Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen: Arbeitshilfe zur praktischen Umsetzung Expertenstandard Konkret Bd. 2 9783866300316

Expertenstandards schnell und sicher umsetzen Der Expertenstandard Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen ist verbindlic

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German Pages 60 [66] Year 2016

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Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Definition
Paragrafen
Risikogruppen
Einschätzung
Einschätzung
Therapie
Maßnahmen
To-do-liste
Pflegeplanung
Qualitätsmanagement
ANHANG
Übersicht Änderungen/ Aktualisierungen
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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen: Arbeitshilfe zur praktischen Umsetzung Expertenstandard Konkret Bd. 2
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Expertenstandard Konkret Bd.2 überarbeitete Version

boq (Hrsg.) Beratung für Organisation und Qualität

Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

VINCENTZ NETWORK

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Impressum | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglichst aufbereitet. Der Verlag und die Autoren können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen. © VINCENTZ NETWORK, Hannover 2016 Besuchen Sie uns im Internet: www.altenpflege-online.net Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck: BWH GmbH, Hannover ISBN 978-3-86630-031-6

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Mind Map

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Seit 2008 finden Sie in den Büchern von Vincentz Network eine solche Landkarte in Form einer Mind Map®. Sie soll der Orientierung dienen und stellt das Thema des Buches in einem übergeordneten Zusammenhang dar.

SchmerzManagement bei akuten Schmerzen

SturzProphylaxe ErnährungsManagement

Expertenstandards EntlassungsManagement

Förderung der Harnkontinenz

Dekubitusprophylaxe Pflege von Menschen mit chronischen Wunden

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Inhalt | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen 5 Einleitung 8 Definition Schmerz 12 Rechtsgrundlagen 15 Risikogruppen 16 Schmerzeinschätzung 29 Schmerzeinschätzung bei kognitiv beeinträchtigten Bewohner

36 Nichtmedikamentöse Maßnahmen 40 To-do-Liste 44 Pflegeplanung 49 Qualitätsmanagement 50 Anhang (BESD) 61 6Übersicht Änderungen/ Aktualisierungen

31 Medikamentöse Schmerztherapie

INHALT AP_R-ES-Schmerzmanagement_Inhalt2016.indd 4

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einleitung

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Moderiert von zwei (mehr oder weniger) versierten Fachkräften: Benni und Bea Das ist Benni.

Das ist Bea.

Benni hat gerade seine Ausbildung als Pflegefachkraft in der Altenpflege begonnen. Er ist mit vollem Einsatz und viel Herz bei der Sache, aber leider stößt er ständig auf Schwierigkeiten; und manche Dinge wollen ihm einfach nicht in den Kopf. Kein Wunder, der Pflegeberuf ist sehr umfangreich und vielfältig.

Bea ist eine top versierte Pflegefachkraft mit vielen Jahren Berufserfahrung. Sie hat die Ruhe weg und weiß immer, was zu tun ist und wie man in schwierigen Situationen die Prioritäten setzt. Sie ist zum Glück kein tyrannischer Hausdrachen, der Befehle bellt und kopfschüttelnd zur Pflegedienstleitung rennt, wenn man etwas nicht gleich richtig macht …

DNQP-Expertenstandard*: Auch wenn die bisherigen Expertenstandards des Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) keine direkte gesetzlich definierte Verbindlichkeit nach §113a SGBXI für die Pflege und die Pflegeeinrichtung haben, können diese Expertenstandards dennoch als „vorweggenommene Sachverständigengutachten“ gewertet werden und bei juristischen Auseinandersetzungen als Maßstab zur Beurteilung des aktuellen Standes der medizinisch-pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse herangezogen werden.

EINLEITUNG * Quelle: MDS - Grundlagen der Qualitätsprüfungen nach den §§ 114ff SGB XI in der stationären Pflege – Seite 80 letzter Absatz)

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Einleitung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen, schön, dass ihr wieder da seid. Ich freue mich über euer Interesse an unserer Buchreihe mit Benni und mir. In diesem Buch geht es um die 1. Aktualisierung des Expertenstandards in der Pflege bei akuten Schmerzen. Ihr könnt euch sicher noch erinnern, dass in der Erstausgabe der Tumorschmerz noch mit enthalten war. Dieses Thema ist natürlich nicht gelöscht worden. Ihr findet den Tumorschmerz künftig im „Expertenstandard in der Pflege bei chronischen Schmerzen“.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einleitung

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Seit Einführung des Schmerzmanagements hat sich viel getan und es ist sehr Positives zum Thema Schmerzmanagement zu berichten. Ob Krankenhäuser, Pflege- oder auch ambulante Einrichtungen ― das Thema Schmerzmanagement ist angekommen und Patienten/Bewohner profitieren von der sensibleren, professionellen und kompetenteren Handhabung durch Ärzte und Pflegefachkräfte beim Thema Schmerzerfassung und Schmerzbehandlung. Die Einführung des Schmerzmanagements konnte viele alte Glaubenssätze zum Thema Schmerzen entkräften und gegen neues, wissenschaftlich fundiertes Wissen ersetzen. Ich freue mich schon auf euch und wünsche euch viel Spaß beim Lesen neuer Erkenntnisse in diesem Buch. Eure Bea

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Definition | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Was ist ein Schmerz?

Definition akuter Schmerz Akuter Schmerz, definiert durch die deutsche Schmerzgesellschaft und der Association of the Study of Pain, ist ein plötzlich auftretender und nur kurze Zeit andauernder Schmerz. Schmerzmanagement definiert sich als die Linderung und Reduktion von Schmerzen auf ein Ausmaß, das der Betroffene als akzeptabel befindet.

Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer echten Gewebsschädigung einhergehen kann oder als solches beschrieben wird. Fast jeder kennt gelegentliche Kopf- oder Rückenschmerzen. Wenn Schmerzen aber permanent (chronisch) auftreten, werden sie zur belasten-

den Dauerqual. Alle Menschen machen im Laufe ihres Lebens unterschiedliche Erfahrungen mit Schmerzen, in unterschiedlicher Form und Intensität. Dennoch ist die Schmerzempfindung eine Schutzfunktion des Körpers und lebensnotwendig. Mc Caffery und Beebe (1994, S.15) haben Schmerz folgendermaßen definiert: „Stets so, wie die empfindende Person sagt, dass er ist, und vorhanden, wann immer sie sagt, dass er vorhanden ist.“ Eine andere Definition bietet die International Association for the Study of Pain (1986): „Eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung in Verbindung mit einer tatsächlichen oder möglichen Gewebsschädigung oder beschrieben in Begriffen einer solchen Schädigung.“

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Definition

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Wow! Benni alle Achtung, das hast du gut und richtig erkannt. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Neurobiologie (Hirnforschung) zeigen, dass unsere Schmerzsysteme im Gehirn nicht nur bei körperlichen Schmerzen reagieren, sondern auch dann, wenn Menschen ausgegrenzt oder gedemütigt werden. Also ein ganz wichtiges Thema im Miteinander bei uns im Team und natürlich genauso im Miteinander unserer Heimbewohner. Wenn dich das Thema näher interessiert, kann ich dir folgendes Buch empfehlen: Du Bea, körperliche Schmerzen kenne ich gut und „Schmerzgrenze“ hab ich schon oft selbst ervon Prof. Dr. Joachim Bauer fahren, aber was ist mit ande(Neurologe, Arzt und ren gefühlten Schmerzen wie Psychotherapeut). zum Beispiel bei Liebeskummer, Trauer usw.?

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Definition | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Doch Benni, das kann schon vorher weh tun. Der Grund dafür sind unsere Spiegelneurone. Durch die Spiegelneurone wissen wir, was gleich auf uns zukommt und wir haben die Erfahrung gemacht, dass es schmerzhaft ist, dann spüren wir die Schmerzen schon vorher. Grundsätzlich sollten wir den Schmerz eines anderen ernst nehmen und Du Bea, gestern hat nicht herunterspielen (das tut Frau L. uns aber was doch nicht weh usw.), weiterhin können wir mit dem Patienten/ vorgemacht. Wir wollten Bewohner Pausen in der Beden Verband wechseln handlung vereinbaren. Eine gute und hatten noch gar Unterstützung zur Behandlung nicht angefangen und sie können ablenkende Maßnahmen hat schon laut „Aua“ gesein.

rufen. Das kann doch noch gar nicht wehgetan haben, oder?

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Definition

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Was ist ein Schmerz?

Schmerzarten

Schmerzeinteilung

Somatischer Schmerz

Akute Schmerzen

Oberflächenschmerz, z. B. Hautverbrennung auf heißer Herdplatte, Nadelstiche.

Mechanische, thermische, chemische oder elektrische Reize, die das Gewebe schädigen.

Tiefenschmerz, z. B. Muskeln, Gelenke, Sehnen, z. B. Muskelkrampf, Kopfschmerzen.

Abgrenzung zu chronischen Schmerzen

Viszeraler Schmerz Schmerzen der Organe = Eingeweide, z. B. Gallenkolik.

Seelischer Schmerz Schmerzen bei Demütigungen, Ausgrenzungen

Chronische Schmerzen: Internationale Leitlinien beschreiben den Übergang zwischen akutem und chronischem Schmerz als ein Kontinuum (zusammenhängend/lückenlos). Gleichwohl werden weiterhin verschiedene Zeiträume angegeben, ab wann ein Schmerz als chronisch oder anhaltender Schmerz zu betrachten ist. In der Leitlinie der ICSI (2008) wird von chronischem Schmerz ab einer Dauer länger als 6 Wochen gesprochen, an anderer Stelle werden 3 oder 6 Monate angegeben. Grundsätzlich ist die Dauer als alleinige definitorische Grundlage für chronischen Schmerz nicht ausreichend.

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Paragrafen | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Gesetzliche Rahmenbedingungen Jeder Patient hat einen privatrechtlichen Anspruch auf eine adäquate, dem Stand der Wissenschaft entsprechende, Schmerzbehandlung. Dies ergibt sich für die gesetzlich Versicherten vor allem aus dem Krankenhausbehandlungsanspruch aus § 39 Abs. 1 i. V. mit § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach nicht nur die angemessene Behandlung zur Heilung der Krankheit, sondern ausdrücklich auch die Linderung von Krankheitsbeschwerden zum Krankenbehandlungsanspruch zählt. Dabei reicht es aus, dass Schmerzen zu erwarten sind, um einen Anspruch auf Behandlung zu begründen. Für privat Versicherte ergibt sich der Anspruch aus dem jeweiligen Versicherungsverhältnis. Bei Patienten, deren Versorgungsanspruch sich aus dem SGB XI ergibt, kann auf den § 11 Abs. 1 SGB XI verwiesen werden. Unmittelbar gegenüber der Einrichtung durchsetzen können Bewohner diesen Anspruch erst über den individuellen Behand-

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Paragrafen

lungsvertrag/Heimvertrag, den sie mit dem Krankenhaus/Heim im Sinne des Heimgesetzes abschließen. In diesem Versorgungsvertrag konkretisieren sich die Verpflichtungen der Leistungserbringer. In der Literatur wird aber auch darauf verwiesen, dass es zu einer Anwendung nach dem Strafgesetzbuch kommen kann, wenn einem Patienten die standardmäßige Schmerzversorgung vorenthalten wird, z. B. §223 StGB Kör-

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perverletzung und § 323c StGB unterlassene Hilfeleistung. Die Träger von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung haben die Pflicht, die personellen und sachlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass eine den Standards entsprechende Schmerztherapie gewährleistet wird. Bei Organisationsverschulden können sie ebenfalls nach §223 StGB belangt werden, wenn es zum Beispiel schuldhaft unterlassen wird, den Schmerz zu erfassen.

§ 3 des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz – AltPflG): Die Ausbildung in der Altenpflege soll Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die zur selbständigen und eigenverantwortlichen Pflege einschließlich der Beratung, Begleitung und Betreuung alter Menschen erforderlich sind.

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Dies umfasst insbesondere: (1) die sach- und fachkundige, den allgemein anerkannten pflegewissenschaftlichen, insbesondere den medizinisch-pflegerischen Erkenntnissen entsprechende, umfassende und geplante Pflege …

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Paragrafen | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Für mich gehören erst einmal alle Menschen, die ihren Schmerz mitteilen können und dies auch tun, nicht zur Risikogruppe. Zur Risikogruppe würde ich alle Menschen zuordnen, die sich a) nicht oder nicht mehr ausreichend selbst mitteilen/verständlich machen können und/oder die Menschen, b) d  ie ggf. durch heute nicht mehr tragfähige Glaubenssätze vorliegende Schmerzen nicht mitteilen, weil sie immer noch der Meinung sind, dass man Schmerzen aushalten muss oder dass Schmerzen zur Erkrankung gehören, man Schmerzen ertragen muss, Indianer keine Schmerzen kennen, sich nicht trauen, Medikamente zu nehmen, weil sie gehört haben, dass diese abhängig machen usw. Risikogruppe deshalb, weil unzureichende SchmerzlindeHallo Bea, gut dass ich rungen psychische und/oder dich treffe. Du hast es physische Folgen für diesen mir ja schon einmal erMenschen haben können, wie klärt, aber ich habe es z.B. Angst, Depressivität, wieder vergessen bzw. beSchlafstörungen, Herzkreislaufprobleme, des Weiteren komme es nicht mehr vollkönnen Sturz-Dekubitus-Konständig zusammen. Was trakturgefahren steigen usw.

verstehst du unter einer Risikogruppe für akute Schmerzen?

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Risikogruppen

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Risikogruppen

Stell dir mal vor, du hast Schmerzen und du kannst diese nicht äußern/ausdrücken und jetzt stell dir weiter vor, keinem anderen fällt es auf, keiner sieht es? Ein Albtraum oder? Genau das ist der Grund dafür, warum wir in der Pflege stets wach und mit allen Sinnen besonders bei Menschen, die sich selbst nicht mehr ausreichend mitteilen können ( Risikogruppen), das Vorhandensein von Schmerzen tagtäglich neu einschätzen sollten. Ein anderes Thema in unserem Beruf der Pflege ist, dass wir wohl beratende und aufklärende Pflichten haben, aber eben keine erzieherischen. Das bedeutet, dass wir es nicht zu bewerten bzw. anzuzweifeln haben, wenn ein Mensch Schmerzen äußert. Wer kann sich anmaßen, den Schmerz eines anderen besser zu kennen als der-/diejenigen selbst. Beachte stets: „Selbsteinschätzung vor Fremdeinschätzung.

Merke Schmerzen zu erkennen und einzuschätzen ist die beste Methode, um weitere Komplikationen zu vermeiden, sowohl für den Betroffenen als auch für die Pflegefachkraft.

RISIKOGRUPPEN AP_R-ES-Schmerzmanagement_Inhalt2016.indd 15

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Wie schätze ich Schmerz ein? Wie bereits eingangs beschrieben, ist das Phänomen Schmerz ein sehr subjektives Erleben für jeden Betroffenen. Niemand kann entscheiden, wie stark der Schmerz von dem Betroffenen empfunden wird, ob er diesen aushalten kann oder auch nicht. Damit in der alltäglichen Versorgung die Problematik von Schmerzen nicht aus dem Fokus gerät, sollte zu Beginn der pflegerischen Versorgung routinemäßig eine Überprüfung erfolgen, sowie in individuellen Zeitabständen bzw. bei Veränderungen oder Auffälligkeiten der Pflegesituation eine erneute Abfrage erfolgen. Um den Schmerz transparent darzustellen, gibt es unterschiedliche Assessmentinstrumente für die Erfassung und die Überprüfung der Schmerzintensität. Mit diesen Instrumenten kann der Schmerzverlauf und die Überprüfung der Schmerztherapie erfolgen. Der Betroffene kann seinen Schmerz zum Ausdruck bringen und wird nach Möglichkeit aktiv in den Prozess mit eingebunden. Er

fühlt sich damit ernst genommen und durch die permanente Überprüfung der Schmerzintensität kann die Wirksamkeit oder die Unwirksamkeit der Schmerztherapie transparent dargestellt werden. Die Schmerzeinschätzung wie auch die Schmerzanamnese ist ein zentraler Bestandteil des Aufnahmegespräches. Die Frage nach Schmerzen gehört in den Anfang eines jeden pflegerischen Auftrages.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

Sag mal Bea, was muss ich bei einer Schmerzeinschätzung eines neu aufzunehmenden Patienten/Bewohners alles beachten?

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Ich habe dir die Inhalte von einem „initialen und differenzierten Schmerzassessment“ sowie die Inhalte einer Schmerzanamnese aufgeschrieben. Das Wichtigste aber ist immer, dass wir die Individualität, die Biografie und das Können des einzelnen Menschen in ausreichendem Maße zu beachten haben. Das bedeutet, dass wir besonders bei älteren Menschen darauf achten müssen, wie diese den Schmerz ausdrücken, welche Wörter sie benutzen und wie für uns Schmerzlinderungen bei diesen Personen erkennbar werden. Weiterhin müssen wir das Hörund Sehvermögen beachten und evaluieren und bei unseren Fragen diesen Menschen ausreichend Zeit für das Verstehen und die Beantwortung unserer Fragen lassen.

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Initiales Schmerzassessment In Akutsituationen sind wir Pflegefachkräfte aufgefordert, schnell und entschieden für einen Patienten/Bewohner zu handeln. Es gilt, dabei den Schmerz schnell mittels eines geeigneten Einschätzungsinstruments (z.B. NRS) zu erfassen. Dabei ist es wichtig, die Schmerzursachen zu ermitteln und wenn möglich zu beseitigen sowie unnötige Schmerzen zu vermeiden. Ein initiales Schmerzassessment hilft uns bei der Ermittlung von Schmerzursachen und Schmerzauswirkungen. Ein initiales Assessment gehört grundsätzlich direkt bei Aufnahme der pflegerischen Behandlung bei jedem Patienten/Bewohner dazu.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

Inhalte eines Initialen Assessment: »» Schmerzintensität in Ruhe,

Dazu gehört es, Informationen zu ermitteln über:

»» Schmerzbeginn,

»» Schmerzintensität,

»» Schmerzdauer, »» Schmerzfrequenz,

»» Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit,

»» Lokalisation des Schmerz,

»» auf die Stimmung,

»» Schmerzqualität,

»» auf das Gehvermögen (Aktivität),

»» auslösende und verstärkende Faktoren.

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»» die Beziehung zu anderen, »» Einfluss auf den Schlaf.

Für das initiale Assessment einer Schmerzsituation, die keinem unmittelbaren Handlungsdruck unterliegt, wird das Brief Pain Inventory (BPI) empfohlen:

Direkt im Anschluss an das initiale Assessment sind Maßnahmen zur Schmerzbehandlung einzuleiten, ehe mit weiteren Schritten der Informationssammlung fortgefahren wird.

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Schmerzintensität Die Schmerzintensität wird in Ruhe und bei Belastung oder Bewegung mittels standardisierter Skalen gemessen. Darüber hinaus gilt es angeKriterium

Bedeutung

Schmerzlokalisation

Diese gibt Aufschluss über die Entstehung der Schmerzen.

Schmerzintensität

Ist die Grundlage für die Einleitung bzw. die Anpassung der medikamentösen Schmerztherapie.

Schmerzqualität

Diese gibt Aufschluss über die Schmerzentstehung und ist wichtige Grundlage für die Auswahl der Schmerzmedikamente durch den Arzt.

Zeitliche Dimensionen (1. Auftreten, zeitlicher Verlauf, Rhythmus)

Gibt wichtige Hinweise zum Schmerz, z. B. erstes Auftreten bis zur Erfragung. Wenn dieser länger als 6 Monate besteht, liegt bereits eine Chronifizierung vor. Der zeitliche Verlauf und der Rhythmus sind wichtig für die Medikamenteneinnahme bzw. für die nicht medikamentösen Maßnahmen.

Verstärkende und lindernde Faktoren

Diese Faktoren sind wichtig für die Maßnahmenprozessplanung, verstärkende Faktoren sind hier zu vermeiden, lindernde Faktoren können positiv genutzt werden.

Auswirkungen auf das Alltagsleben

Diese Faktoren sind wichtig für die Maßnahmenprozessplanung und für die Evaluation der Schmerztherapie. Weiterhin gibt sie Aufschluss über den Umgang mit Schmerzen.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

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Schmerzintensität passt an Situationen und Person folgende Punkte zu erfassen: kognitiver Status/Effekte des Schmerzes auf Lebensqualität/Schmerzmedikamentengebrauch/Stimmungslage. Methode Der Betroffene zeigt selbst auf die schmerzenden Körperregionen oder trägt diese in die Körperskizze ein.  er Betroffene schätzt die Schmerzintensität anhand von standardisierten SchmerzD skalen ein (NRS, VAS, VRS). Die Schmerzintensität wird in Ruhe aber auch bei Bewegung erfasst. Weiterhin kann die stärkste, die geringste und die durchschnittliche Schmerzintensität aufgenommen werden. Der Betroffene kann mit seinen eigenen Worten den Schmerz beschreiben, wie z. B. ein brennender, stechender, bohrender etc. Schmerz. Abklärung mit den Betroffenen: „Wann sind die Schmerzen das erste Mal aufgetreten?“ „Sind die Schmerzen im Tagesablauf unterschiedlich stark?“ „Sind die Schmerzen an bestimmten Tagen oder in bestimmten Monaten unterschiedlich?“ „Sind sie in der Nacht oder am Tage unterschiedlich?“

Den Betroffenen befragen, beobachten, bzw. die persönliche Bezugsperson (Familie, Lebenspartner etc.) einbeziehen.

Den Betroffenen befragen, beobachten, bzw. die persönliche Bezugsperson (Familie, Lebenspartner etc.) einbeziehen.

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Differenziertes Schmerzassessment

Differenziertes Schmerzassessment Einschätzung der momentanen Schmerzsituation und Erhebung der Schmerzgeschichte des Patienten/Bewohners. Das differenzierte Schmerzassessment ermöglicht es, den Schmerz einer Person für Ärzte und Pflegekräfte interpretierbar zu machen und ist für eine Zusammenarbeit im Multiprofessionellen Team sehr wertvoll. Das differenzierte Schmerzassessment beinhaltet: »» die Schmerzanamnese (beinhaltet akute Schmerzsituation plus Schmerzvorgeschichte), »» Messung der Schmerzintensität, »» Selbst- vor Fremdauskunft.

Schmerzanamnese Eine Schmerzanamnese sollte immer dann aufgenommen werden, wenn Hinweise auf ein länger andauerndes Schmerzgeschehen vorliegen. Zudem bietet die Schmerzanamnese Informationen zum Thema Schmerz zu erfassen, die uns ermöglicht, im Sinne des Patienten/Bewohners zu handeln, falls dieser nicht mehr dazu in der Lage sein sollte. Zu beachten und zu prüfen ist auch, ob bei Vorliegen akuter Schmerzen die betroffenen Patienten/Bewohner nicht auch schon an chronischen Schmerzen leiden.

Was gehört in eine Schmerzanamnese? Neben den bereits erfragten Kriterien, wie: »» Lokalisation des Schmerzes, »» Schmerzqualität, »» zeitliche Dimensionen/Schmerzverläufe,

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

»» auslösende und verstärkende Faktoren.

»» Erfahrungen und Einstellungen zu komplementär-medizinischen Maßnahmen,

gehören zudem: »» kognitiver Status,

»» schmerzhafte Erfahrungen inkl. Behandlungserfolg,

»» Auswirkungen des Schmerzes auf Lebensbereiche Lebensqualität (Appetitverlust, Lustlosigkeit, Aktivitätsverluste, Schlafstörungen, Erhöhung von Risikopotenzialen usw.)

»» Familienangehörige – Einstellungen zum Thema Schmerz/ Schmerzbehandlung, »» Wissen/Erwartungen/Präferenzen zum Schmerzmanagement

»» Medikamentengebrauch, -umgang bei Schmerzen,

»» subjektive Theorien zur Ursache des Schmerzes,

»» Identifikation der Kausalität von Schmerzen (z.B.: Depressionen aufgrund von Schmerzen),

»» Erwartungen über Schmerzverlauf,

»» Stimmungslage.

»» u.a.

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»» Alkoholkonsum

sowie Informationen über: »» Schmerzvorerfahrungen, »» was hilft bei Schmerz? (welche Medikamente, nicht medikamentöse Therapien, alternative Methoden), »» Verträglichkeit/Effektivität früherer Schmerztherapien,

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Differenziertes Schmerzassessment

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

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Instrumente der Schmerzeinschätzung

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Skalen zur Einschätzung der Schmerzintensität Numerische Skala (NRS) Ist die bekannteste und am meisten genutzte Skala zur Selbsteinschätzung der Schmerzintensität. Diese Skala besteht aus insgesamt 11 Stufen. „0“ bis „10“. „0“ bedeutet es ist kein Schmerz vorhanden. „10“ beschreibt den „stärksten vorstellbaren Schmerz“ Die NRS gibt es als Papierversion oder als Lineal (Schieber). Der Betroffene kann aufgefordert werden, den Wert seiner Schmerzintensität zu benennen. Das Instrument kann nicht angewendet werden bei Personen, die keine Beziehung zu Zahlen haben, sowie bei Personen, die kognitive Einschränkungen haben. Der Cutt-off Punkt (Grenzwert, ab wann eine Schmerzbehandlung erfolgen sollte) liegt in Ruhe bei 3/10 und in Bewegung/Aktivität bei 5/10 NRS.

Visuelle Analogskala (VAS) Dient auch der Selbsteinschätzung – ähnlich der NRS wird diese auch auf einer Linie mit dem Punkt „kein Schmerz“ bis zu dem Punkt „stärkster vorstellbarer Schmerz“ aufgenommen. Der Betroffene markiert auf der Linie den Punkt der Schmerzintensität. Dieses kann mittels Lineal oder auf einem „Schieber“ erfolgen. Die VAS ist eine meist 10 cm (selten 15 cm) lange Linie. Die VAS eignet sich gut für Betroffene, die die Schmerzintensität nicht so gut mit Zahlen in Verbindung bringen können. Es gibt sie auch in Kombination mit der NRS, der Betroffene kann die Schmerzintensität auf der VAS angeben und auf der Rückseite kann der Wert der Schmerzintensität der NRS abgelesen werden. Die Skala ist nicht geeignet für bei Personen mit Sehbeeinträchtigungen oder motorischen Beeinträchtigungen.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

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Einschätzungsinstrumente zur Selbsteinschätzung

Verbale Ratingskala (VRS) Diese Skala dient auch der Selbsteinschätzung. Die VRS beschreibt die Schmerzintensität anhand von Adjektiven, die von den Betroffenen leicht verstanden werden, wie: kein Schmerz – leichter Schmerz – mittelstarker bzw. mäßiger Schmerz – starker Schmerz – stärkster vorstellbarer Schmerz. Die Begriffe sind leicht verständlich. Nachteilig ist die grobe Einschätzung der Schmerzintensität, dadurch lassen sich kleinere Veränderungen nicht darstellen. Der Cut-off Punkt liegt bei mittelstarkem bis bzw. mäßigem Schmerz.

Gesichter-Rating- Skalen Diese Skala wird angewendet zur besseren Veranschaulichung und zur einfacheren Kommunikation mit dem Betroffenen, sie wurde ursprünglich für Kinder entwickelt. Auf der linken Seite der Skala befindet sich ein lachendes Gesicht und endet auf der rechten Seite mit einem weinenden Gesicht. In der Regel hat die Gesichter Rating-Skala sechs Gesichter, die stufenweise ihren Gesichtsausdruck verändern. Es gibt eine weitere, achtstufige Gesichter-Skala, die für Erwachsene vorliegt.

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Grundsätzlich gilt immer, Selbsteinschätzung vor Fremdeinschätzung. Zur Einschätzung der Schmerzintensität benötigt die Pflegefachkraft aktuelles Wissen über: »» altersentsprechende Kommunikationsformen über Schmerz und die Fähigkeit der Patienten/Bewohner zur Selbsteinschätzung und Schmerzkommunikation, »» Schmerzanzeichen non-verbaler und verbaler Art, »» Risikofaktoren für Schmerz und die Zielgruppen- und situationsspezifische Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens, »» Auswahl und Anwendung adäquater, zielgruppenspezifischer Einschätzungsinstrumente. Zur Einschätzung sollte möglichst immer dasselbe Instrument zur Schmerzeinschätzung eingesetzt werden. Zur Fremdeinschätzung könnt ihr z.B. die BESD, BISAD = französisch in Deutsch übersetzt ist es die „ECPA“), ZOPA anwenden. In dem Buch haben wir ab Seite 50 die BESD als Anhang beigefügt und erläutert.

Merke Selbsteinschätzung vor Fremdeinschätzung. Grundsätzlich haben wir es leichter, wenn wir aufhören, Schmerzen eines anderen anzuzweifeln – ob insgesamt oder in der Schmerzstärke. Wenn ein Mensch äußert, dass sein gefühlter Schmerz bei 5/10 NRS liegt, dann fühlt er ihn eben so. Egal, ob der Patient dabei noch lacht. Der Wert eines Schmerzinstrumentes ist ja nur ein Teil des Schmerzassessments und dient gemeinsam mit den anderen festgestellten Informationen als Ausgangspunkt für den Beginn der Schmerzbehandlung aus den WHO Stufen 1 bis 3. Für Pflegefachkräfte und Ärzte ergeben sich ja außer der Schmerzstärke (NRS) noch weitere wichtige Informationen zur Schmerzbehandlung wie: »» Wert der Schmerzeinschätzung, »» Alter der Person, »» Konstitution/Allgemeinzustand, »» Ernährungszustand, »» äußerlich sichtbares Verhalten, »» Kontraindikationen u.a.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Einschätzung

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Einschätzung bei kognitiv beeinträchtigten Bewohnern Diese Bewohner gehören zu der Risikogruppe und du weißt sicher noch, was ich dir darüber erklärt habe. Über ein vermutliches Vorliegen von Schmerzen können wir ja bereits aus bestehenden Diagnosen ableiten, wie z.B. Arthrosen, Rheuma, MS, Neuralgien usw.; des Weiteren können Angehörige vielleicht aus der biografischen Vorgeschichte zum Thema Schmerzen berichten. Für uns selbst ist eine konzentrierte Schmerzbeobachtung in Ruhe wie auch unter Bewegung/Belastung unerlässlich. Im Zweifelsfalle bin ich eher dafür, Schmerzmittel einzusetzen und die Wirkung alle 60 Minu„Bea, wenn ich unsere ten in Ruhe sowie bei allen geBewohner betrachte, planten Bewegungen/Aktivitäten neu einzuschätzen und fallen mir einige auf, bei im Verlauf einzutragen, nach denen ich die Frage nach 24 Stunden auszuwerten/evader Schmerzintensität luieren, um dann die weiteren gar nicht stellen kann. Maßnahmen zu Was mache ich, um dort planen.

eventuelle Schmerzen zu erkennen?“

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Einschätzung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

„Du Bea, wie ist es, wenn ich nun die Schmerzersteinschätzung und die Schmerzintensität aufgenommen habe, was mache ich dann mit den ganzen Informationen, wie ist es mit der medikamentösen Therapie, dem cut-off Punkt und was sind nichtmedikamentöse Maßnahmen?“

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„Das werden dir die folgenden Informationen erklären. Wichtig ist, dass du eine zeitnahe und laufende Überprüfung der Schmerzintensität mittels der eingesetzten Schmerzskala verfolgst und dadurch kurzfristig Maßnahmen einleitest.“

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Therapie

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Stufenschema der WHO zur Schmerztherapie Die Auswahl der Schmerzmedikamente orientiert sich an der Schmerzintensität und wird von dem Arzt angeordnet: Stufe I bei leichten bis mittelstarken Schmerzen Nichtopioide (z. B. Ibuprofen, Metamizol, Paracetamol) evtl. adjuvante Analgetika (z. B. Antikonvulsiva, Antidepressiva, Corticosteroide)

Stufe II bei mittelstarken bis starken Schmerzen Schwach wirksame Opioide (z. B. Tramadol, Codein) + Nichtopioide evtl. adjuvante Analgetika

Stufe III bei starken und stärksten Schmerzen Stark wirksame Opioide (z. B. Morphin) + Nichtopioide evtl. adjuvante Analgetika

Anlässe und empfohlene Zeitpunkte der Schmerzkontrollen: 1. Schmerztherapie parenteral und intravenös = nach 30 Minuten 2. S chmerztherapie oral = nach 60 Minuten 3. Nicht medikamentöse Maßnahmen = vor der Maßnahme und 30 – 60 Minuten nach der Maßnahme 4. Operationen: = vor der OP und alle 2 Stunden postoperativ in den ersten 24 Stunden 5. Ohne prozeduralem Anlass: = alle 8 Stunden bei kontrollierter Schmerzsituation. Expertenstandard Schmerzmanagement, DNQP.

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Therapie | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Merke Grundsätzlich gilt, dass spätestens bei einem Cut-off Punkt von 3/10 NRS in Ruhe und 5/10 bei Belastung/Bewegung die Schmerztherapie eingeleitet werden muss. Dies insbesondere, weil es bei einer Schmerzintensität von mehr als 4/10 zu bereits beträchtlichen physischen und psychischen Funktionseinbußen bei dem Betroffenen kommt, wie z. B. Beeinträchtigungen in der Mobilität, Schlafstörungen, Veränderungen der sozialen Interaktion, mangelndem Appetit, Beeinflussung der Stimmung des Betroffenen. Bei der Schmerzintensität gibt es keinen zu niedrigen Wert, der beste Wert liegt bei 0.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Therapie

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Schmerztherapie Die Werte der NRS werden zugeordnet in:  0 = keine Schmerzen



4 • 1= bis leichte Schmerzen 6 • 5= bis mittelstarke Schmerzen 10 • 7= bis starke Schmerzen.

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Bei der Gabe der Schmerzmedikation ist es wichtig auch auf mögliche Nebenwirkungen zu achten. Bei der Gabe von Opiaten kann mit Obstipationen, Übelkeit, Erbrechen, Sedierung, Atemdepressionen, Mundtrockenheit gerechnet werden. Vor schmerzhaften Prozeduren (z. B. Verbandwechsel, Katheterwechsel) etc./zu erwartenden Schmerzen muss auch immer abgeklärt werden, wie die Schmerztherapie im Vorfelde erfolgen soll! Zu der Schmerztherapie sollte eine Bedarfsmedikation zusätzlich vorliegen, um Schmerzspitzen entgegenzuwirken. Die Schmerzmedikationen sind immer ohne zeitlichen Verzug zum festen Zeitschema zu verabreichen.

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Therapie | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Du Bea, Medikamente verteilen ist doch eine tagtägliche wiederkehrende Maßnahme und kann doch eigentlich jeder. Warum achtest du so genau darauf, dass nur Pflegefachkräfte bei uns die Medikamente verteilen?

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Therapie

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Schmerztherapie

Ja, stimmt, wir stellen und verteilen tagtäglich Medikamente und trotz alledem erwarte ich von uns als Pflegefachkräften, dass wir es nicht zur Routine werden lassen, sondern Medikamente immer mit aller gebotenen Fachlichkeit und Sorgfalt verabreichen. Fehler durch uns oder unfachliches Vorgehen sorgen immer dafür, dass eine andere Person die Konsequenzen dafür tragen muss. Bei der Medikamentengabe geht es nicht nur um das richtige Stellen und Verteilen, sondern wir benötigen dafür ein hohes Fachwissen. Z.B. müssen wir die richtige Dosierung, Begleit- und Nebenwirkungen kennen, müssen die Vorgaben der Medikamentengabe einhalten usw. Besonders bei Menschen im Alter haben wir es häufig mit mehreren Problemen zu tun, wie z.B., dass die Stoffwechselfunktion im Alter verändert ist und Medikamente sich im Körper ansammeln (kumulieren) und toxisch werden können. Häufig trinken ältere Menschen zu wenig und nehmen Medikamente oft mit zu wenig Flüssigkeit auf. Neben- und Begleitwirkungen können große Folgen im Alter haben (z.B. Sturz-, Dekubitus-, Dehydrationsrisiken erhöhen). Medikamente wie auch Flüssigkeitsmangel können zur Verwirrtheit führen und besonders ältere Menschen können dann sehr schnell als demenziell verändert diagnostiziert und behandelt werden, obwohl sie es nicht sind. Für uns als Fachkräfte heißt dies, ständig die Wirksamkeit, Neben- und Begleit-Wechselwirkungen der eingesetzten Medikamente zu evaluieren und eng mit den behandelnden Ärzten zusammenzuarbeiten, ihnen unsere Beobachtungen und Bedenken mitzuteilen.

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Maßnahmen | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Peripher-wirkende und zentralwirkende Maßnahmen, sowie deren Kontraindikation: Peripher wirkende Maßnahmen

Oberflächliche Wärmebehandlung

Oberflächliche Kälteanwendung

Methoden

Wärmflasche, Wickel, Auflagen und Bäder.

Eisbeutel, Gel Packs, Umschläge, Wickel, Brucheis, Kunsteis.

Potenzielle schmerzlindernde Effekte

Setzt die Sensibilität für Schmerzen nach unten

Setzt die Sensibilität für Schmerzen nach unten, hat eine anästhesierende Wirkung.

Potenzielle Anwendungsgebiete

Bei Gelenkbeschwerden, Rücken- und Muskelschmerzen, Krämpfen und Koliken.

Bei akuten Traumen, Blutungen, Schwellungen und Prellungen, akute rheumatische Arthritis, Migräne und Kopfschmerzen, Gelenkbeschwerden.

Kontraindikationen, worauf sollte ich achten?

Achtung bei Bewohnern mit einem niedrigen Blutdruck: Gefahr der Ohnmacht. Hautirritationen und Verbrennungen vorbeugen! Nicht auf bestrahlte Körperstellen.

Hautirritationen vorbeugen, periphere vaskuläre Erkrankungen. Ältere Menschen ziehen Wärme meist vor. Bei Kälteanwendungen das Auskühlen vermeiden.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Maßnahmen

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Praxistipp Besonders Bewohner mit Rheuma/ Arthrose berichten oft von Schmerzen in den Gelenken am Morgen direkt beim Aufstehen, die Schmerzen würden dann über Tag unter Bewegung sich bessern. Schonhaltungen können sich besonders bei älteren Menschen sehr negativ auf die Aktivität/Mobilität auswirken und die Lebensqualität der einzelnen Person erheblich senken. Solange keine Kontraindikationen für Bewegungen/Aktivitäten bestehen, kann eine wirksame Schmerzbehandlung mit anschließenden begleitenden Maßnahmen zur Bewegungs-/Aktivitätsförderung sehr unterstützend, fördernd und hilfreich sein.

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Maßnahmen | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Zentralwirkende Maßnahmen

Ablenkung

Entspannung

Methoden

Imaginationsübungen Musik hören, DVD/Videos, Fernsehen.

Massage, progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Meditation, Tiere.

Potenziell schmerzlindernde Effekte

Schmerzreduktion, erhöhte Schmerztoleranz, veränderte Schmerzwahrnehmung, Stimmungsaufhellung, höhere Selbstkontrolle.

Schmerzreduktion, Stressreduktion, physiologische Reaktionen der Entspannung, (Vitalzeichen normalisieren sich, Muskelentspannung), verbesserte Schlafqualität, Stimmungsaufhellung, höhere Selbstkontrolle.

Potenzielle negative Auswirkungen

Situation nicht unterschätzen: Wenn der Bewohner abgelenkt ist, bedeutet es nicht, dass er keinen Schmerz mehr hat. Bewohner seine Glaubwürdigkeit lassen (Gefahr der Unterversorgung mit Medikamenten). Nach der Ablenkung kann es zu einer erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber den Schmerzen kommen. Erhöhte Reizbarkeit und Müdigkeit nach der Ablenkung.

Situation nicht unterschätzen: Wenn der Bewohner abgelenkt ist, bedeutet es nicht, dass er keinen Schmerz mehr hat. Bewohner seine Glaubwürdigkeit lassen (Gefahr der Unterversorgung mit Medikamenten).

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Maßnahmen

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Maßnahmen Zentralwirkende Maßnahmen

Ablenkung

Entspannung

Anwendungsgebiete

Bei leichten bis mittleren Schmerzen. Bei schmerzhaften Prozeduren z. B. Verbandswechsel.

Chronische Schmerzzustände.

Kontraindikationen

Bei Bewohnern, die auf äußere Reize hypersensibel reagieren, z. B. bei Migräne.

Menschen mit der Neigung zu Depressionen sollten keine Meditationsübungen machen.

Merke Die nicht-medikamentösen Maßnahmen sind als Ergänzung zu der Schmerztherapie zu sehen, sie ersetzen nicht die medikamentöse Therapie. Auch wenn es keine sicheren wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Effektivität gibt, ist es für den Betroffenen und auch seinen Angehörigen eine Möglichkeit, aktiv auf die Schmerzsituation einzuwirken. Im Prinzip können alle Ressourcen, die für den Betroffenen positiv auf die Schmerzsituation einwirken, ge-

nutzt werden. Positiv kann auch sein, ein schönes Bild zu betrachten, den Lieblingsduft zu riechen, mit der Lieblingscreme eingerieben zu werden, die Lieblingsspeise zu essen oder die Lieblingsmusik zu hören. Eine Lagerung oder eine atemstimulierende Einreibung können ebenfalls positiv sein. Es sollte jedoch die Möglichkeit bestehen, dass möglichst viele Mitarbeiter im Dienst auch die einzelnen Maßnahmen umsetzen können.

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To-do-liste | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Wer ist für was zuständig?

Einrichtung Die Einrichtung ist für die Organisation und Struktur verantwortlich: Stellt eine Auswahl an aktuellen zielgruppenspezifischen Einschätzungsinstrumenten und Dokumentationsmaterialien zur Verfügung. Dazu gehören Instrumente zur Selbsteinschätzung (Beispiel: NRS) und zur Fremdeinschätzung (Beispiel: BESD). Die zur Verfügung gestellten Instrumente und Materialien sollten kontinuierlich hinsichtlich ihrer Aktualität überprüft und bei Bedarf angepasst werden. 1

2

Verfügt im QM–System über eine interprofessionelle geltende Verfahrensregelung zur medikamentösen Schmerzbehandlung.

Stellt sicher, dass die erforderlichen Hilfsmittel/Utensilien/Geräte etc. zur Anwendung von nicht medikamentösen Maßnahmen umgesetzt werden können. Beispiel: Wärme/Kälte/Vibration/Ablenkung u.a.) 3

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Stellt aktuell gültige und erforderliche Informations-, Anleitungsund Schulungsunterlagen zur Verfügung.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | To-do-liste

„Jetzt hast du mir so viele Informationen gegeben Bea, ich möchte sofort anfangen alles umzusetzen. Wie fange ich nun an?“

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„Das ist gut, dass du so begeistert bist! Aber die gesamte Umsetzung des Schmerzmanagements bedarf schon einer guten Planung! Denn an der Umsetzung sind viele unserer Kollegen mitbeteiligt.“

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To-do-liste | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

VPK oder PDL Als Schnittstelle zwischen der Planung durch die Heimleitung und der Umsetzung durch die Pflegefachkräfte obliegt der Pflegedienstleitung die Verantwortung für die Organisation, fachgerechte Durchführung und Kontrolle des neuen Standards. Die VPK/PDL organisiert 1 Fortbildungen, um einerseits die Änderungen/Aktualisierungen des Expertenstandards in das Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen entsprechend neuester wissenschaftlicher Kenntnisse zu vermitteln/zu vertiefen sowie andererseits bei festgestellten Schwächen/Mängeln in der Umsetzung (z.B. durch Pflegevisiten). Sie überwacht die korrekte Umsetzung inhaltlicher Anpassungs-/Änderungsmaßnahmen im QM-System.

2

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Sie überwacht stichprobenartig die fachliche Umsetzung des Expertenstandards, die fachliche Nutzung der Einschätzungsinstrumente, Evaluation von Schmerzbehandlungen (medikamentös/nicht medikamentös).

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Unterstützt Pflegefachkräfte bei fachlichen Fragen zum Thema.

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Pflegefachkräfte Jede PFK muss wissen, welche Folgen eine unzureichende Schmerzbehandlung für den Patienten/Bewohner haben kann. Als Folgen können physische wie psychische Beeinträchtigungen, wie z.B. Verzögerungen des Genesungsverlaufes oder Chronifizierung vorhandener Schmerzen, auftreten. Pflegefachkräfte tragen maßgeblich dazu bei, dass

1

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | To-do-liste

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Wer ist für was zuständig? Schmerzen und deren Auswirkungen frühzeitig erkannt und schnellstmöglich kontrolliert bzw. verhindert werden können. Eine rechtzeitig (zu Beginn des Pflegeauftrages) eingeleitete, systematische Schmerzeinschätzung, Schmerzbehandlung sowie Information, Anleitung und Schulung von Patient/Bewohner und ihren Angehörigen sichert die Umsetzung des Schmerzmanagements, vermeidet Leid und vermittelt Sicherheit. Schmerzeinschätzung: Jede PFK verfügt über aktuelles Wissen:

2

»» zur systematischen Schmerzeinschätzung, »» zur medikamentösen Schmerzbehandlung, »» zu schmerzmittelbedingten Neben-Begleitwirkungen sowie deren Prophylaxe und Behandlungsmöglichkeiten,

»» Schulungskompetenzen zum Thema. Fachliche Beratung: Jede Pflegefachkraft muss in der Lage sein, betroffene Personen, Angehörige und Bezugspersonen fachlich zu beraten.

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Bei Verlegung sichert die Pflegefachkraft, dass alle wichtigen Informationen zur Medikamentengabe, möglichen Nebenwirkungen dem behandelnden Arzt etc. weitergeleitet werden.

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Persönliche Weiterbildung: Jede Pflegefachkraft verpflichtet sich dazu, sich zum Thema auf dem Laufenden zu halten, z. B. durch das Lesen von Fachliteratur, Fachzeitschriften etc.

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Betriebliche Fortbildung: Jede Pflegefachkraft regt Fortbildungsmaßnahmen zu neuen Erkenntnissen bei der VPK/ PDL an.

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»» Wissen über nicht medikamentöse Maßnahmen zur Schmerzlinderung,

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Pflegeplanung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Wie gehe ich vor ? Die Frage, ob Schmerzen vorliegen, sollte

»» bei jeder Neuaufnahme erfolgen »» wiederkehrend individuell erfragt werden

„Bea, kannst du mir die einzelnen Schritte nochmals erklären? Damit auch wirklich alles fachlich o. k. ist.“ „Klar doch, lass uns das mal im Einzelnen besprechen, Benni.“

»» nach einem Krankenhausaufenthalt abgeklärt werden »» bei Veränderungen der Pflegesituation, bei aktuellen Ereignissen z. B. bei Wunden, nach einem Sturz etc. sofort geprüft werden. Um ein Schmerzmanagement fachgerecht zu planen und umzusetzen, bedenke die einzelnen Schritte des Pflegeprozesses:

Informationssammlung: Abfrage eines initialen und differenzierten Assessments wie auch der Schmerzanamnese. Zugehörigkeit zur Risikogruppe klären. 1

Probleme/Defizite und Ressourcen/Fähigkeiten in den einzelnen Lebensbereichen festlegen, Einflussfaktoren auf das Alltagsleben berücksichtigen, Schmerzintensität. 2

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Pflegeplanung

Welche Schmerzintensität soll erreicht werden?: Ziele der Schmerzbehandlung – Schmerzfreiheit Vermeidung und Verhinderung von unangenehmen Neben-Begleitwirkungen. 3

Planung/Aufnahme der Maßnahmen im Bereich der medikamentösen Therapie nach Absprache mit dem Arzt (Schmerztherapie, Bedarfsmedikation und hinsichtlich Nebenwirkungen) und Planung der nicht-medikamentösen Maßnahmen (zentral wirkende, peripher wirkende Maßnahmen). Was sollte im Bereich der Nebenwirkungen noch geplant werden? z. B. Obstipationsprophylaxe, Sturzprophylaxe, Transferplanung etc. Planen der Abfrage der Schmerzintensität durch die festgelegte Schmerzskala. Beratung des Betroffenen und seiner Angehörigen. 4

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dem festen Applikationsschema). Durchführung aller Maßnahmen im Bereich des Schmerzmanagements: z.  B. nichtmedikamentöse Maßnahmen, Maßnahmen im Bereich der Nebenwirkungen, Problembereiche im Alltagsleben. Evaluation der Schmerzintensität (Verlaufskontrolle) individuell für den Betroffenen mittels der eingesetzten Skala (richtet sich nach der individuellen Analgetikadosierung und der Schmerzintensität). Kurzfristige Neueinstellung bzw. Anpassung der Schmerztherapie nach Rücksprache mit dem Arzt. Individuelle Evaluation aller Maßnahmen im Bereich des Schmerzmanagements und ggf. Anpassung der Maßnahmenprozessplanung.

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Durchführung aller geplanten Maßnahmen laut medikamentöser Verordnung (ohne zeitlichen Verzug und nach 5

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Pflegeplanung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Wie gehe ich vor ?

Merke Die Pflegeplanung dient dazu, vorab eine einheitliche Vorgehensweise oder auch Strategie festzulegen, um fest vereinbarte Ziele zu erreichen. Der Pflegeplan ist die Arbeitsanweisung für alle Pflegekräfte und muss von allen befolgt werden. Wenn Abweichungen erforderlich sind, ist dieses fachlich zu begründen. Er soll sicherstellen, dass alle an der Pflege Beteiligten genau wissen, 1. welches Problem besteht, 2. w  orin die Ursachen liegen und ob weitere Risikobereiche vorliegen, 3. w  ie die betroffene Person und/ oder Bezugsperson eingebunden werden kann, 4. welche Ziele bis wann gemeinsam erreicht werden sollen, 5. was – wie – wie oft – wann – von wem durchgeführt werden muss (handlungsleitend und individuell).

!!!! Für eine gute und erfolgreiche Pflegeplanung ist eine präzise Problembeschreibung unter Berücksichtigung aller Ursachen, die das Problem auslösen, aufzunehmen.

Merke „Wenn das Problem falsch beschrieben ist, kann der Rest der Pflegeplanung nur falsch sein.“ (M. Krohwinkel) Jetzt geht es an die Einzelheiten der Pflegeplanung. Dazu folgen zwei Fallbeispiele.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Pflegeplanung

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Praxisbeispiel

Akute Schmerzen nach einem Sturzereignis Bei Bea und Benni auf dem Wohnbereich wohnt Frau Müller-Lüdenscheid. Sie wohnt bereits seit einem halben Jahr in der Einrichtung, gestaltet ihren Tagesablauf eigenständig und hat sich gut eingelebt. Sie ist in allen Qualitäten voll orientiert. Besonders freut sich Frau MüllerLüdenscheid über die regelmäßigen Angebote im Bereich der sozialen Betreuung – von Bingo, über Sitzgymnastik und Gedächtnistraining. Sie nutzt viele Angebote im Haus und hält sich auch gerne im Garten auf. Frau MüllerLüdenscheid versorgt sich überwiegend noch eigenständig. Sie bewegt sich eigenständig mit ihrem Rollator innerhalb und außerhalb des Hauses fort. Eines Tages am Vormittag ist sie mit ihrem Rollator im Garten unterwegs. Beim Aufheben einer Blüte vom Rasen stürzt sie so unglücklich, dass sie sich eine große Platzwunde an der rechten Stirn zuzieht sowie ein Fraktur an der

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linken Hand und diverse Prellungen. Sie wird notfallmäßig ins Krankenhaus eingewiesen und geröntgt. Die Kopfplatzwunde wird chirurgisch versorgt. Ihr linker Arm wird vorerst mit einem Gipsverband versorgt. Frau Müller-Lüdenscheid hatte vorher nie Schmerzen. Als Bea und Benni sie aus dem Krankenhaus empfangen, macht sie bereits ein sehr unglückliches Gesicht und äußert Schmerzen am Kopf, im Bereich der Kopfplatzwunde und der sich darum bildenden Hämatome und im Bereich der linken Hand. Bea und Benni nehmen als erstes die Schmerzersteinschätzung auf und schauen in den mitgebrachten Arztbrief. Sie übertragen die aktuellen Diagnosen ins Stammblatt. Sie erhält folgende Medikation: 3 x 30 ° (= 3 x 30 Tropfen) Metamizol. Als Bedarfsverordnung kann sie noch 1 x 30° Metamizol zusätzlich erhalten.

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Pflegeplanung | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Planungsbeispiel 1 Pflegeproblem

Fähigkeiten/ Ressourcen

Pflegeziel

Akute Schmerzen an der rechten Stirn, am linken Handgelenk und durch Prellungen und Hämatome an der linken Gesichtshälfte nach einem Sturzereignis.

Frau Müller-Lüdenscheid kann ihre Schmerzintensität auf der NRS ansagen. Sie klingelt bei Bedarf und fordert zusätzlich ihre Bedarfsmedikation ein, wenn diese über eine NRS von 4/10 geht. Sie ist Rechtshänderin. Ihre Wünsche und Bedürfnisse äußert sie von sich aus. Wenn sie ruhig liegt, hat sie weniger Schmerzen.

NRS von 0/10, komplikationsloses Abheilen der Verletzungen.

Pflegemaßnahmen

1. Schmerzintensität auf der NRS erfragen um 08.00, 12.00, 18.00 und 22.00 Uhr und bei Schmerzäußerung im Pflegebericht dokumentieren VÜ PFK.

2. M  edikamentengabe laut AVO VÜ PFK. 3. U  m 09.00, 13.00 und 18.30 Uhr Kühlpack ins Zimmer bringen und Frau Müller-Lüdenscheid reichen VÜ PFK.

4. Unterstützung Körperpflege. 5. U  nterstützung Ernährung und Flüssigkeitsversorgung. 6. Unterstützung An- und Auskleiden. 7. U  nterstützung bei der Begleitung. 8. Wundversorgung laut AVO VÜ PFK. 9. Wundbeschreibung im Wundprotokoll am Montag und Freitag VÜ PFK.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Pflegeplanung

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Qualitätsmanagement An diesem Beispiel erkennst du, wie wichtig es ist, die Ursachen und Hintergründe zu erfragen. Nur so kannst du die richtigen Prioritäten setzen und Erfolg versprechende Maßnahmen einleiten. Beschreibe das Problem immer so

präzise wie möglich, auch wenn du denkst, es sei offensichtlich. Vermerke genau und durch welche Umstände das Schmerzproblem aufgetreten ist, dann handelst du im Sinne des Betroffenen, vermeidest Missverständnisse und ersparst deinen Kollegen Arbeit. Evaluiere individuell für den Betroffenen das gesamte Schmerzmanagement. Hier beginnt der Aufgabenbereich des Qualitätsmanagements, auch QM genannt. Die Einführung eines Expertenstandards wie dem Expertenstandard Schmerzmanagement ist nur ein Instrument zur Qualitätsmessung und -sicherung in einer Pflegeeinrichtung. Jede Einrichtung sollte mittlerweile über ein QM-System verfügen, dass die regelmäßige Überprüfung und Optimierung von Arbeitsabläufen und Pflegeprozessen steuert. So wird Fehlern und Komplikationen kurz und langfristig vorgebeugt und eine sachund fachgerechte Pflege gesichert.

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Anhang | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

BESD

BEurteilung von Schmerzen bei Demenz (BESD) DEUTSCHE GESELLSCHAFT ZUM STUDIUM DES SCHMERZES e.V. (DGSS) Sektion der International Association for the Study of Pain (IASP) Arbeitskreis „Alter und Schmerz“ Sprecher: Priv. Doz. Dr. Matthias Schuler [email protected]

Gütekriterien Die Beobachtungsskala wurde aus dem Amerikanischen übersetzt(1). In Deutschland wurden bisher 99 demenzkranke Bewohner aus acht Pflegeeinrichtungen mit einem Durchschnittsalter von 84 Jahren (SD = 7) in die Evaluation des Beobachtungsinstrumentes einbezogen. Als Maße für die interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha) ergaben sich bei der Beobachtung durch Pflegende Werte zwischen 0,85 und 0,86. Die Inter-Rater-Reliabilität beträgt für die Pflegenden zwi-

schen r = 0,72 und 0,82. Die Wiederholungsreliabilität mit einem Abstand von zwei bis drei Wochen beläuft sich auf Werte zwischen 0,60 und 0,76. Die Beobachtung ist zuverlässiger in Situationen, in denen die Beobachteten mobilisiert werden, als in Ruhesituationen. Als Validitätshinweis wird die Tatsache gewertet, dass sich Personen, die als akut unter Schmerzen leidend eingestuft werden, sich hinsichtlich der BESD-Werte signifikant von denen unterscheiden, denen keine Schmerzen zugeschrieben werden. Zudem korrelieren andere Verhaltsskalen wie z.B. für Aggressivität oder Depression nicht mit dem BESD Instrument (2). Weiterhin verringert sich das Schmerzverhalten unter analgetischer Medikation (3).

ANHANG (1) Warden, V., Hurley, A.C. Volicer, L. (2003). Development and Psychometric Evaluation of the Pain Assessment in Advanced Dementia (PAINAD) Scale. J Am Med Dir Assoc, 4, 9 – 15.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Anhang

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Beobachtungsanleitung und Auswertung Geben Sie an, in welcher Situation die Beobachtung stattfindet (z. B. im Sitzen, im Bett liegend, während des Waschens oder Gehens). Bitte beobachten Sie die/den BewohnerIn in dieser Situation zwei Minuten lang und achten Sie darauf, ob sich die beschriebenen Verhaltensweisen zeigen. Kreuzen Sie anschließend in dem Beobachtungsbogen die zutreffenden Verhaltensweisen an (Spalte „ja“). Markieren Sie bitte zur Kontrolle auch die Spalte „nein“, wenn Sie ein Verhalten nicht beobachtet haben. Zu den einzelnen Begriffen gibt es eine ausführliche Beschreibung, die Sie vor dem Ausfüllen gewissenhaft durchlesen sollten. Die Beobachtung bezieht sich auf fünf Kategorien: Atmung, negative Lautäußerungen, Gesichtsausdruck, Körpersprache und Trost. Für jede Kategorie sind maximal 2 Punktwerte zu vergeben. Für die Auswertung addieren Sie die in der rechten Spalte angege-

benen Werte über die einzelnen Kategorien, wobei Sie nur den jeweils höchsten erzielten Wert pro Kategorie berücksichtigen. Es ist ein maximaler Gesamtwert von 10 für Schmerzverhalten möglich. Ein Wert von 6 oder darüber in einer Mobilitätssituation wird von uns als behandlungsbedürftig im Sinne eines relevanten Schmerzes angesehen. © 2007 der deutschen Version Matthias Schuler, Diakonie-Krankenhaus, Mannheim

(2) Schuler M, Becker S, Kaspar R, Nikolaus T, Kruse A, BAsler H. Pschymetric properties of the German „Pain Assement in Dementia Scale (PAINAD-G) in nursing home residents. J Am Med Dir Assoc 2007;8:388-395. (3) Basler H, Hüger D, Kunz R, Luckmann J, Lukas A, Nikolaus T, Schuler M. Beurteilung von Schmerz bei Demenz (BESD). Der Schmerz 2006;20:519-526.

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Anhang | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

BEurteilung von Schmerzen bei Demenz (BESD) Name des/der Beobachteten: ……………………………..…………………………..………… Beobachten Sie den Patienten/die Patientin zunächst zwei Minuten lang. Dann kreuzen Sie die beobachteten Verhaltensweisen an. Im Zweifelsfall entscheiden Sie sich für das vermeintlich beobachtete Verhalten. Setzen Sie die Kreuze in die vorgesehen Kästchen. Mehrere positive Antworten (außer bei Trost) sind möglich.  Ruhe   Mobilisation und zwar durch folgende Tätigkeit: .……………………… Beobachter/in: ………………..…………..…………………………………….. Atmung (unabhängig von Lautäußerung) normal

nein

ja

Punktwert 0

gelegentlich angestrengt atmen kurze Phasen von Hyperventilation (schnelle und tiefe Atemzüge)

1

lautstark angestrengt atmen lange Phasen von Hyperventilation (schnelle und tiefe Atemzüge)

2

Cheyne Stoke Atmung (tiefer werdende und wieder abflachende Atemzüge mit Atempausen)

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Anhang

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BESD Negative Lautäußerung keine

nein

ja

Punktwert 0

gelegentlich stöhnen oder ächzen sich leise negativ oder missbilligend äußern

1

wiederholt beunruhigt rufen laut stöhnen oder ächzen

2

weinen Körpersprache entspannt

0

angespannte Körperhaltung nervös hin und her gehen

1

nesteln Körpersprache starr geballte Fäuste angezogene Knie

2

sich entziehen oder wegstoßen schlagen

ANHANG AP_R-ES-Schmerzmanagement_Inhalt2016.indd 53

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Anhang | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

BESD Gesichtsausdruck

nein

ja

Punktwert 0

lächelnd oder nichtssagend trauriger Gesichtsausdruck ängstlicher Gesichtsausdruck

1

sorgenvoller Blick 2

grimassieren Trost trösten nicht notwendig

0

Ist bei oben genanntem Verhalten ablenken oder beruhigen durch Stimme oder Berührung möglich?

1

Ist bei oben genanntem Verhalten trösten, ablenken, beruhigen nicht möglich?

2

TOTAL

/von max.

__/10

Andere Auffälligkeiten:

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Anhang

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BESD-Difinition Atmung 1

Normal. Als „normal“ wird ein geräuschloses, gleichmäßiges Ein- und Ausatmen ohne Anstrengung bezeichnet.

Gelegentlich angestrengt atmen. „Gelegentlich angestrengtes Atmen“ ist charakterisiert durch gelegentliches Auftreten von anstrengenden, ermüdenden oder schweren Atemzügen. 2

Kurze Phasen von Hyperventilation. „Kurze Phasen von Hyperventilation“ sind schnelle und tiefe Atemzügen von insgesamt kurzer Dauer. 3

Lautstarkes, angestrengt atmen. „Lautstarkes, angestrengtes Atmen“ ist gekennzeichnet durch Geräusche beim Ein- oder Ausatmen, die laut, gluckernd oder pfeifend sein können und anstrengend zu sein scheinen. 4

Lange Phasen von Hyperventilation. „Lange Phasen von Hyperventilation“ sind übermäßig schnelle und tiefe Atemzüge. Die Phasen dauern recht lange. 5

Cheyne Stoke Atmung. „Cheyne Stoke Atmung“ ist gekennzeichnet durch immer tiefer werdende und wieder abflachende Atemzüge mit Atempausen. 6

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Anhang | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Negative Lautäußerung 1

Keine. Die Kategorie „keine“ bezeichnet Sprache oder Lautäußerungen mit angenehmem oder neutralem Klang.

Gelegentlich stöhnen oder ächzen. Unter „stöhnen“ ist jammern oder vor sich hinmurmeln wie auch klagen oder schreien zu verstehen. „Ächzen“ ist definiert durch unverständliche und unbeabsichtigte Geräusche, die lauter als üblich sind und oft plötzlich beginnen und enden. Beides sollte nur gelegentlich auftreten. 2

Sich leise negativ oder missbilligend äußern. „Sich leise negativ oder missbilligend äußern“ ist gekennzeichnet durch leises Murren, Jammern, Fluchen oder Schimpfen mit einem klagenden, sarkastischen oder bissigen Unterton. 3

Wiederholt beunruhigt rufen. Die Kategorie „Wiederholt beunruhigt rufen“ bezeichnet Phrasen oder Worte, die wiederholt in einer Art geäußert werden, die Angst, Unbehagen oder Verzweiflung vermuten lässt. 4

Laut stöhnen oder ächzen. Unter „stöhnen“ ist jammern oder murmeln wie auch klagen oder schreien deutlich lauter als üblicherweise zu verstehen. „Ächzen“ ist definiert durch unverständliche und unbeabsichtigte Geräusche, die lauter als üblich sind und oft plötzlich beginnen und enden. 5

Weinen. Unter „Weinen“ wird eine emotionale Ausdrucksform verstanden, die mit Tränen einhergeht. Der Betroffene kann schluchzen oder weinerlich wirken 6

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Anhang

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BESD-Definition

Körpersprache 1

Entspannt. „Entspannt“ meint eine ruhige und gelassene Körperhaltung. Die Person wirkt sorgenfrei.

Angespannt. „Angespannt“ beschreibt eine angestrengte, verkrampfte oder besorgte Körperhaltung. Das Gebiss kann fest zusammengebissen sein. (Kontrakturen sind auszuschließen). 2

Nervös hin und her gehen. „Nervös hin und her gehen“ meint eine ruhelose Aktivität. Sie kann mit ängstlichem, besorgtem oder beunruhigtem Ausdruck einhergehen. Die Gehgeschwindigkeit kann langsam oder schnell sein. 3

Nesteln. „Nesteln“ meint, sich ruhelos bewegen. Wälzen im Stuhl oder das Rücken eines Stuhls durch das Zimmer sowie wiederholtes Berühren, Ziehen oder Reiben von Körperteilen können beobachtet werden. 4

Starr. „Starr“ meint eine steife Körperhaltung. Die Arme und/oder Beine sind angespannt und unbeweglich. Der Rumpf imponiert gestreckt und unbeugsam. (Kontrakturen sind auszuschließen). 5

Geballte Fäuste. „Geballte Fäuste“ sind fest geschlossene Hände. Die Hände können sich allerdings auch wiederholt öffnen und schließen oder fest geschlossen bleiben. 6

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Anhang | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Körpersprache Angezogene Knie. „Angezogene Knie“ bedeuten in Richtung Brust gezogene Knie. Die Person wirkt insgesamt aufgewühlt. (Kontrakturen sind auszuschließen). 7

Sich entziehen, wegstoßen. Personen wehren Annäherung oder Fürsorge ab. Sie versuchen, der Annäherung zu entkommen, sich zu entwinden oder zu entreißen bis dahin, dass sie andere wegstoßen. 8

Schlagen. Unter „Schlagen“ werden alle Formen der körperlichen Auseinandersetzung verstanden: u. a. schlagen, hauen, treten, zupacken, beißen. 9

Gesichtsausdruck Lächelnd oder nichtssagend „Lächelnd“ ist gekennzeichnet durch nach oben gerichtete Mundwinkel, leuchtende Augen und einen Ausdruck von Zufriedenheit. „Nichtssagend“ bedeutet ein neutraler, ruhiger, entspannter oder leerer Gesichtsausdruck. 1

Traurig. „Traurig“ ist gekennzeichnet durch einen unglücklichen, einsamen, niedergeschlagenen oder deprimierten Ausdruck. Tränen in den Augen können zusätzlich auftreten. 2

3

Ängstlich. Unter „ängstlich“ versteht man einen Ausdruck von Furcht, Schreck oder Besorgnis. Die Augen sind weit geöffnet.

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Anhang

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Sorgenvoller Blick. Ein „sorgenvoller Blick“ ist gekennzeichnet durch nach unten gerichtete Mundwinkel. Falten auf der Stirn und um den Mund können sich stärker als üblich zeigen. 4

Grimassieren. „Grimassieren“ ist gekennzeichnet durch einen verzerrten und verzweifelten Gesichtsausdruck. Die Stirn weist stärkere Falten auf als die Mundpartie. Die Augen können fest zugekniffen sein. 5

Trost 1

Trösten nicht notwendig. Die Person scheint sich wohlzufühlen und zufrieden zu sein.

Ablenken oder beruhigen durch Stimme oder Berührung möglich. Ein auffälliges Verhalten kann unterbrochen werden, indem die Person angesprochen oder berührt wird. Die Unterbrechung des auffälligen Verhaltens dauert über die gesamte Phase der Zuwendung an. Die Person wirkt dabei sorglos. 2

Trösten, ablenken oder berühren nicht möglich. Die Person kann nicht beruhigt werden. Das auffällige Verhalten kann durch Ansprache oder Berührung nicht unterbrochen werden. Es ist jedoch möglich, dass das auffällige Verhalten durch Ansprache oder Berührung abgeschwächt wird. Das auffällige Verhalten ist zumindest zeitweise auch während der Zuwendung noch zu erkennen. 3

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Anhang | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Mimische Schmerzreaktion „grimassieren“

AU 4

AU 6/7

AU 43

AU9/10

Baseline

Genuine

Mimische Schmerzreaktion „grimassieren“ • Kontraktion der Augenbrauen (AU4) • Kontraktion der Muskelgruppen um die Augen herum (AU6/7) • Levatorkontraktion/Rümpfen der Nase (AU9/10) • schließen der Augen für mindestens 1/2 Sekunde (AU 43)

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Übersicht Änderungen

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Übersicht Änderungen/Aktualisierungen

Sag mal Bea, was hat sich mit der Aktualisierung aus 2011 denn alles im Expertenstandard Schmerzmanagement geändert?

Schön, dass du fragst, ich habe dir die Änderungen kurz zusammengefasst und zum Nachlesen aufgeschrieben. Ach ja, Kriterienebene bezieht sich immer auf die einzelnen Bereiche der Struktur-, Prozess-, Ergebnisqualität. Kriterienebene 1 ist gleich „Strukturqualität = S1, Prozessqualität = P1, Ergebnisqualität = E1“ usw.

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Übersicht Änderungen | Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen

Übersicht Änderungen / Aktualisierungen

Erste Aktualisierung des Expertenstandards 2011 Die Erstausgabe befasste sich aufgrund der aktuellen Literatur noch mit dem „Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten oder tumorbedingt chronischen Schmerzen“. Neuere Literaturstudien ergaben aber lt. der Expertengruppe Unterschiede und Differenzierungen zwischen einem Akutschmerz und tumorbedingtchronischem Schmerz: »» in der Versorgungskomplexität,

»» dem Vorgehen und Umfang des Schmerzmanagements und »» der Anwendung des WHOStufenschemas. Aus diesem Grund wurde die Entscheidung getroffen, den tumorbedingten-chronischen Schmerz mit in den Expertenstandard „ Expertenstandard in der Pflege bei chronischen Schmerzen“ aufzunehmen.

»» den Anforderungen an die pflegerische Versorgungspraxis,

Änderungen und Ergänzungen In die Präambel des Expertenstandards wurde eine erweiterte Definition von akutem und chronischem Schmerz aufgenommen. So wurde der tumorbedingte Schmerz aus dem Expertenstandard „Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen“ herausgenommen und übertragen

in den Expertenstandard „Schmerzmanagement in der Pflege bei chronischen Schmerzen“.

Kriterienebene 1 Das Verfahren der pflegerischen Schmerzeinschätzung wurde prä-

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Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen | Übersicht Änderungen

zisiert und unterteilt in die Schritte: a) Initiales Assessment und b) Differenziertes Schmerzassessment.

dingter Nebenwirkungen erweitert, die zu einer erfolgreichen und gezielten Nebenwirkungsprophylaxe beitragen soll.

Kriterienebene 2

Kriterienebene 4

Die vorher generelle Kenngröße für den spätesten Beginn einer Schmerztherapie lag bei einer Schmerzintensität von 3/10 analog der Numerischen Rangskala (NRS). Die Expertengruppe schlägt aktuell vor, zwischen Ruhe und Belastungs-Bewegungsschmerzintensität zu unterscheiden. Die Schmerzintensität von 3/10 NRS soll weiterhin für die Ruheschmerzintensität gelten, während für die Belastungsschmerzintensität mehr als 5/10 NRS künftig gelten soll.

Um die Umsetzung nicht-medikamentöser Maßnahmen zu fördern, hat die Expertengruppe entschieden, strukturelle Unterstützung der Maßnahmen durch Betriebsleitung und Pflegemanagement im Strukturkriterium S4b zu verankern.

Kriterienebene 3 Die Kriterienebene wurde um den Hinweis auf die notwendige Dokumentation schmerzmittelbe-

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Kriterienebene 5 Statt „gezielter Beratung“ der Patienten/Bewohner und ihrer Angehörigen soll nun von „zielgruppenspezifischer Information, Anleitung und Schulung“ gesprochen werden, um die erforderliche Handlungssicherheit zu konkretisieren.

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ISBN 978-3-86630-031-6

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