von sensiblen Nervenfasern bei Hinterhornneuronen zu Reizantworten mit längerer und stärker variabler

20

2

Kapitel 2 · Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen

Latenz als bei adulten Tieren [18, 41]. Hautreize bewirken eine langanhaltende Erregung von Hinterhornneuronen, und bei wiederholten Reizen können die Reizschwellen deutlich absinken. Beim Neugeborenen können Erregungen von niederschwelligen Aβ-Faserafferenzen Reaktionen auslösen, die beim Erwachsenen nur durch Schmerzreize entstehen. So führt z. B. die wiederholte Stimulation von Aβ-Fasern bei Neugeborenen zu einer Sensibilisierung von Hinterhornneuronen. Eine solche zentrale Sensibilisierung, also eine verstärkte Antwort von Hinterhornneuronen auf einen Testreiz, ist beim adulten Tier nur durch die Stimulation von hochschwelligen C-Fasern möglich. Weiterhin können nichtschmerzhafte Reize in den Hinterhornneuronen die Expression des »immediate early gene« c-fos auslösen, das als Marker für Umbauvorgänge in der Zelle angesehen wird. Diese Genexpression wird im adulten Tier nur durch schmerzhafte Stimuli und durch Erregungen von Aδ- und C-Fasern hervorgerufen [40]. Zusätzlich sind die rezeptiven Felder der Hinterhornneurone bis 2 Wochen postpartal größer als beim adulten Tier, so dass ein Neuron von einem größeren Hautareal (Schmerz-)Informationen aus der Peripherie erhält [18]. Schließlich ist die körpereigene Schmerzhemmung noch nicht wirksam (s. unten). Die Folge dieses noch nicht ausgereiften neuronalen Netzwerks ist, dass nichtnoxische Reize im Rückenmark Sensibilisierungmechanismen induzieren können, die sich beim Erwachsenen allein durch Schmerzreize auslösen lassen. 2.2.4

Entwicklung der supraspinalen Schmerzverarbeitung

Mit Hilfe von Wegziehreflexen lassen sich wichtige Aussagen über die spinalen Mechanismen der Nozizeption treffen. Allerdings führt erst die Verarbeitung dieser nozizeptiven Informationen supraspinal in Thalamus, Gyrus cinguli und somatosensorischem Kortex zum Sinneseindruck »Schmerz« mit seiner affektiven Komponente. Über die supraspinale Verarbeitung nozizeptiver Informationen bei Früh- und Neugeborenen ist erst wenig bekannt. Bereits Frühgeborene zwischen der 26. und 31. Woche reagieren auf schmerzhafte Reizung der Ferse nicht nur mit einem Wegziehreflex, sondern auch mit Tachykardie und Grimmassieren

[43]. Noch jüngere Frühgeborene zeigen kein Grimassieren auf Schmerzreize, wahrscheinlich weil das komplexe Zusammenspiel der Motoneurone für die Gesichtsmuskulatur noch nicht ausgereift ist [25]. Bei der Ratte sind afferente nozizeptive Bahnen zum Thalamus und von dort zum Kortex ab E19 nachweisbar. Zum Zeitpunkt der Geburt sind viele thalamokortikale Synapsen zwar anatomisch vorhanden, ihre Funktion entwickeln sie jedoch erst postpartal. So sind somatosensorisch evozierte Potentiale im somatosensorischen Kortex der Ratte erst am 12. Tag postpartal vollständig ausgereift [62]. Nicht nur Neurone des Rückenmarks, wie oben beschrieben, sondern auch die Neurone des somatosensorischen Kortex besitzen bei Geburt größere rezeptive Felder als beim adulten Tier, was auf eine unzureichende Entwicklung der Schmerzhemmung zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung zurückzuführen ist [7]. Auch im Hippocampus der Ratte konnte eine Entwicklung der exzitatorischen vor den inhibitorischen Mechanismen nachgewiesen werden [49].

2.3

Segmentale und absteigende Schmerzhemmung bei Früh- und Neugeborenen

Die Weiterleitung nozizeptiver Informationen wird im zentralen Nervensystem des Erwachsenen normalerweise sehr gut durch die körpereigene Schmerzabwehr kontrolliert. Im Hinterhorn des Rückenmarks existieren hemmende Synapsen, die durch Freisetzung von hemmenden Aminosäuren, Opioiden und/oder biogenen Aminen nozizeptive Neurone prä- oder postsynaptisch hemmen. Hemmende Neurone können durch Stimulation von niederschwelligen Aα- und Aβ-Fasern aktiviert werden. Dieser Mechanimus erklärt die Schmerzlinderung durch hochfrequente TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) mit niedriger Intensität. Hemmende Neurone werden im Rückenmark auch durch lange absteigende Bahnen aktiviert, deren Ursprung im Hirnstamm, u. a. im periaquäduktalen Grau des Mittelhirns, liegt. Das periaquäduktale Grau ist reich an Opioden und deren Rezeptoren.

21 2.4 · Entwicklung der wichtigsten Neurotransmittersysteme

Die absteigende Hemmung ist permanent wirksam, unterliegt einem zirkadianen Rhythmus und wird zusätzlich in Stresssituationen aktiviert. Wird die körpereigene Schmerzabwehr durch Rezeptorantagonisten blockiert, entstehen schwerste Formen der Allodynie und der Hyperalgesie. Die Gabe von Rezeptoragonisten hingegen, z. B. Opiaten, führt durch Aktivierung von Opioidrezeptoren im periaquäduktalen Grau und im Rückenmark zu einer sehr wirksamen Schmerzhemmung [8]. Diese Mechanismen der Schmerzhemmung sind bei Früh- und Neugeborenen noch nicht entwickelt. Hemmende Interneurone bilden sich im Hinterhorn von Ratten erst nach der Geburt aus [9], und niederschwellige Aα- und Aβ-Fasern enden nicht nur an hemmenden Neuronen, sondern auch an nozizeptiven Neuronen im oberflächlichen Hinterhorn ([26]; . Abb. 2.1). Erregungen von Aα- und Aβ-Fasern können eine Sensibilisierung des nozizeptiven Systems auslösen [41]. Daher sind Gege-

nirritationsverfahren wie TENS, Akupunktur und Vibrationsreize in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung aus neurobiologischer Sicht kontraindiziert. Die absteigende Hemmung entwickelt sich deutlich später als die aufsteigenden nozizeptiven Bahnen ([28]; . Abb. 2.2), so dass bei Ratten in einem Zeitfenster 2–3 Wochen nach der Geburt der normale Schutzmechanismus der körpereigenen Schmerzabwehr insuffizient ist oder gänzlich fehlt.

2.4

Entwicklung der wichtigsten an der Schmerzverarbeitung beteiligten Neurotransmittersysteme

An den chemischen Synapsen können Informationen kurz- oder langfristig verändert werden. Modulation der synaptischen Übertragungsstärke kann u.a. durch die Expression, Speicherung, Freisetzung oder Inaktivierung von Neurotransmittern und durch Expression, Dichte in der postsynaptischen Membran und Funktionszustand von Transmitterrezeptoren erfolgen. Während der Embryonalzeit und auch noch nach der Geburt unterliegen die Neurotransmittersysteme im Rückenmark starken entwicklungsbiologischen Veränderungen, die auch die Nozizeption wesentlich beeinflussen. Das Expressionsmuster der Neurotransmitter und der zugehörigen Rezeptoren wandelt sich schnell und mit ihm die Funktion der Synapsen. 2.4.1

. Abb. 2.1. A-Faser-Afferenzen enden beim Erwachsenen (adult) nur in den tiefen Schichten des Hinterhorns, während sie bei neonaten Ratten (3. postnataler Tag, P3) zunächst in den oberflächlichen Schichten, später auch in den tiefen Schichten enden. Die Endigungen der A-Fasern sind hier histologisch angefärbt und erscheinen auf den transversalen Schnitten durch das Hinterhorn des Rückenmarks schwarz. Oben ist dorsal, rechts ist medial. (Mod. nach [26], S. 225)

2

Exzitatorische Neurotransmitter

Die Aminosäure Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter im nozizeptiven System. Glutamatrezeptoren sind auf nahezu allen Neuronen im zentralen Nervensystem zu finden. Glutamat aktiviert 2 Klassen von Rezeptortypen: E Ionotrope Glutamatrezeptoren (iGluR) sind ligandengesteuerte Ionenkanäle; dazu zählen die N-Methyl-D-Aspartat- (NMDA-)Rezeptoren und die α-amino-3-hydroxy-5-methylisoxazolepropionic-acid- (AMPA-) bzw. Kainatrezeptoren. E Metabotrope Glutamatrezeptoren (mGluR) lösen über G-Proteine Signaltransduktionen aus.

22

Kapitel 2 · Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen

2

. Abb. 2.2. Die körpereigene Schmerzabwehr entwickelt sich später als das nozizeptive System. Bei adulten Ratten werden nahezu 100% der nozizeptiven Neurone im Hinterhorn des Rückenmarks durch absteigende Bahnen gehemmt (rechtes Bild, Abszisse: Alter der Tiere, Ordinate: Inzidenz der Neurone, die durch absteigende Bahnen gehemmt werden). Die Bahnen steigen vom Hirnstamm zum Rückenmark im Funiculus dorsolateralis ab (linkes Bild). Vor dem 8. Tag nach der Geburt ist keine körpereigene Schmerzabwehr nachweisbar (Inzidenz der gehemmten Neurone = 0). (Mod. nach [28], S. 261)

Ionotrope Glutamatrezeptoren (iGluR) Im neonatalen Rückenmark sind NMDA-Rezeptoren (NMDAR) in höherer Dichte als beim Erwachsenen zu finden [35]. Zusätzlich ist die Bindungsaffinität der NMDAR im Rückenmark der Ratte für NMDA bis 30 Tage nach der Geburt erhöht [37]. Die postnatale Reifung der NMDAR im Hinterhorn des Rückenmarks ist von der Aktivität der C-Fasern abhängig. Capsaicin, eine die C-Fasern schädigende Substanz, führt zu einer verzögerten Entwicklung des NMDAR-vermittelten Kalziumeinstroms in Hinterhornneuronen [37]. Ohne NMDAR gibt es bei jungen Tieren (8–14 Tage) in vitro keine C-Faser induzierte Depolarisation [45, 63]. Der Einstrom von Kalziumionen durch NMDAR ist ein wichtiger Auslöser für Langzeitveränderungen der synaptischen Übertragungsstärke und anderer Zellfunktionen und führt u. a. zur Hyperalgesie bei adulten Tieren [58]. AMPA-Rezeptoren (AMPAR) zeigen, wie die NMDAR, neonatal eine höhere Dichte im Rückenmark als bei adulten Tieren, die sich innerhalb der ersten 3 Wochen postpartal angleicht [39]. Allerdings sind die AMPAR zunächst funktionell häufig inaktiv und tragen nicht zur schnellen synaptischen Übertragung bei, während sich die NMDAR bereits aktivieren lassen. Das führt zu dem Phänomen der

sogenannten stummen Synapsen (»silent synapses«), die möglicherweise eine Funktion beim Reifungsprozess des neuronalen Netzes spielen. Über die Rolle der AMPAR beim Frühgeborenen ist bislang noch wenig bekannt.

Metabotrope Glutamatrezeptoren (mGluR) MGluR werden anhand von Sequenzhomologien, pharmakologischen Profilen und Signaltransduktionswegen in 3 Gruppen eingeteilt. Aktivierung der Gruppe-I-Rezeptoren aktiviert die Phospholipase C, während die Aktivierung der Gruppe-II- und -IIIRezeptoren zu einer Hemmung der Adenylatcyclase führt. Die Rezeptoren werden während der Embryonalzeit unterschiedlich reguliert. Einige mGluR zeigen niedrigere, andere höhere Konzentration als beim adulten Tier [12]. Diese Konzentrationsunterschiede gleichen sich bis zur Geburt jedoch aus. Untersuchungen über die funktionelle Bedeutung dieser Konzentrationsunterschiede während der Embryonalzeit stehen noch aus.

Neuropeptide Neuropeptide wie die Tachykinine, Substanz P und Neurokinin A spielen bei der Verstärkung von Schmerzinformation im Rückenmark eine wichtige Rolle (s. unten). Substanz-P-haltige, primär afferente

23 2.4 · Entwicklung der wichtigsten Neurotransmittersysteme

Neurone sind in der Ratte ab E18–E19 nachweisbar. Erst ab dem 14. postpartalen Entwicklungstag (P14) werden Neuropeptidspiegel wie bei der adulten Ratte erreicht. Andererseits ist die Rezeptorendichte für Substanz P innerhalb der ersten beiden Wochen postpartal stark erhöht. Zusätzlich findet sich eine im Vergleich zum adulten Tier inverse Verteilung der Rezeptoren: In den oberflächlichen Laminae des Hinterhorns sind die Rezeptoren – im Gegensatz zur Situation bei adulten Tieren – rar. Bereits während der Neonatalzeit wird Substanz P durch C-Faserstimulation freigesetzt und führt zu langanhaltender Depolarisation von Neuronen im Rückenmark [2]. 2.4.2

Inhibitorische Neurotransmitter

Das funktionelle Gleichgewicht von exzitatorischen und inhibitorischen Neurotransmittersystemen hat eine große klinische Bedeutung, wie z. B. pathophysiologische Zustände zeigen, bei denen die inhibitorischen Transmitter oder Synapsen zugrunde gehen und die exzitatorischen überwiegen.

γ-Aminobuttersäure (GABA) GABA ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter im Rückenmark adulter Tiere. Präsynaptische GABAB-Rezeptoren befinden sich auf terminalen sensorischen Afferenzen. Sie hemmen dort den Kalziumeinstrom und damit die Transmitterfreisetzung. Die postsynaptischen GABAA-Rezeptoren öffnen direkt Ionenkanäle, es kommt durch einen Chlorideinstrom in die Zelle zur Hyperpolarisation. Die postsynaptischen GABAB-Rezeptoren öffnen Kaliumkanäle. Durch die Aktivierung beider Rezeptortypen wird die postsynaptische Membran hyperpolarisiert und dadurch die Erregbarkeit des Neurons reduziert. Zum Zeitpunkt der Geburt ist die Hemmung durch postsynaptische GABAB-Rezeptoren nur schwach entwickelt, die präsynaptische GABABvermittelte Hemmung jedoch schon wirksam [33, 34]. GABA ist als Transmitter im Rückenmark innerhalb der ersten 2 Wochen postpartal in erhöhter Konzentration zu finden. Zusätzlich sind in diesem Zeitabschnitt 50% der Neurone GABA-positiv im Vergleich zu nur 20% beim adulten Tier [59]. Dies deutet auf eine wichtige Rolle von GABA während der Embryonalzeit hin.

2

Opioide Opioide kommen in Neuronen als kurzkettige (MetEnkephalin, Leu-Enkephalin) und längerkettige (β-Endorphin, Dynorphin) Peptide vor und können u. a. Schmerzinformationen modulieren. Opioide werden seit Jahrhunderten sehr wirksam als Analgetika eingesetzt. Sie hemmen die Weiterleitung nozizeptiver Informationen im Rückenmark und aktivieren die körpereigene Schmerzabwehr u.a. im periaquäduktalen Grau (s. oben). Klinisch werden sie seit der Entdeckung von Opioidrezeptoren im Rückenmark auch rückenmarksnah als Zusatz zur Spinal- und Periduralanästhesie appliziert. Auch bei Früh- und Neugeborenen bilden Opioidanalgetika die wichtigste Stütze der Analgesie während der Anästhesie. Die Verteilung und Dichte von Opiatrezeptoren im zentralen Nervensystem unterliegt in der Embryonalentwicklung starken Veränderungen. Opioide sind im Rattengehirn zeitlich vor den Opioidrezeptoren zu finden. β-Endorphin, Met-Enkephalin und Dynorphin werden ab dem Zeitpunkt E11,5 nachgewiesen, eine Bindung an den µ-Opioidrezeptor zum Zeitpunkt E12,5 [56]. Während der ersten beiden Wochen postpartal ist die Rezeptoraffinität 3-fach erhöht. Im Hinterhorn des Rückenmarks sind zur Zeit der Geburt µ-Opioidrezeptoren in höherer Konzentration als beim adulten Tier zu finden [53]. Weiterhin unterliegen Opioidrezeptoren postpartal noch funktionellen Änderungen. Die analgetische Potenz von Morphin ist bei Ratten unmittelbar postpartal für mechanische Stimuli am höchsten und nimmt dann ab. Für thermische Stimuli besteht jedoch keine Abnahme der analgetischen Potenz [50a]. Das Zurückziehen der Rattenpfote von einer heißen Oberfläche (Hot-plate-Test) kann mit Morphin dosisabhängig (0,5–4,0 mg/kgKG) ab dem 2. postpartalen Tag verzögert werden. Das Maximum dieser Verzögerung liegt jedoch erst am 6. postpartalen Tag [10]. Bei früh- und neugeborenen Ratten ist die antinozizeptive Wirksamkeit von Morphin innerhalb der ersten Wochen postpartal in einigen Testverfahren 40-fach geringer als bei juvenilen Tieren [64].

Monoamine Monoaminerge Neurotransmitter bilden die wichtigsten Überträgerstoffe der absteigenden Hem-

24

2

Kapitel 2 · Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen

mung im Rückenmark (s. oben). Noradrenerge Axone wachsen in das Rückenmark zum Zeitpunkt E16 von ventral ein und erreichen das Hinterhorn des Rückenmarks zum Zeitpunkt der Geburt [15]. Noradrenerge Rezeptoren finden sich im Rückenmark ab P12 (Postnataler Tag 12). Intrathekale Gaben von Noradrenalin und des α2-Agonisten Clonidin wirken entsprechend erst ab dem Zeitpunkt P10 analgetisch [38]. Serotonin (5-Hydroxy-Tryptamin, 5-HT) ist beim Menschen im Rückenmark erst 6 Wochen nach der Geburt nachweisbar [47]. Im Tierversuch kann D-Amphetamin in hoher Dosierung die Ausschüttung von 5-HT, Dopamin und Noradrenalin verstärken. Diese schmerzreduzierende Wirkung ist allerdings erst 10 Tage postpartal messbar. Das bedeutet, dass die genannten Monoamine erst zu diesem Zeitpunkt die Schmerzwahrnehmung wirksam hemmen können [1].

2.5

Entwicklung pathologischer Schmerzzustände

Sowohl nozizeptives als auch antinozizeptives System des Früh- und Neugeborenen weisen also eine Reihe von Besonderheiten im Vergleich zum Erwachsenen auf. Diese Besonderheiten müssen bei der Behandlung und der Prävention von Schmerzen berücksichtigt werden. Die Unterschiede wirken sich auch auf die Entstehung pathologischer Schmerzzustände aus. Bei der Allodynie werden Schmerzen durch normalerweise harmlose, niederschwellige Reize, z. B. durch Berührungsreize der Haut, ausgelöst. Bei der Hyperalgesie führen Schmerzreize zu abnorm gesteigerten Schmerzempfindungen. Als Ursache für Allodynie und Hyperalgesie wird eine erhöhte Empfindlichkeit von Nozizeptoren (periphere Sensibilisierung) oder von Neuronen des zentralen Nervensystems (zentrale Sensibilisierung) angesehen. Die Sensibilisierung von Nozizeptoren ist normalerweise auf die Dauer der ursprünglichen Gewebeschädigung begrenzt. Die zentrale Sensibilisierung hingegen kann persistieren, auch wenn die primäre Schmerzursache bereits vollständig verschwunden ist. Die langanhaltende zentrale Sensibilisierung ist gegenwärtig nur schwer zu behandeln, weswegen ihre

neurobiologischen Ursachen intensiv erforscht werden [57]. 2.5.1

Periphere Sensibilisierung

Durch Öffnen von Ionenkanälen in der Nozizeptormembran kommt es zu einem Einwärtsstrom in die Nervenendigung und damit zur Depolarisation (Signaltransduktion). Überschreitet die Depolarisation einen Schwellenwert, erfolgt die Auslösung von Aktionspotentialen in den nozizeptiven Nervenfasern (Transformation), die bis zu den synaptischen Endigungen der Fasern im oberflächlichen Hinterhorn des Rückenmarks weitergeleitet werden. Ein genaues Verständnis dieser Vorgänge ist von erheblicher klinischer Bedeutung, da die Sensibilisierung von Nozizeptoren offenbar durch Veränderungen in der Signaltransduktion und Transformation zustande kommt und eine der Ursachen für Hyperalgesie und Allodynie nach peripheren Verletzungen und Entzündungen darstellt. Über die Signaltransduktion bei physiologischen Schmerzreizen ist zurzeit nur wenig bekannt. Hitzereize lösen bei Nozizeptoren durch Öffnen eines nicht selektiven Kationenkanals einen schnellen Einwärtsstrom aus. Dieser Ionenkanal erhöht seine Leitfähigkeit bei hohen Temperaturen, d. h. er ist direkt hitzesensitiv. Eine lang anhaltende Steigerung der Hitzeempfindlichkeit (Hitzesensibilisierung) dieses Kanals kann durch Bildung eines »second messenger« entstehen. Dies geschieht z. B., wenn bei Entzündungen und Verletzungen das Gewebshormon Bradykinin gebildet wird und an den spezifischen B2-Bradykininrezeptor der Nozizeptormembran bindet. Bei einer Reihe von Zellen, u.a. auch bei Hinterwurzelganglienzellen, wurden Ionenkanäle identifiziert, deren Leitfähigkeit sich durch Dehnung der Plasmamembran erhöht. Diese mechanisch ausgelöste Leitfähigkeitsänderung ist vermutlich auch bei der Signaltransduktion an mechanosensitiven Nozizeptoren beteiligt. Bei Gewebeverletzungen gelangen intrazelluläre Substanzen, wie z. B. das Adenosintriphospat, in den Extrazellulärraum und können dort als Indikatoren für Gewebeschäden dienen. Intrazelluläre Substanzen können darüber hinaus auch die Bildung von Indikatorsubstanzen im Extrazellulärraum bewirken. Nozizeptoren besitzen Rezeptoren für diese

25 2.5 · Entwicklung pathologischer Schmerzzustände

Substanzen und werden durch sie entweder direkt erregt, oder ihre Empfindlichkeit gegenüber anderen erregenden Substanzen wird gesteigert (Sensibilisierung). So können Nozizeptoren z. B. durch Protonen und Serotonin direkt erregt und durch Bradykinin und Prostaglandin E2 sensibilisiert werden. 2.5.2

Zentrale Sensibilisierung

Moderne neurobiologische Konzepte gehen heute von 4 Prinzipien der zentralen Sensibilisierung aus [58]. Die 4 Prinzipien der zentralen Sensibilisierung 1. Synaptische Mechanismen Diese schließen alle Veränderungen ein, die an nozizeptiven Synapsen im Rückenmark und im Gehirn beim chronischen Schmerz auftreten können. Dazu zählen Änderungen bei der Speicherung und Freisetzung von Neurotransmittern, also präsynaptische Mechanismen, sowie die Diffusion, die Dichte, die Bindungsstärke und die Leitfähigkeit und schließlich die Inaktivierung von Rezeptoren und Ionenkanälen (postsynaptisch). 2. Erregbarkeit nozizeptiver Neurone Die Membraneigenschaften nozizeptiver Neurone bestimmen, ob und wie die synaptischen Ströme, die durch Bindung der Neurotransmitter in den postsynaptischen Neuronen ausgelöst werden, in Salven von Aktionspotentialen kodiert werden. Die Stärke der Erregung von nozizeptiven Neuronen korreliert eng mit der empfundenen Schmerzintensität, sodass Änderungen der Membraneigenschaften (Eingangswiderstand, Höhe des Ruhemembranpotentials, Schwellenwert zum Auslösen von Aktionspotentialen usw.) die Schmerzempfindung direkt beeinflussen können. 3. Phänotypische Änderungen nozizeptiver Neurone Hierzu zählt die Induktion der de-novoSynthese von Proteinen, z. B. von neuroak6

2

tiven Substanzen, deren Rezeptoren und von Enzymen in den Neuronen. Die Expression neuer Proteine kann die Übertragung nozizeptiver Informationen dauerhaft verstärken oder abschwächen. 4. Morphologische Umstrukturierungen Bei chronischen Schmerzzuständen kann die Struktur des neuronalen Netzwerkes im Hinterhorn des Rückenmarks drastisch verändert sein und zur Chronifizierung von Schmerzen beitragen. So können z. B. sensorische Nervenfasern, die durch niederschwellige Reize (Berührungsreize) erregt werden, neue erregende Synapsen mit rein nozizeptiven Neuronen ausbilden, sodass nun Schmerzen durch leichte Berührung ausgelöst werden können (Allodynie).

Diese Mechanismen können isoliert oder, was wahrscheinlicher ist, in Kombination miteinander zu einer Sensibilisierung des zentralen nozizeptiven Systems führen, die lange anhalten kann und dann als Schmerzgedächtnis bezeichnet wird. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Entzündung eines peripheren Gewebes, z. B. der Haut oder eines Gelenks, löst eine phänotypische Veränderung in niederschwelligen Aβ-Fasern aus, sodass diese Fasern, die normalerweise keine Neuropeptide synthetisieren, nun das Tachykinin Substanz P exprimieren. Die Speicherung und Freisetzung von Substanz P an den zentralen Endigungen der Aβ-Fasern stellt eine präsynaptische Veränderung dar. Im Rückenmark diffundiert Substanz P extrasynaptisch und erleichtert die Freisetzung von erregenden Aminosäuren wie Glutamat. Zusätzlich verstärkt Substanz P die Wirkung von Glutamat auf das postsynaptische Neuron, sodass die synaptische Übertragungsstärke erhöht wird (synaptische Potenzierung). Substanz P wirkt auch direkt auf die postsynaptische Membran und steigert die Erregbarkeit der nozizeptiven Neurone. Synaptische Langzeitpotenzierung kann nur in den Neuronen der Lamina I induziert werden, die den Neurokinin 1-Rezeptor für Substanz P exprimieren. Diese Neurone haben Verbindungen mit Regionen im Hirnstamm [38a].

26

2

Kapitel 2 · Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen

Die Effekte auf die synaptische Übertragung und die Membranerregbarkeit wirken synergistisch und erhöhen die Entladungsraten der nozizeptiven Neurone auf Schmerzreize. Die starke Erregung der nozizeptiven Neurone löst nicht nur unmittelbar heftige Schmerzreaktionen aus wie erhöhte motorische und vegetative Reflexe und Schmerzempfindung (Hyperalgesie), sondern führt auch zu einem drastischen Anstieg der freien zytosolischen Kalziumionenkonzentration ([Ca2+]i) in den nozizeptiven Neuronen des Rückenmarks. Der Kalziumanstieg kann durch Kalziumeinstrom in die Zellen durch spannungsabhängige Kalziumkanäle, durch ionotrope Glutamatrezeptoren (NMDAR oder AMPAR) oder durch Freisetzung von Kalzium aus intrazellulären Speichern erfolgen. Ein Anstieg von [Ca2+]i triggert eine Reihe von zellulären Kaskaden, die letztlich in veränderten Zelleigenschaften, synaptischer Übertragung oder Zelltod münden können. So können kalziumabhängige Proteinkinasen und Phosphatasen den Phosphorylierungsgrad von synaptischen Phosphoproteinen steigern oder reduzieren. Die Phosphorylierung von AMPAR oder NMDAR führt zu einer Steigerung der Leitfähigkeit und damit zu einer Langzeitpotenzierung der synaptischen Übertragungsstärke. Andere Phosphoproteine steuern in Abhängigkeit von ihrem Phosphorylierungsgrad die Ablesung von Genen im Zellkern und können so ebenfalls Zelleigenschaften langfristig verändern. Ein exzessiver [Ca2+]i-Anstieg kann sogar den Zelltod einleiten. Hemmende Interneurone im Hinterhorn des Rückenmarks sind besonders vulnerabel für einen so ausgelösten Zelltod. Der Untergang dieser hemmenden Neurone führt ebenfalls zu einer gesteigerten Erregbarkeit von nozizeptiven Neuronen, sodass deren Entladungen noch weiter gesteigert werden. 2.5.3

Sensibilisierungsmechanismen bei Früh- und Neugeborenen

Verletzungen von peripheren Geweben führen bei Neugeborenen zu einem starken Aussprossen von sensiblen A- und C-Fasern in Richtung der Gewebeschädigung. Diese Hyperinnervation bleibt bis in das Erwachsenenalter erhalten, also lange, nachdem eine Wunde vollständig ausgeheilt ist (. Abb 2.3).

. Abb. 2.3. Verletzungen der Haut führen bei Neonaten zu einer Hyperinnervation, die bis in das Erwachsenenalter hinein nachweisbar bleibt. Hier wurden Nervenfasern histologisch angefärbt und erscheinen schwarz in Schnitten durch die Haut. (Nach [2a])

Vermutlich werden im Wundgebiet chemotaktische Stoffe, z. B. neurotrophe Faktoren, freigesetzt, die das Einsprossen von Nervenfasern bewirken. Das Nervensystem von Neugeborenen ist gegenüber Verletzungen peripherer Nerven besonders vulnerabel. 75% aller axotomierten Hinterwurzelganglienzellen gehen bei Neugeborenen zugrunde gegenüber nur 30% bei Erwachsenen. Im Rückenmark sprossen benachbarte intakte Afferenzen in das denervierte Gebiet ein und bilden neue, somatotopisch inadäquate synaptische Kontakte. Die so gestörte Somatotopie bleibt auch in aufsteigenden Bahnen bis zum somatosensorischen Kortex erhalten [44]. Diese neuroplastischen Veränderungen sind bei Neugeborenen stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen und können die Verarbeitung von Schmerzreizen ungünstig beeinflussen. Starke Erregung von C-Fasern löst bei Erwachsenen eine zentrale Sensibilisierung aus, die dann besonders ausgeprägt ist, wenn die körpereigene Schmerzabwehr keine ausreichende Hemmung der Nozizeption im Rückenmark erzeugt. Bei Frühge-

27 Literatur

2

ten der Nozizeption bei Früh- und Neugeborenen besser entsprechen, als dies heute noch der Fall ist.

Literatur

. Abb. 2.4. Verletzungen bei neugeborenen Ratten führen zu einer verstärkten Erregbarkeit nozizeptiver Neurone im Hinterhorn des Rückenmarks, die bis in das Erwachsenenalter hinein nachweisbar bleibt. Die Hintergrundentladungen und die Entladungen auf nicht schmerzhafte Bürstenreize und schmerzhafte Quetschreize sind bei solchen Tieren signifikant erhöht, die als Neugeborene Verletzungen erlitten haben. (Nach [56a])

borenen ist die körpereigene Schmerzabwehr noch gar nicht entwickelt (s. oben), sodass hier wichtige Schutzmechanismen fehlen und die zentrale Sensibilisierung begünstigt wird (. Abb. 2.4). In der Embryonalentwicklung erreichen die A-Fasern vor den C-Fasern das Rückenmark und können dann, ähnlich wie später nur die C-Fasern, anhaltende Steigerungen der synaptischen Übertragungsstärke und Sensibilisierungen von Neuronen im oberflächlichen Hinterhorn des Rückenmarks auslösen. Die hieran beteiligten NMDAR sind bereits sehr früh im Hinterhorn nachweisbar und diffuser verteilt als im Rückenmark von adulten Tieren. Über die Signaltransduktionswege, die bei Neugeborenen zu Sensibilisierungen führen, ist noch wenig bekannt, sie unterscheiden sich aber offenbar in wichtigen Punkten von denen der Erwachsenen. Es ist erwiesen, dass Sensibilisierungen auch bei menschlichen Früh- und Neugeborenen zu Hyperalgesie und Allodynie führen [24, 29]. Die Tatsache, dass hierfür, anders als beim Erwachsenen, auch niederschwellige A-Fasern verantwortlich sind, könnte die Beobachtung erklären, wonach wiederholte Berührungsreize bei Frühgeborenen Abwehrverhalten und Agitation auslösen und daher vermutlich als aversiv empfunden werden [48]. Die neurobiologischen Erkenntnisse und die klinischen Befunde der letzten Jahre machen es erforderlich, dass spezielle Präventions- und Therapiekonzepte entwickelt werden, die den Besonderhei-

1. Abbott FV, Guy ER (1995) Effects of morphine, pentobarbital and amphetamine on formalin-induced behaviours in infant rats: Sedation vs. specific suppression of pain. Pain 62: 303–312 2. Altman J, Bayer SA (1984) The development of the rat spinal cord. Adv Anat Embryol Cell Biol 85: 1–164 2a. Alvares D, Torsney C, Beland B, Reynolds M, Fitzgerald M (2000) Modelling the prolonged effects of neonatal pain. Progr Brain Res 129: 365 3. American Academy of Pediatrics, Canadian Paediatric Society (2000) Prevention and management of pain and stress in the neonate. Pediatrics 105: 454–461 4. Anand KJ (1998) Clinical importance of pain and stress in preterm neonates. Biol Neonate 73: 1–9 5. Anand KJS, Hickey PR (1987) Pain and its effects in the human neonate and fetus. NEJM 317: 1321–1329 6. Andrews K, Fitzgerald M (1994) The cutaneous withdrawal reflex in human neonates: sensitization, receptive fields, and the effects of contralateral stimulation. Pain 56: 95–101 7. Andrew-James M (1975) The functional status and columnar organization of single cells responding to cutaneous stimulation in neonatal rat somatosensory cortex. SI J Physiol (London) 246: 501–538 8. Besson J-M, Chaouch A (1987) Peripheral and spinal mechanisms of nociception. Physiol Rev 67: 67–186 9. Bicknell HRJ, Beal JA (1984) Axonal and dendritic development of substantia gelatinosa neurons in the lumbosacral spinal cord of the rat. J Comp Neurol 226: 508–522 10. Blass EM, Cramer CP, Fanselow MS (1993) The development of morphine-induced antinociception in neonatal rats: a comparison of forepaw, hindpaw, and tail retraction from a thermal stimulus. Pharmacol Biochem Behav 44: 643–649 11. Bradley RM, Mistretta CM (1975) Fetal sensory receptors. Physiol Rev 55: 352–382 12. Catania MV, Landwehrmeyer GB, Testa CM, Standaert DG, Penney JBJ, Young AB (1994) Metabotropic glutamate receptors are differentially regulated during development. Neuroscience 61: 481–495 13. Charlton CG, Helke CJ (1986) Ontogeny of substance P receptors in rat spinal cord: quantitative changes in receptor number and differential expression in specific loci. Brain Res 394: 81–91 14. Chiswick ML (2000) Assessment of pain in neonates. Lancet 355: 6–8 15. Commission JW (1983) The development of catecholaminergic nerves in the spinal cord of rat. Dev Brain Res 11: 75–92 16. Craig KD, Whitfield MF, Grunau RV, Linton J, Hadjistavropoulos HD (1993) Pain in the preterm neonate: behavioural and physiological indices. Pain 52: 287–299

28

2

Kapitel 2 · Das nozizeptive System von Früh- und Neugeborenen

17. de Vries JI, Visser GH, Prechtl HF (1982) The emergence of fetal behaviour. I. Qualitative aspects. Early Human Dev 7: 301–322 18. Fitzgerald M (1985) The postnatal development of cutaneous afferent fibre input and receptive field organization in the rat dorsal horn. J Physiol (London) 364: 1–18 19. Fitzgerald M (1987a) Prenatal growth of fine-diameter primary afferents into the rat spinal cord: a transganglionic tracer study. J Comp Neurol 261: 98–104 20. Fitzgerald M (1987b) Spontaneous and evoked activity of fetal primary afferents in vivo. Nature (London) 326: 603–605 21. Fitzgerald M (1988) The development of activity evoked by fine diameter cutaneous fibres in the spinal cord of the newborn rat. Neurosci Lett 86: 161–166 22. Fitzgerald M (1991) A physiological study of the prenatal development of cutaneous sensory inputs to dorsal horn cells in the rat. J Physiol (London) 432: 473–482 23. Fitzgerald M (1991) The development of descending brainstem control of spinal cord sensory processing. In: Hanson M (Hrsg) Fetal and neonatal brainstem: developmental and clinical issues. Cambridge Univ Press, Cambridge, S 127–136 24. Fitzgerald M (1995) Developmental biology of inflammatory pain. Br J Anaesth 75: 177–185 25. Fitzgerald M (1999) Developmental neurobiology of pain. In: Wall PD, Melzack R (Hrsg) Textbook of pain. Churchill Livingstone, Edinburgh, London, S 235–251 26. Fitzgerald M, Butcher T, Shortland P (1994) Developmental changes in the laminar termination of a fibre cutaneous sensory afferents in the rat spinal cord dorsal horn. J Comp Neurol 348: 225–233 27. Fitzgerald M, Fulton B (1992) The physiological properties of developing sensory neurons. In: Scott S (Hrsg) Sensory neurons. Univ Press, Oxford, S 287–306 28. Fitzgerald M, Koltzenburg M (1986) The functional development of descending inhibitory pathways in the dorsolateral funiculus of the newborn rat spinal cord. Brain Res 389: 261–270 29. Fitzgerald M, Millard C, McIntosh N (1989) Cutaneous hypersensitivity following peripheral tissue damage in newborn infants and its reversal with topical anaesthesia. Pain 39: 31–36 30. Fitzgerald M, Reynolds ML, Benowitz LI (1991) GAP-43 expression in the developing rat lumbar spinal cord. Neuroscience 41: 187–199 31. Fitzgerald M, Shaw A, MacIntosh N (1988) Postnatal development of the cutaneous flexor reflex: comparative study of preterm infants and newborn rat pups. Dev Med Child Neurol 30: 520–526 32. Fitzgerald M, Swett J (1983) The termination pattern of sciatic nerve afferents in the substantia gelatinosa of neonatal rats. Neurosci Lett 43: 149–154 33. Gaiarsa JL, McLean H, Congar P, Leinekugel X, Khazipov R, Tseeb V, Ben-Ari Y (1995) Postnatal maturation of γ-aminobutyric acid A- and B-mediated inhibition in the CA3 hippocampal region of the rat. J Neurobiol 26: 339–349 34. Gaiarsa JL, Tseeb V, Ben-Ari Y (1995) Postnatal development of pre- and postsynaptic GABAB-mediated inhibi-

tions in the CA3 hippocampal region of the rat. J Neurophysiol 73: 246–255 35. Gonzales DL, Fuchs JL, Sherbourne CD (1993) Distribution of NMDA receptor binding in developing mouse spinal cord. Neurosci Lett 134–137 36. Grunau RV, Whitfield MF, Petrie JH (1994) Pain sensitivity and temperament in extremely low-birth-weight premature toddlers and preterm and full-term controls. Pain 58: 341–346 37. Hori Y, Kanda K (1994) Developmental alterations in NMDA receptor-mediated [Ca2+]i elevation in substantia gelatinosa neurons of neonatal rat spinal cord. Brain Res Dev Brain Res 80: 141–148 38. Hughes HE, Barr GA (1988) Analgesic effects of intrathecally applied noradrenergic compounds in the developing rat: differences due to thermal vs mechanical nociception. Brain Res 469: 109–120 38a. Ikeda H, Heinke B, Ruscheweyh R, Sandkühler J (2003) Synaptic plasticity in spinal lamina I projection neurons that mediate hyperalgesia. Science 299: 1237– 1240 39. Jakowec MW, Fox AJ, Martin LJ, Kalb RG (1995) Quantitative and qualitative changes in AMPA receptor expression during spinal cord development. Neuroscience 67: 893–907 40. Jennings E, Fitzgerald M (1996) C-fos can be induced in the neonatal rat spinal cord by both noxious and innoxious peripheral stimulation. Pain 68: 301–306 41. Jennings E, Fitzgerald M (1998) Postnatal changes in responses of rat dorsal horn cells to afferent stimulation: a fibre-induced sensitization. J Physiol (London) 509: 859–868 42. Johnston CC, Stevens BJ (1996) Experience in a neonatal intensive care unit affects pain response. Pediatrics 98: 925–930 43. Johnston CC, Stevens BJ, Yang, F Horton L (1995) Differential response to pain by very premature neonates. Pain 61: 471–479 44. Kaas JH, Merzenich MM, Killackey HP (1983) The reorganization of somatosensory cortex following peripheral nerve damage in adult and developing mammals. Annu Rev Neurosci 6: 325–356 45. King AE, Lopez-Garcia JA (1993) Excitatory amino acid receptor-mediated neurotransmission from cutaneous afferents in rat dorsal horn in vitro. J Physiol (London) 472: 443–457 46. Lloyd-Thomas AR, Fitzgerald M (1996) Do fetuses feel pain? Reflex responses do not necessarily signify pain. BMJ 313: 797–798 47. Marti E, Gibson SJ, Polak JM, Facer P, Springall DR, Van Aswegen G, Aitchison M, Koltzenburg M (1987) Ontogeny of peptide- and amine-containing neurones in motor, sensory, and autonomic regions of rat and human spinal cord, dorsal root ganglia, and rat skin. J Comp Neurol 266: 332–359 48. McIntosh N (1997) Pain in the newborn, a possible new starting point. Eur J Pediat 156: 173–177 49. Michelson HB, Lothman EW (1989) An in vivo electrophysiological study of the ontogeny of excitatory and inhi-

29 Literatur

bitory processes in the rat hippocampus. Brain Res Dev Brain Res 47: 113–122 50. Narayanan CH, Fox MW, Hamburger V (1971) Prenatal development of spontaneous and evoked activity in the rat (Rattus norvegicus albinus). Behaviour 40: 100–134 50a. Nandi R, Beacham D, Middleton J, Koltzenburg M, Howard RF, Fitzgerald M (2004) The functional expression of mu opioid receptors on sensory neurons is developmentally regulated; morphine analgesia is less selective in the neonate. Pain 111: 38–50 51. Porter FL, Grunau RE, Anand KJ (1999) Long-term effects of pain in infants. J Dev Behav Pediat 20: 253–261 52. Purcell-Jones G, Dormon F, Sumner E (1988) Paediatric anaesthetists’ perceptions of neonatal and infant pain. Pain 33: 181–187 53. Rahman W, Dashwood MR, Fitzgerald M, Aynsley-Green A, Dickenson AH (1998) Postnatal development of multiple opioid receptors in the spinal cord and development of spinal morphine analgesia. Brain Res Dev Brain Res 108: 239–254 54. Reynolds ML, Fitzgerald M (1992) Neonatal sciatic nerve section results in thiamine monophosphate but not substance P or calcitonin gene-related peptide depletion from the terminal field in the dorsal horn of the rat: the role of collateral sprouting. Neuroscience 51: 191–202 55. Reynolds ML, Fitzgerald M (1995) Long-term sensory hyperinnervation following neonatal skin wounds. J Comp Neurol 358: 487–498 56. Rius RA, Barg J, Bem WT, Coscia CJ, Loh YP (1991) The prenatal development profile of expression of opioid peptides and receptors in the mouse brain. Brain Res Dev Brain Res 58: 237–241 56a. Ruda MA, Qing-Dong L, Hohmann AG, Yuan BP, Tachibana T (2000) Altered nociceptive neuronal circuits after neonatal peripheral inflammation. Science 289: 628–630 57. Sandkühler J (2000) Neurobiologie der Nozizeption. In: Schulte am Esch J, Martin E, Beck H, Motsch J (Hrsg) Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie (AINS), Bd 4: Schmerztherapie. Thieme, Stuttgart, New York, S 42–50 58. Sandkühler J, Benrath J, Brechtel C, Ruscheweyh R, Heinke B (2000) Synaptic mechanisms of hyperalgesia. In: Sandkühler J, Bromm B, Gebhart GF (Hrsg) Progress in Brain Research, Nervous System Plasticty and Chronic Pain. Vol. 129. Elsevier, Amsterdam S 81–100 59. Schaffner AE, Behar T, Nadi S, Smallwood V, Barker JL (1993) Quantitative analysis of transient GABA expression in embryonic and early postnatal rat spinal cord neurons. Dev Brain Res 72: 265–276 60. Shortland P, Fitzgerald M (1991) Functional connections formed by saphenous nerve terminal sprouts in the dorsal horn following neonatal nerve section. Eur J Neurosci 208: 54–66 61. Taddio A, Katz J, Ilersich AL, Koren G (1997) Effect of neonatal circumcision on pain response during subsequent routine vaccination. Lancet 349: 599–603 62. Thairu BK (1971) Post-natal changes in the somaesthetic evoked potentials in the albino rat. Nature (London) 231: 30–31

2

63. Thompson SWN, Gerber G, Sivilotti LG, Woolf CJ (1992) Long duration ventral root potentials in the neonatal rat spinal cord in vitro; the effects of ionotropic and metabotropic excitatory amino acid receptor antagonists. Brain Res 595: 87–97 64. Zhang AZ, Pasternak GW (1981) Ontogeny of opioid pharmacology and receptors: high and low affinity site differences. Eur J Pharmacol 73: 29–40 65. Ziskind-Conhaim L (1990) NMDA receptors mediate poly- and monosynaptic potentials in motoneurons of rat embryos. J Neurosci 10: 125–135

3 Differenzialdiagnose der Schmerzursachen E. Michel und B. Zernikow* 3.1

Physiologische Grundlagen – 32

3.2

Identifikation der Schmerzursache – 33

3.2.1 Schmerzanamnese – 34 3.2.2 Schmerzursache nach dem Ort der Pathologie – 34

Literatur – 44

* Danksagung: Der Autor wird unterstützt durch die Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH, die Peter und Ruth Wirts-Stiftung (Schweiz) und »Eigenes Leben, Hilfen für Kinder mit Schmerzen oder lebensverkürzenden Erkrankungen e.V.«

32

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

)) 3.1

3

Physiologische Grundlagen Schmerz hat die biologische Aufgabe, dem Organismus Vorgänge zu signalisieren, die mit (potenzieller) Gewebsschädigung einhergehen, um sie lokalisieren und identifizieren zu können. Je nach Ursache finden sich charakteristische Muster der Gewebsschädigung, sodass Schmerzqualität, -zeitverlauf und -lokalisation wichtige Hinweise auf die Schmerzursache geben können. Schmerz ist eine unangenehme Empfindung in einem bestimmten Körperbereich, oftmals beschrieben als Stechen, Brennen, Ziehen, Reißen, Drücken oder die damit verbundene körperliche oder psychische Reaktion (Angst, Übelkeit, Krankheitsgefühl). Jeder höhergradige Schmerz geht mit Angst einher und dem Streben, dem Schmerz zu entrinnen. Schmerz ist also zugleich Reizwahrnehmung und Gefühl. Akuter Schmerz geht i. Allg. mit einer physischen Stressreaktion einher (Steigerung von Blutdruck und Herzfrequenz, Pupillenerweiterung, Ansteigen des Plasmakortisols). Nicht selten findet sich eine lokale Steigerung des Muskeltonus (»Abwehrspannung«). Man unterscheidet verschiedene Arten von peripheren sensiblen afferenten Fasern, deren Zellkörper sich alle in den dorsalen Spinalwurzelganglien befinden. Ihre Klassifikation erfolgt nach dem Durchmesser der Nervenfaser, dem Grad ihrer Myelinisierung und ihrer Leitungsgeschwindigkeit. Aβ sind die dicksten Fasern; sie werden am stärksten erregt durch leichte Berührung und/oder einen bewegten Stimulus und finden sich v. a. in Hautnerven. Ihre Stimulation erzeugt beim Gesunden keinen Schmerz. Aδ- (dünn, myelinisiert) und C-Fasern (unmyelinisiert) finden sich in Hautnerven wie auch in Nervenfaserbündeln, die tiefe somatische und viszerale Strukturen versorgen. Die meisten der C-Fasern werden am ehesten durch sehr kräftige, schmerzhafte Reize stimuliert und rufen bei elektrischer Stimulation die subjektive Empfindung von Schmerz hervor, weswegen man sie auch primäre afferente Nozizeptoren nennt. Der Typ des Nozizeptors entscheidet, ob er mehr auf Hitze, mechanischen oder chemischen Reiz anspricht (Einzelheiten 7 Kap. 1). Heftige, wiederholte oder lange anhaltende Stimulation eines Nozizeptors bei gleichzeitiger Gewe-

beschädigung oder Entzündung erniedrigt dessen Reizschwelle, wozu Entzündungsmediatoren (Bradykinin, Prostaglandine, Leukotriene) beitragen (periphere Sensitivierung): In sensibilisierten Körperarealen kann bereits ein an sich normaler Stimulus Schmerz auslösen, was sich als Allodynie äußert; Schmerzreize werden verstärkt wahrgenommen (Hyperalgesie; 7 Kap. 1). Verglichen mit der Haut sind die Eingeweide beim Gesunden gegenüber schädigenden Reizen relativ unempfindlich. Ein Großteil der Aδ- und C-Fasern, die die Eingeweide innervieren, sind beim Gesunden überhaupt nicht stimulierbar durch mechanische oder thermische Einflüsse. Die entsprechenden Rezeptoren nennt man »silent nociceptors« (schlafende Nozizeptoren). Im Falle einer Entzündung jedoch reagieren auch die tiefen Körperstrukturen (Hohlorgane, Gelenke) ausgesprochen empfindlich auf mechanische Stimulation, was sich wie folgt erklärt: Afferente Nozizeptoren haben gleichzeitig eine neuroefferente Funktion. Die meisten Nozizeptoren enthalten Polypeptidmediatoren, z. B. Substanz P. Bei Aktivierung werden diese Mediatoren peripher freigesetzt. Substanz P ist ein potenter Vasodilatator, triggert die Degranulation von Mastzellen, lockt Leukozyten an und stimuliert die Produktion von Entzündungsmediatoren sowie deren Freisetzung und führt dadurch u. a. zu einer Senkung der Reizschwelle (s. oben). Somit registrieren die primären afferenten Nozizeptoren nicht nur eine (drohende) Gewebsschädigung, sondern haben auch aktiven Anteil am Schutz des Gewebes, wenn man die Entzündungsreaktion als letztlich positiv ansieht, trägt sie doch direkt durch Abwehr von Noxen sowie Einleitung von Heilungsvorgängen und indirekt über Vermeidung weiterer Noxen zur Gewebeintegrität bei. Die Axone der primären afferenten Nozizeptoren ziehen via dorsaler Wurzel zum Hinterhorn des Rückenmarks, wo sie synaptische Verbindung zu aufsteigenden Schmerzbahnen aufnehmen. Dabei hat jede Faser eines afferenten Nozizeptors Verbindung zu vielen aufsteigenden Fasern der Schmerzbahn, und jede der letzteren Fasern empfängt Impulse verschiedener afferenter Nozizeptoren (Prinzip der Konvergenz; 7 Kap. 1). Daraus erklärt sich das Phänomen der Schmerzprojektion: Alle spinalen Neurone, die mit afferenten Fasern der Eingeweide und tiefen muskuloskelettalen Strukturen verbunden sind, empfangen gleichzeitig Signale aus gewissen

33 3.2 · Identifikation der Schmerzursache

Hautarealen (»Head-Zonen«). Zentral lässt sich nicht mehr über den Ursprung einer Nozizeption entscheiden, und u. U. werden Schmerzen, die ihre Ursache in Veränderungen an einem inneren Organ haben, in entsprechende Hautareale projiziert (. Abb. 3.1). Beim neuropathischen Schmerz ist die Schmerzempfindung Folge einer neuronalen Läsion, z. B. durch Zytostatika wie Vincristin, nach Infektionen wie dem Herpes zoster oder auch posttraumatisch. Die Schmerzqualität wird beschrieben als »Brennen, Prickeln oder wie bei einem Stromschlag« und kann bereits durch geringste Berührung ausgelöst werden. Typischerweise findet sich eine Sensibilitätsstörung im Bereich des Schmerzes. Die Schmerzlokalisation erklärt sich aus Projektion der empfangenen neuronalen Signale auf die den Signalwegen zugeordneten Körperareale. Geschädigte primäre Afferenzen wie geschädigte primäre Nozizeptoren reagieren sehr empfindlich auf mechanische Stimulation oder »feuern« sogar schon in Ruhe. Letzteres gilt auch für spinale und zentrale Schmerzbahnen, die ihrer Afferenzen beraubt wurden. Nach Läsion eines peripheren Nervs entwickelt ein Teil der Patienten einen heftigen »brennenden« Schmerz (Kausalgie) im entsprechenden Körperareal. Meist beginnt dieser Schmerz Stunden bis Tage oder sogar erst Wochen nach der Läsion (Baron u. Jänig 1998). Begleiterscheinungen können Schwellungen der entsprechenden Extremität, periartikuläre Osteoporose und arthritische Veränderungen der peripheren Gelenke sein. Ähnliche Veränderungen finden sich auch bei der sympathischen Reflexdystrophie (»Complex regional pain

3

syndrome« Typ I; Wilder 1996). Noch sind deren pathophysiologische Vorgänge nicht gänzlich aufgeklärt, aber es ist klar, dass sich die entsprechenden Schmerzen in einem Teil der Fälle durch Sympathikusblockade innerhalb weniger Minuten unterdrücken lassen (7 Kap. 8).

3.2

Identifikation der Schmerzursache

Zwar lassen sich die meisten (nicht alle!) Schmerzen lokalisieren; allerdings ist der Ort des stärksten Schmerzes nicht unbedingt identisch mit dem Ort der Schmerzentstehung (Schmerzprojektion, s. oben). Dennoch empfiehlt sich zur Schmerzlokalisation ein systematisches Vorgehen, das – je nach klinischer Erfahrung des Untersuchers (Leitsymptome!) – selbstverständlich auch abgekürzt werden kann: Zunächst wird – ggf. nach unterschiedlicher Prioritätensetzung je nach Grundkrankheit des Patienten (Anamnese!) – davon ausgegangen, dass Schmerzlokalisation und Ort der Schmerzentstehung identisch sind. Es sind entsprechende gezielte Untersuchungsmaßnahmen einzuleiten (klinische Untersuchung, klinische Chemie, Bildgebung). Die Schmerzqualität kann wertvolle Hinweise auf die Schmerzursache geben. Finden sich keine Hinweise auf die zugrunde liegende (lokale) Schmerzursache, wird der Blick mehr auf diejenigen inneren Organe gewendet, die über die Head-Zonen mit dem Ort der Schmerzlokalisation korrespondieren (Schmerzprojektion, . Abb. 3.1),

. Abb. 3.1. Dermatome und HeadZonen für Brust- und Bauchbereich

34

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

. Tabelle 3.1. Begriffsdefinitionen ausgesuchter sensibler Störungen

3

Begriff

Definition

Allodynie

Schmerzauslösung durch einen Reiz, der normalerweise nicht als Schmerz empfunden wird, z. B. durch Berührung

Analgesie

Fehlende Schmerzwahrnehmung bei einem normalerweise schmerzauslösenden Reiz

Hyper- bzw. Hypoalgesie

Verstärkte bzw. verminderte Schmerzempfindung bei einem normalerweise schmerzauslösenden Reiz

Hyper- bzw. Hypoästhesie

Verstärkte bzw. verminderte Reizwahrnehmung, schmerzhaft oder nicht schmerzhaft

Dysästhesie

Unangenehme abnorme Empfindung, spontan oder provoziert

Parästhesie

Nicht unangenehme, aber abnorme Empfindung, spontan oder provoziert

Hyperpathie

Nach Dauer (verlängerte) und Charakteristik veränderte Schmerzwahrnehmung, z. B. »Brennen« auf Nadelreiz

Kausalgie

Nach inkompletter Läsion eines peripheren Nerven auftretender »brennender« Schmerz in dessen Versorgungsgebiet mit Allodynie und Hyperpathie

und die nötigen Untersuchungen werden eingeleitet. Wird man auch hier nicht fündig, muss an eine Läsion im Verlauf der Afferenz gedacht werden. Übrig bleiben schließlich idiopathische Schmerzen, bei denen der Schmerz selbst die Krankheit ist und keine zu behandelnden Ursachen aufzufinden sind (Migräne, funktionelle Bauchschmerzen etc.). Davon abzugrenzen sind noch definierte kinderpsychiatrische Krankheiten, die mit Schmerzen einhergehen können. 3.2.1

Schmerzanamnese

Wichtig sind Angaben zu 5 Periodik und zeitlicher Charakteristik 5 Qualität 5 Lokalisation 5 Intensität 5 auslösenden und verstärkenden Faktoren 5 lindernden Faktoren 5 Modalitäten und Effekten der bisherigen Schmerztherapie (vgl. . Tabellen 3.1 und 3.2)

3.2.2

Schmerzursache nach dem Ort der Pathologie

Die . Tabellen 3.2–3.8 sollen gemäß dem eben beschriebenen prinzipiellen Vorgehen Hilfestellung geben bei der Erkennung und Lokalisation einer Schmerzursache.

3

35 3.2 · Identifikation der Schmerzursache

. Tabelle 3.2. (Fortsetzung) Schmerzbeginn 5 Wann? (zeitlich, tageszeitlich) 5 Umstände 5 Auslöser (s. auch weiter unten) Schmerzhäufigkeit und -dauer 5 einmalig akut 5 gelegentlich 5 rezidivierend 5 anhaltend 5 mit festem Rhythmus auftretend (z. B. zyklusabhängig) 5 ohne festen Rhythmus auftretend 5 zeitlicher Umfang (Sekunden, Minuten, Stunden) Schmerzlokalisation 5 umschrieben 5 diffus 5 konstant an gleicher Stelle 5 wandernd 5 ausstrahlend Schmerzqualität 5 hell 5 brennend 5 stechend 5 dumpf 5 drückend 5 krampfartig 5 kolikartig (meist akute Obstruktion eines Hohlorgans) 5 pochend (pulssynchron) 5 atemsynchron 5 lageabhängig 5 einschießend/Dauerschmerz 5 Pruritus (z. B. Pruritus ani) 5 vernichtend (mit Todesangst und vegetativen Symptomen einhergehend) Begleiterscheinungen (allgemein) 5 Fieber 5 Schweißausbruch 5 Schwindel 5 Übelkeit/Erbrechen 5 Mangelndes Gedeihen (z. B. gestörtes Gewichtsund Längenwachstum) 5 Ungewollter Gewichtsverlust (Malignom!) 5 Appetitlosigkeit (Malignom! Depression!) 5 Zyklusstörung 5 Aura (Epilepsie!) 5 Sehstörung (Flimmerskotom: Migräne!) 5 Photophobie (Migräne, auch abdominell) 5 Geräuschempfindlichkeit 5 Angst (bei Vernichtungsschmerz)

5 Antriebsstörung (Depression!) 5 Asthenie (Depression!) 5 Vegetative Störungen (Schlaf, Libido, Appetit u. a.; Depression!) 5 Wahnideen (Psychose!) 5 Schuldgefühle (Psychose!) 5 Suizidgedanken (Psychose!) Begleiterscheinungen (lokalisiert) 5 Rötung (Rubor, Calor, Dolor: klassische Entzündungstrias) 5 Lokale Überwärmung 5 Schwellung 5 Κnöcherne Deformitäten 5 Mechanische Bewegungseinschränkung (Gelenk-, Extremitäten-, Wirbelsäulenprozesse) 5 Schonhaltung (reflektorisch) 5 Fehlhaltung 5 Gangveränderungen, z. B. Hinken 5 Atrophie (z. B. Sudeck-Atrophie) 5 Dyspnoe 5 Husten 5 Bluthusten (auch Lungenembolie!) 5 Singultus 5 Brady-/Tachykardie 5 Herzrhythmusstörungen 5 Pulsverlust (an Aneurysma denken) 5 Reflektorische Kieferklemme (z. B. durch akute Kieferosteomyelitis) 5 Habituelles Zähneknirschen 5 Dysphagie 5 Regurgitation 5 Erbrechen 5 Sodbrennen 5 Abwehrspannung (Bauchdecken) 5 Resistenzen (z. B. abdominell) 5 Durchfall/vermehrte Darmmotilität 5 Obstipation/verminderte Darmmotilität 5 Stuhlinkontinenz 5 Analsphinkter-Spastik 5 Frisches/altes Blut im Stuhl 5 Dysurie 5 Pollakisurie 5 Harndrang 5 Harninkontinenz 5 Harnverhalt 5 Ausgebliebene Regelblutung (Wehen! Tubargravidität!) 5 Vaginale Blutung (Dysmenorrhö! vorzeitige Plazentalösung! Trauma!) 5 Vaginaler Ausfluss 5 Dyspareunie 5 Kopfschmerz 5 Ptosis

6

36

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

. Tabelle 3.2. (Fortsetzung)

3

5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5

Miosis Enophthalmus Horner-Syndrom Sehstörung (auch: Glaukom!) Vermehrter Tränenfluss Hirnnervenstörungen Sensibilitätsausfall (neuropathisch, Nervenläsion) Hypästhesie Parästhesie Kausalgie Dissoziierte Sensibilitätsstörung (Berührung vs. Temperatur: zentrale Ursache) Hyper-/Hyp-/Anhidrosis Reflexausfälle Paresen (Hirnnerven, periphere Nerven) Zwerchfellparese Schmerzhafte Ophthalmoplegie (Tolosa-Hunt-Syndrom)

Schmerzverschlimmernde Faktoren, Auslöser 5 Wärme 5 Kälte 5 Hochlagerung (Extremitäten: arterieller Verschluss) 5 Tieflagerung (Extremitäten: venöser Verschluss) 5 Art der Nahrung (flüssig/fest, pH-Wert, Alkohol etc.; als Hinweis auf stattgehabte Noxen; als Hinweis auf Pathologie, z. B. kalte Getränke, Alkohol, fette Speisen: Gallen- und Pankreasaffektion!) 5 Nahrungsaufnahme, zeitliche Abhängigkeit (vorher/nachher besser/schlechter: Reflux; gastrointestinale Ursache) 5 Kauvorgang (z. B. Arteriitis temporalis) 5 Schlucken (kalte Getränke: Glossopharyngeusneuralgie) 5 Schluckakt (ösophagealer oder trachealer Fremdkörper) 5 Lokaler Druck (lokaler Prozess) 5 Lokale Bewegung (lokaler Prozess) 5 Atembewegung (Rippenfrakturen; Pleuritis; Pneumothorax; Oberbauchorgane) 5 Loslassschmerz (abdominell: peritonitische Reizung)

5 Hüftkompressionsschmerz (z. B. bei Beckenfraktur) 5 Körperliche Belastung 5 Sprung (abdominell/thorakal: traumatische Zwerchfellruptur) 5 Schnelle Drehung um Körperachse (abdominell: stielgedrehte Ovarialzyste) 5 Spezielle Sportart (typische Sportverletzung?) 5 Miktion (Harnwegsinfekt) 5 Defäkation 5 Zyklusabhängig (abdominell: Endometriose; Unterleib: Vaginal-/Hymenalatresie) 5 Verschiebeschmerz (Portio: Adnexitis) 5 Geschlechtsverkehr (Kolpitis) 5 Psychischer Stress, Belastungssituation (psychosomatische Beschwerden) Schmerzlindernde Faktoren 5 Wärme 5 Kälte 5 Druck 5 Körperliche Aktivität 5 Bewegung (rheumatische Erkrankung) 5 Ruhigstellung (auch: Schonhaltung) 5 Körperhaltung (Seitlagerung, Anziehen der Beine u. a.) 5 Bandagen (Gelenkbandage) 5 Medikamente (welche?) (Analgetikaentzugssyndrom) 5 Nahrungsaufnahme (welche Nahrungsmittel?) Frühere Erkrankungen 5 Medikamentenanamnese (ggf. Medikamentenscreening i. U.) 5 Genussmittel (Nikotin, Alkohol) 5 Drogenkonsum (Drogenscreening i. U.!) 5 Schadstoffexposition (häuslich, beruflich; Blei, Thallium) 5 Operationen im betreffenden Gebiet (Op.-Narben!) 5 Familienanamnese (Erbkrankheiten!) 5 Umgebungsanamnese (Infektionen!)

37 3.2 · Identifikation der Schmerzursache

. Tabelle 3.3. Differenzialdiagnose Kopfschmerzen und Gesichtsschmerzen im Kindesalter (alphabetisch geordnet) [modifiziert nach Rother AD. Headache. In: Pediatric Neurology (Hrsg. Swaiman KF), Mosby, 1994] Neurologisch Akut, eher diffus 5 Aneurysmena 5 Hirnblutunga 5 Hydrozephale Krisea 5 Postkonvulsiva 5 Schädel-Hirn-Trauma 5 Vaskuläre Thrombosea 5 ZNS-Infektiona Akut, eher lokalisiert 5 Läsion des okzipitalen Kortexa 5 Vincristinneuropathiea

Akut, rezidivierend 5 Kontusion 5 Läsion des okzipitalen Kortexa 5 Migräne mit/ohne Auraa 5 Postkonvulsiva 5 Vasomotorischer KS Chronisch, progressiv 5 Aneurysmaa 5 Atypischer Gesichtsschmerz 5 AV-Malformationa 5 Clusterkopfschmerza 5 Hirnabszessa 5 Hydrozephale Krisea 5 Pseudotumor cerebria 5 Subduralhämatoma 5 Trigeminusneuralgie (Kleinhirnbrückenwinkel-Tumor, multiple Sklerose) 5 Tumora Chronisch, nicht-progressiv 5 Muskelkontraktions-KSa 5 Posttraumatische KSa 5 Trigeminusneuralgie (idiopathisch) a Krankheit nicht unbedingt am Ort der Schmerzlokalisation.

Nicht-neurologisch

5 5 5 5 5

Akkomodationsstörunga Fehlsichtigkeita Hypoglykämiea Hypertensiona Toxische Substanzen (z. B. Botulismus)a

5 5 5 5 5 5

Iritisa Intraorbitaler Abszess HWS-Läsionena Otitis Sinusitis Zahnentzündungena

5 HWS-Läsionena 5 Synkopea

5 5 5 5

Angstneurosea Depressiona Konversionsneurosea Simulierunga

5 Trigeminusneuralgie (Autoimmunvaskulitiden, etc.)

3

38

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

. Tabelle 3.4. Differenzialdiagnose Thoraxschmerz (alphabetisch geordnet)

3

Krankheit am Ort der Schmerzlokalisation

Krankheit nicht am Ort der Schmerzlokalisationa

Herz und Gefäße 5 Aortenaneurysma 5 Aortenisthmusstenose 5 Herzinfarkt/-ischämie (u. a. bei Fehlabgang einer Koronarie!) 5 Herzrhythmusstörung 5 Perikarderguss 5 Perikarditis (viral, bakteriell, autoimmun, neoplastisch)

5 5 5 5 5 5 5 5 5 5

Bandscheibenvorfall Gallenwegserkrankungen Herpes-zoster-Neuralgie Muskuloskelettaler Schmerz Pankreatitis Pleurodynie Psychogen Spinale Affektion (auch: Wurzelaffektionen) Subphrenischer Abszess Thalliumintoxikation

Lunge und Mediastinum 5 Lungenembolie (Schmerzausstrahlung in Schulter möglich) 5 Mediastinalemphysem 5 Mediastinitis 5 Pleuritis, Pneumonie (auch: Tracheitis, Bronchitis) 5 Pneumothorax 5 Rippenfraktur 5 Tuberkulose Ösophagus 5 Ösophagealer Fremdkörper 5 Paraösophageale Hernie 5 Refluxösophagitis Sonstige 5 Erkrankungen der (weiblichen) Brustdrüse 5 Gastritis (gelegentlich) 5 Knochenneoplasie und andere Tumoren 5 Osteomyelitis a Vergleiche auch Abb. 3.1, Head-Zonen, zu Organerkrankungen mit Schmerzprojektion auf den Thorax.

39 3.2 · Identifikation der Schmerzursache

. Tabelle 3.5. Differenzialdiagnose akuter Bauchschmerzen (alphabetisch geordnet) Krankheit am Ort der Schmerzlokalisation Gastroenterologisch 5 Appendizitis 5 Blähungen (auch bei: Nahrungsmittelallergie, Zöliakie, zystischer Fibrose, Kohlenhydratintoleranz) 5 Duodenalulkus 5 Gallenstein 5 Gastritis 5 Hepatitis 5 Ileus, mechanisch/paralytisch 5 Intestinale Durchblutungsstörung (mesenterialarterielle Obstruktion) 5 Invagination 5 Magenulkus 5 Nahrungsmittelallergie 5 Meckel-Divertikel, Entzündung Obstipation Pankreatitis Parasitäre Lebererkrankungen (z. B. Echinokokkus) Reizdarmsyndrom

Krankheit nicht am Ort der Schmerzlokalisationa 5 Allergien (an C1-Esterase-Mangel denken) 5 basale Pneumonie/Pleuritis 5 5 5 5 5 5

Diabetische Ketoazidose Epilepsie (gelegentlich) Familiäres Mittelmeerfieber Guillain-Barré Syndrom (Parästhesien) Hodentorsion Migräne

5 5 5 5 5

Orchitis, Epididymitis Paraneoplastisch Porphyrie Radikulitis (Bauchwand) Sichelzellanämie

Gynäkologisch 5 Adnexitis 5 Geburtswehen 5 Drohende Uterusruptur 5 Dysmenorrhö 5 »Mittelschmerz« 5 Rupturierte Ovarialzyste 5 Rupturierte Tubargravidität 5 Vorzeitige Plazentalösung Nephrologisch 5 Harnwegsinfekt, Pyelonephritis 5 Nierenstein Sonstige (alphabetisch) 5 Bauchwandentzündung/-abszess 5 Bauchwandhämatom (traumatisch) 5 Douglas-Abzess, Psoasabszess 5 Milzaffektion (subkapsuläres Hämatom, traumatisch u. a.) 5 Peritonitis 5 Retroperitoneales Hämatom 5 Subkapsuläres Hämatom (Leber, Milz, Niere) 5 Tumoren mit Obstruktion eines Hohlorganes (auch: Neuroblastom, Lymphom, Abszess) a Vergleiche auch Abb. 3.1, Head-Zonen, zu Organerkrankungen mit Schmerzprojektion in den Bauch

3

40

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

. Tabelle 3.6. Differenzialdiagnose rezidivierender Bauchschmerzen

3

Gastroenterologisch

Primär nicht gastroenterologisch

Entzündungen/Infektionen 5 Giardiasis/Askariasis 5 Hepatitis 5 Lymphadenitis mesenterialis/ chronische Appendizitis 5 Pankreatitis 5 Peptisches Ulkus 5 Yersinien-Enterokolitis

Systemisch 5 Autoimmunerkrankungen 5 Familiäres Mittelmeerfieber 5 Heriditäres angioneurotisches Ödem 5 Juvenile rheumatoide Arthritis 5 Purpura Schoenlein-Hennoch 5 Rheumatisches Fieber 5 Sichelzellanämie/Thalassämie 5 Malignome

Immunologische/entzündliche Erkrankungen 5 Colitis ulcerosa/Morbus Crohn 5 Nahrungsmittelallergien 5 Zöliakie Folgen kongenitaler Malformationen 5 Kongenitale Darmstenose 5 Chilaiditi-Syndrom 5 Duplikatur (intestinal) 5 Innere Hernie/Leistenhernie/Linea-alba-Hernie 5 Kongenitale Darmstenose 5 Malrotation 5 Meckel-Divertikel 5 Morbus Hirschsprung 5 Oberes Mesenterialarterien-Syndrom 5 Pancreas annulare 5 Pankreatikobiliäre Maljunktion mit/ohne Choledochuszyste 5 Rezidivierender Volvulus Spätfolgen von Traumata 5 Adhäsionen 5 Pankreatische Pseudozyste 5 Subkapsuläre Blutung Sonstige 5 Gallenblasenerkrankungen 5 Invagination 5 Reizdarmsyndrom 5 Aerophagie

Erkrankungen benachbarter Organe Gynäkologisch 5 Endometriose 5 Dysmenorrhö 5 Entzündungen im kleinen Becken 5 Hämatokolpos/Tumoren 5 Ovarialzysten oder -tumoren/ Ovarielle Stieldrehung 5 Schwangerschaft 5 Entzündungen im kleinen Becken Nephrologisch 5 Hydronephrose 5 Obstruktionen der Harnwege (z. B. Urethralklappe) 5 Nierenkonkremente 5 Pyelonephritis/Harnwegsinfektion Pulmonologischa 5 Asthma 5 Pneumonie, rezidivierend 5 Pleurodynie 5 Zystische Fibrose Muskeln und Faszien 5 Psoasabszess 5 Sportassoziierte Schmerzen (»Joggerniere«) Metabolische Erkrankungena 5 Diabetes mellitus 5 Endokrine Erkrankungen mit Obstipation (Hyperparathyreodismus, Hypothyreose) 5 Porphyria congenita

6

3

41 3.2 · Identifikation der Schmerzursache

. Tabelle 3.6. Fortsetzung Gastroenterologisch

Primär nicht gastroenterologisch Sonstige Ingestionen/Vergiftungen 5 Bleiintoxikationa 5 Fremdkörperingestion 5 Medikamente (Kortikosteroide, Salizylate, Anticholinergika, Phenytoin, Opioide)a 5 Opioidentzuga Neurologie/Psychiatriea 5 Abdominelle Epilepsie 5 Phobien 5 Anorexia nervosa/Bulimie 5 Riley-Day-Syndrom

a Krankheit nicht unbedingt am Ort der Schmerzlokalisation.

. Tabelle 3.7. Differenzialdiagnose von Gelenk-, Muskel- und Rückenschmerzen Lokale Ursachen Rückenschmerzen (alphabetisch) 5 Aneurysmatische Knochenzysten 5 Aseptische Nekrosen 5 Bandscheibenprolaps 5 Entzündungen (Ostitis, Osteomyelitis, tuberkulöse Spondylitis, Diszitis, etc.) 5 Funktionell bei »Blockaden« der Wirbelgelenke 5 Knochentumoren (benigne/maligne) 5 Langerhanszellhistiozytose 5 Malignome (Neuroblastom, intramedulläre Tumoren) 5 Osteoporose 5 Postpunktions-Rückenschmerz (nach Lumbalpunktion) 5 Posttraumatisch (z. B. nach Frakturen) 5 Rheumatoide Arthritis 5 Scheuermann-Krankheit 5 Spondylolisthesis Gelenkschmerz (alphabetisch) 5 Chassaignac Syndrom (mit Scheinlähmung) 5 Traumafolge (Zerrung, Fraktur, Luxation (Schulter, etc.) 5 Familiäre Osteolysen 5 Gicht 5 Hypermobilität 5 Infektiöse Arthritiden (bakteriell, viral, etc.) und gelenknahe Osteomyelitis 5 Knochennekrosen 5 Osteochondrosen

Nicht-lokale Ursachen

5 Bandscheibenvorfall 5 Erkrankungen der inneren Organe (. Abb. 3.1 Head-Zonen, z. B. bei Ulcus ventriculi) 5 Langerhanszellhistiozytose 5 Leukämie 5 Metastasen bei soliden Tumoren 5 Spondylolisthesis

5 5 5 5 5 5 5

Amyloidose Autoimmunerkrankung Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Familiäres Mittelmeerfieber Hämoglobinopathie (z. B. Sichelzellanämie) Hämorrhagischer Erguss (z. B. bei Hämophilie) Hypothyreose

6

42

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

. Tabelle 3.7. Fortsetzung

3

Lokale Ursachen

Nicht-lokale Ursachen

5 Osteoporose 5 Rheumatische Erkankungen (rheumatisches Fieber, juvenile idiopathische Arthritis, Psoriasis) 5 Tendinitiden 5 Tumoren (benigne/maligne) 5 Überbelastung

5 5 5 5 5 5 5 5

Hüfte, zusätzlich: 5 Morbus Perthes, Epiphysiolysis capitis femoris, Osteochondrosis dissecans, Synchondosis ischiopubica Van Neck

Kawasaki-Syndrom Leukämien Lysosomale Speicherkrankheiten Nervenkompressionen Parainfektiöse Arthritiden (Yersinien, Borrelien etc.) Purpura Schoenlein-Hennoch Rachitis Sarkoidose

5 Erkrankungen im kleinen Becken

Knie, zusätzlich: 5 Osteopathia patellae juvenilis, Osteochondrosis dissecans, Stellungsanomalien (Genus valgum, varu, recurvatum), habituelle Patellaluxation Schulter, zusätzlich: 5 Skalenus-anterior-Syndrom, Halsrippensyndrom, Throracic-outlet-syndrom, Erkrankungen des Halsmarks (z. B. Syringomyelie) Gelenkunabhängiger Schmerz 5 Entzündung (Myositis, Osteomyelitis, Ostitis, Brodie Abszess, etc.) 5 Muskeldystrophien 5 Polymyositis 5 Schmerzen unklarer Genese (Wachstumsschmerz, etc.) 5 Traumafolge (auch bei Misshandlungen) 5 Tumoren (benigne/maligne)

5 Erkrankungen von Herz, Lunge, Aorta

5 A. spinalis-anterior-Syndrom 5 Glykogenosen und andere Enzymdefekte (z. B. bei Mitochondropathien) 5 Hypovitaminose (Vitamin C, A) 5 Leukämien, Langerhanszellhistiozytose 5 Maligne Hyperthermie 5 Morbus Fabry 5 Neuritiden 5 Schmerzen unklarer Genese (Wachstumsschmerz, etc.) 5 Scalenus-Syndrom

43 3.2 · Identifikation der Schmerzursache

. Tabelle 3.8. Auswahl psychischer Störungen mit Schmerzsymptomatik. [Mod. nach den klinisch-diagnostischen Leitlinien der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 der WHO, Kap. V (F)] Diagnose

Kodierung

Beschreibung

Somatoforme Störungen

F 45

5 Wiederholte Darstellung körperlicher Symptome 5 Wiederholte Forderung nach medizinischen Untersuchungen 5 Wiederholt negative medizinische Untersuchungsergebnisse, Symptome körperlich nicht begründbar 5 Bestehende belastende Lebensereignisse und Konflikte als psychische Einflussfaktoren werden vom Patienten eher abgelehnt

Somatoforme autonome Funktionsstörung

F 45.3

5 Subjektive Beschwerden unspezifischer und Funktionsstörung wechselnder Natur (z. B. Bauchschmerzen) 5 Vegetative Beteiligung, aber kein Anhalt für eine eindeutige Störung der Struktur oder Funktion des betreffenden Systems oder Organs 5 Beschwerden werden vom Patienten einem spezifischen Organ oder System zugeordnet (z. B. unterem Gastrointestinaltrakt) 5 z. T. Vorliegen psychischer Belastungsfaktoren und gegenwärtiger Schwierigkeiten mit Bezug zum Symptom

Somatoforme Schmerzstörung

F 45.4

5 Andauernder Schmerz 5 Durch physiologischen Prozess oder körperliche Störung nicht vollständig erklärbar 5 Auftreten in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Problemen, die aufgrund ihrer Schwere als entscheidende ursächliche Einflüsse gelten können 5 Beträchtlich gesteigerte persönliche oder medizinische Hilfe

Somatisierungsstörung

F 45.0

5 Wiederholtes Auftreten multipler, häufig wechselnder körperlicher Symptome über mindestens zwei Jahre 5 Häufig komplizierte Patienten-Karriere: Aufsuchen verschiedener, z. T. spezialiserter medizinischer Einrichtungen 5 Ausreichende somatische Erklärung liegt nicht vor 5 Weigerung des Patienten zu glauben, dass für Symptome keine körperliche Erklärung zu finden ist, trotz vermehrter Untersuchungen 5 Gewisse Beeinträchtigung familiärer und sozialer Funktionen durch Symptome und daraus resultierendes Verhalten

Psychische Faktoren oder Verhaltenseinflüsse bei andernorts klassifizierten Krankheiten

F 54

5 Schmerzen im Rahmen körperlicher Erkrankungen (z. B. Colitis ulcerosa) 5 Psychische Faktoren oder Verhaltenseinflüsse (z. B. Erwartungsängste) nehmen Einfluss auf Manifestation oder Verlauf der körperlichen Erkrankung

3

44

Kapitel 3 · Differenzialdiagnose der Schmerzursachen

Literatur

3

1. Baron R, Jänig W (1998) Schmerzsyndrome mit kausaler Beteiligung des Sympathikus. Anästhesist 47: 4–23 2. Wilder RT (1996) Reflex sympathetic dystrophy in children and adolescents: differences from adults. In: Jänig W, Stanton-Hicks M (Hrsg) Reflex sympathetic dystrophy: a reappraisal. Progress in pain research and management, vol 6. IASP-Press, Seattle, S 67–79 3. Zernikow B (2001) Rezidivierende abdominelle Schmerzen bei Kindern. In: Beck H, Martin E, Motsch J, Schulte am Esch J (Hrsg) Schmerztherapie. Thieme, Stuttgart (AINS Bd 4, S 225–232)

4 Messen und Erfassen von Schmerz H. Denecke und C. Hünseler 4.1

Einleitung – 46

4.2

Schmerz bei Früh- und Neugeborenen – 46

4.2.1 Schmerzparameter – 47 4.2.2 Schmerzskalen – 48

4.3

Schmerzmessung im Säuglings- und Kleinkindesalter (1.–3. Lebensjahr) – 54

4.4

Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren) – 54

4.4.1 Instrumente der Selbsteinschätzung – 54 4.4.2 Instrumente der Fremdbeobachtung – 63

4.5

Schlussfolgerungen – 64 Literatur – 65

46

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

)) 4.1

4

2. Analyse der schmerzaufrechterhaltenden und -verstärkenden Bedingungen, 3. Entscheidungsfindung für das Schmerzmanagement, 4. Evaluation des therapeutischen Vorgehens.

Einleitung Bei der Messung von Schmerz stellt sich grundsätzlich das Problem der prinzipiellen Subjektivität der Schmerzerfahrung. Nach Handwerker [35; S. 87] ist »… der Schmerz eines anderen Menschen nicht unmittelbar, sondern nur durch beabsichtigte oder unwillkürliche Mitteilungen erfassbar.« Die klinische Algesimetrie besitzt deshalb, insbesondere bei chronischem Schmerz, keine Möglichkeit, den nozizeptiven Reiz direkt zu messen. Er ist nur indirekt durch die Erfassung von Indikatoren quantifizierbar, die auf die ganz private Schmerzerfahrung schließen lassen. Die Reaktionen auf Schmerz lassen sich 3 Kategorien zuordnen [8, 64]: 4 dem subjektiven Erleben, 4 dem beobachtbaren Verhalten, 4 physiologischen Prozessen (. Tabelle 4.1). Diese Reaktionen stellen die prinzipiell messbaren Verhaltenskorrelate bzw. Indikatoren des Schmerzes dar. Das umfassendere Konzept der Schmerzdiagnostik bezieht neben der reinen Schmerzmessung soziale Faktoren und Umgebungseinflüsse ein. Schwieriger als bei Erwachsenen gestaltet sich die Schmerzerfassung bei Kindern. Unreife des Nervensystems, entwicklungsbedingtes Fehlen des Körperschemas, mangelnde kognitive Fähigkeiten und ein hohes Ausmaß an Emotionalität können die Interpretation der »tatsächlich empfundenen« Schmerzen erschweren. Unter sorgfältiger Berücksichtigung des körperlichen Allgemeinzustands, der Art der Schmerzen, des Einflusses kognitiver und emotionaler Entwicklungsfaktoren und des psychologischen Status lässt sich jedoch auch für Kinder eine aussagekräftige Schmerzdiagnostik durchführen. Insbesondere bei chronischen und rekurrierenden Schmerzen sollte die Schmerzdiagnostik durch Angaben zum Kontext, in dem die Schmerzdiagnostik durchgeführt wird, sowie zum sozialen Umfeld ergänzt werden. Die Schmerzerfassung bei Kindern verfolgt dabei folgende Ziele [61]: 1. Beschreibung des Schmerzgeschehens unter Berücksichtigung des Entwicklungsalters,

4.2

Schmerz bei Frühund Neugeborenen

Früh- und Neugeborene werden im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung häufig schmerzhaften diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ausgesetzt. Dass Kinder dieser Altersgruppe Schmerzen empfinden, ist mittlerweile unumstritten [3]. Die klinische Beobachtung zeigt, dass die Reaktionen auf schmerzhafte Reize bei sehr kleinen und unreifen Frühgeborenen im Vergleich zum reifen Neugeborenen heftiger sind und die Reizschwelle deutlich niedriger liegt. Eine mögliche physiologische Erklärung ist die noch unvollständig ausgebildete Inhibition und Modulation der afferenten Schmerzimpulse auf spinaler Ebene durch übergeordnete Zentren bei ansonsten funktionsfähigem nozizeptivem System (7 Kap. 2). Akute Schmerzen können nicht nur deletäre Auswirkungen auf die aktuelle Situation des Kindes mit Anstieg von Herzfrequenz, Blutdruck, Schwankungen der Atemfrequenz, Absinken der transkutanen O2-Sättigung, Anstieg des intrakraniellen Drucks und einer katabolen Stoffwechselsituation haben; neuere Studien belegen die negativen Folgen von im Neugeborenenalter erlebten Schmerzen auch auf die spätere Entwicklung des Kindes. Schmerzerfahrungen im Neugeborenenalter können in der Kindheit zu einem verstärkten Schmerzempfinden führen [32, 73], Erkenntnisse, die die Forderung nach »minimal handling« und einer angemessenen analgetischen Therapie bei kranken Früh- und Neugeborenen unterstreichen. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass die positiven Langzeitfolgen einer »sanften Pflege« noch nicht nachgewiesen wurden. Voraussetzung der Behandlung von Schmerzen ist deren Erkennung, Quantifizierung und Bewertung im aktuellen Kontext. Zur objektiven Quantifizierung und Dokumentation von Schmerzen im Neugeborenenalter wurden zahlreiche Versuche

47 4.2 · Schmerz bei Früh- und Neugeborenen

4

. Tabelle 4.1. Ebenen und Indikatoren der Schmerzreaktion Ebene

Indikatoren der Schmerzreaktion

Schmerzerleben

5 Verdeckt: z. B. Empfinden (sensorisch-affektiv), Emotionen, Kognitionen 5 Offen: z. B. Klagen, Stöhnen, Bericht über verdeckte Reaktionen

Schmerzverhalten

z. B. Veränderung der Ausdrucksmotorik (Mimik, Gestik, Körperhaltung), reflektorische und willkürliche schmerzreduzierende Bewegungen, Vermeidungsverhalten

Physiologische Parameter

z. B. Erregung des nozizeptiven Systems (Freisetzung von algogenen Substanzen), Aktivierung des zentralen Nervensystems (Auftreten evozierter Potentiale), Aktivierung des autonomen Nervensystems (Veränderung von Herzaktivität, Blutdruck, Hautleitfähigkeit, Muskeltonus, Atemfrequenz), Veränderung hormoneller und biochemischer Parameter

unternommen, Schmerzerfassungsbögen zu erstellen, meist im Rahmen klinischer Studien. Viele dieser Skalen sind nie in den klinischen Alltag übergegangen, da sie sich als nicht praktikabel erwiesen oder keine ausreichende Schmerzspezifität zeigten. Anforderungen an eine für den täglichen Einsatz im klinischen Alltag gebräuchliche Skala umfassen eine ausreichende Validität, um zu garantieren, dass auch in der Tat Schmerzäußerungen gemessen werden und eine Diskriminierung zwischen Schmerzfreiheit und Schmerzempfinden möglich ist. Ein definierter Cut-off-Wert, der angibt, ab welchem Scorewert interventionsbedürftige Schmerzen vorliegen, ist unbedingt erforderlich um Therapierichtlinien aufstellen zu können. Die Intra- und Interraterreliabilität sowie die interne Konsistenz der Messskala sollten überprüft und akzeptabel sein. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt ist die Praktikabilität der Skala. Eine umständliche und unübersichtliche Skala mit einer komplizierten Auswertung wird schlechter akzeptiert und führt häufiger zu Fehlern. 4.2.1

Schmerzparameter

Die Schmerzerfassung bei Früh- und Neugeborenen ist besonders problematisch, da sich Kinder dieses Alters nicht verbal mitteilen können und es sich demnach bei der Schmerzerfassung immer um eine Fremdbeurteilung handeln muss. Schmerzbedingte Veränderungen bei Neugeborenen zeigen sich in bestimmten Verhaltensmustern sowie in Veränderungen von Vitalparametern und

biochemischen oder hormonellen Größen [33, 67, 74]. Verhaltensmuster als Schmerzäußerungen sind im Neugeborenenalter relativ spezifisch. Unter 13 in der Literatur häufig zur Schmerzbeurteilung bei Neugeborenen und Säuglingen herangezogenen Beobachtungsparametern erreichten bei Büttner et al. [13] 5 eine ausreichende Spezifität und Reliabilität. Darunter fallen mimische Äußerungen (Gesichtsausdruck, Stirnfalten [30, 31]) und Veränderungen der Körperhaltung (Armhaltung, Beinhaltung, Fingerhaltung, Zehenhaltung, Rumpfhaltung, motorische Unruhe) und das Weinen. Von 19 in den . Tabellen 4.2 und 4.3 aufgeführten Schmerzbeurteilungsinstrumenten berücksichtigen 16 die Mimik, 14 die Körperhaltung bzw. Spontanmotorik und 10 den Schrei bzw. die verbale Äußerung. Ein schmerztypischer Schrei, der sich in Frequenz und Modulation von Schreien aus anderen Ursachen zu unterscheiden scheint, ist bereits zuvor beschrieben worden [24, 58]. Auch kann es zu Veränderungen komplexer Verhaltensmuster wie dem Wach-Schlaf-Rhythmus kommen. Die Erfassung dieser Verhaltensäußerungen bedarf einiger Übung und Sensibilisierung auf Seiten des Untersuchers, ist dann aber in kurzer Zeit problemlos durchzuführen. Veränderungen der Vitalparameter (Atem-, Herzfrequenz, Blutdruck, O2-Sättigung) sind als alleinige Größen für die Schmerzbeurteilung zu unspezifisch und bieten nur Zusatzinformationen. Vitalparameter unterliegen vielerlei Einflüssen (kardiale, pulmonale, zentralnervöse und hämatologische

48

4

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

Affektionen); in erster Linie spiegeln die genannten Veränderungen das Vorliegen von allgemeinem Distress wider [4]. Auch Büttner et al. [4] befanden, dass Herzfrequenz, Atemfrequenz und Blutdruck als Schmerzparameter in der postoperativen Phase nicht mit den Verhaltensäußerungen korrelierten. Hormonelle und biochemische Parameter (Glukokortikoide, Katecholamine, Insulin, Laktat, Alanin) lassen sich nicht zur routinemäßigen Schmerzmessung heranziehen. Ihre Bestimmung ist zu aufwändig und nicht zeitnah möglich. 4.2.2

Schmerzskalen

Die bisher in der Literatur beschriebenen Schmerzscores für das Neugeborenenalter sind uni- und multidimensionale Skalen, die in unterschiedlichem Maße die oben angeführten Größen berücksichtigen und kombinieren. Dabei ist jede Skala für eine definierte Altersgruppe und eine spezielle Situation (postoperativer Schmerz, invasive Maßnahmen oder Beatmung) entworfen und validiert. Ein »golden standard« existiert nicht wegen durchweg mangelnder Skalenspezifität und -sensibilität. Bei der Schmerzbeurteilung sind Gestationsalter, Schwere der Erkrankung und die eventuelle Gabe von Sedativa und Muskelrelaxanzien zu berücksichtigen. Ein extrem unreifes, sehr krankes oder tief sediertes Kind mag bei Erschöpfung trotz starken Schmerzempfindens nur schwache oder fehlende Schmerzäußerungen zeigen. Aus diesen Gründen muss der Untersucher jedes Kind in seiner Gesamtsituation betrachten, für jedes Kind muss der Schmerzscore individuell an die aktuelle Situation adaptiert werden; der resultierende Punktewert allein gibt nicht immer eine zutreffende Auskunft über das Schmerzempfinden. Schmerzäußerungen von Neugeborenen ähneln oft deren Verhalten bei Hunger oder bei Distress aus anderen Gründen. Schmerzbeurteilungsskalen vermögen daher oftmals nicht ausreichend zwischen Schmerz und Distress zu trennen. In diesen Situationen ist es an der Erfahrung des medizinischen Personals, zu erkennen, ob das Kind Analgesie benötigt oder vielleicht eher Zuwendung, Nahrung, Ruhe bzw. Abgeschirmtheit oder ein Sedativum, um wieder zu einem inneren Gleichgewicht zu finden.

Die gebräuchlichen Schmerzskalen sind in der Regel nur zur Beurteilung von akuten Schmerzzuständen entwickelt worden und eignen sich nicht zur Erfassung von langandauernden oder häufig wiederkehrenden, chronischen Schmerzen. Die Verhaltensmuster bei chronischen Schmerzen können vollständig verschieden vom Verhalten bei akuten Schmerzen sein. Die Kinder können auf oft wiederkehrende Schmerzreize mit einer »Erstarrung« der Mimik und Körperbewegung reagieren. In diesem Fall lassen sich eventuell durch Überprüfung der Pupillenweite oder Messung des vagalen Tonus Auskünfte über den Aktivitätszustand des autonomen Nervensystems und damit über Distress und Schmerzen erheben. Die kürzlich veröffentlichte EDIN-Skala (Échelle Douleur Inconfort Nouveau-Né) [19] ist ein Versuch, chronische Schmerzen bei Frühgeborenen anhand verschiedener Verhaltensparameter zu erfassen. Diese Skala berücksichtigt v. a. komplexe Verhaltensmuster wie das Schlafverhalten und die Interaktionen des Kindes mit dem Pflegepersonal. Bei der Behandlung von Frühgeborenen ist eine solche Skala, die die Schmerzempfindung des Kindes in »Ruhe« ohne Stimulation überprüft, von großer Bedeutung, da diese Kinder häufig über viele Wochen auf der Intensivstation verbleiben und dort zahlreichen invasiven und nicht-invasiven Maßnahmen ausgesetzt sind. Viele Schmerzskalen auch für Frühgeborene sind an invasiven Maßnahmen validiert worden (NIPS, PIPP). Dass diese Maßnahmen für das Kind mit Schmerzen verbunden sind, ist dem medizinischen Personal schon im Vorfeld bekannt, so dienen diese Skalen eigentlich nur zur Kontrolle des Erfolgs und zum Vergleich analgetischer Maßnahmen und weniger der Identifikation von latenten Schmerzzuständen. Zur Einschätzung des Schmerzempfindens bei invasiven Maßnahmen im Neugeborenenalter ist der NIPS (Neonatal Infant Pain Scale, [48]; 7 Anhang B) eine empfehlenswerte Skala, der die Items Gesichtsausdruck, Schrei, Bewegung, Weckbarkeit und Atmung umfasst. Jedem Item können 0, 1 bzw. 2 Punkte bei der Beurteilung des Schreiens zugeordnet werden. Damit lässt dieser Score kaum Raum für eine graduelle Quantifizierung der Schmerzreaktion in leicht, mäßig oder stark, er trennt »keine Schmerzreaktion« von »eindeutigen Schmerzreak-

4

49 4.2 · Schmerz bei Früh- und Neugeborenen

. Tabelle 4.2. Schmerzmessung im präverbalen/frühverbalen Alter. Multidimensionale Instrumente Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

OPS Objective Pain Scale [34]

5 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Bewegung, Unruhe, Schrei, verbale Beschwerden, Blutdruck. Nachteil: Umständlich, Blutdruckmessung kann Ergebnis verfälschen. Angabe der RR-Abweichung in % von einer Baseline. Moderate Schmerzen werden schlechter erfasst

Postoperative Schmerzen

+

ab 1,5 Jahre

NIPS Neonatal Infant Pain Scale [48]

6 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Gesichtsausdruck, Weinen/Schreien, Armbewegungen, Beinbewegungen, Atmung, Wachheit/Aufmerksamkeit (0 oder 1 Punkt bzw. 0, 1, 2 Punkte ). Güte: gut validiert, schnell und einfach zu handhaben. Nachteil: Skala ist nicht symmetrisch. Geringe Trennschärfe in der Graduierung von Schmerzen. Arm- und Beinbewegungen sind überschneidende Kriterien und bringen keine Zusatzinformation

Invasive Maßnahmen

+++

Früh- und Neugeborene

CRIES Crying, Requires oxygen administration, Increased vital signs, Expression, Sleeplessness [45]

Aufbau wie Apgar: 5 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Schrei, O2-Bedarf um SaO2 >95 % zu halten, Vitalparameter verändert, Gesichtsausdruck, Schlaflosigkeit (0, 1, 2 Punkte). Güte: Leicht zu merken, einfach in der Anwendung. Nachteil: Apparativer Aufwand (Pulsoxymetrie). Blutdruckmessung kann den Patienten irritieren; unzureichende Spezifität

Postoperative Schmerzen

+++

Frühgeborene bis Säuglingsalter

PIPP Premature Infant Herzfrequenz, Pain Profile [71]

7 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Gestationsalter, Bewusstseinszustand, Herzfrequenz, Blutdruck, Augenbrauenwölbung, Augenkneifen, Nasolabialfalte. Gestationsalter wird einbezogen (0–3 Punkte). Güte: Gut validiert. Gestationsalter wird berücksichtigt. Nachteil: Blutdruckmessung kann den Patienten irritieren. In der praktischen Anwendung zu kompliziert, mehr für Studien geeignet

Invasive Maßnahmen (Fersenstich, Zirkumzision)

++

Früh- und Neugeborene

6

50

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

. Tabelle 4.2. (Fortsetzung) Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

COMFORT [2]

8 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Wachheitsgrad, Aufmerksamkeitsgrad, Akzeptanz der maschinellen Beatmung, Bewegungen, Blutdruck, Herzfrequenz, Muskeltonus, mimische Muskulatur. Güte: Deckt großen Altersbereich ab. Nachteil: Sehr umständlich, nicht symmetrisch; Graduierungen z. T. schwierig abzugrenzen; Blutdruckmessung kann den Patienten irritieren.

Einschätzung des Sedierungsgrads während einer intensivmedizinischen Behandlung mit künstlicher Beatmung

+

Neugeborene, Säuglinge und Kinder bis 8 Jahre

PAT Pain Assessment Tool; [57]

10 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter und subjektive Beurteilung des Pflegepersonals): Haltung/ Tonus, Schlafmuster, Gesichtsausdruck, Hautfarbe, Schrei, Atmung, Herzfrequenz, O2-Sättigung, Blutdruck, Beurteilung des Pflegepersonals. Güte: Beurteilung des Pflegepersonals fließt in Score ein. Nachteil: Nicht ausreichend validiert; nicht symmetrisch, Blutdruckmessung kann den Patienten irritieren.

Postoperative Schmerzen

++

Frühund Neugeborene

SUN Scale for Use in Newborns [9]

7 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Bewusstseinsstatus, Atmung, Bewegungen, Muskeltonus, Mimik, Herzfrequenz, Blutdruck (0–4 Punkte). Güte: Auch für beatmete Patienten geeignet; symmetrisch, Level 2 = normaler Zustand Nachteil: Umständlich, Graduierungen z. T. schwierig abzugrenzen; Blutdruckmessung kann den Patienten irritieren.

Invasive Maßnahmen (Intubation, Venenpunktion, endotracheales Absaugen, Windelwechsel)

+

Frühund Neugeborene

MIPS Modified Infant Pain Scale [11]

13 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Schlaf, Mimik, Schrei, Spontanmotorik, Erregbarkeit, Finger- und Zehenbeugung, Muskeltonus, Fähigkeit zur Beruhigung, Reaktion auf Zuwendung, Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung (0–2 Punkte). Nachteil: Nicht ausreichend validiert. Sehr umfangreich und umständlich, geräteabhängig, Blutdruckmessung kann den Patienten irritieren

Postoperative Schmerzen

+

Reife Neugeborene und Säuglinge

PEPPS Preverbal, Early Verbal Pediatric Pain Scale [68]

7 Kategorien (Verhalten + Vitalparameter): Herzfrequenz, Mimik, Schrei, Fähigkeit, zur Beruhigung, Körperhaltung, Reaktion auf Zuwendung, Trinkverhalten/Saugen (0-2 oder 0-4 Punkte). Nachteil: Nicht ausreichend validiert; umfangreich und umständlich, unterschiedliche Anzahl an Auswahlkriterien. Trinkverhalten in früh-postoperativer Phase schmerzspezifisch?

Postoperative Schmerzen

+

12–24 Monate

4

+++ = sehr einfach, ++ = einfach, + = aufwändig/kompliziert

4

51 4.2 · Schmerz bei Früh- und Neugeborenen

. Tabelle 4.3. Schmerzmessung im präverbalen/frühverbalen Alter. Eindimensionale Instrumente Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

NFCS Neonatal Facial Coding System; [30]

10 Items (Mimik): vorgewölbte Augenbrauen, zusammengekniffene Augen, betonte Nasolabialfalte, geöffnete Lippen, vertikal verzogener Mund, horizontal verzogener Mund, angespannte Zunge, vorgestreckte Zunge, Kinnzittern, aufgeworfene Lippen (ja/nein). Güte: Gut validiert. Nachteil: Veränderungen im unteren Gesichtsbereich nur inkonsistente Schmerzzeichen. Bei sehr unreifen Frühgeborenen ist Mimik wenig schmerzspezifisch. Umständlich, ausreichende Erfahrung des Beobachters notwendig

Invasive Maßnahmen

+

Frühund Neugeborene

MAX Maximally Discriminative Social Movement Coding System; [41]

Berücksichtigt Gesichtsausdruck und emotionalen Status. Nachteil: Aufwändig, nicht schmerzspezifisch; nicht ausreichend validiert

Beurteilung v.a. des emotionalen Status

+

Reife Neugeborene

CSS Clinical Scoring System [5]

10 Kategorien (Verhalten): Schlafmuster, Gesichtsausdruck, Schrei, Spontanbewegungen spontane Erregbarkeit, Reaktion auf Umgebungsreize, Beugung von Fingern und Zehen, Saugen, Muskeltonus, Fähigkeit zur Beruhigung, Reaktion auf Zuwendung. Nachteil: Für Studienzwecke entworfen. Schmerzstärke korreliert invers mit Punktwert. Weitere Validierung notwendig

Postoperative Schmerzen

++

Reife Neugeborene und Säuglinge bis 7 Monate

Sedierungsbogen nach Hartwig [36]

5 Kategorien (Verhalten): Motorik, Mimik, Augen Öffnen, Toleranz der Beatmung, Reaktion beim Absaugen. Zielbereich ist in der Regel ein Score von 8–14 Güte: Einfach zu handhaben. Direkte Berücksichtigung der Maßnahme des Absaugens. Nachteil: Unzureichend validiert. Erfasst neben Schmerzen auch Distress

Beurteilung des Sedierungsgrades bei beatmeten Kindern

+++

Reife Neugegeborene bis Kleinkinder

TPPPS ToddlerPreschooler Postoperative Pain Scale [75]

3 Kategorien (Verhalten): Verbaler Schmerzausdruck, Gesichtsausdruck, Körperlicher Schmerzausdruck (3 bzw. 2 Kriterien) Nachteil: Nicht ausreichend validiert. Eingeschränkte und ungleiche Anzahl von AuswahlKriterien. Neutrale/positive Äußerungen fehlen

Postoperative Schmerzen

++

1–7 Jahre

BPS Behavioural Pain Score System [57]

4 Kategorien (Verhalten): Gesichtsausdruck, Bewegungen, Reaktion auf Handling und Tonus von Extremitäten/Körper. Nachteil: Nicht ausreichend validiert

Versorgung unter Beatmung

+++

Früh- und Neugeborene

6

52

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

. Tabelle 4.3. (Fortsetzung)

4

Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

IBCS Infant Body Coding System [18]

4 Kategorien (Verhalten): Schrei, Körperbewegungen, Arm- und Beinbewegungen. Güte: Einfach in der Anwendung. Nachteil: Nicht schmerzspezifisch. Bei sehr kranken Kindern mit eingeschränkter Vitalität nicht anwendbar

Invasive Maßnahmen (Fersenstich)

+++

v. a. agile reife Neugeborene

FLACC Face, Leg, Activity, Cry, Consolability [55]

5 Kategorien (Verhalten): Gesichtsausdruck, Beinbewegungen, Aktivität, Schreien, Möglichlichkeiten zur Beruhigung (je 0–2 Punkte). Güte: Einfach in der Anwendung. Breiter Altersbereich. Nachteil: Nicht ausreichend validiert

Postoperative Schmerzen

+++

2 Monate– 7 Jahre

KUSS Kindliche Unbehagens- und Schmerz Skala [12]

5 Kategorien (Verhalten): Weinen, Gesichtsausdruck, Rumpfhaltung, Beinhaltung, motorische Unruhe (0, 1, 2 Punkte). Güte: Gut validiert. Einfach und schnell in der Handhabung. Therapeutischer Bedarf ab 4 Punkten. Breiter Altersbereich wird abgedeckt. Nachteil: Nicht bekannt

Postoperative Schmerzen

+++

Reife Neugeborene bis Ende 4. Jahr

EDIN Échelle Douleur Inconfort Nouveau-Né [19]

5 Kategorien (Verhalten): Gesichtsausdruck, Körperbewegungen, Schlafverhalten, Kontaktaufnahme zum Pflegepersonal, Möglichkeit zur Beruhigung (jeweils 0–3 Punkte) Güte: Berücksichtigt chronische Schmerzäußerungen unabhängig von Stimuli. Nachteil: Bisher geringe klinische Erfahrung. Weitere Validierung notwendig. Kein Cut-off-Wert

Prolongierte Schmerzen

+++

Frühgeborene

CHEOPS Children’s Hospital of Eastern Ontario Pain Scale [53]

6 Kategorien (Verhalten): Schrei, Mimik, spontane verbale Äußerungen Rumpfhaltung, Beinhaltung, spontanes Berühren des Wundgebietes (0–2 oder 1–3 Punkte). Nachteil: Umständlich in der Handhabung mit verschiedenen gleichwertigen Subkategorien

Postoperative Schmerzen

++

1–5 Jahre

DEGR Douleur Échelle Gustave Roussy [25, 26]

10 Kategorien (Verhalten): Schonhaltung in Ruhe, Ausdruckslosigkeit, Spontaner Schutz der schmerzhaften Bereiche, Klagen über körperliche Schmerzen, Schonhaltung bei Bewegung, Fehlendes Interesse an der Außenwelt, Kontrollierter Widerstand gegen passive Mobilisierung, Lokalisation der schmerzhaften Bereiche durch das Kind, Reaktion auf die Untersuchung der schmerzhaften Bereiche, Einschränkung der Spontanmotorik. Beurteilung v. a. von chronischen Schmerzen. Bezieht depressive Verstimmungen in gewissem Umfang mit ein (0–4 Punkte). Güte: Gut validiert. Einzige Skala, die chronische Schmerzen berücksichtigt. Nachteil: Sehr arbeitsaufwändig

Tumorassoziierte Schmerzen verschiedener Genese

+

2–6 Jahre

+++ = sehr einfach, ++ = einfach, + = aufwändig/kompliziert

53 4.2 · Schmerz bei Früh- und Neugeborenen

tionen«. Von Vorteil ist, dass er einfach und schnell zu bewerten ist. Der ebenfalls zur Schmerzdokumentation bei invasiven Maßnahmen bei Frühgeborenen entwickelte PIPP (Premature Infant Pain Profile) berücksichtigt das Gestationsalter als Parameter. Diese Skala verlangt u. a. eine Beurteilung des Absinkens der transkutanen O2-Sättigung von der Baseline um 0–2,4 %, 2,5–4,9 % über 5 %–7,4 % bis zu >7,5 % und scheint durch diese komplizierte und störungsanfällige Beurteilung für den täglichen Gebrauch im klinischen Alltag nicht geeignet zu sein. Der Einsatzbereich von derart aufgebauten arbeitsaufwändigen und umständlichen Skalen liegt mehr im Studienbereich. Für beatmete Früh- und Neugeborene sowie Säuglinge wurde an der Universitätskinderklinik Köln ein von Hartwig [31] entwickelter Sedierungsbogen eingeführt, der sich zur kontinuierlichen Beobachtung beatmeter Kinder auf der Intensivstation eignet (7 Anhang B). Dieser berücksichtigt neben dem kindlichen Verhalten v.a. die Akzeptanz der Beatmung und die damit verbundene schmerzhafte Maßnahme des Absaugens. Die Skala hat sich im täglichen Einsatz bewährt, bedarf jedoch weiterer Validierung. Der Comfort-Scale [2] wurde ebenfalls zur Beurteilung von Distress und Schmerzen bei beatmeten Kindern entwickelt. Diese Skala berücksichtigt u. a. Herzfrequenz und Blutdruck. Bei der nichtinvasiven Messung des Blutdrucks ist zu berücksichtigen, dass der Messvorgang die Kinder häufig irritiert und so das Messergebnis verfälschen kann. Apparative Messmethoden wie die Messung von Blutdruck und transkutaner O2-Sättigung sind zudem bei sehr unruhigen Kindern in ihrer Messgenauigkeit nur bedingt verlässlich. Zur Beurteilung des postoperativen Schmerzes bei nicht-beatmeten Neugeborenen bis zum Ende des 4. Lebensjahres ist die KUSS (Kindliche Unbehagens- und Schmerz-Skala [12, 13], Anhang B) gut geeignet. Die KUSS berücksichtigt 5 Beobachtungsgrößen aus dem Verhaltensbereich. Sie ist ausgesprochen praktikabel und einfach anzuwenden, gut validiert und reliabel und hat einen definierten Cut-off-Wert von 4 Punkten, ab dem nachgewiesenermaßen ein Analgetikabedarf besteht. Für Frühgeborene wurde diese Skala noch nicht validiert.

4

Die meisten Skalen zur Beurteilung des postoperativen Schmerzes, die KUSS eingeschlossen, sind nur für die akute postoperative Phase im Aufwachraum validiert worden. Untersuchungen mit verschiedenen Skalen (CHEOPS, OPS, FLACC, TPPPS) deuten darauf hin, dass in einer späteren postoperativen Phase die Korrelation der Testscores mit einer Experteneinschätzung [72] oder Selbsteinschätzung bei älteren Kindern [6] abnahm. Die Testergebnisse führten häufiger zu falsch-negativen Ergebnissen, was möglicherweise mit einer stärkeren Selbstkontrolle der Schmerzäußerungen im Rahmen einer Adaptation an die neuen Umstände oder einer Schonhaltung nach Abklingen der postoperativen Aufwachphase zu erklären ist. Hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass jede Skala nur in bestimmten Situationen untersucht wurde und auch nur in diesem Kontext verlässliche Resultate liefert. Ein Problem vieler Skalen ist die fehlende Angabe eines Cut-off-Wertes, der dem Anwender anhand des Summenscores eine klare Entscheidungsgrundlage liefert, ob therapiebedürftige Schmerzen vorliegen oder nicht. Erst in Folgearbeiten wurden für einige Skalen erstmalig Cut-off-Werte ermittelt, so in der Arbeit von Suraseranivongse et al. [72] für FLACC, TPPPS und OPS (>2 Punkte) und für die CHEOPS (>6 Punkte). Erschwerend in der Anwendung von Schmerzskalen ist auch die Tatsache, dass fast alle Skalen in englischer Sprache veröffentlicht und im englischen Sprachraum validiert wurden. Von einigen Skalen (NIPS, CHEOPS, DEGR) existieren Übersetzungen ins Deutsche, deren vielleicht verschiedene Begrifflichkeiten jedoch (noch) nicht für unseren Sprachraum validiert wurden. Die KUSS ist ein primär im Deutschen entwickeltes Instrument. Bei der Auswahl eines geeigneten Instruments sind Praktikabilität und Akzeptanz durch den Anwender im klinischen Alltag ein wichtiges Kriterium. Die Skala muss schmerzspezifisch und reliabel sein und sollte eine geringe Inter-Rater-Variabilität besitzen. Die ideale Skala sollte einen möglichst breiten Altersbereich abdecken, Schmerzen in unterschiedlichen Situationen erfassen und eine kontinuierliche Beobachtung des Patienten erlauben. Die Realität entspricht derzeit diesem Ideal noch nicht. Auf einer neonatologisch-pädiatrischen Intensivstation wird man mehrere Schmerzerfassungsinst-

54

4

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

rumente benötigen, um den unterschiedlichen Populationen und Situationen gerecht zu werden. Interessant im Hinblick auf die Überwachung der Sedierungstiefe von beatmeten Kindern ist in diesem Kontext die kontinuierliche Ableitung des bispektralen Index (BIS) mittels spezieller EEGAbleitung [69, 79]. Diese ursprünglich zur Steuerung der Narkosetiefe und Analgesie bei operativen Eingriffen erdachte Methode erlaubt offensichtlich zuverlässig anhand eines absoluten und kontinuierlich angezeigten Wertes zwischen 0 und 100 die Einschätzung der Sedierungstiefe und eine Abgrenzung von Schmerzreaktionen. Bei Kleinkindern liegen nur limitierte, bei Neugeborenen bislang keine Erfahrungen vor.

4.3

Schmerzmessung im Säuglings- und Kleinkindesalter (1.–3. Lebensjahr)

Gemeinsam ist dieser nur z.T. präverbalen Altersgruppe, dass eine Selbsteinschätzung weiterhin nicht möglich ist. Kinder ab dem 3.–4. Lebensjahr sind in der Regel fähig, eine Selbsteinschätzung, z. B. anhand einer Gesichterskala (Smileyskala), vorzunehmen. Die KUSS [12] zur Beurteilung des postoperativen Schmerzes ist auch in dieser Altersgruppe einzusetzen. Zur Beobachtung von Distress und Schmerz bei beatmeten Kleinkindern auf der Intensivstation eignet sich ebenfalls der oben genannte Sedierungsbogen nach Hartwig [36]. Die größten Erfahrungen mit dieser Skala liegen allerdings bei Neugeborenen und Säuglingen vor. Ebenfalls zur Beurteilung des postoperativen Schmerzes wurde die PEPP-Skala [68] für die Zielgruppe der präverbalen bzw frühverbalen Kinder im Alter von 12–24 Monaten entwickelt. Dieses Instrument ist allerdings umständlich und unzureichend getestet, auch fehlen Erfahrungsberichte über die praktische Anwendung. Der DEGR-Skala (Douleur Echelle Gustave Roussy, [25, 26]) für onkologische Patienten liegt der Gedanke zugrunde, chronischen von akutem Schmerz zu unterscheiden. Die Zielgruppe sind 2bis 6-jährige Kinder mit tumorassoziierten Schmerzen unterschiedlicher Genese. Beurteilt werden 5

direkte Schmerzzeichen, 2 freiwillige Äußerungen von Schmerzen und 3 Zeichen für eine »psychomotorische Atonie«. Eine Übersicht über die am häufigsten zitierten Schmerzbeurteilungsskalen für Früh- und Neugeborene sowie Kleinkinder geben . Tabelle 4.2 und 4.3. Die Skalen unterscheiden sich neben der Zusammensetzung der Beobachtungsparameter in der Ausrichtung auf eine besondere Population (Alter) und in der Begrenzung der Anwendbarkeit auf spezielle schmerzhafte Situationen. Besonders berücksichtigt wird die Praktikabilität beim Einsatz im Stationsalltag.

4.4

Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren)

4.4.1

Instrumente der Selbsteinschätzung

Entsprechend der IASP-Definition [40], dass es sich bei Schmerzen um ein subjektives Phänomen handelt, halten Finley u. McGrath [23] die Schmerzmessung mit Hilfe von Instrumenten der Selbsteinschätzung für die valideste Methode. Ab etwa dem 4. Lebensjahr, bei kognitiv gut entwickelten Kindern bereits früher, können diese so genannten Self-report-Instrumente verwendet werden. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der Untersucher eine Sprache wählt, die das Kind verstehen kann. Im allgemeinen ist die Sprachfähigkeit der meisten 4- bis 5-jährigen so weit ausgebildet, dass ein Verständnis von Schmerz oder Wörtern ähnlicher Bedeutung (»Wehtun«, »Aua«, idiosynkratische familiäre Begriffe) möglich ist. Die Kinder können mit Hilfe von Erläuterungen zwischen Schmerz und Schmerzfreiheit unterscheiden, und sie sind in der Lage, Bilder und Symbole zu benutzen sowie bei kleinen Mengen (z. B. bei »pieces of hurt«) die Bedeutung von relationalen Begriffen wie »weniger«, »gleich« und »mehr« zu verstehen. Die Beurteilung der eigenen Schmerzen wird immer auch durch die persönliche Erfahrung mit Schmerz geprägt. Da die meisten jüngeren Kinder auf nur wenige Schmerzerfahrungen als Referenzereignis zurückgreifen können, ist daran zu denken,

55 4.4 · Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren)

dass der allgemeine Distress (ein Konglomerat aus Schmerz, Angst, Schreck, Ärger o. ä.) bei einer erstmaligen größeren Verletzung stärkere Reaktionen hervorrufen kann als bei schmerzerfahrenen Kindern [1]. Ebenso ist die Validität der Schmerzmessung bei sehr reaktiven Kindern eingeschränkt, weil Schmerz nicht mehr von Distress zu unterscheiden ist. Eine Verbesserung der Messung kann erreicht werden, indem – häufig mehrmals – in beruhigender Weise auf das Schmerzverständnis des Kindes eingegangen wird. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass wiederholte invasive Prozeduren oder chronische Schmerzen zu einer Schmerzsensibilisierung führen können [73]. Ältere Kinder ab etwa 7 Jahren können Schmerzlokalisation, -intensität und -qualität anhand von Skalen bereits gut einschätzen. Ihre kognitiven Fähigkeiten sind so weit entwickelt, dass sie frühere Schmerzerfahrungen zur Beurteilung ihrer aktuellen Schmerzen zum Vergleich heranziehen können. Bei der Altersgruppe der Jugendlichen verändert sich das Schmerzverständnis noch einmal stark. Pubertät, Gruppenkommunikationsstil, das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Selbstkontrolle können die Schmerzmessung beeinflussen [27]. Für ältere Kinder und Jugendliche sollte die altersgerechte Gestaltung der Messinstrumente bedacht werden, da die Kinder ansonsten leicht das Gefühl entwickeln, nicht ernst genommen zu werden.

Eindimensionale Skalen Eindimensionale Ratingskalen (. Tab. 4.4) sind aufgrund ihrer leichten Handhabung und ihrer guten testtheoretischen Absicherung im klinischen Alltag unverzichtbar [44]. Sie erlauben den Kindern eine schnelle Einschätzung der aktuellen und früheren Schmerzintensität, der affektiven Schmerzqualität (SAS) oder der Beeinträchtigung durch den Schmerz (Behavior Interference Rating Scale). Dazu werden Zahlen, Wörter, Chips, Gesichter oder Farben verwendet, die in Anpassung an die kindliche Entwicklungsstufe die Pole und Skalenstufen der jeweiligen Schmerzdimension repräsentieren. Da jüngeren Kindern (3–4 Jahre) die stufenweise Skalierung eines Ereignisses oder Zustandes – insbesondere bei vielen Wahlmöglichkeiten – noch Schwierigkeiten bereitet, neigen sie dazu, nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip auch ihren Schmerz nur

4

dichotom einzuschätzen (»Es tut weh« oder »Es tut nicht weh« [15, 58]). Um die Diskrimination der Skalenstufen zu erleichtern, sollten z. B. Gesichterskalen nur maximal 5 Gesichter aufweisen, und es sollte durch eine kindgerechte (ggf. wiederholte) Erklärung sichergestellt sein, dass das Kind die verschiedenen Schmerzstufen verstanden hat. Für die Gesichterskalen »Oucher Scale« [6] und »Smiley-Analogskala« [60] haben Testprüfungen ergeben, dass sie bereits ab etwa dem 3. Lebensjahr oder bei Kindern mit Sprachdefiziten eingesetzt werden können. Cartoon-Gesichterskalen werden gegenüber den tropfenförmigen Erwachsenengesichtern der Bieri-Skala [7] von Kindern und Eltern bevorzugt [14]. Auch im Vergleich von Oucher Scale, VAS und Gesichter-Skalen liegt in den meisten Fällen die Vorliebe der Kinder bei den Gesichter-Skalen. Um die Reduktion der hochkomplexen Schmerzerfahrung auf nur eine Dimension (meist der Intensität) oder auf wenige Werte zu vermeiden, sollten einfache Ratingskalen nur im Rahmen einer multidimensionalen Schmerzdiagnostik oder bei Veränderungsmessungen, beispielsweise nach Medikamentengabe, eingesetzt werden. Auf die psychometrische Problematik von Ratingskalen, insbesondere der Gesichterskalen, geht die Übersichtsarbeit von Kuttner u. LePage ein [47]. Die derzeit besten Skalen zur regelmäßigen Intensitätsmessung und Dokumentation in der klinischen Routine sind farbige Analog-Schiebeskalen [16] oder eine der Cartoon-Gesichterskalen ([15], 7 Anhang B).

Multidimensionale Instrumente Die systematische Schmerzanamnese ist das wichtigste Instrument der klinischen Schmerzdiagnostik. Interviews oder Fragebögen (. Tabelle 4.5) erfassen die Schmerzdimensionen Intensität, Qualität, Affektivität und Schmerzverhalten, wobei die Wahl eigener Worte (»Es beißt über meinem ganzen Kopf«) oder nonverbale Methoden (z. B. Malen des Schmerzes) dem Kind die genaue Beschreibung der Schmerzen und ihrer Qualität erleichtern. Begleitsymptome der Schmerzen sowie schmerzauslösende und schmerzverstärkende Bedingungen, Beeinträchtigungen durch den Schmerz, schmerzbezogene Überzeugungen, Attributionen und Einstellungen, bisherige Behandlungsbemühungen und selbstinitiiertes Copingverhalten des Kindes und

56

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

. Tabelle 4.4. Schmerzmessung durch Selbstbericht – unidimensionale Instrumente Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

VASa Visuelle Analogskala

10 cm lange horizontale oder vertikale Linie mit den Polen »kein Schmerz« und »stärkstmöglicher Schmerz“», Erfassung der Dimensionen Schmerzintensität bzw. Schmerzaffektivität möglich. Güte: Reliabel und valide; sensibel für Veränderungsmessung. Nachteil: Farbige graphische Skalen (s. unten) werden besser verstanden als diese klassische Form.

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

++

Ab 5 Jahre

VRS Verbale Ratingskala (»Adjektivskala«)

4-, 5- oder 6-stufige kategoriale Skala mit Beschreibung der Intensitätskategorien (z. B. kein, ein wenig, ziemlich starker, stärkstmöglicher Schmerz). Güte: Reliabel und valide; sensibel für Veränderungsmessung. Nachteil: Begriffe müssen für das Kind verständlich sein.

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

++

Ab 7 Jahre

NRS Numerische Ratingskala

Skalen von 0–10 bzw. 0–100 zur Messung der Schmerzintensität; keine Angaben von Testgütekriterien; sensibel für Veränderungsmessung.

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

+

Ab 6 Jahre

Graphische Ratingskalen

Schmerzthermometer zur Messung der Schmerzintensität 0–10 bzw. 0–100 [43]. Schmerzleiter; 9 Leiterstufen erfassen Schmerzintensität von 0–10 [37]. Glasratingskala; 6 Gläser von leer (kein Schmerz) bis ganz gefüllt (stärkster vorstellbarer Schmerz) [81]. Güte: Kindgerechte Analogverfahren, sehr gut geeignet zur Veränderungsmessung. Nachteil: Nicht bekannt.

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

+++

Ab 5 Jahre

Eland Color Tool [21, 22]

4-stufige Farbskala zur Charakterisierung der Schmerzintensität, rot = meist »stärkster« Schmerz; keine Angaben von Testgütekriterien.

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

+++

5–7 Jahre

PCT Poker Chip Tool [32]

Wahl von Chips (0–4), die den »pieces of hurt« (Schmerzintensität) entsprechen; Einsatz bei Injektionen; Korrelation mit Distress. Güte: Gut geeignet bei Kindern mit kognitiven und sprachlichen Schwierigkeiten. Besonders hilfreich bei Erstmessung mit Erläuterung des Schmerzkonzeptes. Nachteil: Das Verständnis der Kategorie »kein Schmerz« (ebenfalls durch einen Chip repräsentiert) kann sehr jungen Kindern Schwierigkeiten bereiten.

Akute und chronische Schmerzen, Injektionsschmerz

+++

4–7 Jahre

4

6

4

57 4.4 · Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren)

. Tabelle 4.4. (Fortsetzung) Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

MSPCT Multiple Size Poker Chip Tool [70]

Objektskala zur Erfassung der Schmerzintentiät von 0–4; Wahl von 4 Chips, die in der Größe zunehmen; kein Chip bedeutet »kein Schmerz«. Güte: Gut geeignet für Kinder mit kognitiven und sprachlichen Schwierigkeiten. Besonders hilfreich bei Erstmessung mit Erläuterung des Schmerzkonzeptes. Nachteil: Nicht bekannt

Prozeduraler Schmerz

+++

Ab 4 Jahre

Faces Pain Scale [7, 29]b

Messung der Schmerzintensität und des Schmerzaffektes durch eine Skala von 7 Erwachsenengesichtern (0–6) von »kein Schmerz« bis »schlimmstmöglicher Schmerz«. Güte: Sehr gute Testgütekriterien. Mäßige Reliabilität bei Kindern unter 6 Jahren. Nachteil: Form und Ausdruck der Gesichter finden bei Kindern nur geringe Akzeptanz

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

+++

4–8 Jahre

SAS Smiley-Analogskala [42, 59]

Analoge Erfassung der Schmerzintensität über 5 Smiley-Gesichter; Dokumentationsblatt zur Darstellung des Schmerzverlaufs, therapiesensitiv. Güte: Reliabel und valide, einfache Handhabung, gut geeignet für die Schmerzdokumentation. Nachteil: Nicht bekannt.

Venenpunktion, Lumbal-/ Knochenmarkpunktion, Kopf-, Gelenk-, Tumorschmerzen

+++

Ab 3 Jahre

Oucher Scale [6]

Vertikales Set von 6 ansprechenden Fotografien von Kleinkindergesichtern mit unterschiedlichem Ausdruck von Schmerz (»kein Schmerz« bis »Dein größter Schmerz«); Wahl des für den Schmerz zutreffenden Gesichtes; Zuordnung einer Zahl (20erIntervall) auf einer vertikalen NRS 0–100. Güte: Valides und reliables Instrument. Nachteil: Bei Disidentifikation des Kindes mit den Bildern sind zufällige Messwerte wahrscheinlich.

Postoperative und chronische Schmerzen

++

3–5 Jahre

Children’s Anxiety and Pain Scales [47]

2 eindimensionale Skalen (0–4) mit je 5 Gesichtern (Schmerzausdruck bzw. Angstausdruck) zur getrennten Erfassung von Schmerz und Angst. Nachteil: Auf Konfundierung der beiden Dimensionen ist zu achten.

Schmerzen, Angst

+++

Ab 5 Jahre

Facial Affective Scale (FAS; auch MAFS: McGrath Affective Faces Scale [50])

Messung der Schmerzaffektivität über 9 stilisierte Gesichter von fröhlich bis traurig; Quantifizierung durch Normwerte. Güte: Therapiesensitiv, einzige Skala zur Erfassung der affektiven Schmerzdimension. Nachteil: Nicht bekannt.

Akute, rekurrierende und chronische Schmerzen

+++

Ab 5 Jahre

6

58

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

. Tabelle 4.4. (Fortsetzung)

4

Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Alters gruppe

Behavior Interference Rating Scale [50]

Messung der Intensität mit Bezug zur Schmerzbeeinträchtigung; 6-stufige numerisch-verbale Ratingskala (0–5) von »kein Schmerz« bis »Schmerz, sodass ich nichts mehr tun kann«. Güte: Einzige Skala zur Erfassung von Beeinträchtigung. Nachteil: Nicht bekannt.

Kopfschmerzen

++

Ab 9 Jahre

Schmerzzeichnung [65]

Anmalen der Schmerzlokalisation in einem vorgegebenen Körperschema (Ganzkörper, Kopf ).

Jede Schmerzform

+++

Ab 7 Jahre

TaS Tactile Scale visueller [80]

Objektskala zur Erfassung der Schmerzintensität von 0–9; Wahl von 9 roten Bällen, die in der Größe zunehmen; »kein Ball« bedeutet »kein Schmerz“ Güte: Einziges Instrument für beeinträchtigte Kinder; verlässliches und valides Instrument Nachteil: nicht bekannt

Postoperative Schmerzen, Übelkeit

+++

Für Kinder mit visueller Beeinträchtigung

+++ = sehr einfach, ++ = einfach, + = aufwändig/kompliziert a VAS existieren auch als Skalen mit Plastikschieber, den das Kind selbst nach oben oder unten bzw. rechts oder links verschieben kann. Die Farbskala reicht häufig von hellem Pink für »kein Schmerz« bis Dunkelrot für »stärkster Schmerz«. Auf der Skalenrückseite ist der entsprechende Zahlenwert ablesbar. Farbskalen werden auch als Analogous Chromatic Continuous Scale (ACCS) bezeichnet. Farbige, mechanische Schiebeskalen und Gesichterskalen werden in unterschiedlichen Ausführungen von Pharmafirmen hergestellt. b Eine revidierte Form der »Bieri«-Skala ist von Hicks et al. validiert und veröffentlicht worden. Diese revidierte »Bieri«-

Skala hat 6 statt 7 Gesichter, die den Zahlen 0-2-4-6-8-10 zugeordnet werden. Somit haben die verbreitesten Schmerzskalen (VAS, KUSS, Bieri) die Schmerzwerte 0–10, was die Verwendung in der Klinik und die Dokumentation der Schmerzwerte vereinfacht [39]. c Englischsprachig

der Eltern sowie erste Informationen über möglicherweise schmerzrelevante Faktoren des sozialen Umfelds (Familie, Kindergarten, Schule) sind Bestandteile des Interviewleitfadens. Strukturierte, semistrukturierte und offene Interviewteile ermöglichen ein weitgehendes Eingehen auf die individuelle Problematik des Kindes. Bei jüngeren Kindern oder zusätzlichen Informationswünschen (z. B. Entwicklung des Schmerzsyndroms) werden die Angaben der Eltern mitaufgenommen. In Anlehnung an den Fragebogen für Schmerzpatienten der DGSS für Erwachsene und den Pediatric Pain Questionnaire von Varni u. Thompson

[68] wurde ein erster deutschsprachiger Schmerzfragebogen für Kinder, Jugendliche und Eltern entwickelt ([82], 7 Anhang B), der bei unterschiedlichen Schmerzformen angewendet werden kann. Ein speziell für Kinder mit chronischen Kopfschmerzen konzipierter Anamnesebogen einschließlich Elternteil liegt ebenfalls vor [20]. Beide Leitfäden haben sich als sehr praktikabel erwiesen und benötigen wenig Einarbeitungszeit. Mit zunehmender kognitiver Reifung entwickeln Kinder ein eigenständiges oder durch das elterliche Modellverhalten übernommenes Copingverhalten, das auf die Schmerzlinderung, die emotionale Anpassung und die funktionale Beeinträchti-

4

59 4.4 · Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren)

gung abzielt. Dabei ist zwischen adaptiven und maladaptiven Copinganstrengungen zu unterscheiden. So gehen z. B. katastrophisierende Denkmuster mit einem maladaptiven Schmerzverarbeitungsstil einher. Die Erfassung der Copingstrategien trägt ferner dazu bei, individuelle Unterschiede sowohl im pharmakologischen als auch im psychologischen Behandlungserfolg der Kinder zu erklären. Generell wirken aber alle Copingstrategien immer unmittelbar auf das Schmerzerleben und -verhalten zurück und beeinflussen die Schmerzmessung in erheblichem Maße. Es ist deshalb empfehlenswert, das Copingverhalten der Kinder in die Schmerzdiagnostik einzubeziehen. 2 Fragebögen, die erstmals das Schmerzmanagement der Kinder detailliert erfassen, sind der Waldron/Varni Pediatric Pain Coping Inventory (PPCI [78]) und der Pain Coping Questionnaire (PCQ [63]). Eine erste, sich in der Validierung befindliche Übersetzung des PPCI ist bei den Autoren des Dattelner Schmerzfragebogens erhältlich ([82], 7 Anhang C).

Multidimensionale Instrumente – Tagebücher Bei chronischen Schmerzen ist das Führen eines kindgerecht gestalteten Schmerztagebuchs (. Tabelle 4.6) aus diagnostischer, therapeutischer und evaluativer Hinsicht unerlässlich. Diese ereignisnahe Form der kontinuierlichen und systematischen Verlaufsbeobachtung ist gut geeignet, um Erinnerungsfehler zu minimieren. Ferner bietet sie dem Kind die Möglichkeit, im direkten Vergleich alltags-

nahe Veränderungen im Therapieverlauf zu erkennen und selbstkontrolliertes Handeln zu stärken. Nach eigenen Erfahrungen kann die Akzeptanz und Compliance deutlich gesteigert werden, wenn die Kinder die täglichen Ereignisse elektronisch protokollieren können (z. B. mit Hilfe eines Handhelds) [s. auch 56a]. Für den Therapeuten liefern die Aufzeichnungen Entscheidungshilfen für die Therapieindikation und die Erfolgskontrolle. Sie können aber auch unmittelbar für einzelne Interventionen genutzt werden. Bei anfallsartigen Schmerzen sollte das Tagebuch über einen längeren Zeitraum geführt werden [46]. Das Kind sollte das Tagebuch selbständig führen können und für die tägliche (manchmal mühsame) Protokollierung durch geeignete Verstärker (z. B. Sticker) belohnt werden. Als Kernvariablen empfehlen wir, Schmerzintensität, -häufigkeit und -dauer in das Tagebuch aufzunehmen. Darüber hinaus sind Schmerzauslöser, -konsequenzen, -medikation, emotionale Befindlichkeit, durchgeführte bzw. unterlassene Aktivitäten, Begleitsymptome sowie eingesetzte Copingstrategien von Interesse. Für den deutschen Sprachraum sind ein Migränetagebuch [62] und ein leicht modifiziertes Kopfschmerztagebuch ([20], 7 Anhang B) veröffentlicht worden, die sich beide als reliabel und therapiesensitiv erwiesen haben; ihre Akzeptanz durch die Kinder ist sehr gut. Zusammenfassend hängt die Wahl der Skala vom Zweck, dem Entwicklungsalter des Kindes und der Schmerzart ab. Während Instrumente für Forschungszwecke vorrangig über sehr gute psychome-

. Tabelle 4.5. Schmerzmessung durch Selbstbericht – multidimensionale Instrumente Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

DSF-KJ Deutscher Schmerzfragebogen für Kinder und Jugendliche [82]

3 Formen: Kinder (K), Jugendliche (J), Eltern (E); K: 8 Items zu Lokalisation, Intensität, Ursache, Bewältigung des Schmerzes; J + E: umfassender Bogen einschließlich Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche zur gesamten Schmerzanamnese. Güte: Praktikabel, geringe Einarbeitungszeit notwendig. Nachteil: Nicht bekannt.

Chronische und rekurrierende Schmerzen

+++

Ab 6 Jahre

6

60

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

. Tabelle 4.5. Schmerzmessung durch Selbstbericht – multidimensionale Instrumente

4

Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

SIKI – Strukturiertes Kopfschmerz-Interview für Kinder [20]

Umfassende Anamnese des Kopfschmerzes. Teil I Kind: Anamnesekomplexe: Symptomatik, Auslöser, Bewältigung, Konsequenzen, Kognitionen, Emotionen, subjektives Krankheitsmodell. Teil II Eltern: Fragen zu bisherigen Maßnahmen, weiteren chronischen Erkrankungen, Schmerzen in der Familie Güte: Praktikabel, geringe Einarbeitungszeit notwendig. Nachteil: Durchführungszeit mit Erläuterungen für das Kind etwa 1 h. Kürzung der Itemanzahl möglich.

Kopfschmerzen

+++

8–14 Jahre

VT-PPQa VarniThompson Pediatric Pain Questionnaire [78]

Multidimensionale Erfassung rekurrierenden und chronischen Schmerzes; halbstrukturierte Interviewteile, Ratingskalen, Adjektivlisten; unabhängige Bearbeitung durch Kind, Eltern, ggf. Arzt oder Pflegepersonal; gemeinsamer Inhalt: Schmerzintensität, -lokalisation, -qualität; zusätzliche Elternangaben zu Schmerzentwicklung, Behandlungen, Medikamentengebrauch und familiärer Schmerzgeschichte. Güte: Häufige Erwähnung in der Literatur. Nachteil: Trainierte Interviewer notwendig.

Chronische und rekurrierende Schmerzen

+++

4–19 Jahre

APPTa Adolescent Pediatric Pain Tool [66]

Erfassung der Schmerzintensität mit Hilfe einer 10 cm graphischen Ratingskala, der Schmerzlokalisation durch Anmalen der Region in einem Körperschema sowie der Schmerzqualität durch Schmerzdeskriptoren. Güte: Valide und reliabel. Einziges Instrument speziell für Jugendliche. Nachteil: Nicht bekannt.

Postoperative Schmerzen

+++

8–17 Jahre

PCQa Pain Coping Questionnaire [63]

8 Subskalen (39 Copingstrategien): Informationssuche, Problemlösen, Suche nach sozialer Unterstützung, positive Selbstverbalisation, behaviorale Ablenkung, kognitive Ablenkung, Externalisierung und Internalisierung/Katastrophisierung; 5-stufige Häufigkeitsskala bezüglich der angewendeten Copingstrategien. Güte: Valide und reliabel. Nachteil: Aufwändige Auswertung.

Kopfschmerzen, JRA

+

8–16 Jahre

6

4

61 4.4 · Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren)

. Tabelle 4.5. (Fortsetzung) Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

PPCIa Waldron/ Varni Pediatric Pain Coping Inventory [78]

3 Formen: Kind (K), Jugendliche (J), Eltern (E) mit jeweils 41 Items. Erfassung von 5 Faktoren: kognitive Selbstinstruktion, Problemlösen, Ablenkung (kognitives Refocusing), Suche nach sozialer Unterstützung, Katastrophisierung/Hilflosigkeit. K- und J-Form unterscheiden sich in der altersgerechten Sprache. Angabe der Häufigkeit (3-stufige Likert-Skala), mit der eine Schmerzcopingstrategie eingesetzt wird. Güte: Gute konzeptionelle Validität; hohe interne Konsistenz. Nachteil: Erfassung spontaner (adaptiver und maladaptiver) Copingstrategien vor Therapiebeginn. Keine Angaben zu Therapieeffekten.

Muskuloskelettale Schmerzen/ rheumatologische Erkrankungen

+++

5–16 Jahre

McGill Pain Questionnaire für Kinder [1]

Einziger Fragebogen zur Erfassung der sensorischen, affektiven und evaluativen Schmerzqualität mit Hilfe von 30 Schmerzdeskriptoren; zusätzliche 10-cm-Skala zur Erfassung der aktuellen und stärksten erlebten Schmerzen. Güte: Gute Testgütekriterien. Nachteil: Vorrangig für Forschungszwecke geeignet.

Chronische Schmerzen in stationärem Setting

+

7–17 Jahre

CAMPIS-SF Child-Adult Medical Procedures Interaction Scale Short Forma [10]

Einziges Instrument zur Erfassung der Interaktion von Kind- und Erwachsenen-Verhalten. Es erfasst in 6 Dimensionen prozeduralen Distress (z. B. Weinen, verbaler Widerstand, verbaler Angstausdruck) und Copingverhalten des Kindes (z. B. hörbare kontrollierte Atemzüge, Ablenkung) sowie schmerz- und copingbeeinflussendes Verhalten der Eltern bzw. des medizinischen Personals. Einschätzung der Verhaltenshäufigkeiten durch 5-stufige Likert-Skalen. Güte: Sehr gute Interrater-Reliabilität und Validität. Praktikable Kurzform (SF). Nachteil: Evaluation an gesunden Kindern während Impfungen. Enge Altersklasse

Prozeduraler Schmerz

++

3–7 Jahre

Brief Behavioral Distress Scalea [76]

Verhaltensregistrierung von Distress und aktivem Copingverhalten in 12 Einzelschritten; Ermittlung eines gesamten Distress-Scores. Güte: Hohe Interrater-Reliabilität, gute Kriteriumsvalidität. Ökonomische Alternative zu komplexen kontinuierlichen Intervall-Kodierungssystemen, da kürzer und einfacher zu handhaben. Nachteile: Nicht bekannt

Invasive Schmerzen

+++

2–10 Jahre

+++ = sehr einfach, ++ = einfach, + = aufwändig/kompliziert. a Englischsprachig.

62

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

. Tabelle 4.6. Schmerzmessung durch Selbstbericht – multidimensionale Instrumente (Tagebücher)

4

Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

Migränetagebuch für Kinder [62]

Wochenblatt mit Protokollierung von Schmerzintensität, -dauer, -häufigkeit, -lokalisation, -qualität, emotionaler Befindlichkeit, Begleitsymptomen, Aktivitäten (Hinweise auf Auslöser, Konsequenzen). Güte: Sehr kinderfreundliche Gestaltung (beigelegte Sticker als Verstärker), therapiesensitiv. Nachteil: Nicht bekannt.

Kopfschmerzen

+++

8–14 Jahre

Kopfschmerztagebuch für Kinder [20]

Wochenblatt mit Protokollierung von Schmerzintensität, -dauer, -häufigkeit, -lokalisation, -qualität, emotionaler Befindlichkeit, Begleitsymptomen und Schmerzverhalten (Hinweise auf Auslöser, Konsequenzen). Güte: Sehr kinderfreundliche Gestaltung, hohe Akzeptanz, therapiesensitiv. Nachteil: Nicht bekannt.

Kopfschmerzen

+++

8–14 Jahre

Pain Diarya [51]

Protokollierung der Art des Schmerzes, der Schmerzintensität (0–100) und der Schmerzaffektivität (durch Angabe eines »Gesichts«). Güte: Therapiesensitiv. Nachteil: Keine kindgerechte Gestaltung. Angaben beziehen sich auf jede Art von Schmerz im letzten Monat. Nur sehr kurze Protokollierung auf 2 Zeilen des Protokollblatts möglich.

Diverse Schmerzformen

++

Ab 7 Jahre

Headache Diarya (im Rahmen eines Selbstlerntrainings) [51]

Protokollierung (4 Zeitpunkte) der Schmerzintensität (0–5) sowie weiterer Symptome, Medikation, möglicher Gründe des Schmerzes, Zeit der Entspannungsübung; Tagebuch ist Bestandteil eines Manuals; Protokollierung auf einem Tagesblatt. Güte: Therapiesensitiv. Nachteil: Keine kindgerechte Gestaltung. Aufwändige Protokollierung.

Kopfschmerzen

+

Ab 12 Jahre

+++ = sehr einfach, ++ = einfach, + = aufwändig/kompliziert. a Englischsprachig.

4

63 4.4 · Schmerzmessung im Kindesalter (ab etwa 4 Jahren)

trische Eigenschaften verfügen sollten, richtet sich in der klinischen Anwendung die Wahl der Skalen auch nach den Kriterien der Nützlichkeit, Handhabbarkeit und Akzeptanz. Sprachunabhängige Instrumente sind die am häufigsten eingesetzten Ratingskalen für Kinder. Die Gestaltung der Skalen sollte sich immer altersgerecht an der entsprechenden Zielgruppe orientieren. Zur Erfassung chronischer Schmerzen ist es sinnvoll, unterschiedliche Dimensionen der Schmerzen zu erheben, um das Schmerzgeschehen adäquat zu beschreiben; allerdings existieren noch nicht genügend geeignete multidimensionale Instrumente. Unabhängig davon, welche Skala zur Anwendung kommt, ist es für die Güte der Messung wichtig, dem Kind die Bedeutung und den Zweck des Instrumentes genau zu erklären; auch sollte es die Möglichkeit haben, die Skala – spielerisch und/oder mit Hilfe eines hypothetischen Schmerzszenarios – mehrmals zu erproben. Wenn Messungen innerhalb und außerhalb der Klinik über einen längeren Zeitraum wiederholt werden müssen, könnte es zur Unterstützung des Schmerzmanagements nützlich sein, Kind und Eltern ein kleines, kindgerecht ge-

staltetes Heft mit Erläuterungen über Schmerzen und die Wichtigkeit der Schmerzmessung auszuhändigen. 4.4.2

Instrumente der Fremdbeobachtung

Über das Schmerzverhalten kommuniziert das Kind in direkt beobachtbarer Weise mit dem Untersucher. Die Bedeutung der Beobachtung der Schmerzexpression nimmt jedoch bei Kindern, die sich verbal ausdrücken können, ab, bzw. die Beobachtung beschränkt sich auf das Schmerzverhalten im Untersuchungskontext. Einerseits ist die Selbsteinschätzung der Kinder, die auch ihr eigenes Verhalten in Schmerzsituationen betrifft, für die Schmerzmessung aufschlussreicher und valider als die häufig als objektiver angesehene Fremdbeobachtung [24]. Andererseits jedoch spiegelt der Selbstbericht vermutlich nur einen Ausschnitt dessen wider, was das Kind im Augenblick der Diagnostik fühlt, denkt oder zuzugeben bereit ist [17]. Die Eltern oder das Pflegepersonal können deshalb als weitere Datenquellen wertvolle Zusatz-

. Tabelle 4.7. Schmerzmessung durch Verhaltensbeobachtung Instrument

Kurzbeschreibung

Anwendungsbereich

Handhabung

Altersgruppe

Postoperative Pain for Parentsa [14]

Instrument zur Erfassung des Schmerzes durch die Eltern; Einschätzung von vorgegebenen 15 Verhaltensweisen. Güte: Valide, reliabel, sensitiv in der untersuchten Stichprobe, geringe Spezifität. Nachteil: Stark kontextabhängig.

Postoperative Schmerzen nach ambulanten Operationen

+

7–12 Jahre

Pain Scalea [56]

Elterninstrument für den häuslichen Gebrauch zur Erfassung von verbalem Ausdruck, Gesichtsausdruck, Körperbewegung auf einer 3-Punkte-Skala (0: kein Schmerz, 1: wenig bis mäßiger Schmerz, 2: beträchtlicher Schmerz). Güte: Ökonomische Alternative zu komplexen Verfahren, da kürzer und einfacher zu handhaben. Nachteil: Keine Angabe von Testgütekriterien

Postoperativer Schmerz

+++

1–5 Jahre

+++ = sehr einfach, ++ = einfach, + = aufwändig/kompliziert. a Englischsprachig.

64

4

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

informationen für die Therapieentscheidung liefern. Dies kann entweder durch Angaben in den Anamneseinterviews (Teil für Eltern) oder mit Hilfe von Fragebögen oder Verhaltenstests geschehen. Fremdbeobachtung unterliegt allerdings den Einflüssen des Beobachters und ist meistens mit einen »observer bias« (»You see what you expect to see«) verbunden [49]. So über- oder unterschätzen Beobachter die Schmerzintensität der Kinder, schreiben eindeutige Schmerzzeichen nichtschmerzhaften Zuständen wie Hunger, Ärger oder Müdigkeit zu oder beurteilen den Schmerz »aus der Erfahrung« heraus, ohne ein standardisiertes Instrument zu benutzen. Die Schmerzeinschätzung der Eltern hingegen reflektiert häufig die Wahrnehmung eigener Ängste und Sorgen um das Kind [17, 49]. Alle Fehleinschätzungen führen jedoch zwangsläufig auch zu nicht adäquaten Medikamentenversorgungen. Allerdings ist ein oft notwendiges Beobachtungstraining des Pflegepersonals oder der Eltern zu aufwändig und die Beobachtung selbst kaum in die praktische Klinikarbeit zu integrieren. Chambers et al. [14] und Morgan [56] haben für Eltern kurze Verhaltensfragebögen zur Einschätzung postoperativer Schmerzen nach ambulanten Operationen publiziert (. Tabelle 4.7), die die Analgetikagabe durch die Eltern im häuslichen Bereich erleichtern. Vor allem für den chronischen Schmerz jedoch, bei dem keine Auslöser zu identifizieren sind und die Schmerzantwort subtiler ist als beispielsweise bei Injektionsschmerz, fehlen immer noch verlässliche und valide Beobachtungsmaße. Eine besonders schmerzgefährdete Gruppe sind entwicklungsretardierte Kinder mit Mehrfachbehinderung: 1. Sie haben gehäuft medizinische Probleme, die direkt Schmerzen verursachen (z. B. Aspirationspneumonien mit Begleitpleuritiden). 2. Oft benötigen sie schmerzhafte chirurgische Interventionen (z. B. Archillessehnenverlängerungen). 3. Viele dieser Kinder können nur auf eingeschränkte Verhaltens- und Kommunikationsmuster zurückgreifen, was die Mitteilung von Schmerzen behindert. 4. Schmerztypische Kommunikations- und Verhaltensvariablen, die bei gesunden Kindern die Schmerzerfassung leiten könnten, treten bei

Kindern mit Mehrfachbehinderungen häufig nur unvollständig auf und sind schwierig zu interpretieren. Weltweit existieren nur wenige Arbeitsgruppen, die sich mit Schmerzmessung bei Kindern mit Mehrfachbehinderungen beschäftigen. Giusiano et al. [28] untersuchten 100 mehrfachbehinderte Patienten ohne aktive Sprache im Alter von 8–33 Jahren. In Gesprächen mit Krankenpflegepersonal und Ärzten stellten sie 22 schmerztypische Parameter zusammen. Durch multivariate Analyse wurde die Menge der Schmerzindikatoren auf eine Gruppe von 5 Indikatoren für Patienten mit leichter, mittelschwerer bzw. schwerer Behinderung reduziert. Eine Validierung der Ergebnisse erfolgte nicht. McGrath et al. [52] interviewten Eltern von 20 mehrfachbehinderten Patienten im Alter von 6–29 Jahren. Sie fragten nach individuellen Schmerzindikatoren und stellten eine Liste mit 31 Parametern aus 7 Kategorien zusammen, die sich mit denen von Giusiano et al. [28] überschneiden. Mit der NonCommunicating-Children’s Pain Checklist (NCCPC-R) legte die Arbeitsgruppe um McGrath und Finley [10a] ein mehrfach validiertes und revidiertes Instrument zur Schmerzmessung bei stark kognitiv beeinträchtigten Kindern im Alter von 3–18 Jahren vor. Die von Eltern oder Betreuern zu bearbeitende Checkliste besitzt ausgezeichnete psychometrische Eigenschaften. Auch wenn erfreulicherweise das Augenmerk der Forschung inzwischen auch auf diese Gruppe der Kinder mit ihren besonderen Erfordernissen gerichtet ist, so fehlen immer noch Messinstrumente für spezielle Schmerzbereiche und Behinderungen.

4.5

Schlussfolgerungen

Eine systematische und umfassende Schmerzerhebung spiegelt die Schmerzerfahrung eines Kindes am besten wider und hilft allen in der Schmerztherapie Tätigen, das Schmerzmanagement zu verbessern. Die Beurteilung des kindlichen Schmerzverhaltens und – ab etwa 4 Jahren – die eigene Einschätzung der Schmerzintensität und -affektivität sollten integriert werden in das Wissen über die jeweilige Erkrankung, die begleitende Symptomatik und über die Kindes- und Familienbedingungen, um

65 Literatur

die individuelle Schmerzerfahrung eines bestimmten Kindes möglichst optimal beurteilen zu können. Die Schmerzmessung sollte bei allen Kindern, die postoperativ betreut werden oder aufgrund einer internistischen Erkrankung und/oder der daraus resultierenden Therapie Schmerzen erleiden, zur Routine werden, um so eine kontrollierte und bedarfsorientierte Analgesie durchführen zu können. Hierbei ist aber daran zu denken, dass Schmerzmessinstrumente immer nur an einer bestimmten kulturellen Gruppe von Kindern evaluiert wurden. Falls sie für Kinder aus anderen Kulturkreisen (ohne Crossvalidierung) benutzt werden, kann die Schmerzantwort des Kindes durch kulturelle Einflüsse falsch eingeschätzt werden. Die Dokumentation sollte gemeinsam mit der Dokumentation der Vitalparameter und Temperatur in festen Zeitabständen erfolgen, weiterhin regelmäßig nach Gabe eines Analgetikums zur Therapiekontolle. Alle Schmerzerfassungen und Analgetikagaben sollten mit Uhrzeit auf dem Bogen vermerkt werden. Die regelmäßige Schmerzerhebung mittels eines Schmerzbogens schafft besonders bei dem mit der Versorgung kranker Früh- und Neugeborener befassten medizinischen Personal ein größeres Problembewusstsein. Gleichzeitig wird die durchgeführte Schmerztherapie auf ihre Effektivität überprüft. Valide und reliable Skalen und Fragebögen wurden entwickelt. Für deutsche Übersetzungen müssen die Testgütekriterien allerdings neu ermittelt werden. Die Integration neuer Skalen in die Klinikroutine gestaltet sich aus zeitlichen und organisatorischen Gründen oft schwierig. Einfache, leicht anzuwendende Verfahren scheinen dabei die Einführung und Akzeptanz neuer Methoden zu erleichtern. Letzteres gelingt umso besser, wenn das medizinische und psychologische Personal gut ausgebildet, sensibel für die unterschiedlichen Manifestationen der Schmerzen in den verschiedenen Altersklassen und erfahren in der Schmerzbehandlung ist.

Literatur 1. Abu-Saad HH, Kroonen E, Halfens R (1990) On the development of a multidimensional Dutch pain assessment tool for children. Pain 43: 249–256 2. Ambuel B, Hamlett KW, Marx C, Blumer JL (1992) Assessing distress in the pediatric intensive care environments: The COMFORT Scale. J Pediatr Psychol 17: 95–109

4

3. Anand KJS (1993) The applied physiology of pain. In: Anand KJS, McGrath PJ (Hrsg) Pain in neonates. Elsevier, Amsterdam, S 39–66 4. Barr R (1992) Is this infant in pain? Caveats from the clinical setting. Am Pain Soc J 1: 187–190 5. Barrier G, Attia J , Mayer MN, Amiel-Tison CL, Shnider SM (1989) Measurement of postoperative pain and narcotic administration in infants using a new clinical scoring system. Int Care Med 15: 37–39 6. Beyer JE (1984) The Oucher: A user’s manual and technical report. Judson, Evanston, IL 7. Bieri D, Reeve RA, Champion GD, Addicoat L, Ziegler JB (1990) The Faces Pain Scale for the self-assessment of the severity of pain experienced by children: development, initial validation and preliminary investigation for ratio scales properties. Pain 41: 139–150 8. Birbaumer N (1984) Psychologische Analyse und Behandlung von Schmerzuständen. In: Zimmermann M, Handwerker HO (Hrsg) Schmerz. Konzepte und ärztliches Handeln. Springer-Verlag, Berlin, S 124–153 9. Blauer T, Gerstmann D (1998) A simultaneous comparison of three neonatal pain scales during common NICU procedures. Clin J Pain 14: 39 10. Blount RL, Bunke V, Cohen LL, Forbes CJ (2001) The ChildAdult Medical Procedure Interaction Scale – Short Form (CAMPIS-SF): Validation of a rating scale for children’s and adults’ behaviors during painful medical procedures. J Pain Sympt Manage 22: 591–599 10a. Breau LM, McGrath PJ, Camfield CS, Finley GA (2002) Psychometric properties of the non-communicating children‘s pain. Pain 99: 349–57 11. Buchholz M, Karl HW, Pomietto M, Lynn A (1998) Pain scores in infants: a modified infant pain scale vs. analogue. J Pain Symptom Manage 15: 117–124 12. Büttner W (1998) Die Erfassung des postoperativen Schmerzes beim Kleinkind. München, Arcis 13. Büttner W, Finke W (2000) Analysis of behavioural and physiological parameters for the assessment of postoperative analgesic demand in newborns, infants and young children: A comprehensive report on seven consecutive studies. Paed Anaesth 10: 303–318 14. Chambers CT, Reid GJ, McGrath PJ, Finley GA (1996) Development and preliminary validation of a postoperative pain measure for parents. Pain 68: 307–313 15. Champion GD, Goodenough B, von Baeyer CL, Thomas W (1998) Measurement of pain by self-report. In: Finley GA, McGrath PJ (Hrsg) Measurements of pain in infants and children. Seattle, IASP Press, S 123–160 16. Colwell C, Clark L, Perkins R (1996) Postoperative use of pediatric pain scales: children’s self-report vs. nurse assessment of pain intensity and affect. J Pediatr Nurs 11: 375–382 17. Craig KD, Prkachin KM, Gruneau RVE (1992) The facial expression on pain. In: Turk D, Melzack R (Hrsg) Handbook of pain assessment. Guilford Press, New York, S 257– 276 18. Craig KD, Whitfield MF, Grunau RVE, Linton J, Hadjistravopoulos H (1993) Pain in the preterm neonate: behavioral and physiological indices. Pain 52: 287–300

66

4

Kapitel 4 · Messen und Erfassen von Schmerz

19. Debillon T, Zupan V, Ravault N, Magny JF, Dehan M (2001) Development and initial validation of the EDIN scale, a new tool for assessing prolonged pain in preterm infants. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 85: F36–F41 20. Denecke H, Kröner-Herwig B (2000). Kopfschmerztherapie mit Kindern und Jugendlichen – Ein Trainingsprogramm. Hogrefe, Göttingen 21. Eland JM (1974) Children’s communication of pain. Unpublished master’s thesis, University of Iowa 22. Eland JM (1982) Minimizing injection pain associated with prekindergarten immunizations. Issues in Compr Ped Nurs 5: 361 23. Finley GA, McGrath PJ (1998) Introduction: The roles of measurement in pain management and research. In: Finley GA, McGrath PJ (Hrsg) Measurements of pain in infants and children. Seattle, IASP Press, S 1–4 24. Fuller BF (1991) Acoustic discrimination of three types of infant cries. Nurs Res 40: 156–160 25. Gauvain-Piquard A, Rodary C, François P et al. (1991) Validity assessment of DEGR-scale for observational rating of 2–6 year old child pain. J Pain Sympt Manage 6: 171 26. Gauvain-Piquard A, Rodary C, Rezvani A, LeMerle J (1987) Pain in children aged 2–6 years: a new observational rating scale elaborated in a pediatric oncology unit – preliminary report. Pain 31: 177–188 27. Gillies ML, Smith LN, Parry-Jones WL (1999) Postoperative pain assessment and management in adolescents. Pain 79: 207–215 28. Giusiano B, Jimeno MT, Collignon P, Chau Y (1995) Utilization of a neural network in the elaboration of an evaluation scale for pain in cerebral palsy. Methods of Information in Medicine 34: 498–502 29. Goodenough B, Addicoat L, Champion GD, McInerney M, Young B, Juniper K, Ziegler JB (1997) Pain in 4- to 6-year old children receiving intramuscular injections: a comparison of the Faces Pain Scale with other self-report and behavioral measures. Clin J Pain 13: 60–73 30. Grunau RVE, Craig KD (1987) Pain expression in neonates: facial action and cry. Pain 28: 395–410 31. Grunau RVE, Johnston CC, Craig KD (1990) Neonatal facial and cry responses to invasive and non-invasive procedures. Pain 42: 295–305 32. Grunau RVE, Whitfield M, Petrie J (1994) Pain sensivity and temperament in extremely low birth weight premature toddlers and preterm and fullterm controls. Pain 58: 341–346 33. Gunnar MG, Malone S, Vance G, Fisch RO (1985) Coping with adverse stimulation in the neonatal period: quiet sleep and plasma cortisol levels during recovery from circumcision. Child Dev 56: 824–834 34. Hannallah RS, Broadman LM, Belman AB, Abramowitz MD, Ebstein BS (1987) Comparison of caudal and ilioinguinal/iliohypogastric nerve blocks for control of postorchidopexy pain in pediatric ambulatory surgery. Anesthesiology 66: 232–234 35. Handwerker HO (1984) Experimentelle Schmerzanalyse beim Menschen. In Zimmermann M, Handwerker HO (Hrsg) Schmerz. Konzepte und ärztliches Handeln. Springer, Berlin S 87–123

36. Hartwig S, Roth B, Theisohn M (1991) Clinical experience with continuous intravenous sedation using midazolam and fentanyl in the pediatric intensive care unit. Eur J Pediatr 150: 784–788 37. Hester NO (1979) The preoperational child’s reaction to immunization. Nurs Res 28: 250 38. Hester NO, Foster R, Kristensen K (1990) Measurement of pain in children: generalizability and validity of the Pain Ladder and the Poker Chip Tool. In: Tyler DC, Krane EJ (Hrsg) Pediatric pain. Advances in Pain Research and Therapy, vol 15. Raven Press, New York, S 79–84 39. Hicks CL (2001) The faces pain scale – revised. towards a common metric in pediatric pain measurement. Pain 93: 173–183 40. IASP – International Association for the Study of Pain (1979) Pain terms: a list with definitions and notes for usage. Pain 6: 249–252 41. Izard CE, Hübner RR, Risser D, McGinnes CJ, Dougherty LM (1980) The young infants ability to produce discrete emotion expressions. Dev Psychol 16: 132–140 42. Jakobs H, Rister M (1997) Die Fremdeinschätzung von Schmerzen bei Kindern. Klinische Pädiatrie 209: 384–388 43. Jay SM, Ozolins M, Elliott CH, Caldwell S (1983) Assessment of children’s distress during painful medical procedures. Health Psychol 2: 133–147 44. Karoly P (1991) Assessment of pediatric pain. In: Bush JP, Harkins SW (Hrsg) Children in pain. Springer, New York, S 59 45. Krechel S, Bildner J (1995) CRIES: A neonatal postoperative pain measurement score. Initial testing of validity and reliability. Paed Anaesth 5: 53–61 46. Kröner-Herwig B, Plump U, Pothmann R (1992) Progressive Relaxation und EMG-Biofeedback in der Therapie von chronischem Kopfschmerz bei Kindern. Der Schmerz 6: 121 47. Kuttner L, LePage T (1989) Face scales for the assessment of pediatric pain: A critical review. Canad J Behav Science 21: 198–209 48. Lawrence J, Alcock D, McGrath PJ, Kay J, MacMurray SB, Dulberg C (1993) The development of a tool to assess neonatal pain. Neonatal Network 12: 59–66 49. Manne SL, Jacobsen PB, Redd WH (1992) Assessment of acute pediatric pain: do child self-report, parent ratings, and nurse ratings measure the same phenomenon? Pain 48: 45–52 50. McGrath PA (1990) Pain in children. Guilford, New York 51. McGrath PJ (1990) Help yourself: A treatment for migraine headaches. University of Ottawa Press, Ottawa 52. McGrath PJ (1998) Behavioral measures of pain. In: Finley GA, McGrath PJ (Hrsg) Measurements of pain in infants and children. Seattle, IASP Press, S 83–102 53. McGrath PJ, Johnson G, Goodman JT, Schillinger J, Dunn J, Chapman JA (1985) CHEOPS: A behavioral scale for rating postoperative pain in children. In: Fields HL, Dubner R, Cervero F (Hrsg) Advances in pain research and therapy, vol 9. Proceedings of the 4th World Congress on Pain. Raven Press, New York, S 395–402 54. McGrath PJ, Unruh AM (1989) Pain in children and adolescents. Elsevier, Amsterdam

67 Literatur

55. Merkel SI, Voepel-Lewis T, Shayevitz JR, Malviya S (1997) The FLACC: a behavioral scale for scoring postoperative pain in young children. Pediatr Nurs 23: 293–297 56. Morgan J, Peden V, Bhaskar K, Vater M, Choonara I (2001) Assessment of pain by parents in young children following surgery. Paed Anaesth 11: 449–452 56a. Palermo TM, Valenzuela D, Stork PP (2004) A randomized trial of electronic versus paper pain diaries in children: impact on compliance, accuracy und acceptibility. Pain 107: 213–9 57. Pokela MJ (1994): Pain relief can reduce hypoxemia in distressed neonates during routine treatment procedures. Pediatrics 93: 379–383 58. Porter FL, Porges SW, Marshall RE (1988): Newborn pain cries and vagal tone: parallel changes in response to circumcision. Child Dev 59: 495–505 59. Pothmann, R (1988) Klinische Schmerzmessung. In: Pothmann R (Hrsg) Chronische Schmerzen im Kindesalter. Diagnose und Therapie. Hippokrates, Stuttgart, S 31 60. Pothmann R, Goepel R (1985) Comparison of the Visual Analog Scale (VAS) and a Smiley Analog Scale (SAS) for the evaluation of pain in children. In: Fields HL, Dubner R, Cervero F (Hrsg) Proc. 4th World Congress on Pain. Advances on pain research and therapy, vol 9. Raven Press, New York 61. Pothman R, Mohn U (1993) Chronische Schmerzen. In: Steinhausen HC, von Aster M (Hrsg) Handbuch Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin bei Kindern und Jugendlichen. Beltz, Weinheim, S 537–581 62. Pothmann R, Plump U, Maibach G, von Frankenberg S, Besken E, Kröner-Herwig B (1991) Migränetagebuch für Kinder. Arcis, München 63. Reid GJ, Gilbert CA, McGrath PJ (1998) The pain coping questionnaire: preliminary validation. Pain 76: 83–96 64. Sanders SH (1979) A trimodal behavioral conceptualization of clinical pain. Percept Mot Skills 48: 551–555 65. Savedra MC, Tesler MD (1989) Assessing children’s and adolescents’ pain. Pediatrician 16: 24–29 66. Savedra MC, Tesler MD, Holzemer W, Ward J (1992) Adolescent Pediatric Pain Tool (APPT) User’s Manual. University of California, San Francisco, CA 67. Schmelling DJ, Coran AG (1990) The hormonal and metabolic response to stress in the neonate. Pediatr Surg Int 5: 307–321 68. Schultz AA, Murphy E, Morton J, Stempel A, MessengerRioux C, Bennett K (1999) Preverbal, Early Verbal Pediatric Pain Scale (PEPPS): development and early psychometric testing. J Ped Nurs 14: 19–27 69. Sigl JC, Chamoun NC (1994) An introduction to bispectral index analysis for the EEG. J Clin Monit 10: 392–404 70. St. Laurent-Gagnon T, Bernard-Bonnin AC, Villeneuve E (1999) Pain evaluation in preschool children and their parents. Acta Paediatr 88: 422–427 71. Stevens B, Johnston C, Petryshen P, Taddio A (1996) Premature infant pain profile: Development and initial validation. Clin J Pain 12: 13–22 72. Suraseranivongse S, Santawat U, Kraiprasit K, Petcharatana S, Prakkamodom S, Muntraporn N (2001) Crossvalidation of a composite pain scale for preschool

73.

74.

75.

76.

77.

78.

79.

80.

81. 82.

4

children within 24 hours of surgery. Br J Anesth 87: 400– 405 Taddio A Katz J, Hersich AL,Koren G (1997) Effect of neonatal circumcision on pain response during subsequent routine vaccination. Lancet 349: 599 Talbert LM, Kraybill EN, Potter HD (1976): Adrenal cortical response to circumcision in the neonate. Obstet Gynecol 48: 208–210 Tarbell SE, Cohen IT, Marsh JL (1992) The ToddlerPreschooler Postoperative Pain Scale: an observational scale for measuring postoperative pain in children aged 1–5. Preliminary report. Pain 50: 273–280 Tucker CL, Slifer KJ, Dahlquist LM (2001) Reliability and validity of the Brief Behavioral Distress Scale: A measure of children’s distress during invasive medical procedures. J Pediatr Psychol 26: 513–523 Tyler DC, Tu A, Douthit J, Chapman CR (1993) Toward validation of pain measurement tools for children: a pilot study. Pain 52: 301–309 Varni JW, Thompson KL, Hanson V (1987) The Varni/ Thompson Pediatric Pain Questionnaire: I. Chronic musculoskeletal pain in juvenile rheumatoid arthritis. Pain 28: 27 Watcha MF, Galinkin J, Fazi LM, Rose JB (1999) Bispectral Index (BIS) EEG monitoring in children. Anesthesiology 91: A1266 Westerling D (1999) Postoperative recovery evaluated with a new, tactile scale (TaS) in children undergoing ophthalmic surgery. Pain 83: 297–301 Whaley L, Wong DL (1987) Nursing care of infants and children. Mosby, St. Louis Zernikow B, Damschen U (1999) Deutscher Schmerzfragebogen für Kinder und Jugendliche. Bezugsadresse: Vestische Kinderklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Dr.-Friedrich-Steiner-Str. 5, 45711 Datteln

5 Klinisch-pharmakologische Grundlagen der Schmerztherapie B. Roth, C. Hünseler, E. Michel und B. Zernikow* 5.1

Einleitung – 70

5.2

Opioidsystem und Opioidrezeptoren – 70

5.3

Allgemeine pharmakokinetische Besonderheiten im Kindesalter – 71

5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4

Absorption – 71 Proteinbindung – 71 Distribution – 72 Metabolismus und Elimination – 72

5.4

Opioidanalgetika – 73

5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4

Morphin und halbsynthetische Opioide – 74 Synthetische Opioide – 83 Agonistisch-antagonistische Opioide – 93 Opioidantagonisten – 94

5.5

Nicht-Opioidanalgetika – 95

5.5.1 Paracetamol (Acetaminophen) – 95 5.5.2 Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) und Metamizol – 97

5.6

Adjuvante Schmerzmittel – 104

5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4 5.6.5 5.6.6 5.6.7 5.6.8 5.6.9 5.6.10

Clonidin – 104 Trizyklische Antidepressiva – 105 Neuroleptika – 105 Benzodiazepine – 106 Bisphosphonate – 106 Parasympathikolytika – 106 Glukokortikosteroide – 106 Antikonvulsiva – 106 Ketamin – 107 Baclofen – 108

5.7

Schlussfolgerungen – 108

5.8

Pharmakologisches Glossar – 109 Literatur – 111

70

Kapitel 5 · Klinisch-pharmakologische Grundlagen der Schmerztherapie

)) 5.1

Einleitung Nozizeption ist bereits ab der 20.–22. Schwangerschaf tswoche (SSW) möglich. Kortikale Schmerzverarbeitung geschieht ab der 24. Schwangerschaftswoche [291]. Dabei ist bei Früh- und Neugeborenen das zentrale Schmerzhemmungssystem deutlich schlechter ausgebildet als das nozizeptive System, sodass beim Früh- und Neugeborenen generell vom Überwiegen nozizeptiven Stresses auszugehen ist. Über ungünstige Effekte von Distress und Schmerz sowie Langzeitfolgen eines neonatalen Schmerztraumas liegen heute Daten vor, insbesondere aus der operativen und neonatologischen Intensivmedizin [3, 218]. Die Einsicht, auch neonatologischen Intensivpatienten – z. B. unter Beatmung bei schwerem Lungenversagen – eine effektive Analgesie zu gewähren, hatte sich aber weitaus zögerlicher durchgesetzt. In allerjüngster Zeit scheint sich trotz noch spärlicher Datenlage ein Wandel zu vollziehen [5, 149, 205, 234].

5

5.2

Opioidsystem und Opioidrezeptoren

Das endogene Opioidsystem unterliegt ausgeprägten altersabhängigen Veränderungen (7 auch Kap. 2; [170]). Opioidrezeptoren kommen sowohl präsynaptisch als auch postsynaptisch vor. Die präsynaptische Stimulation von Opioidrezeptoren führt zu verminderter Freisetzung obligatorischer Neurotransmitter wie z. B. Glutamat, die in der Schmerzweiterleitung bedeutsam sind. Die Aktivierung des postsynaptischen Opioidrezeptors unterbindet die Neurotransmission durch Hyperpolarisation. Das spinale Opioidsystem ist im Dorsalhorn lokalisiert und hemmt die Schmerzleitung vom Nozizeptor über Aδ- und C-Fasern. Der überwiegende Rezeptortyp des Rückenmarks sind κ-Rezeptoren [67]. Das supraspinale Opioidsystem ist über verschiedenene Mechanismen an der Auslösung von Analgesie beteiligt, so über Verminderung des nozizeptiven Inputs des Gehirns als auch über Steuerung des aszendierenden und deszendierenden Schmerzkontrollsystems. Opioidrezeptoren sind im Gehirn

weit verteilt mit der größten Dichte in Hirnstamm, Thalamus, Amygdala, Hippocampus und Kortex. µ-Rezeptoren sind in allen Strukturen nachweisbar, während δ-Rezeptoren überwiegend im Vorderhirn und limbischen System zu finden sind. µ-Rezeptoren entwickeln sich in der Fetalzeit offenbar zeitlich vor den δ-Rezeptoren. µ-Rezeptoren vermitteln die klassischen Opioideffekte. Man unterscheidet folgende Subtypen E µ1 für supraspinale Analgesie, E µ1 für Atemdepression und physische Abhängigkeit. µ-Rezeptoren finden sich zum Zeitpunkt der Geburt im ZNS in einer Konzentration von nur 40 % der Erwachsenendichte [292]. δ-Rezeptoren vermitteln spinale und stressinduzierte Analgesie, Toleranzentwicklung und Sedierung, während κ-Rezeptoren vorwiegend spinale Analgesie vermitteln. Die Wirkung von δ-Rezeptoren schließlich ist verbunden mit psychomimetischen Effekten. Ihre Dichte erreicht kurz vor der Geburt ihr Maximum, v.a. im frontalen Kortex und Hippocampus, was für die Gefühlsverarbeitung beim Neugeborenen von Bedeutung sein könnte [82]. Die Neurobiologie der Entwicklung des schmerzleitenden und verarbeitenden Systems beim Menschen wird in aller Regel in Analogie zur Entwicklung entsprechender Strukturen der neugeborenen Ratte gesehen. Der Entwicklungsstand des ZNS einer neugeborenen Ratte entspricht dem eines menschlichen Fetus von 24 Wochen Gestationsalter, und ein reifes Neugeborenes ist in dieser Hinsicht mit einer 7 Tage alten Ratte vergleichbar [78]. Das endogene Opioidsystem weist sowohl in anatomischer als auch funktioneller Hinsicht erhebliche Unterschiede zwischen Neugeborenen und Erwachsenen auf, charakterisiert u. a. durch eine wesentlich höhere Plastizität in der Fetal- und Neonatalzeit. Verbunden mit der durch zahlreiche Untersuchungen als sicher geltenden verstärkten Reaktionsbereitschaft des Neugeborenen auf nozizeptive Stimuli ist im Gegensatz zum Erwachsenen wenig bekannt über seine zentrale Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung. Opioide spielen eine wesentliche Rolle bei der Funktion des absteigenden inhibierenden Kontrollsystems vom Hirnstamm zum Rückenmark und bei der Reduktion des nozizeptiven Input über C- und

71 5.3 · Allgemeine pharmakokinetische Besonderheiten im Kindesalter

Aδ-Fasern. Bei der Ratte entwickelt sich dieses System erst postnatal, obwohl komplette anatomische Strukturen bereits zum Zeitpunkt der Geburt ausgebildet sind [77]. Anatomische Befunde und Reaktionsmuster Früh- und Neugeborener legen nahe, dass in dieser Altersstufe ein im Vergleich zum Erwachsenenalter deutlich verstärkter nozizeptiver Input über C-Fasern besteht und dass nachfolgende NMDA-rezeptorenvermittelte Effekte wie »wind-up« und zentrale Sensibilisierung in der Neugeborenenzeit wesentlich stärker ausgeprägt sind als beim Erwachsenen [170]. Opioide haben in der Fetal- und Neonatalzeit einen signifikanten Einfluss auf die Regulation neuronaler Differenzierung und Entwicklung des ZNS. Ähnlich wie endogene Opioide hemmt Morphin in vivo bei neonatalen Ratten die neuronale DNA-Synthese, ein Effekt, der durch Vorbehandlung mit Naloxon gehemmt werden kann (7 auch Kap. 17; [143]). Eine pränatale chronische Einwirkung von Morphin auf Rattenfeten führt zu einer signifikanten Verminderung der Dichte von µ-Rezeptoren im Gehirngewebe, verbunden mit einer Toleranz gegenüber der analgetischen Wirkung von Morphin in der Postnatalphase [263]. Für den Menschen ist wenig bekannt über Langzeiteffekte einer Opioidverabreichung in der Fetalund Neonatalzeit im Hinblick auf die Differenzierung des ZNS, speziell des Opioidrezeptorensystems, und die spätere neurologische Entwicklung. Mac Gregor et al. [165] gelang es nicht, in ersten Nachuntersuchungen von Frühgeborenen, die in der Neonatalzeit mit Morphin behandelt worden waren, nachteilige Auswirkungen auf motorische Funktion, Intelligenz und Verhalten nachzuweisen.

5.3

Allgemeine pharmakokinetische Besonderheiten im Kindesalter

(siehe auch pharmakologisches Glossar ab Seite 130) 5.3.1

Absorption

Bis zu einem Alter von 2–3 Jahren kann die gastrointestinale Absorption von Arzneimitteln beeinträchtigt sein, abhängig vom Säuregrad des Magensaftes,

5

einer evtl. verzögerten Magenentleerung und einem ausgeprägten hepatischen First-pass-Effekt. Deshalb müssen ggf. nach oraler Applikation deutlich höhere Dosen des betreffenden Arzneimittels eingesetzt werden. Beim Morphin unterliegen bis zu 80 % einer oralen Dosis dem First-pass-Effekt. Die rektale Absorption ist kaum vorhersagbar. Subkutane sowie intramuskuläre Injektionen bzw. Infusionen sind schmerzhaft, und durch Kreislaufbeeinträchtigung kann die Aufnahme des Arzneimittels in das Blut in unvorhersagbarer Weise beeinflusst werden. 5.3.2

Proteinbindung

Die meisten Analgetika sind an Plasmaproteine gebunden, Opioide speziell an saures α1-Glukoprotein und Albumin. Pharmakologisch wirksam und für den Opioidrezeptor bzw. das Zielorgan verfügbar ist einzig der freie Anteil des Arzneimittels. Der relative Anteil des an Protein gebundenen Arzneimittels ist bei Früh- und Neugeborenen in Anbetracht der allgemein verminderten Konzentration der Bindungsproteine deutlich reduziert. Darüber hinaus kann, besonders bei sauren Arzneimitteln, die Bindung durch die Konzentration der freien Fettsäuren und des unkonjugierten Bilirubins beeinflusst werden. Die Größe des Verteilungsvolumens wird u. a. vom Grad der Proteinbindung mitbestimmt. So haben nichtsteroidale Antiphlogistika durch ihre sehr hohe Proteinbindung von über 95 % kleine Verteilungsvolumina in der Größenordnung von 0,1–0,2 l/kg KG. Die Penetrationsfähigkeit von Analgetika durch biologische Membranen wird maßgeblich mitbestimmt durch den Ladungsstatus des Arzneimittels, d. h. ob es in ionisierter oder nichtionisierter Form vorliegt, was maßgeblich auch vom Blut-pH-Wert abhängt. Ein weiterer arzneimittelspezifischer Faktor ist die Fettlöslichkeit. Während in der Regel die Hirnkapillaren bei Kindern relativ impermeabel für die meisten ionisierten und wasserlöslichen Arzneimittel sind, können diese Stoffe bei Früh- und Neugeborenen bei wenig entwickelter Blut-Hirn-Schranke in ionisierter und wasserlöslicher Form ähnlich rasch wie fettlösliche Arzneimittel in das Gehirn gelangen. In analoger Weise reagieren periphere Nerven des Neugeborenen mit ihrer geringeren Myelinisierung

72

Kapitel 5 · Klinisch-pharmakologische Grundlagen der Schmerztherapie

empfindlicher auf die Effekte von Lokalanästhetika als beim Erwachsenen. 5.3.3

5

Distribution

Früh- und Neugeborene besitzen im Vergleich zu älteren Kindern einen wesentlich höheren Bestand an Gesamtkörperwasser und eine geringere Muskelmasse in Bezug auf ihr Körpergewicht. Während bei Frühgeborenen das Gesamtkörperwasser 80–85 % des Körpergewichts ausmacht, liegt der Anteil beim Neugeborenen bei ca. 75 %, bei Säuglingen im 1. Lebensjahr bei 60 % und im jugendlichen Alter bei 50 %. Der Anteil des extrazellulären Wassers sinkt von 40–45 % bei Früh- und Neugeborenen über 25–30 % bei Säuglingen auf 20 % bei Jugendlichen ab. Der Fettanteil steigt vom Neugeborenen mit 12–14 % des Körpergewichtes auf 20–30 % beim Jugendlichen an. Große Verteilungsvolumina spiegeln eine extensive Aufnahme des Arzneimittels im Gewebe wider. Somit sind für viele Opioidanalgetika mit hoher Fettlöslichkeit die Verteilungsvolumina sehr groß und übersteigen den Zahlenwert des Körpergewichts um das Mehrfache. Zahlreiche Krankheitszustände (Nierenversagen, hepatische Insuffizienz, kardiale Störungen, Hypovolämie und Dehydratati-

on) führen zu erheblichen Veränderungen der Verteilungsvolumina. Der Blut-pH-Wert vermag oft über den Ionisationsgrad die Verteilung eines Arzneimittels zu beeinflussen. So ist z. B. bei Azidose der nichtionisierte Anteil von NSAID erhöht, was eine bessere Diffusion des Medikamentes vom Plasma ins Gewebe bedeutet. 5.3.4

Metabolismus und Elimination

Die metabolische Leistung des Gesamtorganismus lässt sich am ehesten beschreiben durch die totale Clearance bezogen auf Körpergewicht oder Körperoberfläche. Gegen Ende des 1. Lebensmonats kommt es zu einem Anstieg der totalen Clearance eines Arzneimittels mit weiterer Zunahme während des Säuglings- und Kleinkindesalters. Zahlreiche fettlösliche Arzneimittel, darunter Opioide, werden im Kleinkindesalter 2- bis 6-mal schneller eliminiert als bei älteren Kindern oder Erwachsenen (. Abb. 5.1 und 5.2). Neuere Opioide wie Fentanyl, Alfentanil und Sufentanil werden per Biotransformation zu zumeist inaktiveren Metaboliten abgebaut. An der Biotransformation, so z. B. des Remifentanils, sind Plasmaesterasen beteiligt. Offensichtlich ist bei Früh- und Neugeborenen die Aktivitität der Pseudocholines-

. Abb. 5.1. Verteilungsvolumina [l/kg KG] verschiedener Opioide in Abhängigkeit vom Lebensalter

73 5.4 · Opioidanalgetika

5

. Abb. 5.2. Clearance verschiedener Opioide in Abhängigkeit vom Lebensalter

terase und Acetylcholinesterase oder Arylesterase im Vergleich zu älteren Kindern vermindert mit der Folge verlängerter Arzneimittelwirkung. Wir sehen dies auch bei genetischen Defekten der Pseudocholinesterase. Opioide unterliegen z.T. einem ausgedehnten hepatischen Metabolismus unter Beteiligung des mikrosomalen Enzymsystems (Phase-I-Reaktion) und hepatischer Konjugation, u. a. mit Glukuronsäure oder Sulfat (Phase-II-Reaktion). Aus Morphin entsteht durch Koppelung an Glukuronsäure das analgetisch stark wirksame Morphin-6-Glukuronid (M-6-G). Die Fähigkeit zur Glukuronidierung ist beim Frühgeborenen noch beschränkt und erreicht zumeist erst ab dem 3. Lebensmonat ein dem Erwachsenen vergleichbares Niveau. Speziell beim Frühund Neugeborenen ist der Umbau hepatisch metabolisierter Arzneimittel in sehr hohem Maße vom hepatischen Blutfluss abhängig, insbesondere wenn noch ein offener Ductus venosus vorliegt, der einen nennenswerten Anteil des Blutes an der Leber vorbeiführt. Auch erhöhter intraabdomineller Druck, z. B. nach Operation einer Omphalozele, vermindert den hepatischen Blutfluss erheblich. Ein offener Ductus arteriosus Botalli schränkt wie eine Hypoxämie ebenfalls den hepatischen Arzneimittelmetabolismus ein.

Ein weiteres wesentliches Ausscheidungsorgan für Arzneimittel sind die Nieren. Glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion sind bei Früh- und Neugeborenen erheblich eingeschränkt. In diesem Alter sind Zahl und Funktion von Nephronen noch vermindert. Beim Früh- und Neugeborenen kann die glomeruläre Filtrationsrate bei 0,4–5 ml/min liegen. Im Verlauf von 3–5 Monaten erreicht die Nierenfunktion Werte vergleichbar denen Erwachsener, wobei die Fähigkeit der Niere, Arzneimittelmetabolite auszuscheiden, erst im Alter von 2–3 Jahren ihr Maximum erreicht. Zwar wird nur ein geringer Anteil der Opioidmetabolite renal eliminiert, doch kann dieser Ausscheidungsweg unter pathologischen Umständen bedeutsam werden, insbesondere hinsichtlich der wasserlöslichen Morphinmetabolite M-6-G und M-3-G.

5.4

Opioidanalgetika

Opioidanalgetika wirken supraspinal, spinal und auch peripher analgetisch. Die natürlich vorkommenden Stoffe Morphin und Kodein werden auch als Opiate bezeichnet. In Hinblick auf das Bindungsverhalten am Opioidrezeptor wird die klinisch bedeutsame pharma-

74

5

Kapitel 5 · Klinisch-pharmakologische Grundlagen der Schmerztherapie

kologische Unterteilung in agonistische (bezogen auf den µ-Rezeptor), antagonistische und gemischt agonistisch-antagonistische Opioide vorgenommen. Morphin ist ein reines µ-agonistisches Opioid, wohingegen Naloxon am µ-Rezeptor antagonistisch wirkt. Gemischt agonistisch-antagonistische Opioide, wie z. B. Nalbuphin, bewirken zwar einerseits eine geringere Atemdepession, andererseits sind sie aber in ihrer analgetischen Wirkung begrenzt. Der Effekt lässt sich auch bei Dosissteigerung nicht über ein gewisses Maß hinaus erhöhen (Ceilingeffekt). µ-Rezeptor-vermittelte analgetische und atemdepressorische Wirkung lassen sich im Opioidanalgetikum bislang nicht trennen. Alle agonistischen Opioide bewirken in analgetisch equipotenten Dosen ähnlich starke Effekte bezüglich Atemdepression, Sedierung, Euphorie, Übelkeit, Gallenwegsspasmen oder Obstipation. Für Früh- und Neugeborene wurde lange angenommen, dass Opioide eine stärkere atemdepressorische Wirkung besitzen als beim Erwachsenen [39]. Der Eindruck erhöhter Empfindlichkeit Früh- und Neugeborener scheint wesentlich mitbedingt zu sein durch eine höhere systemische Opioidexposition bei verzögerter Elimination. Daneben sind im Hinblick auf die zentrale Wirkung von Opioiden bei Früh- und Neugeborenen die relativ geringe Plasmaproteinbindung, die durchlässigere Blut-Hirn-Schranke und ontogenetische Besonderheiten in der Differenzierung von Opioidrezeptoren zu berücksichtigen. Im Tierexperiment bewirkt Morphin wie Fentanyl bei neugeborenen Ratten in allen postnatalen Altersstufen eine gute Analgesie, Pethidin jedoch erst im höheren Alter [264]. Klinische Ergebnisse erwecken andererseits den Eindruck, dass von den µ-Agonisten Morphin [39], Fentanyl [45] und Sufentanil [91] im Neugeborenenalter für eine adäquate Analgesie und Sedierung sogar höhere Konzentrationen erforderlich sind als bei älteren Kindern. Muskel- und Thoraxrigidität, die letztlich bei zu rascher Injektion mit allen Opioiden ausgelöst werden können, scheinen bei Frühund Neugeborenen häufiger aufzutreten. Zur Langzeitanalgesie und Sedierung sind Opioide mit relativ kurzer kontextsensitiver Halbwertzeit wie Alfentanil und Sufentanil sinnvoll [114], oder gar Remifentanil, dessen Eliminationshalbwertzeit kontextunabhängig ist.

Die Wahl eines speziellen Opioides wird sich nach der Indikation richten: Starke µ-Agonisten (Fentanyl, Alfentanil, Sufentanil und Remifentanil) sind bei intravenöser Anwendung der intra- und postoperativen Analgesie vorbehalten, wenn die Beatmung weitergeführt wird. Morphin und auch gemischte Agonisten-Antagonisten eignen sich nicht für die intraoperative Analgesie, sondern viel eher zur postoperativen Versorgung von Patienten, die nicht beatmet sind [10, 29]. 5.4.1

Morphin und halbsynthetische Opioide

Morphin und die semisynthetischen Opioide Kodein und Diamorphin sind in der Kinderheilkunde beliebte Analgetika. Besonders für Morphin stellen nach wie vor Früh- und Neugeborene eine wesentliche Patientengruppe dar, obwohl in dieser Altersgruppe eine ausgeprägte Variabilität hinsichtlich Pharmakokinetik und Metabolisierung besteht [124, 125]. Indikationen für Morphin, Kodein und Diamorphin sind in der Hauptsache die Schmerztherapie, jedoch wird auch der sedierende Effekt von Morphin in der postoperativen Betreuung, bei Tumorschmerzen, Sichelzellkrisen, Verbrennungen, Aids und bei intensivmedizinisch bedingten Schmerzzuständen genutzt.

Morphin Morphin ist das Opioid mit der klinisch umfangreichsten Erfahrung bei Kindern, speziell bei Frühund Neugeborenen [124, 125]. Dosierungsempfehlungen finden sich in Kap. 11, 13 und 17.

Bioverfügbarkeit, Metabolismus und Pharmakodynamik Die Bioverfügbarkeit von Morphin nach oraler Verabreichung (z. B. Sevredol) ist durch unvollständige Aufnahme und einen erheblichen First-pass-Effekt der Leber gekennzeichnet. In der Neugeborenenphase kann von einer Bioverfügbarkeit zwischen 25 und 40 % der verabreichten Dosis ausgegangen werden, sodass oral etwa das 3fache der intravenösen Dosis verabreicht werden sollte. Häufig wird Morphin oral als Tropfen gegeben. Wenn chronische Schmerzen im Vordergrund stehen, ist auch eine retardierte Präparation (z. B. MST

5

75 5.4 · Opioidanalgetika

Retard-Tabletten oder MST Retard-Granulat) in Kombination mit Morphintropfen möglich. Nach oraler Gabe nicht-retardierten Morphins (z. B. Sevredol) wird die maximale Plasmakonzentration im Mittel nach 1 h, bei retardierten Präparaten (z. B. MST) nach 3 h erreicht. Auf die subkutane bzw. intramuskuläre Verabreichung von Opioiden sollte verzichtet werden. Morphin wird in der Leber in einer PhaseII-Reaktion unter Bildung von Morphin-3-Glukuronid (M-3-G) und Morphin-6-Glukuronid (M-6-G) metabolisiert. M-3-G und M-6-G haben völlig verschiedene pharmakologische Wirkprofile. Während M-6-G ein hochwirksames Analgetikum ist und atemdepressive Wirkungen zeigt, ist M-3-G in der Lage, die analgetischen Effekte von Morphin und M-6-G zu antagonisieren [102, 103]. Der analgetische Nettoeffekt von Morphin beim Früh- und Neugeborenen ist daher abhängig von

dem Verhältnis an M-6-G und M-3-G am Wirkort und damit von der unterschiedlichen Reifung der jeweiligen Uridyl-Diphosphat-Glucuronyl-Transferasen. Insgesamt ist die Bildung von M-6-G und M3-G bei Frühgeborenen sehr variabel. Die meisten Früh- und Neugeborenen scheinen unter Morphininfusion wenig oder kein M-6-G zu bilden, stattdessen ist M-3-G nachweisbar [39]. Wird allerdings M6-G gebildet, so scheint das Verhältnis von M-6-G zu M-3-G zuzunehmen, je unreifer das Neugeborene ist [178]. Bei älteren Kindern ist das Verhältnis von Morphin zu seinen Metaboliten abhängig vom Alter der Kinder, der Begleittherapie und dem Applikationsweg [73]. Werden Neugeborene von der Metaanalyse ausgeschlossen, zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen in den Verhältnissen von M-3-G:M oder M-6-G:

5 Kinder > 1. Lebensmonat 5 p.o.- und i.v.- Gabe 5 nierengesunde und niereninsuffiziente Patienten

5 Kinder >1 Monat und Erwachsene 5 p.o. und i.v. 5 Niereninsuffizienz

5 Kinder > 1 Monat und Erwachsene 5 p.o. und i.v. 5 ohne Niereninsuffizienz

5 Kinder > 1 Monat und Erwachsene 5 p.o. 5 ohne Niereninsuffizienz

5 Kinder > 1 Monat und Erwachsene 5 i.v. 5 ohne Niereninsuffizienz

5 11 Jahre 5 orale Gabe

Mittelwert (Bereich)

Mittelwert (Bereich)

Mittelwert (Bereich)

Mittelwert (Bereich)

Mittelwert (Bereich)

Mittelwert (Bereich)

Median (25;75 Perzentile)

Median (25;75 Perzentile)

M-3-G: M

22,6 (2,8–198)

15,9 (0,2–504)

40 (10,6– 504)

20,8 (0,2–70)

28,4 (8,3–70)

6 (0,2–15)

19 (11;23)

24 (18;32)

M-6-G: M

4,1 (0,3–47)

3,3 (0,03–97)

9,7 (1,2–97)

3,7 (0,03– 10,9)

4,9 (0,9–10,9)

0,9 (0,03–2,6)

4 (2;6)

7 (4;8)

Population

5 Erwachsene 5 p.o.- und i.v.- Gabe 5 nierengesunde und niereninsuffiziente Patienten

. Tabelle 5.1. Molare Verhältnisse von Morphin und seinen Hauptmetaboliten. (Nach [73, 115])

Angaben

Molares Verhältnis

5

Erwachsene

Alfentanil

Frühgeborene

Frühgeborene 34 SSW Frühgeborene Erwachsene

Schulkinder Schulkinder

Neugeborene Säuglinge Neugeborene Säuglinge Klein- sowie Schulkinder Kinder

Klein- und Schulkinder Gesunde, erwachsene Probanden Klein- und Schulkinder

Klein- und Schulkinder

Diamorphin

Fentanyl

Hydromorphon

Morphin

Paracetamol

Pethidin

Klein-und Schulkinder Frühgeborene 29–36 SSW – 10 µg/kg i.v. – 20 µg/kg i.v

Patienten

Medikament [119] [119] [221] [234]

Sedierung unter apparativer Beatmung Analgesie bei chirurgischen Eingriffen Sedierung während Herzkatheteruntersuchung Unterdrückung der Stressantwort beim endotrachealen Absaugmanöver

35–50 µg/l >200 µg/l 79 (50–220) µg/l

[200] [39] [125] [49]

Postoperative Analgesie Sedierung unter apparativer Beatmung (ab 21 ng/ml zeigten 50% der Patienten eine ausreichende Sedierung, ab 300 ng/ml fand sich eine deutliche Zunahme von Nebenwirkungen) Analgesie Analgesie bei chirurgischen Eingriffen Antipyrese Analgetische Effekte Analgesie nach Tonsillektomie

26,2±22,5 ng/ml 70–300 ng/ml 2–57 ng/ml 64, 5±18 ng/ml

10–20 mg/dl 8 h nach Auftreten der ersten Symptome, sind die Chancen für eine komplette Heilung gering [65, 97]. Der Handlungsalgorithmus (. Abb. 10.7) bei vermuteten Komplikationen nach epiduraler Katheteranlage in unserem Zentrum ist fester Bestandteil der Tätigkeit des akuten Schmerzdienstes und in seiner Struktur den lokalen Verhältnissen angepasst. Meist handelt es hierbei um Parästhesien oder radikuläre Symptome, die nach Ausstellen der PCEA-Pumpe und Rückkehr der motorischen und sensiblen Funktion voll reversibel sind [37, 82]. Die im Flussdiagramm dargestellte Zeitachse zeigt, wie schnell selbst bei adäquatem Handeln 6–8 h vergangen sind. Obwohl neurologische Komplikationen häufiger nach lumbaler Punktion als bei allen anderen epiduralen Katheterlokalisationen beschrieben sind, muss immer mit dem Auftreten von schwerwiegenden Problemen gerechnet werden [37, 41, 82]. Die überwiegende Anzahl an Komplikationen erwächst aus den verwendeten Medikamenten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Medikamente zählen

10

Übelkeit und Erbrechen, Juckreiz und Harnverhalt [82, 95]. Die Verwendung epiduraler Opioide birgt die Gefahr einer respiratorischen Depression mit sich, die in Einzelfällen auftritt [62, 70, 82, 95]. Andere Komplikationen betreffen Leckage an der Einstichstelle, lokale Rötung, Katheterokklusion und Motorblockade [12, 95]. Mit der Verwendung von Lokalanästhetika und Opioiden können potenziell gefährliche Komplikationen wie respiratorische Insuffizienz und Krampfanfälle hervorgerufen werden [12]. Da die erste Medikamentendosis in Narkose verabreicht wird, können erste Warnzeichen einer Intoxikation verwischt werden. Als seltene Begleiterscheinung einer thorakalen Epiduralanästhesie kann ein HornerSyndrom auftreten [5, 50].

10.8

Regionalanästhesien als Teil der perioperativen Schmerztherapie

Im Operationssaal ist die Anwendung von Lokalanästhetika ein sehr wirkungsvolles Instrument, da ein Kind in Allgemeinanästhesie eine Injektion nicht spürt, es aber schmerzfrei aufwacht. Die Sicherheit der meisten Verfahren ist bei sachgemäßer Anwendung gewährleistet, und Sicherheitsaspekte können heutzutage kaum eine Ablehnung von Regionalan-

Op.-Ort

Lokal-/Regionalanästhesie

Weitere Analgetika

Kopf Lippenspalte

N. infraorbitalis

Paracetamol

Obere Extremität Thorax (>6 Monate alt) Schulter Arm, Hand

TEA, PCA Plexusanästhesie, ggf. PCA Plexusanästhesie, ggf. PCA

Indomethacin, Paracetamol Paracetamol Paracetamol

Abdomen Darmresektion Appendektomie Nabelhernie Inguinale Inzision >20 kg

TEA, PCA Wundinfiltration Wundinfiltration Kaudalanästhesie Ilioinguinalisblock (einseitig)

+ Opioide + Opioide Paracetamol Paracetamol Paracetamol

Untere Extremität Hüfte Beine Füße

Kaudalanästhesie, ggf. LEA, PCA Femoralis-/Ischiadicusblock, ggf. PCA Distaler Ischiadicusblock

Paracetamol + Opioide Paracetamol

182

Kapitel 10 · Regional- und Lokalanästhesie

ästhesien begründen. Eine lokale Wundinfiltration, periphere und zentrale Blockaden, kontinuierliche Kathetertechniken oder Kombinationen aus verschiedenen Applikationsarten stehen zur Verfügung. Wie bei allen analgetischen Methoden macht auch bei der Verwendung von Lokalanästhetika die begrenzte Wirkung eine vorausschauende Schmerztherapie für die Zeit nach Abklingen des Blocks notwendig (7 Kap. 12). In der Übersicht finden sich analgetische Konzepte auf der Basis von Lokal- und Regionalanästhesien, wie sie in unserem Zentrum eingesetzt werden. Bei der Verwendung von kontinuierlichen zentralen Katheterverfahren werden Opioide bis zu einem Alter von 12 Jahren systemisch eingesetzt, erst bei älteren Kindern erfolgt die epidurale Anwendung. Paracetamol ist auf den Allgemeinstationen während der ersten Tage das Analgetikum der Wahl, wird aber spätestens am 3. postoperativen Tag zugunsten anderer Analgetika abgesetzt.

10

10.9

Schlussfolgerungen

Die zunehmende Anwendung von Regionalanästhesien im Kindesalter beruht zu einem großen Teil auf der gestiegenen Sensibilität gegenüber dem Faktor »Schmerz« im Kindesalter, zum anderen auf immer aggressiveren Op.-Techniken bei immer kleineren Kindern. Ihre Verwendung in der klinischen Praxis beschränkt sich inzwischen nicht nur auf den perioperativen Bereich, sondern hat ihren Platz sowohl in der intensivmedizinischen Therapie als auch der chronischen Schmerztherapie gefunden [52, 72, 91]. Da sich in den vergangenen Jahren Material, Medikamente und Methoden in allen Altersgruppen verbessert haben, sind derartige Verfahren auch bei kleinen Kindern anwendbar. Jedoch bestehen in wesentlichen Aspekten der Anatomie, Physiologie und Psychologie grundsätzliche Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern. Regeln und Standards für Regionalanästhesien können nicht automatisch von Erwachsenen auf Kinder übertragen werden. Unter Beachtung dieser Besonderheiten und Limitationen können Regionalanästhesieverfahren in allen Altersstufen ein sicheres und nützliches Element des anästhesiologischen Managements im Operationssaal und auf der Intensivstation sein [15].

Im Einzelfall muss geprüft werden, welches Verfahren für welches Kind in dem eigenen Arbeitsbereich eingesetzt werden kann. Die Schwere des Eingriffs, der mögliche Nutzen für das Kind, die Infrastruktur eines Schmerzdienstes, Pflegekräfte, Eltern und Ärzte, die mit dem jeweiligen Verfahren umgehen können, helfen in der Auswahl des in Frage kommenden Verfahrens. Für den Fall von Komplikationen bei rückenmarknahen Katheterverfahren ist es unerlässlich, feste Algorithmen formuliert zu haben, diagnostische Einheiten (MRT, CT) und eine geeignete chirurgische OP-Einheit in kürzester Zeit zur Verfügung zu haben. Periphere Blockaden sind fast frei von schweren Nebenwirkungen und bilden daher auch als Einzeldosistechnik eine wesentliche Säule der perioperativen Schmerztherapie. Kombiniert mit systemisch applizierten Analgetika garantieren sie dem Kind ein schmerzfreies Erwachen aus der Narkose und eine schnelle Rückkehr zu den normalen Lebensgewohnheiten. Von den zentralen Nervenblockaden ist die Kaudalanästhesie die im Kindesalter am häufigsten durchgeführte Regionalanästhesie. Sie hat aufgrund des günstigen Risiko-Nutzen-Profils zu Recht einen festen Platz in der perioperativen Schmerztherapie für Eingriffe unterhalb des Nabels. Kaudale Punktionen gewähren den einfachsten Zugang zum Epiduralraum und bieten bei Verwendung von Kathetern eine effektive Analgesie über mehrere Tage, sind aber aus hygienischen Gründen nicht unumstritten. Das Vorschieben eines kaudalen Katheters bis in lumbale oder thorakale Segmente ist ausschließlich bei Kindern 48 h) von Propofol in hoher Dosierung (>4 mg/kg KG × h) birgt das seltene Risiko des potenziell letal verlaufenden PropofolInfusions-Syndroms [12]. Die Kardinalsymptome sind u. a. plötzlich einsetzende Bradykardie bis hin zur Asystolie, metabolische Azidose, Lipämie, Rhabdomyolyse. Im Kindesalter ist Propofol wegen des PropofolInfusions-Syndroms generell nicht zur Sedierung zugelassen, aber laut Hypothese von Vasile et al. [76a] zur Genese des Propofol-Infusions-Syndroms sollte dieses Medikament bei Patienten mit schwerer neurologischer Erkrankung, mit Sepsis und mit Multiorganversagen, insbesondere unter Therapieeinsatz von Katecholaminen und/oder Kortikosteroiden überhaupt nicht (auch nicht für kurze Zeit) zum Einsatz kommen.

Ketamin Mit Ketamin steht ein weiteres Pharmakon zur tiefen Sedierung bei Kindern zur Verfügung, insbesondere wenn eine analgetische Wirkkomponente im Vordergrund stehen soll. Ketamin wirkt am N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor im Gehirn und Rückenmark und hemmt die aufsteigenden nozizeptiven Afferenzen. Dieser Effekt tritt bereits in niedrigen subanästhetischen Dosierungen auf. Ketamin ist ein Phencyclidinderivat, das als Razemat vorliegt. Das S(+)-Enantiomer ist analgetisch und narkotisch wirksamer und die R(–)-Va-

198

11

Kapitel 11 · Schmerzhafte interventionelle Eingriffe

riante bronchodilatatorisch effektiver. Derzeit sind in Deutschland das Razemat als Ketamin® und die S(+)-Variante als Ketanest S® erhältlich. Ketamin zeichnet sich durch einen raschen Wirkungseintritt und eine kurze Wirkdauer aus; der Abbau erfolgt oxidativ zum schwach aktiven Metaboliten Norketamin [14], der weiter verstoffwechselt oder nach Glucuronidierung renal ausgeschieden wird. Ketamin wird bevorzugt intravenös appliziert. Wegen seiner größeren analgetischen und narkotischen Potenz sowie der unten beschriebenen geringeren Inzidenz an psychomimetischen Nebenwirkungen wird inzwischen vielfach das S(+)-Enantiomer bevorzugt, dessen Dosierung gegenüber der des Razemates zu halbieren ist [35]. Zur tiefen Sedierung werden 0,5–1,0 mg/kg KG S(+)-Ketamin intravenös injiziert, wobei mit einer Dosis von 1,0 mg/kg KG bei manchen Kindern schon ein narkotisches Stadium erreicht ist. Zur Weiterführung sind entweder Repetitionsdosen alle 10–15 min oder eine kontinuierliche Gabe von 1 bis 2 mg/kg KG/h erforderlich. Dachs et al. [16] setzten Ketaminrazemat in einer Dosierung von 1–2 mg/kg KG sehr erfolgreich ein bei kurzen schmerzhaften Maßnahmen in der Kindernotfallambulanz. Parker et al. [57] kombinierten effektiv und sicher Ketamin und Midazolam zur Analgosedierung für diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei 4 Monate bis 17 Jahre alten Kindern in folgenden Dosierungen: Midazolam 0,05–0,1 mg/kg KG i.v. plus Ketamin-Razemat 1–2 mg/kg KG i.v. . Zur eventuellen Fortführung wird Ketamin in einer Repetitionsdosis von 0,5–1 mg/kg KG i.v. appliziert. Nach einer Interventionszeit von 15–120 min hatten sich mehr als 70 % der Patienten innerhalb von 30 min wieder erholt. Ähnlich gute Ergebnisse wurden unter einem vergleichbaren Regime auch von anderen Autoren publiziert [48, 65]. Durch die Kombination von Ketamin mit Propofol statt Midazolam läßt sich die Erholungszeit noch weiter verkürzen [35]. Von der intramuskulären Applikationsweise (Dosis: 2–3 mg/kg KG S(+)-Ketamin) sollte nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden. Im »off label use« lässt sich Ketamin auch oral und rektal (Dosis: 5 mg/kg KG S(+)-Ketamin, Anschlagzeit 30–45 min) einsetzen, wenn das Legen eines intravenösen Zugangs äußert schwierig ist

und ein nichtinvasiver Verabreichungsweg genutzt werden soll [73]. In o.g. Dosierung und bei langsamer Injektion führt Ketamin kaum zur Atemdepression, auch die pharyngealen Reflexe bleiben weitgehend erhalten. Da unerwartete Apnoen bei der Ketaminanwendung nicht gänzlich ausgeschlossen werden können [50], sollte diese Substanz bei prämaturen Neonaten mit Zurückhaltung und großer Vorsicht appliziert werden [72]. Hervorzuheben ist der gute bronchodilatatorische Effekt, weshalb das Ketaminrazemat gerade bei Patienten mit asthmoider Erkrankung sehr vorteilhaft eingesetzt werden kann. Kreislaufdepressionen nach Ketamin sind die Ausnahme, da die ketaminvermittelte Sympathikussteigerung gerade bei hypotonen und hypovolämen Patienten den Blutdruck stabilisiert. Bei sehr rascher Injektion können sogar hypertensive Krisen hervorgerufen werden. ! Ketamin verursacht eine Hypersalivation, die eine prophylaktische Vorgabe eines Vagolytikums (z. B. Atropin) erfordert.

Gelegentlich kann die Anwendung von Ketamin in der Erholungsphase von psychomimetischen Reaktionen begleitet sein, die nicht selten als Alpträume beschrieben werden. Wenngleich bei Kindern unter 10 Jahren diese Nebenwirkung geringer und seltener sein soll und auch der Einsatz von S(+)-Ketamin deren Inzidenz weiter reduziert haben soll, erscheint es dennoch empfehlenswert, Ketamin mit Propofol oder Midazolam zu kombinieren, um derartige unerwünschten Effekte zu unterdrücken. Kontraindikationen sind: 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5

Alter < 3 Monate (relative Kontraindikation), Instabilität der Atemwege, Trachealstenose, Prozeduren mit Stimulation des hinteren Pharynx (relative Kontraindikation), frische Infektion der Luftwege, Tachykardie , Pulmonalstenose, arterielle Hypertension, Hirndruck (relative Kontraindikation), Glaukom, Hyperthyreose, Psychosen.

199 11.4 · Sedierende und analgosedierende Verfahren

11

. Tabelle 11.6. Vorschläge zur Analgesie und/oder Sedierung bei Interventionen im Kindesalter Altersgruppe/ Intervention

Neonaten

Kleinkinder

Schulkinder

Jugendliche

Venenpunkion

EMLA®

EMLA®

EMLA®



Arterienpunktion

EMLA®

EMLA®

EMLA®

EMLA®

Fersenstich

i.v.-Entnahme







BZ-Stix

EMLA®

EMLA®

EMLA®

EMLA®

Lumbalpunktion

EMLA®

EMLA®

EMLA®

EMLA®

Ventrikelpunktion

EMLA®







Blasenpunktion

EMLA® + Infiltration

EMLA® + Infiltration

EMLA® + Infiltration

EMLA® + Infiltration

Leberpunktion

EMLA® + Infiltration

EMLA® + Infiltration

EMLA® + Infiltration

EMLA® + Infiltration

Knochenmarkpunktion

Ketamin + Propofol

Midazolam + Ketamin

Midazolam + Ketamin

Midazolam + Ketamin

Hautbiopsie

EMLA®

EMLA®

EMLA®

EMLA®

Muskel-PE

Narkose

Midazolam + Narkose

Midazolam + Narkose

Midazolam + Narkose

Pleuradrainanlage

Infiltration + Narkose

Midazolam + Infiltration + Narkose

Midazolam + Narkose oder Regionalanästhesie

Midazolam + Narkose oder Regionalanästhesie

Verbandswechsel

Ketamin + Propofol

Ketamin + Propofol

Ketamin + Propofol

Ketamin + Propofol

Primäre Wundversorgung

EMLA®, Ketamin + Propofol

EMLA®, Ketamin + Propofol

Infiltration, Ketamin + Propofol

Infiltration, Ketamin + Propofol

Primäre Frakturversorgung

Narkose

Midazolam + Narkose

Midazolam + Narkose oder Regionalanästhesie

Midazolam + Narkose oder Regionalanästhesie

Elektive Intubation

Alfentanil/ Propofol oder Fentanyl/Etomidat + Relaxans

Alfentanil/ Propofol oder Fentanyl/Etomidat + Relaxans

Alfentanil/ Propofol oder Fentanyl/Etomidat + Relaxans

Alfentanil/ Propofol oder Fentanyl/Etomidat + Relaxans

CT-Untersuchung

Propofol oder Narkose

Propofol

(Midazolam)

(Midazolam)

NMR-Untersuchung

Propofol oder Narkose

Propofol

(Midazolam)

(Midazolam)

Narkose Narkose Narkose Propofol

Midazolam/Narkose Narkose Propofol Propofol

Midazolam/Narkose Narkose Propofol Propofol

Endoskopie 5 Tracheobronchial – flexibel – starr 5 Gastro-ösophageal 5 Kolorektal

Narkose Narkose Narkose Propofol oder Narkose

200

11.4.4

Kapitel 11 · Schmerzhafte interventionelle Eingriffe

Narkose

Erscheint auch eine tiefe Sedierung nicht ausreichend für die geplante Intervention oder muss die Intervention zu einer Operation ausgeweitet werden, sind Regionalanästhesie und/oder Narkose indiziert. Bei Eingriffen außerhalb des Operationssaals haben sich die totalintravenösen Anästhesieverfahren unter Verwendung von Remifentanil oder Alfentanil zusammen mit Propofol oder die Kombination von Ketamin und Propofol besonders bewährt [18, 31, 46, 47, 53]. Gerade bei onkologisch erkrankten Kindern ist wegen des Stresses bei den häufig repetitiven diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen die Durchführung einer solchen Narkose auf der Station anstatt im Operationssaal vorteilhaft; adäquates Equipment und fachliche Kompetenz sind dabei selbstverständliche Herausforderungen [76b].

empfohlen [59, 68], sondern häufig auch in praxi versucht, durch Erhöhung der Sedativadosis ohne zusätzliche Analgetika eine Schmerzunterdrückung herbeizuführen. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch unsinnig: das Kind erfährt den Schmerz, wird jedoch nur daran gehindert, diesen zu kommunizieren; die sich daraus entwickelnden postprozeduralen Verhaltensstörungen sind nicht abschätzbar; außerdem werden unnötigerweise die Stressparameter gesteigert, erhöhte Sedativanebenwirkungsraten inkaufgenommen und zudem u. U. die prozedurale Qualität eingeschränkt. Der Schlüssel, eingriffsbedingte Schmerzen optimal zu managen, liegt in der analgetischen Antizipation [2, 9]. Auch eine Wachintubation bei Neonaten, wie vielfach geübt und in der angloamerikanischen Literatur beschrieben [20, 78], ist inakzeptabel.

11.6 11.5

11

Schmerzhafte medizinische Eingriffe im Einzelnen

Die adäquate Wahl der Methode zur (Analgo-)Sedierung hängt ab von Alter, Einsichtsfähigkeit, Angst und Schmerzschwelle des Patienten sowie von den Randbedingungen der speziellen Maßnahme wie Ambiente, Grad der Ruhigstellung, Zeitdruck und Planbarkeit. . Tabelle 11.6 gibt eine Übersicht über Maßnahmen zur Stressreduktion bei verschiedenen Interventionen. Der wesentliche Unterschied zwischen unseren oben genannten Vorschlägen und den Empfehlungen des amerikanischen »Subcommitee on Management of Pain Associated with Procedures in Children with Cancer« betrifft die Verwendung von Midazolam bei Säuglingen und Kleinkindern in Kombination mit Opioiden/Opiaten, z. B. mit Morphinsulfat, in einer Dosierung von 0,05–0,1 mg/kg KG intravenös, oder Fentanyl 0,001–0,002 mg/kg KG intravenös bei Knochenmarkpunktionen, Drainageanlagen und Inzisionen [77]. Ob die amerikanischen Vorgehensweisen effizienter und sicherer sind als die hier empfohlenen Vorgehensweisen, ist nur schwer zu beurteilen. Wenngleich mit Ausnahme des Ketamin die vorgestellten Sedativa keine analgetischen Eigenschaften haben, wird nicht nur in der Literatur

Fazit

Im Interesse der jungen Patienten sollten sich die Anästhesisten der Versorgung der Kinder bei schmerzhaften und/oder unangenehmen Interventionen nicht entziehen, sondern organisatorische Voraussetzungen treffen, damit eine sichere und komplikationsarme Durchführung von (Analgo-) Sedierung bzw. Allgemein- oder Regionalanästhesien gewährleistet wird [45]. An situationsgerechten Behandlungsmethoden besteht kein Mangel.

Literatur 1. American Academy of Pediatrics Committee on Drugs (1992) Guidelines for monitoring and management of pediatric patients during and after sedation for diagnostic and therapeutic procedures. Pediatrics 89: 1110– 1115 2. American Academy of Pediatrics, Committee on Psychosocial Aspects of Child and Family Health (2001) The assessment and management of acute pain in infants, children, adolescents. Pediatrics 108: 793–797 3. Anand KJ, Sippell WG, Aynsley-Green A (1987) Randomised trial of fentanyl anaesthesia in preterm babies undergoing surgery: effects on the stress response. Lancet I: 243–247 4. Anand KJS (1998) Clinical importance of pain and stress in preterm neonates. Biol Neonate 73: 1–9 5. Arendt-Nielsen L, Bjerring P (1990) Depth and duration of skin analgesia to needle insertion after topical application of EMLA®-cream. Br J Amaesth 64: 173–177

201 Literatur

6. Arthur DS, McNicol LR (1986) Local anaesthetic techniques in paediatric surgery. Br J Anaesth 58: 760– 778 7. Aun CST, Sung RYT, O’Meara ME, Short TG, Oh TE (1993) Cardiovascular effects of i. v.-induction in children: comparison between propofol and thiopentone. Br J Anaesth 70: 647–653 8. Bause HW (1986) Die orale Prämedikation. In: Tolksdorf W, Kretz FJ, Prager J (Hrsg): Neue Wege in der Prämedikation. Roche, Basel 9. Berry FA (1998) Preemptive analgesia for postoperative pain. Paed Anaesth 8: 187–188 10. Beushausen T (1996) Sedation für diagnostische Eingriffe im Kindesalter. In: Beushausen T, Kraus GB, Strauß J (Hrsg) Sedierung und Narkose bei diagnostischen Eingriffen im Kindesalter. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio 11. Borgeat A, Wilder-Smith OHG, Suter PM (1994) The nonhypnotic therapeutic applications of propofol. Anesthesiology 80: 462–656 12. Bray RJ (1998) Propofol infusion syndrome. Paed Anaesth 8: 491–499 13. Bucher HU, Moser T, von Siebenthal K, Kiel M, Wolf M, Duc G (1995) Sucrose reduces pain reaction to heel lancing in preterm infants. Pediatr Res 83: 332–335 14. Cook DR, Stiller R, Dayton P (1982) Pharmacokinetics of ketamine in infants and small children. Anesthesiology 57: A428 15. Cotè CJ (1994) Sedation for the pediatric patient – a review. Pediatr North Am 41: 31–58 16. Dachs RJ, Innes GM (1997) Intravenous ketamine sedation of pediatric patients in the emergency department. Ann Emerg Med 29: 146–150 17. Dohlwitz A, Uppfeldt A (1985) Schmerzlinderung bei Venenpunktionen. Anaesthesist 34: 355–358 18. Duce D, Glaisyer H, Sury M (2000) An evaluation of propofol combined with remifentanil: a new intravenous anaesthetic technique for short painful procedures in children. Paed Anaesth 10: 689–690 19. Dübbers A, Boos J (1997) Fakten zur Sedierung bei Kindern. Zuckschwerdt, München 20. Duncan HP, Zurick NJ, Wolf AR (2001) Should we consider awake neonatal intubation? A review of the evidence and treatment strategies. Paed Anaesth 11: 135– 145 21. Enad D, Salvador A, Brodsky NL, Hurt H (1995) Safety and efficiacy of eutectic mixture of local anesthetics (EMLA®) for lumbar puncture (LP) in newborns (NB). Pediatr Res 37: 204 A 22. Carcia OC, Reichberg S, Brion LP, Schulmann M (1995) Topical anesthesia with EMLA® during percutaneous line insertion in very low birth weight infants (VLBWI) Pediatr Res 37: 205 A 23. Gourrier E, Karroubi P, el Hanache A, Merbouche S, Mouchino G, Lerailles J (1996) Use of EMLA®-cream in a department of neonatology. Pain 68: 431–343 24. Grant IS, Nimmo WS, McNicol LR, Clements JA (1983) Ketamin disposition in children and adults. Br J Anaesth 55: 1107–1110

11

25. Greenberg SB, Faerber EN, Aspinall CL, Adams RC (1993) High-dose chloralhydrate sedation for children undergoing MR imaging. AJR 161: 639–641 26. Grunau RE (1998) Longterm effects of pain. Res Clin Forum 20/4: 19–28 27. Helbo-Hansen S, Westergaard V, Krogh BL, Svendson HP (1988) The reduction of pain on injection of propofol: The effect of addition of lignocaine. Acta Anaesth Scand 32: 502–504 28. Jamieson J (1999) Anesthesia and sedation in the endoscopy suite? (influences and options). Curr Opin Anaesthesiol 12: 417–423 29. Karl HW, Keifer AT, Rosenberger JL, Larach MG, Ruffle JM (1992) Comparison of safety and efficacy of intranasal midazolam or sufentanil for preinduction of anesthesia in pediatric patients. Anesthesiology 76: 209–215 30. Kauffmann RE, Banner W jr, Berlin CM jr et al. (1993) Use of chloralhydate for sedation in children. Pediatrics 92: 471–472 31. Keidan I, Berkenstadt H, Sidi A, Perel A (2001) Propofol/ remifentanil vs. propofol alone for bone marrow aspiration in paediatric haematooncological patients. Paed Anaesth 11: 297–301 32. Koscielniak-Nielsen Z, Hesselbjerg L, Brushoj J, Jensen MB, Pedersen HS (1998) EMLA®-patch for spinal puncture. Anaesthesia 53: 1209–1227 33. Kraus GB, Gruber RG, Knoll R, Danner U (1989) Pharmakokinetische Untersuchungen nach intravenöser und rektaler Applikation von Midazolam bei Kindern. Anaesthesist 38: 658–663 34. Kretz FJ, Liegl M, Heinemeyer G, Eyrich K (1985) Die rektale Narkoseeinleitung bei Kleinkindern mit Diazepam und Midazolam. Anästh Intensivmed 26: 343–346 35. Krüger AD (1998) Aktuelle Aspekte der Anwendung von Ketamin im Kindesalter. Anaesthesiol Reanimat 23: 64– 71 36. Kuiper M de (1999) Schmerz und Schmerzmanagement bei Kindern. Ullstein Medical, Wiesbaden 37. Lamireau T, Dubbreuil M, Daconceicao, M (1998) Oxygen saturation during esophagogastroduodenoscopy in children: general anesthesia vs. intravenous sedation. J Ped Gastroenterol Nutr 8: 491–499 38. Larsson BA, Jylli L, Langercrantz H, Olsson GL (1995) Does a local anaesthetic cream (EMLA®) alleviate pain from heel-lancing in neonates? Acta Anaesthesiol Scand 23: 1028–1031 39. Larsson BA, Tannfeldt G, Langercrantz H, Olsson GL (1998) Alleviation of the pain of venepuncture in neonates. Acta Paediatr 87: 774–779 40. Lefever EB, Poter PS, Seeley NR (1993) Propofol sedation for pediatric MRI (letter) Anesth Analg 76: 919–920 41. Lehn BM (1993) Psychologische Methoden der Schmerzbehandlung bei Kindern. In: Meier H, Kaiser R, Moir CR (Hrsg) Schmerz beim Kind. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio 42. Lerman J, Strong HA, Ledez KM (1989) Effects of age on the serum concentration of AAE and the binding of lidocaine in pediatric patients. Clin Pharmacol Ther 46: 219–225

202

11

Kapitel 11 · Schmerzhafte interventionelle Eingriffe

43. Lesmes CE, Hager H, Nussenson E, Katz Y (1998) Sedation of paediatric endoscopic procedures: comparison of two techniques. Br J Anaesth 80 (Suppl): 142–143 44. Malinovsky JM, Lejus C, Servin F, Leplage F, Le Normand Y, Testa S, Cozian A, Pinaud M (1993) Plasmaconcentrations of midazolam after i. v., nasal or rectal administration in children. Br J Anaesth 70: 617–620 45. Malviya S, Voelpel-Lewis T, Tait AR (1997) Adverse events and risk factors associated with the sedation of children by nonanesthesiologists. Anesth Analg 85:1207-1213 46. McCarty EC, Mencio GA, Walker LA, Green NE (2000) Ketamine sedation for the reduction of children’s fractures in the emergency department. J Bone Joint Surg Am 82: 912–918 47. McDowall RH, Scher CS, Barst SM (1995) Total intravenous anesthesia for children undergoing brief diagnostic or therapeutic procedures. J Clin Anesth 7: 273–280 48. Marx CM, Stein J, Tylor MK, Nieder ML, Shurin SB, Blumer JL (1997) Ketamine-midazolam vs meperidine–midazolam for painful procedures on pediatric oncology patients. J Clin Oncol 15: 94–102 49. McIntosh N, van Veen L, Brameyer H (1994) Alleviation of the pain of heel prick in preterm infants. Arch Dis Child 70: 177–181 50. Mitchell RK, Koury S, Stone CK (1996) Respiratory arrest after intramuscular ketamine in a 2-year-old child. Am J Emerg Med 14: 580–581 51. Molter G, Castor G, Altmayer P, Büch U (1990) Psychosomatische, sedative und hämodynamische Reaktionen nach präoperativer oraler Gabe von Midazolam bei Kindern. Klin Pädiatr 202: 328–333 52. Morishima HO, Pedersen H, Finster M, Sakuma K, Bruse SL, Gutsche BB, Stark RI, Covino BG (1981) Toxicity of lidocaine in adult, newborn and fetal sheep. Anesthesiology 55: 57–61 53. Morton NS (1998) Total intravenous anaesthesia (TIVA) in pediatrics: advantages and disadvantages. Paed Anaesth 8: 189–194 54. Mühlendahl KE v (1996) Sedierung bei Kindern für Diagnostik und kleine therapeutische Eingriffe. In: Beushausen T, Kraus GB, Strauß J (Hrsg) Sedierung und Narkose bei diagnostischen Eingriffen im Kindesalter. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio 55. Niesel HC, Kaiser H (1991) Grenzdosis für Lokalanästhetika. Empfehlungen nach toxikologischen und pharmakokinetischen Daten. Regionalanästhesie 14: 79 56. Otte J, Stewens J, Tegtmeyer FK (1987) Midazolam (Dormicum) zur Sedierung von Kindern bei schmerzhaften Eingriffen. Monatsschr Kinderheilkd 135: 487–491 57. Parker RI, Mahan RA, Giugliano D, Parker MM (1997) Efficacy and safety of intravenous midazolam and ketamine as sedation for therapeutic and diagnostic procedures in children. Pediatrics 99: 427–431 58. Piazolo PP, Breck W, Bissinger KR, Hailer D, Hardt D (1988) EMLA®-Creme verhindert den Shunt-Punktionsschmerz bei Haemodialyse-Patienten im Doppelblind-Vergleich zu Placebo. Nieren Hochdruckkr 17: 236–240 59. Powers KS, Van der Jagt E, Sullivan JS (1997) Safe and effective deep sedation with propofol of children un-

60.

61.

62.

63.

64.

65.

66. 67. 68.

69.

70.

71.

72.

73.

74.

75.

76.

dergoing painful procedures in the outpatient setting. Pediatrics 100: 458 Raoof AA, van Obbergh LJ, Verbeck RK (1995) Propofol pharmacokinetics in children with biliary atresia. Br J Anaesth 74: 46–49 Reinhold P, Storms FJ (1996) Relevance of methaemoglobinaemia induced by application of EMLA® in term and preterm neonates. 11th World Congress of Anaesthesiologists (Abstr) Reinhold P, Graichen B (1999) Propofol zur Sedierung bei pädiatrischen Kernspintomographie-Untersuchungen. Klin Pädiatr 211: 40–43 Reinhold P, Usselmann B (1999) Der nichtbestimmungsgemäße Gebrauch zugelassener Medikamente in der Anästhesie. Anästh Intensivmed 40: 701–708 Rey E, Delauny L, Pons G, Murat I et al. (1991) Pharmacokinetics of midazolam in children: Comparative study of intranasal and intravenous administration. Eur J Clin Pharmacol 41: 355–357 Schirle P (1996) Sedierung oder Narkose bei diagnotischen Maßnahmen im Kindesalter. In: Beushausen T, Kraus GB, Strauß J (Hrsg) Sedierung und Narkose bei diagnostischen Eingriffen im Kindesalter. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Sebel PS, Lowdon JD (1989) Propofol, a new intravenous anesthetic. Anesthesiology 71: 260–277 Short AM, Aun CST (1991) Hemodynamic effects of propofol in children. Anaesthesia 46: 783–785 Sievers TD, Yee JD, Foley RN, Blanding PJ, Berde CB (1991) Midazolam for conscious sedation during pediatric oncology procedures: safety and recovery parameters. Pediatrics 88: 1172–1179 Smith M, Eadie M, O’Rourke B (1981) The pharmacokinetics of midazolam in man. Eur J Clin Pharmacol 19: 271–278 Taddio A, Shennan AT, Stevens B, Leeder JS (1995) Safety of lidocaine-prilocaine-cream in the treatment of preterm neonates. Pediatrics 127: 1002–1005 Taddio A, Ohlsson, A, Einarson TR, Stevens B, Koren G (1998) A systematic review of lidocaine-prilocaine-cream (EMLA®) in the treatement of acute pain in neonates. Pediatrics 101: E1 Tashiro C, Matsui Y, Nakano S (1991) Respiratory outcome in extremely premature infants following ketamine anaesthesia. Can J Anaesth 38: 287–291 Tobias JD, Phipps S, Smith B, Mulhern RK (1992) Oral ketamine premedication to alleviate the distress of invasive procedures in pediatric oncology patients. Pediatrics 90: 537–541 Vangerven M, Van Hemelrijck J, Wouters P, Vandermeersch E, Van Aken H (1992) Light anaesthesia with propofol for pediatric MRI. Anaesthesia 47: 706– 707 Valtonen M, Salonen M, Forssell H, Scheinin M, Viinamaki O (1989) Propofol infusion for sedation in outpatient oral surgery: A comparison with diazepam. Anaesthesia 44: 730– 734 Vandermeersch E, van Hemelrijck J, Byttebier G, Van Aken H (1989) Pharmacokinetics of propofol during con-

203 Literatur

tinuous infusion for pediatric anesthesia. Acta Anaesth Belg 40: 161–165 76a. Vasile B, Masulo F, Candiani A, Latronico N (2003) The pathophysiology of propofol infusion syndrome: a simple name for a complex syndrome. Intensive Care Med 29: 1417–1425 76b. Von Heijne M, Bredlöv B, Söderhäll S, Ollson GL (2004) Propofol or propofol-alfentanil anesthesia for painful procedures in the pediatric oncology ward. Ped. Anesth 14: 670–675 77. Zeltzer LK, Altman A, Cohen D et al. (1990) Report of the subcommitee on the management of pain associated procedures in children with cancer. Pediatrics 86: 826– 831 78. Ziegler JW, Todres ID (1992) Intubation in newborns. Am J Dis Child 146: 147–149

11

12 Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen R. Sittl, N. Griessinger, K. Becke, C. Geiß und D. Märkert 12.1

Einleitung – 206

12.2

Schmerzmessung – 206

12.3

Medikamentöse Schmerztherapie – 206

12.3.1 Applikationswege von Analgetika – 206 12.3.2 Medikamente zur postoperativen Schmerztherapie – 207 12.3.3 Regionalanästhesiologische Verfahren – 210

12.4

Organisation der postoperativen Schmerztherapie bei Kindern am Beispiel des Erlanger Akutschmerzdienstes (ASD) – 212

12.5

Fazit – 215 Literatur – 215

206

Kapitel 12 · Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

)) 12.1

12

Einleitung

Der postoperative Schmerz bei Kindern wird in den meisten Kliniken unzureichend behandelt [2, 29]. Kinder erhalten weniger, seltener und darüber hinaus noch schwächere Analgetika als Erwachsene [6]. Neuroanatomische und neurophysiologische Erkenntnisse zeigen allerdings, dass Kinder gleiches Schmerzempfinden wie Erwachsene haben. Demnach muss man bei Kindern von einer erheblichen schmerztherapeutischen Unterversorgung ausgehen [2, 7]. Dafür wesentliche Ursachen sind in mangelnden schmerz-physiologischen und -pharmakologischen Grundkenntnissen der verantwortlichen Ärzte zu suchen. Unzureichende Überwachungsmöglichkeiten und damit verbunden die – berechtigte – Angst vor ernsten Nebenwirkungen führen auch bei engagierten Kollegen immer wieder dazu, Kindern eine effektive Schmerztherapie vorzuenthalten. In verschiedenen Ländern wurden Empfehlungen zur postoperativen Schmerztherapie bei Kindern veröffentlicht [11, 17, 34]. Auch in Deutschland findet die Kinderschmerztherapie in den Empfehlungen einer interdisziplinären Expertenkommission zur Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen Berücksichtigung [33]. Eine konsequente Umsetzung der dort dargestellten Therapiemöglichkeiten bei Kindern erscheint umso dringlicher, weil durch den Einsatz kurz wirksamer Substanzen in der Narkoseführung (Remifentanil, Sevofluran) neue Anforderungen an die frühe postoperative Schmerztherapie gestellt werden.

12.2

Schmerzmessung

Voraussetzung für eine effektive adaptierte Schmerztherapie ist eine altersgerechte Schmerzmessung. In der täglichen Praxis wird die Schmerzbeurteilung durch die bei Kindern schwierige Differenzierung von Angst und Schmerz erschwert. Bei Kindern bis zum 3. Lebensjahr empfiehlt sich die Verwendung von Fremdbeurteilungsskalen, die physiologische und verhaltensrelevante Parameter erfassen. Verbreitet sind der objektive Schmerzscore [8] und die kindliche Unbehagensund Schmerzskala (KUSS, 7 Anhang B und [9]). Ab

dem 4. Lebensjahr können bereits Skalen zur Selbsteinschätzung erfolgreich eingesetzt werden, wobei die Smiley-Skala die bekannteste ist. Ab dem 6.–7. Lebensjahr haben sich in unserer Klinik Analogskalen mit einem Skalenbereich von 0–10 bewährt (7 Kap. 4 sowie Anhang B). Durch genaue Beobachtung, Untersuchung und gezielte Fragen müssen neben der Schmerzstärke in Ruhe und Belastung auch Informationen über Schmerzcharakter, -dauer und -lokalisation erhoben werden. Eltern sind bei der Informationsgewinnung mit einzubeziehen (7 Kap. 4).

12.3

12.3.1

Medikamentöse Schmerztherapie Applikationswege von Analgetika

Bereits präoperativ kommen Nichtopioide (Ibuprofen, Paracetamol) in Form von Suppositorien zum Einsatz. Postoperativ empfiehlt sich die intravenöse Gabe von kleinen Analgetikamengen, wodurch der erwünschte Effekt schnell und einfach durch Titration erreicht werden kann. Eine i.m.-Analgetika-Injektion ist bei Kindern generell abzulehnen; Kinder ertragen ihre Schmerzen lieber, als dass sie sich i.m. injizieren ließen. Bei länger anhaltenden starken Schmerzen (>24 h Dauer) ist eine kontinuierliche Analgetikazufuhr per Spritzenpumpe anzustreben, wobei die Injektionsgeschwindigkeit je nach Schmerzintensität im Abstand von 2–4 h angepasst werden sollte. Sogenannte »Schmerztropfs« (Infusionsflaschen mit Analgetika) sind wegen der Möglichkeit der akzidentellen unkontrollierten Schwerkraftinfusion obsolet. Die patientenkontrollierte Analgesie (PCA) mit Hilfe von PCA-Systemen eignet sich für Kinder ab dem 6. Lebensjahr (»Gameboy-fähig« = PCA-fähig, [3, 31]). Sind bei Kleinkindern die Eltern am Bett anwesend, kommt in Ausnahmefällen auch eine elternkontrollierte Analgesie in Frage. Die Grundlage für einen sicheren und effektiven Einsatz von patienten-, pflegekraft- oder elternkontrollierten Therapieverfahren ist die Einrichtung von speziellen Organisationsformen, z. B. Akutschmerzdiensten.

12

207 12.3 · Medikamentöse Schmerztherapie

12.3.2

Medikamente zur postoperativen Schmerztherapie

. Tabelle 12.1. Dosierungsvorschläge für oral zu verabreichende Nichtopioid-Analgetika

Nicht-opioidhaltige Analgetika Die Beschränkung auf wenige Nicht-Opioide, die auch in kindgerechter Applikationsform und Dosierung zur Verfügung stehen, hat sich bewährt (. Tabelle 12.1). Paracetamol als Zäpfchen oder Tablette ist bei weniger schmerzhaften Eingriffen als Basisanalgetikum geeignet. Die Gabe von Suppositorien bereits bei Narkoseinleitung hat sich bewährt, wobei eine initiale Dosierung von 20–40 mg/kg KG empfohlen wird [1]. Die maximale Tagesdosis liegt bei 90–100 mg/kg KG. Diese Maximaldosierung darf aber nicht über längere Zeit (Kinder 3 Monate für 72 h) verabreicht werden. Mittlerweile ist die i.v.-Gabe von Paracetamaol (Perfalgan®) für Kinder ab 1 Jahr bzw. ab 10 kg zugelassen (15 mg/kg alle 6 h). Paracetamol ist potenziell lebertoxisch [26]; eine bekannte Leberfunktionsstörung gilt als Kontraindikation für eine Paracetamoltherapie. Nach knochenchirurgischen Eingriffen und bei sog. Nozizeptorschmerzen, bei denen Entzündungsmediatoren am Schmerzgeschehen beteiligt sind, kommen nicht-steroidale Antiphlogistika wie Diclofenac (z. B. Voltaren®) oder Ibuprofen zum Einsatz. Diclofenac liegt in Zäpfchenform à 25 mg vor. Ibuprofen kann bei Kindern als Saft (z. B. Nurofen®) oder als Brausegranulat eingesetzt werden. Nach Tonsillektomien verwenden wir wegen der erhöhten Blutungsgefahr keine NSAR. Die selektiveren Cox-2-Hemmer sind nicht für Kinder zugelassen. Diese Medikamente zeigen bei Kindern eine schnellere Elimination [32]. Seit 2001 gibt es den i.v. applizierbaren Cox-2-Hemmer Parecoxib (Dynastat®), ein Prodrug von Valdecoxib, der in einer Dosierung von 0,5 mg/kg KG 2-mal/Tag verabreicht werden kann. Jedoch besteht auch bei diesem Analgetikum keine Zulassung für Kinder. Außerdem haben schwerwiegende Hautreaktionen nach Gabe von Valdecoxib zu einer starken Verunsicherung geführt. Bei viszeralen Schmerzen, bei Schmerzen mit kolikartigem Charakter ist Metamizol eine gute Wahl. Die intravenöse Bolusdosis (extrem langsam injizieren, besser: Kurzinfusion über 15 min)

Paracetamola Diclofenac Ibuprofen Metamizol

Einzeldosis [mg/kg KG]

Dosisintervall [h]

15 1 10 10

6 8 6 4

a Initialdosis von 20–40 mg/kg KG empfehlenswert. Absolute THD (Tageshöchstdosis) 100 mg/kg KG; THD nicht länger als 72 h verabreichen.

beträgt 10–20 mg/kg KG/Dosis. Sinnvollerweise gibt man Metamizol als Dauerinfusion (2,5–3,0 mg/ kg KG/h). Zuvor sollte unbedingt eine ausführliche Allergieanamnese erhoben werden. Mit Beginn der Infusion sollte der Blutdruck überwacht werden. Schließlich gilt auch bei Kindern: Bei unzureichender Analgesie mit nicht-opioidhaltigen Analgetika ist die Kombination mit Opioiden oder alternativ der Übergang auf eine Opioidmonotherapie anzuraten.

Opioide Bei der Opioidauswahl sollten möglichst µ-Agonisten eingesetzt werden. Früh- und Neugeborene benötigen »mehr Opioide zur Analgesie«, sind allerdings gleichzeitig hinsichtlich des Auftretens einer Atemdepression besonders gefährdet [14, 22, 30]. Das schwache Opioid Tramadol empfehlen wir zur Behandlung von mittelschweren Schmerzen. Tramadol kann oral, rektal oder parenteral verab-

. Tabelle 12.2. Dosierungsvorschläge für eine kontinuierliche intravenöse Therapie mit Tramadol (100 mg auf 40 ml NaCl, 1 ml , 0,25 mg) Gewicht [kg]

Dosierung [mg/h]

Dosierung [ml/h]

10 20 30 40 50

2,5 5,0 7,5 10,0 12,5

1 2 3 4 5

208

Kapitel 12 · Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

reicht werden. Die Bolusgröße bei parenteraler Gabe liegt zwischen 0,5 und 1,5 mg/kg KG (. Tabelle 12.2). Der Bolus sollte als Kurzinfusion (15–30 min) verabreicht werden, wodurch vermindert Übelkeit auftritt. Sinnvollerweise wird Tramadol postoperativ kontinuierlich i.v. gegeben, um konstante Plasmakonzentrationen zu erzielen. Die Flussrate muss entsprechend der Schmerzwerte 2- bis 4-stündlich angepasst werden. Die kontinuierliche Tramadolgabe führt im Vergleich zur Schmerztherapie mit anderen Opioiden zu keiner erhöhten Rate an Übelkeit und Erbrechen [15]. Bei Überdosierungen sind Krampfanfälle möglich. Dosierungsvorschläge für eine kontinuierliche intravenöse Therapie mit Tramadol zeigt . Tabelle 12.3.

Zu beachten bei Kombinationstherapie von Tramadol mit Metamizol 5 Tramadol: 0,25 mg/kg KG/h 5 Metamizol: 2,5 mg/kg KG/h 5 Spritzenpumpe in 40 ml: 100 mg Tramadol + 1,0 g Metamizol 5 Allergieanamnese beachten 5 evtl. Bolusgabe vorab 5 Blutdruckkontrolle nach Infusionsbeginn 5 Dosisanpassung 2- bis 4-stündlich (Schmerzwert) 5 Dokumentation nach Protokoll 5 Bei Kindern >50 kg KG empfiehlt sich die Verwendung von Spritzenpumpen mit höheren Tramadol- und Metamizolmengen (z. B. 500 mg Tramadol und 5 g Metamizol auf 50 ml, Laufrate 1,5–2 ml/h)

Zu beachten bei kontinuierlicher i.v.-Therapie mit Tramadol

12

Insbesondere bei viszeralen Schmerzen, z. B. nach ausgedehnten urologischen Eingriffen, kann die Kombination von Tramadol mit Metamizol bei Kindern eingesetzt werden (. Tabelle 12.4). In manchen Zentren wird Butylscopolaminbromid (Buscopan®) in einer Dosierung von 1 mg/kg KG/Tag in Form einer kontinuierlichen Infusion verwendet. Bei extremen kolikartigen Schmerzen (z. B. Blasenkrämpfe nach urologischen Operationen) muss der zusätzliche Einsatz von Midazolam in Form einer kontinuierlichen Infusion diskutiert werden. Die individuelle Dosis muss durch Titration ermittelt werden (Anfangsdosierung: 0,2 mg/kg KG/Tag).

5 Tramadol kontinuierlich 0,25 mg/kg KG/h (entsprechend 6 mg/kg KG/Tag); Spritzenpumpe: 100 mg Tramadol auf 40 ml 5 evtl. Bolusgabe vorab (0,5–1,0 mg/kg KG) 5 Dosisanpassung 2- bis 4-stündlich (Schmerzwert) 5 Dokumentation von Schmerzwerten und Nebenwirkungen nach Protokoll 5 bei >50 kg KG empfiehlt sich die Verwendung von Spritzenpumpen mit höheren Tramadolmengen (z. B. 500 mg auf 50 ml, Laufrate 1,5–2 ml/h)

. Tabelle 12.3. Dosierungsvorschläge für Opioide Kontinuierlich [mg/kg KG]

PCA-Bolus

6

0,25

0,2

20

0,25 0,5 0,05–0,1

– – –

0,01–0,03

0,025

2

0,05–0,1



0,01–0,03

0,025

2

Applikationsweg [mg/kg KG]

Einzeldosis [mg/kg KG]

Maximale Tagesdosis [mg/kg KG/h]

Tramadol

Oral, rektal Oral retard.

0,5–1,5 0,5–2,0

6–8 6–8

Tramadol

Intravenös

0,5–1,0

Morphin

Oral, rektal Oral retard. Intravenös Intravenös

Opioid

Piritramid

Maximaler PCA-Bolus

[mg]

12

209 12.3 · Medikamentöse Schmerztherapie

. Tabelle 12.4. Dosierungsvorschläge für eine kontinuierliche intravenöse Kombinationstherapie mit Tramadol und Metamizol (100 mg Tramadol + 1 g Metamizol auf 40 ml NaCl 0,9% ,1 ml  0,25 mg Tramadol und 2,5 mg Metamizol) Gewicht [kg]

Dosierung [ml/h]

10 20 30 40 50

1 2 3 4 5

Bei Kindern, die postoperativ bereits wieder schlucken dürfen, ist als schwaches Opioid Tramadol in seiner retardierten Form (z. B. Tramundin® retard in einer Dosierung von 1–2 mg/kg KG 2- bis 3-mal täglich) geeignet. Ebenfalls zugelassen für Kinder ist Tilidin/Naloxon (z. B. Valoron N®). Pethidin, das derzeit noch häufig in Kinderkliniken verwendet wird, ist zur längeren kontinuierlichen Gabe ungeeignet, da seine aktiven Metaboliten zerebrale Krampfanfälle auslösen können [19]. Von den starken Opioiden wird in Deutschland Morphin vorwiegend bei Kindern mit onkologischen Erkrankungen eingesetzt, bei denen erwartet werden kann, dass sie eine Schmerztherapie über die unmittelbare postoperative Phase hinaus benötigen. Die intravenöse Initialdosis liegt für opioidnaive Kinder bei 50–100 µg/kg KG (. Tabelle 12.5); zur kontinuierlichen Anwendung werden 10–30 µg/kg/h gegeben. Bei allen anderen Kindern setzen wir traditionell im Aufwachraum kleine Dosen (20–50 µg/kg KG) Piritramid ein, die vom

. Tabelle 12.5. Dosierungsvorschläge für die intravenöse Schmerztherapie mit Piritramid im Aufwachraum. Piritramid (Dipidolor®) als Bolusgabe (15 mg auf 10 ml NaCl 0,9 %) Gewicht [kg]

Bolus [mg]

Bolus [ml]

12,5–25 25–40 40–60 >60

0,375 1,5 2,25 3

0,25 1 1,5 2

Pflegepersonal titrierend i.v. gegeben werden (. Tabelle 12.5).

Zu beachten bei intravenöser Schmerztherapie mit Piritramid im Aufwachraum 5 15 mg auf 10 ml NaCl 0,9 % 5 Ausschlusszeit: 5 min 5 Verbrauch >5 Einzelgaben/h: Arzt verständigen 5 Für Opioidüberdosierung (Sedierung zu stark; AF 60

0,5 1 1,5 2

10 10 10 10

210

Kapitel 12 · Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

Bei Kindern 2,0 ng/ml zu erwarten sind. Anstelle von Bupivacain 0,25 % kann auch Ropivacain 0,2 % verwendet werden.

Zu beachten bei Periduralanästhesie mit Bupivacain und Morphin zur postoperativen Schmerztherapie 5 Angegebene Dosierungen sollten nicht überschritten werden 5 Kontinuierliches Atemmonitoring bei Verwendung von Morphin 5 Bei Säuglingen Dosisreduktion um 50 % 5 Regelmäßige Überwachung von Motorik und Sensibilität

212

Kapitel 12 · Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

. Tabelle 12.9. Patientenkontrollierte Periduralanästhesie (PCEA) bei Jugendlichen mit Ropivacain und Sufentanil Arzneistoff

Bolus

Kontinuierliche Infusion

Ausschlusszeit

Ropivacain 0,2 % + Sufentanil (1 µg/ml)

2–3 ml

3–5 ml/h

30 min

Wird Sufentanil zur periduralen Analgesie verwendet, beträgt die Bolusdosierung 2–3 µg. Wichtige Nebenwirkungen sind Juckreiz und Harnverhalt. Aufgrund der Gefahr der Atemdepression ist eine adäquate Überwachung von Atmung und Sedierung obligatorisch (7 Abschn. 12.4). Bei Kindern und Jugendlichen haben wir gute Erfahrungen mit der patientenkontrollierten Periduralanästhesie (PCEA) mit einer Mischung von Ropivacain 0,2 % und Sufentanil (0,5–1 µg/ml) gemacht (. Tabelle 12.9) [18, 20]. Um die Vorteile der Periduralanästhesie (sehr gute Analgesie auch bei Bewegung, verringerte Morbidität bei Risikopatienten) in der täglichen Praxis zu gewährleisten, bedarf es eines großen Betreuungsaufwands (Akutschmerzdienst).

12

Ko-analgetika und nicht-medikamentöse Verfahren in der postoperativen Schmerztherapie Um Koanalgetika gezielt als Zusatzmedikation einsetzen zu können, müssen durch Befragung oder Beobachtung ausreichend Informationen über den Schmerzcharakter und damit über die Schmerzart erhoben werden (7 Kap. 3). Bei intermittierenden kolikartigen Schmerzen empfehlen sich Spasmolytika (7 Abschn. 12.3.2), bei neuropathischen Schmerzen Antikonvulsiva und Antidepressiva. Als nicht-medikamentöses Verfahren kann auch bei Kindern die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) eingesetzt werden. Bei neuropathischen Schmerzen mit Allodynie kann eine Behandlung mit Lidoderm patch erfolgen [27], der bisher noch über die Auslandsapotheke bestellt werden muss. Einfache Methoden der Schmerztherapie wie Ruhigstellung, Kältetherapie u. a. sollten selbstverständlich sein und werden an dieser Stelle nicht gesondert dargestellt (7 Kap. 6, 7). Die psychologischen Methoden der Schmerztherapie sind bei Kindern besonders wirksam und wichtig (7 Kap. 7). Leider stehen den deutschen

Akutkrankenhäusern kaum Mittel zur Verfügung, hierfür professionelle Kräfte einzusetzen. Der Einsatz von professionellen Psychologen und Sozialarbeitern ist derzeit nur auf kinderonkologischen Stationen möglich. Die Anwesenheit der Eltern nach Operationen vermag die Ängste der Kinder zu verringern und damit einen positiven Einfluss auf das Schmerzempfinden zu nehmen. Ausnahmen müssen erkannt und ihr negativer »Schmerzeinfluss« durch gezielte offene Gespräche verringert werden ([10], 7 Kap. 7).

12.4

Organisation der postoperativen Schmerztherapie bei Kindern am Beispiel des Erlanger Akutschmerzdienstes (ASD)

Voraussetzungen Die Verantwortlichkeit in der Durchführung der postoperativen Schmerztherapie muss in jeder Klinik klar geregelt sein. In unserer Klinik betreut der ASD die Kinder konsiliarisch nach großen Operationen. Außerdem übernimmt er die Therapie bei Kindern mit problematischen Schmerzsyndromen (z. B. Tumorschmerzen, Nervenschmerzen). Der ASD, der aus erfahrenen Schmerztherapeuten und Fachpflegekräften besteht, muss ständig erreichbar sein. Dies wird in erster Linie durch einen ärztlichen Rufdienst gewährleistet, der nach Dienstende und am Wochenende über die Pforte verfügbar ist. Für die ASD-Pflegekräfte besteht am Samstag eine Rufbereitschaft, um in Zusammenarbeit mit den ASD-Ärzten die Pumpentherapien am Wochenende sicherzustellen.

Aufgabengebiete Das Team des ASD legt Therapiestandards für den Aufwachraum, die Intensiv- und Allgemeinstation fest. Sie ermöglichen z. B. bei Schmerzäußerungen

213 12.4 · Organisation der postoperativen Schmerztherapie bei Kindern

der Kinder das sofortige Handeln des Personals. Führen die empfohlenen Richtlinien zu keiner angemessenen Schmerzlinderung, wird das Kind dem ASD vorgestellt. Algorithmen für die Indikationsstellung einer PCA-Therapie unterstützen die Handlungsweise des Personals. Standardisierte Überwachungskriterien und Dokumentationsprotokolle erleichtern die Arbeit des Pflegepersonals bei einer PCA-Therapie Die erfolgreiche Umsetzung eines Akutschmerzkonzeptes wird durch ein regelmäßiges Fortbildungsangebot durch die Ärzte und Pflegekräfte des ASD getragen. Insbesondere die Schulung des Pflegepersonals im Umgang mit dem PCA-System und hinsichtlich Überwachungskriterien nimmt eine zentrale Stellung ein. In kleinen Gruppen mit höchstens 10 Teilnehmern finden Geräteeinweisungen statt. Die Handhabung und Tastenfunktionen der Pumpe werden besprochen – mit Ausnahme der Programmierung der Parameter und der Veränderung der Medikamentendosierung, die allein den Mitarbeitern des ASD zugänglich ist (Benutzerhierarchie). In praktischen Übungen wird das Beheben kleinerer Pumpenprobleme geübt (z. B. Verstopfungsalarm). Darüber hinaus werden die Grundlagen der Periduralanalgesie, die wichtigsten Methoden der Schmerzmessung, die Erfassung der Nebenwirkungsparameter, die Früherkennung von Komplikationen und das Ergreifen entsprechender Gegenmaßnahmen vermittelt. Über den informativen Charakter hinaus können bei diesen Fortbildungen mögliche Probleme zwischen dem Personal des ASD und dem Pflegepersonal abgebaut und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden [24].

Arbeitsweise Bei geplanten Eingriffen werden Kinder und Eltern präoperativ über die Methode der patientenkontrollierten intravenösen und periduralen Analgesie aufgeklärt. Vorteile und Komplikationen werden erläutert und Alternativen dargelegt. Für die praktische Vorbereitung und Durchführung der patientenkontrollierten Analgesie ist der ASD verantwortlich. Die epiduralen und intravenösen PCA-Systeme werden nach der schriftlichen Anordnung des Arztes durch die Pflegekraft geprüft, programmiert und die entsprechende Spritzenoder Beutelbefüllung wird vorgenommen. Der Arzt kontrolliert die Pumpen-Einstellungen (»double

12

check«) und schließt das PCA-System zusammen mit der ASD-Pflegekraft an. Wenn das PCA-System in Verbindung mit einer Schwerkraftinfusion läuft, muss ein Rückschlagventil vorgeschaltet sein. Die Bolusgabe kann bei kleinen Venenzugängen schmerzhaft sein. Deshalb sollte die Bolusabgabezeit im Vergleich zu der bei Erwachsenen verlängert werden (z. B. 2–3 min). Nach dem Anschluss übernimmt das Pflegepersonal der Station die Verantwortung für die Überwachung der patientenkontrollierten Analgesie. Die zuverlässige Überwachung ist eine grundlegende Voraussetzung für einen sicheren und effektiven Einsatz der PCA mit starken Opioiden bei Kindern [14]. Nur so können frühzeitig opioidbedingte Atemdepressionen und daraus resultierende Hypoxämien, aber auch technische Fehler erkannt werden. Für die Überwachung der PCA-Therapie werden ein Überwachungsprotokoll und ein Pulsoximeter vorbereitet, welche am Bett des Kindes verbleiben. Die O2-Sättigung wird in der 1. Nacht kontinuierlich gemessen. Die Dokumentation erfolgt in den ersten 4 h nach Anschluss des PCA-Systems stündlich und bis 8 Uhr des folgenden Tages 2-stündlich. Danach wird die Überwachung bis zum Abschluss der PCA-Therapie 4-stündlich dokumentiert. Die festgelegten Zeiten für die Überwachung sind im Protokoll durch den ASD farblich hervorgehoben. Das Pflegepersonal erfasst und dokumentiert folgende Überwachungsparameter: Schmerzintensität in Ruhe und unter Belastung z. B. tiefes Einatmen (0 = kein Schmerz, 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz), Puls/Blutdruck, Atemfrequenz und O2Sättigung, Nebenwirkungen (Sedierungsgrad, Übelkeit/Erbrechen, Juckreiz, Harnverhalt) sowie bei rückenmarksnahen Vefahren Sensibilität und Motorik (. Abb. 12.1). Die Sicherheit der periduralen Analgesie wird dadurch verbessert, dass Kinder aufgefordert werden, Beeinträchtigungen der Motorik und Sensibilität sofort dem Pflegepersonal oder den Eltern mitzuteilen, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Der Arzt des ASD führt täglich eine morgendliche Visite durch. Darüber hinaus finden am Nachmittag eigenständige Visiten des ASD-Pflegepersonals statt. Hierbei werden der ordnungsgemäße Betrieb des PCA-Systems, die laufende Therapie und die Dokumentation der Überwachungsparameter überprüft. Notwendige Wechsel der Medikamen-

214

Kapitel 12 · Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

FRIEDRICH-ALEXANDER-UNIVERSITÄT ERLANGEN-NÜRNBERG KLINIK FÜR ANÄSTHESIOLOGIE SCHMERZAMBULANZ ÜBERWACHUNGSPROTOKOLL

12

Schmerzwert: 0 = kein Schmerz 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz R = Ruhe B = Belastung

Sedierungsgrad: 0 = wach 1 = auf Ansprache Augen öffnen 2 = auf Schütteln Augen öffnen 3 = nicht erweckebar Notruf: 33 333

Sensibilitätsstörung: 0 = nein 1 = ja Schmerzdienst verständigen

Störung der Motorik: 0 = nein 1 = ja Schmerzdienst verständigen

Atemfrequenz: ≤ 8/min → Schmerzdienst verständigen

Sauerstoffsättigung: < 90% (mit Nasensonde) < 85% (ohne Nasensonde) → Schmerzdienst verständigen

. Abb. 12.1. Überwachungsprotokoll

215 12.5 · Fazit

tenreservoirs werden durchgeführt und Fragen des Stationspflegepersonals geklärt. Bei Patienten mit Periduralkatheter werden täglich Einstichstelle und Verband kontrolliert und gegebenenfalls erneuert. Die Entfernung des Periduralkatheters nach Kontrolle der Gerinnungsfaktoren wird ausschließlich von den Mitarbeitern des ASD vorgenommen. Die Kinder werden gebeten, auftretende Beeinträchtigungen wie Schmerzen im Rücken und den Beinen, sensible und motorische Ausfälle nach dem Entfernen sofort den Eltern oder dem Pflegepersonal zu berichten. In unserer Klinik ist bei Kindern ab dem 12. Lebensjahr die Low-dose-Heparinisierung zur Thromboseprophylaxe zu berücksichtigen. Die Gabe von fraktioniertem Heparin erfordert ein Zeitintervall von 10–12 h vor dem Entfernen bzw. 4 h nach dem Entfernen (Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin). Nach dem Entfernen des Katheters wird die Schmerztherapie (p.o. oder i.v.) nach den Bedürfnissen des Kindes weitergeführt. In Ausnahmefällen kann die Therapie mittels subkutaner Injektionen oder Infusionen fortgeführt werden. Um wiederholte Venenpunktionen zu vermeiden, empfiehlt sich die Verwendung einer Klebenadel. Die Daten des PCA-Systems werden in eine EDV-Datenbank eingelesen. Im Rahmen der Qualitätssicherung werden die Überwachungsprotokolle auf Vollständigkeit überprüft und evaluiert [12]. Am folgenden Tag erfolgt in der Regel die abschließende Visite. Dabei werden die Kinder gebeten, anhand einer Schulnote (1 = sehr gut, 6 = ungenügend) die Zufriedenheit mit der Therapie zu bewerten.

12.5

Fazit

Eine Verbesserung der Schmerztherapie bei Kindern ist dringend erforderlich. Zu diesem Zweck muss in den Kliniken ein Bewusstsein für den kindlichen Schmerz entstehen. Solch eine Bewusstseinsgrundlage erlaubt dann auch den verstärkten Opioideinsatz, der nur unter Schaffung ausreichender Überwachungsmöglichkeiten vertretbar ist. Die optimale Schmerztherapie nach Operationen wird auch dadurch erschwert, dass viele bewährte Medikamente für Kinder nicht zugelassen sind. (Bei Verwendung dieser Medikamente emp-

12

fiehlt sich aus forensischen Gründen, die Eltern präoperativ über den Einsatz dieser Substanzen aufzuklären.) Auf allgemeinen Pflegestationen vermag die Zusammenlegung von Kindern in sog. »Frischoperiertenzimmer« die Opioidtherapieüberwachung wesentlich zu vereinfachen. Die Schaffung von Akutschmerzdiensten ist die effektivste Methode zur Verbesserung der Schmerztherapie [21]. In kleinen Kliniken sollte es zumindest einen Schmerzbeauftragten geben. Aufgabe von Akutschmerzdienst und Schmerzbeauftragtem ist es, Standardtherapieverfahren zu entwickeln, die auf die speziellen jeweiligen Klinikgegebenheiten zugeschnitten sind, und operierenden Kollegen und Pflegepersonal intensive Fortbildung anzubieten [5]. Letztendlich ist auch für die postoperative Schmerztherapie eine Standardisierung mit Spielraum für individuelle Dosisanpassungen zu fordern analog zu den Tumorschmerzempfehlungen der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie [35].

Literatur 1. Anderson BJ, Woolard GA, Holford NHG (1995) Pharmacokinetics of rectal paracetamol after major surgery in children. Paediat Anaesth 5: 237–242 2. Berde CB, Sethna NF (2002) Analgesics for the treatment of pain in children. N Engl. J med 347: 1094–1103 3. Berde CB, Lehn B, Yee JD, Sethna NF, Russo D (1991) Patient controlled analgesia in children and adolescents. J Pediatr 118: 460–466 4. Berde CB, Sethna NF, Levin L, Retnik A (1989) Regional analgesia on pediatric medical and surgical wards. Intens Care Med 15: 40–43 5. Berde CB, Sethna NF, Masek BJ, Fosburg M, Rocklin S (1989) Pediatric pain clinics: Recommendation for their development. Pediatrician 16: 94–102 6. Beyer JE, De Good DE, Ashley LC, Russel GA (1983) Patterns of postoperative analgesic use with adults and children following cardiac surgery. Pain 17: 71–81 7. Bremerich DH, Neidhart G, Roth B, Kessler P, Behne M (2001) Postoperative Schmerztherapie im Kindesalter. Anästhesist 50: 102–112 8. Broadman LM, Rice LJ, Hannallah RS (1988). Testing the validity of an objective pain scale for infants and children. Anesthesiology 69: A770 9. Büttner W, Breitkopf L, Miele B, Finke W (1990) Erste Ergebnisse der Zuverlässigkeit und Gültigkeit einer deutschsprachigen Skala zur quantitativen Erfassung des postoperativen Schmerzes beim Kleinkind. Anästhesist 39: 593–602

216

12

Kapitel 12 · Postoperative Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

9a. Cook B, Grubb DJ, Aldridge LA, Doyle E (1995) Comparison of the effects of adrenaline, clonidine and ketamine on the duration of caudal analgesia produced by bupivacaine in children. Br J Anaesth 75(6): 698–701 9b. Da Conceicao MJ, Coelho L, Khalil M (1999) Ropivacaine 0.25% compared with bupivacaine 0.25% by the caudal route. Paediatr Anaesth 9(3): 229–233 10. Dalens BJ (1990) Pediatric regional anesthesia. CRC, Boca Raton, Florida 11. Deshpande JK, Tobias JD (1996) The pediatric pain handbook. Mosby, St. Louis 12. Geiß C, Märkert D, Koppert W, Grießinger N, Sittl R (2001) Überwachung der patientenkontrollierten Analgesie (PCA) durch den Pflegedienst auf Allgemeinstationen. Schmerz 15: 126–130 13. Gil KM, Ginsberg B, Muir M, Sullivan F, Williams D (1992) Patient controlled analgesia: The relation of psycological factors to pain and analgesic use in adolescents with postoperative pain. Pain 8: 215–221 14. Gill AM, Cousins A, Nunn AJ, Choonara IA (1996) Opiate-induced respiratory depression in pediatric patients. Ann Pharmacother 30(2): 125–129 15. Grießinger N, Rösch W, Schott G, Sittl R (1997) TramadolInfusion zur Schmerztherapie nach großen Blaseneingriffen auf Kinderstationen. Urologe [A] 36: 552–556 15a. Hansen TG, Ilett KF, Reid C, Lim SI, Hackett LP, Bergesio R (2001) Caudal ropivacaine in infants: population pharmacokinetics and plasma concentrations. Anesthesiologiy 94(4): 579–584 16. Ivani G (2002) Ropivacaine: is it time for children? Paediatric Anaesthesia 12(5): 383–387 17. Jöhr M (1998) Kinderanästhesie, 4. Aufl. G. Fischer, Lübeck 18. Jylli L, Lundeberg S, Olsson GL (2002) Retrospective evaluation of continuous epidural infusion for postoperative pain in children. Acta Anaesthesiol Scand 46: 654–659 18a. Kahoru N, Katsuya M, Makoto S, Hidefumi O (1999) Clonidine in paediatric anaesthesia. Paediatr Anaesth 9(3) 187–202 18b. Khalil M, Campos C, Farag AM, Vije H, Ritchey M, Chuang A (1999) Caudal block in children: ropivacaine compared with bupivacaine. Anesthesiologiy 91(5): 1279–1284 19. Kussmann BD, Sethna NF (1998) Pethidine-associated seizure in a healthy adolescent receiving pethidine for postoperative pain control. Paediat Anaesth 8(4): 349– 352 20. Kokki H, Ruuskanen A, Karvinen M (2002) Comparison of epidural pain treatment with sufentanil-ropivacaine infusion with and without epinephrine in children. Acta Anaesthesiol Scand 46: 647–653 21. Lloyd-Thomas AR, Howard RF (1994) A pain service for children. Paediat Anaesth 4: 3–15 22. Lynn AM, Slattery JT (1987) Morphine pharmacokinetics in early infancy. Anesthesiology 66: 136–139 23. Maunuksela EL, Korpela R (1986) Doubleblind evaluation of a lidocaine-prilocaine cream (EMLA) in children. Br J Anaesth 58: 1242–1245 24. Meier C, Staffeld U, Röhrs E, Deltz E, Stoffregen C (1992) Probleme der postoperativen Schmerztherapie aus der

Sicht des Krankenpflegepersonals. Anästh Intensivmed 33: 227–231 25. Morton NS (1993) Development of a monitoring protocol for a safe use of opioids in children. Paediat Anaesth 3: 179–184 26. Morton NS, Arana A (1999) Paracetamol-induced fulminant hepatic failure in a child after 5 days of therapeutic doses. Paediat Anaesth 9: 463–465 26a. Morton NS (2000) Ropivacaine in children. Br J Anaesth 85(3): 344–346 27. Pahl IR, Grießinger N, Koppert W, Sittl R (2001) Die Behandlung von neuropathischen Schmerzen mit topischem Lidocain (Lidoderm-Pflaster) Anaesth Intensivmed 42: 523 28. Rasch DK, Webster DE, Pollard TG, Gurkowski MA (1990) Lumbar and thoracic epidural analgesia via the caudal approach for postoperative pain relief in infants and children. Can J Anaesth 37: 359–362 29. Schechter NL (1989) The undertreatment of pain in children: An overview. Pediatr Clin North Am 36: 781–795 30. Schlünder CH (1992) Analgesie durch Opioide in der Pädiatrie. Schmerz 6: 229–238 31. Sittl R, Mogendorf F, Huber H, Boujong D, Märkert D (1992) Patientenkontrollierte Schmerztherapie auf einer kinderchirurgischen Station nach Trichterbrust-Operationen. Anästhesist 41: 176 32. Stempale D, Gammon J, Klein J, Koren G, Baruchel S (2002) Single-dose and steady-state pharmacokinetics of celecoxib in children. Clin Pharmacol Ther 72: 490–497 33. Wulf H, Neugebauer E, Maier C (1997) Die Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen. Thieme, Stuttgart New York 34. Yaster M, Krane EJ, Kaplan RF, Cote CJ, Lappe DG (1997) Pediatric pain management and sedation handbook. Mosby, St. Louis 35. Zernikow B, Grießinger N, Fengler R (1999) Praktische Schmerztherapie in der Kinderonkologie. Empfehlungen der Qualitätssicherungsgruppe der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) Monatsschr Kinderheilk 147: 438–456

13 Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie B. Zernikow* 13.1

Einleitung – 218

13.2

Schmerzanamnese – 218

13.3

Schmerzmessung – 219

13.3.1 Schmerzmessskalen – 219 13.3.2 Schmerz- und Schmerztherapiedokumentation – 220

13.4

Schmerzbehandlung – 220

13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.4.4

Schmerztherapie bei therapie- und tumorassoziierten Schmerzen – 220 Besondere Schmerzsyndrome – 235 Patientenkontrollierte Analgesie (PCA) – 240 Schmerzhafte Eingriffe – 240

13.5

Fazit – 241 Literatur – 243

* Danksagung: Der Autor wird unterstützt durch die Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH, die Peter und Ruth Wirts-Stiftung (Schweiz) und »Eigenes Leben, Hilfen für Kinder mit Schmerzen oder lebensverkürzenden Erkrankungen e.V.«

218

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

)) 13.1

13

Einleitung

Noch vor 20 Jahren vertraten viele Ärzte die Meinung, junge Kinder empfänden keine Schmerzen, und ältere Kinder würden Schmerzen besser verarbeiten als Erwachsene. Aus diesem Mythos folgte logischerweise, dass Kindern bei extrem schmerzhaften Ereignissen wie Unfällen, Verbrennungen oder Operationen Analgetika vorenthalten oder in zu niedrigen Dosen verabreicht wurden [72]. In den 1980er Jahren war die nozizeptive Kompetenz von Kindern eine wissenschaftlich anerkannte Tatsache, und dennoch gehörte eine suffiziente Schmerztherapie an US-amerikanischen Kinderkliniken nicht zum Behandlungsstandard [49]. Nachdem Anfang der 1990er Jahre auf Betreiben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Konferenz zur Schmerztherapie in der Kinderonkologie stattfand, auf der Schmerztherapierichtlinien erarbeitet und Forschungsziele festgelegt wurden, dauerte es noch fast 10 Jahre bis zur WHO-Publikation Cancer Pain Relief and Palliative Care in Children [73, 90]. Und erst 2002 erschien die deutsche Übersetzung Schmerztherapie und palliative Versorgung krebskranker Kinder [98]. Sicherlich wurde durch diese Behandlungsrichtlinien die kinderonkologische Schmerztherapie verbessert. Dass wir aber vom Optimum – schnelle und effiziente Schmerztherapie mit möglichst wenigen Nebenwirkungen und Reduktion des kindlichen Schmerzerlebens auf ein Minimum – noch weit entfernt sind, zeigen Ergebnisse aktueller epidemiologischer Studien aus den USA, Schweden und auch aus Deutschland [22, 43, 44, 91, 95]: 4 An nur 35 % der Kliniken wird regelmäßig eine Schmerzmessung vorgenommen. 4 Morphin wird in einigen Kliniken regelmäßig intramuskulär verabreicht. 4 Schmerzhafte Eingriffe – das Hauptproblem in der kinderonkologischen Schmerztherapie – werden an 2/3 aller Kliniken ohne festen schmerztherapeutischen Standard durchgeführt. Letzterer fehlt ebenso häufig für die Behandlung postoperativer Schmerzen. 4 Laxanzien werden prophylaktisch während einer Opioidtherapie immer noch zu selten eingesetzt, nämlich in nur 45 % der kinderonkologischen Abteilungen.

4 Nach Auskunft der Eltern leiden 80 % der Kinder in der Lebensendphase an Schmerzen. In nur 30 % der Fälle wird die verordnete Schmerztherapie als erfolgreich bezeichnet. Im Jahr 2005 möchten wir durch praxisnahe Informationen, kochbuchartige Schmerztherapierezepte und standardisierte Dokumentationshilfen zur Umsetzung der WHO-Richtlinien in die tägliche Praxis beitragen.

13.2

Schmerzanamnese

Die häufigsten Schmerzursachen in der Kinderonkologie sind schmerzhafte Eingriffe und Mukositiden im Rahmen der zytostatischen Therapie. Diese Schmerzzustände sind rasch diagnostiziert und erfordern keine umfangreiche Schmerzanamnese. Tumorschmerzsyndrome wie Phantomschmerz nach Amputation, neuropathische Schmerzen bei Infiltrationen von Knochen- und Nervengewebe oder als Nebenwirkung einer Cyclosporintherapie, verbrennungsähnliche Hautzerstörungen im Rahmen von Knochenmarktransplantationen, Leberkapselschmerzen bei VOD (»venous occlusive disease«) und Schmerzen im Rahmen einer GvH bedürfen einer ausführlichen Schmerzanamnese. Die anschließende rationale Schmerztherapie mit der Verordnung auch adjuvanter Schmerztherapeutika und einer interdisziplinären Therapieplanung kann nur auf der Basis einer ausführlichen Schmerzanamnese zum Erfolg führen. Die therapeutisch wirksame Opioiddosis variiert ebenso wie das Ausmaß opioidspezifischer Nebenwirkungen interindividuell erheblich. Die anamnestisch erhobenen Vorerfahrungen mit Opioiden müssen bei der Auswahl und der Startdosis der Analgetika berücksichtigt werden. Der zu verordnende Applikationsmodus sollte nach der Schmerzanamnese mit dem Kind besprochen und dann individuell abgestimmt werden. Die Frage nach den elterlichen und kindlichen Einstellungen bezüglich Schmerz und Schmerztherapie ist ein fester Bestandteil der Schmerzanamnese. Vorerfahrungen mit schmerzhaften Eingriffen sowie Wissen um Vorbehalte starken Opioiden gegen-

219 13.3 · Schmerzmessung

über sind von außerordentlicher Wichtigkeit, um auf unbegründete Ängste eingehen zu können und letztlich eine erfolgreiches Analgesie zu entwickeln. Schon während der Schmerzanamnese muss Eltern und Kind die irrationale Angst vor der psychischen Abhängigkeit (Sucht) beim Einsatz von Opioiden genommen werden. Unterstützend kann ein Eltern-Kind-Handbuch Weniger Schmerzen bei Krebserkrankungen [29] eingesetzt werden, welches über den Autor erhältlich ist. Während der gründlichen Anamnese ergeben sich im Regelfall auch Ansatzpunkte für eine nichtmedikamentöse Schmerzprophylaxe und -therapie (7 Kap. 6 und 7). Schmerzlokalisation, zeitliche Schmerzcharakteristik, Schmerzgenese und -charakter können auf den in Anhang A und B enthaltenen Dokumentationshilfen vermerkt werden. Dieser »Basisdatensatz« wird ergänzt durch Zusatzinformationen zu den eben angesprochenen Punkten und den Ergebnissen des körperlichen Untersuchungsbefundes.

13.3

Schmerzmessung

Siehe dazu auch 7 Kap. 4 und Anhang A, B. Mindestens einmal täglich sollte jedes Kind einer kinderonkologischen Station nach Schmerzen gefragt werden. ! Wenn Schmerzen bestehen, muss eine regelmäßige Schmerzmessung mindestens ebenso häufig wie die Vitalwertekontrolle erfolgen!

Warum ist dies so wichtig? E Kindliche Schmerzäußerungen könnten in der oft aufreibenden Routinearbeit untergehen [15]. E Auf das individuelle Schmerzerleben kann nicht anhand der Größe der Gewebsschädigung geschlossen werden: Kinder mit kleinsten bukkalen Läsionen können extreme Schmerzen erleben, wobei einzelne Kinder mit einer subtotalen oralen Mukositis kaum Schmerzen empfinden und ihre Nahrungsaufnahme fast gar nicht einschränken [50, 51]. E Ohne eine regelmäßige, in der Routine fest verankerte Schmerzmessung besteht die Gefahr von Über- oder Untertherapie, da Schmerzverläufe in der Kinderonkologie häufig dynamisch sind.

13

Bei Regeneration des Knochenmarks kommt es schnell zur Abheilung der Mukositis, der initiale Knochenschmerz schwindet bei erfolgreicher antineoplastischer Therapie sehr schnell etc. Durch regelmäßig erhobene Schmerzmesswerte werden Zeiten unzureichender Analgesie aufgedeckt und können durch Dosiserhöhung oder Verkleinern des analgetischen Dosierungsintervalls beseitigt werden. Auf die Rekonvaleszenz kann schnell mit Dosisreduktion reagiert werden. E Ein weiteres Argument für eine regelmäßige Schmerzmessung ist der Sicherheitsaspekt. Wenn Kinder durch Opioide zu stark sediert sind, können sie über ihre Schmerzen keine Auskunft mehr geben. Das Behandlungsteam wird so auf die Überdosierung aufmerksam gemacht. Schmerzmessung ist immer Zuwendung zum schmerzkranken Kind. Schmerzassoziiertes Erleben wie Angst, Einsamkeit und Trauer kann vom Kind bei der Schmerzmessung geäußert werden. Ein Gespräch über diese Dimensionen des Schmerzes ist der Beginn einer nichtmedikamentösen Schmerztherapie. 13.3.1

Schmerzmessskalen

Es existieren keine validierten praktikablen Instrumente der Schmerzfremdeinschätzung bei tumoroder chemotherapieassoziierten Schmerzen im Säuglings- und Kleinkindalter (7 auch Kap. 4). Anhang B enthält ein einfaches Schema zur Fremdeinschätzung bei tumorassoziierten Schmerzen. Dieses Schema ist in Anlehnung an die Empfehlung der Konsensuskonferenz der American Academy of Paediatrics von 1992 erstellt, aber bis dato nicht evaluiert worden [49, 50, 94]. Für nichtwissenschaftliche Zwecke können bestehende Instrumente zur Schmerzeinschätzung individuell angepasst werden. Cartoon-Schmerzgesichter können bei chronisch kranken Kindern, die in ihrer kognitiven Entwicklung häufig akzeleriert sind, ab einem Alter von ca. 3 Jahren gut für die Schmerzmessung eingesetzt werden [35]. Die Cartoon-Gesichter des Anhangs A wurden modifiziert nach Pothmann [66]. Weitere Instrumente zur Selbsteinschätzung finden sich in 7 Kap. 4.

220

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

Schmerz- und Schmerztherapiedokumentation

13.3.2

Im Krankenhaus

Während des stationären Aufenthaltes können ausführliche Schmerztherapiedokumentationsbögen eingesetzt werden (Anhang B.4). Um Schmerzen als 5. Vitalzeichen – neben Atemfrequenz, Puls, Blutdruck und Temperatur – in den Klinikalltag zu integrieren, sind Schmerzaufkleber entstanden, die in jedes gängige Krankenhaus-Dokumentationssystem eingeklebt werden können (Anhang B.5, erhältlich über den Autor) 2.

Zu Hause

Die ambulante Schmerztherapie findet regelmäßig in palliativen Situationen statt. Tagebücher und die Memorial Symptom Assessment Scale ([15], Anhang B.6–B.8) erleichern die Steuerung der Schmerz- und Palliativtherapie.

13.4

13.4.1

13

Schmerzbehandlung Schmerztherapie bei therapie- und tumorassoziierten Schmerzen

3.

4.

5.

Die Prinzipien der medikamentösen Schmerztherapie sind sehr einfach. Nach neuesten Studien können sicherlich 90 % aller Schmerzen in der Kinderonkologie erfolgreich behandelt werden, wenn folgende Regeln beachtet werden. 6.

Empfohlene Prinzipien der medikamentösen Schmerztherapie in der Kinderonkologie 1. Bei der Auswahl der Analgetika sollte das WHO-Stufenschema berücksichtigt werden. Akute, starke Schmerzen sind in der Kinderonkologie die Regel. Deswegen sollen frühzeitig starke Opioide zur Anwendung kommen. Keinesfalls soll das Kind von WHO-Stufe zu WHO-Stufe klettern müssen.

7.

– Müssen Nebeneffekte der Nichtopioidanalgetika – hier insbesondere Fiebersuppression und Gerinnungshemmung – vermieden werden, sind frühzeitig und auch bei leichten bis mäßigen Schmerzen Opioidanalgetika einzusetzten. – Sind Nebeneffekte der Opioidanalgesie – hier insbesondere Subileus oder Sedierung – ein klinisch nicht zu beherrschendes Problem, können in Ausnahmefällen auch 2 Nichtopioidanalgetika (Paracetamol und Metamizol) kombiniert werden. Bei chronischen Schmerzen hat sich die Kombination aus Opioid und Nichtopioidanalgetikum bewährt. Außer bei der oralen Mukositis ist der orale Applikationsweg zu bevorzugen. Er ist sicher und flexibel. Auch stärkste Schmerzen während einer Sichelzellkrise können – nach intravenöser Aufsättigung – suffizient oral behandelt werden [34]. Analgetika werden bei tumor- und therapieassoziiertem Schmerz sowie postoperativ zur Gabe nach der Uhr und zusätzlich für Schmerzspitzen nach Bedarf angeordnet. Die Obstipation als häufigste und regelmäßig auftretende Nebenwirkung einer Opioidanalgesie muss prophylaktisch behandelt werden. Andere, weniger häufige Nebenwirkungen sollten vom Arzt antizipiert werden, um ggf. schnell und adäquat reagieren zu können. Eine qualitativ hochwertige Schmerztherapie ist nur durch die standardisierte Dokumentation von Effektivität und Nebenwirkungen zu gewährleisten. Erreicht man durch das Befolgen dieser Prinzipien keine adäquate Schmerzreduktion, so sollten Schmerztherapeuten oder Palliativmediziner konsultiert werden [79].

WHO-Stufenschema Einige Besonderheiten der Kinderonkologie erfordern eine Modifikation des WHO-Stufenschemas in der Kinderonkologie:

221 13.4 · Schmerzbehandlung

E 60 % der kinderonkologischen Patienten haben Schmerzen bei der Erstdiagnose. Der initiale Tumorschmerz lässt sich am besten durch eine schnelle Diagnosestellung und eine adäquate antineoplastische Therapie behandeln. Analgetika sollten konsequent eingesetzt werden, bis die antineoplastische Therapie ihre Wirkung zeigt. Dies dauert bei hämatologischen Malignomen 1–2 Wochen, kann jedoch bei Schmerzen durch solide Tumoren längere Zeit in Anspruch nehmen. E Aggressive antineoplastische Therapieregime mit den Folgen Knochenmarkaplasie und Mukositis kommen in der Regel sofort nach Diagnosestellung zum Einsatz. Es verbieten sich nichtsteroidale Antirheumatika (wegen der von ihnen verursachten Thrombozytenaggregationshemmung) und invasive analgetische Maßnahmen wie die rückenmarknahe Analgesie (wegen möglicher Blutungen bei Thrombopenie). E Auch Kinder in der Neugeborenen- und frühen Säuglingsperiode sind von malignen Erkrankungen betroffen. Bei ihnen besteht eine besondere Empfindlichkeit hinsichtlich der atemdepressiven Nebenwirkungen von Opioiden. Dies muss bei der initialen Dosisberechnung beachtet werden. E Die Dosisberechnung erfolgt bei Kindern mit einem Körpergewicht bis zu 50 kg immer auf einer mg/kg KG-Basis.

. Abb. 13.1. WHO-Stufenmodell

13

E Altersspezifische Nebenwirkungen (z. B. ReyeSyndrom nach ASS-Gabe) sind bei der Auswahl und Kombination von Analgetika, Koanalgetika und Supportiva zu beachten. Der Pädiater ist geschult, diese alterspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen, und sollte bei der Schmerztherapie im Kindesalter der primär versorgende Arzt sein, der dann ggf. Kooperationen mit anderen Fachdisziplinen koordiniert. Dies ist um so dringlicher zu fordern, als der Schmerz im Kontext der Grunderkrankung interpretiert und therapiert werden muss. Hierzu gehört auch die ganzheitliche Betreuung durch pädiatrisch geschultes Personal und eine kindgerechte räumliche Ausstattung.

Analgetika der WHO-Stufe I: Nichtopioidanalgetikum (± Adjuvans) In der Kinderonkologie gebräuchliche Nichtopioidanalgetika sind Paracetamol, Metamizol, Ibuprofen, Indometacin und Naproxen (Dosierungen . Tabelle 13.1). Paracetamol

E Paracetamol ist das gängigste Nichtopioidanalgetikum in der Kinderonkologie. Es beeinflusst nicht die thrombozytäre Thromboxan-A2-Produktion und die periphere Cyclooxygenase. Daher fehlen sowohl der hemmende Effekt auf die Plättchenaggregation und eine antiinflammatorische Wirkung als auch die für nichtsteroidale Antirheumatika typischen Nebenwirkungen wie gastrointestinale Mukosaschäden. Der genaue Wirkmechanismus von Paracetamol – der aber sicher zentralnervös ist – ist bislang ungeklärt. Eine Hemmung der ZNS-Cyclooxygenase und eine Störung der enzymatischen NO-Synthese wird diskutiert [5]. Paracetamol wird nach Aufnahme therapeutischer Dosen größtenteils mit Sulfaten oder Glucuronsäure konjugiert – die Sulfatierung dominiert bis zum 12. Lebensjahr. Wenn nach Einnahme toxischer Dosen Glucuronidierungsund Sulfatierungsreaktion gesättigt sind, wird Paracetamol P-450-abhängig zu N-Acetyl-PBenzoquinon-Imin (NABQUI) biotransformiert, mit Glutathion konjugiert und als ungiftiger Metabolit ausgeschieden. Zum Leberzellschaden kommt es nur dann, wenn in der Leber

222

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

nicht genügend Glutathion zur Verfügung steht. Dann bindet NABQUI an lebenswichtige Leberenzyme. In der Kinderonkologie kann die Entgiftungskapazität der Leber für Paracetamol durch wiederholte Einnahme, Fehlernährung im Rahmen

einer toxischen Chemotherapie und antineoplastische Medikamente eingeschränkt sein. Es kann aber auch durch die gleichzeitige Gabe von P-450-Induktoren wie Carbamazepin, Phenytoin u. a. zu einer vermehrten Produktion des potentiell toxischen Metaboliten NABQUI kommen.

. Tabelle 13.1. Analgetika der WHO-Stufe I (Auswahl) Medikament (alphabetisch)

Tageshöchstdosierung [mg/kg KG/Tag]

Orale/rektale Tageshöchstdosierung bei Erwachsenen [mg]

Einzeldosierungen

Präparatebeispiele

Diclofenac

1–3

150

in 2 Dosen in 1 Dosis (Retardtabletten)

z. B. Voltaren®-Tabletten (25 mg, 50 mg), Retardtabletten (100 mg) Suppositorien (50 mg, 100 mg), Kindersuppositorien (25 mg), Kleinkindsuppositorien (12,5 mg), Injektionslösung (1 ml = 25 mg)

Ibuprofena

30–40

2400

in 3 Dosen

Saft (z. B. Nurofen®-Fiebersaft, Dolormin für Kinder® 5 ml = 100 mg) Tabletten (Dolormin® und Dolormin extra®, 200 bzw. 400 mg), Suppositorien (Nurofen® 125 mg, Imbun® 200 mg))

Indomethacin

2–3

150

in 3 Dosen, in 1 Dosis (Retardtabletten)

(Brause-)Tablette (z. B. Indometacin AL® 25 mg, 50 mg), Retardtabletten (z. B. Indocotin® 75 mg), Saft (z. B. Indo-Paed®), Zäpfchen (z. B. Indometacin BC® 50 mg, 100 mg)

Metamizolb

60–75

5000

in 4–6 Dosen

Tabletten® (z. B. Novalgin® 500 mg), Tropfen (z. B. Novalgin® 1 Tr. = 25 mg),Injektionslösung (z. B. Novalgin® 1 ml = 500 mg) Suppositorien (z. B. Novalgin® 300 mg und 1000 mg)

Naproxen

10–15

1000

in 2 Dosen

Tabletten (z. B. Proxen® 250, 500, 1000 mg), Saft (z. B. Proxen®), Suppositorien (z. B. Proxen® 500 mg)

Paracetamolc, d

≤ 2 Jahren: 60, > 2 Jahre: 90

4000

in 4–6 Dosen

Tabletten (z. B. Ben-u-ron® 500 mg) Saft (Ben-u-ron® 1 ml = 40 mg) Suppositorien (Ben-u-ron® 125, 250, 500, 1000 mg)

13

a b c d

Ibuprofen ist von allen NSAR mit dem geringsten Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen behaftet. nicht in den ersten 3 Lebensmonaten. Orale/rektale Dosis entspricht i.v.-Dosis. Paracetamol-Dosierungen für Neonaten, s. Kap. 18; die maximale Tagesdosis sollte ohne regelmäßige Kontrolle der Leberwerte nicht länger als 72 h verabeicht werden. Paracetamol i.v. (Perfalgan®) Dosis 60 mg/kg KG/Tag in 4 Dosen. Einzeldosis 15 mg/kg KG i.v.

223 13.4 · Schmerzbehandlung

Unabhängig von der onkologischen Erkrankung existieren Polymorphismen der Cytochrom-P450-Expression (wie CYP2E1), die einzelne Kinder hinsichtlich hepatotoxischer Medikamente vulnerabler machen [3]. Somit ist die Toxizität von Paracetamol multifaktoriell. Dies erklärt das Auftreten erheblicher Leberschäden – bei einigen Kindern musste eine Lebertransplantation erfolgen – bei der Anwendung selbst therapeutischer Dosen lege artis (10 Jahre: >10 Jahre:

5 mg/Tag 10 mg/Tag 10 mg/Tag

Supp. Supp. p.o. (nicht mit Milch einnehmen)

Domperidon (z. B. Motilium®)

0,3 mg (= 1 Tr.)/kg KG Einzelhöchstdosis: 33 Trpf. = 10 mg

Dimenhydrinat (z. B. Vomex®)

1–2 mg/kg KG 5 mg/kg KG

alle 6–8 h alle 6–8 h

i.v. p.o./Supp.

Ondansetron (z. B. Zofran®)

5 mg/qm KOF Höchstdosis:

alle 12 h 8 mg

i.v./p.o.

Clemastin (z. B. Tavegil®)

0,04 mg/kg KG alle 12–24 h 1–3 Jahre 0,25–0,5 mg 4–6 Jahre 0,5 mg 7–12 Jahre 0,5–1 mg >12 Jahre 1 mg

p.o.

Therapeutisch Juckreiz

i.v. alle 12 h

p.o.

alle 12 h

p.o.

alle 12 h

p.o.

alle 12 h

p.o.

alle 12–24 h alle 8–24 h

s.c. p.o.

Harnverhalt

Carbachol (z. B. Doryl®)

0,05–0,1 mg 0,5–1 mg

Müdigkeit

Methylphenidat (z. B. Medikinet®)

0,1 mg/kg KG 2-mal täglich – morgens und mittags –, damit es zu keiner Störung des nächtlichen Schlafes kommt

p.o.

Ulkusprophylaxe

Ranitidin (z. B. Sostril®)

1–2 mg/kg KG alle 12 h bei Einmalgabe abends

p.o.

Misoprostol (z. B. Cytotec®)

2 × 5 µg/kg KG Höchstdosis 2 × 200 µg/Tag

p.o.

234

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

gen Lactulose, obwohl es in Einzelfällen zu Meteorismus und krampfartigen Bauchschmerzen führt, das beste Wirkungs-Nebenwirkungs-Verhältnis auf (. Tabelle 13.5). Zusätzlich werden Bisacodyl und Natriumpicosulfat sowie Paraffinöl eingesetzt, wenn die regelmäßige Lactuloseeinnahme nicht den erwünschten Erfolg zeigt. Eine manifeste Obstipation sollte vor der regelmäßigen oralen Laxanziengabe durch rektale Laxanziengabe beseitigt werden. Über Wirksamkeit und Verträglichkeit von Makrogol 3350 zur Obstipationsprophylaxe im Kindesalter fehlen wissenschaftliche Daten [40].

Übelkeit und Erbrechen

13

Grundsätzlich treten im Kindesalter die gleichen unerwünschten Opiodwirkungen auf wie bei Erwachsenen. Es gibt jedoch Unterschiede in Häufigkeit und Ausprägung. So reagieren ältere Kinder (>12 Jahre) häufiger mit Übelkeit und Erbrechen als jüngere [97]. Bei ersteren ist daher der prophylaktische Einsatz von Antiemetika gerechtfertigt (. Tabelle 13.5). Wie auch im Erwachsenenalter entwickelt sich bei Kindern typischerweise innerhalb 1 Woche eine Toleranz gegen die emetische Wirkung von Opioiden. Einige Kinder profitieren in der 1. Behandlungswoche von einem Dimenhydrinat-Kaugummi (10 mg und 20 mg). Da die Dimenhydrinatdosis des Kaugummis nur 15–50 % der üblicherweise rektal verabreichten Dosis beträgt, tritt Müdigkeit als unerwünschter Nebeneffekt seltener auf [69]. Pädiatrische Studien zu diesem Themenkreis fehlen. Da das Kaugummi bis dato ohne unerwünschte Nebeneffekte zur Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen in der Frühschwangerschaft verordnet wurde, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Verträglichkeit bei Kindern. 35 % der deutschen Kinderonkologien setzten als Reservemedikament 5-HT3-Antagonisten zur Therapie und Prophylaxe von opioidinduzierter Übelkeit und Erbrechen ein, obwohl auch hier Studien und griffige pharmakodynamische Modelle fehlen (. Tabelle 13.5 [60, 83, 95]).

Juckreiz Unter der Therapie mit oral retardiertem Morphin klagen 25 % der über 12-jährigen Patienten und

10 % der jüngeren Kinder über Juckreiz [97]. Wenn möglich, wird diesem Symptom mit einer passageren Dosisreduktion begegnet. Ein Therapieversuch kann auch mit Ondansetron oder juckreizstillenden Waschungen (7 Kap. 20.1) erfolgen. Bleibt diese Therapie ohne Erfolg, ist ein Opioidwechsel, z. B. von Morphin auf Hydromorphon, sinnvoll. Bei Erwachsenen mit postoperativen Schmerzen reduzierte extrem niedrigdosiertes Naloxon (0,00025–0,0005 mg/kg KG/h i.v. als Dauertropfinfusion) den PCAMorphinverbrauch und die Opioidnebenwirkungen Juckreiz, Übelkeit und Erbrechen [23]. Laut Gan [23] und Wright [92] können Naloxon- und Morphinsulfat in der gleichen Spritze gemischt oder gemeinsam über einen intravenösen Zugang infundiert werden.

Harnverhalt Harnverhalt ist auch jenseits der Neonatalphase keine seltene Nebenwirkung einer Opioidtherapie, und kann bei betroffenen Kindern Panik auslösen. Der Harnverhalt ist oft schon durch beruhigende Worte, einen nassen Waschlappen, der auf die Haut über der Blasenregion gelegt wird, oder das Geräusch eines laufenden Wasserhahns zu beheben. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, kann bei jugendlichen Patienten Carbachol verabreicht oder bei jüngeren Kindern eine Einmalkatheterisierung durchgeführt werden (. Tabelle 13.5). Nach der steril durchgeführten Katheterisierung ist bei den infektionsgefährdeten Patienten immer eine antibiotische Infektionsprophylaxe über 3 Tage indiziert. Nach eigenen Erfahrungen führt Hydromorphon seltener zu Harnverhalt als andere starke Opioide.

Atemdepression Unter oraler Therapie mit retardiertem Morphin ist bei adäquater Dosierung keine Atemdepression zu befürchten [97]. Sie tritt jedoch häufiger auf im Rahmen von schmerzhaften Eingriffen, wenn nämlich ein Opioid schnell intravenös appliziert und mit anderen zentral sedierenden Medikamenten kombiniert wird. In den ersten 24–48 h einer intravenösen Opioidtherapie und bei/nach allen schmerzhaften Eingriffen unter Analgosedierung ist daher neben der regelmäßigen Schmerzmessung eine pulsoxymetrische Überwachung sowie die Do-

235 13.4 · Schmerzbehandlung

kumentation von Atemfrequenz und Sedierungstiefe sinnvoll. Eine pulsoxymetrische Überwachung ist deshalb zu fordern, weil es in Ausnahmefällen auch bei normaler Atemfrequenz bei Kindern zu einer Abnahme des Atemminutenvolumens kommen kann. Besteht eine milde Atemdepression, werden ältere Kinder zum Weiteratmen aufgefordert (»Kommandoatmung«). Bei jüngeren Kindern erfolgt die Atemstimulation und, wenn nötig, eine O2-Gabe. Die Opioidzufuhr muss schnellstens unterbrochen werden, um den Serumspiegel nicht noch weiter anzuheben. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, muss eine intensivmedizinische Therapie und ggf. eine Antidotgabe eingeleitet werden (Dosierungen 7 Kap. 11, . Abb. 11.1).

Halluzinationen Beim Auftreten seltener Nebenwirkungen wie Halluzinationen und Verwirrtheit sollte ein Opioidwechsel (evtl. auf Oxycodon, s. oben) erfolgen.

Ulkusprophylaxe Opioide scheinen auch bei Langzeittherapie keine Organtoxizität aufzuweisen. Werden sie jedoch in Kombination mit NSAR eingesetzt, kann es durch NSAR zu Magenbeschwerden und gastrointestinalen Läsionen kommen – bei rheumakranken Kindern unter der Therapie mit NSAR sind diese ebenso häufig wie bei Erwachsenen [21]. Zusätzliche Risikofaktoren bestehen in einer Steroidtherapie und der unregelmäßigen Nahrungsaufnahme. Bei Erwachsenen konnte eine prophylaktische Wirkung hinsichtlich gastrointestinaler Läsionen nur für Protonenpumpenblocker und Misoprostol (synthetisches Prostaglandinanalog E1) bewiesen werden [4, 24, 54]. In der Kinderonkologie und -rheumatologie werden traditionell für diese Indikation wegen seines günstigen Nebenwirkungsprofils Antazida und Ranitidin eingesetzt [54].

Adjuvanzien des WHO-Stufenschemas Selten sind in der Kinderonkologie adjuvante Schmerzmittel indiziert. In der Palliativphase auftretende zusätzliche Symptome wie Schlaflosigkeit und Angst sowie spezielle Schmerzsyndrome (Knochenschmerzen, neurogene Schmerzen) können ihren Einsatz in Ausnahmefällen erforderlich machen.

13

Mögliche Nebenwirkungen und das Vorliegen nur beschränkter Erfahrungen im Kindesalter sollten vorab mit Eltern und Kindern besprochen werden (. Tabelle 13.6). 13.4.2

Besondere Schmerzsyndrome

Neuropathische Schmerzen Brennende, einschießende oder dysästhetische Schmerzen werden häufig durch Infiltration von Nervengewebe verursacht. Obwohl diese neuropathischen Schmerzen lange als »opioidresistent« galten, sollte eine adäquat dosierte Opioidtherapie erfolgen, bevor Adjuvanzien verordnet werden [10, 11, 19, 65]. Ergänzend zur Opioidtherapie werden Antikonvulsiva und/oder trizyklische Antidepressiva per os, und wo dies nicht möglich ist, auch intravenös eingesetzt – bei der i.v. Applikation von Amitriptylin muss die orale Dosis halbiert werden (. Tabelle 13.6, [9, 52, 85]). Zusätzliche Therapieoptionen bestehen in regionalanästhetischen sowie strahlentherapeutischen Maßnahmen, der Ketamindauertropfinfusion und der Gabe von Glukokortikoiden bei Nervenkompressionen [11, 17, 26, 55, 81]. Im Rahmen einer Knochenmarktransplantation treten brennende Schmerzen auch unter Therapie mit Cyclosporin und FK506 auf. In schweren Fällen sollte hier eine intravenöse Lidocaintherapie versucht werden (Dosierung s. unten). Auch Vincristin und Ifosfamid können zu neuropathischen Schmerzen führen. Eine weitere Ursache für neuropathische Schmerzen ist die Herpes-zoster-Infektion. Während der akuten Infektion werden lokalanästhetische Techniken wie Nervenblockaden eingesetzt – immer mit dem Risiko einer Blutung bei den meist thrombopenischen Patienten. Bei der postherpetischen Neuralgie treten typischerweise 3 verschiedene Schmerztypen auf, die unterschiedlich zu behandeln sind: 1. Schmerzen bei leichtester Berührung als Folge einer erhöhten Sensibilität der Haut sprechen gut auf die topische Gabe von EMLA® an. Zusätzlich werden systemische trizyklische Antidepressiva und/oder Antikonvulsiva gegeben.

6

Bisphosphonate

5 Eine negative Beeinflussung des Knochenwachstums nach Überleben der Krebserkrankung kann nicht ausgeschlossen werden. 5 Die Halbwertzeit von Bisphosphonaten im Knochen beträgt bei Erwachsenen 10 Jahre 5 Häufige Nebenwirkung während der Infusion: passagere Pyrexie, grippeartige Symptome 5 Knochenschmerzen bei Knochenmetastasen [37, 48] 5 Therapiebedingte Osteoporose mit Knochennekrosen und Wirbelkörperfrakturen

1 mg/kg KG alle 4 Wochen i.v.-Infusion nach Packungsbeilage (s. auch Kap. 5 und 8)

5 Im Allgemeinen sehr gut verträglich, jedoch in der Schmerztherapie wenig Erfahrungen bei Kindern. Häufigste Nebenwirkungen: Schläfrigkeit, Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtszunahme, Nervosität, Schlaflosigkeit, Ataxie, Nystagmus, Parästhesien, Appetitlosigkeit.

Neuropathische Schmerzen, wenn Opioide keine ausreichende Wirkung zeigen

Schrittweise Aufdosierung auf 15–30 mg/ kg KG/Tag in 3 Einzeldosen p.o. innerhalb von 3–7 Tagen je nach Schmerzstärke und orientiert am Auftreten von Nebenwirkungen. Maximaldosis in Ausnahmefällen 60 mg/kg KG/Tag. Maximale Tagesdosis bei Erwachsenen nicht über3600 mg, verteilt auf 3 Einzelgaben. Dosis bei eingeschränkter Nierenfunktion reduzieren.

Gabapentin (z. B. Neurotin®)

Pamidronat (z. B. Aredia®)

5 Einschleichende, titrierende Dosierung – wöchentlich steigern bis zum gewünschten Erfolg; regelmäßig Plasmaspiegel bestimmen (Ziel: 4–12 mg/l). 5 Kombination mit Antidepressivum möglich. 5 Nebenwirkungen: Leuko- und Thrombozytopenie (bei 2% der Patienten), Anämie, Panzytopenie, Ataxie, Doppelbilder, Sedierung, Serumelektrolytstörungen, Leberfunktionsstörungen und Osteopathien.

Neuropathische Schmerzen, wenn Opioide keine ausreichende Wirkung zeigen

Startdosis: 2,5 mg/kg KG alle 12 h p.o.

Carbamazepin (z. B. Timonil®)

Antikonvulsiva

5 Ketamin kann mit Morphinsulfat in einer Spritze zur i.v.- oder s.c.-Applikation gemischt werden; bei s.c.Gabe empfiehlt es sich, die Lösung mit Natriumbicarbonat auf einen pH-Wert von ca. 5,5 einzustellen. Dieser pH-Wert sollte nicht überschritten werden, da die Lösung sonst ausfällt. 5 Nebenwirkungen s. Kap. 11.

5 Neuropathische Schmerzen, wenn Opioide keine ausreichende Wirkung zeigen [12, 64] 5 schmerzhafte Eingriffe 5 terminale Analgosedierung

1–5 mg/kg KG/Tag i.v. oder s.c.

Ketamin (z. B. Ketanest®)

Anästhetikum

Bemerkung

Dosierung

13 Indikation

Medikament

Stoffgruppe

. Tabelle 13.6. Adjuvante Schmerzmittel

236 Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

5 Suchtpotential 5 keine analgetische Wirkung

Schlafstörungen

2-mal 0,5 mg/Tag p.o., maximale Einzeldosis 0,05 mg/kg KG

Lorazepam (z. B. Tavor®)

6

Dosierung bei schmerzhaften Eingriffen und Nebenwirkungen s. Kap. 11.

5 Terminale Sedierung [7] 5 schmerzhafte Eingriffe

Dauertropfinfusion: Starten mit 0,1 mg/ kg KG/h Startdosis

Midazolam (z. B. Dormicum®)

Sedativa

5 gut verträglich, schwerwiegendste Nebenwirkungen sind Überempfindlichkeitsreaktionen 5 Cave: Blutdruckabfall bei i.v.-Gabe!

Schmerzen mit spastischer Komponente

0,5–1 mg/kg KG i.v. als Kurzinfusion, Höchstdosis 20 mg 15 kg KG 1 Supp. à 7,5 mg alle 6–8 h

Butyl-Scopolamin (z. B. Buscopan®)

Spasmolytika

5 Langsam ein- und ausschleichen. 5 Hauptnebenwirkung sind extrapyramidale Symptome wie akute Dystonie, Akathisie, Parkinsonismus, Dyskinesie. Um ihnen vorzubeugen, kann in Einzelfällen eine prophylaktische Therapie mit Biperiden erwogen werden. Therapeutisch wird Biperiden bei schweren akuten extrapyramidalen Nebenwirkungen in folgender Dosierung gegeben: bis zum 1. Lebensjahr 1 mg i.v., zwischen 2. und 6. Lebensjahr 2 mg, ab dem 7. Lebensjahr 3 mg i.v. Diese Dosis kann bei Bedarf nach 30 min wiederholt werden.

5 Starke Übelkeit und Erbrechen 5 akute Agitiertheit

Zur Sedierung 0,5 mg/kg KG p.o. oder i.v. alle 6 h

Promethazin (z. B. Atosil®)

Neuroleptika

5 Bekannte Nebenwirkungen meist nur bei Langzeitanwendung. 5 Nicht reflektorisch bei Hirndruck in der palliativen Situation einsetzen: das Tumorwachstum wird nicht aufgehalten, sondern nur kurzzeitig das Ödem verringert.

Startdosis: 6–12 mg/m2 KOF/Tag p.o. oder i.v., danach langsam reduzieren

5 Infiltratives Tumorwachstum 5 Nervenkompression 5 ausgeprägte Knochenmetastasierung 5 Kapselschmerzen, Hirndruck

Dexamethason (z. B. Fortecortin®)

Bemerkung

Indikation

Glukokortikoide

Dosierung

Medikament

Stoffgruppe

. Tabelle 13.6. (Fortsetzung)

13.4 · Schmerzbehandlung 237

13

Medikament

Amitriptylin (Saroten®)

Stoffgruppe

Trizyklische Antidepressiva

. Tabelle 13.6. (Fortsetzung) Bemerkung 5 Langsam ein- und ausschleichen. 5 Analgetische Wirkung unabhängig von antidepressivem Effekt. 5 Wirkeintritt nach 1–14 Tagen. 5 Im Kindesalter u. U. schnelle Verstoffwechselung und Entzugssymptome (Übelkeit und Myalgien) nach 16 h. Dann und bei höherer Dosierung Aufteilen der Tagesdosis in 2 Einzeldosen oder Einsatz von Retardpräparaten. 5 Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Obstipation, Harnverhalt, Sedierung, orthostatische Dysregulation, unspezifische Beschwerden wie Schwindel und Schwitzen, insbesondere bei zu schneller Steigerung oder zu hoher Anfangsdosis. Teilweise tritt Gewöhnung ein [59]. Bei nichttolerablen Nebenwirkungen Präparatewechsel versuchen. Bei starken anticholinergen Nebenwirkungen oder Gewichtszunahme Wechsel von tertiärem Amin (Amitriptylin, Imipramin) auf sekundäres Amin (Desipramin) ratsam. Gefährlichste Nebenwirkung ist eine Beeinträchtigung von Herzfunktion und Herzreizleitungssystem: Deshalb regelmäßig EKG kontrollieren: bei persistierender Tachykardie, Reizleitungsstörungen oder QT Zeiten von >450 ms erneute Risikoabwägung vornehmen. 5 Schmale therapeutische Breite: Todesfälle sind ab einer Dosis von 8 mg/kg KG/Tag p.o. Amitriptylin berichtet. Toxische Symptome treten regelmäßig bei Dosen ab 10 mg/kg KG, sicher ab 20 mg/kg KG/Tag auf.

Indikation 5 Neuropathische Schmerzen nach Vincristintherapie oder bei Tumorinvasion, wenn Opioide keine ausreichende Wirkung zeigen 5 Phantomschmerzen nach Amputation 5 schmerzbedingte Schlafstörungen in der Palliativphase

5 Therapiebeginn mit 0,2 mg/ kg KG/ Tag p.o. abends 5 steigern über 2–3 Wochen (alle 2–3 d um 25 %), Zieldosierung 1–2 mg/kg KG/Tag

13

Dosierung

238 Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

239 13.4 · Schmerzbehandlung

13

2. Episodisch einschießender Schmerz wird durch geschädigte Hinterhornzellen verursacht und scheint am besten auf das Antikonvulsivum Gabapentin anzusprechen. 3. Brennender Dauerschmerz spricht gelegentlich auf eine Opioidmonotherapie an. Zusätzlich werden auch hier trizyklische Antidepressiva und Antikonvulsiva eingesetzt.

Manifeste Frakturen sowie Knochennekrosen mit Begleitarthrosen sind sehr schmerzhafte Komplikationen dieser Spätfolgen. Pamidronat (Aredia®) zeigt in diesen Fällen eine ausgezeichnete analgetische Wirkung [76]. Dosis und Applikationsintervall variieren in einschlägigen Studien. Eine Dosis von 1 mg/kg KG i.v. pro Tag über 3 Tage alle 3–6 Monate scheint ausreichend ([76]; 7 auch Kap. 5 und 8).

Oropharyngeale Mukositis

Schmerzen im Rahmen der Neuroblastomtherapie

Neben der üblichen Therapie mit Opioiden wurde kürzlich die Wirksamkeit einer oralen Glutaminsubstitution beschrieben. Eine 14-tägige Therapie mit 2-mal 2 g/m2 KOF reduzierte signifikant Länge und Ausmaß der mukositisassoziierten Schmerzen [2]. Eine Reduktion der Mukositishäufigkeit um 40 % kann durch Spülungen mit Chlorhexidin 0,2 % und NaCl 0,9 % erreicht werden [7]: mit Beginn der Chemotherapie wurden morgens und abends die Zähne mit einer weichen Zahnbürste geputzt. Der Mund wurde danach mit NaCl 0,9 % und anschließend mit Chlorhexidin 0,2 % ausgespült. Spülungen mit NaCl 0,9 % wurden nach jeden Essen und 2stündlich durchgeführt, solange das Kind wach war.

In einigen Therapieprotokollen wird zur Behandlung des Neuroblastoms ein Anti-DG2-Antikörper eingesetzt. Die Infusionen verursachen u. U. sehr starke Schmerzen, die mit Morphin allein schlecht zu kontrollieren sind. Es existieren Literaturberichte über die gute analgetische Wirksamkeit von intravenösem Lidocain in dieser Situation [86]. Zusätzlich zu einer kontinuierlichen Metamizoltherapie sowie einer MorphinPCA wird Lidocain nach einem i.v.-Bolus von 2 mg/ kg KG als kontinuierliche intravenöse Infusion mit einer Geschwindigkeit von 1 mg/kg KG/h verabreicht. Erste Erfahrungen aus Erlangen belegen die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Therapie [Sittl, persönliche Mitteilung].

Knochenmetastasen Bestehen Knochenschmerzen auch nach der Optimierung der Kombinationstherapie von starkem Opioid plus Nichtopioidanalgetikum gemäß WHO Stufe III weiter, zeigt in Metaanalysen die Strahlentherapie – auch als Einmaldosis verabreicht – eine zusätzliche hohe analgetische Potenz [53]. Diese kann bei Schmerzen durch Knochenmetastasen eines Neuroblastoms auch durch Gabe von 131JMIBG erfolgen [88]. Analgetische Potenz und Nebenwirkungsprofil von Bisphosphonaten im Kindesalter sind weitgehend ungeklärt. In Falldarstellungen wurde über ihre analgetische Wirkung bei Knochenmetastasen auch im Kindesalter berichtet [45, 58].

Knochenschmerzen durch osteoporotische Frakturen und aseptische Knochennekrosen Die Osteoporose ist als Spätfolge der antineoplastischen Therapie im Kindesalter häufiger als bis dato angenommen [64]. Eine prophylaktische Therapie mit Pamidronat ist denkbar, für eine Risiko-NutzenAbwägung fehlen jedoch wissenschaftliche Daten.

Schmerzen in der Lebensendphase Die genaue Bestimmung, wann aus einer kurativ orientierten eine palliativ orientierte Behandlung wird, ist auch im Fall eines Tumorrezidivs bei Kindern nicht immer möglich – selbst nach mehrfachen Rezidiven ist durch eine Salvagetherapie in Einzelfällen eine Heilung möglich. Zudem spielen niedrig dosierte Chemotherapien auch in der Lebensendphase bei der Symptom- und Schmerzkontrolle eine größere Rolle als in der Erwachsenenonkologie [13]. Palliation im Sinne von Symptomkontrolle beginnt jedoch in der (Kinder)onkologie schon im Rahmen der kurativ orientierten Therapie. Schmerzen im Anfangsstadium einer malignen Erkrankung lassen sich dabei am effektivsten mit einer suffizienten antineoplastischen Therapie kontrollieren. Eine analgetische Therapie mit starken Opioiden ist oft nur kurzzeitig nötig – sollte aber auch während der Phase von Diagnostik und Therapiestart nicht unterbleiben. Wenn eine antineoplastische Therapie keinen Heilungserfolg (mehr) zeigt, gewinnen analgetische

240

13

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

Therapieregime weiter an Bedeutung. In der Palliativphase wird eine ausreichende Analgesie in 28 % der stationär und 12 % der ambulant palliativ betreuten Kinder nur deshalb nicht erreicht, weil die Opioiddosis nicht konsequent gesteigert wird [78, 79]. Nach Collins haben 1–2 % der Kinder trotz adäquater Opioidtherapie in Kombination mit Nichtopioiden, Adjuvanzien, Regionalanästhesie und regionaler Strahlentherapie noch starke Schmerzen [11, 12]. Hier muss mit den Eltern die Möglichkeit einer terminalen Sedierung ausführlich besprochen werden. Bei nicht anders beherrschbaren Schmerzzuständen können kontinuierliche Applikationen von Midazolam (. Tabelle 13.6), Barbituraten oder Propofol (Bolus 0,5 mg/kg KG i.v.; Dauertropfinfusion mit 0,5 mg/kg KG/h i.v.; [82]) in Kombination mit Opioiden in Ausnahmefällen indiziert sein. Erschütternd sind neueste Ergebnisse von Elternbefragungen aus der gleichen US-amerikanischen Klinik, in der auch Collins tätig war. Nach Angaben der Eltern haben 80 % der Kinder vor ihrem Tod Schmerzen, 60 % leiden schwer darunter, und in nur 30 % der Fälle war die verordnete analgetische Therapie erfolgreich [91]. Die Kinder litten nach Auskunft der Eltern aber nicht nur an Schmerzen: Müdigkeit, Appetitmangel und Dyspnoe traten ebenfalls bei 80 % der Kinder auf. In nur 2, 5 bzw. 10 % der Fälle wurde die initiierte Therapie bei Müdigkeit, Appetitmangel oder Dyspnoe als erfolgreich bezeichnet. Multivariate Analysen ergaben, dass diejenigen Kinder am meisten litten, bei denen kein Kinderonkologe an der Therapie in der Lebensendphase beteiligt war. 13.4.3

Patientenkontrollierte Analgesie (PCA)

Die PCA bei kinderonkologischen Patienten weist im Gegensatz zur postoperativen PCA (7 Kap. 12) einige Besonderheiten auf: E Bis zu einem Gewicht von 50 kg KG wird Morphin kontinuierlich mit 4 µg/kg KG/h infundiert [80]. Ab einem Gewicht von 50 kg KG wird eine den Empfehlungen bei Erwachsenen entsprechende PCA-Anfangseinstellung vorgenommen (keine kontinuierliche Infusion, Bolusgröße 1–2 mg Morphin, Sperrintervall 5–10 min).

E Auf Knochenmarktransplantationsstationen und während Phasen starker Mukositis wird eine PCA ohne kontinuierliche Infusion am Tage mit einer nächtlichen Morphindauertropfinfusion kombiniert, damit die Kinder nachts nicht wegen Schmerzen erwachen [47]. E Durch die Selbstapplikation von Opioiden verliert der Schmerz seine Warnfunktion. Auf Therapiekomplikationen wie Harnretention, Frühzeichen einer Pankreatitis und einen – durch den Krankheitsverlauf nicht zu erklärenden – steigenden Opioidverbrauch ist deshalb besonders zu achten. 13.4.4

Schmerzhafte Eingriffe

In Deutschland sind 2/3 des Kinderkrankenpflegepersonals und der ärztlichen sowie psychosozialen Mitarbeiter mit der Schmerztherapie bei schmerzhaften Eingriffen in der Kinderonkologie unzufrieden (. Abb. 13.2). Die häufigsten in der Kinderonkologie durchgeführten schmerzhaften Maßnahmen sind Lumbal- und Knochenmarkpunktionen. Bei einem Kind mit akuter lymphatischer Leukämie werden bei positivem Therapieverlauf durchschnittlich 3 Knochenmarkpunktionen und 11 Lumbalpunktionen durchgeführt. Im Fall eines Rezidivs kommen hierzu mindestens nochmals 5 Knochenmarkpunktionen und 8 Lumbalpunktionen. Zumindest für die Erstdiagnose ist manchmal die Durchführung einer Knochenmarkbiopsie notwendig. Die analgetischen Therapieregime unterscheiden sich zwischen den einzelnen Kliniken immens: innitiieren einzelne Kliniken für über 50 % der Lumbalpunktionen eine Vollnarkose, werden in anderen Abteilungen selbst Knochenstanzen gänzlich ohne Analgesie durchgeführt (. Abb. 13.3). Auffällig ist auch die große Anzahl von Abteilungen, in denen Knochenmarkpunktionen und -biopsien nach Gabe eines Lokalanästhetikums in Kombination mit einem Sedativum, aber ohne Analgetikum ausgeführt werden. Dabei empfiehlt die Consensus Conference on the Management of Pain in Childhood Cancer für die Durchführung von Knochenmarkpunktionen eine Allgemeinnarkose bzw. die Kombination von Analgetikum, Sedativum und Lokalanästhetikum (Report of the Subcommittee on the Management

241 13.5 · Fazit

13

13.4 · Schmerzbehandlung

. Abb. 13.2. Zufriedenheit mit der eigenen Schmerztherapie in der Kinderonkologie [78]. Anteil der Pflegenden, psychosozialen Mitarbeiter und Ärzte, die »wenig« oder »gar nicht« zufrieden waren. Die eigene Zufriedenheit mit der medikamentösen Schmerztherapie wurde von Pflegenden und Ärzten signifikant verschieden beurteilt

of Pain Associated with Procedures in Children with Cancer [93]). Neueste Untersuchungen belegen die Wichtigkeit einer effektiven Analgesie beim ersten schmerzhaften Eingriff zum Zweck der Diagnosestellung: Kinder, bei denen eine unzureichende Analgesie während des initialen Eingriffs erfolgte, benötigten bei Folgeeingriffen höhere Analgetikadosen. Sie erlebten trotzdem mehr Distress und Schmerzen [87]. Mögliche Analgosedierungsregime für Knochenmark- und Lumbalpunktionen sind in 7 Kap. 11 beschrieben. Neben den »großen« schmerzhaften Eingriffen leiden Kinder fast ebenso stark unter »kleinen« Eingriffen wie venösen oder kapillären Blutabnahmen. Hier hat sich auch in der Kinderonkologie der Ein-

satz von EMLA® bewährt. Die empfohlene Einwirkzeit beträgt 60 min. Belässt man EMLA® aber 90–120 min, kann das Ausmaß und die Tiefe der Analgesie noch verbessert werden. Leider wird EMLA in der deutschen, im Vergleich zur schwedischen, Kinderonokologie noch zu selten eingesetzt (. Tabelle 13.7).

13.5

Fazit

In der Kinderonkologie ist eine effektive Schmerztherapie mit möglichst wenig unerwünschten Nebenwirkungen eine große Herausforderung. Feinde einer optimalen Analgesie sind der verzögerte Beginn einer Schmerztherapie, eine zu niedrige Anfangsdosis von Opioiden und die fehlende Titration

242

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

. Abb. 13.3. Vorgehen bei schmerzhaften Eingriffen in Deutschland (Lok. = Lokalanaesthesie). (Nach [78])

13

am Schmerz. Die tägliche Schmerzevaluation mit altersangepassten Schmerzmessskalen für alle Kinder, auch für solche, die (noch) keine Schmerzen haben, hilft, diese Fehler zu vermeiden. Bei Schmerzen, die nach antineoplastischer Therapie oder postoperativ auftreten, werden starke Opioide meist parenteral als Dauerinfusion oder patientenkontrolliert verabreicht. Chronische Tumorschmerzen können am besten mit oralen Opioidretardpräparaten »nach der Uhr« verabreicht werden. Für Durchbruchschmerzen sollten immer zusätzlich unretardierte, schnell wirksame Opioide in Zäpfchen-, Tropfen- oder Tablettenform angeordnet werden. Nichtopioide als Kombinationspartner helfen, Opioide einzusparen und damit Nebenwirkungen zu verringern. Auch im Kindesalter ist die häufigste Nebenwirkung der Opioide die Obstipation, welche antizipiert und konsequent prophylaktisch behandelt werden sollte. Auch der prophylaktische Einsatz von Antiemetika ist bei älteren Kindern sinnvoll. Schmerztherapie ist Teamarbeit: E Eine Schlüsselrolle nimmt die Kinderkrankenpflege ein. Über die regelmäßige Dokumentation von Schmerzwerten, Medikamentengaben und Nebenwirkungen schafft sie die Datenbasis für den Beginn und die Steuerung der Schmerztherapie; bei schmerzhaften Eingriffen beteiligt sie

sich an Vorbereitung und ausreichendem Monitoring des Kindes; zusammen mit dem Arzt stellt sie die Notfallversorgung bei Analgosedierungen sicher (7 Kap. 11). E Psychologen in der Vor- und Nachbereitung schmerzhafter Maßnahmen sind heutzutage unverzichtbare Partner. Die psychologische Schmerzprophylaxe und die Hilfe bei der Verarbeitung von Schmerz sind von gleicher Wichtigkeit wie die medikamentöse Schmerztherapie (7 Kap. 7). In der vorliegenden Arbeit wurden die Bausteine für eine effektive medikamentöse Schmerztherapie in der Kinderonkologie vorgestellt: E Analgetika, Supportiva, Adjuvanzien; E ihre Dosierungen und Indikationen; E Schmerztherapiedokumentationshilfen.

. Tabelle 13.7. Regelmäßiger Gebrauch von EMLA in der Kinderonkologie. (Nach [43, 96]) BRD

Schweden

p (χ2-Test)

Venenpunktion

68 %

100 %

0,001

Portpunktion

56 %

89 %

0,001

243 Literatur

Eine Integration von regelmäßiger Schmerzmessung sowie Dokumentation der Schmerztherapie erfordert die Absprache mit der Kinderkrankenpflege, ohne die eine Optimierung der Schmerztherapie nicht möglich ist.

Literatur 1. Anderson BJ, Holford NHG (1997) Rectal paracetamol dosing regimes: determination by computer simulation. Paediatr Anaesth 7: 451–455 2. Anderson PM, Schroeder G, Skubitz KM (1998) Oral glutamine reduces the duration and severity of stomatitis after cytotoxic cancer chemotherapy. Cancer 83: 1433– 1439 3. Anundi I; Lahteenmaki T, Rundgren M, Moldeus P, Lindros KO (1993) Zonation of acetaminophen metabolism and cytochom P 450 2E1-mediated toxicity studied in isolated periportal and perivenous hepatocytes. Biochem Pharmacol 45: 1251–1259 4. Brauer HG, Fisch UW, Krause M, Lang F, Vergin H (1997) Prävention NSAR-bedingter Magenschleimhautschäden mit Misoprostol. Z Allg Med 73: 1265–1270 5. Bjorkman R (1995) Central antinociceptive effects of non-steroidal anti-inflammatory drugs and paracetamol: experimental studies in the rat. Acta Anaesthesiol Scand 103[Suppl]: 1–44 6. Bösenberg AT, Ratcliffe S (1998) The respiratory effects of tramadol in children under halothane anaesthesia. Anaesthesia 53: 960–964 7. Cheng KKF, Molassiotis A, Chang AM, Wai WC, Cheung SS (2001) Evaluation of an oral care protocol intervention in the prevention of chemotherapy-induced oral mucositis in paediatric cancer patients. Eur J Cancer 37: 2056– 2063 8. Christensen ML, Wang WC, Harris S, Eades SK, Wilimas JA (1996) Transdermal fentanyl administration in children and adolescents with sickle cell pain crisis. J Pediatr Hematol Oncol 18: 372–376 9. Collins JJ, Grier HE, Kinney HC, Berde CB (1995) Control of severe pain in children with terminal malignancy. J Pediatr 126: 53-657 10. Collins JJ, Berde CB (1995) Intravenous amitryptiline in pediatrics. J Pain Symptom Manag 10: 471–475 11. Collins JJ (1996) Intractable pain in children with terminal cancer. J Palliativ Care 12: 9–34 12. Collins JJ, Grier HE, Sethna NF, Wilder RT, Berde CB (1996) Regional anesthesia for pain associated with terminal malignancy. Pain 65: 3–69 13. Collins J (1998) Commentary: Symptom management in children at the end of life. J Pain Symptom Manag 15: 59–260. 14. Collins JJ , Byrnes ME, Dunkel IJ, Lapin J, Nadel T, Thaler HT, Polyak T, Rapkin B, Portenoy RK (2000) The measurement of symptom in children with cancer. J Pain Symptom Manage 19: 363–377

13

14. Collins JJ, Dunkel IJ, Gupta SK, Inturrisi CE, Lapin J, Palmer LN, Weinstein SM, Portenoy RK (1999) Transdermal fentanyl in children with cancer pain: feasibility, tolerability, and pharmacokinetic correlates. J Pediatr 134: 319– 323 15. Conroy L (1998) Three cases of patients referred to a specialist pain unit for treatment of intractable cancer pain. Clin Drug Invest 16: 73–75 16. Dangel T (1998) Chronic pain management in children. Part I: cancer and phantom pain. Ped Anaesth 8: 5–10 17. Darsey EH, Outlaw AC (1994) Age-related considerations for the use of opioids in pediatric pain management. Pain Digest 4: 12–20 18. Dellemijn PLI, Vanneste JAL (1997) Randomised double-blind active-placebo-controlled crossover trial of intravenous fentanyl in neuropathic pain. Lancet 349: 753–758 19. Denecke H, Glier B, Klinger R, Kröner-Herwig B, Nilges P, Redegeld M, Weiß L (1997) Qualitätssicherung in der Therapie chronischer Schmerzen. X. Instrumente zur Erfassung von Schmerz bei Kindern. Der Schmerz 11: 120–125 20. Dowd JE, Cimaz R, Fink CW (1995) Nonsteroidal antiinflammatory drug-induced gastroduodenal injury in children. Arthritis Rheum 38: 1225–1231 21. Elliott S, Miser A, Dose A et al. (1991) Epidemiologic features of pain in pediatric cancer patients: a co-operative community-based study. Clin J Pain 7: 263–268 22. Gan TJ, Ginsberg B, Glass PSA, Fortney J, Jhaveri R, Perno R (1997) Opioid-sparing effects of low-dose infusion of naloxone in patient-administered morphine-sulfate. Anesthesiology 87: 1075–1081 23. Gazarian M, Berkovitsch M, Koren G, Silverman ED, Laxer RM (1995) Experience with misoprostol therapy for NSAID gastropathy in children. Ann Rheum Dis 54: 277– 280 24. Gourlay GK, Boas RA (1992) Fatal outcome with use of rectal morphine for postoperative pain control in an infant. BMJ 304: 766–767 25. Greenberg HS, Kim J, Posner JB (1980) Epidural spinal cord compression from metastatic tumor: results with a new treatment protocol. Ann Neurol 8: 361–366 26. Hagen NA, Babul N (1997) Comparative clinical efficacy and safety of a novel controlled-released oxycodone formulation and controlled released hydromorphone in the treatment of cancer pain. Cancer 79: 1428–1437 27. Hardwick WE JR, King WD, Palmisano PA (1997) Respiratory depression in a child unintentionally exposed to transdermal fentanyl patch. South Med J 90: 962– 964 28. Henkel W, Zernikow B (2002) Weniger Schmerzen bei Krebserkrankungen. Informationen für Eltern krebskranker Kinder und Jugendlicher. Deutsche Kinderkrebsstiftung, Bonn 29. Henry D, Lim LL, Rodriguez LAG, Gutthann SP, Carson JL, Griffin M (1996) Variability in risk of gastrointestinal complications with individual non-steroidal anti-inflammatory drugs: results of a collaborative meta-analysis. BMJ 66: 229–237

244

13

Kapitel 13 · Schmerztherapie in der Kinderhämatoonkologie

30. Heubi JE, Barbacci MB, Zimmerman HJ (1998) Therapeutic misadventure with acetaminophen: hepatotoxicity after multiple doses in children. J Pediatr 132: 22–27 31. Hunt A, Goldman A, Devine T, Phillips M (2001) Transdermal fentanyl for pain relief in a paediatric palliative care population. Palliat Med 15: 405–412 32. Hurwitz ES (1989) Reye’s syndrome. Epidemiol Rev 11: 249–253 33. Jacobson SJ, Kopecky EA, Joshi P, Babul N (1997) Randomised trial of oral morphine for painful episodes of sickle-cell disease in children. Lancet 350: 358-1361 34. Jakobs H, Rister M (1997) Die Fremdeinschätzung von Schmerzen bei Kindern. Klin Pädiatr 209: 384–388 35. Kalso E, Vainio A (1988) Hallucinations during morphine but not during oxycodone treatment. Lancet 2: 912 36. Kant T, Christrup LL, Rasmussen M (1997) Recommended use of morphine in neonates, infants and children based on a literature review: Part I – Pharmacokinetics. Ped Anaesth 7: 5–11 37. Kant T, Christrup LL, Rasmussen M (1997) Recommended use of morphine in neonates, infants and children based on a literature review: Part II – Clinical use. Ped Anaesth 7: 93–101 38. Kramer C, Tawney M (1998) A fatal overdose of transdermal administered fentanyl. J Am Osteopath Assoc 98: 385–386 39. Lemann M, Chaussade S, Halphen M, Floune B, Morcau J, Bommelaer G, Attar A (1996) Low-dose polyethylene glycol (PEG) in chronic obstipation: double-blind, placebocontrolled, crossover trial. Gastroenterology 110: A704 40. Levy M (1986) The international agranulocytosis and aplastic anemia study. Risks of agranulozytosis and aplastic anemia. A first report of their relation to drug use with special references to analgesics. JAMA 256: 1749–1757 41. Levy ME (1996) Pharmacologic treatment of cancer pain. N Engl J Med 335: 1124–1132 42. Ljungman G, Kreuger A, Gordh T, Berg T, Sörensen S, Rawal N (1996) Treatment of pain in pediatric oncology: a Swedish nationwide survey. Pain 68: 385–394 43. Ljungman G, Kreuger A, Gordh T, Berg T, Sörensen S (1997) Pain in children with cancer – a Swedish interview investigation. Fourth International Symposium on Pediatric Pain, June 29–July 4, Helsinki, Finland, S 32 44. Lteif AN, Zimmerman D (1998) Bisphosphonates for treatment of childhood hypercalcemia. Pediatrics 102: 990–993 45. Lynn A, Nespeca MK, Bratton SL, Strauss S, Shen DD (1998) Clearance of morphine in postoperative infants during intravenous infusion: the influence of age and surgery. Anesth Analg 86: 958–963 46. Mackie AM, Coda BC, Hill HF (1991) Adolescents use patient-controlled analgesia effectively for relief from prolonged oropharyngeal mucositis pain. Pain 46: 265–269 47. Mannerkoski MK, Heiskala HJ, Santavuori PR, Pouttu JA (2001) Transdermal fentanyl therapy for pains in children with infantile neuronal ceroid lipofuscinosis. Europ J Paediatr Neurol.; 5 [Suppl A]: 175–177 48. McGrath P, Hsu E, Cappelli M, Luke B, Goodman J, DunnGeier J (1990) Pain from pediatric cancer: a survey of an

49.

50.

51.

52. 53.

54. 55.

56.

57.

58.

59.

60.

61.

62.

63.

64.

outpatient oncology clinic. J Psychosoc Oncol 8: 109– 124 McGrath PJ, Beyer J, Cleeland C, Eland J, McGrath PA, Portenoy R (1990) Report of the consensus conference on the management of pain in childhood cancer. Report of the subcommittee on assessment and methodological issues in the management of pain in childhood cancer. Pediatrics 5 [Suppl 2]: 814–817 McGrath PJ (1990) Pain in children: Nature, assessment and treatment. Controlling children’s pain: a practical approach to assessment and management. Guilford, New York McQuay HJ, Tramer M, Nye BA, Carroll D, Wiffen PJ, Moore RA (1996) A systematic review of antidepressants in neuropathic pain. Pain 68: 217–227 Mercadante S (1997) Malignant bone pain: pathophysiology and treatment. Pain 69: 1–18 Mulberg AE, Linz C, Bern E, Tucker L, Verhave M, Grand RJ (1993) Identification of nonsteroidal antiinflammatory drug-induced gastroduodenal injury in children with juvenile rheumatoid arthritis. J Pediatr 122: 647–649 Mullan S (1973) Surgical management of pain in cancer of the head and neck. Surg Clin North Am 53: 203–210 Nauck F, Ostgathe C, Dickerson ED (2001) A German model for methadone conversion. Am J Hosp Palliat Care 18: 200–202 Noyes M, Irving H (2001) The use of transdermal fentanyl in pediatric oncology palliative care. Am J Hosp Palliat Care 18: 411–416 Olkkola KT, Hmunen K, Maunuksela EL (1995) Clinical pharmakokinetics and pharmacodynamics of opioid analgesia in infants and children. Clin Pharmacokinet 28: 385–404 Oliveri MB, Mautalen CA, Rodriguez Fuchs CA, Romanelli MC (1991) Vertebral compression fractures at the onset of acute lymphoblastic leukemia in a child. Henry Ford Hosp Med J 39: 45–48 Patel RI, Davis PJ, Orr RJ (1996) Single-dose ondansetron prevents postoperative vomiting in pediatric outpatients. Anesth Analg 85: 538–545 Patt RB, Lustik S, Litman RS (1993) The use of transdermal fentanyl in a six-year-old patient with neuroblastoma and diffuse abdominal pain. J Pain Symptom Manage 8: 17–319 Paut O, Camboulives J, Viard L, Lemoing JP, Levron JC (2000) Pharmacokinetics of transdermal fentanyl in the peri-operative period in young children. Anaesthesia 55: 1202–1207 Pegelow CH (1992) Survey of pain management therapy provided for children with sickle cell disease. Clin Pediatr Phila 31: 211–214 Pfeilschifter J, Diel IJ (2000) Osteoporosis due to cancer treatment: pathogenesis and management. J Clin Oncol 18: 1570–1593 Portenoy RK, Foley KM, Inturrisi CE (1990) The nature of opioid responsiveness and its implications for neuropathic pain: new hypotheses derived from studies of opioid infusions. Pain 43: 273–286

245 Literatur

65. Pothmann R, Goepel R (1985) Comparison of the Visual Analog Scale (VAS) and a Smiley Analog Scale for the evaluation of pain in children. In: Fields HL, Dubner R, Cervero F (Hrsg) Proceedings of the Fourth World Congress on Pain. Advances in Pain Research and Therapy, vol 9, Raven Press, New York 66. Pryle BJ, Grech H, Stoddart PA, Carson R, O’Mahoney TO, Reynolds F (1992) Toxicity of norpethidine in sickle cell crisis. BMJ 304: 1478–1479 67. Ragg P (1997) Opioids in children. In: McKenzie IM, Gaukroger PB, Ragg PC, Brown TCK (Hrsg) Manual of acute pain management in children. Churchill Livingstone, New York, S 25–38 68. Reimann J (1983) Kauend gegen Kinetosen. Deutsche Apotheker Zeitung 123: 898–899 69. Reinhard D (Hrsg) (2004) Therapie der Krankheiten im Kindes- und Jugendalter Springer, Heidelberg (S 194056) 70. Reuben SS, Connelly NR, Lurie S, Klarr M, Gibson CS (1998) Dose-response of ketorolac as an adjunct to patient-controlled analgesia morphine in patients after spinal fusion surgery. Anesth Analg 87: 98–102 71. Schechter NL (1989) The undertreatment of pain in children: an overview. Paediatr Clin North Am 36: 81–794. 72. Schechter NL (1990) Report of the consensus conference on the management of pain in childhood cancer. Pediatrics 5 [Suppl 2]: 813–834 73. Shannon M, Berde CB (1989) Pharmacologic Management of pain in children and adolescents. Pediatr Clin North Am 36: 855–871 74. Sharar SR, Bratton SL, Carrougher GJ (1998) A comparison of oral transmucosal fentanyl citrate and oral hydromorphone for inpatient pediatric burn wound care analgesia. J Burn Care Rehabil 19: 516–521 75. Shaw NJ, Boivin CM, Crabtree NJ (2000) Intravenous pamidronate in juvenile osteoporosis. Arch Dis Child 83: 143–145 76. Sirkiä K, Saarinen UM, Ahlgren B, Hovi L (1997) Terminal care of the child with cancer at home. Acta Paediatr 86: 1125–1130 77. Sirkiä K, Hovi L, Pouttu J, Saarinen-Pihkala UM (1998) Pain medication during terminal care of children with cancer. J Pain Symptom Manag 15: 220–226 78. Sittl R, Huber H, Griessinger N, Richter R, Sorge J (1993) Grundlagen der Tumorschmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen. In: Meier U, Kaiser R, Moir CR (Hrsg) Schmerz beim Kind. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio, S 41–49 79. Southall D (1997) Prevention and control of pain in children. A manual for health care professionals. Royal College of Paediatrics and Child Health, BMJ Publishing Group, London 80. Tobias JD, Martin LD, Wetzel RC (1990) Ketamine by continuous infusion for sedation in the pediatric intensive care unit. Crit Care Med 18: 819–821 81. Tobias JD (1997) Propofol sedation for the terminal care in a pediatric patient. Clin Ped 5: 291–293 82. Tramer MR, Reynolds JM, Moore RA, McQuay HJ (1997) Efficacy, dose-response, and safety of ondansetron in

83.

84.

85.

86.

87.

88. 89. 90.

91.

92.

93.

94.

95.

96.

97.

13

prevention of postoperative nausea and vomiting. Anesthesiology 87: 1277–1289 van Hoogdalem EJ, de Boer AG, Breimer DD (1991) Pharmacokinetics of rectal drug administration. Clin Pharmacokinet 21: 21–26 Vargas-Schaffer G. Pichard-Leandri E (1997) Neuropathic pain in young children with cancer. Eur J Pall Care 15: 19–25 Wallace MS, Lee J, Sorkin L, Dunn JS, Yaksh T, Yu A (1997) Intravenous lidocaine: effects on controlling pain after anti-DG2 antibody therapy in children with neuroblastoma – a report of a series. Anesth Analg 85: 794–796 Weisman SJ, Bernstein B, Schechter NL (1998) Consequences of inadequate analgesia during painful procedures in children. Arch Pediatr Adolesc Med 152: 147– 149 Westlin JE, Letocha H, Jakobson A, Strang P, Martinsson U, Nilsson S (1995) Rapid, reproducible pain relief with 131Jod-MIBG in a boy with disseminated neuroblastoma. Pain 60: 111–114 Williams DG, Hatch DJ, Howard RF (2001) Codein phosphate in paediatric medicine. Br J Anaesth 86: 413–421 Cancer pain relief and palliative care in children. WHO, Genf (1998) Wolfe J, Grier HE, Klar N et al. (2000) Symptoms and suffering at the end of life in children with cancer. N Engl J Med 342: 326–333 Wright PM, O´Toole DP, Barron DW (1993) The influence of naloxone infusion on the action of intrathecal diamorphine: low-dose naloxone and neuroendocrine response. Acta Anaesthesiol Scand 36: 230–233 Zeltzer LK, Altman A, Cohen D, LeBaron S, Maunuksela L, Schechter NL (1990) Report of the consensus conference on the management of pain in childhood cancer. Report of the subcommittee on the management of pain associated with procedures in children with cancer. Pediatrics 5 [Suppl 2]: 826–831 Zernikow B, Bauer AG, Andler W (2001) Schmerztherapie in der pädiatrischen Onkologie – eine Bestandsaufnahme. Der Schmerz 16: 140–149 Zernikow B, Lindena G (2001) Long acting morphine for pain control in paediatric oncology. Med Ped Oncol 36: 451–458 Zernikow B, Bauer A, Andler W (2000) STOP – A nationwide quality improvement program of pain control in pediatric oncology. 5th Internal Symposium on Paediatric Pain, London June 18–21 Zernikow B, Grießinger N, Fengler R (1999) Praktische Schmerztherapie in der Kinderonkologie. Empfehlungen der Qualitätssicherungsgruppe der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). Monatsschr Kinderheilk 147: 438–456 Zernikow B, Friedrichsdorf S, Wamsler C, Michel E (2002) Schmerztherapie und palliative Versorgung krebskranker Kinder. Vestische Kinderklinik Datteln, Datteln

14 Schmerzen am Bewegungsapparat G. Bürk, M. Frosch und B. Zernikow* unter Mitarbeit von W. Coenen 14.1

Einleitung – 248

14.2

Systematik muskuloskelettaler Erkrankungen – 248

14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4

Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4

14.3

Therapiemodule bei muskuloskelettalen Erkrankungen – 251

14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5 14.3.6 14.3.7

Klassische Schmerzmittel – 251 Antiinflammatorische Therapie – 252 Krankengymnastik – 252 Manuelle Medizin – 253 Psychosoziale Begleitung und Therapie – 253 Komplementäre Therapie – 253 Langzeitbetreuung – 253

– 248 – 249 – 249 – 250

Literatur – 254

* Danksagung: Der Autor wird unterstützt durch die Peter und Ruth Wirts-Stiftung, Schweiz

248

Kapitel 14 · Schmerzen am Bewegungsapparat

)) 14.1

14.2

Systematik muskuloskelettaler Erkrankungen

Einleitung

Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates sind – neben Kopf- und Bauchschmerzen – nicht selten im Kindes- und Jugendalter. Akute muskuloskelettale Schmerzen machen im Praxis- und Klinikalltag 6 % aller Konsultationen aus [8] und betreffen 15 % aller Schulkinder [21]. Chronische Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems und der Weichteile haben dagegen nur eine Prävalenz von 132/100000 [21]. Eine Vielfalt an Grunderkrankungen präsentiert sich mit Schmerzen des Bewegungsapparates als Leit- oder Begleitsymptom. Die Schmerzäußerung selbst lässt ebenso selten eine sichere ätiologische Differenzierung zu wie die alleinige Nutzung sämtlicher technischer Diagnostikmöglichkeiten [5]. Entzündliche wie nichtentzündliche muskuloskelettale Beschwerden werden deshalb regelmäßig in ihrer Bedeutung unterschätzt. Anhand von Beispielen stellen wir 4 Hauptgruppen muskuloskelettaler Erkrankungen mit unterschiedlicher Schmerzcharakteristik vor. Die Einteilung ist Grundlage der Entwicklung von Krankheits- und Behandlungsmodellen der Schmerzen.

14.2.1

Fall 1

Ein 3-jähriges Mädchen wird vorgestellt wegen rezidivierender Hüftbeschwerden, die sich seit 5 Monaten verschlimmern. Das Kind fällt durch Gangstörung und deutliche Blässe auf. Es wird von abendlichen subfebrilen Temperaturen berichtet.

Diagnostik Deutliche Anämie mit einem Hb von 7,7 g/dl. Leukozytopenie von 3000/µl bei unauffälliger Differenzierung. Normale Thrombozytenzahl. CRP gering erhöht auf 1,6 mg/dl. BSG mit 75/106 mm n. W. massiv erhöht.

Eingruppierung Muskuloskelettale Erkrankung mit beunruhigender Symptomatik (Gruppe 1, . Tabelle 14.1).

Kommentar Progredienz der Erkrankung und Auftreten von Zusatzsymptomen erfordern rasche und gezielte Diagnostik. Die hämatologischen Laborbefunde mit Störung zweier Zellreihen sind verdächtig auf eine

. Tabelle 14.1. Systematik muskuloskelettaler Erkrankungen

14

Charakteristika

Gruppe 1

Gruppe 2

Gruppe 3

Gruppe 4

Typus

Muskuloskelettale Erkrankung mit beunruhigender Symptomatik (Tumor/Osteomyelitis)

Rheuma

Schmerzverstärkungssyndrom

Nichtentzündlicher Muskel-/Gelenkschmerz

Leitsymptom

(Nicht artikulärer) Knochenschmerz, evtl. mit Zusatzsymptomatik

(Poly-)arthritis

Muskuloskelettaler Schmerz ohne somatisches Korrelat

Meist somatisches Korrelat, belastungsabhängig

Schmerz

Ossärer Schmerz, wechselnd und progredient

Gelenkschmerz und Morgensteife

Subjektiv starker Schmerz

Intermittierender Schmerz

Krankheitsbestimmend

Frühdiagnostik, Therapie der Erkrankung

Therapiekonzept, medikamentöse Schmerztherapie

Interdisziplinäres individuelles Krankheitsmodell und Therapiekonzept

Beratung und Physiotherapie

249 14.2 · Systematik muskuloskelettaler Erkrankungen

maligne Erkrankung. Es fehlen Gelenkschwellungen als Zeichen einer rheumatischen Erkrankung. Wesentliche Allgemeinsymptome sowie ossäre oder periostale Schmerzen sind Alarmzeichen. Von 29 Kindern mit malignen Erkrankungen, die zunächst an eine Rheumaklinik überwiesen worden waren, hatten 68 % gelenkunabhängige Knochenschmerzen, 32 % Rückenschmerzen als Leitsymptom, 29 % druckschmerzhafte Knochen und 48 % für Rheuma untypische Symptome (Nachtschweiß, Hautblutungen und Ekchymosen, neurologische Ausfälle, tastbarer Tumor und Ptosis [5]). Fieber und lokale Bewegungeinschränkung mit Knochen- oder Gelenkschmerzen sind Leitsymptome einer Osteomyelitis. Als Differentialdiagnose kommen traumatische Läsionen – auch Misshandlungen – in Betracht. Schnelle infektiologische oder hämatologisch/ onkologische Diagnostik und eine gezielte, kausale Therapie sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Schmerzbehandlung und die Aussicht auf Heilung. 14.2.2

Fall 2

Seit Wochen bemerkt ein 10-jähriger Junge tägliche Gelenkschmerzen an Händen und Füßen. Im Verlauf treten Gelenkschwellungen und Morgensteife hinzu. Er berichtet über zunehmende Müdigkeit. Seine Mutter beobachtet v.a. morgens eine auffällige Körperhaltung und einen Schongang.

Diagnostik

14

matische Gelenk- oder Systemerkrankung. Arthritis und Schmerz verstärken gegenseitig die möglichen Sekundärkomplikationen am Bewegungsapparat (Kontrakturen, Muskelatrophie u. a.). Im Sinne eines Circulus vitiosus ist eine Verschlimmerung der Schmerz-, Entzündungs- und Bewegungsprobleme die Folge. Bei Kleinkindern kann die spontane Schmerzäußerung zugunsten einer leichten Schonhaltung fehlen. Da eine enge Korrelation zwischen Entzündungsaktivität und »Schmerzverhalten« besteht [24], kann Nichtbeachtung der Schmerzzeichen und unzureichende Entzündungsbehandlung zu irreparablen Gelenkschäden führen [28]. Schmerzstärke und -dauer können bei verschiedenen Subtypen der juvenilen Arthritis sehr unterschiedlich in Erscheinung treten: Kinder mit systemischen Verläufen geben die meisten, solche mit Mono- oder Oligoarthritis die geringsten Schmerzen an [18]. Hohe Entzündungsaktivität und lange Schmerzphasen führen zur Absenkung der Schmerzschwelle über die Dauer der aktiven Krankheitsphasen hinaus [12]. Eine frühe suffiziente Schmerztherapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika und Basistherapeutika (Einzelheiten s. u.) kann helfen, diesen peripher und zentral bedingten Sensibilisierungsprozessen vorzubeugen. 14.2.3

Fall 3

Synovialitiden an Finger-, Hand- und Sprunggelenken. Blutbild, CRP, Rheumaserologie und augenärztliche Spaltlampenuntersuchung unauffällig, BSG leicht erhöht.

Ein 9-jähriges Mädchen klagt seit einem Jahr über rezidivierende Kopfschmerzen. Hinzu traten seit 6 Monaten rezidivierende Gelenkschmerzen mit wechselnder Lokalisation, Wetterfühligkeit und Müdigkeit.

Eingruppierung

Diagnostik

Muskuloskelettale Erkrankung mit Merkmalen der Entzündung und Chronifizierung (Gruppe 2, . Tabelle 14.1).

Körperlicher Befund und Laborwerte (Blutbild, BSG, CRP) unauffällig.

Eingruppierung Kommentar

Schmerzverstärkungssyndrom (Gruppe 3, . Tabelle

Eine Gelenkschwellung im Kindesalter ohne adäquates Trauma, insbesondere multilokulär, lässt an erster Stelle an eine rheumatische Gelenk- oder Systemerkrankung denken. Jede Arthritis, die einen chronischen Verlauf nimmt (>6 Wochen), ist verdächtig auf eine rheu-

14.1).

Kommentar Das juvenile primäre Fibromyalgiesyndrom (Definition nach Yunus u. Masi [36]; . Tabelle 14.2) hat eine typische Schmerzsymptomatik: es besteht ein

250

Kapitel 14 · Schmerzen am Bewegungsapparat

starker, oft auch multilokulärer, muskuloskelettaler Schmerz ohne eindeutiges klinisches Korrelat. Der Schmerz bestimmt das Krankheitsgeschehen bei den meist jugendlichen Mädchen. Häufig finden sich vegetative und funktionelle Begleitsymptome. Bei schubweisem Verlauf kommt es zu keiner Gelenkdestruktion. Ein Langzeitverlauf über mehrere Jahre ohne Verbesserung der Symptomatik ist typisch. Zügiges Erkennen der Erkrankung als Schmerzverstärkungssyndrom verhindert eine ausufernde Diagnostik. In 2 Studien konnte eine kurzfristige Besserung der Symptomatik durch das Antidepressivum Cyclobenzaprin erreicht werden [22, 26]. Die Autoren halten jedoch eine interdisziplinäre Betreuung und kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Programme für sinnvoller. Erste Untersuchungen belegen den Erfolg solcher Maßnahmen [32]. Zu den Schmerzverstärkungssyndromen wird außerdem der so genannte »Wachstumsschmerz« ge-

. Tabelle 14.2. Kriterien des juvenilen Fibromyalgiesyndroms [36]. Patienten müssen alle Hauptkriterien und 3 Nebenkriterien erfüllen. Sind nur 4 der 18 Druckpunkte positiv, müssen zur Diagnosestellung 5 Nebenkriterien vorliegen.

14

5 Hauptkriterien: 1. Ubiquitäre Muskelschmerzen ohne ergründbare Ursache an mindestens 3 Körperstellen über mindestens 3 Monate 2. Laboruntersuchungen ohne pathologischen Befund 3. Starke Schmerzen bei Palpation mit weniger als 4 kg Druck an 5 der 18 beidseitigen Druckpunkte: okzpital, unterer Zervikalbereich, M. trapezius, M. supraspinatus, 2. Rippe, Epicondylus lateralis, M. glutealis (oberer, äußerer Quadrant), Trochanter major, Knie 5 Nebenkriterien: 1. Subjektiv empfundene Weichteilschwellung 2. Schmerz abhängig von körperlicher Aktivität 3. Schmerz abhängig vom Wetter 4. Schmerz abhängig von Angst/Stress 5. Colon irritable 6. Chronische Ängstlichkeit 7. Chronische Müdigkeit 8. Schlafstörung 9. Taubheitsgefühl 10. Chronische Kopfschmerzen

zählt. 13 % der Jungen und 18 % der Mädchen zwischen 6 und 19 Jahren leiden an nächtlichen oder abendlichen Gliederschmerzen, die mindestens 3 Monate lang rezidivieren, ein schmerzfreies Intervall von Tagen bis Wochen zeigen und so ausgeprägt sind, dass die Kinder erwachen oder ihre reguläre Aktivität unterbrechen [19]. Der Schmerz betrifft vornehmlich bilateral Schienbein oder Wade. Es finden sich keine Entzündungszeichen im Serum. Die Erkrankung ist selbstlimitierend. Therapeutisch sollte der Familie versichert werden, dass es sich um ein gutartiges, selbstlimitierendes Geschehen handelt. Ibuprofen oder Paracetamol, zur Nacht verabreicht, hilft bei 25 % der Kinder. Erste Ergebnisse einer doppelblinden kontrollierten Studie mit oraler Selentherapie sind vielversprechend [3]. 14.2.4

Fall 4

Ein jugendlicher Patient klagt regelmäßig nach sportlicher Betätigung über Schmerzen in beiden Knien.

Diagnostik Hypermobilität mit Überstreckung der Ellbogenund Kniegelenke bei asthenischem Habitus.

Eingruppierung Nichtentzündliche muskuloskelettale Erkrankung (Gruppe 4, . Tabelle 14.1).

Kommentar Der Hypermobilitätsschmerz tritt bei 8–14 Jahre alten Kindern nachmittags oder nach körperlicher Aktivität auf. In der körperlichen Untersuchung können sich leichte Knieergüsse nach sportlicher Aktivität zeigen [10]. Die sinnvollste Therapie besteht im isometrischen Muskelaufbau. Zu der Gruppe der nichtentzündlichen muskuloskelettalen Erkrankungen zählen neben der Gelenkhypermobilität die patellofemorale Dysfunktion, der Rückenschmerz und schmerzhafte Verletzungen nach Überbeanspruchung. Patellofemorale Dysfunktion: Eine Vielzahl orthopädischer Krankheitsbilder von der Chondromalacia patellae bis hin zu kongenitalen Synovialfalten können Knieschmerzen verursachen. Am häufigsten ist die patellofemurale Dysfunktion.

251 14.3 · Therapiemodule bei muskuloskelettalen Erkrankungen

In der Adoleszenz klagen die Patienten über Schmerzen hinter der Kniescheibe. Das positive Patelladruckzeichen (Schmerzen beim Druck auf die Patella, die zunehmen mit Anspannen des M. quadrizeps femoris) weist auf die Diagnose hin. Therapeutisch bieten sich isometrischer Muskelaufbau des M. quadriceps femoris und Kniebandagen mit Silikoneinsatz an [17]. Rückenschmerzen im Kindesalter haben bis heute wenig Beachtung gefunden. Langzeituntersuchungen zur Relevanz dieser Schmerzproblematik für die Entwicklung chronischer Wirbelsäulenleiden im Erwachsenenalter liegen nicht vor. Im Gegensatz zum Erwachsenen findet sich bei 70 % der Kinder, die wegen chronischer Rückenschmerzen medizinische Hilfe in Anspruch nehmen, ein organisches Korrelat [13]. Die meisten Kinder mit Rückenschmerzen suchen jedoch keinen Arzt auf [18]. Beispielsweise hatten in einer Studie von Taimela et al. [27] in den letzten 12 Monaten vor der Befragung 10 % der über 1000 7- bis 16-jährigen über lumbale Schmerzen geklagt. Validierte Therapieempfehlungen können derzeit nicht gegeben werden. Schmerzen nach (sportlicher) Aktivität entstehen durch multiple Mikrotraumen. Verletzungen im Rahmen von Leistungssport betreffen insbesondere Wirbelsäule (Spondylolyse, Hyperlordose, Bandscheibenherniation), Schulter, Ellenbogen (Epikondylitis), Knie (Osgood-Schlatter-Krankheit, Synovitis) und Ferse (»Sever’s disease«). Die häufigsten Therapieempfehlungen lauten: Schonung der betroffenen Extremität, Physiotherapie und/ oder Kältebehandlung [6, 16], ohne dass hierfür eine solide wissenschaftliche Basis besteht.

14.3

14.3.1

Therapiemodule bei muskuloskelettalen Erkrankungen Klassische Schmerzmittel

Neben dem Bemühen um eine definitive Diagnose muss das Bestreben stehen, Schmerzfreiheit oder zumindest Schmerzlinderung zu erreichen. Die frühe Schmerztherapie verfälscht eine gründliche Diagnostik nicht, sondern gibt eher noch zusätzliche

14

Hinweise (Ausnahme: Steroide vor Diagnosestellung eines Tumorleidens). An erster Stelle kommen von den klassischen Schmerzmitteln die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) zum Einsatz aufgrund ihrer zusätzlichen antiphlogistischen Wirkung (. Tabelle 14.3). Indomethacin besitzt nach eigenen Erfahrungen die höchste antiphlogistische Potenz. Ibuprofen hat bei Kindern von allen nichtsteroidalen Antirheumatika das geringste Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen [25]. Die nicht selten praktizierte Kombinationstherapie zweier NSAR ist bislang nicht ausreichend erforscht und wird insbesondere wegen des erhöhten Risikos (renaler) Nebenwirkungen nicht empfohlen. Bei rheumakranken Kindern unter NSAR scheint es ebenso häufig wie bei Erwachsenen zu Magenbeschwerden und gastrointestinalen Läsionen zu kommen. In der Studie von Dowd et al. [9] klagten 30 % der Patienten über Beschwerden, von diesen hatten 30 % gastrointestinale Läsionen. Die ersten Läsionen wurden bereits nach einer Einnahmedauer von nur 3 Wochen beobachtet. Bei Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren – Steroidtherapie und unregelmäßige Nahrungsaufnahme – ist deshalb eine Ulkusprimärprophylaxe zu erwägen. Eine Sekundärprophylaxe scheint bei Kindern mit vorbestehenden gastrointestinalen Läsionen sinnvoll. Leider fehlen Studien über die Wirksamkeit einer Ulkusprophylaxe bei Kindern. In der Pädiatrie werden traditionell zur Ulkusprophylaxe wegen seines günstigen Nebenwirkungsprofils Ranitidin mit einer Dosis von 1–2 mg/kgKG 1- bis 2-mal täglich per os, bei Einmalgabe abends, und andere Antazida eingesetzt, ohne dass deren Wirkung bewiesen wäre. Bei Nieren- oder Leberinsuffzienz muss in jedem Fall eine Dosisreduktion der NSAR erfolgen. Bei längerer Anwendung besteht die Gefahr der Nephrotoxizität. In seltenen Fällen kann es zur Störung der Blutbildung bis hin zur Agranulozytose kommen. Die Kombination von Paracetamol und NSAR sollte wegen der Gefahr tubulärer Nierenschäden vermieden werden [1]. Als Monitoring auf mögliche Nebenwirkungen einer NSAR-Therapie kontrollieren die Autoren alle 6–12 Wochen Blutbild und Leberwerte. Ferner wird der Urin auf Eiweiß und Blut gestixt. Arzneimittelinteraktionen zwischen NSAR und Methotrexat

252

Kapitel 14 · Schmerzen am Bewegungsapparat

. Tabelle 14.3. Medikamente zur per os Therapie der juvenilen chronischen Arthritis Medikament

Tagesdosis [mg/kg]

Tageshöchstdosis [mg/d]

Dosisintervall

Nichtsteroidale Antirheumatika Indomethacin Naproxen Ibuprofen Diclofenac Acetylsalicylsäure

2–3 10–15 30–40 2–3 60–100

150 1000 2400 150 4000

In 3 Dosen In 2 Dosen In 3–4 Dosen In 2 Dosen In 3–4 Dosen

Basistherapeutika/Immunmodulatorena 10–20 mg/qm KOF /Woche Methotrexat [11] 1–3 Azathioprin [15, 23] 6 Hydroxychloroquin [4] 30–50 Sulfasalazin [29]

In 1Wochendosis 150 400 3000

In 1–2 Dosen In 1 Dosis In 2–3 Dosen

Glukokortikoideb Prednisolon/Prednison

150

Start: 0,2–2

In 3 Dosen, evtl. an alternierenden Tagen

a Auswahl der Basistherapeutika, deren Wirkung bei kindlichem Rheuma in kontrollierten Studien belegt ist [4, 11, 15, 20, 23]. b Heute hat sich bei Oligoarthritis zunehmend die intraartikuläre Steroidinjektion etabliert vor oder in Kombination mit Basistherapeutika: 0,5–1 mg/kg KG Triamcinolon Hexacetonid pro großes Gelenk, einmalig oder mit mehrmonatiger Pause je nach Erfolg mehrmals, Höchstdosis: 40 mg/Gelenk.

sind beschrieben: Es kommt zu gegenseitiger Serumspiegelerhöhung. In der Differenzialtherapie stehen Opioide insbesondere bei tumorbedingten Muskel- und Gelenkschmerzen zur Verfügung.

14

14.3.2

Antiinflammatorische Therapie

Eine Schmerzbehandlung kann letztendlich nur erfolgreich sein, wenn die Grundkrankheit erfolgreich behandelt werden kann. Lokale (Osteomyelitis, eitrige Arthritis) oder systemische bakterielle Erkrankungen (Sepsis, Borreliose) erfordern eine suffiziente kausale antibiotische Behandlung. Chronisch-rheumatische Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen bedürfen eines Therapiekonzeptes, bei dem eine langfristige Unterdrückung der Entzündungsaktivität und eine Immunsuppression oder -modulation eine wichtige Rolle spielen. Wenn eine antientzündliche Therapie mit NSAR nicht innerhalb von wenigen Wochen zur Besserung führt, oder auch bei primär hoher Krankheitsaktivität, kommen Glukokortikoide und Basistherapeuti-

ka (. Tabelle 14.3) sowie die intraartikuläre Kortikosteroidinjektion zum Einsatz [1, 20, 12a]. Als Ultima ratio bei nicht beherrschbarer systemischer Krankheitsaktivität kann auf die Cyclophosphamid-Pulstherapie und die autologe Stammzelltransplantation zurückgegriffen werden [34, 35, 18a]. 14.3.3

Krankengymnastik

Die Krankengymnastik verfolgt bei entzündlichen muskuloskelettalen Erkrankungen folgende Ziele: Schmerzlinderung durch passiv-assistives Bewegen, Vorbeugung und Behandlung von Gelenkfehlstellungen, Wiederherstellung des Muskelgleichgewichts und Einübung eines harmonischen altersentsprechenden Bewegungsablaufs. Eine erfolgreiche Krankengymnastik erfordert eine regelmäßige, d. h. tägliche Übungsbehandlung, die unter professioneller Anleitung zum großen Teil auch von den Patienten allein oder mit Hilfe der Eltern durchgeführt werden kann [14]. Eine wesentliche Aufgabe der Therapeuten ist deshalb neben der eigentlichen Behandlung die umfassende Anleitung von Patienten oder Eltern

253 14.3 · Therapiemodule bei muskuloskelettalen Erkrankungen

hinsichtlich Grifftechnik, Schmerzvermeidung sowie der Korrektor von Achsenfehlstellungen und falschen Bewegungsmustern. 14.3.4

Manuelle Medizin

In der manuellen Medizin stehen zur neurophysiologischen Schmerzbehandlung manipulative, myofasziale und muskelenergetische Techniken sowie eine spezielle Impulsbehandlung der zervikookzipitalen Übergangsregion (Atlastherapie nach Arlen) zur Verfügung. Ziel der Therapie ist die Beseitigung nozizeptiver Reaktionen an den kontraktilen und nicht-kontraktilen Wirbelsäulenstrukturen, die Normalisierung der veränderten myofaszialen Viskoelastizität und die Wiederherstellung des gestörten Gelenkspiels in den betroffenen Wirbelsäulensegmenten. Die manuelle Behandlung bei dysfunktionellen Rückenschmerzen im Kindesalter ist keine Dauertherapie: oft wird schon mit einer oder einigen wenigen Behandlungen Beschwerdefreiheit erreicht. Zur Vermeidung von Rezidiven sind in vielen Fällen allerdings weiterführende Maßnahmen sinnvoll: Bewegungsübungen, Haltungsschulung, zweckmäßige Sitzmöbel, Vermeiden von belastenden Sportarten usw. Insbesondere bei Patienten mit Schmerzverstärkungssyndromen (Gruppe 3) und nicht-entzündlichen, oft funktionellen muskuloskelettalen Erkrankungen (Gruppe 4) kommen auch Behandlungstechniken der manuellen Medizin zum Einsatz. Untersuchungen zur Effektivität im Vergleich zu herkömmlichen physiotherapeutischen Behandlungsverfahren bei Kindern fehlen. 14.3.5

Psychosoziale Begleitung und Therapie

Je mehr das Kind bzw. sein Körper durch die Erkrankung des muskuloskelettalen Systems beeinträchtigt ist und je länger die Krankheit dauert, desto wichtiger ist ein Konzept der psychosozialen Betreuung. Die Bedeutung einer solchen Betreuung unterstreicht eine fragebogengestützte Studie von Varni et al. [30] bei Patienten mit Rheuma: 70 % der interindividuellen Varianz des stärksten Schmerzes in der vorausgegangenen Woche konnte durch krankheits- und psychosoziale Faktoren erklärt werden. Die schmerzlindernde Wirkung kognitiv-

14

verhaltenstherapeutischen Trainings in Kombination mit einer medikamentösen Therapie ist auch in Follow-up-Studien hinreichend belegt [32, 33]. Das psychosoziale Konzept sollte den häuslichen Umgang mit der Erkrankung (z. B. sekundärer Krankheitsgewinn, gesunde Geschwisterkinder etc.) ebenso beinhalten wie die Problematik in der Schule (z. B. Probleme beim Tragen der Schultasche). Schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen können den Alltag in verschiedenster Weise beeinträchtigen (öffentliche Verkehrsmittel, Notwendigkeit von Hilfsmitteln, Sport). Immer wieder stellt sich die Frage nach der erlaubten Belastung, dem erlaubten Sport, nach Hilfen und zur Verfügung stehender Unterstützung. Was Kinder betrifft, so steht die Lebenszufriedenheits- und Lebensqualitätsforschung erst am Beginn. 14.3.6

Komplementäre Therapie

Insbesondere akute Erkrankungen sind eine Domäne der Schulmedizin. Je weniger diese Medizin jedoch Krankheit erklären, eine definitive Diagnose stellen und das Kind erfolgreich behandeln kann, desto dringender wird die Frage der Patienten oder deren Eltern nach erweiterten Lösungsansätzen. Hier ist von professioneller Seite ein Spagat zwischen wohlwollender Akzeptanz und kritischer Würdigung gefragt. Mit der gebotenen Offenheit gegenüber neuen Entwicklungen ist im Gespräch mit den Betroffenen der Stellenwert nebenwirkungsarmer und kostengünstiger Methoden wie der klassischen Homöopathie oder Akupunktur zu würdigen. Eine auf Transparenz und Vertrauen fußende langfristige interdisziplinäre Begleitung der Familien schützt vor fragwürdigen – teuren und gefährlichen – Ansätzen sowie vor Therapieodysseen. 14.3.7

Langzeitbetreuung

Ein für alle Beteiligten transparentes Konzept mit einer tragfähigen Struktur hat sich als Grundlage einer erfolgreichen Langzeitbetreuung von Patienten mit subakuten und chronischen Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems erwiesen. Ein Team aus Ärzten, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Psychologen und Sozialarbeitern ist unverzichtbar.

254

Kapitel 14 · Schmerzen am Bewegungsapparat

Regelmäßige ambulante Kontakte in Absprache mit dem Hausarzt, ggf. Schulungen und stationäre Aufenthalte sowie im Rahmen der familiären Situation durchführbare ambulante und häusliche Therapien sind wichtige Säulen einer erfolgreichen Begleitung. Eine Zusammenarbeit mit regionalen und überregionalen Selbsthilfegruppen hat sich innerhalb dieses Therapieplans erfolgreich etabliert.

Literatur

14

1. Allen RC, Petty RE, Lirenman DS, Malleson PN, Laxer RM (1986) Renal papillary necrosis in children with chronic arthritis. Am J Dis Child 140: 20–22 2. Allen R, Gross KR, Laxer RM, Malleson PN, Beauchamp RD, Petty RE (1986) Intraarticular triamcinolone hexacetonide in the management of chronic arthritis in children. Arthritis Rheum 29: 997–1001 3. Brahme-Isgren M, Brandt C, Waldenström J, Stenhammar L (1995) Peroral selenium therapy in growth pain in children. Lakartidningen 92: 3706–3708 4. Brewer EJ, Giannini EH, Kuzmina N, Alekseev L (1986) Penicillamine and hydroxychloroquine in the treatment of severe juvenile rheumatoid arthritis. Results of the USA-USSR double-blind placebo-controlled trial. N Engl J Med 314: 1269–1276 5. Cabral DA, Trucker LB (1999) Malignancies in children who initially present with rheumatic complaints. J Pediatr 134: 53–57 6. Carson WG, Gasser SI (1998) Litte Leaguer’s shoulder: a report of 23 cases. Am J Sports Med 26: 575–580 7. Cassidy JT, Petty RE (1990) Musculoskeletal pain syndromes of nonrheumatic origin. In: Cassidy JT, Petty RE (Hrsg) Textbook of pediatric rheumatology. Churchill Livingstone, New York, S 95–110 8. DeInocencio J (1998) Muskuloskeletal pain in primary pediatric care: analysis of 1000 consecutive general pediatric clinic visits. Pediatrics 102: E63 9. Dowd JE, Cimaz R, Fink CW (1995) Non-steroidal antiinflammatory drug-induced gastroduodenal injury in children. Arthritis Rheum 38: 1225–1231 10. Gedalia A, Press J (1991) Articular symptoms in hypermobile school children: a prospective study. J Pediatr 119: 215–225 11. Giannini EH, Brewer EJ, Kuzmina N et al. (1992) Methotrexate in resistant juvenile rheumatoid arthritis. Results of the USA-USSR double-blind, placebo-controlled trial. The Pediatric Rheumatology Collaborative Study Group and The Cooperative Children’s Study Group. N Engl J Med 326: 1043–1049 12a. Ilowite NT (2002) Current treatment of juvenile rheumatoid arthritis. Pediatrics 109: 109–115 12. Hogeweg JA, Kuis W, Huygen ACJ (1995) The pain threshold in juvenile chronic arthritis. Br J Rheumatol 34: 61–67

13. Kim GR (1992) Back pain. In: Hoekelman RA (Hrsg) Primary pediatric care. Mosby, St. Louis 14. Klepper SE (1999) Effects of an eight-week physical conditioning program on disease signs and symptoms in children with chronic arthritis. Arthritis Care Res 12: 52–60 15. Kvien TK, Hoyeraal HM, Sandstad B (1986) Azathioprine vs. placebo in patients with juvenile rheumatoid arthritis: a single center double blind comparative study. J Rheumatol 13: 118–123 16. Maffulli N, Chan D, Albridge MJ (1992) Overuse injuries of the olecranon in young gymnasts. J Bone Joint Surg 74: 305–308 17. McConnell (1986) Management of chondromalacia patellae – a long term solution. Austral J Physiother 32: 215–225 18. McGrath PJ, Breau L (1999) Musculoskeletal pain. In: McGrath PJ, Finley GA (Hrsg) Chronic and recurrent pain in children and adolescents. Progress in pain research and management, vol 13. IASP Press, Seattle 18a. Openshaw H, Nash RA, McSweeney PA (2002) High-dose immunsuppression and hematopoietic stem cell transplantation in autoimmun disease: clinical review. Biol Blood Marrow Transplant 8: 233–248 19. Oster J, Nielsen A (1972) Growing pains: a clinical investigation of a school population. Acta Paediatr Scand 61: 329–334 20. Padeh S, Passwell JH (1998) Intraarticular corticosteroid injection in the management of children with chronic arthritis. Arthritis Rheum 41: 1210–1214 21. Passo MH (1982) Aches and limb pain. Pediatr Clin North Am 29: 209–219 22. Romano TJ (1991) Fibromyalgia in children: diagnosis and treatment. W V Med J 87: 112–114 23. Savolainen HA, Kautiainen H, Isomaki H, Aho K, Veronnen P (1997) Azathioprine in patients with juvenile chronic arthritis: a longterm follow-up study. J Rheumatol 24: 2444–2450 24. Sherry DD, Bohnsack J, Salmonson K, Wallace CA, Mellins E (1990) Painless juvenile rheumatoid arthritis. J Pediatr 116: 921–923 25. Southall D (1997) Prevention and control of pain in children. A manual for health care professionals. Royal College of Paediatrics and Child Health, BMJ Publishing Group, London 26. Siegel DM, Janeway D, Baum J (1998) Fibromyalgia syndrome in children and adolescents: clinical features and status at follow up. Pediatrics 101: 377–382 27. Taimela S, Kujala UM, salminene JJ, Viljanen T (1997) The prevalence of low back pain among children and adolescents. Spine 22: 1132–1136 28. Truckenbrodt H (1990) Pain in juvenile chronic arthritis: consequences for the musculoskeletal system. Clin Exp Rheumatol 11 [Suppl 9]: 59–63 29. Van Rossum MA, Fiselier TJ, Franssen MJ et al. (1998) Sulfasalazine in the treatment of juvenile chronic arthritis: a randomized. double-blind, placebo-controlled, multicenter study. Dutch juvenile chronic arthritis group. Arthritis Rheum 41: 808–816

255 Literatur

30. Varni JW, Thompson KL, Hanson V (1987) The Varni/ Thompson pediatric pain questionnaire, I: Chronic musculoskeletal pain in juvenile rheumatoid arthritis. Pain 41: 139–150 31. Walco GA, Varni JW, Ilowite NT (1992) Cognitive-behavioral pain management in children with juvenile rheumatoid arthritis. Pediatrics 89: 1075–1079 32. Walco GA, Ilowite NT (1992) Cognitive-behavioral intervention for juvenile primary fibromyalgie syndrome. J Rheumatol 19: 1617–1619 33. Walco GA, Sterling CM, Conte PM (1999) Empirically supported treatments in pediatric psychology: disease related pain. J Pediatr Psychol 24: 155–167 34. Wallace CA, Sherry DD (1997) Trial of intravenous cyclophosphamid and methylprednisolone in the treatment of severe systemic-onset juvenile rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 40: 1852–1855 35. Wulffraat N, Van Roye A, Bierings M, Vossen J, Kuis W (1999) Autologous haemopoietic stem-cell transplantation in four patients with refractory juvenile chronic arthritis. Lancet 353: 550–553 36. Yunus MB, Masi AT (1985) Juvenile primary fibromyalgia syndrome. A clinical study of thirty-three patients and matched normal controls. Arthritis Rheum 28: 138–145

14

15 Rezidivierende Bauchschmerzen T. Berger* und U. Damschen* 15.1

Einleitung – 258

15.1.1 Definition – 258 15.1.2 Prävalenz – 258

15.2

Traditionelle Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen: Zweifaktorenmodell – 258

15.2.1 Organische Faktoren – 259 15.2.2 Psychische Faktoren – 260 15.2.3 Therapie unter Beachtung des Zweifaktorenmodells – 260

15.3

Moderne Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen – 261

15.3.1 Biopsychosoziale Modelle in Diagnostik und Therapie – 261

15.4

Fallbeispiel – 265 Literatur – 267

* Danksagung: Der Autor wird unterstütz durch die Peter und Ruth Wirts-Stiftung, Schweiz

258

Kapitel 15 · Rezidivierende Bauchschmerzen

)) 15.1

Einleitung

Rezidivierende Bauchschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerdebildern im Kindesalter. Wir beziehen uns in diesem Beitrag auf die Definition von Apley u. Naish [3], die in der Literatur die weiteste Verbreitung gefunden hat.

15.1.1

Definition

Rezidivierende Bauchschmerzen liegen vor, wenn mindestens 3 abdominelle Schmerzepisoden mit Beeinträchtigung der Aktivität des Kindes über einen Zeit-raum von mindestens 3 Monaten aufgetreten sind [3]. 15.1.2

Nach dieser Definition sind mindestens 10 % aller Schulkinder betroffen [3, 18, 19]. Der Altersgipfel liegt bei 11–12 Jahren mit insgesamt leicht überwiegendem Mädchenanteil. Der Schmerzcharakter ist variabel: Während die Mehrzahl der Kinder periumbilikale Schmerzen angibt [3], ähnelt das Beschwerdebild teilweise dem der Dyspepsie oder des Colon irritabile des Erwachsenen [16, 33]. Bei vielen Kindern finden sich während der Schmerzepisoden Begleitsymptome, z. B. Blässe, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit oder Kopfschmerzen [3, 18]. Ein Versuch, diese heterogene Symptomatik für die funktionellen Beschwerdebilder zu systemati-

15.2

Traditionelle Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen: Zweifaktorenmodell

Aus pädiatrischer und pädiatrisch-gastroenterologischer Sicht werden die rezidivierenden Bauchschmerzen traditionell als in erster Linie differentialdiagnostisches Problem betrachtet. Dies ist aus Umfragen unter niedergelassenen Pädiatern [8] und aus verschiedenen Übersichtsartikeln erkennbar [12, 15]. Viele Arbeiten legen ihren Schwerpunkt auf die Beschreibung möglicher Ätiologien, wobei zur Abklärung unterschiedlich umfangreiche Untersuchungsprogramme empfohlen werden. Die vorherrschende Auffassung begreift die Bauchschmerzen als Symptom einer entweder somatischen oder psychischen Störung (. Abb. 15.1). Eine Schmerzursache im psychischen Bereich wird unter der Annahme eines solchen »Zweifaktorenmodells« umso eher

organische/psychische Ursache

←⎯

15

Prävalenz

sieren, wurde 1999 in Form der »Rom-II-Kriterien« unternommen [25]. In Anlehnung an die Systematik für Erwachsene wurden dabei im Konsensusverfahren Kriterien für die folgenden Diagnosen im Kindesalter definiert: die funktionelle Dyspepsie, das Reizdarmsyndrom, die funktionellen Bauchschmerzen, die abdominelle Migräne und die Aerophagie. Damit steht ein Instrument zur Verfügung, das bei entsprechender Verbreitung in Zukunft differenziertere Aussagen besonders im Hinblick auf Pathogenese, Diagnostik und Therapie erwarten lässt.

rezidivierende Bauchschmerzen

. Abb. 15.1. »Zweifaktorenmodell« der rezidivierenden Bauchschmerzen: Die Bauchschmerzen werden als ein Symptom angesehen, das direkt entweder durch eine organische oder eine psychische Erkrankung verursacht wird

259 15.2 · Traditionelle Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen: Zweifaktorenmodell

in Betracht gezogen, wenn Hinweise für eine organische Erkrankung fehlen – und umgekehrt [8]. Inwieweit stützt die Literatur die oben zitierte Annahme, rezidivierende Bauchschmerzen würden entweder durch organische oder psychische Störungen verursacht? 15.2.1

den sollte [10]. Ein solcher ergibt sich besonders bei den Patienten mit untypischen Zusatzsymptomen. Die in der Übersicht aufgeführten anamnestischen »Alarmzeichen« oder Auffälligkeiten bei der körperlichen Untersuchung sollten Anlass zu weiterführender gezielter Organdiagnostik geben.

Organische Faktoren

Eine Reihe von klar definierten somatischen Erkankungen geht mit rezidivierenden Bauchschmerzen einher (7 Übersicht und Kapitel 3). Auswahl organischer Diagnosen bei rezidivierenden Bauchschmerzen 5 5 5 5 5 5 5 5 5

15

Refluxösophagitis Gastritis/Duodenitis/Ulkuskrankheit Familiäres Mittelmeerfieber Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Zöliakie Nierenerkrankungen Gallenkoliken Rezidivierende Pankreatitis Parasiten

Der Anteil dieser Diagnosen am Gesamtkollektiv beträgt jedoch nur ca. 10 % [3, 30]. Anders ausgedrückt: Bei der Mehrzahl der Kinder liefert die organische Untersuchung keine klare Diagnose. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie umfangreich die somatische Abklärung nun sein sollte. Über Anamnese und klinischen Befund hinaus gibt es bei rezidivierenden Bauchschmerzen keine diagnostische Methode, deren ungezielter Einsatz einen nachgewiesenen Nutzen hätte. So finden sich sonographisch zwar bei bis zu 19 % der Kinder mit Bauchschmerzen Auffälligkeiten, v.a. Veränderungen im Bereich der ableitenden Harnwege. Diese Befunde taugen aber nur selten als Erklärung für die Schmerzsymptomatik [44]. Das Argument, eine unauffällige Diagnostik trage zur Beruhigung der Eltern bei und erleichtere dadurch den Umgang mit den Bauchschmerzen, ist bislang nicht durch entsprechende Untersuchungen belegt. Einige Autoren vertreten die Ansicht, dass ergänzende Diagnostik grundsätzlich nur gezielt bei spezifischem klinischem Verdacht durchgeführt wer-

»Alarmzeichen« bei rezidivierenden Bauchschmerzen 5 Schmerzcharakter: 5 Schmerz außerhalb der Mittellinie – Ausstrahlung – nächtliche Schmerzen – deutliche Nahrungsabhängigkeit 5 Begleitsymptome: – Fieber – Erbrechen – durchfällige, blutige oder schleimige Stühle – gestörte Längen- und/oder Gewichtsentwicklung – Begleitsymptome an Haut, Schleimhäuten, Gelenken 5 Positive Familienanamnese (Beispiele): – Ulkus – Pankreatitis – chronische Darmentzündung – familiäres Mittelmeerfieber

In mehreren Arbeiten wurde untersucht, ob mit unterschiedlichen diagnostischen Methoden bei Kindern mit rezidivierenden Bauchschmerzen Auffälligkeiten gefunden werden können. Dabei ergaben sich u. a. Hinweise auf Störungen der gastrointestinalen Motilität [24, 31, 35], Veränderungen der Schmerzschwelle und des Muskeltonus [1], vegetative Dysfunktionen [5], Kohlenhydratmalabsorptionen [31, 42], mikroskopische Entzündungszeichen der gastrointestinalen Schleimhäute [4, 22, 31] sowie hormonelle Veränderungen [2]. In der Praxis helfen diese Ansätze kaum weiter, da die Fallzahlen zu klein, das Patientenspektrum zu selektiert, die Diagnosekriterien häufig unscharf und die Behandlungsergebnisse uneinheitlich und nicht kontrolliert waren. Zum Beispiel konnte die geringe Übereinstimmung von subjektiver Symptomatik und den objektiven Ergebnissen von Laktosetoleranztests inzwischen von verschiedenen Autoren gezeigt

260

Kapitel 15 · Rezidivierende Bauchschmerzen

werden [32, 36]. Entsprechend profitieren Patienten mit Bauchschmerzen und nachgewiesenem Laktasemangel nur z. T. von einer milchzuckerfreien Ernährung [11]. Die Diskussion um die ätiologische Bedeutung von Helicobacter pylori bei rezidivierenden Bauchschmerzen im Kindesalter ist noch nicht abgeschlossen. Neuere Arbeiten konnten in den untersuchten Populationen keinen Zusammenhang zwischen Infektionsstatus und Symptomatik finden [20, 43]. Der Effekt einer Helicobacter pylori-Eradikation wurde bislang nicht in plazebokontrollierten Studien überprüft. Einzig eine Erhöhung der Ballaststoffzufuhr scheint einen günstigen Effekt zu haben [9], ansonsten konnte bislang kein eindeutiger Nutzen medikamentöser oder diätetischer Maßnahmen belegt werden. ! Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht nur eine relativ geringe Chance, bei einem Kind mit rezidivierenden Bauchschmerzen eine ätiologisch bedeutsame, definierte und einer spezifischen Therapie zugängliche organische Störung zu finden. 15.2.2

15

Psychische Faktoren

In den letzten 20 Jahren fragten zahlreiche Studien mit inkonsistenten Ergebnissen nach psychopathologischen Störungen (v. a. Angst, Depression), psychosozialen Belastungen (u. a. Alltagsstress, belastende Lebensereignisse) sowie familiären Faktoren als Ursache für rezidivierende Bauchschmerzen. Kinder mit rezidivierenden Bauchschmerzen zeigen im Vergleich zu gesunden Kindern erhöhte Ängstlichkeit und Depressivität [32]. Beide Faktoren sind jedoch in ihrer Ausprägung vergleichbar derjenigen bei Kindern mit organisch begründeten Bauchschmerzen [39], was die Annahme nährt, benannte emotionale Auffälligkeiten seien eher als Folge denn als Ursache der körperlichen Beschwerden zu verstehen. Auch dem Einfluss belastender Lebensereignisse (z. B. Scheidung, Wohnortwechsel) auf das Auftreten rezidivierender Bauchschmerzen sind vielfältige Studien gewidmet worden. Dabei hat sich gezeigt, dass Kinder mit oder ohne rezidivierende Bauchschmerzen eine ähnliche Anzahl belastender Lebensereignisse erfahren [26], wobei diese Ereignisse

bei den Bauchschmerzkindern allerdings erheblich öfter mit Krankheiten und Tod von Angehörigen in Verbindung stehen [41]. Bei Bauchschmerzkindern besteht außerdem ein vager Zusammenhang zwischen Ausmaß und Dauer an alltäglichem Stress, z. B. durch Schulprobleme oder Konflikte mit Gleichaltrigen, und dem Auftreten akuter Beschwerden [39]. Aufgrund dieser Ergebnisse können spezifische Lebensereignisse sowie anhaltender Alltagsstress als Risikofaktoren für rezidivierende Bauchschmerzen gelten. Ungeklärt ist, in welchem Zeitraum nach der Belastung mit Beschwerden zu rechnen ist, welches Ausmaß an Belastungen Beschwerden hervorruft, und warum manche Kinder bei gleicher Belastung keine Beschwerden aufweisen. Die familiären Bedingungen bauchschmerzkranker Kinder wurden bisher nur ansatzweise erforscht. Sanders et al. [27] führten Videoanalysen familiärer Interaktionsmuster, insbesondere von kindlichen Verhaltensauffälligkeiten und mütterlichem abwehrendem Verhalten, durch. Dabei zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede zu Familien gesunder Kinder. Auch fanden Walker u. Greene [38] bei Müttern von Bauchschmerzkindern deutlich erhöhte Angst-, Depressions- und Somatisierungswerte mit allerdings ähnlich hohen Werten bei Müttern verhaltensauffälliger oder organisch kranker Kinder. Einen umfassenden Überblick über den bisherigen Forschungsstand in diesem Bereich bieten die Arbeiten von Mühlig u. Petermann [23] sowie Scharff [29]. Insgesamt lässt sich die Annahme, dass die rezidivierenden Bauchschmerzen in der Regel entweder organische oder psychische Störungen als Ursachen hätten, durch die vorhandenen Daten nicht stützen. Man muss das Zweifaktorenmodell mit seinem eher differentialdiagnostischen Blickwinkel deshalb mit Fragezeichen versehen; bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten werden wir voraussichtlich weder im somatischen noch im psychischen Bereich eine eindeutige Diagnose stellen können. 15.2.3

Therapie unter Beachtung des Zweifaktorenmodells

Der Therapie der Bauchschmerzen wird in der Regel in der pädiatrischen Literatur wenig Bedeutung zugemessen. Dies hat vor allem 2 Gründe:

261 15.3 · Moderne Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen

In der Praxis kann – wie erwähnt – in den meisten Fällen keine definierte Diagnose gestellt werden, sodass sich keine pathophysiologisch begründbaren Therapieansätze ergeben. Außerdem wird allgemein angenommen, dass rezidivierende Bauchschmerzen im Kindesalter eine gute Prognose mit günstigem Spontanverlauf haben, soweit eine organische oder psychische Erkrankung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden konnte. Das übliche Procedere besteht daher in diesen Fällen in Aufklärung und Beruhigung von Kind und Eltern [8].

15.3

Moderne Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen

Die Annahme, Bauchschmerzen bei Kindern hätten in der Regel einen günstigen Spontanverlauf, ist nachvollziehbar, wenn klassische Kriterien wie Letalität oder physische Morbidität zugrunde gelegt werden. Sie hat aber nach kritischer Literaturrecherche keinen Bestand mehr, wenn man die Kriterien für eine günstige Prognose weiter fasst: So fanden Christensen et al. [6] nach einem Verlauf von 30 Jahren in 53 % der Fälle (Kontrollgruppe 29 %) noch anhaltende chronische oder rezidivierende Bauchschmerzen, 32 % der Patienten (Kontrollgruppe 13 %) hatten zudem im Verlauf rezidivierende Beschwerden nichtabdomineller Art entwickelt. Interessant ist, dass rund 60 % der Erwachsenen mit persistierenden Beschwerden im Rückblick schilderten, in der Adoleszenz ein symptomfreies Intervall gehabt zu haben. In einer Langzeitstudie von Magni et al. [21] klagten nach 10 oder mehr Jahren 25 % der Kinder über anhaltende Bauchschmerzen, bei weiteren 25 % hatten sich Schmerzsyndrome anderer Lokalisation entwickelt. In einer anderen Untersuchung wurden im Verlauf gehäuft funktionelle Beeinträchtigungen (z. B. Fehlzeiten in der Schule) gefunden [40]. In einer Langzeitstudie von Hotopf et al. [13] zeigte sich bei Erwachsenen, die als Kinder wiederholt an Bauchschmerzen gelitten hatten, eine mäßige Häufung somatischer Beschwerden unterschiedlicher Lokalisation sowie v. a. eine signifikante Häufung psychischer Auffälligkeiten. Aus diesen Zahlen lässt sich ableiten, dass bei einem beträchtlichen Teil der Kinder, obwohl in den

15

meisten Fällen keine erkennbare organische oder psychische Pathologie als Ursache für die Bauchschmerzen vorliegt, mit langfristigen Problemen gerechnet werden muss. Diese Probleme liegen nicht im organischen Bereich, sondern äußern sich einerseits in einer Chronifizierungstendenz, andererseits in Form von psychosozialen Störungen. Die seit Jahrzehnten übliche Praxis der Aufklärung und Beruhigung hat in dieser Hinsicht offenbar keinen positiven Effekt. Diese Ergebnisse machen das Problem der traditionellen Sichtweise deutlich: Dadurch, dass die rezidivierenden Bauchschmerzen als Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung im Sinne einer linearen Ursache-Wirkungs-Kette gedeutet werden, ergeben sich auch nur in den Fällen weitere Handlungsansätze, in denen eine solche Ursache-Wirkungs-Beziehung tatsächlich aufgedeckt werden kann. Da dies aber, wie oben dargelegt, bei der Mehrzahl der Patienten nicht der Fall ist, bieten sich nach traditioneller Sichtweise für den Arzt nur die folgenden theoretischen Möglichkeiten: Entweder wird der Versuch einer rein symptomatischen Therapie unternommen, oder die Suche nach einer Ursache wird durch weitere Diagnostik intensiviert. Die dritte Möglichkeit besteht darin, den Bauchschmerzen, soweit keine Ursache erkennbar ist, keinen größeren Krankheitswert beizumessen. Da den beiden erstgenannten Möglichkeiten praktisch enge Grenzen gesetzt sind, wird die letzte Option üblicherweise bevorzugt [8], obwohl sie den oben angeführten Daten zum Langzeitverlauf offensichtlich widerspricht. Dies zeigt, dass wir mit der klassischen Herangehensweise vielen Kindern mit rezidivierenden Bauchschmerzen offenbar nicht gerecht werden, sodass es notwendig ist, neue Konzepte zu diskutieren und zu erproben. Gleichzeitig deutet die Art der Probleme, die die Kinder mit rezidivierenden Bauchschmerzen langfristig haben, darauf hin, dass solche Konzepte verstärkt auf einer erweiterten systemischen Sichtweise basieren sollten. 15.3.1

Biopsychosoziale Modelle in Diagnostik und Therapie

Anstatt ausschließlich nach der direkten Ursache der Bauchschmerzen bei einem gegebenen Patienten zu

262

Kapitel 15 · Rezidivierende Bauchschmerzen

fahnden, sollte man sich bemühen, das Kind mit seinen Schmerzen in seiner gesamten Lebenssituation zu betrachten. Dies schließt neben der klassischen Frage nach den Schmerzursachen oder -auslösern als wesentlichen neuen Aspekt die Betrachtung der Auswirkungen und Folgen der Schmerzen ein. Zum einen lässt sich hieraus das eigentliche Ausmaß der Beeinträchtigung besser abschätzen, zum anderen kann hier der Schlüssel zum Verständnis individuell wirksamer »Teufelskreise« liegen, indem die Schmerzproblematik durch das Verhalten des Kindes selber oder durch die Reaktion der Umgebung unterhalten oder verstärkt wird.

Diagnostik Anstelle des Zweifaktorenmodells bietet sich hierfür eine multidimensionale Betrachtungsweise an, die die 3 Bereiche Körper, Psyche und soziale Umwelt mit ihren gegenseitigen Wechselbeziehungen (. Abb. 15.2) von vornherein einschließt (»biopsychosoziale Modelle« [37]). Dabei sind genauer Schmerzcharakter, Ernährungsaspekte und Stuhlverhalten ebenso wichtig wie der elterliche Umgang mit den Schmerzen ihres Kindes, eventuelle Auswirkungen auf den Schulbesuch oder die Frage, ob das Kind mit Stress adäquat umgehen kann. In der Praxis führt diese Betrachtungsweise im Idealfall zum Entwurf eines individuell zugeschnittenen Krankheitsmodells unter Beachtung der oben

Entwicklung

genannten 3 Teilbereiche. Bei diesem Entwurf werden der Patient und die Familie durch eigene Beobachtungen und Schlussfolgerungen aktiv mitbeteiligt, während ihre Rolle im klassischen differentialdiagnostischen Prozess eher passiv ist. Auf der Basis eines solchen Krankheitsmodells kann ein gemeinsames Therapiekonzept erarbeitet werden, das wiederum je nach Bedarf somatische, psychische oder soziale Behandlungsansätze miteinander kombiniert.

Therapie Eine Erhöhung des Ballaststoffanteils in der Ernährung ist der einzige somatische Therapieansatz, für den bisher in einzelnen kontrollierten Studien eine Wirksamkeit nachgeweisen werden konnte [9]. Methodischen Kriterien von Janicke u. Finney [17] zufolge ist die Wirksamkeit des kognitiv-behavioralen Therapieansatzes von Sanders et al. [28] am besten belegt. Sanders et al. konnten nachweisen, dass die Vermittlung und Anwendung spezifischer Bewältigungsstrategien sowie deren kontingente Verstärkung die Intensität und Häufigkeit rezidivierender Bauchschmerzen bei Kindern verringern. Nach 8 Trainingseinheiten, in denen sowohl den Eltern als auch den Kindern Strategien im Umgang mit den Schmerzen vermittelt wurden, waren 75 % der Kinder dieser sog. Interventionsgruppe schmerzfrei.

Gesellschaft

Vorbilder

Selbstbild

Eltern

Erfahrung

15

Erziehung

Psyche

←⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯→

← ⎯ →

Organe

Schule

Gesundheitswesen

⎯ ⎯ ⎯



Sensibilität

Hormone



Wahrnehmung

Kultur

Ernährung









Aufmerksamkeit

Schmerz



Stress

Freunde



Angst

soziale Umwelt

Malabsorption Motorik

Entzündung . Abb. 15.2. Biopsychosoziales Modell der rezidivierenden Bauchschmerzen: Die Bauchschmerzen werden als Phänomen im Rahmen eines Gesamtgefüges angesehen, das durch die sich wechselseitig beeinflussenden 3 Teilbereiche Körper, Psyche und soziale Umwelt beschrieben wird

263 15.3 · Moderne Sichtweise rezidivierender Bauchschmerzen

In der Kontrollgruppe (Wartegruppe ohne psychologische Intervention) waren nach dem gleichen Zeitraum 25 % der Kinder ohne Schmerzen. 3 Monate nach Beendigung der Trainingseinheiten stieg die Zahl der schmerzfreien Kinder in der Interventionsgruppe auf 87,5 %, in der Kontrollgruppe auf 37,5 % an. Zu diesem Zeitpunkt erwies sich der Unterschied zwischen den beiden Gruppen als statistisch signifikant. Die Studie konnte außerdem zeigen, dass die Effekte, die sich im familiären Umfeld ergaben (Reduktion des Schmerzempfindens und der Schmerzfrequenz), auch auf das schulische Setting generalisiert wurden. Auf negative Nebeneffekte dieser Behandlungsmethode ergab sich kein Hinweis. Da der multimodale Ansatz erst in jüngerer Zeit an Interesse gewonnen hat, liegen bisher kaum Effektivitätsstudien für kombinierte Behandlungskonzepte vor. Humphrey u. Gevirtz [14] haben an einer kleinen Patientenzahl Kombinationen verschiedener Behandlungsansätze miteinander verglichen. Dabei waren aktive Behandlungselemente wie durch Biofeedback unterstützte Entspannungstechniken, kognitiv-behaviorale Interventionen und Schulungsmaßnahmen für die Eltern effektiver als die alleinige Erhöhung der Ballaststoffzufuhr. Die Hoffnung des multimodalen Ansatzes besteht darin, die bereits belegte Wirksamkeit einzelner Therapieansätze durch die Hinzunahme weiterer Behandlungsoptionen zu steigern.

15

Multimodales Behandlungskonzept der Gastroenterologischen Abteilung der Vestischen Kinderklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke

gangen wird. Bei Hinweisen auf das Vorliegen einer organischen Krankheit wird zunächst gezielt weitere organische Diagnostik veranlasst. Dies betrifft, wie weiter oben erwähnt, nur eine Minderzahl der Patienten. In den übrigen Fällen stellen wir bereits zu diesem Zeitpunkt die Arbeitsdiagnose »Funktionelle Bauchschmerzen« und versuchen, der Familie die Diagnose unter Zuhilfenahme des erwähnten biopsychosozialen Modells zu erläutern. Ein psychologisches Gespräch rundet diese erste Phase ab. Die folgenden Schritte sind überwiegend diagnostischer Art und dienen dem Entwurf eines auf das jeweilige Kind zugeschnittenen Schmerzmodells. Dabei sind uns 3 Punkte besonders wichtig: E ein individuell ausgerichtetes Vorgehen; E die multimodale Betrachtungsweise unter Einbeziehung somatischer, psychischer und sozialer Aspekte. Es ergibt sich aus dem bereits Gesagten und soll an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, dass wir es nach unserem Konzept weder für erforderlich noch für sinnvoll halten, eine komplette »organische Abklärung« vor der Durchführung jeglicher psychologischer Maßnahmen vorzunehmen. Verdachtsmomente für somatische Schmerzauslöser können sich auch erst im weiteren Prozess ergeben und dann zum Anlass für die Planung ergänzender organischer Diagnostik werden. E Frühzeitige aktive Mitwirkung des Kindes und seiner Familie. Die wichtigsten Instrumente hierfür sind in der Praxis Protokolle und Schmerztagebücher (Anhang B), mit denen v. a. die Umstände der Schmerzepisoden, die Ernährung und das Stuhlverhalten erfasst und dann mit der Familie zusammen ausgewertet werden.

Kinder mit rezidivierenden Bauchschmerzen kommen über die Gastroenterologische oder SchmerzAmbulanz zu einem Untersuchungstermin, oder sie werden durch den Kinderarzt stationär eingewiesen. Das Behandlungsteam besteht aus Kinderarzt, Psychologin, Kinderkrankenschwester und Diätassistentin. Den ersten Kontakt nimmt grundsätzlich ein Kinderarzt auf. Anhand von Anamnese und körperlichem Befund wird nach Hinweisen für eine organische Erkrankung gefahndet (s. oben, Übersicht). Gleichzeitig wird versucht, den Grad der Beeinträchtigung grob abzuschätzen, wobei verstärkt auf die psychosozialen Bedingungen des Kindes einge-

Um dem Kind eine wirksame Behandlung anbieten zu können, werden – entsprechend dem biopsychosozialen Modell – mehrere Behandlungsangebote miteinander verknüpft. Ob die betroffene Familie diese Angebote nutzt, hängt zu einem großen Teil von dem Ausmaß der kindlichen, familiären und schulischen Beeinträchtigung (z. B. sozialer Rückzug des Kindes, starke emotionale sowie zeitliche Belastung der Eltern aufgrund der Beschwerden, häufige Schulfehltage) ab. Aber auch das Verhältnis von erwartetem Nutzen, zusätzlichem Aufwand und eigenen Möglichkeiten, schmerzrelevante Bedingungen zu verändern, beeinflusst die Entscheidung.

264

Kapitel 15 · Rezidivierende Bauchschmerzen

! Zwischen den Behandlern und dem Patienten mit seiner Familie sollten vorab Behandungsziele und -mittel sowie der ungefähre Zeitrahmen zur Zielerreichung vereinbart werden.

Ausgehend vom Ernährungsprotokoll wird eine Ernährungsberatung angeboten. Diese strebt neben der Vermittlung der allgemeinen Prinzipien einer optimierten Mischkost eine Erhöhung des Ballaststoffanteils in der Ernährung an. Je nach Beschwerdebild und organischen Befunden können in Einzelfällen auch medikamentöse Ansätze versucht werden (z. B. Laktulose bei Hinweisen für eine Obstipation, Antazida oder Prokinetika bei dyspepsieähnlicher Symptomatik). Darüber hinaus entsteht an der Vestischen Kinderklinik zurzeit ein Gruppentraining für Kinder mit rezidivierenden Bauchschmerzen (»Bauchtänzer«). Es basiert auf einer Auswahl kognitiv-behaviorale Therapiemethoden, die sich für die Schmerzbehandlung bei Kindern als effektiv erwiesen haben [7, 27, 34]. Das Training ist für Kinder im Alter von 9–12 Jahren und eine Gruppengröße von 5–7 Teilnehmern konzipiert. Es umfasst 8 Sitzungen von je 120 min Dauer und enthält folgende Komponenten: E Wissensvermittlung und Erarbeitung eines Schmerzmodells, E Vermittlung von Strategien zur Schmerzbewältigung, E Vermittlung allgemeiner Bewältigungskompetenzen.

15

Durch den Erwerb von Wissen und spezifischen Bewältigungsstrategien sollen die Kinder im Sinne des Selbstmanagements zunehmend selbständig die Kontrolle über ihre Schmerzen und damit zusammenhängende Bedingungen erlangen. Zu Beginn des Trainings werden die Kinder über die Anatomie des Magen-Darm-Traktes und die physiologischen Vorgänge der Verdauung informiert. Gemeinsam werden mögliche somatische, emotionale (z. B. Angst), kognitive (z. B. katastrophisierende Gedanken) und situative (z. B. Klassenarbeiten) Ursachen und Auslöser der Bauchschmerzen erarbeitet. Anschließend wird als erste Strategie der Schmerzbewältigung ein Entspannungsverfahren

eingeführt, das über die gesamte Dauer des Trainings erlernt werden soll. Es stehen Verfahren wie autogenes Training, progressive Muskelrelaxation oder Phantasiereisen zur Verfügung, mit denen es möglich ist, eine willentliche Kontrolle des physiologischen Erregungsniveaus zu erlangen. Die Entspannung kann einerseits eingesetzt werden, um während einer Schmerzepisode die Intensität und Dauer der Schmerzen zu verringern. Zum anderen kann Entspannung zur Vorbeugung von Schmerzepisoden genutzt werden, indem schmerzauslösende oder -aufrechterhaltende Stressreaktionen, z. B. die Aufregung vor einem Test, reduziert oder vermieden werden. Bei der kognitiven Umstrukturierung sollen ungünstige, dysfunktionale Kognitionen, die zu Katastrophisierung (»Das wird noch viel schlimmer«) und Resignation (»Gegen die Schmerzen kann man nichts tun«) führen und das Schmerzerleben verstärken, reduziert und durch positive Selbstinstruktionen ersetzt werden. In der praktischen Übung für Kinder besteht demzufolge der erste Schritt darin, dysfunktionale Kognitionen wahrzunehmen und zu erkennen. Der Einsatz eines Gedankenstopps (»Stopp! Denke positiv!«) dient zur Unterbrechung solcher Kognitionen, die schließlich durch funktionale, die Schmerzbewältigung fördernde Gedanken (»Ich kann etwas gegen die Schmerzen unternehmen«) ersetzt werden sollen. Durch gezielte Ablenkung (Aufmerksamkeitslenkung) soll der Aufmerksamkeitsfokus vom Schmerzgeschehen abgezogen und an alternative Wahrnehmungsinhalte gebunden werden. Je nach Präferenz des einzelnen Kindes werden externale (z. B. Karten spielen, Basteln) oder internale Ablenkungstechniken (z. B. Rätsel, Phantasiereise) eingesetzt. In den letzten beiden Sitzungen werden Übungen zur Selbstbehauptung und zum Problemlösen durchgeführt. Im Austausch untereinander suchen die Kinder neue Verhaltensmöglichkeiten für Situationen, mit denen sie bislang nicht zurecht kommen. In Rollenspielen wird das neue Verhalten erprobt, bewertet und eingeübt. Durch die thematische Nähe der Rollenspiele zum Alltag der Kinder soll der Transfer von der Übung in die Realität erleichtert werden. Begleitend zu dem Gruppentraining werden den Eltern Beratungsgespräche angeboten. Ziel ist es, gemeinsam zu erarbeiten, welche familiären oder

15

265 15.4 · Fallbeispiel

15.4

schulischen Bedingungen an der Aufrechterhaltung der Schmerzen beteiligt sind und auf welche Weise diese Bedingungen verändert werden können. Bei rezidivierenden Schmerzen kommt häufig der Reaktion der Eltern auf die verbalen und nonverbalen Schmerzäußerungen ihres Kindes eine bedeutende Rolle zu. Um eine Verstärkung des Schmerzerlebens durch ungünstige Reaktionen zu vermeiden, erhalten die Eltern eine konkrete Anleitung, wie sie stattdessen die Schmerzbewältigung des Kindes fördern können.

Fallbeispiel

Der 12-jährige M. wurde mit Schmerzen im Oberbauchbereich vorgestellt. Die Schmerzen traten mehrfach pro Woche auf, dauerten z.T. mehrere Stunden an und hatten an Häufigkeit zugenommen. Aufgrund der Bauchschmerzen war es zunehmend zu Schulausfällen gekommen. Die weitere Anamnese ergab keinen Hinweis auf eines der oben genannten Alarmzeichen (s. oben, Übersicht). Der körperliche Befund war komplett unauffällig.

Bauchschmerztagebuch für M. Datum

Sa, 24.4.

So, 25.4.

Mo, 26.4.

Di, 27.4.

Mi, 28.4.

Do, 29.4.

Fr, 30.4.

Hattest Du heute Bauchschmerzen?

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ✘ ❑ nein ❑

ja ✘ ❑ nein ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

In welcher Zeit hattest Du Schmerzen?

19.15–11.40

Wie stark waren Deine Schmerzen (Skala von 1–10)?

4

4

Datum

Sa, 1.5.

So, 2.5.

Mo, 3.5.

Di, 4.5.

Mi, 5.5.

Do, 6.5.

Fr, 7.5.

Hattest Du heute Bauchschmerzen?

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ✘ ❑ nein ❑

ja ✘ ❑ nein ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

schulfrei 18–12

In welcher Zeit hattest Du Schmerzen? Wie stark waren Deine Schmerzen (Skala von 1–10)?

4

4

Datum

Sa, 8.5.

So, 9.5

Mo, 10.5.

Di, 11.5.

Mi, 12.5.

Do, 13.5.

Fr, 16.5.

Hattest Du heute Bauchschmerzen?

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ✘ ❑ nein ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

ja ❑ nein ✘ ❑

In welcher Zeit hattest Du Schmerzen? Wie stark waren Deine Schmerzen (Skala von 1–10)?

5–14

5

. Abb. 15.3. Auszug aus einem Bauchschmerztagebuch (s. Fallbeispiel im Text)

Kapitel 15 · Rezidivierende Bauchschmerzen



266

Schulausfall

Angst vor schulischen Konflikten



»kurzfristige Lösung« (Krankheitsmodell): – Vermeidung, Ausweichen – Problem bleibt unbenannt – keine grundsätzlichen Lösungsansätze – Problem bleibt bestehen – abnehmende Fähigkeit, Probleme zu lösen – sinkendes Selbstvertrauen





Bauchschmerzen

≈ 

»langfristige Lösung« (Therapieansatz): – Konfrontation, Auseinandersetzung – Probleme benennen – aktive Erprobung von Lösungsansätzen – wachsende Fähigkeit, Probleme zu lösen – steigendes Selbstvertrauen

aktive Konfliktbewältigung



. Abb. 15.4. Krankheitsmodell des Patienten M. (s. Fallbeispiel im Text)

Anhand des Bauchschmerztagebuchs (. Abb. 15.3) und der weiteren Exploration mit M. und sei-

15

ner Mutter zeigte sich, dass die Bauchschmerzen vorwiegend abends auftraten und höchstens bis zum nächsten Mittag anhielten. Die Nahrungsaufnahme beim Mittagessen war nie durch Schmerzen beeinträchtigt. Am häufigsten traten Bauchschmerzen mit dem Wechsel von Wochenende und Wochenanfang bzw. nach einem freien Tag auf (. Abb. 15.3: 03.05. = Ostermontag). Äußerte M. starke Schmerzen, durfte er an diesen Tagen u. a. deshalb zu Hause bleiben, weil seine Mutter selbst rechtzeitig zur Arbeit losfahren musste. M. verbrachte dann den Vormittag im Bett und sah Fernsehen. Ab Mittag (ca. 12–14 Uhr) ließen die Schmerzen nach. Musste die Mutter nicht zur Arbeit, brachte sie M. trotz der Schmerzen zur Schule, wo die Schmerzen im Laufe des Vormittags abnahmen. M. und seine Mutter gaben im Gespräch an, dass Bauchschmerzen oft mit Konflikten, Stress oder bevorstehenden Belastungen in Zusammenhang stün-

den. Hierzu zählten v. a. schulische Probleme (unerledigte Hausaufgaben, Streit mit Mitschülern, Konflikte mit Lehrern). Während der Schulbesuch durch die Bauchschmerzen regelmäßig beeinträchtigt war, zeigten sich wenig Auswirkungen im Freizeitbereich oder bei familiären Aufgaben. Aufgrund dieser Informationen ergab sich die Annahme, dass M’s Bauchschmerzen offensichtlich dazu führten, Problemsituationen in der Schule erfolgreich zu vermeiden. Durch die Vermeidung dieser unangenehmen Situationen und durch die gleichzeitige Belohnung durch einen angenehmen Vormittag wurden die Beschwerden verstärkt (. Abb. 15.4). Innerhalb von 5 Monaten erhöhte sich die Frequenz von 1-mal 14-tägig auf 3-mal wöchentlich. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, nahm M. an einem Gruppentraining teil, in dem Strategien zur Schmerzbewältigung vermittelt wurden (»Bauchtänzer«). Gleichzeitig wurde mit seiner Mutter besprochen, wie sie ihn darin unterstützen kann, schulische Probleme zu lösen. Auch die Not-

267 Literatur

wendigkeit, M. trotz der Schmerzen zur Schule zu schicken, wurde verdeutlicht. Durch die Konfrontation und erfolgreiche Lösung schulischer Konflikte erlernte M. Strategien, Probleme zu bewältigen. Die Bauchschmerzen als vermeintliche Bewältigungsstrategie nahmen innerhalb von 6 Wochen ab und sind in den folgenden 9 Monaten nicht mehr aufgetreten.

Literatur 1. Alfven G (1993) Preliminary findings on increased muscle tension and tenderness, and recurrent abdominal pain in children. A clinical study. Acta Paediatr 82: 400–403 2. Alfven G, Uvnas-Moberg K (1993) Elevated cholecystokinin concentrations in plasma in children with recurrent abdominal pain. Acta Paediatr 82: 967–970 3. Apley J, Naish N (1957) Recurrent abdominal pains: A field survey of 1000 school children. Arch Dis Child 33: 165–170 4. Ashorn M, Mäki M, Ruuska T et al. (1993) Upper gastrointestinal endoscopy in recurrent abdominal pain of childhood. Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition 16: 273–277 5. Battistella PA, Carra S, Zaninotto M, Ruffilli R, Da Dalt L (1992) Pupillary reactivity in children with recurrent abdominal pain. Headache 32: 105–107 6. Christensen FM, Mortensen O (1975) Long-term prognosis in children with recurrent abdominal pain. Arch Dis Child 50:110–114 7. Denecke H, Kröner-Herwig B (im Druck) Kopfschmerztherapie mit Kindern und Jugendlichen. Hogrefe, Göttingen 8. Edwards M, Mullins LL, Johnson J, Bernardy N (1994) Survey of pediatricians’ management practices for recurrent abdominal pain. J Pediatr Psychol 19: 241–253 9. Feldman W, McGrath P, Hodgson C, Ritter H, Shipman RT (1985) The use of dietary fiber in the management of simple, childhood, idiopathic, recurrent, abdominal pain. AJDC 139: 1216–1218 10. Fleisher DR, Hyman PE (1994) Recurrent abdominal pain in children. Semin Gastrointest Dis 5: 15–19 11. Gudmand-Høyer E (1994) The clinical significance of disaccharide maldigestion. Am J Clin Nutr 59 [Suppl]: 735S–741S 12. Henker J, Näke A, Winkler U (1994) Diagnostik bei chronisch rezidivierenden Bauchschmerzen im Kindesalter. Pädiatr Praxis 47: 227–231 13. Hotopf M, Carr S, Mayou R, Wadsworth M, Wessely S (1998) Why do children have chronic abdominal pain, and what happens to them when they grow up? Population-based cohort study. BMJ 316: 1196–1200 14. Humphreys PA, Gevirtz RN (2000) Treatment of recurrent abdominal pain: Components analysis of four treatment protocols. J Pediatr Gastroenterol Nutr 31: 47–51

15

15. Hyams JS (1995) Recurrent abdominal pain in children. Curr Opin Pediatr 7: 529–532 16. Hyams JS, Treem WR, Justinich CJ, Davis P, Shoup M, Burke G (1995) Characterization of symptoms in children with recurrent abdominal pain: ressemblance to irritable bowel syndrome. J Pediatr Gastroentrol Nutr 20: 209– 214 17. Janicke DM, Finney JW (1999) Empirically supported treatments in pediatric psychology: Recurrent abdominal pain. J Pediatr Psychol 24: 115–127 18. Knishkowy B, Palti H, Tima C, Adler B, Gofin R (1995) Symptom clusters among young adolescents. Adolescence 30: 351–362 19. Kristjánsdóttir G (1996) Sociodemographic differences in the prevalence of self-reported stomach pain in school children. Eur J Pediatr 155: 981-983 20. Macarthur C, Saunders N, Feldman W, Ipp M, Winders-Lee P, Roberts S, Best L, Sherman P, Pencharz P, van Zanten SV (1999) Helicobacter pylori and childhood recurrent abdominal pain: community based case-control study. BMJ 319: 822–823 21. Magni G, Pierri M, Donzelli F (1987) Recurrent abdominal pain in children : a long term follow-up. Eur J Pediatr 146:72–74 22. Mavromichalis I, Zaramboukas T, Richman PI, Slavin G (1992) Recurrent abdominal pain of gastro-intestinal origin. Eur J Pediatr 151: 560–563 23. Mühlig S, Petermann F (1997) Idiopathischer Bauchschmerz im Kindesalter. Schmerz 11: 148–157 24. Pineiro-Carrero VM, Andres JM, Davis RH, Mathias JR (1988) Abnormal gastroduodenal motility in children and adolescents with recurrent functional abdominal pain. J Pediatr 113: 820–825 25. Rasquin-Weber A, Hyman PE, Cucchiara S, Fleisher DR, Hyams JS, Milla PJ, Staiano A (1999) Childhood functional gastrointestinal disorders. Gut 45[Suppl II]: II60–II68 26. Robinson JO, Alverez JH, Dodge JA (1990) Life events and family history in children with recurrent abdominal pain. J Psychosom Res 34: 171–181 27. Sanders MR, Morrison M, Rebgetz M, Bar W, Dadds M, Shepard R (1990) Behavioral treatment of childhood recurrent abdominal pain, children’s psychological characteristics, and family functioning. Behavior Change 7: 16–24 28. Sanders MR, Shepherd RW, Cleghorn G, Woolford H (1994) The treatment of recurrent abdominal pain in children: A controlled comparison of cognitive-behavioral family intervention and standard pediatric care. J Consult Clin Psycho 62: 306–314 29. Scharff L (1997) Recurrent abdominal pain in children: A review of psychological factors and treatment. Clin Psychol Rev 17: 145–166 30. Stickler GB, Murphy DB (1979) Recurrent abdominal pain. Am J Dis Child 133: 486–489 31. Størdal K, Nygaard EA, Bentsen B (2001) Organic abnormalities in recurrent abdominal pain in children. Acta Paediatr 90: 638–642 32. Suarez FL, Savaiano DA, Levitt MD (1995) A comparison of symptoms after the consumption of milk or lactose-

268

33. 34.

35.

36.

37.

38.

39.

40.

41.

42.

43.

44.

15

Kapitel 15 · Rezidivierende Bauchschmerzen

hydrolized milk by people with self-reported severe lactose-intolerance. N Engl J Med 333: 1–4 Thomson M, Walker-Smith J (1998) Dyspepsia in infants and children. Baillière’s Clin Gastoenterol 12: 601–624 Turner K, Woolford HH, Sanders MR (1993) Pain management: A manual to help you manage your pain. Paediatric Psychology Clinic, Behaviour Research and Therapy Centre, University of Queensland Van der Meer SB, Forget PP, Kuijten RH, Arends JW (1992) Gastrooesophageal reflux in children with recurrent abdominal pain. Acta Paediatr 81: 137–140 Vesa TH, Sppo LM, Marteau PR, Sahi T, Korpela R (1998) Role of irritable bowel syndrome in subjective lactose intolerance. Am J Clin Nutr 67: 710–715 Walker LS (1999) The evolution of research on recurrent abdominal pain : history, assumptions, and a conceptual model. Adolescents 13: 141–172 Walker LS, Greene JW (1989) Children with recurrent abdominal pain and their parents. More somatic complaints, anxiety, and depression than other families? Journal of Pediatric Psychology 14: 231–243 Walker LS, Greene JW (1991) Negative life events and symptom resolution in pediatric abdominal pain patients. J Pediatr Psychology 16: 341–360 Walker LS, Garber J, Van Slyke DA, Greene JW (1995) Long-term health outcomes in patients with recurrent abdominal pain. J Pediatr Psychol 20: 233–245 Wassermann A, Whitington P, Rivara F (1988) Psychogenic basis for abdominal pain in children and adolescents. J Am Acad Child Adolescent Psychiatry 27: 179–184 Webster RB, DiPalma JA, Gremse DA (1995) Lactose maldigestion and recurrent abdominal pain in children. Dig Dis Sci 40: 1506–1510 Wewer V, Andersen LP, Paerregaard A, Gernow A, Hansen JP, Matzen P, Krasilnikow PA (2001) Treatment of helicobacter pylori in children with recurrent abdominal pain. Helicobacter 6: 244–248 Wewer V, Strandberg C, Paerregard A, Krasilnikoff PA (1997) Abdominal ultrasonography in the diagnostik work-up in children with recurrent abdominal pain. Eur J Pediatr 156: 787–788

16 Kopfschmerztherapie im Kindesund Jugendalter M. Überall, H. Denecke und B. Kröner-Herwig 16.1

Einleitung – 270

16.2

Epidemiologie – 270

16.3

Kopfschmerzklassifikation und -diagnostik – 270

16.4

Pathophysiologie – 271

16.5

Psychologische Einflussfaktoren/Komorbidität – 273

16.6

Gesellschaftliche und sozioökonomische Auswirkungen – 274

16.7

Kopfschmerztherapie – 274

16.7.1 Sekundäre Kopfschmerzen – 274 16.7.2 Primäre Kopfschmerzen – 276

16.8

Überwachung und Dokumentation – 286

16.9

Fazit – 287 Literatur – 287

270

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

)) 16.1

Einleitung

Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen von Kindern und Jugendlichen in den Industrienationen der westlichen Welt [1, 33]. Dessen ungeachtet sind Kopfschmerzpatienten in der kinder- und jugendärztlichen Praxis nicht allzu gern gesehen, gilt ihre Betreuung doch als schwierig und undankbar. Mögliche Erklärungen hierfür sind sicherlich zum einen die auf den ersten Blick verwirrende Kopfschmerzklassifikation (die immer wieder zu Problemen in der diagnostischen Zuordnung kindlicher Kopfschmerzen führen kann) sowie ausgeprägte Placebo- bzw. inkonstante Verum-Effekte in der Behandlung von Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen (die zur Persistenz wissenschaftlich erwiesenermaßen unwirksamer Therapien führen und homöopathischen, naturheilkundlichen oder gar außermedizinischen Therapierichtungen ein lukratives Schattendasein ermöglichen). Mittlerweile hat sich das Wissen um und die Kenntnis über kindliche Kopfschmerzen im Allgemeinen, insbesondere aber auch über die sog. idiopathischen oder primären Kopfschmerzen (wie z. B. die Migräne oder die Kopfschmerzen vom Spannungstyp) in den vergangenen Jahren sprunghaft vermehrt, so dass jetzt auch für jüngere Kopfschmerzpatienten rationale Therapieempfehlungen möglich werden.

16.2

16

Epidemiologie

Über die Prävalenz von Kopfschmerzen im Kindesund Jugendalter war lange Zeit nur wenig bekannt, und bis heute liegen eigentlich nur für erwachsene Kopfschmerzpatienten ausreichend valide Daten vor. Nach neueren Untersuchungen zur Prävalenz von Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen berichten bereits bei der Einschulung mehr als 10 % aller Schulkinder über eigene Erfahrungen mit Kopfschmerzen verbunden mit hohem Leidensdruck [57]. In den folgenden Schuljahren erhöht sich diese Häufigkeit in Deutschland von 83 % (bei 8- bis 9-jährigen) und 90 % (bei 11–12 Jahre alten Schülern) auf letztlich über 93 % (bei 15–16 Jahre alten Jugendlichen). Dabei leiden rund 60 % aller Jugendlichen unter Kopfschmerzen vom Span-

nungstyp und nur etwa 10–12 % unter rekurrierenden Migräneattacken [48, 49]. Schwere rekurrierende Kopfschmerzen haben etwa 5 % aller Kinder und Jugendlichen, wobei rund 1 % an chronischen täglichen Kopfschmerzen leidet [41b]. Im Gegensatz zum Erwachsenenalter spielen bei Kindern (jedoch nicht bei Jugendlichen) Geschlechtsunterschiede – z. B. bei der Migräne – keine Rolle [48, 49]. Ergebnisse longitudinaler Studien aus den skandinavischen Ländern zeigen darüber hinaus eine langsam steigende Zunahme der Prävalenz kindlicher Kopfschmerzen – möglicherweise auf dem Boden (noch) nicht näher evaluierter gesellschaftsspezifischer Entwicklungen [58].

16.3

Kopfschmerzklassifikation und -diagnostik

Akute und chronische Kopfschmerzen sind im Kindesalter häufig Begleitsymptome verschiedenster Infektionskrankheiten mit oder ohne Fieber, können Folge systemischer Erkrankungen, Teilaspekt einer akuten oder chronischen Störung des zentralen Nervensystemes, psychisch bedingt, Unfallfolge oder – wie z. B. im Fall der Migräne bzw. der Spannungskopfschmerzen – Ausdruck einer eigenständigen Erkrankung sein. In der täglichen Praxis gilt es abzuwägen, ob die Kopfschmerzen harmloses Symptom einer vorübergehenden bzw. behandelbaren Störung oder Ausdruck einer schwerwiegenden Erkrankung sind. Auf der Grundlage anamnestischer Angaben zum Erscheinungsbild der Kopfschmerzen und abhängig vom körperlichen Befund ist zu entscheiden, ob zunächst abgewartet, symptomatisch behandelt oder ergänzend apparative Untersuchungen zur differenzialdiagnostischen Ursachenfindung durchgeführt werden müssen. In diesem diagnostischen Spannungsfeld gilt es zu klären, ob die Kopfschmerzen sekundäres Symptom einer Erkrankung mit definiertem organpathologischem Befund (sog. sekundäre Kopfschmerzen) oder Ausdruck einer eigenständigen Erkrankung ohne wesentliche Organpathologie sind (sog. primäre Kopfschmerzen). Dabei bereitet die Diagnostik kindlicher Kopfschmerzen i. Allg. keine besonderen Probleme, soweit sie sich auf den Ausschluss

271 16.4 · Pathophysiologie

organischer Ursachen bezieht. Nicht selten befindet sich der Patient jedoch in der unbefriedigenden Situation, dass die zahlreich angewandten apparativen Verfahren unauffällige Befunde ergeben haben, seine Beschwerden jedoch unverändert andauern. Hier hat sich die Kenntnis der 1988 von der International Headache Society (IHS) herausgegebenen Empfehlungen zur Klassifikation und Diagnostik von Kopfschmerzen als hilfreich erwiesen, die auch bei der primären Kopfschmerzerkrankung ohne organpathologischen Befund eine positive Identifizierung erlaubt [25]. Hauptmerkmal dieser klar zwischen primären (IHS-Code 1–4) und sekundären Kopfschmerzerkrankungen (IHS-Code 5–13) differenzierenden Leitlinien (. Übersicht in Tabelle 16.1) ist die völlige Lösung von ätiologischen Ordnungsprinzipien. Die strenge operationale Orientierung an der klinischen Phänomenologie der Kopfschmerzen, dem körperlichen Befund und wenigen anamnestischen Verlaufsparametern ermöglicht in aller Regel die Formulierung einer definitiven Diagnose. Obwohl die IHS-Klassifikation bislang nur unzureichend zwischen Kindern und Erwachsenen unterscheidet und somit weder die ausgeprägte Variabilität des Beschwerdebildes noch die altersspezifischen Besonderheiten kindlichen Kopfschmerzempfindens, -erlebens und -berichtens ausreichend berücksichtigt [6], stellt sie dennoch das am besten validierte und für die klinische Routine auch praktikabelste Klassifikationsschema dar. Empfohlene (und wohl in der anstehenden Revision der IHSKriterien) berücksichtigte Änderungen betreffen z. B. für die Migräne die Attackendauer (»1–48 h« statt bislang »2–48 h«), die Lokalisation (»bilateraler (frontaler/temporaler) oder einseitiger Kopfschmerz« statt bislang ausschließlich »einseitiger Kopfschmerz«) und die Begleitphänomene (»Photophobie und/oder Phonophobie« statt bislang »Photophobie und Phonophobie). Unter Berücksichtigung dieser Änderungen steigt die Sensitivität der revidierten IHS-Kriterien ohne nennenswerte Spezifitätsminderung für Kinder jünger als 12 Jahre von 49 % auf 87 % und für Jugendliche von 80 % auf 98 % an [18, 73]. In Verbindung mit den IHS-Kriterien sind nicht selten die mittlerweile vielfältigst existierenden Interview-Leitfäden für Kinder und Jugendliche mit chronischen oder rezidivierenden Kopfschmerzen

16

sinnvoll und hilfreich (wie z. B. SIKI, Children’s Headache Interview von McGrath, Anleitungsheftchen beim Kopfschmerztagebuch von Pothmann et al., Dattelner Kinderschmerzfragebogen). Kritisch differenziert werden muss im Rahmen der klinischen Untersuchung kopfschmerzkranker Kinder und Jugendlicher, ob die erhobenen Befunde kausal der Kopfschmerzsymptomatik zugrunde liegen (sog. sekundäre Kopfschmerzen) oder ob sie koinzidenteller Natur sind (d. h. keine kausale Beziehung zu den geschilderten Kopfschmerzen aufweisen). Diese Unterscheidung ist um so schwieriger, je differenzierter und je »alternativer« die jeweils vorgenommene Differenzialdiagnostik ist. Nicht selten lassen sich auch bei Kindern und Jugendlichen mit typischen primären Kopfschmerzerkrankungen zusätzlich organpathologische Befunde oder psychopathologische Verhaltensmuster nachweisen, die mitunter auch einen therapeutischen Handlungsbedarf implizieren, und in deren Folge die ursprünglich geschilderte Kopfschmerzsymptomatik mitunter vorübergehend oder gar völlig sistiert. Dies ist bei den hier besprochenen multifaktoriell bedingten primären Kopfschmerzerkrankungen auch nicht anders zu erwarten. Gewarnt werden muss jedoch vor einer Verallgemeinerung dieser mitunter beachtlichen »Behandlungserfolge«, solange der im Einzelfall gefundene und für ursächlich verantwortlich erklärte Zusammenhang zwischen klinischer Symptomatik und körperlichem Befund nicht in größeren kontrollierten epidemiologischen Studien verifiziert werden konnte.

16.4

Pathophysiologie

Grundsätzlich sind im Kopfbereich schmerzempfindliche Gewebe sowohl extra- als auch intrakraniell lokalisiert. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nicht alle kranialen Strukturen Schmerzreize registrieren können. Zu den extrakraniell gelegenen schmerzempfindlichen Strukturen gehören Haut und Schleimhäute, das Subkutangewebe, die Muskulatur, das Periost der Schädelknochen, die Zähne sowie einige der größeren Blutgefäße. Intrakraniell umfassen die schmerzempfindlichen Gewebe die Gefäßsinus, die großen Venen einschließlich umgebender Dura, die Duraarterien

272

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

. Tabelle 16.1. Konversionstabelle für den IHS-Klassifikationscode und den ICD-10-NA-Klassifikationscode Bezeichnung

IHS-Code

ICD-10-NA-Code

Migräne

1

G 43.9

Migräne ohne Aura

1.1

G 43.0

Migräne mit Aura

1.2

G 43.1

Ophthalmoplegische Migräne

1.3

G 43.80

Retinale Migräne

1.4

G 43.81

Periodische Syndrome der Kindheit als mögliche Vorläufer oder Begleiterscheinungen einer Migräne

1.5

G 43.82

Migränekomplikationen (Status migraenosus etc.)

1.6

Andere migräneartige Störungen

1.7

G 43.83

Kopfschmerz vom Spannungstyp

2

G 44.29

Episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

2.1

G 44.20/21

Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

2.2

G 44.22/23

Clusterkopfschmerz

3

G 44.09

Chronische paroxysmale Hemikranie

3

G 44.03

Verschiedenartige Kopfschmerzformen ohne begleitende strukturelle Läsion

4

G 44.80

Kopfschmerz nach Schädeltrauma

5

G 44.88

Kopfschmerz bei Gefäßstörungen

6

G 44.81

Kopfschmerz bei nicht-vaskulären intrakraniellen Störungen

7

G 44.82

Kopfschmerz durch Einwirkung von Substanzen

8

G 44.4

8

G 44.83

Kopfschmerzen bei einer primär nicht den Kopfbereich betreffenden Infektion

9

G 44.88

Kopfschmerz bei Stoffwechselstörungen

10

G 44.88

Kopfschmerz oder Gesichtsschmerz bei Erkrankungen des Schädels sowie im Bereich von Hals, Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähnen, Mund oder anderen Gesichts- oder Kopfstrukturen

11

G 44.84

Kopf- und Gesichtsneuralgien, Schmerz bei Affektion von Nervenstämmen und Deafferenzierungsschmerzen

12

G 44.88

Nichtklassifizierbarer Kopfschmerz

13

R 51

oder deren Entzug

16

273 16.5 · Psychologische Einflussfaktoren/Komorbidität

sowie die Arterien im Bereich der Schädelbasis. Das Gehirn selbst, wie auch die größten Teile der Dura, das Ependym und die Chorioidalplexus sind nicht schmerzempfindlich. Die Schmerzweiterleitung im Bereich des Gesichtsschädels und des vorderen Hirnschädels erfolgt vorwiegend über den V. Hirnnerv (N. trigeminus), während vereinzelte kleinere Regionen von Ästen des VII. (N. facialis), IX. (N. glossopharyngeus) und X. (N. vagus) Hirnnervs versorgt werden. Die Schmerzleitung der okzipitalen Schädelabschnitte erfolgt über die oberen Zervikalnerven (C1–C2). Sekundäre Kopfschmerzen können durch Traktion, Entzündung und Dilatation vaskulärer Gewebe ebenso entstehen wie durch die Verlagerung intrakranieller Gewebe (z. B. durch Tumoren, Abszesse oder sonstige intrakranielle Drucksteigerungen) oder direkten Druck auf die Hirnnerven. Darüber hinaus können länger dauerende unphysiologische Kontraktionen der Kopf-/Nackenmuskulatur sowie pathologische Prozesse extrakraniellen Ursprungs (wie z. B. Nasennebenhöhlenentzündungen, Refraktionsanomalien, Fehlokklusionen, etc.) zu Schmerzsensationen führen, die als Kopfschmerzen interpretiert werden.

16

Die Frage nach den grundlegenden pathophysiologischen Vorgängen bei den verschiedenen primären Kopfschmerzformen ist wesentlich komplizierter und letztlich noch immer nicht vollständig geklärt. Zwar sind z. B. bei der Migräne die verschiedenen Vorgänge und Abläufe bzgl. ihrer zeitlichen Abfolge mittlerweile klar definiert, der kausale Zusammenhang bzw. die Frage, warum zuerst das eine (die kortikale Hyperexzitabilität) und warum dann später das andere Ereignis (vaskuläre Veränderungen) folgt, weiter spekulativ. Eins steht bei all der beschriebenen Unkenntnis jedoch mittlerweile fest: auch primäre Kopfschmerzerkrankungen haben ein biologisch klar fassbares Korrelat und sind nicht – wie früher und z. T. auch heute mancherorts noch immer fälschlicherweise unterstellt – Ausdruck einer gestörten Psychopathologie [5].

16.5

Psychologische Einflussfaktoren/Komorbidität

Emotionale Stressreaktionen spielen bei der Auslösung von Kopfschmerzattacken eine wesentliche Rolle. Von über 2.000 niederländischen Kindern

. Abb. 16.1. Relevanz externer Auslösefaktoren für die Entstehung von Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter aus der Sicht Betroffener

274

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

gaben 40 % Stress als Auslöser von Kopfschmerzen an [44], wobei »Stress« eine Vielzahl von inneren und äußeren Belastungen einschließt (Ärger, belastende Schulsituationen, Erkältungskrankheiten; [48]). Die Anzahl belastender »life events« scheint bei Kindern nur von geringer Bedeutung zu sein [8], vermutlich sind es eher die »daily hassles«, also die alltäglichen kleinen Ärgernisse, die die Auslösung der Kopfschmerzattacken bei entsprechender dispositioneller Hypersensitivität – zumindest bei Migräne – begünstigen [34]. Eine Umfrage unter amerikanischen Kindern und Jugendlichen über deren Einschätzung und Beurteilung möglicher kopfschmerzauslösender Faktoren bestätigte diese Beobachtungen (. Abb 16.1; [31b]) Emotionale Persönlichkeitsfaktoren wie generell erhöhte Ängstlichkeit und depressive Verstimmtheit wurden ebenfalls bei Kindern mit häufigem Kopfschmerz festgestellt [3, 36]. Ob es sich dabei allerdings um situationsübergreifende Persönlichkeitsmerkmale, die bereits vor der Kopfschmerzerkrankung bestanden haben, oder um Konsequenzen des Kopfschmerzes handelt, kann ohne prospektive Studien nicht geklärt werden. Die Bedeutung sozialer Einflüsse bei Kopfschmerz, insbesondere im Sinne von Modelllernen in der Familie, ist umstritten, da hereditäre Bedingungsfaktoren in Betracht gezogen werden müssen.

16.6

16

Gesellschaftliche und sozioökonomische Auswirkungen

Gerade bezüglich ihrer gesellschaftspolitischen und sozioökonomischen Auswirkungen dürfen chronische und chronisch-rezidivierende Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter nicht unterschätzt werden. Von den wenigen aus dem Erwachsenenalter stammenden Studien her ist bekannt, dass die Kosten durch den Arbeitsausfall bzw. die während der Kopfschmerzen reduzierte Arbeitsleistung (sog. indirekte Kosten) in ihrem Ausmaß die sog. direkten Kosten, d. h. die durch Arztbesuch, ambulante oder stationäre Behandlung und Medikamentenverordnung verursachten Kosten, um das 10- bis 20-fache übersteigen. Die Konsequenzen chronischer Kopfschmerzen auf das weitere Leben der betroffenen

Kinder und Jugendlichen kann nur vermutet werden. Nicht selten befinden sich die betroffenen pädiatrischen Patienten zum Zeitpunkt der Erkrankung in den für ihr späteres Leben sowie für ihre berufliche und private Entwicklung kritischen Lebensabschnitten [42]. Alleine der Umstand, dass im schulischen Bereich nach Schätzungen des statistischen Bundesamtes pro Jahr in Deutschland alleine über 1.000.000 Schultage Migräne-bedingt versäumt werden, lässt das wahre Ausmaß dieses Problemes erahnen.

16.7

Kopfschmerztherapie

Grundsätzlich ist das Spektrum der therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung akuter, akut rekurrierender oder chronischer Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen ähnlich vielgestaltig wie das zur Behandlung erwachsener Kopfschmerzpatienten – nur ist es weitaus weniger gut evaluiert [15, 71]! Als therapeutische Hauptdirektive muss gelten, dass ohne gesicherte Diagnose keine spezifische Therapie eingeleitet werden sollte. Dies setzt die Kenntnis der aktuellen IHS-Klassifikationsleitlinien voraus [25] und verdeutlicht, dass auch die Pharmakotherapie kindlicher Kopfschmerzen einem differenziellen Behandlungsplan folgen muss. Art und Umfang der therapeutischen Intervention müssen darüber hinaus an den individuellen Leidensdruck und an die jeweilige Situation angepasst werden. Problematische Verläufe bei chronischen oder akut rekurrierenden Kopfschmerzsyndromen sollten in engem Kontakt mit bzw. unter Supervision eines kompetenten (Kinder-)Schmerzzentrums behandelt werden. 16.7.1

Sekundäre Kopfschmerzen

Bei sog. sekundären Kopfschmerzen (bei denen der Schmerz Folge bzw. Symptom einer klinisch fassbaren Grunderkrankung, z. B. einer Infektion, ist) ist naturgemäß die Beseitigung der zugrundeliegenden Organpathologie oberstes therapeutische Gebot. Dennoch kann es auch hier notwendig sein, adjuvant symptomatisch zu behandeln und analgetisch wirksame Therapieverfahren einzusetzen, um den Zeitraum bis zur Diagnosestellung bzw. Restitution adäquat überbrücken zu können.

16

275 16.7 · Kopfschmerztherapie

Hierfür steht eine Vielzahl wirksamer Präparate zu Verfügung, die in . Tabelle 16.2 zusammengefasst sind. Immer wieder ist zu beobachten, dass von den Eltern häufig bereits vor Konsultation eines Arztes eine mehr oder weniger sinnvolle medikamentöse Behandlung (»mit dem, was die Hausapotheke so hergibt«) durchgeführt wird. Das in Deutschland hierfür am häufigsten angewandte Medikament ist Paracetamol, welches als im Kindesalter bevorzugtes Antipyretikum auch eine schwache analgetische Wirkung zeigt. Kritisch anzumerken ist, dass Paracetamol als Analgetikum in aller Regel akut zu niedrig dosiert wird, während es im Langzeitgebrauch häufig unkritisch und unnötig hochdosiert Verwendung findet. Die gerade für jüngere Kinder und Patienten mit gastrointestinalen Begleitsymptomen vorteilhafte Applikationsform als Zäpfchen erweist sich im klinischen Alltag für die Akutbehandlung starker Kopfschmerzen häufig als insuffizient. So wird bei der rektalen Paracetamolanwendung meist nicht berücksichtigt, dass die zur Erzielung eines sicheren analgetischen Effektes notwendige Dosierung (initiale Ladungsdosis bei rektaler Anwendung: 35–45 mg/kg KG, gefolgt

von 15–20 mg/kg KG/ED alle 6–8 h, maximale Tagesdosis: 100 mg/kg KG/Tag) wesentlich über der üblicherweise empfohlenen Dosierung (von 10–20 mg/kg KG/ED) liegt. Trotz Unterdosierung berichten Eltern immer wieder von »guter Wirksamkeit« was durch die hohe spontane Remissionsrate kindlicher Kopfschmerzen und die leicht euphorisierende Nebenwirkung der Substanz erklärt werden kann. Eine gute Alternative zur analgetischen Behandlung symptomatischer Kopfschmerzen ist Ibuprofen, ein nicht-steroidales Antiphlogistikum mit guter und reproduzierbarer analgetischer Wirksamkeit, die mitlerweile in zahlreichen Studien für Kinder ab dem 6. Lebensmonat nachgewiesen werden konnte [64]. In einem direkten Vergleich zwischen Ibuprofen und Paracetamol bei Kopfschmerzen im Kindesalter erwies sich Ibuprofen als überlegen wirksam [20]. Darüber hinaus zeigen beide Substanzen im Rahmen einer Kurzzeittherapie ein vergleichbares Nebenwirkungsprofil, und bis dato sind für Ibuprofen keine lebensbedrohlichen Komplikationen bekannt (wie sie z. B. in Form der tödlich verlaufenden akzidentellen Überdosierungen für Paracetamol mit

. Tabelle 16.2. Dosierungsempfehlungen für die gängigsten in Deutschland oral verfügbaren Analgetika Wirkstoff

Präparat (z. B.)

Initialdosis [mg/kg KG]

Dosierungsintervall (h)

Erhaltung [mg/kg KG]

Maximaldosis [mg/kg KG/Tag]

Applikationsweg

Paracetamol

Ben-u-ron®a

35–45

6–8

15–20

100

Rektal

15–20

6–8

10–20

100

p.o.

Acetylsalicylsäure

Aspirin®b

10–15

4–6

10–15

60–80

p.o.

Ibuprofen

Nurofen®

10–15

6–8

10

40

p.o.

Ketoprofen

Orudis®

2–3

6–8

1– 2

6–9

p.o., rektal

Naproxen

Proxen®

5–10

8–12

5–10

30

p.o., rektal

Metamizol

Novalgin®

10–20

4–6

10–20

80

p.o., rektal

Tramadol

Tramundin®

1–2

3–4

1–2

8–10

p.o.

a

b

Diese im Vergleich mit den Herstellerangaben deutlich höhere Initialdosierung von Paracetamol ist zum Erreichen einer analgetischen Wirksamkeit notwendig und geht – als Kurzzeittherapie in der genannten Dosierung über 1–2 Tage verabeicht – mit keinem erhöhten Risiko einer Leberschädigung einher! Die Anwendung sollte wegen der Gefahr der Auslösung eines Reye-like Syndroms bei virusinduzierten Infektionserkrankungen im Kindesalter auf nicht-Infekt-assoziierte Kopfschmerzen beschränkt werden.

276

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

. Tabelle 16.3. Dosierungsempfehlungen für die gängigsten in Deutschland parenteral verfügbaren Analgetika Wirkstoff

Präparat (z. B.)

Initialdosis [mg/kg KG]

Dosierungsintervall (h)

Erhaltung [mg/kg KG]

Maximaldosis [mg/kg KG/Tag]

Applikationsweg

Metamizol

Novalgin® a

10–15

6–8

10–20 2–3

100

Kurzinfusion i.v. DTI i.v.

Lysinacetylsalicylat

Aspisol®

10

4–6 (–8)

10

40

Bolus/Kurzinfusion i.v.

Parecoxiba

Dynastat® (maximal 40 mg/ED)

0,4–0,6

12

0,4–0,6 (maximal 40 mg/ED)

0,8–1,2

Kurzinfusion i.v.

Paracetamol

Perfalgan® b

10

6–8

10

40

Kurzinfusion i.v.

a b

16

Bislang nur eingeschränkte Erfahrungen bei Patienten 1 h. Hinzu kommt häufig der Wunsch von Kind und Eltern nach einer nebenwirkungsarmen Behandlung, häufig aus Angst vor den Folgen einer (langfristigen) medikamentösen Therapie. Verhaltenstherapeutische Therapiemaßnahmen bilden den Schwerpunkt der psychologischen Kopfschmerzbehandlung [41b]. Ihre Überlegenheit gegenüber anderen psychologischen Verfahren ist belegt [23]. Dabei nehmen Verfahren zur physiologischen und kognitiven Entspannung den größten Raum ein.

16

Entspannungsverfahren Entspannung wird entweder über auf Kinder adaptierte Formen der Progressiven Muskelentspannung (nach Jacobson), Autogenes Training (nach Schultz) oder mittels Biofeedbackverfahren induziert (vgl. [28]). Die Verfahren werden als eigenständige Methode oder in Kombination mit anderen Therapieelementen eingesetzt. Sie können relativ leicht und erfolgreich in alltäglichen Schmerz– und Stresssituationen eingesetzt werden und stärken darüber hinaus die Selbstkontrollbemühungen des Kindes. Ziele der Entspannungsverfahren sind: 1. Verbesserung der Körperwahrnehmung, d. h. Wahrnehmung von An- und Entspannung, 2. Erlernen von selbstinitiierter und willkürlicher Entspannung in Belastungssituationen, 3. aktive Kontrolle des physiologischen Aktivitätsniveaus zur Vorbeugung bzw. Erleichterung des Kopfschmerzes, 4. Aufbau von Überzeugungen der Selbstwirksamkeit (s. Punkt 2). Das Erlernen der Entspannungsübungen erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen, wobei die Kinder den Lernerfolg, insbesondere in Belastungssituationen, dokumentieren sollten. Ein schmerzlindernder Erfolg darf aber erst nach kontinuierlicher, längerfristiger Anwendung erwartet werden.

Progressive Muskelrelaxation (PMR) Bei der progressiven Muskelrelaxation werden Muskelgruppen in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge an- und entspannt. Beginnend mit den großen Muskelgruppen der Extremitäten über die Muskulatur des Rumpfes bis zu den kleinen Muskelgruppen des Gesichts wird jeweils die gleiche Abfolge eingeübt: 1. Anspannung der Muskelgruppe, 2. Empfindung der Anspannung, 3. langsame Entspannung der Muskelgruppe, 4. Lenkung der Aufmerksamkeit auf das Gefühl der Entspannung in den nun lockeren Muskelgruppen. Die Kinder erhalten Tonkassetten mit den Entspannungsinstruktionen (z. T. mit musikalischer Unter-

284

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

stützung) für ihre häuslichen Übungen. Zu empfehlen ist eine Trainingsdauer von 5–10 Wochen unter fachkundiger Anleitung.

Autogenes Training (AT) Das autogene Training wird in unterschiedlichen Formen bei Kindern angewendet (z. B. [812, 17, 45]: »Kapitän Nemo«). Die Grundstufe des Trainings besteht aus 6 aufeinander aufbauenden Übungen: 1. Schwereübung: Hände, Arme, Füße, Beine, Nacken, Schulter, Körper, 2. Wärmeübung: Hände, Arme, Füße, Beine, Nacken, Schulter, Körper, 3. Atemübung, 4. Wahrnehmung des Herzschlags, 5. Organübung des Sonnengeflechts bzw. Bauchorganübung, 6. Empfinden der Stirnkühle. Häufig werden die Übungen ergänzt durch formelhafte Vorsatzbildungen, die sich auf die positive Selbstverbalisation zur Veränderung des Schmerzes beziehen. Gegenüber der PMR ist beim AT von Nachteil, dass eine längere Einübungszeit benötigt wird und die Methode für Kinder weniger konkret ist. Lediglich in einer kontrollierten Studie finden sich Belege für die Wirksamkeit von AT zur Entspannungsinduktion; die Effekte entsprechen etwa denen der progressiven Muskelrelaxation [14].

Imaginationsverfahren

16

Diese Verfahren bedeuten eine weitere Entspannungsmöglichkeit. Darüber hinaus sind sie auch ein Mittel zur Aufmerksamkeitssteuerung und zur Ablenkung vom Kopfschmerz. Sie basieren auf bildhaften Vorstellungen von einem angenehmen Erlebnis, z. B. einem besonders schönen Ferienerlebnis, oder auf Phantasiereisen zu einem schönen Ort, an dem ein besonderes Ereignis stattfindet, z. B. einer Reise durch Disneyworld. Die Imagination nutzt die intensive Vorstellungskraft der Kinder, um durch die schmerzinkompatiblen Bilder und Empfindungen den Schmerz in den Hintergrund der Wahrnehmung treten zu lassen. Imaginationen werden häufig mit Entspannungsinstruktionen kombiniert und haben sich v. a. auch bei jüngeren Kindern bewährt.

Bislang wurde Selbsthypnose nur in einer Studie mit unterstützenden Imaginationsübungen – ebenfalls als Mittel zur Entspannung – eingesetzt. Die Kombination beider Verfahren war einer prophylaktischen Pharmakotherapie mit Propanolol überlegen [43]. Eine neues Konzept, das Elemente aus der Hypnotherapie und der Systemischen Familientherapie verbindet, hat sich ebenfalls als eine wirksame Form der Kopfschmerzbehandlung herausgestellt [55b].

Biofeedbacktherapie Biofeedbackverfahren ermöglichen die Wahrnehmung und gezielte Beeinflussung physiologischer Funktionen (z. B. Muskelspannung, Hauttemperatur). Durch Umwandlung der gemessenen Körpersignale in ein Feedbacksignal (Töne oder Computerbilder) mit Hilfe eines Biofeedbackgerätes ist die gezielte Kontrolle nicht oder nur schwer wahrnehmbarer physiologischer Prozesse erlernbar [29]. Als Rückmeldesignal sollten kindgerechte und motivierende Bilder am Computermonitor verwendet werden (Kaleidoskop, einfache Form von Videospielen), die den Kindern ein aktives und spielerisches Mitmachen ermöglichen. In der Kinderkopfschmerztherapie zielen die Biofeedbackverfahren meist auf die Induktion eines körperlichen und kognitiven Entspannungzustands. Beim EMG-Training wird beispielsweise der Tonus des M. frontalis zurückgemeldet. Mit Hilfe des Feedbacksignals lernt das Kind, An- und Entspannung im Frontalismuskel zu unterscheiden und im weiteren Trainingsverlauf bewusst den Muskeltonus in Richtung Entspannung zu verändern. EMG-Biofeedback wird als prophylaktische Maßnahme bei Spannungskopfschmerz eingesetzt, obwohl nach jüngsten Erkenntnissen nur bei einem Teil der Patienten eine erhöhte Muskelspannung mittels EMG festgestellt werden kann [55]. Fast immer sind in das Biofeedbacktraining zusätzliche Entspannungsübungen wie PMR, AT oder Imaginationen integriert. Das Handtemperaturerwärmungstraining (HET) wird – auch in Kombination mit Entspannungsübungen – zur Therapie der Migräne eingesetzt [23, 30]. Es soll über eine periphere Temperaturerhöhung mit verbesserter Durchblutung eine herabgesetzte körperliche und psychische Aktiviert-

285 16.7 · Kopfschmerztherapie

heit erzeugen, die der Auslösung von Migräneattacken vorbeugen soll. Das bei Migräne eingesetzte Vasokonstriktionsfeedback dient nicht zur Entspannungsinduktion. Es soll durch verstärkte Vasokonstriktion der Hirngefäße den beginnenden Migräneanfall verhindern oder ihn zumindest verkürzen. Bei Kindern war diese Form des Feedbacks effektiver als eine Prophylaxe mit Propranolol [54]. Eine in der Migränebehandlung neue Form des Biofeedback wird mit Neurofeedback bezeichnet. Dieses Verfahren basiert auf der Annahme, dass es sich bei Migräne um eine kortikale Reizverarbeitungsstörung handelt. Charakteristisch dafür sind erhöhte Amplituden der langsamen Hirnpotenziale (CNV), die auf eine verstärkte Erregbarkeit des kortikalen Netzwerkes hinweisen. Mit Hilfe der

16

Neurofeedback-Methode lernten Migränekinder, ihre kortikale Erregbarkeit über die Wahrnehmung und Veränderung dieser langsamen Hirnpotenziale selbstständig zu regulieren und damit die Häufigkeit der Migräneanfälle zu reduzieren [59b]. Allerdings scheinen unspezifische Therapieeffekte am Therapieerfolg mitbeteiligt gewesen zu sein. Aufgrund der sehr aufwendigen EEG-Biofeedback-Methodik erscheint ein Transfer dieser Behandlung in die Praxis zunächst noch wenig wahrscheinlich. Bei kindgerechten Instruktionen und entsprechender technischer Umsetzung können Kinder ab 7 Jahren ein Biofeedbackverfahren erlernen [29]. Allerdings hängt der Einsatz in der Praxis von der Verfügbarkeit der technischen Geräte und der Kompetenz des Therapeuten ab. Relaxations– und Biofeedbacktraining weisen bei Kindern mit Kopf-

. Tabelle 16.7. Elemente des kognitiv-behavioralen Trainings »Stopp’ den Kopfschmerz« Anamnesegespräch mit Kind und Eltern

Woche 1

Was passiert in meinem Kopf? Informationen über den Schmerz

Woche 2

RELAX! Erlernen einer Entspannungsübung

Woche 3

»Nicht schon wieder …« Identifikation und Vermeiden von Kopfschmerzauslösern

Woche 4

Schwarzmalen und Hellsehen Umwandlung schwarzer Gedanken in bunte Gedanken

Woche 5

Der Aufmerksamkeitsscheinwerfer Aufmerksamkeit und Kopfschmerz

Woche 6

Ich bin o.k.! Selbstsicherer Umgang mit Freunden und Familie

Woche 7

Die Problemlösetreppe Problembewältigung

Woche 8

Was ein Kopfschmerzexperte tun kann Abschlussgespräch mit Kind und Eltern

286

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

schmerz eine hohe Wirksamkeit auf (vgl. [11, 27]). So ist eine Verbesserung der Kopfschmerzsymptomatik von im Mittel 60 %–90 % zu beobachten, wobei bei 60 % der Kinder die Symptomreduktion auch klinisch relevant ist.

erkennen und war – gemessen am zeitlichen Aufwand pro Kind – kostengünstiger. Differentielle Unterschiede hinsichtlich Kopfschmerzdiagnose und Alter der Kinder zeigten sich nicht. Die Akzeptanz des Trainings war mit über 90 % zufriedenen Kindern sehr hoch.

Kognitiv-behaviorale Therapien

16

McGrath et al. [40] entwickelten zur Behandlung von Kopfschmerzen ein achtwöchiges multistrategisches Therapieprogramm »Help yourself«, das in deutscher Übersetzung vorliegt [34]. Es enthält Elemente wie Stresswahrnehmung und Stresscoping, Entspannung, Veränderung dysfunktionaler Gedanken zu Stress und Schmerz, Anleitung zur kognitiven Umstrukturierung und zum Problemlösen sowie Unterstützung zur Selbstbehauptung. Das Programm soll eigenständig zu Hause, jedoch mit therapeutischer Unterstützung durch wöchentliche Telefonkontakte, durchgearbeitet werden. Wöchentliche Hausaufgaben begleiten das Training. Die Evaluation an 87 Jugendlichen zeigte, dass das Selbsthilfeprogramm ebenso effektiv war wie eine Einzeltherapie, jedoch aufgrund der besseren Kosten-Nutzen-Relation zu bevorzugen wäre [41]. Im Rahmen eines Modellprojektes der Techniker-Krankenkasse wurde ein ähnliches Programm (»Stop den Kopfschmerz«; . Übersicht in Tabelle 16.7) für 11- bis 14-jährige Kinder entwickelt und erstmals als Gruppentraining sowie als Selbstlernversion evaluiert [9]. Die zentralen Inhalte des Trainings zielen auf den Prozess der Schmerz- und Stressbewältigung. Auslöse- und Aufrechterhaltungsbedingungen des Schmerzes sollen gemindert, die Beeinträchtigung durch den Kopfschmerz verringert und nicht zuletzt die Kompetenz der Kinder zur Selbsthilfe gefördert werden. In kindgerechter Form wird zunächst ein einfaches Kopfschmerzmodell vermittelt, so dass die Kinder verstehen, warum und wann sie selbst Einfluss auf das Kopfschmerzgeschehen nehmen können. Sie lernen, ihre individuellen Belastungen als Kopfschmerzauslöser zu erkennen und zu vermeiden, ihre Fähigkeiten zur Lösung spezieller schulischer oder anderer Probleme zu verbessern und Maßnahmen einzusetzen, die bei Kopfschmerzattacken hilfreich sind. Das Gruppenprogramm ließ gegenüber der Selbsthilfeversion eine etwas größere Effektivität

16.8

Überwachung und Dokumentation

Wichtigstes Instrument zur Überwachung und Dokumentation jeglicher Form therapeutischer Intervention bei pädiatrischen Kopfschmerzpatienten ist ein für Kinder und Jugendliche geeigneter obligater Kopfschmerzkalender (z. B. [53] oder . Abb. 16.2). Die meisten Kopfschmerzkalender wurden allerdings als Unterstützung für die Diagnose von Migräne und Spannungskopfschmerzen (die für 92–95 % aller chronischen bzw. akut rekurrierenden Kopfschmerzen im Jugendalter verantwortlich sind) entwickelt und können deshalb unter

. Abb. 16.2. Kopfschmerzkalender für Kinder und Jugendliche

287 Literatur

gewissen Umständen chronische Kopfschmerzen anderer Ursache nicht oder nur ungenügend genau erfassen. Naturgemäß erfordert jede Form der patientgeführten Kopfschmerzdokumentation vom Patienten eine gewisse Fähigkeit zur Introspektion. Unabdingbar ist eine ausführliche Aufklärung seitens des betreuenden Arztes über Sinn und Zweck entsprechender Dokumentationssysteme. Grundsätzlich sollte der Patient selbst – und nicht seine Eltern, Großeltern oder gar Geschwister – seinen Kopfschmerzkalender führen. Zu warnen ist vor Kopfschmerztagebüchern, die in gutem Glauben von den Eltern, Großeltern oder gar den Geschwistern ausgefüllt werden.

16.9

Fazit

Die Behandlung kindlicher Kopfschmerzen sollte heute, ganz unabhängig von der Natur der zugrundeliegenden Erkrankung (primär oder sekundär), multifaktoriell aufgebaut sein und – im Sinne eines kritischen Polypragmatismus – verschiedene Therapieoptionen parallel berücksichtigen. Häufig ist zu beobachten, dass der Schwerpunkt gut formulierter »schulmedizinischer« Behandlungspläne auf der reinen Verordnung medikamentöser Therapien beruht, während die nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten mehr oder weniger vernachlässigt werden. Der durch sog. alternative oder komplementärmedizinische Therapeuten erzielte zusätzliche Behandlungserfolg beruht nicht auf irgendwelchen neuen pharmakologischen Strategien oder esoterischen Wirkmechanismen, sondern auf dem durch diese Therapeuten in aller Regel sinnvoll und geschickt genutzten kindlichen Selbstheilungspotenzial (wobei nicht einzusehen ist, warum dieses Konzept von einem schulmedizinisch ausgebildeten Arzt nicht ebenfalls genutzt werden kann und darf). Im Sinne des kritischen Polypragmatismus sollten also obligat bei der Behandlung von Kopfschmerzpatienten im Allgemeinen und bei Kindern im Besonderen nicht-medikamentöse Behandlungsstrategien genutzt und mit geeigneten pharmakologischen Optionen kombiniert werden, um dem Patienten bestmöglich helfen zu können. Natürlich sind diese Maßnahmen nicht oder nur schwer im

16

Rahmen der heute leider üblichen und z. T. auch notwendigen »Zwei-bis-fünf-Minuten-Sprechstunde« zu realisieren. Abrechnungstechnisch muss jedoch abgewogen werden, ob die bei Patienten mit chronischen Kopfschmerzen im Rahmen des »Doctor-(s)hopping« typischerweise zusätzlich entstehenden Kosten für parallel erfolgte Kurzzeitevaluationen nicht sinnvoller für die Vergütung einer ausführlichen Beratung, Untersuchung und kontinuierlichen Therapieentwicklung bei einem Arzt angelegt wären. Eine psychologisch fundierte Kopfschmerzbehandlung bei Kindern hat unabhängig von der Art der Kopfschmerzen eine hohe Erfolgsquote. Auch die Stabilität der Effekte spricht für psychologische Interventionen, die möglicherweise der medikamentösen Prophylaxe sogar überlegen sind [23]. Aus der Mehrzahl der Studien ist jedoch erkennbar, dass sich die Häufigkeit der Kopfschmerzanfälle am deutlichsten reduzieren lässt, während die Dauer der einzelnen Attacken und die Schmerzintensität weit weniger zu beeinflussen sind. Weil demnach das Kind – unabhängig von der Art seiner Kopfschmerzdiagnose – auf einen einmal begonnenen Migräneanfall offenbar mit psychologischen Maßnahmen kaum noch Einfluss nehmen kann, sollte die Akutmedikation in Kooperation mit dem behandelnden Arzt optimiert werden. Bei Kindern ist bereits nach relativ kurzer Behandlungsdauer von allen Verfahren eine große Wirkung zu erwarten. Die verschiedenen Therapiemethoden scheinen gleichwertig. Kognitiv-behaviorale Programme haben allerdings ein besonders breites Wirkungsspektrum, so dass sich vermutlich die erlernten Kompetenzen auf andere Gesundheitsbereiche und in die Zukunft hinein positiv auswirken könnten. Zu wünschen wäre, dass bewährte und evaluierte Verfahren vermehrt den Weg in die Praxis finden und die vorhandenen psychologischen Möglichkeiten konsequent angewendet werden.

Literatur 1. Abu-Arefeh I, Russel G (1994) Prevalence of headache and migraine in schoolchildren. BMJ 309: 765–769 2. Ambrosiani PJ (2000) A review of pharmacotherapy of major depression in children and adolescents. Psychiatr Serv 51: 627–633

288

16

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

3. Andrasik F, Kabela E, Quinn S, Attanasio V, Blanchard EB, Rosenblum EL (1988) Psychological functioning of children who have recurrent migraine. Pain 34: 43–52 4. Bandura A, O’Leary A, Taylor CB, Gauthier J, Gossard D (1987) Perceived self-efficacy and pain control: Opioid and non-opioid mechanisms. J Personal Social Psychol 53: 563–571 5. Blanchard EB, Andrasik F (1987) Biofeedback treatment of vascular headaches. In Hatch JP, Fisher JG, Rugh JD (Hrsg.) Biofeedback – Studies in clinical efficacy. Plenum Press, New York 6. Bourgeois M, Aicardi J, Goutieres F (1993) Alternating hemiplegia of childhood. J Pediatr 122: 673–679 7. Caruso JM, Brown WD, Exil G, Gascon GG (2000) The efficacy of divalproex sodium in the prophylactic treatment of children with migraine. Headache 40: 672–676 8. Cooper PJ, Awden HN, Camfield PR, Camfield CS (1987) Anxiety and life events in childhood migraine. Pediatrics 79: 999–1004 9. Denecke H, Kröner-Herwig B (2001) Kopfschmerztherapie mit Kindern und Jugendlichen. Hogrefe, Göttingen 10. Dignan F, Symon DNK, Abu-Arefeh I, Russel G (2001) The prognosis of cyclic vomiting syndrome. Arch Dis Child 84: 55–57 11. Duckro PN, Cantwell-Simmons E (1989) A review of studies evaluating biofeedback and relaxation training in the management of pediatric headache. Headache 29: 428–433 12. Eberlein G (1985) Autogenes Training für Kinder. Springer, Berlin Heidelberg New York 13. Edvinsson L, Goadsby Pj (1998) Neuropeptides in headache. Eur J Neurol 5: 329–341 14. Engel JM, Rapoff MA (1990) A component analysis of relaxation training for children with vascular, muscle contraction, and mixed headache disorders. In: Tyler DC, Krane EJ (Hrsg.) Pediatric pain. Raven, New York, S 373–390 15. Evers S, Pothmann R, Überall MA, Naumann E, Gerber WD (2002) Therapie idiopathischer Kopfschmerzen im Kindesalter. Schmerz 16: 48–56 16. Ferrari MD (1998) Migraine. Lancet 351: 1043–1051 17. Friedrich S, Fiebel V (1989) Entspannung für Kinder. Rowohlt, Reinbek 18. Gherpelli JLD, Nagae Poetscher LMN, Souza AMMH, Bosse EMB, Rabello GD, Diament A, Scaff M (1998) Migraine in childhood and adolescence. A critical study of the diagnostic criteria and of the influence of age on clinical findings. Cephalalgia 18: 333–341 19. Göbel H, Diener HC, Grotemeyer KH, Pfaffenrath V (1997) Therapie des Clusterkopfschmerzes. Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Nervenheilkunde 16: 548–557 20. Hämäläinen ML, Hoppu K, Valkeila E, Santavuori P (1997) Ibuprofen or acetaminophen for the acute treatment of migraine in children. Neurology 48: 103–107 21. Hämäläinen ML, Hoppu K, Santavuori P (1997) Oral dihydroergotamine for therapy-resistant migraine attacks in children. Pediatr Neurol 16: 114–117 22. Hämäläinen ML, Hoppu K, Santavuori P (1997) Sumatriptan for migraine attacks in children: a randomised placebo-controlled study. Neurology 48: 1100–1103

23. Hermann C, Kim M, Blanchard EB (1995) Behavioral and prophylactic pharmacological intervention studies of pediatric migraine: an exploratory meta-analysis. Pain 60: 239 – 256 24. Hershey AD, Powers SW, Bentti AL, deGrauw TJ (2000) Effectiveness of amitriptyline in the prophylactic management of childhood headaches. Headache 40: 539–549 25. Kopfschmerz-Klassifikationskomitee der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (1989) Klassifikation und diagnostische Kriterien für Kopfschmerzerkrankungen, Kopfneuralgien und Gesichtsschmerz. Nervenheilkunde 8: 6–50 26. Kowal A, Pritchard DW (1990) Psychological characteristics of children who suffer from headache: a research note. J Child Psychol Psychiat Allied Disc 31: 637–649 27. Kröner-Herwig B, Ehlert U (1992) Relaxation und Biofeedback in der Behandlung von chronischern Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen – Ein Überblick. Schmerz 6: 171–181 28. Kröner-Herwig B, Mohn U, Pothmann R (1998) Comparison of biofeedback and relaxation in the treatment of pediatric headache and the influence of parent involvement on outcome. Applied Psychophysiology and Biofeedback 23: 143–157 29. Kröner-Herwig B, Sachse R (19882) Biofeedbacktherapie. Kohlhammer, Stuttgart 30. Labbé EE, Williamson DA (1983) Temperature biofeedback in the treatment of children with migraine headaches. Journal of Pediatric Psychology 8: 317–326 31. Larsson B (1999) Recurrent headaches in children and adolescents. In: McGrath PJ, Finley GA (Hrsg.): Progress in pain research and management (Bd. 13): Chronic and recurrent pain in children and adolescents. IASP Press Seattle: 115–139 31b. Lewis DW, Middelbrock MT, Mehallick L, Manning C, Rauch T, Deline C, Thomas EF (1996) Pediatric headaches: what do children want? Headache 36: 224–230 32. Linder S (1996) Subcutaneous sumatriptan in the clinical setting: the first 50 consecutive patients with acute migraine in a pediatric neurology office practice. Headache 36: 419–422 33. Ludvigsson J (1974) Propranolol used in prophylaxis of migraine in children. Acta Neurol Scand 50: 109–115 34. Luka-Krausgrill U, Reinhold B (1996) Kopfschmerzen bei Kindern: Auftretensrate und Zusammenhang mit Stress, Stressbewältigung, Depressivität und sozialer Unterstützung. Z Gesundheitspsychol 4: 137–151 35. Luka-Krausgrill U (1998) Kopfschmerz-Training für Kinder. Beltz-PVU, Weinheim 36. Maratos J, Wilkinson M (1982) Migraine in children: a medical and psychiatric study. Cephalalgia 2: 179–187 37. Mauskop A, Farkkila M, Hering-Hanit R, Rapoport A, Warner J (1999) Zolmitriptan is effective for the treatment of persistent and recurrent migraine headache. Curr Med Res Opin 15: 282–289 38. McGrath ML, Masek BJ (1993) Biobehavioral treatment of headache. In: Schechter NL, Berde CB, Yaster M (Hrsg.) Pain in infants, children and adolescents. Williams & Wilkins, Baltimore

289 Literatur

39. McGrath PA (199o) Pain in children – nature assessment and treatment. Guilford, London 40. McGrath PJ, Cunningham SJ, Lascelles MA, Humphreys P (1990) Help yourself. A treatment for migraine headaches. University of Ottawa Press, Ottawa 41. McGrath PJ, Humphreys P, Keene D, Goodman JT, Lascelles MA, Cunningham SJ, Firestone P (1992) The efficacy and efficiency of a self-administered treatment for adolescent migraine. Pain 49: 321–324 41b. McGrath PA, Hillier LM (Hrsg)(2001) The child with headache: diagnosis and treatment. Seattle: IASP Press (Zitat Seite 12, Zeile 26) 42. Metsähonkala L, Sillanpää M, Tuominen J (1998) Social environment and headache on 8- to 9-year-old children: a follow-up study. Headache 38: 222–228 43. Olness K, McDonald JT, Uden DL (1987) Comparison of self-hypnosis and propranolol in the treatment of juvenile classic migraine. Pediatrics 79: 593–597 44. Passchier J, Orlebeke JF (1985) Headache and stress in school children: an epidemiological study. Cephalalgia 5:167–176 45. Petermann U, Petermann F (1984) Training mit aggressiven Kindern. Urban & Schwarzenberg, München 46. Pfefferbaum B, Hagberg CA (1993) Pharmacological management of pain in children. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 32: 235–242 47. Pinsky PF, Hurwitz ES, Schonberger LB, Gunn WJ (1988) Reye’s syndrome and aspirin – evidence for a dose-response effect. JAMA 260: 657–661 48. Pothmann R, von Frankenberg S, Müller B, Sartory G, Hellmeier W (1994) Epidemiology of headache in children and adolescents: evidence of high prevalence of migraine among girls under 10. Internationale Journal of Behavioral Medicine 1: 76–89 49. Pothmann R (1994) Migräne bei Kindern. In: Ensink FBM, Soyka D (Hrsg). Migräne – Aktuelle Aspekte eines altbekannten Leidens. Springer, Berlin 477–500 50. Pothmann R, Lobisch M (2000) Akutbehandlung des episodischen kindlichen Spannungskopfschmerzes mit Flupirtin und Paracetamol. Der Schmerz 14: 1–4. 51. Pothmann R (1987) Calcium-antagonist flunarizine vs. low-dose acetylsalicylic acid in childhood migraine: a double-blind study. Cephalalgia 7 [Suppl. 6]: 385– 386 52. Pothmann R (1999) Kopfschmerzen im Kindesalter. Hippokrates, Stuttgart 53. Pothmann R, Plump U, Maibach G, Frankenberg S, Besken E, Kröner-Herwig B (1991) Migränetagebuch für Kinder. Arcis, München 54. Sartory G, Müller B, Metsch J Pothmann R (1998) A comparison of psychological and pharmacological treatment of pediatric migraine. Behaviour Research and Therapy 36: 1155 – 1170 55. Schoenen L, Jamart B, Lenarduzzi P, Delwaide PJ (1987) Exteroceptive suppression of temporalis muscle activity in chronic headache. Neurology 37: 1834–1836 55b. Seemann H (2002) Kopfschmerzkinder. Migräne und Spannungskopfschmerz verstehen und behandeln. Donauwörth: Klett-Cotta (Zitat S 14, Abs. 2)

16

56. Shabbir N, McAbee G (1994) Adolescent chronic paroxysmal hemicrania responsive to verapamil monotherapy. Headache 34: 209–210 57. Sillanpää M, Piekkala P, Kero P (1991) Prevalence of headache at preschool age in an unselected child population. Cephalalgia 11: 239–242 58. Sillanpää M, Anttila P (1996) Increasing prevalence of headache in 7-year-old schoolchildren. Headache 36: 466–470 59. Silver K, Andermann F (1993) Alternating hemiplegia of childhood: a study of 10 patients and results of flunarizine treatment. Neurology 43: 36–41 59b. Siniatchkin M, Hierundar A, Kropp P, Kuhnert R, Gerber WD, Stephani U (2000) Self-regulation of slow cortical potentials in children with migraine: an exploratory study. Applied Psychophysiology and Biofeedback 25: 13–32 (Zitat auf Seite 14, letzter Absatz) 60. Solomon GD, Cady RK, Klapper JA, Earl NL, Saper JR, Ramadan NM (1997) Clinical efficacy and tolerability of 2,5 mg zolmitriptan for the acute treatment of migraine. The 042 Clinical Trial Study Group. Neurology 49: 1219–1225 61. Sorge F, Marano E (1985) Flunarizine vs. Placebo in childhood migraine: a double-blind study. Cephalalgia 5 (Suppl. 2): 145–148 62. Sorge F, de Simone R, Marano E, Nolano M, Orefice G, Carrieri P (1988) Flunarizine in prophylaxis of childhood migraine: a double-blind, placebo-controlled, cross over study. Cephalalgia 8: 1–6 63. Soyka D (1999) 60 Jahre Migräneforschung. Retrospektive und Synopsis. Der Schmerz 13: 87–96 64. Southall D (1997) Prevention and control of pain in children. A manual for health care professionals. Royal College of Paediatrics and Child Health, BMJ Publishing Group, London 65. Symon DNK, Russel G (1995) Double-blind placebo-controlled trial of pizotifen syrup on the treatment of abdominal migraine. Arch Dis Child 72: 48–50 66. Tepper SJ, Donnan GA, Dowson AJ, Bomhof MAM, Elkind A, Meloche J, Fletcher P, Millson DS (1999) A long-term study to maximise migraine relief with zolmitriptan. Curr Med Res Opin 15: 254–271 67. Überall MA (1999) Zeitgemäße Migränetherapie bei Kindern. Der Schmerz 13 [Suppl. 1]: 97–98 68. Überall MA (1999) Pharmakologische Akuttherapie der Migräne bei Kindern. Der Schmerz 13 [Suppl. 1]: 37–38 69. Überall MA, Wenzel D (1999) Intranasal sumatriptan for the acute treatment of migraine in children. Neurology 52: 1507–1510 70. Überall MA (1999) Efficacy of intranasal sumatriptan for the acute treatment of headache attacks in prepubertal children with migraine. Cephalalgia 19: 218 71. Winner P (1999a) Pediatric headaches: what’s new? Curr Opin Neurol 12: 269–272 72. Winner P, Saper JR, Nett R, Asgharnejad M, Laurenza A, Peykamian (1999b) Sumatriptan nasal spray in the acute treatment of migraine in adolescent migraineurs. Pediatrics 104: 694–695 73. Winner P, Wasiewski W, Gladstein J, Linder S (1997) Multicenter prospective evaluation of proposed pediatric

290

Kapitel 16 · Kopfschmerztherapie im Kindes- und Jugendalter

migraine revisions to the IHS criteria: Headache 37: 545– 548 74. Winner P, Ahrens SP, Jiang K, Lines CR, Allen C, Visser H (2000) Tolerability and efficacy of rizatriptan 5 mg in adolescent migraineurs. Cephalalgia 20: 335–336

16

17 Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation E. Michel und B. Zernikow* 17.1 Physiologie des Schmerzes – 292 17.2 Schmerzmessung – 292 17.3 Schmerzauswirkungen – 293 17.4 Allgemeine Betrachtungen – 294 17.5 Schmerzvermeidung, Schmerzminimierung – 294 17.6 Schmerzbekämpfung – 294 17.6.1 17.6.2 17.6.3 17.6.4

Nichtpharmakologische Maßnahmen – 295 Pharmakologische Intervention – 296 Gebrauch von Analgetika und Anästhesie im klinischen Alltag – 300 Auswirkungen einer gut geführten Anästhesie – 301

17.7 Zusammenfassende Bewertung – 301 17.8 Analgesie auf der pädiatrischen Intensivstation – 301 Literatur – 305

* Danksagung: Der Autor wird unterstützt durch die Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH, die Peter und Ruth Wirts-Stiftung (Schweiz) und »Eigenes Leben, Hilfen für Kinder mit Schmerzen oder lebensverkürzenden Erkrankungen e.V.«

292

Kapitel 17 · Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation

)) 17.1

17

Physiologie des Schmerzes

Wann beim menschlichen Fetus die Schmerzempfindung einsetzt und wie überhaupt Schmerz von ihm empfunden wird, ist bis heute nicht endgültig geklärt [79]. Korrekterweise sollte man besser über Nozizeption als über Schmerzempfindung sprechen: »Schmerz« ist definitionsgemäß mit dem Erleben starker Emotionen verbunden [4]; solche werden einem Fetus üblicherweise nicht zugestanden. Auf die feinsinnige Unterscheidung zwischen Nozizeption und Schmerzempfindung [4] wollen wir – wie in der einschlägigen Literatur durchaus üblich – in diesem Beitrag jedoch verzichten. Die Neuroanatomie des menschlichen Fetus sagt nicht alles aus über seine neuronale Funktionalität [78]. Immerhin scheint die neurophysiologische Basis für die Sinnesqualität »Schmerz« am Ende des 2. Schwangerschaftsdrittels gelegt (7 Kap. 2; [60]). Reagiert der Fetus nicht auf Schmerzreize, so ist dies nicht unbedingt mit fehlender Schmerzempfindung gleichzusetzen; Schmerzen mögen sich auf einer anderen als der Verhaltensebene äußern (s. unten; [10]). Da motorische Reflexantworten gleichzeitige Schmerzempfindung nicht ausschließen, ist das Postulat eines rein subkortikalen Schmerzreaktionsmechanismus bei Früh- und Neugeborenen nicht zwingend [4]. Auch muss ein Schmerzreiz keineswegs bis ins Bewusstsein gelangen, um wesentlichen Einfluss auf die sensorische Entwicklung zu nehmen [50]. Von herausragender Bedeutung für die Regulation der neuronalen Entwicklung des Neugeborenen ist das Opioidsystem [50]. Endogene Opioide wirken inhibitorisch auf die dendritische Aussprossung [50]. Erhalten junge Ratten Morphin ohne gleichzeitigen Schmerzreiz, so zeigen sie als ausgewachsene Ratten eine reduzierte Opioidrezeptorendichte, eine veränderte Dosis-Wirkungs-Beziehung und ein ausgesprochen schnelles Toleranzverhalten gegenüber Opioiden. Diese Veränderungen beobachtet man nicht, wenn die jungen Ratten die Opioide während gleichzeitiger Schmerzen erhalten [20]. Die Langzeitauswirkungen früher Opioidapplikation auf die Entwicklung des Opioidsystems und die spätere neurologische Entwicklung des Menschen sind noch weitgehend ungeklärt [50].

Aufgrund der Unreife der somatosensorischen Reizverarbeitung des Neugeborenen besteht nur eine lose Kopplung zwischen Reiz, Reaktion und somatischer Lokalisation [9]. Dennoch sind gewebstraumabedingte zentrale Sensibilisierung und Hyperalgesie bereits beim Neugeborenen nachweisbar [9]. (Un)reifebedingt lässt die physiologische Reaktion oft nicht unterscheiden zwischen gewebsschädigendem und -nichtschädigendem Reiz [9]. Es ist denkbar, dass Neugeborene mit individuell niedriger Unbehagensschwelle bereits nichtinvasive Reize als Schmerz erleben [9]. Die Reifeabhängigkeit der Verhaltensbiologie zeigt sich auch darin, dass beim Frühgeborenen von der 32–34. SSW ein kleiner repetitiver Stimulus zu zunehmend unkontrollierter Reaktion führt, während das Termingeborene Habituation zeigt [52]. Schmerzreiz führt u. a. zum Anstieg der Stresshormonspiegel im Blut [24]; damit sind Schmerz und Stress eng miteinander verknüpft. Mittlerweile belegen genügend Daten aus Anatomie, Physiologie und Verhaltensbiologie, dass im Früh- und Neugeborenenalter eine Menge passiver und aktiver Aktivitäten für den Patienten Stress bedeuten [65]. Dass auch kleinere Schmerzreize bei Früh- und Neugeborenen erhebliche Stressreaktionen auslösen, liegt nicht zuletzt mit daran, dass das absteigende schmerzinhibitorische System erst nach der 40. Schwangerschaftswoche ausreift (7 Kap. 2). Die Schmerzreaktion Neugeborener weist soziale Validität und kommunikative Spezifität auf, weshalb sie mehr als einen bloßen Reflex darstellt [4]. Neugeborene beherrschen nur ein beschränktes Schmerzkommunikationsrepertoire; kritisch kranke Neugeborene sind wegen ihrer körperlichen Minderbelastbarkeit und nur schwachen Abwehrreaktion besonders verletzlich [41].

17.2

Schmerzmessung

Wir werden nie wissen, ob Neugeborene Schmerzen auf die gleiche Weise empfinden wie wir – aber wissen wir dies von unseren Mitmenschen? Was wir sehen, ist deren Stress- und Schmerzverhalten [4, 65]. Die Schmerzempfindung selbst wird durch situative, verhaltensbiologische, emotionale, familiäre und kulturelle Faktoren moduliert [38]. Beim Früh-/Neugeborenen und Kleinkind hat eine strikte

293 17.3 · Schmerzauswirkungen

Unterscheidung in primären Stress- und primären Schmerzreiz keinen Sinn (s. oben; [52]). Schmerz ist multidimensional [19] und führt zu 3 Arten von Reaktionen: biochemischen, physiologischen und verhaltensbiologischen [24, 52]. Entsprechend wird für Neugeborene die multimodale Schmerzmessung empfohlen [24]. Schmerzbedingte Verhaltensänderungen bei Neugeborenen sind eine infantile Form der Schmerzmitteilung, sollten aber nicht als Surrogatmarker für Schmerz verstanden werden [41]. Da im Einzelfall nicht festgelegt ist, auf welcher Ebene sich die Reizantwort abspielt, darf beispielsweise das Fehlen einer Reaktion auf der Verhaltensebene nicht als Schmerzfreiheit fehlgedeutet werden [24]. Genauso gut mag das Schmerzverhalten disproportional ausgeprägt sein, zeigen doch einige Neugeborene auf Schmerzreiz Irritabilität, andere verminderte Reagibilität (s. oben; [24]). Physiologische Messungen sind objektiv und sensitiv, aber nicht schmerzspezifisch [12, 24, 28, 29, 41]. Bei Neugeborenen [24, 58] wie bei Erwachsenen [46] erscheint die Korrelation zwischen Schmerzintensität und Hormonausschüttung zunehmend fraglich, am ehesten sind noch die Serum- und Urinkatecholamine ein hormonaler Akutschmerzindikator [24]. Aber auch diese sind nur mäßig spezifisch, kommt es doch zu einem Anstieg auch unter pulmonaler Physiotherapie, endotrachealer Absaugung, Hypoxie und Azidose [24]. Möglicherweise sind vagaler Tonus und Hautdurchblutung schmerzintensitätsabhängig und unterscheiden gleichzeitig zwischen Schmerz- und Nichtschmerzreiz [24]. Man darf nicht vergessen, dass Früh- und Neugeborene nur ein eingeschränktes Verhaltensrepertoire besitzen. Und dennoch: In allen Altersgruppen sind Verhaltensänderungen besser mit dem Schmerzereignis korreliert als physiologische Veränderungen [41]. Der Gesichtsausdruck korreliert bei Frühgeborenen weniger als bei Termingeborenen mit der Schmerzstärke, gilt aber als brauchbares Schmerzmessinstrument, z. B. in Form des NIPS (7 Kap. 4 und Anhang B; [10, 24, 28]). Die akustischen Eigenschaften des kindlichen Schreies erlauben keine sichere Unterscheidung in Schmerz und Nichtschmerz [24, 41, 65], und bei intubierten Kindern ist die Schreiqualität selbstverständlich kein brauchbares Schmerzmessinstrument [24]. Die Schreilatenz korreliert wesentlich

17

besser mit der Schmerzintensität als Schreilänge, Schreidauer, Anzahl der Schreie und das Intervall zwischen einzelnen Schreien (kleinere Latenz bei stärkeren Schmerzen [24]). Neugeborene zeigen keine spezifische Schwelle der physiologischen oder Verhaltensantwort auf prozeduralen Schmerz, deren Überschreiten klar das Vorhandensein von Schmerz anzeigt [61]. In der klinischen Praxis ist die Verhaltensbeobachtung entscheidend für das Erkennen von Schmerzen bei Früh- und Neugeborenen [10], z. B. auch als NFCS (s. oben; [10, 28]). Die Schmerzbeurteilung sollte immer das Gestationsalter, den Bewusstseinszustand des Patienten und seinen Allgemeinzustand mit einbeziehen; Unruhe beispielweise kann auch einen nichtschmerzbedingten Grund haben (Hunger, Kälte u. a. [10]). Für das Extremfrühgeborene oder Frühgeborene an der Beatmung existieren kaum validierte Schmerzmessskalen [2]. Es bleibt zu beweisen, dass die Schmerzmessmethoden für prozeduralen Schmerz auch für chronischen Schmerz Gültigkeit haben [41]. Als Instrument zur Messung chronischer Schmerzen wird die Chaosanalyse physiologischer Parameter vorgeschlagen [52]. Obwohl beim Neugeborenen die Schmerzstärke gemessen werden kann, sind klinische Relevanz der Messung und Nutzen bei Frühund Neugeborenen noch spekulativ [24].

17.3

Schmerzauswirkungen

Schmerz führt bei Kleinkindern zu Katabolismus, Hypermetabolismus, Hyperkaliämie, Hyperkoagulabilität, Infektanfälligkeit und verlangsamter Wundheilung [41]. Einige Autoren vermuten, dass Schmerz bei Frühgeborenen eine intrazerebrale Blutung auslösen kann [41]. Bei Ratten kam es unter frühkindlichem Stress zu einer persistierenden Up-Regulation der Kortikosteronrezeptoren [78], und Ratten, die in einem sehr frühen Entwicklungsstadium Schmerzreize erfahren hatten, zeigten als erwachsene Tiere ein verändertes Sozialverhalten [78]. Noch Monate nach Zirkumzision zeigten Kinder eine stärkere Schmerzreaktion auf Impfung als Unbeschnittene [73], was auch als Ausdruck posttraumatischen Stresses gedeutet werden kann [71]. Während Änderungen des Gesichtsausdrucks auf Schmerzreiz

294

Kapitel 17 · Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation

und kardiale autonome Reaktivität in früheren Extremfrühgeborenen gegenüber entsprechend alten Reifgeborenen keinen Unterschied zeigten [54], korrelierte bei 8- bis 10-Jährigen die emotionale Reaktion auf Bilder schmerzhafter Ereignisse mit der Zeitdauer ihres Aufenthalts als Extremfrühgeborene auf der Intensivstation [41]. Eine Zusammenfassung der Auswirkungen von perinatalem Schmerz und Stress auf die spätere Entwicklung findet sich bei Anand [3] und Fitzgerald und Beggs [23]. Schließlich konnte die NOPAIN-Studie zeigen, dass wiederholte Schmerzstimuli das klinische und neurologische Outcome von beatmeten Frühgeborenen signifikant verändern können [41]. Dem Schmerz sind durchaus auch positive Aspekte zueigen, man denke nur an die Warnfunktion vor Gewebszerstörung, und, nach dem oben Gesagten, an die Gewöhnung an unbeeinflussbare umweltbedingte nozizeptive Reize. Vielleicht sollte unser Ziel nicht unbedingt die völlige Schmerzausschaltung sein, sondern die Modulation der Schmerzreaktion auf ein erträgliches Maß [4, 78], hat doch überaggressive Schmerztherapie ihre eigenen Nebenwirkungen [78].

17.4

17

Allgemeine Betrachtungen

Kritisch Kranke auf einer Neugeborenenintensivstation müssen täglich mehr als 100 Routinemanipulationen über sich ergehen lassen [29], ein nicht unerhebliches Maß an Stress und Schmerz [61]. Die täglichen Routinepflegemaßnahmen führten bei beatmeten Neugeborenen zu noch stärkeren Schwankungen physiologischer und biochemischer Parameter als endotracheales Absaugen [58]. Allein bloßes Handling bedeutet wesentlichen Stress für kranke Frühgeborene [24]; bereits das Positionieren zur Lumbalpunktion führte bei kranken Frühgeborenen zu Veränderungen der Vitalparameter, die nicht durch subkutane Lidocainanästhesie zu beeinflussen waren [24]. Nach akuten schmerzhaften Reizen entwickeln Frühgeborene eine zeitweise Hypersensitivität (»wind-up«), die durch Reize niederer Intensität (z. B. mechanische Beatmung) prolongiert wird [29]. In solchen Perioden werden sogar nichtgewebeschädigende Reize als Schmerz erfahren und mit einer entsprechenden organischen Reizantwort

bedacht [65]. Analgesie und Anästhesie mögen solchen Stress verhindern. Bei der Schmerzbekämpfung ist systematisches Vorgehen anzuraten [6, 44]: E Erkennen der Schmerzursache, E Abschätzen der Schmerzstärke, E Schmerztherapie. Schmerzvermeidung hat Vorrang vor Schmerzminimierung und Schmerzbekämpfung [2]!

17.5

Schmerzvermeidung, Schmerzminimierung

Da beim Früh- und Neugeborenen nicht eindeutig – auch nicht hinsichtlich der Folgen – unterschieden werden kann zwischen Stress und Schmerz, sind beide zu minimieren [2]: Unnötige schädigende Stimuli (akustisch, visuell, taktil, vestibulär) sind zu vermeiden [2]. Dies gilt auch für gutgemeinte, aber nicht evaluierte entwicklungsneurologische Stimulationsmethoden und soziale Interaktionen, die in ihrem Stresspotential medizinischen Interventionen in nichts nachstehen [26]. Pflegerische Maßnahmen – Prototyp ist das endotracheale Absaugen – sollen nur bei absoluter medizinischer Notwendigkeit stattfinden [41, 43]. Beatmungstuben sind sorgfältig zu fixieren, um mechanische Irritation zu vermeiden [39]. Es ist der am wenigsten schmerzhafte Modus eines jeden Eingriffes zu wählen [2], z. B. venöse statt kapillärer Blutentnahme [41, 43, 67] und Vorzug einer Automatiklanzette vor manueller Punktion [1, 41]. Um die Zahl der Punktionen bestmöglichst einzuschränken, sind Blutuntersuchungen zusammenzufassen [39]. Immer sollte die Alternative eines arteriellen oder zentralvenösen Dauerzugangs geprüft werden [2]. Auf Injektionen ist zu verzichten, zumindest auf intramuskuläre und subkutane [38], und es ist auf ausreichende Analgesie zu achten (s. unten; [2, 41]).

17.6

Schmerzbekämpfung

Jegliche rationale Schmerztherapie steht und fällt mit einer ordentlichen Schmerzmessung [41], um

17

295 17.6 · Schmerzbekämpfung

zum einen ein adäquates Analgesieverfahren auszuwählen und zum anderen die Therapie am Effekt zu titrieren. 17.6.1

Nichtpharmakologische Maßnahmen

Nichtpharmakologische Maßnahmen zur Schmerzbekämpfung listet . Tabelle 17.1 auf.

Schnuller, taktile Stimulation, Musik Schon seit alters her ist es üblich, Babys mit dem Schnuller zu beruhigen. Im Experiment zeigte sich, dass Schnuller bei Neugeborenen nicht in der Lage sind, die schmerzbedingten physiologischen Veränderungen zu unterdrücken [65]. Andere Studien zeigten bei gesunden, nicht aber bei kranken Frühgeborenen eine partielle Wirkung auf Herzfrequenz- und Atemfrequenzanstieg [24]. Weder Schnuller, taktile Stimulation noch Musik hatten einen relevanten Effekt auf die Schmerzreaktion unter Zirkumzision [24], auch blieb der Serumkortisolspiegel unbeeinflusst [60]. Wenn bei Schnullerapplikation die Schreidauer als Schmerzmaß genommen wurde [17], mag allein die Tatsache des »Mundstopfens« diese signifikant verändert haben.

Geschmacksqualität »süß« Die Geschmacksqualität »süß« [63], ob von Sucrose [1a, 45, 63, 78], Saccharose [10], Glukose [9a, 21a, 68] oder Süßstoff, vermag die Schmerzreaktionen bei Neugeborenen auf Lanzettenstich bzw. Impfung [45], teilweise auch Venenpunktion, signifikant, aber nicht relevant zu reduzieren [1a, 9a, 21a, 34, 60, 69].

Die Kombination Schnuller mit Süß wirkte ein wenig stärker [14, 17, 33, 45, 69]. Neben der doch bescheidenen Wirkstärke ist die kurze Wirkdauer der »Sucroseanalgesie« von Bedeutung [45]. Sucrose ist kein Ersatz für eine ordentliche (pharmakologische) Analgesie [45]. Einer kürzlichen Metaanalyse gelang es nicht, die optimale analgetische Sucrosedosis zu definieren, zu groß war die Spanne der verabreichten Dosen bei inkonsistenten Studiendesigns [36, 70, 71]. Es gibt erste Berichte über die erfolgreiche Repetitivapplikation von Sucrose [35] und Glucose [21a]. Milch hatte einen noch geringeren analgetischen Effekt als Sucrose [55], war aber wirksamer als destilliertes Wasser [74a].

Wiegen, Lagerung, Hautkontakt Simuliertes Auf-dem-Arm-Wiegen verstärkte bei Extremfrühgeborenen den Sucroseeffekt nicht [35]. Bauchlagerung war ineffektiv [68]. Enger Hautkontakt konnte bei Neugeborenen das Weinen um 82 %, das Grimassieren um 65 % vermindern [27], tröstende Maßnahmen hatten einen ähnlichen Effekt [2]. Schon vor einiger Zeit konnte gezeigt werden, dass in der Intensivstation bereits einfaches Handauflegen unter gleicher Kalorienzufuhr zu deutlich besserer Gewichtszunahme von Neugeborenen führte als in der Kontrollgruppe [22], ein Hinweis auf das Potential derartiger Maßnahmen.

Multisensorische Stimulation »Multisensorische Stimulation«, d. h. die Kombination zarter taktiler, vestibulärer, gustativer, olfaktorischer, auditiver und visueller Stimuli schwächte die

. Tabelle 17.1. Nichtpharmakologische Antinozizeption bei Früh- und Neugeborenen (NG Neugeborene, FG Frühgeborene). (Mod. nach [27]) Modus

Nichtnutritives Saugen (Schnuller)

Geschmack/Aroma (Süß)

Kängurukontakt o. ä.

Patienten

NG

FG

NG

FG

NG

FG

Wirksamkeit

(+)

?

(+)

?

+

?

Latenzzeit

Gering

?

Gering

?

10 min

?

Quelle

[17, 24, 60]

[1a, 9a, 14, 17, 21a, 34, 36, 49 55, 60, 69–71, 74a]

[2, 27, 35, 69]

296

Kapitel 17 · Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation

Schmerzantwort Neugeborener auf einen Lanzettenstich signifikant besser ab als die Kombination von oraler Glucose und gleichzeitigem Schnullern [13]. 17.6.2

Pharmakologische Intervention

Lokale Maßnahmen EMLA®

17

Lokal aufgetragenes Lidocain war bei der Lancettenpunktion wirkungslos [24]. Das gleiche gilt für die Applikation eines Lokalanästhetikums vor Lumbalpunktion bei akut kranken Kindern [60]. Um den optimalen Effekt zu erlangen, wird in einer anderen Arbeit die Applikation des Lokalanästhetikums 1 h vor der geplanten Maßnahme empfohlen [2], ein Timing, das durchaus mit dem klinischen Alltag interferieren kann. EMLA® (eutektische Mischung von Lokalanästhetika) vermag bei Eingriffen wie Venenpunktion, i.m.-Injektion oder Lumbalpunktion ab einem Alter von 3 Monaten den Schmerz wesentlich zu verringern [1]. Es wirkt jedoch nicht bei Impfungen im Alter von 4–6 Monaten und nur schlecht bei der Neugeborenenbeschneidung [1, 75]. Bei der Venenpunktion Neugeborener war sein Effekt nur moderat [24, 42]. Unwirksam ist es bei der Lanzettenpunktion des Termin- und des Frühgeborenen von 26–34 SSW [1, 42]. Der beim Frühgeborenen gesehene Anstieg der Met-Hb-Konzentration nach EMLA ist bei einer Einzeldosis irrelevant; EMLA sollte allerdings nicht zusammen mit anderen Met-Hb-Bildnern (Sulfonamide, Paracetamol, Nitroglycerin, Nitroprussid, Phenytoin u. a.) verabreicht werden, insbesondere nicht in einem Alter von 3 Monat

Ab Kleinkindalter

Kurzeingriff, Analgesie

2 µg/kg KG i.v.

2 µg/kg KG i.v.

2–3 µg/kg KG i.v.

2–3 µg/kg KG i.v.

Kurzeingriff, Anästhesie

10 µg/kg KG i.v.

10 µg/kg KG i.v.

10–50 µg/kg KG i.v.

10–50 µg/kg KG i.v.

Beatmung, ECMO

LD 2–10 µg/kg KG i.v.

LD 2–10 µg/kg KG i.v.

LD 5–10 µg/kg KG i.v.

LD 10 µg/kg KG i.v.

ED 0,5–2 µg/ kg KG/h i.v. [40]

ED 0,5–2 µg/ kg KG/h i.v. [40]

ED 1–4 µg/ kg KG/h i.v.

ED 2–5 µg/ kg KG/h i.v.

Akutschmerz, postoperativ

2–4(–10) µg/kg KG i.v. alle 2–4 h Dauerinfusion: s. Beatmung (Tabelle 17.5)

2–4(–10) µg/kg KG i.v. alle 2–4 h Dauerinfusion: s. Beatmung (Tabelle 17.5)

5–10 µg/kg KG i.v. alle 2–4 h Dauerinfusion: s. Beatmung (Tabelle 17.5)

5–10 µg/kg KG i.v. alle 2–4 h Dauerinfusion: s. Beatmung (Tabelle 17.5)

300

Kapitel 17 · Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation

lismus von Remifentanil ist leber- und nierenunabhängig [46]. Diamorphin, lipophiler als Morphin, erzeugte verglichen mit letzterem bei beatmeten Frühgeborenen bei gleicher Wirkung weniger Neigung zu arterieller Hypotension und mag für diese Patientengruppe den Vorzug verdienen [79]. Insgesamt ist die Datenlage zu diesen Opioiden jedoch noch zu dünn für fundierte Empfehlungen.

Sonderproblem: das beatmete Früh- und Neugeborene

17

Jeder endotracheale Tubus bedeutet eine mechanische Irritation für den Patienten. Hinzu kommt der mehr oder weniger synchronisierte Beatmungsreiz. Der Gedanke liegt nahe, dass Beatmungspatienten – insbesondere solche, die den Sinn der Prozedur noch nicht rational erfassen können, eben Früh-, Neugeborene und Kleinkinder – einem besonderen Stress, vielleicht auch Schmerzen ausgesetzt sind. Dazu passt die Beobachtung, dass die Serumkatecholamine beatmeter Frühgeborener 7 Tage. 5 Ausschleichschema Morphin: 1) Alle 12 h die Morphindosis schrittweise senken, z. B. bei Dauerinfusion 50–40–30–20 µg/kg KG/h i.v. 2) Sind 20 µg/kg KG/h erreicht, alle 12 h die Morphindosis um 10 % der Ausgangsdosis senken (20–18–16–14–12– 10), bis 10 µg/kg KG/h erreicht sind. 3) Falls Morphingabe per infusionem: Die letzte kumulative Tagesdosis (in µg) aufteilen in 6 Boluseinzeldosen Morphin i.v. 4) Nach weiteren 1–2 Tagen Morphin in eine Äquivalenzdosis Methadon umsetzen (Start mit 0,05 mg/kg KG Methadon alle 6 h p.o.). Falls unter dieser Umstellung eine Entzugssymptomatik auftritt, Methadon um 0,05 mg/ kg KG pro Dosis erhöhen, bis die Symptome verschwunden sind. Vorteil von Methadon: wesentlich längere Halbwertszeit als Morphin, deshalb zunächst in 4, später in 2 Einzeldosen pro Tag aufzuteilen 5) Über 1–2 Wochen Substitution abbauen bis auf Methadon 0,05 mg/kg KG/Tag in 2 Einzeldosen, dann STOPP! 5 Therapie von abbaubedingten Krämpfen: Diazepam 0,1–0,3 mg/kg KG alle 6 h i.v. 5 Therapie von Entzugserscheinungen: Clonidin 3–4 µg/kg KG/Tag verteilt auf 4 Einzeldosen p.o. Alternativ: Phenobarbital 2–4 mg/ kg KG/Tag verteilt auf 2 Einzeldosen p.o. 5 Ausschleichschema Midazolam (= Dormicum®): 1) Für einen Tag Tagesdosis auf 70 % der zuletzt gehabten maximalen Dosierung reduzieren. 2) Am nächsten Tag Tagesdosis auf 40 % der gehabten maximalen Dosierung reduzieren. 6

303 17.8 · Analgesie auf der pädiatrischen Intensivstation

17

. Tabelle 17.4. Analgesie und Sedierung auf der pädiatrischen Intensivstation: Intubationsmedikation (Auswahlsets nach Altersgruppe) Präparat

Handelsname

Dosierung

Bemerkung

Neugeborene Atropin

Atropin®

0,01 mg/kg KG i.v. minimal 0,1 mg i.v. maximal 0,4 mg i.v.

Einmalig

Morphin

MSI®

0,1 mg/kg KG i.v.

Gegebenenfalls nachspritzen

Midazolam

Dormicum®

0,1 mg/kg KG i.v.

Gegebenenfalls nach einigen Minuten nachspritzen

Vecuroniumbromid

Norcuron®

0,1 mg/kg KG i.v.

Oft nicht nötig

Säuglinge und Kinder Atropin

Atropin®

0,01 mg/kg KG i.v. minimal 0,1 mg i.v. maximal 0,4 mg i.v.

Einmalig

Morphin

MSI®

0,1 mg/kg KG i.v.

Midazolam

Dormicum®

0,1 mg/kg KG i.v.

Vecuroniumbromid

Norcuron®

0,1 mg/kg KG i.v.

Großzügige Indikation; Voraussetzung: Sicherheit in der Maskenbeatmung

Alle Altersgruppen (Alternative) Fentanyl Fentanyl®

5 µg/kg KG i.v.

Gegebenenfalls stattdessen Morphin 0,1 mg/kg KG i.v.

Etomidat

Hypnomidate®

0,3 mg/kg KG i.v.

Wirkt innerhalb weniger Sekunden; wirkt nur für wenige Minuten; hat eine Art muskelerschlaffende Wirkung

Vecuroniumbromid

Norcuron®

0,1 mg/kg KG i.v.

Meist nicht nötig

Schnelle Notfallintubation (»rapid sequence intubation«) Etomidat Hypnomidate® 0,3 mg/kg KG i.v.

Succinylcholin

Succinylcholin®

1 mg/kg KG i.v.

Wirkt innerhalb weniger Sekunden; wirkt nur für wenige Minuten Cave: bei genetischer Anlage zu maligner Hyperthermie. Cave: nach großflächigen Brandwunden oder Muskelverletzungen älter als einige Stunden

304

Kapitel 17 · Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation

. Tabelle 17.5. Analgesie und Sedierung auf der pädiatrischen Intensivstation bei Kurzeingriffen und Beatmung Präparat

Handelsname

Als i.v.-Dauerinfusion

Bemerkung

Beatmete Neugeborene, Säuglinge, Kinder Morphin MSI® 0,1 mg/kg KG i.v.

10–30 (–…) µg/kg KG/h

Gegebenenfalls in einer Spritze mit Midazolam

Midazolam

Dormicum®

0,1 mg/kg KG i.v.

0,03–0,1 mg/kg KG/h

Gegebenenfalls in einer Spritze mit Morphin

Alter >3 Monate Fentanyl

Fentanyl®

3–5 µg/kg KG i.v.

1–4 µg/kg KG/h

Opioid

Ältere Kinder, Reserve Ketamin Ketanest®

1–3 mg/kg KG i.v.

10 (–80–150) µg/kg KG/min

Als Bolus Wirkdauer 5–8 min; Loading dose immer mit Atropin kombinieren; Cave: steigert den Hirndruck; Infusion immer mit Midazolam- (= Dormicum-)infusion kombinieren, sonst erzeugt es psychotische Zustände

Midazolam

0,1 mg/kg KG i.v.

0,03–0,1 mg/kg KG/h

Dormicum®

Bolusdosis

Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder, größere Kinder Chloralhydrat Chloral25–80 mg/kg KG p.o., hydrat® rektal maximale Tagesdosis 200 mg/ kg KG/Tag in 4 ED

17

3) 48 h nach Beginn des Dosisabbaus Midazolam STOPP! 5 Therapie von Abstinenzerscheinungen: Midazolam 0,5 mg/kg KG (p.o. oder rektal). Alternativ (exzellente Wirkung): Clonidin 5 µg/kg KG/Tag verteilt auf 4 Einzeldosen p.o. 5 Monitoring der Entzugserscheinungen: – Finnegan-Score.

Wirkeintritt nach 10–20 min, typische Wirkdauer 30–90 min; gut geeignet für Sedierung zu NMR, CT o.ä.

Die pädiatrische Intensivmedizin betreut eine hohe Anzahl postoperativer (7 Kap. 12) und onkologischer Patienten (7 Kap. 13). Für Letztere mit ihren chronischen Schmerzen bedeutet die PCA (patientenkontrollierte Anästhesie) nicht selten die optimale Therapieform. Typische Indikation zur Analgesie auf der Intensivstation ist neben der Analgesie bei Kurzeingriffen die tracheale Intubation mit anschließender künstlicher Beatmung [57]. Die . Tabellen 17.4 und 17.5 listen kochbuchartig eine Reihe von Analgesieoptionen auf; der Vollständigkeit halber werden passende Sedierungsregime gleich mitgenannt. In der Praxis werden Analgesie und Sedierung häufig kombiniert.

305 Literatur

Wichtige Hinweise zu Analgesie und Sedierung 5 Dosis nach Effekt titrieren; bei Dauertherapie Dosissteigerung nötig. 5 Für Morphin extra Loading-Bolusdosis bei Erhöhung der Infusionsgeschwindigkeit, sonst tritt der Effekt zu langsam ein. 5 Immer versuchen, die Ursache einer Unruhe zu beseitigen: – Tubus geknickt? – Tubusfehllage? – Unzureichende Beatmung? – Blase voll? 5 Manchmal hilft vorübergehende Sedierung durch Bolusgabe, um Zeit zu gewinnen, das Problem zu beseitigen (z. B. Optimieren der Beatmung, Anfertigen eines Röntgenbildes). 5 Bei nur leichter Grundsedierung ist es oft hilfreich, jeweils zum Versorgen einen Bolus von z. B. Fentanyl oder Ketamin oder Chloralhydrat extra zu verabreichen. 5 Bitte nicht verwechseln: Sedierung ist Sedierung und keine Analgesie. Deshalb häufig Kombination von Sedativum mit Analgetikum. Merke: Phenobarbital sediert, verstärkt aber die Schmerzempfindung! 5 Achtung: Eine Morphin- oder Midazolaminfusion über mehr als 7 Tage führt bei plötzlichem Absetzen zu Entzugssymptomen. Deshalb: Ausschleichen über mehrere Tage (Übersicht s. oben).

Auch auf der pädiatrischen Intensivstation verdient jeder Patient den nötigen Respekt und damit ausreichende Analgesie. Erschwert wird diese durch oft anzutreffende hämodynamische und/oder respiratorische Instabilität, was eine sorgfältige und situationsgerechte Medikamentenwahl erzwingt. Andererseits ist gerade die Intensivstation der Ort, wo notgedrungen in Kauf genommenen kardiovaskulären oder respiratorischen Nebenwirkungen gezielt begegnet werden kann (Katecholamine, künstliche Beatmung etc.). Dank des Routinemonitorings kann die Analgesie ausgereizt werden – so nötig, bis an die Grenzen der Dekompensation, etwa zur Durch-

17

führung invasiver Maßnahmen (7 Kap. 11), solange, bis durch den Heilungsprozess die Notwendigkeit dazu nachlässt. An dieser Stelle verschwimmen die Grenzen zwischen Intensivmedizin und Anästhesie.

Literatur 1. Acharya AB, Bustani PC, Phillips JD, Taub NA, Beattle RM (1998) Randomised controlled trial of eutectic mixture of local anaesthetics cream for venepuncture in healthy preterm infants. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 78: F138– 142 1a. Acharya AB, Annamali S, Taub NA, Field D (2004) Oral sucrose analgesia for preterm infant venepuncture. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 89: F17–18 1b. Ahlfors CE (2004) Effect of ibuprofen on bilirubin-albumin binding. J Pediatr 144: 386–388 2. American Academy of Pediatrics, Canadian Paediatric Society (2000) Prevention and management of pain and stress in the neonate. Pediatrics 105: 454–461 3. Anand KJ (2000) Effects of perinatal pain and stress. Prog Brain Res 122: 117–129 3a. Anand KJS, Hall RW, Desal N et al. for the NEOPAIN Trial Investigators Group (2004) Effects of morphine analgesia in ventilated preterm neonates: primary outcomes from the NEOPAIN randomised trial. Lancet 363: 1673–1682 4. Anand KJS, Hickey PR (1987) Pain and its effects in the human neonate and fetus. N Engl J Med 817: 1321–1329 5. Anand KJS, Hickey PR (1992) Halothane-morphine compared with high-dose sufentanil for anesthesia and postoperative analgesia in neonatal cardiac surgery. N Engl J Med 326: 1–9 6. Anand KJS, International Evidence-Based Group for Neonatal Pain (2001) Consensus statement for the prevention and management of pain in the newborn. Arch Pediatr Adolesc Med 155: 173–180 7. Anand KJS, McIntosh N, Lagercrantz H, Pelausa E, Young TE, Vasa R (1999) Analgesia and sedation in preterm neonates who require ventilatory support. Arch Pediatr Adolesc Med 153: 331–338 8. Anand KJS, Sippell WG, Aynsley-Green A (1987) Randomised trial of fentanyl anaesthesia in preterm babies undergoing surgery: effects on the stress response. Lancet (1)8524: 62–66 9. Andrews K, Fitzgerald M (1997) Biological barriers to paediatric pain management. Clin J Pain 13: 138–143 9a. Bauer K, Ketteler J, Hellwich M, Laurenz M, Versmold H (2004). Oral glucose before venepuncture relieves neonates of pain, but stress is still evidenced by increase in oxygen consumption, energy expenditure, and heart rate. Pediatr Res 55: 695–700 10. Bauer K, Versmold H (1999) Analgesie bei Früh- und Neugeborenen. Pädiatr Prax 57: 169–78 11. Baumgartner R, Fauchère JC, Bucher HU (2000) Künstliche Süßstoffe reduzieren die Schmerzreaktion beim Guthrie-Test. Z Geburtsh Neonatol 204: S1

306

17

Kapitel 17 · Schmerztherapie auf der (neonatologischen) Intensivstation

12. Barr RG (1998) Reflections on measuring pain in infants: dissociation in responsive systems and »honest signalling«. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 79: F152–156 13. Bellieni CV, Buonocore G, Nenci A, Franci N, Cordelli DM, Bagnoli F (2001) Sensorial saturation; an effective analgesic tool for heel-prick in preterm infants. Biol Neonate 80: 15–18 14. Blass EM, Watt LB (1999) Suckling- and sucrose-induced analgesia in human newborns. Pain 83: 611–23 15. Brent A StG (2000) The management of pain in the emergency department. Ped Clin North Am 47: 651–679 16. Calobrisi SD, Drolet BA, Esterly NB (1998) Petechial eruption after the application of EMLA cream. Pediatrics 101: 471–473 17. Carbajal R, Chauvet X, Couderc S, Olivier-Martin M (1999) Randomised trial of analgesic effects of sucrose, glucose, and pacifiers in term neonates. BMJ 19: 1393–1397 18. Chay PCW, Duffy BJ, Walker JS (1992) Pharmacokineticpharmacodynamic relationship of morphine in neonates. Clin Pharmacol Ther 51: 334–342 19. Derbyshire SWG, Furedi A (1996) »Fetal pain” is a misnomer. BMJ 313: 795 20. Dickenson A, Rahman W (1999) Mechanisms of chronic pain and the developing nervous system. In: McGrath PJ, Finley GA (Hrsg) Chronic and recurrent pain in children and adolescents. IASP Press, Seattle, S 5–39 21. Dripps RD, Eckenhoff JE, Vandam LD (1982) Introduction to anesthesia. The principles of safe practice. Saunders, Philadelphia, S 152–154 21a. Eriksson M, Finnström O (2004) Can daily repeated doses of orally administered glucose induce tolerance when given for neonatal pain relief? Acta Paediatr 93: 246–249 22. Field T (1982) Alleviating stress in newborn infants in the intensive care unit. Clin Perinat 17: 1–9 23. Fitzgerald M, Beggs S (2001) The neurobiology of pain: Developmental aspects. Neuroscientist 7: 246–257 24. Franck LS, Miaskowski C (1997) Measurement of neonatal responses to painful stimuli: A research review. J Pain Symptom Manage 14: 343–378 25. Franck LS, Miaskowski C (1998) The use of intravenous opioids to provide analgesia in critically ill, premature neonates: A research critique. J Pain Symptom Manage 15: 41–69 26. Gorski PA, Huntington L, Lewkowicz DJ (1990) Handling preterm infants in hospitals. Clin Perinatol 17: 103–112 27. Gray L, Watt L, Blass EM (2000) Skin-to-skin contact is analgesic in healthy newborns. Pediatrics 105: 14 28. Grunau RE, Oberlandr T, Holsti L, Whilfield MF (1998) Bedside application of the Neonatal Facial Coding System in pain assessment of premature neonates. Pain 76: 277–286 29. Guinsburg RG, Kopelman BI, Anand KJS, de Almeida MFB, Peres CA, Miyoshi MH (1998) Physiological, hormonal, and behavioral responses to a single fentanyl dose in intubated and ventilated preterm neonates. J Pediatr 132: 954–959 30. Hartley R, Quinn M, Green M, Levene MI (1993) Morphine glucuronidation in premature neonates. Br J Clin Pharmac 35: 314–317

31. Holliday MA, Pinckert TL, Kiernan SC, Kunos I, Angelus P, Keszler M (1999) Dorsal penile nerve block vs topical placebo for circumcision in low-birth-weight neonates. Arch Pediatr Adolesc Med 153: 476–480 32. Isbister GK, Bucens IK, Whyte IM (2001) Paracetamol overdose in a preterm neonate. Arch Dis Child 85: F70–F72 33. Johnston CC, Collinge JM, Henderson SJ, Anand KJS (1997) A cross-sectional survey of pain and pharmacological analgesia in Canadian neonatal intensive care units. Clin J Pain 13: 308–312 34. Johnston CC, Sherrard A, Stevens B, Franck L, Stremler R, Jack A (1999) Do cry features reflect pain intensity in preterm neonates? A preliminary study. Biol Neonate 76: 120–124 35. Johnston CC, Stremler RL, Stevens BJ, Horton LJ (1997) Effectiveness of oral sucrose and simulated rocking on pain response in preterm neonates. Pain 72: 193–199 36. Johnston CC, Stremler R, Horton L, Friedman A (1999) Effect of repeated doses of sucrose during heel stick procedures in preterm neonates. Biol Neonate 75: 60– 66 37. Kart T, Christrup LL, Rasmussen M (1997) Recommended use of morphine in neonates, infants and children based on a literature review, pt 1: Pharmacokinetics. Paediatr Anaesth 7: 5–11 38. Kart T, Christrup LL, Rasmussen M (1997) Recommended use of morphine in neonates, infants and children based on a literature review, pt 2: Clinical use. Paediatr Anaesth 7: 93–101 39. Kennedy KA, Tyson JE (1999) Narcotic analgesia for ventilated newborns: Are placebo-controlled trials ethical and necessary? J Pediatr 134: 127–129 40. Lago P, Benini F, Agosto C, Zacchello F (1998) Randomised controlled trial of low dose fentanyl infusion in preterm infants with hyaline membrane disease. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 79: F194–197 41. Larsson BA (1999) Pain management in neonates. Acta Paediatr 88: 1301–1310 42. Larsson BA, Tannfeldt G, Lagercrantz H, Olsson GL (1998) Alleviation of the pain of venepuncture in neonates. Acta Paediatr 87: 774–779 43. Larsson BA, Tannfeldt G, Lagercrantz H, Olsson GL (1998) Venipuncture is more effective and less painful than heel lancing for blood tests in neonates. Pediatrics 101: 882– 886 44. Lee TC, Charles BG, Harte GJ, Gray PH, Steer PA, Flenady VJ (1999) Population pharmacokinetic modeling in very premature infants receiving midazolam during mechanical ventilation. Anesthesiology 90: 151–157 45. Lewindon PJ, Harkness L, Lewindon N (1998) Randomised controlled trial of sucrose by mouth for the relief of infant crying after immunisation. Arch Dis Child 78: 453–6 46. LLoyd-Thomas AR (1997) Paediatric pain management – the next step? Paediatric Anaesthesia 7: 487–493 47. Lloyd-Thomas AR, Fitzgerald M (1996) Reflex responses do not necessarily signify pain. BMJ 313: 797–798 48. Lynn A, Nespeca MK, Bratton SL, Strauss SG, Shen DD (1998) Clearance of morphine in postoperative infants

307 Literatur

49.

50. 51.

52. 53.

54.

55.

56.

57.

58.

59.

60.

61.

62.

63.

64.

65.

during intravenous infusion: The influence of age and surgery. Anesth Analg 86: 958–963 MacGregor R, Evans E, Sugden D, Gaussen T, Levene M (1998) Outcome at 5–6 years of prematurely born children who received morphine as neonates. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 79: F40–43 Marsh DF, Hatch DJ, Fitzgerald M (1997) Opioid systems and the newborn. Br J Anaesthesia 79: 787–795 Maxwell LG, Yaster M (1999) Analgesia for neonatal circumcision. No more studies, just do it. Arch Pediatr Adolesc Med 153: 444–445 McIntosh N (1997) Pain in the newborn, a possible new starting point. Eur J Pediatr 156: 173–177 McLaughlin CR, Hull JG, Edwards WH, Cramer CP, Dewey WL (1993) Neonatal pain; a comprehensive survey of attitudes and practices. J Pain Symptom Manage 8: 7–16 Oberlander TF, Grunau RE; Whitfield MF, Fitzgerald C, Pitfield S, Saul JP (2000) Biobehavioral pain responses in former extremely low birth weight infants at four months’ corrected age. Electronic Abstr: http://www.pediatrics.org #e6 page 107 Örs R, Özek E, Baysoy G, Cebeci D, Bilgen H, Türküner M, Basaran M (1999) Comparison of sucrose and human milk on pain response in newborns. Eur J Pediatr 158: 63–66 Pasternak GW, Zhang A, Tecott L (1980) Developmental differences between high and low affinity binding sites: their relationship to analgesia and respiratory depression. Life Science 27: 1185–1190 Playfor SD, Thomas DA, Choonara I, Jarvis A (2000) Quality of sedation during mechanical ventilation. Paediat Anaesthesia 10: 195–199 Pokela ML (1994) Pain relief can reduce hypoxemia in distressed neonates during routine treatment procedures. Pediatrics 93: 379–383 Polander DM, Berde CB (1993) Postoperative pain management. In: Coté CJ, Ryan JF, Todres ID, Goudsouzian NG (Hrsg) A practice of anesthesia for infants and children. Saunders, Philadelphia, S 451–467 Porter FL, Wolf CM, Gold J, Lotsoff D, Miller JP (1997) Pain and pain management in newborn infants: A survey of physicians and nurses. Pediatrics 100: 626–632 Porter FL, Wolf CM, Miller JP (2000) Procedural pain in newborn infants: The influence of intensity and development. Electronic Abstr: http: //www.pediatrics.org #e13 Quinn MW, Wild J, Dean HG, Hartley R, Rushforth JA, Puntis JWL, Levene MI (1993) Randomised double-blind controlled trial of effect of morphine on catecholamine concentrations in ventilated preterm babies. Lancet 342: 324–327 Ramenghi LA, Evans DJ, Levene MI (1999) »Sucrose analgesia”: absorptive mechanism or taste perception? Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 80: F146–147 Saarenman E, Huttunen P, Leppäluoto J, Meretojy O, Fellmann V (1999) Advantages of fentanyl over morphine in analgesia for ventilated newborn infants after birth. A randomized trial. J Pediatr 134: 144–150 Schuster A, Lenard HG (1990) Pain in newborns and prematures: Current practice and knowledge. Brain Dev 12: 459–465

17

66. Shah V, Taddio A, Ohlsson A (1998) Randomised controlled trial of paracetamol for heel prick pain in neonates. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 79: F209–211 67. Shah V, Ohlsson A (2001) Venepuncture vs. heel lance for blood sampling in term neonates. In: The Cochrane Library, Issue 3, Oxford: Update software 67a. Sharma PK, Garg SK, Narang A (2003) Pharmakinetics of oral ibuprofen in premature infants. J Clin Pharmacol 43: 968–973 68. Skogsdal Y, Eriksson M, Schollin J (1997) Analgesia in newborns given oral glucose. Acta Paediatr 86: 217–220 69. Stevens B, Johnston C, Franck L, Petryshen P, Jack A, Foster G (1999) The efficacy of developmentally sensitive interventions and sucrose for relieving procedural pain in very low birth weight neonates. Nurs Res 48: 35–43 70. Stevens B, Ohlsson A (2000) Sucrose for analgesia in newborn infants undergoing painful procedures. Cochrane Database Syst Rev 2: CD001069 71. Stevens B, Taddio A, Ohlsson A, Einarson T (1997) The efficacy of sucrose for relieving procedural pain in neonates – a systematic review and meta-analysis. Acta Paediatr 86: 837–842 72. Suresh S, Anand KJS (2001) Opioid tolerance in neonates: a state-of-the-art review. Paediatr Anaesthesia 11: 511–521 73. Taddio A, Katz J, Illersich AL, Koren G (1997) Effect of neonatal circumcision on pain response during subsequent routine vaccination. Lancet 349: 599–603 74. Tobias JD, Rasmussen GE (1994) Pain management and sedation in the pediatric intensive care unit. Ped Clin North Am 41: 1269–1292 74a. Upadhyay A, Aggarwal R, Narayan S, Joshi M, Paul VK, Deorari AK (2004) Analgesic effect of expressed breast milk in procedural pain in term neonates: a randomized, placebocontrolled, double-blind trial. Acta Paediatr 93: 518–522 75. Van Howe RS (1997) Neonatal circumcision. Lancet 349: 1257 76. Van Lingen RA, Deinum JT, Quak JME, Kzizenga AJ, van Dam JG, Anand KJS, Tibboel D, Okken A (1999) Pharmacokinetics and metabolism of rectally administered paracetamol in preterm neonates. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 80: F59–63 77. Van Lingen RA, Deinum HT, Quak CME, Okken A, Tibboel D (1999) Multiple-dose pharmacokinetics of rectally administered acetaminophen in term infants. Clin Pharmacol Ther 66: 509–515 78. Winberg J (1998) Do neonatal pain and stress program the brain’s response to future stimuli? Acta Paediatr 87: 723–725 79. Wolf AR (1997) Pain, nociception and the developing infant. Paediatr Anaesth 9: 7–17 80. Wood CM, Rushford JA, Hartley R, Dean H, Wild J, Levine MI (1998) Randomised double blind trial of morphine vs. diamorphine for sedation of preterm neonates. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 79: F34–39 81. Yaster M, Bean J D, Schulman SR, Rogers MC (1996) Pain, sedation, and postoperative anesthetic management in the pediatric intensive care unit. In: Rogers M (Hrsg) Textbook of pediatric intensive care. Williams & Wilkins, Baltimore, S 1547–1593

18 Schmerz und Schmerztherapie bei behinderten Kindern B. Zernikow*, B. Dietz, U. Hafkemeier und G. Kluger 18.1

Einleitung – 310

18.2

Differenzialdiagnostik und Spezialprobleme – 310

18.2.1 Nicht mitteilungsfähige Kinder mit Mehrfachbehinderung – 310 18.2.2 Kinder mit apallischem Syndrom – 310

18.3

Schmerzmessung – 310

18.3.1 Selbsteinschätzung – 311 18.3.2 Verfahren der Fremdbeobachtung – 312

18.4

Schmerztherapie – 312

18.4.1 Nicht-medikamentöse Verfahren – 312 18.4.2 Medikamentöse Verfahren – 313 18.4.3 Operative Schmerztherapie – 315

18.5

Zusammenfassung – 316 Literatur – 316

* Danksagung: Der Autor wird unterstützt durch die Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH, die Peter und Ruth Wirts-Stiftung (Schweiz) und »Eigenes Leben, Hilfen für Kinder mit Schmerzen oder lebensverkürzenden Erkrankungen e.V.«

310

Kapitel 18 · Schmerz und Schmerztherapie bei behinderten Kindern

)) 18.1

Einleitung

Bei Kindern mit Mehrfachbehinderung ist das Erkennen, Bewerten und Quantifizieren von Schmerzen ein mindestens ebenso großes Problem wie die Schmerztherapie. Studien an anderen Patientengruppen belegen: je weniger Schmerzmessung, desto weniger Analgesie! Diese einfache Formel trifft auch auf mehrfachbehinderte Kinder zu. Sie haben zudem mehrere Gründe, gehäuft nozizeptiven Reizen ausgesetzt zu sein: krankheitsbedingt werden bei ihnen oft schmerzhafte chirurgische Interventionen – Kontraktionsoperationen im Bereich der Gelenke, Zahnextraktionen, neurochirurgische Eingriffe – durchgeführt. 60 % der Kinder mit spastischer Parese mit und ohne mentale Retardierung müssen sich bis zum Erreichen des 8. Lebensjahres orthopädischen Operation unterziehen [8]. Zudem führt die Mehrfachbehinderung häufig zu assoziierten Erkrankungen wie Aspirationspneumonie mit Begleitpleuritis und Refluxösophagitis, die ihrerseits Schmerzen verursachen. Mehrfachbehinderte Kinder verfügen nur eingeschränkt über schmerztypische Kommunikationsund Verhaltensvariablen, die bei gesunden Kindern die Schmerztherapie des Arztes leiten können. Die Krankheitsgruppe der Kinder mit psychomentaler und statomotrischer Retardierung ist allerdings sehr heterogen: unter ihnen gibt es auch Kinder mit erhöhter Schmerzschwelle [4, 5]. Eine umfassende Darstellung des Themas findet sich auch in einer Ausgabe der Zeitschrift für »Neuropädiatrie in Klinik und Praxis« [4, 17, 28].

18.2

18

18.2.1

Differenzialdiagnostik und Spezialprobleme Nicht mitteilungsfähige Kinder mit Mehrfachbehinderung

Die Ursachen von Schmerzen bei Kindern mit Mehrfachbehinderungen sind vielfältig. Es sollte immer nach den in . Tabelle 18.1 aufgelisteten kausal zu therapierenden Ursachen von Schmerzen gefahndet

werden. Aus eigener Erfahrung sind chronische Refluxkrankheit und Nierenstein die häufigsten unter den nicht-offensichtlichen Schmerzursachen. 18.2.2

Kinder mit apallischem Syndrom

Nach der aktuellen IASP-Schmerzdefinition («an unpleasant sensory and emotional experience associated with actual or potential tissue damage, or described in terms of such damage. Note: The inability to communicate in no way negates the possibility that an individual is experiencing pain and is in need of appropriate pain relieving treatment«) sind Schmerzen an die Möglichkeit des emotionalen Erlebens geknüpft. Kindern mit apallischem Syndrom wird Bewusstsein ja gerade abgesprochen («vegetative state is a state with no evidence of awareness of self or environment and showing cycles of sleep and wakefulness (...)« [7]. Somit würde die Grundlage nicht der Nozizeption, wohl aber von Schmerzen fehlen. Dennoch meinen 1/3 der für erwachsene Patienten mit apallischem Syndrom verantwortlichen Neurologen, dass ihre Patienten Schmerzen empfinden [23]. Diese Meinung wird auch von 20 % ihrer pädiatrischen Kollegen und den Autoren dieses Kapitels geteilt [2]. Bei einem kindlichen Verhaltensmuster, welches auf Schmerzen hinweist, oder beim Vorliegen anerkannter Schmerzursachen (z. B. Operationen) ist auch bei Kindern mit einem apallischem Syndrom eine Schmerztherapie aus 2 Gründen dringend zu empfehlen: einerseits wird sich die Frage der bewussten Schmerzwahrnehmung im Einzelfall aus methodischen Gründen nie lösen lassen, und andererseits sind starke nozizeptive Reize auch ohne bewusste Schmerzwahrnehmung schädlich, da sie zu Immunsuppression und einer katabolen Stoffwechsellage führen können.

18.3

Schmerzmessung

Es existieren keine allgemein anerkannten Schmerzmessskalen für Kinder mit Mehrfachbehinderung. Bei ihnen sollte auf individuelle Schmerzindikatoren zurückgegriffen werden, die meist sehr genau von Eltern und Betreuern zu erheben sind. Bei Kindern mit leichterer psychomentaler Retardierung

311 18.3 · Schmerzmessung

18

. Tabelle 18.1. Häufige Ursachen von Schmerzen bei Kindern mit Mehrfachbehinderung (sortiert nach Häufigkeit) Schmerzart

Ursache

Klinische Hinweise, Diagnostik

5 Abdominelle Schmerzen

5 Gastroösophagealer Reflux

5 5 5 5 5 5 5 5

5 Obstipation

5 Schmerzen der ableitenden Harnwegen

5 Zystitis bei Reflux und wiederholter Katheterisierung 5 Nephrolithiasis bei Fehlernährung

5 Schmerzen durch medizinische Eingriffe

5 Anlegen von Verweilkanülen 5 Postoperative Schmerzen

5 Muskel- und Gelenkschmerzen

5 Muskelschmerz durch Spastik 5 Gelenkschmerzen durch Kontrakturen 5 Rückenschmerz bei Skoliose und Blockaden 5 Hüftgelenkluxation

5 Pathologische Frakturen bei Osteoporose und schwierigem Handling 5 Zahnschmerzen

5 Komplizierte Pflege 5 Keine regelmäßige Prophylaxe 5 Kommunikationsprobleme bei beginnenden Zahnschmerzen

können u. U. auch Selbstmitteilungsskalen genutzt werden. 18.3.1

Selbsteinschätzung

Ratingskalen Ab welchem Alter in Abhängigkeit des vorliegenden Entwicklungsstandes bei geistig retardierten Kindern eine numerische Ratingskala valide einsetzbar ist, haben Fanurik et al. untersucht [9]. Eltern wurden gebeten, den mentalen Entwicklungsstand ihrer Kinder einzuschätzen. Dieser wurde dann zu dem

Dystone Bewegungen Nächtliches Erwachen Nüchternschmerz Anämie Gewichtsverlust Harter Stuhl Rektale Untersuchung Röntgen

5 Pathologischer Urinbefund 5 Schmerzen in Attacken 5 Pathologischer Urinbefund 5 Ultraschall und Röntgen

5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5

Lageabhängigkeit Orthopädische Untersuchung Lageabhängigkeit Orthopädische Untersuchung Druckstellen Orthopädische Untersuchung Röntgen Schmerzen bei Bewegung Nächtliche Schmerzen, die durch Umlagern besser werden Röntgen Fehlhaltung Schwellung

5 Kariöses Gebiß

chronologischen Alter in Beziehung gesetzt, um ein mentales Alter in Prozent des chronologischen Alters zu erhalten. Anschließend wurden die Kinder aufgefordert, Holzblöcke verschiedener Größe, Nummer und Gesichter mit lachendem/weinendem Gesichtsausdruck zu sortieren. Die bestandenen Testlevel in Abhängigkeit vom Grad der Retardierung zeigt . Tabelle 18.2. Die Möglichkeit zur Selbsteinschätzung wurde in über 50 % der Fälle von den behandelnden Ärzten und Schwestern überschätzt. In . Abb. 18.1 ist die Schmerzselbsteinschätzung eines 13-jähriger Patienten mit Trisomie 21 und mäßiggradiger Entwicklungsretardierung gra-

312

Kapitel 18 · Schmerz und Schmerztherapie bei behinderten Kindern

phisch aufgezeigt. Bei starken chemotherapieassoziierten Schmerzen unter Opioidtherapie wählte er fast ausschließlich die Extremata einer Smiley-Skala (1 oder 6). Die Diskrepanz zwischen Verhalten und Selbsteinschätzung war auch für die betreuenden Kinderkrankenschwestern offensichtlich (7 handschriftliche Kommentare). 18.3.2

Verfahren der Fremdbeobachtung

nisse erfolgte nicht. McGrath et al. interviewten Eltern von 20 mehrfach behinderten Patienten im Alter von 6–29 Jahren. Sie fragten nach individuellen Schmerzindikatoren und stellten eine Liste mit 31 Parametern aus 7 Kategorien zusammen ([20, 21]; . Tabelle 18.2). Diese Schmerzindikatoren besitzen natürlich aufgrund der verwendeten Informationsquelle eine hohe Inhaltsvalidität und können individuell für jedes betroffene Kind zusammengestellt werden (. Abb. 18.3).

Schmerztherapie

Tagebücher

18.4

Tägliche Schmerz- und Befindlichkeitsaufzeichnungen können genutzt werden, um Schmerzspitzen mit Tageszeiten oder speziellen Aktivitäten (z. B. Essensaufnahme) zu korrelieren und so die Ursachen von Schmerzen zu ermitteln oder die Schmerztherapie zu steuern.

Die Schmerztherapie unterscheidet sich postoperativ, bei Tumorschmerzen, schmerzhaften Eingriffen etc. im Wesentlichen nicht von der nicht-behinderter Kinder, so dass hier nur auf Besonderheiten eingegangen wird.

Skalen

18.4.1

Es existieren keine validierten Skalen, die für jedes Kind mit Mehrfachbehinderung genutzt werden könnten. Individuell zu validierende Skalen können jedoch erstellt werden. Giusiano et al. [11] untersuchten 100 mehrfach behinderte Patienten ohne aktive Sprache im Alter von 8–33 Jahren. Mit Hilfe der Betreuer stellten sie 22 schmerztypische Verhaltensmuster zusammen. Durch multivariate Analysen wurde die Gesamtheit der Schmerzindikatoren auf eine Gruppe von 5 Hauptindikatoren für Patienten mit leichter, mittelschwerer bzw. schwerer Behinderung reduziert. Eine Validierung der Ergeb-

Kinder mit Mehrfachbehinderungen profitieren von ergänzenden nicht-medikamentösen Verfahren zur Schmerzlinderung wie dem Angebot akustischer, optischer und sensorischer Reize. Die Stärke sensorische Reize muss dem »Aufnahmelevel« des Kindes angepasst werden. Sind einige Kinder sehr reizoffen, so benötigen andere extrem starke Reize, bis sie eine beobachtbare Reaktion zeigen. Letztere lassen häufig auch Injektionen über sich ergehen, ohne eine sichtbare Reaktion zu zeigen.

Nicht-medikamentöse Verfahren

. Tabelle 18.2. Untersuchungen zum Verständnis einer numerischen Ratingskala bei 47 entwicklungsretardierten Kinder mit einem chronologischen Alter von über 8 Jahren. (Mod. nach [9])

18

Grad der Retardierung

MA 100/CA (%)

n

Erfolgreich bestandenes Testlevel NRS Nummern Blocks

Mild bis grenzwertig

55–85

26

10

6

8

Moderat

40–54

14

0

0

8

Schwer bis sehr schwer

8 Jahren verstanden die numerische Ratingskala, und alle nicht-retardierten Kinder >6 Jahre konnten Blocks ordnen

313 18.4 · Schmerztherapie

18

. Abb. 18.1. Schmerztherapiedokumentation eines Patienten mit Trisomie 21. Einzelheiten s. Text. (Copyright B. Zernikow, Vestische Kinder- und Jugendklinik, Datteln 2002)

18.4.2

Medikamentöse Verfahren

Bei großen orthopädischen Eingriffen hat sich die kontinuierliche peri-/epidurale Analgesie bewährt [22], die in 7 Kap. 10 und 12 näher beschrieben wird. Wird nach Wirbelsäulenoperationen ausschließlich eine intravenöse Analgesie mit starken Opioiden durchgeführt, ist die Schmerztherapie bei mental retardierten Kindern signifikant schlechter als bei solchen ohne mentale Retardierung [19]: bei mental retardierten Kindern wurden Schmerzen signifikant seltener gemessen bzw. dokumentiert, ihnen wurde seltener eine schwesternkontrollierte Analgesie verschrieben (die dann auch noch früher beendet wurde), und sie erhielten eine geringere Morphintagesdosis. Darüber hinaus wurde schwer retardierten Kindern weniger Morphin verabreicht als leicht retardierten [19].

Intrathekale Baclofentherapie (ITB) Die intrathekale Baclofentherapie [17] gewinnt an Bedeutung, wenn eine extrem starke Spastik zu Schmerzzuständen führt und alternative Therapiemodalitäten keinen ausreichenden Erfolg gezeigt haben.

Baclofen Baclofen ist ein Agonist des inhibitorischen Neurotransmitters GABA. Die antispastische Wirkung

von Baclofen beruht vermutlich auf einer Stimulation von GABA-B-Rezeptoren im Rückenmark. Der antidystone Effekt wird am ehesten zentral über GABA-A-Rezeptoren vermittelt. Ein Opioidrezeptor-unabhängiger analgetischer Effekt wird diskutiert. Baclofen ist schlecht liquorgängig. Bei oraler Gabe treten gewöhnlich dosislimitierende Nebenwirkungen vor Erreichen einer ausreichenden Wirkung auf. Daher wird Baclofen direkt intrathekal appliziert. Die Eliminationshalbwertzeit beträgt nach oraler Gabe 2–9 h, nach intrathekaler Applikation 3–5 h. Intrathekal werden Dosen zwischen 35 und 2000 µg/Tag eingesetzt.

Indikationen Über die erfolgreiche Behandlung einer Spastik mit intrathekalem Baclofen mittels eines implantierbaren Pumpensystems wurde 1984 zuerst berichtet [24]. In der Literatur mangelt es an kontrollierten Studien im Kindesalter. Schmerztherapeutisch relevante Indikationen für eine ITB im Kindesalter sind neben Schmerzen durch Muskeltonuserhöhung oder Immobilität auch die Schmerzprävention durch eine Verbesserung des Handlings bei Extremformen von Spastik, Dystonie oder Rigor. Therapieziele sind die vegetative Stabilisierung, Reduktion von Muskeltonus und einschießenden Spasmen/einschießender Dystonie so-

314

Kapitel 18 · Schmerz und Schmerztherapie bei behinderten Kindern

. Tabelle 18.3. Schmerzindikatoren nach McGrath [21] in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit Gliederungspunkte

Schmerzindikator

Lautäußerungen

5 Lautes Schreien 5 Seufzen, Stöhnen, Jammern, Wimmern – eher leise

Essen/Schlafen

5 Isst weniger, ist am Essen nicht interessiert

Körper und Extremitäten

5 Berührungsempfindlich 5 Steif, spastisch, verkrampft 5 Macht spezielle Körperbewegungen, um auf Schmerzen aufmerksam zu machen (Schaukeln, Kopf nach hinten Werfen)

Aktivitätslevel

5 Keine oder wenig Spontanbewegung, ruhig, wenig Aktivität

Mimik

5 Veränderungen an den Augen: Augen fest geschlossen, Augen weit geöffnet, finsterer Blick

Sozialverhalten

5 Nicht kooperativ, griesgrämig, schlecht gelaunt, gereizt

. Abb. 18.3. Individualisiertes Schmerzmessinstrument. HF Herzfrequenz/min; AF Atemfrequenz/min; Temp Körpertemperatur in °C. (Copyright B. Zernikow, Vestische Kinder- und Jugendklinik, Datteln 2002)

wie eine direkte und indirekte Schmerzreduktion.

18

Praktisches Vorgehen Nach einer erfolgreichen Testphase, in der Baclofen durch Lumbalpunktionen oder einen Spinalkatheter intrathekal appliziert wird, kommen für die Langzeittherapie verschiedene Pumpensysteme zum Einsatz, die unter die Bauchhaut implantiert werden (Einzelheiten s. [17]). Eine Dosisanpassung geschieht bei elektronischen Pumpen durch externe

Programmierung, Gasdruckpumpen müssen hierfür neu befüllt werden. Eine reguläre Neufüllung der Pumpe außerhalb von Dosisanpassungen ist je nach Dosis und Pumpentyp alle 3–6 Wochen notwendig. Bei den neueren, elektronisch gesteuerten Pumpensystemen ist ein Batteriewechsel alle 7–8 Jahre notwendig.

Erfolgskontrollen Bisher existieren keine standardisierten Skalen zur Schmerzquantifizierung während einer intratheka-

315 18.4 · Schmerztherapie

len Baclofentherapie. Erfolgsparameter sind Reduktion von Unruhezuständen und Schreiphasen sowie eine Dosisreduktion von Sedativa und Analgetika oder ein ruhigerer Nachtschlaf. Werden diese Kriterien zugrunde gelegt, zeigt die intrathekale Baclofentherapie bei strenger Indikationsstellung nur in 5 % der Fälle keinen Erfolg [17].

Nebenwirkungen Bei bis zu 10 % der Kinder treten gehäuft zerebrale Anfälle, Bradykardien und eine Somnolenz auf. In 1 h Dauer ist nur gelegentlich erforderlich. Bei dieser Anamnese werden einerseits die genauen Schmerzsymptome erfragt, andererseits aber auch Allgemeinsymptome wie psychische Auffälligkeiten, Essgewohnheiten, Probleme in der Schwangerschaft, Familienanamnese, Impfungen etc. Oft reichen in der Homöopathie bei Kindern die bewährten Mittel aus, wobei hier v. a. auffällige Symptome (Schmerzort, Zeit, Qualität) gewertet und die Allgemeinsymptome nur kurz abgefragt werden. Dieses Vorgehen entspricht nicht der sog. »klassischen« Homöopathie.

20

339 20.2 · Schmerz- und symptomorientierte Homöopathie

In der Hömöopathie sind zudem spezielle »Modalitäten« für die Mittelfindung hilfreich, z. B. Schmerzen als Folge von »Durchnässung«, »Folge von Wind« oder »Säfteverlust« etc. Die homöopathische Sprache klingt antiquiert, da die ursprünglichen Bezeichnungen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts erhalten blieben. »Folge von Durchnässung« bedeutet, dass Krankheiten auftreten, nachdem das Kind nass geworden ist, sei es beim Baden, oder im Regen oder durch den eigenen Urin. »Folge von Wind« bezeichnet beispielsweise akute Erkältungskrankheiten, die nach Aufenthalt in Zugluft auftreten.«Folge von Säfteverlust« bedeutet Krankheitsentstehung nach Blutungen, übermäßigem Schwitzen oder auch übermäßigem Urinabgang. In der klassischen Homöopathie wurden Symptomverzeichnisse erstellt, sog. Repertorien, z. B. von Kent (amerikanischer homöopathischer Arzt um die Wende zum 20. Jahrhundert). Bei der Repertorisation werden in der Anamnese gewonnene Modalitäten und Symptome genutzt, um mit Hilfe des Repertoriums eine konkrete Arznei zu eruieren, bei deren Ursubstanz-Einnahme (s. oben) möglichst genau der Symptomenkomplex auftritt, den der Patient geäußert hat. Dosierungsempfehlungen können je nach Krankheitsbild geändert werden und sind nur Anhaltspunkte (. Tabellen 20.2.1–20.2.6).

bare Wechselwirkungen resultieren können. Die Einnahme von homöopathischen Mitteln vor den Mahlzeiten ist empfehlenswert. Als Darreichungsform bei Kindern kommen ausschließlich Globuli und Tabletten in Frage, alkoholische Tropfen wegen des hohen Alkoholgehaltes (70 %) nur ausnahmsweise. Zäpfchen mit Einzelmittel sind nicht verfügbar. Die Dosierung ist einfacher als in der Schulmedizin, da im Regelfall keine pharmakologischen Wirkungen zu erwarten sind, vielmehr werden aus homöopathischer Sicht »Informationen« weitergegeben. Daher ist das Gewicht des Kindes nicht entscheidend. Die Höhe der Potenz wird sehr unterschiedlich gehandhabt und hängt von der Erfahrung des Behandlers ab. Es ist äußerst wichtig, dass Schmerzen bei Kindern schnell beseitigt werden. Oberstes Therapieprinzip bei Hahnemann war »cito et iucunde«, schnell und angenehm. Dies gilt heute allgemein in der Medizin. Sollte je nach Krankheitsfall eine rasche Beseitigung von Schmerzen nicht möglich sein, muss ein anderes Verfahren als die Homöopathie zur Anwendung kommen. Im Folgenden werden homöopathische Arzneimittel indikationsbezogen tabellarisch aufgeführt. 20.2.6

20.2.5

Verabreichung von Homöopathika

Es sollte immer nur ein Mittel gegeben werden, nicht mehrere gleichzeitig, da sonst undefinier-

Kopfschmerzen

Im Repertorium nach Kent werden über 500 Mittel für Kopfschmerzen aufgelistet. . Tabelle 20.2.1 gibt einen Überblick über die häufigsten Mittel.

. Tabelle 20.2.1. Homöopathische Mittel, die bei Kopfschmerzen im Kindesalter zum Einsatz kommen Besonderheiten der Anamnese

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkungen

5 Stirnbereich 5 Zu- und Abnahme im Tagesverlauf 5 Maximalbeschwerden mittags 5 Beschwerden am Meer besser

Natrium muriaticum (Kochsalz)

LM VI, 3 Globuli vor dem Frühstück

5 Kinder sind eher introvertiert und haben oft psychische Probleme 5 Natrium muriaticum D200 ist 1. Mittel bei Sinusitis frontalis

5 Schmerzen im Oberkieferbereich, z. B. bei unkomplizierter Sinusitis maxillaris

Cinnabaris (Zinnober)

D4; 3-mal täglich 1 Tbl.

5 engmaschige klinische Kontrolle

6

340

Kapitel 20 · Ergänzende, naturheilkundlich orientierte Methoden

. Tabelle 20.2.1. (Fortsetzung)

20

Besonderheiten der Anamnese

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

5 Kopfschmerzen werden isoliert an einem Punkt angegeben, insbesondere im Bereich der linken Stirnhöhle

Spigelia (Wurmkraut)

D6, 3-mal täglich 5 Globuli

5 5 5 5 5

Belladonna (Tollkirsche)

D30; 3 Gaben von 5 Globuli im Abstand von 12 h

Cave: Schocksymptomatik? Septisches Kind?

5 beim Hochsehen und Zurückbiegen des Kopfes schlimmer 5 besser durch Halten des Kopfes mit beiden Händen

Glonoinum (Nitroglyzerin)

D6, 3-mal 5 Globuli

Cave: orbitale Raumforderung?

5 linksseitige Schmerzen 5 insbesondere schon morgens beim Aufwachen 5 Patient »schläft sich in die Verschlimmerung hinein« 5 überwärmt 5 Verschlechterung durch Sonne, warmes Wetter und Föhn

Lachesis (Buschmeisterschlange)

D12; 3-mal täglich 5 Globuli

Cave: morgendliche Kopfschmerzen besonders in Verbindung mit Erbrechen können auf erhöhten Hirndruck hinweisen. 5 Typisch für den LachesisPatienten ist die Logorrhö

5 rechte Kopfseite 5 geringe Schmerztoleranz und eine ungesunde Lebensweise mit massenhaftem Süßigkeitenkonsum 5 Begleitsymptom: Bauchschmerzen und Blähungen

Lycopodium (Bärlapp)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

Typisch für den LycopodiumPatienten ist die fordernde Haltung gegenüber dem Arzt, die Schmerzen sollen schnell weg sein

5 Folge von Trauma

Arnica (Bergwohlverleih)

D2; alle 30 min 5 Globuli möglichst sofort nach dem Trauma beginnen

5 Arnica ist das Hauptmittel für die Folge von Verletzungen (z. B. Commotio cerebri) 5 Cave: Contusio cerebri und intrazerebrale Blutung nicht übersehen!

plötzliche Schmerzen hochroter Kopf Extremitäten kalt beim Bücken besser häufig besteht Fieber

Bemerkungen

20

341 20.2 · Schmerz- und symptomorientierte Homöopathie

20.2.7

Ohrenschmerzen

Ohrenschmerzen sind ein häufiges Begleitsymptom akuter Infektionen. Häufig eingesetzte homöopathische Mittel finden sich in . Tabelle 20.2.2.

. Tabelle 20.2.2. Homöopathische Mittel, die bei Ohrenschmerzen im Kindesalter zum Einsatz kommen Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Hömöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkung

5 Plötzlicher nächtlicher Krankheitsbeginn, häufig als Folge von »Windeinwirkung« ein paar Stunden zuvor, 5 infektbedingte Ohrschmerzen, z. B. Mittelohrentzündungen oder Gehörgangsentzündungen

Aconitum napellus (Eisenhut)

D30; 3 Gaben à 5 Globuli im Abstand von 2 h

Aconitum ist immer ein Mittel, das ausschließlich bei Beginn einer Erkrankung gegeben wird, danach folgen andere Mittel

5 Wellenartige Schmerzen 5 Fieber, 5 »weinerliche« Kinder

Pulsatilla (Küchenschelle)

D2; alle 2 h 5 Globuli

Hauptmittel bei Mittelohrentzündungen von Kindern. Es folgt meistens auf Aconit

5 Erfolglose Pulsatillagabe, 5 starke Schmerzen

Capsicum (spanischer Pfeffer)

D6; alle 2 h 5 Globuli lutschen

Cave: bei starken Schmerzen Krankheitskomplikationen ausschließen und Analgetikagabe (allopathisch) erwägen

5 Leichte Schmerzen, 5 geringes Fieber ohne Störung des Allgemeinzustands

Ferrum phosphoricum (Eisenphosphat)

D6; 3-mal täglich 1 Tbl.

5 Kind wünscht Kälteanwendung

Apis mellifica (Honigbiene)

D6; 3-mal 5 Globuli oder je nach Akutizität alle 2 h 5 Globuli

5 Kind ist zuvor nass geworden und hat dabei gefroren

Dulcamara (Bittersüß)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Gehörgangsentzündungen, 5 Kind war zuvor nicht schwimmen

Graphites (Kohlenstoff )

D6; 3-mal täglich 1 Tbl.

5 Hohes Fieber, 5 beginnt auf dem linken Ohr und wechselt auf das rechte Ohr

Lachesis (Buschmeisterschlange)

D12; alle 2 h 5 Globuli oder 3-mal täglich 5 Globuli

5 Beginnt auf dem rechten Ohr und wechselt auf das linke Ohr

Lycopodium (Bärlapp)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli oder alle 2 h 5 Globuli

Bei Kindern eher selten ein gesetztes Mittel

6

342

Kapitel 20 · Ergänzende, naturheilkundlich orientierte Methoden

. Tabelle 20.2.2. (Fortsetzung) Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

5 Zieht innerhalb weniger Tage vom linken aufs rechte Ohr und wieder zurück zum linken 5 Schmerzen niemals auf beiden Ohren gleichzeitig, 5 kein dauernder Seitenwechsel der Symptomatik

Lac caninum (Hundemilch)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Otalgien ohne eruierbare Ursache

Verbascum thapsiforme (Königskerze)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Zoster oticus, auch bei postneuralgieformer Symptomatik

Daphne mezereum (Seidelbast)

D12; 3-mal täglich 5 Globuli

20.2.8

Bemerkung

5 Cave: Herpes zoster ist bei Kindern ungewöhnlich. Immundefekt (z. B. im Rahmen eines Malignoms) ausschließen und antivirale Behandlung erwägen

Schmerzen im Halsund Mundbereich

Virale Infektionen der oberen Atemwege sind im Kindesalter häufig und selbstlimitierend. Homöopathika werden unterstützend eingesetzt (. Tabelle 20.2.3.). . Tabelle 20.2.3. Homöopathika bei Schmerzen im Hals und Mundbereich

20

Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkung

5 5 5 5

Beginnende Angina hochroter Hals plötzlicher Krankheitsbeginn Fieber mit kalten Extremitäten

Belladonna (Tollkirsche)

D30; 3-mal 5 Globuli im Abstand von 12 h

5 Cave: Sepsis ausschließen! Bei Streptokokkeninfektion verhindert eine suffiziente antibiotische Behandlung Folgeschäden an Herz, Nieren und Gehirn; 5 nicht länger als 36 h anwenden, bei persitierender Symptomatik: Folgemittel

5 5 5 5 5 5

Wenige, fraglich eitrige Beläge Fieber allgemeine Mattigkeit Kälteempfindlichkeit starkes Krankheitsgefühl meistens stark belegte Zunge

Mercurius solubilis (Quecksilber)

D12; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Cave: engmaschige klinische Kontrollen, ggf. antibiotische Therapie

6

343 20.2 · Schmerz- und symptomorientierte Homöopathie

20

. Tabelle 20.2.3. Homöopathika bei Schmerzen im Hals und Mundbereich Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkung

5 Halsschleimhaut auffallend blass ödematös geschwollen 5 Kind verlangt Kaltes zu trinken

Apis mellifica (Honigbiene)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Angina einseitig links oder von links nach rechts ziehend 5 hohes Fieber 5 schlechter morgens

Lachesis (Buschmeisterschlange)

D12; alle 2 h 5 Globuli

Auch als Begleitmedikation bei Antibiotikatherapie

5 Angina einseitig rechts oder von rechts nach links ziehend

Lycopodium (Bärlapp)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

Auch als Begleitmedikation bei Antibiotikatherapie

5 Schleimhaut auffallend, dunkelrot gefärbt

Phytolacca (Kermesbeere)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Keine Ursache eruierbar normaler Untersuchungsbefund

Wyethia

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Herpangina

Kalium bichromicum (Kaliumdichromat)

D4; 3-mal

täglich 1 Tbl.

5 Angina mit weißlichen Belägen 5 Mundgeruch

Hepar sulfuris (Schwefelleber)

D6; 3-mal täglich 1 Tbl.

Auch als Begleitmedikation bei Antibiotikatherapie

5 Pfeiffer-Drüsenfieber

Kalium jodatum (Kaliumjodid)

D3; 3-mal täglich 5 Globuli

Tropfen wirken bei der Mononukleose schneller als Globuli oder Tabletten

5 Stomatitis aphthosa

Borax

D4; 3-mal täglich 5 Globuli lutschen

5 Angenommene Zahnungsschmerzen der Säuglinge und Kleinkinder 5 Kinder möchten herumgetragen werden, legt man sie hin, schreien sie 5 oft eine Wange rot und die andere blass

Chamomilla (Kamille)

D6; 3-mal tägli ch 5 Globuli tgl. die andere Wange

5 Folge von Verletzungen (zahnärztliche Manipulationen etc.)

Arnica (Bergwohlverleih)

D2; alle 30 min 5 Globuli lutschen

Wirkung setzt meist rasch ein

344

Kapitel 20 · Ergänzende, naturheilkundlich orientierte Methoden

20.2.9

Bauch- und Magenschmerzen

Abdominelle Schmerzen (. Tabelle 20.2.4) sind bei Kindern häufig. Sie können Symptom einer Vielzahl

von kausal zu therapierenden Erkrankungen sein (7 Kap. 3) oder als eigenes Krankheitsbild bestehen (7 Kap. 15).

. Tabelle 20.2.4. Homöopathika und abdominelle Schmerzen

20

Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkung

5 Abdominelle Schmerzen, die sich insbesondere bei Aufregung und vor Prüfungen verschlimmern oder regelmäßig vor dem Schulbesuch auftreten 5 Kind isst hastig 5 ggf. Platz- oder Höhenangst

Argentum nitricum (Silbernitrat)

D12, 2-mal täglich 5 Globuli

Therapie sollte durch psycho-soziale Unterstützungsmaßnahmen begleitet werden

5 Nahezu beschwerdefrei am Tage, nachts in Ruhe sind die Schmerzen am stärksten

Rhus toxicodendron (Giftsumach)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

Diffenrenzialdiagnosen s. Kap. 3

5 Akute, periodisch auftretende Schmerzanfälle 5 Kind nimmt Schonhaltung ein

Colocynthis (Koloquinte)

D200; 5 Globuli einmalig

Wenn keine Besserung innerhalb weniger Minuten auftritt, muss eine andere Behandlung eingeleitet werden (Differenzialdiagnosen s. Kap. 3)

5 Abdominelle Schmerzen nach ungesundem, fett- und zuckerreichem Essen 5 starke Blähungen 5 »Lycopodium-Konstitution«: altklug, dicker Bauch, rechthaberisch

Lycopodium (Bärlapp)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

Lycopodium ist auch häufig indiziert bei Blähungen und Bauchschmerzen von Säuglingen (s. hierzu auch Kap. 8)

5 Abdominelle Schmerzen nach ungesundem Essen 5 Blässe und Lärmüberempfindlichkeit

Nux vomica (Brechnuss)

D12; 2-mal täglich 5 Globuli

5 Abdominelle Schmerzen mit Punctum maximum nachts um 2 Uhr 5 blasses Hautkolorit 5 Kind friert stark 5 übersteigertes Ordnungsbewusstsein: oft räumen die Kinder ihr Zimmer freiwillig auf

Arsenicum album (Arsen)

D12; 2-mal täglich 5 Globuli

5 Folge von »Ärger« oder Genuss »übermäßig kalter Getränke« 5 Besserung durch Genuss warmer Getränke, Verschlechterung durch Genuss kalter Getränke 5 begleitend Gliederschmerzen

Bryonia (Zaunrübe)

D3; jede Stunde 5 Globuli, etwa 1–2 Tage

6

20

345 20.2 · Schmerz- und symptomorientierte Homöopathie

. Tabelle 20.2.4. (Fortsetzung) Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

5 Fettunverträglichkeit; Schmerzen nach Genuss von reichlich Fett in Gebäck, Pommes frites oder Speiseeis 5 geringes Durstgefühl, Übelkeit, evtl. Erbrechen

Pulsatilla (Küchenschelle)

D 6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Lebensmittelvergiftungen, bei denen nicht zwingend mit schulmedizinischen Maßnahmen eingegriffen werden muss

Okoubaka

D3; 3-mal täglich 5 Globuli

20.2.10

Nieren- und Blasenschmerzen

Schmerzen durch Nieren- und Blasenerkrankungen (. Tabelle 20.2.5) sind im Kindesalter selten. Bei der Behandlung sollte zunächst schulmedizinischen Verfahren der Vorrang gegeben werden. Bei rezi-

Bemerkung

Okoubaka ist in der Homöopathie das wichtigste »Entgiftungsmittel«. Einsatz auch bei Nahrungsmittelallergien, die zu abdominellen Schmerzen führen

divierenden Infekten des ableitenden Harntraktes muss eine Fehlbildung ausgeschlossen werden. Die folgenden Therapiehinweise beziehen sich entweder auf leichte Krankheitsfälle, die Prophylaxe häufiger Rezidive oder sind Vorschläge für eine Begleitmedikation (z. B. bei Pyelonephritis)

. Tabelle 20.2.5. Homöopathika bei Nieren- und Blasenerkrankungen Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

5 Plötzlicher, nächtlicher Krankheitsbeginn als Folge von vorheriger »Windeinwirkung« 5 Schmerzenbeschreibung: unerträglich, brennend 5 Schmerzlokalisation: Blasenhals und in der Urethra 5 ständiger Harndrang 5 Angst und Unruhe 5 Angst ist bei Beginn der Urinentleerung verstärkt

Aconitum napellus (Eisenhut)

D30; 3-mal 5 Globuli im Abstand von 2 h

5 Brennende Schmerzen im Blasenhals, schmerzhafte Blasenentzündung 5 Blasengegend ist sehr berührungsempfindlich und schmerzhaft bei Erschütterung des Körpers 5 nach »Abkühlung« (durch Wechsel von warm zu kalt) 5 roter Kopf und weite Pupillen, reichlicher Schweiß am Körper, kalte Extremitäten, evtl. Harnverhalt

Belladonna (Tollkirsche)

D30; 3-mal 5 Globuli im Abstand von 12 h

Bemerkung

5 Klinische Präsentation erinnert an eine Sepsis, die mit geeigneten Methoden auszuschließen ist 5 Belladonna folgt oft auf Aconitum

6

346

Kapitel 20 · Ergänzende, naturheilkundlich orientierte Methoden

. Tabelle 20.2.5. (Fortsetzung) Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkung

5 Starkes Brennen im Bereich der Harnröhre und ständiger Harndrang 5 Urin entleert sich nur tröpfchenweise 5 Urin enthält Schleim, Eiweiß und Blut

Cantharis (spanische Fliege)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

Cantharis ist in der Homöopathie das Hauptmittel bei Blasenentzündungen

5 Nieren- und Blasenschmerzen mit Ausstrahlung in Hoden und Oberschenkel 5 schneidender Schmerz in der Harnröhre 5 oft bestehen Steinbildungen in Niere und Blase 5 wechselnde Urinfarbe: mal blasser, mal gelber, gelegentlich rötlich

Berberis vulgaris (Berberitze)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

20.2.11

Schmerzen infolge Verletzungen

Bewährte Homöopathika sind in . Tabelle 20.2.6 aufgeführt.

. Tabelle 20.2.6. Homöopathika, die bei Verletzungen eingesetzt werden

20

Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

Bemerkung

5 Nach operativen Eingriffen oder Bagatelltraumata, 5 auch prophylaktisch

Arnika (Bergwohlverleih)

5 Bis 2 Tage nach dem Trauma: D2; alle 30 min 5 Globuli 5 3. oder/und 4. Tag nach Trauma: D4; alle 2 h 5 Globuli 5 anschließend: D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Arnika ist das häufigste Mittel bei der Behandlung von Verletzungen, äußerliche Arnikaanwendung ist möglich: Arnikaessenz oder Arnikasalben.

5 Schnittverletzungen 5 auch begleitend zu operativen Eingriffen, insbesondere nach Laparotomie

Staphisagria (Stephanskraut)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

6

347 20.2 · Schmerz- und symptomorientierte Homöopathie

. Tabelle 20.2.6. (Fortsetzung) Besonderheiten der Anamnese oder körperlichen Untersuchung

Homöopathisches Arzneimittel

Potenz und Dosierung

5 Schnittverletzungen 5 auch begleitend zu operativen Eingriffen, insbesondere nach Laparotomie

Staphisagria (Stephanskraut)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Verletzungen von Nerven 5 heftige, stechende, reißende Schmerzen an der verletzten Stelle mit Ausstrahlungen in das Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs 5 auch bei Phantomschmerzen und Wurzelreizsyndromen

Hypericum (Johanniskraut)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Monokel- oder Brillenhämatom

Symphytum (Beinwell)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Quetschungen und Weichteilverletzungen

Bellis perennis (Gänseblümchen)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Stichverletzungen, insbesondere Messerstiche

Ledum (Sumpfporst)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Narbenschmerzen 5 Schlechte Heilungstendenz

Conium (Gefleckter Schierling)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Spät nach Traumata, noch später als Conium 5 Narben sind insgesamt schlecht verheilt, es bestehen ständige Schmerzen und Reize im Narbenbereich, z. T. auch lang anhaltende Rötungen

Calcium fluoratum (Kalziumfluorid)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

5 Nach Verbrennungen 5 stechende Schmerzen

Cantharis (spanische Fliege)

D6; 3-mal täglich 5 Globuli

Bemerkung

Schädelbasisverletzungen und Neuroblastome ausschließen!

Typischerweise geht es den Calcium-fluoratumPatienten erst nach übermäßiger Anstrengung gut

20

348

Kapitel 20 · Ergänzende, naturheilkundlich orientierte Methoden

Literatur zu Unterkapitel 20.2 1. Charette G (1997) Homöopathische Arzneimittellehre für die Praxis. Hippokrates, Stuttgart 2. Eisele et al. (2004) Homöopathie für die Kitteltasche. 2. Aufl. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 3. Friese K-H, Kruse S, Moeller H (1996) Otitis media bei Kindern. Vergleich zwischen homöopathischer und konventioneller Therapie. HNO 44: 462–466 4. Friese K-H (2005) Homöopathie in der HNO-Heilkunde. Hippokrates, Stuttgart 5. Kent’s Repertorium der homöopathischen Arzneimittel (1997). Bd I–III. 13. Aufl. Haug, Heidelberg 6. Köhler G (2004) Lehrbuch der Homöopathie. Bd II, 6. Aufl. Hippokrates, Stuttgart 7. Kleijnen J, Knipschild P, Riet G (1991) Clinical trials of homoeopathy. MBJ 302: 316–323 8. Linde K, Clausius N, Ramirez G, Melchart D, Eitel F, Hedges LV (1997) Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? A meta-analysis of placebo-controlled trials. Lancet 350: 834–843 9. Mezger J (1999) Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre. Bd I, II, 11. Aufl. Haug, Heidelberg

20

Anhang A: Dattelner Schmerzfragebogen A.1

Fragebogen für Kinder – 350

A.2

Fragebogen für Jugendliche – 353

A.3

Fragebogen für Eltern – 360

Bemerkung • Copyright bei U. Damschen, B. Zernikow, VKK, Datteln • Bogen dürfen zum eigenen Gebrauch kopiert werden • Zeichnungen: Monika Eckey

350

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

A.1

Fragebogen für Kinder

Hallo Du! Wir möchten Dich ein paar Dinge zu Deinen Schmerzen fragen. Mit Deinen Antworten hilfst Du uns, Deine Schmerzen besser zu verstehen. Wenn Du eine Frage nicht verstehst, frag’ einen Erwachsenen – Deine Eltern, den Arzt oder eine Krankenschwester. Und los geht’s! Heutiges Datum: _____________________________________________________________________ Dein Name:

_____________________________________________________________________

Dein Alter:

_____________________________________________________________________

Mädchen

1. Bitte mach ein »X« an die Stellen, an denen Du Schmerzen hast und wo es Dir weh tut.

2. Bitte mach zusätzlich einen Kreis um die Stelle, die Dir am meisten weh tut! Jungen

1. Bitte mach ein »X« an die Stellen, an denen Du Schmerzen hast und wo es Dir weh tut.

351 A.1 · Fragebogen für Kinder

3. Wie stark, sind die Schmerzen, um die Du eben den Kreis gemacht hast, zur Zeit? g

bedeutet, dass Du zur Zeit keine Schmerzen hast,

g

bedeutet, dass Du zur Zeit die stärksten Schmerzen hast, die Du Dir überhaupt vorstellen kannst.

Bitte mach ein Kreuz durch das Gesicht, das passt! Keine Schmerzen

Stärkste vorstellbare Schmerzen

4. Wie stark waren Deine stärksten Schmerzen in der letzten Woche? Bitte mach ein Kreuz durch das Gesicht, das passt! Keine Schmerzen

Stärkste vorstellbare Schmerzen

5. Wie stark waren Deine schwächsten Schmerzen in der letzten Woche? Bitte mach ein Kreuz durch das Gesicht, das passt! Keine Schmerzen

5b.

Stärkste vorstellbare Schmerzen

Wie stark waren Deine Schmerzen, die Du in der letzten Woche die meiste Zeit über hattest? Bitte mach ein Kreuz durch das Gesicht, das am besten passt!

Keine Schmerzen

Stärkste vorstellbare Schmerzen

352

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

6. a) b) c) d) e) f)

Mein Schmerz ist ganz tief drin und drückt! (dumpf) Mein Schmerz sticht wie eine Nadel! (spitz/stechend) Mein Schmerz kommt ganz plötzlich! (einschießend) Mein Schmerz pocht wie mein Herz! (pulsierend) Mein Schmerz brennt wie Feuer oder Brennesseln! Bei Schmerzen zieht sich alles zusammen! (krampfartig)

Ja ❍ ❍ ❍ ❍ ❍ ❍

Nein ❍ ❍ ❍ ❍ ❍ ❍

7. Was glaubst Du, woher Deine Schmerzen kommen, oder was der Grund für Deine Schmerzen ist? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 8. Was tust Du, wenn Du Schmerzen hast? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 9. Was tun Deine Eltern, wenn Du Schmerzen hast? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 10. Kannst Du Deine Schmerzen beschreiben oder malen?

353 A.2 · Fragebogen für Jugendliche

A.2

Fragebogen für Jugendliche

Hallo! Dieser Fragebogen soll uns helfen, einen ausführlichen Überblick über Deine Schmerzen zu gewinnen. Alle Informationen, die wir aus diesem Fragebogen und durch Gespräche mit Dir erhalten, bleiben strikt vertraulich. Manche Fragen werden Dir »unwichtig« vorkommen und scheinen mit Deinen Schmerzen nichts zu tun zu haben. Schmerzen sind jedoch ein so umfassendes Problem, dass auch scheinbar unwichtige Kleinigkeiten für uns Bedeutung haben. Wenn Du bestimmte Fragen nicht beantworten möchtest, trag’ bitte in das entsprechende Feld »Möchte nicht antworten« ein. Alles klar? Sonst frag’ uns einfach! Heutiges Datum: _____________________________________________________________________ Dein Name:

_____________________________________________________________________

Dein Alter:

______________

Dein Geburtsdatum:

_______________________________

Auf welche Schule gehst Du? (zum Beispiel: Realschule)

_______________________________

Und in welche Klasse?

_______________________________

Schulklasse:

1. Welche schweren und/oder langdauernden Schmerzprobleme anderer Familienmitglieder oder Freunde kennst Du? Familienmitglied

Jahr der Erkrankung

Art der Erkrankung und Schmerzort

Ausgang der Erkrankung

zum Beispiel: Bruder

1997

Rheuma, Gelenke

besteht weiterhin

Deine Schmerzgeschichte 2. Wann hat Dein aktuelles Schmerzproblem begonnen? _______________________________________________________________________________ 3. Welche Beschwerden hattest Du zu Beginn der Schmerzen (zum Beispiel: Kopfschmerzen mit Erbrechen einmal pro Monat, meistens montags)? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

354

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

4. An welchen Körperstellen hattest Du bis jetzt Schmerzen (zum Beispiel »beide Kniegelenke, im Bauch und am rechten Fuß«)? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 5. Haben die Schmerzen in ihrer Stärke geschwankt (zum Beispiel: sind stärker geworden, sind schwächer geworden, sind gleich geblieben, ständig wechselnd, von April bis Juni 1998 ganz verschwunden usw.)? Wenn ja, versuche dies zu beschreiben _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 6. Hast Du etwas besonderes erlebt, als die Schmerzen begannen (zum Beispiel: mein bester Freund ist weggezogen; mein Hamster ist gestorben; ich habe die Schule gewechselt; ich habe die Vereinsmeisterschaft im Schwimmen gewonnen; …) _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

Deine Schmerzen – jetzt

7. Bitte mach’ ein »X« an die Stellen, an denen Du Schmerzen hast. Mädchen

8. Bitte mach zusätzlich einen Kreis um die Stelle, die Dir am meisten weh tut!

355 A.2 · Fragebogen für Jugendliche

Jungen

8. Bitte mach zusätzlich einen Kreis um die Stelle, die Dir am meisten weh tut!

9. Wie stark, sind die Schmerzen, um die Du eben den Kreis gemacht hast zur Zeit? g 0 bedeutet, dass Du zur Zeit keine Schmerzen hast, g 10 bedeutet, dass Du zur Zeit die stärksten Schmerzen hast, die Du Dir überhaupt vorstellen kannst. 0



1



2



3



4



5



6



7



8



9

Keine Schmerzen



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

10. Wie stark waren Deine stärksten Schmerzen, die Du in den letzten (7) Tagen hattest? Bitte mach ein Kreuz durch die Zahl, die stimmt! 0



1



2



3



4



5



6



7



8



9

Keine Schmerzen



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

11. Wie stark waren Deine schwächsten Schmerzen, die Du in den letzten (7) Tagen hattest? Bitte mach ein Kreuz durch die Zahl, die stimmt! 0



1



2



3



4



5



6



7



8



9

Keine Schmerzen



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

12. Wie stark sind die Schmerzen, die Du die meiste Zeit über hast? Bitte mach ein Kreuz durch die Zahl, die stimmt! 0



1

Keine Schmerzen



2



3



4



5



6



7



8



9



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

356

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

13. Was ist die schlimmste Zeit des Tages? _______________________________________________________________________________ 14. Was ist die beste Zeit des Tages? _______________________________________________________________________________ 15. An welchem Wochentag hast Du die meisten Schmerzen? _______________________________________________________________________________ 16. In welcher Jahreszeit oder welchem Monat hast Du die meisten Schmerzen? _______________________________________________________________________________ 17. Wie häufig hast Du Schmerzen? wenige Male pro Jahr ❍ wenige Male pro Monat ❍ mehrmals pro Woche ❍ einmal täglich ❍ mehrmals täglich ❍ dauernd ❍ 18. Wie lange dauern Deine Schmerzen (zum Beispiel: einige Minuten oder 2 Stunden)? _______________________________________________________________________________ 19. Wenn Du zur Zeit täglich Schmerzen hast, wieviel Stunden pro Tag sind das? _______________________________________________________________________________ 20. Wie sind Deine Schmerzen genau? (Bitte lies Dir alle drei Beschreibungen durch und kreuze danach das an, was für Deine Schmerzen stimmt!) 4 Meine Schmerzen treten nur manchmal auf, zwischendurch habe ich keine Schmerzen. ❍ 4 Ich habe dauernd gleichstarke Schmerzen. ❍ 4 Ich habe dauernd Schmerzen, aber manchmal sind die Schmerzen viel stärker. ❍ 21. Bitte umkringele die Worte in der Liste, die zu Deinen Schmerzen passen. Wenn was fehlt, schreib einfach ein neues Wort auf! Du kannst so viele Worte umkringeln oder aufschreiben, wie Du magst. beängstigend

kribbelnd

scharf

sprunghaft

eng

brennend

kühl

scheußlich

beißend

schreiend

heiß

ausbreitend

wund

einschießend

mörderisch

klopfend

drückend

hart

ängstlich

einsam

kneifend

unerträglich

pulsierend

grausam

schrecklich

357 A.2 · Fragebogen für Jugendliche

kratzend

dumpf

traurig

juckend

ziehend

schlecht

oberflächlich

unangenehm

kalt

schwer

schneidend

hämmernd

außerhalb des Körpers

quälend

tief

stechend

warm

prickelnd

ermüdend

glühend

entnervend

marternd

elend

dehnend

………

………

………

lähmend

reißend

………

………

………

………

………

………

22. Wenn Du Schmerzen hast, hast Du dann manchmal noch andere körperliche Probleme? Wenn ich Schmerzen habe, ist mir übel ❍ muss ich kotzen ❍ nervt mich helles Licht ❍ flimmert es mir vor den Augen ❍ stören mich laute Geräusche ❍ ist mir schwindelig ❍ wird die Haut ganz rot oder weiß ❍ wird die Stelle, wo’s weh tut, dick ❍ bin ich ganz müde oder fertig ❍ muss ich oft zur Toilette ❍ hab ich ein komisches Gefühl in den Händen ❍ fühl’ ich mich komisch ❍ ❍ oder was noch? a …………………………………… a …………………………………… ❍ 23. Bemerkst Du schon, bevor die Schmerzen da sind, dass Du bald welche bekommst? Wenn ja, woran merkst Du, dass die Schmerzen bald anfangen werden? (zum Beispiel: ich bin müde; mir gehen bestimmte Gedanken durch den Kopf; meine Laune ist schlecht; ich fühle mich schlapp; …) _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

358

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

24. Gibt es bestimmte Dinge oder Ereignisse, die Deine Schmerzen auslösen? (zum Beispiel: zu wenig geschlafen, Aufregung vor einer Klassenarbeit, Kälte, körperliche Anstrengung beim Sport, Wetterwechsel, Licht, Lärm, Computerspiele, Fernsehen, Hektik, Schulprobleme, Wochenende oder Ferienbeginn, …) _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 25. Erscheinen Dir Deine Schmerzen schlimmer, wenn Du

müde bist angespannt bist gelangweilt bist glücklich bist unglücklich bist

Ja

Nein

❍ ❍ ❍ ❍ ❍

❍ ❍ ❍ ❍ ❍

wütend bist beschäftigt bist einsam bist streitsam bist aufgeregt bist

Ja

Nein

❍ ❍ ❍ ❍ ❍

❍ ❍ ❍ ❍ ❍

26. Was glaubst Du, woher Deine Schmerzen kommen oder was der Grund für Deine Schmerzen ist? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 27. Was tust Du, wenn Du Schmerzen hast? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 28. Was tun Deine Eltern, wenn Du Schmerzen hast? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 29. Was würde sich ändern, wenn Du plötzlich keine Schmerzen mehr hättest? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

359 A.2 · Fragebogen für Jugendliche

30. Was lindert Deine Schmerzen und hilft dagegen? Was macht Deine Schmerzen schlimmer und verstärkt sie? Situation 4 Körperliche Bewegung (zum Beispiel: Rennen, Fahrrad fahren, ...) 4 Seelische Belastung (zum Beispiel: Klassenarbeit, Streit, …) 4 Ungünstige Körperhaltung (zum Beispiel: krummes Sitzen, langes Stehen, …) 4 Häufiges Aufstehen, Hinsetzen, Herumgehen 4 Sich ausruhen, liegen, ruhighalten 4 Meine Schmerzen können durch nichts verändert werden.

lindert

keine

verstärkt Änderung



















❍ ❍

❍ ❍

❍ ❍

stimmt ❍ stimmt nicht ❍

31. Gibt es noch irgend etwas anderes, wodurch Deine Schmerzen schlimmer werden?

Die Auswirkungen der Schmerzen auf Deinen Alltag 32. Stören Dich Deine Schmerzen bei folgenden Beschäftigungen? Umkreise bitte die Zahl, die Deiner Meinung nach am besten passt! Familienleben genießen Essen/meinen Appetit Freunde treffen Sport Schlafen Fernsehen Lesen Hausaufgaben Schulbesuch Ins Kino gehen Lieblingsbeschäftigung Ungeliebte Beschäftigungen …

Niemals 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Selten 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2

Manchmal 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3

Häufig 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4

Immer 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5

Fällt Dir noch etwas anderes ein, wo Dich Deine Schmerzen stören? Oder möchtest Du einen Punkt etwas ausführlicher beschreiben? Hier kannst Du es aufschreiben! 33. Haben Dich Deine Schmerzen während der letzten drei Monate von Dingen abgehalten, die Du tun wolltest (z.B. in den Urlaub fahren oder reiten)? Ja



Nein

Vielen Dank !



Falls ja, was war das?

360

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

A.3

Fragebogen für Eltern

Liebe Eltern, dieser Fragebogen soll uns helfen, einen ausführlichen Überblick über die Schmerzproblematik Ihres Kindes zu gewinnen. Alle Informationen, die wir aus diesem Fragebogen und durch Gespräche erhalten, bleiben strikt vertraulich. Manche Fragen werden Ihnen »unwichtig« vorkommen und scheinen überhaupt nicht mit dem Problem Ihres Kindes im Zusammenhang zu stehen. Schmerzen sind jedoch ein so umfassendes Problem, dass auch scheinbar unwichtige Einzelheiten für uns Bedeutung haben. Wenn Sie eine bestimmte Frage nicht beantworten möchten, tragen Sie in das entsprechende Feld bitte »Möchte nicht antworten« ein. Bitte schreiben Sie in Druckschrift oder sehr deutlich. Heutiges Datum: _____________________________________________________________________ Dein Name:

_____________________________________________________________________

Anschrift:

_____________________________________________________________________ _____________________________________________________________________ _____________________________________________________________________

Telefon:

_____________________________________________________________________

Ihre Beziehung/Verwandtschaft zum Kind (z.B. Mutter, Vater, Bruder, Großmutter): __________________________

Alter: ______________

Daten des Kindes Name: __________________________ Alter __________________________ Geburtsdatum: _________________________ Geschlecht: __________________________ Schulform (z.B. Realschule) __________________________ Schulklasse: __________

361 A.3 · Fragebogen für Eltern

Informationen über die familiäre Gemeinschaft Bitte nennen Sie alle Personen, die in familiärer Gemeinschaft mit dem Kind wohnen. Beziehung zu Ihnen Alter Geschlecht ____________________________________________________________________________________ z.B. Lebenspartner 35 Jahre männlich ____________________________________________________________________________________ z.B. Schwester 10 Jahre weiblich ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________

Kind und Familie 1. Bitte nennen Sie alle gesundheitlichen Probleme, die Ihr Kind früher hatte oder jetzt hat. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 2. Wenn noch eine andere Person in der Familie gesundheitliche Probleme hat, nennen Sie bitte die Person und die gesundheitlichen Probleme, z.B. Sohn mit Asthma, Ehemann mit Herzbeschwerden! _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 3. Bitte nennen Sie alle schweren oder chronischen Familienkrankheiten, von denen Ihr Kind weiß. Familienmitglied

Jahr der Erkrankung

Art der Erkrankung

Ausgang der Erkrankung

z. B. Onkel in Polen

1997

Blutkrebs

geheilt

362

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

4. Bitte nennen Sie alle schweren und/oder chronischen Schmerzprobleme anderer Familienmitglieder, die Ihr Kind miterlebt hat. Familienmitglied

Jahr der Erkrankung

Art der Erkrankung und Schmerzort

Ausgang der Erkrankung

zum Beispiel: Bruder

1997

Rheuma, Gelenke

besteht weiterhin

5. Gibt es zur Zeit schwere Belastungen in Ihrer Familie (z.B. Scheidung, Trennung, schwere finanzielle Belastung, Krankheit)? Falls ja, benennen Sie diese bitte. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

Schmerzgeschichte Ihres Kindes 6. Wann hat das aktuelle Schmerzproblem Ihres Kindes begonnen? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 7. Welche Beschwerden hat Ihr Kind zu Beginn der Schmerzen gehabt? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 8. Geben Sie bitte die Körperstellen an, wo Ihr Kind bis jetzt Schmerzen hatte? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 9. Haben die Schmerzen in ihrer Stärke geschwankt (z.B. abnehmend, zunehmend, ständig wechselnd, von April bis Juni 1998 ganz verschwunden usw.)? Wenn ja, beschreiben Sie dies bitte. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

363 A.3 · Fragebogen für Eltern

10. Wie haben Sie auf die Schmerzen Ihres Kindes zu Anfang reagiert? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 11. Traten zu Beginn der Schmerzen größere Veränderungen in Ihrem oder dem Leben Ihres Kindes auf? Bitte erläutern Sie. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

Aktuelle Schmerzen 12. Bitte markieren Sie durch ein »X« die Stellen, an denen Ihr Kind Schmerzen hat. Mädchen

Bitte markieren Sie zusätzlich mit einem Kreis die am meisten schmerzende Stelle. Jungen

Bitte markieren Sie zusätzlich mit einem Kreis die am meisten schmerzende Stelle.

364

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

13. Wie nennen Sie die Schmerzen Ihres Kindes? (Zum Beispiel »Kopfschmerzen«, »Gelenkschmerzen«, »Bauchweh«, »Rückenweh« etc.). Bitte geben Sie die Schmerzen in der Reihenfolge der Stärke an, die stärksten Schmerzen zuerst. Schmerzproblem Nr. 1 (Hauptschmerzen, durch Kreis gekennzeichnet): _______________________________________________________________________________ Schmerzproblem Nr. 2: ________________________________________________________ Schmerzproblem Nr. 3: ________________________________________________________ weitere Schmerzprobleme ________________________________________________________ 14. Wie stark denken Sie, sind die Hauptschmerzen, die Ihr Kind zur Zeit hat? Bitte kreuzen Sie die entsprechende Zahl an! 0



1



2



3



4



5



6



7



8



9

Keine Schmerzen



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

15. Wie stark waren die stärksten Schmerzen Ihres Kindes in der letzten Woche (in den letzten 7 Tagen)? Bitte kreuzen Sie die entsprechende Zahl an! 0



1



2



3



4



5



6



7



8



9

Keine Schmerzen



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

16. Wie stark, denken Sie, waren die schwächsten Schmerzen, die Ihr Kind in der letzten Woche (7 Tage) hatte? Bitte kreuzen Sie die entsprechende Zahl an! 0



1



2



3



4



5



6



7



8



9

Keine Schmerzen



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

17. Wie stark, denken Sie, sind die Schmerzen, die Ihr Kind im Durchschnitt zur Zeit hat. Bitte kreuzen Sie die entsprechende Zahl an! 0



1

Keine Schmerzen



2



3



4



5



6



7



8



9



10

Stärkste vorstellbare Schmerzen

18. Wann im Tagesverlauf sind die Schmerzen am stärksten? _______________________________________________________________________________ 19. Wann im Tagesverlauf sind die Schmerzen am schwächsten? _______________________________________________________________________________ 20. An welchem Wochentag hat Ihr Kind die meisten Schmerzen? _______________________________________________________________________________

365 A.3 · Fragebogen für Eltern

21. In welcher Woche des Monats hat Ihr Kind die meisten Schmerzen? _______________________________________________________________________________ 22. In welcher Jahreszeit oder welchem Monat hat Ihr Kind die meisten Schmerzen? _______________________________________________________________________________ 23. Wie häufig tritt der Hauptschmerz (der mit dem Kreis) bei Ihrem Kind auf? (Bitte ankreuzen) wenige Male pro Jahr wenige Male pro Monat mehrmals pro Woche einmal täglich mehrmals täglich dauernd

❍ ❍ ❍ ❍ ❍ ❍

24. Wie lange dauern die Schmerzen (Minuten, Stunden)? _______________________________________________________________________________ 25. Wenn Ihr Kind zur Zeit täglich Schmerzen hat, wieviel Stunden pro Tag hat Ihr Kind Schmerzen? _______________________________________________________________________________ 26. Welchen Verlauf haben die Schmerzen Ihres Kindes? (Bitte nur ein Kreuz machen!) 4 Die Schmerzen meines Kindes treten nur anfallsweise auf, dazwischen ist mein Kind schmerzfrei. ❍ 4 Die Schmerzen meines Kindes sind dauernd vorhanden. ❍ 4 Die Schmerzen sind bei meinem Kind dauernd vorhanden, und zusätzlich treten Schmerzspitzen auf. ❍ 27. Bitte umkringeln Sie die Worte in der Liste, die Ihrer Meinung nach die Schmerzen ihres Kindes beschreiben, oder fügen Sie neue Worte ein. beängstigend

kribbelnd

scharf

sprunghaft

eng

brennend

kühl

scheußlich

beißend

schreiend

heiß

ausbreitend

wund

einschießend

mörderisch

klopfend

drückend

hart

ängstlich

einsam

kneifend

unerträglich

pulsierend

grausam

schrecklich

kratzend

dumpf

traurig

juckend

ziehend

schlecht

oberflächlich

unangenehm

kalt

schwer

schneidend

hämmernd

außerhalb des Körpers

quälend

tief

366

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

stechend

grausam

prickelnd

ermüdend

dehnend

entnervend

marternd

warm

elend

glühend

………

………

lähmend

reißend

………

………

………

………

………

………

28. Gehen die Schmerzen Ihres Kinder mit Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen, Schwindel, Schwellung, Rötung, Schwäche, Angespanntheit, schneller Atmung, Überempfindlichkeit der Haut oder anderen Begleiterscheinungen einher? Falls ja, bitte benennen Sie die Begleiterscheinungen. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 29. Merken Sie, wenn sich Schmerzen bei Ihrem Kind ankündigen? Wenn ja, welche Zeichen weisen auf kommende Schmerzen hin (z.B. Steifheit, bestimmte Gedanken oder Aussagen, körperliche Empfindungen oder Verstimmtheit)? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 30. Gibt es Auslöser für die Hauptschmerzen bei Ihrem Kind (beispielsweise Schlafmangel, Aufregung, Kälte, körperliche Anstrengung, Wetterwechsel, Licht, Lärm, Computerspiele, Fernsehen, Hektik, Schulprobleme, Wochenende oder Ferienbeginn)? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 31. Welche Ursache haben die Hauptschmerzen Ihres Kindes Ihrer Meinung nach? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 32. Was macht Ihr Kind, wenn es Schmerzen hat? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

367 A.3 · Fragebogen für Eltern

33. Wie reagieren Sie, wenn Ihr Kind Schmerzen hat? Bitte erläutern Sie. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 34. Wie würde das Leben Ihres Kindes verändert, wenn die Schmerzen plötzlich verschwänden? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 35. Wie würde sich Ihr Familienleben verändern? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 36. Unter der Annahme, dass die Schmerzen bleiben: Was denken Sie, was für Dinge Ihr Kind jetzt tun sollte, die ihm später helfen?

Schmerzbehandlung 37. Nimmt Ihr Kind zur Zeit Medikamente gegen Schmerzen ein? Ja



Nein



Falls ja, bitte tragen Sie die folgenden Informationen ein:

Medikament

Dosis/Art (Tabletten/Zäpfchen, Tropfen, Hübe)

Wie oft pro Tag?

Wann?

Wie wirksam? 0 = nicht wirksam 1 = wenig wirksam 2 = gut wirksam

z.B. Ben-u-ron

500 mg pro Tablette

3×1

8, 14, 21 Uhr

1

368

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

38. Welche Medikamente oder welche Behandlungen wurden in der Vergangenheit gegeben? Zeitraum

Medikamente/Behandlung/Operation

Wie wirksam? 0 = nicht wirksam 1 = wenig wirksam 2 = gut wirksam

39. Wieviele verschiedene Ärzte haben Sie wegen der Schmerzen Ihres Kindes bisher aufgesucht? keine ❍

ca. ________

40. Wie häufig haben Sie mit Ihrem Kind in den letzten vier Wochen einen Arzt wegen der Schmerzen Ihres Kindes aufgesucht? noch nie



ca. ________ Termine in den letzten vier Wochen

41. Was machen Sie derzeit, um die Schmerzen Ihres Kindes zu mindern? _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 42. Was lindert, was verschlimmert den Hauptschmerz Ihres Kindes? Situation

lindernd

verstärkend



kein Einfluss ❍

Körperliche Aktivität (Rennen, Fahrrad fahren etc.) Psychische Belastung (Klassenarbeit, Streit etc.) Ungünstige Körperhaltung (krummes Sitzen, langes Stehen) Häufiger Lagewechsel, Herumgehen Sich Ausruhen, Hinlegen, Ruhighalten ………….………………………… ………….…………………………













❍ ❍ ❍ ❍

❍ ❍ ❍ ❍

❍ ❍ ❍ ❍

Die Schmerzen meines Kindes sind durch nichts zu beeinflussen Ja ❍

Nein ❍



369 A.3 · Fragebogen für Eltern

43. Gibt es weitere Situationen, in denen die Schmerzen Ihres Kindes stärker werden? Bitte erläutern Sie. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________

Allgemeine und körperliche Beeinträchtigungen durch die Schmerzen 44. Welche der folgenden Tätigkeiten Ihres Kindes werden durch die Schmerzen behindert? Bitte umkreisen Sie die jeweils am ehesten zutreffende Ziffer:

Familienleben genießen Essen/Appetit Freunde treffen Sport Schlafen Fernsehen Lesen Hausaufgaben Schulbesuch Ins Kino gehen Lieblingsbeschäftigung Ungeliebte Beschäftigungen

Niemals

Selten

Manchmal

Häufig

Immer

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2

3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3

4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4

5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5

Kommentare: _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 45. Haben die Schmerzen Ihr Kind während der letzten vier Wochen von Dingen abgehalten, die es tun wollte? Ja ❍ Nein ❍ Falls ja, bitte erläutern Sie. _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 46. Wie oft haben die Schmerzen Ihr Kind in den letzten vier Wochen vom Schulbesuch abgehalten? nie ❍ nur 1 Tag ❍ 2–7 Tage ❍ mehr als 1 Woche ❍ die ganzen vier Wochen ❍

370

Anhang A · Dattelner Schmerzfragebogen

47. Wie oft haben die Schmerzen Ihr Kind während der letzten vier Wochen von anstrengenden körperlichen Aktivitäten abgehalten, wie z.B. Rennen, Radfahren, Heben schwerer Gegenstände oder der Teilnahme an anstrengenden Sportarten? nie ❍ nur 1 Tag ❍ 2–7 Tage ❍ mehr als 1 Woche ❍ die ganzen vier Wochen ❍ 48. Wie oft haben die Schmerzen Ihr Kind während der letzten vier Wochen von gemäßigten körperlichen Aktivitäten abgehalten, wie z.B. mehrere Etagen Treppen Steigen, Bücken, schnelles Gehen oder Heben? nie ❍ nur 1 Tag ❍ 2–7 Tage ❍ mehr als 1 Woche ❍ die ganzen vier Wochen ❍ 49. Wie oft haben die Schmerzen Ihr Kind während der letzten vier Wochen von leichten körperlichen Aktivitäten abgehalten, wie z.B. gehen, sitzen oder stehen? nie ❍ nur 1 Tag ❍ 2–7 Tage ❍ mehr als 1 Woche ❍ die ganzen vier Wochen ❍ 50. Gibt es noch etwas anderes, was Sie uns über die Schmerzen Ihres Kindes mitteilen möchten oder über den Einfluss, den die Schmerzen auf Ihr Kind, Sie oder Ihre Familie haben?

Vielen Dank !

Anhang B: Schmerzbeurteilung B.1

Neonatal Infant Pain Scale (NIPS) – invasive Maßnahmen bei nichtbeatmeten Früh- und Neugeborenen – 372

B.2

Universitäts-Kinderklinik Köln: Sedierungsbogen für beatmete Früh-, Neugeborene und Säuglinge – 373

B.3

Kindliche Unbehagen- und Schmerzskala KUSS – postoperativer Schmerz bei nichtbeatmeten Kindern – 374

B.4

Schmerztherapiedokumentationsbogen der Vestischen Kinderklinik Datteln – 375

B.5

Schmerzdokumentationsaufkleber für das Tageskurvensystem – 378

B.6

Kopfschmerztagebuch – 379

B.7

Auszüge aus dem Schmerztagebuch für krebskranke Kinder – 380

B.8

Bauchschmerztagebuch und Anleitung – 388

B.9

Vorbereitung auf medizinische/pflegerische Maßnahmen – 391

B.10 Vorbereitung von jüngeren Kindern auf medizinische Prozeduren anhand von Bildern – 396

372

Anhang B · Schmerzbeurteilung

B.1

Neonatal Infant Pain Scale (NIPS) – invasive Maßnahmen bei nichtbeatmeten Früh- und Neugeborenen 0

1

Gesichtsausdruck

Entspannte Muskeln: ruhiges, friedliches Gesicht/neutraler Gesichtsausdruck

Grimassieren: angespannte Gesichtsmuskulatur, Kiefer, Kinn, gerunzelte Augenbrauen und Stirn

Weinen/ Schreien

Kein Schreien: ruhig, schreit nicht

Wimmern: leichtes Stöhnen, intermittierend

Atmungsmuster

Entspannt: normales Atemmuster für dieses Kind

Veränderungen in der Atmung: Dyspnoe, Tachypnoe, vermehrte Apnoen, unregelmäßige Atmung

Arm- und Beinbewegung

Entspannt/verhalten: keine muskuläre Steifheit, gelegentlich zufällige Arm- und Beinbewegungen

Gebeugt/gestreckt: angespannte Arme/ Beine, starre und/oder schnelle Streckung/Beugung

Wachheit/ Aufmerksamkeit

Schlafend/wach: ruhig, friedlich schlafend oder wach, ruhig, aufmerksam

Unruhig/irritiert: wach, ruhelos, um sich schlagend, nicht zu beruhigen

2

Kraftvolles Schreien/ Weinen: lautes, ansteigendes Schreien, schrill, kontinuierlich

Deutsche Übersetzung. [Englische Version: Lawrence J, Alcock D, McGrath PJ, Kay J, MacMurray SB, Dulberg C (1993) The development of a tool to assess neonatal pain. Neonatal Network 12: 59–66].

Öffnen bei Manipulationen, schläft rasch wieder ein Problemlose Eigenatmung voll synchronisiert Zeigt allenfalls Grimassieren oder Bewegungen mit den Extremitäten

Grimassieren nur bei Schmerzreizen

Öffnen nur bei Schmerzreizen

Keine Eigenatmung

Keine Reaktionen beim Absaugen

Keine Reaktionen

Kein Öffnen der Augen

B. Mimik

C. Augen öffnen

D. Beatmung

E. Absaugen

Kurzes Husten oder Würgen

Apparative Beatmung durch Eigenatmung nicht gestört

Öffnet spontan die Augen, schläft nach kurzer Zeit wieder ein

Weint auch ohne Schmerzreize, beruhigt sich rasch

Spontane Massenbewegungen

4

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr. Susanne Reiser-Hartwig, Universitäts-Kinderklinik Köln. Minimal 3, maximal 25 Punkte. Zielbereich 8–14 Punkte! Zu schwach sediert > 14 Punkte! Zu stark sediert < 8 Punkte!

Weint nur bei Schmerzreizen, beruhigt sich rasch wieder

Spontanbewegungen mit den Extremitäten

Spontanbewegungen bei Schmerzreizen

Keine Spontanbewegungen

A. Motorik

3

2

1

Summe

Datum, Uhrzeit A. Motorik B. Mimik C. Augen öffnen D. Beatmung E. Absaugen

Geburtsdatum: _____________________

Wehrt sich heftig, hustet stark, presst

Atmet gegen den Respirator, Tachypnoe

Öffnet spontan die Augen, lange Zeit wach, schwitzt

Weint, kaum zu beruhigen

Dauernde spontane Bewegungen, Unruhe

5

Universitäts-Kinderklinik Köln: Sedierungsbogen für beatmete Früh-, Neugeborene und Säuglinge

Name: _____________________

B.2

B.2 · Sedierungsbogen für beatmete Früh-, Neugeborene und Säuglinge 373

374

Anhang B · Schmerzbeurteilung

B.3

Kindliche Unbehagen- und Schmerzskala KUSS – postoperativer Schmerz bei nichtbeatmeten Kindern

Beobachtung

Bewertung

Punkte

Weinen

Gar nicht Stöhnen, Jammern, Wimmern Schreien

0 1 2

Gesichtsausdruck

Entspannt, lächelnd Mund verzerrt Mund und Augen grimassieren

0 1 2

Rumpfhaltung

Neutral Unstet Aufbäumen, Krümmen

0 1 2

Beinhaltung

Neutral Strampelnd, tretend An den Körper gezogen

0 1 2

Motorische Unruhe

Nicht vorhanden Mäßig Ruhelos

0 1 2

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von PD Dr. med. W. Büttner, Ruhr-Universität Bochum.

4 Die Skala ist gültig für Neugeborene und Kleinkinder bis zum Ende des 4. Lebensjahres. 4 Für jede Variable ist nur eine Aussage zulässig. Die Dauer der Beobachtung beträgt 15 s. Es sind nur Daten aus dieser Zeit festzuhalten, auch wenn sich das Verhalten des Kindes danach ändert. Wiederholte Beobachtungen in festen zeitlichen Abständen sind aussagekräftiger als eine Einzelbeobachtung. 4 Zu jeder Beobachtung gehört die Kontrolle des Wachheitsgrades. Ein schlafendes Kind hat keinen akuten analgetischen Therapiebedarf. 4 Analgetischer Therapiebedarf beginnt mit 4 Punkten. Mit steigender Punktzahl nimmt seine Dringlichkeit zu.

375 B.4 · Schmerztherapiedokomentationsbogen der Vestischen Kinderklinik Datteln

B.4

Schmerztherapiedokumentationsbogen der Vestischen Kinderklinik Datteln

376

Anhang B · Schmerzbeurteilung

. Abb. B.4.1 . Gebrauchsanweisung für Schmerzmessung und Dokumentation (Copyright Dr. B. Zernikow 1998)

377 B.4 · Schmerztherapiedokomentationsbogen der Vestischen Kinderklinik Datteln

378

Anhang B · Schmerzbeurteilung

B.5

Schmerzdokumentationsaufkleber für das Tageskurvensystem (Copyright B. Zernikow, Münster 2002). Die passenden Aufkleber (A–F) können bei Mundipharma unter der angegebenen Telefonnummer bestellt werden.

N ja

6 ja

N ja

6 ja

N

STOP

nein

nein

nein

6



ts 12

ch na

ja

nein STOP ja

nein STOP ja

nein

3 9

12

nein

nein

6



nein

3 9

Klebe D ir hier Deinen Sticker au f!

ja

ja

ja

6

12

3 9

12

nein

nein

6



nein

3 9

ir hier Klebe D ker auf! Stic Deinen

ja

ja

ja

6

12

3 9

© Entnommen aus dem Buch: Denecke H & Kröner-Herwig (2000) Kopfschmerztherapie mit Kindern und Jugendlichen. Hogrefe-Verlag

ir hier Klebe D ker auf! Stic Deinen

ja

6

3 9

er

t 12 agsü b

Hast Du Dich heute wegen der Kopfschmerzen hingelegt?

9

ja

. Abb. B.6.1 . Kopfschmerztagebuch

ja

6

nein

ja

N

Donnerstag

ja

6

nein

ja

N

Freitag

ja

6

nein

ja

N

Samstag

ja

6

nein

ja

N

Sonnntag

STOP

STOP ja

nein

STOP

ja

nein

STOP

dann mach bitte weiter dann mach bitte weiter dann mach bitte weiter

ja

nein

12

nein

nein

6



nein

3 9

Klebe D ir hier Deinen Sticker au f!

ja

ja

ja

6

12

3 9

12

nein

nein

6



nein

3 9

ir hier Klebe D ker auf! Stic Deinen

ja

ja

ja

6

12

3 9

12

nein

nein

6



nein

3 9

Klebe D ir hier Deinen Sticker au f!

ja

ja

ja

6

12

3 9

12

nein

nein

6



nein

3 9

ir hier Klebe D ker auf! Stic Deinen

ja

ja

ja

6

12

3

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Hast Du heute Medikamente gegen Kopfschmerzen genommen?

Das Tagebuch verschafft Dir Übersicht, darum hat‘s soviel Gewicht!

ja

nein

Mittwoch

dann mach bitte weiter dann mach bitte weiter dann mach bitte weiter dann mach bitte weiter

ja

nein

ja

6

3

er

üb

12 tags

6

nein

Dienstag

Was denn? .............. Was denn? .............. Was denn? .............. Was denn? .............. Was denn? .............. Was denn? .............. Was denn? .............. ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ................................... ...................................

ja

nein

Montag

Hast Du heute wegen Kopfschmerzen in der Schule gefehlt (ganz oder ein paar Stunden)?

Wie lang dauerte Dein Kopfschmerz? Male bitte die Uhr an; 9 morgens von 7-11 Uhr z.B. so:

Wie stark war Dein Kopfschmerz?

Nur bei Kopfschmerz ausfüllen :

Hattest Du heute Kopfschmerzen?

Wenn ja, war es etwas Schönes 6 oder etwas Unangenehmes N? Kreuze bitte an:

Hast Du heute etwas Aufregendes erlebt?

Woche vom .............. bis zum ...............

d Ko pfs en chm erz !

ST OP B.6

von: .........................................................

Kopfschmerz-Tagebuch

B.6 · Kopfschmerztagebuch

379

Kopfschmerztagebuch

380

Anhang B · Schmerzbeurteilung

B.7

Auszüge aus dem Schmerztagebuch für krebskranke Kinder

Copyright 2002 bei Wilma Henkel und Dr. Boris Zernikow, Datteln. Herausgeber des Orginaltagebuches: Deutsche Kinderkrebsstiftung, Joachimstr. 20, 53113 Bonn (das Orginaltagebuch kann über die Deutsche Kinderkrebsstiftung bezogen werden). Druck des Orginaltagebuches mit freundlicher Unterstützung der Mundipharma GmbH, Limburg.

381 B.7 · Auszüge aus dem Schmerztagebuch für krebskranke Kinder

382

Anhang B · Schmerzbeurteilung

383 B.7 · Auszüge aus dem Schmerztagebuch für krebskranke Kinder

384

Anhang B · Schmerzbeurteilung

385 B.7 · Auszüge aus dem Schmerztagebuch für krebskranke Kinder

386

Anhang B · Schmerzbeurteilung

387 B.7 · Auszüge aus dem Schmerztagebuch für krebskranke Kinder

388

Anhang B · Schmerzbeurteilung

B.8

Bauchschmerztagebuch und Anleitung

Liebe ...! Liebe Eltern! Dies ist ein Bauchschmerztagebuch. 2 Wochen lang sollst Du mit Hilfe der Fragen in diesem Tagebuch Deine Bauchschmerzen beobachten. Denn je genauer Du den Verlauf der Bauchschmerzen kennst, desto besser kannst Du etwas dagegen unternehmen! Außerdem kannst Du genau sehen, ob sich mit der Zeit etwas verändert, ob Deine Bauchschmerzen zum Beispiel seltener auftreten oder weniger schlimm sind. Am besten legst Du dieses Tagebuch an einen festen Platz, zum Beispiel auf den Schreibtisch oder neben Dein Bett. Jeden Abend nimmst Du Dir fünf Minuten Zeit, vielleicht bevor Du ins Bett gehst, und füllst die Spalte des entsprechenden Tages aus. Wie Du die einzelnen Fragen des Bauchschmerztagebuchs beantworten kannst, ist auf der nächsten Seite beschrieben. Viel Spaß und viel Erfolg!

389 B.8 · Bauchschmerztagebuch und Anleitung

O Abb. B.8.1. Bauchschmerztagebuch (Copyright Vestische Kinderlinik Datteln 2000)

390

Anhang B · Schmerzbeurteilung

391 B.9 · Vorbereitung auf medizinische/pflegerische Maßnahmen

B.9

Vorbereitung auf medizinische/pflegerische Maßnahmen

Beratung: Vorbereitung auf medizinische/pflegerische Maßnahmen Aufklärung Im Folgenden möchten wir Ihnen zeigen, wie die Vorbereitung auf eine medizinische oder pflegerische Prozedur, die für Kinder angstauslösend, unangenehm oder schmerzhaft ist, aussehen sollte. Anhand des Schemas soll für Sie als Eltern ein Vorgehen erläutert werden, mit dem Sie Ihr Kind ebenfalls auf belastende Maßnahmen vorbereiten können. Um mit einer belastenden Situation angemessen umgehen zu können, sollte man immer nach folgenden Informationen fragen oder solche weitergeben. An einem Beispiel wird das Vorgehen erläutert. Behandlungsmaßnahme: z.B. die Lumbalpunktion

Hintergrundinformationen Warum ist die Prozedur notwendig?

z.B. Leukämiezellen können im Spinalkanal sein, dies muss man herausfinden.

Wozu dient die Prozedur?

z.B. die entnommene Flüssigkeit wird auf Leukämiezellen hin untersucht.

Welcher Effekt wird erwünscht?

z.B. keine Zellen zu finden.

Welche Nebeneffekte gibt es?

z.B. möglicherweise Kopfschmerzen.

Welche Risiken bestehen dabei?

z.B. Infektion, Nervenreizung.

Prozedurale Informationen Wie wird Prozedur durchgeführt?

z.B. im Sitzen auf der Behandlungsliege, Schwester hält Kind im »Polizeigriff«.

Wann wird die Prozedur durchgeführt?

z.B. abends gegen 17.00 Uhr, damit die Liegezeit möglichst in die Nacht fällt.

Wo wird die Prozedur durchgeführt?

z.B. im Behandlungszimmer, auf der Behandlungsliege.

Durch wen wird sie vorgenommen?

z.B. ein Arzt und zwei Schwestern, häufig mehrere Personen.

Mit wem wird sie durchgeführt?

z.B. mit Anwesenheit eines Elternteils.

Was ist zur Durchführung notwendig?

z.B. Rücken so krumm wie möglich machen, stillhalten.

Welche Materialien werden verwendet?

z.B. Desinfektionslösung, Punktionsnadel, Röhrchen

392

Anhang B · Schmerzbeurteilung

Sensorische Informationen Welche körperlichen Empfindungen haben Kinder dabei?

z.B. Schmerz durch Stich, durch Lokalanästhesie fast ganz weg, Empfindung von Drücken, Brennen, bei Sedierung wird nichts empfunden.

Welche Reaktionen kennt man von anderen Kindern?

z.B. Angst vor der Prozedur ist meist größer als der Schmerz, Umgebungsbedingungen werden als unangenehm und bedrohlich empfunden.

Was berichten andere Kinder über ihre Erfahrungen?

z.B. vorher skeptisch und ängstlich, danach sagen viele Kinder, dass es doch nicht so schlimm gewesen sei.

Anleitung zur Bewältigung Gemeinsam mit den Eltern (und dem Kind) wird ein so genannter Bewältigungsplan erarbeitet, mit dessen Hilfe es leichter werden soll, die Angst zu beherrschen, den möglichen Schmerz auszuhalten und an der Durchführung der Maßnahme aktiv mitzuwirken. Ziel ist es, dass Eltern und Kind am Ende eine Strategie gefunden haben, die vor der Maßnahme eingeübt, währenddessen erinnert und nachher auf ihren Nutzen hin bewertet werden kann. Eine Strategie bedeutet Sicherheit für das Kind, ein Anker, an dem es sich in der Belastungssituation festhalten kann.

Vergangene ähnliche Belastungen Welche ähnlichen Belastungen wurden in der Vergangenheit bereits vom Kind bewältigt? Situation

Wie empfand das Kind die damalige Situation?

Wie reagierte das Kind auf die damalige Situation?

z.B. Impfen beim Kinderarzt

Vorher im Wartezimmer der Arztpraxis

z.B. Erleben von Angst, Ungewissheit »Die Mama ist böse«, »Der Doktor ist böse«.

Unruhig, zappelig, aggressiv abwehrend, musste ins Zimmer gezerrt werden, weinte.

z.B. Erleben von großer Angst, Bedrohung, Ohnmacht.

Musste festgehalten werden, wehrte sich körperlich und verbal (»Laßt mich in Ruhe«).

z.B. Erleben von Ärger, Trauer und Unverständnis.

Nahm keine Belohnung an, wollte ganz schnell die Praxis verlassen, war böse auf die Mutter.

Während Im Behandlungszimmer

Nachher Im Flur der Arztpraxis/ zu Hause

393 B.9 · Vorbereitung auf medizinische/pflegerische Maßnahmen

Die bevorstehende Belastung Wie wird die bevorstehende neue Belastung bewältigt werden? Situation

Wie empfindet das Kind die neue Situation?

Wie wird das Kind auf die die neue Situation reagieren?

z.B. Venenpunktion im Krankenhaus

Vorher Im Patientenzimmer/Flur

z.B. Erleben von Angst, und Bedrohung, großer Erklärungsbedarf, will verstehen.

Unruhig, versucht mitzuarbeiten und die Angst zu bändigen, will sich ablenken.

z.B. zunehmende Angst durch die medizinischen Vorbereitungen, die vielen Menschen.

Unruhig, will über alles informiert sein, zusehen, mögliches »Kippen« zu Panikreaktion kurz vorher.

z.B. Erleben von Stolz über das Aushalten, Freude über Erfolg.

Möchte sich ablenken und spielen und nicht mehr daran denken.

Während Im Behandlungszimmer

Nachher Im Spielzimmer

Der Bewältigungsplan Hier wird kurz festgehalten, welche Strategien gemeinsam erarbeitet wurden. Dabei ist wichtig, daß mit Eltern und Kind für die Phasen vorher, während und nachher eine Bewältigungsstrategie gefunden wurde, auf die in der aktuellen Situation zurückgegriffen werden kann. Was machen das Kind und die Eltern vor der Maßnahme?

z.B. längere Zeit vorher: verständliche Erklärungen, Üben im Doktorspiel; kurz vorher: Ablenken durch Spielen, das hohe Aufmerksamkeit fordert, evtl. Entspannungsübungen, evtl. Absprache von Vereinbarungen.

Was machen das Kind und die Eltern während der Maßnahme?

z.B. es wird ein Bilderbuch mitgenommen und Tiere/Personen darin gezählt, es werden gemeinsam Kinderlieder gesungen, dem Arzt oder den Schwestern erzählt, welche Hobbys das Kind hat; das Kind soll bestimmen können, wann der »Pieks« gemacht wird und zählt dabei bis drei, will das Pflaster danach selber kleben.

Was machen das Kind und die Eltern

z.B. Lob und Belohnung, eine Trophäe darf ausgesucht werden, ein Lieblingsspiel wird gespielt, den anderen wird erzählt, dass man es nun hinter sich gebracht hat.

nach der Maßnahme?

394

Anhang B · Schmerzbeurteilung

Der Bewältigungsplan (Fortsetzung) Was könnte Ihrer Meinung nach besonders schwierig/belastend

für Ihr Kind werden?

Wünschen Sie während der Durchführung der Maßnahme Hilfestellungen von uns?

Was sollte das Team aufgrund des erarbeiteten Bewältigungsplans Ihres Kindes beachten?

z.B. wenn die Vorbereitungen im Behandlungszimmer zu lange dauern, wenn zuviel auf das Kind eingeredet wird, wenn ohne Ankündigung »gepiekst« wird, wenn Ungeduld und Hektik aufkommen. z.B. Hilfe geben, das Kind vorher zu beruhigen, Strategien gemeinsam einüben, eine entspannte und angenehme Atmosphäre schaffen, in der Situation daran erinnern und darauf achten, dass gemeinsame Vereinbarungen eingehalten werden. z.B. nicht zu viele Personen sollten auf das Kind einreden, vorher nicht unnötig über die bevorstehende Prozedur reden, im Behandlungszimmer keine langen Vorbereitungszeiten aufkommen lassen, das O.K. des Kindes abwarten und bei den Ablenkungsversuchen mithelfen, ungewöhnliche Aktionen wie z.B. Musikhören zulassen.

Aufarbeitung Reflektion Neubewertung Modifizierung Optimierung

Positive Anreize Trophäe Geschenk Vereinbarung Verstärkung Kommentieren

Kognitive Selbstkontrolle Externale Aufmerksamkeitsfokussierung Luftblasen Arm-/Handdrücken Zählen Internale Aufmerksamkeitsfokussierung Bild Trophäe Somatisierung Imaginative Unaufmerksamkeit Schmerztransformation Kontexttransformation »Superman« Gedankenstopp Kontrolle sozialer Kontingenzen Atemübungen Pusten Atmen Selfpacing Kommentar Fragen

Progressive Muskelentspannung Ablenkung Coping: Stellungnahmen

Aufklärung Kognitive Umstrukturierung Selbstkontrolle Was ich machen muss Was ich machen darf Shaping und Üben Doktorspiel Trockenübung Stressimunisierung Informieren Gedanken und Vorstellungen Selbstberuhigung Modelling Rollenspiel Gespräch Videomodelling Systematische Desensibilisierung Übungen

Aus: Kusch M, Labouvie H, Bode U (1998). Patientenschulungsprogramm: »Hilfe zur Selbsthilfe« für Familien mit einem krebskranken Kind (3. Version). Manual der stationären psychologischen Betreuung: Pädiatrische Onkologie (MSPB:PO). Zentrum für Kinderheilkunde, Psychosozialer Dienst der Abteilung für Hämatologie und Onkologie, Bonn.

Selbstverbalisationen Passive Relaxation Die Geschichte

Längere Zeit nachher

Kurz nachher

Währenddessen

Kurz vorher

Längere Zeit vorher

B.9 · Vorbereitung auf medizinische/pflegerische Maßnahmen 395

Formen der Angst und Schmerzbewältigung

396

Anhang B · Schmerzbeurteilung

B.10

Vorbereitung von jüngeren Kindern auf medizinische Prozeduren anhand von Bildern

. Abb. B.10.1. 1. Beispiel: Bild zu Erklärungen, wo Leukämiezellen im Körper sind und was im Knochenmark hergestellt wird.

. Abb. B.10.2. 2. Beispiel: Bild zu Erklärungen, wozu eine Lumbalpunktion gemacht wird. (Zeichnungen: Monika Eckey, Lohne)

Anhang C: Informationen zum Thema Informationen, Broschüren, Ratgeber – 372 Wichtige Adressen im Internet – 372

398

Anhang C · Informationen zum Thema

Informationen, Broschüren, Ratgeber

Wichtige Adressen im Internet

4 Kusch M: Psychologische Vorbereitung auf schmerzhafte Prozeduren bei Kindern – Die Lumbalpunktion. Video-Lehrfilm für Eltern und Behandler im Krankenhaus. Zu beziehen bei: Förderkreis für Tumor- und Leukämieerkrante Kinder e.V., Joachimstr.20, 53113 Bonn (Schutzgebühr). 4 Zernikow B, Damschen U (1999) Dattelner Schmerzfragebogen für Kinder und Jugendliche. Zu beziehen bei: Vestische Kinder-und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Dr. Friedrich-Steiner-Str. 5, 45711 Datteln. 4 Henkel W, Zernikow B (2002) Weniger Schmerzen bei Krebserkrankungen – Informationen für Eltern krebskranker Kinder und Jugendlicher. Inklusive Schmerztagebuch für krebskranke Kinder. Zu beziehen bei: Frau W. Henkel, Projektmanagement-Assistentin »Schmerzen und Schmerztherapie bei Kindern«. Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Dr.Friedrich-Steiner-Str. 5, 45711 Datteln oder/und bei Deutsche Kinderkrebsstiftung, Joachimstr. 20, 53113 Bonn. 4 Schmerztherapie und palliative Versorgung krebskranker Kinder. (Veröffentlicht von der Weltgesundheitsorganisation 1998 unter dem Titel »Cancer pain relief and palliative care in children« Copyright: World Health Organization) Herausgeber der deutschen Ausgabe: Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke (2002) Zu beziehen bei: Frau W. Henkel, Projektmanagement-Assistentin »Schmerzen und Schmerztherapie bei Kindern«. Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Dr.-Friedrich-Steiner-Str. 5, 45711 Datteln 4 Zernikow B, Grießinger N, Fengler R (1999) Praktische Schmerztherapie in der Kinderonkologie – Empfehlungen der Qualitätssicherungsgruppe der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). Sonderdruck aus der Monatsschrift Kinderheilkunde 5/99 Zu beziehen bei: Mundipharma Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, Mundipharma-Str. 6, 65549 Limburg/Lahn

Schmerztherapie im Kindesalter führt in Deutschland ein Schattendasein. Umso wichtiger ist der nationale und internationale Austausch mit den wenigen Kinderschmerzexperten. Hierzu bietet das Internet hervorragende Möglichkeiten. Alle wichtigen Adressen sind auf der Seite www. schmerzen-bei-kindern.de zusammengestellt. Eine hilfreiche Internetadresse ist zudem www. eigenes-leben-ev.de

Stichwortverzeichnis Die kursiven Seitenzahlen verweisen auf eine Abbildung oder eine Tabelle.

A 6-Acyl-Morphin, Diamorphin 83 A-α Nervenfaser, Thermorezeptor 3 Abbauhemmung, metabolitbedingte – Neugeborenes 296 Abhängigkeit, physische – Morphin 78 Abhängigkeit, psychische – Morphin 78 Ablenkungsstrategien – Schmerzlinderung 126 – Verbandwechsel 146 Acetaminophen, (=Paracetamol) 95 Acetazolamid, Status migränosus 279 Acetylcholinesterease 73 Acetylsalicylsäure, Reye-Syndrom 97 Aciclovir, Gingivostomatitis herpetica 323 Adaptation, Nervenfaser 5 – Nocizeptor 5 Adduktorentenotomie, Mehrfachbehinderter 316 Adenosintriphosphat – Sensibilisierung, periphere 24 Adenylatcyclase, mGluR 22 Adjuvanz – Benzodiazepin 106 – Glucocorticosteroid 106 – Neuroleptikum 105 Adrenalin, Dosierung 192 Adrenalinzusatz, Kaudalanästhesie 176 Agranulozytose, Metamizol 104 Akkumulation, Nor-Pethidin 92 Akupressur, Migräne 277

Akupunktur – Gegenirritation 125 – Kontraindikation 21 – Wirkmechanismus 10 Akutschmerzdienst – Aufgaben 212 – Organisation 212 – PCA 206, 212 – Qualitätssicherung 215 Alarmzeichen – Bauchschmerz, rezidivierender 259 Alfentanil, Muskelrigidität 88 Alfentanil 74 – Neugeborenes 88 – Pharmakokinetik 88, 84 – Pharmakologie 87 – Plasmakonzentration 76 – Thoraxrigidität 299 Allodynie 6 Allodynie – Definition 24, 34 – Lidoderm Patch 212 – mechanische 10 Alltagsstress – Bauchschmerz, rezidivierend 260 α-1-Glykoprotein, saures – Erklärung 109 Amethocain-Gel, Lokalanästhesie 160 Ametop – Lokalanästhesie 160 – Nebenwirkungen 161 – Wirkstärke 161 Amitriptylin 105 – Indikation in der Kinderonkologie 238 – Migräneprophylaxe 282 – Onkologie 235 AMPA-Rezeptor 21 – Entwicklung 22 – Physiologie 9

Amputation – neuropathischer Schmerz 7 – Neuroplastizität 12 Analgesie – Definition 34 – elternkontrollierte 206 – Hautkontakt beim Neugeborenen 295 – Komedikation 233 – Lagerung beim Neugeborenen 295 – Lebensendphase 240 – Musik beim Neugeborenen 295 – µ1-Rezeptor 297 – postoperative 206 – posttraumatisches Belastungssyndrom 144 – Schnuller 295 – Stimulation, multisensorische 295 – Stimulation, taktile beim Neugeborenen 295 – Therapieprinzipien in der Kinderonkologie 220 – Wiegen beim Neugeborenen 295 – WHO-Stufenschema 221 Analgesie nach orthopädischem Eingriff, Mehrfachbehinderter 313 Analgesie vor Diagnosestellung – Bauchschmerz, akuter 149 Analgesie, patientenkontrollierte – (=PCA) 206 Analgesie, postoperativ – Koanalgetikum 212 – TENS 212 – Überwachungsprotokoll 214 – Celecoxib 207 – Diclofenac 101, 207 – Ibuprofen 207 – Ketorolac 102

400

– Medikamentenwahl 207 – Metamizol 207 – Naproxen 101 – Paracetamol 207 – Parecoxib 207 – Rofecoxib 207 – Tramadol 207 – Valdecoxib 207 Analgesie, präinterventionelle – EMLA 189 Analgesie, präoperative – Ibuprofen 206 – Paracetamol 206 Analgesiemetrie 46 Analgetikum, adjuvantes 104 Analgosedierung – Chloralhydrat 304 – Fentanyl 304 – Ketamin 108, 304 – Midazolam 304 – Morphin 304 – Verbrennung 145 Analgosedierung, Intensivstation – Medikamentenwahl 304 Anästhesie, totalintravenöse – Medikamentenwahl 200 Angstreduktion, verhaltensmedizinische 137 Antazidum – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Antidepressivum, trizyklisches 105 Anti-DG2-AK, Neuroblastom 239 Antihistaminikum, Kodein 81 Antikonvulsivum, Wirkprinzip 106 Anxiolyse, Clonidin 104 Apallisches Syndrom, Analgesie 310 Aphte 323 Applikationsmodus-Wechsel Opioid, Beispielrechnung 228 APPT – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 60 Äquianalgetische Dosis, Opioid 225, 226, 227

Arterienpunktion, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Arthritis, juvenile 249 – Neuropeptid 6 Arthritis, juvenile rheumatische – Medikamente 252 Arylesterase 73 Arzneimittel, freier Anteil – Definition 109 Arzneimittelmetabolismus – Blutfluss, hepatischer 73 Arzneimittelmetabolismus, hepatischer – Hypoxie 73 ASA Status, Definition 191 Aspartat, Neurotransmitter 9 ASS 97 – Arthritis, juvenile rheumatische 252 – Dosierung bei Kopfschmerz 275 – Kawasaki-Syndrom 224 – Migräne 278 – Migräneprophylaxe 282 – Reye-Syndrom 224 – Thrombozytenaggragationshemmung 224 Asthma, Metamizol 223 Atemdepression, Ketamin 198 – Kodein 80 – Kommandoatmung 235 – µ2-Rezeptor 297 – Nor-Pethidin 92 – Opioid-assoziiert 234 – Morphin 78 Atemdepression, morphininduzierte – Neugeborenes 297, 298 – verzögerte 78 Atemdepression, opioidinduziert – Frühgeborenes 74 Atemtherapie, Schmerzlinderung 126 Atopiker, EMLA 296 Atropin – Dosierung 192 – Intubation 303 – Propofol 197

Aufklärung – Prozedur, schmerzhafte 138 – Sedierung, tiefe 193 Aufmerksamkeitsablenkung, externale, Schmerzbewältigung 140 Aufmerksamkeitsablenkung, internale, Schmerzbewältigung 140 Aufmerksamkeitslenkung – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Augenuntersuchung – Glucoseanalgesie 189 – Lokalanästhesie 189 – Oxybuprocain 189 – Saccharoseanalgesie 189 Autogenes Training – Bauchschmerz, rezidivierend 264 – Kopfschmerz 284 AV-Überleitungsstörung – Carbamazepin 107 – Clonidin 105 Avulsion, Zahn – Definition 324 Axonreflex, Lokalanästhetikum 6 Axonreflex, neurogener – Entzündung 6 Azathioprin – Arthritis, juvenile rheumatische 252 Azidose, metabolische – Propofol 197

B Baclofen, GABA-A-Rezeptor 313 – GABA-B-Rezeptor 313 – Liquorgängigkeit 313 – Nebenwirkungen 315 – Spastik 313 – Pharmakokinetik 313 Baclofen, intrathekal – Indikation 313 – Mehrfachbehinderter 313 Bahnung, Schmerzreiz 8, 10

401 Stichwortverzeichnis

Ballaststoffzufuhr – Bauchschmerz, rezidivierender 260, 262 Basale Stimulation, Stress beim Neugeborenen 294 Bauchschmerz, Homöopathikum 344 Bauchschmerz, akuter – Analgesie 149 – Differenzialdiagnose 39 Bauchschmerz, rezidivierender – Alarmzeichen 259 – Alltagsstress 260 – Antazidum 264 – Aufmerksamkeitslenkung 264 – autogenes Training 264 – Ballaststoffzufuhr 260, 262 – Beratungsgespräch 264 – Bewältigungsstrategien 262 – biopsychosoziales Modell 261, 262 – Definition 258 – Diagnostik 262 – Differenzialdiagnose 40 – Elternschulung 263 – Entspannungstechniken 263 – Ernährungsberatung 264 – Ernährungsprotokoll 264 – familiäre Interaktionsmuster 260 – Gedankenstopp 264 – Gruppentraining 264 – Helicobacter pylori 260 – Laktoseintoleranz 259 – Laktulose 264 – moderne Sichtweise 261 – Phantasiereise 264 – Problemlösen 264 – Prognose 261 – progressive Muskelrelaxation 264 – Prokinetikum 264 – psychische Belastung 260 – Rollenspiel 264 – Schmerztagebuch 263 – Selbstbehauptung 264 – Selbstinstruktion, positive 264 – Therapie 262

– Umstrukturierung, kognitive 264 – Verhaltenstherapie 263 – Zweifaktorenmodell 258 Bauchschmerztagebuch – Beispiel 265 – Kopiervorlage 388 BDNF, Nervenläsion 10 BDS, Schmerzmessung 51 Beatmung, Neugeborenes – Analgesie, Opioid 297, 300 – Fentanyl 299 Behaviour Interference Rating Scale, Schmerzselbsteinschätzung 58 Beispielrechnung, Applikationsmodus-Wechsel Opioid 228 – Opioidtherapiebeendigung 228 – Opioidwechsel 228 Benzodiazepin, Adjuvanz 106 – Morphinnebenwirkungen 78 Bepanthenlösung, Dentitio difficile 320 Berufsgruppen, Kooperation 123 Berührung 4 Berührungsreize bei Frühgeborenen, wiederholte 27 Betablocker, Migräneprophylaxe 282 β-Endorphin – Opioid, endogenes 23 Bewältigungsplan – Prozedur, schmerzhafte 138 Bewältigungsstrategien – Bauchschmerz, rezidivierender 262 Bewältigungsverhalten, phasenspezifisches – Schmerz 137 Bewegungstherapie, Schmerzlinderung 126 Bieri, Gesichterskala 55 Bilirubin, Ibuprofen 297 – Opioidbindung 71 Biofeedback, Kopfschmerz 140, 284 – Minimalalter 285 – Schmerzbewältigung 140

A–B

Biopsychosoziales Modell – Bauchschmerz, rezidivierender 261, 262 Bioverfügbarkeit, Definition 110 Biperiden, Dosierung 277 Biphosphonat, Knochenmetastase 239 – Osteogenesis imperfecta 148 – Pharmakologie 106 BIS, Sedierungstiefe 54 Bisacodyl, Obstipation 233 Bispektraler Index, Sedierungstiefe 54 Blasenpunktion, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Blutfluss, hepatischer – Arzneimittelmetabolismus 73 – Ductus arteriosus Botalli 73 – Ductus venosus 73 – Morphinclearance 77 – Omphalozele 73 Blut-Hirn-Schranke, Definition 109 Blutung, gastrointestinale – COX-I 98 – Ibuprofen 100 Blutung, nach Tonsillektomie – NSAID 98 Blutung, postoperative – Ketorolac 98 – NSAID 98 Botulinum-Toxin A 315 – Enkephalin 315 – Mehrfachbehinderter 315 – Spastik 315 – Substanz P 315 Bradykardie, morphininduziert 78 – Propofol 197 – Remifentanil 90 Bradykinin, Nervenfaser 5 – Sensibilisierung, periphere 24 Brandwunde, Succinylcholin 303 Brief Behavioral Distress Scale, Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 61 Bronchodilatation, Ketamin 198

402

Bronchokonstriktion, Morphin 77 – NSAID 98 Bupivacain, Dosierungsempfehlung Lokalanästhesie 189 – Epiduralanästhesie 179 – Infiltrationsanästhesie 190, 210 – Kaudalanästhesie 176, 210 – Lokalanästhesie 169 – Periduralanästhesie 211 – Regionalanästhesie, Neugeborenes 296 Buprenorphin 93 – Antagonisierbarkeit mit Naloxon 93 – Bioverfügbarkeit 94 – Ceilingeffekt 94 – Dosierung 226 – Doxapram 94 – Indikation in der Kinderonkologie 228 – Kind 93 – Leberfunktionsstörung 94 – Nebenwirkungen 94 – Pharmakokinetik 82, 94 – Pharmakologie 231 – transdermal 232 Buprenorphin-3-Glucuronid 94 Butylscopolamin, Indikation 106 – Indikation in der Kinderonkologie 237 – Kolik 208

C Calziumionenkanal, Nocizeptor 5 CAMPIS-SF – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensionale 61 Capscaicin, CGRP 6 – NMDAR 22 – Substanz P 6 Carbachol, Harnverhalt 233 Carbamazepin 106, 107 – Indikation in der Kinderonkologie 236

Cartoon, Gesichterskala 55 Cartoon-Schmerzgesicht, Schmerzmessung 219 Ceilingeffekt, Buprenorphin 94 – Definition 110 – Nalbuphin 94 – Opioid-Agonist-Antagonist 74 Celecoxib 103 – Analgesie, postoperative 207 – Kopfschmerz 276 Cerebraler Blutfluß, Pethidin 92 c-fos 20 CGRP 9 – Capscaicin 6 – Entzündung 6 Chaosanalyse – Schmerz, chronischer 293 Chemotherapie – Mundpflege, naturheilkundliche 336 CHEOPS, Schmerzmessung 52 Children‘s Anxiety and Pain Scales, Schmerzselbsteinschätzung 57 Chloralhydrat, Analgosedierung 304 – Dosierung 196 – Sedierung 196 Chlorethan, Lokalanästhesie 162 Chlorhexidin, Gingivitis 322 – Mukositis 239 Chlormethazin, lytischer Cocktail 91 Chlorprothixen, Sedierung 196 Chronische juvenile Arthritis, Ibuprofen 100 Cimetidin, Interaktion mit Morphin 229 CIPA 2 Clearance, Definition 110 – Kleinkindesalter 72 Clemastin, Juckreiz 233 Clonidin 24, 104, 105 – Anxiolyse 104 – Epiduralanästhesie 176 – Imidazolrezeptor 104 – Kaudalanästhesie 210 – Medikamentenentzug 104 – Midazolamentzug 304 – Morphinabsetzschema 302

– Morphinentzug 304 – Opioidspareffekt 104 – Speichelproduktion 104 – Substanz P 104 – transdermal 104 – Zusatz zu Lokalanästhetika 104 – Zusatz zu Opioiden 104 Clusterkopfschmerz – Prophylaxe 283 – Sauerstoffinhalation 281 – Sumatriptan 281 Cmax, Definition 111 C-Nervenfaser, Thermorezeptor 3, 4 COMFORT, Schmerzmessung 50 Complex regional pain syndrome, (=Sympathische Reflexdystrophie) 33, 152 Copinganstrengung, adaptive 59 – maladaptive 59 Copingstrategie, Schmerz 127 COX-Hemmer, Migräne 280 COX-I – Blutung, gastrointestinale 98 – Nierenfunktionseinschränkung 98 – Physiologie 98 – Thrombozytenaggregation 98 COX-II, Physiologie 98 COX-II-Hemmer 98 – Celecoxib 102 – Kindesalter 103 – Meloxicam 102 – Nimesulid 102 – Ovulationshemmung 102 – Prostazyklin 102 – Rofecoxib 102 – selektiver 102 CRIES, Schmerzmessung 49 CRPS, Typ I 7 – Typ II 7 CSS, Schmerzmessung 51 CT, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Cyclandelat, Migräneprophylaxe 282

403 Stichwortverzeichnis

Cyclobenzaprin, Fibromyalgiesyndrom 250 Cyclooxygenase – Indomethacin 98 – NSAID 98 – Physiologie 98 Cyclophosphamid, Rheuma 252 Cyclosporin, Metamizol 223 – Onkologie 235 CYP2D6-Aktivität, Kodein 80 CYP2E1, Paracetamol 223 Cytochrom-P450-System, Definition 110

D Dämpfung, vegetative – Clonidin 104 D-Amphetamin 24 Darmmotilitätshemmung, Neugeborenes – Fentanyl 299 Dattelner Schmerzfragebogen 59 – Kopiervorlage 350 Dauerkopfschmerz 281 DEGR – Schmerz, tumorassoziierter 54 – Schmerzmessung 52 Dekubitus, Pflege 332 δ-Rezeptor – Verteilung 70 Denkmuster, katastrophierendes 59 Dentitio difficile, Bepanthenlösung 320 – Dontisolon 320 – Dynexan-Haftsalbe 320 Dentosafe 325 Dermatom 33 Desensibilisierung, systematische 140 Desmethyl-Naproxen 101 Dexamethason, Hirnödem 106 – Indikation in der Kinderonkologie 237

– Liquorgängigkeit 106 – Status migränosus 279 Dexpanthenol, Obstipation 232 Dextropropoxyphen 224 Diamorphin 83 – 6-Acyl-Morphin 83 – Dosierung bei Frühgeborenen 83 – Frühgeborenes 83 – Leberfunktionsstörung 83 – Neugeborenes 300 – Plasmakonzentration 76 – Prämedikation 83 Diazepam, Migräne 278 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 – Morphinabsetzschema 302 Diclofenac 101 – Analgesie, postoperative 101, 208 – Arthritis, juvenile rheumatische 252 – Dosierung 222 – Paracentese 101 – Strabismus-OP 101 – Tonsillektomie 101 – Verträglichkeit, gastrointestinale 101 – Wirkstärke 100 Differenzialdiagnose – Bauchschmerz, akuter 39 – Bauchschmerz, rezidivierender 40 – Dreimonatskolik 149 – Gelenkschmerz 41 – Gesichtsschmerz 37 – Kopfschmerz 37 – Muskelschmerz 41 – Rückenschmerz 41 – Thoraxschmerz 38 Differenzierung des ZNS, Opioideffekt 71 Dihydrocodein 224 Dihydrocodein, retardiert – Dosierung 226 Dihydroisomorphon 82 Dihydromorphon 82 Dimenhydrinat, Übelkeit 234 Diphenhydramin, Dosierung 277

B–E

Distress, Schmerzerleben 133 DNQP 122 Dokumentation, Schmerzaufkleber 220 Domperidon, Migräne 277 Dontisolon, Dentitio difficile 320 Downregulation, Opioidrezeptor 86 Doxapram, Buprenorphin 94 Dreimonatskolik, Definition 149 – Differenzialdiagnose 149 – Therapie 152, 150 Droperidol, Fentanyl 302 Druck 4 DSF-KJ – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 59 Ductus arteriosus Botalli – Blutfluss, hepatischer 73 Ductus venosus – Blutfluss, hepatischer 73 Ductusligatur, Frühgeborenes – Fentanyl 299 Durchbruchschmerz, Onkologie 242 Durchbruchzyste 320 Dynexan-Haftsalbe, Dentitio difficile 320 Dynorphin – Opioid, endogenes 23 Dysästhesie, Definition 34 Dysphorie, Ketamin 108

E ECMO, Opioid 297 EDIN-Skala – Schmerz, chronischer 48 – Schmerzmessung 52 EEG-Biofeedback, Kopfschmerz 285 Eingriff, oraler – Propofol 197 Einreibung, Gegenirritation 125 – Wahl des Agens nach Indikation 328 Eisspray, Lokalanästhesie 162

404

ELA-Max, Lokalanästhesie 161 Eland Color Tool, Schmerzselbsteinschätzung 56 Eletriptan, Migräne 280 Eliminationshalbwertszeit, Definition 110 Eliminationsphase, Definition 110 Elternanwesenheit, Schmerzlinderung 127 Elternschulung – Bauchschmerz, rezidivierend 263 Embryonalentwicklung, rezeptives Feld 19 EMG-Biofeedback, Kopfschmerz 284 EMLA – Analgesie, präinterventionelle 189 – Atopiker 296 – Dosierungsempfehlung 159 – Fersenstich 189 – Frühgeborenes 189 – Herpes zoster 235 – i.m. Injektion 159 – i.m. Injektion, Neugeborenes 296 – Impfung 160 – Impfung, Säugling 296 – Indikation 159 – Juckreiz 146 – Kontraindikationen 296 – Lancettenpunktion, Neugeborenes 296 – Lumbalpunktion 160 – Lumbalpunktion, Neugeborenes 296 – Methämoglobin 159, 210 – Methämoglobin, Neugeborenes 296 EMLA (NG) – Nadelstich 159 – Nebenwirkungen 159, 296 – Neugeborenes 160, 210, 296 – Nitroglycerin 296 – Nitroprussid 296 – Oberflächenanästhesie 210 – Onkologie 241

– Paracetamol 296 – Petechien 296 – Pharmakologie 159 – Phenytoin 296 – Purpura 296 – Repetitionsdosis 189 – Sulfonamid 296 – Venenpunktion, Neugeborenes 296 – Verbrennung 160 – Wirkstärke 160 – Zirkumzision, Neugeborenes 296 Encephalopathie, Fentanyl + Midazolam 299 Endoskopie, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Enkephalin, Botulinum-Toxin A 315 Entladung, ektope 7 Entlasskriterien – Sedierung, tiefe 193 Entspannung, Migräne 277 Entspannungstechniken – Bauchschmerz, rezidivierender 263 Entwicklungsretardierung, Schmerzmessung 64 Entzugssyndrom, Fentanyl 86 – Finnegan-Score 304 – kontinuierliche vs. intermittierende Opioidgabe 86 – Midazolam 304 Entzündung – Axonreflex, neurogener 6 – CGRP 6 – neurogene 6 – Substanz P 6 Entzündungshemmung – Indomethacin 98 – Rheuma 252 Entzündungsschmerz, lokaler 6 Entzündungsverstärkung, Neuropeptid 6 Enzymersatztherapie, M. Fabry 149 Enzymsystem, mikrosomales – Definition 109

Epidermolysis bullosa – Analgesie 149 – Gabapentin 149 Epiduralanästhesie, Bupivacain 179 – Clonidin 176 – Indikation 177 – Komplikationen 178 – lumbale 178 – Medikamentenwahl 178 – Ropivacain 179 – thorakale 178 Erbrechen, Morphin 77 – Opioid-assoziiert 234 – Tramadol 208 Ernährungsberatung – Bauchschmerz, rezidivierender 264 Ernährungsprotokoll – Bauchschmerz, rezidivierender 264 Eruption, Analgesie 320 Eskalationsplan, Migräne 277 Etomidat, Intubation 303 Extrusion, Zahn – Definition 324

F Faces Pain Scale, Schmerzselbsteinschätzung 57 Facial Affective Scale FAS, Schmerzselbsteinschätzung 57 Familiäre Interaktionsmuster – Bauchschmerz, rezidivierend 260 Fehlokklusion, Kopfschmerz 273 Feld, rezeptives 3, 7 Femoralisblock, Technik 172 Fentanyl 74, 84 – Analgosedierung 304 – Beatmung, Neugeborenes 299 – Darmmotilitätshemmung, Neugeborenes 299 – Dosierung 225 – Dosierung bei Kopfschmerz 277

405 Stichwortverzeichnis

– Dosierung, Neugeborenes 299 – Ductusligatur, Frühgeborene 299 – Entzugssyndrom 86 – Fettlöslichkeit 85, 299 – Halbwertszeit, kontextsensitive 85 – Hyperbilirubinämie 86 – Hypotension 86 – Indikation, Neugeborenes 299 – Intubation 303 – Kaudalanästhesie 211 – Leberfunktionsstörung 85 – Lungengefäßwiderstand 299 – Lutscher 231 – Midazolam 85 – Nebenwirkungen 85 – Opioidtoleranz 86 – PFC-Syndrom 299 – Pharmakokinetik 84, 85 – Pharmakokinetik, Neugeborenes 299 – Pharmakologie 230 – Plasmakonzentration 76 – Redistribution 85 – Stick 231 – Thoraxrigidität 85, 299 – Wirkstärke, Neugeborenes 299 – Droperidol 302 – transbukkal 231 Fentanyl + Midazolam, Encephalopathie 299 Fentanyl Lutscher, Indikation 87 Fentanyl transdermal 86, 87 – Anwendung bei Kindern 86 – Pharmakologie 230 – Sichelzellkrise 86 Fentanyl TTS 230, 231 – Umstellung von Morphin 231 Fentanyl-Lutscher, Verbrennung 146 Fentanylpflaster, Indikation in der Kinderonkologie 228 – Todesfälle 231 Fersenstich, EMLA 189 – Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199

Fibromyalgiesyndrom, Cyclobenzaprin 250 – Kriterien 250 – Verhaltenstherapie 250 Filtration, glomeruläre – Frühgeborenes 73 Finnegan-Score, Entzugssyndrom 304 First-pass Effekt, hepatischer – Definition 110 FK506, Onkologie 235 FLACC, Schmerzmessung 52 Fluchtreflex, motorischer 4 Flumazenil, Dosierung 192 Flunarizin Migräneprophylaxe 282 Flupirtin, Spannungskopfschmerz 280 fMRI 12 Formatio reticularis 12 Frakturversorgung, Medikamentenwahl zur Sedierung/ Anästhesie 199 Freie Fettsäuren, Opioidbindung 71 Fremdeinschätzung, Schmerzmessung 63 Funktionsstörung, hepatische – Effekt auf Analgetika 80 Funktionsstörung, renale – Effekt auf Analgetika 80 Furosemid, Status migränosus 279

G GABA, Entwicklung 23 – Neurotransmitter, inhibitorischer 23 – Schmerzhemmung 13 GABA-A-Rezeptor, Baclofen 313 GABA-B-Rezeptor, Baclofen 313 Gabapentin 106, 107 – Epidermolysis bullosa 149 – Indikation in der Kinderonkologie 236

E–G

– Pankreatitis 107 Ganzkörperwaschung, Indikation 331 – Schmerzlinderung 126 gate-control, Physiologie 8, 10 – Schmerzhemmung 13 Gedankenstopp – Bauchschmerz, rezidivierend 264 – Schmerzbewältigung 140 Gegenirritation, Akupunktur 125 – Einreibung 125 – Kryotherapie 125 – Massage 125 – TENS 125 – Thermotherapie 125 – Ultraschall 125 – Vibrationstherapie 125 Gelenkschmerz, Differenzialdiagnose 41 Genexpression 20 – veränderte 7, 9 Gesichterskala, Bieri 55 – Cartoon 55 – Oucher scale 55 – Smiley Analogskala 55 – Voraussetzungen 55 Gesichtsschmerz, Differenzialdiagnose 37 Gestationsalter, Morphinclearance 77 Gewebemediator, Nocizeptor 5 Gewebeverletzung, Sensitivierung 6 Gingicain D, Lokalanästhesie 161 Gingivahyperplasie – Ursachen, medikamentöse 322 Gingivitis Chlorhexidin 322 – Kamillosan 322 – Wasserstoffperoxid 322 Gingivostomatitis herpetica, Aciclovir 323 – Therapie 323 Glucocorticosteroid, Adjuvanz 106 – Indikation 106

406

Glucoseanalgesie, Augenuntersuchung 189 Glucuronisierung, Frühgeborenes 73 – Opioidmetabolismus 73 Glutamat, Neurotransmitter 9 – Neurotransmitter 21 Glutaminsubstitution, Mukositis 239 Glutathion, Paracetamol 95 Glykoprotein, saures α1 – Opioidbindung 71 Gruppentraining – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Guanethidin, SMP 7 Guillain-Barré-Syndrom, Analgesie 148 Gyrus cinguli 20

H Habituation, Schmerzbewältigung 138 Hackenfuß, Mehrfachbehinderter 316 Halbwertszeit, kontextsensitive – Definition 109 – Fentanyl 85 Halluzination, Opioid-assoziiert 235 – Pentazocin 93 Hals- und Mundschmerz, Homöopathikum 342 Handauflegen – Wirkung, positive 295 Handhalten, Schmerzlinderung 127 Handling beim Neugeborenen, Stress 294 Handtemperaturerwärmungstraining, Kopfschmerz 284 Harnblasenkrampf, Medikamentenwahl 208 Harnverhalt, Carbachol 233 – Morphin 77 – Opioid-assoziiert 234

– Therapie 233 Hautbiopsie, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Hautdurchblutung, Schmerz 293 Hautkontakt beim Neugeborenen, Analgesie 295 Headache Diary – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 62 Head-Zone 33 – Pathophysiologie 8 Helicobacter pylori – Bauchschmerz, rezidivierender 260 Hemiplegie, alternierende kindliche 280, 282 Herpes zoster, EMLA 235 Hintergrundschmerz, Verbrennung 144 Hinterhorn 8 Hirndruck, Ketamin 198 Hirnödem, Dexamethason 106 Hirnregion S 11 Histaminfreisetzung, Morphin 79 Höhlengrau, zentrales 13 Homunkulus 11 Hot-plate-Test 23 Hüftkopfresektion, intertrochantäre 316 Hydromorphon 81, 82 – Dosierung 225 – Indikation in der Kinderonkologie 228 – Pharmakologie 81, 229 – Plasmakonzentration 76 Hydromorphon, retardiert – Dosierung 226 Hydromorphon-3-Glucuronid 82 Hydrotherapie, Schmerzlinderung 126 Hydroxyäthylstärke, Dosierung 192 Hydroxychloroquin – Arthritis, juvenile rheumatische 252 Hyperalgesie 6, 6, 10, 26 – Definition 24, 34

Hyperbilirubinämie, Fentanyl 86 Hyperinnervation, Neugeborenes 26 Hyperkoagulabilität, Schmerz 293 Hypermetabolismus, Schmerz 293 Hypermobilitätsschmerz 250 Hyperpathie, Definition 34 Hypersalivation, Ketamin 198 Hyperthermie, maligne – Succinylcholin 303 Hypnose, Schmerzlinderung 127 Hypoalgesie, Definition 34 – Nervenläsion 10 Hypotension, Fentanyl 86 – Kodein 80 Hypoxie – Arzneimittelmetabolismus, hepatischer 73

I i.m. Injektion, EMLA 159 – Schmerzminimierung 162 i.m. Injektion, Neugeborenes – EMLA 296 IBCS, Schmerzmessung 52 Ibuprofen – Analgesie, postoperative 207 – Analgesie, präoperative 206 – antipyretischer Effekt 99 – Arthritis, juvenile rheumatische 252 – Bilirubin 297 – Bioverfügbarkeit 99 – Blutung, gastrointestinale 100 – chronische juvenile Arthritis 100 – Dosierung 222 – Dosierung bei Kopfschmerz 275 – Kopfschmerz 275 – Metabolismus 99 – Migräne 278 – Nebenwirkungen 100 – Neugeborenes 297

407 Stichwortverzeichnis

– PDA 99 – Pharmakokinetik 96, 100 – Pharmakologie 223 – versus Paracetamol 108 – Wirkstärke 99 iGluR 21 IHS-Kriterien, Kopfschmerz 271 Ilioinguinalisblock, Technik 171 Imagination, Schmerzbewältigung 140 – Schmerzlinderung 127 Imaginationsverfahren, Kopfschmerz 284 Imidazolrezeptor, Clonidin 104 Imipramin, Indikation 105 immediate early gene 20 Immunzelle, Opioidpeptid 14 Impfung, EMLA 160 Impfung, Säugling – EMLA 296 Indomethacin 99 – Arthritis, juvenile rheumatische 252 – Cyclooxygenase 98 – Dosierung 222 – Entzündungshemmung 98 – Leukotrien 98 – Lipooxygenase 98 – PDA 98 – Pharmakologie 98, 223 Infektanfälligkeit, Schmerz 293 Infiltrationsanästhesie – Bupivacain 190, 210 – Lidocain 190 – Medikamentenwahl 190 – Mepivacain 190 – Nebenwirkungen bei Neugeborenen 189 – Prozedur, schmerzhafte 189 – Ropivacain 210 Injektionstechnik, Schmerzminimierung 163 Interaktion, soziale – Stress beim Neugeborenen 294 Interneuron, Schmerzhemmung 13 Intervention, psychologische – Schmerzbewältigung 136

Intrusion, Zahn – Definition 324 Intubation – Atropin 303 – Etomidat 303 – Fentanyl 303 – Midazolam 303 – Morphin 303 – Succinylcholin 303 – Vecuroniumbromid 303 Intubation, elektive – Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Intubationsmedikation 303 Ionenkanal, ligandengesteuert 21 Ionenkanal, postsynaptisch 9 Iontophorese, Lokalanästhesie 162 Ischiadikusblock, Technik 173

J Juckreiz, Clemastin 233 – EMLA 146 – Morphin 77 – Opioid-assoziiert 234 – Therapie 233 – Verbrennung 146 Juckreiz, opioidinduzierter – Naloxon 94

K Kälterezeptor 4 Kalzium 26 Kamillosan, Gingivitis 322 κ-Rezeptor, Verteilung 70 Karies, Therapie 321 Kariesschmerz, Pathophysiologie 320 Katabolismus, Schmerz 293 Katheter, epiduraler – Flußschema bei Komplikationen 180

G–K

Kaudalanästhesie, Adrenalinzusatz 176 Kausalgie 7, 33, 176 ff. – Bupivacain 176, 210 – Clonidin 210 – Fentanyl 211 – Ketamin 176 – Komedikation 177 – Komplikationen 177 – Medikamentenwahl 175 – Morphin 211 – Ropivacain 176 – S-Ketamin 210 – Sufentanil 211 – Technik 34, 174, 175 Kawasaki-Syndrom, ASS 224 Ketamin 107 – Analgosedierung 108, 304 – Applikationsmodus 198 – Atemdepression 198 – Bronchodilatation 198 – Dosierung 198 – Dysphorie 108 – Hirndruck 198 – Hypersalivation 198 – Indikation in der Kinderonkologie 236 – Kaudalanästhesie 176 – Kombination mit Midazolam 108 – Kontraindikation 198 – Midazolam 198 – Nebenwirkungen 108 – Neugeborenes 107, 198 – NMDA-Rezeptor 107 – Pharmakologie 107, 198 – psychomimetische Reaktion 198 – Sedierung, tiefe 198 Ketoprofen, Dosierung bei Kopfschmerz 275 – Migräne 278 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 Ketorolac 102 – Analgesie, postoperative 102 – Blutung, postoperative 98 – Nachblutungen nach Tonsillektomie 102

408

– Säuglinge 102 Kinase, Sensitivierung 6 Kniegelenkrekurvation, Mehrfachbehinderter 316 Knochenmarkpunktion, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 – Onkologie 240 Knochenmarkschädigung, Metamizol 223 Knochenmetastase, Biphosphonat 239 – MIBG 239 – Pamidronat 106 – Strahlentherapie 239 Knochennekrose, Pamidronat 239 Koanalgetikum – Analgesie, postoperativ 212 Kodein 79 ff. – analgetischer Effekt 80 – Antihistaminikum 81 – antitussiver Effekt 80 – Atemdepression 80 – CYP2D6-Aktivität 80 – Dosierung 225 – Hypotension 80 – Kombination mit Paracetamol 81 – Neugeborenes 81 Kodein-6-Glucuronid 79 Kognitiv-behaviorale Therapie, Kopfschmerz 286 Kolik, Butylscopolamin 208 Koloskopie, Propofol 197 Komedikation, Analgesie 233 – Kaudalanästhesie 177 – Paracetamol 97 Kommandoatmung, Atemdepression 235 Komplexes regionales Schmerzsyndrom 7 Kompresse, Auswahl 331 Konditionierung auf den Schuß, Piritramid 229 Konjugation, hepatische – Definition 110 Konkussion, Zahn – Definition 324

Kontinuierliche vs. intermittierende Opioidgabe, Entzugssyndrom 86 Kontrolle, kognitive – Schmerzbewältigung 140 Konvergenz, Physiologie 8 Konvergenzprinzip 32 Kopfschmerz, analgetikainduzierter 281 – Auslöser 273 – Autogenes Training 284 – Biofeedback 140, 284 – Celecoxib 276 – Differenzialdiagnose 37 – EEG-Biofeedback 284, 285 – Fehlokklusion 273 – Handtemperaturerwärmungstraining 284 – hereditäre Faktoren 274 – Homöopathikum 339 – Ibuprofen 275 – IHS-Kriterien 271 – Imaginationsverfahren 284 – Klassifikation 272 – Kognitiv-behaviorale Therapie 286 – Kosten 274 – Modelllernen 274 – Neurofeedback 285 – Neuropeptid 6 – Opioid 277 – Paracetamol 275 – Pathophysiologie 271 – PCA 276 – Prävalenz 270 – Progressive Muskelrelaxation 283 – psychologische Interventionen 283 – Psychopathologie 274 – Rofecoxib 276 – sozioökonomische Auswirkungen 274 – Valdecoxib 276 – Vasokonstriktionsfeedback 285 – Verhaltenstherapie 283 Kopfschmerz, primärer – Psychopathologie 273 – Stufenplan 277

– Therapierichtlinien 277 Kopfschmerzdiagnostik 271 Kopfschmerzkalender 286 Kopfschmerzprophylaxe 281 Kopfschmerztagebuch 59 – Kopiervorlage 379 Kopfschmerztagebuch für Kinder – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensionale 62 Körpersprache, Schmerzindikator 123 Kortex, somatosensorischer 11, 12, 20 Krankengymnastik – Schmerz, muskuloskelettaler 252 Kryotherapie, Gegenirritation 125 KUSS, Kopiervorlage 374 – Schmerz, postoperativer 54 – Schmerzmessung 52 – Schmerzmessung im Säuglingsalter 54

L Lagerung beim Neugeborenen, Analgesie 295 Lagerungsverfahren, Schmerzlinderung 126 Laktoseintoleranz – Bauchschmerz, rezidivierend 59 Laktulose – Bauchschmerz, rezidivierend 264 – Obstipation 233 Lancettenpunktion, Neugeborenes – EMLA 296 – Lidocain 296 Langzeitpotenzierung 26 Lebensendphase, Analgesie 240 Leberpunktion, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199

409 Stichwortverzeichnis

Lebertoxizität, Paracetamol 95, 222 Leu-Enkephalin – Opioid, endogenes 23 Leukotrien, Indomethacin 98 – NSAID 98 Levomethadon, Dosierung 226 – Indikation 83 – Indikation in der Kinderonkologie 228 – Pharmakologie 82, 230 Levopromazin – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 Lidocain, Dosierungsempfehlung Lokalanästhesie 189 – Infiltrationsanästhesie 190 – intravenös 235, 239 – Lancettenpunktion, Neugeborenes 296 – Lumbalpunktion, Neugeborenes 296 – Neuroblastom 239 – Schmerz, neuropathischer 235 Lidoderm Patch, Allodynie 212 Limbisches System 12 Lipooxygenase, Indomethacin 98 Lippenläsion 325 Locus coeruleus, Schmerzhemmung 13 Lokalanästhesie, Amethocain-Gel 160 – Ametop 160 – Augenuntersuchung 189 – Bupivacain 169 – Chlorethan 162 – Eisspray 162 – ELA-Max 161 – Gingicain D 161 – Iontophorese 162 – physiologische Grundlagen 168 – Prozedur, schmerzhafte 188 – Pulpitis 321 – Ropivacain 169 Lokalanästhetikum, Axonreflex 6

Lorazepam, Indikation in der Kinderonkologie 237 – Migräne 278 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 L-Polamidon 82 Lumbalpunktion – EMLA 160 – Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 – Onkologie 240 Lumbalpunktion, Neugeborenes – EMLA 296 – Lidocain 296 Lungengefäßwiderstand, Fentanyl 299 Lungenödem, cardiogenes – Morphin 78 Luxation, Zahn – Definition 324 Lysinacetylsalicylat – Dosierung bei Kopfschmerz 276 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 – Reye-Syndrom 278 Lytischer Cocktail – Chlormethazin 91 – Pethidin 91 – Promethazin 91

M M. Fabry, Analgesie 148 – Enzymersatztherapie 149 M. Meulengracht, Propacetamol 97 Magenentleerungsstörung, Sedierung 192 Magnesiumsulfat, Status migränosus 279 Makrogel 3350, Obstipation 233 Malzbonbon, Aphte 323 Manuelle Medizin – Schmerz, muskuloskelettaler 253 MAO-Hemmer, Pethidin 230

K–M

Massage, Gegenirritation 125 Maßnahmen, psychologische – Schmerzbewältigung 139 MAX, Schmerzmessung 51 McGill Pain Questionnaire für Kinder – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 61 McGill Pain Questionnaire 12 Mechanorezeptor, Meissnerkörperchen 3 – Merkelkörperchen 3 – Pacinikörperchen 3 – Ruffinikörperchen 3 Medikamentenentzug, Clonidin 104 Mehrfachbehinderter, Adduktorentenotomie 316 – Analgesie nach orthopädischem Eingriff 313 – Analgesie, nichtmedikamentöse 312 – Analgesie, operative 315 – Baclofen, intrathekal 313 – Hackenfuß 316 – Kniegelenkrekurvation 316 – Nierenstein 310 – Ratingskala 311, 312 – Refluxkrankheit 310 – Schmerzfremdeinschätzung 312 – Schmerzindikator 314 – Schmerzmeßinstrument, individualisiertes 314 – Schmerzmessung 310 – Schmerzursachen 311 – Sehnenverlängerung 316 – Skoliose 316 – Umstellungsosteotomie 316 – Zahnbehandlung 321 – Zahnschmerz 321 – Botulinum-Toxin A 315 Meissnerkörperchen, Mechanorezeptor 3 Meloxicam, COX-II-Hemmer 102 Mepivacain, Dosierungsempfehlung Lokalanästhesie 189 – Infiltrationsanästhesie 190

410

Merkelkörperchen, Mechanorezeptor 3 Metamizol 103, 104 – Agranulozytose 104 – Analgesie, postoperative 207 – Asthma 223 – Cyclosporin 223 – Dosierung 222 – Dosierung bei Kopfschmerz 275, 276 – Knochenmarkschädigung 223 – Kreislaufschock 223 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 – Neuroblastom 239 – Pharmakologie 223 – Pyrazolon 103 Met-Enkephalin 23 Methadon 82, 83 – Morphinabsetzschema 302 – Pharmakokinetik 82 Methämoglobin, EMLA 159, 210 Methämoglobin, Neugeborenes – EMLA 296 Methotrexat – Arthritis, juvenile rheumatische 252 Methotrexat, Interaktion – NSAID 98 Methylmorphon, Pharmakologie 79 Methylphenidat, Müdigkeit 233 Metoclopramid – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 mGluR 21 – Adenylatcyclase 22 – Entwicklung 22 MIBG, Knochenmetastase 239 Midazolam 193, 196 – Entzugssyndrom 304 – Fentanyl 85 – Indikation in der Kinderonkologie 237 – Intubation 303 – Ketamin 198 – Sedierung, leichte 193 – Analgosedierung 304 Midazolamabsetzschema 302

Midazolamentzug, Clonidin 304 Migräne, Akupressur 277 – Akutbehandlung 279 – ASS 278 – COX-Hemmer 280 – Diazepam 278 – Domperidon 277 – Eletriptan 280 – Entspannung 277 – Eskalationsplan 277 – Ibuprofen 278 – Ketoprofen 278 – Lorazepam 278 – Öle, ätherische 277 – Paracetamol 278 – Parecoxib 280 – Rizatriptan 280 – Stratified care 279 – Sumatriptan 278, 279 – Sumatriptan Nasenspray 280 – Therapie 277 – Triptan 279 – Valdecoxib 280 – Zolmitriptan 280 Migräneattacke, Notfalltherapie – Diazepam 278 – Ketoprofen 278 – Levopromazin 278 – Lorazepam 278 – Lysinacetylsalicylat 278 – Metamizol 278 – Metoclopramid 278 – Paracetamol 278 – Parecoxib 278 – Sumatriptan 278 Migräneprophylaxe – Amitriptylin 282 – ASS 282 – Betablocker 282 – Cyclandelat 282 – Flunarizin 282 – medikamentöse 281, 282 – Valproinsäure 282 Migränetagebuch 59 Migränetagebuch für Kinder – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensionale 62 Milchanalgesie, Neugeborenes 295

Milchzahntrauma 324 Mimik, Schmerzindikator 123 Mimik, Neugeborenes – Schmerz 293 Minimal handling 46, 125 MIPS, Schmerzmessung 50 Misoprostol, Ulkusprophylaxe 235 Mobilisation, Schmerzlinderung 126 Moclebemid, Pethidin 230 Modelling, Schmerzbewältigung 140 Modelllernen, Kopfschmerz 274 Monoamin, Neurotransmitter 23 Morphin 74 ff. – Abhängigkeit, physische 78 – Analgosedierung 304 – Atemdepression 78 – Bronchokonstriktion 77 – Dosierung 209, 208, 225, 298 – Dosierung, Neugeborenes 298 – Erbrechen 77 – first-pass Effekt 74 – Harnretention 77 – Hautjucken 77 – Histaminfreisetzung 79 – Indikation in der Kinderonkologie 228 – Interaktion mit Cimetidin 229 – Kaudalanästhesie 211 – Lungenödem, cardiogenes 78 – Muskelrigidität 78 – Nebenwirkungen 77 – Nebenwirkungen, Neugeborenes 297 – Obstipation 77 – Periduralanästhesie 211 – Pharmakodynamik, Neugeborenes 297 – Pharmakokinetik, Neugeborenes 298 – Pharmakologie 74, 229 – Retardgranulat 229

411 Stichwortverzeichnis

– retardiertes Präparat 74 – Toleranzentwicklung, Neugeborenes 298 – Übelkeit 77 – Umstellung auf Fentanyl TTS 231 – Wirkprofil, altersabhängiges 298 – Intubation 303 Morphin, retardiert – Dosierung 226 Morphin-3-Glucuronid – Auscheidung, renale 73 – Clearance, renale 77 – Frühgeborenes 75 – Myoklonie 77 – Wirkprofil 75 – Wirkung, Neugeborenes 297 Morphin-3-Glucuronid/Morphin Ratio 145 Morphin-6-Glucuronid – Clearance, renale 77 – Frühgeborenes 75, 297 – Opioidmetabolismus 73 – Wirkprofil 75 – Wirkung, Neugeborenes 297 Morphinabsetzschema – Clonidin 302 – Diazepam 302 – Methadon 302 – Phenobarbital 302 Morphinclearance – Blutfluss, hepatischer 77 – Gestationsalter 77 Morphineliminationshalbwertszeit, Alter 77 Morphinentzug, Clonidin 304 Morphinmetabolismus, Niereninsuffizienz 77 Morphinnebenwirkungen, Benzodiazepine 78 – Frühgeborenes 78 Morphin-PCA, Neuroblastom 239 Morphinpharmakokinetik, postcardiochirurgische 77 Morphin, Dosierung bei Kopfschmerz 277

MRT, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 – Propofol 197 MSPCT, Schmerzselbsteinschätzung 57 Müdigkeit,Therapie 233 Mukositis, Chlorhexidin 239 – Glutaminsubstitution 239 – Kochsalzspülung 239 – Opioidanalgesie 239 Mundinfektion, viral – Analgesie 147 Mundpflege, naturheilkundliche – Chemotherapie 336 – nach Symptom 333, 335 Mundspülung, naturheilkundliche 334 Mundtrockenheit, Clonidin 105 Musik beim Neugeborenen, Analgesie 295 Muskelentspannung, progressive – Schmerzbewältigung 140 Muskelläsion, Succinylcholin 303 Muskel-PE, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Muskelrigidität, Alfentanil 88 – Morphin 78 – Opioid 74 Muskelschmerz, Differenzialdiagnose 41 µ1-Rezeptor, Analgesie 297 – vermittelte Wirkung 70 µ2-Rezeptor, Atemdepression 297 – vermittelte Wirkung 70 Myelin 4 Myoklonie, Morphin-3-Glucuronid 77 µ-Rezeptor, Verteilung 14, 70

N Nabelkolik, Definition 149 NABQUI, Paracetamol 222 Nadelstich, EMLA 159

M–N

Nähe, körperliche – Schmerzlinderung 127 Nahrungskarenz, Sedierung 192 Nalbuphin – Ceilingeffekt 94 – Dosierung bei Kopfschmerz 277 – Kombination mit Fentanyl 94 – Pharmakokinetik 82 Naloxon 94 – Dosierung 192 – First-pass Effekt 94 – niedrigst dosiert 94 – Opioidantagonist 94 – Pruritus, opioidinduzierter 94 Naproxen 101, 102 – Analgesie, postoperative 101 – Arthritis, juvenile rheumatische 252 – Dosierung 222 – Dosierung bei Kopfschmerz 275 – Nephritis, interstitielle 102 – Nierenversagen 102 – Onkologie 101 – Pharmakologie 102, 223 Natriumbicarbonat, Dosierung 192 Natriumpicosulfat, Obstipation 233 NC-CPC-R, Schmerzmessung bei Retardierung 64 Neostigmin, Obstipation 232 Nephritis, interstitielle – Naproxen 102 Nerve growth factor 7 Nervenbahn, deszendierende 8 Nervenblock – perioperativer 210 – peripherer 170 Nervenendigung, Anatomie 5 Nervenfaser – A-α 4 – A-β 4 – Adaptation 5 – A-δ 4 – A-γ 4 –B 4 – Bradykinin 5

412

–C 4 – capscaicinsensitive 5 – periphere 3 – Prostaglandin 6 – Protonen 5 – sensorische 3, 4 – BDNF 10 – Folgen 10 – Hypoalgesie 10 – NGF 10 – trophische Veränderung 10 – Wachstumsfaktor 10 Nervenstimulation, antidrome 6 Nervensystem, sensibles – Entwicklung 19 Neuralgie; postherpetische 7, 235 Neuroblastom, Anti-DG2-AK 239 – Lidocain 239 – Metamizol 239 – Morphin-PCA 239 Neurofeedback, Kopfschmerz 285 Neurokinin A, Entwicklung 22 Neuroleptikum, Adjuvanz 105 Neurom, neuropathischer Schmerz 7 Neuropathischer Schmerz, Amputation 7 – Neurom 7 Neuropeptid – Arthritis 6 – Entzündungsverstärkung 6 – Kopfschmerz 6 – Synapse 8 Neuroplastizität 10 – Amputation 12 – kortikale 12 Neurotransmitter 8 – Aspartat 9 – exzitatorischer 21 – Glutamat 9, 21 – inhibitorischer 23 – Monoamin 23 – Noradrenalin 13 – Serotonin 13 Neurotransmitter, inhibitorischer – GABA 23

Neurotransmittersystem, Entwicklung 21 NFCS, Schmerzmessung 51 NGF, 7 – Nervenläsion 10 Nichtopioid-Analgeticum, orales – Dosierung 207 Nieren-/Blasenschmerz, Homöopathikum 345 Nierenfunktionseinschränkung, COX-I 98 Niereninsuffizienz, Morphinmetabolismus 77 Nierenpapillennekrose, NSAID + Paracetamol 103 Nierenstein, Mehrfachbehinderter 310 Nierenversagen, Naproxen 102 Nimesulid, COX-II-Hemmer 102 NIPS – Kopiervorlage 372 – Schmerzmessung 49 – Schmerzskala 48 Nitroglycerin, EMLA 296 Nitroprussid, EMLA 296 NMDAR, Capscaicin 22 NMDA-Rezeptor 21 – Entwicklung 22 – Ketamin 107 – Paracetamol 95 – Physiologie 9 – wind-up 10 Nocizeptor 4 – Entwicklung 19 – Adaptation 5 – Calziumionenkanal 5 – Gewebemediator 5 – polymodaler 4 – primärer afferenter 32 – Prostaglandin E2 25 – Rekrutierung 5 – schlafend 5,6, 32 – stummer 5 – Transduktion 5 – Vanilloidrezeptor 5 – viszeraler 5 – VR1 5

NOPAIN-Studie 294, 298, 300 – kritische Wertung 301 Noradrenalin 24 – Neurotransmitter 13 Nor-Buprenorphin 94 Nor-Fentanyl 84 Norketamin 107 Nor-Oxycodon 81 Nor-Pethidin 91 – Akkumulation 92 – Atemdepression 92 – eingeschränkte Nierenfunktion 92 Notfallintubation, schnelle 303 Notfallkarte, Sedierung 192 Nozizeption 2 NRS, Schmerzselbsteinschätzung 56 NSAID 95, 97, 223 – Blutung, nach Tonsillektomie 98 – Blutung, postoperative 98 – Bronchokonstriktion 98 – Cyclooxygenase 98 – Differenzialindikation 98 – Kombination mit Paracetamol 103 – Leukotrien 98 – Methotrexat, Interaktion 98 – Pharmakodynamik 98 – Schmerz, muskuloskelettaler 251 – Wirkstärke 98 NSAID + Paracetamol, Nierenpapillennekrose 103 Nüchternheitsregel, präoperativ 192 Nucleus raphe magnus, Schmerzhemmung 13

O Oberflächenanästhesie, EMLA 210 Observer bias, Schmerzfremdeinschätzung 64

413 Stichwortverzeichnis

Obstipation, Bisacodyl 233 – Dexpanthenol 232 – Laktulose 233 – Makrogel 3350 233 – Morphin 77 – Natriumpicosulfat 233 – Neostigmin 232 – Opioid-assoziiert 232 – Prophylaxe 232 – Prophylaxe/Therapie 233 O-Desmethyl-Tramadol 93 Ohrenschmerz, Homöopathikum 341 Öle, ätherische – Migräne 277 Omphalozele – Blutfluss, hepatischer 73 Ondansetron, Übelkeit 233 Opiat, Definition 73 Opioid, Äquianalgetische Dosis 225, 226, 227 – Beatmung, Neugeborenes 297 – ECMO 297 – Goldstandard 224 – Harnverhalt 234 – Indikation, Neugeborenes 297 – Juckreiz 234 – Kopfschmerz 277 – Muskelrigidität 74 – Pharmakodynamik, Neugeborenes 297 – Sphincter odii Spasmus 232 – Sterbebegleitung 297 – Thoraxrigidität 74 Opioid, endogenes – β-Endorphin 23 – Dynorphin 23 – Entwicklung 23 – Leu-Enkephalin 23 – Met-Enkephalin 23 Opioid, starkes – Differenzialindikation 228 Opioid-Agonist, Definition 74 Opioid-Agonist-Antagonist, Anwendung bei Drogenabhängigen 93 – Ceiling-Effekt 74 – Interaktion mit narkotischen Analgetika 93

– Wirkmechanismus 93 Opioidanalgesie, Mukositis 239 Opioidantagonist, Definition 74 – Naloxon 94 Opioidbindung, Bilirubin 71 – freie Fettsäuren 71 – Glykoprotein, saures α1 71 Opioidclearance, Lebensalter 73 Opioidmetabolismus, Glucuronisierung 73 – Morphin-6-Glucuronid 73 – Phase-II-Reaktion 73 – Phase-I-Reaktion 73 – Sulfatierung 73 Opioidpeptid, Immunzelle 14 – körpereigenes 14 Opioidrezeptor, δ 14 – Downregulation 86 – κ 14 – µ 14 – Verteilung 14, 70 Opioidspareffekt, Clonidin 104 Opioidsystem, endogenes 70 – körpereigenes 14 Opioidtherapie – Nebenwirkungen, Minimierung 232 – Ulkusprophylaxe 235 Opioidtherapie i.v., Steuerung 228 Opioidtherapie p.o., Steuerung 228 Opioidtherapiebeendigung, Beispielrechnung 228 Opioidtoleranz, Fentanyl 86 Opioidwechsel, Beispielrechnung 228 – Nebenwirkungen, Minimierung 232 OPS, Schmerzmessung 49 Ösophagogastroskopie, Propofol 197 Osteogenesis imperfecta, Analgesie 148 – Biphosphonat 148 – Pamidronat 106 – Pamidronat 148

N–P

Osteoporose, Analgesie 148 – Pamidronat 106, 239 Otitis media, Analgesie 147 Oucher scale, Gesichterskala 55 – Schmerzselbsteinschätzung 57 Ovulationshemmung, COX-IIHemmer 102 Oxybuprocain, Augenuntersuchung 189 Oxycodon, Bioverfügbarkeit 81 – Indikation 81, 230 – Nebenwirkungen 230 – Pharmakokinetik 82 – Pharmakologie 81, 229 – retardiertes Präparat 81 – Tumorschmerz 81 – Indikation in der Kinderonkologie 228 Oxycodon, retardiert – Dosierung 226

P Pacinikörperchen, Mechanorezeptor 3 Pain Diary – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 62 Pain Scale, Schmerzfremdeinschätzung 63 Pamidronat 106 – Indikation in der Kinderonkologie 236 – Knochenmetastasen 106 – Knochennekrose 239 – Osteogenesis imperfecta 106, 148 – Osteoporose 106, 239 Pankreatitis, Gabapentin 107 Paracentese, Diclofenac 101 Paracetamol, (=Acetaminophen) 95 – Analgesie, postoperative 207 – Analgesie, präoperative 206 – analgetischer Effekt 95 – antipyretischer Effekt 95 – Begleiterkrankungen 97

414

– CYP2E1 223 – Dosierung 95, 222 – Dosierung bei Kopfschmerz 275, 275, 276 – Dosierung Neugeborenes 296 – EMLA 296 – Glutathion 95 – Indikation 95 – Komedikation 97 – Kontrollen bei Langzeittherapie 223 – Kopfschmerz 275 – Lebertoxizität 95, 222 – Medikamenteninteraktion 222 – Metabolismus 95 – Metabolismus beim Neugeborenen 95 – Migräne 278 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 – NABQUI 222 – Nebenwirkungen 97 – Neugeborenes 95 – NMDA-Rezeptor 95 – Onkologie 221 – Pharmakokinetik 95, 96 – Pharmakologie 221 – Plasmakonzentration 76, 95 – Prodrug 97 – Substanz P 95 – Thrombozytenaggregation 95 – Toxizität 95 – Toxizität beim Neugeborenen 95 – Vakuumextraktion 95 – Wirksamkeit beim Neugeborenen 296 – Wirkstärke 95 Parästhesie, Definition 34 Parecoxib – Analgesie, postoperative 207 – Migräne 280 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 Parodontitis 322 Parodontopathie 322 PAT, Schmerzmessung 50 Patelloforme Dysfunktion 250

Patientenkontrollierte Analgesie, Verbrennung 146 Patientenkontrollierte Periduralanästhesie, (=PCEA) 212 PCA, (=Patientenkontrollierte Analgesie) 206 – Akutschmerzdienst 206, 212 – Dosierung 209, 240 – Eignung 206 – Kopfschmerz 276 PCEA, (=patientenkontrollierte Periduralanästhesie) 212 – Ropivacain 179, 212 – Sufentanil 212 PCQ, Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 59, 60 PCT Poker Chip Tool, Schmerzselbsteinschätzung 56 PDA, Ibuprofen 99 – Indomethacin 98 Peniswurzelblock, Technik 171 Pentazocin, Bioverfügbarkeit 93 – Halluzination 93 – Metabolismus 93 – Nebenwirkungen 93 – Pharmakokinetik 82 – Wirkstärke 93 PEPP – Schmerz, postoperativer 54 PEPPS, Schmerzmessung 50 Perception 2 Periduralanästhesie, Bupivacain 211 – Morphin 211 – Ropivacain 211 – Sufentanil 212 Persönlichkeitsmerkmal, Kinderkrankenschwester – Schmerzrating 123 Perzeption, Physiologie 12 Petechien, EMLA 296 Pethidin 91 – cerebraler Blutfluß 92 – Dosierung 225 – Dosierung bei Kopfschmerz 277 – eingeschränkte Nierenfunktion 92 – enterohepatischer Kreislauf 91

– Frühgeborenes 92 – Indikation in der Kinderonkologie 228 – Kardiodepression 230 – Krampfanfall, cerebraler 230 – lytischer Cocktail 91 – MAO-Hemmer 230 – Metabolismus, Neugeborenes 91 – Moclebemid 230 – Nebenwirkungen 92 – Neugeborenes 108, 299 – Pharmakokinetik 82, 92 – Pharmakologie 230 – Plasmakonzentration 76 – Tranylcypromin 230 – ZNS-Nebenwirkungen bei Frühgeborenen 92 PET-Scan 12 PFC-Syndrom, Fentanyl 299 Pflege, schmerzhafte 124 Pflegekonzept, schmerzpräventives 125 Pflegemaßnahmen beim Neugeborenen, Stress 294 Phantasiereise, Bauchschmerz, rezidivierend 264 Phantomschmerz 7 Pharyngitis, Analgesie 147 Phase-II-Reaktion, Opioidmetabolismus 73 Phase-I-Reaktion, Definition 109 – Opioidmetabolismus 73 Phenobarbital, Morphinabsetzschema 302 – Status migränosus 279 Phenytoin, EMLA 296 Phosphorylierung 26 – Sensitivierung 6 Physiologische Parameter, Schmerzindikator 123 Physiotherapie, Sympathische Reflexdystrophie 153 Piperiden, Dosierung 237 PIPP, Schmerzmessung 49 – Schmerzskala 48 Piritramid 90, 91 – Dosierung 208, 209, 225

415 Stichwortverzeichnis

– Dosierung bei Kopfschmerz 277 – Indikation in der Kinderonkologie 228 – Konditionierung auf den Schuß 229 – Mischbarkeit mit Infusionslösungen 229 – Pharmakologie 229 Plasmaeiweißbindung, Analgetika 79 Plastizität, neuronale 8 Pleuradrainage, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Plexus brachialis Block, Technik 171 Postoperative Pain for Parents, Schmerzfremdeinschätzung 63 Posttraumatisches Belastungssyndrom, Analgesie 144 Potenzierung, synaptische 25 PPCI 59 – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 61 Präcurarisierung, Thoraxrigidität 85 Prämedikation, Diamorphin 83 Prävalenz, Kopfschmerz 270 Prednisolon – Arthritis, juvenile rheumatische 252 Prednison – Arthritis, juvenile rheumatische 252 Prilocain – Dosierungsempfehlung Lokalanästhesie 189 Problemlösen – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Prodrug, Paracetamol 97 Prognose, Bauchschmerz, rezidivierend 261 Progressive Muskelrelaxation – Bauchschmerz, rezidivierend 264 – Kopfschmerz 283

Prokinetikum – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Promethazin – Indikation in der Kinderonkologie 237 – lytischer Cocktail 91 Propacetamol 95, 97 – M. Meulengracht 97 Propofol, antiemetische Wirkung 197 – Apnoe 197 – Atropin 197 – Azidose, metabolische 197 – Bradykardie 197 – Dosierung 197 – Eingriff, oraler 197 – Koloskopie 197 – Kontraindikation 197 – Langzeitapplikation 197 – Mischung mit Lidocain 197 – MRT 197 – Ösophagogastroskopie 197 – Sedierung, tiefe 196 Propofol-Infusionssyndrom, Langzeitapplikation 197 Propriozeption 4 Prostaglandin, Nervenfaser 6 Prostaglandin E2, Nocizeptor 25 Prostazyklin, COX-II-Hemmer 102 Proteinbindung 71 – Definition 109 Protokollierung – Sedierung, tiefe 193 Protonen, Nervenfaser 5 Prozedur, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 – Sedierung 190 Prozedur, schmerzhafte – Aufklärung 138 – Bewältigungsplan 138 – Copinganleitung 138 – Infiltrationsanästhesie 189 – Lokalanästhesie 188 – psychologische Hilfe 188 – Schleimhautanästhesie 188 – Unterstützung, soziale 139

P–R

– Vorbereitung, psychologische 137 Pseudocholinesterase 72 psychische Belastung – Bauchschmerz, rezidivierend 260 psychologische Hilfe – Prozedur, schmerzhafte 188 psychologische Interventionen, Kopfschmerz 283 psychomimetische Reaktion, Ketamin 198 Psychopathologie, Kopfschmerz 274 – Kopfschmerz, primärer 273 Psychosoziale Begleitung – Schmerz, muskuloskelettaler 253 Pulpitis, Lokalanästhesie 321 Pulsverlust 35 Purpura, EMLA 296 Purpura fulminans, Analgesie 148 Pyrazolon, Metamizol 103 Qualitätssicherung, Akutschmerzdienst 215

R Ranitidin Ulkusprophylaxe 235 Rapid sequence intubation 303 Ratingskala, Mehrfachbehinderter 311, 312 Ratingskala, eindimensionale – Indikation 55 Ratingskala, graphische – Schmerzselbsteinschätzung 56 Reaktionsmodi, Schmerz 46 Reboxetin 283 Redistribution, Definition 111 – Fentanyl 85 Reflexdystrophie, sympathische 7 – Sympatikusblockade 33 Refluxkrankheit, Mehrfachbehinderter 310

416

Reframing, Schmerzbewältigung 140 Regionalanästhesie, Neugeborenes 296 – perioperativ 181 Regionalanästhesie, Neugeborenes – Bupivacain 296 Reiz 3 Reizkodierung 3 Rekrutierung, Nocizeptor 5 Remifentanil 74, 89, 90 – Bradykardie 90 – Neugeborenes 300 Rexed-Zone 8 Reye-Syndrom, Acetylsalicylsäure 97 – ASS 224 – Lysinacetylsalicylat 278 Rheuma, Cyclophosphamid 252 – Entzündungshemmung 252 – Stammzelltransplantation, autologe 252 Rizatriptan, Migräne 280 Rofecoxib – Analgesie, postoperative 207 – COX-II-Hemmer 102 – Kopfschmerz 276 Rollenspiel – Bauchschmerz, rezidivierend 264 – Schmerzbewältigung 140 Ropivacain, Epiduralanästhesie 179 – Infiltrationsanästhesie 210 – Kaudalanästhesie 176 – Lokalanästhesie 169 – PCEA 179, 212 – Periduralanästhesie 211 Rückenmarkentwicklung, Altersabhängigkeit 167 Rückenschmerz, Differenzialdiagnose 41 Ruffinikörperchen, Mechanorezeptor 3 Ruhigstellung, Schmerzlinderung 126

S Saccharoseanalgesie, Augenuntersuchung 189 Sanfte Pflege, Langzeitfolgen 46 SAS, Schmerzselbsteinschätzung 57 Sauerstoffinhalation, Clusterkopfschmerz 281 Schleimhautanästhesie – Prozedur, schmerzhafte 188 Schmerz Aspekte 2 – Begleiterscheinungen 35 – Bewältigungsverhalten, phasenspezifisches 137 – Copingstrategie 127 – Definition 2 – dumpfer 4 – Hautdurchblutung 293 – Hyperkoagulabilität 293 – Hypermetabolismus 293 – Infektanfälligkeit 293 – Katabolismus 293 – Kontrollmechanismen 13 – langsamer, brennender 4 – Mehrdimensionalität 293 – Mimik, Neugeborenes 293 – neuropathischer 6, 33 – psychisch bedingt 43 – Reaktionsmodi 46 – Schreilatenz 293 – Schutzfunktion 2 – Serumkatecholamine 293 – stechender 4 – stechender, scharfer 4 – Stressantwort 3 – Urinkatecholamine 293 – Vagustonus 293 – Verhalten 293 – viszeraler 5 – Warnfunktion 240, 294 – Wundheilungsverzögerung 293 Schmerz, chronischer – Chaosanalyse 293 – EDIN-Skala 48 Schmerz, muskuloskelettaler – Krankengymnastik 252

– manuelle Medizin 253 – NSAR 251 – psychosoziale Begleitung 253 – Sport 253 – Verhaltenstherapie 253 Schmerz, neuropathischer – Lidocain 235 – Opioid 235 – Therapie 235 Schmerz, postoperativer – KUSS 54 – PEPP 54 – Tramadol 92 Schmerz, tumorassoziierter – DEGR 54 Schmerz, viszeraler – Medikamentenwahl 208 Schmerzanamnese, Fragen 34 – Onkologie 218 – Schmerzauslöser 35 – Schmerzlinderung 36 – Schmerzqualität 34 – systematische 55 Schmerzattacke, einschießend 6 Schmerzaufkleber, Dokumentation 220 Schmerzauslöser, Schmerzanamnese 35 Schmerzbahn 11 Schmerzbeauftragter 215 Schmerzbewältigung – Aufmerksamkeitsablenkung, externale 140 – Aufmerksamkeitsablenkung, internale 140 – Biofeedback 140 – Dimensionen 135 – Gedankenstopp 140 – Habituation 138 – Imagination 140 – Intervention, psychologische 136 – kindliche 134 – Kontrolle, kognitive 140 – Maßnahmen, psychologische 139 – Modelling 140

417 Stichwortverzeichnis

– Muskelentspannung, progressive 140 – Reframing 140 – Rollenspiel 140 – Selbsthypnose 140 – Selbstinstruktion 140 – Selbstverbalisation 140 – Training, autogenes 140 – Umstrukturierung, kognitive 140 Schmerzdiagnose, Kinderkrankenpflege 122 Schmerzdimensionen 55 Schmerzdokumentation 65 Schmerzdokumentationsaufkleber, Kopiervorlage 378 Schmerzdurchbruch, Verbrennung 146 Schmerzerleben, Distress 133 – Einflußfaktoren 133 Schmerzfolgen 2, 3 – Neugeborenes 293 Schmerzfragebogen, Dattelner – Kopiervorlage 350 Schmerzfremdeinschätzung, Mehrfachbehinderter 312 – Observer bias 64 – Pain Scale 63 – Postoperative Pain for Parents 63 Schmerzgedächtnis 10 – Mechanismus 25 – Subtanz P 25 Schmerzhemmung, absteigende 20, 21 – GABA 13 – gate-control 13 – Interneuron 13 – körpereigene 20 – Locus coeruleus 13 – Nucleus raphe magnus 13 – segmentale 13, 20 Schmerzindikator – Körpersprache 123 – Mehrfachbehinderter 314 – Mimik 123 – Physiologische Parameter 123 – Vokalisation 123

Schmerzintensität, empfundene 25 Schmerzkontrolle, periphere 14 – kindliches 133 Schmerzlinderung – Ablenkungsstrategien 126 – Atemtherapie 126 – Bewegungstherapie 126 – Elternanwesenheit 127 – Ganzkörperwaschung 126 – Handhalten 127 – Hydrotherapie 126 – Hypnose 127 – Imagination 127 – Lagerungsverfahren 126 – Mobilisation 126 – Nähe, körperliche 127 – Ruhigstellung 126 – Schmerzanamnese 36 – Teilkörperwaschung 126 Schmerzmessinstrument, Auswahlkriterien 53 Schmerzmeßinstrument, individualisiertes – Mehrfachbehinderter 314 Schmerzmeßskala, Onkologie 219 – BDS 51 – Cartoon-Schmerzgesicht 219 – CHEOPS 52 – COMFORT 50 – CRIES 49 – CSS 51 – DEGR 52 – EDIN-Skala 52 – Entwicklungsretardierung 64 – FLACC 52 – Fremdeinschätzung 63 – IBCS 52 – Kinderkrankenpflege 122 – klinische Relevanz beim Neugeborenen 293 – kulturelles Umfeld 65 – KUSS 52 – MAX 51 – Mehrfachbehinderter 310 – MIPS 50 – multimodale 293 – NFCS 51

R–S

– NIPS 49 – Onkologie 219 – OPS 49 – PAT 50 – PEPPS 50 – PIPP 49 – Sedierungsbogen nach Hartwig 53, 51 – Selbsteinschätzung 54 – Sinn 65 – SUN 50 – TPPPS 51 – VAS 55 – Verbrennung 144 Schmerzmessung bei Retardierung, NC-CPC-R 64 Schmerzmessung im Säuglingsalter, KUSS 54 Schmerzmessung, präverbal – Instrumente 49 Schmerzminimierung, Frühgeborenes 294 – i.m. Injektion 162 – Injektionstechnik 163 Schmerzmittel, adjuvantes 236 Schmerzparameter – hormonell, biochemisch 48 – Neugeborenes 47 – Verhaltensmuster 47 – Vitalparameter 47 Schmerzprojektion 32, 34 Schmerzqualität, Schmerzanamnese 34 Schmerzrating, Frühgeborenes 123 – institutionelle Bedingungen 123 – Neugeborenes 123 – Persönlichkeitsmerkmal Kinderkrankenschwester 123 Schmerzreaktion, Indikatoren 47 – Neugeborenes 46 Schmerzreduktion, verhaltensmedizinische 137 Schmerzreiz, Bahnung 8 Schmerzrepräsentation, kortikale 12

418

Schmerzschwelle, Neugeborenes 19 – zentrale 8 Schmerzselbsteinschätzung, Behaviour Interference Rating Scale 58 – Children‘s Anxiety and Pain Scales 57 – Eland Color Tool 56 – Faces Pain Scale 57 – Facial Affective Scale FAS 57 – MSPCT 57 – NRS 56 – Oucher Scale 57 – PCT Poker Chip Tool 56 – Ratingskala, graphische 56 – SAS 57 – Schmerzzeichnung 58 – TaS 58 – VAS 56 – VRS 56 Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional – APPT 60 – Brief Behavioral Distress Scale 61 – CAMPIS-SF 61 – DSF-KJ 59 – Headache Diary 62 – Kopfschmerztagebuch für Kinder 62 – McGill Pain Questionnaire für Kinder 61 – Migränetagebuch für Kinder 62 – Pain Diary 62 – PCQ 60 – PPCI 61 – SIKI 60 – VT-PPQ 60 Schmerzskala, Neugeborenes 48 – NIPS 48 – PIPP 48 Schmerzsystem, Entwicklung 18 Schmerztagebuch – Bauchschmerz, rezidivierend 263 – Handheld-Computer 59

– Indikation 59 – Onkologie 220 Schmerztagebuch für krebskranke Kinder, Kopiervorlage 380 Schmerztherapie, generelle Regeln 144 Schmerztherapiedokumentation 220 Schmerztherapie-Dokumentationsbogen, Kopiervorlage 375 Schmerztropf 206 Schmerzursache, Identifikation 33 – Mehrfachbehinderter 311 Schmerzverarbeitung, supraspinale – Entwicklung 20 Schmerzverhalten, Entwicklung 18 Schmerzverstärkungssyndrom 249 Schmerzzeichnung, Schmerzselbsteinschätzung 58 Schmerzzentrum, kortikales 10 – subkortikales 10 Schnuller, Analgesie 295 Schreilatenz, Schmerz 293 Schutzfunktion, Schmerz 2 Schwindel, gutartiger paroxysmaler 280 Sedationstiefe, Definition 190 Sedierung, Chloralhydrat 196 – Chlorprothixen 196 – Clonidin 104 – Magenentleerungsstörung 192 – Nahrungskarenz 192 – Notfallkarte 192 – Prozedur 190 – Überwachungsbogen 194 Sedierung, leichte – Midazolam 193 Sedierung, tiefe – Aufklärung 193 – Definition 190 – Entlasskriterien 193 – Ketamin 198 – Propofol 196 – Protokollierung 193

– Voraussetzungen 191 Sedierungsbogen für beatmete Früh-, Neugeborene und Säuglinge, Kopiervorlage 373 Sedierungsbogen nach Hartwig, Schmerzmessung 53, 51 Sedierungstiefe, BIS 54 – Bispektraler Index 54 Sehnenverlängerung, Mehrfachbehinderter 316 Selbstbehauptung – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Selbsteinschätzung, Schmerzmessung 54 Selbsthypnose, Schmerzbewältigung 140 Selbstinstruktion, Schmerzbewältigung 140 Selbstinstruktion, positive – Bauchschmerz, rezidivierend 264 Selbstverbalisation, Schmerzbewältigung 140 Sensibilisierung – periphere 24 – zentrale 20, 24, 71 Sensibilisierung, periphere – Adenosintriphosphat 24 – Bradykinin 24 – Physiologie 24 Sensibilisierung, zentrale – Frühgeborenes 27 – Physiologie 25 Sensibilisierungsmechanismus, Neugeborenes 26 Sensitivierung – Gewebeverletzung 6 – Kinase 6 – periphere 5, 6, 32 – Phosphorylierung 6 – zentrale 9, 10, 9 Sensitivierung, zentrale – Physiologie 9 Serotonin 24 – Neurotransmitter 13 Serumkatecholamine, Schmerz 293

419 Stichwortverzeichnis

Sichelzellkrise, Fentanyl transdermal 86 SIKI – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 60 Silent nociceptor 32 SIP 7 S-Ketamin, Kaudalanästhesie 210 Skoliose, Mehrfachbehinderter 316 Smiley Analogskala, Gesichterskala 55 SMP, Guanethidin 7 – Pathophysiologie 7 Somatotopie, gestörte 26 Spannungskopfschmerz, Flupirtin 281 – Prophylaxe 282 – Therapie 280 Spastik, Baclofen 313 – Botulinum-Toxin A 315 Speichelproduktion, Clonidin 104 Sphincter odii Spasmus, Opioid 232 Sport – Schmerz, muskuloskelettaler 253 Stammzelltransplantation, autologe – Rheuma 252 Status migränosus, Acetazolamid 279 – Dexamethason 279 – Furosemid 279 – Magnesiumsulfat 279 – Phenobarbital 279 – Therapie 279 Sterbebegleitung, Opioid 297 Stimulation – basale 125 – kutane 125 Stimulation, multisensorische – Analgesie 295 Stimulation, taktile beim Neugeborenen – Analgesie 295

Strabismus-OP, Diclofenac 101 Strahlentherapie, Knochenmetastase 239 Stratified care, Migräne 279 Stress, Handling beim Neugeborenen 294 – Pflegemaßnahmen beim Neugeborenen 294 Stress beim Neugeborenen, Basale Stimulation 294 – Interaktion, soziale 294 Stressantwort, Schmerz 3 Struktur, Nalbuphin 94 Stufenplan, Kopfschmerz, primärer 277 Subluxation, Zahn – Definition 324 Substanz P 9, 32 – Botulinum-Toxin A 315 – Capscaicin 6 – Clonidin 104 – Entwicklung 22 – Entzündung 6 – Paracetamol 95 – Schmerzgedächtnis 25 – Wirkmechanismus 25 Succinylcholin, Brandwunde 303 – Dosierung 192 – Hyperthermie, maligne 303 – Intubation 303 – Muskelläsion 303 Sucroseanalgesie, Neugeborenes 295 Sufentanil 74, 88, 89 – Kaudalanästhesie 211 – PCEA 212 – Periduralanästhesie 212 – Pharmakokinetik 84, 89 – Thoraxrigidität 299 Sulfasalazin – Arthritis, juvenile rheumatische 252 Sulfatierung, Opioidmetabolismus 73 Sulfonamid, EMLA 296 Sumatriptan, Clusterkopfschmerz 281 – Dosierung 280

S–T

– Migräne 278, 279 – Migräneattacke, Notfalltherapie 278 – subcutan 280 Sumatriptan Nasenspray, Migräne 280 SUN, Schmerzmessung 50 Süßanalgesie, kritische Wertung 301 – Neugeborenes 295 Sympathetically independent pain 7 Sympathetically maintained pain, Pathophysiologie 7 Sympathikusblockade, Sympathische Reflexdystrophie 154 Sympathische Reflexdystrophie, Complex regional pain syndrome 152 – Physiotherapie 153 – Sympathikusblockade 154 – Symptomatik 153 – Therapie 153 Sympatikusblockade, Reflexdystrophie 33 Synapse, Neuropeptid 8 – stumme 22 Synaptogenese 19 System, laterales 11 – mediales 11, 12

T Tachykinin, Entwicklung 22 TaS, Schmerzselbsteinschätzung 58 Technik – Femoralisblock 172 – Ilioinguinalisblock 171 – Ischiadikusblock 173 – Kaudalanästhesie 174 – Kaudalpunktion 175 – Peniswurzelblock 171 – Plexus brachialis Block 171 Teilkörperwaschung, Schmerzlinderung 126

420

TENS, Analgesie, postoperativ 212 – Gegenirritation 125 – Kontraindikation 21 – Mechanismus 20 – Wirkmechanismus 10, 13 Tetanusprophylaxe, Zahnreimplantation 325 Thalamus 11, 12, 20 Thebain 93 Therapieprinzipien in der Kinderonkologie, Analgesie 220 Therapierichtlinien – Kopfschmerz, primärer 277 Thermonocizeptor 4 Thermorezeptor 3 – A-α Nervenfaser 3 – C-Nervenfaser 3 Thermotherapie, Gegenirritation 125 Thoraxrigidität, Alfentanil 299 – Fentanyl 85 – Fentanyl 299 – Opioid 74 – Präcurarisierung 85 – Sufentanil 299 – Therapie 85 Thoraxrigidität, opioidinduzierte – Therapie 299 Thoraxschmerz, Differenzialdiagnose 38 Thrombozytenaggragationshemmung, ASS 224 Thrombozytenaggregation, COX-I 98 – Paracetamol 95 Tic douloreux, Trigeminusneuralgie 6 Tilidin 224 Tilidin/Naloxon, Dosierung 209, 225 Tilidin/Naloxon, retardiert – Dosierung 227 tmax, Definition 111 Toleranzentwicklung, Neugeborenes – Morphin 298 Tonsillektomie – Analgesie, postoperativ 103

– Diclofenac 101 Toxische epidermale Nekrolyse (TEN), Analgesie 148 Toxizität – Indomethacin 99 – Paracetamol 95 Toxizität beim Neugeborenen, Paracetamol 95 TPPPS, Schmerzmessung 51 Training, autogenes – Schmerzbewältigung 140 Tramadol 92, 93 – Analgesie, postoperative 207 – Dosierung 208 – Dosierung bei Kopfschmerz 275, 277 – Krampfanfälle 93 – Pharmakologie 224 – rektal 93 – Schmerz, postoperativer 92 – Überdosierung 93 – Erbrechen 208 Tramadol i.v. Infusion, Dosierung 207 Tramadol, retardiert – Dosierung 209, 227 Transduktion, Nocizeptor 5 Transmission 7 Tranylcypromin, Pethidin 230 Trigeminusneuralgie 7 – Pathophysiologie 6 – Tic douloreux 6 Triptan, Migräne 279 Trophische Veränderung, Nervenläsion 10 Tumorschmerz, Oxycodon 81

U Übelkeit, Dimenhydrinat 234 – Morphin 77 – Ondansetron 233 – Opioid-assoziiert 234 – Prophylaxe/Therapie 233 Überwachungsbogen, Sedierung 194

Überwachungsprotokoll – Analgesie, postoperativ 214 Ulkusprophylaxe 233 – Misoprostol 235 – Opioidtherapie 235 – Ranitidin 235 Ultraschall, Gegenirritation 125 Umstellungsosteotomie, Mehrfachbehinderter 316 Umstrukturierung, kognitive – Bauchschmerz, rezidivierend 264 – Schmerzbewältigung 140 Unterstützung, soziale – Prozedur, schmerzhafte 139 Urinkatecholamine, Schmerz 293

V Vagustonus, Schmerz 293 Vakuumextraktion, Paracetamol 95 Valdecoxib – Analgesie, postoperative 207 – Kopfschmerz 276 – Migräne 280 Valproinsäure, Migräneprophylaxe 282 Vanilloidrezeptor, Nocizeptor 5, 6 Vapocoolant-Spray 160 VAS – Schmerzmessung 55 – Schmerzselbsteinschätzung 56 Vasokonstriktionsfeedback, Kopfschmerz 285 Vecuroniumbromid, Dosierung 192 – Intubation 303 Venenpunktion, Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 Venenpunktion, Neugeborenes – EMLA 296

421 Stichwortverzeichnis

Ventrikelpunktion, Medikamentenwahl zur Sedierung/ Anästhesie 199 Verbandwechsel – Ablenkungsstrategie 146 – Medikamentenwahl zur Sedierung/Anästhesie 199 – Verbrennung 144 Verbrennung, Analgesie 144, 145 – Analgosedierung 145 – Begleittherapie 146 – EMLA 160 – Erstversorgung 144 – Fentanyl-Lutscher 146 – Hintergrundschmerz 144 – Juckreiz 146 – Patientenkontrollierte Analgesie 146 – Schmerzdurchbruch 146 – Schmerzmessung 144 – Verbandswechsel 144 Verhalten, Schmerz 293 Verhaltensmuster, Schmerzparameter 47 Verhaltenstherapie – Bauchschmerz, rezidivierend 263 – Fibromyalgiesyndrom 250 – Kopfschmerz 283 – Schmerz, muskuloskelettaler 253 Verletzungsschmerz, Homöopathikum 346 Verstärkung, positive/negative 140 Verteilungsphase, Definition 110 Verteilungsvolumen 72 – Definition 109 – Morphin 77 Verträglichkeit, gastrointestinale – Diclofenac 101 Vibration 4 Vibrationsreiz, Kontraindikation 21 Vibrationstherapie, Gegenirritation 125 Vitalparameter, Schmerzparameter 47

Vokalisation, Schmerzindikator 123 Vorbereitung auf medizinische/ pflegerische Maßnahmen, Kopiervorlage 391 Vorbereitung, psychologische – Prozedur, schmerzhafte 137 Vorderseitenstrang 11 VR1, Nocizeptor 5 VRS, Schmerzselbsteinschätzung 56 VT-PPQ – Schmerzselbsteinschätzung, multidimensional 60

W Wachstumsfaktor, Nervenläsion 10 Wachstumsschmerz 250 Wahl des Agens nach Indikation, Einreibung 328 Wärmerezeptor 4 Warnfunktion, Schmerz 294 Wasserstoffperoxid, Gingivitis 322 WDR-Neuron 8 – wind-up 10 WHO-Stufe 1, Analgetika 222 WHO-Stufenschema, Analgesie 221 Wide dynamic range Neuron 8 Wiegen beim Neugeborenen, Analgesie 295 Wind-up 71 – Frühgeborenes 294 – NMDA-Rezeptor 10 – Physiologie 10 – WDR-Neuron 10 Wundheilungsverzögerung, Schmerz 293 Wundversorgung, Medikamentenwahl zur Sedierung/ Anästhesie 199

T–Z

Z Zahnbehandlung, Mehrfachbehinderter 321 Zahndurchbruch, Analgesie 320 Zahnreimplantation, Tetanusprophylaxe 325 – Voraussetzung 324 Zahnreinigung, Säugling 320 Zahnschmerz, Mehrfachbehinderter 321 Zahntrauma 323 – Erstversorgung 324 Zirkumzision, Neugeborenes – EMLA 296 ZNS-Nebenwirkungen bei Frühgeborenen, Pethidin 92 Zolmitriptan, Migräne 280 Zweifaktorenmodell – Bauchschmerz, rezidivierender 258